Monarchische und adlige Sakralstiftungen im mittelalterlichen Polen 9783050063744, 9783050059266

The studies in this volume address the history, standards, political factors, and social contexts that led Polish rulers

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German Pages 556 Year 2013

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Monarchische und adlige Sakralstiftungen im mittelalterlichen Polen
 9783050063744, 9783050059266

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Eduard Mühle (Hg.) Monarchische und adlige Sakralstiftungen im mittelalterlichen Polen

StiftungsGeschichten Band 9

Herausgegeben von Michael Borgolte

Eine Publikation in Kooperation mit dem Deutschen Historischen Institut Warschau

Eduard Mühle (Hg.)

Monarchische und adlige Sakralstiftungen im mittelalterlichen Polen

Akademie Verlag

Gedruckt mit Unterstützung des Deutschen Historischen Instituts Warschau. Titelbild: Prämonstratenserkloster Strzelno, Stiftungstympanon der Kirche zur Hl. Dreifaltigkeit, drittes Drittel 12. Jahrhundert (Fotographie: Eduard Mühle)

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© Akademie Verlag GmbH, Berlin 2013 Ein Wissenschaftsverlag der Oldenbourg Gruppe www.akademie-verlag.de Das Werk einschließlich aller Abbildungen ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Bearbeitung in elektronischen Systemen. Einbandgestaltung: hauser lacour Druck & Bindung: Beltz Bad Langensalza GmbH Dieses Papier ist alterungsbeständig nach DIN/ISO 9706. ISBN 978-3-05-005926-6 eISBN 978-3-05-006374-4

Inhalt

Eduard Mühle Sakralstiftungen von Herzögen und Großen im piastischen Polen. Forschungsgeschichtliche Kontexte und mittelalterliche Zusammenhänge..................... 7 Roman Michałowski Princeps fundator. Monarchische Stiftungen und politische Kultur im piastischen Polen (10. – 13. Jahrhundert) ..................................... 37 Grzegorz Pac Die Anfänge des Frauenmonastizismus in Polen und Böhmen. Übernahme oder Nachahmung sächsisch-bayrischer Vorbilder? .................................. 109 Szymon Wieczorek Die Schenkungen Bolesławs III. und Salomeas von Berg an die Benediktinerabtei Zwiefalten in den 1130–40er Jahren ................................... 131 Krzysztof Skwierczyński Imitatio regni. Adlige Stiftungen im Polen des 11. und 12. Jahrhunderts .................. 171 Józef Dobosz Herzogliche und adlige Stiftungstätigkeit im piastischen Polen des 12. Jahrhunderts .................................................................. 201 Dariusz Karczewski Verwandtschaftsbeziehungen und adlige Stiftergemeinschaften im Polen des 12. Jahrhunderts ................................................. 269 Halina Manikowska Princeps fundator im vorrechtsstädtischen Breslau. Von Piotr Włostowic zu Heinrich dem Bärtigen ......................................................... 291 Jerzy Rajman Pilger und Stifter. Zu den Sakralstiftungen und zur Herkunft des Fürsten Jaxa ......... 317

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Inhalt

Leszek Wetesko

Zur Stiftungstätigkeit Herzog Mieszkos III. des Alten in Großpolen ......................... 347

Tomasz Ginter

Das Zisterzienserkloster Ląd und die politischen Intentionen der Stiftungen Herzog Mieszkos III. des Alten ........................................................... 371

Andrzej Pleszczyński

Zur Geschichte und Bedeutung der Stiftung des Klarissenklosters in Zawichost ....... 395

Marcin Rafał Pauk

Das Stiftungsprogramm der schlesischen Piasten im 12. und 13. Jahrhundert und seine mitteleuropäischen Kontexte ................................ 417

Przemysław Wiszewski

Herzogliche Stifter und Frauenklöster in Schlesien (13. – Mitte 14. Jahrhundert) ...... 455

Joanna Banik

Die Sakralstiftungen der Herren von Pogarell im 13. Jahrhundert .............................. 483

Dagmara Adamska

Ritterliche Stiftungen und das Benediktinerinnenkloster in Liebenthal ...................... 513

Anhang

Siglenverzeichnis ........................................................................................................ 529 Ortsregister .................................................................................................................. 530 Personenregister .......................................................................................................... 537 Verzeichnis der Abbildungen (mit Quellennachweis) ................................................ 550 Verzeichnis der Autoren mit Nachweis der polnischen Ausgangstexte, ihrer Bearbeitung und Übersetzer ................................................................................ 554

Eduard Mühle

Sakralstiftungen von Herzögen und Großen im piastischen Polen. Forschungsgeschichtliche Kontexte und mittelalterliche Zusammenhänge

„Das Stiftungswesen des Mittelalters rückt gegenwärtig unter immer neuen Perspektiven ins Blickfeld des Mediävisten.“1 Als Michael Borgolte diese Feststellung 1994 mit Blick auf die deutsche Forschung traf, war in Warschau gerade die grundlegende Studie Roman Michałowskis erschienen, die der polnischen Mediävistik einen neuen Blick auf den monarchischen Stifter und damit eine neue Sicht auf das mittelalterliche Stiftungswesen insgesamt eröffnete.2 Fand sich Borgoltes Beobachtung in einem Sammelband über ‚Memoria in der Gesellschaft des Mittelalters‘ und damit im Kontext einer intensiven Erforschung des liturgischen Gebetsgedenkens, so nahm Michałowskis Untersuchung in ihrem Untertitel programmatisch Bezug auf die „politische Kultur“. In dieser Differenz wurden vor nunmehr bald zwei Jahrzehnten in gewisser Weise die Bahnen symbolisch vorgezeichnet, innerhalb derer sich die neuere deutsche und polnische Stiftungsforschung seither entwickelt haben. Denn während sich die maßgeblich von Michael Borgolte inspirierte deutsche Forschung in den letzten Jahren in erster Linie um eine sozialgeschichtliche (und neuerdings auch transkulturell vergleichende) Betrachtung des mittelalterlichen Stiftungswesens bemüht, stehen in der polnischen Forschung die politischen Funktionen und Wirkungen monarchischer und adliger Stiftungen im Vordergrund.

1 Michael Borgolte, Stiftungen des Mittelalters im Spannungsfeld von Herrschaft und Genossenschaft, in: Dieter Geuenich / Otto Gerhard Oexle (Hrsg.), Memoria in der Gesellschaft des Mittelalters. Göttingen 1994, 267–285, hier 267. 2 Roman Michałowski, Les fondations ecclésiastiques dans l’idéologie de la première monarchie piastienne, in: ActaPolHist 60, 1989, 133–157; Ders., Princeps fundator. Studium z dziejów kultury politycznej w Polsce X–XIII wieku [Princeps fundator. Studien zur Geschichte der politischen Kultur im Polen des 10.–13. Jahrhunderts]. Warszawa 1993.

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Dieser Befund hat seine lebensweltlichen Wurzeln u. a. in divergenten zeithistorischen Rahmenbedingungen und entsprechend verschiedenen Forschungsgeschichten. Der sozial- und kulturgeschichtliche Aufbruch der westdeutschen Mediävistik hat die GeGeschichte von Kirche und Religiosität nie ausgeklammert. Dagegen mussten diese zentralen Bereiche mittelalterlicher Wirklichkeit in der polnischen Mediävistik, so sehr sich diese nach 1956 auch von marxistischen Überformungen zu lösen vermochte, im politischen Kontext einer sozialistischen Volksrepublik deutlich in den Hintergrund treten oder eine eher materialistische Deutung erfahren. Das hat nach 1989 insofern nachgewirkt, als die mentale bzw. religiöse Dimension kirchen- und religionsgeschichtlicher Phänomene, sobald und soweit diese wieder unverkrampft Gegenstand mediävistischer Forschung wurden, zunächst weiterhin in hohem Maße ausgeblendet blieb. Gleichzeitig griffen einschlägige Arbeiten vor allem auf ältere institutionengeschichtliche Ansätze der polnischen Vorkriegsforschung zurück. Unterdessen hatte die deutsche Memoria-Forschung die zutiefst religiöse Gestalt des mittelalterlichen Umgangs mit Leben und Tod, Erinnerung und Jenseits weiter akzentuiert. Das hatte in zweierlei Hinsicht entscheidende Auswirkungen auf die Stiftungsforschung. Zum einen trat die religiöse Einbindung bzw. Ausrichtung der mittelalterlichen Stiftung ins Zentrum der Aufmerksamkeit. Stiftungen wurden nun in erster Linie als Gedächtnisstiftungen, als ein spezifisches Instrument der Gedächtnispflege und Jenseitsvorsorge verstanden.3 In der stets präsenten Erwartung eines Jüngsten Gerichtes, das ein ultimatives Urteil über den ‚armen Sünder‘ fällen würde, ging es dem früh- und hochmittelalterlichen Stifter zuallererst darum, in das Gebetsgedenken einer Kloster- oder Klerikergemeinschaft aufgenommen zu werden. Seine Stiftung zielte damit in erster Linie, wenn nicht ausschließlich auf eine liturgische Memoria, die eine Tilgung seiner Sünden und damit den Gewinn des Seelenheils bzw. ewigen Lebens sicherstellen sollte.4 Die Kirche hatte dazu schon seit der irofränkischen Mönchsbewegung ein auf Gabe und Gegengabe gegründetes Bußsystem, ein sacrum commercium entwickelt, bei dem der Stifter gegen die Gabe von Land (-besitz) bei einer Klostergemeinschaft die Gegengabe wiederholter Gebete, Fürbitten und Messen, d. h. „geistliche Sühneleistungen“ erlangen konnte.5 Später traten andere Formen von Gaben und Wohltaten hinzu, mit denen sich ein fundator, donator, ditator, largitor oder benefactor der Fürbitten einer geistlichen Gemeinschaft versichern konnte. Dieses System wurde seit dem 12. Jahrhundert weder durch die – teils sehr radikale – Kritik der Armutsbewegung am sacrum commercium noch durch die neue 3 Vgl. als konkrete Beispiele etwa Hermann Kamp, Memoria und Selbstdarstellung. Die Stiftungen des burgundischen Kanzlers Rolin. Sigmaringen 1993; Christine Sauer, Fundatio und memoria. Stifter und Klostergründer im Bild 1100 bis 1350. Göttingen 1993. 4 Arnold Angenendt, Theologie und Liturgie der mittelalterlichen Toten-Memoria, in: Karl Schmid / Joachim Wollasch (Hrsg.), Memoria. Der geschichtliche Zeugniswert des liturgischen Gedenkens im Mittelalter. München 1984, 79–199, bes. 138–143; 156–167. 5 Arnold Angenendt, Die große Zeit der Schwarzen Mönche. Zur Bedeutung von Stiftung und Gebet, in: Petr Sommer (Hrsg.), Der heilige Prokop, Böhmen und Mitteleuropa. Praha 2005, 27–34, hier 28; 30.

Sakralstiftungen von Herzögen und Großen

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Vorstellung von einem Fegefeuer grundlegend erschüttert. Auch ein Bußaufenthalt im Fegefeuer konnte schließlich durch Fürbitten der Lebenden verkürzt werden,6 während die Kritik der Bettelorden bald an eigenen materiellen Interessen und der „Ein- und Aufdringlichkeit der Stifter“ erstickte.7 So waren und blieben mittelalterliche Stiftungen aus der Sicht der Memoria-Forschung vor allem „Stiftungen für das Seelenheil.“8 Neben der Akzentuierung des Gebetsgedenkens als dem eigentlichen Zweck einer jeden mittelalterlichen Stiftung hat die Memoria-Forschung zweitens einen entscheidenden Anstoß zu einem verfeinerten Stiftungsbegriff gegeben. So hat Michael Borgolte die insbesondere von Otto Gerhard Oexle entwickelte Vorstellung produktiv aufgegriffen, dass die im Gebetsgedenken praktizierte Vergegenwärtigung der Toten als „soziale Memoria“ zu begreifen sei. Die Toten seien im Mittelalter nicht in einem „bloß kognitiven oder emotionalen Sinn“, sondern in einem „Modus wirklicher Anwesenheit physisch Abwesender“ erinnert worden. Dem habe die vormoderne Vorstellung zugrunde gelegen, dass Tote auch nach ihrem Tod weiterhin Mitglieder der Gesellschaft blieben, im Gebetsgedenken tatsächlich ‚gegenwärtig‘ würden und damit ihre zu Lebzeiten eingegangenen rechtlichen Bindungen und sozialen Beziehungen fortbestünden.9 An diese Überlegungen anknüpfend hat Borgolte die mittelalterliche Stiftung nicht nur als eines der Mittel und rechtlichen Instrumente charakterisiert, „durch die die Gegenwart der erinnerten Toten konstituiert“ wurde,10 sondern geradezu als ein den Tod überdauerndes „soziales System“ bezeichnet.11 Indem sie „zum Vollzug der Memoria oder des Stifterwillens Kommunitäten geschaffen oder vorhandene Gemeinschaften durch Stiftungsauflagen“ geprägt haben, seien Stiftungen „sozial kreativ“ gewesen.12 Sie seien nicht institutionell als „Rechtspersönlichkeit“ erfahren worden, sondern „in der Regel personell, in Personen und Personengruppen als ihren Trägern.“13 Innerhalb dieser Personengruppen habe der Akt der Vergegenwärtigung des toten Stifters, die memoria, zwar den Kern, aber nicht den einzigen Zweck des Stiftungsgeschehens gebildet. Vielmehr seien Stiftungen stets auch als caritas angelegt gewesen.14 6 Jacques Le Goff, Die Geburt des Fegefeuers. Stuttgart 1984, 163f. 7 Angenendt, Große Zeit (wie Anm. 4), 33. 8 Karl Schmid, Stiftungen für das Seelenheil, in: Ders. (Hrsg.), Gedächtnis, das Gemeinschaft stiftet. München / Zürich 1985, 51–73. 9 Otto-Gerhard Oexle, Memoria und Memorialüberlieferung im frühen Mittelalter, in: FMASt 10, 1976, 70–95, bes. 84; Ders., Die Gegenwart der Toten, in: Herman Braet / Werner Verbeke (Hrsg.), Death in the Middle Ages. Leuven 1983, 19–77, bes. 22; 25; Ders., Die Gegenwart der Lebenden und der Toten. Gedanken über Memoria, in: Karl Schmid (Hrsg.), Gedächtnis, das Gemeinschaft stiftet. München / Zürich 1985, 70–95, bes. 80–85. 10 Michael Borgolte, Die Stiftungen des Mittelalters in rechts- und sozialhistorischer Sicht, in: Zeitschrift für Rechtsgeschichte, Kanonistische Abteilung 74, 1988, 71–94, hier 90. 11 Borgolte, Stiftungen im Spannungsfeld (wie Anm. 1), 270. 12 Ebd., 276. 13 Borgolte, Stiftungen (wie Anm. 10), 83; 94. 14 Michael Borgolte, Einleitung, in: Ders. (Hrsg.), Stiftungen in Christentum, Judentum und Islam vor

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Darüberhinaus konnten sie selbstverständlich auch als wirtschaftliche Instrumente (Sicherung des Eigentums) und politische Mittel (Integration von Herrschaft) eingesetzt werden.15 Insgesamt beruhten mittelalterliche Stiftungen „auf rechtlichen Regelungen und wirtschaftlichen Substraten“, verknüpften „religiöse (…) Anliegen mit dem Streben nach Anerkennung und Ruhm“ und haben insofern geradezu „totale soziale Phänomene“ dargestellt. Als solche erscheinen sie als ein hervorragender Indikator „für das soziale Gefüge ihrer Entstehungszeit.“16 Damit könnten Stiftungen, so das programmatische Fazit Borgoltes, „einen neuen Weg zur sozialen Wirklichkeit“ eröffnen,17 böte die Erforschung ihrer Wirklichkeit doch „eine selten günstige Gelegenheit, die Interdependenz sozialer, religiöser, ökonomischer, rechtlicher und kultureller Faktoren im weiteren Sinn zu erkennen.“18 Damit hat die neuere deutsche Stiftungsforschung nicht nur die traditionelle rechtshistorische Blickverengung des institutionengeschichtlichen Ansatzes aufgebrochen, sondern auch die Impulse der Memoria-Forschung produktiv weiterentwickelt. Ihre programmatischen Ansprüche sucht sie seither in einer Reihe konkreter Einzelstudien und transkulturell vergleichender Betrachtungen einzulösen.19 In der polnischen Mediävistik sind diese Ansätze hingegen bislang kaum rezipiert worden. Schon die MemoriaForschung hat in der einschlägigen Forschung – auch wenn einzelne zentrale Texte

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der Moderne. Auf der Suche nach ihren Gemeinsamkeiten und Unterschieden in religiösen Grundlagen, praktischen Zwecken und historischen Transformationen. (StG 4.) Berlin 2005, 9–21, hier 12. Borgolte, Einleitung (wie Anm. 14), 12; Ders., Planen für die Ewigkeit – Stiftungen im Mittelalter, in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 63, 2012, 37–49, hier 47f. Michael Borgolte, Einleitung, in: Ders., (Hrsg.), Stiftungen und Stiftungswirklichkeiten. Vom Mittelalter bis zur Gegenwart. (StG 1.) Berlin 2000, 7–10, hier 8; ähnlich Ders., Einleitung (wie Anm. 14), 12. Borgolte, Stiftungen (wie Anm. 10), 94. Borgolte, Einleitung (wie Anm. 14), 9. Ralf Lusiardi, Stiftung und städtische Gesellschaft. Religiöse und soziale Aspekte des Stiftungsverhaltens im spätmittelalterlichen Stralsund. (StG 2.) Berlin 2000; Tilmann Lohse, Das Goslarer Pfalzstift St. Simon und Judas – Eine Stiftung für die Ewigkeit, in: Harz-Zeitschrift 54/55, 2002/2003, 85–106; Michael Ruprecht, Stiftungen im mittelalterlichen Halle. Zweck, Ausstattung und Organisation. Halle a. d. S. 2011; Claudia Moddelmog, Königliche Stiftungen des Mittelalters im historischen Wandel. Quedlinburg und Speyer, Königsfelden, Wiener Neustadt und Andernach. (StG 8.) Berlin 2012; Ralf Lusiardi, Stiftung und Seelenheil in den monotheistischen Religionen des mittelalterlichen Europa. Eine komparatistische Problemskizze, in: Borgolte, Stiftungen in Christentum (wie Anm. 14), 47–69; Ders., Familie und Stiftung im Mittelalter. Einige komparative Bemerkungen zum christlich-abendländischen Kulturkreis, in: Wolfgang Huschner / Frank Rexroth (Hrsg.), Gestiftete Zukunft im mittelalterlichen Europa. Festschrift für Michael Borgolte zum 60. Geburtstag. Berlin 2008, 353–373; Tim Geelhaar, Stiftung und Innovation. Das Kloster Megisti Lavra auf dem Berg Athos und das New Minster, Winchester, im transkulturellen Vergleich, in: ebd., 245–274; Tim Geelhaar / John Thomas (Hrsg.), Stiftung und Staat im Mittelalter. Eine byzantinisch-lateineuropäische Quellenanthologie in komparatistischer Perspektive. (StG 6.) Berlin 2007.

Sakralstiftungen von Herzögen und Großen

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inzwischen in polnischer Übersetzung vorliegen20 – nur wenig Beachtung gefunden.21 Auf die jüngere polnische Stiftungsforschung haben sie offenbar ebensowenig Einfluss genommen wie die programmatischen Anstöße Michael Borgoltes und die in seinem Umfeld bislang entstandenen Einzelstudien.22 Aber auch Roman Michałowskis – im Übrigen nicht nur das piastische Polen betreffende23 – Studien zum monarchischen 20 Otto-Gerhard Oexle, Memoria i przekaz memoratywny we wczesnym średniowieczu [Memoria und Memorialüberlieferung im frühen Mittelalter, 1976], in: Ders., Społeczeństwo średniowiecza. Mentalność – grupy społeczne – formy życia. Hrsg. von Roman Czaja und Zenon Hubert Nowak. Toruń 2000, 45–73; Ders., Obcowanie żywych u umarłych. Rozważania o pojęcie ‚memoria‘ [Die Gegenwart der Lebenden und der Toten. Gedanken über Memoria, 1985], ebd., 13–44; Joachim Wollasch, O wartości źródłowej nekrologów średniowiecznych [Über den Quellenwert mittelalterlicher Nekrologien], in: StŹrodł 32/33, 1990, 7–16. 21 Vgl. aber Michał Kaczmarek, …in libro vitae memoriter exarata. Zum Totengedenken des Kamenzer Konvents für Könige, Herzöge und Bischöfe, in: Arch. schl. Kirchengesch. 45, 1987, 1–35; Andrzej Radzimiński, Nekrologi oraz memoria w polskich kapitułach katedralnych w okresie średniowiecza, in: Agnieszka Bartoszewicz / Grzegorz Myśliwski / Jerzy Pysiak (Hrsg.), Świat średniowiecza. Warszawa 2010, 577–587 [deutsche Fassung: Nekrologe und Totengedächtnis in polnischen Domkapiteln, in: Ders., Kirche und Geistlichkeit im Mittelalter. Polen und der Deutsche Orden in Preussen. Toruń 2011, 165–181.]; Grzegorz Pac, Frauen und Memoria in der Dynastie der Piasten im 11. und 12. Jahrhundert – drei Beispiele, in: Zeitschrift für Ostmitteleuropa-Forschung 60, 2011, 163–185. 22 Das belegt beispielhaft der Umstand, dass lediglich in drei der fünfzehn in diesem Band publizierten polnischen Studien jeweils eine einschlägige Arbeit Karl Schmids oder Joachim Wollaschs oder OttoGerhard Oexles, in einem weiteren Beitrag ein von Schmid und Wollasch herausgegebener Sammelband zitiert werden, die Arbeiten Michael Borgoltes hingegen gar nicht begegnen. Einer der wenigen polnischen Mediävisten, der explizit an die Memoria-Forschung anknüpft und sie für eine Untersuchung bürgerlicher Stiftungen in den Städten des Deutschen Ordens im 13.–16. Jahrhundert fruchtbar macht, ist Piotr Oliński, Mieszczanin w trosce o zbawienie. Uwagi o memoratywnych funkcjach fundacji mieszczańskich w wielkich miastach pruskich [Der Bürger in Sorge um das Seelenheil. Bemerkungen über die Memorialfunktionen bürgerlicher Stiftungen in den großen preußischen Städten], in: Halina Manikowska / Hanna Zaremska (Hrsg.), Ecclesia et civitas. Kościół i życie religijne w mieście średniowiecznym. Warszawa 2002, 347–359; Ders., Die Stiftungen in den grossen preussischen Städten des ausgehenden 13. und 14. Jahrhunderts. Eine erste Bilanz, in: Hansische Geschichtsblätter 121, 2003, 75–92; ansatzweise auch Marek Słoń, Zwischen Wucher und Seelenheil. Rentenmarkt und städtische Religiosität im spätmittelalterlichen Breslau, in: QMAN 7, 2002, 145–175, bes. 161–168, der ansonsten Aspekte des Stiftungswesens aus der Perspektive der Spitalforschung berührt, wobei jedoch in erster Linie die Entwicklung der kommunalen Sozialfürsorge bzw. Ratspolitik und kaum der Bürger als Stifter mit seinen Motiven und Hoffnungen interessieren: Marek Słoń, Problem fundacji szpitala w średniowieczu. Przykład Wrocławia [Das Problem der Spitalstiftung im Mittelalter. Das Beispiel Breslau], in: Edward Opaliński / Tomasz Wiślicz (Hrsg.), Fundacje i fundatorzy w średniowieczu i epoce nowożytnej. Warszawa 2000, 74–90; Ders., Fundacje szpitalne władz komunalnych jako centrum kultu miejskiego [Spitalstiftungen kommunaler Behörden als Zentrum des städtischen Kultes], in: Manikowska / Zaremska, ebd., 361–373; Ders., Die Spitäler Breslaus im Mittelalter. Warszawa 2001; Ders., Die Breslauer Spitäler als Zeichen des Prestiges einer mittelalterlichen Stadt, in: Jb. Schl. Univ. Bresl. 45/46, 2004/2005, 9–24; Ders., Spitäler in der Kirchenprovinz Gnesen im Mittelalter, in: MIÖG115, 2007, 209–233. 23 Roman Michałowski, Święta moc fundatora klasztoru (Niemcy XI–XII wieku) [Die heilige Kraft

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Stifter sind von Ausnahmen abgesehen (von denen einige in diesem Band versammelt sind) in der polnischen Forschung nicht wirklich umfassend rezipiert worden. Sie werden weder in einer grundlegenden Bestandsaufnahme der Erträge und Perspektiven der polnischen Mediävistik erwähnt, die 2001 vorgelegt wurde,24 noch in spezielleren Überblicken über neuere kirchen- und religionsgeschichtliche Forschungen.25 So konkonstatierte Tomasz Ginter denn auch noch im Jahr 2008, dass Forschungen über monarchische Stiftungen als ein Element der politischen Kultur im mittelalterlichen Polen für die polnische Mediävistik noch immer ein relativ neues, kaum erforschtes Thema darstellten, während Leszek Wetesko ein Jahr später feststellte, dass die Stiftungen der piastischen Herrscher des 10.–13. Jahrhunderts und ihre historischen Kontexte bis vor kurzem geradezu eine terra incognita dargestellt hätten.26 Mit Bezug auf adlige Stiftungen ergänzt Dagmara Adamska diesen Befund, wenn sie feststellt, dass die Stiftungstätigkeit der Großen und der Ritterschaft in Schlesien wie in den anderen polnischen Ländern ein „unbefriedigendes Bild“ abgebe.27 Tatsächlich ist die Zahl der

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des Klosterstifters (Deutschland 11.–12. Jahrhundert)], in: Kwart. Hist. 91, 1984, 1, 3–24; Ders., Klasztor prywatny w Niemczech IX–XII w. jako fakt religijny i społeczny. Wybrane zagadnienia [Das Privatkloster in Deutschland im 9.–12. Jahrhundert als religiöse und soziale Realität. Ausgewählte Fragen], in: Jerzy Strzelczyk (Hrsg.), Niemcy – Polska w średniowieczu. Materiały z konferencji naukowej zorganizowanej przez Instytut Historii UAM w dniach 14–16 XI 1983 roku. Poznań 1986, 47–66. Wojciech Fałkowski (Hrsg.), Pytanie o średniowiecze. Potrzeby i perspektywy badawcze polskiej mediewistyki [Fragen über das Mittelalter. Forschungsdesiderata und -perspektiven der polnischen Mediävistik]. Warszawa 2001. Marek Derwich, Stan i potrzeba badań nad wspólnotami monastycznymi w Polsce średniowiecznej [Stand und Desiderata der Forschungen über die monastischen Gemeinschaften im mittelalterlichen Polen], in: Nasza Przeszł. 89, 1998, 5–65 [kürzere französische Fassung: Les communautés monastiques en Pologne au Moyen Âge bilan et perspectives, in: QMAN 2, 1997, 3–44.]; Stanisław Bylyna, Badania nad dziejami chrześcijaństwa i Kościoła późnego średniowiecza [Forschungen über die Geschichte des Christentums und der Kirche des späten Mittelalters], in: Fałkowski, Pytania (wie Anm. 24), 51–65; Andrzej Radzimiński, Badania nad strukturami kościelnymi i duchowieństwem w Polsce średniowiecznej. Zarys problematyki [Forschungen zur Kirchenstruktur und Geistlichkeit im mittelalterlichen Polen. Problemabriss], in: Fałkowski, Pytania (wie Anm. 24), 67–98; Ders., Życie religijne w Polsce średniowiecznej – badania z ostatniego dwudziestolecia, in: Paweł Skibiński / Agnieszka Przeszowska (Hrsg.), Spojrzenie w przeszłość. Bd. 1: Średniowiecze, nowożytność. Warszawa 2009, 39–50; [deutsche Fassung: Das religiöse Leben im spätmittelalterlichen Polen. Die Forschungen aus den letzten zwanzig Jahren, in: Ders., Kirche (wie Anm. 21), 183–198.] Tomasz Ginter, Działalność fundacyjna księcia Mieszka III Starego [Die Stiftungstätigkeit Herzog Mieszkos III. des Alten]. Kraków 2008, 9; Leszek Wetesko, Historyczne konteksty monarszych fundacji artystycznych w Wielkopolsce do początku XIII wieku [Die historische Kontexte der monarchischen künstlerischen Stiftungen in Großpolen bis zum Beginn des 13. Jahrhunderts]. Poznań 2009, 5. Dagmara Adamska, Fundacje dewocyjne rycerstwa księstwa świdnicko-jaworskiego w średniowieczu [Fromme Stiftungen der Ritterschaft des Herzogstums Schweidnitz-Jauer im Mittelalter]. Warszawa / Poznań 2005.

Sakralstiftungen von Herzögen und Großen

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polnischen monographischen Untersuchungen, die sich in Anknüpfung an Michałowski mit Aspekten monarchischer oder adliger Stiftungen im piastischen Polen oder Ostmitteleuropa befasst, noch immer ausgesprochen überschaubar.28 Auch einschlägige AufAufsatzstudien liegen kaum in wirklich größerer Zahl vor.29 Lässt man Untersuchungen außer Betracht, die aus diplomatisch-hilfswissenschaftlicher Perspektive einzelne oder Gruppen von Stiftungsurkunden besprechen,30 so findet das Phänomen ‚Stiftung‘ in der polnischen Forschung ansonsten naturgemäß im Kontext der herkömmlichen, auf die institutionelle Grundlegung und organisatorische Entwicklung der kirchlichen Einrichtungen ausgerichteten Kirchengeschichte Beachtung. Deren umfangreiche, in über hundertjähriger Forschung erarbeiteten Erträge haben längst ein in den Grundzügen klares und feststehendes Bild von der inneren und äußeren StrukStruktur der Kirche sowie von ihrer Funktion und Wirkung für die piastische Herrschaft und die mittelalterliche polnische Gesellschaft erbracht. Da dieses Bild nicht nur den strukturellen Rahmen der in diesem Band zur Debatte stehenden monarchischen und adligen Sakralstiftungen bildet, sondern seine Kenntnis in den hier präsentierten polnischen Arbeiten auch in der Regel vorausgesetzt wird, erscheint es sinnvoll, es an dieser Stelle einleitend in groben Zügen zu umreißen.31 28 Józef Dobosz, Działalność fundacyjna Kazimierza Sprawiedliwego [Die Stiftungstätigkeit Kasimirs des Gerechten]. Poznań 1995; Ders., Monarcha i możni wobec kościoła w Polsce do początku XIII wieku [Der Monarch und die Großen und die Kirche in Polen bis zu Beginn des 13. Jahrhunderts]. Poznań 2002; Rafał Marcin Pauk, Działalność fundacyjna możnowładztwa czeskiego i jej uwarunkowania społeczne (XI–XIII wiek) [Die Stiftungstätigkeit der böhmischen Großen und ihre sozialen Bedingungen (11.–13. Jh.)]. Kraków / Warszawa 2000; Adamska, Fundacje dewocyjne (wie Anm. 27); Ginter, Działalność fundacyjna (wie Anm. 26); Joanna Banik, Działalność fundacyjna Panów z Pogorzeli na Śląsku w XIII i XIV w. Fundacje kościelne. [Die Stiftertätigkeit der Herren von Pogarell in Schlesien im 13. und 14. Jahrhundert. Kirchliche Stiftungen.] Warszawa 2009; Zbigniew Zyglewski, Monarcha a klasztor w Polsce późnego średniowiecza. Bydgoszcz 2009; Wetesko, Historyczne konteksty (wie Anm. 26). 29 So ist erst ein einziger Sammelband zum Thema erschienen: Edward Opoliński / Tomasz Wiślicz (Hrsg.), Fundacje i fundatorzy w średniowieczu i epoce nowożytnej [Stiftungen und Stifter im Mittelalter und in der Neuzeit]. Warszawa 2000, der jedoch mit einer in diesem Band vertretenen Ausnahme (Halina Manikowska) keine hier relevanten Beiträge enthält; vgl. aber auch Anm. 62. 30 Etwa Józef Dobosz, Dokument fundacyjny klasztoru cystersów w Łeknie [Die Stiftungsurkunde des Zisterzienserklosters in Łekno], in: Studia i materiały do dziejów Pałuk 1, 1989, 53–83; Tomasz Jurek, Dokumenty fundacyjne opactwa w Lądzie [Die Stiftungsurkunden der Abtei in Ląd], in: Rocz. Hist. 66, 2000, 7–53; Andrzej M. Wyrwa (Hrsg.), Dokument fundacyjny klasztoru cysterskiego w Łeknie z roku 1153 [Die Stiftungsurkunde des Zisterzienserklosters in Łekno]. Poznań 2003; Krzysztof Benyskiewicz, Władysław Laskonogi wystawcą dokumentów fundacyjnych klasztoru cystersów w Obrze [Władysław Dünnbein als Aussteller von Stiftungsurkunden des Zisterzienserklosters in Obra], in: StŹrodł 42, 2004, 65–78. 31 Vgl. Eduard Mühle, Die Piasten. Polen im Mittelalter. München 2011, 73–78; Andrzej Radzimiński, Kościół w Polsce około 1300 r., in: Wojciech Fałkowski (Hrsg.), Polska około roku 1300. Państwa – społeczeństwo – kultura. Warszawa 2003 [deutsche Fassung: Die Kriche in Polen um 1300, in: Ders., Kirche und Geistlichkeit (wie Anm. 21), 123–164].

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Die anlässlich der berühmten Begegnung Ottos III. mit Herzog Bolesław I. dem Tapferen in Gnesen begründete polnische Kirchenprovinz32 erhielt ihre abschließende mittelmittelalterliche Gestalt gegen Ende des ersten Viertels des 12. Jahrhunderts. Damals kamen zu den im Jahr 1000 begründeten Bistümern Gnesen (Erzdiözese), Posen, Krakau, Breslau und dem 1075 für Masowien errichteten Bistum Płock die Bistümer Włocławek (Kujawien) und Lebus (Lebuser Land) hinzu.33 Die piastische Kirchenprovinz besaß damit auch nach ihrer vollen Ausbildung nicht mehr als sieben Bistümer. Das hatte vergleichsweise große Diözesen zur Folge, für die erst im Verlauf des 13. Jahrhunderts mit jeweils einem Hilfsbischof, drei bis vier Archidiakonaten und diesen unterstellten acht bis zwanzig Landdekanaten Substrukturen ausgebildet wurden, die eine flächendeckende Verwaltung erleichterten, wenn nicht überhaupt erst ermöglichten.34 Auf der untersten Ebene dieser Hierarchie standen die Pfarrgemeinden. Ihre Zahl war lange Zeit relativ gering. Die ersten Kirchen, die (wie auch archäologische Befunde belegen) zunächst ausschließlich in den Burgorten errichtet wurden, besaßen einen riesigen Einzugsbereich; sie waren jeweils für Dutzende, wenn nicht Hunderte von Orten zuständig. Diese ‚Ur-Großpfarreien‘ wurden erst seit dem 12. Jahrhundert sukzessive aufgelöst und durch kleinere Pfarrgemeinden ersetzt. Zu einer signifikanten Verdichtung des Pfarrnetzes kam es gleichwohl erst im Verlauf des 13. Jahrhunderts.35 32 Roman Michałowski, Początki arcybiskupstwa gnieźnieńskiego, in: Jerzy Strzelczyk (Hrsg.), 1000 lat Archidiecezji gnieźnieńskiej. Gniezno 2000, 27–48; Ders., Zjazd Gnieźnieński. Religijne przesłanki powstania arcybiskupstwa Gnieźnieńskiego [Das Treffen von Gnesen. Religiöse Voraussetzungen der Errichtung des Gnesener Erzbistums]. Wrocław 2005; Jerzy Strzelczyk, Die Bedeutung der Gründung des Erzbistums Gnesen und die Schaffung einer kirchlichen Organisation für die Ausformung einer „kirchlichen Kulturlandschaft“, in: Siedlungsforschung 20, 2002, 41–64. 33 Jerzy Kłoczowski, La province ecclésiatique de la Pologne et ses éveques, in: Le istituzioni ecclesiastiche della societas christiana dei secoli XI–XII. Papato, cardinalato ed episcopato. Milano 1974, 437–444; Jacek Maciejewski, Episkopat polski doby dzielnicowej 1180–1320 [Der polnische Episkopat der Teilungszeit 1180–1320]. Kraków / Bydgoszcz 2003. 34 Tadeusz Silnicki, Organizacja archidiakonatu w Polsce [Die Organisation des Archidiakonats in Polen]. Lwów 1927. 35 Eugeniusz Wiśniowski, Parafie w średniowiecznej Polsce. Struktura i funkcje społeczne [Der Pfarrbezirk im mittelalterlichen Polen. Struktur und soziale Funktionen]. Lublin 2004; Zofia Kurnatowska, Początki organizacji parafialnej polskiego Kościoła [Die Anfänge der Pfarrorganisation der polnischen Kirche], in: Józef Dobosz (Hrsg.), Kościół w monarchiach Przemyślidów i Piastów. Materiały z konferencji naukowej Gniezno 21–24 września 2006 roku. Poznań 2009, 37–48; Piotr Plisiecki, The Parochial Network and the Tithes System in the Medieval Docese Cracow, in: Nathalie Kruppa (Hrsg.), Pfarreien im Mittelalter. Deutschland, Polen, Tschechien und Ungarn im Vergleich. Göttingen 2008, 223–234; Leszek Zygner, Die Pfarrei im mittelalterlichen Polen. Ein Forschungsüberblick, in: Kruppa, ebd., 67–82; Leszek Poniewozik, Rozwój sieci parafialnej w średniowiecznej Polsce – wybrane problemy i propozycje rozwiązań [Die Entwicklung des Pfarreinetzes im mittelalterlichen Polen – ausgewählte Probleme und Lösungsvorschläge], in: Tadeusz Grabczyk / Tadeusz Nowak (Hrsg.), Dynamika przemian społecznych i religijnych w średniowieczu. Warszawa 2011, 169–186.

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Ein wichtiges Element der Kirchenorganisation waren die sieben Domkapitel, in denen sich – nachweisbar seit der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts – jeweils 20 bis 40 herausgehobene Geistliche, zumeist Säkularkanoniker, zu Korporationen zusammenschlossen, die gemeinsam mit ihren Bischöfen nicht nur die Geschicke ihrer Diözesen bestimmten, sondern auch die intellektuelle Elite des Reiches stellten. Den Domkapiteln nachempfunden waren die Kollegiatstifte, die an einer Reihe bedeutenderer Kirchen entstanden (besonders zahlreich in Kleinpolen, wo 20 der 25 bis Mitte des 14. Jahrhunderts belegten Stifte lagen).36 Einen zunehmend wichtiger werdenden Bestandteil der piastischen Kirchenorganisation bildeten Orden und Klöster.37 Ihre Anfänge und Entwicklung, ihre Organisation und die von ihnen ausgeprägten Lebensformen haben in den letzten Jahren das besondere Interesse der polnischen Mediävistik gefunden, so das gerade in diesem – für den Stiftungszusammenhang besonders einschlägigen – Bereich zahlreiche neue (Detail-)Kenntnisse gewonnen werden konnten. Nach wie vor umstritten und unklar ist die Frage der ältesten, unmittelbar nach der Christianisierung bzw. vor dem vorübergehenden Zusammenbruch der Kirchenorganisation in den späten 1030er Jahren entstandenen Klöster. Wahrscheinlich haben in der ‚ersten piastischen Monarchie‘, d. h. bis 1038/39 zumindest drei Klostergemeinschaften (in einem bis heute nicht eindeutig identifizierten Ort namens Mestris, in Łęczyca und auf dem Krakauer Wawel) bestanden.38 Klarere 36 Józef Szymański, Kanonikat świecki w Małopolsce od końca XI do połowy XIII wieku [Die Säkularkanoniker in Kleinpolen vom Ende des 11. bis zur Mitte des 13. Jahrhunderts]. Lublin 1995; Andrzej Radzimiński, Die Geistlichkeit der mittelalterlichen Dom- und Kollegiatkapitel in Polen. Stand und Perspektiven der Forschung, in: QMAN 2, 1997, 45–59; Ders., Polnische Domkapitel des Mittelalters – Modelle kirchlicher Karrieren, in: QMAN, 12, 2007, 319–340; Ders., Chapter Clergy in Medieval Poland: Its Legal, Social and Cultural Models in the Context of its Religiosity, in: ActaPolHist 101, 2010, 207–226; Magdalena Bilska-Ciećwierz, Secular Canons in Poland to the End of the 13th Century (an Outline), in: QMAN 10, 2005, 303–329; Dies., Powstanie i organizacja kapituł kolegiackich metropolii gnieźnieńskiej w średniowieczu [Entstehung und Organisation der Kollegiatskapitel der Gnesener Metropolie im Mittelalter]. Kraków 2007, 9–129; Robert Heś, Joannici na Śląsku w średniowieczu [Die Johanniter in Schlesien im Mittelalter]. Kraków 2007. 37 Den neuesten Gesamtüberblick bietet Jerzy Kłoczowski, Wspólnoty zakonne w średniowiecznej Polsce [Ordensgemeinschaften im mittelalterlichen Polen]. Lublin 2010 (demnächst in deutscher Fassung zugänglich in der Reihe des Deutschen Historischen Instituts in Warschau ‚Klio in Polen‘). Vgl. auch die Übersicht ‚Klosterstiftungen im piastischen Polen‘ im Anhang. 38 Gerard Labuda, Szkice historyczne jedenastego wieku. I. Najstarsze klasztory w Polsce [Historische Skizzen des 11. Jahrhunderts. I. Die ältesten Klöster in Polen], in: Archeologia Historica Polona 2, 1995, 7–73; Marek Derwich, Studia nad początkami monastycyzmu na ziemiach polskich. Pierwsze opactwa i ich funkcje [Studien zu den Anfängen des Monastizismus in den polnischen Ländern. Erste Abteien und ihre Funktionen], in: Kwart. Hist. 107, 2000, 2, 77–105; Miłosz Sosnowski, Co wiadomo o lokalizacji pustelni tzw. Pięciu Braci? [Was wissen wir über die Lokalisation der Einsiedelei der so genannten Fünf Brüder?], in: Rocz. Hist. 71, 2005, 7–30; Tomasz Jurek, Ad Mestris locum. Gdzie znajdował się klasztor założony przez św. Wojciecha, in: Rocz. Hist. 75, 2009, 7–23 [englische

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Züge nimmt das Bild der piastischen Klosterlandschaft erst nach der Wiederherstellung der Monarchie durch Kasimir I. den Erneuerer an. Noch in den 1040er bis 1070er Jahren gründeten er und sein Sohn Bolesław II. Benediktinerabteien in Tyniec, Mogilno und Lubiń.39 Im Verlauf des 12. Jahrhunderts kamen sieben benediktinische NeugrünNeugründungen in Breslau/Elbing, Łysiec/Łysa Góra, Sieciechów, Leubus, Płock, Jeżów und Kościelna Wieś hinzu. Fünf von Ihnen waren herzogliche Stiftungen (zwei davon unter Beteiligung weltlicher und geistlicher Großer) und zwei Stiftungen herzoglicher Amtsträger (Piotr Włostowic, Sieciech).40 In den 1120 bis 1140er Jahren kam es zu ersten Niederlassungen regulierter Chorherren in Trzemeszno, Czerwińsk und Zobten/Breslau.41 Die Ansiedlung von alten und neuen Regularkanonikern erfolgte überwiegend auf Initiative weltlicher und geistlicher Großer. Von den zwölf bis Ende des 12. Jahrhunderts entstandenen Augustiner-Chorherren- und Prämonstratenserhäusern verdankten nur die Prämonstratenser auf dem Breslauer Elbing, die vor 1193 auf Wunsch Bolesław des Langen die dortigen Benediktiner ersetzten, ihre Existenz ausschließlich einem Herzog. In allen anderen Fällen waren es weltliche und geistliche Große, die – in zwei Fällen im Zusammenwirken mit dem Herzog – die Konvente begründeten und ausstatteten.42

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Fassung: Ad mestris locum: Where Was the Monastery Founded by Saint Adalbert Situated, in: ActaPolHist 103, 2011, 5–29]; Grzegorz Pac, Anfänge der Frauenklöster, in diesem Band 109–130. Gerard Labuda, Kto i kiedy ufundował klasztor w Tyńcu? [Wer gründete wann das Kloster in Tyniec?], in: Klementyna Żurawska (Hrsg.), Benedyktyni Tynieccy w średniowieczu. Kraków 1995, 23–39; Ders., Początki klasztoru benedyktynów w Mogilnie [Die Anfänge des Benediktinerklosters in Mogilno], in: Ders., Szkice Historyczne X–XI wieku. Z dziejów organizacji Kościoła w Polsce we wczesnym średniowieczu. Poznań 2004, 362–365; Zbigniew Perzanowski, Opactwo benedyktyńskie w Lubinie. Studia nad fundacją i rozwojem uposażenia w średniowieczu [Die Benediktinerabtei in Lubiń. Studien zur Stiftung und Entwicklung der Ausstattung im Mittelalter]. Wrocław 1978; Marek Derwich, Les deux fondations de l’abbaye de Lubiń dans le cadre de l’implementation du monachisme bénédictin en Pologne (moitié du XIe – fin du XIIe siécle), in: Moyen Âge 108, 2002, 9–24. Marek Derwich, Monastycyzm benedyktyński w średniowiecznej Europie i Polsce. Wybrane problemy, Wrocław 1998, 186–198; Ders., Gab es eine Krise des Benediktinertums in Polen in der zweiten Hälfte des 12. Jh.?, in: Franz J. Felten / Nikolas Jaspert / Stephanie Haarländer (Hrsg.), Vita Religiosa im Mittelalter. Festschrift für Kaspar Elm zum 70. Geburtstag. (Berliner Historische Studien 31.) Berlin 1999, 123–140. Krystyna Józefowiczówna, Trzemeszno. Klasztor św. Wojciecha w dwóch pierwszych wiekach istnienia [Trzemeszno. Das Kloster des hl. Adalbert in den ersten beiden Jahrhunderten des Bestehens]. Warszawa 1978; Marek Stawski, Opactwo Czerwińskie w średniowieczu. Opactwo kanoników regularnych w Czerwińsku w średniowieczu [Die Czerwińsker Abtei im Mittelalter. Die Abtei der Regularkanoniker in Czerwińsk im Mittelalter]. Warszawa 2007, bes. 79–123; Wacław Korta, Uposażenie klasztoru kanoników regularnych na górze Ślęży [Die Ausstattung des Klosters der Regularkanoniker auf dem Zobtenberg], in: Zap. Hist. 50, 1985, 51–67; Anna Pobóg-Lenartowicz, Uposażenie i działalność gospodarcza klasztoru kanoników regularnych NMP na Piasku we Wrocławiu do początku XIV w. [Ausstattung und wirtschaftliche Tätigkeit der Regularkanoniker Unserer Lieben Frau auf der Breslauer Sandinsel]. Opole 1994. Jerzy Rajman, Norbertanie polscy w XII wieku. Możni wobec ‚ordinis novi‘ [Die Prämonstraten-

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Erhebliche Dynamik entfalteten gleichzeitig auch die Zisterzienser, deren erste polnische Häuser in den 1140er Jahren von dem Großen und späteren Bischof und Erzbischof Janik in Jędrzejów sowie dem Großen Zbylut in Łekno errichtet wurden.43 Bis zum Ende des 12. Jahrhunderts kamen fünf weitere Klöster in Leubus, Ląd, Sulejów, Wąchock und Koprzywnica hinzu, von denen lediglich das vom Krakauer Bischof initiierte Wąchock eine nichtherzogliche Stiftung war. Auch wenn bereits seit Mitte des 12. Jahrhunderts Ritter- und Spitalbruderschaften (Johanniter mit sieben Häusern, Ritter vom Heiligen Grab mit vier Häusern bis zum Beginn des 13. Jahrhunderts, davon fünf herzogliche und sechs adlige Stiftungen) die polnische Ordenslandschaft erweiterten,44 blieb diese im 12. Jahrhundert insgesamt noch überschaubar. Erst das 13. Jahrhundert brachte – durch Landesausbau, Urbanisierung und das Auftreten neuer Kongregationen, insbesondere der Bettelorden gefördert – einen kräftigen Anstieg der regulierten Gemeinschaften. Dabei expandierten die Reguser im 12. Jahrhundert. Die Großen und die ordines novi], in: Społeczeństwo Polski średniowiecznej 7, 1996, 71–106; Anna Pobóg-Lenartowicz, Kanonicy regularni na śląsku. Życie konwentów w śląskich klasztorach kanoników regularnych w średniowieczu [Die Regularkanoniker in Schlesien. Das Leben der Konvente in den schlesischen Klöstern der Regularkanoniker im Mittelalter]. Opole 1999; Marek Derwich, Der Prämonstratenserorden im mittelalterlichen Polen. Seine Rolle in Kirche und Gesellschaft, in: Irene Crusius / Helmut Flachenecker (Hrsg.), Studien zum Prämonstratenserorden. Göttingen 2003, 311–347. 43 Józef Dobosz, Proces fundacyjny i pierwotne uposażenie opactwa cystersów w Jędrzejowie [Gründungsprozess und ursprüngliche Ausstattung der Zisterzienserabtei Jędrzejów], in: Daniel Olszewski (Hrsg.), Cystersi w Polsce. W 850–lecie fundacji opactwa jędrzejowskiego. Kielce 1990, 40–79; Andrzej M. Wyrwa, Procesy fundacyjne wielkopolskich klasztorów linii altenberskiej: Łekno-Ląd-Obra [Stiftungsprozesse großpolnischer Klöster der Altenberger Linie: Łekno-Ląd-Obra]. Poznań 1995, 53–82; 83–154; Ders., Powstanie zakonu cystersów i jego rozwój na ziemiach polskich w średniowieczu [Die Entstehung des Zisterzienserordens und seine Entwicklung in den polnischen Ländern im Mittelalter], in: Ders. / Jerzy Strzelczyk / Krzysztof Kaczamrek (Hrsg.), Monasticon Cisterciense Poloniae. Bd. 1: Dzieje i kultura męskich klasztorów cysterskich na ziemiach polskich i dawnej Rzeczypospolitej od średniowiecza do czasów współczesnych. Poznań 1999, 27–54; Ders., Voraussetzungen und Motive der Ansiedlung von Zisterziensern in Großpolen, in: Ulrich Knefelkamp (Hrsg.), Zisterzienser. Norm, Kultur, Reform – 900 Jahre Zisterzienser. Berlin 2001, 91–125; Józef Dobosz, Die kleinpolnischen Zisterzienser – ihr Platz in Wirtschaft und Kultur Polens im 13. Jh., in: Knefelkamp, ebd., 127–136; Marian Kanior, Pierwsze fundacje cysterek na ziemiach polskich [Die ersten Gründungen der Zisterzienserinnen in den polnischen Ländern], in: Andrzej M. Wyrwa (Hrsg.), Cystersi w dziejach i kulturze ziem polskich, dawnej Rzeczypospolitej i Europy Środkowej. Poznań 2004, 39–51. 44 Maria Starnawska, Crusade Orders on Polish Lands during the Middle Ages. Adaptation in a Peripheral Environment, in: QMAN 2, 1997, 121–142; Dies., Między Jerozolimą a Łukowem. Zakony krzyżowe na ziemiach polskich w średniowieczu [Zwischen Jerusalem und Łuków. Kreuzritterorden in den polnischen Ländern im Mittelalter]. Warszawa 1999; Edmund Burzyński, Zakon rycerski templariuszy na ziemiach Polski piastowskiej i na Pomorzu Zachodnim. Wodzisław Śląski 2010.

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larkanoniker im 13. Jahrhundert lediglich mit fünf Neugründungen, während bei den Zisterziensern acht herzogliche und sieben adlige Stiftungen hinzukamen. Besonders dynamisch entwickelten sich aber die Bettelorden. Allein die Dominikaner erhielten seit 1222 bis zum Ende des 13. Jahrhunderts 26 Häuser45, bei den Franziskanern waren es 38 zumeist herzogliche Stiftungen.46 Hinzukamen einige kleinere Kongregationen wie die Augustiner-Eremiten oder Magdalenerinnen.47 Die organisatorische Verdichtung und Differenzierung, die die polnische Kirche im 13. Jahrhundert erfuhr, war mit einem entscheidenden Wandel ihrer politisch-rechtlichen Stellung verbunden. Bis ins letzte Viertel des 12. Jahrhunderts hinein waren die kirchlichen Institutionen eng an die monarchische Gewalt gebunden. Es war der König bzw. der Herzog, der die Bischöfe investierte, der die Mitglieder der Domkapitel bestimmte, der die meisten Kirchen und Klöster errichten ließ, ihre Priester und Äbte einsetzte und aus seinen Einkünften für deren materielle Ausstattung und Unterhaltung sorgte, zugleich aber auch an einem uneingeschränkten Verfügungsrecht über den Kirchenbesitz festhielt. Daran änderten zunächst auch die päpstlichen Protektionsbullen nichts, mit deren Hilfe sich Bistümer und Klöster um übergeordnete Garantien für ihre Besitzungen und eigenständigen Einkünfte bemühten. Der Klerus blieb eine besondere Gruppe fürstlicher Amtsträger. Als solche waren die Geistlichen wie alle anderen Untertanen dem ‚herzoglichen Recht‘ unterworfen, wurden im Zweifelsfall vor das Gericht des Herzogs gezogen und waren diesem zu Abgaben und Leistungen verpflichtet. Die von Papst Gregor VII. propagierten Reformideen und der Investiturstreit waren in der Polonia einstweilen noch ohne Widerhall und Folgen geblieben. Zwar begannen sich im 12. Jahrhundert auch weltliche Große aktiv in Kirchensachen zu engagieren, 45 Jerzy Kłoczowski, Dominikanie polscy na Śląsku w XIII–XIV wieku [Die polnischen Dominikaner in Schlesien im 13.– 14. Jahrhundert]. Lublin 1956; Jacek Wiesiołowski, Dominikanie w miastach wielkopolskich w okresie średniowiecza [Die Dominikaner in den großpolnischen Städten im Mittelalter], in: Ders. (Hrsg.), Studia nad historią dominikanów w Polsce 1222–1972. Warszawa 1975, 195–269; Jerzy Wyrozumski, Okoliczności wprowadzenia dominikanów do Polski [Die Umstände der Einführung der Dominikaner nach Polen], in: Dariusz Aleksander Dekański / Andrej Gołembnik / Marek Grubka (Hrsg.), Dominikanie. Gdańsk – Polska – Europa. Gdańsk / Pelplin 2003, 57–66. 46 Jerzy Kłoczowski, Bracia Mniejsi w Polsce średniowiecznej [Die Minderbrüder im mittelalterlichen Polen], in: Ders. (Hrsg.), Franciszkanie w Polsce średniowiecznej. Część 1: Franciszkanie na ziemiach polskich. Kraków 1983, 13–108; Gerard Labuda, Franciszkanie polscy w źródłach narracyjnych prowincji polsko-czeskiej w średniowieczu, in: Kłoczowski, ebd., Część 2–3. Kraków 1989, 9–47; Alicja Szulc, Klasztory franciszkańskie w średniowiecznej Wielkopolsce [Franziskanerklöster im mittelalterlichen Großpolen]. Poznań 2001; Zdzisław Gogola, Organizacja i działaność franciszkanów na ziemiach polskich w latach 1234–1939 [Organisation und Tätigkeit der Franziskaner in den polnischen Ländern in den Jahren 1234–1939], in: Tomasz Janiak / Dariusz Stryniak (Hrsg.), Franciszkanie konwentualni i klaryski w Wielkopolsce od XII do XIX wieku. Katalog wystawy. Gniezno 2006, 9–32; Patrycja Gąsiorowska, Dzieje zakonu klarysek na ziemiach polskich, in: Janiak / Stryniak, ebd., 33–40. 47 Kłoczowski, Wspólnoty zakonne (wie Anm. 37 ), 134; 200f.

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indem sie auf ihren Besitzungen Eigenkirchen errichteten, einzelne Klöster stifteten und ausstatteten und aus ihren Familien die Dom- und Stiftskapitel besetzten. Dennoch blieb die piastische Kirche noch das ganze 12. Jahrhundert hindurch im wesentlichen eine ‚landesherrliche Veranstaltung‘, ihre Gotteshäuser und Klöster nahezu uneingeschränkt dem Eigenkirchenrecht unterworfen. Allerdings hatten die seit den 1140er Jahren um das Seniorat entbrannten innerdynastischen Konflikte einzelnen geistlichen Amtsträgern erste Möglichkeiten eröffnet, eine eigenständigere Rolle zu spielen. Insbesondere der Gnesener Erzbischof und der Krakauer Bischof vermittelten wiederholt zwischen den widerstreitenden Parteien, nahmen dabei Einfluss auf Thronfolgefragen und gelangten so in die Lage, für ein entsprechendes Entgegenkommen fürstliche Zugeständnisse aushandeln zu können. Eine erste Lockerung der Fesseln des Eigenkirchenwesens gelang 1180 auf der Landesversammlung von Łęczyca, als sich der Usurpator des Krakauer Prinzipats, Kasimir II., seine Anerkennung durch den Episkopat mit dem Versprechen erkaufte, sich künftig nicht mehr „die Güter verstorbener Bischöfe gleichsam wie irgendein Räuber“ anzueignen und „der fürstlichen Kasse“ zuzuführen.48 Diesem partiellen Verzicht auf das ius spolii folgte 1186 ein weiterer Vorstoß, als Papst Urban III. dem Krakauer Bischof Pełka bestätigte, das er allein das Recht besitze, in der Krakauer Diözese Kirchen zu errichten.49 Der entscheidende Durchbruch auf dem Weg zur libertas ecclesiae erfolgte aber erst zu Beginn des 13. Jahrhunderts. Er war das Werk des Gnesener Erzbischofs Heinrich Kietlicz, der während seines Pontifikats (1199–1219) nicht nur ein eifriger Mitstreiter Papst Innozenz’ III. war, sondern auch die Auseinandersetzung mit seinem Landesherrn, Herzog Władysław Dünnbein, und den mit ihm verbündeten älteren Piastenfürsten nicht scheute (wobei er politisch von deren jüngeren Konkurrenten, insbesondere dem Neffen Dünnbeins, Władysław Odonic, unterstützt wurde).50 Sein stark von gregorianischen Reformideen inspiriertes Emanzipationsprogramm verfolgte mehrere Ziele: 1. die Durchsetzung der freien, kanonischen Bischofswahl, 2. die Abschaffung des Eigenkirchenwesens (Verbot der Laieninvestitur und des laikalen Zugriffs auf Kirchengut), 3. die Befreiung des Klerus von der weltlich-fürstlichen Gerichtsbarkeit, 48 Aleksander Gieysztor, Nad statutem łęczyckim 1180 r.: odnaleziony oryginał bulli Aleksandra III z 1181 r. [Über das Statut von Łęczyca vom Jahr 1180. Eine aufgefundene Originalbulle Alexanders III. vom Jahr 1181], in: Księga pamiątkowa 150-lecia Archiwum Głównego Akt Dawnych w Warszawie. Warszawa 1958, 181–207; das Zitat aus Magistri Vincentii dicti Kadłubek Chronica Polonorum. Ed. Marian Plezia, in: MPH. NS, Bd. 11. Kraków 1994, IV, 9. 49 Kodeks dyplomatyczny katedry krakowskiej św. Wacława. Część pierwsza obejmująca rzeczy od roku 1166 do roku 1366 [Urkundenbuch der Krakauer Kathedrale des hl. Wenzel. Erster Teil umfassend Stücke vom Jahr 1166 bis zum Jahr 1366]. Ed. Franiciszek Piekosiński. Kraków 1874, Nr. 3. 50 Wojciech Baran-Kozłowski, Arcybiskup gnieźnieński Henryk Kietlicz (1199–1219). Działalność kościelna i polityczna [Der Gnesener Erzbischof Heinrich Kietlicz (1199–1219). Kirchliche und politische Tätigkeit]. Poznań 2005.

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von landesherrlichen Steuern und Abgaben, 4. die Unterstellung der polnischen Kirche unter den Heiligen Stuhl und 5. die Durchsetzung des Zölibats. Eine erfolgreiche Realisierung dieses Programms musste ein grundlegend verändertes Verhältnis von ecclesia und regnum zur Folge haben. Die Fürsten nahmen diese Entwicklung – so sehr sie für eine kirchliche Unterstützung ihrer partikularen Machtinteressen auch immer wieder zu Zugeständnissen bereit waren – freilich nicht widerstandslos hin. Dennoch gelang es bereits Heinrich Kietlicz, erhebliche Teile seines Programms tatsächlich durchzusetzen: zunächst die freie kanonische Bischofswahl durch die Domkapitel (in Breslau 1201, Krakau 1207, Posen 1211), dann die Unverletzlichkeit des Kirchenbesitzes, die 1210 von drei Teilfürsten der jüngeren Generation – Leszek dem Weißen, Konrad von Masowien und Władysław Odonic – in einem privilegium super ecclesiastica libertate zugestanden wurde und schließlich 1215 die Befreiung der Geistlichkeit und eines Teiles ihrer „Kirchenleute“ (homines ecclesiae inhabitantes patrimonium) von herzoglichen Dienstleistungen und der weltlich-fürstlichen Gerichtsbarkeit (privilegium fori), zu der sich die gleichen Teilfürsten zusammen mit dem Fürsten von Oppeln-Ratibor Kasimir I. auf einem Treffen in Wolbórz für ihre Herrschaftsgebiete bewegen ließen.51 Damit waren zumindest formal (wenn auch noch nicht für alle Teilfürstentümer) die Grundlagen für eine weitgehende Befreiung der Kirche und ihrer Güter von fürstlichen-säkularen Eingriffen geschaffen, die entscheidenden Schritte aus dem herzoglich-weltlichen Eigenkirchenwesen vollzogen. In der Praxis zog sich der tatsächliche Übergang zu einem reinen landesherrlichen Kirchenpatronat dann allerdings noch etwas länger hin. Bei den Bischofswahlen kamen zunächst weiterhin überall die Kandidaten der Herzöge zum Zuge, denn die Domkapitel blieben personell eng mit den Herzogskanzleien verknüpft. Das privilegium fori konnte offenbar nicht vor Mitte des 13. Jahrhunderts realisiert werden; der Krakauer Kirche wurde es von Bolesław V. erst 1252 explizit bestätigt52 und erst 1248 beschloss eine Synode in Breslau, dass in jeder Diözese ein Kirchengericht (Offizialat) etabliert werde53, ein Vorhaben, das – wie eine weitere Synode konstatierte – noch 1267 nicht vollständig verwirklicht war.54 Auch über die Besitzimmunitäten, die Dienstleistungen, Steuerabgaben sowie die besonders strittige Frage der Entrichtung des vollen Kirchenzehnten haben Herzöge und Bischöfe – insbesondere in Schlesien – noch eine ganze Weile teilweise heftig gestritten. Gegen Ende des 13. Jahrhunderts war die libertas ecclesiae dann aber überall, auch in Schlesien, durchgesetzt, waren auf den kirchlichen 51 Kodeks dyplomatyczny Wielkopolski. Bd. I: zawiera dokumenty nr 1–616 z lat 984–1287 [Großpolnisches Urkundenbuch. Band 1: Enthält die Urkunden Nr. 1–616 aus den Jahren 984– 1287]. Ed. Ignacy Zakrzewski. Poznań 1877, Nr. 70; Schlesisches Urkundenbuch, Bd. 1: 971– 1216. Ed. Heinrich Appelt. Wien / Köln / Graz 1971, Nr. 145. 52 Kodeks dyplomatyczny katedry krakowskiej. Ed. Piekosiński (wie Anm. 49), Nr. 35. 53 Schlesisches Urkundenbuch, Bd. 2: 1231–1250. Ed. Winfried Irgang. Wien / Köln / Graz 1977, Nr. 346. 54 Schlesisches Urkundenbuch, Bd. 4: 1267–1281. Ed. Winfried Irgang. Köln / Wien 1988, Nr. 5.

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Besitzungen die herzoglichen Rechte schließlich an die geistlichen Grundherren übergegangen. Innerhalb dieser nur in den allergröbsten Umrissen skizzierten institutionell-organisatorischen Entwicklung der polnischen Kirche vom ausgehenden 10. bis beginnenden 14. Jahrhundert haben monarchische und adlige Sakralstiftungen eine bedeutende Rolle gespielt. Als für die materielle Existenz kirchlicher Einrichtungen unerlässliche Landvergaben sowie als im ‚Kirchenkampf‘ erstrittene Immunitäten und Exemptionen sind die ‚Wohltaten‘ der Herzöge zugunsten der Kirche denn auch früh Gegenstand intensiver mediävistischer Forschung gewesen.55 Die jüngere, beachtlich rege Ordensforschung hat diesem Bereich daher verständlicherweise kaum weitere Aufmerksamkeit geschenkt. Sie hat ihr Interesse stattdessen, soweit sie nicht mit der Ermittlung von Gründungsdaten und Entwicklungsphasen einzelner Häuser oder Kongregationen befasst war, vornehmlich auf das klösterliche Alltagsleben56, auf die kulturellen Funktionen und Wirkungen der Klöster57, auf ihre Beziehungen zu den Städten58 und 55 Roman Grodecki, Początki immunitetu w Polsce [Die Anfänge der Immunität in Polen]. Lwów 1930; Kazimierz Tymieniecki, Przywilej biskupstwa poznańskiego z roku 1232 na tle rozwoju. immunitetu w XIII w. [Das Privileg des Posener Bischofs vom Jahr 1232 vor dem Hintergrund der Entwicklung der Immunität im 13. Jahrhundert]. Poznań 1934; Zdzisław Kaczmarczyk, Immunitet kościelny ekonomiczny w Małopolsce w XIII w. [Die ökonomische Kirchenimmunität in Kleinpolen im 13. Jahrhundert]. Poznań 1932; Ders., Immunitet sądowy i jurysdykcja poimmunitetowa w dobrach Kościoła w Polsce do końca XIV wieku. [Gerichtsimmunität und die Jurisdiktion nach Immunitätsverleihung auf den Kirchengütern in Polen bis zum Ende des 14. Jahrhunderts]. Poznań 1935; Józef Matuszewski, Immunitet ekonomiczny w dobrach Kościoła w Polsce do roku 1381 [Wirtschaftliche Immunität auf den Kirchengütern in Polen bis zum Jahr 1381]. Poznań 1936. 56 Marek Derwich (Hrsg.), La vie quotidienne des moines et chanoines réguliers au Moyen Âge et temps modernes. Wrocław 1995; Krzysztof Kaczmarek, Szkoły i studia polskich dominikanów w okresie średniowiecza [Schulen und Studien der polnischen Dominikaner im Mittelalter]. Poznań 2005; Przemysław Wiszewski, Religijność średniowiecznych zakonnic na ziemiach polskich. Problem modeli i źródeł na przykładzie opactwa w Trzebnicy (XIII–XV w.) [Die Religiosität der mittelalterlichen Orden in den polnischen Ländern. Das Problem eines Modells und der Quellen am Beispiel der Abtei in Trebnitz (13.–15. Jh.)], in: Halina Manikowska / Wojciech Brojer (Hrsg.), Animarum kultura. Studia nad kulturą religijną na ziemiach polskich w średniowieczu. Bd. 1: Struktury kościelno-publiczne. Warszawa 2008, 353–380; Krystyna Sułkowska-Tuszyńska, Życie i śmierć w klasztorze w świetle badań archeologicznych [Leben und Tod im Kloster im Licht archäologischer Forschungen], in: Dobosz, Kościół w monarchiach (wie Anm. 35), 305–331. 57 Jerzy Strzelczyk (Hrsg.), Cystersi w kulturze średniowiecznej Europy [Die Zisterzienser in der Kultur des mittelalterlichen Europa]. Poznań 1992; Anna Pobóg-Lenartowicz / Marek Derwich (Hrsg.), Klasztor w kulturze średniowiecznej Polski [Das Kloster in der Kultur des mittelalterlichen Polen]. Opole 1995; Jerzy Kłoczowski / Jan Andrzej Spież (Hrsg.), Dominikanie w środkowej Europie w XIII–XV wieku. Aktywność duszpasterska i kultura intelektualna [Die Dominikaner in Mitteleuropa im 13.–15. Jahrhundert. Seelsorge und intellektuelle Kultur]. Poznań 2002; Andrzej M. Wyrwa / Antoni Kiełbasa (Hrsg.), Cystersi w dziejach i kulturze ziem polskich, dawnej Rzeczypospolitej i Europy Środkowej [Die Zisterzienser in Geschichte und

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den anderen kirchlichen Strukturen,59 schließlich auf ihr Verhältnis zu Staat60 und Gesellschaft61 gerichtet. Insbesondere im Kontext des letztgenannten Aspektes mussten die monarchischen und adligen Stifter auch mit ihren jeweiligen mentalen, religiösen, sozialen, wirtschaftlichen und politischen Interessen und Erwartungshaltungen in den Blick geraten. Das ist – wie nicht nur die in diesem Band versammelten Arbeiten anzeigen62 – in einem gewissen Umfang tatsächlich auch geschehen. Dennoch hat

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Kultur der polnischen Länder, der alten Republik und Mitteleuropa]. Poznań 2004; Katarzyna Gralak, Monastyczna kultura piśmienna. Polski krąg cysterski [Die monastische Schriftkultur. Der polnische Zisterzienserkreis], in: Prz. Humanist. 48, 2004, 57–73; Andrzej Wałkowski, Piśmiennictwo cysterek trzebnickich w XIII wieku [Die Schriftlichkeit der Trebnitzer Zisterzienserinnen im 13. Jahrhundert], in: Andrzej Radzimiński / Dariusz Karczewski / Zbigniew Zyglewski (Hrsg.), Sanctimoniales. Zakony żeńskie w Polsce i Europie Środkowej (do przełomu XVIII i XIX wieku). Bydgoszcz / Toruń 2010, 452–458. Marek Derwich / Anna Pobóg-Lenartowicz (Hrsg.), Klasztor w mieście średniowiecznym i nowożytnym [Das Kloster in der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Stadt]. Wrocław / Opole 2000; Marek Derwich, Mnisi w polskim mieście średniowiecznym [Mönche in der polnischen mittelalterlichen Stadt], in: Manikowska / Zaremska, Ecclesia et civitas (wie Anm. 22), 143–160; Halina Manikowska, Klasztor żeński w mieście średniowiecznym [Das Frauenkloster in der mittelalterlichen Stadt], in: Roczniki dziejów społecznych i gospodarczych 62, 2002, 7–48. Marek Derwich / Anna Pobóg-Lenartowicz (Hrsg.), Klasztor w kościele średniowiecznym i nowożytnym [Das Kloster in der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Kirche]. Warszawa 2010. Marek Derwich / Anna Pobóg-Lenartowicz (Hrsg.), Klasztor w państwie średniowiecznym i nowożytnym [Das Kloster im mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Staat]. Wrocław / Opole / Warszawa 2005. Marek Derwich / Anna Pobóg-Lenartowicz (Hrsg.), Klasztor w społeczeństwie średniowiecznym i nowożytnym [Das Kloster in der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Gesellschaft]. Opole / Wrocław 1996; Andrzej M. Wyrwa / Józef Dobosz (Hrsg.), Cystersi w społeczeństwie Europy Środkowej [Die Zisterzienser in der Gesellschaft Mitteleuropas]. Poznań 2000. Vgl. Wyrwa, Procesy funadcyjne (wie Anm. 40), 167–178; Marian Kuzner, „Na drodze ku chwale“ – ideowe programy fundacji artystycznych księcia śląskiego Henryka Brodatego [„Auf dem Weg zum Ruhm“ – die ideellen Programme der künstlerischen Stiftungen des schlesischen Herzogs Heinrichs des Bärtigen], in: Kazimierz Bobowski (Hrsg.), Księga Jadwiżańska. Wrocław 1995, 135–150; Magdalena Żurek, Patronat rodziny Mieszka III Starego nad klasztorem benedyktyńskim w Lubiniu [Das Familienpatronat Mieszkos III. des Alten über das Benediktinerkloster in Lubiń], in: Derwich / Pobóg-Lenartowicz, Klasztor (wie Anm. 62), 347–354; Patrycja Gąsiorowska, Fundacje Anny śląskiej (1204–1265) [Die Stiftungen der schlesischen Anna (1204– 1265)], in: Studia Franciszkańskie 11, 2001, 223–244; Gerard Kucharski, Działalność fundacyjno-donacyjna księcia Kazimierza Konradowica na rzecz cystersów w Wielkopolsce, na Kujawach i Pomorzu [Die Stiftungs- und Schenkungstätigkeit Herzog Kazimirs I. Konradowicz zugunsten der Zisterzienser in Großpolen, Kujawien und Pommern], in: Nasza Przeszł. 96, 2001, 447–492; Waldemar Rozynkowski, Patrocinia kościołów klasztornych fundacji władców polskich (XI–XV wiek). Wokół patronatu władzy? [Die Patrozinien der Klosterkirchen von Stiftungen polnischer Herrscher (11.–15. Jahrhundert). Um das Patronatsrecht?], in: Derwich / Pobóg Lenartowicz, Klasztor w państwie (wie Anm. 61), 31–44; Romuald Kaczmarek, Kolegiata Krzyża Świętego we Wrocławiu jako fundacja Henryka IV Probusa. Impuls i następstwa – świadectwa ikonograficzne [Das Heiligkreuzstift in Breslau als Stiftung Heinrichs IV. des Gerechten. Impuls

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Marek Derwich zu Recht in einen Katalog von Forschungsdesiderata, die sich der polnischen Ordensforschung nach wie vor stellen, nicht zuletzt auch die Frage nach der „Rolle der Klosterstiftungen in der Herrschaftsideologie“ sowie dem Zusammenhang von „Herrschaft und den von Klöstern ausgeübten liturgischen, kommemorativen und Begräbnis-Funktionen“ aufgenommen.63 In der Tat hat es den Anschein, als böten sich der polnischen bzw. mit dem piastischen Polen befassten Mediävistik auch in diesem Themenfeld – und über die von Derwich formulierten Desiderata hinaus – noch weitreichende Entwicklungsperspektiven.64 Vor diesem Hintergrund will die hier vorgelegte Auswahl neuerer polnischer Arbeiten über monarchische und adlige Sakralstiftungen einen Beitrag dazu leisten, das Gespräch zwischen der polnischen und der deutschen Mediävistik über den Gegenstand zu intensivieren. Zu diesem Zweck versammelt der Band 15 Texte polnischer Mediävisten, von denen fünf in ihrer ursprünglichen polnischen Fassung zwischen 1993 und 1999, neun in den Jahren 2000 bis 2009 erschienen sind, während ein Beitrag als Auszug aus einer noch unveröffentlichten 2011 verteidigten Dissertation erscheint. Alle Beiträge wurden für die Veröffentlichung in diesem Band zum größten Teil stark überarbeitet, teilweise gekürzt und vielfach aktualisiert, mitunter auch um bislang und Folgen – ikonographische Zeugnisse], in: Wratislavia Antiqua 8, 2005, 85–100; Roman Stelmach, Książęta śląscy i ich patronat nad fundacjami klasztornymi – fundacje i darowizny, in: Studia i materiały z dziejów Śląska 26, 2005, 33–45; Ders., Henryk I Brodaty jako fundator i donator klasztorów śląskich [Heinrich I. der Bärtige als Stifter und donator schlesischer Klöster], in: ebd., 45–55; Anna Pobóg-Lenartowicz, Księżniczki śląskie wobec śląskich klasztorów kanoników regularnych [Schlesische Fürstinnen und die schlesischen Klöster der Regularkanoniker], in: ebd., 57–64; Marek L. Wójcik, Piastowie górnośląscy a opactwo tynieckie w średniowieczu [Die oberschlesischen Piasten und die Abtei Tyniec im Mittelalter], in: ebd., 65–91; Barbara Kowalska, Bolesław Wstydliwy i św. Kinga a ruch franciszkański [Bolesław der Schamhafte und die hl. Kinga und die Franziskanerbewegung], in: Krzysztof Ożóg / Tomasz Gałuszka / Anna Zajchowska (Hrsg.), Mendykanci w średniowiecznym Krakowie. Kraków 2008, 97–112; Szczęsny Skibiński, Wokół fundacji artystycznych Piastów [Um die künstlerischen Stiftungen der Piasten], in: Józef Dobosz (Hrsg.), Przemyślidzi i Piastowie – twórcy i gospodarze średniowiecznych monarchii. Materiały z konferencji naukowej. Poznań 2006, 169–193; Tomasz Giergiel, Fundacje rycerstwa sandomierskiego we wczesnym średniowieczu, in: Almanach Historyczny 10, 2008, 57–79. 63 Marek Derwich, Klasztor w państwie – zarys problematyki badawczej [Das Kloster im Staat – Abriss der Forschungsproblematik], in: Derwich / Pobóg-Lenartowicz, Klasztor w państwie (wie Anm. 61), 19–28, hier 20f.; vgl. auch Ders., Stan i perspektywy badań nad monastycyzmem [Stand und Perspektiven der Forschungen zum Monastizismus], in: Sobótka 54, 1999, 173–183, hier 183. 64 Nur oberflächlich behandeln Aspekte des Themas aus einer nichtpolnischen Perspektive Emilia Jamroziak, Klosterstiftungen polnischer Adliger im 12. Jahrhundert. Fragen nach Motiven und „Selbstdarstellung“, in: East Central Europe – L’Europe du Centre-Est 29, 2002, 155–166; Maike Sach, Stiftungs- und Schenkungsakte als Formen von Herrschaftslegitimation und religiöser Selbstvergewisserung im mittelalterlichen Polen (10.–12. Jahrhundert), in: Jahrbücher für Geschichte Osteuropas 55, 2007, 491–516.

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unveröffentlichte Teile ergänzt, so dass sie in einzelnen Fällen de facto neue Beiträge darstellen. Die Auswahl der Texte ist zwangsläufig begrenzt und subjektiv, erfasst aber nach Ansicht des Herausgebers im Wesentlichen die zentralen neueren Texte der einschlägigen neueren polnischen Forschung. Die Auswahl wird mit einem Auszug aus Roman Michałowskis grundlegender Studie von 1993 eröffnet, die in der polnischen Forschung das Phänomen ‚Stiftungen‘ erstmals systematisch mit Blick auf die frühpiastische „politische Kultur“ befragt hat. Michałowski versteht die mittelalterlichen Sakralstiftungen dabei vor allem als Bestandteil der „Sprache der monarchischen Propaganda“, die sich auch an das Sacrum in erster Linie in politischer Intention gerichtet habe. Zwar hätten die Stiftungen der Piasten auch „ein religiöses Werk par excellence“ dargestellt, doch sei es den stiftenden Herrschern vor allem um den „Himmel“ als einen „Akteur des politischen Spiels“ und darum gegangen, ihrer Herrschaft die göttliche Gnade zu sichern. Wie aus solcher Motivation heraus mit Stiftungen (d. h. mit Gründungen neuer Einrichtungen und/oder Schenkungen und Vergaben an bereits bestehende) ein zweifacher Druck – nämlich auf die Menschen und auf das Sacrum – ausgeübt wurde, führt Michałowski in detailierter, quellennaher Argumentation für das frühe 11. Jahrhundert am Beipiel der als eine bewußte Nachahmung des ottonisch-salischen Aachen gedeuteten Fundierung der Sakraltopographie Krakaus, für die zweite Hälfte des 11. Jahrhunderts an der Stiftung der Benediktinerabtei Tyniec bei Krakau und für das ausgehende 13. Jahrhundert an der Stiftung der Heiliggeistkirche in Breslau durch Herzog Heinrich IV. den Gerechten vor Augen. Monarchische Stiftungen, so Michałowskis Fazit, „waren ein fester Bestandteil der politischen Kultur des piastischen Polen“. In ihnen kamen in markanter Weise Selbstbewusstsein und Herrschaftsanspruch der Monarchen zum Ausdruck, wobei sie gleichermaßen von fremden Vorbildern beeinflusst wie von endogenen, geradezu anthropologischen Konstanten geprägt erscheinen. Das Phänomen der Nachahmung westlicher Vorbilder, wie es bei Michałowski mit Blick auf das Verhältnis von Krakau und Aachen diskutiert wird, steht auch im Zentrum der Überlegungen von Grzegorz Pac, der nach den Anfängen der Frauenklöster in Böhmen und Polen fragt. Dazu verortet er die – in Böhmen klarer, in Polen weniger deutlich – fassbaren Anfänge der Frauenklöster im weiten Kontext des europäischen frühmittelalterlichen Frauenmonastizismus. Er zeigt, wie die Přemysliden und Piasten aus eigener Anschauung und indirekter Vermittlung offenbar rasch den Stellenwert erkannten, den Frauenklöster – etwa Quedlinburg – im „politisch-religiösen System“ der benachbarten Königsherrschaft einnahmen. Angesichts der gewaltigen Vorbildwirkung, die von den sächsischen, aber auch bayerischen Vorbildern im ausgehenden 10., beginnenden 11. Jahrhundert ausgegangen sei, hätten die Gründung von eng mit der jeweiligen Dynastie verbundenen Frauenklöstern und die Unterbringung der Herrschertöchter in diesen Klöstern „gewissermaßen einen natürlichen Schritt“ dargestellt, der sich bei Přemysliden und Piasten allerdings interessanter- und merkwürdigerweise zunächst nur für die Frühphase ihrer Herrschaftsbildung beobachten lasse. Denn nach

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den frühen Gründungen jeweils eines Frauenklosters in Böhmen und Polen ist es dort erst seit Mitte des 12. Jahrhunderts zur Gründung weiterer Frauenkonvente gekommen. Die Frage der piastischen Beziehungen zum Reich vertieft Szymon Wieczorek, der in detailierter Analyse der einschlägigen Quellen jene Schenkungen untersucht, die Herzog Bolesław III. Schiefmund und seine zweite Ehefrau Salomea von Berg in den 1130 bis 1140er Jahren der Benediktinerabtei Zwiefalten zuwandten. Wie Wieczorek zeigt, war es primär die familiäre Verbindung, die der polnische Herrscher über seine Ehe mit Salomea zu einer Familie im Reich geknüpft hatte, die ihn auf die Pracht und Frömmigkeit des weit entfernten schwäbischen Klosters aufmerksam machten. Und so dürften die Motive der Schenkungen Bolesławs und Salomeas an Zwiefalten, wie Wieczorek plausibel macht, auch in erster Linie in der religiösen Sorge um das Seelenheil der erweiterten Familie, der Verwandten gelegen haben. Dass die Schenkungen daneben auch nichtreligiöse Motive gehabt haben können (etwa Sicherung wertvollen Besitz angesichts der unsicheren politischen Lage nach dem Tod Bolesławs III.) schließt Wieczorek nicht aus, doch trete in den verfügbaren Quellen das Motiv der memoria eindeutig in denVordergrund. Dass auch bei Stiftungen, die polnische Große im ausgehenden 11. und 12. Jahrhundert kirchlichen Einrichtungen zukommen ließen, neben wirtschaftlichen Aspekten die religiösen Motive – die Sorge um das Seelenheil (pro remedio meo et viri mei) – eine bedeutende, wenn nicht „die erstrangige Rolle“ gespielt haben, zeigt Krzysztof Skwierczyński. Er macht zugleich den entscheidenden Zusammenhang deutlich, der zwischen der seit der Wende vom 11. zum 12. Jahrhundert erfolgenden Ausbildung agnatischer Adelsfamilien und dem Auftreten von Großen als Stiftern bestand. Diese suchten dabei in ihren Handlungen den piastischen Herrscher nachzueifern bzw. diese zu imitieren, wodurch letztere zunehmend ihr Monopol bei der Sorge um die Kirche zu verlieren begannen. Tatsächlich vermochten einzelne Große wie Piotr Włostowic oder Jaxa mit ihren Stiftungstätigkeiten den Monarchen zeitweise beachtliche Konkurrenz zu machen. Nicht selten kam es bei größeren Stiftungen (z. B. Klöstern) aber auch zu einem bi- oder trilateralen Zusammenwirken von Monarchen, Großen und Bischöfen. Der sich anschließende Text von Józef Dobosz ist wiederum ein Ausschnitt aus einer größeren monographischen Darstellung, in der der Autor einen umfassenden Überblick über das Verhältnis der piastischen Monarchen und ihrer Großen zur Kirche geboten hat. Dabei hat er auch die jeweiligen Stiftungstätigkeiten ausführlich behandelt und zusammengestellt, was die verfügbaren Quellen dazu hergeben. Der in diesem Sammelband gebotene Ausschnitt stellt einerseits die monarchische Stiftungstätigkeit am Beispiel von Herzog Bolesław III. Schiefmund, andererseits die Stiftungstätigkeit weltlicher Großer und ihrer Familien im Verlauf des 12. Jahrhunderts vor. Wie Dobosz selbst betont, geht es ihm dabei weniger um eine synthetisch-analytische Interpretation des Phänomens als um eine Zusammenstellung der ‚Stiftungsfakten‘, die das Thema

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nicht ausschöpft, sondern eher Anstöße zur weiteren Diskussion über die Stiftungstätigkeit der piastischen Monarchen und Großen geben will. Wie auch Dariusz Karczewski, Halina Manikowska und Jerzy Rajman in ihren Beiträgen zeigen, handelte es sich bei den prominenten Stiftungen weltlicher Großer im 12. Jahrhundert zumeist um Klöster. Da diese Stiftungsunternehmen enorme materielle Ressourcen erforderten, traten nicht selten, wie Karczewski betont, verwandtschaftlich verbundene Stiftergemeinschaften auf. Die Włostowicen, d. h. der Pfalzgraf Piotr Włostowic und seine Verwandten waren in diesem Sinn zweifellos eines der herausragenden Beispiele. Ihre Stiftungstäigkeit in Breslau und Umgebung steht auch im Zentrum des Beitrages von Halina Manikowska, die sie zugleich mit den entsprechenden herzoglichen Aktivitäten, insbesondere mit jenen der späteren Teilfürsten Bolesław dem Langen und Heinrich dem Bärtigen in Beziehung setzt. Neben Piotr Włostowic trat im 12. Jahrhundert mit dem in vieler Hinsicht noch immer rätselhaften Jaxa (‚von Miechów‘ und/oder ‚von Köpenick‘?) ein zweiter ganz herausragender adliger Stifter hervor, der als Schwiegersohn des Piotr Włostowic zugleich zum Verwandtenkreis der Włostowicen gehörte. Seine Stiftungsaktivitäten und die Frage seiner Herkunft werden von Jerzy Rajman eingehend erörtert. Den Sakralstiftungen des großpolnischen Herzogs und zeitweiligen Krakauer Seniorherrschers Mieszko III. des Alten geht Leszek Wetesko nach. Dabei nimmt er zunächst die Erneuerung der Gnesener Kathedrale und ihre Ausschmückung mit der berühmten Gnesener Bronzetür in den Blick, deren Bildprogramm (Vita des hl. Adalbert) er als eine programmatische Antwort Mieszkos auf die Krakauer Bemühungen deutet, dem tradionellen großpolnischen Zentralort piastischer Herrschaft durch die Etablierung eines neuen, eigenen kleinpolnischen Kultes des hl. Florian den Rang abzulaufen. Sodann stellt Wetesko Mieszkos religiöse Kunststiftungen in Gestalt liturgischer Gerätschaften (Kelche, Patenen) vor, ehe er abschließend knapp auf die wenigen Kirchenund Klosterstiftungen des großpolnischen Herzogs eingeht. Diesen letztgenannten Aspekt vertieft Tomasz Ginter in seiner exemplarischen Detailstudie zu den Anfängen einer herzoglichen Klosterstiftung. Der Ausschnitt aus einer umfangreicheren Monographie führt auch in seiner gekürzten Form mit seiner (nicht von allen polnischen Mediävisten geteilten) diplomatisch-hilfswissenschaftlichen Argumentation sehr schön vor Augen, wie unklar in vielen Fällen – hier im Fall der Gründung des Zisterzienserklosters Ląd – die Frage der konkreten Chronologie und Zusammenhänge des jeweiligen – bekanntlich stets langgestreckten – Gründungsprozesses noch immer ist. Eine weitere konkrete Klosterstiftung ist Gegenstand des Beitrages von Andrzej Pleszczyński. Er zeigt, wie und warum der Krakauer Herzog Bolesław V. der Schamhafte 1245 ein Klarissenstift in Zawichost an der Weichsel, nördlich von Sandomir gründete. Auch diese Stiftung sollte nicht allein dem Seelenheil des Krakauer Herzogs dienen, sondern „eschatologisch“ wie politisch auch seinen Herrschaftsbereich markieren. Dass dem Kloster in den östlichen Grenzgebieten des kleinpolnischen Herzogtums offenbar auch eine strategisch-militärische Rolle zugedacht war, zeigt der Umstand,

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dass es mit einem Spital ausgestattet und mit Befestigungsanlagen gesichert wurde. Dennoch musste es im Angesicht der akuten Tatarengefahr schon 1257 in sicheres kleinpolnisches Gebiet zurückverlegt werden. Die letzten vier Beiträge kehren von Kleinpolen nach Schlesien zurück und behandeln sowohl herzogliche wie adlige Stiftungen. Marcin Pauk diskutiert in einem breiten vergleichenden Zugang das Stiftungsprogramm der schlesischen Piasten im 13. Jahrhundert. Er zeigt, wie die schlesischen Herzöge ihre zisterziensischen Klosterstiftungen im Sinne von „Hausklöstern“ sowohl für ihre liturgische memoria, zugleich aber auch als „bauliche Machtsymbole“ politisch einsetzten. Dabei stellt er einen interessanten kausalen Zusammenhang zwischen dem Auftreten dieser Sakralstiftungen und drei politischen Wirkungsfaktoren fest, nämlich ihrem Zusammentreffen mit 1. dem Eindringen des westeuropäischen Modells der Territorialherrschaft, 2. der Verfestigung der politischen Zersplitterung des regnum Poloniae und 3. der Ausbildung eines partikularen Territorialbewusstseins innerhalb der neuen teilfürstlichen Dynastiezweige. Diesen Deutungsstrang zeitlich weiter, bis ins 14. Jahrhundert hinein, führt Przemysław Wiszewski. Er konzentriert sich dabei auf die schlesischen Frauenklöster und die politischen, wirtschaftlichen und mentalen Folgen, die die ihnen jeweils von ihren herzoglichen Stiftern zuteil gewordene Unterstützung gezeitigt hat. Für Wiszewski lag das Hauptmotiv einer wirksamen Unterstützung eines Klosters, d. h. für seine entsprechend hohe Ausstattung in dem Bestreben der „ewige[n] Aufrechterhaltung des klösterlichen Fürbittengebets“ für das herzogliche Seelenheil. Darüberhinaus dienten die gestifteten Frauenklöster den Herzögen auch „als Bildungs- und geistliche Übungszentren für Frauen aus dem Stiftergeschlecht vor ihrer Verheiratung oder nach dem Tode ihres Gatten“. Die Beiträge von Joanna Banik und Dagmara Adamska behandeln abschließend zwei Beispiele adliger Stiftungsaktivitäten, die sich bereits in einer Phase entfalten, in der sich die vornehmlich aus herzoglichen Amtsträgern geformte soziale Gruppe der Großen zu großgrundbesitzenden adligen Familien- bzw. Geschlechterverbänden transformiert hatte. Eines der größten und bedeutendsten dieser neuen Adelsgeschlechter in Schlesien waren die Pogarells, deren Stiftungtätigkeit und Stiftungsmotive Joanna Banik am Beispiel des um 1210 von Vinzenz von Pogarell begründeten Klosters der Regularkanoniker in Kamenz und des um 1285 von Bogusz von Pogarell gestifteten Dominkanerklosters in Löwen diskutiert. Die um 1278 erfolgte Stiftung des Benediktinnerinnenklosters in Liebenthal durch Jutta von Liebenthal erörtert Dagmara Adamska, die bei dieser Gelegenheit am Ende auch noch einmal die kirchenrechtlichen Grundlagen des mittelalterlichen Stiftungswesens rekapituliert. Dass mit dem skizzierten Spektrum von fünfzehn Beiträgen polnischer Mediävistinnen und Mediävisten der deutschsprachigen Mittelalterforschung ein Einblick in die aktuelle polnische Forschung über monarchische und adlige Sakralstiftungen im piastischen Polen geboten werden kann, ist in erster Linie den Autoren zu danken. Sie sind dem Vorschlag, zu diesem Sammelband beizutragen, mit großem Interesse und Koope-

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rationsbereitschaft begegnet und haben ohne Zögern ihr Einverständnis erteilt, ihre Aufsätze und Buchkapitel in deutscher Übersetzung erneut zu publizieren. Auch den Verlagen, in denen die abgedruckten Arbeiten im Original erschienen sind, sei für Ihre Einwilligung zur deutschsprachigen Neuveröffentlichung herzlich gedankt. Ein besonderer Dank gebührt den Übersetzern, an erster Stelle Herbert Ulrich (Lublin), der den größten Teil der Ausgangstexte übersetzt hat, sodann Markus Krzoska (Gießen), Peter Oliver Loew (Darmstadt) und Eva Wiese (Dresden). Ihre kompetenten Übertragungen haben die Ausgangstexte geliefert, die vom Herausgeber einer sehr intensiven Überarbeitung, mitunter Kürzungen, Umstellungen und Ergänzungen unterzogen wurden. Auch dafür, dass die Autoren diese – teils erheblichen – Eingriffe mit großem Verständnis akzeptiert, in einzelnen Fällen auch zusätzliche Aktualisierungen und textliche Ergänzungen beigesteuert haben, sei ihnen ebenfalls herzlich gedankt.65 Eine große Hilfe war einmal mehr die Unterstützung durch Magda Dopieralska und Saskia Herklotz (beide Warschau), die bibliographische Recherchen und Vereinheitlichungen im Anmerkungsapparat vorgenommen sowie die Register vorbereitet haben. Dieter Overhageböck (Münster) ist für die Kartographie und Kornelia Hubrich-Mühle (Warschau) wie stets für eine sorgfältige Endkorrektur zu danken. Christiane Thomsen (Berlin) danke ich für die Erstellung der Druckvorlage und Michael Borgolte last but not least dafür, dass er den Band in seine ‚Stiftungsgeschichten‘ aufgenommen hat und auf diese Weise bereit war, das Deutsche Historische Institut in Warschau in seinen Bemühungen zu unterstützen, der deutschsprachigen Forschung Erträge der polnischen Mediävistik näher zu bringen.

65 Angaben zu den Erstdruckorten und den Übersetzern der Beiträge sowie Hinweise auf Kürzungen bzw. Ergänzungen finden sich im Autorenverzeichnis am Schluss des Bandes.

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Anhang: Klosterstiftungen im piastischen Polen66 Klöster vor 1038/39 Ort

Gründung

Stifter

Mestris (Ort unklar) Łęczyca Krakau*

1002/3 Anfang 11. Jh. Ende 10./Anfang 11. Jh.

Hzg. Bolesław Hzg. Bolesław Hzg. Bolesław

Ort

Gründung

Stifter

Tyniec Mogilno Lubiń Breslau Elbing Łysiec/Łysa Góra Sieciechów Leubus Płock Jeżów Kościelna Wieś Teschen Staniątki* Orłowo Liebenthal Striegau Liegnitz

1040–50er Jahre 1040–70er Jahre 1070er Jahre/1037–38 1120–30er Jahre 1130er Jahre 1120er/1150er Jahre 1050er Jahre 1160er Jahre 1165–1185 1190er Jahre 1211 1230er Jahre 1268/69 1278/79 1307 1348/49

Hzg. Kasimir I. Hzg. Kasimir I. / Bolesław II. Hzg. Bolesław II. / III. & Gr. Gr. Piotr Włostowic Hzg. Bolesław III. & Gr. Gr. Sieciech / Sieciech d. J. Hzg. Kasimir I Hzg. Bolesław IV & Bf. Hzg. Bolesław IV/Leszek Hzg. Bolesław v. Schlesien Hzg. Kasimir v. Teschen Familie Gryfen Hzg. Władysław v. Oppeln Jutta von Liebenthal Hzg. Beatrix v. Schweidnitz Hzg. Wacław I. v. Liegnitz

Benediktiner

Regularkanoniker (Augustiner-Chorherren, Prämonstratenser) Ort

Gründung

Stifter

Zobtenberg → Breslau Trzemeszno Czerwińsk

1142–48 1120–30er Jahre vor Mitte 12. Jh.

Gr. Piotr Włostowic I. Hzg. Bolesław III. & Bf. Bf. Alexander v. Płock

66 Die Angaben sind der einschlägigen Literatur entnommen (s. Anm. 37–47), in der die Datierungen angesichts einer mitunter unklaren Quellenlage variieren; die Jahresangaben können daher nicht in allen Fällen als vollkommen gesichert gelten; Abkürzungen: * = Frauenkonvent/Klarissen; → = Verlegung; Gr. = Großer, Hzg/n. = Herzog/in, Bf. = Bischof, Ebf. = Erzbischof.

30 Kościelna Wieś Brzesko Krzyżanowice Zwierzyniec* Miechów Witów Busko* → Płock Strzelno Breslau Elbing Naumburg a.B. → Sagan Rybnik → Czarnowanz Kamenz Imbranowice Breslau*

Eduard Mühle 1129–36 / Mitte 12. Jh. Um 1150 1135–40 1058–62 1160er Jahre 1179–1189 um 1185 → 1206 vor 1193 vor 1193 1217–19 → 1284 1202–11 → 1228–34 um 1210 1225 um 1290

Gr. Piotr Włostowic Hzg. Bolesław IV. & Gr. Gr. Jaxa Gr. Jaxa Gr. Jaxa Gr. Wit & Dzierżko Gr. (Bf.) Wit & Dzierżko Gr. Piotr Wszeborowicz Hzg. Bolesław v. Schlesien Hzg. Heinrich I. v. Schlesien Hzgn. Ludmila/Hzg. Kasimir I Vinzenz v. Pogarell Bf. Iwo Odrowąż v. Krakau Bf. & Abt

Ort

Gründung

Stifter

Jędrzejów Łekno Leubus Ląd Sulejów Wąchock Koprzywnica Trebnitz* Ołobok* Kacice → Mogiła Heinrichau

1140–49 1142–53 1163–1175 1174/1191? 1176–77 1179 1185 1202–3 1211–13 1221 → 1222 1227

Paradyż Ludźmierz → Szczyrzyc Szpetal Woszczyce → Rauden Obra Kamenz Owińska Byszewo → Koronowo Zemsko → Wieleń Jemielnica Grüssau

1230–36 1235 → 1238–45 nach 1236 1238 → 1252–58 1231–44 1246 1250–1252 1250–56 → 1288–89 1230–32 → 1285–1300 1286–89 1292

Gr. (Bf. & Ebf.) Janik Gr. Zbylut Hzg. Bolesław v. Schlesien Hzg. Mieszko III. Hzg. Kasimir II. v. Sandomir Bf. Gedko v. Krakau Hzg. Kasimir II. v. Krakau Hzg. Heinrich I. v. Schlesien Hzg. Władysław Odonic Bf. Iwo Odrowąż v. Krakau Gr. Nikolaus & Hzg. Heinrich II. Gr. Bronisz Doliwa Gr. Czader Gryfita Gr. Bogusz Miecłowice Doliwa Hzg. Władysław v. Oppeln Gr. Sędziwoj Bf. Thomas v. Breslau Hzg. Przemysław I. Hzg. Kasimir I. v. Kujawien Hzg. Władysław Odonic & Gr. Hzg. Bolesław v. Oppeln Hzg. Bolko v. Schweidnitz

Zisterzienser

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Sakralstiftungen von Herzögen und Großen

Dominikaner Ort

Gründung

Stifter

Krakau Breslau Sandomir Płock Sieradz Ratibor Posen Brześć Kujawski Warka Glogau Bunzlau Teschen Lublin Liegnitz Łęczyca Wronke Posen* Opatowiec Auschwitz Löwen Frankenberg → Frankenstein Oppeln Sochaczew Schweidnitz Breslau* Ratibor* Brieg

1222–23 1225–26 1225–26 1220er Jahre 1235 1239–40/1258 1242–43 1243 1255 1258 1260–64 um 1263 1265/1253 1270–77 1275 1279 1282 1283 vor 1283 um 1285 vor 1285 → 1300

Bf. Iwo Odrowąż v. Krakau Bf. v. Breslau & Bf. v. Krakau Bf. Iwo Odrowąż v. Krakau Bf. Iwo Odrowąż v. Krakau Hzg. Bolesław I. v. Sieradz Bf. Thomas v. Breslau & Hzg. Hzg. Przemysław I. Kasimir I. v. Kujawien Siemowit I. v. Masowien Hzgn. Salomea v. Glogau Hzgn. Eufemia v. Oppeln Hzg. Bolesław v. Krakau Hzg. Bolesław Rogatka Hzg. Przemysław II. Hzg. Przemysław II. Abt v. Tyniec Eufemia von Oppeln Bogusz v. Pogarell Hzg. Heinrich IV. v. Schlesien

1285–95 1290 1291 1290–96 1299–1306 1336

Hzg. Bolko I. der Strenge Hzg. Heinrich V. v. Breslau Hzg. Przemysław v. Ratibor Hzg. Bolesław II. v. Oppeln

Ort

Gründung

Stifter

Breslau Krakau Inowrocław Goldberg Breslau* Sandomir → Zawich. →Skała Zawichost→Skała→ Krakau* Oppeln

1236–37 1236–37 1238 um 1240 1242–57 1242 → 1245 → 1257

Hzg. Heinrich II. Gr. Teodor-Czader Hzg. Kasimir v. Kujawien Hzgn. Hedwig Hzgn. Anna v. Schlesien Hzg. Bolesław v. Krakau

1245 → 1257 → 1318

Hzg. Bolesław v. Krakau

1248

Hzg. Władysław v. Oppeln

Franziskaner

32 Schweidnitz Glogau Loslau Kalisch Beuthen Oborniki Nowy Korczyn Oberglogau Krossen Gnesen Śrem Lauban Pyzdry Alt-Sandez Alt-Sandez* Liegnitz Gnesen* Brieg Neisse Namslau Sagan Löwenberg Brzeżnica → Radomsko Neumarkt Münsterberg Strehlen Strehlen* Radziejów Glogau*

Eduard Mühle vor 1249 um 1249 1257 1257–59 1258 1259 1260 1264 1270–72 1270 1270 1273 1277 um 1279 1280 1280–84 1283 vor 1284 vor 1284 vor 1284 1284 vor 1285 1286 → 1290 1290–1318 1290–1301 1295–1307 1295–1301 1298 1307

Herren v. Würben Hzg. Konrad I. Hzg. Władysław v. Oppeln Hzg. Bolesław der Fromme Hzg. Władysław v. Oppeln Hzg. Bolesław der Fromme Hzgn. Kinga & Hzg. Bolesław Władysław v. Oppeln Ritter Hzg. Bolesław der Fromme Hzg. Bolesław der Fromme Bürger Hzg. Bolesław der Fromme Hzg. Bolesław v. Krakau Hzgn. Kinga v. Krakau Hzg. Bolesław Rogatka Hzg. Przemysław II. Bf. Piotr Hzg. Konrad II. Kastellan Heinrich Lange Hzg. Władysław Łokietek Hzg. Bolko I. v. Schweidnitz Hzg. Bolko I. v. Schweidnitz Hzg. Bolko I. v. Schweidnitz Hzg. Władysław Łokietek Hzg. Heinrich III. v. Glogau

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= Münsterberg

Roman Michałowski

Princeps fundator. Monarchische Stiftungen und politische Kultur im piastischen Polen (10. – 13. Jahrhundert)

Einführung Der vorliegende Beitrag ist der politischen Kultur des piastischen Polen gewidmet. Als politische Kultur bezeichnen wir dabei den Bereich jener Vorstellungen, Werte, Haltungen und Verhaltensmuster, die sich auf das staatliche Leben beziehen. In diesem Sinne umfasst der Begriff sowohl theoretische Ansichten über den Staat, sein Wesen und die Bedingungen seines Erstarkens und Forbestehens als auch ein eher praktisches Wissen um die Methoden der Verwaltungsorganisation oder die Kunst des Erwerbs und Festhaltens der eigenen Position im Herrschaftssystem. Konkret werden wir die politische Kultur durch das Prisma der monarchischen Stiftungen betrachten, wobei wir unter ‚Stiftung‘ nicht nur den bloßen Akt der Gründung einer neuen kirchlichen Institution, sondern auch verschiedenartige Geschenke und Vergaben an eine bereits bestehende Einrichtung verstehen. Wir stellen folgende Frage: Konnte eine kirchliche Stiftung als religiöse oder ideologische Botschaft fungieren, die der Herrscher und Stifter an die anderen Teilnehmer des politischen Spiels richtete, weil er hoffte, auf diese Weise seine eigene Position und die seines Königreiches zu stärken? Die Berechtigung dieser Frage ist offensichtlich. Schließlich kann man sich leicht vorstellen, dass ein Monarch durch die Stiftung einer kirchlichen Einrichtung oder durch die Beschenkung einer bereits bestehenden versuchte, sich seinen Untertanen als rex iustus zu präsentieren. Stiftungen gehörten also zur Sprache der monarchischen Propaganda, die mit dem Ziel entfaltet wurde, das Prestige und die Autorität des Königs zu untermauern und in der Konsequenz seine Herrschaft noch effektiver zu gestalten. Damit ist die Tragfähigkeit der gestellten Frage noch nicht erschöpft. Das wird deutlich, wenn wir uns bewusst machen, worin die Spezifik der mittelalterlichen Kultur bestand. Im Mittelalter empfand man – im Unterschied zur heutigen europäischen Zivilisation – die Präsenz des Sacrum sehr intensiv. Gott war für die damaligen Menschen ein höchst reales Wesen, das die irdische moralische und soziale Ordnung

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Roman Michałowski

sanktionierte und gleichzeitig unablässig in die Dinge der diesseitigen Welt eingriff. In dieser Situation müssen wir mit der Möglichkeit rechnen, dass zu den Akteuren des politischen Spiels, deren Wohlwollen der Monarch gewinnen wollte, gerade auch der Himmel gehörte. So drängt sich der Verdacht auf, dass zu den zu diesem Zweck genutzten Mitteln auch kirchliche Stiftungen gehörten, welche schließlich ein religiöses Werk par excellence darstellten, das direkt an die übernatürlichen Kräfte adressiert war. Es konnte also leicht vorkommen, dass ein Herrscher, der ein Kloster ins Leben rief oder einer Kirche Güter schenkte, dies deshalb tat, weil er seinem Königreich die göttliche Gnade sichern und im Resultat auch seine eigene Größe und Macht fundieren wollte. Die monarchischen Stiftungen werden uns daher als Bestandteile des politischen Instrumentariums interessieren, als Akte, die eine doppelte Funktion erfüllten oder erfüllen sollten: Druck auf die Menschen und Druck auf das Sacrum auszuüben. Hinzu kam noch eine dritte Funktion. Es muss nämlich mit der Möglichkeit gerechnet werden, dass sich der Herrscher bei der Gründung einer kirchlichen Institution oder ihrer Beschenkung von dem mehr oder weniger bewussten Wunsch leiten ließ, in den eigenen Augen als ein dieses Namens würdiger König oder Fürst zu erscheinen. Die Bedeutung dieser Funktion darf keineswegs unterschätzt werden. Die Selbstsicherheit, die der Monarch auf diesem Wege gewinnen konnte, blieb sicher nicht ohne Einfluss darauf, wie er seine Macht ausübte. Einer Analyse der Zusammenhänge von Herrschaft, politischer Kultur und Stiftungswesen stellen sich für das piastische Polen gravierende Hindernisse in den Weg. Die einschlägige Quellenlage ist bekanntlich unvergleichlich schlechter als für das Reich und andere westliche Regionen. Vor diesem Hintergrund kann nicht erwartet werden, dass wir Antworten auf die hier interessierenden Fragen allein aus polnischen Zeugnissen erhalten können. Das polnische Material liefert zumeist nur individuelle Aussagen und Fakten, und die Interpretation isolierter Quellen stößt auf schwierige, manchmal unüberwindbare Hindernisse. Daher müssen auch fremde Zeugnisse als unerlässlicher Hintergrund für die einheimischen herangezogen werden. Letztere werden wir fast ausschließlich dem Gebiet West- und Mitteleuropas entnehmen, vor allem aus dem Umfeld des Deutschen Reiches. Dabei gehen wir davon aus, dass zwischen dem Land an Weichsel und Oder und der westlichen Welt weitreichende kulturelle Ähnlichkeiten bestanden – Gemeinsamkeiten, die auf dem Boden einer alle indoeuropäischen Völker verbindenden zivilisatorischen Gemeinschaft erwuchsen und die bedeutend gestärkt wurden, seit der Piastenstaat das Christentum in seiner lateinischen Gestalt angenommen hatte. Wir streben nicht an, das Material vollständig auszuschöpfen, nicht einmal das polnische. Eine Bedingung für den Erfolg unserer Unternehmung bildet die möglichst präzise und möglichst tiefgreifende Analyse der Quellen. Eine solche Analyse kann nur in Bezug auf eine beschränkte Zahl von Zeugnissen und Phänomenen durchgeführt werden. Deshalb werden wir uns mit der Untersuchung einer kleinen ausgewählten Gruppe

Princeps fundator

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von Paradigmen begnügen müssen. Diese werden sich auf drei Epochen der mittelalterlichen polnischen Geschichte verteilen: die Zeit der ersten piastischen Monarchie, für die wir das Beispiel der programmatischen Begründung der Sakraltopographie Krakaus untersuchen; die Zeit der zweiten piastischen Monarchie, für die wir die Stiftung des Benediktinerklosters Tyniec bei Krakau behandeln und die Zeit der teilfürstlichen Zersplitterung, für die wir die Errichtung des Breslauer Kollegiatstifts zum Heiligen Kreuz durch Heinrich den Gerechten analysieren.

Das Stiftungsprogramm für Krakau – eine Nachbildung von Aachen? Unter den ottonischen Städten nahm Aachen eine herausragende Position ein.1 Diese verdankte sie der Politik der Liudolfinger, deren Macht ihre Quelle in Sachsen hatte. Um die soziale Basis ihrer Herrschaft zu erweitern, waren die Liudolfinger bemüht, über ihr heimisches Zentrum hinauszugehen und die Akzeptanz anderer deutscher Stämme zu gewinnen, hauptsächlich der an Maas, Rhein und Main siedelnden Franken. Gleichzeitig versuchten sie, die ideologischen Grundlagen der monarchischen Herrschaft umzuformulieren, indem sie an das Ideal des Königs als eines von Gott Gesalbten und Vikars Christi anknüpften – ein Ideal, das den Sachsen recht fremd war, aber die Vorstellungskraft kirchlicher Kreise ansprach. Am Ende setzten sie sich die Wiederherstellung des Kaiserreiches zum Ziel. Bei der Realisierung dieser Aufgaben beriefen sie sich auf ein mächtiges Symbol – das der Persönlichkeit Karls des Großen. Um die Franken zu gewinnen, waren sie bemüht, sich als dessen legale Nachfolger zu präsentieren. Durch die Stilisierung ihrer Rolle als von Gott gesandte Herrscher und Vikare Christi versuchten sie zu beweisen, dass sie diesen (neben Konstantin) hervorragendsten und ehrwürdigsten christlichen Monarchen nachahmten. Auch was die renovatio imperii betraf, fanden sie das Vorbild, den Antrieb und die Rechtfertigung dafür in den Taten und im Ruhm dieses großen Erneuerers des Kaiserreiches.

1 Zum Verhältnis der Liudolfinger zu Aachen u. a. Percy Ernst Schramm, Kaiser, Rom und Renovatio. Studien zur Geschichte des römischen Erneuerungsgedankens vom Ende des Karolingischen Reiches bis zum Investiturstreit. Bad Homburg 31962, 69; 78; 93; 140; Josef Fleckenstein, Die Hofkapelle der deutschen Könige, Bd. 2: Die Hofkapelle im Rahmen der ottonisch-salischen Reichskirche. Stuttgart 1966, 145ff.; Karl Hauck, Die Ottonen und Aachen, 876–936, in: Wolfgang Braunfels / Percy Ernst Schramm (Hrsg.), Karl der Große, Bd. 4: Das Nachleben. Düsseldorf 1967, 39–53; Helmut Beumann, Grab und Thron Karls des Großen zu Aachen, in: Braunfels / Schramm, ebd., 9–38; Wolfgang Giese, Der Stamm der Sachsen und das Reich in ottonischer und salischer Zeit. Studien zum Einfluß des Sachsenstammes auf die politische Geschichte des Deutschen Reichs im 10. und 11. Jahrhundert und zu ihrer Stellung im Reichsgefüge mit einem Ausblick auf das 12. und 13. Jahrhundert. Wiesbaden 1979, 96ff.; 100ff.

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Roman Michałowski

Man wusste sehr wohl, dass Karls Hauptstadt Aachen war. Dort ruhten die sterblichen Überreste des Kaisers, und dort befand sich auch sein Thron. Daher ist es nicht weiter verwunderlich, dass Otto I., der energischer als sein Vater um die Unterstützung der Franken bemüht war, seine Herrschaft gerade in dieser Stadt offiziell inaugurierte. Dort wurde er zum König gewählt und ausgerufen, dort – auf dem Thron des großen Monarchen sitzend – nahm er die Huldigung der deutschen Herren entgegen und dort wurde er gesalbt und gekrönt. Und obwohl er bemüht war, Magdeburg zum politischen, administrativen und religiösen Zentrum des Staates zu machen, zögerte er nicht, Aachen als die wichtigste Hauptstadt des Königreiches nördlich der Alpen zu bezeichnen. Unter Otto III. gewann dieses Zentrum dann noch mehr an Bedeutung. Dieser wie sein Vater und Großvater in Aachen gekrönte Monarch schenkte der Hauptstadt Karls des Großen außergewöhnliche Beachtung. Er wählte sie als seine ewige Ruhestätte, beschenkte sie mit Reliquien und entfaltete zu ihrem größeren Glanz ein ganzes Stiftungsprogramm.2 Dem Marienstift – d. h. der Pfalzkapelle Karls des Großen, in der sich der Thron und das Grab des Kaisers befanden – schenkte er Landgüter und Sakralkunstgegenstände. Mehr noch, er bemühte sich beim Papst um ein Privileg, kraft dessen in der Pfalzkapelle ein Kardinalskollegium geschaffen wurde. Das war eine ungewöhnliche Auszeichnung, da sich im Reich bis zu diesem Zeitpunkt nur einige Archikathedralkirchen eines ähnlichen Privilegs erfreuen konnten. Otto III. beabsichtigte, dieses der Jungfrau Maria gewidmete Kollegiatstift mit einem Kranz von Sakralobjekten zu umgeben. Um 997 gründete er in Burtscheid bei Aachen ein dem hl. Nikolaus geweihtes Benediktinerkloster.3 Ungefähr zur gleichen Zeit unternahm er die nötigen Schritte, 2 Zum Stiftungsprogramm Ottos III.: Fleckenstein, Hofkapelle (wie Anm. 1); Dietmar Flach, Untersuchungen zur Verfassung und Verwaltung des Aachener Reichsgutes von der Karolingerzeit bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts. Göttingen 1967, 135f.; 143f.; 153f.; Teresa Dunin-Wąsowicz, Le culte de Saint Adalbert vers l´an 1000 et la fondation de l´église Saint-Adalbert à Liège, in: Joseph Deckers (Hrsg.), La collégiale Saint-Jean de Liège. Mille ans d’art et d’histoire. Liège 1981, 35–38; Thomas Wurzel, Die Reichsabtei Burtscheid von der Gründung bis zur frühen Neuzeit. Aachen 1984, 11ff.; 33ff. 3 Die ältesten Urkunden über den Konvent in Burtscheid nennen als Patron des Klosters neben dem hl. Nikolaus den hl. Apollinaris, ausnahmsweise den hl. Gregor und seit 1029 den hl. Johannes den Täufer; Rheinisches Urkundenbuch. Ältere Urkunden bis 1100, Bd. 1: Aachen-Deutz. Ed. Erich Wisplinghoff. Bonn 1972, Nr. 109; 110; 113. Aber in ältester Zeit war der Bischof von Myra der Hauptpatron. Dafür spricht das Diplom Heinrichs II. für das Marienstift in Aachen vom 6. Februar 1005 (ebd. Nr. 32), und zwar aus zwei Gründen. Erstens wird dort nur ein Patrozinium des Klosters genannt: St. Nikolai. Zweitens ist der Tag, an dem die Mönche gemäß dem in der Urkunde geäußerten Willen des Königs verpflichtet sind, die Kanoniker von der Jungfrau Maria zu bewirten, gerade das Fest des Bischofs von Myra. Diese Bewirtung sollte ein Zeugnis dafür sein, dass die Pfalzkapelle den ersten Platz unter den Aachener Kirchen einnimmt. Zu ihrer Bewirtung waren auch die Kanoniker von St. Adalbert verpflichtet, und zwar am Fest dieses Heiligen. Interessant ist auch, dass das Diplom Heinrichs II. für den Konvent in Burtscheid aus dem Jahre 1016 das Tagesdatum des 6. Dezember, d. h. das Datum des Festes des hl. Nikolaus trägt; vgl. Albert Huyskens, Die Aachener Kirchengründungen Kaiser Heinrichs II. in ihrer rechtsgeschichtlichen und kirchen-

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um an dem Ort, wo sich die karolingische Friedhofskapelle St. Salvator erhob, ein diesem Salvator und der Heiligen Märtyrerin gewidmetes Benediktinerinnenkloster zu stiften. Schließlich – vielleicht schon im Jahre 997 – begann der Kaiser mit der Gründung des Kollegiatstifts St. Adalbert.4 Allerdings vereitelte der Tod des Monarchen eine vollständige Verwirklichung dieses großartigen Programms. Zwar führte Heinrich II. die Stiftung des Kollegiatstifts St. Adalbert zu Ende und nahm den Mönchsorden in Burtscheid unter seine Obhut, aber er verzichtete auf das Projekt der Gründung eines Benediktinerinnenklosters. Die Wahl der Patrozinien ist nicht schwer zu erklären. Das Patrozinium der Jungfrau Maria und St. Salvator war ein Erbe Aachens aus karolingischer Zeit, während der Titel der Heiligen Corona mit den von Otto III. gespendeten Reliquien in Verbindung stand. Die Religiosität des Kaisers selbst widerspiegeln deutlicher, wie es scheint, die Patrozinien des hl. Nikolaus und des hl. Adalbert.5 Der Kult des Bischofs von Myra war im 10. Jahrhundert im Reich nur schwach verbreitet, so dass die Aachener Stiftung zu Ehren dieses Heiligen mit den byzantinischen Verbindungen des Monarchen erklärt geschichtlichen Bedeutung, in: Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins 42, 1920, 233–294, hier 273f. In der älteren Historiografie wird die Ansicht vertreten, dass das Kloster St. Nikolai, von dem in der Urkunde vom 6. Februar 1005 die Rede ist, eine andere kirchliche Institution war als das Kloster in Burtscheid. Dass diese Ansicht falsch ist, hat Huyskens, ebd., 254 gezeigt. 4 Akzidentiell kommt auch das zweite Patrozinium dieser Kirche vor, jenes des hl. Hermes; Heinrici II. et Arduini diplomata. Ed. Harry Bresslau / Hermann Bloch, in: MGH Diplomata regum et imperatorum Germaniae, Bd. 3. Berlin 21957, Nr. 102. Es steht außer Zweifel, dass nicht Heinrich II. der erste, d. h. der eigentliche Stifter von St. Adalbert war, sondern Otto III. Die wichtigsten für diese Ansicht sprechenden Argumente bei Huyskens, Aachener Kirchengründungen (wie Anm. 3), 270f.; Flach, Untersuchungen (wie Anm. 2), 147 und dort Anm. 330. Zu den politischen Motiven, die Heinrich II. zur Fortführung der Stiftung von St. Adalbert bewegten Johannes Fried, Otto III. und Boleslaw Chrobry. Das Widmungsbild des Aachener Evangeliars, der ‚Akt von Gnesen‘ und das frühe polnische und ungarische Königtum. Stuttgart 1989, 110. 5 Zur Verehrung des hl. Nikolaus im frühmittelalterlichen Deutschland u. a. Karl Meisen, Nikolauskult und Nikolausbrauch im Abendland. Eine kulturgeographisch-volkskundliche Untersuchung. Düsseldorf 1931, 71f.; Heinrich Börsting, Liudger, Träger des Nikolauskultes im Abendland, in: Heinrich Börsting / Alois Schröter (Hrsg.), Liudger und sein Erbe. Dem 70. Nachfolger des heiligen Liudger Clemens August Kardinal von Galen Bischof von Münster zum Gedächtnis, Teil 1. Münster 1948, 139–181. Zum Kult des hl. Adalbert im Reich und über die Umstände dieser Verehrung Jadwiga Karwasińska, Studia krytyczne nad żywotami św. Wojciecha, biskupa praskiego. III [Kritische Studien zu den Viten des hl. Adalbert, des Bischofs von Prag. III], in: StŹrodł 4, 1959, 9–32, bes. 19f.; Aleksander Gieysztor, Rzymska studzienka ze św. Wojciechem z roku około 1000 [Der römische Brunnen mit dem hl. Adalbert aus der Zeit um das Jahr 1000], in: Jan Białostocki / Michał Walicki (Hrsg.), Sztuka i historia. Księga pamiątkowa ku czci profesora Michała Walickiego. Warszawa 1966, 22–29; Ders., Sanctus et gloriosissimus martyr Christi Adalbertus: Un Etat et une Eglise missionaires aux alentours de l´an mille, in: La conversione nell´Europa dell´alto medioevo. Spoleto 1967, 611–647; Stanisław Trawkowski, Pielgrzymka Ottona III do Gniezna [Die Pilgerfahrt Ottos III. nach Gnesen], in: Jerzy Dowiat u. a. (Hrsg.), Polska w świecie. Szkice z dziejów kultury polskiej. Warszawa 1972, 107–124; Dunin-Wąsowicz, Culte (wie Anm. 2), passim.

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werden muss. Es genügt, daran zu erinnern, dass die Mutter des Kaisers eine Griechin war. Die Gründe, warum Otto ein dem Apostel der Pruzzen gewidmetes Kollegiatstift gründete, waren dagegen schon etwas komplizierter. Einerseits verbanden den Herrscher und andere Mitglieder der politischen Elite persönliche Freundschaftsbande mit dem künftigen Märtyrer. Andererseits harmonierte dessen während der Mission unter den Heiden erlittenes Martyrium mit der Hauptaufgabe, für die das Kaiserreich gegründet worden war: mit der Pflicht, die Völker zum christlichen Glauben zu bekehren. Von diesen Motiven geleitet war der Monarch bemüht, den hl. Adalbert in den Rang eines der Hauptpatrone des Reiches zu erheben. Erwähnenswert ist, dass im Verlauf nur weniger Jahre im Kaiserreich eine ganze Reihe von Kirchen zu Ehren des Prager Bischofs gestiftet wurde, wobei Otto III. selbst die Stiftung von mindestens vier solcher Gotteshäuser zugeschrieben werden kann: in seinen beiden Hauptstädten des Imperiums – in Aachen und in Rom – sowie in Affile und Pereum.6 Hinter den Gunstbezeigungen, die der Kaiser Aachen erwies, verbarg sich der Wille, diese Stadt über alle anderen Zentren des Imperiums – Rom ausgenommen – zu erheben.7 Der Monarch fühlte sich mit der sächsischen Tradition nicht besonders verbunden, so dass es nicht verwunderlich ist, dass er sich weder für Magdeburg noch für andere in den nordöstlichen Gebieten Deutschlands gelegene Residenzen interessierte. Andererseits war er in viel größerem Maße als irgendeiner seiner Vorfahren von der Idee der renovatio Imperii Romanorum besessen. Karl der Große galt ihm dabei als Vorgänger und Meister in diesem Werk. Die Verehrung, die er ihm erwies, äußerte sich am deutlichsten in einem Vorkommnis, das auf seine Zeitgenossen einen eher unangenehmen Eindruck machte. Nach seiner Rückkehr aus Gnesen hatte er im Frühjahr 1000 heimlich das Grab des großen Kaisers öffnen lassen und ihm Teile der Totenausstattung entnommen, vielleicht sogar Partikel der leiblichen Überreste des Toten.8 Otto III. war mithin von Aachen mehr als fasziniert. Als Hauptzentrum und ewige Ruhestätte des Erneueres des Reiches wurde diese Stadt für den blutjungen Monarchen zum Symbol seiner verborgensten Wünsche und sollte – als Vehikel einer politischen Idee – zum Instrument von deren Propagierung werden. Besondere Aufmerksamkeit verdient in dieser Hinsicht eine Gruppe von Sakralobjekten, die unter Otto III. in Aachen existierten oder von ihm geplant waren. Sie verteilten sich in der Topografie der Stadt in spezifischer Weise (s. Karte 1). St. Salvator, St. Adalbert und St. Nikolai umgaben die Marienkapelle von drei Seiten; St. Salvator war 1,1 km von ihr entfernt,9 St. Adalbert 0,8 km und St. Nikolai 1,4 km. Die Salvator- und die Nikolaikirche standen sich auf der gegenüberliegenden Seite der

6 Dunin-Wąsowicz, Culte (wie Anm. 2), 35. 7 Annalium Quedlinburgensium continuatio. Ed. Georg Heinrich Pertz, in: MGH SS, Bd. 3. Hannover 1839, 72–90, hier 77 (unter dem Jahr 1000). 8 Beumann, Grab (wie Anm. 1). 9 Alle Entfernungen werden annähernd und in Luftlinie angegeben.

Princeps fundator

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Pfalzkapelle gegenüber, etwas zu St. Adalbertkirche hingeneigt, die sich zwischen ihnen gelegen ungefähr bis zur Höhe der Marienkapelle erhob. Im mittelalterlichen Krakau lässt sich eine analoge Anordnung erkennen (s. Karte 2). So konstatierte Jan Długosz unter Berufung auf eine heute verschollene Quelle zum Jahr 1241: Cunradus (…) castrum in Cracovia edificat, incipiens ab ecclesia beati Wenceslai, a sanctuario altaris beati Thome tendens ad ecclesiam sancti Gereonis, et inde usque ad ecclesiam Beate Marie rotundam.10 Kurz vor der Mitte des 13. Jahrhunderts stand demnach unweit der Krakauer Kathedrale eine Rotunde, die der Jungfrau Maria gewidmet war.11 Lange Zeit war auf dem Wawel nur ein sakraler Rundbau bekannt – der in der Nähe der königlichen Küche entdeckte Tetrakonchos (mit Gerard Labuda wollen wir ihn als Rotunde A bezeichnen). Daher bestand kein Zweifel daran, dass es sich bei diesem archäologisch erfassten Gotteshaus und der von Długosz beschriebenen Marienkirche um ein und dasselbe Objekt gehandelt hat.12 Die Situation verkomplizierte sich jedoch, als auf dem Wawelberg Spuren dreier anderer auf einem kreisförmigen oder kreisähnlichen Grundriss errichteter Bauten entdeckt wurden. Hierbei handelt es sich um eine in der Nähe der Bastion Władysławs IV. entdeckte präromanische Rotunde, eine in der Gegend der späteren Sandomirer Bastei errichtete frühromanische Rotunde13 sowie die sogenannte Rotunde B14 – ein ca. dreißig Meter südöstlich von der Rotunde A gelegenes präromanisches Gotteshaus. 10 Ioannis Dlugossii Annales seu Cronicae incliti regni Poloniae. Liber 7–8. Ed. Zofia Budkowska u. a. Varsoviae 1975, Buch 7, 32. Diesen Text kommentiert u. a. Zofia Budkowa, W sprawie wezwania rotundy NP Marii [Zur Frage des Patroziniums der Rotunde Unserer Lieben Frau], in: Jerzy Szablowski (Hrsg.), Studia do dziejów Wawelu, Bd. 3. Kraków 1968, 122–125; Gerard Labuda, Studia nad początkami państwa polskiego [Studien über die Anfänge des polnischen Staates], Bd. 2. Poznań 1988, 322f.; 328f. 11 Die Existenz einer Marienkirche auf dem Wawel bestätigt auch ein liturgischer Text aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts; Budkowa, W sprawie wezwania (wie Anm. 10), 124. Vgl. jedoch Labuda, Studia, Bd. 2 (wie Anm. 10), 342, Anm. 40. 12 So sieht das fast die gesamte einschlägige Literatur. Zum Bauwerk selbst vor allem Klementyna Żurowska, Rotunda Wawelska. Studium nad centralną architekturą epoki wczesnopiastowskiej [Die Rotunde auf dem Wawel. Eine Studie zur zentralen Architektur der frühpiastischen Zeit], in: Szablowski, Studia do dziejów Wawelu (wie Anm. 10), 1–121; Dies., Nowe problemy rotundy Panny Marii na Wawelu po odkryciach w latach sześćdziesiątych i siedemdziesiątych XX wieku [Neue Probleme der Rotunde zur Jungfrau Maria auf dem Wawel nach den Entdeckungen in den sechziger und siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts], in: Dies., Studia nad architekturą wczesnopiastowską. Warszawa / Kraków 1983, 7–53. 13 Zu diesen beiden Rotunden Janusz Firlet / Zbigniew Pianowski, Odkrycie dwóch wczesnośredniowiecznych kościołów w rejonie tzw. bastionu Władysława IV na Wawelu [Die Entdeckung zweier frühmittelalterlicher Kirchen in der Region der sogenannten Bastion Władysławs IV. auf dem Wawel], in: Spraw. Arch. 30, 1985, 153–167; Dies., Wawel wczesnośredniowieczny w świetle nowszych badań archeologicznych [Der frühmittelalterliche Wawel im Lichte neuerer archäologischer Untersuchungen], in: Kraków przedlokacyjny. Materiały sesji naukowej z okazji Dni Krakowa w 1984 roku. Kraków 1987, 49–68, hier 50f. 14 Zu diesem Baudenkmal Stanisław Kozieł / Mieczysław Fraś, Stratygrafia kulturowa w rejonie przedromańskiego kościoła B na Wawelu [Die kulturelle Stratigraphie in der Region der präromanischen Kirche B auf dem Wawel]. Wrocław / Warszawa / Gdańsk 1979.

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Roman Michałowski nach Köln

St. Nikolai

St. Adalbert

Karte 1: Aachen im 11. Jh.

nach Eupen

+ + ++ +

St. Salvator

N

+

Jungfrau Maria

nach Lüttich

500 m

0

Karte 2: Krakau in der ersten Hälfte des 13. Jhs.

Kathedrale

N

Kirchen 1 km

0

Siedlungsgebiet

St. Adalbert

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St. Nikolai

Okól St. Salvator el ichs We

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wichtigere Wege lokale Wege heutiger Verlauf der Weichsel ältere Weichsel u. ihre Zuflüsse Teiche Sumpf

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Ludwinów

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Es ist anzunehmen, dass das Ziel der von Długosz beschriebenen Befestigungsarbeiten darin bestand, die im nordöstlichen Teil des Wawel gelegene herzogliche Residenz vom Rest des Hügels abzutrennen. Deshalb würde von den drei neu entdeckten Objekten auch nur die Rotunde B als Marienkirche in Frage kommen. Für eine solche Identifizierung hat sich Gerard Labuda ausgesprochen.15 Die Frage, welche der Kirchen – die Rotunde A oder die Rotunde B – ein marianisches Patrozinium trug, ist schwer zu lösen.16 Bei der Durchführung der nachfolgenden Analyse müssen daher beide Möglichkeiten in Betracht gezogen werden. Aufgrund der Mauerplattentechnik muss die Rotunde A dem präromanischen Horizont der Krakauer Architektur zugezählt werden, wobei es nicht an Argumenten mangelt, die Entstehung der Kirche statt mit der böhmischen Herrschaft in Kleinpolen mit der Stiftungstätigkeit der Piasten in Verbindung zu bringen.17 Erstens besaß dieser Tetrakonchos eine Empore, d. h. ein den damaligen böhmischen Einraumkirchen unbekanntes oder fast unbekanntes Element,18 das in den ebenfalls einräumigen polnischen präromanischen Gotteshäusern dagegen sehr häufig vorkam.19 Zweitens erinnert die Ausführung dieser Kirche, soweit erkennbar, sehr an die Handschrift jener Werkstatt, die gleich nach dem Jahr 1000 am Bau der ersten Krakauer Kathedrale gearbeitet hat.20 Die in Plattentechnik errichtete Rotunde B gehört ebenfalls zu den präromanischen Objekten. Aber im Unterschied zur Rotunde A fehlt es an eindeutigen Hinweisen, die eine präzisere Datierung erlauben würden. In der einschlägigen Literatur wird sie dennoch zumeist mit der böhmischen Zeit in Verbindung gebracht,21 auch wenn es Stimmen gibt, die auch diese Rotunde in die piastische Zeit datieren.22 Beide Gotteshäuser befanden sich auf dem Wawelhügel – einer der wichtigsten Burgsiedlungen der 15 Labuda, Studia, Bd. 2 (wie Anm. 10), 340f. 16 Vgl. Żurowska, Nowe problemy rotundy (wie Anm. 12), 19f., die sich für die erstere Lösung ausspricht. 17 Diese Meinung herrscht gegenwärtig vor. Aber es gibt auch weiterhin Gegenstimmen, vgl. etwa Andrzej Żaki, Początki chrześcijaństwa w Polsce południowej w świetle źródeł archeologicznych i pisanych [Die Anfänge des Christentums in Südpolen im Lichte der archäologischen und schriftlichen Quellen]. London 1981, 56. 18 Andrzej Tomaszewski, Romańskie kościoły z emporami zachodnimi na obszarze Polski, Czech i Węgier [Romanische Kirchen mit Westemporen in Polen, Böhmen und Ungarn]. Wrocław 1974, 191; 247; Klementyna Żurowska, Program emporowy rotund wczesnopiastowskich [Das Emporenprogramm der frühpiastischen Rotunden], in: Dies., Studia (wie Anm. 12), 93, Anm. 61. 19 Stanisław Kozieł, [Rezension zu Kazimierz Radwański, Kraków przedlokacyjny. Rozwój przestrzenny [Krakau vor der Lokation. Die räumliche Entwicklung], in: Spraw. Arch. 29, 1977, 315. 20 Vgl. Zbigniew Pianowski, [Interview], in: Tygodnik Polski 5, 1986, 11; Firlet / Pianowski, Wawel wczesnośredniowieczny (wie Anm. 13), 55. Es sei daran erinnert, dass das Bistum in Krakau erst 999/1000 gegründet wurde. 21 Zum Beispiel Kozieł / Fraś, Stratygrafia kulturowa (wie Anm. 14), 80. 22 Firlet / Pianowski, Wawel wczesnośredniowieczny (wie Anm. 13), 55. Vgl. jedoch Lech Leciejewicz, Głos w dyskusji [Diskussionsbeitrag], in: Kraków przedlokacyjny. Materiały z sesji naukowej z okazji Dni Krakowa 1984. Kraków 1987, 152–154.

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ersten piastischen Monarchie. Somit könnte sowohl die eine als auch die andere Kirche die Funktion einer Palastkapelle erfüllt haben. Für einen solchen Charakter der Marienkirche auf dem Wawel spricht auch ihr Patrozinium.23 Mithin dürfte in der Zeit der ersten piastischen Monarchie in Krakau eine der Gottesmutter gewidmete Kirche bestanden haben (oder im Entstehen begriffen gewesen sein), die vielleicht als Palastkapelle diente. Genau 1,8 km von der Marienrotunde entfernt, im Siedlungsteil Zwierzyniec, befindet sich die Kirche St. Salvator.24 Ihr Patrozinium ist für das Jahr 1148 bezeugt,25 während die Entstehungszeit dieses ältesten archäologisch belegten Gotteshauses den Gegenstand von Kontroversen bildet. Die Meinungen der Forscher oszillieren dabei zwischen dem 9. und dem 12. Jahrhundert.26 Teresa Radwańska datiert dieses Objekt auf die Zeit zwischen der Wende des 11./12. und der Mitte des 12. Jahrhunderts,27 während Zbigniew Pianowski sich für die zweite Hälfte des 11. Jahrhunderts ausspricht.28 Mindestens seit der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts war an dieser Kirche 23 Żurowska, Rotunda Wawelska (wie Anm. 12), 77f. 24 Zu dieser Kirche Czesław Deptuła, Początki grupy brzeskiej premonstratensów polskich [Die Anfänge der Brester Gruppe der polnischen Prämonstratenser]. Diss. Warszawa 1967, 124–203 (Typoskript in Biblioteka Instytutu Historycznego Uniwersytetu Warszawskiego P. Dr. XVI a. 1070/1); Ders., O niektórych źródłach do historii zakonu premonstrateńskiego w Polsce w XII i XIII wieku [Zu einigen Quellen zur Geschichte des Prämonstratenserordens in Polen im 12. und 13. Jahrhundert], in: Archiwa, Biblioteki i Muzea Kościelne 12, 1971, 187–222; Teresa Radwańska, Kościół Salwatora na Zwierzyńcu w Krakowie w świetle badań archeologicznych [Die Salvatorkirche im Krakauer Stadtteil Zwierzyniec im Lichte archäologischer Untersuchungen], in: Mat. Arch. 22, 1984, 5–56; Zbigniew Pianowski, Kilka uwag o kościele Najświętszego Salwatora w Krakowie [Einige Bemerkungen über die Kirche St. Salvator in Krakau], in: Kwart. Archit. Urb. 31, 1986, 357–364. Zur Interpretation des Patroziniums vgl. Władysław Abraham, Organizacja Kościoła w Polsce do połowy wieku XII. [Die Organisation der Kirche in Polen bis zur Mitte des 12. Jahrhunderts.] Poznań 31962, 109; Władysław Semkowicz, Krucyfiks z Sirolo i jego pochodzenie z kościoła św. Salwatora na Zwierzyńcu w Krakowie [Das Kruzifix aus Sirolo und seine Herkunft aus der Kirche St. Savator im Krakauer Stadtteil Zwierzyniec], in: Rocz. Krak. 23, 1932, 139–155, hier 143; Lech Kalinowski, Sztuka przedromańska i romańska w Polsce a dziedzictwo karolińskie i ottońskie [Die präromanische und romanische Kunst in Polen und das karolingische und ottonische Erbe], in: Folia Historiae Artium 16, 1980, 5–20, hier 15; Jerzy Wyrozumski, Polityczna rola Krakowa w okresie przedlokacyjnym [Die politische Rolle Krakaus in der Zeit vor der Lokation], in: Kraków przedlokacyjny. Materiały z sesji naukowej z okazji Dni Krakowa w 1984 roku. Kraków 1987, 28–48, hier 34. 25 Rocznik kapituły krakowskiej [Annalen des Krakauer Kapitels], in: Najdawniejsze roczniki krakowskie i kalendarz. Ed. Zofia Kozłowska-Budkowa (MPH NS, Bd. 5.) Warszawa 1978, 8–61, hier 59. 26 Die Diskussion, auf die hier nicht ausführlich eingegangen werden kann, referiert mit knappen Worten Maria Pietrusińska, Katalog i bibliografia nabytków [Katalog und Bibliografie der Neuerwerbungen], in: Michał Walicki (Hrsg.), Sztuka polska przedromańska i romańska do schyłku XIII wieku, Bd. 2. Warszawa 1971, 722. 27 Radwańska, Kościół Salwatora (wie Anm. 24), 24f. 28 Pianowski, Kilka uwag (wie Anm. 24), 363.

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ein Prämonstratenserinnenkloster angesiedelt. In der älteren Literatur wurde angenommen, dass sich dort ein Doppelkloster befand.29 Im Lichte der von Czesław Deptuła vorgebrachten Argumente muss diese Ansicht allerdings als falsch angesehen werden.30 Auf der gegenüberliegenden Seite des Wawel, ungefähr 1,1 km von der Marienkirche entfernt befand sich die Kirche St. Nikolai.31 Sie tritt erstmals in einer Urkunde aus dem 13. Jahrhundert in Erscheinung,32 dürfte aber sicher älter gewesen sein. Die Archäologen datieren den ältesten Sakralbau an dieser Stelle auf die erste Hälfte des 12. Jahrhunderts.33 Den Gottesdienst versah in der Nikolaikirche ein Weltgeistlicher,34 aber das Patronat gehörte, wie spätere Quellen belegen, den Benediktinern von Tyniec.35 Zwischen St. Salvator und St. Nikolai, auf dem Krakauer Hauptmarkt, liegt die Kirche St. Adalbert,36 deren Patrozinium in den Quellen seit dem 13. Jahrhundert begegnet.37 Das älteste gemauerte Gotteshaus an dieser Stelle datiert Kazimierz Radwański auf den Beginn der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts, Zbigniew Pianowski dagegen auf die Wende vom 11. zum 12. Jahrhundert.38 Aber St. Adalbert muss noch früher 29 Zum Beispiel Stanisław Trawkowski, Między herezją a ortodoksją. Rola społeczna premonstratensów w XI wieku [Zwischen Häresie und Orthodoxie. Die soziale Rolle der Prämonstratenser im 11. Jahrhundert]. Warszawa 1964, 199. 30 Deptuła, Początki (wie Anm. 24). 31 Zu dieser Kirche Juwenalia Dzikowska, Dzieje kościoła św. Mikołaja na Wesołej [Die Geschichte der Nikolaikirche im Stadtteil Wesoła], in: Rocz. Krak. 30, 1938, 133–172. 32 Codex diplomaticus Universitatis Studii Generalis Cracoviensis, continet privilegia et documenta quae res gestas Academiae eiusque beneficia illustrant. Teil 2: Ab Anno 1441 usque ad Annum 1470. Ed. Eduardus Franciscus Fierich. Cracoviae 1873, 172f., Annex I zu Nr. 183 (zum Jahr 1298). 33 Wiktor Zin / Władysław Grabski, Wczesnośredniowieczne budowle Krakowa w świetle ostatnich badań [Die frühmittelalterlichen Bauwerke Krakaus im Lichte der neuesten Untersuchungen], in: Rocz. Krak. 38, 1966, 33–73, hier 60f.; Kazimierz Radwański, Kraków przedlokacyjny. Rozwój przestrzenny [Krakau vor der Lokation. Die räumliche Entwicklung]. Kraków 1975, 231f. 34 Acta camerae apostolicae, Bd. 1: 1207–1344. Ed. Joannes Ptaśnik, in: Monumenta Poloniae Vaticana, Bd. 1. Cracoviae 1913, 114; 294; Kodeks dyplomatyczny klasztoru tynieckiego. Część 1: Obejmująca rzeczy od roku 1105 do roku 1399 [Urkundenbuch des Klosters Tyniec, Teil 1: Umfasst Schriftstücke aus den Jahren 1105 bis 1309]. Ed. Wojciech Kętrzyński. Lwów 1875, Nr. 61 (zum Jahr 1344). 35 Kodeks dyplomatyczny. Ed. Kętrzyński (wie Anm. 34), Nr. 11b (Bulle Gregors IX. von 1229, wobei der die Nikolaikirche betreffende Abschnitt zu einer Interpolation aus dem 14. Jahrhundert gehört), Nr. 61. 36 Eine Zusammenfassung der älteren Literatur zu diesem Baudenkmal findet sich bei Pietrusińska, Katalog (wie Anm. 26), 721f. 37 Zbiór dyplomów klasztoru mogilskiego [Urkundensammlung des Klosters Mogiła], in: Monografia opactwa cystersów we wsi Mogile, Kraków 1867, Nr. 23–25 (zum Jahr 1250). 38 Radwański, Kraków przedlokacyjny (wie Anm. 33), 174; Pianowski, Kilka uwag (wie Anm. 24), 363. Kozieł, [Rezension] (wie Anm. 19) 32 hält Radwańskis Datierung für allzu spät. Zu erwähnen wäre der ältere Vorschlag von Zin / Grabski, Wczesnośredniowieczne budowle (wie Anm. 32), 49f., nach dem die Entstehungszeit der ältesten gemauerten Kirche für die Wende vom 10. zum 11. Jahrhundert ansetzten ist.

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gegründet worden sein. Dem gemauerten Gotteshaus waren ja zwei Holzkirchen vorausgegangen, wobei Radwański die Entstehungszeit der älteren für die Wende vom 10. zum 11. Jahrhundert annimmt.39 St. Adalbert befand sich im Mittelalter in der Hand von Weltgeistlichen. Den Gottesdienst versah ein Diözesanpriester,40 und das Patronat gehörte bis 1404 dem Krakauer Bischof.41 Es fällt ins Auge, dass Krakau eine Kopie von Ottos III. Aachen enthielt. In der Weichselstadt finden sich dieselben Patrozinien wie in der Hauptstadt des Reiches: Heilige Jungfrau, St. Salvator, St. Nikolai und St. Adalbert. Genauso verhält es sich mit der topographischen Verteilung der Sakralobjekte: die Marienkirche in der Mitte, in unmittelbarer Nachbarschaft des Palastes, die übrigen Kirchen um sie herum, wobei St. Salvator und St. Nikolai auf der gegenüberliegenden Seite der Palastkapelle einander gegenüberstanden, etwas zu der zwischen ihnen gelegenen Adalbertkirche hingeneigt. Wenn man mit dem Blick auf St. Adalbert an der Marienkirche stand, dann hatte man in beiden Städten St. Salvator auf der linken und St. Nikolai auf der rechten Seite. Vergleichbar sind auch die Entfernungen zwischen den Kirchen: sowohl in Aachen als auch in Krakau trennte die Marienkirche ein Raum von 1 bis 2 km von St. Salvator und von 0,5 bis 1 km von St. Adalbert. Mehr noch, auch die Funktionen der dieselben Patrozinien tragenden Objekte deckten sich. Die Marienkirche diente sowohl hier als auch dort als Palastkirche (in Bezug auf Krakau ist das allerdings nur eine Hypothese), und in beiden Städten dienten an St. Salvator Ordensfrauen Gott oder sollten Ihm dienen. St. Nikolai befand sich sowohl hier als auch dort in den Händen von Benediktinern, und um St. Adalbert kümmerte sich die Weltgeistlichkeit. Das sind zu viele Übereinstimmungen, als dass sie als bloße Zufälle gelten könnten. Deshalb darf die These gewagt werden, dass die Sakraltopographie Krakaus eine bewusste Nachahmung jener von Aachen darstellen sollte.42 Natürlich wissen wir, dass die Patrozinien der Jungfrau Maria, St. Adalbert und St. Nikolai in den polnischen frühstädtischen Zentren sehr populär waren; dass das Marienpatrozinium, wenn es nicht der Kathedrale vorbehalten war, in den Burgsiedlungen oft vorkam (wenn auch nicht immer, so nicht in Breslau); dass die Nikolai- und Adalbertskirchen immer gern in beträchtlicher Entfernung vom Zentrum errichtet wurden (Breslau, Posen), obwohl es auch hier Ausnahmen gab (St. Nikolai auf der Burg von Teschen, St. Adalbert auf der Burg von Płock und in der Burgvorstadt von Kalisch). Aber selbst wenn wir annehmen 39 Radwański, Kraków przedlokacyjny (wie Anm. 33), 177f. 40 Vgl. die in Anm. 37 genannten Urkunden sowie Acta camerae apostolicae (wie Anm. 34), 114. 41 Codex diplomaticus Universitatis Studii Generalis Cracoviensis, continet privilegia et documenta quae res gestas Academiae eiusque beneficia illustrant. Teil 1: Ab Anno 1365 usque ad Annum 1440. Ed. Fredericus Casimirus Skobel. Cracoviae 1870, Nr. 33 (zum Jahr 1404). 42 In diesem Zusammenhang muss auf die Untersuchungen von Żurowska, Rotunda Wawelska (wie Anm. 12) verwiesen werden, die geneigt ist, in der mit der Kirche zur Jungfrau Maria identifizierten Krakauer Rotunde A sowie in anderen derartigen (hypothetischen) Kapellen den ideologischen Einfluss Aachens zu sehen und dies sowohl wegen ihres Patroziniums als auch ihrer architektonischen Form.

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würden, dass das gleiche Auftreten der betreffenden Patrozinien in Krakau und ihre Lokalisierung auf dem Wawel oder in den Randgebieten der Stadt, die These vom polnischen ‚Aachen‘ zwar zulässt, diese aber noch nicht positiv beweist, so hätten wir es dennoch mit einer ganzen Reihe von Übereinstimmungen zu tun, die für diese These sprechen. Um nur die wichtigsten zu nennen: das Patrozinium St. Salvator, das im mittelalterlichen Polen fast ohne Analogien ist; die Lage dieser Kirche nicht auf dem Wawelberg und auch nicht unterhalb desselben, sondern in beträchtlicher Entfernung von ihm; dieselbe Geste der Umrahmung der Marienkapelle und der monarchischen Residenz durch die Kirchen St. Salvator, St. Adalbert und St. Nikolai (theoretisch hätten diese Objekte ja zum Beispiel auch nebenander stehen können); die einander gegenüberliegende Situierung der uns interessierenden Objekte im Raum (bei der Marienkirche liegt, blickt man auf St. Adalbert, zur linken Hand St. Salvator und zur rechten St. Nikolai – wobei hier theoretisch sechs Kombinationen der Anordnung möglich wären); und schließlich die Funktionen von St. Salvator, St. Adalbert und St. Nikolai. Es gibt genug Übereinstimmungen, die unsere These stützen. Wir sind uns auch darüber im Klaren, dass es in Aachen im Unterschied zu Krakau keine Kathedrale gab. Sollte die Annahme unserer Konzeption etwa an diesem Umstand scheitern? Das glauben wir nicht. Wenn der polnische Herrscher gerade in Krakau ein polnisches ‚Aachen‘ errichten wollte – wozu ihn bestimmte politische und ideologische Motive bewegt haben müssen –, dann hatte er gar keine andere Wahl als über diesen Unterschied hinweg zur Tagesordnung überzugehen; er konnte die für die Hauptstadt Ottos III. charakteristische Anordnung lediglich in die Struktur der bereits existierenden Stadt einfügen. Dabei muss noch auf einen weiteren Umstand hingewiesen werden. Im Mittelalter wich die Kopie manchmal weit von ihrem Vorbild ab. Aus schriftlichen Quellen wissen wir zum Beispiel, dass Bischof Meinwerk die sogenannte Busdorfkirche in Paderborn nach dem Vorbild der Kirche vom Heiligen Grab erbauen ließ und zu diesem Zweck extra einen Boten nach Jerusalem schickte, der das betreffende Objekt ausmessen sollte. Die Grabeskirche existiert bis heute und die Busdorfkirche in ihrer ältesten Gestalt ist archäologisch erfassbar, aber für den heutigen Beobachter sind zwischen beiden Bauwerken wohl schwerlich größere Gemeinsamkeiten zu erkennen. Denn der Mensch des Mittelalters gab sich, wenn er die Kopie eines Objekts schaffen wollte, mit der Ähnlichkeit einiger weniger Merkmale zufrieden; die Nachbildung aller Eigenschaften des Urbilds erschien ihm nicht notwendig.43 Wenn das so ist, dann muss

43 Richard Krautheimer, Introduction to an ‚Iconography of Mediaeval Architecture‘, in: Journal of the Warburg and Courtauld Institutes 5, 1942, 1–33, hier 2f.; was die Lokalisierung von St. Adalbert und St. Nikolai an den Rändern der polnischen frühstädtischen Zentren betrifft, so können wir uns hier nicht des Eindrucks erwehren, dass diese eine Nachahmung der Krakauer Anlage war. Vgl. Roman Michałowski, Kościół św. Mikołaja we wczesnopiastowskich ośrodkach rezydencjonalnych [Die Nikolaikirche in den frühpiastischen Residenzstädten], in: Społeczeństwo Polski średniowiecznej 6, 1994, 63–74.

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die Kathedrale im piastischen ‚Aachen‘ an der Weichsel den Monarchen nicht unbedingt gestört haben. Es ist nicht schwer festzustellen, wann diese Replik entstanden ist. Dies kann nicht vor 997 gewesen sein, denn erst in diesem Jahr etwa hatte Otto III. in Aachen ein Kloster zu Ehren des Bischofs von Myra gestiftet, und in diesem Jahr erlitt auch der Apostel der Pruzzen seinen Märtyrertod. Aber sie kann auch nicht später als einige Jahrzehnte nach dem Tode des Kaisers entstanden sein. Dafür sprechen zwei Argumente. Erstens verlor das Kloster in Burtscheid nach der Mitte des 11. Jahrhunderts sein Patrozinium St. Nikolai und nahm stattdessen das des hl. Johannes des Täufers an. Zweitens wurde die Absicht, an der Aachener St. Salvatorkirche Benediktinerinnen anzusiedeln, nicht verwirklicht,44 so dass angenommen werden muss, dass das Projekt der Gründung eines Konvents in Zwierzyniec zu einem Zeitpunkt entstand, als die Erinnerung an die Pläne Ottos III. noch lebendig war. Als Autor der uns interessierenden urbanistischen Unternehmung müssen daher Bolesław I., der Tapfere, Mieszko II. oder Kasimir der Erneuerer angesehen werden. Natürlich ist die Tatsache zu berücksichtigen, dass die Absicht eines der drei genannten Herrscher, Krakau in eine Kopie Aachens zu verwandeln, nicht unbedingt noch zu seinen Lebzeiten verwirklicht worden sein muss. Es handelte sich schließlich um eine groß angelegte Unternehmung. Man kann sich zum Beispiel vorstellen, dass der Plan, den – nehmen wir einmal an – Kasimir der Erneuerer entworfen und zu realisieren begonnen hatte, erst von einem seiner Söhne – von Bolesław II. dem Kühnen, oder Władysław Herman – zu einem glücklichen Ende geführt wurde. Möglich wäre auch, dass Kasimir oder einer seiner Vorgänger bei der Realisierung seines Plans an ein bereits existierendes Objekt anknüpfte, das die Marienkapelle auf dem Wawel gewesen sein könnte. Analog verhielt es sich mit dem Projekt der Umgestaltung von Konstanz in eine Replik von Rom – diese Unternehmung realisierten zwei Bischöfe, die zwei aufeinanderfolgenden Generationen angehörten, wobei sie ein schon lange Zeit zuvor erbautes Gotteshaus nutzten. Selbstverständlich ist uns klar, dass nicht alle in Krakau analysierten Kirchen schon für das 11. Jahrhundert bezeugt sind. Auch ist – mit Ausnahme der Rotunde zur Jungfrau Maria, und auch dort nur hypothetisch – überhaupt nichts über die Funktionen bekannt, die sie damals erfüllten. Der Historiker sieht sich somit vor die Wahl gestellt, entweder die Ähnlichkeiten zwischen Aachen und Krakau als bloßen Zufall zu erklären oder aber anzunehmen, dass die Nikolaikirche einige Jahrzehnte eher entstanden ist als 44 Zur Änderung des Patroziniums des Klosters in Burtscheid Huyskens, Aachener Kirchengründungen (wie Anm. 3), 274f.; Wurzel, Reichsabtei Burtscheid (wie Anm. 2), 14f.; zum geplanten Konvent an St. Salvator vgl. ebd. 33f. Es ist bekannt, dass sich an der Stelle, an der Otto III. die Stiftung eines Frauenkonvents geplant hatte, zu Beginn des 13. Jahrhunderts ein Zisterzienserinnenkloster befand. Allerdings ist zu bezweifeln, dass ein Frauenorden dort vor der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts entstanden ist, als alle zum Krakauer ‚Aachen‘ gehörenden Kirchen bewiesenermaßen schon existierten, d. h. als dieser urbanistische Plan bereits in Angriff genommen und realisiert worden war.

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die Archäologen und Kunsthistoriker behaupten, und dass es schon im 11. Jahrhundert ein Frauenkloster in Zwierzyniec gab, dass an der Nikolaikirche Benediktiner angesiedelt waren und dass der Gottesdienst in St. Adalbert der Weltgeistlichkeit oblag. Da es so viele Ähnlichkeiten zwischen beiden Städten gibt, müssen wir uns für die zweite Lösung aussprechen. Schließlich ist es durchaus wahrscheinlich, dass die Archäologen bei ihren Untersuchungen an St. Nikolai gar nicht bis zum frühesten Sakralbau vorgedrungen sind oder diesen nicht erkannt haben.45 Ebenfalls nicht auszuschließen ist, das Spuren davon überhaupt nicht erhalten sind, was um so leichter der Fall sein könnte, als dieses frühere Gotteshaus – so wie die St. Adalbertkirche – aus Holz errichtet wurde. Kein Hindernis für unsere Konzeption ist auch der Umstand, dass der Orden der Prämonstratenser erst im 12. Jahrhundert entstanden ist. Denn bekanntlich bekundeten ihren Beitritt zu diesem Orden oftmals Konvente, die schon seit sehr langer Zeit existierten und vorher nach einer anderen Regel gelebt und andere Bräuche gepflegt hatten.46 Mit einer komplizierteren Situation haben wir es in Wesoła zu tun, wo es in der von schriftlichen Quellen beleuchteten Zeit keine Mönche an der dortigen Nikolaikirche gab. Die Mönche besaßen dort lediglich das Patronatsrecht. Dies muss folgendermaßen verstanden werden. Im 11. Jahrhundert wurde die Nikolaikirche errichtet, an der Benediktiner angesiedelt wurden. Unter uns unbekannten Umständen hörte dieser 45 Lehreich ist hier das Beispiel der Wawelkathedrale. Obwohl in ihr seit hundert Jahren systematisch archäologische Untersuchungen durchgeführt wurden, stieß man erst spät auf Spuren der ältesten, um das Jahr 1000 gestifteten Kathedralkirche. Angemerkt werden muss auch, dass den Datierungen der Archäologen und Kunsthistoriker kein absoluter Wert zugeschrieben werden darf. Dass es sich lediglich um Hypothesen handelt, zeigt die Verschiedenheit der Ansichten über die Entstehungszeit der gemauerten Kirchen St. Adalbert und St. Salvator – im ersten Falle betreffen die Diskrepanzen ein ganzes Jahrhundert und im zweiten sogar dreihundert Jahre! Eben aus diesem Grunde werden wir die allein mit archäologischen und kunsthistorischen Methoden ermittelten Datierungen der uns interessierenden Kirchen für die Bestimmung des Zeitpunktes, zu dem der Plan einer Umgestaltung Krakaus in eine Replik Aachens gefasst wurde bzw. die chronologische Stratifizierung der Etappen seiner Realisierung nicht verwenden. 46 Stanisław Trawkowski, Praemonstratensi, in: Władysław Kowalenko / Gerard Labuda / Tadeusz Lehr-Spławiński (Hrsg.), Słownik Starożytności Słowiańskich. Encyklopedyczny zarys kultury Słowian od czasów najdawniejszych, Bd. 4, Teil 1. Wrocław 1972, 333–335, hier 335. Die im 15. Jahrhundert verbreitete Ansicht, das Kloster in Zwierzyniec sei von Jaxa von Miechów gegründet worden (so Joannis Długossii senioris canonici cracoviensis Liber beneficiorum dioecesis cracoviensis, Bd. 3: Ed. Alexander Przezdziecki. Cracoviae 1864, 58) kann nur in dem Sinne richtig sein, dass dieser Große dazu beigetragen hat, in dem bereits existierenden Konvent die prämonstratensische Observanz einzuführen. Aus einer Urkunde aus dem 13. Jahrhundert wissen wir, dass dieses Kloster als herzogliche Stiftung galt; Codex diplomaticus Poloniae quo continentur privilegia regum Poloniae, magnorum ducum Lituaniae, bullae pontificium nec non jura a privatis data illustrandis domesticis rebus gestis inservitura adhuc nusquam typis exarata, ab antiquissimis inde temporibus usque ad annum 1506, Bd. 3. Ed. Julian Bartoszewicz. Varsaviae 1858, Nr. 33, 70 (zum Jahr 1256). Eine ältere, der Einführung der prämonstratensischen Observanz vorausgehende Begründung des Klosters nimmt Deptuła, Początki grupy brzeskiej (wie Anm. 24), 156 an.

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Konvent auf zu existieren, und die Kirche wurde als eine Art Erbmasse von den Tyniecer Benediktinern übernommen, die auf dem Boden Krakaus als Nachfolger jener Mönche fungierten. Es stimmt, dass die Tyniecer Falsifikate in der Aufstellung der Klostergüter die Nikolaikirche nicht erwähnen. Nichtsdestotrotz kann diese Kirche schon seit sehr langer Zeit zur Weichselabtei gehört haben,47 weil diese Urkunden, wie es scheint, in der Regel keine Sakralobjekte erwähnten, die ein Bestandteil der Versorgung bildeten. Es genügt zu erwähnen, dass das Kloster ganz sicher solche Objekte besaß, noch ehe die besagten Falsifikate fabriziert wurden,48 auch wenn wir nicht sagen können, welche Kirchen das waren. Um das Stiftungsprogramm Ottos III. besser zu verstehen und die WahrscheinlichWahrscheinlichkeit der Hypothese von Krakau als einer Replik Aachens zu bekräftigen, müssen wir uns etwas genauer mit dem sich im 10.–12. Jahrhundert im Reich entwickelnden urbanistischen Denken beschäftigen.49 Die Vita maior des Mainzer Erzbischofs Bardo enthält einen Abschnitt über die Stiftungstätigkeit des Fuldaer Abtes Richard (1018–1039).50 Als dieser gottgefällige Mann – so schreibt der Autor – einmal überlegte, welche Kirchen es in der Umgebung von Fulda eigentlich gebe, stellte er fest, dass sich zwar nördlich von der Abtei das Oratorium der Jungfrau Maria, im Süden die Kirche des hl. Johannes des Täufers und des hl. Evangelisten Johannes und im Osten die Kirche St. Peter befand, die Westseite dagegen unbesetzt geblieben war. Er gelangte zu der Überzeugung, dass Gott von ihm erwartete, diese Lücke zu schließen, und grün47 Im 15. Jahrhundert waren die Tyniecer Mönche der Meinung, dass ihr Kloster von Anfang an das Patronatsrecht über St. Nikolai besaß; Kodeks dyplomatyczny klasztoru tynieckiego. Część 2: Obejmująca rzeczy od roku 1401 do roku 1506. [Urkundenbuch des Klosters Tyniec. Teil 2: Umfasst Schriftstücke aus den Jahren 1401 bis 1506]. Ed. Stanisław Smolka. Lwów 1875, 48 (zum Jahr 1467). Dieser Umstand ist bemerkenswert, auch wenn diese – schließlich sehr späte – Information keinen entscheidenden Quellenwert besitzt. 48 Kodeks dyplomatyczny, Teil 1. Ed. Kętrzyński (wie Anm. 34), Nr. 8 (zum Jahr 1229). 49 Vgl. Erich Herzog, Die ottonische Stadt. Die Anfänge der mittelalterlichen Stadtbaukunst in Deutschland. Berlin 1964; Helmut Maurer, Konstanz als ottonischer Bischofssitz. Zum Selbstverständnis geistlichen Fürstentums im 10. Jahrhundert. Göttingen 1973; Wolfgang Braunfels, Mittelalterliche Stadtbaukunst in der Toskana. Berlin 1953, bes. 131–173; Werner Noack, Stadtbaukunst und geistlich-weltliche Repräsentation im 11. Jahrhundert, in: Berthold Hackelsberger / Georg Himmelheber / Michael Meier (Hrsg.), Festschrift Kurt Bauch. Kunstgeschichtliche Beiträge zum 25. November 1957. Berlin / München 1957, 29–49; Edgar Lehmann, Bemerkungen zu den baulichen Anfängen der deutschen Stadt im Mittelalter, in: La città nell´alto medioevo. Spoleto 1959, 559–590; Ders., Die frühchristlichen Kirchenfamilien der Bischofssitze im deutschen Raum und ihre Wandlungen während des Frühmittelalters, in: Beiträge zur Kunstgeschichte und Archäologie des Frühmittelalters. Akten zum VII. Internationalen Kongress für Frühmittelalterforschung. Graz / Köln 1962, 88–103; Kurt Junghanns, Die deutsche Stadt im Frühfeudalismus. Berlin 1959. 50 Monachi Fuldensis Vita Bardonis. Ed. Philipp Jaffé, in: Monumenta Moguntina. Bibliotheca rerum Germanicarum, Bd. 3. Berlin 1866, 529–564, hier 535f.; vgl. auch Junghanns, Deutsche Stadt (wie Anm. 48), 70f.; Herzog, Ottonische Stadt (wie Anm. 48), 250f.

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dete dort das Kloster St. Andreas. Der Hagiograph erklärt, warum Richard für seine Stiftung gerade dieses Patrozinium wählte. Es ging nämlich darum, dass die Jungfrau (d. h. die Jungfrau Maria), wenn sie nach Süden schaute, ebenfalls Jungfrauen erblickte (d. h. Johannes den Täufer und den Evangelisten Johannes, die beide keine Frauen kannten), und wenn man den Blick von Osten nach Westen richtete, der hl. Petrus seinen Bruder (den hl. Andreas) erblickte. Dieses Fragment veranlasst uns zu bestimmten Schlussfolgerungen. In der damaligen Zeit herrschte die Überzeugung, es sei über alle Maßen angemessen, dass sich zu jeder Seite eines Gotteshauses, das den Sitz einer wichtigen kirchlichen Institution bildete, eine weitere Kirche befand. Als wichtig galt auch, dass die Patrozinien dieser Sakralobjekte in gewisser Weise miteinander korrespondierten. Die Lokalisierung der Kirchen, die der Hagiograph erwähnt, ist bekannt. Daher kann festgestellt werden, dass sie ziemlich weit von der Fuldaer Abtei entfernt waren: Johannes der Täufer und der Evangelist Johannes sowie St. Peter etwa 3 km, die Jungfrau Maria und der hl. Andreas etwa 800 m. Damit erweist sich, dass der als ein gewisses sakrales und urbanistisches Ganzes verstandene Raum eine beträchtliche Fläche einnahm. In der aus dem 12. Jahrhundert stammenden Vita Heinrichs II. befindet sich ein Abschnitt, in dem von seinen in Bamberg getätigten Kirchenstiftungen die Rede ist.51 Der Kaiser hatte diese Stadt nämlich zum Bischofssitz erklärt und diesem die Apostel Petrus und Paulus sowie den Märtyrer Georg als Schutzheilige zugewiesen. Darüber hinaus gründete er im südlichen Teil der Stadt das Kollegiatstift St. Stephanus und auf der Nordseite das Kloster St. Michael und St. Benedikt. Auf diese Weise – so kommentiert der Autor – erhielt die auf dem apostolischen Felsen gegründete und mit den Verdiensten des hl. Georg befestigte Stadt in der Person des hl. Stephanus einen Wehrturm gegen alle Angriffe von außen und in der Person des Erzengels Michael einen Verteidiger gegen die eisigen Winde, die von dem im Norden wohnenden Feind stammten, von dem alles Übel ausgehe. Im Resultat wurde Bamberg von zwei Seiten – von rechts und von links – so mächtig gesichert und befestigt, dass der Teufel nicht imstande war, die Stadt zu besiegen. Der kommentierte Abschnitt erhellt auf außerordentlich nachdrückliche Weise die sakrale Dimension der damaligen urbanistischen Konzeption. Damit eine Stadt existieren und sich entwickeln konnte, musste sie unter dem garantierten Schutz höherer Mächte stehen. Dieser konnte durch die Gründung von Kirchen gewährleistet werden, die speziell dazu ausgewählten Schutzheiligen gewidmet waren. Das wichtigste Sakralobjekt Bambergs war die Kathedrale – der Sitz des den Aposteln Petrus und Paulus 51 Adalberti Vita Heinrici II. Imperatoris. Ed. Georg Waitz, in: MGH SS, Bd. 4. Hannover / Leipzig 1841, 792–814, hier 794. Im Hinblick auf die von Heinrich II. getätigten Bamberger Stiftungen ließ sich der Hagiograph von einem früheren Text inspirieren, vgl. Ekkehardi Uraugiensis chronica. Ed. Georg Waitz, in: MGH SS, Bd. 6. Hannover 1844, 1–267, hier 192. Über Bamberg im 11.–12. Jahrhundert Herzog, Ottonische Stadt (wie Anm. 48), 171f.

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sowie dem hl. Georg gewidmeten Bamberger Bistums. Deshalb konnte der Autor schreiben, dass die Stadt auf einem Felsen (Petrus/petra) gründete und durch die Verdienste des Märtyrers Georg befestigt war. Wie stark der Schutz dieser Patrone auch war, er genügte nicht. Da sich die Kathedralbasilika im Zentrum von Bamberg befand, mussten auch an den Grenzen der Stadt noch Kirchen errichtet werden, deren Patrone sie vor den von außen drohenden Gefahren schützen sollten.52 Als wichtig erwies sich dabei die Situierung dieser Kirchen – genauer gesagt, einer von ihnen – hinsichtlich der Himmelsrichtungen. St. Michael wurde auf der Nordseite errichtet, weil Bamberg aus dieser Richtung besonders große Gefahren drohten. Nicht zufällig dürfte in diesem Falle die Wahl des Patroziniums gewesen sein. Der hl. Michael galt bekanntlich als besonders mächtiger Gegner der teuflischen Scharen. Der Autor erwähnt auch die schon nach dem Tode Heinrichs II. entstandenen Stiftungen. Auf der östlichen Seite Bambergs wurde ein der Jungfrau Maria und dem hl. Gangolf gewidmetes Kollegiatstift gegründet, auf der westlichen Seite das Kollegiatstift St. Jakobus. Beide Objekte waren außerhalb der Stadt lokalisiert. Auf diese Weise – so schreibt der Hagiograph – diente das kreuzförmig von Kirchen umgebene Bamberg dem gekreuzigten Jesus Christus und betete für Heinrich II. und alle seine Nachfolger.53 Es zeigt sich, dass die Sakralobjekte Bambergs in der Optik des Autors ein Kreuz bildeten (s. Karte 3). Die Bedeutung einer solchen Anordnung resultierte zum Teil daraus, dass sie von jeder Seite den Zugang zur Stadt sicherten. Die Quelle bestätigt dies direkt. Aber die Verbindung der Kreuzesgestalt mit dem Dienst am Gekreuzigten – im Text fällt das Wort „Crucifixus“ – scheint zu suggerieren, dass der Autor hier mehr im Sinne hatte.

52 Vgl. Jean Hubert, Evolution de la topographie et de l´aspect des villes de la Gaule du Ve au Xe siècle, in: La città nell´alto medioevo. Spoleto 1959, 529–558, hier 543f., der das Problem im Lichte des aus dem merowingischen und karolingischen Gallien stammenden Materials analysiert. 53 Sic locus Babenbergensis aecclesiis et patrociniis sanctorum in modum crucis undique munitus, Christo Ihesu crucifixo cottidianum et sedulum celebrat officium, et servitium pro primo suo fundatore Heinrico secundo, imperatore piissimo, eiusque cooperatoribus et successoribus omnibus; Vita Heinrici II. Ed. Waitz (wie Anm. 51), 794.

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Princeps fundator nach Thüringen

500 m

0

Jungfrau Maria und St. Gangolf

nach Nürnberg

St. Michael

Re

gn

itz

Kathedrale St. Jakob Jungfrau Maria St. Stefan nach Würzburg

Karte 3: Bamberg im 11. Jh.

Rh

St. Johannes d. Evangelist u. St. Johannes d. Täufer

vor 900 entstandene Kirchen

Kathedrale der Jungfrau Maria u. St. Pelagius

im 10. Jh. entstandene Kirchen 0

500 m

Karte 4: Konstanz in ottonischer Zeit

St. Stefan

St. Paulus

St. Laurentius

n. Thorgau

ein

St. Moritz

Bischofspalast MARKT

Spital?

St. Georg

Bodensee

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Der Verfasser der aus dem 12. Jahrhundert stammende Vita des Paderborner Bischofs Meinwerk (Amtszeit 1009–1036) schreibt folgendes über die Taten und Absichten dieses Hierarchen, was den Ausbau der Hauptstadt seiner Diözese betrifft: (…) sicut in occidentali et orientali parte civitatis [Paderbornensis] congregationes servorum Dei construxerat [sc. Meinwercus], ita in australi parte in campo, in aquinolari Sulithe, in modum crucis construere disposuerat, ut, sicut ab eo nimia paupertate tam hereditaria traditione quam iugi instantia et servitio a regibus aliisque fidelibus acquisitione fuerat ditata et promota, ita a crucifixo servientibus et eam orationum suarum armis defedentibus contra omnia inimici iacula esset immunita et insignita.54 Wir erfahren, dass Meinwerk plante, mit Hilfe von Klostergründungen (Kollegiatstiften) die Stadt sozusagen in ein Kreuz einzuschreiben, wobei es darum ging, dass die Konvente mit ihren Gebeten die Stadt erfolgreich vor dem Satan verteidigen konnten. Eine solche Verteilung der Sakralobjekte sollte das Gebet der Mönche und Kanoniker offenbar effektiver machen.Ähnlich wie die Vita Heinrichs II. beruft sich auch die Vita Meinwerks in diesem Zusammenhang auf die Gestalt des Gekreuzigten. Das muss, wie es scheint, folgendermaßen interpretiert werden: Die kreuzförmige Anordnung der Kirchen sollte die Person des Erlösers vergegenwärtigen, wodurch die Gebete der Ihm dienenden Ordensleute eine besondere Kraft erlangten.55 Eine andere Dimension des damaligen urbanistischen Denkens offenbart die Analyse der Sakralobjekte von Konstanz.56 Zum Zeitpunkt des Todes des Bischofs Salomo III. (Amtszeit 890–919) gab es dort zwei oder drei Kirchen: zur Jungfrau Maria (Kathedrale), St. Stephan (Kollegiatstift) und vielleicht auch noch St. Laurentius. Bischof Konrad (Amtszeit 934–975) errichtete das Kollegiatstift St. Moritz (Mauritius), die Johannes dem Täufer und Johannes dem Evangelisten geweihte Kirche, die Paulskirche sowie ein Spital mit unbekanntem Patrozinium, außerdem erneuerte er die Kirche St. Laurentius. Bischof Gebhard (Amtszeit 976–995) fügte dem noch das dem hl. Gregor dem Großen gewidmete Kloster hinzu (s. Karte 4). Dieses Kloster war in Wirklichkeit eine dem hl. Petrus geweihte Kultstätte. Seit seiner Entstehung trug es den Namen Petershausen (ahd. Petrishusin, Petershusa u.dgl.) und stand unter päpstlichem 54 Vita Meinwerci episcopi Patherbrunnensis. Ed. Franz Teckhoff, MGH SS rer. germ, Bd. 21. Hannover 1921, 131. Über Paderborn in der ottonischen Zeit und die Stiftungen Meinwerks Herzog, Ottonische Stadt (wie Anm. 48), 102f.; 251. 55 Braunfels, Mittelalterliche Stadtbaukunst (wie Anm. 48), 134; Lehmann, Bemerkungen (wie Anm. 48), 582. 56 Maurer, Konstanz (wie Anm. 48), dessen Ansichten wir in den wichtigsten Punkten referieren. Vgl. auch Ilse Juliane Miscoll-Reckert, Kloster Petershausen als bischöflich-konstanzisches Eigenkloster. Studien über das Verhältnis zu Bischof, Adel und Reform vom 10. bis 12. Jahrhundert. Freiburg / München 1973, 15–83; Michael Borgolte, Salomo III. und St. Mangen. Zur Frage nach den Grabkirchen der Bischöfe von Konstanz, in: Helmut Maurer (Hrsg.), Churrätisches und St. Gallisches Mittelalter. Festschrift für Otto P. Clavadetscher zu seinem 65. Geburtstag. Sigmaringen 1984, 195–224, hier 207f.

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Schutz, und die Ehre, die dort dem hl. Gregor erwiesen wurde, galt dem, wie man meinte, hervorragendsten Nachfolger des Apostelfürsten. Die Klosterkirche wurde – gemäß der Formulierung in der Quelle aus dem 12. Jahrhundert – secundum formam principis apostolorum Romae errichtet,57 d. h. sie war ähnlich wie die vatikanische Basilika nicht nach Osten orientiert, sondern nach Westen. All dies erlaubt die Annahme, dass dieses Gotteshaus eine Replik der vatikanischen Basilika darstellen sollte. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob Konrad und Gebhard aus ihrer Bistumshauptstadt nicht vielleicht eine Kopie der Ewigen Stadt machen wollten. Und tatsächlich, wenn Petershausen am Bodensee St. Peter im Vatikan entsprechen würde, dann besäßen die übrigen wichtigsten römischen Kirchen (San Giovanni in Laterano, Santa Maria Maggiore, San Paolo fuori le Mura und San Lorenzo fuori le Mura) ihre Äquivalente in den anderen Kirchen von Konstanz, welche analoge Patrozinien trugen. Dabei muss bemerkt werden, dass das Baptisterium an der Lateranbasilika ursprünglich ein doppeltes Patrozinium trug: St. Johannes der Täufer und Johannes der Evangelist. Dasselbe doppelte Patrozinium trug die von Bischof Konrad gestiftete Kirche. Bemerkenswert ist jedoch nicht nur das sich wiederholende Patrozinium, sondern auch die ähnliche topografische Verteilung einiger Sakralobjekte. Die Paulskirche befand sich außerhalb von Konstanz – foris murum civitatis, extra muros civitatis oder in suburbio, wie die Quellen es nennen. Ihre Lage erinnert somit an die römische Kirche San Paolo fuori le Mura. Und das Kloster Petershausen wurde jenseits des Rheins errichtet. Hier haben wir es zweifellos mit einer topografischen Anknüpfung an die vatikanische Basilika zu tun, die sich bekanntlich auch jenseits des Tibers erhob. Scheinbar sollten die kirchlichen Stiftungen – die Patrozinien der Sakralobjekte, ihre Verteilung im Raum, die architektonischen Lösungen – dazu dienen, die betreffende Stadt in die Replik einer anderen Stadt umzuwandeln, im Fall von Konstanz in jene von Rom. Für diese Ansicht sprechen florentinische Quellen aus dem Hoch- und Spätmittelalter. Giovanni Villani zufolge entstand Florenz zweimal, jedesmal mit ausschlaggebender Mitbeteiligung von Bürgern der Ewigen Stadt.58 Gegründet wurde Florenz von Cäsar und anderen Römern; später, als die Stadt infolge des Überfalls von Totila fast völlig zerstört war, vollzog Karl der Große einige Monate nach seiner Krönung zum Kaiser mit den Römern ihre Wiedererrichtung. Beim zweiten Mal wurde die Stadt nach dem Vorbild Roms errichtet.59 Diesen Gedanken entfaltend verweist der Chronist auf die Ähnlichkeiten zwischen der Topografie des wiederaufgebauten Florenz und der Topografie der Ewigen Stadt. Vom Peterstor erstreckte sich – so der Autor – nach 57 Vita Gebehardi episcopi Constantiensis. Ed. Wilhelm Wattenbach, in: MGH SS, Bd. 10. Hannover 1852, 582–594, hier 587. 58 Cronica di Giovanni Villani, in: Croniche de Giovanni, Matteo e Filippo Villani secondo le migliori stampe e corredate di note filologiche e storiche, testo di lingua, Bd. 1. Trieste 1857, 20ff.; 38ff.; zu den Ansichten Villanis und anderer Florenzer Autoren Braunfels, Mittelalterliche Stadtbaukunst (wie Anm. 48), 131ff. 59 Cronica Villani (wie Anm. 58), 42f.

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römischem Vorbild eine Vorstadt bis zu San Pietro Maggiore. Hinter dem Kathedraltor entstand San Lorenzo nach dem Vorbild der römischen Kirche San Lorenzo, die ebenfalls außerhalb der Stadtmauern lag. Und diesseits des Tors entstand – so wie in Rom San Giovanni in Laterano – die Kirche San Giovanni. Ebenfalls auf dieser Seite wurde, so wie in Rom, Santa Maria Maggiore gestiftet. San Paolo befand sich – ähnlich wie in der Ewigen Stadt – außerhalb der Stadtmauern, und auf der gegenüberliegenden Seite von Florenz erhob sich, ähnlich wie in Rom, San Pietro. Außerhalb der Stadt lag – wieder nach römischem Vorbild – Santo Stefano, und in der Mitte von Florenz erhob sich, so wie in Rom, San Andrea. Dem Chronisten war daran gelegen, den römischen Charakter seiner Heimatstadt zu unterstreichen. Daher berief er sich auf die Mitbeteiligung römischer Kaiser und Bürger bei ihrer Gründung und Erneuerung, auf die Übereinstimmungen in den institutionellen Einrichtungen zwischen Florenz und der Metropole am Tiber – in Florenz regierten zwei Konsuln – und schließlich auf die Gemeinsamkeiten in der urbanistischen Anordnung. Im Kontext unserer Betrachtungen ist der Umstand erwähnenswert, dass gerade die Kirchen als Elemente dienten, mit deren Hilfe er die Übereinstimmungen in der Topografie dieser Städte zu veranschaulichen versuchte, genauer gesagt, die Patrozinien dieser Kirchen und ihre Verteilung im Raum. Sie waren, wie man sieht, Merkmale, die für den mittelalterlichen Geist ein tertium comparationis beim Vergleich der Städte darstellten. Diese Kennzeichen entschieden darüber, ob die betreffenden Zentren als einander ähnlich gelten konnten. Umso leichter fällt es uns, die Hypothese zu akzeptieren, dass Konrad und Gebhard bemüht waren, aus Konstanz eine Replik von Rom zu machen, indem sie in ihrem Bistumssitz Kirchen errichteten, diese entsprechend lokalisierten und ihnen bestimmte Patrozinien verliehen.60 Die besprochenen Elemente der ottonischen und postottonischen urbanistischen Idee werfen ein umfassenderes Licht auf die Stiftungstätigkeit Ottos III. in Aachen. Wir hatten Gelegenheit zu bemerken, dass der Kaiser die Stadt mit einem Kranz von Kirchen umgab. Sie befanden sich, besonders eine von ihnen (St. Nikolai), in beträchtlicher Entfernung von der Pfalzkapelle als dem zentralen Sakralobjekt. Dieser Umstand hindert uns aber nicht daran, sie als Aachener Stiftungen anzuerkennen. Denn das Fuldaer Beispiel zeigt, dass die damaligen urbanistischen Unternehmungen sich manchmal über einen weiten Raum erstreckten. Einige andere Beispiele lassen vermuten, dass der Monarch bei der Gründung der besprochenen Kirchen und ihrer Lokalisierung an der Grenze der Stadt und vielleicht sogar außerhalb dieser bemüht war, seiner Hauptstadt auf diese Weise einen Schutz gegen äußere böse Kräfte zu gewährleisten. Den damaligen Baumeistern schwebte das Ideal vor, den städtischen Raum in ein von Sakralobjekten bestimmtes Kreuz einzuschreiben. Es ist möglich, dass Otto III. dieses 60 Analoge Fakten sind auch aus dem ostchristlichen Kulturkreis bekannt, vgl. Werner Philipp, Die religiöse Begründung der altrussischen Hauptstadt, in: Margarete Woltner / Herbert Bräuer (Hrsg.), Festschrift für Max Vasmer zum 70. Geburtstag am 28. Februar 1956. Berlin 1956, 375–387.

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Ziel ebenfalls erreichen wollte.61 Denn nicht auszuschließen ist, dass er plante, noch eine weitere Kirche auf der Westseite Aachens zu stiften. In diesem Falle wäre es ihm um einen noch effektiveren Schutz der Stadt durch höhere Mächte gegangen. Wir sind geneigt anzunehmen, dass die Entstehung der Salvator-, der Nikolai- und der Adalbertkirche und vielleicht auch der Rotunde zur Jungfrau Maria in Krakau das Werk einer urbanistischen Unternehmung war, auch wenn seine Verwirklichung mehrere Jahrzehnte gedauert haben mag. Die drei ersten Kirchen umgaben das politische und religiöse Zentrum der Stadt in beträchtlicher Entfernung, was, wie wir wissen, gut zu den Bräuchen der ottonischen und späteren Zeit passt. Möglicherweise war den Schöpfern dieses Projekts die Hoffnung nicht fremd, dem Wawel auf diese Weise Sicherheit vor den Angriffen unreiner Kräfte zu garantieren. Aber das war nicht das Hauptziel dieser Unternehmung. Weiter oben haben wir die These aufgestellt, dass Bolesław I. der Tapfere – vielleicht auch sein Sohn oder Enkel – aus Krakau eine Replik von Aachen machen wollte und bemüht war, dies durch eine entsprechende Wahl und Verteilung der Patrozinien zu realisieren. Im Resultat entstand ein Kranz von Kirchen, die die Residenz des Monarchen mitsamt der Palastkapelle als das Hauptzentrum der Agglomeration umgaben. Der – übrigens recht unvollständige – Überblick über die urbanistischen Konzeptionen der ottonischen Epoche lieferte ein wesentliches, für unsere Hypothese sprechendes Argument. Denn es stellte sich heraus, dass die Angleichung einer Stadt an eine andere mit Hilfe entsprechend verteilter Kirchen, die bestimmte Patrozinien trugen, damals eine bekannte und angewandte Praxis darstellte. Für unsere Hypothese spricht auch noch ein weiterer Umstand. Wenn es stimmt, dass die ersten Piasten versucht haben, in ihrer Heimat ein eigenes ‚Aachen‘ zu schaffen, dann war das keineswegs ein Einzelfall. Ein gleichsam klassisches Beispiel für derartige Praktiken liefert das Compiègne Karls des Kahlen. Am 5. Mai 877 wurde das beim Palast in Compiègne errichtete Kollegiatstift eingeweiht.62 Vom gleichen Tag stammt eine Urkunde, in der Karl der Kahle, seit anderthalb Jahren Kaiser, erklärt, warum er diese kirchliche Institution ins Leben gerufen hat. Das betreffende Fragment lautet folgendermaßen: „Es ist bekannt, dass der Kaiser seligen Angedenkens, unser Großvater Karl, dem die Göttliche Vorsehung die ungeteilte Herrschaft über dieses ganze Kaiserreich hat anvertrauen wollen, im Palast von Aachen eine Kapelle zu Ehren der Gottesmutter, der Jungfrau Maria, errichtet hat; dass er zum Heil seiner Seele, zur Vergebung der Sünden und zugleich zur Ehre der kaiserlichen Würde dort Kanoniker zum [Gottes]Dienst eingesetzt hat; dass er diesen Ort mit einer Vielzahl von Reliquien geheiligt und mit unzähligen kirchlichen Gegenständen geschmückt hat. Deshalb wol61 Vgl. Michael Schmitt, Die städtebauliche Entwicklung Aachens im Mittelalter unter Berücksichtigung der gestaltbildenden Faktoren. Aachen 1972, 70f.; Wurzel, Reichsabtei Burtscheid (wie Anm. 2), 13. 62 Zur Palastkapelle in Compiègne May Vieillard-Troïekouroff, La chapelle du palais de Charles le Chauve à Compiègne, in: Cahiers Archéologiques 21, 1971, 89–108.

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len auch wir seinen Brauch und den der übrigen Könige und Kaiser, unserer Vorgänger, nachahmen, und da jener Teil des Reiches infolge der Teilung uns noch nicht gehört, haben wir in dem unserer Herrschaft unterstehenden Gebiet, und zwar im Palast in Compiègne, zu Ehren der ruhmreichen Gottesgebärerin und ewigen Jungfrau Maria ein Kollegiatstift erbaut, ausgestattet und mit Gottes Hilfe mit ungezählten Gaben bedacht und ihm [diesem Kollegiatstift] den königlichen Namen verliehen. Wir haben [außerdem] beschlossen, dass Kanoniker, einhundert an der Zahl, unablässig den Herrn um Barmherzigkeit anflehen und dort [beten] für das Wohlergehen der Heiligen Kirche Gottes, für unsere Eltern und Vorfahren, für uns, unsere Gattin und unsere Kinder, sowie für die Beständigkeit unseres ganzen Reiches.“63 Bei der Darlegung der Motive, von denen er sich bei der Stiftung der Kirche in Compiègne leiten ließ, hob Karl der Kahle eines mit besonderem Nachdruck hervor: Er wollte dem Vorbild seiner Vorgänger folgen, vor allem jenem Karls des Großen. So wie sein Großvater eine Kapelle im Aachener Palast errichtet hatte, stiftete auch er ein Kollegiatstift in seinem Palast. Daraus ergibt sich ganz klar, dass die Stiftung in Compiègne in den Augen des Stifters ein Akt war, der ihn – soweit dies überhaupt möglich war – einem Herrscher gleichstellen sollte, der als unerreichbares Ideal galt. Karl der Kahle war gewiss der Meinung, dass die Stiftung von Kirchen einen charakteristischen Zug jedes großen Monarchen darstellte, und wollte auf diese Weise, indem er ein prächtiges Gotteshaus errichtete, die Würde seiner monarchischen Majestät manifestieren. Aber diese Interpretation erschöpft den Inhalt der Urkunde keineswegs. Der Schreiber versäumte nämlich nicht zu erklären, dass Karl der Kahle ein Kollegiatstift in Compiègne errichtete, weil jener Teil des Reiches – d. h. der, in dem Aachen lag – dem Kaiser nicht gehörte. Dies ist folgendermaßen zu verstehen. Der Monarch stiftete die Kirche in seinem Palast nicht nur – und vielleicht sogar nicht einmal deshalb –, um eine Stiftung als solche zu tätigen, sondern um ein eigenes ‚Aachen‘ in seiner Nähe zu haben. Hätte sich die Hauptstadt seines großen Vorfahren in den Händen des Kaisers

63 Proinde quia divae recordationis imperator, avus scilicet noster Karolus, cui divina providencia monarchiam totius hujus imperi conferre dignata est, in palatio Aquensi cappellam in honore beate Dei genitricis et virginis Mariae construxisse ac clericos inibi Domino od sue anime remedium atque peccanium absolutionem pariterque ob dignitatem apicis imperialis deservire constituisse ac congerie quamplurima reliquiarum eundem locum sacrasse multiplicibusque ornamentis excoluisse dinoscitur, nos quoque morem illius imitari ceterorumque regum et imperatorum, decessorum scilicet nostrorum, cupientes, cum pars illa regni nobis sorte divisionis nondum contigerit, infra tamen potestatis nostre dicionem in palatio videlicet Compendio, in honore gloriose Dei genitricis ac perpetue semper virginis Marie monasterium cui regium vocabulum dedimus fundotenus extruximus et donariis quamplurimis Domino juvante ditavimus, atque clericos inibi numero centum, pro statu sanctae Dei Ecclesie, pro genitoribus ac progenitoribus nostris, pro nobis, conjuge et prole proque totius regni stabilitate jugiter Domini misericordiam implorare decrevimus; Recueil des actes de Charles II le Chauve roi de France. Bd. 2: 866–871. Ed. Georges Tessier / Clovis Brunel / Georges Tessier. Paris 1952, Nr. 425; 451.

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befunden, wäre die Palastkirche in Compiègne – weil unnötig – sicher überhaupt nicht entstanden. Die am 5. Mai 877 geweihte Kirche war damals im Sinne der Absicht ihres Stifters ein Substitut der Aachener Kapelle und schon dadurch deren Symbol und Nachahmung. Es gibt Hinweise, die dafür sprechen, dass sie ihre genaue Kopie darstellen sollte. Beide Kirchen befanden sich am Palast, beide waren der Jungfrau Maria gewidmet und beide waren Kollegiatstifte.64 Und das ist noch nicht alles. Johannes Scottus Eriugena beschrieb in seinem poetischen Werk Aulae siderae das Aussehen der bereits fertiggestellten oder vielleicht erst projektierten Kirche in Compiègne.65 Daraus wird ersichtlich, dass sie eine architektonische Replik der Kapelle in Aachen war oder eventuell sein sollte.66 Das besprochene Beispiel ist völlig eindeutig und in diesem Sinne einmalig. Ohne Schwierigkeiten ließen sich noch viele analoge, wenn auch quellenmäßig schlechter dokumentierte Fälle aufzeigen. Dabei wäre mit Blick auf unsere Überlegungen vor allem das ungarische Alba Regia zu nennen, wo König Stephan I., der Heilige, eine Marienkirche stiftete. Dieses Gotteshaus verbindet eine ganze Reihe von Gemeinsamkeiten mit der Aachener Kapelle. Beide trugen das gleiche Patrozinium, beide befanden sich in einer wichtigen Residenzstadt, beide waren Kollegiatstifte, beide dienten als Krönungsstätte und in beiden ruhten schließlich – oder sollten ruhen – die sterblichen Überreste des königlichen Stifters. Diese Häufung von Gemeinsamkeiten lässt vermuten, dass Stephan mit Hilfe dieser Stiftung bemüht war, aus Alba Regia eine Replik der Hauptstadt Karls des Großen zu machen.67 Karl der Kahle verstand Aachen als Symbol der kaiserlichen Herrschaft und wollte mittels der Schaffung eines Substituts dieser Stadt in Compiègne unterstreichen, dass er ein Kaiser par excellence und ein legitimer Nachfolger seines großen Ahnen war. Die Piasten dagegen dachten überhaupt nicht an die kaiserliche und nicht einmal an die deutsche Krone. In dieser Situation stellt sich die Frage, von welchen Absichten sie sich leiten ließen, als sie versuchten, Aachen an der Weichsel zu vergegenwärtigen. Den Schlüssel zur Lösung dieses Problems liefert, wie es scheint, die Begegnung Ottos III. und Bolesław I. in Gnesen vom Frühjahr 1000. Die Interpretation der Rechtsakte, die dort vollzogen wurden, bildet seit vielen Jahren den Gegenstand von Kontroversen, und es ist zu bezweifeln, dass es auf diesem Gebiet in nächster Zeit endgültige Lösungen

64 Zu den ältesten Strukturformen der Pfalzkapelle in Aachen Josef Fleckenstein, Über das Aachener Marienstift als Pfalzkapelle Karls des Großen, in: Helmut Maurer / Hans Patze (Hrsg), Festschrift Berent Schwineköper zu seinem siebzigstem Geburtstag. Sigmaringen 1982, 19–28. 65 Die letzte Ausgabe dieses Textes besorgte zusammen mit seiner französischen Übersetzung und einem Kommentar Michel Foussard, Aulae sidereae. Vers de Jean Scot au Roi Charles, in: Cahiers Archéologiques 21, 1971, 79–88. 66 Vieillard-Troïekouroff, Chapelle (wie Anm. 62), 90f. 67 Josef Deer, Aachen und die Herrschersitze der Arpaden, in: MIÖG79, 1971, 1–56, hier 18f. Zum Aspekt der Nachahmung von Aachen auch Żurowska, Rotunda Wawelska (wie Anm. 12), 67f.

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geben wird.68 Im Gegensatz zur kirchlichen zeichnet sich die strikt politische Problematik dieser Begegnung besonders unklar ab. Doch es genügt, wenn wir hier nur die Tatsachen festhalten, die für unseren Gedankengang von besonderer Bedeutung und gleichzeitig so weit geklärt sind, dass wir sie benutzen können. Bolesław der Tapfere wurde in Gnesen zu einer Würde erhoben, die Gallus Anonymus mit den Worten cooperator imperii sowie populi Romani amicus et socius bezeichnete.69 Diese Titel entnahm der Chronist sicher zeitgenössischen Schriften, dem Liber de passione [Adalberti] martyris und vielleicht auch der Bulle Silvesters II.70 Aus den genannten Termini und insbesondere der ersten Formulierung können wir ersehen, dass Bolesław vom Moment seiner Erhebung an im Imperium bzw. für das Imperium bestimmte Funktionen erfüllen sollte.71 Aus dem nächsten Satz im Bericht des Gallus erfahren wir, dass Bolesław von Otto das Recht erhielt, auf dem Gebiet Polens und der in Zukunft von ihm bekehrten Länder die Bischöfe zu investieren.72 Anscheinend waren beide Tatsachen – die Erhebung zur Würde eines Mitarbeiters des Reiches und die Verleihung des Rechts auf Besetzung der Bischofssitze – eng miteinander verbunden73, und die Pflichten dieses ‚Kooperanten‘ beruhten, vielleicht nur unter anderem, auf der Übernahme der Verantwortung für eine bestimmte geopolitische Zone, die zum Bestand des Imperiums gehörte oder sich doch zumindest im Spektrum seiner Interessen befand. In diesem Zusammenhang muss auch einem symbolischen Akt nähere Aufmerksamkeit gewidmet werden, der damals vollzogen wurde: Der Kaiser schenkte dem polnischen Herzog nämlich eine Kopie der Heiligen Lanze.74 Die Heilige Lanze gehörte zu den wichtigsten Insignien der deutschen Herrscher;75 es genügt zu sagen, dass ihre 68 Die Literatur zum Treffen von Gnesen bespricht Gerard Labuda, Studia nad początkami państwa polskiego [Studien über die Anfänge des polnischen Staates], Bd. 1. Poznań 21987, 237; 505f. Vgl. auch die Beiträge in Michael Borgolte (Hrsg.), Polen und Deutschland vor 1000 Jahren. Die Berliner Tagung über den ‚Akt von Gnesen‘. Berlin 2002; Roman Michałowski, Zjazd Gnieźnieński. Religijne przesłanki powstania arcybiskupstwa gnieźnieńskiego [Das Treffen von Gnesen. Religiöse Voraussetzungen der Entstehung des Erszbistums Gnesen]. Wrocław 2005. 69 Galli Anonymi Cronicae et gesta ducum sive principum Polonorum. Ed. Karol Maleczyński, in: MPH NS, Bd. 2. Kraków 1952, 20. Wir übergehen die Frage, wie sich die Begriffe „Mitarbeiter des Reiches“ und „Patrizier“ zueinander verhielten und ob Bolesław I. überhaupt der Patrizierwürde teilhaftig wurde. 70 Labuda, Studia, Bd. 1 (wie Anm. 68), 242f.; Oskar Kossmann, Deutschland und Polen um das Jahr 1000. Gedanken zu einem Buch von Herbert Ludat, in: ZOF 21, 1972, 401–466, hier 410f. 71 Vgl. Aleksander Gieysztor, Christiana respublica et la politique orientale de l´Empire, in: Renovatio imperii. Atti della Giornata internazionale di studio per il millenario. Ravenna, 4–5 novembre 1961. Faenza 1963, 41–62, hier 56f. 72 Vgl. Labuda, Studia, Bd. 2 (wie Anm. 10), 510f. 73 Herbert Ludat, An Elbe und Oder um das Jahr 1000. Skizzen zur Politik des Ottonenreiches und der slavischen Mächte in Mitteleuropa. Köln / Wien 1971, 72. 74 Galli Anonymi Cronicae. Ed. Maleczyński (wie Anm. 69), 19. 75 Zur Heiligen Lanze Percy Ernst Schramm, Herrschaftszeichen und Staatssymbolik. Beiträge zu ihrer Geschichte vom dritten bis zum sechzehnten Jahrhundert, Bd. 2. Stuttgart 1955, 492ff.

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Überreichung manchmal gleichbedeutend war mit der Anerkennung der betreffenden Person als König. Gleichzeitig war sie eine Reliquie. Sie enthielt Nägel vom Heiligen Kreuz und galt zugleich als Lanze des Kaisers Konstantin bzw. des hl. Mauritius. Dank ihres sakralen Charakters erwirkte sie dem deutschen Monarchen den Sieg über seine Feinde, sowohl über die christlichen als auch die heidnischen. Die Überreichung einer Kopie der Heiligen Lanze an Bolesław hatte somit einen doppelten Sinn.76 Erstens war dies ein symbolischer Akt der Übergabe von Pflichten an den polnischen Herrscher, die auf dem Kaiser (eventuell dem deutschen König) lasteten, sowie von damit verbundenen Rechten.77 Zweitens stattete Otto III., als er Bolesław diesen Gegenstand schenkte, den slawischen Herzog mit einem Instrument aus, das ihm die Erfüllung dieser Pflichten erlaubte oder überhaupt erst ermöglichte. Denn die Kopie der Heiligen Lanze besaß ja selbst sakralen Charakter, und dies sowohl deshalb, weil sie die Kopie eines Sakralobjekts darstellte, als auch Bruchstücke von Nägeln des Heiligen Kreuzes enthielt.78 Wenn wir in Betracht ziehen, dass ein Mitarbeiter des Kaisers zu sein soviel bedeutete wie Anteil an den Rechten und Pflichten des Kaisers zu haben, dann gelangen wir zu der Überzeugung, dass die Aushändigung dieser Kopie der Heiligen Lanze an Bolesław aufs engste mit der Erhebung des polnischen Herrschers zur Würde eines cooperator Imperii verbunden war. Vielleicht bedeutete dies auch eine Ankündigung der Königswürde. Betrachten wir die Widmungsminiatur aus dem um 1000 entstandenen Liuthar-Evangeliar. Es stellt Otto III. in Begleitung einiger Personen dar, darunter zweier Männer mit Kronen. Der Analyse von Johannes Fried zufolge symbolisieren sie nicht Herzöge, wie allgemein angenommen wird, sondern Könige. Für uns ist der Umstand bemerkenswert, dass diese Könige Lanzen in der Hand halten. Dies zeigt, dass für den in der Umgebung Ottos III. und vielleicht in dessen Auftrag arbeitenden Künstler, dessen Werk ungefähr zeitgleich mit der Begegnung in Gnesen entstand, die Lanze die Insignie eines Königs war, der seine Herrschaft in Gemeinschaft und unter der Oberhoheit des Kaisers ausübt. Gewiss war dies nicht nur die Ansicht des Miniaturisten, sondern auch des Imperators selbst. Und wirklich besaß der hl. Stephan, der mit Zustimmung Ottos III. zum König gekrönt wurde, eine heilige Lanze, die er gewiss von letzterem erhalten hatte. Aber da sich

76 Literaturangaben zu diesem Thema bei Bronisław Nowacki, Symbolika prawna w ceremoniale zjazdów monarchów polskich z władcami niemieckimi od X do połowy XII wieku [Die Rechtssymbolik im Zeremoniell der Begegnungen polnischer Monarchen mit den deutschen Herrschern vom 10. bis zur Mitte des 12. Jahrhunderts], in: Rocz. Hist. 43, 1977, 1–28, hier 6f.; vgl. auch Fried, Otto III. und Boleslaw Chrobry (wie Anm. 4), 128f.; 136f. 77 Nowacki, Symbolika prawna (wie Anm. 76), 6f.; vgl. auch Trawkowski, Pielgrzymka Ottona III (wie Anm. 5), 118. 78 Trawkowski, Pielgrzymka Ottona III (wie Anm. 5), 118; zur polnischen Lanze Aleksander Gieysztor, Włócznia [Lanze], in: Kowalenko / Labuda / Lehr-Spławiński (Hrsg.), Słownik (wie Anm. 45), Bd. 6. Wrocław 1977, 543; Mieczysław Rokosz, Wawelska włócznia Bolesława Chrobrego [Bolesław Chrobrys Lanze auf dem Wawel], in: Rocz. Krak. 55, 1989, 17–44.

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Bolesław im Jahre 1000 nicht zum König krönte, muss das Geschenk in Form einer Lanze als Verheißung und Antizipation der Königskrone interpretiert werden.79 In Gnesen wurde der slawische Monarch zu einem Mitglied der kaiserlichen Familie, und zwar auf dem Wege einiger voneinander unabhängiger Akte. Wie wir von Gallus wissen, machte Otto III. Bolesław zu seinem Bruder; den symbolischen Ausdruck dessen bildete sicher das Aufsetzen eines Diadems auf das Haupt des polnischen Herzogs.80 Um das Jahr 1000 wurde Bolesław ein Sohn geboren, der zu Ehren des Kaisers den Namen Otto erhielt.81 Höchstwahrscheinlich fungierte der Imperator selbst als 79 Dass Otto III. in Gnesen seinen Willen äußerte, Bolesław zur Königswürde zu erheben, wurde in der Literatur recht häufig angenommen. Dagegen hat Fried, Otto III. und Boleslaw Chrobry (wie Anm. 4) die These entwickelt, dass der polnische Herrscher damals tatsächlich zum König erhoben worden sei. Dabei stützt er sich u. a. auf die erwähnte Miniatur und suggeriert, die auf ihr abgebildeten lanzentragenden Könige würden den hl. Stephan und Bolesław I. darstellen. Tatsächlich aber stellt diese Malerei nur eine bestimmte politische Theorie dar, welche der Wirklichkeit entsprechen konnte, jedoch nicht musste, und es wäre eine gefährliche Operation, in Europa um das Jahr 1000 um jeden Preis nach von Otto gekrönten Königen zu suchen, um sie dann den auf der Miniatur abgebildeten Gestalten unterschieben zu können. Die These selbst ist unannehmbar, weil ihr Autor die Schwierigkeiten nicht beseitigt hat, auf die sie stößt. Vor allem konnte er die Frage nicht zufriedenstellend beantworten, warum Gallus in seinem doch ausführlichen Bericht über die Gnesener Begegnung die mit der königlichen Salbung verbundenen kirchlichen Feierlichkeiten nicht geschildert hat. Fried zufolge geschah dies deshalb nicht, weil solche kirchlichen Feierlichkeiten überhaupt nicht stattgefunden haben. Die Erhebung zur Königswürde habe sich allein auf ihren weltlichen Teil beschränkt – das Aufsetzen des Diadems auf Bolesławs Kopf durch den Kaiser. Dies bedeutete keinesfalls, dass die Teilnehmer dieser Ereignisse der Salbung keine Bedeutung beigemessen hätten, sondern es gab damals nach Fried in Gnesen keinen Erzbischof, der diesen Ritus hätte vollziehen können. Denn infolge des Protests von Bischof Unger, dessen Diözese bisher ganz Polen umfasste, sei es damals nicht zur Gründung eines Gnesener Erzbistums gekommen. Aber diese Interpretation überzeugt schon deshalb nicht, weil sie dem Bericht Thietmars von Merseburg widerspricht. Dieser stellt nämlich unzweideutig fest, dass Otto III. anlässlich seines Aufenthalts in Gnesen dort wirklich ein Erzbistum mit Gaudentius an der Spitze gegründet hat; Thietmari Merseburgensis episcopi chronicon. Ed. Robert Holtzmann, in: MGH SS. rer. germ. NS, Bd. 9. Berlin 21955, lib. IV, cap. 45; vgl. auch die Polemik mit Fried bei Gerard Labuda, Zjazd gnieźnieński roku 1000 w oświetleniu ikonograficznym [Das Gnesener Treffen des Jahres 1000 in ikonografischem Licht], in: Kwart. Hist. 98, 1991, 3–18. 80 Galli Anonymi Cronicae. Ed. Maleczyński (wie Anm. 69), 19f.. Die von Tadeusz Wasilewski, Bizantyńska symbolika zjazdu gnieźnieńskiego i jego prawno-polityczna wymowa [Die byzantinische Symbolik der Gnesener Begegnung und ihre rechtlich-politische Aussagekraft], in: Prz. Hist. 57, 1966, 1–14 geäußerte These wurde von vielen Forschern akzeptiert; Labuda, Studia, Bd. 2 (wie Anm. 10), 513 und dort Anm. 197 präzisierte sie dahingehend, dass das Aufsetzen des Diadems einen reichhaltigeren symbolischen Inhalt in sich trug als lediglich die Anknüpfung brüderlicher Beziehungen. Diese These wurde allerdings von ihrem Autor selbst wieder verworfen, zunächst implicite, als er die Ansicht äußerte, beim Gnesener Treffen habe eine wirkliche Krönung stattgefunden, dann auch explicite in einem im Januar 1988 im Historischen Institut der Warschauer Universität im Seminar der Professoren Macząk, Samsonowicz und Wyrobisz gehaltenen Referat. 81 Gerard Labuda, Otto, in: Kowalenko / Labuda / Stieber, Słownik (wie Anm. 46), Bd. 3. Wrocław 1967, 558f.

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Taufpate, und die Taufe fand vielleicht aus Anlass der Gnesener Begegnung statt.82 Möglich wäre auch, dass die Heirat Mieszkos II. mit Richeza, der Nichte des deutschen Herrschers, schon damals vereinbart wurde.83 Indem er sich durch Verwandtschaftsbande mit Bolesław vereinte, machte sich Otto III. den bzyantinischen Gedanken einer Familie von Königen mit einem basileus an der Spitze zu Eigen.84 Hervorgehoben werden muss der Umstand, dass der nach den byzantinischen Kriterien nicht zur Würde eines Sohnes, sondern eines Bruders des Kaisers erhobene Piastenherzog damit den höchsten Rang erreichte, den man sich vorstellen konnte. Diese außergewöhnliche Auszeichnung fand auch in der infolge des Sakraments der Taufe entstandenen Verwandtschaft ihren Ausdruck. Der polnische Monarch war nicht das Taufkind Ottos III., sondern der Vater des Täuflings, so dass zwischen dem Imperator und Bolesław eine in den mittelalterlichen Quellen als compaternitas bezeichnete Verbindung entstand85 – ein wahres Pendant für die Beziehung der Bruderschaft. Als die Gnesener Begegnung zu Ende ging, begleitete Bolesław den Kaiser höchstwahrscheinlich bis nach Aachen.86 Wenn dies tatsächlich der Fall war, dann muss er auch bei der Öffnung des Grabes Karls des Großen zugegen gewesen sein. Die Chronik des Ademar de Chabannes berichtet, dass Otto III. Bolesław den goldenen Thron schenkte, auf dem Karls Leichnam ruhte.87 Aber wir wissen nicht, inwieweit wir dieser Information Glauben schenken dürfen.88 Zur Rolle und Würde eines Mitarbeiters des Reiches erhoben, mit kaiserlichen Rechten ausgestattet, im Besitz der Kopie der deutschen Heiligen Lanze als Insignie seiner Herrschaft, von Otto III. zum König designiert 82 So schon Anatol Lewicki, Mieszko II, in: Rozprawy i sprawozdania z posiedzeń Wydziału Historyczny-Filozoficznego Akademii Umiejętności 3, 1876, 87–208, hier 115f.; vor dem allgemeinen europäischen Hintergrund interpretiert diese Tatsache Arnold Angenendt, Kaiserherrschaft und Königstaufe. Kaiser, Könige und Päpste als geistliche Patrone in der abendländischen Missionsgeschichte. Berlin / New York 1984, 302f. und passim. 83 Ludat, Elbe und Oder (wie Anm. 73), 72 und 165, Anm. 451; vgl. auch Eduard Hlawitschka, Königin Richeza von Polen – Enkelin Herzog Konrads von Schwaben, nicht Kaiser Ottos II.?, in: Lutz Fenske / Werner Rösener / Thomas Zotz (Hrsg.), Institutionen, Kultur und Gesellschaft im Mittelalter. Festschrift für Josef Fleckenstein zu seinem 65. Geburtstag. Sigmaringen 1984, 221– 244, der völlig zu Recht die unlängst aufgestellte Hypothese verwirft, Richeza, die Gattin Mieszkos II., sei nicht die Tochter der Kaiserstochter Mathilde gewesen. 84 Wasilewski, Bizantyńska symbolika (wie Anm. 80), 12 und passim. 85 Angenendt, Kaiserherrschaft (wie Anm. 82), 304. 86 So zum Beispiel Stanisław Kętrzyński, Karol Wielki i Bolesław Chrobry [Karl der Große und Bolesław Chrobry], in: Prz. Hist. 36, 1946, 19–25, hier 20; Ludat, Elbe und Oder (wie Anm. 73), 77. Aber in dieser Frage besteht unter den Historikern keine Einigkeit. 87 Adémar de Chabannes, Chronique. Ed. Jules Chavanon, in: Collection de textes pour servir à l'étude et à l'enseignement de l'histoire, Bd. 20. Paris 1897, 154. 88 In dieser Frage sind sich die Historiker ebenfalls nicht einig. So ist Kętrzyński, Karol Wielki i Bolesław Chrobry (wie Anm. 86), 20f. geneigt, dieser Information zu vertrauen, während Ludat, Elbe und Oder (wie Anm. 73), 77 an ihrer Richtigkeit zweifelt und Beumann, Grab und Thron (wie Anm. 1), 18f. sie entschieden verwirft.

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und unter Menschen verkehrend, die Karl den Großen verehrten, mag Bolesław den Dienst am Reich tatsächlich als die Berufung seines Lebens angesehen haben.89 Es gibt zwei zusätzliche Gründe, die für eine solche Ansicht sprechen. Wir erwähnten bereits, dass Gallus Anonymus zur Beschreibung des Verlaufs und der Ergebnisse der Gnesener Begegnung die – heute verschollene – Vita des hl. Adalbert heranzog90. Wenn wir in Betracht ziehen, wie nachdrücklich der Autor dieses nicht mehr existierenden Werkes die Größe Bolesławs hervorhob – was aus dem Text des Gallus unzweideutig hervorgeht –, dann gelangen wir mit Leichtigkeit zu der Überzeugung, dass das erwähnte Werk den Gesichtspunkt des polnischen Hofes widerspiegelt. Daher konnten solche Titel wie socius et amicus populi Romani oder cooperator Imperii in diesem Text schon allein deshalb vorkommen, weil Bolesław seine Würde und Berufung mit ihrer Hilfe selbst definiert hat. Der im Jahre 1016 geborene Sohn Mieszkos II. erhielt zwei Vornamen: Kasimir und Karl.91 Der Name Karl ist schon deshalb überraschend, weil er zur damaligen Zeit außerhalb der karolingischen Dynastie fast überhaupt nicht verwendet wurde. Sein Sinn lässt sich nur dann zufriedenstellend erklären, wenn angenommen wird, dass Bolesław, der seinem Enkel diesen Namen gab, an die Person Karls des Großen anknüpfen und damit die Lebensaufgabe Kasimirs definieren wollte – eine Aufgabe, die in der Ausübung der Herrschaft im Kaiserreich bestand, vielleicht gerade als Mitarbeiter des Imperiums, und eventuell in der Teilnahme am Werk der renovatio imperii Romanorum.92 Man muss bedenken, dass der Junge nach der Denkweise der damaligen Menschen die besten Chancen hatte, die in ihn gesetzten Hoffnungen zu erfüllen. Mütterlicherseits war er ein Nachkomme der Liudolfinger und vielleicht auch der Karolinger.93 Aufgrund mangelnder Quellen können wir nicht mit Entschiedenheit sagen, welches die Ansichten Mieszkos II. hierzu waren. Es muss jedoch als überaus wahrscheinlich gelten, dass auch er – der schließlich mit einer Enkelin Ottos II. verheiratet war und mit Sicherheit die Autorität seines Vaters in politischen Fragen anerkannte – für sich und für Kasimir die Rolle eines Mitarbeiters des Reiches akzeptierte. Nichts Genaues lässt sich auch über die Beziehung des letzteren zum Kaiserreich und zur Idee der renovatio 89 So Ludat, Elbe und Oder (wie Anm. 73), 67–92; vgl. jedoch die Skepsis, auf die Ludats Standpunkt stieß bei Kossmann, Deutschland und Polen (wie Anm. 70), 46 und passim. 90 Zu diesem Werkes vgl. Reinhard Wenskus, Studien zur historisch-politischen Gedankenwelt Bruns von Querfurt. Münster / Köln 1956, 202–246; Gerard Labuda, Żywoty św. Wojciecha, in: Labuda / Stieber, Słownik (wie Anm. 45), Bd. 7. Wrocław 1982, 323–328, bes. 325f. 91 Galli Anonymi Cronicae. Ed. Maleczyński (wie Anm. 69), 40. 92 In diesem Sinne äußerten sich Kętrzyński, Karol Wielki i Bolesław Chrobry (wie Anm. 88), 24f. und Ludat, Elbe und Oder (wie Anm. 73), 86f. Würden wir davon ausgehen, dass Kasimir den Namen ‚Karl‘ erst in seiner späteren Kindheit oder Jugend angenommen hat, dann wäre die politische Aussagekraft dieses Namens keineswegs gemindert, mit dem einzigen Unterschied, dass die kommentierte Tatsache dann nicht ein Zeugnis der Ideologie Bolesławs I., sondern seines Sohnes oder Enkels wäre. 93 Ludat, Elbe und Oder (wie Anm. 73), 168, Anm. 478.

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imperii Romanorum sagen. Aber es besteht kaum ein Zweifel daran, dass ihm die ideologischen Strömungen des damaligen Reiches bekannt waren. Schließlich war er nicht nur der Enkel von Bolesław, sondern auch des lothringischen Pfalzgrafen Ezzo und der Kaisertochter Mathilde; mehr noch, er hielt sich selbst eine Zeitlang im Reich auf, wo er gewiss mit den Verwandten seiner Mutter verkehrte, die in der damaligen Politik eine bedeutsame Rolle spielten.94 Aber ist es denn wahrscheinlich, dass dieser Herzog den Ehrgeiz besaß, die Rolle eines Mitarbeiters des Reiches zu spielen? Ein Herzog, der, aus seinem Land verbannt, dann zwar den Thron zurückerlangte, aber es nicht vermochte, der polnischen Monarchie jenen Glanz zurückzugeben, in dem sie unter Bolesław I. und Mieszko II. erstrahlte? Wahrscheinlich ja – denn gerade dieser riesige Erfolg, den die Wiederaufrichtung des piastischen Staates aus seinen Ruinen darstellte,95 mochte ihn in seiner Überzeugung bestätigt haben, dass er – ein Nachkomme der Kaiser – zu besonderen Aufgaben berufen sei. Im Lichte des präsentierten Materials wird der piastische Versuch, Krakau zu einer Replik Aachens umzugestalten, völlig verständlich. Die Hauptstadt Karls des Großen war ein Symbol des Imperiums. Daher konnten Bolesław der Tapfere bzw. sein Sohn oder Enkel diesen Versuch unternommen haben, um die Position zu manifestieren, die sie im Kaiserreich einnahmen oder einnehmen wollten. Wir geben gern zu, dass dies nicht die einzige mögliche Interpretation ist. Denn es ist leicht vorstellbar, dass Aachen für die polnischen Herrscher ganz einfach ein Symbol monarchischer Majestät darstellte und dass sie, wenn sie nach diesem Symbol griffen, ihre Würde zum Ausdruck bringen wollten, wobei die Idee der Teilhabe am Reich überhaupt keine Rolle gespielt haben muss.96 Wir haben bereits darauf hingewiesen, dass der ungarische König Stephan I. aus seiner Hauptstadt eine Replik Aachens machen wollte, indem er in Alba Regia eine der Jungfrau Maria gewidmete Kirche nach dem Vorbild der Aachener Pfalzkapelle stiftete. Dieser Umstand ist auch deshalb interessant, weil Stephan dem Reich gegenüber eine ähnliche Position einnahm wie Bolesław der Tapfere.97 Durch seine Heirat mit der Schwester des künftigen Kaisers Heinrich II. war er in die kaiserliche Familie aufge94 Zur Familie von Kasimirs Mutter Ursuła Lewald, Die Ezzonen. Das Schicksal eines rheinischen Fürstengeschlechts, in: Rheinische Vierteljahresblätter 43, 1979, 120–168; Klaus Gereon Beuckers, Die Ezzonen und ihre Stiftungen. Eine Untersuchung zur Stiftungstätigkeit im 11. Jahrhundert. Münster 1993, bes. 30–37. 95 Das Ausmaß seines Erfolgs wurde in der von Gallus übermittelten Tradition voll gewürdigt: Der Chronist bezeichnete Kasimir als restaurator Poloniae; Galli Anonymi Cronicae. Ed. Maleczyński (wie Anm. 69), 40. 96 Eben in dieser Richtung bewegte sich Żurowska, Rotunda Wawelska (wie Anm. 12), 71; 83; 85; 91, die in den polnischen Palastkapellen Aachener Einflüsse erkannte und dies als Ausdruck der Idee der Souveränität der piastischen Herrscher verstand. 97 Vgl. Aleksander Gieysztor, Sylvestre II et les Eglises de Pologne et Hongrie, in: Michele Tosi (Hrsg.), Gerberto-Scienza, storia e mito. Alli del Gerberti Symposium. 25–27 iuglio 1983. Bobbio 1985, 733–746, hier 739f.; Fried, Otto III. und Boleslaw Chrobry (wie Anm. 4), bes. 65f.; 128f.; 142.

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nommen worden, hatte sich von Ottos III. Gnaden zum König gekrönt und wurde vom römisch-deutschen Herrscher mit einer heiligen Lanze beschenkt. Der Versuch, Krakau in eine Kopie Aachens umzugestalten, würde sich somit in eine gewisse Gesetzmäßigkeit einschreiben, wodurch er selbst an Wahrscheinlichkeit gewinnt. Noch ein Zweifel bleibt zu beseitigen. Wenn die Piasten – wie wir postulieren – Krakau tatsächlich zu einer Replik Aachens machen wollten, dann heißt das, dass die Weichselstadt die Rolle der führenden Residenzstadt und des ideologischen Zentrums spielen sollte – eines Zentrums, das die übrigen sedes regni principales an Bedeutung deutlich übertreffen würde. Indessen mangelt es nicht an Hinweisen, dass Gnesen das politische, religiöse und ideologische Zentrum der ersten Monarchie war.98 Aber dies ist wohl nur ein scheinbarer Widerspruch. Es genügt, einen näheren Blick auf das damalige Ungarn zu werfen. Dort existierten zwei Hauptstädte nebeneinander: Gran (Strigonium, Esztergom) und Alba Regia.99 Gran fungierte als Zentrum der kirchlichen und gleichsam auch der weltlichen Administration, während Alba Regia als ewige Ruhestätte des hl. Stephan und Krönungsort der ungarischen Könige eher in ideologischer Hinsicht als Zentrum des Staates galt. Wir wollen nicht behaupten, dass es in der Monarchie Bolesławs und Mieszkos II. zwei gleichberechtigte Zentren gegeben hätte: Gnesen und Krakau. Aber das ungarische Beispiel gebietet uns, die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dass im damaligen Polen neben der Hauptstadt par excellence – Gnesen – ein weiteres herausragendes Zentrum funktioniert haben könnte, das jenem zwar nicht gleichkam, aber alle übrigen sedes regni principales entschieden überragte.100 98

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Die einschlägige Literatur spricht sich größtenteils für diese Meinung aus; vgl. Oswald Marian Balzer, Stolice Polski 963–1138 [Die Hauptstädte Polens 963–1138]. Lwów 1916, 8f.; Jacek Banaszkiewicz, Jedność porządku przestrzennego, społecznego i tradycji początków ludu (Uwagi o urządzeniu wspólnoty plemienno-państwowej u Słowian) [Die Einheit der räumlichen und sozialen Ordnung und der Traditionen über die Ursprünge des Volkes (Bemerkungen zur Ordnung der Stammes- und Staatsgemeinschaft bei den Slawen)], in: Prz. Hist. 77, 1986, 445– 466, hier 459f. Deer, Aachen (wie Anm. 67), passim. Wo der Hauptstadtcharakter Gnesens in Zweifel gezogen wird, tritt zumeist Posen an seine Stelle und nicht Krakau; vgl. Henryk Łowmiański, Początki Polski. Z dziejów Słowian w pierwszym tysiącleciu naszej ery [Die Anfänge Polens. Aus der Geschichte der Slawen im ersten Jahrtausend unserer Zeit], Bd. 5. Warszawa 1973, 456, Anm. 1444. Zu den Ausnahmen gehörte Stanisław Zakrzewski, Bolesław Chrobry Wielki [Bolesław Chrobry der Große]. Lwów / Warszawa / Kraków [1925], 337f.; 421. Die Bedeutung Krakaus zur Zeit Bolesławs I. unterstrich Jan Dąbrowski, O kolebkę kultury polskiej [Über die Wiege der polnischen Kultur], in: Studia staropolskie. Księga pamiątkowa ku czci A[leksandra] Brücknera. Kraków 1928, 10– 26, bes. 15f. Vgl. auch Gerard Labuda, Jak i kiedy Kraków został stolicą Polski piastowskiej [Wie und wann Krakau die Hauptstadt des piastischen Polens wurde], in: Rocz. Krak. 52, 1986, 5–18; Ders., Studia, Bd. 2 (wie Anm. 10), 294–321, der an Gnesen als Hauptstadt der ersten Monarchie festhielt, aber die Rolle unterstrich, die Krakau als Sitz Bolesławs vor 992 und als teilfürstlicher Sitz Mieszkos II. 1013–1025 spielte. Labuda verwies auch auf die wirtschaftlichen und geopolitischen Grundlagen der Position Krakaus.

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Man könnte mehrere Tatsachen anführen, in deren Licht diese Ansicht an Wahrscheinlichkeit gewinnt. Bekanntlich war Krakau im 10. Jahrhundert das Zentrum eines großen territorialen Blocks. Bezeugt wird dies von Ibrahim ibn Jakub, durch das Regest Dagome iudex sowie die Urkunde Heinrichs IV. für den Prager Bischof.101 Aller Wahrscheinlichkeit nach hat Bolesław I. in der Weichselstadt residiert, ehe er nach dem Tode seines Vaters die Herrschaft in Gnesen antrat. Und schießlich ein letzter Umstand. Wenn man den archäologischen Funden Glauben schenken darf, dann wies das Krakau der ersten piastischen Monarchie die größte Ansammlung von gemauerten Gebäuden auf. Es können fast zehn Objekte präromanischer Architektur angeführt werden,102 während für Posen nur eines und für Gnesen lediglich zwei archäologisch fassbare vorromanische Steinbauten bekannt sind.103 Selbstverständlich müssen nicht alle der in Krakau entdeckten präromanischen Bauten vor dem Tode Mieszkos II. entstanden sein.104 Auch ist zu beachten, dass der Wawelberg mitsamt seiner Umgebung viel besser erforscht ist als Gnesen oder Posen. Aber trotzdem darf wohl kaum an der hohen Stellung gezweifelt werden, die die Weichselstadt in der räumlichen Struktur der ersten Piastenmonachie eingenommen hat.105 Gerard Labuda hat die These vertreten, dass Mieszko II. noch zu Lebzeiten seines Vaters die Herrschaft in einem gesonderten Teilfürstentum, nämlich in Krakau ausgeübt habe. Sollte diese These richtig sein, dann wäre zu überlegen, ob das ‚Aachen‘ an der Weichsel nicht ein vor 1025 begonnenes Werk von Bolesławs Sohn war. Selbst wenn dies der Fall gewesen sein sollte, ist kaum anzunehmen, dass es Mieszko darum ging, 101 102 103

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Karol Buczek, Polska południowa w IX i X wieku [Südpolen im 9. und 10. Jahrhundert], in: Małopolskie Studia Historyczne 2, 1959, 23–48, hier 31f. Damit meinen wir die von Firlet / Pianowski, Wawel wczesnośredniowieczny (wie Anm. 13), 55 genannten Objekte. Für Posen kommt die Kathedrale in Frage (die Taufbecken ziehen wir nicht in Betracht); vgl Andrzej Wędzki, Poznań romański: architektura i sztuki plastyczne, in: Jerzy Topolski (Hrsg.), Dzieje Poznania do 1793 roku, Bd. 1/1. Warszawa / Poznań 1988, 134–139; für Gnesen kann neben der Kathedrale vielleicht eine dem hl. Georg gewidmete Rotunde oder Kirche vorausgegangen sein; vgl. Pietrusińska, Katalog (wie Anm. 26), 689f.; 693. So verhielt es sich sicher mit dem so genannten Saal der 24 Säulen; Janusz Firlet / Zbigniew Pianowski, Badania weryfikacyjne przed północną elewacją pałacu krółewskiego na Wawelu w 1985 r. Problem wczesnośredniowiecznej rezydencji książęcej [Verifizierungsforschungen vor der Nordfassade des Königspalastes auf dem Wawel. Das Problem der frühmittelalterlichen Herzogsresidenz], in: Spraw. Arch. 32, 1987, 251–259, hier 254. An der Beurteilung der Bedeutung Krakaus würde sich selbst dann nichts ändern, wenn wir annehmen würden, dass einige der dortigen gemauerten Bauwerke unter der böhmischen Herrschaft entstanden sind; vgl. Wyrozumski, Polityczna rola Krakowa (wie Anm. 24), 33; 35f. Die Tatsache, dass sie die Piasten nicht zufriedenstellten, wäre schon für sich genommen vielsagend. Vgl. Kazimierz Radwański, Problemy badawcze Krakowa przedlokacyjnego [Forschungsprobleme bezüglich Krakaus vor der Lokation], in: Kraków przedlokacyjny. Materiały z sesji naukowej z okazji Dni Krakowa 1984. Kraków 1987, 9–27, hier 26, der Krakau an der Wende vom 10. zum 11. Jahrhundert als „größten städtischen Organismus des damaligen Polens“ bezeichnet.

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den Sitz eines Teilfürstentums zu verherrlichen. Eher dürfte er daran gedacht haben, dem herausragenden Zentrum des als Ganzes verstandenen piastischen Staates Glanz zu verleihen, an dessen Spitze er in Zukunft selber stehen sollte.

Die Stiftung des Klosters Tyniec Die zeitgenössischen Historiker sind sich darüber einig, dass die Abtei Tyniec in der Zeit der zweiten piastischen Monarchie entstanden ist. Umstritten ist nur, wer von den damaligen Herrschern ihr Stifter war: Kasimir I. der Erneuerer oder Bolesław II. der Kühne.106 Die seit dem 13. Jahrhundert greifbare Tradition ist in dieser Frage uneinheit106

Lange Zeit überwog die Ansicht, dass Bolesław II. der Gründer gewesen sei. Vgl. z. B. Tadeusz Wojciechowski, Szkice historyczne jedenastego wieku. [Historische Skizzen des 11. Jahrhunderts.] Warszawa 31950, 140ff. (erste Ausgabe 1904); Pierre David, Les bénédictins et l´ordre de Cluny dans la Pologne mèdièvale. Paris 1939, 30f.; 37f.; Aleksander Gieysztor, O kilku biskupach polskich XI wieku [Über einige polnische Bischöfe des 11. Jahrhunderts], in: Juliusz Bardach u. a. (Hrsg.), Europa – Słowiańszczyzna – Polska. Studia ku uczczeniu profesora Kazimierza Tymienieckiego. Poznań 1970, 311–326, hier 313f.; Ders., Początki Tyńca [Die Anfänge von Tyniec], in: Znak 28. 1976, 315–324; Henryk Łowmiański, Początki Polski. Bd. 6/1: Polityczne i społeczne procesy kształtowania się narodu do początku wieku XIV [Die Anfänge Polens. Bd. 6/1: Politische und gesellschaftliche Prozesse der Nationswerdung bis zum Anfang des 14. Jahrhunderts]. Warszawa 1985, 293f. Einige der sich für Bolesław II. aussprechenden Historiker behaupten gleichzeitig, der Tyniecer Konvent sei ursprünglich von Kasimir dem Erneuerer auf dem Wawel angesiedelt gewesen und erst später, unter Bolesław dem Kühnen, nach Tyniec geholt worden; z. B. Wojciechowski, ebd., 110; David, ebd., 30f. Kasimir den Erneuerer sehen als Gründer tout court gegenwärtig Gerard Labuda, Początki klasztoru w świetle źródeł pisanych [Die Anfänge des Klosters im Lichte der schriftlichen Quellen], in: Materiały sprawozdawcze z badań zespołu pobenedyktyńskiego w Mogilnie 1, 1978, 21–59, hier 44f.; Ders., Aron, in: Labuda / Stieber, Słownik (wie Anm. 45), Bd. 7. Wrocław 1982, 379; Ders., Z dyskusji nad początkami klasztoru benedyktyńskiego w Tyńcu: fundatorzy i pierwsi opaci [Zur Diskussion über die Anfänge des Benediktinerklosters in Tyniec: die Stifter und seine ersten Äbte], in: Jerzy Gadomski u. a. (Hrsg.), Symbolae historiae artium. Studia z historii sztuki Lechowi Kalinowskiemu dedykowane. Warszawa 1986, 93–109; Ders., Studia, Bd. 2 (wie Anm. 10), 299; Zygmunt Świechowski, Uwagi na temat architektury benedyktynów w Polsce XI w. [Bemerkungen zum Thema der Architektur im Polen des 11. Jahrhunderts], in: Materiały sprawozdawcze z badań zespołu pobenedyktyńskiego w Mogilnie 2, 1980, 5–13, hier 7; 11, Anm. 11. Im 19. Jahrhundert vertraten manche Forscher gern die Ansicht, Bolesław I. der Tapfere sei der Stifter von Tyniec gewesen, z. B. Tadeusz Wojciechowski, Chrobacja. Rozbiór starożytności słowiańskich [Chrobatien. Eine Analyse der slawischen Altertümer], Bd. 1. Kraków 1873, 202; Franciszek Piekosiński, Jeszcze słowo o dokumencie legata Idziego dla Tyńca [Noch ein Wort über die Urkunde des Legaten Ägidius für Tyniec], in: Kwart. Hist. 3, 1889, 49–74, hier 58, und einmal fiel diesbezüglich sogar der Name von Władysław Herman, Tadeusz Wojciechowski, O rocznikach polskich [Über die Polnischen Jahrbücher], in: Pamiętnik Akademii Umiejętności w Krakowie. Wydziały Filologiczny i Historyczno-Filozoficzny 4,

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lich. Nach einer gefälschten Urkunde mit dem Datum 1105, dem so genannten Tyniecer Falsifikat, hielten die dortigen Mönche König Bolesław für ihren Gründer, vielleicht auch die Königin Judith. Der Text dieser Urkunde behauptet dies nicht direkt, aber da der Fälscher versichert, dass alles, was das Kloster besaß, einer Schenkung von König Bolesław und Königin Judith entstamme, konnten die Benediktiner niemand anderen als Stifter ansehen.107 Es scheint, dass sie unter diesem Bolesław nicht Bolesław II. den Kühnen verstanden, sondern Bolesław I. den Tapferen. Der Fälscher legte Bolesław III. Schiefmund die Deklaration in den Mund, er würde den Spuren seiner Großväter und Urgroßväter folgend all das eifrig hüten, was Boleslaus rex und Iudith regina der Abtei geschenkt hatten. Aber die Mönche waren wohl soweit mit der Geschichte Polens vertraut, um zu wissen, dass Bolesław der Kühne der Oheim von Bolesław Schiefmund war und nicht dessen entfernter Vorfahre. Ein 1418 schreibender cluniazensischer Mönch war ebenfalls der Ansicht, dass die Abtei in Tyniec von König Bolesław ins Leben gerufen worden sei.108 Diesbezüglich referierte er die Meinung des Tyniecer Mönches Nikolaus Nason, für den dieser Bolesław ganz eindeutig Bolesław der Kühne war. Dieser polnische Benediktiner bezog die Legende von einer in Cluny abgelegten Profess auf diesen Herrscher, d. h. eine Sage, die gewöhnlich mit der Person Kasimirs des Erneuerers in Verbindung gebracht wurde. Im Zusammenhang damit könnte man vermuten, dass wir es hier ganz einfach mit einem Versprecher des polnischen Informanten oder mit einem Irrtum des Cluniazensers zu tun haben. Aber dieser Verdacht ist unbegründet. Der französische Mönch

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1880, 144–233, hier 225, Anm. 3. Von beiden Hypothesen hat Wojciechowski später Abstand genommen. Zum Thema der Anfänge von Tyniec vgl. auch den ausgewogenen Standpunkt von Paweł Sczaniecki, Katalog opatów tynieckich [Katalog der Äbte von Tyniec], in: Nasza Przeszł. 49, 1978, 5–244, hier 13–18. Album paleographicum. Ed. Stanisław Krzyżanowski. Kraków 1935, Nr. 18 (das angebliche Original), Nr. 19 (Transsumpt von 1275). Der betreffende Abschnitt des angeblichen Originals lautet: Qvapropter ego Egidius Thusculanus episcopus, sancte Romae Ecclesie et domini Calyxti pape per Ungariam et Poloniam legatus, sancte Thinciensi ecclesie, consenciente gloriosissimo Polonorum duce Boleslauo et filio (eius) Wladislauo et episcopo Cracouiense Radosto, quicquid eadem ecclesia in prediis et foris et thabernis et macellis et quod polonico more pomozne dicitur et duodecim marcis pro occisione hominis soluendis, si inter homines ecclesie quod absit euenerit, que omnia eidem ecclesie a Boleslauo rege et Judith regina concessa esse prefatus dux testabatur, et a se et ab omnibus auis et prosauis suis reuerenter custodita testabatur, apostolica auctoritate decretali concessione firmamus, quicquid habet et tenet uel futuro tempore iuste adquisierit (…)“. Eine andere Interpretation bei Labuda, Aron (wie Anm. 106). Die aus dem 14. Jahrhundert stammende Interpolation zur Bulle Gregors IX. aus dem Jahre 1229, Kodeks dyplomatyczny, Teil 1. Ed. Kętrzyński (wie Anm. 34), Nr. 11 b, bezeichnet den König Bolesław und die Königin Judith direkt als fundatores; allerdings ist nicht bekannt, ob dieser Terminus in diesem Kontext als ‚Gründer‘ oder eher als ‚Wohltäter‘ übersetzt werden muss; vgl.hierzu Labuda, Z dyskusji (wie Anm. 106), 98. Visitatio in Alemania de tempore Roberti abbatis 1418. Ed. Wojciech Kętrzyński, in: MPH, Bd. 5. Lwów 1888, 913–916, hier 914f.

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schrieb, dass Kasimir der Vater des Stifters war. Hätte der Tyniecer Mönch Kasimir den Erneuerer als den Gründer seines Klosters angesehen, dann müsste hier der Name Mieszkos II. gefallen sein. Daher muss angenommen werden, dass ein doppelter Versprecher oder ein doppelter Irrtum vorlag, was schon weniger wahrscheinlich erscheint. Zudem ist zu beachten, dass sich die Informationen des Cluniazensers über das Tyniec aus dem frühen 15. Jahrhundert wie auch über andere polnische Benediktinerklöster, durch Genauigkeit auszeichnen. Und außerdem – hätte Nikolaus Nason tatsächlich Kasimir im Sinne gehabt, wie wäre dann der Name Bolesław überhaupt in die Erzählung hineingekommen? Es hat eher den Anschein, als hätten die Tyniecer Benediktiner, die Bolesław II. als ihren Gründer ansahen, eine sich ursprünglich auf Kasimir beziehende Legende mit seiner Person verbunden. Dies taten sie nicht nur ad maiorem gloriam des Stifters, sondern auch zur größeren Ehre ihres eigenen Hauses. Dem Bericht des Cluniazensers zufolge bildete die Gründung der Abtei an der Weichsel den Preis für die Befreiung Bolesławs von seinen Ordensgelübden, was ihm den Antritt der Königsherrschaft ermöglichte. Durch diese Operation waren die Benediktiner also bemüht, die Genese ihres Klosters mit der Geschichte Polens zu verbinden.109 Während im mittelalterlichen Tyniec König Bolesław als Stifter galt, wobei es Schwankungen geben konnte, ob es sich dabei um Bolesław I. den Tapferen, oder Bolesław II. den Kühnen handelte, sprach man sich außerhalb von Tyniec für Kasimir den Erneuerer aus. Die älteste Quelle, in der wir dieser zweiten Ansicht begegnen, ist die in den 1280er Jahren in Schlesien entstandene Chronica Polonorum. Sie findet sich dann auch in der Chronica Poloniae Maioris und bei Jan Długosz, um schließlich – wenn auch erst in der Neuzeit – auch die Billigung der Tyniecer Mönche selbst zu finden.110 Einen wichtigen Platz in der Diskussion über die Anfänge der Abtei Tyniec nimmt die sich auf den Krakauer Bischof bzw. Erzbischof Aaron beziehende Tradition ein. In den Quellen findet sich die Information, dass dieser in Tyniec Mönch oder auch Abt gewesen sei.111 Da Aaron glaubwürdigen Angaben zufolge im Jahre 1059 verstarb, 109 110

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Vgl. die Bemerkungen des Herausgebers in Visitatio in Alemania (wie Anm. 108), 913; auch David, Bénédictins (wie Anm. 106), 46. Chronica Polonorum. Ed. Ludwik Ćwikliński, in: MPH, Bd. 3. Lwów 1878, 578–656, hier 621; in der vollständigen polnischen Version der Monographie Princeps fundator widmet der Autor den ersten Teil des 4. Kapitels einer eingehenden Analyse des Ideengehalts der Chronica Polonorum: Roman Michałowski, Princeps fundator. Studium z dziejów kultury politycznej w Polsce X–XIII wieku [Princeps fundator. Studien zur Geschichte der politischen Kultur im Polen des 10. bis 13. Jahrhundert]. Warszawa 1993, 115–127; Chronica Poloniae Maioris. Ed. Brygida Kürbis, in: MPH NS, Bd. 8. Warszawa 1970, 41; Ioannis Dlugosii Annales seu Cronicae incliti regni Poloniae. Liber 3–4. Ed. Zofia Budkowska u. a. Varsaviae 1970, Buch 3, 49f. (zum Jahr 1044); Stanisław Szczygielski, Tinecia sev Historia Monasterii Tinecensis. Ordinis S. Benedicti Primariæ inter Polonica Cænobia venerationis. Cracoviae 1668, 5f.; vgl auch Labuda, Z dyskusji (wie Anm. 106), 94. Ausführlich hierzu Labuda, Z dyskusji (wie Anm. 106), 99ff., der von der Richtigkeit dieser Information ausgeht.

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muss das Kloster vor diesem Jahr entstanden sein, d. h. unter der Herrschaft Kasimirs des Erneuerers (gest. 1058).112 Aber entspricht die Tradition, dass Aaron im Kloster an der Weichsel als Mönch lebte, tatsächlich der Wahrheit? Zum ersten Mal wird sie in der Vita maior sancti Stanislai (Mitte des 13. Jahrhunderts) greifbar und danach in einer ganzen Reihe polnischer Annalen, im dritten Katalog der Krakauer Bischöfe und schließlich auch bei Długosz.113 Sie tritt also ab dem Moment in Erscheinung, ab dem man sich in Krakau für die Person dieses Hierarchen hinsichtlich seiner – tatsächlichen oder vermuteten – erzbischöflichen Würde zu interessieren begann. Dieses Interesse war mit Versuchen verbunden, das Prestige der dortigen Kirche zu heben, deren letztendliches Ziel es war, das Krakauer Bistum zum Erzbistum umzugestalten.114 Unter diesen Umständen drängt sich die Frage auf, ob die Tradition von Aarons Mönchtum in Tyniec nicht vielleicht erst infolge der von seiner Person ausgeübten Faszination entstanden ist.115 Da er in Krakauer Kreisen zu einer so wichtigen Person wurde, ist es nicht verwunderlich, dass man bemüht war, mehr über ihn zu erfahren, und da die Quellen mit Informationen geizten, wurde die Neugier durch Vermutungen befriedigt. Nicht weit von Krakau entfernt, erhob sich das uralte Kloster in Tyniec. Daher konnte man leicht auf den Gedanken verfallen, dass Aaron dort als Mönch oder auch als Abt gelebt habe, ehe er zur erzbischöflichen Würde gelangte. Dieses Ausfüllen von Lücken in der Biografie des Krakauer Erzhirten muss nicht unbedingt ein uneigennütziges Unternehmen gewesen sein. Die Hypothese vom Aufenthalt Aarons im Kloster an der Weichsel kam den Tyniecern Mönchen sicher sehr zupass und sie wurde daher vielleicht gerade von ihnen aufgestellt. Sie konnten zu Recht erwarten, dass sie auf diese Weise das Prestige ihres Ordenshauses heben würden. Dies bedeutet nicht, dass sie durch ihre Berufung auf ihren großen Mitbruder irgendwelche formalen Privilegien gewinnen wollten,116 obwohl auch dies nicht völlig ausgeschlossen werden kann. Der Ruhm von Tyniec war ihnen Gewinn genug, besonders da es im 13. Jahrhundert – in einer Zeit, als die Bettelorden große Faszination ausübten – um den guten Ruf der

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Dies ist die naheliegendeste, aber keineswegs zwingende Schlussfolgerung. Denn es wäre doch zu überlegen, ob der Benediktinerkonvent, dem Aaron angehörte, nicht zuerst woanders angesiedelt gewesen sein könnte und erst nach seinem Tod nach Tyniec kam. Alle Stellen außer Długosz zusammengestellt bei Wacław Korta, Czy Kraków był metropolią kościelną w połowie XI wieku? [War Krakau Mitte des 11. Jahrhunderts eine Kirchenmetropole?], in: Marian Biskup / Gerard Labuda (Hrsg), Ars historica. Prace z dziejów powszechnych i Polski. Poznań 1976, 321–340, hier 323f.; die betreffenden Abschnitte bei Długosz – Ioannis Dlugosii Annales (wie Anm. 110), Buch 3, 49f. (sub anno 1044); 54f. (sub anno 1046). Eine Zusammenstellung der wichtigsten einschlägigen Literatur bei Łowmiański, Początki Polski, Bd. 6/1 (wie Anm. 106), 290f. Positiv beantwortet diese Frage Gieysztor, Początki Tyńca (wie Anm. 106), 316, der auch die Tradition von Aaron als Abt von Tyniec entschieden verwirft. Vgl. Labuda, Z dyskusji (wie Anm. 106), 99.

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Benediktiner nicht gerade zum besten bestellt war.117 Im Übrigen konnten die Tyniecer Mönche erwarten, dann wie in alten Zeiten wieder mit zahlreichen und reichen Schenkungen überhäuft zu werden.118 Wenn die Vermutung zutrifft, dass die Tradition über das Mönchsleben Aarons in Tyniec im 13. Jahrhundert entstanden ist, dann muss die Glaubwürdigkeit dieser Tradition selbst in Frage gestellt werden. Eine gewisse, aber wohl eher nur scheinbare Chance ihrer Verteidigung bietet folgendes Argument: Im 13. Jahrhundert wurden die Bi117

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Die bereits im 13. Jahrhundert geschwächte Position der polnischen Benediktiner unterstreicht Jerzy Kłoczowski, Zakony na ziemiach polskich w wiekach średnich [Die Orden in den polnischen Gebieten im Mittelalter], in: Kościół w Polsce, Bd. 1: Średniowiecze. Kraków 1966, 373– 466, hier 404. In seinen Ergänzungen zu den Annalen des Traska (Rocznik Traski) bieten die Excerpta Ioannis Dlugossi e fontibus incerti. Ed. Wojciech Kętrzyński, in: MPH, Bd. 4. Lwów 1884, 7–15, hier 10 zum Jahr 1044 folgende Notiz: Fundatur Thinciense monasterium; vgl. auch Ioannis Dlugosii Annales. Ed. Budkowska (wie Anm. 110), Buch 3, 49f. (zum Jahr 1044); Spominki trzemeszeńskie [Trzemesnoer Erinnerungen]. Ed. August Bielowski, in: MPH, Bd. 3. Lwów 1878, 133f., hier 134. Sollte das Datum dieses Ereignisses zutreffend sein, dann müsste die Stiftung der Abtei Tyniec in die Zeit Kasimirs des Erneuerers verschoben werden. Aber der zitierten Notiz darf schon deshalb nicht vertraut werden, weil sie das Resultat einer gelehrten Konstruktion sein könnte, die sich auf zwei Prämissen stützt: 1. der Gründer von Tyniec war Kasimir, 2. der Abt dieses Klosters war Aaron, wobei diese Tatsache vor der Erhebung dieses Herrschers auf den Krakauer Thron stattgefunden haben musste, d. h. vor 1046 (dieses Datum wird in einer Reihe von Annalen genannt); so Gieysztor, Początki Tyńca (wie Anm. 106), 316. Wenn dagegen angenommen wird, dass dieses Datum das Ergebnis einer Kombination von Długosz selbst war, kommt noch eine dritte Prämisse ins Spiel. Ioannis Dlugosii Annales (wie Anm. 110), Buch 3, 44f.; 49 nämlich behauptet, dass Kasimir den letztendlichen Sieg über seine Feinde im Jahre 1043 davongetragen habe (Niederlage der Pomoranen) und dass in dessen Konsequenz der Tod des aufrührerischen Großen Miecław vor 1043 erfolgt sei. Gleichzeitig meinte der Chronist, Kasimir der Erneuerer habe mit der Gründung des Klosters zu Tyniec dem Herrgott für die Hilfe danken wollen, die er ihm in soviel Widrigkeiten erwiesen habe. Von daher musste Długosz die Stiftung des Klosters bei Krakau gleich nach 1043, d. h. auf das Jahr 1044 ansetzen. Will man die Glaubwürdigkeit der vom Chronisten angegebenen Daten richtig beurteilen, muss die in den ‚Annales‘ angewandte Vortragstechnik beachtet werden. Angefangen vom Jahr 965 ordnet Długosz das historische Material strikt nach den Jahren, in denen die besprochenen Ereignisse stattfanden. Da wo ihn die ihm bekannten Texte nicht über das Datum eines Ereignisses informierten, fühlte er sich gezwungen, die Lücke mit einer Hypothese auszufüllen. Dass wir mit vollem Recht in der kommentierten Notiz eine wissenschaftliche Hypothese Długoszs oder seines Informanten vermuten dürfen, belegen zwei andere Interpolationen, die er in die Annalen des Traska eingebracht hat. Unter dem Jahr 1041 schreibt er: Kazimirus coronatur in Poloniae regem, während er zu 1077 ausführt: Petrus triennio mortuus a beato Stanislao suscitatus ducitur in testem (Excerpta, ebd., 1.c.). Niemand wird behaupten, dass diese Notizen direkt oder indirekt aus einer Quelle des 11. Jahrhunderts übernommen worden sind. Vgl. Wojciech Kętrzyński, in: MPH, Bd. 4. Lwów 1884, 8f.; Aleksander Semkowicz, Krytyczny rozbiór dziejów polskich Jana Długosza (do roku 1384) [Eine kritische Analyse der Polnischen Geschichte von Jan Długosz (bis zum Jahre 1384)]. Kraków 1887, 117; Labuda, Z dyskusji (wie Anm. 106), 103f.

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schofssitze mit Vertretern des Kathedralklerus besetzt und nicht mit Mönchen. Wie hätte in dieser Situation jemand eine benediktinische Vergangenheit des Krakauer Hierarchen erfinden können?119 Dieses Argument verliert beträchtlich an Bedeutung, wenn man berücksichtigt, dass der damalige Kathedral- und Mönchsklerus Tag für Tag mit Hagiographien Umgang hatte, sei es indem man sich ihrer individuellen Lektüre widmete oder – und dies vor allem – am officium divinum (Lesen der Laudes) teilnahm. Aus diesem häufigen Umgang konnte die treffende Überzeugung entstehen, dass in alten Zeiten gerade Mönche oft Bischöfe wurden. Unsere Einwände wären bedeutungslos, wenn sich zeigen ließe, dass die durch Texte des 13. bis 15. Jahrhunderts vermittelte Information über das Mönchsleben Aarons in Tyniec auf einer Notiz aus dem 11. Jahrhundert gründete. Doch die Analyse des Quellenmaterials erbringt kein positives Ergebnis.120 Die betreffende Information findet sich in einer ganzen Reihe von Annalen.121 Sie alle entstammen mittelbar den Annales deperditi bzw. de so genannten Älteren Annalen des Krakauer Kapitels. Sie gehören dabei zwei verschiedenen Gruppen im hypothetischen Filiationssystem der polnischen Annalistik an.122 In dieser Situation drängt sich der Gedanke auf, dass sich die uns interessierende Erwähnung auf den Seiten der verschollenen Annalen befand, die im 11. Jahrhundert und später fortlaufend geführt wurden. In einem solchen Fall bestünde eine solide Grundlage für die Annahme, Aaron sei tatsächlich Mönch im Kloster an der Weichsel gewesen. Man kommt allerdings nicht umhin, die Tatsache zu bedenken, dass eine derartige Notiz in den (jüngeren) Annalen des Krakauer Kapitels fehlt,123 die ebenfalls einen Auszug aus den Annales

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Vgl. Labuda, Początki klasztoru (wie Anm. 106), 44f. Anders Labuda, Z dyskusji (wie Anm. 106), 100f. Rocznik Krakowski [Krakauer Annalen] Ed. August Bielowski, in: MPH, Bd. 2. Lwów 1872, 826–852; Rocznik Traski [Annalen des Traska], ebd., 826–861; Rocznik Sędziwója [Annalen des Sędziwój], ebd., 871–880; Rocznik małopolski [Kleinpolnische Annalen], ebd., 816–825; Rocznik krótki krakowski [kurze Krakauer Annalen], ebd., 792–816; Rocznik świętokrzyski do 1490 r. [Heiligkreuz-Annalen bis zum Jahr 1490]. Ed. August Bielowski, in: MPH, Bd. 3. Lwów 1878, 53–87 sowie Rocznik Krasińskich do r. 1351 [Krasiński-Annalen bis zum Jahr 1352], ebd., 127–133; vgl. Korta, Czy Kraków był (wie Anm. 113), 323f. Die fragliche Notiz lautet in der Fassung der Annalen des Traska (ebd., 830) folgendermaßen: 1046 Aaron monachus Thinciensis in episcopum postulatur, assumptus per Benedictum papam nonum, Coloniae consecratur, privilegio archiepiscopatu insignitur (…). Die anderen annalistischen Werke, die sich in ihrer Stilistik voneinander unterscheiden, enthalten, wenn auch nicht immer unter dem Jahr 1046, mehr oder weniger die gleichen Angaben. Eine Ausnahme bilden diesbezüglich die Kurzen Krakauer Annalen, in denen die erzbischöfliche Würde Aarons nicht erwähnt wird. Gerard Labuda, Główne linie rocznikarstwa polskiego w wiekach średnich [Hauptlinien der polnischen Annalistik im Mittelalter], in: Kwart. Hist. 78, 1971, 804–839, hier 830f.; 832 (Filiationsschema der Annalen). Fryderyk Papée, Najstarszy dokument polski. Studium dyplomatyczne o akcie Idziego [Die älteste polnische Urkunde. Eine diplomatische Studie über den Akt des Ägidius], in: Rozprawy i

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deperditi bilden. Dieses Jahrbuch enthält nicht alle Aufzeichnungen, die sich auf den Seiten der Annales befanden. Nichtsdestotrotz stellt es den umfangreichsten Auszug dar.124 Sein im Schatten der Wawelkathedrale schreibender Autor zeigte ein besonderes Interesse an der Geschichte des Krakauer Bistums.125 Wenn wir in diesem Zusammenhang berücksichtigen, dass die dortige Geistlichkeit damals vom Pallium für ihren Bischof träumte und nach der kürzlich erfolgten Kanonisierung des hl. Stanisław Tage des Ruhms und der Größe erlebte, dann wird es uns schwerfallen zu glauben, der Chronist hätte eine Aaron betreffende Notiz übergangen, falls der Ausgangstext eine solche tatsächlich enthalten hätte,126 erst recht eine Notiz, in der von der Einsetzung dieses Hierarchen auf den Krakauer Thron die Rede gewesen wäre. Allerdings ist nicht sicher, ob es sich bei diesem Ausgangstext unmittelbar um die Annales deperditi handelte. Gerard Labuda ist der Ansicht, dass der Annalist lediglich ein Exzerpt davon verwendet hat.127 Wollte man anhand des im (jüngeren) ‚Kapiteljahrbuch‘ enthaltenen Materials urteilen, dann müsste dieses Exzerpt ungewöhnlich umfangreich und sein Autor sehr an der Geschichte der Krakauer Kirche interessiert gewesen sein. Daher können wir mit Fug und Recht wiederholen, dass es unter diesen Umständen kaum wahrscheinlich ist, dass der Verfasser des früheren Auszuges eine Erwähnung Aarons übergangen hätte. Deshalb darf bezweifelt werden, dass sich die uns aus den späteren Annalen bekannte Notiz, welche u. a. über Aarons Mönchtum informiert, in den Annales deperditi befand.

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sprawozdania z posiedzeń Wydziału Historyczno-Filozoficznego Akademii Umiejętności 14, 1888, 268–312, hier 300. Annales Cracovienses priores cum Kalendario. Ed. Zofia Kozłowska-Budkowa, in: MPH NS, Bd. 5. Warszawa 1978, XXXV; XXXIX. Ebd., XXXIX. Diese Schlussfolgerung würde sich noch stärker aufdrängen, sollte Gerard Labuda, O nowym wydaniu najstarszych roczników krakowskich [Zur Neuausgabe der ältesten Krakauer Jahrbücher], in: StŹródł 26, 1981, 183–188, hier 187; Ders., Zaginiona kronika z pierwszej połowy XIII wieku w Rocznikach Królestwa Polskiego Jana Długosza. Próba rekonstrukcji [Eine verschollene Chronik aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts in Jan Długoszs Annalen des Königreiches Polen. Versuch einer Rekonstruktion]. Poznań 1983, 164f. recht haben, dass Vincenz von Kielce der Autor der (neuen) ‚Annalen des Krakauer Kapitels‘ war. Der Dominikaner Vincenz hat sich in der Tat für die Person Aarons und seine erzbischöfliche Würde interessiert; Vita sancti Stanislai Cracoviensis episcopi (Vita maior). Auctore fratre Vincentio de ordine fratrum praedicatorum. Ed. Wojciech Kętrzyński, in: MPH, Bd. 4. Lwów 1884, 319–438, hier 383. Es stimmt, dass es dem Autor der ‚Annalen des Krakauer Kapitels‘ nicht unbedingt darum gegangen sein muss, die Verbindungen dieses Krakauer Hierarchen mit Tyniec hervorzuheben. Aber wenn sich die kommentierte Notiz in seiner Vorlage befunden hätte, dann hätte er höchstens die Formulierung monachus (abbas) Thienciensis übergangen, den ganzen Rest dagegen aber abgeschrieben, der immerhin die Bischofsweihe des einzigen Erzbischofs in der Geschichte Krakaus betraf, so wie er analoge Erwähnungen abschrieb, die sich auf andere Bischöfe des 11. Jahrhunderts – und zwar nicht nur in Krakau – bezogen. Labuda, Główne linie rocznikarstwa (wie Anm. 122), 833 und das Filiationsschema auf 832.

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Aus all dem wird deutlich, dass die Analyse der mittelalterlichen Tradition keine eindeutige und direkte Antwort auf die Frage gibt, wer der Stifter von Tyniec war. Aus der Analyse ergeben sich drei Lösungsvarianten: Bolesław der Tapfere, Kasimir der Erneuerer und Bolesław der Kühne. Die archäologischen Quellen können uns bei der Lösung dieses Problems nur teilweise weiterhelfen. Die Spuren der ältesten Klosterkirche, die im Ergebnis archäologischer Untersuchungen freigelegt wurden, beweisen, dass diese Kirche nicht vor der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts entstanden sein kann. Die Hypothese von Bolesław I. als Stifter – eine Hypothese, die heute übrigens von niemandem mehr vorgebracht wird – muss daher als eventuelle Lösung ausgeschlossen werden. Eine präzisere Datierung des Objekts stößt jedoch auf Schwierigkeiten. Klementyna Żurowska spricht sich für das letzte Viertel des 11. Jahrhunderts aus.128 Im Lichte dieser Ansicht müsste als sehr unwahrscheinlich gelten, dass Kasimir der Klostergründer gewesen ist. Zygmunt Świechowski dagegen datiert die Entstehung der ältesten Abteikirche zurück bis in die Zeit Kasimirs des Erneueres und stellt gleichzeitig fest, dass dieses Gotteshaus von derselben Bauhütte errichtet wurde, die bereits die Kirche St. Gereon auf dem Wawel errichtet hatte, die von Kasimir gestiftet worden sei.129 Die von Świechowski vorgeschlagene Datierung würde also gegen Bolesław den Kühnen sprechen. Betrachten wir noch einmal die einzelnen Strömungen der sich direkt oder indirekt auf die Anfänge von Tyniec beziehenden Tradition. Die Erinnerung an Menschen und Ereignisse festigt sich oder verschwindet in Abhängigkeit davon, ob die sie betreffende soziale Gruppe an ihrer Aufrechterhaltung interessiert ist oder nicht. Es steht außer Zweifel, dass die Abtei Tyniec an der Wahrung der Erinnerung an ihren Gründer interessiert war. Denn sie war ja, wie jedes andere Benediktinerkloster auch u. a. dazu gegründet worden, unablässig bis ans Ende der Welt ihres Stifters im Gebet zu gedenken.130 Um diese Aufgabe erfüllen zu können, schrieben die Mönche im gesamten christlichen Abendland den Namen ihres verstorbenen Gründers zum Beispiel in ihr Nekrologium ein. Dies muss auch in der nahe Krakau gelegenen Abtei der Fall gewesen sein. Mit einer völlig anderen Situation haben wir es zu tun, wenn wir die Tradition betrachten, die sich außerhalb dieses Klosters an der Weichsel entwickelte. Egal ob der Verfasser der Chronica Polonorum nun ein Lubińer Zisterzienser, ein aus Deutschland stammender Breslauer Dominikaner oder auch ein Franziskaner war, kann er kaum einer sozialen Gruppe zugeordnet werden, für die das Wissen, wer der Stifter von Tyniec war, noch irgendwie von Bedeutung gewesen sein könnte. Das gleiche trifft auf den Autor der Chronica Poloniae Maioris zu.131 Mit der Wawelkathedrale verbundene 128 129 130 131

Klementyna Żurowska, Romański kościół opactwa benedyktynów w Tyńcu [Die romanische Kirche der Benediktinerabtei in Tyniec], in: Folia Historiae Artium 6–7, 1971, 49–119, hier 113. Świechowski, Uwagi (wie Anm. 106), 7 und 11, Anm. 11. Wojciechowski, Szkice historyczne (wie Anm. 106), 141. Zur Herkunft der Erwähnung der Tyniecer Stiftung in der Chronica Poloniae Maioris vgl. die Bemerkungen von Marek Derwich, Janko z Czarnkowa a Kronika wielkopolska [Jan von

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Kreise fühlten sich zwar verpflichtet, die Erinnerung an Aaron zu bewahren; schließlich war er ja Bischof in Krakau. Und tatsächlich findet sich in den Annalen des Krakauer Kapitels eine Notiz über Aarons Tod.132 Dagegen muss bezweifelt werden, dass dem Krakauer Klerus besonders daran gelegen war, sich zu erinnern, wer dieser Würdenträger war, bevor er Bischof von Krakau wurde. Die erwähnte Notiz enthält keine solche Information. Die Situation konnte sich erst ändern, als die Person Aarons für die dortige Geistlichkeit besondere Bedeutung erlangte, wie dies im 13. Jahrhundert tatsächlich der Fall war. Wenn wir die Glaubwürdigkeit der Tradition daher vom Gesichtspunkt des sozialen Rahmens beurteilen wollen, in dem sie entstanden und erhalten geblieben ist, dann muss festgestellt werden, dass ausschließlich die in Tyniec kultivierte Tradition ein gewisses Vertrauen verdient, zumindest in Hinblick auf die Aussage, dass ein gewisser rex Boleslaus der Stifter war. Das Zögern der Mönche hinsichtlich einer genaueren Bestimmung seiner Person (Bolesław der Tapfere oder Bolesław der Kühne) konnte dadurch begründet gewesen sein, dass weder die Erinnerung noch das Nekrologium irgendwelche Angaben außer dem Namen und der Würde boten; oder aber dadurch, dass die Mönche zwar wussten, dass sie ihre Existenz Bolesław dem Kühnen verdankten, dies aber wegen dessen Konfliktes mit dem Krakauer Bischof Stanisław, der auf Geheiß Bolesławs II. ermordet worden sein soll, nicht zur Kenntnis nehmen wollten.133 Unglaubwürdig ist dagegen die Legende von Kasimir als Gründer der Abtei an der Weichsel und auch die von Aaron als dortigem Mönch. Gegen die Richtigkeit ersterer spricht noch ein weiteres, nicht unbedeutendes Argument. Der Name Kasimirs als Stifter von Tyniec fiel zum ersten Mal in der Chronica Polonorum, d. h. in einem außerordentlich trügerischen Werk, zumindest was die Geschichte Polens vor seiner teilfürstlichen Zersplitterung betrifft. Die im Kloster in der Nähe von Krakau kultivierte Tradition darf jedoch nicht verabsolutiert werden. Denn manchmal kam es tatsächlich vor, dass sich Mönchs- oder Kanonikerkonvente hinsichtlich der Person ihres Gründers irrten.134 Deshalb müssen wir auch diese Tradition einer zusätzlichen Verifizierung unterwerfen. Gewisse Möglichkeiten bietet diesbezüglich die Analyse einiger von uns noch nicht verwerteter

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Czarnków und die Großpolnische Chronik], in: Acta Universitatis Wratislaviensis, Nr. 800, Historia, Bd. 50. Warszawa / Wrocław 1985, 127–162, hier 156f. Rocznik kapituły krakowskiej. Ed. Kozłowska-Budkowa (wie Anm. 25), 48 (zum Jahr 1059). Vgl. Gieysztor, Początki Tyńca (wie Anm. 106), 317; Łowmiański, Początki Polski, Bd. 6/1 (wie Anm. 106), 29. Mit einer von beiden Situationen haben wir es im Falle der Nekrolognotiz zu König Bolesław im Kalender der Krakauer Kathedrale unter dem 3. April zu tun. Ursprünglich bezog sie sich auf Bolesław den Kühnen, während spätere Leser in ihm Bolesław den Tapferen sahen; dazu zuletzt Gerard Labuda, Król Bolesław qui constituit episcopatus per Poloniam, in: StŹrodł 30, 1987, 51–57. Als Beispiel kann die Tyniecer Tradition dienen, die zuerst Bolesław und dann Kasimir als Gründer ansah. Mindestens eine dieser Ansichten muss zwangsläufig falsch sein.

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Fragmente des Tyniecer Falsifikats. Diese Urkunde, die angeblich vom Legaten Ägidius ausgestellt und mit dem Datum 1105 versehen wurde, gelangte in zwei mittelalterlichen Überlieferungen auf uns: als angebliches Original, das zu Beginn des 14. Jahrhunderts verfertigt wurde, und als authentisches Transsumpt Bolesławs des Schamhaften aus dem Jahre 1275.135 In diesem Diplom bestätigt der Legat mit Einverständnis von Herzog Bolesław, dessen Sohn Władysław und des Krakauer Bischofs Radost die namentlich aufgezählte Ausstattung der Abtei Tyniec. Es besteht kein Zweifel daran, dass dieses Falsifikat unter Verwendung einer heute nicht mehr erhaltenen Urkunde fabriziert wurde, die Ägidius während seines in die Jahre 1123 bis 1125 fallenden Aufenthaltes in Polen ausgestellt hatte. Zu lösen bleibt dagegen das Problem, ob die authentische Urkunde eine Beschreibung der Ausstattung enthielt oder nur eine Detailangelegenheit betraf136 und eventuell auch eine Formulierung enthielt, die ganz allgemein die Unantastbarkeit des gesamten Besitzstandes bestätigte.137 Unabhängig davon, welche Lösung wir annehmen, müssen wir dennoch der Ansicht zustimmen, dass sich die im Falsifikat enthaltene Beschreibung der Ausstattung direkt oder indirekt auf Notizen gründete, die zweifellos, wie es der damaligen Praxis entsprach, in Tyniec fortlaufend geführt wurden, wobei die der Abtei gemachten Schenkungen sukzessiv notiert wurden.138 Aber es besteht kein Grund zu der Annahme, es habe eine den Klosterbesitz auflistende Urkunde aus dem 11. Jahrhundert existiert. Das Tyniecer Falsifikat enthält folgendes Fragment: (…) ego Egidius Thusculanus episcopus (…) apostolica auctoritate decretali concessione firmamus, quicquid [Thinciensis ecclesia] habet et tenet uel futuro tempore iuste adquisierit, id est: Thinciensium uillam cum transitu nauali et una thaberna, secundam ultra fluuium, cum uoto ducis duodecim marcarum argenti et tribus poledris singulis annis et omnibus ministris curie regis competentibus, cum omni castellatura ab omnium inpendimento defensis, tam pistoribus, lagenariis, quam cocis et camerariis, piscatoribus et peccorariis et omni constancia muniuit; villam Luntki, aliam Cassow, aliam Sylou sub una circuicione; 135

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Vgl. Zofia Kozłowska-Budkowa, Repertorjum polskich dokumentów doby piastowskiej. Zeszyt 1: Do końca wieku XII [Repertorium polnischer Dokumente der Piastenzeit. Heft 1: Bis zum Ende des 12. Jahrhunderts]. Kraków 1937, Nr. 26; Antoni Gąsiorowski, Tyniecki dokument [Das Dokument von Tyniec], in: Kowalenko / Labuda / Lehr-Spławiński, Słownik (wie Anm. 45), Bd. 6, Wrocław 1977, 329–340, hier 329f. Łowmiański, Początki Polski, Bd. 6/1 (wie Anm. 106), 294f. Mit dieser Frage beschäftigte sich unlängst Gąsiorowski, Tyniecki dokument (wie Anm. 135), 239. Für eine mittlere Lösung entschied sich H. Łowmiański, dem zufolge die authentische Überlieferung des Ägidius eine Beschreibung der Ausstattung enthielt, aber nur desjenigen Teils von ihr, der aus der Schenkung Bolesław des Kühnen stammte; Łowmiański, Początki Polski, Bd. 6, Teil 1 (wie Anm. 106), 297. So wie die Urkunde des Kardinals Humbald für Trzemszno; Kozłowska-Budkowa, Repertorjum (wie Anm. 135), Nr. 44. Kozłowska-Budkowa, Repertorjum (wie Anm. 135), 32; Gąsiorowski, Tyniecki dokument (wie Anm. 135), 239.

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Voycouo cum piscatoribus, Nines, Priuit artifex lagenarium et doliorum; Prutnic cum una thaberna, cuius heredes Mars et Radei tres scotos soluentes; que uille ab omni sunt pensione ducis immunes (…).139 Bemerkenswert ist der Umstand, dass die dienstbare Bevölkerung, die auf den Ländereien von Tyniec wohnte, hier als zum königlichen Hof gehörend oder auch den königlichen Hof bedienend bezeichnet wird. Angenommen die Formulierung ministri curie regis competentes habe sich in der Notiz befunden, die in dem Augenblick entstand, als diese Ländereien dem Kloster übergeben wurden, oder gleich danach, dann könnten wir feststellen, dass diese Güter vom König vergeben wurden, d. h. zweifellos von Bolesław II. dem Kühnen.140 Aber vielleicht entstammt diese Formulierung eher der Feder eines Interpolators, der sie in die ursprüngliche Notiz einfügte, oder sie stammt von der Person, die Ägidius’ Urkunde diktierte, oder vielleicht sogar vom Verfasser dieses Falsifikats selbst?141 Das ist kaum wahrscheinlich.142 Denn wir wissen nicht, zu welchem Zweck die Mönche fünfzig, hundert oder zweihundert Jahre nach der Vergabe dieser Ländereien hätten hinzuschreiben sollen, das dienstbare Volk habe einst zum Hof des Monarchen gehört, da dies doch keinerlei praktische Bedeutung mehr gehabt hätte? Und selbst wenn wir annehmen würden, dass weiterhin ein Zusammenhang zwischen dieser Bevölkerung und dem Königshof bestand und dass die Mönche es aus diesem Grunde für angemessen hielten, diese Tatsache zu notieren, dann hätten sie wohl eher die Formulierung curia ducis gewählt und nicht curia regis, weil es ja schon seit langem keinen König mehr gab, und die Pflichten, die das dienstbare Volk vielleicht zu einem gewissen Teil weiterhin dem Herrscher gegenüber erfüllen musste, es für den Herzog leistete. Man könnte zwar unterstellen, der Interpolator bzw. Fälscher habe, weil er davon überzeugt war, Tyniec verdanke seine Existenz dem König, ganz bewusst die archaisierende Formulierung curia regis verwendet. Aber diese Vermutung ist wohl ebenfalls unbegründet, weil keine Versuche einer derartigen Archaisierung im Falsifikat ersichtlich sind, da in der Schilderung der Ausstattung zweimal das Wort dux fällt (cum uoto ducis und a pensione ducis). Höchstwahrscheinlich entstand die Formu139 140 141

142

Album palaeographicum. Ed. Krzyżanowski (wie Anm. 107), Nr. 18; vgl. auch Nr. 19. Wir folgen hier der Spur von Piekosiński, Jeszcze słowo (wie Anm. 106), 54f. (der diesen König jedoch mit Bolesław I. identifizierte); Wojciechowski, Szkice historyczne (wie Anm. 106), 143; Łowmiański, Początki Polski, Bd. 6/1 (wie Anm. 106), 304f. Kontrovers ist, ob diese Formulierung in der authentischen Urkunde des Legaten Ägidius enthalten war. Papée, Najstarszy dokument (wie Anm. 123), 282f.; 306 verneinte dies, während Piekosiński, Jeszcze słowo (wie Anm. 106), 54f. und Łowmiański, Początki Polski, Bd. 6/1 (wie Anm. 106), 298 und 303 dies bejahten. Solange nicht bewiesen werden kann, dass das Privileg des Ägidius überhaupt eine Beschreibung der Klosterausstattung enthielt, ist die Diskussion über diese Frage gegenstandslos. Allerdings muss bemerkt werden, dass Papées Argumentation überhaupt nicht überzeugend zu sein scheint. Vgl. Karol Modzelewski, Organizacja gospodarcza państwa piastowskiego. X–XIII wiek [Die wirtschaftliche Organisation des piastischen Staates. 10.–13. Jahrhundert]. Wrocław / Warszawa / Gdańsk 1975, 189.

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lierung ministri curie regis competentes daher während der Herrschaftszeit des Königs Bolesław II. des Kühnen (1076–1079). Freilich hat auf der Basis desselben Fragmentes der Tyniecer Fälschung Gerard Labuda angenommen, Kasimir der Erneuerer habe der Abtei die Ländereien von Tyniec geschenkt.143 Er berief sich dabei auf die Immunitätsklausel, der zufolge die Klostergüter und somit auch jene von Tyniec von Dienstleistungen für den Herzog (a pensione ducis) befreit waren. Wären die Informanten des Legaten Ägidius (Bolesław Schiefmund, Władysław II., Bischof Radost – alles gewiss gut informierte Personen) der Meinung gewesen, Bolesław der Kühne habe diese Güter vergeben, dann hätten sie im Text die Formulierung a pensione regis verwendet, selbst wenn der Akt der Schenkung vor dessen Krönung im Jahre 1076 stattgefunden hätte. Es gibt mehrere Gründe dafür, dass wir dieser Argumentation nicht folgen. Erstens setzt sie die zeitliche Übereinstimmung zwischen der Vergabe der Ländereien und der Erteilung der ersten ökonomischen Immunität voraus. Aber eine solche Übereinstimmung scheint keineswegs offensichtlich zu sein. Die das Diplom diktierende Person konnte darüber informiert gewesen sein, dass Tyniec seine Güter von jemand anderem erhalten hatte als von der Person, die sie von allen Dienstleistungen für den Herrscher befreit hatte. Zweitens wissen wir nicht, ob die Formulierung a ducis im authentischen Privileg des Ägidius enthalten war. Vielleicht wurde sie erst im 13. Jahrhundert formuliert.144 Dann würde sie nicht die 143

144

Labuda, Z dyskusji (wie Anm. 106), 98. Die Konsequenz dieser These bildet selbstverständlich die Behauptung, das Kloster sei von Kasimir dem Erneuerer gegründet worden. Unter Berufung auf die Tyniecer Urkunde verweist Labuda auf noch einen weiteren Umstand, der für diese Behauptung sprechen soll. In der Beschreibung der Ausstattung, die das Privileg des Ägidius liefert, wurde Tyniec getrennt von Opatowiec behandelt, von dem gesagt wird, rex Boleslaus habe es gestiftet. Falls Bolesław Schiefmund, Władysław II. und Bischof Radost gemeint hätten, Bolesław der Kühne sei der Stifter des Klosters gewesen, dann hätten sie Tyniec und Opatowiec zu einer Stiftung zusammengefasst. Aber diesem Argument können wir nicht zustimmen. Erstens wissen wir nicht, aus welcher Zeit die Beschreibung der Ausstattung stammt, und können daher nicht sagen, ob es sich bei den Autoren dieser Beschreibung um Personen handelte, die über die älteste Geschichte des Klosters gut informiert waren. Zweitens mag über die Unterscheidung von Tyniec und Opatowiec ein territorialer Gesichtspunkt entschieden haben, denn sowohl in der Urkunde als auch auf der Landkarte liegt zwischen beiden Ortschaften das von Judith gestiftete Książnice. Erwähnt werden muss, dass Judith von den Mönchen – zumindest im 14. Jahrhundert – für die Gattin König Bolesławs gehalten wurde; Kodeks dyplomatyczny klasztoru tynieckiego, Teil 1. Ed. Kętrzyński (wie Anm. 34), Nr. 11b. Da im Mittelalter Stiftungen gewöhnlich als das gemeinsame Werk von Ehepaaren verstanden wurden, brauchte die Unterscheidung zwischen den Gütern aus der Schenkung des Mannes und denen aus der Schenkung seiner Frau keinen inneren Widerspruch bedeuten. Bemerkt werden muss auch, dass dieser Bolesław Tyniec und Opatowiec nicht gleichzeitig gestiftet haben musste, so dass sich getrennte Notizen auf beide beziehen konnten, die sich auf verschiedenen Seiten desselben Codex oder sogar in zwei verschiedenen Codizes befanden. Die Historiker sind sich nicht einig, ob diese Formulierung im authentischen Privileg des Ägidius enthalten war; vgl. Papée, Najstarszy dokument (wie Anm. 123), 306; Łowmiański, Początki Polski, Bd. 6/1 (wie Anm. 106), 301 und 303, Anm. 707.

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Ansichten gut informierter Personen wiedergeben, sondern die von Menschen, die zweihundert Jahre nach der Gründung des Klosters lebten. Und schließlich der entscheidende Einwand: Selbst wenn der Diktierer der authentischen Urkunde des Ägidius bzw. der Autor des Falsifikats davon überzeugt gewesen wäre, der König habe die Tyniecer Ländereien vergeben und mit Immunität ausgestattet, dann hätte er trotzdem die Formulierung a pensione ducis und nicht regis gewählt, da es ihm doch ganz offensichtlich darum ging, dass die Klostergüter in diesem Augenblick – und nicht irgendwann in der Vergangenheit – von keinerlei Abgaben belastet sind.145 Der besprochene Abschnitt verwendet nämlich die Gegenwartsform. Die Formulierung a pensione ducis wäre für die Datierung der Schenkung von Tyniec nur dann von Bedeutung, wenn sie eine Notiz enthalten würde, die gleichzeitig mit der Vergabe der Ländereien entstanden ist. In einem solchen Falle könnte man zu Recht behaupten, dass die Schenkung vor der Krönung Bolesławs des Kühnen stattgefunden habe und Kasimir oder dessen Sohn der Wohltäter gewesen sei. Aber die Annahme einer solchen Lösung stößt auf eine beträchtliche Schwierigkeit in Form des Abschnittes über die ministri curie regis competentes, der zeigt, dass gerade der König der Donator war. Daher müssen wir zwischen zwei Lösungen wählen, die nicht miteinander vereinbar sind: nämlich dass entweder diese Formulierung oder das Wörtchen dux aus der Immunitätsklausel zur ursprünglichen Notiz gehörte. Wir sprechen uns für die erstere Lösung aus, und zwar aus zwei Gründen. Wir halten es für sehr unwahrscheinlich, dass die Information, dass das Tyniecer dienstbare Volk einst zum Königshof gehört habe, in späterer Zeit noch irgendwie von Bedeutung gewesen sein dürfte; außerdem stellte der Ausdruck curia regis nach der Vertreibung Bolesławs II. (1079) einen Anachronismus dar. Dagegen hätte die Hinzufügung der Immunitätsklausel im 12. oder 13. Jahrhundert durchaus praktische Bedeutung gehabt, und die Verwendung des Wortes dux in ihr war durchaus zeitgemäß. Tyniec befand sich auf dem Territorium der Tyniecer Ländereien. Deshalb muss deren Übergabe an die Mönche im Prinzip als Gründungsakt des Klosters angesehen werden.146 Angenommen die Notiz über die Vergabe des ursprünglichen Klosterbesitzes wäre gleichzeitig mit der juristischen Aktion entstanden – was sehr wahrscheinlich ist –, dann könnten wir sagen, dass die Abtei zwischen der Krönung Bolesławs des Kühnen am 25. März 1076 und seiner Vertreibung ins Leben gerufen wurde147 und dass Bolesław II. der Kühne a fortiori der Klostergründer war. Das heißt selbstverständlich nicht, dass die Mönche erst in dieser Zeit nach Tyniec kamen. Dies bedeutet nur, dass damals der formale Stiftungsakt stattfand. Schon vorher konnten dort Mönche gelebt haben, und dies war sicher auch der Fall. An dieser Stelle 145 146 147

Piekosiński, Jeszcze słowo (wie Anm. 106), 55. Labuda, Z dyskusji (wie Anm. 106), 98. Wojciechowski, Szkice historyczne (wie Anm. 110), 143; Łowmiański, Początki Polski, Bd. 6/1 (wie Anm. 106), 304f.

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wollen wir uns auf eine Konzeption von Aleksander Gieysztor berufen.148 Der erste Tyniecer Abt Anchoras entstammte einem monastischen Kreis, der durch die Form seiner Spiritualität und in gewissem Sinne auch organisatorisch mit der Abtei St. Maximin in Trier in Verbindung stand. Daher drängt sich die Vermutung auf, dass der erste Tyniecer Konvent demselben monastischen Kreis entstammte, wenn auch nicht unbedingt aus demselben Ordenshaus. Für diese Hypothese sprechen noch einige weitere Tatsachen. In den Jahren 1068–1071 vertrieb der Kölner Erzbischof aus drei Klöstern (Siegburg, St. Pantaleon in Köln, Saalfeld) die bisherigen Konvente, die alle mit St. Maximin verbunden waren. Wir wissen auch, dass im Jahre 1071 die Begegnung Bolesławs des Kühnen mit Heinrich IV. und Erzbischof Anno II. stattfand. Daher drängt sich der Verdacht auf, dass es dem polnischen Herrscher während dieser Begegnung gelungen sein könnte, Personal für das von ihm organisierte Kloster zu gewinnen. Denn es scheint, dass sich der Erzbischof, der sich für das Schicksal der vertriebenen Mönche verantwortlich fühlte, gern in der Rolle eines Vermittlers gesehen haben könnte. Aufmerksamkeit verdient außerdem der Umstand, dass sich im Besitz der Abtei liturgische Gegenstände befanden, die das Produkt einer im 11. Jahrhundert im Rheinland wirkenden Werkstatt und eines dortigen Skriptoriums waren. Hierbei handelt es sich um einen Krummstab und um ein liturgisches Buch.149 Der erstere Gegenstand, der in einem auf die Jahre der Errichtung der ersten Abteikirche datierten Grab gefunden wurde, gehörte fast mit Sicherheit zur ursprünglichen Klosterausstattung.150 Wenn diese notgedrungen hypothetische, doch einen hohen Grad von Wahrscheinlichkeit aufweisende Konzeption zutreffen sollte, dann müsste die Ankunft des ersten Konvents in Tyniec auf die Zeit unmittelbar nach 1071 datiert werden.151 Weiter oben 148 149

150 151

Gieysztor, O kilku biskupach (wie Anm. 105), 315f.; Ders., Początki Tyńca (wie Anm. 105), 319f. Lech Kalinowski, Przedmioty liturgiczne znalezione w grobach pierwszych opatów tynieckich [Die in den Gräbern der ersten Äbte von Tyniec gefundenen liturgischen Gegenstände], in: Folia Historiae Artium 6/7, 1971, 175–207, hier 180. Die Bestimmung des Landes, in dem die anderen in den Gräbern der Tyniecer Äbte gefundenen Gegenstände hergestellt wurden, stößt auf Schwierigkeiten. Aus Lothringen stammte auch die frühmittelalterliche Plakette aus Elfenbein, die sicher einst zum Kloster Tyniec gehörte und heute verschollen ist, Pietrusińska, Katalog (wie Anm. 26), 773. Kalinowski, Przedmioty liturgiczne (wie Anm. 149), 175. Auf das Jahr 1060 datieren will die Tyniecer Stiftung Tadeusz Wasilewski, Dwa utracone dawne roczniki: Rocznik biskupów dworu polskiego i Rocznik tyniecki (starszy) [Zwei verschollene Annalen: Das Jahrbuch der Bischöfe des polnischen Hofes und das (ältere) Jahrbuch von Tyniec], in: Rocz. Hist. 54, 1988 (1989), 1–61, hier 43. Er beruft sich auf eine Information aus dem Breviarium Historiae Tynecenisi. [o. O.] [1827], 25 [Biblioteka im. Ossolińskich, Wrocław, Manuskript 38/II], dem zufolge die Abtei im Jahre 1060 50 Dörfer verlor, worin Wasilewski eine auf ihre einstige Vergabe hindeutende Spur erblickt. Außerdem verweist er auf das Todesdatum des Tyniecer Abtes Anchoras, das von neuzeitlichen Quellen auf das Jahr 1070 datiert wird, und zwar von Pater Szczygielski und einem aus dem 17. Jahrhundert stammenden Eintrag ins Lubińer Nekrologium. Wasilewski zufolge wurden beide Daten aus den verschollenen Tyniecer Annalen übernommen, die in den Jahren 1117–1118 in diesem Kloster entstanden; Wasilewski, ebd., 39f. Diese Konzeption lehnen wir ab, denn die erwähnten Daten können auch das Ergebnis neuzeitlicher Gelehrsamkeit sein, und was die angeblichen Ty-

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Benediktinerkloster Tyniec: Kelch und Patene aus dem Abtsgrab Nr. 8, 11. Jahrhundert

Abtsstab aus dem Abtsgrab Nr. 15, 11. Jahrhundert niecer Annalen betrifft, so überzeugen uns die zugunsten ihrer Existenz vorgebrachten Argumente keineswegs.

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sind wir von der Annahme ausgegangen, dass die Vergabe der Tyniecer Ländereien einen mit der formalen Klostergründung zeitlich zusammenfallenden Akt bildete. Tatsächlich müssen die Ländereien, auf denen die Abtei lag, zu ihrer ursprünglichen Ausstattung gehört haben. Denn es ist kaum anzunehmen, dass der das entstehende Kloster ausstattende Monarch diesem statt in seiner nächsten Nachbarschaft gelegenene Ländereien weit entfernt gelegene Besitztümer geschenkt haben soll. Ginge man von den im 12. Jahrhundert und später herrschenden kirchlichen Verhältnissen aus, so könnte diese Annahme als gesichert gelten. Für das 11. Jahrhundert ist die Situation jedoch keineswegs so eindeutig. Die Forschung geht gewöhnlich davon aus, dass die Bistümer und Abteien in der Zeit der ersten piastischen Monarchie nicht mit Land und Menschen, sondern mit einem Anteil an den Einkünften des Staates ausgestattet worden sind.152 Erst in der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts sei mit dieser Praxis gebrochen oder zumindest begonnen worden, von ihr Abstand zu nehmen. Daher ist es möglich, dass die Abtei Tyniec formal und faktisch viele Jahre vor der Krönung Bolesławs II. gegründet worden ist, vielleicht sogar unter der Herrschaft seines Vaters. Die Tyniecer Ländereien hätten sich dann deshalb nicht in ihrem Besitz befunden, weil die Abtei über flüssige Einkünfte verfügte. Erst in den Jahren 1076 bis 1079 hätte der König das Kloster dann im Rahmen einer Reform der kirchlichen Vermögensverhältnisse mit Ländereien und Menschen ausgestattet, wobei er ihr in erster Linie jene Güter vermacht hätte, auf denen das Kloster lag. Eine solche Deutung erscheint im Licht der Quellen allerdings weniger überzeugend. Diese lassen sich vielmehr mit der These, dass Bolesław der Kühne der Stifter gewesen sei, völlig ausreichend erklären.153 Bemerkenswert ist, dass – vorausgesetzt unsere Hypothese trifft zu – der formale Akt der Gründung des Tyniecer Klosters innerhalb des kurzen Zeitraums zwischen Bolesławs Krönung und seiner Vertreibung stattgefunden haben muss. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass zwischen der Zeremonie der königlichen Salbung und der besprochenen Stiftung ein sachlicher Zusammenhang bestand. Der Ritus, der Bolesław zur Königswürde erhob, war mit bestimmten Verpflichtungen zugunsten des Königs aller Könige verbunden: Vom Zeitpunkt seiner Krönung an musste der polnische Herrscher auf besondere Weise am Bau des Reiches Christi teilnehmen. Diese Aufgabe gliederte sich in eine Reihe von Pflichten, wie den Schutz der Christen gegen die Heiden, die Fürsorge für Arme, Witwen und Waisen sowie die Überwachung der Moral seiner Untertanen. Aber zu den zahlreichen Pflichten, die auf dem von Gott gesalbten Herrscher lasteten, gehörte auch die Gründung kirchlicher Institutionen bzw. – allgemeiner – die Sorge um den göttlichen Kult. Daher drängt sich folgende Vermutung auf: Der sich seiner königlichen Berufung bewusste Bolesław hat den formalen Akt der Gründung des Klosters zeitlich mit den Krönungsfeierlichkeiten korreliert. 152 153

Vgl. Labuda, Początki klasztoru (wie Anm. 106), 54; Łowmiański, Początki Polski, Bd. 6/1 (wie Anm. 106), 288. Łowmiański, Początki Polski, Bd. 6/1 (wie Anm. 106), 295, Anm. 691.

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Möglicherweise ist der Gedanke der Stiftung auch überhaupt erst im Zusammenhang mit seinen königlichen Plänen geboren worden. Der piastische Herrscher mag dabei von dem Willen geleitet worden sein, mit der Stiftung der Abtei Tyniec sich selbst und anderen zu beweisen, dass er würdig war, sich einen von Gott gesalbten Herrscher zu nennen.154

Die Stiftung des Kollegiatstifts zum Heiligen Kreuz Um die Jahreswende 1287/1288 gründete der schlesische Herzog Heinrich IV., der Gerechte, auf der Dominsel in Breslau das Kollegiatstift zum Heiligen Kreuz. Bei den Historiografen dominiert die recht allgemeine Überzeugung, dass diese Stiftung einen politischen Akt darstellte.155 Diese Meinung ist zwar richtig, bedarf jedoch einer erneuten Erörterung. Denn wie es scheint, kann eine tiefergehende Analyse der uns bisher 154

155

Die vom Hof Bolesławs II. propagierte Ideologie der Königsherrschaft muss noch genauer untersucht werden. Entgegen allem Anschein sind die Forschungsperspektiven auf diesem Gebiet recht vielversprechend. Hier sei zumindest auf das Tagesdatum von Bolesławs Krönung (zu Weihnachten!) sowie auf das ikonografische Programm seiner königlichen Münzprägungen verwiesen; Ryszard Kiersnowski, Wstęp do numizmatyki polskiej wieków średnich [Einführung in die polnische Numismatik des Mittelalters]. Warszawa 1964, Tafel I, Nr. 8. Auf dem Avers dieser Münzen prangt das Bildnis des Herrschers mit der Krone auf dem Kopf und dem Schwert in der Hand, auf der Rückseite findet sich die Darstellung eines dreitürmigen Bauwerkes mit Kuppeln. Mit vollem Nachdruck muss unterstrichen werden, dass Kuppeln im Mittelalter ein mächtiges Symbol darstellten, vgl Pietrusińska, Katalog (wie Anm. 26), 792; Kalinowski, Sztuka przedromańska i romańska (wie Anm. 24), 13. Vgl. Marian Kutzner, Gotycka architektura kościoła św. Krzyża we Wrocławiu [Die gotische Architektur der Heiligkreuzkirche in Breslau]. Maschinenschriftliche Dissertation Poznań 1965 [Biblioteka Główna Uniwersytetu im. A. Mickiewicza w Poznaniu, Sign. 304435 III.]; Janusz Kębłowski, Treści ideowe gotyckich nagrobków na Śląsku [Ideologische Inhalte der gotischen Grabmäler in Schlesien]. Poznań 1970, 47; 51f.; Ders., Pomniki Piastów śląskich w dobie średniowiecza [Denkmäler der schlesischen Piasten in der Zeit des Mittelalters]. Wrocław u. a. 1971, 47f.; Szczęsny Skibiński, Pierwotny kościół franciszkanów w Krakowie [Die ursprüngliche Kirche der Franziskaner in Krakau]. Poznań 1977, 73f.; aus Sicht des Historikers Tadeusz Silnicki, Dzieje i ustrój Kościoła na Śląsku do końca XIV w. [Geschichte und Verfassung der Kirche in Schlesien bis zum Ende des 14. Jahrhunderts], in: Ders. (Hrsg.), Historia Śląska od najdawniejszych czasów do roku 1400, Bd. 2, Heft 1. Kraków 1939, 176; Władysław Karasiewicz, Jakub II Świnka, arcybiskup gnieźnieński [Jakob II. Swinka, Erzbischof von Gnesen]. Poznań 1948, 95. Die beste Charakteristik der Herrschaft Heinrichs des Gerechten liefert Benedykt Zientara, Henryk IV Probus [Heinrich IV. der Gerechte], in: Andrzej Galicki (Hrsg.), Poczet królów i książąt polskich. Warszawa 1978, 203–211; vgl. auch die Synthesen zur Geschichte Schlesiens sowie die populärwissenschaftlichen Arbeiten von Zygmunt Boras, Niedoszły król Polski – Henryk Probus (Prawy) [Der verhinderte König von Polen Heinrich Prubus (der Gerechte)], in: Ders., Książęta piastowscy Śląska [Die piastischen Herzöge Schlesiens]. Katowice 2 1978, 131–161; Zbigniew Zielonka, Henryk Prawy [Heinrich der Gerechte]. Katowice 1982.

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bekannten Quellen neue und wichtige Aspekte dieser Angelegenheit aufdecken. Eine sorgfältigere Lektüre verdient die Urkunde vom 11. Januar 1288, in der Heinrich der Gerechte seinen Willen erklärt, in Breslau ein Kollegiatstift zum Heiligen Kreuz zu gründen, die Prinzipien seiner Organisation festlegt und die Ausstattung beschreibt, die er für diese Stiftung bestimmt hat.156 Unser Interesse wecken muss vor allem folgendes Fragment dieses Diploms: Religiosa benignitas, que diuini numinis cultibus ampliandis studio sollicite deuocionis inuiligat, hac nos precipue necessitatis lege constrinxit, ut quos a deo suscepta principandi prerogatiua magnificat, diuinos honores piis extollamus officiis ac caritatiuis operibus imitemur ad laudem et gloriam regis celi. Cupientes igitur deo gratis diuorum principum progenitorum nostrorum inherere uestigiis, ut et nos de talento nobis credito quidpiam in thesauros celestis patris familias apponamus eique katholice subieccionis debita tribuamus indicia, per quem reges regnant et potentes scribunt iusticiam, ad honorem omnipotentis die ac uiuifice Crucis Christi, pro remedio peccatorum nostrorum nostraque ac parentum nostrorum eterna salute, specialiter eciam in subleuamen anime patrui nostri karissmi, domini Wladislai, pie recordacionis quondm Salzburgensis archiepiscopi necnon illustrium principum, domini Ottokari, quondam regis Bohemie ac Boleslaij ducis Cracovie auunculorum nostrorum, quorum memoria sit beata, ecclesiam collegiatam infra muros castri nostri Wratizlauiensis fundare decreuimus, fundatam contruere, ac dotare constructam in modum et formam inferius subnotatam.157 In diesem die Motive der Stiftung aufzählenden Text verdient die hervorgehobene Passage besondere Aufmerksamkeit. Es zeigt sich nämlich, dass Heinrich das Kollegiatstift gründete, um zu beweisen, dass er die Oberherrschaft Gottes über sich anerkannte.158 Die Stiftung einer Kirche erscheint hier als Anerkennungsakt (indicia subiectionis), als Deklaration, dass der Monarch die Autorität des Himmels anerkennt, den er 156

157 158

Die Urkunde nach dem Original publiziert bei Gustav Adolf Stenzel, Die Stiftungsurkunde des Kollegiatstiftes zum Heiligen Kreuz in Breslau vom 11. Januar 1288, in: Schlesische Gesellschaft für vaterländische Kultur (Hrsg.), Denkschrift zur Feier ihres fünfzigjährigen Bestehens. Breslau 1853, 68–82. In der vollständigen polnischen Version der Monographie ‚Princeps fundator‘ verteidigt der Autor die Authenizität der Urkunde gegenüber Winfried Irgang, Das Urkunden- und Kanzleiwesen Herzog Heinrichs IV. von Schlesien ( 1270–1290), in: ZOF 35, 1986, 1–51, hier 49–50, der ihre Echtheit in Zweifel gezogen hat; Michałowski, Princeps fundator (wie Anm. 110), 160f. Stenzel, Stiftungsurkunde (wie Anm. 156), 68f. Gerade dieser Passus ist der Aufmerksamkeit der bisherigen Forscher entgangen. Den betreffenden Abschnitt übersetzen wir folgendermaßen: „(…) um einen gebührenden Beweis unserer katholischen Untertänigkeit (Gehorsam) gegenüber demjenigen zu erbringen, durch den die Könige regieren und die Machthaber entscheiden, wie es Recht ist“. Durch Benutzung der Formulierung per quem reges renant et potentes scribunt iustitiam knüpfte der Schreiber an Spr. 8, 15f. an, wo von der göttlichen Weisheit die Rede ist, die in der Patristik und der mittelalterlichen Theologie mit Christus gleichgesetzt wurde. Vgl. auch die in diesem Fragment ungenaue Übersetzung von Alfons Härtel, Breslaus schönstes gotisches Kleinod. Breslau 1928, 22f.

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als die Quelle seiner Macht ansieht. Aus dem zitierten Fragment folgt unzweideutig, dass die Stiftung der Kollegiatskirche eine spezifische Manifestation darstellte. Eine ähnliche Tendenz durchzieht auch die anderen Abschnitte des zitierten Textes. So erklärte der Herzog, er wolle auf diese Weise das ihm von Gott gegebene Talent zurückerstatten. Die Stiftung sollte also davon Zeugnis ablegen, dass Heinrich wenigstens teilweise seinen Herrscherpflichten gerecht wurde. Darüber hinaus stellte der Monarch fest, er wolle den Spuren seiner ehrwürdigen Vorfahren folgen. Durch die Gründung einer kirchlichen Institution stellte sich Heinrich der Gerechte somit jenen Monarchen gleich, deren Gottgefälligkeit und deren Verdienste um ihr Land hochgeschätzt wurden.159 In dieser Situation kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass sich Heinrich der Heiligkreuzstiftung als Element eines politischen Spiels bedienen wollte. Die Stiftung sollte ihn als einen Herzog präsentieren, der seine monarchischen Pflichten erfüllt, dessen Herrschaft den besten Vorbildern folgt und der Gott als seinen Herrn anerkennt. Die Historiker begegnen dem Quellenwert ausgetretener Wendungen und gängiger Ansichten misstrauisch und hegen den Verdacht, dass sich hinter ihnen außer rhetorischen Künsten nicht viel verberge. Zu solchen loci communes kann eventuell die Anspielung auf das Gleichnis von den Talenten (Mt 25, 14ff.) gezählt werden oder die Erwähnung der Absicht, seinen Vorfahren nachzueifern. Dagegen haben wir es, was die indicia subiectionis betrifft, ganz gewiss nicht mit einem Topos zu tun. Genaue Analogien lassen sich kaum anführen. Entferntere Analogien existieren zwar, aber auch sie sind nicht sehr zahlreich. Wir begegnen ihnen in zwei für die Zisterzienserklöster in Lilienfeld und Goldenkron bestimmten Stiftungsurkunden. Das Kloster in Lilienfeld wurde im Jahre 1202 von dem Babenberger Leopold VI. gestiftet, dem Herzog Österreichs und der Steiermark und Aussteller der erwähnten Urkunde. Das auf dem 7. April 1209 datierte Diplom wurde in Wirklichkeit erst im Jahre 1213 oder später ausgefertigt.160 Und das Kloster in Goldenkron (Zlatá Koruna/Corona Aurea) wurde im Jahre 1263 vom böhmischen König Přemysl Ottokar II. gegründet.161 Das gleiche Datum trägt die vom böhmischen König ausgestellte entsprechende Urkunde. Der uns interessierende Abschnitt lautet in beiden Abschnitten fast identisch. Das der österreichischen Quelle entstammende Fragment lautet: Conditori ac rectori universorum domino deo, cuius potentissima providentia nos, qui potestatibus presidemus, in sublimitate constitutos sublimi sue potentię fecit esse conformes, subici devotissime, votaque quam magnifica vovere tenemur et reddere. Equidem qui potentes non abicit, cum sit et ipse 159 160 161

Beachtenswert ist die hohe Wertschätzung, die vielen Vorfahren Heinrichs auf den Seiten der Chronica Polonorum entgegengebracht wurde. Zu dieser Stiftung Karl Oettinger, Die Entstehung von Lilienfeld, in: Österreichische Cistercienserkongregation vom Heiligsten Herzen Jesu (Hrsg.), Festschrift zum 800–Jahrgedächtnis des Todes Bernhards von Clairvaux. Wien / München 1953, 232–259. Jiří Kuthan, Die mittelalterliche Baukunst der Zisterzienser in Böhmen und in Mähren. München / Berlin 1982, 222f.

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potens, pia quoque potentium vota non despicit. Quapropter ego Liupoldus dux Austriae et Styrie, qui ipsius gratia progenitorum meorum dignitatis, potestatis ac copiarum omnium plentitudinem hereditate possideo, inter alia fidelitatis obsequia, quibus eius munificientię respondere atque inclinare intendo, monasterium Cysterciensis ordinis ad ipisius gloriam, in honorem beatę et gloriosę dei genitricis Marię edificare devovi.162 Der Gedankengang des Schreibers lässt sich folgendermaßen darlegen. Der Verfasser geht von der Feststellung aus, dass Leopold (bzw. Přemysl Ottokar) seine große Macht und hohe Würde dem Himmel verdankte. Aus dieser Tatsache ergibt sich die Pflicht, die Oberhoheit Gottes über sich (subici) anzuerkennen und sich ihm für seine herrlichen Gaben dankbar zu erweisen. Diesen moralischen Postulaten entgegenkommend initiiert der Herrscher neben anderen Diensten, die er dem Herrgott erweist (fidelitatis obsequia), die Stiftung eines Klosters. Und wieder begegnen wir der Ansicht, dass die Gründung einer kirchlichen Institution eine Tat darstellte, in der die Untertänigkeit des Herrschers gegenüber dem Himmel zum Ausdruck kommt. Zwischen den österreichischen und böhmischen Urkunden und dem Diplom Heinrichs des Gerechten besteht jedoch ein gewisser Unterschied. Nur in der polnischen Urkunde wird unmittelbar gesagt, dass der Monarch die Kirche deshalb stiftet, um zu zeigen, dass er Gott gehorsam sein will. Was jene Urkunden nur implicite voraussetzen, deklariert diese klar und unzweideutig. Während das Diktat des Aktes Leopolds VI. in der herzoglichen Kanzlei entstand,163 wurde das böhmische Diplom von einem Schreiber verfasst, der nicht aus der Kanzlei des Ausstellers, sondern aus Heiligenkreuz stammte,164 dem Mutterkloster sowohl von 162

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Urkundenbuch zur Geschichte der Babenberger in Österreich, Bd. 1: Die Siegelurkunden der Babenberger bis 1215. Ed. Heinrich Fichtenau / Erich Zöllner. Wien 1950, Nr. 167. Der betreffende Abschnitt in der Urkunde von Přemysl Ottokar lautet: Conditori ac rectori universorum domino deo, cuius potentissima providencia nos, qui potestatibus presidemus, in sublimitate constitutos sublimi sue potencie fecit esse conformes, subici devotissime votaque magnifica vovere et reddere exigimur, merito et tenemur; equidem, qui potentes non abicit, cum et ipse sit potens, pia quoque vota potencium non contempnit. Quapropter nos, qui ipsius gratia progenitorum nostrorum dignitates, potestates ac copiarum omnium plenitudinem possidemus, inter alia fidelitatis obsequia, quibus eius munificentie intendimus respondere, monasterium Cysterciensis ordinis ad ipsium gloriam in honore beate et gloriose dei genitricis Marie construere decrevimus; Codex diplomaticus et epistolaris Regni Bohemiae, Bd. 5, Heft 1: Inde ab a. 1253 usque ad a. 1266. Ed. Jindřich Šebánek / Sáša Dušková. Pragae 1974, 581, Nr. 391. Vgl. auch die Urkunde des deutschen Königs Konrad III. für das Kloster Viktring vom 16. Juni 1147, in: Die Urkunden Konrads III. und seines Sohnes Heinrichs. [Conradi III et filius eius Henrici Diplomata.] Ed. Friedrich Hausmann, in: MGH Diplomata, Bd. 9. Wien / Köln / Graz 1969, Nr. 193. Urkundenbuch zur Geschichte der Babenberger, Bd. 1. Ed. Fichtenau / Zöllner (wie Anm. 162), 220. Vgl. die Bemerkungen des Herausgebers in: Codex diplomaticus Regni Bohemiae, Bd. 5. Ed. Šebánek / Dušková (wie Anm. 162), 581. Zur politischen Bedeutung des Diktats des Empfängers in den Urkunden Přemysl Ottokars II. Jindrich Šebánek / Sáša Dušková, Das Urkundenwe-

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Lilienfeld als auch von Goldenkron. Letzteres erklärt, warum die Arenga des Přemysliden ein fast wörtliches Zitat aus der österreichischen Urkunde oder vielleicht eher ihrer Kopie oder eines gemeinsamen Musters darstellt. Aber obwohl der böhmische Text nicht in der königlichen Kanzlei entstand, ist nicht zu bezweifeln, dass er die Ansichten treu wiedergab, die dem Přemysliden vorschwebten, als er Goldenkron gründete. Denn es ist kaum vorstellbar, dass der Schreiber selbständig und ohne Konsultation mit dem Stifter die Ziele eines religiös und politisch so wichtigen Aktes wie der Stiftung eines Klosters definiert hätte. Bemerkenswert ist, dass den stereotypen Formulierungen der Arenga konkrete Tatsachen entsprechen, und dies sowohl was die Urkunde des Babenbergers als auch die des Přemysliden betrifft. Sie verleiht der großen Macht des österreichischen Herzogs bzw. des böhmischen Königs Ausdruck. Darin liegt keinerlei Übertreibung. Unter der Herrschaft Leopolds VI. erreichte Österreich eine außerordentlich hohe politische Position. Dasselbe trifft auch auf Böhmen im Jahre 1263 zu, als die analysierte Urkunde ausgestellt wurde. Přemysl Ottokar II. war damals nicht nur der Herrscher von Böhmen, Mähren und Österreich, sondern auch der Steiermark, seit er im Jahre 1260 seinen großen Sieg über die Ungarn errungen hatte. Der Autor der Arenga berichtet auch von anderen fidelitatis obsequia des Monarchen gegenüber Gott, nicht nur von der betreffenden Stiftung. Auch das ist keine Übertreibung. Sowohl Leopold VI. als auch Přemysl Ottokar II. bemühten sich, die Pflichten eines christlichen Herrschers mit vollem Eifer zu erfüllen. In Bezug auf ersteren genügt es zu erwähnen, dass er die Häresien in den ihm unterworfenen Ländern ausrottete und an Kreuzzügen teilnahm. Und was den Přemysliden betrifft, so ist bekannt, mit welch großer Fürsorge er sich um die Orden kümmerte. Im Übrigen konnten beide Herrscher unabhängig vom Kloster in Lilienfeld bzw. in Goldenkron ernstliche Errungenschaften auf dem Gebiet der Stiftungstätigkeit verzeichnen.165 Dieser ‚Sitz im Leben‘ des Diktats

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sen König Ottokars II. von Böhmen. Erster Teil, in: Archiv für Diplomatik 14, 1968, 304–422, hier 421f. Zu Leopold VI. Karl Lechner, Die Babenberger. Markgrafen und Herzöge von Österreich 976– 1246. Wien / Köln / Graz 1976, 192–217; zu seiner Stiftung auch Karl Oettinger, Das Werden Wiens. Wien 1951, 197f.; Alfred Schmeller, Die Ausgrabungen in Klosterneuburg, in: Hermann Fillitz (Hrsg.), Beiträge zur Kunstgeschichte und Archäologie des Frühmittelalters. Akten zum VII. internationalen Kongress für Frühmittelalterforschung, 21.–28. September 1958. Graz / Köln 1962, 291–335; Mario Schwarz, Romanische Architektur in Niederösterreich. St. Pölten / Wien 1976, 37f.; vgl. Jiří Kuthan, Gotická architektura v jižních Cechách. Zakladatelské dílo Premysla Otakara II. [Die gotische Architektur im südlichen Böhmen. Gründungen des Premysliden Ottokars II.] Praha 1975; Antoni Barciak, Ideologia polityczna monarchii Przemysła Ottokara II. Studium z dziejów polityki zagranicznej w drugiej połowie XIII wieku [Die politische Ideologie der Monarchie Přemysl Ottokars II. Eine Studie zur Geschichte der Außenpolitik in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts]. Katowice 1982; Josef Žemlička, Století posledních Přemyslovců. Česky stat a společnost ve 13. Století [Das Jahrhundert der letzten Přemysliden. Der böhmische Staat und die Gesellschaft im 13. Jahrhundert]. Praha 1986, insbesondere 110–152; Ferdinand Seibt, Die böhmische Nachbarschaft in der österreichischen Histo-

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erlaubt uns, mit um so stärkerer Überzeugung zu behaupten, dass die Formulierung, der zufolge die Gründung eines Klosters Ausdruck der Untertänigkeit des Herrschers gegenüber Gott sein sollte, mehr war als nur eine rhetorische Wendung. Heinrich der Gerechte verkehrte in seiner Jugend am Prager Hof, wo Přemysl Ottokar II. eine Zeitlang Vormund des jungen Herzogs war. Daher ist es möglich, dass die Konzeption einer als indicia subiectionis verstandenen Stiftung im Kopf des schlesischen Herrschers unter dem Einfluss böhmischer Kreise entstanden ist. Aber die Urkunde vom Heiligen Kreuz selbst weist, zumindest was die Arenga betrifft, keine Übereinstimmung des Diktats mit dem Diplom für Lilienfeld und Goldenkron auf. Mehr noch, der Gedanke, der Monarch würde mit der Stiftung einer Kirche seine Abhängigkeit von Gott manifestieren, kam im Akt Heinrichs IV. viel klarer und nachdrücklicher zum Ausdruck. Von einer unreflektierten Übernahme des Topos kann also nicht die Rede sein. Somit stellt sich eine weitere Frage: Hat sich Heinrich, der seiner Stiftung einen solchen Sinn verlieh, dabei von den Erfordernissen der aktuellen Politik leiten lassen? Um diese Frage zu beantworten, müssen wir uns vor allem eine Übersicht über die Ereignisse verschaffen, die der Ausstellung der Urkunde vom Heiligen Kreuz vorausgingen und die nach ihr stattfanden. Um die Jahreswende 1287/1288, also kurz vor der Gründung des Kollegiatstifts, konnte endlich der Konflikt besänftigt werden, der das Herzogtum Heinrichs des Gerechten mehrere Jahre lang erschüttert und die Kräfte und Aktivitäten des schlesischen Herrschers völlig in Anspruch genommen hatte. Dabei handelte es sich um seinen Konflikt mit dem Breslauer Bischof Thomas II.166 Dieser Streit betraf ursprünglich die

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riographie des 13. und 14. Jahrhunderts, in: ZOF 14, 1965, 1–26; František Graus, Přemysl Otakar II. – sein Ruhm und sein Nachleben, in: MIÖG79, 1971, 57–110, bes. 62f. Urkunden zur Geschichte des Bisthums Breslau im Mittelalter. Ed. Gustav Adolph Stenzel, Breslau 1845, LIX–LXXXI; Colmar Grünhagen, Geschichte Schlesiens, Bd. 1: Bis zum Eintritt der habsburgischen Herrschaft 1527. Gotha 1884, 102–110; Roman Grodecki, Dzieje polityczne Śląska do r. 1290 [Die politische Geschichte Schlesiens bis 1290], in: Stanisław Kutrzeba (Hrsg.), Historia Śląska od najdawniejszych czasów do roku 1400, Bd. 1, Kraków 1933, 155– 326, hier 297f.; Władysław Semkowicz, Nieznany testament Tomasza II biskupa wrocławskiego (1270–1292) [Das unbekannte Testament des Breslauer Bischofs Thomas II. (1270–1292)], in: Collectanea Theologica 17, 1936, 263–272; Erich Randt, Politische Geschichte Schlesiens bis zum Jahr 1327, in: Hermann Aubin (Hrsg.), Geschichte Schlesiens. Bd. 1: Von der Urzeit bis zum Jahr 1536. Breslau 1938, 63–153, hier 123f.; Silnicki, Dzieje i ustrój (wie Anm. 162), 170f.; Karasiewicz, Jakub II Świnka (wie Anm. 155), 20–47; Tadeusz Silnicki / Kazimierz Gołąb, Arcybiskup Jakub Świnka i jego epoka. Warszawa 1956, 159–200; Jerzy Kłoczowski, Dominikanie polscy na Śląsku w XIII–XIV wieku [Die polnischen Dominikaner in Schlesien im 13. und 14. Jahrhundert]. Lublin 1956, 181f.; Karol Maleczyński, Walka Probusa z hierachią kościelną o suwerenność państwa [Der Kampf Heinrichs des Gerechten mit der kirchlichen Hierarchie um die Souveränität des Staates], in: Ders. (Hrsg.), Historia Śląska. Bd. 1: Do roku 1763. Część 1: Do połowy XIV w. [Geschichte Schlesiens. Bd. 1: Bis zum Jahr 1763. Teil 1: Bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts]. Wrocław 1960, 510–520; Winfried Irgang, Zur Kirchenpolitik der schlesischen Piasten im 13. Jahrhundert, in: ZOF 27, 1978, 221–240, hier 232f.

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ökonomischen und gerichtlichen Rechte der Breslauer Kirche, verwandelte sich aber bald in einen Kampf um die prinzipielle Frage, ob der weltlichen oder geistlichen Obrigkeit im Herzogtum der Primat zustehe. Dieser Streitgegenstand sowie die Persönlichkeit der Protagonisten bewirkten, dass beide Seiten bei der Wahl ihrer Mittel nicht gerade wählerisch waren. Der Bischof griff nicht nur mehrfach nach dem Schwert des Kirchenbanns und des Interdikts, sondern versuchte auch einen Kreuzzug gegen den Herzog zu organisieren. Dieser wiederum ließ die dem Bischof gehörenden Besitztümer konfiszieren, vertrieb den ihm treuen Klerus, tat den Parteigängern des Breslauer Hierarchen Gewalt an und belagerte ihn selbst in Ratibor, wo Thomas bei den Herzögen Mieszko und Przemko Zuflucht gesucht hatte. Dieser Kampf war umso erbitterter und umso dramatischer, als der Konflikt nationalen Charakter annahm. Als Symptom und Ursache dieses Sachverhalts diente die Tatsache, dass den Bischof hauptsächlich der polnische, den Herzog dagegen generell der deutsche Klerus verteidigte. Wenn man die Feindschaft in Betracht zieht, die die heimische Bevölkerung damals gegen die Ankömmlinge aus dem Westen hegte, dann drohte der Nationalitätenkonflikt Heinrich in den Augen der polnischen öffentlichen Meinung zu kompromitieren. Mit besonderer Verbitterung nahm diese die Nachricht von den organisatorischen Veränderungen bei den niederschlesischen Minoriten auf. In den 1270er Jahren spalteten sich die Kustodien Breslau und Goldberg von der polnischen (eigentlich böhmisch-polnischen, formell aber böhmischen) Franziskanerprovinz ab und schlossen sich der sächsischen Provinz an. Letzterer wurden auch die 1284 in Namslau und Sagan entstandenen Konvente angeschlossen.167 Die politische Bedeutung dieser Ereignisse resultierte u. a. daraus, dass die niederschlesischen Minoriten, zumindest in einigen Häusern, in überwiegendem Maße Deutsche waren und gleichzeitig eifrige Bundesgenossen Heinrichs des Gerechten. Zu diesen Vorgängen musste der Gnesener Episkopat Stellung nehmen. Und trotz der recht versöhnlichen Haltung des Erzbischofs Jakub Świnka bestätigten sowohl er als auch andere Mitglieder des polnischen Episkopats den Kirchenbann und das Interdikt, mit dem Heinrich und sein Herzogtum belegt worden waren, und legten beim Heiligen Stuhl Protest gegen die Eingliederung Niederschlesiens in die sächsische Franziskanerprovinz ein, die sie als ein den Polen von den Deutschen zugefügtes Unrecht empfanden. Die ‚Chronik der polnischen Herzöge‘ verbindet die Heiligkreuzstiftung ursächlich mit der Beendigung dieses Konflikts. Der reumütige Heinrich habe – so ihr Autor – beschlossen, eine Kollegiatskirche zu stiften, sozusagen als Genugtuung für die der Kirche zugefügten Schäden, und dadurch die Vergebung seiner Sünden erreichen 167

Hubert Wajs, Zmiana przynależności prowincjonalnej kustodii wrocławskiej i złotoryjskiej franciszkanów w drugiej połowie XIII wieku [Der Wechsel der Provinzzugehörigkeit der Breslauer und Goldberger Kustodie in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts], in: Prz. Hist. 74, 1983, 255–269; Lucius Teichmann, Die ‚polnische‘ Franziskanerprovinz in Schlesien im 13. Jahrhundert, in: Arch. schl. Kirchengesch. 42, 1984, 145–158.

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wollen, die er begangen hatte, als er Bischof Thomas und den Klerus der Diözese Breslau verfolgte.168 Dieses Zeugnis eines hundert Jahre nach den Ereignissen schreibenden Chronisten ist zwar nicht maßgeblich. Das heißt jedoch nicht, dass die Ansicht, zwischen der Beendigung des Streites und der Gründung des Kollegiatstifts habe ein ursächlicher Zusammenhang bestanden, ohne nähere Betrachtung verworfen werden kann. Zuerst muss bemerkt werden, dass der Herzog im Sinne der Stiftungsurkunde Thomas II. und dessen Nachfolgern auf dem Breslauer Bischofssitz das Recht auf die Besetzung der Prälaturen und Kanonien der Heiligkreuzkirche übertrug.169 Wie es scheint, waren zum Zeitpunkt der Ausstellung des Diploms alle diese Pfründen schon besetzt,170 so dass es sich hier um Vorrechte handelte, die der Bischof erst in Zukunft würde nutzen können. In der Urkunde wird dies übrigens explicite festgestellt.171 Dies ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass der Verzicht des Herrschers auf einen Teil seiner Rechte nicht nur eine Geste der Versöhnung in Bezug auf seinen bisherigen Feind darstellte, sondern in weiterer Perspektive auch seine politische Position stärkte. Daher ist kaum zu bezweifeln, dass die Gründung des Kollegiatstifts Heinrich Gelegenheit bot, den ihn vom Breslauer Bischof trennenden Abgrund zu verringern. Der Gründung der Kirche zum Heiligen Kreuz stimmten Bischof Thomas und das Breslauer Domkapitel zu.172 Diesen Konsens bestätigten sie, indem sie die Urkunde vom 11. Januar 1288 beglaubigten und ihr ihre Siegel anhängten.173 Die gemeinsame Gründung oder Dotierung kirchlicher Institutionen war im Mittelalter eine Unternehmung, die die Teilnehmer an der betreffenden Stiftungsaktion zu einer geschlossenen gesellschaftlichen Gruppe integrierte.174 Heinrich der Gerechte war der eigentliche Stifter der Kollegiatskirche, aber durch ihren Konsens und ihre moralische und religiöse Unterstützung partizipierten auch der Bischof und sein Kapitel an dieser Unternehmung. Einen gewissen, wenn auch geringeren Anteil hatten ebenfalls die anderen Testatoren des Diploms, d. h. Erzbischof Jakub Świnka und einige weitere eingeschworene Parteigänger Heinrichs. Vielleicht war der Herzog bemüht, durch die Stiftung 168 169 170 171 172 173 174

Kronika ksiąźąt polskich. [Chronik der polnischen Herzöge.] Ed. Zygmunt Węclewski, in: MPH, Bd. 3. Ed. August Bielowski. Lwów 1878, 428–578, hier 499; Ioannis Dlugosii Annales, Liber 7–8. Ed. Budkowska (wie Anm. 10), 252 (zum Jahr 1288). Stenzel, Stiftungsurkunde (wie Anm. 156), 79. Auf jeden Fall befinden sich unter den Zeugen der Stiftungsurkunde namentlich vier Prälaten des Kollegiatstifts zum Heiligen Kreuz; Stenzel, Stiftungsurkunde (wie Anm. 156), 82. Ebd., 79. Ebd., 81. Ebd., 81f. Vgl. Gerd Althoff, Adels- und Königsfamilien im Spiegel ihrer Memorialüberlieferung. Studien zum Totengedenken der Billunger und Ottonen. München 1984. In der einschlägigen polnischen Literatur verwies auf dieses Phänomen Janusz Bieniak, Polska elita polityczna XII wieku. Część II: Wróźda i zgoda [Die polnische politische Elite des 12. Jahrhunderts. Teil II: Fehde und Eintracht], in: Społeczeństwo Polski średniowiecznej 3, 1985, 13–74.

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dieser Kirche unter Einbeziehung seiner bisherigen Feinde – zu denen nicht nur Thomas, sondern auch die entschiedene Mehrheit der Prälaten und Domkanoniker sowie Erzbischof Jakub gehörten – die bisherigen Spaltungen zu überbrücken. Aber die angeführten Fakten erschöpfen den politischen Sinn der Stiftung noch nicht. Der Konflikt mit Thomas musste bei vielen das Vertrauen in Heinrich als christlichen Herrscher untergraben haben. So mancher musste sich wohl fragen, ob es sich hier nicht etwa um einen Tyrannen handelte, der bei der Ausübung seiner Herrschaft nicht nur das Gottesrecht brach, sondern darüber hinaus die Herrschaft Gottes über sich und sein Land bewusst ablehnte. Eine gewisse, wenn auch sehr unvollkommene Vorstellung darüber, was man in jenen Jahren von Heinrich hielt und wie man über ihn redete, bieten die Acta Thomae, eine Sammlung der Korrespondenz des Bischofs Thomas, die sich auf seinen Konflikt mit Heinrich bezieht. Nicht kommentieren werden wir solche Epitheta wie destructor [ecclesiae Wratislaviensis],175 mit denen der Bischof gegenüber dem schlesischen Herzog in seinen Briefen und Erklärungen nicht sparte. Wir wollen lediglich ein Schreiben näher betrachten, das er am 10. August 1287 an die Gläubigen der Diözese Breslau richtete, d. h. zu einem Zeitpunkt, als der Konflikt seinen Höhepunkt erreicht hatte.176 In diesem Schreiben zählte der Hierarch alle Vergehen Heinrichs auf, für die ihn die Strafe der Exkommunizierung traf, während sein Land mit dem Interdikt belegt wurde. Eines dieser zahlreichen Vergehen bestand in der Beschlagnahme des Zehnten bzw. in der Erschwerung seiner Eintreibung. Thomas betonte in diesem Zusammenhang, dass Gott als Zeichen seiner Herrschaft über die Welt (in signum universalis dominii) den Zehnten für sich reserviert habe.177 Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass der Breslauer Hierarch auf diese Weise suggerieren wollte, der Herzog habe, indem er Gott diesen Ihm gebührenden Zehnten verweigerte, damit auch Gottes Herrschaft abgelehnt. Zwar sagt er dies nicht direkt, aber die Anspielung war klar und deutlich. Es kann nicht festgestellt werden, ob und inwieweit derartige Unterstellungen bei denjenigen auf Verständnis stießen, die weniger im Konflikt engagiert waren als der Bischof selbst. Aber es ist zu vermuten, dass sie jedenfalls nicht ganz wirkungslos geblieben sind. In dieser Situation konnte die Stiftung einer prächtigen kirchlichen Institution dazu dienen, den schlechten Eindruck zu verwischen, den Heinrichs Kampf gegen den Bischof und den Klerus der Diözese Breslau hinterlassen hatte. Und dies war dann wohl auch tatsächlich der Fall. Wie wir uns erinnern, betont der Schreiber in der Arenga der Urkunde vom 11. Januar 1288 ausdrücklich, der Herzog habe das Kollegiatstift zu dem Zweck ins Leben gerufen, um zu beweisen, dass er Gott als seinen Herrn anerkennt. Wie es scheint, sollte gerade dieser Passus eine Antwort auf die die Menschen bewegenden Zweifel darstellen und vielleicht auch eine Polemik mit den Unterstellungen des 175 176 177

Urkunden zur Geschichte des Bisthums Breslau. Ed. Stenzel (wie Anm. 166), Nr. 215. Ebd., Nr. 249. Ebd., Nr. 249.

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Breslauer Hierarchen. Somit wäre die Entstehung der Heiligkreuzkirche auch unter diesem Gesichtspunkt eine Folge des Streits zwischen Heinrich und Thomas, genauer gesagt: der politischen Situation, die nach der Besänftigung dieses Konflikts entstanden war.178 In seinen Überlegungen über die Zweckmäßigkeit und den Sinn der geplanten Stiftung mochte der Herzog neben der aktuellen politischen Konjunktur aber auch noch Absichten in Betracht gezogen haben, die er erst in Zukunft realisieren wollte. Nach dem Tode Leszeks des Schwarzen am 30. Oktober 1288, d. h. kaum zehn Monate nach der Ausstellung der Stiftungsurkunde, besetzte Heinrich Krakau und herrschte dort bis zu seinem Tode, wobei er auch Ansprüche auf die Herrschaft in Sandomir erhob. Es fragt sich, ob die Stiftung der Kollegiatskirche zum Heiligen Kreuz nicht ursächlich mit dem Versuch der Besetzung Kleinpolens sowie mit noch weitergehenden politischen Plänen verbunden war. Um diese Frage zu beantworten, müssen wir zunächst aufzeigen, dass der Herrscher bereits im Januar des Jahres 1288 mit einer solchen Aktion rechnete. Die polnischen Historiker gehen allgemein davon aus, dass Leszek der Schwarze Heinrich den Gerechten als seinen Nachfolger im Krakauer und Sandomirer Teilfürstentum vorgesehen habe.179 Leider findet diese Hypothese, auch wenn eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sie spricht, keine direkte Bestätigung in den Quellen. In der auf den 28. Januar 1288 datierten Urkunde betitelt sich Heinrich nicht nur als schlesischer Herzog und Herr von Breslau, sondern auch als Herzog von Krakau und Sandomir.180 Diese Titulatur könnte beweisen, dass er bereits Anfang des Jahres 1288 Ansprüche auf die Herrschaft in Kleinpolen erhob. Das Problem ist nur, dass diese Titulatur in den anderen Urkunden Heinrichs aus dem Jahre 1288 nicht mehr vorkommt. Somit entsteht der Verdacht, dass in der Kopie des erwähnten Diploms – das uns eben nur in Form einer Kopie bekannt ist – ein Datumsfehler auftrat und dass dieses Diplom in Wirklichkeit nach dem Tode Leszeks des Schwarzen entstanden ist.181 Ein 178 179

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In der Literatur zu diesem Thema ist man sich im allgemeinen darüber einig, dass die Stiftung des Kollegiatstifts ursächlich mit der Beendigung dieses Konflikts zusammenhing. Zweifel daran äußerte allerdings Kutzner, Gotycka architektura (wie Anm. 155), 26f. Anders jedoch Karasiewicz, Jakub II Świnka (wie Anm. 155), 93f. sowie ihm folgend Jan Baszkiewicz, Powstanie zjednoczonego państwa polskiego na przełomie XIII i XIV wieku [Die Entstehung eines geeinten polnischen Staates an der Wende vom 13. zum 14. Jahrhundert]. Warszawa 1954, 386f. Nach Gerard Labuda, Dyplomacja polska wczesnego feudalizmu X w. – 1306 r. [Die polnische Diplomatie des frühen Feudalismus 10. Jahrhundert bis zum Jahr 1306], in: Ders. / Marian Biskup (Hrsg.), Historia dyplomacji polskiej, Bd. 1: Połowa X w. – 1572. Warszawa 1980, 33–217, hier 198 sei Heinrich der Gerechte bereits von Bolesław dem Schamhaften zum Herrscher des Krakauer Teilfürstentums designiert worden; doch es fehlt an einer Quelleninformation, die diese Annahme stützen würde. Regesten zur Schlesischen Geschichte, Theil 3: Bis zum Jahre 1300, nebst Register. Ed. Colmar Grünhagen, in: Codex Diplomaticus Silesiae, Bd. 7. Breslau 1886, Nr. 2057. So Henryk Łowmiański, Początki Polski. Bd. 6: Polityczne i społeczne procesy kształtowania się narodu do początku wieku XIV. Część 2 [Die Anfänge Polens. Politische und gesellschaftliche

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helleres Licht auf die uns interessierende Frage kann die Stiftungsurkunde für die Heiligkreuzkirche werfen. Wie wir aus ihrem Text erfahren, gründete Heinrich der Gerechte das Kollegiatstift in Sorge um das ewige Leben seiner Verwandten, insbesondere des Salzburger Erzbischofs Władysław, des Königs von Böhmen Přemysl Ottokar II. und des Herzogs von Krakau und Sandomir Bolesław des Schamhaften. Fromme Stiftungen für das Seelenheil von Familienmitgliedern stellten im Mittelalter eine weitverbreitete Praxis dar. Aber in unserem Fall ist es verwunderlich, dass nicht seine Eltern oder seine Gattin – die nicht nur nicht namentlich genannt werden, sondern darüber hinaus unter dem allgemeinen Begriff parentes zusammengefasst sind182 – an der Spitze derer stehen, um deren Seelenheil Heinrich besorgt war, sondern Personen, die doch nur weiter entfernt mit ihm verwandt waren.183 Dass in diesem Zusammenhang Władysław und Přemysl Ottokar besonders erwähnt werden, ist durchaus verständlich, wenn man den Umstand in Betracht zieht, das sich sowohl der eine als auch der andere um den jungen Herzog gekümmert hatten, als dieser seinen Vater verlor.184 Aber die Stiftung für das Seelenheil Bolesławs des Schamhaften lässt sich nicht so leicht erklären. Dieser war mit Heinrich nur entfernt verwandt, und auch die Beziehungen, die beide Herzöge zu Lebzeiten miteinander verbanden, waren nicht besonders herzlich. Gewiss, Bolesław der Schamhafte konnte einen gewissen Anteil an der Befreiung Heinrichs aus der Hand Bolesław des Kahlen gehabt haben,185 aber selbst dieses Verdienst genügt nicht zur Erklärung, warum Heinrich gerade Bolesław dem Schamhaften den Vorrang vor seinen Eltern und

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Prozesse der Nationswerdung bis zum Anfang des 14. Jahrhunderts. Teil 2]. Warszawa 1985, 843, Anm. 2044, der dabei Grünhagen, Regesten zur Schlesischen Geschichte (wie Anm. 180), Nr. 2057 folgt. In unserem Fall muss dieses Wort mit ‚Verwandte‘ übersetzt werden; vgl. parens, in: Jan Frederik Niermeyer / Co van de Kieft (Hrsg.), Mediae Latinitatis Lexicon minus, Heft 8. Leiden 1960, 763. Ginge man davon aus, dass es hier ‚Eltern‘ bedeuten würde, dann könnte man meinen, Heinrich habe sich überhaupt nicht um das Seelenheil seiner Gattin gekümmert. Eine solche – in sich selbst unwahrscheinliche – Vermutung ist leicht zu widerlegen, indem gezeigt wird, dass am Ende der Urkunde von Anniversarien die Rede ist, die u. a. auch ihr gewidmet sind; Stenzel, Stiftungsurkunde (wie Anm. 156), 80. Bemerkenswert ist auch das Wort specialiter, das sich auf Władysław, Přemysl Ottokar und Bolesław bezieht und gerade sie an die Spitze der Personen stellt, deren Seelenheil die Stiftung dienen sollte. Zu Heinrichs Jugend Winfried Irgang, Die Jugendjahre Herzog Heinrichs IV. von Schlesien (†1290), in: ZOF 35, 1986, 321–345. Allerdings muss ausdrücklich festgestellt werden, dass sich die Rolle, die Bolesław der Schamhafte in der ganzen Angelegenheit spielte, nicht klar abzeichnet. Jedenfalls zeugen die uns bekannten Fakten nicht von einem besonders aktiven Engagement des Krakauer Herzogs auf Seiten von Heinrich dem Gerechten; vgl. Grodecki, Dzieje polityczne Śląska (wie Anm. 166), 268f.; Maleczyński, Walka Probusa (wie Anm. 166), 506f.

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seiner Gattin einräumte.186 In dieser Situation entsteht der Verdacht, dass der Herrscher von Breslau sich für den Nachfolger Bolesławs auf dem Thron von Krakau und Sandomir hielt187 und sich aus diesem Grunde verpflichtet fühlte, auch für das Seelenheil seines Vorgängers Sorge zu tragen; oder er wollte mit dieser ihm gewidmeten Stiftung seine eigenen Rechte auf Kleinpolen manifestieren. Da sich keine andere Erklärung der uns interessierenden Tatsache aufdrängt, muss angenommen werden, dass Heinrich bereits im Augenblick der Ausstellung der Urkunde vom 11. Januar 1288 ernsthaft an die Besetzung von Krakau und Sandomir dachte. Mit dem besprochenen Problem eng verbunden ist die Frage der Krönungspläne des Breslauer Monarchen.188 Die Existenz solcher Pläne bestätigt klar und unzweideutig Ottokar von Steyr, ein Zeitgenosse Heinrichs des Gerechten, dessen Werk allerdings erst zwanzig bis dreißig Jahre nach dessen Tod entstanden ist.189 Diesem Chronisten unterliefen allerdings grobe Fehler, so dass zu fragen ist, ob nicht auch die uns hier interessierenden Informationen unzutreffend sind. Die Chronik Ottokars von Steyr stellt allerdings nicht das einzige relevante Zeugnis dar. Zu den Quellen, die ebenfalls zu berücksichtigen sind, gehört auch ein Vertrag zwischen Heinrich dem Gerechten und dem Oppelner Herzog Władysław. In seiner überlieferten Form entstand dieser undatierte Text in den Jahren 1280 bis 1281.190 In ihm brachte Władysław sein Einverständnis zum Ausdruck, dass sein Schwiegersohn Heinrich, Herzog von Schlesien und Herr von Breslau, in Polen Königtum und Krone erhalten sollte und dass er ihm dabei mit Rat und Tat helfen wollte. Eine Bedingung stellte er allerdings: Sollte Heinrich die Krone gewinnen, sollte er auch seine Gattin krönen, d. h. Władysławs Tochter. Dies beweist, dass Heinrich schon sieben bis acht Jahre vor der Stiftung der Heiligkreuzkir-

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Vgl. Andrzej Grzybkowski, Die Kreuzkirche in Breslau – Stiftung und Funktion, in: Zeitschrift für Kunstgeschichte 51, 1988, 461–478. An dieser Stelle sei Prof. Dr. habil. Andrzej Grzybkowski gedankt, der mir Einblick in diese wichtige Arbeit noch vor ihrer Publikation gewährt hat. So schon Grünhagen, Geschichte Schlesiens (wie Anm. 166), 111 und ihm folgend fast die gesamte Literatur zum Thema. In der polnischen Literatur wird allgemein angenommen, dass Heinrich beabsichtigt habe, sich zum König von Polen zu krönen. Skeptisch sieht dies hingegen die deutsche Historiographie; so heißt es bei Heinrich Appelt / Walter Kuhn, Heinrich IV. [Herzog von Schlesien-Breslau], in: Neue deutsche Biographie, Bd. 8: Hartmann – Heske. Berlin 1969, 394–396, hier 394: „Ob er [d. h. Heinrich IV.] nach der polnischen Königswürde strebte, ist ungewiss.“ Ottokars Österreichische Reimchronik. Ed. Joseph Seemüller, in: MGH Deutsche Chroniken, Bd. 5, Teil 1. Hannover 1890, 285ff. Zur älteren Literatur Oswald Marian Balzer, Królestwo polskie 1295–1370 [Das polnische Königreich 1295–1370], Bd. 1. Lwów 1919, 207f.; zur neuesten Literatur: Łowmiański, Początki Polski, Bd. 6/2 (wie Anm. 181), 849ff. Diese Quelle veröffentlichte Konrad Wutke, Über schlesische Formelbücher des Mittelalters. Breslau 1919, 65, Nr. 16; siehe die Bemerkungen des Herausgebers, ebd. 65f. Den Text analysierte unlängst Łowmiański, Początki Polski, Bd. 6/2 (wie Anm. 181), 841f.

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che an das königliche Diadem dachte, wobei er nicht in Schlesien, sondern in Polen König werden wollte. Verwiesen sei auch auf Heinrichs Grabplatte, die höchstwahrscheinlich im ersten Jahrzehnt des 14. Jahrhunderts aufgestellt wurde und sich bis 1945 zusammen mit der Tumba in der Breslauer Heiligkreuzkirche befand.191 Auf einem der beiden am Kopfende des Herrschergrabes situierten Wappenschilder prangt der Adler mit Krone. Wie wir aus den polnischen ikonografischen Quellen des 12. und 13. Jahrhunderts wissen, musste die Krone nicht unbedingt die königlichen Ambitionen eines Herzogs widerspiegeln, der dieses Symbol auf seinem Siegel oder seinen Münzen anbringen ließ.192 Das Grabdenkmal entstand jedoch gleich nach der Krönung Przemysłs II. im Jahre 1295 und Wenzels II. im Jahre 1300, so dass kaum zu bezweifeln ist, dass der Stifter der Grabplatte dieses Diadem mit der Königskrone assoziierte. Wenn der Auftraggeber also den Willen geäußert hat, die Tumba mit einem solchen Wappen zu versehen, dann doch wohl sicher um zu unterstreichen, dass Heinrich sich um das Königsdiadem bemüht hatte. Da das Grabmal sicher zehn bis zwanzig Jahre nach dem Tode Heinrichs IV. entstand,193 konnte dessen Stifter daher gut über Heinrichs politische Pläne unterrichtet gewesen sein. Da es kaum vorstellbar ist, dass das Grabmal mit dem Symbol einer Ideologie versehen worden wäre, welche den Bestrebungen Heinrichs des Gerechten völlig fremd war, drängt sich die Vermutung auf, dass dieses Diadem tatsächlich den Gegenstand der Ansprüche und Ambitionen des schlesischen Herzogs bildete.194

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Zum Grabmal Janusz Kębłowski, Nagrobki gotyckie na Śląsku [Gotische Grabmäler in Schlesien]. Poznań 1969, 11ff.; 45ff.; Ders., Treści ideowe (wie Anm. 155), 42f.; Ders., Pomniki Piastów (wie Anm. 155), 44f. Vgl Łowmiański, Początki Polski, Bd. 6/2 (wie Anm. 181), 806ff.; Bogumiła Haczewska, Insygnia koronacyjne na monetach polskich w okresie rozbicia dzielnicowego [Die Krönungsinsignien auf polnischen Münzen in der Zeit der teilfürstlichen Zersplitterung], in: Stefan Krzysztof Kuczyński / Stanisław Suchodolski (Hrsg.), Nummus et historia. Pieniądz Europy średniowiecznej.Warszawa 1985, 119–129; Zenon Piech, Uwagi o genezie i symbolice herbu książąt kujawskich [Bemerkungen zur Genese und Symbolik des Wappens der kujawischen Herzöge], in: Stud. Hist. 30, 1987, 175–189, hier 182. Kębłowski, Nagrobki gotyckie (wie Anm. 191), 46f. datiert dieses Denkmal auf die Zeit um 1300. Unabhängig von Unterschieden in den Details ist eine solche Interpretation in der polnischen Literatur bekannt; vgl. z. B. Balzer, Królestwo polskie (wie Anm. 189), 199f. Bewusst übergehen wir hier die Frage der symbolischen Bedeutung des Adlers selbst. Aber wenn der gekrönte Adler von der Breslauer Tumba tatsächlich dem Wappen des Königreiches Polen nachgebildet war, wie in letzter Zeit angenommen wird, dann muss umso mehr der Ansicht zugestimmt werden, dass Heinrich der Gerechte vom Stifter dieses Grabmals Bestrebungen zur Erneuerung des Königreiches und der Krone zugeschrieben wurden.

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Grabplatte Heinrichs IV. des Gerechten aus der Heiligkreuzkirche Breslau (Ausschnitt), Anfang 14. Jahrhundert (heute im Nationalmuseum Breslau)

Werfen wir zum Schluss noch einen Blick auf die zur Zeit Heinrichs IV. verfasste Chronica Polonorum. Ihr vielleicht dem Herzog nahestehender Autor war geradezu fasziniert von der Geschichte der polnischen Krone und betonte die Bedeutung, die die schlesische Gesellschaft und vielleicht auch Heinrich der Gerechte selbst einer Ideologie beimaßen, deren Symbol das Königsdiadem bildete. Natürlich muss eingeräumt werden, dass keines der drei angeführten Quellenzeugnisse völlig sicher und eindeutig ist. Das ikonografische Programm des Grabmals wurde trotz allem nicht von Heinrich selbst erarbeitet, und der Verfasser der Chronica Polonorum konnte eine Ideologie vertreten, die dem Herrscher tatsächlich völlig fremd war; und was schließlich den Vertrag zwischen Heinrich und Władysław betrifft, so muss bemerkt werden, dass er nicht im Original erhalten ist, sondern nur als die sogenannte Summa Nicolai, d. h. als Bestandteil einer unter der Herrschaft Heinrichs IV. oder kurz darauf in Breslau zusammengestellten Formelsammlung. Deshalb könnten seine Formulierungen auch eine vom Autor des Formelbuchs geschaffene Fiktion sein. Trotz all dieser Vorbehalte muss geichwohl festgestellt werden, dass wir es mit einer gewissen Verdichtung an Belegen zu tun haben, die Zweifel am Bericht des Ottokar von Steyr als übertriebenen Kritizismus erscheinen lässt. Daher darf angenommen

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werden, dass Heinrich der Gerechte tatsächlich an seine Königskrönung glaubte und dass dieser Plan – falls der Text des Vertrages mit Władysław von Oppeln authentisch ist – gut und gern einige Jahre vor der Stiftung der Kollegiatskirche zum Heiligen Kreuz geboren wurde. Wenn es zutrifft, dass der das Kollegiatstift gründende Breslauer Herzog Kräfte zur Eroberung Kleinpolens sammelte, dann erscheint es auch sehr wahrscheinlich, dass er diese Stiftung mit dem Gedanken an eben diese politischen Pläne unternommen hat. Dabei dürfte es ihm nicht allein um den notwendigen Ausgleich in seinen Beziehungen zur Kirche gegangen sein. Die Stiftung der Kollegiatskirche zum Heiligen Kreuz sollte auch beweisen, dass Heinricht die Herrschaft Gottes über sich anerkennt und dass er Ihm treu ist. Und weil die Treue zu Gott die grundlegende moralische Qualifikation eines gerechten Herrschers darstellte, darf vermutet werden, dass die Stiftung dem Breslauer Herzog ein moralisches Zeugnis ausstellen sollte, das ihm den Weg zum Krakauer Thron und vielleicht auch zur Königswürde öffnen sollte. Ein solches Zeugnis erschien umso notwendiger, als Heinrichs Reputation durch den Konflikt mit Bischof Thomas II. sehr angegriffen war.195 Adressiert war die Botschaft der Stiftung an die Mitakteure seiner politischen Aktionen, mit Sicherheit aber auch an Gott. Die damalige polnische Gesellschaft, zumindest aber ihre Elite, war davon überzeugt, dass den sakralen Kräften die militärischen und politischen Unternehmungen keineswegs gleichgültig waren. Im Gegenteil, man war der Meinung, dass sie in den Verlauf der Ereignisse eingreifen und demjenigen Fürsten die Palme des Sieges zuerkennen würden, der um Gerechtigkeit kämpft und sich durch Frömmigkeit auszeichnet. Zeugnisse für diese Haltung liefern die zahlreicheren Quellen der zweiten Hälfte des 14. und der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts.196 Doch auch Aufzeichnungen der Annalen des Posener Kapitels, die sich auf das dritte Viertel des 13. Jahrhunderts beziehen, unterstreichen, dass das Heer der Großpolen die Hilfe des Himmels erhielt, die für den Ausgang der Schlacht von entscheidender Bedeutung war.197 Und in Bezug auf Herzog Bolesław schreibt der Annalist, dass Gott ihm jedesmal in seinen Kriegen geholfen habe, so oft er für die Gerechtigkeit kämpfte.198 Wie auf 195

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Die polnische Literatur sieht gern einen Zusammenhang zwischen der Gründung des Kollegiatstifts zum Heiligen Kreuz und Heinrichs politischen Plänen, legt jedoch den Nachdruck entweder auf etwas andere Aspekte oder führt die Sache nicht zu Ende, vgl. Skibiński, Pierwotny kościół (wie Anm. 155), 77ff. Ein scharfes votum separatum kam allerdings von Grzybkowski, Kreuzkirche (wie Anm. 186), 472f. und passim, der jedoch den Gedanken zuließ, dass die Gründung des Kollegiatstifts irgendwie mit Heinrichs Friedensschluss mit Thomas II. im Zusammenhang gestanden haben könnte. Die Frage würde eine gesonderte Studie erfordern. Ansätze dazu bei Brygida Kürbis, Sacrum i profanum. Dwie wizje władzy w polskim średniowieczu [Sacrum und Profanum. Zwei Herrschervisionen im polnischen Mittelalter], in: StŹrodł 22, 1977, 19–40, hier 33f. Roczniki kapituły poznańskiej [Annalen des Posener Kapitels], in: Annales Poloniae Maioris / Roczniki Wielkopolskie. Ed. Brygida Kürbis, in: MPH NS, Bd. 6. Warszawa 1962, 21–78, hier 37 (zum Jahr 1256), 45 (zum Jahr 1259), 50 (zum Jahr 1272). Ebd., 50 (zum Jahr 1272); 48 (zum Jahr 1269), 44 (zum Jahr 1258).

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einer Tafel, die bis 1945 in der Breslauer Heiligkreuzkirche hing, zu lesen war, sei der Herrgott im Jahre 1288 Heinrich dem Gerechten, als er mit Ruthenen und Krakauern kämpfte, zu Hilfe gekommen sei. Die Tafel stammt sicher aus der Mitte des 14. Jahrhunderts, doch mag ihr Inhalt vielleicht auf älteren Aufzeichnungen basieren.199 Schließlich bieten auch einzelne Siegel aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts Belege dafür, dass sich der Herzog auf den Schutz manus Dei berief.200 Die Darstellung symbolisiert die auf den Herrscher herabströmende göttliche Gnade, und da die Landesverteidigung zu den grundlegenden Pflichten eines jeden Herrschers gehörte, sollte sich diese Gnade gewiss auch in seinen militärischen Siegen äußern, selbstverständlich nur wenn die bewaffnete Aktion für eine gerechte Sache begonnen wurde. Es versteht sich von selbst, dass Heinrich IV. in dieser Atmosphäre bemüht war, für seine Pläne den Segen Gottes zu erwirken, und dass er sich für die Stiftung einer Kollegiatskirche entschied, um den Herrgott von seiner Treue zu Ihm zu überzeugen. Das war eine umso dringlichere Notwendigkeit, als der Konflikt mit der Kirche diese Treue in Frage gestellt hatte. Auf eine Verbindung der Stiftung mit den politischen Plänen Heinrichs verweisen, wie es scheint, zwei zusätzliche Umstände, nämlich die in der Chronica Polonorum zum Ausdruck kommende Ideologie sowie das Patrozinium der Breslauer Kollegiatskirche. Nach der hier formulierten Konzeption korrelierte die Stiftung einer Kirche mit einer erfolgreichen Herrschaft, die manchmal mit dem Königsdiadem gekrönt wurde. Die Chronik entstand in den letzten Jahren der Herrschaft Heinrichs IV. in Schlesien, vielleicht sogar in ihm nahestehenden Gesellschaftskreisen. Daher ist es möglich, dass ihre Konzeption auch dem Breslauer Herzog nicht fremd war. Sollte dies tatsächlich der Fall gewesen sein, dann muss er davon überzeugt gewesen sein, dass er seine ehrgeizigen Pläne ohne eine prächtige Stiftung nicht würde verwirklichen können. Die Urkunde vom 11. Januar 1288 informiert, dass die von Heinrich gestiftete Kirche dem Heiligen Kreuz gewidmet sein sollte.201 Spätere Quellen fügen diesem Patrozinium

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Kazimierz Stronczyński, Pomniki książęce Piastów, lenników dawnej Polski w pieczęciach, budowlach, grobowcach i innych starożytnościach, zebrane i objaśnione [Die herzoglichen Denkmäler der Piasten, Vasallen des alten Polen auf Siegeln, Gebäuden, Grabmälern und anderen Altertümern, gesammelt und erläutert]. Piotrków 1888, 207. Was die Entstehungszeit der Tafel und der Aufschrift betrifft, so wurden in der Literatur einander widersprechende Meinungen geäußert, vgl. z. B. Hans Lutsch, Die Kunstdenkmäler der Stadt Breslau. Breslau 1886, 26f.; Ludwig Burgemeister (Hrsg.), Die Kunstdenkmäler der Stadt Breslau. Teil 1: Die kirchlichen Denkmäler der Dominsel und der Sandinsel. Breslau 1930, 175. Franciszek Piekosiński, Pieczęcie polskie wieków średnich. Część 1: Doba piastowska [Polnische Siegel des Mittelalters. Teil 1: Die piastische Zeit]. Kraków 1899, z. B. 99f., Nr. 134 (Siegel Bolesławs des Frommen); 134, Nr. 201a (Siegel Přemysls II.); vgl. Stefan Krzysztof Kuczyński, Pieczęcie książąt mazowieckich [Die Siegel der masowischen Herzöge]. Wrocław u. a. 1978, 140f. Stenzel, Stiftungsurkunde (wie Anm. 156), 68, 79–81.

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noch jenes des Apostels Bartholomäus hinzu, das sich auf die untere Kirche bezieht.202 Falls die Errichtung eines zweistöckigen Gotteshauses bereits im Jahre 1288 geplant war, dann mag es von Anfang an den Plan gegeben haben, das untere Stockwerk einem gesonderten Patron zu widmen, nämlich dem hl. Bartholomäus, dessen Kult bei den schlesischen Piasten sehr beliebt war.203 Die Stiftungsurkunde kennt allerdings nur ein Patrozinium – das des Heiligen Kreuzes. Für Heinrich mochte es daher wenn nicht das einzige, so doch gewiss das Hauptpatrozinium gewesen sein. Das Kreuz ist ein Symbol, hinter dem sich ein fundamentaler Glaubensartikel der christlichen Religion verbirgt – das Dogma von der Erlösung, von der Auferstehung des Fleisches und vom ewigen Leben. Mit diesem eschatologischen Verständnis des Kreuzes verband sich im Mittelalter die Interpretation, dies auch in den Kategorien des Diesseits zu erfassen. Man war nämlich der Meinung, dass auch der militärische Sieg und das politische Wohlergehen einen Abglanz des von Christus auf Golgatha errungenen Triumphes darstellten. Deshalb wurde das oft in einem Zeichen oder einer Reliquie vergegenwärtigte Kreuz kultisch verehrt, um die Teilhabe an den Früchten der Passion des Herrn zu gewinnen und sich auf diese Weise auch des militärischen Erfolgs auf dem Schlachtfeld zu versichern. Gleichwohl existierte dieses Phänomen im Hochmittelalter weiter und trat in Kreisen in Erscheinung, die Heinrich zeitlich, geografisch und gesellschaftlich nahe standen. Nach dem Sieg über Přemysl Ottokar II. bei Dürnkrut204 gründete Rudolf I. von Habsburg in Tulln (Niederösterreich) ein dem Heiligen Kreuz gewidmetes Dominikanerkloster.205 In der Stiftungsurkunde vom 31. August 1280 findet sich folgendes Fragment: Deo laudabilem, nobis necessarium, et re vera reipublice utilem belli sive conflictus, contra quondam Othogarum Bohemorum Regem, nostrum et Imperii persecutorem notorium, obtenti triumphum, non nobis, non nostre potentie, non armorum Ducibus, non nostris viribus attribuimus; sed illius tantum misericordie, et dispositioni, qui nostra et Imperii negotia quelibet hactenus misericorditer disposuit, bonorum omnium largitori videlicet, et victorioso salvifice Crucis signaculo, sub quo belli hujusmodi ambiguitas feliciter est conclusa, tante laudem victorie, digne ducimus asscribendam; unde ne tante gratie, tante beneficentie, tanteque misericordie, quibus nos humiles, et immeritos, tunc, cum vita nostra penderet in pendulo, gratiose respexit altissimus, ingrati vel immemores omnimodis videamur, ad predicte Crucis vivifice

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Wilhelm Schulte, Die Bartholomäuskirche unter der Kreuzkirche, in: Schlesische Volkszeitung– Breslauer Hausblätter 40, 1908, Nr. 1 und 3. Grzybkowski, Kreuzkirche (wie Anm. 186),474. Zu dieser Schlacht Andreas Kusternig, Probleme um die Kämpfe zwischen Rudolf und Ottokar und die Schlacht bei Dürnkrut und Jedenspeigen am 26. August 1278, in: Jahrbuch für Landeskunde von Niederösterreich N.F. 44/45, 1979, 226–311. Floridus Röhrig, Tulln, in: Die Zeit der frühen Habsburger. Dome und Klöster 1279–137. Niederösterreichische Landesausstellung, Wiener Neustadt 12. Mai bis 28. Oktober 1979. Wien 1979, 274–276, hier 275f.

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laudem et tanti trophei memoriale perpetuum, in oppido nostro Tulna, claustrum sive cenobium Sanctimonialium. Deo, ut credimus, placitum ereximus (…).“206 Rudolf verdankte seinen Triumph über Přemysl Ottokar mithin dem Herrgott und dem Heiligen Kreuz, genauer gesagt: dem Zeichen des Kreuzes. Die Präzisierung, dass es sich hier nicht um Crux selbst handelt, sondern vielmehr um victoriosum salvifice Crucis signaculum, scheint zu suggerieren, dass der römische König mit seinem Heer unter dem Zeichen des Kreuzes in die Schlacht gezogen ist und dass eben dieser Umstand ihm den Sieg sicherte. Und tatsächlich wissen wir aus anderen Quellen, dass Rudolfs Ritter Kreuze auf ihren Rüstungen trugen und die Rotte, an deren Spitze der Herrscher selbst stand, victoriosissime sante crucis insignia vor sich hertrug.207 In den Annales sancti Rudberti Salisburgensis findet sich eine Passage, die erklärt, warum dem so große Bedeutung beigemessen wurde. Die gegen Ottokar kämpfenden Ritter griffen das gegnerische Heer nämlich nicht nur in Kreuze gekleidet an und stürmten nicht nur unter dem Banner des Kreuzes vorwärts, sondern dies geschah auch an einem Freitag und um die sechste Stunde, also zu dem Zeitpunkt – wie der Chronist unterstreicht –, als Jesus Christus für das Heil der Menschen starb.208 Da der Annalist es sich in diesem Zusammenhang nicht nehmen ließ, an das Leiden des Herrn anzuknüpfen, erblickte er darin offensichtlich auch die Ursache für Rudolfs Sieg. Das Zeichen des Kreuzes sowie Reliquien von ihm (solche befanden sich gewiss in dem der königlichen Rotte vorangetragenen vexillum sancte crucis), der Wochentag und die Tageszeit müssen in den Augen des Verfassers Mittel gewesen sein, die es dem König erlaubten, in den Genuss der Früchte des auf Golgotha errungenen Triumphes zu gelangen.209 Beachtung verdient auch der Umstand, dass der Tag der Schlacht, nämlich ein Freitag, sicher im Verlauf der von den Anführern beider Heere geführten Verhandlungen festgelegt worden war.210 Die Wahl des Tages konnte von strategischen Gründen diktiert sein,211 konnte aber auch aus dem Willen resultieren, diese Schlacht am Tag des Leidens des Herrn stattfinden zu lassen. Auf jeden Fall informiert die Continuata Claustroneoburgensis VI, dass es bei Rudolf Brauch war, am Freitag zu kämpfen.212 Die angeführten Quellen zeigen, dass das Kreuz auch im Hochmittelalter und auch in Mitteleuropa ein Symbol des politischen Triumphes und des Sieges über den sichtbaren Gegner darstellte. Dieselben Inhalte verbargen sich hinter dem betreffenden Patrozi206 207 208 209 210 211 212

Hermann Meynert, Das Herz Rudolf´s I. und die Habsburger-Gruft des ehemaligen Klosters zum Heiligen Kreuz in Tulln. Wien 1859, Beilage I, 56f. Annales sancti Rudberti Salisburgenses. Ed. Wilhelm Wattenbach, in: MGH SS, Bd. 9. Hannover 1851, 758–810, hier 803 (zum Jahr 1278); vgl. Kusternig, Probleme (wie Anm. 204), 276, Anm. 300. Annales sancti Rudberti. Ed. Wattenbach (wie Anm. 207), 803 (zum Jahr 1278). Kusternig, Probleme (wie Anm. 204), 266, Anm. 222. Ebd., 258f. Ebd., 260, Anm. 193. Continuatio Claustroneoburgensis VI. a. 1267–1279. Ed. Wilhelm Wattenbach, in: MGH SS, Bd. 9. Hannover 1851, 742–746, hier 745 (zum Jahr 1278).

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nium. Als Rudolf das Kloster in Tulln dem Heiligen Kreuz widmete, wollte er damit an seinen Sieg über Ottokar erinnern und seinen Dank dafür bezeugen. Somit scheint bereits das Patrozinium der Breslauer Kollegiatskirche auf die Verbindung dieser Stiftung mit den politischen Plänen Heinrichs IV. hinzuweisen. Indem Heinrich eine dem Heiligen Kreuz gewidmete Kirche stiftete, wollte er sich seinen Anteil an den Früchten des Leidens des Herrn sichern und auf diese Weise seine Feinde besiegen, die ihn auf seinem Weg zum Krakauer Thron und eventuell auch zur Königskrone aufhalten wollten.213 Da die Verehrung des Heiligen Kreuzes viele verschiedene Aspekte besaß, konnte der Herzog, als er sich für dieses Patrozinium entschied, zugleich auch noch an andere seiner Inhalte anknüpfen. Andrzej Grzybowski, der sich u. a. darauf berief, dass bereits der ursprüngliche, noch zu Lebzeiten Heinrichs entstandene Plan der Kollegiatskirche einen zweistöckigen Bau vorsah,214 hat die Hypothese aufgestellt, dass das wesentliche Ziel dieser Stiftung in der Gewährleistung des Fürbittengebets für jene Personen bestand, für deren Seelenheil die Kirche gestiftet wurde.215 Möglich ist somit noch eine weitere Erklärung dieses Patroziniums. Und zwar sollte es den Glauben an das ewige Leben und an die Auferstehung des Fleisches zum Ausdruck bringen (das Kreuz als Symbol des Sieges über den Tod).216 213

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Vgl. Skibiński, Pierwotny kościół (wie Anm. 155), 81. Bemerkenswert ist, dass Heinrichs Mentor Přemysl Ottokar, wie es scheint, ein eifriger Verehrer der Werkzeuge des Leidens des Herrn war. Auf jeden Fall schenkte er Goldenkron einen Dorn aus Christi Dornenkrone und für den Heiligkreuzaltar in der Prager Kathedrale stiftete er anlässlich der Krönungsfeierlichkeiten ein Kreuz; Kuthan, Mittelalterliche Baukunst (wie Anm. 161), 223f.; Emanuel Poche, Kříž krále Otokara II. [Das Kreuz König Ottokars II.], in: Josef Krása (Hrsg.), Uméní 13. stoleti v českých zemích. Praha 1983, 455–468. Grzybkowski, Kreuzkirche (wie Anm. 186), 466f. ist der Meinung, dass die zu Lebzeiten Heinrichs IV. und nicht ohne seine Mitbeteiligung entstandene architektonische Konzeption die Existenz einer Ober- und einer Unterkirche vorsah, wobei die untere Etage nicht nur das Presbyterium, sondern auch den Korpus der Kirche umfassen sollte. Auch Kutzner, Gotycka architektura (wie Anm. 155), 63f.; Ders., Sztuka Wrocławia [Die Kunst Breslaus]. Wrocław / Warszawa / Kraków 1967, 82 bezieht die Zweistöckigkeit dieser Kirche auf die Zeit Heinrichs IV., aber er geht davon aus, dass damals nur der Bau einer Krypta unter dem Chor und nicht der gesamten unteren Kirche geplant war. Dagegen verwirft Skibiński, Pierwotny kościół (wie Anm. 155), 75f. jeglichen Gedanken an eine Zweistöckigkeit im ursprünglichen Projekt der Kollegiatskirche. Grzybkowski, Kreuzkirche (wie Anm. 186), 472f. Johann Heyne, Dokumentirte Geschichte des Bisthums und Hochstiftes Breslau, Bd. 1: Denkwürdigkeiten aus der Kirchen- und Diöcesan-Geschichte Schlesiens, von der Einführung des Christenthums in Schlesien bis zur böhmischen Oberherrschaft über dieses Land (966–1355). Breslau 1860, 556 sprach sich für eine weitere Interpretation des Patroziniums der Kollegiatskirche aus: Heinrich IV. habe beabsichtigt, an einem Kreuzzug teilzunehmen, und da er dieses Gelübde nicht erfüllen konnte, als Genugtuung die Kollegiatskirche gestiftet, die in der Konsequenz dem Heiligen Kreuz gewidmet wurde. Diese Hypothese weckt jedoch Zweifel. Aus Heinrichs Testament erfahren wir, dass der Herzog als Entschädigung für das nicht erfüllte Ge-

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Fassen wir die vorstehenden Überlegungen zusammen. Die Arenga des Stiftungsdiploms beweist, dass die Gründung des Heiligkreuzstifts ein Mittel war, mit dessen Hilfe sich Heinrich IV. als gerechter Herrscher präsentieren wollte. Das war nicht das einzige, aber immerhin ein sehr wichtiges Ziel dieser Stiftung. In der Arenga verdient der Passus besondere Aufmerksamkeit, in dem festgestellt wird, dass der Herzog Gott mit der Stiftung der Kirche indicia subiectionis darbiete. Da diese Formulierung in der mittelalterlichen Diplomatik keineswegs zu den loci communes gehörte, darf ihre Aussagekraft auch nicht durch den Verdacht relativiert werden, man habe hier gedankenlos eine abgenutzte Wendung benutzt. Die politischen Umstände, unter denen es zu der Stiftung kam, bewegen eher zu der Annahme, dass diese Wendung ganz bewusst gewählt worden ist. Es ist nämlich zu vermuten, dass Heinrich, der sich auf die Eroberung Kleinpolens vorbereitete und vielleicht auch an die Königskrone dachte, seine Loyalität gegenüber dem Himmel manifestieren wollte – eine Loyalität, die durch seinen Konflikt mit der Kirche in Frage gestellt worden war. Die Heiligkreuzkirche bildete nicht die einzige Stiftungstätigkeit Heinrichs IV. Auf der Breslauer Dominsel errichtete er eine Schlosskapelle, deren architektonische Merkmale – eine stark betonte Westempore sowie die oktogonale Anlage – vermuten lassen, dass dieses Bauwerk in Heinrichs Augen die Größe seiner monarchischen Majestät verkünden sollte.217 Auf dem Totenbett bedachte er die Breslauer Kirche mit weitgehenden Privilegien;218 gleichzeitig gebot er seinen Nachfolgern die Gründung eines Zisterzienserinnenklosters219 und bestimmte hundert Mark Gold für den Bau der Krakauer Kathedrale.220 Die Vergabe weitgehender Rechte an das Bistum, die Gründung eines Konvents mit

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lübde einhundert Pfund Silber zur Hilfe für das Heilige Land bestimmte; Kodeks Dyplomatyczny Wielkopolski, Bd. 2: 1288–1349. Ed. Ignacy Zakrzewski, Poznań 1878, Nr. 645. Wäre die Heiligkreuzstiftung tatsächlich eine Genugtuung für seine Nichtteilnahme am Kreuzzug gewesen, dann hätte sich der Herzog zwei Jahre nach dieser Stiftung von seinem Gelübde befreit gefühlt und das erwähnte Vermächtnis wäre gar nicht mehr notwendig gewesen. Andrzej Grzybkowski, Wrocławska kaplica zamkowa księcia Henryka IV Prawego [Die Breslauer Schlosskapelle des Herzogs Heinrich IV. des Gerechten], in: Zbigniew Bania u. a. (Hrsg.), Podług nieba i zwyczaju polskiego. Studia z historii architektury, sztuki i kultury ofiarowane Adamowi Miłobędzkiemu. Warszawa 1988, 73–83; Ders., Średniowieczne kaplice zamkowe Piastów śląskich (XII–XIV wieku) [Die mittelalterlichen Schlosskapellen der schlesischen Piasten (12.–14. Jahrhundert)]. Warszawa 1990, 80–96. Urkunden zur Geschichte des Bisthums Breslau. Ed. Stenzel (wie Anm. 166), Nr. 250; vgl. die knappe Beurteilung dieser Privilegien bei Irgang, Kirchenpolitik (wie Anm. 166), 235. Kodeks Dyplomatyczny Wielkopolski. Ed. Zakrzewski (wie Anm. 216), Nr. 645. Zu dieser Stiftung auch Ewald Walter, Das von Herzog Heinrich IV. auf der Breslauer Dominsel geplante Zisterzienserinnenkloster, in: Jb. Schl. Univ. Bresl. 26, 1985, 35–50. Kodeks Dyplomatyczny Wielkopolski (wie Anm. 216), Nr. 645; vgl. Janusz Firlet / Zbigniew Pianowski, Sprawozdania z badań w podziemiach katedry wawelskiej 1981–1983 r. Odkrycie kościoła przedromańskiego [Berichte über die Untersuchungen in den Kellergewölben der Wawelkathedrale 1981–1983. Die Entdeckung einer präromanischen Kirche], in: Spraw. Arch. 30, 1985, 169–180, hier 178.

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sehr strenger Regel, der hundert Nonnen und zwanzig Brüder zählte, die Konversen nicht mitgerechnet, und schließlich der Bau der Kathedrale – all dies könnte suggerieren, dass diese schon am Ende seines Lebens unternommenen Initiativen, ähnlich wie die Stiftung der Heiligkreuzkirche, zur Sprache monarchischer Ostentation gehörten. Diese Schlussfolgerung ist aber nicht zwingend, trotz des außergewöhnlichen Elans der erwähnten Unternehmungen. Eher ist zu vermuten, dass Heinrich auf dem Totenbett um das Heil seiner Seele besorgt war. Da er keine Nachkommen hatte, konnte er sich erlauben, überaus freigiebig zu sein. Dazu bewegten ihn Gewissensbisse wegen der Schäden, die er der Kirche zugefügt hatte.

Schluss Unsere drei exemplarischen Einzelstudien haben wenige sichere Ergebnisse erbracht; zumeist können wir lediglich von mehr oder weniger begründeten Hypothesen sprechen. Die Ursache für diesen Sachverhalt liegt in der allzu kargen Quellenbasis des polnischen Mittelalters sowie in der Natur der erörterten Problematik selbst. Uns interessiert das Ziel, zu dem eine Stiftungstätigkeit unternommen worden ist. Doch führen Versuche, die Intention einer vergangenen Handlung zu bestimmen, nur selten zu völlig eindeutigen Schlussfolgerungen. Das zusammengetragene Material berechtigt dennoch zu einigen allgemeineren Schlussfolgerungen. Es zeigt sich nämlich, dass kirchliche Stiftungen – zumindest in einigen Fällen – Akte waren, mit deren Hilfe die piastischen Herrscher bemüht waren, ihrer großen Majestät Ausdruck zu verleihen oder die Rechtmäßigkeit ihrer Herrschschaft zu beweisen. Mit einem größeren oder geringeren Grad an Wahrscheinlichkeit ist es uns gelungen, dies in Bezug auf die untersuchten Beispiele festzustellen. Es ist nicht leicht zu bestimmen, wer im gegebenen Fall der Adressat der Botschaft einer Stiftung war. Man muss immer mit der Möglichkeit rechnen, dass ein Monarch, der eine kirchliche Einrichtung stiftete oder eine bereits existierende beschenkte, sich damit selbst in der Überzeugung bestärken wollte, dass er würdig war, auf dem königlichen oder herzoglichen Thron zu sitzen. Wenn wir allerdings in Betracht ziehen, dass der Herrscher als Staatsmann an einer Beeinflussung der Einstellungen anderer Akteure auf der politischen Bühne interessiert war, dann müssen wir zu dem Schluss gelangen, dass diese „introvertierte“ Funktion der als Botschaft gedachten Stiftung weder die einzige noch die wichtigste war. Die Gründung des Kollegiatstifts zum Heiligen Kreuz in Breslau zum Beispiel erfolgte zu einem Zeitpunkt, als Heinrich der Gerechte, der sich in einer komplizierten politischen Situation befand, daran gelegen war, dass die Menschen möglichst gut über ihn dachten. Kann angesichts dessen daran gezweifelt werden, dass Heinrich, als er diese kirchliche Institution ins Leben rief, an der Hebung seines Prestiges interessiert war?

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Ganz sicher beweist die Chonik des Gallus Anonymus, aber mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit auch die ‚Polnische Chronik‘, dass an Weichsel und Oder die Ansicht vertreten wurde, der Monarch könne durch Gründung bzw. Beschenkung kirchlicher Institutionen sich und seinem Land politischen Erfolg sichern. Dieser Umstand erlaubt die Schlussfolgerung, dass das Ziel des Stiftungsaktes zumindest in einigen der besprochenen Beispiele darin bestand, sich der göttlichen Gnade zu versichern und im Resultat darauf abzielte, die Macht des Herzogs (des Königs) und seines Staates zu begründen oder zu festigen. Monarchische Stiftungen waren ein fester Bestandteil der politischen Kultur des piastischen Polen. In ihnen kam das Selbstbewusstsein des Königs oder Herzogs als Herrscher zum Ausdruck. Überdies gehörten sie zu jenem Instrumentarium, mit dessen Hilfe der Monarch versuchte, sich das Wohlwollen Gottes und der Menschen zu sichern. Die Bedeutung der monarchischen Stiftungen in der politischen Kultur resultierte aus der Überzeugung, dass der Monarch verpflichtet sei, die Kirche zu unterstützen und sich um den religiösen Kult und Gottesdienst zu kümmern, und zugleich aus dem Glauben, dass die Geschicke des Königs bzw. Herzogs und des Königreiches bzw. Herzogtums vom Willen übernatürlicher Kräfte abhängig seien. In dieser Situation nahm die Gründung oder Beschenkung einer kirchlichen Einrichtung den Rang eines Beweises an, dass der Herrscher die an ihn gerichteten Erwartungen erfüllte. Zugleich weckte sie die Hoffnung, dass die überirdischen Mächte den Monarchen gleichsam zum Dank dafür mit ihrer Gnade bedenken. Weil der König bzw. der Herzog der Vertreter des Volkes gegenüber dem Himmel war und sein Wohlergehen und das Wohlergehen des Volkes eine Einheit bildeten, stärkte die auf den Monarchen herabfließende Gnade den Staat und sicherte den Erfolg der gesamten Nation. Das waren die grundlegenden Ideen, die den frommen Werken des von Gott Gesalbten einen politischen Sinn verliehen. Manchmal wurden, wenn man diese Ideen zum Ausgangspunkt nimmt, subtilere Interpretationen der Stiftungstätigkeit des Königs bzw. Herzogs unternommen. Und manchmal bediente sich der Herrscher, der eine Kirche errichten ließ oder sie ausstattete, zusätzlich einer von diesen rudimentären Wahrheiten doch recht entfernten Symbolik. Dies geschah zum Beispiel im Falle der ‚Nachbildung‘ Krakaus nach dem Aachener Vorbild. Es ist unschwer zu erkennen, dass sich die Sprache der politischen Kultur des piastischen Polen in dem uns interessierenden Zeitraum unter dem Einfluss von Impulsen gestaltete, die aus anderen Ländern stammten, besonders aus dem Deutschen Reich. Der Import von goldenen Codizes durch den piastischen Hof liefert dafür den besten Beweis. Allerdings muss der Ansicht zugestimmt werden, dass sich dieser Einfluss fremder Vorbilder nicht auf das Wesen der Sache selbst bezog, sondern lediglich auf ihren äußeren Ausdruck. Da Gaben an übernatürliche Kräfte zu den rudimentärsten Handlungen menschlicher Gemeinschaften überhaupt gehören, kann kaum daran gezweifelt werden, dass die Idee – und wer weiß, ob nicht auch die Praxis – einer vom Herrscher

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von Amts wegen vorgenommenen Stiftung im piastischen Polen unabhängig von allen äußeren Einflüssen entstanden ist.

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Die Anfänge des Frauenmonastizismus in Polen und Böhmen. Übernahme oder Nachahmung sächsisch-bayrischer Vorbilder?

Die Frage, ob im frühpiastischen Polen Frauenklöster existierten, bewegt die polnische Mediävistik seit Jahren. Die meisten Forscher stimmen darin überein, dass zur Zeit Bolesławs des Tapferen bereits mindestens ein solches monastisches Zentrum bestanden haben dürfte; über dessen Geschicke ist allerdings nichts bekannt.1 Die ersten sicher bezeugten Frauenklöster entstanden – als Prämonstratenserinnenabteien – nicht vor den 1130er Jahren; sie wurden ausnahmslos als Stiftungen von Großen begründet.2 Die Existenz eines Frauenklosters unmittelbar nach Annahme der Taufe 1 Vgl. Aleksander Gieysztor, Pierwsi benedyktyni w Polsce piastowskiej [Die ersten Benediktiner im piastischen Polen], in: Klementyna Żurowska (Hrsg.), Benedyktyni tynieccy w średniowieczu. Materiały z Sesji Naukowej Wawel-Tyniec, 13.–15.10.1994. Kraków 1995, 9–21, 14; Gerard Labuda, Szkice historyczne jedynastego wieku. I. Najstarsze klasztory w Polsce [Historische Skizzen des 11. Jahrhunderts. I. Die ältesten Klöster in Polen], in: Archaeol. hist. Pol. 2, 1995, 7–73, hier 61; Marek Derwich, Studia nad początkami monastycyzmu na ziemiach polskich. Pierwsze opactwa i ich fundacje [Studien über die Anfänge des Monastizismus in den polnischen Gebieten], in: Kwart. Hist. 107, 2000, 2, 77–105, hier 95–97; Ders., Czy Dobrawa była fundatorką pierwszego polskiego opactwa? Ze studiów nad początkami Kościoła na ziemiach polskich [War Dobrawa die Stifterin der ersten polnischen Abtei? Studien über die Anfänge der Kirche in den polnischen Gebieten], in: Acta Universitatis Carolinae. Philosophica et Historica, 1–2, 2002, 637–643, hier 640–643; Ders., Zakonnicy a rozwój religijności na ziemiach polskich [Die Ordensleute und die Entwicklung der Religiosität in den polnischen Gebieten], in: Halina Manikowska / Wojciech Brojer (Hrsg.), Animarum cultura. Studia nad kulturą religijną na ziemiach polskich w średniowieczu, Bd. 1: Struktury kościelno-polityczne. Warszawa 2008, 329–351, hier 336; Ders., Najstarsze klasztory na ziemiach polskich (do końca XII wieku) [Die ältesten Klöster in den polnischen Gebieten (bis zum Ende des 12. Jahrhunderts)], in: Józef Dobosz (Hrsg.), Kościół w monarchii Przemyślidów i Piastów. Materiały z konferencji naukowej, Gniezno 21–24 września 2006 roku. Poznań 2009, 219– 229, hier 225. 2 Gemeint sind sowohl die Frauenkonvente als auch die Doppelklöster der Prämonstratenser. Zum Prozess ihrer Entstehung, einschließlich älterer Literaturangaben Jerzy Rajman, Norbertanie polscy XII wieku. Możni wobec ordinis novi [Die polnischen Prämonstratenser des 12. Jahrhunderts. Die Großen und der Ordo Novus], in: Społeczeństwo Polski średniowiecznej 7, 1996, 71–105; vgl.

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und das anschließende völlige Verschwinden eines Frauenmonastizismus für mehr als hundert Jahre muss eine gewisse Verwunderung auslösen. In Böhmen war die Situation augenscheinlich eine andere. Denn hier wird weder die Einrichtung eines Frauenklosters gegen Ende des 10. Jahrhunderts bezweifelt, noch – anders als in Polen – in Abrede gestellt, dass ein solches Kloster das gesamte Mittelalter hindurch ununterbrochen existierte. Allerdings verlor, wie zu zeigen sein wird, auch dieses Kloster im Verlauf des 11. und 12. Jahrhunderts an Bedeutung, so dass wohl auch in Böhmen das in der Frühzeit der Christianisierung von den Přemysliden begründete Frauenkloster, wie der Frauenmonastizismus überhaupt, zu diesem Zeitpunkt kein größeres Interesse mehr weckte. Will man das Problem des Frauenmonastizismus in Polen und Böhmen einer Klärung zuführen, so bedarf es einer umfassenden Vergleichsperspektive, die sich auf zwei Fragen konzentriert. Die erste betrifft die Verbindungen zwischen Frauenmonastizismus und Christianisierung, die zweite das Problem der Vorbilder, von denen sich die böhmischen und polnischen Eliten des 10. und 11. Jahrhunderts beeinflussen ließen. Das Problem der Frauenklöster, die unmittelbar nach Annahme des Christentums begründet worden sind, ist am umfassendsten von der britischen Mediävistin Barbara Yorke behandelt worden. In ihren Arbeiten über die Konversion der angelsächsischen Kleinkönigreiche bezeichnete sie die Gründung von Klöstern, in die Königstöchter geschickt wurden, als einen der wichtigsten Belege für die Identifizierung einer Dynastie mit dem neuen Glauben. So habe bis zum Ende des 7. Jahrhunderts bereits in jedem Kleinkönigreich der angelsächsischen Heptarchie ein Frauenkloster bestanden, in dem Angehörige

auch Eugeniusz Wiśniowski, W sprawie początków klasztoru norbertanek w Krzyżanowicach [Über die Anfänge des Prämonstratenserinnenklosters in Kreuzenort], in: Rocz. Hum. 8, 1959, 215–225 (dort auch weitere ältere Literaturangaben); Czesław Deptuła, Dwie fundacje klasztoru norbertańskiego w Krzyżanowicach [Zwei Stiftungen des Prämonstratenserklosters in Kreuzenort], in: Rocz. Hum. 11, 1962, 95–123; Małgorzata Kędzierska, Założenie klasztoru w Witowie i jego fundator [Die Gründung des Klosters in Witów und sein Stifter], in: Bohdan Lapis (Hrsg.), Scripta minora, Bd. 1. Poznań 1996, 109–126; Marek Stawski, Początki klasztoru norbertanek w Płocku [Die Anfänge des Prämonstratenserinnenklosters in Płock], in: Jerzy Rajman (Hrsg.), Premonstratensi na ziemiach polskich w średniowieczu i epoce nowożytnej. Kraków 2007, 58–65; Dariusz Karczewski, Dzieje klasztoru norbertanek w Strzelnie do początku XVI wieku [Die Geschichte des Prämonstratenserinnenklosters in Strzelno bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts]. Inowrocław 2001; Krystyna Sulkowska-Tuszyńska, Klasztor Norbertanek w Strzelnie (XII–XVI wiek). Sacrum i profanum [Das Prämonstratenserinnenkloster in Strzelno (12.–16. Jahrhundert). Sacrum und Profanum]. Toruń 2006; Tomasz Ginter, Działalność fundacyjna księcia Mieszka III Starego [Die Stiftungstätigkeit Herzog Mieszkos III. des Alten]. Kraków 2008, bes. 174–178. Neueste Arbeiten zur Gesamtproblematik der Anfänge der Prämonstratenser in Polen: Józef Dobosz, Monarcha i możni wobec Kościoła w Polsce do początku XIII wieku [Der Monarch und die Großen und die Kirche in Polen bis zu Beginn des 13. Jahrhunderts]. Poznań 2002, bes. 273–276, 373–376, 381–384, 395– 398 sowie Krzysztof Skwierczyński, Imitatio regni. Adlige Sakralstiftungen im Polen des 11. und 12. Jahrhunderts., in diesem Band 171–200, bes.193f.

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der Herrscherfamilie als Nonnen lebten.3 Gleichzeitig identifizierte Yorke deren Entstehung mit der Phase der Adaptation des Christentums durch die angelsächsische Gesellschaft, die gewöhnlich dreißig bis fünfzig Jahre später eintrat, nachdem das Christentum in dem betreffenden Königreich zum ersten Mal angenommen worden war.4 In allen Fällen waren die Stifter dieser Klöster entweder die Herrscher selbst oder der Dynastie angehörende Frauen, während entweder die Töchter oder Schwestern des jeweiligen Königs oder aber deren Witwen als Äbtissinnen eingesetzt wurden. Es hat sich also jeweils um eng mit dem Herrschergeschlecht verbundene Institutionen gehandelt.5 Im Ergebnis kann mit Barbara Yorke festgestellt werden, dass die Stiftung von Klöstern, die für Frauen der jeweiligen Dynastie bestimmt waren, im Falle der angelsächsischen Herrscherhäuser ein prinzipielles Element der Reaktion auf die Annahme der neuen Religion sowie ein Zeugnis für deren Assimilierung darstellte.6 Interessant ist des Weiteren ein Blick auf den prozentualen Anteil der Frauenklöster an allen monastischen Stiftungen, auch wenn die Interpretation diesbezüglicher Angaben aus der Zeit des frühen Mittelalters zweifellos besondere Vorsicht erfordert.7 Gestützt auf ältere Forschungen hat Jane T. Schullenburg derartige quantitative Vergleiche angestellt.8 Aus ihnen ergibt sich, dass während der ersten fünfzig Jahre nach Beginn der Mission des Augustinus in Kent in Britannien neun Frauenklöster entstanden sind, was 31 % der Gesamtzahl aller seinerzeitigen Stiftungen entsprach. In den anschließenden Jahren 650 bis 699 sollen dann weitere 38 Frauenklöster – mehr als in jeder anderen Phase der englischen Geschichte vor der normannischen Eroberung – entstanden sein, was 40 % aller Stiftungen dieses Zeitraums entsprochen habe.9 Interessant sind auch die analogen Angaben für das Gebiet des heutigen Frankreich und Belgien: In den Jahren 550 bis 599 entstanden dort 19 Frauenklöster (12,2 % aller Stiftungen), in den Jahren 600 bis 649 waren es 25 (24,5 %) und schließlich 650 bis 699 nicht weniger als 52 (32,7 %).10 Dagegen betrug der Anteil der Frauenklöster an der Gesamtzahl der Stiftungen in den darauffolgenden Halbjahrhunderten niemals mehr als 12 %, um dann seit 800 immer nur noch wenige Prozent zu betragen.11 Auf dem Kontinent ist die Verbin3 Barbara Yorke, The Reception of Christianity at the Anglosaxon Royal Court, in: Richard Gameson (Ed.), Saint Augustine and the Conversion of England. Throup-Stroud 1999, 152–173, bes. 161–165. 4 Barbara Yorke, Nunneries and the Anglo-Saxon Royal Houses. London / New York 2003, 23; 28. 5 Yorke, Nunneries (wie Anm. 4), 16–28. 6 Ebd., 28. 7 Zu einigen Problemen im Zusammenhang mit der Erstellung derartiger Vergleiche im Kontext der Frauenklöster vgl. Alessandra Veronese, Monasteri femminili in Italia settentrionale nell’alto Medioevo. Confronto con i monasteri maschili attraverso un tentativo di analisi „statistica“, in: Benedictina 34, 1987, 355–416, hier 358–360. 8 Jane T. Schullenburg, Women’s Monastic Communities 500–1100: Patterns of Expansion and Decline, in: Signs. Journal of Women in Culture and Society 14, 1989, 261–292, hier 265–270. 9 Ebd., 266; 268. 10 Ebd., 266f. 11 Ebd., 266; 268–270.

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dung zwischen der Christianisierung und Errichtung von Frauenklöstern somit nicht so deutlich. Dennoch muss bemerkt werden, dass die im 7. Jahrhundert zahlreich entstehenden Klöster mehrheitlich im Gebiet des heutigen Nordfrankreich und Belgien lagen, was Schullenburg mit einer neuen Welle von Missionstätigkeit in Verbindung bringt;12 zudem sieht sie einen deutlichen Zusammenhang zwischen der Entstehung von Frauenklöstern und einem bestimmten proselytischen Eifer der frisch christianisierten Eliten.13 Als extremstes und zugleich bekanntestes Beispiel des hier behandelten Phänomens kann auf die Stellung der Frauenklöster in der religiösen Kultur des frisch bekehrten Sachsen verwiesen werden. Wie Karl Leyser bemerkt hat, habe keine andere Institution des christlichen Kultes den Adel so stark angezogen und so schnell Wurzel gefasst.14 Michel Parisse schätzt in seiner eingehenden Darstellung der Entwicklung der sächsischen Frauenkonvente im ersten Jahrhundert nach der Christianisierung, dass bis zum Ende der Karolingerherrschaft fünfzehn solcher Klöster gestiftet wurden.15 Hans-Werner Goetz konstatiert knapp, dass Sachsen im Gefolge der Christianisierung „einen wahren Boom von Frauenklöstern und die Gründung neuer Stiftungen“ erlebte.16 Leyser wiederum verweist darauf, dass die späteren Stiftungen aus den Jahren 919 bis 1024, als mindestens 36 Nonnengemeinschaften entstanden, die einfache Fortsetzung der identischen Stiftungstätigkeit des 9. Jahrhunderts darstellten.17 Im Ergebnis entstanden – nach der Berechnung von Michel Parisse – innerhalb zweier Jahrhunderte, d. h. zwischen den Jahren 820 bis 840 und 1020 bis 1040, in Sachsen, d. h. in den Diözesen Münster, Paderborn, Osnabrück, Verden, Bremen–Hamburg, Minden, Halberstadt und Hildesheim, über 50 Frauenklöster.18 Im Falle der zuletzt genannten Diözesen sind auch die von Karl Leyser bezüglich der Proportionen zwischen den neuen Frauen- und Männerklöstern angeführten Angaben überaus eindrucksvoll: In den Jahren 936 bis 1025 entstanden in der Diözese Halberstadt mindestens 14 Frauenklöster und nur sieben für Männer; in der benachbarten Diözese Hildesheim entstanden innerhalb von nicht ganz fünf Jahrzehnten zwischen 973 und 1022 sechs Klöster, davon vier für Frauen; und das 12 13 14 15

Ebd., 267–270. Ebd., 271. Karl J. Leyser, Rule and conflict in an Early Medieval Society. Ottonian Saxony. London 1979, 64. Michel Parisse, Die Frauenstifte und Frauenklöster in Sachsen vom 10. bis zur Mitte des 12. Jahrhunderts, in: Stefan Weinfurter (Hrsg.), Die Salier und das Reich, Bd. 2: Die Reichskirche in der Salierzeit. Sigmaringen 1991, 465–502, hier 467–470. 16 Hans-Werner Goetz, Frauen im frühen Mittelalter. Frauenbild und Frauenleben im Frankenreich. Weimar / Köln / Wien 1995, 111. 17 Leyser, Rule (wie Anm. 14), 63. 18 Michel Parisse, Les femmes au monastère dans le Nord de l’Allemagne du IXe au XIe siècle. Conditions sociales et religieuses, in: Werner Affeldt (Hrsg.), Frauen in Spätantike und Frühmittelalter. Lebensbedingungen – Lebensnormen – Lebensformen. Sigmaringen 1990, 311–324, hier 312; vgl. Ders., Les chanoinesses dans l’Empire germanique (IXe–XIe siècles), in: Francia 6, 1978, 107–126, hier 118f.; 125, wo ähnliche, wenn auch nicht identische Angaben gemacht werden; die Klöster waren vorwiegend Kanonikerniederlassungen.

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10. Jahrhundert brachte der Diözese Minden (zusätzlich zu zwei bereits existierenden) fünf neue Frauenkonvente, aber keinen einzigen für Mönche oder Kanoniker.19 Leyser selbst hegt keinerlei Zweifel an einer engen Verbindung zwischen der Konversion und der Blüte des Frauenmonastizismus, wenn er schreibt: „During the tenth and early eleventh centuries the Saxon nobles’ and bishops’ preference for endowing nunneries rather than houses for men was peculiar to their society. Other Germanic peoples, however, not least of all the Franks and Anglo-Saxons, had responded to conversion and the opportunity of forming communities for unmarried women in much the same way, albeit three centuries earlier.“20 Bei seinem Versuch, dieses Phänomen zu erklären, verweist Leyser auf das spezifische Problem, das in allen drei Gesellschaften unverheiratete Jungfrauen darstellten, die nicht unter der Kontrolle eines Ehegatten standen. Andererseits befand sich infolge ständiger Kriege oft der gesamte Besitz in der Hand von Frauen, die – ohne den Schutz von Männern – stets der Gefahr ausgesetzt waren, diesen Besitz an Verwandte zu verlieren, die ihren Anteil am Erbe einforderten. „For a widow with much estate the foundation of a religious house was probably the best security she and her daughters could have against the importunity of their coheredes“, so dass auch hierin eine der Ursachen für die Blüte der Frauenklöster gesehen werden müsse.21 Letztere kamen den sozialen Bedürfnissen ganz vorzüglich entgegen und wurden deshalb im Gefolge des Christentums enthusiastisch begrüßt, was wiederum die rasante Entstehung neuer Klöster beförderte. Leyser legt aber auch die Möglichkeit nahe, dass dieses Phänomen mit gewissen vorchristlichen Glaubensinhalten und Denkweisen in Verbindung gestanden haben könnte.22 In diese Richtung gehen auch die Erklärungen, mit denen Barbara Yorke das Phänomen der angelsächsischen nunneries zu erklären versucht; danach könnte das Engagement des Herrschers und seiner Familie für den christlichen Kult vielleicht eine Art Widerhall seiner Rolle in heidnischen Kulten dargestellt haben.23 Dies steht im Zusammenhang mit der besonderen Verbundenheit, die Herrscher und ihre Familienmitglieder in vorchristlicher Zeit mit dem Sacrum verband, die sie auch in Bezug auf das christliche Sacrum erreichen wollten. Yorke bemerkt, dass die ersten Frauenklöster in England gestiftet wurden, unmittelbar nachdem mehrere Herrscher selbst auf den Thron verzichtet und ein Mönchsleben begonnen hatten. Die Autorin sieht eine deutli19 Leyser, Rule (wie Anm. 14), 63f. 20 Ebd., 64. 21 Ebd., 63; vgl. Suzanne F. Wemple, Female Monasticism in Italy and its Comparison with France and Germany from the Ninth through the Eleventh Century, in: Affeldt, Frauen (wie Anm. 18), 291–310, hier 306f. sowie die interessante Vergleichsanalyse dieses Phänomens in Sachsen und Bayern (in letzterem dominierten Männerklöster) von Hedwig Röckelein, Bairische, sächsische und mainfränkische Klostergründungen im Vergleich (8. Jahrhundert bis 1100), in: Eva Schlotheuber / Helmut Flachenecker / Ingrid Gardill (Hrsg.), Nonnen, Kanonissen und Mystikerinnen. Religiöse Frauengemeinschaften in Süddeutschland. Beiträge zur interdisziplinären Tagung vom 21. bis 23. September 2005 in Frauenchiemsee. Göttingen 2008, 23–55, bes. 52–54. 22 Leyser, Rule (wie Anm. 14), 64. 23 Yorke, Nunneries (wie Anm. 4), 35.

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che Verbindung zwischen diesem kurzlebigen Phänomen, das allerdings in keinem der Kleinkönigreiche mehr als einen Mönchskönig hervorgebracht hat,24 und der Stiftung von Frauenklöstern. „Founders of monastic communities were especially likely to come to be regarded as saints in the early medieval world. It may therefore have been saintliness rather than the monastic life per se that was the goal of these holy kings, though they may also have been attracted by the idea of combining royal and ecclesiastical office. It may not to be fanciful to suggest that, in this phase when Christianity was finally accepted as the only viable religion in the Anglo-Saxon kingdoms, there was concern to protect the special, sacral status that had been guaranteed previously by descent from the gods, and to demonstrate that the Christian brand of holiness also manifested itself in the royal line.“25 Und weiter: „But if kings and princes were discouraged from compromising their [royal] status by entering the [institutional] church, this left the way for widowed queens and princesses to become the highest ranked members of a royal house who were acceptable to churchmen as members and leaders of monastic communities and as potential demonstrators of the sacrality of the royal lines through their personal saintless.“26 Wie es scheint, kann gerade eine Interpretation, die auf das Bedürfnis nach Herstellung einer Verbindung zwischen Herrscher und christlichem Sacrum abhebt, als besonders zutreffend angesehen werden. Unterstützt wird sie im Übrigen durch Beispiele aus England und Sachsen, die zeigen, dass sich die Väter, die ihre Töchter für ein gottgeweihtes Jungfrauenleben bestimmten, von dieser Entscheidung gewisse – sowohl irdische wie jenseitige – Vorteile versprachen, die aus einer solchen speziellen Anknüpfung an das Sacrum resultierten. Gut erkennbar wird dies am Beispiel Oswius, des Herrschers Northumbriens aus der Mitte des 7. Jahrhunderts, der – in dem Moment, als er vor der entscheidenden Schlacht mit dem heidnischen König Merciens, Penda, stand – Gott gelobte, im Falle seines Sieges seine Tochter Ellfled zur Nonne zu bestimmen, was er dann auch tat.27 Ein anderes vorzügliches Beispiel liefert jene Ideologie, die mit der Abtei der Kanonissen in Gandersheim verbunden war, die Mitte des 9. Jahrhunderts vom sächsischen Herzog Liudolf gegründet wurde. In ihr standen gleich mehrere Töchter des Herzogs im Dienste Gottes, darunter auch Hathumod, die erste Äbtissin des Stifts. Ihr wurde im letzten Viertel des 9. Jahrhunderts von dem Corveyer Mönch Agius

24 Yorke, Nunneries (wie Anm. 4), 30; vgl. Gábor Klaniczay, Holy Rulers and Blessed Princesses. Dynastic Cults in Medieval Central Europe. Cambridge 2002, 78–80. 25 Yorke, Nunneries (wie in Anm. 4), 29. Zur Frage der Heiligkeit der Klosterstifter vgl. Roman Michałowski, Święta moc fundatora klasztoru (Niemcy XI – XII wieku) [Die heilige Kraft des Klosterstifters (Deutschland 11.–12. Jahrhundert], in: Kwart. Hist. 91, 1984, 1; 3–24. 26 Yorke, Nunneries (wie Anm. 4), 30. 27 Ebd., 110f.; vgl. Dies., Kings and Kingdoms of early Anglo-Saxon England. London / New York 1990, 80; Stacy S. Klein, Ruling Women. Queenship and Gender in Anglo-Saxon Literature. Notre Dame 2006, 47–49.

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das als Epicedium Hathumodae bekannte gereimte Werk gewidmet.28 Darin hob der Autor hervor, dass die Sünden Liudolfs Zweifel an dessen Schicksal im Jenseits geweckt hätten, er diese aber durch seine Wohltaten, von denen die Stiftung des Klosters die wichtigste gewesen sei, wettgemacht hätte. Alle in ihm lebenden Kanonissen hätten unablässig für den Stifter gebetet, doch seien für Liudolfs Seelenheil, wie Agius betont, vor allem die Gebete seiner Töchter von entscheidender Bedeutung gewesen; und wo der Autor von den Verdiensten seiner Heldin auf diesem Gebiet spricht, unterstreicht er, dass sie in Bezug auf Liudolf proxima carne gewesen sei.29 Roman Michałowski zufolge scheint gerade „die Formulierung ‚sie war ihm leiblich nahe‘ (…) zu suggerieren, dass gerade die Verwandtschaft zwischen ihnen als Träger dieses Verdienstes fungierte.“30 Einem etwas anderen Gedanken begegnen wir in dem aus den 970er Jahren stammenden und zweifellos eng mit der Ideologie der ottonischen Dynastie verbundenen Werk der Hrotsvit von Gandersheim Primordia coenobii Gandeshemensis. Dort wird der Überzeugung Ausdruck verliehen, dass die Liudolfinger einst zwei miteinander verbundene göttliche Verheißungen erhalten hätten, nämlich dass sie ein prächtiges Jungfrauenkloster gründen (eben Gandersheim) sowie zur Kaiserherrschaft gelangen würden. Der Erhalt dieser höchsten Würde wird allerdings von der Erfüllung der ersten Aufgabe abhängig gemacht, d. h. von der Stiftung eines Klosters, dessen Kanonissen sich durch besondere Frömmigkeit auszeichnen. Mit der Sorge dafür betrauten die Stifter ihre drei Töchter, die dort nacheinander Äbtissinnen wurden. Im Ergebnis der unablässigen Verehrung, die die Jungfrauen ihrem göttlichen Bräutigam entgegenbrachten, würden die Liudolfinger mit der Fülle aller Gnaden gesegnet werden, und ihr Nachkomme sollte dann auch tatsächlich Kaiser werden.31 All diese Beispiele belegen die vorherrschende Überzeugung, dass eine Hingabe der herrscherlichen Töchter als gottgeweihte Jungfrauen mit Vorteilen verbunden war. Der 28 Roman Michałowski, Klasztor prywatny w Niemczech IX–XII w. jako fakt religijny i społeczny. Wybrane zagadnienia [Das Privatkloster in Deutschland im 9.–12. Jahrhundert als religiöse und soziale Realität. Ausgewählte Fragen], in: Jerzy Strzelczyk (Hrsg.), Niemcy – Polska w średniowieczu. Materiały z konferencji naukowej zorganizowanej przez Instytut Historii UAM w dniach 14–16 XI 1983 roku. Poznań 1986, 47–66, hier 54. 29 Dialogus Agii. Ed. Ludwig Traube, in: MGH Poetae Latini 3. Berlin 1896, 369–388, hier 384– 386; vgl. Michałowski, Klasztor prywatny (wie in Anm. 28), 54f. 30 Michałowski, Klasztor prywatny (wie in Anm. 28), 55. 31 Primordia coenobii Gandeshamensis, in: Hronsvitae Opera. Ed. Paul von Winterfeld, in: MGH SS rer. Germ. in usum scholarum 34. Berlin 1902, 229–246; vgl. Michał T. Szczepański, Proroctwo i obietnica. Nadprzyrodzone przesłanki władzy Ottonów w ujęciu Hrotsvit z Gandersheim [Prophezeiung und Verheißung. Übernatürliche Voraussetzungen der Ottonenherrschaft in der Konzeption der Hrotsvit von Gandersheim], in: Krzysztof Skwierczyński (Hrsg.), Christianitas Romana. Studia ofiarowane Profesorowi Romanowi Michałowskiemu. Warszawa 2009, 104–119; Roman Michałowski, Princeps fundator. Studia z dziejów kultury politycznej w Polsce X–XIII wieku [Princeps fundator. Studien zur Geschichte der politischen Kultur in Polen im 10.– 13. Jahrhundert]. Warszawa 1993, 13–18.

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Vater, der seine Tochter Christus zur Braut schenkte, ging mit dem Sohn Gottes auf diese Weise eine ähnliche Beziehung ein wie mit einem Schwiegersohn im Falle einer Verheiratung seiner Tochter. So ist auch nicht weiter verwunderlich, dass er auch dessen Hilfe erwartete, sei es beim Erringen von Siegen in Schlachten, sei es beim Erwerb bzw. bei der Ausübung der Herrschaft und schließlich auch im Hinblick auf sein ewiges Seelenheil.32 Die so bereitwillige Entsendung von Frauen aus Herrscherfamilien in ein Kloster kann daher offenbar als eine Art Versuch angesehen werden, deren Partizipation an der christlichen Heiligkeit zu erwirken sowie eine spezifische, im Grunde familiäre Verbundenheit mit dem Sacrum herbeizuführen. Besonders empfänglich hierfür sollen Herrscher gewesen sein, denen – unmittelbar nach Aufgabe des Heidentums – zum einen in ihrer Vorstellung, Nachkommen von Göttern zu sein, der Sakralcharakter ihrer Dynastie noch tief einkodiert war, die es andererseits nach Aufgabe ihrer Götter aber für notwendig hielten, ihr Geschlecht auch mit dem neuen Sacrum zu verbinden.33 Der Gedanke einer privilegierten Verwandtschaftslinie, den Karl Hauck mit dem Begriff der „Geblütsheiligkeit“ charakterisierte,34 ist nicht nur bei den von Yorke untersuchten angelsächsischen Herrschern erkennbar. Wie Patrick Corbet überzeugend gezeigt hat, tritt er kaum irgendwo anders so deutlich in Erscheinung wie bei den sächsischen Liudolfingern.35 Daher ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass sich gerade die ottonische Dynastie sowohl ideologisch als auch strukturell außerordentlich stark mit dem Frauenmonastizismus verband. Diese Feststellung ist insofern wesentlich, als gerade das Reich und sein Herrscherhaus ein besonders wichtiges Vorbild für die religiöse Kultur der frisch bekehrten Piasten und Přemysliden darstellten. Die Verbindungen des Frauenmonastizismus mit den Strukturen des Herrschergeschlechts waren bei den Ottonen mehr als eng und äußerten sich vor allem darin, dass viele und manch-

32 Roman Michałowski, Duchowość w X wieku [Spiritualität im 10. Jahrhundert], in: Tu się wszystko zaczęło. Rola Poznania w państwie Pierwszych Piastów. Teksty wykładów wygłoszonych na sympozjum naukowym zorganizowanym przez Oddział Polskiej Akademii Nauk i Wydział Teologiczny UAM w Poznaniu. Poznań 2010, 60–80, hier 68; vgl. Grzegorz Pac, Obraz małżeństwa w wybranych niemieckich źródłach hagiograficznych X i XI wieku [Das Bild der Ehe in ausgewählten deutschen hagiografischen Quellen des 10. und 11. Jahrhunderts], in: Roman Michałowski (Hrsg.), Kult świętych i ideał świętości w średniowieczu. Warszawa 2011, 7–148. 33 Vgl. Klaniczay, Holy Rulers (wie Anm. 24), 64–67. 34 Karl Hauck, Geblütsheiligkeit, in: Bernhard Bischoff / Suso Brechter (Hrsg.), Liber floridus. Mittellateinische Studien. Paul Lehmann zum 65. Geburtstag. St Ottilien 1950, 187–240; für die spätere Zeit vgl. André Vauchez, Beata stirps. Sainteté et lignage en occident aux XIIIe et XIVe siècle, in: George Duby / Jacques Le Goff (Hrsg.), Famille et parenté dans l’Occident médiéval. Rome 1977, 397–407. 35 Patrick Corbet, Les saints Ottoniens: Sainteté dynastique, sainteté royale et sainteté féminine autour de l’an Mil. Sigmaringen 1986, 242–255; vgl. auch Pac, Obraz małżeństwa (wie Anm. 32).

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mal sogar die meisten Töchter für das Ordensleben bestimmt wurden.36 Hervorzuheben ist auch die besondere Position, die diese Frauen sowohl innerhalb des Geschlechts als auch im Reich einnahmen. Wie Daniela Müller-Wiegand berechnet hat, treten die ottonischen Äbtissinnen Mathilde und Adelheid von Quedlinburg, Gerberga und Sophia von Gandersheim sowie Mathilde von Essen in den Urkunden der Herrscher über 55 mal als bei ihnen intervenierende Personen in Erscheinung;37 an erster Stelle standen diesbezüglich besonders die mächtigen Äbtissinnen Mathilde von Quedlinburg und Sophia von Gandersheim.38 Wir wissen auch, dass Mathilde mehrmals den im Reich abwesenden Otto II. sowie auch Otto III. vertrat;39 Thietmar schreibt sogar, dass der letztgenannte sie für die Zeit seines Italienfeldzuges im Jahre 997 mit der cura regni betraute.40 Ihre völlig außergewöhnliche politische Rolle zeichnet sich besonderes deutlich in den Titeln ab, mit denen sie in den zeitgenössischen Quellen bedacht wird. 36 Als Äbtissinnen bei den Kanonissen in Gandersheim, dem Familienkloster der Liudolfinger, fungierten – wie bereits erwähnt – drei Töchter von Liudolf und Oda, der Protoplasten dieses Geschlechts. Mathilde, die einzige Tochter Ottos I., war Äbtissin in einem anderen Familienkloster, und zwar in Quedlinburg. Als Kanonissen lebten dort auch zwei der drei Töchter von Otto II. und Theophanu: Sophia stand an der Spitze von Gandersheim und Adelheid an der Spitze von Quedlinburg. Die dritte Tochter, Mathilde, heiratete den rheinischen Pfalzgrafen Ezzo, und aus dieser Ehe gingen sieben Töchter hervor, von denen sechs für das Ordensleben bestimmt wurden; von ihnen wurde Theophanu zuerst die Äbtissin eines weiteren ottonischen Klosters in Essen und übernahm dann zusätzlich zu dieser Würde noch das Amt der Äbtissin bei den Gandersheimer Kanonissen. Als Äbtissin von Essen hatte früher auch Mathilde fungiert, die Tochter Liudolfs, des Sohnes Ottos I. Auch in der bayrischen Linie des Geschlechts war diese Tradition lebendig. Sowohl Heinrich von Bayern als auch sein Sohn Heinrich der Zänker hatten jeweils zwei Töchter, und beide schickten eine davon ins Kloster. Gerberga, die Tochter des ersteren, war die Vorgängerin von Theophanu in Gandersheim. Vgl. Daniela Müller-Wiegand, Vermitteln – Beraten – Erinnern. Funktionen und Aufgabenfelder von Frauen in der ottonischen Herrscherfamilie (919–1024). Kassel 2003, 99f. Zu den Töchtern von Ezzo und Mathilde vgl. auch Edith Ennen, Die sieben Töchter des Pfalzgrafen Ezzo, in: Der Aquädukt 1763–1988. Ein Almanach aus dem Verlag C. H. Beck im 225. Jahr seines Bestehens. München 1988, 160–171; Klaus G. Beuckers, Die Ezzonen und ihre Stiftungen. Eine Untersuchung zur Stiftungstätigkeit im 11. Jahrhundert. Münster / Hamburg 1993, 37–45; zu Theophanu und Essen vgl. Torsten Fremer, Äbtissin Theophanu und das Stift Essen. Gedächtnis und Individualität in ottonischsalischer Zeit. Essen 2002. 37 Zum großen Teil betrafen diese Interventionen Angelegenheiten in ihren eigenen Klostergemeinschaften, wenn auch nicht ausschließlich; vgl. Müller-Wiegand, Vermitteln (wie Anm. 36), 201. 38 Müller-Wiegand, Vermitteln (wie Anm. 36), 203–228. Zu Sophia auch Otto Perst, Die Kaisertochter Sophie, Äbtissin von Gandersheim und Essen, in: Braunschweigisches Jahrbuch 38, 1957, 5–46; Gunther Wolf, Prinzessin Sophia (978–1039). Äbtissin von Gandersheim und Essen, Enkelin, Tochter und Schwester von Kaisern, in: Niedersächsisches Jahrbuch für Landesgeschichte 61, 1989, 105–123. 39 Müller-Wiegand, Vermitteln (wie Anm. 36), 211; Gerd Althoff, Gandersheim und Quedlinburg. Ottonische Frauenklöster als Herrschafts- und Überlieferungszentrum, in: FMASt 25, 1991, 123– 144, hier 132f. 40 Thietmari Merseburgensis episcopi chronicon. Ed. Robert Holtzmann, in: MGH SS rer. Germ. NS 9, Buch IV, 41.

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Die Quedlinburger Annalen bezeichnen sie zusammen mit der Kaisertochter Adelheid und der Kaiserwitwe Theophanu in der Zeit der Regentschaft nach dem Tode Ottos II. als dominae imperialis,41 und ihr Grabmal ziert der – ihr wie es scheint von Otto III. verliehene – Titel matricia, das weibliche Äquivalent des Titels patricius.42 Mit der Aufgabe, ihren Bruder zu vertreten, wurden auch die Schwestern Ottos III. Sophia von Gandersheim und Adelheid von Quedlinburg betraut;43 beiden fiel außerdem eine außergewöhnliche Rolle sowohl bei der Wahl Heinrichs II. als auch Konrads II. und der Anerkennung ihrer Herrschaft durch die Sachsen zu.44 Unbedingt erwähnt werden muss auch die hohe Stellung, die die ottonischen Äbtissinnen in der Kirche des Reiches einnahmen.45 Hervorzuheben ist außerdem die besondere Funktion und Position der von den Liudolfingern gestifteten Frauenabteien selbst, d. h. von Essen und inbesondere von Gandersheim und Quedlinburg. Bei ihnen handelte es sich um Zentren des ottonischen Totengedenkens; die beiden letztgenannten Hausklöster dienten zudem auch als Grabstätten für Vertreter der Ottonen46 sowie als wichtige Zentren der Schaffung und Be-

41 Annales Quedlinburgenses. Ed. Martina Giese, MGH SS rer. Germ. NS 72. Hannover 2004, unter dem Jahr 985, 475; vgl. Müller-Wiegand, Vermitteln (wie Anm. 36), 206. 42 Edmund E. Stengel, Die Grabschrift der ersten Äbtissin von Quedlinburg, in: Deutsches Archiv 3, 1939, 361–370 (Edition der Inschrift: 362f.). Zum Thema dieses Titels und seiner möglichen Bedeutung vgl. Müller-Wiegand, Vermitteln (wie Anm. 36), 211–214; Thilo Vogelsang, Die Frau als Herrscherin im hohen Mittelalter. Studien zur „consors regni“ Formel. Göttingen / Frankfurt / Berlin 1954, 27f. Wie es scheint, bezeichnet letzterer Mathilde nicht ohne Grund als „ungekrönte consors regni“, ebd. 28. 43 Althoff, Gandersheim (wie Anm. 39), 133. 44 Ebd., 133f. 45 Ein sichtbares Zeichen dieser Position bildete der besonders würdige Rahmen der Verleihung der Äbtissin-Würde an die Quedlinburger Äbtissin Mathilde, die – wie der Annalist Saxo schreibt – non uno, uti moris est, benedicente episcopo, sed cunctis regni archiepiscopis et episcopis in hoc opus cellectis benedicta est; Die Reichschronik des Annalista Saxo. Ed. Klaus Nass, in: MGH SS 37. Hannover 2006, 205 (zum Jahr 966); vgl. Althoff, Gandersheim und Quedlinburg (wie Anm. 39), 131. Zu einer ähnlichen Verletzung des Brauches kam es auch bei der Konsekration der Tochter Ottos II. Sophia. Sie soll die Annahme des Schleiers aus der Hand des Ortsbischofs, des Hildesheimer Bischofs Osdag, verweigert haben: indignum aestimans nisi a palligero consecrari; Vita Bernwardi episcopi Hildesheimensis auctore Thangmaro. Ed. Georg Heinrich Pertz, in: MGH SS 4. Hannover 1841, c. 13, 764. Das Ziel dieser Aktion war die Infragestellung seiner Oberherrschaft über das Kloster, vgl. Althoff, ebd., 121f.; Perst, Kaisertochter (wie Anm. 38), 5; Wolf, Prinzessin Sophia (wie Anm. 38), 107f. 46 Althoff, Gandersheim (wie Anm. 39), 123; Ders., Adels- und Königsfamilien im Spiegel ihrer Memorialüberlieferung. Studien zum Totengedenken der Billunger und Ottonen. München 1984, 133–136; 179–200; 213f.; Ders., Beobachtungen zum liudolfingisch-ottonischen Gedenkwesen, in: Karl Schmid / Joachim Wollasch (Hrsg.), Memoria. Der geschichtliche Zeugniswert des liturgischen Gedenkens im Mittelalter. München 1984, 649–665; vgl. auch Leyser, Rule (wie Anm. 14), 63–73.

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wahrung dessen, was Gerd Althoff als „ottonische Hausüberlieferung“ bezeichnet hat.47 Über die besondere Verbindung dieser Klöster mit den Ottonen entschied jedoch vor allem die Tatsache, dass an der Spitze dieser Konvente niemand anderer stand als Frauen aus dem Geschlecht der Liudolfinger. Was Gandersheim betrifft, so fungierten dort nacheinander drei Töchter Liudolfs als Äbtissinnen, danach die Tochter des Liudolfsohnes Otto; anschließend fiel dieses Amt zwei nicht näher bekannten Frauen zu, danach Gerberga, der Tochter Heinrichs von Bayern, und schließlich Sophia und Adelheid, den beiden Töchtern Ottos II.48 Das Amt der Äbtissin in Quedlinburg übernahm nach der ersten Äbtissin, der bereits mehrfach erwähnten Mathilde, Adelheid, die nach 1039 auch Äbtissin von Gandersheim war.49 Als Äbtissinnen in Essen fungierten nacheinander zwei Enkelinnen Ottos I.: zuerst Liudolfs Tochter, dann eine Tochter Ottos II., und danach Theophanu, die Tochter von Ezzo und Mathilde, eine Enkelin Ottos II.50 Nicht zu übersehen ist, dass etwa seit der Mitte des 10. Jahrhunderts in Gandersheim und Quedlinburg und seit den siebziger Jahren desselben Jahrhunderts auch in Essen ununterbrochen liudolfingische Frauen herrschten, deren Amtszeit länger dauerte als die Herrschaft ihrer Dynastie im Reich, nämlich bis in die vierziger und fünfziger Jahre des 11. Jahrhunderts. In Quedlinburg begann mit der Entstehung der Abtei und in Gandersheim seit Sophias Herrschaftsantritt im Jahre 1001 auch eine Zeit ununterbrochener Herrschaft von Königstöchtern, die im Äbtissinnenamt der Töchter Heinrichs III. eine Fortsetzung fand. Somit bestand bei den Liudolfingern einerseits eine ausdrückliche Tradition, viele ihrer Töchter für das Ordensleben zu bestimmen; andererseits gab es konkrete Frauenklöster, die eng mit dem Geschlecht und der Dynastie verbunden waren und an deren Spitze ununterbrochen Jungfrauen aus diesem Geschlecht, oft Königstöchter, standen. Die Privilegierung liudolfingischer Frauenklöster äußerte sich auch darin, dass sie alle zur Kategorie der abbatia regalis gezählt wurden, d. h. unter der speziellen Obhut des Königs standen, Immunität genossen51 und zugleich dem System servitium regis unterstanden.52 Außerordentlich stark war selbstverständlich auch ihre ökonomische Position. Ein gutes Beispiel dafür, wie die Liudolfinger für den Unterhalt ihrer Haus47 Althoff, Gandersheim (wie in Anm. 39), 126f.; 136–144. 48 Hans Goetting, Das Reichsunmittelbare Kanonissenstift Gandersheim (Das Bistum Hildesheim, Teil 1), in: Germania Sacra NF 7 (Die Bistümer der Kirchenprovinz Mainz). Berlin 1973, 293–298. 49 Ludwig Weiland, Chronologie der älteren Äbtissinnen von Quedlinburg und Gandersheim, in: Zeitschrift des Harz-Vereins für Geschichte und Altertumskunde 8, 1875, 474–489, hier 476f. 50 Fremer, Äbtissin Theophanu (wie Anm. 36), 44. 51 Leyser, Rule (wie Anm. 14), 68f. Zum Problem der Definition des Königsklosters John W. Bernhardt, Itinerant Kingship and Royal Monasteries in Early Medieval Germany, c. 936–1075. Cambridge 1993, 70–75. Ich verwende nicht die von Theodor Mayer, Fürsten und Staat. Weimar 1950, 25–27; 36–38; 48f.; 220–234; 306–308 vorgeschlagene Unterscheidung zwischen Königsklöstern und Reichsklöstern, sondern gehe mit Bernhardt, ebd., 72 davon aus, dass eine solche Unterscheidung nicht von den Quellen gestützt wird und in Wirklichkeit auch gar nicht existierte. 52 Bernhardt, Itinerant Kingship (wie Anm. 51), 75–135, bes. 75–84.

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klöster sorgten, bietet die Tatsache, dass sowohl Quedlinburg als auch Gandersheim nicht nur reichliche Landvergaben und Privilegien, sondern auch das Recht erhielten, eigene Münzen zu prägen.53 Beide Klöster – in einem gewissen Maße auch Essen – waren zudem wichtige Herrschaftszentren; sie bildeten ständige Haltepunkte auf der königlichen Reiseroute, in ihnen fanden Zusammenkünfte mit weltlichen Großen und Geistlichen statt und sie boten darüber hinaus einen Raum für königliche Ostentationen.54 Eine besondere Rolle kam diesbezüglich Quedlinburg zu; hier begingen die Könige aus der sächsischen Dynastie – von seiner Entstehung bis zum Jahre 1015 – viele Male Ostern, das wichtigste Fest des liturgischen Kalenders.55 Dabei bot sich stets Gelegenheit zu Begegnungen mit den Eliten des Landes sowie zu einer besonderen Zurschaustellung des Herrschers.56 An den Quedlinburger Begegnungen nahmen mehrere Male auch polnische und böhmische Herrscher teil. Die Piasten und Přemysliden konnten daher mit eigenen Augen den Stellenwert erkennen, den das Kloster in Quedlinburg im politisch-religiösen System des Reiches einnahm. Aber selbst ohne ihre persönliche Teilnahme an den Quedlinburger Zusammenkünften mussten sich die polnischen und böhmischen Herrscher der Rolle bewusst gewesen sein, die die Stiftung von Frauenklöstern im sächsischen Herrschergeschlecht spielte. Sie mussten wissen, dass in Deutschland und im Umkreis des Kaiserhofes sowohl die großen Äbtissinnen als auch die von ihnen geführten Konvente eine vielfältige und in ihrer Bedeutung kaum zu überschätzende Rolle im ottonischen Herrschaftssystem erfüllten. Ihre Vorbildwirkung war gewaltig, und die Nachahmung dieses Musters (Gründung von eng mit der Dynastie verbundenen Frauenkonventen in den christianisierten Herrschaftsbildungen Ostmitteleuropas und Unterbringung der Töchter aus der Herrscherdynastie in diesen Klöstern) bildete gewissermaßen einen natürlichen Schritt. Beginnen wir mit Böhmen, wo wir nicht nur Gewissheit über die Existenz eines dem hl. Georg geweihten Benediktinerklosters auf der Prager Burg, sondern auch einen recht detaillierten Bericht über dessen Gründung aus der Feder des Cosmas von Prag besitzen. Dieser schrieb, dass sich Mlada, die Schwester des böhmischen Herzogs Boleslav II., vor dem Jahre 967 nach Rom begeben habe, ubi tempore aliquanto degens 53 Ebd., 144–147, 153f. Essen erhielt das Recht, eigene Münzen zu prägen, höchstwahrscheinlich schon während der Regierungszeit Konrads II., vgl. ebd., 193. 54 Althoff, Gandersheim (wie in Anm. 39), 123; 127–130. Zu den Besuchen des Königs in diesen Klöstern Bernhardt, Itinerant Kingship (wie Anm. 51), 140f.; 151f.; 192. 55 Bernhardt, Itinerant Kingship (wie Anm. 51), 141f.; 146. Für uns ist es ohne Bedeutung, dass – wie Althoff, Gandersheim (wie in Anm. 39), 129f. gezeigt hat – die Tradition, das Osterfest in Quedlinburg zu begehen, älter ist als die Stiftung des Familienklosters und aus einer Zeit stammt, als sich in dieser Ortschaft nur die liudolfingische Pfalz befand. Denn von unserem Gesichtspunkt aus scheint wesentlich zu sein, dass in der zweiten Hälfte des 10. und zu Beginn des 11. Jahrhunderts die Quedlinburger Abtei den Raum bildete, wo der König zusammen mit seinem Hof Ostern feierte. 56 Althoff, Gandersheim (wie in Anm. 39), 127–130.

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monasticis sat disciplinis imbuitur.57 Den Worten des Chronisten zufolge habe ihr der Papst selbst die Würde der Äbtissin sowie den Ordensnamen Maria verliehen. Nach ihrer Rückkehr nach Prag habe Mlada-Maria ihrem Bruder ein Schreiben des Bischofs von Rom übergeben, in dem der Papst seine Zustimmung zur Gründung eines Bistums in der böhmischen Hauptstadt erteilte und gestattete, dass ad ecclesiam vero sancti Georgii martiris, sub regula sancti Benedicti et obedientia filie nostre, abbatisse Marie constituatur congregatio sanctimonialium.58 Das Schreiben hatte wohl sofortige Entscheidungen des Herzogs und seiner Schwester zur Folge; der Veitsdom wurde jedenfalls zum Sitz des künftigen Bischofs und die Kirche des hl. Georg zum Sitz des Nonnenkonvikts bestimmt.59 Aus chronologischen Gründen ist es nicht völlig sicher, ob dieses Schreiben tatsächlich – wie Cosmas will – an Boleslav II. adressiert war oder vielleicht eher an dessen Vater Boleslav I.,60 was letztlich allerdings nur von zweitrangiger Bedeutung ist. Wichtiger ist, dass der böhmische Herrscher ein Frauenkloster stiftete, das von Anfang an eng mit der Dynastie verbunden war; an der Spitze des Konvents stand seine Schwester (oder – falls diese Stiftung Boleslav I. zugeschrieben werden müsste – seine Tochter). Dabei entstand das Kloster nicht nur ganz in der Nähe des wichtigsten herzoglichen Sitzes, sondern zusätzlich noch an der vorher entstandenen Kirche St. Georg.61 Joanna A. Sobiesiak zufolge habe „der an dieser Kirche untergebrachte Konvent (…) ein außerordentliches Prestige [genossen], denn in der Krypta der St. Georgskirche befand sich die erste Nekropole der Přemysliden.“62 Es ist nicht ohne Bedeutung, dass dieses 57 Cosmae Pragensis Chronica Boemorum. Ed. Berthold Bretholz, in: MGH SS rer. Germ. NS 2. Berlin 1923, 42. 58 Ebd., 44. 59 Ebd. 42–44; vgl. Joanna A. Sobiesiak, Bolesław II Przemyślida († 999) [Boleslav II. der Přemyslide]. Kraków 2006, 22–24; zu Mlada-Maria auch Alžběta Birnbaumová, Dobrawa a Mlada [Dobrawa und Mlada], in: Karel Stloukal (Hrsg.), Královny a kněžny české. Praha 1996, 38–46; Rudolf Turek, Ctihodnà Mlada-Marie [Ehrwürdige Mlada-Marie], in: Jaroslav Kadlec (Hrsg.), Bohemia Sancta. Životopisy českých světců a přátel božich. Praha 1989, 78–84. 60 Sobiesiak, Bolesław II Przemyślida (wie Anm. 59), 175–179. 61 Dies ergibt sich eindeutig aus der hier erwähnten Überlieferung von Cosmas sowie aus beiden Redaktionen (Christian und Crescente fide) der Vita des hl. Wenzel, die übereinstimmend auf Herzog Vratislav als den Stifter dieser Kirche verweisen, vgl. Sobiesiak, Bolesław II Przemyślida (wie Anm. 59), 141f. In dieser Frage erheben auch die Archäologen keine Einwände, vgl. Anežka Merhautová, Bazilika sv. Jiří na Pražském hradě [Die Basilika des hl. Georg auf der Prager Burg]. Praha 1966, 22–34; Ivan Borkowský, Svatojiřska bazilika a kláster na Pražském hradě [Die hl. Georgs-Basilika und das Kloster auf der Prager Burg]. Praha 1975, 15–21. 62 Sobiesiak, Bolesław II Przemyślida (wie Anm. 59), 23. Hier sollten – außer der hl. Ludmilla und Mlada – Vratislav, Boleslav II. und Oldřich ihre letzte Ruhestätte finden, obwohl auch andere dynastische Beisetzungen nicht ausgeschlossen werden können, vgl. Borkowský, Svatojiřska bazilika (wie Anm. 61), 22–42 sowie Petr Sommer, Kaple Panny Marie v klášteře sv. Jiří na Pražském hradě a začátky české sakrální architektury [Die Kapelle der Jungfrau Maria im Georgskloster auf der Prager Burg und die Anfänge der böhmischen Sakralarchitektur], in: Luboš

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Kloster in einem Land entstand, in dem das Christentum bereits seit einiger Zeit präsent war, auch wenn zu beachten ist, dass die Verwurzelung der neuen Religion auch in Böhmen nicht ohne Störungen verlief. Generell kann also festgestellt werden, dass das St. Georgskloster nicht allzu lange nach der Taufe des ersten Herrschers entstanden war, wenn auch zu einem Zeitpunkt, zu dem der neue Glaube bereits einigermaßen gefestigt war. Bemerkenswert ist auch, dass es sich um das erste uns bekannte monastische Zentrum Böhmens überhaupt handelte, das den bezeugten Männerklöstern vorausging.63 Joanna A. Sobiesiak, die nach den Gründen gefragt hat, die die Přemysliden bei der Stiftung der Georgs-Abtei geleitet haben mögen, erinnert an die oben ausführlich besprochene Tradition der Liudolfinger und stellt treffend fest: „Man kann davon ausgehen, dass die Přemysliden, als sie ein eigenes Kloster stifteten und es weiblichen Mitgliedern ihrer Familie anvertrauten, bewusst an so große Vorbilder anknüpfen wollten. Als Nonne in einem Kloster, an dessen Stiftung zweifellos auch Boleslav II. beteiligt war, betete Mlada-Maria zusammen mit dem Konvent, den sie leitete, für das Wohlergehen der Přemyslidendynastie.“64 Auf der Suche nach Inspirationsquellen muss allerdings bemerkt werden, dass im Falle Böhmens auch ein Beispiel aus dem nahegelegenen Bayern außerordentlich starke Bedeutung gehabt haben könnte. Denn dort gab es eine starke Tradition funktionierender Frauenkonvente, die eng mit dem bayerischen Herzogshaus verbunden waren. Noch im 8. Jahrhundert hatten die dort regierenden Agilulfinger das Kloster Niedernburg in Passau und vor allem die beiden Regensburger Abteien Niedermünster und Obermünster gestiftet; mit letzterer Abtei waren sie besonders eng verbunden,65 erfüllte diese in der Dynastie doch eine ähnliche Funktion wie ab einem gewissen Zeitpunkt Quedlinburg für die Ottonen.66 In unserem Zusammenhang ist es jedoch wichtiger, dass die Tradition solcher Verbindungen in dem uns interessierenden Zeitraum von den bayrischen Herzögen aus dem Geschlecht der Liudolfinger weitergeführt wurde. Sie kümmerten sich besonders sorgsam um Niedermünster, wo Ottos I. Bruder Heinrich von Bayern eine neue Kirche errichtete, die er zur Grabstätte für seine Linie des Geschlechts bestimmte. Die Sorge um die Angelegenheiten des

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Polanský / Jiří Sláma / Dušan Třeštík (Hrsg.), Přemyslovský stát kolem roku 1000. Na paměť knížete Boleslava II. († 7. února 999). Praha 2000, 121–126; 316. Derwich, Studia (wie Anm. 1), 96. Sobiesiak, Bolesław II Przemyślida (wie Anm. 59), 24. Gabriele Schlütter-Schindler, Die bayerischen Herzöge als Gründer von Frauenkonventen, in: Schlotheuber / Flachenecker / Gardill, Nonnen, Kanonissen (wie Anm. 21), 106f; vgl. Röckelein, Bairische, sächsische und mainfränkische Klostergründungen (wie Anm. 21), 30–32; Irene Crusis, Im Dienst der Königsherrschaft. Königinnen, Königswitwen und Prinzessinnen als Stifterinnen und Äbtissinnen von Frauenstiften und -klöstern, in: Schlotheuber / Flachenecker / Gardill, ebd., 59–77, hier 60–65; Katrinette Bodarwé, Immer Ärger mit den Stiftsdamen – Reform in Regensburg, in: Schlotheuber / Flachenecker / Gardill, ebd., 79–102, hier 80–85. So Crusis, Dienst (wie Anm. 65), 64f.

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Konvents wurde beharrlich von seiner Witwe Judith fortgeführt, die sich im Kloster niederließ,67 und auch – in großem Umfang – von seinem Enkel, Kaiser Heinrich II.68 Die engen Verbindungen zwischen der bayrischen Linie der Liudolfinger und den Frauenklöstern manifestierten sich vor allem darin, dass ihre Vertreterinnen das Äbtissinnenamt ausübten; neben Gandersheim, wo die bereits erwähnte Gerberga, Tochter Heinrichs von Bayern, Äbtissin war, betraf dies auch die bayrischen Konvente: Brigitte, die Tochter Heinrichs des Zänkers und Schwester von Kaiser Heinrich II., wurde Äbtissin im Regensburger Mittelmünster,69 während ihre Schwester Gisela, bereits als Witwe des hl. Stephan, als Äbtissin im Kloster Niedernburg in Passau lebte.70 Wie ersichtlich, war der Einfluss der religiösen Kultur aus dem Reich – unabhängig davon, ob man eher die sächsischen oder die bayrischen Vorbilder betont – auf den nächsten Nachbarn der piastischen Herrschaftsbildung sicher ebenso bedeutsam wie der Einfluss ähnlicher Muster auf Polen. Im Falle der Piastenherrschaft mochte zusätzlich allerdings auch noch das böhmische Beispiel gewirkt haben. Schließlich ging die Taufe Polens der Stiftung des Benediktinerinnenklosters auf der Prager Burg zeitlich nur unbedeutend voraus, und bei den beiden wichtigsten dramatis personae – Boleslav II. und Mlada-Maria – handelte es sich schließlich um niemand anderen als die Geschwister der böhmischen Herzogstochter Dobrawa, die Polen das Christentum bringen sollte. Wie eingangs erwähnt, herrscht unter den polnischen Historikern Übereinstimmung darüber, dass zur Zeit der ersten piastischen Monarchie mindestens ein Frauenkonvent existierte. Im Lichte der bisherigen Ausführungen erscheint dies allerdings keineswegs selbstverständlich; auf jeden Fall bleiben weitaus mehr Unklarheiten als im Fall Böhmens. Traditionell gelten als Beweis für die Existenz eines Frauenklosters in Polen die Worte Bruns von Querfurt, der in seiner Vita quinque fratrum schreibt, dass die Schwestern der beiden polnischen Eremiten Isaak und Matthäus in monasterio inter numerum uirginum Deo militarunt.71 Gerard Labuda hat diesen Satz dahingehend kommentiert, dass es „in Polen (…) zur Zeit Bolesławs des Tapferen auch einen Nonnenorden [gegeben habe], aber über dieses Kloster (…) nichts Genaueres“ gesagt werden könne.72 Freilich behauptet der zitierte Abschnitt der Vita, der auch von anderen 67 Entgegen manchmal anzutreffenden Meinungen fungierte Judith nicht offiziell als Äbtissin, auch wenn sie faktisch die Führung des Klosters in Händen hielt – ähnlich wie in Quedlinburg Mathilde, die Witwe des Königs Heinrich I.; vgl. Bodarwé, Ärger (wie Anm. 65), 84 mit Anm. 31, dort weitere Literaturangaben zum Thema. 68 Crusis, Dienst (wie Anm. 65), 65f.; Bodarwé, Ärger (wie Anm. 65), 83f. 69 Crusis, Dienst (wie Anm. 65), 72. Brigitte verband diese Funktion mit der Abtei im elsässischen Andlau. 70 Ebd., 73f. 71 Vita quinque fratrum eremitarum [seu] vita uel passio Benedicti et Iohannis sociorumque suorum auctore Brunonis Querfurtensi. Ed. Jadwiga Karwasińska, in: MPH NS, 4/3. Warszawa 1973, 59. 72 Labuda, Szkice historyczne (wie Anm. 1), 61. Meiner Überzeugung nach gibt diese Ansicht den faktischen Wissensstand über das erste Frauenkloster gut wieder, so dass ich an dieser Stelle die

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Mediävisten als ein sicheres Zeugnis für die Existenz einer Niederlassung von Nonnen oder Kanonissen in Polen herangezogen wird,73 in Wirklichkeit so etwas gar nicht. Denn wir erfahren hier lediglich, dass zwei der aus Polen stammenden Mönche Schwestern hatten, die als Nonnen dienten, aber wir wissen nicht, ob sich ihr Kloster tatsächlich in Polen befand (und können es höchstens vermuten). In der Vita quinque fratrum finden wir noch einen weiteren Satz, der an die Nonnen erinnert. Und zwar lesen wir über die Beisetzung der ermordeten Brüder: et quia tandem tercio die hoc potuit episcopo terrę nunciari, clericorum et sanctimonialium utpute in rudi christianismo.74 Dieses Fragment muss allerdings gewisse Zweifel wecken: zwar erwähnt Brun eine Weile später den Namen des Bischofs – Unger75 –, was aber nicht bedeuten muss, dass seine Schilderung der Beisetzung einen genauen Bericht über die Ereignisse darstellt. Mit anderen Worten: Wir können den Bischof, der mit einem angemessenen Gefolge von Geistlichen und Nonnen zur Beisetzung seiner Mönche erscheint, getrost als eine literarische Figur ansehen. Denn wie sollte eine Beisetzung heiliger Märtyrer denn aussehen, wenn nicht so – begleitet von den Gebeten des gesamten Klerus unter Führung des Ortsbischofs? Beide Informationen aus der Vita quinque fratrum, insbesondere die erste, die die Schwestern von Isaak und Matthäus betrifft, liefern zugegebenermaßen ein gewisses Indiz für die Existenz eines Frauenklosters im frühpiastischen Polen. Aber es dürfte doch wohl schwierig sein, sie als definitiven Beweis anzuerkennen. Freilich kennen wir noch eine weitere Quelle, die der Aufmerksamkeit der zu den Anfängen des polnischen Frauenmonastizismus arbeitenden Forscher bislang allerdings entgangen ist. Es handelt sich um eine Notiz Thietmars von Merseburg, in der kurz von einer der drei Töchter Bolesławs des Tapferen als Äbtissin die Rede ist, jedoch ohne jegliche weitere Information.76 Selbstverständlich besagt das für sich selbst noch nicht viel über die Situierung des Klosters, an deren Spitze die Tochter Bolesławs gestanden hat. Im Gesamtkontext der Chronik des Merseburger Bischofs ist das Schweigen über den Ort, an dem die Tochter Bolesławs ihr Amt ausübte, allerdings bedeutsam. Denn wir müssen uns dessen bewusst sein, dass Thietmar (und mit ihm ganz gewiss auch sein Leser) ein Mensch war, der sich in der Welt der deutschen Aristokratie und der Kirche bestens auskannte und hervorragend darüber informiert war, welchen Stellenwert die einzelnen Bistümer und Klöster auf der politischen und sozialen Landkarte des Reiches einnahmen. Interessant ist, dass die Piastentochter die einzige von Thietmar erwähnte Äbtissin

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von Gieysztor, Pierwsi benedyktyni (wie Anm. 1), 14 und Derwich, Czy Dobrawa była fundatorką (wie Anm. 1), 640f. angestellten Vermutungen über seine Lokalisierung übergehe. So zum Beispiel Derwich, Studia (wie Anm. 1), 95; Ders., Czy Dobrawa była fundatorką (wie Anm. 1), 640. Vita quinque fratrum. Ed. Karwasińska (wie Anm. 71), 66. Ebd., 67. Peperit haec (…) filias quoque tres, quarum una est abbatissa. Thietmari Merseburgensis episcopi chronicon. Ed. Holtzmann (wie Anm. 40), IV, 58.

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ist (lassen wir eine anekdotische Person einmal außer Betracht77), für die der Chronist nicht den Ort ihrer Amtsausübung mitteilt. Im Falle aller anderen erwähnten Nonnen oder Einsiedlerinnen werden solche Informationen stets angegeben. Was die Äbte betrifft, so ist der polnische Abt Tuni (Antonius) der einzige, dessen Kloster der Chronist nicht nennt.78 Das Verschweigen des Namens des Klosters, in dem die Tochter Bolesławs des Tapferen Äbtissin war, scheint mithin aus der Tatsache zu resultieren, dass dieser für Thietmar unwichtig war oder dass er ihn ganz einfach nicht kannte. Eine solche Situation wäre nicht möglich, falls dies ein deutsches Kloster gewesen wäre – somit dürfte die Piastentochter ihr Amt in Polen ausgeübt haben, wobei als Stifter dieses Klosters niemand anderer in Frage kommen konnte als der Herrscher selbst – wohl Bolesław der Tapfere, vielleicht aber auch schon Mieszko I.79 Nimmt man an, dass in der ersten piastischen Monarchie tatsächlich bereits ein Frauenkloster existierte, dann stellt sich die Frage nach dessen späterem Schicksal. Über dieses wissen wir überhaupt nichts, und das Schweigen lässt vermuten, dass das Kloster, sollte es bestanden haben, nicht bis zur zweiten piastischen Monarchie, d. h. in die zweite Hälfte des 11. Jahrhunderts hinein überlebt hat. Dafür spricht indirekt auch die Tatsache, dass sowohl die Tochter von Herzog Władysław Herman als auch jene von Bolesław Schiefmund in deutsche Abteien gegeben wurden. Selbstverständlich ist leicht vorstellbar, dass das fragliche Frauenkloster die tiefe Herrschaftskrise der 1030 bis 1040er Jahre nicht überdauert hat, aber es lohnt sich dennoch zu fragen, warum es anschließend nicht wiederbelebt worden ist. Oder anders formuliert: Gab es, so wie es Gründe für die Errichtung einer derartigen Institution in der ersten Monarchie gab, auch Gründe für die Entstehung eines solchen Klosters in der zweiten Monarchie? Interessanterweise begegnen auch in Böhmen nach der spektakulären Stiftung des Klosters St. Georg im 11. Jahrhundert keine weiteren neuen Frauenklöster. Dies ist an sich schon bemerkenswert, doch noch erstaunlicher erscheinen die weiteren Geschicke des Prager Klosters selbst. Tschechische Historiker, die zu Recht auf die Verbindungen des Klosters zu den Přemysliden verweisen, fügen manchmal hinzu, dass seine Äbtissinnen von Anfang an häufig Vertreterinnen der Herrscherfamilie waren.80 Tatsächlich 77 Hiermit meine ich die Äbtissin Gerberga (Thietmari Merseburgensis episcopi chronicon [wie Anm. 40], III, 3). Aber selbst in diesem Fall kann aus dem Kontext geschlossen werden, dass sie die Oberin eines der Kölner Klöster war, was sowohl Friedrich Kurze als auch der sich auf ihn stützende polnische Herausgeber der Quelle, Marian Z. Jedlicki, bemerkten. 78 Thietmari Merseburgensis episcopi chronicon. Ed. Holtzmann (wie Anm. 40), VII, 20–21; VIII, 33. Zu Abt Tuni vgl. Tadeusz Wojciechowski, Szkice historyczne jedynastego wieku [Historische Skizzen zum 11. Jahrhundert]. Poznań ²2004, 23. 79 Selbstverständlich darf auch die Person der Dobrawa nicht ausgeschlossen werden, worauf Derwich, Czy Dobrawa była fundatorką (wie Anm. 1), 641f. hinweist; aber die zugunsten dieser These vorgebrachten Argumente können wohl kaum als überzeugend anerkannt werden. 80 Vgl. Renáta Modráková, Úřad abatyše kláštera benediktinek u sv. Jiří na Pražském hradě v období 13.–14. století [Das Äbtissinnenamt des Benediktinerklosters beim hl. Georg auf der

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sind auch noch aus späterer Zeit Zeugnisse für die Bevorzugung von Přemyslidentöchtern bekannt, etwa die Betrauung der Tochter Vladislavs II. Agnes, der Oberin aus dem Kloster in Doksany, mit dem Äbtissinnenamt von St. Georg81 oder die Abdankung der Äbtissin Sophia zugunsten der Přemyslidentochter Kunigunde (Kunhuta) im Jahre 1302.82 Dies sind jedoch Zeugnisse aus dem 13. und 14. Jahrhundert. Betrachten wir dagegen das 11. und 12. Jahrhundert, so stellt sich heraus, dass für diese Zeit keine Belege dafür vorliegen, dass Vertreterinnen der Dynastie mit dem Amt der Äbtissin betraut worden wären. Mehr noch: Beide uns aus dem 11. Jahrhundert aus der Chronik des Cosmas bekannten Äbtissinnen – Bruninis filia83 und Windelmuth84 – waren mit Sicherheit keine Přemyslidentöchter.85 Auch über die Entsendung přemyslidischer Töchter ins Kloster während des 11. und 12. Jahrhunderts wissen wir nicht viel; das einzige Zeugnis dafür ist eine von Cosmas benutzte Formulierung in Bezug auf Ludmilla, die Tochter Vratislavs II., anlässlich der Beisetzung ihres Bruders Břetislav II. Der Chronist nennt sie Deo devota famula,86 was die tschechische Historiografie als Beweis dafür ansieht, dass sie eine Nonne war. Tatsächlich aber kann Cosmas’ Formulierung kaum als präzise betrachtet werden – und erst recht kann auf ihrer Grundlage kaum spekuliert werden, ob Ludmilla etwa eine Benediktinerin auf der Prager Burg war. Tatsächlich war die erste Přemyslidentochter nach Mlada-Maria, von der wir mit Sicherheit wissen, dass sie in St. Georg lebte und dort das Amt der Äbtissin ausübte, die bereits erwähnte und 1228 verstorbene Agnes, die Tochter Vladislavs II. Mit anderen Worten: Es scheint, dass dieses Kloster, das doch als eng mit den Přemysliden verbunden galt, fast 200 Jahre lang ohne eine diesem Geschlecht entstammende Äbtissin ausgekommen ist, so dass nach der tatsächlichen Stärke der Verbindungen zwischen dem Herrscherhaus und dem Konvent gefragt werden muss. Ein gesondertes Problem stellt das Memorialgebet für die verstorbenen Přemysliden im Kloster St. Georg dar. In den erhaltenen, allerdings recht späten, weil vom Beginn des 14. Jahrhunderts stammenden Kalendern der Abtei finden wir – für ein mit der

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Prager Burg im 13. und 14. Jahrhundert], in: Pavel Kraft (Hrsg.), Sacri canones servandi sunt. Ius canonicum et status ecclesiae saeculis XIII–XV. Praha 2008, 580–587, hier 591. Josef Žemlička, Přemyslovci. Jak žili, vládli, umírali [Die Přemysliden. Wie sie lebten, herrschten, starben]. Praha 2005, 206f. Renáta Sádlová, Svatojiřský klášter ve světle jeho nekrologický přípisků. Jeden z méně užínaných pramenů ke klášterním dějinám [Das Kloster des hl. Georg im Lichte seiner Totenbücher. Eine der weniger genutzten Quellen zur Klostergeschichte]. Typoskript, Lehrstuhl für Historische Hilfswissenschaften und Archivstudien, Karls-Universität Prag 2004, 15. Cosmae Pragensis Chronica Boemorum. Ed. Bretholz (wie in Anm. 57), 104. Ebd., 171. Žemlička, Přemyslovci (wie Anm. 81), 206. Cosmae Pragensis Chronica Boemorum. Ed. Bretholz (wie in Anm. 57), 175.

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Dynastie verbundenes Kloster – erstaunlich wenige Namen früher Přemysliden.87 Zusammenfassend muss bemerkt werden, dass im böhmischen Herzogsgeschlecht im 11. Jahrhundert kaum eine solche Begeisterung festzustellen war, wie wir sie im liudolfingischen Sachsen beobachten konnten und deren böhmisches Zeugnis wohl die Stiftung der Abtei St. Georg und die Person der Mlada-Maria darstellte. Sollte dies ein Echo aktueller Trends innerhalb der religiösen Kultur des salischen Reiches gewesen sein, für dessen Eliten und Herrscherhaus ein Frauenkonvent bereits keine attraktive Form der Manifestierung der eigenen Frömmigkeit mehr darstellte? Auch bei der Suche nach einer Antwort auf diese Frage müssen wir erneut nach dem westeuropäischen Kontext fragen. Blick man über das Reich hinaus, so ist festzustellen, dass sich der Frauenmonastizismus im 11. Jahrhundert in einer deutlichen Krise befand,88 die außerhalb des Reiches im Übrigen auch bereits früher erkennbar ist.89 In Folge dieser Krise war die Zahl der Frauenklöster im Jahre 1050, wie Bruce L. Venarde mit Blick auf England und Frankreich bemerkt, weiterhin geringer als drei Jahrhunderte zuvor.90 Zwar brachte das 11. Jahrhundert, besonders in seiner zweiten Hälfte, einen gewissen Zuwachs an Stiftungen. Doch muss die Zahl der im 11. Jahrhundert neu entstehenden Frauenklöster mit jener der neuen Männerklöster in Beziehung gesetzt werden, um die Bedeutung dieses Zuwachses richtig zu verstehen. Einen derartigen Vergleich hat Jane T. Schullenburg angestellt. Ihren Berechnungen zufolge entstanden im 11. Jahrhundert auf dem Territorium Englands sieben Frauenklöster, während im gleichen Zeitraum 67 Männerklöster errichtet wurden; noch eindrucksvoller fallen die entsprechenden Angaben für Frankreich aus, wo 61 Frauen- 1461 (sic!) Männerklöstern gegenüberstanden.91 Damit war der prozentuale Anteil der Frauenklöster an allen Stiftungen niedriger als jemals zuvor im Verlauf der vorangegangenen fünf Jahrhunderte.92 87 Damit meine ich die Kalender aus der Zeit der Äbtissin Kunigunde (Kunhuta), in denen unter den vor dem 13. Jahrhundert verstorbenen Přemysliden neben der hl. Ludmilla und Wenzel nur Mlada, Bořivoj und Boleslav II. erwähnt werden. Edition der Quelle: Svatojuřské kalendáře doby Abatyše Kunhuty [Die Kalender des St. Georgklosters zur Zeit des Abatiats von Kunigunde]. Ed Zdenka Hledíková, in: Acta Universitatis Carolinae. Philosophica et Historica. Z pomocných věd historických 9, 1991, 61–81. Zu älteren Kalenderhandschriften des Klosters St. Georg vgl. Kalendáře rukopisů kláštera sv. Jiři [Kalenderhandschriften des St. Georgsklosters]. Ed. Zdenka Hledíková, in: Acta Universitatis Carolinae. Philosophica et Historica. Z pomocných věd historických 8, 1988, 35–78. 88 Bruce L. Venarde, Women’s Monasticism and Medieval Society: Nunneries in France and England, 890–1215. Ithaca / London 1997, 18. 89 Schullenburg, Women’s Monastic Communities (wie Anm. 8), 268f. 90 Venarde, Women’s Monasticism (wie Anm. 88), 44. 91 Schullenburg, Women’s Monastic Communities (wie Anm. 8), 266. 92 An dieser Stelle beabsichtige ich nicht, die Frage nach den Ursachen dieser Disproportion zu behandeln. Es sei lediglich bemerkt, dass ein beträchtlicher Teil der neuen Klöster der Erneuerungsbewegung angehörte, die im Effekt der regen Tätigkeit von Cluny oder auch anderer

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Während im 9. und 10. Jahrhundert in Westeuropa die Krise des Frauenmonastizismus andauerte, erlebte das Reich – wie dargestellt – diesbezüglich eine Zeit höchster Blüte. Aber das 11. Jahrhundert brachte auch hier eine prinzipielle Veränderung mit sich. Seit der Zeit Heinrichs II. und Konrads II. trat auch im Reich das dort bis dahin unbekannte Phänomen einer Krise des Frauenmonastizismus in Erscheinung. Damit beraubte es zugleich die Nachbarländer eines wichtigen Impulses zur Entwicklung von Frauenkonventen. Wie Karl Leyser in diesem Zusammenhang festgestellt hat, ließ das sächsische Interesse an einer Stiftung von Frauenklöstern seit der dritten Dekade des 11. Jahrhunderts nach, während sich das fromme Patronat stattdessen der Unterstützung der Entwicklung von Kanonikerhäusern und einer größeren Zahl von Männerabteien zuwandte.93 Und Michel Parisse bemerkt, dass die Zahl der Frauenklöster in Sachsen seit Mitte des 11. bis Mitte des 12. Jahrhunderts im Prinzip stabil war, nur einige wenige Klöster aufgelöst wurden und auch nur einige wenige neue entstanden,94 was doch einen deutlichen Kontrast gegenüber dem vorherigen Zeitraum ihrer stürmischen Entwicklung darstellt. Angesichts der Tatsache, dass die Zahl der Männerklöster weiterhin wuchs, fällt es schwer, diese Feststellung nicht als Beweis einer Krise zu verstehen. Nach Parisse musste das Herrscherhaus von dieser Entwicklung selbst dann betroffen sein, wenn die Krise des Frauenmonastizismus und das nachlassende Interesse der Reichseliten an ihm keinen gesamtgesellschaftlichen Charakter trug. So konstatiert er denn auch, dass die ottonische Sorge für die sächsischen Frauenklöster von den Saliern reformatorischer Kongregationen entstanden war. Allerdings hat Clifford H. Lawrence, Medieval Monasticism. Forms of religious life in Western Europe in the Middle Ages. London / New York 1984, 178 festgestellt: „Women, in fact, played no active part in the initiatives that launched the major ascetical revivals of the tenth and eleventh centuries. (…) Those women's houses that were founded in their [men's monasteries] wake were few and undistinguished by comparision with the plethora of important foundations for monks.“ Es scheint, dass die Krise der weiblichen Ordenshäuser, die sich im Westen im 11. Jahrhundert eher vertiefte, unter anderem gerade mit diesen reformatorischen Bewegungen in Verbindung stand. Hinsichtlich der Ideale der Reform musste sich die Tatsache einer im Vergleich zu den Männerklöstern engeren Verbindung der Frauenklöster sowohl mit dem Königshaus als auch mit den Familien der Stifter immer stärker zu deren Ungunsten auswirken. Vor allem aber fehlte es am Impuls zur Entstehung neuer Häuser, wie sie im Falle des männlichen Monastizismus existierten. Denn es lohnt sich bewusst zu machen, dass das erste der Kongregation von Cluny angeschlossene Frauenkloster, die Abtei Marcigny, im Jahre 1055 entstand, d. h. anderthalb Jahrhunderte nach der Stiftung von Cluny selbst, während es in Europa schon Hunderte von mit dieser Abtei affiliierten Männerklöstern gab; Schullenburg, Women’s Monastic Communities (wie Anm. 8), 279; Venarde, Women’s Monasticism (wie Anm. 88), 47–51. Ich übergehe hier die aufgrund ihrer Begleitumstände spezifische Frage der Gründung eines Frauenklosters durch Odo von Cluny, hierzu vgl. Schullenburg, ebd., 279; Venarde, ebd., 49. Auch später entstanden trotz der weiteren Entwicklung der männlichen Linie nur sehr wenige cluniazensische Frauenklöster – bis zum Jahre 1200 wurden mit der Burgunder Abtei nur 15 affiliiert, Venarde, ebd., 50, Anm. 113. 93 Leyser, Rule (wie Anm. 14), 65. 94 Parisse, Frauenstifte (wie in Anm. 15), 493.

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ganz einfach nicht weitergeführt worden ist.95 Dies äußerte sich auf verschiedene Wiese; vor allem stifteten die Vertreter der neuen Dynastie keine neuen Frauenklöster mehr. Auch das Interesse der neuen Dynastie an den großen königlichen Stiftungen ihrer Vorgänger wie Quedlinburg und Gandersheim war deutlich geringer ausgeprägt als bei ihren Vorgängern, so dass diese Abteien deutlich an Prestige verloren.96 Auch das allgemeine Interesse an den Frauenklöstern war eindeutig rückläufig; die Zahl der sie betreffenden königlichen Urkunden ging deutlich zurück – ein Phänomen, das interessanterweise seit dem Herrschaftsantritt Heinrichs III. auch in Italien in Erscheinung trat.97 Die vorangehenden Betrachtungen führen zu folgenden Schlussfolgerungen: Weder das religiöse Klima in Westeuropa noch im nahegelegene Reiches war in dieser Zeit neuen Stiftungen von Frauenklöstern förderlich. Während noch zu Beginn des 11. Jahrhunderts die aus der imitatio deutscher Vorbilder resultierenden Impulse zur Gründung eines Frauenkonvents sowohl in Polen als auch in Böhmen außerordentlich stark gewesen sein müssen, mussten solche Impulse in späterer Zeit ganz einfach fehlen. Vor diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, dass wir im Zusammenhang mit den piastischen und přemyslidischen Stiftungen neuer Bistümer und Benediktinerabteien nichts von neuen Frauenklöstern hören.98

95 Ebd., 475; 484f. 96 Zwar unterstützten Konrad II., Heinrich III. und sogar Heinrich IV. Gandersheim und Quedlinburg, aber ihr Hauptmotiv bestand hier wohl eher in der Suche nach Unterstützung der achtbaren (und reichen) Abteien gegen die Opposition in Sachsen, wo die Position der Dynastie ja nicht allzu stark war, vgl. Bernhardt, Itinerant Kingship (wie Anm. 51), 69; 156; Althoff, Gandersheim (wie Anm. 39), 134. Ähnlich muss wohl auch die Tatsache verstanden werden, dass hier noch Beatrix und Adelheid, die Töchter Heinrichs III., als Äbtissinnen fungierten. Aber nach dem Tode beider Kaiserstöchter verminderte sich der Rang der Äbtissinnen von Quedlinburg und Gandersheim deutlich, und die Lektüre der Liste der nächsten Äbtissinnen erlaubt zu bemerken, dass jetzt schon Töchter von Aristokraten dieses Amt bekleideten, vgl. Weiland, Chronologie (wie Anm. 49), 478–482; Goetting, Kanonissenstift Gandersheim (wie Anm. 48), 301–307. 97 Wemple, Female Monasticism (wie Anm. 21), 297f. 98 Vgl. die These von Marcin R. Pauk, Płock i Spira. Piastowska imitatio imperii na przełomie XI i XII wieku? [Płock und Speyer. Eine piastische imitatio imperii an der Wende vom 11. zum 12. Jahrhundert?], in: Agnieszka Bartoszewicz / Grzegorz Myśliwski / Jerzy Pysiak (Hrsg.), Świat średniowiecza. Studia ofiarowane Profesorowi Henrykowi Samsonowiczowi. Warszawa 2010, 492–523, bes. 516–523, der das Interesse der Piasten der zweiten Monarchie an der Stiftung von Diözesen und ihr nur geringes Interesse an der Stiftung von Klöstern oder Kanonikerorden gerade auf die salische Inspiration zurückführt; vgl. auch die Bemerkungen über das System der Reichskirche und dessen Einfluss auf Mitteleuropa bei Marcin R. Pauk / Ewa Wółkiewicz, Ministri enim altaris ministri curie facti sunt. Ottońskosalicki „system“ Kościoła Rzeszy i jego oddziaływanie w Europie Środkowej XI–XII wieku [Ministri enim altaris ministri curie facti sunt. Das ottonischsalische „System“ der Reichskirche und sein Einfluss in Mitteleuropa im 11.–12. Jahrhundert], in: Dobosz, Kościół w monarchii Przemyślidów (wie Anm. 1), 105–138.

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Ein anderes Problem ergibt sich aus dem Umstand, dass in vielen westlichen Ländern die Entstehung von Frauenklöstern nach der Christianisierung auf ein bestimmtes Bedürfnis – sei es mentaler oder sozialer Natur – zurückging. Wie wir uns erinnern, ging mit der Annahme des Christentums stets eine Blütezeit des Frauenmonastizismus einher – und dies nicht nur für die ersten Jahrzehnte nach Annahme der Taufe, sondern eher über einen längeren Zeitraum. Wenn wir die oben geschilderten Fälle verfolgen, dann stellt sich heraus, dass die Zeit der Blüte für das weibliche Klosterleben in den neu getauften Ländern noch nahezu weitere 100 bis 150 Jahre hindurch andauerte. Ein derartiges Phänomen ist in Polen und Böhmen nicht erkennbar. Wir wissen weder etwas über monarchische Stiftungen neuer Frauenklöster, noch von entsprechenden Stiftungen Großer. Angesichts des Umstands, dass sich die religiöse Kultur Polens und Böhmens in der ersten Zeit nach Annahme des Christentums vor allem auf Nachahmung stützte, erscheint das verwunderlich und tatsächlich schwer erklärlich. Denn wie anders wäre zu erklären, dass in diesen beiden Ländern unter den Bedingungen eines noch recht jungen Christentums Frauenklöster entstanden, wenn nicht dadurch, dass zu jener Zeit der Frauenmonastizismus im benachbarten Reich noch eine ungeheure religiöse und soziale Rolle erfüllte. Dagegen stößt der Frauenmonastizismus in den darauffolgenden Jahrzehnten, trotz der Festigung des neuen Glaubens, nicht mehr auf das Interesse der polnischen und böhmischen Eliten – und dies gerade in dem Moment, da er auch aufhört, die Eliten des Reichs und anderer Länder mit einer längeren christlichen Geschichte zu interessieren. Daher scheint es, dass der faktische Einfluss der mit der Ideologie des weiblichen Ordenslebens verbundenen Spiritualität auf die Mentalität der polnischen oder böhmischen Eliten nicht Jahrzehnte, sondern eher Jahrhunderte andauerte. Ein erstes Indiz dafür wäre in Böhmen mithin erst die Gründung des Prämonstratenserinnenklosters in Doksany durch Vladislav II. und seine Gattin Gertrud in den vierziger Jahren des 12. Jahrhunderts.99 In Polen äußerte er sich dann erst in den Stiftungen weltlicher Großer während der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts und in den seit dem 13. Jahrhundert auftretenden dynastischen Stiftungen.

99 Vgl. Pavel Vlček / Petr Sommer / Dušan Foltýn, Encyklopedie českých klášterů [Enzyklopädie der böhmischen Klöster]. Praha 1998, 212f.

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Die Schenkungen Bolesławs III. und Salomeas von Berg an die Bendiktinerabtei Zwiefalten in den 1130–40er Jahren

Schenkungen zugunsten fremder kirchlicher Institutionen bilden ein gemeinsames Element der Biografien der meisten polnischen Herrscher des Frühmittelalters. Über die Umstände dieser Stiftungen lässt sich nicht immer so viel sagen wie im Falle der berühmten Schenkung Władysław Hermans zugunsten des Bamberger Doms oder der großzügigen Gaben dieses Herzogs und seiner Gattin für St. Gilles. Die Schenkungen Bolesław III. Schiefmunds und seiner zweiten Frau Salomea von Berg, für die schwäbische Benediktinerabtei Zwiefalten, denen der folgende Artikel gewidmet ist, gehören zur Gruppe der in den Quellen verhältnismäßig gut beurkundeten Stiftungen. Die bis heute erhaltenen Chroniken und das Klosternekrologium aus dem 12. Jahrhundert beleuchten neben den Donationen selbst auch weitere Aspekte der Kontakte zwischen Polen und Zwiefalten.1 1 Seit Aleksander Przezdziecki, Ślady Bolesławów polskich po obcych krajach. Opowiadanie historyczne [Spuren der polnischen Bolesławen in fremden Ländern. Historische Erzählung]. Warszawa 1853, 55–86 hat sich mit der Frage lediglich Józef Płocha, Zwiefalten, in: Gerard Labuda / Zdzisław Stieber (Hrsg.), Słownik starożytności słowiańskich, Bd. 7. Wrocław 1982, 191f. befasst; eine umfassende Übersicht über die Kontakte Polens mit der Hirsauer Bewegung bietet Ders., Najdawniejsze dzieje opactwa benedyktynów w Mogilnie [Die älteste Geschichte der Benediktinerabtei in Mogilno]. Wrocław / Warszawa / Kraków 1969; vgl. auch Gerard Labuda, Zabiegi o utrzymanie jedności państwa polskiego w latach 1138–1146 [Die Bemühungen um die Wahrung der Einheit des polnischen Staates in den Jahren 1138–1146], in: Kwart. Hist. 66, 1959, 1147– 1169; Karol Maleczyński, [Rezension zu Gerard Labuda, Testament Bolesława Krzywoustego], in: Sobótka 16, 1961, 104–112; Stanisław Zajączkowski, Dawne ziemie łęczycka i sieradzka w XII w. [Die früheren Länder Łęczyca und Sieradz im 12. Jahrhundert], in: Rocz. Hist. 29, 1963, 193–214; von genealogischen Studien: Oswald Balzer, Genealogia Piastów [Die Genealogie der Piasten]. Kraków 1895; Kazimierz Jasiński, Rodowód pierwszych Piastów [Der Stammbaum der ersten Piasten]. Warszawa / Wrocław 1992; viel Neues sowohl über die Zwiefaltener Chroniken als auch die mit Zwiefalten verbundene polnische Problematik bietet Herrad Spilling, Sanctarum reliquiarum pignera gloriosa. Quellen zur Geschichte des Reliquienschatzes der Benediktinerabtei Zwiefalten. Bad Buchau 1992.

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Die Benediktinerabtei Zwiefalten Das etwa 45 km südlich von Ulm nahe der Donau gelegene Kloster Zwiefalten wurde im Jahre 1089 von zwei Brüdern gestiftet, den Grafen Kuno von Wülflingen (gest. 1092) und Liutold von Achalm (gest. 1098).2 Als Ratgeber dienten beiden Stiftern der Würzburger Bischof Adalbero sowie der Hirsauer Abt Wilhelm. Letzterer war einer der Hauptbefürworter der monastischen Reformbewegung in der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts und der Vater der Hirsauer Reform und soll auch persönlich an der Gründung von Zwiefalten beteiligt gewesen sein.3 Der erste, zwölf Mönche und fünf Konversen zählende Konvent des neuen Klosters stammte eben aus Hirsau, von denen, die – nach Meinung eines der Zwiefaltener Chronisten – eo tempore sub Willihelmo abbate in regulari disciplina secundum Cluniacenses omnes videbantur praeire.4 Seit seiner Entstehung wurde Zwiefalten somit zu einem Zentrum der Reformbewegung. Im Hirsauer Geist realisiert, wich diese Reform in Wirklichkeit etwas von dem in Cluny erarbeiteten Modell ab. Im Gegensatz zu den Cluniazensern strebte Wilhelm von Hirsau nicht die Schaffung einer eigenen, hierarchisierten Kongregation an, so dass Zwiefalten relativ schnell seine Selbständigkeit erlangte.5 Zwei Jahre nach erfolgter Stiftung erhielt der Konvent einen eigenen, von Wilhelm ernannten Abt – Noker (Nogger). Dessen Nachfolger, der junge Mönch Ulrich, wurde 1095 bereits durch Wahl in dieses Amt berufen.6 Der Hirsauer Praxis gemäß strebte die in der Diözese Konstanz gelegene Abtei keine Exemption von der Jurisdiktion des Ortsbischofs an.7 Eine der Hauptforderungen der 2 Eine Zusammenstellung der älteren Literatur bei Wilfried Setzler, Zwiefalten, in: Germania Benedictina 5: Baden-Württemberg. Augsburg 1975, 680–709, hier 702ff.; zur ältesten Geschichte des Klosters vgl. vor allem Wilfried Setzler, Kloster Zwiefalten. Eine schwäbische Benediktinerabtei zwischen Reichsfreiheit und Landsässigkeit. Studien zu ihrer Rechts- und Verfassungsgeschichte. Sigmaringen 1979 sowie Hermann Josef Pretsch (Hrsg.), 900 Jahre Benediktinerabtei Zwiefalten. Ulm 1989; Hermann Josef Pretsch, Geschichte des Klosters, in: Ders. (Hrsg.), Kloster Zwiefalten. Ulm 1986, 10ff. Zur Gründung des Klosters siehe Ortlieb I, 3, 18, zitiert nach Luitpold Wallach / Erich König / Karl Otto Müller (Hrsg.), Die Zwiefalter Chroniken Ortliebs und Bertholds. Sigmaringen ²1978 und Berthold 1, 189, zitiert nach Berthold of Zwiefalten´s Chronicle. Ed. Luitpold Wallach, in: Traditio 13, 1957, 153–248. 3 Berthold (wie Anm. 2), 1, 189; Ortlieb (wie Anm. 2), I, 11, 56 nennt Wilhelm als Klostergründer: fundator istius monasterii. Über die Rolle Wilhelms bei der Gründung von Zwiefalten Reinhold Halder, Zur Bau- und Kunstgeschichte des alten Zwiefalter Münsters und Klosters, in: Pretsch, 900 Jahre (wie Anm. 2), 141–213, hier 147. 4 Ortlieb (wie Anm. 2), I, 10, 52. Der zitierte Satz entstammt Berthold (wie Anm. 2) 1, 189. 5 Pretsch, Geschichte (wie Anm. 2), 12; Ders., Das Ende der Hirsauer Reformbewegung. Hildegard von Bingen und die Zisterzienser. Fallbeispiel Zwiefalten, in: Pretsch, 900 Jahre (wie Anm. 2), 61– 72, hier 62f.; Wilfried Setzler, Die Entwicklung vom „Römischen Kloster“ bis zum „Sonderfall“ im Reich (1089–1570), in: Pretsch, 900 Jahre (wie Anm. 2), 19–41, hier 20. 6 Ortlieb (wie Anm. 2), I, 11, 52–56; 16, 70–72. 7 Pretsch, Geschichte (wie Anm. 2), 12.

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Reformbewegung betraf dagegen die Befreiung des Klosters von der Macht weltlicher Personen, d. h. insbesondere eine Beschränkung der Rechtsbefugnisse eines beaufsichtigenden weltlichen Vogtes. Die Garantien, die Zwiefalten diesbezüglich zu erlangen vermochte, waren recht weitreichend.8 Bewegt von der Sorge, das Kloster gegen eventuelle Gewalt seitens der Erben abzusichern, entschlossen sich die Stifter, auf ihre Vorrechte zu verzichten und Zwiefalten der Obhut des Heiligen Stuhls zu unterstellen.9 Diesen Schutz bestätigte Papst Urban II. im Jahre 1093 mit einem Privileg, in dem er dem Konvent das Recht auf freie Wahl sowohl des Abtes als auch des weltlichen Vogtes garantierte. 1122 erweiterte Calixt II. die Zwiefaltener libertas Romana, indem er dem Kloster das Recht auf Abberufung eines unwürdigen Vogtes bestätigte und auch die Beisetzung weltlicher Personen auf dem Klostergelände genehmigte. Die Zugehörigkeit zur Hirsauer Reformströmung äußerte sich jedoch nicht nur im Kampf um die klösterliche libertas. Mit ihr war auch ein Bestreben nach Vervollkommnung der bisherigen Organisation des monastischen Lebens verbunden, das den von Wilhelm von Hirsau formulierten detaillierten Vorschriften untergeordnet werden sollte.10 Eine dieser Neuerungen bestand darin, dass Laienbrüder (Konversen) ins Kloster aufgenommen wurden, die auch den ersten Zwiefaltener Konvent mitschufen. Im ersten halben Jahrhundert seines Bestehens erlebte Zwiefalten während der über vierzigjährigen Amtszeit des Abtes Ulrich, eine Blütezeit. Innerhalb von zwanzig Jahren wurde die Hauptkirche des Klosters errichtet: die 1109 geweihte dreischiffige Säulenbasilika Unserer Lieben Frau. Bereits zuvor, um das Jahr 1100, entstand in Zwiefalten auch ein weiblicher Konvent, der eine 1141 (und 1156 erneut) geweihte eigene Kirche erhielt, welche der Jungfrau Maria und dem hl. Johannes dem Täufer gewidmet war. Im Jahre 1138 wurde das Kloster dann von einer Mauer umgeben.11 Ein Ausdruck der schnellen Entwicklung dieser Abtei war die wachsende zahlenmäßige Stärke des Konvents. 1138 gehörten ihr 70 Mönche, 130 Konversen und 62 Nonnen an, wobei die Zahl der bis zu diesem Zeitpunkt verstorbenen Zwiefaltener über 300 Personen betrug.12 Einen Teil seiner Mitglieder entsandte der Konvent in dieser Zeit zur Besetzung der Klöster Neresheim und Kladruby.13 Von der Anerkennung, der sich Zwiefalten bei den Zeitgenossen erfreute, zeugen die ihm gewidmeten reichen Schenkungen. Der Landbesitz des Klo8 Setzler, Zwiefalten (wie Anm. 2), 15f.; Ders., Entwicklung (wie Anm. 5), 20f. 9 Ortlieb (wie Anm. 2), I, 12–14, 56–66 (dort auch die Privilegien). Zu den Privilegien vgl. Setzler, Zwiefalten (wie Anm. 2), 15ff.; Ders., Entwicklung (wie Anm. 5), 19–21. 10 Jacques-Paul Migne (Hrsg.), Constitutiones Hirsaugienses. Patrologiae cursus completus. Series latina, Bd. 150. Paris 1880, 927–1146. 11 Zur Architekturgeschichte Zwiefaltens im 12. Jahrhundert Halder, Bau- und Kunstgeschichte (wie Anm. 3), 146–170. 12 Berthold (wie Anm. 2), 50, 230; Ortlieb (wie Anm. 2), I, 18, 80 präsentiert die zahlenmäßige Stärke des Konvents wie folgt: 57 Mönche, 130 Konversen, fast 40 Nonnen. 13 Ortlieb (wie Anm. 2), I, 19, 82–86; vgl. Rainer Jooss, Zwiefalten und Kloster Kladrau (Kladruby) in Böhmen, in: Pretsch, 900 Jahre (wie Anm. 2), 49–60.

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sters betrug im Jahre 1139 etwa 800 Hufen, und die Zwiefaltener Schatzkammer erfuhr mehr als einmal die Gunst großzügiger Wohltäter.14 Für die weltlichen Großen wurde das Gelände des Sanktuariums auch zu einer attraktiven Grabstätte. Neben beiden Stiftern und deren Verwandten fanden im Kapitelhaus des Klosters u. a. Mitglieder des Geschlechts der Grafen von Berg ihre letzte Ruhestätte.15 Das Zwiefaltener ‚Goldene Zeitalter‘ besaß auch kulturelle und künstlerische Dimensionen. In der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts blühte das Zwiefaltener Skriptorium auf, das auch auf dem Gebiet der Buchmalerei aktiv war. In der schwäbischen Abtei entstanden heute verschollene Werke der Bildhauer- und Goldschmiedekunst.16 Gegen Ende der 1130er und zu Beginn der 1140er Jahre war Zwiefalten trotz erster Symptome einer sich nähernden Krise somit ein herausragendes Zentrum der Hirsauer Bewegung.17 Die modern organisierte, mit einer weitreichenden libertas ausgestattete Abtei konnte in den Augen der Zeitgenossen als ein besonders prächtiger, vielleicht sogar wahrhaft heiliger Ort erscheinen.

Die piastischen Schenkungen in den Zwiefaltener Chroniken In den 1130er Jahren entstanden in Zwiefalten die bereits erwähnten beiden Chroniken, die grundlegende Quelle für die frühe Klostergeschichte. Die ältere Chronik wurde vom Zwiefaltener Mönch Ortlieb verfasst, dem späteren (ab 1140) Abt von Neresheim (gest. 1. Juli 1164), der im Jahre 1135 mit der Niederschrift der Geschichte des Klosters begann.18 Entgegen älteren Ansichten überwiegt in der neueren Literatur die Ansicht, 14 Pretsch, Ende (wie Anm. 5), 65 (Karte); 66; zum Klosterschatz vgl. das von Berthold erstellte Inventarverzeichnis, Berthold (wie Anm. 2), 47; 226–228; vgl. Halder, Bau- und Kunstgeschichte (wie Anm. 3), 160–163; Spilling, Sanctarum (wie Anm. 1). 15 Ortlieb (wie Anm. 2), I, 21, 92; vgl. auch Berthold (wie Anm. 2), 4, 193 sowie Halder, Bau- und Kunstgeschichte (wie Anm. 3), 166. 16 Zum Zwiefaltener Skriptorium und seinen Manuskripten Heribert Hummel, Eine Zwiefalter Bibliotheksgeschichte, in: Pretsch, 900 Jahre (wie Anm. 2), 101–121, bes. 104ff. sowie Sigrid Borries-Schulten (Hrsg.), Die romanischen Handschriften der Württembergischen Landesbibliothek Stuttgart. Teil I: Provenienz Zwiefalten. Mit einem paläografischen Beitrag von Herrard Spilling. Stuttgart 1987. Zur Zwiefaltener Handwerksproduktion Halder, Bau- und Kunstgeschichte (wie Anm. 3), 160–163; Spilling, Sanctarum (wie Anm. 1), 15f. 17 Zur Genese dieser Krise Pretsch, Geschichte (wie Anm. 2), 25; Ders., Ende (wie Anm. 5). 18 Wallach / König / Müller, Zwiefalter Chroniken (wie Anm. 2), 1*ff.; Wilhelm Wattenbach / Franz-Josef Schmale, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter. Vom Tode Kaiser Heinrichs V. bis zum Ende des Interregnum, Bd. 1. Darmstadt 1976, 312–314; Franz-Josef Schmale, Ortlieb von Zwiefalten, in: Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon, Bd. 7. Berlin / New York 1987, 56–58. Zum Datum des Amtsantritts Ortliebs als Abt von Neres-

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dass das bis heute erhaltene Manuskript aus dem 12. Jahrhundert unter der Feder des Autors selbst entstanden ist.19 Da weder dieses noch andere heute existierende Manuskripte den kompletten Text der älteren Chronik enthalten (er bricht in der Mitte des zweiten Kapitels – Ortlieb hatte fünf geplant – des zweiten Buches ab), stellt sich die Frage, ob der Chronist es vermochte hatte, seine Arbeit zu Ende zu führen. Ihre letzten Herausgeber neigten dazu, die Frage zu bejahen und hielten es für wahrscheinlich, dass die fehlenden Teile später verloren gegangen sind.20 Herrad Spilling ist anderer Meinung und meint, dass die Fertigstellung der älteren Zwiefaltener Chronik in ihrer vom Autor beabsichtigten Form vom zweiten Chronisten vereitelt wurde – von Berthold, der sich als Kustos des Klosterschatzes durch Vorwürfe Ortliebs gekränkt fühlte.21 Während die Herausgeber den Abschluss der Arbeit des ersten Chronisten auf (spätestens) 1137 datierten und alle späteren Eintragungen seinen anonymen Kontinuatoren zuschrieben, hält Spilling die meisten dieser Zusätze für das Werk von Ortlieb selbst.22 Ihrer Ansicht nach konnte Ortlieb noch im Jahre 1141, als er bereits als Abt von Neresheim in Zwiefalten weilte, seine Arbeit beendet haben, u. a. unter Hinzufügung der so genannten Translatio manus sancti Stephani.23 Die zweite Chronik, der vom späteren Zwiefaltener Abt Berthold verfasste Libellus de constructione Zwivildensis monasterii, entstand in ihrem Hauptteil 1137 bis 1138.24 Ihr Original ist nicht erhalten. Auf der Grundlage späterer Kopien (deren älteste aus der Mitte des 16. Jahrhunderts stammt) fällt es schwer, Umfang und Gestalt der Ergänzungen zu bestimmen, die der Autor selbst seinem Werk nach Abschluss der ursprünglichen Redaktion noch hinzugefügt hat. Sicher waren das Vorwort sowie ein den in der Translatio manus sancti Stephani erwähnten Schenkungen der Salomea gewidmetes

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heim Spilling, Sanctarum (wie Anm. 1), 6, Anm. 29 und 10f. Über den Beginn der Arbeit im Jahre 1135 informiert der Autor selbst: Ortlieb (wie Anm. 2), Praefatio, 2, 6; I, 21, 96. Wallach / König / Müller, Zwiefalter Chroniken (wie Anm. 2), 18*ff. und vor kurzem mit neuer Begründung Herrad Spilling, Paläographische Beobachtungen zur Zwiefalter Schrift des 12. Jahrhunderts, in: Borries-Schulten, Romanische Handschriften (wie Anm. 16), 28–36. Wallach / König / Müller, Zwiefalter Chroniken (wie Anm. 2), 3*ff., 19*. Vgl. Wattenbach / Schmale, Deutschlands Geschichtsquellen (wie Anm. 18), 312f. Spilling, Sanctarum (wie Anm. 1), 3ff. Wallach / König / Müller, Zwiefalter Chroniken (wie Anm. 2), 3*, 9*, 14*f.; im Jahre 1137 begann Berthold mit der Niederschrift seiner Chronik, wozu er das Werk seines Vorgängers heranzog, ebd., 3*, 9*; Spilling, Sanctarum (wie Anm. 1), 7, Anm. 33, 11, Anm. 54; das einzige nicht von Ortliebs Hand stammende Fragment des Manuskripts ist der Autorin zufolge die Kopie der Urkunde auf Blatt I’ sowie die so genannte Translatio duarum virginum. Spilling, Sanctarum (wie Anm. 1), 11. Wallach / König / Müller, Zwiefalter Chroniken (wie Anm. 2), 7*ff., Berthold (wie Anm. 2), Introduction, 155ff.; Wattenbach / Schmale, Deutschlands Geschichtsquellen (wie Anm. 18), 314ff.; Luitpold Wallach, Berthold von Zwiefalten, in: Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon, Bd. 1. Berlin / New York 1978, 825–827; Spilling, Sanctarum (wie Anm. 1), 3– 16; Berthold bekleidete das Amt des Abtes in den Jahren 1139–1141, 1147–1152 und 1158–1169.

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Fragment spätere Ergänzungen.25 Bertholds Chronik, deren Autor mehr als einmal die Arbeit seines Vorgängers heranzog, war als deren Ergänzung gedacht.26 Spilling hat die Rivalität, ja den offenen Streit zwischen beiden Chronisten betont und auf die in beiden Werken enthaltene Polemik in der Frage des Klosterschatzes verwiesen.27 In beiden Chroniken finden sich zahlreiche, wenn auch unterschiedlich lange Passagen, die sich auf Polen beziehen. Drei von ihnen sind im Werk Ortliebs zu finden. Im 2. Kapitel seines zweiten Buches, das ein Verzeichnis der dem Kloster gehörenden Reliquienkreuze enthält, wird an dritter Stelle ein mit Gold, Silber und Kristallen verziertes und mit verschiedenartigen (vom Autor sorgfältig aufgezählten) Reliquien gefülltes Kreuz erwähnt, dessen Stifterin quaedam Bilihilt nomine ducis Boloniorum cubicularia war.28 Ortlieb zufolge trug Bilihilt die mit der Anfertigung des Reliquienschreins verbundenen Kosten (crucis impendia in auro vel argento dedit), während die Zwiefaltener Mönche seine Ausstattung mit Reliquien übernahmen.29 Dasselbe Kreuz wurde auch vom zweiten Zwiefaltener Chronisten zweimal erwähnt. Im 11. Kapitel seiner Chronik erwähnt es Berthold unter den anderen Geschenken der Bilihilt, die er anders als Ortlieb als Salome ductricis pedissequa bezeichnet.30 Die hier enthaltene kurze Beschreibung des Reliquienschreins wiederholt sich in Bertholds Inventarverzeichnis des Klosterschatzes (im 47. Kapitel seiner Chronik).31 An der Spitze dieser Liste befindet sich eine Beschreibung der Reliquienkreuze des Klosters, die derjenigen bei Ortlieb analog, wenn auch viel knapper gehalten ist, und an dritter Stelle steht ein crux argentea deaurata ingemmata de Bolonia missa, das höchstwahrscheinlich mit dem von Bilihilt geschenkten Kreuz identisch ist.32 Während man auf der Grundlage der Überlieferung Ortliebs meinen könnte, dass der Reliquienschrein in Zwiefalten aus Mitteln Bilihilts, vielleicht sogar aus von ihr geliefertem Metall angefertigt wurde, legen die beiden Erwähnungen Bertholds eher nahe, dass das schon fertige Kreuz aus Polen nach Zwiefalten geschickt wurde.33

25 Wallach / König / Müller, Zwiefalter Chroniken (wie Anm. 2), 9*f.; Berthold (wie Anm. 2), 160; Spilling, Sanctarum (wie Anm. 1), 12, Anm. 60. 26 Luitpold Wallach, Studien zur Chronik Bertholds von Zwiefalten, in: Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktinerordens und seiner Zweige 51, 1933, 83–101; 183–195, hier 95– 101; Wallach / König / Müller, Zwiefalter Chroniken (wie Anm. 2), 10*f. 27 Spilling, Sanctarum (wie Anm. 1), 2ff. 28 Ortlieb (wie Anm. 2), II, 2, 114. 29 Ebd.: In medio imaginis eas reliquias collocavimus quas pretiosores aestimavimus, was bedeutet, dass die Mönche selbst über die Verteilung der Reliquien entschieden. 30 Berthold (wie Anm. 2), 11, 201. 31 Ebd., 47, 226. 32 Wallach, Studien (wie Anm. 26), 98, Anm. 16; Spilling, Sanctarum (wie Anm. 1), 50, Anm. 274. Gegenwärtig wird dieses Kreuz in der Liste an vierter Stelle erwähnt. 33 Spilling, Sanctarum (wie Anm. 1), 50, Anm. 274 ist mit Berthold der Ansicht, dass das Kreuz in Polen verfertigt wurde.

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Die ältere Zwiefaltener Chronik enthält (in ihrer heutigen Gestalt) noch zwei andere, mit Polen verbundene Fragmente, deren Autorschaft in der Literatur zum Thema allerdings den Gegenstand von Kontroversen bildet. Das erste Fragment ist überaus spärlich. Im 20. Kapitel des ersten Buches der Chronik findet sich in der dort aufgeführten Liste adliger Frauen, die Mitglieder des Zwiefaltener Konvents waren, u. a. der Name Gertruds, der Tochter von Bolesław „dem Herzog der Polen“ und Salomea.34 Die Erwähnung des Namens dieser Prinzessin, die erst nach dem Tode ihres am 28. Oktober 1138 verstorbenen Vaters ins Kloster eintrat, beweist, dass diese Liste frühestens Ende 1138 entstanden sein kann oder wohl eher zu Beginn des Jahres 1139.35 Ob sie von Ortlieb verfasst wurde, ist nicht sicher.36 Das letzte und für die Geschichte der Kontakte zwischen Polen und Zwiefalten zugleich wertvollste Fragment der älteren Chronik bildet die so genannte Translatio manus sancti Stephani. Hinter diesem – erst später hinzugefügten – Titel verbirgt sich die am Ende von Ortliebs Manuskript eingefügte Geschichte über das Schicksal einer Hand des hl. Stephanus, die Zwiefalten von Salomea geschenkt wurde, und über die Reise dreier Zwiefaltener Mönche nach Polen, von denen diese Reliquie in die schwäbische Abtei gebracht wurde.37 Teilnehmer dieser Fahrt waren Otto von Steußlingen, Bruder Gernot und ein Priestermönch, der – wie aus dem Inhalt hervorgeht – die ganze Translatio aufgeschrieben hat.38 Seinen Worten zufolge fiel die Rückkehr aller drei in ihr Mutterkloster in die Aprilkalenden, auf den Montag nach Palmsonntag 1141.39 Eben diese in sich widersprüchliche Datierung, die den terminus post quem der Entstehung dieses Werkes festlegt, sowie die Person seines Autors sind in der Literatur umstritten. Die Herausgeber der Chronik, die das angegebene Jahresdatum akzeptierten, schlossen die Möglichkeit aus, dass diese Geschichte vom Chronisten Ortlieb verfasst wurde, der ja seit 1140 Abt in Neresheim war und daher an dieser Reise nicht hatte teilnehmen können. Dementsprechend unterschieden sie auch zwischen der Handschrift des Schreibers der Translatio und jener des Verfassers des Haupttextes der Chronik.40 Dagegen

34 Ortlieb (wie Anm. 2), I, 20, 88. In dieser etwa neun Personen zählenden Liste nimmt Gertrud den dritten Platz ein – nach Adelheid und Bertha, den zusammen genannten Töchtern Ulrichs von Gammertingen und Judiths von Zähringen und Enkelinnen der Gräfin Adelheid, deren Wohlwollen dem Kloster gegenüber die Chronik einige Sätze zuvor erwähnt. Vgl. auch das größere Verzeichnis der Zwiefalter Nonnen mit dem Namen Gertruds, Notae Zwifaltenses. Ed. Georg Waitz, in: MGH SS 24. Hannover 1879, 830. 35 Dass Salomea ihre Tochter viduata marito ins Kloster schickte, berichtet die so genannte Translatio manus sancti Stephani; Ortlieb (wie Anm. 2), Additamenta, 126. 36 Gegen Ortliebs Autorschaft: Wallach / Köníg / Müller, Zwiefalter Chroniken (wie Anm. 2), 5*; für Ortlieb als Autor: Spilling, Sanctarum (wie Anm. 1), 11 Anm. 54. 37 Ortlieb (wie Anm. 2), Additamenta, 124–130. 38 Ebd., Additamenta, 128. Der Autor stellt sich kurz vor: me loco sacerdotis comite. 39 Ebd., Additamenta, 130. 40 Wallach / König / Müller, Zwiefalter Chroniken (wie Anm. 2), 6*; 14*.

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sprach sich Herrad Spilling für Ortlieb als Autor und für eine Vordatierung der Rückkehr der Mönche auf das Jahr 1140 aus.41 In der Translatio manus sancti Stephani können prinzipiell zwei Teile unterschieden werden (obwohl diese Einteilung keineswegs vom Autor selbst stammt). Der erste, in kunstvoller, gereimter Prosa verfasste Teil erklärt die Herkunft der Reliquie und ihre Geschicke, bevor sie in die Hände des polnischen Herzogs geriet. Danach stammte die Hand des hl. Stephanus aus Byzanz. Von dort soll sie zu Beginn des 12. Jahrhunderts durch eine Heirat in die Rus’ gekommen sein und dann nach Polen, an ihren neuen Besitzer ditissimus Boloniorum princeps nomine Patricius, d. h. den comes palatinus Piotr Włostowic. Den Geschicken dieses Großen wird in der Translatio viel Aufmerksamkeit gewidmet. Dargelegt werden auch die Umstände, unter denen er die in seinem Besitz befindliche Reliquie schließlich bei Herzog Bolesław gegen eine über 5000 Hufen umfassende Domäne namens „Rotskin“ eingetauscht hat.42 Der Autor der Translatio versichert, dass der Herzog die Echtheit der Hand des ersten Märtyrers sehr genau geprüft habe.43 Die Tatsache, dass er sie ohne kostbaren Reliquienschrein aufbewahrte, ja sogar ohne ein entsprechendes Dokument, kann nur aus Furcht vor Diebstahl und aus seiner Überzeugung vom unvergleichlichen Wert dieses heiligen Schatzes resultiert haben. Über Bolesław III. Schiefmund äußert sich die Translatio übrigens sehr löblich. Erinnert wird u. a. an seine Siege und seine Großzügigkeit gegenüber der Kirche, die in höchstem Grade gerade Zwiefalten erfahren sollte. Zu denken geben kann höchstens eine der Bibel entnommene Formulierung, die die Information über den Tod des Herzogs begleitet. Die Feststellung, dass der schließlich nicht mehr junge Bolesław in dimidio dierum suorum starb, scheint etwas mehr zu sein als nur ein gelehrter Einschub oder das Ergebnis einer Reflexion des Autors über die Vergänglichkeit der Welt.44 Sicher ist sie ein Echo des Eindruckes, den der (vielleicht unerwartete) Tod des Herzogs auf seine Zeitgenossen gemacht hat. Vielleicht wollte der Zwiefaltener Mönch den 41 Spilling, Sanctarum (wie Anm. 1), 9ff. 42 Die Herausgeber unterstreichen die Richtigkeit eben dieser Lesart des Ortsnamens, auch wenn sie einen Fehler des Schreibers nicht ausschließen. Als mögliche Identifizierung schlagen sie vor: Rosdzin-Schoppnitz; Wallach / König / Müller, Zwiefalter Chroniken (wie Anm. 2), 311. In der polnischen Literatur wird dieser Ort meistens mit Kostomłoty verbunden; vgl. Karol Maleczyński (Hrsg.), Codex diplomaticus nec non epistolaris Silesiae 1. Wrocław 1956, Nr. 25, Anm. 9, 61f. Janusz Bieniak, Polska elita polityczna XII wieku. Część III A.: Arbitrzy książąt – Krąg rodzinny Piotra Włostowica [Die polnische politische Elite des 12. Jahrhundert. Teil III.A: Arbiter der Fürsten – der Familienkreis des Piotr Włostowic], in: Społeczeństwo Polski średniowiecznej 4, 1990, 13–107, hier 37, Anm. 119 meint, dass es sich hierbei um das aus anderer Quelle (Maleczyński, ebd., Nr. 25, 63) bekannte Crescenica handelt, das von Maleczyński früher mit Opatów identifiziert wurde. 43 Spilling, Sanctarum (wie Anm. 1), 11, Anm. 54 informiert, dass dieser Satz eine Randbemerkung des Autors der Translatio darstellt. 44 Ortlieb (wie Anm. 2), Additamenta, 126: tandem in dimidio dierum suorum isdem dux morte compellente viam ingressus est patrum suorum (…); vgl. Ps 101, 25; Is 38.10; Ier 17, 11.

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Leser auf die Dinge aufmerksam machen, die Bolesław vor seinem Tod nicht mehr hatte zu Ende führen können. Nach der Bemerkung über Bolesławs Tod und dessen Tagesdatum berichtet der Autor der Translatio weiter, dass seine Witwe Salomea ihre Tochter Gertrud cum magnis muneribus nach Zwiefalten geschickt habe. Der weitere Verlauf der Erzählung (der erwähnte zweite Teil des Werkes) konzentriert sich dann nur noch auf eine Episode – die mit der Überbringung der Hand des hl. Stephanus nach Schwaben gekrönte Polenreise der drei Zwiefaltener. Wenige Jahre (paucos annos) nach Gertruds Abreise habe Salomea einen Boten mit der Bitte nach Zwiefalten geschickt, der von ihr gewöhnlich als Magister bezeichnete Otto von Steußlingen und ein weiterer Priestermönch mögen nach Polen kommen. Nach mühevoller Reise kamen dieser Otto, Frater Gernod sowie der Autor der Translatio als Priester in der Adventszeit bei der Herzogin an und fanden sie in opidulo paginensi, wo sie würdig empfangen wurden.45 Eines Tages in der Zeit, als sie mit ihr zusammen reisten und more Numidarum wohnten, abwechselnd in Hütten und Zelten, habe ihnen Salomea befohlen, sich zusammen mit ihrem Höfling (cubicularius) in Małogoszcz einzuschließen. Dies taten sie, wie der Autor feststellt, nicht ohne Angst vor den Barbaren.46 Daraufhin habe diese Vertrauensperson vor ihren Augen die 45 Spilling, Sanctarum (wie Anm. 1), 9, Anm. 46 schreibt, dass entgegen der irrigen Information der Herausgeber das Wort paginensi (was alle Ortsnamen betrifft) in der Handschrift mit Kleinbuchstaben geschrieben ist. Die Herausgeber der Chronik übersetzten es mit dem Adjektiv ‚ländlich‘; Wallach / Köníg / Müller, Zwiefalter Chroniken (wie Anm. 2), 128. In der polnischen Literatur wurde eine ähnliche Übersetzung vorgeschlagen von Przezdziecki, Ślady Bolesławów (wie Anm. 1), 65 und Anm. 3, wobei er auf die Möglichkeit einer Emendation zu paganensis verwies, aber später überwog dann doch entschieden die Ansicht, dass es sich hier um den Ortsnamen Pajęczno handelt, so z. B. Maleczyński, [Rezension] (wie in Anm. 1), 108; Zajączkowski, Dawne ziemie (wie Anm. 1), 200; 208; Stanisław Zajączkowski / Stanisław Marian Zajączkowski, Materiały do słownika geograficzno-historycznego dawnych ziem łęczyckiej i sieradzkiej do 1400 roku [Materialien zum geografisch-historischen Wörterbuch der früheren Regionen Lentschitz und Schieratz], Bd. 2. Łódź 1970, 24f.. Obwohl in den zugänglichen Wörterbüchern (Du Cange, Niermeyer) das Adjektiv paginensis nicht vorkommt, scheint das Problem nicht gelöst zu sein. Drei der vier zitierten polnischen Ortsnamen führt der Autor der Translatio mit einer entsprechenden Erklärung ein, z. B. loci qui dicitur Malgostus und praedio nomine Rotskin. Die einzige Ausnahme (außer eventuell Pajęczno) bildet die attributive Nennung Breslaus: Bretizlavense coenobium; Ortlieb (wie Anm. 2), Additamenta, 126, 128. Hätte der Autor im Falle des nicht sehr großen Pajęczno dem Leser nicht auf gewohnte Weise angekündigt, dass er es mit einem Ortsnamen zu tun hat? Im Jahre 1155 tritt Pajęczno als Pagenchno in Erscheinung (Zajączkowski / Zajączkowski, ebd., 24), d. h. in einer Form, die dem authentischen Namen viel ähnlicher ist als paginensi. 46 Zajączkowski, Dawne ziemie (wie Anm. 1), 208f. hält diese Barbaren für Władysławs Leute im allgemeinen und polemisiert mit der Ansicht von Karol Maleczyński, der diese Erwähnung auf die Władysław verstärkenden ruthenischen Abteilungen bezog, Maleczyński, [Rezension] (wie Anm. 1), 110; Henryk Łowmiański, Początki Polski [Die Anfänge Polens], Bd. 6/1. Warszawa 1985, 148, Anm. 271 spricht sich eher für die Polowzer aus, was aber wohl nicht erklärt, dass die drei Zwiefaltener den Barbaren auf dem Rückweg ‚auswichen‘, Ortlieb (wie Anm. 2), Addita-

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der Herzogin gehörende Truhe mit den Reliquien geöffnet und ihnen erlaubt, sich von den heiligen Überresten diejenigen auszuwählen, die sie für die prächtigsten hielten. Mit den ausgewählten 80 oder mehr Reliquien füllten die Mönche eine ziemlich große Kiste.47 Später, nachdem sie die Erlaubnis zur Abreise erhalten hatten, habe die Herzogin ihren Söhnen, den Herzögen Bolesław und Mieszko, erlaubt sich zusammen mit ihren Ehefrauen zur Ratsversammlung nach Łęczyca zu begeben, um dort zusammen mit den höchsten Persönlichkeiten des Königreiches über die weiteren Geschicke ihrer Tochter Agnes zu entscheiden. Zwei Möglichkeiten wurden in Betracht gezogen: die Prinzessin zu verheiraten oder sie nach Zwiefalten zu schicken. Über die Wahl der ersten Option entschieden politische Gründe: Aus Furcht vor Władysław wurde causa foederis beschlossen, die dreijährige Prinzessin mit dem Sohn des ‚Königs‘ von Ruthenien zu verloben.48 Noch während der Dauer dieser Ratsversammlung habe Salomea den Mönchen die vorzüglichste Reliquie geschenkt: die Hand des hl. Stephanus. In der Translatio wurde sie detailliert beschrieben, wobei das Fehlen des Daumens sowie die Tatsache hervorgehoben wurden, dass wegen des Verfalls des Fleisches die Haut direkt an den Knochen anhaftete. Die Herzogin habe den Mönchen darüber hinaus die erwähnte Schatulle voller Reliquien sowie andere Gaben mit einem Wert von über 200 Mark Silber geschenkt. Auf dem Rückweg seien die Mönche erneut Barbaren begegnet. Post multos barbarorum circuitus gelangten sie jedoch nach Sachsen und kehrten danach mit Hilfe des Würzburger Bischofs und Friedrichs des Jüngeren, des Herzogs von Schwaben, durch das östliche Franken in ihr Mutterkloster zurück.49 Hier seien sie, ohne irgendetwas von ihren Schätzen verloren zu haben, MCXLI dominicae incarnationis anno, Kal. Aprilis (…) feria secunda post Palmas vollständig angekommen. Eine wertvolle Quelle zur Erforschung der Geschichte der Kontakte des polnischen Hofes mit Zwiefalten bilden auch einige unterschiedlich lange Erwähnungen in der zweiten Klosterchronik. Den Schenkungen des polnischen Herzogspaares ist der größte

menta, 130: post multos barbarorum circuitus, denn es ist schwer anzunehmen, dass die Polowzer praktisch im ganzen Land straflos ihr Unwesen trieben. 47 Berthold (wie Anm. 2), 11, 200, schreibt von 90 Reliquien. 48 Agnes’ Gatte wurde später der Kiever Großfürst (1167–1169) Mstislav Isjaslavič; Jasiński, Rodowód (wie Anm. 1), 262f. Die Person ihres Verlobten, an den auf der Ratsversammlung von Łęczyca gedacht wurde, erregte jedoch Streitigkeiten. Unlängst begründete Janusz Bieniak, Obóz obrońców statutu Bolesława Krzywoustego [Das Lager der Verteidiger des Statuts von Bolesław Schiefmund], in: Jan Wroniszewski (Hrsg.), Genealogia. Polska elita polityczna w wiekach średnich na tle porównawczym. Toruń 1993, 17–33, hier 21 erneut die These, dass die Prinzessin damals nicht mit dem Monomachsohn verlobt wurde, sondern mit dem Sohn des Kiever Großfürsten Vsevolod II. 49 Von folgenden Personen ist die Rede: dem Würzburger Bischof Embrico von Leiningen (gest. 1146) und dem schwäbischen Herzog (seit 1105) Friedrich dem Jüngeren (gest. 1147). Den Mönchen half auch Konrad von Wettin, Ortlieb (wie Anm. 2), Additamenta, 130; Wallach / König / Müller, Zwiefalter Chroniken (wie Anm. 2), 313.

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Teil ihres 11. Kapitels gewidmet.50 Wie bereits erwähnt, enthält es in seiner jetzigen Gestalt mindestens ein der Chronik bereits nach ihrer ersten Redaktion hinzugefügtes Fragment, und zwar den Abschnitt über die von Salomea zusammen mit der Hand des hl. Stephanus übersandten Gaben. Beim Eintrag dieser Ergänzung nutzte Berthold übrigens die ihm offensichtlich bekannte Translatio manus sancti Stephani.51 Damit realisierte er die, wie es scheint, nicht erfüllte Ankündigung ihres Autors, der ja eine spätere Beschreibung der übrigen Geschenke versprochen hatte. Das Verzeichnis der Gaben Bolesławs und Salomeas stellt ein Fragment jener Liste dar, die die von den jeweiligen Vertretern des Geschlechts der Grafen von Berg oder von Personen, die auf unterschiedliche Weise mit ihnen verbunden waren, zugunsten Zwiefaltens getätigten Donationen umfasst.52 Berthold zählt zu Beginn die Landvergaben Heinrichs (I.) von Berg und seiner Söhne Heinrich (II.) und Rapoto auf. Dann geht er zu den Gaben der drei Komtessen (der Töchter Heinrichs des Älteren) – der böhmischen Herzogin Richeza, der mährischen Herzogin Sophie und der polnischen Herzogin Salomea – sowie ihrer Ehegatten über (Vladislav I. von Böhmen und Bolesław Schiefmund). Bereits in der Einführung betont er, dass nicht alle diese Gaben nach Zwiefalten gelangten und dass seine Beschreibung nicht vollständig ist.53 Nachdem er also zuerst die Sachgeschenke Vladislavs von Böhmen und seiner Gattin Richeza aufgezählt hat: 20 seidene Pallien, verschiedene Gaben mit einem Wert von über 30 Mark, eine sieben Mark schwere silberne Schale, und danach die von Sophie: eine Kirchenfahne (vexillum), eine weiße Dalmatik, 12 Pallien, sieben Mark Silber, eine Truhe aus Elfenbein und zahlreiche andere Gaben, erinnert er an das von beiden Schwestern auf eigene Kosten errichtete und ausgestattete Refektorium und Dormitorium der Zwiefaltener Konversen. Von Bolesław Schiefmunds Gaben beschreibt Berthold nur eine schwarze, weißbestickte Capa (Pluviale) näher, die übrigen erwähnt er nur allgemein: über 70 Mark in Gold, Silber, Pallien und besonders zahlreiche Sachen aus wertvollen Pelzen. Genauer beschreibt er die Gaben der Herzogin Salomea. Ihre Liste gliedert sich in zwei Teile, deren zweiter, längerer Teil ausschließlich die durch Vermittlung Ottos von Steußlingen und seiner Gefährten übersandten Geschenke betrifft. Die Gaben der Herzogin, die sicher früher nach Zwiefalten gelangt waren, umfassten eine goldene Stola, zwei seidene Alben, einen silbernen Krug mit einem Gewicht von über vier Mark, ein Kästchen aus Elfenbein mit Vergoldungen, einen für eine Capa bestimmten roten Mantel der 50 51 52 53

Berthold (wie Anm. 2), 11, 200f. Wallach, Studien (wie Anm. 26), 99. Berthold (wie Anm. 2), 10–11, 199ff. Ebd., 10, 199: Multa [beneficia] neglegentiae nostrae causa, quoniam propter longa terrarum spatia qui deferrent ad nos non habuimus; nimis invitae [sorores] retinuerunt. Wallach erkennt darin eine Anspielung auf Salomeas Gaben, die in Polen geblieben waren; ebd., 237. Falls die Herzogin letztere erst den drei Zwiefaltenern schenkte und Wallachs Beobachtung zutrifft, dann könnte obiger Satz auf gewisse redaktionelle Veränderungen verweisen, die der Autor der Chronik an dieser Stelle vorgenommen hat.

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Herzogin mit goldenem Stickwerk, einen weiteren, ganz mit Gold durchwirkten, goldbestickten Mantel und schließlich drei seidene bzw. goldbestickte Vorhänge. Danach werden die Gaben geschildert, die die drei Zwiefaltener Boten mitgebracht hatten. Der Chronist betont, dass dies eben in der Zeit geschah, als er das Amt des Abtes bekleidete. Diese Liste eröffnen heilige Reliquien: die Hand des ersten Märtyrers Stephanus mit Haut, Fleisch und Fingernägeln, mit Ausnahme des Daumens, sowie 90 andere Reliquien, von denen Berthold namentlich ein großes Fragment des Heiligen Kreuzes, einen Zahn des hl. Johanes des Täufers, einen Zahn des hl. Pankratius, einen Zahn der hl. Cäcilia, einen Tropfen vom Blut des Herrn Jesus (de sanguine Domini), einen Tropfen von der Milch der Jungfrau Maria (de lacte s. Mariae) und ein Stück von der Kette des hl. Petrus identifiziert. Danach folgt eine nicht endende Liste von Sachgeschenken: 100 Pfund Silber, ein Ornat mit goldenem Stickwerk, ein goldenes Kreuz mit einem Gewicht über vier Mark,54 ein vergoldeter Silberkelch, ein vergoldeter Silberkrug mit einem Gewicht von fast sechs Mark, eine goldgeschmückte Stola mit Manipel, ein Gürtel,55 eine golddurchwirkte Dalmatik mit einem Wert von mindestens 50 Mark, eine goldgeschmückte schwarze Tunicella,56 eine golddurchwirkte Tischdecke57 (die beiden letzteren im Wert von 20 Mark), ein seidener Vorhang, ein Kästchen aus Elfenbein, ein wunderschöner Kristall, drei Pferde, zwei Unzen Gold, zwei Pelze: ein grauer und ein Hermelinpelz, eine Bischofsmitra mit Handschuhen,58 außerdem vier Mark (Silber?), drei Pallien und andere kleinere Geschenke. Der Chronist erwähnt auch die Gaben, die nicht aus Polen herbeigeschafft werden konnten. Das waren u. a. ein großer Psalter mit Goldschrift sowie ein Vorhang und ein Teppich so groß, dass zwei Pferde sie nur mit Mühe tragen konnten.59 Was die Gaben der drei Herzoginnen, der Komtessen von Berg, 54 Ebd., 11, 200: crucem auream plus quam quatuor marcas auri pondus habentem. 55 Ebd., 11, 200: perpendiculum vel cingulum. Die Bezeichnung cingulum (Gürtel, Teil der liturgischen Kleidung) erklärt, was der Autor im Sinn hatte, und perpendiculum ist ein Griff, eine Kette zum Aufhängen. Die Herausgeber der älteren Ausgabe der Chronik sind der Ansicht, dass das „ein Gürtel mit Gehänge“ war, ebd., 177. 56 Ebd., 11, 201: subtile, d. h. eine Tunicella – die liturgische Kleidung des Subdiakons. 57 Ebd., 11, 201: mappulam vel fanonem wird als Decke oder Tuch erklärt in: Marian Plezia (Hrsg.), Słownik łaciny średniowiecznej w Polsce [Wörterbuch des mittelalterlichen Latein in Polen], Bd. 4. Wrocław u. a. 1975–1977, 69 unter unmittelbarem Bezug auf dieses Beispiel, und so klingt auch die Übersetzung in der älteren Edition, Wallach / König / Müller, Zwiefalter Chroniken (wie Anm. 2), 177, wobei ‚vel‘ als ‚und‘ übersetzt wird. Anderer Ansicht ist Wallach, Berthold (wie Anm. 2), 246, der diesen Gegenstand für eine Kirchenfahne hält. 58 Spilling, Sanctarum (wie Anm. 1), 45, Anm. 242, die beim Kommentieren dieses Geschenks (das an sich in Zwiefalten selbst nicht verwendbar war) bemerkt, dass ein Teil der Gaben wohl als Kapitalanlage gedacht gewesen sein mochte, die leicht zu Geld gemacht werden konnte. 59 Berthold (wie Anm. 2), 11, 201. Eine Erwähnung der Gaben, die nicht nach Zwiefalten gelangten, findet sich am Ende der Liste der von den drei Zwiefaltenern mitgebrachten Geschenke: Haec omnia ad nos usque per multa terrarum spatia salva (…) venerunt nonnulla vero id est unum psalterium (…) cum aliis rebus quae adhuc silentio sunt tegendae remanserunt. Aber da der genaue Umfang der von Berthold getätigten Interpolation nicht bekannt ist, besteht keine Gewissheit dar-

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für Zwiefalten betrifft, so nennt Berthold goldene Kronen, goldene, silberne, Kristallund Elfenbeingefäße, Juwelen und Gewänder aus Seide.60 Die meisten dieser Gaben wurden, wie er schrieb, zur Ernährung und Kleidung für die Fratres, die Erneuerung alter und Errichtung neuer Gebäude sowie für andere Bedürfnisse verwendet. Am Ende dieses 11. Kapitels der Chronik, schon nach der Beschreibung der Zwiefalten von verschiedenen Personen aus Böhmen gestifteten Gaben (des Prager Bischofs Meginhard, der Böhmin Sextibrana und des Abtes des Klosters Kladruby Wizimann, nota bene eines Zwiefaltener Mönches), nennt Berthold auch die von Bilihilt aus Polen übersandten Gaben.61 Dabei handelte es sich um das bereits weiter oben beschriebene Kreuz, eine Fahne, zwei Kelche, ein Ornat, eine Stola, eine Albe sowie andere nicht namentlich genannte Dinge. Die übrigen sich auf Polen beziehenden Erwähnungen in der zweiten Chronik sind ziemlich lakonisch, liefern jedoch neue, interessante Informationen. Nach Abschluss seiner Erzählung über Berthold den Jüngeren von Sperberseck und die vielen von ihm Zwiefalten gebrachten Gaben erwähnt der Chronist den von diesem gestifteten tragbaren und mit Gold und Silber geschmückten geweihten Altar, den Abt Ulrich dem Herzog Bolesław nach Polen geschickt hatte.62 Im 30. Kapitel notiert der Chronist, dass die Herzogin Salomea zwei Hufen Land im Ort Geisingen („Gisingin“) erwarb, die offensichtlich für Zwiefalten bestimmt waren.63 Und im 47. Kapitel findet sich die bereits erwähnte Liste der dem Kloster gehörenden Reliquienkreuze, wozu auch zwei Kreuze aus Polen gehörten: das sich an zweiter Stelle befindende crux aurea a Salomea de Bolonia missa sowie das mit der Nummer „3“ bezeichnete, heute aber an vierter Stelle dieser Aufzählung stehende, bereits weiter oben erwähnte Kreuz von Bilihil.64 Salomeas Kreuz scheint höchstwahrscheinlich mit demjenigen identisch zu sein, das Bert-

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über, ob Salomea diese zum Mitnehmen allzu schweren Geschenke Otto von Steußlingen und seinen Gefährten aushändigen wollte oder ob es sich hier um frühere Schenkungen handelte, die bereits in der ursprünglichen Redaktion der Chronik verzeichnet waren. Die erste Eventualität scheint wahrscheinlicher zu sein. Sicher erlangte die Herzogin erst nach dem Tode ihres Gatten die freie Verfügung über diesen goldenen Codex. Schon früher über die so großzügigen Donationen informiert, konnten sich die drei Zwiefaltener wohl besser auf ihren Transport vorbereiten. Ebd., 11, 201. Auf dieser Grundlage darf man unter den Gaben der Komtessen z. B. keine goldenen Kronen vermuten, denn der entsprechende Satz wurde, wie Wallach, Berthold (wie Anm. 2), 201 zeigt, unter Verwendung biblischer Bezüge konstruiert (vgl. 1 Mcc 4, 57). Für bedeutsam muss dagegen die große Menge der gewebten Stoffe angesehen werden, wie sie auch in der Schatzkammer der Krakauer Kathedrale vorkommt; vgl. Lech Kalinowski, Najstarsze inwentarze skarbca katedry krakowskiej jako źródło do dziejów historii sztuki w Polsce [Die ältesten Inventarverzeichnisse der Schatzkammer der Krakauer Kathedrale als historische Quelle zur Kunstgeschichte in Polen], in: Stefan K. Kulczyński u. a. (Hrsg.), Cultus et cognitio. Studia z dziejów średniowiecznej kultury. Warszawa 1976, 217–231. Berthold (wie Anm. 2), 11, 201. Ebd., 17, 207. Ebd., 30, 214. Ebd., 47, 226.

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hold vorher unter den Gaben der Herzogin beschrieben hatte, welche von der Zwiefaltener Gesandtschaft gebracht worden waren, obwohl es sich hier möglicherweise auch um einen der von der Prinzessin Gertrud nach Zwiefalten gelieferten Gegenstände gehandelt haben könnte.65 Dass dieses Geschenk erst nach der Anfertigung des Inventarverzeichnisses durch Berthold nach Schwaben gelangt ist, darauf verweist die Abänderung der ursprünglichen Nummerierung. Salomeas Kreuz wurde also als eine spätere Ergänzung eingefügt, wobei sich der Chronist bei der Änderung der früher festgelegten Ordnung vielleicht vom Wert des Gegenstandes hat leiten lassen.66 Herrad Spilling zufolge kann das Fehlen einer Information über Reliquien, die dieses Kreuz enthielt, bedeuten, dass es sich um den Reliquienschrein des Heiligen Kreuzes handelte.67 Die Liste der Kreuze selbst ist Teil eines ausführlicheren, im 47. Kapitel der Chronik enthaltenen Inventarverzeichnisses der Zwiefaltener Schatzkammer, aus einer Zeit, als Berthold als Custos des Klosters fungierte.68 Hinter mancher der hier erwähnten Dinge können sich bereits früher aufgezählte Gaben aus Polen verbergen. Leider liefert uns das Verzeichnis diesbezüglich keinerlei Hinweise.

Die piastischen Stifter in den Zwiefaltener Nekrologien Den Überblick über die Polen betreffenden Erwähnungen in den Zwiefaltener Chroniken ergänzen Informationen des Klosternekrologiums.69 Der Name Bolesław wurde in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts unter dem 28. Oktober in die dritte Spalte des Obituariums eingetragen, welche im Prinzip geistlichen Personen außerhalb des Kon-

65 Auf diese zweite Möglichkeit verwies Spilling, Sanctarum (wie Anm. 1), 12, Anm. 60; 50, Anm. 270. Dass beide Kreuze miteinander identisch waren, wie Wallach, Studien (wie Anm. 26), 101 vorschlug, scheint allerdings die einfachste Lösung zu sein. 66 Berthold (wie Anm. 2), Introduction, 160. Zur Frage der Kriterien, denen die Reihenfolge der Gegenstände in den Inventarverzeichnissen folgte, vgl. Spilling, Sanctarum (wie Anm. 1), 51. 67 Spilling, Sanctarum (wie Anm. 1), 50, Anm. 270. 68 Berthold (wie Anm. 2), 47, 226ff. Berthold war zum Zeitpunkt des Beginns der Arbeit an der Chronik (1137) als Custos tätig, vgl. ebd., Introduction, 157, 160; Spilling, Sanctarum (wie Anm. 1), 3 und Anm. 14. 69 Necrologium Zwifaltense. Ed. Franz Ludwig Baumann, in: MGH Necrologia Germaniae 1. Berlin 1888, 240–268. Das ist eine kompilierte Edition, die u. a. die Eintragungen des ältesten Zwiefaltener Nekrologiums aus dem 12. Jahrhundert sowie seiner an der Wende vom 12. zum 13. Jahrhundert entstandenen erweiterten Kopie umfasst. Diese Ausgabe ermöglicht, die Eintragungen von vor 1150 von den späteren zu unterscheiden, erlaubt aber keine genauere Bestimmung der Chronologie der in der zweiten Hälfte des 12. und im ersten Viertel des 13. Jahrhunderts vorgenommenen Einträge; vgl. Borries-Schulten, Romanische Handschriften (wie Anm. 16), Nr. 25, 50–52; Nr. 73, 120–122; Herrad Spilling, Reinhard von Munderkingen als Schreiber und Lehrer, in: Pretsch, 900 Jahre (wie Anm. 2), 73–100, hier 73ff.

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vents vorbehalten war.70 Man versäumte nicht, den Titel des Verstorbenen (dux Boloniorum) sowie eine Instruktion über die Art und Weise anzugeben, wie sein Todestag begangen werden sollte: 5 lumina cum caritate. Allein schon der letzte Hinweis beweist, dass der polnische Herzog zu den größten Wohltätern des Klosters gezählt wurde. Mit dem Anzünden von fünf Kerzen und dem Verzehr einer reichhaltigen caritas im Refektorium beging der Konvent u. a. die Todestage seiner Äbte und Stifter.71 Noch prächtiger wurde im Zwiefaltener Nekrologium die Herzogin Salomea geehrt. Ihr Name befindet sich – was völlig außergewöhnlich ist – in der ersten, ausschließlich den Zwiefaltener Äbten und Mönchen vorbehaltenen Spalte des Obituariums.72 Die Anfangsworte der unter ihrem Todestag (dem 27. Juli) befindlichen Eintragung sind nicht erhalten. Im 16. Jahrhundert schrieb jemand über die ausradierte Stelle: Anno 1144 Salome ducissa Bolonie ob..73 Erst danach folgt der – allerdings beschädigte – Text der ursprünglichen, aus der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts stammenden Eintragung: [que mater Zwi]vildensis congregationis debito dici poterit ex innumerabilibus be[ne]ficiis que nobis impendit.74 Der Autor erwähnt auch das mit dem Geld der Herzogin erworbene Landgut Justingin und den aus ihren Mitteln angelegten (plantata) Weinberg in Maienfeld (Lupi[n]ensis). Die Einkünfte aus diesen Ländereien sollten zur Finanzierung jener caritates dienen, die den Mönchen jeweils an den Todestagen der Herzogin und ihres Gatten ausgeteilt wurden.75 Das Jahresdatum von Salomeas Tod (1144) wurde später in der jüngeren, Ende des 12. Jahrhunderts verfertigten Redaktion der Klosterannalen erwähnt.76 Im Zwiefaltener Nekrologium wurden auch die Namen anderer Personen aus Polen notiert. Vor der Mitte des 12. Jahrhunderts wurden hier die Memoria zweier jung verstorbener Söhne Bolesławs und Salomeas eingetragen: Leszek (Liztek l. Bolonie, 26. August) und Kasimir (Kazimir l. Bolonie, 19. Oktober).77 Ungefähr um die Mitte dieses Jahrhunderts wurde unter dem 17. April der mit dem Vermerk l.[aica] versehene 70 71 72 73 74

Necrologium Zwifaltense. Ed. Baumann (wie Anm. 69), 263; Spilling, Sanctarum (wie Anm. 1), 25. Ortlieb (wie Anm. 2), I, 17, 76. Necrologium Zwifaltense. Ed. Baumann (wie Anm. 69), 256f.; Spilling, Sanctarum (wie Anm. 1), 25. Necrologium Zwifaltense. Ed. Baumann (wie Anm. 69), 256. Ebd., 256, die eckigen Klammern verweisen auf beschädigte Stellen, allerdings musste der Herausgeber für eine solche Rekonstrution dieser Stellen triftige Gründe haben. Akzeptiert wird dies von Spilling, Sanctarum (wie Anm. 1), 25. 75 Necrologium Zwifaltense. Ed. Baumann (wie Anm. 69), 256f. Im Falle des Weinbergs in Maienfeld (in der Schweiz, vgl. Pretsch, 900 Jahre (wie Anm. 2), 65 (Karte 65) muss die Bezeichnung plantata nicht unbedingt dessen Kauf bedeutet haben, sondern vielleicht lediglich eine Bearbeitung oder auch Anlegung. Den Weinberg in dieser Ortschaft erhielt das Kloster von Graf Liutold, vgl. Ortlieb (wie Anm. 2), I, 5, 26–28. 76 Annales Zwifaltenses (Maiores). Ed. Otto Abel, in: MGH SS 10. Hannover 1852, 56. Spilling, Sanctarum (wie Anm. 1), 43 gibt als Datum ihrer Niederschrift etwa 1196 an. 77 Necrologium Zwifaltense. Ed. Baumann (wie Anm. 69), 259; 263; Spilling, Sanctarum (wie Anm. 1), 25 und Anm. 140 (beide Eintragungen befinden sich in der dritten Spalte des Nekrologiums); Jasiński, Rodowód (wie Anm. 1), 209f.; 219–223.

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Name einer gewissen Bilihilt eingetragen, die vielleicht – wie in Zwiefalten im 17. Jahrhundert angenommen wurde – mit jener Bilihilt aus Polen identisch war, die dem Kloster so viel gespendet hatte.78 Im jüngeren Zwiefaltener Nekrologium wurde eine sich zweifellos auf jene ‚polnische‘ Bilihilt beziehende Ergänzung, die auf ihre Herkunft (de Bolanie) und ihre Gaben verweist (dedit nobis crucem argenteam et alia multa), irrtümlich mit dem Namen der am 21. April (vor 1150) verstorbenen Saztobrana verknüpft, welche höchstwahrscheinlich mit der von Berthold erwähnten Böhmin Sextibrana identisch ist.79 Der Name der Zwiefaltener Nonne Gertrud, der Tochter Bolesławs und Salomeas, von der wir aus anderer Quelle wissen, dass sie 1160 verstarb, ist im Klosterobituarium unter dem 7. Mai zu finden.80 Und unter dem Datum des 16. Februar wurde in Zwiefalten im dritten Viertel des 12. Jahrhunderts der Tod eines gewissen Leopard notiert, eines Mönches des dortigen Konvents, dessen Memoria im jüngeren Zwiefaltener Nekrologium folgende Erklärung hinzugefügt wurde: iste fuit capellanus ducis Bolezlai, hic sculpsit nobis plenaria et maiorem crucem in Paraseue.81 Und aus der Zeit nach der Mitte des 12. Jahrhunderts stammt die sich auf eine nicht näher bekannte, als Adelheit Bolanie (gest. 20. Juni) bezeichnete Zwiefaltener Konversin beziehende Eintragung.82 Neben dem eigentlichen Klosterobituarium existiert noch ein weiteres, auf besondere Weise mit Polen verbundenes Nekrologium, das – wie vermutet werden darf – ebenfalls in Zwiefalten entstanden ist. Es besteht aus 25 Namen, die im 12. Jahrhundert dem Kalendarium im berühmten ‚Egbert-Psalter‘ hinzugefügt wurden.83 Die in der Literatur 78 Necrologium Zwifaltense. Ed. Baumann (wie Anm. 69), 252; Spilling, Sanctarum (wie Anm. 1), 50, Anm. 274; Bilihilt wurde in die für weltliche Wohltäter bestimmte vierte Spalte eingetragen, Spilling, Sanctarum (wie Anm. 1), 25, Anm. 139 und 140. 79 Necrologium Zwifaltense. Ed. Baumann (wie Anm. 69), 250; Berthold (wie Anm. 2), Introduction, 174. 80 Necrologium Zwifaltense. Ed. Baumann (wie Anm. 69), 251; Jasiński, Rodowód (wie Anm. 1), 246. 81 Necrologium Zwifaltense. Ed. Baumann (wie Anm. 69), 245, wo die Eintragung auf die erste Hälfte des 12. Jahrhunderts datiert wird; anderer Meinung ist Spilling, Sanctarum (wie Anm. 1), 16f. 82 Necrologium Zwifaltense. Ed. Baumann (wie Anm. 69), 254. Die Form Bolanie statt Bolonie kommt in der erwähnten irrtümlichen Hinzufügung vor, die sich auf Bilihilt bezieht. Über diese Person lässt sich nichts Näheres sagen. 83 Zur richtigen Unterscheidung dieses Obituariums aus dem 12. Jahrhundert dienten die Editionen: Heinrich Volbert Sauerland / Arthur Haseloff, Der Psalter Erzbischof Egberts von Trier. Codex Getrudianus in Cividale. Trier 1901, Edition des Kalendariums und des Nekrologiums auf 37–42 sowie Walerian Meysztowicz (Hrsg.), Manuscriptum Gertrudae filiae Mesconis II Regis Poloniae cura Valeriani Meysztowicz editum, in: Antemurale 2, 1955, 103–157, Edition des Kalendariums und des Nekrologiums 117–122; vgl. die beiden Rezensionen von Zofia Kozłowska-Budkowa über die letztgenannte Edition in: Nasza Przeszł. 6, 1957, 379–384 und StŹrodł 3, 1958, 271–273. Eine zu den obigen Editionen manchmal abweichende Lesart der Einträge bietet Sergej Nikolaevič Severjanov, Codex Gertrudianus, in: Sbornik Otdelenija jazyka i slovesnosti Rossijskoj Akademii Nauk 99, Nr. 4, Petrograd 1922, hier 120f. Von den insgesamt 27 Obituariennotizen, die sich gegenwärtig auf den Seiten des Kalendariums befinden, sind zwei (unter dem 22. August: o. Zul; 16. November: o. Demetrius infans – zit. nach Sauerland / Haseloff ebd., 40f. älter als die

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vielfach zitierte Geschichte dieses Kulturdenkmals stellt schon an sich ein faszinierendes Thema dar, das allerdings viel zu umfangreich ist, als dass es an dieser Stelle in seiner ganzen Fülle dargelegt werden könnte.84 Der Ende des 10. Jahrhunderts von Erzbischof Egbert für den Trierer Dom angefertigte illuminierte Psalter (der um drei kurze, für den Klerus nützliche Texte bereichert wurde) gelangte anschließend (wahrscheinlich zu Beginn des 11. Jahrhunderts) in die Hand des Pfalzgrafen Herenfried (Ehrenfried) Ezzo, des Vaters der Richeza, der künftigen Gattin Mieszkos II. Mit ihr gelangte der Codex zum ersten Mal an den polnischen Hof. Später begleitete er die Tochter von Richeza und Mieszko II., Gertrud, die im Jahre 1043 mit dem künftigen Kiever Fürsten Izjaslav verheiratet wurde, und gelangte in die Rus’.85 Auf Veranlassung Gertruds wurde er um einige für ihren persönlichen Gebrauch verfasste Gebete (die zum Teil auf leere Seiten des Psalters geschrieben wurden, zum Teil auf eine zu diesem Zweck hinzugefügte Einlage), neue Miniaturen sowie ein Kalendarium erweitert.86 Letzteres gilt als der älteste erhaltene Krakauer Kalender und enthält in seiner heutigen Gestalt die bereits erwähnten Obituarieneinträge aus dem 12. Jahrhundert.87 Diejenigen von ihnen, die es zu identifizieren gelang, verweisen auf die Anwesenheit des gesamten Psalters in Zwiefalten um die Mitte des 12. Jahrhunderts und erlauben höchstwahrscheinlich die Herstellung einer Verbindung zwischen der Eintragung der Memoria und der Person der polnischen Prinzessin und zugleich Zwiefaltener Nonne Gertrud – der Tochter Bolesławs und Salomeas.88

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übrigen und gehören nicht zu dem etwa um die Mitte des 12. Jahrhunderts hinzugefügten Nekrologium. Das Obituarium mit vermuteter Zwiefaltener Provenienz zählt somit 25 Namen. Den Stand der bisherigen Forschungen zum Codex und seinen einzelnen Teilen präsentierte in einem gesonderten Artikel Dorota Leśniewska, Kodeks Gertrudy. Stan i perspektywy badań [Der Codex Gertruds. Stand und Perspektiven der Forschung], in: Rocz. Hum. 61, 1995, 141–170. Die Autorin sammelte und besprach eine imposante Menge an Literatur. Von den nicht von ihr zitierten Arbeiten siehe Aleksander Gieysztor, Symboles de la royauté en Pologne. Un groupe de manuscrits du XIe et début du XIIe siècle, in: Académie des Inscriptions et Belles-Lettres. Comptes rendus des séances de l´année 1990 Janvier-Mars. Paris 1990, 128–137; Karol Górski, Gertruda czy Olisawa? [Gertrud oder Olisawa?], in: Acta Universitatis N. Copernici, Historia 24, Nauki humanistyczno-społeczne 204, 1990, 73–77; vgl. auch die kunsthistorische Studie von Henry Mayr-Harting, Ottonian Book Illumination. An Historical Study, Bd. 2. New York 1991, 63ff. Zu anderen Hypothesen in der Frage, wie das Buch in die Rus’ gelangte, Leśniewska, Kodeks (wie Anm. 84), 142. Vgl. z. B. Małgorzata Hanna Malewicz, Un livre de prières d´une princesse polonaise au XIe siècle, in: Scriptorium 31, 1977, 248–254; Leśniewska, Kodeks (wie Anm. 84), 142, 153ff. Die Diskussion über die Herkunft des Kalendariums referiert Leśniewska, Kodeks (wie Anm. 84), 160–168. Den von ihr besprochenen Arbeiten tschechischer Historiker muss noch die knappe Äußerung von Dušan Třeštik, Počátky Přemyslovců [Die Anfänge der Přemysliden]. Praha 1981, 70 und Anm. 16 hinzugefügt werden. Hinsichtlich der Anwesenheit des Codex in Zwiefalten ist sich die überwiegende Mehrheit der Forscher einig. Vgl. Leśniewska, Kodeks (wie Anm. 84), 143 und Anm. 9; obwohl z. B. Władysław Abraham in seiner Rezension über die Arbeit von Sauerland und Haseloff, in: Kwart.

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Von den 25 im 12. Jahrhundert in das Kalendarium eingetragenen Personen gehörten acht der Familie von Berg an. Dies waren die Ahnen des Geschlechts, Gertruds Urgroßeltern Poppo (11. Juli) und seine Frau Sophie (26. Juni), außerdem die Großeltern der Prinzessin Heinrich (I.) Graf von Berg (24. September) mit seiner Gattin Adelheid von Mochental (1. Dezember), ihre Eltern Bolesław III. Schiefmund (28. Oktober) und Salomea (27. Juli), schließlich Gertruds Onkel Heinrich der Jüngere (24. Februar) und ihre Tante, die böhmische Herzogin Richeza (27. September).89 Drei weitere Personen waren Vertreter der mit der Familie von Berg verschwägerten Grafen von DießenAndechs: Graf Berthold – der Stifter des Klosters in Dießen, dem dortigen Nekrologium zufolge verstorben am 27. Juni 1151 (im Kalendarium aus dem ‚Egbert-Psalter‘ figuriert er unter dem 29. Juni), dessen erste Frau Sophie (6. September) und ihr 1148 Hist. 16, 1902, 90–101 der Meinung war, dass es an Beweisen für die Zwiefaltener Herkunft des Nekrologiums fehle. Romuald Bauerreiß, Das Kalendarium im sog. Egbert-Psalter in Cividale, in: Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktinerordens und seiner Zweige 69, 1958,134–138 verband die Entstehung des Kalendariums und des Nekrologiums mit dem Kloster in Kladruby. Was die Autorschaft der Nekrologieneinträge betrifft, so schrieb Walerian Meysztowicz sie direkt Gertrud zu; Manuscriptum Gertrudae. Ed. Meysztowski (wie Anm. 83), 110. Zofia Kozłowska-Budkowa, [Rezension], in: Nasza Przeszł. 6, 1957, 372 hat diese Meinung nicht angefochten und hält das Nekrologium für mit Gertrud ‚verbunden‘. Vgl. Dies., Który Bolesław? [Welcher Bolesław?], in: Dies. (Hrsg.), Prace z dziejów Polski feudalnej ofiarowane Romanowi Grodeckiemu w 70 rocznicę urodzin. Warszawa 1960, 81–89, hier 83, wo die Eintragung der Kommemorationsnotiz zu Bolesław Schiefmund (und somit auch der übrigen) durch die Nonne Gertrud als möglich angesehen wird, obwohl der größte Teil der Literatur in dieser Frage Vorsicht walten lässt und es bei der Feststellung der Zwiefaltener Herkunft der Eintragungen bewenden lässt. Vgl. z. B. Brygida Kürbis, Modlitwy księżnej Gertrudy z Psalterium Egberti. Przyczynek do dziejów kultury dworu panującego w Polsce i na Rusi [Die Gebete der Herzogin Gertrud aus dem Psalterium Egberti. Ein Beitrag zur Kulturgeschichte des Herrscherhofes in Polen und in der Rus’], in: Sprawozdania Poznańskiego Towarzystwa Przyjaciół Nauk nr 96 za 1978 r. Wydział Nauk o Sztuce. Poznań 1979, 3–11, hier 4; Leśniewska, Kodeks (wie Anm. 84), 143. 89 Manuscriptum Gertrudae. Ed. Meysztowski (wie Anm. 83), 117, 119–122. Alle diese Personen kommen unter identischen Datumsangaben im Nekrologium der Abtei vor, Necrologium Zwifaltense. Ed. Baumann (wie Anm. 69), 245; 255f.; 261; 263; 266. Zu ihrer Identifizierung genügt ein Vergleich mit den genealogischen Tabellen der Grafen von Berg, vgl. Immo Eberl, Die Grafen von Berg, ihr Herrschaftsbereich und dessen adelige Familien, in: Ulm und Oberschwaben. Zeitschrift für Geschichte und Kunst 44, 1982, 29–171, hier 138, Tafel 2; Detlev Schwennicke (Hrsg.), Stammtafeln zur Geschichte der europäischen Staaten (Europäische Stammtafeln). Neue Folge, Bd. 12: Schwaben. Marburg 1982, Tafel 62. Den dem Namen Heinrichs (II.) hinzugefügten Titel comes liest Severjanov, Codex (wie Anm. 83), 120 als meus und beruft sich dabei auch auf die Ansicht eines anderen Forschers. Die Lösung dieser Frage würde einen Vergleich mit dem Original des Codex erfordern: Sauerland / Haseloff, Psalter (wie Anm. 83), 37 lesen comes, Manuscriptum Gertrudae. Ed. Meysztowski (wie Anm. 83), 117: Henric(…)mes. Als vermutliche Gattin Heinrichs gilt Bertha von Boll, die vor 1142 verstarb und daher nicht das ganze Nekrologium niedergeschrieben haben kann – vgl. Heinz Bühler, Richinza von Spitzenberg und ihr Verwandtenkreis. Ein Beitrag zur Geschichte der Grafen von Helfenstein, in: Württembergisch Franken 58, 1974, 303–326, hier 317; vgl. Eberl, Grafen, ebd., 35 und Anm. 56a.

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verstorbener Sohn Poppo (11. Dezember).90 Die Tochter dieses Berthold von Andechs mit seiner zweiten Frau war Gisela, die Gattin Diepolds (II.), des leiblichen Bruders der Herzogin Salomea, der in der Zeit des Aufenthaltes Gertruds in Zwiefalten das Amt des Grafen von Berg bekleidete.91 Diepold (II.) selbst starb am 19. Mai, zwischen 1160 und 1165, d. h. später als die Prinzessin (gest. 7. Mai 1160), was das Fehlen seines Namens im Nekrologium erklären mag.92 Dagegen lässt das Fehlen des Namens von Diepolds Gattin Gisela vermuten, dass sie später verstarb als ihr Gatte, und zwar nach 1169.93 Unter den Personen, deren Tod im Kalendarium verzeichnet ist, befinden sich auch drei Mitglieder des Geschlechts der Grafen von Vohburg-Giengen: Diepold (II.) unter dem 7. August, seine Gattin Liutgart von Zähringen (18. März) sowie ihr Sohn Diepold (III.), dessen Memoria mit eintägiger Verspätung unter dem Datum des 9. April (gest. 1146) verzeichnet ist.94 Auch diese Eintragungen müssen sicher mit familiären Gründen erklärt werden, auch wenn die Verbindungen der Familien von Vohburg und von Berg nicht klar sind. Eine der Verbindung mit den Vohburgs ‚verdächtige‘ Person ist die bereits erwähnte Mutter Salomeas und Gertruds Großmutter Adelheid von Mochental, die Heinz Bühler für die Tochter von Diepold (II.) und Liutgart hielt, Hansmartin Decker-Hauff dagegen für die erste Frau Diepolds von Vohburg (III.?).95 Die Hypothese, dass Diepolds (II.) erste Frau die nicht namentlich genannte Tochter Władysław Hermans war, wurde – wie es scheint

90 Manuscriptum Gertrudae. Ed. Meysztowski (wie Anm. 83), 119; 121f.; die Identifizierung vollzog Sauerland / Haseloff, Psalter (wie Anm. 83), 32. Diese Personen sind dem Zwiefaltener Nekrologium nicht bekannt, kommen jedoch im Nekrologium von Dießen vor: Necrologium Diessense. Ed. Franz Ludwig Baumann, in: MGH Necrologia Germaniae 1. Berlin 1888, 7–32, hier 21; 25; 31. Die Eintragung Bertholds von Andechs ist der am spätesten datierte Eintrag im Kalendarium des Egbert-Psalters. Seine Gattin Sophie starb 1128; Wilhelm Karl Prinz zu Isenburg (Hrsg.), Stammtafeln zur Geschichte der Europäischen Staaten (Europäische Stammtafeln), Bd. 1: Die deutschen Staaten. Marburg ²1960, Tafel 26a. 91 Prinz zu Isenburg, Stammtafeln (wie Anm. 90), Tafel 26a. Gisela wurde hier als Tochter Bertholds aus zweiter Ehe angesehen, obwohl sie als Sophies Tochter bezeugt ist in: Notae Diessenses. Ed. Georg Heinrich Pertz, in: MGH SS 17. Hannover 1861, 323–331, hier 328; vgl. Eberl, Grafen (wie Anm. 89), 35. 92 Necrologium Zwifaltense. Ed. Baumann (wie Anm. 69), 252; Eberl, Grafen (wie Anm. 89), 35. 93 Eberl, Grafen (wie Anm. 89), 35 und Anm. 64. 94 Manuscriptum Gertrudae. Ed. Meysztowski (wie Anm. 83), 118; 120. Zur Frage der Identifizierung Sauerland / Haseloff, Psalter (wie Anm. 83), 38; 40. Diese Personen kommen im Zwiefaltener Nekrologium nicht vor, es sei denn, dass die vor 1150 eingetragene Kommemoration der nicht näher bekannten Liutgart unter dem 19. März, Necrologium Zwifaltense. Ed. Baumann (wie Anm. 69), 247, auf die Zähringertochter bezogen wird; Diepold II. starb 1078, Liutgart 1119, Prinz zu Isenburg, Stammtafeln (wie Anm. 90), Tafel 82. 95 Heinz Bühler, Die Wittislinger Pfründen – ein Schlüssel zur Besitzgeschichte Ostschwabens im Hochmittelalter, in: Jahrbuch des Historischen Vereins Dillingen an der Donau 71, 1969, 24–67, bes. 31ff. und Tafel 2.

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zu Recht – von Kazimierz Jasiński angefochten.96 Von den übrigen elf dem Kalendarium hinzugefügten Namen können sicher nur wenige konkreten Personen zugeordnet werden. Unter dem Datum des 21. März wird hier der Tod eines durch keinen Titel näher bezeichneten Ulrich („Odalricus“) verzeichnet, der vielleicht mit dem am 19. März 1130 verstorbenen Zwiefaltener Abt gleichen Namens identisch ist – demselben, dem das Kloster seine Blütezeit verdankte und der noch im Augenblick der Ankunft Gertruds an der Spitze des Konvents stand.97 Unter dem Datum des 17. Dezember wird ein gewisser Gernot mit der Notiz m[onachus] erwähnt, der sicher mit jenem Mönch Gernod identisch war, der zusammen mit Otto von Steußlingen nach Polen gereist war.98 Und unter dem 2. August figuriert ein gewisser Adilbertus abb., der vielleicht mit dem noch im Jahr 1131 erwähnten, aber vor der Mitte des 12. Jahrhunderts verstorbenen und unter dem gleichen Tagesdatum im Zwiefaltener Nekrologium notierten Abt des Allerheiligenklosters in Schaffhausen identisch ist.99 Die familiären Verbindungen des letzteren mit den Grafen von Berg sind zwar nur hypothetisch und sowieso recht weitläufig (Adalbert war mütterlicherseits der Urenkel Bertholds [I.] von Zähringen, des Vaters der weiter oben erwähnten Liutgart, der Gattin Diepolds [II.] von Giengen), aber eine solche Identifizierung scheint einen etwas höheren Wahrscheinlichkeitsgrad zu besitzen als die von Heinrich Sauerland vorgeschlagene Kandidatur zweier früher verstorbener und dem Zwiefaltener Nekrologium nicht bekannter Äbte mit Namen Adalbert.100

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Helena Pollaczkówna, Przyczynek do „Genealogii Piastów“ [Ein Betrag zur „Genealogie der Piasten“], in: Mies. Her.31, 1932, 93–102, 117–123; Jasiński, Rodowód (wie Anm. 1), 199f. Manuscriptum Gertrudae. Ed. Meysztowski (wie Anm. 83), 118; Necrologium Zwifaltense. Ed. Baumann (wie Anm. 69), 247. Unter dem Datum des 19. März wurde auch ein anderer Zwiefaltener Mönch mit Namen Ulrich eingetragen, der vor 1150 verstorben war. Sollte Meysztowicz (Manuscriptum Getrudae ebd. 110 und Anm. 23) eine solche Identifizierung im Sinne gehabt haben? Zugegebenermaßen jedoch weckt der zweifache Fehler im Tagesdatum in diesem Fall ernstliche Zweifel. Manuscriptum Gertrudae. Ed. Meysztowski (wie Anm. 83), 122: ‚Gernon‘; Sauerland / Haseloff, Psalter (wie Anm. 83), 34; 42: ‚Gernot‘; Necrologium Zwifaltense. Ed. Baumann (wie Anm. 69), 267: Gernodus n[ostrae] c[ongregationis] m[onachus]. Manuscriptum Gertrudae. Ed. Meysztowski (wie Anm. 83), 120; Necrologium Zwifaltense. Ed. Baumann (wie Anm. 69), 257 (von einer Hand vor der Mitte des 12. Jahrhunderts niedergeschrieben). Zu Adalbert, dessen Name in vielen zeitgenössischen Nekrologien vorkommt Elisabeth Schudel, Allerheiligen in Schaffhausen, in: Helvetia Sacra 3/1, 1986, 3, 1490–1535, hier 1514f. Prinz zu Isenburg, Stammtafeln (wie Anm. 90), Bd. 12, Tafel 61; Sauerland / Haseloff, Psalter (wie Anm. 83), 40 schlagen die Äbte von Wessobrunn (gest. 1110) und von St. Ulrich (gest. 1065) vor, ohne jedoch auf irgendwelche Verbindungen von ihnen mit der Familie von Berg zu verweisen. Ihr bloßes Nichtvorkommen im Nekrolog von Zwiefalten stellt für sich genommen selbstverständlich noch keinen ausreichenden Grund für die Zurückweisung dieser Kandidaturen dar.

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Außer dem geheimnisvollen Laien Arnold (gest. 15. Juli), dessen Herkunft und eventuelle Verbindungen mit der Familie von Berg nicht festgestellt werden konnten, sind alle übrigen in das Kalendarium im ‚Egbert-Psalter‘ (um die Mitte des 12. Jahrhunderts) eingetragenen Personen Frauen.101 Nur eine von ihnen (Adilheit, gest. 20. Juli) wurde durch eine Kurznotiz als m bezeichnet, d. h. wohl eher als monialis anstatt als marchionissa.102 Bei den übrigen Namen fehlt jegliche Beifügung, die manchmal hinzugefügten Buchstaben o[biit] nicht mitgezählt, was für den die Kommemorationen eintragenden Schreiber übrigens nichts Außergewöhnliches war.103 Obwohl einige der sieben geheimnisvollen Frauennamen auch in einer Liste des Zwiefaltener Konvents aus dem 12. Jahrhundert vorkommen, muss bemerkt werden, dass dieses Verzeichnis nicht die Todesdaten der in ihm erwähnten Personen angibt, so dass eine solche Übereinstimmung wohl kaum als hinreichendes Indiz für eine Identifizierung anerkannt werden kann.104 Der Versuch, die sieben nicht identifizierten Frauen in dem heute existierenden Zwiefaltener Nekrologium zu suchen, erbrachte übrigens ein negatives Ergebnis. Nur die am 3. Januar verstorbene Judinda könnte mit einer an diesem Tag (nach 1150) verstorbenen und den gleichen Namen tragenden Zwiefaltener Konversin identisch sein.105 Die übrigen in dem Gertrud zugeschriebenen Nekrologium berücksichtigten Frauen kommen im Klosterobituarium ganz offensichtlich nicht vor, selbst wenn man geringe Differenzen in der Notierung des Todestages als möglich annehmen würde.106 Dieser Sachverhalt könnte geradezu zu der Feststellung bewegen, dass keine von ihnen eine Zwiefaltener Nonne oder Konversin war. Aber da das Obituarium des Frauenkonvents von Zwiefalten verlorengegangen ist und bezüglich der Vollständigkeit des bis heute erhaltenen Nekrologiums gewisse Zweifel bestehen, scheint eine solche Hypothese wohl doch allzu gewagt zu sein.107 Zur hypothetischen Identifizierung einer dieser 101

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Manuscriptum Gertrudae. Ed. Meysztowski (wie Anm. 83), 117 (3. Januar: o. Judinda, 26. Februar: Hiltirut); 120 (15. Juli: Arnoldus l., 20. Juli Adilheit m. – Severjanov, Codex [wie Anm. 83], 121: 20. VII. Adilbert m°); 121 (4. Oktober: Bertha o); 122 (24. November: Manthilt, 30. November: o. Margarete, 24. Dezember: Humiburg – Sauerland / Haseloff, Psalter [wie Anm. 83], 42: Nuttaburc). Auf die Möglichkeit, diese Abkürzung auf diese Weise zu lesen, verwies Abraham, [Rezension] (wie Anm. 88), 98. Zum Beispiel wurde die Eintragung der Herzogin Richeza oder auch die Liutgarts von Zähringen mit keinerlei Identifizierungszusätzen versehen, Manuscriptum Gertrudae. Ed. Meysztowski (wie Anm. 83), 118; 121. Notae Zwifaltenses. Ed. Baumann (wie Anm. 34), 830. Manuscriptum Gertrudae. Ed. Meysztowski (wie Anm. 83), 110, Anm. 23; 117, Anm. 5 verwies auf das Vorkommen des Namens Hiltrud auf dieser Liste. Dies betrifft auch Adelheid, Bertha und Mathilde; mit Ausnahme von Mathilde kommen diese Namen in der Liste öfter als einmal vor. Necrologium Zwifaltense. Ed. Baumann (wie Anm. 69), 241. Abraham, [Rezension] (wie Anm. 88), 98 bemerkte, dass sich nur zwei Nekrologieneinträge (d. h. des Abtes Adalbert und Gernots) zweifellos auf Mönche beziehen. Das Nekrologium des Zwiefaltener Frauenkonvents existierte noch im 17. Jahrhundert, Spilling, Sanctarum (wie Anm. 1), 16, Anm. 89. Die Vollständigkeit des bis heute erhaltenen Obituari-

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geheimnisvollen Frauen könnte man sich dagegen auf der Grundlage des Nekrologiums des eng mit Zwiefalten verbundenen Klosters in Neresheim verleiten lassen.108 Unter dem Datum des 5. Oktober begegnet dort eine Bertha inclusa, sanctimonialis n[ostrae] c[ongregationis], die vielleicht mit der Bertha identisch war, deren Tod das Kalendarium im ‚Egbert-Psalter‘ unter dem 4. dieses Monats notierte.109 Diese Bertha inclusa (die wahrscheinlich am 5. Oktober verstarb) wird auch in mindestens drei weiteren Nekrologien erwähnt, was auf eine außergewöhnliche Persönlichkeit hindeutet und darüber hinaus für die Möglichkeit der Eintragung ihrer Memoria in den sich damals in Zwiefalten befindlichen Codex spricht.110 Die Identität der übrigen hier erwähnten Personen bleibt weiterhin offen. Wie bereits erwähnt, bildete die Gruppe der oben erwähnten, identifizierten Kommemorationsnotizen die Grundlage für die Aufstellung der Hypothese, dass sich der ‚Egbert-Psalter‘ um die Mitte des 12. Jahrhunderts in Zwiefalten befand.111 Dies wird meistens mit dem Eintreffen der Tochter Bolesławs und Salomeas, der Prinzessin Nonne Gertrud, in diesem Kloster in Verbindung gebracht.112 Da ihre Person sowie ihre familiären Verbindungen recht gut zum Inhalt wie auch zur Chronologie der Eintragungen passen, gewinnt auch die These an Wahrscheinlichkeit, dass eben sie die Autorin bzw. Inspiratorin des Nekrologiums war.113 Sollte dies zutreffen, dann muss ihr der aus

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ums wird in Frage gestellt durch das Fehlen einer Kommemorationsnotiz der großen Wohltäterin des Klosters Adelheid von Dillingen, der Gattin Ulrichs von Gammertingen – gestorben am 1. Dezember als Zwiefaltener Konversin – laut Fragmenta Necrologii Neresheimensis. Ed. Franz Ludwig Baumann, in: MGH Necrologia Germaniae 1. Berlin 1888, 95–98, hier 97; vgl. Ortlieb (wie Anm. 2), I, 20, 88; Berthold (wie Anm. 2), 18, 207. Fragmenta Necrologii Neresheimensis. Ed. Baumann (wie Anm. 107), 97. Manuscriptum Gertrudae. Ed. Meysztowski (wie Anm. 83), 121. MGH Necrologia Germaniae 1. Berlin 1888, 27 (Nec. Diessense: 5. Oktober Bertha inclusa ob.); 85 (Nec. Faucense: 5. Oktober Bertha inclusa); 114 (Nec. Ottenburanum: 6. Oktober Berhta inclusa). Das Jahresdatum ihres Todes ist nicht bekannt. Keines der Nekrologien, in denen Bertha vorkommt, ist in einem Exemplar von vor 1180 erhalten, aber das schließt die Möglichkeit nicht aus, dass sie noch vor dem Jahr 1160 verstarb und ihr Name danach nacheinander von den jeweiligen Redaktionen des Obituariums übernommen wurde. Sauerland / Haseloff, Psalter (wie Anm. 83), 33ff. Vgl. z. B. Zofia Kozłowska-Budkowa / Stanisław Kętrzyński, Gertruda (zm. 1160) [Gertrud (gest. 1160)], in: Kazimierz Nitsch u. a. (Hrsg.), Polski Słownik Biograficzny, Bd. 7. Kraków 1948–1958, 407f. Ähnlich auch mehrheitlich die Literatur, obwohl z. B. Ivan Hlavaček, Przyczynek do czesko-polskich kontaktów książkowych za panowania Przemyślidów [Ein Beitrag zu den polnisch-böhmischen Bücherkontakten unter der Herrschaft der Přemysliden], in: Archiwa, Biblioteki i Muzea Kościelne 33, 1976, 313–328, hier 322ff. die Ansicht vertritt, dass sich dieser Codex vor seiner Ankunft nach Zwiefalten in Böhmen befand. Noch eine andere Hypothese darüber, wie dieses Buch nach Zwiefalten gelangte, wurde aufgestellt von Górski, Gertruda (wie Anm. 84), 75. Manuscriptum Gertrudae. Ed. Meysztowski (wie Anm. 83), 110. Es muss zugegeben werden, dass eine beträchtliche Gruppe nichtidentifizierter Namen sowie das Fehlen bestimmter Kommemorationen im Kalendarium (dies betrifft z. B. den am 31. August vor 1150 verstorbenen Ot-

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Polen mitgebrachte Psalter auch in Zwiefalten zur Verfügung gestanden haben. Als persönliches Gebetbuch der jungen Nonne wurde der Codex nicht den von Gertrud mitgebrachten „großen Gaben“ ihrer Mutter zugezählt, woraus sich sein Fehlen in Bertholds Verzeichnis erklärt.114 Den Sonderstatus des Codex scheinen seine weiteren Geschicke zu bestätigen, da er nicht lange in Zwiefalten blieb, sondern ungefähr 70 Jahre nach Gertruds Tod auf Veranlassung der hl. Elisabeth nach Cividale gelangte.115

Der weitere Kontext der Zwiefaltener Schenkungen Bolesławs III. und Salomeas Die angeführten, aus Quellen gemeinsamer Zwiefaltener Provenienz stammenden Informationen erfordern eine chronologische Ordnung. Dazu müssen die erwähnten Fakten im breiteren Kontext der internationalen Kontakte Zwiefaltens in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts betrachtet werden, auch unter Berücksichtigung anderer Spuren von Kontakten des polnischen Hofes mit dem Kreis der Hirsauer Reform. Die Heirat Herzog Bolesławs III. mit Salomea von Berg fand höchstwahrscheinlich in den ersten Monaten des Jahres 1115 statt.116 Einige Jahre zuvor hatte ihre Schwester Richeza (gest. 1125) den böhmischen Herzog Vladislav I. geheiratet.117 Die dritte der Schwestern, Sophie (gest. 1126), wurde die Frau des mährischen Herzogs Otto.118 Alle drei Schwestern waren sehr eng mit Zwiefalten verbunden und verliehen dem Ausdruck, indem sie die oben geschilderten Geschenke nach Schwaben schickten. Ihrem Beispiel folgten nicht nur ihre Gatten (die Herzöge Bolesław III. und Vladislav I.), sondern auch andere Personen, die ganz sicher sehr enge Kontakte mit dem herzoglichen Hof unterhielten: der Prager Bischof Meginhard und Sextibrana in Böhmen sowie

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to von Steußlingen, Necrologium Zwifaltense. Ed. Baumann (wie Anm. 69), 259 sowie Salomeas zweite Schwester Sophie, die Herzogin von Mähren) für eine vorsichtige Behandlung dieser Hypothese sprechen. Vgl. Berthold (wie Anm. 2), 11, 200f.; der Versuch, den Egbert-Psalter mit dem von Berthold erwähnten psalterium magnum auro conscriptum zu identifizieren, Sauerland / Haseloff, Psalter (wie Anm. 83), 35, 198, stieß zu Recht auf den Widerspruch von Abraham, [Rezension] (wie Anm. 88), 99; Karl Löffler, Die Handschriften des Klosters Zwiefalten, Linz a. d. Donau 1931, 6, Anm. 2; Luitpold Wallach, La Chronique de Berthold de Zwiefalten, in: Revue Bénédictine 50, 1938, 141–146, hier 145. Vgl. Sauerland / Haseloff, Psalter (wie Anm. 83), 29; Leśniewska, Kodeks (wie Anm. 84), 143f., Anm. 20. Jasiński, Rodowód (wie Anm. 1), 190f.; Jerzy Kozłowski, Salomea, in: Henryk Markiewicz u. a. (Hrsg.), Polski Słownik Biograficzny, Bd. 34. Wrocław u. a. 1993, 364f., hier 364. Eberl, Grafen (wie Anm. 89), 36 setzt das Datum der Heirat auf etwa 1110 an. Ebd., 37; Jasiński, Rodowód (wie Anm. 1), 190 ist der Meinung, dass Salomea als letzte der Schwestern geheiratet hat, so dass Sophies Heirat in die Zeit vor 1115 fallen würde.

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Bilihilt in Polen.119 Um die Gaben des 1134 verstorbenen Bischofs Meginhard abzuholen (zu deren Herausgabe sogar Kaiser Lothar selbst bei dessen Nachfolger Bischof Johann intervenierte), weilte eine Zwiefaltener Gesandtschaft in Böhmen (zwischen 1135 und 1137), der der bereits erwähnte Otto von Steußlingen sowie der spätere Chronist Berthold angehörten.120 Die Kontakte zwischen Böhmen und Zwiefalten waren übrigens schon älteren Ursprungs. Bereits im Jahre 1116 unternahmen Mönche aus Zwiefalten einen ersten Versuch, das von Herzog Vladislav I. gestiftete Kloster in Kladruby zu besiedeln.121 Die Besiedelung dieses Klosters wurde später noch zweimal erneuert, zuletzt im Jahre 1130.122 Zwiefalten erfreute sich also mindestens bis in die Mitte der zwanziger Jahre des 12. Jahrhunderts, als Sophie und Richeza sowie ihre Gatten gestorben waren, an den Höfen dreier benachbarter Staaten Ostmitteleuropas einer gewissen Popularität. Die familiären Verbindungen der Komtessen von Berg bildeten den Hauptfaktor dieser Popularität, aber zumindest in Polen schien die Zwiefalten-Mode mit verstärkten Kontakten zum Kreis der Hirsauer Reform überhaupt einherzugehen. Es ist offensichtlich, dass die Zugehörigkeit der Hirsauer zum kaiserfeindlichen Lager diesen Kontakten auch eine bestimmte politische Konnotation verlieh. Der führende Vorkämpfer ihrer Bewegung in diesem Teil Europas war der Bamberger Bischof Otto, der im Jahre 1112 im Bamberger Kloster Michelsberg die Durchführung einer Reform im Hirsauer Geist initiierte.123 Diese allgemein bekannte und so eng mit Polen verbundene Persönlichkeit gilt in den Augen mancher Forscher sogar als Inspirator der Ehe Bolesławs mit Salomea.124 Die Kontakte Polens mit dem Bamberger Kreis (hier müsste u. a. an die Person des kujawischen Bischofs Swidger erinnert werden, der vorher wahrscheinlich Mönch in Bamberg war, sowie an den Gnesener Pfarrer Markward, einen Wohltäter des Bamberger Klosters) und insbesondere mit dem hl. Otto selbst bilden ein viel zu um119 120 121 122 123

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Berthold (wie Anm. 2), 11, 201. Ebd., 11, 201; Wallach / König / Müller, Zwiefalter Chroniken (wie Anm. 2), 7*. Ortlieb (wie Anm. 2), I, 19, 82–84; Jooss, Zwiefalten (wie Anm. 13), 49; 51. Jooss, Zwiefalten (wie Anm. 13), 52. Gerard Labuda, Otto (zm. 1139) [Otto (gest. 1139)], in: Emanuel Rostworowski u. a. (Hrsg.), Polski Słownik Biograficzny, Bd. 24. Wrocław u. a. 1979, 628ff. Eine detaillierte Übersicht über alle Spuren der Kontakte Polens mit der Hirsauer Bewegung lieferte bereits Płocha, Najdawniejsze (wie Anm. 1), 23ff., so dass im Folgenden nur kurz an sie erinnert wird. Vgl. z. B. Stanisław Smolka, Mieszko Stary i jego wiek [Mieszko der Alte und seine Zeit]. Warszawa 1881, 208; Krystyna Józefowiczówna, Trzemeszno, klasztor św. Wojciecha w dwu pierwszych wiekach istnienia [Trzemeszno, das Kloster St. Adalbert in den ersten beiden Jahrhunderten seines Bestehens]. Warszawa / Poznań 1978, 43. Die Herkunft Ottos ist nicht bekannt, aber er gilt als mit den Staufern verwandt, Ferdinand Geldner, Bischof Otto I. der Heilige von Bamberg, mütterlicherseits ein Staufer, in: Historischer Verein für die Pflege der Geschichte des ehemaligen Fürstbistums Bamberg, 119, 1983, 59f. Interessant ist, dass eine Verwandtschaft mit den Staufern auch im Falle der Familie von Berg bezeugt ist, siehe Eberl, Grafen (wie Anm. 89), 29 und Anm. 6.

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fangreiches Thema, das im übrigen schon gut genug untersucht wurde, als dass wir ihm an dieser Stelle größere Aufmerksamkeit widmen könnten.125 Die Kontakte konnten auch mit anderen Spuren der Anwesenheit von Hirsauern in Polen in Zusammenhang gestanden haben. Architektonische Ähnlichkeiten mit Kirchen aus eben dieser monastischen Reformströmung entdeckte Zygmunt Świechowski in der von ihm auf die erste Hälfte des 12. Jahrhunderts datierten Kirche St. Peter und Paul in Kruschwitz.126 Krystyna Józefowiczówna hält die Steinmetzarbeiten des zur Zeit Bolesław Schiefmunds errichteten Klosters der Regularkanoniker in Trzemeszno für Werke eben jener Bauhütte, die auch am Bau des 1107 gegründeten Hirsauer Klosters Paulinzella in Thüringen gearbeitet hat. Nach Józefowiczówna befand sich das kanonische Trzemeszno zu Beginn des 12. Jahrhunderts unter dem übermächtigen Einfluss Hirsaus.127 Im Kloster Mogilno wurde, so die Hypothese von Józef Płocha, zu Beginn der 1130er Jahre der zusammen mit einer Gruppe bairischer Mönche nach Polen gekommene Mengoz Abt, der aus dem Hirsauer Mallersdorf stammte. Seine Aufgabe war es, wie vermutet werden darf, den Konvent im Hirsauer Geist zu reformieren.128 Die verfügbaren Informationsfragmente vermitteln insgesamt nur eine begrenzte Vorstellung von der Aktivität der Hirsauer Reformströmung in Polen in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts. Dennoch geben sie wertvolle Hinweise auf den Kontext der Kontakte des polnischen Hofes mit Zwiefalten – nicht nur als Familiengrabstätte der Grafen von Berg, sondern auch als eines hervorragenden Zentrums dieser Reformrichtung. Offen bleibt weiterhin die Frage der Chronologie der unmittelbar mit dem Inhalt der Zwiefaltener Quellen verbundenen Ereignisse. Die Geschenke aus Polen gelangten in mindestens drei Schüben nach Schwaben. Ihre genaue Datierung ist nicht möglich. Bekannt ist lediglich, dass ein Teil der Gaben noch zu Lebzeiten und auf Geheiß Herzogs Bolesławs abgeschickt wurde. Das waren die Geschenke, die Berthold mit dem Namen des Herzogs in Verbindung brachte und für die Abt Ulrich zum Dank den erwähnten lapis altaris nach Polen schickte.129 Bei der Ausstattung dieser ersten Ge125 126 127

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Płocha, Najdawniejsze (wie Anm. 1), 23f. Zygmunt Świechowski, Wczesnośredniowieczny warsztat budowlany na przykładzie kolegiaty w Kruszwicy [Die frühmittelalterliche Bauwerkstatt am Beispiel des Kollegiatstifts in Kruschwitz], in: Kwart. Hist. Kult. Mater. 2, 1954, 65–77. Józefowiczówna, Trzemeszno (wie Anm. 124), 32ff.; 42; vgl. Dies., Trzy romańskie klasztory [Drei romanische Klöster], in: Czesław Łuczak (Hrsg.), Studia z dziejów Ziemi Mogileńskiej. Poznań 1978, 165–265, hier 197ff. Die Existenz einer Kirche in Trzemeszno schon am Ende des 10. Jahrhunderts (wie Józefowiczówna behauptete) wurde kürzlich in Frage gestellt und die Entstehung des ältesten dortigen Gotteshauses auf das Ende des 11. bzw. die erste Hälfte des 12. Jahrhunderts verschoben, Jadwiga Chudziakowa, Z badań nad architekturą sakralną w Trzemesznie (z lat 1987–1988) [Untersuchungen zur Sakralarchitektur in Trzemeszno (aus den Jahren 1987–1988)], in: Acta Universitatis N. Copernici. Nauki Humanistyczno-Społeczne 244, Archeologia 20, 1992, 9–21. Płocha, Najdawniejsze (wie Anm. 1), 24ff. Berthold (wie Anm. 2), 11, 200; 17, 207.

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sandtschaft bzw. Gesandtschaften nach Zwiefalten kann wohl auch der Herzogin Salomea die Beteiligung nicht abgesprochen werden. Schon damals konnte zumindest ein Teil der von Berthold beschriebenen Gaben nach Schwaben gelangt sein (selbstverständlich mit Ausnahme derjenigen, die die drei Zwiefaltener mitbrachten).130 Wenn Ortlieb seine Arbeit an der Liste der Kreuze tatsächlich spätestens 1137 abgeschlossen hätte, dann würde dieses Datum einen terminus ante quem für die Stiftung des Kreuzes durch Bilihilt darstellen. Dagegen lassen sich ihre übrigen Donationen nicht näher datieren, weil es nicht möglich ist, den Umfang jener Ergänzungen festzustellen, die Berthold in den vierziger Jahren des 12. Jahrhunderts in das 11. Kapitel seiner Chronik einbrachte.131 Die Tatsache, dass jeder der Chronisten Bilihilt anders betitelt, mag darauf hindeuten, dass ihr Kontakt mit Zwiefalten kein einmaliger war. Nach dem Tode Bolesław Schiefmunds hat seine Witwe Salomea Zwiefalten dann noch mindestens zweimal reichlich beschenkt. Die magna munera ihrer Mutter brachte die Prinzessin Gertrud mit, die nach dem Tode ihres Vaters das Land verließ und frühestens Ende 1138 oder zu Beginn des Jahres 1139 Zwiefalten erreicht haben kann.132 Die letzte bekannte Partie der Gaben brachte die dreiköpfige Zwiefaltener Gesandtschaft nach Schwaben, deren Geschicke auf den Seiten der Translatio manus sancti Stephani detailliert beschrieben sind. Das Datum der Reise dieser Mönche, das den terminus post quem der Niederschrift des Werkes bildet, sowie die Person seines Autors haben in der einschlägigen Literatur Kontroversen ausgelöst. Das im Text angegebene Datum der Rückkehr der Zwiefaltener ist in sich widersprüchlich. Im Jahre 1141 fiel der Montag nach Palmsonntag nicht, wie aus der Translatio folgen würde, in die Aprilkalenden, sondern auf den 24. März, d. h. auf den neunten Tag vor diesen Kalenden.133 Dagegen stimmen beide Eintragsweisen des Tagesdatums für das Jahr davor überein, d. h. für 1140, in dem der erwähnte Montag eben auf den 1. April fiel.134 Müsste im Zusammenhang damit das Jahresdatum etwa auf 1140 korrigiert werden? Eine solche Ansicht äußerte unlängst Herrad Spilling.135 Zu dieser Schlussfolgerung gelangte sie aufgrund einer paläografischen Beurteilung der Translatio, die ihres Erachtens von demselben Autor verfasst wurde, der auch die der Translatio vorausgehende Chronik verfasste, d. h. von Ortlieb.136 Da von letzterem bekannt ist, dass er seit 1140 das Amt des Abtes von Neresheim bekleidete, muss die Reise, an der er teilgenommen haben soll, spätestens eben in diesem Jahr zu Ende 130 131 132 133 134 135 136

Ebd., 11, 200. Ebd., 11, 201. Balzer, Genealogia (wie Anm. 1), 155; Jasiński, Rodowód (wie Anm. 1), 246. Ortlieb (wie Anm. 2), Additamenta, 130, vgl. Bronisław Włodarski, Chronologia polska. [Polnische Chronologie.] Warszawa 1957, 364. Diesen Widerspruch erkannte schon Balzer, Genealogia (wie Anm. 1), 158, Anm. 5; vgl. auch Spilling, Sanctarum (wie Anm. 1), 10. Włodarski, Chronologia (wie Anm. 133), 380; Spilling, Sanctarum (wie Anm. 1), 10. Spilling, Sanctarum (wie Anm. 1), 10ff. Ebd., 9.

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gegangen sein.137 Herrad Spilling ist der Meinung, der Chronist könnte die Translatio dem Schlussteil seiner unabgeschlossenen Chronik hinzugefügt haben, als er im Januar 1141, schon als Abt von Neresheim, Zwiefalten besuchte. Damals hätte er dann auch irrtümlich das Jahr 1141 notiert statt des richtigen 1140.138 Spilling datiert die Rückkehr der Zwiefaltener also auf den 1. April 1140, was in der Konsequenz bedeuten würde, dass ihre Ankunft in Polen auf Ende November oder den Dezember (infra Adventum) 1139 datiert werden müsste und die Ankunft des Boten Salomeas in Zwiefalten auf den Herbst dieses Jahres.139 Die Richtigkeit dieser Feststellung wird jedoch von der Information des Autors der Translatio in Frage gestellt, dass zwischen der Abreise Gertruds nach Zwiefalten und der Absendung eines Boten der Herzogin dorthin ein Zeitabschnitt lag, den er als paucos annos bezeichnet.140 Hätte die Reise der Zwiefaltener in den Jahren 1140 bis 1141 stattgefunden, dann wären diese Ereignisse durch einen Zeitraum von nicht ganz zwei Jahren voneinander getrennt, so dass die Formulierung paucos annos als einigermaßen adäquat gelten könnte.141 Aber im Falle einer Korrektur des Jahresdatums der Rückkehr der Mönche auf das Jahr 1140 würde die Zeit zwischen der Abreise Gertruds und der Absendung des Boten auf ein knappes Jahr zusammenschrumpfen und der Ausdruck paucos annos unverständlich. Von mangelnder Präzision des Autors der Translatio in chronologischer Hinsicht könnte unter der Bedingung ausgegangen werden, dass die Niederschrift seines Werkes erst längere Zeit nach den geschilderten Ereignissen erfolgte, was jedoch nicht mit Spillings Annahme und der Ansicht der Herausgeber der Chronik zusammenpasst.142 Spillings Hypothese stößt daher auf ein Hindernis im 137

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Zur Datierung von Ortliebs Übernahme der Abtswürde von Neresheim (im Jahre 1140 und nicht 1141, wie in Zwiefalten im 17. Jahrhundert angenommen wurde) Spilling, Sanctarum (wie Anm. 1), 6, Anm. 29 und 10. Für die Herausgeber der Chronik in Wallach / König / Müller, Zwiefalter Chroniken (wie Anm. 2), 6* galt die Tatsache, dass Ortlieb seit 1140 Abt von Neresheim war, als Hauptgrund für den Ausschluss seiner Teilnahme an der auf die Jahre 1140–1141 datierten Reise. Spilling, Sanctarum (wie Anm. 1), 11. Die These von der Anwesenheit Ortliebs in Zwiefalten im Januar 1141 gründet sich auf die paläografische Identifizierung des Chronisten mit dem Autor der seiner Chronik hinzugefügten Eintragungen über die im Januar 1141 vollzogenen Konsekration von Kirchen, u. a. auch der Kirche der Zwiefaltener Nonnen. Spilling, Sanctarum (wie Anm. 1), 10: die Abreise der Zwiefaltener datiert die Autorin auf den Oktober 1139. Ortlieb (wie Anm. 2), Additamenta, 126: Salome (…) tanto viduata marito unam de filiabus suis nomine Gertrudam perpetuo nobiscum mansuram cum magnis ad nos transmisit muneribus. Deinde post paucos annos misit nuntium ad nos. Diese Information bemerkte schon Balzer, Genealogia (wie Anm. 1), 155, der eine Vordatierung der Reise auf die Jahre 1139–1140 nicht in Betracht zog. Dagegen scheint Spilling diese Formulierung nicht zu beachten, jedenfalls kommentiert sie sie auf keinerlei Weise. Balzer, Genealogia (wie Anm. 1), 155. Wallach / König / Müller, Zwiefalter Chroniken (wie Anm. 2), 12*; die Niederschrift der Translatio wird hier für „schwerlich lange nach 1141“ angenommen, obwohl den unüberschreitbaren terminus ante quem erst das Jahr 1156 bildet; Spilling, Sanctarum (wie Anm. 1), 11.

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Quellentext selbst. Da es ohne Zugang zum Original des Codex müßig ist, über die paläografische Identifizierung Ortliebs als Autor der Translatio zu spekulieren, ist eine wirkliche Beurteilung dieser Konzeption nicht möglich.143 Dessen ungeachtet muss an die traditionelle Ansicht erinnert werden, derzufolge die Bezeichung Kal. Aprilis um die Ziffer IX ergänzt und die Reise – durch Lesung des Tagesdatums als 24. März – auf die Jahre 1140 bis 1141 datiert werden muss.144 Im Sinne dieser Hypothese kann Ortlieb als Abt von Neresheim also nicht an der Reise teilgenommen und die Translatio verfasst haben.145 Ungeklärt bleibt schließlich der Zeitpunkt des Erwerbs zweier Hufen Land in Geisingen durch die Herzogin Salomea, die sie dem Kloster in Zwiefalten schenkte. Die Zeit ihrer Finanzierung der Anniversarienstiftungen ist ebenfalls unsicher. Aber falls mit dem Geld für diesen Zweck die von Berthold erwähnten hundert Pfund Silber gemeint waren, dann geschah der Erwerb dieser Güter erst nach der Rückkehr Ottos von Steußlingen und seiner Gefährten nach Polen.146 Die lobenswerte Sorgfalt, mit der der Chronist Berthold die aus Polen mitgebrachten Geschenke zusammenstellte, entbindet uns nicht von der Pflicht, nach der Vollständigkeit seines Verzeichnisses zu fragen. Augenfällig ist der Vorbehalt, mit dem der Autor selbst seine Überlieferung belastete, indem er sich auf seine eigene Erinnerung berief und einen nur knappen Bericht ankündigte (de his pauca, quae recordari potero paucis intimabo).147 Die Knappheit fand ihren Ausdruck in der zitierten Beschreibung der Gaben Herzog Bolesławs, die – mit einer, sicher der prächtigsten Ausnahme – nur zusammenfassend besprochen wurden.148 Auch die späteren Gaben der Herzogin Salomea, die den drei Zwiefaltener Abgesandten ausgehändigt wurden, stellt Berthold nicht detailliert vor (er schreibt lediglich von aliis munusculis).149 Mit Absicht übergeht er den Teil der Schätze mit Schweigen, der nicht aus Polen weggebracht werden konnten (adhuc silentio sunt tegendae).150 Schließlich erwähnt der Autor am Ende der Liste von Bilihilts Gaben alia quaeque.151 Wie man sieht, gibt der Chronist mehrfach zu verstehen, dass er in seinem Inventarverzeichnis Kürzungen vorgenommen hat. Natürlich darf wohl kaum erwartet werden, dass er alle 143 144

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Vgl. Wallach / König / Müller, Zwiefalter Chroniken (wie Anm. 2), 14*. Auf diese Weise versuchte Balzer, Genealogia (wie Anm. 1), 155, 158 und Anm. 5 die Sache zu erklären, wobei er übrigens Ortlieb als den Autor des Werkes ansah. Das Datum des 24. März akzeptierte, wenn auch ohne Kommentar, Zajączkowski, Dawne ziemie (wie Anm. 1), 209, Anm. 49. Das Jahr 1141 als Datum der Rückkehr der Mönche wird von der gesamten bisherigen polnischen Literatur angenommen. Das ergibt sich aus der Tatsache seines Amtsantritts als Abt von Neresheim im Jahre 1140. Wallach, Berthold (wie Anm. 2), Introduction, 169 bringt diese hundert Pfund eben mit den im Nekrologium beschriebenen Anniversarienstiftungen in Verbindung. Berthold (wie Anm. 2), 10, 199. Ebd., 11, 200. Ebd., 11, 201. Ebd. Ebd.

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diese Kostbarkeiten ohne Rücksicht auf ihren Wert mit der gleichen Gewissenhaftigkeit berücksichtigt hat. Besondere Bedeutung gewinnt das Problem der Vollständigkeit des Verzeichnisses jedoch in Bezug auf jenen Teil, der die älteren Donationen der Herzogin Salomea umfasst. Vor ihrem Hintergrund fallen die Vergaben aus nur einem Jahr (1140 oder 1141) überaus prachtvoll aus; die Liste letzterer ist länger und ihr Wert (sogar ohne die Reliquien) scheint jenen zumindest nahezukommen.152 Es fragt sich nun, ob diese Proportion als bedeutsam anerkannt werden darf oder ob sie vor allem aus der Unvollständigkeit des Inventarverzeichnisses früherer Donationen resultiert. Es könnten viele Faktoren genannt werden, die eine solche Unvollständigkeit verursacht haben können. Ein beträchtlicher Teil der Geschenke Salomeas und ihrer Schwestern wurde zu verschiedenen Zwecken verkauft.153 Es ist nicht bekannt, wie viele der von Berthold erwähnten Gegenstände sich zum Zeitpunkt der Niederschrift der entsprechenden Partien der Chronik noch im Besitz des Klosters befanden. Alles hing somit von der Genauigkeit des Registers jener älteren, zum Teil schon verkauften Donationen ab, das dem Autor zur Verfügung stand. Je mehr er gezwungen war, sich lediglich auf seine eigene Erinnerung zu verlassen, desto schlechter stand es um die Vollständigkeit des Inventarverzeichnisses der älteren Schenkungen. Träfe andererseits die unlängst in Zweifel gezogene Hypothese von der Beendigung der älteren Zwiefaltener Chronik zu und hätte Berthold tatsächlich über ein von der Hand seines Vorgängers niedergeschriebenes Inventarverzeichnis verfügt, dann hätte er sich bei der Anfertigung seines Verzeichnisses auf eine kurze Beschreibung der prächtigeren Gaben beschränken und die weniger wichtigen ganz übergehen können, da sie bereits von Ortlieb vorgestellt worden waren.154 Auch ist nicht völlig sicher, ob in dem 1138 entstandenen Hauptteil der Chronik bereits Salomeas magna munera berücksichtigt worden sind, die Gertrud erst Ende 1138 oder Anfang 1139 mitbrachte. Man kann nur hoffen, dass Berthold, der im Laufe der darauffolgenden Jahre sein Werk ergänzte, die neuen prächtigen Geschenke der großen Wohltäterin des Klosters nicht mit Schweigen übergangen hat. In diesem Fall würden sich die Vergaben der Jahre 1138/1139 auf der Liste der älteren Donationen befinden. Über die Vollständigkeit letzterer besteht also keine Gewissheit. Trotzdem scheinen die Schenkungen von 1140 (bzw. 1141) allein wegen so vieler prächtiger Reliquien außerordentlich großzügig gewesen zu sein. 152

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Ebd., 11, 200f. Selbstverständlich ist eine präzise Beurteilung des Wertes der Kostbarkeiten, den der Chronist selbst nicht abgeschätzt hat, unmöglich. Falls, was wohl wahrscheinlich ist, die in Polen verbliebenen Gaben im Jahre 1140 (oder 1141) dargebracht wurden, wird die Disproportion zu Ungunsten der älteren Donationen noch deutlicher. Ebd., 11, 201. Dem Chronisten zufolge betraf das die meisten Gaben der drei Schwestern. Wallach, Studien (wie Anm. 26), 96ff.; Wallach / König / Müller, Zwiefalter Chroniken (wie Anm. 2), 4f.*, 10*f.; Berthold verfasste ja eine Ergänzung zur Arbeit seines Vorgängers. Zu den anderen Quellen, über die der Chronist beim Aufschreiben der Gaben wahrscheinlich verfügt hat, Berthold (wie Anm. 2), Introduction, 169.

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Zumindest einige der aus Polen in das schwäbische Kloster gesandten Gaben, denen die Zwiefaltener Chroniken so viel Aufmerksamkeit widmen, verdienen eine gesonderte Besprechung. Für die Zeitgenossen stellte die Hand des heiligen Märtyrers Stephanus das vorzüglichste Geschenk dar. Der Autor der Translatio tat viel, um seinen Leser von ihrer Echtheit zu überzeugen.155 Die 5000 Hufen Land, für die Herzog Bolesław sie erworben hatte, scheint ein völlig adäquates Maß für den unschätzbaren Wert dieses heiligen Schatzes gewesen zu sein. Die Größe des fraglichen Landbesitzes überschritt die Ausstattung von Zwiefalten um ein Vielfaches. Daher war es verständlich, dass im Vergleich zur Hand des ersten Märtyrers selbst der aus Polen mitgebrachte große Teil des Heiligen Kreuzes in den Hintergrund trat.156 Von den übrigen dem Kloster von Salomea gestifteten Reliquien beschrieb der Chronist Berthold nur einige wenige genauer.157 Herrad Spilling ist der Meinung, dass der Liste der Gaben des polnischen oder böhmischen herzoglichen Hofes noch die in dem aus dem 15. Jahrhundert stammenden Inventarverzeichnis der Zwiefaltener Schatzkammer erwähnten Reliquien der Heiligen Wenzel, Adalbert und Gaudentius hinzugefügt werden könnten.158 Alle dem Zwiefaltener Kloster geschenkten heiligen sterblichen Überreste unterschieden sich von den anderen Gaben auch deshalb, weil sich nach Ansicht der Zeitgenossen ihre ‚heiligen Besitzer‘ ja unmittelbar für den Wechsel ihres Aufenthaltsortes interessierten.159 Daher war es verständlich, dass Reliquien oft an bessere und würdigere Orte gebracht wurden, was im Falle der Verbringung aus Polen, wo sie alle zusammen geruht und mit Sicherheit eines ausreichenden Kultes entbehrt hatten (eine so große Reliquie wie die Hand des hl. Stephanus besaß dort nicht einmal einen angemessenen Reliquienschrein) nach Zwiefalten völlig offensichtlich war.160 Die glückliche Rückkehr der Mönche von einer so weiten Reise wurde mit Sicherheit als ein sichtbares Zeichen der persönlichen Gunst des hl. Stephanus gedeutet. Von den vielen aus Polen geschickten Kostbarkeiten treten vor allem die wertvollsten in den Vordergrund, wie das vom Chronisten genau beschriebene Pluviale (Capa), der rote Mantel der Herzogin, die goldbestickte Dalmatik (mit einem Wert von mindestens 50 Mark) oder auch der Vorhang und der Teppich, die wegen ihres Gewichts in Polen verblieben. Eine besondere Stellung unter ihnen nahm ein weiteres Geschenk ein, 155 156 157 158 159 160

Spilling, Sanctarum (wie Anm. 1), 9f. stellt zu Recht fest, dass der Autor der Translatio die Beglaubigung der Echtheit dieser Reliquie als das Ziel seiner Arbeit ansah. Über ihn schreibt Berthold (wie Anm. 2), 11, 200. Die Translatio erwähnt ihn überhaupt nicht. Berthold (wie Anm. 2), 11, 200. Spilling, Sanctarum (wie Anm. 1), 47, 96 und Anm. 1; 100 und Anm. 2. Roman Michałowski, Przyjaźń i dar w społeczeństwie karolińskim w świetle translacji relikwii [Freundschaft und Gabe in der karolingischen Gesellschaft im Lichte der Translationen von Reliquien], in: StŹrodł 28, 1983, 1–39, hier 16 und Anm. 46. Vgl. Ortlieb (wie Anm. 2), II, 2, 110: caveant omnes Deo dilecti, ut si quoquam necessitas postulaverit sacrosanctas reliquias dari illuc dentur ubi eis a fidelibus digne semper et laudabiliter serviatur.

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das damals nicht nach Zwiefalten gelangte: ein großer Psalter mit Goldschrift – einer der beredtesten Ausdrücke monarchischer Freigebigkeit und Ostentation.161 Neben so generösen Sachspenden kümmerte sich Salomea aber auch darum, dass das Kloster aus ihren Mitteln Landbesitz erhielt. Sicher wurden in jedem der oben erwähnten Fälle zu diesem Zweck Bargeldbeträge aus Polen geschickt, deren Bestimmung von vornherein festgelegt war. Das Klosternekrologium stellt dies in Bezug auf beide Anniversarienstiftungen ausdrücklich fest, aber auch die von Berthold erwähnten zwei Hufen Land in Geisingen müssen auf ähnliche Weise gespendet worden sein.162 Aus der Chronik geht hervor, dass das Kloster große Anstrengungen unternahm, gerade in diesem nicht weit entfernten Ort Land zu erwerben, so dass die Mönche möglicherweise selbst auf eine solche Verwendung des Fonds Einfluss nahmen.163 Die Kosten des Erwerbs von zwei Hufen Land in Geisingen können nur sehr ungefähr geschätzt werden. Der Preis einer Hufe Land in den damals von den Zwiefaltenern getätigten Handelstransaktionen war sehr unterschiedlich und schwankte zwischen zwei bis zehn Pfund Silber.164 Letztere Information erlaubt übrigens den realen Wert jener hundert Pfund Silber richtig zu beurteilen, die Salomea dem Kloster schenkte. Die vielleicht gerade von diesem Geld finanzierten Anniversarienstiftungen konnten unverkäufliche Vergaben gewesen sein. Sie sollten eine zusätzliche, ewige Garantie des durch Almosen gestützten Gebets für die Herzogin und ihren Gatten bilden. Aus Bertholds Chronik folgt, dass der Abt Ulrich es für angebracht hielt, sich für die großzügigen Gaben Herzog Bolesławs erkenntlich zu zeigen, auch in materieller Form. Der zu diesem Zweck nach Polen geschickte tragbare Altar stellte nicht nur ein kostspieliges, sondern auch ein in jeder Hinsicht passendes Geschenk dar.165 Derartige Altäre waren sowohl bei Missionsreisen in heidnische Gebiete als auch während weit entfernter Kriegszüge unentbehrlich.166 Wer weiß, ob der Abt nicht gerade unter dem Eindruck der Nachrichten über die Missionsaktion in Pommern oder auch der Informationen über die Eroberung dieses fernen, wilden Landes ein solches Geschenk auswählte. Bemerkenswert ist in diesem Fall das Bedürfnis nach materieller Rekompensation, wie es auch in anderen Kontakten des polnischen Hofes mit ausländischen Geistlichen in Erscheinung tritt.167 161 162 163 164 165 166 167

Roman Michałowski, Princeps Fundator. Studium z dziejów kultury politycznej w Polsce X– XIII wieku [Princeps Fundator. Studien zur Geschichte der politischen Kultur im Polen des 10.– 13. Jahrhunderts]. Warszawa 1989, 167, 169f.; Gieysztor, Symboles (wie Anm. 84), 133ff. Berthold (wie Anm. 2), 30, 214; Necrologium Zwifaltense. Ed. Baumann (wie Anm. 69), 256f. Vgl. Berthold (wie Anm. 2), 14, 209; 49, 230; 52, 232. Ebd., 20, 208; 52, 231f. Ebd., 17, 207. Joseph Braun, Der christliche Altar, Bd. 1. München 1924, 73. Im Bericht des Gallus Anonymus über die Gesandtschaft Władysław Hermans und Judiths nach Saint-Gilles, Galli Anonymi Cronicae et Gesta Ducum sive Principum Polonorum. Ed. Karol Maleczyński in: MPH NS 2. Kraków 1952, 56–59 opfern die dortigen Mönche dafür nicht näher

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Zwiefalten und die familiären Bindungen des polnischen Herzogspaares Die Genese der Verbindungen Polens mit Zwiefalten im 12. Jahrhundert und insbesondere die Genese der so großzügigen Schenkungen des polnischen Herzogspaares an diese Abtei betrifft vor allem das Problem der Familienbande der Herzogin Salomea. Für das Geschlecht der Grafen von Berg, dem sie entstammte und mit dem sich durch ihre Vermittlung auch Herzog Bolesław verband, war Zwiefalten in dieser Zeit von außerordentlicher Bedeutung. Erste Kontakte mit diesem Kloster sind für die zweite Generation der Familie bezeugt, d. h. für die Nachkommen der Stammväter des Geschlechts: Poppo (der vielleicht dem Geschlecht der Grafen von Lauffen entstammte) und Sophie.168 Ihr Sohn, der Vater der Herzogin Salomea, Heinrich (I.) von Berg (gest. vor 1116), hatte eben in Zwiefalten in articulo mortis das Mönchsgewand angezogen und dem Kloster sechs Hufen Land in Oppintal geschenkt.169 Seine Schwester Salomea (als Zwiefaltener Konversin gest. am 13. Juni unbekannten Jahres), die Gattin Heinrichs von Emerkingen, hatte der Abtei zusammen mit ihrem Gatten eine Hufe Land und eine Schänke vermacht.170 Der Ehe Heinrichs (I.) mit Adelheid von Mochental (gest. vermutlich 1125) entstammten sechs Kinder.171 Von den Geschicken der drei Töchter (Richeza, Sophie und Salomea) und ihren Verbindungen mit Zwiefalten war bereits die Rede. Auch die drei Brüder, die Söhne Heinrichs (I.), zeigten ein starkes Gefühl der Verbundenheit mit diesem Kloster. Heinrich (II.) Graf von Berg (gest. spätestens 1127) wurde ähnlich wie sein Vater kurz vor seinem Tode noch Mönch in Zwiefalten.172 Auch er schenkte dem Kloster sechs Hufen Land.173 Der zweite Bru-

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bekannte Geschenke für den Donator, während Bolesław während seiner Wallfahrt nach Ungarn Gaben mit dem Klerus austauscht, ebd., 158. Wenn beide Erwähnungen bloß das Ergebnis eines Stereotyps sind, dann musste dieses doch schließlich aus einer recht verbreiteten, mit dem Bedürfnis nach materieller Erwiderung des Geschenks verbundenen Praxis resultieren. Eberl, Grafen (wie Anm. 89), 30ff.; 79; 138 (Tafel 2). Sophies Herkunft ist nicht bekannt, vgl. Heribert Hummel, Zur Herkunft Sophias von Berg, in: Zeitschrift für Württembergische Landesgeschichte 49, 1990, 433–435. Poppos Tod datiert die neuere Literatur auf die Zeit „kurz nach 1074“, ebd., 434. Ortlieb (wie Anm. 2), I, 21, 92; Berthold (wie Anm. 2), 10, 199; Eberl, Grafen (wie Anm. 89), 33 und Anm. 33; 80; 138 (Tafel 2). Eberl, Grafen (wie Anm. 89), 34; 138 (Tafel 2). Salomeas Zugehörigkeit zur Familie von Berg ist nur hypothetisch. Eberl, Grafen (wie Anm. 89), 33 und Anm. 37; 138 (Tafel 2); Adelheid starb als Konversin in einem anderen, unbekannten Kloster. Ortlieb (wie Anm. 2), I, 21, 92; Berthold (wie Anm. 2), 10, 199; Eberl, Die Grafen (wie Anm. 89), 35; 138 (Tafel 2). In „Anchilchovin“, mehr noch: Ad has duas villas [i. e. Oppintal und Anchilchovin – Anm. S. W.] pertinent V mansus constituta vectigalia reddentes; Berthold (wie Anm. 2), 10, 199; Eberl, Grafen (wie Anm. 89), 35, Anm. 53.

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der, Diepold (II.) Graf von Berg, war höchstwahrscheinlich derjenige, der frühestens zu Beginn der zwanziger Jahre des 12. Jahrhunderts eine Umbettung der sterblichen Überreste seiner Vorfahren Poppo und Sophie sowie ihrer Söhne veranlasste: des jung gestorbenen Diepold (I.) und des Grafen Heinrich (I.), um sie alle zusammen mit dem Leichnam seines Bruders Heinrich (II.) im Zwiefaltener Kapitelhaus beizusetzen.174 Das war einerseits ein sichtbares Zeichen der besonderen Beziehung der Grafen von Berg zu dieser Abtei, während andererseits das Recht auf Beisetzung im Kapitelhaus ein Privileg darstellte, das u. a. den Klosterstiftern zukam. Wahrscheinlich fand Diepold (II.) selbst zusammen mit seiner Gattin in demselben Grabmal seine letzte Ruhestätte.175 Und der dritte Bruder der Herzogin Salomea, Rapoto Graf von Wartstein (gest. 26. Juni zwischen 1139 und 1146) schenkte Zwiefalten eine Mühle und zwei Hufen Land.176 Somit steht außer Zweifel, dass Zwiefalten für die dritte Generation der Grafen von Berg (die Nachkommenschaft Heinrichs des Älteren) von völlig außergewöhnlicher Bedeutung war. Es war seit kurzem der Ort ihrer neuen Familiengrabstätte und die Sorge um das Seelenheil ihrer verstorbenenen Ahnen, ihrer Nächsten sowie ihres eigenen verbanden die Vertreter dieses Geschlechts auf besondere Weise mit Bemühungen um die Zukunft eben dieses Sanktuariums. Obwohl die Grafen von Berg nicht seine Stifter waren, können die angeführten Fakten darauf hindeuten, dass sie überzeugt waren, die durch ihre Schenkungen unterstützte Pracht dieses Klosters könne die künftigen Geschicke der Mitglieder dieses Geschlechts in ähnlicher Weise beeinflussen, wie eine getätigte Stiftung im Verständnis der Zeitgenossen über das Schicksal ihres Stifters entscheiden konnte. Am Rande sei hinzugefügt, dass die Verbindungen zwischen der Familie von Berg und Zwiefalten sicher auch einen privaten, persönlichen Aspekt besaßen. Die Tatsache, dass die Herzogin Salomea Otto von Steußlingen als Meister oder auch Lehrer (Magister) zu bezeichnen pflegte, könnte sogar nahelegen, dass sie vor ihrer Heirat gerade in Zwiefalten unterrichtet worden ist.177 Die Information verweist auf persönliche Verbindungen (Freundschaften, mehr oder weniger vertraute Bekanntschaften) einzelner Vertreter der Familie von Berg mit Mitgliedern des Zwiefaltener Konvents. Wenn Salomea schon in jungen Jahren mit Zwiefalten in Berührung gekommen ist, dann hat sie außer Otto sicher auch den Abt Ulrich selbst sowie andere Zwiefaltener kennengelernt. In späterer Zeit weilte außer ihrer Tochter Gertrud auch der Kaplan ihres Gatten Leopard in Zwiefalten. Alle diese Verbindungen bilden zusätzliche Indizien für einen engen Kontakt zwischen Polen und Zwiefalten.

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Ortlieb (wie Anm. 2), I, 21, 92; Eberl, Grafen (wie Anm. 89), 32, 34: umgebettet (transhumiert) wurde damals mindestens noch ein namentlich unbekannter Bruder Heinrichs (I.). Eberl, Grafen (wie Anm. 89), 35f. Berthold (wie Anm. 2), 10, 199; Eberl, Grafen (wie Anm. 89), 36. Leider ist das Datum des Eintritts Ottos in Zwiefalten unbekannt, vgl. Eberl, Grafen (wie Anm. 89), 80.

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Die Motive der piastischen Schenkungen an Zwiefalten Die Verbindungen Zwiefaltens mit der Familie von Berg erlauben zu verstehen, warum das polnische Herzogspaar seine mit großzügigen Geschenken verbundene Aufmerksamkeit gerade auf Schwaben richtete. Dass die gegenseitigen Beziehungen eben diese und keine andere Gestalt annahmen, darauf müssen wohl noch andere Gründe Einfluss gehabt haben, vor allem – aber wohl nicht ausschließlich – Gründe religiöser Natur. Die Genese der einzelnen Etappen der beidseitigen Kontakte bedarf einer gesonderten Analyse. Im Falle der Gaben, die Bolesław und (wahrscheinlich) Salomea dem Kloster vor 1138 schenkten, können die zusätzlichen Umstände der Donationen unmöglich festgestellt werden. Daraus folgt, dass auch eventuelle nichtreligiöse Motive schwer zu finden sind. Monarchische Ostentation sowie politische und diplomatische Gründe mussten sich wohl in gewissem Maße miteinander verbinden, da die Kontakte mit der Hirsauer Bewegung überhaupt ins Spiel kamen und Zwiefalten selbst mit beiden europäischen Nachbarhöfen verbunden war. Wegen fehlender Quellen sind wir gezwungen, uns auf eine kurze Annäherung an die schließlich recht verständlichen religiösen Motive der Donationen zu beschränken. Die Rolle, die nach Überzeugung der Zeitgenossen großzügige Geschenke, die von einem Menschen zu Lebzeiten dargebracht wurden, in der Zukunft spielen konnten, wird sehr schön von einer Anekdote beleuchtet, die von den Geschicken Kaiser Heinrichs II. nach dessen Tod berichtet.178 Ihren Höhepunkt bildet das Gericht über den Kaiser mit Hilfe einer riesigen Waage, auf deren Waagschalen die guten und die schlechten Taten des Angeklagten gelegt wurden. Unter seinen guten Werken befanden sich auch schwere, juwelenbesetzte goldene Kreuze, große Missalen voller Schmuckwerk, goldene Weihrauchfässer, Kerzenhalter und alle Geschenke Heinrichs für die Kirche in Bamberg sowie die Bamberger Kirche selbst mitsamt dem dortigen Kloster. So konnten Geschenke, die der Kirche zu Lebzeiten gemacht wurden, für das Schicksal eines Stifters geradezu buchstäblich den Ausschlag geben. Daher musste man sich bemühen, nicht mit leeren Händen vor den Schöpfer zu treten.179 Im Falle von Schenkungen, deren genaue Umstände nicht bekannt sind, lassen sich die Motive der Donatoren jedoch kaum eindeutig bestimmen. Vielleicht hofften Bolesław und Salomea auch in noch näherer, irdischer Perspektive auf die göttliche Gnade, und ihre Vergaben waren von der demütigen Bitte um irdisches Wohlergehen für sie selbst und ihre Nachkommen begleitet. An dieser Stelle sei daran erinnert, dass die Zwiefaltener Quellen keineswegs die einzigen sind, die von einer solchen Generosität 178 179

Cosmae Pragensis Chronica Boemorum. Ed. Berthold Bretholz, in: MGH SS rer. Germ. NS 2. Berlin 1923, 66ff. Vgl. Berthold (wie Anm. 2), 18, 207: Hadewic (…) ab infantia Deo dedicata, sororem huc secuta verum in conspectu Domini apparere timens inanis et vacua pallam altaris obtulit; vgl. Ex 34,20.

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Bolesław III. Schiefmunds gegenüber der Kirche zeugen.180 Derartige materielle Erscheinungsformen der Frömmigkeit waren ihm sicher ebenso nahe wie den anderen Menschen seiner Zeit. Dies trifft ebenso auf Salomea zu. Auch die Zwiefalten von Bilihilt gespendeten Gaben können am ehesten in religiösen Kategorien gedeutet werden. Die Umstände ihrer Donationen sind nicht bekannt. Bilihilts Kontakte mit Zwiefalten mögen mit ihrer Herkunft in Zusammenhang gestanden haben, worauf ihr Name verweist. Am einfachsten wäre es, sie für eine der Personen anzusehen, die mit Salomeas Brautzug nach Polen gekommen waren. Wie ihre Geschenke bezeugen, war Bilihilt eine wohlhabende Person, d. h. sie entstammte höchstwahrscheinlich einem nicht unbedeutenden Geschlecht, das offensichtlich mit den Grafen von Berg verbunden war. Falls letztere Annahme zutrifft, müssten die Kontakte Bilihilts mit Zwiefalten ähnlich gesehen werden wie diejenigen, die die mit der Stifterfamile verbundenen Rittergeschlechter mit dem Kloster unterhielten.181 Natürlich ist nicht auszuschließen, dass die Aufrechterhaltung von Beziehungen mit einem dem herzoglichen Paar so nahestehenden Sanktuarium für Bilihilt nicht allein religiösen Motiven entsprang; diese konnten schließlich auch die Quelle erhöhten Prestiges und einer besonderen Position am Hofe sein. Den quellenmäßig am besten dokumentierten Zeitraum in der Geschichte der Kontakte zwischen Polen und Zwiefalten bilden die ersten Jahre der Witwenschaft der Herzogin Salomea. Es ist schwer zu entscheiden, ab wann beabsichtigt war, Gertrud ins Kloster zu schicken und ob diesbezüglich schon vor dem Tode Bolesławs irgendwelche Entscheidungen gefällt wurden.182 Im Jahre 1138 konnte Gertrud, deren Geburt Kazimierz Jasiński auf die Jahre 1126–1135 ansetzt, noch ein kleines Kind gewesen sein, und es besteht keine Gewissheit darüber, ob nicht erst der Tod ihres Vaters über ihr Schicksal entschied.183 Hinter der Entscheidung können zwei Motive gestanden haben.184 Zum einen ist eine religiöse Mission anzunehmen, die darin bestand, dass die Prinzessin – als das prächtigste Geschenk ihrer Mutter – mit ihren Gebeten für ihre Mutter und die Seele ihres verstorbenen Vaters Gnade erwirken sollte. Zum anderen mag vor dem Hintergrund der nach dem Tod Bolesławs recht unsicheren Zeiten ganz einfach auch die mütterliche Sorge um das Schicksal der Tochter eine Rolle gespielt haben. Die Wahl des weit entfernten und prächtigen Zwiefalten, das in den Augen der Herzogin sicher der Vollkommenheit nahe war, musste in jeder Hinsicht überaus treffend erscheinen. Die „großen Geschenke“, die die Prinzessin nach Zwiefalten brachte, mochten entscheidend zum Seelenheil ihres Vaters beitragen. Vielleicht rechnete Salo180 181 182 183 184

Karol Maleczyński, Bolesław III Krzywousty [Bolesław III. Schiefmund]. Wrocław 1975, 341; 343. Vgl. z. B. Berthold (wie Anm. 2), 12–13, 202 ff. Jasiński, Rodowód (wie Anm. 1), 246. Ebd., 246. Kozłowska-Budkowa / Kętrzyński, Gertruda (wie Anm. 112), 407.

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mea auch damit, dass sich ihre Wohltaten zugunsten des Klosters positiv auf die künftige Position Gertruds im Schoße des Zwiefaltener Konvents auswirken würden.185 Die unsichere Situation, die nach Bolesławs III. Tod herrschte, legt die Frage nahe, ob die zahlreichen Kostbarkeiten nicht vielleicht auch deshalb in das schwäbische Kloster geschickt worden sind, um sie vor einem Verlust zu schützen. Diese Vermutung gewinnt an Plausibilität, zieht man die in der Translatio manus sancti Stephani geschilderten Ereignisse in Betracht.186 Der Zwiefaltener Mönch signalisiert ausdrücklich, dass die damals in Polen herrschende Situation alles andere als stabil war. So berichtet er über die Angst vor den „Barbaren“ und die Befürchtungen der Juniorfürsten gegenüber ihrem älteren Bruder.187 Die Herzogin, die sich im Besitz der herzoglichen Reliquienbestände und sicher auch zumindest eines Teils der herzoglichen Schatzkammer befand, mochte wenigstens einige dieser Schätze nach Zwiefalten geschickt haben, um sie auf diese Weise vor ihrem eventuellen Verlust zu retten. Die relative Großzügigkeit der Schenkungen aus der Zeit ihrer Witwenschaft würde im übrigen in gewissem Sinne schon allein die Tatsache erklären, dass Salomea höchstwahrscheinlich erst nach dem Tode ihres Gatten (und vielleicht nicht einmal sofort) die volle Verfügungsfreiheit über zumindest einen Teil der damals gespendeten Gaben erlangte.188 Dessen ungeachtet haben religiöse Vorstellungen aber wohl das entscheidende Motiv der Stiftungen der Herzogswitwe gespielt. Das geht recht deutlich aus ihrer einzigen, aus der Zeit der Witwenschaft stammenden Urkunde hervor, in der ihre Schenkung des Dorfes Stary Radziejów an das Kloster in Mogilno bezeugt wird.189 Die Ausstellerin Salomea, ducissa Poloniae, bezeugt, sie habe sich zum Zwecke der Vergebung ihrer Schuld und der ihres Gatten nicht nur eifrig dem Dienst für Gott gewidmet, sondern sich auch eindringlich um die Fürsprache (patrocinium) der Jungfrau Maria und des hl. Johannes bemüht. Denn als sie sich geschäftig um den Trauergottesdienst für ihren verstorbenen Gatten bemühte, sei ihr Bolesław im Traum erschienen (in paupere cultu lugubri) und habe ihr erklärt, er habe nichts digni obsequii für Mogilno getan, so dass 185 186 187 188

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Der mittelalterliche Zwiefaltener Konvent (zumindest der männliche) gilt ansonsten als recht egalitär, vgl. Pretsch, Geschichte (wie Anm. 2), 16. Ortlieb (wie Anm. 2), Additamenta, 128. Ebd.: Sed quia suspectum habebant fratrem suum […] ducem Ladizlaum, ne forte praeoccuparet eos in amicitia gentis (…). Neben den Reliquien (mit der Hand des hl. Stephanus an erster Stelle) betraf dies insbesondere den Psalter mit Goldschrift, einen Gegenstand mit repräsentativem Charakter, der geradezu zum Zweck monarchischer Ostentation geschaffen worden zu sein scheint und dem Herzog wahrscheinlich bis zu seinem Tode zur Verfügung stand. Kodeks dyplomatyczny Wielkopolski. [Der Codex Diplomaticus von Großpolen.] Ed. Ignacy Zakrzewski. Bd. 1, Poznań 1877, Nr. 9; Zofia Kozłowska-Budkowa, Repertorium polskich dokumentów doby piastowskiej [Repertorium der polnischen Urkunden der Piastenzeit]. Kraków 1937, Nr. 38; Brygida Kürbisówna, Najstarsze dokumenty opactwa benedyktynów w Mogilnie (XI–XII w.) [Die ältesten Urkunden der Benediktinerabtei in Mogilno (11.–12. Jahrhundert)], in: StŹrodł 13, 1968, 27–61, hier 58; Płocha, Najdawniejsze (wie Anm. 1), 125.

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eine angemessene Wiedergutmachung für ihn durchaus von Nutzen wäre.190 Aus diesem Grunde tätigte die Herzogin ihre Schenkung, deren Zweck sie noch einmal erläuterte: pro remedio meo et viri mei omniumque filiorum meorum omniumque successorum eorum. Wie leicht zu erkennen ist, harmonieren manche Elemente der Narration der Urkunde recht eng mit bestimmten Motiven der Kontakte Salomeas mit Zwiefalten.191 Die frommen Bemühungen der Herzogin um ihr eigenes Seelenheil und das ihres verstorbenen Gatten, einschließlich ihrer Sorge, Bolesław in Mogilno ein Anniversariengedenken zu sichern, legen den Gedanken an die großzügigen Geschenke nahe, die sie nach Schwaben geschickt hatte (bekanntlich zum Teil zum Zweck einer Anniversarienstiftung).192 Auch die in der Urkunde erwähnten heiligen Patrone, deren Hilfe sich Salomea versichern wollte, können nach Józef Płocha zu Recht mit dem weit entfernten Zwiefalten assoziiert werden.193 In Anbetracht der Anwesenheit der Zwiefaltener Gesandtschaft in Polen zur Jahreswende 1139/1140 oder 1140/1141 muss die von Płocha geäußerte Ansicht als wahrscheinlich gelten, dass einer jener „gerechten“ Berater der Herzogin der so oft erwähnte Otto von Steußlingen war.194 Und Salomeas beunruhigendes Traumgesicht hinsichtlich ihres verstorbenen Gatten schließlich könnte mit der in der Translatio manus sancti Stephani enthaltenen Feststellung korrespondieren, dass Bolesław „in der Mitte seiner Tage“ verstarb. Ohne an dieser Stelle näher auf die im weiteren Teil der Urkunde präsentierte, auf den ersten Blick recht rätselhafte Form der Donation selbst einzugehen, muss daran erinnert werden, dass Józef Płocha auch sie mit jenen Erscheinungsformen der Marienfrömmigkeit in Verbindung gebracht hat, die Hirsau nahestanden.195 Die Motive, von denen sich Salomea bei ihrer Vergabe für Mogilno leiten ließ, scheinen auch ihre Opfergaben für Zwiefalten gut zu erklären. Die berechtigte Besorgnis über ihre Zukunft und die ihrer Nachkommen sowie über das Seelenheil ihres verstorbenen Gatten sowie das damit verbundene Bedürfnis nach geistigem Rat und Hilfe, das die Herzogin verspürte, gehörten mit Sicherheit zu den Hauptgründen dafür, dass sie sowohl „Magister“ Otto als auch jenen Priestermönch nach Polen rief, der sicher die Funktion eines Beichtvaters ausüben sollte.196 Die durch ihre Vermittlung der Heiligen Jungfrau in Zwiefalten dargebrachten Geschenke waren ein Mittel, die Fürsprache der Gottesmutter zu erlangen. 190 191 192 193 194

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Płocha, Najdawniejsze (wie Anm. 1), 128f. versteht die Formulierung digni obsequii zu Recht als einer Anniversarienkommemoration unwürdig. Płocha, Najdawniejsze (wie Anm. 1), 125ff. Vgl. ebd., 125ff. Ebd., 134f. Ebd., 133ff. Zu Otto von Steußlingen siehe auch Spilling, Sanctarum (wie Anm. 1), 8f. Sehr löblich äußert sich über ihn der Chronist Berthold (wie Anm. 2), 40, 221: Otto de Stuzzilingin noster monachus, vir magniloquus, forensis eloquentiae declamator facundissimus, coram regni principibus prudentia et consilio paene inter primos habitus (…). Płocha, Najdawniejsze (wie Anm. 1), 130f. Ebd., 134.

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Bekanntlich war Mogilno nicht das einzige polnische Kloster, das in der Zeit von Salomeas Witwenschaft ihre Freigebigkeit erfuhr. Landvergaben der Herzogin bereicherten auch die Versorgung des St. Adalbert-Klosters in Trzemeszno.197 Interessant ist, dass gerade für Mogilno und Trzemeszno (zumindest hypothetisch) Kontakte mit dem Hirsauer Kreis bezeugt scheinen. Salomea mag daher als eine Anhängerin dieser monastischen Reformbewegung in Polen angesehen werden.198 Das würde auch erklären, warum sich die um ihr und ihres Gatten Seelenheil besorgte Herzogin gerade um das Gebet und die Almosen der Zwiefaltener Mönche bemühte. An dieser Stelle ist auf das in der Translatio manus sancti Stephani erwähnte Projekt einzugehen, auch die (nach Gertrud) nächste Tochter Bolesławs und Salomeas nach Zwiefalten zu schicken – die damals kaum dreijährige Agnes.199 Die Entscheidung über ihre Zukunft bildete nach dem Verständnis des Zwiefaltener Mönches den Hauptgrund (auf jeden Fall den einzigen erwähnten Grund) für die Einberufung der Ratsversammlung von Łęczyca durch die Herzogswitwe. Der Autor der Translatio schildert beide auf dieser Zusammenkunft erörterten, die Prinzessin betreffenden Projekte sowie die politischen Gründe, die schließlich den Ausschlag für die getroffene Wahl gaben. Es ist keineswegs sicher, ob (wie manche Forscher meinen) diese Wahl wirklich dem Wunsch der Herzogin Salomea entsprach.200 Benedykt Zientara meinte, der Vorschlag, die Prinzessin ins Kloster zu schicken, habe aus irgendwelchen älteren Beschlüssen resultiert, die Salomea, die sich von politischen Gründen leiten ließ, habe ändern wollen.201 Aber mit mindestens der gleichen Wahrscheinlichkeit besteht die Möglichkeit, dass in Łęczyca die ‚Zwiefaltener Variante‘ völlig ernsthaft diskutiert worden ist und die Herzogin, die sich eher von religiösen als von politischen Motiven leiten ließ, deren 197

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Kodeks dyplomatyczny Wielkopolski, Bd. 1 (wie Anm. 189), Nr. 11; es handelt sich um ein Falsifikat aus dem 13. Jahrhundert, aber erstellt auf der Basis von Klosteraufzeichnungen aus dem 12. Jahrhundert, vgl. Kozłowska-Budkowa, Repertorium (wie Anm. 189), Nr. 42; Nr. 12, ein Original des Legaten Humbald von 1146, dazu ebd,. Nr. 44; vgl. auch Brygida Kürbis, Pogranicze Wielkopolski i Kujaw w X–XII wieku [Das Grenzgebiet von Großpolen und Kujawien im 10.–12. Jahrhundert], in: Łuczak, Studia (wie Anm. 127), 65–111, hier 95ff.; weitere Literatur gibt Kozłowski, Salomea (wie Anm. 119), 365 an. Płocha, Najdawniejsze (wie Anm. 1), 28. Ortlieb (wie Anm. 2), Additamenta, 128. Miron Korduba, Agnieszka [Agnes], in: Władysław Konopczyński (Hrsg.), Polski Słownik Biograficzny, Bd. 1. Kraków 1935, 30f.; Bronisław Włodarski, Sojusz dwóch seniorów (Ze stosunków polsko-ruskich w XII wieku) [Das Bündnis zweier Senioren (Die polnisch-ruthenischen Beziehungen im 12. Jahrhundert)], in: Juliusz Bardach (Hrsg.), Europa – Słowiańszczyzna – Polska. Studia ku uczczeniu prof. K. Tymienieckiego. Poznań 1970, 345–363, hier 350f.; Benedykt Zientara, Władysław II Wygnaniec [Władysław II. der Vertriebene], in: Andrzej Garlicki (Hrsg.), Poczet królów i książąt polskich. Warszawa ²1984, 90–97, hier 93, Bieniak, Obóz obrońców (wie Anm. 48), 21. Diese Autoren sind der Ansicht, dass es gerade die Herzogswitwe war, die Agnes zu politischen Zwecken zu verheiraten plante. Entgegengesetzter Meinung sind Labuda, Zabiegi (wie Anm. 1), 1154f. und Łowmiański, Początki (wie Anm. 46), 148 und Anm. 27. Zientara, Władysław II Wygnaniec (wie Anm. 200), 93.

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Hauptbefürworterin war.202 Ähnlich wie im Falle Gertruds mochte die Entsendung ihrer jüngeren Schwester ins Kloster nicht ausschließlich religiös motiviert gewesen sein, sondern auch eine konkrete Zukunftsabsicherung für die Prinzessin intendiert haben. Der Plan, Agnes nach Zwiefalten zu schicken, mochte einer der Gründe dafür gewesen sein, die schwäbischen Mönche nach Polen zu rufen.203 Der Tod der Herzogin Salomea im Jahre 1144 muss für die Kontakte zwischen Polen und Zwiefalten eine deutliche Zäsur gebildet haben.204 Wenn sie nach diesem Datum nicht völlig aufhörten, dann muss sich ihr Rang doch mit Sicherheit beträchtlich verringert haben. Spätestens mit dem Tod Gertruds in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts brachen dann aber wohl auch die letzten Verbindungen zwischen der schwäbischen Abtei und Polen ab. *** Es steht außer Zweifel, dass bei der Anknüpfung der Beziehungen zwischen Polen und Zwiefalten familiäre Bindungen eine entscheidende Rolle gespielt haben. Über die Pracht und die Frömmigkeit des weit entfernten Zwiefaltener Klosters erfuhr der polnische Hof Genaueres ganz sicher erst nach der Ankunft Salomeas in Polen. Diese kann auch zu Recht als spiritus movens der Kontakte zwischen Polen und Zwiefalten angesehen werden. Eine ähnliche Rolle spielten Salomeas Schwestern Richeza und Sophie an den beiden benachbarten böhmischen und mährischen Monarchenhöfen. Zweifellos hatten auch familiäre Gründe in einem religiösen Verständnis – als Sorge um das Seelenheil der Vorfahren, Verwandten und Nachkommen – Einfluss auf die Genese der Donationen selbst. Die in religiösen Kategorien interpretierten Sachgeschenke für kirchliche Institutionen – eine typische Erscheinungsform mittelalterlicher Frömmigkeit – bedürfen keines weiteren Kommentars. Mehr zu denken geben die eventuellen nichtreligiösen Motive der Donationen. Doch informieren die zeitgenössischen Quellen, auch die Zwiefaltener, nicht eindeutig und direkt über die politischen oder diplomati202

203 204

Ortlieb (wie Anm. 2), Additamenta, 128: Sed quia suspectum habebant fratrem suum ex alia matre ortum natuque maiorem, ducem Ladizlaum, ne forte praeoccuparet eos in amicitia gentis, cuidam filio regis Ruzziae decreverunt eam causa foederis vix triennem in consortium dare. Im ersten Teil des Satzes sind als Subjekt des Satzes Bolesław und Mieszko zu vermuten, und daher müsste auf sie auch das zweite Prädikat bezogen werden: decreverunt; so erklärt das auch Labuda, Zabiegi (wie Anm. 1), 1155. Selbst wenn der Autor der Translatio nicht so präzise ist und auf diese Weise die gemeinsame Entscheidung aller Teilnehmer an der Ratsversammlung darstellt, kann es wohl kaum als hinreichend begründet anerkannt werden, diese heiratspolitische Initiative Salomea zuzuschreiben, vgl. die Argumentation von Łowmiański, Początki (wie Anm. 46), 148 und Anm. 271. Labuda, Zabiegi (wie Anm. 1), 1154. Spilling, Sanctarum (wie Anm. 1), 24, Anm. 136: Wie die Autorin treffend bemerkt, war die letzte Information, für deren Absendung die Herzogin mit Sicherheit gesorgt hat, das Datum ihres Todes.

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schen Motive und Hintergründe der Schenkungen. Einen Einfluss derartiger Faktoren lässt sich auf der Grundlage des historischen Kontextes der Stiftungen lediglich vermuten. Die herausragende Position Zwiefaltens unter den Klöstern der Hirsauer Reformbewegung, bestimmte politische Konnotationen dieser Bewegung und schließlich die Verbindungen Zwiefaltens mit den benachbarten europäischen Höfen geben Grund zu der Annahme, dass für die Schenkungen Bolesław III. Schiefmunds auch nichtreligiöse Motive von Bedeutung gewesen sein dürften. Veränderte politische Umstände begleiteten dagegen die Schenkungen Salomeas aus der Zeit ihrer Witwenschaft. Neben verständlichen religiösen Motiven mag auch die in Polen herrschende innere Situation Einfluss auf die Form der Donationen ausgeübt haben. Dagegen erscheint es eher unwahrscheinlich, dass die Herzogin eine selbständige Politik im internationalen Maßstab verfolgt hat. Während der etwa dreißigjährigen Anwesenheit Salomeas in Polen beschränkten sich die Kontakte mit Zwiefalten keineswegs auf den einmaligen Austausch von Gesandtschaften und Geschenken. Wie einzelne böhmische und polnische Beispiele zeigen, hat die Haltung des Herzogspaares auch auf einen breiteren Kreis von Personen, die höchstwahrscheinlich eng mit dem Hof verbunden waren, Einfluss ausgeübt. Ganz offensichtlich teilten auch sie die Überzeugung von der geistigen Vollkommenheit, die die Zwiefaltener monachos maxime districtionis auszeichnete, da sie gerade mit diesem schwäbischen Konvent ihre Hoffnungen auf Wohlergehen im künftigen und vielleicht auch bereits im irdischen Leben verbanden.205 Sicher waren auch Prestigegründe mit im Spiel. Doch selbstverständlich war keine der erwähnten Personen imstande, die Großzügigkeit der Herzogin Salomea zu übertreffen. Hinsichtlich des Reichtums der Zwiefalten dargebrachten Gaben übertraf die polnische Herzogin nicht nur ihre Schwestern, Brüder und Vorfahren, sondern auch die meisten, wenn nicht alle ihrer Zeitgenossen.206

205 206

Vgl. Berthold (wie Anm. 2), 1, 189. Spilling, Sanctarum (wie Anm. 1), 25 hält Salomea für die größte Wohltäterin in der Geschichte Zwiefaltens.

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Imitatio regni. Adelige Stiftungen im Polen des 11. und 12. Jahrhunderts

Adlige Stiftungen als imitatio regni Welche Gründe veranlassten Adlige, kirchliche Einrichtungen zu stiften, welche Funktionen sollten solche Stiftungen erfüllen und wie sahen die finanziellen Möglichkeiten der adligen Stifter eines Klosters oder einer Kirche aus? Bei einer Befassung mit diesen Fragen ist zu berücksichtigen, dass auch die von Adligen realisierten Stiftungen kirchlicher Einrichtungen und deren anschließende materielle Unterstützung einen Prozess darstellten, in dem eine spezifische Wechselbeziehung zwischen Laien und Kirche zum Tragen kam. Roman Michałowski hat am Rande seiner Betrachtungen über die Stiftungen der Piasten im 10.–13. Jahrhundert auch wichtige Bemerkungen hinsichtlich der Stiftertätigkeit von Adligen gemacht.1 So verwies er darauf, dass auch die einschlägigen Aktivitäten der adligen Elite einem Wunsch nach Imitation entspringen konnten. So wie die piastischen Herrscher Stiftungen realisiert hätten, um die Tätigkeit des Kaisers nachzuahmen (imitatio imperi), seien Adlige bestrebt gewesen, mit ihren Stiftungen ihrerseits ihre piastischen Herrscher nachzuahmen (imitatio regni). Zweifellos sind Kirchen- und Klosterstiftungen nicht ohne Bedeutung für die Hebung und Festigung des Prestiges des jeweiligen Adelsgeschlechts geblieben und der Herrscher hat als freigiebiger Stifter und Schenker dabei stets ein nachahmenswertes Vorbild dargestellt. Diese Nachahmung bezog sich nicht allein auf die bloße Tatsache der Gründung einer kirchlichen Institution. Michałowski verweist hierzu auf das Beispiel der Kirche Johannes des Täufers in Prandocin, die in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts von Prandota dem Alten oder seinen Erben gestiftet wurde. Interessant ist die architektonische Gestalt dieses Gottes1 Roman Michałowski, Princeps fundator. Studium z dziejów kultury politycznej w Polsce X–XII wieku [Princeps fundator. Studien zur Geschichte der politischen Kultur in Polen im 10.– 13. Jahrhundert]. Warszawa 1993, 110–112.

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hauses, für die eine doppelchorige Form verwendet wurde, wie sie an der Wende des 11. / 12. Jahrhunderts in Polen gerade einmal fünf Mal bezeugt ist, u. a. in der zweiten Wawelkathedrale.2 Höchstwahrscheinlich wollte Prandota der Alte, so Michałowski, durch eine Nachahmung der Form der Krakauer monarchischen Stiftung seine eigene hohe Würde manifestieren. Michałowski macht auch auf die wahrhaft monarchischen Ausmaße der Stiftungen des Piotr Włostowic aufmerksam, der sich mit seiner Stiftungstätigkeit den fürstlichen Herren Polens gewissermaßen gleichzustellen versucht habe, auch wenn der Schwung seines Engagements nicht unbedingt dahingehend gedeutet werden könne, dass er auch beabsichtigt habe, nach der Herzogswürde selbst zu greifen. Tatsächlich erscheint eine solche Hypothese im Lichte der übrigen uns bekannten Quellen wenig wahrscheinlich. Naheliegender erscheint sie im Falle eines anderen Stifters, nämlich des comes palatinus Sieciech. Das Prestige, das Große mit Hilfe von Stiftungen zu erlangen suchten, erwuchs nicht nur daraus, dass ihre freigiebigen Vergaben die Bedeutung ihres Geschlechts erhöhten bzw. unterstrichen, sondern auch – ja vielleicht vor allem – daraus, dass diese Stiftungen zu einer Ausdrucksform der Rivalität zwischen den großen Adelsgeschlechtern wurden. Schließlich ging es darum, welche Familie in ihren Stiftungsund Wohltätigkeitsaktivitäten am ehesten mit dem entsprechenden Engagement des Herrschers mithalten konnte. Selbstverständlich können Rolle und Funktion von Kloster- und anderen Stiftungen innerhalb der mittelalterlichen Gesellschaft nicht untersucht werden, ohne den Aspekt der Frömmigkeit bzw. die Sorge der Stifter um die Sicherstellung ihres eigenen Seelenheils und das ihrer nächsten Angehörigen zu berücksichtigen. Hinzukommt die im Mittelalter vorherrschende Vorstellung, dass sich Gebete von verwandten Ordensbrüdern und Nonnen durch eine größere Wirksamkeit auszeichnen würden. Daher musste Wert darauf gelegt werden, dass der Gottesdienst in den gestifteten Institutionen möglichst von Mitgliedern der eigenen Gründerfamilie abgehalten wurde. Stiftungen hatten überdies auch eine wichtige Propagandafunktion zu erfüllen, dienten sie doch der Manifestierung der Frömmigkeit der Stifterfamilie – und zwar sowohl gegenüber Gott (dies in erster Linie) als auch gegenüber dem herrschenden Monarchen sowie der gesamten politischen Elite.

2 Andrzej Tomaszewski, Romańskie kościoły z emporami zachodnimi na obszarze Polski, Czech i Węgier [Romanische Kirchen mit Westemporen auf dem Territorium Polens, Böhmens und Ungarns]. Wrocław / Warszawa / Kraków 1974, 341f.; vgl. Jerzy Pietrusińki, Krakowska katedra romańska fundacji króla Bolesława II. Szczodrego [Die von König Bolesław II. dem Kühnen gestiftete romanische Kathedrale in Krakau], in: Joanna Daranowska-Łukaszewska (Hrsg.), Katedra krakowska w średniowieczu. Krakow 1996, 43–105. Zu den Möglichkeiten einer Interpretation dieser Architektur Tomasz Węcławowicz, Krakowski kościół katedralny w wiekach średnich. Funkcje i możliwości interpretacji [Die Krakauer Kathedralkirche im Mittelalter. Funktionen und Interpretationsmöglichkeiten]. Kraków 2005, passim.

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Durch die Gründung eines Klosters wurde der Stifter nach seinem Tode in gewissem Sinne zu einem Vermittler zwischen dem Himmel und dem Mönchskonvent. Daher unternahmen die Ordensleute oft Versuche, ihren Wohltäter heiligsprechen zu lassen, zumindest aber förderten sie seinen Kult in der lokalen Gemeinschaft. Dies war selbstverständlich mit der Beisetzung des Stifters und seiner Familienmitglieder innerhalb des von ihm errichteten Gotteshauses verbunden. Dieses Phänomen ist aus westlichen Materialien gut bekannt, doch lohnt es sich, ihm auch für das piastische Polen nachzugehen.3 Der ‚typische‘ heilige Stifter im Mittelalter entstammte einem Adelsgeschlecht (Ausnahmen von dieser Regel sind sehr selten). Er ließ es zumeist nicht bei einer einzigen Stiftung bewenden, sondern gründete oft mehrere Klöster. Ein solcher Stifter kümmerte sich anschließend auch um das geistliche Leben innerhalb der von ihm errichteten Institution; manchmal wurde er selbst Abt, gab der Ordensgemeinschaft eine Regel und wachte über ihre Einhaltung; sterbend schließlich hinterließ er ein geistiges Testament und wurde danach in der Klosterkirche beigesetzt.4 Ohne Zweifel können Forschungen über das quellenmäßig schwach beleuchtete frühpiastische Polen von den Errungenschaften der westlichen Historiographie, die ja über eine unvergleichlich bessere Quellenlage verfügt, profitieren. Für das hier behandelte Thema besonders inspirierend erscheinen Erkenntnisse, die die westliche Mediävistik über die im 11. und 12. Jahrhundert in Westeuropa aufgekommene Institution des so genannten Hausklosters zusammengetragen und zu einem Idealtypus im Max Weberschen Sinn verdichtet hat. Folgende Merkmale sind dabei für ein solches Modellkloster ermittelt worden:5 1. Gründung des Klosters und / oder Vergaben zu seinen Gunsten 3 Roman Michałowski, Klasztor prywatny w Niemczech IX–XII w. jako fakt religijny i społeczny. Wybrane zagadnienia [Das Privatkloster in Deutschland im 9.–12. Jahrhundert als religiöse und soziale Tatsache. Ausgewählte Fragen], in: Jerzy Strzelczyk (Hrsg.), Niemcy – Polska w średniowieczu. Poznań 1986, 47–66; Ders., Święta moc fundatora klasztoru (Niemcy XI–XII wiek) [Die heilige Kraft des Klosterstifters (Deutschland 11.–12. Jahrhundert)], in: Kwart. Hist. 91, 1984, 1, 3–24; Ders., Wizerunek fundatorki klasztoru na antependium i pięczątkach z Göss [Das Bildnis der Klosterstifterin auf dem Antependium und den Stempeln von Göss], in: Danuta Gawinowa (Hrsg.), Kultura średniowieczna i staropolska. Studia ofiarowane Aleksandrowi Gieysztorowi w pięćdziesięciolecie pracy naukowej. Warszawa 1991, 207–215; Michał Tomaszek, Klasztor Ezzonidów w Brauweiler jako przykład fundacji rodu możnowładczego [Das Kloster der Ezzoniden in Brauweiler als Beispiel für die Stiftung eines Adelsgeschlechts], in: Marek Derwich / Anna PobógLenartowicz (Hrsg.), Klasztor w państwie średniowiecznym i nowożytnim. Wrocław / Opole 2005, 165–175; Ders., Klasztor i jego założyciel w utrwalonej na piśmie tradycji początków zgromadzenia. Przykład benedyktyńskiego opactwa w Brauweiler [Das Kloster und sein Gründer in der schriftlich festgehaltenen Tradition der Anfänge des Ordens], in: Stanisław Rosik / Przemysław Wiszewski (Hrsg.), Causa creandi. O pragmatyce źrodła historycznego. Wrocław 2005, 267–278. 4 Vgl. Paolo Golinelli, Topoi e motivi agiografici nelle Vitae dei santi fondatori di abbazie, in: Riccardo Fangarezzi / Paolo Golinelli / Alba Maria Orselli (Hrsg.), Sant’ Anselmo di Nonantola e i santi fondatori nella tradizione monastica tra Oriente e Occidente. Roma 2006, 181–202. 5 Thomas Hill, Könige, Fürsten und Klöster. Studien zu den dänischen Klostergründungen des 12. Jahrhunderts. Frankfurt am Main 1992, bes. 105–181; vgl. auch Kim Esmark, Religious Patro-

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durch den Stifter und die Mitglieder seiner Familie; 2. Bestimmung des Klosters zur Beisetzungsstätte des Stifters und seiner Angehörigen (bei denen es sich nicht unbedingt nur um mit ihm verwandte oder verschwägerte Personen handeln musste); 3. Kultivierung des liturgischen Gedächtnisses (memoria) für die Mitglieder der Gründerfamilie sowie andere Wohltäter durch die im Kloster lebenden Mönche; 4. Kontrolle des Kloster(leben)s durch den Stifter; 5. Bestimmung des Klosters zum Ort der Pflege des Kultes eines der Familie des Stifters entstammenden oder eng mit dessen Familie verbundenen Heiligen; 6. Verpflichtung des Klosters zu bestimmten materiellen Dienstleistungen gegenüber dem Stifter und seiner Familie (z. B. Gastung); 7. Nutzung des Klosters als Ausbildungsstätte für junge bzw. Pflegestätte für alte Familienmitglieder des Stifters. Natürlich haben in der Realität nur sehr wenige Stiftungen alle diese Kriterien erfüllt. Aber ihre Formulierung erlaubt doch wenigstens versuchsweise bestimmte Tendenzen und Regeln in den Stiftungsprozessen aufzuzeigen. Neben einer gewissen Modellbildung vermag auch ein vorsichtiger Vergleich zusätzliche Erkenntnismöglichkeiten zu eröffnen. Allerdings ist eine einfache Zusammenstellung ähnlicher Tatsachen kaum wirklich hilfreich. Angesichts der für Polen zu konstatierenden Quellenarmut wird man aber auch bei der Erforschung der Stiftungen polnischer Adliger nicht darauf verzichten können, aus anderen Gebieten stammende Analogien heranzuziehen. Doch müssen solche Analogien sehr vorsichtig gewählt und genutzt werden und man muss sich stets im Klaren darüber sein, dass solche Analogien allenfalls bestimmte Hypothesen nahezulegen, aber die fraglichen Probleme kaum eindeutig zu lösen vermögen. Schließlich gilt es, die verfügbare Quellenbasis nach Möglichkeit zu erweitern. Hier ist auf die Errungenschaften der Archäologie, der Architekturgeschichte und der Kunstgeschichte zu verweisen. Denn Überreste von Gebäuden, die Raumgliederung der Gotteshäuser und die in den Stiftungstympana zum Ausdruck kommenden Ideen können uns viel über die Gründe einer Stiftung und ihren ideellen Hintergrund verraten. Berücksichtigt werden müssen auch numismatische Funde; die jüngsten Untersuchungen von Stanisław Suchodolski etwa haben gezeigt, dass sich Münzen (nicht nur mit ihrer Ikonographie, sondern auch ihrer chemischen Zusammensetzung) beispielsweise für Forschungen über den Tod des Krakauer Bischofs Stanisław6 oder über die Politik – auch die Stiftungspolitik – des comes palatinus Sieciech als hilfreich erweisen können. nage and Family Consciousness: Sorø Abbey and the „Hvide Family“, c 1150–1250, in: Emilia Jamroziak / Janet Burton (Hrsg.), Religious and Laity in Western Europe 1000–1400. Interaction, Negotiation, and Power. Turnhout 2006, 93–110; Michałowski, Klasztor prywatny (wie Anm. 3); Jürgen Dendorfer, Freunde und Getreue – Adelige Gruppen in der klösterlichen Memoria des 12. Jahrhunderts in Bayern, in: Natalie Kruppa (Hrsg.), Adlige – Stifter – Mönche. Zum Verhältnis zwischen Klöstern und mittelalterlichem Adel. Göttingen 2007, 63–105. 6 Stanisław Suchodolski, Polityka mennicza a wydarzenia polityczne w Polsce we wczesnym średniowieczu [Münzpolitik und politische Ereignisse im frühmittelalterlichen Polen], in: Społeczeństwo Polski średniowiecznej 6, 1994, 39–52.

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Bei der Analyse der Kirchenstiftungen von Vertretern höherer sozialer Schichten muss noch eine weitere Schwierigkeit berücksichtigt werden. Die erhaltenen Quellen berichten über die Aktivitäten von Vertretern der höchsten Elite des Landes, wobei die entsprechenden Hinweise oft im archäologischen Material eine Bestätigung finden. Dagegen finden die bescheideneren Stiftungen der ‚gewöhnlichen‘ Ritterschaft kaum Niederschlag in den verfügbaren Schriftquellen. Viele Stiftungen wurden zudem von Familien unterstützt, die weniger bedeutend waren und deren Unterstützung daher nicht unbedingt in Gestalt von Landvergaben erfolgte, die naheliegenderweise stets die auffälligsten Spuren in den Schriftquellen hinterlassen, selbst wenn diese zeitlich lange nach der Beschenkung des betreffenden Klosters oder der betreffenden Kirche entstanden sind.7 Erste Hinweise auf kleinere ritterliche Stiftungen begegnen in der Chronik des so genannten Gallus Anonymus, der u. a. die moralisierende Geschichte von den katastrophalen Folgen eines am Tage der Kirchweihe geschlossenen Verlöbnisses erzählt. Dies geschah in Ruda, wo ein Ritter eine Kirche errichtet und zu ihrer Konsekration den blutjungen Bolesław Schiefmund eingeladen hatte. Anliegen des Chronisten war es nicht, die Geschichte des Ritters und seiner Kirchenstiftung zu erzählen, sondern von der Strafe des Himmels zu berichten, die Menschen traf, die ein göttliches Verlöbnis, wie eine Kirchweihe, mit einem fleischlichen verbinden wollten.8 Daraus lässt sich der Schluss ziehen, dass die Stiftung einer ‚Privatkirche‘ durch einen Ritter für den Chronisten nichts besonderes darstellte, das eigens hätte hervorgehoben werden müssen; von der Kirchenstiftung erfahren wir hier gleichsam nur nebenbei. Zweitens wurde zu dieser Feier, die, wie Gallus betont, im Grenzgebiet des Landes stattfand, der Herzog selbst eingeladen. Von der Teilnahme des Herrschers an einer ähnlichen Feierlichkeit informiert uns die Chronik auch an anderer Stelle – wobei auch dort nicht die Tatsache der Stiftung den Grund für die Erzählung liefert, sondern die Buße Herzog Bolesławs für den Bruch eines seinem Stifbruder Zbigniew gegenüber geleisteten Eides. Wir erfahren nämlich, dass die Bischöfe und Priester den Herzog im Verlauf dieser Buße mit Gebeten unterstützten und „ihm zu jedem größeren Fest oder anlässlich einer Kirchweihe kraft ihrer kanonischen Ermächtigung etwas von seiner Buße erließen“.9 Es darf angenommen 7 Selbst in Ländern mit einer viel umfangreichereren Quellenlage ist es manchmal schwierig, weniger bedeutende Spender zu identifizieren; vgl. Linda Rasmussen, Monastic Benefactors in England and Denmark: Their Social Background and Gender Distribution, in: Jamroziak / Burton, Religious (wie Anm. 5), 77–91. In Urkunden für Miechów aus dem Jahr 1198 finden wir neben Mitgliedern der Piastendynastie und mächtigen Großen auch viel bescheidenere Donatoren; Kodeks dyplomatyczny Małopolski [Kleinpolnisches Urkundenbuch]. Bd. 2. Ed. Franciszek Piekosiński. Kraków 1886, Nr. 375 und 376. 8 Galli Anonymi cronicae et gesta ducum sive principum Polonorum. Ed. Karol Maleczyński, in: MPH NS. Bd. 2. Kraków 1952, 100: Forte quidam nobilis in confinio terre ecclesiam construxit, ad cuius consecracionem Bolezlauum ducem, adhuc satis puerum cum suis iuvenibus invitavit. 9 Ebd., 157f.: Pretera pontifices, abbates, presbiteri missis et ieiuniis cum quisque pro suis viribus

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werden, dass der Chronist, wenn es um eine vom Herzog im Rahmen seiner Bußleistungen gestiftete Kirche gegangen wäre, diese Tatsache zweifellos hervorgehoben hätte; daher wird es hier sicher um adlige oder bischöfliche Stiftungen gegangen sein. Eine andere Geschichte des Gallus erzählt davon, wie die Pomoranen auf einem Raubzug in Spycimierz einfielen, wo in der dortigen Kirche gerade der Gnesener Erzbischof Marcin weilte, der daraufhin in einer Ecke unter dem Dach des Gotteshauses Schutz suchte. Die ganze Geschichte endete glücklich: Der in Gefangenschaft geratene Archidiakon wurde freigelassen, und auch die von den Pomoranen aus der Kirche geraubten Reliquien sowie die dem Erzbischof gehörenden Paramente kehrten zurück. Uns interessiert hier eine bestimmte Information, die am Rande dieser Anekdote vermittelt wird. Die Kirche von Spycimierz war nämlich aus Holz errichtet, so dass die Priester befürchteten, sie könnte jeden Augenblick vom Feind in Brand gesetzt werden.10 Wahrscheinlich bestand die oben erwähnte, von einem anonymen Ritter errichtete Kirche von Ruda ebenfalls aus Holz. Es ist leicht vorstellbar, wie viele derartiger Stiftungen von hölzernen Kirchenbauten, die keinerlei archäologische Spuren hinterlassen haben, in völlige Vergessenheit geraten sind. In Spycimierz zitterten der Erzbischof und die ihn begleitenden Priester vor Angst, denn sie waren unbewaffnet und hatten nur eine zahlenmäßig geringe Dienerschaft an ihrer Seite, und in der Kirche konnten sie sich aus verständlichen Gründen auch nicht einschließen. Das lenkt unsere Aufmerksamkeit auf eine weitere wichtige Funktion der Kirchenstiftungen, nämlich ihre defensive und militärische Funktion. Ein gut befestigtes, steinernes Gotteshaus oder ein festungsmäßig ausgestattetes Kloster konnte der umliegenden Bevölkerung im Falle einer Bedrohung als Zufluchtsort dienen. In Spycimierz, wie an vielen anderen Orten, bestand das Gotteshaus freilich nur aus Holz. Und dennoch hatte, wie Gallus berichtet, „der allmächtige Gott, wie er den Erzbischof, den Priester und die Kirche gerettet hatte, danach auch die Reliquien und alle heiligen Gerätschaften dem Erzbischof unbefleckt und ungeschändet“ zurückgegeben. Die Verteidigungsfunktion einer Kirche darf augenscheinlich nicht ausschließlich im buchstäblichen Sinne verstanden werden; selbst eine Holzkirche konnte dank ihre Konsekration, dank ihres Schutzheiligen und dank der in ihr befindlichen Reliquien einen wirksamen Ort des Schutzes vor Gefahren, sowohl vor geistigen als auch vor körperlichen, darstellen. In der Tat haben bei den mittelalterlichen Stiftungen, auch jenen von Großen und Rittern, die religiösen und devotionalen Motive eine nicht unbedeutende, wenn nicht die erstrangige Rolle gespielt.11 Gallus teilt uns auch mit, dass Erzbischof adiuvabant et in omni sollempnitate precipua vel in ecclesiarum consecrationibus aliquid sibi de pentitentia canonica auctoritate relaxabant. 10 Ebd., 113: Arma nulla, clientes pauci, hostes in ianuis, et quod periculosius videbatur, ecclesia lignea ad comburendum eos paratior habebatur. 11 Vgl. Krzysztof Skwierczyński, Custodia civitatis. Sakralny system ochrony miasta w Polsce wcześniejszego średniowiecza na przykładzie siedzib biskupich [Custodia civitatis. Das sakrale

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Marcin in „seiner Kirche“ beichtete. Auch wenn diese Formulierung in diesem Kontext nicht eindeutig genug ist, verweist sie doch auf eine weitere wichtige Tatsache, nämlich darauf, dass Eigenkirchen – und eine solche war auch die Kirche in Ruda – ihren Besitzern in Gestalt der aus dem Zehnten oder den Gebühren für religiöse Handlungen fließenden Einnahmen auch einen beträchtlichen finanziellen Nutzen brachten.12 Ökonomische Gesichtspunkte haben gewiss eine nicht geringe Rolle gespielt, vor allem bei Stiftungen von Großen und Rittern. Eine Stiftung konnte für ihren Gründer schließlich auch eine Art Absicherung für die Zukunft, für den Fall finanzieller Schwierigkeiten darstellen.13 Die spärlichen Hinweise, die der Chronik des Gallus zu entnehmen sind, werden durch einen interessanten Bericht seines böhmischen Zeitgenossen, Cosmas von Prag, ergänzt, der folgende Geschichte erzählt: Nach der Mitte des 11. Jahrhunderts stiftete ein herzoglicher Amtsträger namens Mztis im Suburbium der Burgstadt Bilin mit Einverständnis des Herzogs eine dem Apostel Paulus geweihte Kirche. Zur Konsekration dieses Gotteshauses lud er den Herzog und den Bischof ein. Nach der feierlichen Kirchweihe begab sich der Herzog auf die Burg, und der Palatin feierte mit dem Bischof in seinem Hof in der Burgsiedlung. Während des Festmahls erschien ein Bote des Herzogs, der bekanntgab, dass der Herzog Mztis wegen früherer Verfehlungen seines Amtes enthoben habe. Bezeichnend sind die in dieser Situation von Mztis geäußerten Worte: „Der Herzog ist Herr, er mag über seine Stadt verfügen, wie ihm beliebt; was aber meine Kirche heute erhalten hat, das ihr zu nehmen hat er nicht die Macht.“14 Der Bericht bietet einige wertvolle Informationen, die auch mit Blick auf die polnischen Verhältnisse relevant erscheinen. Ersten wurde der Landesherr zur Konsekration einer Eigenkirche eingeladen. Zwar konnte die Kirchweihfeier im Falle des Mztis nicht verhindern, dass der Herzog die Gelegenheit zur Rache für eine frühere Beleidigung System des Schutzes der Stadt im frühmittelalterlichen Polen am Beispiel der Bischofssitze], in: Kwart. Hist. 103, 1996, 3, 3–51, hier 30f. 12 Artur Chojnacki hat im Historischen Institut der Jagiellonen-Universität eine Doktorarbeit vorbereitet unter dem Titel: Kościoły pod zakonnym patronatem w średniowiecznej Małopolsce (XII–XV wiek) [Die Kirchen unter Ordenspatronat im mittelalterlichen Kleinpolen (12.– 15. Jahrhundert)], in der er auch die Institution der Eigenkirche in Polen behandelt. Vgl. auch Marcin Rafał Pauk, Działalność fundacyjna możnowładztwa czeskiego i jej uwarunkowania społeczne (XI–XIII wiek) [Die Stiftungstätigkeit der böhmischen Großen und ihre gesellschaftlichen Bedingungen (11.–13. Jahrhundert)]. Kraków / Warszawa 2000, 41f: sowie allgemein zur Eigenkirche Susan Wood, The Proprietary Church in the Medieval West. Oxford 2006. 13 Vgl. Janet Burton, Fundator Noster: Roger de Mowbray as Founder and Patron of Monasteries, in: Jamroziak / Burton, Religious (wie Anm. 5), 23–39. 14 Cosmae Pragensis chronica Boemorum. Ed. Berthold Bretholz, in: MGH SS NS 2. München 1955, II, 19: Dux est et dominus, de civitate sua faciat, quod sibi placet. Quom autem mea ecclesia hodie habet, auferendi dux potestatem non habet; deutsch zitiert nach: Des Dekans Cosmas Chronik der Böhmen. Übersetzt von Georg Grandaur. Leipzig 1939, 112; vgl. Pauk, Działalność fundacyjna (wie Anm. 12), 37f.

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nutzte, doch dürfen wir getrost davon ausgehen, dass die Stiftung einer Kirche und ihre feierliche Konsekration mit Beteiligung des Herrschers sowie weltlicher und geistlicher Würdenträger unter anderen Umständen dem Stifter durchaus erlaubte, seine Bedeutung zu unterstreichen, sein Prestige zu stärken, verschiedene Angelegenheiten zu erledigen und eine engere Zusammenarbeit mit dem Herrscher herbeizuführen. Solche Kirchweihen mögen in der Tat Konferenzen des Monarchen mit der politischen Elite seines Landes gewesen sein. Zweitens gibt der Bericht des Cosmas Aufschluss über die materiellen Grundlagen der gestifteten kirchlichen Institutionen, denn nicht einmal der Herzog hatte offenbar das Recht, diesen materiellen Status anzutasten. Drittens ist auch die Tirade des Amtsträgers selbst interessant, der zwar das Recht des Herzogs anerkennt, nach Gutdünken über die weltlichen Ämter zu verfügen, jedoch betont, dass die neue Kirche sein Eigentum sei. Viertens besaß der auf der Burg amtierende Amtsträger einen zweiten, privaten Wohnsitz in der Burgsiedlung, und eben auf diesem Privatgelände hatte er seine Stiftung angesiedelt. Schließlich erfahren wir auch noch, dass seine Kirche dem hl. Apostel Paulus geweiht wurde. Gallus hat uns Informationen über die Patrozinien der oben erwähnten polnischen Kirchen vorenthalten. Aber es scheint, dass die Schutzheiligen der von Adligen getätigten Stiftungen nicht zufällig gewählt worden sind, so dass die Frage der Patrozinien nicht nur am Rande behandelt werden sollte.15 Bei der Erforschung adliger Stiftungen kann auch ein weiteres wichtiges Problem nicht umgangen werden, nämlich die Frage nach der Herausbildung dieser Schicht und ihrer wirtschaftlichen, politischen und sozialen Verselbständigung. Der entsprechende Emanzipationsprozess fiel zeitlich mit einer grundlegenden Veränderung der wirtschaftlichen Basis der kirchlichen Institutionen zusammen. Spätestens seit Bolesław dem Kühnen, vielleicht auch bereits während der Herrschaftszeit Kasimirs des Erneuerers, wurden die beweglichen Einkünfte der Kirche durch Landvergaben ersetzt. Diese Veränderung der Politik der Herrscher betraf sicherlich auch die politischen Eliten. Dank Landvergaben und der Mehrung ihres Besitzes konnten es sich Mitglieder der Elite bald erlauben, ihrerseits kirchlichen Institutionen Schenkungen zu verleihen bzw. Kirchen und Klöster zu stiften. Wie Marcin R. Pauk am böhmischen Beispiel gezeigt hat, zeugt „die Entstehung von Eigenkirchen in Böhmen zwischen dem 11. und dem 12. Jahrhundert (…) von sehr tiefgreifenden sozialen Veränderungen. Informationen über derartige Gotteshäuser finden sich oftmals im Kontext der ältesten Erwähnungen über den Landbesitz des Adels. Der Prozess der Errichtung von Landgütern und der Übernahme monarchischer Rechte auf die Stiftung von Pfarrkirchen und auf das Patronat über diese verlief also parallel.“16 In diesem Zusammenhang ist interessant, dass 15 Vgl. Skwierczyński, Custodia civitatis (wie Anm. 11), 36f. 16 Pauk, Działalność fundacyjna (wie Anm. 12), 43; vgl. auch Ders., Der böhmische Adel im 13. Jahrhundert: Zwischen Herrschaftsbildung und Gemeinschaftsgefühl, in: Ivan Hlaváček / Alexander Patschovsky (Hrsg.), Böhmen und seine Nachbarn in der Přemyslidenzeit. Ostfildern 2011, 247–287, hier 263.

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Große und weltliche Würdenträger erst mit der Herrschaftszeit Władysław Hermans, also seit dem letzten Viertel des 11. Jahrhunderts die Seiten der Chronik des Gallus Anonymus zu bevölkern beginnen. Die Erklärung für dieses Phänomens erscheint banal: Der Chronist hat eben jene Ereignisse detailliert geschildert, die zu seiner eigenen Zeit geschahen oder zeitlich nicht weit zurücklagen und von denen er durch seine Informanten bzw. die Protektoren seines Werkes Kenntnis erhalten hatte. Eine ganz ähnliche Gesetzmäßigkeit lässt das böhmische Material erkennen; auch in der Chronik des Cosmas finden sich die ausführlichsten und häufigsten Informationen über Adlige erst im letzten Buch. Vielleicht liegt die Hauptursache dafür darin, dass der Chronist in diesem Buch Ereignisse schildert, an denen er selbst teilgenommen oder von denen er durch Augenzeugen Kenntnis erhalten hat. Doch darf auch die These nicht ausgeschlossen werden, dass der Adel erst seit Mitte des 11. Jahrhunderts zu einem wichtigen Teilnehmer des politischen Spiels in Böhmen wurde.17 In Bezug auf das fühpiastische Polen wird selbstverständlich stets auf den Mangel an schriftlichen Quellen verwiesen. Doch kann wohl davon ausgegangen werden, dass die Stiftung eines Klosters in späteren Schriftquellen (die Erinnerung an die Stifter wurde ja in den von ihnen gegründeten kirchlichen Institutionen stets sorgfältig gepflegt) oder auch im archäologischen Material irgendwelche Spuren hinterlassen haben dürfte. Daher wird das zeitliche Zusammenfallen von Hinweisen auf die Aktivitäten des comes palatinus Sieciech, auf seine Stiftungen, die nach ihm benannte Burgsiedlung und seine außergewöhnlich ehrgeizigen politischen Pläne, und des Beginns des Prozesses der Konzentration von Landbesitz und der Schaffung von Familienzentren, die nach und nach mit verschiedenen kirchlichen Institutionen ausgestattet wurden, kein Zufall sein. Seit der Wende vom 11. zum 12. Jahrhundert begannen sich in Polen agnatische Adelsfamilien herauszubilden;18 damals traten auch die ersten bedeutsamen adligen Stiftungen in Erscheinung, und der Herrscher verlor sein Monopol hinsichtlich der Sorge um die Kirche. Selbstverständlich resultierte dieses ‚Monopol‘ nicht aus irgendwelchen rechtlichen oder gewohnheitsrechtlichen Bedingungen, vielmehr war es lediglich die Folge des Fehlens finanzieller Mittel, die den Großen den Bau und die entsprechende Ausstattung einer Kirche oder eines Klosters ermöglicht hätten. Das zeitliche Zusammenfallen beider Phänomene ist also kein Zufall, sondern stand im Zusammenhang mit einem spezifischen Ethos der Großen, dessen Hauptmerkmal die Imitation des Herrschers war, auch und gerade was dessen Politik gegenüber der Kirche betraf. Zur schrittweisen Stärkung der Position der Großen und der Ritterschaft gegenüber dem Herrscher und der Kirche haben schließlich jene Konflikte und Streitigkeiten nicht 17 Pauk, Działalność fundacyjna (wie Anm. 12), 13. 18 Vgl. Sławomir Gawlas, O kształt zjednoczonego Królestwa. Niemieckie władztwo terytorialne a geneza społeczno-ustrojowej odrębności Polski [Über die Gestalt des vereinigten Königreiches. Die deutsche Territorialherrschaft und die Genese der verfassungspolitischen und sozialen Eigenheit Polens]. Warszawa ²2000, 77.

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unmaßgeblich beigetragen, die nach dem Tod Bolesławs III. Schiefmund (1138) unter dessen Söhnen ausbrachen. Die Großen haben diese Konflikte geradezu befördert, um sich bestimmte Vorteile zu verschaffen bzw. ihre eigenen Interessen zu verfolgen. Die kleinpolnischen Großen versuchten nach dem Tode Kasimirs des Gerechten (1194) gar über die Besetzung des Krakauer Thrones zu entscheiden.19

Erste adlige Sakralstiftungen im ausgehenden 11., beginnenden 12. Jahrhundert Über die ältesten Stiftungen weltlicher Großer im piastischen Polen lässt sich wenig Sicheres sagen. Am Beginn stehen die Stiftungen des Sieciech, des unter Władysław Herman mächtigsten Großen des Landes. Zu ihnen dürften die (seit dem 14. Jahrhundert dem hl. Andreas geweihte) St. Ägidiuskirche im Krakauer Stadtteil Okół, die Kapelle St. Benedikt in Radziwie bei Płock sowie das Benediktinerkloster in Sieciechów gezählt werden.20 Sieciech war von Władysław Herman wahrscheinlich gleich nach 1079, vielleicht aber auch erst während seiner Amtszeit als comes palatinus (1090–1100) mit zahlreichen Vergaben bedacht worden. Auf jeden Fall muss die Stiftungstätigkeit Sieciechs enorme finanzielle Mittel verschlungen haben. Während Holzbauten vergleichsweise geringe Mittel benötigten (das Baumaterial war billig und allgemein zugänglich, für die Errichtung war keine spezialisierte Bauhütte erforderlich, ein großer Teil der Arbeiten konnte im Rahmen von Zwangsarbeiten durchgeführt werden), erforderten Steinbauten bereits ganz beträchtliche Geldmittel.21 Bezeichnend ist in diesem Zusammenhang, dass die großen, von Herrschern wie von Großen getätigten Bauinves-

19 Auf klare Weise schildert diesen Prozess Magdalena Bintaś-Szkopek, Konflikty w łonie dynastii piastowskiej a wzrost znaczenia możnowładztwa na przykładzie sporów synów Bolesława Krzywoustego [Die Konflikte im Schoße der Piastendynastie und die Zunahme der Bedeutung des Adels am Beispiel der Streitigkeiten der Söhne von Bolesław Schiefmund], in: Józef Dobosz / Jakub Kujawiński / Marzena Matla-Kozłowska (Hrsg.), Pierwsze polsko-czeskie forum młodych mediewistów. Poznań 2007, 159–172. 20 Diese Diskussion präsentiert Józef Dobosz, Herzogliche und adlige Stiftungstätigkeit im piastischen Polen des 12. Jahrhundert, in diesem Band 201–267, hier 236–243. 21 Zur Planung, Organisation und Realisierung großer Bauvorhaben vgl. vor allem Günther Binding, Baubetrieb im Mittelalter. Darmstadt 1997; die interessanten Bemerkungen von Oleg M. Joannisjan, O jednym z małopolskich warsztatów budowlanych czasów romańskich (próba rekonstrukcji i charakterystyki jego twórczości) [Über eine der kleinpolnischen Bauwerkstätten der romanischen Zeit (Versuch einer Rekonstruktion und Charakteristik ihres Schaffens)], in: Jerzy Gadomski / Katarzyna Kolowca-Chmura (Hrsg.), Lapides viventes. Zaginiony Kraków wieków średnich. Księga dedykowana profesor Klementynie Żurowskiej. Kraków 2005, 269– 276.

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titionen des 12. Jahrhunderts vor allem in Schlesien, einer besonders metallreichen Region, erfolgten.22 Die kirchlichen Stiftungen des Siechiech waren zweifellos auch eine Manifestation seiner Machtambitionen, die von Gallus in ausgesprochen negativem Licht geschildert wurden und u. a. auch in einer eigenen Münzprägung zum Ausdruck kamen.23 Der comes palatinus ahmte die Stiftungstätigkeit des Herrschers nach, wodurch er sein Prestige mehrte und seine Bedeutung unterstrich. Doch begnügte sich die imitatio regni in diesem Fall offenbar nicht damit, die Unternehmungen des Herzogs bloß nachzuahmen, sondern stellte den Versuch dar, sich auf eine Stufe mit dem Herrscher zu stellen. Bezeichnend erscheint in diesem Sinn die Lage der Kirche St. Ägidius (St. Andreas) 22 Mit dieser Frage beschäftigte sich Tadeusz Lalik, Uwagi o finansowaniu budownictwa murowanego w Polsce do początku XIII wieku [Bemerkungen zur Finanzierung des Steinbaus in Polen bis zum Beginn des 13. Jahrhunderts], in: Kwart. Hist. Kult. Mater. 15, 1967, 1, 55–74; vgl. auch die interessanten Bemerkungen über die Herkunft der zur Errichtung von Kirchenbauten notwendigen Geldmittel, des Baumaterials und der benötigten Arbeitskräfte bei Andrzej Wyrobisz, Inwestycje i siła robocza w średniowiecznym budownictwie [Investitionen und Arbeitskräfte im mittelalterlichen Bauwesen], in: Stanisław Herbst / Anna Mazur (Hrsg.), Społeczeństwo, gospodarka, kultura. Warszawa 1974, 413–424. 23 Es sind zwei Typen von Denaren bekannt – auf der Vorderseite beider findet sich das Zeichen Sieciechs (zwei übereinander angebrachte Halbbögen, verbunden durch ein vertikales Element und mit einem Kreuz bekrönt) sowie der Name ZETECH. Auf der Rückseite des ersten Typs prangt ein sogenanntes Kavalierskreuz sowie die Legende CRIX, während die zweite Variante ein geheimnisvolles Ensemble von Zeichen darstellt, wahrscheinlich einen deformierten Wimpel und einen Hirtenstab; Stanisław Suchodolski, Moneta możnowładcza i kościelna w Polsce wczesnośredniowiecznej [Vom Adel und von der Kirche geprägte Münzen im frühmittelalterlichen Polen]. Wrocław / Warszawa 1987, 13–44. Inwieweit Sieciechs Münzprägung ursächlich mit seinen Stiftungen zusammenhing, ist unklar; möglicherweise diente sie der Bezahlung ausländischer Bauhütten, vielleicht wurden die Denare aber auch während der Konsekrationen von Kirchen verteilt und auch ein devotionaler Charakter beider Emissionen kann nicht ausgeschlossen werden (die Denare können den gestifteten kirchlichen Institutionen geschenkt worden sein). Die in der polnischen Numismatik schon seit langem geäußerte Vermutung, die Münzprägungen Sieciechs könnten im engen Zusammenhang mit der Finanzierung seiner kirchlichen Stiftungen gestanden haben, hat unlängst eine unerwartete Bestätigung gefunden. Denn es stellte sich heraus, dass der Palatin außer den bisher bekannten beiden Typen von Denaren auch noch eine anonyme Münze geprägt hat, auf der sein Zeichen und sein Name fehlt, die stilistisch und metrologisch an die populären Kreuzdenare anknüpft und (angesichts ihres geringeren Silbergehalts) bereits ausschließlich ökonomischen Charakter besaß; Vgl. die Diskussion zu diesem Thema bei Stanisław Trawkowski, Charakter denarów palatyna Sieciecha [Der Charakter der Denare des Palatins Sieciech], in: Ryszard Kiersnowski (Hrsg.), Moneta mediaevalis. Studia numizmatyczne i historyczne ofiarowane Profesorowi Stanisławowi Suchodolskiemu w 65. rocznicę urodzin. Warszawa 2002, 283–290; Stanisław Suchodolski, Czy monety palatyna Sieciecha świadczą o jego dążeniu do przejęcia władzy w Polsce? [Zeugen die Münzen des Palatins Sieciech von seinem Bestreben nach Übernahme der Macht in Polen?], in: Rosik / Wiszewski, Causa creandi (wie Anm. 3), 365– 375; Adam Kędzierski, Polskie denary krzyżowe w skarbie ze Słuszkowa [Polnische Kreuzdenare im Schatz von Słuszków], in: Wiadomości Numizmatyczne 42, 1998, 1–2, 21–48.

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fast zu Füßen der herzoglichen Wawelburg. Dieses Gotteshaus, dass sich aus der Holzbebauung des Krakauer Siedlungsteils Okół imposant herausgehoben haben muss, unterstrich die Macht und Bedeutung seines adligen Stifters, der gleich nebenan in seinem Herrenhaus residierte.24 Im Fall der besonders kontrovers diskutierten Klosterstiftung des Siechiech in dem nach ihm benannten Sieciechów, scheinen die Stiftungsmotive noch etwas komplizierter gewesen zu sein. Möglicherweise hat der Palatin das Benediktiner-Kloster in dem Moment gestiftet, als er beim Herzog in Ungnade gefallen war und mit seiner Verbannung rechnen musste. Das Motiv wäre in diesem Fall nicht zuletzt in dem Bestreben zu suchen, seine Besitztümer durch die großzügig ausgestattete Stiftung vor einer herzoglichen Konfiszierung zu schützen. Vielleicht hat Siechiech diese Stiftung aber auch in erster Linie mit Blick auf ein Hauskloster für seine Familie begründet. Beachtung verdienen die im Kontext von Sieciechs Stiftungstätigkeit begegnenden Patrozinien, insbesondere jenes der Krakauer Kirche. Der imponierende Bau, der einen beträchtlichen Teil des frühmittelalterlichen Krakau dominierte, war dem hl. Ägidius geweiht.25 Die Verbindung der Verehrung dieses Heiligen mit der herrschenden Dynastie, mit Władysław Herman und seines – nach Gallus – dank einer Fürsprache des hl. Ägidius geborenen Sohnes Bolesław III. Schiefmund ist offensichtlich genug. Über Sieciechs Motive, gerade dieses Patrozinium zu wählen, können nur Vermutungen angestellt werden. Vielleicht wurde die Kirche zu einem Zeitpunkt geweiht, als er noch eng mit dem Herzog Władysław Herman kooperierte und der Stifter damit seiner Loyalität dem Herrscher gegenüber Ausdruck verleihen wollte. Aber auch ein völlig entgegengesetztes Motiv kann nicht ausgeschlossen werden: dass Sieciech, der sein Prestige gefestigt hatte und möglicherweise bereits eine Machtübernahme im regnum ins Auge fasste, nun denselben Heiligen seine Verehrung erwies, deren Kult auch von der Dynastie betrieben wurde. Und noch eine dritte Vermutung wäre möglich: Vielleicht war es ja, neben dem Bischof Franko, gerade die Familie des Sieciech, die seinerzeit Władysław Herman und seine Gattin Judit dazu inspiriert hatte, eine Gesandtschaft ins ferne provencalische Kloster Saint-Gilles zu schicken, um mit Blick auf ihren Kinder24 Vgl. den populärwissenschaftlichen Beitrag mit bezeichnendem Titel von Tadeusz Lalik, Pycha w kamień zakuta. Kościoły palatynów Sieciecha i Skarbimira w Krakowie i Skalbmierzu [Hochmut in Stein gehauen. Die Kirchen der Palatine Sieciech und Skarbimir in Krakau und Skalbmierz], in: Mówią wieki 10, 1967, 7, 33–37. 25 Vgl. Jerzy Wyrozumski, Kraków do schyłku wieków średnich [Krakau bis zum Ausgang des Mittelalters]. Kraków 1992, 118; Andrzej Niewiński, Przestrzeń kościelna w topografii średniowiecznego Krakowa. Próba syntezy [Der kirchliche Raum in der Topografie des mittelalterlichen Krakau. Versuch einer Synthese]. Lublin 2004, 59f.; Jerzy Rajman, Kraków. Zespół osadniczy, proces lokacji, mieszczanie do roku 1333 [Krakau. Das Siedlungsensemble, der Lokationsprozess und die Bürgerschaft bis zum Jahre 1333]. Kraków 2004, 66f.; Teresa Rodzińska-Chorąży / Andrzej Włodarek, Romańskie malowidła ścienne w południowej apsydioli kościoła św. Andrzeja w Krakowie [Romanische Wandmalereien in der südlichen Apsodiole der St. Andreaskirche in Krakau], in: Gadomski / Kolowca-Chmura, Lapides viventes (wie Anm. 21), 127–148.

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wunsch geistige Hilfe zu erbitten. Das Ägidius-Patrozinium der Krakauer Kirche ist im Übrigen nicht das einzige Zeugnis einer Verbindung von Sieciechs Familie mit dem Kloster Saint-Gilles und dem hl. Ägidius. In den gegen Ende des ersten Viertels des 12. Jahrhunderts niedergeschriebenen Miracula sancti Aegidi wird ein Wunder beschrieben, das einen Mundschenk des Herzogs Bolesław mit Namen Sieciech betrifft (höchstwahrscheinlich ein Enkel des comes palatinus). Der vom hl. Ägidius geheilte Würdenträger begab sich auf eine Wallfahrt zum Grab dieses Heiligen nach SaintGilles.26 Weniger Informationen liegen zu den Stiftungen der Awdańcen vor. Immerhin kann sicher gesagt werden, dass diese Familie zu Beginn des 12. Jahrhunderts über beträchtliche ökonomische Ressourcen verfügte, die es ihr nicht nur erlaubten, die Krakauer Kathedrale zu beschenken,27 sondern auch Vergaben zugunsten der Abtei in Lubiń zu veranlassen. Eine bloße Hypothese stellt die Vermutung dar, die Awdańcen wären auf irgendeine Weise an der Ausstattung dieses Klosters zur Zeit seiner Stiftung durch Bolesław den Kühnen beteiligt gewesen. Sicher aber waren sie an der so genannten zweiten Phase der Stiftung dieses Klosters in den 1130er Jahren beteiligt.28

Intensivierung und Wandel adliger Stiftertätigkeit im Verlauf des 12. Jahrhunderts Seit dem 12. Jahrhundert beschränkten sich die Großen nicht mehr allein auf die Stiftung eigener Kirchen und Abteien. Vielmehr beteiligten sie sich nun auch gemeinsam 26 De pincerna ducis Poloniae a morte liberato. Ed. Wojciech Kętrzyński, in: MPH. Bd. 4. Lwów 1884, 745–747. Zu den Kirchen mit dem Patrozinium des hl. Ägidius und dessen Kult in Polen Dobosz, Herzogliche und adlige Stiftungstätigkeit (wie Anm. 20), 201f.; Skwierczyński, Custodia civitatis (wie Anm. 11), 46; Mieczyslaw Rokosz, Średniowieczne dzieje kościoła św. Idziego w Giebułtowie [Die Geschichte der St. Ägidiuskirche in Giebułtów], in: Gadomski / KolowcaChmura, Lapides viventes (wie Anm. 21), 247–257, dort weiterführende Literaturangaben. Zum Kult des hl. Ägidius Pierre-Gilles Girault, La chasse et les reliques de saint Gilles au Moyen Age. Une tension entre corps saint et images?, in: Pecia 8–11, 2005, 179–204. 27 Spisy dawne skarbca i biblioteki kapitulnej krakowskiej (II) [Alte Verzeichnisse der Krakauer Kapitelbibliothek und Schatzkammer]. Ed. August Bielowski, in: MPH. Bd. 1. Lwów 1864, 376– 378, hier 377. 28 Vgl. Magdalena Żurek, Kościół konwentualny Panny Marii w Lubiniu. Rekonstrukcja kolejnych faz budowy i rozbudowy w XI–XIII wieku [Die Konventualkirche der Jungfrau Maria in Lubiń. Rekonstruktion der einzelnen Bau- und Ausbauphasen im 11.–13. Jahrhundert], in: Zofia Kurnatowska (Hrsg.), Opactwo Benedyktynów w Lubiniu. Pierwsze wieki istnienia. Poznań 1996, 35–57; Marek Derwich, Fundacja lubińska na tle rozwoju monastycyzmu benedyktyńskiego w Polsce (XI–XII wieku) [Die Lubińer Stiftung vor dem Hintergrund der Entwicklung des benediktinischen Monastizismus in Polen (11.–12. Jahrhundert)], in: ebd., 12–23; Dobosz, Stiftungstätigkeit (wie Anm. 20), 223–228.

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mit dem Herrscher an der Schaffung neuer kirchlicher Einrichtungen. Ihre Motive dafür konnten vielfältig sein und in dem Wunsch bestehen, ihre Loyalität gegenüber dem Herrscher zu betonen, dessen Gunst zu erlangen oder gleichsam die sich aus einer wichtigen Stiftung ergebenden geistigen Profite ‚anzuzapfen‘. Daneben nahmen sie zahlreiche Vergaben vor und überließen bereits bestehenden Institutionen Einkünfte und Rechte. Zu den Motiven, die Große wie Herrscher zu ihren Stiftungen veranlassten, muss der Wunsch nach Wiedergutmachung begangener Fehltritte bzw. eine von der Kirche auferlegte Busse für Sünden oder Straftaten zählen. Ein charakteristisches Beispiel hierfür bietet der Große Piotr Włostowic. Dieser soll der im ausgehenden 13. und 14. Jahrhundert verfassten Großpolnischen Chronik zufolge einem päpstlichen Beichtvater in Rom bekannt haben, dass er sich die Schätze des verstorbenen Dänenkönigs angeeignet hatte. Als Buße für dieses Vergehen sei ihm auferlegt worden, sieben Klöster zu errichten und auszustatten. Nach Polen zurückgekehrt habe Piotr daher eine Abtei der Regularkanoniker auf der Breslauer Sandinsel, eine weitere außerhalb von Breslau zu Ehren des hl. Vinzenz, außerdem die Abtei in Czerwińsk, das Kloster in Strzelno, das Pfarrhaus an der Kirche St. Laurentius bei Kalisch, die Abtei in Sulejów sowie das Pfarrhaus in Mstów gestiftet. Darüber hinaus soll er aus Stein und Ziegeln noch siebzig weitere Kirchen erbaut haben.29 Der Tod habe es ihm dann nicht erlaubt, sein Werk zu vollenden, so dass dieses von seinem Sohn Piotr weitergeführt worden sei. Lassen wir die Frage nach der Glaubwürdigkeit einer so riesigen Zahl von Stiftungen einmal beiseite und betrachten zunächst den Umstand, dass das monumentale Stiftungsprogramm des Piotr Włostowic augenscheinlich durch eine ihm auferlegte Buße veranlasst war.30 Wir sehen, dass wir es hier mit einer Art erzwungener imitatio regni zu tun haben. Die Adligen waren nicht nur selbst darum bemüht, in ihrer Tätigkeit die Herrschenden nachzuahmen, sondern wurden gelegentlich auch durch kirchliche Entscheidungen bzw. auferlegte Bußen zu einem solchen Verhalten gezwungen. Die Adligen ihrerseits bemühten sich, in ihren Aktivitäten den Herzogen und Königen ähnlich zu werden – was ihr Prestige und ihre Bedeutung heben sollte –, andererseits aber mussten

29 Chronica Poloniae Maioris. Ed. Brygida Kürbis, in: MPH NS. Bd. 8. Warszawa 1970, 50: Qui rediens in suburbio Wratislauiensi in honorem beate Virginis Marie abbaciam canonicorum regularium in Arena et aliam in honorem sancti Wincencii extra urbem eandem fundavit et abunde dotavit. Item abbaciam in Czirwensko, monasterium sanctimonialium in Strzelna, preposituram ad sanctum Laurencium prope Kalis, abbaciam in Suleyow, preposituram in Mstow similiter erexit et dotavit: ac alias septuaginta ecclesias ex lapide dolato et coctis lateribus tertur construxisse. 30 Elżbieta Kowalczyk, Pielgrzymki pokutne we wczesnym średniowieczu: Bolesław Krzywousty i Piotr Włostowic [Bußwallfahrten im Frühmittelalter: Bolesław Schiefmund und Piotr Włostowic], in: Halina Manikowska / Hanna Zaremska (Hrsg.), Peregrinationes. Pielgrzymki w kulturze dawnej Europy. Warszawa 1995, 157–159; Zbigniew Dalewski, Ritual and Politics. Writing the History of a Dynastic Conflict in Medieval Poland. Leiden / Boston 2008, 85–133.

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sie auch die Lasten und Konsequenzen ihrer Handlungen tragen, so wie diese den Herrschenden auferlegt waren.31 Es wurde bereits mehrfach auf das Erfordernis hinreichender materieller Ressourcen verwiesen, ohne die Stiftungen praktisch nicht möglich waren. Im Fall des Piotr Włostowic informiert uns die Großpolnische Chronik, dass er für sich und seine Kinder dank des von einem fremden Herrscher angeeigneten Schatzes viele Güter erworben hatte und dank der Freigiebigkeit Bolesław III. Schiefmunds und dessen Söhnen weitere Ländereien in verschiedenen Teilgebieten Polens hinzugewann.32 Angesichts der schwungvollen Stiftungstätigkeit dieses Großen, aber auch zahlreicher weiterer für das 12. Jahrhundert belegter adeliger Stiftungen, die im Herzen der jeweiligen Familiengütern entstanden (Łekno, Koprzywnica, Lubiń, Wąchock und Brzeźnica), ist Sławomir Gawlas zuzustimmen, dass die in der Literatur vertretene Ansicht von einem geringen Ausmaß adeliger Güter im 12. Jahrhundert nicht überzeugt.33 Gawlas verweist zurecht darauf, dass es im 12. Jahrhundert adlige Burgstädte gab (z. B. besaß der Große Zbylut, der Stifter von Łekno, eine eigene Burgsiedlung mit Kirche). Zudem ist bekannt, dass Große über Regalien (Münzprägungen Sieciechs, aber von Piotr Wszeborowic, einem Enkel des Piotr Włostowic) sowie über das Recht, Gottesurteile herbeiführen zu lassen (z. B. Prandota der Alte), verfügten.34 Ebenso erlaubt eine Analyse des Siedlungswesens in den Klostergütern die Schlussfolgerung, dass der Landbesitz der Großen im 12. Jahrhundert bereits weit entwickelt war. Bezeichnend ist in dieser Hinsicht das Beispiel des Benediktinerklosters in Sieciechów, das u. a. dank reichlicher Schenkungen von Großen, zu den größten Landbesitzern des frühmittelalterlichen Polen gehörte.35 31 Ein Jahrhundert zuvor hatte der Heilige Stuhl gegen den böhmischen Herzog Břetislav Anklage erhoben, der den Leichnam des hl. Adalbert aus Gnesen entführt hatte. Letztendlich entschied der Papst, dass der Herzog und der Prager Bischof zur Genugtuung ein entsprechend ausgestattetes Kloster errichten sollten. Die diesem Bußgebot gehorsamen Böhmen stifteten in der Ortschaft Boleslav an der Elbe eine dem hl. Wenzel geweihte Kirche, die im Jahre 1046 von Bischof Severus konsekriert wurde; Cosmae Pragensis chronica. Ed. Bretholz (wie Anm. 14), 93: Sed quia vos sive per ignorantiam sive bone intentionis ob gratiam hanc rem fecistis, ut pro hac tam temeri presumptione dux vester et episcopus cenobium omnibus ecclesiasticis usibus et honoribus sufficienter amplificatum in competenti loco construant probatasque personas ac officia servientium clericorum ex more constituant, ubi Deo sedulum servicium tam pro vivis fidelibus quam pro defunctis in sempiternum exhibeatur, ut saltem vel sic in conspectu Dei reatus vestri transgressio deleatur. 32 Chronica Poloniae Maioris. Ed. Kürbis (wie Anm. 29), 39: Cum quo multas possesiones pro se et sius liberis comparavit et nonnullas hereditates ex largicione regis Boleslai et suorum filiorum successione sibi donatas fuerat in diversis provinciis Polonie consecutus. 33 Gawlas, O kształt (wie Anm. 18), 78. 34 Ebd., 76f.; zu den Münzprägungen des Piotr Wszeborowic muss bemerkt werden, dass diese einen anderen Charakter hatten als diejenigen von Palatin Sieciech, denn sie erfolgten mit dem Einverständnis Mieszkos des Alten – auf der Rückseite der Münzen befindet sich ein Monogram des Petrus, auf der Vorderseite eine Darstellung des Herrschers, die dessen Münzhoheit symbolisiert; vgl. Suchodolski, Moneta możnowładcza (wie Anm. 23), 45–66. 35 Vgl. Andrzej Rozwałka, Nowy obraz sieci osadniczej Lubelszczyzny (w granicach

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Die Gründung eines Klosters oder die Errichtung einer Kirche musste trotz der damit verbundenen beträchtlichen Ausgaben für Bauten und Ausstattung letztlich keine Minderung des Vermögens des Stifters bedeuten. Schließlich vollzog sich der Übergang von der Eigenkirche zum Patronat ziemlich langsam. Eine Kirche oder ein Kloster erbrachten ihrem Besitzer nicht nur Einkünfte, so dass sich eine Stiftung durchaus als eine einträgliche Investition erweisen konnte; sie vermochten mitunter– wie am Beispiel von Mztis und Sieciech bereits deutlich geworden ist – auch einen Teil der Landgüter eines Großen vor einer eventuellen Konfiszierung zu schützen. Der beträchtlichen zahlenmäßigen Zunahme adeliger Stiftungen im 12. Jahrhundert lagen mehrere Faktoren zugrunde. Vor allem begann die Schicht der reichsten Vertreter der Großen und der Ritterschaft dank der noch von Kasimir dem Erneuerer und Bolesław dem Kühnen getätigten Landvergaben zu erstarken und sich immer mehr vom Rest der Gesellschaft abzusondern. Außerdem begann infolge der teilfürstlichen Zersplitterung und der Entstehung mehrerer wichtiger regionaler Herrschaftszentren sowohl die Position von Vertretern der Kirche als auch des Adels zu erstarken.36 Beide Gruppen begannen allmählich die Rolle von Vermittlern zwischen den zerstrittenen Fürsten zu spielen; außerdem entstanden in allen Teilfürstentümern Höfe, womit zwangsläufig auch die Zahl der Ämter und der sie ausübenden Amtsträger anstieg. Je schwächer die Position der Herzöge wurde, desto größere Selbständigkeit konnten die Großen gewinnen, und diese Selbständigkeit zeigte sich auch in ihrer Stiftungstätigkeit. średniowiecznego archidiakonatu lubelskiego) w okresie XI–XII w. w świetle badań archeologicznych i historycznych [Ein neues Bild des Siedlungsnetzes der Lubliner Region (in den Grenzen des mittelalterlichen Archidiakonats Lublin) in der Zeit des 11.–13. Jahrhunderts im Lichte archäologischer und historischer Forschungen], in: Zenon Wożniak / Jan Gancarski (Hrsg.), Polonia Minor medii aevi. Studia ofiarowane panu profesorowi Andrzejowi Żakiemu w osiemdziesiątą rocznicę urodzin. Kraków-Krosno 2003, 393–416. 36 Das vollständigste Bild des frühpiastischen polnischen Adels skizziert Janusz Bieniak, Polska elita polityczna XII wieku [Die polnische Elite des 12. Jahrhunderts]: I. Tło działalności [Hintergrund der Tätigkeit], in: Społeczeństwo Polski średniowiecznej 2, 1982, 11–61; II. Wróźda i zgoda [Fehde und Eintracht], in: ebd. 3, 1985, 13–74; III A. Arbitrzy książąt – krąg rodzinny Piotra Włostowica [Arbiter der Fürsten – der Familienkreis von Piotr Włostowic], in: ebd. 4, 1990, 13– 107; III B. Arbitrzy książąt – trudne początki [Arbiter der Fürsten – schwierige Anfänge], in: ebd. 7, 1996, 11–44; III C. Arbitrzy książąt – pełnia władzy [Arbiter der Fürsten – die Fülle der Macht], in: ebd. 8, 1999, 9–66; III D. Arbitrzy książąt – zmierzch [Arbiter der Fürsten – der Untergang], in: ebd. 9, 2001, 9–53; IV A. Dwa możnowładztwa wobec jedności państwa (I) [Zwei Adelsherschaften gegenüber der Einheit des Staates (I)], in: ebd. 10, 2004, 19–46 und IV A. Dwa możnowładztwa – wobec jedności państwa (II), in: ebd. 11, 2007, 9–19; eine deutsche, um einen im Polnischen noch unveröffentlichten Schlussteil ergänzte Fassung der beiden letzten Teile: Janusz Bienak, Die Großen und die Einheit der piastischen Monarchie im 11.–12. Jahrhundert, in: Eduard Mühle (Hrsg.), Studien zum Adel im mittelalterlichen Polen. Wiesbaden 2012, 171–220. Ein Teil von Bieniaks Thesen wird in Frage gestellt z. B. von Jarosław Wenta, O stróżach „testamentu“ Bolesława Krzywoustego [Über die Hüter des „Testaments“ von Bolesław Schiefmund], in: Społeczeństwo Polski średniowiecznej 8, 1999, 67–112.

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Immer häufiger entstanden auch gemischte Gründungen, die vom Fürsten und einer Adelsfamilie gemeinsam gestiftet wurden. Diese Stiftungen hatten einen ausgesprochen politischen Charakter; sie zeugen von engen Beziehungen und einer Zusammenarbeit beider Seiten. Andererseits darf nicht vergessen werden, dass die politische Zersplitterung auch zu einem relativen Rückgang der Bedeutung der Adelsgeschlechter führte. Denn die von ihren Vertretern besetzten Ämter nahmen mit der teilfürstlichen Regionalisierung einen regionalen bzw. lokalen Charakter an. Daher begegnet in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts auch kein so mächtiger Mann mehr wie Sieciech, der seine reale Macht über das gesamte regnum hätte ausdehnen können. Die Position der Herrscher der einzelnen Teilfürstentümer begann sich im letzten Viertel dieses Jahrhunderts zu verändern. Das beste Beispiel für den entsprechenden Konsolidierungsprozess bietet das Wirken Mieszkos III. des Alten, der als wichtigste Instrumente einer Stärkung seiner Position die Gerichtsgewalt und die Jagdregalien, die Münzhoheit und das Judenrecht ausnutzte.37 Die Bedeutung und der Einfluss der Adelsgeschlechter wurden damit im 13. Jahrhundert auf Dimensionen beschränkt, die den Teilfürstentümern entsprachen. Dies geschah sowohl infolge der Verfestigung der territorialen Zersplitterung und des Endes der Senioratsherrschaft, die nach dem Tode von Bolesław Schiefmund lediglich wenige Jahrzehnte funktioniert hatte, als auch infolge einer bewussten und durchaus beabsichtigten Politik der Fürsten, die eine Stärkung ihrer – auch wirtschaftlichen – Macht und Position anstrebten. Sławomir Gawlas zufolge bestand diese Politik u. a. darin, den Adel von jenen Profiten abzuschneiden, die sich aus neuen, mit dem Landesausbau einhergehenden Wirtschaftsformen ergaben.38 Im 13. Jahrhundert können wir auch die Praxis beobachten, dass die Fürsten Vertreter großer Familien der wichtigsten Ämter enthoben haben, um diese anschließend mit Rittern zu besetzen, die häufig aus einem anderen Teilfürstentum stammten. Auf diese Weise sicherten sich die Herrscher die Loyalität und treuen Dienste ihrer Amtsträger.39 Das 12. Jahrhundert wird von den Quellen zweifellos erheblich besser erhellt als das 11. Jahrhundert; dennoch scheinen den Historikern zahlreiche Stiftungen, die weitaus bescheidener waren als die imponierenden Klosterabteien oder Steinkirchen, entgangen zu sein. Wie Gallus Anonymus für das 11., so bietet auch der Verfasser der zweitältesten polnischen Chronik, Magister Vincentius, im ausgehenden 12. Jahrhundert hierfür gewisse Hinweise. So erzählt er von einem feigen Ritter, der sich zwar durch Herkunft und Ehren auszeichnete, aber dennoch vom Schlachtfeld floh. Bolesław III. Schiefmund ‚belohnte‘ einen solchen Mangel an Tapferkeit, so Vincentius, indem er ihm einen Spinnrocken, eine Spindel und Hasenfelle schenkte. Der Ritter verstand die Bedeutung dieser Gegenstände sehr wohl und erhängte sich am Riemen der Glocke in seiner eige37 Vgl. vor allem die überzeugenden Ausführungen von Gawlas, O kształt (wie Anm. 18), 79f. 38 Ebd., 82. 39 Vgl. Benedykt Zientara, Heinrich der Bärtige und seine Zeit. Politik und Gesellschaft im mittelalterlichen Schlesien. München 2002, 268f.

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nen Kapelle.40 Diese Anekdote, die anlässlich der Schilderung der Niederlage des polnischen Heeres am Fluß Sajó im Jahre 1132 erzählt wird, bietet noch eine weitere interessante Information. Denn als das Ross unter dem tapfer kämpfenden polnischen Herzog zusammenbrach und Bolesław zu Fuß vom Schlachtfeld zurückkehrte, bot ihm ein Bauer sein Pferd an und sagte: „Gedenke meiner, o Herr, wenn du in dein Reich kommst“. Der Herzog ließ diese Geste nicht unbelohnt; er befreite den Bauern aus der Leibeigenschaft, machte ihn reich und erhob ihn in den Ritterstand.41 Diese Erzählung illustriert eine der Möglichkeiten sozialen Aufstiegs und verweist zugleich auf die Quelle jenes Besitzes, dank dessen Große und Ritter auf ihren Gütern Kirchen und andere kirchliche Institutionen stiften konnten. Im 12. Jahrhundert erfolgten tatsächlich bereits zahlreiche und bedeutende Stiftungen durch polnische Adlige.42 Ein Vertreter der Adelsfamilie der Gryfen stiftete irgendwann zu Beginn des 12. Jahrhunderts in Brzeźnica eine wahrscheinlich dem hl. Andreas geweihte Kirche mit einer Westempore. Zur gleichen Zeit errichtete ein gewisser Sięmian aus dem Geschlecht der Nagodzica die St. Martinskirche in Pacanów. Der bereits erwähnte Prandota der Alte war der Gründer und Wohltäter einer dem hl. Johannes dem Täufer geweihten Kirche in Prandocin. Und Wojsław, der Truchsess und enge Mitarbeiter Bolesławs Schiefmunds, schenkte ähnlich wie Michał Awdaniec der Krakauer Kathedrale Priestergewänder und stiftete in den 1130er Jahren zusammen mit seinem Fürsten das Benediktinerkloster in Łysiec,43 und wahrscheinlich war er es auch, der dem Bistum Breslau mehrere Dörfer übergab. Zbylut aus der Familie Pałuk, der Stifter des Zisterzienserklosters in Łekno,44 schenkte darüber hinaus dem Benedikti40 Magistri Vincentii dicti Kadlubek Chronica Polonorum. Ed. Marian Plezia, in: MPH NS. Bd. 11. Kraków 1994, 117: Quibus ille intellectis, in oratorio proprio campane loramento suspensus, miserum permisere spiritum axalat. Zu solchen kleinen, einschiffigen Kirchen vgl. die wertvollen Bemerkungen von Artur Różański, Ecclesiae laicorum w Wielkopolsce – przykład Giecza [Ecclesiae laicorum in Großpolen – das Beispiel von Giecz], in: Tomasz Janiak / Dariusz Stryniak (Hrsg.), Początki architektury monumentalnej w Polsce. Materiały z sesji naukowej. Gniezno, 20– 21 listopada 2003 roku. Gniezno 2004, 333–348. 41 Magistri Vincentii Chronica. Ed. Plezia (wie Anm. 40), 117f.: Illum autem, illum originarium ob liberalitatis insigne seruituri emancipat, emancipatum locupletat, locupletatum equestrium pretexta nobilitat. 42 Diese Stiftungen werdem mit ausführlichen Quellen- und Literaturverweisen besprochen und kommentiert bei Dobosz, Stiftungstätigkeit (wie Anm. 20), 223–258 sowie Ders., Monarcha i możni wobec kościoła w Polsce do początku XIII wieku [Der Monarch und die Großen und die Kirche in Polen bis zum Beginn des 13. Jahrhunderts]. Poznań 2002, 367–405. 43 Vgl. vor allem Marek Derwich, Benedyktyński klasztor św. Krzyża na Łysej Górze w średniowieczu [Das Benediktinerkloster zum Heiligen Kreuz auf der Łysa Góra im Mittelalter]. Warszawa / Wrocław 1992. 44 Józef Dobosz, Założenie klasztoru w Łeknie na tle dwunastowiecznych fundacji cysterskich na ziemiach polskich [Die Gründung des Klosters in Łekno vor dem Hintergrund der Zisterzienserstiftungen des 12. Jahrhunderts in den polnischen Gebieten], in: Andrzej M. Wyrwa (Hrsg.), Cystersi łekneńscy w krajobrazie ziem polskich. Łekno / Wągrowiec / Poznań 2004, 681–689; Marek Górny,

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nerkloster in Mogilno die St. Jakobskirche und das Dorf Boguszyno. Ähnlich schenkte auch Dobrogost der Alte aus Nałęczów diesem Kloster eine Kirche und ein Dorf. Zu den erwähnten Stiftungen kommen noch zahlreiche Vergaben von Dörfern an verschiedene kirchliche Institutionen hinzu, die von Vertretern weniger bedeutender Adels- und Ritterfamilien getätigt wurden. Während der Herrschaftszeit Bolesław Schiefmunds konnte die polnische Kirche dank des Herzogs und des Adels ihre materielle Position beträchtlich stärken. An der Spitze der Stifter aus dem frühen 12. Jahrhundert muss selbstverständlich der schon mehrfach erwähnte Piotr Włostowic genannt werden.45 Er und sein Schwiegersohn Jaxa zeichneten sich mit Sicherheit durch einen außerordentlichen, geradezu fürstlichen Ehrgeiz aus, wovon sowohl die zeitgenössischen wie späteren Quellen zeugen. Magister Vincentius charakterisierte Piotr in seiner Chronik folgendermaßen: „Ein Adliger von hoher Abkunft und in seiner Würde dem Herzog am nächsten, ein Mann edler Großherzigkeit, sowohl mit starker Hand als auch mit einem eifrigen Herzen – das ist dieser berühmte Piotr Włostowic.“46 Sein Ehrgeiz äußerte sich u. a. in der Nachahmung der Stiftungstätigkeit fürstlicher Herren; tatsächlich übertraf der Palatin dabei die Errungenschaften der Piasten sogar noch. Schließlich bildete das von ihm gestiftete Breslauer Benediktinerkloster neben der Kathedrale den einzigen imposanten Sakralbau dieser Stadt. Selbst wenn wir die legendäre Zahl von 70 oder 77 von ihm gestifteten Objekten auf – wie es die skeptischsten unter den Historikern fordern – vier beschränken würden (die Abteien auf dem Breslauer Elbing und auf der Sandinsel, das Ród Pałuków a klasztor cystersów w Łeknie – w poszukiwaniu zaginionej tradycji pochodzenia [Die Familie Pałuk und das Zisterzienserkloster in Łekno – auf der Suche nach der verlorenen Herkunftstradition], in: ebd. 83–88; Andrzej M. Wyrwa, Monumentalna i drewniana architektura sakralna w łekneńskim kompleksie osadniczym do końca XIII wieku [Sakrale Monumental- und Holzarchitektur im Siedlungskomplex von Łekno bis zum Ende des 13. Jahrhunderts], in: Janiak / Stryniak, Początki architektury (wie Anm. 40), 213–243; Ders., Sieć kościołów w łekneńskim kompleksie osadniczym i ich darowanie w świetle najnowszych badań [Das Netz der Kirchen im Siedlungskomplex von Łekno und ihre Vergabe im Lichte der neuesten Forschungen], in: Gadomski / KolowcaChmura, Lapides viventes (wie Anm. 21), 343–353. 45 Das Stiftungsprogramm dieses Adligen analysiert Halina Manikowska, Princeps fundator im vorrechtsstädtischen Breslau. Von Piotr Włostowic bis zu Heinrich dem Bärtigen, in diesem Band, 281–305. Vgl. auch Leszek Kajzer, Jeszcze o 70 kościołach fundacji Piotra Włostowica (uwagi na marginesie studium Janusza Bieniaka) [Noch zu den 70 Kirchen der Stiftung von Piotr Włostowic (Randbemerkungen zur Studie von Janusz Bieniak)], in: Kwart. Hist. Kult. Mater. 39, 1991, 2, 177–185; Anna Pobóg-Lenartowicz, A czyny ich były liczne i godne pamięci. Konwent klasztoru kanoników regularnych NMP na Piasku we Wrocławiu do początku XVI wieku [Und ihre Taten waren zahlreich und erinnerungswürdig. Der Konvent des Klosters der Regularkanoniker Unserer Lieben Frau auf der Sandinsel in Breslau bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts]. Opole 2007. 46 Magistri Vincentii Chronica. Ed. Plezia (wie Anm. 40), 108: (…) alti sanguinis princeps et principi dignitate proximus, uir magnanimitatis generose, tam strennuus manu quam pectore industrius, ecce ille fame celeberrime Petrus Vlostides.

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Kloster auf dem Zobtenberg und die Kirche in Skrzyńsko),47 so wäre dies, in Anbetracht der auch für diese vier Gründungen erforderlichen enormen ökonomischen Anstrengungen, gleichwohl eine überaus imponierende Stiftertätigkeit.48 Wie bereits betont haben sich die Stiftungen der Monarchen nicht auf die Errichtung von Bauwerken beschränkt, sondern auch eine entsprechende Ausstattung der neuen kirchlichen Institutionen umfasst. Bolesław der Kühne bestellte einige wertvolle goldene Codices und bedachte die Kirchen auch mit Reliquien. So schenkte er dem frisch gegründeten Bistum Płock eine stattliche Sammlung von Reliquien, darunter zwei Christusreliquien. Wir wissen, dass Adlige der Wawelkathedrale liturgische Gewänder geschenkt haben. Auch Piotr Włostowic hat sein Wirken nicht auf die Bautätigkeit beschränkt, sondern beispielsweise aus Magdeburg die wertvollen Reliquien des hl. Vinzenz nach Breslau in das Kloster auf dem Elbing geholt, das er als Familiennekropole errichtet hatte. Ebenfalls auf Veranlassung von Piotr Włostowic gelangte (via Ruthenien) eine überaus wertvolle Reliquie der Hand des hl. Stephanus nach Polen, die er bei Herzog Bolesław Schiefmund dann gegen großzügige Landvergaben zugunsten seines Breslauer Klosters eintauschte.49 Das Geschlecht der Włostowicen (vielleicht schon Piotrs Vater Włost) errichtete auch eine Kirche auf dem Zobtenberg und war am Bau der dem hl. Adalbert (Wojciech) geweihten Kirche in Breslau beteiligt. Vielleicht stiftete Piotr Włostowic auch die Heilig-Kreuz-Kirche in Strzelno, wo sein Enkel Piotr Wszeborowic dann den imponierenden Bau des Prämonstratenserinnenklosters veranlasste.50 Aus einer Bulle Papst Coelestins III. von 1193 erfahren wir den Namen der Äbtissin dieser Gemeinschaft, Beatrice, die dem Geschlecht des Stifters entstammte und vielleicht eine Tochter Piotrs war. Jerzy Rajman hat die Hypothese aufgestellt, Piotr habe sowohl das Kloster in Kościelna Wieś bei Kalisch als auch das Kanonissenstift in Strzelno gestiftet. Vor 1175 wurde der Doppelkonvent bei Kalisch aufgeteilt – die Prämonstratenser kamen nach Breslau (Elbing), die Prämonstratenserinnen nach Strzelno. Der neue Konvent mit der Äbtissin Beatrice residierte zunächst bei der Kirche Unserer Lieben Frau und zog dann

47 Vgl. Zygmunt Świechowski, Fundacje Piotra Włostowica [Die Stiftungen des Piotr Włostowic], in: Jerzy Rozpędowski (Hrsg.), Architektura Wrocławia. Bd. 3: Świątynia. Wrocław 1997, 9–21. 48 Manikowska, Princeps fundator (wie Anm. 45), 295: „Die wichtigsten Organisatoren des sakralen Raums in Breslau in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts waren in der Konsequenz ihrer Aktivitäten Piotr Włostowic und seine Familie. Ihr Stiftungswerk betrieben sie mit einem Elan, mit dem die piastischen Herzöge nicht mithalten konnten. Daher können wir annehmen, dass die von Bolesław dem Langen in Breslau vorgefundenen Stiftungen des Piotr Włostowic und seiner Familie eine gewaltige Herausforderung für ihn bedeutet haben müssen.“ 49 Vgl. Szymon Wieczorek, Die Schenkungen Bolesławs III. und Salomeas von Berg an die Bendiktinerabtei Zwiefalten in den 1130–40er Jahren, in diesem Band 131–170; 138–141. 50 Über diese Stiftung schrieb zuletzt Krystyna Sułkowska-Tuszyńska, Klasztor Norbertanek w Strzelnie (XII–XVI wiek). Sacrum i profanum [Das Prämonstratenserinnenkloster in Strzelno (12.–16. Jahrhundert). Sacrum und Profanum]. Toruń 2006.

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in die von Wszeborowic gestiftete Dreifaltigkeitsbasilika um.51 Und Mikora, ein Cousin von Piotr Wszeborowic, machte der Peterskirche auf der Dominsel eine Reihe von Schenkungen. Włostowic’ Schwiegersohn Jaxa52 begab sich 1162 auf eine Pilgerfahrt ins Heilige Land. Nach seiner Rückkehr errichtete er das Kloster der Ritter vom Heiligen Grab in Miechów, das dann von anderen Mitgliedern seiner Familie auch noch großzügig ausgestattet wurde.53 Jaxas Wallfahrt ins Heilige Land muss für ihn enorme Bedeutung gehabt haben, wovon nicht nur die Tatsache seiner anschließenden Klosterstiftung zeugt, sondern auch die Darstellung auf den von Jaxa (als Fürst von Köpenick/Copnic, Kopanica) geprägten Münzen. Auf diesen Brakteaten ist das Motiv eines Palmzweiges in der Hand des Herrschers dargestellt, ein Symbol der Pilgerfahrt.54 Pilgerfahrten ins Heilige Land, die einzelnen Kreuzzüge und der allgemeine Kreuzzugseifer haben um die Wende vom 12. zum 13. Jahrhundert auch den Impuls zur Entstehung einiger Stiftungen der Johanniterritter geliefert, so in Tyniec (eine Stiftung der Awdańcen), in Striegau (eine Stiftung des comes Imbram) oder in Maków (eine Stiftung des Ritters Sieciech Konradowic).55 51 Jerzy Rajman, Norbertanie polscy w XII wieku. Możni wobec ordinis novi [Die polnischen Prämonstratenser im 12. Jahrhundert. Die Mönche und der ordo novus], in: Społeczeństwo Polski średniowiecznej 7, 1996, 71–105, hier 80f.; vgl. auch Gerard Kucharski, Od premonstratensów do benedyktynów. Klasztor św. Wawrzyńca w Kościelnej Wsi pod Kaliszem do połowy XIII wieku [Von den Prämonstratensern zu den Benediktinern. Das Kloster St. Laurentius in Kościelna Wieś bei Kalisch bis zur Mitte des 13. Jahrhunderts], in: Nasza Przeszł. 93, 2000, 341–362; Jadwiga Chudziakowa, Romańska Bazylika Trójcy Świętej i Panny Marii w Strzelnie w świetle najnowszych odkryć (2000–2001) [Die romanische Basilika zur Heiligen Dreifaltigkeit und Unseren Lieben Frau in Strzelno im Lichte der neuesten Entdeckungen (2000–2001)], in: Gadomski / Kolowca-Chmura, Lapides viventes (wie Anm. 21), 319–324. 52 Der Persönlichkeit dieses herausragenden Adligen ist eine umfangreiche Literatur gewidmet, sie wird von Marek L. Wójcik, Małopolanin czy Połabianin? Głos w dyskusji nad problemem pochodzenia Jaksy [Kleinpole oder Elbslawe? Diskussionsbeitrag zum Problem der Herkunft Jaxas], in: Mateusz Goliński / Stanisław Rosik (Hrsg.), Viae historicae. Księga jubileuszowa dedykowana profesorowi Lechowi A. Tyszkiewiczowi w siedemdziesiątą rocznicę urodzin. Wrocław 2001, 261–273 zusammengefasst und um einige neue Vorschläge bereichert. 53 Vgl. Zbigniew Piłat, Fundator i fundacja klasztoru Bożogrobców w Miechowie [Stifter und Stiftung des Klosters der Ritter vom Heiligen Grab in Miechów], in: Bożogrobcy w Polsce. Miechów / Warszawa 1999, 11–43. 54 Ryszard Kiersnowski, Jaksa i jego monety (Na marginesie rozprawy J. Bieniaka: Polska elita polityczna XII w.) [Jaxa und seine Münzen (Randbemerkungen zu J. Bieniaks Abhandlung: Die politische Elite in Polen im 12. Jahrhundert)], in: Społeczeństwo Polski średniowiecznej 5, 1992, 153–160. Zur Pilgerfahrt vgl. auch Mikołaj Gładysz, Zapomniani krzyżowcy. Polska wobec ruchu krucjatowego w XII–XIII wieku [Vergessene Kreuzfahrer. Polen und die Kreuzzugsbewegung im 12.–13. Jahrhundert]. Warszawa 2002, 106–112. 55 Robert Heś, Joannici na Śląsku w średniowieczu [Die Johanniter in Schlesien im Mittelalter]. Kraków 2007, 60f.; zu den frühesten Kreuzfahrerstiftungen Maria Starnawska, Między Jerozolimą a Łukowem. Zakony krzyżowe na ziemiach polskich w średniowieczu [Zwischen Je-

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Einige Jahre früher als in Miechów hatte eine andere Stiftungsaktion Jaxas stattgefunden, und zwar die Gründung des Prämonstratenserinnenklosters in Zwierzyniec. In den Nekrologaufzeichnungen dieses ältesten kleinpolnischen Kanonissenstifts hat die Erinnerung an Jaxa als Stifter überdauert.56 Jaxa war auch ein großzügiger Wohltäter des Benediktinerklosters in Sieciechów und begann mit dem Bau der Michaelskirche auf dem Breslauer Elbing, die dann von seiner Gattin Agata fertiggestellt wurde.57 Der prozentuale Anteil von Frauen unter den Stiftern und Donatoren kirchlicher Institutionen war im Übrigen verhältnismäßig gering. Außer den bereits erwähnten Wohltäterinnen Agata und Beatrice finden sich nur noch wenige andere Frauen unter den Stiftern, so z. B. Dobiechna, die die Kirche Unserer Lieben Frau in Płock ausstattete; die Gattin Dzierżeks, die das von ihrem Mann ererbte Vermögen dem Kloster in Busko vermachte; die Ehefrau des Włost (Vlostissa), die als Wohltäterin der Breslauer Vinzenzkirche auftrat,58 und schließlich einige in verschiedenen Urkunden erwähnte Donatorinnen wie uxor Gneomiri oder uxor Wseborij.59 Dieser Sachverhalt entspricht einer analogen Situation im übrigen Europa, wo etwa 15 % der Donatoren Frauen waren, wobei diese ihre Schenkungen bevorzugt weiblichen Ordensgemeinschaften machten.60 Die meisten dieser Stifterinnen und Wohltäterinnen waren in der Regel Witwen.61 Auch die Nachkommen anderer Geschlechter setzten die begonnene Stiftungstätigkeit fort. Mit Beteiligung seiner Angehörigen aus dem Geschlecht der Gryfen siedelte etwa Erzbischof Johann Mitte des 12. Jahrhunderts im bereits erwähnten Brzeźnica/Jędrzejów Graue Mönche an. Und Wojsławs Nachkommen beschenkten großzügig verschiedenste kirchliche Institutionen und stifteten auch die Kirche Unserer Lieben Frau in Płock, die sogenannte Kirche des Wojsław. Für die zweite Hälfte des 12. Jahrhunderts sind Stiftungen (bzw. Mitwirkungen an Stiftungen) für ein gutes

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rusalem und Łuków. Kreuzfahrerorden in den polnischen Gebieten im Mittelalter]. Warszawa 1999; über die Johanniter ebd. 25f., über die Ritter vom Heiligen Grab ebd. 73f.; Gładysz, Zapomniani (wie Anm. 54), 113f. Rajman, Norbertanie polscy (wie Anm. 51), 90f.; Ders., Klasztor norbertanek na Zwierzyńcu w wiekach średnich [Das Prämonstratenserinnenkloster in Zwierzyniec im Mittelalter]. Kraków 1993, 30f.; Ders., Nowożytne relacje o początkach klasztoru na Zwierzyńcu [Neuzeitliche Berichte über die Anfänge des Klosters in Zwierzyniec], in: Jerzy Rajman (Hrsg.), Premonstratensi na ziemiach polskich w średniowieczu i epoce nowożytnej. Kraków 2007, 58–65. Jerzy Rajman, Pilger und Stifter. Zu den Sakralstiftungen und zur Herkunft des Fürsten Jaxa, in diesem Band 317–345; Dobosz, Monarcha i możni (wie Anm. 42), 368f. Vgl. z. B. Bieniak, Polska elita polityczna XII wieku. II (wie Anm. 36), 21; 72f. Kodeks dyplomatyczny Małopolski. Ed. Piekosiński (wie Anm. 7); Nr. 375 und 376. Solche Berechnungen liefert Rasmussen, Monastic Benefactors (wie Anm. 7), 89f. Zu den Stifterinnen und Donatorinnen siehe auch Pauk, Działalność fundacyjna (wie Anm. 12), passim. Zur Lage der Witwen in der mittelalterlichen Gesellschaft vgl. Aneta Pieniądz, Wdowieństwo kobiet we wczesnym średniowieczu. Między swobodą a wykluczeniem [Die Witwenschaft der Frauen im Frühmittelalter. Zwischen Freiheit und Ausschließung], in: Stanisław Rosik / Przemysław Wiszewski (Hrsg.), Mundus hominis – cywilizacja, kultura, natura. Wokół interdyscyplinarności badań historycznych. Wrocław 2006, 63–78.

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Dutzend von Klöstern sowie zahlreiche Vergaben von Dörfern belegt; manche Große, wie zum Beispiel Jaxa, vermochten dabei mit ihrer schwungvollen Stiftungstätigkeit dem diesbezüglichen Wirken der Herzöge in den einzelnen Teilfürstentümern durchaus Konkurrenz zu machen. Seit der Wende des 11. / 12. Jahrhunderts machten immer mehr Vertreter der heimischen Adelsschicht kirchliche Karrieren bis hin zur Bischofs- und Metropolitenwürde. Diese lokalen Eliten entstammenden Würdenträger intensivierten die Stiftungen neuer kirchlicher Institutionen – sei es, dass sie Klöster gründeten und Kirchen bauten oder ihre Verwandten zu Vergaben zugunsten der Kirche mobilisierten.62 So veranlassten etwa die Nachfolger des Erzbischofs Johann, Janik und Bogumił, die wie er der heimischen Adelselite entstammten, Schenkungen aus ihren Familienvermögen. Andererseits scheint sich der Episkopat hauptsächlich darauf konzentriert zu haben, die Fürsten und den Adel zur Unterstützung neuer oder bereits bestehender Institutionen zu ermuntern. Als ein Hauptinstrument der Mitbeteiligung der Bischöfe an derartigen Aktivitäten fungierte der Zehnte.63 Das 12. Jahrhundert brachte nicht nur hinsichtlich der Personen der Klöster- und Kirchenstifter grundlegende Veränderungen, es wurden auch neue kirchliche Institutionen eingeführt. So entstanden in den piastischen Teilfürstentümern in dieser Zeit sieben Zisterzienserklöster, von denen vier das Werk von Laien und Geistlichen waren, die adeligen Familien entstammten; daneben erhielten auch die drei von Herzögen gegründeten Zisterzienserklöster adlige Schenkungen. Die großen Adelsfamilien hatten daher über die Ansiedlung der Zisterzienser beträchtlichen Anteil an den ökonomischen, juristischen, architektonischen oder religiösen Veränderungen, die mit dem Aufkommen des Zisterzienserordens verbunden waren.64 Das Übergewicht der Zisterzienser hielt sich allerdings nicht lange, denn bereits in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts trat ein beträchtlicher Popularitätsrückgang der Zisterzienserklöster zugunsten anderer Kanonikergemeinschaften ein. Ähnliche ‚Modewellen‘ bei der Unterstützung bestimmter Ordensgemeinschaften lassen sich auch in anderen Ländern beobachten.65 Generell kann gesagt werden, dass die Piastenherzöge eher Mönchsorden bevorzugten, während der Adel den Kanonikergemeinschaften stärkere Aufmerksamkeit widmete.66

62 Zu dieser Tätigkeit Dobosz, Monarcha i możni (wie Anm. 42), 406–421. 63 Vgl. die Bemerkungen von Dariusz A. Sikorski, Kościół polski w X–XII wieku we władze monarchy i możnych [Die polnische Kirche im 10.–12. Jahrhundert unter der Herrschaft der Monarchen und Großen], in: Nasza Przeszł. 100, 2003, 455–482, hier 467f. 64 Vgl. Dobosz, Założenie klasztoru w Łeknie (wie Anm. 44), 69–81. 65 Vgl. Diana Zunker, Ne cadant in oblivionis obscurum que fuerint in luce – Adel und Klöster in Westfalen, in: Kruppa, Adlige (wie Anm. 5), 107–134. 66 Józef Dobosz, Piastowie wobec premonstratensów i innych form kanonikatu regularnego w XII wieku [Die Piasten, die Prämonstratenser und andere Regularkanoniker im 12. Jahrhundert], in: Rajman, Premonstratensi (wie Anm. 56), 6–18, hier 18.

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Im Kreis der Familie des Piotr Włostowic entstanden die Prämonstratenserklöster in Kościelna Wieś bei Kalisch, in Strzelno und im Krakauer Zwierzyniec, und mit der Zeit tauchten die Prämonstratenser auch auf dem Breslauer Elbing auf. Mit dem Geschlecht der Janins waren die Häuser in Witów, Busko und Płock verbunden. „Die Verpflanzung des Prämonstratenserordens nach Polen war das Werk von Adligen, die aktiv an der Propagierung von Klöstern ordinis novi teilnahmen.“67 Bemerkenswert ist die große Zahl weiblicher Ordensgemeinschaften: die Klöster in Strzelno, Zwierzyniec und Busko stellten eine Antwort auf konkrete soziale Bedürfnisse dar, denn in ihnen fanden Töchter und Witwen aus den Stifterfamilien Zuflucht. In Strzelno war wie bereits erwähnt eine Tochter des Piotr Włostowic, Beatrice, Ordensoberin; Dzierżeks Witwe trat ins Kloster in Busko ein; und aus späteren, nur schwer zu verifizierenden Quellen erfahren wir, dass auch Jaxas Tochter Veronika zuerst als Prämonstratenserin in Doksany lebte und danach in das von ihrem Vater gestiftete Kloster bei Krakau umzog. Im selben Kloster lebte die sel. Bronisława,68 die Tochter von Anna, einer weiteren Tochter Jaxas.69 In der Literatur findet sich auch die Vermutung, Jaxas Witwe Agata könnte gegen Ende ihres Lebens ebenfalls in das Kloster von Zwierzyniec eingetreten sein.70 Betrachtet man die angeführten Beispiele von Stiftungstätigkeiten polnischer Adliger näher, dann ist nicht zu übersehen, dass die größte Aktivität auf diesem Gebiet in die Zeit der Herrschaft von Bolesław III. Schiefmund (1108–1138) und – einen konventionellen Terminus verwendend – auf die Generation des Piotr Włostowic entfällt. Die lange Herschaft Schiefmunds, seine aktive Außenpolitik und seine zahlreichen Kriegszüge bewirkten ganz sicher eine Zunahme sowohl der politischen als auch der ökonomischen Bedeutung des Adels und der Ritterschaft. Aber war dies die alleinige Ursache für eine so beträchtliche Belebung der Stiftungstätigkeit in dieser Generation? Scheinbar stand die beträchtliche und verhältnismäßig schnelle Stärkung der Rolle des Adels in einem tiefen Zusammenhang mit der Krise der Herrschaft Bolesławs II. des Kühnen und der Beteiligung dieser sozialen Gruppe an dessen Vertreibung vom gerade erworbenen Königsthron. Bolesławs II. Nachfolger, sowohl Władysław Herman als auch Bolesław III. Schiefmund, mussten in Anbetracht dieser zeitlich noch nicht so weit zurückliegenden Geschehnisse auf die Meinung der Adligen gewiss größere Rücksicht nehmen und sich deren Gunst geradezu ‚erkaufen‘, zum Beispiel durch großzügige Landvergaben und Schenkungen. Das führte zwangsläufig zu einer immer stärkeren 67 Rajman, Norbertanie polscy (wie Anm. 51), 104. Zum Kloster von Płock siehe Marek Stawski, Początki klasztoru norbertanek w Płocku [Die Anfänge des Klosters der Prämonstratenserinnen in Płock], in: Rajman,Premonstratensi (wie Anm. 66), 36–51. 68 Jolanta Gwoździk, Norbertańscy święci i błogosławieni w „Księdze żywotów świętych“ dedykowanej ksieni Dorocie Kąckiej z klasztoru na Zwierzyńcu [Heilige und Selige aus dem Prämonstratenserorden in dem Äbtissin Dorota Kącka aus dem Kloster in Zwierzyniec gewidmeten „Buch der Heiligenviten“], in: Rajman, Premonstratensi (wie Anm. 56), 222–234, hier 230f. 69 Rajman, Norbertanie polscy (wie Anm. 51), 93; 98. 70 Dies vermutet Bieniak, Polska elita polityczna, III A (wie Anm. 56), 66.

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Aktivität der Adelsschicht, auch auf dem Gebiet der Stiftungen und der Unterstützung kirchlicher Institutionen.71 Charakteristisch dafür ist das Beispiel der Zusammenarbeit Jaxas mit mehreren Piastenherzögen; die von diesem Adligen in Miechów angesiedelten Ritter vom Heiligen Grab erhielten ihre Immunität sicher noch von Bolesław IV. Kraushaar, die dann von Mieszko III., dem Alten, und Kasimir II., dem Gerechten, bestätigt wurde. Letzterer tätigte auch beträchtliche Vergaben an die Prämonstratenserinnen in Zwierzyniec. Es sei daran erinnert, dass Jaxa einer der wichtigsten Verbündeten des Herzogs war, „so dass die Kontakte mit den Rittern vom Heiligen Grab und den Prämonstratenserinnen mit Sicherheit das Resultat der Zusammenarbeit des jungen Herzogs mit diesem erfahrenen Adligen und vielleicht eine Form der Begleichung politischer Verpflichtungen seitens des ersteren bildeten“.72 Von solchen Beispielen einer gegenseitigen Beschenkung kirchlicher Stiftungen durch Herzöge und Adlige sowie durch Adlige untereinander, die das Ergebnis ihrer politischen Zusammenarbeit darstellten, könnten für das 12. Jahrhundert noch weitere genannt werden.73 Eine weitere qualitative Veränderung in der Stiftungstätigkeit ist in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts erkennbar. Obwohl die Adligen auch weiterhin neue kirchliche Institutionen gründeten, lassen sich diese Prozesse dennoch nicht mehr mit der schwungvollen Stiftungstätigkeit während der Herrschaftszeit Bolesław III. Schiefmunds vergleichen. Während sich die Adligen eher auf großzügige Vergaben und Schenkungen zugunsten der bereits existierenden Klöster konzentrierten, wurden die Mitglieder des polnischen Episkopats (die freilich ebenfalls in hohem Maße Adelsfamilien entstammten) immer aktiver. Ein charakteristisches Merkmal dieser Zeit ist auch das triadische Zusammenwirken von Herzögen, Adligen und Bischöfen in den Stiftungsprozessen. In der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts stellten die Stiftungen ein selbständiges Werk der Herzöge oder der Adligen dar oder es kam zum Zusammenwirken beider Faktoren. Die wachsende Zahl von Stiftungen, die von Mitgliedern derselben Familie ins Leben gerufen wurden, wird die Schenkungen für bereits existierende Institutionen ganz gewiss eingeschränkt haben. Eine ähnliche Situation entstand, wenn in einer Gegend ein neues, wichtiges Kloster gegründet wurde. Und wenn neben einer männlichen Ordensgemeinschaft ein Frauenkloster entstand, dann konnten die Frauen aus dem Geschlecht der Wohltäter ihre nächsten Angehörigen beeinflussen, diese neue Institution zu unterstützen. Die auf der Grundlage westlicher Materialien durchgeführten Untersuchungen zeigen allerdings, dass es in solchen Situationen nur sehr selten dazu kam, diese Schen-

71 Vgl. Krzysztof Skwierczyński, Recepcja idei gregoriańskich w Polsce do początku XIII wieku [Die Rezeption der gregorianischen Ideen in Polen bis zum Beginn des 13. Jahrhunderts]. Wrocław 2005, 115–246. 72 Dobosz, Piastowie wobec premonstratensów (wie Anm. 66), 13f.; zit. 16. 73 Vgl. z. B. Bieniak, Polska elita polityczna, II. (wie Anm. 36), 21f., 72f.

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kungen neuen Klöstern zuzuwenden; eher wurden die Vergaben dann zwischen zwei oder mehreren kirchlichen Institutionen aufgeteilt.74 Die zunehmende Bedeutung der Bischöfe und des Metropoliten sowie die von Gawlas betonte sukzessive Einschränkung der Bedeutung des Adels durch die Herzöge der Teilfürstentümer trug in hohem Maße zu einer Veränderung der Proportionen der von den verschiedenen Gruppen der polnischen Gesellschaft getätigten Stiftungen bei. Die Aktivität der Kirche war diesbezüglich mit dem langfristigen Prozess ihrer Emanzipation verbunden. Langfristig war er deshalb, weil seine Anfänge bis in die Zeit von Bolesław II. dem Kühnen, zurückreichten, dem erste grundlegende Veränderungen hinsichtlich der ökonomischen Basis der kirchlichen Institutionen zu verdanken waren. Die nächsten eineinhalb Jahrhunderte hindurch konzentrierte sich die polnische Hierarchie dann auf die Erlangung wirtschaftlicher Unabhängigkeit, den Schutz des kirchlichen Vermögens und – in der letzten Etappe – auf die Erlangung einer unabhängigen Gerichtsbarkeit. In diesen Aktivitäten nutzte die polnische Kirche die Hilfe des Heiligen Stuhls, der ihren Besitzstand mit päpstlichen Bullen bestätigte: zum Beispiel für das Erzbistum Gnesen im Jahre 1136, für die Diözese Kujawien 1148, die Diözese Breslau 1155, die Diözese Płock 1196 und das Kloster in Trzemeszno im Jahre 1147. Begünstigt wurde die Emanzipation der Kirche durch die territoriale Zersplitterung und die innerdynastischen Fehden. Schon unter der Regierung Schiefmunds fungierten die polnischen Bischöfe als Vermittler bei inneren Auseinandersetzungen und Zerwürfnissen, und mit der Vertiefung der politischen Zersplitterung verstärkte sich diese Funktion weiter. Die von der Hierarchie und den Herrschern gespielten Rollen begannen sich umzukehren: früher hatte der Herrscher ihm gegenüber loyale Bischöfe bestimmt, nun wurde die Kirche zum Garanten der Einheit des früheren Königreiches. Die Unabhängigkeit von den weltlichen Machthabern, wirtschaftliche Immunitäten, Bemühungen um die Einführung einer kirchlichen Gerichtsbarkeit und schließlich die Verbesserung der Disziplin des Klerus bewirkten, dass die Geistlichkeit einen besonderen Stand der polnischen Gesellschaft zu schaffen begann. Einen Stand, der auch viele Formen von Aktivitäten übenahm, die früher der Dynastie und den reichsten weltlichen Familien vorbehalten waren, darunter auch die Stiftungen von Kirchen und Abteien.75 74 Vgl. Belle S. Tuten, Fashion and Benefaction in Twelfth-Century Western France, in: Jamroziak / Burton, Religious (wie Anm. 5), 41–62. 75 Vgl. Skwierczyński, Recepcja (wie Anm. 71), passim sowie Jacek Maciejewski, Episkopat polski doby dzielnicowej 1180–1320 [Der polnische Episkopat in der Zeit der Feudalzersplitterung]. Kraków / Bydgoszcz 2003; Wojciech Baran-Kozłowski, Arcybiskup gnieźnieński Henryk Kietlicz (1199–1219). Działalność kościelna i polityczna [Der Gnesener Erzbischof Henryk Kietlicz (1199–1219). Sein kirchliches und politisches Wirken]. Poznań 2005; Marek Szymaniak, Biskup płocki Gedko (1206–1223). Działalność kościelno-polityczna na tle emancypacji Kościoła polskiego spod władzy ksiąźęcej [Der Płocker Bischof Gedko (1206–1223). Sein kirchenpolitisches Wirken vor dem Hintergrund der Emanzipation der polnischen Kirche von der Fürstenherrschaft]. Toruń 2007.

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Die Motive adliger Stiftungen Das Phänomen adeliger Sakralstiftungen im Polen des 11. bis 12. Jahrhunderts ist ein außerordentlich komplexes und kompliziertes Problem. Unter den Hauptmotiven der Stiftungstätigkeit ist die Frömmigkeit der Adligen und ihre Sorge um das Heil und das ewige Leben zu nennen. Die ältesten proemia der polnischen Urkunden besitzen den Charakter renumerierter Arengen und enthielten den Gedanken, dass eine der Möglichkeiten, das Heil zu erlangen, darin bestehe, Gott mit irdischen Dingen zu beschenken. Diese Formeln zeugen vom Interesse der polnischen politischen Eliten an eschatologischen Fragen, d. h. an einer Problematik, die das Bewusstsein der ja erst vor noch nicht allzu langer Zeit christianisierten Schichten am leichtesten erreicht hatte. Die Gegenüberstellung von irdischen Dingen und ewigen, unvergänglichen Gütern ist etwa in der Stiftungsurkunde des vom comes Zbylut gegründeten Klosters Łekno aus dem Jahre 1153 hervorragend erkennbar: Honestum ac beatum constat esse votum, immo sanctum ac laudabile patet esse comertium, dare sua transitoria et recipere pro his aeterna, terena sibi disciplere et caelestia possidere.76 Der Aussteller dieser Urkunde unterstreicht (offensichtlich unter dem Diktat des Adressaten) in dieser Arenga geradeheraus, dass es seine Motivation ist, sich damit in das Buch des Lebens einzutragen, d. h. das ewige Heil zu gewinnen: decorem domus Dei et locum habitationis glorie sue diligens, simulque in libro vite cum iustis conscribi cupiens.77 Somit resultierte die imitatio regni durch die polnischen Adligen und Ritter keineswegs allein aus dem Wunsch, ihr weltliches Prestige und ihre politische Bedeutung zu heben, sondern sie ahmten die Herrscher vor allem in ihrer irdischen Wanderung zum ewigen Leben nach. Im so genannten Album von Miechów, das vielleicht eine Kompilation des Verbrüderungsbuches und des Klosteraustattungsbuches darstellt, können wir über die Intentionen einiger Spender lesen: Uxor Wseborij pro eius anima et sua filiorum suorum dedit uillam; Dominus Cagnimirus dedit pro anima sua Benganoo“.78 Wie bereits erwähnt, waren die pro remedio animae gegründeten Stiftungen verpflichtet, für die Seele des Stifters, der Spender und ihrer Familienmitglieder zu beten. Die memoria der Wohltäter des Klosters wurden sorgfältig gepflegt, auch aus für die kirchliche Institution ganz utilitaristischen Gründen – die Erinnerung daran, wer dem Kloster welche Ländereien gespendet hatte, besaß schließlich auch große praktische Be76 Kodeks dyplomatyczny Wielkopolski [Großpolnisches Urkundenbuch]. Bd. 1. Ed. Ignacy Zakrzewski. Poznań 1877, Nr. 18. 77 Vgl. Tomasz Nowakowski, Idee areng dokumentów książąt polskich do połowy XIII wieku [Die Ideen der Arengen in den Urkunden polnischer Herzöge bis zur Mitte des 13. Jahrhunderts]. Bydgoszcz 1999, 44f., 72f.; Andrzej M. Wyrwa, Dokument fundacyjny klasztoru cysterskiego w Łeknie z roku 1153 [Die Stiftungsurkunde des Zisterzienserklosters in Łekno aus dem Jahre 1153]. Poznań 2003. 78 Kodeks dyplomatyczny Małopolski. Ed. Piekosiński (wie Anm. 7), Nr 376; zu dieser Urkunde Piłat, Fundator i fundacja klasztoru (wie Anm. 53), 39f.

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Stiftungstympanon der St. Prokopkirche des Prämonstratenserklosters in Strzelno, 12. Jahrhundert

deutung, weil sie erlaubte, über den Besitzstand zu wachen. Und selbstverständlich erlaubte sie es nicht, die Stifter zu vergessen. Natürlich fungierte das Grab des Gründers oder Stifters als das sichtbarste Zeichen dieses Gedenkens: „The visual reality of a burial was also a powerful symbol of the close connection between the individual who has been buried, his/her familiy, and the monastic community. The grave or tomb was a visual reminder of the bond between the person, the familiy, and the monastic community.“ Die Erinnerung an die Spender wurde auch – oder sollte man besser sagen: vor allem – dank der Nekrologe und Verbrüderungsbücher bewahrt. Das Gebet für das Wohlergehen der Lebenden oder auch für das Seelenheil der verstorbenen Wohltäter konnte sehr feierliche Formen annehmen.79 Bemerkenswert sind schließlich auch die aus dem 12. Jahrhundert erhaltenen Stiftungstympana,80 die eine ikonografische Illustration der aus der Arenga der Stiftungsur79 Aus der umfangreichen Literatur zu diesem Thema siehe vor allem Emilia Jamroziak, How Rievaulx Abbey Remembered its Benefactors, in: Jamroziak / Burton, Religious (wie Anm. 5), 63–76, zit. 71– 72; Eva-Maria Butz, Adel und liturgische Memoria am Ende des karolingischen Frankenreichs, in: Kruppa, Adlige (wie Anm. 5), 9–30, dort auch eine Zusammenstellung der wichtigsten Literatur zum Thema; Wieczorek, Schenkungen (wie Anm. 49), 129, 141f.; Jarosław Wenta, Gnieźnieński dyptych żywych i umarłych w XII wieku? Próba interpretacji lubińskiej księgi brackiej [Stammt das Gnesener Diptychon mit den Namen Lebender und Verstorbener aus dem 12. Jahrhundert? Versuch einer Interpretation des Lubińer Verbrüderungsbuches], in: Jerzy Strzelczyk / Janusz Górny (Hrsg.), 1000 lat Archidiecezji Gnieźnieńskiej. Gniezno 2000, 235–243. 80 Krystyna Mączewska-Pilch, Tympanon fundacyjny z Ołbina na tle przedstawień o charakterze donacyjnym [Das Stiftungstympanon vom Elbing vor dem Hintergrund der Darstellungen mit Schen-

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kunde für das Kloster Łekno hervorgehenden Überzeugung darstellen. Zwei solcher Tympana sind in Strzelno erhalten; auf dem ersten aus der St. Prokopkirche sind ein sich tief verbeugender Mann (wahrscheinlich Krystyn, der Sohn des Piotr Wszeborowic, vielleicht aber auch Piotr selbst), der Christus das Modell einer Kirche darbietet, und eine leicht vorgebeugte Frau mit einem offenen Buch in den Händen zu sehen. Auf dem zweiten Tympanon aus der Klosterkirche wurde der vor der hl. Anna niederkniende Stifter Piotr dargestellt, der der Heiligen das Modell einer Kirche darbietet, und auf der anderen Seite des Tympanons sieht man eine Frau, die die hl. Anna verehrt (s. Abb. auf dem Cover dieses Bandes). Diese Szene ist mit folgender Inschrift versehen: TE VELVT OPTARAT HOC DONO PETR(vs) HONORAT / VIRGINIS ANNA PIE MATER VENERANDA MARIE. Auf dem aus der Kirche Unserer Lieben Frau auf der Breslauer Sandinsel stammenden Tympanon, das die Gattin des Piotr Włostowic Maria zusammen mit ihrem Sohn Świętosław darstellt, die der Gottesgebärerin das Modell einer Kirche darbieten, prangt die Inschrift: HAS MATRI VENIAE TIBI DO MARIA MARIAE / HAS OFFERT AEDES SWENTOSLAVS MEA PROLES (s. Abb. auf Seite 288). Ein weiteres Relief aus der Breslauer Abtei auf dem Elbing stellt den in der Mandorla thronenden Christus, zwei Männer mit Kirchenmodellen in den Händen sowie eine kniende Frau dar. Die Inschriften erklären, dass auf dem Tympanon Jaxa mit seiner Frau Agata sowie Herzog Bolesław Kraushaar mitsamt dessen Sohn Leszek dargestellt sind (s. Abb. auf Seite 313). Die Aufschrift auf dem vom Herrscher gehaltenen Gebäude informiert, dass es sich um eine von ihm in Beuthen gestiftete Kirche handelt. Die eigentliche Stiftungsinschrift, in der die Spender Christus bitten, ihre Gaben anzunehmen, lautet: [AD HANC NOVEL(l)A(m) D]VX FERT SUA DONA CAPELLAM / QVE FERT IACXO D(eu)S SVSPICE TEMPLA PIU[S]. Jaxas Tympanon illustriert darüber hinaus ein Phänomen, von dem weiter oben bereits die Rede war, nämlich das Zusammenwirken von Fürsten und Adligen beim Werk der Stiftung und der Unterstützung bereits existierender kirchlicher Institutionen. Auf allen uns aus dem 12. Jahrhundert bekannten Stiftungstympana, die für von Adligen kungscharakter]. Wrocław 1973; Zygmunt Świechowski, Sztuka romańska w Polsce [Romanische Kunst in Polen]. Warszawa 1990, 60f.; Paulina Ratkowska, Tympanon księcia Jaksy – kompozycja środkowa i jej hipotetyczny pierwowzór [Das Tympanon von Fürst Jaxa – die Mittelkomposition und ihr hypothetisches Urbild], in: Anna Pobóg-Lenartowicz / Marek Derwich (Hrsg.), Klasztor w kulturze średniowiecznej Polski. Opole 1995, 423–432; Cezary Sikorski, O fundacji klasztoru norbertanek w Strzelnie [Über die Stiftung des Prämonstratenserinnenklosters in Strzelno], in: Jerzy Olczak (Hrsg.), Z badań nad dziejami klasztorów w Polsce. Toruń 1995, 193–210, hier 201f.; Tomasz Płóciennik, Les inscriptions des tympans polonais relatives aux fondations d´eglises, in: Robert Favreau (Hrsg.), Épigraphie et iconographie. Actes du Colloque tenu à Poitiers les 5–8 octobre 1995. Poitiers 1996, 201– 210; Ders., L´épigraphie du tympan de Iaxa à Wrocław, in: Cahiers de civilisation médievale 40, 1997, 103–118; Zbigniew Sroka, Romańskie tympanony w strzeleńskiej bazylice i rotundzie. Ikonografia [Romanische Tympana in der Strzelnoer Bazilika und Rotunde. Ikonografie]. Bydgoszcz 2003. Den Wortlaut der Inschrift zitiere ich im Folgenden aus den Arbeiten von Tomasz Płóciennik.

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errichtete Bauwerke entstanden sind, sind Vertreter des – weit verstandenen – Geschlechts des Piotr Włostowic dargestellt. Auf dem Elbinger Bildnis figuriert, gleichsam, als Gast, ein Vertreter der Piastendynastie, aber wir müssen beachten, dass beide Stifter auf ähnliche Weise dargestellt wurden und beide dem Heiland auch ähnliche, einschiffige Kirchen darbieten. In visueller Hinsicht wurden Piotr und der Herzog also gleichsam einander gleichgestellt. Keiner der polnischen adeligen Stifter aus dem uns interessierenden Zeitraum wurde als Heiliger anerkannt, aber die vom Breslauer Kloster St. Vinzenz, in dem Piotr zusammen mit seiner Gattin beigesetzt wurde, diesem Großen gewidmete Tradition enthält gewisse hagiografische Züge. Die Rede ist von dem wahrscheinlich in den Jahren 1153–1163 entstandenen, heute verschollenen Poem Carmen Mauri, das dem tragischen Schicksal des Palatins, seiner Verfolgung durch den Herzog Władysław II., den Vertriebenen, und schließlich Piotrs schwungvoll durchgeführter Stiftungstätigkeit gewidmet ist.81 Das glorifizierende Werk weist Elemente einer unverschuldeten Verfolgung und eines Leidens (passio) sowie der Wiedergutmachung der erfahrenen Leiden und Verfolgungen durch Gott – noch zu Lebzeiten des Palatins – auf und stellt Piotr als eine Verkörperung des die moralischen Werte verteidigenden idealen Ritters und eines im Namen eben dieser Werte leidenden Märtyrers dar.82 Ein guter Herrscher sorgte dafür, dass die ihm von Gott anvertrauten Gläubigen nicht ohne seelsorgliche Hilfe blieben – daher die häufige Praxis der Gründung neuer kirchlicher Institutionen in noch schwach christianisierten Gegenden. Sicher schwebte den Adligen, die sich für die Menschen, die auf ihren Gütern lebten, verantwortlich fühlten, ein ähnlicher Gedanke vor. Das von Magister Vincentius erwähnte oratorium proprium, d. h. die sich auf dem Landbesitz des Adligen befindende kleine Eigenkirche, diente nämlich nicht nur der Familie des Stifters, sondern sollte auch die Seelsorge für seine Untergebenen gewährleisten. Die Stiftungstätigkeit des Adels und der Ritterschaft bewirkte eine Verdichtung des Netzes kirchlicher Institutionen und erleichterte auf geradem Wege (wenn auch in langer Perspektive) die Herausbildung der Pfarrorganisation. Diese Richtung, die der Prozess der imitatio regni annahm, ist identisch mit dem Verlauf des Christianisierungsprozesses im frühmittelalterlichen Polen, und die Adligen – reich geworden dank der Freigiebigkeit des Herrschers – übernahmen einen Teil der Pflichten des Fürsten – der Pflichten gegenüber Gott und den Gläubigen. 81 Cronica Petri comitis Poloniae. Accedunt Carminis Mauri fragmenta. Ed. Marian Plezia, in: MPH NS. Bd. 3. Kraków 1951; Kazimierz Liman, Antologia poezji łacińskiej w Polsce. Średniowiecze [Anthologie lateinischer Dichtung in Polen. Mittelalter]. Poznań 2004, 406–419 (mitsamt der polnischen Übersetzung von Ignacy Lewandowski). 82 Teresa Michałowska, Średniowiecze [Das Mittelalter]. Warszawa 1996, 145–149; die Diskussion zum Thema dieses Kulturdenkmals referiert Jarosław Wenta, Tradycja o Piotrze. Na marginesie jednej z wielkich dyskusji [Die Tradition über Piotr. Randbemerkungen zu einer großen Diskussion], in: Danuta Zydorek (Hrsg.), Scriptura custos memoriae. Prace historyczne. Poznań 2001, 523–538; Wenta ist der Meinung, dass der Text Carmen Mauri nicht vor Kadłubeks Chronik entstanden sein kann, Ders., O stróżach „testamentu“ (wie Anm. 36), 102f.; zur Heiligkeit des Stifters Golinelli, Topoi (wie Anm. 4).

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Herzogliche und adlige Stiftungstätigkeit im piastischen Polen des 12. Jahrhunderts

Einleitung Die polnische Kirche des frühen Mittelalters formierte und entwickelte sich in einer Symbiose mit der Monarchie, der gegenüber sie eine nur wenig jüngere Institution darstellte. Die bisherigen Forschungen zu beiden Phänomen und ihren Strukturen haben zahlreiche, in ihrem Verhältnis zueinander verbundene Einzelfragen nach wie vor unbeantwortet gelassen. Zwar hat man versucht, ein Gesamtbild ihrer Formierung und Entwicklung zu entwerfen, doch ist dies jeweils nur für beide Strukturen getrennt geschehen. Immerhin hat die polnische Forschung seit dem 19. Jahrhundert gewisse Muster der historiographischen Darstellung der Geschichte des frühen Staates und der Kirche auf ihren verschiedenen Funktionsebenen entwickelt. Überblickt man die dabei bislang erzielten Ergebnisse, so fällt ein Mangel an Arbeiten auf, die sich in einer tiefergehenden Weise mit den Beziehungen zwischen der mittelalterlichen polnischen Monarchie und der Kirche befassen würden. Wenn wir von Roman Michałowski absehen, der die frühmittelalterlichen Herrscher als Stifter untersucht hat, dann haben jene Phänomene, die mit der seit der Taufe Mieszkos I. ausgebildeten fürstlichen (staatlichen) Kirche sowie mit der seit der Wende vom 11. zum 12. Jahrhundert einsetzenden Stiftertätigkeit polnischer Großer verbunden waren, in der polnischen Historiographie noch immer nicht den ihnen gebührenden Platz gefunden. So ist die Diskussion über Begriffe wie Privatkirche, Eigenkirche und fürstliche (monarchische, staatliche) Kirche in der polnischen Forschung nur schwach entwickelt. Allerdings ist bereits bekannt, dass die Grundlagen solcher Fragenkomplexe in hohem Maße in den karolingischen und ottonischen Herrschaftsbildungen wurzelten. Von dort gelangten entsprechende Muster und Vorbilder an die Warthe und Weichsel, wo sie – zweifellos nach Anpassungen an die örtlichen Bedingungen und Bedürfnisse – angeeignet wurden. Die polnische Kirche entwickelte sich nicht isoliert, wenn auch gewiss in einem eigenen Tempo. Ähnlich wie mit der Erstarkung der frühmittelalterlichen Kirche innerhalb der Struktu-

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ren der Monarchie verhält es sich mit der Stiftertätigkeit. Auch hier steht die polnische Forschung in größerem Maßstab erst am Anfang. Doch bedarf es hier keiner terminologischen und historischrechtlichen Diskussionen, sondern nur einer Stärkung der Erforschung der monarchischen Stiftungen, ihrer Grundlagen und Folgen und zum zweiten einer Befassung mit der analogen Tätigkeit der Großen und Ritter, die sich dabei am Vorbild der Herrschenden orientierten. Diesem Forschungsbedarf suchen die nachfolgenden Ausführungen zu entsprechen, indem sie ausschnitthaft und exemplarisch einerseits die monarchische Stiftungstätigkeit am Beispiel von Herzog Bolesław III. Schiefmund, andererseits die Stiftungstätigkeit weltlicher Großer und ihrer Familien im Verlauf des 12. Jahrhunderts vorstellen. Dabei kann es nicht darum gehen, das Thema für die herangezogenen Beispiele auszuschöpfen, vielmehr sollen die nachstehenden Ausführungen einen Anstoß zur Diskussion über die mittelalterliche Stiftungstätigkeit der polnischen Monarchen und Großen geben.

Der herzogliche Stifter Bolesław III. Schiefmund Betrachtet man die Stiftungstätigkeit Herzog Bolesławs III. Schiefmund und seine Verbindungen zur Kirche, drängt sich zunächst die Frage nach dem Einfluss auf, den die Verehrung des hl. Ägidius durch die herzogliche Familie ausgeübt hat. Nach dem Bericht des Gallus Anonymus soll Bolesław III. seine eigene Geburt diesem Heiligen zu verdanken gehabt haben.1 Der Kult des hl. Ägidius in Polen scheint von der Herrscherelite lanciert worden und zunächst auch auf diese Gruppe beschränkt geblieben zu sein. Nach Teresa Dunin-Wąsowicz dürfte er aus Ungarn (Somogyvár) und damit mittelbar aus dem provenzalischen Saint-Gilles zu den Piasten gelangt sein.2 Ungewöhnlich nüchtern 1 Galli Anonymi cronicae et gesta ducum sive principum Polonorum. Ed. Karol Maleczyński, in: MPH NS, Bd. 2. Kraków 1952, 57–59. 2 Teresa Dunin-Wąsowicz, Saint Gilles a Polska we wczesnym średniowieczu [Saint-Gilles und Polen im Frühmittelalter], in: Archeologia Polski 16, 1971, 651–665; vgl. auch Jerzy Zathey, Z dziejów kultu św. Idziego w Polsce [Zur Geschichte der Verehrung des hl. Ägidius in Polen], in: Życie i Myśl 2, 1951, 274–310. Zur Architekturgeschichte einzelner Ägidius-Objekte Klemens Bąkowski, Kościół św. Idziego i Andrzeja [Die Kirche St. Ägidius und Andreas]. Kraków 1927; Zygmunt Hendel / Feliks Kopera, Kościół świętego Idziego w Krakowie [Die St. Ägidius-Kirche in Krakau]. Kraków 1905, 1–32 und Wilhelm Heneberg, Kościół św. Idziego w Inowłodzu [Die St. Ägidius-Kirche in Inowłódz], in: Biul. Hist. Szt. 6, 1938, 1–10; Jan Morawiński, Kościół romański św. Idziego w Inowłódzu [Die romanische St. Ägidius-Kirche in Inowłódz]. Warszawa 1939; Andrzej Wędzki, Inowłódz, in: Władisław Kowalenko (Hrsg.), Słownik Starożytności Słowiańskich. Encyklopedyczny zarys kultury Słowian od czasów najdawniejszych do schyłku wieku XII, Bd. 2. Wrocław u. a. 1964, 265f.; Andrzej Grzybkowski, Kościół św. Idziego w Inowłodzu [Die St.-Ägidius-Kirche in Inowłódz], in: Jerzy Augustyniak (Hrsg.), Problemy badawcze średniowiecznego Inowłodza. Łódź 1984, 31–40; Ders., Kościół św. Idziego w Inowłodzu [Die St. Ägidius-Kirche in Inowłódz], in: Kwart. Archit. Urb. 26, 1981, 193–219; Zygmunt Świechowski, Architektura romańska w Polsce [Die romanische Architektur in Polen]. Warszawa 2000, 76–78.

Herzogliche und adlige Stiftungen im 12. Jahrhundert

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hat seinerzeit Teodor Tyc die Bedeutung von Saint-Gilles für die Entwicklung der polnischen Verehrung des hl. Ägidius beurteilt. Er verwies darauf, dass weder Władysław Herman noch sein Sohn Bolesław III. ein dem hl. Ägidius gewidmetes Kloster gegründet haben. Dagegen hat Karol Maleczyński aus den Quellen (vornehmlich des 14. und 15. Jahrhunderts) nicht weniger als 19 dem hl. Ägidius gewidmete Kirchen und Kapellen ermittelt. Von diesen schrieb er neun (Kłodawa, Giebułtów, Tarczek, Kcynia, Zborów, Pkanów, Czerlejno, Inowłódz, Krobia) Władysław Herman selbst und seiner Gattin Judith zu, während er die übrigen zehn (Kołodrąb, Bałdrzychów, Brzeźno, Wrzos, Trzyca, Kurów, Bobin, Polesie, Wierzbica, Moderz) als Stiftungen ansah, die mit hoher Wahrscheinlichkeit auf Herzog Bolesław III. zurückgegangen seien.3 Die Chronica Poloniae Maioris bezeichnet – wenn auch in einem späteren, von Sędziwój von Czechło verfassten Zusatz des 15. Jahrhunderts – einige der letzteren Kirchen auch als Stiftungen Władysław Hermans: Iste Wladislaus in honore beati Egidii dotavit et fundavit Ecclesiam parochialem in Clodawa, Ecclesium collegiatam in honore beati Egidii in Cracovia. Aliam collegialem in Lancicia, parochialem in Crobya et alias plures in honore beati Egidii confessoris ad cuius preces habuit filium (…).4 Die Stiftung der St. Ägidius-Kirche im Krakauer Stadtteil Okół durch Władysław Herman wird zuvor auch schon in der Vita Sancti Stanislai des Vincentius von Kielcza bezeugt.5 Informationen über weitere Stiftungen Władysławs bietet Jan Długosz, zu Tarszek videlicet, Pkanow, Clodawa, Kczina, Krobÿa, Czÿrnÿelow, Geboltow, [Zborow episcopali].6 Auch die Beschreibung des Besitzstandes des Erzbistums Gnesen von Jan Łaski schrieb die dem hl. Ägidius geweihten Kirchen in Inowłódz und Kłodawa Władysław Herman zu.7 Bolesław III. schrieb Długosz die Stiftung von Ägidius-Kirchen in Trzyca, Kurów, Bobin, Polesie, Wierzbica zu,8 während Jan Łaski ihm solche für Kołodrąb, Bałdrzuchów, Brzeźno, Wrzos9 und der Liber beneficiorum der Diözese Posen aus dem Jahre 1510 ihm eine Ägidius-Kirche in Moderz gutschrieb.10 Freilich stellt sich die Frage, ob alle diese Kirchenstiftungen tatsächlich Bolesław III. Schiefmund zugeschrieben werden können und ob es sich bei ihnen um alle Ägidius-Kirchen des damaligen Polen gehandelt hat. Andrzej Grzybkowski hat ihre Liste bereits um Kamień und Kirchen im schlesischen 3 Karol Maleczyński, Bolesław III Krzywousty [Bolesław III. Schiefmund]. Wrocław 1975, 262f. 4 Chronica Poloniae Maioris. Ed. Brygida Kürbis, in: MPH NS, Bd. 8. Warszawa 1970, 24. 5 Vita sancti Stanislai episcopi Cracoviensis (Vita minor). Ed. Wojciech Kętrzyński, in: MPH, Bd. 4. Lwów 1884, 238–285, hier 284. 6 Ioannis Dlugossii Annales seu Cronicae incliti regni Poloniae, lib. 3–4. Ed. Zofia Budkowa. Warszawa 1969, 155f. 7 Jan Łaski, Liber beneficiorum archidiecezji gnieźnieńskiej, Bd. 1. Ed. Jan Korytkowski / Jan Łukowski. Gniezno 1881, 315; 341. 8 Jan Długosz, Liber beneficiorum dioecesis Cracoviensis, Bd. 3. Ed. Aleksander Przezdziecki. Kraków 1864, 35; 570; 146; 213; 516. 9 Jan Łaski, Liber beneficiorum. Ed. Korytkowski / Łukowski (wie Anm. 7), 83; 371; 420; 638. 10 Liber beneficiorum dioecesis Posnaniensis anni 1510. Ed. Józef Nowacki. Poznań 1950, 99.

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Przewóz, Golanka, Chrobień und Chełmica erweitert11. Teresa Dunin-Wąsowicz wiederum hat hinsichtlich der piastischen Ägidius-Kirchen zwei Stiftungsphasen unterschieden: eine erste in den letzten Herrschaftsjahren Władysław Hermans und frühen Herrschaftsjahren seines jüngeren Sohnes (um die Wende vom 11. zum 12. Jahrhundert), eine zweite dagegen im 13. Jahrhundert, die mit den sozialen und wirtschaftlichen Veränderungen des Landesausbaus in Verbindung gestanden habe.12 Sicher auf die Stiftungsinitiative Władysławs gehen die Anfänge der Kirche in Inowłódz zurück; ihr Schirmherr war Bolesław Schiefmund, der sie vollendete.13 Früh entstanden sind sicher auch die Kirchen im Krakauer Stadtteil Okół (wo das Ägidius-Patrozinium im 14. Jahrhundert in eines des hl. Andreas geändert wurde),14 Krobia,15 Płock,16 Bałdrzychów17 und Czerlejno. Viel11 Grzybkowski, Kościół (wie Anm. 2), 33. 12 Dunin-Wąsowicz, Saint Gilles (wie Anm. 2), passim. 13 Grzybkowski, Kościół (wie Anm. 2), 33f. ist der Meinung, dass die Kirche in Inowłódz das Werk Bolesławs III. war und datiert sie auf das erste Viertel des 12. Jahrhunderts. 14 Hendel / Kopera, Kościół św. Idziego (wie Anm. 2), 3–8 mit ausdrücklichem Bezug auf die Zeit Władysław Hermans und Bolesław Schiefmunds; Bąkowski, Kościół św. Idziego (wie Anm. 2); Zygmunt Świechowski, Budownictwo romańskie w Polsce. Katalog zabytków [Romanische Baukunst in Polen. Katalog der Baudenkmäler]. Wrocław 1963, 125–129; Kasimierz Radwański, Kraków przedlokacyjny. Rozwój przestrzenny [Krakau vor der Lokation. Räumliche Entwicklung]. Kraków 1975, 106–108; Zofia Kozłówska-Budkowa, Z dziejów kolegiaty św. Andrzeja w Krakowie [Zur Geschichte des Kollegiatstifts St. Andreas in Krakau], in: Stud. Hist. 10, 1967, 23–30. Heute wissen wir, dass die älteren Untersuchungen in eine falsche Richtung liefen und dass ursprünglich die St. Andreas-Kirche das Patrozinium des hl. Ägidius trug. 15 Die St. Ägidius-Kirche in Krobia befindet sich in der einst als ‚Kościoł‘ (‚Kirche‘) oder ‚Kościelisko‘ (‚Kirchgrund‘) bezeichneten Vorstadt, die zumeist auf die Mitte des 12. Jahrhunderts datiert wird, Andrzej Wędzki, Krobia, in: Słownik Starożytności Słowiańskich, Bd. 2 (wie Anm. 2), 520f.; Alicja Karłowska-Kamzowa, Zagadnienie fundacji murowanych jednonawowych kościołów w Wielkopolsce XII–XIII w. [Die Frage der Stiftung der gemauerten einschiffigen Kirchen in Großpolen aus dem 12.–13. Jahrhundert], in: Biul. Hist. Szt. 27, 1965, 364–382, hier 365f.; Świechowski, Budownictwo romańskie (wie Anm. 14), 144–146 (Datierung auf das Ende des 11. Jahrhunderts); Ders., Architektura romańska (wie Anm. 2), 141f.; eine Zusammenfassung der Untersuchungen findet sich in Michał Walicki (Hrsg.), Sztuka polska przedromańska i romańska do schyłku XIII wieku [Die polnische vorromanische und romanische Kunst bis zum Ende des 13. Jahrhunderts], Teil 2: Katalog. Warszawa 1971, 723. 16 Die sicher auf eine herzogliche Stiftung zurückgehende St. Ägidius-Kirche entstand nördlich der Burgsiedlung, Kasimierz Pacuski / Włodzimierz Szafrański, Płock (2.), in: Gerard Labuda / Zdzisław Stieber (Hrsg.), Słownik Starożytności Słowiańskich. Encyklopedyczny zarys kultury Słowian od czasów najdawniejszych do schyłku wieku XII, Bd. 4. Wrocław 1970, 152–156, hier 155; Czesław Deptuła, Kościół płocki w XII wieku [Die Płocker Kirche im 12. Jahrhundert], in: Jerzy Kłoczowski (Hrsg.), Studia płockie 3, 1975, 67–84, hier 79. 17 Die Kirche in Bałdrzychów existierte zweifellos schon im 12. Jahrhundert; um 1176/1177 war sie Gegenstand einer Schenkung für das Zisterzienserkloster in Sulejów; Józef Dobosz, Działalność fundacyjna Kazimierza Sprawiedliwego [Die Stiftungstätigkeit Kasimirs des Gerechten]. Poznań 1995, 70; 72, 105ff.; Józef Mitkowski, Początki klasztoru cystersów w Sulejowie. Studia nad dokumentami, fundacją i rozwojem uposażenia do końca XIII wieku [Die Anfänge des Zisterzien-

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St. Ägidiuskirche in Inowłódz, Ende 11., Anfang 12. Jahrhundert

leicht können auch die Ägidius-Kirchen in Kamień, Pkanów und Kołódrąb, zu denen keine genauen Datierungen vorliegen, auf die frühe Phase bezogen werden.18 Alle übrigen Ägidius-Kirchen müssen aber zweifellos auf das 13.–14. Jahrhundert datiert werden und können daher nicht mit Stiftungsinititiativen Władysław Hermans oder seines Sohnes Bolesław in Verbindung gebracht werden. Dafür spricht nicht nur das Fehlen romanischer Architekturmerkmale, sondern auch die Art der schriftlichen Überlieferung. Długoszs Bemerkungen, bestimmte Kirchen seien bereits von Władysław Herman gestiftet worden, sind – ähnlich wie der Zusatz Sędziwojs in der Chronica Poloniae Maioris – dessen spätere Ergänzungen.19 Die großpolnische Chronik des ausgehenden 13. Jahrhunderts kannte weder eine Stiftungstätigkeit Władysław Hermans noch eine Bolesławs III. Schiefmund. Das galt auch für die Chronik des Gallus Anonymus vom serklosters in Sulejów. Studien zu Urkunden, Stiftung und Ausstattung bis zum Ende des 13. Jahrhunderts]. Poznań 1949, 314f. 18 Grzybkowski, Kościół (wie Anm. 2), 33f. 19 Zur Arbeitsmethode von Jan Długosz Aleksander Semkowicz, Krytyczny rozbiór Dziejów Polskich Jana Długosza (do roku 1384) [Kritische Analyse der Polnischen Geschichte zur Zeit Jan Długosz’ (bis zum Jahr 1384)]. Kraków 1887; Józef Matuszewski, „Annales seu cronicae“ Jana Długosza w oczach Aleksandra Semkowicza [Jan Długoszs „Annales seu cronicae“ in den Augen von Aleksander Semkowicz]. Wrocław 1987; Stanisław Gawęda (Hrsg.), Dlugossiana. Studia historyczne w pięćsetlecie śmierci Jana Długosza [Dlugossiana. Historische Studien zum 500. Todestag von Jan Długosz]. Kraków 1980. Auch Grzybkowski, Kościół (wie Anm. 2), 33f., hält das Fragment über die Stiftungen Hermans für eine Amplifikation.

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beginnenden und jene des Magister Vincentius vom Ende des 12. Jahrhunderts – wenngleich alle drei berichten, dass die Geburt Bolesławs der Fürsprache des hl. Ägidius zu danken gewesen sei. Mithin stammen die Informationen über die frühen Stiftungen der meisten Ägidius-Kirchen und Kapellen von Autoren des 14.–15. Jahrhunderts. Auch wenn also nur eine geringe Zahl der Ägidius-Kirchen auf die Zeit Władysław Hermans und Bolesław Schiefmunds bezogen werden können, reichten die Anfänge der polnischen Verehrung des hl. Ägidius bis in die Wende des 11. / 12. Jahrhunderts zurück; und sie waren mit dem Wirken der Piastendynastie verbunden. Die Verbindungen Herzog Bolesławs mit dem Kult des hl. Ägidius sind verhältnismäßig klar erkennbar – in seinen Schenkungen für St. Gilles und Somogyvár sowie in seiner Wallfahrt in das letztgenannte ungarische Kloster.20 Doch kann mit Bolesław – vielleicht mit Ausnahme der Kirche in Inowłódz – mit Gewißheit keine Kirchenstiftung in Verbindung gebracht werden. Die Krakauer St. Ägidius-Kirche ist ein Werk der Familie Topór (s. Abb. auf S. 205 in diesem Band), und die Kirchen in Krobia, Czerlejno, Kamień, Pkanów und Kołodrąb sind vielleicht ebenfalls Stiftungen von Großen, die wohl eher aus der Mitte des 12. Jahrhunderts stammen. Die Kirche in dem am Ner gelegenen Bałdrzychów ging bereits im 12. Jahrhundert in die Hand der Zisterzienser von Sulejów über; bis dahin gehörte sie dem nicht näher bekannten Bałdrzych, einem Vorfahren der Familie Gąska.21 Unklar ist, ob und unter welchen Umständen Bałdrzych von Bolesław Schiefmund ein Dorf erworben hatte, das dann nach seinem Namen benannt wurde, und ob er es war, der dort die erste Kirche gründete. Das Auftreten Bałdrzychs in Polen, seine Verdienste für den Herzog bzw. das Piastengeschlecht bleiben unklar. Vielleicht war er an Kriegszügen Herzog Bolesławs beteiligt und erhielt für seine treuen Dienste ein Dorf in Zentralpolen (das spätere Bałdrzychów). Ob die dortige Kirche zu diesem Zeitpunkt bereits existierte oder erst von Bałdrzych zu Ehren seines Wohltäters gestiftet und dem hl. Ägidius gewidmet wurde, lässt sich nicht feststellen. Ungeachtet dessen kann mit Teresa Dunin-Wąsowicz festgestellt werden, dass der Ägidius-Kult zweifellos ein auf die Dynastie bezogener Kult war, dessen Ausbreitung mit dem herzoglichen Hof sowie den engsten Mitarbeitern des Monarchen in Verbindung gebracht werden muss. Bolesław Schiefmund selbst war an der Vollendung der Stiftung in Inowłódz beteiligt und unterstützte vielleicht auch die Entwicklung der Stiftung in Krakau. Auch die kleine Kirche in Bałdrzychów würde ich vorsichtig und eher indirekt mit dem Herzog in Verbindung bringen. Die übrigen Kirchen aus dem 12. Jahrhundert müssten dann wohl schon unter den Nachfolgern Herzog Bolesławs entstanden sein. Den Umfang der übrigen Kirchenstiftungen Bolesław Schiefmunds eindeutig einzuschätzen, ist schwierig. Die Quellen berichten nicht ausdrücklich, welche kirchlichen

20 Dunin-Wąsowicz, Saint Gilles (wie Anm. 2). 21 Dobosz, Działalność (wie Anm. 17), 205.

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Leonhard-Krypta, Kathedrale auf dem Krakauer Wawel, drittes Viertel 11. Jahrhundert

Institutionen dieser Herrscher ins Leben gerufen hat. Ausgehen müssen wir von Bolesławs Beteiligung am Bau und an der Ausstattung der Kathedralkirchen, d. h. der Kathedralen in Płock und Krakau sowie in den beiden neuen Bistümern Lebus und Kujawien. Aus den Quellen wissen wir, dass bereits Władysław Herman gegen Ende der 1080er Jahre mit dem Bau der Krakauer Kathedralkirche begonnen hatte und sein Sohn dieses Werk weiterführen musste. Aber es gelang ihm nicht, es zu beenden, denn die Weihe des romanischen Gotteshauses erfolgte bekanntlich erst im Jahre 1142 durch Bischof Robert.22 Die Einrichtung des neuen Krakauer Bischofssitzes dauerte also ungefähr sechzig Jahre. Sie muss in beträchtlichem Maße das Werk von Herzog Bolesław III. gewesen sein, auch wenn die Krakauer Diözesanbischöfe jeweils an diesem 22 Rocznik Krakowski [Krakauer Annalen]. Ed. August Bielowski, in: MPH, Bd. 2. Lwów 1882, 827–852, hier 833; Rocznik Traski [Die Annalen des Traska]. Ed. August Bielowski, in: ebd., 826–861, hier 833; Rocznik Krasińskich [Die Annalen der Familie Krasiński]. Ed. August Bielowski, in: MPH, Bd. 3. Lwów 1878, 127–133, hier 131.

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Bau beteiligt waren und einer von ihnen – Maurus (gest. 1118) – sogar in der St. Leonhard-Krypta beigesetzt wurde.23 Eine ähnliche Rolle wie beim Bau der neuen Krakauer Kathedrale spielte Bolesław auch in Płock. Die dortige Kathedralkirche war bei einem Überfall der Pomeranen oder Pruzzen (sicher 1126/1127) zerstört worden.24 Magister Vincentius hat den Kampf gegen diese Feinde während der Amtszeit der Bischöfe Simon und Alexander in seiner Chronik recht allgemein geschildert, wobei er vor allem die militärischen Verdienste Alexanders hervorgehoben hat, aber auch Simon seine Ehrerbietung darbrachte.25 Informationen über die Weihe des neuen Gotteshauses finden wir zum Jahr 1144 in den ‚Płocker Aufzeichnungen‘ und den ‚Sochaczewer Aufzeichnungen‘.26 Der Bauherr der neuen, prächtigen Kirche war Alexander von Malonne, aber an diesem Bau muss auch der Herzog beteiligt gewesen sein. Sicher hat die gleichzeitige Inangriffnahme mehrerer Stiftungsaktivitäten (oder eher Stiftungs- und Bauaktivitäten) durch Bolesław III. Schiefmund dazu geführt, dass sich der Bau der Kathedrale in Krakau hinauszögerte. Man darf schließlich nicht vergessen, dass der Herzog in den 1120er Jahren auch die Mission in Pommern und die Organisation neuer Bistümer vorantrieb. Es scheint, dass Bolesław in Płock stärker engagiert war als in Krakau oder in den Zentren der neuen Bistümer Lebus und Kujawien. Das mag seinen Grund darin gehabt haben, dass er gerade dort, in Płock, seine letzte Ruhestätte vorbereitete und wahrscheinlich auch seine Eltern dort beigesetzt waren.27 Zugegebenermaßen ist das Ausmaß der Unterstützung 23 Zur Architektur der neuen Krakauer Kathedrale Walicki, Sztuka (wie Anm. 15), 709–712; Jerzy Pietrusiński, Krakowska katedra romańska fundacji króla Bolesława II Szczodrego [Die von König Bolesław II. dem Kühnen gestiftete romanische Kathedrale in Krakau], in: Joanna Daranowska-Łukaszewska / Kazimierz Kuczman (Hrsg.), Katedra krakowska w średniowieczu. Materiały z sesji Oddziału Krakowskiego Stowarzyszenia Historyków Sztuki (Kraków kwiecień 1994). Kraków 1996, 43–105; vgl. Elżbieta Dąbrowska, Średniowieczne pochówki biskupie w katedrze krakowskiej. Stan badań [Mittelalterliche Bischofsgräber in der Krakauer Kathedrale. Stand der Forschungen], in: ebd., 107–125 sowie Wojciech Mischke, Relacje dziejów katedry wawelskiej i kultu św. Stanisława [Die Beziehungen zwischen der Geschichte der Wawelkathedrale und dem Kult des hl. Stanislaus], in: ebd., 153–162. 24 Deptuła, Kościół (wie Anm. 16), 73–75. 25 Magistri Vincentii dicti Kadłubek Chronica Polonorum. Ed. Marian Plezia, in: MPH NS, Bd. 11. Kraków 1994, III, 8–9. 26 Spominki płockie [Płocker Aufzeichnungen], in: Rocznik Świętokrzyski. Ed. Anna RutkowskaPłachcińska, in: MPH NS, Bd. 12. Kraków 1996, 127–129, hier 128: [I]tem anno Domini millesimo centessimo quadragessimo quarto ecclesia kathedralis Plocensis consecratur sowie Spominki sochaczewskie [Sochaczewer Aufzeichnungen], in: ebd., 99–126, hier 131. 27 Zum Ort der Beisetzung Hermans, seiner Gattin Judith von Böhmen sowie Bolesław Schiefmunds selbst vgl. Kazimierz Jasiński, Rodowód pierwszych Piastów [Genealogie der ersten Piasten]. Warszawa / Wrocław 1992, 162f.; vgl. aber auch die vorsichtig formulierte Hypothese, dass Bolesław III. möglicherweise in Kleinpolen (Krakau?) beigesetzt worden ist bei Antoni Gąsiorowski, Najstarsze polskie pochówki w świetle źródeł pisanych [Die ältesten Grabstätten polnischer Monarchen im Lichte der schriftlichen Quellen], in: Rocz. Hist. 55–56, 1989/1990, 92f.

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Herzog Bolesławs für die Kirchen in Krakau und in Płock nicht eindeutig zu beurteilen; das Phänomen selbst lässt sich aus den Quellen nicht vollständig erfassen. Die vorgebrachten Überlegungen können daher nur als Hypothesen angesehen werden, die davon ausgehen, dass schließlich jemand die Schirmherrschaft über so große Bauinvestitionen übernommen haben muss und dass dies in der damaligen piastischen Monarchie nur der Herrscher selbst gewesen sein kann. Bolesławs III. Bemühungen um eine Stärkung der polnischen Kirche und der mit ihr verbundenen Institutionen erschöpften sich nicht in der Förderung des Ägidius-Kultes und der Baubestrebungen der Bischöfe von Krakau und Płock. Die Quellen bieten verschiedene Hinweise auf weitere Schenkungs- und Stiftungsaktivitäten dieses Herzogs. So berichtet etwa der Liber de constructione monasterii Zwivildensis des Mönches Berthold: Bolezlaus dux Boloniae cappam nigram albos boves habentem intextos misit; in auro, argento, palliis et maxime in multiplicibus et diversis pretiosi velleris rebus plus quam septuaginta marcas huic monasterio contulit.28 Im Weiteren zählte Berthold präzise alle Vergaben und Wohltaten auf, die Bolesławs Gattin Salomea von Berg dem Kloster in Zwiefalten hatte zukommen lassen.29 Der Herzog bzw. das Herrscherpaar waren also auch außerhalb der Landesgrenzen mit Schenkungen aktiv. Dabei handelte es sich nicht um Stiftungen, denen eine bestimmte, an einen Heiligen gerichtete Bitte zugrunde lag (wie zuvor im Fall von Saint-Gilles und der Geburt Bolesławs) oder die mit einer Bußfahrt verbunden waren (wie im Falle der Wallfahrt Bolesławs zum Grab des hl. Stephan sowie zum Kloster des hl. Ägidius nach Somogyvár). Der polnische Herrscher tätigte seine Vergaben vielmehr als Gatte Salomeas, der Tochter des Grafen Heinrich II. von Berg, zugunsten der Familienstiftung der Grafen von Berg.30 Die Vergabe beweglicher Güter an das im fernen Schwaben gelegene Kloster stellte im Rahmen der Aktivitäten Bolesławs zugunsten kirchlicher Institutionen zweifellos eine Ausnahme dar. Andere Quelleninformationen verweisen darauf, dass sich seine Schenkungen sonst immer auf sein eigenes Herrschaftsgebiet konzentrierten, vielleicht mit Ausnahme des benachbarten, schrittweise seiner Herrschaft unterworfenen Pommern. Bolesławs III. Aufmerksamkeit weckten auch die großen benediktinischen Stiftungen seiner Vorgänger: Tyniec, Lubiń und Mogilno, aber auch Trzemeszno, dessen Anfänge unklar sind. Seine Beteiligung an der weiteren Entwicklung der Tyniecer Stiftung fand ihren Ausdruck in dem bekannten Tyniecer Falsifikat. Bolesław hat als Herzog zweifellos dazu beigetragen, die Klostergüter registrieren und ordnen zu lassen. Höchst28 Bertholdi Liber de constructione monasterii Zwivildensis. Ed. August Bielowski, in: MPH, Bd. 2. Lwów 1872, 5–7, hier 6. 29 Bertholdi Liber. Ed. Bielowski (wie Anm. 28), 6f. 30 Zur Ehe Salomeas mit Bolesław Schiefmund Jasiński, Rodowód (wie Anm. 27), 190f.; Antoni Gąsiorowski, Salomea, in: Gerard Labuda / Zdzisław Stieber (Hrgs.), Słownik Starożytności Słowiańskich. Encyklopedyczny zarys kultury Słowian od czasów najdawniejszych, Bd. 5. Wrocław u. a. 1975, 25; Maleczyński, Bolesław III Krzywousty (wie Anm. 3), 115; Jerzy Kozłowski, Salomea, in: Henryk Markiewicz (Hrsg.), Polski Słownik Biograficzny, Bd. 34. Kraków / Wrocław 1993, 364f.

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wahrscheinlich war er es auch, der den päpstlichen Legaten Ägidius bat, die entsprechenden Feststellungen auch durch die Autorität des Heiligen Stuhls bestätigen zu lassen (sicher im Jahre 1124). Darauf deutet die Eingangsformel des Falsifikats hin, in der es heißt (…) ego Egidius Thusculanus episcopus, sancte Romane Ecclesie et domini Calyxti pape per […] Poloniam legatus, sancte Thiniciensi ecclesie, consenciente gloriosissimo Polonorum duce Boleslauo et filio (eius) Wladislauo et episcopo Cracouiense Radosto (…). Das Tyniecer Falsifikat erwähnt Bolesław noch einmal direkt im Zusammenhang mit Vergaben zugunsten der dortigen Benediktiner: Harum villarum decimas et omnium, que religiosis viris collate sunt, rogatu ducis Bolezlai Radostus episcopus eidem ecclesie contulit.31 Diese Erwähnungen bilden die einzigen unmittelbaren Belege für die Beteiligung des Herzogs an der Erweiterung der Tyniecer Ausstattung. Marek Derwich sieht in dieser Aktion des Herzogs und seiner nächsten Umgebung eine wesentliche Stärkung der Klosterökonomie und ein wichtiges Element des langfristigen Emanzipationsprozesses der Abtei auf dem Wege zu ihrer vollen Selbständigkeit bzw. Befreiung aus der herzoglichen Herrschaft.32 Gerard Labuda hat überdies darauf verwiesen, dass die Beteiligung Bolesławs zwei weitere Effekte hatte: die Auszahlung von 12 Pfund Silber aus der herzoglichen Schatzkammer sowie vielleicht die jährliche Vergabe von drei Fohlen aus den Gestüten des Herrschers.33 Damit reichte die direkte Schenkung Bolesławs III. nicht an die Großzügigkeit seiner Vorgänger heran, war aber dennoch wohl von nicht geringerer Bedeutung. Die marginale Rolle eventueller Vergaben in Silber und Fohlen sowie das Problem der Vergabe einer Immunität (in welcher Form auch immer) kann dabei unberücksichtigt bleiben. Entscheidend ist die Bestätigung des gesamten Klosterbesitzes sowohl durch den Heiligen Stuhl als auch den polnischen Herzog, seinen Nachfolger (den späteren Władysław II.) sowie den Krakauer Bischof Radost, einen der wichtigsten Hierarchen der polnischen Kirche. Anscheinend war die gut durchdachte Aktion des polnischen Herrschers für die Benediktiner in Tyniec, die um 1124 erfolgte, von ähnlicher Bedeutung wie die Stiftungen Bolesławs des Kühnen und der salischen Judith. Sicher eröffnete sie den Weg zur Emanzipation des Klosters vom Einfluss der Dynastie (der Stifter). Der Abschluss dieses Prozesses fiel erst in eine spätere Zeit, deren Eckdaten durch eine Bulle Gregors IX. vom 26. Mai 1229 für die Benediktiner und die Bestäti-

31 Album Palaeographicum. Ed. Stanisław Krzyżanowski. Tabularum I–XXXI textus. 4. Auflage Kraków 1960, Nr. 18; in fast identischem Wortlaut ist dieses Fragment in dem 1275 von Bolesław dem Schamhaften ausgestellten originalen Transsumpt des Falsifikats enthalten; ebd. Nr. 19. 32 Marek Derwich, Monastycyzm benedyktyński w średniowiecznej Europie i Polsce. Wybrane problemy [Der benediktinische Monastizismus im mittelalterlichen Europa und Polen. Ausgewählte Probleme]. Wrocław 1998, 187. 33 Gerard Labuda, Szkice historyczne XI wieku. Początki klasztoru benedyktynów w Tyńcu [Historische Skizzen des 11. Jahrhunderts. Die Anfänge des Benediktiner-Klosters in Tyniec], in: StŹrodł 35, 1994, 23–64, hier 46.

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gung der Urkunde des Legaten Ägidius durch Bolesław den Schamhaften im Jahr 1275 markiert werden.34 Das Lubińer Verbrüderungsbuch lenkt unsere Aufmerksamkeit auf die Verbindungen Herzog Bolesławs III. Schiefmund zum dortigen Benediktinerkloster zur Allerheiligsten Jungfrau Maria. Die darüber informierende Notiz enthält eine Reihe von Namen der Wohltäter dieser Abtei, die im Original rot unterstrichen sind. Dazu gehören: Herzog Bolesław und seine Gattin, Herzog Władysław mit Gattin, Skarbimir, Jaszczołt, Skarbimir, Predwój, Henryk, Szczedryk, Michał, Pakosław, Wojsław mit Gattin, Dzięgień, Jakub und Odolan.35 Die Chronologie der Notiz und die Identifizierung der in ihr erwähnten Herzogspaare sind umstritten, doch könnten sie unter Umständen auf eine Beteiligung Bolesławs an der Stiftung von Lubiń verweisen.36 Soweit bislang erkennbar, scheint es im 12. Jahrhundert zur Wiederherstellung der aus irgendwelchen Gründen verarmten Lubińer Abtei gekommen zu sein. Die zitierte Notiz muss auf die zweite Phase der Stiftung von Lubiń bezogen werden.37 Tatsächlich wurde das heruntergekommene Kloster unter der Herrschaft Bolesław Schiefmunds von Vertretern der Familie Awdaniec mit Unterstützung des Monarchen erneuert, wobei man die Hilfe von Mönchen aus Polen und vielleicht auch von Benediktinern in Anspruch nahm, die von der Maas kamen (St. Jakobus in Lüttich).38 Die Erneuerung der Abtei in Lubiń wird zumeist

34 Kodeks dyplomatyczny klasztoru tynieckiego [Urkundenbuch des Klosters Tyniec], Bd. 1. Ed. Wojciech Kętrzyński / Stanisław Smolka. Lwów 1875, Nr. 11a; Album Paleographicum. Ed. Krzyżanowski (wie Anm. 31), Nr. 19. 35 Księga bracka Opactwa Panny Marii w Lubiniu [Das Verbrüderungsbuch der Abtei der Jungfrau Maria in Lubiń]. Ed. Zbigniew Perzanowski, in: MPH NS, Bd. 9/2. Warszawa 1976, 1–14, hier 4f. Richtig identifiziert und vorgestellt hat die in dieser Notiz erwähnten Personen Janusz Bieniak, Polska elita polityczna XII wieku. Część II: Wróżda i zgoda [Die polnische politische Elite des 12. Jahrhunderts. Teil 2: Fehde und Eintracht], in: Społeczeństwo Polski średniowiecznej 3, 1985, 13–74, bes. 57–74. 36 Vgl. Bieniak, Polska elita polityczna, Teil 2 (wie Anm. 35), 57f.; Marek Derwich, Fundacja lubińska na tle rozwoju monastycyzmu benedyktyńskiego w Polsce (XI–XII wiek) [Die Lubińer Stiftung vor dem Hintergrund der Entwicklung des benediktinischen Monastizismus in Polen (11.–12. Jahrhundert)], in: Zofia Kurnatowska (Hrsg.), Opactwo Benedyktynów w Lubiniu. Pierwsze wieki istnienia. Poznań 1996, 12–23, hier 16f.; Marek Cetwiński, Jeszcze o fundacji opactwa benedyktynów w Lubiniu [Noch einmal zur Stiftung der Benediktinerabtei in Lubiń], in: Śląski Kwart. Hist. Sobótka 36, 1981, 455–463. 37 Dagegen war die ältere Forschung geneigt, sie auf das 11. Jahrhundert zu verlegen; vgl. Władysław Semkowicz, Ród Awdańców w wiekach średnich [Das Adelsgeschlecht der Awdańcen im Mittelalter]. Teil 1, in: Roczniki Towarzystwa Przyjaciół Nauk Poznańskiego 44, 1917, 155– 292, hier 158–161; Zbigniew Perzanowski, Opactwo benedyktyńskie w Lubiniu. Studia nad fundacją i rozwojem uposażenia w średniowieczu [Die Benediktinerabtei in Lubiń. Studien zur Stiftung und zur Entwicklung ihrer Ausstattung im Mittelalter]. Wrocław 1978, Kapitel 3 und 4. 38 Zur Herkunft des Konvents Derwich, Monastycyzm benedyktyński (wie Anm. 32), 193; Ders., Fundacja lubińska (wie Anm. 36), 18.

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auf die Zeit um 112439 oder auch auf die letzten Jahre der Herrschaft Bolesławs III. Schiefmund datiert.40 Schwierigkeiten bereitet jedoch die ausdrückliche Definition der Rolle, die der Monarch in der zweiten Phase der Lubińer Stiftung gespielt hat. Leider verfügen wir über keine Urkunde, die auf den Umfang der Schenkungen des Herzogs zugunsten der Benediktiner verweisen würde. Sollte die Hypothese von Janusz Bieniak zutreffen, dass der Wiederaufbau von Lubiń mit der Aktion Bolesław Schiefmunds und des Bischofs Radost für das Kloster Tyniec im Jahr 1123/24 zusammenfiel,41 dann müssten die Anfänge der erneuerten Lubińer Stiftung auf diese Zeit datiert werden. Archäologische und architektonische Untersuchungen belegen lediglich, dass im dritten oder vierten Jahrzehnt des 12. Jahrhunderts eine Konventualkirche errichtet wurde.42 Die Tatsache der Weihe dieser Kirche notierten die Lubińer Annalen zum Jahr 1145: MCXLV Dedicatum est altare in Lubin sancte Marie a Conrado episcopo.43 Dies löst aber nicht das Problem der Rolle Bolesławs III. in der neuen Stiftungsphase von Lubiń und erst recht nicht die Frage der Entstehungszeit dieser Konventualkirche. Ganz allgemein können wir feststellen, dass die Awdańcen und Herzog Bolesław, sicher nach Beendigung der Kämpfe mit den Pomoranen, das Benediktinerkloster in Lubiń in einer gemeinsamen Anstrengung wieder aufgebaut haben. Hinter dieser Aktion muss eine gewisse ökonomische Stärkung dieser Niederlassung gestanden haben, aber es fällt schwer zu sagen welche.44 39 So Bieniak, Polska elita polityczna, Teil 2 (wie Anm. 35), 57f.; vgl. auch Henryk Łowmiański, Początki Polski. Z dziejów Słowian w I tysiącleciu, Tom 6: Polityczne i społeczne procesy kształtowania się narodu do początku wieku XIV [Die Anfänge Polens. Aus der Geschichte der Slawen im 1. Jahrtausend. Bd. 6: Politische und gesellschaftliche Prozesse der Nationsbildung bis zum Anfang des 14. Jahrhunderts]. Warszawa 1985. 40 Diese Hypothese wurde aufgestellt von Cetwiński, Jeszcze o fundacji (wie Anm. 36), 458, und aufgegriffen von Derwich, Monastycyzm benedyktyński (wie Anm. 32), 193; Ders., Fundacja lubińska (wie Anm. 36), 16f. 41 Bieniak, Polska elita polityczna, Teil 2 (wie Anm. 35), 57f.; 69. 42 Vgl. Magdalena Żurek, Kościół konwentualny Panny Marii w Lubiniu. Rekonstrukcja kolejnych faz budowy i rozbudowy w XI–XIII wieku. [Die Konventualkirche zur Jungfrau Maria in Lubiń. Rekonstruktion der einzelnen Bau- und Ausbauphasen im 11.–13. Jahrhundert], in: Kurnatowska, Opactwo Benedyktynów w Lubiniu (wie Anm. 35), 35–57, hier 37–42; Zofia Hilczer-Kurnatowska, Lubiń, in: Władysław Kowalenko (Hrsg.), Słownik Starożytności Słowiańskich. Encyklopedyczny zarys kultury Słowian od czasów najdawniejszych do schyłku wieku XII, Bd. 8. Wrocław 1996, 402–406. 43 Rocznik lubiński [Lubińer Annnalen]. Ed. Brygida Kürbis / Jerzy Luciński, in: MPH NS, Bd. 6. Warszawa 1962, 113–122, hier 113. 44 Die Ausstattung des Klosters analysiert Łowmiański, Początki Polski, Bd. 6/1 (wie Anm. 39), 333ff., ohne deren Bestandteile aus der Zeit Bolesław Schiefmunds aufzuzeigen; vgl. auch Perzanowski, Opactwo benedyktyńskie (wie Anm. 37), 57ff.; Zofia Kurnatowska, Uposażenie klasztorów benedyktyńskich w Polsce na przykładzie Lubinia. Studium archeologiczno-historyczne [Die Ausstattung der Benediktinerklöster in Polen am Beispiel Lubińs. Eine archäologisch-historische Studie], in: Dies., (Hrsg.), Opactwo Benedyktynów w Lubiniu (wie Anm. 35),

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Eine andere benediktinische Stiftung, deren Anfänge, wie es scheint, mit Bolesław Schiefmunds Onkel, Bolesław II., dem Kühnen, verbunden waren, war die Abtei in Mogilno. Lassen sich irgendwelche Verbindungen Herzog Bolesławs III. zu den dortigen Mönchen aufspüren? In der bekannten Urkunde der Herzogin Salomea, die gewöhnlich in die Jahre 1138 bis 1144 datiert wird45 und in der sie den Benediktinern von Mogilno das Dorf Radziejów vermachte, finden wir folgende Notiz: (…) in paupere cultu lugubri michi astans per somnium, se digni obsequii nichil sancto Iohanni in Muglyn egisse conquerebatur, adiiciens sibi profuturum, si hoc a me in proximo compleretur (…).46 Der Gatte der Herzogin, der ihr im Traum erschien, sagte also selbst, er habe für das Kloster in Mogilno nicht allzu viel oder auch nichts Bedeutendes getan.47 Eine aufmerksame Analyse des auf 1065 datierten Falsifikats von Mogilno erlaubt hinsichtlich einer Beteiligung Bolesławs III. an der Ausstattung Mogilnos keine allzu weitreichenden Schlussfolgerungen. Auf seine Vergabe kann die recht allgemein formulierte Immunität mit fiskalischem Charakter zurückgehen,48 aber auch das ist nicht

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27–34 sowie Krystyna Górska-Gołaska, Lubiń, in: Jerzy Wiśniewski (Hrsg.), Słownik historyczno-geograficzny ziem polskich w średniowieczu. Bd. 8: Wielkopolska. Województwo Poznańskie. Zeszyt 4: Kuczyna – Lwówek. Wrocław / Poznań 1992, 630–633. Zu Salomeas Urkunde Zofia Kozłowska-Budkowa, Repertorjum polskich dokumentów doby piastowskiej. Zeszyt 1: Do końca XII wieku [Repertorium der polnischen Urkunden der Piastenzeit. Heft 1: Bis zum Ende des 12. Jahrhunderts]. Kraków 1937, Nr. 38; Brygida Kürbis, Najstarsze dokumenty opactwa benedyktynów w Mogilnie [Die ältesten Urkunden der Benediktiner-Abtei in Mogilno], in: StŹrodł 13, 1968, 27–61, hier 50–52; vgl. die ausführliche Abhandlung von Józef Płocha, Najdawniejsze dzieje opactwa benedyktynów w Mogilnie [Die älteste Geschichte der Benediktiner-Abtei in Mogilno]. Wrocław 1969, bes. 125–142. Kodeks Dyplomatyczny Wielkopolski [Großpolnisches Urkundenbuch], Bd. 1. Ed. Ignacy Zakrzewski. Poznań 1877, Nr. 9. Auf die Tatsache, dass Salomea in der Urkunde von Radziejów schrieb, Bolesław Schiefmund habe für die Benediktiner von Mogilno „nichts Bedeutendes“ getan, verwies bereits Antoni Małecki, W kwestii fałszerstwa dokumentów [Zur Frage der Urkundenfälschung], in: Kwart. Hist. 18, 1904, 1–17; 411–480, hier 450. Dies unterstrich auch Płocha, Najdawniejsze dzieje (wie Anm. 45), 128ff., der hinzufügte, die Formulierung dignii obsequii nihil bedeute lediglich, dass Bolesław zugunsten von Mogilno keine „gesonderte Anniversarstiftung“ getätigt hatte und dass seine Gattin daher bemüht war, diese „Benachteiligung“ des Klosters wiedergutzumachen. Vgl. auch Marek Derwich, Benedyktyński klasztor Św. Krzyża na Łysej Górze w średniowieczu [Das Benediktinerkloster Heiligkreuz auf der Łysa Góra im Mittelalter]. Warszawa / Wrocław 1992, 288 sowie Ders., Monastycyzm benedyktyński (wie Anm. 32), 188. Die im Falsifikat enthaltene Formel lautet folgendermaßen: Item homicidia tam inter duos ascripticios quam inter duos liberos, vel ex una parte liberi ex altia ascripticii villarum supradicte domus, per totum eidem ecclesie cedant; Kodeks Dyplomatyczny Wielkopolski, Bd. 1. Ed. Zakrzewski. (wie Anm. 46), Nr. 3. Józef Matuszewski, Immunitet ekonomiczny w dobrach Kościoła w Polsce do 1381 r. [Die wirtschaftliche Immunität auf den Kirchengütern in Polen bis 1381]. Poznań 1936, 387 bezog gewisse Immunitätsbefreiungen für ein Kloster in Großpolen auf ein anderes bekanntes Falsifikat mit dem Datum 1103, dass auf den Namen Mieszkos des Alten gefälscht wurde (Kodeks Dyplomatyczny Wielkopolski, ebd., Nr. 33). Früher waren einige Histo-

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sicher, denn diese Schenkung kann auch sein Sohn Bolesław IV. Kraushaar getätigt haben. Obwohl eindeutige Quellenzeugnisse fehlen, wird Bolesław Schiefmund dennoch zumeist mit den Benediktinern von Mogilno in Verbindung gebracht. Ungeachtet aller Spekulationen, dass Adalbert-Wojciech, der herzogliche Kaplan und Mitarbeiter Ottos von Bamberg, aus dem Kloster Mogilno stammte,49 dürfte die Verbindung des herzoglichen Hofes mit der sogenannten Hirsauer Reform der Abtei in Mogilno als zutreffend bezeichnet werden. Józef Płocha datierte ihre Einführung auf die letzten Herrschaftsjahre Bolesław Schiefmunds und brachte sie mit Bamberger und Mallersdorfer Kreisen in Verbindung.50 Dagegen datiert Marek Derwich die Einführung des Hirsauer Brauches in Mogilno auf die Jahre nach 1112 und vor 1124, wobei sich das erste Datum auf die Reform der Abtei St. Michael in Bamberg, das zweite auf die Beendigung des Pomoranen-Problems bzw. den Beginn der Christianisierung Pommerns bezieht.51 Dagegen mag die Gründung eines weiteren Benediktinerklosters durch eine Aktion Bolesławs III. initiiert worden sein, durch die die überwiegend aus Burgeinkünften bestehende Ausstattung des Bistums Płock in eine Ausstatung mit Land umgewandelt

riker der Ansicht, die Benediktiner von Mogilno hätten ihre Exemption noch im 12. Jahrhundert erlangt, obwohl auch sie diese aus dem Falsifikat von 1103 kannten, z. B. Józef Widajewicz, Powołówe-poradlne. Danina ludności wiejskiej w dobie piastowskiej [Die Hornvieh- und Pflugsteuer. Abgaben der Dorfbevölkerung in der Piastenzeit]. Lwów 1913, 14; 16; 63. Ausführlicher zu dieser Urkunde auch Matuszewski, ebd., 385f., Anm. 5, der die Echtheit der in diesem Fabrikat enthaltenen Immunitätsformel bestreitet. 49 Vgl. Derwich, Monastycyzm benedyktyński (wie Anm. 32), 187 und ausführlicher Jerzy Strzelczyk, Bamberg a Polska w średniowieczu [Bamberg und Polen im Mittelalter], in: Rocz. Hist. 62, 1996, 73–88, hier 80f.; Władysław Dziewulski, Biskup pomorski Wojciech [Der pommersche Bischof Adalbert], in: Zap. Hist. 23, 1957, 7–42, hier 13. 50 Płocha, Najdawniejsze dzieje (wie Anm. 45), 23ff. Vgl. Szymon Wieczorek, Die Schenkungen Bolesławs III. und Salomeas von Berg an die Benediktinerabtei Zwiefalten in den 1130–40er Jahren, in diesem Band, 130–170, hier 157f. 51 Derwich, Monastycyzm benedyktyński (wie Anm. 32), 187f. Derwichs Argumente sind nicht restlos überzeugend, lassen sich die fraglichen Ereignisse mit Hilfe der Urkunde von Radziejów doch nicht datieren. Die Gleichsetzung des Mogilnoer Abtes Mengoza mit einem Mallersdorfer Mönch gleichen Namens muss, wie Strzelczyk, Bamberg (wie Anm. 49), 83 betont, keineswegs über den Zeitpunkt der Hirsauer Reform in den Mogilnoer Benediktinerkreisen entscheiden. Sowohl der Vorschlag Płochas als auch jener von Derwich haben ihre Schwachstellen. Doch vielleicht muss die Einführung des Hirsauer ‚Brauches‘ in Mogilno mit dem Abschluss der Eroberung Pommerns durch Bolesław Schiefmund und der Legation des Kardinals Ägidius nach Polen sowie mit dem Prozess der Schaffung neuer Bistümer in Verbindung gebracht werden. Darauf würde die breit angelegte kirchliche Aktion des Herzogs verweisen, der als Schirmherr der Christianisierung Pommerns fungierte und die Organisation der heimischen Kirche ausbaute und bei dieser Gelegenheit auch die alten polnischen Benediktinerklöster stärkte und reformierte. All dies könnte auf die Zeit um 1123/1124 sowie die darauffolgenen Jahre verweisen.

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Benediktinerabtei Moglino, Kirche des Evangelisten Johannes, Ende 11. Jh.

wurde.52 Doch da hierzu zweifelsfreie Quellen fehlen, lassen sich die Anfänge dieser Płocker Abtei nur schwer fassen. Das Mogilnoer Falsifikat von 1065 spricht von der Vergabe der St. Laurentius-Kirche in Płock an die Abtei von Mogilno.53 Gallus Anonymus betont den Kult dieses Heiligen mit folgenden Worten: In hiis ergo collaudemus Deum et Laurencium, / Die cuius sacrosancto factum est hoc prelium, / Inde sibit fiat ibi dignum edificium.54 Im weiteren Verlauf seiner Chronik unterstrich Gallus noch mehrfach die Bedeutung des hl. Laurentius55 für die Kämpfe mit den Pomoranen. Doch wer die Laurentiuskirche den Benediktinern von Mogilno wann geschenkt hat, bleibt eine ungelöste Frage. Kazimierz Pacuski hat diese Vergabe in die Zeit Bo-

52 Gerard Labuda, Początki klasztoru w świetle źródeł pisanych [Die Anfänge des Klosters im Licht der schriftlichen Quellen], in: Materiały sprawozdawcze z badań zespołu pobenedyktyńskiego w Mogilnie 1, 1978, 21–59, hier 35. 53 Kodeks Dyplomatyczny Wielkopolski, Bd. 1. Ed. Zakrzewski. (wie Anm. 46), Nr. 3. Zu dieser Kirche Włodzimierz Szafrański, Płock we wczesnym średniowieczu [Płock im frühen Mittelalter]. Wrocław 1983, 126f.; vgl. Kürbis, Najstarsze dokumenty (wie Anm. 45), 36–39. 54 Galli Anonymi cronicae et gesta. Ed. Maleczyński (wie Anm. 1), 125; der Herausgeber bezieht dieses Fragment auf die St. Laurentius-Kirche in Nakel; doch sowohl im Kontext der Überlieferung des Gallus selbst als auch jener des Magister Vincentius (wie Anm. 25), 100 scheint dies nicht richtig zu sein. 55 Galli Anonymi cronicae et gesta. Ed. Maleczyński (wie Anm. 1), 126–129.

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lesławs II. verlegt,56 während Gerard Labuda sie erst auf die Zeit Bolesław Schiefmunds bezieht.57 Tatsächlich muss die Stiftung dieser Kirche, wie es scheint, eher mit der Tätigkeit Władysław Hermans in Verbindung gebracht werden. Doch können mit der Kirche kaum die Anfänge der regulären Benediktinerabtei St. Adalbert in Verbindung gebracht werden, allenfalls die Anfänge der Präpositur des Klosters von Mogilno.58 Pacuski sieht die Anfänge des Płocker Klosters in der Wende des 11. / 12. Jahrhunderts und als seine Stifter Władysław Herman oder dessen ältesten Sohn Zbigniew.59 Zudem nimmt er einen Zusammenhang zwischen der neuen Benediktinergemeinschaft und der St. Benedikt-Kirche (-Kapelle) in Radziwie60 (einst ein Dorf bei Płock, heute ein Stadtteil) an. Dagegen hat Marek Derwich die Płocker Abtei unlängst mit dem bekannten Płocker Bischof Werner (gest. am 5. Februar 1170) in Verbindung gebracht.61 Ohne näher auf den Streit über den Ort der Ansiedlung der Płocker Benediktiner einzugehen, kann festgehalten werden, dass Bolesław Schiefmund wohl kaum mit der um die Mitte des 12. Jahrhunderts entstandenen Abtei St. Adalbert verbunden war. Zuvor waren die Benediktiner in Gestalt der Präpositur des Mogilnoer Klosters in Płock und sicher auch als Bestandteil des Presbyteriums der ersten Płocker Bischöfe präsent. Daher scheint Stanisław Trawkowskis Frage berechtigt, inwieweit die neue Płocker Niederlassung von Grund auf neu entstanden ist oder ob sie nicht eher eine Fortsetzung (Verselbständigung) des älteren Benediktinerklosters darstellte.62 Diese Frage können wir nicht eindeutig beantworten, aber falls Bolesław Schiefmund auf irgendeine Weise mit den Płocker Benediktinern verbunden war, dann gewiss mit denen aus dem Umfeld von Mogilno. Ob er etwas für sie getan hat, und wenn ja, was,

56 Kasimierz Pacuski, Początki benedyktyńskiego opactwa św. Wojciecha na grodzie płockim [Die Anfänge der Benediktinerabtei St. Adalbert in der Płocker Burgsiedlung], in: Społeczeństwo Polski średniowiecznej 5, 1992, 135–152, hier 138f. 57 Labuda, Szkice (wie Anm. 33), 35. 58 Derwich, Monastycyzm benedyktyński (wie Anm. 32), 195. 59 Pacuski, Początki (wie Anm. 56), 135–138. 60 Pacuski, Początki (wie Anm. 56), 139–152. 61 Derwich, Monastycyzm benedyktyński (wie Anm. 32), 195f.; damit griff er ältere Forschungen auf von Czesław Deptuła, Krąg kościelny płocki w połowie XII wieku [Das kirchliche Umfeld in Płock um die Mitte des 12. Jahrhunderts], in: Rocz. Hum. 8, 1959, 109–113; Ders., Kościół płocki (wie Anm. 16), 78f.; Ders., Płock kościelny u progu reform XIII w. Biskup Lupus i jego czasy [Das kirchliche Płock an der Schwelle der Reformen des 13. Jahrhunderts. Bischof Lupus und seine Zeit], in: Rocz. Hum. 21, 1973, 43–90, hier 79–82; vgl. auch Kürbis, Najstarsze dokumenty (wie Anm. 45), 37–39; eine frühe Genese der Abtei St. Adalbert gestützt auf die St. Laurentius-Kirche und der Mönche aus Trzemeszno oder Łęczyca befürwortet weiterhin Tadeusz Żebrowski, Kościół (X–XIII w.) [Die Kirche (10.–13. Jahrhundert], in: Aleksander Gieysztor / Henryk Samsonowicz (Hrsg.), Dzieje Mazowsza do 1526 roku. Praca zbiorowa. Warszawa 1994, 132–344, hier 155f. 62 Stanisław Trawkowski, Zur Sozialtopographie der Stadt Płock im XII. Jahrhundert, in: Aleksander Gieysztor / Tadeusz Rosłanowski (Hrsg.), L’artisanat et la vie urbaine en Pologne médiévale, Warszawa 1962, 406–409, hier 406f.

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lässt sich aber infolge fehlender Quellen kaum noch feststellen.63 Angesichts derart divergierender Standpunkte scheint die Forderung nach einer Revision der bisherigen Forschungen berechtigt.64 Die Verbindungen Bolesław Schiefmunds mit den Benediktinern in den Abteien seines Herrschaftsbereiches beschränkten sich nicht allein auf die Unterstützung, Stärkung und Reformierung älterer Stiftungen. So heißt es in der Chronica Poloniae Maioris u. a.: Iste vero Boleslaus postmodum abbaciam in loco castri Calvimontis et eciam in Szeczechow per quem nobilem nomine Szeczechone aliquibus bonis cenobio Szeczechoviensi adiunctis ordinis sancti Benedicti in honorem sancte Trinitatis et beate Virginis devote fundavit.65 Brygida Kürbis stellte hierzu fest, dass Herzog Bolesław tatsächlich der Stifter der Abtei Łysiec bzw. auf der Łysa Góra gewesen sei.66 Auch Marek Derwich erkannte Bolesław Schiefmund als Mitstifter dieses seines Erachtens in den Jahren 1132 bis 1138 oder 1135/1136 bis 1138 gegründeten Benediktinerklosters an. Bei dieser Stiftung sei der Herzog von Wojsław, dem ersten bekannten Vertreter des Adelsgeschlechts der Powała, unterstützt worden.67 Derwich stützte seine Schlussfolgerungen u. a. auf eine Notiz der Chronica Poloniae Maioris sowie eine wichtige, wenn auch späte Quelle – eine nekrologische oder eher kommemorative Notiz aus einer Urkunde des Abtes Nikolaus Drozdek vom Jahr 1427. In ihr notierte der Abt: Pro animabus fidelium defunctorum et precipue incliti ducis Boleslai et comitis Woyslai fundatorum huius loci (…).68 Der herzogliche Stifter schenkte den Benediktinern die Łysa Góra selbst mitsamt Liegenschaften, die Dörfer Słup (das heutige Stara Słupia) und Rataje 63 Das bereits erwähnte Mogilnoer Falsifikat verspricht wohl keine neuen Erkenntnisse in dieser Frage. In den Płocker Aufzeichnungen über Wunder aus dem Jahr 1148 wird ein Płocker monasterium erwähnt, das wir jedoch nicht mit dem Kloster St. Adalbert in Verbindung bringen können; vgl. Zofia Kozłowska-Budkowa, Płockie zapiski o cudach z r. 1148 [Płocker Aufzeichnungen über Wunder aus dem Jahre 1148], in: Kwart. Hist. 44, 1930, 341–348. 64 Einen Schritt in dieser Richtung bilden die Arbeiten von Andrzej Radzimiński, Duchowieństwo kapituł katedralnych w Polsce XIV i XV wieku na tle porównawczym. Studium nad rekrutacją i drogami awansu [Der Klerus der Domkapitel in Polen im 14. und 15. Jahrhundert im Vergleich. Eine Studie über seine Rekrutierung und Aufstiegswege]. Toruń 1995 (ein umfangreiches Kapitel ist den Anfängen der Domkapitel gewidmet, einschließlich der Rolle der frühen Benediktiner in ihnen) sowie Ders., Związki klasztoru czerwińskiego i kanoników regularnych z instytucjami kościelnymi Płocka w średniowieczu [Die Verbindungen des Klosters Czerwińsk und der Regularkanoniker mit den kirchlichen Institutionen von Płock im Mittelalter], in: Rocz. Hum. 62, 1996, 113–125, insbesondere zu den Beziehungen zwischen den Benediktinern und den bischöflichen Presbyterien und frühen Domkapiteln. 65 Chronica Poloniae Maioris. Ed. Kürbis (wie Anm. 4), 48 mit einer Randbemerkung Sędziwójs aus dem 15. Jahrhundert: Boleslaus abbaciam Caluimontis fundavit et monasterium in Syeczechow. 66 Ebd., 153, Anm. 252. 67 Derwich, Benedyktyński klasztor (wie Anm. 47), 142–274, zur Datierung der Anfänge des Klosters 268–274; Vgl. Ders., Monastycyzm benedyktyński (wie Anm. 32), 193f. 68 Zbiór dokumentów małopolskich [Kleinpolnische Urkundensammlung], Bd. 2. Ed. Stanisław Kuraś. Wrocław 1963, Nr. 390.

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(das heutige Milanowska Wółka) sowie Boleszyn, Ciepła, Głodno, Koniemłoty, einen Teil von Osiek, vielleicht einen Teil von Kraszków und sicherlich auch die St. AdalbertKirche bei Sandomir. Dazu kam noch unfreies herzogliches Volk, während die Vergaben der Immunität und der Regalien erst von den Nachfolgern Bolesław Schiefmunds stammten.69 Die zweite Nachricht der Chronica Poloniae Maioris, derzufolge Herzog Bolesław III. zusammen mit dem comes Sieciech [dem Jüngeren] das Benediktinerkloster in Sieciechów gegründet habe, findet in anderen Quellen keine Bestätigung. Diese Vergabe wird denn auch in der Regel als eine Magnatenstiftung angesehen, wobei als Stifter zumeist Sieciech der Jüngere genannt wird.70 Offen bleibt die Frage, woher der großpolnische Chronist des ausgehenden 13. Jahrhunderts die Information über eine Beteiligung Bolesław Schiefmunds an der Stiftung des Klosters in Sieciechów hatte. Jan Długosz hat sie bezeichnender Weise nicht aufgegriffen. Somit kann wohl davon ausgegangen werden, dass Bolesław Schiefmund kurz vor seinem Tode die Benediktinerabtei Łysiec gestiftet und ihr die Łysa Góra selbst sowie einige Dörfer und einiges unfreies Volk als Ausstattung vermacht hat. Eine Verbindung des Herzogs mit der Stiftung der Topórs in ihrem Familiensitz in Sieciechów kann dagegen nicht belegt werden. Ein Überblick über die Stiftungen der Benediktiner in der Zeit Bolesław Schiefmunds verweist auf eine direkte Beteiligung des Herzogs an der Stärkung der Benediktinerklöster in Tyniec, Lubiń und in beschränktem Maße auch in Mogilno. Unklar sind die Verbindungen mit der im Entstehen begriffenen Benediktinergemeinschaft im masowischen Płock. Der Herzog erteilte seine Unterstützung also allen älteren benediktinischen Stiftungen, die aus der Zeit Kasimirs des Erneuerers und Bolesławs des Kühnen stammten, und gründete darüber hinaus unter Beteiligung seines vertrauten Mitarbeiters Wojsław eine neue – die Abtei auf der Łysa Góra. Diese Schlussfolgerungen widersprechen der seinerzeit von Karol Maleczyński geäußerten These, Bolesław 69 Ausführlicher zu diesem Thema Derwich, Benedyktyński klasztor (wie Anm. 47), 224ff., über die Ausstattung ebd., 318; über die Regalien und Immunitäten ebd., 411ff.; vgl. auch Ders., Materiały do słownika historyczno-geograficznego dóbr i dochodów dziesięcinnych benedyktyńskiego opactwa Św. Krzyża na Łysej Górze do 1819 roku [Materialien für ein historisch-geografisches Wörterbuch der Güter und Zehnteneinkünfte der Benediktinerabtei Heiligkreuz auf der Łysa Góra bis zum Jahre 1819]. Wrocław 2000. 70 Vgl. Eugeniusz Wiśniowski, Najstarszy dokument benedyktynów sieciechowskich (1252) [Die älteste Urkunde der Benediktiner von Sieciechów (1252)], in: StŹrodł 4, 1959, 57–72, hier 57f.; Ders., Z dziejów opactwa benedyktyńskiego w Sieciechowie [Zur Geschichte der Benediktinerabtei in Sieciechów], in: Rocz. Hum. 7, 1960, 21–118, hier 23f.; Chronica Poloniae Maioris. Ed. Kürbis (wie Anm. 4), 153f., Anm. 253; vgl. Derwich, Monastycyzm benedyktyński (wie Anm. 32), 194f. Unlängst sprach sich Janusz Kurtyka für Sieciech den Älteren als den Stifter der Abtei in Sieciechów aus: Janusz Kurtyka, Sieciech palatyn [Sieciech der Pfalzgraf], in: Henryk Markiewicz (Hrsg.), Polski Słownik Biograficzny, Bd. 36. Warszawa / Kraków 1996, 495–509; Ders., Sieciech cześnik Bolesława Krzywoustego [Sieciech, der Mundschenk Bolesław Schiefmunds], in: ebd., 509–512.

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Schiefmund habe „den Benediktinern seine Gnade nicht entzogen, diese jedoch vermutlich auf bescheidene und von der Notwendigkeit geforderte Ausmaße beschränkt. Daher mussten die Benediktiner bei Vertretern der Rittergeschlechter um Schutz und Unterstützung nachsuchen.“71 Der Herzog war in Wirklichkeit nämlich ein Gönner der polnischen Benediktiner, auch wenn er erst nach der Verwirklichung seiner grundlegenden politischen Ziele – der Eroberung Pommerns – mit ihnen in eine nähere Berührung kam. Bolesław Schiefmund war noch mit einer weiteren Ordensniederlassung verbunden – mit dem Kloster der Regularkanoniker in Trzemeszno. Im Lichte einer auf den 28. April 1145 datierten gefälschten Trzemesznoer Urkunde kann vermutet werden, dass sich dort bereits zuvor eine Ordensgemeinschaft etabliert hatte – vielleicht eine benediktinische. Sollte dies zutreffen, dann ist davon auszugehen, dass Bolesław Schiefmund die dortigen Benediktiner gegen Regularkanoniker austauschte und das heruntergekommene Kloster erneuerte. Das Trzemesznoer Falsifikat schildert das so: nos Mesco gracia dux Polonie, patris nostrj Boleslauj illustris recordacionis, presertirim in eis, que ad honorem Dej et nostram salutem ac religionis augmentum facta esse cognoscimus, ymitatores ydonei fieri ceupientes, monasterium Cheremensense regularium canonicorum ab ipso instauratum, in nostram curam oro ipsius ac nostra salute suscepimus protegendum atque meliorandum.72 Mieszko III. der Alte führte also das Werk seines Vaters, das von diesem gegründete oder erneuerte (instauratum) Kloster der Regularkanoniker in Trzemeszno, fort.73 Augenscheinlich waren die Regularkanoniker auf Initiative Herzog Bolesławs nach Trzemeszno gekommen, der ihnen auch das Dorf Trzemeszno als Sitz und eine ansehnliche Ausstattung gegeben haben muss, die sich – aus Schenkungen anderer polnischer Herzöge stammend – bis dahin in den Händen einer unbekannten kirchlichen Einrichtung befunden hatten.74 Nach dem Trzemesznoer Falsifikat schenkte 71 Maleczyński, Bolesław III Krzywousty (wie Anm. 3), 269–271. 72 Zbiór dokumentów średniowiecznych do objaśniania prawa polskiego ziemskiego służących [Sammlung mittelalterlicher Urkunden zur Erläuterung des polnischen Landrechts]. Ed. Franciszek Piekosiński. Kraków 1897, Nr. 10. 73 Das lateinische instauratio, -inis bedeutet soviel wie Erneuerung, Wiederherstellung, aber auch Wiederaufbau, Reparatur; Słownik łaciny średniowiecznej w Polsce / Lexikon mediae et infimae latinitatis Polonorum, Bd. 5. Wrocław 1981, 750. Das Verb instauro, -avi, -atum ist jedoch mehrdeutiger, wobei zwei Bedeutungsgruppen im Vordergrund stehen: 1) um das polnische Verb ‚erneuern‘, 2) um die polnischen Verben ‚stiften, bauen, gründen‘ (ebd., 750f.). Für die Autoren des hier zitierten Wörterbuches gehörte das Trzemesznoer instaurare zur zweiten Bedeutungsgruppe (ebd., 751). Aber unabhängig davon, wie wir diesen Terminus übersetzen, erwähnt das Falsifikat mit dem Datum 1145 Bestandteile der Ausstattung, die deutlich älter sind als solche aus der Zeit Bolesław Schiefmunds. 74 Dies bezieht sich auf folgendes Fragment des Falsifikats von Trzemeszno: Cheremesno cum hominibus et omnibus suis utilitatibus […] Luben lacus totus cum villa Popelou; Uelatou lacus totum cum villa et tribus sortibus, videlicet Sedlicouo et Robacouo et Mislacouo, Camon lacus totus cum duabus uliis superiacetibus, Zbiór dokumentów (wie Anm. 72), Nr. 10. Vgl. die Inter-

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Bolesław Schiefmund den Regularkanonikern von Trzemeszno lediglich Inoulodz ecclesia beati Egidij cum duabus uillis cum thabernis, cum theloneis per ipsum fluium, Predbor, in Sulugev, in ipso Inoulodz.75 Der Herzog übergab den Regularkanonikern die St. Ägidius-Kirche in Inowłódz mithin mitsamt ihrer Ausstattung, was sicher eine beachtliche Ergänzung des Klosterbesitzes darstellte. Das Kloster in Trzemeszno wurde zur Zeit Bolesław Schiefmunds und seiner unmittelbaren Nachfolger von dem Präpositen Bernhard verwaltet, der in Quellen des 12. Jahrhunderts und später bezeugt ist.76 Vielleicht war er der erste Klostervorsteher, der die Gruppe der Regularkanoniker dorthin geführt hatte und mit dem Bau der Kirche und anderer Gebäude begonnen hatte.77 Wann und unter welchen Umständen die Kanoniker zu Bernhard ins großpolnische Trzemeszno kamen, lässt sich nicht feststellen; vermutlich wohl erst nach der Eroberung Pommerns und im Zusammenhang mit dem danach einsetzenden Ausbau der polnischen kirchlichen Strukturen. Die Regupretation dieser Urkunde bei Łowmiański, Początki Polski, Bd. 6/1 (wie Anm. 39), 324–329 sowie von Józef Dobosz, Dokument Mieszka III Starego dla kanoników regularnych w Trzemesznie (28 Kwietnia 1145 roku) [Die Urkunde Mieszkos III. des Alten für die regulären Kanoniker in Trzemeszno (28. April 1145)], in: Zygmunt Boras (Hrsg.), Gniezno. Studia i materiały historyczne, Bd. 4. Gniezno 1995, 87–105, hier 97. 75 Zbiór dokumentów. Ed. Piekosiński. (wie Anm. 72), Nr. 19. Dem Text der Vergabe geht die Information voraus, wer sie getätigt hat: Donacio uero memorie patris nostri Boleslaui ducis. 76 Der Präposit Bernhard war zweifellos der Adressat der Protektionsbulle von 1147; Kodeks Dyplomatyczny Wielkopolski, Ed. Zakrzewski, Bd. 1 (wie Anm. 46), Nr. 15 sowie Zbiór dokumentów. Ed. Piekosiński. (wie Anm. 72), Nr. 13. Erwähnt wird er auch in der Urkunde Humbalds von 1146, ebd., Nr. 12 sowie im Falsifikat vom 28. April 1145, ebd. Nr. 10. Vgl. auch die Urkunde der Salomea (die so genannte Urkunde von Radziejów). Die spätere Trzemesznoer Chronik sowie die so genannte Ältere Kompilation (aus dem 16. Jahrhundert) enthalten ein Verzeichnis der Trzemesznoer Präpositen, das bis in die Zeit Kasimirs des Erneuerers zurückreicht. Unter der Herrschaft dieses Herzogs war Gniewomir Präposit (gemäß der Chronik gest. 1063), dann folgten Jakub (gest. 1102) und Włodzimierz (gest. 1134), und fünfter Präposit war schließlich Bernhard II. (gemäß der Chronik gest. am 30. September 1175); Compilatoris veteris Trzemeszensis fragmenta. Ed. Wojciech Kętrzyński, in: MPH, Bd. 5. Lwów 1888, 818–840, hier 824. 77 Über die ersten gemauerten Klostergebäude zuletzt Zygmunt Świechowski, Romańskie bazyliki Wielkopolski północno-wschodniej w świetle najnowszych badań [Die romanischen Basiliken im nordöstlichen Großpolen im Lichte der neuesten Untersuchungen], in: Archaeol. hist. Pol. 2, 1995, 75–132, hier 105–114. Die älteren Vorstellungen hinsichtlich der Datierung der Trzemesznoer Relikte von Krystyna Józefowiczówna werden zu einem gewissen Grade unterstützt von Aleksander Holas, Dwie bazyliki romańskie w Trzemesznie [Die beiden romanischen Basiliken in Trzemeszno], in: Boras, Gniezno (wie Anm. 74), 107–128; vgl. auch Jadwiga Chudziakowa, Kościół opacki w Trzemesznie – próba rekonstrukcji faz rozwojowych [Die Abteikirche in Trzemeszno – Versuch einer Rekonstruktion der Entwicklungsphasen], in: Archaeologia historica Polona 2, 1995, 133–144 sowie Dies., Romański kościół Kanoników Regularnych w Trzemesznie [Die romanische Kirche der Regularkanoniker in Trzemeszno], in: Joanna Olanderek (Hrsg.), Ars sine scientia nihil est. Księga ofiarowana Profesorowi Zygmuntowi Świechowskiemu. Warszawa 1997, 55–60.

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larkanoniker haben demnach das verlassene Trzemeszno höchstwahrscheinlich in den Jahren 1124 bis 1138 neu besiedelt. Eine rasche Erweiterung seiner Ausstattung verdankte die Gemeinschaft dann Bolesławs Nachfolgern – seiner Gattin Salomea, seinen jüngeren Söhnen sowie einer Gruppe von Großen. Der erworbene Besitz wurde dem Kloster schließlich in Urkunden des päpstlichen Legaten Humbald und Papst Eugens III. bestätigt.78 Das kirchliche Engagement Bolesław Schiefmunds blieb nicht auf die Unterstützung der Benediktiner und Regularkanoniker sowie die Förderung des Ägidius-Kultes beschränkt. Er dürfte auch eine Reihe kleinerer, über sein gesamtes Herrschaftsgebiet verstreuter kirchlicher Einrichtungen gestiftet haben. Einige von ihnen sind in schriftlichen Quellen bezeugt, andere können nur indirekt, dank architekturhistorischer Untersuchungen und Datierungen mit Bolesław III. in Zusammenhang gebracht werden. Gallus Anonymus nennt zwei Objekte, die vielleicht mit Bolesław Schiefmund in Verbindung gebracht werden können. Zum einen berichtet er von einer Kirche in Spicymierz: Igitur Martinus, archiepiscopus Gneznensis, senex fidelis, Spitimir in ecclesia sua confessionem cum sacerdote missam auditurus faciebat.79 Es ist schwer zu sagen, wer ihr Stifter war und wann sie errichtet wurde. Da Spicymierz ein Burgort älteren Ursprungs war, der sowohl im Mogilnoer Falsifikat80 als auch in der Gnesener Bulle von 113681 erwähnt wird, kann als Stifter dieser sicher nur kleinen Kirche nur einer der drei piastischen Herzöge – Władysław Herman, Zbigniew oder Bolesław III. – in Frage kommen. Zbigniew regierte nur kurz und dürfte es wohl kaum geschafft haben, diese Stiftung zu realisieren, während Bolesław das fragliche Gebiet erst ab 1108 beherrschte. Als Stifter der Kirche von Spicymierz dürfte daher mit hoher Wahrscheinlichkeit Władysław Herman anzusehen sein. Anlässlich von Ausführungen über die Unvereinbarkeit von Kirchweihen und Hochzeiten erwähnt Gallus zwei weitere Kirchen, eine im Grenzgebiet und eine in Ruda im Wieluner Land: Forte quidam nobilis in confinio terre ecclesiam construxit, ad cuius consecracionem Bolezlaum ducem, adhuc satis puerum cum suis iuvenibus invitatit. (…) Cuius rei manifestum indicium in consecracione Rudensis ecclesie Deus omnipotens revelavit, nam et homicidium ibi et unum de ministris ad insaniam redactam cons78 Zbiór dokumentów. Ed. Piekosiński (wie Anm. 72), Nr. 12: Urkunde Humbalds; Nr. 13: Bulle Eugens III. 79 Galli Anonymi cronicae et gesta. Ed. Maleczyński (wie Anm. 1), 113. Die mit dem Aufenthalt in Spicymierz verbundenen Ereignisse werden zumeist auf das Jahr 1108 bezogen, ebd., 112, Anm. 6 sowie Andrzej Wędzki, Spicymierz, in: Labuda / Stieber, Słownik Starożytności Słowiańskich, Bd. 5 (wie Anm. 30), 357f.; Stanisław Zajączkowski, Uwagi nad osadnictwem dawnych ziem łęczyckiej i sieradzkiej (do przełomu XI i XII wieku) [Bemerkungen zur Besiedelung der früheren Länder Łęczyca und Sieradz], in: Rocznik Łódzki 12, 1964, 165–202, hier 176f. 80 Kodeks Dyplomatyczny Wielkopolski. Ed. Zakrzewski, Bd. 1 (wie Anm. 46), Nr. 3 – hier Sbuczmir. 81 Ebd., Nr. 7.

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tat evenisse et ipsos etiam desponsatos infelici connubio, sicut notum est, convenisse, nec anniversarium desponsacionis implevisse. 82 Die nicht näher bestimmte Kirche in confinio terre wurde sicher um 1106 geweiht.83 Höchstwahrscheinlich zur gleichen Zeit erfolgte auch die Weihe der Kirche in Ruda, die dem hl. Adalbert und der Allerheiligsten Jungfrau Maria gewidmet wurde.84 Als Stifter dieses Gotteshauses kann aufgrund ihres Patroziniums und der Chronologie ihrer Entstehung Herzog Bolesław III. angesehen werden, auch wenn die Initiative dazu wohl noch von seinem Vater ausgegangen sein mag. Schließlich bringt Gallus Anonymus noch eine weitere Kirche mit der Herrschaft Bolesław Schiefmunds in Verbindung: Erat enim sancti Bartholomei apostoli dies festus [24. August, hier 1109], quando cesar fluvium transiebat et tunc totus civitatis populus divinum officium audiebat.85 Bei der genannten civitas handelte es sich um Glogau, so dass gefolgert werden kann, dass hier eine Kirche des Glogauer Suburbiums gemeint war, vielleicht die später als Kollegiatstift bekannte Kirche der Jungfrau Mariae.86 Wer dieses Gotteshaus wann gestiftet hat und unter welchen Umständen es in den Rang eines Kollegiatstifts erhoben wurde, lässt sich nicht eindeutig sagen. Die bis ins 15. Jahrhundert zurückreichende Tradition betrachtete den Breslauer Bischof Hay-

82 Galli Anonymi cronicae et gesta. Ed. Maleczyński (wie Anm. 1), 100; vgl. Paweł Sczaniecki, Sacramentum dedicationis. Obrzęd poświęcenia kościoła i jego znaczenie w dziedzinie religijnej, obyczajowej i kulturalnej na podstawie źródeł polskich z XII wieku [Sacramentum dedicationis. Der Ritus der Kirchweihe und seine Bedeutung auf religiösem, brauchtümlichem und kulturellem Gebiet auf der Grundlage polnischer Quellen aus dem 12. Jahrhundert], in: Studia kościelnohistoryczne 3, 1979, 7–137. 83 So Karol Maleczyński in seinem editorischen Kommentar in Galli Anonymi cronicae et gesta. Ed. Maleczyński (wie Anm. 1), 100, Anm. 1. 84 Maleczyński, Bolesław III Krzywousty (wie Anm. 3), 261; zur Kirche Ryszard Rosin, Ziemia wieluńska w XII–XVI wieku. Studia z dziejów osadnictwa [Das Wieluner Land im 12.– 16. Jahrhundert. Studien zur Siedlungsgeschichte]. Łódź 1961, 107–109; Andrzej Wędzki, Rudy, in: Labuda / Stieber, Słownik Starożytności Słowiańskich, Bd. 4 (wie Anm. 16), 562f.; Andrzej Tomaszewski, Romańskie kościoły z emporami zachodnimi na obszarze Polski, Czech i Węgier [Romanische Kirchen mit Westemporen in Polen, Tschechien und Ungarn]. Wrocław 1974, 64– 68, der Schiefmund als den Stifter und die Kirche selbst als ein einschiffiges Objekt mit Westempore ansieht (seiner Meinung nach haben wir es hier mit der ältesten Quellenerwähnung eines solchen Objekts in Polen zu tun); Świechowski, Architektura romańska (wie Anm. 2), 210f. 85 Galli Anonymi cronicae et gesta. Ed. Maleczyński (wie Anm. 1), 133. 86 Vgl. Andrzej Wędzki, Głogów [Glogau], in: Władisław Kowalenko / Gerard Labuda / Tadeusz Lehr-Spławiński (Hrsg.), Słownik Starożytności Słowiańskich, Bd. 8 (wie Anm. 42),154–156, hier 155; eine Zusammenstellung der älteren Literatur, die sich auf das Glogauer Kollegiatstift bezieht und ihre Relikte auf die erste Hälfte des 13. Jahrhunderts datiert, findet sich in Walicki, Sztuka (wie Anm. 15), 687f. Vgl. auch Henryk Gerlic, Kapituła głogowska w dobie piastowskiej i jagiellońskiej (1120–1526) [Das Glogauer Kapitel in piastischer und jagiellonischer Zeit (1120– 1526). Gliwice 1993, 14ff.

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mo und den Glogauer comes Wojsław als ihren Stifter.87 Jan Długosz dagegen meinte, dass Hic [d. h. Haymo, den er auch Imisław nennt] Glogoviae maioris Collegium primo fundavit (…).88 Henryk Gerlic hat kürzlich versucht, den Stifter aufzuspüren und ihn vermeintlich in Wojsław II., einem „Magnaten aus dem masowischen Geschlecht der Powała“ gefunden.89 Begründeter erscheint allerdings der Standpunkt von Marek Cetwiński90 und Marek Derwich,91 die auf den wichtigen Umstand verwiesen, dass wir es in der Zeit Bolesławs III. nur mit einem Wojsław zu tun haben, dem Stammvater der Powała-Ogończyks, der um das Jahr 1140 starb.92 Wojsław, der im Auftrage Herzog Bolesławs als Statthalter der Provinz Breslau fungierte (Cosmas zufolge um 1124),93 konnte auf herzoglichem Herrschaftsgebiet (in seiner Kastellaneiburg) anscheinend nicht selbständig eine kirchliche Institution gründen. Die erste Kirche entstand in Glogau infolge einer Stiftung des Herzogs und war vielleicht dem hl. Petrus geweiht; auf sie wird sich die lakonische Bemerkung des Gallus zum Jahr 1109 bezogen haben. Es ist schwer zu sagen, welcher Vertreter der Dynastie die Entscheidung zu ihrem Bau getroffen hat – Władysław Herman oder Bolesław Schiefmund. Während Bolesławs Herrschaft, nach 1120, wurde das dortige Kanonikerkloster reformiert und dort sicher

87 In einer Randbemerkung von 1493 zu dem aus dem 14. Jahrhundert stammenden (so genannten Glogauer) ‚Katalog der Breslauer Bischöfe‘ lesen wir, dass der Breslauer Bischof Hayman, Haymo oder Heymo fundavit collegium seu ecclesiam Glogoviae beatae virginis cum duce Woyslao Glogoviensi; ähnliche Notizen finden wir in den auf das Jahr 1493 datierten Annales Glogovienses bis zum Jahr 1493 nebst urkundlichen Beilagen. Ed. Hermann Markgraf, in: Scriptores Rerum Silesiacarum, Bd. 10. Breslau 1877, 3; 7 und 13; die erste Erwähnung ist mit der weiter oben zitierten identisch, die zweite lautet: A.d. 1120 dux Woyslaus cum episcopo Wratislawiensi dicto Heymo fundaverunt ecclesiam collegii Glogoviensem et dotaverunt eam, und die letzte vermittelt in einer etwas anderen Stilisierung dieselbe Information. Dagegen wird in der von Sigismund Rosicz (gest. 1471) verfassten Cronica et numerus Episcoporum Wratislaviensium (1051–1468). Ed. Wojciech Kętrzyński, in: MPH, Bd. 6. Lwów 1893, 572–584, hier 577 Bischof Haymo selbst als Stifter der Kirche genannt. 88 Jan Długosz, Catalogus episcoporum Wratislaviensium, in: Ders., Opera omnia, Bd. 1. Ed. Ignatius Polkowski / Żegota Pauli. Cracoviae 1887, 439–478, hier 453. Diese Information fehlt in Ioannis Dlugossii Annales. Ed. Budkowa (wie Anm. 6), 292, wo die Person des Bischofs beschrieben wird. 89 Gerlic, Kapituła głogowska (wie Anm. 86), 22. 90 Marek Cetwiński, Rycerstwo śląskie do końca XIII wieku. Biogramy i rodowody [Die schlesische Ritterschaft bis zum Ende des 13. Jahrhunderts. Biogramme und Stammbäume]. Wrocław 1982, 20f. 91 Derwich, Benedyktyński klasztor (wie Anm. 47), 230–238; dort auch ein ausführliches Literaturverzeichnis und eine Auflistung der Ansichten zur Identifizierung dieses Großen. 92 Anders sieht dies Bieniak, Polska elita polityczna, Teil 2 (wie Anm. 35), 18–25, der zwei Personen mit dem Namen Wojsław unterscheidet – Wojsław Powała-Ogończyk und den Statthalter der Glogauer Burgsiedlung, vielleicht ein Verwandter des ersteren. 93 Cosmae Pragensis Chronica Bohemorum. Ed. Bertold Brechtholz, in: MGH SS rer. Germ. NS, Bd. 2. Berlin 1923, 231.

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auch ein Kapitel errichtet. Daran beteiligt waren der Breslauer Bischof Haymo sowie ein Vertreter des Herzogs, sein enger Mitarbeiter, der comes Wojsław. Als herzogliche Stiftungen können wahrscheinlich auch einige in Urkunden erwähnte Kirchen der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts angesehen werden. Im Falsifikat von Trzemeszno werden zwei Sakralobjekte erwähnt, die die Regularkanoniker von Vertretern der herzoglichen Familie erhalten hatten. Die erste Erwähnung lautet: Mesco et Boleslaus et fratres nostri Henricus et Kasimirus duces, capella sancte Marie apud Lanciciam in monte sitam, cum uilla ipsius montis et villa Lubnice cum hominibus Zaclodnici et uilla Ostrou (…).94 Den Gegenstand dieser um 1145 getätigten Schenkung bildete also die Kapelle in Góra Małgorzaty mitsamt ihrer Ausstattung,95 und wir können davon ausgehen, dass die Stiftung dieses kleinen Kirchleins in der Gegend von Łęczyca das Werk Bolesław Schiefmunds war. Die zweite Erwähnung im Falsifikat bezieht sich bereits auf eine Schenkung der Herzogin Salomea: Salome quoque ducissa contuit Wasnou forum cum thabernis et ecclesia ad supplementum salis ecclesie predicte.96 Die Kirche in Waśniów (mitsamt ihrer Ausstattung) war eine Schenkung der Gattin Bolesławs III., die schon nach dessen Tod (im Oktober 1138) erfolgte und vor ihrem Tod im Juli 1144. Auch dieses Objekt konnte von Herzog Bolesław in einem der Dynastie gehörenden Marktort gestiftet worden sein. Die angeführten Quellenstellen bieten keine Gewissheit darüber, ob ihr Stifter wirklich Bolesław Schiefmund war; doch es scheint, dass eine solche Hypothese ohne größeres Risiko vertreten werden kann. Eine Bulle Papst Eugens III. für das Bistum Kujawien und Bischof Werner vom 4. April 1148 enthält drei Erwähnungen kleinpolnischer Kirchen, die der neuen Diözese als zusätzliche Ausstattung übergeben wurden. Als erste wurde genannt: ecclesiam sancte Marie in Zauichozt cum castro Lagou et decima eius aliisque suis appendiciis.97 Dieses Objekt wurde jedoch nicht von Bolesław Schiefmund gestiftet, sondern von einem seiner Vorgänger, weil es älteren Ursprungs ist.98 Mit den Gütern von Lagow wurde es sicher von Judith Maria ausgestattet, und Bolesław vermachte es mitsamt dem ganzen ‚Inventar‘ dem Bistum Kujawien. Die nächste Kirche – ecclesie sancte Marie de Zondomir – ging vielleicht in die Zeit vor Bolesław III. zurück; sie war nach 1124 Bestandteil der Ausstattung des neuen Bistums.99 Mit der Präpositur sancti Michaelis in Cracauia cum omnibus ad eam pertinentibus100 war schließlich die Kollegiatskirche St. Michael auf dem Wawelberg gemeint, der Sitz des Krakauer Archidiakonats. Sie war 94 95 96 97 98 99 100

Zbiór dokumentów. Ed. Piekosiński (wie Anm. 72), Nr. 10. Vgl. Dobosz, Działalność (wie Anm. 17), 114ff. Zbiór dokumentów. Ed. Piekosiński (wie Anm. 72), Nr. 10. Ebd., Nr. 14. Vgl. Ewa Rzetelsko-Feleszko / Andrzej Wędzki, Zawichost, in: Gerard Labuda / Zdzisław Stieber (Hrsg.), Słownik Starożytności Słowiańskich. Encyklopedyczny zarys kultury Słowian od czasów najdawniejszych do schyłku wieku XII, Bd. 7. Wrocław u. a. 1982, 94f. Zbiór dokumentów. Ed. Piekosiński (wie Anm. 72), Nr. 14. Ebd.

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St. Nikolai-Rotunde in Teschen, Anfang 12. Jahrhundert

sicherlich eine herzogliche Stiftung – vielleicht noch von Władysław Herman?101 Somit scheint es, dass sich der Herzog in diesem Fall darauf beschränkte, das von ihm gegründete Bistum durch Kirchen (mitsamt Einkünften) zu stärken, wobei diese Kirchen selbst schon von seinen Vorgängern gestiftet worden waren. Drei Kirchen erwähnt auch das Mogilnoer Falsifikat, das als Vergaben an die Benediktiner von Mogilno aufzählt: ecclesiam sancti Llaurenci in Plozch […] in Byelsco ecclesiam sancti Iohannis Babtiste cum ipsa villa prenotata, foro, tabernis, targowe, et cum omni libertate. Ecclesiam sancti Iohannis in Wladislaw.102 Es ist anzunehmen, dass diese Kirchen schon im 12. Jahrhundert existierten und den Benediktinern eher von Bolesław IV. Kraushaar übergeben wurden, damals Herzog in Masowien und Kujawien, der nach 1146 auch Princeps wurde. Zu bezweifeln ist, dass es sich um eine Vergabe Bolesławs II. des Kühnen handelte, und im Lichte unserer Ausführungen zum 101 102

Vgl. Świechowski, Architektura romańska (wie Anm. 2), 140f. Der Stand der Forschungen zur Architektur wird aufgelistet in Walicki (Hrsg.), Sztuka (wie Anm. 15), 716f. Kodeks Dyplomatyczny Wielkopolski. Ed. Zakrzewski, Bd. 1 (wie Anm. 46), Nr. 3.

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Kloster in Moglino kommt wohl auch Bolesław Schiefmund als ihr Stifter nicht in Frage. Wer die Kirchen St. Laurentius in Płock,103 St. Johannes der Täufer in Bielsko104 und St. Johannes in Włocławek105 gegründet hat und wann, ist heute kaum noch zu entscheiden. Als ihre Stifter kommen Władysław Herman oder dessen Söhne Bolesław III. und Zbigniew in Frage. Die schriftlichen Quellen scheinen keine weiteren Erwähnungen von Kirchen zu enthalten, die in der Zeit Bolesławs III. funktionierten und von ihm gestiftet worden sein könnten. Von den bezeugten können nur wenige unmittelbar mit Herzog Bolesław III. in Verbindung gebracht werden (Ruda, Glogau, vielleicht Waśniów, Góra Małgorzaty, eventuell auch der Abschluss der Stiftung in Inowłódz). Die übrigen, durchaus zahlreichen Objekte können zwar chronologisch mit dem 12. Jahrhundert, ja sogar genauer mit der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts verbunden werden. Doch ist völlig unklar, wem sie als Stifter zuzuschreiben sind. Daher sollen hier nur diejenigen aufgezählt werden, die mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit in die Herrschaftsjahre Bolesławs III. (1102– 1138) datiert werden können.106 In erster Linie waren das die Kirchen St. Nikolai in Teschen,107 St. Andreas in Kościelec Kolski,108 St. Adalbert in Krakau109 und St. Johannes der Täufer in Sewerien.110 Mit einer gewissen Vorsicht können noch folgende Kirchen genannt werden:

103 104 105 106 107

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Pacuski / Szafrański, Płock (wie Anm. 16), 152–155; Deptuła, Kościół płocki (wie Anm. 16), 77f.; Ders., Krąg kościelny płocki (wie Anm. 61), 15; 20–22. Anna Borkiewicz-Celińska, Bielsk, in: Dies. (Hrsg.), Słownik historyczno-geograficzny województwa płockiego w średniowieczu [Historisch-geografisches Wörterbuch der Wojewodschaft Płock im Mittelalter]. Wrocław 1980, 10–12. Andrzej Wędzki, Włocławek, in: Labuda / Stieber, Słownik Starożytności Słowiańskich, Bd. 5 (wie Anm. 30), 525–526; Świechowski, Architektura romańska (wie Anm. 2), 289f., der nur die Kathedralkirche erwähnt. Eine Liste der Sakralobjekte aus der Zeit Herzog Bolesławs bereits bei Maleczyński, Bolesław III Krzywousty (wie Anm. 3), 263–272, der aber auch die mit Sicherheit von der polnischen Ritterschaft gestifteten Niederlassungen (darunter auch Klöster) hinzuzählte. Alina Kietlińska / Andrzej Wędzki, Cieszyn [Teschen], in: Władysław Kowalenko (Hrsg.), Słownik Starożytności Słowiańskich. Encyklopedyczny zarys kultury Słowian od czasów najdawniejszych, Bd. 1. Wrocław u. a. 1961, 269f.; Walicki, Sztuka (wie Anm. 15), 680f. (weitgefächerte Datierung – zweite Hälfte des 11. bis erstes Drittel des 12. Jahrhunderts, in der Burgsiedlung gelegen); Tomaszewski, Romańskie kościoły (wie Anm. 84), 82–86 (Ende des 11. bis Mitte des 12. Jahrhunderts); Świechowski, Architektura romańska (wie Anm. 2), 47f. Karłowska-Kamzowa, Zagadnienie fundacji (wie Anm. 15), 365; Walicki, Sztuka (wie Anm. 15), 705; Tomaszewski, Romańskie kościoły (wie Anm. 84), 71–75. Walicki, Sztuka (wie Anm. 15), 719f.; Radwański, Kraków przedlokacyjny (wie Anm. 14), 169– 190; Świechowski, Architektura romańska (wie Anm. 2), 120f. Franciszek Sławski / Andrzej Wędzki, Siewierz, in: Labuda / Stieber, Słownik Starożytności Słowiańskich, Bd. 5 (wie Anm. 30), 174f.; Walicki, Sztuka (wie Anm. 15), 755; Tomaszewski, Romańskie kościoły (wie Anm. 84), 61f. (Kirche innerhalb der Burgsiedlung gelegen).

Herzogliche und adlige Stiftungen im 12. Jahrhundert

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St. Laurentius in Wojnicz,111 St. Svorad/Świerad (Andreas) in Tropie112 und St. Nikolai in Wiślica,113 vielleicht auch noch drei Posener Kirchen: St. Martin, St. Adalbert und St. Gotthard (die im 13. Jahrhundert Bestandteile der Lokationsstadt wurden),114 weiterhin St. Adalbert in Oppeln115 und vielleicht auch noch einige Kirchen in Breslau (St. Michael, St. Adalbert?).116 Ein gesondertes Forschungsproblem bilden die Objekte in Inowrocław117 und Ląd118 sowie die Kirchen, deren frühe Entstehung Eugeniusz Wiśniowski festgestellt hat (z. B. Chroberz, Gnojno, Opatowiec, Stopnica),119 deren 111

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Józef Szymański, Czas powstania kościoła w Wojniczu i benedyktyni tynieccy [Die Entstehungszeit der Kirche in Wojnicz und die Tyniecer Benediktiner], in: Rocz. Hum. 11, 1962, 125– 145; Ders., Wojnicz, in: Gerard Labuda / Zdzisław Stieber (Hrsg.), Słownik Starożytności Słowiańskich. Encyklopedyczny zarys kultury Słowian od czasów najdawniejszych do schyłku wieku XII, Bd. 6. Wrocław u. a. 1977, 552f. Andrzej Wędzki, Tropie, in: Labuda / Stieber, Słownik Starożytności Słowiańskich, Bd. 6 (wie Anm. 111), 162f.; Walicki, Sztuka (wie Anm. 15), 767. Stanisław Pietrzak (Hrsg.), Święty Świerad i jego czasy. Materiały z sympozjum naukowego w Tropiu 10–11 lipca 1998 [Der hl. Svorad/Zoerardus und seine Zeit. Materialien des wissenschaftlichen Symposiums in Tropie vom 10.–11. Juli 1998]. Nowy Sącz 2001 Świechowski, Architektura romańska (wie Anm. 2), 251f. Walicki, Sztuka (wie Anm. 15), 775f.; Jan Leśny, Wiślica, in: Labuda / Stieber, Słownik Starożytności Słowiańskich, Bd. 6 (wie Anm. 111), 491–499. Krystyna Józeficzówna / Maria Perzyńska-Holasowa / Andrzej Wędzki, Poznań, in: Labuda / Stieber, Słownik Starożytności Słowiańskich, Bd. 4 (wie Anm. 16), 271–278; Jerzy Topolski (Hrsg.), Dzieje Poznania. Tom 1: Dzieje Poznania do roku 1793 [Geschichte Posens. Bd. 1: Geschichte Posens bis zum Jahr 1793]. Warszawa 1988, 141; Walicki, Sztuka (wie Anm. 15), 748. Andrzej Wędzki, Opole, in: Władysław Kowalenko / Gerard Labuda / Tadeusz Lehr-Spławiński (Hrsg.), Słownik Starożytności Słowiańskich. Encyklopedyczny zarys kultury Słowian od czasów najdawniejszych do schyłku wieku XII, Bd. 3. Wrocław 1967, 489–491; Walicki, Sztuka (wie Anm. 15), 739f. Walicki, Sztuka (wie Anm. 15), 783; 785; Marta Młynarska-Kaletynowa, Wrocław w XII–XIII wieku. Przemiany społeczne i osadnicze [Breslau im 12.–13. Jahrhundert. Wandlungen in Sozialstruktur und Siedlungswesen]. Wrocław 1986, 44ff.; Świechowski, Architektura romańska (wie Anm. 2), 303–305. Andrzej Wędzki, Inowrocław, in: Kowalenko / Labuda / Lehr-Spławiński, Słownik Starożytności Słowiańskich, Bd. 2 (wie Anm. 2), 266–267; vgl. Walicki, Sztuka (wie Anm. 15), 617; Tomaszewski, Romańskie kościoły (wie Anm. 84), 138–140; Świechowski, Architektura romańska (wie Anm. 2), 78–80. Andrzej Wędzki, Ląd, in: Kowalenko / Labuda / Lehr-Spławiński, Słownik Starożytności Słowiańskich, Bd. 3 (wie Anm. 115), 29f.; Ders., Ląd, in: Gąsiorowski, Słownik Starożytności Słowiańskich, Bd. 8 (wie Anm. 42), 386–389; Świechowski, Architektura romańska (wie Anm. 2), 145f. Eugeniusz Wiśniowski, Prepozytura wiślicka do schyłku XVIII w. Materiały do struktury organizacyjnyj, [Die Präpositur Wiślica bis zum Ende des 18. Jahrhunderts. Materialien zur Organisationsstruktur]. Lublin 1976; Ders., Rozwój sieci parafialnej w prepozyturze wiślickiej w średniowieczu. Studium geograficzno-historyczne [Die Entwicklung der Pfarreistruktur in der Präpositur Wiślica im Mittelalter. Eine geografisch-historische Untersuchung]. Warszawa 1965, 60–70.

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Datierung aber nicht einmal annähernd sicher ist. Diese Liste könnte gewiss noch erweitert werden, doch löst das das grundlegende Problem nicht – das Fehlen klarer Verbindungen zu Bolesław Schiefmund. Die Stiftungstätigkeit Herzog Bolesławs gestaltete sich also durchaus vielseitig. Ihr konkreter, fassbarer Effekt war die Gründung des Klosters der Regularkanoniker in Trzemeszno, vielleicht auf einer älteren Grundlage, das Zusammenwirken mit den Benediktinern sowie die Stärkung oder Stiftung ihrer polnischen Niederlassungen (Tyniec, Lubiń, Łysiec, Mogilno), außerdem die Stiftung einiger Kirchen (vielleicht ein gutes Dutzend) in den herzoglichen Burgsiedlungen und Ländereien. Einfluss auf die Tätigkeit des Herzogs hatte vielleicht seine Gattin Salomea, mit der zusammen er die Familienabtei der Grafen von Berg in Zwiefalten großzügig ausstattete. Alle diese Aktivitäten führten zur Ausweitung und Stärkung der kirchlichen Strukturen und verschafften diesen eine verbesserte wirtschaftliche Grundlage. Hinzu kam die Stiftung neuer Bistümer sowie die Verbreitung des Kultes des hl. Adalbert, auf die an dieser Stelle nicht näher eingangen werden kann.120

Die Großen als Stifter Die Wiederherstellung und Neuausrichtung der piastischen Monarchie durch Kasimir I. den Erneuerer schufen die Grundlagen für eine neue soziale Kategorie – die Ritterschaft.121 Die Bedeutung dieser Gruppe und insbesondere ihrer führenden Vertreter wuchs seit Bolesław II., dem Kühnen systematisch an.122 Die aktive Außenpolitik und militärischen Aktionen Herzog Bolesławs III. Schiefmund haben diesen Prozess deutlich beschleunigt. Die Großen und Ritter bereicherten sich nun nicht mehr allein durch Beutemachen, hauptsächlich auf Kriegszügen gegen die Pomoranen, sondern erweiterten ihre materiellen Ressourcen auch vermehrt durch herzogliche Vergaben von Ämtern, Ländereien und beweglichem Besitz. Die Stärkung ihrer wirtschaftlichen Position ebnete dieser Gruppe zweifellos den Weg dafür, bald auch die Kirche materiell zu unterstützen. Erste deutlichere Spuren einer adligen Stiftertätigkeit begegnen in den ersten Jahrzehnten des 12. Jahrhunderts.

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Józef Dobosz, Monarcha i możni wobec kościoła w Polsce do początku XIII wieku [Der Monarch und die Großen und die Kirche in Polen bis zum Beginn des 13. Jahrhunderts]. Poznań 2002, 202–222. Zur Genese der polnischen Ritterschaft vgl. Łowmiański, Początki Polski, Bd. 6/1 (wie Anm. 39), 585–614; Janusz Bieniak, Jeszcze w sprawie genezy rodów rycerskich w Polsce [Noch einmal zur Frage der Genese der Rittergeschlechter in Polen], in: Społeczeństwo Polski średniowiecznej 5, 1992, 45–55; Tomasz Jurek, Die Entstehung des polnischen Adels, in: Eduard Mühle (Hrsg.), Studien zum Adel im mittelalterlichen Polen. Wiesbaden 2012, 13–117. Łowmiański, Początki Polski, Bd. 6/1 (wie Anm. 39), 247–288.

Herzogliche und adlige Stiftungen im 12. Jahrhundert

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Die Awdańcen und ihre ältesten Stiftungen

Die Familie Awdaniec wird zu den ältesten Adelsgeschlechtern des piastischen Reiches gezählt. Ihre Anfänge sollen bis in die Zeit Bolesławs I. des Tapferen zurückreichen und möglicherweise auf fremdländische, skandinavische Zuwanderung zurückgehen.123 Ein Teil der polnischen Historiographie hat die Awdańcen bereits mit der Gründung des Benediktinerklosters in Lubiń zur Zeit Bolesławs II. des Kühnen in Verbindung gebracht. Die Quellenbasis für diese Annahme ist freilich recht dürftig. Die älteste Nachricht, die von einer Beteiligung der Awdańcen an der Gründung der Lubińer Benediktinerniederlassung spricht, stammt von Jan Długosz, der im 15. Jahrhundert den comes Michał Awdaniec als Gründer des Klosters benannte und die Gründung selbst auf das Jahr 1070 datierte.124 Długosz folgten anschließend Bartosz Paprocki, Marcin Kromer und Szymon Okolski.125 Gestützt auf diese spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Hinweise sowie eine Analyse des Lubińer Verbrüderungsbuches und der Güterverteilung der Awdańcen um Krzywiń herum gelangte Władysław Semkowicz zu der Überzeugung, dass der Aussage des Długosz Glauben geschenkt werden könne.126 Andere Historiker haben die Anfänge des Lubińer Klosters mit einem anderen, jüngeren Vertreter der Awdańcen, Skarbimir, in Verbindung gebracht.127 Im Lichte der neueren Forschung muss die Theorie einer Beteiligung der Awdańcen an der ersten Phase der Stiftung des Klosters in Lubiń allerdings fallengelassen werden.128 Die Hiweise des Jan Długosz und die von ihm abhängigen Nachrichten der frühneuzeitlichen Autoren können nicht als verlässlich angesehen werden und auch eine genauere Analyse des 123

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Auf eine nordische Herkunft verwies bereits Semkowicz, Ród Awdańców 1 (wie Anm. 37); von einer skandinavisch-rus’ischen Herkunft im Kontext von Bolesławs I. Kriegszügen gegen Kiew geht Teresa Kiersnowska, Rus’isch-warägische Gefolgschaften und die Herkunft der Adelsgeschlechter Awdaniec und Łabędź, in: Mühle, Studien (wie Anm. 121), 385–407 aus. Ioannis Dlugossii Annales. Ed. Budkowa (wie Anm. 6), 105; Semkowicz, Krytyczny rozbiór (wie Anm. 19), 156 unterstrich, dass die in Długoszs Werk enthaltenen Informationen höchstwahrscheinlich der Klosternotiz entstammten. Bartosz Paprocki, Herby rycerstwa polskiego [Die Wappen der polnischen Ritterschaft]. Ed. Kazimierz Józef Turowski. Kraków 1858, 217; Marcin Kromer, De origine et rebus gestis Polonorum. Basileae 1555, 114; Szymon Okolski, Orbis Polonus, Bd. 1. Cracoviae 1641, 5. Władysław Semkowicz, Ród Awdańców w wiekach średnich [Das Geschlecht der Awdańcen im Mittelalter]. Poznań 1920, 16–22; ähnliche Ansichten auch bereits bei Wojciech Kętrzyński, Einführung zu: Liber mortuorum monasterii Lubinensis, in: MPH, Bd. 5. Lwów 1888, 596f.; Ursmer Berliére, Une colonie moines liegeos en Pologne au XII siècle, in: Revue Benedictine 8, 1891, 112–127. So z. B. Franciszek Piekosiński, Rycerstwo polskie wieków średnich [Das polnische Rittertum im Mittelalter], Bd. 2. Kraków 1896, 227. Vgl. Derwich, Monastycyzm benedyktyński (wie Anm. 32), 185f. Ein Befürworter der These von der frühen Stiftung des Lubińer Klosters bleibt bis heute Janusz Bieniak, Skarbimir, in: Henryk Markiewicz (Hrsg.), Polski Słownik Biograficzny, Bd. 38. Warszawa / Kraków 1998, 27–31, hier 28 sowie Ders., Polska elita polityczna XII w., Teil 2 (wie Anm. 35), 60f.

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Lubińer Verbrüderungsbuches und Totenbuches lässt eine Beteiligung der Awdańcen erst für die zweite Phase der Stiftung erkennen, d. h. zu Beginn des 12. Jahrhunderts.129 Archäologische Untersuchungen haben gezeigt, dass die älteste Stiftung des Klosters in Lubiń nicht vollständig realisiert werden konnte und die Bauarbeiten gegen Ende des 11. Jahrhunderts unterbrochen wurden.130 Das Scheitern dieser wichtigen herzoglichen Stiftung wurde bisher mit dem Sturz König Bolesławs II. und seiner Flucht nach Ungarn erklärt,131 auch wenn unlängst die Ansicht geäußert wurde, dass es wohl eher mit einem zerstörerischen Überfall der Pomoranen in Verbindung gebracht werden müsse.132 Das Argument, die Lubińer Stiftung sei als Ergebnis des Wirkens der Awdańcen zerstört worden, als sich diese mit Bolesław dem Kühnen ins Exil begaben,133 ist zweischneidig, denn die Situation kann ebensogut auch umgekehrt werden. Der König begab sich 1079 ins Exil und sein jüngstes, noch unfertiges Werk vermochte sich offenbar nicht zu behaupten. Die Stiftungsinitiative von etwa 1076 blieb mithin erfolglos; erst in der zweiten Hälfte der Regierungszeit Bolesławs III. kam es zu einer Erneuerung der Lubińer Abtei. Auf dessen wichtige Rolle bei dieser Erneuerung wurde bereits hingewiesen. Welchen Anteil an ihr hatte aber das Adelsgeschlecht der Awdaniec? Dessen Bedeutung war gewiss nicht gering, denn es tritt sowohl im Lubińer Verbrüderungs- wie Totenbuch außergewöhnlich oft in Erscheinung; und Bolesławs Pfalzgraf Skarbimir und dessen Söhne werden im Verbrüderungsbuch gleich nach der herzoglichen Familie erwähnt. Charakteristisch scheint auch der Kommemorationseintrag im Nekrologium des Bamberger Kapitels zu sein: Michael episcopus Poloniae obiit, de quo dantur IV unciae de Lubendorf.134 Schon Tadeusz Wojciechowski hat diese Notiz mit dem Bischof Michał Awdaniec, dem früheren Kanzler Bolesław Schiefmunds, in Verbindung gebracht und

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Es handelt sich hier um den in der Literatur oft erwähnten Eintrag Comemoracio Michaelis comitis et anniversarius vom 31. Dezember, der sich auf Michael den Alten beziehen soll; Nekrolog opactwa Panny Marii w Lubiniu [Nekrolog der Abtei zur Jungfrau Maria in Lubiń]. Ed. Zbigniew Perzanowski, in: MPH NS, Bd. 9/2. Warszawa 1976, 15–115, hier 115. Ein weiteres Argument der Anhänger der These von der frühen Beteiligung der Awdańcen an der Gründung von Lubiń bildet die Erwähnung Skarbimirs und seiner Söhne im Lubińer Verbrüderungsbuch (ebd., 4) gleich nach den Herzögen. In diesem Falle muss es sich nicht um eine Vererbung der Stifterrechte vom Vater, Michael dem Alten, auf Skarbimir gehandelt haben, wie Bieniak, Skarbimir (wie Anm. 128), 28 meint, sondern damit konnte die Tatsache des Engagements der Awdańcen in der zweiten Phase der Stiftung der Abtei hervorgehoben worden sein. Hilczer-Kurnatowska, Lubiń (wie Anm. 42), 405f.; Żurek, Kościół konwentualny (wie Anm. 42), passim. Mit den inneren Kämpfen nach dem Fall Bolesławs des Kühnen verband die Zerstörung der Lubińer Abtei Marek Derwich, Tyniecka zgoda i wyszogrodzka wróżda [Die Tyniecer Übereinkunft und die Wyszogroder Fehde], in: Kwart. Hist. 95, 1988, 3–24, hier 8. So zuletzt Derwich, Monastycyzm benedyktyński (wie Anm. 32), 186. So Bieniak, Skarbimir (wie Anm. 128), 28. Nekrolog. Ed. Perzanowski (wie Anm. 129), 88 enthalten zwar Kommemorationsvermerke, machen aber keine Angaben über die Vergabe selbst.

Herzogliche und adlige Stiftungen im 12. Jahrhundert

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Lubendorf mit Lubiń gleichgesetzt.135 Wenn diese Identifizierung richtig ist, dann müssen die Arbeiten zur Erneuerung des Klosters noch vor dem Tod des Bischofs begonnen haben (er starb um 1115), also noch vor dem Sturz Skarbimirs im Jahre 1118. Aber auch wenn diese Identifizierung sich als nicht haltbar erweisen sollte,136 lassen die Quellen doch ein Wirken von Vertretern der Awdańcen zugunsten der Kirche erkennen. Der Zeitpunkt der neuen Lubińer Stiftung ist unlängst eher für die dreißiger Jahre des 12. Jahrhunderts (um 1137 / 1138) angenommen worden.137 Diese Datierung korrespondiert mit der Chronologie jenes Eintrags im Lubińer Verbrüderungsbuch, der mit den Worten Hec sunt nomina fratrum beginnt. Doch scheint die Verlegung der Erneuerung des Klosters in die 1130er Jahre, d. h. die letzten Herrschaftsjahre Bolesławs III. zu spät angesetzt zu sein. Die Initiative zur Wiederaufnahme der Tätigkeit der Abtei muss im Umkreis des Herzogs sicher noch vor dem Fall Skarbimirs herangereift sein; zu ihrer vollen Realisierung dürfte es dann wohl zeitgleich mit den Tyniecer Schenkungen des Jahres 1124 und dem Abschluss der Grundlegung der Kirchenorganisation in den gerade eroberten pommerschen Gebieten durch den Legaten Ägidius von Tusculum gekommen sein. Zu diesem Zeitpunkt beendete der Herzog – so konnte es damals zumindest den Anschein haben – sein kirchenpolitisches Werk im Norden und versöhnte sich gleichzeitig mit den Awdańcen (so genannte Lubińer Versöhnung).138 Die Erneuerung Lubińs erfolgte mithin um 1124, vielleicht im Anschluss an irgendwelche älteren Versuche. In den darauffolgenden Jahrzehnten errichteten dann die Awdańcen gemeinsam mit dem Herzog das neue Gotteshaus, das 1145 vom Posener Bischof Konrad geweiht wurde.139 Damit einhergegangen sein müssen gewisse Schenkungen, die aber in den Quellen nicht erwähnt werden. Die Verbindungen der Awdańcen mit der Lubińer Abtei wurden von den nachfolgenden Generationen, wie die Kommemorationsverzeichnisse belegen, aufrechterhalten. Doch war dieses Adelsgeschlecht nicht nur mit dem Lubińer Benediktinerkloster 135 136 137 138

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Tadeusz Wojciechowski, Szkice historyczne XI wieku [Historische Skizzen des 11. Jahrhunderts]. Warszawa 1951, 257f. So Bieniak, Polska elita polityczna, Teil 2 (wie Anm. 35), 66f., der den Bamberger Kommemorationseintrag auf den kujawischen Bischof Michael (13. Jahrhundert) bezieht und Lubendorf als eine Ortschaft in Deutschland identifiziert. So schon Cetwiński, Jeszcze o fundacji (wie Anm. 36), 455–463 und zuletzt Derwich, Monastycyzm benedyktyński (wie Anm. 32), 193; Ders., Fundacja lubińska (wie Anm. 36), 14–16. In der Urkunde von Tyniec wird Skarbimir gleich nach dem Herzog und dem Bischof erwähnt, was belegt, dass er dessen Wohlwollen wiedererlangt hatte; Album Paleographicum. Ed. Krzyżanowski (wie Anm. 31), Nr. 18; vgl. auch Bieniak, Polska elita polityczna, Teil 2 (wie Anm. 35), 57–74; Ders., Skarbimir (wie Anm. 128), 29f., dort eine Besprechung der Ereignisse von 1118–1124. Zum Wiederaufbau der Abtei Hilczer-Kurnatowska, Lubiń (wie Anm. 42), 405; Żurek, Kościół konwentualny (wie Anm. 42), passim; die Weihe des Altars der Lubińer Kirche bezeugen zum Jahr 1145 die Lubińer Annalen; Rocznik lubiński (wie Anm. 43), 113: Dedicatum est altare in Lubin sancte Marie a Conrado episcopo.

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verbunden; seine Vertreter begegnen auch im Verzeichnis der Schatzkammer und Bibliothek des Krakauer Kapitels aus dem Jahre 1110. Dieser Quelle zufolge erhielt die Krakauer Kathedrale Geschenke von folgenden Awdańcen: Cadrich casulam I. Michahel sacerdotale uestimentum plenum.140 August Bielowski identifizierte den Zweitgenannten – Michael – mit dem bei Gallus Anonymus erwähnten Michael dem Alten (Magnus Michael).141 Diese Gleichsetzung hat Janusz Bieniak bestätigt, der auch den im Verzeichnis erwähnten Szczedryk als einen Awdaniec aus derselben Generation Michaels des Alten anerkannte.142 Beide Awdańcen, vielleicht Brüder, machten der Krakauer Kathedrale verhältnismäßig großzügige Geschenke – von Szczedryk erhielt sie ein Ornat und von Michael dem Alten Priestergewänder. Man hat die Awdańcen, konkret den Pfalzgrafen Skarbimir, auch mit der Stiftung der Kollegiatskirche in Skalbmierz in Verbindung gebracht. Hierzu liegen freilich keinerlei überzeugende Quellenzeugnisse, sondern lediglich indirekte archäologische Belege vor: Innerhalb der aus dem 15. Jahrhundert stammenden Kollegiatskirche wurden romanische Mauerfragmente entdeckt, die ins beginnende 12. Jahrhundert datiert werden.143 Zusammen mit dem Namen des Ortes bieten diese Relikte die Grundlage für die Hypothese, der Pfalzgraf Skarbimir habe die Kollegiatskirche und den dortigen Kanonikerkreis gestiftet.144 Jan Długosz verzeichnete dagegen einen Krakauer Bischof als Stifter, kannte aber nicht seinen Namen.145 Daher mag Skalbmierz (Skarbimierz) ursprünglich vielleicht tatsächlich den Awdańcen gehört haben, die dort die Grundlage für das künftige Kollegiatstift schufen, indem sie am Ort eine kleine einschiffige Kirche stifteten und eine kleine Gruppe von Kanonikern ansiedelten. Die Konsolidierung dieser Gruppe vollzog sich sicher bereits unter den Augen der Krakauer Bischöfe, in deren 140 141 142 143 144

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Spisy dawne skarbca i biblioteki kapitulnej krakowskiej (II) [Alte Verzeichnisse der Schatzkammer und der Bibliothek des Krakauer Kapitels (II)]. Ed. August Bielowski, in: MPH, Bd. 1. Lwów 1864, 376–378, hier 377. Ebd., 377, Anm. 4; vgl. Galli Anonymi cronicae et gesta. Ed. Maleczyński (wie Anm. 1), 96. Bieniak, Polska elita polityczna, Teil 2 (wie Anm. 35), 26, Anm. 64; 68, Anm. 237. Andrzej Wędzki, Skalbmierz, in: Labuda / Stieber, Słownik Starożytności Słowiańskich, Bd. 5 (wie Anm. 30), 190f.; Świechowski, Budownictwo romańskie (wie Anm. 14), 243f.; Walicki, Sztuka (wie Anm. 15), 755f. So Józef Szymański, Możnowładztwo małopolskie a kanonikat świecki w pierwszej połowie XII wieku [Der kleinpolnische Magnatenadel und das weltliche Kanonikat in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts], in: Stud. Hist. 10, 1967, 31–53, hier 32–34; vgl. auch Andrzej Tomaszewski, Architektura romańska ziemi wiślickiej [Die romanische Architektur der Region Wiślica], in: V Konferencja naukowa w Busku Zdroju i Wiślicy 20 maja 1966 roku. Warszawa 1968, 58–60. Unlängst unterstützte diese Hypothese Bieniak, Polska elita polityczna, Teil 2 (wie Anm. 35), 26, Anm. 65 und etwas vorsichtiger Ders., Skarbimir (wie Anm. 128), 30 sowie Antoni Gąsiorowski, Skarbimir, in: Labuda / Stieber, Słownik Starożytności Słowiańskich, Bd. 5 (wie Anm. 30), 198. Eine gewisse Skepsis gegenüber diesem Standpunkt äußern lediglich Wędzki, Skalbmierz (wie Anm. 143), 190 sowie Łowmiański, Początki Polski, Bd. 6/1 (wie Anm. 39), 254, Anm. 587. Jan Długosz, Liber beneficiorum dioecesis Cracoviae, Bd. 1. Ed. Aleksander Przezdziecki. Cracoviae 1863, 515.

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Hände Skalbmierz zu einem unbekannten Zeitpunkt überging (vielleicht noch in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts).146 Ähnlich unsicher ist die Quellenlage bezüglich der Gründung der Präpositur in Jeżów (Masowien) und ihre anschließende Übergabe an das Kloster in Lubiń. Im 12. Jahrhundert gab es in Jeżów eine dem hl. Apostel Andreas gewidmete Kirche, und am 13. Januar 1180 fand dort unter der Leitung des päpstlichen Legaten Rainald eine Synode des polnischen Klerus statt.147 Die Anfänge dieser kleinen Niederlassung sind schwer zu fassen, auch wenn sie zumeist mit der zweiten Phase der Lubińer Stiftung in Zusammenhang gebracht werden.148 Janusz Bieniak nimmt an, dass die benediktinische Präpositur durch die Awdańcen (höchstwahrscheinlich den Pfalzgraf Skarbimir) gestiftet worden ist und ihre Übergabe an die Lubińer Abtei im Zusammenhang mit der ‚Lubińer Versöhnung‘ erfolgte.149 Einen gänzlich anderen Standpunkt vertritt Marek Derwich, der die Anfänge des Klosters in Jeżów auf die Herrschaftszeit von Bolesław IV. Kraushaar oder dessen Sohn Leszek bezieht und diese auch als die Stifter ansieht. Nach Derwich soll Jeżów dann durch eine Vergabe Mieskos III. des Alten, dessen Familie enge Verbindungen zu den dortigen Benediktinern pflegte, unter die Verwaltung der Abtei in Lubiń gekommen sein.150 Beide Deutungen können allerdings nur aus indirekten Prämissen abgeleitet werden. Gesichert ist nur, dass in Jeżów die erwähnte Synode stattfand, mithin dass es dort auch eine Kirche sowie Gebäude gab, die eine beträchtliche Gruppe von Geistlichen aufnehmen konnten. Bezeugt ist schließlich auch, dass ein Vertreter der Awdańcen, Pakosław Lasocic, am 6. Dezember 1206 als Patron sowohl des Klosters in Lubiń als auch des Klosters in Jeżów auftrat.151 Auch wenn sich die Erörterung der Stiftungs- und Schenkungstätigkeit der ersten Generationen der Awdańcen weitgehend im Bereich von Hypothesen, ja Spekulationen bewegen muss, lässt sich doch so viel sagen, dass sie auf bestimmte Weise sowohl mit dem Lubińer 146

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Vgl. Józef Szymański, Kanonikat świecki w Małopolsce od końca XI do połowy XIII wieku [Das weltliche Kanonikat in Kleinpolen vom Ende des 11. bis zur Mitte des 13. Jahrhunderts]. Lublin 1995, Skalbmierz gemäß dem Sachregister; Ders., Możnowładztwo małopolskie (wie Anm. 144), 32–34 sowie Bieniak, Polska elita polityczna, Teil 2 (wie Anm. 35), 26. Sicherlich wurde auf dieser Synode eine Urkunde ausgestellt; vgl. Kodeks dyplomatyczny katedry krakowskiej św. Wacława. Tom 1: Obejmująca rzeczy od roku 1166 do roku 1366 [Urkundenbuch der Krakauer St. Wenzels-Kathedrale. Bd. 1: Umfasst die Stücke vom Jahr 1166 bis zum Jahr 1366]. Ed. Franciszek Piekosiński. Kraków 1883, Nr. 2; Zur fraglichen Urkunde vgl. auch Kozłowska-Budkowa, Repertorjum (wie Anm. 45), Nr. 107, die sie sehr breit auf eine Zeit zwischen 1168–1185 datiert. So schon Semkowicz, Ród Awdańców, Teil 1 (wie Anm. 47), 207 und zuletzt Kiersnowska, Rus’isch-warägische Gefolgschaften (wie Anm. 123), 393f. Bieniak, Skarbimir (wie Anm. 128), 30 unter Berufung auf den Standpunkt von Kiersnowska, Rus’isch-warägische Gefolgschaften (wie Anm. 123). Derwich, Monastycyzm benedyktyński (wie Anm. 32), 196f.; Ders., Fundacja lubińska (wie Anm. 36), 18–20. Dokumenty opactwa Benedyktynów w Lubiniu z XIII–XIV wieku / Diplomata abbatiae Lubinensis saec. XIII–XIV. Ed. Zbigniew Perzanowski. Warszawa / Poznań 1975, Nr. 2.

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Kloster, seiner Präpositur in Jeżów, als auch mit dem Kanonikerkreis in Skalbmierz und der Krakauer Kathedrale in Verbindung standen. Über die Person des Kanzlers (Bischofs?) Michael hatten sie offenbar auch Teil an der Entstehung der Chronik des Gallus Anonymus. All dies zeugt davon, dass die ökonomische Stärke dieser Adelsfamilie und ihrer Vertreter bereits zu Beginn des 12. Jahrhunderts ausreichte, um Stiftungsaktionen zu unternehmen und damit zu einer Überwindung des monarchischen Stiftungsmonopols beizutragen. Die Topórs

Auch die Topórs gelten als eine der ältesten Adelsfamilien, deren Anfänge bis in die Mitte des 11. Jahrhunderts zurückgeführt werden. Der erste bekannte Vertreter dieses Adelsgeschlechts war Sieciech, der Pfalzgraf Władysław Hermans, der dieses Amt in den Jahren um 1090–1100 bekleidete.152 Seine bedeutende politische Rolle wie auch jene seiner Söhne Andrzej und Sułek153 hatten sicher Einfluss auf den frühen Beginn der Stiftungstätigkeit der Topórs. Traditionell wird eine Reihe von Kirchenstiftungen von der Wende des 11. / 12. Jahrhunderts mit dem Pfalzgrafen Sieciech verknüpft.154 In einer Urkunde von 1252 für das Kloster in Sieciechów heißt es a comite magno Setheo ipsius claustri fundatore, a quo et nomen accepit situs loci: hec ville sunt tradite: locus Abbacie cum foro Podozlaue Mosolicze, Brzescie Pszary Schyedlczie Ostrow maius Lypthowo Cobylany et quedam cuius est comitacio Ianokowo.155 In der Forschung ist umstritten, welcher Sieciech sich hinter magnus Setheus verbirgt. Ein Teil der Gelehrten sprach sich für Hermans Pfalzgrafen Sieciech aus,156 andere dagegen für Sieciech den

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Bieniak, Polska elita polityczna, Teil 2 (wie Anm. 35), 13–19; zur Person des Sieciech Kurtyka, Sieciech palatyn (wie Anm. 70); vgl. auch Grażyna Klimecka, Ród potomków Sieciecha w wiekach XII–XIII [Das Geschlecht der Nachkommen Sieciechs im 12.–13. Jahrhundert], in: StŹrodł 28, 1983, 51–67. Zur Genealogie der Topórs, insbesondere der direkten Nachkommen Sieciechs Klimecka, Ród potomków (wie Anm. 152), 55f.; Janusz Kurtyka, Zu den Anfängen des Adelsgeschlechts Topór und seinen frühesten Besitzungen, in: Mühle, Studien (wie Anm. 121), 409–433 sowie Stammtafel in der Beilage. Unlängst bezeichnete Kurtyka, Anfänge (wie Anm. 153), 411 Sieciech als den ersten polnischen Großen, „mit dessen Person mehrere kirchliche Stiftungen in Verbindung gebracht werden können“; die Bezeichnung ‚der erste‘ sollte freilich eher in ‚einer der ersten‘ abgeändert werden, da unser quellenmäßig belegtes Wissen über die Anfänge der Stiftungstätigkeit polnischer Großer für die zweite Hälfte des 11. bis erste Hälfte des 12. Jahrhunderts viel zu bescheiden ist, als dass daraus so eindeutige Schlussfolgerungen gezogen werden könnten. Kodeks dyplomatyczny katedry krakowskiej. Ed. Piekosiński, Bd. 1 (wie Anm. 147), Nr. 34. Diese Urkunde wurde interpoliert, wie vor 1367 (sicher noch im 13. Jahrhundert) festgestellt wurde; ihr Text gründet auf alte Klosternotizen; Wiśniowski, Najstarszy dokument (wie Anm. 70); Łowmiański, Początki Polski, Bd. 6/1 (wie Anm. 39), 256f. Klimecka, Ród potomków (wie Anm. 152), 55; Bieniak, Polska elita polityczna, Teil 2 (wie Anm. 35), 14; Kurtyka, Anfänge (wie Anm. 153), 411.

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Jüngeren.157 Die erste Ansicht scheint besser begründet zu sein; für sie spricht die Identifikation des Ortsnamens mit dem Namen Sieciechs, dem der Beiname Magnus (der Alte) verliehen wurde. Definitiv verworfen werden muss die durch nichts begründete Ansicht Pierre Davids, der die Gründung des Klosters in die Zeit zwischen 1150 und 1166 datierte.158 Seltsam erscheint auch der Vorschlag von Henryk Łowmiański, demzufolge Sieciech als ‚Verwalter der Domäne‘, ‚Prokurator‘ des Donators, d. h. als Kastellan in Sieciechów fungiert habe. Daraus folgerte er, dass der eigentliche Stifter König Bolesław II. gewesen sei.159 Als Argumente führte er an, dass bei Gallus Anonymus überliefert werde, dass Sieciech nicht der Eigentümer der Burgsiedlung Sieciechów gewesen sei, sondern dort nur als herzoglicher Statthalter fungiert habe, und dass in der Urkunde von 1252 von ville sunt tradite die Rede ist, was Łowmiański zufolge bedeute, dass Sieciech nicht seine eigenen Rechte auf den Empfänger übertragen habe, denn sonst hätte er Wendungen wie do, dono, confero verwendet.160 Allerdings deuten die von Gallus benutzten Formulierungen castrum itaque sui nominis Zetheo fugiente sowie Zetheum fugientem ad castellum, quod fecerat161 eher darauf hin, dass Sieciech tatsächlich der Eigentümer der nach ihm benannten Burgsiedlung war. Das vieldeutige lateinische trado bezieht sich ganz einfach auf die Übergabe von Gütern. Der Pfalzgraf Sieciech war also sowohl der Besitzer von Sieciechów selbst als auch des geschlossenen Komplexes der Güter, die diese frühere herzogliche Burgsiedlung umgaben. Sicher hatte er sie für seine treuen Dienste von Władysław Herman erhalten, vielleicht gleich nach 1079. Angesichts der Gefahr der Vertreibung und der damit verbundenen Konfiszierungen bestimmte er diesen gesamten Besitz für die Stiftung und Ausstattung einer neuen benediktinischen Gemeinschaft.162 Vielleicht fungierten die beiden aus den Quellen bekannten Söhne des Pfalzgrafen, Andrzej und Sułek,163 als Vollstrecker dieser sicher gemeinsam gefällten Entscheidungen, und vielleicht waren an dieser Unternehmung auch sein Enkel Marcin164 sowie Sieciech der Jüngere165 beteiligt. Sie alle treten im Um157

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Józef Gacki, Benedyktyński klasztor w Sieciechowie według pism i podań miejscowych [Das Benediktinerkloster in Sieciechów im Lichte der örtlichen Schriften und Sagen]. Radom 1872, 15– 17; Karol Potkański, Studia osadnicze. Puszcza radomska [Studien zum Siedlungswesen. Das Urwaldgebiet bei Radom], in: Ders., Pisma pośmiertne, Bd. 1. Kraków 1922, 140–143; Wiśniowski, Najstarszy dokument (wie Anm. 70), 66; vgl. Ders., Z dziejów opactwa (wie Anm. 70), 28ff.; Derwich, Monastycyzm benedyktyński (wie Anm. 32), 194f., der als Stifter Sięciech den Jüngeren, Jaxa von Miechów und den Herzog Heinrich von Sandomir sieht. Pierre David, Les Bénédictins et l´Ordre de Cluny dans la Pologne medieval. Paris 1939, 68. Łowmiański, Początki Polski, Bd. 6/1 (wie Anm. 39), 258. Ebd., 255–258. Galli Anonymi cronicae et gesta. Ed. Maleczyński (wie Anm. 1), 82f. Kurtyka, Anfänge (wie Anm. 153), 411f.; Klimecka, Ród potomków (wie Anm. 152), 55. Sie erscheinen auf der Zeugenliste der Urkunde des Kardinals Ägidius von 1124; Album Paleographicum. Ed. Krzyżanowski (wie Anm. 31), Nr. 18; vgl. auch Kurtyka, Anfänge (wie Anm. 153), 412f. Album Paleographicum. Ed. Krzyżanowski (wie Anm. 31), Nr. 18. Die übrigen Quellen, die sich auf diese Person beziehen, erwähnt Kurtyka, Anfänge (wie Anm. 153), 412f.

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kreis der Benediktiner in Erscheinung – Andrzej, Sułek und Marcin werden im Lubińer Verbrüderungsbuch erwähnt und kommen auch im Falsifikat für Tyniec vor,166 während Sieciech der Jüngere als Mundschenk Bolesław Schiefmunds im Lubińer Verbrüderungsbuch und Totenbuch erwähnt wurde, außerdem noch von Petrus Guillaume, einem Mönch von Saint-Gilles.167 Ihre Verbindungen mit den Benediktinern sind also deutlich erkennbar und gehen der Datierung der Stiftung von Sieciechów durch Marek Derwich zeitlich deutlich voraus. Auch in einer schlesischen Urkunde aus der Mitte des 12. Jahrhunderts begegnet ein Sułek (Sulisław) und in einer Urkunde Bolesławs IV. Kraushaar vom 22. März 1149 finden wir folgende Notiz: Sulislauus Pulsnicam [donavit].168 In einer Bulle Papst Hadrians IV. vom 23. April 1155 heißt es: ex dono Sulizlaui duas villas: unam in montibus, que dicitur Sulizlauici, alteram Cochetov.169 Zuvor hatte eben jener Sulisław den Benediktinern von St. Vinzenz auf dem Breslauer Elbing das Dorf Pełcznica170 und dem Breslauer Bistum die Dörfer Sulisławice und Biskupin (heute sicher ein Stadtteil Breslaus) geschenkt171. Karol Maleczyński hat ihn gestützt auf Franciszek Piekosiński mit dem Sułek aus der Urkunde des Legaten Ägidius identifiziert.172 Der Name Sułek wird auch im Totenbuch von St. Vinzenz erwähnt, und zwar unter dem 13. Mai.173 Wir können also davon ausgehen, dass vor der Mitte des 12. Jahrhunderts mindestens vier Nachkommen des Pfalzgrafen Sieciech politisch aktiv waren: seine beiden Söhne Andrzej und Sułek und zwei Enkel, nämlich Marcin Sułkowic und Sieciech Andrzejowic.174 Sie alle unterhielten Beziehungen zu den polnischen Benediktinern (in Sieciechów, Tyniec, Lubiń und auf dem Breslauer 165 166 167

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Vgl. Kurtyka, Sieciech cześnik (wie Anm. 70). Andrzej und Sułek erscheinen in dem die Jahre 1121–1145 betreffenden Teil des Lubińer Verbrüderungsbuches; Księga bracka. Ed. Perzanowski (wie Anm. 35), 5f. Księga bracka. Ed. Perzanowski (wie Anm. 35), 6, 62; als Mundschenk Bolesławs III. nennen Sieciech den Jüngeren die Miracula beati Egidii auctore Petro Guillelmo. Ed. Philippe Jaffé, in: MGH SS, Bd. 12. Hannover 1852, 316–323, hier 320f. Ioannis Dlugossii Annales. Ed. Budkowa (wie Anm. 6), 230 datieren die Ereignisse von etwa 1124 unter dem Jahr 1107. Zbiór dokumentów. Ed. Piekosiński (wie Anm. 72), Nr. 16; ebd., 302 wird dieses ‚Pulsnica‘ als Paleśnica im Kreis Nowy Targ identifiziert. Die korrekte Identifizierung in Kodeks Dyplomatyczny Śląska. Zbiór dokumentów i listów dotyczących Śląska. Bd. 1: (971–1204) [Schlesisches Urkundenbuch. Eine Sammlung von Schlesien betreffenden Urkunden und Briefen], Bd. 1. Ed. Karol Maleczyński. Wrocław 1956, Nr. 25, Anm. 41. Kodeks Dyplomatyczny Śląska, Bd. 1. Ed. Maleczyński (wie Anm. 168), Nr. 35 sowie Anm. 45 und 46, dort die Identifizierung des Ortes. Ebd., Nr. 25, Anm. 40. Ebd., Nr. 35, Anm. 45–46. Ebd., Nr. 35, Anm. 44; Piekosiński, Rycerstwo polskie, Bd. 2 (wie Anm. 145), 197; 227f.; 257; vorsichtig folgen dieser Deutung auch Cetwiński, Rycerstwo śląskie (wie Anm. 90), 20, Bieniak, Polska elita polityczna, Teil 2 (wie Anm. 35), 15 und Kurtyka, Anfänge (wie Anm. 153), 413. Nekrolog opactwa św. Wincentego we Wrocławiu [Nekrolog der Abtei des hl. Vincentius in Breslau]. Ed. Karol Maleczyński, in: MPH NS, Bd. 9/1, Warszawa 1971, 1–96, hier 46. Zu diesen Identifizierungen Bieniak, Polska elita polityczna, Teil 2 (wie Anm. 35), 14f. und 53; vgl. Kurtyka, Anfänge (wie Anm. 153), 414.

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Elbing) und dürften auch an der so genannten Lubińer Versöhnung beteiligt gewesen sein. Wenn wir noch den rätselhaften Tyniecer Abt mit Namen ‚Scescus‘ hinzunehmen, der im Lubińer Totenbuch als am 2. März 1095 verstorben verzeichnet wird,175 dann kommen wir auf eine beträchtliche Anzahl früher Vertreter des Adelsgeschlechts der Topórs, die mit benediktinischen Gemeinschaften in Verbindung standen.

St. Andreaskirche, Krakau-Okół, Ende 11. – erstes Drittel 12. Jahrhundert

Die Quellen informieren nicht nur über die Verbindungen der ersten Generationen der Topórs mit den polnischen Benediktinern, sondern auch über ihre Verbindungen mit der Krakauer St. Andreas-Kirche und der St. Benedikt-Kapelle in Radziwie bei Płock. Als Stifter beider Kirchen wird heute allgemein der Pfalzgraf Sieciech angesehen.176 Die St. Andreas-Kirche besaß den Status eines Kollegiatstifts, doch ist über die Umstände dieser Stiftung nichts weiter bekannt. Die kleine St. Benedikt-Kapelle bildete im Jahre 175

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Nekrolog (wie Anm. 129), 38. Der Herausgeber verwendet die Namensform Ściesz, während Bieniak, Polska elita polityczna, Teil 2 (wie Anm. 35), 15 von Siecieszek ausgeht; ähnlich Kurtyka, Anfänge (wie Anm. 153), 413. Diese Information kannte auch Stanisław Szczygielski, Tinecia seu historia Monasterii Tinecensis Ordinis S. Benedicti, Cracoviae 1668, 36–38, nach dem ‚Scescus‘ seit 1083 der Nachfolger des Abtes Bernin gewesen und (anders als im Lubińer Totenbuch angegeben) am 11. März 1095 gestorben sei. Vgl. vor allem Kozłowska-Budkowa, Z dziejów kolegiaty (wie Anm. 14), passim sowie Kurtyka, Sieciech palatyn (wie Anm. 70), 503f. und Ders., Anfänge (wie Anm. 153), 412f.

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1187 das Objekt eines Streites zwischen den Topórs Krzywosąd und Sieciech auf der einen und der Płocker Kathedrale auf der anderen Seite, den Kasimir der Gerechte letztlich zugunsten der Płocker Kirche entschied.177 Die beiden als Eigentümer der Kirche auftretenden Topórs waren zweifellos Nachkommen des Pfalzgrafen Sieciech. Krzywosąd war vielleicht sein Enkel und Sieciech der Sohn des letzteren.178 Fragt man nach den Motiven der Stiftungen des Sieciech und seiner Nachkommen, so scheint im Falle des Klosters in Sieciechów ein wichtiges Movens in dem Bestreben bestanden zu haben, Güter des Geschlechts vor Konfiszierungen zu schützen, die nach dem Sturz Sieciechs um das Jahr 1100 drohten. Die übrigen Stiftungen scheinen dann bereits mit Blick auf die konkreten Funktionen dominialer Eigenkirchen des Adelsgeschlechts hin erfolgt zu sein. Insgesamt dürfen die Schenkungen des Pfalzgrafen Sieciech, seiner Söhne und vielleicht auch seiner Enkel zugunsten der Kirche als recht umfangreich bezeichnet werden. Ökonomisch wurden sie zweifellos durch die nach 1079 erfolgten weitreichenden Vergaben Herzog Władysław Hermans ermöglicht, der auf diese Weise dem Pfalzgrafen Sieciech für dessen Unterstützung im Kampf um den Herzogsthron gedankt haben wird. Die Gryfen

So wie der Pfalzgraf Sieciech im Falle der Stiftung der St. Andreas-Kirche und der St. Benedikt-Kapelle in Radziwie investierten auch die Gryfen in ihrem Familiensitz Brzeźnica im Gebiet Sandomir in eine Kirche, die vom Krakauer Bischof Maurus geweiht wurde.179 Belegt ist sie allerdings nur in der Stiftungsurkunde von Jędrzejów aus dem Jahre 1153,180 in einer auf 1219 datierten, dem Krakauer Bischof Vincentius 177

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Zbiór ogólny przywilejów i spominków mazowieckich. Bd. 1: Obejmujący materyał do zgonu Konrada I [Allgemeine Sammlung masowischer Privilegien und Erinnerungsstücke. Bd. 1: Umfassend Material bis zum Tode Konrads I.]. Ed. Jan Korwin Kochanowski. Warszawa 1919, Nr. 123. Ausführlicher zu dieser Urkunde Kozłowska-Budkowa, Repertorjum (wie Anm. 45), Nr. 114. Zu dieser Identifizierung Bieniak, Polska elita polityczna, Teil 2 (wie Anm. 35), 14f. sowie Kurtyka, Anfänge (wie Anm. 153), 421. Die meistens Historiker halten Brzeźnica im Sandomirer Land für den Familiensitz der Gryfen im 12. Jahrhundert; in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts geriet dieser Ort in die Hände der Zisterzienser und erhielt den Namen Jędrzejów; vgl. Jędrzejów, in: Słownik historyczno-geograficzny województwa krakowskiego w średniowieczu / Słownik historyczno-geograficzny ziem polskich w średniowieczu, Bd. 5, Małopolska – województwo krakowskie. Wrocław 1989, 310– 316; anders sieht dies nur Paweł Sczaniecki, Gryfici z linii brzeźnickiej i benedyktyni [Die Gryfen der Brzeźnica-Linie und die Benediktiner], in: Stud. Hist. 30, 1987, 1–18. Kodeks Dyplomatyczny Małopolski [Kleinpolnisches Urkundenbuch], Bd. 2. Ed. Franciszek Piekosiński. Kraków 1886, Nr. 372. Zur Identifizierung des Ortes Józef Dobosz, Proces fundacyjny i pierwotne uposażenie opactwa cystersów w Jędrzejowie [Der Stiftungsprozess und die ursprüngliche Ausstattung des Zisterzienserklosters in Jędrzejów], in: Daniel Olszewski (Hrsg.),

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zugeschriebenen Fälschung181 und bei Jan Długosz.182 In der Jędrzejower Stiftungsurkunde formulierte der Stifter selbst und der Aussteller der Urkunde Erzbischof Jan:183 episcopus bone memorie Maurus, qui eandem ecclesiam consecrauit [d. h. die Kirche in Brzeźnica], et Radosth successor suus decimas super villas has additerunt sub anathemate: Osarowici, Preneslawe, Konare, Michowo, Bechlowo, Borowa, Prekopa, Linowo omnium bonorum largitori (…).184 Daraus folgt, dass zur Zeit des Maurus ein Vorfahre des Erzbischofs die Initiative ergriffen hatte, auf dem Gebiet seines Sitzes eine Kirche zu errichten. Długosz gab diese Information im Prinzip unverändert wieder,185 obwohl er bei der Schilderung des Wirkens des Bischofs Maurus in seinem ‚Katalog der Krakauer Bischöfe‘ über die Weihe der Kirche in Jędrzejów (die er mit dem Kloster gleichsetzte) durch diesen Hierarchen und die aus diesem Anlass getätigten Schenkungen berichtete: decimas manipulares mense sue Cracouiensis in villis Marowicze, Przenÿeslawÿe, Conari, Michowo et Wielgowo.186 Im Liber beneficiorum der Diözese Krakau teilte Długosz die Zehntdörfer zwischen Maurus und Radost auf: Fünf Dörfer für Maurus, drei Dörfer – Borowa, Prekopa und Linowo – für Radost.187 Ob dies der genaue Anteil der beiden Bischöfe an der Ausstattung der Familienkirche der Gryfen in Brzeźnica war, lässt sich nicht feststellen, doch darf die Überlieferung des Długosz als wahrscheinlich gelten. Während des Pontifikats des Bischofs Maurus (1110–1118) vollendete ein Vorfahre von Erzbischof Jan den Bau der Kirche in Brzeźnica, die letzterer dann weihte und zusätzlich mit Zehnten ausstattete. Die Größe dieses Gotteshauses war, wie die innerhalb des heutigen Zisterzienserklosters aufgedeckten Über-

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Cystersi w Polsce. W 850-lecie fundacji klasztoru opactwa jędrzejowskiego. Kielce 1990, 40– 79, hier Tafel nach 65. Kodeks Dyplomatyczny Małopolski, Bd. 2. Ed. Piekosiński (wie Anm. 180), Nr. 380. Ausführlicher zu dieser Urkunde Karol Mieszkowski, Studia nad dokumentami katedry krakowskiej XIII wieku. Początki kancelarii biskupiej [Studien über die Urkunden der Krakauer Kathedrale des 13. Jahrhunderts. Die Anfänge der bischöflichen Kanzlei]. Wrocław 1974, 105f., Regest Nr. 6, und besonders Ders., Krytyka autentyczności dokumentów biskupów krakowskich XIII wieku [Kritik der Echtheit der Urkunden der Krakauer Bischöfe des 13. Jahrhunderts], in: Prz. Hist. 65, 1974, 147–158, hier 147–151. Ioannis Dlugossii Annales seu Cronicae incliti Regni Poloniae, lib. 5–6. Ed. Zofia KozłowskaBudkowa u. a. Warszawa 1970, 53–54; Długosz, Liber beneficiorum, Bd. 3 (wie Anm. 8) 361f.; Katalogi biskupów krakowskich. Katalog Długosza [Katalog der Krakauer Bischöfe. Der Katalog des Długosz]. Ed. Józef Szymański, in: MPH NS, Bd. 10/2. Warszawa 1974, 152. Über seine Zugehörigkeit zum Geschlecht der Gryfen zuletzt Marek L. Wójcik, Ród Gryfitów do końca XIII wieku. Pochodzenie – genealogia – rozsiedlenie [Das Geschlecht der Gryfen bis zum Ende des 13. Jahrhunderts. Herkunft – Genealogie – Ausbreitung]. Wrocław 1993, 25–28. Kodeks Dyplomatyczny Małopolski, Bd. 2. Ed. Piekosiński (wie Anm. 180), Nr. 372; vgl. ebd., Nr. 380. Ioannis Dlugossii Annales, lib. 5–6. Ed. Kozłowska-Budkowa (wie Anm. 182), 53f. Katalogi biskupów krakowskich. Ed. Szymański (wie Anm. 182), 152. Jan Długosz, Liber beneficiorum, Bd. 3. Ed. Przezdziecki (wie Anm. 8), 361f.

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reste andeuten, eher bescheiden.188 Doch sollte das kleine, einschiffige Objekt in dem Moment die Grundlage für eine neue Stiftungsinitiative bilden, als die Zisterzienser nach Brzeźnica geholt wurden und dort eine der wichtigsten Abteien dieser Kongregation auf polnischem Boden entstand. Zuvor aber diente die mit einer Westempore189 ausgestattete Kirche eine Generation lang den Gryfen von Brzeźnica als klassische Eigenkirche und der Bevölkerung der umliegenden, ihnen gehörenden Dörfer als Pfarrkirche. Die Nagodzicen

In einer Notiz des Krakauer Bischofs Maurus über die Weihe einer Kirche in Pacanów heißt es: Ego Maurus Cracouiensis episcopus licet indignus conferro Deo et b. Martino in dedicacione eius ecclesie decimam de villa, in qua eius ecclesia sitta est et de Zabche, et de Izgorsko et de Negoslauicha et de Gurouo et de Goracouo et de Scheglino et in Quassouo sortem Mangoldi. Semianus autem patronus confert tabernam de eadem villa, decimum piscem, decimum vitulum, decimum angellum, decimum porcellum, decimum caseum.190 Danach schenkte Bischof Maurus der Kirche St. Martin in 188

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Vgl. Walicki, Sztuka (wie Anm. 15), 697 (Stichwort ‚Jędrzejów‘); Tomaszewski, Romańskie kościoły (wie Anm. 84), 124–128; Zbigniew Lechowicz, Wyniki badań archeologicznych w zespole klasztornym cystersów w Jędrzejowie w 1977 roku [Ergebnisse der archäologischen Untersuchnungen von 1977 im Klosterkomplex der Zisterzienser in Jędrzejów], in: Spraw. Arch. 34, 1983, 223–232; Jerzy Aleksander Splitt, Stan badań archeologiczno-architektonicznych nad męskimi opactwami cysterskimi w Polsce [Der Stand der archäologisch-architektonischen Forschungen zu den männlichen Zisterzienserabteien in Polen], in: Jerzy Strzelczyk (Hrsg.), Historia i kultura cystersów w dawnej Polsce i ich europejskie związki. Poznań 1987, 225–249, hier 229–232; Zygmunt Świechowski, Pierwotny kształt i chronologia kościoła grodowego w Prandocinie [Die ursprüngliche Gestalt und Chronologie der Burgkirche in Prandocin], in: Kwart. Archit. Urb. 33, 1988, 212–218, hier 212–215; Beata Kwiatkowska-Kopka / Waldemar Gliński, Najnowsze badania archeologiczne w obrębie opactwa Ojców Cystersów w Jędrzejowie [Die neuesten archäologischen Untersuchungen auf dem Gebiet der Abtei der Zisterzienserpatres in Jędrzejów], in: Marek Derwich / Anna Pobóg-Lenartowicz (Hrsg.), Klasztor w społeczeństwie średniowiecznym i nowożytnim. Opole 1996, 539–549; Beata Kwiatkowska-Kopka, Rezultaty badań archeologiczno-architektonicznych nad klasztorem cysterskim w Jędrzejowie [Die Ergebnisse der archäologisch-architektonischen Untersuchungen über das Zisterzienserkloster in Jędrzejów], in: Andrzej Marek Wyrwa / Józef Dobosz (Hrsg.), Cystersi w społeczeństwie Europy Środkowej. Poznań 2000, 543–548; Józef Dobosz / Leszek Wetesko, Jędrzejów, in: Andrzej Marek Wyrwa / Jerzy Strzelczyk / Krzysztof Kaczmarek (Hrsg.), Monasticon Cisterciense Poloniae, Bd. 2: Katalog męskich klasztorów cysterskich na ziemiach polskich i dawnej Rzeczypospolitej. Poznań 1999, 90–97, hier 94; Świechowski, Architektura romańska (wie Anm. 2), 81f. Zur Westempore in der Kirche von Brzeźnica Tomaszewski, Romańskie kościoły (wie Anm. 84), 124ff. sowie Świechowski, Pierwotny kształt (wie Anm. 188), 212ff. Zbiór dokumentów katedry i diecezji krakowskiej. Część 1: 1063–1415 [Urkundensammlung der Kathedrale und Diözese Krakau. Teil 1: 1063–1415]. Ed. Stanisław Kuraś. Lublin 1965, Nr.

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Pacanów im August zwischen 1110 und 1117 den Zehnten von sieben Dörfern sowie das Los des Mangold, während der Stifter der Kirche, Siemian, ihr eine Schänke in Pacanów sowie den Zehnten an Fischen, Kälbern, Lämmern, Ferkeln und Käse vermachte. Siemian errichtete also auf seinen kleinpolnischen Gütern (Pacanów liegt in der Nähe von Wiślica) eine Eigenkirche, deren Baubeginn auf die Wende vom 11. zum 12. oder den Anfang des 12. Jahrhunderts fiel, und stattete sie entsprechend aus.191 Mit welchem Adelsgeschlecht aber kann dieser Große in Verbindung gebracht werden? Auf der Grundlage einer Urkunde des Iwo Odrowąż von 1219, die den comes Pakosław Lasocic aus dem Geschlecht Awdaniec als Patron der Pacanower Kirche nennt, folgerte Karol Potkański, dass Siemian mit eben dieser Adelsfamilie im Zusammenhang gestanden haben muss.192 Władysław Semkowicz, der nicht nur die Notiz des Bischofs Maurus analysierte, sondern auch die Verbreitung der Awdańcen untersucht hat, gelangte zu der Schlussfolgerung, dass Siemian einem anderen Adelsgeschlecht entstammte, nämlich den Nagodzic.193 Er wäre demnach als der erste bekannte Vertreter dieses Adelsgeschlechts anzusehen und hätte auf dem Territorium seiner Güter eine Kirche gestiftet und diese mit Hilfe des Krakauer Bischofs Maurus ausgestattet.194 Potkański hat auf weitere frühe Vertreter dieses Geschlechts verwiesen, und zwar auf Dźwigor und Siemian (Dziwiszowic).195 Ersterer wird im Tyniecer Falsifikat von 1124196 und vielleicht auch in der Urkunde Bolesławs IV. Kraushaars von 1148 für das Kloster St. Vinzenz auf dem Breslauer Elbing erwähnt.197 Janusz Bieniak nimmt an, dass es sich bei ihm um einen Vorfahren der Familie Jelita (Nagodzic) gehandelt habe.198 Der zweite von Potkański identifizierte Vertreter der Familie Nagodzic wird zusammen mit seiner Gattin und seinen Söhnen im Lubińer Verbrüderungsbuch er-

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2; Karol Potkański, Ród Nagodziców [Das Geschlecht der Nagodzic], in: Ders., Pisma pośmiertne, Bd. 2. Kraków 1924, 209–239, hier 212 kannte die Notiz aus einer Urkunde (einem Transsumpt) des Bischofs Iwo Odrowąż vom 15. August 1219, zunächst veröffentlicht von Władysław Semkowicz, Przyczynki dyplomatyczne wieków średnich [Beiträge zur Diplomatik des Mittelalters], in: Księga pamiątkowa Uniwersytetu Lwowskiego, Bd. 2. Lwów 1912, 4–26, hier 5–6, zuletzt in Zbiór dokumentów katedry i diecezji krakowskiej ebd., Nr. 4. Die Notiz über Pacanów kannte und zitierte auch Jan Długosz, Liber beneficiorum diocesis Cracoviae, Bd. 2. Ed. Aleksander Przezdziecki. Kraków 1864, 422. Zur St. Martin-Kirche in Pacanów vgl. Tomaszewski, Romańskie kościoły (wie Anm. 84), 110. Potkański, Ród Nagodziców (wie Anm. 190), 212f. Semkowicz, Ród Awdańców (wie Anm. 126), 15–22. Diesen Standpunkt hinsichtlich des Eigentümers und seiner Familienzugehörigkeit teilte nicht Wiśniowski, Rozwój sieci parafialnej (wie Anm. 119), 66; 142. Vgl. Łowmiański, Początki Polski, Bd. 6/1 (wie Anm. 39), 391, der Siemian ebenfalls für einen Nagodzic hielt. Potkański, Ród Nagodziców (wie Anm. 190), 212f. Album Paleographicum. Ed. Krzyżanowski (wie Anm. 31), Nr. 18 sowie Nr. 19. Zbiór dokumentów (wie Anm. 72), Nr. 16; vgl. Kodeks Dyplomatyczny Śląska, Bd. 1. Ed. Maleczyński (wie Anm. 168), Nr. 25. Bieniak, Polska elita polityczna, Teil 2 (wie Anm. 35), 69f.

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wähnt, und zwar gleich nach den Söhnen Mieszkos III. des Alten.199 Während uns die Notiz zu Siemian Dziwiszowic hier nicht weiter interessieren muss, da sie sicher erst ganz am Ende des 12. Jahrhunderts entstanden ist, erscheint Dźwigor nicht nur als ein im Tyniecer Falsifikat begegnender Zeuge wichtig. Seine Zeugenschaft deutet darauf hin, dass er bereits vor 1124 eine starke politische Position in Kleinpolen besessen haben muss, und da er auch im Jahre 1149 als Donator des Dorfes Ujów für das Benediktinerkloster auf dem Breslauer Elbing in Erscheinung tritt,200 dürfte er für seine Tätigkeit zugunsten der Kirche bekannt gewesen sein. Allerdings hat Marek Cetwiński Zweifel an einer Gleichsetzung des Dźwigors aus dem Tyniecer Falsifikat und dem Wohltäter für das St. Vinzenzkloster auf dem Elbing geäußert (den er Dziwisz nennt).201 Ungeachtet solcher Zweifel können der Dźwigor von 1124 und Siemian, der Stifter der Kirche in Pacanów, tatsächlich wohl als Zeitgenossen angesehen werden. Und mit hoher Wahrscheinlichkeit können sie als die erste bekannte Generation der Familie Nagodzic-Jelita angesprochen werden. Ihre hohe Position innerhalb der damaligen Großen wurde durch die Stiftung einer neuen kirchlichen Niederlassung auf ihren Gütern sowie durch ihre Zeugenschaft auf einer wichtigen Urkunde unterstrichen. Im Umkreis des Piotr Włostowic

Die Łabędź sind eines der besterforschten frühen polnischen Adelsgeschlechter.202 Als einer ihrer ersten Vertreter gilt der Pfalzgraf Piotr Włostowic, dessen Person seit lan-

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Księga bracka. Ed. Perzanowski (wie Anm. 35), 9, dort die Notiz Diuisouic. Semianius cum uxore et filiis; ebd., 11, findet sich auch folgende Notiz: Wissezlaue cum duobus filiis Semiano et Miron ältere Ausgabe: Liber fraternitatis Lubinensis. Ed. Fryderyk Papée, in: MPH, Bd. 5. Lwów 1888, 562–584, hier 576 und 579. Das von Dźwigor vergebene Dorf identifiziert Karol Maleczyński als Ujów bei Środa Śląska (Neumarkt in Schlesien); Kodeks Dyplomatyczny Śląska, Bd. 1. Ed. Maleczyński (wie Anm. 168), Nr. 25. Cetwiński, Rycerstwo śląskie (wie Anm. 90), 9. Eine Monografie über dieses Adelsgeschlecht veröffentlichte noch in der Zwischenkriegszeit Marian Friedberg, Ród Łabędziów w wiekach średnich [Die Familie Łabędź im Mittelalter], in: Rocznik Towarzystwa Heraldycznego we Lwowie 7, 1924/1925, 1–100; neuere genealogische Befunde erbrachten Janusz Bieniak, Polska elita polityczna XII w., Część III.A: Arbitrzy książąt – krąg rodzinny Piotra Włostowica [Die polnische politische Elite des 12. Jahrhunderts. Teil III.A: Arbiter der Fürsten – der Familienkreis des Piotr Włostowic], in: Społeczeństwo Polski średniowiecznej 6, 1990, 13–107; Ders., Ród Łabędziów [Die Familie Łabędź], in: Jacek Hertel / Jan Wroniszewski (Hrsg.), Genealogia. Studia nad wspólnotami krewniaczymi i terytorialnymi w Polsce średniowiecznej. Toruń 1987, 9–33. Kiersnowska, Rus’isch-warägische Gefolgschaften (wie Anm. 123) 399–407 hat auf der Grundlage archäologischer Untersuchungen die These von einer rus’isch-varägischen Herkunft dieser Familie aufgestellt.

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gem die besondere Aufmerksamkeit der Historiker erregt.203 Im Lichte der neuesten Forschungen ist davon auszugehen, dass zur ersten Generation der WłostowicenŁabędź neben Piotr auch dessen Bruder Bogusław sowie sein Cousin (oder leiblicher Bruder) Włost gezählt werden müssen. Aus den Quellen sind auch Cieszybór sowie Mikora bekannt, Verwandte von Piotr, die mit ihm gemeinsam in Erscheinung traten. Piotrs Gattin war Maria, und seine Söhne hießen Wszebór, Świętosław und Idzi/ Ägidius (Konstantin).204 Fast alle Vertreter der Familie Łabędź zeigten ein aktives Engagement zugunsten der polnischen Kirche, zumindest die uns hier unmittelbar interessierende Generation des Piotr Włostowic. Bereits die mittelalterliche Tradition hob die enorme Stiftungstätigkeit dieses Großen hervor und schrieb ihm über 70 Kirchen und Klöster zu. Mitte des 12. Jahrhunderts schrieb der Zwiefaltener Chronist Ortlieb, Boloniorum princeps nomine Patricius habe für seine Sünden auf Geheiß des Papstes oder eines polnischen Bischofs 70 vel eo amplius decreverunt eum fabricare de propriis sumptibus aecclesias, inter quas nonnula monachorum decernunt eum edificare cenobia.205 Die Chronica Poloniae Maioris, die Piotr in zwei getrennten Kapiteln (Nota de Pyotrkone de Dacia und De Pyotrkone de Dacia) viel Aufmerksamkeit schenkte, duplizierte seine Person, indem sie in ihre Narration einen zweiten Piotr, einen Petrus Wlostides de Kszansz, einführte.206 Es ist offensichtlich, dass dies ein und dieselbe Person war – Piotr Włostowic. Der Chronica Poloniae Maioris zufolge soll er sieben Klöster gestiftet haben: das der Regularkanoniker auf der Breslauer Sandinsel, St. Vinzenz auf dem Breslauer Elbing sowie die Abtei in Czerwińsk, das Nonnenkloster in Strzelno, die Präpositur St. Laurentius bei Kalisch, die Abtei in Sulejów und die Präpositur in Mstów sowie alias septuaginta ecclesias ex lapide dolato et coctis lateribus fertur construxisse.207 Die Chronica Polonorum (auch ‚Polnisch-Schlesische Chronik‘ genannt) wiederholt diese Angaben fast wörtlich, und auch hier soll Piotr zur Vergeltung für seine Vergehen sieben Klöster gegründet haben, deren Namen die 203

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Zur Person des Piotr Włostowic Stanisław Bieniek, Piotr Włostowic. Postać z dziejów średniowiecznego Śląska [Piotr Włostowic. Eine Persönlichkeit aus der Geschichte des mittelalterlichen Schlesien]. Wrocław 1965; Stanisław Trawkowski, Piotr Włostowic, in: Emanuel Rostworowski (Hrsg.), Polski Słownik Biograficzny, Bd. 26. Wrocław / Kraków 1981, 355–358; Cetwiński, Rycerstwo śląskie (wie Anm. 108), 15–17; Bieniak, Polska elita polityczna (wie Anm. 202), 13– 48; Halina Manikowska, Princeps fundator im vorrechtsstädtischen Breslau. Von Piotr Włostowic zu Heinrich dem Bärtigen, in diesem Band 281–305; Jarosław Wenta, Tradycja o Piotrze. Na marginesie jednej z wielkich dyskusji [Die Tradition über Peter. Randbemerkungen zu einer großen Diskussion], in: Danuta Zydorek (Hrsg.), Scriptura custos memoriae. Prace historyczne. Poznań 2001, 523–538; Eduard Mühle, Zu den Anfängen des mittelalterlichen Adels in Polen. Das Beispiel des Piotr Włostowic, in: Daniel Bagi / Gergely Kiss / Tamás Fedeles (Hrsg.), ‚Köztes-Europa‘ vonzásában. Ünnepi tanulmányok Font Marta tiszteletére. Pécs 2012, 357–374. Bieniak, Polska elita polityczna (wie Anm. 202), 49f.; Ders., Ród Łabędziów (wie Anm. 202). Zwifaltensis chronicon. Ed. August Bielowski, in: MPH, Bd. 2. Lwów 1878, 2–5, hier 3. Chronica Poloniae Maioris. Ed. Kürbis (wie Anm. 4), 38f. und 49f. Ebd., 50.

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Quelle nicht nennt, und 70 steinerne Kirchen erbaut haben.208 An anderer Stelle erinnert die Chronica Polonorum nur ganz allgemein an die vielen Schenkungen und Kirchenstiftungen, von denen namentlich nur das monasterium Sancti Vincencii iuxta castrum Wratislaw genannt wird.209 In der ‚Gekürzten Schlesischen Chronik‘ ist von der Gründung zweier Klöster bei Breslau (auf der Sandinsel und auf dem Elbing) sowie von 70 Kirchen die Rede. Als Motiv der Stiftungen nennt diese Quelle ebenfalls eine vom Papst auferlegte Buße.210 Etwas anders berichtet die ‚Chronik der polnischen Fürsten‘ über die zahlreichen Stiftungen des Piotr Włostowic. Aus ihr erfahren wir, dass ihm aufgrund seiner Aktivitäten in der Rus’ auferlegt wurde, sieben Klöster zu errichten, womit er sich selbst aber nicht zufriedengegeben habe und statt sieben, septuagiunta septem pro peccatis suis construxit ecclesias.211 Eine spätere, wohl aus dem 15. Jahrhundert stammende Kompilation mit dem Titel ‚Denkwürdige Geschehnisse‘ notiert lediglich, Petrus habe 77 Kirchen gestiftet, und nennt in diesem Zusammenhang das Kloster St. Vinzenz außerhalb der Stadtmauern von Breslau.212 Die aus dem 16. Jahrhundert stammende Cronica Petri schreibt die Stiftung des Klosters auf der Breslauer Sandinsel schließlich der Gattin des Piotr, Maria, und jene des St. VincenzKlosters sowie des Klosters St. Laurentius bei Kalisch Piotr selbst zu. Daneben habe er septuaginta duas […] lapideas eclesias, alii septuaginta et septem cenobia sive monasteria errichtet.213 In diese Traditionslinie gehören auch die ‚Annalen des Sędziwój‘, die zum Jahr 1145 notieren, dass Piotr (Petrus) geblendet worden sei, qui claustra multa in Polonia construxit et dotavit. Hic apud santum Vincentium una cum uxore sua Wrathislawie defunctus est. Qui et eandem abbaciam fundavit.214 Auch die verschiedenen Handschriften der ‚Kleinpolnischen Annalen‘ erwähnen unter verschiedenen Daten (1145, 1148 und 1147) die Blendung Piotrs und fügen hinzu, dass er in Breslau ein Kloster erbaut oder gestiftet habe (das in einer Handschrift der Annalen, im Codex von Szamotuły namentlich als St. Vinzenz-Abtei bezeichnet wird).215

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Chronica Polonorum. Ed. Ludwik Ćwikliński, in: MPH, Bd. 3. Lwów 1878, 578–656, hier 631. Ebd., 628f. Der Autor dieses Werkes unterstreicht, dass er seine Informationen der maiora cronica Polonorum et in carmine Mauri verdanke. Kronika śląska skrócona [Gekürzte Schlesische Chronik]. Ed. Aleksander Semkowicz, in: MPH, Bd. 3. Lwów 1878, 718–731, hier 723. Chronica Principum Polonorum. Ed. Zygmunt Węclewski, in: MPH, Bd. 3. Lwów 1878, 423– 578, hier 476f. Zdarzenia godne pamięci [Denkwürdige Geschehnisse]. Ed. Antoni Lorkiewicz, in: MPH, Bd. 3. Lwów 1878, 296–313, hier 304. Cronica Petri comitis Poloniae. Ed. Marian Plezia, in: MPH NS, Bd. 3. Kraków 1951, 8; 17; 28; auf 29 findet sich zudem die Information, dass Piotr im Kloster St. Vinzenz beigesetzt wurde. Rocznik Sędziwoja [Annalen des Sędziwój]. Ed. August Bielowski, in: MPH, Bd. 2. Lwów 1872, 871–880, hier 875. Rocznik małopolski 965–1415 [Kleinpolnische Annalen 965–1415]. Ed. August Bielowski, in: MPH, Bd. 3. Lwów 1878., 135–202: Codex von Kuropatnicki, 154 (vor 1145), Codex von

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Als die wichtigste Quelle ist zweifellos die Überlieferung Ortliebs anzusehen, da sie aus der Zeit des Piotr Włostowic selbst stammt. Die übrigen angeführten Quellen, insbesondere jene schlesischer Provenienz, bringen im Prinzip nichts Neues, während die Chronica Poloniae Maioris nur recht verworrene Details über die von Piotr gegründeten Klöster hinzufügt. Alle diese Überlieferungen sind gleichwohl wertvoll, zeigen sie doch, dass das ganze Mittelalter hindurch eine Erinnerung an das enorme Ausmaß der Stiftungstätigkeit des Pfalzgrafen Piotr lebendig war. Ihre Krönung fand diese mittelalterliche Erinnerung an die Stiftungen des Piotr Włostowic im Werk des Jan Długosz, der die meisten der hier besprochenen Überlieferungen kannte. Długosz nannte in seinen ‚Annalen‘ die Namen von 40 Stiftungen Piotrs216 und in seinem Liber beneficiorum fügte er noch fünf weitere hinzu.217 Die mittelalterliche Tradition über die Stiftungstätigkeit des Pfalzgrafen Piotr erwies sich als so stark, dass ihr auch zeitgenössische Historiker erlagen, die Antworten auf die Frage suchten, wieviele Kirchengebäude dieser Große denn nun wirklich errichtet hat. Bereits der Kunsthistoriker Władysław Łuszczkiewicz äußerte Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Zahl von über 70, hielt aber eine Zahl von etwa 50 gestifteten Gotteshäusern für durchaus möglich.218 Vorsichtiger äußerte sich Janusz Frankenstein, der die enorme Zahl der Piotr zugschriebenen Stiftungen für ein Werk von mindestens drei Generationen hielt, das die Familie Łabędź zwischen 1090 (dem vermutlichen Datum der Kirchenstiftung auf dem Zobtenberg) und 1190 (dem Zeitpunkt der Reform des Klosters auf der Sandinsel) realisiert habe.219 Marian Friedberg identifizierte acht zweifelsfreie Stiftungen des Pfalzgrafen und benannte darüber hinaus noch einige mögliche weitere Stiftungen.220 Marian Plezia hielt die überlieferte Zahl der Kirchengründungen deshalb für durchaus wahrscheinlich, weil auch die über die zahlreichen Güter der Familie Łabędź verstreuten „kleinen Holzkirchen oder sogar Kapellen“ mit berücksichtigt werden müssten. Er unterstrich zudem, dass Piotr als ein bedeutender

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Lubiń, 154 (vor 1145), Codex von Szamotuły, 155 (vor 1148), Codex von Königsberg, 155 (vor 1147). Ioannis Dlugossii Annales, lib. 5–6. Ed. Kozłowska-Budkowa (wie Anm. 182), 25. Jan Długosz, Liber beneficiorum, Bd. 3. Ed. Przezdziecki (wie Anm. 8), 163; 183. Władysław Łuszczkiewicz, Kościoły i rzeźby Duninowskie w Strzelnie na Kujawach oraz ruina kościoła P. Marii w Inowrocławiu. Przyczynek do dziejów sztuki XII wieku w Polsce [Die auf Dunin zurückgehenden Kirchen und Skulpturen in Strzelno in Kujawien und die Ruine der Marienkirche in Inowrocław. Ein Beitrag zur Kunstgeschichte des 12. Jahrhunderts in Polen], in: Pamiętnik Akademii Umiejętności w Krakowie. Wydział Filologiczny i Historyczno-Filozoficzny 3, 1876, 89–116, hier 92. Janusz Frankenstein, Działalność budowlana rodu Łabędziów na Śląsku i na Kujawach w XII wieku [Die Bautätigkeit der Familie Łabędź in Schlesien und in Kujawien im 12. Jahrhundert], in: Biul. Hist. Szt. i Kultury 3, 1934/1935, 346–361. Friedberg, Ród Łabędziów (wie Anm. 202), 86–94.

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Mitgestalter der frühmittelalterlichen polnischen Kultur zu gelten habe.221 Ähnlich sah auch Stanisław Bieniek Piotr als einen Förderer von Kunst und Kultur, dessen Kirchengründungen der symbolischen Zahl von 77 wohl tatsächlich nahegekommen sei.222 Tomasz H. Orłowski hat die Ansichten Plezias und Bienieks zu Recht in Frage gestellt und betont, dass eine einzelne Person wohl kaum in der Lage gewesen sein kann, innerhalb von nur ungefähr 30 Jahren eine so beträchtliche Zahl von Stiftungen zu realisieren. In Wirklichkeit mögen es, so Orłowski, vielleicht höchstens 20 Objekte gewesen sein. Zudem könnte Piotr als ‚Bankier‘ für andere Große fungiert haben, indem er ihnen (im Gegenzug für Landgüter) mit seinen Bargeldvorräten aushalf, und auf diese Weise indirekt an Stiftungen anderer Großer mitgewirkt haben.223 Auf eine Mindestzahl von etwa 20 Stiftungen kam nach eingehender Analyse der Quellen auch Janusz Bieniak,224 mit dem wiederum Leszek Kajzer polemisierte, der daran festhielt, dass die Zahl von 70 (bzw. 77) Stiftungen als realistisch anerkannt werden müsse, auch wenn eine buchstäbliche Identifizierung heute kaum noch möglich sei.225 Die referierte Diskussion führt letztlich zu keinem Ergebnis. Es mangelt an wirklich belastbaren Schriftquellen, während die Kunsthistoriker und Archäologen die erhaltenen Objekte bislang nicht präzise datieren können; zudem ist der Stand der Feldforschung unzureichend. Unabhängig davon, ob die fraglichen Stiftungen als unmittelbare Gründungen kirchlicher Institutionen von Grund auf oder als Ausdruck der Phänomene

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Marian Plezia, Palatyn Piotr Włostowic. Sylwetka z dziejów Śląska w XII wieku [Der Pfalzgraf Piotr Włostowic. Ein Lebensbild aus der Geschichte Schlesiens im 12. Jahrhundert]. Warszawa 1947, 39–61, das Zitat 44. Bieniek, Piotr Włostowic (wie Anm. 203), 79–102; Ders., Uwagi nad powstaniem klasztoru w Strzelnie i fundacjami Piotra Włostowica z około połowy XII wieku [Bemerkungen zur Entstehung des Klosters in Strzelno und zu den Stiftungen des Piotr Włostowic um die Mitte des 12. Jahrhunderts], in: Prace Komisji Historycznej Bydgoskiego Towarzystwa Naukowego 2, 1964, 33–54. Tomasz Hubert Orłowski, Czy Piotr Włostowic zbudował 70 kościołów? Z początków mecenatu artystycznego w dwunastowiecznej Polsce [Hat Piotr Włostowic 70 Kirchen errichtet? Über die Anfänge des künstlerischen Mäzenats in Polen im 12. Jahrhundert], in: Elżbieta Karwowska / Anna Marczak-Krupa (Hrsg.), Mecenas – Kolekcjoner – Odbiorca. Materiały sesji Stowarzyszenia Historyków Sztuki. Katowice, listopad 1981. Warszawa 1984, 39–54; Tadeusz Lalik, Uwagi o finansowaniu budownictwa murowanego w Polsce do początku XIII wieku [Bemerkungen zur Finanzierung des Steinbauwesens in Polen bis zum Beginn des 13. Jahrhunderts], in: Kwart. Hist. Kult. Mater. 36, 1988, 55–74, hier 59f. Bieniak, Polska elita polityczna (wie Anm. 202), 36–48. Leszek Kajzer, Jeszcze o 70 kościołach fundacji Piotra Włostowica (uwagi na marginesie studium Janusza Bieniaka) [Noch einmal zu den 70 Kirchen der Stiftung des Piotr Włostowic (Randbemerkungen zur Studie von Janusz Bieniak)], in:Kwart. Hist. Kult. Mater. 39, 1991, 177–185. Es scheint, dass die Thesen dieses Artikels wenigstens zum Teil auf gewisse Missverständnisse zurückgehen, so etwa zum Wesen und zur Entwicklung der Pfarreiorganisation oder zur Frage des Kanonikats.

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fundatio und dotatio anzusehen sind,226 scheinen Orłowski und Bieniak der Antwort auf die Frage nach dem Ausmaß der Stiftungsaktivitäten des Piotr Włostowic wohl am nächsten zu kommen. Die Zahl 70 oder 77 muss in der Sprache der damaligen Quellen als Synonym des heutigen Ausdrucks ‚viele‘ oder ‚zahlreiche‘ verstanden werden sowie als eine Art Symbol.227 Welche Kirchen und Klöster waren also wirklich das Werk dieses herausragenden Großen, dessen Wirken zugunsten der Kirche, wie es scheint, erst nach dem Kriegszug gegen die Rus’ und der Entführung des Herzogs von Przemysl Wolodar begann, also nach 1123?228 Eine der ersten und wichtigsten Stiftungen des Piotr Włostowic war zweifellos das Benediktinerkloster St. Vinzenz auf dem Breslauer Elbing. Als dessen Gründer nennt ihn eine Urkunde Herzog Bolesławs IV. Kraushaar vom 22. Juni 1149, in der es heißt: Comes Petrus fundator ecclesie Virbeno, Odram, Crescenicam dedit et Olauam.229 Unklar ist, wann Piotr diese Stiftung durchgeführt und die aufgeführten Dörfer vergeben hat. Im Lichte einer Urkunde des Breslauer Bischofs Robert I. aus dem Jahre 1139 muss das Kloster aber bereits vor 1139 gestiftet worden sein, da der Bischof dem damals noch der Allerheiligsten Jungfrau Maria gewidmeten Kloster eine Kapelle bestätigte quod tunc Petrus edificabat in honore sancti Michaelis constructam cum omnibus, que ad eam pertinent.230 Sowohl das Datum der Urkunde als auch der Name des Stifters der St. Michael-Kirche verweisen auf Piotr Włostowic.231 Die Errichtung des St. Vinzenz-Klosters durch Piotr wird auch – wenngleich ohne genaues Datum – bei Ortlieb erwähnt.232 In der Historiografie wird zumeist angenommen, dass die Abtei auf dem Breslauer Elbing um das Jahr 1126 gegründet wurde233 und der Konvent vielleicht 226 227

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Vgl. Dobosz, Działalność (wie Anm. 17), 15. So schon Friedberg, Ród Łabędziów (wie Anm. 202), 87; auch Bieniek, Piotr Włostowic (wie Anm. 203), 85; Katarzyna Hewner, Piotr Włostowic czy Piotr Wszeborowicz? O fundacji i fundatorze klasztoru norbertanek w Strzelnie [Piotr Włostowic oder Peter Wszeborowicz? Über die Stiftung und den Stifter des Prämonstratenserinnen-Klosters in Strzelno], in: Nasza Przeszł. 94, 2000, 47–84, hier 81–83. Vgl. Bieniak, Polska elita polityczna (wie Anm. 202), 37; 39, der meint, dass die 70 aus dem Bericht Ortliebs keine symbolische Zahl gewesen sei. Bieniak, Polska elita polityczna (wie Anm. 202), 17f.; Kajzer, Jeszcze o 70 kościołach (wie Anm. 225), passim. Kodeks Dyplomatyczny Śląska, Bd. 1. Ed. Maleczyński. (wie Anm. 168), Nr. 25. Ebd., Nr. 16. Ebd., Nr. 16, Anm. 11 des Herausgebers, der hier auch Jaxa als Gründer ins Spiel bringt. Die Hypothese gründete sicher auf einer von der Cronica Petri. Ed. Plezia (wie Anm. 213), 30 überlieferten Inschrift dieser Kirche, in der von Jaxa die Rede war; vgl. Cetwiński, Rycerstwo śląskie (wie Anm. 90), 11f.; zur Lokalisierung der Michaels-Kirche bei Breslau Kodeks Dyplomatyczny Śląska, Bd. 1 ebd., Nr. 16, Anm. 11. Zwifaltensis chronicon. Ed. Bielowski (wie Anm. 205), 3, ohne Nennung des Patroziniums dieses Klosters. Zur Abtei Unserer Lieben Frau und St. Vinzenz auf dem Breslauer Elbing liegt bislang keine Monografie vor; neben den bereits zitierten Arbeiten von Leszek Kajzer, Marian Friedberg, Tomasz Hubert Orłowski, Marian Plezia und Stanisław Bieniek vgl. auch Heinrich Grüger, Schlesisches Klosterbuch. Breslau, St. Vinzenz, Benediktiner-, dann Praemonstratenserabtei, in:

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aus dem nahe Krakau gelegenen Tyniec stammte.234 Ein wichtiges Ereignis für die dortigen Benediktiner bildete zweifellos die Überführung der Reliquien des hl. Vinzenz aus Magdeburg im Jahre 1144/45.235 Die zweite große Stiftung Piotrs war das der Allerheiligsten Jungfrau Maria gewidmete Kloster der Regularkanoniker auf der Breslauer Sandinsel. Seine Geschicke waren komplizierter und seine Anfänge sind etwas schwieriger zu erhellen. Gemäß der späteren Klostertradition und der Chronica Petri comitis ex Dacia des Benedikt von Posen wurde das Kloster vom Pfalzgrafen Włost zunächst in Górka am Zobtenberg gegründet und am 9. Januar 1110 vom Breslauer Bischof Petrus geweiht.236 Demgegenüber bezeichnet die Cronica Petri comitis Poloniae Maria Włostowicowa als Stifterin, verweist aber zugleich auch darauf, dass es in alten Schriften eine Notiz gebe, der zufolge das Kloster im Jahre 1090 von Petro comite Korek errichtet worden sei.237 Dagegen bezeugt eine am 19. Oktober 1148 in Pisa ausgestellte Bulle Papst Eugens III. lediglich, dass das Kloster Unserer Lieben Frau de Monte Silencji als Orden der Regularkanoniker unter der Verwaltung des Abtes Arnulf funktioniert, zählt dessen Ausstattung (montem videlicet cum appendenciis suis, forum sub monte, ecclesiam beati Adalberti in Wraticilau) auf, erwähnt aber nicht den Stifter.238 Nach der Urkunde des Breslauer Bischofs Walter von 1149 verlieh dieser auf Bitten des comes Piotr, seiner Gattin Maria und ihres Sohnes Świętosław den Kirchen in Wratislavia iuxta pontem scilicet et in monte Silencji

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Jb. Schl. Univ. Bresl. 24, 1983, 67–96; Marek Derwich, Zarys dziejów benedyktynów i benedyktynek na Śląsku [Abriss der Geschichte der Benediktiner und Benediktinerinnen in Schlesien], in: Śląski Kwart. Hist. Sobótka 53, 1998, 435–456, hier 439f. und 445f.; Ders., Monanstycyzm benedyktyński (wie Anm. 32), 194. So vermuten Derwich, Monastycyzm benedyktyński (wie Anm. 32), 194 und Kazimierz Jasiński, Kalendarz opactwa św. Wincentego we Wrocławiu [Kalender der Abtei St. Vinzenz in Breslau], in: Kazimierz Bobowski (Hrsg.), Kultura średniowieczna Śląska. Pierwiastki rodzime i obce. Wrocław 1993, 45–58, hier 58. Die Begegnung zwischen Piotr Włostowic und dem deutschen König Konrad III. zu Weihnachten 1144, als er die Reliquien des hl. Vinzenz erhielt, notieren die Annales Magdeburgenses. Ed. Georg Heinrich Pertz, in: MGH SS, Bd. 16. Hannover 1859, 105–196, hier 187. Im Juni 1145 ließ Piotr die Reliquien in seine Stiftung auf dem Elbing überführen und es erfolgte eine entsprechende Änderung des Kloster-Patroziniums; vgl. Janusz Bieniak, Polska elita polityczna XII w. Część III.B: Arbitrzy książąt – trudne początki [Die polnische politische Elite des 12. Jahrhunderts. Teil III.B: Arbiter der Fürsten – die schwierigen Anfänge], in: Społeczeństwo Polski średniowiecznej 7, 1996, 11–44, hier 12f., 19; Derwich, Zarys dziejów (wie Anm. 233), 445. Das Tages- und Jahresdatum findet sich in der Klosterchronik: Chronica abbatum Beatae Mariae Virginis in Arena. Ed. Gustav Adolf Stenzel, in: Scriptores rerum Silesiacarum, Bd. 2. Breslau 1839, 156–286, hier 162. Cronica Petri. Ed. Plezia (wie Anm. 213). Der gleiche Text ist enthalten in: Spominki wrocławskie 1090–1450 [Breslauer Aufzeichnungen]. Ed. Aleksander Semkowicz, in: MPH, Bd. 3. Lwów 1878, 732–734, hier 732. Kodeks Dyplomatyczny Śląska, Bd. 1. Ed. Maleczyński (wie Anm. 168), Nr. 22.

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den Zehnten.239 Den comes Piotr erwähnen auch Klosteraufzeichnungen von etwa 1193 sowie eine Bulle Coelestins III. vom 9. April 1193.240 Der Klostertradition entsprechend gründete Piotr zuerst die Niederlassung der Regularkanoniker auf dem Zobtenberg, die dann auf die Breslauer Sandinsel verlegt wurde.241 In der Historiografie wurden unterschiedliche Vermutungen über die Anfänge der Abtei Unserer Lieben Frau angestellt;242 heute geht man zumeist davon aus, dass Piotr Włostowic sie vor 1138 auf dem Zobtenberg gegründet hat und dass die ältesten Klostergebäude nicht erhalten geblieben sind. Danach wurde das Kloster auf die Sandinsel in der Nähe der Breslauer Burgsiedlung verlegt, vielleicht noch vor 1148.243 Gelegentlich wird auch die Ansicht vertreten, dass Piotrs Vater Włost das ursprüngliche Kloster am Zobtenberg (in Górka?) gegründet habe.244 239 240 241 242

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Ebd., Nr. 26, dort Anm. 5–6 die Identifizierung beider Kirchen; vgl. auch Spominki wrocławskie. Ed. Semkowicz (wie Anm. 237), 732 mit einer allgemeinen Notiz über die Vergabe des Bischofs Walter. Kodeks Dyplomatyczny Śląska, Bd. 1. Ed. Maleczyński (wie Anm. 168), Nr. 68 und Nr. 71. Chronica abbatum Beatae Mariae. Ed. Stenzel (wie Anm. 236), 162–165; vgl. Spominki wrocławskie. Ed. Semkowicz (wie Anm. 237), 733f. Diese Untersuchungen wurden unlängst zusammengestellt von Anna Pobóg-Lenartowicz, Stan badań nad klasztorem Kanoników Regularnych NMP na Piasku we Wrocławiu [Forschungsstand zum Kloster der Regularkanoniker Unserer Lieben Frau auf der Sandinsel in Breslau], in: Wacław Korta (Hrsg.), Studia średniowieczne. Wrocław 1992, 85–98, über die Anfänge des Klosters 86–92; vgl. auch Dies., Uposażenie i działalność gospodarcza klasztoru Kanoników Regularnych NMP na Piasku we Wrocławiu do początku XVI wieku [Zur Ausstattung und Wirtschaftstätigkeit des Klosters der Regularkanoniker Unserer Lieben Frau auf der Sandinsel in Breslau bis zum Anfang des 16. Jahrhunderts]. Opole 1994. Die Untersuchungen über die Anfänge der Abtei zusammengefasst auch bei Wojciech Mrozowicz, Kanonicy regularni św. Augustyna (augustianie) na Śląsku [Die Regularkanoniker vom hl. Augustinus (Augustiner) in Schlesien], in: Śląski Kwart. Hist. Sobótka 53, 1998, 401–413, hier 402f., Anm. 7–13. Zur ursprünglichen Bebauung auf dem Zobtenberg und im Kloster auf der Sandinsel Władysław Semkowicz, Zabytki romańskie na górze Sobótce [Romanische Baudenkmäler auf dem Zobtenberg], in: Przegląd Historii Sztuki 1, 1929, 29–36; Frankenstein, Działalność budowlana (wie Anm. 219), 345–351; Świechowski, Budownictwo romańskie (wie Anm. 14), 275–277 (Zobtenberg) und 334– 336 (Sandinsel), vgl. Ders., Architektura romańska (wie Anm. 2), 297f. und 222f.; Walicki, Sztuka (wie Anm. 15), 781f. (Sandinsel) und 756f. (Zobten am Berge); Zygmunt Świechowski, Fundacje Piotra Włostowica [Die Stiftungen des Piotr Włostowic], in: Jerzy Rozpędowski (Hrsg.), Architektura Wrocławia, Bd. 3: Świątynie [Gotteshäuser]. Wrocław 1997, 9–20. Zu den Anfängen des Klosters Wacław Korta, Tajemnice góry Ślęży [Die Geheimnisse des Zobtenberges]. Katowice 1988, 234– 315; Marek Cetwiński, „Chronica abbatum beatae Mariae Virginis in Arena“ o początkach klasztoru [Die „Chronica abbatum beatae Mariae Virginis in Arena“ über die Anfänge des Klosters], in: Kazimierz Bobowski (Hrsg.), Źródłoznawstwo i studia historyczne. Wrocław 1989, 211–218; PobógLenartowicz, Stan badań (wie Anm. 242), 86ff.; Mrozowicz, Kanonicy regularni (wie Anm. 242), 403; Ludo Milis, Les origines des abbayes de Ślęża et du Piasek á Wrocław, in: Rocz. Hum. 19, 1971, 5–27, Czesław Deptuła, Przyczynek do dziejów Ślęży i jej opactwa [Ein Beitrag zur Geschichte des Zobten und seiner Abtei], in: Rocz. Hum. 15, 1967, 17–35. Vgl. zum Beispiel Deptuła, Przyczynek do dziejów (wie Anm. 243), 17ff.; so wohl auch Bieniak, Polska elita polityczna (wie Anm. 202), 21. Die Ansicht, dass Herzog Bolesław Schiefmund der

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Eine weitere Stiftung, die als Werk von Piotr selbst oder seines Umkreises aufgefasst werden kann, ist die Breslauer St. Adalbert-Kirche, die bereits in der Bulle Eugens III. von 1148 als Eigentum des Klosters auf der Sandinsel erwähnt wird (ohne aber dass der Stifter genannt würde).245 Die Klosteraufzeichnungen vom Ende des 12. Jahrhunderts äußern sich eindeutiger: Ecclesiam sancti Adalberti dedit Bogulaus frater comitis Petri, und zwar zusammen mit dem Dorf Muchobór und Leibeigenen.246 Die Klosterchronik sah Piotr Włostowic selbst als den Stifter dieser Kirche an.247 Marian Friedberg ging davon aus, dass dieses Gotteshaus sicher vor dem Jahr 1148 im Umkreis des Pfalzgrafen Piotr entstanden ist.248 Im 13. Jahrhundert verzichtete das Kloster auf diese Kirche und übergab sie dem Breslauer Bischof Laurentius, der sie den Dominikanern schenkte.249 Jan Długosz verwies unter dem Jahr 1133 noch auf eine weitere Kirche, die Piotr erbaut haben soll; er beschrieb dieses Ereignis als fundatio monasterii ordinis Praemonstratensis in Strzelno. Erbaut wurde die dem Heiligen Kreuz und Unserer Lieben Frau gewidmete Kirche von Petrus Dacus comes de Skrzin und geweiht wurde sie in Anwesenheit der Bischöfe Bernhard von Lebus und Swidger von Kruschwitz.250 Die Suche nach den Anfängen des Prämonstratenserinnenklosters in Strzelno und seines Stifters hat in der polnischen Historiographie eine mehr als hundertjährige Tradition.251 Die alte

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Stifter des Klosters gewesen sei, hat zu begründen versucht Łowmiański, Początki Polski, Bd. 6/1 (wie Anm. 39), 279f.; dieser Versuch muss jedoch als gescheitert betrachtet werden. Zur Frage der Anfänge der Abtei und ihres Stifters auch Wilhelm Marschall / Heinrich Grüger, Breslau, Sandstift, Abtei der Regulierten Augustiner-Chorherren-Abtei, dann Propstei (Schlesisches Klosterbuch, Teil 34), in: Jb. Schl. Univ. Bresl. 34, 1993, 1–32, hier 1–2; Wilhelm Marschall, Gorkau, Augustiner-Chorherren-Abtei, dann Propstei (Schlesisches Klosterbuch, Teil 12), in: Jb. Schl. Univ. Bresl. 26, 1985, 3–7, hier 3f. Kodeks Dyplomatyczny Śląska, Bd. 1. Ed. Maleczyński (wie Anm. 168), Nr. 22 und Anm. 6. Ebd., Nr. 69. Chronica abbatum Beatae Mariae. Ed. Stenzel (wie Anm. 236), 161. Friedberg, Ród Łabędziów (wie Anm. 202), 90. Schlesisches Urkundenbuch, Bd. 1: 971–1230. Ed. Heinrich Appelt. Köln / Wien 1971, Nr. 263, 266; Walicki, Sztuka polska przedromańska (wie Anm. 15), 784f.; Świechowski, Architektura romańska (wie Anm. 2), 303–305. Ioannis Dlugossii Annales, lib. 3–4. Ed. Budkowa (wie Anm. 6), 319. Vgl. Brygida Kürbis, Najstarsza tradycja klasztoru Panien Norbertanek w Strzelnie [Die älteste Tradition des Klosters der Prämonstratenserinnen in Strzelno], in: Rocz. Hist. 40, 1974, 39–53; Dariusz Karczewski, Najwcześniejsze dzieje Strzelna w świetle „Roczników“ Jana Długosza [Die früheste Geschichte von Strzelno im Lichte der „Annalen“ des Jan Długosz], in: Robert L. Andrzejewski (Hrsg.), Z dziejów Strzelna. 800 lat bulli konfirmacyjnej papieża Celestyna II i 100 lecie śmierci ks. dra A. Kanteckiego. Gniezno 1994, 9–27; Ders., Czy istniało Strzelno przednorbertańskie? [Gab es ein vorprämonstratensisches Strzelno?], in: Archaeol. hist. Pol. 2, 1995, 181–191; Czesław Sikorski, O fundacji klasztoru norbertanek w Strzelnie [Zur Stiftung des Prämonstratenserinnenklosters in Strzelno], in: ebd., 193–209; Gerard Labuda, Jeszcze jedna próba datowania fundacji klasztoru premonstratensek w Strzelnie [Ein weiterer Versuch, die Stiftung des Prämonstratenserinnenklosters in Strzelno zu datieren], in: Jerzy Strzelczyk / Józef

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Annahme, dass das Kloster bereits in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts errichtet worden ist, wurde im Ergebnis archäologisch-architektonischer Untersuchungen fallengelassen. Heute geht man davon aus, dass die beiden noch heute exitierenden Strzelnoer Kirchen, die Rotunde St. Prokop und die Klosterkirche zur Heiligen Dreifaltigkeit, ungefähr gleichzeitig im letzten Viertel des 12. Jahrhunderts entstanden sind, und zwar auf einem früher unbesiedelten Gebiet.252 Das Strzelnoer Kloster soll Długosz zufolge das Patrozinium des Heiligen Kreuzes und Unserer Lieben Frau getragen haben, während die uns heute bekannten dort befindlichen Kirchen dem hl. Prokop und der Heiligen Dreifaltigkeit gewidmet sind.253 Dies führte letztlich zu dem Schluss, dass das Prämonstratenserinnenkloster erst von einem Enkel des Piotr Włostowic, Piotr dem Alten Wszeborowic, gegen Ende des 12. Jahrhunderts gestiftet worden sei.254 Die Heiligkreuzkirche, die Długosz zufolge 1133 geweiht wurde, muss daher ein anderes Gotteshaus gewesen sein, dessen Stifter höchstwahrscheinlich Piotr Włostowic war.255

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Dobosz (Hrsg.), Nihil superfluum esse. Prace z dziejów średniowiecza ofiarowane Profesor Jadwidze Krzyżaniakowej. Poznań 2000, 175–185; Dariusz Karczewski, Dzieje klasztoru norbertanek w Strzelnie do początku XVI wieku [Die Geschichte des Klosters der Prämonstratenserinnen in Strzelno bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts]. Inowrocław 2001 spricht sich eindeutig für die Stiftung des Klosters im letzten Viertel des 12. Jahrhunderts durch Piotr Wszeborowic den Alten aus. Vgl. Jadwiga Chudziakowa, Zespół architektury romańskiej w Strzelnie w świetle najnowszych badań [Das romanische Architekturensemble in Strzelno im Lichte der neuesten Forschungen], in: Acta UNC, Archeologia 13, 1990, 5–27; Bożena Zimnowoda-Krajewska / Jan Salm, Problematyka badań architektonicznych ponorbertańskiego kościoła p.w. św. Trójcy w Strzelnie [Zur Problematik archäologischer Untersuchungen der ehemals prämonstratensischen Dreifaltigkeitskirche in Strzelno], in: Acta UNC, Archaeologia 20, 1992, 21–48; Czesław Sikorski, Historia budowlana strzeleńskich kościołów [Zur Baugeschichte der Strzelnoer Kirchen], in: Andrzejewski, Z dziejów Strzelna (wie Anm. 251), 29–46; Świechowski, Romańskie bazyliki Wielkopolski (wie Anm. 91), 85–95; Ders., Strzelno romańskie [Das romanische Strzelno]. Poznań 1998, passim. Eine Zusammenstellung der älteren Literatur findet sich in Walicki, Sztuka (wie Anm. 15), 759–761; vgl. auch Świechowski, Architektura romańska (wie Anm. 2), 233–239; Ders., Razem czy osobno – o wspołpracy w badaniach nad wczesną architekturą [Zusammen oder allein – über die Zusammenarbeit bei Forschungsarbeiten zur früheren Architektur], in: Zydorek, Scriptura (wie Anm. 203), 323–338, hier 326f. Zu den Patrozinien dieser Kirchen Ryszard Kabaciński, O patrocinium św. Prokopa w Strzelnie [Über das Patrozinium St. Prokop in Strzelno], in: Acta UNC, Archeologia 13, 1990, 29–40 sowie Karczewski, Dzieje klasztoru norbertanek (wie Anm. 251), 105–114. So Bieniak, Polska elita polityczna (wie Anm. 202), 38; vgl. die älteren Arbeiten von Antoni Małecki, Klasztory w obrębie wieków średnich [Die Klöster im Bereich des Mittelalters], in: Ders., Z dziejów i literatury. Pisma pomniejsze. Lwów / Petersburg 1896, 276–370, hier 314– 317, Friedberg, Ród Łabędziów (wie Anm. 202), 91–94 und Tomaszewski, Romańskie kościoły (wie Anm. 84), 128–137. Vgl. Karczewski, Najwcześniejsze dzieje (wie Anm. 251), 26; Ders., Verwandtschaftsbeziehungen und adliger Stiftergemeinschaften im Polen des 12. Jahrhunderts, in diesem Band 261–280, hier 240f.; Ders., Dzieje klasztoru norbertanek (wie Anm. 251), 53ff.

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St. Prokopkirche in Strzelno, zweite Hälfte12. Jahrhundert

Eine Lokalisierung dieser Kirche ist bislang nicht möglich gewesen; doch kann mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass sie sich eher in jenem Gebiet befunden haben wird, das die Bulle von 1193 mit villam Strelno cum taberna bezeichnete256 als in dem zum Kloster gehörenden Teil des Dorfes. Marian Friedberg war der Meinung, Piotr Włostowic habe neben den angeführten, quellenmäßig sicher bezeugten Klöstern und Kirchen auch noch die Kirchen in Oława, Kościan, Tristenic sowie in Mstów und vielleicht auch in Skrzyńsko gestiftet.257 Janusz Bieniak fügte dem 256

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Kodeks Dyplomatyczny Wielkopolski, Bd. 1. Ed. Zakrzewski. (wie Anm. 46), Nr. 32; vgl. Bieniak, Polska elita polityczna (wie Anm. 202), 3. Zuletzt meinte Hewner, Piotr Włóstowic (wie Anm. 227), 71ff., wenn auch wohl ohne Begründung, dass das Kloster in zwei Phasen entstanden sei. Friedberg, Ród Łabędziów (wie Anm. 238), 91; die Schlussfolgerung stützte sich auf die Bulle

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noch Kirchen in Kościół (Kościelna Wieś), Piotrków, Skrzynno sowie die Präpositur in Jeżów hinzu.258 Infolge der unzureichenden Quellengrundlage sowie fehlender archäologischer Untersuchungen ist eine Verifizierung in diesen Fällen unmöglich. Zweifelhaft ist eine Verbindung Piotrs zu dem Prämonstratenserkloster in Kościelna Wieś bei Kalisch, auch wenn die These, dass es auf seine Initiative zurückgehe, unlängst von Gerard Kucharski erneut aufgegriffen worden ist.259 Dariusz Karczewski zufolge muss dieses Kloster zwar mit der Familie Łabędź in Verbindung gebracht werden, doch wohl erst mit Piotrs Enkel, dem bereits erwähnten Piotr Wszeborowic dem Alten.260 Möglicherweise hat es Verbindungen Piotrs zum Benediktinerkloster in Lubiń gegeben, da er sowohl im dortigen Verbrüderungsbuch als auch im Lubińer Totenbuch erwähnt wird.261 Ob dem, wie Janusz Bieniak meint, die Vergabe der Präpositur von Jeżów

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Papst Innozenz’ III. vom 12. August 1201, in der die Kirchen aufgezählt werden, die zu Piotrs Stiftung, d. h. zum Kloster St. Vinzenz gehörten: Specialiter autem sancti Martinj in Vratizlau, sancti Laurentij in Legniz, sancti Godardi in Costomlot, sancte Marie in Lossina, sanctorum Blasij et Sperati in Oleua, sancti Petri in Tosses, sancti Jacobi in Sucou, sancte Maragarite in Bitom, sancte Marie Magdalene in Tristenice et sancti Michaelis ecclesias; Kodeks Dyplomatyczny Śląska, Bd. 1. Ed. Maleczyński (wie Anm. 168), Nr. 87. Bieniak, Polska elita polityczna (wie Anm. 202), 42–48. Bei Kościół (Kościelna Wieś) handelt es sich um ein Dorf in Kujawien; Walicki, Sztuka (wie Anm. 15), 706 (Kościelec Kujawski, Kirche St. Margarethen aus der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts) sowie Tomaszewski, Romańskie kościoły (wie Anm. 84), 164–168, der das Objekt eher auf die Wende des 12./13. Jahrhunderts datiert; vgl. Andrzej Wędzki, Kościelec Kujawski, in: Kowalenko, Słownik Starożytności Słowiańskich, Bd. 2 (wie Anm. 2), 489f. Die Präpositur in Jeżów wurde Derwich, Monastycyzm benedyktyński (wie Anm. 32), 196f. zufolge von Bolesław IV. Kraushaar oder dessen Sohn Leszek gestiftet (in den Jahren 1166–1185?). Gerard Kucharski, Od premonstratensów do benedyktynów. Klasztor św. Wawrzyńca w Kościelnej Wsi pod Kaliszem do połowy XIII wieku [Von den Prämonstratensern bis hin zu den Benediktinern. Das Kloster St. Laurentius in Kościelna Wieś bei Kalisch bis zur Mitte des 13. Jahrhunderts], in: Nasza Przeszł. 93, 2000, 341–362. Karczewski, Verwandtschaftsbeziehungen (wie Anm. 255), 238–240; Karczewski, Dzieje klasztoru norbertanek (wie Anm. 251), 83–86 neigt dazu, Mieszko den Alten als den Stifter dieses Objekts anzusehen; vgl. Hewner, Piotr Włostowic (wie Anm. 227), 66; Walicki, Sztuka (wie Anm. 15), 706; Świechowski, Architektura romańska (wie Anm. 5), 113f.; Andrzej Wędzki, Kościelna Wieś, in: Władysław Kowalenko / Gerard Labuda / Tadeusz Lehr-Spławiński (Hrsg.), Słownik Starożytności Słowiańskich, Encyklopedyczny zarys kultury Słowian od czasów najdawniejszych do schyłku wieku XII, Bd. 2. Wrocław 1964, 491f. Mit dem Umkreis von Piotr Włostowic verbindet dieses in der Nähe von Kalisch gelegene Kloster vorsichtig auch Jerzy Rajman, Norbertanie polscy w XII wieku. Możni wobec ordinis novi [Die polnischen Prämonstratenser im 12. Jahrhundert. Die Großen und der Ordo Novus], in: Społeczeństwo Polski średniowiecznej 7, 1996, 71–105, hier 74–80. Nekrolog. Ed. Perzanowski (wie Anm. 129), 56; unter dem 17. April: Petri comitis Wrat[islauiensis]. Notizen über Piotrs Tod enthielten auch die mit seinen Stiftungen oder mit seinem Adelsgeschlecht verbundenen Nekrologien: Nekrolog opactwa św. Wincentego (wie Anm. 173), 37 (16. April); Liber mortuorum monasterii Strzelnensis ordinis Praemonstratensis. Ed. Wojciech Kętrzyński, in: MPH, Bd. 5, Lwów 1888, 719–767, hier 734, Eintrag unter dem

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zugrunde lag,262 lässt sich allerdings kaum eindeutig feststellen. Vielleicht waren auch gar nicht konkrete Immobilienvergaben, sondern nur Schenkungen von beweglichem Besitz im Spiel oder es handelte sich lediglich um eine Gebetsbruderschaft zwischen den beiden Benediktinerabteien von Lubiń und jener auf dem Breslauer Elbing. Unser Überblick über die tatsächlichen, quellenmäßig fassbaren Stiftungen des Piotr Włostowic hat die ältere Beobachtung bestätigt, dass die Legende von den 70 von ihm erbauten Klöstern und Kirchen weit von der Wirklichkeit entfernt ist. Dessen ungeachtet muss festgestellt werden, dass die Stiftungstätigkeit dieses Pfalzgrafen in Umfang und Form vergleichbarer Aktivitäten anderer zeitgenössischer Großer ganz entschieden übertroffen hat und in ihren Ausmaßen derjenigen des damaligen polnischen Monarchen durchaus nahekam. Hinzukommt das stifterische Engagement seiner nächsten Familienangehörigen – seiner Gattin, seiner Söhne, seines Bruders Bogusław, von Włost und Mikora sowie seines Schwiegersohnes Jaxa. Angesichts des Elans seiner Stiftungstätigkeit sowie des monumentalen Charakters mancher Bauvorhaben drängt sich die Frage auf, warum Piotr diese Aufgaben auf sich genommen hat. Wer oder was hat ihn dazu veranlasst? Eine eindeutige Antwort darauf ist letztlich kaum möglich, doch scheint sich ein Hauptmotiv klar abzuzeichnen. Stiftungen konnten als die höchste Form der Almosengabe die Funktion der Buße für gewisse Vergehen annehmen. Im Fall des Piotr Włostowic lag in dem Treubruch gegenüber dem rus’ischen Fürsten Wolodar ein aus Sicht der Kirche schweres Vergehen vor. Denn Piotr hatte sich das Vertrauen des Fürsten unter Vorspiegelung falscher Tatsachen erschlichen und es dann missbraucht, um den Fürsten nach Polen zu entführen und ihn erst gegen ein hohes Lösegeld wieder freizulassen.263 Es ist durchaus naheliegend, dass Piotr von kirchlichen Stellen – eher von einem Bischof als vom Papst selbst, vielleicht auch der Legat Ägidius – angesichts dieses Frevels zur Leistung einer Buße verpflichtet wurde. Dabei ist dem Pfalzgrafen sicher nicht auferlegt worden, eine bestimmte Zahl kirchlicher Einrichtungen zu gründen; vielmehr mag ihm eine Bußwallfahrt anempfohlen worden sein, deren Effekt durch den Bau einer Kirche (eines Klosters) noch zusätzlich verstärkt worden sein mag. So mag er vielleicht zunächst eine Wallfahrt in das provenzalische

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17. April: Magnificus dominus Petrus Donin fundator noster; Księga bracka. Ed. Perzanowski (wie Anm. 35), 5: Petric. Bieniak, Polska elita polityczna (wie Anm. 202), 42f.; Perzanowski, Opactwo benedyktyńskie (wie Anm. 37), 59–61 meinte, der Stifter der Präpositur in Jeżów sei Bolesław Schiefmund gewesen; vgl. auch Ders., Honorarium autorskie Galla Anonima [Das Autorenhonorar des Gallus Anonymus], in: Nasza Przeszł. 9, 1959, 19–37, hier 30f. Dagegen hält Derwich, Monastycyzm benedyktyński (wie Anm. 32), 196f. eher Bolesław IV. Kraushaar oder dessen Sohn Leszek für den Stifter der Präpositur in Jeżów. Bieniak, Polska elita polityczna (wie Anm. 202), 36; 40; 41 und 48; Bieniek, Piotr Włostowic (wie Anm. 203), 53ff.; ähnlich Trawkowski, Piotr Włostowic (wie Anm. 203), 356. Die Quellen werden zusammengestellt bei Friedberg, Ród Łabędziów (wie Anm. 202), 23 und 86.

Herzogliche und adlige Stiftungen im 12. Jahrhundert

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Kloster Saint-Gilles unternommen264 und anschließend auf dem Elbing unweit der Breslauer Burgsiedlung ein Benediktinerkloster gestiftet haben. Seine übrigen Kirchenund Klosterstiftungen stellten dann schon eine weit über die ihm auferlegte Buße hinausgehendes Werk dar, das zweifellos auch dem Wunsch entsprang, sein Prestige zu mehren und seine engen Kontakte zum herzoglichen Hof zu stärken. Ermöglicht wurde diese Stiftungstätigkeit in hohem Maße durch das mit Hilfe der ‚Wolodar-Entführung‘ erpresste Kapital. Die Odrowąże

Als der erste in den Quellen fassbare Vertreter des Geschlechts der Odrowąż gilt Prandota der Alte, der bereits in der Urkunde des Kardinallegaten Ägidius begegnet.265 Ihm wird die Stiftung der Kirche St. Johannes der Täufer in Prandocin, eines bis heute mit zahlreichen romanischen Elementen erhaltengebliebenen Baus, zugeschrieben. Allerdings ist die Chronologie dieses Baus nicht eindeutig geklärt, so dass ein Teil der Historiker seine Anfänge nicht in die erste Hälfte des 12. Jahrhunderts datieren und nicht Prandota den Alten als Stifter sehen,266 sondern eine spätere Genese der Kirche 264

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Dazu Pierre David, La Pologne dans l´obituaire de St. Gilles en Languedoc au XIIe siècle, in: Revue des Études Slaves 19, 1939, 217–226, hier 223f., sowie Bieniek, Piotr Włostowic (wie Anm. 203), 54, der vermutet, Kardinal Ägidius habe diese Buße festgelegt. Die Wallfahrt soll nach Entfernung Piotrs von den politischen Funktionen stattgefunden haben – etwa um 1123. Vgl. auch Elżbieta Kowalczyk, Pielgrzymki pokutne we wczesnym średniowieczu: Bolesław Krzywousty i Piotr Włostowic. Komunikat [Bußwallfahrten im frühen Mittelalter: Bolesław Schiefmund und Peter Wlast. Eine Mitteilung], in: Halina Manikowska / Hanna Zaremska (Hrsg.), Peregrinationes. Pielgrzymki w kulturze dawnej Europy. Warszawa 1995, 157–159, hier 157. Album Paleographicum. Ed. Krzyżanowski (wie Anm. 31), Nr. 18 (Brondota) und Nr. 19; Karol Górski, Ród Odrowążów w wiekach średnich [Die Familie Odrowąż im Mittelalter], in: Rocznik Polskiego Towarzystwa Heraldycznego we Lwowie 8, 1926/1927, 1–106, hier 12. Schon Władysław Łuszczkiewicz, Kościół romański we wsi Prandocinie pod Słomnikami [Die romanische Kirche im Dorf Prandocin bei Słomniki], in: Sprawozdania Komisji Historii Sztuki Akademii Umiejętności 4, 1891, 15–22, hier 15ff. datierte die Kirche in Prandocin auf den Beginn des 12. Jahrhunderts und hielt Prandota den Alten für ihren Stifter. Ähnlich auch Tadeusz Szydłowski, Pomniki architektury epoki piastowskiej w województwach krakowskim i kieleckim [Architekturdenkmäler der piastischen Zeit in den Wojewodschaften Krakau und Kielce]. Kraków 1928, 21ff. Auf die erste Hälfte des 12. Jahrhunderts datiert die Kirche auch Zygmunt Świechowski, Znaczenie kościoła w Prandocinie [Die Bedeutung der Kirche in Prandocin], in: Kwart. Archit. Urb. 1, 1956, 13–26. Vgl. Ders., Budownictwo romańskie (wie Anm. 14), 215– 218 sowie Ders., Architektura romańska (wie Anm. 2), 201–203; Ders., Pierwotny kształt (wie Anm. 188). Vgl. auch Walicki, Sztuka (wie Anm. 15), 750f., dort wird sie als eine Stiftung Prandotas des Alten angesehen und auf das zweite Viertel des 12. Jahrhunderts datiert; Lechowicz, Wyniki badań (wie Anm. 188), 223ff., sowie Andrzej Grzybkowski, Prandocin po stu latach [Prandocin nach hundert Jahren], in: Olenderek, Ars (wie Anm. 77), 94–100.

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und als deren Stifter einen Nachkommen Prandotas des Alten (Prandota den Jüngeren?) annehmen.267 An dieser Stelle kann auf die bautechnischen Befunde nicht näher eingegangen werden. Doch dürfte der ursprüngliche Kirchenbau eher in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts entstanden sein, dem auch die späteren Erwähnungen in den schriftlichen Quellen (1222) nicht widersprechen.268 Die Kirche scheint das Ergebnis der Stiftungstätigkeit der Familie Odrowąż auf dem Territorium ihrer eigenen Güter gewesen zu sein und erinnerte architektonisch an die Kirche im nahegelegenen Jędrzejów. Auch in chronologischer Hinsicht standen sich beide Objekte gewiss sehr nahe, so dass als Stifter der einschiffigen Kirche mit Westempore in Prandocin ohne größeres Risiko Prandota der Alte angenommen werden kann. Glauben schenken dürfen wir wohl auch jenen Rekonstruktionen, die diese Kirche als einen Bau mit Doppelapsis und Westturm darstellen sowie der Annahme, dass an ihr eine kleine Kanonikergruppe angesiedelt wurde.269 Die Powałas

Die Familie Powała wird zu den ältesten und quellenmäßig am besten fassbaren polnischen Rittergeschlechtern gezählt. Auf die Tatsache, dass ihre Vertreter vom Truchsess Bolesławs III., Wojsław, abstammen, hat schon Władysław Semkowicz verwiesen.270 Diese Ansicht hat Janusz Bieniak bekräftigt, der die Genealogie dieses Geschlechts bis zum Beginn des 13. Jahrhunderts im Detail rekonstruiert hat.271 Mit dem Umfang der

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So zum Beispiel Tomaszewski, Romańskie kościoły (wie Anm. 84), 119–124; Ders., Wstępne badania romańskiego kościoła św. Jana Chrzciciela w Prandocinie [Erste Forschungen zur romanischen Kirche St. Johannes der Täufer in Prandocin], in: Sprawozdania z posiedzeń Polskiej Akademii Nauk. Oddział Kraków, styczeń-czerwiec 1967, der sie auf der Grundlage einer architektonischen Detailanalyse auf die Mitte des 12. Jahrhunderts datiert. Auf den Beginn des 13. Jahrunderts verlegt ihre Entstehung Andrzej Kadłuczka, O kościele w Prandocinie raz jeszcze [Noch einmal zum Thema der Kirche in Prandocin], in: Teka Komisji Architektury i Urbanistyki Polskiej Akademii Nauk 16, 1982, 247–252, hier 247ff. Zbiór dyplomatów klasztoru mogilskiego przy Krakowie / Diplomata monasterii Clarae Tumbae prope Cracoviam. Ed. Eugeniusz Janota. Kraków 1865, Nr. 2. Zu älteren Untersuchungen Walicki, Sztuka polska przedromańska (wie Anm. 15), 750f.; als einschiffiges Emporengebäude mit zwei Apsiden im Landsitz des Großen deutet die Kirche St. Johannes der Täufer Andrzej Tomaszewski, Prandocin, in: Labuda / Stieber, Słownik Starożytności Słowiańskich, Bd. 4 (wie Anm. 16), 299–301. Die Pfarrfunktion dieser Kirche stellt ein gesondertes Problem dar, denn wie es scheint, begann sie diese erst im 13. Jahrhunderts zu erfüllen, während sie davor eine typische Eigenkirche war. Wladyslaw Semkowicz, Ród Powałów [Das Geschlecht Powała], in: Sprawozdania Akademii Umiejętności 19, 1914, 19f. Bieniak, Polska elita polityczna, Teil 2 (wie Anm. 35), 13–74 verweist zu Recht darauf, dass die von Władysław Semkowicz als verschiedene Geschlechter angesehenen Familien Powała und

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Stiftungen und Schenkungen Wojsławs und seiner Nachkommen im 12. Jahrhundert hat sich kürzlich Emilia Jamroziak beschäftigt.272 Eine grundlegende Schwierigkeit der Erörterung der Stiftungen des Wojsław besteht in der eindeutigen Identifizierung dieses Großen, treten im ersten Viertel des 12. Jahrhunderts im herzoglichen Umfeld doch mindestens zwei Personen mit diesem Namen in Erscheinung.273 Marek Derwich hält den Glogauer comes Wojsław und den bei Gallus Anonymus begegnenden Mann gleichen Namens für ein und dieselbe Person.274 Und auch wir neigen dazu, auch wenn es letztlich schwer fällt, auf einer so schwachen Quellengrundlage definitiv zu entscheiden, von einem Großen namens Wojsław auszugehen – dem ersten bekannten Vertreter der Familie Powała-Ogończyk. Die Anfänge der Karriere Wojsławs an der Seite Schiefmunds reichen wahrscheinlich bis in die Jahre 1097 bis 1099 zurück; sein Tod trat mit Sicherheit nach 1124, vielleicht um 1140 ein.275 Bis dahin entfaltete er eine recht vielseitige Tätigkeit zugunsten der polnischen Kirche. Den Ausgangspunkt mochte die Schenkung zweier kompletter Priestergewänder und eines Mantels für die Krakauer Kathedrale gebildet haben, die im Jahre 1110 oder etwas später stattfand.276 Danach trat Wojsław als Zeuge in einer Tyniecer Urkunde von 1124 und (wahrscheinlich zum gleichen Zeitpunkt) im Lubińer Verbrüderungsbuch in Erscheinung.277 Letzteres mag von Vergaben an die dortigen Benediktiner zeugen. Wenn wir davon ausgehen, dass Wojsław in den 1120er Jahren als comes von Glogau fungierte, dann dürfte er zusammen mit Bischof Heymon auch die dortige herzogliche Stiftung – die Kollegiatskirche – vollzogen haben, aber das war

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Ogończyk in Wirklichkeit eine Struktur gebildet haben; vgl. auch Antoni Małecki, Studia heraldyczne [Heraldische Studien]. 2 Bde. Lwów 1890, hier Bd. 1, 277–285 und Bd. 2, 46–59. Emilia Jamroziak, Działalność fundacyjna rodu Powałów w XII wieku [Die Stiftungstätigkeit der Familie Powała im 12. Jahrhundert], in: Nasze Historie 3, 1998, 71–75. So Bieniak, Polska elita polityczna, Teil 2 (wie Anm. 35), 22. Derwich, Benedyktyński klasztor (wie Anm. 47), 230ff.; vgl. auch Cetwiński, Rycerstwo śląskie (wie Anm. 90), 20f.; Ders., Jeszcze o fundacji (wie Anm. 36), 460; Ders., Pochodzenie etniczne i więzy krwi rycerstwa śląskiego [Die ethnische Abstammung und die Blutsbande der schlesischen Ritterschaft], in: Społeczeństwo Polski średniowiecznej 1, 1981, 40–85, hier 75f. Galli Anonymi cronicae et gesta. Ed. Maleczyński (wie Anm. 1), 78f.; 82 erwähnen ihn als Truchsess und Erzieher Bolesławs III. Schiefmund und als Verwandten des damaligen Pfalzgrafen Sieciech. Als Todestag Wojsławs geben die verschollenen Nekrologaufzeichnungen des Kloster von Sieciechów den 1. Oktober an, so jedenfalls Józef Gacki, Benedyktyński klasztor Świętego Krzyża na Łysiej Górze [Das Benediktinerkloster Heilig Kreuz auf der Łysa Góra]. Warszawa 1873, 34–37. Wohl falsch ist die Annahme des Herausgebers des Lubińer Nekrologiums; Nekrolog. Ed. Perzanowski (wie Anm. 129), 102, dass sich Wojsławs Kommemorationsnotiz unter dem 18. Oktober findet. Das Todesjahr bestimmte Derwich, Benedyktyński klasztor Św. Krzyża (wie Anm. 47), 234f. Spisy dawne skarbca i biblioteki kapitulnej krakowskiej (II). Ed. Bielowski (wie Anm. 140), 377. Album Paleographicum. Ed. Krzyżanowski (wie Anm. 31), Nr. 18 und Nr. 19; Księga bracka. Ed. Perzanowski (wie Anm. 35), 4f., dort Eintrag gemeinsam mit seiner Gattin.

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nicht seine private Unternehmung.278 Die Zeit für eine breitere Stiftungstätigkeit Wojsławs scheint erst gegen Ende seiner politischen Karriere gekommen zu sein. Damals unterstützte er die Stiftungsabsichten Bolesław Schiefmunds, infolge derer das Benediktinerkloster auf der Łysa Góra entstand. Leider wird Wojsławs Teilnahme an der dortigen Stiftung erst in Quellen des 15. Jahrhunderts bezeugt. Eine Urkunde des Abtes des späteren Heiligkreuzklosters, Mikołaj Drozdek, aus dem Jahre 1427 bietet folgende nekrologische Notiz: pro animabus fidelium defunctorum et percipue incliti ducis Boleslai et comitis Woyslai fundatorum huius loci.279 Ähnliche Informationen finden wir in der Heiligkreuz- und der dominikanischen Redaktion der ‚Kataloge der Krakauer Bischöfe‘ aus der Zeit des Jan Długosz. Beide Überlieferungen verlegen die Stiftung des Klosters bis in die Zeit Bolesławs des Tapferen zurück, und beide enthalten auch die Nachricht, dass Wojsław der Gründer der Abtei gewesen sei.280 Jan Długosz selbst bezog die Stiftung des Klosters ebenfalls auf die Zeit Bolesławs des Tapferen, nahm als dessen Gründer aber einen Wisław aus dem Geschlecht der Zabawa an, was Janusz Bieniak jedoch für eine Kontamination von ‚Wojsław‘ ansieht.281 Die Chronica Poloniae Maioris dagegen bezeichnet Bolesław III. Schiefmund als Stifter der Heiligkreuz-Abtei.282 Marek Derwich ist nach Sichtung des gesamten Quellenmaterials und der neuzeitlichen Klostertradition schließlich zu dem Schluss gelangt, dass Wojsław in den 1130er Jahren Mitgründer des Klosters, der Hauptorganisator dieser Stiftung aber Herzog Bolesław III. gewesen sei.283 Leider ist es unmöglich, Wojsławs Anteil an dieser wichtigen Unternehmung genauer festzustellen.284 Ein Werk dieses Großen war gewiss auch die Vergabe einiger Dörfer vor 1155 an das Bistum Breslau.285 In einer Bulle Papst Hadrians IV. heißt es: Ex dono comitis 278

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Wojsławs Mitbeteiligung an der Stiftung der Glogauer Kollegiatskirche wird angenommen von Cetwiński, Rycerstwo śląskie (wie Anm. 90), 21 sowie mit gewissen Vorbehalten auch von Derwich, Benedyktyński klasztor (wie Anm. 47), 233f. Dagegen sieht Bieniak, Polska elita polityczna, Teil 2 (wie Anm. 35), 22 den Glogauer comes als einen Verwandten von Wojsław Powała und als Mitstifter der Kollegiatskirche an. Zbiór dokumentów małopolskich, Teil 2. Ed. Kuraś. (wie Anm. 68), 69. Catalogi episcoporum Cracoviensium. Ed. Józef Szymański, in: MPH NS, Bd. 10. Warszawa 1974, 54 (Heiligkreuz-Redaktion) und 82 (dominikanische Redaktion). Jan Długosz, Liber beneficiorum, Bd. 3. Ed. Przezdziecki (wie Anm. 8), 229; Ioannis Dlugossii Annales seu cronicae incliti Regni Poloniae, lib. 1–2. Ed. Jan Dąbrowski. Warszawa 1961, 286f.; Bieniak, Polska elita polityczna, Teil 2 (wie Anm. 35), 21, Anm. 41. Chronica Poloniae Maioris. Ed. Kürbis (wie Anm. 4), 48. Derwich, Benedyktyński klasztor (wie Anm. 47), 199–238. So schon Bieniak, Polska elita polityczna, Teil 2 (wie Anm. 35), 21; vgl. auch Derwich, Benedyktyński klasztor (wie Anm. 47), 199–238 sowie 276. Zweifel äußerte Bieniak, Polska elita polityczna, Teil 2 (wie Anm. 35), 22; keine solchen Vorbehalte hat Cetwiński, Rycerstwo śląskie (wie Anm. 90), 20f., während Wacław Korta, Rozwój wielkiej własności feudalnej na Śląsku do połowy XIII wieku [Die Entwicklung des großen Feudalbesitzes in Schlesien bis zur Mitte des 13. Jahrhunderts]. Wrocław 1964, 27f. keine

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Woizlai villam super vadum Zunigrod, cum villis adiacentibus Charbci et Wseuilci.286 Die hier bezeugten Vergaben der Dörfer Żmigród an der Barycza, Grabców und Willkowa (Wszewilki) wurden wohl eher von Wojsław selbst als von seinem Enkel Wojsław Trojanowic getätigt, der dem Kloster der Ritter vom Heiligen Grab in Miechów Landgüter in Schlesien schenkte287, denn dies muss vor 1155 geschehen sein, so dass der Wohltäter eher der Generation des Piotr Włostowic als jener von Bischof Gedko und dessen Bruder angehörte. Wojsław hat in seinem Engagement für die polnische Kirche eng mit Herzog Bolesław III. Schiefmund zusammengearbeitet. Das Ausmaß seiner Schenkungen war nicht so groß wie im Falle des Piotr Włostowic, aber sein Anteil an der Gründung des Klosters auf der Łysa Góra, des späteren HeiligkreuzKlosters, an der Vergabe von Dörfern und beweglichen Gütern für das Breslauer Bistum und vielleicht auch seine Beteiligung an der ihm vom Herzog übertragenen Aufgabe des Baus der Kirche in Glogau waren alles in allem doch imponierend. Seine zweite Ehefrau sowie seine Söhne und Enkel sollten seine Stiftungstätigkeit später fortsetzen. Vertreter anderer Adelsgeschlechter

In den erhaltenen Urkunden werden weitere Schenkungen von Großen an die polnische Kirche bezeugt, wobei Stiftungen von Kirchen an erster Stelle stehen. Zu den wichtigsten Zeugnissen dieser Art gehören zweifellos das Falsifikat von Mogilno und die Bulle Hadrians IV. für das Bistum Breslau aus dem Jahre 1155. Im Falsifikat von Mogilno beziehen sich bestimmte Elemente auf die frühen Jahre der Herrschaft Bolesławs IV. Kraushaar.288 Ein ganzer Abschnitt behandelt die Vergaben polnischer Großer an das Benediktinerkloster in Mogilno, von denen sich die erste auf eine Kirche bezieht: (…) ecclesiam sancti Iacobi in Mogilna quam fundavit Sbyluth miles, addens eidem ecclesie hereditarem Bogussino cum consensu amicorum suorum (…).289 Der auch als Stifter des Zisterzienserklosters in Łekno bekannte Zbylut schenkte der Benediktinerniederlassung in Mogilno also die Kirche St. Jacobi in Mogilno selbst sowie das Dorf Boguszyno.290 Wann die Kirche St. Jacobi erbaut wurde, wissen wir nicht, aber da sie um

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Entscheidung darüber trifft, um welchen Wojsław es sich handelt, den Großvater oder den Enkel. Kodeks Dyplomatyczny Śląska, Bd. 1. Ed. Maleczyński (wie Anm. 168), Nr. 35; vgl. auch Korta, Rozwój wielkiej własności (wie Anm. 285), 27. Kodeks Dyplomatyczny Małopolski, Bd. 2. Ed. Piekosiński (wie Anm. 180), Nr. 375 und Nr. 376. Kozłowska-Budkowa, Repertorjum (wie Anm. 45), Nr. 8, die die Urkunde auf die Jahre zwischen 1139 und 1147 datiert. Kodeks Dyplomatyczny Wielkopolski, Bd. 1. Ed. Zakrzewski (wie Anm. 46), Nr. 3. Zu Zbylut Józef Dobosz, Dokument fundacyjny klasztoru Cystersów w Łeknie [Die Stiftungsurkunde des Zisterzienserklosters in Łekno], in: Andrzej Marek Wyrwa (Hrsg.), Studia i materiały

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1146 mit Zustimmung der Verwandten Zbyluts den Benediktinern übergeben wurde, muss sie damals bereits fertig gewesen sein.291 Die Stiftung wurde von Zbylut höchstwahrscheinlich noch vor dem Ableben Bolesławs III. durchgeführt; das als Ausstattung hinzugefügte Dorf wird heute als Baba identifiziert.292 Anscheinend entstand auf den Gütern Zbyluts, eines Vertreters des Geschlechts der Pałuken,293 eine typische einschiffige Eigenkirche, die vor allem dem Eigentümer und seiner Umgebung diente. Etwa Mitte der 1140er Jahre ging sie dann zusammen mit einer bescheidenen Ausstattung in den Besitz der Benediktiner über. Vielleicht war es in Łekno ähnlich, wo Zbylut Zisterzienser ansiedelte und ihnen eine kleine, vor der Mitte des 12. Jahrhunderts erbaute Kirche als Sitz übergab. Das Falsifikat von Mogilno berichtet zudem über eine weitere Stiftung eines Großen für die Benediktiner, die sicherlich parallel zu Zbyluts Schenkung getätigt wurde. Item aliam ecclesiam in honore sancti Clementis miles magnus Dobrogostius, addens eidem ecclesie hereditatem Padnyewo cum consensu amicorum suorum, edificavit.294 Der hier begegnende Wohltäter Dobrogost der Alte gilt als erster bekannter Vertreter des Geschlechts Nałęcz.295 Dem Inhalt des Falsifikats gemäß soll sich die Kirche St. Clemens ebenfalls in Mogilno befunden haben und die Schenkung durch das Dorf Padniewo verstärkt worden sein.296 Sowohl die Chronologie, der Stiftungszweck und die Um-

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do dziejów Pałuk, Bd. 1: Osadnictwo i architektura w rejonie Łekna we wczesnym średniowieczu. Poznań 1989, 53–83, hier 70f. sowie zuletzt Andrzej Marek Wyrwa, Procedury fundacyjne wielkopolskich klasztorów cysterskich linii altenberskiej: Łekno – Ląd – Obra [Die Stiftungsprozeduren der großpolnischen Zisterzienserklöster der Altenberger Linie Łekno – Ląd – Obra]. Poznań 1995, 60–64. Zur genauen Bestimmung der Chronologie der Entstehung der Kirche St. Jacobi in Mogilno fehlen nicht nur schriftliche Quellen, sondern auch das Objekt selbst, das heute nur noch aus der Erwähnung im Falsifikat von Mogilno bekannt ist. Zbyluts Vergabe war in der Historiografie seit langem bekannt; festgestellt wurde sie schon von Karol Potkański, O założeniu i uposażeniu klasztoru w Mogilnie [Zur Gründung und Ausstattung des Klosters zu Mogilno], in: Pisma pośmiertne, Bd. 2. Kraków 1924, 166–208, hier 179. Zu dieser Identifizierung Brygida Kürbis, Pogranicze Wielkopolski i Kujaw w X–XII wieku [Das Grenzgebiet von Großpolen und Kujawien im 10.–12. Jahrhundert], in: Czesław Łuczak (Hrsg.), Studia z dziejów ziemi mogileńskiej. Praca zbiorowa, Bd. 1. Poznań 1978, 65–111, hier 77. Zur Geschlechtszugehörigkeit Zbyluts Władysław Semkowicz, Ród Pałuków [Das Adelsgeschlecht der Pałuken]. Kraków 1907, 58f.; auf die Tatsache, dass vor der Mitte des 12. Jahrhunderts ein Teil von Mogilno in Zbyluts Besitz gewesen sein muss, verwies Potkański, O założeniu (wie Anm. 291), 179. Kodeks Dyplomatyczny Wielkopolski, Bd. 1. Ed. Zakrzewski (wie Anm. 46), 4 Nr. 3. Auf die Zugehörigkeit Dobrogosts des Alten zum Geschlecht Nałęcz verwies bereits Potkański, O założeniu (wie Anm. 291), 180; zuletzt Jan Pakulski, Nałęcze wielkopolscy w średniowieczu. Genealogia, uposażenie i rola polityczna w XII–XIV wieku [Die großpolnischen Nałęczs im Mittelalter. Ihre Genealogie, Ausstattung und politische Rolle im 12.– 14. Jahrhundert]. Warszawa / Poznań / Toruń 1982, 21. So auch Kürbis, Pogranicze (wie Anm. 292), 77; vgl. auch zuvor Potkański, O założeniu (wie Anm. 291), 180, der annahm, dass Padniewo in unmittelbarer Nähe von Mogilno lag; außerdem

Herzogliche und adlige Stiftungen im 12. Jahrhundert

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stände des Baus und der Übergabe der Kirche St. Clemens waren die gleichen wie im Fall der Vergaben Zbyluts. Und auch über dieses Objekt ist nichts Näheres bekannt. Im Anschluss an die Notiz über die Vergaben von Kirchen erwähnt das Falsifikat Schenkungen von Paweł und Czema (Zemwa), die die beiden Dörfer Łysiec und Rypnik gaben, sowie von Odolan (Sokołowo bei Brześć in Kujawien) und von Andrzej (Gocanowo am Gopłosee).297 Insgesamt wurde das Kloster in Mogilno demnach durch die Schenkungen von zwei Kirchen und sechs Dörfern (oder Dorfteilen) gestärkt, die von polnischen Großen aus der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts stammten. Die Bulle Hadrians IV. erwähnt ebenfalls eine Reihe von Vergaben, deren chronologische Bestimmung allerdings schwieriger ist. Ein Teil von ihnen könnte sogar älter als 1138 sein, doch da sich unter ihnen auch Vergaben befinden, die in den 1140er bis 1150er Jahren erfolgten, können wir uns nur summarisch auf sie beziehen. Die Bulle bezeugt Schenkungen eines Pomian, Sibin, Sulisław, Lucisław (Ludzisław), Tedlew, Włost, Wojsław und Sławomir an das Bistum Breslau.298 Von den Schenkungen Sulisławs und Wojsławs war bereits weiter oben die Rede. Gemäß der Überlieferung von 1155 hat Pomian299 dem Breslauer Bistum vier seiner Erbdörfer vermacht: das erste in

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meinte er, Dobrogost habe nur einen Teil des Dorfes vergeben, da in den darauffolgenden Jahrhunderten in einem Teil von Padniewo die Padniewskis vom Wappen Nałęcz als Erbherren fungierten. Pakulski, Nałęcze wielkopolscy (wie Anm. 295), 94 nimmt dagegen an, ganz Padniewo habe sich infolge der Schenkung Dobrogosts in der Hand des Klosters befunden. Kodeks Dyplomatyczny Wielkopolski, Bd. 1. Ed. Zakrzewski (wie Anm. 46), Nr. 3. Zur Identifizierung der Vergaben Kürbis, Pogranicze (wie Anm. 292), 77. Von den vier Wohltätern des Dorfes für das Kloster in Mogilno ist Odolan am besten bekannt, den wir mit dem im Lubińer Verbrüderungsbuch eingetragenen Hodolanus und dem Zeugen der Urkunde für Trzemeszno aus den Jahren 1145 und 1146 identifizieren können; Księga bracka. Ed. Perzanowski (wie Anm. 35), 5; Dobosz, Dokument Mieszka III Starego (wie Anm. 74), 103 sowie Janusz Bieniak, Odolan, in: Emanuel Rostworowski (Hrsg.), Polski Słownik Biograficzny, Bd. 22. Wrocław u. a. 1977, 537f.; Ders., Polska elita polityczna XII w., Teil 2 (wie Anm. 35), 70. Die übrigen sind weniger bekannt und wären nur auf der Grundlage ihrer Namen schwer zu identifizieren, wobei Andrzej dem im Lubińer Verbrüderungsbuch eingetragenen Andreas und Paweł dem ebenfalls dort (6) notierten Paulus entsprechen würde. Die vom letzten Herausgeber des Lubińer Verbrüderungsbuches vollzogene Identifizierung der darin erwähnten Personen wurde mit Recht verworfen von Bieniak, Polska elita polityczna, Teil 2 (wie Anm. 35), bes. 69f. Diese Personen waren Karol Potkański unbekannt; Potkański, O założeniu (wie Anm. 291), 180. Kodeks Dyplomatyczny Śląska, Bd. 1. Ed. Maleczyński (wie Anm. 168), Nr. 35; eine Beschreibung der Vergaben bei Korta, Rozwój wielkiej własności (wie Anm. 285), 58ff. Zu Pomian Cetwiński, Rycerstwo śląskie (wie Anm. 90), 19; vgl. Piekosiński, Rycerstwo polskie, Bd. 2 (wie Anm. 127), 275; 351. In den polnischen Nekrologaufzeichnungen tritt dieser Name zweimal in Erscheinung – im Nekrolog opactwa św. Wincentego (wie Anm. 202), 32 und Anm. 269 (unter dem 1. April) sowie im Nekrolog (wie Anm. 129), 45 und Anm. 79 (unter dem 20. März); dabei handelte es sich jedoch wohl um zwei verschiedene Personen, und wer von ihnen der in der Bulle Hadrians IV. erwähnte Pomian war, ist schwerlich feststellbar. In territorialer Hinsicht würde der ‚Elbinger‘ Pomian besser passen, aber chronologisch naheliegender ist wohl der ‚Lubińer‘ Pomian. Aufgrund der in der Bulle enthaltenen Suggestion, er habe die

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montibus (schwer zu identifizieren, vielleicht am Zobtenberg), das zweite Lau (am Fluss Lohe), das dritte bei Borek Strzeliński (Radoszkowice?), das vierte am Fluss Ohlau (Osiek, Niwnik). Dem fügte er noch das Dorf Grodzieszkowice hinzu (mit Zehntenzahlern von Giecz) sowie seinen Hof in Breslau (oder bei Breslau) zusammen mit Unfreien.300 Und Sibin bedachte das Bistum mit zwei Dörfern – Hvzouici (untergegangen, obwohl auch als Złotniki bei Breslau identifiziert) sowie ein Dorf am Fluss Weide (vielleicht Biskupice Widawskie).301 Weitere Wohltäter waren der comes Lucisław (Ludzisław), der ein Dorf in der Nähe des Berges ‚Rozaua‘ schenkte, sowie der ebenfalls unbekannte comes Tedlew mit einem Dorf bei Kalisch.302 Drei Dörfer bildeten das Ergebnis der Freigiebigkeit des Bruders (des Vetters) von Piotr Włostowic – Włost, der Jelenin bei Borek, ein Dorf bei Turów sowie Stryjowo bei Pajęczno (sicher Stryje Piaskowe oder Ksieże) vergab.303 Der letzte der genannten Wohltäter war Sławomir, der dem Breslauer Bistum das Dorf Sławno bei Radom schenkte.304 Insgesamt haben die Großen der Breslauer Kathedrale – Wojsław und Sulisław mitgerechnet – 19 Dörfer vermacht, hauptsächlich auf dem Gebiet Schlesiens (mit Ausnahme zweier Dörfer – in Großpolen und in Kleinpolen), was eine wesentliche wirtschaftliche Stärkung bedeutete, vor allem da die Gesamtheit der in der Schutzbulle Papst Hadrians erwähnten

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Schenkung des Breslauer Herrenhauses auf dem Totenbett getätigt, muss seine Identifizierung mit Pomian, dem Bezeuger der Urkunde von 1161 (Kodeks Dyplomatyczny Małopolski Bd. 2. Ed. Piekosiński [wie Anm. 168], Nr. 373), ausgeschlossen werden, auch wenn dies behauptet wird von Karol Maleczyński, vgl. Kodeks Dyplomatyczny Śląska, Bd. 1. Ed. Maleczyński (wie Anm. 168), Nr. 41 sowie Nekrolog opactwa św. Wincentego (wie Anm. 202), 32, Anm. 269. Zur Identifizierung dieser Ortschaften Kodeks Dyplomatyczny Śląska, Bd. 1. Ed. Maleczyński (wie Anm. 193), Nr. 35, Anm. 31–36; 38; 40; Korta, Rozwój (wie Anm. 285), 27 und 58, sowie Cetwiński, Rycerstwo (wie Anm. 90), 19. Kodeks Dyplomatyczny Śląska, Bd. 1. Ed. Maleczyński (wie Anm. 168), Nr. 35, Anm. 42–43; vgl. auch Korta, Rozwój (wie Anm. 285), 27 und 58 sowie Cetwiński, Rycerstwo (wie Anm. 90), 19. Kodeks Dyplomatyczny Śląska, Bd. 1. Ed. Maleczyński (wie Anm. 168), Nr. 35, Anm. 49–50, wo sowohl die Person Tedlews als auch seine Vergabe als unbekannt bezeichnet wurden; ähnlich bei Cetwiński, Rycerstwo (wie Anm. 90), 20. Dagegen identifizierte Korta, Rozwój (wie Anm. 285), 58f. diese Vergabe als Biskupice bei Kalisch. Im Lubińer Verbrüderungsbuch – Księga bracka. Ed. Perzanowski (wie Anm. 35), 8 – tritt ein Dethleb in Erscheinung, der vom Herausgeber als zu Beginn des 13. Jahrhunderts eingetragen identifiziert wird; vielleicht besteht zwischen diesen beiden Großen ein Zusammenhang (beide waren mit Großpolen verbunden). Kodeks Dyplomatyczny Śląska, Bd. 1. Ed. Maleczyński (wie Anm. 168), Nr. 35, Anm. 51; der Herausgeber identifiziert ‚Wlaza‘ als Piotr Włostowic, ähnlich wie Korta, Rozwój wielkiej własności (wie Anm. 285), 22 und 58. Als Włost, den Wohltäter für Trzemeszno und Gatten der ‚Vlostonissa‘, identifiziert ihn zu Recht Cetwiński, Rycerstwo (wie Anm. 90), 20; gemäß dem Standpunkt von Bieniak, Polska elita polityczna (wie Anm. 202), 44 und 48 war er der Vetter oder der leibliche Bruder von Piotr Włostowic. Zur Identifizierung der Ortschaften vgl. Kodeks Dyplomatyczny Śląska, Bd. 1 (wie Anm. 168), Nr. 35, Anm. 52–56; Korta, ebd., 58 sowie Cetwiński, ebd., 20. Kodeks Dyplomatyczny Śląska, Bd. 1. Ed. Maleczyński (wie Anm. 168), Nr. 35 und Anm. 61– 63; Cetwiński, Rycerstwo (wie Anm. 90), 19.

Herzogliche und adlige Stiftungen im 12. Jahrhundert

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Vergaben 48 Dörfer, die Kapelle St. Martin, zwei Kastellaneien sowie die weiter oben besprochenen Einkünfte aus den Burgsiedlungen umfasste.305 Muster, Vorbilder und Motive adliger Sakralstiftungen

Der voranstehende Überblick über die in den Quellen hervortretende Stiftungstätigkeit der Großen kann das tatsächliche Ausmaß des kirchlichen Engagements dieser sozialen Gruppe, die ihre ökonomische und politische Position insbesondere zur Zeit Bolesławs III. zweifellos stärken konnte, sicher nicht vollständig abbilden. Ihre zunehmende wirtschaftliche Bedeutung, die vor allem in der Zahl der in ihrem Besitz befindlichen und entsprechend bewirtschafteten Dörfer zum Ausdruck kam, trug wesentlich dazu bei, dass sich die Ritterschaft für die Entwicklung und Versorgung kirchlicher Institutionen engagierte. Damit begann das monarchische Monopol auf kirchliche Stiftungen an der Wende vom 11. zum 12. Jahrhundert zu bröckeln. Die ersten einschlägigen Aktivitäten betrafen bescheidene, kleine Kirchen oder Kapellen auf den Gütern einzelner Großer (z. B. in Krakau, Pacanów, Jędrzejów, Radziwie). Mit dem Bau solcher Objekte haben sich die meisten Vertreter der damaligen weltlichen Elite befasst, aber nur wenige von ihnen gingen weiter. Der Große Piotr Włostowic stellte zweifellos eine Ausnahme dar. Seine Stiftungsaktivitäten nahmen fast monarchische Ausmaße an. Insgesamt stifteten polnische Große auf ihren eigenen Gütern bis zum Ende 1130er Jahre mehrere Dutzend Kirchen oder Kapellen. Ein Teil dieser Objekte wurde später zur Ausstattung anderer, größerer kirchlicher Institutionen (Klöster, Bistümer) verwendet.306 Außerdem entstanden auf Initiative einzelner Großer mindestens drei Klöster (Sieciechów, St. Vinzenz auf dem Breslauer Elbing sowie das Kloster zur Allerheiligsten Jungfrau Maria auf der Breslauer Sandinsel), und an zwei weiteren Stiftungen waren sie mitbeteiligt (den Benediktinerklöstern in Lubiń und Łysiec/Heiligkreuz). Die Benediktiner erfreuten sich mithin besonderer Popularität, während nur eine adlige Stiftung den Regularkanonikern gewidmet war. Zusätzlich erhielten verschiedene kirchliche Einrichtungen von Großen und Rittern verhältnismäßig großzügige Ausstattungen in Gestalt von Ländereien und beweglichen Gütern. Auf diese Weise erhielten etwa das Bistum Breslau neunzehn und das Benediktinerkloster in Mogilno sechs Dörfer. 305 306

Kodeks Dyplomatyczny Śląska, Bd. 1. Ed. Maleczyński (wie Anm. 168), Nr. 35. Die Aufzählung der Domänen stammt von Korta, Rozwój (wie Anm. 285), 58f. Das Problem der Kirche als Bestandteil der Ausstattung ist eine interessante Forschungsfrage, auch wenn es auf polnischem Boden bisher nicht ausführlicher behandelt wurde; Ansätze bei Józef Dobosz, Kościół jako element uposażenia klasztorów cysterskich w Polsce w XII i początkach XIII wieku [Die Kirche als Bestandteil der Ausstattung der Zisterzienserklöster in Polen im 12. und zu Beginn des 13. Jahrhunderts], in: Strzelczyk / Dobosz, Nihil superfluum esse (wie Anm. 251), 187–193.

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Die Großen haben sich relativ rasch und auch effektiv für die Entwicklung der kirchlichen Strukturen engagiert; sie wurden daher schnell auch zu einem wichtigen Faktor auf dem Gebiet der sakralen Stiftungen. Die These Henryk Łowmiańskis, dass Bolesław III. Schiefmund den Übergang von Rittergütern in kirchliche Hände beschränkt habe und Landschenkungen der Ritterschaft erst nach 1138 begonnen hätten, scheint letztlich nicht überzeugend.307 Andererseits fällt es schwer, jenen Glauben zu schenken, die – zumeist ohne jegliche Quellengrundlage – das Funktionieren von Eigenkirchen in verschiedenen Dörfern bereits für das 12. Jahrhundert annehmen.308 Vielleicht werden künftige archäologische Untersuchungen solche Vermutungen verifizieren können. Soweit dies anhand bereits untersuchter Objekte erkennbar ist, handelte es sich bei den von Großen auf ihren Domänen errichteten Kirchen ausnahmslos um kleine Emporenkirchen, die in erster Linie ihren Eigentümern und der mit ihnen verbundenen Bevölkerung dienten. Meistens wurden an ihnen nur einige wenige Weltpriester installiert (höchstens drei oder vier).309 Diese kleinen Kirchen bildeten das Privateigentum der Stifter, auch wenn, wie die uns aus Pacanów oder Jędrzejów bekannte Praxis zeigt, in der letzten Phase ihrer Entstehung die Bischöfe eine gewisse Rolle spielten, indem sie den Akt der Kirchweihe vollzogen und oft schon damals auch den Zehnten vergaben. Manchmal wurden diese Kirchen auch mit einem etwas zahlreicheren Kollegium von Priestern besetzt, aus dem danach ein Kollegiatstift mit Kapitel erwuchs.310

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Łowmiański, Początki Polski, Bd. 6/1 (wie Anm. 39), 394f., der darauf hinweist, dass die Veräußerung der Rittergüter nicht der herzoglichen Kontrolle unterlag. Vgl. zum Beispiel Wiśniowski, Rozwój sieci parafialnej (wie Anm. 119), 56–75 sowie 118–155; Ders., Prepozytura wiślicka (wie Anm. 119), passim; Elżbieta Dąbrowska, Studia nad osadnictwem wczesnośredniowiecznym ziemi wiślickiej [Studien zur mittelalterlichen Besiedlung des Wiślicer Landes]. Wrocław 1965; Dies., Osadnictwo wczesnośredniowieczne na terenie powiatu krakowskiego [Das frühmittelalterliche Siedlungswesen auf dem Territorium des Kreises Krakau]. Kraków 1962. Zur Funktion dieser Kirchen vor allem Tomaszewski, Romańskie kościoły (wie Anm. 84), 154– 173 sowie 7–38; Władysław Abraham, Organizacja Kościoła w Polsce do połowy XII w. [Die Organisation der Kirche in Polen bis zur Mitte des 12. Jahrhunderts]. Poznań 31962 [1893], 210–236, der sich bereits über die Bedeutung des Eigenkirchenrechts bewusst war. Zur Liturgie Sczaniecki, Sacramentum (wie Anm. 82), passim. Zuletzt am Beispiel Kleinpolens Szymański, Kanonikat (wie Anm. 146), passim; vgl. auch Stanisław Zachorowski, Rozwój i ustrój kapituł polskich w wiekach średnich [Die Entwicklung und Ausstattung der polnischen Kapitel im Mittelalter]. Kraków 1912; Tadeusz Silnicki, Organizacja archidiakonatu w Polsce [Die Organisation des Archidiakonats in Polen]. Lwów 1927.

Herzogliche und adlige Stiftungen im 12. Jahrhundert

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Westempore der St. Nikolaikirche in Żarnów, 12. Jahrhundert

Es wird angenommen, dass in diesen ländlichen Bauwerken die Emporen im Westteil der Objekte eine besondere Rolle gespielt haben. Auf ihnen nahmen während des Gottesdienstes die Stifter und ihre Nachkommen Platz, so dass sie eine typisch feudale Aussagekraft besaßen. Oft waren die Kirchen im Westteil auch mit Türmen oder einem zweitürmigen Massiv ausgestattet, und der gesamte Korpus machte den Eindruck einer Verteidigungsanlage. Nicht selten war ein solcher Ort dann auch noch zusätzlich befestigt.311 Als Vorbild für die Stifter müssen die von den Monarchen errichteten früheren Sakralobjekte gedient haben. Die Stiftungstätigkeit der Großen hat die Entwicklung der kirchlichen Institutionen ganz wesentlich gestärkt. Ihre Investitionen in Kirchen und Kapellen auf den eigenen Gütern haben mit der Zeit (um die Wende vom 12. zum 13. Jahrhundert) dann auch in einem wesentlichen Maße zur Schaffung zweier weiterer kirchlicher Verwaltungsebenen beigetragen, nämlich des Archidiakonats- bzw. Präpositurnetzes sowie des Pfarrnetzes. Die Motive, die Große zu ihren Stiftungen veranlasst haben, können, da entspre311

Zur Funktion der Empore und der kleinen Eigenkirchen von Großen Tomaszewski, Romańskie kościoły (wie Anm. 84), 7–38 und 154ff.

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chende Selbstaussagen fehlen, nur indirekt erschlossen werden. Hinter den Stiftungen der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts werden verhältnismäßig komplexe Motive erkennbar. Ihre Vorbilder und Inspirationen stammten in beträchtlichem Maße vom herzoglichen Hof (oder mehreren teilfürstlichen Höfen). Als enge Mitarbeiter des Monarchen, sei es als Hofbeamte oder Amtsträger in den Provinzen und Burgbezirken, aber auch als Teilnehmer an Kriegen und Feldzügen außerhalb der Landesgrenzen erwiesen sich die polnischen Großen und Ritter als scharfsinnige Beobachter. Gerade dort, am herzoglichen Hof oder während der Kriegszüge, beobachteten sie, wie die Vertreter der herrschenden Dynastie, die Elite der Eliten, handelten. An den Höfen fehlte es auch nicht an Ausländern, schon infolge der weit verzweigten Heiratsbeziehungen der Piasten. Die Rolle, die die Kirche im Umkreis der piastischen Dynastie spielte, war selbst für weniger geübte Beobachter leicht erkennbar, so dass die Großen schon bald, sobald ihnen die ökonomischen Möglichkeiten dies erlaubten, damit begannen, die Herzöge nachzuahmen. Und sicher erfolgte dies nicht ohne deren Ermutigung und jene der mit den höfischen Kreisen verbundenen Geistlichen, hauptsächlich der Bischöfe. Im Zuge der Verchristlichung blieb die Aufmerksamkeit der Ritterschaft nicht mehr auf bloß irdische Dinge beschränkt, sondern richtete sich auch auf das Seelenheil. Eine Stiftung war schließlich die höchste Form der Almosengabe, sie bedeutete die Aufnahme des potentiellen Stifters in den Kreis des Sacrum und garantierte ihm sein Seelenheil.312 Aber sicher waren es nicht nur Inspirationen durch die monarchischen Höfe und kirchlichen Kreise, die ganze Gruppen von Großen und Rittern zu ihren kostspieligen Bauunternehmungen bewegten, für die sie enorme Anstrengungen unternahmen. Höchstwahrscheinlich waren ihre Stiftungen auch nicht selten der Versuch, eine dem Stifter aus unterschiedlichen Gründen drohende Konfiszierung seiner Güter zu vermeiden. Schon vor Jahren äußerte Kazimierz Kolańczyk die Ansicht, dass eine Stiftung eben auch ganz einfach eine Investition in die eigenen Güter darstellte. Klöster und Kirchen waren schließlich in gewisser Weise auch wirtschaftliche Zentren, die als Kreditgeber und Motoren des Landesausbaus fungierten. Im Verteidigungsfall konnten sie auch als Schutzbastionen dienen.313 Manchmal war der Grund für eine Stiftung auch eine dem Stifter für bestimmte Vergehen auferlegte Buße (wie dies sicherlich bei Piotr Włostowic der Fall war).314 Möglicherweise standen die frommen Stiftungen einzelner 312 313

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Vgl. Dobosz, Działalność (wie Anm. 17), 129ff. Kazimierz Kolańczyk, Studia nad reliktami wspólnej własności ziemi w najdawniejszej Polsce. Rozporządzanie własnością ziemską do końca XIV w. [Studien zu den Relikten gemeinsamen Landeigentums im ältesten Polen. Die Verfügung über den Landbesitz bis zum Ende des 14. Jahrhunderts]. Poznań 1950, 211–223 und 230–232; Andrzej M. Wyrwa, Voraussetzungen und Motive der Ansiedlung von Zisterziensern in Großpolen, in: Ulrich Knefelkamp (Hrsg.), Zisterzienser. Norm, Kultur, Reform – 900 Jahre Zisterzienser. Berlin 2001, 91–125, hier 118. Vgl. Stanisław Bieniek, Z dziejów pokuty publicznej w Polsce [Zur Geschichte der öffentlichen Buße in Polen], in: Czasopismo Prawno-Historyczne 18, 1966, 9–28; zur Frage der Bußwall-

Herzogliche und adlige Stiftungen im 12. Jahrhundert

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Großer auch mit deren Ehekontakten im Zusammenhang, doch bedarf dieses Problem noch eingehenderer Forschung. Aus der Ehe des Piotr Włostowic mit einer Rurikidentochter lassen sich wohl keine weitergehenden Schlussfolgerungen ziehen. Dagegen spielten Prestigegründe vor dem Hintergrund der politischen Rivalitäten zwischen den führenden Großen und den sich gerade herausbildenden Adelsgeschlechterstrukturen sicher eine nicht geringe Rolle.

fahrt auch Kowalczyk, Pielgrzymki pokutne (wie Anm. 264), 157–159, die sie mit Piotrs Eheschließung in Verbindung bringt.

Dariusz Karczewski

Verwandtschaftsbeziehungen und adlige Stiftergemeinschaften im Polen des 12. Jahrhunderts

Der Begriff fundatio hat abgesehen von seiner grundlegenden Bedeutung im Sinne von vollkommener Neugründung einer kirchlichen Institution (einer Kirche, eines Klosters, einer Kapelle) viele Bedeutungen. Er bezeichnet sowohl den Bau eines neuen oder die Erneuerung eines bereits bestehenden Gotteshauses als auch die Stiftung von Objekten, seien es Land, Menschen, Gewänder, Bücher, liturgische Paramente oder Bargeld. Die Stifter ließen sich bei der Übertragung von Vermögenswerten von vielen, oft miteinander verflochtenen Motiven leiten. Natürlich kam dabei den in den Quellen relativ leicht fassbar werdenden religiösen Motiven eine Hauptbedeutung zu; sie begegnen als Wunsch, den eigenen Glauben zu festigen, für sich und seine Familie die Erlösung sicherzustellen oder Sühne für Sünden zu leisten.1 Schwieriger ist es, die politischen Beweggründe von Stiftungen aufzuzeigen, von denen es weitaus mehr gab, auch wenn sie weniger herausgestellt wurden. So konnte eine Stiftung darauf abzielen, Macht und Einfluss zu demonstrieren, die Gunst der Kirche zu erlangen, die eigene Autorität innerhalb der Familie, bei den politischen Anhängern und Untertanen zu festigen oder eine Beschlagnahme des Besitzes zu verhindern.2 Nicht ohne Bedeutung waren auch die Kosten und die Bauzeit einer Stiftung, handelte es sich doch, zumindest bei Kirchenbauten, zumeist um gewaltige Vorhaben.3 1 Paweł Sczaniecki, Sacramentum dedicationis. Obrzęd poświęcenia kościoła i jego znaczenie w dziedzinie religijnej, obyczajowej i kulturowej na podstawie źrodeł polskich z XII w. [Sacramentum dedicationis. Der Brauch des Opfers für die Kirche und seine Bedeutung auf religiösem, sittlichem und kulturellem Gebiet auf Grundlage polnischer Quellen des 12. Jh.]. Lublin 1979. 2 Kazimierz Kolańczyk, Studia nad reliktami wspólnej własności ziemi w najdawniejszej Polsce. Rozporządzanie własnością ziemską do końca XIV w. [Studien zu den Überresten des gemeinschaftlichen Landbesitzes im ältesten Polen. Die Verfügung über den Landbesitz bis zum Ende des 14. Jahrhunderts]. Poznań 1950, 211–223. 3 Tadeusz Lalik, Uwagi o finansowaniu budownictwa murowanego w Polsce do początku XIII w. [Bemerkungen über die Finanzierung von Steinbauwerken in Polen bis zum Anfang des 13. Jh.], in: Kwart. Hist. Kult. Mater. 15, 1967, 55–74, der feststellt, dass der Wert der drei im 12. Jahrhundert

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Dariusz Karczewski

Während man für das piastische Polen die monarchischen Stiftungen als Instrumente politischer Herrschaftsausübung eingehend untersucht hat,4 sind hinsichtlich der privaten Stiftungen noch viele Fragen offen. Vor diesem Hintergrund behandelt der vorliegende Beitrag unter Heranziehung genealogischer Erkenntnisse die Rolle der Klosterstifter und den Anteil ihrer Familien bzw. die Bedeutung familiärer Verbindungen bei Stiftungsunternehmen. Dies geschieht in selektiver Form, da nicht alle Klosterstiftungen des 12. Jahrhunderts, sondern nur eine repräsentative Auswahl Berücksichtigung finden können. Was die untersuchten Stiftungen verbindet, ist die Person des Piotr Włostowic und die Personengruppe seiner Nachfahren. Unberücksichtigt bleiben (mit einer Ausnahme) auch die bischöflichen Stiftungen, bei denen es in viel höherem Maße zu einem Zusammenwirken von Einflüssen der Kirche, des Monarchen, des Stifters als Vertreters seines Geschlechts sowie der gesamten Gruppe der Großen kam. Eine der frühesten Klostergründungen eines Großen war das Marien-Kloster der Augustiner-Chorherren auf dem Zobtenberg.5 Die Abtei auf dem Zobtenberg entstand noch zu Lebzeiten von Bolesław III. Schiefmund, allerdings wohl nicht lange vor 1138.6 Es handelte sich mit Sicherheit um eine Stiftung des Piotr Włostowic; dies jedenfalls legt sowohl die Tradition des Klosters selbst als auch eine Analyse seiner Ausstattung nahe.7 Die Stiftung in Monte Silencii muss zusammen mit einem anderen Bauvorhaben des Piotr Włostowic betrachtet werden, nämlich mit der Stiftung einer Kirche mitsamt Kloster auf der Breslauer Sandinsel, die ebenfalls der Jungfrau Maria geweiht waren. Zur Verlegung vom Zobtenberg auf die Breslauer Sandinsel muss es nach der Ausstellung einer Urkunde des Breslauer Bischofs Walter, die noch für beide Kirchen ausgefertigt worden war, und zwischen dem 22. Juni 1149 und dem 16. (oder 17.) April 1153 datiert, gekommen sein.8 Wie der Urkunde zu entnehmen ist, entstand die Marienkirche

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errichteten Kirchen (der Kathedrale St. Johannis, der Klosterkirchen von St. Vinzenz und St. Marien auf der Sandinsel) grob geschätzt zwischen 50.000 und 100.000 Mark gelegen haben dürfte. Dies bedeutete eine Ausgabe eines Werts von ca. 10,6 bis 21,2 Tonnen reinen Silbers. Roman Michałowski, Princeps fundator. Studium z dziejów kultury politycznej w Polsce X–XIII wieku [Princeps fundator. Studien zur Geschichte der politischen Kultur im Polen des 10. bis 13. Jahrhunderts]. Warszawa 1993; vgl. Ders., Princeps fundator. Monarchische Stiftungen und politische Kultur im piastischen Polen (10.–13. Jahrhundert), in diesem Band 37–108. Wacław Korta, Tajemnice góry Ślęży [Die Geheimnisse des Zobtenberges]. Katowice 1988. Korta, Tajemnice (wie Anm. 5), 234–283; Anna Pobóg-Lenartowicz, Kanonicy regularni na Śląsku. Życie konwentów w śląskich klasztorach kanoników regularnych średniowieczu [Regularkanoniker in Schlesien. Das Leben der Konvente in schlesischen Regularkanonikerklöstern im Mittelalter]. Opole 1999. Wacław Korta, Uposażenie klasztoru kanoników regularnych na górze Ślęży [Die Ausstattung des Klosters der Augustiner-Chorherren auf dem Zobtenberg], in: Zap. Hist. 50, 1985, 3, 51–67. Kodeks dyplomatyczny Śląska [Schlesisches Urkundenbuch], Bd. 1. Ed. Karol Maleczyński. Wrocław 1956, Nr. 26, Anm. 18. Das Datum post quem der Urkunde von Bischof Walter, in der Piotr bereits auftritt, ist eine Urkunde von Bolesław Kraushaar für das Vinzenz-Kloster in Breslau (ebd., Nr. 25, Anm. 46), in der Piotr Włostowic nicht genannt wird. Als Terminus ante quem ist, da ein Jahresdatum für den Tod von Maria fehlt, das Todesdatum des Piotr Włostowic anzunehmen; vgl. Janusz Bieni-

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auf dem Sande durch gemeinsames Bemühen des comes Piotr Włostowic, seiner Frau Maria und seines Sohns Świętosław.9 Als Initiatoren dieses Unternehmens dürften aber wohl die Ehefrau und der Sohn des Piotr Włostowic anzusehen sein.10 Vielleicht sollte ihre Initiative ein spezifisches votum darstellen, dessen Ziel die Seelenrettung des comes war. Träfe diese Annahme zu, so wäre die zum Lebensende des Piotr Włostowic hin vorgenommene Stiftung aus dessen Gütern, der Aussteuer und der Morgengabe seiner Ehefrau Maria sowie den ausgegliederten Besitzungen seines Sohnes Świętosławs erfolgt.11 Die Weihe der Kirche zwischen 1149 und 1153 muss nicht heißen, dass die Bauarbeiten zu dieser Zeit bereits abgeschlossen waren.12 Schließlich war es weit verbreitete Praxis, einen soeben erst errichteten Chorraum oder sogar nur den Altar selbst zu weihen.13 So kann wohl jenen Historikern Recht gegeben werden, die annehmen, dass die Breslauer Marienkirche erst nach dem Tod des Piotr Włostowic vollendet wurde, und zwar auf alleinige Rechnung seiner Gattin Maria und seines Sohns Świętosław.14 Eine längere Bauzeit der Sandkirche wird auch von annalistischen Aufzeichnungen bestätigt, die wohl am Breslauer Vinzenz-Kloster entstanden sind; sie berichten, dass sich die Ordensbrüder bei ihrem Umzug vom Zobtenberg eine nicht genauer bezeichnete Zeit

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ak, Polska elita polityczna XII w. Część III. A: Arbitrzy książąt – krąg rodzinny Piotra Włostowica [Die polnische politische Elite im 12. Jahrhundert. Teil III. A: Die Arbiter der Fürsten – das familiäre Umfeld des Piotr Włostowic], in: Społeczeństwo polski średniowiecznej 4, 1990, 13– 107, hier 34f., Anm. 95. Kodeks dyplomatyczny Śląska. Ed. Maleczyński (wie Anm. 8), Nr. 26: honeste peticioni comitis palatini Petri simul et uxoris sue Marie, pariter et filii sui Swentoslai ceterorumque nobilium. Die erwähnten Würdenträger würde ich als politische Anhänger Piotrs ansehen, die sich aus Anlass seiner Rückkehr aus der Verbannung versammelt hatten. Hinter dieser Formulierung könnte sich auch die Familie verbergen. Czesław Deptuła, Przyczynek do dziejów Ślęży i jej opactwa [Ein Beitrag zur Geschichte des Zobtenbergs und seiner Abtei], in: Rocz. Hum. 15, 1967, 2, 17–36, hier 20, Anm. 16; Ludovicus Milis, Les origines des abbayes de Ślęża et du Piasek a Wrocław, in: ebd. 19, 1971, 2, 5–27, hier 17f. Bieniak, Polska elita 3 (wie Anm. 8), 33. Korta, Uposażenie klasztoru (wie Anm. 7), 64f.; Ders., Tajemnice (wie Anm. 5), 259f., der eine im 16. Jahrhundert vorgenommene Verbesserung des Urkundentextes annimmt. Sczaniecki, Sacramentum dedicationis (wie Anm. 1), 33. Deptuła, Przyczynek do dziejów (wie Anm. 10), 20, Anm. 16. Dafür würde auch das Stiftungstympanon aus dieser Kirche und seine Aufschrift sprechen; hierzu vgl. Marian Morelowski, Tympanon Marii Włostowicowej i Świętosława na tle wrocławskiej rzeźby XII wieku [Das Tympanon der Maria Włostowic und des Świętosław vor dem Hintergrund der Breslauer Plastik des 12. Jahrhunderts], in: Sprawozdania Wrocławskiego Towarzystwa Naukowego 4, 1949, Anhang 1; Kazimierz Ciechanowski, W sprawie datowania trzech tympanonów polskich z XII w. na podstawie inskrypcji wotywnych [Zur Datierung der drei polnischen Tympana aus dem 12. Jh. aufgrund der Votivinschriften], in: Śląski Kwart. Hist. Sobótka 38, 1983, 235–240; Stanisław Trawkowski, Piotr Włostowic, in: Emanuel Rostworowski (Hrsg.), Polski Słownik Biograficzny 26, Wrocław 1980, 355–358, hier 357.

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lang bei der Breslauer Adalbertskirche aufgehalten hätten.15 Überdies ist es wahrscheinlich, dass die ursprünglichen Absichten Marias und Świętosławs (in Erfüllung von Piotrs Willen?) nur die Kirche selbst betrafen. Zur Änderung der Pläne mag die glückliche Rückkehr des zuvor von Herzog Władysław II. verbannten comes Piotr beigetragen haben. Kehren wir aber zu den wirtschaftlichen Grundlagen der Abtei auf dem Zobtenberg zurück. Zu deren Ausstattung gehörte ursprünglich, schenkt man einer Bulle Papst Eugenius’ III. vom 19. Oktober 1148 Glauben, der Zobtenberg cum appendenciis suis, der Markt in Zobten und die Lorenz-Kirche in Breslau.16 Erst spätere Urkunden erlauben einen genaueren Blick auf ihre Besitzungen und vor allem – was hier besonders interessiert – deren Stifter. Die Adalbertskirche wurde, wie aus dem so genannten ‚Fragment einer Herzogsurkunde‘ hervorgeht, zusammen mit dem Dorf Klein Mochberg von Bogusław, dem Bruder des comes Piotr Włostowic, gestiftet.17 Da diese Kirche aber anscheinend älteren, bis auf den Beginn des 12. Jahrhunderts zurückgehenden Ursprungs war, dürfte sie als Besitz der Vorfahren des Piotr Włostowic anzusehen sein.18 Schwieriger zu interpretieren ist die Verleihung des Markts am Fuß des Zobtenberges. Es könnte sich dabei um eine direkte herzogliche Schenkung an das Kloster gehandelt haben, aber ebenso gut könnte er zunächst dem Piotr Włostowic verliehen worden sein, der ihn dann an das Kloster weitergegeben hätte.19 Zum weiteren Besitz des Zobtenbergs, der erst in späteren Urkunden genauer bezeichnet wird,20 dürften die possesiones, que Petrum quondam comitem ex parte avi et patris sui iure hereditario contingebant gehört haben.21 Zu den Verleihungen des Stifters, die bereits in eine 15 Spominki wrocławskie [Breslauer Aufzeichnungen]. Ed. Aleksander Semkowicz, in: MPH 3, Lwów 1878, 732–734, hier 734. 16 Kodeks dyplomatyczny Śląska. Ed. Maleczyński (wie Anm. 8), Nr. 22. 17 Ebd., Nr. 68. 18 Marian Friedberg, Ród Łabędziów w wiekach średnich [Das Geschlecht Łabędź im Mittelalter], in: Rocznik Towarzystwa Heraldycznego 7, 1924/25, 1–100, hier 26; 90. 19 Karol Maleczyński, Najstarsze targi w Polsce i stosunek ich do miast przed kolonizacją na prawie niemieckim [Die ältesten Märkte in Polen und ihre Beziehung zu den Städten vor der deutschrechtlichen Kolonisation], Lwów 1926, 53f.; Korta, Uposażenie klasztoru (wie Anm. 7), 320. 20 Kodeks dyplomatyczny Śląska. Ed. Maleczyński (wie Anm. 8), Nr. 68; dieses so genannte ‚Fragment einer Herzogsurkunde‘ entstand vor 1193 und ist in Wirklichkeit ein Verzeichnis der Besitzungen, Einkünfte und Menschen des Klosters auf dem Zobtenberg; es werden genannt: Groß Wierau, Cescouici (ein Teil des heutigen Kaltenbrunn), Seiferdau, Klein Bielau, Strehlitz, Villa ad molendinum (Qualkau) und Striegelmühle. Die Bulle von Papst Coelestin III. von 1193 (ebd., Nr. 71) nennt zusätzlich das Dorf Vino, das im Zuge der Siedlungsarbeit des Klosters entstanden war, sowie das offensichtlich irrtümlich an dieser Stelle genannte Groß Baudiß; vgl. hierzu Korta, Uposażenie klasztoru (wie Anm. 7), 55f. sowie Anna Pobóg-Lenartowicz, Uposażenie i działalność klasztoru kanoników regularnych NMP na Piasku we Wrocławiu do początku XVI w. [Die Ausstattung und die Tätigkeit des Klosters der Regularkanoniker auf der Sandinsel in Breslau bis zum Beginn des 16. Jh.], Opole 1994, 9–17. 21 Kodeks dyplomatyczny Śląska. Ed. Maleczyński (wie Anm. 8), Nr. 71.

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frühere Zeit zurückgingen, gehörte Klein Tinz, das Piotr Juden abgekauft hatte, ehe er es den Kanonikern vom Zobtenberg schenkte.22 Dagegen muss zur ursprünglichen Ausstattung Klein Oels gezählt werden, das der cognatus comitis Petri Cieszybór dem Kloster unter dessen erstem Abt Ogierz übergeben hatte.23 Das Interesse an der Familienstiftung erlosch auch in der nächsten Generation des Stifters nicht, wenngleich es in einem bezeichnenden Umfang zum Ausdruck kam: Włodzimierz, der Sohn von Świętosław und Enkel des comes Piotr, übergab dem Kloster nur einen einzigen Menschen.24 Als eine weitere unzweifelhafte Stiftung des comes Piotr kann das Benediktinerkloster auf dem Breslauer Elbing angesehen werden, das seit 1145 der Jungfrau Maria und dem hl. Vinzenz geweiht war.25 Auch in diesem Fall ist schwer zu ermitteln, wann das Kloster entstanden ist; in der Literatur wird ein Zeitraum zwischen 1120 und 1139 genannt.26 Der terminus ante quem wird durch die Verleihung der Nikolai-Kapelle an die Benediktiner durch den Breslauer Bischof Robert im Jahre 1139 bestimmt.27 Möglicherweise kann die Entstehung dieser Abtei mit Tadeusz Silnicki in die Amtszeit von Bischof Heymon (1120–1126) datiert werden, an den im Elbinger Totenbuch unter dem 31. März erinnert wird.28 Vielleicht sind diese Ereignisse aber auch in die Zeit nach dem Polenaufenthalt des päpstlichen Legaten Ägidius von Tuskulum, d. h. in die Jahre 1123 bis 1124 zu datieren. Nicht ohne Grund finden sich unter den ersten Wohltätern des Vinzenz-Klosters Personen, die aus der Urkunde dieses Legaten für die Benedikti22 Ebd., Nr. 68. 23 Ebd., Nr. 68, Anm. 15, 16. 24 Ebd., Nr. 68, Anm. 21; zur Identifikation von Włodzimierz vgl. Janusz Bieniak, Ród Łabędziów [Das Geschlecht Łabędź], in: Jacek Hertel / Jan Wroniszewski (Hrsg.), Genealogia. Studia nad wspólnotami krewniaczymi i terytorialnymi w Polsce średniowicznej na tle porównawczym. Toruń 1987, 9–31, hier 31, Tafel II; Ders., Polska elita 3 (wie Anm. 8), 26f. 25 Die Reliquien des hl. Vinzenz wurden am 24. Mai 1145 aus Magdeburg nach Polen überführt, die Kirche wurde am 6. Juni 1145 geweiht: Annales Magdeburgenses. Ed. Georg Heinrich Pertz, in: MGH, SS 16, Hannover 1859, 105–196, hier 187. 26 Die ältere Literatur bei Franciszek Bogdan, Sprawa egzempcji benedyktynów w Polsce średniowiecznej [Die Exemtion der Benediktiner im mittelalterlichen Polen], in: Nasza Przeszł. 9, 1959, 51–90; Stanisław Trawkowski, Między herezją a ortodoksją. Społeczna rola premonstratensów w XII wieku [Zwischen Häresie und Orthodoxie. Die gesellschaftliche Rolle der Prämonstratenser im 12. Jahrhundert], Warszawa 1964, 197f.; Iwona Płaczek, Zasadnicze linie rozwoju sieci klasztorów mniszych i kanonicznych na Śląsku do końca XIII w. [Hauptentwicklungslinien des Netzes der Mönchs- und kanonischen Klöster in Schlesien bis zum Ende des 13. Jh.]. Wrocław 1993, 16. 27 Kodeks dyplomatyczny Śląska. Ed. Maleczyński (wie Anm. 8), Nr. 16; vgl. auch Zofia Kozłowska-Budkowa, Repertorjum polskich dokumentów doby piastowskiej. Zeszyt 1: Do końca wieku XII [Repertorium der polnischen Urkunden der Piastenzeit. Heft 1: Bis zum Ende des 12. Jahrhunderts]. Kraków 1937, Nr. 36. 28 Tadeusz Silnicki, Dzieje i ustrój Kościoła katolickiego na Śląsku do końca XIV wieku [Geschichte und Verfassung der katholischen Kirche in Schlesien bis zum Ende des 14. Jahrhunderts]. Warszawa 1953, 97; Nekrolog opactwa św. Wincentego we Wrocławiu [Totenbuch der Abtei St. Vinzenz in Breslau]. Ed. Karol Maleczyński, in: MPH NS 9/1. Warszawa 1971, 32, Anm. 264.

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ner von Tyniec bekannt sind.29 Dies würde auch die in der Fachliteratur vorherrschende Überzeugung unterstützen, dass Tyniec das Mutterhaus der Breslauer Benediktiner gewesen sei.30 Auch für das Kloster auf dem Breslauer Elbing wurden die wirtschaftlichen Grundlagen durch die Verleihung des Piotr Włostowic gelegt. Sieht man von den Dynasten und Geistlichen ab, war er es, der die Liste der Wohltäter eröffnete, und zwar als comes Petrus fundator ecclesiae.31 Er verlieh dem Vinzenz-Kloster Kostenblut,32 die Hälfte von Trebnitz bzw. des Trebnitzer Umritts (der später von Władysław dem Vertriebenen gegen den Markt in Kostenblut, eine Schenke in Polsnitz sowie vier Dörfer eingetauscht wurde),33 Würben, Odra (das heutige Opatowice), Crescenica (das heutige Opatowo bei Ostrzeszowo) und Ohlau.34 Wirklichen Eindruck macht allerdings erst die Auflistung der zwölf weltlichen Wohltäter der Breslauer Benediktiner – den Stifter selbst nicht eingerechnet. Gleich hinter dem Stifter folgt der comes Pakosław Skarbimirowic aus dem Geschlecht der Awdańcen. Janusz Bieniak hat gezeigt, dass er in dieser Urkunde zusammen mit einer Włostowa auftritt, deren Vorname unbekannt ist und die ebenfalls dem Geschlecht des Pakosław angehörte.35 Sie war höchstwahrscheinlich die Frau eines Bruders des Piotr Włostowic, nämlich eines Włost, den wir ansonsten lediglich von einer Verleihung für das Kloster in Trzemeszno und für das Bistum Breslau kennen.36 29 Kodeks dyplomatyczny klasztoru tynieckiego [Urkundenbuch des Klosters Tyniec]. Ed. Wojciech Kętrzyński / Stanisław Smolka, Lwów 1875, Nr. 1. Die Aufenthaltszeit des Legaten in Polen hat ermittelt Gerard Labuda, Początki diecezalnej organizacji kościelnej na Pomorzu i na Kujawach w XI i XII wieku [Der Beginn der kirchlichen Bistumsorganisation in Pommerellen und Kujawien im 11. und 12. Jahrhundert], in: Zap. Hist. 33, 1968, 3, 19–60, hier 44. 30 Karol Maleczyński, Dzieje Wrocławia. Bd. 1 [Geschichte von Breslau. Bd. 1]. Katowice / Wrocław 1948, 27; Silnicki, Dzieje i ustrój (wie Anm. 28), 98; Heinrich Grüger, Schlesisches Klosterbuch. Breslau, St. Vinzenz, Benediktiner – dann Prämonstratenserabtei, in: Jb. Schl. Univ. Bresl. 24, 1983, 67–96, hier 67; Paweł Sczaniecki, Benedyktyni polscy. Zbiór szkiców i opowiadań [Die polnischen Benediktiner. Sammlung von Skizzen und Erzählungen]. Tyniec 1989, 70f. 31 Kodeks dyplomatyczny Śląska. Ed. Maleczyński (wie Anm. 8), Nr. 25. 32 Ebd., Nr. 25, Anm. 9. 33 Roman Grodecki, Książęca włość trzebnicka na tle organizacji majątków książęcych w Polsce XII w. [Das herzogliche Besitztum Trebnitz vor dem Hintergrund der herzoglichen Güterorganisation in Polen im 12. Jahrhundert], in: Kwart. Hist. 26, 1912, 433–474, hier 444f.; Kazimierz Dziewoński, Geografia Trzebnicy i ujazdu trzebnickiego w okresie wczesnośredniowiecznym [Die Geographie von Trebnitz und des Trebnitzer Umritts im Frühmittelalter], in: Studia Wczesnośredniowieczne 1, 1952, 25–34. 34 Kodeks dyplomatyczny Śląska. Ed. Maleczyński (wie Anm. 8), Nr. 25, Anm. 17–21. 35 Władysław Semkowicz, Ród Awdańców w wiekach średnich [Das Geschlecht der Awdańcen im Mittelalter], in: Roczniki Poznańskiego Towarzystwa Przyjaciół Nauk 44, 1917, 153–293; 45, 1919, 161–314; 46, 1920, 111–239, hier 44, 166f., 180; Janusz Bieniak, Polska elita polityczna XII. w. Część II: Wróżda i zgoda [Die polnische politische Elite des 12. Jahrhunderts. Teil II: Fehde und Konsens], in: Społeczeństwo Polski średniowiecznej 3, 1985, 13–74, hier 72f. 36 Kodeks dyplomatyczny Wielkopolski. Ed. Ignacy Zakrzewski. Bd. 1, Poznań 1877, Nr. 11; Kodeks dyplomatyczny Śląska. Ed. Maleczyński (wie Anm. 8), Nr. 35.

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Portal der Klosterkirche St. Vinzenz auf dem Breslauer Elbing, letztes Viertel 12. Jahrhundert (1546 in die Maria Magdalenenkiche Breslau eingebaut)

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Es gibt zu denken, dass Piotr Włostowic selbst unter den in der Urkunde aufgeführten Wohltätern nicht begegnet. Hat er vielleicht nicht mehr gelebt? Die bereits erwähnten Verleihungen für kirchliche Institutionen würden nicht dagegen sprechen, da die betreffenden Urkunden Bestätigungen früher verliehener Güter sind. In diesem Fall hätte die comitissa Vlostonissa über ihre Wittum verfügt, auch wenn wahrscheinlicher ist, dass das von ihr verschenkte Dorf Teil ihrer Aussteuer gewesen ist. Der Tenor der Urkunde deutet darauf hin, dass Pakosław und die Włostowicen gemeinsam gehandelt haben; ihre Ortschaften waren nahe beieinander gelegen.37 Auch später, vor 1193, erfreute sich das Kloster auf dem Elbing der Gunst der Awdańcen. Jeweils ein Dorf wurde dem Kloster von Dobiesław, dem Ahnherr des großpolnischen Zweigs dieses Geschlechts,38 sowie Albert übertragen, in dem man wohl den späteren Wojewoden von Krakau Wojciech sehen darf.39 Welches waren die Motive der Beziehung zwischen den Włostowicen und den Awdańcen? Der so genannte Aufstand des Pfalzgrafen Skarbimir von Anfang 1118 hatte nicht nur dazu geführt, dass der mächtige Adlige seines Amtes enthoben und geblendet worden war, sondern auch das ganze Geschlecht der Awdańcen seine politische Macht verlor. Herzog Bolesław III. Schiefmund hatte daraufhin Piotr Włostowic zum neuen comes palatinus erhoben, gleichwohl auch den Sieciechowicen seine Gnade gewährt. Angesichts äußerer Gefahren und gleichzeitiger Vorbereitungen auf einen entscheidenden Feldzug gegen die Pomoranen (1121–1122) kam es zu einer Übereinkunft, nach der Skarbimir und sein Geschlecht alle Güter und Würden zurückerhielten. Diese Übereinkunft wurde durch eine reiche Verleihung des Herzogs für das Kloster Lubiń, die Familienstiftung der Awdańcen, sowie die bereits erwähnte Heirat einer Awdańcen-Tochter mit einem Włostowicen besiegelt.40 Unter den Gönnern für Lubiń 37 Bieniak, Polska elita 2 (wie Anm. 35), 73, Anm. 256. 38 Semkowicz, Ród Awdańców (wie Anm. 35), 44, 218; im Nekrolog opactwa św. Wincentego (wie Anm. 28), 56 wird Dobiesławs Tod unter dem 1. Juli erwähnt. 39 Semkowicz, Ród Awdańców (wie Anm. 35), 45, 176; Urzędnicy małopolscy XII–XV wieku. Spisy [Die kleinpolnischen Beamten des 12.–15. Jahrhunderts. Verzeichnisse]. Wrocław / Warszawa / Kraków 1990, 116; 120; 372. 40 Bieniak, Polska elita 2 (Anm. 35), 57–74. Anders sieht das Marek Derwich, Tyniecka zgoda i wyszogrodzka wróżda. O dwóch konfliktach wewnętrznych w Polsce średniowiecznej XII i XIII w. [Die Übereinkunft von Tyniec und die Fehde von Wyszogród. Über zwei innere Konflikte im mittelalterlichen Polen im 12. und 13. Jahrhundert], in: Kwart. Hist. 45, 1988, 2, 3–15, der zu einer Datierung der Urkunde des päpstlichen Legaten auf ca. 1105 zurückkehrt, während er die ‚rote‘ Verschreibung aus dem Bruderschaftsbuch von Lubiń auf die Jahre 1137–1138 legt; Ders., Fundacja lubińska na tle rozwoju monastycyzmu benedyktyńsiego w Polsce (XI–XII wieku) [Die Stiftung von Lubiń vor dem Hintergrund der Entwicklung des benediktinischen Klosterwesens in Polen (11.–12. Jahrhundert)], in: Zofia Kurnatowska (Hrsg.), Opactwo Benedyktynów w Lubiniu. Pierwsze wieki istnienia. Poznań 1996, 12–23, hier 16–18 hat die so genannte zweite Gründung von Lubiń als ein Werk von Bolesław III. Schiefmund angesehen, die von den Awdańcen lediglich unterstützt worden sei.

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müssen sich auch Piotr Włostowic und Vertreter seiner Familie sowie Vertreter der Sieciechowicen (Andrzej und Sulisław) befunden haben – schließlich dürften sie sich nicht grundlos im Verbrüderungs- und im Totenbuch der Lubińer Benediktiner auf Ehrenplätzen wiedergefunden haben.41 Die Einträge im Verbrüderungs- und Totenbuch von Lubiń sind nicht die einzige Quelle, die über eine derartige genealogisch-politische Konfiguration informiert. In der Zeugenliste der bereits angesprochenen Urkunde von Tyniec aus den Jahren 1123 bis 1124 treten Piotr, Andrzej und Sulisław sowie des letzteren Sohn Marcin ebenfalls auf. Unter den übrigen Zeugen, die in unserem Zusammenhang nicht weiter interessieren, begegnet auch Dźwigor, der dem Vinzenz-Kloster vor 1149 Ujów (Viehau) schenkte.42 Auch die Söhne des Pfalzgrafen Sieciech, Andrzej und Sulisław, gehörten zu den Wohltätern der Benediktinerstiftung des Piotr Włostowic. Andrzej übertrug dem Kloster das unweit von Krakau an der Weichsel gelegene Wawrzyńczyce und Sulisław (Sułek) Polsnitz bei Breslau.43 Unlängst wurde allerdings auch vorgeschlagen, die Schenkung Wawrzyńczyce mit dem Eponym des schlesischen Geschlechts der Würben (Wierzbno) in Verbindung zu bringen.44 Dafür sollen folgende Argumente sprechen: 1. der Vorname Andrzej wurde von diesem Geschlecht häufig verwendet;45 2. Wawrzyńczyce lag auf Siedlungsgebiet der Gryfen und der Lis, also von Geschlechtern, die einen gemeinsamen genealogischen Stamm besaßen, von dem auch die Würben abstammen konnten;46 3. das spätere Interesse von Vetretern dieses Geschlechts am 41 Księga bracka i nekrolog opactwa Panny Marii w Lubiniu [Das Bruderschaftsbuch und das Totenbuch der Abtei St. Marien in Lubiń]. Ed. Zbigniew Perzanowski, in: MPH NS 9/2. Warszawa 1976, 5. Das Lubińer Totenbuch nennt Piotr, den comes von Breslau, unter dem 17. April, Sulisław unter dem 4. September und Andrzej unter dem 5. September. 42 In Dźwigor bzw. Dziwisz sehe ich den Ahnherrn der Nagodzic-Jelita; Kodeks dyplomatyczny Śląska (wie Anm. 8), Nr. 25, Anm. 30; Władysław Semkowicz, Rycerstwo śląskie do końca XIV wieku. Uwagi o polskich rodach rodzimych [Das schlesische Rittertum bis zum Ende des 14. Jahrhunderts. Bemerkungen über die polnischen einheimischen Geschlechter], in: Genealogia. Studia i materiały historyczne 2, Wrocław 1992, 9–26 hier 16. 43 Kodeks dyplomatyczny Śląska. Ed. Maleczyński (wie Anm. 8), Nr. 25, Anm. 34, 40. 44 Vorsichtiger Vorschlag von Bieniak, Polska elita III.A (wie Anm. 8), 86, Anm. 287, der kritiklos übernommen wurde von Marek L. Wójcik, Ród Gryfitów do końca XIII wieku. Pochodzenie – genealogia – rozsiedlenie [Das Geschlecht der Gryfen bis zum Ende des 13. Jahrhunderts. Herkunft – Genealogie – räumliche Verbreitung]. Wrocław 1993, 32 und von Agata Tarnas-Tomczyk, Ród Wierzbnów do końca XIV wieku. Genealogia i rozsiedlenie [Das Geschlecht der Würben bis zum Ende des 14. Jahrhunderts. Genealogie und räumliche Verbreitung]. Wrocław 1993, 25; 27. 45 Allem Anschein zum Trotz kommt er bei den Würben nicht allzu häufig vor; vgl. Tarnas-Tomczyk, Ród Wierzbnów (wie Anm. 44), genealogische Tabelle auf 77, wo sich nur drei Personen mit dem Namen Andrzej finden (einschließlich des mutmaßlichen Würben Andrzej von 1149). 46 Wójcik, Ród Gryfitów (wie Anm. 44), vor allem 87f.; 102; Krzysztof Mosingiewicz / Błażej Śliwiński, Rycerstwo z końca XII w. w falsyfikacie Kazimierza Sprawiedliwego [Die Ritterschaft am Ende des 12. Jahrhunderts in einer Fälschung Kasimirs des Gerechten], in: Kwart. Hist. 88, 1981, 3, 713–722, hier 721.

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Vinzenz-Kloster – 1300 übertrug Stefan Szymonowic aus dem Geschlecht Würben den Prämonstratensern das Patronat über die Kirche in Würben mit der Bestimmung, dass das Kloster auf dem Elbing die Grablege seiner Ahnen gewesen sei47 (zur selben Kategorie gehört auch die Verleihung des Dorfes Szczepanowice an den Ritterorden vom Heiligen Grab in Miechów durch den Kanoniker Zbrosław Jaksic).48 Ohne die Abstammung der Würben von den kleinpolnischen Lis in Frage zu stellen, sprechen doch mindestens ebenso viele Indizien dafür, den fraglichen Andrzej mit einem der Söhne des Sieciech gleichzusetzen. Auch bei dem kleinpolnischen Adelsgeschlecht der Topórs gehörten die Vornamen Andrzej und Sułek bzw. Sulisław zum festen Namensbestand.49 Die Topórs verfügten nahe Krakau über einen ausgedehnten Siedlungskomplex, in dem auch ihr Stammsitz Morawica lag.50 Wie Błażej Śliwiński gezeigt hat, kann der bedeutende, zwischen 1224 und 1274 urkundlich belegte schlesische Große Jaxa als ein Vorfahre der Lis aus Gogolin und Schnellewalde angesehen werden. Daher erscheint verständlich, dass der Sohn dieses Jaxa, Zbrosław, über das ganz in der Nähe von Miechów gelegene Szczepanowice verfügen konnte, und bei der Gelegenheit auch über die nahen Besitzungen der Topórs – der Söhne des Grzegorz (Grzegorzowic) und des Sieciech (Sieciechowic).51 Die Schenkung des Stefan Szymonowic kam dagegen zu spät und dürfte ein Einzelfall geblieben sein. Sie wurde wenig später annulliert und das Patronat über die Kirche von Würben den Zisterziensern von Kamenz übertragen.52 Was schließlich das bei Breslau gelegene, von Sulisław verliehene Polsnitz (Pełcznica) betrifft, so ist unklar, ob es sich bei diesem Ort bzw. Ortsnamen um eine Reminiszenz an das kleinpolnische Pełcznica (heute Pałecznica) handelte. Eine Erklärung dieses Sachverhalts könnte die Verwandtschaft der Topórs mit den Gryfen bzw. den Lis in der Mitte des 12. Jahrhunderts bieten. Auf sie verweist auch der Umstand, dass die Namen Andrzej und Sułek in beiden Geschlechtern häufig vorkamen. Vor diesem Hintergrund wird die ungewöhnlich großzügige, zwölf oder fünfzehn

47 Regesten zur Schlesischen Geschichte. Ed. Colmar Grünhagen, in: Codex Diplomaticus Silesiae 7/3. Breslau 1886, Nr. 2588 (21.1.1300); Tarnas-Tomczyk, Ród Wierzbnów (wie Anm. 44), 25. 48 Kodeks dyplomatyczny Małopolski. Ed. Franciszek Piekosiński, Bd. 2. Kraków 1874, Nr. 484. 49 Janusz Kurtyka, Głos w dyskusji nad referatem o rodzie potomków Sieciecha [Diskussionsbeitrag zum Referat über das Geschlecht der Nachkommen des Sieciech], in: Hertel / Wroniszewski, Genealogia (wie Anm. 24), 223–235, hier 230 sowie Tabelle zwischen 234 und 235. 50 Kurtyka, Głos w dyskusji (wie Anm. 49), 225; Ders., Zu den Anfängen des Adelsgeschlechts Topór und seinen frühesten Besitzungen, in: Eduard Mühle (Hrsg.), Studien zum Adel im mittelalterlichen Polen. Wiesbaden 2012, 409–433, hier 427f. 51 Błażej Śliwiński, Ród Lisów. Problem pochodzenia wojewody krakowskiego Mikołaja i biskupa wrocławskiego Pełki [Das Geschlecht Lis. Das Problem der Abstammung des Krakauer Wojewoden Mikołaj und des Breslauer Bischofs Pełka], in: Genealogia. Studia nad wspólnotami (wie Anm. 24), 33–46, hier 42–44; Ders., Lisowie krzelowscy w XIV–XV wieku i ich antenaci [Die Lis von Krzelów im 14.–15. Jahrhundert und ihre Ahnen], Gdańsk 1993, 160–166. 52 Tarnas-Tomczyk, Ród Wierzbnów (wie Anm. 44), 42.

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Dörfer umfassende Schenkung des Jaxa für das Benediktinerkloster in Sieciechów verständlich.53 Was nun die Ausstattung des Benediktinerklosters auf dem Elbing angeht, kann auf zwei Schenkungen verwiesen werden, die aus der Familie des Stifters, Piotr Włostowic, stammten. Vor 1193 erhielt das Vinzenz-Kloster das Dorf ‚Gorac‘. Es wurde von einem gewissen Zdziesz vergeben, der mit dem Namen Zdzisław in Verbindung gebracht werden kann.54 Die genealogischen Verbindungen macht diesmal ein Eintrag im Totenbuch vom Elbing deutlich: Sdislaus miles cognatus fundatoris.55 Zu denken ist an eine Verbindung mit einem nur mit dem Patronym bekannten Zdzisław, einen Vertreter der Lis, dessen Sohn Wit 1230 dem Kloster des Ritterordens vom Heiligen Grab in Miechów einen Teil von Jaksice schenkte.56 Dagegen hing die zweite Schenkung mit jenem Tausch zusammen, den 1203 Herzog Heinrich der Bärtige mit dem Vinzenz-Kloster vornahm. Dabei wurde das im Besitz des letzteren befindliche Świątniki, das der Herzog später an das Zisterzienserinnenkloster in Trebnitz gab, gegen Książnice bei Zottwitz getauscht.57 Wie aus einer späteren Urkunde hervorgeht, wurde Świątniki den Prämonstratensern von Włodzimierz in extremis constituto übergeben;58 Włodzimierz dürfte ein Enkel des Piotr Włostowic und Sohn von Świętosław sowie mit dem zwischen 1176 und 1179 belegten Pfalzgrafen Mieszkos des Alten identisch gewesen sein.59 In der zweiten Hälfte der 1180er Jahre kam es im Vinzenz-Kloster zu einem Wechsel der Ordenskongregation. Die bis dahin auf dem Elbing ansässigen Benediktiner wurden unter dem Vorwand eines mit der Ordensregel nicht übereinstimmenden Lebenswandels in die Lorenz-Abtei in Kościelna Wieś bei Kalisch versetzt. An ihre Stelle in Breslau 53 Kodeks dyplomatyczny katedry krakowskiej św. Wacława [Urkundenbuch der Krakauer WenzelsKathedrale]. Ed. Franciszek Piekosiński, Bd. 1, Kraków 1834, Nr. 34; Joannis Długossi senioris canonici Cracoviensis Liber Beneficiorum Dioecesis Cracoviensis. Ed. Aleksander Przezdziecki, Bd. 3. Kraków 1864, 267, 271. Die unterschiedliche Zahl der Siedlungen rührt daher, dass die drei Jastków und Jastkowa Dąbrowa als Ergebnis des späteren Wirkens der Benediktiner von Sieciechów anzusehen sind; vgl. Eugeniusz Wiśniewski, Najstarszy dokument benedyktynów sieciechowskich (1252) [Die älteste Urkunde der Benediktiner von Sieciechów (1252)], in: StŹrodł 4, 1959, 57–73, hier 67. 54 Kodeks dyplomatyczny Śląska. Ed. Maleczyński (wie Anm. 8), Nr. 70, Anm. 51; Marek Cetwiński, Rycerstwo śląskie do końca XIII w. Biogramy i rodowody [Die schlesische Ritterschaft bis zum Ende des 13. Jahrhunderts. Biogramme und Genealogien], Wrocław 1982, 21. 55 Nekrolog opactwa św. Wincentego. Ed. Maleczyński (wie Anm. 28), 33, unter dem 3. April. 56 Kodeks dyplomatyczny Małopolski. Ed. Piekosiński (wie Anm. 48), Nr. 400. 57 Kodeks dyplomatyczny Śląska. Ed. Maleczyński (wie Anm. 8), Nr. 103. 58 Ebd., Nr. 107. 59 Bieniak, Ród Łabędziów (wie Anm. 24), 31, Tabelle II. 1149 und 1193 ist Świątniki im Besitz des Klosters auf dem Elbing, es stammte aus einer Schenkung des comes Sędziwój; erst in einer Bulle vom 12. August 1201 tauchen zwei Orte dieses Namens auf; Kodeks dyplomatyczny Śląska. Ed. Maleczyński (wie Anm. 8), Nr. 87. Dadurch kann das Todesdatum von Włodzimierz auf den Zeitraum zwischen dem 8. April 1193 und dem 12. August 1201 eingegrenzt werden, wahrscheinlich lag es näher am späteren Datum.

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traten die Prämonstratenser, die zu dieser Zeit als Anhänger und Umsetzer der kircheninternen Reformen an Popularität gewannen.60 Es handelte sich um eine breit angelegte politische Aktion, die der Unterstützung aller beteiligten Parteien bedurfte, mit dem Papst an der Spitze und unter Einbeziehung auch der Patrone des Klosters. Dank einer Bulle Coelestins III. vom 7. April 1193, in der der Tausch der Konvente bestätigt wurde, sind die Patrone des Vinzenz-Klosters bekannt; dabei handelte es sich um die comites Piotr, Włodzimierz und Leonard.61 Sie alle gehörten zur Generation der Enkel des Piotr Włostowic; der erste war Piotr der Alte Wszeborowic, der als Pfalzgraf von Kujawien sowie Kastellan von Kruschwitz belegt ist; der zweite Włodzimierz Świętosławic, der uns bereits aus der Verleihung von Świątniki bekannt ist, bei der er gemeinsam mit seinem Bruder Leonard auftrat.62 Zu den unstrittigen Patronen des Vinzenz-Klosters ist auch Erzbischof Piotr zu rechnen, auf dessen (wie auch des Breslauer Bischofs Żyrosław) Bitte hin eine diesbezügliche Bulle ausgestellt wurde. Auf diese Weise werden die familiären Beziehungen bestätigt, da er ein älterer Bruder von Włodzimierz und Leonard war sowie ein Vetter väterlicherseits des Wojewoden Piotr Wszeborowic.63 Der entscheidende Beweis findet sich aber im endgültigen Urteil über die Entfernung der Benediktiner aus dem Jahre 1219, in dem Erzbischof Piotr expressis verbis Patron des Klosters genannt wird.64 Nicht weniger interessante Beobachtungen ermöglicht die Analyse der Zeugenliste einer Urkunde von Herzog Bolesław IV. Kraushaar aus dem Jahr 1149.65 In ihr wird an erster Stelle der Breslauer Bischof Jan aus dem Geschlecht der Gryfen, der spätere Erzbischof und Stifter des Zisterzienserklosters in Brzeźnica-Jędrzejów und Verleiher des Zehnten aus den dem Vinzenz-Kloster gehörenden Dörfern genannt.66 Es folgen der Bischof von Krakau, Mateusz, und der Bischof von Lebus, Stefan. Unter den weltlichen Zeugen steht an erster Stelle Jaxa, einer der wichtigsten polnischen Großen des 12. Jahrhunderts.67 Seine Rolle beschränkte sich jedoch nicht nur auf die eines Zeugen. 60 Silnicki, Dzieje i ustrój (wie Anm. 28), 99; Stanisław Trawkowski, Wprowadzenie zwyczajów arrowezyjskich we wrocławskim klasztorze na Piasku [Die Einführung der Regeln von Arrouaise im Breslauer Sandkloster], in: Wieki Średnie. Prace ofiarowane Tadeuszowi Manteufflowi. Warszawa 1962, 111–116; Gerard Kucharski, Od premonstratensów do benedyktynów. Klasztor św. Wawrzynca w Kościelnej Wsi pod Kaliszem do połowy XIII w. [Von den Prämonstratensern zu den Benediktinern. Das Laurentius-Kloster in Kościelna Wieś bei Kalisch bis zur Mitte des 13. Jahrhunderts], in: Nasza Przeszł. 93, 2000, 321–362, hier 350f. 61 Kodeks dyplomatyczny Śląska. Ed. Maleczyński (wie Anm. 8), Nr. 69. 62 Bieniak, Ród Łabędziów (wie Anm. 24), 26 sowie Tabelle II auf 31; Ders., Polska elita 3 (wie Anm. 8), 59–61. 63 Vgl. Anm. 62. 64 Kodeks dyplomatyczny Śląska. Ed. Maleczyński (wie Anm. 8), Bd. 2, Nr. 221. 65 Ebd., Nr. 25. 66 Zofia Budkowa, Jan (Janik), in: Władysław Konopczyński (Hrsg.), Polski Słownik Biograficzny 10. Wrocław 1963, 428f. 67 Die Literatur zu Jaxa sowie Überlegungen zu seiner Identität bei Bieniak, Polska elita 3 (wie Anm. 8),

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Wie wir aus anderen Quellen wissen, ließ er an Stelle einer von Bischof Robert den Benediktinern geschenkten Michaels-Kapelle eine demselben Heiligen geweihte Steinkirche errichten.68 Der nächste auf der Zeugenliste ist comes Mikora, der gestützt auf die Cronica Petri comitis Poloniae als dessen Verwandter angesehen werden kann.69 Ferner finden sich zwei weitere Vertreter des Geschlechts der Gryfen, nämlich Klemens und Teodor (wobei letzterer nur aufgrund seines Vornamens identifiziert werden kann).70 Der zwischen ihnen stehende Wrocisz wird ziemlich einhellig dem Adelsgeschlecht der Gierałts zugerechnet, womit er als ein Mitstifter des Prämonstratenserklosters in Brzesko angesehen werden kann.71 Am Ende der Zeugenliste steht ein schwer zu identifizierender Krzyżan.72 Das außergewöhnliche Interesse der Gryfen am Breslauer Vinzenz-Kloster hatte seine Ursache nicht nur in den familiären Verbindungen zwischen Jaxa und Piotr Włostowic.73 Im Übrigen spiegelt sich dieser Sachverhalt in der Sympathie und den reichen Schenkungen der Włostowicen für die kleinpolnischen Klosterstiftungen des Geschlechts der Gryfen wider. Es handelte sich auch um eine Art von Demonstration der Gegner Bolesławs IV. Kraushaar, die sich in einer

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67–107. Gegen Bieniaks These, dass Jaxa von Miechów mit Jaxa, dem Fürsten von Brandenburg identisch sei, hat sich ausgesprochen Gerard Labuda, Około datacji dokumentów fundacyjnych klasztoru premonstratensów w Grobe (1159, 1168?, 1177–1179). Przyczynek do dyskusji nad identyfikacją Jaksów [Zur Datierung der Stiftungsurkunden des Prämonstratenserklosters in Grobe (1159, 1168?, 1177–1179) Ein Diskussionsbeitrag zur Identifikation der Jaxa], in: Janusz Bieniak (Hrsg.), Personae – colligationes – facta. Toruń 1991, 13–25; vgl. auch Ryszard Kiersnowski, Jaksa i jego monety. (Na marginesie rozprawy J. Bieniaka: Polska elita polityczna XII w.) [Jaxa und seine Münzen. (Zur Abhandlung von J. Bieniak: Polska elita polityczna XII w.)], in: Społeczeństwo polski średniowiecznej 5, 1992, 153–160. Kodeks dyplomatyczny Śląska. Ed. Maleczyński (wie Anm. 8), Nr. 16; Cronica Petri comitis Poloniae wraz z tzw. Carmen Mauri [Cronica Petri comitis Poloniae zusammen mit dem sogenannten Carmen Mauri]. Ed. Marian Plezia, in: MPH NS 3. Kraków 1951, 30. Das Stiftungstympanon aus dieser Kirche behandeln Ciechanowski, W sprawie datowania (wie Anm. 14) sowie Krystyna Mączewska-Pilch, Tympanon fundacyjny z Olbina na tle przedstawień o charakterze dekoracyjnym [Das Stiftungstympanon vom Elbing vor dem Hintergrund von Darstellungen mit dekorativem Charakter], Wrocław 1973, bes. 14–18, 29–31. Cronica Petri. Ed. Plezia (wie Anm. 68), 23; Bieniak, Polska elita 3 (wie Anm. 8), 49f. Bieniak, Polska elita 3 (wie Anm. 8), Tab. I, II. Klemens tritt in den Jahren 1149–1161 auf. Der Vorname Teodor begegnet bei den Gryfen seit Beginn des 13. Jahrhunderts. Franciszek Piekosiński, Rycerstwo polskie wieków średnich [Die polnische Ritterschaft des Mittelalters], Bd. 2. Kraków 1896, 258; Władysław Semkowicz, O początkach rodu Gierałtów i fundacyi klasztoru Norbertanów w Brzesku [Über die Anfänge des Geschlechts Gierałt und die Stiftung des Prämonstratenserklosters in Brzesko], in: Mies. Her. 2, 1909, 2, 17–23; Stanisław Kuraś, Katalog opatów klasztoru premonstrateńskiego w Brzesku-Hebdowie 1179–1732 [Katalog der Äbte des Prämonstratenserklosters in Brzesko-Hebdów 1179–1732], in: Nasza Przeszł. 9, 1959, 39–49, hier 40f. Alle Zeugen mit Ausnahme von Theodor haben einen Eintrag im Totenbuch vom Elbing. Cronica Petri. Ed. Plezia (wie Anm. 68), 19: Erat autem Jason gener ipsius Petri, habens filiam eius pro uxore.

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Unterstützung der Stiftung des nach wie vor verbannten comes Piotr Włostowic ausdrückte. Aus der Reihe anderer Klosterstiftungen lässt sich jene der Propstei der Prämonstratenserinnen in Strzelno inzwischen eindeutig Piotr dem Alten Wszeborowic zuweisen; die Entstehung dieses Klosters in den 1180er Jahren ist somit in einem Zusammenhang mit der Entfernung der Benediktiner vom Breslauer Elbing zu sehen.74 Leider finden sich im Fall von Strzelno, zu dem relativ viele Urkunden vorliegen, nur verhältnismäßig wenige Informationen über die Schenker. Vom Stifter selbst stammte wohl der Kern der Güter, in den die schwer zu fassende ursprüngliche Ausstattung der Pfarrkirche von Strzelno einfloss, die noch von Piotr Włostowic erbaut und Jan Długosz zufolge 1133 geweiht wurde.75 Die Protektionsbulle für Strzelno wurde von Papst Coelestin III. am 9. April 1193 auf Bitten der Vorsteherin Beatrycza ausgestellt.76 Allgemein wird angenommen, dass sie aus dem Geschlecht des Stifters stammte, wobei sie entweder als Tochter des Piotr Włostowic77 oder Tochter des Piotr Wszeborowic78 angesehen wird. Zweifellos muss auch sie ihre Morgengabe ins Klostervermögen eingebracht haben, doch ist über diesen Teil der Ausstattung nichts Näheres bekannt. Auch Vertreter einer anderen Linie der Włostowicen beteiligten sich aktiv an der Gründung der Prämonstratenserabtei von Strzelno. Es handelte sich um die uns bereits bekannten Vetter väterlicherseits von Piotr dem Alten, nämlich um Włodzimierz und Leonard Świętosławic. Ihrem Eintrag im Totenbuch von Strzelno ist die vielsagende Bemerkung benefactores nostri beigefügt.79 Das Zentrum der kujawischen Güter der 74 Zu den Ansichten der Historiker über die Person des Stifters und die Entstehungszeit des Klosters von Strzelno vgl. Dariusz Karczewski, Najdawniejsze dzieje Strzelna w świetle „Roczników“ Jana Długosza [Die älteste Geschichte von Strzelno im Lichte der „Annalen“ des Jan Długosz], in: Robert L. Andrzejewski (Hrsg.), Z dziejów Strzelna. Gniezno 1994, 9–27; Ders., Dzieje klasztori norbertanek w Strzelnie do początku XVI wieku [Geschichte des Prämonstratenserklosters Strzelno bis zu Beginn des 16. Jahrhunderts]. Inowrocław 2001, 81–95. 75 Ausführlicher beschrieben und begründet bei Dariusz Karczewski, Czy istniało Strzelno przednorbertańskie? [Gab es ein Strzelno vor den Prämonstratensern?], in: Archaeol. hist. Pol. 2, 1995, 181–191. 76 Kodeks dyplomatyczny Wielkopolski. Ed. Zakrzewski (wie Anm. 36), Nr. 32. 77 Bieniak, Ród Łabędziów (wie Anm. 24), 31, Tafel II; Ders., Polska elita 3 (wie Anm. 8), 64–66. 78 Brygida Kürbisówna, Dzieje fundacji strzeleńskiej w świetle dokumentów [Die Geschichte der Stiftung von Strzelno im Licht der Urkunden], in: Józef Skoracki (Hrsg.), Strzelno romańskie. Zbiór studiów. Strzelno 1972, 39–47, hier 44; Dies., Najstarsza tradycja klasztoru panien norbertanek w Strzelnie [Die älteste Tradition des Prämonstratenserinnen-Klosters in Strzelno], in: Rocz. Hist. 40, 1974, 19–50, hier 29; Dies., Pogranicze Wielkopolski i Kujaw w X–XII w. [Das großpolnisch-kujawische Grenzland im 10. bis 12. Jahrhundert], in: Czesław Łuczak (Hrsg.), Studium z dziejów ziemi mogileńskiej. Poznań 1978, 65–111, hier 103f. Zu vernachlässigen ist die Ansicht, dass es sich um die Gattin von Jaxa gehandelt habe, da diese zweifelsfrei Agafia hieß. 79 Liber mortuorum monasterii Strzelnensis ordinis Preamonstratensis. Ed. Wojciech Kętrzyński, in: MPH 5. Lwów 1888, 719–767, hier 760: unter dem 6. November Wlodimirus et Leonardus benefactores nostri.

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Linie von Świętosław war Łojewo. In der ältesten Aufzeichnung der wirtschaftlichen Ausstattung der Prämonstratenserinnen von Strzelno, der Bulle von 1193, wird neben einer Reihe anderer Ortschaften auch Łojewo verzeichnet.80 Diese Schenkung ist Włozimierz und Leonard zuzuschreiben, eventuell auch ihrem Bruder, dem Erzbischof Piotr. Der Erzbischof selbst gilt in der Literatur oft als Stifter oder Initiator der Strzelnoer Klostergründung.81 Während die erste dieser Hypothesen beim gegenwärtigen Stand der Forschung voll und ganz widerlegt werden kann, scheint die zweite angesichts der bereits dargestellten Reformbestrebungen von Erzbischof Piotr sehr wahrscheinlich. Das Oberhaupt der polnischen Kirche dürfte es in der Tat nicht versäumt haben, die Familienstiftung seines Vetters väterlicherseits mit ererbten Gütern oder dem Zehnten zu unterstützen.

Kryptogram des Namens Petrus auf einem Kapitel der Klosterkriche zur Hl. Dreifaltigkeit in Strzelno, Ende 12. Jahrhundert

Das Kloster von Strzelno unterhielt auch Beziehungen zu anderen Rittergütern, z. B. zu Otłoczyn. Dabei handelte es sich ursprünglich um den erblichen Besitz des Sasin Januszowic aus dem Geschlecht der Powała, der seinem Sohn Gedko übereignet wurde. Der spätere Bischof von Płock tauschte dieses Dorf wiederum mit einem gewissen Klement gegen Latowice. Dieser Klement gab seine Tochter in das Kloster von Strzelno und 80 Błażej Śliwiński; Rozwój własności rycerskiej w południowej części Kujaw Inowrocławskich w XII–XIII wieku [Die Entwicklung des ritterlichen Eigentums im Südteil von KujawienInowrocław im 12. und 13. Jahrhunderts], in: Ziemia Kujawska 9, 1993, 45–75, hier 46–50. 81 Stanisław Wiliński, Nad monogramem Drzwi Gnieźnieńskich [Zum Monogramm der Gnesener Türen], in: Michał Walicki (Hrsg.), Drzwi Gnieźnieńskie. Wrocław 1956, 101–123; Jadwiga Krzyżaniakowa, Rozwój kultury w XII–XV w. [Die Entwicklung der Kultur im 12.– 15. Jahrhundert], in: Jerzy Topolski (Hrsg.), Dzieje Wielkopolski, Bd. 1. Poznań 1967, 328–370, hier 329; Krystyna Józefowiczówna, Trzy romańskie klasztory [Drei romanische Klöster], in: Łuczak (Hrsg.), Studia (wie Anm. 78), 165–265, hier 251.

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übertrug ihm damit gleichzeitig auch Otłoczyn.82 Ein wichtiges Element der Chronologie ist der Tausch dieses Dorfs gegen eine Mühle in Kwiciszewo zwischen den Prämonstratenserinnen und dem kujawischen Bischof Stefan (1187–1198). Stellt man die Zeit (die Prämonstratenserinnen vollzogen den Tausch erst nach 1187) und die Tatsache der engen Beziehungen zwischen den Powałas und den Gryfen in Rechnung, wie sie insbesondere in den Verleihungen für das Kloster des Ritterordens vom Heiligen Grab in Miechów hervortreten, so kann dieser Klement wohl mit dem Gryfen Klemens Klemensic identifiziert werden, der in den Quellen für 1165, 1167, 1186 und 1187 bezeugt ist.83 Es gab aber auch Beziehungen zwischen den Powałas und den Wszeborowic. Diese werden anläßlich der Stiftung des Klosters Wąchock deutlich, die mittlerweile nicht mehr allein dem Krakauer Bischof Gedko zugeschrieben werden kann. Denn als den wichtigsten Wohltäter des Zisterzienserklosters an der Kamienna muss heute Otto von Wierzbica angesehen werden, während dem Vertreter der Powałas, Bischof Gedko, die Rolle des Initiators und geistigen Ideengebers zugeschrieben werden kann.84 Ottos Geschenk war seinem Wert nach in der Tat größer als das fundum von Gedko, und die Zisterzienser von Wąchock sollten nie mehr einen so zusammenhängenden Güterkomplex erhalten. Das bedeutet jedoch nicht, dass Otto von Wierzbica als großzügigster Wohltäter die Ansetzung dieses Ordens initiiert und ihm gleichzeitig seine Güter übertragen haben muss. Otto Wszeborowic, der Vater des Donators von Wierzbica, hatte noch 1161 einen Vormund und war auch um 1163 noch nicht volljährig; er verbarg sich höchstwahrscheinlich unter den filii von Wszebórs Witwe, die dem Ritterorden vom Heiligen Grab in Miechów das Dorf Gołkowice verlieh.85

82 Kodeks dyplomatyczny Polski [Polnisches Urkundenbuch]. Ed. Leon Rzyszczewski / Antoni Muczkowski, Bd. 2/1, Warszawa 1848, Nr. 26; vgl. Dariusz Karczewski, Pierwsi benefaktorzy klasztoru norbertanek w Strzelnie [Die ersten Wohltäter des Prämonstratenserinnenklosters in Strzelno], in: Ziemia Kujawska 11, 1995, 7–16, hier 13f. 83 Mosingiewicz / Śliwiński, Rycerstwo (wie Anm. 46), 719–722. 84 Stanisław Trawkowski, Otto z Wierzbicy [Otto von Wierzbica], in: Emanuel Rostworowski (Hrsg.), Polski słownik Biograficzny 24. Wrocław 1979, 635–637; Olga Lipińska, Rola „włości wierzbickiej“ i jej pierwszych właścicieli w najdawniejszych dziejach klasztoru cysterskiego w Wąchocku [Die Rolle der „Güter von Wierzbica“ und ihrer ersten Besitzer in der ältesten Geschichte des Zisterzienserklosters in Wąchock], in: Adam Massalski / Daniel Olszewski (Hrsg.), Cystersi w Polsce. W 850–lecie fundacji opactwa jędrzejowskiego, Kielce 1990, 37–50; Józef Dobosz, Wokół fundatora i początków klasztoru cystersów w Wąchocku [Zum Stifter und zu den Anfängen des Zisterzienserklosters in Wąchock], in: Scripta minora 2, 1998, 37–49. 85 Kodeks dyplomatyczny Małopolski. Ed. Piekosiński (wie Anm. 48), Nr. 375.

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Kapitelsaal des Klosters Wąchock, erste Hälfte 13. Jahrhundert

1167 aber könnte er, wie Stanisław Trawkowski annimmt, bereits über den Zehnt aus Wierzbica zugunsten der Kirche von Skaryszew verfügt haben. Zu ähnlichen Schlussfolgerungen führt die Analyse einer gefälschten Urkunde, die jedoch ihrerseits auf früheren Urkunden basiert und angeblich von Bolesław dem Schamhaften am 8. Mai 1260 ausgestellt worden ist. Die Verleihung von Wierzbica findet sich hier nach Verschreibungen des Krakauer Wojewoden Mikołaj und des Krakauer Bischofs Iwo Odrowąż, jedoch vor der von Herzog Leszek dem Weißen und seiner Frau Grzymisława verliehenen Immunität.86 Vielleicht ist es erst zu Beginn der Herrschaft Leszeks des Weißen dazu gekommen. 86 Kodeks dyplomatyczny katedry krakowskiej. Ed. Piekosiński (wie Anm. 53), Nr. 56; Mieczysław Niwiński, Opactwo cystersów w Wąchocku. Fundacja i dzieje uposażenia do końca wieków średnich [Die Zisterzienserabtei Wąchock. Stiftung und Geschichte der Ausstattung bis zum Ende des Mittelalters]. Kraków 1930,158–163.

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Zu den frühesten Klosterstiftungen des comes Jaxa zählen der Konvent der Prämonstratenserinnen in Krzyżanowice87 und die Prämonstratenserinnenabtei Zwierzyniec bei Krakau.88 Das großartigste Werk dieses Großen aber war das ein Jahr nach seiner Wallfahrt nach Jerusalem entstandene Kloster des Ritterordens vom Heiligen Grab in Miechów (1163).89 Der Stifter selbst übereignete nur drei Dörfer – Miechów, Zagórzyce und Komorów – während der Reichtum der Anlage überwiegend auf den Schenkungen von rund 30 Wohltätern beruhte. An erster Stelle stand die Schenkung des Mikora: Chełm an der Raba mit Kirche und Zehnt, Markt und Taverne, Nieszkowice, die Taverne in Studzieniec und drei Salinen in Bochnia, Przebieczany und Sidzina. Diese großzügige Schenkung erklärt sich aus den engen familiären Beziehungen.90 Von Jaxas Blutsverwandten sind zu nennen Stefan, der einen Teil von Goszcza übertrug, sowie der enge Verwandte Mikołaj, Wojewode von Krakau, der Jaksice und Rzeplice einbrachte. Es handelt sich dabei zweifellos um Vertreter der Lis. Von den direkten genealogischen Beziehungen zwischen Gryfen und Lis war bereits die Rede. Zur selben Familie ist auch der Krakauer Bischof Pełka zu zählen, wahrscheinlich ein Bruder des Wojewoden Mikołaj, der unter jenen Personen genannt wird, die der Gebetsbruderschaft des Ritterordens vom Heiligen Grab angehörten.91 Unter den weiteren Blutsverwandten befinden sich noch die Stammväter der schlesischen Würben, Jan und Andrzej

87 Eugeniusz Wiśniowski, W sprawie początków klasztoru norbertańskiego w Krzyżanowicach [Zu den Anfängen des Prämonstratenserinnenklosters in Krzyżanowice], in: Rocz. Hum. 8, 1959, 215–225; Czesław Deptuła, Dwie fundacje klasztoru norbertańskiego w Krzyżanowicach [Die zwei Stiftungen des Prämonstratenserklosters in Krzyżanowice], in: Rocz. Hum. 11, 1962, 106– 113. Letztens hat sich gegen Jaxa als Stifter des Klosters von Krzyżanowice ausgesprochen Jerzy Rajman, Pilger und Stifter. Zu den Sakralstiftungen und zur Herkunft des Fürsten Jaxa, in diesem Band 307–334, der ihm nur die Stiftung der Pfarrkirche zuschreibt. 88 Deptuła, Dwie fundacje (wie Anm. 87), 116 datiert das Kloster Zwierzyniec auf die Jahre 1164– 1166. Eine vollständige Geschichte des Klosters bei Jerzy Rajman, Klasztor norbertanek na Zwierzyńcu w wiekach średnich [Das Prämonstratenserinnenkloster Zwierzyniec im Mittelalter]. Kraków 1993. Eigens untersucht werden müsste der Anteil der Włostowicen bei der Ausstattung dieses Konvents, der aufgrund der Präsenz von Vertretern dieses Geschlechts im Totenbuch von Zwierzyniec angenommen werden kann; vgl. Jerzy Rajman, Średniowieczne zapiski w nekrologu norbertanek na Zwierzyńcu [Mittelalterliche Aufzeichnungen im Totenbuch der Prämonstratenserinnen von Zwierzyniec], in: Nasza Przeszł. 77, 1992, 33–55. 89 Rocznik miechowski [Die Annalen von Miechów]. Ed. August Bielowski, in: MPH 2. Lwów 1872, 880–896, hier 882; Józef Dobosz, Monarcha i możni wobec Kościoła w Polsce do początku XIII wieku [Der Monarch und die Großen und die Kirche in Polen bis zum Beginn des 13. Jahrhunderts]. Poznań 2002, 386. 90 Wójcik, Ród Gryfitów (wie Anm. 44), 40 sieht eine Blutsverwandtschaft, was sich im Licht der Quellenkritik jedoch nicht bestätigen lässt. 91 Śliwiński, Ród Lisów (wie Anm. 51); Stanisław Trawkowski, Pełka biskup krakowski [Pełka, Bischof von Krakau], in: Emanuel Rostworowski (Hrsg.), Polski Słownik Biograficzny 25. Wrocław 1980, 571f.

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(indirekt auch deren Bruder Maciej).92 Unter den übrigen Wohltätern stellen jedoch die Nachfahren des Piotr Włostowic die größte Gruppe, die auf zweifache Weise mit der Familie des Stifters verwandt waren – durch Jaxa selbst sowie durch den comes Stefan. Dabei handelte es sich um Vertreter von drei Generationen der Włostowicen: 1. Świętosław (der den anderen Teil von Goszcza verlieh); 2. dessen Söhne Leonard, der ein namentlich nicht bekanntes Dorf aus der Umgebung von Goszcza schenkte, und Włodzimierz, der Białobrzozie schenkte; an einer anderen Stelle, im so genannten Album von Miechów, wird auch Świętosławs ältester Sohn, Erzbischof Piotr, genannt; 3. die namentlich nicht bekannte Gattin von Wszebór mit ihren Söhnen, von denen es Otto und dessen gleichnamiger Sohn für geboten hielten, Jaxas Werk zu unterstützen.93 Die erörterten Beispiele erlauben folgende Schlussfolgerungen: Das Marien-Kloster auf dem Zobtenberg war ganz eindeutig eine Familienstiftung, für die sich die ganze Generation des Piotr Włostowic einsetzte. In späterer Zeit verringerte sich das Interesse des Stiftergeschlechts für das Kloster der Augustiner-Chorherren, wobei die Kirche und die schlesischen Herzöge nur eine geringe Rolle spielten. Eine Ausnahme war lediglich der Anteil von Piotrs Gattin Maria und von Świętosław, des Sohns des Stifters, die sich für den Bau der Marien-Kirche auf der Breslauer Sandinsel einsetzten. Ursprünglich sollte der Bau dieser Kirche den Wunsch des Gatten bzw. Vaters erfüllen. Die Ursache für die Verlegung des Konvents vom Zobtenberg nach Breslau lag sicherlich in externen Faktoren sowie den schlechten Erfahrungen aus einer Zeit, in der der Schutz eines hochmögenden Stifters fehlte. Damit wurde die anfänglich geplante Kirche zu einer ganz neuen Klosteranlage. Eine weitere Stiftung des Piotr Włostowic, die Benediktinerabtei auf dem Elbing, war anfänglich als ein Symbol der Buße für den vom Stifter gegenüber dem ruthenischen Fürsten Wolodar von Przemysl begangenen Wortbruch intendiert. Doch haben wir es in diesem Fall nicht mit einem typischen Familienunternehmen zu tun. Nicht nur Herzöge und Bischöfe unterstützten das Vinzenz-Kloster, sondern vor allem auch die politisch stärksten und reichsten Geschlechter – die Topórs, insbesondere aber die Awdancen, die sich auch später noch dieses Klosters annahmen. Paradoxerweise wuchs die Bedeutung der Breslauer Benediktiner durch die Tragödie des Pfalzgrafen Piotr! Das Kloster wurde nun zu einem Punkt, an dem sich die Anhänger des vertriebenen comes palatinus – die Junior-Herzöge, die in Opposition zum Senior stehenden Großen, die Familie – sammelten. Vielleicht wurde das Vinzenz-Kloster dadurch zu einem Denkmal des Lobs für seinen Stifter und zu einer Grablege der Familie, um die sich jede Generation der Nachfahren des Piotr Włostowic und seiner Verwandten, vor allem die Nachkommen der Gryfen, kümmerten.

92 Tarnas-Tomczyk, Ród Wierzbnów (wie Anm. 44), 24–26. 93 Bieniak, Ród Łabędziów (wie Anm. 24), 31, Tabelle II.

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Eine ähnliche Situation begegnet im Fall eines weiteren (vermutlichen) Vertreters dieses Geschlechts, bei Jaxa, und zwar in dessen Kloster des Ritterordens vom Heiligen Grab in Miechów. Auch hier ist ein Interesse und eine Unterstützung von Seiten der Herzöge zu erkennen, vor allem aber auch der Angehörigen seines Geschlechts und der ihm familiär verbundenen Personen. Zweifellos gehörten die Włostowicen zu den treuesten Anhängern und Wohltätern der Stiftung von Miechów. Keine Generation dieses Geschlechts vergaß, die Wächter des Grabs Christi zu unterstützen. Zu kaum weniger interessanten Ergebnissen gelangt man, wenn man die Person des Patrons sowie den Gründungsmythos der besprochenen Klöster untersucht. Bekanntlich galten die privaten Klosterstiftungen bis zum Ende des 12. Jahrhunderts als Eigentum des jeweiligen Gründers, der auch über ihre Einkünfte und ihre Besetzung verfügte. In dem Maße, in dem die kirchlichen Anstrengungen Erfolg hatten, das Eigentumsrecht an Kirchen und Klöstern zu erwerben, wurde dieses Eigenkirchenwesen durch das Patronatsrecht ersetzt, das für den Stifter und seine Erben weitaus weniger vorteilhaft war. Veränderungen bei den Konventen waren im Frühmittelalter durchaus auf der Tagesordnung. Der Wechsel, zu dem es auf dem Elbing kam, war jedoch außergewöhnlich, sowohl wegen der Reaktionen, die er auslöste, als auch der Länge, über die sich die Auseinandersetzungen um ihn hinzogen, und wegen der Beteiligung aller Patrone an denselben. Dennoch behielten die Mönche dem Stifter ein gutes Angedenken, ja er galt selbst angesichts des herzoglichen Patronats als eine so attraktive Person, dass auch die aus Kościelna Wieś nach Breslau geholten Prämonstratenser Piotr Włostowic als ihren Gründer ansahen. Die Anziehungskraft seines Geschlechts wird zudem dadurch bestätigt, das die Augustiner-Chorherren auf dem Sande den Stifter in guter Erinnerung behielten, wie auch durch das Ko-Patronat in Wąchock. Ähnlich verhielt es sich in Strzelno, selbst wenn es hier zu einer Vermischung des Stifters der ursprünglichen Kirche, Piotr Włostowic, mit dem Klostergründer, dessen vermutlichen Enkel Piotr Wszeborowic kam. Anders lagen die Dinge bei den von Jaxa gestifteten Konventen. Hier hielt sich nur in Miechów die Erinnerung an den Gründer selbst, während sie an den beiden anderen Stiftungsorten, in Krzyżanowice und Zwierzyniec, verloren ging. Vielleicht war das auf das Fehlen von Nachfahren zurückzuführen, die sich um diese Einrichtungen hätten kümmern können. Bei den Zisterziensern von Jędrzejów, einer unstrittigen Stiftung eines Gryfen, nämlich des Erzbischofs Jan, ist wiederum ein Übergang des Patronatsrechts an ein anderes Adelsgeschlecht, die Lis, zu beobachten. Die vorstehenden Schlussfolgerungen haben weniger den Charakter von Feststellungen; sie werfen eher Forschungsfragen auf, von deren weiterer Bearbeitung noch manche überraschende Erkenntnisse erwartet werden darf. Insbesondere die Probleme des Patronats, die Ursachen seines Verlusts durch das Stiftergeschlecht, die Person des

Verwandtschaftsbeziehungen

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neuen Patrons sowie die Mechanismen, die zur Entstehung eines Stiftungsmythos führten, verdienen in diesem Sinne eine weitere Bearbeitung.94

94 Ein hervorragendes Beispiel dafür, welche Ergebnisse derartige Forschungen haben können, bietet der Artikel von Siegfried Epperlein, „Mit fundacyjny“ niemieckich klasztorów cysterskich a relacja mnicha lubiąskiego [Der „Gründungsmythos“ der deutschen Zisterzienserklöster und der Bericht des Mönchs von Leubus], in: Prz. Hist. 58, 1967, 587–603 [deutscher Originaltitel: Gründungsmythos deutscher Zisterzienserklöster westlich und östlich der Elbe im hohen Mittelalter und der Bericht des Leubuser Mönches im 14. Jahrhundert, in: Jahrbuch für Wirtschaftsgeschichte 3, 1967, 303–335.]

Halina Manikowska

Princeps fundator im vorrechtsstädtischen Breslau. Von Piotr Włostowic bis zu Heinrich dem Bärtigen

Stiftungen und frühstädtische Sakraltopographie Im früh- und hochmittelalterlichen Europa war es eine verbreitete Erscheinung, dem vom Menschen organisierten, von der Kirche geheiligten Raum und den darin befindlichen Reliquien symbolische Bedeutungen und sakrale Kraft zu verleihen. Gewiss waren sich die Stifter – die Bischöfe und Herrscher, mehr noch aber vielleicht die deren Werk schildernden Chronisten und Hagiografen – der besonderen Bedeutung und Funktion dieser spezifischen Sakraltopografie bewusst. Die von ihnen beschriebenen Bischofssitze und Klosterorte erweisen sich als in ihren Grundsätzen voll durchdacht und konsequent realisiert. In ein außergewöhnlich elaboriertes sakralsymbolisches Programm war etwa die Topographie von Bamberg eingeschrieben. Angefangen von der Stiftung Heinrichs II. über die Stiftungen des Bischofs Otto, seiner Nachfolger und des Ritters Reginold war der locus Babenbergensis aecclesiis et patrocioniis sanctorum in modum crucis undique munitus.1 Originelle bzw. so komplexe Lösungen wie in Bamberg und Fulda2 waren allerdings nicht sehr häufig. Daher wurden Sakralbauten bzw. Herrschersitze in anderen Orten, um ihnen eine besondere symbolische Bedeutung zu verleihen, nicht selten als Replik der berühmtesten Objekte und Städte

1 Otto Lehmann-Brockhaus, Schriftquellen zur Kunstgeschichte des 11. und 12. Jahrhunderts für Deutschland, Lothringen und Italien. Berlin 1938, Stichwort Bamberg, bes. Nr. 99; Krzysztof Skwierczyński, Custodia civitatis. Sakralny system ochrony miasta w Polsce wcześniejszego średniowiecza na przykładzie siedzib biskupich [Custodia civitatis. Das sakrale Stadtschutzsystem im Polen des früheren Mittelalters am Beispiel der Bischofssitze], in: Kwart. Hist. 103, 1996, 3, 3–51. 2 Lehmann-Brockhaus, Schriftquellen (wie Anm. 1), Stichwort Fulda, bes. Nr. 407. Vgl. auch die Klostertexte über die Bewirtschaftung ‚wilder‘ Gebiete, wo der Verlauf des gesamten Prozesses symbolisch aufgezeichnet wurde, z. B. Göttweik in Niederösterreich, ebd., Nr. 479: prius pascuis, nunc aedificiis (…) septem ecclesiis decoratur; quia septem donis Spiritus Sancti sublimatur.

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gestaltet.3 Am häufigsten berief man sich dabei selbstverständlich auf Jerusalem und Rom. ‚Kopien‘ der Jerusalemer Heilig-Grab-Kirche wurden in Europa seit der Wende vom 9. zum 10. Jahrhunderts errichtet, sehr viele davon in der Zeit der Kreuzzüge. Einige von ihnen, wie die in Paderborn, entstanden erst nach der gelungenen Mission eines speziellen Boten, dessen Aufgabe darin bestand, am Originalort die genauen Maße des Vorbildes zu ermitteln.4 Leider verfügen wir über keine Texte, die die Anwendung ähnlicher Programme und Prämissen im frühmittelalterlichen Polen beschreiben würden. Ein Versuch ihrer Rekonstruktion muss sich daher in hohem Maße auf Analogien und Vorbilder auf dem Gebiet des Deutschen Reiches stützen. Zu einem solchen Vorgehen berechtigen auch die böhmischen Quellen. Cosmas von Prag nahm an, dass die Errichtung der St.-VeitsRotunde durch den hl. Wenzel wahrscheinlich nach dem Vorbild einer römischen Kirche erfolgte.5 Ein römisches Vorbild nutzte auch Břetislav II., der Stifter einer der Kirchen in Vyšehrad ad similitudinem ecclesiae Romanae s. Petri,6 während Vladislav II. in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts montem Ztrgow mutavit in montem Sion, et de spelunca latronum faciens domum orationis erexit ibi talem fabricam, cui vix similis invenitur in ordine nostro.7 Wir dürfen uns von der Ungenauigkeit der architektonischen und topografischen Repliken, die die Menschen des Mittelalters als getreue Kopien der Grabeskirche oder des Petersdoms ansahen, obwohl sie ihren Originalen oft auf gar keine Weise ähnelten, nicht weiter beeindrucken lassen. Wie Richard Krautheimer gezeigt hat, beruhte das Kopieren gar nicht so sehr auf einer Wiederholung des Plans und der Bauform (ganz gleich in welchem Maßstab), sondern eher auf der Wiederholung jener Elemente, die das nachgebildete symbolische Programm ausmachten.8 Manchmal erwies sich schon die Verwendung desselben

3 Vgl. Roman Michałowski, Prüm i urbs Caroli. Monarsze fundacje na tle kultury politycznej wczesnych czasów karolińskich [Prüm und die urbs Caroli. Monarchische Stiftungen vor dem Hintergrund der politischen Kultur der frühkarolingischen Zeit], in: Edward Opaliński / Tomasz Wiślicz (Hrsg.), Fundacje i fundatorzy. Warszawa 2000, 11–36. 4 Lehmann-Brockhaus, Schriftquellen (wie Anm. 1), Nr. 1048. Die erste Nachbildung des Heiligen Grabes in Europa entstand bereits im 5. Jahrhundert. Ausführlicher zu den mittelalterlichen Repliken der Kapelle des Heiligen Grabes und der Anastasis-Rotunde Zbigniew Bania, Święte miary jerozolimskie. Grób Pański, Anastasis, Kalwaria [Heilige Jerusalemer Maße. Das Herrengrab, die Anastasis-Rotunde und die Kalvarien-Kapelle]. Warszawa 1997. 5 Cosmae Pragensis Chronica Boemorum. Ed. Berthold Bretholz, in: MGH SS NS 2. München ²1955, Kap. 17. 6 Chronicon Bohemicorum auct. anonymo, zitiert nach Lehmann-Brockhaus, Schriftquellen (wie Anm. 1), 230. 7 Continuatio Gerlaci abbatis Milovicensis anno 1173, zitiert nach Lehmann-Brockhaus, Schriftquellen (wie Anm. 1), 683. 8 Richard Krautheimer, Introduction to an Iconography of Medieval Architecture, in: Journal of the Warburg and Courtauld Institute 5, 1942, 1–33, bes. 14.

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Patroziniums als ausreichend, damit die similitudo offensichtlich wurde, so wie im Falle der von Břetislav II. gestifteten Prager Kirche. Das Fehlen eines Hinweises auf ad similitudinem construxit im polnischen Quellenmaterial zwingt uns zu einer hypothetischen Deutung der symbolischen und ideologischen Bedeutungen, die hier Sakralbauten einst verliehen wurden. Die Aufdeckung solcher Bedeutungen bildet im allgemeinen seit langem einen wichtigen Teil kunsthistorischer Forschungen. Dagegen sind für Polen erst vor kurzem Versuche unternommen worden, die Topografie der frühstädtischen sakralen Zentren in dieser Weise zu deuten.9 Entsprechende Anstösse sind insbesondere Roman Michałowski zu verdanken. Der Warschauer Mediävist geht von der Grundannahme aus, dass – wie im gesamten christlichen Europa – „kirchliche Stiftungen – zumindest in einigen Fällen – Akte waren, mit deren Hilfe die piastischen Herrscher bemüht waren, ihrer großen Majestät Ausdruck zu verleihen oder die Rechtmäßigkeit ihrer Herrschaft zu beweisen.“10 Er konzentrierte seine ganze Aufmerksamkeit darauf, diese These anhand der wichtigsten Stiftungsunternehmungen in der Zeit vom 10. bis 13. Jahrhundert zu belegen. Das Gebiet, in dem Michałowski nach Vorbildern für die Stiftungsaktivitäten der polnischen Herrscher und Möglichkeiten vergleichender Forschungen suchte, war in erster Linie das Römisch-Deutsche Kaiserreich. Die Entdeckung erstaunlicher Übereinstimmungen in den Patrozinien und der Verteilung der Kirchen zwischen dem ottonischen Aachen und Krakau im 11. Jahrhundert, die von Aleksander Gieysztor als bewiesen angenommen wurde,11 bildet eine der wichtigsten Errungenschaften seiner Untersuchungen. Da diese Analogien nicht als Zufall und auch nicht ausschließlich als Resultat irgendwelcher allgemeiner, europäischer urbanistischer Konzeptionen erklärt werden können, gelangte Michałowski zu der Schlussfolgerung, dass die Situierung und 9 Es ist erstaunlich, dass der auf Richard Krautheimers Untersuchungen aufmerksam machende Artikel von Maria Lodyńska-Kosińska, O niektórych zagadnieniach teorii architektury w średniowieczu [Zu einigen Fragen der Architekturtheorie im Mittelalter], in: Kwart. Archit. Urb. 4, 1959, 3–21 von der sich mit der städtischen Entwicklung im frühpiastischen Polen befassenden Forschung bis in die 1990er Jahre nicht rezipiert worden ist. Ungewöhnlich selten berief man sich auch auf die von Marian Morelowski, Początki świadomej myśli urbanistycznej w Polsce przed kolonizacją XIII w. [Die Anfänge eines bewussten urbanistischen Denkens in Polen vor der Kolonisation des 13. Jahrhunderts], in: Jan Białostocki / Michał Walicki (Hrsg.), Sztuka i historia. Księga pamiątkowa ku czci profesora Michała Walickiego. Warszawa 1966, 39 vorgebrachte These der ‚Anlegung‘ eines ‚Wegekreuzes‘, das aus entlang der wichtigsten Straßen errrichteten monumentalen weltlichen und kirchlichen Bauten bestanden habe. 10 Roman Michałowski, Princeps fundator. Monarchische Stiftungen und politische Kultur im piastischen Polen (10.–13. Jahrhundert), in diesem Band 37–108, hier 106; Ders., Kościół św. Mikołaja we wczesnopiastowskich ośrodkach rezydencjalnych [Die Nikolaikirche in frühpiastischen Residenzstädten], in: Społeczeństwo Polski Średniowiecznej 6, 1994, 63–74. 11 Aleksander Gieysztor, Politische Heilige im hochmittelalterlichen Polen und Böhmen, in: Jürgen Petersohn (Hrsg.), Politik und Heiligenverehrung im Hochmittelalter. Sigmaringen 1994, 325– 341, hier 330f. An diese Konzeption und Forschungsmethode knüpft an Skwierczyński, Custodia civitatis (wie Anm. 1).

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die Patrozinien eines Teils der Kirchen Krakaus aus der Zeit vor der Lokation eine bewusste Nachbildung des in Aachen realisierten ottonischen Programms darstellten.12 Auf der Grundlage eines ähnlichen Verständnisses von frühmittelalterlichen Kirchenstiftungen und einer gleichen Auffassung bezüglich der sakraltopografischen Problematik gelangte auch Krzysztof Skwierczyński zu der Feststellung, dass das aus Westeuropa und vor allem aus dem Reich bekannte, in den Residenzen der Monarchen und Bischöfe eingeführte urbanistische Programm auch in Polen realisiert worden sei. Die Kirchen, die hier die frühen Städte umgaben und gleichsam ein Bollwerk gegen böse Mächte, eine Art murus protectionis, bildeten, waren in Form eines Kreuzes im Raum situiert.13 Dies ist in Gnesen, Posen, Krakau und Breslau der Fall. In der erzbischöflichen Hauptstadt Gnesen bildeten dieses Kreuz: Im Norden die Heilig-KreuzKirche, im Süden St. Laurentius, im Westen St. Peter und Paul und im Osten St. Michael, während sich im Zentrum, im Schnittpunkt der Kreuzesarme, die wichtigste Kirche befand: die Kathedrale zur Jungfrau Maria in der Vorstadt, der das Patrozinium St. Adalbert hinzugefügt wurde.14 Aus dieser Analyse sind freilich mindestens zwei Gnesener Kirchen, die wahrscheinlich zu den ältesten Stiftungen in der Burgsiedlung und im Suburbium gehören, ausgenommen, nämlich St. Georg (eine vielleicht schon Ende des 10. Jahrhunderts existierende Kirche) und St. Johannes der Täufer. Die später bezeugten bzw. von den Archäologen auf eine spätere Zeit datierten Gotteshäuser Heilig-Kreuz-Kirche (Ende des 12. Jahrhunderts), St. Michael (12. oder 13. Jahrhundert), St. Peter (nicht früher als 11., eher 12. Jahrhundert) und St. Laurentius (nicht vor der Wende vom 11. zum 12. Jahrhundert),15 konnten Skwierczyński zufolge auch älteren Ursprungs gewesen sein, wovon die Patrozinien dieser Kirchen zeugen würden. Um dies zu belegen, konstruiert Skwierczyński eine doppelte Hypothese: Erstens erlaubten die Situierung der Kirchen und ihre Patrozinien die Annahme, dass die urbanistische Idee mit ausgesprochen sakralem Charakter auch im westlichen Polen Anwendung gefunden habe; zweitens könne dieses Programm daher auch auf Gotteshäuser bezogen werden, die zwar archäologisch heute nicht mehr greifbar sind, gleichwohl – worauf die Über12 Michałowski, Princeps fundator (wie Anm. 10), 39–49; Ders., Kościół św. Mikołaja (wie Anm. 10), S. 63–74. 13 Vgl. Skwierczyński, Custodia civitatis (wie. Anm. 1). 14 Ebd., 8–10. 15 Es ist unmöglich, hier die gesamte Literatur über die Patrozinien und die Datierung der Gnesener Kirchen anzuführen; daher sei hier nur auf die bibliografische Zusammenstellungen enthaltenden Arbeiten von Gabriela Mikołajczyk, Początki Gniezna. Studia nad źródłami archeologicznymi [Die Anfänge Gnesens. Archäologische Quellenstudien]. Warszawa-Poznań 1972, Maria Pietrusińska, Katalog i bibliografia zabytków [Katalog und Bibliografie der Denkmäler], in: Michał Walicki (Hrsg.), Sztuka polska przedromańska i romańska do schyłku XIII wieku. Warszawa 1971, 675–842 und insbesondere Zbigniew Pianowski, Sedes regni principales. Wawel i inne rezydencje piastowskie do połowy XIII wieku na tle europejskim [Sedes regni principales. Die Wawelburg und andere piastische Residenzen bis zur Mitte des 13. Jahrhunderts vor dem europäischen Hintergrund]. Kraków 1994, 46–50 verwiesen.

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tragung des urbanistischen Plans hinweise – auf eine Zeitspanne zwischen der Wende vom 10. zum 11. und dem Beginn des 12. Jahrhunderts datiert werden können. Was die Patrozinien betrifft, so muss allerdings betont werden, dass es sich – zumindest in den meisten Fällen – um solche handelt, die das ganze Mittelalter hindurch verwendet wurden. Das häufige Fehlen archäologischer Zeugnisse und die noch häufigere Unmöglichkeit einer präzisen Datierung oder Feststellung der Funktion eines Bauwerkes, von dem nur noch Fundamentreste erhalten sind, bedingt mithin einen rein hypothetischen Charakter aller derartiger Rekonstruktionen. Diese Schwierigkeiten treten in den Forschungen über Breslau in der Zeit vor der Lokation mit voller Kraft in Erscheinung. Die Breslauer custodia civitatis wurde von einer Reihe von Kirchen gebildet: im Norden die Michaelskirche auf dem Elbing, die für die erste Hälfte des 12. Jahrhunderts belegt ist, aber vielleicht eine noch ältere Herkunft besaß, da sich auf diesem Territorium ja bereits im 11. Jahrhundert eine Siedlung befand; im Süden die Kirche St. Adalbert, die von einigen Historikern als Stiftung des Bruders von Piotr Włostowic, Bogusław, angesehen wird,16 aber in Übereinstimmung mit den Ansichten der älteren Historiografie und mit den Ausgrabungen auf dem Gebiet der Siedlung bei der Adalbertskirche von Skwierczyński mindestens auf das 11. Jahrhundert datiert wird; im Osten die Kathedralkirche St. Johannes, die gleich nach der Errichtung des Bistums entstanden sein muss, wenn auch wahrscheinlich nicht an derselben Stelle wie der Dom des Bischofs Walter; und im Westen die Nikolaikirche, die mit größter Wahrscheinlichkeit nicht vor Beginn des 12. Jahrhunderts entstanden ist.17 Im Schnittpunkt der Kreuzesarme konnte sich die dem hl. Martin geweihte Burgkapelle befinden. Michałowskis und Skwierczyńskis Untersuchungen haben hinsichtlich der Stiftungsprogramme im frühmittelalterlichen Polen, bei denen es sich in erster Linie um monarchische Unternehmungen handelte, zu weitreichenden Interpretationen geführt. Die Übereinstimmung der Patrozinien in den frühstädtischen Hauptzentren ist den Historikern schon früh aufgefallen. Doch hat die Analyse der einzelnen Patrozinien und der von den Heiligenkulten zum Ausdruck gebrachten ideologischen Inhalte zunächst nicht zur Aufdeckung urbanistischer Konzeptionen mit sakralem Charakter im piastischen Polen und zur Deutung der in ihnen enthaltenen symbolischen Inhalte geführt. Die Forschungen blieben weitgehend von der traditionellen Frage nach der Zeit des ersten Auftretens des jeweiligen Patroziniums bzw. Heiligenkultes, nach seiner lokalen bzw. regionalen Herkunft und seinem Weg nach Polen, seiner dortigen Verbreitung be16 Stanisław Trawkowski, Ołbin wrocławski w XII w. [Der Breslauer Elbing im 12. Jahrhundert], in: Roczniki dziejów społecznych i gospodarczych 20, 1958, 69–106, hier 85, der die früheren Ansichten der deutschen Historiografie widerlegt, die das Patrozinium dieser Kirche mit den Wallfahrten von Prag zum Grab des hl. Adalbert nach Gnesen im 11. Jahrhundert in Verbindung brachten. 17 Marta Młynarska-Kaletynowa, Wrocław XII–XIII w. Przemiany społeczne i osadnicze [Das Breslau des 12.–13. Jahrhunderts. Soziale und das Siedlungswesen betreffende Veränderungen]. Wrocław 1978, 59f. Diese Ansicht teilt auch Skwierczyński, Custodia civitatis (wie Anm. 1), 20.

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stimmt. Daneben interessierte insbesondere die – mitunter sehr erfolgreiche – Aufklärung des jeweiligen politischen Kontextes des Auftretens neuer Patrozinien.18 Michałowski und Skwierczyński zufolge stellten die Kirchenpatrozinien und ihre räumliche Situierung also eine bewusste Verwirklichung westlicher urbanistischer Konzeptionen dar, die die frühstädtischen Zentren in von heiligen Patronen geschützte Gebiete verwandelten, deren in den Kirchen und Kapellen aufbewahrte Reliquien diesen Schutz noch verstärkten.19 Sowohl das gesamte Programm als auch zumindest einige der davon betroffenen Gotteshäuser bildeten ein wichtiges Element, um die Majestät des Herrschers zu demonstrieren; sie brachten die politischen Aspirationen der Monarchen und ihr Streben zum Ausdruck, sich und der ihrer Herrschaft unterworfenen Bevölkerung den Schutz des Himmels zu sichern. Diese beiden Konzeptionen beeindrucken durch ihre Attraktivität. Es besteht keinerlei Grund, die Raumplanung so wichtiger Siedlungszentren wie der ersten sedes regni und der Bischofssitze vom Einfluss des damaligen urbanistischen Denkens auszunehmen und sie ihrer sakralen Dimension zu berauben und allein der Wirkung landschaftlicher und wirtschaftlicher Faktoren zu unterstellen. Aber man kann nicht umhin zu bemerken, dass diese Hypothesen doch auf sehr schwachen Argumenten und recht zweifelhaften Prämissen basieren. Michałowski und Skwierczyński schildern die monarchischen Stiftungen so, als wären die Herrscher die einzigen Stifter in den Hauptstädten des regnum Poloniae gewesen.20 Sogar dem Prämonstratenserinnenkloster im Krakauer Stadtteil Zwierzyniec, bei dem es sich eindeutig um die Stiftung eines Großen handelte, soll zunächst ein – sicher benediktinischer – Konvent vorausgegangen sein, der von einem der Piasten im 11. Jahrhundert gegründet worden sei.21 Die Datierung der meisten in Betracht gezoge 18 Vgl. Gieysztor, Politische Heilige (wie Anm. 11) oder die sehr interessante Studie von Marta Młynarska-Kaletynowa, O kulcie św. Gotarda w Polsce XII–XIII wieku [Über den Kult des hl. Gotthard in Polen im 12.–13. Jahrhundert], in: Społeczeństwo Polski Średniowiecznej 6, 1994, 75–90. Unlängst auch Jerzy Wyrozumski, O potrzebie badania najstarszych patrociniów [Zur Notwendigkeit der Erforschung der ältesten Patrozinien], in: Kwart. Hist. 100, 1993, 4, 63–72, hier 63f. 19 Vgl. auch Roman Michałowski, Translacja Pięciu Braci Polskich do Gniezna. Przyczynek do dziejów kultu relikwii w Polsce wczesnośredniowiecznej [Die Translation der Fünf Polnischen Brüder nach Gnesen. Ein Beitrag zur Geschichte der Reliquienverehrung im frühmittelalterlichen Polen], in: Halina Manikowska / Hanna Zaremska (Hrsg.), Peregrinationes. Pielgrzymki w kulturze dawnej Europy. Warszawa 1995, 173–184. 20 Roman Michałowski, Princeps fundator. Studium z dziejów kultury politycznej w Polsce X–XIII wieku [Princeps fundator. Studien zur Geschichte der politischen Kultur im Polen des 10.– 13. Jahrhunderts]. Warszawa 1993, 110–112 macht auf den Stiftungselan der Großen im 12. Jahrhundert aufmerksam, den er als Nachahmung des Herrschers (imitatio regni) deutet. 21 Michałowski, Princeps fundator (wie Anm. 10), 50; gemäß den Feststellungen von Teresa Radwańska, Krakowski kościół Najśw. Salvatora po badaniach archeologicznych w latach osiemdziesiątych [Die Krakauer Kirche zum Allerheiligsten Salvator nach den archäologischen Untersuchungen in den achtziger Jahren], in: Mat. Arch. 27, 1993, 19–21 und Jerzy Rajman, Norbertanie polscy w XII wieku. Możni wobec ordines novi [Die polnischen Prämonstratenser im 12. Jahrhundert. Das Verhältnis der Großen zu den ordines novi], in: Społeczeństwo Polski Śred-

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nen Gotteshäuser ist in der Regel sehr ungewiss und die Rückverlegung ihres Entstehungszeitpunkts besitzt zumeist nur Wunschcharakter. Das Breslauer ‚Kreuz‘ erfordert eine sehr frühe Datierung der fraglichen Gotteshäuser. Diese verfügen aber bisher nicht über entsprechend alte archäologische ‚Geburtsurkunden‘. Wir müssen uns auch fragen, wessen Werk gerade eine solche sakrale Topografie denn gewesen sein sollte. Über die Stifter der Breslauer Kirchen haben wir erst seit dem 12. Jahrhundert einige dürftige Kenntnisse. Doch die Entstehungszeit, die Stifter sowie die Funktionen vieler der ältesten Sakralobjekte können nur hypothetisch rekonstruiert werden.22 Die auf dem Gelände der Burg errichtete Martinskapelle bietet dafür ein gutes Beispiel. Es scheint auch, dass der Anteil der piastischen Herzöge am Ausbau des Breslauer Kirchennetzes nur gering und ihr Herrschaftssitz so bescheiden war, dass die Stadt in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts auf Neuankömmlinge nicht gerade den Eindruck einer Herzogsresidenz machte.23

niowiecznej 7, 1996, 71–105, hier 91f. erfolgte die Ansiedlung der Prämonstratenserinnen im Krakauer Zwierzyniec durch Jaxa wahrscheinlich nach 1158, und als ihr Gotteshaus fungierte die Kirche St. Augustin. Die Kirche St. Salvator wurde dem Kloster von Bischof Gedko Mitte des 13. Jahrhunderts einverleibt – nach der Zerstörung der Klosterkirche erfüllte sie deren Rolle. Die Verbindung irgendeines Frauenklosters im 11. Jahrhundert (und dann eher in dessen erster Hälfte) mit eben dieser Kirche (das gemauerte Bauwerk wurde nach dem Beginn des 12. Jahrhunderts errichtet) gründet sich somit ausschließlich auf Analogien zu Aachen und betrifft darüber hinaus nur eine nicht verwirklichte Stiftungsabsicht. 22 Vgl. Adam Żurek, Wrocławska kaplica św. Marcina w średniowieczu [Die Breslauer Kapelle St. Martin im Mittelalter]. Wrocław 1996, bes. Kap. 1. 23 Vgl. Marian Morelowski, Rozwój urbanistyczny Wrocławia średniowiecznego [Die urbanistische Entwicklung des mittelalterlichen Breslau], in: Karol Maleczyński u. a. (Hrsg.), Wrocław – Rozwój urbanistyczny. Warszawa 1956, 11–79; Stanisław Golachowski, Głos w dyskusji nad genezą rozplanowania średniowiecznego Wrocławia [Diskussionsbeitrag zur Genese der Stadtplanung des mittelalterlichen Breslau], in: Kwart. Archit. Urb. 1, 1956, 67–78.

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Halina Manikowska nach Großpolen

nach Kujawien u. Mittelpolen

14

13 ELBING

5

4

11

1 6 Sand-

3 insel

Dominsel 2

12

Oder

15

nach Thüringen u. Lausitz

8

7 pons sancti Mauritii

10

9

16

nach Kleinpolen u. in die Rus’

nach Böhmen

BRESLAU um 1200 ungefährer Verlauf der Flüsse Wall der Burg Besiedlungsgebiete aufgrund archäologischer Forschungen Besiedlungsgebiet nach schriftlichen Quellen Kirchen, Lage sicher und Lage unsicher archäolog. Grabungen in der frühstädtischen Siedlung am linken Oderufer Kretscham nach schriftlichen Quellen Höfe nach schriftlichen Quellen

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16

Sitz des Herzogs und Burgkapelle Dom mit Bischofssitz Marienstift auf dem Sande Vinzenzabtei Michaeliskirche Peterskirche Adalbertkirche Maria-Magdalenen-Kirche Kirche zur hl. Ägyptischen Maria Mauritiuskirche Elbinger Jahrmarkt Markt am linken Oderufer Hof des Piotr W l ostowic ehem. Hof des Mikora, im Besitz der Leubuser Zisterzienser Hof des Gero Wallonenviertel

Princeps fundator im vorrechtsstädtischen Breslau

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Das Stiftungsprogramm der Włostowicen Im Jahr 1163 kehrte Bolesław der Lange aus dem Exil im Reich nach Schlesien zurück. Er war – wie Benedykt Zientara formulierte – ein wahrer Kosmopolit, der wie kein anderer Herrscher im damaligen Polen mit der Welt und ihren zivilisatorischen Errungenschaften vertraut war.24 Selbst wenn der Aufenthalt Bolesławs des Langen in Rom und Konstantinopel nur wahrscheinlich, der in Spanien und in der Provence höchstens möglich und der im Heiligen Land fast sicher ist, kannte er das Reich und Norditalien zweifellos gut. Auch hielt er sich noch während des Seniorats seines Vaters lange in der Kiewer Rus’ auf. Bolesław der Lange hatte also die großen Metropolen der damaligen Welt, herrliche, volkreiche Städte, prächtige Burgen und riesige romanische Kathedralen gesehen. Und nun kam er in ein Herzogtum zurück, das hinsichtlich der Anzahl gemauerter Gebäude sogar noch hinter Masowien zurückstand. In den ersten Jahren seiner Herrschaft gelang es ihm nicht, die Hauptstadt seines Herrschaftsbezirks zu erobern, denn Breslau war fest in der Hand Bolesławs IV. Kraushaar. So musste Bolesławs Herrschaft in Schlesien zunächst ohne dieses Zentrum, d. h. auch ohne vollständige Souveränität und eine überzeugende Legitimation auskommen.25 Als er sich schließlich drei Jahre später doch noch in Breslau niederlassen konnte (wenn auch, wie sich erweisen sollte, nicht für immer, musste er sein Erbteil doch noch zwei weitere Male verlassen), fand er dort eine aus Holzbauten bestehende Burgsiedlung vor, die von herrlichen Bauwerken umgeben war, die nicht monarchischer Herkunft waren: Auf der Dominsel erhob sich die von Bischof Walter, einem treuen Mitarbeiter Bolesław Kraushaars, erbaute Kathedrale und auf der Sandinsel sowie auf dem Elbing standen die imponierenden Kirchen und Klöster des Piotr Włostowic und seiner Familie. Die Raumplanung Breslaus in der Mitte des 12. Jahrhunderts war also nicht nur das Werk der Herrscher, und die sichtbarsten und für die Sakraltopografie bedeutsamsten – weil mit wertvollen und zahlreichen Reliquien, Altären, Heiligenfiguren usw. ausgestatteten – Objekte hatten mit den Herrschern nicht viel zu tun.26 Die Annales Cracovienses notieren im Jahr 1145: Petrus cecatur (…) qui claustrum, Wratislavie construxit.27 Gemeint war die Stiftung einer Benediktinerabtei, die auf die Zeitgenossen großen Eindruck gemacht haben muss und die die erste große Bauunternehmung in Breslau darstellte, das neben der Kathedrale bis dahin nur einige kleine 24 Benedykt Zientara, Bolesław Wysoki – tułacz, repatriant, malkontent. Przyczynek do dziejów politycznych Polski XII w. [Bolesław der Lange – Vertriebener, Repatriant und Nörgler. Ein Beitrag zur politischen Geschichte Polens im 12. Jahrhundert], in: Prz. Hist. 62, 1972, 367–394. 25 Zbigniew Dalewski, Władza, przestrzeń, ceremoniał. Miejsce i uroczystość stanowienia władców polskich do końca XIV w. [Herrschaft, Raum, Zeremoniell. Ort und Feier der Einsetzung der polnischen Herrscher bis zum Ende des 14. Jahrhunderts]. Warszawa 1996, 16f. 26 Außer Acht lasse ich hier selbstverständlich die ursprüngliche Stiftung der Kathedrale. 27 Rocznik Traski [Die Annalen des Traska]. Ed. August Bielowski, in: MPH. Bd. 2. Lwów 1872, 826–861, hier 833.

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Kirchen besaß, die in den zeitgenössischen und etwas späteren Quellen als capellae bezeichnet werden.28 Die Kosten der Errichtung der drei im 12. Jahrhundert größten Breslauer Kirchen betrugen – für jede getrennt – zwischen 50.000 und 100.000 Mark Silber.29 Und obwohl Piotr Włostowic die Steine für den Bau sicher aus dem ihm gehörenden Gebiet um den Zobtenberg herbeiholte,30 übertraf seine Stiftung dennoch alle anderen Bauunternehmungen jener Zeit. Gewiss waren Piotr Włostowic und sein Schwiegersohn Jaxa keine gewöhnlichen Großen. Die Nachrichten der zeitgenössischen und späteren Chronisten sowie die legendäre Erinnerung der Nachwelt an diese beiden Gestalten können hinsichtlich ihres Erzählungsreichtums ohne weiteres mit Überlieferungen mithalten, die Monarchen betreffen. Principes, domini, primi principum, duces, so bezeichnen sie die zeitgenössischen Quellen, und da sie mit den Rurikiden, den Piasten und der stodoranischen Dynastie der Heveller verschwägert waren, konnten sie nicht nur monarchische Aspirationen hegen, sondern besaßen diese auch tatsächlich.31 Ehe Piotr Włostowic im Jahre 1153 starb (das Datum 1151 ist weniger wahrscheinlich), war er mehrfach Pfalzgraf sowie Statthalter von Schlesien. Selbst das für ihn tragische Urteil der Blendung, der Verstümmelung seiner Zunge und der Verbannung konnte seiner stolzen Karriere kein Ende setzen. Seine Breslauer Stiftungen fallen in eine Zeit, in der er im Kreis der polnischen Großen eine führende Stellung einnahm und im regnum Poloniae eine erstrangige politische Rolle spielte.32 Als Motiv seiner zahlreichen Kirchenstiftungen führen die Historiker in Übereinstimmung mit der Quellenüberlieferung jene Buße an, die ihm für seinen ‚patriotischen‘ Treuebruch und die Entführung des ruthenischen Fürsten Wolodar auferlegt worden sei. Die Faktizität der in den Quellen angeführten Zahl von 70 vel amplius Stiftungen wird von der Forschung allerdings in Frage gestellt. Jan Długosz zählte im 15. Jahrhundert nur noch rund 40 Stiftun28 Vgl. Jerzy Piekalski, Wrocław średniowieczny. Studium kompleksu osadniczego na Ołbinie w VII–XIII w. [Das mittelalterliche Breslau. Eine Studie zum Siedlungskomplex auf dem Elbing im 7.–13. Jahrhundert]. Wrocław 1991, 38. 29 Vgl. Tadeusz Lalik, Uwagi o finansowaniu budownictwa murowanego w Polsce do początku XIII w. [Bemerkungen zur Finanzierung gemauerter Bauwerke in Polen bis zum Beginn des 13. Jahrhunderts], in: Kwart. Hist. Kult. Mater. 15, 1967, 55–74. 30 Piekalski, Wrocław (wie Anm. 28), 37. 31 Magistri Vincentii dicti Kadłubek Chronica Polonorum. Ed. Marian Plezia, in: MPH NS. Bd. 11. Kraków 1994, III, 20: sanguinis princeps et principi dignitate proximus, vir magnanimitatis generosae lam strenuus manu, quam pectore industius, ecce! Ille famae celeberrimae Petrus Wlostides. Stanisław Trawkowski, Piotr Włostowic, in: Emanuel Rostworowski (Hrsg.), Polski Słownik Biograficzny. Warszawa 1981, 355–358; Stanisław Bieniek, Piotr Włostowic. Wrocław 1965; Janusz Bieniak, Polska elita polityczna XII wieku. Część III.A: Arbitrzy książąt – Krąg rodzinny Piotra Włostowica [Die polnische politische Elite des 12. Jahrhunderts. Teile III. A: Arbiter der Fürsten – der Familienkreis des Piotr Włostowic], in: Społeczeństwo Polski Średniowiecznej 4, 1990, 13–107. 32 Vgl. Janusz Bieniak, Polska elita polityczna XII wieku. Część III. B: Arbitrzy książąt – trudne początki [Die polnische politische Elite des 12. Jahrhunderts. Teil III. B: Arbiter der Fürsten – schwierige Anfänge], in: Społeczeństwo Polski średniowiecznej 7, 1996, 11–44, hier 23.

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gen auf,33 während der Mediävist Marian Friedberg zu Beginn des 20. Jahrhunderts lediglich acht Kirchen und Klöster für sichere Stiftungen des Piotr Włostowic hielt. Janusz Bieniak beziffert die Zahl seiner Stiftungen heute wiederum auf mindestens zwanzig Kirchen und Klöster, wobei er auch der bereits in der Chronica Polonorum des Magister Vincentius begegnenden Tradition Glauben schenkt, dass die Finanzierung dieser Stiftungen aus jenem Lösegeld erfolgt sei, das Piotr vom Fürsten Wolodar für dessen Freilassung erpresst hatte.34 Nicht zu unterschätzen waren jedoch die Gnadenerweise, die ein so freigebiger Stifter erwarten durfte. Mit besonders großer Skepsis begegnet der mittelalterlichen Tradition einer großen Zahl von Stiftungen des Piotr Włostowic der Kunsthistoriker Zygmunt Świechowski, der sich nachdrücklich dafür ausspricht, als solche nur die völlig sicheren und die sehr wahrscheinlichen Stiftungen anzunehmen. Dabei handele es sich seines Erachtens lediglich um die beiden Breslauer Abteien auf dem Elbing und der Sandinsel sowie wahrscheinlich um die Kanonikerabtei auf dem Zobtenberg und möglicherweise die Kirche in Skrzyńsko.35 Die Entwirrung der Geheimnisse des Lebens und der Karriere sowohl des Piotr Włostowic als auch von Jaxa, die Feststellung seiner Nachkommenschaft und seiner weiteren Verwandtschaft, die Ermittlung der Größe seines Besitzes und der tatsächlichen Anzahl seiner Stiftungen hat für die Historiker eine so schwierige und mühsame Aufgabe dargestellt, dass bislang weder die Patrozinien analysiert noch der sakrale Kontext der fraglichen Kirchenstiftungen in Betracht gezogen worden sind. Und da wo diese mit den politischen Möglichkeiten und Aspirationen des mächtigsten polnischen Großen der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts in Verbindung gebracht worden sind, hat man sich über die Bedeutung und die Konsequenzen eines so umfangreichen Stiftungsprogramms kaum Gedanken gemacht. Will man dem Modell Michałowskis Deutungskraft zumessen, so besteht freilich kein Grund, nicht auch den größten Stifter des 12. Jahrhunderts in Betracht zu ziehen. Verwiesen sei hier lediglich auf seine wichtigsten Stiftungsunternehmungen in Schlesien. Das Geschlecht des Piotr Włostowic besaß in diesem Teilfürstentum tatsächlich umfangreiche Güter. Zu seinem riesigen Besitz gehörte, was von Bedeutung zu sein scheint, auch zumindest ein Teil des Zobtenberges 33 Ioannis Dlugossi Annales seu Cronicae incliti regni Poloniae. Liber 5. Ed. Zofia Budkowa u. a. Warszawa 1973, 25; Ioannis Dlugossi Liber beneficiorum Dioecesis Cracoviensis. Bd. 3. Ed. Alexander Przezdziecki u. a. Kraków 1864, 163; 183. 34 Bieniak, Polska elita (wie Anm. 31), 40f. 35 Zygmunt Świechowski, Fundacje Piotra Włostowica [Die Stiftungen des Piotr Włostowic], in: Jerzy Rozpędowski (Hrsg.), Architektura Wrocławia. Bd. 3: Świątynia. Wrocław 1997, 9–20 ist der Meinung, dass als mögliche Stiftung Piotrs sowohl Skrzynno als auch Skrzyńsko in Frage kommen kann; hier wird aufgrund früherer Feststellungen von Marian Friedberg, Ród Łabędziów [Das Adelsgeschlecht der Łabędź], in: Rocznik Towarzystwa Heraldycznego 7, 1926, 1–100, hier 48f. die zweite Möglichkeit bevorzugt, der zufolge Skrzyńsko dem Geschlecht Łabędź gehörte, was die Information der Großpolnischen Chronik (dort aber Skrzynno) über eine Schenkung Bolesław Schiefmunds an Piotr wahrscheinlich macht.

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sowie weite Gebiete in der unmittelbaren Nachbarschaft der Breslauer Burgsiedlung, wahrscheinlich auch auf der Dominsel selbst. Das Breslauer Siedlungsgebiet auf beiden Seiten der Oder war vor der Mitte des 12. Jahrhunderts zum überwiegenden Teil Eigentum von Großen. Angehörigen der Familie Włostowic gehörten außerdem noch die größten und wichtigsten Handelseinrichtungen sowie alle wichtigen Oderüberfahrten!36 Czesław Deptuła zufolge errichtete Włost, Piotrs Vater, auf dem Zobtenberg oder in Zobten am Berge (Górka) eine erste Kirche (1090).37 Hier entstand auch eine der wichtigsten Stiftungen Piotrs – das Kloster der Regularkanoniker Unserer Lieben Frau, das nach seinem Tode mit einer zweiten Augustinerabtei, dem Kloster Unserer Lieben Frau auf der Breslauer Sandinsel, verbunden wurde, das Piotrs Gattin und ihr gemeinsamer Sohn Świętosław gestiftet hatten.38

Stiftungstympanon der St. Marienkirche im Kloster der Regularkanoniker auf der Breslauer Sandinsel, zweite Hälfte 12. Jahrhundert

Die dritte große Klostergründung (der Reihenfolge nach die erste oder zweite) bildete der Benediktinerkonvent auf dem Elbing, ebenfalls unter dem Patronat der Jungfrau Maria, für den Piotr Włostowic während seines Aufenthaltes zu Weihnachten 1144 in Magdeburg die Reliquien des hl. Vinzenz erwarb, die er am 6. Juni des darauffolgenden Jahres in Gegenwart terre illius primates feierlich an die Oder überführen ließ und die 36 Trawkowski, Ołbin wrocławski (wie Anm. 16), 90, passim. 37 Czesław Deptuła, Przyczynek do dziejów Ślęży i jej opactwa [Ein Betrag zur Geschichte des Zobten und seiner Abtei], in: Rocz. Hum. 15, 1967, 2, 17–28. 38 Zweifellos schließt die Stiftung Marias und Świętosławs, was die Aufschrift auf dem Stiftungstympanon bestätigt, weder die Initiative noch die Beteiligung Peters an ihr aus, denn diese wurde ja zu seinen Lebzeiten realisiert.

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so wichtig waren, dass sie der Abtei das zweite, bald dominierende Patrozinium verliehen.39 Die Reliquien des hl. Vinzenz gehörten zu den wertvollsten und berühmtesten Partikeln jener Epoche. Zu ihrer Popularität trugen die verschiedenen Traditionen der Auffindung und Translation des Leichnams dieses Märtyrers bei. Die beiden wichtigsten dieser Traditionen trafen sich u. a. auf dem Breslauer Elbing. Die eine, Aimonis Translatio B. Vincenti, berichtet von der Entdeckung der heiligen Gebeine in Valencia dank der Hilfe eines gewissen Mauren Zacharias und ihrer späteren langen Wanderung nach Castres (obwohl sie nach Conques gelangen sollten).40 Die andere Tradition, aus der Vita Theoderichs, des Bischofs von Metz, berichtet vom langen Aufenthalt der Reliquien im Kloster St. Vincenz bei Benevent, von ihrer nach den sarazenischen Zerstörungen erfolgten Überführung nach Cortona, von der Verbringung eines Teils der Partikel nach Spanien und von der Reise Ottos I. nach Italien sowie vom Erwerb des Leichnams durch Theoderich.41 So gelangten die Reliquien nach Magdeburg, wo Piotr Włostowic sie dank der Fürsprache König Konrads III. vom dortigen Bischof erwarb. Beide prächtige Abteien sind mit Gewissheit Stiftungen des Pfalzgrafen und seiner nächsten Familienangehörigen. Aber vielleicht ist die Zahl der auf dem Gebiet von Breslau von Piotr Włostowic errichteten Sakralbauten damit noch nicht erschöpft, auch wenn die Person des Stifters nicht immer sicher ist. Selbst wenn wir den unlängst vorgebrachten Vorbehalten gegen das Datum der Entstehung der Adalbertkirche in Breslau zustimmen würden, das auf den Beginn des 11. Jahrhunderts verschoben wurde, in die Zeit, als dort eine beträchtliche Siedlung existierte, die während des Einfalls des Böhmenherzogs Břetislavs zerstört und danach wieder aufgebaut worden sein soll, so bliebe doch immer noch die in der Tradition und durch Forschungen bestätigte Stiftung der gemauerten Adalbert-Kirche durch die Familie Włostowic.42 Dieses Gotteshaus wurde zusammen mit einer beträchtlichen Versorgung, die auch das anschließende Gelände umfasste, von Piotrs Bruder Bogusław vor 1149 dem Kloster auf der 39 Damals wurde zur Feier dieses Ereignisses eine Gruppe Gefangener oder Kriegsgefangener freigelassen. Den politischen Aspekt dieser Translation und den Kontext des Bürgerkrieges behandelt ausführlich Bieniak, Polska elita (wie Anm. 31), 20 f. 40 Patrologiae cursus completus: series Latina. Ed. Jacques-Paul Migne. Paris 1844–65, Bd. 126, 1014–1026. 41 Vita Deoderici episcopi Mettensis auctore Sigeberto Gemblacensi. Ed. Georg Heinrich Pertz, in: MGH SS. 4. Hannover 1841, 464–484 sowie Patrologiae (wie Anm. 40), Bd. 37, 363. Die verschiedenen Traditionen analysierte unlängst Patrick J. Geary, Furta sacra. Thefts of Relics in the Central Middle Ages. Princeton 1990; hier zitiert nach der französischen Ausgabe: Le vol de reliques au Moyen Age. Paris 1994, 195–199. Vgl auch Louis de Lacger, Saint Vincent de Saragosse, in: Revue de l´Eglise de France 13, 1927, 307–358, hier 307f. 42 Stanisław Trawkowski meinte jedoch, dass die Kirche mit diesem Patrozinium nicht vor dem Beginn des 12. Jahrhunderts entstanden sein könne, und erkannte die dominikanische Tradition über ihre Konsekrierung im Jahre 1112 für glaubwürdig an. Trawkowski zufolge war das Patrozinium dieser Kirche nur mit der Bußwallfahrt Bolesław Schiefmunds zum Grab des hl. Adalbert verbunden, und ihr Stifter konnte der Ahnherr der Włostowicen gewesen sein.

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Sandinsel geschenkt, d. h. es konnte dieser Familie also schon viel früher gehört haben. Eine spätere Tradition schließlich erblickte in Piotr Włostowic den Stifter der dem hl. Martin gewidmeten Kapelle in der Burganlage, was nicht ausgeschlossen werden kann, auch wenn diese Tradition vom letzten Erforscher dieses Gebäudes, Adam Żurek, verworfen wird.43 Dem können hinzugefügt werden: die Stiftung der Heilig-KreuzKirche in Strzelno, wo sein Enkel gleichen Namens ein ungewöhnlich prächtiges Prämonstratenserinnenkloster errichtete und auf diese Weise das von seinem Großvater begonnene Werk beendete, der schon Prämonstratenser in Kościelna Wieś bei Kalisch angesiedelt hatte44, sowie die Beteiligung der Familie Włostowic an der Stiftung des Jaxas in Miechów (sieben Dörfer, eine Kirche mit Zehntem, zwei Schänken und zwei Salinen), wofür sich sein Schwiegersohn mit der Errichtung der dem hl. Erzengel Michael geweihten Kirche auf dem Elbing revanchierte. Dabei kann es sich aber höchstens um die Errichtung eines gemauerten Neubaus anstelle der 1139 der Abtei vom Breslauer Bischof geschenkten Holzkirche gehandelt haben. Außerdem wissen wir nicht, wer der Stifter der Peterskirche auf der Dominsel war, die von dem Großen Mikora, der Janusz Bieniak zufolge ein Vetter des Piotr Włostowic war, überreich ausgestattet wurde.45 Die genannten Kirchen, denen damals in Schlesien noch nichts gleichkam, waren mithin entlang der wichtigsten, durch die Breslauer Siedlungen hindurchführenden Handelsstraße errichtet worden, mit ziemlicher Sicherheit von Piotr Włostowic. Den neuen Kirchen verlieh er das Patrozinium der Jungfrau Maria und der als Familiennekropole errichteten Benediktinerkirche auf dem Elbing stiftete er außerordentlich wertvolle Reliquien. Angesichts des Reichtums an Quelleninformationen über Piotrs Leben und Wirken ist kaum anzunehmen, dass andere Reliquienerwerbungen dieses comes verschwiegen worden wären. Aber stand es nicht irgendwie mit Piotrs Magdeburger Aufenthalt in Verbindung, dass gerade in der Mitte des 12. Jahrhunderts in Breslau das Patrozinium des hl. Mauritius in Erscheinung trat? Gewöhnlich wird 43 Diese Tradition notierte zu Beginn des 16. Jahrhunderts Benedikt von Posen, der sich auf Angaben von Jan Długosz stützte. Nach Edmund Małachowicz, Wrocławski zamek książęcy i kolegiata św. Krzyża na Ostrowie [Das Breslauer Herzogsschloss und das Heiligkreuz-Kollegiatstift auf der Insel]. Wrocław 1993, 7 war dies ursprünglich ein Holzbau; vor 1149 entstand an seiner Stelle eine gemauerte Kapelle, die von Piotr gestiftet worden sein könnte; Żurek, Wrocławska kaplica (wie Anm. 22), Kap. 1 verwirft diese Tradition entschieden und hält sie für eine reine Spekulation von Długosz; außer Zweifel steht lediglich, dass Bolesław IV. Kraushaar die Kapelle, die Żurek als Palastkapelle deutet, im Jahre 1149 der Abtei St. Vinzenz übergeben hat. 44 Rajman, Norbertanie polscy (wie Anm. 21), 80f. meint, dass Piotr neben der Kirche in Strzelno auch ein Frauenkloster gestiftet habe, während die Stiftung seines Enkels im Kontext der damals in den polnischen Klöstern durchgeführten Reform sowie einer Vergrößerung der gesamten Anlage (durch eine neue Kirche) erfolgt sei. 45 Als Stifter kann ein nicht näher bekannter comes Bezelin gelten, Kodeks dyplomatyczny Śląska [Schlesisches Urkundenbuch]. Ed. Karol Maleczyński. Bd. 1. Wrocław 1956, Nr. 55; zur Bestimmung der Verwandtschaft zwischen Piotr Włostowic und Mikora Bieniak, Polska elita (wie Anm. 31), 50.

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vermutetet, dass die Wahl dieses Patrons auf Bischof Walter zurückging, den Bruder des Płocker Bischofs Alexander, für den in Magdeburg ja die Bronzetüren der Płocker Kathedrale angefertigt wurden, um so mehr, als sich auch in der Breslauer Kathedrale Reliquien des hl. Mauritius befanden. Das Schweigen über den Erwerb auch dieser Reliquien durch Piotr konnte jedoch auch die Folge des besonderen Interesses an den Reliquien des hl. Vinzenz gewesen sein, deren feierliche Translation ein wichtiges Ereignis darstellte. Alle diese Tatsachen, der im damaligen Polen unerhörte Elan und die Kunstfertigkeit der Architektur der beiden Breslauer Abteien sowie die außergewöhnliche Ausstattung der Breslauer Kirchen mit Stiftungstympana erlauben es, gerade die Familie Włostowic als voll bewusste Realisatoren eines Stiftungsprogramms anzusehen, dessen symbolische und ideologische Inhalte die Historiker in der Regel mit den piastischen Herrschern in Verbindung bringen. Die Gründung eines Privatklosters, im Falle Piotrs und Jaxas übrigens nicht des einzigen, die Situierung der Familiennekropole im wichtigsten von ihnen sowie ihre Ausstattung mit wertvollen Reliquien garantierten dem Stifter das ewige Heil seiner Seele und boten sogar die Chance seiner kultischen Verehrung,46 wovon das Carmen Mauri zeugt. Die Stiftungstätigkeit Piotrs und seiner Familie lässt sich also im Modell des princeps fundator erfassen, was bedeutet, dass die in Breslau errichteten Kirchen und Abteien nicht nur dem Stifter selbst Protektion und Gnaden garantieren sollten, sondern der gesamten Gemeinschaft, die das unter den Schutz heiliger Patrone gestellte Territorium bewohnte. Die Ausübung des Pfalzgrafenamtes und die außergewöhnliche politische Rolle, die er als zweiter Mann im regnum nach Bolesławs III. Tod spielte, konnten Piotr auf den Gedanken gebracht haben, in einer der sedes regni die Hauptstadt seines Herrschaftsgebietes zu errichten. Zwar fehlt es an Quellenbelegen für diese These, doch die Anzahl der Stiftungen und ihre Qualität übertrafen all das beträchtlich, was andere Große jener Epoche unternahmen, die im Übrigen nicht weniger bemüht waren, ihre Präsenz in den wichtigsten Machtzentren des damaligen Polen mit Hilfe einer frommen Stiftung zu unterstreichen. Die wichtigsten Organisatoren des sakralen Raums in Breslau in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts waren in der Konsequenz ihrer Aktivitäten Piotr Włostowic und seine Familie. Ihr Stiftungswerk betrieben sie mit einem Elan, mit dem die piastischen Herzöge nicht mithalten konnten. Daher können wir annehmen, dass die von Bolesław dem Langen in Breslau vorgefundenen Stiftungen des Piotr Włostowic und seiner Familie eine gewaltige Herausforderung für ihn bedeutet haben müssen. Diese war umso gravierender, als die Włostowicen die Protektion Bolesławs IV. genossen. Um in den vollen Machtbesitz über das schlesische Teilgebiet zu gelangen, musste Bolesław der Lange die Herrschaft über Breslau besitzen, diese dort sichtbar machen und entsprechend absichern. 46 Vgl. Roman Michałowski, Święta moc fundatora klasztoru (Niemcy XI–XII wieku) [Die heilige Kraft des Klosterstifters (Deutschland 11.–12. Jahrhundert)], in: Kwart. Hist. 91, 1984, 1, 3–24.

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Das Stiftungsprogramm Bolesławs des Langen und Heinrichs I. des Bärtigen Die Anfänge der Herrschaft Bolesławs des Langen in Schlesien wurden mit der Stiftung des Klosters Leubus verbunden, das zugleich als herzogliche Nekropole diente und in der Nähe seines damaligen Sitzes in Liegnitz sowie an der zu seinem wichtigsten Verbündeten führenden Straße gelegen war. Stanisław Trawkowski zufolge handelte es sich dabei nicht um eine Gründung auf freiem Felde (in cruda radice), sondern um die Ansiedlung von Zisterziensern am Ort eines früheren Benediktinerkonvents.47 Weniger hat man sich für die anderen Bauunternehmungen Bolesławs des Langen interessiert. Die meisten Historiker, Archäologen und Kunsthistoriker halten ihn für den Initiator des Umbaus der Breslauer Burgsiedlung und der Errichtung einer gemauerten Burgresidenz mit einer oder mehreren Kapellen. Eine abweichende Ansicht vertritt Marian Kutzner, der diese mit der Leubuser Bauwerkstatt verbundene Unternehmung Heinrich dem Bärtigen zuschreibt.48 Im Lichte des oben Gesagten mag verständlich werden, dass jedoch eher Bolesław der Lange als Initiator der Errichtung eines neuen palatium und einer prächtigen Kapelle anzusprechen ist. Das in den 1980er Jahren erneut untersuchte Ensemble verweist auf ein Bauwerk von hohem künstlerischem Rang, das Edmund Małachowicz auf die späten 1130er Jahre datiert.49 An den mehrstöckigen Donjon mit dem Grundriss eines Rechtecks von 14 x 15 Metern wurde auf der Ostseite eine Hofkapelle mit unbekanntem Patrozinium angebaut, die auf einem kreisförmigen Fundament einen achtzehneckigen Grundriss besaß. In ihrer Mitte erhob sich ein dicker, sicher aus Ziegelsteinen bestehender Pfeiler, der das Deckengebälk stützte. Die ganze Anlage und die vermutete Architektur weisen den Bau möglicherweise als ein Reliquienoratorium aus. Doch der Erhaltungszustand und die äußerst ungewisse Rekonstruktion des Aussehens dieses Objekts lassen keine Vermutungen darüber zu, ob es sich hier vielleicht um eine weitere Replik des Jerusalemer Tempels handelte, die an den Kreuzzug des schlesischen Herzogs ins Heilige Land hätte erinnern sollen. Der kemenatenartige Wohnturm konnte – sehen wir sein Vorbild in den im Elsass, in Lothringen und im Rheinland 47 Stanisław Trawkowski, Gospodarka wielkiej własności cysterskiej na Dolnym Śląsku w XIII w. [Die Wirtschaft des großen Zisterzienserbesitzes in Niederschlesien im 13. Jahrhundert]. Warszawa 1959; Alwin Schultz, Die Cisterzienser Klosterkirche zu Leubus. Breslau 1870, 75– 85; Waldemar Königshaus, Die Zisterzienserabtei Leubus in Schlesien von ihrer Gründung bis zum Ende des 15. Jahrhunderts, Wiesbaden 2004, 15–23. 48 Marian Kutzner, „Na drodze ku chwale“ – ideowe programy fundacji artystycznych księcia śląskiego Henryka Brodatego [„Auf dem Wege zu Ruhm und Ehre“ – ideologische Programme der künstlerischen Stiftungen des schlesischen Herzogs Heinrich des Bärtigen], in: Michał Kaczmarek / Marek L. Wójcik (Hrsg.), Księga Jadwiżańska. Międzynarodowe Sympozjum Naukowe „Święta Jadwiga w Dziejach i Kulturze Śląska“, Wrocław-Trzebnica 22–23 czerwca 1993. Wrocław 1995, 135–148, hier 138, 146f. 49 Małachowicz, Wrocławski zamek (wie Anm. 43), 31f.

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verbreiteten Donjons der Fürsten und kaiserlichen Vasallen – ein Ausdruck der Verbindungen des schlesischen Herzogs mit dem Kaiser und seiner Anerkennung von dessen universaler Macht gewesen sein.50 Geht man davon aus, dass der sein Teilfürstentum zurückgewinnende Bolesław die örtliche Opposition, die ihm feindlich gesinnten einflussreichen Großen sowie die Vertreter der höheren Geistlichkeit, zu neutralisieren hatte,51 dann liegt es mehr als nahe, dass er auch Aktivitäten unternehmen musste, die seine Herrschaft im symbolischen Bereich stärkten und seine Majestät manifestierten. Das von der Hauptstadt entfernte Leubus konnte nur eine schwache Demonstration dieser Majestät darstellen. Daher entstanden neben dem Umbau der Burgsiedlung und der Errichtung einer Kapelle im vorlokationszeitlichen Breslau auch wichtige neue Bauwerke. Auf dem linken Ufer der Stadt wurde am Ende des 12. Jahrhunderts die Kirche St. Maria Magdalena errichtet, die im zweiten Viertel des darauffolgenden Jahrhunderts zur Pfarrkirche der nach deutschem Lokationsrecht gegründeten Stadt werden sollte. Schließlich ist seit dem Ende des 12. Jahrhunderts ein allmählicher Rückgang des Eigentums von Großen auf dem Gebiet der Breslauer Siedlungen erkennbar. Diese Entwicklung hat Bolesławs Nachfolger, sein Sohn Heinrich I., der Bärtige, dann noch beträchtlich intensiviert. Benedykt Zientara hat die Stiftungen Heinrichs des Bärtigen – mit Ausnahme ihres wirtschaftlichen Kontextes – nicht eingehend interpretiert; in den frommen Werken des Herzogs sah er vornehmlich den starken Einfluss seiner gottesfürchtigen Gattin.52 Die Größe des Stiftungswerks Heinrichs resultierte zumindest teilweise aus seinem Kolonisationsprogramm und aus den Bedürfnissen einer beschleunigten Entwicklung des schlesischen Teilfürstentums. Die Gründung und Reorganisation von Dörfern und Stadtsiedlungen, in einigen Gebieten Schlesiens auch noch die Schaffung der Grundla50 So interpretiert Kutzner, Na drodze (wie Anm. 48), 146 diese Annahme; doch hält er die Breslauer Residenz für jünger und rekonstruiert sein Aussehen anders als Małachowicz. 51 Marta Młynarska-Kaletynowa, Najdawniejszy Wrocław [Das älteste Breslau]. Wrocław 1992, 76; Trawkowski, Ołbin wrocławski (wie Anm.16), 100f. unterstreicht, dass die Veränderungen, die in dieser Zeit in beiden Klöstern stattfanden, nämlich die Unterstellung der Kanoniker auf der Sandinsel unter die Obedienz von Arrouaise und die Vertreibung der Benediktiner vom Elbing, an deren Stelle dann Prämonstratenser angesiedelt wurden, nicht nur einen Teil der vom Herzog unterstützten Kirchenreform darstellten, sondern auch dazu dienten, den Włostowicen den Rest ihrer Rechte auf dem Gebiet Breslaus zu rauben. Rajman, Norbertanie polscy (wie Anm. 21), 89 zufolge wurde die Reform Cyprians auf dem Elbing, die in dem Augenblick begann, als dort um 1190 die Prämonstratenser von Kościelna Wieś eintrafen, jedoch „mit der vollen Unterstützung von Piotrs Nachkommen“ durchgeführt, umso mehr, da auch die Präpositur in Kościelna Wieś von Piotr Włostowic gestiftet worden sei. Das Problem der ‚Beseitigung‘ der Großenherrschaft in Breslau und der ernstlichen Schwächung der Bedeutung dieser sozialen Gruppe in Schlesien an der Wende vom 12. zum 13. Jahrhundert bedarf einer erneuten Untersuchung. 52 Benedykt Zientara, Heinrich der Bärtige und seine Zeit. Politik und Gesellschaft im mittelalterlichen Schlesien. München 2002, bes. 314; dagegen hält Kutzner, Na drodze (wie Anm. 48), bes. 147 diese Rolle Hedwigs für von ihren Hagiografen restlos erfunden.

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gen eines Pfarrnetzes erforderten den Bau neuer Kirchen, Kapellen und Klöster. Im Verlauf des 13. Jahrhunderts wuchs die Zahl der gemauerten Gebäude in Schlesien auf das zwanzigfache; sind bis zum Ende des 12. Jahrhunderts lediglich 18 Pfarrkirchen und 15 Stadt- oder Marktkirchen dokumentiert, so sind bis 1228 dann schon ungefähr 70 bis 75 weitere hinzugekommen.53 Selbstverständlich war nur ein Teil dieser Stiftungen das Werk des Monarchen, denn auf diesem Gebiet waren ja auch Bischöfe, Klöster und die Ritterschaft aktiv. Die im Kontext der Bewirtschaftung Schlesiens resultierenden Stiftungen sollen uns hier nicht weiter interessieren. Um die Motive zu ergründen, die Heinrich der Bärtige bei der Realisierung seiner Stiftungsunternehmungen leiteten, müssen wir auf die Regierungszeit seines Vaters zurückgreifen. Die von den Kunsthistorikern wiederholte These, das 1202 gleich nach Heinrichs Herrschaftsantritt gestiftete Trebnitzer Kloster und dessen 1208 von Meister Jakob erbaute Kirche brächten die königlichen Aspirationen des neuen Herrschers zum Ausdruck, kann nicht überzeugen. Als Heinrich seine Herrschaft in Schlesien antrat, ahmte er in gewisser Weise das Vorgehen seines Vaters nach. Auch er begann seine Herrschaftszeit mit einer Stiftung, die freilich viel prächtiger die seines Vaters war – nämlich mit dem Zisterzienserkloster Trebnitz. Dieses entstand 27 km nördlich von Breslau ebenfalls an einer der wichtigsten schlesischen Straßen – dieses Mal an dem nach Großpolen führenden Weg. Auch die Trebnitzer Kirche war von Anfang an als letzte Ruhestätte des Stifters und als ‚Herrschaftskirche‘ geplant, und das letztlich realisierte künstlerische Programm besaß einen in Polen damals einmaligen Rang. Trebnitz war nicht das einzige für Heinrichs Bauunternehmungen charakteristische Werk. Zwar ist die Frage, ob der Breslauer Fürstenhof auf dem linken Oderufer bereits in der Regierungszeit Heinrichs des Bärtigen errichtet worden ist, noch immer ungeklärt (die meisten Historiker sprechen sich dafür aus, dass dies der Fall war), doch hat sich auch Edmund Małachowicz kürzlich dafür ausgesprochen, dass dort bereits ein Hof Heinrichs des Bärtigen mit einer dem hl. Martin gewidmeten Palastkapelle (die den Spitalbrüdern mit dem Roten Stern geschenkte spätere Martinskirche) bestanden habe.54 Dagegen besteht kein Zweifel, dass Heinrich I. eine neue Residenz auf der Liegnitzer Burg errichten ließ. Deren architektonisches und symbolisches Programm ist von den Kunsthistorikern bereits mehrfach analysiert worden. Nach dem erhaltenen archäologischen Material hat es sich nicht nur um die hervorragendste architektonische Unternehmung dieser Art im Polen der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts, sondern auch um eine ganz bewusste Anknüpfung an das Programm der kaiserlichen Residenzen der Staufer und der Reichsfürs53 Tadeusz Kozaczewski, Przyczyny rozwoju budownictwa murowanego na Śląsku w XIII w. [Die Ursachen der Entwicklung der Maurerbauten in Schlesien im 13. Jahrhundert], in: Sobótka 30, 1975, 1–40, hier 3f. 54 Edmund Małachowicz, Książęce rezydencje, fundacje i mauzolea w lewobrzeżnym Wrocławiu [Herzogliche Residenzen, Stiftungen und Mausoleen in Breslau auf dem linken Oderufer]. Wrocław 1994, 15, 18f.; unter Heinrich II. war dies eher ein bescheidenes Herrenhaus mit einem steinernen Turm, die eigentliche Residenz wurde erst unter Heinrich IV. errichtet.

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ten gehandelt. Im Lichte der neuesten deutschen Forschungen55 treten hier als Quelle der Entlehnung Burgen thüringischer Landgrafen (das schlesische Herzogspaar war mit diesen Landgrafen familiär verbunden) deutlicher in Erscheinung als die kaiserliche Burg in Eger, die bis vor kurzem als Modell des Liegnitzer palatium galt.56 Im politischen Programm der Stiftungs- und Bautätigkeit Heinrichs I. haben auch die Patrozinien der Kirchen eine wichtige Rolle gespielt; das gilt insbesondere für die Widmung seiner ersten und wichtigsten Stiftung. Das Patrozinium des Trebnitzer Klosters St. Bartholomäus, das die starke Entwicklung des Kultes dieses Heiligen in Schlesien initiierte, ist der Forschung selbstverständlich aufgefallen. Neben dem Trebnitzer Kloster trugen auch das Kloster der Augustiner-Präpositur auf der Sandinsel in Naumburg am Bober und die Kirche in Röchlitz, einem der Herzogssitze, dieses Patrozinium. Auf der Suche nach einer Antwort, warum mindestens drei wichtige Kirchenstiftungen Heinrichs des Bärtigen dieses Patrozinium trugen, ist darauf hingewiesen worden, dass sich der Tag des hl. Bartholomäus, der 24. August, mit dem Todestag der Adelheid, der Mutter Heinrichs des Bärtigen, deckte.57 Daher wurde angenommen, dass die Wahl dieses Patroziniums Ausdruck eines sehr persönlichen Zuges der Frömmigkeit des Herzogs und seiner besonderen Verehrung für diesen Heiligen gewesen sei.58 Diese Ansicht hat auch Benedykt Zientara wiederholt.59 Denn Heinrichs Mutter war, wie Kazimierz Jasiński überzeugend nachgewiesen hat, nicht Adelheid, sondern eine nicht näher bekannte Christina, die am 23. Februar verstarb.60 Daher muss dieses Problem erneut untersucht werden. Die Popularität der Verehrung des hl. Bartholomäus in Schlesien, von wo aus sie sich auch nach Kleinpolen verbreitete, lässt sich viel einfacher erklären. Im 13. Jahrhundert wurde dieser Kult von der Herrscherfamilie propagiert. Einen zusätzlichen Impuls boten dabei die nach der Heiligsprechung Hedwigs einsetzenden Wallfahrten nach Trebnitz, deren Höhepunkt auf das Fest der Translation dieser Heiligen im August fiel, nämlich auf den 25. August, also auf den Folgetag der Feier der Widmung des Gotteshauses, mit der wiederum der einzige dort vor 1410 stattfindende Jahrmarkt verbunden war.61 Derartige Jahrmärkte am Bartholomäustag gab es in Schlesien übrigens nicht nur in Trebnitz, sondern zum Beispiel auch in Liegnitz. 55 Fritz Viktor Arens, Die staufischen Königspfalzen. Bd. 4. Stuttgart 1977, 129–142; Günther Binding, Die Zeit der Staufer. Burg Münzenberg, eine staufische Burganlage. Bonn 1963. 56 Vgl. Kutzner, Na drodze (wie Anm. 48), 146f. 57 Die Frage der zweiten Ehe Bolesławs des Langen mit Christina und nicht Adelheid behandelt ausführlich Kazimierz Jasiński, [Rezension], in: StŹrodł 14, 1969, 229–232. Zum Todesdatum Ders., Rodowód Piastów Śląskich. Tom 1: Piastowie wrocławscy i legnicko-brzescy [Der Stammbaum der schlesischen Piasten. Band 1: Die Breslauer und Liegnitzer-Brieger Piasten]. Wrocław 1973, 46 sowie 49, Anm. 34. 58 Werner Marschall, Alte Kirchenpatrozinien des Archidiakonates Breslau. Köln-Graz 1966, 96. 59 Selbstverständlich brachte er diese Verehrung des hl. Bartholomäus durch Heinrich den Bärtigen nicht mit dem Todesdatum der Mutter des Herzogs in Verbindung. 60 Jasiński, Rodowód (wie Anm. 57). 61 Vgl. Halina Manikowska, Ruch pielgrzymkowy na Ślasku w póżnym średniowieczu – problemy

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Gewölbeschlussstein aus der Schlosskapelle Liegnitz, erste Hälfte 13. Jahrhundert

Die Attraktivität des Bartholomäus-Kultes war unbestritten und wird in der Ikonografie des heiligen Apostels und Märtyrers deutlich erkennbar, dem – wie in der populärsten der zahlreichen Versionen seiner Legenden berichtet wird – bei lebendigem Leibe die Haut abgezogen wurde. Sein Fest wurde mit dem Ritus festi fori begangen. Was aber waren die Anfänge dieses Kultes in Schlesien? Es scheint, dass er von Anfang an mit den dynastischen Kulten in Verbindung gestanden hat. Sein Weg nach Polen führte höchstwahrscheinlich über das Deutsche Reich, denn Reliquien dieses Heiligen befanden sich in vielen deutschen Kirchen, darunter auch in so eng mit Polen verbundenen wie dem Bamberger Dom oder der Abtei Zwiefalten. Der Leichnam des hl. Bartholomäus war, wie Gregor von Tours berichtet, auf wunderbare Weise in Lipari entdeckt worden, von wo er im Jahre 808 nach Benevent gebracht worden war, um ihn vor den Gefahren der Sarazenenüberfälle zu schützen. Bereits vor dieser Translation badawcze [Die Wallfahrtsbewegung in Schlesien im Spätmittelalter – Forschungsprobleme], in: Manikowska / Zaremska (Hrsg.), Peregrinationes (wie Anm. 19), 225–241, hier 229f.

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befanden sich Reliquien von ihm im Königreich León (im 6., vielleicht 7. Jahrhundert), im 9. Jahrhundert gelangten auch einige nach Aachen, und ein Schulterknochen von ihm befand sich außerdem in der Reliquiensammlung in Canterbury.62 Prinzipielle Bedeutung für die Wege der Ausbreitung des Kultes des hl. Bartholomäus nach Polen scheint die von Otto III. vollzogene Translation von Benevent nach Rom besessen zu haben. Der Leichnam des hl. Apostels ruhte in der dem hl. Adalbert gewidmeten Kirche auf der Tiberinsel. Das Bartholomäusfest hatte mehrere Daten; in der polnischen Provinz wurde der Tag seiner Translation am 24. August gefeiert. Die Überführung der heiligen Gebeine nach Rom auf Veranlassung Ottos III. und in die dem hl. Adalbert geweihte Kirche verband ganz offensichtlich diese beide Märtyrer. Das Fehlen einer früheren Bestätigung dieses Kultes in Polen in Form von Patrozinien wird durch den Bericht des Gallus Anonymus aufgewogen, der allerdings eine Spekulation des Chronisten gewesen zu sein scheint. Im Jahre 1109 waren der Kaiser und sein Heer während eines Kriegszuges gegen Polen bis vor Glogau gekommen, wo sie jedoch niemand erwartete. Erat enim sancti Bartholomei apostoli dies festus, quando cesar fluvium transiebat et tunc totus civitatis populus divinum audiebat.63 Die schlesischen Quellen ermöglichen uns weder diesem Bericht vollen Glauben zu schenken noch ihn zu negieren. In Glogau gab es keine Bartholomäuskirche, zumindest wissen wir nichts von einer solchen. Es ist anzunehmen, dass Gallus die Schutzlosigkeit der auf den Angriff nicht vorbereiteten Stadt mit dem Datum dieses Geschehens in Verbindung brachte und das Verhalten der Bewohner mit ihrer Teilnahme am Gottesdienst erklärte.64 Auf jeden Fall muss es sich um ein Fest gehandelt haben, das in der polnischen Provinz begangen wurde, was um so wahrscheinlicher ist, als Bartholomäus ja ein Apostel war. Auch in Böhmen war der Kult des hl. Bartholomäus mit der Dynastie und der Monarchie verbunden, wahrscheinlich nicht ohne Zusammenhang mit dem Kult des hl. Adalbert. Im Inventarverzeichnis der Prager Kathedrale aus der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts werden seine Reliquien unter denen der Patrone des Königreiches erwähnt.65 Selbst wenn es sich dabei nur um ein Geschenk Karls IV. für die Kathedrale gehandelt haben sollte, dürfte ihre Situierung im riesigen Reliquienschatz der Prager Kathedrale wohl kein Zufall gewesen sein. Hinzuzufügen ist, dass auch eine der Kapellen in der Marienburg dem hl. Adalbert und dem hl. Bartholomäus gewidmet war.

62 Fernand Cabrol (Hrsg.), Dictionnaire d´Archéologie Chrétienne. Bd. 3. Paris 1913–1914, 499f. 63 Galli Anonymi cronicae et gesta ducum sive principum Polonorum. Ed. Karol Maleczyński, in: MPH NS. Bd. 2. Kraków 1952, 133. 64 Ähnlich die geschilderten Kämpfe mit den Pomoranen um Nakel in derselben Zeit, wo der Angriff wiederum in dem Moment erfolgte, als die Gläubigen am Fest des hl. Laurentius aus der Kirche kamen, Galli Anonymi cronicae. Ed. Maleczyński (wie Anm. 63), 139. 65 Václav Vladivoj Tomek, Dějepis města Prahy [Geschichtsschreibung der Stadt Prag]. Praha ²1892. Aber im Kalender der Diözese Prag befindet sich das Fest des hl. Bartholomäus nicht unter den Festen mit verdoppeltem Ritus (dafür gibt es Feste von zehn anderen Aposteln), ebd. 197.

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St.Marien- und St. Bartholomäus-Kirche, Zisterzienserinnenkloster Trebnitz, erste Hälfte 13. Jahrhundert

Unabhängig davon, ob der Kult des hl. Bartholomäus in Schlesien vor der Herrschaftsübernahme durch Heinrich den Bärtigen verbreitet war, darf die Verwendung gerade dieses Patroziniums wohl als eine Berufung auf den dynastischen Kult gedeutet werden. Die Trebnitzer Abtei erhielt übrigens nicht nur wertvolle Reliquien, sondern der Herzog kümmerte sich darüber hinaus auch noch um ihre Verehrung. Während der feierlichen Weihe der im Jahre 1214 fertiggestellten Krypta erhielt er von dem auf dieser Feier anwesenden Erzbischof Heinrich Kietlicz sowie den Bischöfen Laurentius von Lebus und Laurentius von Breslau, ein Ablassprivileg, das den Besuchern dieses Gotteshauses am Tag der Kirchweihe einen vierzigtägigen Ablass gewährte.66 Das ist das älteste bekannte Ablassprivileg in der polnischen Provinz. Aus demselben Jahr stammt zwar auch das Ablassprivileg für Trzemeszno, das Heinrich Kietlicz aus Anlass der Wiehe des der hl. Katharina gewidmeten Altars gewährte, aber diese Urkunde ist uns nur aus dem Kopialbuch der Klosterprivilegien bekannt und scheint etwas zweifelhaft zu sein.67 Die erfolgreichen Bemühungen um den Erwerb eines Ablassprivilegs stellten an der Schwelle des 13. Jahrhunderts ein Novum in Polen dar. In der Trebnitzer Urkunde wurde ausdrücklich auf den Initiator verwiesen – auf Heinrich den Bärtigen. Diese neue Form der Propagierung eines Kultes, die in Europa seit dem Ende des 66 Kodeks dyplomatyczny Śląska. Bd. 2. Ed. Karol Maleczyński. Wrocław 1959, Nr. 162, 121f. 67 Kodeks dyplomatyczny Wielkopolski. Bd. 1. Ed. Ignacy Zakrzewski. Poznań 1877, Nr. 83.

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14. Jahrhunderts schnelle Verbreitung fand (die früheren Kreuzzugsablässe wollen wir hier außer Acht lassen), war Kietlicz ganz sicher bekannt, aber gewiss war sie auch Heinrich dem Bärtigen nicht fremd, der im Reich mit ihr in Berührung gekommen sein oder über Hedwig davon gehört haben konnte. Die genaue Feststellung des Datums und der Wege der Ausbreitung des Kultes des hl. Bartholomäus nach Schlesien bedarf noch weiterer Untersuchungen. Aber schon heute kann festgestellt werden, dass die Stiftungen Heinrichs des Bärtigen und seine Propagierung dieses Kultes den BartholomäusKult zu einem der für die Dynastie der schlesischen Piasten charakteristischen Kulte bzw. Bartholomäus zu einem so genannten ‚politischen Heiligen‘ gemacht haben. Eine der wichtigsten, wenn nicht überhaupt die wichtigste Nekropole dieser Dynastie, in der die sterblichen Überreste Annas, Heinrichs III., Heinrichs V. und Heinrichs VI. sowie zahlreicher piastischer Prinzessinnen, die Äbtissinnen dieses Klosters waren, ihre letzten Ruhestätten fanden, befand sich in der Hedwigskapelle im Kloster der Breslauer Klarissen. Die den Klarissen gewährten Ablassprivilegien betrafen nur einige Feste, die aber alle (außer den Ordensfesten) mit den Patronen der Breslauer Piasten verbunden waren: mit der hl. Hedwig, der hl. Anna (der Patronin der Klosterstifterin), mit der hl. Agnes (der Schutzheiligen der Agnes von Prag), und schließlich mit dem hl. Bartholomäus.68 Somit scheint es, dass das Patrozinium der Unterkirche des von Heinrich IV. gestifteten Heilig-Kreuz-Kollegiatstiftes auf der Dominsel gerade wegen seiner Verbindungen mit dem für die Linie der Breslauer Herzöge charakteristischen Kult gewählt wurde, einem Kult, der über den Horizont des Teilfürstentums hinausgehende politische Aspirationen zum Ausdruck brachte. Neben seinen Verbindungen mit dem Kult des Schutzpatrons Polens (des hl. Adalbert) konnte die Wahl dieses Patroziniums für die wichtigste Stiftung Heinrichs und seine anderen Stiftungsunternehmungen auch durch den im 12. Jahrhundert (u. a. dank der Zisterzienser) deutlich an Bedeutung zunehmenden Kult der Apostel beeinflusst worden sein, deren Obhut der Herzog sein Teilfürstentum anvertraute. Wenn wir die populärsten Marienpatrozinien der unter seiner Herrschaft gegründeten Kirchen und die beliebten Patrozinien St. Michael und St. Nikolai außer Acht lassen, dann waren eindeutig die meisten Kirchen dem hl. Andreas, dem hl. Jakobus, dem hl. Evangelisten Johannes und Johannes dem Täufer (dem Patron der Diözese) und dem hl. Petrus (manchmal zusammen mit dem hl. Paulus) gewidmet. Von der wahrscheinlichen Errichtung einer dem hl. Apostel Matthias gewidmeten Kapelle am Hofe Heinrichs des Bärtigen auf dem linken Oderufer war bereits die Rede. Zahlreich vertreten waren auch solche Patrozinien wie St. Georg und St. Martin, aber diese traten vor allem in den Domänen der Ritterschaft in Erscheinung.69 Da die von Heinrich dem Bärtigen ausgestellten Stiftungsdiplome nicht in seiner Kanzlei entstanden sind, fällt es schwer, die Motive und Ziele seines Stiftungswerkes zu 68 Biblioteka Uniwersytetu Wrocławskiego M 1562, fol. 72V, 73. 69 Vgl. Marschall, Alte Kirchenpatrozinien (wie Anm. 58), passim.

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ergründen. In den erhaltenen Urkunden wird vor allem das devotionale Ziel der Stiftung unterstrichen, die der Herzog für das Seelenheil seiner Eltern und die Vergebung seiner Sünden unternahm. Deshalb müssen wir auf die einzige Quelle zurückgreifen, die mehr Details enthält, und zwar auf das Heinrichauer Gründungsbuch, das die Gründung des Zisterzienserklosters in Heinrichau in den Jahren 1227 bis 1228 schildert. Darin wird eine Rede zitiert, die Heinrich der Bärtige aus diesem Anlass gehalten haben soll: Pater meus, felicis recordationis dux Bolezlaus, cenobium Lubensis ecclesie pro suorum remedio peccaminum dundavit. Sed post eius obitum ego Trebnizcense sanctemonialium claustrum ad honorem Dei et beati Bartholomei fundavi. Unde videtur, si Deo et vobis omnibus placuerit, ut filius meus Heiniricus accipat huius claustri Heinrichow funationis curam, quia sicut postmodum assignabitur patri meo memoriale Lubensium, michi Trebnizcensium, ita volo, ut hoc claustrum Heinrichow sit fundadtio et memoriale filii mei Heinrici suorumque successorum.70 Natürlich wissen wir nicht, ob Heinrich wirklich eine solche Rede gehalten oder ob der Verfasser des Gründungsbuches, Abt Petrus, einfach nur die logischen Schlussfolgerungen aus den einzelnen Stiftungen der schlesischen Piasten und insbesondere der Hartnäckigkeit gezogen hat, mit der Heinrich der Bärtige die nicht von ihm getätigte Stiftung in Heinrichau sich und seinen Nachfolgern zuzurechnen forderte. Die dritte Herrschergeneration des schlesischen Teilfürstentums soll also ihre Herrschaft mit dem Akt der Stiftung eines Zisterzienserklosters begonnen haben, denn Heinrich der Fromme war zum Zeitpunkt der Realisierung der Heinrichauer Stiftung bereits seit drei bis vier Jahren zur Mitregierung zugelassen. Gegen Ende des Lebens seines Vaters bemühte er sich übrigens, diese auf eine überzeugendere, aber auch mit der Tradition seines Vaters und Großvaters brechende Weise zu legitimieren. Er siedelte in Breslau Franziskaner an und stiftete eine Kirche, die er zu seiner letzten Ruhestätte bestimmte. Der in den Stiftungsurkunden hervorgehobene eschatologische Horizont dieser Stiftungen steht nicht im Widerspruch zu einem weiteren Ziel, das ihnen gestellt wurde: Sie sollten nämlich die Herrschaft des neuen Herrschers stärken und sie durch die Fürsprache der Heiligen und der Kirche absichern. Daher muss Bolesław der Lange als Initiator eines sehr wichtigen liturgischen Elements der Legitimierung und Manifestierung der Macht der schlesischen Dynasten anerkannt werden. Jedoch wurden nur im Falle der Trebnitzer Stiftung die Rolle und der Rang der dort befindlichen Reliquien hervorgehoben. Daher 70 Liber fundationis claustri Sancte Marie Virginis in Heinrichow. Ed. Roman Grodecki. Wrocław 1991, 114; „Mein Vater, Herzog Bolesław seligen Angedenkens, hat das Kloster Leubus zur Sühnung seiner Sünden gestiftet. Nach seinem Tode habe ich das Nonnenkloster in Trebnitz zur Ehre Gottes und des heiligen Bartholomäus gestiftet. Daher erscheint es recht, so es Gott und euch allen gefällt, dass mein Sohn Heinrich die Sorge für dieses Kloster Heinrichau übernehme, denn wie man dermaleinst meinem Vater Leubus, mir Trebnitz als Ehrendenkmal anrechnen wird, so will ich, dass dieses Kloster Heinrichau die Stiftung und das Ehrendenkmal meines Sohnes Heinrichs und seiner Nachfolger werde.“ Das Gründungsbuch des Klosters Heinrichau. Aus dem Lateinischen übertragen und mit Einführung und Erläuterungen versehen von Paul Bretschneider. Breslau 1927, 19.

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stellt sich die Frage, ob es neben den Hauptzielen dieser den Herrschaftsantritt begleitenden Stiftung nicht doch auch noch andere Motive für ihre Realisierung gegeben hat. Der Weg von Meißen über Schlesien nach Großpolen führte durch Liegnitz, Leubus, Breslau auf dem linken Oderufer, die Sandinsel, den Elbing und Trebnitz. Die beiden großen Unternehmungen Heinrichs des Bärtigen, das Kloster in Trebnitz und die Residenz in Liegnitz – und man könnte auch noch das an dieser Strecke gelegene Röchlitz (Fürstenhof und Kirche) sowie Neumarkt (Stadtlokation, gemauerte Kirche und Siechenhaus) hinzufügen – veränderten somit das Antlitz dieser wichtigsten Verkehrsstraße grundlegend. Sie wurde nun von den Residenzen und frommen Stiftungen der Herren Schlesiens geprägt. Auch das Bild Breslaus hatte sich verändert. Der Ort war zu einer fürstlichen Stadt umgestaltet worden – durch die Errichtung eines Hauses für Kaufleute an der Überfahrt zur Sandinsel, die Stiftung des Heilig-Geist-Spitals, Investitionen auf dem linken Oderufer (Aushebung von Burggräben, Lokation einer neuen Siedlung, Errichtung zweier neuer gemauerter Kirchen, nämlich von St. Maria Magdalena noch zu Lebzeiten Bolesławs des Langen und St. Elisabeth im ersten Viertel des 13. Jahrhunderts71), neue Kirchen und ein gemauertes palatium auf der Dominsel und dem Elbing. Auf diese Weise war der Eindruck, den Breslau noch zur Zeit des Piotr Włostowic auf Neuankömmlinge gemacht hatte, wenn nicht verwischt, so doch erheblich abgeschwächt. Die Politik Heinrichs des Bärtigen gegenüber der Abtei auf dem Elbing, aber auch gegenüber anderen Klöstern (insbesondere Leubus), die ihre Einkünfte aus eigenen Handelseinrichtungen (Fleischbänken, Schänken) zogen, war zweifellos eine Folge seiner Pläne, die Breslauer Siedlung auf dem linken Oderufer auszubauen. In der Konsequenz des Verlustes eines beträchtlichen Teils des Eigentums auf beiden Seiten der Oder und vor allem des Verlusts des Jahrmarktes erlitten die Prämonstratenser spürbare Einbußen.72 Auffällig ist die Symmetrie bestimmter Elemente der Trebnitzer Stiftungen und beider Abteien der Familie Włostowic. Das Trebnitzer Tympanon scheint eine Antwort auf die Stiftungstympana auf der Sandinsel und dem Elbing zu sein, und die Reliquien des hl. Bartholomäus, deren Übertragung nach Trebnitz große Bedeutung zugemessen wurde, eine Antwort auf die Reliquien des hl. Vinzenz und deren feierliche Translation. 71 Zu den ursprünglichen Gebäuden beider Kirchen Tadeusz Broniewski / Tadeusz Kozaczewski, Pierwotny kościół św. Marii Magdaleny we Wrocławiu [Die ursprüngliche Kirche St. Maria Magdalena in Breslau], in: Kwart. Archit. Urb. 12, 1967, 3–4, 3–22; Czesław Lasota / Jerzy Piekalski, Kościół św. Elżbiety we Wrocławiu w świetle badań archeologicznych [Die Breslauer Elisabethkirche im Lichte archäologischer Untersuchungen], in: Mieczysław Zlat (Hrsg.), Z dziejów wielkomiejskiej fary. Wrocławski kościół św. Elżbiety w świetle historii i zabytków sztuki. Wrocław 1996, 11–18. 72 Vgl. vor allem Trawkowski, Ołbin wrocławski (wie Anm. 16) sowie Młynarska-Kaletynowa, Najdawniejszy Wrocław (Anm. 51). Die Verlegung des Marktes von vor der Abtei ans linke Oderufer und die Änderung seines Datums vom 6. auf den 24. Juni erfolgten 1232. Im Jahre 1224 nahm Heinrich den Prämonstratensern die Schänke an der Elbinger Überfahrt weg. Und endlich gelang es ihm, sie durch Tauschgeschäfte und Entschädigungen auch der Gebiete und Einkünfte aus dem westlichen Teil des Elbing zu berauben, die Mikora dem Kloster Leubus geschenkt hatte.

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Der Märtyrer, aber auch Apostel, den die Legende nach seinem Tode auch mit Benevent sowie mit dem Kaiser verband, allerdings mit Otto III., und die Vergabe eines Ablasses – all dies musste der Errichtung eines Pilgerzentrums dienen, das mit dem expansiven Kloster der Prämonstratenser effektiv konkurrieren konnte. Beide Zentren rivalisierten übrigens das ganze Mittelalter hindurch verbissen miteinander. Das Elbinger Kloster konnte seine Bedeutung verteidigen, obwohl es nach der Heiligsprechung Hedwigs schien, dass es zur Niederlage verurteilt wäre. Das Ende des ‚petrinischen‘ Breslau erfolgte mit der Stadtlokation von 1242 und zwanzig Jahre später mit weiteren Veränderungen im städtischen Raum. Außerhalb der Stadtmauern befanden sich der Kapitel- und Kathedralkomplex, die kleinen Kirchen auf der Dominsel und die beiden mächtigen Abteien. Am Ausgang des Mittelalters sollte die Rolle des fürstlichen Stifters vom Bürgertum und den Stadtbehörden übernommen werden. Als letzter, dramatischer Akt der Zerstörung des von Piotr Włostowic geschaffenen Sakralraumes erfolgte schließlich im Jahre 1529 der Abriss der Gebäude seiner als Nekropole dienenden Abtei. Der auf einer einige Jahrzehnte später gemalten Stadtkarte Breslaus verewigte Anblick dieses Klosters lässt vermuten, dass seine Größe und Architektur bis zum Schluss große Bewunderung geweckt haben muss.73

Das St. Vinzenzkloster auf dem Breslauer Elbing vor seinem Abriss im 16. Jahrhundert, Ausschnitt aus einer Kartenzeichnung von Bartholomäus Weiner 1562

73 Die hypothetische Rekonstruktion der Stiftung Piotrs und ihrer späteren An- und Umbauten stützt sich auf bereits nach dem Abriss des Klosters entstandene Zeichnungen und Ansichten sowie auf die wenigen erhaltenen Elemente dieses Objekts, darunter das jedoch bereits aus nachprämonstratensischer Zeit stammende herrliche Portal.

Jerzy Rajman

Pilger und Stifter. Zu den Sakralstiftungen und zur Herkunft des Fürsten Jaxa

Die Sakralstiftungen des Jaxa In den vergangenen Jahren ist ein neuerliches Interesse an der Person des Jaxa zu erkennen, des Stifters der Klöster in Miechów und Zwierzyniec, eines um die Geschichte der polnischen Kirche höchst verdienten Mannes. Auch wenn die Ansicht um sich greift, dass dieser Klosterstifter und Schwiegersohn des Piotr Włostowic mit dem gleichnamigen Neffen des stodoranischen Fürsten Pribislaw-Heinrich identishc sei,1 ist 1 Für eine Identität des Jaxa von Köpenick und Jaxa von Miechów haben sich in der neueren Literatur ausgesprochen: Marek Cetwiński, Rycerstwo śląskie do końca XIII w. Część 2: Biogramy i rodowody [Die schlesische Ritterschaft bis zum Ende des 13. Jahrhundert. Teil 2: Biogramme und Genealogien]. Wrocław 1982, 10–12; Janusz Bieniak, Polska elita polityczna XII w. Część III.A: Arbitrzy książat – Krąg rodzinny Piotra Włostowica [Die polnische politische Elite des 12. Jahrhunderts. Teil III.A: Arbiter der Fürsten – Der Familienkreis des Piotr Włostowic], in: Społeczeństwo Polski średniowiecznej, 4, 1990, 67–107; Jerzy Rajman, Dominus – comes – princeps. Studium o Jaksach w XII wieku [Dominus – comes – princeps. Untersuchung zu den Jaxas im 12. Jahrhundert]. in: Stud. Hist. 33, 1990, 347–369, sowie Marek L. Wójcik, Ród Gryfitów do końca XIII wieku. Pochodzenie – genealogia – rozsiedlenie [Das Geschlecht der Gryfen bis zum Ende des 13. Jahrhunderts. Herkunft – Genealogie – räumliche Verteilung]. Wrocław 1993, 10–40. Dafür, dass es sich um zwei verschiedene Personen gehandelt hat, plädieren: Zbigniew Pęckowski, Miechów. Studia z dziejów miasta i ziemi miechowskiej [Miechów. Studien zur Geschichte der Stadt und des Landes Miechów]. Kraków 1967, 13–33; Krzysztof Mosingiewicz, Jeszcze o zagadce Jaksy [Noch einmal zum Rätsel Jaxa], in: Rocz. Hist. 52, 1986, 141–156; vor allem aber Gerard Labuda, Jaksa z Kopanicy [Jaxa von Köpenick], in: Kazimierz Lepszy (Hrsg.), Polski Słownik Biograficzny. Bd. 10. Wrocław 1963, 339–341; Ders., Około datacji dokumentów fundacyjnych klasztoru premonstratensów w Grobe (1159, 1168?, 1177–1179) [Zur Datierung der Stiftungsurkunden des Prämonstratenserklosters in Grobe (1159, 1168?, 1177–1179)], in: Janusz Bieniak (Hrsg.), Personae – Colligationes – Facta. Toruń 1991, 13–25 hat zu begründen versucht, dass die Urkunde für das Kloster in Grobe, in der Jaxa als Zeuge auftritt, erst 1178 ausgestellt wurde, was offensichtlich dagegen spräche, beide Jaxas gleichzusetzen (Jaxa, der Stifter des Klosters von

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die Frage seiner Herkunft nach wie vor nicht völlig geklärt; auch die Details seiner Stiftungstätigkeit rufen weiterhin Kontroversen hervor. Im Folgenden interessieren in erster Linie die ‚frommen Werke‘ Jaxas. Vorbehaltlos wird diesem Großen, dessen Wirken in die Jahre 1145 bis 1176 fällt, für gewöhnlich lediglich die Stiftung des Klosters des Ritterordens vom Heiligen Grabe in Miechów zugeschrieben; die Meinungen über seine Rolle bei der Gründung der Klöster Zwierzyniec und Krzyżanowice an der Nida sind dagegen geteilt. Am Anfang der Stiftung von Miechów stand eine Pilgerreise Jaxas ins Heilige Land, die die Annalen des Krakauer Domkapitels unter dem Jahr 1162 verzeichnen: Jazko Jerozoloimam ivit. Diese Nachricht wiederholen und ergänzen die Annalen von Miechów: Anno Domini MCLXII Jaxa ivit Jerosolimam et MCLXIII fratres dominici Sepulchri venerunt Mechouian cum uno canonico misso a Monacho patriarcha.2 Jaxas Pilgerfahrt wird auch in einer Urkunde des Patriarchen Monach von 1198 vermerkt: Miechów, starb 1176); die Zweifel an der Datierung dieser Urkunde hat meiner Meinung nach beseitigt Paweł Stróżyk, Jeszcze o dokumentach fundacyjnych klasztoru premonstrateńskiego w Grobe [Noch einmal über die Stiftungsurkunden des Prämonstratenserklosters in Grobe], in: Rocz. Hist. 58, 1992, 92–97, der zur alten Auffassung zurückkehrte und die Urkunde auf 1168 datierte; vgl. auch Jan Powierski / Błażej Śliwiński / Klemens Bruski, Studia z dziejów Pomorza w XII wieku [Studien zur Geschichte Pommerns im 12. Jahrhundert]. Słupsk 1993; Kazimierz Bobowski, Związki Białogardu z klasztorem premonstratensów w Grobi [Die Verbindungen von Belgard mit dem Prämonstratenserkloster in Grobe], in: Adam Wirski (Hrsg.), Białogard przez wieki. Koszalin 2000, 35–38. Die These, dass beide Jaxas identisch seien, wurde zusätzlich numismatisch begründet bei Ryszard Kiersnowski, Jaksa i jego monety. (Na marginesie rozprawy J. Bieniaka, Polska elita polityczna XII w.) [Jaxa und seine Münzen. (Zu J. Bieniaks Abhandlung Polska elita polityczna w XII w.)], in: Społeczeństwo Polski średniowiecznej 5, 1993, 153–160. In den neueren Veröffentlichungen sprechen sich für die Gleichsetzung Jaxas von Miechów und Jaxas von Köpenick aus: Mikołaj Gładysz, O zapomnianych polskich krzyżowcach. Kilka uwag na marginesie wypraw jerozolimskich księcia Henryka Sandomierskiego i Jaksy z Miechowa [Über die vergessenen polnischen Kreuzfahrer. Einige Bemerkungen zu den Jerusalem-Fahrten von Herzog Heinrich von Sandomir und Jaxa von Miechów], in: Błażej Śliwiński (Hrsg.), Książęta, urzędnicy, złoczyńcy. Gdańsk 1999, 45–64 sowie Ders., Zapomniani krzyżowcy. Polska wobec ruchu krucjatowego w XII–XIII wieku [Die vergessenen Kreuzfahrer. Polen und die Kreuzzugbewegung im 12. und 13. Jahrhundert]. Warszawa 2002, zur Identität des Jaxa von Köpenick mit Jaxa von Miechów 66f., zu den Pilgerreisen 106–112, zur Stiftung von Miechów 113ff.; Marek L. Wójcik, Małopolanin czy Połabianin. Głos w dyskusji nad problemem pochodzenia Jaksy [Kleinpole oder Polabe. Zur Diskussion über die Herkunft Jaxas], in: Mateusz Goliński / Stanisław Rosik (Hrsg.), Viae historicae. Księga jubileuszowa dedykowana Profesorowi Lechowi A. Tyszkiewiczowi w 70. rocznicę urodzin. Wrocław 2001, 261–273; wichtige Beobachtungen auch bei Zbigniew Piłat, Fundator i fundacja klasztoru bożogrobców w Miechowie [Der Stifter und die Stiftung des Klosters des Ritterordens vom Heiligen Grabe in Miechów], in: Bożogrobcy w Polsce. Praca zbiorowa, Miechów / Warszawa 1999, 11–43. 2 Annales Cracoviensis priores cum kalendario. Ed. Zofia Kozłowska-Budkowa, in: MPH NS. Bd. 5. Warszawa 1978, 61; Rocznik Miechowski [Die Annalen von Miechów]. Ed. Zofia Budkowa, in: StŹrodł 5, 1960, 119–135, hier 123.

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Dominus Jaczo vir bone memorie dominicum adiret Sepulchrum et in loco, ubi steterunt pedes Domini, adoraret, inter alia devocionis sue insignia rogauit, ut ecclesia sancti Sepulcri unum de canonicis suis secum in Polonia mitteret, quatinus ad soltuendum uotum, quod feceret.3 Die Aussage der Urkunde ist offensichtlich: Jaxa verpflichtete sich in Jerusalem dazu, in Polen eine Heilig-Grab-Kirche zu erbauen. Die bereits zitierten Annalen von Miechów datieren die Ankunft der ersten Ordensleute auf das Jahr 1163, also auf das Jahr unmittelbar nach der Pilgerreise. Der Ritterorden vom Heiligen Grab ist somit gemeinsam mit Jaxa nach Miechów gekommen. Es fragt sich aber, ob sich der Patriarch gleich nachdem Jaxa sein Gelübde abgelegt hatte, damit einverstanden erklärte, den Ritterorden vom Heiligen Grab nach Polen zu schicken. Bei den Zisterziensern dauerte der Prozess einer Klosterstiftung lange, zunächst studierte das Ordenskapitel die Bedingungen, unter denen das neue Kloster entstehen sollte, und es entsandte erst dann Mönche, wenn die Arbeiten an seinem Bau fortgeschritten waren.4 Jaxa reiste 1162 nach Jerusalem, um das Kapitel vom Heiligen Grab darüber in Kenntnis zu setzen, dass es nun Kanoniker nach Polen schicken konnte. Das Versprechen, eine Kirche und ein Kloster zu errichten, hatte er sicherlich während einer früheren Pilgerreise abgelegt, vor 1162. Von zwei Reisen ins Heilige Land berichtet eine Inschrift auf einem Sturz, der in der St. Michael-Kirche auf dem Breslauer Elbing eingemauert war: Est bis Jherusalem peregre progressus ad urbem.5 Es gibt keinen Grund, an der Glaubwürdigkeit dieser im 12. Jahrhundert entstandenen Inschrift zu zweifeln. Ein weiterer Beleg für intensivere Kontakte Jaxas nach Jerusalem ist, wie Ryszard Kiersnowski kürzlich gezeigt hat, die Tatsache, dass Jaxa auf seine Münzen sowohl das Kreuz des Ritterordens vom Heiligen Grab als auch einen Ölzweig als Symbol einer Pilgerreise ins Heilige Land prägen ließ.6 Man hat versucht, das Datum dieser ersten Pilgerfahrt Jaxas festzustellen,7 doch kann es nicht verifiziert werden. Der 3 Kodeks dyplomatyczny Małopolski [Kleinpolnisches Urkundenbuch]. Ed. Franciszek Piekosiński. Bd. 2. Kraków 1886, Nr. 375. 4 Józef Zawadzka, Proces fundowania opactw cysterskich w XII i XIII wieku [Der Prozess der Stiftung von Zisterzienserabteien im 12. und 13. Jahrhundert], in: Rocz. Hum. 7, 1958, 121–150, hier 142–144; an einem konkreten Beispiel zeigt das Heinrich Grüger, Heinrichau. Geschichte eines schlesischen Zisterzienserklosters 1227 bis 1977. Köln / Wien 1978, 7–15. Zu den Anfängen von Miechów neuerdings Andrzej Wędzki, Początki Miechowa – problemy badawcze [Die Anfänge von Miechów – Forschungsfragen], in: Zenon Woźniak / Jan Gancarski (Hrsg.), Polonia Minor Medii Aevii. Studia ofiarowane Profesorowi Andrzejowi Żakiemu w 80 rocznicę urodzin. Kraków-Krosno 2003, 477–486. 5 Der Text der Inschrift in Cronica Petri comitis Poloniae. Accedunt Carminis Mauri fragmeta. Ed. Marian Plezia, in: MPH NS. Bd. 3. Kraków 1951, 30. 6 Kiersnowski, Jaksa i jego monety (wie Anm. 1), 156f. weist darauf hin, dass die Prägung von Jaxas Münzen erst nach seiner Rückkehr von der Pilgerfahrt 1163 einsetzte. Auf das Vorhandensein des doppelten Patriarchenkreuzes auf seinen Münzen, das zugleich das Zeichen des Ritterordens vom Heiligen Grab ist, hat Cetwiński, Rycerstwo śląskie (wie Anm. 1), 11 hingewiesen. 7 Adam Naruszewicz, Historia narodu polskiego [Geschichte der polnischen Nation]. Bd. 3. Warszawa 1803, 426 gab an, dass Jaxa sich gemeinsam mit dem Kaiser 1147 auf Kreuzfahrt begeben

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Ritterorden vom Heiligen Grab kam 1163 nach Miechów und fand hier sicherlich bereits provisorische Klostergebäude vor; wahrscheinlich gab es in der Ortschaft auch schon eine Kirche, bei der sich die Ordensgeistlichen anfangs niederließen.8 Der Ritterorden vom Heiligen Grab befand sich damals auf dem Höhepunkt seines Erfolgs. Noch am Ende des 11. und zu Beginn des 12. Jahrhunderts hatte nichts auf seinen rasanten Aufschwung hingedeutet, da die bei der Grabeskirche versammelten Kanoniker noch nicht einmal die Pflicht mensae communis einhalten mussten; erst 1112 wurde ihnen die Regel des hl. Augustinus auferlegt und ihnen ein Prior vorgesetzt, der rasch die höchste Position unter allen Äbten und Prioren in Palästina erlangte. Der neue Orden stand unter der Obhut der Päpste Calixt II., Honorius II. und Coelestin III.9 habe, während bei Marcin Kromer das Jahr 1154 als Datum der ersten Pilgerreise Jaxas genannt wird. 8 Andrzej Wędzki, Miechów, in: Władysław Kowalenko / Gerard Labuda / Zdzislaw Stieber (Hrsg.), Słownik starożytności słowiańskich. Bd. 3. Wrocław 1967, 245f. datiert die Kirche des Ritterordens vom Heiligen Grab auf die Jahre 1163–1186 und meint, der Bau sei am Ende der Amtszeit von Bischof Gedko abgeschlossen worden, denn wir wissen aus der Urkunde von Miechów von 1198, dass er das Gotteshaus weihte. Teilweise irreführende Informationen bei Piotr Pękalski, O początkach, rozkrzewieniu i upadku zakonu XX. kanoników Stróżów św. Grobu Jerozolimskiego [Über den Anfang, das Erstarken und den Niedergang des Ordens der Chorherren der Wächter vom hl. Jerusalemer Grab]. Kraków 1867, 30f., der meint, Jaxa habe nach 1156 damit begonnen, in Miechów eine der hl. Katharina von Alexandrien geweihte Kirche zu bauen, in die die Ordensritter 1162 (sic!) eingezogen seien, während 1283 eine neue Hl.-Geist-Kirche entstanden sei; Mieczysław Tobiasz, Bożogrobcy w Miechowie [Der Ritterorden vom Heiligen Grab in Miechów], in: Nasza Przeszł., 17, 1963, 5–60 hat die These aufgestellt, dass der Ritterorden vom Heiligen Grab sich zunächst im Dorf Bawół bei Krakau niedergelassen habe, wogegen allerdings ganz eindeutig die Annalen von Miechów (wie Anm. 2, 123) sprechen, in denen davon die Rede ist, dass die Ordensritter mit Jaxa direkt nach Miechów kamen. Die Arbeit von Jerzy Z. Łoziński, Miechowskie Sepulcrum Domini [Das Sepulcrum Domini von Miechów], in: Biul. Hist. Szt. 31, 1969, 2, 151–166, informiert nur über die neuzeitliche Architektur der Hl. Grab-Kapelle; Tadeusz Chrzanowski / Marian Kornecki, Sztuka Ziemi Krakowskiej [Die Kunst des Krakauer Landes]. Kraków 1982, 25 geben an, dass keine Überreste der von Jaxa in Miechów gestifteten Kirche bekannt sind, sondern erst die Reste eines großen Gotteshauses, mit dessen Bau der Krakauer Bischof Wisław hier 1233 begonnen habe. Pęckowski, Miechów (wie Anm. 1), 249 hat in einem Werk von Samuel Nakielski mit dem Titel ‚Miechovia‘ (Kraków 1634) die Nachricht entdeckt, dass die Weihe durch Bischof Gedko am 15. Juli stattfand; er widerlegte auch die oben vermerkte Ansicht Pękalskis, dass Jaxa die St. Katharinen-Kirche gebaut habe, da die Urkunde von 1198 eindeutig davon spricht, dass Gedko ecclesiam in honore sancti Sepulcri geweiht habe. Das Missverständnis ist damit zu erklären, dass die neue Kirche des Ritterordens vom Heiligen Grab (aus dem 13. Jh.) bei der ersten kleinen Kirche entstand, die später in die St. Katharinen-Kapelle umgewandelt wurde. 9 Zur großen Bedeutung des Ordens vom Heiligen Grab in Jerusalem vgl. Peter W. Edbury / John Gordon Rowe, William of Tyre and the Patriarchal Election of 1180, in: English Historical Review 93, 1978, 1–25, hier 7f.; die grundlegende Monographie über den Ritterorden ist bis heute Feruccio Pasini-Frasoni / Charles Auguste A. Bertini / Charles Odriozola, Histoire de l'Ordre Militaire du Saint Sepulcre. Roma 1908; zur Ritterschaft des Hl. Grabes und ihrer sich vom Orden des Heiligen Grabes unterscheidenden Struktur Valmar Cramer, Der Ritterorden vom Hl. Grabe von den Kreuz-

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Im 12. Jahrhundert hatte der Orden vom Heiligen Grab bereits Filialen im Mittelmeerraum, in der Regel an solchen Orten, an denen Nachfahren von Kreuzfahrern lebten und wo die Kreuzzugstradition lebendig war. Für die Bedeutung des Ordens war gewiss die Tatsache mitverantwortlich, dass er der einzige war, der das Heilige Kreuz und das Heilige Grab bewachte, also die wertvollsten Reliquien der Christenheit. Im 12. Jahrhundert besaß der Orden auch einen Frauenzweig (Häuser in Akkon, Huesca, Perugia, Barcelona, Saragossa u. a., in Böhmen gab es ein Frauenkloster bei Prag, das von Kojata von Brüx gegründet worden war).10 Für die große Popularität des Ordens entscheidend war zudem, dass er „Formen eines halbgeistlichen Lebens“ geschaffen hatte, d. h. eine Konfraternität weltlicher Personen ermöglichte, die keine Mitglieder des Konvents waren und keine Ordensrechte besaßen. Die Konfratres konnten ihre Mahlzeiten gemeinsam mit den Ordensgeistlichen in einem Refektorium einnehmen, doch an getrennten Tischen; sie besaßen auch das Recht, Ordensgewänder zu tragen, die sich jedoch in Schnitt und Form von denen der Kanoniker unterscheiden mussten. Formal gesehen unterstanden die „Brüder und Schwestern“ einem Prior, doch sie hatten – anders als die Ordensgeistlichen – nicht die Pflicht, bei ihm zu beichten, auch unterlagen sie keinen Kirchenstrafen. Allerdings übten sie bestimmte geistliche Funktionen aus, sie konnten zum Beispiel Kranken das Sakrament der Salbung spenden, und Papst Coelestin III. erlaubte es ihnen sogar, Ablässe zu gewähren. Die ersten Hinweise auf Konfraternitäten stammen bereits von 1104. Wir wissen, dass der Konfraternität des Kapitels des hl. Grabes in Jerusalem König Balduin III., Königin Melisende und viele andere bedeutende Persönlichkeiten angehörten.11 Dieses Modell eines teilweisen Ordenslebens übertrug der Ritterorden vom Heiligen Grab im 12. Jahrhundert nach Polen. Ein erster Hinweis auf eine Konfraternität in Miechów findet sich in einer Urkunde von 1198 (dem so genannten Album), in dem es heißt, dass der Patriarch Monach alle Wohltäter des Klosters Miechów in eiusdem domus nostre fraternitatem et consorcium aufgenommen habe.12 Kunsthistoriker haben die Meinung geäußert, dass die oben erwähnte Inschrift aus der St. Michael-Kirche auf dem Elbing anfangs für das Kloster des Ritterordens vom zügen bis zur Gegenwart. Köln 1952, bes. 9–15 sowie Michel de Pierredon, L'ordre Equestre du Saint Sépulcre. Paris 1928; vgl. auch den Sammelband Bożogrobcy w Polsce [Der Ritterorden vom Heiligen Grab in Polen]. Miechów / Warszawa 1999, vor allem aber Maria Starnawska, Między Jerozolimą a Łukowem. Zakony krzyżowe na ziemiach polskich w średniowieczu [Zwischen Jerusalem und Łuków. Ritterorden in polnischen Landen im Mittelalter]. Warszawa 2006. 10 Kaspar Elm, Fratres et Sorores Sanctissimi Sepulcri. Beiträge zu fraternitas, familia und weiblichen Religiosentum im Umkreis des Kapitels vom Hlg. Grab, in: FMASt 9, 1975, 287–333, bes. 304f.; 315. 11 Elm, Fratres (wie Anm. 10), 289; 292; 295f.; der Autor weist auf die große Bedeutung hin, die das Kloster von Miechów im mittelalterlichen Europa gespielt habe. 12 Kodeks dyplomatyczny Małopolski. Ed. Piekosiński (wie Anm. 3), Nr. 375.

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Heiligen Grab bestimmt war, aber nicht nach Miechów gelangt sei. Auf einen Zusammenhang mit Miechów weist demzufolge hin, dass hier von einer Pilgerreise Jaxas die Rede ist.13 Janusz Bieniak meint, dass „ein derartiges Lob des Jaxa von Miechów durch jede von ihm errichtete Kirche verkündet werden konnte“,14 weshalb es am einfachsten sei, anzunehmen dass die Inschrift für die Kirche auf dem Elbing vorgesehen war. In einer zeitgleich mit Bieniaks Arbeit veröffentlichen Skizze über Jaxa habe ich wiederum die Ansicht vertreten, dass die Inschrift auf einen Ort verweist, dem Jaxa besonders eng verbunden war, und zwar gerade weil hier seine Pilgerfahrten erwähnt werden.15 Der in der Inschrift gebrauchte Begriff templum (anstelle von ecclesia) kann als Reaktion auf die Pilgerreise und Kontakte zur Kirche des Ritterordens vom Heiligen Grabe verstanden werden.16 Gegen die Versuche, die Inschrift mit der St. Michaels-Kirche in Verbindung zu bringen, sprach sich bereits Benedikt von Posen aus.17 Es sei noch angemerkt, dass diese Kirche als Stiftung des Piotr Włostowic vor 1139 entstand (damals wurde sie erstmals erwähnt), während Jaxa sie, wie die Kunsthistoriker glauben, lediglich wiederaufgebaut habe. Die in der Inschrift benutzte Wendung Jaxa principium templi fuit huius et auctor kann sich somit auf eine andere Kirche beziehen. Eine Antwort auf die Frage, welche Kirche hier gemeint ist, ergibt sich durch einen Vergleich der Inschrift mit Urkunden aus Miechów. Die Inschrift auf dem Sturz besagt nämlich, 13 Marian Morelowski, Studia nad architekturą i rzeźbą na wrocławskim Ołbinie XII wieku [Studien zu Architektur und Skulptur auf dem Breslauer Elbing im 12. Jahrhundert], in: Sprawozdania Wrocławskiego Towarzystwa Naukowego 7, 1952, Beilage 1, 22; 26 ist der Meinung, dass auf dem Tympanon Jaxa eine Rotunde mit hohem Turm hält, was es ausschließe, diese Ansicht mit der St. Michaels-Kirche auf dem Elbing in Verbindung zu bringen; er vertritt außerdem die Ansicht, dass es sich um die Kirche von Miechów handelt und sich die Inschrift auf diese Kirche bezieht. Zygmunt Świechowski, Budownictwo romańskie w Polsce [Die romanische Baukunst in Polen]. Wrocław 1963, 343 bezweifelt die Gründe, die dafür sprechen, die Inschrift mit der Kirche auf dem Elbing in Zusammenhang zu bringen; Krystyna Pilch, Tympanon fundacyjny z Ołbina na tle przedstawień o charakterze donacyjnym [Das Stiftungstympanon auf dem Elbing vor dem Hintergrund von Darstellungen mit donativem Charakter]. Wrocław 1973, 25f. hat die Ansicht widerlegt, dass die St. Michaels-Kirche die Form einer Rotunde gehabt habe; sie ist jedoch auch der Ansicht, dass die Inschrift für die Kirche in Miechów gedacht war. Von den neueren Arbeiten vgl. Paulina Ratkowska, Tympanon księcia Jaksy. Kompozycja środkowa i jej hipotetyczny pierwowzór [Das Tympanon von Fürst Jaxa. Die zentrale Komposition und ihr hypothetisches Vorbild], in: Marek Derwich / Anna Pobóg-Lenartowicz (Hrsg.), Klasztor w kulturze średniowiecznej Polski. Opole 1995, 423–432; Ariana Gano-Kotula, Tympanon Jaksy [we Wrocławiu] [Das Jaxa-Tympanon (in Breslau)], in: Ariana Gano-Kotula (Hrsg.), Europejskie inspiracje w sztuce romańskiej województwa śląskiego. Bytom 2000, 7–10. 14 Bieniak, Polska elita polityczna III.A (wie Anm. 1), 81, Anm. 357. 15 Rajman, Dominus (wie Anm. 1), 367. 16 Morelowski, Studia (wie Anm. 13), 29 meint außerdem, dass sich die Worte der Inschrift Assit pax Cristi tibi, bustum cuius adisti auf den Kult des Hl. Grabes beziehen. Dem ist zuzustimmen, da bustum Grab bedeutet. 17 Universitätsbibliothek Breslau, Ms. Ahc 1949 KN 471, Copia ex Historia Benedicti Poznaniensis anno 1520 conscripta, fol. 9; zit. nach Pilch, Tympanon fundacyjny (Anm. 13), 16.

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dass der Bau der Kirche nach Jaxas Tod von seiner Gattin beendet worden sei: Post obitum cuius operi finem dedit uxor. Die einzige Quelle, die eine Beteiligung von Jaxas Frau an einer Stiftung bestätigt, ist die Urkunde von Miechów (das so genannte Album) von 1198: Dominus Jaczo cum uxore sua dederunt Deo et sancto Sepulchro Mechou et Zagoriz et Comarowo.18 Die erwähnten Indizien deuten meiner Meinung nach deshalb darauf hin, dass die Inschrift für das Kloster in Miechów bestimmt war. Noch eines sei gesagt – einer glaubwürdigen Überlieferung aus Miechów zufolge wurde Jaxa in der Klosterkirche bestattet,19 also wäre es nur ganz natürlich, dass seine Witwe den Bau dieser Kirche beendet und das Gotteshaus verziert hat. Diese Feststellung erlaubt es, die früheste Geschichte des Klosters Miechów um die Hinweise auf Otto zu ergänzen, von dem die zitierte Inschrift sagt, er sei der erste Kaplan in dem von Jaxa gestifteten templum gewesen. Die zweite Stiftung, die Jaxa zugeschrieben wird, das Prämonstratenserinnenkloster Zwierzyniec bei Krakau, verfügt leider nicht über so unmittelbare Quellen wie Miechów. Es gibt hingegen eine Reihe von Überlieferungen, die nach Meinung einiger Fachleute, vor allem von Czeslaw Deptuła und Stanisław Trawkowski, die These zu widerlegen scheinen, dass Jaxa Stifter dieses Hauses gewesen sei; sie vertreten die Ansicht, dass das Kloster von einem Krakauer Herzog gegründet wurde, wahrscheinlich von Władysław II., dem Vertriebenen.20 Es ist allerdings interessant, dass die meisten Historiker, die sich in letzter Zeit mit Jaxa befasst haben, über diese Erkenntnisse hinweggegangen sind, ohne sie näher zu analysieren, vielmehr intuitiv mit Jan Długosz davon auszugehen, dass Jaxa der Gründer gewesen sei. Doch konnte bislang keiner der von Deptuła und Trawkowski gegen Jaxa als Stifter dieses Hauses vorgebrachten Einwände ausgeräumt werden.21 Nun ist gerade die Überlieferung Długoszs zu einem wichtigen Grund dafür geworden, dass es rund um die Stiftung von Zwierzyniec zu Verwirrung gekommen ist; schon für Antoni Małecki disqualifizierten die bei Długosz enthaltenen Widersprüche seine Berichte über die Stiftung durch Jaxa.22 Man warf dem 18 Kodeks dyplomatyczny Małopolski. Ed. Piekosiński (wie Anm. 3), Nr. 376. 19 Pęckowski, Miechów (wie Anm. 1), 249; Benedikt von Posen (wie Anm. 17), fol. 9 meint allerdings, dass Jaxa in der St. Michaels-Kirche auf dem Elbing beigesetzt worden sei. 20 Stanisław Trawkowski, Między herezją a ortodoksją. Rola społeczna premonstratensów w XII wieku [Zwischen Häresie und Orthodoxie. Die gesellschaftliche Rolle der Prämonstratenser im 12. Jahrhundert]. Warszawa 1964, 198f.; Czesław Deptuła, Monasterium Bethleem. Wokół misji biskupa Henryka Zdika i początków opactwa w Brzesku [Monasterium Bethleem. Zur Mission von Bischof Henryk Zdik und zu den Anfängen der Abtei in Brzesk], in: Rocz. Hum. 18, 1970, 27–44, hier 42–44; Ders., O niektórych źródłach do historii zakonu premonstrateńskiego w Polsce XII i XIII wieku [Über einige Quellen zur Geschichte des Prämonstratenserordens in Polen im 12. und 13. Jahrhundert], in: Archiwa, Biblioteki i Muzea Kościelne w Polsce 22, 1971, 187–222, hier 218. 21 Bieniak, Polska elita polityczna III (wie Anm. 1), 78; 101; Wójcik, Ród Gryfitów (wie Anm. 1), 14. 22 Antoni Małecki, Studya heraldyczne [Heraldische Studien]. Bd. 2. Lwów 1890, 59–64; Franciszek Piekosiński, Rycerstwo polskie wieków średnich [Die polnische Ritterschaft des Mittelalters]. Bd. 2. Kraków 1896, 261–264.

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spätmittelalterlichen Chronisten vor, das Datum der Klostergründung nicht gekannt zu haben. In den Annalen beschreibt er sie nämlich unter 1162 (ganz deutlich angelegentlich der Pilgerreise Jaxas und der Stiftung des Klosters Miechów), während er in seinem Liber beneficiorum ein fast 30 Jahre späteres Datum angibt – 1191. Die erste wesentliche Korrektur hat erst ein Vergleich der veröffentlichten Fassung mit dem so genannten Autograph erbracht, was zu einem überraschenden Ergebnis führte, da in der Handschrift das Jahr genannt wird.23 Dieses Datum kann allerdings ebenfalls nicht Jaxa betreffen, da er 1176 starb. Długoszs Überlieferung erfordert somit viele Erklärungen und Richtigstellungen, was allerdings nicht heißt, dass sie nicht eine glaubhafte, in ihren Einzelheiten allerdings verwischte Tradition abbildet. Besonders interessant ist, dass das Kloster Zwierzyniec in Urkunden von 1254 und 1287 als Monasterium S. Salvatoris bezeichnet wird, was vermuten lässt, dass die Konventskirche die Kirche St. Salvatoris war.24 Czesław Deptuła und Stanisław Trawkowski interpretieren in diesem Zusammenhang den Hinweis der Annalen des Krakauer Domkapitels, dass die Weihe der Kirche St. Salvatoris im Jahr 1148 erfolgte, als Bestätigung dafür, dass in diesem Jahr das Kloster Zwierzyniec gegründet worden sei.25 Beide Historiker verbinden die Notizen über die St. Salvator-Kirche mit einem Hinweis aus einer Urkunde Bolesławs des Schamhaften von 1256, demzufolge das Kloster von seinen Vorgängern, den Krakauer Herzögen, gegründet worden sei.26 Die Aufzeichnung über die Weihe von 1148 erlaubt es, als Stifter Bolesław IV. Kraushaar oder sogar Władysław II., den Vertriebenen anzusehen. Doch gelingt es dieser Hypothese nicht zu erklären, woher dann die Überlieferung stammt, dass Jaxa Zwierzyniec gestiftet habe.27

23 Archiv des Krakauer Domkapitels, I. Dlugossi, Liber beneficiorum dioecesis Cracoviensis, mfm 4, 39 (rps 197); Ioannis Dlugossii Annales seu Cronicae incliti regni Poloniae. Liber V–VI. Ed. Zofia Kozłowska-Budkowa. Warszawa 1973, 73; vgl. Jerzy Rajman, Klasztor Norbertanek na Zwierzyńcu w wiekach średnich [Das Prämonstratenserinnenkloster in Zwierzyniec im Mittelalter]. Kraków 1993, 34f. 24 Kodeks dyplomatyczny katedry krakowskiej św. Wacława [Urkundenbuch der Krakauer St. Wenzels-Kathedrale]. Ed. Franciszek Piekosiński. Bd. 1. Kraków 1874, Nr. 40; Kodeks dyplomatyczny Polski [Polnisches Urkundenbuch]. Ed. Julian Bartoszewicz. Bd. 3. Warszawa 1847, Nr. 64 . 25 Annales Cracoviensis. Ed. Kozłowska-Budkowa (wie Anm. 2), 59. 26 Kodeks dyplomatyczny Polski. Ed. Bartoszewicz (wie Anm. 24), Nr. 33. 27 Vor einem identischen Problem der Tradition einer ritterlichen Stiftung stand auch Deptuła, Monasterium Bethleem (wie Anm. 20), 42–44, als er die Anfänge des Klosters in Brzesk behandelte und versuchte, auch hier diese Tradition in Frage zu stellen, indem er eine herzogliche Gründung vorschlug; vgl. dazu aber die Polemik bei Jerzy Rajman, Początki opactw norbertańskich w Strahowie i Brzesku [Die Anfänge der Prämonstratenserinnenabteien in Strahov und Brzesk], in: Nasza Przeszł. 78, 1992, 5–26, hier 10f.

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St. Salvator-Kirche, Prämonstratenserkloster Zwierzyniec-Krakau, vor 1148

In Zwierzyniec bestanden im Mittelalter zwei Kirchen – die in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts gebaute St. Salvator-Kirche, auf die sich der Hinweis über die Weihe im Jahre 1148 bezieht, sowie eine dem hl. Augustinus und Johannes dem Täufer geweihte Kirche, die wahrscheinlich in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts entstanden ist, mit Sicherheit aber in der Mitte des 13. Jahrhunderts als gemauertes Bauwerk existierte.28 Die St. Salvator-Kirche war die Pfarrkirche und das religiöse Zentrum für Zwierzyniec, Olszanica, Przegorzały und Bielany, also für einige westlich von Krakau gelegene Dörfer. Długosz zufolge inkorporierte der Krakauer Bischof Gedko dieses Gotteshaus in das Kloster Zwierzyniec. Bestätigt wird diese Annahme durch schriftliche 28 Teresa Radwańska, Krakowski kościół Najśw. Salwatora po badaniach archeologicznych w latach osiemdziesiątych [Die Krakauer Kirche St. Salvatoris nach den archäologischen Untersuchungen der 1980er Jahre], in: Mat. Arch. 27, 1993, 1, 5–69, hier 57f.; zur St. Augustinus-Kirche Władysław Łuszczkiewicz, Portal romański z XIII w. w kościele klasztornym na Zwierzyńcu [Das romanische Portal aus dem 13. Jahrhundert in der Klosterkirche in Zwierzyniec], in: Sprawozdania Komisji do badania historii Sztuki w Polsce 4, 1891, 1–14; Tadeusz Dobrowolski, Sztuka Krakowa [Die Kunst Krakaus] 5. Auflage. Kraków 1978, 52 sieht Reste der ältesten Bauphase der St. Augustinus-Kirche in einem erhaltenen Mauergeviert aus dem 12. Jahrhundert in der Krypta der heutigen Kirche.

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Hinweise auf Prämonstratenser, die für die Seelsorge in Zwierzyniec zuständig gewesen sein sollen.29 Die Konventskirche war hingegen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die St. Augustinus- und Johannis-Kirche. Belegt wird das durch ein Siegel, das sich an einer 1252 ausgestellten Urkunde des Vorstehers von Zwierzyniec findet, des Abts von Brzesko. Auf der umlaufenden Inschrift ist zu lesen: S. ECCLESIA (AUGUS) TINI DE ZVERINCIA.30 Die Nennung des monasterium S. Salvatoris in einer Urkunde von 1254 ist dadurch zu erklären, dass Kirche und Kloster während des Tatarenüberfalls 1241 niederbrannten und die Ordensschwestern für die Zeit des Wiederaufbaus in die Nähe der kleinen Kirche St. Salvatoris zogen. Davon zeugt eine im 17. Jahrhundert niedergeschriebene mündliche Klosterüberlieferung, derzufolge die in odore sanctitatis am 9. März 1255 verstorbene Judyta Krakowianka bei der Kirche St. Salvatoris bestattet wurde, da das Kloster nach dem Tatarenüberfall noch nicht wieder aufgebaut gewesen sei. Erst die am 29. August 1259 verstorbene selige Bronisława fand ihre letzte Ruhe in der St. Augustinus-Kirche.31 Das Kloster wird 1254 monasterium S. Salvatoris genannt, da die Ordensschwestern damals bei der ErlöserKirche residierten. Dieser Name wird, einer Urkunde von Bolesław dem Schamhaften folgend, in einem Diplom Leszeks des Schwarzen von 1287 wiederholt. Die Urkunde Bolesławs des Schamhaften von 1256, in der sich der Hinweis findet, dass das Kloster eine Stiftung der Krakauer Herzöge gewesen sei, ist keine authentische Quelle, da sie eine erst im 15. / 16. Jahrhundert entstandene Fälschung darstellt. Der Konvent von Zwierzyniec, der damals mit dem Krakauer Stadtrat um Weideflächen und das Recht auf die Nutzung der Weichsel stritt, stahl sich bewusst unter das Patronat des Monarchen, da er dadurch auf die Gunst von König Kasimir Jagiellończyk rechnete, der bei dieser Auseinandersetzung die Rolle eines Schiedsrichters spielte.32 Die Beziehungen Jaxas zum Prämonstratenserorden sind keine Erfindung Jan Długoszs, sondern werden durch ältere Quellen bestätigt. Im Totenbuch des Prämonstratenserklosters Doksany steht, dass Jaxa diesem böhmischen Kloster zwölf Mark Silber geschenkt habe und die Prämonstratenserinnen ihn in die Konfraternität aufgenommen haben. Das Totenbuch verzeichnete auch das Ableben Jaxas sowie den Tod einer 29 Archiv des Krakauer Domkapitels rps 197 (mfm 4), 39f.; die Ersterwähnung einer Pfarrei St. Salvatoris stammt von 1325; sie wurde seinerzeit von einem Prämonstratenser aus Zwierzyniec verwaltet; Monumenta Poloniae Vaticana. Ed. Jan Ptaśnik. Bd. 1. Kraków 1913, 294, 297, 368, 378; Rajman, Klasztor Norbertanek (wie Anm. 23), 99. 30 Kodeks dyplomatyczny Małopolski. Ed. Piekosiński (wie Anm. 3), Nr. 39. 31 Archiv des Klosters Zwierzyniec, rps 42, 19–21; rps 75, 212f.; rps 47 ohne Pag.; die schwierige materielle Lage des Klosters wird von der in Anm. 30 zitierten Urkunde von 1252 belegt; vgl. Jerzy Rajman, Rok 1241 na Zwierzyńcu pod Krakowem [Das Jahr 1241 in Zwierzyniec bei Krakau], in: Kraków 1991, 1, 21f. 32 Franciszek Sikora, Ze studiów nad dokumentami i kancelarią Leszka Czarnego [Studien zu den Urkunden und zur Kanzlei von Leszek dem Schwarzen], in: Stud. Hist. 21, 1978, 3–23, hier 11– 13; Rajman, Klasztor Norbertanek (wie Anm. 23), 10.

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gewissen Heligunda, von der es heißt, dass sie die erste Priorin des Klosters Zwierzyniec war.33 Aus welchem Grund aber schenkte Jaxa Doksany diese beträchtliche Summe und warum hat sich gerade in diesem Kloster die mündliche Überlieferung von der ersten Priorin von Zwierzyniec erhalten? Die Antwort hierauf findet sich wahrscheinlich in den Überresten des mittelalterlichen Totenbuchs des Klosters Zwierzyniec, die in der einzigen erhaltenen Redaktion dieses Buches aus dem Jahre 1719 erhalten sind. Es gibt zu denken, dass sich zwar keine früheren Redaktionen dieses Totenbuchs erhalten haben, in der Fassung von 1719 aber sowohl ein Eintrag vorhanden ist, in dem Jaxa als Stifter genannt wird, wie auch eine Notiz über eine Priorin der Prämonstratenserinnen mit Namen Jutta.34 Weil die frühere Spur nach Doksany führt, habe ich das dortige Verzeichnis der Priorinnen durchgesehen. Dabei hat sich herausgestellt, dass zwischen 1145 und 1175 die Priorin dieses Klosters eine gewisse Judyta war, die auch Ida genannt wurde. Ihre Amtszeit fiel in eben jene Zeit, in der Fürst Jaxa wirkte.35 Darauf aufbauend darf man vermuten, dass Jaxa durch seine Kontakte mit Doksany beabsichtigte, Prämonstratenserinnen nach Polen zu holen. Dazu kam es während der Amtszeit von Ida/Jutta in Doksany, die die bereits erwähnte Heligunda nach Zwierzyniec schickte. Es ist deshalb anzunehmen, dass Długosz bezüglich der Stiftung von Zwierzyniec die authentischen Aufzeichnungen des Klosters einsehen konnte. Dazu muss eine ebenfalls nicht erhaltene Quelle gehört haben, aus der hervorging, dass Jaxa dem von ihm gegründeten Kloster die Dörfer Zwierzyniec, Zabierzów und Bibice geschenkt hatte. Diese Dörfer tauchen im ältesten Verzeichnis des Klosterbesitzes von 1254 auf, weshalb Długoszs Bericht auch in diesem Punkt glaubwürdig ist.36 33 Necrologium Doxanense. Ed. Josef Emmler, in: Sitzungsberichte der Königlich-Böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften in Prag. Vorträge in den Sitzungen der Classe für Philosophie, Geschichte und Philologie. Prag 1884, 96 und 94. 34 Jerzy Rajman, Średniowieczne zapiski w nekrologu klasztoru Norbertanek na Zwierzyńcu [Mittelalterliche Aufzeichnungen im Totenbuch des Prämonstratenserinnenklosters in Zwierzyniec], in: Nasza Przeszł. 77, 1992, 33–56, hier 45; es ist auch möglich, dass es sich um eine der Priorinnen von Zwierzyniec vom Ende des 12. Jahrhunderts handelt (ebd. 45, Anm. 61); Judyta wird genannt im Necrologium Doxanense (wie Anm. 33), 104; vgl. Dominik Čermak, Premonstráti v Čechách a na Moravĕ [Die Prämonstratenser in Böhmen und Mähren]. Praha 1877, 131f.; Vacláv Ondraček, Praepositura Doxana, in: Analecta Praemonstratensia 8, 1932, 321–328. 35 Ondraček, Praepositura Doxana (wie Anm. 34); Joseph Mika, Das ruhmwürdige Doxan. Leitmeritz 1726, 11; Státni Ustředni Archiv Prag, rps 15629, fol. 439f.: Nomina religiosarum virginum. 36 Kodeks dyplomatyczny katedry krakowskiej. Ed. Piekosiński (wie Anm. 24), Nr. 40; die Glaubwürdigkeit des Berichts von Długosz über die Verleihung von Zwierzyniec, Bibice und Zabierzów in Frage stellen will Deptuła, O niektórych (Anm. 20), 216, der erkannte, dass in der Urkunde von 1254 Zabierzów nicht genannt wird. Dieser Zweifel ist jedoch leicht auszuräumen, da in diesem Diplom das Dorf Rogoźnik vorkommt, von dem ein handschriftliches Dokument aus dem Jahre 1504 sagt: villa es antiquitate dicta Rogosnyk, iuxta vero modum Zabyerzow nuncupata, Archiv des Klosters Zwierzyniec or Nr. 25, was bedeutet, dass Długosz ganz einfach die Namen gebrauchte, die in seiner Zeit verwendet wurden.

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Stiftungstympanon des Jaxa (?) vom Breslauer Elbing, drittes Viertel 12. Jahrhundert

Zur Stiftung des Klosters Zwierzyniec kam es nach 1158, als sich Jaxa wahrscheinlich zur Beerdigung seines einzigen Sohns in Prag aufhielt.37 Das Datum ante quem wird vielleicht durch seine zweite Pilgerreise nach Jerusalem 1162 festgelegt, da diese zur Stiftung des Klosters Miechów führte. Wenn als wahrscheinlich angenommen wird, dass das Tympanon vom Elbing Miechów betrifft, so ist auch anzunehmen, dass Jaxa zwischen 1163 und 1176 mit dem Bau und der Einrichtung des Klosters des Ritterordens vom Heiligen Grab beschäftigt war. Das würde bedeuten, dass die Gründung des Klosters Zwierzyniec zwischen 1158 und 1162 erfolgte. Doch kann es keine Sicherheit geben, da unbekannt ist, wann die St. Augustinus-Klosterkirche in Zwierzyniec gebaut wurde.38 Wahrscheinlich bezieht sich das Datum 1181, das Długosz als Stiftungsdatum des Klosters Zwierzyniec angibt, auf ein höchst bedeutendes Ereignis in der Frühgeschichte von Zwierzyniec. Als solches lässt sich lediglich die Weihe der Klosterkirche vermuten. Sowohl die Stiftung von Miechów als auch diejenige von Zwierzyniec 37 Vincentii Pragensis Annales. Ed. Wilhelm Wattenbach, in: MGH SS 17. Hannover 1861. 658– 683, hier 667; vgl. Mosingiewicz, Jeszcze o zagadce Jaksy (wie Anm. 1), 141f.; Bieniak, Polska elita polityczna III.A (wie Anm. 1), 67. 38 Diese Kirche war um die Mitte des 13. Jahrhunderts eine gemauerte Kirche, doch war es sicherlich nicht die erste Kirche der Prämonstratenserinnen (die Kirche des 13. Jahrhunderts war aus Backsteinen gemauert worden); vielleicht sind deren Überreste in Mauerresten in der Krypta zu sehen, die aus romanischen Kalkquadern bestehen; vgl. Radwańska, Krakowski kościół (wie Anm. 28), 47f.

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wurden letztlich nicht von Jaxa selbst beendet, der 1176 starb, was von den Annalen des Krakauer Domkapitels bestätigt wird.39 Beide Klöster entstanden somit in der Amtszeit von Bischof Mateusz, doch erst sein Nachfolger, Bischof Gedko, verlieh ihnen den Zehnten und weihte beide Kirchen.40 Besonders beachtenswert ist Jaxas Verleihung für die Benediktinerabtei in Sieciechów, da sie ihrem Umfang nach seine eigene Stiftung übertraf. Die Abtei Sieciechów war um 1122 von Sieciech gestiftet worden, einem Nachfahren des bekannten gleichnamigen Pfalzgrafen. Sie erhielt von ihrem Stifter einen zusammenhängenden Güterkomplex um Sieciechów herum (sowie ein Dorf bei Radom). Einer Urkunde von 1252 zufolge schenkte Herzog Heinrich von Sandomir den Benediktinern ein Dorf und den Zoll in Piotrowino. Zwei Angehörige des Geschlechts Topór, Krzywosąd und Marcin, statteten das Kloster lediglich mit Wiesen aus. Ein nicht näher bekannter Piotr, Sohn eines Piotr und masowischer Ritter, sowie andere gaben den Benediktinern mehrere Dörfer.41 Jaxa, von dem das Diplom von 1252 sagt, dass er Fürst genannt wurde, schenkte den Benediktinern drei Güterkomplexe im Lubliner Land, das Dorf Złotniki bei Krakau, Jaksice an der Weichsel sowie Lędzina an der schlesisch-kleinpolnischen Grenze; die letztgenannten Ortschaften verlor das Kloster später allerdings, weshalb sie in der Urkunde von 1252 nicht genannt werden.42 Es gibt keine deutlichen Indizien, die es erlauben würden, die Zeit dieser Verleihung zu bestimmen. Die Urkunde von 1252 enthält keine Chronologie der Verleihungen, da Jaxa hier an zweiter Stelle genannt wird, nach Heinrich von Sandomir, aber vor dem Stifter Sieciech und den übrigen Wohltätern des Klosters.

39 Annales Cracoviensis. Ed. Kozłowska-Budkowa (wie Anm. 2), 63. 40 Catalogi episcoporum Cracoviensium. Ed. Józef Szymański, in: MPH NS. Bd. 10/ 2. Warszawa 1974, 50f.; 56; 76; 87; über die Verleihung des Zehnten durch Bischof Gedko für das Kloster Zwierzyniec hat Długosz, Archiv des Krakauer Domkapitels, 39f., geschrieben; den Anteil von Gedko an der Ausstattung des Klosters Miechów belegt eine Urkunde von 1198, Kodeks dyplomatyczny Małopolski. Ed. Piekosiński (wie Anm. 3), Nr. 376; das Datum 1181 als vermutlicher Zeitpunkt der Weihe der Klosterkirche der Prämonstratenserinnen fällt in die Amtszeit von Bischof Gedko. Dies würde bedeuten, dass die Stiftung von Zwierzyniec nach Jaxas Tod beendet wurde, wofür sich ein Beleg in Bezug auf Miechów in der oben erwähnten Inschrift findet, vgl. Anm. 5. 41 Kodeks dyplomatyczny katedry krakowskiej. Ed. Piekosiński (wie Anm. 24), Nr. 34; Eugeniusz Wiśniowski, Z dziejów opactwa benedyktyńskiego w Sieciechowie [Aus der Geschichte der Benediktinerabtei Sieciechów], in: Rocz. Hum. 7, 1958, 2, 23–130, bes. 38–41. 42 Eugeniusz Wiśniowski, Najstarszy dokument benedyktynów sieciechowskich [Die älteste Urkunde der Benediktiner von Sieciechów], in: StŹrodł 4, 1959, 57–74, bes. 65, 68f. hat gezeigt, dass die Urkunde von 1252 den Besiedlungsstand von 1252 widerspiegelt, als Jaxas Schenkung sich auf mehr als ein Dutzend Orte belief; er belegt allerdings, dass Jaxas Verleihung drei Güterkomplexe im Lubliner Land sowie drei Dörfer bei Krakau umfasste, insgesamt also sechs Ortschaften; zu Jaxas Verleihung für Sieciechów Marek Derwich, Benedyktyński klasztor św. Krzyża na Łysej Górze w średniowieczu [Das Benediktinerkloster Hl. Kreuz auf der Łysa Góra im Mittelalter]. Warszawa 1992, 383, 404–408.

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Den Zeitpunkt von Jaxas Verleihung hat unlängst Janusz Bieniak zu ergründen versucht, dem zufolge die Schenkung für die Benediktiner vor 1162 erfolgte, da ihre Größe darauf hinweise, dass Jaxa noch nicht an eigene Klostergründungen gedacht habe. Bieniak vermutet sogar, dass es während der Herrschaftszeit Jaxas in Brandenburg (1150/53–1157) dazu gekommen sein könnte und schließt auch nicht aus, dass Jaxa mit den Topórs verwandt gewesen sein könnte, weshalb die Schenkung für das von diesen gestiftete Kloster eine Belohnung für ihre Unterstützung bei seinen Kämpfen um Brandenburg gewesen wäre.43 Jaxa ging, Bieniak zufolge, „bei der Gründung neuer Klöster sparsamer mit den Ressourcen seines polnischen Vermögens um als zuvor, als er nur das Werk anderer Stifter unterstützte“.44 Danach sei mit folgender Chronologie zu rechnen: 1. Jaxa stattete nach 1153 das Kloster in Sieciechów als Belohnung für die Topórs für die ihm gewährte Unterstützung aus; 2. um 1162 begann er mit der Gründung eigener Klöster, doch da er zuvor Sieciechów reich unterstützt hat, fehlte es ihm nun an Vermögen, weshalb er Miechów und Zwierzyniec nur bescheiden mit jeweils drei Dörfern ausstattete. Diese Konstruktion scheint jedoch auf sehr unsicheren Füßen zu stehen. Zudem geht alleine aus dem Größenvergleich der Verleihungen für Sieciechów und Zwierzyniec sowie Miechów für die Chronologie der Schenkungen für Sieciechów nichts hervor. Vom Standpunkt des Klosters und seiner Interessen aus war es nämlich nicht von Belang, ob der Stifter drei oder 30 Dörfer zur Verfügung stellte, wichtig war vielmehr, ob die Gesamtsumme der bei der Stiftung erhaltenen Schenkungen eine dauerhafte Existenz ermöglichte. Die Schenkung des Piotr Włostowic für die St. Vinzenz-Abtei umfasste nach der Urkunde von 1149 nur vier Dörfer.45 Jaxa aber sorgte dafür, dass die beiden Häuser der Abtei gut ausgestattet waren: der Ritterorden vom Heiligen Grab besaß vor 1198 rund 30 Ortschaften, während man das Vermögen der Prämonstratenserinnen von Zwierzyniec auf der Grundlage von Urkunden aus den Jahren 1252 und 1254 auf 28 Dörfer schätzen kann. Ebensogut hätte eine Verleihung für Sieciechów zum Beispiel in den 1170er Jahren stattfinden können, als Jaxa die Zukunft seiner eigenen Stiftungen bereits ruhiger sah. Im Fall dieser drei mit Jaxa zusammenhängenden Klöster, also Miechów, Zwierzyniec und Sieciechów, gibt es ein gemeinsames Element, nämlich die Tatsache, dass jedes von ihnen ein Dorf mit dem – offenbar von Jaxa abgeleiteten – Namen Jaksice besaß. Der Ritterorden vom Heiligen Grab besaß vor 1198 Jaksice, das er vom Krakauer Wojewoden Mikołaj aus dem Geschlecht der Lis erhalten hatte, während 1230 Wit, Sohn des Zdzisław, ihm hereditatem suam de Jaczit verlieh, worunter sicherlich ein Teil desselben Dorfes Jaksice zu verstehen ist, das die 43 Bieniak, Polska elita polityczna III.A (wie Anm. 1), 101f. 44 Ebd., 104; Derwich, Benedyktyński klasztor (wie Anm. 42), 383, datiert die Verleihung Jaxas ganz allgemein auf das dritte Viertel des 12. Jahrhunderts. 45 Kodeks dyplomatyczny Śląska [Schlesisches Urkundenbuch]. Ed. Karol Maleczyński. Bd. 1. Wrocław 1951, Nr. 2.

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Ordensleute bereits im 12. Jahrhundert besaßen. Das Jaksice des Ritterordens vom Heiligen Grab befand sich in der Nähe von Miechów.46 Ein anderes Dorf dieses Namens gehörte den Benediktinern von Sieciechów. Dank Długosz wissen wir, dass Jaxa ihnen Jaksice verlieh, 1222 Abt Mikołaj es aber mit dem Krakauer Bischof Iwo gegen einen anderen Besitz tauschte.47 Dieses Dorf lag auf dem linken Ufer der Weichsel, etwas südwestlich von Koszyce. Urkunden, die 1254 und 1287 den Besitzstand der Prämonstratenserinnen bestätigen, nennen unter ihren Besitzungen an letzter Stelle Jaksice mit ascripticii, Schenken und Markt.48 Długosz besaß über dieses Dorf keine Informationen, und auch keine Quelle des 14. und 15. Jahrhunderts enthält Anspielungen auf mögliche Rechte oder Ansprüche der Prämonstratenserinnen auf ein Dorf dieses Namens. Zweifellos hatte das Kloster Jaksice relativ früh verloren. Es gibt hier drei Möglichkeiten: 1. Das Kloster besaß nur einen Teil von Jaksice bei Miechów, den es aus einer Schenkung des erwähnten Wit, Sohn des Zdzisław, erhalten hatte; 2. Jaxa verlieh den Prämonstratenserinnen Jaksice bei Koszyce, tauschte es anschließend aber gegen ein anderes Dorf, um Jaksice schließlich den Benediktinern von Sieciechów zu übertragen; 3. bei dem Jaksice der Prämonstratenserinnen handelt es sich um irgendein drittes Dorf diesen Namens, das vor dem 15. Jahrhundert verschwand. Für die erste Möglichkeit scheint zu sprechen, dass eines Ritters Zdzisław im Totenbuch von Zwierzyniec gedacht wird; es ist allerdings alles andere als sicher, um welchen Zdzisław es sich hier handelt.49 Es ist auch darauf hinzuweisen, dass den Prämonstratenserinnen ein Dorf mit Markt und Schenken gehörte, also eine wirtschaftlich gesehen hoch entwickelte Siedlung. Man darf deshalb bezweifeln, ob diese Notiz Jaksice bei Miechów betrifft; es wäre viel naheliegender, sie mit Jaksice bei Koszyce in Verbindung zu bringen, denn dort verlief der wichtige Handelsweg in 46 Kodeks dyplomatyczny Małopolski. Ed. Piekosiński (wie Anm. 3), Nr. 375–376, 400; vgl. Jerzy Wiśniewski / Franciszek Sikora (Hrsg.), Słownik Historyczno-Geograficzny Województwa Krakowskiego w Średniowieczu [Historisch-geographisches Wörterbuch der Wojewodschaft Krakau im Mittelalter]. Bd. 2. Wrocław 1989, 198. 47 Ioannis Dlugossii Liber beneficiorum dioecesis Cracoviensis. Ed. Alexsander Przezdziecki. Kraków 1863–1864, Bd. 2, 227; Bd. 3, 261; 266f.; 290; Wiśniewski / Sikora, Słownik Historyczno-Geograficzny (wie Anm. 46), 197. 48 Wiśniewski / Sikora, Słownik Historyczno-Geograficzny (wie Anm. 46), 198, lässt die Überlegung aufkommen, dass Jaksice im Lubliner Land lag, da es in der Urkunde von 1254 und 1287 nach dem Komplex von Skowieszyn genannt wird, der sich im Lubliner Land befand; Kodeks dyplomatyczny katedry krakowskiej. Ed. Piekosiński (wie Anm. 24), Nr. 40, Kodeks dyplomatyczny Polski. Ed. Bartoszewicz (wie Anm. 24), Nr. 64. In Zusammenhang hiermit wird in Wiśniewski / Sikora, ebd., 198, das den Prämonstratenserinnen gehörende Jaksice als untergegangenes Dorf angesehen. Doch aus der Tatsache, dass Jaksice in den Urkunden von Zwierzyniec nach den Dörfern im Lubliner Land genannt wird, geht noch nicht hervor, dass es sich dort auch tatsächlich befand, da diese Urkunden keine geographische Ordnung aufweisen; Rajman, Klasztor Norbertanek (wie Anm. 23), 38f. 49 Rajman, Średniowieczne zapiski (wie Anm. 34), 38, Anm. 21.

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die Rus’, und für das 15. Jahrhundert ist hier eine Schenke belegt.50 In beiden Fällen müsste man annehmen, dass die Aufnahme von Jaksice in die Diplome von 1254 und 1287 nicht den faktischen Zustand wiedergibt. Von anderer Stelle ist tatsächlich bekannt, dass in der Urkunde von 1287 Besitzungen genannt werden, die den Prämonstratenserinnen zu diesem Zeitpunkt nicht mehr gehörten.51 Sollte sich die Vermutung über einen von Jaxa vollzogenen Tausch des Dorfes Jaksice bei Koszyce zwischen den Klöstern von Zwierzyniec und Sieciechów als wahrscheinlich herausstellen, so könnte dies dazu veranlassen, die Verleihung Jaxas für die Benediktiner in die Zeit vor Errichtung des Prämonstratenserinnenklosters Zwierzyniec und des Klosters des Ritterordens vom Heiligen Grab in Miechów zu datieren.52 Beide Klosterstiftungen Jaxas wurden in ihrem Besitzstand von den bedeutendsten Großen der Zeit unterstützt. Ein vollständiges Verzeichnis der Spender kennen wir dank der Urkunde für Miechów von 1198. Unter den Wohltätern des Klosters des Ritterordens vom Heiligen Grab gehört der erste Rang den mit Jaxa verschwägerten Nachfahren von Piotr Włostowic. Es handelte sich um Świętosław, den Sohn des Piotr, sowie um Leonard und Włodzimierz, die Söhne des Świętosław. Nach Janusz Bieniak sind dieser Gruppe auch die Gattin von Wszebór mit ihren Söhnen hinzuzufügen, wenn man davon ausgeht, dass Wszebór der Sohn von Piotr Włostowic war, sowie Otto von Wierzbica, ebenfalls ein Sohn von Wszebór.53 Ferner haben wir hier zwei Lis, den 50 Wiśniewski / Sikora , Słownik Historyczno-Geograficzny(wie Anm. 46), 197f.; in Jaksice befand sich eine Fährstelle über die Weichsel, ebd., sowie Andrzej Jureczko, Średniowieczne mosty i przewozy na górnej Wiśle (na wschód od Krakowa) [Mittelalterliche Brücken und Fährstellen an der oberen Weichsel (östlich von Krakau)], in: Feliks Kiryk (Hrsg.), Studia i materiały z dziejów osadnictwa i gospodarki górnej Wisły w okresie przedrozbiorowym. Warszawa 1990, 7–36, bes. 10; bei Koszyce versuchte man im 16. Jahrhundert, Zoll zu erheben, vgl. Jan Małecki, Lustracja województwa krakowskiego z 1564 r. [Die Steuererhebung der Wojewodschaft Krakau von 1564]. Warszawa 1964, Teil 1, 49ff.; es ist somit davon auszugehen, dass im 12. Jahrhundert in Jaksice an der Weichsel eine Marktsiedlung bestanden haben könnte. 51 Kodeks dyplomatyczny Polski. Ed. Bartoszewicz (wie Anm. 24), Nr. 64; z. B. Płaszów, vgl. Jan Wroniszewski, Ród Rawiczów. Warszowice i Grotowice [Das Geschlecht Rawicz. Die Warszowicen und Grotowicen]. Toruń 1992, 139 sowie wahrscheinlich Góra mit der Kirche St. Benedikt; vgl. Jerzy Rajman, Mons ante Cracouiam. Najdawniejsze dzieje kościoła Św. Benedykta na Górze Lasoty [Mons ante Cracouiam. Die älteste Geschichte der Kirche St. Benedikt in Góra Lasota], in: Rocz. Krak. 60,1994, 5–20. 52 Es ist vermutet worden, dass Jaxa seine Güter im Lubliner Land aus der Hand des Herzogs erhielt, der sie zuvor den Topórs abgenommen hatte, vgl. Tadeusz Mencel (Hrsg.), Dzieje Lubelszczyzny [Geschichte des Lubliner Lands], Bd. 1. Warszawa 1974, 146; diese Möglichkeit übersieht Bieniak, Polska elita polityczna III.A (wie Anm. 1), auch wenn er in einer früheren Arbeit (Polska elita polityczna XII wieku. Część II: Wróżda i zgoda [Die polnische politische Elite des 12. Jahrhunderts. Teil II: Fehde und Konsens], in: Społeczeństwo Polski średniowiecznej 3, 1985, 13–74 hervorhebt, dass die Burg in Sieciechów im 13. Jahrhundert nachweislich im Besitz des Herzogs war; zur Beschlagnahme der Güter von Sieciech vgl. auch Wiśniowski, Z dziejów opactwa (wie Anm. 41), 38. 53 Bieniak, Polska elita polityczna III.A (wie Anm. 1), 81.

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Wojewoden Mikołaj und seinen Bruder Stefan. Zum Geschlecht Pował gerechnet werden Żyro und sein Sohn Otto, gelegentlich auch der Krakauer Bischof Gedko und sein Bruder Wojsław, wobei die beiden letztgenannten auch mit dem Geschlecht der Gryfen in Zusammenhang gebracht werden. Mikora wird in Urkunden von 1198 als Schenker zweier Dörfer, einer Kirche und immerhin von drei Salzquellen genannt. Seine Verleihung war also bedeutend und übertraf die Schenkungen anderer Großer. Mikora war mit Jaxa verschwägert, vielleicht als entfernter Verwandter von Świętosław, auch wenn oft zu lesen ist, dass Mikora aus dem Geschlecht der Gryfen stammt.54 Unter den übrigen Spendern für den Ritterorden vom Heiligen Grab zu nennen ist noch Lasota, der sicherlich aus dem Geschlecht der Awdańcen stammte.55 Über den Kreis der Wohltäter für das Kloster Zwierzyniec kann man nicht viel sagen, abgesehen davon, dass er aus denselben Personen bestanden haben könnte, die wir aus der Urkunde für Miechów kennen. Darauf deutet die Erwähnung von comes Leonard im Totenbuch von Zwierzyniec ebenso hin wie die Tatsache, dass die Prämonstratenserinnen die St. Benedikt-Kirche in Lasota Góra bei Krakau besaßen, gewiss aufgrund einer Verleihung von Lasota durch einen Awdaniec.56 In einigen Arbeiten über Jaxa wird nicht erkannt, dass das Kloster von Zwierzyniec auch von Kasimir dem Gerechten ausgestattet wurde, als er in Sandomir regierte (1173–1177). Er verlieh ihm einen Komplex von fünf Dörfern, deren Zentrum Skowieszyn an der Weichsel war. Gleichzeitig erhielten die Prämonstratenserinnen den Markt und die Möglichkeit, beide Flussufer zu nutzen.57

54 Zur Genealogie der Powałs Janusz Bieniak, Clans de chavalerie en Pologne du XIIIe au XVe siècle, in: Famille et parenté dans l'occident médiéval. Roma 1977, 321–333, bes. 331–333; ein Überblick über die Genealogie der Gryfen im 12. Jahrhundert bei Krzysztof Mosingiewicz, Imię jako źródło w badaniach genealogicznych [Der Vorname als Quelle bei genealogischen Forschungen], in: Jacek Hertel (Hrsg.), Genealogia. Problemy metodyczne w badaniach nad polskim społeczeństwem średniowiecznym na tle porównawczym. Toruń 1982, 72–97, hier 82; Wójcik, Ród Gryfitów (wie Anm. 1), 21ff. 55 Władysław Semkowicz, Ród Awdańców w wiekach średnich [Das Geschlecht der Awdańcen im Mittelalter], in: Rocznik Towarzystwa Przyjaciół Nauk w Poznaniu 44, 1917, 153–293; 45, 1919, 161–314; 46, 1920, 111–239. 56 Rajman, Klasztor Norbertanek (wie Anm. 23), 48. 57 Ausführlicher über diese Verleihung Czesław Deptuła, Cella de Skowiszin. Przyczynek do najstarszych dziejów Kazimierza Dolnego [Cella de Skowiszin. Beitrag zur ältesten Geschichte von Kazimierz Dolny], in: Rocznik Lubelski 10, 1967, 113–124; Jerzy Rajman, Nadanie dóbr skowieszyńskich klasztorowi na Zwierzyńcu pod Krakowem [Die Verleihung der Güter von Skowieszyn an das Kloster Zwierzyniec bei Krakau], in: Ryszard Szczygła (Hrsg.), Problemy dziejów Konserwacji miast zabytkowych. Radom / Kazimierz Dolny 1990, 23–33; Derwich, Benedyktyński klasztor (wie Anm. 42), 408 nimmt an, dass das Kloster Zwierzyniec diese Güter von den Benediktinern von Łysa Góra übernommen habe; vgl. Tomisław Giergiel, Jaksa z Miechowa – współpracownik pierwszych książąt sandomierskich [Jaxa von Miechów – ein Mitarbeiter der ersten Herzöge von Sandomir], in: Zeszyty Sandomierskie 12, 2005, 21/22, 5–8.

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Uneinig sind sich die Historiker darüber, ob Jaxa auch die Gründung des Prämonstratenserinnenklosters in Krzyżanowice an der Nida zuzuschreiben ist.58 Den Zweifeln liegt Długoszs Überlieferung zugrunde. Als er in seinem Liber Beneficiorum die Prämonstratenserinnenklöster beschrieb, kannte er die Urkunde von Herzog Bolesław dem Schamhaften vom 28. Juni 1254, in der sich der Herzog selber als Stifter bezeichnete. Długosz begann seine Beschreibung mit der Feststellung, dass das Kloster von Krzyżanowice von diesem Herzog gegründet worden sei, doch bei seiner Darstellung des Klosterbesitzes merkte er an, dass Jaxa sein einziger Stifter gewesen sei. Dieser habe auch die Steinkirche in Krzyżanowice erbaut, bei der die Ordensschwestern angesiedelt wurden. Die Erwähnung Jaxas findet sich sowohl in Grocholickis Kopie, die der gedruckten Ausgabe des Liber Beneficiorum zugrunde liegt, als auch – was am wichtigsten ist – in Długoszs Autograph.59 Abgesehen davon schrieb er Jaxa keine andere Verleihung zu; bei der Beschreibung des Prämonstratenserinnenklosters in Busko stellte er beiläufig fest, dass das Kloster in Krzyżanowice als ursprüngliche Ausstattung die Dörfer Krzyżanowice, Kliczanów, Kowale und Szarbie besessen habe. Er wusste offenbar nicht, wer ihr Stifter war.60 Diese Dörfer kommen auch in Urkunden vor, in denen 1253 und 1254 der Besitzstand des Klosters bestätigt wurde; auf ihrer Grundlage ist allerdings klar auszuschließen, dass diese Verleihung etwas mit Jaxa zu tun gehabt hat.61 Die Ansicht Długoszs war zutreffend, da Krzyżanowice, Kliczanów, Kowale und Szarbie tatsächlich zur Stiftungsausstattung des Klosters gehörten. Die Urkunde von 1254 belegt ohne jeden Zweifel, dass es sich bei den Schenkern dieser Dörfer um Bolesław den Schamhaften handelte, der Krzyżanowice und Kowale gab, sowie um den Ritter Pakosław, von dem das Kloster Szarbie und Kliczanów erhielt. Pakosław steuerte auch Wola Grochowiska und Konary bei, während der Herzog noch Kobylniki hinzu58 Für Jaxa als Stifter sprechen sich aus Eugeniusz Wiśniowski, W sprawie początków klasztoru norbertanek w Krzyżanowicach [Zu den Anfängen des Prämonstratenserinnenklosters in Krzyżanowice], in: Rocz. Hum. 8, 1960, 2, 215–225 sowie Czesław Deptuła, Dwie fundacje klasztoru norbertańskiego w Krzyżanowicach [Die beiden Stiftungen des Prämonstratenserinnenklosters in Krzyżanowice], in: Rocz. Hum. 11, 1962, 2, 95–123. In Rajman, Dominus (wie Anm. 1), 360f. habe ich keinen deutlichen Standpunkt bezogen und lediglich die Ansichten Wiśniowskis und Deptułas referiert; ausgeschlossen habe ich Jaxa als Stifter und die Datierung des Klosters in das 12. Jahrhundert hingegen in: Jerzy Rajman, The Origins of the Polish Praemonstratensian Circary, in: Analecta Praemonstratensia 66, 1990, 3f., 203–219, bes. 215f.; zuletzt kehrte Wójcik, Ród Gryfitów (wie Anm. 1), 14 zu Czesław Deptułas Auffassung zurück, allerdings ohne dies näher zu begründen. 59 Archiv des Krakauer Domkapitels, rkps. 197, 71f. 60 Ioannis Dlugossii Liber beneficiorum. Ed. Przezdziecki (wie Anm. 47), Bd. 3, 86. 61 Kodeks dyplomatyczny Małopolski. Ed. Piekosiński (wie Anm. 3), Nr. 442; Kodeks dyplomatyczny Polski. Ed. Bartoszewicz (wie Anm. 24), Nr. 44; vgl. zur ursprünglichen Landaussattung des Klosters von Krzyżanowice auch Ioannis Dlugossii Liber beneficiorum. Ed. Przezdziecki (wie Anm. 47), Bd. 3, 101–103.

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fügte. Die Urkunde erwähnt allerdings keinerlei Geschenk von Jaxa, und die genannten Besitzungen an der Nida weisen deutlich auf eine Beziehung zum herzoglichen Dominialbesitz hin.62 Gemäß seiner Urkunde gründete Herzog Bolesław ein Kloster zu Ehren der hl. Jungfrau Maria für sein eigenes Seelenheil, das seiner Mutter Grzymisława und seines Vaters Leszek sowie seiner Gattin Kunegunda. Die Erwähnung der Ahnen, vor allem von Herzog Leszek, deutet darauf hin, dass das Kloster von Krzyżanowice eine Stiftung von Leszek dem Weißen gewesen sein könnte. Die Schenkungen von comes Pakosław gingen nämlich auf die Zeit vor 1240 zurück;63 die Urkunde Bolesławs des Schamhaften von 1247 erlaubte ihrerseits dem Prior Szymon und den Prämonstratenserinnen in Krzyżanowice die Gründung des Dorfs Krzyżanowice,64 was unumstößlich belegt, dass das Kloster mindestens zehn Jahre vor der vermeintlichen Stiftungsurkunde bestanden haben muss. Długosz verfügte jedoch über Informationen, die sich weder in der Bulle von 1253 noch in der herzoglichen Urkunde von 1254 finden, denn er schrieb, dass der Herzog (Bolesław der Schamhafte) die Prämonstratenserinnen aus dem Kloster Strzelno herbeiholte, während Krzyżanowice direkt der Abtei St. Vinzenz auf dem Elbing bei Breslau unterstanden habe.65 Diese Information findet ihre volle Bestätigung im offiziellen Katalog des Prämonstratenserordens, der um 1320 in Tangerloo angefertigt wurde und in den im 15. Jahrhundert u. a. ein Hinweis betreffend Nowy Sącz interpoliert wurde: Filia Sancti Vincentii: Crisanovic.66 Krzyżanowice fehlt dagegen in einem älteren Katalog (Ninive II) von 1270, der die im 13. Jahrhundert entstandenen Frauen-Propsteien übergeht (Żukowo, Imbramowice, Czarnowanz).67 Es ist somit offensichtlich, dass weder die Unterstellung des Klosters Krzyżanowice unter die Prämonstratenserabtei auf dem Elbing noch die Ansetzung der Schwestern aus Strzelno etwas mit Jaxa zu tun hatten.68 Der Hinweis auf die Ansetzung von Ordensschwestern aus Strzelno deutet jedoch darauf hin, dass Długosz eine authentische und glaubwürdige Überlieferung zur Verfügung stand. Ob dieser auch der Hinweis auf die Gründung des Klosters durch Jaxa zuzuschreiben ist? Hier ist nochmals hervorzuheben, dass Jaxa nicht mit dem seit der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts bestehenden Frauenkloster in 62 Roman Grodecki, Studia nad dziejami gospodarczymi Polski XII wieku [Studien zur Wirtschaftsgeschichte Polens im 12. Jahrhundert], in: Kwart. Hist. 29, 1915, 257–294, bes. 267f.; Eugeniusz Wiśniowski, Rozwój sieci parafialnej w prepozyturze wiślickiej w średniowieczu [Die Entwicklung des Pfarreinetzes in der Präpositur Wiślica im Mittelalter]. Warszawa 1965, 73; 135. 63 Semkowicz, Ród Awdańców (wie Anm. 55), Bd. 45, 191; 207. 64 Kodeks dyplomatyczny Polski. Ed. Bartoszewicz (wie Anm. 24), Nr. 25. 65 Ioannis Dlugossii Liber beneficiorum. Ed. Przezdziecki (wie Anm. 47), Bd. 3, 101. 66 Catalogi circariarum et ecclesiarum saeculorum XIII et XIV. Ed. Norbert Backmund, in: Ders., Monasticon Praemonstratense. Bd. 3. Straubing 1960, 365–451, hier 443. 67 Ebd., 396f. 68 Rajman, Origins (wie Anm. 58), 215f.; das Kloster Strzelno wurde erst an der Wende zum 13. Jahrhundert reformiert.

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Verbindung gebracht werden kann, sondern vielleicht nur mit einem zuvor in Krzyżanowice bestehenden Haus. Leider verfügt das Kloster Krzyżanowice über keinerlei Archivalien, ja nicht einmal über eine glaubwürdige Liste seiner Priore.69 Długoszs Überlieferung zur Rolle Jaxas bei der Entstehung des Klosters Krzyżanowice besteht aus zwei deutlich voneinander unterschiedenen Informationen: 1. Satrapa ille benedictus Jaxa praefati monasterii unicus et prinicipalis fundator; 2. Parochialem ecclesiam ex albo lapide et quadro (…) per Jaxa militem fabricata, ad monasterium fratrum de Crzyzanowycze pertinens. Der erste Hinweis schreibt Jaxa die Stiftung des Klosters zu, der zweite hingegen bringt sie in Zusammenhang mit der Entstehung der aus weißen und quadratischen Steinen errichteten Pfarrkirche. Die Pfarrkirche erwähnt Długosz noch ein weiteres Mal, so habe nämlich Bolesław der Schamhafte ecclesiam etiam parochialem in Crzyzanowycze, cum suis proventibus et animarum cura, eidem monasterio uniri et incorporari procuravit.70 Die 1328 urkundlich belegte Pfarrkirche von Krzyżanowice existierte demnach mit Sicherheit schon im 13. Jahrhundert. Ihre weiter zurückreichende Geschichte kann auch dadurch belegt werden, dass sie in den Quellen mit verschiedenen Patronen auftaucht (hl. Jungfrau Maria, St. Dominik, St. Lorenz, St. Erzengel Michael).71 Die Inkorporation der Pfarrkirche in das Kloster wird in der Urkunde von Herzog Bolesław von 1254 nicht erwähnt, weshalb Długosz an anderer Stelle von ihr gelesen haben muss. Die Nachricht über die Inkorporation der Pfarrkirche belegt, dass diese Kirche bereits zur Zeit Bolesławs des Schamhaften bestanden haben muss, weshalb ihre Entstehung in eine frühere Zeit verlegt werden kann. Das alte Pfarreisystem in der Propstei Wiślica und die uralte Siedlungstradition im Nidatal lassen diese Vermutungen als durchaus glaubwürdig erscheinen.72 Długosz hat sich die Geschichte der polnischen Klöster nicht ausgedacht. Im Fall der beiden Stiftungen Jaxas, des Klosters des Ritterordens vom Heiligen Grab in Miechów und des Prämonstratenserinnenklosters Zwierzyniec, lassen sich seine Informationen quellenmäßig vollauf bestätigen. Als er die Geschichte der Propstei Krzyżanowice schrieb, konnte er auf Unterlagen zurückgreifen, die ihm die Prämonstratenser zur Verfügung gestellt hatten. Dazu gehörte wohl eine Aufzeichnung über den Bau der Kirche durch Jaxa, ein Hinweis auf die Inkorporation dieser Kirche in das Prämonstratenserinnenkloster und schließlich eine Urkunde von 1254, die bezeugte, dass dieses Kloster eine Stiftung der Krakauer Herzöge war, die ihm gemeinsam mit Ritter Pakosław und Gedko seinen Landbesitz verliehen hatten. Als eigene Interpretation des Chronisten muss hingegen gewertet werden, dass er Jaxa den wichtigsten Stifter des Klosters nannte. Długosz war sich hierüber aber nicht sicher, da diese Infor69 Norbert Backmund, Monasticon Praemonstratense. Bd. 1. Berlin / Novi Eboraci 1983, 416 übergeht die meisten Priore von Krzyżanowice, die in datierten Quellen und Totenbüchern der Prämonstratenser genannt werden. 70 Ioannis Dlugossii Liber beneficiorum. Ed. Przezdziecki (wie Anm. 47), Bd. 3, 101. 71 Wiśniowski, Rozwój sieci (wie Anm. 62), 73f. 72 Ebd.; Grodecki, Studia (wie Anm. 62), 267f.

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mation nicht in die unter seinem Einfluss entstandene vierte und fünfte Redaktion des Katalogs der Krakauer Bischöfe aufgenommen wurde. Sie haben sich allerdings auf das Biogramm von Bischof Mateusz ausgewirkt, in dem es heißt, dass Jaxa zu seiner Zeit zwei Klöster in Miechów und Zwierzyniec gegründet habe.73 Keinen Hinweis auf Jaxa gibt es auch in Długoszs Annalen, in denen er die Stiftung in Einklang mit der Urkunde von 1254 Herzog Bolesław dem Schamhaften zuschreibt. Das lässt darauf schließen, dass Długosz lediglich vom Bau einer Kirche durch Jaxa in Krzyżanowice wusste, die anschließend von Bolesław dem Kloster angegliedert wurde. Leider lässt sich diese Hypothese durch Erkenntnisse der Archäologie oder der Kunstgeschichte nicht unterstützen, da von dieser Kirche ebenso wie vom Prämonstratenserinnenkloster keine materiellen Spuren übrig geblieben sind.74 Der Hinweis von Długosz, dass Jaxa der Stifter des Prämonstratenserinnenklosters in Krzyżanowice gewesen sei, steht in krassem Gegensatz zu anderen von ihm angeführten und heute zugänglichen Quellen und ist als unbegründete Vermutung anzusehen. Es ist davon auszugehen, dass es in Krzyżanowice vor Leszek dem Weißen und Bolesław dem Schamhaften keine Ordenseinrichtung gab. Die Propstei der Prämonstratenserinnen entstand erst in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts. Aus Długoszs Überlieferung geht jedoch hervor, dass Jaxa der Stifter der Pfarrkirche gewesen sein könnte. Da Krzyżanowice herzoglicher Besitz war, würde das die Existenz enger Beziehungen zwischen Jaxa und einem der Herzöge von Krakau-Sandomir im 12. Jahrhundert voraussetzen, was wiederum dadurch belegt wird, dass Jaxa das Dorf Złotniki bei Krakau besaß und Kasimir der Gerechte dem Kloster Zwierzyniec eine kleine Schenkung übereignete.75 Die Stiftung der Kirche in Krzyżanowice war sicherlich eine Form von Revanche. Der Bau eines Gotteshauses auf Land, das sich nicht im Eigentum des Stifters befand, kommt zwar nicht sehr häufig vor, doch gibt es im Fall von Jaxa eine Analogie, und zwar durch seinen Bau der Kirche auf dem Elbing, der der Familie des Piotr Włostowic gehörte. Auf einem 1962 aufgefundenen, aus dieser Kirche stammenden Tympanon wird Herzog Bolesław Kraushaar mit seinem Sohn Leszek dargestellt, der in seinen Händen die Kirche in Bitom (St. Margareth) hält, sowie Jaxa mit seiner Gattin Agapia, der eine andere Kirche hält. Bartholomäus Stein, der Autor einer Beschreibung Schlesiens von 1512, sah in Jaxas Gotteshaus die Kirche St. Michael auf dem Elbing, die neben der St. Vinzenz-Kirche steht.76 Diese Ansicht hat sich im Licht 73 Catalogi episcoporum Cracoviensium. Ed. Szymański (wie Anm. 40), 50f.; 56; 76; 87. 74 Die Prämonstratenserinnenkirche wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts vollständig abgerissen; Katalog zabytków sztuki w Polsce [Katalog der Kunstdenkmäler in Polen]. Bd. 3. Warszawa 1961, 38; Zabytki architektury i budownictwa w Polsce [Architektur- und Baudenkmäler in Polen]. Bd. 5. Warszawa 1973, 58, wo nur noch von einer neuen Kirche in Krzyżanowice die Rede ist, die der hl. Thekla geweiht war. 75 Die Umstände dieser Verleihung habe ich versucht zu erhellen in Rajman, Nadanie dóbr (wie Anm. 57) sowie Rajman, Dominus (wie Anm. 1). 76 Bartholomeus Steinus, Descripcio Tocius Silesie et civitatis regie Vratislaviensis, in: Scriptores

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der neuesten kunsthistorischen Forschungen als berechtigt erwiesen. Die erhaltenen Abbildungen der Kirche St. Michael entsprechen nämlich relativ gut der von Jaxa gehaltenen Kirche.77 Das Tympanon entstand spätestens um 1162, weshalb man den Bau der Kirche auf die 1150er Jahre datieren kann (frühestens nach 1145). Die St. Michaels-Kirche bestand schon 1139 als Stiftung des Piotr Włostowic. Jaxa wird also nur der Wiederaufbau dieser Kirche zugeschrieben bzw. die Ersetzung der Holzdurch eine Steinkirche.

Zur Herkunft des Stifters Jaxa Wer aber war eigentlich der Stifter Jaxa? Handelte es sich um einen einheimischen Großen oder einen ursprünglich fremden, zugewanderten Fürsten? Zu den Anhängern der ersteren Deutung zählen u. a. Gerard Labuda, Janusz Bieniak und Marek Wójcik. Für Gerard Labuda stellt sich die Angelegenheit eindeutig dar: „Summa summarum erscheint uns Jaxa als ein Herr mächtiger Ländereien, die sich vor allem in Kleinpolen konzentrierten. Alles weist darauf hin, dass Jaxa sein ererbtes Vermögen verschenkte, und nirgendwo ist eine Spur eines herzoglichen Einverständnisses für diese Schenkungen zu erkennen. Man hat sich deshalb entschieden gegen die These auszusprechen, dass das Vermögen Jaxas aus einer herzoglichen Verleihung stammte.“ Diese These wurde von Janusz Bieniak vorbehaltlos übernommen.78 Dieser kategorisch formulierten Auffassung lässt sich jedoch eine Erwähnung in einer Urkunde des Patriarchen Monach von 1198 entgegenhalten, dass Jaxa cum ergo quendam canonicum secum in Polonia perduxisset, egregij ducis Bolezlaui consensu ac voluntate omnimoda tres uillas (…) in perpetuam holemosinam canonico et suis successoribus assignauit.79 Bieniak meint zudem, dass Jaxa „in der Historiographie der Ereignisse von 1145 (Carmen Mauri) (…) noch als miles auf[tritt], da er nur einer der polnischen großen Herren war.“80 Hierzu ist anzumerken, dass die zitierte Quelle eigentlich eine im 16. Jahrhundert entstandene Überarbeitung des verlorengegangenen Carmen Mauri ist. Doch selbst wenn man davon ausgeht, dass die Cronica Petri comitis Poloniae treulich die Ereignisgeschichte des 12. Jahrhunderts wiedergibt, so kann man auf ihrer Grundlage doch nur schwer urteilen, dass Jaxa zum Zeitpunkt seiner Heirat mit einer Tochter des Piotr Włostowic lediglich ein Großer und kein Fürst gewesen sei. Es sei darauf hingewiesen, dass die im

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Rerum Silesiarum. Bd. 17. Breslau 1847, 50. Pilch, Tympanon (wie Anm. 13), 6; 27. Labuda, Jaksa (wie Anm. 1), 340; Bieniak, Polska elita polityczna III (wie Anm. 1), 82. Kodeks dyplomatyczny Małopolski. Ed. Piekosiński (wie Anm. 3), Nr. 375. Bieniak, Polska elita polityczna III.A (wie Anm. 1), 100; Wójcik, Małopolanin (wie Anm. 1), 19 schreibt sogar, dass der Titel miles „weniger wohlhabenden“ Rittern zustand. Und einem solchen kleinen Krieger soll Piotr Włostowic seine Tochter zur Frau gegeben haben?

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Carmen Mauri beschriebene Hauptfigur ein namentlich nicht genannter Herzog ist (Władysław).81 Der Verfasser könnte den Fürstentitel von Jaxa hier also bewusst ausgelassen haben, um keinen Schatten auf die Person von Herzog Władysław fallen zu lassen. Die hervorragende Rolle Jaxas wird dagegen von einer Urkunde bezeugt, die zeitlich nicht allzu weit von den im Carmen Mauri beschriebenen Ereignissen entfernt liegt, nämlich in einem Diplom Bolesławs IV. Kraushaar aus dem Jahr 1149. Es nennt Jaxa an erster Stelle unter den weltlichen Zeugen, und als einziger trägt er hier den Titel dominus.82 Dieser Titel stand, wie Ambroży Bogucki gezeigt hat, in Polen und in den elbslawischen Gebieten herrschenden Fürsten zu.83 Zwei Dinge sind hervorzuheben: 1. tritt der 1149 in Bezug auf Jaxa verwendete Titel dominus auf, noch bevor dieser in Brandenburg die Herrschaft übernahm (1150 oder 1153), 2. starb Jaxa bekanntlich erst 1176, was bedeutet, dass er 1149 ein verhältnismäßig junger Mann war; seinen erwähnten Titel verdankte er also seiner Geburt. Janusz Bieniak hat versucht, die Aussage der Aufzeichnung von 1149 abzuschwächen (im Übrigen bei einer Analyse von Jaxa von Köpenick, nicht des polnischen Jaxa), indem er die Vermutung äußerte, dass die Urkunde von 1149 erst nach dem Tod von Jaxas Onkel Pribislav, Herzog von Brandenburg, (1150) niedergeschrieben worden sein könnte, „als Jaxa seine Ansprüche auf die Nachfolge erhob“.84 Die Überlieferung des Heinrich von Antwerpen sagt jedoch deutlich, dass Jaxa in Brandenburg tempore brevi elapso erschienen sei, also direkt nach dem Tod seines Onkels. Man kann also mutmaßen, dass es keine Zeit gab, um „Ansprüche auf die Nachfolge“ zu erheben, und Jaxa Brandenburg 1150 und nicht erst 1153 erlangte.85 Man kann zwar nicht ausschließen, dass die Urkunde von 1149 erst nach 1150 geschrieben wurde, doch bedeutet das nicht, dass der Titel dominus beim 81 Cronica Petri comites. Ed. Plezia (wie Anm. 5), 19. 82 Kodeks dyplomatyczny Śląska. Ed. Maleczyński (wie Anm. 45), Nr. 25; zu dieser Urkunde Zofia Kozłowska-Budkowa, Repertorjum polskich dokumentów doby piastowskiej [Repertorium der polnischen Urkunden der Piastenzeit]. Kraków 1937, 55, die nach der Diskussion der Vorbehalte Schultes und Górkas (die Arbeiten werden dort belegt) feststellt, dass ein Rechtsakt, der die Weihe der Kirche 1149 bezeugte, bereits im 12. Jahrhundert existiert haben muss; für gefälscht hielt diese Urkunde auch Adolf Moepert, Die ältesten Urkunden und Besitzungen des Vinzenzstiftes in Breslau, in: Arch. schl. Kirchengesch. 25, 1967, 1–37, bes. 20; doch sind die Zeugen nach Meinung dieses Historikers ohne jeden Zweifel authentisch. Erinnert sei auch an die Auffassung von Olgierd Górka, Przyczynki do dyplomatyki polskiej [Beiträge zur polnischen Diplomatik], in: Kwart. Hist. 25, 1911, 363–428, hier 403, der meinte, es habe eine authentische Urkunde von Bolesław Kraushaar vom 22. Juni 1149 gegeben. 83 Ambroży Bogucki, Komes w polskich źródłach średniowiecznych [Der Comes in polnischen mittelalterlichen Quellen]. Warszawa 1972, 82; in Rajman, Dominus (wie Anm. 1), 325 habe ich das nicht beachtet. 84 Bieniak, Polska elita polityczna III.A (wie Anm. 1), 100. 85 Vgl. Kazimierz Myśliński, Słowiańska Brenna-Brandenburg i jej przejście pod rządy margrabiów w połowie XII wieku [Das slawische Brenna-Brandenburg und sein Übergang unter die Herrschaft der Markgrafen in der Mitte des 12. Jahrhunderts], in: Rocznik Lubelski 10, 1967, 63–102, hier 95.

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Namen von Jaxa ein späterer Zusatz ist. Zu betonen ist, dass diese Urkunde den Breslauer Bischof Jan nennt, der das Erzbistum Gnesen spätestens in der zweiten Jahreshälfte 1149 übernahm. Die Quelle tituliert ihn noch als Bischof von Breslau, weshalb man kaum annehmen kann, dass Jaxa gerade in diesem Fall einen der Situation von 1149 nicht angemessenen Titel gewählt hat.86 Anhand der Urkunden von Jędrzejów (1153, 1161, 1166/67) sowie von Miechów (1198) kommen Janusz Bieniak und mit ihm auch Marek Wójcik zu dem Schluss, dass es eine enge Verbindung zwischen Jaxa und dem Geschlecht Lis sowie den Herren von Würben in Schlesien gegeben habe, die ein ähnliches Wappen wie die Lis führten. Dies habe sich dadurch ausgedrückt, dass der Wojewode Mikołaj das Dorf Jaksice bei Miechów besessen habe und der Name Jaxa in der Familie der Besitzer von Szybowice aufgetreten sei (der oberschlesischen Linie der Würben). Janusz Bieniak meint darüber hinaus, dass die zitierten Urkunden zwei Personenkreise erkennen lassen, die Beziehungen zu Jaxa hatten: die Włostowicen sowie die Lis bzw. Gryfen. Die Beziehungen zu den Włostowicen erklären sich leicht durch Jaxas Ehe mit einer Tochter von Piotr Włostowic. Jaxa hatte aber auch enge Bindungen zu den Lis und den Gryfen. Bieniaks Beobachtungen sind um die von ihm noch nicht berücksichtigte Tatsache zu ergänzen, dass die St. Clemens-Kirche in Lędzina (eine Verleihung Jaxas für Sieciechów) mit dem Zehnten aus Gütern der Gryfen in der Kastellanei Chrzanów ausgestattet war.87 Jaxa ist tatsächlich als Zeuge auf den Urkunden von Jędrzejowice zugegen. Es muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass die Verleihung der Gryfen für den Ritterorden vom Heiligen Grab, vorausgesetzt dass Mikora zu Recht mit diesem Geschlecht in Zusammenhang gebracht wird,88 in ihren Dimensionen und ihrer Bedeutung die Verleihung der Włostowicen in den Schatten stellte. Es lassen sich auch Indizien für Verleihungen der Gryfen für das Kloster Zwierzyniec erkennen. Angesichts dessen gibt zu denken, dass Jaxa sich mit keiner Verleihung für die von den Gryfen gestiftete Abtei in Jędrzejów revanchierte. Ein großes Geschenk machte er hingegen dem den Topórs zuzurechnenden Sieciechów. Wollte man also die mit Jaxa verbundenen Personengruppen definieren, so müsste man zunächst die Włostowicen nennen, mit denen er verschwägert war, dann die Lis bzw. Gryfen, mit denen er ebenfalls familiäre Bande gehabt haben dürfte, etwa durch eine Heirat seiner Tochter (Jaksice hätte dann als deren Aussteuer an die Lis gelangen können).89 Die dritte Personengruppe, die vielleicht 86 87 88 89

Vgl. Anm. 82. Rajman, Dominus (wie Anm. 1), 361. Vgl. Anm. 54. Błażej Śliwiński, Ród Lisów. Problem pochodzenia wojewody krakowskiego Mikołaja i biskupa wrocławskiego Pełki [Das Geschlecht Lis. Das Problem der Abstammung des Krakauer Wojewoden Mikołaj und des Breslauer Bischofs Pełka], in: Jacek Hertel / Jan Wroniszewski (Hrsg.), Genealogia. Studia nad wspólnotami krewniaczymi i terytorialnymi w Polsce średniowiecznej na tle porównawczym. Toruń 1987, 33–46, hier 42 erwähnt eine nicht genauer bekannte Verwandtschaftsbeziehung zwischen Jaxa und dem Wojewoden Mikołaj aus dem Geschlecht Lis.

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ebenso wichtig war wie die zweite, waren zweifellos die Topórs. Zu nennen sind schließlich noch die von den ‚Jaxologen‘ übersehenen Beziehungen Jaxas zum Herzogshof, die in der reichen Ausstattung des Klosters Zwierzyniec durch Kasimir den Gerechten zum Ausdruck kommen, durch die Aufnahme des Namens von Kasimirs Gattin Helena in das Totenbuch des Klosters, vielleicht auch durch den Bau einer Kirche durch Jaxa in Krzyżanowice. Von den politischen Beziehungen und dem Versuch, Kasimir auf den Thron zu setzen, war bereits häufig die Rede gewesen.90 Die Vermutung über eine Verwandtschaft Jaxas mit den Lis wird vervollständigt durch Janusz Bieniaks These von der Herkunft der Lis und der Gryfen von einem gemeinsamen Ahnen. Er weist darauf hin, dass Erzbischof Jan, der Stifter der Abtei in Jędrzejów, im Carmen Mauri als mit Piotr Włostowic verschwägert erwähnt wird. Bieniak ist des Weiteren der Meinung, dass der Grund dafür, dass Erzbischof Jan so und nicht anders bezeichnet wird, in seiner Verwandtschaft mit Jaxa zu sehen ist. Diese Überlegung führt ihn zu einer weiteren Annahme, nämlich dass Jaxa ein „Vetter väterlicherseits des Erzbischofs“ war.91 Meine weiter oben angeführten Überlegungen zu den mit Jaxa in Beziehung stehenden Personengruppen berechtigt meiner Meinung nach zu der Annahme, dass die Lis/Gryfen in Jaxas Umgebung nicht am wichtigsten waren und nicht im Vordergrund standen. Ich glaube des weiteren, dass die Gleichsetzung von Jaxa mit einem „Vetter väterlicherseits des Erzbischofs“ (die von keiner Quelle belegt wird) sowohl dadurch zu erklären ist, dass man von einem allzu kleinen Kreis der mit Jaxa in Beziehung stehenden Personen ausgeht, als auch durch den Versuch, zu begründen, warum Erzbischof Jan als Verschwägerter von Piotr Włostowic dargestellt wird. Jaxa muss hier nicht unbedingt eine Vermittlerrolle gespielt haben. Der Cronica Petri comitis Poloniae zufolge war Mikora Peters consanguinitate propinquus.92 Stefan Mateszew hat gezeigt, dass sich die dem Ritterorden vom Heiligen Grab verliehenen Besitzungen Mikoras innerhalb der zusammenhängenden Güter des Geschlechts der Gryfen rund um Bochnia befanden.93 Im Fall von Jaxa gibt es keine so deutlichen Indizien, und es scheint überhaupt wahrscheinlicher zu sein, dass Mikora die Rolle eines ‚Mittelsmannes‘ zwischen Piotr Włostowic und den Gryfen gespielt hat. Jan Długosz hielt es für verwegen und unsicher, Jaxa als einen Gryfen zu bezeichnen. Die vierte Redaktion des Katalogs der Krakauer Bischöfe, in denen Jaxa als ein Angehöriger der Gryfen erwähnt wird, besitzt keinen Quellenwert, da sie aus dem 90 Rajman, Nadanie dóbr (wie Anm. 57), 25; Ders., Średniowieczne zapiski (wie Anm. 34), 52; das Kloster Miechów besaß Privilegien von Bolesław Kraushaar und Mieszko dem Alten; Kodeks dyplomatyczny Małopolski. Ed. Piekosiński (wie Anm. 3), Nr. 378 und 405. 91 Bieniak, Polska elita polityczna III.A (wie Anm. 1), 93. 92 Cronica Petri comitis. Ed. Plezia (wie Anm. 5), 23; Wójcik, Ród Gryfitów (wie Anm. 1), 40 billigt Jaxa einen Bruder Mikora zu. 93 Stefan Mateszew, Osadnictwo i stosunki własnościowe do końca XV w. [Besiedlung und Eigentumsverhältnisse bis zum Ende des 15. Jahrhunderts], in: Feliks Kiryk / Zygmunt Ruta (Hrsg.), Bochnia. Dzieje miasta i regionu. Kraków 1980, 42–77, hier 71.

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Umfeld von Długosz selbst stammt.94 Das zufällige Vorkommen des Namens Jaxa bei dem Wojewoden von Sieradz, einem Gryfen, besagt noch nichts. Es gibt keine Hinweise darauf, dass die Gryfen Ansprüche auf die Besitzungen von Jaxa erhoben, während bekannt ist, dass ein Teil der Güter, die Jaxa den Benediktinern übereignete, in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts in den Besitz der Rawiczs gelangte. Das ist aber nichts anderes als ein Zufall. Das ernstzunehmendste Argument, das für eine einheimische, polnische Herkunft Jaxas spricht, ist somit nach wie vor die Tatsache, dass er in Kleinpolen über ausgedehnten Landbesitz verfügte. Diese Beschränkung seines Vermögens auf ein Teilherzogtum (die Güter von Miechów, bei Krakau, im Lubliner Land sowie von Lędzina in der Kastellanei Beuthen) scheint darauf hinzuweisen, dass sein Geschlecht von dort stammte. Dennoch gibt es vereinzelt Versuche, in Jaxa den Sproß eines elbslawischen Fürstengeschlechts zu sehen.95 Interessanterweise ist ein Argument für eine solche Sicht der Dinge die unklare Entstehung von Jaxas Vermögen. Er verteilte sein Vermögen an Klöster, weil er keinen männlichen Nachkommen hatte. Das ist die verbreitete Auffassung, auch wenn bekannt ist, dass sein einziger Sohn 1158 in Prag starb. Janusz Bieniak stellt jedoch richtig festgestellt hat, dass Jaxa später noch andere Söhne gehabt haben könnte, auch wenn die Quellen keine entsprechenden Informationen überliefern. Jaxa gehörte vor 1176 das den Benediktinern verliehene Jaksice. Ein Dorf mit diesem Namen gab es also zu Lebzeiten dieses Großen. Ein anderes Jaksice kam in den Besitz der Lis. Vielleicht besaß er doch männliche Nachkommen? Die Stiftung von Zwierzyniec enthüllt meiner Meinung nach noch einen anderen Besitztitel als nur den von Jaxa. Die 1148 geweihte Kirche St. Salvatoris wurde von Bischof Gedko (1166–1186) dem Kloster einverleibt, während das Prämonstratenserinnenkloster bei der Kirche St. Augustin entstand. Es gibt keinen Grund, Długosz nicht zu glauben, der die Kirche St. Salvatoris zweimal als eine Stiftung des Piotr Włostowic bezeichnete. Die Aufnahme Leonards in das Totenbuch von Zwierzyniec bezeugt eine Verleihung der Nachfahren Piotrs für das Kloster.96 Es ist davon auszugehen, dass Leonard, als Jaxa der Abtei auf dem Elbing die Kirche St. Michael verlieh, sich mit dem Einverständnis bedankte, die Kirche St. Salvatoris dem Prämonstratenserinnenkloster anzuschließen. Janusz Bieniak bemerkt in Bezug auf die Kirche St. Michael auf dem Elbing: „Für den Bau des Gotteshauses revanchieren sich Świętosław und seine Söhne mit ihren Schen94 Gerard Labuda, O katalogach biskupów krakowskich przed Długoszem [Über die Kataloge der Krakauer Bischöfe vor Długosz], in: StŹrodł 27, 1983, 83–96, hier 83; 94; als unabhängigen Bericht sieht dies Bieniak, Polska elita polityczna III.A (wie Anm. 1), 82. 95 Rajman, Dominus (wie Anm. 1), 351; 355f.; in dieser Arbeit habe ich auf die engen Beziehungen zwischen Jaxa und den Gryfen hingewiesen (357), doch hielt ich ihn nicht für einen Vertreter dieses Geschlechts, wovon wiederum Wójcik, Ród Gryfitów (wie Anm. 1), 23, Anm. 93 ausgeht; Wójcik kritisiert meine Vermutung, dass Veronika eine Tochter Jaxas gewesen sein könnte (ebd. 20, Anm. 72), dennoch zählt er sie zu den Nachfahren Jaxas (ebd., Tabelle I, 116). 96 Rajman, Średniowieczne zapiski (wie Anm. 34), 50.

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kungen für den Ritterorden vom Heiligen Grab in Miechów, was als ein weiterer Beweis für die engen familiären Kontakte zwischen den Schwagern gesehen werden sollte.“97 Eine analoge Revanche könnte der Bau der Kirche in Krzyżanowice durch Jaxa gewesen sein. Hier kommen die Beziehungen Jaxas zum Herrscherhaus ins Spiel. Gemeinsam mit der Kirche St. Salvatoris übernahmen die Prämonstratenserinnen sicherlich auch den ihr zustehenden Zehnten.98 Die ältesten Güter des Geschlechts Łabędź in Kleinpolen lagen in der Gegend von Skrzyńsko und – interessanterweise – Miechów, auch wenn die Besitzungen bei Miechów nicht groß waren. Sie hatten sich bereits im Eigentum von Świętosław Piotrowic befunden, weshalb davon auszugehen ist, dass sie zuvor Piotr Włostowic gehört hatten.99 Jaxas Besitz von Miechów und Zwierzyniec könnte daher das Ergebnis einer Verschwägerung mit Piotr gewesen sein. Das vermeintliche Fehlen eines Einverständnisses seitens des Herzogs ist kein Argument gegen die These, dass Jaxa sein ererbtes Vermögen verteilte, da ein derartiges Einverständnis bei der Stiftung von Miechów vorhanden war. Ein Indiz für herzogliche Verleihungen ist mit Sicherheit das Dorf Złotniki bei Krakau; es wird angenommen, dass Jaxa Besitzungen im Lubliner Land erhalten haben könnte, die der Herzog zuvor bei den Topórs beschlagnahmt hatte.100 Die einzige Quelle des 12. Jahrhunderts, die über die familiären Beziehungen Jaxas informiert, ist der Tractatus de captione urbis Brandenburg des Heinrich von Antwerpen.101 Im Verlauf der Diskussion hierüber konnte festgestellt werden, dass Jaxa ein Neffe des 1150 gestorbenen Pribislaw-Heinrich, des Fürsten von Brandenburg, gewesen ist. Anders gesagt, seine Mutter war eine gebürtige Schwester von Fürst Pribislaw und Jaxa somit Nachfahre (mütterlicherseits) der slawischen Dynasten. Für die Herkunft Jaxas ist dies grundlegend. Dass Jaxa über fürstliche Rechte verfügte, wird durch die oben erwähnte Urkunde von 1149 bestätigt, in der er als dominus bezeichnet wird. Ist angesichts dessen die Überlieferung der Großpolnischen Chronik tatsächlich als Ausnahme und wenig belangreich anzusehen? Die Chronik gibt unter dem Jahr 1145 an, dass der sorbische Fürst Jaxa eine Tochter des Piotr Włostowic zur Frau genommen habe: Sed cum Piotrko comes prefatus nupcias filie sue, quam Jaxe duci Sorabie des-

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100 101

Bieniak, Polska elita polityczna III.A (wie Anm. 1), 27. Archiv des Krakauer Domkapitels rps 197, 39f. Marian Friedberg, Ród Łabędziów w wiekach średnich [Das Geschlecht Łabędź im Mittelalter], in: Roczniki Towa rzystwa Heraldycznego we Lwowie 7, 1924/25, 1–100, hier 49, 56; vgl. Zbigniew Pęckowski, Ziemia Miechowska. Zarys dziejów osadnictwa do końca XVIII wieku [Das Land von Miechów. Abriss der Siedlungsgeschichte bis zum Ende des 18. Jahrhunderts]. Kraków 1992 (aus nachgelassenen Materialien zum Druck vorbereitet von Zdzisław Noga und Jerzy Rajman), 26f. Vgl. Anm. 52. Heinrici de Antwerpe tractatus de captione urbis Brandenburg. Ed. Georg Waitz, in: MGH SS 25. Hannover 1880, 482–484.

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ponsaverat in uxorem, in urbe Wratislauiensi celebraret solempniter.102 Sowohl die Identifizierung von Jaxas Frau als auch das Heiratsdatum werden durch andere Quellen bestätigt. Weshalb also sollte nur der Titel dux Sorabiae ein falscher Zusatz sein? Die fürstliche Herkunft Jaxas wird hinreichend begründet durch das Traktat des Heinrich von Antwerpen sowie durch das Auftreten Jaxas mit dem Titel dominus im Jahre 1149. Die Vorbehalte gegenüber dem Bericht der Großpolnischen Chronik, die sich schließlich lebhaft für die Angelegenheiten der Elbslawen interessierte, scheinen daher wenig begründet zu sein.103 Eine Kontroverse rief die Behauptung Heinrichs von Antwerpen hervor, dass Jaxa während der Kämpfe um Brandenburg in Polonia principans gewesen sei, womit andere Hinweise dieses Autors korrespondieren, denen zufolge Jaxa eine große, aus polnischen Kriegern bestehende Abteilung verwendet und Kriegsgefangene nach Polen geschickt habe. Hans-Dietrich Kahl, Gerard Labuda und Jerzy Strzelczyk vertreten den Standpunkt, dass Jaxa in dem an das Herrschaftsgebiet seines Onkels grenzenden Herzogtum Köpenick regiert habe, weshalb er auch auf Münzen als Jaczo de Copnic genannt werde. Jaxas Münzen sind jedoch auf die Zeit zu datieren, in der Brandenburg verlorenging.104 Janusz Bieniak hat hier sicherlich Recht, dass der dreifache Gebrauch des Namens Polonia in der genannten Quelle Polen und nicht Köpenick bedeutet. Jaxa hatte wahrscheinlich von Piotr Włostowic das Amt des Pfalzgrafen übernommen, weshalb er für die politischen Pläne Bolesławs IV. Kraushaar besonders interessant gewesen sein muss.105 Die Frage, wer Jaxas Vater war, ist nach wie vor offen. Auf der einen Seite haben wir die zahlreichen Quellenbelege über die kleinpolnischen Verbindungen Jaxas und können von familiären Beziehungen zu den Lis / Gryfen sprechen. Jaxas Herkunft kann aber nicht ausschließlich innerhalb der polnischen Großen gesehen werden. Jaxa herrschte mit großer Sicherheit in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts in Köpenick. 102 103

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Chronica Poloniae Maioris. Ed. Brygida Kürbis, in: MPH NS. Bd. 8. Warszawa 1970, 50. Bieniak, Polska elita polityczna III.A (wie Anm. 1), 100 stellt ihr den Titel miles gegenüber, der angeblich im Carmen Mauri verwendet wird; Wójcik, Ród Gryfitów (wie Anm. 1), 19 hält Bieniaks Ansicht aufrecht und fügt noch hinzu, dass die Großpolnische Chronik auch „viele Informationen von zweifelhaftem Wert“ enthalte, wie zum Beispiel die Aufteilung der Person des Piotr Włostowic in einen Piotr Dunin und einen Piotr Włostowic, was auch Długosz wiederholt habe. Hans-Dietrich Kahl, Slawen und Deutsche in der brandenburgischen Geschichte des zwölften Jahrhunderts, Bd. 1–2. Köln / Graz 1964, 335f.; Labuda, Jaksa (wie Anm. 1), 340f.; Jerzy Strzelczyk, Szkice średniowieczne [Mittelalterliche Skizzen]. Poznań 1987, 301–303; zur Datierung der Münzen Kiersnowski, Jaksa i jego monety (wie Anm. 1), 160. Es ist für mich nicht ganz klar, auf welche Weise Jaxa, wie Bieniak, Polska elita polityczna III.A (wie Anm. 1), 97 meint, „in der Lage war, einen regierenden Herzog zu dem Einverständnis zu zwingen, die ihm zur Verfügung stehenden Kräfte zugunsten seiner Bestrebungen auf Erbfolge im Nachbarland verwenden zu können“. Es war der Herzog, der über die Außenpolitik entschied, und nicht sein Pfalzgraf. Auch ein möglicher Ämtertausch mit seinem Schwiegervater (Bieniak, ebd., 96) hätte mit Zustimmung von Herzog Bolesław IV. Kraushaar vonstatten gehen müssen.

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Pilger und Stifter

Selbst wenn man annimmt, dass er das Fürstentum Köpenick erst nach der Inbesitznahme des Lands der Stodoranen durch Albrecht erhielt, muss man von irgendwelchen Sonderrechten Jaxas auf Köpenick ausgehen. Anderenfalls hätte ihm Albrecht seine Herrschaft sicherlich abgenommen. Wenn man berücksichtigt, dass Jaxas Mutter die Schwester des stodoranischen Fürsten Pribislaw war, sollte man seinen Vater unter den politischen Kontakten der stodoranischen Herrscher in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts suchen. Ob dazu vielleicht ein Vertreter der damals noch nicht bedeutenden Gryfen gehört hat? Das scheint mir zweifelhaft zu sein, schon eher würde sich als Gatte einer stodoranischen Prinzessin ein Awdaniec oder – noch wahrscheinlicher – ein mit den Stodoranen benachbarter slawischer Fürst anbieten. *** Jaxa ist in der Geschichte des 12. Jahrhunderts eine außergewöhnliche Persönlichkeit. Als einer von wenigen pilgerte er zwei Mal ins Heilige Land, was dazu führte, dass der einflussreiche Ritterorden vom Heiligen Grab in Polen angesetzt wurde. Das 1163 gestiftete Kloster Miechów war im Mittelalter das wichtigste Haus dieses Ordens in Mitteleuropa. Wahrscheinlich zwischen 1158 und 1162 brachte Jaxa aus Böhmen die Prämonstratenserinnen nach Polen, denen er das Kloster Zwierzyniec bei Krakau zuwies. Er knüpfte auch enge Kontakte zum Benediktinerorden, dem er die von ihm wiederaufgebaute St. Michaels-Kirche der St. Vinzenz-Abtei auf dem Elbing schenkte, während er der Abtei in Sieciechów große Landverleihungen zukommen ließ, zu denen sogar ein Kirchdorf (Lędzina) gehörte. Anzunehmen ist auch, dass auf seine eigenen Kosten die Kirche in Krzyżanowice an der Nida entstand. Somit dürfte Jaxa eine der Personen gewesen sein, die für die polnische Kirche im 12. Jahrhundert am meisten getan haben.

Leszek Wetesko

Zur Stiftungstätigkeit Herzog Mieszkos III. des Alten in Großpolen

Die Gnesener Kathedrale Die langanhaltenden und starken Verbindungen Mieszkos III. zu Großpolen fanden ihren Niederschlag auch in einer Zunahme seiner Stiftungstätigkeit in diesem Gebiet. Letztere wird insbesondere für die letzten beiden Jahrzehnte seines Lebens erkennbar, als Mieszko III. die Chance der Alleinherrschaft im ganzen Staat praktisch verloren hatte. Demgegenüber sind für die ersten Jahrzehnte seiner Herrschaft, in denen sich das Interesse der großpolnischen Herzogs hauptsächlich auf den westlichen Teil seines Teilfürstentums konzentrierte, keine spektakulären Errungenschaften in diesem Bereich bekannt. Daran änderte sich auch zunächst relativ wenig, als der Herzog 1173 die Oberherrschaft über das gesamte Land errang. Damals wurde auf seine Initiative hin die St. Pauli-Kirche in Kalisch errichtet und vielleicht auch mit ernsthaften Arbeiten zur Wiederherstellung der Pracht der Gnesener erzbischöflichen Kathedrale begonnen. Nicht auszuschließen ist, dass auch Vorbereitungen zum Bau neuer herzoglicher Residenzen in diesen beiden Städten getroffen wurden. Die Gnesener Kathedrale war damals ein Bauwerk, das in seinen grundlegenden Teilen aus der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts stammte.1 Es besteht eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass ihr Nordschiff noch aus der Zeit der so genannten Ersten Monarchie stammte, d. h. von der unvollendeten Basilika Bolesławs I. des Tapferen, die später teilweise dem seit etwa Mitte des 11. Jahrhunderts errichteten romanischen Bau

1 Vgl. Tomasz Janiak, Problematyka wczesnych faz kościoła katedralnego w Gnieźnie [Die Problematik der Frühphasen der Kathedralkirche in Gnesen], in: Tomasz Janiak / Dariusz Stryniak (Hrsg.), Początki architektury monumentalnej w Polsce. Materiały z sesji naukowej Gniezno, 20– 21 listopada 2003 roku. Gniezno 2004, 85–130, bes. 115ff.

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eingefügt wurde.2 Ihre technologische Heterogenität könnte ein Grund für den rasch fortschreitenden Verfallsprozess der Kathedrale gewesen sein. Für den Beschluss zum Umbau der St. Adalbert-Kirche können aber Gründe ästhetischer Natur von ebenso großer Bedeutung gewesen sein. Das 12. Jahrhundert war in Mitteleuropa ja eine Zeit der prächtigen Entfaltung romanischer Architektur und Kunst. Im Vergleich hierzu wich die Hauptkirche des Piastenstaates in ihrer Gestalt weit von jenen damals anerkannten architektonischen und ästhetischen Mustern ab, die Sanktuarien von so großer symbolischer und staatlicher Bedeutung verliehen wurden. Den Umfang der in der Gnesener Basilika während der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts unternommenen Arbeiten mag das Vorhandensein von ‚reingipsigem Mörtel‘ anzeigen. Denn Punkte, an denen derartige Mauerproben lokalisiert werden, können mit hoher Wahrscheinlichkeit als Stellen angesehen werden, an denen in dieser Zeit Bau- oder Renovierungsarbeiten durchgeführt worden sind.3 Diese betrafen hauptsächlich das nördliche Seitenschiff, das höchstwahrscheinlich völlig abgerissen wurde; an seiner Stelle wurde analog zu dem bereits existierenden Südturm ein neuer, von Westen her abschließender Turm errichtet.4 Schwer zu präzisierende Renovierungsarbeiten wurden auch in der Hauptapsis sowie im Südschiff durchgeführt.5 Nach Abschluss der Maurerarbeiten wurde das Interieur der erneuerten Basilika wahrscheinlich mit neuen, außergewöhnlich dekorativen keramischen Fußbodenplatten ausgelegt.6 Das scheint die Auffindung eines ähnlichen Mörteltyps an vielen Stellen der Kathedrale zu belegen, der als Ausguss unter den erwähnten Platten Verwendung gefunden haben wird.7 2 Leszek Wetesko, Historyczne konteksty monarszych fundacji artystycznych w Wielkopolsce do początku XIII wieku [Die historische Kontexte der monarchischen künstlerischen Stiftungen in Großpolen bis zum Beginn des 13. Jahrhunderts]. Poznań 2009, 170–176. 3 Zbigeniew Brochwicz, Badania wczesnośredniowiecznych zapraw [Untersuchungen zu frühmittelalterlichen Mörtelarten], in: Materiały Zachodniopomorskie 21, 1975, 95–245, hier 169, 172–175. Den Umbau sehe ich anders als Janiak, Problematyka (wie Anm. 1), 115f.; ich meine, dass er nicht so radikal verlief. Die Arbeiten im Hauptschiff, an der Apsis des Presbyteriums und im Südschiff hatten eher den Charakter bloßer Reparaturen. 4 Darauf verweisen Spuren dieses Mörteltyps, die in der Nordmauer des Seitenschiffes und des daran anliegenden Turms sowie in seiner Apsis sowie im nördlichen Fundament zwischen den Schiffen gefunden wurden, vgl. Brochwicz, Badania (wie Anm. 3), 238. 5 Brochwicz, Badania (wie Anm. 3), 238. 6 Zum Gnesener Fußboden vgl. Ewa Soroka, Mozaikowa posadzka z romańskiej katedry [Der Mosaikfußboden aus der romanischen Kathedrale], in: Stanisław Pasiciel (Hrsg.), Gniezno. Pierwsza stolica Polski. Miasto świętego Wojciecha. Gniezno 1995, 122, die die Keramikfußböden der „um die Mitte des 11. Jahrhunderts“ errichteten und im Jahre 1064 konsekrierten Kathedrale zuschreibt; wie Janiak, Problematyka (wie Anm. 1), 116, bin ich der Meinung, dass diese Fußböden mit der letzten Phase des Umbaus der romanischen Kathedrale in Verbindung gebracht werden müssen, die frühestens auf das Ende der siebziger, höchstwahrscheinlich aber auf die achtziger und neunziger Jahre des 12. Jahrhunderts fiel. 7 Brochwicz, Badania (wie Anm. 3), 239f.

Zur Stiftungstätigkeit Herzog Mieszkos III.

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Im Rahmen dieser Renovierung wurden im Inneren der Kathedrale reliefartige Gipsdekorationen mit stilisierten floristischen und geometrischen Formen angebracht,8 während man in die existierende architektonische Struktur figurale Skulpturen einfügte,9 die mit hoher Wahrscheinlichkeit in den reich verzierten Portalen konzentriert waren.10 Den Verputz der Wände bedeckten Malereien, von denen zahlreiche kleinere Spuren auf dem Putz der Apsis des Südschiffes erhalten geblieben sind. Leider können wir über die eventuelle künstlerische Form oder Thematik dieser Dekoration nichts sagen. Eine zusätzliche Information über den Verlauf der Arbeiten in der Gnesener Kathedrale liefert die Chronica Poloniae Maioris, die berichtet, dass ihr Dach auf Initiative Mieszkos III. mit Blei abgedeckt wurde: [Myeszko] Ecclesie quoque Gneznensi partem extremam de plumbo tegere fecit.11 Diese Arbeiten fielen gewiss in die letzte Phase der großen Erneuerung der St. Adalbert-Basilika, als die Bauarbeiten am nördlichen Seiten-

8 Davon zeugen die bei Ausgrabungen in der Kathedrale entdeckten kleinen Fragmente von Gipsfriesen (u. a. in Form stilisierter Palmetten). Diese Kulturdenkmäler befinden sich in den Beständen des Muzeum Początków Państwa Polskiego [Museums der Anfänge des Polnischen Staates] in Gnesen. Schon früher habe ich auf ihre stilistische Nähe zu ähnlichen Details aufmerksam gemacht, die bei Ausgrabungen in Łekno entdeckt wurden, Leszek Wetesko, Architektura [Architektur], in: Józef Dobosz / Leszek Wetesko / Andrzej Woziński (Hrsg.), Cystersi w średniowiecznej Polsce. Kultura i stztuka. Katalog wystawy. Warszawa 1991, 49–80, hier 53; Ders., Średniowieczna architektura i sztuka w kręgu zakonu cystersów w Polsce [Die mittelalterliche Architektur und Kunst im Umkreis des Zisterzienserordens in Polen], in: Andrzej M. Wyrwa / Jerzy Strzelczyk / Kazimierz Kaczmarek (Hrsg.), Monasticon Cisterciense Poloniae. Dzieje i kultura męskich klasztorów cysterskich na ziemiach polskich i dawnej Rzeczypospolitej od średniowiecza do czasów współczesnych, Bd. 1. Poznań 1999, 213–246, hier 222f., wo ich die Ansicht vertrat, dass die an der Renovierung der Gnesener Kathedrale arbeitende Werkstatt mit hoher Wahrscheinlichkeit auch die Arbeiten im nahegelegenen Łekno übernommen haben dürfte. Das erscheint umso wahrscheinlicher, als der Stifter des Zisterzienserklosters in Łekno – Zbylut aus dem Geschlecht der Pałuken – zusammen mit seiner Familie schon seit langem zu den Anhängern der Juniorherzöge gehörte, und auch die Anwesenheit Mieszkos III. des Alten unter den Zeugen in der Stiftungsurkunde von Łekno scheint von den engen Kontakten dieses Monarchen mit dem Großen zu zeugen. 9 Ihre Existenz können wir auf der Grundlage des Fundes eines aus Kunststein gefertigten kleinen Köpfchens einer nicht näher bestimmten menschlichen Person annehmen. Seine geringen Ausmaße scheinen darauf zu verweisen, dass es sich ursprünglich im Tympanon (?) befunden haben kann. Dieses Objekt befindet sich in den Beständen des Muzeum Początków Państwa Polskiego [Museums der Anfänge des Polnischen Staates] in Gnesen. 10 Während der Ausgrabungsarbeiten wurden Fragmente einer Sandsteinarbeit am Portal entdeckt (Fragmente der Archivolte des Portals und seiner Türverkleidung). Die erhaltenen Relikte können auf die zweite Hälfte des 12. Jahrhunderts datiert werden. Diese Objekte befinden sich in den Beständen des Museums der Anfänge des Polnischen Staates in Gnesen. 11 Chronica Poloniae Maioris. Ed. Brygida Kürbis, in: Monumenta Poloniae Historica NS, Bd. 8. Warszawa 1970, 55.

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schiff bereits abgeschlossen waren. Höchstwahrscheinlich wurden sie schon in den 1180er Jahren durchgeführt, vielleicht aber auch erst im darauffolgenden Jahrzehnt. Geht man von der Möglichkeit eines relativ frühen Beginns der Arbeiten an der neuen Gestalt des Gnesener Doms aus, d. h. vom Anfang der 1170er Jahre, dann kann vermutet werden, dass diese Bauarbeiten ungeachtet der Vertreibung des Seniorherzogs, der als einer der Initiatoren dieser großen Investition angesehen werden kann, fortgeführt worden sein dürften. Die zweite Person, die sich im gleichen Maße für die Renovierung der Kirche engagierte, war ihr Hausherr – der lokale Erzbischof. Während der Abwesenheit des großpolnischen Herzogs konnte er die zuvor begonnenen Arbeiten ohne größere Hindernisse von Seiten der Opponenten des abgesetzten princeps fortführen. Allerdings hat es den Anschein, als sei die gesamte Gnesener Investition erst in den letzten zwanzig Jahren des 12. Jahrhunderts durchgeführt worden, als sich die innere Situation des Landes beruhigt hatte. Die große Revitalisierung der wichtigsten Kirche im Lande schrieb sich auch in die sich damals abzeichnenden Rivalitäten um den Vorrang innerhalb der polnischen Kirche ein. Dieser Konflikt entbrannte zwischen dem von Kasimir dem Gerechten unterstützten Bistum Krakau und dem Erzbistum Gnesen sowie Mieszko III. dem Alten, der letzteres unterstützte. Der Kirchenumbau bildete sicher nur eines der Elemente eines viel größeren Planes zur Erneuerung und Bereicherung der Bebauung der Stadt Gnesen. In derselben Zeit wurde, höchstwahrscheinlich auf Initiative Mieszkos III., nördlich der monumentalen Basilika eine dem hl. Georg gewidmete kleine Kirche errichtet, an der eine Kanonikergemeinschaft ins Leben gerufen wurde.12 Die Ergebnisse der sowohl in diesem Objekt selbst als auch in seiner nächsten Umgebung durchgeführten archäologischen Untersuchungen erlauben es, dieses formal anspruchslose, einschiffige Bauwerk in die zweite Hälfte des 12. Jahrhunderts zu datieren.13 Gleichzeitig konnte diese Kirche die Funktion einer Hofkapelle für die vielleicht nördlich von ihr gelegene herzogliche Residenz erfüllen. Doch sind wir diesbezüglich weiterhin auf Vermutungen angewiesen, weil die archäologischen Untersuchungen bislang keine überzeugenden Belege für die Existenz

12 Die älteste bis in die Gegenwart erhaltene schriftliche Quelle, die die Existenz des Kollegiatstifts bestätigt, ist eine Urkunde Papst Honorius’ III. aus dem Jahre 1220, in der der Kanoniker Sędziwój erwähnt wird; Kodeks dypomatyczny Wielkopolski [Großpolnisches Urkundenbuch], Bd. 1. Ed. Ignacy Zakrzewski. Poznań 1877, Nr. 109: (…) et Sandivori canonici sancti Georgii Gneznensis (…). Zum Gnesener Kapitel Franciszek Kryszak, Kapituła kolegiacka św. Jerzego na zamku gnieźnieńskim [Das Kollegiatskapitel St. Georg in der Gnesener Burg], in: Nasza Przeszł. 24, 1966, 127–133; Stanisław Librowski, Statuty kapituł kolegiackich dawnej archidiecezji gnieźnieńskiej [Die Statuten der Kollegiatskapitel der früheren Diözese Gnesen], in: Archiwa, Biblioteki i Muzea Kościelne 1, 1959, 167–192. 13 Vgl. insbesondere Tadeusz Sawicki, Badania przy kościele św. Jerzego w Gnieźnie [Untersuchungen an der Kirche St. Georg in Gnesen], in: Zofia Kurnatowska (Hrsg.), Gniezno w świetle ostatnich badań archeologicznych. Nowe fakty. Nowe interpretacje. Poznań 2001, 163–186, hier 168.

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einer monarchischen Residenz in nächster Umgebung der St. Georgs-Kirche in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts geliefert haben.14

Der hl. Florian in Krakau und die Gnesener Bronzetür Im Jahre 1183 wurden auf Betreiben von Herzog Kasimir II. und des Krakauer Bischofs Gedko die Reliquien des hl. Florian aus Italien nach Krakau überführt.15 Ägidius, der Bischof von Modena, brachte sie nach Polen.16 Zunächst legte man sie feierlich inmitten der Wawelkathedrale nieder,17 später wurde ein Arm des Heiligen abgetrennt und in das auf Initiative des Herzogs und vielleicht auch des Bischofs errichtete und diesem heiligen Patron gewidmete Kollegiatstift überführt.18 Vermutlich schwebten den beiden Initiatoren der Überführung eines neuen, in Polen noch unbekannten Heiligen unterschiedliche Ziele vor. Für Bischof Gedko war der Besitz heiliger Reliquien in seiner Kathedrale wichtig, weil er nur auf diese Weise den für ihn und für sein Bistum außer14 Tadeusz Sawicki, Z badań nad zamkiem książęcym na Górze Lecha w Gnieźnie [Untersuchungen über den Herzogssitz auf dem Lechberg in Gnesen], in: Kurnatowska, Gniezno (wie Anm. 13), 221–241. Darauf, dass in diesem Teil der Burgsiedlung mit einer ernsthaften Investition begonnen wurde, scheint die von Tomasz Sawicki entdeckte Werkstatt hinzudeuten, in der Keramikplatten hergestellt wurden, sicher zur Verzierung der Mauern; Tomasz Sawicki, Pracownia romańskiej ceramiki architektonicznej na Górze Lecha [Die Werkstatt romanischer Architekturkeramik auf dem Lechberg], in: Kurnatowska, ebd., 187–219. Wenn man die Ikonografie der Figurendarstellungen auf den entdeckten Platten berücksichtigt, dann wurden sie mit dem Gedanken an die Dekorierung von Gebäuden mit weltlichem Charakter vorbereitet. Die archäologische Datierung des Fundes ermöglicht, die Entstehung in die Zeit von der zweiten Hälfte des 12. bis in den Beginn des 13. Jahrhunderts zu legen. Zur Ikonografie Ewa Soroka, Romańskie płytki ceramiczne z Gniezna [Die romanischen Keramikplatten aus Gnesen], in: Gniezno. Studia i Materiały Historyczne 3, 1990, 59–101; Dies., Płytki ceramiczne z dekoracją reliefową [Keramikplatten mit Reliefdekoration], in: Pasiciel, Gniezno (wie Anm. 6), 140–143. 15 Darüber informieren uns zahlreiche Quellenüberlieferungen, die zusammengestellt wurden von Józef Dobosz, Działalność fundacyjna Kazimierza Sprawiedliwego [Die Stiftungstätigkeit Kasimirs des Gerechten]. Poznań 1995, 86–90. 16 Rocznik małopolski [Kleinpolnische Annalen]. Ed. August Bielowski, in: Monumenta Poloniae Historica, Bd. 3. Lwów 1878, 135–202, hier 160 [Codex von Kuropatnicki]: 1183. Corpus beati Floriani Cracoviam est perlatum per Egidium Mutinensem episcopum et a Gethkone honorifice susceptum. Basilicam eius in honorem ante civitatem fundavit. [Lubiner Codex]: Corpus s. Floriani Cracoviam est allatum per Egidium episcopum Mutinensem (et per) episcopum Gothkonem honorifice susceptum. Basilicam in eius honorem extra civitatem (fundavit); Translatio sancti Floriani. Ed. Wojciech Kętrzyński, in: Monumenta Poloniae Historica, Bd. 4. Lwów 1884, 757–762. 17 Translatio sancti Floriani. Ed. Kętrzyński (wie Anm. 16), 758: Cum autem essent ante portas Cracovienses in planiciis campi, ulterius eam nequaquam perducere potuerunt, sicut ipsorum voluntas fuit, ud ecclesiam cathedralem. 18 Ebd., 758. Diese Kirche wurde erst im Jahre 1216 vom Krakauer Bischof Vincentius konsekriert, Dobosz, Działalność fundacyjna (wie Anm. 15), 90.

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ordentlich wichtigen Wettbewerb mit der Gnesener Archikathedrale und mit der dortigen fast zweihundertjährigen Tradition der Anwesenheit der Reliquien des hl. Adalbert aufnehmen konnte. Und Kasimir II. der Gerechte benötigte einen Patron für seinen kleinpolnischen Herrschaftsbereich.19 Nach der Entthronung Władysławs II. im Jahr 1146 änderte sich der Verlauf der Grenzen zwischen den einzelnen Teilfürstentümern, wobei Gnesen der Provinz Mieszkos III. zugeschlagen wurde. Dies führte dazu, dass der jeweilige Senior-Herzog, der nicht gleichzeitig Herzog von Großpolen war, keinen direkten Zugang mehr zu den wichtigsten Reliquien im Staat besaß. Es liegt nahe, dass diese Situation für den Krakauer Herzog prestigemäßig nur schwer zu akzeptieren war. Deshalb schritt Herzog Kasimir sofort nach der Ausweisung Mieszkos III. im Jahre 1179 aus Großpolen20 zur Teilung dieser Provinz – Posen gab er Mieszkos Sohn Odon, während Gnesen den Prinzipatsgebieten hinzugefügt wurde.21 Mit diesem Ereignis lässt sich hypothetisch die Emission der auf Initiative Kasimirs des Gerechten geprägten Münzen zu Ehren des hl. Adalbert in Verbindung bringen.22 Sie fiel in die kurze Zeit seiner unmittelbaren Oberherrschaft über das metropolitane Gnesen und fügte sich, wie die Beispiele früherer Münzen dieses Typs zeigen, in eine gewisse, bereits dynastische Tradition ein.23 Die Emissionen sind ein Beleg für die weiterhin große Bedeutung des Kultes des hl. Adalbert bei den Herzögen, die nacheinander die Herrschaft über die gesamte piastische Domäne ausübten. Der Besitz Krakaus stellte keine hinreichende Bedingung für die Legitimierung der Oberherrschaft

19 Wie die Translatio sancti Floriani (wie Anm. 16) 757 informiert, bestand der Grund dafür, die Reliquien des hl. Florian nach Krakau zu holen, darin, dass Bischof Gedko in seinem Bistum keinen Heiligen besaß: Sed ille cum magna humilitate grates referens domino apostolico pro impensis beneficiis, respondi per nuncios, se in bonis temporalibus habundare, sed solum sibi hoc deesse, quod in episcopatu sue ecclesie nullum habent sanctum, huius regni patronum et protectorem et ut ei aliquem de sanctis daret, supplicavit. 20 Chronica Poloniae Maioris. Ed. Kürbis (wie Anm. 11), 57f.: Qui anno Domini MoCLXXIXo pene ab omnibus deserus patrie simul excedit fugatu et regno cum uxore et tribus filii Rathiboriensi contentus oppidulo; vgl. auch die kurze Erwähnung in Rocznik kapituły poznańskiej [Annalen des Posener Kapitels]. Ed. Brygida Kürbis, in: Monumenta Poloniae Hictorica NS, Bd. 6. Warszawa 1962, 21–78, hier 24: 1179. Item M° centesimo LXXoIXo Mesco antiquus fugatur. 21 Magistri Vincentii dicti Kadłubek Chronica Polonorum. Ed. Marian Plezia, in: Monumenta Poloniae Historica NS, Bd. 11. Kraków 1994, IV, 8: Nam Gnesnensem provinciam, quac est omnium apud Lechitas metropolis, cum suffrageneis undique municipiis, proprii principatus corpori connectit. 22 Kazimierz Stronczyński, Dawne monety polskie dynastyi Piastów i Jagiellonów [Alte polnische Münzen der Piasten- und der Jagiellonendynastie], Bd. 2. Piotrków 1884, 195. 23 Die dem hl. Adalbert gewidmete Münze emittierte Władysław II. der Vertriebene, Stronczyński, Dawne monety (wie Anm. 22), 79. Ähnlich auch Bolesław IV. Kraushaar, vgl. Ryszard Kiersnowski, O brakteatach z czasów Bolesława Krzywoustego i roli kultu św. Wojciecha [Über die Brakteaten aus der Zeit Bolesław Schiefmunds und die Rolle des Kultes des hl. Adalbert], in: Wiadomości Numizmatyczne 3, 1959, 147–167, hier 161.

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über das gesamte Land dar. Unerlässlich war immer noch Gnesen mit seiner Geschichte und Legende sowie dem Grab des heiligen Märtyrers. Die Anwesenheit Kasimirs des Gerechten in der ältesten Hauptstadt Polens währte jedoch nicht lange. Der aus Polen vertriebene Mieszko III. kehrte verhältnismäßig schnell in sein Land zurück und entzog – nachdem er Gnesen wiedererlangt hatte24 – seinem jüngeren Bruder erneut den Zugang zum Sanktuarium des hl. Adalbert. Der einzige Ausweg, der das Problem des Fehlens eines heiligen Patrons effektiv lösen konnte, bestand in der Aufnahme von Bemühungen, die Reliquien eines anderen Schutzheiligen nach Krakau zu holen, der nur für diese Stadt und die sich dort befindende Kathedrale bestimmt war. Die Überführung der Reliquien des hl. Florian auf Initiative Herzog Kasimirs II. und des Krakauer Bischofs Gedko aus Italien in die kleinpolnische Hauptstadt schuf eine völlig neue Situation im Staat und in der polnischen Kirche. Damit war ein neues Kultzentrum entstanden, das dank der Protektion der an seiner Entwicklung interessierten Personen – des princeps und des Bischofs – mit der Zeit zu einem mit Gnesen konkurrierenden Ort werden konnte. Dass Kasimir II. und Gedko diesbezüglich ernsthafte Absichten hegten, darauf verweist die Tatsache, dass der Krakauer Hof jährliche Feierlichkeiten zur Ehre des hl. Florian organisierte, denen eine außerordentlich reiche Umrahmung verliehen wurde.25 Bereits im Jahre 1184 erlangten sie den sehr hohen Rang eines festum fori.26 Unabhängig von den Versuchen, den Kult eines neuen Heiligen auf polnischem Boden zu etablieren – mit Krakau als seinem Zentrum –, unternahm der Krakauer Bischof Schritte, die den Rang seines Bistums in der polnischen Kirche heben sollten. Im Jahre 1186 erlangte er von Papst Urban III. eine Bulle, in welcher der Heilige Stuhl den Krakauer Bischöfen den ersten Platz nach dem Metropoliten zusicherte.27 Wenn wir diesen Schritten dann noch den Versuch hinzufügen, eine neue Sicht der Geschichte des Staates zu kreieren, wie ihn Magister Vincentius auf den Seiten seiner Chronica Polonorum unternahm,28 in der Großpolen als geografisch-historischer Raum für die sich in 24 Chronica Poloniae Maioris. Ed. Kürbis (wie Anm. 11), 61; Stronczyński, Dawne monety (wie Anm. 22), 143. 25 Magistri Vincentii Chronica. Ed. Plezia (wie Anm. 21), IV, 12. 26 Henryk Wąsowicz, Kalendarz ksiąg liturgicznych Krakowa do połowy XVI wieku. Studia chronologiczno-typologiczne [Das Kalendarium der liturgischen Bücher Krakaus bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts. Eine chronologisch-typologische Studie]. Lublin 1995, 368. 27 Kodeks dyplomatyczny katedry krakowskiej św. Wacława [Urkundenbuch der Krakauer St. Wenzels-Kathedrale], Bd. 1. Ed. Franciszek Piekosiński. Kraków 1874, Nr. 3. 28 Zur Chronica Polonorum des Magisters Vincentius und ihrer Botschaft vgl. Mistrz Wincenty (tzw. Kadłubek), Kronika polska [Magister Vincencius (genannt Kadłubek), Polnische Chronik]. Übers. und Bearb. Brygida Kürbis. Wrocław 1992, LVIII–LXXXII; Janusz Bieniak, Mistrz Wincenty o współczesnych mu Piastach [Magister Vincentius über die Piasten seiner Zeit], in: Krystyna Zielińska-Melkowska (Hrsg.), Europa Środkowa i Wschodnia w polityce Piastów. Toruń 1997, 33–52; Edward Skibiński, Mieszko czy Kazimierz? W sprawie sporu o inspiratorze mistrza Wincentego [Mieszko oder Kasimir? Zur Frage des Streits über den Inspirator von Ma-

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der Vergangenheit abspielenden Ereignisse keine Rolle mehr spielte,29 dann zeichnet sich ein Bild der Aktivitäten zugunsten einer radikalen Infragestellung der politischen und ideologischen Bedeutung dieser Provinz ab. Diese Aktivitäten wurden sowohl für Herzog Mieszko III. selbst als auch für die großpolnische Kirche zu einer ernsthaften Herausforderung.30 Denn sie stellten einen Angriff auf die historische Identität der Gebiete an der Warthe dar und waren noch dazu für den gesamten piastischen Staat gefährlich. Angesichts von dessen langsam fortschreitender Desintegration führten sie zur Herabminderung der Bedeutung und des Wertes eines der letzten, allen Teilfürstentümern gemeinsamen Symbols der Einheit und der großen Geschichte des Staates und der Kirche – der Person des hl. Adalbert. Deshalb ist es auch nicht verwunderlich, dass Herzog Mieszko der Alte sowie der Gnesener Erzbischof sich der von den politischen und kirchlichen Kreisen Kleinpolens erhobenen Herausforderung stellten und nach einem unanfechtbaren, symbolischen Trumpf griffen – den die Person des heiligen Märtyrers sowohl für die ihrer Geschichte bewussten Eliten als auch für das ungebildete Volk darstellte.31 Sicher um die Mitte der 1180er Jahre wurde im Auftrag des Herzogs und des lokalen Erzbischofs im Gnesener Kathedralmilieu – gewiss mit wesentlicher Beteiligung der Zisterziensermönche aus dem nahegelegenen Łekno – mit den Arbeiten zur bildlichen Konzeption jener monumentalen Bronzetür begonnen, deren Stiftung von Herzog Mieszko III. und dem Gnesener Erzbischof bereits für die frisch restaurierte Kathedrale beabsichtigt worden war. In ideologischer Hinsicht beinhaltete das vorbereitete Projekt eine Verbindung von Geschichte und Legende, von Theologie und Politik. Es entstand ein vorzüglich in der Tradition verwurzeltes Werk, das zugleich eine Antwort auf die Bedürfnisse seiner Auftraggeber darstellte.32 Seine Außergewöhnlichkeit und Originali-

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gister Vincentius], in: Jerzy Strzelczyk / Józef Dobosz (Hrsg.), Nihil superfluum esse. Studia z dziejów średniowiecza ofiarowane Profesor Jadwidze Krzyżaniakowej. Poznań 2000, 167–174. Magistri Vincentii Chronica. Ed. Plezia (wie Anm. 21), II erwähnt in der Schilderung der zu Beginn der polnischen Staatlichkeit stattfindenden Ereignisse kein einziges Mal Großpolen als Raum, in dem sich diese abspielten. Auf den Zusammenhang zwischen dem Versuch, in Krakau den Kult des hl. Florian zu etablieren, und der Stiftung der Gnesener Bronzetür hat als erster hingewiesen Leszek Wetesko, Maior Polonia Sacra. Sztuka sakralna w średniowieczej Wielkopolsce. Historia pewnych tematów. Katalog wystawy [Maior Polonia Sacra. Die sakrale Kunst im mittelalterlichen Großpolen. Zur Geschichte bestimmter Themen. Ausstellungskatalog]. Gniezno 1997, 15 sowie Ders., Średniowieczna katedra gnieźnieńska jako miejsce koronacyjne i wotywne [Die mittelalterliche Gnesener Kathedrale als Krönungs- und Votivort], in: Stanisław Pasiciel (Hrsg.), Gniezno mater Ecclesiarum Poloniae. Katalog wystawy. Gniezno 2000, 79–96, hier 86. Kazimierz Śmigiel, Historyczna rola św. Wojciecha [Die historische Rolle des hl. Adalbert], in: Ders. (Hrsg.), Święty Wojciech w tradycji i kulturze europejskiej. Gniezno 1992, 163–176. Dieser Problematik wurden viele vorzügliche Arbeiten gewidmet. Zu den wichtigsten gehören: Aleksander Gieysztor, Drzwi Gnieźnieńskie jako wyraz polskiej świadomości narodowościowej XII wieku [Die Gnesener Bronzetür als Ausdruck des polnischen Nationalbewusstseins im 12. Jahrhundert], in: Michał Walicki (Hrsg.), Drzwi Gnieźnieńskie, Bd. 1. Wrocław 1956, 1-19; Lech

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tät ist insbesondere in der Gesamtgestaltung, aber auch in den einzelnen Bildszenen erkennbar, die sowohl den bekannten literarischen Viten des hl. Adalbert entstammten als auch Motive exponierten, die von deren Autoren höchstens am Rande, zum Teil auch gar nicht behandelt worden sind.33 Das ikonografische Programm der Gnesener Bronzetür ist über alle Maßen originell und einmalig, weil es in einem konkreten Moment der Geschichte vorbereitet wurde und eine ihm damals gestellte konkrete Aufgabe erfüllen sollte. Daher ist kaum zu erwarten, dass wir ein literarisches Vorbild für sie finden werden.34 Kalinowski, Treści ideowe i estetyczne Drzwi Gnieźnieńskich [Die ideologischen und ästhetischen Inhalte der Gnesener Bronzetür], in: Michał Walicki (Hrsg.), Drzwi Gnieźnieńskie, Bd. 2. Wrocław 1959, 7–160; Janusz Stanisław Pasierb, Ideologia kościelna i państwowa w ikonografii Drzwi Gnieźnieńskich [Die kirchliche und staatliche Ideologie in der Ikonografie der Gnesener Bronzetür], in: Studia Theologica Varsaviensis 4, 1966, 2, 47–72; Ders., Próba syntezy treści ideowych Drzwi Gnieźnieńskich [Versuch einer Synthese der ideologischen Inhalte der Gnesener Bronzetür], in: Biul. Hist. Szt. 30, 1968, 240–242; Bernd Mohnhaupt, Typologische strukturierte Heiligenzyklen: Die Adalbertsvita der Gnesener Bronzetür, in: Gottfried Kerscher (Hrsg.), Hagiographie und Kunst. Der Heiligenkult in Schrift, Bild und Architektur. Berlin 1993, 357–368; Adam S. Labuda, Drzwi brązowe [Die Bronzetür], in: Pasiciel, Gniezno (wie Anm. 6), 123–126; Tomasz Węcławowicz, Drzwi Gnieźnieńskie. Rozważania na temat symboliki „przejścia“ i warstw znaczeniowych [Die Gnesener Bronzetür. Betrachtungen zur Symbolik des „Übergangs“ und der einzelnen Bedeutungsschichten], in: Zofia Kurnatowska (Hrsg.), Tropami świętego Wojciecha. Poznań 1999, 257–281; Tomasz Ginter, Wątki hagiograficzne św. Wojciecha w ikonografii Drzwi Gnieźnieńskich [Hagiografische Motive des hl. Adalbert in der Ikonografie der Gnesener Bronzetür], in: Kwart. Hist. 108, 2001, 4, 17–46; Maria Starnawska, Drzwi Gnieźnieńskie a konflikty polityczne w Polsce w ostatniej ćwierci XII w. [Die Gnesener Bronzetür und die politischen Konflikte in Polen im letzten Viertel des 12. Jahrhunderts], in: Stanisław Rosik / Przemysław Wiszewski (Hrsg.), Imago narrat. Obraz jako komunikat w społeczeństwach europejskich. Wrocław 2002, 263–291. 33 Adam S. Labuda, Czytanie Drzwi Gnieźnieńskich – przekaz i język obrazu [Das Lesen der Gnesener Bronzetür – ihre Botschaft und Bildsprache], in: Kurnatowska, Tropami świętego Wojciecha (wie Anm. 32), 239. 34 Vgl. Jadwiga Karwasińska, Drzwi Gnieźnieńskie a rozwój legendy o biskupie Wojciechu [Die Gnesener Bronzetür und die Entwicklung der Legende über den Bischof Adalbert], in: Walicki, Drzwi Gnieźnieńskie, Bd. 1 (wie Anm. 32), 20–41; Gerard Labuda, Reminiscencje Pasji św. Wojciecha z Tegernsee (około 1025) w scenach jego żywota na Drzwiach Gnieźnieńskich (około 1180] [Reminiszenzen der Passion des hl. Adalbert aus Tegernsee (um 1025) in den Szenen seiner Vita auf der Gnesener Bronzetür (um 1180)], in: Homines et societas. Czasy Piastów i Jagiellonów. Poznań 1997, 53–63; Ders., Nad legendą o św. Wojciechu „Tempore illo“. Analiza źródłoznawcza [Zur Legende des hl. Adalbert „Tempore illo“. Eine quellenkundliche Analyse], in: Feliks Lenort / Konrad Lutyński (Hrsg.), Ecclesia posnaniensis. Opuscula Mariano Banaszak setuagenario dedicata. Poznań 1998, 11–31; Ders., Święty Wojciech. Biskup – męczennik, patron Polski, Czech i Węgier [Der heilige Adalbert. Bischof und Märtyrer, Patron Polens, Böhmens und Ungarns]. Wrocław 2000, 274–281; Ders., Święty Wojciech chrzci na Drzwiach Gnieźnieńskich poganina – Prusa czy Polanina? [Auf der Gnesener Bronzetür tauft der hl. Adalbert einen Heiden – einen Pruzzen oder einen Polanen?], in: Wojciech Iwańczak (Hrsg.), Ludzie, Kościół, wierzenia. Studia z

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Bronzetür der Gnesener Kathedrale, zweite Hälfte 12. Jahrhundert

Für die narrative Konzeption des Gnesener Werkes gingen seine Autoren von der hagiografischen Tradition der Illustration von Heiligenleben aus, wie sie sich mit großem Erfolg seit fast zweihundert Jahren u. a. in der Buchmalerei entwickelt hatte.35 Allerdings war der Gedanke, Legenden aus dem Leben eines Heiligen auf einer Brondziejów kultury i społeczeństwa Europy Środkowej (średniowiecze – wczesna epoka nowożytna). Warszawa 2001, 71–78; Ryszard Grzesik, Literackie wzorce ikonografii Drzwi Gnieźnieńskich [Literarische Vorbilder der Ikonografie der Gnesener Bronzetür], in: StŹrodł 36, 1997, 1–7. 35 Piotr Skubiszewski, La porta della cattedrale di Gniezno, in: Salvatorino Salomi (Hrsg.), Le porte di bronzo dall´antichità al. Secolo XIII. Roma 1990, 247–270, hier 256.

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zertür darzustellen, bis dahin ohne Beispiel. Im Kreis der Kultur des lateinischen Europa wurden Heiligengestalten an solcher Stelle nur außerordentlich selten präsentiert.36 In der Regel war die Tür für biblische Darstellungen reserviert, welche die Geschichte der Schöpfung und der Erlösung illustrierten.37 Das Gewicht und das beschränkte Repertoir der Bilder, die auf Kirchentüren angebracht werden konnten, resultierten bereits aus ihrem Symbolcharakter. „Die mittelalterlichen Kirchentüren erfüllten in ikonografischer und ikonologischer Hinsicht Funktionen der Initiation und Promulgation und wurden zum Ort von Aussagen mit dem Charakter feierlicher ideologischer Proklamationen.“38 Genau mit einer solchen Situation haben wir es im Falle der Gnesener Bronzetür zu tun. Ihr außergewöhnlich ausgebautes ikonografisches Programm, das Rezipienten ganz unterschiedlichen Niveaus in Abhängigkeit von ihrem Bildungsgrad ansprach,39 kann als eine Art Manifest verstanden werden, das gegen die Anhänger einer Desintegration des Staates und Infragestellung des Ortes und der Rolle Großpolens und der hiesigen Kirche in dessen Geschichte gerichtet war. Den immer stärker werdenden lokalen Partikularismen widersetzte man sich durch die Belebung und Stärkung des damals einzigen überregionalen Kultes auf polnischem Boden.40 Anlässlich der Präsentation der Vita des heiligen Märtyrers wurde an die Zeiten der Größe des polnischen Staates und die Person seines schon damals legendären Herrschers Bolesław des Tapferen erinnert.41 Einige der auf den einzelnen Feldern der Bronzetür dargestellten Ereignisse spielten sich an geografisch konkreten Orten ab, auch in Großpolen. Sie allen Besuchern der Gnesener Archikathedrale in Erinnerung zu rufen, konnte sich als ein wirksames Mittel gegen eine solche Sicht der Ereignisse aus der Geschichte Polens erweisen, welche ihren Ort überging, wie diese auf den Seiten der in politischen und

36 Heiligengestalten erscheinen auf der Tür der Kathedrale San Zeno in Verona (der hl. Zenon) sowie in der Kirche San Michele in Monte Sant´Angelo (Engelsgestalten in Szenen aus dem Alten und Neuen Testament sowie der hl. Laurentius Maioranus, der Erzbischof von Sipontum). In beiden angeführten Beispielen erscheinen die Gestalten der Heiligen vor dem Hintergrund der auf beiden Türflügeln präsentierten Ereignisse aus dem Alten und Neuen Testament oder neben ihnen. Die Gnesener Bronzetür stellt das einzige uns heute bekannte Denkmal romanischer Kunst auf dem Territorium des latenischen Europa dar, auf dem ausschließlich die Vita eines Heiligen dargestellt wurde. 37 Ursula Mende / Albert Hirmer / Irmgard Hirmer, Die Bronzetüren des Mittelalters 800–1200. München 1983, 16f.; Ryszard Knapiński, Credo Apostolorum w romańskich Drzwiach Płockich [Das Credo Apostolorum auf der romanischen Tür von Płock]. Płock 1992, 42–44. 38 Pasierb, Próba syntezy (wie Anm. 32), 240. 39 Zdzisław Kępiński, Symbolika Drzwi Gnieźnieńskich [Die Symbolik der Gnesener Bronzetür], in: Walicki, Drzwi Gnieźnieńskie, Bd. 2 (wie Anm. 32), 161–283. 40 Vgl. Gerard Labuda, Św. Wojciech w działaniu, w tradycji i w legendzie [Der hl. Adalbert in Aktion, Tradition und Legende], in: Śmigiel, Święty Wojciech (wie Anm. 31), 89f. 41 Galli Anonymi cronicae et gesta ducum sive principum Polonorum. Ed. Karol Maleczyński, in: MPH NS, Bd. 2. Krakau 1952, I, 6–16.

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kirchlichen Kreisen Kleinpolens entstandenen Chronica Polonorum des Magisters Vincentius präsentiert wurde.42 Ihre definitive künstlerische Gestalt erhielt die theoretische Vision des künftigen Meisterwerks, die sicher im intellektuellen Milieu der Archikathedrale entstand, von Meistern der Bronzegusskunst aus einer Werkstatt, die aus dem Gebiet des Reiches nach Gnesen geholt wurde. Die formale Seite des fertigen Werkes scheint davon zu zeugen, dass dazu Meister beigetragen haben, die entweder in unterschiedlichen künstlerischen Kreisen ausgebildet worden oder aber mit den Errungenschaften der an der Maas, in Bayern, aber auch in Sachsen tätigen Künstler hervorragend vertraut waren.43 Es ist anzunehmen, dass beide Türflügel an Ort und Stelle, d. h. in Gnesen, gegossen wurden. Denn neben Argumenten logistischer Natur wäre es wohl sehr schwierig gewesen, ein Werk dieser Größe aus dem Rheinland, aus Bayern oder Sachsen an seinen Bestimmungsort zu bringen. Darauf scheinen auch gewisse von den Meistern verwendete Formen mit heimischem Charakter zu verweisen (z. B. die Physiognomie mancher Gestalten – der Pruzzen, der Bewaffnung etc.). Ihr Vorkommen auf der Bronzetür zeugt davon, dass auf die definitive Gestalt des Werkes auch Beobachtungen Einfluss hatten, die die Künstler bereits am Ort ihrer Arbeit machten. Die Gnesener Bronzetür knüpft in ihrer Stilistik an formale Lösungen an, denen wir in Kunstwerken begegnen, die in Bayern und an der Maas in der zweiten Hälfte 1170er Jahre entstanden sind.44 Daher meinen manche Gelehrte, die obere, unüberschreitbare Grenze der Entstehung der Gnesener Bronzetür bilde das Jahr 1180.45 Allerdings kann ein Argument ästhetisch-stilistischer Natur wohl nicht als eindeutig und definitiv ent42 Vgl. Janusz Bieniak, Polska elita polityczna XII wieku. Część III.D: Arbitrzy książąt – zmierzch [Die polnische politische Elite des 12. Jahrhunderts. Teil III.D: Arbiter der Fürsten – der Untergang], in: Społeczeństwo Polski średniowiecznej 9, 2001, 9–53, hier 23. 43 Zum Herkunftsort der Werkstatt, die die Gnesener Bronzetür angefertigt hat, haben sich schon viele Gelehrte geäußert, vgl. Kazimierza Furmankiewiczówna, Drzwi gnieźnieńskie [Die Gnesener Bronzetür], Sprawozdanie Polskiej Akademii Umiejętności 25, 1920, Nr. 8, 3–11; Dies., La porte de bronze de la cathédrale de Gniezno, in: Gazette des Beaux-Arts 63, 1921, 361–370; Marian Morelowski, Drzwi gnieźnieńskie, a rękopisy leodyjskie w Berlinie i Brukseli [Die Gnesener Bronzetür und die Lütticher Manuskripte in Berlin und Brüssel], in: Prace i Materiały Sekcji Historii Sztuki Towarzystwa Przyjaciół Nauk w Wilnie 1, 1935, 407–465; Ders., Drzwi Gnieźnieńskie, ich związki ze sztuką obcą a problem rodzimości [Die Gnesener Bronzetür, ihre Verbindungen mit der ausländischen Kunst und das Problem der heimischen Herkunft], in: Walicki, Drzwi Gnieźnieńskie, Bd. 1 (wie Anm. 32), 42–100; Michał Walicki, Dekoracja architektury i jej wystrój artystyczny [Die Dekorierung der Architektur und ihre künstlerische Ausschmückung], in: Ders. (Hrsg), Sztuka polska przedromańska i romańska do schyłku XIII wieku, Bd. 1. Warszawa 1971, 195–245, hier 228–230. Besonders wichtig ist Skubiszewski, Porta (wie Anm. 35). 44 Kalinowski, Treści ideowe i estetyczne (wie Anm. 32), 290; Piotr Skubiszewski, L´art. Mosan et la Pologne à l´Époque romane. Problématique des recherches, in: Rapports historiques et artistiques entre les pays et la Pologne, du XIe au début du XIIIe siècle. Liége 1981, 27–81; Ders., Porta (wie Anm. 35), 248–256; Labuda, Drzwi brązowe (wie Anm. 32), 126. 45 Morelowski, Drzwi Gnieźnieńskie (wie Anm. 32), 66; Skubiszewski, Porta (wie Anm. 35), 268–270.

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scheidend für die Frage der Chronologie dieses Kunstwerkes anerkannt werden, dürfte diese Stiftung doch vor allem propagandistischen Charakter gehabt haben. Selbst wenn dem bis zum Ende der 1170er Jahre entstandenen Werk eine aus westeuropäischer Sicht bereits verspätete künstlerische Form verliehen wurde, mochte ihr Erscheinen auf polnischem Boden zu diesem Zeitpunkt doch noch immer als ein avantgardistisches Ereignis gelten. Die durch ihre intellektuelle und ideologische Botschaft imponierende und beispiellose Stiftung zeigt deutlich, dass die großpolnischen Eliten der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts ein Milieu bildeten, in dem man sich die Mühe historischer Selbstreflexion machte. Ein beredter Beleg für das Vorhandensein eines historischen Bewusstseins in der damaligen Gnesener Kirche und am herzoglichen Hof sowie der Respektierung der Andenken der Vergangenheit ist die Tatsache der Einführung eines Achatbechers aus dem 10. Jahrhundert in die Liturgie, der der Tradition gemäß allgemein mit der Person des hl. Adalbert verbunden war. In derselben Zeit, als die Gnesener Bronzetür entstand, wurde dieser Becher in Gold gefasst46 und der neuen Funktion eines eucharistischen Gefäßes angepasst. Mit hoher Wahrscheinlichkeit war dies das Werk eines der fremden Meister, die auch die monumentale Bronzetür der St. AdalbertKathedrale gegossen haben. Darauf scheint das dekorative, flach eingravierte Ornament hinzudeuten, mit dem der abgeflachte Nodus bedeckt wurde. Es stellt pflanzliche Rankengeflechte dar, zwischen denen sich die Gestalt eines Mannes in antikisierender Tunika sowie ein Löwe und ein Kranich befinden. Diese Dekoration weist enge stilistische Verbindungen mit den Motiven auf, die sich auf den Bordüren der Gnesener Bronzetür finden.47 In den 1190er Jahren wurde im Inneren der Gnesener Kathedrale auch eine neue Konfession des heiligen Märtyrers errichtet. Darauf verweisen archäologische Befunde, die jedoch kein Urteil über ihre Gestalt erlauben.48 So ergibt sich eine aus der historischen Reflexion resultierende, durchdachte, logisch und ideologisch stimmige Antwort: die Reaktion Großpolens auf jene Aktivitäten politischer und kirchlicher Kreise Krakaus in der zweiten Hälfte der 1180er Jahr, die auf eine Untergrabung der Bedeutung und Rolle Gnesens in Staat und Kirche abzielten. Dass sich die Gegenaktion des großpolnischen Herzogs und des Gnesener Erzbischofs 46 Zygmunt Świechowski, Königin Richeza von Polen und die Beziehungen polnischer Kunst zu Köln im 11. Jahrhundert, in: Kölner Domblatt 40, 1975, 46f.; Piotr Skubiszewski, Eine Gruppe romanischer Goldschmiedearbeiten in Polen (Trzemeszno, Czerwińsk), in: Jahrbuch der Berliner Museen 22, 1980, 35–90, hier 42f.; 71–74; Ders., Kielich agatowy tzw. św. Wojciecha [Der sog. St. Adalbert-Achatbecher], in: Przemysław Mrozowski / Artur Badach (Hrsg.), Ornamenta Ecclesiae Poloniae. Skarby sztuki sakralnej, wiek X–XVIII. Warszawa 1999, 68; Michał Woźniak, Kielich mszalny, tzw. kielich św. Wojciecha [Der als Kelch des hl. Adalbert angesehene Messkelch], in: Pasiciel, Gniezno (wie Anm. 6), 114–116. 47 Zygmunt Świechowski, Sztuka polska. Romanizm [Polnische Kunst. Romanik]. Warszawa 2004, 332–334. 48 Darauf scheinen die Ergebnisse archäologischer Untersuchungen hinzudeuten, vgl. Janiak, Problematyka (wie Anm. 1), 116.

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als erfolgreich erwies, belegt das Fiasko des Projekts, den hl. Florian zum Patron des Teilfürstentums Krakau-Sandomir und vielleicht in fernerer Absicht auch zum neuen Patron Polens zu erheben.49 Der von Kasimir II. und Bischof Gedko mit großem Schwung initiierte Kult dieses heiligen Märtyrers konnte sich nie über die lokalen Grenzen hinaus ausbreiten.

Die Stiftung liturgischer Geräte Die monumentale Gnesener Bronzetür ist nicht das einzige Kunstwerk, dessen Entstehung mit der nächsten Umgebung Herzog Mieszkos III. des Alten und möglicherweise auch mit seiner Person selbst in Verbindung gebracht werden kann. In Kenntnis der allgemein verbreiteten Praxis jener Zeit können wir vermuten, dass der großpolnische Herzog, so wie es andere Herrscher auch taten, die Kirchen mit wertvollen Paramenten und Büchern beschenkte. Seiner Stiftungsinitiative können wir mit hoher Wahrscheinlichkeit das Ensemble romanischer Kelche zuschreiben, das sich später in der Gnesener Kathedrale (der so genannte Königskelch), den Klöstern der Regularkanoniker in Trzemeszno (Kelch und Patene) und in Czerwińsk (ein Kelch, sicher auch zusammen mit der nichterhaltenen Patene) sowie im Ordenshaus der Zisterzienser in Ląd (Patene und verlorengegangener Kelch) befanden.50 Unter diesen Werken weckt eines besondere Aufmerksamkeit – der sogenannte königliche Kelch, der in der Kirche von Trzemeszno bis heute erhalten geblieben und eines der vorzüglichsten Werke romanischer Goldschmiedekunst in Europa ist. Sein ursprünglicher Bestimmungsort dürfte sicherlich die Gnesener Kathedrale gewesen sein. Dafür scheint die außerordentliche Ikonografie der figuralen Darstellungen zu sprechen, die der Künstler auf Schale und Fuß anbrachte und die er den ‚Büchern Samuel‘ und den ‚Büchern der Könige‘ des Alten Testaments entnahm. Die zwölf Darstellungen bilden eine spezifische Illustration der Geschichte Israels, „gesehen durch die Taten der Könige und Propheten des Alten Bundes.“51 Als Ergänzung und 49 Kazimierz Dobrowolski, Dzieje kultu św. Floriana w Polsce do połowy XVI w. [Die Geschichte des St. Florian-Kultes in Polen bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts]. Warszawa 1923, 32f. 50 In der bisherigen Literatur ist Mieszko III. mit dem gesamten Satz der für das Zisterzienserkloster in Ląd gestifteten liturgischen Gefäße in Zusammenhang gebracht worden; von ihm ist nur die Patene mit Mieszkos Bildnis und – mit einer starken Dosis Vorsicht – auch der so genannte Königskelch bis in unsere Zeit erhalten geblieben; vgl. Skubiszewski, Gruppe (wie Anm. 46); Ders., Programy obrazowe kielichów i paten romańskich [Die Bildprogramme der romanischen Kelche und Patenen], in: Roczniki Historii Sztuki 13, 1981, 9–24, Nr. 65; Ders., Die Bildprogramme der romanischen Kelche und Patenen, in: Metallkunst von der Spätantike bis zum ausgehenden Mittelalter. Wissenschaftliche Konferenz anlässlich der Ausstellung „Spätantike und Frühbyzantinische Silbergefaesse aus der Staatlichen Ermitage Leningrad“, Schloss Koepenick, 20. und 21. März 1979. Berlin 1982, 199–213. 51 Skubiszewski, Programy (wie Anm. 50), 77.

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zugleich als Kommentar zu den zwölf Szenen aus dem Leben der Propheten und Könige des Alten Testaments dient die Aufschrift auf dem Becherrand. Sie erlaubt nach Tadeusz Dobrzeniecki eine hypothetische Bestimmung des Kelches als Gefäß für heilige Öle, wie sie bei der Salbung des Herrschers während der Königsweihe verwendet wurden. 52 Der Ort, an dem das außerordentlich interessante ikonografische Programm dieses herausragenden Werkes der Goldschmiedekunst entstand, mag Gnesen gewesen sein. Der dort um die Kathedrale versammelte Klerus verfügte über das unerlässliche intellektuelle Potential, das zur Schaffung des entsprechenden ideologischen Modells erforderlich war. Ein Beispiel für die in jener Zeit außergewöhnliche Gelehrsamkeit eines Vertreters dieser Kreise liefert uns Magister Vincentius in seiner Chronica Polonorum in Gestalt der vor dem Herzog Kasimir dem Gerechten gehaltenen Verteidigungsrede des Erzbischofs Piotr, in der sich dieser für den in Krakau eingekerkerten Sohn Mieszkos des Alten einsetzte. Der Metropolit führt darin viele Beispiele der edlen Haltung von Siegern gegenüber Besiegten an, die der Geschichte des antiken Griechenlands, des Alten Roms sowie biblischen Texten, darunter des Alten Testaments, entnommen sind.53 Das von Magister Vincentius geschilderte Ereignis zeugt von der Gelehrsamkeit des Gnesener Hierarchen. Es darf angenommen werden, dass er nur einer von vielen anderen Intellektuellen war, die der Gnesener Kirche und Herzog Mieszko III. mit ihrem Wissen dienten. Wie Piotr Skubiszewski gezeigt hat, entstand das Bildprogramm des Kelches auf der Basis von Ansichten, die in jenem intellektuellen Milieu verbreitet waren, das Hugo von St. Viktor hervorbrachte, den Schöpfer einer neuen Exegese und Mitschöpfer der neuen historischen Theologie, oder Gerhoch von Reichersberg, den großen Befürworter der Wiederherstellung eines Gleichgewichts zwischen regnum und sacerdotium.54 Diese Vision gewann in Polen gegen Ende des 12. Jahrhunderts immer mehr Anhänger,55 und ihre Krönung bildete die spätere Reform der Kirche, die von Erzbischof Heinrich Kietlicz durchgeführt wurde.56 52 Tadeusz Dobrzeniecki, Królewski kielich konoracyjny z Trzemeszna (Opracowanie wstępne) [Der königliche Krönungskelch aus Trzemeszno (Eine einführende Studie)], in: Danuta Gawinowa (Hrsg.), Kultura średniowieczna i staropolska. Studia ofiarowane Aleksandrowi Gieysztorowi w pięćdziesięciolecie pracy naukowej. Warszawa 1991, 241–250, hier 249. Am häufigsten wird dem so genannten Königskelch jedoch die Funktion eines eucharistischen Gefäßes zugeschrieben, so u. a. Piotr Skubiszewski, The Iconography of a Romanseque Chalice from Trzemeszno, in: Journal of the Warburg and Courtau Institutes 34, 1971, 40–64; mit Dobrzenieckis Hypothese polemisiert Marek Derwich, Czy znamy kielich koronacyjny królów poźnośredniowiecznej Polski? Uwagi na marginesie pracy T. Dobrzenieckiego „Królewski kielich koronacyjny z Trzemeszna“ [Kennen wir den Krönungskelch der Könige des spätmittelalterlichen Polens? Randbemerkungen zu T. Dobrzenieckis Arbeit „Der königliche Krönungskelch aus Trzemeszno“], in: Kwart. Hist. Kult. Mater. 40, 1992, 557–561. 53 Erzbischof Peter erinnert an Elias und den von diesem zum Leben wiedererweckten Sohn der Sunamitin; diese Personen kommen höchstwahrscheinlich auch auf einer der auf dem „Königskelch“ befindlichen Szenen vor; Magistri Vincentii Chronica. Ed. Plezia (wie Anm. 21), IV, 17. 54 Skubiszewski, Programy (wie Anm. 50), 81. 55 Józef Dobosz, Arcybiskup Janik i jego następcy. Przygotowanie do reformy Henryka Kietlicza [Erzbischof Janik und seine Nachfolger. Die Vorbereitung auf die Reform von Heinrich Kietlitz], in: Jerzy

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Der so genannte ‚Königskelch‘ aus der Klosterkirche von Trzemeszno, letztes Viertel 12. Jahrhundert

Strzelczyk / Janusz Górny (Hrsg.), 1000 lat Archidiecezji Gnieźnieńskiej. Gniezno 2000, 81–96. 56 Jerzy Wyrozumski, Pontyfikat arcybiskupi i reformy Henryka Kietlicza [Das erzbischöfliche Pontifikat und die Reformen des Heinrich Kietlitz], in: Strzelczyk / Górny, 1000 lat (wie Anm. 56), 97–105.

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Der sogenannte Königskelch ist nicht das einzige Werk der Goldschmiedekunst, das auf Bestellung Mieszkos des Alten entstanden sein dürfte. Der Initiative dieses Herrschers können wir auch die Stiftung liturgischer Gerätschaften für zwei Klöster der Regularkanoniker zuschreiben: für das an der Grenze von Großpolen und Kujawien gelegene Trzemeszno (Kelch und Patene) sowie für das masowische Czerwińsk (wo vom ursprünglichen Satz nur die Kelchschale erhalten geblieben ist). Die Technik ihrer Herstellung (Niello) scheint darauf hinzudeuten, dass der für die Bedürfnisse des Herrschers57 arbeitende Goldschmied vorzüglich mit den Errungenschaften jener sächsischen Werkstätten vertraut war, die für Herzog Heinrich den Löwen und den deutschen Magnatenadel arbeiteten.58 Das erlaubt, sie als das Werk einer Werkstatt anzusehen. In Anbetracht der jahrzehntelangen engen Beziehungen Mieszkos III. mit Sachsen bereitete das Herbeiholen eines Meisters an den herzoglichen Hof in Gnesen sicher keinerlei Schwierigkeiten. So konnten in Großpolen erstklassige Werke der Goldschmiedekunst entstehen, die formal der künstlerischen Tradition jener Werkstätten entstammten, in denen der Kelch mitsamt Patene für die Abtei in Witten59 oder der Kelch aus der Kirche St. Godehard in Hildesheim entstanden sind, wofür die Kelchschale aus der Kirche St. Johannes in Iber ein Beispiel darstellt, die heute im Kestner-Museum in Hannover aufbewahrt wird.60 57 Piotr Skubiszewski, Kielich z pateną tzw. „typologiczny“ z Trzemeszna [Der sog. „typologische“ Kelch mit Patene aus Trzemeszno], in: Mrozowski / Badach, Ornamenta (wie Anm. 46), 76f.; Ders., Kielich czerwiński [Der Kelch von Czerwińsk], in: ebd., 81 ist der Ansicht, dass es sich um eine im Dienste der Regularkanoniker stehende Werkstatt handelte. Aber das scheint kaum wahrscheinlich zu sein, besonders wenn wir Stiftungen im Reich von ähnlicher künstlerischer Qualität betrachten, wo im Gegensatz zu Polen auch viele Quellenüberlieferungen erhalten sind, die uns von der Beschenkung konkreter Kirchen mit Kunstwerken durch namentlich bekannte Stifter informieren. Größtenteils sind dies monarchische und herzogliche Stiftungen, später ist dann auch der Magnatenadel beteiligt. Wenn Geistliche als Stifter fungieren, dann entstammen diese meist wichtigen, wohlhabenden Geschlechtern. Die Situation Polens unterschied sich diesbezüglich in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts immer noch sehr von dem deutschen Modell. Außer den Herzögen konnten sich nur einzelne wenige Große ähnliche, außergewöhnlich großzügige Gesten gegenüber der Kirche erlauben. Im damaligen Großpolen wäre es schwierig, solche Personen zu finden. 58 Skubiszewski, Gruppe (wie Anm. 46), 35ff. ist der Ansicht, dass der niellierte Kelch aus Trzemeszno, der so genannte „Königskelch“ sowie das Werk aus Czerwińsk im bayrischen Kunstkreis entstanden seien. Der Autor verweist diesbezüglich auf die stilistischen Verbindungen mit der Miniaturmalerei der in Regensburg und Prüfening entstandenen Manuskripte. In der deutschen Literatur fand diese Hypothese die Unterstützung von Gude Suckale-Redlefsen, Buchkunst zur Zeit der Andechs-Meranier in Bamberg, in: Ursula Vorwerk / Lothar Henning (Hrsg.), Die Andechs-Meranier in Franken. Europäisches Fürstentum im Hochmittelalter. Mainz 1998, 239–261, hier 243; 260. 59 Hermann Fillitz / Martina Pippal, Schatzkunst. Die Goldschmiede- und Elfenbeinarbeiten aus österreichischen Schatzkammern des Hochmittelalters. Salzburg 1987, 171f. 60 Jutta Dessel, Kelch mit Patene, in: Jochen Luckhardt / Franz Niehoff (Hrsg.), Heinrich der Löwe und seine Zeit. Herrschaft und Repräsentation der Welfen 1125–1235. Katalog der Ausstellung Braunschweig 1995, Bd. 1: Katalog. München 1995, 519f.

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Die Geografie der Bestimmung dieser Gaben ist nicht zufällig. Die Regularkanoniker standen sowohl in Trzemeszno als auch in Czerwińsk in den innerdynastischen Konflikten der Piasten von Anfang an auf Seiten der Anhänger der Herzogin Salomea von Berg und ihrer Söhne. Daher wurden sie im Verlauf der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts, zusammen mit anderen kirchlichen Zentren, die die Junioren unterstützt hatten, von Bolesław IV. Kraushaar und Mieszko dem Alten mit zahlreichen Vergaben bedacht. Die Werke der Goldschmiedekunst für Trzemeszno und Czerwińsk, deren Entstehung wir hypothetisch der Initiative Mieszkos III. zuschreiben, fügten sich vorzüglich in diese schon seit einigen Jahrzehnten andauernde Tradition ein. Mit dem sächsischen Künstlerkreis verband sich noch ein weiteres Kunstwerk von überdurchschnittlicher Qualität, dessen Auftauchen in Großpolen hypothetisch mit Herzog Mieszko III. in Zusammenhang gebracht werden kann.61 Dabei handelt es sich um das so genannte Evangeliar von Kruschwitz, das im Skriptorium des Benediktinerklosters Helmarshausen in Sachsen angefertigt wurde, sicher gegen Ende der siebziger, vielleicht auch in der ersten Hälfte der achtziger Jahre des 12. Jahrhunderts.62 An Wahrscheinlichkeit gewinnt diese Hypothese dadurch, dass Manuskripte von ähnlicher künstlerischer Qualität, wie sie danach z. B. dem Dom in Braunschweig geschenkt wurden, zur gleichen Zeit in demselben Skriptorium u. a. von Herzog Heinrich dem Löwen bestellt worden sind, der mit seinen vorzüglichen Sakralstiftungen alle seine Zeitgenossen in Erstaunen versetzte.63 Mieszko, der in vielen seiner Unternehmungen auf kulturelle Muster aus dem Gebiet des Kaiserreiches zurückgriff, konnte in der Person Heinrichs des Löwen ein hervorragendes Vorbild zur Nachahmung finden.

61 Vgl. Michał Walicki, Wyposażenie Artystyczne dworu i kościoła [Künstlerische Hof- und Kirchenausstattung], in: Ders., Sztuka (wie Anm. 43), 249–303, hier 265. 62 In der bisherigen Literatur wurde eine frühere Datierung angenommen – im Allgemeinen auf die sechziger Jahre des 12. Jahrhunderts. Eine solche Chronologie ergab sich aus der in der älteren Literatur abgeleiteten formalen Abhängigkeit zwischen dem Manuskript von Kruschwitz und dem Evangeliar Heinrichs des Löwen; vgl. Franz Jansen, Die Helmarshausener Buchmalerei zur Zeit Heinrichs des Löwen. Hildesheim 1933; Stanisław Sawicka, Les principaux manuscrits à peintures de la Bibliothèque Nationale de Varsovie, du Chateau Royal et des Bibliothèques à Varsovie, du Seminaire de Płock et du Chapitre de Gniezno, in: Bulletin de Société Francaise de reproductions de manuiscvrits à peinture 19, 1938, 265–280. Aber unlängst wurden in der deutschen Literatur die früheren Ansichten zum Thema der Datierung des aus der Stiftung Herzog Heinrichs stammenden Manuskriptes verifiziert und seine Entstehung in die Jahre 1185–1188 datiert; Joachim M. Plotzek, Evangeliar Heinrichs des Löwen, in: Luckhardt / Niehoff, Heinrich der Löwe (wie Anm. 60), 206–210. 63 Vgl. Franz Niehoff, Heinrich der Löwe – Herrschaft und Repräsentanz. Vom individuellen Kunstkreis zum interdisziplinären Braunschweiger Hof der Welfen, in: Jochen Luckhardt / Franz Niehoff (Hrsg.), Heinrich der Löwe und seine Zeit. Herrschaft und Repräsentation der Welfen 1125–1235. Katalog der Ausstellung Braunschweig 1995, Bd. 2: Essays. München 1995, 213– 236.

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Das so genannte Kruschwitzer Evangeliar, nach 1180, heute im Archiv der Erzdiöses Gnesen

Mieszkos III. Kirchen- und Klosterstiftungen Mieszko III. beschränkte seine Stiftungstätigkeit in den 1180er Jahren nicht allein auf den künstlerischen Bereich. Gewiss imponierten die schon seit einiger Zeit andauernde große Renovierung der Gnesener Kathedrale, ihre Ausstattung mit einer prächtigen Tür, mit liturgischen Geräten und sicher auch mit anderen wertvollen Paramenten sowie mit Büchern die Zeitgenossen durch ihr Ausmaß und die zu diesem Zweck aufgebrachten nicht geringen Ressourcen. Aber der Herzog interessierte sich auch für andere, ihm nahestehende kirchliche Zentren. Bereits von Anbeginn seiner Herrschaft über Großpolen an zählte Posen zu dieser Gruppe. Im Jahre 1187 holte er Johanniter in das früher von ihm und dem damaligen dortigen Bischof Radwan gestiftete Spital St. Michael.64 Dieses Ereignis wurde in einer zwischen 1187 und 1193 ausgestellten Urkunde erwähnt, in der der Posener Bischof Benedikt anlässlich der Bestätigung der Vergaben 64 In der Zeit des Pontifikats dieses Bischofs, zwischen 1164 und 1172; vgl. Józef Dobosz, Monarcha i możni wobec Kościoła w Polsce do początku XIII wieku [Der Monarch und die Großen und die Kirche in Polen bis zu Beginn des 13. Jahrhunderts]. Poznań 2002, 349f.

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eines seiner Vorgänger über die Vergabe jener Kirche durch den Herzog informiert: illustrissimus dux Polonie Mescho anno Incarnationis dominice M.C.LXXXVII, intuitu pietatis et misericordie, ad honorem Dei santique Sepulchri et beati Iohannis Baptiste, ut se cum uxore et pueris collegam efficerit atque participam omnium eleemosynarum et beneficiorum que membris Christi, pauperibus scilicet peregrinis et infirmis, impenduntur a fratribus Hospitalis Hierosolymitani, eiusdem Hospitalis fratribus contulit domum hospitalem in Poznan, que dicitur sancti Michaelis, iure perpetuo possidendam.65 Angesichts mangelnder Quellenhinweise fällt es schwer, die Motive zu bestimmen, von denen sich der Stifter leiten ließ, als er die Entscheidung traf, die Johanniter nach Großpolen zu holen, aber der in der Literatur begegnende Versuch, dies mit eventuellen Kreuzzugsplänen des Herzogs in Verbindung zu bringen, scheint wenig wahrscheinlich zu sein.66 Außer in Gnesen und Posen können wir eine herzogliche Stiftungstätigkeit auch in der Burgsiedlung Kalisch vermuten, wo Mieszko III. vielleicht bereits in den 1180er Jahren, aber vielleicht auch erst im letzten Jahrzehnt des 12. Jahrhunderts mit dem Umbau des früher von ihm gestifteten Kollegiatstifts begann. Dabei wurde die existierende Kirche durch eine in ihrem Westteil situierte Empore bereichert.67 Seine letzten Lebensjahre verbrachte Herzog Mieszko der Alte in Großpolen. In dieser Zeit kam es zur Stiftung und Ausstattung des Zisterzienserklosters Ląd and der Warthe, einer der Quellenlage nach höchst unklaren Stiftung.68 Bekanntlich dauerte der

65 Kodeks dyplomatyczny Wielkopolski, Bd. 1. Ed. Zakrzewski (wie Anm. 12), Nr. 29. 66 Einen solchen Vorschlag unterbreitete Jan Powierski, Stosunki polsko-pruskie do 1230 r. ze szczególnym uwzględnieniem Pomorza Gdańskiego [Die polnisch-pruzzischen Beziehungen bis 1230 unter besonderer Berücksichtigung Pommerellens]. Toruń 1968, 130. 67 Teresa Rodzińska-Chorąży / Tomasz Węcławowicz, Kolegiata pod wezwaniem św. Pawła w grodzie kaliskim na Zawodzie. Analiza reliktów, rekonstrukcje, relacje prównawcze [Das Kollegiatstift des hl. Paulus in der Kalischer Burg in Zawoda], in: Tadeusz Baranowski (Hrsg.), Kalisz wczesnośredniowieczny. Kalisz 1998, 65–83, hier 77f.; Zygmunt Świechowski, Architektura romańska w Polsce [Die romanische Architektur in Polen]. Warszawa 2000, 86f. 68 Wir verfügen über eine beträchtliche Anzahl von Quellenüberlieferungen, die uns über die Gründung dieser Abtei informieren. Aber die darin angegebenen Daten der Ereignisse unterscheiden sich oft sehr voneinander, vgl. Andrzej M. Wyrwa, Procesy fundacyjne wielkopolskich klasztorów cysterskich linii altenberskiej: Łekno – Ląd – Obra [Die Stiftungsprozesse großpolnischer Zisterzienserklöster der Altenburger Linie. Łekno – Ląd – Obra]. Poznań 1995, 83–126; Ders., Die ‚kölnischen Klöster‘ der Altenberger Linie in Großpolen. Die Frage der nationalen Exklusivität der Zisterzienserabteieln in Łekno-Wagrowiec (Lekno-Wongrowitz), Ląd (Lond) und Obra, in: Annalecta cisterciensia 54, 2002, 186–216. Chronica Poloniae Maioris. Ed. Kürbis (wie Anm. 11), Buch 35: Iste Myeszko ob. gravitatem morum Senex est appellatus. Hic anno Domini MCXLV abbaciam Lendensem ordinis Cisterciensis fundavit in iuvenili etate existens et de suis bonis sufficienter dotavit. Eine Zusammenstellung der Quellen bei Wyrwa, ebd., 98–100; Dobosz, Monarcha i możni (wie Anm. 65), 353. Zur Stiftung und Geschichte dieses Klosters Wyrwa, ebd., 83–126; Ders., Ląd, in: Wyrwa / Strzelczyk / Kaczmarek, Monasticon Cisterciense Poloniae (wie Anm. 8),

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Prozess der Stiftung eines Klosters der Zisterzienser in der Regel mehrere Jahre. Der Stifter musste viele Bedingungen und Anweisungen erfüllen, die ihm die Ordensstatuten und die Tradition dieser Gemeinschaft auferlegten.69 Mit Sicherheit war dies im Falle von Ląd nicht anders, wo bereits für die zweite Hälfte der 1180er Jahre Anzeichen dafür begegnen, dass Mieszko III. hier Ordensleute ansiedeln wollte. Doch hatten die diesbezüglichen herzoglichen Aktivitäten erst um das Jahr 1193 definitiven Erfolg.70 Die Pflichten des Stifters gegenüber der ins Leben gerufenen Gemeinschaft bestanden in der Absicherung ihrer Existenz und der Errichtung provisorischer Gebäude – des claustrum und der Kapelle.71 Sehr oft schenkte man den am neuen Ort angekommenen Mönchen auch Paramente und liturgische Bücher. Mit Sicherheit verhielt es sich bei der Gründung der Ordensniederlassung in Ląd ähnlich. Die herbeigeholte Gemeinschaft wurde anlässlich des Abschlusses des Stiftungsprozesses von Herzog Mieszko III. gewiss mit künstlerisch erstklassigen Werken der Goldschmiedekunst – mit Kelch und Patene – beschenkt.72 Bis in unsere Zeit ist von diesem Satz nur die Patene erhalten geblieben.73 Bei diesem Werk handelt es sich um etwas Besonderes, weil darauf die Stiftungsszene abgebildet ist, auf der Herzog Mieszko III. und Abt Simon zu beiden

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189–201; Tomasz Jurek, Dokumenty fundacyjne opactwa w Lądzie [Die Stiftungsurkunden der Abtei in Ląd], in: Rocz. Hist. 66, 2000, 7–52. Zum Stiftungsprozess einer Zisterzienserabtei Józefa Zawadzka, Procesy fundowania opactw cysterskich w XII i XIII w. [Die Prozesse der Stiftung von Zisterzienserabteien im 12. und 13. Jahrhundert], in: Rocz. Hum. 7, 1958, 2, 121–150. Die Erwähnungen aus dem 12. Jahrhundert über die Stiftung des Klosters in Ląd sind in den Statuten des Generalkapitels des Zisterzienserordens unter dem Jahr 1191 erhalten geblieben: Abbatia de Linda revertatur ad matrem suam Lugana et de duabus fiat una, et sit unum ovile et unus pastor; Statuta capitulorum generalium Ordinis Cisterciensis ab anno 1116 ad annum 1786, Bd. 1. Ed. Josephus M. Canivez. Louvain 1933, 137; unter dem Jahr 1193: Duci Poloniae rescribatur, quod petitio sua de non destruenda abbatia de Landes conceditur ei, ebd. 168; vgl. auch Wyrwa, Procesy fundacyjne (wie Anm. 68), 91f.; Michał Piechowicz, Fundacje i donacje kościelne Mieszka III Starego [Die kirchlichen Stiftungen und Schenkungen Mieszkos III. des Alten], in: Nasze Historie 8, 2007, 103–106. Anders präsentiert die Geschichte der Stiftung von Ląd Jurek, Dokumenty fundacyjne (wie Anm. 68), der das Datum dieser Stiftung auf den 17. oder 18. März 1146 ansetzt; vgl. auch Tomasz Ginter, Das Zisterzienserkloster Ląd und die politischen Intentionen der Stiftungen Herzog Mieszkos III. des Alten, in diesem Band 359–380. Beispiele für derartige Lösungen aus dem Gebiet Polens bei Wetesko, Średniowieczna architektura (wie Anm. 8), 214f. Von der Existenz des Kelches wissen wir aus der Donationsszene auf der Patene, wo Herzog Mieszko III. Patene und Kelch in Händen hält. Von den zahlreichen Arbeiten zu diesem Kulturdenkmal seien hier genannt: Maria Pietrusińska, Katalog i bibliografia zabytków [Katalog und Bibliografie der Denkmäler], in: Walicki, Sztuka, Bd. 2 (wie Anm. 43), 675–842, hier 725; Piotr Skubiszewski, La patène de Kalisz. Contribution à l´ètude du symbolisme typologique dans l´iconographie, in: Cahiers de Civilisation Médiéval. Xe–XIIe siécles 5, 1962, 183–191; Ders., Programy (wie Anm. 50), 29–31, Nr. 34; Ders., Patena fundacji księcia Mieszka III z Lądu [Die Patene aus der Stiftung des Herzogs Mieszko III. aus Ląd], in: Mrozowski / Badach, Ornamenta (wie Anm. 46), 80f.

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Seiten des Patrons der Ląder Abtei, des hl. Michael, stehen. Unterhalb der Hauptszene hat der Goldschmied Konrad, der dieses Werk anfertigte, sein Bildnis angebracht. Die formalen Züge der Dekoration der Patene verweisen auf rheinische künstlerische Filiationen ihres Herstellers. Nicht fremd waren ihm aber auch die Errungenschaften niederlothringischer Goldschmiedewerkstätten, wie sie bei Kunstwerken begegnen, die gegen Ende des 12. Jahrhunderts auf dem Gebiet Niedersachsens entstanden.74 Möglicherweise waren ähnlich wie im Falle der Meister der Gnesener Bronzetür auch beim Herbeiholen des Goldschmiedes Konrad die Zisterzienser aktiv beteiligt.75 Vom symbolischen Gesichtspunkt her außerordentlich interessant ist die Anbringung des Bildnisses Mieszkos III. auf der Patene, auf die während der Feier der Eucharistie das konsekrierte Brot gelegt wurde. Auf diese Weise sicherte sich der Herrscher seine ständige Teilnahme an dem am Altar erneuerten Opfer Christi. Das ist ein außerordentlich interessantes und sehr originelles Beispiel individueller monarchischer Frömmigkeit im ausgehenden 12. Jahrhundert.

Die so genannte ‚Kalischer Patene‘ mit Mieszko III. (links) als Stifter, ursprünglich für die St. Marien- und Nikolai-Kirche des Klosters Ląd, 1193– 1202

Leider lässt sich im Fall des Klosterensembles von Ląd praktisch nichts über den Verlauf des Prozesses des Baus der ersten Kirche und der ältesten Teile des claustrum sagen. Auch kennen wir die letztendliche architektonische Gestalt nicht, die diesen Gebäuden verliehen wurde. Es wird angenommen, dass der Ostteil der Kirche aus Stein 74 Skubiszewski, Patena (wie Anm. 74), 81. 75 Jarosław Jarzewicz, Tür und Schrein. Zu einigen ikonographischen Vorbildern der Gnesener Bronzetüren, in: Leonhard Helten / Wolfgang Schenkluhn (Hrsg.), Romanik in Europa. Kommunikation – Tradition – Rezeption. Leipzig 2009, 113–126.

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errichtet wurde, der Korpus des Schiffs dagegen aus Ziegeln.76 Da die ältesten Quellenüberlieferungen, die dieses Kloster erwähnen, erst aus der Mitte des 13. Jahrhunderts stammen, und es den Archäologen bisher nicht gelungen ist, Fundamente von Gebäuden aus dem 12. Jahrhundert zu entdecken, sind die bisherigen Informationen zu diesem Thema ungewiss. Die Ląder Stiftung war in den polnischen Gebieten die letzte herzogliche Initiative dieser Art im 12. Jahrhundert. Die Wegbereiter der Ansiedlung von Zisterziensern in Polen waren Große gewesen – Zbylut aus dem Geschlecht der Pałuken,77 der das Kloster in Łekno gründete, sowie Janik aus dem Geschlecht der Gryfen, der das Kloster in Jędrzejów stiftete.78 Die Piasten, die seit vielen Generationen eng mit den Benediktinern verbunden waren, zeigten zunächst ziemlich lange keinerlei Interesse an der neuen Kongregation der Zisterzienser. Der erste Schritt auf dem Wege, der zu einer Veränderung dieser Haltung führte, war die Gründung des Zisterzienserklosters in Leubus im Jahre 1175. Sie war das Werk Bolesławs des Langen,79 eines Sohnes Władysławs des Vertriebenen, der zusammen mit seinen Eltern im Exil gelebt und später den Kaiser auf zahlreichen Reisen begleitet hatte. Dort war er auf ein diametral anderes kulturelles Milieu gestoßen als seine in Polen gebliebenen Stiefonkel – die Juniorherzöge.80 Während seines Aufenthaltes im Reich knüpfte er recht enge Beziehungen zu den Zisterziensern,81 was nach seiner Rückkehr in die Heimat in Form der Leubuser Stiftung Früchte trug. Aus dem sächsischen Pforta kommende Mönche nahmen den Platz der seit 1150 in Leubus weilenden und mit den Junioren verbundenen Benediktiner ein. Selbstverständlich beschränkte sich die Tätigkeit Herzog Bolesławs des Langen nicht allein auf diesen Akt. In seine Regierungszeit fällt der Beginn des Prozesses des inneren Landesausbaus, der bald zu einer merklichen Umgestaltung des wirtschaftlichen Panoramas Schlesiens führen sollte.82 Die Modernisierungsbestrebungen der Piastenherzöge der 76 Marian Kutzner, Średniowieczne opactwo cysterskie w Lądzie nad Wartą [Die mittelalterliche Zisterzienserabtei in Ląd an der Warthe], in: Biul. Hist. Szt. 19, 1957, 282f. 77 Józef Dobosz, Dokument fundacyjny klasztoru cystersów w Łeknie [Die Stiftungsurkunde des Zisterzienserklosters in Łekno], in: Andrzej M. Wyrwa (Hrsg.), Studia i materiały do dziejów Pałuk, Bd. 1. Poznań 1989, 53–83, hier 70f.; Wyrwa, Procesy fundacyjne (wie Anm. 68), 60–64. 78 Józef Dobosz, Proces fundacyjny i pierwotne uposażenie opactwa cystersów w Jędrzejowie [Der Stiftungsprozess und die ursprünglichge Ausstattung der Zisterzienserabtei in Jędrzejów], in: Daniel Olszewski (Hrsg.), Cystersi w Polsce. W 850-lecie fundacji opactwa jędrzejowskiego. Kraków 1990, 40–79. 79 Kodeks dyplomatyczny Śląska [Schlesisches Urkundenbuch], Bd. 1. Ed. Karol Maleczyński. Wrocław 1956, Nr. 55. 80 Benedykt Zientara, Bolesław Wysoki. Tułacz, repatriant, malkontent [Bolesław der Lange. Heimatloser, Repatriant, Nörgler]. Kraków ²2008, 41ff. 81 Vor allem mit jenem in Pforta, wo Zwienisława, seine erset Ehefrau, beigesetzt wurde; vgl. Zientara, Bolesław Wysoki (wie Anm. 80), 46. 82 Vgl. Sławomir Gawlas, Piastowie śląscy jako pionierzy modernizacji [Die schlesischen Piasten als Pioniere der Modernisierung], in: Antoni Barciak (Hrsg.), Piastowie śląscy w kulturze i euro-

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schlesischen Linie stießen bei den Junioren anfangs auf wenig Verständnis. Diese waren restlos von den innerdynastischen Kämpfen um die Oberherrschaft über das Land absorbiert. Mit der Herauskristallisierung einer neuen politisch-rechtlichen Ordnung innerhalb des piastischen Staates, die auf einem Bruch mit dem Grundsatz des Prinzipats und auf einer praktischen Doppelherrschaft Mieszkos III. des Alten und Kasimirs II. des Gerechten beruhte, begann sich die Situation zu ändern. Das bisherige Ringen zwischen diesen beiden Gegnern verschob sich von der politischen und militärischen Ebene auf den Boden der Kultur und der Machtideologie. Innerhalb kurzer Zeit artikulierte sich dies auf beiden Seiten in Gestalt einiger spektakulärer Stiftungen, von denen insbesondere die Gründung des Zisterzienserklosters in Sulejów durch Herzog Kasimir Aufmerksamkeit verdient.83 Die gegen Ende des 12. Jahrhunderts von Mieszko III. dem Alten unternommene Initiative, in Ląd Zisterzeinser anzusiedeln, stellte somit eine recht verspätete Nachahmung der Unternehmungen seines Stiefneffens, Bolesław des Langen, in Schlesien und seines jüngeren Bruders, Kasimir, in Kleinpolen dar. Der bereits seinem Lebensende nahe Herrscher begann noch, wie die wenigen erhaltenen Urkunden zu bezeugen scheinen, gewisse unklare Eigentumsfragen in den großpolnischen Klöstern zu ordnen. Höchstwahrscheinlich gleich nach der Schlacht an der Mozgawa, in der sein Sohn Bolesław fiel, bestätigte Mieszko III. dessen Vergaben zugunsten des Prämonstratenserinnenklosters in Strzelno, und es ist sehr wahrscheinlich, dass er dieses bei dieser Gelegenheit noch zusätzlich reich beschenkte.84 Danach entschied er im Jahre 1198 auf Bitten der Herzogin Helene, der Witwe seines Bruders Kasimir, einen Streit um die Ortschaft Radziejów zugunsten der Benediktiner von Mogilno.85 Das sind die letzten fassbaren Spuren der Schenkungs und Rechtstätigkeit des alten Herzogs. Sein langes Leben endete im Jahre 1202;86 sein Leichnam wurde neben dem seines Sohnes Mieszko in dem von ihm gestifteten Kollegiatstift St. Paulus in Kalisch beigesetzt.87

pejskich dziejach. Katowice 2007, 37–49. 83 Józef Dobosz, Okoliczności i motywy fundacji klasztoru cystersów w Sulejowie [Die Umstände und Motive der Stiftung des Zisterzienserklosters in Sulejów], in: Nasza Przeszł. 83, 1994, 177–187. 84 Vgl. Dobosz, Monarcha i możni (wie Anm. 64), 348f.; Dariusz Karczewski, Dzieje klasztoru norbertanek w Strzelnie do początku XVI wieku [Die Geschichte des Prämonstratenserinnenklosters in Strzelno bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts]. Inowrocław 2001, 124ff. 85 Dobosz, Monarcha i możni (wie Anm. 64), 347; Józef Płocha, Najdawniejsze dzieje opactwa benedyktyńskiego w Mogilnie [Die älteste Geschichte der Benediktinerabtei in Mogilno]. Wrocław 1969, 106ff. 86 Rocznik kapituły krakowskiej. Ed. Zofia Kozłowska-Budkowa, in: Monumenta Poloniae Historica NS, Bd. 5. Warszawa 1962, 19–105, hier 69: MCCII Mesco frater Kazimiri obiit; Chronica Poloniae Maioris (wie Anm. 11), 76: Obiit autem in Kalis anno domini XCC secundo; Rocznik kapituły poznańskiej (wie Anm. 20), 24: Item MCCII Mesco Magnus obiit. 87 Chronica Poloniae Maioris. Ed. Kürbis (wie Anm. 11), 76: sepultus in ecclesia Sancti Pauli per ipsum fundata in sepulchro filii sui Meskonis.

Tomasz Ginter

Das Zisterzienserkloster Ląd und die politischen Intentionen der Stiftungen Herzog Mieszkos III. des Alten

Die Ansiedlung der Zisterzienser in Polen und die Anfänge des Klosters Ląd Der Zisterzienserorden kam um die Mitte des 12. Jahrhunderts nach Polen. Damals wurden im kleinpolnischen Brzeźnica, das bald darauf in Jędrzejów umbenannt wurde, und im großpolnischen Łekno die beiden ersten polnischen Zisterzienserklöster gegründet. Ihre Stifter waren Große, Jan(ik) aus dem Geschlecht der Gryfen, der spätere Erzbischof von Gnesen, und Zbylut aus dem Geschlecht der Pałuken. Sie waren nicht die einzigen polnischen Großen, die engere Kontakte zu den Zisterziensern unterhielten. Etwa zur gleichen Zeit richtete der Krakauer Bischof Mateusz zusammen mit dem Großen Piotr Włostowic ein Schreiben an Bernhard von Clairvaux, in dem sie diesen nach Polen einluden. Brygida Kürbis, die die Stiftungsurkunden der frühen Zisterzienserabteien und den erwähnten Brief analysierte, hat die ausgezeichnete Aufnahme hervorgehoben, die die Zisterzienser in der polnischen lokalen Eliten erfuhren.1 Demgegenüber war das Interesse der piastischen Dynasten an dem neuen Orden anfänglich nur gering. Das änderte sich erst mit der Stiftung des Zisterzienserklosters in Leubus durch Bolesław den Langen nach seiner Rückkehr aus dem Exil im Jahr 1163. Wenig später stifteten auch Mieszko III. der Alte und Kasimir II. der Gerechte Zisterzienserklöster – Mieszko in Ląd und Kasimir in Sulejów. Über den Zeitpunkt der Stiftung des Klosters Ląd herrscht in der Forschung bis heute keine Einigkeit. Lange Zeit galt es als die älteste Zisterzienserniederlassung in Polen überhaupt. Denn gestützt auf eine vermeintliche Stiftungsurkunde hat man gewöhnlich 1 Brygida Kürbis, Cystersi w kulturze polskiego średniowiecza. Trzy świadectwa z XII wieku [Die Zisterzienser in der Kultur des polnischen Mittelalters. Drei Zeugnisse aus dem 12. Jahrhundert], in: Jerzy Strzelczyk (Hrsg.), Historia i kultura cystersów w dawnej Polsce i ich europejskie związki. Poznań 1987, 321–342, hier 340.

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das Jahr 1145 als sein Gründungsdatum angenommen.2 Diese Datierung wurde von Max Perlbach durch den Nachweis in Zweifel gezogen, dass es sich bei der im Kölner Stadtarchiv aufbewahrten angeblichen Stiftungsurkunde um eine Fälschung aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts handelte.3 Wojciech Kętrzyński sprach sich unter Berufung auf zisterziensische Überlieferungen und das Stiftungsdatum des Klosters Łekno (1153) für das Jahr 1175 als Gründungsdatum von Ląd aus, das er für eine ursprüngliche Grangie von Łekno hielt, die erst in den Jahren 1193 bis 1195 von Mieszko III. in eine selbständige Abtei umgewandelt worden sei, wobei der Konvent durch Mönche aus dem kölnischen Altenberg, dem Mutterkloster von Łekno, ergänzt worden sei.4 Kętrzyńskis Ansicht wurde von Andrzej M. Wyrwa kritisiert, der es für schwer vorstellbar hielt, „dass die um 1175 entstandene Abtei (…) ungefähr 16 Jahre lang (1175–1191) im ‚luftleeren Raum‘ existiert“ haben soll.5 Als einzige Quelle, die glaubwürdig Auskunft über die Anfänge des Klosters gebe, bezeichnete Wyrwa die Überlieferungen der Beschlüsse des Generalkapitels, die seines Erachtens einen vorübergehenden Zusammenbruch der Stiftung (um das Jahr 1191) und deren Erneuerung durch Mieszko III. (nach 1193) belegen.6 Ausgehend von dem von Henryk Rutkowski erschlossenen Datum der Einnahme Kujawiens durch Mieszko III.7 sowie aufgrund einer Rekonstruktion der Klosterausstattung nach den Falsifikaten der Stiftungsurkunde kam Wyrwa zu dem Schluss, dass die Abtei frühestens in den Jahren 1186–1191 als – wie seines Erachtens die Beschlüsse des Generalkapitels zeigen – Filiale von Łekno gestiftet worden sein könne. Als ein zusätzliches Argument führte er die Stiftung des Posener Spitals an, die zu einem ähnlichen Zeitpunkt (1187–1193) stattgefunden habe.8

2 Leopold Janauschek, Origines Cistercienses, Bd. 1. Vindobonae 1877, 90. 3 Max Perlbach, Die Cistercienser-Abtei Lond im stadtkölnischen Archiv, in: Mitteilungen aus dem Stadtarchiv von Köln 2, 1883, 73–75, zitiert nach Tomasz Jurek, Dokumenty fundacyjne opactwa w Lądzie, in: Rocz. Hist. 66, 2000, 7–52, hier 8; 12; Zofia Kozłowska-Budkowa, Repertorjum polskich dokumentów doby piastowskiej. Zeszyt 1: do końca wieku XII [Repertorium polnischer Urkunden der Piastenzeit. Heft 1: Bis zum Ende des 12. Jahrhunderts]. Kraków 1937, Nr. 40. 4 Wojciech Kętrzyński, Studia nad dokumentami XII–go wieku [Studien zu Urkunden des 12. Jahrhunderts], in: Rozprawy Akademii Umiejętności, Wydział Historyczno-Filozoficzny 26, 1891, 201–313, hier 282–285; Kętrzyńskis Datierung folgt noch Henryk Waraczewski, Proces fundacyjny klasztoru cystersów w Lądzie nad Wartą [Der Stiftungsprozess des Zisterzienserklosters in Ląd an der Warthe], in: Nasza Przeszł. 83, 1994, 151–163. 5 Andrzej M. Wyrwa, Procesy funadcyjne wielkopolskich klasztorów linii altenberskiej: Łekno-LądObra [Stiftungsprozesse großpolnischer Klöster der Altenberger Linie: Łekno – Ląd – Obra]. Poznań 1995, 89–92. 6 Wyrwa, Procesy fundacyjne (wie Anm. 5), 86. 7 Henryk Rutkowski, Zajęcie Kujaw przez Mieszka Starego [Die Einnahme Kujawiens durch Mieszko den Alten], in: Społeczeństwo Polski Średniowiecznej 5, 1992, 109–123. 8 Wyrwa, Procesy fundacyjne (wie Anm. 5), 90; zur Stiftung des Posener Spitals ausführlich Tomasz Ginter, Działalność fundacyjna księcia Mieszka III Starego [Die Stiftungstätigkeit Herzog Mieszkos III. des Alten]. Kraków 2008, 75–100.

Das Zisterzienserkloster Ląd

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Eine alternative Deutung hat unlängst Tomasz Jurek entwickelt, der den Stiftungsakt für Ląd auf den 17.–18. März 1146 datiert und als eine Votivgabe Mieszkos III. für seinen Posener Sieg über Władysław II. versteht. Schon am 14. Dezember des gleichen Jahres sei der aus Łekno stammende neue Konvent in das zu diesem Zeitpunkt bereits fertiggestellte Kloster in Ląd eingezogen. Da das Mutterkloster Łekno aber als eine junge Abtei nicht imstande gewesen sei, beide Einrichtungen voll zu besetzen, sei es 1191 zum Verfall der neuen Niederlassung und auf Empfehlung des Generalkapitels zu deren Liquidierung gekommen. Auf Bitten Mieszkos III. sei diese Entscheidung dann im Jahre 1193 jedoch zurückgenommen, die Abtei neu gestiftet und der neue Konvent aus dem kölnischen Altenberg, dem Mutterkloster von Łekno, herbeigeholt worden. Bei dieser Gelegenheit habe Mieszko III. die Ausstattung des Klosters beträchtlich vergrößert und gleichzeitig (um 1195) ein Stiftungsdiplom ausgestellt.9

Die vermeintliche Ląder Stiftungsurkunde von 1145/46 Angesichts der kontroversen Forschungslage scheint eine erneute Sichtung und Bewertung des fraglichen diplomatischen Materials unabdingbar. Das vermeintliche Stiftungsdiplom existiert in mehreren Versionen.10 Am bekanntesten ist eine lange für authentisch gehaltene Urkunde, die 1553 anlässlich der Polonisierung des Klosters nach Köln verbracht worden ist (K bzw. ‚Kölner Dokument‘).11 Max Perlbach, der sie seinerzeit im Kölner Stadtarchiv entdeckte, hat ihre Entstehung auf die zweite Hälfte des 13. Jahrhunderts datiert. Eine zweite Version des vermeintlichen Stiftungsdiploms, die aber um die Immunitätsbestimmungen und einen Teil der Landvergaben ärmer ist, begegnet in zwei sich voneinander unterscheidenden neuzeitlichen Abschriften: einer Posener Abschrift, die der Veröffentlichung im Großpolnischen Urkundenbuch zugrundelag,12 und einer von Tomasz Jurek im Diözesanarchiv Włocławek im Kopialbuch von Ląd entdeckten Abschrift (W), die Jurek inhaltlich für authentisch und für die Vorlage der Posener Abschrift hält.13 Jurek zufolge ist das Diplom W nach der in ihm enthaltenen Zeugenliste auf einer Ratsversammlung am 23. April 1195 ausgestellt worden, als das zu Beginn der 1190er Jahre in seiner Existenz stark gefährdete Kloster von Mieszko zusätzlich ausgestattet worden sei, u. a. mit zwei Dörfern in Kujawien. In dem 1195 9 Jurek, Dokumenty fundacyjne (wie Anm. 3), 44. 10 Die so genannten Stiftungsdiplome des Klosters Ląd wurden neu herausgegeben von Jurek, Dokumenty fundacyjne (wie Anm. 3), 46–48. 11 Andrzej M. Wyrwa, Ląd, in: Ders. / Jerzy Strzelczyk / Kazimierz Kaczmarek (Hrsg.), Monasticon Cisterciense Poloniae, Bd. 2. Poznań 1999, 189–201, hier 192. 12 Kodeks dyplomatyczny Wielkopolski [Großpolnisches Urkundenbuch], Bd. 1. Ed. Ignacy Zakrzewski. Poznań 1877, Nr. 10 und 298. 13 Ediert bei Jurek, Dokumenty fundacyjne (wie Anm. 3), 47f.

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ausgestellten Diplom W figurierte das Jahresdatum 1145 bzw. 114614, das einer Notiz über die ursprüngliche Stiftung entnommen worden sein dürfte. Dieses Datum sei in das Diplom W mit Wissen und Zustimmung des Ausstellers eingefügt worden. Im Laufe des 13. Jahrhunderts soll es dann mehrere Überarbeitungen erfahren haben, die auf einer Hinzufügung der Immunitätsklauseln sowie einer Hinzufügung neuer Ausstattungen beruht hätten. Eine der mittleren Versionen dieser Überarbeitungen sei 1261 als authentisches Stiftungsdokument Bolesław dem Frommen zur Bestätigung vorgelegt worden. Kurz darauf sei dann jene Urkunde fabriziert worden, die heute als ‚Kölner Dokument‘ (K) bekannt ist. Angesichts des Fehlens eines ‚Originals‘ habe Diplom W die Funktion der Stiftungsurkunde übernommen und sei als eine authentische Urkunde in die Hände der neuzeitlichen Kopisten gelangt.15 Jureks Konstruktion weckt freilich erhebliche Zweifel. Vor allem scheint der Inhalt von W eher auf ein einheitliches Datum zu verweisen (im Text fehlt jede Spur einer Unterscheidung zwischen actum und datum, auf die sich Jurek beruft).16 Ein einheitliches Datum aber erscheint aus dem Grunde nicht haltbar, weil der auf den 23. April fallende St. Adalbertstag17 nicht in den Zeitraum der im Diplom angegebenen Indiktion und Epakten passt, die entweder vom 24. September 1145 bis zum 24. März 1146 oder vom 1. Januar bis zum 24. März 1146 gelten würden. Das Datum des 23. April würde hier eher auf eine Fälschung hindeuten. Wäre das Kloster tatsächlich am 18. März 1146 gestiftet bzw. die Entscheidung über die Stiftung an diesem Tag getroffen worden – warum hätte dann dieses Datum nicht auch in der Stiftungsurkunde genannt werden können? Und die Datierung der Urkunde bloß auf den St. Adalbertstag stellt eine allzu offensichtliche Operation dar. Zwar tätigten die großpolnischen Herzöge anlässlich dieses Festes fromme Stiftungen, aber das geschah in der Regel immer erst einige Tage später.18 Die Verwendung eines solchen Datums zusammen mit einem ihm nicht korres14 Jurek geht bei seiner Datierung von einer Anwendung der Florentiner Variante des Stils der ‚Verkündigung‘ aus, durch die sich eine Verschiebung um ein Jahr bzw. das Jahr 1146 ergibt. 15 Jurek, Dokumenty fundacyjne (wie Anm. 3), 9; 15; 44. 16 Ebd., 27. 17 Auf den 23. April fallen manchmal die Osterfeiertage (mit der Osteroktav), und in einem solchen Jahr wird der St. Adalbertstag dann erst nach dem Weißen Sonntag begangen, vgl. Irena Skierska, Wojciech, Jerzy, Marek – trzej święci sąsiedzi w średniowiecznym kalendarzu polskim [Adalbert, Georg, Markus – drei heilige Nachbarn im mittelalterlichen polnischen Kalender], in: Rocz. Hist. 63, 1997, 37–54. Zwar benutzt die Autorin Quellen aus dem 14. und 15. Jahrhundert, aber dieser Brauch war sicher schon älter. 18 Jurek, Dokumenty fundacyjne (wie Anm. 3), 26; Antoni Gąsiorowski / Irena Skierska, Średniowieczna monarchia objazdowa: władca w centralnych ośrodkach państwa [Die mittelalterliche Reisemonarchie: der Herrscher an zentralen Orten des Staates], in: Barbara Trelińska (Hrsg.), Sedes regni principales. Sandomierz 1999, 67–80, hier 77. Die Autoren gründen diese Behauptung auf Ląder Urkunden und schreiben, ein analoges Phänomen im 13. Jahrhundert erlaube aufgrund des viel geringeren Ausmaßes der Herrschaftsbereiche der einzelnen Herzöge keine retrogressiven Schlussfolgerungen. Allerdings muss bemerkt werden, dass von den von großpolnischen Herzö-

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pondierenden Jahresdatum dürfte hier eher davon zeugen, dass es sich um eine Fälschung handelt. Jurek hat zu Recht bemerkt, dass „ein Fälscher (…) eine Operation nicht angewandt [hätte], die von vornherein Verdacht erregt hätte.“19 Die Ląder Mönche seien sich über die Bedeutung des Datums des 23. April für die piastischen Herrscher völlig im Klaren gewesen und hätten sich deshalb dafür entschieden, im Falsifikat ein höchst offensichtliches und „sicheres“ Datum anzugeben. Doch die Annahme, dass das Tagesdatum nicht authentisch sein dürfte, findet eine weitere Bestätigung in dem Umstand, dass über die Hälfte (vier von sechs) der aus dem 13. Jahrhundert stammenden Ląder Falsifikate ein mit dem St. Adalbertstag in Verbindung stehendes Tagesdatum enthält (in der Regel eine Oktave),20 von den authentischen Diplomen dagegen nur ein einziges.21 Außerdem ist Diplom W nach dem Kirchenkalender datiert. Wie Bronisław Włodarski22 und Karol Maleczyński23 gezeigt haben, wurde aber eine solche Notierungsweise des Tagesdatums im 12. Jahrhundert praktisch überhaupt nicht und in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts nur sehr selten angewandt. Und mit einer Ausnahme24 wird in allen Ląder Falsifikaten das Tagesdatum gerade nach dem Kirchenkalender angegeben. Die von Tomasz Jurek konstruierte vielschichtige Hypothese gründet auf der Prämisse, dass das Diplom W aus dem 12. Jahrhundert stammt. Doch erscheint es naheliegender, im Hinblick auf dessen Datierung von einem gewöhnlichen Irrtum der Mönche bei der Ermittlung der Rückdatierung und von einem Übersehen der Nichtübereinstimmung der Kombination der abgezählten Elemente mit dem in der Urkunde enthaltenen Tagesdatum auszugehen, das im Übrigen dem herrschenden Brauch entsprechend im Augenblick der Anfertigung des Falsifikats angegeben wurde. Was die Anwendung einer anderen Jahreszählung im Kloster anbelangt, so liegen dafür keine Indizien vor,

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gen bis 1260 nahe am St. Adalbertstag ausgestellten 16 Diplomen nur drei (wobei eins zweifelsfrei ein Falsifikat ist) das Datum des 23. April tragen; Kodeks dyplomatyczny Wielkopolski. Ed. Zakrzewski (wie Anm. 12), Nr. 131, 148, 283; als Falsifikat gilt Nr. 148, vgl. Karol Maleczyński, Studia nad dyplomami i kancelaryą Odonica i Laskonogiego 1202–1239. Lwów 1928, 114; die übrigen wurden bis zu einigen Tagen später ausgestellt: Nr. 284, 302, 354, 384 am 24. April; Nr. 121, 219, 220, 292, 355 am 25. April und Nr. 22, 302 am 26. April; Nr. 232 schließlich an den Tagen vom 24. bis 29. April. Unabhängig von den oben erwähnten Annahmen der Autoren ist eine entschieden seltenere Datierung von Diplomen genau auf den St. Adalbertstag zu beobachten. Jurek, Dokumenty fundacyjne (wie Anm. 3), 23. Kodeks dyplomatyczny Wielkopolski, Bd. 6. Ed. Antoni Gąsiorowski / Henryk Kowalewicz. Warszawa / Poznań 1982, Nr. 1 (30. April 1174); Kodeks dyplomatyczny Wielkopolski. Ed. Zakrzewski (wie Anm. 12), Nr. 26 (30. April 1182); Nr. 148 (23. April 1233). Die übrigen ebd. Nr. 20 (31. August 1173) und Nr. 27 (8. Mai 1186). Kodeks dyplomatyczny Wielkopolski. Ed. Zakrzewski (wie Anm. 12), 476 (23. April 1278). Bronisław Włodarski (Hrsg.), Chronologia polska [Polnische Chronologie]. Warszawa 1957, 81. Karol Maleczyński, [Rezension zu Włodarski (Hrsg.), Chronologia polska], in: Kwart. Hist. 65, 1958, 530. Kodeks dyplomatyczny Wielkopolski. Ed. Zakrzewski (wie Anm. 12), Nr. 20; das Datum in diesem Diplom lautet: pridie kalendas Septembris.

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für einen Fehler in den Berechnungen dafür aber umso mehr. Denn in der Fälschung der Urkunde des Posener Bischofs von 1232 findet sich statt der korrekten Indiktion V die Indiktion III.25 Unwahrscheinlich erscheint auch die Konstruktion einer Datierung aus dem aktuellen Tagesdatum, einem 50 Jahre zurückliegenden Jahresdatum und einer dann wieder aktuellen Zeugenliste, und das alles mit Wissen und Zustimmung des Ausstellers. Eine solche Anhäufung von Fehlern und Inkonsequenzen spricht eindeutig gegen die Echtheit des Diploms W. Berechtigt erscheint hingegen Jureks Vorschlag hinsichtlich des Datums und der Umstände der Entstehung der in Diplom W enthaltenen Zeugenliste, die tatsächlich 1195 in einer anlässlich der Neustiftung des Klosters Ląd nach der Krise der frühen 1190er Jahre ausgestellten Urkunde gestanden haben mag, mit der der Herzog die Ausstattung des Klosters vergrößerte und der die Ląder Mönche später bei der Fabrizierung ihres Falsifikats die Zeugenliste sowie einige Elemente des Formulars entnommen haben mögen. Doch abgesehen von der Zeugenliste können kaum Elemente benannt werden, die aus einem solchen Diplom des ausgehenden 12. Jahrhunderts in W eingeflossen sein können. Eine eingehende diplomatische Analyse26 ergibt insgesamt, dass weder von der Authentizität des Diploms W noch davon die Rede sein kann, dass es beträchtlich älter wäre als K. Diplom W ist in der Form, in der es auf uns gekommen ist, aber sicher auch nicht viel jünger als seine endgültige Fassung in Gestalt der Bolesław dem Frommen 1261 vorgelegten Urkunde (= K). Da W den Mönchen keine zusätzlichen Vorteile brachte, im Gegenteil sogar diejenigen deutlich schmälerte, die sie bereits zuvor (etwa in der Urkunde Kasimirs von Kujawien aus dem Jahr 125127) erhalten hatten, dürfte es kaum als Original funktioniert haben. Doch welche Rolle hatte es dann gespielt? Auch die Ląder Mönche haben ihre Falsifikate für aktuelle Bedürfnisse produziert; so im Fall jener Mieszko III. zum Jahr 1186 zugeschriebenen Urkunde, die für die Bedürfnisse eines Prozesses mit dem Posener Bistum gefälscht wurde,28 oder jener angeblich aus dem Jahre 1174 stammenden Urkunde,29 durch die das Kloster mit dem Krakauer Salzbergwerk ausgestattet wurde und die sicher als eine Antwort auf die Salz-Politik

25 Kodeks dyplomatyczny Wielkopolski. Ed. Zakrzewski (wie Anm. 12), 137; vgl. Maria Bielińska, Kancelarie i dokumenty wielkopolskie XIII wieku [Kanzleien und großpolnische Urkunden des 13. Jahrhunderts]. Wrocław 1967, 321, Nr. 4. 26 Diese konnte hier nur in den wesentlichen Grundzügen wiedergegeben werden und findet sich in weitaus detaillierterer Form im polnischen Original; vgl. Ginter, Działalność fundacyjna (wie Anm. 8), 104–124. 27 Kodeks dyplomatyczny Wielkopolski. Ed. Zakrzewski (wie Anm. 12), Nr. 298. 28 Ebd., 27; ähnlicher Meinung ist Tomasz Jurek, Stanowisko dokumentu w średniowiecznej Polsce [Die Stellung der Urkunde im mittelalterlichen Polen], in: StŻródł 40, 2002, 1–18, hier 4, Anm. 34. 29 Kodeks dyplomatyczny Wielkopolski, Bd. 6. Ed. Gąsiorowski / Kowalewicz (wie Anm. 20), Nr. 1.

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Bolesławs des Schamhaften verstanden werden kann.30 Ein aktuelles Interesse lässt auch die Narratio der Urkunde Bolesławs des Frommen von 1261 erkennen: nos Bolezlavus Dei gracia dux Polonie mandavimus fratribus Landensis Ordinis Cisterciensium, ut nobis super fundacione eiusdem domus sua privilegia exhiberetur. Aus der dann folgenden Dispositio folgt zweifelsfrei, dass das Diplom K zu diesen privilegia gehörte. Denselben Mechanismus hat Józef Dobosz am Beispiel der ‚Stiftungsurkunden‘ des Klosters in Sulejów aufgezeigt.31 Und da wir, wie aus Jureks Beobachung folgt, „über zwei Urkunden verfügen, von denen die zweite [K] eindeutig durch Hinzufügung weiterer Klauseln zur ersteren [W] entstanden ist“,32 weckt die relative Chronologie dieser Urkunden keinerlei Zweifel mehr. Somit deutet alles darauf hin, dass das Diplom W ein Konzept (oder sogar „das Konzept eines Konzepts“), d. h. die Basis darstellte, eine Art Skelett, auf dessen Grundlage dann die endgültige, vollständige Version des dem Herzog als authentisches Original vorgelegten Stiftungsdiploms (K) geschaffen wurde. Die Ankündigung einer doppelten Besiegelung in W bedeutet offensichtlich nicht, dass beide Siegel oder auch nur eines davon dem Konzept angehängt worden wären. Die Mönche, die von der Existenz zweier verschiedener herzoglicher Siegel wussten (oder sogar schon über diese verfügten), entschieden ganz einfach im Augenblick der Anfertigung des Konzepts, sich im Falsifikat des Bolesław dem Frommen vorzulegenden Stiftungsdiploms beide zunutze zu machen. Dass W eher nur eine Arbeitsversion darstellte, bezeugt auch das Fehlen der Erwähnung der Immunitäten und eines Teils der Besitztümer. Nach Ansicht der Diplomatiker sind eigentliche Siegelurkunden in Polen zeitgleich mit den neuen Orden in Erscheinung getreten. Insbesondere die Zisterzienser sollen als mit dem Schriftgebrauch in Rechtsverfahren vertraute Zuwanderer die Stifter um Ausstellung von Urkunden gebeten haben, die den Besitzstand ihrer neuen Klöster bestätigten.33 Bekanntlich verfügten die drei ältesten Zisterzienserklöster in Jędrzejów,34 30 Kozłowska-Budkowa, Repertorjum (wie Anm. 3), Nr. 73. In den Jahren 1273–1278 führte Bolesław der Schamhafte eine Reform der Salzförderung in Bochnia und Wieliczka durch, wobei die bisherigen Besitzer und Teilhaber enteignet wurden, darunter auch zahlreiche kirchliche Institutionen, vgl. Roman Grodecki, Saliny ziemi krakowskiej w wiekach średnich [Die Salinen des Krakauer Landes im Mittelalter], in: Sprawozdania Polskiej Akademii Umiejętności 28, 1923, 5, 6–8, hier 6. 31 Józef Dobosz, Trzynastowieczne falsyfikaty cysterskie z Sulejowa i Jędrzejowa. Motywy i okoliczności powstania [Die zisterziensischen Falsifikate von Sulejów und Jędrzejów aus dem 13. Jahrhundert. Motive und Umstände ihrer Entstehung], in: Anna Pobóg-Lenartowicz / Marek Derwich (Hrsg.), Klasztor w kulturze średniowiecznej Polski. Opole 1995, 225–237, hier 231–234. 32 Jurek, Dokumenty fundacyjne (wie Anm. 3), 15. 33 Die in den Kanzleien der Empfänger ausgestellten Urkunden haben, wie Tomasz Jurek betont, anfänglich noch eine den älteren Notationen ähnliche Rolle gespielt bzw. eher „das Gedenken an Ereignisse unterstützt“; ob sie vor polnischen Gerichten als Beweismittel gegolten haben, könne nicht sicher gesagt werden; Jurek, Stanowisko dokumentu (wie Anm. 28), 3. 34 Kodeks dyplomatyczny Małopolski, Bd. 2. Ed. Franciszek Piekosiński. Kraków 1886, Nr. 372.

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Łekno35 und Leubus36 über Stiftungsdiplome, wobei die Originalurkunden nur für Łekno und Leubus erhalten geblieben sind, während das Diplom für Jędrzejów nur aus sekundären Überlieferungen bekannt ist, denen zweifellos eine authentische Urkunde von Erzbischof Jan(ik) zugrundegelegen hat; für Sulejów ist hingegenlediglich eine Fälschung aus dem 13. Jahrhundert bekannt, die sich auf Notationen aus der Zeit der Stiftung stützt.37 Vor diesem Hintergrund wäre zu erwarten, dass auch das Kloster Ląd im Augenblick seiner Stiftung eine Urkunde erhalten haben dürfte, die an dieses Ereignis erinnerte und seine ursprüngliche Ausstattung festhielt. Dabei ist nicht auszuschließen, dass ein solches ursprüngliches Stiftungsdiplom von Mieszko selbst ausgestellt worden ist. Infolge jener nicht näher bekannten Ereignisse, die das Kloster in den Jahren 1190–1191 an den Rand seiner Liquidierung brachten, mag es später zerstört worden oder verloren gegangen sein. Das verlorene Diplom wäre dann durch die weiter oben erwähnte hypothetische Urkunde von etwa 1195 oder durch eine ausführliche Notation im klösterlichen Kopialbuch ersetzt worden. Es kann wohl davon ausgegangen werden, dass Mieszko, der seiner großherzoglichen Würde großes Gewicht beimaß, versucht haben wird, den Feierlichkeiten anlässlich seiner Klosterstiftung mit einem entsprechenden Stiftungsdiplom zusätzlichen Glanz zu verleihen. Ein solches, wohl öffentlich verlesenes Diplom dürfte er zweifellos als ein weiteres Element monarchischer Repräsentation angesehen haben.

Die Zisterzienserkataloge und das tatsächliche Stiftungsdatum des Klosters Ląd Die angeblichen Stiftungsdiplome, die als Zeitpunkt der Gründung den 23. April 1145 angeben, haben sich in allen ihren Versionen als Falsifikate erwiesen, die aus dem Jahre 1261 oder einer diesem Datum nahen Zeit stammen. Auch die von diesen Falsifikaten überlieferte Datierung ist nicht glaubwürdig. Das wirkliche Datum der Stiftung des Klosters Ląd bzw. des Einzuges des Konvents in die neue Abtei haben die zisterziensischen Kataloge bewahrt. Die Zisterzienser waren ein zentralistisch und hierarchisch organisierter Orden, der der Filiation seiner Abteien große Aufmerksamkeit schenkte. 35 Kodeks dyplomatyczny Wielkopolski. Ed. Zakrzewski (wie Anm. 12), 18. 36 Codex diplomaticus nec non epistolaris Silesiae, Bd. 1. Ed. Karol Maleczyński. Wrocław 1951, Nr. 55. 37 Vgl. Kozłowska-Budkowa, Repertorjum (wie Anm. 3), Nr. 55; Kürbis, Cystersi w kulturze (wie Anm. 1), 328; 337; Józef Mitkowski, Początki klasztoru cystersów w Sulejowie [Die Anfänge des Zisterzienserklosters in Sulejów]. Poznań 1949, 47; Dobosz, Trzynastowieczne falsyfikaty (wie Anm. 31), 231. Über die Existenz von Stiftungsurkunden der Klöster in Wąchock und Koprzywnica ist nichts bekannt, Józef Dobosz, Działalność funadcyjna Kazimierza Sprawiedliwego [Die Stiftungstätigkeit Kasimirs des Gerechten]. Poznań 1995, 75; 80.

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Während der Beratungen des Generalkapitels kam ihr eine nicht geringe Bedeutung zu, richtete sich doch die Sitzordnung der angereisten Äbte nach dem Alter des von ihnen geleiteten Klosters. Entsprechend gepflegt wurde das Wissen um die Genealogie der einzelnen Abteien. Dies führte dazu, dass bereits gegen Ende des 12. Jahrhunderts ein amtlicher Katalog aller zum Orden gehörender Abteien entstand. Alle existierenden, neu errichteten oder dem Orden angeschlossenen Abteien wurden dort in chronologischer Ordnung eingetragen, wobei grundsätzlich das Datum des Einzugs des Konvents in das neue Kloster zugrunde gelegt wurde. Der in Citeaux aufbewahrte und laufend ergänzte Katalog, der sogenannte Urkatalog, bildete die Grundlage vieler Abschriften, die für die Bedürfnisse anderer zisterziensischer Abteien angefertigt und dann dort – bereits für deren eigene Bedürfnisse – weitergeführt wurden. Solche Abschriften bildeten später mitunter die Grundlage für noch weitere Kopien.38 Die so entstandenen Abschriften und Ergänzungen führten dazu, dass dieselbe Abtei in einem Katalog an mehreren Stellen gleichzeitig vorkommen konnte, jedes Mal unter einem anderen Datum und manchmal auch mit einem verunstalteten Namen. Letzteres wurde dadurch begünstigt, dass die Abteien sowohl unter ihrem heimischen, ins Lateinische transkribierten Namen (Ląd als Linda oder Lenda) als auch unter ihrem offiziellen lateinischen Namen eingetragen wurden (z. B. Mogiła als Clara Tumba). Bei der Benutzung der Kataloge ist daher, auch wenn sie an sich als glaubwürdige Quellen anerkannt sind, größte Vorsicht geboten.39 Leider lassen die Ausgaben der Kataloge viel zu wünschen übrig. Von 38 bekannten Exemplaren40 wurden 1904 von Otto Grillnberger lediglich die beiden ältesten vollständig ediert.41 Der erste, der nach dem Namen seines damaligen Besitzers Joseph Phillipps mit dem Buchstaben P bezeichnet wurde, ist vor 1215 niedergeschrieben worden; seine letzte Eintragung betrifft das Jahr 1186. Der zweite Katalog, der dem British Museum gehört (und als B bezeichnet wird), endet im Jahre 1190 und entstand in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts.42 Wie aus den Befunden des Herausgebers hervorgeht, sind sie gleichzeitige, jedoch voneinander unabhängige Abschriften einer in Citeaux entstandenen Quelle, aber nicht des Urkatalogs. Darauf deuten die großen 38 Janauschek, Origines (wie Anm. 2), XII–XXIII; vgl. auch Jurek, Dokumenty fundacyjne (wie Anm. 3), 32. 39 So auch Jurek, Dokumenty fundacyjne (wie Anm. 3), 32. 40 Janauschek, Origines (wie Anm. 2), XVI–XXII. 41 Otto Grillnberger, Die Catalogi abbatiarum ordinis Cisterciensis. Nachträge zu Dr. L. Janauscheks originum Cisterciensium tomus I. I. Die Gruppe B und P. Wien 1904. Ich danke Herrn Dr. Waldemar Könighaus, der mir eine Fotokopie dieser Publikation zukommen ließ. 42 Grillnberger, Catalogi (wie Anm. 41), 22–30; Janauschek, Origines (wie Anm. 2), XVI–XVII. Dieser von Janauschek als B bezeichnete Katalog besteht aus zwei Teilen. Grillnberger hat nur den älteren Teil veröffentlicht, der mit dem Jahr 1190 endet (der jüngere reicht bis 1234), so dass er ihn als B bezeichnet. Für die Bedürfnisse der vorliegenden Arbeit bespreche ich nur diesen Teil, den ich zur Vereinfachung als B bezeichne.

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Lücken hin, die u. a. fast alle irischen43 und polnischen sowie zahlreiche spanische Klöster betreffen.44 Dem Kloster Ląd werden unterschiedliche Eintragungen bzw. Jahresangaben der Kataloge zugeordnet. Im Einzelnen handelt es sich um die Jahre 1134, 1145, 1146, 1151, 1152, 1174, 1175 und 1183. Tomasz Jurek hat zu Recht festgestellt, dass das erste und das letzte Datum nur vereinzelt und in späten Katalogen vorkommen,45 während die übrigen sich zu Paaren mit einem Unterschied von jeweils einem Jahr anordnen. Dabei beruhen die älteren Daten dieser Paare jeweils auf einem Fehler, der aus einem anderen Stil der Berechnung resultiert (aus der Vermischung der Florentiner Variante des Verkündigungsstils mit seiner Pisaner Variante); dieser Fehler tritt nur in einer Gruppe miteinander verwandter Kataloge auf und betrifft ausschließlich Daten aus dem 12. Jahrhundert.46 Mithin müssen die Angaben um ein Jahr verschoben werden, so dass nur noch drei Jahresdaten zur Betrachtung übrigbleiben: 1146, 1152 und 1175. In den Katalogen P und B kommt das Kloster Ląd unter dem Datum 1146 nicht vor; aber das hat, berücksichtigt man die Unvollständigkeit dieser Quellen bezüglich der polnischen Klöster, nicht viel zu bedeuten. Gleichwohl kann die von Leopold Janauschek vorgenommene Zuschreibung von Ląd zu diesem Jahr wegen des Fehlens von Editionen der übrigen Kataloge nicht verifiziert werden. Unabhänig davon muss aber mit hoher Wahrscheinlichkeit von einem Fehler im Namen des Klosters ausgegangen werden. Denn in den Katalogen P und B (und den anderen von Janauschek zitierten Katalogen)47 figuriert unter dem Jahr 1146 u. a. das norwegische Kloster Lyse (VII ld. Lul. Abbatia de Lisa Norwagie).48 In anderen Katalogen wurde es unter den Namen Lisa, Lyda, Lida oder Linda erwähnt,49 so dass eine Verwechslung mit Ląd (geschrieben als Linda, Linde, Lida oder Luda) durchaus möglich erscheint. In den Katalogen P und B ist die Eintragung von Lyse mit einem Tagesdatum versehen, was – in anderen Katalogen – im Falle der Eintragung von Ląd vor dem Jahr 1146 nie vorkommt. Aber dadurch wird die Hypothese eines Namensirrtums keineswegs entkräftet. In den Katalogen P und B sind die doppelten Eintragungen einiger Klöster oft nicht mit einem

43 Grillnberger, Catalogi (wie Anm. 41), 26. 44 Polnische Historiker haben die zisterziensischen Kataloge bislang nach Janauschek, Origines (wie Anm. 2) und Franz Winter, Die Cistercienser des nordöstlichen Deutschlands, Bd. 1. Gotha 1868 benutzt. 45 Jurek, Dokumenty fundacyjne (wie Anm. 3), 33. 46 Vgl. Janauschek, Origines (wie Anm. 2), XV; Jurek, Dokumenty fundacyjne (wie Anm. 3), 33. 47 Janauschek, Origines (wie Anm. 2), 88. 48 Grillnberger, Catalogi (wie Anm. 41), 43. Die zitierte Eintragung stammt aus dem Katalog B; im Katalog P ist sie leicht deformiert: II ld. Iul. Abbatio Lisano Wagie, aber es steht außer Zweifel, dass sie dieselbe Abtei betrifft und die Deformation einen offensichtlichen paläografischen Fehler darstellt. 49 Janauschek, Origines (wie Anm. 2), 88; Winter, Cistercienser (wie Anm. 44), 329f.

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Tagesdatum versehen, manchmal im Falle beider Eintragungen, manchmal nur im Fall einer.50 Der Katalog aus Ebrach enthält eine Eintragung, die als doppelt anerkannt werden kann. Unter der Nr. 267 lesen wir: Eodem anno [1145.] abbatia de Lisa Norwege vel Norwegie. Hec secundum tabulas generationum reponitur longe posterior, videlicit anno MCII. Die von Winter angegebenen Eintragungen aus den Katalogen von Langheim und Manrique lauten entsprechend: 1145 Lida und 1146 VII ld. Julie abb. de Lida Norwegiae.51 Zehn Nummern weiter figuriert unter der Nr. 278 jedoch die Eintragung: Eodem anno abbatia de Linda. Hec etiam anno MCLXXIIII.52 Es ist deutlich erkennbar, dass der Autor des Katalogs von Ebrach ein Problem mit der Unterscheidung dieser Klöster hatte, da er in beiden Eintragungen auch andere mögliche Jahre angab. Interessanterweise figuriert unter dem Jahr 1152, auf das er sich in der Notiz 267 berief, weder Ląd noch Lyse,53 während unter dem in der Notiz 278 erwähnten Jahr 1174 zweifellos Ląd steht. Diese Situation war sicher dadurch begründet, dass der Katalog von Ebrach eine verhältnismäßig späte, aus dem 15. Jahrhundert stammende Komplilation ist, zu der ausdrücklich mehrere von ihr unabhängige ältere Kataloge verwendet wurden. Somit scheint es, dass aufgrund der beträchtlichen Ähnlichkeit der Namen von Lyse und Ląd sowie des Vorkommens des Tagesdatums der Stiftung, die Ląd betreffenden Eintragungen vor dem Jahr 1146 ausschließlich als Effekt eines paläografischen Fehlers angesehen werden können. Nicht auszuschließen ist auch, dass im Falle einiger späterer Kataloge die Eintragung von Ląd vor dem Jahr 1145 unter dem Einfluss der Ląder Zisterzienser erfolgte, die immerhin über ein vermeintlich ‚authentisches‘ Stiftungsdiplom aus eben diesem Jahre verfügten. Wie auch immer, es bestehen hinreichende Gründe dafür, das Jahr 1145/46 als mögliches Stiftungsdatum der Abtei Ląd auszuschließen. Mit einer ähnlichen Situation haben wir es im Falle des Datums 1152 zu tun. Im Katalog P findet sich unter diesem Jahr die Notiz XIX kl. Ian. abbatia de Laude, und im Katalog B unter demselben Jahr XVIII kl. Iun. abbatia de Laude (Janauschek zufolge kommt Ląd unter dem Datum 1152 nur im Katalog P vor, was ein evidenter Irrtum dieses Autors ist).54 Zwei Nummern weiter (im Katalog B: eine Nummer weiter) findet sich die Notiz XVIII kl. Ian. (B: Iun.) abbatia de Los. Schon der Herausgeber dieser Kataloge bezog beide Eintragungen auf ein und dasselbe Kloster, wenn auch keineswegs auf Ląd, sondern auf das belgische Loos,55 dessen lateinischer Name Laus S. Mariae lautet. Zweifellos ist in beiden Fällen von ein und derselben Abtei die Rede. Im 50 Grillnberger, Catalogi (wie Anm. 41), Katalog P: 41. VI ld.. Sept. abbatia Runensis – 43. Abbatia de Renna, etc. (Pos. z. B.: 72–200, 81–115; 103–238; 116–160; 114–143; 137–177; 157–347; 168–205). 51 Winter, Cistercienser (wie Anm. 44), 331f. 52 Ebd., 332. 53 Ebd., 336. 54 Janauschek, Origines (wie Anm. 2), 90. 55 Grillnberger, Catalogi (wie Anm. 41), 46; 70.

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Katalog P kommen derartige doppelte Notizen übrigens noch mehrmals vor, und zwar eindeutig im Falle derselben Abteien.56 Darüber hinaus nennen 23 andere von Janauschek angeführte Kataloge das Tagesdatum des 14. Dezember als Stiftungsdatum der Abtei in Loos.57 Zwar übermitteln sie ein um drei bis vier Jahre früheres Jahresdatum, aber eine solche Situation kommt, wie sich aus den Zusammenstellungen über andere Klöster ergibt, recht häufig vor, und im übrigen wird die Attribution der Abtei dadurch nicht in Frage gestellt.58 Die Eintragung in dem von Winter zitierten Katalog von Ebrach lautet: Eodem anno [1151.] abbatia de Lande in Polonia. Mor. neptis, filia de Bergis. Im Katalog von Langheim lesen wir: 1151. XIX kal. Ian. abb. de Lande, dioc. Poznaniensis, und im Katalog von Manrique: 1152. XIX. lal. Ianuarii abbatia de Laude.59 Das Datum des 14. Dezember bezieht sich zweifellos auf Loos. Darüber hinaus gab Manrique die Form de Laude an, was davon zeugt, dass sich auch seine Erwähnung auf Loos bezieht und nicht auf Ląd. Die mittelalterlichen Kompilatoren der Kataloge lasen die Form de Laude offensichtlich als de Lande (Verwechslungen der Minuskeln u und n sind sogar heute noch verbreitet) und bezogen diese Eintragungen daher auf die Abtei in Ląd. Ähnlich verhielt sich auch Janauschek, obwohl er im Stichwort über das Kloster in Loos, das er u. a. mit Winter auf das Jahr 1149 datierte, diese Gefahr bemerkte.60 Nicht ausgeschlossen werden kann auch, dass den deutschen Zisterziensern aus den Klöstern in Ebrach und Langheim die eng mit Köln verbundene Abtei Ląd viel besser bekannt war als das belgische Loos und dass sie den ungenau gelesenen Namen deshalb dem großpolnischen Kloster zuordneten. Im Lichte der angeführten Zeugnisse zisterziensischer Kataloge kann somit festgestellt werden, dass auch das Datum 1152 dem Kloster in Ląd aufgrund eines paläografischen Fehlers zugeschrieben wurde. In den Katalogen P und B begegnen wir den Eintragungen: MCLXXV abbatia in Linda (P) und kl. Nov. abbatia Ialinda (B). Die Form Ialinda ist hier ein gewöhnlicher Fehler des Kopisten des Katalogs B, der die vom Katalog P korrekt übermittelte ursprüngliche Notiz in Linda sowie das in der Vorlage vorhandene, vom Kopisten P aber übergangene Tagesdatum (1. November) schlecht entzifferte. In diesen Katalogen kommt Ląd ausschließlich unter diesem Datum vor, und das ist das einzige Tagesdatum, das sich auf Ląd bezieht und in den zisterziensischen Katalogen genannt wird. Im Katalog von Ebrach lautet die entsprechende Eintragung: Eodem anno [1174] abbatia in Linda vel Lindia videtur esse Mor. neptis, filia de Bergis, quamquam alibi inveniatur de Lande. Die Notiz im Katalog von Langheim nennt nicht einmal den Namen der 56 Ebd., Pos. u. a.: P 75–82; 86–108; 95–130; 123–124; 104–140; 96–110; 142–144; 169–183–188; 201–233; 350–351. Vgl. auch ebd. 2–53. 57 Janauschek, Origines (wie Anm. 2), 116. 58 Ebd., 84 – Riddagshausen (1143, 1144, 1146). 59 Winter, Cistercienser (wie Anm. 44), 336. 60 Janauschek, Origines (wie Anm. 2), 116; Winter, Cistercienser (wie Anm. 44), 333.

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Abtei: 1174. fil. Veteris Montis. Die Notiz im Katalog von Manrique dagegen ist praktisch identisch mit der Notiz aus B. 1175. kal. Novembris abbatia in Lindia sive de Linda.61 Bemerkenswert ist auch, dass in den siebziger Jahren des 12. Jahrhunderts keine andere Abtei entstand, die einen der unseren ähnlichen Namen trug, so dass also auch die Möglichkeit eines solchen Irrtums wie im Falle von Lyse und Loos entfällt. Aus diesen Betrachtungen geht somit klar hervor, dass die zisterziensischen Kataloge nur ein glaubwürdiges Datum der Gründung des Klosters in Ląd angeben (genauer gesagt: höchstwahrscheinlich des Einzugs des neuen Konvents in das Kloster) und dass dieser Tag der 1. November 1175 ist. Tomasz Jurek hat das von den zisterziensischen Katalogen überlieferte Jahresdatum 1175 seinerseits für den Effekt eines paläografischen Fehlers durch Auslassung zweier Buchstaben X (d. h. einen Fehler in der Aufzeichnung des Jahresdatums von 1195) gehalten und in der Konsequenz dessen Glaubwürdigkeit völlig negiert. Dem ist entgegenzuhalten, dass Ląd erstens in keinem zisterziensischen Katalog nach 1175 begegnet (die einzige Ausnahme bildet ein später und unglaubwürdiger Katalog vom Ende des 15. Jahrhunderts, der das Jahr 1183 nennt),62 was in der von Jurek suggerierten Situation doch zu erwarten wäre. Deshalb kann nicht so leicht von einem einfachen Fehler in Gestalt der Auslassung zweier X in der Jahresnotiz ausgegangen werden. Der Katalog P reicht nicht über das Jahr 1186 hinaus und auch B nicht über 1190, so dass der suggerierte Fehler einfach unmöglich erscheint. Damit wird auch Wyrwas Vorschlag entkräftet, das Kloster sei in den Jahren 1186 bis 1195 gestiftet worden.63 Die Ablehnung des Zeugnisses der zisterziensischen Kataloge ist übrigens nicht die einzige Schwachstelle in Wyrwas Konstruktion. So deutet er auch die Ląd betreffenden Erwähnungen in den Beschlüssen des zisterziensischen Generalkapitels dahingehend, dass diese einen zeitweiligen Zusammenbruch der Ląder Stiftung, ja deren vorübergehende Liquidierung bezeugen würden. Tatsächlich finden wir zum Jahr 1191 den Eintrag: Abbatia de Linda revertatur ad matrem suam Lugana et de duabus fiat una et sit unum ovile et unus pastor und zum Jahr 1193: Duci Polonie rescribatur quod petitio sua de non destruendo abbatia de landes conceditur ei.64 Die Zuschreibung sowohl der Abteien (Linda/Landes – Ląd und Lugana – Łekno) als auch der Person des polnischen Herzogs (Mieszkos III.) hat niemals Zweifel geweckt.65 Davon dass diese Notizen einen vorübergehenden Niedergang oder gar eine zeitweilige Liquidierung der Stiftung Ląd bezeugen,66 kann keine Rede sein. Die Formen revertatur, fiat, sit, non destruenda verweisen auf ein Postulat und auf die Zukunft, keinesfalls aber auf eine bereits durchgeführte Aktion. 61 62 63 64

Winter, Cistercienser (wie Anm. 44), 342. Janauschek, Origines (wie Anm. 2), XVIII, 90. Wyrwa, Procesy fundacyjne (wie Anm. 5), 83–98. Statuta capitulorum generalium Ordinis Cisterciensis ab anno 1116 ad annum 1786. Ed. Josephus M. Canivez, Bd. 1. Louvain 1933, 137; 168. 65 Wyrwa, Procesy fundacyjne (wie Anm. 5), 94; 99; Jurek, Dokumenty fundacyjne (wie Anm. 3), 11. 66 Vgl. z. B. Jurek, Dokumenty fundacyjne (wie Anm. 3), 27.

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Aus den zitierten Texten folgt eher, dass die Abtei in Ląd vor der drohenden Liquidierung bewahrt wurde, so dass sie all die Jahre hindurch ohne Unterbrechung funktionierte. Wyrwas zweite Prämisse gründet auf der These, man könne aus den Vergaben im Falsifikat des Stiftungsdokuments des Klosters seine ursprüngliche Ausstattung ableiten, die es vollständig von Mieszko erhalten habe.67 Wyrwa geht davon aus, dass die Reihenfolge der Dörfer in der Urkunde die relative Chronologie ihrer Übergabe an das Kloster widerspiegelt. Eine solche Annahme ist tatsächlich wahrscheinlich, allerdings im Lichte unserer Kenntnisse über die Stiftungsurkunden leider unmöglich zu verifizieren, weil kaum mit hundertprozentiger Sicherheit gesagt werden kann, dass die Vergaben von Mieszko III. selber stammen. Die dem Kloster geschenkten Dörfer sind in der vermeintlichen Stiftungsurkunde in zwei Gruppen aufgeschlüsselt: eine erste, zu der Kościół (Lądek), Dolany, Morsko, Kłobia und Choceń gehören und die mit einer Liste der auf den Bewohnern dieser Dörfer lastenden Schuldigkeiten gegenüber dem Kloster endet. Die drei ersten Dörfer befinden sich in unmittelbarer Umgebung von Ląd68 (Kościół und Dolany liegen nur 3,5 km vom Kloster entfernt, nur das heute nicht mehr existierende Morsko war weiter entfernt), die beiden darauffolgenden dagegen in Kujawien. Die Vergabe eben dieser kujawischen Dörfer datierte Wyrwa auf die Zeit nach 1186, als Mieszko III. Kujawien seinem Teilfürstentum einverleibte.69 Aber Mieszko war höchstwahrscheinlich auch bereits in den Jahren 1173 bis 1177 im Besitz von Kujawien als einer vom ‚Senioratsgebiet‘ nicht abgesonderten Region, so dass er problemlos alle fünf erwähnten Dörfer gleichzeitig vergeben konnte. Im Lichte der vorstehenden Betrachtungen kann das Datum des 1. November 1175 als Zeitpunkt der Stiftung des Klosters, genauer gesagt: des Einzugs des Konvents in das Kloster als bewiesen anerkannt werden. Es ist das einzige der in den zisterziensischen Katalogen überlieferten Daten, das ausschließlich auf Ląd bezogen werden kann. Für dieses Datum sprechen indirekt auch die von Władysław Semkowicz entdeckten Jędrzejower Urkunden Mieszkos des Alten und Kasimirs des Gerechten (1166–1168).70 Von den kirchlichen Würdenträgern, die diese Urkunden bezeugt haben, wurden nach dem Erzbischof und dem Krakauer Bischof auch die Äbte der Klöster in Łekno, Tyniec und Łysa Góra erwähnt. Anlässlich der feierlichen Einweihung der Kirche der Zisterzienserabtei Jędrzejów versammelten sich dort also die höchsten kirchlichen Hierarchen des Landes und die Vorsteher der ältesten Klöster. Während das Fehlen des Leubuser Abtes darauf zurückgeführt werden könnte, dass sich dieses Kloster damals noch im Aufbau befand, lässt sich die Abwesenheit des Abtes eines von Mieszko III., der wich67 68 69 70

Wyrwa, Procesy fundacyjne (wie Anm. 5), 91f. Ebd., 118. Ebd., 91f. Władysław Semkowicz, Nieznane nadania na rzecz opactwa jędrzejowskiego z XII w. [Unbekannte Vergaben zugunsten der Jędrzejower Abtei aus dem 12. Jahrhundert], in: Kwart. Hist. 24, 1910, 66–97.

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tigsten weltlichen Person auf dieser Zusammenkunft, gestifteten Klosters, zumal auch der Abt von Łekno gekommen war, nur dadurch erklären, dass Ląd damals einfach noch nicht existiert hat. Doch selbst wenn auch andere Gründe für diese Abwesenheit vorstellbar sind (wie Tod oder Erkrankung des Abtes), könnte dieses Argument höchstens als ein unterstützendes, aber keinesfalls als ein entscheidendes angesehen werden. Als ein weiteres unterstützendes Argument kann eine Urkunde dienen, die angeblich im Jahre 1174 von Mieszko III. dem Alten ausgestellt wurde, der das Kloster mit Salz von Wieliczka ausstattete.71 Sie ist zwar eine Fälschung aus dem ausgehenden 13. Jahrhundert, aber die Information über die Salzvergabe durch Mieszko III. selbst trägt authentische Züge.72 Eine solche Vergabe konnte der Herzog aber nur als Herr von Krakau tätigen, in dessen Besitz er allerdings mehrmals war, so dass keine Garantie besteht, dass sich die fragliche Vergabe gerade auf die Jahre 1173 bis 1177 bezieht, so dass die Urkunde für die Diskussion über die Anfänge des Klosters nur mit Einschränkung herangezogen werden kann. Die Daten der übrigen angeblich von Mieszko dem Alten für das Kloster Ląd ausgestellten Falsifikate reichen ebenfalls nicht über das Jahr 1173 hinaus zurück.73 Wie Zofia Kozłowska-Budkowa festgestellt hat, handelt es sich hier zweifellos um aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts stammende Fälschungen, von denen jedoch zwei authentische Elemente bewahrt haben können – etwa die Datierung oder den Gegenstand der Vergabe selbst.74 Daher stellt sich die Frage, ob die Ląder Mönche, selbst wenn sie skrupellos falsche herzogliche Vergaben produzierten, nicht vielleicht doch eine richtige Tradition vom tatsächlichen Zeitpunkt der Errichtung des Klosters bewahrt haben können. Dem würde nicht einmal das Falsifikat mit dem Datum 1145 widersprechen, das in dieser Aufstellung ein völlig vereinzeltes Zeugnis darstellt, was zusätzlich durch das Fehlen von Falsifikaten aus den (angeblichen) Jahren 1146 bis 1172 unterstrichen wird. Das Datum 1173 würde hier somit auf den wirklichen Beginn des Stiftungsprozesses verweisen, dessen Krönung der Einzug der Zisterzienser in das neue Kloster Ende des Jahres 1175 bildete.

Zur politischen Motivation der Stiftung des Klosters Ląd Die zeitliche Übereinstimmung der Stiftung des Klosters in Ląd in den Jahren 1173 bis 1175 mit der Erlangung des Senioratsthrons durch Mieszko III. verweist auf den engen Zusammenhang beider Ereignisse. Angesichts bestehender polnischer und ausländi71 Kodeks dyplomatyczny Wielkopolski, Bd. 6. Ed. Gąsiorowski / Kowalewicz (wie Anm. 20), Nr. 1. 72 Kozłowska-Budkowa, Repertorjum (wie Anm. 3), Nr. 73. 73 Kodeks dyplomatyczny Wielkopolski, Bd. 1. Ed. Zakrzewski (wie Anm. 12), Nr. 20 (das Jahr 1173), Nr. 26 (1181), Nr. 27 (1186), Nr. 28 (1188). 74 Kozłowska-Budkowa, Repertorjum (wie Anm. 3), Nr. 71; Nr. 117.

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scher Analogien liegt daher die Annahme nahe, dass die Abtei Ląd den Charakter einer Inaugurationsstiftung trug, die dem neuen Senior eine glückliche Herrschaft und Gottes Segen sichern sollte. Gestützt wird diese Interpretation zusätzlich durch die Person des Klosterpatrons – den hl. Nikolaus, der im 12. Jahrhundert keineswegs nur mit Kaufleuten, sondern auch mit der Herrschaftssphäre assoziiert und als ‚Beschützter der Könige‘ angesehen wurde. Die verfügbaren Quellen erlauben keine eindeutige Aussage darüber, ob Mieszko III. der erste Piastenherrscher war, der dem Beginn seiner Senioratsherrschaft auf diese Weise Glanz zu verleihen suchte. Über die Stiftungstätigkeit seiner Vorgänger in ihrer Eigenschaft als Seniorherzöge wissen wir nur sehr wenig.75 Von den Stiftungen früherer Piastenherrscher können die Tyniecer und Lubińer Stiftungen Bolesławs II. des Kühnen mit einer gewissen Vorsicht als solche anerkannt werden.76 Vielleicht hat sich Mieszko III. von der Leubuser Stiftung Bolesławs des Langen inspirieren lassen. Doch kann dies auch von einem etwas anderen Gesichtspunkt aus betrachtet werden. Sławomir Gawlas hat gestützt auf die Chronica Polonorum des Magisters Vincentius die erste Senioratsherrschaft Mieszkos III. als eine bewusste, stimmige Politik gedeutet, die eine radikale Umgestaltung der Grundlagen herzoglicher Herrschaft zum Ziel gehabt habe. Gawlas zufolge sei Mieszko einer der ersten piastischen Herrscher gewesen, der auf die seiner Epoche eigenen Ideen und Machtinstrumente, vor allem aber auf das im Reich ausgearbeitete Modell der Territorialherrschaft zurückgegriffen habe.77 Die Chronica Polonorum liefere zwar keinerlei Hinweise auf das Datum des Beginns der von Magister Vincentius so heftig kritisierten ‚Revolution‘ Mieszkos, doch sei anzunehmen, dass dies aufgrund der verhältnismäßig schnellen und effektiven Reaktion der Krakauer Opposition praktisch sofort nach seiner Besteigung des großherzoglichen Throns ge-

75 Józef Dobosz, Monarcha i możni wobec Kościoła w Polsce do początku XIII wieku [Der Monarch und die Großen und die Kirche in Polen bis zu Beginn des 13. Jahrhunderts]. Poznań 2002, 340– 344. Im Falle von Bolesław Kraushaar kann nur von einer – und dann auch nur hypothetischen – selbständigen Stiftung gesprochen werden, nämlich von der Präpositur in Jeżów, vgl. Marek Derwich, Monastycyzm benedyktyński w średniowiecznej Europie i Polsce. Wybrane problemy [Der benediktinische Monastizismus im mittelalterlichen Europa und Polen. Ausgewählte Probleme].Wrocław 1998, 196f. 76 Roman Michałowski, Princeps fundator. Monarchische Stiftungen und politische Kultur im piastischen Polen (10.–13. Jahrhundert), in diesem Band 37–108, hier 86f.; Marek Derwich, Fundacja lubińska na tle rozwoju monastycyzmu w Polsce (XI–XII wiek) [Die Lubińer Stiftung vor dem Hintergrund der Entwicklung des Klosterwesens in Polen (11.–12. Jahrhundert)], in: Zofia Kurnatowska (Hrsg.), Opactwo Benedyktynów w Lubiniu. Pierwsze wieki istnienia. Poznań 1996, 12–23, hier 14f. 77 Sławomir Gawlas, O kształt zjednoczonego Królestwa. Niemieckie władztwo terytorialne a geneza społeczno-ustrojowej odrębności Polski [Um die Gestalt des vereinigten Königreiches. Die deutsche Territorialherrschaft und die Genese der sozialen und verfassungsmäßigen Eigenheit Polens]. Warszawa 2000, 81.

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schehen sein muss. In dieser Situation gewinnen sowohl die Tatsache der Stiftung des Klosters Ląd selbst als auch die Wahl seines Patrons neue Bedeutung. Mieszko war sich gewiss darüber im Klaren, dass die neue Ordnung, die er einführen wollte, nicht auf allgemeine Akzeptanz stoßen würde, besonders nicht bei den Großen. Er wusste auch, dass er für ein solches Werk den Segen übernatürlicher Mächte brauchte, den er sich am besten mit Hilfe eines großzügigen Geschenks sichern konnte. Bereits die Stiftung des Klosters selbst stellte eine außergewöhnliche78 und dem Stifter das Heil garantierende Schenkung dar. Mit Sicherheit spielte in diesem konkreten Fall auch die Tatsache eine gewisse Rolle, dass er dieses Kloster den Zisterziensern stiftete, einem Orden, der sich ganz offensichtlich der göttlichen Gnade erfreute. Zusätzlich wählte der Herzog einen Heiligen zum Patron dieser Abtei, der in Europa als Fürsprecher und Beschützer der Herrschenden große Verehrung genoss. Und wenn der Herrscher das Kloster gleich zu Beginn seiner Senioratsherrschaft stiftete, dann konnte er auch erwarten, dass die auf diese Weise erwirkte göttliche Gnade seine gesamte Regierungszeit überstrahlen und ihm und dem Land Wohlergehen sichern würde.79

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Karte 1: Der Siedlungskomplex um das Kloster Ląd im Frühmittelalter

78 Roman Michałowski, Klasztor prywatny w Niemczech IX–XII w. jako fakt religijny i społeczny. Wybrane zagadnienia [Das Privatkloster in Deutschland im 9.–12. Jahrhundert als religiöse und soziale Realität. Ausgewählte Fragen], in: Jerzy Strzelczyk (Hrsg.), Niemcy – Polska w średniowieczu. Materiały z konferencji naukowej zorganizowanej przez Instytut Historii UAM w dniach 14–16 XI 1983 roku. Poznań 1986, 47–66, hier 48. 79 Michałowski, Princeps fundator (wie Anm. 76), 36.

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100 km

Karte 2: Verkehrswege in Polen um 1200

Die Stiftungstätigkeit Mieszkos III. im Kontext seiner Reformpolitik Für eine über sechzigjährige, selbständige Herrschaft, wie sie Mieszko III. vergönnt war, ist die Zahl der ihm sicher zuschreibbaren selbständigen Stiftungen relativ gering. Eigentlich wissen wir nur von dreien: Neben dem Zisterzienserkloster in Ląd handelt es sich dabei um das Kollegiatstift in Kalisch und das Michael-Spital in Posen. Die Rekonstruktion eines geschlossenen ‚Stiftungsprogramms‘, das Mieszko systematisch verfolgt hätte, erscheint vor diesem Hintergrund kaum möglich, auch weil zwischen den Stiftungen ein verhältnismäßig großer zeitlicher Abstand bestand und sie unter ganz unterschiedlichen politischen Umständen erfolgten. Zudem können die von den Historikern für die einzelnen Stiftungen rekonstruierten Umstände und Ursachen bestenfalls

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als Hypothesen und keinesfalls als feststehende Tatsachen angesehen werden. Die weniger als bescheiden dokumentierte Stiftungstätigkeit Mieszkos III. versetzt uns in eine ziemlich peinliche Lage, haben wir es doch mit einer Persönlichkeit zu tun, an deren herausragender Bedeutung für die politische Geschichte Polens im 12. Jahrhundert nicht der geringste Zweifel besteht. Im Wissen um die große Rolle, die kirchliche Stiftungen im mittelalterlichen politischen Instrumentarium gespielt haben, wäre bei einem solchen Herrscher eigentlich eine viel größere Aktivität auf diesem Gebiet zu erwarten gewesen. Kann man also davon ausgehen, dass es in Wirklichkeit viel mehr selbständige Stiftungen Mieszkos III. gegeben hat, aber die erhaltenen Quellen aus verschiedenen Gründen nur zu den drei wichtigsten von ihnen Nachrichten überliefert haben? Vor einer raschen Bejahung dieser Frage warnt ein Blick auf die analoge Tätigkeit anderer piastischer Dynasten zur Zeit Mieszkos. Bolesław IV. Kraushaar kann – und das auch nur mit Mühe – lediglich eine, noch dazu recht bescheidene Stiftung zugeschrieben werden: die der Benediktinerpräpositur in Jeżów.80 Auch Kasimir der Gerechte, Mieszkos III. Konkurrent, konnte sich nur einer einzigen selbständigen Stiftung rühmen: des Klosters in Sulejów.81 Dem aktuellen Wissensstand nach war auch Bolesław der Lange allein für die Stiftung des Klosters in Leubus verantwortlich (wobei wir auch hier nicht wissen, ob er dazu nicht etwa eine früher existierende Benediktinerniederlassung genutzt hat)82 sowie für die Stiftung der Zentralkapelle auf der Breslauer Burg.83 Dagegen muss Heinrich von Sandomir als Stifter zweier Kanonikergemeinschaften (Opatów und Wiślica) sowie einer Johanniterniederlassung in Zagość eher als Ausnahme angesehen werden.84 Es zeigt sich mithin, dass die Stiftungsaktivität Mieszkos III. von den analogen Aktivitäten anderer Piasten seiner Zeit nicht besonders ab80 Derwich, Monastycyzm benedyktyński (wie Anm. 75), 196. Magdalena Biniaś-Szkopek, Bolesław IV Kędzierzawy – książe Mazowsza i princeps [Bolesław IV. Kraushaar – Herzog von Masowien und Senior]. Poznań 2009, 206, 210f. zieht sowohl diesen als auch andere Versuche in Zweifel, Bolesław Kraushaar selbständige kirchliche Stiftungen zuzuschreiben. Als belegt erachtet sie allein die Schenkungstätigkeit dieses Herzogs. 81 Józef Dobosz, Działalność fundacyjna Kazimierza Sprawiedliwego [Die Stiftungstätigkeit Kasimir des Gerechten]. Poznań 1995 sieht die übrigen von ihm beschriebenen Stiftungen Kasimirs (d. h. alle außer Sulejów) entweder als unselbständige Stiftungen an, die zusammen mit dem Bischof getätigt wurden, oder als Stiftungen von Kanonikerämtern in einem schon früher funktionierenden Kollegiatstift. 82 Waldemar Könighaus, Die Zisterzienserabtei Leubus in Schlesien von ihrer Gründung bis zum Ende des 15. Jahrhunderts. Wiesbaden 2004, 15–23. 83 Edmund Małachowicz, Wrocławski zamek książęcy i kolegiata św. Krzyża na Ostrowie [Das Breslauer Herzogsschloss und das Kollegiatstift zum Heiligen Kreuz auf der Dominsel]. Wrocław 1994, 31–35; Halina Manikowska, Princeps fundator im vorrechtsstädtischen Breslau. Von Piotr Włostowic zu Heinrich dem Bärtigen, in diesem Band 281–305, hier 295f. 84 Dobosz, Działalność fundacyjna (wie Anm. 81), 84; 101; Maria Starnawska, Między Jerozolimą a Łukowem. Zakony krzyżowe na ziemiach polskich w średniowieczu [Zwischen Jerusalem und Łukowo. Kreuzritterorden in den polnischen Ländern im Mittelalter]. Warszawa 1999, 26.

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wich. Die Zahl der von piastischen Herrschern getätigten neuen Stiftungen war also vergleichbar und verhältnismäßig gering.85 Selbstverständlich ist zu berücksichtigen, dass wahrscheinlich nicht zu allen ihren Stiftungen Nachrichten auf uns gekommen sind, mithin von einer gewissen ‚Dunkelziffer‘ auszugehen ist. Auch dies veranlasst dazu, hinsichtlich der Rekonstruktion eines ‚Stiftungsprogramms‘ des betreffenden Herrschers mit größter Vorsicht vorzugehen. Die qualitative Veränderung, die die Erlangung der Senioratsherrschaft durch Mieszko den Alten darstellte, bildet die Hauptzäsur im politischen Wirken dieses Herzogs. Es kann davon ausgegangen werden, dass sie auch eine Zäsur in seiner Stiftungstätigkeit darstellte. Ein weiterer wesentlicher Umstand war die Tatsache, dass sich Mieszko während seiner teilfürstlichen Herrschaftszeit durchaus darüber im Klaren gewesen sein muss, dass seine Chancen, den Senioratsthron zu besteigen, gering waren. Nicht viel jünger als Bolesław Kraushaar, konnte er nicht erwarten, dass sein Bruder „im reifen, nicht im fortgeschrittenen Alter“ sterben würde.86 Diese Feststellung legt den Schluss nahe, dass die politische Tätigkeit Mieszkos bis Januar 1173 eher auf die innere Konsolidierung seines teilfürstlichen Herrschaftsgebietes beschränkt gewesen sein muss, besonders da dieses – vor allem zu Beginn – kein geschlossenes Ganzes gebildet hat. Das Teilfürstentum, das Mieszko 1138 nach dem Tod Bolesław III. Schiefmunds erhalten hatte, entsprach höchstwahrscheinlich dem Umfang der Diözese Posen, kann also als ein einigermaßen einheitliches Ganzes angesehen werden. Im Jahre 1146 wurde es mindestens um die Kastellanei Kalisch erweitert. Damit wurden Maßnahmen zu einer engeren Integration dieses Gebietes in das westliche Großpolen erforderlich und es mag dieser Zusammenhang gewesen sein, in dem es in der Kalischer Burg zur Stiftung des Kollegiatstifts St. Paul gekommen ist. Kanonikergemeinschaften stellten schließlich ein wichtiges Element im Verwaltungssystem des frühmittelalterlichen Staates dar. Der Kanonikercharakter der Kalischer Stiftung bedeutete auch eine reiche Umrahmung des Gottesdienstes, wodurch das Prestige Mieszkos als Herrscher noch zusätzlich gehoben wurde, denn die prunkvollen Offizien der Kanoniker wurden ja auf dem Gelände des herzoglichen Sitzes zelebriert. Die ganze Investition erhöhte auf diese Weise den Rang der Burg Kalisch innerhalb von Mieszkos Herrschaftsgebiet. In diesem Zusammenhang verdienen die etwa zur gleichen Zeit vom Sandomirer Teilfürsten Heinrich gestifteten Kanonikergruppen in Wiślica und Opatów besondere Aufmerksamkeit. Interessant ist hier der Umstand, dass die rechtliche Situation Heinrichs sicher derjenigen Mieszkos vor 1173 entsprach. Beide waren Statthalterr eines großen Her85 Bewusst übergehe ich hier die Stiftungstätigkeit von Bolesław Schiefmund, der als Alleinherrscher viel größere Möglichkeiten hatte und hinsichtlich seiner Stiftungstätigkeit gewiss auch andere politische Ziele. Eine Übersicht über diese bietet Dobosz, Monarcha i możni (wie Anm. 75), 171–249 und Ders., Herzogliche und adlige Stiftungstätigkeit im Polen des 12. Jahrhunderts, in diesem Band 201–267. 86 Magistri Vincentii dicti Kadłubek Chronica Polonorum. Ed. Marian Plezia, in: MPH NS, Bd. 11. Kraków 1994, III, 30.

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zogtums, beide hatten nur geringe Chancen, den großherzoglichen Thron zu besteigen (wobei Heinrichs Chancen aufgrund des Altersunterschieds diejenigen Mieszkos sogar übertrafen), und beide konnten dank der Gunst Bolesławs IV. Kraushaar im Jahre 1146 ihre ursprünglichen Anteile vergrößern.87 Daher ist nicht auszuschliessen, dass die seinerzeitige Stiftungstätigkeit beider Brüder ähnliche Grundlagen hatte. Diese Annahme findet eine zusätzliche Bestätigung in der Tatsache, dass Heinrich die Kollegiatstifte vor allem in den nach Sandomir wichtigsten Burgsiedlungen seines Teilfürstentums stiftete, wobei eine von ihnen (Wiślica) für ihn – so wie für Mieszko Kalisch – aus dem ‚Senioratsherzogtum‘ ausgegliedert wurde.88 Somit würde hier ein Element jenes breiteren Prozesses fassbar, der zur Konsolidierung der Territorialherrschaft bzw. zur Integration einer Peripherie eines Teilfürstentums mit dessen ‚Zentrum‘ führte. Vielleicht haben wir es hier auch mit noch einem weiteren Mechanismus zu tun, auch wenn sofort angemerkt werden muss, dass die folgende Konstruktion angesichts der Unsicherheit der Prämissen nur ein unverbindlicher Forschungsvorschlag bleiben muss. Die Kastellaneien Kalisch und Wiślica waren nämlich für die Teilfürstentümer beider Brüder Grenzgebiete. Als solche wiesen sie eine ähnliche Lage auf, wie die im Rahmen des piastischen Gesamtstaates als ‚Grenzmarken‘ anerkannten Kastellaneien Danzig und Glogau, in denen ebenfalls – wahrscheinlich schon von Bolesław III. Schiefmund gestiftete – Kollegiatstifte entstanden waren.89 Wir mögen es daher im Falle von Wiślica und Kalisch mit demselben Mechanismus zu tun haben wie in Glogau und Danzig, nur eben im Maßstab eines Teilfürstentums. Eine Schwäche dieser Hypothese liegt allerdings darin, dass die Zuschreibung der Stiftung des Glogauer und insbesondere des Danziger Kollegiatstiftes zu Bolesław Schiefmund aus Mangel an Quellen lediglich eine unbewiesene Hypothese darstellt und auch der Markencharakter der beiden Kastellaneinen nicht von allen Historikern akzeptiert wird.90 Den Bemühungen um die Errichtung einer souveränen Territorialherrschaft kann, wie es scheint, auch eine weitere Stiftung Mieszkos III. zugeordnet werden, nämlich die des Posener Spitals St. Michael, die unter Beteiligung des Ortsbischofs Radwan erfolgte, der nota bene ein früherer herzoglicher Kanzler war. Die Stiftung des höchstwahrscheinlich ersten Spitals auf polnischem Boden tätigte Mieszko in der Hauptstadt seines Herrschaftsgebietes, wohl um deren Prestige zu heben. Möglicherweise sollte 87 Die Tatsache, dass Heinrich seine Herrschaft höchstwahrscheinlich schon über das vergrößerte Teilfürstentum ausgeübt hat, hat hier wohl keine größere Bedeutung, weil ihm sein ursprünglicher Anteil noch von seinem Vater zugeteilt worden war. 88 Agnieżka Teterycz, Rządy księcia Henryka, syna Bolesława Krzywoustego w ziemi sandomierskiej [Die Herrschaft Herzog Heinrichs, des Sohnes Bolesław Schiefmunds im Sandomirer Land], in: Błażej Śliwiński (Hrsg.), Mazowsze, Pomorze, Prusy. Gdańsk 2000, 245–269, hier 249. 89 Tadeusz Lalik, Marchie w Polsce w XII wieku [Grenzmarken in Polen im 12. Jahrhundert], in: Kwart. Hist. 73, 1966, 817–830. 90 Vgl. Tomasz Jurek, Kto i kiedy fundował kolegiatę głogowską, in: Sobótka 49, 1994, 1f.; 21–35, hier 33, der jedoch keinerlei Argumente anführt, die Laliks Vorschlag in Frage stellen könnten.

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Posen auf diese Weise den wichtigen Städten des Kaiserreiches angeglichen werden, in denen zu diesem Zeitpunkt bereits nachweislich Spitäler als ein integraler Bestandteil der frühmittelalterlichen Stadt funktionierten. Nicht auszuschließen ist auch die Absicht, Posen zu einem würdigen Herzogssitz für Mieszko zu machen, nachdem dieser durch die Verheiratung seiner Tochter Wierzchosława mit Friedrich von Lothringen, dem Sohn der leiblichen Schwester des Kaisers, selbst ein Mitglied der kaiserlichen Familie geworden war. Außerdem muss mit der Möglichkeit gerechnet werden, dass er die Handelsbewegungen intensivieren wollte, weil dieses Spital an der vom Reich in die Rus’ führenden Transithandelsstraße angesiedelt wurde. Wie die wenig später von Mieszko bereits als Senior betriebene Innenpolitik zeigt, war dieser Herzog mit dem im Reich inzwischen ausgebildeten Modell unabhängiger Territorialherrschaften vertraut und verstand es auch, dieses Modell anzuwenden.91 Daher ist nicht auszuschliessen, dass einige seiner Elemente bereits in der Zeit von Mieszkos teilfürstlicher Herrschaft verwirklicht worden sind. Ein von den deutschen Feudalherren hauptsächlich zu fiskalischen Zwecken angewandtes wesentliches Mittel war die Gründung neuer Städte,92 so dass nicht auszuschließen ist, das wir es im Falle von Posen mit einer solchen, den eigenen Bedürfnissen und vor allem den polnischen Bedingungen angepassten Lösung zu tun haben. Außer den sich ergänzenden religiösen Elementen – wie die Vorsorge für eine entsprechend prächtige liturgische Umrahmung des Gottesdienstes und die evangeliengemäße Sorge um die pauperes – ging es dem Herrscher sicher um Aktivitäten, die sowohl eine effektivere Verwaltung als auch einen ökonomischen Ausbau der Hauptstadt zum Ziel hatten. Beide Funktionen können daher als Zeugnis einer von Mieszko III. unternommenen inneren Umgestaltung des Herzogtums angesehen werden, mit der er die Schaffung einer völlig unabhängigen Territorialherrschaft anstrebte. Allerdings ist Zurückhaltung geboten, wenn es um eine Bestimmung des Ortes und der Rolle geht, die in diesem Prozess seinen Stiftungen zugekommen ist. Die Erlangung der Senioratsherrschaft hatte zweifellos Einfluss auf den Charakter der von Mieszko III. nach 1173 unternommenen Stiftungstätigkeit. Die Instrumente zur Errichtung einer selbständigen Territorialherrschaft, die er als Herzog seines Teilfürstentums in vollem Umfang genutzt hatte, sollten ihm jetzt, angewandt in einem völlig neuen Maßstab und in einem größeren Repertoir, zur gründlichen Umgestaltung der Grundlagen der Zentralgewalt dienen. Daher konnte die Stiftung eines dem hl. Nikolaus gewidmeten Zisterzienserklosters ebenfalls einen Teil dieser Aktivitäten bilden. Die Reform des Staates erhielt hier ihr kirchliches Äquivalent in Gestalt der Ansiedlung von Vertretern eines reformatorischen Ordens fast im Zentrum des Landes. Die Gründung eines dem ‚Beschützer der Könige‘ gewidmeten Klosters fast ganz zu Beginn seiner Senioratsherrschaft sollte dem Stifter seine ganze Regierungszeit hindurch die besondere Fürsorge und Hilfe dieses Heiligen sichern; sie stellte eine Bitte des neuen Seniors 91 Vgl. Gawlas, O kształt (wie Anm. 77), 79–81. 92 Ebd., 26.

Das Zisterzienserkloster Ląd

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um göttliche Sanktionierung der neuen Ordnung dar und sollte auch seine Untertanen davon überzeugen, dass der Himmel die Werke des neuen Senior-Herzogs unterstützen würde. Auf den Schwung, mit dem Mieszko seine Senioratsherrschaft antrat, verweisen auch seine Münzstempel, die in den Jahren 1173 bis 1177 ausnahmslos den Herzog in der Majestät darstellten, sowie die bisher beispiellose Titulierung. Welche enorme Veränderung dies für seine Untertanen bedeutete, davon kann der Nachdruck zeugen, mit dem Magister Vincentius die Krakauer Regierungszeit Mieszkos beschrieben hat. Wenn sich die vier Jahre seiner Senioratsherrschaft so stark ins Gedächtnis des Chronisten eingeprägt haben, dann müssen sie sich wohl tatsächlich grundsätzlich unterschieden haben von der vorherigen, aber auch von der darauffolgenden Regierungszeit. Der Gedanke, die Anfänge seiner Senioratsherrschaft mit einer frommen Stiftung zu verherrlichen, war Mieszko sicherlich nicht fremd. Neben Beispielen anderer Herrscher kann davon auch die Schenkung zeugen, die Mieszko als Seniorelekt während der Ratsversammlung in Jędrzejów tätigte. Ihr Gegenstand (u. a. ein Teil der Regalien wie die Krakauer Saline) verwies eindeutig auf den Rang des Donators, der sich durch ein großzügiges Geschenk sowohl die Gunst des hl. Adalbert, des Patrons des so reich beschenkten Klosters, als auch des gesamten Staates sichern wollte – was in diesem Moment viel wichtiger war. Die späteren angestrengten Bemühungen Mieszkos um Wiedererlangung des Krakauer Thrones konzentrierten sich nicht auf kirchliche Stiftungen, sondern vor allem auf andere Aktivitäten, was u. a. auf den Stempeln der von Mieszko nach 1181 emittierten Münzen zum Ausdruck kam. Dass er den Ritterorden der Johanniter in das seit 17 Jahren existierende Spital in Posen holte, darf jedoch nicht so verstanden werden, dass der großpolnische Herzog nun seinen Ehrgeiz auf die Grenzen seines Teilfürstentums beschränkt hätte. Denn bereits drei Jahre später unternahm er einen (allerdings gescheiterten) Versuch, Krakau zurückzuerobern. Angesichts des Kreuzzugscharakter der Johanniter mag deren Ansiedlung in Posen auch eine Manifestation gegenüber den übrigen piastischen Dynasten gewesen sein, die ihnen zeigen sollte, dass Mieszko als dem vollberechtigten Seniorherzog (der die faktische Oberhoheit Kasimirs II. bis 1190 nicht anerkannte) die Idee der Christianisierung der heidnischen Pruzzen am Herzen lag – eine Idee, die bis dahin allerdings von praktisch allen Herrschern des Landes aufgegriffen worden war. Allerdings kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass der entscheidende Impuls zur Errichtung des Posener Johanniterkonvents nicht auch von diesem Orden selbst ausgegangen ist, der sich damals um neue Niederlassungen in den östlichen Randgebieten Europas bemühte.

Andrzej Pleszczyński

Zur Geschichte und Bedeutung der Stiftung des Klarissenklosters in Zawichost

Im Jahre 1245 wurde auf Wunsch Herzog Bolesławs des Schamhaften eine Gruppe von Klarissen nach Zawichost an der Weichsel geschickt, in die damaligen Ostgebiete des Krakauer Herzogtums. Unter ihnen befand sich auch die Herzogin Salomea, die leibliche Schwester des Herzogs, die später seliggesprochen wurde.1 Neben dem Frauenkloster siedelte sich bald ein Konvent von Franziskanern an, die zur liturgischen Betreuung des Nonnenordens bestimmt waren. Innerhalb weniger Jahre wurde in Zawichost eine gemauerte Kirche errichtet, zudem entstand ein Spital, während die Klosteranlage befestigt wurde. Unter den damaligen polnischen Bedingungen waren Umfang und Tempo der Realisierung dieser Investitionen außergewöhnlich. Um so verwunderlicher ist die Tatsache ihrer schnellen Annullierung; bereits im Jahre 1257 wurde ein Teil der Nonnen nach Skała unweit von Krakau versetzt, und bald nach 1260 siedelte sich der gesamte Konvent zunächst in Skała an. Später, zu Beginn des 14. Jahrhunderts, wohnten die Klarissen in Krakau neben der St. Andreas-Kirche, direkt an dem zur Wawelburg führenden ‚Königstrakt‘.2 Von der Zawichoster Gründung blieb nicht viel übrig. Es sind nur einige wenige kurze Fragmente narrativer Quellen erhalten, die ihr Funktionieren und ihre Bestimmung außerordentlich lakonisch beleuchten, sowie einige wenige Urkunden. Schließlich hat der männliche Franziskanerkonvent überdauert, der nach dem Umzug der Klarissen übrigblieb, sich aber nie ernsthaft entwickelte. Es ist bisher nicht gelungen, bauliche Relikte des ersten Klosters aufzufinden, obwohl das gemauerte Kloster und die Kirche 1 Vgl. Jerzy Wyrozumski, Salomea, in: Henryk Markiewicz (Hrsg.), Polski Słownik Biograficzny, Bd. 34. Kraków 1993, 366–368; Cecylian Niezgoda, Błogosławiona Salomea Piastówna [Die selige Piastentochter Salomea]. Kraków 1996. 2 Feliks Kiryk, Zawichost. Z dziejów nadwiślańskiego miasta od XII do XVI stulecia [Zawichost. Zur Geschichte der Weichselstadt vom 12. bis zum 16. Jahrhundert], in: Feliks Kiryk (Hrsg.), Wisła w dziejach i kulturze Polski. Studia i Materiały z dziejów osadnictwa i gospodarki górnej Wisły w okresie przedrozbiorowym. Warszawa 1990, 37–57, hier 41.

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mitsamt dem Spital vor der Translation der Ordensgemeinschaft errichtet worden sind.3 Wir wissen nicht, in welchem architektonischen Zusammenhang die bis heute existierende – mehrfach zerstörte – frühgotische Franziskanerkirche (13./14. Jahrhundert) mit dem früheren Gotteshaus der Klarissen stand. Strittig ist, ob dieses Objekt eine Weiterführung der Kirche der seligen Salomea war oder lediglich nahe des früheren Bauwerkes errichtet worden ist, dessen Überreste zusammen mit der Uferböschung zerstört wurden, die von der an dieser Stelle sehr starken Strömung der Weichsel ständig unterspült wurde.4 Die kurze Zeit des Bestehens des Zawichoster Klosters ist sicher der Grund dafür, dass sich die Geschichtsschreibung kaum für seine späteren Geschicke interessierte. Über die Ordensgemeinschaft der Herzogin Salomea in Zawichost wurde nur gelegentlich anderer Betrachtungen geschrieben, wobei das uns interessierende Kloster und die Motive seiner Gründung lediglich am Rande berührt wurden. Das meiste Gewicht wurde Fragen beigemessen, die im Zusammenhang mit der Versorgung der Gemeinschaft der Klarissen standen, denn diese hielten ja die alten Donationen aus der Zawichoster Lokalisierung aufrecht, obwohl sie schon längst in Skała und später in Krakau lebten.5 Manchmal tritt das Problem des Klosters auch in Studien über die Geschichte von Zawichost selbst in Erscheinung6 oder auch in Betrachtungen, die den Kirchen dieser Stadt gewidmet sind.7 Auch wenn die Stiftung für die Klarissen in Zawichost nur recht kurze Zeit existierte, müssen für ihre Entstehung und Ansiedlung 3 Kodeks Dyplomatyczny Małopolski [Kleinpolnisches Urkundenbuch], Bd. 2. Ed. Franciszek Piekosiński. Kraków 1886, Nr. 446 (18. April 1255); vgl. Józef S. Jamroz, Kościół pofranciszkański w Zawichoście [Die ehemalige Franziskanerkirche in Zawichost], in: Biul. Hist. Szt. i Kult. 10, 1948, 3/4, 185–230, hier 186. 4 Zu den Verlagerungen des Flussbettes vgl. Henryk Maruszczak, Zmiany biegu Wisły i jej dopływów w rejonie Wzgórza Zawichojskiego w czasach historycznych [Die Veränderung des Flusslaufes der Weichsel und ihrer Nebenflüsse in der Region der Anhöhe von Zawichost in historischer Zeit], in: Teresa Dunin-Wąsowicz / Stanisław Tabaczyński (Hrsg.), Szkice Zawichojskie. Zawichost 1999, 157–164; Jolanta Nogaj-Chachaj, Wybrane zagadnienia topografii średniowiecznego Zawichostu [Ausgewählte Fragen zur Topografie des mittelalterlichen Zawichost], in: ebd., 165–178. 5 Vgl. Bronisław Ulanowski, O założeniu klasztoru św. Andrzeja w Krakowie i jego najdawniejszych przywilejach [Über die Gründung des Klosters St. Andreas in Krakau und seine ältesten Privilegien], in: Pamiętnik Wydziału filozoficzno-historycznego Akademii Umiejętności 6, 1885, 13–31; Janina Stoksik, Powstanie i późniejszy rozwój uposażenia klasztoru klarysek w Krakowie w XIII i XIV wieku [Die Entstehung und spätere Entwicklung der Ausstattung des Klarissenklosters in Krakau im 13. und 14. Jahrhundert], in: Rocz. Krak. 35, 1961, 93–128. 6 Tadeusz Lalik, Zawichost we wcześniejszym średniowieczu [Zawichost im früheren Mittelalter], in: Kwart. Hist. Kult. Mater. 1992, 2, 137–149; Roman Chyła, Dzieje Zawichostu do początków XIX wieku [Die Geschichte von Zawichost bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts]. Zawichost 2010. 7 Jan Zuba, Klasztor pofranciszkański w Zawichoście w świetle ostatnich badań [Das ehemalige Franziskanerkloster in Zawichost im Lichte der neuesten Untersuchungen], in: Zeszyty Sandomierskie 11, 2004, 18, 28–36.

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gerade an diesem Ort des damaligen Krakauer Herzogtums entsprechende ernsthafte Gründe bestanden haben. Der vorliegende Text bietet eine Skizze der Geschichte des Klarissenordens in Zawichost und versucht, die politischen und ideologischen Fragen aufzuzeigen, die sich hinter der Verwirklichung dieser frommen Absicht Herzog Bolesławs des Schamhaften verbargen, sowie die Motive für die Evakuierung der Nonnen aus diesem Kloster an der Weichsel. Das Problem der Zawichoster Stiftung scheint aus mehreren Gründen wichtig zu sein. Erstens ist bereits bemerkenswert, dass diese Unternehmung Bolesławs des Schamhaften die erste Gründung eines Klosters für die Schwestern der hl. Klara auf polnischem Boden darstellte.8 Bekanntlich stand die gesamte franziskanische Bewegung im 13. Jahrhundert im Ruf besonderer Frömmigkeit und war bei den damaligen polnischen und mitteleuropäischen Eliten überhaupt außerordentlich in Mode. Der Herrscher selbst gehörte dem Dritten Orden an.9 In dieser Situation bedeutete die Entscheidung des Krakauer Herzogs viel – und sie muss mit einer besonderen Absicht verbunden gewesen sein. Wichtig für die Beurteilung der Zawichoster Stiftung ist auch, dass in Polen, in der Mitte des 13. Jahrhunderts die Ansiedlung einer Ordensgemeinschaft, insbesondere durch den herzoglichen Herrscher selbst, auch vom Gesichtspunkt der Herrschaftspraxis eine außerordentlich bedeutsame Tatsache darstellte.10 Eine solche Unternehmung unterstrich die Verbindung des Dynasten mit der übernatürlichen Welt und sollte ihm die Gunst des Himmels für seine Absichten erwirken,11 und damit wurde – durch eine entsprechende Situierung des Sakralzentrums und die Wahl des Kultes – oftmals auch die Richtung und der Charakter der Politik des Herrschers nachdrücklich bestimmt. Die Stiftung verschaffte dem Herrscher eine Unterstützung seiner Pläne: physisch, denn das Kloster war im Prinzip befestigt, aber vor allem ideologisch, denn hier betete eine Gruppe ihrem Wohltäter hingegebener Geistlicher für das Wohlergehen des Dynasten und seines Landes, wodurch alle Anhänger des Herrschers gleichsam auf dieses ‚staatliche‘ Kultzentrum hin orientiert und moralisch gestärkt 8 Stoksik, Powstanie (wie Anm. 5), 94. 9 Kazimierz Jasiński, Franciszkańskie pochówki Piastów [Franziskanische Grabstätten der Piasten], in: Urszula Borkowska (Hrsg.), Franciszkanie w Polsce średniowiecznej 1/2–3. Kraków 1982, 177–195, bes. 193. 10 Ein frommer Herrscher und Kirchenstifter passte auch hervorragend zu den damaligen Idealen; vgl. Czesław Deptuła / Anna Witkowska, Wzorce ideowe zachowań ludzkich w XII i XIII wieku [Ideologische Vorbilder menschlichen Verhaltens im 12. und 13. Jahrhundert], in: Aleksander Gieysztor (Hrsg.), Polska dzielnicowa i zjednoczona. Państwo, społeczeństwo, kultura. Warszawa 1972, 119–158. 11 Ausführlicher zu dieser Problematik Hans-Rudolf Meier / Carolina Jäggi / Philipe Büttner (Hrsg.), Für irdischen Ruhm und himmlischen Lohn. Stifter und Auftraggeber in der mittelalterlichen Kunst. Berlin 1995, 91–107; Klaus Gereon Beuckers, Das ottonische Stifterbild. Bildtypen, Handlungsmotive und Stifterstatus in ottonischen und frühsalischen Stifterdarstellungen, in: Klaus G. Beuckers / Johannes Cramer / Michael Imhof (Hrsg.), Die Ottonen. Kunst – Architektur – Geschichte. Petersberg 2002, 63–102.

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wurden und dadurch auch das verwegene Vorgehen seiner Gegner gezügelt wurde. Diese Vorzüge einer Stiftung wurden durch die körperliche Anwesenheit eines Mitglieds der Herrscherfamilie im Kloster noch verstärkt, und zwar sowohl wenn dieses sich dort den monastischen Praktiken widmete, als auch dann, wenn nur ein Verstorbener dort beigesetzt war.12 In der Zawichoster Klarissenkirche wurde im Jahre 1259 die Mutter Bolesławs des Schamhaften Grzymisława beigesetzt. Diese Tatsache ist bemerkenswert – denn sie starb bekanntlich in Krakau und wurde extra in das Kloster an der Weichsel überführt.13 Dort hätte sicher auch die Schwester des Herzogs Salomea selbst ihre letzte Ruhe gefunden, wenn dem nicht die Verlegung der Ordensgemeinschaft im Wege gestanden hätte. Auf jeden Fall scheint sicher zu sein, dass die Stiftung für die Klarissen in Zawichost kein zufälliges Asyl für die Schwester Bolesławs des Schamhaften war, damit sie den Rest ihrer Tage in ihrem eigenen Kloster gottesfürchtig, in Sammlung und Gebet verbringen konnte. Denn der Ort selbst, an dem die fromme Unternehmung des Krakauer Herzogs lokalisiert war, eignete sich nicht für einen stillen und kontemplativen Aufenthalt, sondern bewegte zur Inangriffnahme außergewöhnlicher Herausforderungen. Zawichost war um die Mitte des 13. Jahrhunderts eine Stadt mit relativ zahlreicher Bevölkerung; ihre Einwohnerzahl übertraf jene des damals nur ein gutes Dutzend Kilometer entfernten Sandomir,14 des nach Krakau wichtigsten politischen Zentrums Kleinpolens.15 Seine damalige Karriere verdankte Zawichost seiner günstigen Lage an der seinerzeit wichtigsten Überfahrt über die mittlere Weichsel.16 Die durch die Stadt verlaufende Handelsstraße führte von Westeuropa über Schlesien und Kleinpolen nach Ruthenien und Litauen. Im tiefen Hinterland der Zawichoster Furt, südöstlich von Lublin gelegen, befanden sich die in den Quellen erwähnten ruthenischen lackie vorota

12 Ursula Lewald, Burg, Kloster, Stift, in: Heinrich Patze (Hrsg.), Die Burgen im deutschen Sprachraum. Ihre rechts- und verfassungsgeschichtliche Bedeutung, Bd. 1. Sigmaringen 1976, 155–180; Otto G. Oexle, Die Gegenwart der Toten, in: Herman Braet (Hrsg.), Death in the Middle Ages. Leuven 1983, 19–77. 13 Rocznik Małopolski [Kleinpolnische Annalen]. Ed. August Bielowski, in: MPH 3, Lwów 1878, 135–202, hier 168; Jamroz, Kościół (wie Anm. 3), 186. 14 Kiryk, Zawichost (wie Anm. 2), 40. 15 Marek Florek, Sandomierski ośrodek grodowo-miejski w średniowieczu: przemiany przestrzenne i funkcjonalne [Das Sandomirer Burgstadtzentrum im Mittelalter. Räumliche und funktionale Wandlungen]. Warszawa 2005. 16 Teresa Wąsowiczówna, Sandomierska sieć drożna w wiekach średnich [Das Sandomirer Straßennetz im Mittelalter], in: Teresa Wąsowiczówna / Jan Pazdura (Hrsg.), Studia Sandomierskie. Materiały do dziejów miasta Sandomierza i regionu sandomierskiego. Sandomierz 1967, 111–130; Lalik, Zawichost (wie Anm. 6), 138 sowie Henryk Grocholski, Powstanie archidiakonatu zawichojskiego i jego najstarsze kościoły do poł. XIV w. [Die Entstehung des Archidiakonats Zawichost und seine ältesten Kirchen bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts], in: Rocz. Hum. 13, 1965, 2, 151–162.

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(‚Polnische Pforte‘),17 die einen bequemen Weg für Kaufleute, aber auch für Kriegszüge, in den Osten eröffneten. Die polnischen Quellen bezeichneten diesen Ort als ein Tor.18 Hinter ihm begann, den Worten des Krakauer Bischofs Matthäus zufolge Ruthenia, que quasi est alter orbis.“19 Je stärker die Krakauer Herrscher an jener Welt interessiert waren, desto mehr wuchs auch die Bedeutung von Zawichost. Die südöstlichen Gebiete der Rus’ fesselten die Aufmerksamkeit der Piasten damals schon seit längerer Zeit.20 Schon der Großvater Bolesławs des Schamhaften, Kasimir II. der Gerechte, hatte häufig in die Kämpfe zwischen den dortigen Fürsten eingegriffen und seinen Einfluss bei ihnen gefestigt. Eine ähnliche Politik betrieb Leszek der Weiße. Allerdings stieß dieser Herzog in der Person des ungarischen Königs Andreas II. auf einen gefährlichen Rivalen.21 Im Jahre 1214 kam es zur Einigung und zum Bündnis. Leszek erklärte sich mit der Herrschaft Kolomans in Halič einverstanden. Er war der Sohn von Andreas II. und erhielt die Tochter des Krakauer Herzogs, Salomea, die oben erwähnte Schwester Bolesławs des Schamhaften und spätere Klarisse in Zawichost zur Frau.22 Nur zwei Jahre (von 1219 bis 1221) währte die Herrschaft dieses Ehepaares in Halič.23 Dann schlug der Novgoroder Fürst Mstislaw mit Unterstützung anderer ruthenischer Herrscher die Ungarn und drängte sie über die Karpaten; das junge Paar (Koloman war gerade 13, Salomea 10 Jahre alt) geriet in Gefangenschaft. Nach einer gewissen Zeit veranlasste Salomeas 17 Zum Beispiel Ipat’evskaja Letopis' [Die Hypatius-Chronik]. Ed. Aleksej A. Šachmatov, in: Polnoje Sobranije Russkich letopisiej 2. Sankt Petersburg 1908, 865f. 18 In metis Poloniae, que porta dicitur; Rocznik Franciszkański Krakowski [Die Krakauer Franziskaner-Annalen]. Ed. August Bielowski, in:MPH, Bd. 3. Lwów 1878, 46–52, hier 48. 19 Das Zitat stammt aus einem vom Krakauer Erzbischof Mateusz und dem schlesischen Großen Piotr Włostowic verfassten Schreiben an Bernhard von Clairvaux (um 1145); Schlesisches Urkundenbuch, Bd. 1. Ed. Heinrich Appelt. Wien 1971, Nr. 11; vgl. Marian Plezia, List biskupa Mateusza do św. Bernarda [Der Brief des Bischofs Matthäus an den hl. Bernhard], in: Zofia Budkowa (Hrsg.), Prace z dziejów Polski feudalnej ofiarowane Romanowi Grodeckiemu w 70. rocznicę urodzin. Warszawa 1960, 123–140; Brygida Kürbis, Cystersi w kulturze polskiego średniowiecza. Trzy świadectwa z XII wieku [Die Zisterzienser in der Kultur des polnischen Mittelalters. Drei Zeugnisse aus dem 12. Jahrhundert], in: Jerzy Strzelczyk (Hrsg.), Historia i kultura cystersów w dawnej Polsce i ich europejskie związki. Poznań 1987, 321–342, hier 325. 20 Bronisław Włodarski, Polska i Ruś 1194–1340 [Polen und die Rus’ 1194–1340]. Warszawa 1966, 67–90. 21 Der dort eine starke Position innehatte; vgl. Władysław Abraham, Powstanie organizacji kościoła łacińskiego na Rusi [Die Entstehung der lateinischen Kirchenorganisation in Ruthenien]. Bd. 1. Lwów 1904, 100ff. 22 Eine Besprechung der Quellen findet sich bei Márta Font, Geschichtschreibung des 13. Jahrhunderts an der Grenze zweier Kulturen. Das Königreich Ungarn und das Fürstentum Halitsch-Wolhynien. Stuttgart 2005. 23 Im Jahre 1215 wurde der siebenjährige Koloman in Ungarn zum König von Halič gekrönt, während Salomea wahrscheinlich nie gekrönt wurde; vgl. Bronisław Włodarski, Salomea, królowa halicka [Salomea, Königin von Halič], in: Nasza Przeszł. 5, 1957, 61–83, hier 71.

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mächtiger Schwiegervater, dass Mstislaw die kurzzeitigen Herrscher von Halič freiließ, die jedoch daraufhin nie mehr nach Ruthenien zurückkehrten. Nach dem Mongoleneinfall in Mitteleuropa und Kolomans Tod im Jahre 1241 gelangte Salomea nach Polen und verbarg sich am Hofe ihres Bruders. Damals war sie ungefähr 30 Jahre alt und hatte noch genügend Kraft, sich darum zu bemühen, eine Rolle im Leben des Krakauer Herzogs zu spielen. Mit Sicherheit bewirkten ihre unerfüllten königlichen Aspirationen und ihr Engagement für Halič, dass sich zumindest ein Teil ihrer Aufmerksamkeit nach Osten richtete. Die Ruthenien-Politik Bolesławs des Schamhaften unterlag ernsthaften Beschränkungen; angesichts des Fehlens entsprechender Voraussetzungen vermochte der Krakauer Herzog auch auf militärischem Gebiet hier wenig auszurichten. Überdies war seine Situation fast während seiner gesamten Herrschaftszeit in Kleinpolen angespannt, so dass ihm kaum übermäßige außenpolitische Aktivitäten im traditionellen Sinne möglich waren. Schon in seiner frühen Jugend wandte sich sein Oheim Konrad von Masowien gegen ihn, ja vertrieb ihn sogar vorübergehend aus Krakau.24 Konrad war mit Daniel von Halič verbündet, einer herausragenden Persönlichkeit seiner Zeit, die mit beträchtlichen militärischen Talenten ausgestattet war.25 Zusätzlich war das Handlungsfeld Bolesławs des Schamhaften dadurch eingeengt, dass sein Schwiegervater, der König einer regionalen Großmacht, Béla IV., selbst an einer Stärkung des ungarischen Einflusses in Ruthenien interessiert war und sich daher einer stärkeren polnischen Infiltration widersetzte, auch wenn es sich dabei um seinen eigenen Bündnispartner handelte. In dieser Situation verband der Krakauer Herzog, der übrigens sehr fromm war,26 seine politischen Aktivitäten in Ruthenien mit den Bemühungen der Kirche, die bestrebt war, Osteuropa dem religiösen Patronat Roms zu unterwerfen. Bemühungen um eine Union mit der Orthodoxie bildeten damals bereits seit einiger Zeit eine der wichtigsten, die päpstliche Diplomatie interessierenden Fragen.27 Seit der Eroberung Konstantinopels durch die Kreuzfahrer im Jahre 1204 und die Einsetzung eines lateinischen Patriarchen in dieser Stadt entfalteten die jeweiligen Päpste lebhafte Aktivitäten, die auf eine Unterwerfung der übrigen

24 Ausführlicher Marian Łodyński, Stosunki w Sandomierskiem w latach 1234–1239 [Die Beziehungen im Sandomirer Land in den Jahren 1234–1239], in: Kwart. Hist. 25, 1911, 1–34. 25 Zur Person des Fürsten Daniel vgl. Mariusz Bartnicki, Polityka zagraniczna księcia Daniela Halickiego w latach 1217–1264 [Die Außenpolitik des Fürsten Daniel von Halitsch in den Jahren 1217–1264]. Lublin 2003. 26 Andrzej Marzec, Bolesław V Wstydliwy [Bolesław V. der Schamhafte], in: Stanisław Szczur / Krzysztof Ożóg (Hrsg.), Piastowie. Leksykon biograficzny. Kraków 1999, 191–197. 27 Ein Teil der russischen Forscher hatte (und hat) Obsessionen in der Frage einer angeblichen Bedrohung der ‚Heiligen Rus’‘ durch Rom und den Westen; vgl. z. B. Grigorij Vernadskij, Mongolskoje igo v russkoj istorii [Das Mongolenjoch in der russischen Geschichte], in: Evrazijskij Vremennik 1925, 4–21; zu älteren und neueren Literatur Lev Gumilev, Ot Rusi do Rossii. Očerki etničeskoj istorii [Von der Rus‘ zu Russland. Studien zur ethnischen Geschichte]. Moskva 2001, 125ff.

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orthodoxen Länder unter die Oberhoheit Roms zielten.28 Bereits im Jahre 1207 reiste Gregor, ein Legat des Papstes Innozenz III., nach Ruthenien und rief die dortigen Bischöfe auf, das Schisma zu beenden. Seit dieser Zeit besuchten päpstliche Gesandtschaften recht häufig die Höfe ruthenischer Herrscher.29 Neben Ungarn und dem Deutschordensstaat befand sich Polen in der Nachbarschaft der die römische Kurie vital interessierenden Gebiete. Darüber hinaus wirkten in Polen und insbesondere im Herzogtum Krakau entsprechende religiöse Zentren, die in beträchtlichem Maße auf die Ruthenienmission eingestellt waren – in Form der gegen Ende des 12. Jahrhunderts entstandenen Stiftungen für die Zisterzienser in Wąchock, Koprzywnica, Sulejów und Jędrzejów. Diese wurden nicht nur vom Herzog und vom Bischof unterstützt, sondern auch von den kleinpolnischen Großen. Die Translation der Reliquien des hl. Florian aus Modena im Jahre 1148 durch den Krakauer Bischof Gedko und ihre Unterbringung in den erwähnten Abteien stand ebenfalls im Zusammenhang mit der ideologischen Stärkung dieser Niederlassungen.30 Den Höhepunkt der zisterziensischen Erfolge in der Ostmission bildete um 1232 die Gründung einer ruthenischen Diözese in Opatów mit dem Zisterziensermönch Gerard an der Spitze,31 der vorher wahrscheinlich Abt in Wąchock war.32 Auch die Dominikaner waren bemüht, mit den Zisterziensern Schritt zu halten: Hyazinth (poln. Jacek) aus dem mächtigen Geschlecht Odrowąż, der spätere Heilige, ein Bruder des Krakauer Bischofs Iwo, gründete Ordensniederlassungen in Halič und Kiew.33

28 Ausführlicher zu den päpstlichen Kontakte mit der Rus’ Eduard Winter, Russland und das Papsttum. Bd. 1: Von der Christianisierung bis zu den Anfängen der Aufklärung. Berlin 1960, 69ff. 29 Boris J. Ramm, Papstvo i Rus’ v X–XV vekach [Das Papsttum und die Rus’ im 10.– 15. Jahrhundert]. Moskva 1959, 85ff. 30 Teresa Dunin-Wąsowicz, Projets missionnaires cisterciens dans la Rus' du sud-ouest aux XIIe– XIIIe siècles, in: Harvard Ukrainian Studies 12–13, 1988–1989, 531–550, hier 536; ausführlicher hierzu auch Józef Dobosz, Działalność fundacyjna Kazimierza Sprawiedliwego [Die Stiftungstätigkeit Kasimirs des Gerechten], Poznań 1995, 86ff. 31 Vgl. z. B. Tadeusz Manteuffel, Papiestwo i cystersi ze szczególnym uwzględnieniem ich roli w Polsce na przełomie XII i XIII w. [Das Papsttum und die Zisterzienser unter besonderer Berücksichtigung ihrer Rolle in Polen an der Wende vom 12. zum 13. Jahrhundert]. Warszawa 1955, 69; 107ff.; Aleksander Gieysztor, Początki misji ruskiej biskupstwa lubuskiego [Die Anfänge der Ruthenienmission des Lebuser Bistums], in: Nasza Przeszł. 4, 1948, 83–102, hier 95ff.; Józef Szymański, Kanonicy opatowscy w planach polityki ruskiej z przełomu XII i XIII wieku [Die Kanoniker von Opatów in den Plänen der Ruthenienpolitik an der Wende vom 12. zum 13. Jahrhundert], in: Prz. Hist. 56, 1965, 388–396. 32 Polemisch zu den Missionsaufgaben der Zisterzienser Zofia Kozłowska-Budkowa / Stanisław Szczur, Dzieje opactwa cystersów w Koprzywnicy do końca XIV wieku [Die Geschichte der Zisterzienserabtei in Koprzywnica bis zum Ende des 14. Jahrhunderts], in: Nasza Przeszł. 60, 1983, 5–76, hier 12. 33 Dariusz A. Dekański, Początki zakonu dominikanów prowincji polsko-czeskiej: pokolenie św. Jacka w zakonie [Die Anfänge der polnisch-böhmischen Provinz des Dominikanerordens: die Generation des hl. Hyazinth im Orden]. Gdańsk 1999.

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Im dritten Jahrzehnt des 13. Jahrhunderts trat in Mitteleuropa ein neuer, sich dynamisch entwickelnder Orden in Erscheinung – die Franziskaner. Im Jahre 1232 wurde eine große Ordensprovinz gegründet, die als ‚sächsisch‘ bezeichnet wurde, aber auch die polnischen Gebiete umfasste. An ihrer Spitze stand ein Gefährte des hl. Franziskus – Giovanni Piano Carpine.34 Bereits 1239 wurde eine böhmisch-polnische Provinz organisiert. In dieser Zeit vermachte der Krakauer Wojewode Teodor-Czader den Franziskanern sein Herrenhaus in Krakau, und Bolesław der Schamhafte stiftete dort eine dem hl. Franziskus geweihte Kirche.35 Die Minoriten gewannen schnell Scharen von Anhängern unter den polnischen Eliten im weiteren Sinne, und vor 1241 befanden sich ihre Missionen dann auch schon in Ruthenien – in Halič. In dieser Zeit gewannen die Franziskaner großen Einfluss am päpstlichen Hof und spielten in der Diplomatie der römischen Kurie eine besonders große Rolle. Sie engagierten sich auch für eine Anknüpfung von Kontakten mit der Ostkirche. Die Intensivierung der Dialogversuche mit der Orthodoxie gewann während des Pontifikats von Innozenz IV. (1243–1254) zusätzliche Bedeutung. Zwei Jahre nach Besteigung des Stuhls Petri berief dieser energische Papst die Bischöfe des Westens nach Lyon ein. Große Bedeutung auf dieser Synode hatte der Auftritt des geheimnisvollen, nur aus spärlicher Überlieferung bekannten ruthenischen Erzbischofs Petr, der sein Land auf der Flucht vor den Mongolen verlassen hatte.36 Sicher wurde sein Auftritt als ein Appell um Hilfe sowie als ausgestreckte Hand zur Versöhnung mit den Katholiken verstanden. Eines der wichtigsten Probleme, die im Frühjahr 1245 in Lyon besprochen wurden, betraf somit eine Union mit der orthodoxen Kirche – in Verbindung mit dem geschickten Plan einer Abwehr der mongolischen Gefahr von Europa. Die päpstliche Diplomatie leitete Aktivitäten in großem Maßstab ein; aus Lyon reisten vier Gesandtschaften nach dem Osten ab.37 Mit zwei von ihnen wurden die Dominikaner betraut, die bereits über gewisse Erfahrungen in der Ostmission verfügten.38 Die Legaten wandten sich an die Mongolen, aber ebenso wichtig war die vor ihnen stehende 34 Józef Umiński, Niebezpieczeństwo tatarskie w połowie XIII wieku i papież Innocenty IV [Die tatarische Gefahr in der Mitte des 13. Jahrhunderts und Papst Innozenz IV.]. Lwów 1922, 26; Zofia Birkenmajerowa, Z najstarszych dziejów zakonów serafickich w Polsce [Zur ältesten Geschichte der seraphischen Orden in Polen], in: Przegląd Powszechny 166, 1925, 73–98, hier 78. 35 Gerard Labuda, Kto był pierwszym fundatorem-założycielem klasztoru franciszkanów w Krakowie [Wer war der erste Stifter und Gründer des Franziskanerklosters in Krakau?], in: Borkowska, Franciszkanie (wie Anm. 9), 369–381. 36 Gian A. Bezzola, Die Mongolen in abendländischer Sicht [1220–1270]. Ein Beitrag zur Frage der Völkerbegegnungen. Bern 1974, 214ff; Heinrich Dörrie, Drei Texte zur Geschichte der Ungarn und Mongolen. Die Missionenreisen des fr. Julianus OP ins Uralgebiet (1234 / 5) und nach Russland (1237) und der Bericht des Erzbischofs Peter über die Tartaren, in: Nachrichten der Akademie der Wissenschaften in Göttingen. I. Philologisch-Historische Klasse. Göttingen 1956, 125– 202; Umiński, Niebezpieczeństwo tatarskie (wie Anm. 34), 14–16. 37 Umiński, Niebezpieczeństwo tatarskie (wie Anm. 34), 24ff. 38 Bezzola, Mongolen (wie Anm. 36), 31ff.

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Aufgabe, die Christen im Osten zur Union mit Rom zu bewegen. Auch die Franziskaner leiteten zwei Gesandtschaften. Lorenz aus Portugal sollte über Bulgarien auf einem uns nicht näher bekannten Weg nach Osten reisen, blieb aber schon an der Donau hängen, wo er Verhandlungen leitete, die die Bulgaren zur Anerkennung des päpstlichen Primats bewegen sollten. Die größten Erfolge von allen Gesandten erzielte der bereits erwähnte Giovanni Piano Carpine.39 Dieser Legat Innozenz’ IV. gelangte bis an den Hof des Großkhans, der sich im Herzen der Mongolei befand. Für unseren Zusammenhang am interessantesten ist der polnische Abschnitt seiner Reise. Da Carpine mit dem böhmischen König Přemysl Ottokar I. in persönlicher Vertrautheit verbunden war, begann die mitteleuropäische Etappe seiner Reise in Prag. Der böhmische Herrscher war so etwas wie ein Gönner des Franziskaners, und er war es auch, der ihn zu seinem Schwager Bolesław II. dem Kahlen schickte. Dieser schlesische Herzog wiederum schickte den Boten zu Konrad von Masowien. In Łęczyca begegnete Giovanni Piano Carpine, was vielleicht kein Zufall war, einem weiteren Verbündeten des masowischen Herzogs, dem Haličer Herrscher Vasylko Romanovič, Daniels Bruder.40 Alle genannten Herrscher waren seit längerer Zeit durch eine politische Allianz miteinander verbunden, der ein anderes Bündnis gegenüberstand, dem der ungarische König Bela IV. und seine beiden Schwiegersöhne Bolesław der Schamhafte und der Anwärter auf den Haličer Thron, Rostislav Michajlovič, angehörten. Dieses makropolitische Kräfteverhältnis widerspiegelte sich in den polnischen Gebieten in Gestalt der viele Jahre andauernden Kämpfe zwischen Konrad von Masowien und Bolesław dem Schamhaften.41 Im Kontext dieser Situation ist es bemerkenswert, dass Carpine als Unterstützer der Gesandtschaft neben seinen oben genannten Gönnern auch die Mutter Bolesławs des Schamhaften – Grzymisława – und den Krakauer Bischof erwähnte, deren Gaben besonders großzügig oder aus bestimmten Gründen für den päpstlichen Abgesandten wertvoll gewesen sein sollen, was in seinem Reisebericht unterstrichen wird.42 Wir wissen zwar nicht, wo es zur Begegnung der Herzogin und der Krakauer Würdenträger mit dem Legaten kam, aber die Tatsache, dass der damals wichtigste Weg von Polen nach Ruthenien 39 Johannes Gießauf, Die Mongolengeschichte des Johannes von Piano Carpine, Graz 1995; der Originaltext: Itinera et relationes fratrum minorum saeculi XIII et XIV. Ed. Anastasius van den Wyngaert, in: Sinica Franciscana 1, 1929, 27–130. 40 Johannes de Plano Carpini, Ystoria Mongalorum. Ed. van den Wyngaert (wie Anm. 39), 102. Mehr über diesen Fürsten, insbesondere im Kontext seiner familiären Verschwägerungen bietet Dariusz Dąbrowski, Małżeństwa Wasylka Romanowicza [Die Ehen des Vasylko Romanovič], in: Krystyna Zielińska-Melkowska (Hrsg.), Europa środkowa i wschodnia w polityce Piastów. Toruń 1997, 221–233. 41 Bronisałw Włodarski, Polityczne plany Konrada I, księcia mazowieckiego [Die politischen Pläne des masowischen Herzogs Konrad I.], Toruń 1971, 29ff.; Paweł Żmudzki, Książę Leszek Czarny. Studium podzielonego Królestwa [Herzog Leszek der Schwarze. Eine Studie über das geteilte Königreich]. Warszawa 2000, 113ff.; Mariá F. Font, Ungarn, Polen und Galizien-Wolhynien im ersten Drittel des 13. Jh., in: Slavica Hungariae 38, 1993, 27–39. 42 Plano Carpini, Ystoria Mongalorum. Ed. van den Wyngaert (wie Anm. 40), 103.

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eben durch Zawichost führte, macht die Annahme wahrscheinlich, dass diese Begegnung gerade dort stattgefunden haben könnte. Selbst wenn der Ort, an dem die Krakauer Herzogin mit dem päpstlichen Gesandten zusammentraf, ein anderer gewesen sein sollte, muss die Tatsache dieser Begegnung Einfluss auf die Entscheidung für die Stiftung für die Klarissen gehabt haben – denn schließlich fand sie im gleichen Jahr statt. Und noch weitere Umstände verbinden das Zawichoster Kloster mit der Ruthenienmission, mit welcher Carpinis Reise ja doch irgendwie in Verbindung stand. Der Zug des päpstlichen Legaten und auch seine Rückkehr im Jahre 1247, die ebenfalls durch Polen führte, war ganz sicher von einer Aura des Außergewöhnlichen und der religiösen Begeisterung begleitet.43 Diese Atmosphäre begünstigte mit Sicherheit den Beschluss, in Zawichost ein Klarissenkloster ins Leben zu rufen. Bestärkt wird eine solche Vermutung durch die Erwähnung einiger Quellen, in denen hervorgehoben wird, dass der Krakauer Herzog sich eben unter dem Einfluss seiner Mutter für die Zawichoster Stiftung entschied, deren Interesse an religiösen Novitäten von der Mitteilung des päpstlichen Gesandten bestätigt wird.44

Klarissenkloster Zawichost mit St. Johannes der Täufer-Kirche, Mitte 13. Jahrhundert

43 Die Tatsache dieser Reise notierten die Annalen des Traska und die Krakauer Annalen. Ed. August Bielowski, in: MPH 2, 826–860, hier 838; Miracula s. Stanislai. Ed. Zbigniew Perzanowski / Janina Pleziowa, in: Analecta Cracoviensia 11, 1979, 47–141, hier 96. 44 Plano Carpini, Ystoria Mongalorum. Ed. van den Wyngaert (wie Anm. 40), 103

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Mit dem Bau des Klosters wurde wahrscheinlich schon 1245 begonnen, gleich nach dem Erhalt des Nonnenschleiers durch Salomea. Die mit der Aufnahme der Schwester des Herzogs in den Orden verbundenen Feierlichkeiten leitete der franziskanische Provinzial für Polen und Böhmen Rajmund. Die Zeremonie selbst fand in Sandomir statt, wo zwei Jahre zuvo eine Gruppe von Franziskanern angesiedelt worden war.45 Diese nach Zawichost verlegten Mönche wurden zur priesterlichen Betreuung des Frauenklosters bestimmt. Die Klosterkirche erhielt das Patrozinium des hl. Franziskus und der hl. Elisabeth,46 der Tochter des ungarischen Königs Andreas II., Gattin des Landgrafen von Thüringen und Salomeas Schwägerin. Diese von den jungen Orden verehrte Heilige genoss gerade bei den Franziskanern besondere Anerkennung. Außerdem war ein solches Patrozinium des Zawichoster Klosters durch familiäre Rücksichten begründet – schließlich war Kinga, die Gattin Bolesławs des Schamhaften, eine enge Verwandte der erwähnten Heiligen. Zusätzlich engagierten sich die Zawichoster Klarissen intensiv für die Propagierung des Kultes des hl. Damian, d. h. eigentlich der hll. Damian und Kosmas, der Schutzheiligen der Ärzte.47 Dies entsprach dem Wesen der Tätigkeit der hl. Elisabeth, die im Jahre 1229 in Marburg ein Spital gegründet hatte. Die Zawichoster Klarissen widmeten sich, wie sich dies ja aus dem Charakter ihrer Devotion ergab, schon seit Anbeginn des Klosters gewissen Formen der Krankenpflege. Aber die strenge Regel behinderte die Entwicklung der Stiftung – worüber sich Salo-

45 Jamroz, Kościół (wie Anm. 3), 185. 46 Elisabeth (gest. 1227) war die älteste Schwester Kolomans; zur Person Günter Hoppe, Elizabeth. Landgräfin von Thüringen. Eisenach 1984. Die Frage der Patrozinien der Kirche ist sehr verworren. Einfluss darauf hatte die stürmische Geschichte dieses Gotteshauses; zuerst erfolgte der Umzug der Klarissen, später im Jahre 1412 wurde ein Teil der Gebäude abgerissen, und am Ende des 16. Jahrhunderts ließ der Starost von Dębnik einen Teil der Gebäude des Ordens abtragen. Diese Ereignisse konnten mit bestimmten Veränderungen der Funktion der Kirche verbunden gewesen sein. Die drei im Text erwähnten Patrozinien scheinen für das 13. Jahrhundert durch Quellenüberlieferungen und den historischen Kontext gut bezeugt zu sein. Das heutige Gotteshaus ist dem hl. Johannes dem Täufer gewidmet, sicher schon seit dem 17. Jahrhundert; vgl. Alojzy Karwacki, Błogosławiona Salomea za życia i po śmierci [Die selige Salomea zu Lebzeiten und nach ihrem Tode]. Kraków 1911, 75f. Ausführlicher zur Verehrung der hl. Elisabeth Kazimierz Jasiński, Kult św. Elżbiety w dynastii piastowskiej [Der Kult der hl. Elisabeth in der piastischen Dynastie], in: Zielińska-Melkowska, Europa (wie Anm. 40), 197–212. Das Patrozinium des hl. Franziskus ist auch in diesem Fall typisch; vgl. Bolesław Ulanowski, O założeniu klasztoru św. Andrzeja w Krakowie i jego najdawniejszych przywilejach [Über die Gründung des Klosters St. Andreas in Krakau und seine ältesten Privilegien], in: Pamiętnik Akademii Umiejętności w Krakowie. Wydział filologiczny i historyczno-filozoficzny 6, 1887, 1–41, hier 11. 47 Gewisse Elemente der Wunder, die am Sarg der verstorbenen Salomea geschahen, ähneln der Legende des hl. Damian; vgl. Vita sanctae salomeae reginae Haliciensis. Ed. Wojciech Kętrzyński, in: MPH 4, Lwów 1884, 770–796, hier 782–783; Rocznik Franciszkański Krakowski. Ed. Bielowski (wie Anm. 18) 49; vgl. Wilhelm Weyh, Die syrische Kosmas- und Damian-Legende. Schweinfurt 1910, 22.

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mea in einem Brief an Papst Innozenz IV. in Rom beklagte.48 Der Krakauer Herzog war jedoch sehr daran interessiert, seiner Gründung Glanz zu verleihen. Denn obwohl der Gedanke, ein Kloster zu errichten, wie es scheint von Grzymisława ausgegangen war,49 brachte diese Stiftung Bolesław dem Schamhaften beträchtlichen Nutzen ideologischer und politischer Natur, von der persönlichen Befriedigung des frommen Herrschers ganz zu schweigen. Die Stärkung der ideologischen Grundlagen herzoglicher Herrschaft war in Polen in der Mitte des 13. Jahrhunderts zu einer nicht zu unterschätzenden Notwendigkeit geworden. Nach der Ratsversammlung von Łęczyca im Jahre 1180 wuchs die Rolle der Kirche, die eine Säkularisierung der weltlichen Macht anstrebte. Liquidiert wurden die administrativen und juristischen Verbindungen der Herzöge mit kirchlichen Institutionen. Der Besitz der älteren herrscherlichen Stiftungen, der bislang als Eigentum des Monarchen gegolten hatte, der von den Geistlichen lediglich genutzt werden konnte, wurde den von den Bischöfen geschaffenen neuen Strukturen einverleibt; damit wurden die Eigentumsverbindungen dieser Stiftungen mit ihren früheren Stiftern liquidiert.50 Die Realisierung des Programms einer gewissen ‚Desakralisierung‘ weltlicher Herrschaft musste bei den Dynasten notgedrungen auf Widerstand stoßen. Die Herzöge selbst als auch ihre Familienmitglieder, die möglichst viel von dem ihnen notwendig erscheinenden Sacrum bewahren wollten, reagierten oft mit ostentativer Devotion und traten in diesem Sinn auch mit den neuen Orden in Verbindung, die dem Weltklerus im Prinzip eher feindlich gesinnt waren. Aus diesem Grunde erfreuten sich die Franziskaner, die von religiösem Eifer erfüllt waren und mit authentischer Leidenschaft eine Aura neuer Heiligkeit um sich verbreiteten, im 13. Jahrhundert einer besonderen Anerkennung an den Höfen der polnischen Herzöge.51 Der Eintritt der Schwester des Herzogs in die weibliche Alternative der Minoriten, d. h. in die Kongregation der Klarissen, bestätigte, dass auch Bolesław der Schamhafte sich dem geistig und ideologisch neu gestalteten Sacrum angeschlossen hatte.52 Die Stiftung eines Klosters, noch dazu für ein 48 Der Brief ist nicht erhalten, aber die päpstliche Antwort vom 3. August 1254 ist überliefert; Kodeks dyplomatyczny Małopolski. Ed. Piekosiński (wie Anm. 3), Nr. 444. 49 Grzymisławas Beteiligung an der Idee der Stiftung ist in den Quellen gut bezeugt; vgl. Kodeks dyplomatyczny Małopolski [Kleinpolnisches Urkundenbuch]. Ed. Franciszek Piekosiński. Bd. 1. Kraków 1876, Nr. 44 sowie ebd., Bd. 2, Nr. 446; ein weiterer Beleg ist die Tatsache, dass sich die Herzogin im Jahre 1259 in der Klarissenkirche beisetzen ließ; ebd., Bd. 2 (wie Anm. 13), 168f. 50 Józef Szymański, Wczesnośredniowieczne kanonickie środowisko zawichojsko-sandomierskie [Das frühmittelalterliche kanonische Milieu von Zawichost und Sandomir], in: Rocz. Hum. 12, 1964, 2, 215–229, hier 223f. 51 Stefan Kwiatkowski, Powstanie i kształtowanie się chrześcijańskiej mentalności religijnej w Polsce do końca XIII wieku [Die Entstehung und Herausbildung einer christlichen religiösen Mentalität in Polen bis zum Ende des 13. Jahrhunderts]. Warszawa / Poznań / Toruń 1980, 80–93; Aleksandra Witkowska, Błogosławiona Kinga w średniowiecznych przekazach hagiograficznych [Die selige Kinga in den mittelalterlichen hagiografischen Überlieferungen], in: Tarnowskie Studia Teologiczne 10, 1986, 274–282, hier 278f. 52 Im 13. Jahrhundert waren 31 Piastentöchter Klarissen, davon drei Piastengattinnen und die Zugehö-

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nahes Familienmitglied, vergrößerte den Effekt dieser Annäherung des Herrschers an das neue Ideal der Heiligkeit ungemein und vergrößerte in der Konsequenz seine Chancen auf die besondere Gnade höherer Kräfte, was ihm den Respekt der Zeitgenossen sicherte. Die Wahl von Zawichost zu eben jenem Ort, an dem durch die (schließlich kostspielige) Stiftung eines Klosters der Himmel dazu bewegt werden sollte, Bolesław dem Schamhaften seine Hilfe zu erweisen, darf mithin nicht bagatellisiert werden. Daher ist zu fragen, welche anderen Faktoren neben den bereits erwähnten dafür sprachen, gerade diesen Ort für die fromme Unternehmung zu wählen. Wenn wir uns die damalige politische Situation des Krakauer Herzogs vor Augen führen, dann wird offensichtlich, dass er der Hilfe des Himmels vor allem gegen seinen Oheim sofort und dringend bedurfte. Konrad von Masowien hatte sein Herzogtum einige Jahre vor seinem Tode unter seine Söhne aufgeteilt und für sich nur den südlichen Teil behalten. Von Norden her bedrückte er das Sandomirer Land und zögerte nicht, es selbst mit Hilfe der heidnischen Litauer zu überfallen.53 Ein durch die Stiftung Bolesławs des Schamhaften ideologisch gestärktes Zawichost konnte in diesem Fall das aus historisch-ideologischen Gründen wichtige Sandomir und das Innere des Krakauer Teilfürstentums von Norden her gegen die Gelüste der masowischen Herrscher schützen. Nicht minder ernste Gegner des Krakauer Herzogs waren die ruthenischen Fürsten von Wolhynien und Halič. Wie erwähnt befand sich gerade in Zawichost der Ausgangsort für die Expansion der kleinpolnischen Großen nach dem Lubliner Land und Ruthenien; umgekehrt verlief in der Nähe der Zawichoster Flussüberfahrt auch die Haupteinfallsstraße für die ruthenischen Übergriffe auf die Besitztümer des Krakauer Herzogs. Ein neues Kultzentrum in Zawichost musste daher für Kleinpolen auch eine starke ideologische Unterstützung gegen seine östlichen Nachbarn, die zwar auch Christen, aber eben doch Schismatiker waren, darstellen.54 Bemühungen um die Hilfe des Himmels gegen die Ruthenen sind in den polnischen Quellen recht zahlreich bezeugt. Im Jahre 1205 gewann, wie die Annalen des Traska rigkeit zum Laienorden des hl. Franziskus, den Terziaren, wurde für die Eliten geradezu zu einer Art sittlicher Norm; Terziaren waren auch Bolesław der Schamhafte und dessen Mutter Grzymisława; vgl. Birkenmajerowa, Z najstarszych dziejów (wie Anm. 34), 97; Aleksandra Witkowska, Vita Sanctae Kyngae Ducissae Cracoviensis jako źródło hagiograficzne [Die Vita Sanctae Kyngae Ducissae Cracoviensis als hagiografische Quelle], in: Rocz. Hum. 10, 1961, 2, 40–166, hier 153; Antoni Zwiercan, Nowe spojrzenie na początki franciszkanów w Polsce [Ein neuer Blick auf die Anfänge der Franziskaner in Polen], in: Nasza Przeszł. 63, 1985, 5–51, hier 11–15. 53 Roman Grodecki / Stanisław Zachorowski, Dzieje Polski średniowiecznej. Tom pierwszy do roku 1333 [Geschichte des mittelalterlichen Polen. Band 1 bis zum Jahr 1333]. Kraków 1926, 306. 54 Im 13. Jahrhundert kam es in Polen zu einem zunehmenden Gefühl der Distanzierung gegenüber der Ostkirche; vgl. Krzysztof Ratajczak, Między Wschodem a Zachodem – kontakty kulturalne dynastii piastowskiej [Zwischen Ost und West – kulturelle Kontakte der piastischen Dynastie], in: Aleksander W. Mikołajczak / Mariola Walczak-Mikołajczakowa (Hrsg.), Tradycja łacińska i bizantyjska wobec jedności europejskiej. Gniezno 2003, 62–85, hier 70ff.

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sowie einige andere Überlieferungen berichten, Leszek der Weiße dank der Hilfe der hll. Gervasius und Protasius die Schlacht bei Zawichost.55 Und die Vita der hl. Kinga enthält eine ausführliche Beschreibung, wie Gervasius und Protasius dank der Gebete der Herzogin dem Heer Bolesławs des Schamhaften halfen, die Tataren und die Schismatiker zu schlagen. Keiner der Polen wurde getötet oder geriet in Gefangenschaft.56 Andere Quellen präzisieren dieses Ereignis und informieren über die Schlacht von 1266 mit dem ruthenischen Fürsten Švarno, die am ‚Polnischen Tor‘ (lackie vorota) oder in metis Poloniae, que porta dicitur57 stattfand, d. h. im östlichen Vorfeld der Zawichoster Furt. Das Auftreten der hll. Gervasius und Protasius scheint wohl mit dem Versuch in Verbindung gestanden haben, dem Kult der orthodoxen Heiligen Boris und Gleb entgegenzuwirken, deren Verehrung ausdrücklich antiwestlichen (und antipolnischen)58 Charakter hatte. Boris und Gleb waren seit dem 12. Jahrhundert in Ruthenien ebenfalls als Schlachtenhelfer populär.59 Bemerkenswert ist auch, dass die allgemeine Gestalt dieses Paares ruthenischer Schutzheiliger dem Wesen entsprach, nach dem die Gestalten von Gervasius und Protasius modelliert wurden. Unterstrichen werden muss außer55 Sie fand am Tag dieser Heiligen statt, was ein untrennbares Attribut des mittelalterlichen Kultes heiliger Schlachtenhelfer darstellte; vgl. František Graus, Der Heilige als Schlachtenhelfer. Zur Nationalisierung einer Wundererzählung in der mittelalterlichen Chronistik, in: Kurt-Ulrich Jäschke / Reinhard Wenskus (Hrsg.), Festschrift für Helmut Beumann. Sigmaringen 1977, 330– 348, hier 337. 56 Vita et Miracula sanctae Kyngae ducissae Cracoviensis. Ed. Wojciech Kętrzyński, in: MPH 4. Lwów 1884, 662–774, hier 694. 57 Vgl. oben Anm. 18 und 19. 58 An diesem Tag besiegte der Haličer Fürst Daniel im Jahre 1245 das ungarische und kleinpolnische Heer bei Jarosław; vgl. Włodarski, Polska i Ruś (wie Anm 20), 127; zur Entstehung dieses Kultes und zu dessen antiwestlichem (antipolnischem) Charakter vgl. Andrzej Poppe, Politik und Heiligenverehrung in der Kiever Rus’. Der apostelgleiche Herrscher und seine Märtyrersöhne, in: Jürgen Petersohn (Hrsg.), Politik und Heiligenverehrung im Hochmittelalter. Sigmaringen 1994, 403–422; Alexandr N. Użankow, Svjatye strastoterpcy Boris i Gleb. K istorii kanonizacij i napisanija żitij [Die heiligen Märtyrer Boris und Gleb. Zur Geschichte der Kanonisierung und Abfassung der Viten], in: Drevnjaja Rus’ – Voprosy medievistyki 2, 2000, 28–50. 59 Żitie Aleksandra Nevskogo [Die Vita des Alexander Nevskij]. Ed. Viljo Mansikka, in: Pamjatniki drevnerusskogo iskusstva i pis’mennosti. Sankt Petersburg 1913, 3f.; Regina Petelczyc, Pierwsi ruscy święci Borys i Gleb w legendach staroruskich [Die ersten rus’ischen Heiligen Boris und Gleb in den altrussischen Legenden], in: Prz. Humanist. 289, 1989, 10, 45–53, hier 53; die Kraft und der Expansionsdrang dieses Kultes wird bestätigt durch die Tatsache, dass sich im 11. Jahrhundert im slawischen Benediktinerkloster in Sazava in Böhmen Reliquien von ihnen befanden; Monachi Sazavensis Continuatio Cosmae. Ed. Richard Koepke, in: MGH SS 9. Stuttgart ²1983, 148–163, hier 154; vgl. auch Kronika Wielkopolska (Boguchwała i Godysława Paska) [Großpolnische Chronik (von Boguchwał und Godysław Pasek)]. Ed. August Bielowski, in: MPH 2. Lwów 1872, 454–598, hier 553; Rocznik franciszkański krakowski. Ed. Bielowski (wie Anm. 18), 48. Im Jahre 1266 wurden die Rus’ am Tag des hl. Gervasius besiegt, ebd. 592; Švarno wurde am Tag des hl. Gervasius besiegt; Rocznik Traski. Ed. August Bielowski, in: MPH 2. Lwów 1872, 826–861, hier 869 verbindet den Sieg Bolesławs des Schamhaften mit Zawichost.

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dem, dass diese Heiligenpaare aufgrund ihres dioskurischen Charakters sehr tief in der slawischen und überhaupt in der indoeuropäischen Mythologie verwurzelt waren.60 Der in Zawichost von den Klarissen praktizierte Kult der hll. Damian und Kosmas, beides Ärzte und Heiler, konnte ein Äquivalent und eine Ergänzung des ritterlichen Kultes der hll. Protasius und Gervasius darstellen. Diese Heiligen wurden auch von den Orthodoxen verehrt. Die Einrichtung eines auch den hll. Damian und Kosmas gewidmeten religiösen Zentrums im Randgebiet des Herzogtums, direkt an der kulturellen Grenze, hatte also einen tiefen Sinn. Um so praktischer war es, dass dies mit der damals ausdrücklich an Ruthenien interessierten Politik der römischen Kurie im Zusammenhang stand. Zusätzlich bot ein solches ‚modisches‘ religiöses Engagement Bolesławs des Schamhaften – wegen seiner Ostorientierung und des damals großes Prestige genießenden Minoritismus – in Zukunft Chancen für eine Heiligsprechung der Schwester des Herzogs. Schließlich stammten damals viele Selige und Heilige, die Bolesław dem Schamhaften bekannt waren, aus der franziskanischen Bewegung: die hl. Elisabeth von Thüringen, Salomeas Schwägerin, sowie Anna und Agnes, die Töchter des böhmischen Königs Přemysl Ottokar I. Schließlich wurde auch Kinga heiliggesprochen, die Gattin Bolesławs des Schamhaften. Diese Personen lieferten Muster, die auch Salomea zu erfüllen bemüht war. Schließlich engagierte sich die ehemalige Königin von Halič, wie sie in den Quellen allgemein bezeichnet wird, ausdrücklich für die Aktion der Ausweitung des abendländischen Christentums. Wie groß das praktische Bedürfnis nach einem solchen Kult war, bezeugt auch die Tatsache, dass die kleinpolnischen Eliten selbst nach dem Scheitern der Idee des Zawichoster Kultzentrums, in einer Situation, als das neue Kloster in Skała den Plänen der ursprünglichen Stiftung doch nicht das Wasser reichen konnte, sehr an einer Kanonisierung der Schwester Bolesławs des Schamhaften interessiert waren.61 Nach 1247, dem Todesjahr Konrads von Masowien, erlangte die Zawichoster Stiftung noch eine andere Bedeutung. Bolesław der Schamhafte versöhnte sich mit seinen masowischen Vettern. Zudem kam es, wahrscheinlich von der kirchlichen Diplomatie vermittelt, zu einer Annäherung Bolesławs des Schamhaften und des ungarischen Königs mit den ruthenischen Romanovič. Die entsprechende Übereinkunft wurde 1246

60 Jacek Banaszkiewicz, „Gerwazy groźny ręką, językiem Protazy“, wzorzec bohaterów – dioskurów w „Panu Tadeuszu“ Adama Mickiewicza i we wcześniejszej tradycji [„Gervasius gefährlich mit der Hand, Protasius mit dem Mund“ – das Muster der Dioskurenhelden in Adam Mickiewiczs Epos „Pan Tadeusz“], in: Prz. Humanist. 1987, 5, 51–80, hier 67; Borys A. Uspieński, Kult św. Mikołaja na Rusi [Der Kult des hl. Nikolaus in der Rus’]. Lublin 1985, 190–199. 61 Anna Witkowska, Miracula małopolskie z XIII i XIV wieku. Studium źródłoznawcze [Kleinpolnische Miracula aus dem 13. und 14. Jahrhundert. Eine quellenkundliche Studie], in: Rocz. Hum. 19, 1971, 2, 29–161, hier 52ff.; Marian Kanior, Proces beatyfikacyjny bł. Salomei [Der Beatifizierungsprozess der seligen Salomea], in: Jan M. Małecki (Hrsg.), Z przeszłości Krakowa, Warszawa / Kraków 1989, 69–94; Zwiercan, Nowe spojrzenie (wie Anm. 52), 37.

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mit der Heirat von Daniels Sohn Lev mit der Tochter Belas IV., Konstanze, besiegelt.62 Diese mit der franziskanischen Bewegung verbundene ungarische Prinzessin erleichterte die Kontakte der ruthenischen Herrscher mit dem lateinischen Westen. Der päpstlichen Diplomatie war besonders daran gelegen, den Haličer Fürsten an ihr politisches Lager zu binden. Nach langwierigen Verhandlungen und überredet von Bolesław dem Schamhaften sowie der Herzogin Kinga empfing Daniel im Jahre 1252 die Königskrone. Die Krönungszeremonie fand ein Jahr später in Drohiczyn statt. Gleichzeitig sollte der Haličer orthodoxe Klerus eine Union mit Rom schließen.63 Bekräftigt wurde das Bündnis der Piasten mit den Romanovič durch einen formalen Akt der Aufteilung des Gebietes der heidnischen Jadwinger (der Gegend um das heutige Białystok) zwischen den masowischen Herzögen, Daniel von Halič und Bolesław dem Schamhaften im Jahre 1253. Ein päpstliches Privileg erlaubte jedem Unterzeichner des Abkommens, den ihm zufallenden Teil des heidnischen Territoriums jeweils dem eigenen Herrschaftsgebiet einzuverleiben und dort eine gesonderte Diözese zu gründen.64 Der Krakauer Herzog wollte sein Missionsbistum in Łuków ansiedeln und beabsichtigte, den Franziskaner Bartholomäus von Prag zu dessen Oberhaupt zu ernennen.65 Das Zawichoster Kloster konnte die Grundlage der vom Herzog realisierten Unternehmung bilden, auch wenn es im Falle ihres Erfolges sicher zugunsten der Hauptstadt der neuen Diözese an Bedeutung verloren hätte. Die skizzierten politischen Übereinkünfte zwischen den weltlichen Herrschern waren in die diplomatischen Pläne der römischen Kurie entsprechend einbezogen. Sie strebten die Schaffung einer großen Gruppierung mittel- und osteuropäischer Staaten an, die unter dem Patronat Roms dem Druck der Tataren würde standhalten können. Im Rahmen dieser Aktion brachten es die päpstlichen Diplomaten sogar fertig, die sich bis dahin verbissen bekämpfenden Herrscher Böhmens und Ungarns für eine gewisse Zeit miteinander zu versöhnen.66 Und der im Jahre 1253 durch Vermittlung der Ordensritter zum Herrscher Litauens gekrönte

62 Włodarski, Polska i Ruś (wie Anm. 20), 132. 63 Umiński, Niebezpieczeństwo tatarskie (wie Anm. 34), 108ff.; Vladimir T. Pašuto, Očerki po istorii Galicko-vołynskoj Rusi. Moskva 1950, 260; Mykola Andrusiak, Kings of Kijev and Galicia, in: The Slavonic and East European Review 33, 1954, 342–349. 64 Umiński, Niebezpieczeństwo tatarskie (wie Anm. 34), 110; allgemeiner zur Situation Marian Biskup / Gerard Labuda, Die Geschichte des Deutschen Ordens in Preußen. Wirtschaft – Gesellschaft – Staat – Ideologie. Osnabrück 2000, 173; Romuald Wróblewski, Problem jaćwieski w polityce Bolesława Wstydliwego w latach 1248–1264 [Das Jadwingerproblem in der Politik Bolesławs des Schamhaften in den Jahren 1248–1264], in: Zeszyty Naukowe Uniwersytetu Łódzkiego. Serie I, 1970, 72, 3–10. 65 Grodecki / Zachorowski, Dzieje Polski średniowiecznej (wie Anm. 53), 309f.. 66 Bolesław Włodarski, Polska i Czechy w drugiej połowie XIII i początkach XIV wieku (1250– 1306) [Polen und Böhmen in der zweiten Hälfte des 13. und zu Beginn des 14. Jahrhunderts (1250–1306)]. Lwów 1931, 17.

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Mindaugas wurde zur Zusammenarbeit mit Daniel und Vasylko Romanovič bewegt.67 Unterstützt wurden diese Allianzen durch familiäre Bande: Daniels Sohn Švarno heiratete 1254 Mindaugas Tochter. Es gelang auch, den Großfürsten von Vladimir, Andrej Jaroslavič, für die Pläne des Papstes zu gewinnen, der die Tochter Daniels von Halič heiratete.68 Aus Rom wurden auch mehrere Gesandtschaften an den damaligen Novgoroder Fürsten Aleksandr Nevskij gerichtet.69 Im geografischen Zentrum der organisierten Allianzen stand das Bündnis Bolesławs des Schamhaften mit den Haličer Herrschern Daniel und Vasylko. Der Krakauer Herzog verband Böhmen und Ungarn mit Ruthenien und Litauen, gemeinsam mit den Nachkommen Konrads und dem Deutschordensstaat, dem bewaffneten Arm des Papsttums im Osten Europas.70 Aufgrund seiner geografischen Lage befanden sich Zawichost und die uns interessierende herzogliche Stiftung mitten im Herzen dieser kühnen Pläne. Die hinsichtlich der damaligen politischen Konjunktur günstige Situierung der Klostergründung war allerdings mit einem großen Risiko verbunden, denn schließlich verlief dort eine wichtige Kriegsstraße von Osten nach Westen. Umso bemerkenswerter waren die Konsequenz des Herzogs, die Entschlossenheit der Nonnen und das durch zahlreiche Briefe bezeugte päpstliche Interesse am Zawichoster Zentrum. Der Herrscher bemühte sich auch um einen entsprechenden würdigen Rahmen für seine Stiftung in Form der kurz vor 1250 erfolgten Lokation der Stadt Zawichost nach Magdeburger Recht. Trotz der strengen Regel versorgte Bolesław der Schamhafte das Kloster reichlich genug. Dabei wandte er eine vorher in Prag erprobte Lösung an, die die Restriktionen der Ordensbräuche umging. Und zwar errichtete er ein Spital für die Klarissen, das er mit elf Dörfern, sechs Hufen Land in Zawichost selbst, einem Teil vom Gewinn des Salzbergwerks in Bochnia sowie einigen weiteren Einkommensquellen reich beschenkte.71 Auf der Stiftungsversammlung des Zawichoster Spitals im Jahre 1255 traten zusammen mit dem Krakauer Herrrscher auch die Söhne Konrads von Masowien – Kasimir von Kujawien und Ziemowit von Czersk – in Erscheinung.72 Es ist wahrschein67 Edvardas Gaudavičius, Polityczny problem Królestwa Litewskiego w połowie XIII w. [Das politische Problem des Königreiches Litauen in der Mitte des 13. Jahrhunderts], in: Marian Biskup (Hrsg.), Ekspansja niemieckich zakonów rycerskich w strefie Bałtyku od XIII do połowy XVI w.. Toruń 1990, 61–84, hier 64ff.; Krzysztof Stopka, Próby chrystianizacji Litwy w latach 1248–1263 [Versuche der Christianisierung Litauens in den Jahren 1248–1263], in: Analecta Cracoviensia 19, 1987, 3–63. 68 Albert M. Ammann, Kirchenpolitische Wandlungen im Ostbaltikum. Bis zum Tode Aleksander Newski's. Rom 1936, 288. 69 Ramm, Papstvo i Rus' (wie Anm. 29), 165f.; Ammann, Kirchenpolitische Wandlungen (wie Anm. 68), 265ff. 70 Hinsichtlich der Möglichkeiten (und Ziele) des Ordens vgl. die Äußerung Wilhelms von Rubruk, eines Gesandten des französischen Königs nach Osten: Itinerarium Willelmi de Rubruk, in: Itinera et relationes. Ed. van den Wyngaert (wie Anm. 39), 164–332, hier 195. 71 Kiryk, Zawichost (wie Anm. 2), 40f.; Stoksik, Powstanie (wie Anm. 5), 98ff. 72 Kodeks dyplomatyczny Małopolski. Ed. Piekosiński (wie Anm. 3), Nr. 44.

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lich, dass die damals geborene Tochter Ziemowits zu Ehren Salomeas und zur zusätzlichen Bekräftigung dieser politischen Allianz deren Namen erhielt.73 Im Jahre 1255 waren Spital und Kirche schon gebaut, und das Kloster wurde angeblich kurz darauf fertiggestellt.74 Die ganze Anlage wurde befestigt; eine unsichere, weil aus dem 17. Jahrhundert stammende Überlieferung spricht von einem „Konvent mit 12 Basteitürmen“ – aber diese Tradition ist schwerlich zu verwerfen, weil wir vom Abriss von Befestigungsanlagen wissen, der sich vom 15. bis ins 17. Jahrhundert hinzog, als die Fundamente der Basteien endgültig beseitigt wurden.75 Es ist offensichtlich, dass an diesem Ort, der im 13. Jahrhundert so sehr von Überfällen bedroht war, die Notwendigkeit einer Befestigung des Klosters bestand. Das Detail der zwölf Basteitürme steigert, wenn es der Wahrheit entspricht, die Pracht des symbolisch an das Ideal des Himmlischen Jerusalem anknüpfenden Klosters noch weiter.76 Vielleicht zeigt es auch, dass ein vollständiger Konvent mit mindestens zwölf Schwestern entstehen konnte, an dessen Spitze eine Äbtissin stand. Allerdings war dies nicht Salomea, die den Regeln devotionaler Bescheidenheit entsprechend diese Funktion einer anderen Nonne überlassen hatte. Sie selbst besaß als fundatrix monasterii sowieso die entscheidende Stimme im Orden.77 Als das Kloster bereits fertig war, kam es plötzlich zum Debakel: im Jahre 1257 verlegte Herzog Bolesław der Schamhafte einen Teil der Klarissen nach Skała.78 Dies geschah ohne Wissen des Papstes, was gegen die Regeln verstoßen hätte, wenn nicht ungewöhnliche Umstände eingetreten wären.79 In Zawichost blieb nur eine nicht näher bekannte Zahl von Klarissen und zur priesterlichen Betreuung der Nonnen bestimmter 73 Salomea (von Masowien) starb 1301 als Klarisse in Skała; es ist nicht sicher, ob sie die Enkelin oder vielleicht die Tochter Konrads von Masowien war; vgl. Jasiński, Franciszkańskie pochówki Piastów (wie Anm. 9), 180. Die erstere Lösung scheint am wahrscheinlichsten zu sein. Włodarski, Salomea (wie Anm. 23), 64f. wollte zwei Salomeas im Hause der Masowier sehen. 74 Die päpstlichen Urkunden aus dem Jahre 1257 schrieben vor, im Kloster zu wohnen, das bereits fertig war; Kodeks dyplomatyczny Małopolski (wie Anm. 3) Nr. 45, 46, 47; Stoksik, Powstanie (wie Anm. 5), 94ff.; Jamroz, Kościół (wie Anm. 3), 186. 75 Karwacki, Błogosławiona Salomea (wie Anm. 46), 70ff. 76 Die Zahl 12 wiederholt sich in der Apokalypse des hl. Johannes wie ein Refrain (21, 14; 21, 12; 21, 16; 21, 17; 21, 21); vgl. Alfred Weckwerth, Das altchristliche und das frühmittelalterliche Kirchengebäude – ein Bild des „Gottesreiches“, in: Zeitschrift für Kirchengeschichte 69, 1958, 26– 78; Robert Konrad, Das himmlische und das irdische Jerusalem im mittelalterlichen Denken. Mystische Vorstellung und geschichtliche Wirkung, in: Clemens Bauer (Hrsg.), Speculum Historiale. Geschichte im Spiegel von Geschichtsschreibung und Geschichtsdeutung (Festschrift Johannes Spörl). München 1965, 523–540. 77 Karwacki, Błogosławiona Salomea (wie Anm. 46), 69; Ulanowski, O założeniu klasztoru (wie Anm. 5), 34. 78 Kodeks dyplomatyczny Małopolski. Ed. Piekosiński (wie Anm. 3), Nr. 57. Die herzogliche Burg in Skała lag ein gutes Dutzend Kilometer nordwestlich von Krakau am Fluss Prądnik. 79 Franciszek Bogdan, Geneza i rozwój klauzury zakonnej. Studium prawno-historyczne. Poznań 1954, 228f.

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Franziskaner zurück. Die Chroniken erklären diese plötzliche Verlegung der Klarissen mit der drohenden Gefahr litauischer Überfälle.80 Die wenigen, die sich mit diesem Problem befassten, übernahmen diese Erklärung, ohne sich allzu sehr in ihren Inhalt zu vertiefen. Als das Kloster im Jahre 1245 gegründet wurde, waren die Zeiten schließlich genauso gefährlich wie in den fünfziger Jahren dieses Jahrhunderts. Bis 1247 musste der Krakauer Herzog die Überfälle Konrads von Masowien abwehren, welcher keine Hemmungen hatte, die Litauer gegen das Teilfürstentum seines Vetters aufzuhetzen.81 Damals unterstützten ihn die Haličer Herrscher Daniel und Vasylko. Allein in den Jahren 1242 bis 1244 belagerten die Ruthenen dreimal Lublin und rüsteten sich zur Weichselüberfahrt bei Zawichost. Somit war nicht die Gefahr gelegentlicher Überfälle der Grund für die Abberufung der Klarissen aus Zawichost, denn mit solchen musste schließlich schon von Anbeginn der Stiftung an gerechnet werden. Der Ort der Lokalisierung des Klosters war schon an sich gefährlich. Den Grund dafür, warum Bolesław der Schamhafte feststellte, dass es nicht lohnte, seine eigene Schwester zu gefährden, bildete das Scheitern seiner politischen Pläne, mit denen diese Stiftung untrennbar verbunden war. Dies legt Salomea selbst ausdrücklich in einem Brief nahe, in dem sie Papst Alexander IV. die Notwendigkeit erklärte, die Ordensgemeinschaft nach Skała zu verlegen, und in dem sie ausdrücklich von der tatarischen Gefahr spricht. Bis 1257 hatte eine solche Gefahr nicht bestanden. Kleinpolen schützte das Bündnis mit dem der Goldenen Horde feindlich gesinnten Fürstentum Halič.82 Die Steppenmacht hatte gegen Ende der Herrschaftszeit Batu Khans auch keine größere politische Aktivität mehr entwickelt. Aber schon einige Jahre vor der Verlegung des Klarissenklosters hatte sich im Osten viel verändert. Die ersten Misserfolge der Pläne der päpstlichen Diplomatie traten bereits im Jahre 1252 ein. Aleksandr Nevskij weigerte sich entschieden, sich mit der gegen die Goldene Horde gerichteten politischen Gruppierung zu verbinden. Mit tatarischer Hilfe hatte er seinen leiblichen Bruder Andrej, den Großfürsten von Vladimir, aus dem Lande vertrieben.83 Die Tataren brauchten noch einige Jahre, um ihre Angelegenheiten in Ruthenien zu ordnen und ihre Herrschaft im Osten Europas endgültig zu konstituieren. Der neue Khan Berke, ein Bruder des im Jahre 1255 verstorbenen Batu, beschloss mit der ihm feindlich gesinnten Koalition abzurechnen.84 Deren nächstgelegenes Mitglied war das Fürstentum Halič. Schon seit 1253 war es zu sporadischen Kämpfen zwischen den 80 Stoksik, Powstanie (wie Anm. 5), 95 nimmt das für bare Münze. 81 Dies geschah z. B. im Jahre 1246; vgl. Jacek Banaszkiewicz, Kronika Dzierzwy. XIV–wieczne kompedium historii ojczystej [Die Chronik des Dzierzwa. Ein Kompendium der Geschichte des Vaterlandes aus dem 14. Jahrhundert]. Wrocław 1979, 101. 82 Włodarski, Polska i Ruś (wie Anm. 20), 133. 83 Ausführlicher dazu John Fennel, Andrej Jaroslavovič and the Struggle for Power in 1252: An Examination of the Sources, in: Russia Medievalis 1, 1973, 49–63; George Vernadsky, The Mongols and Russia. New Haven 1953; Ramm, Papstvo i Rus’ (wie Anm. 29), 165–167; Frithjof B. Schenk, Aleksandr Nevskij. Heiliger – Fürst – Nationalheld. Eine Erinnerungsfigur im russischen kulturellen Gedächtnis (1263–2000). Köln / Weimar / Wien 2004. 84 Bertold Spuler, Die Goldene Horde. Mongolen in Rußland 1223–1502. Wiesbaden 1965, 37ff.

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Tataren und Halič gekommen. Begonnen wurden die Auseinandersetzungen von Daniel, der sicher mit der Hilfe der katholischen Staaten rechnete, denn Innozenz III. hatte gerade in Assisi einen Kreuzzug gegen die Tataren ausgerufen.85 Aber die Worte des Papstes fanden kein Echo und die Haličer blieben letztendlich ganz allein mit der Macht der Goldenen Horde konfrontiert. Die Hypatiuschronik schildert den Verlauf der Ereignisse des Jahres 1257 sehr suggestiv: Die schnelle Invasion des von Burundaj angeführten tatarischen Heeres löste allgemeine Bestürzung aus. Daniel floh nach Polen, danach nach Ungarn. Sein Sohn Lev und sein Bruder Vasylko unterwarfen sich den Tataren. Infolgedessen wurde das Fürstentum Halič der Goldenen Horde untertan, und ruthenische Hilfstruppen mussten am Kriegszug Burundajs gegen Litauen teilnehmen, der ein Jahr später stattfand.86 Daniel demütigte sich bald darauf vor dem Khan und wurde dann auch wieder als Herrscher eingesetzt, konnte in dieser Situation aber das Bündnis mit Bolesław dem Schamhaften nicht erneuern. Erwähnenswert ist jedoch, dass der Haličer Fürst nicht persönlich an den tatarischen Kriegszügen teilnahm, obwohl seine Abhängigkeit vom Khan dies eigentlich verlangt hätte. Vasylko führte die Ruthenen gegen Litauen. Nach der Verwüstung von Mindaugas’ Königreich kam das nächste Mitglied der päpstlichen Koalition an die Reihe: das Herzogtum Bolesławs des Schamhaften; dieser Kriegszug fand im Jahre 1259 statt. Diesmal wurden die Nomadenkrieger von Daniels Sohn Lev begleitet. Die Invasion der Tataren gegen das Fürstentum Halič fand zu Beginn des Jahres 1257 statt, während die Translationsurkunde für Zawichost am 2. März dieses Jahres ausgestellt wurde. Hier wird ein deutlicher zeitlicher Zuammenhang erkennbar. Alles spricht dafür, dass die plötzliche Verlegung der Klarissen nach Skała mit der Furcht vor dem nahe bevorstehenden Überfall des Heeres der Goldenen Horde erklärt werden muss. Bolesław der Schamhafte zögerte jedoch mit der definitiven Bestätigung der Translation des Klosters, so als ob er sich mit dem Fiasko seiner Pläne nicht abfinden wollte. Mehrere Jahre lang informierte der Herzog die Kurie nicht über die Tatsache der Verlegung – bis zum Jahre 1260 sind die päpstlichen Urkunden für die Zawichoster Stiftung ausgestellt. Im Jahr 1259 starb Grzymisława, die Mutter des Herzogs. Sie wurde im Klarissenkloster in Zawichost beigesetzt, wo sie beinahe wie eine Heilige verehrt wurde.87 Die Wahl der letzten Ruhestätte der Herzogin mag von einem Senti85 Am 14. Mai 1253 rief der Papst dazu auf, per Russiam, per Regnum Bohemiae, Moraviam, Sarbiam et Pomoraviam, per Poloniam, zitiert nach Günter Stökl, Das Fürstentum GalizienWolhynien, in: Manfred Hellmann (Hrsg.), Handbuch der Geschichte Russlands. Bd. 1: Von der Kiever Reichsbildung bis zum Moskauer Zartum (bis 1613). Stuttgart 1981, 484–533, hier 519. 86 Ipat’evskaja Letopis' (wie Anm. 17), 849f.; vgl. auch Michael B. Zdan, The dependence of Halych-Volyn' Rus' on the Golden Horde, in: The Slavonic and East European Review 35, 1957, 505–522; Pašuto, Očerki po istorii (wie Anm. 63), 235ff. 87 Karwacki, Błogosławiona Salomea (wie Anm. 46), 74; Bolesław Ulanowski, Szkice krytyczne z wieku XIII [Kritische Skizzen aus dem 13. Jahrhundert]. Kraków 1885, 36; Brygida Kürbisówna, Żywot bł. Salomei jako źródło historyczne [Die Vita der sel. Salomea als historische Quelle], in:

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ment diktiert worden sein – denn die Tochter Ingvars von Luck ließ sich an den Grenzen Polens an der Hauptstraße nach Ruthenien begraben. Ein ähnliches Motiv finden wir bei Kinga, der Gattin Bolesławs des Schamhaften. Für sie hatte der Herzog bereits 1255 beträchtliche Schenkungen im Sandezer Land getätigt. Kinga errichtete in AltSandez ein Klarissenkloster, in dem sie nach dem Tod ihres Mannes als Nonne lebte und in dem sie schließlich auch begraben wurde. Die gebürtige Ungarin ließ sich also an der nach ihrem Heimatland führenden Hauptstraße beisetzen – und die Ruthenin an der Straße nach dem ihrigen.

Klarissenkloster Alt-Sandez, Wandzeichnung in der St. Klara-Kirche, Ende 13. Jahrhundert

Aleksander Gieysztor (Hrsg.), Studia historica. W 35 lecie pracy naukowej Henryka Łowmiańskiego. Warszawa 1958, 145–154.

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Bei den Stiftungen für die Klarissen in Alt-Sandez und in Zawichost handelte es sich jedoch nicht nur um Klöster für die beiden an der Seite Bolesławs des Schamhaften lebenden heiligen Frauen, sondern auch um Zentren, die die Hauptrichtungen der politischen Aktivität des Krakauer Herzogs manifestierten. Das erste dokumentierte sein Bündnis mit Ungarn, das zweite die unerfüllten Aspirationen seiner Ruthenienpolitik. Vor allem jedoch verlieh seine Stiftungstätigkeit zugunsten der Medikanten – in Verbindung mit der besonderen Beziehung des Herrschers zum Krakauer Franziskanerkloster, in dem er sich dann auch begraben ließ – der Herrschaft Bolesławs des Schamhaften eine bestimmte Beziehung zum Sacrum. Die räumliche Verteilung von Mitgliedern der Dynastie im Süden, im Zentrum und Nordosten des Herzogtums in vom Monarchen gestifteten und für eine damals das Ideal der Heiligkeit verkörpernde monastische Bewegung geschaffenen Kultzentren markierte den eschatologischen Herrschaftsbereich des Krakauer Herzogs und empfahl diesen zusammen mit den ihn bewohnenden Menschen gleichsam der Obhut höherer Mächte. Die Klöster in Krakau und in Alt-Sandez überlebten und entwickelten sich. In Zawichost konnten die Absichten des Herzogs wegen der Nähe zur unruhigen Grenze und infolge des Fiaskos seiner politischen Pläne keinen Erfolg haben. Aber erst nach dem Tatarenüberfall von 1258–1259, als klar wurde, dass die Dominanz der Goldenen Horde über Halič von Dauer sein sollte und der dortige Klerus die Union mit der lateinischen Kirche ablehnte, bemühte sich der Krakauer Herzog um das päpstliche Einverständnis für ein Verbleiben der Klarissen in Skała.88

88 Ulanowski, O założeniu klasztoru (wie Anm. 5), 19.

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Das Stiftungsprogramm der schlesischen Piasten im 12. und 13. Jahrhundert und seine mitteleuropäischen Kontexte

Einführung „Mein Vater, Herzog Bolesław seligen Angedenkens, gründete für die Vergebung seiner Sünden das Kloster und die Kirche in Leubus, und nach seinem Tode stiftete ich das Nonnenkloster in Trebnitz zur Ehre Gottes und des hl. Bartholomäus. Daher soll, wenn es Gott und euch allen gefällt, mein Sohn Heinrich die Obhut über dieses Kloster in Heinrichau übernehmen, denn so wie in Zukunft die Leubuser Mönche meinem Vater und die Trebnitzer Nonnen meiner selbst im Gebet gedenken werden, wünsche ich, dass dieses Kloster in Heinrichau eine Stiftung meines Sohnes Heinrich sein soll, wo ihm 1 und seinen Nachkommen im Gebet gedacht wird.“ Diese oft zitierte Einführung, die der Heinrichauer Abt Peter dem Herzog Heinrich I. dem Bärtigen in den Mund legte, stellt eine suggestive, wenn auch lapidare Auslegung des ideellen Programms der piastischen Klosterstiftungen dar und bietet einen passenden Ausgangspunkt für die folgenden Ausführungen. Der Heinrichauer Klosterchronist hob die durch Gebete der Mönche und Nonnen für das Seelenheil der verstorbenen Herrscher realisierten Kommemorationsfunktionen der jeweiligen herzoglichen Stiftungen hervor, auch wenn sich die Ziele ihrer Sakralstiftungen ganz sicher nicht allein auf eschatologische Aspekte beschränkten. Die Stiftungstätigkeit der schlesischen Piasten gehört zu den von der polnischen und deutschen Historiografie oft behandelten Themen. Die Liste der Stiftungen, die Umstände ihrer Gründung, die mit ihnen im Zusammenhang stehenden wirtschaftlichen Fragen sowie ihre architektonischen und baulichen Aspekte – all dies sind gut erforschte Themen, so dass es nicht erforderlich ist, diese gründlich zu rekapitulieren.2 Das angeführte Zitat lenkt unsere Aufmerksamkeit auf den Zisterzienserorden als 1 Liber fundationis claustri Sancte Marie Virginis in Heinrichow. Ed. Roman Grodecki. Wrocław ²1991, 8f. 2 Vgl. Heinrich Appelt, Klosterpatronat und landesherrliche Kirchenhoheit der schlesischen Herzoge

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eine Institution, die besonders stark mit der schlesischen Dynastie und der von dieser geschaffenen Herrschaftsideologie verbunden war, der bisher viel zu wenig Aufmerksamkeit gewidmet wurde. Die in spätkarolingischer Zeit endgültig herausgebildete Institution des Privatklosters erwies sich als ein Phänomen von langer Dauer. Zwischen dem 10. und 12. Jahrhundert wuchs die Zahl dieser geistlichen Institutionen, die von deutschen Wissenschaftlern als ‚Hausklöster‘ bezeichnet werden, ganz beträchtlich, und zwar im Zusammenhang mit der Etablierung neuer Aristokratengeschlechter. Karl Schmid zufolge spielten diese Privatklöster, die die Funktionen einer Nekropole für die Familienmitglieder erfüllten, ihr liturgisches Angedenken kultivierten und der genealogischen Familientradition auch manchmal eine literarische Form verliehen, hinsichtlich der Umgestaltung der Struktur der Verwandtschaftsbande im Milieu der weltlichen Aristokratie des Reiches eine ebenso konstitutive Rolle wie die befestigten Residenzen.3 Die Vielzahl der sich gegenseitig durchdringenden und einander ergänzenden Motive, die sich hinter der überaus lebhaften Stiftungstätigkeit der deutschen Aristokratie zwischen dem Ende des 10. und der Mitte des 13. Jahrhunderts verbargen, ist unlängst von Gerhard Streich charakterisiert worden.4 In der Regel waren mit den in den Quellen hervorgehobenen religiösen und eschatologischen Zielen auch Gründe repräsentativer und prestigeorientierter oder völlig praktischer Natur verbunden, was z. B. die Versorgung von Familienmitgliedern im geistlichen Stand, die Absicherung territorialer Einflusssphären durch eine eigene Stiftung oder die sich aus der Entwicklung des Siedlungswesens und der Landwirtschaft im 13. Jahrhundert, in: Ders., Kaisertum, Königtum, Landesherrschaft. Gesammelte Studien zur mittelalterlichen Verfassungsgeschichte. Wien 1988, 331–350; Stanisław Trawkowski, Gospodarka wielkiej własności cysterskiej na Dolnym Śląsku w XIII wieku [Die Wirtschaft des großen Zisterzienserbesitzes in Niederschlesien im 13. Jahrhundert]. Warszawa 1959; Marian Kutzner, Cysterska architektura na Ślasku w latach 1200–1330 [Die zisterziensische Architektur in Schlesien in den Jahren 1200–1330]. Toruń 1969; Ewa Łużyniecka, Architektura średniowiecznych klasztorów cysterskich filiacji lubiąskiej [Die Architektur der mittelalterlichen Zisterzienserklöster der Filiation Leubus]. Wrocław 1995; Dies., Architektura klasztorów cysterskich: filie lubiąskie i inne cenobia śląskie [Die Architektur der Zisterzienserklöster: die Leubuser Filialen und andere schlesische Zönobien]. Wrocław 2002. 3 Karl Schmid, Zur Problematik von Familie, Sippe und Geschlecht, Haus und Dynastie beim mittelalterlichen Adel. Vorfragen zum Thema „Adel und Herrschaft im Mittelalter“, in: Ders., Gebetsgedenken und adliges Selbstverständnis im Mittelalter. Ausgewählte Beiträge. Sigmaringen 1983, 183–244, bes. 227f. über die Bedeutung der gemeinsamen Beisetzung für das Bewusstsein der Verwandtschaftsgemeinschaft. Ausgewählte Aspekte des Funktionierens der Institution des Familienklosters behandelt Roman Michałowski, Klasztor prywatny w Niemczech IX–XII w. jako fakt religijny i społeczny. Wybrane zagadnienia [Das Privatkloster in Deutschland im 9.– 12. Jahrhundert als religiöse und soziale Tatsache. Ausgewählte Fragen], in: Jerzy Strzelczyk (Hrsg.), Niemcy – Polska w średniowieczu. Poznań 1986, 47–66. 4 Gerhard Streich, Adel, Burg und Klostergründung. Motive und Familienkonstellationen zwischen „Haus-“ und „Gedächtnisklöstern“ im hohen Mittelalter, in: Sabine Arend (Hrsg.), Vielfalt und Aktualität des Mittelalters. Festschrift für Wolfgang Petke zum 65. Geburtstag. Bielefeld 2006, 39–71.

Das Stiftungsprogramm der schlesischen Piasten

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ergebenden materiellen Vorteile betraf. In hohem Maße lieferten gerade die eng mit den Familien ihrer Stifter verbundenen Klosterkonvente Narrationsquellen, dank derer uns die Genese und die Umstände der großen politischen Karrieren neuer Dynastien von Territorialherrschern des Reiches bekannt sind; so zum Beispiel der sächsischen Welfen, der Meißener Wettiner oder der thüringischen Ludowinger.5 Und wenn auch fraglich bleibt, in welchem Grade sich die Tradition und das soziale Bewusstsein der Stifter selbst oder ihrer Nachkommen in diesen Texten widergespiegelt hat oder eher die Interessen und Meinungen der Klosterautoritäten und ihrer Milieubereiche,6 so kann die Kultivierung einer solchen Tradition in schriftlicher Form doch unzweifelhaft als eine der grundlegenden Funktionen des Familienklosters – neben der Gewährleistung eines Prestigebegräbnisses der verstorbenen Stifter und ihres liturgischen Angedenkens – angesehen werden. Es scheint, dass den eigentlichen Bezugspunkt für die Stiftungstätigkeit mitteleuropäischer Herrscher, darunter auch der Piasten, seit der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts nicht mehr der kaiserliche Hof bildete, wie in den Jahrhunderten davor7, sondern die schnell aufsteigenden Geschlechter der Grafen, Markgrafen und 5 Reinhardt Butz, Identitätsverlust durch Neuorientierung. Zum Verhältnis des Petersklosters auf dem Lauterberg zur Wettinischen Stifterfamilie im Spiegel des Chronicon Montis Sereni und der Genealogia Wettinensis, in: Thomas Zotz (Hrsg.), Fürstenhöfe und ihre Außenwelt. Aspekte gesellschaftlicher und kultureller Identität im deutschen Spätmittelalter. Würzburg 2004, 21–50; zuletzt ausführlich Stefan Pätzold, Adel – Stift – Chronik. Die Hausüberlieferung der frühen Wettiner, in: Nathalie Kruppa (Hrsg.), Adlige – Stifter – Mönche. Zum Verhältnis zwischen Klöstern und mittelaterlichem Adel. Göttingen 2007, 135–182. Stefan Tebruck, Die Reinhardsbrunner Geschichtsschreibung im Hochmittelalter. Klösterliche Traditionsbildung zwischen Fürstenhof, Kirche und Reich. Frankfurt a. M. 2001. 6 Hans Patze, Adel und Stifterchronik. Frühformen territorialer Geschichtsschreibung im hochmittelalterlichen Reich, in: Blätter für deutsche Landesgeschichte 100, 1964, 8–81 und 101, 1965, 67– 128; Thomas Hill, Stiftermemoria und Gründungsgeschichte als Argument. Zum historischen Selbstverständnis norddeutscher Klöster im Hochmittelalter, in: Thomas Hill / Dietrich W. Poeck (Hrsg.), Gemeinschaft und Geschichtsbilder im Hanseraum. Frankfurt am Main 2000, 1–25, hier 1– 4; Gerd Althoff, Anlässe zur schriftlichen Fixierung adligen Selbstverständnisses, in: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins 134, 1986, 34–46; eine Besprechung und Zusammenfassung der Hauptmotive dieser Diskussion bei Marcin R. Pauk, Mnisi – fundatorzy – pismo. Cronica Domus Sarensis na tle dziejopisarstwa klasztornego XI–XIV wieku [Mönche – Stifter – Schrift. Die Cronica Domus Sarensis vor dem Hintergrund der klösterlichen Geschichtsschreibung des 11.– 14. Jahrhunderts], in: Krzysztof Skwierczyński (Hrsg.), Christianitas Romana. Studia ofiarowane Prof. Romanowi Michałowskiemu. Warszawa 2009, 234–253. 7 Auf die Stiftungstätigkeit und Machtostentation der deutschen Kaiser des 10. und 11. Jahrhunderts als Vorbild zur Nachahmung für die ersten Piasten hat nachdrücklich verwiesen Roman Michałowski, Princeps fundator. Studium z dziejów kultury politycznej w Polsce X–XIII wieku [Princeps fundator. Studien zur Geschichte der politischen Kultur in Polen vom 10. bis 13. Jahrhundert]. Warszawa 1993, bes. 97–114; zu den kaiserlichen Kathedralstiftungen als Inspiration für die polnischen Herrscher Marcin R. Pauk, Płock i Spira – piastowska „imitatio imperii“ na przełomie XI i XII wieku? [Płock und Speyer – eine piastische „imitatio imperii“ an der Wende

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Herzöge, der neuen Territorialherrscher des Reiches. Mit den alten mitteleuropäischen Dynastien verband sie in dieser Zeit ein enges Netz familiärer Verbindungen, und die Gattinnen der Fürsten – wovon zumindest die Beispiele der Salome, der Richeza und 8 der Sophie von Berg oder der Gerberga von Babenberg zeugen9 – vermochten trotz großer Entfernungen immer enge Beziehungen mit den Klöstern ihrer Vorfahren aufrechtzuerhalten. Die Erziehung der Hedwig von Meranien im Zisterzienserinnenkloster in Kitzingen blieb mit Sicherheit nicht ohne Bedeutung bei der Wahl der Ordensgemeinschaft für das von ihr zusammen mit ihrem Gatten Heinrich dem Bärtigen gestiftete Kloster in Trebnitz. Ähnlich waren in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts die Stiftungsinitiativen der Piasten und der Přemysliden, deren Benefizienten Mendikantenorden waren, untrennbar mit der Auswirkung der persönlichen Devotion und danach der Verehrung der hl. Elisabeth von Thüringen verbunden. Den Kreis hochwohlgeborener Förderinnen der Franziskaner und Klarissen, zu dem polnische Fürstinnen gehörten – Anna von Böhmen in Schlesien, Kinga und Salome in Kleinpolen, Jolenta in Großpolen sowie Agnes in Böhmen und Margarethe in Ungarn – verbanden sehr enge Familienbande miteinander, darunter die Verwandtschaft mit der 1235 heiliggesprochenen Arpadentochter Elisabeth. Aber es muss auch erwähnt werden, dass das Geschlecht von Elisabeths Gatten, die thüringischen Ludowinger, diesen Einflüssen gegenüber weitgehend gleichgültig blieb.10 Die teilfürstliche Zersplitterung in Polen kann als lokale Verwirklichung breiterer sozialer und politischer Tendenzen jener Zeit interpretiert werden.11 Seit der Wende vom 12. zum 13. Jahrhundert ermöglichten die territorial weniger ausgedehnten piastischen Herrschaftsbereiche eine Intensivierung der fürstlichen Macht, eine Konsolidierung des Verwaltungsapparates und effektivere Abgabenabschöpfung bei den Untertanen mit Hilfe von Regalien und Fiskalverpflichtungen sowie eine Erhöhung der Profite durch Kolonisation und Landesausbau. Hinter diesen Phänomenen stand in hohem Maße eine Rezeption westeuropäischer Rechts- und Systemstandards. Bereits eine oberflächliche Betrachtung der ‚Stiftungsgeografie‘ Polens in der einsetzenden Teilfürstenzeit muss zu der Schlussfolgerung bewegen, dass sich die Zunahme religiöser

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vom 11. zum 12. Jahrhundert?], in: Agnieszka Bartoszewicz / Grzegorz Myśliwski / Jerzy Py siak / Paweł Žmudski (Hrsg.), Świat średniowiecza. Studia ofiarowane Profesorowi Henrykowi Samsonowiczowi. Warszawa 2010, 492–523. Szymon Wieczorek, Die Schenkungen Bolesławs III. und Salomeas von Berg an die Zisterzienserabtei Zwiefalten in den 1130–40er Jahren, in diesem Band 131–170. Vgl. die Schenkung für das niederösterreichische Kloster Göttweig; Codex diplomaticus et epistolaris Bohemiae, Bd. 1. Ed. Gustav Friedrich. Pragae 1904, Nr. 107. Vgl. Jürgen Petersohn, Die Ludowinger. Selbstverständnis und Memoria eines hochmittelalterlichen Reichsfürstengeschlechtes, in: Blätter für deutsche Landesgeschichte 129, 1993, 1–39. Vgl. insbesondere Sławomir Gawlas, O kształt zjednoczonego Królestwa. Niemieckie władztwo terytorialne a geneza społecznoustrojowej odrębności Polski [Um die Gestalt des vereinigten Königreiches. Die deutsche Territorialherrschaft und die Genese der sozialen und verfassungsmäßigen Eigenheit Polens]. Warszawa 1996, 72–96.

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Stiftungen nicht nur zum ökonomischen Potential und den fortgeschrittenen Prozessen der ‚Modernisierung des 13. Jahrhunderts‘ direkt proportional verhielt, sondern auch zur Skala der Auswirkung westeuropäischer Einflüsse auf die einzelnen piastischen Fürstentümer. Erstaunlich ist insbesondere die Disproportion zwischen Schlesien und Masowien, wo selbst ein so vorzüglicher und ehrgeizige politische Pläne verwirklichender Herrscher wie Konrad I. kein einziges Kloster gestiftet hat. Zu einem besseren Verständnis der ideologischen Bedeutung der piastischen Klosterstiftungen wird daher zweifellos eine Berücksichtigung des weiteren mitteleuropäischen Kontextes beitragen, dessen Darlegung einen beträchtlichen Teil des vorliegenden Beitrages ausfüllt. Denn besonders enge Beziehungen mit den Zisterziensern waren keine ausschließliche Spezifik der schlesischen Fürstendynastie.12 Es lohnt sich, nach Analogien zu suchen, die eine bessere Einordnung der geschilderten Phänomene ermöglichen, sowie nach eventuellen Inspirationsquellen für die Aktivitäten der Nachkommen Władysławs des Vertriebenen in breiteren Verwandtschafts- und Nachbarschaftskreisen. Wir folgen hier der Spur, die vor Jahren der hervorragende Biograf Heinrichs des Bärtigen, Benedykt Zientara, umrissen hat, der in seinem Panorama Mitteleuropas an der Wende vom 12. zum 13. Jahrhundert insbesondere die politische und kulturschaffende Rolle der österreichischen Babenberger, der Meißener Wettiner und der böhmischen Přemysliden gewürdigt hat.13 Wir wollen deren Aktivitäten auf dem Gebiet der Klosterstiftungen näher betrachten und dabei auch die brandenburgischen Askanier nicht unberücksichtigt lassen.

Abb. Nächste Seite: Heinrich II. der Fromme und seine Frau Anna als Stifter des Klarissenklosters in Breslau, Miniatur aus der Vita Annae, ducissae Slesie, um 1330

12 Die Frage der Verbindungen der Zisterzienser mit den Territorialherrschern im Osten des Reiches problematisierte unlängst Sebastian Brather, Klöster und Herrschaft. Zisterzienser, Siedlungsgeschichte und Landesherren östlich der Elbe, in: Ansgar Köb / Peter Riedel (Hrsg.), Emotion, Gewalt und Widerstand. Spannungsfelder zwischen geistlichen und weltlichen Leben im Mittelalter und Früher Neuzeit. München 2007, 103–126. 13 Benedykt Zientara, Heinrich der Bärtige und seine Zeit. Politik und Gesellschaft im mittelalterlichen Schlesien. München 2002, 34–41.

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Die Babenberger Die engen familiären Verbindungen des Stammvaters der schlesischen Herzöge mit dem österreichischen Geschlecht der Babenberger bewegen uns dazu, in erster Linie die Stiftungstätigkeit dieser Familie im 12. Jahrhundert als eventuelle Inspirationsquelle für die Unternehmungen ihrer polnischen Verwandten näher zu betrachten. Die Heirat Władysławs mit Agnes von Babenberg fand höchstwahrscheinlich in der ersten Hälfte der zwanziger Jahre des 12. Jahrhunderts statt.14 Es sei daran erinnert, dass die Piasten dadurch erneut in den Kreis der kaiserlichen Parentel Eingang fanden, weil die Mutter der neuen polnischen Herzogin die salische Agnes war, die Tochter Heinrichs IV. und leibliche Schwester des damals gerade regierenden Heinrichs V. Agnes’ Vater war der Markgraf von Österreich Leopold III., der Stifter zweier kirchlicher Institutionen, die für die Familientradition der Babenberger von kapitaler Bedeutung waren – eines Geschlechts, das Mitte des 12. Jahrhunderts in den Rang von Reichsfürsten aufgestiegen war. Dabei handelte es sich um das Kloster der Regularkanoniker in Klosterneuburg und die Zisterzienserabtei Heiligenkreuz. Die erste dieser Stiftungen entstand der Überlieferung der dortigen Annalen zufolge schon im Jahre 1114 als Kollegiatstift, und erst 1133 siedelte der Markgraf auf Inspiration des Salzburger Erzbischofs Eberhard I. und seiner Weihbischöfe aus Passau und Gurk dort Regularkanoniker an. Der Rang der neuen Stiftung war sehr hoch. In ihrer Nähe entstand der markgräfliche Palast, der von Herzog Leopold VI. in den 1220er Jahren zu einer ansehnlichen frühgotischen Residenz mit einer dem hl. Johannes dem Täufer geweihten Kapelle (Capella Speciosa) umgebaut wurde.15 Um Klosterneuburg als letzte Ruhestätte des 1136 verstorbenen pii marchionis Leopold III. und dessen Gattin Agnes konzentrierte sich die Familientradition der Babenberger. Besonderen Ausdruck findet dies in den Klosterneuburger Annalen, die für das Jahr 1114 eine ausführliche Narration über die Stiftungstätigkeit Leopolds sowie eine Genealogie der Familie des Markgrafen enthalten, die dessen zahlreiche Nachkommenschaft umfasst.16 Diese als Chronicon pii marchionis bezeichnete Quelle, die im Kloster unter dem Präpositen Werner (1168–1185) verfasst wurde, bewahrte die Nachricht von der piastischen Heirat der Markgrafentochter Agnes; allerdings wurde

14 Kazimierz Jasiński, Rodowód pierwszych Piastów [Der Stammbaum der ersten Piasten]. Warszawa / Wrocław o.J., 204. 15 Zuletzt ausführlich zum Thema der Stiftungstätigkeit Leopolds VI. in Klosterneuburg Ulrike Seeger, Zisterzienser und Gotikrezeption. Die Bautätigkeit des Babenbergers Leopold VI. in Lilienfeld und Klosterneuburg. München / Berlin 1997, 97–166. 16 Continuatio Claustroneoburgensis I. Ed. Wilhelm Wattenbach, in: MGH SS 9. Hannover 1851, 607–613; eine Präsentation der handschriftlichen Tradition und eine innere Kritik der Überlieferung liefert Heide Dienst, Regionalgeschichte und Gesellschaft im Hochmittelalter am Beispiel Österreichs. Wien / Köln 1990, 23–71, ebd. 228–231 eine Edition der ältesten Version der Überlieferung.

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Władysław der Vertriebene dort irrtümlich Bolesław genannt.17 Die Präpositur Klosterneuburg wurde – was zumindest von der erwähnten Quelle bezeugt wird – zum Zentrum des sich herausbildenden Kultes des Gründerpaares (der erst 1458 in Gestalt der Heiligsprechung Leopolds III. Früchte trug) sowie zur wichtigsten Nekropole der Babenberger im zweiten Viertel des 13. Jahrhunderts. Die Stiftungstätigkeit Leopolds III. charakterisierte ein anonymer Autor aus Klosterneuburg im dritten Viertel des 12. Jahrhunderts folgendermaßen: Hic est ille Liupoldus marchyo Austrie, qui cognominabatur pius – nec inmerito, instinctu enim pietatis duo claustra in marchya sua instituit. Primum et precipuum Niwenburch nomine (…) canonicis secularibus, quibus prepositum dedit supermemoratum Ottonem. Hunc etiam locum hoc modo extulit, quod sicut factum est, se uxoremque suam ibi sepeliri voluit. Secundum apud Sanctum Crucem gryseis monachys satis ut apparet magnificum; neutrum tamen morte preventus in edificiis consumare potuit. Ad perficiendum vero predia et villas utrique largissime tradidit. Tercium a progenitoribus suis constitutum, Medlych nomine, libertati donavit.18 Lassen wir hier das Kloster in Melk, der alten Residenz der Babenberger, beiseite, wo an der Wende vom 10. zum 11. Jahrhundert eine Kanonikerpräpositur gestiftet wurde, die im Jahre 1089 auf Veranlassung des Markgrafen Leopold II. dann in ein Benediktinerkloster umgewandelt wurde. Die zweite Stiftung Leopolds III. war die Zisterzienserabtei Heiligenkreuz, die 1133 als Filiale von Morimond gegründet wurde. Die Kontakte der Babenberger zum burgundischen Mutterkloster von Heiligenkreuz gestalteten sich auf Veranlassung Ottos, des Sohnes Leopolds III., des künftigen Bischofs von Freising und Chronisten, sehr eng. Im Jahre 1132 empfing er auf dem Rückweg von seinen Pariser Studien in Morimond das Zisterziensergewand und wurde sechs Jahre später dort zum Abt gewählt.19 Die aktive Rolle seines Sohnes, der die Zisterzienser nach Heiligenkreuz geholt hatte, unterstrich Leopold III. in seiner Stiftungsurkunde für das Kloster im Jahre 1136.20 Die neue Abtei wurde neben Klosterneuburg schnell zur zweiten und parallelen Nekropole der österreichischen Dynastie. Bereits 1144 fand im Kapitelsaal dieses Klosters der älteste Sohn des Markgrafen, der Herzog von Bayern Leopold IV., seine letzte Ruhestätte, und vielleicht etwas früher auch sein Bruder Ernst,21 und am Ende des 12. Jahrhunderts dann weitere männliche Nachkommen des Stifters: Herzog Leopold V. (gest. 1194) und dessen Sohn Friedrich I. (gest. 1198). Das liturgische Totengedenken 17 Den Tod von Władysław und Agnes verzeichnet auch das Klosterneuburger Nekrologium; vgl. Kazimierz Jasiński, Rodowód Piastów śląskich [Der Stammbaum der schlesischen Piasten]. Bd. 1. Wrocław 1973, 39–41. 18 Dienst, Regionalgeschichte (wie Anm. 16), 229. 19 Vgl. Karl Schnith, Otto von Freising, in: Lexikon des Mittelalters. Bd. 6. München 1993, 1582f. 20 Urkunden des Cistercienser-Stiftes Heiligenkreuz im Wiener Walde. Ed. Johann N. Weiss, in: Fontes rerum Austriacarum. Ser. II, Bd. 9/1. Wien 1856, Nr. 1. 21 Walter Koch, Zu den Babenbergergräbern in Heiligenkreuz, in: Jahrbuch für Landeskunde von Niederösterreich NF 42, 1976, 195f.

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sowie das Wohlergehen des diesseitigen Herrschaftsgebietes bildeten die Motive, die ungewöhnlich deutlich in den Diplomen betont wurden, welche die jeweiligen Vergaben der Babenberger begleiteten, und die Gedenkstiftungen an die Abtei betrafen nicht immer das Seelenheil der in Heiligenkreuz beigesetzten Familienmitglieder.22 Das Kloster wurde auch zur Ruhestätte des 1246 gefallenen letzten Herzogs von Österreich aus der Dynastie der Babenberger, Friedrichs II. des Streitbaren; seine Grabplatte befindet sich bis heute im Zentrum des klösterlichen Kapitelsaals.23 Strittig hingegen ist der Zeitpunkt der Reorganisation der Babenberger Nekropole in diesem Kapitelsaal. Bekanntlich erfolgte im 13. Jahrhundert die Überführung der sterblichen Überreste eines guten Dutzends von Mitgliedern dieses Fürstengeschlechts, welche ursprünglich in Klosterneuburg beigesetzt worden waren. Ein Teil der Forscher nimmt an, dass dies in der Regierungszeit Friedrichs II. geschehen ist, aber die Datierung der Inschriften auf den Grabsteinen für die zweite Hälfte des 13. Jahrhunderts kann zu dem Schluss bewegen, dass diese Translation in die Regierungszeit Přemysl Ottokars II. oder der ersten Habsburger fiel.24 Dies zeugt nachdrücklich davon, dass die engen Beziehungen zum Familienkloster der Babenberger von den neuen Herrschern Österreichs als Element der Legitimierung ihrer Herrschaft im Lande anerkannt wurden.25 Trotz der Existenz zweier ideologisch wichtiger Stiftungen des Markgrafen Leopolds III. verzichteten seine Nachfolger dennoch nicht auf eigene Stiftungspläne. Um 1155 gründete Herzog Heinrich Jasomirgott – der erste Erbherzog Österreichs im Sinne des so genannten privilegium minus – in Wien ein Kloster der irischen Benediktiner, die er aus dem Kloster St. Jakob in Regensburg geholt hatte.26 Diese Initiative muss ganz gewiss im Kontext der wachsenden Rolle Wiens als Hauptstadt und herzoglicher Hauptresidenz seit der Zeit Heinrichs II. verstanden werden, vielleicht aber auch als Inaugu22 Urkunden des Cistercienser-Stiftes Heiligenkreuz. Ed. Weiss (wie Anm. 20), Nr. 4, 5, 6, 7. Bezeichnend ist insbesondere die im Diplom des Herzogs Leopold V. aus dem Jahre 1177 verwendete Formulierung: optantes, ut deus et dominus omnipotens, qui devotum numquam offerentis spernit affectum, anime christianissimi patris nostri Heinrici ducis requiem et reliquis parentibus nostris regni sui concedat beatitudinem, mihi quoque ac fratri meo, simulque amplectende matri nostre, et Helene contectali mee, ac soboli nostre sanitatem tribuat ac incolomitatem, et in regendis subditis pacem pariter et tranquillitatem. 23 Friedrich Dahm, Das Grabmal Friedrichs des Streitbaren. Rekonstruktion – Typus – Stil – liturgische Funktionen. Wien 1996. 24 Ausführlich zu diesem Thema Koch, Babenbergergräber (wie Anm. 21), 193–215. 25 Aus der Zeit der ersten Habsburger stammen auch die ‚Babenberger‘ Glasfenster mit den Bildnissen der Stifter der Abtei: des Markgrafen Leopold III., seiner Gattin Agnes und ihrer sechs Söhne, die das Brunnenhaus im Kreuzgang des Klosters schmücken, vgl. Paulus Niemetz, Die Babenberger-Scheiben im Heiligenkreuzer Brunnenhaus. Mödling 1976, 16–28. 26 Zum Thema der Welle von Stiftungen iroschottischer Benediktinerklöster im 12. Jahrhundert im Reich vgl. Helmut Flachenecker, Schottenklöster. Irische Benediktinerkonvente im hochmittelalterlichen Deutschland. Paderborn 1995, bes 214–236 (zum Wiener Kloster); Jerzy Strzelczyk, Iroszkoci w kulturze średniowiecznej Europy [Die Iroschotten in der Kultur des mittelalterlichen Europa]. Warszawa 1987, 382–399.

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rationselement herzoglicher Macht.27 Bei den Wiener Benediktinern fanden der Herzog und seine Gattin Theodora ihre letzte Ruhestätte. Die zweite Zisterzienserstiftung der Babenberger – das Kloster Lilienfeld – entstand auf Initiative des Herzogs Leopold VI. in den Jahren 1202–1206 als Filiale von Heiligenkreuz. Vom hohen Rang dieser als Beisetzungsort des Fürsten geplanten Stiftung zeugt nicht nur die monumentale, frühgotische Klosterkirche, die mit bisher unerhörtem Elan zum großen Teil noch zu Lebzeiten des Stifters errichtet wurde.28 Ähnlich wie ihr Mutterkloster wurde auch die Abtei Lilienfeld zu einem Ort der Verehrung von Reliquien des Heiligen Kreuzes, die Leopold VI. vom fünften Kreuzzug mitgebracht haben soll.29 Die irdischen Überreste des in Italien gestorbenen Herzogs fanden im Jahre 1230 im nördlichen Teil des Presbyteriums der im selben Jahr geweihten Klosterkirche ihre letzte Ruhestätte.30 An die Tradition der Zisterzienserstiftungen seines Vaters und Urgroßvaters knüpfte 1243 auch der letzte der Babenberger an – Friedrich II. der Streitbare. Dieser Herzog initiierte die Gründung einer neuen Abtei, deren einzige Spur ein Eintrag in den Akten des Generalkapitels über die geplante Visitation dieses Ortes durch die Äbte von Zwettl und Velehrad ist. Als Mutterhaus dieses neuen Klosters wurde – wie vorher im Falle von Lilienfeld – wieder die Abtei Heiligenkreuz bestimmt.31 Mit dieser Stiftung sollte ein schneller Erwerb der Königskrone durch Friedrich aus der Hand von Kaiser Friedrich II. einhergehen, und geplant war auch die Stiftung eines den gesamten Herrschaftsbereich der Babenberger umfassenden Wiener Bistums. Zusätzlichen ideologischen Wert sollten die herzoglichen Initiativen durch die Translation einer Partikel der Reliquie der Heiligen Dornenkrone gewinnen, die der König von Frankreich Ludwig IX. der Heilige selbst dem österreichischen Herrscher geschenkt hatte. Ihre Aufbewahrung in Heiligenkreuz bezeugt ein Ablassprivileg von Papst Innozenz IV. aus dem Jahre 1245 für das Kloster, das jedoch an Friedrich selbst adressiert war. Es ist anzunehmen, dass die neu gestiftete Zisterzienserabtei den Zielort der Verehrung der königlichen Reliquie bilden sollte. Der plötzliche Tod des Herzogs in der Schlacht gegen die Ungarn im Jahre 1246 durchkreuzte sowohl die Krönungspläne als auch die vorbereitete Stiftung einer weiteren Zisterzienserniederlassung. Allerdings verdient dieser Zufall besondere Aufmerksamkeit wegen der Verbindung der Idee der Klosterstiftung mit der Inauguration der Königsherrschaft und der Einführung eines par excellance monarchi27 Vgl. Karl Lechner, Die Babenberger Markgrafen und Herzöge von Österreich 976–1246. Wien / Köln / Graz 1985, 245. 28 Zur Architektur des Klosters ausführlich bei Seeger, Zisterzienser (wie Anm. 15), 13–78; Jiří Kuthan, Zakladatelské dílo krále Přemysla Otakara II. v Rakousku a ve Štýrsku [Das Gründungswerk König Přemysl Ottokars II. in Österreich und der Steiermark]. Praha 1991, 105–124. 29 Vgl. Norbert Mussbacher, Das Stift Lilienfeld. Wien 1976, 19f. 30 Seeger, Zisterzienser (wie Anm. 15), 86f. 31 Zum Zusammenhang dieser Unternehmung mit den großen politischen Ambitionen dieses Herzogs vgl. Marcin R. Pauk, Królewski kult relikwii Świętej Korony Cierniowej jako ideowe spoiwo monarchii. Czechy i Austria w dobie Przemysła Otakara II [Der königliche Kult der Heiligen Dornenkrone als ideologisches Bindemittel der Monarchie. Böhmen und Österreich in der Zeit Přemysl Ottokars II.], in: Rocz. Hist. 67, 2001, 59–78, hier 68–72.

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schen Kultes der Dornenkrone Christi. Ich denke, dass direkt an die Idee Friedrichs des Streitbaren die Stiftungsinitiative seines Nachfolgers auf dem österreichischen Thron Přemysl Ottokars II. anknüpfte, die im Jahre 1263 in Gestalt der in Südböhmen situierten Abtei Sancta Corona, einer Filiale von Heiligenkreuz, verwirklicht wurde.

Die Wettiner Von besonderer Bedeutung für die Stiftungspolitik der schlesischen Piasten an der Wende vom 12. zum 13. Jahrhundert dürften die Aktivitäten der Meißener Wettiner gewesen sein.32 Ein Jahr vor der Rückkehr Bolesławs des Langen nach Schlesien und der Aufnahme von Bemühungen um die Gründung von Leubus auf Initiative des Markgrafen von Meißen, Otto I. dem Reichen, wurde das neue Zisterzienserkloster Altzelle gegründet. Die Abtei, deren erster Konvent – was im Zusammenhang mit der Leubuser Stiftung bemerkenswert ist – erst im Jahre 1175 aus Pforta eintraf, wurde letztendlich im Tal der Freiberger Mulde gegründet, nicht allzu weit entfernt von Altenburg – dem Aufenthaltsort der polnischen Exilanten.33 Dem schlesischen Herzog mussten die mit der Initiative Ottos I. verbundenen Motive und Ziele also gut bekannt gewesen sein. Dies war die erste Zisterzienserstiftung der Wettiner, die das Amt der Markgrafen von Meißen und der Sächsischen Ostmark erst in zweiter Generation bekleideten. Das Geschlecht verfügte jedoch schon viel früher über eigene Klosterstiftungen, von denen die bereits um 985 vom Meißener Markgrafen Rikdag gegründete Damenstift in Gerbstedt die älteste war. Allerdings verlor die Familie bereits in der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts die Kontrolle über diese Institution zugunsten der Bischöfe von Münster, was zweifellos den Impuls zur Gründung eines neuen Familienklosters gab.34 Die größte Bedeutung hatte ganz gewiss das Kloster der Regularkanoniker St. Petri auf dem Lauterberg (Mons Serenus), nicht weit entfernt vom Schloss Wettin.35 Gestiftet wurde es vom Oheim des Gründers von Altzelle, Graf Dedo IV., der dem Kloster eine auf 32 Die Klosterstiftungen der Wettiner charakterisierte ausführlich Stefan Pätzold, Die frühen Wettiner. Adelsfamilie und Hausüberlieferung bis 1221. Köln / Weimar / Wien 1997, 179–223; außerdem Karlheinz Blaschke, Markgraf Konrad von Meissen und die Kirche, in: Cornelia Kessler (Hrsg.), Konrad von Wettin und seine Zeit. Halle 1999, 87–96; eine gründliche Monographie widmete dieser Frage zuletzt Harald Winkel, Herrschaft und Memoria. Die Wettiner und ihre Hausklöster im Mittelalter. Leipzig 2010. 33 Ausführlicher über die Gründe dieser Verzögerung schreibt Holger Kunde, Vaterabt und Tochterkloster. Die Beziehungen zwischen den Zisterzienserklöstern Pforte und Altzelle bis zum ersten Drittel des 13. Jahrhunderts, in: Martina Schattkowsky (Hrsg.), Altzelle. Zisterzienserabtei in Mitteldeutschland und Hauskloster der Wettiner. Leipzig 2002, 55–57. 34 Umfassend über die Stiftung und die Geschicke des wettinischen Patronats über Gerbstedt Winkel, Herrschaft (wie Anm. 32), 21–51. 35 Pätzold, Frühe Wettiner (wie Anm. 32), 191–197.

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seiner Wallfahrt ins Heilige Land erworbene Reliquie vom Heiligen Kreuz schenkte. Auf dem Lauterberg wurde nicht nur die liturgische Memoria der Wettiner gepflegt, sondern auch die genealogische Erinnerung, wovon die im ersten Viertel des 13. Jahrhunderts verfassten historiografischen Werke Chronicon Montis Sereni zeugen, die die Geschichte des Klosters bis 1225 schildern, sowie die bis zum Ende des 10. Jahrhunderts zurückreichende Genealogia Wettinensis, die etwas früher als das Chronicon niedergeschrieben wurde, höchstwahrscheinlich zum Nachweis der Rechte der jüngeren Linie dieses Geschlechts auf das Amt der Markgrafen von Meißen und der Sächsischen Ostmark.36 Klostervogt wurde der Bruder des Stifters, Markgraf Konrad, der den Lauterberg zur letzten Ruhestätte für sich und seine Gattin wählte und im Jahre 1156, kurz vor seinem Tod, den weltlichen Stand verließ, um hier den Kanonikerhabit anzulegen.37 Dem Verfasser des Chronicon Montis Sereni zufolge war es der Wille des Markgrafen, dass alle seine Söhne und deren Ministerialen nach ihrem Tode auf dem Lauterberg beigesetzt werden sollten.38 Doch sollte Konrads Wunsch, der durch den Schwur seiner Söhne besiegelt wurde, nicht in Erfüllung gehen. In der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts übertraf das Zisterzienserkloster die alte Stiftung an Bedeutung. Hier ruhten die aufeinanderfolgenden Markgrafen von Meißen Otto I. (gest. 1190) und sein Sohn Albrecht (gest. 1195), was dem Kloster die Rolle einer neuen Nekropole dieser Linie der Wettiner sicherte. Die straff geführte Abtei verblieb unter strikter Kontrolle der Familie des Stifters, trotz der mit der Stiftung einhergehenden Bemühungen Friedrich Barbarossas, diese Bindungen etwas zu lockern.39 Das Motiv zur Gründung von Altzelle lag sicher im Wunsch nach Besitz einer dem Rang der den Reichsfürsten gleichgestellten Wettiner entsprechenden religiösen Stiftung, wenngleich wohl auch auf – allerdings zweitrangige – Kolonisierungsziele im südlichen, gebirgigen Grenzgebiet des Herrschaftsbereiches der Meißener Markgrafen verwiesen werden muss.40 Hervorzuheben ist, dass diese Abtei auf dem Jagdterritorium der Markgrafen entstand: Auf die Jagdrechte dort verzichtete zugunsten der Zisterzienser erst Markgraf Dietrich im Jahre 1212 aus Furcht, dass illa venatio fuit contra salutem anime nostre.41 Stefan Pätzold verwies noch auf eine weitere wichtige Motivation, 36 Die Beziehungen der Kanoniker von Lauterberg mit dem Geschlecht des Stifters in der Perspektive beider Werke präsentierte unlängst Butz, Identitätsverlust (wie Anm. 5), 21–50. 37 Chronicon Montis Sereni, Ed. Ernst Ehrenfeuchter, in: MGH SS 23. Hannover 1874, 130–226, hier 150. 38 Ebd., 150. 39 Dem diente das kaiserliche Privileg für das Kloster aus dem Jahre 1162, demzufolge prinzipiell als Abteivogt immer der jeweilige Markgraf von Meißen fungieren sollte. Dies stand im Widerspruch zum Familienpatronat der Wettiner, denn die Würde des Markgrafen hing vom Kaiser ab. Aber die Position der Wettiner als Markgrafen von Meißen war bis zum Beginn des 13. Jahrhunderts durch nichts bedroht. 40 Pätzold, Frühe Wettiner (wie Anm. 32), 202f. 41 Urkundenbuch des Zisterzienserklosters Altzelle. Bd. 1: 1162–1249. Ed. Tom Graber. Hannover 2006, Nr. 45; die Verbindungen der monarchischen Klöster in Mitteleuropa mit den Jagdrevieren

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die schon für die damaligen Zeitgenossen offensichtlich war.42 Das Vogtamt der Familienstiftung der Wettiner auf dem Lauterberg sollte auf den ältesten lebenden Vertreter der Dynastie übergehen, so dass Otto – dem Autor des Chronicon Montis Sereni zufolge nicht unbeträchtlich inspiriert durch seine Gattin Hedwig – bestrebt war, ein neues Privatkloster zu gründen, als dessen Erbvögte nur seine direkten Nachkommen fungieren sollten. Ins Spiel kam vielleicht auch noch der Konflikt mit seinem Vater. Ihre reiche Versorgung sicherte der Abtei die Position des wohlhabendsten Klosters im östlichen Grenzgebiet des Reiches.43 Aber mit der Abtei Altzelle ist die Liste der wettinischen Klosterstiftungen der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts noch nicht erschöpft. In den Annalen von Altzelle lesen wir, dass Otto Misnensis marchio Cellensem, Teodoricus Lusizensis marchio Dobrelugensem, Dedo Lusizensis marchio Cillensem, Fridericus comes de Brene Brenensem ecclesias feliciter fundaverunt.44 Diese Liste enthält eine zweite Zisterzienserabtei – das zwischen 1165 und 1185 vom Markgrafen der Sächsischen Ostmark Dietrich gestiftete Kloster Dobrilugk in der Niederlausitz.45 Das dritte der dort erwähnten Klöster war das von Graf Dedo V. von Groitzsch gegründete Haus der Regularkanoniker in Zschillen. Und die letzte dieser Institutionen – das Chorfrauenstift Brehna – gründete entgegen der Überlieferung der Annalen nicht der bereits 1181 verstorbene Graf Friedrich von Brehna, sondern seine Witwe Hedwig zwanzig Jahre nach seinem Tode. Dieser Irrtum des Chronisten ist allerdings bedeutsam, weil in seiner Überzeugung jeder der Söhne des Markgrafen Konrad I. über eine eigene Klosterstiftung verfügte. Denn weder die alte Kanonie auf dem Lauterberg noch irgendeines der erwähnten Klöster besaß jemals

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bedürfen noch einer genaueren Untersuchung. Solche Beziehungen sind auch in Böhmen erkennbar, vgl. Marcin R. Pauk, Klasztor jako zaplecze ekonomiczne władzy królewskiej w państwie ostatnich Przemyślidów [Das Kloster als ökonomischer Rückhalt der Königsherrschaft im Staat der letzten Přemysliden], in: Marek Derwich / Anna Pobóg-Lenartowicz (Hrsg.), Klasztor w państwie średniowiecznym i nowożytnym. Wrocław / Opole / Warszawa 2005, 228–231. Chronicon Montis Sereni. Ed. Ehrenfeuchter (wie Anm. 37), 162: [1189] Otto Misnensis marchio obiit 12 Kal. Marcii primusque fratrum suorum contra fidem patri datam, videlicet ut in ecclesia Sereni Montis omnes ei consepelientur, in ecclesia Cisterciensis ordinis, cuius ipse fundator fuit, que Cella dicitur, sepulturam accepit. Uxor enim eius cum aliquando in Sereno Monte hospicio fuisset recepta et inter loquendum cum fratribus, qui illi forte aderant, de advocacia ecclesie ipsius audisset, eam ad seniorem de progenie Conradi marchionis de constitucione ipsius marchionis pertinere, rediens ad maritum mirari se dixit, cur ecclesie illi tantopere prodesse conaretur, cum filii eius ius advocacie in ea habituri non essent; rectum sibi pocius videri, ut ecclesiam propriam ipse construeret, in qua tam ipsi quam heredibus suis ius dominacionis imperpetuum servaretur. Hacque occasione ecclesia Cellensis fundata est. Zur Bedeutung von Altzelle für die Wettiner im 13. und 14. Jahrhundert ausführlicher Winkel, Herrschaft (wie Anm. 32), 202–299; Brigitte Streich, Zwischen Reiseherrschaft und Residenzbildung: der wettinische Hof im späten Mittelalter. Köln / Wien 1989, 56–74. Annales Veterocellenses. Ed. Georg W. Pertz, in: MGH SS 16. Hannover 1895, 41–47, hier 42. Gertraud E. Schrage, Dobrilugk, in: Heinz-Dieter Heimann / Klaus Neitmann / Winfried Schich (Hrsg.), Brandenburgisches Klosterbuch. Handbuch der Klöster, Stifte und Kommenden bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts. Berlin 2007, 425–442.

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eine solche Bedeutung wie die Abtei Altzelle. Eine besondere Vorliebe der Wettiner für den Zisterzienserorden ist auch im 13. Jahrhundert erkennbar, insbesondere unter der Herrschaft ihres damals bedeutendsten Vertreters – des Markgrafen von Meißen und Landgrafen von Thüringen Heinrich des Erlauchten. Trotz vorübergehender Missverständnisse fand dieser Markgraf nach seinem Tod in der Abtei seine letzte Ruhestätte, in der schon vorher, sicher auf seine Initiative, neue Grabmäler des Klosterstifters, des Markgrafen Otto des Reichen, seiner Gattin Hedwig und zweier ihrer Söhne, der Markgrafen Albrecht des Stolzen und Dietrich des Bedrängten, gestiftet worden waren.46 Die etwa auf das Jahr 1270 datierte Erneuerung der wettinischen Nekropole in Altzelle bildet eine interessante Analogie zu der Friedrich dem Streitbaren und seinen Nachfolgern zugeschriebenen Reorganisation der Babenberger Grabstätten in Heiligenkreuz zur gleichen Zeit.

Die Přemysliden Die Position der Přemysliden als einheimische böhmische Dynastie, die seit dem Ende des 9. Jahrhunderts souverän über das Land herrschte, war sicher eine andere als die der oben erwähnten aristokratischen Familien des Reiches, die ihre fürstliche Stellung erst im Verlauf des 12. Jahrhunderts erreichten. Die Přemysliden hatten das Patronat über die gesamte böhmische Kirche inne, und das erste von ihnen gestiftete Kloster – die Benediktinerinnenabtei auf der Prager Burg – entstand um 970. Die jeweiligen Herrscher, angefangen von Boleslav II., dem Gründer der Benediktinerabtei Břevnov, stifteten Benediktinerklöster oder Chorherrenstifte: Oldřich das Benediktinerkloster in Sázava, Břetislav das Stift in Stará Boleslav, Spitignev das Stift in Litoměřice und 47 Vratislav II. die Benediktinerabtei in Opatovice und das Stift in Vyšehrad. Besonders die letztgenannte Institution nahm einen vom Gesichtspunkt ihrer ideologischen Funktionen wichtigen Platz ein, auch deshalb, weil sie zur dynastischen Nekropole wurde.48 46 Am umfangreichsten über dieses Thema schrieb zuletzt Heinrich Magirius, Vier Stifter-Grabplatten des 13. Jahrhunderts im Kloster Altzella, in: Sachsen und Anhalt 19, 1997, 287–325, der jedoch geneigt ist, die Initiative dieser Grabstättenstiftung den Zisterziensern selbst zuzuschreiben; ähnlich auch Winkel, Herrschaft (wie Anm. 32), 253–264; vgl. auch Streich, Reiseherrschaft (wie Anm. 43), 64–66. 47 Über die Stiftungstätigkeit der Přemysliden gibt es bis jetzt keine monografische Arbeit. Den Zisterzienserklöstern gewidmet ist die Arbeit von Kateřina Charvátova, Dĕjiny cisterckého řádu v Čechách 1142–1420 [Geschichte des Zisterzienserordens in Böhmen 1142–1420]. 2 Bde. Praha 1998–2002; mehr zum Thema der Prämonstratenser zuletzt bei Ivan Hlaváček, Die Anfänge der Prämonstratenser im hochmittelalterlichen böhmischen Staat im Kontext der damaligen Ordensgeistlichkeit, in: Irene Crusius / Helmut Flachenecker (Hrsg.), Studien zum Prämonstratenserorden. Göttingen 2003, 281–310. 48 Ausführlich charakterisiert wurden sie von Andrzej Pleszczyński, Przestrzeń i polityka. Studium rezydencji władcy wcześniejszego średniowiecza. Przykład czeskiego Wyszehradu [Raum und

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Die Stiftungstätigkeit der böhmischen Dynastie kam im 12. Jahrhundert durch einen Zeitgenossen Bolesławs des Langen in Schwung, der sogar mit ihm verwandt war. Der Herzog – und seit 1158 König – Vladislav II. war ein Schwager Władysławs des Vertriebenen, denn er hatte Gertrud, eine der Töchter des Markgrafen von Österreich Leopold III., geheiratet. Vladislavs Gründungswerk charakterisierte der Prämonstratenserabt Gerlach von Mühlhausen folgendermaßen: Sane rex Wladislaus, quoad vixit, decorem domus dei intime dilexit, et ampliavit, tum in personis religiosis, quas etiam de exteris nationibus advexit, tum et in domibus religiosis, quarum constructor claruit eximius. Eius prece ac studio duo sancti ordines, Cisterciensis videlicet et Praemonstratensis, venerunt in terram istam, quibus tamquam sole et luna irradiata est Boemia. Ipse montem Ztrahov mutavit in montem Sion, et de spelunca latronum faciens domum orationis erexit ibi talem fabricam, cui vix similis invenitur in ordine nostro. Construxit et alia ordini nostro domum in Doxan, locans ibi religiosas feminas, quas de Dunewald, Coloniensis diocesis, adduci fecerat, tertiam de Plaz griseo ordini, quartam in Teplicz religiosis item feminis regulam beati Benedicti professis, cuius ecclesie specialiter regina Juditha fundatrix exstitit, quintam in Lytomissl.49 Der hier präsentierten Liste von fünf Klöstern muss noch die Mitbeteiligung an der Stiftung des Benediktiner(später Prämonstratenser-)klosters in Želiv sowie der Johanniterkommende in Prag hinzugefügt werden. Die wichtigste Rolle maß König Vladislav gewiss der Kanonie in Strahov bei, in der seine eigens aus Deutschland überführten sterblichen Überreste beigesetzt wurden.50 Und obwohl auch die Zisterzienserabtei in Plasy eine monarchische Stiftung war,51 zeichnete sich dieser Orden damals noch nicht durch besondere Beziehungen zur Dynastie aus. Erst unter Vladislavs Nachfolgern bekamen die Verbindungen der Zisterzienser mit den Přemysliden einen besonderen Charakter, und als Wegbereiter dieser Verbindungen ist wohl der Markgraf von Mähren Vladislav Heinrich anzusehen, der im Jahre 1204 die Abtei in Velehrad gründete und sich nach seinem Tode auch dort beisetzen ließ. Bemerkenswert ist, dass dies die erste Beisetzung eines Politik. Eine Studie über die Herrscherresidenzen des Frühmittelalters am Beispiel des böhmischen Vyšehrad]. Lublin 2000. 49 Gerlaci abbatis Milovicensis annales. Ed. Josef Emler, in: Fontes rerum Bohemicarum. Bd. 2. Prag 1875, 467. 50 Ebd., 464. 51 Die Bedeutung von Plasy, einer Filiale des fränkischen Langheim, als Mutterkloster der meisten monarchischen Zisterzienserstiftungen (Velehrad, Sancta Corona seit 1281, Thronus Regis) sowie als königliche Residenz wuchs sicherlich erst nach der Mitte des 13. Jahrhunderts, vgl. Charvátova, Dĕjiny cisterckého (wie Anm. 47), 173–176; Marcin R. Pauk, Fundacje cysterskie ostatnich Przemyślidów. Przyczynek do badań nad ideologią władzy i kulturą polityczną w XIII–wiecznych Czechach [Die Zisterzienserstiftungen der letzten Přemysliden. Ein Beitrag zur Erforschung der Herrschaftsideologie und politischen Kultur im 13. Jahrhundert in Böhmen], in: Jerzy Pysiak / Henryk Samsonowicz / Aneta Pieniądz-Skrzypczak u. a. (Hrsg.), Monarchia w średniowieczu. Władza nad ludźmi, władza nad terytorium. Warszawa / Kraków 2002, 287–319, bes. 291–293.

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Vertreters der Přemyslidendynastie in einer Zisterzienserabtei war. Diese Stiftung kann vielleicht auch als eine Art Manifestation der ideologischen Souveränität des Markgrafen gegenüber seinem königlichen Bruder Přemysl Ottokar I. interpretiert werden, zugunsten dessen er einige Jahre zuvor auf den böhmischen Thron verzichtet hatte. Aber da Vladislav Heinrich kinderlos starb, hatte die Abtei Velehrad keine Chance, zur Familiennekropole der Markgrafen von Mähren zu werden.52 Das böhmische Beispiel beweist nachdrücklich, dass die für viele im 12. Jahrhundert herrschende Geschlechter typische Vorliebe für Klöster der Mendikantenorden, die im zweiten Viertel des 13. Jahrhunderts sogar teilweise die Funktion monarchischer Nekropolen übernahmen, keineswegs mit einer Schmälerung der ideologischen Rolle der bereits existierenden und der neu gestifteten Zisterzienserklöster einherging. Besonderen Rang genoss das auf Veranlassung der hl. Agnes, der Schwester Wenzels I., gegründete Kloster der Franziskaner und Klarissen in Prag vor allem während der Regierungszeit dieses Herrschers. Im Jahre 1249 vollzog er gerade hier, in der Franziskuskirche, eine spezielle Wiederholung seiner Krönung als symbolische Restitution seiner Herrschaft nach der Niederschlagung der Rebellion von Prinz Přemysl,53 und vier Jahre später wurden seine sterblichen Überreste hier zur ewigen Ruhe beigesetzt. Aber eigentlich trägt erst die Stiftungstätigkeit der drei letzten Přemysliden – Přemysl Ottokar II., Wenzel II. und Wenzel III. – alle Züge eines konsequenten, sorgfältig geplanten und von Generation zu Generation kultivierten ideologischen Programms.54 Neue Zisterzienserstiftungen wurden in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts zum festen Bestandteil der Inauguration königlicher Herschaft. Im Falle von Přemysl Ottokar II. und Wenzel II. erfolgte ihre Krönung mit großer Verspätung gegenüber dem tatsächlichen Zeitpunkt der Regierungsübernahme (und Wenzel III. schaffte es überhaupt nicht, sie zu vollziehen), was eine günstige Möglichkeit zur Vorbereitung einer ansehnlichen Klosterstiftung bot. Bereits im Jahre 1259 bemühte sich Přemysl Ottokar II. auf dem Generalkapitel um eine neue Zisterzienserstiftung in Südböhmen, deren Mutterkloster das österreichische Heiligenkreuz wurde. Das war 52 Miloslav Pojsl, Příchod cisterciáku na Moravu a počátek velehradského kláštera [Die Ankunft der Zisterzienser in Mähren und der Anfang des Klosters Velehrad], in: Miloslav Pojsl (Hrsg.), Cisterciáci na Moravě. Sborník k 800. Výročí příchodu cisterciáku na Moravu a počátek Velehradu. Olomouc 2006; Martin Wihoda, Vladislav Jindřich [Vladislav Heinrich]. Brno 2007, 262–266; über Velehrad als geplantes Familienkloster der mährischen Markgrafen auch Tomáš Borovský, Kláštery, panovník a zakladatelé na středovĕké Moravĕ [Klöster, Herrscher und Gründer im mittelalterlichen Mähren]. Brno 2005, 30. 53 Přibĕhy krále Václava I [Geschichte König Wenzels I.]. Ed. Josef Emler, in: Fontes rerum Bohemicarum. Bd. 2. Praha 1875, 306f.: ipso die omnibus indutus ornamentis regalibus ad ecclesiam sancti Francisci venit, et coronam regalem per manus episcoporum, Pragensis videlicet et Olomucensis, capiti suo impositam suscepit, et sic clamide regali indutus ac pomum et sceptrum in manibus gestando, sacra missarum solemnia ecclesiam intravit auditurus. 54 Dazu ausführlicher Pauk, Fundacje cysterskie (wie Anm. 51), 287–319.

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eine deutliche Anknüpfung an die Babenberger Tradition, die die Regierung des böhmischen Herrschers als Erben Friedrichs des Streitbaren legitimieren sollte. Anscheinend knüpfte Přemysl damit direkt an die weiter oben charakterisierten Stiftungspläne des letzten Babenbergers an. Das neue Kloster, genannt ‚Sancta Corona‘, wurde zu einem Zentrum der Verehrung einer Reliquie der Dornenkrone, die Přemysl direkt vom französischen König Ludwig dem Heiligen erworben hatte. Der erste Konvent erreichte diesen Ort im Jahre 1263, zwei Jahre nach der Krönung Přemysls zum König. Nicht auszuschließen ist auch der Votivaspekt dieser Stiftung, die im Augenblick der größten politischen Machtentfaltung des Přemysliden nach seinem Sieg über die Ungarn erfolgte, denen er die Steiermark abgenommen hatte. In den Vordergrund rückte jedoch der neue königliche Kult der Christusreliquie, welche in einer freistehenden, einstöckigen Kapelle untergebracht wurde, als deren Vorbild sicher die Pariser Sainte Chapelle diente.55 Der Brauch, als Bestandteil der mit der Krönung im Zusammenhang stehenden Aktivitäten eine königliche Abtei zu gründen, mit dem Ziel – hier folgen wir der Interpretation von Roman Michałowski –, vor Gott und den Untertanen seine sittliche Eignung zur Ausübung der Herrschaft zu beweisen, wurde von beiden Nachfolgern Přemysl Ottokars II. übernommen.56 Sein Sohn Wenzel II. unterhielt seit Beginn der letzten Dekade des 13. Jahrhunderts ungewöhnlich enge Beziehungen mit den Zisterziensern. Um 1291 fasste er den Entschluss, ein neues Zisterzienserkloster zu stiften, das letztendlich in Zbraslav (Königsaal) angesiedelt wurde, nicht weit entfernt von Prag, auf dem Territorium des monarchischen Jagdreviers. Dass der Herrscher selbst der Abtei den Namen ‚Aula Regia‘ verlieh, unterstrich noch zusätzlich die Verbindung der neuen Stiftung mit der monarchischen Ideologie. Der erste Konvent erreichte diesen Ort bereits im Jahre 1292 aus Sedlec, aber der eigentliche Stiftungsakt wurde mit der Zeremonie der Königsweihe Wenzels II. im Jahre 1297 verbunden. Am Tag nach seiner Krönung kam der Monarch in Begleitung der Bischöfe und des böhmischen Adels nach Zbraslav, um am Bau der Klosterkirche eigenhändig den mit den Namen Christi bezeichneten Grundstein zu legen. Die ungewöhnlich engen Beziehungen des Königs zu den Zisterziensern bewirkten, dass diese nicht nur auf die Gestaltung der geistigen Haltung des Herrschers Einfluss gewannen, sondern auch auf seine Politik, denn die Äbte von Sedlec und Zbraslav gehörten zum engsten Beraterkreis des Königs.57 Das vom Abt Otto gezeichnete historiografische Porträt des Königs, das hagiografische Züge trägt, füllt einen bedeutsamen Teil des ersten Buches der Chronik von Zbraslav aus und stellt ein unersetzliches Zeugnis des hinter der Stiftung des Klosters stehenden 55 Pauk, Królewski kult (wie Anm. 31), 64f. 56 Michałowski, Princeps fundator (wie Anm. 7), 163f. 57 Marie Bláhová, Cisterciáci ve službách české politiky za posledních Přemyslovců a při nástupu Lucemburků [Die Zisterzienser im Dienst der böhmischen Politik unter den letzten Přemysliden und beim Eintritt der Luxemburger], in: Marek Derwich / Anna Pobóg-Lenartowicz (Hrsg.), Klasztor w społeczeństwie średniowiecznym i nowożytnym. Opole / Wrocław 1996, 363–368.

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ideologischen Programms dar. Aula Regia wurde mit dem Gedanken an die Schaffung einer neuen königlichen Nekropole gegründet. Schon in den Jahren 1294 bis 1296 fanden in einer der Klosterkapellen die frühzeitig verstorbenen Kinder Wenzels II. ihre letzte Ruhestätte und 1305 dann auch er selbst. Das Grabmal des Herrschers stand an der Kreuzung von Hauptschiff und Transept, an einem in der Regel für den Stifter reservierten Ort, so dass die Klosterkirche zu einem Mausoleum der letzten Vertreter dieser Dynastie wurde. Im Jahre 1336 wurden hier die aus Olmütz überführten sterblichen Überreste des Königs Wenzel III. Beigesetzt, und vier Jahre später dann auch die letzte Vertreterin der alten Dynastie – Königin Elisabeth. In der Abtei befand sich – wie wir einer Erwähnung in der Chronik von Zbraslav entnehmen können – eine Sammlung nicht näher bestimmter Reliquien. Wir wissen nur, dass Wenzel II., bevor er im Jahre 1292 gegen Polen zog, dort ein wertvolles Reliquiarkreuz als Votum niederlegte, das höchstwahrscheinlich eine Partikel des Heiligen Kreuzes enthielt.58 Die Serie der přemyslidischen ‚Krönungsklöster‘ beschließt die nie verwirklichte Stiftung der Abtei Thronus Regis, die von Wenzel III. geplant war, obwohl diese Absicht selbst vielleicht noch zu Lebzeiten seines Vaters entstanden war. Ihre einzige Spur bildet das im Mai 1306 ausgestellte imposante königliche Stiftungsdiplom. Diese neue Abtei sollte eine Filiale des Klosters in Plasy sein, und ihre Lokalisierung im schwach besiedelten östlichen Grenzgebiet Mährens suggeriert, dass die Entscheidung über ihren Bau noch während der kurzen Regierungszeit Wenzels III. in Ungarn (1301–1305) gefallen sein könnte. Aber der gewaltsame Tod des jungen Königs im Jahre 1306 durchkreuzte diese Stiftungspläne gründlich.59 Die traditionellen Verbindungen der Přemysliden mit den Zisterziensern wurden jedoch von den beiden weiblichen Erbinnen der dynastischen Tradition fortgesetzt – nicht ohne ein deutliches Element der Rivalität: von Königin Elisabeth, Wenzels Tochter, der Gattin Johanns von Luxemburg und großen Gönnerin des Klosters in Zbraslav, und ihrer gehassten Rivalin und Stiefmutter Elisabeth Richza, der Witwe Wenzels II. Letztere gründete in Brünn sogar das Zisterzienserinnenkloster Aula Sanctae Mariae, dessen Name an die Stiftung ihres Gatten in Zbraslav anknüpfte. Erwähnenswert ist auch die Tatsache, dass die přemyslidische Idee einer Krönungsstiftung auch in den Aktivitäten Karls IV. ihre Fortsetzung fand. Im September 1347, am Tag nach der Zeremonie seiner Krönung zum König von Böhmen, vollzog Karl die feierliche Gründung eines Karmeliterklosters vor dem Altstadttor St. Gallus, d. h. auf dem Territorium der künftigen Neustadt.60 58 Dieses Kreuz nahm Wenzel III. aus der Abtei mit, als er im Jahre 1306 einen Kriegszug nach Kleinpolen plante, was wohl auf den Glauben verweist, dass die Anwesenheit von Reliquien auch diesmal zum Sieg über Władysław Ellenlang beitragen konnte; siehe Chronicon Aulae Regiae. Ed. Josef Emler, in: Fontes rerum Bohemicarum. Bd. 3. Prag 1884, 108. 59 Pauk, Fundacje cysterskie (wie Anm. 51), 304–307. 60 Marie Bláhová, Klášterní fundace Karla IV. [Die Klostergründungen Karls IV.], in: Klára Benešovská / Kateřina Kubínová (Hrsg.), Emauzy. Benediktinský klášter Na Slovanech v srdci Prahy. Praha 2007, 20f.

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Die Askanier Auch die politischen Aspirationen der Brandenburger Markgrafen aus der Dynastie der Askanier fanden ihren Ausdruck u. a. in Klosterstiftungen. Im Jahre 1123 wandelten Graf Otto von Ballenstedt und sein Sohn Albrecht das auf Schloss Ballenstedt existierende Kollegiatstift in ein Benediktinerkloster um. Ersteres war schon 1046 auf Initiative des Grafen Esico entstanden, der als Stammvater dieses Geschlechts gilt. Die Lokalisierung eines Kanonikerkollegiums im Bereich einer als Adelsresidenz dienenden älteren Wehrburg war zur damaligen Zeit im Reich eine durchaus typische Erscheinung. Die Stiftung der Abtei in Ballenstedt – die den größten Teil des 12. Jahrhunderts hindurch als ‚Hauskloster‘ und Begräbnisstätte der Askanier fungierte, höchstwahrscheinlich auch für Albrecht den Bären selbst – fiel zeitlich mit dem Erwerb der Würde eines Markgrafen der Sächsischen Ostmark durch letzteren zusammen (1125).61 Ihre Position als Familienkloster verlor die Abtei Ballenstedt in den achtziger Jahren des 12. Jahrhunderts zugunsten der Zisterzienserstiftung des Markgrafen Otto I. in Lehnin.62 Die Lokalisierung dieses Klosters im ostelbischen Teil des askanischen Territoriums illustriert nachdrücklich eine in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts erfolgte Verschiebung der Interessengebiete der Askanier in Richtung Osten. Die Aufgabe der Zisterzienser bestand aber nicht nur in der Durchführung der Kolonisation slawischer Gebiete und im Schutz der territorialen Interessen der Askanier in der Zauche-Region vor damit konkurrierenden Siedlungsaktionen der Grafen von Belzig, was insbesondere in der älteren Literatur hervorgehoben wurde.63 Diese Abtei wurde bald auch zum ideologischen Zentrum des Herrschaftsbereichs der Markgrafen. Die außerordentlich engen Beziehungen zwischen dem Askanierhaus und dem Kloster, die sich direkt auf den ökonomischen Wohlstand des letzteren auswirkten, dauerten bis zum Aussterben der brandenburgischen Linie dieses Geschlechts im Jahre 1320. Die Äbte von Lehnin traten als Zeugen in Urkunden in Erscheinung und spielten auch als Berater und Diplomaten im Dienste der Markgrafen eine wichtige politische Rolle. Das Kloster selbst erfüllte die Funktion eines liturgischen Memorialzentrums und der Hauptnekropole dieses Geschlechts – in seinen Mauern fanden bis zum erwähnten Jahr 1320 nicht

61 Gerlinde Schlenker, Die Klöster in Anhalt unter besonderer Berücksichtigung des Klosters Ballenstedt, in: Cornelia Kessler (Hrsg.), Die frühen Askanier. Protokoll der wissenschaftlichen Konferenz zur politischen und territorialen Herrschaftsgeschichte sowie den sozialen und kulturhistorischen Aspekten der frühen Askanier-Zeit am 19.–20. Mai 2000 in Aschersleben / Ballenstedt und am 25.05.2002 in Bernburg. Halle 2003, 141–161. 62 Am ausführlichsten über dieses Kloster Stephan Warnatsch, Lehnin, in: Heimann / Neitmann / Schich, Brandenburgisches Klosterbuch (wie Anm. 45), 764–803. 63 Helmut Assing, Neue Überlegungen zur ursprüngliche Funktion des Klosters Lehnin, in: Ders., Brandenburg, Anhalt und Thüringen im Mittelalter. Askanier und Ludowinger beim Aufbau fürstlicher Territorialherrschaften. Köln / Weimar / Wien 1997, 31–61.

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weniger als 13 oder 14 Mitglieder dieser Dynastie mit dem Stifter an der Spitze ihre letzte Ruhestätte.64 Eine zweite ideologisch wichtige Zisterzienserstiftung östlich der Elbe wurde um 1255 von Markgraf Johann I. initiiert. Der aus Lehnin stammende Konvent siedelte ursprünglich auf einer Insel des Mariensees, aber ein gutes Dutzend Jahre später erfolgte seine Verlegung nach Chorin.65 Die sich hinter der neuen Stiftung verbergenden Motive wurden gewöhnlich aus den politischen Gegebenheiten abgeleitet – im Jahre 1258 vollzogen die Markgrafen Otto III. und Johann I., die bisher gemeinsam regiert hatten, eine Teilung des Herrschaftsbereichs der Askanier. Die Abtei Lehnin verblieb unter der Herrschaft der ottonischen Linie dieses Geschlechts, während Mariensee die Funktion eines Familienklosters für die johanneische Linie erfüllen sollte. Die Petition Johanns I., die das Generalkapitel bereits 1255 erreichte, ging der erwähnten Teilung jedoch voraus, was es erschwert, die neue Stiftung als einen Akt der Inauguration einer selbständigen Markgrafenherrschaft anzusehen. Umso wesentlicher erscheint jedoch die endgültig 1272 erfolgte Verlegung der Abtei nach Chorin.66 Im Akt einer de facto wiederholten Klosterstiftung spielten die Söhne Johanns I. – Otto IV. mit dem Pfeil, Johann II. und Konrad – eine entscheidende Rolle, und das Motiv der Verlegung bildeten nicht nur okönomische und verkehrsbedingte Gründe. Die neue Lokalisierung war auch im Hinblick auf die materiellen und ideologischen Interessen der Markgrafen günstiger. Auch die architektonische Gestaltung profitierte davon, die – im Gegensatz zu Mariensee – direkt an das ältere Familienkloster Lehnin anknüpfte. Auch die Filialbindungen beider Zisterzienserhäuser wurden aufrechterhalten. Für die Söhne Johanns I. wurde Chorin auf analoge Weise zum ideologischen Zentrum ihres Herrschaftsbereiches, wie es die alte Stiftung Ottos I. für die ottonische Linie blieb, und die dortigen Äbte spielten eine große politische Rolle im Dienste der Markgrafen. Initiiert wurde die Sepulkralfunktion der Abtei durch die Beisetzung des Stifters Johanns I. (gest. 1267), dessen sterbliche Überreste bald von Mariensee überführt wurden; neben ihm fanden bis 1319 dann noch sechs weitere Mitglieder der johanneischen Linie der Askanier ihre letzte Ruhestätte.67 Im Kontext der ideologischen Funktionen der Zisterzienserklöster in Lehnin und Chorin für die Familie ihrer Stifter wird auch ihre Architektur interpretiert, die sich diesbezüglich von den typischen Grundsätzen des Ordens des hl. Bernhard in der damaligen Zeit unterschied. Die Konventualkirche in Lehnin erreichte im Verlauf ihrer mehrere Jahrzehnte dauernden Baugeschichte die Form einer monumentalen Transeptbasilika mit polygonal geschlossenem Presbyterium, für die Analogien eher in der 64 Warnatsch, Lehnin (wie Anm. 62), 781. 65 Christian Gahlbeck, Mariensee, in: Heimann / Neitmann / Schich, Brandenburgisches Klosterbuch (wie Anm. 45), 850–857. 66 Gertraud Schrage / Christian Gahlbeck, Chorin, in: Heimann / Neitmann / Schich, Brandenburgisches Klosterbuch (wie Anm. 45), 329–359. 67 Ebd., 341.

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Architektur französischer Kathedralen zu erkennen sind.68 Eine ebenfalls monumentale elfjochige Transeptbasilika, als genaue Nachahmung jener in Lehnin, entstand im letzten Viertel des 13. Jahrhunderts in Chorin. Ein in Zisterzienserklöstern selten angetroffenes Element bildet hier die Empore im Westteil der Klosterkirche, stilisiert als massives, dreitürmiges Westwerk. Man nimmt an, dass diese Partien der Choriner Basilika und auch der sogenannte Fürstensaal, sicher ein Teil der aus dem 13. Jahrhundert stammenden herzoglichen Residenz am Kloster, in der Herrschaftszeit Markgraf Ottos IV. mit dem Pfeil sowie unter seinem direkten Patronat entstanden sind.69 Die letzte askanische Zisterzienserstiftung war das vom Markgrafen Albrecht III. im Jahre 1299 gegründete Kloster Himmelpfort (Porta Coeli). Die Umstände der Stiftung dieser Abtei sind ebenso bedeutsam wie im Falle von Chorin. Aus einer unbekannten brandenburgischen Chronik, deren Fragment Přibík von Radenín, genannt Pulkava, im 14. Jahrhundert seinem Werk eingefügt hat, wissen wir, dass Albrecht seinen Teil aus dem Erbe des ottonischen Zweiges der Familie absonderte, den er früher mit den Brüdern Otto V. und Otto VI. verwaltet hatte. Der Markgraf zeichnete sich durch außerordentliche Freigiebigkeit gegenüber der Kirche aus – er war der Gründer des Zisterzienserinnenklosters in Mansee, des Kollegiatstifts in Soldin (Myślibórz) und vor allem der neuen Zisterzienserabtei Coeli Porta.70 Diese Unternehmung Albrechts kann als Fortsetzung des askanischen Brauchs angesehen werden, dem zufolge mit der Abtrennung eines besonderen Teils des Herrschaftsgebietes die Gründung eines weiteren Zisterzienserklosters einherging. Auch in diesem Falle fungierte als Mutterkloster des neuen Konvents die Abtei Lehnin, und eine aktive Rolle bei der Gründung von Himmelpfort spielte der dortige Abt Johann von Beelitz. Der Markgraf konnte sein Werk nicht zu Ende führen, da er im Jahre 1300 starb und in Lehnin beigesetzt wurde. Aber seine sterblichen Überreste wurden nach einer gewissen Zeit nach Himmelpfort überführt. Die engen Kontakte mit dem Zisterzienserorden übten einen starken Einfluss auf die individuelle Religiosität der Familienmitglieder aus. Der erwähnte Chronist notierte, dass der Stifter der Abteien Himmelpfort und Mansee nach dem Tode seiner Gattin ein mönchsähnliches Leben führte, und sein Bruder Otto VI. wählte nach einem kurzen Aufenthalt im Templerorden das Zisterziensergewand in Lehnin.71 68 Ernst Badstübner, Besonderheiten der Zisterzienser-Architektur in der Mark Brandenburg – Lehnin und Chorin, in: Jerzy Strzelczyk (Hrsg.), Cystersi w kulturze średniowiecznej Europy. Poznań 1992, 197–211; Stephan Warnatsch, Res Lehninenses I. Neue Überlegungen zum vermeintlichen ‚alten Abtshaus‘ und dem Problem einer möglichen Herrscherempore, in: Dirk Schumann (Hrsg.), Architektur im weltlichen Kontext. Berlin 2001, 236–249. 69 Dirk Schumann, Otto IV. und der Westgiebel von Chorin, in: Oliver H. Schmidt / Heike Frenzel / Dieter Pötschke (Hrsg.), Spiritualität und Herrschaft. Berlin 1998, 86–99. 70 Przibikonis de Radenyn dicti Pulkava Chronicon Bohemiae. Ed. Josef Emler / Jan Gebauer, in: Fontes rerum Bohemicarum. Bd. 5. Praha 1893, 167. 71 Ebd., 167.

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Die Piasten Die Betrachtung der Klosterstiftungen der Piasten in der zweiten Hälfte des 12. und im 13. Jahrhundert durch das Prisma der Stiftungstätigkeit anderer europäischer Dynastien und besonders ihrer deutschen Verwandten legt die Vermutung nahe, dass wir es mit einer ausdrücklichen Nachahmung der Institution des dynastischen ‚Hausklosters‘ zu tun haben. Aus dieser Perspektive hat unlängst Magdalena Żurek die Funktion der Benediktinerabtei in Lubiń für die Familie Mieszkos III. des Alten untersucht und die historischen Befunde durch eine archäologische Exploration vermutlich dynastischer Grabstätten in der Abteikirche gestützt.72 Auf das letzte Viertel des 12. Jahrhunderts datiert wird der Ausbau des Westmassivs der dortigen Klosterkirche zur Gestalt eines Turmes, der eine Empore und eine Kapelle im Erdgeschoss enthielt. In der darauffolgenden Phase entstand eine zweite Kapelle, die von Norden an das Presbyterium anschloss. In beiden stieß man auf Grabstätten, die als piastisch identifiziert wurden: In der Kapelle unter der Empore ruht vielleicht Bolesław, der 1195 an der Mozgawa gefallene Sohn Mieszkos des Alten, und in der Kapelle am Presbyterium höchstwahrscheinlich sein Bruder Władysław Dünnbein.73 Im polnischen Maßstab einzigartige Zeugnisse des Vollzugs der Liturgie für die lebenden und toten Mitglieder des Herrschergeschlechts liefern die Verbrüderungsbücher und das Nekrologium der Abtei. Die ideologische Bedeutung Lubińs für die großpolnischen Piasten konnte sich aus der Tatsache ergeben, dass Bolesław III. Schiefmund diese Stiftung gegründet hatte, als dessen Rechtsnachfolger als Senior der Dynastie sich Mieszko III. der Alte auch nach dem schmerzlichen Verlust des Krakauer Thrones empfand.74 Ruhm erwarb sich Mieszko der Alte – wovon zumindest eine Notiz in der Großpolnischen Chronik zeugt – auch durch die Stiftung der Zisterzienserabtei in Ląd und des Kollegiatstifts in Kalisch, in dem er schließlich auch selbst seine letzte Ruhestätte fand.75 72 Vgl. Magda Żurek, Patronat rodziny Mieszka III Starego nad klasztorem benedyktyńskim w Lubiniu [Das Patronat der Familie Mieszkos III. des Alten über das Benediktinerkloster in Lubin], in: Derwich / Pobóg-Lenartowicz, Klasztor (wie Anm. 57), 347–354. 73 Magda Żurek, Próba identyfikacji grobu w zachodniej części kościoła pw. narodzenia NMP w Lubiniu [Versuch einer Identifikation des Grabes im Westteil der Kirche Mariä Geburt in Lubiń], in: Marek Derwich (Hrsg.), Śmierć w dawnej Europie. Wrocław 1997, 123–130; zum Thema der vermuteten Grabstätte von Władysław Dünnbein vgl. die Arbeiten von Michał Kara, Maciej Przybył und Ryszard Kabaciński, in: Zofia Kurnatowska (Hrsg.), Opactwo benedyktynów w Lubiniu. Pierwsze wieki istnienia [Die Benediktinerabtei in Lubiń. Die ersten Jahrhunderte ihres Bestehens]. Poznań 1996. 74 Zu den beiden Stiftungen des Klosters vgl. Marek Derwich, Fundacja lubińska na tle rozwoju monastycyzmu benedyktyńskiego w Polsce (XI–XII wieku) [Die Lubińer Stiftung vor dem Hintergrund der Entwicklung des benediktinischen Monastizismus in Polen (11.–12. Jahrhundert)], in: Opactwo benedyktynów w Lubiniu (wie Anm. 73), 16–23, hier 16f.; es ist nicht auszuschließen, dass man sich in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts noch über den Zusammenhang zwischen der ersten Stiftung der Abtei und der Krönung Bolesławs des Kühnen im klaren war. 75 Chronica Poloniae Maioris, Ed. Brygida Kürbis, in: MPH NS. Bd. 8. Warszawa 1970, 55: Hic

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Aus der von Kazimierz Jasiński erstellten Liste der Orte piastischer Grabstätten geht eindeutig hervor, dass als Nekropolen – außer dem unsicheren Fall der Sepultur Bolesławs II. des Kühnen und seines Sohnes Mieszko – bis zur zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts eindeutig die Kathedralkirchen in Posen und in Płock dominierten.76 Daher muss hervorgehoben werden, dass die ersten schlesischen und großpolnischen Piasten die Tradition der Klostergrabstätten initiiert haben, die im darauffolgenden Jahrhundert dann den allgemein angenommenen Standard bildete.77 Ich neige dazu, dies unmittelbar mit der Rezeption oder geradezu Transplantation des im Reich entwickelten Modells des Familienklosters in Zusammenhang zu bringen. Somit können wir die Feststellung riskieren, dass die von Bolesław dem Langen im Jahre 1163 anstelle des schon viel früher existierenden Benediktinerklosters gestiftete Abtei Leubus78 zum ersten dynastischen Kloster in Polen im westeuropäischen Sinne dieses Wortes wurde.79 Wie dies schon vor Jahren Kazimierz Jasiński hervorgehoben hat, bildete Leubus in seiner Sepulkralfunktion eine direkte Fortsetzung seines thüringischen Mutterklosters Pforta, wo die vor 1163 verstorbenen weiblichen Mitglieder der Familie Władysławs des Vertriebenen ruhten: seine Gattin Agnes und sicher seine Schwiegertochter Zwinisława, und außerdem sein Enkel Jan, der minderjährige Sohn Bolesławs des Langen.80

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anno domini MCXLVo abbaciam Lendensem ordinis Cisterciensis fundavit (…) et de bonis suis sufficenter dotavit. In Kalisz vero ecclesiam in honorem sancti Pauli de lapidibus dolatis fundavit et construxit, in qua preposituram et aliquot prebendas instituit et dotavit. Ecclesie quoque Gneznensi partem extremam de plumbo tegere fecit; am ausführlichsten zu diesem Thema zuletzt Tomasz Ginter, Działalność fundacyjna księcia Mieszka III Starego [Die Stiftungstätigkeit Herzog Mieszkos III. des Alten]. Kraków 2008; Ders., Das Zisterzienserkloster Ląd und die politischen Intentionen der Stiftungen Herzog Mieszkos III. des Alten, in diesem Band 371–393. Jasiński, Rodowód (wie Anm. 14), 280f. Bemerkenswert ist, dass z. B. bei den Přemysliden die Situation eine andere war, weil die Funktion der dynastischen Nekropole schon im 10. Jahrhundert vom Benediktinerinnenkloster St. Georg auf der Prager Burg erfüllt wurde, das streng nach dem Vorbild der luidolfingischen ‚Hausklöster‘ organisiert war, d. h. nach dem Vorbild von Quedlinburg und Gandersheim. Seine erste Äbtissin war Mlada Maria, die Tochter Boleslavs I., und die Tradition der Wahl der Äbtissinen aus dem Kreis der Dynastie war insbesondere im 13. Jahrhundert lebendig, als das Kloster von Agnes, der Tochter von Vladislav II. (1200–1228), und Kunigunde, der Tochter Přemysl Ottokars II. (1296–1321), regiert wurde. Vgl. Joanna A. Sobiesiak, Bolesław II Przemyślida († 999). Dynasta i jego państwo [Boleslav II. der Přemyslide († 999). Der Dynast und sein Staat]. Kraków 2006, 23f.; Grzegorz Pac, Die Anfänge des Frauenmonastizismus in Polen und Böhmen. Übernahme oder Nachahmung sächsisch-bayrischer Vorbilder?, in diesem Band 109–130. Hierzu Waldemar Könighaus, Die Zisterzienserabtei Leubus in Schlesien von ihrer Gründung bis zum Ende des 15. Jahrhunderts. Wiesbaden 2004, 15–22. Stark unterstrichen wurde dies unlängst insbesondere von Könighaus, Zisterzienserabtei Leubus (wie Anm. 78), 305: „Die Abtei Leubus war eine rein dynastische Gründung. (…) Damit trägt Leubus alle Merkmale eines Hausklosters der schlesischen Piasten.“ Vgl. Jasiński, Rodowód (wie Anm. 17), Bd. 1, 41f.; ähnlich Josef Joachim Menzel, Die schlesischen Lokationsurkunden des 13. Jahrhunderts. Studien zum Urkundenwesen, zur Siedlungs-, Rechts- und Wirtschaftgeschichte einer ostdeutschen Landschaft im Mittelalter. Würzburg 1977,

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Das bereits im Jahre 1163 und somit gleich nach der Rückkehr des Herzogs in seine Heimat begonnene Werk der Leubuser Stiftung scheint – neben dem evidenten Kommemorationsaspekt – auf seinen Inaugurationscharakter zu verweisen. Die Gründung einer zum Ort der dynastischen Grabstätten bestimmten Abtei auf dem Territorium des eben erst wiedergewonnenen Teilfürstentums kann als Versuch einer Legitimierung der Herrschaft und des Beweises ihrer Rechtmäßigkeit interpretiert werden.81 Holger Kunde hat auf die Parallelität der Stiftungen von Leubus und Altzelle sowie auf eine gewisse Privilegierung der ersteren verwiesen, denn die große Verspätung bei der Inauguration der Wettinerstiftung ergab sich – neben Gründen politischer Natur – vor allem daraus, dass Pforta nicht zwei neue Klöster zur gleichen Zeit mit Konventen besiedeln konnte.82 Politische Gründe können dagegen nicht nur hinter der verzögerten Verlegung eines Konvents nach Altzelle gestanden haben, sondern vielleicht auch hinter der späten, nämlich erst 1175 erfolgten, Bestätigung der Stiftung von Leubus durch eine herzogliche Urkunde. Denn erst dann wurde die Bestätigung dieser Stiftung durch das Generalkapitel von Citeaux möglich, mit dem die deutschen Zisterzienser wegen des päpstlichen Schismas lange Jahre hindurch keine regulären Beziehungen unterhalten konnten.83 Die Sepulkralfunktion des Klosters wurde schon bald nach seiner Stiftung durch die Beisetzungen zweier jung verstorbener Töchter des Stifters inauguriert und im Jahre 1201 dann auch durch seine eigene Beisetzung. Das Grab des Herzogs war sicher von Anfang an in choro ante summum altare lokalisiert – d. h. an dem üblicherweise für den Stifter reservierten Ort.84 Trotz der Verwirklichung einer eigenen Zisterzienserstiftung unterhielt der Sohn und Nachfolger Bolesławs des Langen, Heinrich der Bärtige, enge Beziehungen zur Abtei, was zahlreiche herzogliche Schenkungen beweisen.85 Von dem starken Einfluss dieser ersten Zisterzienserstiftung in Schlesien zeugt die Tatsache, dass sie zum unmittelbaren oder mittelbaren Mutterhaus aller schlesischen Klöster

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108; zu den piastischen Beisetzungen in Pforta und den Verbindungen dieses Klosters mit den Staufern, die das Interesse der polnischen Herzogsfamilie an diesem Kloster beeinflusst haben mögen, vgl. Kunde, Vaterabt (wie Anm. 33), 54f. Auf mögliche Schwierigkeiten hinsichtlich der Legitimierung der Herrschaft Bolesławs angesichts seines Nichtbesitzes von Breslau, das unter der Herrschaft des Seniors der Dynastie verblieben war, verwies unlängst Halina Manikowska, Princeps fundator im vorlokationszeitlichen Breslau. Von Piotr Włostowic zu Heinrich dem Bärtigen, in diesem Band 281–305, hier. 288f. Kunde, Vaterabt (wie Anm. 33), 56. Etwas anders äußert sich zu diesem Thema Könighaus, Die Zisterzienserabtei Leubus (wie Anm. 78), 26, der betont, dass das Generalkapitel zu dieser Zeit die Gründung neuer Ordenshäuser noch nicht vollständig kontrollierte. Allerdings schloss er die Möglichkeit eines Scheiterns der Stiftung infolge der politischen Wirren in Schlesien und eine Rückkehr der Mönche nach Leubus vor 1175 nicht aus. Epytaphia ducum Slezie. Ed. August Bielowski, in: MPH. Bd. 3. Lwów 1878, 711–714, hier 711. Registriert werden sie von Roman Stelmach, Henryk I Brodaty jako fundator i donator klasztorów śląskich [Heinrich I. der Bärtige als Stifter und Donator schlesischer Klöster], in: Derwich / Pobóg-Lenartowicz, Klasztor w państwie (wie Anm. 41), 45–55, 46f.

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dieses Ordens wurde. Den schlesischen Inspirationen ist auch die erfolglos gebliebene Absicht der Stiftung eines neuen Klosters in Przemęt durch Władysław Odonic zuzuschreiben, wo der Herzog versucht hatte, Zisterzienser aus Pforta anzusiedeln.86 Besondere Aufmerksamkeit vom Gesichtspunkt der ideologischen Inhalte verdient das Ensemble der Leubuser Grabplatten, die höchstwahrscheinlich an der Wende vom ersten zum zweiten Jahrzehnt des 14. Jahrhunderts angefertigt wurden. Darauf sind die Bildnisse des Stifters der Abtei Bolesław des Langen sowie von Przemko von Steinau (gest. 1289) und Konrad von Sagan (gest. 1304) dargestellt. Die stilistischen Züge dieser Grabdenkmäler deuten Janusz Kębłowski zufolge darauf hin, dass sie Aussdruck einer Stiftungsabsicht waren. Kębłowski bemerkte auch Analogien zwischen den Leubuser Grabmälern und der Tumba Heinrichs IV. des Gerechten im Heiligkreuz-Kollegiatstift in Breslau und hielt Heinrich III. von Glogau, den verhinderten Erben Heinrichs IV. des Gerechten im Herzogtum Breslau, für den Auftraggeber dieser Werke.87 Die Leubuser Abtei muss eine beträchtliche Rolle bei der ideologischen Begründung der politischen Pläne des Herzogs gespielt haben, auch wenn andere Indizien als die Titulatur, die ein Streben nach der Königsweihe erkennen lassen, nicht unstrittig sind.88 Insbesondere die Verbindung der Leubuser Abtei mit der Idee der Krone zeichnet sich nicht klar genug ab. Vorsichtiger als Tomasz Jurek wäre ich eher geneigt, auf die gesamtschlesischen Aspirationen des Herzogs zu verweisen, die in seiner Sorge um die Familiennekropole zum Ausdruck kamen. Analogien zu den Aktivitäten Heinrichs von Glogau in Leubus bilden die oben erwähnte Stiftung neuer Grabplatten in Altzelle sowie die Reorganisation der Babenberger-Grabstätten im Kapitelsaal der Abtei Heiligenkreuz. Die Ersetzung der alten Grabstätte des Ururgroßvaters, des Stammvaters der Linie und Stifters zugleich, durch eine neue Platte unterstrich höchstwahrscheinlich das Bestreben nach der Hegemonie Heinrichs III. im gesamten Erbe Bolesławs des Langen.89 Die Grabplatten der Brüder des Herzogs – besonders des in der Schlacht von Sewerien gefallenen Przemko – deuteten auf Attribute von Vertretern der Glogauer Linie hin. Zugestimmt werden muss, dass die Gestalt eines historischen Annalenbuches, der aus der zweiten Hälfte des 14. Jahrhundert stammenden Epitaphia ducum Slezie, 86 Vgl. die interessante Analyse der Umstände und Motive dieser Stiftung von Krzysztof Kaczmarek, Nieudana fundacja cysterska księcia Władysława Odonica z 1210 roku [Die gescheiterte Zisterzienserstiftung des Herzogs Władysław Odonic von 1210], in: Andrzej M. Wyrwa / Józef Dobosz (Hrsg.), Cystersi w społeczeństwie Europy środkowej. Poznań 2000, 273–288. 87 Janusz Kębłowski, Pomniki Piastów śląskich w dobie średniowiecza [Die Denkmäler der schlesischen Piasten im Mittelalter]. Wrocław 1971, 72–85; vgl. aber Kazimierz Jasiński, Uwagi genealoga o nagrobkach Piastów śląskich [Bemerkungen eines Genealogen zu den Grabstäten der schlesischen Piasten], in: StŹrodł 17, 1972, 190–194, der hinsichtlich des Glogauers als Stifter der Tumba Heinrichs IV. skeptisch ist. 88 Ausführlicher zu diesem Thema Tomasz Jurek, Dziedzic Królestwa Polskiego. Książę głogowski Henryk (1274–1309) [Erbe des Königreiches Polen. Der Glogauer Herzog Heinrich (1274– 1309)]. Poznań 1993, 70–75. 89 Kębłowski, Pomniki Piastów (wie Anm. 87), 25–34.

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mit der oben dargelegten Konzeption vorzüglich harmoniert.90 Die Glogauer Herzöge, deren Nekrolognotizen dieses Kulturdenkmal beschließen, scheinen direkte Fortsetzer der ganz Schlesien ungeteilt regierenden Dynasten – Bolesławs des Langen, domini tocius Slezie und beider Heinriche – gewesen zu sein.91 Der vorzeitige Tod des Herzogs im Jahre 1309 wird ihm sicher nicht erlaubt haben, seine Stiftungsabsicht zu verwirklichen. Bemerkenswert ist, dass es im Leubuser Sepulkralensemble keine Grabstätte für Heinrich selbst und seine dort begrabene Gattin gab. Wie der Biograf Bolesławs des Langen Benedykt Zientara schreibt, waren die 1163 nach Schlesien zurückkehrenden Söhne Władysławs des Vertriebenen im Vergleich zur zahlreichen Schar ihrer Cousins mit Sicherheit „am europäischsten“ eingestellt, denn sie waren nicht nur mit der damals am Stauferhof blühenden ritterlichen Kultur bestens vertraut, sondern auch mit den sich im Reich herausbildenden Mechanismen der Errichtung von Territorialherrschaften. Ein Novum bildeten nicht nur die Bemühungen Bolesławs und seiner Nachfolger, die eine Reorganisation der materiellen Grundlagen herzoglicher Macht auf dem Wege der Kolonisation, des Baus von Residenzen oder der Entwicklung des Erzbergbaus u. a. anstrebten,92 sondern sicherlich auch bei den Piasten bislang unbekannte Elemente der Familienstrategie – wie zum Beispiel die Bestimmung eines Sohnes zum Erhalt der Bischofsweihe. Die Rezeption des Modells des Familienklosters nach dem Vorbild der mit ihnen verwandten aristokratischen Geschlechter des Reiches scheint somit offensichtlich zu sein. In dieser Rezeption spielten in längerer Zeitperspektive jedoch auch die Gattinnen der Herrscher eine nicht unbedeutende Rolle, besonders diejenigen, die der Aristokratie des Reiches entstammten. Hier muss vor allem Salome von Berg erwähnt werden, deren Familie – wie man weiß – über enge Verbindungen mit dem Benediktinerkloster in Zwiefalten verfügte, die auch von der Herzogin selbst aus dem weit entfernten Polen sorgfältig gepflegt wurden,93 sowie Agnes von Babenberg und Hedwig von Meranien. Insbesondere die Bedeutung der Person von Herzogin Hedwig für die ideologische Gestalt der piastischen Stiftungen in Schlesien kann nicht einfach – wie dies unlängst Marian Kutzner den offensichtlichen Tatsachen zuwider getan hat – mit der Feststellung 90 Ebd., 73; vgl. auch Michał Kaczmarek, Nekrolog lubiąski. Próba krytyki przekazu [Das Nekrologium von Leubus. Versuch einer Kritik der Überlieferung], in: StŹrodł 26, 1981, 113–140, hier 125, Anm. Nr. 78. 91 Epytaphia ducum Slezie. Ed. Bielowski (wie Anm. 84), 711. 92 Benedykt Zientara, Bolesław Wysoki – tułacz, repatriant, malkontent. Przyczynek do dziejów politycznych Polski XII wieku [Bolesław der Lange – Vertriebener, Repatriant und Nörgler. Ein Beitrag zur politischen Geschichte Polens im 12. Jahrhundert], in: Prz. Hist. 62, 1976, 367–396, hier 390–394; vgl. auch Gawlas, O kształt (wie. Anm 11), 81–83. Zu der bisher allzu unterbewerteten Rolle Bolesławs des Langen als Initiator des Umbaus herzoglicher Residenzen Manikowska, Princeps fundator (wie Anm. 81), 293–295. 93 Ihre Sorge um die Familienstiftung ist auch während ihres Aufenthaltes in Polen erkennbar, vgl. Wieczorek, Schenkungen (wie Anm. 8). Außer Zweifel steht die Rolle von Salomes Schwester Richza, der Gattin des böhmischen Herzogs Vladislav II., bei der Stiftung der Abtei in Kladrau, dessen Konvent eben aus Zwiefalten kam (1115).

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abgetan werden, ihr Bildnis wäre von der späteren Hagiografie verfälscht worden.94 Diese Aristokratin, die einer der einflussreichsten Familien im Südosten des Reiches entstammte und – sicherlich nicht nur im Benediktinerinnenkloster in Kitzingen, sondern auch im eigenen Familienmilieu – in der ‚Memorialkultur‘ erzogen worden war, konnte gar nicht anders, als starken Einfluss auf die Gestalt der ideologischen Unternehmungen ihres Gatten auszuüben. Die Stiftungstraditionen der Wettiner, des Geschlechts ihrer Mutter Agnes, habe ich weiter oben schon ausführlich charakterisiert. Aber es lohnt sich, aus dieser Perspektive auch dem Geschlecht ihres Vaters – den bayerischen Andechs – einige Aufmerksamkeit zu widmen.

Ausschnitt aus dem Tympanon in der Westfasade der Klosterkirche in Trebnitz, erste Hälfte 13. Jahrhundert

94 Marian Kutzner, „Na drodze ku chwale“ – ideowe programy fundacji artystycznych księcia śląskiego Henryka Brodatego [„Auf dem Wege zu Ruhm und Ehre“ – ideologische Programme der künstlerischen Stiftungen des schlesischen Herzogs Heinrich des Bärtigen], in: Michał Kaczmarek / Marek L. Wójcik (Hrsg.), Księga Jadwiżańska. Wrocław 1995, 135–150, hier 136f.

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Die Familie der Grafen von Andechs und Wolfratshausen verfügte höchstwahrscheinlich schon seit den zwanziger Jahren des 12. Jahrhunderts über eine eigene ‚Hausstiftung‘. Hierbei handelte es sich um das nicht weit vom Schloss Andechs entfernte Kloster der Regularkanoniker in Dießen am Ammersee, das von den Grafen Bertold II. und Otto III. mitsamt ihrer Gattinnen gegründet worden war. Die Gruppe dieser Chorherren wurde – ähnlich wie im Falle des Petersbergs bei den Wettinern, von Klosterneuburg bei den Babenbergern oder vielen anderen zeitgenössischen Stiftungen im Reich – der direkten Fürsorge des Heiligen Stuhls unterstellt.95 Die hier getätigten Nekrolognotizen registrieren die Todesdaten der einzelnen Familienmitglieder beiderlei Geschlechts und den Ort ihrer Beisetzung, den gewöhnlich das Kapitelhaus des Klosters bildete.96 Der Memorialfunktion diente – wie die interessante Analyse von Christine Sauer gezeigt hat – das im ersten Jahrzehnt des 13. Jahrhunderts verfasste Kapitelbuch, das neben der Regel des hl. Augustinus und einer Sammlung von Notizen auch eine Fassung des Nekrologiums sowie Fragmente des officium defunctorum enthält. Wir wissen nicht, ob die schon seit Jahren in Schlesien weilende Hedwig jemals Gelegenheit hatte, dieses Buch zu sehen. Falls dies der Fall war, hätte sie die Möglichkeit gehabt, darin die Bildnisse ihrer Vorfahren zu bewundern – darunter auch ihres Großvaters Bertold III. und seines Bruders, des Bamberger Bischofs Otto II. –, die als die thronende Madonna mit Kind anbetende Mitstifter dargestellt wurden.97 Die Familienstiftung der von Andechs muss neben dem Bamberger Dom und den Kloster in Zwiefalten der Liste deutscher kirchlicher Institutionen hinzugefügt werden, die wegen der dort gepflegten Verehrung des hl. Bartholomäus eine Rolle beim Erwerb wertvoller Reliquien dieses Apostels für die Trebnitzer Stiftung Hedwigs und ihres Gatten spielen konnten.98 Die Familie der schlesischen Herzogin verbanden auch enge Beziehungen mit anderen Klöstern, insbesondere mit der Benediktinerabtei Banz und den Zisterziensern in Langheim in Oberfranken. Letzteres Kloster – eine Stiftung der Bamberger Bischöfe –, dem gegenüber die Grafen von Andechs seit der Zeit des Herzogs Bertold IV. die Vogteirechte ausübten, wurde sogar zur Begräbnisstätte der letzten Vertreter dieser Familie: des Herzogs Otto VII. und seiner Gattin Beatrix von Burgund sowie ihres Sohnes Otto VIII.99 95 96 97 98 99

Vgl. Alois Schütz, Die Familie der Andechs-Meranier, in: Josef Kirmeier / Evamaria Brockhoff (Hrsg.), Herzöge und Heilige. Das Geschlecht der Andechs-Meranier im europäischen Hochmittelalter. München 1993, 51–53. Notae Dissenses. Ed. Philipp Jaffé , in: MGH SS 17. Hannoverae 1859, 323–327. Ausführlich zum Codex sowie zum ideologischen Inhalt der Widmungsminiatur vgl. Christina Sauer, Fundatio und Memoria. Stifter und Klostergründer im Bild 1100 bis 1350. Göttingen 1993, 42–66. Der Kult des hl. Bartholomäus in Dießen ist für das 13. Jahrhundert bezeugt, Notae Dissenses (wie Anm. 96), 330; vgl. auch Manikowska, Princeps fundator (wie Anm. 81), 298. Vgl. Necrologium Dissense. Ed. Franz L. Baumann, in: MGH Necrologia Germaniae. Bd. 1. Hannover 1902, 7–32, hier 18; 20; Franz Machilek, Die Zisterze Langheim als fränkisches

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Die Prächtigkeit der Trebnitzer Stiftung und ihr ausdrücklich dynastischer Charakter bewirkt, dass wir keine deutlicheren Unterschiede im ideologischen Rang der männlichen und der weiblichen Stiftungen feststellen können, obwohl letztere im Falle der weiter oben charakterisierten Dynastien nicht besonders häufig waren und der besondere Rang der Stiftung Heinrichs I. und Hedwigs als Nekropole und Zentrum des neuen, vom herzoglichen Hof breit propagierten Kultes des hl. Bartholomäus eine ausdrücklich piastische Besonderheit darstellte.100 An dieser Stelle lohnt es sich, ein Fragment der Urkunde Heinrichs des Bärtigen für das Kloster aus dem Jahre 1208 zu zitieren, in dem der Herzog den Grund für die Stiftung des Frauenklosters nennt. Der um das Heil aller seiner Untertanen besorgte Herrscher fühlte sich auch für die Seelen der Frauen verantwortlich. Aber die drei in seinem Herrschaftsbereich existierenden Orden (der Herrscher meinte damit sicher die Zisterzienser, Prämonstratenser und Regularkanoniker) dienten ausschließlich Männern. Deshalb sollte die Trebnitzer Stiftung ein Ort sein, an dem fragilitas muliebris habere potest confugium pro suorum expiatione peccatorum.101 Mit Sicherheit schmälerte diese Motivation weder die ideologische Bedeutung noch die Inaugurationsrolle der neuen Stiftung, die gleich zu Beginn der selbständigen Herrschaft Heinrichs ins Leben gerufen wurde. Bemerkt werden muss, dass die Tochter des herzoglichen Paares, die Trebnitzer Äbtissin Gertrud, die erste uns bekannte Oberin des Klosters aus dem Kreis der Dynastie war, was schon in ottonischer Zeit als eines der wichtigsten Merkmale eines Familienklosters galt.102 Zweifellos zu Recht verwirft Halina Manikowska die These von den königlichen Ambitionen des Herzogs, die angeblich in der monumentalen Architektur seiner Stiftung ihren Ausdruck gefunden hätten.103 Drei Jahrzehnte später entstanden zwei weitere Frauenklöster, deren ideologischer Rang mit dem von Trebnitz verglichen werden kann: die mährische Abtei Porta Coeli in Tišnov, die als letzter Ruheort von der Königin gegründet wurde, der Witwe Konstanze unter Beteiligung ihrer Söhne, des Königs Wenzel I. und des Markgrafen Přemysl,104 sowie die bayerische Nekropole der

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Hauskloster der Andechs-Meranier, in: Ursula Vorwerk / Eva Schurr (Hrsg.), Die AndechsMeranier in Franken. Europäisches Fürstentum im Hochmittelaters. Mainz 1998, 167–176. Mehr über die Verehrung des hl. Bartholomäus in Trebnitz bei Manikowska, Princeps fundator (wie Anm. 81), 298–301. Schlesisches Urkundenbuch. Bd. 1. Ed. Heinrich Appelt. Köln / Wien 1963, Nr. 115: Et sciendum, quod ideo hunc sanctimonialium ordinem preelegi, quia cum triplicis ordinis in terra mea sint claustra, ad que virilis sexus confugere poterat et potest pro salute animarum, claustralis quietis refrigerium deerat muliebri, sed modo in sepememorato claustro per dei misericordiam fragilitas muliebris habere potest confugium pro suorum expiatione peccatorum. Michałowski, Klasztor prywatny (wie Anm. 3), 53. Manikowska, Princeps fundator (wie Anm. 81), 296–298. Pauk, Fundacje cysterskie (wie Anm. 51), 290f., dort weitere Literaturangaben.

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Wittelsbacher in Seligenthal, die von der bayerischen Herzogin Ludmilla gestiftet wurde (1232), der Cousine Wenzels I. und Witwe des Wittelsbachers Ludwig I.105 Etwas am Rande der Hauptströmung der Forschung geblieben sind die Zisterzienserstiftungen der oberschlesischen Linie der Piasten. Dazu beigetragen hat sicher die viel bescheidenere Quellenlage sowie die Überzeugung vom peripheren Charakter Oberschlesiens und der geringen Bedeutung dieser piastischen Linie im Vergleich zu ihren niederschlesischen Verwandten. Eine Erweiterung unserer Kenntnisse über die oberschlesischen Zisterzienser verdanken wir vor allem den Arbeiten von Stanisław Rybandt, Antoni Barciak, Jerzy Rajman und Marek L. Wójcik. Hervorzuheben ist, dass der erste Herrscher von Oppeln, Herzog Jarosław, die zweite – dann allerdings nicht verwirklichte – Zisterzienserstiftung in Schlesien initiiert hat.106 Nichts deutet darauf hin, dass die neue Stiftung als Instrument im Konflikt zwischen Jarosław und seinem Vater Bolesław dem Langen fungierte und gegen die Leubuser Zisterzienser gerichtet war, auch wenn sie vielleicht als Manifestation seiner Unabhängigkeit interpretiert werden muss.107 Bemerkenswert ist eher die Tatsache der deutlich erkennbaren Anknüpfung an die Idee des Vaters, Mönche aus Pforta, dem Mutterkloster von Leubus, in das neue Kloster einzuladen.108 Das mangelnde Interesse an der neuen Stiftung nach Jarosławs Tod von Seiten seines Bruders, der in Trebnitz eigene Stiftungspläne verwirklichte, bildete den Grund dafür, dass die thüringischen Zisterzienser den Rückzug antraten und ihre Güter Leubus übertrugen. Ein auffallendes und außergewöhnliches Merkmal der Zisterzienserstiftungen (oder vielleicht der Stiftungsversuche) der jeweiligen Herzöge aus der Oppelner und Ratiborer Linie der Piasten besteht darin, dass sie dem Ort, an dem das geplante Kloster stehen sollte, einen eigenen Namen verliehen. Dies tat Herzog Jarosław, und ihm folgten weitere oberschlesische Dynasten: Kasimir I. änderte den Namen der geplanten Stiftung seines Vetters von Jarosław zu Kazimierz um. Aber auch diesmal schlug der Versuch der Stiftung eines Klosters fehl. Der Brauch wurde – diesmal erfolgreich – von Herzog Władysław I. fortgesetzt, der ein claustrum in Wladislaw stiftete – wie eine herzogliche 105 106 107 108

Vgl. Gabriele Schlütter-Schindler, Wittelsbachische Frauenklöster. Das Verhältnis der frühen Wittelsbacher zu ihren Klostergründungen, in: Zeitschrift für Bayerische Landesgeschichte 68, 2005, 407–428, hier 413–417. Am ausführlichsten über die Umstände dieser Stiftung schreibt Antoni Barciak, JarosławKazimierz, pierwsza nieudana fundacja cysterska na Górnym Śląsku [Jarosław-Kasimir, die erste gescheiterte Zisterzienserstiftung in Oberschlesien], in: Nasza Przeszł. 83, 1994, 189–201. Könighaus, Zisterzienserabtei Leubus (wie Anm. 78), 30f. Die Information über die geplante Stiftung entstammt einer Urkunde Heinrichs des Bärtigen für Leubus aus dem Jahre 1202; Schlesisches Urkundenbuch (wie Anm. 101), Nr. 77: Preterea frater meus pie recordationis Jarozlaus Wratislaviensis episcopus tunc dominus de Opol cum patris mei et meo assensu contulit Portiensibus Jarozlau integraliter cum omni utilitate melifici et castorum. Quo viam universe carnis ingresso eis ibi nolentibus remanere et predio renuntiantibus ipsum predium pater meus una mecum Lubensibus contulit cum omni utilitate et cum omni collata primitius libertate.

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Urkunde aus dem Jahre 1258 für die Abtei in Rauden bei Ratibor bezeugt.109 Diese spezifische Namensgebung wird sicher als Ausdruck derselben ideologischen Konzeption interpretiert werden müssen, deren Echo die eingangs zitierte vermeintliche Rede Heinrichs des Bärtigen darstellt. Jede Dynastie sollte eine besondere Stiftung besitzen, deren Individualität bereits der Ortsname betonte. Die Herzöge von Oppeln und Ratibor waren sich zweifelsohne genauso wie ihre niederschlesischen Verwandten der Rolle der Zisterzienserkonvente im ideologischen Programm ihrer herzoglichen Herrschaft bewusst und bemühten sich im Rahmen ihrer bescheideneren Möglichkeiten, dieses Programm zu verwirklichen. Die baldige Lockerung der Verbindungen der Piasten von Oppeln und Ratibor mit den Zisterziensern und ihre Hinwendung eher zu Stiftungen für Mendikantenorden bewirkte, dass die ursprüngliche Konzeption keine Fortsetzung fand.110 Der Fall der Stiftung Jarosławs bestätigt jedoch die weiter oben aufgestellte These, dass die Gründung eines eigenen Klosters den Prozess der Herausbildung eines besonderen Familienbewusstseins bei den einzelnen piastischen Linien widerspiegeln kann. Die im Jahre 1292 von Herzog Bolko I. von Schweidnitz (‚dem Strengen‘) in Grüssau gegründete letzte Zisterzienserstiftung in Schlesien fügt sich gut in das von den Vorfahren des Gründers geformte Stiftungsprogramm ein, was übrigens in einer Wendung des in der Arenga des Stiftungsdiploms enthaltenen Formulars zum Ausdruck kommt: vestigia predecessorum nostrorum per pietatis opera recto tramite sequi cupientes.111 Die Initiative, Zisterzienser am Ort der misslungenen Benediktinerstiftung der Herzogin Anna anzusiedeln, muss vor dem breiteren Hintergrund der organisatorischen Aktivitäten Bolkos I. betrachtet werden, der eine Ausweitung und Stärkung des Herzogtums Schweidnitz und Jauer durch Kolonisation und die Errichtung von Schlössern im Sudetenvorland anstrebte. Die Ersetzung der böhmischen Benediktiner durch Heinrichauer Zisterzienser suggeriert, dass der Herzog einen traditionell von seiner Familie unterstützten Orden für passender hielt, was die Verwirklichung seiner ideologischen 109

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Schlesisches Urkundenbuch. Bd. 3. Ed. Winfried Irgang. Köln / Wien 1984, Nr. 277; eingebürgert hat sich die Ansicht von der Erneuerung der Stiftung des Krakauer Kanzlers Bogusław in Woschczytz durch Herzog Władysław; Norbert Mika, Początki fundacji cysterskiej nad rzeką Rudą na Górnym Śląsku [Die Anfänge der Zisterzienserstiftung am Fluss Raude in Oberschlesien], in: Wyrwa / Dobosz, Cystersi (wie Anm. 86), 290–297, hat festgestellt, dass es sich hierbei sicher doch wohl um eine ältere Stiftung des Herzogs Kasimir von etwa 1220 handelt, die vom Kanzler Bogusław verwirklicht, im Gefolge des Mongolenüberfalls dann aber zerstört wurde. Als bezeichnend kann schon das Verschwinden des Namens Włodzisław / Wladislaw zugunsten von Rauden angesehen werden, vgl. Antoni Barciak, Książęta Górnego Śląska a klasztor w Rudach [Die Herzöge Oberschlesiens und das Kloster in Rauden], in: Derwich / Pobóg-Lenartowicz, Klasztor (wie Anm. 57), 389–393. Schlesisches Urkundenbuch. Bd. 6. Ed. Winfried Irgang. Köln / Wien 1998, Nr. 65; verwiesen wird auf das Diktat der Heinrichauer Zisterzienser, vgl. Andrzej Wałkowski, Pochodzenie kancelaryjne pierwszych dokumentów fundacyjnych opactwa cystersów w Krzeszowie [Die Kanzleiherkunft der ersten Stiftungsurkunden der Zisterzienserabtei in Grüssau], in: Henryk Dziurla / Kazimierz Bobowski (Hrsg.), Krzeszów uświęcony łaską. Wrocław 1997, 44–60, hier 50–54.

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Ziele betraf.112 Auf diese Weise entstand das Familienkloster der Schweidnitz-JauerLinie mit den Grabstätten ihrer aufeinanderfolgenden Mitglieder, in dem ihre liturgische Memoria kultiviert wurde: des im Jahre 1301 verstorbenen Stifters selbst, seiner Söhne Bolko (gest. 1300), Bernhard von Schweidnitz (gest. 1326) und Heinrich von Jauer (gest. 1346) sowie seines Enkels Bolko II. (gest. 1368). Der monumentale Charakter der an der Wende vom 13. zum 14. Jahrhundert – vielleicht nicht unbeeinflusst von der zisterziensischen Architektur im benachbarten Böhmen – errichteten Klosterbasilika unterstreicht nachdrücklich das Ziel, nämlich die Glorifizierung der herzoglichen Dynastie.113 Die besondere Position an der Kreuzung von Chor und Transept nahm die Grabstätte des Stifters ein, der im Größeren Grüssauer Jahrbuch als corona Slesie und illustris et christianissimus dux bezeichnet wird.114 Bekannt sind auch Kommemorationsstiftungen weiterer Mitglieder der herzoglichen Familie: Bernhard stiftete 1317 ein Ewiges Licht über dem Grab seines Vaters, und in einer Urkunde der Herzogin Agnes, der Witwe Bolkos II., für die Zisterzienser aus dem Jahre 1369 lesen wir von einer täglichen Messe für das Seelenheil des Herzogs an dem sich vor seinem Grab befindenden Altar, von einem Ewigen Licht, das an der Grabstätte brennen sollte, sowie von einem besonderen Gedenkgottesdienst, der jährlich am Todestag des Herrschers gehalten werden sollte. Aus diesem Anlass sowie an den Quatembertagen sollten auch Gelegenheitsspeisungen (so genannte Pitanzien) für das Seelenheil des Verstorbenen aus den Einkünften des dem Kloster von der Herzogin geschenkten Dorfes verabreicht werden.115 Ein so bedeutsames Mittel sozialer Manifestation wie die Klosterstiftungen wurde von den schlesischen Piasten zweifellos eifersüchtig gehütet. Davon zeugt nicht nur das übernommene Patronat über die Abtei Heinrichau durch Heinrich II., was auf ausdrückliches Verlangen seines Vaters geschah, sondern auch die (z. B. im Vergleich zum benachbarten Böhmen) niedrige Gesamtzahl anderer nach der Rückkehr der Söhne Władysławs des Vertriebenen erfolgter nichtherzoglicher Klosterstiftungen. Über das einzige zisterziensische Privatkloster verfügten zum Beispiel nur die Herren von Pogarell, die zur Elite des lokalen Magnatenadels gehörten und zusätzlich – wie Tomasz Jurek gezeigt hat – ihre Position den Herzögen verdankten.116 Diese Tatsachen korres112 113 114 115 116

Über die Umstände der Stiftung siehe Monasticon Cisterciense Poloniae. Bd. 2. Ed. Andrzej M. Wyrwa / Jerzy Strzelczyk / Krzysztof Kaczmarek. Poznań 1999, 164. Vgl. Marian Kutzner, Średniowieczna architektura klasztoru cysterskiego w Krzeszowie [Die mittelalterliche Architektur des Zisterzienserklosters in Grüssau], in: Dziurla / Bobowski, Krzeszów uświęcony (wie Anm. 111), 132–139. Rocznik grysowski większy [Größeres Grüssauer Jahrbuch]. Ed. August Bielowski, in: MPH. Bd. 3. Lwów 1878, 696–697, hier 697. Landbuch księstw świdnickiego i jaworskiego [Das Landbuch der Herzogtümer Schweidnitz und Jauer]. Bd. 1: 1366–1376. Ed. Tomasz Jurek. Poznań 2004, Nr. 344. Tomasz Jurek, Najdawniejsze dobra śląskich Pogorzelów [Die ältesten schlesischen Güter der Herren von Pogarell], in: Rocz. Hist. 68, 2002, 27–55; Joanna Banik, die Sakralstiftungen der Herren von Pogarell im 13. Jahrhundert, in diesem Band 465–491.

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pondieren mit der gut fundierten Ansicht, dass die Dynastie die Übermacht des älteren Magnatenadels brach und den Nutzen aus der ländlichen Kolonisation und den Stadtlokationen für sich monopolisierte.117 In diesem Sinne bewegt sich auch die zuletzt am stärksten von Halina Manikowska geäußerte Ansicht, die Herzöge hätten den sakralideologischen Raum zurückgewonnen, der zuvor von den großen Stiftungsunternehmungen eines Piotr Włostowic ausgefüllt worden war.118 Manikowskas Konzeption, die die Motive der herzoglichen Stiftungsaktivität in beträchtlichem Maße modifiziert, muss allerdings mit Vorsicht betrachtet werden. Denn zu ihrer Unterstützung verfügen wir über keinerlei positive Zeugnisse außer der bloßen Tatsache der Gründung mehrerer geistlicher Institutionen durch Bolesław den Langen und Heinrich den Bärtigen. Die Ersetzung der Leubuser Benediktiner durch Zisterzienser darf nicht in diesem Sinne interpretiert werden, weil ganz offensichtlich nichts darauf hinweist, dass der erste Stifter dieser Ordensgemeinschaft ein Vertreter des schlesischen Magnatenadels gewesen wäre.119 Abgeschwächt, wenn auch nicht völlig disqualifiziert wird dadurch zugleich Stanisław Trawkowskis Ansicht von den politischen Motiven, die hinter dem Hinauswurf der Augustinermönche aus dem Kloster auf dem Breslauer Elbing gestanden haben sollen.120 Zusätzlich muss unterstrichen werden, dass es fast zur gleichen Zeit auch in zwei anderen, nicht weit entfernten Klöstern zu einem ähnlichen Austausch der Benediktiner durch Prämonstratenser kam: im böhmischen Želiv (1149) und im mährischen Hradištĕ bei Olmütz (etwa 1151), wobei man dort kaum andere als religiöse Motive erkennen kann.121

Die besondere Rolle der Zisterzienser Kaum zu übersehen ist die besondere Vorliebe der niederschlesischen Dynasten für den Zisterzienserorden. Das war ein langandauerndes Phänomen, wie bereits die Wahl von alten Stiftungen ihrer Vorfahren zu Nekropolen einzelner piastischer Linien im Spätmittelalter beweist: von Leubus durch die Glogauer, von Trebnitz durch die Oelser und 117 118 119

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Gawlas, O kształt (wie. Anm 11), 82f. Manikowska, Princeps fundator (wie Anm. 81), 303–305. Zur unwilligen Haltung der schlesischen Piasten gegenüber den Benediktinern ausführlich Marek Derwich, Piastowie śląscy a benedyktyni (XII–XIII w.) [Die schlesischen Piasten und die Benediktiner (12.–13. Jahrhundert], in: Dziurla / Bobowski, Krzeszów uświęcony (wie Anm. 111), 38–43. Vgl. Stanisław Trawkowski, Ołbin wrocławski w XII wieku [Der Breslauer Elbing im 12. Jahrhundert], in: Roczniki Dziejów Społecznych i Gospodarczych 20 (1958), 69–81. Die Vertreibung der Benediktiner aus Želiv schrieb der Prämonstratenserabt Jarloch dem Bischof Daniel I. zu, und obwohl er ein Vertreter des Ordens war, der das Kloster übenahm, hielt er die Anschuldigungen des Bischofs gegen die Benediktiner für unbegründet; vgl. Gerlaci abbatis Milovicensis annales. Ed. Emler (wie Anm. 49), 487.

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von Heinrichau durch die Münsterberger Linie. Der weiter oben skizzierte Vergleichskontext zeigt, dass dies keineswegs eine schlesische Besonderheit war – eine besondere Art von Beziehungen verband die Zisterzienser im 12. und 13. Jahrhundert mit vielen Herrschergeschlechtern in Mitteleuropa.122 Aber es fällt nicht leicht, eindeutig die Frage zu beantworten, was hinter den Verbindungen dieses Ordens – der die Institution einer weltlichen Klostervogtei nicht anerkannte – mit den Machthabern stand. Sicher waren dafür unterschiedliche Faktoren verantwortlich. Unter anderem muss die ungewöhnlich dynamische Entwicklung des Ordens im 12. Jahrhundert berücksichtigt werden, die mit dem Phänomen der Herausbildung neuer Dynastien von Territorialherrschern im Reich zusammenfiel. Eben deshalb begannen die Zisterzienserhäuser, die mancherorts die Aufgaben älterer Kanonikerinstitutionen übernommen hatten, die Funktion von Familienklöstern zu erfüllen, die das genealogische Memorialwesen bewahrten, die Grabstätten ihrer Stifter versammelten und, was daraus folgt, in gewissem Sinne die Tradition der neuen Dynastien konstituierten und ihre soziale Position legitimierten.123 Erwähnt werden muss auch die Überzeugung vom besonderen Wert der Gebete der Zisterzienser, die sich durch außergewöhnliche Frömmigkeit und andere Tugenden auszeichneten. Dies belegen Vorstellungen, die in einigen Arengen von Urkunden begegnen, die von Personen aus den von uns untersuchten dynastischen Kreisen ausgestellt wurden, wie zum Beispiel in einem Diplom des Markgrafen Heinrich des Erlauchten für Altzelle aus dem Jahre 1250, in dem es hieß: cum inter omnes religiones sanctae ordinis, quos in firmamento ecclesie militatis quasi stella fulgentes Dei virtus et Dei sapientia collocavit Ordo Cisterciensis quasi sol clarius luceat, et religionis austeritate, devitionis fervore, caritatis splendore ac virtutum omnium magnitudine caeteros omnes sublimiter antecedet. Die Bedeutung dieser Gebete beschränkte sich jedoch nicht nur auf die Erwirkung des Seelenheils für den Stifter und seine verstorbenen Vorfahren, sondern mit der Fürbitte der betenden Brüder waren ganz offensichtlich auch Hoffnungen auf das Gedeihen der irdischen Herrschaft verbunden. Schon Leopold III. Unterstrich als Aussteller der Stiftungsurkunde für Heiligenkreuz den Wert der Gebete der Zisterzienser, die gleichsam in Vertretung des mit irdischen Angelegenheiten beschäftigten Herrschers für sein Seelenheil Sorge trugen.124 Im Diplom seines Urenkels Her122

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124

Besondere Aufmerksamkeit verdient mit Sicherheit die Praxis, Zisterzienserklöster in enger Nachbarschaft existierender monarchischer Höfe zu stiften, oft auf dem Territorium von Jagdrevieren, oder auch die Lokalisierung neuer Residenzen nahe am Kloster. Mit einer solchen Situation haben wir es in Heiligenkreuz, Altzelle, Plasy, Zbraslav (Königsaal), Velehrad und Trebnitz zu tun; vgl. Marian Kutzner, Cysterska architektura na Śląsku w latach 1200–1330 [Die zisterziensische Architektur in Schlesien in den Jahren 1200–1330], in: Nasza Przeszł. 83, 1994, 315–339, hier 329f. Die ältesten Grabstätten weltlicher Stifter in den Zisterzienserklöstern auf dem Territorium des Reiches registriert Bernd U. Hucker, Stauferzeitliche Zisterziensergründungen und Stiftergräber, in: Ulrich Knefelkamp (Hrsg.), Zisterzienser. Norm, Kultur, Reform – 900 Jahre Zisterzienser. Berlin 2001, 287–309. Urkunden des Cistercienser-Stiftes Heiligenkreuz. Ed. Weiss (wie Anm. 20), Nr. 1.

Das Stiftungsprogramm der schlesischen Piasten

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zog Leopold VI. aus dem Jahre 1302, ebenfalls für Heiligenkreuz, lesen wir, der Herrscher sei causa orationis in die Abtei gekommen und habe dem Kloster ein Dorf geschenkt – nicht nur für das Seelenheil seiner Eltern, Brüder und anderen Verwandten, sondern auch pro (…) ducatus nostri perpetua pace.125 Ähnlich wie Markgraf Leopold III. suchte auch Wenzel II. nach geistlicher Unterstützung seiner irdischen Herrschaft durch die Zisterzienser. In der Arenga seines Diploms für das Kloster von Zbraslav (Königsaal) verlieh er seiner Hoffnung Ausdruck, das Gebet der Brüder möge dem allzusehr mit irdischen Angelegenheiten beschäftigten König die göttliche Gnade erwerben.126 Einen nicht weniger wichtigen Faktor der Popularität der Zisterzienser müssen die exklusiven Formen ihrer Memorialiturgie für Wohltäter gebildet haben,127 sowie die Möglichkeit ihrer Verbreitung weit über das von ihm gegründete Kloster hinaus. Mit dieser Absicht bemühte sich Wenzel II. auf dem Generalkapitel um die Einsetzung seiner Memoria im gesamten Zisterzienserorden, was auch teilweise im Jahre 1306 Wirklichkeit wurde, als das Kapitel gebot, in allen Abteien Böhmens, Ungarns und Deutschlands für das Seelenheil des Königs zu beten.128

Zusammenfassung Die besonderen Beziehungen, die den Zisterzienserorden im 12. und 13. Jahrhundert mit den europäischen Dynastien verbanden, bilden ein umfangreiches Thema, das hier nicht erschöpfend behandelt werden konnte. Aber die Skizzierung des breiteren mitteleuropäischen Hintergrundes erlaubte im Stiftungsprogramm der schlesischen Piasten Elemente aufzuzeigen, die für die Geschlechter der Territorialherrscher des Reiches typisch waren. Dies bestätigt die in der polnischen Wissenschaft mindestens seit Bene125 126 127

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Ebd., Nr. 24. Pauk, Fundacje cysterskie (wie Anm. 51), 308f. Besonders aufschlussreich sind diesbezüglich die Untersuchungen von Michał Kaczmarek, Rozwój liturgii memoratywnej u cystersów od form prostych do w pełni wykształconego nekrologu [Die Entwicklung der Memorativ-Liturgie bei den Zisterziensern von einfachen Formen bis zum voll ausgebildeten Nekrologium], in: Nasza Przeszł. 83, 1994, 281–292, wo über die Nutzung von Kapitelbüchern zu kommemorativen Zwecken vor der Erstellung besonderer Nekrologien informiert wird; vgl. auch Piotr Oliński, Cysterskie nekrologi na Pomorzu Gdańskim od XIII do XVIII wieku [Zisterziensische Nekrologien in Pommerellen vom 13. bis zum 18. Jahrhundert]. Toruń 1997, 30–43. Statuta Capitulorum generalium Ordinis Cisterciensis. Bd. 3. Ed. Josephus-Maria Canivez. Louvain 1934, 276 und 314; vgl. Franciszek Wolnik, Liturgia śląskich cystersów w średniowieczu [Die Liturgie der schlesischen Zisterzienser im Mittelalter]. Opole 2002, 457–461; zu den Memoria der letzten Přemysliden in den Zisterzienserklöstern außerhalb Böhmens vgl. auch Michał Kaczmarek, …in libro vite memoriter exarata. Zum Totengedenken des Kamenzer Konvents für Könige, Herzöge und Bischöfe, in: Arch. schl. Kirchengesch. 45, 1987, 1–35, hier 27– 33 sowie Oliński, Cysterskie nekrologi (wie Anm. 127), 110; 256f.

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dykt Zientara verbreitete Ansicht von einer besonders starken Beeinflussung der schlesischen Höfe durch Elemente der politischen und religiösen Kultur aus dem Gebiet des Reiches. Das ideologische Programm, das aufgrund der durchgeführten Analyse der Stiftungsaktivitäten ausgewählter mitteleuropäischer herzoglicher und königlicher Dynastien in der zweiten Hälfte des 12. und im 13. Jahrhundert erkennbar wird, kann auf einige wesentliche Elemente zurückgeführt werden. Es steht außer Zweifel, dass alle hier berücksichtigten Dynastien den mit der Herrschaftssphäre besonders eng verbunden Zisterzienserstiftungen einen sehr hohen ideologischen Rang beimaßen. Sie koexistierten mit Stiftungen anderer Ordensregeln, wobei sich die franziskanischen Ordensgemeinschaften um die Mitte des 13. Jahrhunderts eines ebenso großen Prestiges zu erfreuen schienen. Allerdings blieb die Bedeutung letzterer vom Gesichtspunkt der Interessen der Territorialherrscher zweitrangig. Gerade die Zisterzienserklöster wurden meistens zu Zentren der Verehrung besonders wertvoller Reliquien, welche manchmal unmittelbar mit der Idee der Königsherrschaft verbunden waren oder mit dem Kult von Heiligen im Zusammenhang standen, die zu dynastischen Patronen erhoben wurden. Der Beginn einer Stiftungsinitiative fiel in zahlreichen Fällen ausdrücklich mit dem Antritt der Herrschaft zusammen. Diese Korrelation ist im Falle der Přemysliden und der schlesischen Piasten besonders deutlich erkennbar. Neben den evidenten Kommemorationspflichten gehörten zu den Aufgaben der Zisterzienserkonvente auch Gebete für das Wohlergehen der Herrschaft und die Erfüllung der Vermittlerrolle zwischen Gott und dem mit irdischen Angelegenheiten beschäftigten Herrscher. Daher stellte die Stiftung eines Klosters auch aus religiöser Perspektive ein Element der Legitimierung der Herrschaft und einen Beweis für ihre Rechtmäßigkeit dar. Ein gemeinsames Merkmal der analysierten Stiftungen bildet auch der große Einfluss der Stifter auf die bauliche Gestalt der Klosterkirchen – ihren architektonischen Schwung, durch den sie nicht selten den Charakter von baulichen Machtsymbolen gewannen; die Basilika der Trebnitzer Zisterzienserinnen, die weit über die baulichen Standards von Frauenklöstern hinausging, ist dafür eines der deutlichsten Beispiele. Als ‚Hausklöster‘ übernahmen die Zisterzienserklöster gewöhnlich die Funktionen älterer Stiftungen aus dem 11. und 12. Jahrhundert – gewöhnlich kanonischer, deren Bedeutung mit der Zeit zurückging. Manchmal kam es – wie im Falle von Klosterneuburg und Heiligenkreuz – auch zu einer radikalen Veränderung der Familiennekropole mitsamt der Überführung alter dynastischer Grabstätten. Eine Ausnahme bilden diesbezüglich die schlesischen Piasten, die vor der Gründung von Leubus über keine von einem starken herzoglichen Patronat erfasste kirchliche Institution verfügten. Im analysierten Kreis mitteleuropäischer Dynastien fungierten zwei Modelle für die Wahl des Beisetzungsortes: einerseits ist die Tendenz erkennbar, eine zentrale Klosternekropole für das gesamte Geschlecht oder dessen Hauptlinie zu schaffen, andererseits existiert auch weiterhin die Praxis der Sepultur des Stifters zusammen mit seinen nächsten Familienmitgliedern in einer eigenen, individuellen Stiftung. Dieser zweite Brauch bildete jedoch kein Hindernis für die Herausbildung dynastischer Nekropolen für

Das Stiftungsprogramm der schlesischen Piasten

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mehrere Generationen in Zisterzienserklöstern im Verlauf des 12. und 13. Jahrhunderts, die noch im Spätmittelalter zu Sepulkralzwecken genutzt wurden und auf diese Weise die Kontinuität der Herrschaft unterstrichen (insbesondere im Falle von Altzelle und Leubus). Die Tendenz, ein eigenes Kloster zu besitzen – hauptsächlich als Ort einer solchen prestigereichen Sepultur und liturgischen Memoria, aber auch mit dem Gedanken an den Besitz einer eigenen Vogtei bzw. eines eigenen Patronats, ging einher mit der Herausbildung der einzelnen dynastischen Linien und dem Vollzug von Territorialteilungen der Herrschaftsgebiete. Eine solche Praxis, die durch die Fälle der Wettiner und der Askanier am besten illustriert werden, deutet darauf hin, dass solche Motive auch hinter dem Versuch einer Zisterzienserstiftung der Piasten von Oppeln und Ratibor sowie hinter der Gründung der Abtei Grüssau als Familienkloster der Linie der Nachkommen Bolkos I. des Strengen gestanden haben könnten. Daher scheint das Auftreten religiöser Stiftungen mit Zügen von Hausklöstern in den polnischen Gebieten einerseits mit dem Eindringen des westeuropäischen Modells der Territorialherrschaft und andererseits mit der Stabilisierung der politischen Zersplitterung der piastischen Monarchie, der Konsolidierung von Erbfürstentümern und der Herausbildung eines partikulären dynastischen Bewusstseins einzelner Linien der Herzöge der Teilfürstentümer an der Wende vom 12. zum 13. Jahrhundert in Zusammenhang gestanden zu haben.129

129

Gawlas, O kształt (wie Anm 11), 78–82; zur Absonderung erblicher Herrschaftsbereiche in den Teilfürstentümern in dieser Zeit am Beispiel des Herzogtums der Piasten von Ratibor und Oppeln Janusz Bieniak, Powstanie księstwa opolsko-raciborskiego jako wyraz przekształcania się Polski w dzielnicową poliarchię [Die Entstehung des Herzogtums Oppeln-Ratibor als Ausdruck der Umgestaltung Polens in eine Teilfürstentümer-Polyarchie], in: Anna Pobóg-Lenartowicz (Hrsg.), Sacra Silentii provincia. 800 lat dziedzicznego księstwa opolskiego. Opole 2003, 37–81.

Przemysław Wiszewski

Herzogliche Stifter und Frauenklöster in Schlesien (13. – Mitte 14. Jahrhundert)

Einführung Die ersten Frauenklöster in Schlesien – jenes der Zisterzienserinnen in Trebnitz und jenes der Prämonstratenserinnen in Rybnik – entstanden an der Wende vom 12. zum 13. Jahrhundert. Mitte des 14. Jahrhunderts gab es in Schlesien (die Beginenhöfe nicht mitgezählt) bereits 13 Frauenklöster verschiedener Ordensregeln (Benediktinerinnen, Zisterzienserinnen, Prämonstratenserinnen, Magdalenenschwestern, Augustinerinnen, Klarissen und Dominikanerinnen). Fast alle Konvente waren von piastischen Herzögen gestiftet worden. Nur das Kloster der Liebenthaler Benediktinerinnen und vielleicht auch jenes der Breslauer Augustinerinnen waren Stiftungen von Großen bzw. Rittern. Welchen Einfluss haben die Aktivitäten der Stifter auf die Geschicke der Frauenklöster ausgeübt und welche Vorteile ergaben sich für beide Seiten aus der Beziehung zwischen Stifter und Klöstern? Eine wichtige Frage ist auch, ob sich die Rechte der Stifter gegenüber den schlesischen Frauenklöstern mit dem Modell des seit dem 13. Jahrhundert vom Papsttum propagierten Patronats deckten oder eher dem früheren Eigenkirchen-Recht entsprachen.1 Einer Antwort auf die gestellten Fragen kommen wir näher, wenn wir die Verbindungen der Klöster mit ihrem sozialen Umfeld betrachten.2 1 Vgl. Eugeniusz Wiśniowski, Rozwój organizacji parafialnej w Polsce do czasów Reformacji [Die Entwicklung der Pfarreiorganisation in Polen bis zur Reformationszeit], in: Jerzy Kłoczowski (Hrsg.), Kościół w Polsce, Bd. 1: Średniowiecze. Kraków 1966, 237–372, hier 249f.; Jerzy Mularczyk, Ze studiów nad prawem patronatu na Śląsku w wiekach średnich [Studien zum Patronatsrecht in Schlesien im Mittelalter], in: Sobótka 32, 1977, 2, 133–148, hier 133–136; Eugeniusz Wiśniowski, Kościół polski w średniowieczu [Die polnische Kirche im Mittelalter], in: Michael David Knowles / Dimitri Obolensky (Hrsg.), Historia Kościoła, Bd. 2: Średniowiecze. Warszawa 1988, 417–461, hier 433. 2 Vgl. Albertus Demyttenaere, The Claustralization of the World, in: Marek Derwich / Anna PobógLenartowicz (Hrsg.), Klasztor w społeczeństwie średniowiecznym i nowożytnym. Opole / Wrocław

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Ausstattung Hinsichtlich der Größe der Stiftungsvergaben können drei Gruppen schlesischer Frauenklöster unterschieden werden. Herausragend war die Ausstattung der Trebnitzer Abtei. Sie hatte vom Stifterpaar, dem Breslauer Herzog Heinrich I. und dessen Gattin Hedwig, gleich mehrere Dutzend Dörfer erhalten.3 Wie der Verfasser der Vita der hl. Hedwig schrieb, seien die von Herzog Heinrich vergebenen Besitztümer sufficerent ad omnes sumptus necessarios mille personis et hospitalitati cointinue.4 Eine besondere Gruppe bildeten Klöster, die von ihren Stiftern mehrere Dörfer erhalten hatten. Das waren die Prämonstratenserinnen in Rybnik5 sowie die Klarissen in Breslau6 und in Glogau.7 Am zahlreichsten jedoch waren jene Klöster, denen ihre Stifter nur ein bis zwei Dörfer geschenkt hatten, manchmal auch noch zusätzlich das Patronatsrecht über die örtliche Pfarrkirche. Zu dieser Gruppe können die Abteien der Benediktinerinnen in Liebenthal,8 Striegau9 und Liegnitz,10 die Klöster der Magdalenenschwestern in Naumburg am Queis11 und Beuthen,12 der Klarissen in Strehlen13 und der Dominikanerinnen

3

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1996, 23–41, hier 35f.; Marek Derwich, Monastycyzm w dawnych społeczeństwach europejskich. Zarys problemtyki [Der Monastizismus in den früheren europäischen Gesellschaften. Problemabriss], in: ebd., 43–53, hier 50f. Schlesisches Urkundenbuch. Bde. 1–6. Ed. Heinrich Appelt / Winfried Irgang. Wien / Köln / Graz 1971–1998, Bd. 1, Nr. 100; Marta Młynarska-Kaletynowa, Rozwój majętności klasztoru cysterek trzebnickich w XIII w. [Die Entwicklung des Klosterbesitzes der Trebnitzer Zisterzienserinnen im 13. Jahrhundert], in: Kwart. Hist. Kult. Mater. 38, 1990, 223–247; Kazimierz Bobowski, Podstawy bytu konwentu trzebnickiego [Die Existenzgrundlagen des Trebnitzer Konvents], in: Michał Kaczmarek / Marek L. Wójcik (Hrsg.), Księga Jadwiżańska. Międzynarodowe Sympozjum Naukowe „Święta Jadwiga w dziejach i kulturze“, Wrocław-Trzebnica, 21–23 września 1993 roku. Wrocław 1995, 61–82, hier 63–66. Vita sanctae Hedwigis. Ed. Aleksander Semkowicz, in: MPH, Bd. 4. Lwów 1884, 501–655, hier 544. Schlesisches Urkundenbuch. Ed. Appelt / Irgang (wie Anm. 3), Bd. 1, Nr. 298; Bd. 2, Nr. 80. Ebd., Bd. 3, Nr. 228. Regesten zur schlesischen Geschichte 1301–1315. Ed. Colmar Grünhagen / Conrad Wutke, in: Codex Diplomaticus Silesiae. Bd. 16. Breslau 1892, Nr. 2925, Kodeks dyplomatyczny Wielkopolski. Bd. 2. Ed. Ignacy Zakrzewski. Poznań 1878, Nr. 907. Schlesisches Urkundenbuch. Ed. Appelt / Irgang (wie Anm. 3), Bd. 5, Nr. 437. Regesten zur schlesischen Geschichte. Ed. Grünhagen / Wutke (wie Anm.7), Nr. 2831; 2962; 3012; Archiwum Państwowe we Wrocławiu, Rep. 123, Nr. 8. Urkundenbuch der Stadt Liegnitz und ihres Weichbildes bis zum Jahre 1455. Ed. Friedrich Wilhelm Schirrmacher. Liegnitz 1866, Nr. 160; 161. Schlesisches Urkundenbuch. Ed. Appelt / Irgang (wie Anm. 3), Bd. 2, Nr. 330; Bd. 3, Nr. 26; 27. Ebd., Bd. 5, Nr. 438; Regesten zur schlesischen Geschichte. Bd. 3: Bis zum Jahre 1300. Ed. Colmar Grünhagen, in: Codex Diplomaticus Silesiae. Bd. 7. Breslau 1886, Nr. 2434; 2611; Regesten zur schlesischen Geschichte. Ed. Grünhagen / Wutke (wie Anm.7), Nr. 2700; 2711. Regesten zur schlesischen Geschichte. Ed. Grünhagen / Wutke (wie Anm.7), Nr. 2660; 2661.

Herzogliche Stifter und Frauenklöster in Schlesien

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in Ratibor14 gezählt werden. Über Vergaben Heinrichs des Bärtigen an das von ihm gestiftete Kloster der Dominikanerinnen in Breslau gibt es keine Angaben.15 Über die Anfänge der Breslauer Augustinerinnen an der Kirche St. Jacobi wissen wir nur, dass sie vor 1299 von der Familie des Gysilherus Colner den Platz gegenüber der Kirche Unserer Lieben Frau auf der Sandinsel erhielten.16 Es scheint, dass die Ausstattung der Klöster der dritten Gruppe für die Existenz des Konvents nicht ausreichend war. Manchmal musste der Stifter selbst zugeben, dass im Kloster Armut herrschte. Aber meistens ließ sich eine solche Situation zu Lebzeiten des Stifters vermeiden. Die Nonnen erhielten von ihm verschiedenartige Geschenke, liturgische Geräte, aber sicher auch Getreide und Bargeld, was die Kargheit der Vergaben kompensieren konnte. Während die Stiftung Heinrichs von Glogau für die Beuthener Magdalenenschwestern 1302 eine einmalige Dotation umfasste, wobei er auf die dort herrschende Armut verwies,17 kam die Herzogin Anna, die Stifterin der Breslauer Franziskaner und Klarissen, dem Auftreten des Mangels bei ihnen zuvor, indem sie diese Konvente ständig unterstützte. Jedes Jahr ‚kleidete‘ sie die Mönche ein (vestiebat) und schenkte den Nonnen neben den ständigen Einkünften ornamenta altaris (…) preciosissima et quatuor calices et patenas et crucem et reliquias sanctorum preciosissimas, ornatas auro et argento18 sowie nicht näher präzisierte Kleinodien.19 Wenn der Stifter starb oder nicht mehr imstande war, die Stiftung zu unterstützen, dann bedeutete dies für den Konvent den Verlust zusätzlicher Einkünfte, was eine Verschlechterung der ökonomischen Situation der Nonnen nach sich ziehen konnte. Dies passierte sogar in Klöstern, die zunächst gut ausgestattet waren. Władysław, der Erzbischof von Salzburg und Sohn der Herzogin Anna, machte 1268, drei Jahre nach dem Tod seiner Mutter, Dotationen an die Breslauer Klarissen, videntes defectum eiusdem claustri.20 Es lässt sich nicht entscheiden, ob dieses „Elend“ im Kloster der Wirklichkeit entsprach oder ob dieses Argument eher einem der herzoglichen Kanzlei 14 Urkunden der Klöster Rauden und Himmelwitz, der Dominicaner und Dominicanerinnen in der Stadt Ratibor. Ed. Wilhelm Wattenbach, in: Codex Diplomaticus Silesiae. Bd. 2. Breslau 1859, Nr. 9 und 12. 15 Regesten zur schlesischen Geschichte. Ed. Grünhagen / Wutke (wie Anm.7), Nr. 2714; vgl. Georg Frobös, Geschichte der Sankt Katharinenkirche in Breslau. Denkschrift zum 600 jährigen Jubiläum und zur Renovation dieser Kirche durch die evangelisch-lutherische Gemeinde im Jahre 1907–1908. Breslau 1908, 7f. 16 Regesten zur schlesischen Geschichte, Bd. 3. Ed. Grünhagen (wie Anm. 12), Nr. 2567, vgl. auch Chronica abbatum Beatae Mariae Virginis in Arena. Ed. Gustav Adolf Stenzel, in: Scriptores Rerum Silesiacarum. Bd. 2. Breslau 1839, 180–181, Randbemerkung aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts im Manuskript der Chronik. 17 Regesten zur schlesischen Geschichte. Ed. Grünhagen / Wutke (wie Anm.7), Nr. 2700. 18 Vita Annae ducissae Silesiae. Ed. Aleksander Semkowicz, in: MPH. Bd. 4. Lwów 1884, 656–661, hier 658f. 19 Schlesisches Urkundenbuch. Ed. Appelt / Irgang (wie Anm. 3), Bd. 3, Nr. 285. 20 Ebd., Bd. 4, Nr. 63.

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bekannten Urkundenformular entstammte. Für letzteres könnte die Tatsache sprechen, dass der zweite Sohn der Herzogin Anna, Heinrich III., zur Begründung seiner Schenkungen an die Klarissen im Jahre 1257, also noch zu Lebzeiten seiner Mutter, eine identische Formulierung benutzte.21 Aber man darf annehmen, dass der Tod Bolkos I. von Schweidnitz und Jauer fünf bis sechs Jahre nach der Stiftung des Klarissenhauses in Strehlen für die materielle Situation der Nonnen sehr unvorteilhaft war. Zu Lebzeiten des Stifters hatten sie nur das Patronatsrecht über zwei Kirchen: die Pfarrkirche in Strehlen und die Filialkirche in Weißkirchen, ein Dorf und vielleicht noch gewisse Einkünfte in Striegau erhalten. Dies können aber auch Vergaben der Söhne des Stifters gewesen sein.22 In einer Urkunde von 1310 unterstrich der päpstliche Legat, Kardinal Gentilis, Herzog Bolko habe es aufgrund seines verfrühten Todes nicht mehr geschafft, das Kloster gebührend auszustatten.23 Manchmal konnten die Aktivitäten der Söhne eines Stifters, angesichts mangelnder Fürsorge seinerseits, zur Verarmung der Stiftung führen. Als die Herzogin Beatrix, Witwe Bolkos von Schweidnitz und Jauer, im Jahre 1307 das Kloster der Benediktinerinnen in Striegau stiftete, verlieh sie ihm unter anderem auch das Patronatsrecht über die dortige Schlosskapelle.24 Zwischen 1308 und 1311 verheiratete sich die Herzogin wieder, und zwar mit Władysław von Kozielsk. Sicher übernahm ihr Sohn, Herzog Bernhard von Schweidnitz, damals das Patronat über die den Benediktinerinnen zustehende Schlosskapelle. Er gab sie erst am 10. April 1312 zurück, in Anbetracht der Armut, die die Nonnen litten, wie die entsprechende Urkunde vermerkt.25 Es ist zu vermuten, dass der Verlust des Patronats der Nonnen über diese reich ausgestattete Kapelle mit der schlechten wirtschaftlichen Lage der Abtei in Verbindung stand. Die Benediktinerinnen hatten von der Stifterin außer dem Patronatsrecht über die Schlosskapelle nur zwei Mühlen, einen Fischteich, 24 Hufen Land in drei Dörfern sowie das Patronatsrecht über die Kirche in Neukirch erhalten.26 Spätere Überlieferungen bestätigen ebenfalls die ungenügende Ausstattung des Striegauer Konvents durch die Stifterin und die daraus resultierenden materiellen Nöte der Abtei. Im Jahre 1326 tätigten die 21 Ebd., Bd. 3, Nr. 228. 22 Regesten zur schlesischen Geschichte. Ed. Grünhagen / Wutke (wie Anm. 7), Nr. 2660; 2661; 2719; 2956. 23 Ebd., Nr. 3147; 3210; Karl Eistert, Die Anfänge des Klarissenklosters in Strehlen, in: Arch. schl. Kirchengesch. 15, 1957, 98–123, hier 116f.; Ders., Zur Geschichte des Strehlener Klarissenklosters, in: Arch. schl. Kirchengesch. 17, 1959, 69–83, hier 71; 77; Irena Czachorowska, Czasy do pierwszej połowy XV. w. [Die Zeit bis zur ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts], in: Ewa Maleczyńska / Stanisław Michałkiewicz (Hrsg.), Strzelin. Monografia geograficzno-historyczna miasta i powiatu. Wrocław 1974, 52f. 24 Archiwum Państwowe we Wrocławiu, Rep. 123, Nr. 3, 11. 25 Ebd., Rep. 123, Nr. 14 (stark beschädigte Urkunde); Regesten zur schlesischen Geschichte. Ed. Grünhagen / Wutke (wie Anm.7), Nr. 3269. 26 Archiwum Państwowe we Wrocławiu, Rep. 123, Nr. 13; Regesten zur schlesischen Geschichte. Ed. Grünhagen / Wutke (wie Anm.7), Nr. 3213.

Herzogliche Stifter und Frauenklöster in Schlesien

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Brüder Nikolaus und Johann von Nimptsch gewisse Vergaben an ihre Verwandten, die als Nonnen in der Abtei lebten, ut eo melius valeant sustenari.27 Und 1330 genehmigte der Breslauer Bischof Nanker die Inkorporation der Schlosskapelle in Striegau in die Abtei propter pauperitate monasterij (…) quod de redditibus et prouentibuus suis non possint aliquatenus sustenari volentes igitur eorum inopie et pauperitati subvenire.28 Ich denke, dass die mangelnde Ausstattung dieser Abtei aus dem Verlust der Unterstützung seitens ihrer Stifterin resultierte, als diese einige Jahre nach der Stiftung des Nonnenklosters erneut heiratete. Die hier angeführten und einige weitere Erwähnungen wirtschaftlicher Schwierigkeiten von Klöstern zehn bis dreißig Jahre nach dem Tod des Stifters (der Magdalenenschwestern in Sprottau29 und der Glogauer Klarissen30) lassen vermuten, dass der Verlust der Unterstützung durch den Stifter die materielle Situation der Konvente wenn nicht destabilisiert, so doch gewiss erschwert hat. Die weiteren Geschicke der Klöster, besonders der schwach ausgestatteten, waren dann immer von der Hilfe abhängig, die ihnen von den Kindern des Stifters zuteil wurde. Zum Beispiel waren die Dotationen Juttas von Liebenthal für die Benediktinerinnenabtei in Liebenthal auf Jahreseinkünfte in Höhe von 40 Mark beschränkt.31 Erst ihre Söhne vermachten der Abtei dann 1307 sechs Dörfer, zwei Vorwerke, einen Wald, eine Mühle sowie das Patronatsrecht über zwei Kirchen.32 Auch für gut ausgestattete Klöster besaßen die Schenkungen der Kinder der Stifter große Bedeutung. Ludmilla von Oppeln vermachte der von ihr gestifteten Prämonstratenserinnenabtei in Czarnowanz sieben Dörfer, eine Schänke und das Patronatsrecht über die Kapelle in Rybnik. Ihr Sohn Kasimir verlieh zusammen mit seiner Gattin den Ordensfrauen das Patronatsrecht über die Kapelle in Sewerien, drei Dörfer 27 Archiwum Państwowe we Wrocławiu, Rep. 123, Nr. 19. 28 Ebd., Rep. 123, Nr. 22. 29 Im Jahre 1318 verlieh der Breslauer Bischof Heinrich auf Bitten der Herzogin Margarethe, der Witwe Heinrichs von Glogau, und ihres Sohnes Heinrich, des Herzogs von Sagan, dem Kloster der Magdalenenschwestern in Sprottau, das um die Jahreswende 1314/1315 von Beuthen dorthin verlegt worden war, Regesten zur schlesischen Geschichte. Ed. Grünhagen / Wutke (wie Anm. 7), Nr. 3437; 3446, das Patronatsrecht über die Kirche in Eulau, weil die Nonnen so großen Schaden in den temporalia erlitten hatten, dass sie fast keine Mittel mehr zum Leben besaßen; Regesten zur schlesischen Geschichte, 1316–1326. Ed. Colmar Grünhagen / Conrad Wutke, in: Codex Diplomaticus Silesiae, Bd. 18. Breslau 1898, Nr. 3833. 30 Trotz der beträchtlichen Stiftungsdotation Heinrichs von Glogau musste der böhmische König Johann am 23. März 1337 dem Kloster aufgrund seiner großen Bedürfnisse zusätzlich 20 Mark Zinsen schenken; Regesten zur schlesischen Geschichte, 1334–1337. Ed. Conrad Wutke, in: Codex Diplomaticus Silesiae, Bd. 29. Breslau 1923, Nr. 5862. 31 Schlesisches Urkundenbuch. Ed. Appelt / Irgang (wie Anm. 3), Bd. 5, Nr. 437. 32 Archiwum Państwowe we Wrocławiu, Rep. 92, Nr. 4; Franz Xaver Görlich, Das BenediktinerJungfrauenkloster Liebenthal an der lausitz-böhmischen Grenze in Niederschlesien. o.O. 1864, 2f.; Heinrich Grüger, Schlesisches Klosterbuch. Liebenthal, in: Jb. Schl. Univ. Bresl. 27, 1986, 1–18, hier 2.

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und die Hälfte einer Schänke in Beuthen.33 Herzogin Anna, die Witwe Heinrichs II. des Frommen, schenkte den Breslauer Klarissen drei Dörfer, zwei Erbgüter, fünf Herrenhäuser in Breslau, vier Mühlen, vier Fischteiche und andere Einkünfte von geringerer Bedeutung. Ihre Söhne Heinrich und Władysław bedachten die Stiftung ihrer Mutter mit dem Patronatsrecht über zwei Pfarrkirchen, vier Dörfern und 35 Mark Zins.34 Aber in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts waren die Kinder der Stifter dann schon weniger großzügig, besonders gegenüber den Klöstern, in denen keine Verwandten von ihnen lebten. Herzog Bolesław, der Sohn Heinrichs V. des Dicken, gewährte den Breslauer Dominikanerinnen einen gewissen Zins in Getreide und das Patronatsrecht über die Pfarrkirche.35 Ähnlich verlieh Heinrich von Sagan, der Sohn Heinrichs I. von Glogau, den (aus Beuthen umgesiedelten) Sprottauer Magdalenenschwestern das Patronatsrecht über die Pfarrkirche in Sprottau und bemühte sich um die Inkorporation der Einkünfte dieser Kirche in das Kloster.36 Nur geringe Landvergaben sowie die ökonomische Immunität verdankten die Liegnitzer Benediktinerinnen Wenzel und Rupert, den Söhnen des Liegnitzer Herzogs Wenzel I.37 Leszek von Ratibor, der Sohn von Herzog Přemysl, tätigte nur bescheidene Vergaben zugunsten des von seinem Vater gestifteten Dominikanerinnenklosters. Reich beschenkte er dagegen seine Schwester, die dortige Äbtissin.38 Eine gewisse Bedeutung für die Wirtschaft neu entstandener Klöster hatten Bemühungen des Stifters um eine Unterstützung durch seine politischen Verbündeten und ihm geneigte einflussreiche Geistliche. Im Jahre 1208 schenkte Władysław Odonic der Abtei in Trebnitz zwei Dörfer.39 Auf Bitten Heinrichs I. stimmte Herzog Kasimir von Oppeln im Jahre 1224 einem Tausch der dem Trebnitzer Kloster von seinem Vater geschenkten Dörfer zu.40 1223 hatte sich der Oppelner Herzog Kasimir beim Breslauer

33 Schlesisches Urkundenbuch. Ed. Appelt / Irgang (wie Anm. 3), Bd. 2, Nr. 80. 34 Ebd., Bd. 3, Nr. 228; Bd. 4, Nr. 63. 35 Regesten zur schlesischen Geschichte. Ed. Grünhagen / Wutke (wie Anm. 7), Nr. 3065; 3163; 3252, Regesten zur schlesischen Geschichte, 1316–1326. Ed. Grünhagen / Wutke (wie Anm. 29), Nr. 4396. 36 Regesten zur schlesischen Geschichte, 1316–1326. Ed. Grünhagen / Wutke (wie Anm. 29), Nr. 3823, Regesten zur schlesischen Geschichte, 1327–1333. Ed. Colmar Grünhagen / Conrad Wutke, in: Codex Diplomaticus Silesiae Bd. 22. Breslau 1903, Nr. 4803; Regesten zur schlesischen Geschichte, 1334–1337 (wie Anm. 30), Nr. 5349. 37 Przemysław Wiszewski, Legnickie opactwo benedyktynek w społeczeństwie śląskim (1348–1538) [Die Liegnitzer Benediktinerinnenabtei in der schlesischen Gesellschaft (1348–1538)], in: Derwich / Pobóg-Lenartowicz, Klasztor (wie Anm. 2), 75–90, hier 79; 89, Tabelle 2. 38 Urkunden der Klöster. Ed. Wattenbach (wie Anm. 14), Nr. 14; Regesten zur schlesischen Geschichte. Ed. Grünhagen / Wutke (wie Anm.7), Nr. 3348; 3349. 39 Schlesisches Urkundenbuch. Ed. Appelt / Irgang (wie Anm. 3), Bd. 1, Nr. 116; 117. 40 Ebd., Bd. 1, Nr. 226.

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Bischof Laurentius um die Vergabe des Zehnten von bestimmten Dörfern an das Kloster in Rybnik (später in Czarnowanz) bemüht.41 Aber für die künftigen Geschicke der Klöster scheinen die Größe der Stiftungsausstattung und die Unterstützung durch die Nachkommen des Stifters entscheidend gewesen zu sein. Von den schlesischen Frauenklöstern erlangten nur diejenigen überregionale Bedeutung, die von Seiten ihres Stifters beträchtliche ökonomische Unterstützung erhielten oder unter dem fürsorglichen Schutz ihrer Kinder standen. Das Interesse an den übrigen Klöstern ging nie über den Umkreis des lokalen Adels (Naumburg am Queis, Beuthen-Sprottau, Liegnitz, Striegau) oder des lokalen Bürgertums (Breslauer Dominikanerinnen) hinaus. Ein gutes Beispiel bietet die Geschichte der Glogauer Klarissen, die von ihrem Stifter Heinrich von Glogau großzügig ausgestattet worden waren, dann aber infolge der ausbleibenden Unterstützung seitens seiner Söhne schnell verarmten.

Verwandte der Stifter im Kloster Es war keineswegs die Regel, eine Tochter oder Verwandte des Stifters in einem von ihm gestifteten Kloster unterzubringen. In den meisten Klöstern die von den Piasten der Breslauer, Liegnitzer und Glogauer Linie gestiftet wurden (Konvente der Benediktinerinnen in Striegau, der Magdalenenschwestern in Beuthen, später in Sprottau, sowie in Naumburg am Queis, der Klarissen in Glogau und der Dominikanerinnen in Breslau), gab es keine Verwandten der Stifter. Wir wissen nichts über den Aufenthalt einer Tochter oder Enkelin Juttas von Liebenthal in der Benediktinerabtei in Liebenthal. Doch gerade diese Klöster besaßen im Mittelalter nur lokale Bedeutung. Selbst der Eintritt einer nahen Verwandten des Stifters ins Kloster garantierte nicht immer die Weiterführung dieser Tradition in den darauffolgenden Generationen des Geschlechts. Von acht Generationen der Nachkommen Ludmillas von Oppeln trat vielleicht allein ihre Enkelin Więcesława ins Kloster von Czarnowanz ein, aber auch das ist nur eine wahrscheinliche Hypothese.42 Für das Fehlen anderer Oppelner Piastentöchter unter den Prämonstratenserinnen war die familiäre Situation dieser herzoglichen Linie verantwortlich. Über das Leben der vier Töchter Ludmillas und Mieszkos von Oppeln, deren Tod im ‚Czarnowanzer Nekrologium‘ verzeichnet ist, wissen wir nicht viel – vielleicht sind sie schon in frühem Kindesalter gestorben.43 Da es unter den Enkeln und Urenkeln 41 Ebd. 42 Stefania Pierzchalanka-Jeskowa, Dzieje klasztoru w Czarnowąsie [Die Geschichte des Klosters in Czarnowanz], in: Rocz. Hist. 4, 1928, 30–84, hier 45–49; Kazimierz Jasiński, Rodowód Piastów śląskich. Bd. 3: Piastowie opolscy, cieszyńscy i oświęcimscy [Der Stammbaum der schlesischen Piasten. Band 3: Die Oppelner, Teschener und Auschwitzer Piasten]. Wrocław 1977, 29f. 43 Jasiński, Rodowód (wie Anm. 42), 19–21.

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Ludmillas in der Oppelner Linie nicht viele Mädchen gab, wurden diese für den Ehestand bestimmt.44 Die mehrere Generationen umfassende Lücke vereitelte die Entstehung einer Tradition des Aufenthaltes Oppelner Prinzessinnen bei den Prämonstratenserinnen. Als der Urenkel der Stifterin, Bolesław II. von Oppeln (vor 1300–1356), seine Töchter in Klöster gab, fehlten unter ihnen schon Czarnowanz. Aufgrund genealogischer Tatsachen gab es auch keine längeren Verbindungen des Ratiborer Dominikanerinnenklosters mit den Piasten. Leszek, der Sohn des Klosterstifters, des Ratiborer Herzogs Przemysław,45 starb im Jahre 1336 ohne Erben. Das Herzogtum Ratibor ging auf seinen Schwager Nikolaus II. von Troppau über, dessen beide Töchter Dominikanerinnen in Ratibor wurden. Dies führte dazu, dass auch sein Sohn Johann das Ratiborer Kloster in seine Obhut nahm.46 Aber schon Johanns Nachkommen sorgten dann hauptsächlich für das Ratiborer Kollegiatstift und kümmerten sich weniger um die Interessen des Klosters oder schadeten ihm sogar.47 Die Verbindungen der Schweidnitzer und Münsterberger Piasten mit dem Kloster in Strehlen hingen von genealogischen wie von politischen Tatsachen gleichermaßen ab. Anna, die Tochter des Stifters, des Herzogs Bolko I., befand sich nur deshalb im Strehlener Kloster, weil ihre ältere Schwester Beatrix, die dort eigentlich ihre Profess ablegen sollte, von ihren Brüdern mit Ludwig von Bayern verheiratet wurde.48 Nach der Aufteilung der Hinterlassenschaft Bolkos von Schweidnitz und Jauer gehörte Strehlen auch weiterhin zum Herzogtum Münsterberg, dessen Herrscher ihre Töchter in das dortige Kloster gaben. Bernhard, der Sohn Bolkos I. und Herzog von Schweidnitz, schickte seine Tochter in das Klarissenkloster in Alt-Sandez. Darüber konnte das Ermessen der Gattin des Herzogs, der Tochter von Władysław Ellenlang, entschieden haben.49 Die Position der Trebnitzer Zisterzienserinnen und der Breslauer Klarissen unterschied sich diametral von derjenigen der eben vorgestellten Klöster. Töchter aus allen Linien der schlesischen Piasten, auch außerhalb der Breslauer Stifterlinie, legten bei ihnen die Profess ab. Am Beispiel ihrer Geschichte sieht man auch, welch große Rolle 44 Więcesławas Bruder Mieszko II. der Dicke hatte nur eine Tochter, die er mit Heinrich IV. dem Gerechten verheiratete, Jasiński, Rodowód (wie Anm. 42), 43–45. 45 Urkunden der Klöster. Ed. Wattenbach (wie Anm. 14), Nr. 9. 46 Ebd., Nr. 60; 66; 68. 47 Ebd., XXII und Nr. 86; 87; Augustin Weltzel, Geschichte der Stadt und Herrschaft Ratibor. Ratibor ²1881, 825; Joseph Gottschalk, Euphemia von Ratibor (†1359). Untersuchung der Quelle zu ihrer Lebensgeschichte, in: Arch. schl. Kirchengesch. 1,1936, 15–40, hier 34. 48 Kazimierz Jasiński, Beatrycze, pierwsza żona Ludwika Bawarskiego [Beatrix, die erste Ehefrau Ludwigs von Bayern], in: Juliusz Bardach / Aleksander Gieystor / Brygida Kürbisówna u. a. (Hrsg.), Europa – Słowiańszczyzna – Polska. Studia ku uczczeniu profesora Kazimierza Tymienieckiego. Poznań 1970, 103–114. 49 Kazimierz Jasiński, Rodowód Piastów śląskich. Bd. 2: Piastowie świdniccy, głogowscy, żagańscy i oleśniccy [Der Stammbaum der schlesischen Piasten. Band 2: Die Schweidnitzer, Glogauer, Saganer und Oelser Piasten]. Wrocław 1975, 19.

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die Kontinuität der Tradition des Aufenthaltes weiblicher Mitglieder des Stiftergeschlechts im jeweiligen Kloster spielte. Seit der Zeit der Herrschaft Hedwigs bis zum Jahr 1412 entstammten die Äbtissinen der Breslauer Klarissen fast ausschließlich der Dynastie der Breslauer Piasten sowie der mit ihnen verwandten Linie der Liegnitzer, Falkenberger und Münsterberger Herzöge. Aber als die Äbtissin, die Herzogin Gutta von Münsterberg, 1413 an der Pest starb50 und es im Kloster an jungen Piastentöchtern mangelte, brach diese Tradition ab. Erst in den Jahren 1481–1507 stoßen wir wieder auf eine Piastentochter als Äbtissin – Katharina, die Tochter des Nikolaus von Oppeln. Ihr folgte deren Nichte Margarethe, die Tochter Przemysławs, des Herzogs von Tost,51 die in den Jahren 1508–1531 als Äbtissin des Klosters fungierte. Welche praktische Bedeutung für das Kloster hatte das Ablegen der Profess durch eine Tochter des Stifters und danach durch seine weiteren weiblichen Verwandten? Die Anwesenheit von Piastentöchtern im Kloster gewährleistete dessen ökonomisches Wohlergehen. Das Ausmaß der Schenkung für das Trebnitzer Kloster, die Heinrich I. der Bärtige 1224 aus Anlass der Ablegung der Profess seiner Tochter Gertrud tätigte, war außergewöhnlich: sieben Dörfer, Zinszahlungen in Honig, eine Mühle, ein See in Olobok, eine Schänke und Münzrechte in Breslau sowie 150 Hufen Land in Pirstnica.52 Man darf nicht vergessen, dass die Piastentöchter im Kloster über eigene Einkünfte verfügten, welche sogar manchmal die Versorgung des Klosters übertrafen. Die erwähnte Gertrud besaß einen eigenen ‚Tisch‘, der nicht mit der Ausübung ihres Amtes als Äbtissin in Verbindung stand. Im Jahre 1242 schenkte Hedwig der Trebnitzer Abtei das Dorf Zawonie unter dem Vorbehalt, quod omnis utilitas, que de predicta hereditate provenerit, specialiter cedere debet ad mensam dilecte filie nostre Gertrudis abbatisse cenobii eiusdem, quoas usque vixerit.53 Als Agnes, der Tochter Heinrichs des Frommen und Äbtissin der Trebnitzer Zisterzienserinnen, 1271 der Verlust ihres privaten Besitzes drohte, legte sie bei Papst Gregor X. Berufung ein, der dann den Abt von St. Vinzenz mit der Obhut über ihre Einkünfte betraute.54 Von der Größe eines derartigen Besitzes einer Nonne, der Tochter des Herzogs und Stifters, zeugt das Testament der Euphemia (Ofka), der Äbtissin von Ratibor und Tochter des Herzogs Przemysław von Ratibor, 50 Theophila Pietsch, Zur Geschichte des Breslauer Klarissenstiftes, des jetzigen Ursulinenklosters. Breslau 1937, 42. 51 Jasiński, Rodowód (wie Anm. 42), 190. 52 Schlesisches Urkundenbuch. Ed. Appelt / Irgang (wie Anm. 3), Bd. 1, Nr. 247. 53 Ebd., Bd. 2, Nr. 234. Nicht überzeugend ist die These von Ewald Walter, Äbtissin Gertrud, die Tochter der hl. Hedwig, und ein Generalkapitelsstatut des Zisterzienserordens vom Jahre 1252, in: Arch. schl. Kirchengesch. 24, 1966, 56–66, hier 61, dass die Hauptursache von Hedwigs Schenkung ihre Absicht war, die Liebe ihrer Tochter Gertrud zu erwidern. Aus der uns interessierenden Urkunde können wir Hedwigs Sorge herauslesen, sich in den Willen Gottes zu ergeben und sich dem eigenen Seelenheil zu widmen – sowie die Zusicherung einer entsprechenden lebenslänglichen Versorgung ihrer Tochter und ewiger Einkünfte für die Abtei. 54 Schlesisches Urkundenbuch. Ed. Appelt / Irgang (wie Anm. 3), Bd. 4, Nr. 154, 193.

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welcher das Ratiborer Dominikanerinnenkloster gestiftet hatte. Im Jahre 1358 verfügte seine Tochter über Einkünfte aus der Stadt Borewicz mit einem Güterkomplex von drei Dörfern, acht andere Dörfer, Allodien, Mühlen, zwei Vorwerke, außerdem 20 Mark Jahreszinsen, 45 Talgbrocken aus den Fleischbänken in Sohrau sowie über nicht einzeln aufgezählte Zinsleistungen auf dem Territorium von Ratibor. Das meiste von diesem Besitz sollte nach Erfüllung bestimmter Bedingungen in das Eigentum des Klosters übergehen.55 Quellenmäßig schwerer zu erfassen ist der Nutzen für das Kloster und die Nonnen, der sich aus der Fürsorge der mit den Nonnen verwandten Herzöge ergab. Als zum Beispiel Heinrich III. der Trebnitzer Äbtissin Gertrud auf ihren Ländereien in Zawonie die Lokation einer Stadt mit deutschem Recht erlaubte, tat er dies perspecta meritorum ac serviciorum qualitate ac etiam quantitate venerabilis domine abbatisse Trebnicensis amite nostre dilecte.56 Zweifellos erleichterte diese Verwandtschaft den Nonnen und Äbtissinen die Erwirkung von Privilegien bei den Herzögen, die sowohl mit den Stiftern als auch mit den Äbtissinnen verwandt waren. Außerordentlich plastisch illustriert wird dieses Phänomen durch eine Urkunde Herzog Nikolaus’ von Troppau und Ratibor vom 30. September 1354. Damals vermachte dieser dem Ratiborer Dominikanerinnenkloster bestimmte Einkünfte, quod nos ingredientes Claustrum seu Monasterium deodicatarum virginum, Sororum Ordinis Sancti Dominici in civitate nostra Rathour [sic!]. Accedentes ad nostram presenciam Nobiles virgines, dilecte Elizabeth et Agenes, filie nostre karissime Illustres, nobis humiliter supplicarunt um dieses Privileg.57 Konrad I. von Glogau, Gertruds Neffe, unterstrich anlässlich seiner Schenkung für Trebnitz im Jahre 1260, er tue dies ob affectionem, quam habemus ad domos religiosorum maxime ad claustrum Trebicense, quod a nostris antecessoribus, avo videlicet et parte, est fundatum, inclinatii etiam piis precibus amite nostre venerabilis domine Gertrudis abbatisse idem.58 Von entscheidender Bedeutung für die Entwicklung eines Frauenklosters in Schlesien war die Anwesenheit einer Tochter und danach auch weiterer weiblicher Nachkommen des Stifters im Konvent, am besten mit der Würde einer Äbtissin. Deren Aufenthalt garantierte in der Regel das wirtschaftliche Gedeihen und die dynamische Entwicklung der Ordensgemeinschaft. Selbst für ursprünglich gut ausgestattete Klöster führte das Fehlen von aus der Stifterfamilie stammenden Nonnen zur Stagnation (Czarnowanz, Glogau). Daher ist es nicht verwunderlich, dass die Verbindungen des Klosters mit der Stifterfamilie oft hervorgehoben wurden.

55 Urkunden der Klöster. Ed. Wattenbach (wie Anm. 14), Nr. 50; Regesty Śląskie [Schlesische Regesten]. Bd. 4. Ed. Wacław Korta. Wrocław 1992, Nr. 302. 56 Schlesisches Urkundenbuch. Ed. Appelt / Irgang (wie Anm. 3), Bd. 3, Nr. 51. 57 Urkunden der Klöster. Ed. Wattenbach (wie Anm. 14), Nr. 48. 58 Schlesisches Urkundenbuch. Ed. Appelt / Irgang (wie Anm. 3), Bd. 3, Nr. 324.

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Ewiges Angedenken Die wichtigste Pflicht der Klöster gegenüber ihren Stiftern und Wohltätern bestand im Fürbittengebet.59 Wie Jarosław Wenta bemerkte, konnten neben den Nekrologien auch die meisten historiografischen Produkte der Zisterzienser der Wahrung des Angedenkens von Personen dienen, für deren Seelenheil Anniversarien zelebriert werden mussten.60 Eine ähnliche Rolle spielten im Milieu der schlesischen Nonnen die mit ihren Klöstern verbundenen Annalendokumente, Nekrologien und hagiografischen Quellen. Das ‚Böhmisch-Schlesische Nekrologium‘, das eine vorsichtige Rekonstruktion des Trebnitzer Nekrologiums erlaubt, sowie das Czarnowanzer Nekrologium ermöglichen es, etwas über die Aufgaben der Nonnen auf dem Gebiet der Stiftermemoria zu erfahren. Der Codex, in dem sich das ‚Böhmisch-Schlesische Nekrologium‘ befand, entstand um 1215 in Bayern. Dieses Manuskript war für die im Kloster in Doksany weilende Prinzessin Agnes bestimmt, die Tochter Ottokars I. und spätere Stifterin sowie erste Äbtissin des Klarissenklosters in Prag. Spätestens 1248 wanderte es dann nach Schlesien und gelangte nach Trebnitz in die Hände von Piastentöchtern – der Äbtissin Gertrud oder ihrer Nichten, der Töchter der Herzogin Anna. Daher wurde es in den Jahren 1257–1267 den großpolnischen Piastentöchtern übergeben, vielleicht Anna, der Tochter von Przemysław I., die als Nonne in Ołobok lebte. Damals wurde auch unterlassen, das Nekrologium weiterzuführen.61 Die die schlesischen Piasten betreffenden Einträge im 59 Vgl. die Bemerkungen von Derwich, Monastycyzm w dawnych (wie Anm. 2), 51f.; Ders., Badania nad śmiercią – Europa Zachodnia [Forschungen über den Tod – Westeuropa], in: Marek Derwich (Hrsg.), Śmierć w dawnej Europie. Zbiór studiów. Wrocław 1997, 11–19, hier 12–14, Anm. 6 sowie Jean-Loup Lemaître / Marek Derwich, Pour un répertoire des obituaires polonais, in: ebd. 29– 43, hier 29–31; vgl. auch Michał Kaczmarek, …in libro vite memoriter exarata. Zum Totengedenken des Kamenzer Konvents für Könige, Herzöge und Bischöfe, in: Arch. schl. Kirchengesch. 45, 1987, 1–36. Dagegen verweist Rościsław Żerelik, „Wspólnota zmarłych“ w świetle najstarszych wpisów do Nekrologu henrykowskiego [Die „Gemeinschaft der Toten“ im Lichte der ältesten Einträge ins Heinrichauer Nekrologium], in: Derwich / Pobóg-Lenartowicz, Klasztor (wie Anm. 2), 199–210, hier 208f. auf das Fehlen von Einträgen über die Stifter des Klosters in der ältesten Schicht des ‚Heinrichauer Nekrologiums‘. 60 Jarosław Wenta, Dziejopisarstwo cystersów a „memoria“ na przykładzie Henrykowa, Lubiąża i Oliwy [Die Geschichtsschreibung der Zisterzienser und die „Memoria“ am Beispiel von Heinrichau, Leubus und Oliva], in: Derwich / Pobóg-Lenartowicz, Klasztor (wie Anm. 2), 191–198. 61 Kazimierz Jasiński, Wielkopolskie reminiscencje w tzw. godzinkach św. Jadwigi [Großpolnische Reminiszenzen in den sogenannten Stundengebeten der hl. Hedwig], in: Zap. Hist. 52, 1987, 703– 713; Ders., Rękopis zwany „Nekrologiem czesko-śląskim“ [Das als „Böhmisch-Schlesisches Nekrologium“ bezeichnete Manuskript], in: Ryszard Gładkiewicz (Hrsg.), Polska – Śląsk – Czechy. Studia nad dziejami stosunków kulturalnych i politycznych w średniowieczu. Wrocław 1994, 39–71, hier 49–51, 60f., 65f.; Ders., Związki rękopisu zawierającego tzw. nekrolog czeskośląski z Czechami [Die Verbindungen des das sog. Böhmisch-Schlesische Nekrologium enthaltenden Manuskripts mit Böhmen], in: Andrzej Radzimiński / Anna Supruniuk / Jan Wroniszewski (Hrsg.), Venerabiles, nobiles et honesti. Studia z dziejów społeczeństwa Polski średniowiecznej.

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‚Nekrologium‘ reichen bis auf Agnes zurück, die Großmutter Heinrichs I., und erwähnen auch die Ehefrauen und die meisten Kinder Bolesławs I. des Langen (mit Ausnahme von Johann, der im Zisterzienserkloster in Pforta beigesetzt wurde,62 und Zbysława Adelheid, deren Grab sich in Trebnitz befindet63), sowie die männlichen Nachkommen Heinrichs I.64 Es ist sehr wahrscheinlich, dass es sich bei der Person, die in Trebnitz neue Einträge ins ‚Nekrologium‘ tätigte, um die Äbtissin Gertrud handelte, die aus dem ursprünglichen Nekrologium des Trebnitzer Klosters diejenigen Einträge übernahm, die die nächste Familie Heinrichs I. betrafen. Dagegen kann die genaue Angabe des Todesdatums der Kinder des in Leubus beigesetzten Bolesław des Langen, angesichts des Fehlens jeglicher Erwähnung seiner in Trebnitz beigesetzten Tochter, nur durch die Übernahme dieser Einträge aus dem Leubuser Nekrologium und ihrem vermutlichen Fehlen im Trebnitzer Nekrologium erklärt werden. Für eine solche Annahme spricht auch der Inhalt des Czarnowanzer Nekrologiums, der nur die Todesdaten des Ehegatten, der Kinder und der Schwiegertochter der Stifterin, d. h. der Herzogin Ludmilla von Oppeln enthält, ihre und ihres Ehegatten Eltern bzw. Großeltern jedoch völlig übergeht.65 Eine Kopie des Leubuser Nekrologiums war sicher mit den Leubuser Mönchen nach Trebnitz gekommen, die die Zisterzienserinnen geistlich betreuten.66 Die Heinrich I. und seine Kinder betreffenden Inhalte wurden fortlaufend in das Trebnitzer

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Prace ofiarowane Profesorowi Januszowi Bieniakowi w siedemdziesiątą rocznicę urodzin i czterdziestopięciolecie pracy naukowej. Toruń 1997, 477–492, hier 482; 485–492. Ihm folgt u. a. Ivan Hlaváček, Die spätmittelalterlichen böhmischen Nekrologien als Quelle des klösterlichen Alltags, in: Marek Derwich (Hrsg.), La vie quotidienne des moines et chanoines réguliers au Moyen Age et Temps modernes. Wrocław 1995, 581–590, hier 583. Kazimierz Jasiński, Rodowód Piastów śląskich. Bd. 1: Piastowie wrocławscy i legnicko-brzescy [Der Stammbaum der schlesischen Piasten. Band 1: Die Breslauer und Liegnitzer-Brieger Piasten]. Wrocław 1973, 72f. Jasiński, Rodowód (wie Anm. 62), 81–84; Kronika polska [Polnische Chronik]. Ed. Ludwik Ćwikliński, in: MPH. Bd. 3. Lwów 1878, 578–656, hier 650f. Wilhelm Wattenbach, Böhmisch-Schlesisches Nekrologium, in: ZVGASCHl 5, 1863, 107–115, hier 110–115. 14. Januar: Ludmilla Ducissa filia Mesconis haeres huius loci; 9. Mai: Agnes Ducissa filia Mesconis haeres huius loci; 13. Mai: Casimirus Dux Fundator huius loci (der Sohn von Mieszko I. Humpelbein), 16. Mai: Mesco dux Polonorum Fundator huius loci; 25. Mai: Euphrosina Ducissa Mesconis filia; 1. Juli: Wenceslava Domicella Fundatrix huius loci (die Tochter von Mieszko I. Humpelbein); 7. April: Wyola Ducissa Oppoliensis (die Gattin des Herzogs Kasimir); 20. Oktober: Ludmilla Ducissa prima Fundatrix huius loci (die Gattin von Mieszko I. Humpelbein); Necrolog des Klosters Czarnowanz. Ed. Wilhelm Wattenbach, in: ZVGASCHl 1, 1856, 226–228. Schlesisches Urkundenbuch. Ed. Appelt / Irgang (wie Anm. 3), Bd. 1, Nr. 191; 192; vgl. Kazimierz Bobowski, Fundacja i początki klasztoru cysterek w Trzebnicy [Die Stiftung und die Anfänge des Klosters in Trebnitz], in: Ders. (Hrsg.), Studia Historyczne. Ustrój, kościół, militaria. Wrocław 1993, 31–39, hier 38f.

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Nekrologium eingetragen und dann in das ‚Böhmisch-Schlesische Nekrologium‘ übernommen. Das Fürbittengebet der Nonnen umfasste somit den Stifter, seine Eltern, Ehegattin und Kinder, nur sehr selten allerdings auch die Großeltern. Dem Phänomen einer Privilegierung des Angedenkens an die nächsten Familienmitglieder des Stifters begegnen wir auch in den rekonstruierten Annalen der Zisterzienserinnen in Trebnitz. Für ihren Verfasser besaßen die Todesdaten der Stifter, Herzog Heinrichs des Frommen sowie seiner Gattin und das Datum der Kanonisierung der hl. Hedwig, dasselbe Gewicht wie die Provenienz des Konvents und die Tatsache der Weihe der Abteikirche.67 Die umfangreichsten Angaben über die Vorfahren der Stifter der Trebnitzer Abtei enthielt die ‚Genealogie der hl. Hedwig‘. Diese betrafen allerdings hauptsächlich die wettinischen Vorfahren der hl. Hedwig – und zwar deshalb, weil der Franziskaner Heinrich von Bremen, ein Wettiner, beträchtlichen Anteil an der Entstehung der ‚Genealogie‘ hatte.68 Dieselbe Quelle verweist darauf, welch große Bedeutung man in Ordenskreisen der Herkunft der Oberinnen aus der Stifterfamilie beimaß. Denn der den Eheschließungen der Töchter der hl. Hedwig gewidmete Schlussteil der ‚Genealogie‘ ist auf ein einziges Ziel ausgerichtet – den Beweis, dass die Trebnitzer Äbtissin Konstanze, die Tochter Siemomysłs von Kujawien und Enkelin Kasimirs von Kujawien und Konstanze, der Tochter Heinrichs II., eine Blutsverwandte der hl. Hedwig war.69 Das Nekrologium der Czarnowanzer Prämonstratenserinnen, das im 17. Jahrhundert auf der Grundlage älterer, vermutlich mittelalterlicher und neuzeitlicher Nekrologien entstand,70 erlaubt eine Bestimmung des Kreises der Nachkommen der Stifter, der die Memoria der Nonnen umspannte. Es stellt sich heraus, dass hier das Gedächtnis derjenigen Mitglieder der Stifterfamilie bewahrt wurde, die das Patronatsrecht über das Kloster besaßen, sowohl aufgrund ihrer Herkunft als auch der Machtausübung in dem Gebiet, in dem das Kloster lag.71 Von den 18 Notizen, die die Nachkommen Herzog

67 Wacław Korta, Średniowieczna annalistyka Ślaska [Die mittelalterliche Annalistik Schlesiens]. Wrocław 1966, 95–100, 104. 68 Vgl. Kazimierz Jasiński, „Genealogia św. Jadwigi“. Studium źródłoznawcze [Die „Genealogie der hl. Hedwig“. Eine quellenkundliche Studie], in: Helena Chłopocka / Brygida Kürbis (Hrsg.), Mente et litteris. O kulturze i społeczeństwie wieków średnich. Poznań 1984, 195–204, hier 199–201. 69 Vita sanctae Hedwigis. Ed. Semkowicz (wie Anm. 4), 650f. 70 Mortuologium, quod hodie legitur, comparatum 1654 a Praeposito Paulo Scrabone loci hius Canonico Strahoviensi partim ex veteri conscriptum partim novis funebris fratrum, sororum, consanguineorum et benefactorum auctum. Necrolog des Klosters. Ed. Wattenbach (wie Anm. 65), 226. 71 Von einem tatsächlichen Zusammenhang zwischen der geografischen Lage des Klosters und der von ihm erfüllten Sepulkral- und somit auch Memorialfunktion in Bezug auf die Feudalherren zeugt das von Philippe Racinet, Życie i śmierć w średniowieczu. Przykład klasztorów benedyktyńskich [Leben und Tod im Mittelalter. Das Beispiel der Benediktinerklöster], in: Derwich, Śmierć w dawnej (wie Anm. 59), 47–72, hier 51 angeführte Beispiel des Priorats in Nanteul-le-Haudouin,

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Kasimirs von Oppeln betrafen, des Sohnes der Stifterin Ludmilla, sind die meisten (13) Oppelner Herzögen gewidmet, ohne Angaben über deren Ehegattinnen, Geschwister oder Nachkommen. Das Fehlen der Todesdaten der Nachkommen und Gattinnen dieser Oppelner Herzöge im Nekrologium resultiert nicht etwa aus ihrer Beseitigung durch den Kompilator im 17. Jahrhundert. Ohne eigenen Kommentar nannte der Autor des Nekrologiums die Todesdaten von fünf Nachkommen und Verwandten Oppelner Piasten, die nicht in Oppeln herrschten,72 was auf eine wortgetreue Übernahme aller das herzogliche Geschlecht betreffenden Notizen aus einem früheren Nekrologium hindeutet. Hätte der Autor den Grund angegeben, weshalb er gerade diese Namen wählte, dann könnte vermutet werden, dass die Todesdaten solcher Oppelner Piasten übergangen wurden, die sich um das Kloster weniger verdient gemacht hatten. Eben dies tat der Autor bei drei Notizen über weltliche Personen außerhalb des Piastengeschlechts, wobei er kurze Kommentare hinzufügte, die ihr Vorkommen im Nekrologium erklären.73 Dabei bildete die mangelnde Unterstützung des Klosters durch diejenigen Nachkommen der Stifterin, die nicht in Oppeln herrschten, keineswegs das entscheidende Argument für das Übergehen ihrer Memoria. Die Ratiborer Herzöge Przemysław und Mieszko, Söhne Wladyslaws I. von Oppeln, wurden im Nekrologium des Klosters nicht erwähnt, obwohl sie die Prämonstratenserinnen 1288 und 1289 reichlich beschenkt hatten.74 Dagegen enthält das Nekrologium eine Heinrich dem Bärtigen gewidmete Notiz, obwohl dieser nicht viele Dotationen zugunsten der Nonnen getätigt hatte.75 Die Nonnen beteten auch für das Seelenheil von Personen, die sich um den Stifter besonders verdient gemacht hatten, sowie für mit ihm verschwägerte oder politisch verbündete Personen. Das ‚Böhmisch-Schlesische Nekrologium‘ enthält unter dem 30. November eine Kommemoration des Notars Heinrichs des Bärtigen, Nikolaus, sowie des comes Pielgrzym, der den Herzog während des Attentats in Gąsawa mit eigener Brust gedeckt hatte. Kazimierz Jasiński war der Ansicht, dass diese beiden Notizen bewusst auf einen Tag gelegt wurden, um die Anniversarien für Heinrich nahestehende Personen gleichzeitig zu begehen.76 Es scheint durchaus möglich zu sein, dass diese Einträge aus dem ursprünglichen Trebnitzer Nekrologium übernommen

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dessen Kirche vom 12. bis 16. Jahrhundert als Nekropole der Familien der sich ändernden Senioratsherren des nahegelegenen Schlosses fungierte. Bernhard, der Sohn Bolesławs III. (2. April), Anna, die Tochter Bolesławs II. oder III. von Oppeln (8. April), der Ratiborer Herzog Johann, Gattin der Magdalena, der Tochter Nikolaus I. von Oppeln (14. April), der Glogauer Herzog Wenzel, Enkel von Władysław I. von Oppeln (1. Oktober), Margarethe, die Tochter Bolesławs IV. von Oppeln (6. Dezember). Necrolog des Klosters. Ed. Wattenbach (wie Anm. 65), 226–228. 2. März: Przibislaus miles qui dedit Rojanon; 12. März: Joannes qui dedit duos mansos; 15. März: Serenissima Princeps Helena de Wisniowiecz benefatrix et mater nostra maxima. Necrolog des Klosters. Ed. Wattenbach (wie Anm. 65), 226. Schlesisches Urkundenbuch. Ed. Appelt / Irgang (wie Anm. 3), Bd. 5, Nr. 403; 430. Ebd., Bd. 2, Nr. 81. Wattenbach, Nekrologium (wie Anm. 64), 115; Jasiński, Rękopis (wie Anm. 61), 52f.

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worden sind – sowohl Pielgrzym als auch Nikolaus starben im November 1227, d. h. noch bevor das Manuskript mit dem ‚Nekrologium‘ nach Trebnitz gelangte. Charakteristisch sind zwei andere Notizen, die aus dem Trebnitzer Nekrologium ins ‚BöhmischSchlesische Nekrologium‘ gelangt sein können. Sie betreffen den Krakauer Herzog Leszek den Weißen, einen Verbündeten Heinrichs I., und den masowischen Herzog Konrad, den Schwiegervater der Töchter Heinrichs II. Weniger gesichert ist die Trebnitzer Provenienz der die Vorfahren des großpolnischen Herzogs Przemysław I. betreffenden Einträge. Sie konnten entweder im Zusammenhang mit seiner Heirat mit Elisabeth, der in Trebnitz erzogenen Tochter Heinrichs II., oder mit seiner Stiftung der Abtei in Owińska entstanden sein.77 Möglich ist auch, dass sie schon nach der Verbringung des ‚Böhmisch-Schlesischen Nekrologium‘ nach Großpolen in dieses eingetragen wurden. Die im ‚Nekrologium‘ enthaltenen Kommemorationen der Söhne Mieszkos des Alten, Bolesław und Mieszko, entstammten vermutlich dem Leubuser Nekrologium. Mieszko der Alte war nämlich als Wohltäter der Abtei in Leubus bekannt.78 Die Władysław Dünnbein (gest. 1231) betreffende Notiz ist eher Trebnitzer Provenienz, und ihre Entstehung kann mit der Zusammenarbeit dieses Herzogs mit Heinrich I. in Verbindung gebracht werden.79 Wie es scheint, waren die Gebetspflichten einer Nonne aus der Stifterfamilie gegenüber ihren Verwandten umfassender als die oben skizzierten Aufgaben, die auf dem gesamten Konvent ruhten. Greifen wir erneut auf das Beispiel eines privaten Nekrologiums der mit Trebnitz verbundenen Piastentöchter zurück – auf das ‚Böhmisch-Schlesische Nekrologium‘. Eingefügt wurden ihm Notizen aus dem Leubuser Nekrologium, die der Familie des Ahnen des Stifters, Bolesławs des Langen, gewidmet waren. Wie bereits erwähnt, waren diese Notizen nicht im Nekrologium der Trebnitzer Abtei enthalten. Vielleicht wurden die Notizen, die der Familie der Herzöge von AndechsDiessen gewidmet waren, aus der die Mutter der Äbtissin, die hl. Hedwig stammte, auf Initiative der Äbtissin Gertrud ins ‚Nekrologium‘ aufgenommen. Sie konnten im privaten Nekrologium der hl. Hedwig enthalten gewesen sein, das in Trebnitz aufbewahrt wurde. Möglich ist auch, dass diese Einträge zusammen mit dem ursprünglichen Nekrologium der Nonnen von Bamberg nach Trebnitz gekommen sind. Obwohl die Abtei nicht vom Geschlecht Andechs gestiftet wurde, war sie dennoch eng mit ihm verbunden – Hedwigs Schwester Mechthild war dort Äbtissin.80 Die Hypothese über den Eintrag

77 Jasiński, Rękopis (wie Anm. 61), 51f.; 54. 78 Konstanty Klemens Jażdżewski, Lubiąż. Losy i kultura umysłowa śląskiego opactwa cystersów (1163–1642) [Leubus. Die Geschicke und die geistige Kultur einer schlesischen Zisterzienserabtei (1163–1642)]. Wrocław 1992, 34–36; Jasiński, Rękopis (wie Anm. 61), 54f. 79 Benedykt Zientara, Heinrich der Bärtige und seine Zeit. Politik und Gesellschaft im mittelalterlichen Schlesien. München 2002, 183f., 249–251; 290ff.; 302f.; 324–326. 80 Joseph Gottschalk, St. Hedwig, Herzogin von Schlesien. Köln 1964, 121–130; Heinrich Grüger, Der Konvent von Trebnitz, in: Kaczmarek / Wójcik, Księga Jadwiżańska (wie Anm. 3), 83–98,

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der die Familien Andechs betreffenden Notizen in Trebnitz stellt eine beträchtliche Vereinfachung ihrer Genese dar.81 Belebt wurde das Gedächtnis der Mitglieder dieser Familie bei den Nonnen vom Kult der hl. Elisabeth, einer Nichte der hl. Hedwig, dem sich Hedwig und Gertrud widmeten.82 Nach dem Tod der Herzogin Hedwig gebot ihre Tochter der Schwester Wieńczysława, der Toten den Schleier vom Kopf zu nehmen – ein Geschenk der hl. Elisabeth. Die Äbtissin wollte nämlich ut et matris et matertere memoriam in illo velamine confoveret ac iuge dilectionis memoriale non amitteret.83 Das Gedächtnis der Stifterfamilie wurde in den Klöstern nicht nur durch die Klosternekrologien gewahrt. Die ‚Erinnerungsstücke der Breslauer Klarissen‘ (die so genannten ‚Annalen der Breslauer Klarissen‘), die gegen Ende des dritten Jahrzehnts des 14. Jahrhunderts entstanden,84 überliefern neben einer kurzen Schilderung der Anfänge des Klosters (die etwa ein Drittel des Textes einnehmen) ausschließlich Informationen über die Todesdaten und die letzte Ruhestätte der Stifterin, der Äbtissinen und der Piasten, die in der Kapelle der hl. Hedwig beigesetzt wurden.85 Vermutlich schöpfte der Autor bei der Bearbeitung dieses Teils der ‚Aufzeichnungen‘ weniger aus dem Klosternekrologium als vielmehr aus den Inschriften auf den Grabplatten. Dafür sprechen seine Jahresangabe der Todesdaten, was im Prinzip eine ausschließliche Verwendung des Klosternekrologiums ausschließt, sowie die genaue Angabe der Beisetzungsorte der einzelnen Personen. Daher scheint die Annahme begründet, dass das Vorhandensein herzoglicher Grabstätten auf dem Terrain der Klosterkirche zur Belebung der Erinnerung an die Rolle der Piastendynastie in der Geschichte der Klarissenabtei beitrug. Welch große Aufmerksamkeit dem Memorialcharakter solcher Grabstätten beigemessen wurde, davon zeugt der Bericht der ‚Vita der hl. Hedwig‘ über den Tod der Heldin. Sterbend nannte die Herzogin verschiedene wenig ehrenvolle Orte, an denen sie beigesetzt werden wollte. Aber ihre Tochter, die Äbtissin Gertrud, stellte autoritativ fest: ante altari beati Petri te, mater, collocabimus, ut sepulcrum tuum semper ante oculos habeamus.86 Eine solche Situierung der Grabstätte der Herzogin garantierte, dass die Nonnen, die sich vom Dormitorium in die Kirche begaben, jedes Mal am Grab der

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hier 84, Anm. 1 und 2; Józef Swastek, Rodzina świętej Jadwigi [Die Familie der heiligen Hedwig], in: Kaczmarek / Wójcik, ebd., 43–59, hier 47–49; 51. Jasiński, Rękopis (wie Anm. 61), 65 war geneigt, ihre Entstehung in Böhmen, aufgrund der Vermittlung der hl. Hedwig in den Kontakten zwischen der Familie Andechs und den Přemysliden durch ihre Schwiegertochter Anna anzunehmen. Kazimierz Jasiński, Kult świętej Elżbiety w dynastii piastowskiej [Der Kult der heiligen Elisabeth in der Piastendynastie], in: Krystyna Zielińska-Melkowska (Hrsg.), Europa środkowa i wschodnia w polityce Piastów. Toruń 1997, 197–212, hier 202f. Vita sanctae Hedwigis. Ed. Semkowicz (wie Anm. 4), 582; Walter, Äbtissin Gertrud (wie Anm. 53), 58–60. Korta, Średniowieczna (wie Anm. 67), 253–255. Spominki klarysek wrocławskich [Aufzeichnungen der Breslauer Klarissen]. Ed. August Bielowski, in: MPH, Bd. 3. Lwów 1878, 690–695, hier 690f. Vita sanctae Hedwigis. Ed. Semkowicz (wie Anm. 4), 578.

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Heiligen vorbeikommen mussten.87 Um die letzte Ruhestätte ihrer Schwiegermutter zu beleuchten, stiftete die Herzogin Anna eine „Krone“ von Kerzen, die in der Grabkapelle aufgehängt wurde.88 Der sich entwickelnde Kult der Herzogin Hedwig konzentrierte sich auf ihr Grab, was auf natürliche Weise die Anwesenheit Trebnitzer Nonnen dort begünstigte.89 Jedes Jahr zum Todestag Hedwigs verbrachten die Nonnen zusammen mit anderen Frauen eine Nachtwache vor ihrem Grab.90 Dieser Kult der Stifterin und späteren Heiligen bildete zweifellos einen der Hauptbestandteile der Spiritualität der Trebnitzer Nonnen.91 Die damit verbundene Wallfahrtsbewegung92 erhöhte die Bedeutung des Grabes der Stifterin von Trebnitz im Raum der Abteikirche, umso mehr als die Grabstätte des Stifters ja immer einen ehrenvollen Platz in der Klosterkirche einnahm.93 87 Ewald Walter, Die erste Grabstätte Hedwigs, in: Arch. schl. Kirchengesch. 20, 1962, 29–83, hier 44–46. 88 Ewald Walter, Die von Anna, der böhmischen Königstochter und Herzogin von Schlesien (†1265), ihrer Schwiegermutter, der hl. Hedwig (†1243), gewidmete „corona“ in Trebnitz, in: Arch. schl. Kirchengesch. 15, 1957, 44–85, hier 78f. 89 Vita sanctae Hedwigis. Ed. Semkowicz (wie Anm. 4), 591; 605; 610. 90 Ebd., 627. 91 Der Autor der ersten ‚Vita‘ der hl. Hedwig war ein Leubuser Zisterzienser, vgl. Konstanty Klemens Jażdżewski, Engelberci czy Engelbert? W związku z autorem pierwszego „Żywota“ św. Jadwigi śląskiej (druga połowa XIII w.) [Mehrere Engelberts oder ein Engelbert? Im Zusammenhang mit dem Verfasser der ersten „Vita“ der hl. Hedwig von Schlesien (zweite Hälfte des 13. Jahrhunderts)], in: Chłopocka / Kürbis, Mente et litteris (wie Anm. 68), 189–194, hier 193f., der sich vielleicht vorübergehend unter den Fratres befand, die sich um die Nonnen in Trebnitz kümmerten. Zu den engen Verbindungen zwischen dem Kult der hl. Hedwig und dem Zisterzienserorden in Schlesien im 14. Jahrhundert vgl. Halina Manikowska, Legenda św. Jadwigi – obieg i transformacja [Die St. Hedwig-Legende – Umlauf und Transformation], in: Bronisław Geremek (Hrsg.), Kultura elitarna a kultura masowa w Polsce późnego średniowiecza. Wrocław 1978, 155– 171, hier 160. 92 Gottschalk, St. Hedwig, Herzogin (wie Anm. 80), 213; 271; Heinrich Grüger, Schlesisches Klosterbuch. Trebnitz, Zisterzienserinnenabtei, in: Jb. Schl. Univ. Bresl. 23, 1982, 55–83, hier 57; Kazimierz Bobowski, Sanktuarium św. Jadwigi w Trzebnicy jako miejsce pielgrzymek w średniowieczu i w czasach nowożytnich [Das Sanktuarium der hl. Hedwig in Trebnitz als Wallfahrtsort im Mittelalter und in der Neuzeit], in: Śląski Labirynt Krajoznawczy 4, 1992, 13–19. 93 Ewald Walter, Sinn und Zweck der geplanten, nur teilweise ausgeführten gotischen Ostpartie der ehemaligen Zisterzienserinnenkirche in Trebnitz, in: Jb. Schl. Univ. Bresl. 20, 1979, 51–76, hier 59f. Vgl. auch Zenon Woźniak / Helena Zoll-Adamikowa, Uwagi o typografii i stratygrafii wzgórza klasztornego w Tyńcu [Bemerkungen zur Typografie und Stratigrafie des Klosterhügels in Tyniec], in: Folia Historiae Artium 6/7, 1971, 15–48, hier 31–37; Klementyna Żurowska, Dwa zagadkowe groby romańskie w Tyńcu [Zwei geheimnisvolle romanische Gräber in Tyniec], in: Z Otchłani Wieków 40, 1974, 157–160; Zofia Kozłowska-Budkowa, W dziewięćsetlecie śmierci Bolesława Szczodrego. Zapiski z nekrologów i grób królewski [Zum 900. Todestag Bolesławs des Kühnen. Die Nekrologiennotizen und das Königsgrab], in: StŹrodł 28, 1983, 183–185; Helena Zoll-Adamikowa, Pochówki dostojników kościelnych i świeckich w Polsce wczesnopiastowskiej (na podstawie źródeł archeologicznych) [Grabstätten kirchlicher und weltlicher Würdenträger im frühpiastischen Polen (auf der Grundlage archäologischer Quellen)], in: Rocz. Hist. 55/56, 1990,

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Grabplatte der Herzogin Anna (gest. 1265) in der Hedwigskapelle des Breslauer Klarissenklosters, heute Kloster der Ursulinen

33–70; Dies., Frühmittelalterliche Bestattungen der Würdenträger in Polen (Mitte des 10. bis Mitte des 12. Jh.), in: Przegląd Archeologiczny 38, 1991, 109–136, hier 116f.; 126; Jadwiga Chudziakowa, Pochówki z zespołów klasztornych Mogilna, Strzelna i Trzemeszna, woj. bydgoskie [Die Grabstätten in den Klosterensembles von Mogilno, Strehlen und Tremessen, Wojewodschaft Bromberg / Bydgoszcz], in: Śmierć w dawnej (wie Anm. 59), 87–105, hier 95; Zofia Kurnatowska, Pochówki w obrębie kościoła i klasztoru oo. benedyktynów w Lubiniu [Grabstätten im Bereich der Kirche und des Klosters der Benediktinerpatres in Lubiń], in: Śmierć w dawnej (wie Anm. 59), 107–122, hier 109f.; 115; Helena Zoll-Adamikowa, Elementy „Ordo defunctorum“ średniowiecznych benedyktynów tynieckich (na podstawie wykopalisk) [Elemente des „Ordo defunctorum“ der mittelalterlichen Tyniecer Benediktiner (auf der Grundlage von Ausgrabungen)], in: Derwich, Śmierć w dawnej (wie Anm. 59), 73–86, hier 76f.; Magdalena Żurek, Próba identyfikacji grobu w zachodniej części kościoła pw. Narodzenia NMP w Lubiniu [Versuch einer Identifikation des Grabes im westlichen Teil der Kirche Mariä Geburt in Lubiń], in: Derwich, ebd., 123–130, hier 126.

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Sowohl durch materielle Kulturdenkmäler und die Liturgie94 als auch durch die Kenntnis ihrer ‚Vita‘ und ihrer ‚Genealogie‘ belebte der Kult der hl. Hedwig unter den Nonnen auch die Erinnerung an die übrigen Mitglieder der Stifterfamilie – umso mehr, als in der Abteikirche ja auch andere Mitglieder dieses Geschlechts beigesetzt waren: Heinrich der Bärtige und seine Schwester Adelheid.95 Als Piastentochter sorgte die Äbtissin Gertrud dafür, dass noch vor dem Abschluss der Bauarbeiten an der Klosterkirche ihr Bruder Konrad im Kapitelhaus seine letzte Ruhestätte fand.96 Das Totengedenken an die Stifterfamilie in Trebnitz war auch vom Generalkapitel befohlen, vermutlich dank der Bemühungen der Äbtissin Gertrud und ihrer Brüder um die Kanonisierung der Herzogin.97 Im Jahre 1252 beschloss das Kapitel des Zisterzienserordens, dass in der Abtei in perpetum Anniversarien für das Seelenheil der Äbtissin Gertrud [sic!], ihrer Mutter, ihres Vaters sowie ihres Bruders zelebriert werden sollten.98 Zweifellos begünstigte die Situation der Abtei in Trebnitz – der mächtigsten Stiftung des schlesischen Herzogs, der letzten Ruhestätte Heinrichs des Bärtigen und seiner für heilig angesehenen Gattin, bei den Zisterzienserinnen ganz außerordentlich die Wahrung der Erinnerung an die Familie der Stifter. Einer ähnlichen Situation begegnen wir auch im Kloster der Breslauer Klarissen. An die Person der Initiatorin der Ansiedlung von Klarissen in Schlesien erinnerte die Nonnen die zu didaktischen Zwecken für die Nonnen bestimmte ‚Vita‘ der Herzogin Anna, Ehefrau Herzog Heinrichs II. des Frommen.99 Vier der fünf ersten Äbtissinen entstammten direkt der Stifterfamilie. Man darf annehmen, dass in den Klöstern der Strehlener Klarissen100 und Ratiborer Dominikanerinnen, die mit den Schweidnitzer und Ratiborer Herzögen eng verbunden waren, die Erinnerung an ihre Stifter einen ähnlichen, dauerhaften Charakter besaß. Wir können nur vermuten, dass in dem einzigen von einer Ritterfamilie gestifteten Frauenkloster in 94 Joseph Gottschalk, St. Hedwig und der Zisterzienserorden, in: Arch. schl. Kirchengesch. 25, 1967, 38–51, hier 46f. 95 Kronika polska. Ed. Ćwikliński (wie Anm. 63), 650. Vgl. Kazimierz Jasiński, Działalność czeskich Dypoldowiców na Śląsku w pierwszej połowie XIII w. [Die Tätigkeit der böhmischen Fürsten von Diepold in Schlesien in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts], in: Społeczeństwo Polski średniowiecznej 4, 1990, 171–203, hier 195f.; 198–200. 96 Ewald Walter, Die Grabstätte Konrads, des Sohnes der hl. Hedwig, in Trebnitz und die angeblich als Krypta in die Klosterkirche einbezogene alte Peterskapelle daselbst, in: Arch. schl. Kirchengesch. 14, 1956, 24–58, hier 36f. 97 Joseph Gottschalk, Die Förderer der Heiligsprechung Hedwigs, in: Arch. schl. Kirchengesch. 21, 1963, 73–132, hier 77; 81f.; 92; Ders., St. Hedwig (wie Anm. 94), 46. 98 Schlesisches Urkundenbuch (wie Anm. 3), Bd. 3, Nr. 53. 99 Marek Cetwiński, „Anna Beatissima“. Wokół średniowiecznej biografii dobrodziejki benedyktynów krzeszowskich [„Anna Beatissima“. Zur mittelalterlichen Biografie einer Wohltäterin der Grüssauer Benediktiner], in: Kazimierz Bobowski / Henryk Dziurla (Hrsg.), Krzeszów uświęcony Łaską. Wrocław 1997, 31–37, hier 34. 100 Das Kloster der Klarissen diente als Begräbnisstätte für einen Verwandten Bolkos I. – Ludwig von Hackeborn (1298 oder 1318), vgl. Joseph Gottschalk, Kloster Helfta und Schlesien, in: Arch. schl. Kirchengesch. 13, 1955, 62–81, hier 78–80; Eistert, Anfänge (wie Anm. 23), 113.

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Schlesien, der Abtei Liebenthal, ebenfalls das Gedächtnis der Stifterfamilie gepflegt wurde. Im 16. Jahrhundert war in dieser Abtei die Erinnerung an die Grabstätten der Mitglieder des Geschlechts derer von Liebenthal lebendig, auch wenn die Äbtissin diese Gräber nicht mehr zu lokalisieren vermochte.101 Zu Beginn des 18. Jahrhunderts verwiesen die Nonnen während einer Visitation korrekt auf Jutta von Liebenthal und ihre Söhne als Stifter dieses Klosters.102 Sicher seltener und in geringerem Umfang wurde der Stifterfamilie in solchen Klöstern gedacht, die keinerlei Unterstützung von dieser erhielten. Gewiss wurde die kollektive Erinnerung an die Person des Stifters und seine Wohltaten für das Kloster auch durch Kunstwerke wachgehalten. Im Kloster der Breslauer Klarissen befand sich ein von etwa 1480 stammendes Bild der Herzogin Anna.103 Im 17. Jahrhundert wurde die Existenz eines Bildes oder einer Statue (imago) Unserer Lieben Frau im Kloster der Benediktinerinnen in Striegau einer Schenkung der Herzogin Beatrix zugeschrieben, der Stifterin dieses Klosters.104

Das Kloster als Aufenthaltsort der Stifterfamilie Die Sicherung einer Grabstätte und einer Memoria in der Klosterkirche befriedigte die frommen Bedürfnisse der Stifter nur zum Teil. Das Kloster bildete auch einen privilegierten Ort für religiöse Praktiken, welche ihnen ihr Seelenheil garantieren sollten. Die Herzogin Hedwig wohnte noch zu Lebzeiten ihres Gatten in claustro Trebnicensi und besaß dort im Chor der Nonnen eine besondere Bank, die an den Thron der Äbtissin erinnerte;105 sie trug auch das Ordensgewand, allerdings ohne die Gelübde abgelegt zu haben.106 Aufgrund von Erwähnungen in ihrer ‚Vita‘ und ihren ‚Miraculi‘ können wir feststellen, dass sie sich sehr oft im Klausurbereich aufhielt – im Dormitorium, im Refektorium und im Kapitelhaus sowie im Chor.107 Den Pflichten des Ordenslebens kam sie noch eifriger nach als die Nonnen selbst und wurde diesen dadurch zum Vor101 102 103

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Görlich, Benediktiner-Jungfrauenkloster (wie Anm. 32), 7. Archiwum Archidiecezji Wrocławskiej, II b 154, 365. Augustin Knoblich, Herzogin Anna von Schlesien. 1204–1265. Erinnerungsblätter zu ihrem sechshundertjährigen Todestage. Breslau 1865, 119f.; Ewald Walter, Franziskanische Armutsbewegung in Schlesien. War die Herzogin Anna (†1265), die Schwiegertochter der hl. Hedwig, eine Terziarin des Franziskanerordens?, in: Arch. schl. Kirchengesch. 40, 1982, 207–222, hier Ill. 1. Visitationsberichte der Diözese Breslau. Erster Teil. Ed. Joseph Jungnitz. Breslau 1902, 368. Ewald Walter, Die ehemalige „kleine Hedwigskapelle“ in der Zisterzienserinnenkirche in Trebnitz, „darin fromme Fürstin (Hedwig) zu beten pflege“, in: Arch. schl. Kirchengesch. 13, 1955, 26–61, hier 45–48. Vita sanctae Hedwigis. Ed. Semkowicz (wie Anm. 4), 518f.; vgl. Gottschalk, St. Hedwig (wie Anm. 94), 43–45. Vita sanctae Hedwigis. Ed. Semkowicz (wie Anm. 4), 516f.; 521; 531f.; 534.

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bild.108 Nachdem die Herzogin Hedwig verwitwet war, redete die Äbtissin Gertrud ihr entschieden zu, nun auch das formale Gehorsamsgelübde abzulegen. Aber die Herzogin lehnte ab. Umstritten ist der von der Kanonisierungsbulle und der ‚Vita‘ angeführte und von den Forschern gemeinhin akzeptierte Grund für diese Absage – ihr Wille, den Armen Almosen aus dem eigenen Besitz geben zu können.109 Wir wissen, dass die Äbtissin Gertrud einen gesonderten ‚Tisch‘ besaß, der aus dem Klosterbesitz ausgesondert war. Hedwig hätte durchaus einen ähnlichen bekommen können. Selbst wenn Hedwig befürchtete, die Kontrolle über ihren Besitz zu verlieren, wäre für Gertrud die Ablegung der Gelübde durch ihre Mutter vor allem deshalb von Bedeutung gewesen, um eine Anklage wegen der Verletzung der Klausur in der Abtei zu vermeiden. Die Erhebung eines solchen Vorwurfes wäre nämlich vollauf gerechtfertigt, seit das Generalkapitel im Jahre 1238 die Übernachtung weltlicher Frauen in Frauenklöstern streng verboten hatte.110 Hedwig selbst verwies darauf, dass die Unterstützung der Armen bzw. „der Armen für Christus“ (handelte es sich dabei um Bettler oder eher um Mönche und Nonnen?) nicht den einzigen Grund für ihre Ablehnung bildete. Cui [i.e. Gertrudae] illa [i.e. Hedwigis] respondit: non ignoras filia, quanti sit meriti elemosinas elargiri? Et sic quodammodo filie declinavit instanciam, non quod parvum reputaret esse obediencie meritum, sed quia monasterii, cuius ipsa fundatrix erat, adhuc promotrix et gubernatrix esse diucius cupiebat pro Christoque pauperes consolari volebat in visceribus caritatis.111 Somit scheint es, dass sich die Herzogin ihrer Tochter deshalb nicht unterordnen wollte, weil sie beabsichtigte, als Stifterin des Klosters dessen Führerin, Beschützerin und Beraterin zu bleiben. Wir wissen nicht genau, auf welche Weise die verwitwete Herzogin ihre Rolle einer promotrix et gubernatrix monasterii erfüllte. Erwähnt sei lediglich, dass sie viele Frauen im Kloster unterbrachte, die zumindest zum Teil ihre Zöglinge waren.112 Sie kann auch Einfluss auf das ideologische Programm der architektonischen Gestaltung der Abteikirche ausgeübt haben.113 Wesentlich für unsere Betrachtungen ist die Rolle, die Hedwig im Kloster spielte. Die vielfältigen asketischen Übungen erfüllte sie voller Demut und sie war die unbestrittene Gönnerin und Führerin der Nonnen.

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Ebd., 520f. Ebd., 519; Joseph Gottschalk, Die Kanonisationsurkunde der hl. Hedwig, in: Arch. schl. Kirchengesch. 22, 1964, 120–139, hier 132; Ders., St. Hedwig (wie Anm. 94), 43. Ludwig Dolberg, Die Satzungen der Cistercienser wider das Betreten ihrer Klöster und Kirchen durch Frauen, in: Studien und Mitteilungen aus dem Benedictiner- und dem Cistercienserorden 15, 1894, 40–44; 244–249, hier 40–42. Vita sanctae Hedwigis. Ed. Semkowicz (wie Anm. 4), 520. Ebd., 517. Ute Lorek, Die romanische Plastik der Klosterkirche in Trebnitz, in: Arch. schl. Kirchengesch. 51–52, 1994, 137–158, hier 148; 157.

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Herzog Heinrich I. und seine Frau Hedwig betrachten den Bau des Klosters Trebnitz, Ausschnitt aus der Hedwigslegende, Tripthychon um 1440, Nationalmuseum Warschau

Dennoch stellte Hedwigs Position in der Trebnitzer Abtei eine Ausnahme dar. Ihre Schwiegertochter, die Herzogin Anna, weilte nur selten in dem von ihr gestifteten Kloster der Breslauer Klarissen. Es gibt keinerlei Hinweise, dass sie dort auf irgendeine Weise an den religiösen Praktiken der Nonnen teilgenommen hätte. Sie stand in enger Verbindung mit den Minoriten von St. Jacobi und lebte, der ‚Vita‘ zufolge, als franziskanische Terziarin.114 Ihre Besuche bei den Klarissen, die mit einer Mahlzeit für die Nonnen verbunden waren, lösten bei diesen große Freude aus, vielleicht deshalb, weil dies nicht allzu häufig vorkam.115 So sah man den Ort der Stifterin im Kloster gegen Ende des ersten und zu Beginn des zweiten Viertels des 14. Jahrhunderts, als die ‚Vita Annae‘ entstanden sein soll. Ohne detaillierte Untersuchungen ist es schwer zu sagen, inwieweit sie die Wirklichkeit des 13. Jahrhunderts wiederspiegelt oder eher das Ideal des Vitenautors, vielleicht eines Breslauer Franziskaners.116 Wir sehen, dass die Vita 114 115 116

Vita Annae. Ed. Semkowicz (wie Anm. 18), 658; Walter, Franziskanische Armutsbewegung (wie Anm. 103), 207–221. Vita Annae. Ed. Semkowicz (wie Anm. 18), 661. Cetwiński, „Anna Beatissima“ (wie Anm. 99), 36.

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der hl. Hedwig und die ihrer Schwiegertochter Anna zwei unterschiedliche Formen der Teilnahme der Stifterin am Leben des Konvents überliefern. Während Hedwig unmittelbar am täglichen Rhythmus des Klosterlebens teilnahm, soll sich ihre Schwiegertochter auf die Unterstützung des von ihr gestifteten Klosters beschränkt und ihr Ideal spirituellen Lebens außerhalb dieses Konvents realisiert haben. Beide Modelle verwirklichten nicht nur die Stifterinnen, sondern auch ihre Verwandten – verwitwete Herzoginnen. Adelheid, die Schwester Heinrichs I. und Witwe des böhmischen Herzogs Theobald (Děpold),117 lebte an der Seite der Trebnitzer Äbtissin Petrussa. Sie starb in der Abtei und wurde dort auch beigesetzt.118 Hedwig, eine Urenkelin der Herzogin Anna und Tochter Heinrichs V. des Dicken, war als Witwe des brandenburgischen Markgrafen Otto Mitglied des Konvents der Breslauer Klarissen.119 Wir wissen auch, dass Viola, die Witwe des Oppelner Herzogs Kasimir, die Prämonstratenserinnen in Czarnowanz besuchte,120 und Euphemia, die Witwe des Liegnitzer Herzogs Bolesław, die Breslauer Klarissen.121 Beide Klöster waren Stiftungen von Verwandten dieser Herzoginnen. Das Frauenkloster erfüllte auch andere ‚Dienstleistungsfunktionen‘ für die Stifterfamilie. Ein greifbares Ziel des Klosteraufenthalts von Verwandten der Stifter war die Bildung. In der Trebnitzer Abtei sollte Agnes ihre Bildung erhalten, die Schwester der Herzogin Anna, als sie als Verlobte eines namentlich unbekannten Sohnes Heinrichs I. in Schlesien weilte.122 Die Katechesen erteilte ihr die Äbtissin Gertrud.123 Vermutlich zum Zweck ihrer Bildung, nicht zur Ableistung ihres Noviziats, weilten (degebant) Elisabeth und Agnes, die Töchter Heinrichs II., in der Trebnitzer Abtei. Die jüngere Schwester lebte zusätzlich als geistig behinderte Person (mente vero infirma) im Kloster. Auf Verlangen ihrer Mutter legte sie die Profess im Kloster der Breslauer Klarissen ab.124 Die Räumlichkeiten des Klosters konnten auch als ein Ort der Begegnung von Verwandten dienen, die in unterschiedlichen Frauenklöstern und in verschiedenen Städten lebten. Im Jahre 1260 gebot Papst Alexander IV. der Äbtissin der Breslauer Klarissen, dass die Trebnitzer Äbtissin Gertrud jedes Mal, wenn sie in Breslau weilte, sich im Kloster der hl. Klara aufhalten könne, selbst wenn dies gegen die Regeln und 117 118 119 120 121 122 123

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Jasiński, Rodowód Piastów śląskich, Bd. 1 (wie Anm. 62), 81–84. Kronika książąt polskich [Chronik der polnischen Fürsten]. Ed. Zygmunt Węclewski, in: MPH. Bd. 3. Lwów 1878, 423–578, hier 488; Kronika polska. Ed. Ćwikliński (wie Anm. 63), 650. Jasiński, Rodowód Piastów śląskich, Bd. 1 (wie Anm. 62), 164f. Schlesisches Urkundenbuch. Ed. Appelt / Irgang (wie Anm. 3), Bd. 2, Nr. 105. Eigentlich Sophie; ebd., Bd. 5, Nr. 85, vgl. aber Jasiński, Rodowód, Bd. 1 (wie Anm. 62), 111, Anm. 8. Jasiński, Rodowód, Bd. 1 (wie Anm. 62), 104f. [Agnes] deducta in monasterio quod Tebnycz dicitur honorifice recepta est ubi primum ex ore filie sancte Hedwigis fidei rudimenta docili corde suscepit“, vgl. Jan Kapistrán Vyskočil, Legenda blahoslovené Anežky. Praha 1932, 102, zitiert nach Jasiński, Rękopis (wie Anm. 61), 66, Anm. 93. Kronika polska. Ed. Ćwikliński (wie Anm. 63), 651.

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Statuten des Ordens verstoße.125 Vermutlich hatten Gertrud und vielleicht auch ihre Nichte Agnes die Gastfreundschaft der Klarissen schon früher in Anspruch genommen, und die Trebnitzer Äbtissin hatte sich dann um ein päpstliches Privileg bemüht, um die Befürchtungen der Oberin der dortigen Nonnen oder der Herzogin Anna selbst zu besänftigen.126 Da letztere im Jahre 1265 starb, konnte das Klarissenkloster mindestens fünf Jahre lang als Ort der Begegnung von Gertrud, Agnes und Anna gedient haben. Während dieser Treffen konnten die vom Verfasser der Vita der hl. Anna erwähnten Festmahle stattgefunden haben, an denen cum magna hilaritate auch die übrigen Breslauer Nonnen teilnahmen.127 Mit Sicherheit hielten sich sowohl die Stifter als auch die Mitglieder der herzoglichen Familie während ihrer Reisen in den Klöstern auf und nahmen dieses ihnen aufgrund ihres Patronats über das Kloster zustehende Privileg in Anspruch.128 Von den flüchtigen Aufenthalten der Herzöge wissen wir nur aus den zahlreichen Privilegien, die sie auf Bitten der Nonnen in den Klöstern ausstellten.129 Wie der Aufenthalt des Patrons im Kloster zur Erledigung laufender Interessen des Czarnowanzer Klosters genutzt wurde, illustriert anschaulich das Diktat einer Urkunde Herzog Władysławs von Oppeln aus dem Jahre 1260: dum in Bosidom resideremus in capitulo fratrum et sororum beati Augustini (…) oblatum est nobis privilegium per dominam Margaretam magistram et conventum eiusdem domus, das der Herzog in Ratibor bestätigte.130

Patronatsrecht oder Eigenkirchenrecht? In der Theorie bestand ein prinzipieller Unterschied zwischen dem Patronatsrecht und dem Eigenkirchenrecht. Im 11. Bis 12. Jahrhundert bildete die von einer weltlichen Person gestiftete Kirche weiterhin einen einträglichen Teil seines Besitzes. Seit dem Pontifikat Alexanders III. (1159–1181) waren das Papsttum und die Hierarchen der Kirche bemüht, dieses Eigentumsrecht durch das Patronatsrecht zu ersetzen. Letzteres 125 126 127 128

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Schlesisches Urkundenbuch. Ed. Appelt / Irgang (wie Anm. 3), Bd. 3, Nr. 337. Zu den Bemühungen der Herzogin um strikte Observanz der Regel durch die Klarissen vgl. ebd., Bd. 4, Nr. 438. Vita Annae. Ed. Semkowicz (wie Anm. 18), 661. Vgl. Kazimierz Kolańczyk, Studia nad reliktami wspólnej własności ziemi w najdawniejszej Polsce. Rozporządzanie własnością ziemską do końca XIV w. [Studien zu den Relikten gemeinschaftlichen Landbesitzes im ältesten Polen. Die Verfügungsgewalt über den Landbesitz bis zum Ende des 14. Jahrhunderts]. Poznań 1950, 213. Schlesisches Urkundenbuch. Ed. Appelt / Irgang (wie Anm. 3), Bd. 2, Nr. 80; Bd. 3, Nr. 26; Regesten zur schlesischen Geschichte, 1316–1326 (wie Anm. 29), Nr. 4331, 4400; Regesten zur schlesischen Geschichte, 1338–1342. Ed. Konrad Wutke, in: Codex diplomaticus Silesiae, Bd. 29. Breslau 1925, Nr. 6898; 6908. Schlesisches Urkundenbuch. Ed. Appelt / Irgang (wie Anm. 3), Bd. 3, Nr. 340.

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bot den Stiftern nur die Möglichkeit der Präsentation eines Geistlichen zur Pfründe, bei Wahrung der Investitur durch den Bischof, sowie bestimmte Ehrenprivilegien, zum Beispiel einer Grabstätte in der von ihnen gestifteten Kirche.131 Weder unter den schlesischen noch den polnischen Realien bewirkte die Änderung des Namens der Stifterrechte im 13. Bis 14. Jahrhundert eine Veränderung ihres Umfanges.132 Dennoch verselbständigten sich die reicheren Stiftungen (Bistümer, Kollegiatstifte, Klöster) in privatrechtlicher Hinsicht schnell gegenüber ihren Stiftern.133 Das weiter oben analysierte Quellenmaterial zeigt, dass die Rechte und Privilegien des Stifters eines Frauenklosters vor allem seine Grabstätte, seine Memoria und seinen Aufenthalt im Klosterbereich (auch im Klausurbereich) sowie Einfluss auf die Wahl der Oberin und auf die Aufnahme der Kandidatinnen für das Noviziat betrafen. Es gibt keine Hinweise darauf, dass das Patronatsrecht den Stiftern auch Nutzen ökonomischer Natur gebracht hätte. Die Inanspruchnahme dieser Rechte, konkret des Rechts auf Präsentation des Klosterkaplans, ermöglichte jedoch die Ausstattung eines Mitglieds des Stiftergeschlechts mit der Pfründe. Ein solcher Fall ist uns aus der Geschichte der Abtei in Liebenthal bekannt, wo der Sohn der Stifterin, Ulrich von Liebenthal, 1308 als Kaplan fungierte.134 Über die im 14. Jahrhundert verbreiteten Ansichten zum Thema der Rechte des Klosterstifters informiert uns das Falsifikat des Testaments Heinrichs des Gerechten (Probus),135 das die Stiftung der Zisterzienserinnenabtei auf der Breslauer Dominsel betraf. Überzeugend scheinen die Argumente von Tomasz Jurek, dass es Mitte des 14. Jahrhunderts entstanden ist.136 Das bedeutet, dass die in ihm enthaltenen Ansichten weniger die Meinung des verstorbenen Herzogs widerspiegeln als vielmehr die der Fälscher, bei denen es sich vermutlich um Geistliche handelte. Gleichzeitig mussten die Bestimmungen des Testaments den in Schlesien herrschenden Bräuchen entsprechen, denn sie wurden ja als authentisch anerkannt. Ihnen zufolge hatte Herzog Heinrich das Recht, den Orden und das Kloster zu wählen, aus dem das Personal der neuen Stiftung stammen sollte, die Zahl der Chornonnen, der Konversinnen und der die Schwestern bedienenden Fratres festzulegen, für die strenge Einhaltung der Klausur Sorge zu tragen (Predicte vero moniales taliter sint incluse, quod numquam eis egredi 131 132 133 134 135 136

Władysław Abraham, Początki prawa patronatu w Polsce [Die Anfänge des Patronatsrechts in Polen], in: Przegląd Sądowy i Administracyjny 14, 1889, 423–440; 490–509; 589–602, hier 433f. Wiśniowski, Rozwój (wie Anm. 1), 288–290; Mularczyk, Ze studiów (wie Anm. 1), 142–144, 147; Ders., Władza książęca na Śląsku w XIII wieku [Die herzogliche Herrschaft in Schlesien im 13. Jahrhundert]. Wrocław 1984, 19f. Mularczyk, Ze studiów (wie Anm. 1), 134. Franz Xaver Görlich, Benediktiner-Jungfrauenkloster (wie Anm. 32), 2; 137. Schlesisches Urkundenbuch. Ed. Appelt / Irgang (wie Anm. 3), Bd. 5, Nr. 451. Tomasz Jurek, Testament Henryka Probusa. Autentyk czy falsyfikat? [Ist das Testament Heinrichs des Gerechten authentisch oder eine Fälschung?], in: StŹrodł 35, 1994, 79–97, bezüglich der Stiftung der Zisterzienerinnenabtei auf der Breslauer Dominsel ebd. 89–94.

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liceat extra septa) sowie die Führung eines Spitals am Kloster anzuordnen und schließlich eine angemessene Ausstattung (Versorgung) festzulegen.137 Die so formulierten Stifterrechte wurden von Herzog Heinrich dem Bärtigen und Hedwig schon zu Beginn des 13. Jahrhunderts in Anspruch genommen. Die Privilegien des Stifters eines schlesischen Frauenklosters, die eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten der Konvente ermöglichten, gingen über die Rechte hinaus, die der Klerus mit dem Patronatsrecht verband. Aber es fehlt an Zeugnissen dafür, dass der Stifter ein Kloster als sein Eigentum betrachtet hätte – er erzielte keine Einkünfte aus ihm, und er bedachte auch keine Dritten mit dem Patronatsrecht an der Klosterkirche.

Zusammenfassung Es scheint, dass der Charakter der Kontakte eines Frauenklosters mit seinem Stifter und dessen Familie für die künftigen Geschicke der Ordensgemeinschaft von entscheidender Bedeutung war. Die dem Kloster von seinen Stiftern im ersten halben Jahrhundert seines Bestehens gewährte Unterstützung sollte zum Erreichen einer stabilen ökonomischen Basis führen.138 Sie entschied auch über seinen ökonomischen und politischen Rang in der Zukunft. Mangelnde Unterstützung oder deren vorzeitiger Abbruch bewirkte beträchtliche Einschränkungen in der Entwicklung des Klosters. Aus Sicht des Stifters sollte die Investition, die die Stiftung eines Frauenklosters darstellte, die ewige Aufrechterhaltung des klösterlichen Fürbittengebets für sein Seelenheil gewährleisten. Je größer die Ordensgemeinschaft war, desto wirksamer konnten diese Gebete sein.139 Daher lagen eine entsprechend hohe Ausstattung des Klosters und die Gewährleistung seiner Rekrutationsbasis durchaus im Interesse des Stifters. Frauenklöster dienten außerdem als Bildungs- und geistliche Übungszentren für Frauen aus dem Stiftergeschlecht vor ihrer Verheiratung oder nach dem Tode ihres Gatten. Diese Faktoren bewirkten, dass der Stifter im optimalen Fall selbst eine Intensivierung der Kontakte des

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Schlesisches Urkundenbuch. Ed. Appelt / Irgang (wie Anm. 3), Bd. 5, Nr. 451, 345; Ewald Walter, Das von Herzog Heinrich IV. auf der Breslauer Dominsel geplante Zisterzienserinnenkloster, in: Jb. Schl. Univ. Bresl. 26, 1985, 35–50. Vgl. Ewald Walter, Zu den Anfängen des Franziskanerklosters St. Jakob und des Klarissenklosters St. Klara auf dem Breslauer Ritterplatz, in: Arch. schl. Kirchengesch. 53, 1995, 225–240, hier 237–239. Der burgundische Herzog Philipp der Kühne stiftete die Kartause in Champol nicht für zwölf Mönche und einen Prior, wie es üblich war, sondern für 24 Mönche und einen Prior, um sich, wie er selbst unterstrich, einer stärkeren Wirkkraft ihrer Gebete zu versichern; vgl. Wolfgang Braunfels, Abendländische Klosterbaukunst. Köln 1969, 163–167, zitiert nach Walter, Herzog Heinrich IV. (wie Anm. 137), 49.

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Klosters mit dem Kreis der mit der Stifterfamilie verbundenen Personen anstrebte.140 Dies begünstigte das Hineinwachsen des Klosters in die Gesellschaft und die Verbreitung seines Einflusses weit über die lokale Umgebung hinaus.

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Am 26. September 1330 schenkte der Münsterberger Herzog Bolko, der Sohn Bolkos I. von Schweidnitz-Jauer, als Dank für die treuen Dienste Heinrichs von Rydeburg dessen als Klarisse in Strehlen lebender Tochter Kunigunde vier Mark Jahreszinsen, vgl. Regesten zur schlesischen Geschichte, 1327–1333. Ed. Grünhagen / Wutke (wie Anm. 36), Nr. 4972; Eistert, Anfänge (wie Anm. 23), 121. Zu den Verbindungen der Verwandten und Nachbarn der Familie von Liebenthal mit den Liebenthaler Benediktinerinnen vgl. Przemysław Wiszewski, Stifterfamilie und Konvent. Soziale Wechselbeziehungen zwischen schlesischen Nonnenklöstern und Ritterfamilien im späten Mittelalter, in: Heinz-Dieter Heimann (Hrsg.), Adelige Welt und familiäre Beziehung. Aspekte der ‚privaten Welt‘ des Adels in böhmischen, polnischen und deutschen Beispielen vom 14. bis zum 16. Jahrhundert. Potsdam 2000, 87–103.

Joanna Banik

Die Sakralstiftungen der Herren von Pogarell im 13. Jahrhundert

Das Geschlecht Pogarell Die Herren von Pogarell zählen zu den bekanntesten Geschlechtern des mittelalterlichen Polen; seit dem 12. Jahrhundert waren sie eine der mächtigsten Familien Schlesiens. Die Quellen erlauben es nicht, ihre Herkunft eindeutig zu bestimmen. Sie siegelten mit einem Wappen (Grzymała), das einigen in Schlesien, Klein- und Großpolen verbreiteten Familien als Wappenzeichen diente.1 Der Name des Geschlechts wurde im 14. Jahrhundert festgelegt und von der in der Nähe von Brieg gelegenen Ortschaft Pogarell abgeleitet.2 Zu den Gütern der Pogarells lassen sich ungefähr 92 Ortschaften 1 Zur gemeinsamen Herkunft der Pogarells und der großpolnischen Grzymałas vgl. Antoni Małecki, Studia heraldyczne [Heraldische Studien], Bd. 2. Lwów 1890, 203–206; Karl Eistert, Beiträge zur Genealogie des Breslauer Bischofs Precław von Pogarell, in: Arch. schl. Kirchengesch. 20, 1962, 226–289; Adam Szweda, Ród Grzymałów w Wielkopolsce [Das Geschlecht der Grzymałas in Großpolen]. Toruń 2001; Tomasz Jurek, Rodowód Pogorzelów [Der Stammbaum der Pogarells]. Kraków 2005, 22f. Kritisch zu den gemeinsamen Wurzeln beider Familien Marek Cetwiński, Rycerstwo śląskie do końca XIII w. Część 1: Pochodzenie – gospodarka – polityka [Die schlesische Ritterschaft bis zum Ende des 13. Jahrhunderts. Teil 1: Herkunft – Wirtschaft – Politik]. Wrocław 1980, 48f.; Ders., Pochodzenie etniczne i więzy krwi rycerstwa polskiego [Ethnische Herkunft und Blutsbande der polnischen Ritterschaft], in: Społeczeństwo Polski średniowiecznej 1, 1981, 40–85; Ders., Polak Albert i Niemiec Mroczko. Zarys przemian etnicznych i kulturalnych rycerstwa śląskiego do połowy XIV w. [Der Pole Albert und der Deutsche Mroczko. Abriss der ethnischen und kulturellen Veränderungen der schlesischen Ritterschaft bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts], in: Jerzy Strzelczyk (Hrsg.), Niemcy – Polska w średniowieczu. Poznań 1986, 157–169, bes. 159f. 2 Der Ortsname begegnet in den Quellen zu den Jahren 1273, 1274 und 1276; Urkunden der Stadt Brieg bis zum Jahr 1550. Ed. Colmar Grünhagen, in: Codex diplomaticu Silesiae , Bd. 9. Breslau 1870, Nr. 11 und 12; Schlesisches Urkundenbuch, Bd. 4. Ed. Winfried Irgang. Köln / Wien 1988, Nr. 28; er leitet sich von den slawischen, auf das System der Brandrodung verweisenden Wendungen pogorzała, pogorzeć, pogorzały ab; vgl. Henryk Borek, Opolszczyzna w świetle nazw miejscowych [Das Oppelner Land im Lichte der Ortsnamen]. Opole 1972, 52; 60; Maria Malec, Słownik etymologiczny nazw geograficznych

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zählen, die sich auf fünf Zentren verteilen, und zwar die Umgebung von Pogarell (24), Grottkau (16), Ohlau (4), Kamenz (13) und Reichenbach (26).3 Zu unterschiedlichen Zeiten gehörten den Pogarells auch einzelne Güter in der Umgebung von Breslau, Neumarkt, Liegnitz, Schweidnitz, Waldenburg und Strehlen. Drei Ortschaften können mit hoher Wahrscheinlichkeit als die ‚Nester‘ des Geschlechts betrachtet werden: Kamenz im 12. bis 13. Jahrhundert, Michelau im 13. Jahrhundert und Pogarell im 14. Jahrhundert. Als Stammvater der Pogarells wird der comes Jarosław (Jaracz/Hieroslaus) angesehen, der zur Umgebung von Bolesław dem Langen gehörte und in einer 1175 ausgestellten Urkunde erwähnt wird.4 Jarosław hatte wahrscheinlich vier Söhne: Jarosław, Preczław, Vinzenz (Wincenty) und Janusz, die zur Elite der damaligen Gesellschaft gehörten.5 Auch die nachfolgenden Generationen zählten zur Elite, traten bis ins 15. Jahrhundert die Herren von Pogarell doch regelmäßig in höchsten weltlichen und kirchlichen Ämtern oder als wichtige Berater der Herzöge hervor.6 Die bedeutendste Gestalt des Geschlechts war Precław von Pogarell, der in den Jahren 1341 bis 1376 das Amt des Bischofs von Breslau innehatte.7 Auf seine Initiative hin entstand die prächtige St. Johannes der Evangelist-Kirche in Patschkau8.

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Polski [Etymologisches Wörterbuch der geographischen Namen Polens]. Warszawa 2003, 195; Stanisława Sochacka (Hrsg.), Słownik etymologiczny nazw geograficznych Śląska [Etymologisches Wörterbuch der geographischen Namen Schlesiens], Bd. 9. Opole 2002, 110. Vgl. Tomasz Jurek, Najdawniejsze dobra śląskich Pogorzelów [Die ältesten Güter der schlesischen Pogarells], in: Rocz. Hist. 68, 2002, 27–55. Schlesisches Urkundenbuch, Bd. 1. Ed. Heinrich Appelt. Wien / Köln / Graz 1971, Nr. 45. Jurek, Rodowód (wie Anm. 1), 29–31 sowie Tafel 1. Von der Position der Pogarells zeugt ihre Stellung in den Zeugenlisten herzoglicher und bischöflicher Urkunden; vgl. Jerzy Mularczyk, Dobór i rola świadków w dokumentach śląskich do końca XIII wieku [Die Auswahl und Rolle der Zeugen in schlesischen Urkunden bis zum Ende des 13. Jahrhunderts.]. Wrocław 1977, 147; Ders., Jeszcze o świadkach w dokumentach XIII wieku [Noch einmal über die Zeugen in Urkunden des 13. Jahrhunderts.], in: Sobótka 39, 1984, 1, 37–59; Marek Cetwiński, Świadkowie dokumentów prywatnych na Śląsku w XIII wieku [Die Zeugen von Privaturkunden in Schlesien im 13. Jahrhundert], in: Jan Wroniszewski (Hrsg.), Genealogia. Kręgi zawodowe i grupy interesu w Polsce średniowiecznej na tle porównawczym. Toruń 1989, 37–54. Vgl. Wincenty Urban, Zarys dziejów diecezji wrocławskiej [Abriss der Geschichte der Diözese Breslau]. Wrocław 1962, 19; 36; 179f.; Jakub Sawicki, Concilia Poloniae. Źródła i studia krytyczne [Concilia Poloniae. Quellen und kritische Studien], Bd. 10: Synody diecezji wrocławskiej i statuty [Die Synoden der Diözese Breslau und die Statuten]. Wrocław 1963, 98–100; Michał Kaczmarek, Przecław z Pogorzeli h. Grzymała (zm. 1376) [Precław von Pogarell vom Wappen der Grzymała (gest. 1376)], in: Emanuel Rostworowski (Hrsg.), Polski Słownik Biograficzny, Bd. 28. Warszawa 1985, 682–684; Kazimierz Dola, Dzieje Kościoła na Śląsku [Geschichte der Kirche in Schlesien], Bd. 1: Średniowiecze [Mittelalter]. Opole 1996, 71–74; Józef Pater, Z dziejów wrocławskiego Kościoła [Aus der Geschichte der Breslauer Kirche]. Wrocław 1997, 36–39; Ders., Poczet biskupów wrocławskich [Verzeichnis der Breslauer Bischöfe]. Wrocław 2000, 51. Vgl. Stanisław Stulin / Andrzej Włodarek, Paczków. Kościół par. p.w. Świętej Trójcy, Panny Marii i św. Mikołaja [Patschkau. Die Pfarrkirche zur hl. Dreifaltigkeit, Jungfrau Maria und St. Nikolaus],

Die Sakralstiftungen der Herren von Pogarell

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Die großen Landgüter der Pogarells und die Einkünfte aus ihren Ämtern bildeten die Basis ihrer materiellen und politischen Macht. Ihr Reichtum und ihre Einflussmöglichkeiten gestatteten es ihnen, Gründer von Städten (Löwen, Grottkau),9 befestigten Siedlungen,10 Klöstern und Kirchen zu werden, von denen die meisten, wenngleich in den folgenden Jahrhunderten umgebaut, bis heute einen integralen Bestandteil der Kulturlandschaft bilden. Eine verstärkte Stiftungstätigkeit des Geschlechts fällt in das 13. Jahrhundert. Am Anfang dieses Jahrhunderts erfolgte die Stiftung der Regularkanoniker in Kamenz, in der Mitte jene des Johanniterkonvents in Lossen und etwas später die Stiftung des Dominikanerklosters in Löwen. Im 13. Jahrhundert stifteten Verwandte die Dorfkirchen von Pogarell, Michelau, Böhmischdorf, Giersdorf, Osseg und Schwanowitz. Vermutlich setzten sie ihre Stiftungstätigkeit zugunsten der Kirche im 14. Jahrhundert fort, wovon die ihnen zugeschriebenen Kirchen in Leippe, Groß Jenkwitz, Schönfeld und Herzogswalde zeugen. Im 14. Jahrhundert entstand auf Initiative des Breslauer Bischofs Precław von Pogarell die schon erwähnte St. Johannes der Evangelist-Kirche in Patschkau, während Angehörige des Geschlechts großzügige Wohltäter der von Herzog Ludwig I. gestifteten St. Hedwigs-Kirche in Brieg waren.

in: Teresa Mroczko / Marian Arszyński (Hrsg.), Architektura gotycka w Polsce. Warszawa 1995, 180f.; Bogusław Czechowicz, Książęcy mecenat artystyczny na Śląsku u schyłku średniowiecza [Das herzögliche künstlerische Mäzenatentum in Schlesien am Ende des Mittelalters]. Warszawa 2005, 309–314. 9 Vgl. Tomasz Jurek, Die Stadtlokationen auf den Gütern der Herren von Pogarell im 13. Jahrhundert, in: Eduard Mühle (Hrsg.), Rechtsstadtgründungen im mittelalterlichen Polen. Köln / Weimar / Wien 2011, 209–226. 10 Vgl. Małgorzata Chorowska, Rezydencje średniowieczne na Śląsku. Zamki, pałace, wieże mieszkalne [Mittelalterliche Residenzen in Schlesien. Burgen, Schlösser, Wohntürme]. Wrocław 2003, 33; 105.

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Stiftung, Ausstattung und Wandel der Regularkanoniker in Kamenz Das Kloster der Regularkanoniker in Kamenz an der Glatzer Neiße war nach Leubus das zweitälteste im ländlichen Milieu angesiedelte monastische Zentrum Schlesiens.11 Seine Anfänge werden mit einem bedeutenden Vertreter der Pogarells, mit Vinzenz, dem Sohn des Stammvaters des Geschlechts und Onkel des berühmten comes Mroczek von Pogarell (bzw. von Grottkau), in Verbindung gebracht.12 Sie fallen auf die frühen Amtsjahre des Breslauer Bischofs Lorenz (1207–1232), den die meisten Historiker ebenfalls für einen Angehörigen der Pogarells halten.13 Sie standen zudem im Zusammenhang mit einer Spaltung innerhalb des Klosters der Heiligen Jungfrau Maria auf der Breslauer Sandinsel. Der Versuch des dortigen Abtes Alard, die arrouaisische Observanz des Klosters zu reformieren, stieß auf starken Widerstand, an dessen Spitze Vinzenz von Pogarell stand.14 Dieser lehnte es ab, sich unter den Gehorsam der Kongregation von Arrouaise zu fügen und bemühte sich beim Apostolischen Stuhl um die Erlaubnis zur Gründung eines eigenen Klosters. Der durch die Krise des Mutterklosters in Arrouais zweifellos beförderte Konflikt endete schließlich mit dem Auszug des Vinzenz und seiner Anhänger aus dem Breslauer Sandkloster und ihrer Ansiedlung in der Kamenzer Neugründung.15 Die Motive des Vinzenz von Pogarell für die alternative Klostergründung scheinen nicht allein in Fragen der Regelauslegung gelegen zu haben, um die in seinem alten 11 Eine erste allgemeine, noch recht lakonische Skizze der Klostergeschichte hat vorgelegt Gregor Frömrich, Kurze Geschichte der ehemaligen Cistercienser Abtey Kamenz in Schlesien. Glatz 1817; er war eines der letzten Mitglieder des Zisterzienserkonvents in Kamenz und nach dessen Aufhebung (1810) Pfarrer an der dortigen Pfarrkirche, in die die Klosterkirche umgewandelt worden war. Gestützt auf 385 Urkunden aus dem Umfeld der Zisterzienser hat Franciszek Lenczowski, Zarys dziejów klasztoru cystersów w Kamieńcu Ząbkowickim na Śląsku w wiekach średnich [Abriss der Geschichte des Zisterzienserklosters Kamenz in Schlesien im Mittelalter], in: Nasza Przeszł. 19, 1964, 61–103 die Klostergeschichte beschrieben; vgl. auch Heinrich Grüger, Schlesisches Klosterbuch. Kamenz. Augustiner-Propstei, dann Zisterzienserstift, in: Jb. Schl. Univ. Bresl. 21, 1980, 84–109 und Anna Pobóg-Lenartowicz, Kanonicy regularni na Śląsku. Życie kanoników w śląskich klasztorach kanoników regularnych w średniowieczu [Die Regularkanoniker in Schlesien. Kanonikerleben in schlesischen Regularkanonikerklöstern im Mittelalter]. Opole 1999. 12 Anderer Ansicht ist Jurek, Rodowód (wie Anm. 1), 41–43; vgl. auch die nach Jurek gestaltete Stammtafel oben Seite 466. 13 Ein Biogramm von Vinzenz Jurek, Rodowód (wie Anm. 1), 33–35. 14 Wojciech Mrozowicz, Kanonicy regularni św. Augustyna (augustianie) na Śląsku [Die Regularkanoniker des hl. Augustinus (Augustiner) in Schlesien], in: Sobótka 53, 1998, 401–413, hier 407. 15 Den Ablauf des Konflikts schildern Grüger, Kamenz (wie Anm. 11), 85f.; Werner Marschall / Heinrich Grüger, Schlesisches Klosterbuch. Breslau, Sandstift. Abtei der Regulierten Augustiner-Chorherren, in: Jb. Schl. Univ. Bresl. 34, 1993, 1–32, hier 3.

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Breslauer Kloster gestritten wurde. In Kamenz vertrat er schließlich, folgt man der Stiftunsgurkunde vom 1. November 1210, eine ähnliche Haltung wie sie das Kloster auf der Breslauer Sandinsel vertrat: et quoniam Kamenech huic proposito congruere vidimus, ut videlicet ibi canonica fiat congregatio eius observantie, que ad sanctam Mariam in Wrat(islauia) fuerat.16 Für die Kamenzer Stiftung dürfte vielmehr auch das weltliche Streben der Pogarells eine Rolle gespielt haben, ihren politischen Einfluss zu erhöhen.17 Als vormaliger Dompropst und Kanoniker in Breslau gehörte Vinzenz zur Elite der damaligen Gesellschaft. Seinen Namen hatte er, wie Tomasz Jurek gezeigt hat, nach dem Patron der Breslauer Abtei auf dem Elbing erhalten, mit der sein Vater Jarosław besonders eng verbunden war.18 Auch wenn er, wie das Heinrichauer Gründungsbuch explizit bemerkt, der Initiator der Kamenzer Stiftung war (erat autem in diebus illis [1228] in Camenz quidam prepositus, Vincentius nomine, qui prepositus erat fundator illius claustri de Camenz19), wird er sie nicht allein realisiert haben. Sicherlich benötigte er dazu die materielle Unterstützung seiner Verwandten. Schon als er den langen Stiftungsprozess initiierte, musste er über einen Ort für das geplante Kloster verfügt haben. Die Wahl von Kamenz dürfte daher kein Zufall und wohl auch ein gewichtiges Argument in den Gesprächen mit dem Papst gewesen sein. Die Güter um Kamenz gehörten Vinzenz‘ Bruder Janusz, der später, in den Jahren 1220 bis 1227, die Würde des Breslauer Archidiakons bekleidete. Den Stiftungsort werden die Brüder mithin wohl gemeinsam festgelegt haben. Das scheint auch die Stiftungsurkunde nahezulegen, derzufolge Bischof Lorenz Vinzenz’ Entscheidung lediglich akzeptierte: et quoniam Kamenech huic proposito congruere vidimus.20 Nach Stanisław Trawkowski muss es zwischen 1207 und 1210 zu einem Vertrag zwischen den Brüdern gekommen sein.21 Eine so weitreichende Stiftungsentscheidung konnte schließlich nicht übereilt getroffen werden; sie bedurfte eines entsprechenden Rückhalts in der Umgebung. Nicht ohne Bedeutung dürfte auch die Tatsache gewesen sein, dass der den Pogarells wohl gesonnene, wenn nicht selbst zu ihnen zugehörende Lorenz 1207 Breslauer Bischof

16 Schlesisches Urkundenbuch, Bd. 1. Ed. Appelt (wie Anm. 4), Nr. 122; vgl. Pobóg-Lenartowicz, Kanonicy regularni na Śląsku (wie Anm. 11), 24f.; 38 17 Ludovicus Milis, Les origines des abbayes de Ślęza et du Piasek a Wrocław, in: Rocz. Hum. 19, 1971, 2, 5–27, hier 24f. 18 Jurek, Rodowód (wie Anm. 1), 33. 19 Liber fundationis claustri Sancte Marie virginis in Heinrichow czyli Księga Henrykowska. Ed. Roman Grodecki. Wrocław ²1991, 279. 20 Schlesisches Urkundenbuch, Bd. 1. Ed. Appelt (wie Anm. 4), Nr. 122. 21 Stanisław Trawkowski, Wprowadzenie zwyczajów arrowezyjskich we wrocławskim klasztorze na Piasku [Die Einführung der Gebräuche von Arrouaise im Breslauer Kloster auf dem Sande], in: Aleksander Gieysztor 7 Marian H. Serejski / Stanislaw Trawskowski (Hrsg.), Wieki średnie = Medium aevum: prace ofiarowane Tadeuszowi Manteufflowi w 60 rocznice̜ urodzin. Warszawa 1962, 111–116, hier 111f.

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wurde.22 Mit ihm gewann der Kamenzer Stiftungsplan einen neuen, wie sich herausstellte, wirkungsvollen Fürsprecher. Unterdessen unterbreitete Vinzenz Papst Innozenz III. (gest. 1216) seine Bitte, in Kamenz eine Propstei der Regularkanoniker gründen zu dürfen. Dabei erklärte er ihm, dass er im Kloster auf der Breslauer Sandinsel Arrouaise gegenüber kein Gehorsamsgelöbnis geleistet habe und folglich nicht gezwungen sei, ein solches zu beachten. Tatsächlich gab der Papst der Bitte statt und empfahl die Erledigung der Angelegenheit durch den Breslauer Bischof Lorenz. Dieser ließ die lokalen Bedingungen der geplanten Stiftung prüfen, gab eine positive Beurteilung ab und begann ex mandato sedis apostolice das Nötige zu veranlassen. In seiner Stiftungsurkunde vom 1. November 1210 heißt es: qui quoniam Arroasiensi ordini se astringere non cogebatur, ut in premissa comissione continetur (…) ad sanctam Mariam in Wrat(izlavia) fuerat, cum auxilio dei et eiusdem V(incentii) labore accedente.23 Auch in einer Urkunde von Bischof Thomas I. aus dem Jahre 1249 wird berichtet, dass Vinzenz fuerat Vratislauiensis ecclesie prepositus.24 Vinzenz scheint also als Stifter Propst der eigenen Propstei geworden zu sein; diese verpflichtete sich der modifizierten Regel von Aachen.25 Auch wenn das Kamenzer Regularkanonikerkloster damit organisatorisch unabhängig war und die strengere arrouaische Observanz für sich nicht akzeptierte, erkannte Vinzenz formal seine Abhängigkeit vom Breslauer Abt an.26 Im Jahre 1210 kam Vinzenz von Pogarell mit einigen wenigen ihn unterstützenden Mönchen in Kamenz an. Die um ihn versammelten Ordensleute waren, wie schon Ludovicus Milis festgestellt hat, keine Rebellen.27 Vielmehr handelte es sich um das Gefolge eines reichen und einflussreichen Großen, der in die Domäne seiner Familie und seine Eigenkirche zurückkehrte.28 Das neue Kloster war seine private Stiftung. Es stand zudem in einer engen Verbindung zum Geschlecht der Herren von Pogarell, die sich in deren Ehrenpatronat, Recht und Pflicht, das Kloster zu verteidigen, sowie in der

22 Die Herkunft von Bischof Lorenz ist quellenmäßig nicht belegt. Für seine Zugehörigkeit zum Geschlecht der Herren von Pogarell haben sich u. a. ausgesprochen: Paul Bretschneider, Studien und Bemerkungen über epigraphische und heraldische Denkmäler Schlesiens, in: ZVGASCHl 64, 1930, 1–38, hier 5–7; Tadeusz Silnicki, Historia Śląska od najdawniejszych czasów do roku 1400 [Geschichte Schlesiens von den ältesten Zeiten bis zum Jahre 1400], Bd. 2. Kraków 1939, 132– 144; Urban, Zarys (wie Anm. 7), 179 ff.; Dola, Dzieje Kościoła Bd. 1 (wie Anm. 7), 62. 23 Schlesisches Urkundenbuch, Bd. 1. Ed. Appelt (wie Anm. 4), Nr. 122. 24 Schlesisches Urkundenbuch, Bd. 2. Ed. Winfried Irgang. Wien / Köln / Graz 1977, Nr. 384. 25 Urkunden des Klosters Kamenz. Ed. Paul Pfotenhauer, in: Codex diplomaticus Silesiae, Bd., 10. Breslau 1881, 36. 26 Mrozowicz, Kanonicy regularni (wie Anm. 14), 407. 27 Milis, Origines (wie Anm. 17), 25 28 Eistert, Beiträge (wie Anm. 1), 230f.; 234–236; Paul Knauer, Untersuchungen zu Urkunden des Klosters Kamenz, in: Zeitschrift des Vereins für Geschichte Schlesiens 71, 1937, 361–367; Josef Hettwer, Untersuchungen zu Urkunden des Klosters Kamenz, in: Arch. schl. Kirchengesch. 13, 1955, 17–25.

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systematischen Ausstattung äußerte, die die Pogarells dem Kloster bis ins 14. Jahrhundert hinein zukommen ließen.29 Als Vinzenz von Pogarell mit seinen Stiftungsbemühungen begann, hatte er bereits einen bestimmten Ort für das Kloster vorgesehen. Ebenfalls zuvor hatte er von seinem Bruder Janusz die Zusage erhalten, die neue Gemeinschaft auszustatten. Nach Tomasz Jurek erhielt Vinzenz bei den Erbteilungen nach dem Tode des Vaters kein eigenes Patrimonium, sollte für den Umstand, dass er übergangen wurde, vielmehr mit einer reich ausgestatteten Propstei entschädigt werden.30 Für dieselbe wurde Kamenz ausgewählt, das auf den von Janusz geerbten Gütern lag. Für die Attraktivität dieses Ortes spricht die Tatsache, dass dort bereits der böhmische Herzog Břetislav II. 1096 eine befestigte Siedlung hatte errichten lassen. Nach dem polnisch-böhmischen Frieden von 1115 fiel Kamenz an Herzog Bolesław III. Schiefmund; später gelangte es in den Besitz von Herzog Bolesław dem Langen, der es wiederum einem seiner treuen Ritter – dem Stammvater der Pogarells – übergeben haben soll. Kamenz war nicht ohne militärische Bedeutung, schützte es doch den wichtigen Durchgang durch den Grenzwald. Dass eine solche, strategisch bedeutende Siedlung an die Pogarells vergeben wurde, spricht für deren hohes Ansehen beim Herzog. Letzteres bezeugt auch die weitere Geschichte des Geschlechts: man vertraute ihm die Kolonisierung entlang des schlesischen Grenzwaldes sowie wichtige Grenzsiedlungen an. Auch die Gründung des Klosters in Kamenz sollte gewiss die politische Zugehörigkeit des Gebiets zum piastischen regnum stärken sowie dessen weiterer territorialen Expansion dienen. Als Keimzelle der Kamenzer Stiftung der Pogarells wird wahrscheinlich die am Ort bereits bestehende St. Prokop-Kapelle gedient haben.31 Sie soll nach Ansicht Gregor Frömrichs vom böhmischen Herzog Břetislav gestiftet worden sein.32 Eine erste Kirche wird zum Jahr 1216 bezeugt;33 bei ihr wird es sich um die ausgebaute St. ProkopKapelle gehandelt haben. Julius Peter zufolge wurde der neue Kirchenbau aus großen, verschiedenfarbigen Ziegeln errichtet. Er soll 130 Schritte lang und 60 breit und von vier Türmen mit Vorräumen umgeben gewesen sein.34 Die ursprüngliche Ausstattung der Propstei der Regularkanoniker in Kamenz war recht bescheiden; sie umfasste lediglich Kamenz als Sitz der Gemeinschaft selbst. Allerdings wurde die adlige Stiftung vom Breslauer Bischof Lorenz aus Besitzungen der Pogarells reich mit Zehnten ausgestattet.35 Seine Verleihung, an der interessanter29 30 31 32 33

Eistert, Beiträge (wie Anm. 1), 234. Jurek, Najdawniejsze (wie Anm. 3), 48. Lenczowski, Zarys dziejów klasztoru (wie Anm. 11), 62. Frömrich, Geschichte (wie Anm. 11), 2. Urkunden des Klosters Kamenz. Ed. Pfotenhauer (wie Anm. 25), Nr. 2; Schlesisches Urkundenbuch, Bd. 1. Ed. Appelt (wie Anm. 4), Nr. 152. 34 Julius Peter, Frankenstein, Camenz und Wartha. Handbuch für Reisende und Einheimische. Glatz 1885, 194; vgl. auch Frömrich, Geschichte (wie Anm. 11), 3. 35 Urkunden des Klosters Kamenz. Ed. Pfotenhauer (wie Anm. 25), Nr. 1

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weise Herzog Heinrich I., der Bärtige, nicht beteiligt war, umfasste drei Gruppen von Gütern: 1) eine Kirche in Wartha und deren Zehnten aus den Dörfern Banau, Frankenberg, Grochwitz und Schlause; 2) die Zehnten aus den Siedlungen der Brüder (fratres indivisi) Gołosta und Wojena in der Nähe des Berges ‚Vedrnich‘ (Wędrnik) bzw. die Dörfer Gołostowice und Wojnowice bei Strehlen,36 die 1260 in den Quellen als Gołostowo und Wojnowo bezeichnet werden;37 3) die Zehnten aus den Siedlungen Rogau, Grunau, Grochwitz, Laubnitz, Guhlau und Kittelau (Gola cum Teutonicis qui in Kydlinis dicuntur manere), Rosenbach, Grodkowice (vielleicht Grottkau) und Michelau.38 Die erste Gruppe der aufgeführten Ländereien wird von den Zehnten aus jenen Ortschaften (außer Grochwitz) repräsentiert, die in einer Urkunde von 1189 von Bischof Żyrosław den Johannitern in Tyniec verliehen worden waren.39 In deren Händen waren sie auch noch im Jahr 1203, als Bischof Cyprian der Johanniterkommende die Verleihung seines Vorgängers Żyrosław bestätigte und anlässlich der Weihe der Kirche in Bertholdsdorf neue Verleihungen hinzufügte.40 Doch schon im Jahre 1210 waren die fraglichen Ländereien im Besitz der Herren von Pogarell. Tomasz Jurek hat die Umstände dieses Besitzerwechsels aufzuklären versucht; ihm zufolge sei es zwischen 1203 und 1210 zu einem Tauschgeschäft gekommen, bei dem die Pogarells den Johannitern für die Kapelle in Wartha höchstwahrscheinlich das unweit von Löwen und Michelau gelegene Lossen überließen.41 Wartha war für ihre Kamenzer Stiftung insofern äußerst wertvoll, als es in einer beinahe menschenleeren Umgebung die nächstgelegene kirchliche Einrichtung bot und sich die ihr unterstellten Zehntdörfer mit den Gütern der Pogarells rund um Kamenz gut verzahnen ließen.42 Alle Dörfer der dritten Gruppe können als Besitz des Stammvaters der Pogarells, Jarosław, angesehen werden, der sie vielleicht vom Herzog bekommen hatte.43 Rogau und Grunau, Laubnitz und Grochwitz liegen in der Nähe von Kamenz; Rosenbach, Guhlau und Kittelau unweit von Nimptsch, sowie Grottkau und Michelau in der Umgebung von

36 37 38 39 40 41 42 43

Ebd., Nr. 103. Jurek, Najdawniejsze (wie Anm. 3), 35. Ebd., 31. Codex diplomaticus nec non epistolaris Silesiae, Bd. 1: 971–1204 Ed. Karol Maleczyński. Wrocław 1956, Nr. 67. Ebd., Nr. 98. Jurek, Najdawniejsze (wie Anm. 3), 46; eine solche Möglichkeit erörterte auch Kazimierz Dola, Zakon Joannitów na Śląsku do połowy XIV w. [Der Johanniterorden in Schlesien bis zur Mitte des 14. Jh.], in: Studia Teologiczne Śląska Opolskiego 1973, 3, 43–86, hier 81. Jurek, Najdawniejsze (wie Anm. 3), Anm. 100. Ebd., 31–46; Anna Rutkowska-Płachcińska, Strzelin, Ścinawa i Grodków: nieudane możnowładcze założenia targowe w XIII wieku [Strehlen, Steinau und Grottkau: misslungene Marktgründungen der Großen im 13. Jh.], in: Dies. (Hrsg.), Studia z dziejów osadnictwa, Bd. 3. Wrocław 1965, 39–69, hier 61.

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Brieg. Wie aus der Urkunde hervorgeht, war Grochwitz ein Dorf der filiorum Iarachii.44 Tomasz Jurek hat festgestellt, dass es im Falle von Panthenau, Rogau, Grunau und Laubnitz ähnlich war; diese Dörfer erbte, wie aus einer 1216 ausgestellten Urkunde hervorgeht, nach dem Tode des Jarosław dessen Sohn Janusz.45 Grottkau mitsamt seinen Ländereien (Grodkou cum suo circuitu) gehörte später den Brüdern Mroczek und Gerlach, den Söhnen des Precław, dem Bruder von Vinzenz und Janusz.46 Michelau mit Umgebung fiel dagegen an Jarosław, einen weiteren Bruder. In den Bestand von Grottkau gingen jene Gebiete ein, auf denen im Laufe der Zeit die Ortschaften Grottkau, Guhlau, Halbendorf, Klein Neudorf, Droitzdorf, Alt-Grottkau und Voigtsdorf entstanden. Auf den zu Michelau gehörenden Ländereien entstanden dagegen die Dörfer Michelau, Pogarell, Böhmischdorf, Taschenberg, Osseg und Leippe.47 Im Jahre 1210 erhielt das Kloster in Kamenz insgesamt eine Ausstattung in Gestalt der Zehnten aus 16 Dörfern. Der Einzug dieser Zehnten stellte ein dauerhaftes, ohne Aufwand eingehendes Einkommen dar.48 Bei den dem Kloster verliehenen Gütern handelte es sich um altpolnische Siedlungen, die ihren Zehnten noch als Garbenabgabe zahlten. Wie Jurek auf der Grundlage von Untersuchungen Jan Wroniszewskis gezeigt hat, nutzten die Pogarells, indem sie die Zehnten aus den eigenen Gütern für die eigene Stiftung bestimmten, das Recht des freien Zehnten.49 Im Jahr 1216 erhielt das Kamenzer Kloster dann eine erste Landverleihung. Schenker war der comes Janusz von Michelau, zu dem das Kamenzer Totenbuch festhielt: obiit comes Janusius de Mychelow, pius fundator et propugnator de camenz a iuventute sua fideliter.50 Die Landschenkung bestand aus den vier Dörfern, die das patrimonium des comes Janusz darstellten und umfasste Grunau, Rogau, Grochwitz und Panthenau mit Wald und zwei Bächen sowie dem Recht, an ihnen Mühlen und Fischteiche anzulegen. Hinzukam ein Gelände, das in der Verleihungsurkunde als quicquid est inter homines ducis et rivulos, qui Ochina et Lucauiza vocantur (…) usque ad silvam magnam et eciam ipsam silvam, quousque termini nostri durant bezeichnet wird und sich in den Händen der Pogarells befand.51 Nach Meinung Paul Knauers handelte es sich dabei um das Gebiet zwischen Grochwitz hominum ducis und den in der Urkunde erwähnten Bächen, also um das Tal der Neiße von Dürrharte (Suszka) bei Frankenstein bis zur Gebirgskette zwischen Frankenberg (Przyłęk) und Kamenz, sowie um den Wald, der von Süden bis an das Tal heran44 45 46 47 48 49

Urkunden des Klosters Kamenz. Ed. Pfotenhauer (wie Anm. 25), Nr. 1 Ebd., 2; Schlesisches Urkundenbuch, Bd. 1. Ed. Appelt (wie Anm. 4), Nr. 152. Jurek, Stadtlokationen (wie Anm. 9), 212; Ders., Najdawniejsze (wie Anm. 3), 29; 32ff. Jurek, Najdawniejsze (wie Anm. 3), 38f. Lenczowski, Zarys dziejów (wie Anm. 11), 64. Jurek, Najdawniejsze (wie Anm. 3), 43, Jan Wroniszewski, Szlachta ziemi sandomierskiej w średniowieczu. Zagadnienia społeczne i gospodarcze [Der Adel des Sandomirer Landes im Mittelalter. Soziale und wirtschaftliche Fragen]. Poznań / Wrocław 2001, 130ff. 50 Urkunden des Klosters Kamenz. Ed. Pfotenhauer (wie Anm. 25), Nr. 24. 51 Schlesisches Urkundenbuch, Bd. 1. Ed. Appelt (wie Anm. 4), Nr. 152.

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reichte.52 Die Verleihung erfolgte jedoch mit einer Einschränkung, denn aus der gesamten Schenkung erhielt das Kloster zuerst nur das Dorf Grunau, wohingegen sich der Stifter die übrigen Orte zu seinem lebenslangen Nutzungsrecht vorbehielt.53 Erst nach seinem Tod gingen alle in der Urkunde erwähnten Güter in den Besitz des Klosters Kamenz über. Leider erlebten die Kanoniker die Übernahme dieser Güter als Eigentum nicht mehr, weil der Stifter erst um das Jahr 1253 – also nach Aufhebung der Kanonie – verstarb.54 Eine Bestätigung der Pogarellschen Klosterstiftung erfolgte in einer 1276 ausgestellten Urkunde, in der die comites Janusz, Stefan und Simon von Michelau sowie comes Bogusz von Pogarell dem Kloster Kamenz ihre Kirche in Michelau mitsamt dem Patronatsrecht übertrugen und bestimmten, dass inicium religionis et fundationis a nostra processerit progenie in loco sepedicto [d. i. Kamenz].55 Vinzenz von Pogarell stand in den Jahren 1210 bis 1244 an der Spitze des Kamenzer Klosters. Er genoss den Respekt der Breslauer Bischöfe,56 war beim Apostolischen Stuhl geachtet, wie die Tatsache belegt, dass er 1227 zum päpstlichen Schiedsrichter bestellt wurde,57 und auch Herzog Heinrich I., der Bärtige, verließ sich auf ihn, als er die strategisch gut gelegene Propstei Kamenz in seine Politik des Landesausbaus einzubeziehen versuchte. Zur Umsetzung seines Kolonisationsprogramms gestattete der Herzog den Ordensleuten im Jahre 1230, auf den ihnen gehörenden 150 Hufen des im Grenzwaldgürtel bei Banau gelegenen Waldes deutsche Siedler anzusiedeln.58 Die Angaben zu den neuen Dörfern stammen erst aus einer 1260 ausgestellten Urkunde, als an die Stelle der Regularkanoniker bereits die Zisterzienser aus Leubus getreten waren. Gewisse Umstände weisen jedoch darauf hin, dass die Kamenzer Kanoniker Befürworter der Kolonisierungsaktion waren. Wahrscheinlich gründeten sie auf den 150 Hufen Wald das Dorf Hemmersdorf, das am Hemmersdorfer Bach (Ożarski Potok, einem Nebenfluss der Glatzer Neiße) unterhalb von Pilz, südlich von Kamenz liegt.59 Wie die Gründung, so war auch der Niedergang der Kamenzer Propstei mit der Person ihres Stifters verbunden. Im Jahr 1240 bot der Tod des amtierenden Abtes des Breslauer Sandklosters Gelegenheit, die Spaltung zwischen den Kanonikerkonventen auf der Breslauer Sandinsel und in Kamenz zu überwinden, von den in Breslau durch52 53 54 55 56

Knauer, Untersuchungen (wie Anm. 28). Schlesisches Urkundenbuch, Bd. 1. Ed. Appelt (wie Anm. 4), Nr. 152. Jurek, Rodowód (wie Anm. 1), 34f. Urkunden des Klosters Kamenz. Ed. Pfotenhauer (wie Anm. 25), Nr. 32. Schlesisches Urkundenbuch, Bd. 2. Ed. Winfried Irgang. Wien / Köln / Graz 1977, Nr. 268; 274; 301; 329; 339; 356–357; 366. 57 Schlesisches Urkundenbuch, Bd. 1. Ed. Appelt (wie Anm. 4), Nr. 273. 58 Ebd., Nr. 316. Zur Ansiedlungsaktion des Sandklosters vgl. Anna Pobóg-Lenartowicz, Uposażenie i działalność gospodarcza klasztoru kanoników regularnych we Wrocławiu [Ausstattung und wirtschaftliche Tätigkeit des Regularkanonikerklosters in Breslau]. Opole 1994, 45–56. Zur Kolonisationstätigkeit Heinrichs des Bärtigen Henryk Zientara, Heinrich der Bärtige und seine Zeit. Politik und Gesellschaft im mittelalterlichen Schlesien, München 2002, 272. 59 Urkunden des Klosters Kamenz. Ed. Pfotenhauer (wie Anm. 25), Nr. 3 (villa Helmirici).

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geführten Reformen wieder abzurücken und den Kamenzer Propst Vinzenz von Pogarell zum neuen Oberen des Sandklosters zu wählen. Vinzenz jedoch wollte nicht auf seine Kamenzer Propstei verzichten und entschloss sich, beide Häuser gleichzeitig zu leiten, was sich negativ vor allem auf die Kamenzer Stiftung auswirkte.60 Ohne ihren Protektor begann die Propstei bald zu verfallen. Eine von Bischof Thomas II. ausgestellte Urkunde zeichnet ein deprimierendes Bild von ihrem Innenleben.61 Nach Vinzenz‘ Weggang waren drei oder vier Brüder in Kamenz geblieben, die aber kein gemeinsames Leben führten und – wie für eine Regularkanonie typisch – weder zusammen lebten, noch gemeinsam Tisch hielten.62 Allerdings kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Breslauer Bischof, der daran interessiert war, die Kanoniker aus Kamenz wegzubekommen, ein überzeichnetes Bild von den dortigen Zuständen entwarf. Nach Anna Pobóg-Lenartowicz wurde die Angelegenheit der Kamenzer Propstei vor den Apostolischen Stuhl bzw. den päpstlichen Legaten Jakob von Lüttich gebracht.63 Die streitenden Parteien bemühten sich, den päpstlichen Vermittler jeweils von ihren Auffassungen zu überzeugen. Für die Kanoniker ging es dabei um Sein oder Nicht-Sein. Hinter der Auseinandersetzung standen nicht zuletzt wirtschaftspolitische Motive.64 Der Breslauer Bischof verfolgte ein Siedlungs- und Kolonisationsprogramm, in dessen Rahmen sich die Kamenzer Kanoniker in ihrem Grenzgebiet offenbar nicht bewährt bzw. zumindest nicht die in sie gesetzten Erwartungen erfüllt hatten. Daher wollte er die Kanoniker durch unternehmerisch denkende Zisterzienser aus Leubus ersetzen. Die Zisterzienser galten als sparsam, beschäftigten sich vor allem mit Landwirtschaft und waren in Schlesien bereits positiv aufgefallen, indem sie rund um ihre Häuser in Leubus und Heinrichau eine intensive Wirtschaft betrieben. Die Arbeit der Zisterzienser und ihre Resultate boten eine gewisse Gewähr dafür, dass sie rund um Kamenz das, was ihre Vorgänger nicht zu erreichen vermochten, würden verwirklichen können. Bischof Thomas I. selbst führte die von seinem Vorgänger begonnene lebhafte Kolonisationstätigkeit auf den bischöflichen Gütern weiter, insbesondere in dem zum Bistum gehörenden Neißer und Ottmachauer Land. Dabei ging es, wie Antoni Barciak festgestellt hat, um eine Stärkung der bischöflichen und herzoglichen Macht über das an einem wichtigen Grenzübergang gelegene Kloster.65 60 61 62 63 64

Mrozowicz, Kanonicy regularni (wie Anm. 14), 407. Schlesisches Urkundenbuch, Bd. 2. Ed. Irgang (wie Anm. 56), Nr. 348. Urkunden des Klosters Kamenz. Ed. Pfotenhauer (wie Anm. 25), Nr. 9. Pobóg-Lenartowicz, Kanonicy (wie Anm. 11), 42. Vgl. Schlesisches Urkundenbuch, Bd. 2. Ed. Irgang (wie Anm. 56), Nr. 347; 348; PobógLenartowicz, Kanonicy (wie Anm. 11), 42. 65 Antoni Barciak, Czechy a ziemie południowej Polski w XIII oraz w początkach XIV wieku: polityczno-ideologiczne problemy ekspansji czeskiej na ziemie południowej Polski [Böhmen und die Gebiete des südlichen Polens im 13. sowie Anfang des 14. Jahrhunderts: politisch-ideologische Probleme der böhmischen Expansion in die Gebiete des südlichen Polens]. Katowice 1992, 50.

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Und so hob der Breslauer Bischof Thomas I. im Einklang mit dem Domkapitel die Kamenzer Propstei, nachdem sie dreißig Jahre bestanden hatte, im Jahr 1240 auf und wies die Stiftung der Pogarells den Zisterziensern zu. Herzog Heinrich II. der Fromme, wandte sich seinerseits an den Abt des Klosters Leubus mit dem Auftrag, Mönche nach Kamenz zu entsenden.66 Doch erst Anfang des Jahres 1246 kam unter der Obhut von Abt Ludwig eine Schar von Leubuser Zisterziensern nach Kamenz. Sie vermochte sich dort jedoch nicht lange zu halten, weil sie noch im selben Jahr von Vinzenz von Pogarell vertrieben wurde, der die Kamenzer Propstei weiterhin verwaltete, obwohl er bereits seit dem 1. März 1240 Abt des Breslauer Sandklosters war. Wie Anna PobógLenartowicz feststellte, gab er sich gegenüber den Plänen des Bischofs noch nicht geschlagen. Er sandte aus Breslau Fuhrwerke, um den Kamenzer Brüdern zur Hilfe zu kommen, rief aber auch weltliche Kräfte (vielleicht seine Verwandten) zur Hilfe und jagte auf diese Weise die Zisterzienser nach Leubus zurück.67 Dafür wurde er mit der Exkommunikation belegt, woraufhin er sich an den Papst wandte. Innozenz IV. beauftragte seinen Legaten in Polen, den Lütticher Archidiakon Jakob (den späteren Papst Urban IV.) mit der Schlichtung des Streites und einer entsprechenden Entscheidung. Der Legat machte sich 1248 ans Werk, legte beiden Konfliktparteien das Versprechen auf, sich bei einer Strafe von 1000 Mark seiner Entscheidung unwiderruflich zu beugen und begann mit Hilfe der ihm zugewiesenen Assessoren (den Bischöfen Jan Prandota von Krakau und Nanker von Lebus) den gesamten Konflikt zu untersuchen.68 Am 15. Oktober 1248 wurde das Urteil gefällt, demzufolge das Kloster Kamenz erneut den Zisterziensern zu übergeben war. Der Legat ordnete außerdem an, den Zisterzienserkonvent mit Abt Ludwig an der Spitze nach Kamenz zu holen und stattete ihn mit allen zuvor den Kanonikern gehörenden Besitztümern aus. Die Kamenzer Kanoniker wiederum mussten auf päpstliche Weisung hin ins Sandkloster nach Breslau umziehen.69 1249 verzichteten schließlich sowohl der Abt als auch der gesamte Konvent des Breslauer Klosters auf alle Ansprüche auf Kamenz.70 Bischof Thomas wies ihm dafür den Zehnten (wahrscheinlich in Geldform) von zehn Mark jährlich aus dem Dorf Peterwitz zu.71 Auf diese Weise wurde der Streit schließlich entschieden und die Zisterzienser übernahmen 1249 erneut das Kamenzer Kloster mitsamt seiner gesamten Ausstattung. Es fragt sich, warum die Herren von Pogarell diese Maßnahme zuließen. Möglicherweise hatte der Breslauer Bischof in anderen Vertretern des Geschlechts einflussreiche Verbündete für seine Pläne gefunden. Auch darf nicht vergessen werden, dass es sich um eine unruhige Zeit handelte. Am 9. April 1241 war Herzog Heinrich II. bei Liegnitz im Kampf gegen die Mongolen gefallen. Sein Tod markierte den Beginn eines Chaos 66 67 68 69 70 71

Urkunden des Klosters Kamenz. Ed. Pfotenhauer (wie Anm. 25), Nr. 9. Pobóg-Lenartowicz, Kanonicy (wie Anm. 11), 42. Urkunden des Klosters Kamenz. Ed. Pfotenhauer (wie Anm. 25), Nr. 7. Ebd., Nr. 8. Ebd., Nr. 10. Schlesisches Urkundenbuch, Bd. 2. Ed. Irgang (wie Anm. 56), Nr. 397.

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und den Zusammenbruch der schlesischen Einigungsbestrebungen. Vielleicht verzichteten die Pogarells auf einen Kampf um ihre Kamenzer Stiftung auch zugunsten ihrer eigenen Stadtlokationen in Grottkau und Löwen, da diese ihnen neue, bessere Möglichkeiten versprachen. Hinzu kam der Tod des Klostergründers Vinzenz von Pogarell (um 1251)72 und wenig später auch der seines Bruders, des Breslauer Archidiakon Janusz (um 1253). Seit 1249 wurde der Platz der Kamenzer Regularkanoniker also von den Zisterziensern eingenommen. Diese betrachteten ihrerseits die Herren von Pogarell als ihre Stifter. Die umsichtigen Mönche, die um ihr Eigentum besorgt waren, bemühten sich beim Breslauer Bischof um die Bestätigung der von ihren Vorgängern ererbten Rechte auf die von comes Janusz von Michelau gegründeten Dörfer. Tatsächlich stellte Bischof Thomas II. 1260 eine Urkunde aus, die den Zisterziensern in Kamenz ihre Besitztümer und Zehnten bestätigte73 und dazu im einzelnen folgende Ortschaften nannte: Kamenz74, Grunau, Laubnitz, Rogau, Grochwitz, Panthenau, Ratajna und vier neue Dörfer, die von den Zisterziensern vor 1260 in dem 150 Hufen großen Waldgebiet gegründet worden waren: Przyborowo quod dicitur Soneheyde, Cluchowa, Owenosowo utrumque, Grodische quod est villa Lambertii, villa Burcardi, Lusoboc filiorum Jaroslai. Des weiteren werden aufgeführt: Grodkou cum suo circuitu, Michalou cum suo circuitu, d. h. Umritte mit genau festgelegten Grenzen, wie aus der Bestätigung des Zehnten für Kamenz im Jahre 1316 hervorgeht, wo u. a. davon die Rede ist uterque circuitus per dominium possessoris sui tunc suos limites noscitur habuisse.75 Wie es in der Urkunde heißt, wurde jeder dieser Umritte quilibet circuitum eorundem tunc circumdatus extitit magnis silvis zum Objekt von Ansiedlungsmaßnahmen, die seine Produktionsmöglichkeiten steigerten. Es handelte sich also schon um einen stattlichen Landbesitz, der – mit Ausnahme von Panthenau und Ratajna – einen geschlossenen Komplex in der Nähe des Klosters bildete. Die Zisterzienser übernahmen die Stiftung der Herren von Pogarell mit gewissen Veränderungen. Im Unterschied zu der Niederschrift von 1216 bekamen die Zisterzienser nur Grochwitz und Rogau als Besitz. Panthenau hielten die Brüder Mroczek und Gerlach in ihren Händen, das sie nach dem Tode des Breslauer Archidiakons Janusz

72 Jurek, Najdawniejsze (wie Anm. 3), 31, Anm. 11; andere Daten – den 5. April oder den 22. August 1249 – bei Pobóg-Lenartowicz, Kanonicy (wie Anm. 11), 252, Anhang. Der Nachfolger von Vinzenz, Abt Stefan, tauchte erst 1253 auf; Schlesisches Urkundenbuch, Bd. 3. Ed. Winfried Irgang. Köln / Wien 1984, Nr. 107. 73 Urkunden des Klosters Kamenz. Ed. Pfotenhauer (wie Anm. 25), Nr. 20 und 103. 74 Kamenz soll also im Jahre 1260 dem Kloster den Zehnten gezahlt haben, folglich existierte hier bereits ein Dorf. 1262 wird die Ortschaft als villa bezeichnet, in der das Kloster auch ein Vorwerk geschaffen habe; vgl. Lenczowski, Zarys dziejów (wie Anm. 11), 79, Anm. 65. 75 Urkunden des Klosters Kamenz. Ed. Pfotenhauer (wie Anm. 25), Nr. 203, siehe RutkowskaPłachcińska, Strzelin (wie Anm. 43), 62.

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übernommen hatten.76 Der Abt des Zisterzienserklosters wollte einer solchen Lösung nicht zustimmen und forderte die Übergabe des ihm versprochenen Dorfes. Angesichts des wachsenden Konflikts wandten sich die Pogarells an Herzog Heinrich III. Unter seiner Vermittlung schlossen sie 1262 ein Abkommen mit Abt Ludwig II., durch das das Zisterzienserkloster im Tausch gegen Panthenau zwei andere Dörfer erhielt: Kittelau und Vogelgesang.77 Damit erlangte der Zisterzienserkonvent eine sichere und dauerhafte materielle Grundlage, die ihm den Beginn eines Kirchenbaus und den Ausbau der sicherlich seit langem geplanten Klostergebäude gestattete. Das von den Pogarells gestiftete Kloster der Regularkanoniker in Kamenz war eine der ersten Stiftungen einer Adelsfamilie in Schlesien. Die Herren von Pogarell waren im 13. Jahrhundert die Hauptwohltäter des Klosters. Die Bindungen der Vertreter des Geschlechts zur eigenen Stiftung schwächten sich auch dann nicht ab, als das Kloster den Zisterziensern übertragen wurde. Weitere Verbindungen der Pogarells mit ihrer Stiftung in Kamenz sind vor allem dank des Kontakts mit der St. Michael-Kirche in Michelau bekannt, die Verwandte vor 1276 gestiftet hatten. Aus einer am 24. April 1276 in Kamenz ausgestellten Urkunde geht hervor, dass die Vertreter des Geschlechts Janusz, Stefan, Simon von Michelau sowie Bogusz von Pogarell, versammelt auf der Beerdigung von Budziwoj von Michelau, dem vom eigenen Geschlecht gestifteten Kloster Kamenz ihre Kirche in Michelau samt Patronatsrecht, Zehnten sowie die Bitte um Gebete für die Seelen der Angehörigen ihres Geschlechts übertrug. Zugleich verpflichteten sich die Zisterzienser, für die Betreuung der Kirche in Michelau zwei Mönche und einen Laien abzustellen sowie das Gotteshaus instandzuhalten. Propst in der Michelauer Kirche wurde ein gewisser Rudger.78 Die nächste Verleihung von Seiten der Herren von Pogarell für die Kamenzer Zisterzienser fand am 8. November 1302 statt, als der Sohn des Janusz von Michelau namens Budek gemeinsam mit seiner Ehefrau den Mönchen die Zehnten aus seinen Weinbergen und Hopfenfeldern abtrat.79 Dass in Michelau auch Zwiebeln und Knoblauch angebaut wurden, geht aus dem Zwiebel- und Knoblauchzins hervor, auf den das Kamenzer Kloster noch in der Neuzeit Ansprüche erhob.80 Im Jahre 1333 waren die Söhne des Bogusz von Pogarell – Gunter (gest. 1349) und Precław (um 1310–1376), der spätere Breslauer Bischof – Besitzer von Michelau, Pogarell und Alzenau.81 Precław von Pogarell trat einen Teil seiner Güter in Michelau zu lebenslangem Besitz an den Bres-

76 Schlesisches Urkundenbuch, Bd. 3. Ed. Irgang (wie Anm. 72), Nr. 391; Jurek, Najdawniejsze (wie Anm. 3), 44; Ders., Rodowód (wie Anm. 1), 35f. 77 Urkunden des Klosters Kamenz. Ed. Pfotenhauer (wie Anm. 25), Nr. 24. 78 Ebd., Nr. 32. 79 Ebd., Nr. 57; Archiwum Państwowe we Wrocławiu, Rep. 88, wo an die Urkunde auf dem Pergamentstreifen das Siegel des Ausstellers angehängt ist. 80 Frömrich, Geschichte (wie Anm. 11), 119f. 81 Urkunden der Stadt Brieg. Ed. Grünhagen (wie Anm. 2), Nr. 87.

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lauer Kanoniker Sambor, den Sohn eines Bruders von Heinrich, ab.82 Als er bereits Bischof von Breslau war, übertrug er mit einer am 16. November 1344 in Neiße ausgestellten Urkunde den Zisterziensern in Kamenz zahlreiche jährliche Einkünfte aus seinen Erbgütern, nämlich aus einer seit 1310 den Lossener Zisterziensern gehörenden Mühle im Dorf Ruschow (Rauske, Raski bei Löwen?) sowie bestimmte Einkünfte aus Alzenau und Pogarell. Der Spender stellte dabei die Bedingung, dass nach seinem Tode in der Kirche von Michelau an acht aufeinanderfolgenden Tagen Gedenkmessen für seine Seele abgehalten werden sollen.83 In einer am 23. November 1344 in Neisse ausgestellten Urkunde gestattete Precław von Pogarell dem Zisterzienserkloster Kamenz, Güter im Bereich der Bistumslande zu erwerben und verzichtete zugleich auf seine Stiftungsrechte auf diese Besitzungen.84 In einer Urkunde vom 27. Februar 1357 aus Ottmachau vollzog Bischof Precław von Pogarell die Inkorporation der Michelauer Kirche in das Zisterzienserkloster Kamenz zusammen mit dem Recht, den Propst zu ernennen.85 Dennoch ergaben sich Schwierigkeiten mit dem Unterhalt der Zisterzienser in Michelau. Ende des 14. Jahrhunderts befand sich das Dorf im Besitz Mirsans von Pogarell, eines Bruders von Bischof Precław. Zu Beginn des 15. Jahrhunderts war die Besitzerin der Michelauer Güter Elisabeth, die Frau Jarosławs von Pogarell (1425– 1458). Ihr Enkel, Heinrichs Sohn Hans von Pogarell, trat zum Protestantismus über, entzog den Zisterziensern die Michelauer Kirche und ließ ihnen nur das Patronatsrecht sowie die Beteiligung an der Bestätigung der Pastorenkandidaten.86

Die Stiftung des Dominikanerklosters in Löwen Es war das Verdienst des Geschlechtes der Odrowąż und eines seiner führenden Vertreter, des Krakauer Bischofs Iwo, dass die Dominikaner im 13. Jahrhundert nach Polen kamen und dort günstige Bedingungen vorfanden.87 Eine erste Gruppe von ihnen ließ 82 Eistert, Beiträge (wie Anm. 1), 280. 83 Regesty Śląskie [Schlesische Regesten], Bd. 1 (1343–1348). Ed. Kazimierz Bobowski. Wrocław 1975, Nr. 231. 84 Ebd., Nr. 234. 85 Urkunden des Klosters Kamenz. Ed. Pfotenhauer (wie Anm. 25), Nr. 240; Archiwum Państwowe we Wrocławiu, Rep. 88, Nr. 153, wo an die Urkunde mit grünen Schnüren das Siegel des Bischofs angehängt ist. 86 Johannes Engel, Zur Geschichte des Dorfes Michelau, insbesondere der katholischen Kirchengemeinde. Brieg 1930, 10–13; Friedrich Gottlob Eduard Anders, Historische Statistik der Evangelischen Kirche in Schlesien. Breslau 1867, 175. 87 Vgl. Jerzy Wyrozumski, Okoliczności wprowadzenia dominikanów do Polski [Die Umstände der Ansiedlung der Dominikaner in Polen], in: Dariusz Aleksander Dekański / Andrzej Gołembnik / Marek Grubki (Hrsg.), Dominikanie: Gdańsk – Polska – Europa. Gdańsk / Pelplin 2003, 57–66.

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sich 1225 an der Dreifaltigkeitskirche in Krakau nieder. Weitere Gruppen der (zur polnisch-böhmischen Provinz gehörenden) Brüder wurden nach Cammin in Pommern (Kamień Pomorski), Danzig, Płock und Sandomir geschickt. Mit großer Unterstützung der Herzöge und weltlicher Stifter entstanden in den Städten rasch zahlreiche Dominikanerklöster; bis zur Mitte des 13. Jahrhunderts waren es 21, im Jahre 1300 dann bereits 54 Männer- und acht Frauenklöster.88 Allein in Schlesien entstanden in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts zwölf Niederlassungen der Dominikaner (zehn für Männer, zwei für Frauen).89 Nur eines von ihnen – das Dominikanerkloster in Löwen – war eine ritterliche Stiftung. Als sein Stifter gilt Bogusz von Pogarell, der von 1284 bis 1301 als Erbe Löwens erscheint.90 Bogusz war der Sohn des Precław (gest. 1273) und Enkel von Jarosław, dem Kastellan von Ritschen und Nimptsch.91 Erstmals in Erscheinung trat er in einer während der Beerdigung seines Vaters ausgestellten Urkunde.92 Er musste damals, wie Tomasz Jurek festgestellt hat, noch minderjährig gewesen sein.93 Selbständig trat er erst in einer am 29. November 1284 ausgestellten Urkunde hervor, die den Verkauf einiger Hufen außerhalb der Stadt an die Einwohner von Löwen bestätigt.94 Bogusz diente den Breslauer Herzögen Heinrich IV. und Heinrich V. Er begegnet auch in den Zeugenreihen von Urkunden, die von den Kanzleien der Herzöge Bolko von Schweidnitz und Bolesław III. ausgestellt wurden. Er schrieb sich überwiegend ‚von Pogarell‘, sporadisch aber auch ‚von Michelau‘, und gebrauchte das Wappensiegel Grzymała.95

88 Jerzy Kłoczowski, Zakon Braci Kaznodziejów w Polsce 1222–1972. Zarys dziejów [Der Orden der Predigerbrüder in Polen, 1222–1972. Ein historischer Abriss], in: Ders. (Hrsg.), Studia nad historią dominikanów w Polsce 1222–1972. Warszawa 1975, 19–158, hier 30. 89 Jerzy Kłoczowski, Dominikanie polscy na Śląsku w XIII – XIV wieku [Die polnischen Dominikaner in Schlesien im 13.–14. Jh.]. Lublin 1956, 52; Ewa Wółkiewicz, Stan badań nad średniowiecznymi dziejami klasztoru dominikanów w Opolu [Der Forschungsstand zur mittelalterlichen Geschichte des Dominikanerklosters in Oppeln], in: Zeszyty Naukowe Uniwersytetu Opolskiego. Historia 35, 1998, 213–235. 90 Gustav Adolf Stenzel, Beiträge zur Geschichte des alten einheimischen schlesischen (polnischen) Adels. Uebersicht der Arbeiten und Veränderungen der Schlesischen Gesellschaft für Vaterländische Kultur im Jahre 1841. Breslau 1842, 142; Paul Pfotenhauer, Die fünfzig Ritter von 1294, in: ZVGASCHl 16, 1882, 157–179, hier 165, Anm. 2; Johann Heyne, Dokumentirte Geschichte des Bisthums und Hochstiftes Breslau, Bd. 2. Breslau 1864, 597, Anm. 4; Eistert, Beiträge (wie Anm. 1), 249f.; Zygmunt Mazur, Przyczynki do historii klasztoru dominikańskiego w Lewinie Brzeskim [Beiträge zur Geschichte des Dominikanerklosters Löwen]. Wrocław 1970, 121–131, 121. 91 Vgl. Jurek, Rodowód (wie Anm. 1), Tab. 1. 92 Schlesisches Urkundenbuch, Bd. 4. Ed. Irgang (wie Anm. 2), Nr. 220. 93 Jurek, Rodowód (wie Anm. 1), 45. 94 Schlesisches Urkundenbuch, Bd. 5. Ed. Winfried Irgang. Wien / Weimar / Köln 1993, Nr. 159. 95 Jurek, Rodowód (wie Anm. 1), 46; Joanna Banik, Ikonografia pieczęci śląskich Pogorzelów [Die Ikonographie der Siegel der schlesischen Pogarells], in: Stanisław Rosik / Przemysław Wiszewski

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Die Existenz eines Konvents der Predigerbrüder in Löwen wird in einer Urkunde vom Dezember 1285 bestätigt.96 Man kann vermuten, dass sie von den Pogarells nach der Lokation der Stadt um 1250 angesiedelt wurden.97 Die Existenz eines Dominikanerkonvents in Löwen wird auch im Klosterverzeichnis des Bernard Gui vom Beginn des 14. Jahrhunderts bstätigt.98 Das Löwener Kloster nahm in Guis Verzeichnis zwischen Oppeln und Schweidnitz die Position 29 ein.99 Der Vermutung Kurt Köhlers, dass sich die Dominikaner in Löwen schon um 1250 niedergelassen hätten, kann mithin nicht zugestimmt werden.100 Jacek Woroniecki nimmt an, dass das Löwener Kloster kurz vor 1285 entstanden sein muss.101 Nach Auffassung Jerzy Kłoczowskis fand seine Gründung, obwohl der Konvent in den Quellen im Dezember 1285 erwähnt wird, erst gegen Ende der 1280er Jahre statt.102 Auch die Umstände der Löwener Dominikaner-Ansiedlung werden von den Quellen nicht unmittelbar erhellt. Wir können nur vermuten, dass sie durch zuvor am Ort gehaltene Predigten, vielleicht auch durch einen längeren Aufenthalt von speziell dorthin entsandten Brüdern vorbereitet worden sein wird.103 Sicher verfolgte auch die Löwener Stiftung der Pogarells neben religiösen Motiven auch weltliche Ziele. Gewiss sollte sie, wie jede andere Stiftung, auch zu einer Steigerung ihres Prestiges beitragen; zudem dürfte sie auch wirtschaftlich motiviert gewesen sein, versprach eine Ordensniederlassung in einer städtischen Gesellschaft doch auch eine Vermehrung der Handelserträge. In Löwen werden die Dominikaner von ihrem Stifter zweifellos ein eigenes Domizil erhalten haben. Doch ist der genaue Niederlassungsort des Konvents innerhalb der Stadt unbekannt. Vermutlich wurden sie nördlich des jetzigen Schlosses angesiedelt. Archäologische Untersuchungen haben ergeben, dass die heutige evangelische St. Peter und Paul-Kirche die erste Klosterkirche gewesen sein könnte.104 Doch um die genaue Lage

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(Hrsg.), Imago Narrat. Obraz jako komunikat w społeczeństwach europejskich. Wrocław 2002, 33, Siegel Nr. 2. Urkunden zur Geschichte des Bisthums Breslau im Mittelalter. Ed. Gustav Adolf Stenzel. Breslau 1845, 187. Kłoczowski, Dominikanie (wie Anm. 89), 54; 305; Mazur, Przyczynki (wie Anm. 90), 121. Ebd., 289. Ebd., 54; Pobóg-Lenartowicz, Jeszcze o początkach klasztoru dominikanów w Opolu [Noch einmal zu den Anfängen des Dominikanerklosters in Oppeln], in: Zeszyty Naukowe Uniwersytetut Opolskiego, Historia 35, 1998, 7–22, hier 10. Kurt Köhler, Geschichte der Stadt Löwen. Löwen 1933, 18. Jacek Woroniecki, Św. Jacek Odrowąż i wprowadzenie Zakonu Kaznodziejskiego do Polski [Der hl. Hyazinth Odrowąż und die Ansiedlung des Predigerordens in Polen]. Katowice 1947, 230. Kłoczowski, Dominikanie (wie Anm. 89), 54. Jan Andrzej Spież, Początki klasztoru w Gdańsku na tle najstarszych fundacji [Die Anfänge des Klosters in Danzig vor dem Hintergrund der ältesten Stiftungen], in: Dekański / Gołembnik / Grubki, Dominikanie (wie Anm. 87), 175. Janina Eysymontt, Studium historyczno-urbanistyczne miasta Lewin Brzeski [Historischstädtebauliche Studie der Stadt Löwen]. Wrocław 1963 (Manuskript im Archiwum Wojewódzki

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der Kirche bzw. des Klosters zu ermitteln, wären gründlichere archäologische Forschungen auf dem an den nördlichen Teil des Presbyteriums und des Langhauses der evangelischen Kirche angrenzenden Gelände notwendig. Spekulation bleibt auch, ob die Dominikaner die Kirche selbst erbaut haben oder sie von ihrem Stifter ein bereits bestehendes Gotteshaus erhalten haben. Wahrscheinlicher erscheint die zweite Möglichkeit, da die Dominikaner üblicherweise bereits bestehende Kirchen übernahmen. Auch fällt es schwer zu glauben, dass ein so vermögendes Geschlecht, wie jenes der Pogarells, in der von ihnen gegründeten Stadt nicht auch eine Kirche gestiftet haben wird. Das Patrozinium der ursprünglichen Löwener Kirche ist unbekannt. Vermutlich war sie Peter und Paul oder dem Heiligen Kreuz geweiht. Dafür spricht, dass bei den schlesischen Dominikanerkirchen im 13. Jahrhundert die Bewegung der Geißelbrüder erheblichen Anklang fand, was nach Jerzy Kłoczowski u. a. darin seinen Ausdruck gefunden habe, dass in sieben der dreizehn schlesischen Dominikanerklöster die Kirche das Heilig-Kreuz-Patrozinium trug.105 Das Löwener Dominikanerkloster entstand zwischen den größeren Zentren in Breslau, Oppeln und später auch Brieg. Diese Lage wirkte sich von Beginn an auf seine Entwicklung und seinen Charakter aus. Die schlesischen Herzöge und die Stifterfamilie kümmerten sich nicht allzu sehr um das Schicksal der Löwener Dominikaner. Das war nicht ungewöhnlich; ähnlich war die Situation auch in Oppeln.106 Aus dem Konvent in Löwen ging kein einziger bedeutender Dominikaner hervor. Löwener Ordensleute finden wir weder auf den Listen renommierter Hochschulen noch innerhalb der Ordensführung. Der erste und einzige Hinweis in den Quellen des 13. Jahrhunderts auf das Löwener Kloster stammt von 1285, als die Dominikaner von ihren auf dem Gebiet des Herzogtums gelegenen Besitztümern von Herzog Heinrich IV. dem Gerechten, vertrieben wurden, darunter u. a. aus dem Konvent in Löwen. Das war die Rache des Breslauer Herzogs dafür, dass sich die Dominikaner im herzoglichen Konflikt mit dem Breslauer Bischof um Grenzziehungen und Zehntabgaben auf die Seite von Bischof Thomas II. geschlagen hatten.107 Die Haltung des Klerus in diesem langwierigen Streit war nicht einheitlich. Doch die Dominikaner aus Löwen standen fest hinter dem Bischof, weshalb sie vom Herzog aus der Stadt vertrieben wurden. Die Verbannung dauerte zwei Jahre, bis zum Herbst 1287. Nach der Aussöhnung der zerstrittenen Parteien kehrten die vertriebenen Löwener Dominikaner in ihr Kloster zurück. Nach Kurt Köhler setzte sich die Gemeinschaft damals aus zwölf Brüdern und dem Prior zusam-

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Urząd Ochrony Zabytków we Opolu [Archiv des Wojewodschaftsamtes für Denkmalpflege in Oppeln], Sygn. 615, nr inw. 629, 7.) Kłoczowski, Dominikanie (wie Anm. 89), 268. Anna Pobóg-Lenartowicz, Konwent w Opolu na tle działalności dominikanów śląskich [Der Konvent in Oppeln vor dem Hintergrund der Tätigkeit der schlesischen Dominikaner], in: Dekański / Gołembnik / Grubki, Dominikanie (wie Anm. 87), 117–128, hier 127. Urkunden zur Geschichte des Bisthums Breslau. Ed. Stenzel (wie Anm. 96), 187; Kłoczowski, Dominikanie (wie Anm. 89), 54; 305, Köhler, Geschichte (wie Anm. 100), 18.

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men.108 Möglicherweise führte der Umstand, dass die Löwener Dominikaner für den Breslauer Bischof Partei ergriffen hatte, auch zu jener missgünstigen Haltung, die ihnen gegenüber bald die Herren von Pogarell einnahmen. Letztere waren schließlich treue Anhänger der herzoglichen Macht, wie ihre Präsenz in den Zeugenlisten herzoglicher Urkunden belegt.109 Die Situation änderte sich erst im 14. Jahrhundert. Grundlegende Bedeutung für die Erforschung der Geschichte der Löwener Dominikaner im 14. Jahrhundert haben die im Kopialbuch des Konvents überlieferten Urkunden.110 Sie werfen Licht auf die materiellen Bedingungen des Klosters. Aus dem 15. Jahrhundert stammen Informationen über den klösterlichen Besitz von Fischfangrechten an der Neiße, die bis in die Anfänge der Stiftung zurückreichen müssen.111 Für das 15. Jahrhundert begegnet der Löwener Dominikanerkonvent auch im ‚Formelbuch der Dominikaner‘. Die sieben Erwähnungen betreffen die Zeit zwischen 1372 und 1411. In der Mitte des 14. Jahrhunderts erwarb der Löwener Konvent das Recht auf kostenloses Mahlen seines gesamten Getreides in der städtischen Mühle. Bestimmt besaß das Kloster anfänglich ein Achtel der stadtnahen Mühle. Als fehlende Geldmittel den Brüdern nicht länger ermöglichten, die Mühle zu reparieren, kam es zum Streit mit den Einwohnern Löwens. Der Breslauer Bischof Precław von Pogarell entschied den Konflikt so, dass die Dominikaner auf ihr Eigentum verzichten, im Austausch dafür aber das Recht auf kostenloses Mahlen in dieser Mühle bekommen sollten.112 Dies bestätigt eine 1359 in Löwen von der Eigentümerin Eva Jemischen von Pogarell ausgestellte Urkunde, nach der die Löwener Dominikaner, die den achten Teil der städtischen Mühle mit der Verpflichtung, die Kosten ihrer Renovierung zu diesem Teil zu tragen, auf ihr Eigentumsrecht verzichten und im Austausch dafür aus dieser Mühle jährlich 13¼ Scheffel Getreide erhalten sowie das Recht auf kostenloses Mahlen besitzen sollten. Einzige Verpflichtung der Dominikaner sollte es sein, der Mühle jedes Jahr acht Schock Schnüre zu liefern.113 Dies zeugt von der Bescheidenheit des Löwener Konvents, dessen 108 109 110

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Köhler, Geschichte (wie Anm. 100), 19. Urkunden der Stadt Brieg. Ed. Grünhagen (wie Anm. 2), Nr. 19 (18. September 1284, wo Stefan von Michelau als Zeuge auftritt). Kopiariusz dominikanów lewińskich im Archiwum Dominikanów w Krakowie, Sign. Le 1; Dabei handelt es sich um im Jahre 1629 angefertigte und vom Gericht beglaubigte Kopien, als sich die Krakauer Dominikaner um eine Eintragung der Löwener Urkunden in das Registerbuch des Ratsgerichts der Krakauer Vorstadt Garbary bemühten; wie Mazur, Przyczynki (wie Anm. 90), 121 bemerkt hat, müssen diese Urkunden im Original vorgelegen haben, wovon die Feststellung des Gerichts zeugt, dass sie auf Pergament angefertigt wurden und mit Siegeln versehen waren. Der Bestand enthält zwölf gut erhaltene Kopien, auf separaten Blättern verfasst und mit chronologischer Nummerierung der einzelnen Urkunden. Kopiariusz (wie Anm. 110). Lose Urkundenkopie aus dem 17. Jahrhundert in der Akte mit den Quellen des Löwener Klosters im Krakauer Archiwum Dominikanów , Sign. Le 1, Dok. Nr. 1. Regesty Śląskie [Schlesische Regesten], Bd. 4: 1358–1359. Ed. Wacław Korta. Wrocław / Warszawa 1992, Nr. 317.

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Hauptproblem der Geldmangel war, obwohl die Stifter – die Herren von Pogarell – eines der vermögendsten Adelsgeschlechter in Schlesien waren.114 Die schlechte finanzielle Lage des Konvents bestand fort; Anfang des 16. Jahrhunderts soll er nicht einmal die erforderliche Zahl von zwölf Ordensbrüdern beherbergt haben.115 Die niedrige Zahl an Ordensbrüdern, der Mangel an Neuberufungen, Verluste infolge der Pest sowie die fehlenden finanziellen Mittel veranlassten 1517 das Provinzialkapitel, die Auflösung des Löwener Konvents zu beschließen: Item absolvimus priorem Levinensem disposicionem illius conventus priori Bregenis committentes cui etiam committimus ab eodem recipere racionem, volentes ut deinceps omnis proventus dicit loci conventui Bregensi approprietur.116 Diese Anordnung des Kapitels muss später annulliert worden sein, weil das Kloster in Löwen weiterbestand, was Rechnungen des Dominikanerkonvents in Brieg bezeugen, die bis 1525 Notizen zum Löwener Konvent enthalten.117 Die tatsächliche Aufhebung der Löwener Stiftung erfolgte deutlich später und aus völlig anderen Gründen.118

Die Stiftungsmotive der Herren von Pogarell Welche Motive bewegten die Herren von Pogarell zu ihren Stiftungen? Antworten auf diese Frage berühren verschiedene Bereiche –christliche Vorstellungen, politische Ideologie und soziale Beziehungen. Alle diese Faktoren waren wichtig und miteinander verzahnt. Religiöse Motive verbanden sich mit politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Faktoren. Das Stiften eines Klosters, und damit der eigenen memoria und 114

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Das Geschlecht zeichnete sich auch im Verhältnis zu seiner anderen Klosterstiftung in Kamenz nicht durch mehr Großzügigkeit aus, obwohl es mit ihr besonders verbunden war; vgl. Tadeusz Silnicki, Dzieje i ustrój Kościoła katolickiego na Śląsku do końca XIV w. [Geschichte und Verfassung der katholischen Kirche in Schlesien bis zum Ende des 14. Jh.]. Warszawa 1953, 353; Hettwer, Untersuchungen (wie Anm. 28), 23. Köhler, Geschichte (wie Anm. 100), 19; Kłoczowski, Dominikanie (wie Anm. 89), 129. Acta capitulorum provinciae Poloniae ordinis praedicatorum, Bd. 1: 1225–1600. Ed. Roman Fabian Madura. Rom 1972, 240; Kłoczowski, Dominikanie (wie Anm. 89), 128; Köhler, Geschichte (wie Anm. 100), 20 behauptet irrtümlich, das Löwener Kloster sei vom Provinzialkapitel noch vor 1500 aufgehoben worden. Biblioteka Uniwersytecka we Wrocławiu [Universitätsbibliothek Breslau], Handschrift Sign. IV F 224, Bl. 17; 114; 115; 233. Die Auflösung erfolgte unter Herzog Friedrich II. von Brieg in den 1530er Jahren. Ein Teil der Dominikaner aus Löwen zog nach der Kassation des Ordens ins Dominikanerkloster Zur Heiligen Dreifaltigkeit nach Krakau um, worauf die dortige Anwesenheit der geretteten Handschriften des Klosterarchivs der Löwener Dominikaner verweist. Die Archivalien wurden im 17. Jahrhundert in Krakau im Zusammenhang mit den 1676 von den Dominikanern betriebenen Versuchen einer Wiederherstellung des Klosters in Löwen beim kaiserlichen Kommissar abgeschrieben.

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sepultura, war im Verständnis der Zeit sowohl ein Garant für die Erlösung im Jenseits, als auch ein Zeichen für irdischen Wohlstand, für die Großzügigkeit, das Prestige und die Bedeutung des Stifters. Unter den Beweggründen, die einen weltlichen Großen zu einer sakralen Stiftung veranlassten, standen religiöse Motive zweifellos an oberster Stelle. Motivierend waren vor allem die Hoffnung auf Erlösung nach dem Tod sowie der Wunsch nach einem günstigen Status des Geschlechts sowohl in der näheren als auch in der ferneren Zukunft.119 Ein Stifter, der ein Kloster ins Leben rief, berief sich dabei nicht nur auf eine höhere Kraft, ohne die er seine Aufgabe nicht hätte erfüllen können, sondern erfüllte auch die Funktion eines Vermittlers zwischen dem Sacrum und dem Kloster.120 Sein Einsatz für die innere Organisation eines Konvents nahm sakralen Charakter an, der auch dann weiter erhalten blieb, wenn er das Kloster in den weiteren Etappen seiner Existenz unterstützte, ja über den Tod des Stifters hinaus wirkte.121 Kraft und Glanz des Stifters gingen schließlich auch auf sein gesamtes Geschlecht über.122 Eine Stiftung galt als höchste Form des Almosens. Sie wurde pro aeternae retributionis und pro salute animae des Stifters, seiner Vorfahren und Nachkommen getätigt und als ein erlösender Akt verstanden.123 Dies illustriert sehr schön die Stiftung des Klosters Heinrichau. Sie sollte Heinrich dem Bärtigen in diesem Leben (…) eine Vermehrung des Ruhms und die Hoffnung auf Erlösung der Seele im künftigen Leben gewährleisten.124 Anscheinend haben sich die Pogarells von ganz ähnlichen Motiven leiten lassen. Die von ihnen durchgeführten Schenkungsakte sollten den Ruhm ihres Geschlechts mehren sowie die Erlösung der Seelen aller Familienmitglieder, der toten und der lebenden wie auch der künftigen sicherstellen.

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Vgl. Roman Michałowski, Prüm i Urbs Caroli. Monarsze fundacje na tle kultury politycznej wczesnych czasów karolińskich [Prüm und Urbs Caroli. Monarchische Stiftungen vor dem Hintergrund der politischen Kultur der frühen Karolingerzeit], in: Edward Opaliński / Tomasz Wiślicz (Hrsg.), Fundacje i fundatorzy w średniowieczu i epoce nowożytnej. Warszawa 2000, 11–36, hier 15, Anm. 19 und 20. Roman Michałowski, Święta moc fundatora klasztoru. Niemcy XI–XII wieku [Die heilige Kraft des Klosterstifters. Deutschland 11.–12. Jh.], in: Kwart. Hist. 91, 1984, 1, 3–24, hier 5. Michałowski, Święta moc fundatora (wie Anm. 120), 10. Ebd., 23. Czesław Deptuła / Aleksandra Witkowska, Wzorce ideowe zachowań ludzkich w XII i XIII wieku [Ideelle Vorbilder menschlicher Verhaltensweisen im 12. und 13. Jh.], in: Aleksander Gieysztor (Hrsg.), Polska dzielnicowa i zjednoczona. Państwo, społeczeństwo, kultura. Warszawa 1972, 119–158; Józef Dobosz, Działalność fundacyjna Kazimierza Sprawiedliwego [Die Stiftungstätigkeit Kasimirs des Gerechten]. Poznań 1995, 130; Marcin Rafał Pauk, Działalność fundacyjna możnowładztwa czeskiego i jej uwarunkowania społeczne (XI–XIII wiek) [Die Stiftungstätigkeit der böhmischen Großen und ihre gesellschaftlichen Voraussetzungen (11.–13. Jh.)]. Kraków 2000, 195. Liber fundationis. Ed. Grodecki (wie Anm. 19), 6.

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Dem mittelalterlichen Menschen wurde in Predigten und ikonographischen Darstellungen recht eindrücklich die Vision von einem Leben nach dem Tode vermittelt.125 Im Lichte solcher Eschatologie galt den damaligen Großen eine Stiftung als ein wirksamer Weg, sich und ihrem gesamten Geschlecht das ewige Heil zu sichern.126 Ihre sakralen Stiftungen verstanden sie als Geschenke, die von den überirdischen Kräften erwidert würden. Schon in der Antike und in den paganen Gesellschaften des ‚barbarischen‘ Europa hatte die Institution der Gabe eine bedeutende Rolle gespielt.127 Das christliche sacrum scheint anfänglich ganz ähnlich wahrgenommen worden zu sein: Wer etwas schenkte, konnte seinerseits Gnaden erbitten, für das erhaltene Wohl danken oder Buße leisten, und der beschenkte Gott erwiderte dies um ein Vielfaches.128 Dahinter stand das Bewusstsein von der Vergänglichkeit menschlichen Lebens. Denn für den mittelalterlichen Menschen lag die Ewigkeit, wie schon Jacques Le Goff gezeigt hat, nicht in weiter Ferne, vielmehr erwartete er ihr Eintreffen praktisch jederzeit.129 Das verlieh der Kirche enorme Möglichkeiten, auf die Entscheidungen der Großen Einfluss zu nehmen, musste sie diesen doch nur recht eindrücklich die bedrückenden Visionen des unvermeidlichen Todes und des Jüngsten Gerichts vor Augen stellen.130 Vor diesem Hintergrund wurde die Errichtung von Gotteshäusern als eine Pflicht und Schuldigkeit Gott gegenüber angesehen, für deren Erfüllung der Stifter und sein Geschlecht den Lohn ewiger Erlösung erwarten durften.131 Angesichts der hohen Stellung, die die Pogarells in der damaligen gesellschaftlichen Hierarchie einnahmen, mochten sie ihre Stiftungen als eine Art Danksagung an Gott für die ihnen erwiesene Gnade angesehen haben. Sicherlich ver125 126 127

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Stefan Kwiatkowski, Powstanie i kształtowanie się chrześcijańskiej mentalności religijnej w Polsce do końca XIII w. [Entstehung und Gestaltung der christlichen religiösen Mentalität in Polen bis zum Ende des 13. Jh.]. Toruń 1980, 44–50. Georges Duby, Die Zeit der Kathedralen. Kunst und Gesellschaft 980–1420. Frankfurt a. M. 1992, 72. Aleksander Brückner, Mitologia słowiańska i polska [Slawische und polnische Mythologie]. Warszawa ²1985; Stanisław Bylina, Człowiek i zaświaty. Wizje kar pośmiertnych w Polsce średniowiecznej [Der Mensch und das Jenseits. Die Visionen von Strafen nach dem Tode im mittelalterlichen Polen]. Warszawa 1992; Ders., Kultura ludowa Polski i Słowiańszczyzny średniowiecznej [Die Volkskultur des mittelalterlichen Polens und des Slawentums]. Warszawa 1999; Stanisław Rosik, Interpretacja chrześcijańska religii pogańskich Słowian w świetle kronik niemieckich XI–XX wieku (Thietmar, Adam z Bremy, Helmold) [Die christliche Interpretation der Religion der heidnischen Slawen im Lichte der deutschen Chroniken des 11.–12. Jh. (Thietmar von Merseburg, Adam von Bremen, Helmold von Bosau)]. Wrocław 2000. Michałowski, Święta moc fundatora (wie Anm. 120), 3–24. Jacques Le Goff, Człowiek średniowiecza [Der Mensch des Mittelalters]. Warszawa 2000, 43. Kazimierz Dobrowolski, Umysłowość i moralność społeczeństwa staropolskiego [Geisteshaltung und Moral der altpolnischen Gesellschaft], in: Kultura staropolska. Kraków 1932, 168–204. Józef Pascher, Struktura osobowości chrześcijańskiej w zjednoczeniu z Bogiem [Die Struktur der christlichen Persönlichkeit in der Vereinigung mit Gott], in: Mieczysław Dybowski (Hrsg.), O typach motywacji. Poznań 1965, 265–338.

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folgten sie mit ihnen darüber hinaus die Absicht, Gott auch für die Zukunft um weitere Gnadenerweise zu bitten. Mitunter wurde eine sakrale Stiftung auch als Buße für begangene Sünden vollzogen. Leider bleibt im Falle der Pogarells dieses Motiv aufgrund fehlender Quellen im Dunkeln, obwohl wir wissen, dass der Breslauer Kanoniker Sambor von Pogarell, ehe er Kanoniker wurde, seinen Diener getötet hatte. Das berichtet eine am 11. Juni 1353 in Villeneuve-les-Avignon ausgestellte Urkunde, nach der Papst Innozenz IV. Sambor von Pogarell, obwohl er der fahrlässigen Tötung seines Dieners schuldig war, Dispens erteilte und zu den höheren geistlichen Weihen zuließ, was ihm den Erhalt von Pfründen ermöglichte. Wir wissen nicht, wie sich Sambor von seiner Schuld losgekauft hatte. Wir können nur mutmaßen, dass die Wiedergutmachung in einer Wallfahrt zu einer besonderen Kultstätte – vielleicht nach Aachen – bestanden haben könnte. 132 Ein weiteres religiöses Motiv sakraler Stiftungen lag zweifellos in der kirchlichen Mission. Im Falle der Stiftungen der Herren von Pogarell handelte es sich um die innere Mission der Kirche, deren Ziel die Entwicklung der Kirchenorganisation in den polnischen Gebieten war. Tatsächlich hatte die Stiftungstätigkeit der Pogarells große Bedeutung für den Verchristlichungsprozess, stifteten und beschenkten sie doch Klöster, die eine lebhafte Christianisierungstätigkeit betrieben: Die Regularkanoniker, und dann die Zisterzienser aus Kamenz übten das Patronat über die Kirche in Michelau aus, die Johanniter aus Lossen waren Bauherren einiger Kirchen in der Umgebung, in denen sie Gemeindearbeit betrieben;133 die Dominikaner aus Löwen trugen neben ihrer seelsorgerlichen Tätigkeit in der Stadt und deren nächster Umgebung – u. a. mit ihrer Bibliothek – auch zur Hebung des religiösen und kulturellen Niveaus bei. Ein unstrittiges Privileg eines Stifters war das Recht auf Beisetzung in den Mauern des von ihm gestifteten Gotteshauses. Im Mittelalter glaubte man, dass die Nähe der Sakramente und der heiligen Reliquien die Erlösung und das ewige Leben des Verstorbenen sicherstellten. Aus dieser Überzeugung erwuchs eine Hierarchie der Begräbnisorte innerhalb der Kirchen und Klöster.134 Als ehrenvollster Begräbnisplatz galt das Presbyterium mit seiner nächsten Umgebung. Fragen der Beisetzungen von weltlichen Personen in Klöstern wurden durch das kanonische Recht und die Ordensvorschriften 132 133

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Codex diplomaticus nec non epistolaris Silesiae, Bd. 2. Ed. Maleczyński (wie Anm. 39), Nr. 873. Ein Privileg von Papst Innozenz II. gewährte den Johannitern das Recht, Kirchen in den eigenen Ländereien zu errichten bzw., wo solche schon bestanden, Kapellen zu erbauen. Doch war es ihnen nicht erlaubt, ohne die Zustimmung des Komturs Kirchen und Kapellen zu errichten; vgl. Cartulaire général de l'ordre des hospitaliers de S. Jean de Jérusalem (1100–1310), Bd. 2. Ed. Joseph Delaville Le Roulx. Paris 1893, 268. Elżbieta Dąbrowska, Liturgia śmierci a archeologia: uwagi o wyborze miejsca pochówku, orientacji ułożenia ciała i jego ubiorze w średniowiecznej Europie łacińskiej [Die Liturgie des Todes und die Archäologie: Anmerkungen zur Wahl des Begräbnisplatzes, zur Anordnung der Lage des Körpers und seiner Kleidung im mitteleuropäischen lateinischen Europa], in: Kwart. Hist. 104, 1997, 3–14, hier 5–7.

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geregelt. Jeder Christ (mit Ausnahme von Ordensmitgliedern und Minderjährigen) besaß jedoch das Recht, in dieser Hinsicht seinen eigenen Willen zu äußern, und ein Begräbnis konnte an einem beliebigen geweihten Ort erfolgen.135 In Schlesien bestand im 13. und 14. Jahrhundert der Brauch, die Verstorbenen (sowohl weltliche wie geistliche) innerhalb der Kirchen zu bestatten.136 Ein Stifter, der den Willen äußerte, dass seine Gebeine in dem von ihm gestifteten Gotteshaus beigesetzt werden, rechnete bestimmt damit, dass nach seinem Tod heilige Messen und Gottesdienste abgehalten sowie Taten der Barmherzigkeit mit der Absicht der Erlösung seiner Seele erfolgen würden. Die Anwesenheit der Gebeine des Stifters innerhalb eines Klosters hatte auch für den Konvent große Bedeutung. Einerseits zog der Orden zahlreiche Einnahmen aus den Verleihungen der Mitglieder des Stiftergeschlechts, andererseits wurden die Beisetzungen weiterer Mitglieder des Geschlechts als Garantie für die Dauerhaftigkeit und Kontinuität der Existenz des Klosters verstanden.137 Eine am 24. April 1276 in Kamenz ausgestellte Urkunde, in der die Rede von der Beerdigung (ad sepulturam) des comes Budziwoj von Michelau (Budwoionis de Mychalow) ist,138 legt die Vermutung nahe, dass das Kloster in Kamenz anfangs als Begräbnisstätte der Pogarells diente. Zumindest einige Mitglieder des Geschlechtes wurden in Kamenz beigesetzt. Sicher ist, dass der Breslauer Bischof Precław von Pogarell dort seine letzte Ruhe fand. Andere Mitglieder des Geschlechts wurden in der Herz-Jesu-Kirche in Pogarell, den Kirchen von Leippe, Jäschkittel und Herzogswalde beigesetzt. Es unterliegt keinem Zweifel, dass eine besondere Rolle des Stifters in der Wahl des Ortes bestand, an dem Kloster oder Kirche entstehen sollten. Sein Anteil bestand darin, die satanischen Mächte von dem Ort, an dem das Gotteshaus errichtet wurde, zu vertreiben. Für den Fall, dass der Stiftungsakt des Gotteshauses allein nicht ausreichen würde, um die Seelen der Angehörigen des Geschlechts zu erlösen, sollte sich der gesamte Konvent in seinen Gebeten um ihr ewiges Leben bemühen.139 In diesem Sinn erschienen regelmäßige Gebete für die Lebenden und Toten unerläßlich.

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Peter Lex, Das kirchliche Begräbnisrecht: historisch-kanonistisch dargestellt. Regensburg 1904, 164. Vgl. Helena Zoll-Adamiakowa, Pochówki benedyktynów tynieckich jako impuls do dyskusji nad średniowiecznym rytuałem pogrzebowym w ośrodkach monastycznych [Die Beerdigungen der Tyniecer Benediktiner als Impuls zur Diskussion über das mittelalterliche Bestattungsritual in monastischen Zentren], in: Anna Pobóg-Lenartowicz / Marek Derwich (Hrsg.), Klasztor w kulturze średniowiecznej Polski. Opole 1995, 445–447. Christine Sauer, Fundatio und Memoria. Stifter und Klostergründer im Bild 1100 bis 1350. Göttingen 1993, 116–127. Urkunden des Klosters Kamenz. Ed. Pfotenhauer (wie Anm. 25), Nr. 32. Michał Kaczmarek, W trosce o najsłabszych. Działalność charytatywna śląskich klasztorów cysterskich rodziny lubiąskiej [In der Sorge um die Schwächsten. Die caritative Tätigkeit der schlesischen Zisterzienserklöster der Leubuser Familie], in: Jerzy Strzelczyk (Hrsg.), Historia i kultura cystersów w dawnej Polsce. Poznań 1987, 413–436, hier 414.

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Das Sicherstellen einer ständigen liturgischen memoria für sich selbst war für die Pogarells gewisss eines der wichtigeren Motive für die Stiftung des Klosters der Regularkanoniker in Kamenz. Der Pflege der Erinnerung an die Stifterfamilie dienten die von den Ordensleuten geführten Nekrologien sowie andere Aufzeichnungen memorativen Charakters.140 Die Kamenzer Zisterzienser pflegten die memoria der Pogarells bis ins 15. Jahrhundert und nannten sie in ihrem Klosternekrolog ihre Stifter.141 Mit dieser Bezeichnung begegnen im Kamenzer Totenbuch u. a. Vinzenz Mroczkowic (gest. 1269),142 Jarosław, der Sohn des Jarosław Mroczkowic von Habendorf (gest. nach 1269),143 Budziwoj von Michelau (gest. 1276),144 Mroczek (gest. 1271),145 Janusz von Michelau (gest. 1277),146, Simon von Michelau,147 Bogusz von Pogarell (gest. 1309– 1314),148 Markward (gest. Mitte des 14. Jahrhunderts), Jaracz (gest. 1384–1393),149 Johann Kapsdorf (gest. 1413),150 Sigismund (gest. 1418) und Georg von Habendorf (gest. 15. Jahrhundert).151 Auffällig ist das Fehlen von Toteneinträgen zu den ersten Stiftern. Tomasz Jurek hat eine Unterbrechung der memorativen Tradition ausgeschlossen und dieses Fehlen darauf zurückgeführt, dass die Zisterzienser im Kontext der scharfen Eigentumskonflikte, die sie nach dem Tode des Breslauer Archidiakons Janusz (gest. 1249–1253) mit Mroczko und Gerlach führten, die ältesten Vertreter der Pogarells bewusst aus der klösterlichen Gebetsgemeinschaft entfernt hätten.152 Vielleicht wollten die Zisterzienser durch das Tilgen der Erinnerung an die ersten Wohltäter des Kamenzer Klosters auch die Erinnerung an die ersten Hausherren des Klosters, die Regularkanoniker, verwischen. Vielleicht wurde auch aus eben diesem Grund der um die Kamenzer Zisterzienser verdiente Breslauer Bischof Thomas I. unter dem Datum des 30. Mai 1268 als Stifter genannt – also mit einer Bezeichnung, die eigentlich den Pogarells vorbehalten war.153

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Ausführlicher Joachim Wollasch, O wartości źródłowej nekrologów średniowiecznych [Über den Quellenwert mittelalterlicher Nekrologien], in: StŹrodł 32/33, 1990, 7–16. Schlesische Nekrologien. Ed. Wilhelm Wattenbach, in: ZVGASCHl, 1862, 307–337. Ebd., 319. Ebd., 336, als Filus Jerozlay fundatoris. Ebd., 322. Ebd., 325. Ebd., 330, als pius fundator et propugnator de Camenz a iuventute sua fideliter. Ebd., 316 und 330. Ebd., 316. Ebd., 336 als Filus Jerozlay fundatoris. Ebd., 329 als unus de filii fundatorum. Ebd., 331. Jurek, Najdawniejsze (wie Anm. 3), 33, Anm. 24; Michał Kaczmarek, …in libro vite memoriter exarata. Zum Totengedenken des Kamenzer Konvents für Könige, Herzöge und Bischöfe, in: Arch. schl. Kirchengesch. 45, 1987, 1–35, hier 9f. Kaczmarek, in libro vitae (wie Anm. 152), 513.

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Die Verbindungen der Pogarells mit den Kamenzer Zisterziensern waren von Anfang an sehr lebendig. Die Mönche errichteten die St. Michaels-Kirche in Michelau und 1344 übertrug ihnen der Breslauer Bischof Precław von Pogarell zahlreiche jährliche Einkünfte aus seinen Erbgütern, unter der Bedingung, dass sie nach seinem Tod in ihr für seine Seele an acht aufeinanderfolgenden Tagen die Trauerfeierlichkeiten abhalten werden.154 Im selben Jahr gestattete er dem Kloster Kamenz in einer Urkunde vom 23. November, Güter im Bereich der Bistumsländer zu erwerben und verzichtete auf seine Lehnsrechte auf diese Besitzungen.155 Drei Jahre später (1347) inkorporierte er die Michelauer Kirche in das Zisterzienserkloster Kamenz und übertrug dem Kloster auch das Recht, den Pfarrer zu bestimmen.156 Dennoch ergaben sich, wie gezeigt, Schwierigkeiten, die Ordensleute in Michelau zu halten.157 Auch die Sakralstiftungen der weltlichen Großen waren nicht ausschließlich religiöse Akte. Sie waren zugleich stets auch Mittel zu politischen, sozialen und wirtschaftlichen Zwecken. Roman Michałowski hat in seiner Analyse der Stiftungstätigkeit der Piasten drei Elemente des politischen Stiftungsmotivs unterschieden. Erstens sei die Stiftung eine Form herrschaftlicher Propaganda gewesen, die die Untermauerung des Prestiges des Monarchen und damit die Stärkung seiner politischen Position zum Ziel gehabt habe. Zweitens habe der Herrscher durch eine Stiftung die Gnade Gottes zu erlangen versucht, was wiederum seine Macht stärken sollte. Drittens habe sich der Monarch durch eine Stiftung vor sich selbst und seiner Umgebung als ein Herrscher präsentiert, der dieser Bezeichnung würdig war, was ihm wiederum Selbstsicherheit verliehen habe.158 Es ist schwer zu sagen, inwieweit sich diese politisch-sozialen Motive auch auf die Ebene der weltlichen Großen und ihrer Familien übetragen lassen. Generell darf angenommen werden, dass von der Stiftungstätigkeit der Herrscher eine Vorbildwirkung für die Großen ausgegangen sein wird. Der Herrscher gab einen bestimmten Stil, bestimmte Verhaltensweisen vor, denen die Mitglieder der gesellschaftlichen Eliten nachzueifern bemüht waren. Roman Michałowski hat das Nachahmen des Monarchen durch die Großen des 12. Jahrhunderts treffend als imitatio regni bezeichnet.159 Leider werfen die verfügbaren Quellen wenig Licht auf die politischen Zusammenhänge adliger Sakralstiftungen im mittelalterlichen Polen. So lassen sich auch hinsichtlich der Pogarellschen Stiftungen aus ihren Umständen nur recht allgemeine Aussagen 154 155 156 157 158 159

Urkunden des Klosters Kamenz. Ed. Pfotenhauer (wie Anm. 25), Nr. 139. Ebd., Nr. 140. Regesten zur schkesischen Geschichte, Bd. 1. Ed. Colmar Grünhagen, in: Codex diplomaticus Silesae. Breslau 1868, Nr. 663. Engel, Michelau (wie Anm. 86), 10. Roman Michałowski, Princeps fundator. Monarchische Stiftungen und politische Kultur im Polen des 10. bis 13. Jahrhunderts, in diesem Band 37–108, hier 37f. Michałowski, Princeps fundator. Studium z dziejów kultury politycznej w Polsce X–XIII wieku [Studien zur Geschichte der politischen Kultur im Polen des 10.–13. Jahrunderts]. Warszawa 1993, 110–112.

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treffen. Die von den Herren von Pogarell unternommenen Stiftungsmaßnahmen zeugen von einer weitsichtigen Politik des Geschlechts und einem Bewusstsein für die eigenen Leistungen. Ihre Stiftungen und das durch sie erregte Aufsehen verliehen ihnen Glanz und stärkten die Position des Geschlechts in der gesellschaftlichen Hierarchie. Sie bekräftigten ihren Status im Kreis der Angesehenen. Die zeitliche Aufteilung ihrer drei größten Stiftungen (von denen hier nur zwei ausführlicher behandelt wurden), nämlich auf den Anfang, die Mitte und die zweite Hälfte des 13. Jahrhunderts, stärkte zusätzlich die Tragweite dieser Unternehmungen und konstituierte die Autorität des Geschlechts als freigiebige Stifter. Ihr Stiftungsengagement selbst sowie die Zahl von mindestens zwölf Kirchen in der Umgebung ihres Stammsitzes, bekräftigten ihre Position auch innerhalb den kleineren lokalen Gemeinschaften. Ihre Stiftungen beruhigten zudem die persönlichen Ambitionen der Familie und Verwandten und verliehen allen Pogarells Ansehen und Selbstsicherheit. Berücksichtigt man die Umstände der Stiftungen, so liegt die Vermutung nahe, dass sie zugleich ein wichtiges Element in der Konkurrenz mit anderen adligen Geschlechtern, aber auch mit den Herzögen darstellten. Häufig verbanden sie sich auch mit der Absicht, die Gunst der Kirche für die von ihnen betriebene Politik zu erlangen. So war die von den Pogarells betriebene Stiftungspolitik auch eine Form ihrer grundherrschaftlichen Propaganda. Die Großen waren sich wohl auch der kulturellen und ökonomischen Dimensionen ihrer Stiftungen bewusst. Schon die Wahl des Standortes für ein Kloster oder eine Kirche, bei der dem Stifter eine entscheidende Rolle zufiel, besaß nicht zuletzt eine ökonomische Dimension. Auch die Pogarells ließen sich bei der Ortswahl nicht allein vom Interesse des eigenen Geschlechts, sondern auch von konkreten wirtschaftlichen Faktoren leiten. Ihren Landbesitz vermehrten sie durch die Kolonisation schwach besiedelter oder menschenleerer Gebiete, die sehr oft in direkter Nachbarschaft zum Grenzurwald lagen. Im Grenzgebiet zum Altsiedelland entstand auch ihre größte Stiftung, das Kloster der Regularkanoniker in Kamenz. Diese Gründung sollte nicht nur die politische Zugehörigkeit des Gebiets festigen und eine weitere territoriale Expansion stützen. Offenbar verfolgte sie auch wirtschaftliche Ziele. Jedenfalls konnten sich die Pogarells von einer ökonomischen Aktivität der Ordensleute im Bereich des Siedlungsausbaus und intensivierten Landwirtschaft entsprechende wirtschaftliche Vorteile versprechen. Ähnliches mag auch für die Ansiedlung der Dominikaner in Löwen gegolten haben, auch wenn in diesem Fall die wirtschaftlichen Vorteile nicht so deutlich auf der Hand lagen. Immerhin waren die Löwener Dominikaner bald von ihrem ursprünglichen Armutsideal abgerückt und hatten ihren Unterhalt auch auf ein System regelmäßiger Einkommensquellen gestützt.160 Alles in allem aber dürfte die ökonomische Motivation letztlich nicht die ausschlaggebende Rolle gespielt haben. Jeder Stifter musste zunächst einmal ganz erhebliche materielle Mittel investieren und konnte kaum

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Kłoczowski, Dominikanie (wie Anm. 89), 81.

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in erster Linie auf Gewinne rechnen, die seine Stiftung in Zukunft vielleicht abwerfen würde. Ein weiteres Stiftungsmotiv der Pogarells mag in dem Umstand gelegen haben, dass Klöster und Dorfkirchen – wie alle steinernen Bauten – im Mittelalter auch eine wichtige militärische Funktion besaßen. Sie dienten dem Patron, seiner Familie sowie der gesamten lokalen Bevölkerung als Zufluchts- und Widerstandsort im Falle von Unruhen und Kriegswirren. Der Stifter besaß auch Gastrecht in seiner Stiftung. In der Sorge um die Sicherheit der errichteten Objekte umgab man sie gewöhnlich mit einer Mauer, die Verteidigungsfunktionen erfüllte. Als Baumaterial wurden zumeist Feldsteine verwendet. Interessanterweise finden sich auf dem Gelände aller bis heute erhaltenen, auf den Gütern der Pogarells gestifteten Dorfkirchen Überreste alter Steinmauern. Leider wurden diese wie die Kirchen selbst bislang nicht näher untersucht. Die Stiftung eines Klosters hatte schließlich auch zur Folge, dass sie Mönche und Geistliche aus Westeuropa anzog. Diese brachten fertige und erprobte Muster des wirtschaftlichen und kulturellen Lebens mit, die sie an ihre neuen Sitze verpflanzten. Durch Stiftungen initiierte der Stifter also auch eine intellektuelle Belebung seines Hofes bzw. seiner Umgebung.161 Auch die Herren von Pogarell gewannen auf diese Weise für sich Berater, Schreiber und Lehrer für die eigenen Kinder.162

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Ausdruck dieser Belebung ist die Person von Franciszek Krzyszowic (Franz von Brieg), des Rektors der Krakauer Akademie, der aus Kreisewitz (Krzyżowice) bei Pogarell stammte; vgl. Stanisław Gawlik (Hrsg.), Franciszek Krzyszowic i Śląsk w czasach jego życia [Franz von Brieg und Schlesien in seiner Lebenszeit]. Opole / Olszanka 1992. Wir sehen nämlich Kamenzer Zisterzienser unter den Zeugen beim Niederschreiben von Urkunden der Pogarells, z. B. in einer 1273 in Pogarell ausgestellten Urkunde, in der die Frau des Precław von Michelau ein Lehen für Arnold, Priester aus Pogarell, einrichtete, und wo u. a. Abt und Mönche aus Kamenz als Zeugen auftraten; Urkunden der Stadt Brieg. Ed. Grünhagen (wie Anm. 2), Nr. 11.

Dagmara Adamska

Ritterliche Stiftungen und das Benediktinerinnenkloster in Liebenthal

Stiftungen im Kirchenrecht Angesichts ihres sozialen Status und ihrer Einkommensverhältnisse war die Ritterschaft prädestiniert, Armen gegenüber freigiebig zu sein und kirchliche Institutionen ihrer 1 Obhut zu unterstellen. Diese Überzeugung resultierte aus dem Bewusstsein der Reichen, Gott dankbar sein zu müssen und diese Dankbarkeit durch Nächstenliebe unter 2 Beweis zu stellen. Schließlich erinnert die Heilige Schrift wiederholt an die Lage der Armen und die Pflicht der Reichen und Mächtigen, Almosen zu geben. Schon der hl. Clemens hatte auf die gegenseitige Abhängigkeit zwischen den Bedürftigen und ihren Wohltätern verwiesen, bei der letztere im Tausch für ihre Almosen an Gott ge3 richtete Gebete der so Beschenkten erhielten. Das Decretum Gratiani bezeichnete es um die Mitte des 12. Jahrhunderts gar als Ausweis von Habsucht und Unrecht, wenn 4 man Güter im ‚Überfluss‘ besitzen und mithin helfen könnte, dies aber nicht tue. Den Reichen wurde von der Kirche also die Pflicht auferlegt, die Bedürftigen zu unterstützen. Dieses Motiv kehrte in mittelalterlichen Predigten immer wieder, etwa in der Geschichte vom räuberischen Ritter, der nach seiner Bekehrung die Kirche unterstützte, 1 Ulrich Knefelkamp, Materielle Kultur und religiöse Stiftung in Spätmittelalter und Reformationszeit. Das Beispiel des Spitals. Wien 1997, 95ff. 2 Leon Halban, Społeczne ideały Chrześcijaństwa w pierwszych wiekach [Soziale Ideale des Christentums in den ersten Jahrhunderten]. Poznań (o. J.), 42; Paweł Sczaniecki, Służba Boża w dawnej Polsce [Gottesdienst im alten Polen]. Poznań 1966, 178; vgl. auch Uta Lindgren / Johannes K. Schlageter, Armut und Armenfürsorge, in: Lexikon des Mittelalters, Bd. 1. Stuttgart / Weimar 1999, 984–990. 3 Halban, Społeczne ideały (wie Anm. 2), 53. 4 Halban, Charakterystyka ideałów społecznych Dekretu Gracjana [Charakteristik der sozialen Ideale des Decretum Gratiani]. Lublin 1948, 19ff.; Corpus iuris canonici. Pars prior: Decretum Magistri Gratiani. Ed. Aemilius Friedeberg. Leipzig 1922, 299.

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oder in Erzählungen von Rittern, die sich um Bedürftige kümmerten. Das praktische Ergebnis solcher Predigten sollte sich in Almosen für die Armen niederschlagen, die 6 ihrerseits durch ihre Gebete zur Erlösung des Gebets beitragen würden. Wie die Verteilung von Almosen beim Trauerzug für Kasimir den Großen („damit umso inbrünstiger für die Seele des Verstorbenen gebetet würde“) zeigt, war es in allen sozialen 7 Schichten populär, die Armen zu unterstützen. Nicht zuletzt in der spätmittelalterlichen 8 Stadt bestand unter den Bürgern ein ganz natürlicher Bedarf an solcher Mildtätigkeit. Ein anderes Element, das Einfluss auf die Stiftungstätigkeit der Ritterschaft hatte, war das von den Geistlichen hervorgehobene Ideal des miles Christi. Seit dem Ende des 6. Jahrhunderts begann die Kirche den bewaffneten Kampf zu akzeptieren; das äußerte sich unter anderem darin, dass die Ritterschaft zunehmend als für die Verteidigung und 9 den Schutz der Gotteshäuser prädestiniert erschien. Der Biograf Ludwigs IX. teilte das Leben des frommen Königs in ein Leben der gottgefälligen Taten (Stiftungen) und 10 eines voller bewaffneter Aktionen ein. Dass auch im mittelalterlichen Polen ein solches Bewusstsein vom christlichen Ritter bestand, belegen Kreuzzüge etwa der schlesischen Ritterschaft (unter anderen der Ritter Tschirnau und Schwein nach Rhodos), aber auch die Worte des Jan Długosz, der beobachtete, wie die Ritter bei jeder festlichen Messe das Schwert zogen: „Zur Verteidigung des heiligen Evangeliums (…) waren sie bereit, furchtlos und kühn zu kämpfen und notfalls sogar den Tod zu erlei11 den.“ Mit dem Motiv des christlichen Ritters verband sich auch die Überzeugung, dass die göttliche Macht Einfluss auf Entscheidungen hinsichtlich einer finanziellen Unterstüt5 Jerzy Wolny, Exempla z kazań niedzielnych Peregryna z Opola [Exempla aus den Sonntagspredigten des Peregrinus von Oppeln], in: Bronisław Geremek (Hrsg.), Kultura elitarna a kultura masowa w Polsce późnego średniowiecza. Wrocław 1978, 243–282, hier 251; 260. Zur Betrachtung der Armen als Schenker, deren Gebete für die Almosengeber Geschenke darstellen vgl. Otto G. Oexle, Memoria und Memorialüberlieferung im frühen Mittelalter, in: FMASt 10, 1976, 70–95, bes. 94f. 6 Frank Theisen, Mittelalterliches Stiftungsrecht. Eine Untersuchung zur Urkundenüberlieferung des Klosters Fulda im 12. Jahrhundert. Köln 2002, 243. 7 Kronika Janka z Czarnkowa [Die Chronik des Janko von Czarnków]. Übers. von Józef Żerbiłło. Kraków 1996, 36; vgl. Harry Kühnel, Sinn und Motivation mittelalterlicher Stiftungen, in: Gerhard Jaritz (Hrsg.), Materielle Kultur und religiöse Stiftung im Spätmittelalter. Wien 1990, 5–12. 8 Rolf Kiessling, Vom Pfennigalmosen zur Aussteuerstiftung. Materielle Kultur in den Seelgeräten des Augsburger Bürgertums während des Mittelalters, in: Jaritz, Materielle Kultur (wie Anm. 7), 37–62, hier 53; John Klassen, Gifts for the Soul and Social Charity in Late Medieval Bohemia, in: ebd., 63–81. Die Unterstützung der Armen sollte geradezu eine Manifestation der bürgerlichen Frömmigkeit sein, deshalb auch die Institution des Pfründhauses – jeder Vogt sorgte für den Unterhalt eines Armen, der für ihn betete, vgl. Marek Słoń, Die Spitäler Breslaus im Mittelalter. Warszawa 2001. 9 Richard Barber, Rycerze i rycerskość [Ritter und Rittertum]. Warszawa 2000, 268ff. 10 Jaques le Goff, Kultura średniowiecznej Europy [Kultur des europäischen Mittelalters]. Warszawa 1995, 310. 11 Jan Długosz, Roczniki czyli Kroniki sławnego Królestwa Polskiego / Annales seu cronicae incliti Regni Poloniae. Bd. 2. Übers. von Julia Mrukówna. Warszawa 1961, 261f.

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zung kirchlicher Institutionen nehme. So begegnen Berichte über eine himmlische Vermittlung bei einzelnen Klostergründungen, bei der Reinigung eines solchen Ortes von Schlangen, Disteln und anderen Symbolen der Sünde, bei der Entscheidung über 12 die Besetzung des Konvents oder hinsichtlich des Einflusses auf dessen Politik. Das Problem der Schenkungen zugunsten kirchlicher Institutionen wurde sowohl im universalen als auch im partikularen Kirchenrecht aufgegriffen. Im Erzbistum Gnesen war das kanonische Recht gewiss schon in der Zeit vor Gratian bekannt. Wir wissen, dass im 11. Jahrhundert die ungefähr aus dem Jahre 1012 stammenden Rechtssammlungen des Burchard von Worms und bestimmt auch die Visitationsempfehlungen des 13 Regino von Prüm beachtet wurden. Im darauf folgenden Jahrhundert gelangte die Aachener Regel (Institutiones Aquisgranensis) aus dem Jahre 816 nach Polen, und einige Informationen deuten darauf hin, dass die Sammlungen der päpstlichen Dekretalen und die Lehren der Kirchenväter aus der Feder Ivos von Chartres aus dem ausge14 henden 11. Jahrhundert bekannt waren. Erste Spuren davon, dass das um 1140 aus älteren Rechtssammlungen zusammengestellte Decretum Gratiani nach Polen gelangt 15 war, stammen aus dem Jahre 1180. Sein Verfasser, der Gedanken aufgriff, die aus der Aachener Regel bekannt waren, bestimmte die Stellung der Kirche gegenüber den Wohltätern sehr genau. Er konkretisierte Spenden, die „Gott gefallen“, als solche, die nicht aus Wucher, Raub und Verbrechen stammen. Gratian entwickelte auch den Gedanken einer Verbindung zwischen Schenkungen und dem Seelenheil, ja mehr noch, er bestimmte, dass Zuwendungen an die Kirche nicht nur für das Seelenheil des Gebers 16 förderlich sein können, sondern auch für das Seelenheil dritter Personen. Die Aachener Regel und nach ihr Gratian definierten vota als Spenden frommer Gläubiger und als ein Bußwerk für ihre Sünden. Nach Gratian waren Stiftungen gerechtfertigt, insofern „das Feuer des Glaubens und der Liebe Christi“ die Gläubigen dazu ermuntere, „zum Nutzen und Frommen ihrer Seelen und zur Erreichung des himmlischen Vaterlandes“ die Kirche mit ihrem Vermögen zu beschenken, „um ihr den Unterhalt der christlichen Soldaten, der Geistlichen zu ermöglichen, die Ausschmückung der Gotteshäuser, die 17 Fürsorge für die Armen und den Loskauf Gefangener.“ 12 Roman Michałowski, Święta moc fundatora klasztoru (Niemcy XI–XII wieku) [Die heilige Macht des Klosterstifters (Deutschland XI–XII. Jahrhundert)], in: Kwart. Hist. 91, 1984, 1; 4; 8; 12f. 13 Kazimierz Kolańczyk, Studia nad reliktami wspólnej własności ziemi w najdawniejszej Polsce. Rozporządzanie własnością ziemską do końca XIV w. [Studien über Relikte des gemeinsamen Landbesitzes im alten Polen. Herrschaft über Landbesitz bis zum XIV. Jahrhundert]. Poznań 1950, 46ff.; Franciszek Bączkowicz, Prawo kanoniczne, Bd. 1. Kraków 1932, 55ff. 14 Kolańczyk, Studia (wie Anm. 13), 47; Bączkowicz, Prawo kanoniczne (wie Anm. 13), 56. 15 Bączkowicz, Prawo kanoniczne (wie Anm. 13), 57f.; Adam Vetulani, Dekret Gracjana i pierwsi dekretyści w świetle nowego źródła [Das Decretum Gratiani und die ersten Dekretisten im Lichte einer neuen Quelle]. Wrocław / Kraków 1955, 19ff. 16 Kolańczyk, Studia (wie Anm. 13), 47. 17 Stanisław Kutrzeba, Historia źródeł dawnego prawa polskiego [Geschichte der Quellen des alten polnischen Rechtes], Bd. 2. Lwów 1926, 89f.; Corpus iuris canonici. Ed. Friedeberg (wie

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Das Problem der Verfügung der Gläubigen über ihr Vermögen konkretisierte Gratian bei der Erörterung des Bestattungsrechts. Er bestimmte, dass Spenden, insbesondere Spenden posthum, die das Testament als freier Wille des Verstorbenen bezeichnet, nicht 18 begrenzt werden dürfen. Das Problem des unbegrenzten Vermächtnisses gemäß dem letzten Willen des Verstorbenen hatte jedoch schon in den Lehren der Kirchenväter viele Kontroversen hervorgerufen, insbesondere weil neben Spenden, deren Maß der Sterbende selbst festzulegen hatte, auch Vermächtnisse zugelassen wurden, die das gesamte Vermögen umfassten. Es meldeten sich daher gemäßigte Stimmen, die sich gegen die Konzeption der unbegrenzten Schenkung aussprachen. Der hl. Augustinus und auch der hl. Cyprian, der hl. Ambrosius, der hl. Hieronymus von Stridon und der hl. Johannes Chrysostomus versuchten, das Ausmaß der Schenkungen zu begrenzen und führten dabei als Argument an, dass man sonst die Witwe und die Kinder eines 19 Verstorbenen mittellos zurücklassen würde. Der hl. Cyprian schlug als Kompromisslösung sogar vor, bei Geburt weiterer Kinder (also weiterer Seelen, denen die Fürsorge der Kirche zu gelten hatte) die Vermächtnisse proportional zugunsten der Geistlichen zu vergrößern. Die Urheber der Konzeption der begrenzten Vermächtnisse forderten zu einer so genannten Adoption Christi auf, d. h. dazu, den Gottessohn den Kindern des Spenders hinzuzurechnen und die Übertragung des Vermögens an die Kirche proportional zum Anteil der Kinder zu bemessen. Dieser Gedanke sollte einer potentiellen Apostasie von Gläubigen vorbeugen, die, mittellos zurückgelassen, der Gefahr ausge20 setzt wären, vom Wege des vorbildlichen Christen abzukommen. Dieses Postulat wurde von der Aachener Regel und danach auch dem Decretum Gratiani übernommen, wobei beide Texte den Gedanken, der Kirche nur einen Teil des Vermögens zu überschreiben, für jene Fälle unterstützten, bei denen die Familie und insbesondere die verwaisten Söhne andernfalls mittellos zurückgelassen würden. Gratian berief sich auf den hl. Augustinus, der in der Predigt De vita et moribus clericorum suorum den Geistlichen sogar eine gewisse Anpassungsfähigkeit bei der Entgegennahme von Spenden empfahl und das Beispiel des Bischofs von Karthago anführte, der von einem kinderlosen Gläubigen ein Vermögen entgegengenommen hatte, ihm dieses aber in dem Augen21 blick zurückgab, in dem dessen Söhne geboren wurden. Im Decretum Gratiani fand sich sogar ein Vermächtnis, das Unterhaltszahlungen an die Stifter vorsah, die, nach22 dem sie ihr Vermögen der Kirche übertragen hatten, in Armut fielen. Auf diese Weise sah die Kirche auf der Grundlage des universalen Rechtes vor, dass sie von einem Gläubigen das gesamte Vermögen oder einen Teil davon übernahm, wenn die Familie 18 19 20 21 22

Anm. 4), 246; 961. Corpus iuris canonici. Ed. Friedeberg (wie Anm. 4), 956. Kolańczyk, Studia (wie Anm. 13), 52f. Corpus iuris canonici. Ed. Friedeberg (wie Anm. 4), 151. Concilia aevi Karolini. Ed. Albert Werminghoff, in: MGH Concilia 2/1. Hannover 1906, 387f. Rosi Fuhrmann, Kirche und Dorf. Religiöse und kirchliche Stiftung auf dem Lande vor der Reformation. Stuttgart / Jena / New York 1995, 100.

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nicht mittellos zurückbleiben würde. Der Klerus bemühte sich allerdings, diesen Einschränkungen entgegenzuwirken. Ganz entschieden gegen die ‚Laienstatuten‘ sprach sich in Polen die Kodifikation von Kalisch aus dem Jahre 1420 aus. Sie erlegte denjenigen Kirchenstrafen auf, die versuchten, Vermächtnisse zugunsten der Kirche auf eine 23 bestimmte Summe zu begrenzen. Ein milderndes Element in dieser so harten Antwort des Klerus sollte ein Vermächtnis sein, das an die Notwendigkeit erinnert, die Rechtsnachfolger in den Testamenten zu berücksichtigen, aber gleichzeitig dazu aufruft, den Willen des Sterbenden vollständig zu respektieren, der ungeachtet seines Gesund24 heitszustandes das Recht hat, über sein Vermögen zu verfügen. Die Statuten von Kalisch sind im Zusammenhang mit dem allgemeinen europäischen Trend zu sehen, sich der Begrenzung der religiösen Vermächtnisse seitens des weltlichen Teils der Gesellschaft zu widersetzen, und knüpften an die Schriften Arnošts von Pardubice aus dem Jahre 1344 an und auch an die Mainzer Statuten von 1310 und die Dekretalen 25 Gregors IX. aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts. Der Standpunkt der Kirche zur bedingungslosen Vollstreckung von Testamenten kam auch in der Intervention von Papst Bonifatius IX. von 1396 zum Ausdruck, der ganz klar hervorhob, dass quod pie 26 testancium voluntates fideliter observentur. Da sie die Rechtswirklichkeit zu berücksichtigen hatte, musste die Kirche auch auf die Sicherung des ihr schon übereigneten Vermögens bedacht sein. Verwandte des Wohltäters waren nicht selten bestrebt, ihr dieses wieder zu entziehen. Hinweise darauf lassen sich im Partikularrecht finden, das Geistlichen ein entsprechendes Vorgehen empfahl, mit dem die dargebrachten Gaben bewahrt werden sollten vor „der Verweigerung ihrer Herausgabe,“ „vor einem Aufschub“, vor „Schwierigkeiten“ und „einer 27 längeren Aufbewahrung.“ Als Gegenmaßnahme gegen solche Komplikationen sollte die Qualifizierung des Widerstandes der Verwandten als Sakrileg dienen, und zwar als 28 Folge der Anerkennung des Testamentes eines Verstorbenen als heilig. Von diesem Mittel profitierte die Kirche zum Beispiel, als Elisabeth von Pogarell, die Nichte des Breslauer Bischofs Thomas II., zusammen mit ihren Söhnen das der Kirche von dem 23 Udalryk Heyzmann, Statuta synodalia episcoporum Cracovensium XIV et XV saeculie codicibus manu scriptis typis mandata. Kraków 1875, 215f. Die Grundsätze von Erzbischof Mikołaj Trąba auf der Synode in Kalisch im Jahre 1420 sind eine Adaptation des universalen Rechtes sowie früherer polnischer Kodifikationen, vgl. Bączkowicz, Prawo kanoniczne (wie Anm. 13), 78. 24 Kolańczyk, Studia (wie Anm. 13), 90. 25 Stanisław Zachorowski, Jakub biskup Płocki i jego działalność ustawodawcza i organizacyjna. 1346–1425 [Bischof Jakob von Płock und seine gesetzgeberische und organisatorische Tätigkeit]. Kraków 1915, 27; Władysław Abraham, Statuta synodu prowincjonalnego w Kaliszu w r. 1420 [Die Statuten der Provinzialsynode in Kalisch im Jahr 1420], in: Rozprawy Akademii Umiejętności, Wydział Historyczno-Filozoficzny 21, 1888, 75–181, hier 35; Bączkowicz, Prawo kanoniczne (wie Anm. 13), 62; 78. 26 Kolańczyk, Studia (wie Anm. 13), 105. 27 Ebd., 63. 28 Ebd.

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Metropoliten vermachte Dorf Prieborn zurückhielt. Trotz des gegen Elisabeth und ihre Familie ausgesprochenen Interdikts, sie zu beherbergen, und trotz der Regulierung ihrer Schulden und ihres von der Kirche angeordneten Erscheinens vor Gericht ging die 29 Sache für die Kirche letztlich nicht glücklich aus. Der Autor des Heinrichauer Gründungsbuches hegte wiederum keinerlei Zweifel daran, dass Gott alle Feinde des schlesischen Klosters und dessen widerspenstige Schuld30 ner gerecht bestrafen werde. Der Ritter Wenzeslaus aus Rätsch hatte den Abt angeschwärzt, weil er sich drei Mark angeeignet hatte. Denn „wahrhaft grausam und fürwahr furchterregend“ sind Gottes Urteile. Wenzeslaus verstarb plötzlich vor seinem Haus, was Abt Peter mit den Worten kommentierte: „Gott wollte den Verleumder 31 erniedrigen“. Negativ war, nach den Worten eines Zisterziensers, auch die Gestalt Peter von Stosch, der Drohungen gegen die Kirche ausgesprochen hatte. Jener böse Ritter bedrängte nicht nur das Kloster, sondern knechtete die Armen, versteckte sich 32 sogar als Gauner in der Wildnis. Widerstand von Seiten der Verwandten war so häufig, dass bis zum Ende des 15. Jahrhunderts in allen Vorschriften regelmäßig auch 33 Empfehlungen zum Schutz der Schenkungen auftauchten. Das Decretum Gratiani enthielt wiederum Hinweise, die sich auf einen Verzicht des Donators – in seinem und seiner Erben Namen – auf seine Rechte an den verliehenen Gaben beziehen. Eine solche Renuntiation erlangte erst Rechtskraft, nachdem der Donator ein entsprechendes Gelöbnis abgelegt hatte; ohne ein solches Versprechen konnten die Erben unter Berufung auf das polnische Verwandtschaftsrecht um das verlorene Vermögen einkom34 men. Dass die Heinrichauer Zisterzienser diesen Grundsatz kannten, davon zeugt das Beispiel des Ritters Hans, dessen Vater Stefan und Onkel Nikolaus dem Kloster die 35 Güter im Familiendorf Reumen übertrugen. Obwohl das Gewohnheitsrecht auf Hans‘ Seite stand, gab das kanonische Recht dem Zisterzienserabt doch die Möglichkeit, die 36 Beschwerden des Ritters abzuweisen. Nach den Worten von Abt Peter konnte Hans das Erbe nicht wiedererlangen, denn „er war immer arm und litt Not“, und im Zusam29 Władysław Semkowicz, Nieznany testament Tomasza II Biskupa Wrocławskiego (1270–1292) [Ein unbekanntes Testament von Bischof Thomas II. von Breslau]. Lwów 1936, 6f. 30 Wie Jerzy Falenciak, Studia nad prawem rzymsko-kanonicznym w „Księdze henrykowskiej“ [Studien zum römisch-kanonischen Recht im Heinrichauer Gründungsbuch]. Wrocław 1966 nachgewiesen hat, kannte Abt Peter das kanonische Recht gut, dessen Teile er oft anführte. 31 Liber fundationis claustri Sancte Marie virginis in Heinrichow czyli Księga Henrykowska. Ed. Roman Grodecki. Wrocław ²1991, 89. 32 Ebd., 46. 33 Vgl. Józef Nowacki, Opactwo św. Gotarda w Szpetalu pod Włocławkiem zakonu cysterskiego (ok. 1228–1285–1358). Przyczynek do misji pruskiej Biskupa Chrystiana [Die Zisterzienserabtei des hl. Gotthard in Szpetal bei Włocławek (ca. 1128–1285/1358). Ein Beitrag zur Pruzzenmission von Bischof Christian]. Gniezno 1934, 202f. 34 Falenciak, Studia nad prawem (wie Anm. 30), 12ff. 35 Liber fundationis. Ed. Grodecki (wie Anm. 31), 27f. 36 Falenciak, Studia nad prawem (wie Anm. 30), 13.

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menhang damit erlaubte ihm sein Vermögensstand nicht, Gewährsleute zu gewinnen, die seine Ansprüche hätten unterstützen können. Die Beschuldigungen an die Adresse des Klosters und die malitia von Hans waren allerdings so lästig, dass Abt Bodo sich entschloss, dem Ritter Almosen aus der Klosterkasse zu spenden und ihm zwei kleine 37 Äcker zu übertragen. Auf der Grundlage der Dekretalen Gregors IX. wurde in der Folge die Gültigkeit eines Testamentes im Augenblick seiner Errichtung sowohl in Anwesenheit eines Pfarrers und eines oder zweier Zeugen festgestellt als auch ausnahmsweise ohne die Anwesen38 heit Dritter. Diese einfache Form, einen letzten Willen zum Ausdruck zu bringen, sollte die Gläubigen zu Vermächtnissen anregen, indem sie Schwierigkeiten ausschloss, die potentielle Stifter hätten entmutigen können. Vom Standpunkt der Kirche aus konnte ein Testament mit religiösen Vermächtnissen viele Missverständnisse hervorrufen, etwa den Widerspruch von Verwandten oder Probleme mit der Vollstreckung des Willens des Verstorbenen. Deshalb war die für die Geistlichen bessere Form der Donation eine Schenkung zu Lebzeiten des Stifters, die theoretisch die geschicktere Realisierung eines Vermächtnisses gewährleistete. Ein Problem blieb dabei allerdings die Tatsache, dass eine Gabe dieses Typus das Vermögen des Stifters minderte. Eine Kompromisslösung boten hier die häufig praktizierten Übereignungen unter dem Vorbehalt einer Nutzung des Vermögens durch die Kirche im Falle des Todes des Spenders. In den entsprechenden Urkunden wurde die Zustimmung der Verwandten zu dem Legat festgehalten, und es wurde auch auf den erhabenen Charakter des Vermächtnisses hingewiesen. Auf diese Weise machte man sich gewiss die uralte Furcht der Menschen vor dem Zorn eines Verstorbenen und die traditionelle Überzeugung zunutze, dass dessen Wille zu achten sei. Die Kirche bemühte sich auch darum, dass die Verwandten des Donators das Vermächtnis nicht dadurch in Frage stellten, dass sie sich auf den Gesundheitszustand des Sterbenden beriefen. Theoretisch sollte der Testator im Augenblick der Alienation gesund sein. Im deutschen Recht gab es gar Bestimmungen, welche die Fähigkeit zur Verfügung über das eigene Vermögen von der körperlichen Leistungs39 fähigkeit abhängig machten. In Polen wurde hauptsächlich der Freiheit des geistigen Handelns Gewicht beigemessen. Ausdruck dessen sollte unter anderem die Fähigkeit sein, sich seiner Sprache zu bedienen, obgleich eine kleinpolnische Übereinkunft aus dem Jahre 1437 als Voraussetzung für die Rechtskraft eines Testamentes auch die 40 körperliche Leistungsfähigkeit des Spenders einforderte. In schlesische Testamente wurde eine Formel aufgenommen, nach der das Vermächtnis nicht im Angesicht des 41 Todes verfügt werden durfte, sondern nur im Zustand sanus corpore et mente. 37 38 39 40

Liber fundationis. Ed. Grodecki (wie Anm. 31), 27; Falenciak, Studia nad prawem (wie Anm. 30), 13. Kolańczyk, Studia (wie Anm. 13), 65. Ebd., 448. Ebd., 448f.; vgl. Heinrich Felix Schmid, Die rechtlichen Grundlagen der Pfarrorganisation auf westslavischem Boden und ihre Entwicklung während des Mittelalters. Weimar 1938, 779. 41 So z. B. im Testament von Gotsche Schaff aus dem Jahre 1403, Archiwum Państwowe we Wrocławiu, Dokumenty majątku Schaffgotschów [Urkunden zum Besitz der Schaffgots], Fach XXII, Nr. 2.

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Ein Element der Ermutigung der Gläubigen zu religiösen Vermächtnissen sollte die Beteiligung des Klerus an den Verwaltungsarbeiten und der Beistand der Geistlichen bei der Niederschrift des Schenkungsaktes sein. So wurden in den Arengen der Urkunden die Wandelbarkeit der Welt und der irdischen Güter, die Unausweichlichkeit des 42 Todes und die Gleichheit der Toten vor dem Jüngsten Gericht hervorgehoben. Indem man die Ungewissheit des Augenblickes des Todes und zugleich die Unvermeidbarkeit der Abrechnung der sündigen und der barmherzigen Taten nach dem Tode betonte, wollte man zu größerer Opferbereitschaft anregen im Geiste des Grundsatzes, dass 43 misericordia comes est defunctorum. Als barmherzige Taten wurden vor allem Schenkungen zugunsten kirchlicher Institutionen verstanden; sie gereichten der eigenen Seele und der Seele der Allernächsten zum Vorteil. Dieser Gedanke wurde abgeleitet von der Doktrin des hl. Augustinus vom Almosen als einer Anleihe auf eine Ausstattung (foedus traiecticum); deshalb bediente man sich zum Beispiel in Ungarn des Argumentes, dass 44 die Kirche die Braut Christi sei, der eine angemessene Mitgift zustehe. Privateigentum war nach Augustinus für den Menschen nicht Ziel an sich, sondern Führer auf dem 45 Weg zur Erlösung, und Mittler auf diesem Weg war eben die Kirche. In Westeuropa nahm der Augenblick der Aufzeichnung eines Testamentes symbolische Formen an (Vermehrung des Vermächtnisses im Angesicht heiliger Reliquien; Niederlegen der Urkunden auf dem Altar). Damit sollte das Bewusstsein von der Gnade der Vergebung 46 der Sünden als Ergebnis der Donation an die Kirche gestärkt werden. Ritter Chessebor von Zesselwitz verzichtete offiziell auf sein Gut Nethwitz zu Gunsten des Klosters 47 Heinrichau, als er mit seinen beiden Söhnen und Töchtern „am Tor des Klosters“ stand, und Gotsche Schaff brachte seinen Wunsch, die Präpositur von Warmbrunn zu stiften unter Gerichtslinden zum Ausdruck. Abt Peter von Heinrichau kommentiere die Tatsache, dass Albert der Bärtige nicht gefordert hatte, seine Schenkung von Landbesitz schriftlich festzuhalten, als Ausdruck dessen, dass die Leute damals simplices, sine 48 fellemalicie waren. Ganz deutlich war die Sorge des Klosters von Heinrichau um eine schriftliche Bestätigung seines Grundbesitzes durch den Eigentümer; deshalb schickte zum Beispiel Abt Bodo, als die Übertragung von Reumen von Heinrich dem Bärtigen 42 Tadeusz Tarnowski, Historia prawa południowo-słowiańskiego [Geschichte des südslawischen Rechtes], in: Pamiętnik Historyczno-Prawny 3, 1927, 5, 49ff. 43 Kodeks dyplomatyczny Wielkopolski [Großpolnisches Urkundenbuch]. Ed. Ignacy Zakrzewski / Franciszek Piekosiński, Bd. 1. Poznań 1877, 344. 44 Kolańczyk, Studia (wie Anm. 13), 100. 45 Antoni Bobrowski, Własność prywatna według św. Augustyna [Privateigentum im Sinne des hl. Augustinus]. Warszawa 1931, 112ff. 46 Rudolf Hübner, Die donationes post obitu und die Schenkung mit Vorbehalt des Nießbrauchs im älteren deutschen Recht, in: Otto Gierke (Hrsg.), Untersuchungen zur deutschen Staats- und Rechtsgeschichte. Breslau 1888, 36–42. 47 Liber fundationis. Ed. Grodecki (wie Anm. 31), 72. 48 Ebd., 121.

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nicht durch eine Urkunde bestätigt wurde, Bruder Peter zu Herzog Heinrich II., dem Frommen. Bruder Peter verlangte dort zusammen mit dem Schenker, Ritter Stefan, die Bestätigung der Schenkung: „zur Wiederholung und Erneuerung des gesamten Fak49 tums.“ Der Klerus konnte bekanntlich auch Druck auf die Testatoren ausüben, indem 50 er sie zu entsprechenden Vermächtnissen zu Gunsten der Kirche überredete. Beschwerden der kleinpolnischen Ritterschaft aus dem 15. Jahrhundert belegen, dass 51 Geistliche Rittern mitunter Spenden auch abluchsten: ut bona sua ipsis legerent: Im Jahre 1276 gab der Breslauer Bürger Hugo de Cringoweine die Erklärung ab, dass er unter dem Druck eines bestimmten Geistlichen dem Kloster in Trebnitz Grund und 52 Boden vermacht hatte. Potentielle Stifter wurden in ihrer Vorstellungskraft am stärksten von konkreten Visionen der göttlichen Gnade nach dem Tode beeinflusst. Deshalb war eine häufige Form der ‚Belohnung‘ für eine Schenkung der Ablass, der ein ganz spezifisches geistiges Äquivalent für ein Vermächtnis darstellte. Vermächtnisse erhielt man auch, indem man dem Gläubigen für die Austeilung von Sakramenten Opfer auferlegte; davon sprechen die diözesalen Statuten des Bischofs Andrzej III. Lascarz von Posen aus dem Jahre 1423, die „das Suchen und Abpressen von Geld“ von Bittstellern verdammen und einzig und allein die Annahme freiwilliger Spenden zulassen. Die Schuld für diesen Zustand gab der Kodifikator der Habsucht, der Einfalt der Geistlichen und ihrer man53 gelnden Rechtskenntnis. Es ist zu vermuten, dass der erwartete Wert der Spenden dem sozialen Status und dem Vermögensstand des Spenders proportional sein sollte, obwohl zum Beispiel die Pflicht zu Gaben beim seelsorgerlichen Besuch nach Weihnachten nur 54 für die Bauern galt und nicht für die Ritter. Die Kirche konnte also aus verschiedenen Quellen mit der Freigiebigkeit der Gläubigen rechnen. Traditionell erhielten die Geistlichen nach dem ius stolae Spenden für die 55 Ausführung geistlicher Handlungen, z. B. für die letzte Ölung. Theoretisch war der Sterbende eine potentiell generöse Person; das ergab sich aus der Opferbereitschaft von Kranken, die irdische Güter bereits gering schätzten und sich allein um ihr Leben nach 56 dem Tode sorgten. Darüber hinaus verbanden sich mit der Teilnahme an einem Trau49 50 51 52 53 54

Ebd., 24. Kolańczyk, Studia (wie Anm. 13), 113. Heyzmann, Statuta synodalia (wie Anm. 23), 100. Schlesisches Urkundenbuch. Bd. 4. Ed. Winfried Irgang. Köln / Wien 1988, Nr. 28. Heyzmann, Statuta synodalia (wie Anm. 23), 237f. Piotr Kałwa, Powstanie i rozwój polskiej kolędy jako daniny kościelnej [Entstehung und Entwicklung des polnischen weihnachtlichen Pastoralbesuches als einer Kirchenspende], in: Archiwum Towarzystwa Naukowego we Lwowie, Wydział II, 12, 1933, 1; 24; 303f. 55 Henryk Karbownik, Ofiary „iura stolae“ na ziemiach polskich w latach 1285–1918 [Die Opfer der „iura stolae“ in Polen in den Jahren 1285–1918]. Lublin 1995, 46ff. 56 Kolańczyk, Studia (wie Anm. 13), 133; Aleksander Brückner, Dzieje kultury polskiej [Geschichte der polnischen Kultur]. Bd. 1. Warszawa 1939, 120ff.

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erzug und einem Trauergottesdienst üblicherweise Spenden für die Geistlichen. Neben der Sepultur erhob der Klerus in der Regel ein Mortuarium bzw. eine so genannte Todesfallgebühr. In Westeuropa verbargen sich hinter einer derartigen Abgabe Sachspenden, d. h. Spenden beweglicher Güter – ein Relikt des Brauches der Ausstattung der Gräber von Toten mit Gegenständen ihres täglichen Gebrauches (Totenausstattung) 57 oder, bei Rittergräbern, mit einer Rüstung (Heergewäte). Aber auch die Präsentation solcher Gegenstände während des Trauerzuges, wie das unter anderem bei dem schon 58 erwähnten Trauerzug für Kasimir den Großen der Fall war. Mit einem Begräbnis waren auch gewaltige Ausgaben für die Feier und die würdige Gestaltung des Grabes verbunden, zu der unter anderem gehörten: sacra unccione, benedictione mulierum, 59 crismate, psalteris et vigillis ac missis nihil exigatis. In einigen Regionen Westeuropas zählten zu den traditionellen Gaben postum auch die üblichen Entgelte an die Kirche, die einen konkreten Teil des Vermögens des Verstorbenen ausmachten. In Portugal, Spanien und auf den Britischen Inseln betrug der Anteil des Klerus am Erbe sogar bis zu einem Drittel des Vermögens, wenn der Ver60 storbene keine Kinder hatte. 1309 reduzierte Papst Clemens V. diese Art Gewohnheitssteuer auf ein Neuntel, und im Jahre 1534 hob Heinrich VIII. diesen Anspruch in 61 England endgültig auf. Eine Form des Druckes auf Gläubige, die versuchten für Begräbnisleistungen nicht zu zahlen, konnte darin bestehen, dass die Kirche suggerierte, es könne kein Begräbnis geben. Die französische Synode in Narbonne sah 1227 vor, ein Begräbnis von Gläubigen, die ihr Testament vor ihrem Tode nicht im Beisein eines Priesters aufgesetzt hatten, abzulehnen, solange die Familie des Verstorbenen den 62 Klerus für diesen Verlust nicht entschädigte. Ähnlich drohte Gregor IX. dem schlesischen Herzog Heinrich II. dem Frommen, dass er für den Fall, dass die Verluste für die Kirche nicht ausgeglichen würden, die Gebeine seines Vaters aus dem Grab herausho63 len und abseits der Begräbnisstätte hinwerfen lassen würde. Solcher Missbrauch wurde in der kirchlichen Rechtsetzung offiziell kritisiert. Die Statuten von Kalisch aus dem Jahre 1420 untersagten es der Geistlichkeit, im Zuge eines Vertrages mit Gläubigen Begräbnissspenden einzutreiben, gestatteten aber die Annahme freiwilliger Almo64 sen. Außer Legaten in Gestalt von unbeweglichen Gütern nach altem Brauch erhielt die Kirche vom 12. Jahrhundert an auch Spenden in Form von Getreide, Pferden oder 57 Karol Koranyi, Podstawy średniowiecznego prawa spadkowego [Grundlagen des mittelalterlichen Erbrechtes], in: Pamiętnik Historyczno-Prawny 9, 1930, 2, 77–94. 58 Kronika Janka z Czarnkowa (wie Anm. 7), 36–38. 59 Brückner, Dzieje kultury (wie Anm. 56), 520. 60 Kolańczyk, Studia (wie Anm. 13), 134. 61 Ebd., 134. 62 Ebd., 146. 63 Roman Grodecki, Dzieje polityczne Śląska do r. 1290 [Politische Geschichte Schlesiens bis zum Jahr 1290]. Kraków 1930, 217f. 64 Heyzmann, Statuta synodalia (wie Anm. 23), 217.

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Rindern. Unbekannt waren in Polen wohl Fälle einer freiwilligen Verdingung zum Dienst für die Kirche als einer Art religiösen Gabe (Wachszinspflicht) oder auch Fälle einer Seelentreuhänderschaft durch Vermittlung eines Treuhänders, der nach dem Tode des Donators die Pflicht zum Gebet und zur Arbeit für die Kirche zugunsten des See65 lenheils des Wohltäters (Seelgerätstreuhänderschaft) auf sich nahm. Als fundator bezeichnete man im Mittelalter am häufigsten den Stifter von Grund und Boden oder den Stifter eines Gebäudes (fundus, dos) für die Errichtung einer kirchlichen Institution, aber auch des dafür notwendigen Materials, im Gegensatz zum benefactor, mit der eine Person bezeichnet wurde, die eine kirchliche Institution ausstattete oder wieder (z. B. nachdem sie zerstört worden war) dem Gottesdienst zu66 führte. Mit der Initiative zur Gründung einer solchen Institution trat der fundator 67 selbst hervor. Nach der Festlegung der Einzelheiten und der Zustimmung zu dem für die fragliche kirchliche Einrichtung ausgewählten Ort genehmigte die kirchliche Obrigkeit die Auswahl (ab 1289 musste der Papst jede Stiftung der Mendikantenbrüder 68 genehmigen). . Die Abschlussetappe einer Stiftung war der Bau oder die Umgestaltung der entsprechenden Gebäude, in die die Geistlichen einziehen konnten, und die Sicher69 stellung einer bestimmten finanziellen Ausstattung zum Unterhalt der Kleriker. Einfluss auf den Charakter der Stiftung hatte die Tatsache, dass man eine auf Dauer angelegte Ausstattung festlegen und entsprechende stabile Bedingungen zusichern musste, damit die Stiftung ‚ewigen‘ Charakter hatte, d. h. das bleibende Andenken an den fundator und dessen Familie gewährleisten konnte. Eines der grundlegenden Ziele eines solchen privaten Vorhabens war auch die Bewahrung des Andenkens an den Wohltäter und die Durchführung regelmäßiger Gebete für ihn, um für sein und seiner 70 Erben Seelenheil zu sorgen.

65 Kolańczyk, Studia nad reliktami (wie Anm. 13), 402; Schmid, Die rechtlichen Grundlagen (wie Anm. 40), 282; 1027–1031. 66 Christine Sauer, Fundatio und Memoria. Stifter und Klostergründer im Bild 1100 bis 1350. Göttingen 1993, 26ff.; 89; 208. 67 Małgorzata Maciszewska, Klasztor bernardyński w społeczeństwie polskim 1453–1530 [Das Bernhardinerkloster in der polnischen Gesellschaft]. Warszawa 2001, 33. 68 Jerzy Kłoczowski, Dominikanie polscy na Śląsku w XIII–XIV w. [Die polnischen Dominikaner in Schlesien im 13. und 14. Jahrhundert]. Lublin 1956, 111. 69 Maciszewska, Klasztor (wie Anm. 67), 34. 70 Sauer, Fundatio (wie Anm. 66), 208; Piotr Oliński, Mieszczanin w trosce o zbawienie. Uwagi o memoratywnych funkcjach fundacji mieszczańskich w wielkich miastach pruskich [Der Bürger in der Sorge um seine Erlösung. Anmerkungen zu den memorativen Funktionen der Bürgerstiftungen in den großen preußischen Städten], in: Halina Manikowska / Hanna Zaremska (Hrsg.), Ecclesia et civitas. Kościół i życie religijne w mieście średniowiecznym. Warszawa 2002, 347–359.

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Die Stiftung des Klosters in Liebenthal Am 6. Juli 1278 gab auf Bitten von Jutta von Liebenthal Herzog Heinrich V. der Dicke 71 die Genehmigung zur Errichtung eines Klosters (unum claustrum) in Liebenthal. Im Jahre 1289 übertrug Jutta zusammen mit ihren Söhnen an die dorthin geholten Bene72 diktinerinnen 40 Mark des jährlichen Zinses. Fünf Jahre später übertrug Wilrich Liebenthal, der Pfarrer der Kirche in Poseritz und Priester des Bischofs Johann Romka 73 dem Konvent das Patronatsrecht über die Kirche zusammen mit dem Zehnten. Den Stiftungsprozess schloss die Familie Liebenthal im Jahre 1307 ab, als die Brüder Heinrich, genannt Pusch, Wilrich und Peter sowie Konrad, der Sohn von Peter, und auch Otto, der Sohn von Heinrich, dem Kloster für das Seelenheil der verstorbenen Angehörigen ihres Geschlechtes den Grund und Boden übereigneten, auf dem es stand, dazu die 74 sowie die Dörfer Ottendorf, Milchau, Mois und Ansiedlung ante claustrum Krummöls, zwei Vorwerke (das alte und das neue), die auf dem Berg Schorensyphen (Obergörisseiffen) lagen mit den dazugehörigen Gütern (zusammen mit den Hopfenfeldern), den Wald zwischen Ottendorf, Langwasser, Hennersdorf und dem Kloster, eine Mühle und das Patronatsrecht über die Kirche in Langenöls, und auch die Wiesen in Milchau und das Patronatsrecht in Peiskretscham (?) (Pyzkniwicz) unweit von Goldberg. Zur Erstausstattung der Nonnen gehörten auch das Schulzenamt, die Wieden, 75 Wiesen und Fischteiche in den genannten Dörfern. Die Liebenthaler waren vor 1251 aus der Oberlausitz nach Schlesien gekommen (sie stammten aus Meißen). Als Erster erschien Heinrich d. J. am Hofe des Fürsten Bolesław des Kahlen. Er erhielt von ihm einen Streifen des Grenzwaldes in der Gegend 76 von Löwenberg, der nach und nach kolonisiert wurde. Gemahlin Heinrichs (gestorben vor 1278) war wahrscheinlich Jutta, die spätere Stifterin des Klosters. Pusch, Hofrichter

71 Schlesisches Urkundenbuch. Ed. Irgang (wie Anm. 52), Nr. 333; Katarzyna Gibała-Nowak, Status miasta klasztornego na przykładzie Lubomierza, in: Marek Derwich / Anna PobógLenartowicz (Hrsg.), Klasztor w mieście średniowiecznym i nowożytnym. Materiały z międzynarodowej konferencji naukowej zorganizowanej w Turawie w dniach 6–8 V 1999. Wrocław / Opole 2000, 199–207. 72 Schlesisches Urkundenbuch. Bd. 5. Ed. Winfried Irgang. Köln / Wien 1993, Nr. 437. 73 Schlesisches Urkundenbuch. Bd. 6. Ed. Winfried Irgang. Köln / Wien 1998, Nr. 153. 74 Die Siedlung ist höchstwahrscheinlich identisch mit Nova villa ante claustrum aus dem Jahre 1313 und auch mit nova plantacio von etwa 1305, dem Ort, an dem sich heute Lubomierz befindet; Liber fundationis episcopatus Vratislaviensis. Ed. Hermann Markgraf / Wilhelm Schulte, in: Codex diplomaticus Silesiae. Bd. 4. Breslau 1889, D 185; Regesten zur schlesischen Geschichte 1301–1315. Ed. Colmar Grünhagen / Conrad Wutke, in: Codex Diplomaticus Silesiae. Bd. 16. Breslau 1892, Nr. 3351. 75 Archiwum Państwowe we Wrocławiu, Rep. 92, Nr. 4; Regesten (wie Anm. 74), Nr. 2955; 3351. 76 Tomasz Jurek, Obce rycerstwo na Śląsku do połowy XIV wieku [Das fremde Rittertum in Schlesien bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts]. Poznań 1996, 249.

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in Liegnitz, und Reyntsch (aktiv bis 1299) waren zweifellos ihre Söhne. Die weit verzweigte Familie (bis zum Beginn des 14. Jahrhunderts sind die Brüder Heinrich Pusch, Wilrich und Peter mit seinem Sohn Konrad, Otto, der Sohn von Heinrich Pusch, 78 und auch Gerlach und Rubus bekannt) hatte in der Gegend von Löwenberg geerbt. Die Ritter besaßen Güter zwischen Bunzlau und Hirschberg mit Land in der Größe von 200 Hufen sowie eine Burg (castrum) mit Zubehör, die um 1305 erwähnt wird (wahr79 scheinlich der Hauptsitz der Familie). Ohne Zweifel gehörten zur Herrschaft der Liebenthaler die Siedlungen in unmittelbarer Umgebung der Burg: Liebenthal und Geppersdorf, Dörfer im Südosten von Löwenberg: Mois und Krummöls sowie Ottendorf unweit von Bunzlau, und auch Vorwerke bei Görisseiffen, das Patronatsrecht über die Kirchen in Langenöls und vielleicht auch Peiskretscham sowie zahlreiche Wiesen, Weiden, Teiche und schließlich ein ausgedehnter Wald (von fast 30 km Länge). Dieser ansehnliche Besitz erlaubte ihnen nicht nur die Errichtung einer Schutzburg, sondern auch weitere Schritte, die die Position der Familie legitimierten und den Aufbau ihrer Herrschaft abschlossen. Am Stammsitz der Ritter, wo unterhalb des Schlosses die Liebenthaler eine neue Siedlung anlegten, die nova plantacio, wurde eine Stiftung 80 vollzogen. Es könnte den Anschein erwecken, als könne man nicht präzis die Lokalisierung jenes Hofes der Liebenthaler bestimmen, der als castrum bezeichnet wurde. Aber Relikte eines mittelalterlichen befestigten Objekts lassen sich in unmittelbarer Nachbarschaft von Liebenthal ausmachen – in Geppersdorf (etwa 1 km von dem klei81 nen Städtchen entfernt). Sieht man das Objekt, das sich gegenwärtig im Gebiet des Dorfes Geppersdorf befindet, als Burg der Liebenthaler an, so muss man betonen, dass Liebenthal, das westlich vom Familiensitz liegt, identisch sein kann mit dem ‚neuen Dorf‘, das dem Kloster im Jahre 1307 übereignet und von den Liebenthalern vor 1305 gegründet wurde (damals als nova plantacio). Es war der Ort, an dem die Familie die Nonnen ansiedelte, ihnen eine reiche Ausstattung sowie Grund und Boden in der Umgebung des nach 1278 erbauten Klosters vermachte. Die Stifter selbst nahmen ihren Wohnsitz im benachbarten Hof. Der Name Liebenthal, zunächst für die ursprünglichen 77 Schlesisches Urkundenbuch. Ed. Irgang (wie Anm. 72), Bd. 5, Nr. 426; Regesten (wie Anm. 74), Nr. 2531, 2719; Jurek, Obce rycerstwo (wie Anm. 76), 249. 78 Marek Cetwiński, Rycerstwo śląskie do końca XIII. w. Część 1: Pochodzenie – gospodarka – polityka [Die schlesische Ritterschaft bis zum Ende des 13. Jahrhunderts. Teil 1: Herkunft – Wirtschaft – Politik]. Wrocław 1980, 111; 170; 174; Jurek, Obce rycerstwo (wie Anm. 76), 249. 79 Liber fundationis episcopatus. Ed. Markgraf / Schulte (wie Anm. 74), D 185; Gibała-Nowak, Status miasta (wie Anm. 71), 200; vgl. Artur Boguszewicz, Fortyfikacje południowego pogranicza księstwa świdnicko-jaworskiego w XIII w. i na początku XIV w. [Festungen im südlichen Grenzgebiet des Herzogtums Schweidnitz-Jauer im 13. Jahrhundert und zu Beginn des 14. Jahrhunderts]. Diss. Masch., Instytut Archeologii Uniwersytetu Wrocławskiego. Wrocław 1996, Nr. 47. 80 Liber fundationis episcopatus. Ed. Markgraf / Schulte (wie Anm. 74); Gibała-Nowak‚ Status miasta (wie Anm. 71), 200. 81 Boguszewicz, Fortyfikacje (wie Anm. 79), Nr. 55.

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Güter der Familie gebraucht, wurde mit dem Beginn des 14. Jahrhunderts zunehmend zur Bezeichnung der neuen Klostersiedlung, des heutigen Liebenthal, verwendet. Bei der Gründung des Benediktinerinnenklosters trug die Stifterfamilie die Kosten für den Bau und auch den Unterhalt der Nonnen. Sie schuf sich damit ein ‚Hauskloster‘, das unter ihrer Obhut blieb. Die entscheidende Rolle der Stifter trug in der ersten Phase der Existenz des Klosters gewiss Früchte in der Übernahme des Amtes des ersten Präpositus durch Juttas Sohn Wilrich, den ersten Kanonikus an der Kollegiatkirche zum Heiligen Kreuz in Breslau (bis 1316) – es kann auch sein, dass eine Vertreterin der 82 Liebenthaler Äbtissin war. Das letzte Vermächtnis, das von den Verbindungen der Benediktinerinnen mit den Erben der Stifter zeugt, stammt von 1338, obgleich noch um die Mitte des 15. Jahrhunderts ein gewisser Ulrich Liebenthal den Altar in Liebenthal 83 stiftete. Allerdings war selbst noch im 16. Jahrhundert die Erinnerung an die Stifter und ihre Begegräbnisstätten lebendig, obwohl die Äbtissin nicht imstande war, deren 84 genauen Ort zu zeigen. Auch in den folgenden Jahrhunderten wurde das Wissen um die von den Rittern geprägten Anfänge der Stiftung gepflegt, da die Nonnen im 85 18. Jahrhundert auf Jutta und ihre Söhne als Donatoren des Klosters verwiesen. Es ist nicht bekannt, was mit der Familie der Liebenthaler in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts geschah und auch nicht, ob der erwähnte Ulrich, der Besitzer von Gütern in Klein-Röhrsdorf und Thiemendorf bei Liebenthal, zu ihrem Geschlecht gehörte. Es kann sein, dass die Familie in das Herzogtum Neisse zog, wo Hans und 86 Siegfried aktiv waren, oder nach Mähren (Liptaň na Osobloga). *** Das Kloster der Benediktinerinnen in Liebenthal wurde von einer ‚fremden‘ Familie gestiftet. Die Liebenthaler kamen vor 1251 nach Schlesien und begannen mit dem Bau 82 Franz Xaver Görlich, Das Benediktiner-Jungfraukloster Liebenthal an der lausitzisch-böhmischen Grentze in Niederschlesien. Breslau 1864, 2, 137; 239; Alfred Rothe / Karl Hausdorf, Die Stiftspropste und Stadtpfarrer von Liebenthal, in: Arch. schl. Kirchengesch. 27, 1969, 219–237, hier 221; Gibała-Nowak, Status miasta (wie Anm. 71), 201; Przemysław Wiszewski, Stifterfamilie und Konvent. Soziale Wechselbeziehungen zwischen schlesischen Nonnenklöstern und Ritterfamilien im späten Mittelalter, in: Heinz-Dieter Heimann (Hrsg.), Adelige Welt und familiäre Beziehung. Aspekte der ‚privaten Welt‘ des Adels in böhmischen, polnischen und deutschen Beispielen vom 14. bis zum 16. Jahrhundert. Potsdam 2000, 87–103, hier 88f. 83 Regesten zur schlesischen Geschichte, 1338–1342. Ed. Konrad Wutke, in: Codex diplomaticus Silesiae, Bd. 29. Breslau 1925, Nr. 6166; Archiwum Archidiecezjalne we Wrocławiu [Diözesanarchiv Breslau], II b. 2, 29v. 84 Görlich, Benediktiner-Jungfraukloster (wie Anm. 82), 7; Przemysław Wiszewski, Herzogliche Stifter und Frauenklöster in Schlesien (13. – Mitte des 14. Jahrhundert), in diesem Band 455–484, hier 481. 85 Wiszewski, Herzogliche Stifter (wie Anm. 84), 456. 86 Jurek, Obce rycerstwo (wie Anm. 76), 249.

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eines geschlossenen Komplexes von Gütern mit einem Schloss in Liebenthal-Geppersdorf, nachdem sie einen Streifen des Grenzwaldes zwischen Schlesien und der Lausitz erhalten hatte. Nach Beendigung des Ausbaues der Güter, der Anlage eines kleinen Städtchens (vor etwa 1305) und nachdem sie sich in der Umgebung von Löwenberg niedergelassen hatte, begann die Familie mit dem Bau des Klosters und der Ausstattung der Benediktinerinnen (1278–1307). Die Gründe für diesen Schritt lagen nicht nur in der Religiosität der Ritter, sondern auch in einer Tätigkeit, die gleichsam ihr Besitztum legitimieren sollte. Eine Stiftung – neben der Anlage des Städtchens Liebenthal – bedeutete eine logische Investition in die Vermögensgüter des Geschlechtes und den 87 Abschluss der Etappe des Vermögensaufbaues der Familie. Man kann also sicherlich 88 von einem ‚Hauskloster‘ sprechen. Die Beziehungen der Liebenthaler zur Ordensgemeinschaft der Benediktinerinnen zeigten sich auf zwei Ebenen. Auf der einen Seite garantierten die Ritter als Schutzpatrone dem Kloster eine ausreichende Ausstattung (Dörfer, Vorwerke, eine Mühle, ein Wald, Teiche, Wiesen, Weiden, das Patronatsrecht über Kirchen sowie einen Zins), auf der anderen Seite wurde es zur Grablege der Familie und sicher auch der Kommemoration, die noch im 17. Jahrhundert lebendig war. Das Kloster in Liebenthal und die Stifterfamilie waren auch personell miteinander verbunden – Ulrich, der Sohn der Stifterin, war Präpositus der Benediktinerinnen, und seine Schwester war möglicherweise die erste Äbtissin der Gemeinschaft. Die Stiftung des Klosters war mithin auch eine Form der Legitimierung des neu gewonnenen Landes und ein Instrument zum Aufbau des Prestiges der Familie. Diese übertrug einen Teil ihrer Güter den Mönchen, die sie damit innerhalb ihrer Besitzungen ansiedelte. Auch anderenorts errichtete man Klöster häufig in der Nähe von Stammsitzen der Rittergeschlechter. In Skempe, dem Aufenthaltsort der Bernhardiner vor dem Abschluss der Bauarbeiten im Kloster, hatte man einen Gutshof für den Eigentümer dieser Besitzungen geschaffen. Auf Empfehlung von Jan Amor Tarnowski sollte die Niederlassung der Mönche in Tarnów sogar durch einen unterirdischen Gang mit dem Hof des Stifters verbunden werden. Und die Familie Odrowąż baute einen speziellen Übergang, der das 89 Kloster in Sambor mit ihrem Stammsitz verband. Aus Böhmen dagegen stammt das Beispiel der Stiftung einer Kommende der Johanniter in Strakonice durch das Geschlecht der Bavors. Der Ritter siedelte die Mönche an seinem befestigten Sitz an und übergab ihnen einen Teil der Gebäude, die danach in einen Kapitelsaal und eine Kapelle 90 umgebaut wurden. 87 Vgl. die Anmerkungen bei Jan Wroniszewski, Zum Wirtschaftsgebahren des Sandomirer Adels, in: Eduard Mühle (Hrsg.), Studien zum Adel im mittelalterlichen Polen. Wiesbaden 2012, 435– 468, hier 463f. 88 Vgl. Gibała-Nowak, Status miasta (wie Anm. 71), 200. 89 Maciszewska, Klasztor (wie Anm. 67), 109. 90 Marcin. R. Pauk, Działalność fundacyjna możnowładztwa czeskiego i jej uwarunkowania społeczne (XI–XIII wiek) [Die Stiftungstätigkeit der böhmischen Großen und ihre sozialen Bedingungen (11.–13. Jahrhundert)]. Kraków / Warszawa 2000, 139.

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Einfluss auf die Entscheidung über eine Stiftung auf den Besitzungen eines Geschlechtes hatten – neben religiösen und kommemorativen Motiven (Messen, Gebete des Konventes, Begräbnisse, Stiftung von Elementen der Ausstattung, die die Position der Stifter hervorhoben und die genealogische Identität konstruierten) – auch ökonomische und soziale Motive. Die Stiftung eines Konventes in Besitzungen eines Geschlechtes wird in der Literatur als ‚Hauskloster‘ bezeichnet. Unter diesem Begriff versteht man eine sakrale Institution, die durch persönliche (Einfluss auf die Besetzung von Stellen), wirtschaftliche sowie kommemorative Beziehungen mit dem Stifter eng verbunden war. Der Terminus leitet sich von dem Begriff des Hauspriestertums und des Privatklosters ab und ist mit der Überzeugung verbunden, dass die Dienste des Konventes gewissermaßen zu Verdiensten der Benefaktoren werden und die Gebete der 91 Mönche Einfluss haben auf das Seelenheil der Stifter. Zweifellos schwebte den Wohltätern vor, damit sich selbst und den Angehörigen ihres Geschlechtes das Seelenheil zu sichern und auch ihre innere Verpflichtung, das Gedenken an den Stifter und dessen Familie zu pflegen, erfüllen zu können. Mit der Ansiedlung einer Ordensgemeinschaft auf ihren Besitzungen manifestierten die Ritter gewiss auch ihre eigene Position, ihre finanziellen Möglichkeiten und ihren gesellschaftlichen Status (es handelte sich um eine soziale Ostentation, die auch ein Element der Nachahmung des Herrschers in sich barg). Vielleicht war auch der Wunsch, ihre Güter auf diese Weise ökonomisch zu aktivieren, ein Motiv – so entwickelten z. B. die Warmbrunner Zisterzienser die warme Quelle, die ihnen übertragen worden war, zu einem Bad. Ein Hauskloster war zweifellos auch ein intellektuelles Zentrum, es bedeutete für die Stifter z. B. eine Hilfe bei Kanzleiarbeiten und in der Erziehung. Sporadisch konnte es die Rolle einer Institution spielen, die finanziell oder mit Krediten die Familie des Wohltäters unterstützte (Festmahle für die Stifter, Darlehen und sogar regelmäßige Zuschüsse).

91 Roman Michałowski, Klasztor prywatny w Niemczech IX–XII w. jako fakt religijny i społeczny [Das Privatkloster in Deutschland vom 11.–12. Jahrhundert als religiöse und soziale Tatsache], in: Jerzy Strzelczyk (Hrsg.), Niemcy – Polska w średniowieczu. Poznań 1986, 14–66, hier 47f.; 53; 65f.

Anhang

Siglenverzeichnis ActaPolHist Acta UNC Archaeol. hist. Pol. Arch. schl. Kirchengesch. Biul. Hist. Szt. Biul. Hist. Szt. i Kult. FMASt Jb. Schl. Univ. Bresl. Kwart. Archit. Urb. Kwart. Hist. Kwart. Hist. Kult. Mater. Mat. Arch. MGH SS SS rer. Germ. N. S. MIÖG MPH Mies. Her. Nasza Przeszł. Prz. Hist. Prz. Humanist. Rocz. Hist. Rocz. Hum. Rocz. Krak. Spraw. Arch. StG Stud. Hist. StŹrodł Zap. Hist. ZOF ZVGASCHl

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Ortsregister

Ortsregister Das Ortregister verzeichnet die im Haupttext auftretenden Orte (keine Länder, Regionen, Flüsse u. ä.) in der dort verwendeten Sprachform; die im Text nicht verwendete jeweilige anderssprachige Ortsnamensform wird im Register in Klammern nachgestellt. Aachen 24, 39–42, 44,48–50, 52, 58–61, 65, 67f., 107, 293f., 311, 489, 506, 515f. Affile 42 Akkon 321 Alba Regia (Stuhlweißenburg, Székesfehérvár) 61, 67f. Altenberg 372f. Altenburg 427 Alt-Grottkau (Stary Grodków) 492 Alt-Sandez (Stary Sącz) 32, 35, 415f., 462 Altzelle / Cella 427–430, 440f., 450, 453 Alzenau 497f. Andechs 444 Arrouaise 487, 489 Assisi 414 Auschwitz (Oświęcim) 31, 35 Baba 260 Ballenstedt 435 Bałdrzychów 203f., 206 Bamberg 53–55, 154, 164, 214, 230, 291, 310, 444, 469 Banau (Dbzanów) 491, 493 Banz 444 Barcelona 321 Belzig 435 Benevent 303, 310f., 316 Bertholdsdorf (Gościsław) 491 Beuthen (Bytom) 32, 35, 199, 337, 342, 456f. Białobrzozie 287 Białystok 410 Bibice 327 Bielany 325 Bielsko 225f. Bilin 177 Biskupice Widawskie 262 Biskupin 236 Bobin 203 Bochnia 286, 341, 411 Boguszyno 189, 259 Böhmischdorf (Czeska Wieś) 485, 492 Boleszyn 218

Borek Strzeliński 262 Borewicz 464 Borowa 239 Brandenburg 330, 339, 344, 435 Braunschweig 364 Brehna 429 Bremen 112 Breslau (Wrocław, Wratislavia) 14, 16, 20, 24, 26, 29–31, 33, 35, 39, 48, 77, 86, 87, 91– 101, 104–106, 184, 188–190, 192, 194, 196, 199f., 223, 227, 231, 236, 241–250, 254f., 258–263, 270–282, 287f., 291–316, 319, 321, 328, 330, 335, 337, 340, 342, 344f., 389, 441, 449, 455–463, 470, 473, 474, 476f., 479, 484– 490, 493–499, 501f., 506, 521, 526 Brieg (Brzeg) 31f., 35, 483, 485, 501, 503 Brünn (Brno) 434 Brzesko 30, 33, 281, 326 Brześć Kujawski 31, 35, 261 Brzeźnica 32, 35, 185, 192, 239f., 280, 371 Brzeźno 203 Břevnov (Brehnau) 430 Bunzlau (Bolesławiec) 31, 35, 525 Burtscheid 40, 41, 50 Busko 30, 33, 192, 194, 334 Cammin (Kamień Pomorski) 499 Canterbury 311 Cassow 79 Castres 303 Chełm 286 Chełmica 204 Choceń 384 Chorin 436f. Chrobień 204 Chroberz 227 Chrzanów 340 Ciepła 218 Citeaux 379, 440 Cluny 71f., 132 Compiègne 59–61 Conques 303

Ortsregister Cortona 303 Crescenica (Opatowo) 274 Czarnowanz (Czarnowąsy) 30, 335, 459, 461f. , 464–467, 477f. Czerlejno 203f., 206 Czersk 411 Czerwińsk 16, 29, 33, 184, 243, 360, 363f. Danzig (Gdańsk) 391, 499 Dießen 148, 444 Dobrilugk 429 Doksany (Doxan) 126, 130, 194, 326f., 431, 465 Dolany 384 Drohiczyn 410 Droitzdorf (Drogocina) 492 Dürnkrut 102 Dürrharte (Suszka) 492 Dunewald 431 Ebrach 381f. Eger 309 Essen 117-120 Falkenberg (Niemodlin) 463 Florenz 57, 58, 380 Frankenberg (Przyłęk) 31, 491f. Frankenstein (Ząbkowice) 31, 35 Freiberg 427 Fulda 52f., 58, 291 Gandersheim 114–120, 123, 129 Gąsawa 468 Geisingen 143, 158, 161 Gerbstedt 427 Geppersdorf 525, 527 Giebultów 203 Giecz 262 Giersdorf (Gierszowice) 485 Glatz (Kłodzko) 493 Glogau (Głogów) 31–33, 35, 222f., 226, 257, 259, 311, 391, 441f., 449, 456, 459, 461, 464 Głodno 218 Gnesen (Gniezno) 14, 19, 26, 32f., 35, 61–69, 92, 154, 176, 196, 221, 294, 340, 347–361, 363, 365f., 368, 371, 515 Gnojno 227 Gocanowo 261 Gogolin 278 Golanka 204 Goldberg (Złotoryja) 31, 35, 92, 524 Goldenkron (Zlatá Koruna, Corona Aurea) 88, 90f., 427, 433

531 Golgatha 101, 103 Gołkowice/Gołostowo 284 Gołostowice 491 Gorac 279 Görisseifen 525 Goszcza 286, 287 Góra Lasota 333 Góra Małgorzaty 224, 226 Górka 248f. Grabców 259 Gran (Strigonium, Esztergom) 68 Grochwitz (Grochowice) 491f., 496 Grodzieszkowice 262 Groß Jenkwitz (Jankowice Wielkie) 485 Grottkau (Grodkowice) 35, 484f., 491, 496 Grunau (Istebka) 491–493, 496 Grüssau (Krzeszów) 30, 34, 447, 453 Guhlau (Gola) 492 Gurk 423 Habendorf(Owiesno) 485, 508 Halbendorf (Półwiosek) 492 Halberstadt 112 Halič 399–403, 407, 409f., 413f., 416 Hamburg 112 Haynau 35 Hannover 363 Heiligenkreuz 89, 423–427, 430, 432, 450–452 Heinrichau (Henryków) 30, 34, 314, 417, 447f., 450, 494, 504, 518, 520 Helmarshausen 364 Hemmersdorf (Ożary) 493 Hennersdorf 524 Herzogswalde (Wierzbnik) 485, 507 Himmelpfort (Porta Coeli) 437 Hildesheim 363 Hirsau 132, 154f., 164, 167, 214 Hirschberg (Jelenia Góra) 525 Hradiště 449 Huesca 321 Iber 363 Imbramowice 30, 33, 335 Inowłódz 203–206, 220, 226 Inowrocław (Hohensalza) 31, 35, 227 Jaksice a. d. Weichsel 329–332, 342 Jaksice b. Koszyce 330–332, 342 Jaksice b. Miechów 279, 286, 330–332, 340, 342 Jarosław 446 Jäschkittel (Keszkotle) 507

532 Jauer (Jawor) 447f., 458, 462 Jelenin 262 Jemielnica 30, 34 Jerusalem 49, 286, 292, 318f., 321, 328 Jeżów 16, 29, 33, 233f., 253, 389 Jędrzejów 17, 30, 34, 192, 238f., 256, 263f., 280, 288, 340f., 369, 371, 377, 384, 393, 401 Jędrzejowice 340 Justingin 145 Kalisch (Kalisz) 32f., 35, 48, 184, 190, 194, 253, 262, 279, 304, 347, 366, 370, 388, 390f., 438, 517, 522 Kamenz (Kamieniec) 27, 30, 34, 278, 484–498 Kamień 203f., 206 Karthago 516 Kasimierz 446 Kaszczor 34 Kent 111 Kielce 33 Kiew 147, 401 Kittelau (Kydlin) 491, 497 Kitzingen 420, 443 Kladruby (Kladrau) 133, 143, 153 Kcynia 203 Klein Mochberg 272 Klein Neudorf (Nowa Wieś Mała) 492 Klein-Röhrsdorf 526 Klein Tinz (Tyniec Mały) 279 Kliczanów 334 Klosterneuburg (Niwenburch) 423, 444, 452 Kłobia 384 Kobylniki 334 Köln 83, 372f., 382 Kołodrąb 203, 205f. Komorów 286 Konary 334 Koniemłoty 218 Konstantinopel 299, 400 Konstanz 50, 55–58, 132 Köpenick (Copnic / Kopanica) 26, 191, 344f. Koprzywnica 17, 30, 34, 185, 401 Koronowo 30, 34 Kostenblut (Kostomłoty)274 Koszyce 331 Kościan 252 Kościelec Kolski 226 Kościelna Wieś 16, 29f., 33, 190, 253, 279, 288, 304

Ortsregister Kościół (Lądek) 384, 387 Kowale 334 Krakau (Kraków) 14f., 19f., 24, 26, 29, 31, 33, 35, 39, 43–52, 59, 68f., 72–78, 87, 95–97, 100, 104f., 107, 147, 174, 180–183, 188, 190, 194, 203–210, 224, 226, 232, 234, 237–240, 248, 257, 263, 267–278, 284–286, 293–296, 318, 323f., 326, 329, 333, 337, 342f., 345, 350–353, 361–369, 371, 376, 384–386, 393, 395–402, 407, 411, 413, 416, 495, 498, 499 Raszków 218 Krobia 203, 204, 206 Krossen (Heilsberg) 32, 35 Krummöls 524, 525 Kruschwitz (Kruszwica) 33, 155, 250, 280, 364 Krzywiń 229 Krzyżanowice a. d. Nida 30, 33, 286, 288, 318, 334–337, 341, 343, 345 Książnice 279 Ksieże 262 Kwiciszewo 284 Lagow 224 Langheim 381, 382, 444 Langenöls 524, 525 Langwasser 524 Lauban 32, 35 Laubnitz (Łopienica) 491f., 496 Lauterberg 427–429 Ląd 17, 26, 30, 34, 227, 360, 366–368, 370– 393, 438 Lebus (Lubusz) 14, 207f., 250 Lehnin 435–437 Leubus (Lubiąż) 16f., 29f., 33f., 306f., 314f., 378, 384, 389, 417, 427, 439–442, 446, 449, 452f., 466, 469, 487, 493–495 Leippe (Lipowa) 485, 492, 507 Lędzina 329, 340, 342, 345 Liebenthal 27, 29, 455f., 461, 474, 479, 513, 524–527 Liptaň na Osobloga (Liebethal) 526 Liegnitz (Legnica) 29, 31–33, 35, 306, 308, 309, 315, 456, 460f., 463, 477, 484, 495, 525 Lilienfeld 88, 90f., 426 Linowo 239 Lipari 310 Litoměřice (Leitmeritz) 430 Loslau 32, 35 Loos 381–383

Ortsregister Lossen (Łosiów) 491, 498, 506 Löwen (Lewin Brzeski) 27, 31, 35, 485, 491, 496, 498–503, 506, 510 Löwenberg (Lwówek) 32, 35, 525, 527 Lubendorf 230 Lubiń 16, 29, 33, 77, 183, 185, 209, 211f., 218, 228–231, 233, 236f., 241, 253f., 257, 263, 276f., 386, 438 Lublin 31, 35, 329, 343, 398, 407, 413 Lublinice 224 Ludźmierz 30, 34 Luntki 79 Lüttich 211, 495 Lyon 402 Lytomysł 431 Łekno 17, 30, 34, 185, 188, 197, 199, 259f., 354, 369, 371–373, 378, 384f. Łęczyca (Lentschütz) 15, 19, 29, 31, 33, 35, 140, 168, 224, 403, 406 Łojewo 283 Łuków 410 Łysa Góra (Klarenberg) 16, 29, 217f., 228, 258, 263, 384 Łysiec 16, 29, 33, 188, 261 Magdeburg 40, 42, 190, 248, 302–304 Maienfeld (Lupi[n]ensis) 145 Mainz 52, 517 Mallersdorf 214 Manrique 381–383 Mansee 437 Małogoszcz 139 Marienburg (Malbork) 311 Mariensee 436 Meißen 315, 419, 421, 427, 428, 524 Melk 424 Mestris 15, 29 Meseritz 32 Metz 303 Michelau 484f., 491–493, 496–498, 506, 509 Miechów 26, 30, 33, 191, 195, 197, 259, 278f., 328, 330–333, 336f., 340, 342f., 345 Milchau (Michałów) 524 Minden 112f. Modena 351, 401 Moderz 203 Mogilno 16, 29, 33, 155, 166–168, 189, 209, 225f., 259–261, 263, 370 Mogiła 30, 34, 379

533 Mois 524f. Morawica 278 Morimond 424 Morsko 384 Mstów 184, 243, 252 Muchobór 250 Münster 112, 427 Münsterberg (Ziębice) 32, 35, 450, 462f. Nalęczów 189 Namslau (Namysłów) 32, 35, 92 Narbonne 522 Naumburg a. Bober (Nowogród Bobrzański) 30, 309 Naumburg a. Queis (Nowogrodziec) 456, 461 Neisse (Nysa) 32f., 35, 494, 498, 526 Neresheim 133–135, 152, 156–158 Neukirch 458 Neumarkt (Środa Śląska) 32, 35, 313, 315, 484 Nieszkowice 286 Nethwitz (Nietkowice) 520 Nimptsch (Niemcza) 491, 499 Niwnik 262 Novgorod 399, 411 Nowy Korczyn 32, 35 Oberglogau (Głogówek) 32, 35 Oborniki 32, 35 Obra 30, 34 Odra (Opatowice) 274 Oels (Oleśnica) 33, 449 Ohlau (Oława) 274, 484 Olmütz (Olomouc) 434, 449 Olszanica 325 Oława 252 Ołobok 30, 34 463, 465 Opatowiec 31, 35, 227 Opatów 33, 389f., 401 Opatowo 274 Oppeln (Opole) 31f., 35, 97, 100, 227, 446f., 453, 460–462, 468, 477f., 485, 501 Oppintal 162 Orłowo 29, 33 Osnabrück 112 Osiek 218, 262 Osseg (Osiek Grodkowski) 485, 491 Ostrzeszowo 274 Otłoczyn 283f. Ottendorf 524f.

534 Ottmachau (Otmachów) 494, 498 Owińska 30, 34, 469 Pacanów 188, 240–242, 263f. Paderborn 49, 56, 112, 292 Padniewo 260 Pajęczno 262 Panthenau (Pątnów) 492, 496f. Paradyż 30, 34 Passau 122f., 423 Patschkau (Paszków) 484f. Paulinzella 155 Peiskretscham (Pyzkniwicz?) 524f. Pełcznica (Pałecznica) 236, 278 Pereum 42 Perugia 321 Petersberg 444 Peterwitz (Stoszowice) 495 Pforta 369, 427, 439–441, 446 Pilz (Pilce) 493 Piotrków (Petrikau) 253 Piotrowino 329 Pirstnica 463 Pisa 248, 380 Pkanów 203, 205f. Plasy (Plaß) 431, 434 Płock 14, 16, 29–31, 33, 35, 48, 180, 190, 192, 194, 196, 204, 207–209, 214–216, 218, 225f., 237f., 305, 439, 499 Pogarell (Pogorzela) 483–485, 492, 497f., 502f., 506–510 Polesie 203 Polsnitz (Pełcznica?) 274, 277f. Posen (Poznań) 14, 20, 31, 33, 35, 48, 69, 100, 203, 227, 294, 365f., 372f., 376, 382, 388, 390–393, 439, 521 Poseritz 524 Prag (Praha) 42, 69, 120–127, 143, 153, 293, 311, 321, 328, 342f., 411, 430–432, 465 Prandocin 171, 188, 255 Prekopa 239 Prieborn (Przeworno) 518 Prutnic 80 Przebieczany 286 Przegorzały 325 Przemęt (Priment) 441 Przewóz 204 Przyborowo (Soneheyde) 496 Quedlinburg 24, 117–120, 122, 129

Ortsregister Radom 262, 329 Radomsko 32, 35 Radziejów 32, 35, 370 Radziwie 180, 216, 237f., 263 Rätsch 518 Rataje (Milanowska Wola) 218 Ratajna 496 Ratibor (Raciborz) 31, 35, 92, 446f., 453, 457, 462f., 468, 473, 478 Rauden (Rudy) 30, 34, 447 Regensburg 122f., 425 Reichenbach (Dzierżoniów) 484 Reumen 521 Rhodos 514 Ritschen (Ryczyn) 499 Röchlitz (Rokitnica) 309, 315 Rogau (Rogów) 491f., 496 Rom 42, 50, 57f., 120f., 292, 299, 311, 361, 400f., 403, 406, 410f. Rosenbach (Różana) 491 Rotskin (Rosdzin-Schoppnitz) 138 Ruda 33, 175–177, 221f., 226 Ruschow (Rauske, Raski?) 498 Rybnik 30, 455f., 459, 461 Rzeplice 286 Sagan (Żagań) 30, 32, 35, 92 Saint-Gilles 182f., 202f., 206, 209,236, 255 Salzburg 87, 96, 423 Sambor 527 Sandez (Nowy Sącz) 335, 415 Sandomir (Sandomierz) 26, 31, 33, 35, 95–97, 218, 224, 238, 333, 337, 360, 391, 398, 407, 499 Saragossa 321 Sázava (Sasau) 430 Schaffhausen 150 Schlause 491 Schnellewalde (Szybowice) 278 Schönfeld (Obórki) 485 Schwanowitz (Zwanowice) 485 Schweidnitz (Świdnica) 31f., 35, 447, 448, 458, 462, 473, 484 Sedlec (Sedletz) 433 Seligenthal 446 Sidzina 286 Sieciechów 16, 29, 33, 179f., 182, 185, 192, 217f., 234–238, 263, 279, 329–332, 340, 345 Siegburg 83 Sieradz 31, 35, 342

Ortsregister Skała 31, 35, 395, 396, 409, 412–414 Skalbmierz (Skarbimierz) 33, 232–234 Skaryszew 285 Skempe 527 Skowieszyn 333 Skrzynno 253 Skrzyńsk 343 Skrzyńsko 190, 252, 301 Sławno 262 Słup (Stara Słupia) 217 Sochaczew 31, 35 Sohrau 464 Sokołowo 261 Soldin (Myślibórz) 437 Somogyvár 202, 206, 209 Sosnowa 496 Spicymierz 176, 221 Sprottau (Szprotawa) 459–461 Staniątki 29 Stará Boleslav (Altbunzlau) 430 Stary Radziejów 166 Stopnica 227 Strahov 431 Strakonice 527 Strehlen (Strzelin) 32, 35, 456, 458, 462, 473, 484, 491 Striegau (Strzegom) 29, 33, 191, 456, 458f., 461, 474 Stryje Piaskowe 262 Stryjowo 262 Strzelno 30, 33, 184, 190, 194, 199, 250–252, 282f., 288, 304, 335, 370 Studzieniec 286 Sulejów 17, 30, 34, 184, 206, 243, 370f., 377f., 389, 401 Sulisławice 236 Sylou 79 Szarbie 334 Szczepanowice 278 Szczyrzyce 30, 34 Szpetal 30, 34 Szybowice 340 Śren (Schrimm) 32, 35 Świątniki 279f. Tangerloo 335 Tarczek 203 Tarnów 527 Taschenberg (Ptakowice) 492

535 Teplice 431 Teschen (Cieszyn) 29, 31, 35, 48, 226 Thiemendorf 526 Tinz 33 Tišnov 445 Trebnitz (Trzebnica) 30, 34, 279, 308f., 312, 314f., 417, 420, 444–446, 449, 452, 455f., 460, 462–471, 473–478, 521 Trier 83, 147 Tristenic 252 Tropie 227 Tulon 102–104 Turów 262 Turzyca (Trzyca?) 203 Trzemeszno (Tremessen) 16, 29, 33, 155, 168, 196, 109, 219–221, 214, 228, 274, 360, 362–364 Tyniec 16, 24, 29, 33, 39, 47, 52, 70–86, 191, 209f., 212, 218, 228, 231, 236f., 241f., 248, 257, 274, 277, 312, 384, 386, 491 Ulm 132 Valencia 303 Vatikan 57 Velehrad 431f. Verden 112 Ujów (Viehau) 242, 277 Villeneuve-les-Avignon 506 Vladimir 411. 413 Vogelsang (Kijowice) 497 Voigtsdorf (Wójtowice) 492 Vyšehrad 292, 430 Waldenburg (Wałbrzych) 484 Warka 31, 35 Warmbrunn (Ciepliwoda) 520, 528 Wartha (Bardo) 33, 491 Waśniów 224, 226 Wawrzyńczyce 277 Wąchock 17, 30, 34, 185, 284, 288, 401 Weißkirchen 458 Wesoła 51 Wieliczka 385 Wieleń 30 Wien 425, 426 Wierzbica 203, 284f. Wilkowa (Wszewilki) 259 Wiślica 33, 227, 241, 336, 389, 390f. Witów 30, 33, 194 Witten 363 Włocławek (Leslau) 14, 225f., 373

536 Wojnicz 227 Wola Grochowiska 334 Wolbórz 20 Wolfratshausen 444 Wojnowice (Wonnwitz) 491 Woszczyce 30 Wrzos 203 Würben (Wierzbno) 274, 277f. Würzburg 132, 140 Zabierzów 327 Zagość 33, 389 Zagórzyce 286 Zawichost 26, 31, 35, 224, 395–416 Zawonie 463–

Ortsregister Zborów 203 Zbraslav (Königsaal) 433, 451 Złotniki 262, 329, 337, 343 Zobten (Sobótka) 16, 29, 33, 190, 245, 248, 249, 262, 270–273, 287, 300–302 Zottwitz 279 Zschillen 429 Zuckau (Żukowo) 335 Zwiefalten 25, 131–170, 209, 228, 310, 442, 444 Zwierzyniec 30, 33, 50f., 192, 194f., 286, 288, 296, 317f., 323–328, 330–333, 336f., 340–343, 345 Želiv (Seelau) 431, 449 Żmigród 259

Personenregister Das Register verzeichnet alle Personen des Haupttextes; moderne bzw. zeitgenössische Historiker, die im Haupttext genannt werden, sind kursiv gesetzt. Die Abkürzungen erfolgen nach Lexikon des Mittelalters, Bd. 1, S. XVII–XXI; zusätzlich: Adl. = Adlige(r), Atr. = Amtsträger, Br. = Bruder, Bü. = Bürger, Chr. = Chronist, Ef. = Ehefrau, Em. = Ehemann, En. = Enkel, Gr. = Große(r), Kan. = Kanoniker, Kz. = Kanzler, M. = Mutter, N. = Nonne, Pf. = Pfarrer, Prä. = Präposit, Ri. = Ritter, S. = Sohn, Schw. = Schwester, T. = Tocher, V. = Vater Aaron, Bf. v. Krakau, Abt in Tyniec ? (gest. 1059) 72–76, 78 Adalbero, Bf. v. Würzburg, Hl. (um 1010– 1090) 132 Adalbert, Bf. v. Prag, Hl. (um 956–997) 26, 41f., 50, 66, 110, 228, 311, 313, 352–355, 357, 359, 393 Adalbert (Adilbertus), Abt in Schaffhausen (gest. vor 1150) 150 Adamska, Dagmara 12, 27 Ademar de Chabannes, Mönch, Chr. (989– 1034) 65 Adelheid v, Sulzbach, M. v. Heinrich I. v. Schlesien (1135–1189) 309 Adelheid, T. Bolesławs I. des Langen (1157/66–1213) 473, 477 Adelheid v. Mochental, M. Salomeas v. Berg (gest. ca. 1125) 148f., 162 Adelheid (I.), T. Ottos II., Äbt. in Quedlinburg (977–1043) 117–119 Adelheid (Adilheit), Frau im Zwiefaltener Nekrologium 151 Adelheit Bolanie, Frau im Zwiefaltener Nekrologium (12. Jh.) 146, 169 Ägidius (Idzi), Abt v. Saint-Gilles, Hl. (gest. um 720) 182f., 202f., 205f. Ägidius von Tuskulum, päpstl. Legat (1. H. 12. Jh.) 79–82, 210f., 231, 236, 254f., 273 Ägidius Garzoni, Ebf. v. Ravenna (Ende 11.– Anf. 12. Jh.) 351 Agapia/Agata, Ef. des Jaxa v. Miechów / Köpenick (12. Jh.) 192, 194, 199, 322f., 337 Agius v. Corvey (2. H. 9. Jh.) 114f. Agnes, Schw. Wenzels I. (10. Jh.) 432 Agnes v. Waiblingen, T. Heinrichs IV., Ef. Leopolds III. Mgf. v. Österreich (1074–1143) 423

Agnes, T. Bolesławs III. Schiefmund, Ef. v. Mstislav Isjaslavič (1137–1182) 140, 168f. Agnes, Ef. v. Władysław d. Vertriebenen (nach 1110–1157) 423, 439, 442f., 466 Agnes, T. v. Ottokar I. Přemysl, N. in Trebnitz (1211–1282) 409, 465, 477f. Agnes, T. Heinrichs II. d. Frommen, Äbt. in Trebnitz (2. H. 13. Jh.) 463 Agnes, T. Vladislavs II., Äbt. in Prag, (gest. 1228) 126, 420 Agnes, T. v. Ottokar I. Přemysl, Äbt. in Prag (1211–1282) 409 Agnes, Ef. Bolkos II. von Schweidnitz-Jauer (um 1315–1392) 448 Alard, Abt in Breslau (1. H. 13. Jh.) 487 Albert, Gr. (12. Jh.) 276 Albert d. Bärtige, Ri. (13. Jh.) 520 Albrecht I. d. Stolze, Mgf. v. Meißen (1158– 1195) 428, 430 Albrecht I. d. Bär. Mgf. v. Brandenburg (um 1100–1170) 345, 435 Albrecht III., Mgf. v. Brandenburg (um 1250– 1300) 437 Aleksandr Nevskij, Fst. v. Novgorod (1219/20–1263) 411, 413 Alexander III., Papst (um 1100/05–1181) 478 Alexander IV. Papst (um 1199–1261) 413, 477 Alexander v. Malonne, Bf. v. Płock (gest. 1159) 29, 208, 305 Althoff, Gerd 119 Anchoras, Abt in Tyniec (11. Jh.) 83 Andreas II., Kg. v. Ungarn (1177–1235) 153, 399, 405 Andrej Jaroslavič, Gfst. v. Vladimir, (gest. 1264) 411, 413

538 Andrzej Sieciechowic, Stifter in Lubiń (12. Jh.) 234–236, 261, 277f. Andrzej v. Würben, Gr. (13. Jh.) 286 Andrzej III. Lascarz, Bf. v. Posen (1. H. 15. Jh.) 521 Anna, T. v. Przemyśl I. (1253–1295) 465 Anna v. Böhmen, Ef. Heinrichs II. d. Frommen (1201/1204–1265) 31, 313, 420, 447, 457f., 460, 465, 467, 471–474, 476–478 Anna, Äbt. in Strehlen, T. Bolkos I. (gest. 1332/34) 462 Anno II., Ezbf. v. Köln (um 1010–1075) 83 Arnold, Laie im Zwiefaltener Nekrologium 151 Arnošt v. Pardubice, Ebf. v. Prag u. Chr. (1300–1364) 517 Balduin III., Kg. v. Jerusalem (1130–1162) 321 Bałdrzych, Gr. (12. Jh.) 206 Banik, Joanna 27 Barciak, Antoni 446, 494 Bardo, Ezbf. v. Mainz (980/81–1051) 52 Bartholomäus v. Prag, Franzis-kaner (13. Jh.) 410 Batu, Khan d. Goldenen Horde (1205–1255) 413 Beatrice (Beatrycza), T. d. Piotr Włostowic, Äbt. in Strzelno u. Breslau (12. Jh.) 190, 192, 194 Beatrix v. Staufen, Ef. Ottos VII. v. Andechs (gest. 1231) 444 Beatrix, Ef. v. Bolko I. (gest. 1316) 29, 458, 474 Beatrix, T. v. Bolko I. (1290–1332) 462 Béla IV., Kg. v. Ungarn (1206–1270) 400, 403, 410 Benedikt v. Posen, Chr. (gest. 1522/27) 248, 322, 365 Berke, Khan d. Goldenen Horde (nach 1205– 1267) 413 Bernhard v. Clairvaux (um 1090–1153) 371 Bernhard, Prä. in Trzemeszno (1. H. 12. Jh.) 220 Bernhard, Bf. v. Lebus (1. H. 12. Jh.) 250 Bernhard, Hzg. v. Schweidnitz (um 1288– 1326) 448, 458, 462 Bernard Gui, Zisterzienser (1261/62–1331) 500 Bertha, Frau im Zwiefaltener Nekrologium 152 Berthold, Abt u. Chr. in Zwiefalten (um 1089–1169) 135f., 141–146, 153–161, 209 Berthold d. J. v. Sperberseck 143 Bert(h)old (II.) Gf. v. Dießen-Andechs (gest. 1151) 148, 444

Personenregister Bertold III., Gf. v. Dießen-Andechs (1110/1115–1188) 444 Berthold IV., Gf. v. Andechs, Hzg. v. Meranien (gest. 1204) 149, 444 Berthold I. v. Zähringen (1000–1078) 150 Bielowski, August 232 Bieniak, Janusz 212, 232f., 241, 246f., 253, 256, 258, 274, 301, 304, 322, 330, 332f., 338– 342, 344 Bieniek, Stanisław 246 Bilihilt, Stifterin (12. Jh.) 136, 143, 146, 154, 156, 158, 165 Bodo, Abt in Heinrichau (1. H. 13. Jh.) 519, 520 Bogucki, Ambroży 339 Bogumił v. Dobrowo, Ezbf. v. Gnesen (gest. um 1191) 193 Bogusław, Gr., Br. v. Piotr Włostowic (12. Jh.) 243, 250, 254, 272, 295, 303 Bogusław v. Fröbeln (gest. 1261), 486 Bogusz v. Michelau (gest. 1315) 486 Bogusz v. Pogarell, poln. Gr. (gest. 1309/14) 27, 31, 486, 493, 499, 508 Boleslav I., Hzg. v. Böhmen (gest. 972) 121 Boleslav II., Hzg v. Böhmen (gest. 999) 120– 123, 430 Bolesław I. d. Tapfere (Chrobry), Hzg., Kg. v. Polen (965/67–1025) 14, 29, 50, 59, 61–69, 72, 77f., 109, 123–125, 229, 258, 347, 357 Bolesław II. d. Kühne/Freigiebige (Śmiały/Sczodry), Hzg., Kg. v. Polen (1041/42– 1082) 16, 29, 50, 70–72, 78, 80–83, 85, 178, 183, 186, 190, 194, 196, 210, 213, 215, 218, 225, 228–230, 235, 386, 439 Bolesław III. Schiefmund (Krzywousty), Hzg. v. Polen (1086–1138) 25, 29, 71, 79, 81, 125, 131, 137–139, 141, 143f., 146–148, 152, 154– 156, 158, 160–168, 170, 175, 180, 182f., 185, 187–190, 194–196, 202–228, 256–260, 263f., 270, 276, 305, 390f., 438, 490 Bolesław IV. Kraushaar (Kędzierzawy), Hzg. v. Polen/Masowien (1121/22–1173) 29f., 130, 195, 199, 214, 224f., 233, 236, 241, 247, 259, 280f., 299, 305, 324, 337–339, 344, 364, 389–391 Bolesław, S. v. Mieszko III. d. Alten (1159– 1195) 438, 469 Bolesław I. d. Lange (Wysoki), Hzg. v. Schlesien (1127–1201) 16, 26, 29f. , 299,

Personenregister 305–308, 314f., 369–371, 386, 389, 417, 427, 431, 439–442, 446, 449, 466, 469, 484, 490 Bolesław II. d. Kahle/Wilde (Łysy/Rogatka), Hzg. v. Schlesien/Liegnitz (1220/25–1278) 31f., 96, 403, 477, 524 Bolesław d. Fromme [Pobozny), Hzg. v. Großpolen (1221–1279) 32, 100, 374, 376f. Bolesław V. d. Schamhafte (Wstydliwy), Hzg. v. Kleinpolen (1226–1279) 20, 26, 31f., 79, 87, 96f., 285, 324, 326, 334–337, 377, 395, 397–400, 402–416 Bolesław III., Hzg. v. Brieg (1291–1352) 460, 499 Bolesław II., Hzg. v. Oppeln (vor 1300–1356) 31, 462 Bolko I. d. Strenge, Hzg. v. Schweidnitz (um 1253–1301) 30–32, 447f., 453, 458, 462, 469 Bolko II., Hz. v. Schweidnitz (1308–1368) 448 Bonifatius IX., Papst (1350–1404) 517 Borgolte, Michael 7, 9–11, 28 Brigitte, Äbt. in Regensburg,T. v. Heinrich II. v. Bayern (geb. um 985) 123 Bronisława, Gr. (gest. 1259) 194, 326 Bronisz Doliwa, Gr. (13. Jh.) 30 Boris, Fst. v. Kiew, Hl. (gest. 1015) 408 Brun v. Querfurt (974–1009) 123f. Břetislav I., Hzg. v. Böhmen (um 1005–1055) 430 Břetislav II., Hz. v. Böhmen (gest. 1100) 126, 292f., 303, 490 Budek v. Michelau (gest. 1314) 486, 497 Budziwoj v. Michelau (gest. 1276) 486, 497, 507 Bühler, Heinz 149 Burchard, Bf. v. Worms (um 965–1025) 515 Burundaj, mongol. Heerführer (13. Jh.), 414 Cagnimirus, Gr. (12. Jh.) 197 Cäcilia, Märtyrerin, Hl. (um 200–230) 142 Cäsar, Gaius Iulius (100–44 v. Chr.) 57 Calixt II., Papst (um 1060–1124) 133, 210, 320 Cetwiński, Marek 223, 242 Chessebor von Zesselwitz, Ri. (13. Jh.) 520 Christina, Ef. Bolesławs I. d. Langen (2. H. 12. Jh.) 309 Cieszybór, Gr., Verw. d. Piotr Włostowic (12. Jh.) 243, 273 Clemens V., Papst (1250/65–1314) 522 Coelestin III., Papst (um 1106–1198) 190, 249, 280, 282, 320f. Corbet, Patrick 116

539 Cosmas v. Prag, Chr. (um 1045–1125) 120f., 126, 177–179, 223, 292 Cyprian, Bf. v. Lebus u. Breslau (gest. 1207) 491 Czader/Theodor, Gr. (13. Jh. 30, 31, 402 Czema, Stifter (12. Jh. 261 Daniel Romanowič, Fst. v. Halič (1201–1264) 400, 403, 411, 414 Daniel I., Bf. v. Prag (gest. 1167) 410, 413 David, Pierre 235 Decker-Hauff, Hansmartin 149 Dedo IV., Gf. v. Wettin u. Groitzsch (gest. 1124) 427 Dedo V. (III.) d. Feiste, Gf. v. Groitzsch (um 1130–1190) 429 Derwich, Marek 23, 210, 214, 216f., 223, 233, 236, 257f. Deptuła, Czesław 47, 302, 323f. Diepold II., Gf. v. Berg (gest. 1160/1165) 149, 163 Diepold II., Gf. v. Vohburg-Giengen (gest. 1078) 149 Diepold III., Gf. v. Vohburg-Giengen (gest. 1146) 149f. Dietrich I. d. Bedrängte, Mgf. v. Meißen (1162–1221) 428, 430 Dietrich II., Mgf. d. Sächsischen Ostmark (um 1125–1185) 429 Długosz, Jan, Chr. (1415–1480) 43, 72f.,203, 205, 218, 223, 229, 239, 245, 250f., 258, 282, 300, 323f., 326–328, 331, 334–337, 341f., 514 Dobiechna, Gr., Stifterin in Płock (12. Jh.) 192 Dobiesław, Gr., Stifter in Breslau (12. Jh.) 276 Dobosz, Józef 25, 177 Dobrawa, Ef. Mieszkos I. (um 935–977) 123 Dobrogost d. Alte, Gr., Stifter in Mogilno (12. Jh.) 189, 260 Dobrzeniecki, Tadeusz 361 Dunin-Wąsowicz, Teresa 202, 204, 206 Dzierżek, Gr. (12. Jh.) 30, 192, 194 Dzięgień, Stifter (12. Jh.) 211 Dźwigor/Dziwisz, Gr., Stifter in Breslau (12. Jh.) 241f., 277 Eberhard I., Ebf. v. Salzburg (um 1090–1164) 423 Egbert, Ebf. v. Trier (950–993) 147 Elisabeth, T. v. Heinrich II., Ef. v. Przemyśl I. (1224/32–1265) 469 Elisabeth, Ldgf. v. Thüringen, Hl. (1207– 1231) 153, 405, 408, 420, 470

540 Elisabeth, Kgn. v. Böhmen (1292–1330) 434 Elisabeth v. Pogarell, Gr. (2. H. 13. Jh.) 517f. Elisabeth v. Pogarell, Adl. (15. Jh.) 498 Elisabeth Ryksa/Richza, T. Przemysławs II. (1288–1335) 434 Ellfled, T. d. Oswius, Hzg. v. Northumbrien, N. (Mitte 7. Jh.) 114 Ernst, S. Leopolds II. (gest. vor 1144) 424 Esico, Gf. v. Ballenstedt (11. Jh.) 435 Eufemia, Ef. v. Hzg. Władysław v. Oppeln (gest. 1281) 31 Eufemia, Ef. v. Bolesław II. Rogatka (13. Jh.) 477 Eufemia (Ofka), T. v. Przemysław v. Ratibor, Äbt. in Ratibor (1299/1301–1359) 463 Eugen III., Papst (gest. 1153) 221, 224, 248, 250, 272 Eva Jemischen v. Pogarell, Gr. (14. Jh.) 502 Ezzo s. Herenfried Florian, Hl. (gest. 304) 26, 351, 353, 401 Frankenstein, Janusz 245 Franko, Bf. v. Posen (11. Jh.) 182 Franz(iskus) v. Assisi (1181/82–1226) 402 Fried. Johannes 63 Friedberg, Marian 245, 250, 252, 300 Friedrich II. d. J., Hzg. v. Schwaben (1090– 1147) 140 Friedrich I., Gf. v. Brehna (um 1126–1181) 429 Friedrich I. Barbarossa, Kg. u. Ks. (um 1122– 1190) 369, 428 Friedrich II., Kg. u. Ks. (1194–1250) 426 Friedrich I., Hz. v. Lothringen (um 1143– 1206/1207) 392 Friedrich I., Hzg. v. Österreich (um 1175– 1198) 424 Friedrich II. d. Streitbare, Hz. v. Österreich (1211–1246) 425-427, 430, 433 Frömrich, Gregor 490 Gallus Anonymus, Chr. (gest. nach 1116) 62, 64, 66, 107, 175–179, 181,f. , 187, 202, 205, 215, 221–223, 232, 234f., 257, 311 Gaudentius (Radím), Ebf. v. Gnesen (970– 1006/22) 160 Gawlas, Sławomir 185, 187, 196, 386 Gebhard, Bf. v. Konstanz (949–995) 56–58 Gedko, Bf. v. Krakau (1130–1185) 30, 259, 284, 325, 329, 331, 342, 351, 353, 360, 401 Gedko, Bf. v. Płock (um 1160–1223) 283 Georg v. Habendorf, Adl. (15. Jh.) 508

Personenregister Gentilis de Montefiori, päpstl. Legat (um 1240–1312) 458 Gerard, Abt (?) in Wąchok (13. Jh.) 401 Gerberga, T. v. Heinrich (I.) v. Bayern, Äbt. in Gandersheim (940–1001) 117, 119 Gerberga v. Babenberg, Stifterin (gest. 1142) 420 Gerlic, Henryk 223 Gerhoch v. Reichersberg, Regularkan. u. Theologe (1092/93–1169) 361 Gerlach v. Pogarell, Gr. (gest. 1275/76) 486, 492, 496, 508 Gerlach v. Liebenthal, Adl. (14. Jh.) 525 Gerlach (Jarloch), Abt v. Mühlhausen, Chr. (1165–1221/1228) 431 Gernot/Gernod, Mönch in Zwiefalten (12. Jh.) 137, 139, 150 Gertrud v. Andechs, Ef. v. Andreas II. (um 1185–1213) 153 Gertrud v. Babenberg, Ef. v. Vladislav II., Äbt. in Doksany (um 1120–1150) 130f. Gertrud, T. Mieszkos II., Ef. v. Izjaslav Jaroslavič (um 1025–1108) 147 Gertrud, T. Bolesławs III. Schiefmunds, N. in Zwiefalten (1126/35–1160) 137, 139, 144, 146, 148–153, 156f., 159, 163, 165f., 168f. Gertrud, T. Heinrichs I. des Bärtigen, Äbt. in Trebnitz (gest. 1268) 445, 463–466, 469f., 473, 475, 477f. Gieysztor, Aleksander 89, 293 Ginter, Tomasz 12, 26 Giovanni da Pian del Carpine, Franziskaner, päpstl. Gesandter (1182–1252) 402–404 Gisela v. Berg, Ef. Diepolds II. v. Berg (gest. nach 1169) 149 Gisela v. Bayern, Ef. Stephans I. (984/85– 1060) 123 Gleb, Fst.v. Kiew, Hl. (gest. 1015) 408 Gneomirus, Gr. (12. Jh.) 192 Goetz, Hans-Werner 112 Gołosta, Gr., Stifter (13. Jh.) 491 Gratian, Kanonist (gest. um 1150) 515f. Gregor, päpstl. Legat (13. Jh.) 401 Gregor VII, Papst (1020/25–1085) 18 Gregor IX., Papst (1167–1241) 211, 517, 519, 522 Gregor X., Papst (1210–1276) 463 Gregor v. Tours, Chr. (538/39–594) 310 Grillnberger, Otto 379 Grzegorz, Gr. (12. Jh.) 278

Personenregister Grzybowski, Andrzej 104 Grzymisława, Ef. Leszeks (I.) d. Weißen, Hzgn. v. Krakau (1189–1258) 285, 335, 398, 403, 404, 406, 414 Gunter v. Pogarell, Adl. (gest. 1345/49) 486, 497 Gutta v. Münsterberg, Äbt. in Breslau (gest. 1413) 463 Gysilherus Colner, Bü. In Breslau (13. Jh.), 457 Hadrian IV., Papst (gest. 1159) 236, 258f., 261f., Ri. (13. Jh.) 518f. Hans v. Liebenthal (14. Jh.) 526 Hans v. Pogarell, Adl. (16. Jh.) 498 Hathumod, Äbt. in Gandersheim (840–874) 114 Hauck, Karl 116 Hedwig, Ef. Friedrichs I. Graf v. Brehna (gest. 1201) 429 Hedwig, Ef. Heinrichs I. d. Bärtigen, Äbt. in Trebnitz, Hl. (1174–1253) 31, 307, 309, 313, 316, 420, 442, 444f., 456, 463, 469f., 471, 473–477, 480 Hedwig v. Ballenstedt, T. Albrechts I. v. Brandenburg (um 1140–1203) 429, 430 Heinrich I., Hzg. v. Sachsen, Kg. (um 876– 936) 40 Heinrich I., Hzg. v. Bayern (919/22–955) 119, 122f. Heinrich II. d. Zänker, Hzg. v. Bayern (951– 995) 123 Heinrich II., Kg. u. Ks. (973–1024) 41, 53f., 67, 118, 123, 128, 164, 291, 311 Heinrich III., Kg. u. Ks. (1017–1056) 119, 129 Heinrich IV., Kg. u. Ks. (1050–1106) 69, 83, 423 Heinrich V., Kg. u. Ks. (1081/1086–1125) 423 Heinrich, Gf. v. Emerkingen (um 1100) 162 Heinrich II. Jasomirgott, Mgf. v. Österreich (1107–1177) 425 Heinrich III. d. Löwe, Hzg. v. Sachsen (1129/30–1180) 363f. Heinrich I. d. Ä. v., Gf. v. Berg (gest. vor 1116) 141, 148, 162f. Heinrich II. d. J., Gf. v. Berg (gest. ca. 1127) 141, 148, 162f.209 Heinrich (Henryk), Hzg. v. Sandomir (1127/31–1166) 224, 329, 389–391 Heinrich I. d. Bärtige (Henryk Brodaty), Hzg. v. Schlesien (um 1165–1238) 26, 30, 279, 306–315, 417, 420f., 440, 442, 444f., 447–

541 449, 456f., 460, 463, 466, 468f., 473, 477, 479f., 491, 493, 504, 521 Heinrich II. d. Fromme (Henryk Pobożny), Hzg. v. Schlesien (1196/1207–1241) 30f., 417, 442, 460, 463, 467, 469, 477, 495, 521f. Heinrich III. d. Weiße (Henryk Biały), Hzg. v. Schlesien-Breslau (1227/30–1266) 313, 458, 460, 464 Heinrich III. (Henryk), Hzg. v. Glogau (1251/60–1309) 360, 457, 461 Heinrich IV. d. Gerechte (Henryk Prawy/Probus), Hzg. v. Schlesien (1257/58– 1290) 24, 31, 39, 86–196, 441, 479, 499, 501 Heinrich V. d. Dicke (Henryk Gruby), Hzg. v. Liegnitz (1245/50–1296) 31, 313, 460, 477, 499, 524 Heinrich VI. (Henryk), Hzg. v. Breslau (12941335) 313 Heinrich II. (IV.) (Henryk Wierny), Hzg. v. Sagan (1292/93–1342) 360 Heinrich (Henryk), Hzg. v. Jauer (gest. 1346) 448 Heinrich III. d. Erlauchte, Lgf. v. Thüringen (um 1215–1288) 430, 450 Heinrich VIII. Tudor, Kg. v. England (1491– 1547) 522 Heinrich v. Liebenthal d. J., Gr. (13. Jh.) 524 Heinrich v. Liebenthal (Pusch), Gr. (13., Anf. 14. Jh.) 524f. Heinrich (Henryk) Kietlicz, Ebf. v. Gnesen (um 1150–1219) 19f., 312f., 361 Heinrich v. Antwerpen, Domherr in Brandenburg, Chr. (um 1150– um 1230) 339, 343f. Heinrich v. Bremen, Franziskaner (13. J.) 467 Heinrich Lange, Gr. (13./14. Jh.) 32 Heinrich v. Pogarell (1. H. 14. Jh.) 486, 498 Heinrich v. Pogarell, (16. Jh.) 498 Helena, Ef. v. Kasimir II. d. Gerechten (gest. 1202/06) 341, 370 Heligunda, Äbt. in Zwierzyniec (12. Jh.) 327 Henryk, Stifter (12. Jh.) 211 Herenfried (Ehrenfried) Ezzo, Pfgf. v. Lothringen (955–1034) 67, 147 Heymon/Haymo, Bf. v. Breslau (gest. 1126) 222, 224, 257, 273 Honorius II., Papst (1060–1130) 320 Hrotsvit, Kan. in Gandersheim (935–973) 115 Hugo de Cringoweine, Bü. in Breslau (13. Jh.) 521

542 Hugo v. St. Viktor, Regularkan., Theologe (um 1097–1141) 361 Humbald, Kardinal (12. Jh.) 221 Hyazinth (Jacek) Odrowąż, Mönch, Hl. (1183–1257) 401 Ibrahim ibn Jakub, arab. Reisender (10. Jh.) 69 Idzi/Ägidius, S. v. Piotr Włostowic (12. Jh.) 243 Imbram, Gr. (Ende 12., Anf. 13. Jh.) 191 Ingvar v. Luck (12. Jh.) 415 Innozenz III., Papst (1160/61–1216) 401, 414, 489 Innozenz IV., Papst (um 1195–1254) 402f., 426, 495,506 Isaak, Eremit (Anf. 11. Jh.) 123f. Izjaslav I. Jaroslavič, Gfst. v. Kiew (1024– 1078) 147 Ivo, Bf. v. Chartres (um 1040–1115) 515 Iwo Odrowąż, Bf. v. Krakau (um 1160–1229) 30f., 241, 285, 331, 401, 498 Jakob, Erbauer d. Klosterkirche in Trebnitz (13. Jh.) 308 Jakob v. Lüttich, päpstl. Legat (13. Jh.) 494f. Jakub, Stifter (12. Jh.) 211 Jakub Świnka, Ebf. v. Gnesen (gest. 1314) 92–94 Jamroziak, Emilia 257 Jan Prandota, Bf. v. Krakau (um 1200–1266) 495 Jan/Janik Gryfita (Johannes), Bf. v. Breslau u. Ebf. v. Gnesen, Stifter d. Kloster Jędrzejów (gest. nach 1167) 17, 30, 193, 239, 280, 288, 340f., 369, 371 Jan v. Würben, Gr. (13. Jh.) 286 Janauschek, Leopold 380-382 Janusz v. Pogarell, Archidiakon in Breslau (gest. 1249/1253) 484, 486, 488–490, 492, 496, 508 Janusz v. Michelau, Gr. (2. H. 13. Jh.) 486, 508 Janusz v. Michelau (gest. 1293) 486, 493, 496f. Jaracz v. Pogarell (gest. 1384/89) 508 Jarosław, Hzg. v. Oppeln (1143/1163–1201) 446f. Jarosław (Jaracz, Hieroslaus) v. Pogarell, Gr. (gest. 1202) 484, 486f., 490f. Jarosław v. Pogarell, Gr. (gest. 1232) 484, 486, 499 Jarosław v. Pogarell, Adl. (1425–1458) 498 Jarosław Mroczkowic v. Habendorf (gest. 1296) 486, 508

Personenregister Jarosław, S. d. Jarosław v. Habendorf (14.) 486, 508 Jarosław v. Michelau (14. Jh. ) 486 Jasiński, Kasimierz 150, 165, 309, 439, 468 Jaszołt, Stifter (12. Jh.) 211 Jaxa, Gr./Fst. (gest. 1176) 25f., 30, 189, 191– 195, 199, 254, 278–281, 286–288, 300f., 305, 317–345 Johann, S. Bolesławs I. d. Langen (1159/69– vor 1180) 466 Johann I., Mgf. v. Brandenburg (1213–1267) 436 Johann II., Mgf. v. Brandenburg (1237–1301) 436 Johann v. Luxemburg, Kg. v. Böhmen (1296– 1346) 434 Johann, Bf. v. Prag (gest. 1139) 154 Johann (Jan), Ebf. v. Gnesen (gest. 1167) 192f. Johann Romka, Bf. v. Breslau (gest. 1301) 524 Johann Kapsdorf, Adl. (gest. 1413) 508 Johann v. Beelitz, Abt in Lehnin (Ende 13.– 14. Jh.) 437 Johann v. Nimptsch, Domherr in Breslau (14. Jh.) 459 Johannes XIII., Papst (gest. 972) 121 Jolenta (Helena, Yolanda), Ef. Bolesławs VI. d. Frommen, Äbt. in Alt-Sandez u. Gnesen (1235–1298) 420 Johannes Scottus Eriugena, Gelehrter u. Chr. (9. Jh.) 61 Józefowiczówna, Krystyna 155 Judinda, Frau im Zwiefaltener Nekrologium 151 Judith (Judyta), 2. Ef. v. Władysław I. Herman (1056/58–1085) 71, 182, 203 Judith (Judyta), 3. Ef. v. Władysław I. Herman (1047–1087) 210f., 224 Judyta Krakowianka, N. in Zwierzyniec (gest. 1255) 326 Jurek, Tomasz 373–377, 380, 383, 441, 448, 479, 488, 490–492, 499, 508 Jutta (Judyta/Ida), Äbt. in Doksany (12. Jh.) 327 Jutta v. Liebenthal, Gr., Stifterin (13. Jh.) 27, 29, 459, 461, 474, 524, 526f. Kahl, Hans-Dietrich 344 Karczewski, Dariusz 26, 253 Karl d. Große, Kg. u. Ks. (747/48–814) 39f., 42, 57, 59–61, 65–67 Karl II. d. Kahle, Kg. u. Ks. (823–877) 59–61

Personenregister Karl IV. v. Luxemburg, Kg. u. Ks. (1316– 1378) 311, 434 Kasimir I. d. Erneuerer (Kazimierz Odnowiciel), Hzg. v. Polen (1016–1058) 16, 26, 50, 59, 66f., 70–73, 78, 81f., 178, 186, 219, 228 Kasimir II. d. Gerechte (Kazimierz Sprawiedliwy), Hzg. v. Polen/Kleinpolen (1138–1194) 19, 30, 145, 180, 195, 224, 238, 333, 337, 341, 350–353, 369, 370f., 384, 389, 393, 399 Kasimir I. (Kazimierz), Hzg. v. Kujawien (um 1211–1267) 30, 310, 376, 411, 467 Kasimir I. (Kazimierz), Hzg. v. OppelnRatibor (1178/79–1230) 20, 29f., 446, 460, 477 Kasimir III. d. Große (Kazimierz Wielki), Kg. v. Polen (1310–1370) 514, 522 Kasimir (Kazimierz) Jagiellończyk, Kg. v. Polen (1446–1492) 326 Katharina, T. d. Nikolaus v. Oppeln, Äbt. in Breslau (gest. 1507) 463 Kębłowski, Janusz 441 Kętrzyński, Wojciech 372 Kiersniowski, Ryszard 319 Kinga s. Kunegunda Klemens, Gr. (12. Jh.) 281 Klemens Klemensic, Gr. (12. Jh.) 283 Kłoczowski, Jerzy 500f. Knauer, Paul 492 Köhler, Kurt 500f. Kojata v. Brüx, Stifterin in Prag (12. Jh.) 32 Kolańczyk, Kazimierz 266 Koloman, S. v. Andreas II. Fst. v. Halič (geb. 1208) 399f. König, Erich 135 Konrad, Bf. v. Konstanz (um 900–975) 56–58 Konrad II., Kg. u. Ks. (990–1039) 118, 128 Konrad III., Kg. (1092–1153) 303 Konrad, S. Heinrichs I. d. Bärtigen (1191/98– 1213) 473 Konrad I., Hzg. v. Masowien (1187/1188– 1247) 20, 32, 43, 400, 403, 407, 409, 411, 413, 421, 469 Konrad I., Mgf. v. Meißen (um 1098–1157) 428f. Konrad I.. Mgf. v. Brandenburg (um 1240– 1304) 436 Konrad I., Hzg. v. Glogau (1232/35–1273/74) 464 Konrad II., Hzg. v. Steinau und Sagan (1260/65-1304) 32, 441

543 Konrad, Bf. v. Posen (12. Jh.) 212, 231 Konrad v. Liebenthal, Adl. (14. Jh.) 524f. Konrad, Goldschmied in Gnesen (12. Jh.) 368 Konstantin (I., d. Große), Ks. (270/88–337) 39, 63 Konstanze v. Ungarn, Ef. v. Ottokar I. Přemysl (1177/1181–1240) 445 Konstanze, Ef. v. Lev Romanovič v. Halič (13. Jh.) 410 Konstanze, Äbt. in Trebnitz (Ende 13.–1. H. 14. Jh.) 467 Kozłowska-Budkowa, Zofia 385 Krautheimer, Richard 292 Kromer, Marcin, Chr. (1512–1589) 229 Krystyn, Gr., S. d. Piotr Wszeborowic (13. Jh.) 199 Krzywosąd Toporczyk, Gr., Stifter in Sieciechów (12., Anf. 13. Jh.) 238, 329 Krzyżan, Gr. (12. Jh.) 281 Kucharski, Gerard 253 Kürbis, Brygida 217, 371 Kunde, Holger 440 Kunegunda/Kunigunde (Kinga), Ef. v. Bolesław d. Schamhaften, Hl. (1234–1292) 32, 335, 405, 408, 410, 415, 420 Kunigunde (Kunhuta), T. v. Přemysl Ottokar II., Äbt. in Prag (1265–1321) 126 Kuno, Gf. v. Wülflingen (gest. 1092) 132 Kutzner, Marian 306, 442 Labuda, Gerard 43, 45, 69, 76, 81, 123, 210, 216, 338, 344 Laski, Jan, Ebf. v. Gnesen (1456-1531) 203 Lasota, Gr. (12. Jh.) 333 Laurentius, Bf. v. Breslau (gest. 1232) 250, 312, 460 Laurentius (Bischof von Lebus (13. Jh.) 312 Le Goff, Jacques 505 Leonard Świętosławic, Gr. (13. Jh.) 280, 282f., 287, 332f., 342 Leopard, Mönch in Zwiefaltener (1. H. 12. Jh.) 146, 163, 169 Leopold III., Mgf. v. Österreich (1073–1136) 423–425, 431, 450f. Leopold IV., Hzg. v. Bayern, Mgf. v. Österreich (um 1108–1141) 451 Leopold V., Hzg. v. Österreich (1157–1194) 424 Leopold VI. d. Glorreiche, Hzg. v. Österreich (1176–1230) 88–90, 423

544 Leszek (I.) S. v. Bolesław III. (1115/16–1131) 145 Leszek, S. v. Bolesław IV. Kraushaar (um 1160–1186) 199 Leszek (I.) d. Weiße (Biały), Hzg. v. Krakau (1186/87–1227) 20, 233, 285, 335, 337, 399, 408, 469 Leszek d. Schwarze (Czarny), Hzg. v. Krakau (1240/42–1288) 95f., 326 Leszek, Hzg. v. Ratibor (um 1291–1336) 460, 462 Lev Danilovič, Fst. v. Halič (1228–1301) 410, 414 Leyser, Karl 112, 113, 128 Liudolf, Hzg. v. Sachsen (9. Jh.) 114f. Liudolf, Hzg. v. Schwaben (930/931–1057) 119 Liutgard v. Zähringen (gest. 1119) 149f. Liutold, Gf. v. Achalm (gest. 1098) 132 Lorenz v. Portugal, Franziskaner (13. Jh.) 403 Lorenz, Bf. v. Breslau (1207–1232) 487–490 Lucisław, Stifter (12. Jh.) 261 Ludmilla, Ef. Mieszkos I. v. Oppeln (gest. 1211) 459, 461f., 466, 468 Ludmilla, T. v. Mieszko I. v. Oppeln (13. Jh.) 30 Ludmilla v. Böhmen, Stifterin des Klosters Seligenthal (um 1170–1240) 126, 446 Ludwig I. v. Wittelsbach, Hzg. v. Bayern (1173–1231) 446 Ludwig I., Hzg. v. Liegnitz (1313/21–1398) 485 Ludwig IX. d. Heilige, Kg. v. Frankreich (1214–1270) 426, 433 Ludwig IV. d. Bayer (1281/82–1347) 462 Ludwig, Abt. in Leubus u. Kamenz (13. Jh.) 495, 497 Łowmiański, Henryk 235, 264 Łuszczkiewicz, Władysław 245 Maciej, Gr. (12. Jh.) 287 Maleczyński, Karol 203, 218, 236, 375 Małachowicz, Edmund 306, 308 Małecki, Antoni 323 Mangold, Gr. (12. Jh.) 240 Manikowska, Halina 26, 445, 449 Marcin, Ebf. v. Gnesen (Ende 11., 1. H. 12. Jh.) 176f. Marcin, Gr., Stifter in Lubiń (12. Jh.) 235f. Margarethe, Äbt. in Breslau (gest. 1531) 463 Margarethe v. Ungarn, T. Bélas IV., Hl. (um 1242–1270) 420

Personenregister Maria, Ef. v. Piotr Włostowic (12. Jh.) 199f., 243f., 248, 254, 271f., 287, 302 Markward v. Pogarell (13. Jh.) 486 Markward, Pf. in Gnesen (14. Jh.) 154 Markward, Adl. (gest. Mitte des 14. Jh.) 508 Martin, Ebf. v. Gnesen (gest. um 1112) 221 Martin Toporczyk, Gr., Stifter in Sieciechów (12. Jh.) 277, 329 Mateszew, Stefan 341 Matthäus (Mateusz), Eremit (Anf. 11. Jh.) 123f. Matthäus (Mateusz), Bf. v. Krakau (12. Jh.) 280, 329, 337, 371, 399 Mathilde, T. v. Otto I., Äbt. in Quedlinburg (955–999) 117, 119 Mathilde, T. v. Liudolf v. Schwaben, Äbt. in Werden (949–1011) 117 Mathilde v. Lothringen, Ef. v. Pfgf. Ezzo v. Lothringen (979–1025) 67, 119 Maurus, Bf. v. Krakau (gest. 1118) 208, 238– 241 Mechthild v. Andechs, Äbt. in Trebnitz (gest. 1254) 469 Meinwerk, Bf. v. Paderborn (um 975–1036) 49, 56 Meginhard (Meningard), Bf. v. Prag (gest. 1134) 143, 153f. Melisende, Ef. v. Kg. Balduin III. (1105– 1161) 321 Mengoz, Abt in Mogilno (12. Jh.) 155 Michael d. Ältere, Gr. (11. Jh.) 232 Michał Awdaniec, Gr. (1. H. 12. Jh.) 188, 228, 230, 232, 234 Michał, Stifter (12. Jh.) 211 Michałowski, Roman 7, 11, 13, 24, 115, 171f., 201, 293, 295f., 301, 433, 509 Miezsko I., Hzg. v. Polen (gest. 992) 69, 125, 201 Mieszko II. Lambert, Kg. v. Polen (990– 1034) 59, 65–69,72, 147 Mieszko III. d. Alte (Stary), Hzg. v. Großpolen (1123/25–1202) 26, 30, 140, 187, 195, 219, 224, 233, 242, 279, 347–373, 376, 378, 383–393, 438,469 Mieszko, Sohn v. Bolesław II. d. Kühnen (1069–1089) 438 Mieszko, S. v. Mieszko III. d. Alten (1160/65–1193) 469

Personenregister Mieszko I. Humpelbein (Plątonogi), Hzg. v. Oppeln (1138/46–1211) 468 Mieszko I., Hzg. v. Ratibor (1251-1315) 92, 468 Mikołaj, Wojewode v. Krakau (12. Jh.) 285f., 330, 333, 340 Mikołaj, Abt in Miechów (1. H. 13. Jh.) 331 Mikołaj v. Fröbeln (13. Jh.) 486 Mikora, Gr., Stifter in Breslau u. Miechów (12. Jh.) 191, 243, 254, 281, 304, 333, 340f. Milis, Ludovicus 489 Mindaugas (I.) Gfst. u. Kg. v. Litauen (gest. 1263) 411, 414 Mirsans v. Pogarell, Adl. (gest. 1361/67) 486, 498 Mlada-Maria, T. v. Boleslav I. v. Böhmen, Äbt. in Prag (10. Jh.) 120–123, 126f. Monach, Patriarch v. Jerusalem (gest. 1202 ) 318f., 321, 338 Mroczek (Mroczko) v. Pogarell, Gr. (13. Jh.) 486f., 492, 496, 508 Mstislaw, Fst. v. Novgorod (gest. 1228) 399f. Müller, Karl Otto 135 Müller-Wiegand, Daniela 117 Mztis / Mścisz, Atr. (11. Jh.) 177, 186 Nanker, Bf. v. Breslau (1265/70–1341) 459 Nanker, Bf. v. Lebus (gest. nach 1250) 495 Nikolaus II., Hz. v. Troppau (um 1288–1365) 462, 464 Nikolaus I., Hzg. v Oppeln (um 1420–1476) 463 Nikolaus Nason, Mönch in Tyniec (Ende 14. – Anf. 15. Jh.) 71f. Nikolaus v. Nimptsch (gest. nach 1333?) 459 Nikolaus, Notar v. Heinrich d. Bärtigen (1. H. 13. Jh.) 30, 468f. Nikolaus, Ri. in Heinrichau (13. Jh.) 518 Nikolaus Drozdek, Abt (15. Jh.) 217, 258 No(t)ker (Nogger(us)), Abt in Zwiefalten (gest. 1095) 132 Odolan, Stifter (12. Jh.) 211, 261 Oexle, Otto-Gerhard 9 Ogierz, Abt auf dem Zobtenberg (12. Jh.) 273 Okolski, Szymon, Abt (1580–1653) 229 Oldřich, Hzg. v. Böhmen (gest. 1034) 430 Orłowski, Tomasz 246f.

545 Ortlieb, Mönch u. Chr. in Zwiefalten (gest. 1163) 134–138, 156, 158f., 243, 245, 247 Oswius, Hzg. v. Northumbriens (Mitte 7. Jh.) 114 Otto I., Kg. u. Ks. (912–973) 40, 119, 122, 303 Otto II., Kg. u. Ks. (955–983) 40, 66, 117– 119 Otto III., Kg. u. Ks. (980–1002) 14, 40–42, 48–50, 52, 58, 61–63, 65, 117f., 311, 316 Otto, Hzg. v. Schwaben (gest. 982) 119 Otto, S. v. Bolesław I. (um 1000) 64 Otto, Bf. v. Bamberg (um 1065-1139) 154, 214, 281, 444 Otto, Bf. v. Freising, Chr. (gest. 1158) 424 Otto I. d. Reiche, Mgf. v. Meißen (1125– 1190) 427–430 Otto v. Ballenstedt (d. Reiche), Hzg. v. Sachsen (1070–1123) 435 Otto I., Mgf. v. Brandenburg (um 1128–1184) 435f. Otto III., Gf. v. Andechs/ Wolfratshausen (gest. 1127) 444 Otto III., Mgf. v. Brandenburg (1215–1267) 436 Otto IV., Mgf. v. Brandenburg (um 1238– 1308/09) 436f. Ottos V. d. Lange v. Brandenburg (um 1246– 1298) 437 Ottos VI. d. Kleine v. Brandenburg (um 1255–1303) 437 Otto VII. v. Andechs / Otto I. v. Meranien (gest. 1234) 444 Otto VIII. v. Andechs (Otto II. v. Meranien (gest. 1248) 444 Otto, Kaplan in Miechów (12. Jh.) 323 Otto v. Liebenthal, Adl. (1. H. 14. Jh.) 524f. Otto v. Steußlingen, Adl. (Ende 11.– 1. H. 12. Jh.) 137, 139, 141, 150, 154, 158, 163, 167 Otto, Abt v. Zbraslav (13. Jh.) 433 Otto v. Wierzbica, Enkel d. Piotr Włostowic (12.–13. Jh.) 332 Otto Wszeborowic, Gr. (12. Jh.) 284, 287 Otto, S. d. Żyro (12. Jh.) 333 Ottokar v. Steyer, Chr. (um 1265–1318/22) 87, 99 Pac, Grzegorz 24

546 Pacuski, Kazimierz 215f. Pakosław Skarbimirowic, Gr. Stifter in Breslau (12. Jh.) 274, 276 Pakosław, Stifter (12. Jh.) 211 Pakosław, Ri., Stifter in Lubiń u. Miechów (13. Jh.) 233, 241, 334–336 Paprocki, Bartosz, Adl. (1543-1614) 229 Parisse, Michel 112, 128 Pätzold, Stefan 428 Pauk, Marcin R. 27, 178 Paweł, Stifter (12. Jh.) 261 Pełka (Fulko), Bf. v. Krakau (gest. 1207) 19, 286 Penda, Kg. v. Mercien (Mitte 7. Jh.) 114 Perlbach, Max 372f. Peter, Abt in Heinrichau, Chr. (13. Jh.) 314, 417, 518, 520 Peter, Mönch in Heinrichau (13. Jh.) 521 Peter v. Liebenthal, Gr. (13., anf. 14. Jh.) 524f. Peter v. Stosch, Ri. (13. Jh.) 518 Peter, Julius 490 Petr, Ebf. von Ruthenien (13. Jh.) 402 Petrussa, Äbt. in Trebnitz (13. Jh.) 477 Phillips, Joseph 379 Pianowski, Zbigniew 46f. Piekosiński, Franciszek 236 Piełgrzym, Gr. (1. H. 13. Jh.) 468f. Piotr Włostowic, Gr. (um 1080–1153) 16, 25f., 29f., 138, 172, 184f., 189–191, 194, 199f., 242–254, 259, 262f., 266–277, 279– 282, 287f., 295, 299–305, 315–317, 322, 330, 332, 337f., 340–344, 371, 449 Piotr, En. d. Piotr Włostowic (12./13. Jh.) 280 Piotr d. Alte Wszeborowicz, Gr. (12.–13. Jh.) 30, 185, 190f., 199, 251, 253, 280, 282, 288 Piotr Łabędź, Ebf. v. Gnesen (gest. 1198) 280, 283, 287, 361 Pleszczyński, Andrzej 26 Płocha, Józef 155, 167, 214 Pobóg-Lenartowicz, Anna 494f. Pomian, Stifter (12. Jh.) 261 Potkański, Karol 241 Poppo, Gf. v. Berg (11. Jh.) 148f.,162f. Prandota d. Alte, Gr. (12. Jh.) 171f., 185, 188, 255f. Prandota d. J., Gr. (12. Jh.) 256 Precław v. Pogarell (gest. 1228) 484, 486, 492 Precław v. Pogarell, Gr. (gest. 1273) 486, 499

Personenregister Precław v. Rosomanka (gest. 1292) 486 Precław v. Pogarell, Bf. v. Breslau (gest. 1376) 484–486, 497f., 502, 507, 509 Predwój, Stifter (12. Jh.) 211 Pribislaw (Heinrich), Hzg. d. Stodoranen (gest. 1150) 317, 339, 343, 345 Przemko, Hzg. v. Steinau (1265/71–1289) 441 Přemysl I. Ottokar, Kg. v. Böhmen (um 1155– 1230) 403, 409, 432, 465 Přemysl Ottokar II., Kg. v. Böhmen (um1232–1278) 87–91, 96, 102–104, 425, 432f. Přemysl, Mgf. v. Mähren (1209–1239) 445 Přibík v. Radenín/Pulkava, Chr. (gest. um 1380) 437 Przemysław I., Hzg. v. Großpolen (1220/21– 1257) 30f., 469 Przemysław II., Hzg. v. Großpolen, Kg. v. Polen (1257-1296), 32, 98 Przemysław, Hzg. v. Ratibor (u 1258–1306) 31, 92, 460, 462f., 468 Przemysław, Hzg. v.n Tost (1425–1484) 463 Radost, Bf. v. Krakau (gest. 1142) 79, 81, 210, 212, 239 Radwan, Bf. v. Posen (gest. 1172) 365, 391 Radwańska, Teresa 46 Radwański, Kazimierz 47f. Rainald, päpstl. Legat (12. Jh.) 233 Rajman, Jerzy 26, 190, 446 Rajmund, Franziskaner (13. Jh.) 405 Rapoto v. Berg (gest. 1139/1146) 141, 163 Reginold, Ri. (11. Jh.) 291 Regino v. Prüm, Chr. (um 840–915) 515 Reyntsch v. Liebenthal, Gr. (13. Jh.) 525 Richard, Abt in Fulda (gest. 1039)52, 53 Richeza (Rycheza), Ef. Mieszkos II. (um 995– 1063) 65, 147, 420 Richeza v. Berg, Ef. Vladislavs I. v. Böhmen (gest. 1125) 141, 148, 153f., 162, 169 Rikdag, Mgf. v. Meißen (gest. 985/986) 427 Robert, Bf. v. Breslau (12. Jh.) 207, 247, 273, 281 Rostislav Michajlovič, Fst. v. Kiew (gest. 1262) 403 Rubus v. Liebenthal, Adl. (14. Jh.) 525 Rudger, Propst in Michelau (13. Jh.) 497 Rudolf I., Gf. v. Habsburg (1218–1291) 102–104 Rupert, S. v. Wenzel I. v. Liegnitz (1347– 1409) 460

Personenregister Rutkowski, Henryk 372 Rybandt, Stanisław 446 Salomea, Schw. Bolesławs d. Schamhaften, Klarisse in Zawichost (13. Jh.) 395f., 398– 400, 405, 408f., 412f., 420 Salomea v. Berg, Ef. v. Bolesław III. Schiefmunds (um 1099–1144) 25, 131, 135, 137, 139–141, 143–149, 152–170, 209, 211, 213, 221, 224, 228, 364, 420, 442 Salomea, Ef. v. Konrad I. v. Glogau (gest. nach 1265 )31 Salomo III., Bf. v. Konstanz (um 860–919) 56 Sambor v. Pogarell, Kan. in Breslau (14. Jh.) 498, 506 Sasin Januszowic, Gr. (12. Jh.) 283 Sauer, Christine 444 Sauerland, Heinrich 150 Schmid, Karl 418 Schullenberg, Jane T. 111f., 127 Schwein, Ri. (13. Jh.) 514 Semkowicz, Władysław 229, 241, 256, 384 Sextibrana (Saztobrana), Gr. (1. H. 12. Jh.) 143, 146, 153 Sędziwój, Kan. (1. H. 13. Jh.) 30 Sędziwój, Chr. (um 1410–1476) 203, 205 Sibin, Stifter (12. Jh.) 261 Sieciech, Pfgf. (Ende 11. – Anf. 12. Jh.) 16, 172, 174, 179–183, 185–187, 218, 234–238, 277f., 329 Sieciech, Atr. (12. Jh.) 218, 234–236 Sieciech Konradowic, Ri. (Ende 12.–H. 13. Jh.) 191 Siegfried v. Liebenthal, Adl. (14. Jh.) 526 Siemian, Gr., Stifter in Pacanów (Ende 11., 12. Jh.) 188, 241f. Siemoysł, Hzg. v. Masowien (1215-1262) 31 Siemomysł, Hzg. v. Kujawien (1245/50– 1287) 467 Sigismund v. Pogarell (gest. 1418) 508 Silnicki, Tadeusz 273 Silvester II., Papst (950–1003) 62 Simon, Bf. v. Płock (gest. 1129) 208 Simon, Abt in Ląd (Ende 12. Jh.) 367 Simon v. Michelau/Pogarell, Gr. (13. Jh.) 486, 493, 497, 508 Skarbimir, Pfgf. (gest. vor 1132) 211, 229– 233, 276 Skubiszewski, Piotr 361

547 Skwierczyński, Krzysztof 25, 294–296 Sławomir, Stifter (12. Jh.) 262 Sobiesiak, Joanna A. 121, 122 Sophia, T. v. Otto II., Äbt. in Gandersheim u. Werden (um 975–1039) 117–119 Sophia, Äbt. in Prag (13.–Anf. 14. Jh.) 126 Sophie v. Berg, Ef. Poppos v. Berg (11. Jh.) 148, 163 Sophie v. Berg, Ef. Ottos v. Mähren (gest. 1126) 141, 153f., 162, 169, 420 Sophie v. Dießen-Andechs (gest. 1128) 148 Spilling, Herrad 135, 136, 138, 144, 156f., 160 Spitignev II., Hzg. v. Böhmen (1031–1061) 430 Stanisław, Bf. v. Krakau, Hl. (um 1030–1079) 76, 78, 174 Stefan, Gr. (12. Jh.) 286f., 333 Stefan, Ri. (13. Jh.) 518, 521 Stefan Szymonowic v. Würben, Gr. (Ende 13., Anf. 14. Jh.) 278 Stefan I., Bf. v. Lebus (gest. um 1156) 280 Stefan, Bf. v. Kujawien (gest. um 1200) 284 Stefan v. Michelau/Pogarell, Gr. (13. Jh.) 486, 493, 497 Stein, Bartholomäus, Chr. (16. Jh.) 337 Stephan I. d. Heilige, Kg. v. Ungarn (969– 1038) 61, 63, 67f., 123, 209 Streich, Gerhard 418 Strzelczyk, Jerzy 344 Suchodolski, Stanisław 174 Sulisław/Sułek, Gr., Stifter in Lubiń (1186/87–1224) 234–236, 262, 277f. Swidger, Bf. v. Kujawien (gest. um 1147) 154, 250 Szczedryk, Stifter (12. Jh.) 211 Szymon, Abt in Krzyżanowice (13. Jh.) 335 Śliwiński, Błażej 278 Sławomir, Stifter (12. Jh.) 261 Sulisław, Stifter (12. Jh.) 261 Świechowski, Zygmunt 77, 155, 301 Świętosław, S. v. Piotr Włostowic (12. Jh.) 199, 243, 248, 271–273, 279, 283, 287, 302, 332f., 342f. Švarno Romanowič, Fst. v. Halič (2. H. 13. Jh.) 408, 411 Tarnowski, Jan Amor 527 Tedlew, Stifter (12. Jh.) 261f. Teodor, Gr. (12. Jh.) 281

548 Theobald/Děpold, Hzg. v. Böhmen (gest. 1167) 477 Theoderich, Bf. v. Metz (gest. 984) 303 Theophanu, Ef. Ottos II. (955/960–991) 41, 118 Theophanu, T. d. Pfgf. Ezzo, Äbt. in Werden (997–1058) 119 Thietmar, Bf. v. Merseburg, Chr (975–1018) 117, 124f. Thomas I., Bf. v. Breslau (gest. 1268) 30f., 489, 494, 508 Thomas II., Bf. v. Breslau (um 1230–1292) 91-95, 100, 494, 496, 501, 517 Tomek v. Pogarell (14. Jh.) 486 Totila (Baduila), Kg. d. Ostgoten (gest. 552) 57 Traska, Annlist (14. Jh.) 407 Trawkowski, Stanisław 216, 285, 306, 323f., 449, 488 Tschirnau, Ri. (13. Jh.) 514 Tuni, Abt in Polen (Anf. 11. Jh.) 125 Tyc, Teodor 203 Ulrich (Oldaricus), Abt in Zwiefalten (gest. 1130/vor 1150?) 132f., 143, 150, 155, 161, 163 Ulrich v. Liebenthal, Adl. (13.–14. Jh.) 479, 526f. Unger, Bf. v. Posen (gest. 1012) 124 Urban II. , Papst (um 1035–1099) 133 Urban III, Papst (um 1120–1187) 19, 353 Urban IV., Papst (vor 1200–1264) 495 Vasylko Romanowič, Fst. v. Halič (13. Jh.) 403, 411, 413f. Venarde, Bruce L. 127 Veronika, T. d. Jaxa v. Miechów/Köpenick (12. Jh.) 194 Villani, Giovanni 57 Vincentius (Wincenty Kadłubek), Bf. v. Krakau, Chr. (1150/60–1223) 187, 189, 200, 206, 208, 238, 301, 353, 358, 361, 386, 393 Vinzenz Mroczkowic v. Pogarell (2. H. 13. Jh.) 486, 508 Vinzenz v. Kielce, Dominikaner, Chr. (um 1200– nach 1262) 203 Vinzenz v. Pogarell, Abt in Breslau (gest. um 1251) 27, 30, 484, 486–490, 492, 497 Viola, Ef. v. Kasimir I. v. Oppeln (gest. 1251) 477 Vladislav I., Hzg. v. Böhmen (um 1070– 1125) 141, 153f.

Personenregister Vladislav II., Hzg. u. Kg. v. Böhmen (um 1110–1174) 126, 130, 292, 431 Vladislav Heinrich, Mgf. v. Mähren (um 1160–1222) 431f. Vlostissa, Ef. d. Włost, M. v. Piotr Włostowic (11.–12. Jh.) 192, 276 Vratislav II., Hzg. u. Kg. v. Böhmen (um 1035–1092) 126, 430 Vsevolod II., Gfst. v. Kiev (1104–1146) 135 Wallach, Luitpold Walter, Bf. v. Breslau (gest. 1169) 248, 270, 295, 299 Weber, Max 173 Wenzel (Václav), Hzg. v. Böhmen, Hl. (um 908–929/35) 160, 292, 432 Wenzel (Václav) I. d. Einäugige, Kg. v. Böhmen (um 1205–1253) 445f. Wenzel (Václav) II., Kg. v. Böhmen u Polen (1271–1305) 432–434, 451 Wenzel (Václav) III., Kg. v. Böhmen u Polen (1289–1306) 432–434 Wenzel (Wacław) I., Hzg. v. Liegnitz (1310/18–1364) 29, 460 Wenzel (Wacław) II., Hzg. v. Liegnitz (1348– 1419) 460 Werner, Bf. v. Płock (gest. 1170) 216, 224 Werner, Prä. in Klosterneuburg (1168–1185) 423 Wenta, Jarosław 465 Wenzeslaus, Ri. (13. Jh.) 518 Wetesko, Leszek 12, 26 Wieńczysława, N. in Trebnitz (13. Jh.) 470 Wieczorek, Szymon 25 Wierzchosława (Ludmila), T. v. Mieszko III. d. Alten (vor 1152–1223) 392 Wilhelm/Willihelmo, Abt in Hirsau (um 1030–1091) 132f. Wilrich v. Liebenthal, Gr., Pf. (1. H. 14. Jh.) 524–526 Windelmuth, Äbt. in Prag (12. Jh.) 126 Wiszewski, Przemysław 27 Wiśniowski, Eugeniusz 227 Winter, Franz 381f. Wit, Stifter (12. Jh.) 30 Wit, Gr., Stifter in Miechów (13. Jh.) 330f. Wizemann, Abt in Kladruby (1. H. 12. Jh.) 143 Władysław I. Herman, Hzg. v. Polen (1043– 1102) 50, 125, 131, 149, 179, 180, 182, 194, 203–207, 210f., 216, 221–223, 225f., 234f., 238

Personenregister Władysław II. d. Vertriebene (Wygnaniec), Hzg. v. Polen (1105–1159) 79, 81, 140, 200, 210, 272, 274, 314, 323f., 339, 352, 369, 373, 421, 423f., 431, 439, 442, 448 Władysław III. Dünnbein (Laskonogi), Hzg. v. Großpolen (1161/66–1231) 19, 438, 469 Władysław Ellenlang (Łokietek), Kg. v. Polen (1260–1333) 32, 462 Władysław Odonic, Hzg. v. Großpolen (1190–1239) 19, 20, 441, 460 Władysław v. Schlesien, Ebf. v. Salzburg (1237–1270) 87, 96, 457, 460 Władysław I., Hzg. v. Oppeln-Ratibor (um 1225– 1281) 29, 30, 32, 97, 99, 100, 446, 468, 478 Władysław v. Koziels, Adl. (Ende 13.– 1. H. 14. Jh.) 458 Włodarski, Bronisław 375 Włodzimierz Świętoslawic, Gr., Enkel d. Piotr Włostowic (gest. 1193/1201) 273, 279, 280, 282f., 287, 332 Włost, Gr., V. d. Piotr Włostowic (11.–12. Jh.) 190, 192, 249, 302 Włost, Gr., Br.d. Piotr Włostowic (12. Jh.) 243, 254, 261f. Wojena, Gr., Stifter in Kamenz (13. Jh.) 491 Wojsław, Atr. v. Bolesław III. Schiefmund (Anf. 12. Jh.) 188, 192, 211, 217f., 223f., 256–259, 261f. Wojsław, Gr., Br.v. Bf. Gedko (gest. 1178) 333 Wojsław Trojanowic, Gr. (12. Jh.) 259

549 Wolodar, Fst. v. Przemyśl (gest. 1124) 247, 254, 287, 300f. Woroniecki, Jacek 500 Wójcik, Marek 333, 338, 340, 446 Wrocisław, Gr., Stifter in Brzesko (12. Jh.) 281 Wroniszewski, Jan 492 Wseborius, Gr. (12. Jh.) 192, 197 Wszebór, S.v. Piotr Włostowic ? (12.–Anf. 13. Jh.) 243, 332 Wyrwa, Andrzej M. 372, 383f. Yorke, Barbara 110f., 113, 116 Zbigniew, Hzg. in Polen (1070/73–nach 1114) 175, 216, 221, 226 Zbrosław Jaksic, Kan. (13. Jh.) 278 Zbylut Pałuk, Gr, Stifter in Łekno (12. Jh.) 17, 185, 188, 197, 259–261, 369, 371 Zbysława/Adelheid, T. Bolesławs I. d. Langen (12. Jh.) 466 Zdzisław/Zdziesz, Gr. (2. H. 12. Jh.) 279, 331 Ziemowit, Hzg. v. Masowien (um 1215– 1262) 411f. Zientara, Benedykt 168, 299, 307, 309, 421, 442, 452 Zwinisława v. Kiew, 1. Ef. Bolesławs I. des Langen (12. Jh.) 439 Żurek, Adam 304 Żurek, Magdalena 438 Żyro, Gr. (12. Jh.) 333 Żyrosław II., Bf. v. Breslau (gest. 1198) 280, 491 Żurowska, Klementyna 77

Verzeichnis der Abbildungen (mit Quellennachweis) Coverbild Prämonstratenserkloster Strzelno, Stiftungstympanon der Kirche zur Hl. Dreifaltigkeit, drittes Drittel 12. Jahrhundert (Fotographie Eduard Mühle) Seite 33 Klöster und Niederlassungen von Kanonikern im piastischen Polen des 11.-12. Jahrhunderts (Entwurf Eduard Mühle, Zeichnung Dieter Overhageböck) Seite 34 Zisterzienserklöster im piastischen Polen ca. 1140 bis 1300 (Entwurf Eduard Mühle, Zeichnung Dieter Overhageböck) Seite 35 Klöster und Bettelorden im piastischen Polen des 13. Jahrhunderts (Entwurf Eduard Mühle, Zeichnung Dieter Overhageböck) Seite 44 Karte 1: Aachen im 11. Jahrhundert; Karte 2: Krakau in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts (Entwurf Roman Michałowski, Zeichnung Dieter Overhageböck) Seite 55 Karte 3: Bamberg im 11. Jahrhundert; Karte 4: Konstanz in ottonischer Zeit (Entwurf Roman Michałowski, Zeichnung Dieter Overhageböck) Seite 84 Benediktinerkloster Tyniec: Abtsstab aus dem Abtsgrab Nr. 15 und Kelch und Patene aus dem Abtsgrab Nr. 8, 11. Jahrhundert (Vorlagen aus: Michal Walicki (Hrsg.), Sztuka polska przedromańska i romańska do schyłku XIII wieku, Tom 1 [Die vorromanische und romanische polnische Kunst bis zum Ausgang des 13. Jahrhunderts, Bd. 1]. Warszawa 1971, Abb. Nr. 999, 1004, 1014) Seite 99 Grabplatte Heinrichs IV. des Gerechten ehemals aus der Heiligkreuzkirche Breslau, heute im Nationalmuseum Breslau Anfang 14. Jahrhundert (Fotographie Eduard Mühle) Seite 198 Stiftungstympanon der St. Prokopkirche des Prämonstratenserklosters in Strzelno, 12. Jahrhundert (Vorlage aus: Michal Walicki (Hrsg.), Sztuka polska przedromańska i romańska do schyłku XIII wieku, Tom 1 [Die vorromanische und romanische polnische Kunst bis zum Ausgang des 13. Jahrhunderts, Bd. 1]. Warszawa 1971, Abb. Nr. 501) Seite 205 St. Ägidiuskirche in Inowłódź, Ende 11., Anfang 12. Jahrhundert (Vorlage aus: Michal Walicki (Hrsg.), Sztuka polska przedromańska i romańska do schyłku XIII wieku, Tom 1 [Die vorromanische und romanische polnische Kunst bis zum Ausgang des 13. Jahrhunderts, Bd. 1]. Warszawa 1971, Abb. Nr. 207)

Verzeichnis der Abbildungen

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Seite 207 Leonhard-Krypta der Kathedrale auf dem Krakauer Wawel, drittes Viertel 11. Jahrhundert (Vorlage aus: Michal Walicki (Hrsg.), Sztuka polska przedromańska i romańska do schyłku XIII wieku, Tom 1 [Die vorromanische und romanische polnische Kunst bis zum Ausgang des 13. Jahrhunderts, Bd. 1]. Warszawa 1971, Abb. Nr. 179) Seite 215 Benediktinerabtei Mogilno, Kirche des Evangelisten Johannes, Ende 11. Jahrhundert (Vorlagen aus: Michal Walicki (Hrsg.), Sztuka polska przedromańska i romańska do schyłku XIII wieku, Tom 1 [Die vorromanische und romanische polnische Kunst bis zum Ausgang des 13. Jahrhunderts, Bd. 1]. Warszawa 1971, Abb. Nr. 175, 176) Seite 225 St. Nikolai-Rotunde in Teschen, Anfang 12. Jahrhundert (Vorlage aus: Michal Walicki (Hrsg.), Sztuka polska przedromańska i romańska do schyłku XIII wieku, Tom 1 [Die vorromanische und romanische polnische Kunst bis zum Ausgang des 13. Jahrhunderts, Bd. 1]. Warszawa 1971, Abb. Nr. 203) Seite 237 St. Andreaskirche, Krakau-Okół, Ende 11. - erstes Drittel 12. Jahrhundert (Vorlage aus: Michal Walicki (Hrsg.), Sztuka polska przedromańska i romańska do schyłku XIII wieku, Tom 1 [Die vorromanische und romanische polnische Kunst bis zum Ausgang des 13. Jahrhunderts, Bd. 1]. Warszawa 1971, Abb. Nr. 181) Seite 252 St. Prokopkirche in Strzelno, zweite Hälfte 12. Jahrhundert (Vorlage aus: Michal Walicki (Hrsg.), Sztuka polska przedromańska i romańska do schyłku XIII wieku, Tom 1 [Die vorromanische und romanische polnische Kunst bis zum Ausgang des 13. Jahrhunderts, Bd. 1]. Warszawa 1971, Abb. Nr. 223) Seite 265 Westempore der St. Nikolaikirche in Żarnów, 12. Jahrhundert (Vorlage aus: Michal Walicki (Hrsg.), Sztuka polska przedromańska i romańska do schyłku XIII wieku, Tom 1 [Die vorromanische und romanische polnische Kunst bis zum Ausgang des 13. Jahrhunderts, Bd. 1]. Warszawa 1971, Abb. Nr. 212) Seite 275 Portal der Klosterkirche St. Vinzenz auf dem Breslauer Elbing, letztes Viertel 12. Jahrhundert, seit 1546 in der Maria Magdalenenkirche Breslau (Vorlage aus: Michal Walicki (Hrsg.), Sztuka polska przedromańska i romańska do schyłku XIII wieku, Tom 1 [Die vorromanische und romanische polnische Kunst bis zum Ausgang des 13. Jahrhunderts, Bd. 1]. Warszawa 1971, Abb. Nr. 476) Seite 283 Kapitel der Klosterkirche zur Hl. Dreifaltigkeit in Strzelno mit Kryptogramm des Namens Petrus, Ende 12. Jahrhundert (Fotographie Eduard Mühle) Seite 285 Kapitelsaal des Klosters Wąchock, erste Hälfte 13. Jahrhundert (Vorlage aus: Michal Walicki (Hrsg.), Sztuka polska przedromańska i romańska do schyłku XIII wieku, Tom 1 [Die vorromanische und romanische polnische Kunst bis zum Ausgang des 13. Jahrhunderts, Bd. 1]. Warszawa 1971, Abb. Nr. 238)

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Verzeichnis der Abbildungen

Seite 298 Breslau um 1200 (Entwurf Eduard Mühle nach Jerzy Piekalski, Die Lokation Breslaus als archäologisches Problem, in: Eduard Mühle (Hrsg.), Rechtsstadtgründungen im mittelalterlichen Polen. Köln u. a. 2011, 139-155, hier 141; Zeichnung Dieter Overhageböck) Seite 302 Kloster der Regularkanoniker auf der Breslauer Sandinsel, Stiftungstympanon der St. Marienkirche, zweite Hälfte 12. Jahrhundert (Vorlage aus: Michal Walicki (Hrsg.), Sztuka polska przedromańska i romańska do schyłku XIII wieku, Tom 1 [Die vorromanische und romanische polnische Kunst bis zum Ausgang des 13. Jahrhunderts, Bd. 1]. Warszawa 1971, Abb. Nr. 502) Seite 310 Gewölbeschlussstein aus der Schloßkapelle Liegnitz, erste Hälfte 13. Jahrhundert, heute im Museum für architekturgeschichte Breslau (Vorlage aus: Michal Walicki (Hrsg.), Sztuka polska przedromańska i romańska do schyłku XIII wieku, Tom 1 [Die vorromanische und romanische polnische Kunst bis zum Ausgang des 13. Jahrhunderts, Bd. 1]. Warszawa 1971, Abb. Nr. 625) Seite 312 Zisterzienserinnenkloster Trebnitz, St. Marien- und St. Bartholomäus-Kirche, erste Hälfte 13. Jahrhundert (Vorlagen aus: Michal Walicki (Hrsg.), Sztuka polska przedromańska i romańska do schyłku XIII wieku, Tom 1 [Die vorromanische und romanische polnische Kunst bis zum Ausgang des 13. Jahrhunderts, Bd. 1]. Warszawa 1971, Abb. Nr. 258, 259) Seite 316 St. Vinzenzkloster auf dem Breslauer Elbing, Ausschnitt aus einer Kartenzeichnung von Bartholomäus Weiner 1562 (Vorlage aus: Michal Walicki (Hrsg.), Sztuka polska przedromańska i romańska do schyłku XIII wieku, Tom 1 [Die vorromanische und romanische polnische Kunst bis zum Ausgang des 13. Jahrhunderts, Bd. 1]. Warszawa 1971, Abb. Nr. 198) Seite 325 Prämonstratenserkloster Zwierzyniec-Krakau, St. Salvator-Kirche, vor 1148 (Vorlage aus: Michal Walicki (Hrsg.), Sztuka polska przedromańska i romańska do schyłku XIII wieku, Tom 1 [Die vorromanische und romanische polnische Kunst bis zum Ausgang des 13. Jahrhunderts, Bd. 1]. Warszawa 1971, Abb. Nr. 194) Seite 328 Stiftungstympanon des Jaxa (?) vom Breslauer Elbing, drittes Viertel 12. Jahrhundert (Vorlage aus: Michal Walicki (Hrsg.), Sztuka polska przedromańska i romańska do schyłku XIII wieku, Tom 1 [Die vorromanische und romanische polnische Kunst bis zum Ausgang des 13. Jahrhunderts, Bd. 1]. Warszawa 1971, Abb. Nr. 500) Seite 356 Bronzetür der Gnesener Kathedrale, zweite Hälfte 12. Jahrhundert (Fotographie Jerzy Andrzejewski) Seite 362 ‚Königskelch‘ aus der Klosterkirche von Trzemeszno, letztes Viertel 12. Jahrhundert, heute Erzdiözesan-Museum Gnesen (Fotographie Jerzy Andrzejewski) Seite 365 Das so genannte Kruschwitzer Evangeliar, nach 1180, heute Archiv der Erzdiözese Gnesen (Fotographie Jerzy Andrzejewski)

Verzeichnis der Abbildungen

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Seite 368 ‚Kalischer Patene‘ aus der St. Marien- und Nikolaikirche des Klosters Ląd, 1193-1202, heute Erzdiözesan-Museum Gnesen (Vorlage von Piotr Namiota, in: Maciej Przybył, Mieszko III Stary [Mieszko III. der Alte]. Poznań 2002, 160) Seite 387 und 388 Karte 1: Der Siedlungskomplex um das Kloster Ląd im Frühmittelalter; Karte 2: Verkehrswege in Polen um 1200 (Entwurf Tomasz Ginter, Zeichnung Dieter Overhageböck) Seite 404 Klarissenkloster Zawichost, St. Johannes der Täufer-Kirche, Mitte 13. Jahrhundert (Vorlage aus: Michal Walicki (Hrsg.), Sztuka polska przedromańska i romańska do schyłku XIII wieku, Tom 1 [Die vorromanische und romanische polnische Kunst bis zum Ausgang des 13. Jahrhunderts, Bd. 1]. Warszawa 1971, Abb. Nr. 266) Seite 415 Klarissenkloster Alt-Sandez, Wandzeichnung in der St. Klara-Kirche, Ende 13. Jahrhundert (Vorlage aus: Michal Walicki (Hrsg.), Sztuka polska przedromańska i romańska do schyłku XIII wieku, Tom 1 [Die vorromanische und romanische polnische Kunst bis zum Ausgang des 13. Jahrhunderts, Bd. 1]. Warszawa 1971, Abb. Nr. 714) Seite 422 Heinrich II. und seine Frau Anna als Stifter des Klarissenklosters in Breslau, Miniatur aus der Vita Annae ducissae Slesie, um 1300, Universitätsbibliothek Breslau (Vorlage aus Przemysław Wiszewski, Henryk II Pobożny. Biografia polityczna [Heinrich der Fromme. Eine politische Biographie]. Legnica 2011, Abb. 9) Seite 443 Zisterzienserinnenkloster Trebnitz, Ausschnitt das dem Tympanon in der Westfasade der Klosterkirche, erste Hälfte 13. Jahrhundert (Vorlage aus: Michal Walicki (Hrsg.), Sztuka polska przedromańska i romańska do schyłku XIII wieku, Tom 1 [Die vorromanische und romanische polnische Kunst bis zum Ausgang des 13. Jahrhunderts, Bd. 1]. Warszawa 1971, Abb. Nr. 603) Seite 472 Grabplatte der Herzogin Anna (gest. 1265) in der Hedwigskapelle des Breslauer Klarissenkloster, heute Kloster Ursulinen (Fotographie Eduard Mühle) Seite 476 Ausschnitt aus der Hedwigslegende auf einem Tripthychon, um 1440, Nationalmuseum Warschau (Fotographie Eduard Mühle) Seite 486 Stammtafel der Pogarells der 1.-5. Generation (Entwurf Tomasz Jurek, Zeichnung Dieter Overhageböck)

Verzeichnis der Autoren mit Nachweis der polnischen Ausgangstexte, ihrer Bearbeitung und Übersetzer Prof. Dr. hab. Roman Michałowski, Institut für Geschichte, Universität Warschau ‚Princeps fundator. Monarchische Stiftungen und politische Kultur im piastischen Polen (10.– 13. Jahrhundert)‘ ist eine leicht gekürzte Fassung der Einleitung und der Kapitel 2 Teil 2, Kapitel 3 Teil 1, Kapitel 4 Teil 3 sowie des Schlusses aus der Monographie des Autors ‚Princeps fundator. Studium z dziejów kultury politycznej w Polsce X–XIII wieku‘ [Princeps fundator. Studien zur Geschichte der politischen Kultur im Polen des 10.–13. Jahrhunderts]. Warszawa 1993, 7–8, 71–97, 148–164; Übersetzung des Ausgangstextes von Herbert Ulrich. Dr. Grzegorz Pac, Institut für Geschichte, Universität Warschau ‚Die Anfänge des Frauenmonastizismus in Polen und Böhmen. Übernahme oder Nachahmung sächsich-bayerischer Vorbilder?‘ ist eine bislang unveröffentlichte Arbeit, die auf der Grundlage eines Kapitels aus der Warschauer Dissertation des Autors ‚Rola społeczna żon i córek w dynastii piastowskiej do połowy XII wieku‘ [Die gesellschaftliche Rolle der Frauen und Töchter in der Piastendynastie bis zur Mitte des 12. Jahrhunderts] für diesen Band erstellt wurde; Übersetzung des Ausgangstextes von Herbert Ulrich. Dr. Szymon Wieczorek, Fachbereich soziologie und Geschichte, Universität Rzeszów ‚Die Schenkungen Bolesławs III. und Salomeas von Berg an die Benediktinerabtei Zwiefalten in den 1130–40er Jahren‘ ist die bearbeitete und leicht aktualisierte deutsche Fassung des Aufsatzes ‚Zwiefalten i Polska w pierwszej połowie XII w.‘ [Zwiefalten und Polen in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts], aus: Kwartalnik Historyczny 103, 1996, 4, 23–54; Übersetzung von Herbert Ulrich. Dr. Krzysztof Skwierczyński, Institut für Geschichte, Universität Warschau ‚Imitatio regni. Adlige Sakralstiftungen im Polen des 11. und 12. Jahrhunderts‘ ist die gekürzte und stark überarbeitete Fassung des Aufsatzes ‚Fundacje możnowładcze w Polsce XI i XII wieku. Możni i ich fundacje jako problem badawczy‘ [Stiftungen von Großen im Polen des 11. und 12. Jahrhunderts. Die Großen und ihre Stiftungen als Forschungsproblem], in: Halina Manikowska / Wojciech Brojer (Hrsg.), Animarum kultura. Studia nad kulturą religijną na ziemiach polskich w średniowieczu. Tom 1: Struktury kościelno-publiczne. Warszawa 2008, 63–93; Übersetzung des Ausgangstextes von Herbert Ulrich. Prof. Dr. hab. Józef Dobosz, Institut für Geschichte, Universität Posen ‚Herzogliche und adlige Stiftungstätigkeit im piastischen Polen des 12. Jahrhunderts‘ ist eine gekürzte, überarbeitete und geringfügig aktualisierte Fassung von Teilen der Einleitung, des Kapitels II.A.4.c. und des Kapitels II.B aus der Monographie des Autors ‚Monarcha i możni wobec kościoła w Polsce do początki XIII wieku‘ [Der Monarch und die Großen und die Kirche in Polen bis zu Beginn des 13. Jahrunderts]. Poznań 2002, 178–202 und 250–291; Übersetzung des Ausgangstextes von Herbert Ulrich. Dr. Dariusz Karczewski, Institut für Geschichte und Internationale Beziehungen, Universität Bydgoszcz ‚Verwandtschaftsbeziehungen und adlige Stiftergemeinschaften im Polen des 12. Jahrhunderts‘ ist die gekürzte, überarbeitete und geringfügig aktualisierte Fassung des Aufsatzes ‚Związki genealogiczne fundatorów dwunastowiecznych prywatnych fundacji klasztornych‘ [Genealogische Verbindungen von Stiftern privater Klosterstiftungen des 12. Jahrhunderts], in: Andrzej Radzimiński / Jan Wronis-

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zewski (Hrsg.), Genealogia. Rola związków rodzinnych i rodowych w życiu publicznym w Polsce średniowiecznej na tle porównawczym. Toruń 1996, 259–279; Übersetzung des Ausgangstextes von Peter Oliver Loew. Dr. Halina Manikowska, Institut für Geschichte der Polnischen Akademie der Wissenschaften, Warschau ‚Princeps fundator im vorrechtsstädtischen Breslau. Von Piotr Włostowic bis zu Heinrich dem Bärtigen‘ ist die leicht gekürzte, überarbeitete Fassung des Aufsatzes ‚Princeps fundator w przedlokacyjnym Wrocławiu. Od Piotra Włostowica do Henryka Brodatego‘ [Princeps fundator im vorlokationszeitlichen Breslau. Von Piotr Włostowoc bis zu Heinrich dem Bärtigen], in: Edward Opaliński / Tomasz Wiślicz (Hrsg.), Fundacje i fundatorzy w średniowieczu i epoce nowożytnej. Warszawa 2000, 37–57; Übersetzung des Ausgangstextes von Herbert Ulrich. Prof. Dr. hab. Jerzy Rajman, Fachbereich Geisteswissenschaften, Pädagogische Universität Krakau ‚Pilger und Stifter. Zu den Sakralstiftungen und zur Herkunft des Fürsten Jaxa‘ ist eine um die seit 1994 erschienene einschlägige Literatur ergänzte Fassung des Aufsatzes ‚Pielgrzym i fundator. Fundacje kościelne i pochodzenie księcia Jaksy‘ [Pilger und Stifter. Die Kirchensiftungen und die Herkunft des Fürsten Jaxa], in: Nasza Przeszłość 82, 1994, 5–34; Übersetzung von Peter Oliver Loew. Dr. Tomasz Ginter, Institut des Nationalen Gedenkens, Warschau ‚Das Zisterzienserkloster Ląd und die politischen Intentionen der Stiftungen Herzog Mieszkos III. des Alten‘ ist die stark gekürzte und bearbeitete Fassung des Kapitel 5 und 7 der Monografie des Autors ‚Działalność fundacyjna księcia Mieszka III Starego‘ [Die Stiftungstätigkeit Herzog Mieszkos III. des Alten]. Kraków 2008; Übersetzung des Ausgangstextes von Herbert Ulrich. Dr. Leszek Wetesko, Collegium Europaeum Gnesnense der Universität Posen, Gnesen ‚Zur Stiftungstätigkeit Herzog Mieszkos III. des Alten in Großpolen‘ ist die leicht gekürzte Übersetzung des Kapitels IV.5–8 aus der Monographie des Autors ‚Historyczne konteksty monarszych fundacji artystycznych w Wielkopolsce do początku XIII wieku‘ [Die historische Kontexte der monarchischen künstlerischen Stiftungen in Großpolen bis zum Beginn des 13. Jahrhunderts]. Poznań 2009, 265–292; Übersetzung von Herbert Ulrich. Prof. Dr. hab. Andrzej Pleszczyński, Institut für Geschichte, Marie Curie SkłodowskaUniversität Lublin ‚Zur Geschichte und Bedeutung der Stiftung des Klarissenklosters in Zawichost‘ ist eine aktualisierte und verbesserte Fassung des Aufsatzes ‚Fundacja opactwa klarysek w Zawichoście w r. 1245 a aspiracje polityczne Bolesława Wstydliwego‘ [Die Stiftung der Klarissenabtei in Zawichost im Jahr 1245 und die politischen Aspirationen Bolsław des Schamhaften], in: Marek Derwich / Anna PobógLenartowicz (Hrsg.), Klasztor w państwie średniowiecznym i nowożytnym. Wrocław / Opole / Warszawa 2005, 151–166; Übersetzung von Herbert Ulrich. Dr. Marcin Rafał Pauk, Institut für Geschichte, Universität Warschau ‚Das Stiftungsprogramm der schlesischen Piasten im 13. Jahrhundert und seine mitteleuropäischen Kontexte‘ ist die erheblich erweiterte und um neueste Literatur ergänzte Fassung des Aufsatzes ‚‚Program fundacyjny‘ Piastów śląskich w XIII wieku i jego środkowoeuropejskie konteksty‘ [Das ‚Stiftungsprogramm‘ der schlesischen Piasten im 13. Jahrhundert und seine mitteleuropäischen Kontexte], in: Antoni Barciak (Hrsg.), Piastowie śląscy w kulturze i europejskich dziejach. Katowice 2007, 73– 100; Übersetzung von Herbert Ulrich.

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Prof. Dr. hab. Przemysław Wiszewski, Institut für Geschichte, Universität Breslau ‚Herzogliche Stifter und Frauenklöster in Schlesien vom 13. – Mitte 14. Jahrhundert)‘ ist die bearbeitete Übersetzung des Aufsatzes ‚Związki fundatorów z klasztorami żeńskimi na Śląsku (XIII – połowa XIV w.) Wybrane aspekty‘ [Die Verbindungen der Stifter mit den Frauenklöstern in Schlesien (13. – bis Mitte 14. Jahrhundert). Ausgewählte Aspekte], in: Andrzej Radzimiński/Jan Wroniszewski (Hrsg.), Genealogia. Władza i społeczeństwo w Polsce średniowiecznej. Toruń 1999, 303–332; Übersetzung des Ausgangstextes Herbert Ulrich. Dr. Joanna Banik, Institut des Nationalen Erbes, Kattowitz ‚Die Sakralstiftungen der Herren von Pogarell im 13. Jahrhundert‘ ist die stark gekürzte und überarbeitete Fassung der Kapitel 1, 3 und 5 aus der Monographie der Autorin ‚Działalność fundacyjna Panów z Pogorzeli na Śląsku w XIII i XIV w. Fundacje kościelne‘ [Die Stiftertätigkeit der Herren von Pogarell in Schlesien im 13. und 14. Jahrhundert. Kirchliche Stiftungen]. Warszawa 2009, 7–26, 37–47, 109– 123; Übersetzung des Ausgangstextes von Markus Krzoska. Dr. Dagmara Adamska, Institut für Geschichte, Universität Breslau ‚Ritterliche Stiftungen und das Benediktinerinnenkloster in Liebenthal‘ ist eine gekürzte und bearbeitete Fassung des Kapitels 1 aus der Monographie der Autorin ‚Fundacje dewocyjne rycerstwa księstwa świdnicko-jaworskiego w średniowieczu‘ [Fromme Stiftungen der Ritterschaft des Herzogtums Schweidnitz-Jauer im Mittelalter]. Warszawa/Poznań 2005, 31–52; Übersetzung des Ausgangstextes von Eva Wiese. Prof. Dr. Eduard Mühle, Deutsches Historisches Institut in Warschau / Historisches Seminar der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster