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German Pages 483 Year 2006
Schriften zum Öffentlichen Recht Band 1026
Modernisiertes Privatrecht und öffentliches Recht Die Auswirkungen der Schuldrechtsreform auf den Verwaltungsvertrag und weitere Verbindungen zwischen den Teilrechtsordnungen
Von Benjamin Gündling
asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin
BENJAMIN GÜNDLING
Modernisiertes Privatrecht und öffentliches Recht
Schriften zum Öffentlichen Recht Band 1026
Modernisiertes Privatrecht und öffentliches Recht Die Auswirkungen der Schuldrechtsreform auf den Verwaltungsvertrag und weitere Verbindungen zwischen den Teilrechtsordnungen
Von
Benjamin Gündling
asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin
Die Juristische Fakultät der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg hat diese Arbeit im Jahre 2005 / 2006 als Dissertation angenommen.
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
Alle Rechte vorbehalten # 2006 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: Klaus-Dieter Voigt, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-0200 ISBN 3-428-12036-1 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *
Internet: http://www.duncker-humblot.de
Meiner Frau Kerstin
Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2005/2006 von der juristischen Fakultät der Ruprecht-Karls-Universität zu Heidelberg als Dissertation angenommen. Sie befindet sich inhaltlich auf dem Stand von Anfang Oktober 2005. Mein herzlichster Dank gilt zunächst meinem Doktorvater Herrn Prof. Dr. Eberhard Schmidt-Aßmann für die intensive und äußerst professionelle Betreuung der Arbeit. Die Jahre als Mitarbeiter am Institut für deutsches und europäisches Verwaltungsrecht werden mir nicht nur aufgrund der gewinnbringenden und lehrreichen fachlichen Förderung, sondern auch menschlich in bester Erinnerung bleiben! Gedankt sei weiterhin Herrn Prof. Dr. Thomas Pfeiffer für die überaus zügige Erstellung des Zweitgutachtens und die anschließende Möglichkeit einer projektbezogenen Mitarbeit am Institut für ausländisches und internationales Privat- und Wirtschaftsrecht. Alle Studiums- und Forschungstätigkeit der letzten Jahre wäre kaum denkbar gewesen ohne die stetige Unterstützung meiner Eltern, wofür ich ihnen sehr verbunden bin. Für die Förderung der Publikation gilt mein besonderer Dank dem Bundesministerium des Innern sowie der Stiftung „Ausbildung, Fort- und Weiterbildung“ der Landesbank Baden-Württemberg. Meiner Frau Kerstin Gündling sowie Julia Heesen, Kristina Heußner, Wolfgang Schenk, Michael Leicht, Benjamin Schnell und Andreas Feith sei für die Mithilfe bei der Korrektur und Erstellung des Manuskriptes gedankt. Gerade zu Beginn der Untersuchung erwies sich der Austausch mit Herrn Prof. Dr. Hans Christian Röhl als sehr inspirierend; auch ihm gilt daher mein aufrichtiger Dank. Prägend für die vergangenen zwei Jahre waren neben aller Arbeit die durchweg sehr herzliche und gemeinschaftliche Zusammenarbeit mit allen Kollegen, wobei ich besonders Daniel Riedel, Wolfgang Schenk und Meike Eekhoff für die gemeinsame Zeit und viele anregende Diskussionen danken möchte. „Man überschätzt wohl leicht das eigene Wirken und Tun in seiner Wichtigkeit gegenüber dem, was man nur durch andere geworden ist.“ (Dietrich Bonhoeffer). Neben meinen geschätzten Lehrern und Weggefährten, danke ich so auch meinem Herrn und Gott Jesus Christus für die erlebte Freude, Kraft und Führung in alledem. Soli Deo Gloria! Heidelberg, im Januar 2006
Benjamin Gündling
Inhaltsübersicht §1
Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
27
Erster Teil Grundstrukturen des modernisierten Privatrechts und Verbindungen zum öffentlichen Recht
41
1. Abschnitt Die Schuldrechtsmodernisierung – Abbild der jüngsten Privatrechtsentwicklung
41
§2
Hintergründe und Kerngehalte der Schuldrechtsmodernisierung . . . . . . . . . . .
41
§3
Der Ausbau des Verbraucherprivatrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
53
2. Abschnitt Parallelen und Verbindungen zwischen den Teilrechtsordnungen nach der Schuldrechtsmodernisierung
67
§4
Neue Verbindungen und Parallelen zwischen den Teilrechtsordnungen . . . . .
67
§5
Die Neubestimmung bestehender Verbindungen am Beispiel der Verjährung im Staatshaftungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
95
Zweiter Teil Modernisiertes Privatrecht und Verwaltungsvertrag
116
1. Abschnitt Der Verwaltungsvertrag als Instrument zwischen den Teilrechtsordnungen – Grundlagen und Begriffsklärungen
116
§6
Konkretisierung der Untersuchungsperspektive: Verwaltungsverträge nach den §§ 54 ff. VwVfG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117
§7
Der Verwaltungsvertrag im Handlungssystem der Verwaltung . . . . . . . . . . . . . 120
10
Inhaltsübersicht
§8
Öffentlich-rechtliche und privatrechtliche Verträge der Behörde . . . . . . . . . . . 134
§9
Ordnungskriterien des Verwaltungsvertragsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171
2. Abschnitt Verwaltungsvertrag und modernisiertes AGB-Recht
184
§ 10 Allgemeine Geschäftsbedingungen in Verwaltungsverträgen: Erscheinungsformen und Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 § 11 Weichenstellungen durch die Klauselrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 § 12 Öffentlich-rechtliche Sonderregelungen im Verhältnis zum AGB-Recht . . . . 239 § 13 Das AGB-Recht als geschlossene Auffangordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251
3. Abschnitt Verwaltungsvertrag und modernisiertes Leistungsstörungsrecht
298
§ 14 Die Grundlinien des Systemwechsels im Leistungsstörungsrecht . . . . . . . . . . 299 § 15 Vertragswirksamkeit und Haftung wegen anfänglicher Unmöglichkeit nach § 311a BGB bei Verwaltungsverträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 § 16 Haftung für Pflichtverletzungen nach § 280 BGB bei Verwaltungsverträgen 336 § 17 Anpassung und Beendigung von Verwaltungsverträgen – das Verhältnis von § 60 VwVfG zu §§ 313 f. BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 386 § 18 Zusammenfassende Schlussbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 424 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 433 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 474
Inhaltsverzeichnis §1
Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Untersuchungsziel und -gegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Gang der Untersuchung und wesentliche Problemstellungen . . . . . . . . . . . C. Selbständigkeit und Verbindung von öffentlichem und privatem Recht . . I. Privatrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Öffentliches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Relevante Verbindungen und Schnittbereiche der Teilrechtsordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
27 27 30 34 35 36 37
Erster Teil Grundstrukturen des modernisierten Privatrechts und Verbindungen zum öffentlichen Recht
41
1. Abschnitt Die Schuldrechtsmodernisierung – Abbild der jüngsten Privatrechtsentwicklung
41
§2
Hintergründe und Kerngehalte der Schuldrechtsmodernisierung . . . . . . . A. Hintergründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Europäisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Rechtsverbindliche Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gesamteuropäische Zivilrechtswissenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Das Erstarken der Kodifikationsidee in Deutschland und Europa . . 1. Die Kodifikationsidee in nationaler Perspektive . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Kodifikationsidee in europäischer Perspektive . . . . . . . . . . . . B. Umsetzung und Kerngehalte der Schuldrechtsmodernisierung . . . . . . . . . I. Stationen des Umsetzungsprozesses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Vorarbeiten der nationalen Schuldrechtskommission . . . . . . 2. „Kleine Lösung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. „Große Lösung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Kerninhalte und -anliegen der Schuldrechtsreform . . . . . . . . . . . . . . .
41 41 42 44 45 46 46 47 48 48 49 50 50 51
§3
Der Ausbau des Verbraucherprivatrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Verbraucherprivatrecht: Das Ende der Privatautonomie? . . . . . . . . . . . . . .
53 53
12
Inhaltsverzeichnis B. Entwicklungsskizze des Verbraucherprivatrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Leitbegriffe des Verbraucherprivatrechts und deren Umsetzung . . . . . . . . I. Verbraucherbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Unternehmerbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Das Leitbild des informierten und informierbaren Verbrauchers . . . D. Verbraucherprivatrecht in verfassungsrechtlicher Perspektive . . . . . . . . . . E. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
55 57 58 60 61 62 65
2. Abschnitt Parallelen und Verbindungen zwischen den Teilrechtsordnungen nach der Schuldrechtsmodernisierung §4
Neue Verbindungen und Parallelen zwischen den Teilrechtsordnungen . . A. Ausgangsüberlegung: Die Steuerungsperspektive als analytischer Rahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Partielle Parallelisierung der Leitprinzipien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Intensivierung präventiver Steuerung im Zivilrecht . . . . . . . . . . II. Steuerung durch informierte Öffentlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Ökonomische Steuerung durch das neue Kaufrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. § 434 I 3 BGB als Ausfluss „Integrierter Produktpolitik“ (I. P. P.) . . II. Wechselwirkungen mit etablierten öffentlich-rechtlichen Instrumenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Umweltqualitätszeichenvergabe durch Verwaltungsvertrag . . . . . 2. Stärkung der Betriebsbeauftragten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Der Um- und Ausbau der Verbandsklage als Steuerungsinstrument . . . . I. Die Stärkung der Verbandsklage als Steuerungsinstrument durch Art. 3 des SMG und Parallelentwicklungen im Umweltverwaltungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der Um- und Ausbau der zivilrechtlichen Verbandsklagen . . . . 2. Der Um- und Ausbau der umweltrechtlichen Verbandsklagen . . II. Konzeptionelle Parallele: Privatisierung des öffentlichen Interesses 1. Das Grundkonzept zivilrechtlicher Verbandsklagen . . . . . . . . . . . 2. Das Grundkonzept umweltverwaltungsrechtlicher Verbandsklagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Parallele Probleme bei der Integration in das Rechtsschutzsystem . . 1. Die Verbandsklage im System des Zivilprozesses . . . . . . . . . . . . 2. Die Verbandsklage im System des Verwaltungsprozesses . . . . . . IV. Gemeinsame Reglungsaufträge bei der Institutionalisierung der Verbandsklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
67 67 67 68 68 71 73 73 76 77 78 79
81 81 84 85 86 87 88 88 89 90 94
Inhaltsverzeichnis §5
Die Neubestimmung bestehender Verbindungen am Beispiel der Verjährung im Staatshaftungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Rezeptionsmechanismen und Rechtsänderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Ansprüche aus vertragsähnlichen Verwaltungsrechtsverhältnissen . . . . . . C. Die Rezeption des neuen Verjährungsrechts bei Ansprüchen aus sonstigen ungeschriebenen staatshaftungsrechtlichen Instituten . . . . . . . . . . . . . . I. Überblick der maßgeblichen Neuregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Rechtsgrundsätzliche oder gewohnheitsrechtliche Fortgeltung der bisherigen 30-jährigen Verjährungsfrist? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Vorrangige Analogie zu öffentlich-rechtlichen Verjährungsregelungen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der Vorschlag einer Analogie zu § 54 BGSG . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zum grundsätzlichen Einwand der Unverhältnismäßigkeit der zivilrechtlichen Regelverjährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Die Vorzugswürdigkeit der Einzelanalogie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
13 95 95 96 100 102 104 107 107 110 113 114
Zweiter Teil Modernisiertes Privatrecht und Verwaltungsvertrag
116
1. Abschnitt Der Verwaltungsvertrag als Instrument zwischen den Teilrechtsordnungen – Grundlagen und Begriffsklärungen
116
§6
Konkretisierung der Untersuchungsperspektive: Verwaltungsverträge nach den §§ 54 ff. VwVfG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117
§7
Der Verwaltungsvertrag im Handlungssystem der Verwaltung . . . . . . . . . A. Der Verwaltungsvertrag als Handlungs- und Rechtsform . . . . . . . . . . . . . . B. Weiterentwicklung der Institution Verwaltungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . I. Große Lösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Kleine Lösung und Musterentwurf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Die Rechtsverhältnislehre als Ergänzungskategorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Das Verhältnis zur Handlungsformenlehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Funktionen und Ergänzungspotentiale der Rechtsverhältnislehre am Beispiel des öffentlich-rechtlichen Verwaltungsvertrages . . . . . . . . . III. Berücksichtigung vertragstypenspezifischer Parallelitäten zwischen privatrechtlichem Schuldverhältnis und öffentlich-rechtlichem Verwaltungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Der öffentlich-rechtliche Verwaltungsvertrag als Rechtsverhältnis: begriffliche Präzisierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
120 120 121 122 123 128 128 129
131 132
14
Inhaltsverzeichnis
§8
Öffentlich-rechtliche und privatrechtliche Verträge der Behörde . . . . . . . A. Verwaltungsvertragsrecht: Einheit in der Zweiteilung? . . . . . . . . . . . . . . . . I. Einheit des Begriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Wahlfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Rechtsformunabhängige Gesetzesbindung bei Vertragshandeln . . . . IV. Die Lehre vom Verwaltungsprivatrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Das Abgrenzungsproblem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Ein die Teilrechtsordnungen übergreifendes, einheitliches Vertragsrecht? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verwaltungsvertragliches Einheitsmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Dualistisches Vertragsrechtsmodell mit Publifizierungstendenz . . 3. Das Verhältnis der Ansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Öffentlich-rechtliche Rechtsform statt Verwaltungsprivatrecht bei Behörden-Bürger-Verträgen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Privatrechtsverbot? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Verrechtlichungsgebot? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verrechtlichungsgebot und Rechtsform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Verrechtlichungsgebot, Rechtsform und Privatrechtsrezeption . . . . . V. Verrechtlichungsgebot, Rechtsform, Privatrechtsrezeption und Rechtsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Zuordnung zentraler Vertragskategorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
§9
Ordnungskriterien des Verwaltungsvertragsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Begriffliche und inhaltliche Präzisierungen zu § 54 S. 2 VwVfG . . . . . . I. Begriffliche Präzisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Inhaltliche Präzisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Das Verständnis des BVerwG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kritische, weitergehende Begriffsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . B. Vier Bausteine öffentlich-rechtlichen Verwaltungsvertragsrechts . . . . . . . I. Baustein 1: spezielle verwaltungsvertragsrechtliche Normen . . . . . . 1. Öffentlich-rechtliche Spezialvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Europäisch-autonome Regelkomplexe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Das Vergaberecht der §§ 97 ff. GWB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Das AGB-Recht der §§ 305 ff. BGB n. F. . . . . . . . . . . . . . . . . II. Baustein 2: Verwaltungsvertragsrecht der §§ 54 ff. VwVfG . . . . . . . III. Baustein 3: über § 62 S. 1 VwVfG anwendbare verwaltungsverfahrensrechtliche Normen des VwVfG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Baustein 4: über § 62 S. 2 VwVfG anwendbare Normen des BGB C. Die Unterscheidung von Vertragstypen und -kategorien . . . . . . . . . . . . . . . I. Unterscheidung von Sachbereichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
134 134 135 136 137 141 143 145 145 146 147 150 150 151 152 155 156 161 165 171 171 171 172 172 172 175 175 175 176 176 177 177 177 178 180 181
Inhaltsverzeichnis
15
II. Unterscheidung nach Art der Verwaltungstätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . 182 III. Unterscheidung von „autonomem“ und „substitutivem“ Funktionsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183
2. Abschnitt Verwaltungsvertrag und modernisiertes AGB-Recht § 10 Allgemeine Geschäftsbedingungen in Verwaltungsverträgen: Erscheinungsformen und Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Systematischer Ausgangspunkt: Integration von Nebengesetzen in das BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Klauselbeispiele und praxisrelevante Problemlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Ausbildungsförderungsverträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Subventionsverträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Vertragsnaturschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Baurecht, insbesondere: städtebauliche Verträge . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Benutzungsverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Kooperationsverträge bei funktionalen Privatisierungen . . . . . . . . . . VII. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Die Anwendbarkeit des AGB-Rechts: Altes Problem in neuem Gewand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Der Streit um die Anwendbarkeit des ehemaligen AGBG auf Verwaltungsverträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Erste Stellungnahmen nach der Integration in das BGB . . . . . . . . . . 1. Das Urteil des BGH vom 29.11.2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Erste Stellungnahmen nach der Schuldrechtsmodernisierung . . . § 11 Weichenstellungen durch die Klauselrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Das „Bausteinprinzip“ der §§ 54 ff. VwVfG als systematischer Ausgangspunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Autonome Auslegung der KRL und der §§ 305 ff. BGB . . . . . . . . . . . . . . C. Anwendungsbereich der KRL nach deren Art. 2 lit. b und c . . . . . . . . . . I. Wortlaut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Historisch-genetische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Systematische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Sinn und Zweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Die Umsetzung von Art. 2 lit. c und Anwendung der Umsetzungsakte in Frankreich und England als Vergleichsfolie . . . . . . . . . . . . . . 1. England . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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184 184 187 188 188 194 196 199 202 205 206 206 209 209 210 213 214 214 215 217 219 220 222 224 224 229 232
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Inhaltsverzeichnis D. Kraft Europarechts geltende Regelungen der §§ 305 ff. BGB . . . . . . . . . 233 I. Direkte Geltung oder Anwendung über § 62 S. 2 VwVfG . . . . . . . . 233 II. Die KRL umsetzende Regelungen in den §§ 305 ff. BGB . . . . . . . . 235
§ 12 Öffentlich-rechtliche Sonderregelungen im Verhältnis zum AGB-Recht A. Das Schriftformerfordernis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Das öffentlich-rechtliche Angemessenheitsgebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Standpunkt des BGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Konkurrenz- oder Ergänzungsverhältnis? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Enge Auslegung des Angemessenheitsgebotes und der §§ 56 I 2 HS 2 VwVfG sowie 11 II 1 und 124 III 1 BauGB . . . . . . . . . . 2. Ablehnung verwaltungsprivatrechtlicher Sonderlösungen . . . . . . § 13 Das AGB-Recht als geschlossene Auffangordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Ausgangsüberlegungen für eine umfassende Anwendung der §§ 305– 310 BGB auf Verbraucher- wie Unternehmerverträge der Verwaltung . . I. Die Zielüberlegung: Einheitlichkeit der AGB-Kontrolle . . . . . . . . . . II. Die innere Systematik der AGB-Kontrolle als Untersuchungsraster B. Konkurrenzlos anwendbare Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Transparenzgebot und gesetzesdirigierte Verwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Vorrang des Gesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Vorbehalt des Gesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Die Klauselverbote der §§ 308 und 309 BGB bei Verwaltungsverträgen I. „Sonderrechtsklauseln“ der Verwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. §§ 308 und 309 BGB: Adäquate Grenze oder unsachgemäße Einengung verwaltungsvertraglichen Handelns? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. § 309 Nr. 6 BGB (Vertragsstrafen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. § 309 Nr. 5 BGB (Schadenspauschalierung) . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. § 309 Nr. 7 BGB (Haftungsfreizeichnungen) . . . . . . . . . . . . . . . . 4. § 308 Nr. 3 BGB (Rücktrittsvorbehalt) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. § 308 Nr. 4 BGB (Änderungsvorbehalt) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zulässige Alternativen zu vorformulierten Klauseln? . . . . . . . . . . . . E. Die Kontrolle von Verwaltungsverträgen nach § 307 I 1 und II BGB . . . I. Das Allgemeininteresse als Abwägungsbelang? . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Abwehrklauseln gegen Submissionsabsprachen in Vergabeverträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Sektionsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Haftungsbegrenzungen in Energieversorgungsverträgen . . . . . . . 4. Vertragsstrafeklauseln der Treuhandanstalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Kompensationsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. § 307 II Nr. 1 BGB: Rechtliches Leitbild bei Verwaltungsverträgen?
239 239 240 240 241 241 247 251 251 251 252 254 254 255 256 261 261 262 263 265 266 269 270 270 272 274 274 275 275 278 279 281 284
Inhaltsverzeichnis
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IV. Vertragskategorien als Ordnungsfaktoren der Inhaltskontrolle . . . . . 1. Verwaltungsvertragstypen und Kongruenzen im AGB-Recht . . . 2. Vermeidung klassisch einseitig-hoheitlicher Eingriffsverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Leistungsgewährung an Private . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Kooperationsverträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . F. Die Vorzugswürdigkeit des Rechtsfolgenregimes nach § 306 BGB . . . . . G. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
288 288 289 290 291 293 296
3. Abschnitt Verwaltungsvertrag und modernisiertes Leistungsstörungsrecht
298
§ 14 Die Grundlinien des Systemwechsels im Leistungsstörungsrecht . . . . . . . . 299 § 15 Vertragswirksamkeit und Haftung wegen anfänglicher Unmöglichkeit nach § 311a BGB bei Verwaltungsverträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Regelungsgehalt und -struktur des § 311a BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. § 311a BGB im System des neuen Leistungsstörungsrechts . . . . . . II. Supra- und internationale Vorbildnormen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Anhaltende Grundsatzkritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. § 311a BGB im Spiegel von Funktion und Systematik des § 59 VwVfG I. Funktion des § 59 VwVfG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Das Spannungsverhältnis zwischen § 311a BGB und § 44 II Nr. 4 VwVfG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. § 311a I BGB als vorrangige lex generalis? . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Restriktive Auslegung des § 59 II Nr. 1 VwVfG i. V. m. § 44 II Nr. 4 VwVfG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) In Bezug genommene Verwaltungs-Bürger-Verträge i. S. d. § 54 S. 2 VwVfG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Tatbestandlich von § 44 II Nr. 4 VwVfG erfasste Fälle anfänglicher Unmöglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Anfänglich rechtliche Unmöglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Anfänglich subjektive Unmöglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . C. Teilunmöglichkeit und § 59 III VwVfG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Anwendbarkeit des § 254 BGB bei Kenntnis des Gläubigers . . . . . . . . . . E. Rechtsweg bei Ansprüchen aus § 311a II BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . F. Das Verhältnis von § 134 BGB und § 311a BGB: der verbotswidrige Verwaltungsvertrag als Unterfall rechtlicher Unmöglichkeit? . . . . . . . . . . I. Anfängliche rechtliche Unmöglichkeit bei Gesetzesverstoß? . . . . . . II. „Anfängliches Haftungsverhältnis“ bei qualifiziertem Gesetzesverstoß? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
301 303 303 306 307 308 308 309 309 311 311 313 313 314 315 316 317 318 322 325
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Inhaltsverzeichnis III. Einwände gegen eine solche neue öffentlich-rechtliche Haftungsfigur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundsätzliche Bedenken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Methodische Bedenken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Strukturell entgegenstehende öffentlich-rechtliche Besonderheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . G. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
§ 16 Haftung für Pflichtverletzungen nach § 280 BGB bei Verwaltungsverträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Die Systematik der §§ 280 ff. BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Die Grundnorm des § 280 I BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Tatbestandliche Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Supra- und internationale Vorbildnormen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Insbesondere: Normierung bisher richterrechtlich anerkannter Institute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vorvertragliche Phase: culpa in contrahendo (c. i. c.) . . . . . . . . . . a) Die Normierung aus Sicht des Verwaltungsrechts . . . . . . . . . b) Rechtsweg bei öffentlich-rechtlicher c. i. c. nach der Neuregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vertragsdurchführung: positive Forderungsverletzung (p. F. V.) IV. Grundsätzliche Modifikationen des § 280 I BGB bei Rezeption in das Verwaltungsvertragsrecht? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Pflichtverletzung bei Gesetzesverstoß – droht eine uferlose Haftung bei Verwaltungsverträgen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Modifikationen und Sonderrolle der Verschuldensregelung in § 280 I 2 BGB bei Verwaltungsverträgen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die praktische Handhabung des § 280 I 2 BGB bei Verwaltungsverträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) § 280 I 2 BGB im Lichte der Formenwahlfreiheit . . . . . . . . 3. Festhalten an der 30-jährigen Verjährungsfrist? . . . . . . . . . . . . . . C. Tatbestandliche Erweiterungen gem. § 280 II und III BGB . . . . . . . . . . . I. Schadensersatz statt der Leistung (§ 280 III BGB) . . . . . . . . . . . . . . 1. „Schadensersatz statt der Leistung wegen nicht oder nicht wie geschuldet erbrachter Leistung“ (§ 280 I, III i. V. m. § 281 BGB) a) Der zivilrechtliche Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rezeption in das Verwaltungsvertragsrecht . . . . . . . . . . . . . . . 2. „Schadensersatz statt der Leistung wegen Verletzung einer Pflicht nach § 241 Abs. 2“ (§ 280 I, III i. V. m. 282 BGB) . . . . . a) Der zivilrechtliche Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rezeption in das Verwaltungsvertragsrecht . . . . . . . . . . . . . . . 3. „Schadensersatz statt der Leistung bei Ausschluss der Leistungspflicht“ (§ 280 I, III i. V. m. § 283 BGB) . . . . . . . . . . . . . . .
330 330 331 333 335 336 336 339 339 340 341 341 341 346 351 354 354 357 358 359 361 363 363 363 363 366 367 367 368 369
Inhaltsverzeichnis
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a) Der zivilrechtliche Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) „Unmöglichkeit“ gleich „Pflichtverletzung“? Analyse eines Spezialproblems aus der Sicht des Verwaltungsvertragsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Vorteile der herrschenden Konzeption bei Verwaltungsverträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Bedenken gegen die herrschende Konzeption . . . . . . . . . II. Eine neue Konstruktion eigener Art: „Ersatz vergeblicher Aufwendungen“ (§ 284 BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundgedanken des zivilrechtlichen Tatbestandes . . . . . . . . . . . . 2. Verwaltungsverträge als ein künftiges Hauptanwendungsgebiet? 3. Tatbestandliche Besonderheiten in verwaltungsvertraglicher Perspektive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Ersatz des Verzögerungsschadens „neben“ der Leistung (§ 280 II i. V. m. § 286 BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der zivilrechtliche Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rezeption insbesondere des Rechtsfolgenregimes in das Verwaltungsvertragsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
369
§ 17 Anpassung und Beendigung von Verwaltungsverträgen – das Verhältnis von § 60 VwVfG zu §§ 313 f. BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Ausgangslage im öffentlichen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Anpassungs- und Kündigungsrecht nach § 60 I 1 VwVfG . . . . . . . . . . . . I. Clausula rebus sic stantibus sowie Fehlen und Wegfall der Geschäftsgrundlage im Zivilrecht bis zur Normierung des § 60 VwVfG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Gesetzlicher Tatbestand und Anwendung des § 60 I 1 VwVfG . . . . III. Die Neuregelung in §§ 313 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Normierung der objektiven Geschäftsgrundlage, § 313 I BGB . . 2. Normierung der subjektiven Geschäftsgrundlage, § 313 II BGB IV. Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. § 60 I 1 VwVfG und die Normierung der objektiven Geschäftsgrundlage in § 313 I BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. § 60 I 1 VwVfG und die Normierung der subjektiven Geschäftsgrundlage in § 313 II BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die prozessuale Durchsetzung des Anpassungsanspruchs . . . . . . a) Die problematischen Vorstellungen des Zivilgesetzgebers . . b) Die Lösung des BVerwG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die Stufenklage als prozessuale Einheitslösung? . . . . . . . . . . 4. Rechtsfolgen: Kündigung und Rücktritt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
371 372 373 374 374 376 378 381 381 382 385 386 386 387 390
390 394 399 399 400 401 401 408 409 409 411 413 415
20
Inhaltsverzeichnis 5. Abgrenzungen zum Leistungsstörungsrecht aus Sicht des Verwaltungsvertragsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 416 6. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 420 D. Kündigungsrecht der Behörde nach § 60 I 2 VwVfG und § 314 BGB . . 422
§ 18 Zusammenfassende Schlussbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Publifizierung des Privatrechts und Privatisierung des öffentlichen Interesses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Privatrecht in öffentlicher Rechtsform statt Verwaltungsprivatrecht . . . . . I. Konsequente Rezeption moderner Privatrechtsregeln . . . . . . . . . . . . . II. Einheitliche Anwendung und Auslegung durch die Verwaltungsgerichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
424 424 426 426 430
Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 433 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 474
Abkürzungsverzeichnis a. A. ABl.EG AbzG AcP a. F. AGB AGBG AgrarR A. J. R. All ER AllMBl. AnwBl. AO AöR AP AtG AuslG AVBEltV AVBGasV BauGB BauO Bln BauO LSA BauO NRW BauR BayVBl. BBG BBodSchG Bd. BDSG BEG Begr. BGB
anderer Auffassung Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft Abzahlungsgesetz Archiv für civilistische Praxis alte Fassung Allgemeine Geschäftsbedingungen Gesetz über allgemeine Geschäftsbedingungen Agrarrecht The Application for Judicial Review The All England Law Reports Allgemeines Ministerialblatt Anwaltsblatt Abgabenordnung 1977 Archiv des öffentlichen Rechts Arbeitsrechtliche Praxis Atomgesetz Gesetz über die Einreise und den Aufenthalt von Ausländern im Bundesgebiet Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Elektrizitätsversorgung von Tarifkunden Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Gasversorgung von Tarifkunden Baugesetzbuch Bauordnung für Berlin Bauordnung Sachsen-Anhalt Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen Baurecht Bayrische Verwaltungsblätter Bundesbeamtengesetz Bundesbodenschutzgesetz Band Bundesdatenschutzgesetz Bundesgesetz zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung Begründer Bürgerliches Gesetzbuch
22 BGB-DiskE BGB-KomE BGB-RegE BGH BHO BImSchG BKR BLG BMI BMJ BMWA BPflV BremLBO BremHO BRRG BSHG BT-Drucks. BTOElt BVerfG BVerwG BWGZ BWNotZ BWVPr C. E. c. i. c. CISG CMLR DAV DB DJZ DNotI-Report DNotZ DÖD DÖV DSG BW DtZ DV DVBl. EAG Bau EBKrG EnWG ERPL
Abkürzungsverzeichnis Diskussionsentwurf zum Bürgerlichen Gesetzbuch (2000) Kommissionsentwurf zum Bürgerlichen Gesetzbuch (1992) Regierungsentwurf zum Bürgerlichen Gesetzbuch (2001) Bundesgerichtshof Bundeshaushaltsordnung Bundes-Immissionsschutzgesetz Zeitschrift für Bank- und Kapitalmarktrecht Bundesleistungsgesetz Bundesministerium des Inneren Bundesministerium der Justiz Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit Bundespflegesatzverordnung Bremische Landesbauordnung Bremische Haushaltsordnung Rahmengesetz zur Vereinheitlichung des Beamtenrechts Bundessozialhilfegesetz Bundestagsdrucksache Bundestarifordnung Elektrizität Bundesverfassungsgericht Bundesverwaltungsgericht Baden-Württembergische Gemeinde-Zeitung Zeitschrift für das Notariat in Baden-Württemberg Baden-Württembergische Verwaltungspraxis Conseil d’Etat culpa in contrahendo Convention on Contracts for the International Sale of Goods Common Market Law Review Deutscher Anwaltsverein Der Betrieb Deutsche Juristenzeitung Report des Deutschen Notarinstituts Deutsche Notar-Zeitschrift Der Öffentliche Dienst Die Öffentliche Verwaltung Datenschutzgesetz des Landes Baden-Württemberg Deutsch-deutsche Rechts-Zeitschrift Die Verwaltung Deutsches Verwaltungsblatt Europarechtsanpassungsgesetz Bau Gesetz über Kreuzungen von Eisenbahnen und Straßen Gesetz über die Elektrizitäts- und Gasversorgung European Review of Private Law
Abkürzungsverzeichnis ESLR EUDUR EuR EurUP EuZW EWiR EWS EzB FEVS Fn. FoR FPR FS FStrG Gaz.Pal. GewArch GM GRUR GS GuG GWB HBauO HBO HGZ HKK HWiG IBR i. d. F. i. d. R. IPRax J. O. JR Jura JuS JZ K.B. KG KrW-/AbfG LBauO M-V LBauO RP LBO BW
23
Entscheidungssammlung Landwirtschaftsrecht Handbuch zum europäischen und deutschen Umweltrecht Europarecht Zeitschrift für Europäisches Umwelt und Planungsrecht Europäische Zeitschrift für Wirtschaftrecht Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht Europäisches Wirtschafts- und Steuerrecht Entscheidungen zum Berufsbildungsrecht Fürsorgerechtliche Entscheidungen der Verwaltungs- und Sozialgerichte Fußnote Forum Recht Online Familie Partnerschaft Recht Festschrift Bundesfernstraßengesetz Gazette du Palais Gewerbe-Archiv Gewerkschaftliche Monatshefte Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Gedächtnisschrift Grundstücksmarkt und Grundstückswert Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen Hamburgische Bauordnung Hessische Bauordnung Hessische Städte- und Gemeindezeitung Historisch Kritischer Kommentar zum BGB Haustürwiderrufsgesetz Immobilien & Baurecht in der Fassung in der Regel Praxis des internationalen Privat- und Verfahrensrechts Journal officiel Juristische Rundschau Juristische Ausbildung Juristische Schulung Juristenzeitung King’s Bench Division des High Court, Entscheidungen seit 1891 Kammergericht Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz Landesbauordnung Mecklenburg-Vorpommern Landesbauordnung Rheinland-Pfalz Landesbauordnung für Baden-Württemberg
24 LBO Saarland LBO SH LKV LMK Ls. Lsbl. L. Q. R. m. Anm. MBl. MDR M. L. R. MüKo m. W. v. m. w. N. NBauO n. F. NJW NordÖR NotBZ NVwZ NWVBl. NZA NZBau NZM NZS OLG OLGR Jena ORDO OVG OVGE BE OVGE MüLü
pass. PBefG P. L. ProdHaftG RabelsZ RdE RegE RGBl. RIW
Abkürzungsverzeichnis Bauordnung für das Saarland Landesbauordnung für das Land Schleswig-Holstein Landes- und Kommunalverwaltung Lindenmaier-Möhring, Kommentierte Rechtsprechung Leitsatz Loseblatt Law Quarterly Review mit Anmerkung Ministerialblatt Monatsschrift für Deutsches Recht The Modern Law Review Münchener Kommentar mit Wirkung vom mit weiteren Nachweisen Niedersächsische Bauordnung neue Fassung Neue Juristische Wochenschrift Zeitschrift für öffentliches Recht in Norddeutschland Zeitschrift für notarielle Beratungs- und Beurkundungspraxis Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht Nordrhein-Westfälische Verwaltungsblätter Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht Neue Zeitschrift für Baurecht und Vergaberecht Neue Zeitschrift für Miet- und Wohnungsrecht Neue Zeitschrift für Sozialrecht Oberlandesgericht OLG-Report Brandenburg Dresden Jena Naumburg Rostock Jahrbuch für die Ordnung von Wirtschaft und Gesellschaft Oberverwaltungsgericht Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts Berlin Entscheidungen der Oberverwaltungsgerichte für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster sowie für die Länder Niedersachen und Schleswig-Holstein in Lüneburg sowie mit Entscheidungen des Verfassungsgerichts NRW und des niedersächs. Staatsgerichtshofes passim Personenbeförderungsgesetz Public Law Produkthaftungsgesetz Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht Recht der Energiewirtschaft Regierungsentwurf Reichsgesetzblatt Recht der internationalen Wirtschaft
Abkürzungsverzeichnis RL Rn. ROG RsDE SächsBO SchBerG SGB SGb S. I. StudZR T. C. Teilb. ThürBO TKG TKV T&K TKZulV 1997 UAG UGB-ProfE UPR Urt. VBlBW. VerbrKrG VermG VerwArch VGH VgV VermG VIZ VOB VOL VR VuR VVDStRL VwGO VwVfG WHG WiVerw W. L. R. WM WoFG
25
Richtlinie Randnummer Raumordnungsgesetz Beiträge zum Recht der sozialen Dienste und Einrichtungen Sächsische Bauordnung Gesetz über die Beschränkung von Grundeigentum für die militärische Verteidigung Sozialgesetzbuch Die Sozialgerichtsbarkeit Statutory Instruments Studentische Zeitschrift für Rechtswissenschaft Heidelberg Tribunal des conflits Teilband Thüringer Bauordnung Telekommunikationsgesetz Telekommunikations-Kundenschutzverordnung Betriebs-Berater für Medien, Telekommunikation und Multimedia Telekommunikationszulassungsverordnung Umweltauditgesetz Professorenentwurf zum Umweltgesetzbuch Umwelt und Planungsrecht Urteil Verwaltungsblätter für Baden-Württemberg Verbraucherkreditgesetz Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen Verwaltungsarchiv Verwaltungsgerichtshof Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen Zeitschrift für Vermögens- und Immobilienrecht; das Recht in den neuen Bundesländern Verdingungsordnung für Bauleistungen Verdingungsordnungen für Leistungen Verwaltungsrundschau Verbraucher und Recht Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer Verwaltungsgerichtsordnung Verwaltungsverfahrensgesetz Wasserhaushaltsgesetz Wirtschaft und Verwaltung The Weekly Law Reports Wertpapier-Mitteilungen Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht Wohnraumförderungsgesetz
26 ZBR ZDG ZEuP ZfIR ZGS ZHR ZIP ZMR ZNR ZOV ZRG GA ZRP ZUR ZuSEG
Abkürzungsverzeichnis Zeitschrift für Beamtenrecht Zivildienstgesetz Zeitschrift für Europäisches Privatrecht Zeitschrift für Immobilienrecht Zeitschrift für das gesamte Schuldrecht Zeitschrift für das gesamte Handels- und Wirtschaftsrecht Zeitschrift für Wirtschaftsrecht und Insolvenzpraxis Zeitschrift für Miet- und Raumrecht Zeitschrift für Neuere Rechtsgeschichte Zeitschrift für offene Vermögensfragen Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, Germanistische Abteilung Zeitschrift für Rechtspolitik Zeitschrift für Umweltrecht Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen
§ 1 Einführung A. Untersuchungsziel und -gegenstand Das Verhältnis von öffentlichem und privatem Recht ist ein Dauerthema der deutschen Rechtswissenschaft.1 Ebenso anerkannt wie die grundsätzliche Trennung zwischen beiden Teilrechtsordnungen ist jedoch, dass sie in vielfältiger Weise aufeinander Bezug nehmen und miteinander verbunden sind.2 Soweit derartige Vernetzungen bestehen, führt dies zur Frage der Auswirkungen von Änderungen der einen Teilrechtsordnung auf die verbundene andere Teilrechtsordnung. Die Schuldrechtsmodernisierung brachte für das Zivilrecht die bedeutsamsten Veränderungen seit Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) zum 1.1.1900.3 Durch europäische Einflüsse sowie systematische Um- und Neustrukturierungen hat sich vor allem das Gesicht des BGB als Kerngesetz des Privatrechts grundlegend gewandelt. Nicht zuletzt aufgrund der Ausrichtung der „großen“ Reform an modernen internationalen und europäischen wissenschaftlichen Standards, gibt sie inzwischen europaweit Anstöße.4 Nach Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes zum 1.1.20025 sind die rechtspolitischen Schlachten geschlagen. Abgesehen von einzelnen immer noch kontrovers diskutierten neuen Normen ist an die Stelle der Grundsatzdiskussion die praktische juristische Arbeit getreten.6 Aus rechtswissenschaftlicher Sicht ist jetzt 1 Eingehend etwa Bullinger, Öffentliches Recht und Privatrecht, pass.; Schmidt, Unterscheidung von privatem und öffentlichem Recht, pass.; die Beiträge im Sammelband von Schmidt-Aßmann/Hoffmann-Riem, Auffangordnungen, pass.; de Wall, Privatrechtliche Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 7 bis 49; Püttner, in: FS Maurer, 713 ff.; Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, pass.; ders., DV 20 (1987), 373 ff.; Molitor, Über öffentliches Recht und Privatrecht, pass.; Schöne, Privatrecht und öffentliches Recht, pass.; aus dem älteren Schrifttum etwa O. Mayer, AöR 3 (1888), 1 ff; Tezner, AöR 9 (1894), 489 ff.; Kelsen, AöR 31 (1913), 53 ff. und 190 ff. oder MeierBranecke, AöR 50 (1926), 230 ff. 2 Dazu sogleich unter C. 3 Vgl. nur Grundmann, AcP 204 (2004), 569 (570) oder Zimmer, NJW 2002, 1. 4 Mit Italien und Österreich sind dies – neben Frankreich – die Mitgliedsstaaten mit den großen alten Codices, dazu Grundmann, AcP 204 (2004), 569 (570) m. w. N. Als „groß“ kann die Reform deshalb bezeichnet werden, weil sich im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens die „große“ auf eine vollständige Neustrukturierung des Schuldrechts zielende Lösung gegenüber einer „kleinen“ Lösung durchgesetzt hat, dazu zusammenfassend unter § 2 B. I. 5 BGBl. I, S. 42.
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System- und Kategorienbildung gefragt.7 Bereits während der ungemein intensiv geführten Debatte im Vorfeld der Reform8, aber auch in den zurückliegenden drei Jahren Praxistest und weiterer wissenschaftlicher Analyse, war der Fokus vor allem auf die Bedeutung und Wirkung der Neuregelungen für das Privatrecht gerichtet.9 Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, eingehend der Bedeutung des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes (SMG) für das öffentliche Recht nachzuspüren. Die engste und zugleich praktisch bedeutsamste Verbindung zwischen öffentlichem Recht und den modernisierten Bereichen des Zivilrechts findet sich in Form des Verwaltungsvertrages. In den §§ 54 ff. VwVfG hat dieser nur eine rudimentäre Regelung erfahren. Ergänzend kommen daher über § 62 S. 2 VwVfG die Regelungen des BGB zur Anwendung. Durch das SMG gestaltete man Kernbestände gerade des Vertragsrechts völlig neu. Theoretisch sind daher auch die Auswirkungen auf das Verwaltungsvertragsrecht beachtlich. Allerdings steht die Rezeption über § 62 S. 2 VwVfG unter dem Vorbehalt entgegenstehender öffentlich-rechtlicher Besonderheiten. Neuerdings ist eine vermehrte Zurückhaltung hinsichtlich der Anwendung zivilrechtlicher Normen auf öffentlichrechtliche (Vertrags-)Rechtsverhältnisse zu beobachten.10 Hier besteht Aufklärungsbedarf. Denn eine gleichwertige Alternative zu den regelungstechnisch ausdifferenzierten Instrumenten des um- und ausgebauten BGB ist nicht ersichtlich. Eine wesentliche Hürde hinsichtlich der Rezeption der Privatrechtsnormen sieht man häufig in deren Ausrichtung am Rechtsverkehr zwischen zwei oder mehr jeweils privatautonom agierenden Privatrechtssubjekten. Denn die Verwaltung agiert demgegenüber auch in ihrer Eigenschaft als Vertragspartner nicht privatautonom, sondern rechtsgebunden. Nun wurde im Vorfeld der Schuldrechtsreform für das Privatrecht eine unkontrollierte „Materialisierung“11 konstatiert und vereinzelt gar der „Abschied von der Privatautonomie“12 beklagt. Möglicherweise lässt sich eine Publifizierung des Privatrechts derart feststellen, 6 Dauner-Lieb/Thiessen, DStR 2002, 809. Mit am heftigsten diskutiert ist die jetzt vorgesehene Vertragswirksamkeit und strenge Haftung im Falle anfänglicher Unmöglichkeit nach § 311a BGB, dazu einerseits die Kritik von Lobinger, Grenzen rechtsgeschäftlicher Leistungspflichten, S. 273 ff. mit dem abschließenden Vorschlag einer teleologischer Reduktion, die in die Nähe der bisherigen Rechtslage rückt oder die Bilanz der diesbezgl. geführten Diskussion bei Windel, JR 2004, 265 ff. § 311a BGB ist gerade auch aus Sicht des öffentlichen Rechts relevant, eingehend § 15. 7 Grundmann, AcP 204 (2004), 569 (570 und 576). 8 Statt aller Zimmer, NJW 2002, 1 und die dortigen Nachweise, insbesondere in Fn. 1. 9 Dazu die Zwischenbilanzen und Problemdarstellungen bei von Westphalen, BB 2005, 1 ff. und Dauner-Lieb, AnwBl. 2004, 597 ff. oder die Zusammenstellung neuer Streitfragen bei Schulze/Ebers, JuS 2004, 265 ff.; 366 ff. und 462 ff. sowie Lorenz, NJW 2005, 1889 ff. 10 Vgl. etwa hinsichtlich des AGB-Rechts BGH NVwZ 2003, 371 ff. 11 Canaris, AcP 200 (2000), S. 273 ff.
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dass sich die Steuerungsperspektiven beider Teilrechtsordnungen partiell angeglichen haben, so dass die Rezeption mit weniger strukturell bedingten Reibungen verbunden ist. Allerdings – soviel sei vorweg genommen – wird man hier genau zu differenzieren haben. Denn das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz ist Ausdruck sehr unterschiedlicher Privatrechtsentwicklungen. Im ersten Teil werden daher zunächst die verschiedenen Entwicklungsstränge, welche schließlich zur Schuldrechtsreform führten kurz dargelegt. Denn viele der Regelungen lassen sich nur verstehen, oder gar auf ihre Übertragbarkeit auf öffentlich-rechtliche Sachverhalte sowie auf Parallelen und Verbindungen zum öffentlichen Recht hin untersuchen, wenn die Hintergründe offen zu Tage liegen. So haben die im zweiten Teil auf ihre Anwendbarkeit auf Verwaltungsverträge hin untersuchten Neuregelungen ganz unterschiedliche Wurzeln, was sich je nach Ausprägung erheblich auf das „Ob“ und „Wie“ der Rezeption auswirken kann. Bereits der Blick auf die Hintergründe der Schuldrechtsmodernisierung zu Beginn des ersten Teils wird zeigen, dass das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz in vielerlei Hinsicht Ausdruck von breiteren Privatrechtsentwicklungen ist. So stehen einzelne Gesetzesänderungen im unmittelbaren Vorfeld der Schuldrechtsreform, sowie jüngste Neuerungen nach dem. 1.1.2002 häufig in einem direkten Entwicklungszusammenhang, den es teilweise mit einzubeziehen gilt.13 Um diesem Gesamtkontext Ausdruck zu verschaffen wird im Folgenden auch von „modernisiertem Privatrecht“ gesprochen. Im Privatrecht ist die Schuldrechtsreform nach wie vor ein Dauerthema.14 Die Auswirkungen auf das öffentliche Recht bildeten aber aus Sicht des Zivilrechts keine zentrale Fragestellung. Einzig im Bereich der neu geordneten Verjährung lassen die Gesetzesmaterialien erkennen, dass sich der Gesetzgeber im Klaren war, dass die Neuregelungen auch für das öffentliche Recht bedeutsam sein würden.15 Umgekehrt finden sich im öffentlich-rechtlichen Schrifttum bereits einige Stellungnahmen zu Auswirkungen der Schuldrechtsmodernisierung auf das öffentliche Recht. Diese konzentrieren sich meist auf spezielle Fragestellungen und Teilbereiche wie etwa das neu geordnete und ins BGB inte12 Vgl. Medicus, Abschied von der Privatautonomie? Erscheinungsformen, Gefahren, Abhilfen, pass. 13 So wurde etwa anlässlich der Umsetzung der Fernabsatzrichtlinie bereits kurz vor der Schuldrechtsreform durch Gesetz v. 27.6.2000, BGBl. I, S. 897 ff. u. a. die Legaldefinition des Verbrauchers (§ 13 BGB) und des Unternehmers (§ 14 BGB) eingeführt. Die Normierung dieser Schlüsselbegriffe war nicht unmittelbar durch die Richtlinie vorgegeben, sondern erfolgte bereits aufgrund systematischer Erwägungen, dazu unter § 3 C. 14 Vgl. nur die ausführliche und kontinuierlich aktualisierte Liste thematisch geordneter Beiträge, abrufbar unter http://www.dauner-lieb.de/index_schuldrecht.htm. 15 Vgl. die Ausführungen zu § 194 III BGB in der Fassung des Diskussionsentwurfes aus dem Jahre 2000 unter § 5 C. III.
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grierte AGB-Recht16, die Neuregelung der Verjährung und deren Bedeutung vor allem im Staatshaftungsrecht17 oder die öffentlich-rechtliche culpa in contrahendo18. Mit der nachfolgenden Untersuchung sollen erstmalig die für das öffentliche Recht relevanten Neuerungen systematisch in den Blick genommen werden. B. Gang der Untersuchung und wesentliche Problemstellungen Ausgehend von der traditionellen Unterscheidung zwischen privatem und öffentlichem Recht (dazu sogleich C.) gilt es im ersten Abschnitt des ersten Teils den Blick für Wesen und Inhalt des modernisierten Privatrechts zu schärfen. Zunächst werden dazu die Hintergründe und Kerngehalte des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes dargestellt (§ 2). Den inhaltlichen Schwerpunkt des SMG bilden die durch dessen Art. 1 eingeführten Neuerungen im BGB. Auffällig ist neben der Neuordnung des Verjährungs-, des Kauf- und Leistungsstörungsrechts der Ausbau des Verbraucherprivatrechts19. Mit dem AGB-Recht wird an späterer Stelle die Anwendbarkeit eines vor allem praktisch bedeutsamen Bestandteils dieses Sonderprivatrechts20 auf Verwaltungsverträge untersucht.21 Einführend wird daher ein kurzer Blick auf die Wesensmerkmale des Verbraucherpri16 Zunächst Grziwotz, BauR 2001, 1839 (1843) sodann ders., NVwZ 2002, 391 ff.; ders., DNotZ 2003, 346 (348 f.) und ders., Vertragsgestaltung, S. 83, Rn. 184; weiterhin Reidt, BauR 2004, 941 ff.; Ott, BayVBl. 2003, 171 f.; Bunzel, LMK 2003, 87 f.; Tilmann, Klauselrichtlinie, S. 81; Geis, NVwZ 2002, 385 (386); Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 62, Rn. 7a; Henneke, in: Knack, VwVfG, § 62, Rn. 22 oder Birk, Städtebauliche Verträge, S. 69 f., Rn. 130; aus der Rspr. BGH NVwZ 2003, 371 ff. 17 Erstmals wohl Dötsch, NWVBl. 2001, 385 (387 ff.) sodann ders., NWVBl. 2002, 140 (141); ders., in: Kroiß, Klauselbuch Schuldrecht, § 23, Rn. 2 ff. und 43 ff.; ders., DÖV 2004, 277 ff.; Lenkeit, BauR 2002, 196 (228); Franz, BayVBl. 2002, 485 ff.; Geis, NVwZ 2002, 385 (390); Kellner, NVwZ 2002, 395 ff.; Mansel, NJW 2002, 89 (91); Stumpf, NVwZ 2003, 1198 ff.; Guckelberger, Verjährung, S. 561 ff.; Henneke, in: Knack, VwVfG, § 62, Rn. 35; Heselhaus, DVBl. 2004, 411 ff. und zuletzt kurz Mansel/Budzikiewicz, NJW 2005, 321 (322). 18 Die diesbezgl. Ausführungen stehen regelmäßig in Bezug zur umstrittenen Frage des Rechtsweges bei Ansprüchen aus öffentlich-rechtlicher c. i. c.; grundlegend BVerwG NJW 2002, 2894 f. zusammenfassend und inhaltlich zustimmend Ziekow/Siegel, VerwArch 95 (2004), 443 (582 f). Zur Bedeutung der Schuldrechtsmodernisierung finden sich ausführliche Erwägungen bei der Vorinstanz, vgl. OVG Weimar NJW 2002, 386 (388), dem das BVerwG jedoch nicht gefolgt ist; kritisch daher im Hinblick auf die Schuldrechtsmodernisierung Dötsch, NJW 2003, 1430 ff.; zustimmend demgegenüber Ehlers, JZ 2003, 209 ff. und Kellner, DVBl. 2002, 1648 ff. Soweit sich Darstellungen finden, welche sich auf die Neuerungen der Schuldrechtsmodernisierung insgesamt beziehen, beschränken sich diese auf eine überblicksartige Vermittlung der zivilrechtlichen Neuerungen, vgl. etwa Geis, NVwZ 2002, 385 ff. oder Henneke, in: Knack, § 62, Rn. 19 bis 37. 19 Eingehend etwa Bülow/Arzt, Verbraucherprivatrecht, pass. 20 Bülow/Arzt, a. a. O., S. 139 ff.
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vatrechts sowie auf einige Schlüsselbegriffe wie den des Verbrauchers und des Verbraucherleitbilds geworfen (§ 3). Aufbauend auf dieser Kurzanalyse des modernisierten Privatrechts sollen im zweiten Abschnitt des ersten Teils neue Parallelen und Verbindungslinien zwischen den Teilrechtsordnungen aufgezeigt werden (§ 4). Vor allem der Ausbau des Verbraucherprivatrechts führt hier zu interessanten Parallelentwicklungen und neuen Verschränkungen zwischen den Teilrechtsordnungen. Eine der vielleicht praktisch bedeutsamsten Änderungen des SMG ist die Neuregelung der Verjährung (§ 5). Schon bisher wurde insbesondere die privatrechtliche Regelverjährung auf viele öffentlich-rechtliche Institute angewandt. Besonders aufgrund der deutlichen Verkürzung der Regelverjährung auf drei statt wie bisher 30 Jahre wird deren Anwendbarkeit insbesondere auf ungeschriebene staatshaftungsrechtliche Institute zunehmend bezweifelt. Im ersten Abschnitt des zweiten Teils gilt es dann einige Grundlagen und Grundfragen in den Blick zu nehmen, welche der Verwaltungsvertrag als Handlungsform zwischen den Teilrechtsordnungen aufwirft. Hier ist der Rahmen zu definieren, welcher die Rezeption des modernisierten Privatrechts ordnet und leitet. Unter diesem Gesichtspunkt eines die Rezeption leitenden Rechtsrahmens werden die Neuregelungen des SMG vorliegend im Hinblick auf die öffentlichrechtliche Rechtsform des Verwaltungsvertrages, wie er in den §§ 54 ff. VwVfG eine gesetzliche Regelung erfahren hat, untersucht. Aufgrund der Begrenzung des VwVfG auf Behördenhandeln (§ 6) konzentriert sich die Untersuchung auf Verwaltungsverträge zwischen Privaten und Behörden.22 Hierbei erweist sich die Rechtsverhältnislehre für die Rezeption des Privatrechts als außerordentlich bedeutsam. Im Sinne von sich wechselseitig ergänzenden Kategorien erfüllen Rechtsform und Rechtsverhältnislehre für die Rezeption des Privatrechts eine ordnende Funktion (§ 7). Nach vor allem in der Praxis immer noch herrschender Sicht steht es der Behörde frei, statt eines öffentlich-rechtlichen Vertrages i. S. d. §§ 54 ff. VwVfG auch einen privatrechtlichen Vertrag zu schließen (Formenwahlfreiheit). Kraft dieser „Wahl“ greifen die §§ 54 ff. VwVfG nicht. Es gilt statt dessen Privatrecht und somit zunächst unmittelbar auch die Neuregelungen des SMG. Durch die dann zuständigen Zivilgerichte zu überprüfende öffentlich-rechtliche Besonderheiten greifen nur in dem Maße, wie man überlagernd und ergänzend 21 Auch aus Sicht des öffentlichen Rechts wird dabei aber genau zu beachten sein, dass nicht alle Vorschriften des AGB-Rechts in den §§ 305 ff. BGB auf Verbraucherschutz zielen, bzw. sich formal auf Verbraucherverträge beziehen, eingehend unter § 11 D. 22 Verwaltungsverträge zwischen Behörden sowie die teilweise anerkannten Verwaltungsverträge zwischen Privaten werden nur am Rande behandelt, dazu etwa unter § 6 und § 9 A. II. 2. und die dortigen Nachweise.
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zum Privatrecht Sonderbindungen greifen lässt (Verwaltungsprivatrecht) oder gar durch dogmatische Hilfskonstruktionen wie der Zweistufentheorie einen Teil der Problemlösung an die Verwaltungsgerichte delegiert. Um ein Auseinanderdriften der Rechtsmaßstäbe zu vermeiden, bieten sich gegenwärtig zwei Wege an: Entweder man hält an der Formenwahlfreiheit fest und plädiert für überwölbende einheitliche Verwaltungsvertragsregeln oder man begrenzt die Formenwahlfreiheit und löst Rechtsfragen – u. a. des „Ob“ und „Wie“ der Anwendung privatrechtlicher Institute auf Verwaltungshandeln – einheitlich über die öffentliche Rechtsform. Möglicherweise ist der Vorrang der Rechtsform rechtsstaatlich geboten, so dass der Rückgriff auf das um- und ausgebaute BGB weitgehend einheitlich über § 62 S. 2 VwVfG erfolgt (§ 8). Die Systematik der §§ 54 ff. VwVfG sowie die Bildung von Verwaltungsvertragskategorien liefern dabei einen Ordnungsrahmen, durch welche sich Fragen der Rezeption privatrechtlicher Normen strukturieren lassen (§ 9). Anknüpfend an diese Grundlagen werden im zweiten Abschnitt die Anwendbarkeit des neu strukturierten Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) und im dritten Abschnitt die Anwendbarkeit zentraler Kategorien des neuen Leistungsstörungsrechts auf Verwaltungsverträge erörtert. Die Frage der Anwendbarkeit des AGB-Rechts auf Verwaltungsverträge erweist sich dabei als von großer praktischer Bedeutung. Sie wurde durch die Integration des AGBRechts in das BGB (§§ 305 ff. BGB) neu belebt (§ 10). Soweit das AGB-Recht auf Vorgaben der EG beruht, ist die europarechts-autonome Auslegung entscheidend (§ 11). Aber auch soweit das AGB-Recht nicht auf europäischen Vorgaben beruht, ist zu überlegen, wie weit vorrangig auf öffentlich-rechtliche Grundsätze wie das Angemessenheitsgebot (§ 12) oder doch über § 62 S. 2 VwVfG auf die §§ 305 ff. zurückzugreifen ist (§ 13). In dem Maße, wie das AGB-Recht auf Verbraucherschutz abzielt, erweist es sich als tragendes Referenzbeispiel für die Beantwortung der Frage, welcher Stellenwert dem stetig anwachsenden Verbraucherprivatrecht für das Vertragshandeln der öffentlichen Hand zukommt. Möglicherweise lassen sich die Regelungsregime der Teilrechtsordnungen gerade in diesem Bereich enger verbinden bzw. aufgrund angenäherter Systemgedanken für bestimmte Problemsituationen in ein funktionales Ergänzungsverhältnis setzen. Allerdings trifft man gerade im Bereich des AGB-Rechts auf verfestigte Argumentationslinien, welche bisweilen sehr einseitig auf die Dichotomie der Teilrechtsordnungen fixiert sind. Nach der bereits Mitte der 1990er einsetzenden und im Zuge der Schuldrechtsmodernisierung weiter vorangetriebenen Europäisierung des AGB-Rechts sowie der Verankerung an zentraler Stelle im BGB (zu beiden Aspekten unter § 3 A. und § 10 A.) ist es an der Zeit, die Rolle des AGB-Rechts für das Verwaltungsvertragsrecht näher zu beleuchten. Das dogmatische Schwergewicht der Reform liegt im Leistungsstörungsrecht.23 Hinsichtlich der Haftung wegen Leistungsstörungen wollte man durch
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die Konzentration auf wenige Tatbestände eine deutliche Vereinfachung herbeiführen (einleitend § 14). Gleichwohl enthält das neue System eine Fülle von Differenzierungen. Aufgrund einer ausgefeilten Verweisungstechnik zeichnen sich viele Regelungen durch ein hohes Abstraktionsniveau aus.24 Wo sich Überschneidungen mit bestehenden öffentlich-rechtlichen Regelungen und Grundsätzen ergeben, Institute gesetzlich geregelt wurden, welche auf Rechtsprechungsbasis schon bisher im öffentlichen Recht Anwendung fanden oder neue Institute geschaffen wurden, welche sich für das öffentliche Rechts als bedeutsam erweisen könnten, sind die Neuregelungen auch bzw. gerade in ihren Details auf ihre Übertragbarkeit in das Verwaltungsvertragsrecht hin zu untersuchen. Im Zentrum stehen die zwei neuen haftungsrechtlichen Grundnormen: § 311a II BGB für den Fall der anfänglichen Unmöglichkeit (§ 15) und § 280 I BGB bei Pflichtverletzungen aus dem Schuldverhältnis (§ 16).25 § 311a BGB erweist sich dabei aus öffentlich-rechtlicher Sicht besonders interessant, weil nach bisheriger Rechtslage ein Gleichlauf zwischen anfänglich-rechtlicher Unmöglichkeit und einem anfänglichen Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot i. S. d. § 134 BGB i. V. m. § 59 I VwVfG bestand.26 Ebenfalls von großer praktischer Bedeutung für das Verwaltungsvertragsrecht ist die Kündigung nach § 60 I 1 VwVfG. Hier gilt es das Verhältnis zur im Zuge der Schuldrechtsmodernisierung geregelten Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB und der Kündigung von Dauerschuldverhältnissen nach § 314 BGB zu klären (§ 17). Den Abschluss bildet eine zusammenfassende Schlussbetrachtung (§ 18).
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Grundmann, AcP 204 (2004), 569 (573). Kritisch daher Lando, RabelsZ 67 (2003), 231 (244): „Kein Kaviar für das Volk“. 25 Im Zusammenhang mit § 280 BGB wird § 284 BGB mitbehandelt. Als Alternative zum Schadensersatz sieht diese Neuschöpfung des Gesetzgebers den Ersatz immaterieller Schäden in Form von Aufwendungsersatz vor. Während der Anwendungsbereich für das Zivilrecht noch ungeklärt ist (Ernst, in: MüKo, BGB, § 284, Rn. 1), könnte die Norm gerade bei der Anwendung auf Verwaltungsverträge Bedeutung erlagen, eingehend § 16 C. II. 26 § 134 BGB kommt im Verwaltungsvertragsrecht traditionell eine herausragende Bedeutung zu. Zur Illustration sei nur auf die breit thematisierte Nichtigkeit eines Verwaltungsvertrages gem. § 134 BG (bei öffentlich-rechtliche Qualifikation i. V. m. § 59 I VwVfG) wegen anfänglichen Verstoßes gegen Vorschriften des EG-Beihilfenrechts verwiesen, grundlegend jüngst BGH EuZW 2003, 444 (445); im Anschluss BGH EuZW 2004, 252 (253) und 254 (255). Die Rechtsprechung hat ein breites – teils kritisches – Echo erfahren, vgl. etwa Pechstein, EuZW 2003, 447; Gellermann, DVBl. 2003, 484 ff.; Pütz, NJW 2004, 2199 (2200 f.); Quardt/Nielandt, EuZW 2004, 201 (204); Verse/Wurmnest, AcP 204 (2004), 855 ff.; Heidenhain, EuZW 2005, 135 ff. oder Schmidt-Räntsch, NJW 2005, 106 ff. 24
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C. Selbständigkeit und Verbindung von öffentlichem und privatem Recht Die Unterscheidung von öffentlichem und privatem Recht als zweier hinsichtlich ihrer Grundmuster selbständiger Teilrechtsordnungen mit je eigener Systematik und Rechtsinstitutionen ist eine für die deutsche Rechtsordnung prägende Grundkonzeption.27 Darüber hinaus findet sich dieser Dualismus auch in den meisten zentraleuropäischen Staaten und liegt, wie sich Art. 238 EGV entnehmen lässt, auch dem Eigenverwaltungsrecht der EG zugrunde.28 Rechtsgeschichtlich erfolgte die Zweiteilung relativ spät. Sie beruht wesentlich auf den dogmatischen Leistungen der großen Rechtsdenker des 19. Jahrhunderts und kann aus der Perspektive ihrer Entstehung weniger als eine wirkliche Trennung, sondern mehr als „Emanzipation“ des öffentlichen Rechts vom Zivilrecht verstanden werden.29 Beide Teilrechtsordnungen zeichnen sich durch leitende Prinzipien aus, die sie zusammenhalten und einer spezifischen inneren Ordnung zuführen.30 Ungeachtet der grundsätzlichen Trennung wächst der Bereich, in welchem beide Teilrechtsordnungen nicht isoliert nebeneinander stehen, sondern in vielfältiger Weise „verzahnt“31 und „verflochten“32 sind. Hierbei ist die überkommene Perspektive der gegenseitigen Abgrenzung durch diejenige der Leistung von Maßstäben, Organisationsformen, Verfahren und Handlungsinstrumenten beider Teilrechtsordnungen für eine Lösung bestimmter Probleme gewichen. Programmatisch ist der Gedanke der „Auffangordnungen“.33 So entsteht vermehrt ein Schnittbereich, in dem beide Teilrechtsordnungen einen gemeinsamen Ordnungsrahmen bilden.34 Die Arbeit wird sich gerade diesem Schnittbereich
27 Ossenbühl, NJW 2000, 2945 (2946); zusammenfassend zur Entwicklung und Bedeutung dieser Zweiteilung im deutschen Rechtssystem de Wall, Privatrechtliche Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 7 ff. 28 Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee, 6. Kap., Rn. 13; vgl. auch Trute, in: HoffmannRiem/Schmidt-Aßmann, Auffangordnungen, 169 (170) m. w. N. 29 Quaas, FS 50. Jahre BVerwG, S. 37. Der Prozess der Emanzipation des öffentlichen Rechts als selbständiger Teilrechtsordnung lässt sich gegenwärtig sehr deutlich auch in England ablesen, wo im Gegensatz zu den kontinentaleuropäischen Staaten die Unterscheidung bisher weniger deutlich ausgeprägt war, dazu § 8, Fn. 318 (S. 162). 30 Bullinger, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann, Auffangordnungen, 239 (249) spricht synonym auch von „Leitgedanken“; zusammenfassend zu den Prinzipien der Teilrechtsordnungen, Trute, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann, Auffangordnungen, 169 (171 ff.) sowie Bullinger, a. a. O., 239 (250 ff.). 31 Trute, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann, Auffangordnungen, 169 (170); ähnlich zuletzt van Aaken, in: 44. AssÖR (2004): Recht und Ökonomik, 1 (8): „verzahnte Gebilde“. 32 Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee, 6. Kap., Rn. 12. Vgl. auch die Zusammenstellung übergreifender „Annäherungstendenzen“ der Teilrechtsordnungen bei de Wall, Privatrechtliche Vorschriften, S. 29 ff. 33 Grundlegend die Beiträge im Sammelband von Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann, Auffangordnungen, pass.
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zuwenden. Den Ausgangspunkt der Untersuchung bildet daher ein kurzer Blick auf im Weiteren relevante Wesensmerkmale von öffentlichem und privatem Recht (I. und II.) sowie bedeutsame Verbindungen der Teilrechtsordnungen (III.) I. Privatrecht Das dominierende Leitprinzip des Privatrechts ist die eigenverantwortliche Gestaltung von Rechtsbeziehungen autonomer Rechtssubjekte auf der Grundlage von Gleichberechtigung und Selbstbestimmung (Privatautonomie).35 Als Teil der persönlichen Freiheit ist die Privatautonomie in Art. 2 I GG verfassungsrechtlich verbürgt36. Die Rechtsnormen des Privatrechts zielen in erster Linie darauf ab, einen Rahmen zu schaffen, durch welchen dieser zunächst natürlichen Freiheit auch rechtsverbindlich Ausdruck verschafft werden kann. Als rechtlich anerkanntes Produkt der natürlichen Willensentscheidung ist der Vertrag grundsätzlich bindend (pacta sunt servanda). Grundvoraussetzung hierfür ist die Fähigkeit zu eigenverantwortlicher Interessenwahrnehmung. Wo diese – etwa wegen eines typischen Verhandlungsungleichgewichts – als nicht gegeben angesehen wird, setzten in zunehmendem Maße rechtliche Ausgleichsmechanismen an.37 Auch diese Mechanismen zielen entsprechend dem Kernanliegen des Privatrechts aber grundsätzlich auf Ermöglichung und Ordnung selbstbestimmter Interaktion der Rechtssubjekte.38 Innerhalb der Privatautonomie sind einzelne Teilfreiheiten zu unterscheiden.39 Den Kern bildet die Vertragsfreiheit40, verstanden als „die Möglichkeit, 34 Schmidt-Aßmann, a. a. O. Vgl. auch Heintzen, VVDStRL 62 (2003), 220 (262), welcher hinsichtlich der Bedeutung der fest definierten Teilrechtsordnungen für den Schnittbereich von zwei festen „Polen“ spricht. Es geht also nicht um die Herausbildung eines Misch- oder Gemeinrechts. Auch Bullinger, welcher vormals in diese Richtung tendierte hat seine Position geändert und plädiert nun für eine funktionale Sichtweise, welche grundsätzlich vom Dualismus der Teilrechtsordnungen ausgeht, vgl. Bullinger, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann, Auffangordnungen, 239 (249) und zudem Hoffmann-Riem, im selben Band, 261 (272) sowie de Wall, Privatrechtliche Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 42 ff. 35 Ausführlich Busche, Privatautonomie, S. 13 ff.; Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil des BGB, § 1, Rn. 2 ff., Medicus, Allgemeiner Teil des BGB, § 1, Rn. 4 ff. sowie grundlegend Schmidt, Unterscheidung von privatem und öffentlichem Recht, S. 117 ff. 36 BVerfGE 89, 214 (231): „Art. 2 I GG gewährleistet die Privatautonomie als „Selbstbestimmung des Einzelnen im Rechtsleben.“, Bürgschaft I; aufgegriffen in BVerfG NJW 1994, 2749 (2750), Bürgschaft II.; ausführlicher sogleich unter § 3 D. 37 Dies ist vor allem ein Thema des Verbraucherprivatrechts, welches im Zuge der Schuldrechtsmodernisierung noch ausgebaut wurde, eingehend unter § 3. 38 Das ist freilich im Einzelnen nicht unproblematisch; eingehend am praktisch bedeutsamen Beispiel des Verbraucherprivatrechts unter § 3. 39 Dazu Ruffert, Vorrang der Verfassung, S. 53. 40 Vgl. Badura, in: FS Rittner, 1 (2).
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durch übereinstimmende Willenserklärungen Rechtswirkungen inter partes zu erzeugen.“41 Sie lässt sich wiederum in Abschlussfreiheit, inhaltliche Ausgestaltungsfreiheit einschließlich der Typenwahlfreiheit und Auflösungs- bzw. Abänderungsfreiheit aufspalten.42 Die privatautonome Ausgestaltung der individuellen Rechtsbeziehungen bedarf anders als im öffentlichen Recht keiner Rechtfertigung oder formalen Begründung, sondern ist lediglich Ausdruck freier und selbstverantwortlicher Willensentscheidung. II. Öffentliches Recht Anknüpfend an die soeben für das Privatrecht beschriebene Formen- und Gestaltungsfreiheit des grundrechtsberechtigten Bürgers kann das Privatrecht als das allgemeine Verkehrsrecht oder auch „Jedermannsrecht“ bezeichnet werden.43 Demgegenüber geht es im öffentlichen Recht um die besondere Stellung der staatlichen Hoheitsträger und deren gesetzlich zugewiesene Handlungsaufträge in Bezug auf das Gemeinwohl.44 Gegenüber dem am Prinzip privatautonomer Rechtsgestaltung ausgerichteten Privatrecht erscheint das an den Rechtsbindungen und -aufträgen der Verwaltung ausgerichtete öffentliche Recht als „Amtsrecht“ oder „Sonderrecht der Amtsträger“45. Dem öffentlichen Recht zugehörig sind daher alle Rechtssätze, die zumindest einen Träger öffentlicher Gewalt als Zuordnungssubjekt haben und diesen in seiner Eigenschaft „als solchen“ berechtigen, verpflichten oder mindestens organisieren.46 Kennzeichnend ist weiter die dem Bürger übergeordnete Stellung der staatlichen Hoheitsträger und die daraus folgenden rechtsstaatlichen Bindungen und gesetzlich zugewiesenen Handlungsaufträge. Die Verwaltung kann zur Verwirklichung ihrer Zielvorgaben aus ihrer strukturell überlegenen Stellung heraus einseitig – etwa durch Verwaltungsakt – Rechtsfolgen festlegen, muss sich aber mit einem besonderen Gemeinwohlbezug ihrer Entscheidung legitimieren.47 So tritt der Ho41
Heinrich, Formale Freiheit und materiale Gerechtigkeit, S. 55. Ergänzt wird die Vertragsfreiheit um die Testierfreiheit und die Vereinigungsfreiheit im Gesellschaftsrecht. 43 Eingehend Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee, 6. Kap., Rn. 14. 44 Schmidt-Aßmann, a. a. O. 45 Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee, 6. Kap., Rn. 15 f. 46 So der herrschende Ansatz der (modifizierten) Sonderrechtslehre. Die Terminologie variiert je nachdem, ob man an den Sonderrechtscharakter oder den Umstand, dass ein Träger hoheitlicher Gewalt Zuordnungssubjekt ist, anknüpft, vgl. etwa Ehlers, in: Erichsen/Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 2, Rn. 26 oder ders., DV 20 (1987), 373 (379) („materielle Subjektstheorie“), oder Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht I, § 22, Rn. 27 („materielle Sonderrechtslehre“), sowie Skouris, EuR 1998, 111 (113) m. w. N. auch zu den anderen Theorien, die zum Zwecke der Abgrenzung zum Privatrecht bemüht werden; zur Abgrenzung gegenüber der „formalen Subjektstheorie“ Wolff/Bachoff/Stober, a. a. O., § 22, Rn. 25. 47 Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee, 6. Kap., Rn. 17. 42
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heitsträger dem Bürger als Akteur gegenüber, der einerseits das öffentliche Wohl in verantwortlicher Sachwalterschaft dauerhaft und nachhaltig fördert, andererseits dabei stets den durch die Grundrechte abgesicherten Freiheitsstatus des Bürgers achtet und ggf. aktiv schützt. Aus dem Konzept der grundsätzlichen Freiheit des Bürgers gegenüber staatlicher Macht folgt, dass staatliches Handeln – anders als privatautonome Aktion – regelmäßig der Rechtfertigung bedarf48 und Vorgang sowie Ergebnis desselben auf Rationalität angelegt sein müssen49. Formal wird dieses Postulat dadurch realisiert, dass die Verwaltung ihr Handeln auf eine Kompetenznorm stützen können muss (Vorbehalt des Gesetzes)50, es am Maßstab der geltenden Gesetze zu messen (Vorrang des Gesetzes)51 und regelmäßig auch zu begründen hat. In der Grundaussage stellt damit das Privatrecht den Rechtsrahmen zur Ermöglichung möglichst eigenbestimmter und freier Rechtsgestaltung der Privatrechtssubjekte während das öffentliche Recht den Rahmen für das gesetzes- bzw. rechtsgebundene außenwirksame Handeln der Exekutive stellt.52 Wählt die Verwaltung die klassische Handlungsform des Verwaltungsaktes, lassen sich Ermächtigungsgrundlage, formelle Anforderungen sowie Fehlerfolgen meistens relativ unkompliziert ausmachen. Begibt sich die Verwaltung formal auf die Ebene der Gleichordnung, indem sie Verträge schließt, wird der klar öffentlich-rechtlich gegliederte Ordnungsrahmen verlassen. Die spezifischen Bindungen jedoch bleiben grundsätzlich, was im Kontext der gewählten Handlungsform zu noch näher zu untersuchenden Implikationen führt.53 III. Relevante Verbindungen und Schnittbereiche der Teilrechtsordnungen Verbindungen zwischen den Teilrechtsordnungen finden sich in ganz unterschiedlicher Art und Intensität. Übergreifendes Anliegen der Arbeit ist es, an48
Ehlers, in: Erichsen/Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 2, Rn. 11. Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee, 1. Kap., Rn. 21. 50 BVerfGE 61, 62 (101); 68, 193 (206). Die Frage, ob dies nur für eingreifende oder auch für leistende Verwaltung gilt, soll hier nicht vertieft werden, vgl. zu den Problemfeldern Ossenbühl, in: Erichsen/Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 9, Rn. 15 ff. m. w. N. 51 Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 6, Rn. 1; Ossenbühl, in: Erichsen/Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 9, Rn. 7. 52 Prägnant im Hinblick auf das Verwaltungshandeln Schmidt-Aßmann, in: FS Gelzer, 117 (122: „gesetzesdirigiert“) oder aus einer geweiteten Sicht Schmidt-Aßmann, in: Schmidt-Aßmann/Hoffmann-Riem, Methoden der Verwaltungsrechtswissenschaft, 387 (390: „rechtsdirigiert“). Zur hier nicht vertieften organisationsrechtlichen Dimension des öffentlichen Rechts Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee, 6. Kap., Rn. 18. 53 Es stellt sich vor allem die Frage wie weit die Verwaltung Formen des Privatrechts wählen darf (§ 8 A. II.) und welche Bindungen im Falle zulässigen privatrechtsförmigen Handelns eingreifen (§ 8 A. III.). 49
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hand der nachfolgend untersuchten Verbindungen zwischen dem öffentlichen Recht und den durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz betroffenen Bereiche einen Beitrag zur Systematisierung der Verbindungslinien im Schnittbereich der Teilrechtsordnungen zu leisten.54 Vor allem durch die zunehmende Einbindung Privater in die Erfüllung öffentlicher Aufgaben werden kontinuierlich neue Erscheinungsformen zu Tage gefördert.55 In vielen der neuen Rechtsinstrumente verschmelzen Systemgedanken und Elemente der Teilrechtsordnungen miteinander.56 Oftmals handelt es sich um Rechtsregime, welche auf europäischer Ebene konzipiert wurden. Aus Sicht der EG ist die Zuordnung zu einer der Teilrechtsordnungen meist unbedeutend. Durch Regime wie das europäische Vergaberecht, Verbraucherschutzstandards, verbraucher- oder neuerlich auch umweltschutzrechtlicher Verbandsmitwirkungs-, -informations und Klagerechte, Emissionshandel, Umweltqualitätszeichen für die Produktwerbung oder das Öko-Audit will man effektiv Probleme lösen, ohne sich um die Zuordnung der Instrumente zur ein oder anderen Teilrechtsordnung näher zu kümmern. Es stehen funktionale Erwägungen im Vordergrund. Aus nationaler Sicht kann dies dazu führen, dass neue rechtsformneutrale Instrumente, deren Konzeption nicht den gewachsenen Prinzipien einer Teilrechtsordnung entspricht, aufgrund der nationalen Zweiteilung in beiden Teilrechtsordnungen zum Einsatz kommen und dadurch eine Parallelisierung der Instrumente bewirken.57 Es kann aber auch zu komplizierten Zuordnungsproblemen kommen. So ist denkbar, dass der nationale Gesetzgeber ein Regime in Anknüpfung an das private Vertragsrecht regelt, während aus Sicht der EG auch bei Verträgen, die nach nationaler Sicht öffentlich-rechtlich sind, ein Steuerungsbedarf besteht.58 In Form des Verwaltungsvertrags (§§ 54 ff. VwVfG) findet sich das praktisch bedeutsamste Instrument, in welchem beide Teilrechtsordnungen formal ineinander greifen. Im Staat-Bürger-Verhältnis formalisiert es die verbindliche rechtsge-
54 Zu diesem Arbeitsauftrag allgemein Damm, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann, Auffangordnungen, 85 (134 f.); ähnlich Trute, im selben Band 167 (170) 55 Ausführlich die Beiträge in Schenk/Schmidtchen/Streit, Formen der Kooperation. Zum Kooperationsgedanken in diesem Zusammenhang statt aller Voßkuhle, VerwArch 92 (2001), 184 (203). 56 Dazu abstrakt Schmidt-Aßmann, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann, Auffangordnungen, 7 (23). Ein konkretes aktuelles Beispiel liefert die Verknüpfung von öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Modulen im Rahmen des Erwerbs und Handels mit Treibhausgaszertifikaten, eingehend B. Gündling, StudZR 2005, 357 (365 f.). 57 So etwa im Falle der durch Art. 3 des SMG um- und ausgebauten Verbandsklagen einerseits und den neuen umweltrechtlichen Verbandsklagen andererseits, zu dieser Beobachtung im ersten Teil kurz unter § 4 D. 58 Das ist ein Thema etwa des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder des Vergaberechts, dazu systematisch aus Sicht des Verwaltungsvertragsrechts unter § 9 B. I. 2.
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schäftliche Kooperation zwischen privatautonom agierendem Bürger und rechtsgebundener Behörde. Der Heterogenität der Akteure korrespondiert eine Heterogenität der anwendbaren Normen: In den §§ 54 ff. VwVfG hat der Verwaltungsvertrag wie bereits erwähnt nur eine lückenhafte Regelung erfahren.59 § 62 S. 2 VwVfG eröffnet daher „ergänzend“ den Rückgriff auf das BGB, das im Zuge der Reform durch die Inkorporation etlicher Verbraucherschutzgesetze und bisher ungeregelter Institute eine wesentliche Ausweitung erfahren hat.60 Soweit sich Normen, die ausweislich ihres europäischen Hintergrundes auch auf öffentlich-rechtliche Verträge Anwendung finden sollen, nun im BGB wieder finden, kann dem Geltungsanspruch formal über die Brücke des Verweises Rechnung getragen werden.61 Die Rezeption von Privatrechtsnormen ohne europarechtlichen Hintergrund stellt den Rechtsanwender im Übrigen vor methodische Herausforderungen, die in der eben skizzierten wesensmäßigen Unterschiedlichkeit der Teilrechtsordnungen wurzeln: Es wird auf Rechtsnormen zurückgegriffen, welche nicht für die gesetzesgebundene und gemeinwohlverpflichtete Verwaltung, sondern für den zur Verwirklichung von Eigeninteressen privatautonom agierenden Privaten konzipiert sind. Bei der Verbindung mit dem öffentlichen Recht durch § 62 S. 2 VwVfG kommt es zu einer Grundspannung: Einerseits ist stets zu fragen, ob und wie weit öffentlich-rechtliche Spezialregelungen, Grundsätze oder Sonderbindungen der Verwaltung dem Rückgriff auf die jeweils in den Blick genommenen Zivilrechtsregeln entgegenstehen. Andererseits bestehen für den in immer mehr Bereichen zum Einsatz kommenden Verwaltungsvertrag kaum geschriebene öffentlich-rechtliche Regelungen. Ist die verwaltungsvertragliche Regelung inhaltlich belastend für den Privaten oder kommt es zu unvorhersehbaren Leistungsstörungen und Haftungsfragen, könnte sich sogar gerade wegen der Gesetzesbindung der Rückgriff auf klare geschriebene Normen jedenfalls gegenüber ungeschriebenen öffentlich-rechtlichen Rechtsgrundsätzen als vorzugswürdig erweisen. Deshalb ist jeweils genau zu untersuchen, ob nicht auch unter Berücksichtigung des öffentlich-rechtlichen Kontextes und der Sonderbindungen der Verwaltung das moderne Zivilrecht passende Lösungen bereit hält und ob nicht durch die möglichst umfassende Anwendung tradierter, völlig neuer, rechtstechnisch neu gestalteter oder in ausdrückliche gesetzliche Tatbestände überführte Institute des Privatrechts dem Verwaltungsvertragsrecht zu mehr normativer Struktur und dogmatischer Dichte verholfen werden kann.62 Aus dieser Untersuchungsperspektive heraus bilden 59 Dazu Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 392; Geis, NVwZ 2002, 385 (386) und Bonk, in: P. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 62, Rn. 4 („Mindestrahmen“). 60 Zusammenfassend sogleich unter § 2 B. II. 61 So kann nunmehr nach der Inkorporation des AGB-Rechts in das BGB nicht mehr argumentiert werden, dass AGB-Recht fände auf Verwaltungsverträge keine Anwendung, weil es formal nicht vom Verweis umfasst ist. Soweit sich der Geltungsanspruch aus dem europäischen Rechtsakt selbst ergibt, kann die formale Inbezugnahme aber ohnehin nicht letztentscheidend sein, dazu unter § 10 C. und § 11.
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die in den §§ 13 bis 17 detailliert untersuchten Institute des modernen Privatrechts Referenzbeispiele zivilrechtsakzessorischer Lösungsmodelle. Soweit es der Rahmen der Untersuchung zulässt, wird auf Anwendungsbeispiele und Besonderheiten von Verwaltungsverträgen unterschiedlicher Sachgebiete und ausweislich der Rechtsprechung besonders problematische Konstellationen näher eingegangen. Als geschlossener, auch im öffentlichen Recht praktisch bedeutsamer Regelungskomplex wird auf diese Weise vor allem das AGB-Recht genau unter dem Gesichtspunkt des Privatrechts als Ergänzungs- oder Auffangordnung zum öffentlichen Recht zu analysieren sein.63 Ähnliche Probleme wie im Verwaltungsvertragsrecht stellen sich dort, wo die Zivilrechtsregeln nicht durch ausdrücklichen gesetzlichen Verweis, sondern aufgrund ungeschriebener Transfer- oder Rezeptionsmechanismen im öffentlichen Recht angewandt werden (etwa im Wege einer Analogie oder aufgrund gewohnheitsrechtlicher Geltung).64
62 Kritisch angesichts der Strukturlosigkeit des Verwaltungsvertragsrechts jüngst etwa Krebs, in: Schmidt-Aßmann/Hoffmann-Riem, Methoden der Verwaltungsrechtswissenschaft, 209 (214). 63 Zum Gedanken der Steuerung und Regulierung durch AGB(-Recht) auch im öffentlichen Recht bereits Kirchner, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann, Auffangordnungen, 63 (66). Vgl. zudem Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 395, welcher u. a. vom Zivilrecht als „Inspirationsquelle“ spricht. 64 Dazu am Beispiel der Anwendbarkeit der Neuregelungen, insbesondere des Verjährungsrechts auf ungeschriebene Institute des Staatshaftungsrechts unter § 5.
Erster Teil
Grundstrukturen des modernisierten Privatrechts und Verbindungen zum öffentlichen Recht 1. Abschnitt
Die Schuldrechtsmodernisierung – Abbild der jüngsten Privatrechtsentwicklung § 2 Hintergründe und Kerngehalte der Schuldrechtsmodernisierung A. Hintergründe Die mit der Schuldrechtsreform verbundenen Neuregelungen sind inzwischen im Allgemeinen umfassend beschrieben. Als Grundlage für die Analyse der speziellen Rechtsfragen im zweiten Teil soll im Folgenden nur ein Überblick der Hintergründe und wesentlichen inhaltlichen Bausteine gegeben werden. Die Wurzeln der jüngsten Novellierung des zuvor in großen Teilen seit 1900 nahezu unveränderten BGB reichen bis in die späten 1970er Jahre zurück.1 Viele Neuregelungen lassen sich nicht allein mit dem Verweis auf gemeinschaftsrechtliche Vorgaben erklären. Als vor über hundert Jahren Wissenschaft und Praxis das BGB als zentrales Gebäude deutscher Zivilrechtskodifikation errichteten, entstand dieses im damals jungen Nationalstaat als ein Ausdruck seiner nationalen Einheit.2 Inzwischen sind die nationalstaatlichen Grenzmauern gefallen und die europäischen Staaten befinden sich in einem Prozess supranationaler Rechtsharmonisierung, in welchen auch das Privatrecht involviert ist.3 Sowohl rechtsverbindliche Vor1 Die kritisierten Defizite des BGB zusammenfassend BT-Drs. 14/6040 vom 14.05. 2001, S. 1 f. Vgl. zur Entwicklung und Funktion des BGB von 1900 bis zur Schuldrechtsmodernisierung die Beiträge in Diederichsen/Sellert, Das BGB im Wandel der Epochen, speziell die S. 7–193. 2 Schulze/Schulte-Nölke, in: dies., Die Schuldrechtsreform vor dem Hintergrund des Gemeinschaftsrechts, S. 3. Eingehend zur Entstehungsgeschichte Schulze, DRiZ 1997, 369 ff. und Schulte-Nölke, Das Reichsjustizamt und die Entstehung des Bürgerlichen Gesetzbuches m. w. N.
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1. Teil 1. Abschn.: Die Schuldrechtsmodernisierung
gaben der EG sowie rechtlich zunächst unverbindliche gesamteuropäische wissenschaftliche Vorarbeiten haben das Gesicht des modernisierten BGB entscheidend mitgeprägt. Es ist also nicht allein Ausdruck nationaler Rechtskunst, sondern in wesentlichem Maße das Produkt einer zunehmenden Europäisierung der Zivilrechtsordnung (I.). Rechtstechnisch galt es aber nicht nur eine Fülle von Neuerungen einzuarbeiten, sondern auch etliche Unübersichtlichkeiten, Verwerfungen und Wertungswidersprüche zu beseitigen.4 Während dies zunächst in deutscher Perspektive zur Wiederbelebung der Kodifikationsidee geführt hat, erstarkt diese nunmehr auch auf europäischer Ebene (II.).5 I. Europäisierung Nachdem über viele Jahrhunderte das vom römischen Recht abgeleitete ius commune einen gemeinsamen europäischen Referenzrahmen gebildet hatte, begann dieses Modell ab dem 18. Jahrhundert nationalen Konzeptionen zu weichen. Im 19. und teilweise auch im 20. Jahrhundert war es einhellige Ansicht, dass das nationale Recht von eigenständigen nationalen Wertentscheidungen geprägt ist.6 Die Materialien zum BGB belegen, dass seine Urheber ganz im Geiste dieser Epoche nach Lösungen suchten, die „deutschen“ Charakter haben sollten. Mit der Nationalisierung der Privatrechtsordnungen wurden die überkommenen Verbindungslinien mit anderen Rechtssystemen mehr oder weniger gekappt. Als Folge dessen entdeckte die Rechtswissenschaft die Rechtsvergleichung und das internationale Privatrecht mit seinem ausdifferenzierten System an Verweisungsnormen. Vorwiegend zum Abbau von Handelshemmnissen erfolgte eine erste Vereinheitlichung und Harmonisierung des Privatrechts durch internationale Abkommen.7 Diese brachten jedoch statt echter Rechtseinheit nicht mehr als einen „Flickenteppich“ halbherziger Kompromisslösungen her3 Ausführlich Mosiek-Urbahn, ZRP 2000, 297 ff. sowie Franzen, Privatrechtsangleichung, pass.; Grundmann, Europäisches Schuldvertragsrecht, pass.; Klauer, Europäisierung des Privatrechts, pass.; Kötz, Europäisches Vertragsrecht, pass. und zuvor Hommelhoff, AcP 192 (1992), 71 ff. 4 Zu den im BGB a. F. angelegten Friktion ausführlich Medicus, in: Schulze/ Schulte-Nölke, Die Schuldrechtsreform vor dem Hintergrund des Gemeinschaftsrechts, S. 33 ff. 5 Bezeichnend für die Entwicklung der Titel des Sammelbandes von Bydlinski u. a., Renaissance der Idee der Kodifikation, pass. Bemerkenswert ist, dass man auch im angloamerikanischen Bereich der Kodifikationsidee gar nicht so fern steht, wie gemeinhin angenommen wird, vgl. dazu Herman, in: Zimmermann, Amerikanische Rechtskultur und europäisches Privatrecht, S. 45 ff. 6 Basedow, JuS 2004, 89 (90). 7 Der Prozess setzte ca. 1880 ein, vgl. etwa die Convention d’Union pour la protection de la propriété industrielle vom 20.3.1883, RGBl. 1903, S. 147 oder das internationale Übereinkommen über den Eisenbahn-Frachtverkehr vom 14.10.1890, RGBl. 1892, S. 793.
§ 2 Hintergründe und Kerngehalte der Schuldrechtsmodernisierung
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vor.8 Dennoch bilden sie die Vorläufer der gegenwärtigen Europäisierung der Privatrechtsordnungen. Eine echte Eigendynamik und Initiativkraft bekam der Vereinheitlichungsprozess erst durch die im 20. Jahrhundert einsetzende Institutionalisierung.9 Die meisten der gegründeten Institutionen beschränkten sich auf einzelne Bereiche des Privatrechts.10 Andere wie etwa das International Institute for the Unification of Private Law (UNIDROIT) in Rom11 nahmen das gesamte Handels- und Privatrecht in den Blick und spielen bis heute eine zentrale Rolle.12 Den entscheidenden institutionellen Rahmen für eine rechtsverbindliche und effektive Vereinheitlichung, wie wir sie heute vorfinden, bildete schließlich die Europäische Gemeinschaft. Die Evolution eines harmonisierten materiellen gesamteuropäischen Privatrechts erfolgt auf zwei ineinander greifenden Ebenen13: zum einen durch rechtsverbindliche Vorgaben der EG (1), zum anderen durch Orientierung an rechtlich nicht unmittelbar verbindlichen wissenschaftlichen Vorarbeiten europäischer Forschungseinrichtungen (2). Ergänzend wird die Privatrechtsentwicklung maßgeblich durch die Rechtsprechung des EuGH mitbeeinflusst, so dass im Folgenden bei Einzelaspekten auch hierauf sorgfältig zu achten sein wird.14
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Basedow, a. a. O., 89 (92). Grundlegend Kropholler, Internationales Einheitsrecht, pass. 10 Zu nennen sind etwa die World Intellectual Property Organisation (WIPO) und die International Labour Organisation (ILO), beide mit Sitz in Genf, die International Civil Aviation Organisation in Montreal, die International Martitime Organisation in London oder die International Telecommunications Union in Genf. 11 Zur Organisation, Zielsetzung und Arbeitsweise von UNIDROIT vgl. http:// www.unidroit.org/default.htm. Einen vergleichbar breiten Verantwortungsbereich hat die United Nations Commission on international Trade Law in Wien, vgl. http:// www.uncitral.org/en-index.htm sowie die „Lando-Kommission“ (§ 2, Fn. 33 [S. 45]). 12 Daneben existieren weitere Gruppen, welche sich mit der Vereinheitlichung spezieller Bereiche wie etwa dem Recht der unerlaubten Handlungen, dem Recht des Trust, dem internationalen Privatrecht, Familienrecht oder Versicherungsrecht befassen, vgl. die aktuelle Zusammenstellung bei Basedow, a. a. O., 89 (95) m. w. N. 13 Grundlegend Müller-Graff, Gemeinsames Privatrecht in der europäischen Gemeinschaft, pass. und Hommelhoff, AcP 192 (1992), 71 ff. sowie Grundmann, Europäisches Schuldvertragsrecht, pass.; zusammenfassend zur jüngeren Entwicklung Fischer, VuR 2003, 374 (375 ff.). Die Begriffe, mit denen das Phänomen der Herausbildung eines einheitlichen Europäischen Privatrechts zu erfassen versucht wird, variieren. So ist etwa von „europäischer Harmonisierung“, „Rechtsharmonisierung“, „Rechtsangleichung“, „Angleichung der Rechtsvorschriften“, „Rechtsannährung“ oder „Rechtsvereinheitlichung“ die Rede, vgl. Fischer, a. a. O., 374 (376 f.) m. w. N. sowie dessen eigenen Systematisierungsansatz (S. 379 ff.). 14 Im Mittelpunkt steht dabei dessen Rechtsprechung zur Interpretation der Richtlinien im Rahmen des Vorabentscheidungsverfahrens als „rechtspolitischem Gestaltungsforum“ (so Micklitz, VuR 2003, 2 [6]). Ausführlich zur Bedeutung des EuGH für die Europäisierung des Privatrechts Fischer, VuR 2003, 374 (376 ff.). 9
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1. Teil 1. Abschn.: Die Schuldrechtsmodernisierung
1. Rechtsverbindliche Vorgaben Rechtsverbindliche Vorgaben finden sich vorwiegend in Form von Richtlinien.15 Mitte der 1980er Jahre setzte eine Harmonisierung ausgewählter Bereiche des Privatrechts durch Richtlinien ein. Meilensteine waren die Produkthaftungs-, Haustürgeschäfts-, Verbraucherkredit-, Pauschalreise- und Klauselrichtlinie. Dies führte zunächst zu einer Aufsplitterung des Privatrechts in viele um das BGB gruppierte Nebengesetze.16 Der Verbraucherschutz steht dabei zunehmend im Mittelpunkt, so dass sich das Verbraucherprivatrecht neben dem Gesellschafts- und Arbeitsrecht als „dritte Säule“17 der Privatrechtsangleichung etabliert hat.18 Anlass für die Schuldrechtsmodernisierung waren erneut drei europäische Richtlinien: die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie 19, die Zahlungsverzugsrichtlinie20 und die E-Commerce-Richtlinie 21. Deren Gestaltungswirkung für die nationalen Privatrechtsordnungen erschließt sich aus deren spezifischer Struktur und Zielvorgaben.22 Sie verleihen dem europäisierten Privatrecht seinen Eigencharakter, den es auch bei der Rezeption im öffentlichen Recht sorgsam zu berücksichtigen gilt. Das ursprünglich vorrangige Ziel der Europäischen Gemeinschaft war nicht Harmonisierung des Rechts – erst recht nicht des Privatrechts – sondern die Integration der Märkte.23 Die Grundfreiheiten, deren Ergänzung durch ein Einheitsrecht gegen Wettbewerbsbeschränkungen24 und nun auch das ausgreifende Verbraucherschutzrecht sind im Lichte dieser umfassenden Zielvorgabe zu inter15
Fischer, a. a. O., 374 (375). Zusammenfassend Zimmermann, in: HKK, Vor. § 1 BGB, Rn. 33 ff. 17 Hommelhoff, Verbraucherschutz im System des deutschen und europäischen Privatrechts, S. 2. 18 Auf die intensive Kritik und den Eigencharakter des Verbraucherprivatrechts als Sonderprivatrecht wird unter § 3 kurz einzugehen sein. 19 Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25.5. 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter, ABl. EG Nr. L 171, S. 12 ff. 20 Richtlinie 2000/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.6. 2000 zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr, ABl. EG Nr. L 200, S. 35 ff. 21 Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8.6. 2000 über bestimmte Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs im Binnenmarkt, ABl. EG Nr. L 178, S. 1 ff. Weitere Vorgaben dieser Richtlinie werden durch das Gesetz über rechtliche Rahmenbedingungen für den elektronischen Geschäftsverkehr umgesetzt, das der Bundestag am 9.11.2001 verabschiedet hat, BR-Drucks. 912/01; siehe ferner Formvorschriftenanpassungsgesetz vom 13.7.2001, BGBl. I, S. 1542 ff.; Signaturgesetz vom 16.5.2001, BGBl. I, S. 876 ff.; SignaturVO. 22 Basedow, JuS 2004, 89 (92). 23 Basedow, a. a. O., 89 (92). 24 Art. 81 und 82 EG. 16
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pretieren. Zugleich erklärt sich hieraus, dass es keine umfassende primärrechtliche Kompetenz zum Erlass eines einheitlichen Schuldvertrags-, Gesellschaftsoder Handelsrechts gibt25, sondern die einzelnen Harmonisierungsmaßnahmen auf Grundlage sektorspezifischer Ermächtigungen ergingen. Zentrale Kompetenznormen sind Art. 44 II lit. g EG für das Gesellschaftsrecht26, Art. 65 EG für das internationale Zivilprozessrecht27 und Art 153 EG für das Verbraucherprivatrecht. Aus den verstreuten Gesetzgebungsgrundlagen und ihren Verbindung zu speziellen Gemeinschaftszielen folgt, dass Gemeinschaftsakte im Allgemeinen nicht die Grenze zwischen dem öffentlichen Recht und dem Privatrecht beachten.28 Ungeachtet der Zuordnung zu einer der Teilrechtsordnungen ist eine funktionale Betrachtung maßgeblich.29 2. Gesamteuropäische Zivilrechtswissenschaft Neben der Umsetzung europäischer Vorgaben bezweckte die Schuldrechtsmodernisierung eine Neusystematisierung, Vereinfachung und Ergänzung der bestehenden nationalen Vorschriften. Man wollte ein Regelungsregime schaffen, welches langfristig europäischen und internationalen wissenschaftlichen Standards entspricht. So orientierten sich bereits die nationalen Vorarbeiten der Schuldrechtskommission30 am internationalen Vorbild des UN-Kaufrechts31. In europäischer Sicht dienten bei der Ausgestaltung des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes an vielen Stellen die „Principles of International Commercial Contracts“ von UNIDROIT oder die unter dem Vorsitz des dänischen Professors Ole Lando durch die Commission on European Contract Law32 erarbeiteten „Principles of European Contract Law“33 als Vorbild.34 25
Basedow, a. a. O., 89 (92). Zur Perspektive eines internationalen Gesellschaftsrechts für Europa Zimmer, RabelsZ 67 (2003), 298 ff. 27 Dazu Remien, CMLR 38 (2001), 53 ff. Zu den jüngsten Entwicklungen des europäischen Zivilverfahrensrechts vgl. den Bericht von Atik, EuZW 2004, 686 ff. 28 Basedow, a. a. O., 89 (92). 29 Vgl. Skouris, EuR 1998, 111 (111 f.); Gurlit, Verwaltungsvertrag, S. 640; Grziwotz, NVwZ 2002, 391 (394). Relevant wird dies an späterer Stelle etwa im Hinblick auf die Anwendung von AGB-Rechtsnormen auf Verwaltungsverträge. Soweit diese auf den Vorgaben der Klauselrichtlinie beruhen, wird eine europarechts-autonome Auslegung letztentscheidend sein, eingehend unter § 11. 30 Dazu sogleich unter B. I. 1. 31 Vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 86 oder 92. 32 Zu Organisation, Ziel, Zusammensetzung und Arbeitsweise dieser durch die Europäische Kommission geförderten Arbeitsgruppe vgl. http://www.cbs.dk/departments/ law/staff/ol/commission_on_ecl/survey_pecl.htm. 33 Zusammenfassend Lando, RabelsZ 67 (2003), 231 (235 ff.). Teil I und II dieser Regeln, die das allgemeine Vertragsrecht zum Gegenstand haben, wurden schon im Jahre 2000 veröffentlicht, vgl. Lando, Principles of European Contract Law – Parts I 26
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1. Teil 1. Abschn.: Die Schuldrechtsmodernisierung
Weder UNIDROIT noch die Principles of European Contract Law haben den Charakter von Rechtsquellen, was nach herkömmlicher Auffassung schon daraus folgt, dass sich diese nicht auf eine Delegation der Befugnis zur Normsetzung durch ein dafür kompetentes Organ in einem hierfür vorgesehenen Verfahren zurückführen lassen.35 Sie sind zunächst nur als soft law konzipiert.36 Nachdem der Gesetzgeber jedoch an Schaltstellen des neuen Rechts wie dem zentralen Pflichtverletzungstatbestand37 oder Grundnormen des Unmöglichkeitsrechts38 ausdrücklich an diese „Rechtserkenntnisquellen“ oder „Rechtsgewinnungsquellen“39 angeknüpft hat, sind diese im Rahmen einer subjektiv-historischen Interpretation zu berücksichtigen. II. Das Erstarken der Kodifikationsidee in Deutschland und Europa 1. Die Kodifikationsidee in nationaler Perspektive Zu den in der Gesetzgebungswissenschaft diskutierten Entwicklungsmodellen des modernen Privatrechts gehört nicht nur die Ablösung des Ideals der Gesamtkodifikation aus dem 19. Jahrhundert durch ein „bewegliches System“ von Einzelgesetzen, dessen Kern eine (Teil-)Kodifikation bildet, sondern vielmehr auch das Konzept eines Zyklus von Kodifikation, Dekodifikation und Rekodifikation.40 Im Entwicklungsrhythmus des Gesetzesrechts schließt sich an eine große Kodifikation eine Epoche der Dekodifikation an: Neue, oft wirtschaftlichen oder sozialen Entwicklungen korrespondierende Einzelgesetze und richterliche Rechtsfortbildungen überlagern die alte Kodifikation. Nach einiger Zeit and II und seit 2002 in Deutsch verfügbar Lando/von Bar, Grundregeln des europäischen Vertragsrechts, Teile I und II. Teil III, der Bereiche des allgemeinen Schuldrechts behandelt, ist 2003 gefolgt, vgl. Lando, Principles of European Contract Law – Part III; ein Teilbereich von Teil III, dazu Zimmermann, ZEuP 11 (2003), 707 ff. 34 Beide genannten Kommissionen haben sich dabei gegenseitig beeinflusst. Fünf Mitglieder waren in beiden Kommissionen aktiv, vgl. Lando, RabelsZ 67 (2003), 231 (236). 35 Spickhoff, in: Diederichsen/Sellert, BGB im Wandel, S. 157 (165 f.), im Ergebnis ebenso Basedow, AcP 200 (2000), 445 (463). 36 Lando, RabelsZ 67 (2003), 231 (236). 37 Zur Ausrichtung des § 280 BGB an internationalen und europäischen Vorgaben vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 92, 135. 38 Vgl. etwas zu BT-Drs. 14/6040, S. 129 zu § 275 BGB oder deutlicher BT-Drs. 14/6040, S. 164 zu § 311a I BGB. 39 So Spickhoff, in: Diederichsen/Sellert, BGB im Wandel, S. 157 (166). 40 Vgl. Schulze/Schulte-Nölke, in: dies., Die Schuldrechtsreform vor dem Hintergrund des Gemeinschaftsrechts, S. 4. Der Begriff der „Dekodifikation“ wurde Ende der 1970er Jahren formuliert vom italienischen Zivilrechtler Nattalino Irti, L’età della decodificatione.
§ 2 Hintergründe und Kerngehalte der Schuldrechtsmodernisierung
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wird dieses „Mischrecht“41 sodann wieder für einige Zeit von einer Rekodifikation abgelöst.42 Angesichts vieler auf Nebengesetze verteilter Rechtsmaterien und etlicher ungeregelter Institute wie dem des Wegfalls der Geschäftsgrundlage, der culpa in contrahendo oder der positiven Vertragsverletzung war die Zeit für eine Rekodifikation des BGB längst gekommen.43 2. Die Kodifikationsidee in europäischer Perspektive Zunächst bildete in den Tagen der Rezeption das römische Recht als ius commune oder common law die zentrale Grundlage der west- und mitteleuropäischen Rechtspflege. In einem zweiten Schritt verlagerte sich die (Privat-) Rechtsentwicklung seit der Epoche der nationalen Kodifikationen auf die Nationalstaaten.44 Mit den Vorarbeiten zu einem einheitlichen europäischen Vertragsrecht hat die Kommission nun eine „dritte Welle“45 angestoßen, welche die europäische Privatrechtsentwicklung in Kernbereichen des Zivilrechts zurück auf die supranationale Ebene tragen könnte.46 Die wissenschaftliche Debatte wird gegenwärtig mit kaum zu überbietender Intensität geführt.47 Eine Mitteilung vom Oktober 200448 legt unter Berücksichtigung der Reaktionen der EU – Institutionen, der Mitgliedsstaaten und der Interessenvertreter die Folgemaßnahmen der Kommission zum Aktionsplan aus dem Jahr 2003 dar. Sie beinhaltet das Konzept für die Entwicklung des Gemeinsamen Referenzrahmens, welcher klare Definitionen von Rechtsbegriffen, grundlegenden Prinzipien und kohärenten Musterregeln des Vertragsrechts enthalten wird.49 „Das Europäische Zivil-
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Vgl. dazu Dilcher, AcP 184 (1984), 247 ff. (255 f., 286 ff.). Schulze/Schulte-Nölke, in: dies., Die Schuldrechtsreform vor dem Hintergrund des Gemeinschaftsrechts, S. 4. 43 Vgl. Stürner, JZ 1996, 741 ff. 44 Zimmermann, in: HKK, Vor. § 1 BGB, Rn. 2 f. m. w. N. zur europäischen Dogmengeschichte. 45 Duve, Jura 2002, 793 (798). 46 Den Anstoß für die gegenwärtige Diskussion gab eine Mitteilung der Kommission vom Juli 2001, vgl. KOM (2001) 398 endg., dazu Staudenmayer, EuZW 2001, 485 ff. und Schwintowsky, JZ 2002, 205 ff. Inzwischen liegt mit KOM (2003) 68 endg. ein Aktionsplan der Kommission vor, dazu erneut Staudenmayer, EuZW 2003, 165 ff. 47 Insgesamt hat die Mitteilung der Kommission von 2001 bereits mehr als 180 Reaktionen von Regierungen, Wirtschaft, Verbraucherverbänden, Praktikern und Wissenschaft hervorgebracht, abrufbar unter http://europa.eu.int/comm/consumers/cons_ int/safe_shop/fair_bus_pract/cont_law/stakeholders_de.htm, aus deutscher Sicht dazu zuletzt etwa Zypries, ZEuP 12 (2004), 225 ff. 48 KOM (2004) 651 endg. 49 Die Verabschiedung des Gemeinsamen Referenzrahmens, die nach umfangreichen Konsultationen erfolgen wird, ist für 2009 geplant. Die Mitteilung legt auch die Pläne für die weiteren Schritte hinsichtlich der anderen im Aktionsplan vorgestellten 42
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1. Teil 1. Abschn.: Die Schuldrechtsmodernisierung
gesetzbuch erscheint heute nicht weniger wahrscheinlich als im Jahre 1900 der Umbruch zu einer Republik und ihrem Privatrecht.“50 Die zukünftige Lösung wird sich zwischen noch stärker harmonisierten nationalen Rechtsordnungen einerseits und einer obligatorischen oder fakultativen europäischen Kodifikation bewegen.51 Einzelne Normen, die mit der Schuldrechtsmodernisierung in das BGB eingeführt wurden und sich inhaltlich an gesamteuropäischen Konzepten orientieren, können als Vorboten der soeben aufgezeigten Entwicklung gesehen werden. Auch bei deren Anwendung im öffentlichen Recht sollte die Zukunftsperspektive des europäischen Privat-, bzw. zunächst vor allem Vertragsrechts im Auge behalten werden. B. Umsetzung und Kerngehalte der Schuldrechtsmodernisierung I. Stationen des Umsetzungsprozesses Hinsichtlich der praktischen Realisierung der Schuldrechtsreform stritt man sich wie so oft, ob eine „große“ oder eine „kleine“ Lösung der richtige Weg sei.52 Der Streit erklärt sich dadurch, dass der Reformbedarf ganz unterschiedliche Ursachen hatte, die man entweder zusammen oder getrennt angehen wollte: Einerseits galt es wie bereits gesehen die genannten Richtlinien umzusetzen. Andererseits war seit mehr als zwanzig Jahren die bereits ebenfalls erwähnte Schuldrechtskommission mit den Vorarbeiten für eine Ergänzung und Neusystematisierung des Schuldrechts beschäftigt.
Maßnahmen dar: Die Forderung der Ausarbeitung EU-weiter allgemeiner Geschäftsbedingungen und Überlegungen zur Opportunität eines optionalen Instruments. 50 Grundmann, AcP 204 (2004), 569 (576); vgl. auch G.-P. Calliess, AcP 203 (2003), 575 (592). Die Vorarbeiten zu einem einheitlichen europäischen Schuldrecht werden flankiert durch ein Netzwerk von international-privatrechtlichen und verfahrensrechtlichen Vorschriften; zum aktuellen Stand der geltenden und in Vorbereitung befindlichen EG-Rechtsakte vgl. die Darstellung bei Wagner, NJW 2004, 1835 ff. 51 Vgl. nur die jüngsten Beiträge von Basedow, ZEuP 12 (2004), 1 ff. und Patti, ZEuP 12 (2004), 118 ff. Die Privatrechtsentwicklung wird dabei durchaus im Kontext der Konsolidierung der Staatsstruktur Europas gesehen, vgl. etwa Rösler, VuR 2003, 12 (18) am Beispiel des europäischen Verbraucherprivatrechts: „Annäherung an ein föderales Staatsgebilde“. 52 Ganz ähnlich die gegenwärtige Diskussion um die Reform der Regelungen zum Verwaltungsvertrag im Verwaltungsverfahrensgesetz. Dort zeichnet sich eine „kleine“ Lösung ab, eingehend unter § 7 B. In mancherlei Hinsicht kann die nachfolgend skizzierte Umsetzung der Schuldrechtsreform als Vorbild für andere gesetzgeberische Reformprojekte dienen.
§ 2 Hintergründe und Kerngehalte der Schuldrechtsmodernisierung
49
1. Die Vorarbeiten der nationalen Schuldrechtskommission Reformkonzepte zur Modernisierung des deutschen Schuldrechts wurden schon seit 1978 im Deutschen Bundestag beraten53 und auf dem 52. Deutschen Juristentag vorgestellt54 . Die eigentlichen Vorarbeiten einer umfassenden Reform begannen jedoch erst in den Jahren 1981 bis 1983 mit der Vergabe von Gutachten, welche zur Reformbedürftigkeit des Schuldrechts und der Verjährungsvorschriften Stellung bezogen.55 Hieran anschließend wurde eine Kommission eingesetzt, welcher Ministerialbeamte aus Bund und Ländern, fünf Richter, jeweils ein Notar und Anwalt sowie vier Hochschullehrer56 angehörten. Diese legte 1991 einen Bericht einschließlich konkreter Regelungsvorschläge57 vor. Kern dieses sog. „Kommissionsentwurfs“ war die Neuregelung und Vereinheitlichung des Verjährungs-, Leistungsstörungs-, Kauf- und Werkvertragsrechts, wobei sich die Kommission insbesondere im Leistungsstörungsrecht und im Kaufrecht an dem Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den Internationalen Warenkauf (CISG58) orientierte. Auf dem 60. Juristentag vom 20 bis 23.9.1994 in Münster war der Kommissionsentwurf59 dann Gegenstand der Beratungen in der zivilrechtlichen Abteilung.60 Trotz dieser zunächst engagiert und intensiv geführten Reformdebatte ruhte die Reform dann bis 1999, als EG-rechtliche Vorgaben Anlass zu erneutem Handeln gaben.61
53 Vgl. die Stellungnahme des damaligen Justizministers Hans Jochen Vogel im Plenarprotokoll 8/68, 5390 vom 25.1.1978 sowie (rückblickend) Plenarprotokoll 14/192, 18757 vom 11.10.2001. 54 Vom 19. bis 22.9.1978 in Wiesbaden. Dabei ging es vorwiegend um Modernisierungen des BGB im Zusammenhang mit arztrechtlichen Fragen. Zusammenfassend Mitteilungen in NJW 1978, S. 2185 ff. 55 BMJ, Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts, Bd. I und Bd. II (1981), Bd. III (1983). Vgl. aber auch das Ergänzungsgutachten von Basedow, Reform des deutschen Kaufrechts von 1988. 56 Uwe Diederichsen, Hein Kötz, Dieter Medicus und Peter Schlechtriem. Vgl. die vollständige namentliche Auflistung aller Mitglieder bei Rolland, NJW 1992, 2377, dort Fn. 2. 57 Publiziert 1992: BMJ, Abschlussbericht der Kommission zur Überarbeitung des Schuldrechts, dazu Rolland NJW 1992, 2377 ff.; Medicus, NJW 1992, 2384 ff.; Haas, NJW 1992, 2389 ff. oder Rabe, NJW 1992, 2395 ff. 58 Convention on Contracts for the International Sale of Goods, der deutsche Vertragstext in der aktuellen Fassung ist online abrufbar unter http://www.cisg-online.ch/ cisg/conv/convde.htm. 59 Im Folgenden BGB-KE. 60 Zusammenfassend Mitteilungen in NJW 1994, 3069 ff. 61 In der Literatur wurden die Vorschläge der Schuldrechtskommission jedoch immer wieder aufgegriffen und z. T. fortentwickelt; vgl. dazu die Darstellung und Nachweise bei Dauner-Lieb, JZ 2001, 8 (10) mit Fn. 17.
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1. Teil 1. Abschn.: Die Schuldrechtsmodernisierung
2. „Kleine Lösung“ Teilweise wurde es als sinnvoller erachtet, die EG-rechtlichen Vorgaben unabhängig von den einschneidenden Modernisierungsüberlegungen des Schuldrechts insgesamt umzusetzen.62 Praktisch hätte dies so aussehen können, dass die Vorgaben der Richtlinie 1:1 in einem gesonderten Abschnitt in das BGB eingefügt worden wären, um die eigentliche Reform erst einige Zeit später durchzuführen.63 Man wollte eine derart einschneidende Reform nicht aus politischen Gründen ruckartig durchpeitschen und schon gar nicht auf den angeblich nicht mehr zeitgemäßen Grundlagen des Kommissionsentwurfes von 1991 aufbauen.64 3. „Große Lösung“ Um einen Rückfall in die minimalistische Umsetzungspraxis der neunziger Jahre zu vermeiden65, verfolgte das BMJ von Anfang an einem umfassenden Ansatz, der als „große Lösung“ diskutiert wurde. Dieser war im Kern durch drei vorwiegend rechtspolitische Zielsetzungen geprägt: Vereinfachung, Transparenz und Rechtssicherheit. Aufbauend auf den im Gutachten von 1991 formulierten Erkenntnissen der Schuldrechtskommission wollte man das erste66 und vor allem das zweite Buch des BGB67 grundlegend neu gestalten und dabei europäische Vorgaben einflechten. Die große Lösung sollte sich durchsetzen: Der erste offiziellen Markstein war die Veröffentlichung eines Diskussionsentwurfes am 4.8.200068. Das ehrgeizige Ziel war, die gesamte Reform bis zum Ablauf der Umsetzungsfrist für die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie am 1.1.2002 zu verwirklichen. Ausgehend von den 62 Siehe Dauner-Lieb, JZ 2001, 8 ff.; Ernst/Gsell, ZIP 2000, 1410 ff. und dies., ZIP 2000, 1812 ff. und Ernst, in: Grundmann u. a., Europäisches Kaufgewährleistungsrecht, S. 325 ff. 63 Haas/Medicus/Rolland/Schäfer/Wendtland, Das neue Schuldrecht, S. 3, Rn. 2; vgl. auch Ernst/Gsell, ZIP 2000, 1410 ff. 64 Exemplarisch sei auf die (heftige) Kritik bei Dauner-Lieb, JZ 2001, 8 (15, 18) verwiesen. 65 Beispielsweise bei der Umsetzung der Pauschalreiserichtlinie vom 13.6.1990 (Richtlinie 90/340/EWG, ABl. EG L 158, S. 59) in §§ 651a ff. BGB a. F. (vgl. BGBl. I 1994, S. 1322 ff. und BGBl. I 1996, S. 2090 ff.), der Klauselrichtlinie vom 5.4.1993 (Richtlinie 93/13/EWG, ABl. EG Nr. L 95, S. 29) in den §§ 12 u. 24a AGBG (vgl. BGBl. I 1996, 1013) oder der Umsetzung der Timesharing-Richtlinie vom 26.10.1994 (Richtlinie 94/47/EG, ABl. EG 1994 L 280, S. 83) im TzWrG (vgl. BGBl. I 1996, S. 2154 ff.). 66 „Allgemeiner Teil (§§ 1–240)“. 67 „Recht der Schuldverhältnisse (§§ 241–853)“. 68 Im Folgenden BGB-Disk-E genannt, abgedruckt bei Canaris, Schuldrechtsreform 2002, S. 3 ff.
§ 2 Hintergründe und Kerngehalte der Schuldrechtsmodernisierung
51
Vorgaben des Diskussionsentwurfes sollten dabei mehr als in gängigen Gesetzgebungsverfahren Vertreter aus Wissenschaft und Praxis zu Stellungnahmen angeregt und zur raschen Verwirklichung des Projekts inhaltlich miteingebunden werden69. So folgte mehreren rechtswissenschaftlichen Symposien70 am 6.3. 2001 eine konsolidierte Fassung des Diskussionsentwurfes71 und bereits am 11.5.2001 aufbauend auf diesem Diskurs die Vorlage eines Regierungsentwurfes72. Zum 1.1.2002 trat nach einem raschen Gesetzgebungsverfahren73 das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz in Kraft. Damit ist die „große Lösung“ geltendes Recht. II. Kerninhalte und -anliegen der Schuldrechtsreform Im Folgenden soll zunächst ein erster Überblick der wesentlichen Inhalte des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes gegeben werden. Soweit Neuregelungen für das öffentliche Recht relevant sind, wird an späterer Stelle detaillierter darauf einzugehen sein. Die wesentlichen Reformbausteine sind74: • Ablösung der in der Praxis bisher weniger relevanten Kategorie der Unmöglichkeit durch die der Pflichtverletzung, um der bisher nur richterrechtlich etablierten, jedoch in der Praxis viel relevanteren Kategorie der positiven Forderungsverletzung durch eine klar formulierte Normierung mehr Gewicht zu verleihen, • Stärkung von Rechtssicherheit und Transparenz durch die Kodifikation weiterer, bisher nur richterrechtlich entwickelter Rechtsinstitute, wie der culpa in contrahendo, der Störung der Geschäftsgrundlage, oder dem Kündigungsrecht bei Dauerschuldverhältnissen, 69
Dauner-Lieb, JZ 2001, 8 (11). Kristallisationspunkte wissenschaftlicher Auseinandersetzung waren dabei vor allem drei Tagungen: Das Symposium „Schuldrechtsmodernisierung 2001“ am 17 und 18.11.2000 in Regensburg (vgl. dazu den Tagungsband von Ernst/Zimmermann, Zivilrechtswissenschaft und Schuldrechtsreform), die Münsteraner Tagung „Die Schuldrechtsreform vor dem Hintergrund des Gemeinschaftsrechts“ im Januar 2001 (dazu der gleichnamige Tagungsband von Schulze/Schulte-Nölke) sowie eine Sondertagung der Zivilrechtslehrertagung im März 2001 in Berlin (Die Vorträge sind veröffentlicht in Heft 10/JZ 2001, 473 ff.). 71 Abrufbar unter http://www.dauner-lieb.de/index_schuldrecht.htm. 72 BR-Drs. 338/01 vom 11.5.2001, vgl. aber auch den gleich lautenden Fraktionsentwurf in BT-Drs. 14/6040 vom 14.5.2001. 73 Das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz wurde in der Fassung der Beschlussempfehlung des Bundesrates am 11.10.2001 vom Bundestag verabschiedet und hat am 09.11.2001 den Bundesrat passiert. Gemäß Art. 9 ist die Neuregelung am 1.1.2002 in Kraft getreten. Am 8. Januar 2002 wurde das BGB in einer bereinigten Fassung neu bekannt gemacht, BGBl. I, S. 42. Detaillierter zum Gesetzgebungsverfahren Haas/Medicus/Rolland/Schäfer/Wendtland, Das neue Schuldrecht, S. 3, Rn. 1. 74 Dazu in der Rückschau zusammenfassend Grundmann, AcP 204 (2004), 569 (571 ff.). 70
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1. Teil 1. Abschn.: Die Schuldrechtsmodernisierung
• Einführung einheitlicher Verjährungsfristen anstelle des unübersichtlichen Nebeneinanders allgemeiner, gewährleistungsrechtlicher und richterrechtlich entwickelter Fristen, • Anpassung der unterschiedlichen Rechtsfolgen von Allgemeinem und Besonderem Schuldrecht durch Zusammenlegung verschiedener Tatbestände und Verweisungen im Besonderen Schuldrecht auf die Regelungen des Allgemeinen Schuldrechts, anstelle zweier selbständiger, schwer abzugrenzender Teilsysteme, • Übersichtlichkeit durch Integration des AGBG und weiterer Nebengesetze in das BGB und Ausgliederung bestehender und neu zu schaffender Verbandsklagemöglichkeiten im Unterlassungsklagegesetz • sowie die bereits angesprochene schnelle Umsetzung verschiedener EGRichtlinien und die inhaltliche Ausrichtung des BGB an supra- und internationalen wissenschaftlichen Standards, um europaweit eine Vorreiterrolle im Rahmen der Ausbildung eines europäischen Zivilrechts zu spielen. Bezogen auf das Vertragsrecht lassen sich drei Schwerpunkte der Reform festhalten75: Erstens die Neuordnung des allgemeinen Leistungsstörungsrechts, zweitens die Ausweitung und Integration des vor allem durch europäische Richtlinien vorgeprägten Verbraucherprivatrechts sowie drittens die Neustrukturierung des Kaufrechts. Während im Zivilrecht die Neufassung des Kaufrechts den objektiv wichtigsten Punkt markiert76, erweisen sich im öffentlichen Recht das neue Verjährungsrecht, das ins BGB eingefügte und erweiterte AGB-Recht – als vielleicht markantestes Referenzbeispiel des Verbraucherprivatrechts – sowie das völlig neu geordnete allgemeine Leistungsstörungsrecht als bedeutsam. Obwohl die rechtspolitischen Neuerungen dort ungleich geringer sind als im Verbraucherprivatrecht oder Kaufrecht, liegt das dogmatische Schwergewicht der Reform im allgemeinen Leistungsstörungsrecht.77 Gerade die europäischen Vorgaben zum Verbraucherschutz waren zwar rechtspolitisch umstritten78, standen letztlich aber nicht zur Diskussion. Im Einzelnen orientierte man sich bei der Umsetzung oft wortgenau an den Vorgaben der EG. Demgegenüber wurde aufbauend auf den Vorarbeiten der Schuldrechtskommission 1984–92 um die Einzelheiten des neuen Leistungsstörungsrechts heftigst gerungen.79 Und auch in der gegen75
Grundmann, AcP 204 (2004), 569 (571 ff.) Grundmann, a. a. O., 569 (571). 77 Grundmann, a. a. O., 569 (573). 78 Eingehend am Beispiel des Verbraucherprivatrechts sogleich unter § 3 A. 79 Am bedeutendsten dürften insoweit die Ergebnisse der überwiegend aus Professoren bestehenden Leistungsstörungskommission sein, die im Jahre 2001 tagte. Die Ergebnisse sind abgedruckt bei Canaris, JZ 2001, 499 (524). Canaris bereitete zentrale Entscheidungen vor (vgl. Fn. 27, 121, 165 und 182 des Beitrages) und wurde dann 76
§ 3 Der Ausbau des Verbraucherprivatrechts
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wärtigen Diskussion sind es die dogmatischen Neuschöpfungen im Leistungsstörungsrecht, welche die Gemüter erhitzen. Mit § 311a BGB80, der das Recht der anfänglichen Unmöglichkeit neu gestaltet oder § 284 BGB81, welcher in Form frustrierter Aufwendungen einen neuartigen Schadensersatzanspruch auf Ersatz bestimmter immaterieller Schäden gewährt, stehen zwei Normen im Mittelpunkt der zivilrechtlichen Diskussion, die sich für das öffentliche Recht noch als äußerst bedeutsam erweisen könnten. Gleiches gilt für das „Herzstück“82 des neuen Leistungsstörungsrecht: der Schadensersatzanspruch wegen Pflichtverletzung nach § 280 I BGB, welcher im Rahmen des Verwaltungsvertragsrechts noch eingehend zu erörtern sein wird.83
§ 3 Der Ausbau des Verbraucherprivatrechts Prägend für die jüngste Privatrechtsentwicklung ist der Ausbau des sog. Verbraucherprivatrechts84. Viele Vorschriften des Schuldrechts werden auf eine Verbrauchersemantik umgestellt und knüpfen systematisch an die neuen Leitbegriffe des Verbrauchers (§ 13 BGB) und des Unternehmers (§ 14 BGB) im Allgemeinen Teil des BGB an.85 Die Einordnung des Verbraucherprivatrechts in das allgemeine Zivilrecht ist umstritten und wird als zentrales „Entdeckungsverfahren“86 der gegenwärtigen Zivilrechtswissenschaft bezeichnet.87 A. Verbraucherprivatrecht: Das Ende der Privatautonomie? Verbraucherprivatrecht kann definiert werden als die die allgemeine Rechtsgeschäftslehre modifizierenden Sonderregelungen zum Ausgleich der Ungleichgewichtslagen zwischen Verbraucher und Unternehmer zur Wahrung der (materialen) Privatautonomie.88 Der kontinuierliche Ausbau solcher rechtlicher Ausgleichsmechanismen wird je nach Standpunkt sehr unterschiedlich wahrge-
auch beauftragt, auf der außerordentlich einberufenen Zivilrechtslehrertagung in Berlin im März 2001 die Ergebnisse vorzustellen und zu verteidigen; vgl. auch die Dokumentation Canaris, Schuldrechtsreform 2002. 80 Dazu § 15 A. 81 Siehe § 16 C. II. 82 Grundmann, AcP 204 (2004), 569 (570). 83 Dazu unter § 16 A. und B. 84 Vgl. Bülow/Arzt, Verbraucherprivatrecht, pass. 85 G.-P. Calliess, AcP 203 (2003), 575 (576). 86 Grundmann, AcP 202 (2002), 40 (69). 87 Sehr kritisch G.-P. Calliess, AcP 203 (2003) 575 (586): „Recht ohne System“; ähnlich Busche, Privatautonomie, S. 7. 88 Nach Bülow/Arzt, Verbraucherprivatrecht, S. V.
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1. Teil 1. Abschn.: Die Schuldrechtsmodernisierung
nommen: von „Erosion“89, aber auch von „Evolution“90 der Privatrechtsordnung ist die Rede. Ausgleich bedeutet staatliche Intervention und Steuerung. Kritiker sehen darin einen Angriff auf die Privatautonomie.91 Verstanden als formale Freiheit und Gleichheit schließe die Privatautonomie einseitige Vorrechte grundsätzlich aus.92 Denn die Vertragsfreiheit gewährleiste die grundsätzlich herrschaftsfreie, weil statt von fremden durch die Vertragsparteien selbst und einvernehmlich bestimmte Ordnung zwischenmenschlicher Rechtsbeziehungen.93 Ausgehend von diesem freiheitlich-liberalen Privatrechtsverständnis wird das Verbraucherprivatrecht als rechtskultureller Einbruch94 empfunden, unter dessen Druck der in Teilbereichen angeblich nur noch schemenhaft erkennbaren Privatrechtsgesellschaft der Einsturz drohe.95 Die §§ 13 f. BGB drückten einen verfehlten Wandel vom „Citoyen über den Bourgeois zum Consommateur“96 aus und seien mithin ein Rückfall in Standesdenken97. Demgegenüber mehren sich Stimmen, welche entweder aufgrund einer historisch-kritischen Analyse der Genese des Verbraucherprivatrechts98 (dazu sogleich B.) oder unter Betonung der europäischen Vorgaben und der maßgeblich hierdurch bestimmten Leitbegriffe und -bilder99 (C.) weder einen grundlegenden Wandel des Bürger-Leitbildes noch einen grundsätzlichen Konflikt mit der Privatautonomie und der gewachsenen Privatrechtsordnung sehen.
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Dreher, JZ 1997, 167 (176 f.). Reich, JZ 1997, 609 (610). 91 Vor allem der des potentiell Überlegenen. 92 Deutlich etwa Medicus, Abschied von der Privatautonomie?, S. 32. Die Bewertung des klassischen deutschen Privatrechtssystems erfolgt dabei meist unter isolierter Betrachtung des BGB und der Wertvorstellungen, welche dieses angeblich transportiert, vgl. stellvertretend für viele Stimmen in der Rechtswissenschaft nach 1945 die Ausführungen bei Wieacker, Sozialmodell, S. 9 f. 93 Eingehend Flume, Das Rechtsgeschäft, § 1. 94 Behrends, ZNR 2001, 295 (300). 95 So Junker, IPRax 1998, 65 (66). Auch andere finden deutliche Worte, z. B. Flume, ZIP 2000, 1427 (1428, „barer Unsinn“) oder Hensen, ZIP 2000, 1151 schon im Titel: „Das Fernabsatzgesetz oder: Man könnte heulen“; ähnlich Adomeit, NJW 2004, 579 (582, „tief betrüblich“). 96 von Westphalen, ZIP 1995, 1643: „Vom Citoyen über den Bourgeois zum Consommateur“; inhaltlich ebenso kritisch betitelt Junker, IPRax 1998, 65: „Vom Citoyen zum Consommateur“. 97 Hattenhauer, Grundbegriffe des Bürgerlichen Rechts, S. 23; ähnlich Adomeit, NJW 2004, 579 (581). 98 Grundlegend jüngst Schmoekel, Historisch Kritischer Kommentar zum BGB, pass. (im Übrigen mit HKK zit.); vgl. im Einzelnen die Verweise auf Kommentierungen in den nachfolgenden Fußnoten. 99 Exemplarisch Pfeiffer, in: Soergel, § 13 BGB, pass. 90
§ 3 Der Ausbau des Verbraucherprivatrechts
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B. Entwicklungsskizze des Verbraucherprivatrechts Verbraucherschutzrecht ist keine Erfindung des Europarechts. Schon zeitgleich mit dem BGB entstand mit dem Abzahlungsgesetz (AbzG)100 ein Schutzregime, welches wir in moderner Terminologie als Verbraucherschutzrecht bezeichnen würden.101 Die Existenz des AbzG belegt, dass man die soziale Frage102 ernster nahm, als es in der Rückschau oft dargestellt wird.103 Der für die Arbeit der BGB-Kommission richtungsgebende Gottlieb Planck wies darauf hin, dass sich zwar nicht allgemein bestimmen lasse, wer in einem Rechtsverhältnis der Schwächere sei, dass aber die Erfahrung zeige, dass „bei der gegenwärtigen Gestaltung unserer Verhältnisse [. . .] formale Rechtsgleichheit [. . .] oft zur materiellen Ungerechtigkeit“ führe.104 Der Gesetzgeber erkannte, dass eine strikt formal-liberal verstandene Privatautonomie dem Steuerungsanspruch des Privatrechts nicht genügen würde.105 Um die noch junge rechtspolitische Errungenschaft der formalen Rechtsgleichheit nicht zu entwerten, entschied man sich während der Beratungen zum BGB gegen die Integration des AbzG in die Kodifikation.106 Gesamt gesehen war also bereits das BGB nicht sozialpolitisch 100 Gesetz betreffend die Abzahlungsgeschäfte vom 16.5.1894, RGBl. 450; vgl. dazu Geyer, der Gedanke des Verbraucherschutzes im Reichsrecht des Kaiserreiches und der Weimarer Republik (1871–1933), S. 48 ff. und Schubert, ZRG GA 102 (1985), 130 ff. 101 Junker, IPRax 1998, 65 (66); ebenso Paulus/Zenker, Jus 2001, 1 (5) sowie Damm, VersR 1999, 129. 102 Vgl. dazu den Überblick bei Repgen, ZNR 22 (2000), 406 ff. sowie umfassend ders., Die soziale Aufgabe des Privatrechts, pass. 103 Duve, Jura 2002, 793 (796). 104 Planck, DJZ 1899, 181 (182); Hervorhebungen wurden vom Verfasser hinzugefügt. 105 Vor allen Otto von Gierke und Anton Menger sprachen sich bekanntlich im Gesetzgebungsverfahren für soziale Schutznormen im BGB selbst aus (zusammenfassend jüngst Rückert, JZ 2003, 749 [750]). Sprichwörtlich wurde der Vortrag von Otto von Gierke am 5.4.1889 in der Juristischen Gesellschaft zu Wien aus Anlass des ersten Entwurfs zum BGB über „die soziale Aufgabe des Privatrechts“, in der es u. a. heißt: „Wir brauchen auch ein Privatrecht, in welchem trotz aller Heilighaltung der unantastbaren Sphäre des Individuums der Gedanke der Gemeinschaft lebt und webt [. . .]. In unserem öffentlichen Recht muß ein Hauch des naturrechtlichen Freiheitsraumes wehen, und in unser Privatrecht muß ein Tropfen sozialistischen Öls durchsickern!“, abgedruckt bei E. Wolf, Quellenbuch zur Geschichte der dt. Rechtswissenschaft, S. 478 ff. (486). Darauf wird vor allem von Kritikern immer wieder zurückgegriffen, drastisch bereits H. P. Westermann, AcP 178 (1978), 150 (176), nach welchem man mit Blick auf das Miet-, Insolvenz- oder Abzahlungsrecht den Eindruck gewinnen könnte, „von dem berühmten Tropfen sozialistischen Öls sei im Sinne der Forderung Gierkes inzwischen so viel durchgesickert, daß von den Säulen des Privatrechtssystems – subjektives Recht und Privatautonomie – mittlerweile nur noch Stümpfe aus einer Öllache herausragen“ oder neuerlich Ulmer, BB 2001, Die erste Seite (Heft 46), „Wie viele ,Tropfen sozialistischen Öls‘ verträgt das BGB?“. 106 Rückert, in: HKK, Vor. § 1 BGB, Rn. 77 sowie Duve, in: HKK, § 1 BGB, Rn. 6 ff. am Beispiel der Rechtsfähigkeit; zum Gesetzgebungsverfahren Protokolle I,
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1. Teil 1. Abschn.: Die Schuldrechtsmodernisierung
ahnungslos, sondern setzte auf ein gleiches und freies Privatrecht als Rechtsideal, das durch spezialgesetzliche Absicherungen107 für immer mehr Staatsbürger real werden würde.108 Anknüpfend an Impulse aus den USA tritt das Verbraucherschutzrecht Mitte der 1960er Jahre verstärkt in das öffentliche Bewusstsein.109 Das zunächst richterrechtlich ausgeformte Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen wird 1977 im AGBG einer einheitlichen Regelung zugeführt.110 Auf europäischer Ebene erfolgen in einer „ersten Phase“111 vereinzelte Verbraucherschutzmaßnahmen aufgrund sozialstaatlicher Überlegungen. Im Vordergrund steht der Schutz des unterlegenen Vertragspartners.112 1987 findet das Verbraucherschutzrecht mit Art. 100a III EGV113 (Art. 95 EG n. F.) und nachfolgend 1992 Art. 129a EGV114 (Art. 153 EG n. F.) Eingang in das europäische PrimärS. 475 (63. Sitzung vom 25.11.1891, Punkt VIII); Hintergrund war eine Entscheidung der Vorkommission des Reichsjustizamtes, dass eine Regelung der Abzahlungsgeschäfte der Reichsspezialgesetzgebung überlassen bleiben solle (58. Sitzung vom 5.10.1891), vgl. Jakobs/Schubert, Die Beratungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs, Allgemeiner Teil §§ 1–240, II, S. 76. 107 Ausführlich Zimmermann, in: HKK, Vor. § 1 BGB, Rn. 19, welcher in diesem Zusammenhang noch auf das Reichshaftpflichtgesetz (1871) und die Gewerbeordnung (1869) verweist; ähnlich Rückert, JZ 2003, 749 (751), der zusätzlich auf die Reichsresolution zur Gesindeordnung (1896), das Wettbewerbsrecht (1896, 1909) sowie das Versicherungsrecht (1901 und 1908) verweist. 108 Rückert, JZ 2003, 749 (751). 109 Eichenhofer, JuS 1996, 857 (859). Die Verbraucherschutzbotschaft von John F. Kennedy aus dem Jahre 1962 illustriert den damaligen Bewusstseinswandel, in welchem der citizen partiell durch den consumer ersetzt wurde: „Consumers by definition, include us all“, Zitat wiedergegeben bei Junker, IPPrax 1998, 65 (66); zur Vorgeschichte des Verbraucherschutzes in den USA zuletzt Adomeit, NJW 2004, 579 ff.; zur Genese des Verbraucherschutzrechts in Europa aus der Perspektive sowohl der EG als auch der einzelnen Mitgliedsstaaten Micklitz, VuR 2003, 2 (4 ff.). 110 Grundlegend zum AGB-Recht 1935 Raiser, Das Recht der allgemeinen Geschäftsbedingungen, pass.; zusammenfassend zu der dem AGBG vorangegangenen Rechtsprechung BGHZ 22, 90 (94 ff.) und BGHZ 41, 151 (154 ff.). Neben dem AGBRecht lassen sich weitere Tendenzen in Gesetzgebung und Rechtsprechung zum Ausgleich von Ungleichgewichtslagen erkennen, welche überwiegend die Rechtsbeziehung zwischen Unternehmern und Verbrauchern i. S. d. §§ 13 f. BGB betreffen, vgl. Canaris, AcP 200 (2000), 273 (295 ff.) und zuvor Medicus, Abschied von der Privatautonomie, S. 11 ff. 111 Micklitz, VuR 2003, 2 (5). 112 In diesem Zusammenhang gehört etwa die Haustürwiderrufsrichtlinie (RL 85/ 577/EWG, ABl.EG L 172, S. 31 vom 31.12.1985), welche nachweislich nicht auf den zwischenstaatlichen Geschäftsverkehr, sondern auf eine sich typischerweise innerhalb des Mitgliedsstaats stellende Situation abstellt. 113 Eingefügt durch die einheitliche europäische Akte von 1987. Da es sich hierbei nicht um eine selbständige Rechtsgrundlage und Kompetenz für die europäische Verbraucherpolitik handelte, waren Regelungen zum Verbraucherschutz insoweit nur als Teil einer für den Binnenmarkt erforderlichen Rechtsharmonisierung zulässig, Grub, in: Lenz/Borchardt, Eu- und EG-Vertrag, Art. 153, Rn. 1 f.
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recht.115 In dieser „zweiten Phase“ kommt es zu einer Fülle verbraucherschützender Richtlinien wie etwa der Klauselrichtlinie 93/13/EG116. Seither steht das Verbraucherrecht unter dem „Primat des Binnenmarktes“117. Die vormals auch in Deutschland vorhandenen Maßnahmen zum sozialen Schutz der Verbraucher haben durch die Rechtsetzungsaktivität der EG eine deutliche Intensivierung und Anreicherung um – mittelbar verfolgte – gesamteuropäische Ziele erfahren. In Fortführung der bereits anfänglich mit dem AbzG angelegten Regelungstechnik werden im Zuge der Richtlinienumsetzung in Deutschland eine Vielzahl von Nebengesetzen geschaffen.118 Inzwischen deutet sich eine „dritte Phase“ an: Die Umformung des Verbraucherrechts in ein Bürgerrecht.119 Denn in zunehmendem Maße emanzipiert sich der Verbraucherschutz vom engen produktivistischen Verständnis und wird Bestandteil einer auch politisch, sozial und kulturell verstandenen europäischen Bürgerschaft.120 C. Leitbegriffe des Verbraucherprivatrechts und deren Umsetzung Aus Sicht der Mitgliedsstaaten gestaltet sich die Integration des Verbraucherprivatrechts besonders schwer, wo die neuen Regelungsregime mit vorhandenen Privatrechtkodifikationen verwoben werden müssen. Einen aus deutscher Sicht bedeutsamen Schritt vollzog man bereits unmittelbar vor der Schuldrechtsmodernisierung, als man neben einigen anderen allgemeinen Vorschriften zum Verbraucherschutz121 zwei neue Schlüsselbegriffe des Verbraucherprivatrechts in den Allgemeinen Teil des BGB einführte: den des Verbrauchers (I.) und des
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Eingefügt durch den Maastricht-Vertrag von 1992. Zum europäischen Verbraucherschutzrecht in der davor liegenden Zeit vgl. Wichard, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, Art. 153, Rn. 8 mit Nachweisen in Fn. 17 sowie zu vorangegangenen Verbraucherschutzprogrammen Rn. 9 und die Darstellung bei Grub, in: Lenz/Borchardt, Eu- und EG-Vertrag, Art. 153, Rn. 4 sowie die beiden Verbraucherprogramme von 1975 (ABl.EG 1975 C 92/1) und 1981 (ABl.EG 1981 C 133/1). 116 Weitere Richtlinien dieser „zweiten Phase“ sind etwa die Pauschalreise-RL (90/ 314/EWG, Timesharing-RL (94/47/EG), Fernabsatz-RL (97/7/EG), Unterlassungsklage-RL (98/27/EG) sowie die RL über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen (2002/65/EG). 117 Micklitz, VuR 2003, 2 (5). 118 Etwa das Haustürwiderrufsgesetz (1986), das Verbraucherkreditgesetz (1990) oder das Produkthaftungsgesetz (1989). Anders als die ersten beiden Gesetze wurde das Produkthaftungsgesetz im Zuge des SMG nicht in das BGB integriert. 119 Micklitz, VuR 2003, 2 (5). 120 Micklitz, a. a. O. 121 So wurden vor allem die bisher auf die Nebengesetze zerstreuten Widerrufsvorschriften partiell in einem allgemeinen Teil des Widerrufsrechts zusammengeführt (vgl. §§ 355 ff. BGB). 115
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1. Teil 1. Abschn.: Die Schuldrechtsmodernisierung
Unternehmers (II.).122 Hinter beiden Vorschriften steht ein spezifisches Leitbild, welches als inneres Prinzip das Verbraucherschutzrecht insgesamt dirigiert (III.). I. Verbraucherbegriff Obwohl der EGV selbst den Verbraucherschutz an sehr vielen Stellen erwähnt123, und in Art. 153 ausdrücklich ein „hohes Verbraucherschutzniveau“ fordert124, hat sich bisher weder ein einheitlicher europäischer Verbraucherbegriff herausgebildet125 noch wird die Gemeinschaft auf eine bestimmte Verbraucherschutzkonzeption festgelegt.126 Trotz häufig sehr ähnlicher Formulierungen in den Richtlinien fehlt eine übergreifende allgemeine Definition.127 Aus einer Gesamtschau lässt sich für das Verbrauchervertragsrecht ein gemeinsamer Nenner formulieren128: Umfasst sind alle Abnehmer und Nutzer gewerblicher Leistungen zum privaten Gebrauch.129 Grundaxiom des gegenwärtigen europäischen Verbraucherbegriffs ist mithin die private Zweckbindung des Handelns.130 Zudem legt das EG-Recht bisher eine Begrenzung des Verbraucherbegriffs auf natürliche Personen nahe.131 Hieran knüpfte der Gesetzgeber an, als er im Jahr 2000 anlässlich der Umsetzung der Fernabsatzrichtlinie die bisher auf die Ne122 Beide Legaldefinitionen sind bedeutsam für eine stetig anwachsende Fülle spezieller Vorschriften des Vertragsrechts, vgl. nur Pfeiffer, in: Soergel, § 13, Rn. 1 und § 14, Rn. 8. 123 Art. 3 I lit. t); Art. 33 I lit. e); Art. 34 II UAbs. 2; Art. 81 III 3. Spstr.; Art. 82 lit. b); Art. 87 II lit. a); Art. 95 III und Art. 153 EG. 124 Ähnlich Art. 38 der Charta der Grundrechte der EU. 125 Grub, in: Lenz/Borchardt, Eu- und EG-Vertrag, Art. 153, Rn. 7. 126 Wichard, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, Art. 153, Rn. 4. 127 Dreher, JZ 1997, 167; vgl. zudem Lurger, in: Streinz, EUV/EGV, Art. 153, Rn. 11; Grub, in: Lenz/Borchardt, Eu- und EG-Vertrag, Art. 153, Rn. 6; Wichard, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, Art. 153, Rn. 4. Auch der bisherigen Rechtsprechung des EuGH lässt sich entnehmen, dass dieser den Verbraucherbegriff für jeden Rechtsakt einzeln anhand des spezifischen Schutzzwecks auslegt, vgl. Lurger, a. a. O. 128 Dazu Grub, in: Lenz/Borchardt, Eu- und EG-Vertrag, Art. 153, Rn. 6; sowie aus der Rspr. EuGH, Rs. C-269/95 (Benincasa/Dentalkit), Urt. v. 3.7.1997, Slg. 1997, I3767, Rn. 17 f. sowie Rs. C-45/96 (Dietzinger), Urt. v. 17.3.1998, Slg. 1998, I-1199, Rn. 22. 129 Wichard, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, Art. 153, Rn. 4. 130 Vgl. Schmidt-Räntsch, in: Bamberger/Roth, BGB, § 13, Rn. 4 und auch 9. 131 Dazu Lurger, in: Streinz, EUV/EGV, Art. 153, Rn. 11 und Grub, in: Lenz/Borchardt, Eu- und EG-Vertrag, Art. 153, Rn. 6. Ausdrücklich hat der EuGH die Beschränkung auf natürliche Personen aber bisher allein im Rahmen der Richtlinie 93/ 13/EG über missbräuchliche Vertragsklauseln ausgesprochen, vgl. Rs. C-541/99, Urt. v. 22.11.2001, Slg. 2001, I-9049, Rn. 12–17. Auch neuere Richtlinien zum Verbraucherschutz bei Vertragsschlüssen beschränken den Verbraucherbegriff ihrem Wortlaut nach auf natürliche Personen, vgl. etwa Art. 2 lit. d) der neuen Richtlinie 2002/65/EG über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher vom 23.9.2002, ABl. EG L 271 vom 9.10.2002, S. 16 (19).
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bengesetze verteilten Verbraucherdefinitionen in § 13 BGB zusammenfasste: „Verbraucher ist jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu einem Zweck abschließt, der weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann.“132 Die Begrenzung auf natürliche Personen ist zunehmend Kritik ausgesetzt. Denn es erscheint sinnvoll, neben natürlichen Personen auch juristische Personen mit einzubeziehen, welche nicht-gewerblich handeln und/oder bei funktionaler Betrachtung ebenso schutzwürdig sind wie eine natürliche Person.133 Der enge Wortlaut lässt gegenwärtig bestenfalls die Einbeziehung von nicht gewerblich agierenden Personengesellschaften zu.134 Für juristische Personen bleibt nur der Weg über die Analogie.135 Damit ist auch klar, dass das Verbraucherschutzrecht de lege lata grundsätzlich auch nicht zu Gunsten der öffentlichen Hand zur Anwendung kommen wird.136 Das Europäische Parlament hat jedoch jüngst angeregt nach Vorbild der deutschen §§ 13 f. BGB europaweit einheitliche Legaldefinitionen zu schaffen.137 Fast zeitgleich hat es sich für eine Ausweitung des Anwendungsbereichs des Schutzregimes auf den Rechtsverkehr zwischen Unternehmern ausgesprochen.138
132 Eingeführt durch Gesetz v. 27.6.2000, BGBl. I, S. 897 ff. Die einheitliche Regelung war nicht durch das EG-Recht gefordert. Sie vernetzt als allgemeine Legaldefinition verbraucherschützende Regelungen, welche teilweise auch über den von der EGgeforderten Schutz hinausgehen, bzw. davon abweichen. Es handelt sich also trotz des europäischen Kontextes (auch) um eine deutsche Lösung (vgl. dazu die Begründung, BT-Drs. 14/2658, S. 47 f.); Micklitz, in: MüKo, BGB, § 13, Rn. 1 spricht insoweit von einem „janusköpfigen Gesicht“ der Norm. 133 Pfeiffer, in: Soergel, BGB, § 13, Rn. 2. Dieser weist zudem auf eine konzeptionelle Friktion hin: mit der Beschränkung auf natürliche Personen löst man sich von der situativen Beurteilung der Schutzbedürftigkeit und knüpft statt dessen systemwidrig an den persönlichen Status der handelnden Person an (Pfeiffer, a. a. O., Rn. 46); ähnlich kritisch Micklitz, in: MüKo, BGB, § 13, Rn. 14. Für eine Ausweitung nach Maßgabe einer funktionalen Betrachtung auch Paulus/Zenker, JuS 2001, 1 (6); zu den sinnvollerweise in den Verbraucherbegriff mit einzubeziehenden Fällen auch G.-P. Calliess, AcP 203 (2003), 575 (577 ff.). 134 Also vor allem Gesellschaften bürgerlichen Rechts, vgl. BGHZ 149, 80 ff. = JZ 2002, 455 ff. (Anmerkung Arzt, 457 ff.). 135 Was methodisch jedoch nur in den wenigen Fällen in Betracht kommen dürfte, in welchen der Gesetzgeber bisher anerkannte Ausnahmen offensichtlich übersehen hat, vgl. Micklitz, in: MüKo, BGB, § 13, Rn. 13 mit Beispielen. Damit unterscheidet sich die Rechtslage in Deutschland etwa von der in Österreich, wo nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 des Konsumentenschutzgesetzes auch gemeinnützige juristische Personen Verbraucher sind. 136 Soweit die Verwaltungen als Nachfrager auf dem Binnenmarkt auftreten, ist eine Einbeziehung derselben jedenfalls aus der funktionalen Sicht der Gemeinschaft erwägenswert. 137 Entschließung des Europäischen Parlaments zu der Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen „Verbraucherpolitische Strategie 2002–2006“, abgedruckt in BR-Drs. 218/03 vom 7.4.2003, S. 4, Rn. 11 f.
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1. Teil 1. Abschn.: Die Schuldrechtsmodernisierung
II. Unternehmerbegriff Ebenfalls anknüpfend an Definitionen in vorausgegangenen europäischen Sekundärrechtsakten formuliert § 14 BGB das Korrelat zu § 13 BGB139: „Unternehmer ist jede natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt.“ Maßgebendes Kriterium ist der Abschluss „in Ausübung“ der „gewerblichen oder selbständigen Tätigkeit“, also eben jener Zweckbestimmung, deren Nichtvorliegen maßgebliche Voraussetzung für das Vorliegen der Verbrauchereigenschaft ist.140 Eine Person kann mithin nicht gleichzeitig als Unternehmer und Verbraucher handeln, weil sich beides gegenseitig ausschließt.141 Da juristische Personen ausdrücklich eingeschlossen sind, kommt auch eine Unternehmereigenschaft der öffentlichen Verwaltung in Betracht. Das dahinter liegende EG-Recht orientiert sich nicht an der Trennung zwischen öffentlichem und privatem Recht, sondern primär am Paradigma des Marktes.142 Folglich ist auch im Rahmen des § 14 BGB die Zuordnung unmaßgeblich, so dass einer Anwendung auf juristische Personen des öffentlichen Rechts grundsätzlich nichts im Wege steht.143 Ebenso ist für die Unternehmereigenschaft nach § 14 BGB auch nicht entscheidend, ob im Einzelfall eine Gewinnerzielungsabsicht gegeben ist, sondern die professionelle Anbieterfunktion am Markt.144
138 Der Entschluss ist abgedruckt in BR-Drs. 20/03 vom 7.4.2003, dort Rn. 2 S. 3; ebenso für eine Ausweitung auf den Rechtsverkehr zwischen Unternehmern Micklitz, VuR 2003, 2 (10). 139 Pfeiffer, in: Soergel, BGB, § 14, Rn. 3. 140 Das Merkmal der „gewerblichen Tätigkeit“ ähnelt dem traditionellen Gewerbebegriff des deutschen Handelsrechts, kann aber aufgrund der europäischen Provenienz des § 14 BGB nicht mit diesem gleichgesetzt werden. Das – für die vorliegende Untersuchung weniger relevante – Begriffsmerkmal der „selbständigen Tätigkeit“ dient dem Zweck, Vertragsschlüsse im Rahmen abhängiger Beschäftigung auszuschließen, im Einzelnen Pfeiffer, in: Soergel, BGB, § 14, Rn. 11 f. 141 Pfeiffer, in: Soergel, BGB, § 14, Rn. 4. 142 Deutlich wird dies etwa an der Unternehmerdefinition in Art. 2 lit c der Richtlinie 93/13/EG über missbräuchliche Klauseln: „Eine natürliche oder juristische Person, die bei Verträgen, die unter diese Richtlinie fallen, im Rahmen ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit handelt, auch wenn diese dem öffentlichen Bereich zuzurechnen ist.“ Bemerkenswert ist die ausdrückliche Einbeziehung des öffentlichen Bereichs, was sich in § 14 BGB nicht findet. Darauf wird im Rahmen des AGB-Rechts zurückzukommen sein, vgl. § 11 C. I.; zur Marktorientierung Micklitz/Keßler, WRP 2003, 919 (925). 143 Vgl. Pfeiffer, in: Soergel, BGB, § 14, Rn. 18. 144 Pfeiffer, in: Soergel, BGB, § 14, Rn. 13; ausführlich zum europarechtlich geformten Unternehmerleitbild Micklitz/Keßler, WRP 2003, 919 (924 f.).
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III. Das Leitbild des informierten und informierbaren Verbrauchers Hinter dem in den §§ 13 f. BGB formalisierten Begriffspaar verbirgt sich ein prägendes „Verbraucherleitbild“, d.h. ein einheitliches Verhaltensmuster oder Rollenbild, das der Rechtssetzer jedem Verbraucher zuschreibt.145 Die verbraucherschützenden Sekundärrechtsakte folgen zur Bestimmung ihres sachlichen Anwendungsbereichs weitgehend einem situations- oder problembezogenen Ansatz.146 Das europäische Verbraucherschutzrecht will nicht bevormunden, sondern es dem Verbraucher ermöglichen, seine Rolle als Marktteilnehmer eigenverantwortlich und in wirtschaftlicher Hinsicht sinnvoll ausüben zu können.147 Durch ein transparentes, europaweit einheitliches Schutzregime soll der Verbraucher aber nicht nur vor Schäden im Zusammenhang mit der privaten Abnahme oder Nutzung von Waren oder Dienstleistungen geschützt, sondern zugleich zur privatautonomen Marktteilnahme stimuliert werden.148 Verbraucherprivatrecht zielt also auf die Förderung und Ermöglichung privatautonomer Teilnahme am Rechtsverkehr.149 Der Verbraucher wird funktional in Bezug genommen ohne damit konzeptionell die Vorstellung einer personenbezogenen strukturellen Unterlegenheit zu verbinden.150 Zutreffend geht daher auch der überwiegende Teil der sich mit dem europäischen Verbraucherschutzrecht auseinandersetzenden Literatur von einem gemeinschaftsrechtlichen Leitbild des mündigen, d.h. kritischen, aktiven, verständigen, aufmerksamen und informierbaren Verbrauchers aus.151 Auch der EuGH betont gerade in der jüngeren Rechtsprechung das Leitbild eines verständigen, informierten oder zumindest informierbaren Gemeinschaftsbürgers und stellt hohe Anforderungen an dessen Verständigkeit und Kritikfähigkeit.152
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Lurger, in: Streinz, EUV/EGV, Art. 153, Rn. 12. Wichard, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, Art. 153, Rn. 4; ähnlich Micklitz, in: MüKo, BGB, § 13, Rn. 3: „situativ typisierte Schutzbedürftigkeit des Verbrauchers“. 147 Wichard, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, Art. 153, Rn. 5; zu Kritik und konzeptionellen Friktionen einer entindividualisierten Steuerungsperspektive W.-H. Roth, JZ 2001, 475 (481 f.). 148 Vgl. W.-H. Roth, JZ 2001, 475 (481), welcher den Verbraucher pointiert als „Promoter des Binnenmarktes“ bezeichnet. 149 Vgl. nur die Ausführungen in der verbraucherpolitischen Strategie der Kommission für die Jahre 2002–2006, KOM (2002) 208 endg., S. 6. 150 Micklitz, in: MüKo, BGB, § 13, Rn. 3. 151 Vgl. Lurger, in: Streinz, EUV/EGV, Art. 153, Rn. 12; Armbrüster, DNotZ 2004, 437 (438); Micklitz/Keßler, WRP 2003, 919 oder Wichard, in: Calliess/Ruffert, EUV/ EGV, Art. 153, Rn. 7, dort Fn. 16 mit umfassenden Nachweisen auch der kritischen Stimmen; ähnlich Micklitz, in: MüKo, BGB, § 13, Rn. 3; Lurger, in: Streinz, EUV/ EGV, Art. 153, Rn. 12 gibt allerdings zu bedenken, dass etwa die Pauschalreise-, Klausel- und Verbrauchsgütergaratie-Richtlinien „Ansätze eines Übergangs zu einem etwas weniger idealistisch-strengen Verbraucherbild“ erkennen lassen. 146
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D. Verbraucherprivatrecht in verfassungsrechtlicher Perspektive Als Selbstbestimmung des Einzelnen im Rechtsleben ist die Privatautonomie grundrechtlich durch Art. 2 I GG sowie in Einzelausprägungen durch spezielle Grundrechte wie Art. 9 I, 12 und 14 I GG geschützt.153 Die Privatautonomie ist der Rechtsordnung dabei nicht apriorisch vorgegeben; sie leitet sich erst aus der Rechtsordnung ab.154 Denn ohne die rechtliche Dimension wäre Privatautonomie lediglich eine sittliche oder metaphysische und damit rechtlich unverbindliche Kategorie und nicht ein Axiom des Privatrechts.155 Im Anschluss daran kann Privatautonomie definiert werden als ein aus der vorrechtlichen Wesenheit des Individuums und der aus dem Selbstsetzungsbedürfnis geformten Wertidee der Selbstbestimmung abgeleiteter Bereich individueller Gestaltungsvorrechte,
152 Vgl. Grub, in: Lenz/Borchardt, Eu- und EG-Vertrag, Art. 153, Rn. 7. Zu beachten ist aber, dass Art. 153 EG neben dem vertraglichen Bereich auch etwa den Gesundheitsschutz von Verbrauchern mit einbezieht (sehr ausführlich jetzt Grub, in: Lenz/Borchardt, Eu- und EG-Vertrag, Art. 153, Rn. 9–36), weshalb die Übertragung von Aussagen der Rechtsprechung zum Verbraucherschutz in anderen Bereichen als dem des Vertragsrechts begründungsbedürftig ist (Pfeiffer, in: Soergel, BGB, § 13 BGB, Rn. 24). Die verbraucherpolitischen Zielsetzungen des Art. 153 EG stehen gleichrangig nebeneinander, so dass der Verbraucherbegriff auch aus einer Gesamtschau der Politikbereiche entwickelt werden muss. Die Kommission hat in ihrer jüngsten verbraucherpolitischen Strategie allerdings gerade für das Verbrauchvertragsrecht das Leitbild eines informierbaren, selbständigen und selbstbewussten Verbrauchers betont, vgl. KOM (2002) 208 endg., S. 6; teilweise noch deutlicher die Bundesregierung im „Aktionsplan Verbraucherschutz“ (BR-Drs. 323/03 vom 9.5.2003, S. 1); vgl. jüngst auch BGH NJW 2005, 1790 (Leitbild des „informierten und informierbaren Verbrauchers“). 153 In der Grundaussage ganz h. M.; zur Gewährleistung der Privatautonomie nach Maßgabe spezieller Einzelgrundrechte ausführlich Ruffert, Vorrang der Verfassung, S. 294 ff. Zum Verhältnis der Gewährleistung nach Maßgabe des Art. 2 I GG zu den speziellen Gewährleistungen S. 301 ff. 154 Dies kann inzwischen als allgemein anerkannt betrachtet werden, vgl. nur: BVerfGE 89, 214 (231); Erichsen, in: Isensee/P. Kirchhof, HdStR VI, § 152, Rn. 57; Badura, in: FS Rittner, S. 1 (2); Müller-Freienfels, in: FS Rittner, 423 (441); Lorenz, Der Schutz vor dem unerwünschten Vertrag, S. 16; Busche, Privatautonomie, S. 16; F. Kirchhof, Private Rechtssetzung, S. 158; Ruffert, Vorrang der Verfassung, S. 59; Bäuerle, Vertragsfreiheit und Grundgesetz, S. 31, 329 f., 360 f.; sehr deutlich jüngst Gellermann, Grundrechte, S. 131 ff. Auch Schmidt-Aßmann, in: Hoffmann-Riem/ Schmidt-Aßmann, Auffangordnungen, 7 (13 f.) spricht hinsichtlich der Privatrechtsgesetzgebung von deren die Individuen „zur Aufnahme von Rechtsbeziehungen befähigenden Funktion.“ 155 Busche, Privatautonomie, S. 15 f.; anders noch die von Savigny vertretende Auffassung, die im subjektiven Recht die rechtliche Garantie der Willensmacht des Individuums als Willenssubjekt sah; vgl. von Savigny, System des heutigen römischen Rechts, Bd. I, §§ 4, 52, 53; zuletzt erneut, teilweise unter Verweis auf Savigny, Ostmann, NZM 2003, 1 (3); treffend demgegenüber Böhm, ORDO XVII (1966), 75 (85): „Nicht ein naturales Können, sondern ein soziales Dürfen ist kennzeichnend für die Privatrechtsgesellschaft.“
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den der Gesetzgeber mit den von ihm geschaffenen Einzelregelungen anerkennt156. Vertragsfreiheit ist mithin „normativ konstituiert“157 oder „normgeprägt“158. Sie bedarf der gesetzlichen Ausgestaltung, welche unter besonderer Berücksichtigung der beteiligten Vertragspartner zu erfolgen hat.159 Privatautonomie und deren Grenzen verhalten sich dabei nicht wie Regel und Ausnahme, sondern wie These und Antithese des dialektischen Verhältnisses zwischen Individuum und Gemeinschaft.160 Anders gewendet: Die Zulassung verlangt zugleich die Komplementärentscheidung über seine Beschränkungen.161 Denn die zu gewährleistende Macht zur Selbstbestimmung ist keine Macht zur Fremdbestimmung; wer behauptet, Recht gegen Diskriminierung führe zum Tod der Privatautonomie behauptet diese Freiheit einseitig und verkennt, dass einen Vertrag (mindestens) zwei autonome Persönlichkeiten schließen müssen.162 Angesichts dieser Normgeprägtheit der Gewährleistung wirkt die häufig betonte abwehrrechtliche Dimension der Grundrechtsposition zumindest ergänzungsbedürftig.163 Auch die Rechtsprechung des BVerfG ist hier nicht frei von Unsicherheiten und Unklarheiten.164 In neuerer Zeit findet sich in der Literatur 156 Siehe Busche Privatautonomie, S. 20 nach ausführlicher Auseinandersetzung mit dem bisherigen Meinungsspektrum, welches i. d. R. über eine schlagwortartige Umschreibung des „Phänomens“ (Busche, S. 13) nicht hinausging. Kürzer nun Ruffert, Vorrang der Verfassung, S. 55: „Privatautonomie ist die Freiheit, eine von der Rechtsordnung anerkannte Regelung seiner Lebensverhältnisse selbst vorzunehmen.“ 157 Bäuerle, Vertragsfreiheit und Grundgesetz, S. 360. Bäuerle weist zudem mehrfach darauf hin, dass auch der Grundsatz „pacta sunt servanda“ nicht nach Maßgabe des natürlichen Willens, sondern nach Maßgabe der gesetzlichen Konkretisierung gilt (vgl. etwa S. 413 f.). 158 Zu dieser Begrifflichkeit im Zusammenhang mit der Privatautonomie aus grundrechtlicher Sicht ausführlich Ruffert, Vorrang der Verfassung, S. 309 ff.; grundsätzlich zum Gedanken der „Normprägung“ Lerche, in: Isensee/P. Kirchhof, HdStR V, § 121, Rn. 38 ff. und jüngst Hoffmann-Riem, AöR 130 (2005), 5 (10 f.). 159 BVerfGE 89, 214 (232); eingehend zum Problem der Grundrechtsausgestaltung jetzt Cornils, Ausgestaltung der Grundrechte, S. 2 ff., speziell zur Vertragsfreiheit als Referenzbeispiel S. 165 ff. 160 Raiser, JZ 58, 1 (5 f.). 161 Vgl. W. Leisner, Grundrechte und Privatrecht, S. 329; ähnlich Schmidt-Aßmann, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann, Auffangordnungen, 7 (17): „Privatrechtsgesetzgebung ist stets Anerkennung freier Beweglichkeit und Normierung rechtlicher Fixpunkte zugleich.“ oder Manssen, Privatrechtsgestaltung, S. 146: „zusammenhängenden Prozess des Gewährens und Einschränkens.“ 162 Bär, ZRP 2002, 290 (291 f.). 163 Zur Wirkung der Privatautonomie in ihrer Funktion als Abwehrrecht Canaris, Grundechte im Privatrecht, S. 21 oder Isensee, in: Isensee/P. Kirchhof, HdStR V, § 111, Rn. 131; ähnlich das bei Manssen, Privatrechtsgestaltung durch Hoheitsakt, S. 170 ff. und 174 ff. entwickelte Konzept eines „Normbestandsschutzes“, vgl. dazu aber jüngst die Kritik bei Ruffert, Vorrang der Verfassung, S. 311 ff. 164 Ruffert, Vorrang der Verfassung, S. 288; noch kritischer Classen, AöR 122 (1997), 65 (79): „Tatsächlich aber läßt sich die Entwicklungslinie eher mit derjenigen vergleichen, die ein Experimentator zieht, wenn er diverse Meßergebnisse zu einer
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eine deutliche Annäherung an die Eigentumsdogmatik.165 Die Konturierung der Gewährleistung im Hinblick auf die unterschiedlichen Grundrechtsfunktionen ist aber keineswegs abgeschlossen und kann auch hier nicht im Einzelnen vertieft werden. Für die weitere Untersuchung genügt es, den aus der objektiven Dimension der Grundrechte fließenden Gestaltungsauftrag des Gesetzgebers166 festzuhalten. Er verdeutlicht das innere Wesen des Verbraucherprivatrechts: Als Grundsatz gilt, dass der Gesetzgeber unter Berücksichtigung des Sozialstaatsprinzips ein Höchstmaß an beidseitiger Selbstbestimmung verwirklichen muss.167 Schafft der Gesetzgeber zu diesem Zwecke Kompensationsnormen, kann dies Freiheitsbegrenzungen des potentiell überlegenen Teils bewirken. Generell schwierig zu bestimmen ist, wann der Ausgestaltung infolgedessen Eingriffsqualität zukommt.168 Bei grundrechtlicher Betrachtung sind verbraucherprivatrechtliche Normen selbst dann nicht zwingend von eingreifender Qualität, wenn sie der natürlichen Freiheit Grenzen setzten.169 Entscheidend ist, ob eine Norm um der Freiheit willen schützt, oder um des Schutzes willen, ob sie also das Hauptziel Freiheit auch in der Einschränkung wahrt.170 Innerhalb dieser Grenze ist Verbraucherprivatrecht nicht nur kein Eingriff, sondern als Flankierung privatautonomer Rechtsgestaltung auch mit den Prinzipien des Privatrechts vereinbar. Für den unterlegenen Vertragspartner kommt dem Verbraucherprivatrecht ein besonderer Schutzauftrag im Hinblick auf die grundrechtlich gewährleistete Selbstbestimmung im Rechtsleben zu, den es auch bei der Anwendung Kurve verbinden will [. . .]. Konkret ist darauf hinzuweisen, daß insbesondere der Eingriffsbegriff in recht unterschiedlichen Zusammenhängen verwendet wird.“ 165 Vgl. Gellermann, Grundrechte, S. 131 ff.; Ruffert, Vorrang der Verfassung, S. 314 f.; ähnlich jüngst auch Bäuerle, Vertragsfreiheit und Grundgesetz, dort u. a. S. 330 oder 343. 166 Siehe nur BVerfGE 89, 214 (231). 167 Erichsen, in: Isensee/P. Kirchhof, HdStR VI, § 152, Rn. 58 (Hervorhebung vom Verfasser). In welcher Form diese Überprüfung geschieht, ist damit jedoch nicht gesagt; ganz ähnlich Alexy, Theorie der Grundrechte, S. 485, welcher zwar von „Prinzipien“ spricht, aber betont, dass der Terminus der „objektiven Werteordnung“ und der der „Prinzipien“ austauschbar sind, vgl. S. 477. Ähnlich Wichtermann, in: Armbrüster u. a., Privatautonomie und Ungleichgewichtslagen – Jahrbuch Junger Zivilrechtswissenschaftler – 1995, 215 (230 f.): „Eine gelungene Intervention müßte darauf zielen, daß – rechnerisch ausgedrückt – die Summe der Privatautonomie in einem Vertragsverhältnis möglichst groß wird, die Verteilung möglichst gegenseitig.“ 168 Vgl. Bethge, VVDStRL 57 (1998), 7 (28 ff.) und Jarass, AöR 120 (1995), 367 sowie Alexy, Theorie der Grundrechte, S. 300 f. 169 Siehe Gellermann, Grundrechte, S. 143. 170 Rückert, in: HKK, Vor. § 1 BGB, Rn. 103; Ruffert, Vorrang der Verfassung, S. 316 f. möchte die Trennlinie wie folgt ziehen: „Zielt der Gesetzgeber auf Verbesserung, Sicherung oder gar Erweiterung der Möglichkeiten für privatautonomes Handeln ab, so geht es um prägende Ausgestaltung, werden andere Zwecke verfolgt, liegt ein rechtsfertigungsbedürftiger Eingriff vor.“ Als mögliche Eingriffe nennt Ruffert: Kontrahierungszwang, Abschlussverbote, Typenzwang, Inhaltszwang und Inhaltsverbote (S. 317).
§ 3 Der Ausbau des Verbraucherprivatrechts
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verbraucherprivatrechtlicher Normen im öffentlichen Recht sorgfältig zu beachten gilt. E. Zwischenergebnis Zusammenfassend reflektiert § 13 BGB nicht personenbezogen den Typus eines unmündigen Bürgers, sondern folgt wie die Mehrzahl der an diese allgemeine Begriffsbestimmung anknüpfenden Verbraucherschutznormen einem situationsbezogenen Ansatz, indem die aus der konkreten Situation entstehende Schutzbedürftigkeit hinsichtlich der vertraglichen Entscheidungsfreiheit erfasst werden soll.171 Entscheidend für die Anwendung der Verbraucherschutznormen im öffentlichen Recht ist damit, ob sich auch dort entsprechende Situationen finden, welche die Anwendung der Schutzregime fordern. Weiter dient das Verbraucherschutzrecht der Privatautonomie, indem es die faktischen Voraussetzungen tatsächlicher Selbstbestimmung im Rechtsverkehr absichert. Das Verbraucherprivatrecht fügt sich konzeptionell in das allgemeine Zivilrecht ein; es ist „mit dem Ideal der Gleichheit der Privatrechtssubjekte vereinbar“172 und „mit den tradierten zivilrechtlichen Wertungsprinzipien nicht unvereinbar“173. Denn es verarbeitet in adäquater Weise die Faktizität der Vertragsfreiheit.174 Ist im Verhältnis Verwaltung-Bürger der sachliche Anwendungsbereich von Verbraucherschutznormen gegeben, kommt der Anwendung der entsprechenden Rechtsregime gesteigerte Bedeutung zu. Denn die Verwaltung ist – anders als ein privater Vertragspartner – als Grundrechtsverpflichteter in besonderer Weise berufen, der grundrechtlich gewährleisteten Freiheit Geltung zu verschaffen. Verbraucherschutzrecht kann sich somit als Instrument zur Flankierung grundrechtlicher Freiheitsansprüche erweisen.175 Andererseits ist bei der Anwendung im öffentlichen Recht zu beachten, dass die Verwaltung nicht nur die indivi171 Pfeiffer, in: Soergel, § 13 BGB, Rn. 19; Duve, in: HKK, §§ 1–14 BGB, Rn. 81, ders., Jura 2002, 793 (795); Bülow/Arzt, Verbraucherprivatrecht, S. 4. 172 Pfeiffer, in: Soergel, BGB, § 13 Rn. 19 hinsichtlich der Einfügung des Verbraucherbegriffs in das BGB. 173 Pfeiffer, a. a. O., Rn. 20; erneut Rn. 21: „zeigt sich eine grundsätzliche Kompatibilität mit typischen zivilrechtlichen Wertungsprinzipien.“; ebenso T. Möllers, JZ 2002, 121 (130 f.). 174 Dazu Damm, VersR 1999, 129 ff. Ansatzpunkt der Kritik muss also nicht der Dogmenwandel sondern – auf einer rechtspolitischen Ebene – das Maß staatlicher Regulierung sein. 175 Beispielhaft sei auf das im Zuge der Schuldrechtsreform in § 307 I 2 BGB verankerte Transparenzgebot verwiesen, wonach auch durch die Verwaltung einseitig zu Lasten des Bürgers in Verwaltungsverträge eingeführte AGB nur bei einheitlicher, klarer und verständlicher Gestaltung wirksam sind, eingehend unter § 13 C.
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1. Teil 1. Abschn.: Die Schuldrechtsmodernisierung
duellen Rechte des Einzelnen wahren muss, sondern auch die ihr gesetzlich zugewiesenen Gemeinwohlaufträge zu verwirklichen hat. Zwar dient auch das Verbraucherschutzrecht oft Allgemeinwohlbelangen.176 Dies geschieht jedoch regelmäßig mittels des Individuums, das im sicheren Rahmen eines gesamteuropäisch einheitlichen Schutzregimes angehalten werden soll, durch sein Verbraucherverhalten einen Beitrag zum Gemeinwohl zu leisten.177 Demgegenüber verfolgt die Verwaltung oft Allgemeininteressen, die mit dem immer auch individuellen Schutzauftrag des Verbraucherprivatrechts kollidieren können.178 Die Anwendung von Verbraucherschutzrecht auf Rechtsverhältnisse im Verwaltungs-Bürger-Verhältnis kann mithin einerseits dem Bürger gegenüber bestehende Schutzaufträge flankieren, andererseits die Verwirklichung von Gemeinwohlbelangen blockieren. Wie weit diese Spannung auflösbar ist, wird vor allem eingehend anhand der Anwendung des AGB-Rechts auf Verwaltungsverträge noch näher zu untersuchen sein.179
176 Dazu Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee, 6. Kap., Rn. 14, welcher zutreffend darauf hinweist, dass daher eine Zuordnung anhand der Interessentheorie nicht möglich ist. 177 Beurteilt man das Verbraucherschutzrecht also nach Maßgabe der Sonderrechtslehre und fragt, ob die Verwaltung als solche berechtigt oder verpflichtet wird, ergibt sich ganz klar, dass Verbraucherschutzrecht im Bereich des Vertragsrechts reines Zivilrecht ist. 178 Beispiel: Die Stadt H möchte kinderreichen Familien in einer begehrten Wohnlage den Bau von Einfamilienhäusern ermöglichen, um eine Überfremdung der Wohnbevölkerung zu verhindern. Dazu werden 500 Bauplätze verbilligt unter Verwendung einheitlicher Vertragsformulare verkauft. Die Verträge beinhalten strikte Vertragsstrafen für den Fall, dass nicht in einer bestimmten Zeit gebaut wird oder das Grundstück kurz nach Erwerb gewinnbringend verkauft wird. Nun ist denkbar, dass die Vertragsstrafeklauseln gegen Verbote des AGB-Rechts (§§ 305 ff. BGB) verstoßen. Diese Verbote sollen dem Schutz der Vertragsabschluss- und -inhaltsfreiheit des Bürgers dienen. Andererseits hat die Stadt ein Sonderinteresse insoweit, als Zwecke der allgemeinen Siedlungspolitik und die Verwendung von Geldern der öffentlichen Hand abgesichert werden müssen. Bei der Anwendung des AGB-Rechts sind beide widerstreitenden Interessen zu berücksichtigen, eingehend zur Problematik unter § 10 B. IV. 179 Dazu die §§ 10, 11, 12 und 13.
2. Abschnitt
Parallelen und Verbindungen zwischen den Teilrechtsordnungen nach der Schuldrechtsmodernisierung § 4 Neue Verbindungen und Parallelen zwischen den Teilrechtsordnungen A. Ausgangsüberlegung: Die Steuerungsperspektive als analytischer Rahmen Charakteristisch für die gegenwärtige Reform des Verwaltungsrechts ist die Neuausrichtung der Verwaltungsrechtswissenschaft in Richtung einer „Steuerungswissenschaft“.1 Sie ist getragen von der Erkenntnis, dass sich Rechtswissenschaft nicht darauf beschränken darf, Rechtsregeln, Institute und Lehrsätze dogmatisch auszuformen, sondern sich zugleich mit den Wirksamkeitsbedingungen des Rechts zu beschäftigen hat. Recht wird als Instrument zur Bewirkung von erwünschten und zur Vermeidung von unerwünschten Wirkungen, also zur Beeinflussung von Ereignisabläufen begriffen.2 Im Zuge der aktuellen Steuerungsdiskussion wird hierbei nach Synergiepotentialen beider Teilrechtsordnungen gefragt: „Mit Blick auf die spezifische Leistungsfähigkeit zur Erreichung bestimmter Ziele ist zu fragen, ob und wieweit Recht am besten auf die Handlungsrationalitäten und darauf abgestimmte Interessen des Privatrechts oder des öffentlichen Rechts zurückgreift oder beide kombiniert. Von besonderem analytischen und steuerungswissenschaftlichem Interesse sind dabei Fälle des faktisch oder rechtlich aufeinander abgestimmten Einsatzes von öffentlichem und Privatrecht.“3 Damit ist zunächst eine Zielaussage von hohem Abstraktionsgrad formuliert. Entsprechend wird der Wert der „Steuerung“ als Schlüsselbegriff der Reformdiskussion ambivalent beurteilt. Unstreitig ist, dass der Steuerungspers1 Sparwasser/Engel/Voßkuhle, Umweltrecht, § 2, Rn. 6. Zusammenfassend zur Steuerungsdebatte unter Einbeziehung des Privatrechts, Damm, in: Hoffmann-Riem/ Schmidt-Aßmann, Auffangordnungen, 85 (99 ff.); vgl. zudem Baer, in: Schmidt-Aßmann/Hoffmann-Riem, Methoden der Verwaltungsrechtswissenschaft, 223 (225). 2 Hoffmann-Riem, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann, Verwaltungsorganisationsrecht als Steuerungsressource, 355 (358 f.). 3 Hoffmann-Riem, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann, Auffangordnungen, 261 (271).
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1. Teil 2. Abschn.: Parallelen zwischen den Teilrechtsordnungen
pektive eine „Erschließungsfunktion“4 bzw. als „Verbund- und Brückenbegriff“ eine „heuristische Funktion“ zukommt5; wie dieser Beitrag aus dogmatischer Sicht konkret aussehen kann, ist vielfach noch ungeklärt.6 Anhand der im Folgenden aufgezeigten drei neuen Verbindungen zwischen den Teilrechtsordnungen lässt sich der Steuerungsgedanke in unterschiedlicher Weise illustrieren und konkretisieren. B. Partielle Parallelisierung der Leitprinzipien Die Rechtswissenschaften haben es mit Rechtstexten, künftig aber auch vermehrt mit Leitprinzipien und (Leit-)Bildern zu tun.7 Für das Privatrecht erweist sich dabei die partielle Überformung der gewachsenen Ordnung durch das Verbraucherprivatrecht in Ausrichtung am europarechtlich determinierten Verbraucherleitbild8 und dem Ziel eines möglichst umfassenden Verbraucherschutzes als paradigmatisch. Zwei Leitprinzipien finden zunehmend Eingang in die Privatrechtsordnung, welche wir bisher eher aus dem öffentlichen Recht kennen: Prävention (I.) und Information (II.). I. Die Intensivierung präventiver Steuerung im Zivilrecht Prävention oder Abschreckung als pönale Regelungszwecke waren dem Zivilrecht lange weitgehend fremd.9 Das meist nur repressiv wirkende Zivilrecht10 dient traditionell nur dem Ausgleich von Schäden des Gläubigers und verfolgt darüber hinaus keine Strafzwecke.11 Diese klare Zäsur unterschied unser Privatrecht bisher von Privatrechtsordnungen, welche wie in den USA private Strafzahlungsansprüche („punitive damages“) mit Sanktionscharakter kennen.12 Mit 4 Vgl. Baer, in: Schmidt-Aßmann/Hoffmann-Riem, Methoden der Verwaltungsrechtswissenschaft, 223 (225). 5 Schmidt-Aßmann, in: Schmidt-Aßmann/Hoffmann-Riem, Methoden der Verwaltungsrechtswissenschaft, 387 (402). 6 Baer, in: Schmidt-Aßmann/Hoffmann-Riem, Methoden der Verwaltungsrechtswissenschaft, 223 (225). 7 Vgl. Schmidt-Aßmann, in: Schmidt-Aßmann/Hoffmann-Riem, Methoden der Verwaltungsrechtswissenschaft, 387 (388); eingehend zum Begriff des Leitbildes Baer, a. a. O., 223 (232 ff.). 8 Oben unter § 3 C. III. 9 Casper, ZIP 2000, 1602, 1606. Ein Strafcharakter wurde bisher allein bei § 817 Satz 2 BGB erwogen, ist aber auch dort umstritten, vgl. etwa Canaris, in: FS Steindorff, 519 (523 f.). 10 Hoffmann-Riem, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann, Auffangordnungen, 261 (286). 11 Oetker, in: MüKo, § 249, Rn. 8 und § 253, Rn. 10 („Ausgleichsfunktion“), vgl. auch Wimmer-Leonhardt, GRUR 2004, 12 (18).
§ 4 Neue Verbindungen zwischen den Teilrechtsordnungen
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der vermehrten Berücksichtigung des Gedankens der „Genugtuung“ bei der Berechnung des Schadensersatzes im Fall der Verletzung von Rechtsgütern nach § 253 II BGB finden sukzessive schon seit längerem „pönale Elemente“ Eingang in unsere Privatrechtsordnung.13 Durch das Schadensrechtsänderungsgesetz im unmittelbaren Vorfeld der Schuldrechtsmodernisierung hat das präventive Element gegenüber Kompensations- und Genugtuungsfunktion weiter deutlich an Gewicht gewonnen.14 Im Wettbewerbsrecht ist das präventive Element spätestens seit der jüngsten Einführung der Klage auf Gewinnabschöpfung nach § 10 UWG15, welcher der Gesetzgeber offen „Abschreckungsfunktion“16 und die Literatur „Strafcharakter“17 attestiert, fester Bestandteil des Steuerungsinstrumentariums.18 Nach der Schuldrechtsmodernisierung hat diese Privatrechtsentwicklung das Schuldrecht, und damit das Herzstück des Privatrechts, erreicht. Denn mit der strengen Haftung für anfängliche Unmöglichkeit nach 12 „Punitive or exemplary damages“ werden nach dem Recht der meisten Einzelstaaten der USA als weiterer Geldbetrag zum rein ausgleichenden Schadensersatz zuerkannt. Nach amerikanischem Rechtsverständnis werden „punitive damages“ ungeachtet ihrer Bestrafungs- und Abschreckungsfunktion allgemein dem Zivilrecht zugeordnet. Zum Vergleich der beschriebenen Rechtsentwicklung in Deutschland mit der Rechtslage in den USA und dem europäischen Ausland Wimmer-Leonhardt, GRUR 2004, 12 (14 f. u. 17 f.) m. w. N. 1992 hat der BGH unter Berufung auf den ordre public die Vollstreckung von punitive damages unter Verweis auf die grundsätzliche Verschiedenheit des deutschen Rechts (noch) ausdrücklich abgelehnt: „Die moderne deutsche Zivilrechtsordnung sieht als Rechtsfolge einer unerlaubten Handlung nur den Schadensausgleich (§§ 249 ff. BGB), nicht aber eine Bereicherung des Geschädigten vor (Mot., Bd. II, S. 17 ff.) [. . .]. Die Bestrafung und [. . .] Abschreckung sind mögliche Ziele der Kriminalstrafe (§§ 46 ff. StGB), die als Geldstrafe an den Staat fließt, nicht des Zivilrechts [. . .]. Zwar läßt das deutsche Recht mit dem Rechtsinstitut der Vertragsstrafe (§§ 339 ff. BGB) in gewissem Umfang Bestrafungsfunktionen im Privatrecht zu. Dies setzt jedoch eine entsprechende rechtsgeschäftliche Vereinbarung voraus.“, BGH NJW 1992, 3096 (3103). 13 Eingehend jetzt Ebert, Pönale Elemente im deutschen Privatrecht, S. 409 ff.; Dornheim, Sanktionen und ihre Rechtsfolgen im BGB, S. 23 ff. und Schäfer, AcP 202 (2002), 397 ff. 14 Stadler/Micklitz, WRP 2003, 559 (560); siehe zudem Katzenmeier, JZ 2002, 1229 (1031) und Wagner, NJW 2002, 2049 (2054). § 253 II BGB wurde in Erweiterung des bisherigen § 847 BGB durch Art. 2 des Gesetzes vom 19.7.2002, BGBl. I, S. 2674 eingefügt. Danach kann eine Entschädigung nun auch im Rahmen einer Gefährdungshaftung (dazu jetzt OLG Celle NJW 2004, 1185) sowie über die §§ 823 BGB hinaus bei einer Haftung nach dem allgemeinen Pflichtverletzungstatbestand (§ 280 BGB) verlangt werden (vgl. Oetker, in: MüKo, BGB, § 253, Rn. 18 f.). Damit wird die Schadensberechung bei einer zentralen, auch für Verwaltungsverträge bedeutsamen Neuerung aktuell (vgl. § 16); zur zunehmenden Bedeutung des Präventivgedankens auch Wagner, JZ 2004, 319 (321 f.). 15 UWG in der Neufassung vom 3.7.2004, BGBl I 2004, S. 1414; dazu Köhler, NJW 2004, 2121 (2125 f.). 16 So wörtlich die Begründung des Regierungsentwurfs BR-Drs. 301/03, S. 49. 17 Sack, BB 2003, 1073 (1080) sowie Wimmer-Leonhardt, GRUR 2004, 12 (16). 18 Zur Einreihung des § 10 UWG in eine übergreifende Durchtränkung des gesamten Zivilrechts durch den Präventivgedanken Stadler/Micklitz, WRP 2003, 559 (560).
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1. Teil 2. Abschn.: Parallelen zwischen den Teilrechtsordnungen
§ 311a II BGB wird einer von nur zwei haftungsrechtlichen Grundnormen des verschlankten Leistungsstörungsrechts „strafähnlicher Charakter“19 zugesprochen. Der deutlichste Impuls zur Konsolidierung des Präventivgedankens geht indes vom europäischen Verbraucherprivatrecht aus. So werden beispielsweise dem unternehmerischen Zusender unbestellter Waren gem. § 241a BGB zu Sanktionszwecken alle Ansprüche abgeschnitten.20 Nach herrschender Ansicht sind sogar dingliche Herausgabeansprüche ausgeschlossen.21 Die Norm rückt daher nahe an die Grenze zur entschädigungslosen Enteignung.22 Auch durch die nachdrückliche Betonung der „Abschreckung“ im Zusammenhang mit der Auslegung der Richtlinie über missbräuchliche Klauseln hinsichtlich ihrer Vorgaben zum Rechtsschutz in Art. 7 suchte der EuGH jüngst ein Ausrufezeichen zu setzen.23 Die Kommission und ihr folgend die Bundesregierung sind bemüht, das gesamte Verbraucherschutzrecht einschließlich des Verbraucherprivatrechts am „Vorsorgeprinzip“ auszurichten.24 Auf der abstrakten Ebene der Prinzipien findet damit eine Annäherung an das öffentliche Recht statt. Denn dort hat sich 19
Katzenstein, JR 2003, 447 (451). Die Vorschrift dient der Umsetzung von Art. 9 der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.05.1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz (FernAG), vgl. ABl.EG Nr. L 144, S. 19. 21 So ausdrücklich die Begründung des Regierungsentwurfs zum FernAG, BT-Drs. 14/2658, S. 46; ebenso der Bericht des Rechtsausschusses in BT-Drs. 14/3195, S. 32 und die Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates, in BT-Drs. 14/2920, S. 14, nachdem der Bundesrat verfassungsrechtliche Bedenken geäußert hatte (ebda. S. 5); für einen Ausschluss auch des § 985 BGB nach § 241a I BGB Gaertner/Gierschmann, DB 2000, 1601 (1605); Lorenz, JuS 2000, 833 (841) und Kamanabrou, WM 2000, 1417 (1426). 22 Kritisch daher Casper, ZIP 2000, 1602 (1605 ff.); zur problematischen Einordnung der Norm in das Zivilrechtssystem auch Sosnitza, BB 2000, 2317 ff. 23 Vgl. EuGH, Rs. C-372/99 (Kommission/Italien), Urt. v. 24.1.2002, Slg. 2002, I819, Rn. 15. Inhaltlich hatte der EuGH klargestellt, dass nicht nur gegen „Verwender“ unzulässiger AGB, sondern auch gegen solche, die unzulässige AGB nur „empfehlen“, zu Präventivzwecken auf Unterlassung geklagt werden können muss. In Deutschland ist dies ausdrücklich im UKlaG vorgesehen, wobei auch die öffentliche Hand als „Empfehler“ solcher AGB erfasst ist, vgl. Bassenge, in: Palandt, UKlaG, § 1, Rn. 15. In Zusammenschau mit der noch näher zu beleuchtenden Verbandsklagemöglichkeit wird das UKlaG damit zum Instrument auch der Verwaltungskontrolle. 24 Dazu die Mitteilung der Kommission über die Anwendbarkeit des Vorsorgeprinzips KOM/2000/0001 endg. S. 12: „Obgleich das Vorsorgeprinzip im Vertrag nur im Zusammenhang mit dem Umweltbereich ausdrücklich erwähnt wird, ist sein Anwendungsbereich wesentlich weiter.“ Entsprechend hat die Bundesregierung in ihrem „Aktionsplan Verbraucherschutz“ von 2003 anknüpfend an die europäische Konzeption formuliert: „Die Verbraucherpolitik der Bundesregierung orientiert sich dabei an drei Grundsätzen: dem Vorsorgeprinzip bei Gesundheit und Sicherheit, dem vorsorgenden Schutz der wirtschaftlichen Interessen von Verbraucherinnen und Verbrauchern sowie der Stärkung der Eigenverantwortung.“ (BR-Drs. 323/03 vom 9.5.2003, S. 1, Hervorhebung durch den Verfasser); zur Entwicklungsperspektive auch Grub, in: Lenz/ Borchardt, EU- und EG-Vertrag, Art. 153, Rn. 14. 20
§ 4 Neue Verbindungen zwischen den Teilrechtsordnungen
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vor allem im öffentlichen Umweltrecht als aktuell zentralem Referenzgebiet des modernen Verwaltungsrechts25 das Vorsorgeprinzip neben dem Kooperationsprinzip bereits als neues Leitprinzip etabliert.26 Diese Parallelisierung provoziert ein Bündel an Fragestellungen, von welchen zwei formuliert seien: 1. Bis zu welcher Grenze lässt sich das Privatrecht mit Präventionszwecken aufladen, ohne dass die Grenze zum öffentlichen Recht nivelliert wird?27 und 2. Inwieweit erfährt eine Norm mit Straf- oder Präventivcharakter einen Funktionswandel, wenn sie nicht im Hinblick auf einen Privaten, sondern auf die rechtsgebundene Verwaltung zur Anwendung kommt? Soweit in Rechtsinstituten die wie dem des Verwaltungsvertrags auf Normenbestände des Zivilrechts zurückgegriffen wird, kann dies einen Wandel der Normsituation und damit erhebliche Modifikationen hinsichtlich Auslegung und Anwendung der Norm bewirken.28 Ein klassisches Beispiel liefert die Anwendung des § 134 BGB über § 59 VwVfG bei „qualifizierten Rechtsverstößen“. Nach neuem Recht stellt sich gerade aus öffentlich-rechtlicher Sicht im Rahmen der anfänglich-rechtlichen Unmöglichkeit die Frage des Verhältnisses zwischen § 134 BGB und § 311a BGB. In diesem Zusammenhang wird u. a. auf den Präventivgedanken zurückzukommen sein.29 II. Steuerung durch informierte Öffentlichkeit Die EG und dem folgend die Bundesregierung setzen zur Verwirklichung von Verbraucherschutzzielen zunehmend auf Instrumentalisierung der Öffentlichkeit.30 Etwa die im Zuge der Umsetzung der e-commerce-RL31 durch die Schuldrechtsmodernisierung eingeführten Informationspflichten sind Ausdruck 25
Sparwasser/EngelVoßkuhle, Umweltrecht, § 1, Rn. 54. Murswiek, DV 38 (2005), 243 (243 ff.); dazu sowie zu weiteren umweltrechtlichen Prinzipien ausführlich zudem Sparwasser/EngelVoßkuhle, Umweltrecht, § 2, Rn. 8 ff. 27 Wie bereits im Kontext des Verfassungsrechts angedeutet (oben unter § 3 D.), wird man dabei entscheidend darauf abzustellen haben, ob eine verbraucherprivatrechtliche Norm wenigstens auch dem Schutz individueller Freiheitsentfaltung dient oder nur auf die Verwirlichung von Allgemeininteressen gerichtet ist. 28 Dazu Hoffmann-Riem, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann, Auffangordnungen, 261 (275) sowie im selben Bande Trute, a. a. O., 169 (170 und 177 f.). 29 Eingehend unter § 15 F. II. 30 Vgl. nur den Aktionsplan Verbraucherschutz BR-Drs. 323/03 vom 9.5.2003, S. 28 ff. Wobei anzumerken ist, dass aus nationaler Sicht nicht wie aus Sicht des EGNormgebers der übergreifende Aspekt des Binnenmarktes, sondern der Schutz des einzelnen Verbrauchers im Mittelpunkt steht. 31 Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8.6.2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt („Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr“), ABl.EG L 178 vom 17.7.2000 S. 1 ff. 26
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dieser Entwicklungstendenz.32 Die Parallele zu dem in Umsetzung der Umweltinformationsrichtlinie ergangenen, jüngst aufgrund weitergehender internationaler33 und supranationaler34 Vorgaben erweiterten Umweltinformationsgesetz35 liegt auf der Hand. Sowohl das Umweltrecht als auch das Verbraucherprivatrecht werden zum „Informationsrecht“ ausgebaut.36 Der Mechanismus ist jeweils derselbe: Mit der Information wird der Bürger aktiviert, seine Interessen durchzusetzen. Im Mittelpunkt beider Konzepte steht der informierbare und informierte mündige Bürger.37 Mittelbar wird der Bürger dabei zur Durchsetzung öffentlicher Interessen (Umweltschutz, Binnenmarktverwirklichung durch Verbraucherschutz) instrumentalisiert, indem er sich aktiv gegen unerwünschte Praktiken wendet.38 Die (unmittelbare) Verwirklichung von Eigeninteressen und die (mittelbare) Verwirklichung der Gemeinwohlbelange gehen Hand in Hand. In beiden Teilrechtsordnungen zeichnet sich ein weiterer Ausbau der Informationsmechanismen ab. Von öffentlich-rechtlicher Seite ist der Erlass eines „Informationsfreiheitsgesetzes“ zu nennen, mit dem man durch Eröffnung eines allgemeinen und voraussetzungslosen Zugangs zu amtlicher Information (des Bundes) das Verwaltungshandeln transparenter gestalten möchte.39 In ähnlicher Weise wird aus Sicht des Privatrechts über ein „Verbraucherinformationsgesetz“ nachgedacht, um zerstreute Regelungen zu bündeln und gemeinsame Informationsstandards zu schaffen.40 Trotz aller Unterschiedlichkeit, vor allem hinsichtlich des Gegenstandes der Information und der Anspruchsadressaten, sollte auch 32
Dazu Kloepfer, Informationsrecht, § 6, Rn. 2 ff. mit weiteren Beispielen. Hier enthält die Aarhuskonvention vom 25.6.1998 weitreichende Verpflichtungen, der Öffentlichkeit Informationszugangsrechte einzuräumen, vgl. Schink, EurUP 2003, 27 (28 f.). 34 Richtlinie 2003/4/EG vom 28.1.2003 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen (ABl.EG Nr. L 41, S. 26), dazu Schink, a. a. O., 27 (29 ff.) und Werres, DVBl. 2005, 611 ff. 35 Novelliert mit Wirkung vom 14.2.2005 (BGBl. I, S. 3704 ff.). Zum „Umweltrecht als Informationsrecht“ aus Sicht des Bürgers statt aller Kloepfer, UPR 2005, 41 (44 ff.). 36 Eingehend Kloepfer, UPR 2005, 41 (44 ff.); zum Konzept der informierten Öffentlichkeit im Verwaltungsrecht statt aller Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee, 6. Kap., Rn. 145 f. Aus Sicht des Privatrechts mit der Forderung nach einem „liberalen Informationsmodell“ Pfeiffer, in: Soergel, BGB, § 13, Rn. 18; ähnlich im Sinne einer weichen Steuerung durch einen sog. „Informationsvorrang“ aus europarechtlicher Sicht Lurger, in: Streinz, EUV/EGV, Art. 153, Rn. 13. 37 Zum Verbraucherleitbild obern unter § 3 C. III. Zum Leitbild des informierten und mündigen Bürgers im Kontext der Steuerung durch Umweltinformationen Sparwasser/Engel/Voßkuhle, Umweltrecht, § 2, Rn. 183. 38 Zur Aktivierung der informierten Öffentlichkeit als Baustein der Verwaltungsrechtsreform vgl. statt vieler Voßkuhle, VerwArch 92 (2001), 184 (201 f.); aus Sicht des Zivilrechts W.-H. Roth, JZ 2001, 475 (481): der Verbraucher als „Promoter des Binnenmarktes“. 39 Gesetz v. 5.9.2005, BGBl. I v. 13.9.2005, S. 2722 ff.; zuvor Gesetzesentwurf vom 14.12.2004, BT-Drs. 15/4493, S. 1; dazu Bräutigam, DÖV 2005, 376 ff. 33
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hier künftig über Gemeinsamkeiten nachgedacht werden. Solche könnten sich im Bereich der Haftung für unterlassene oder fehlerhafte Informationen ergeben, ein Aspekt, der bisher vor allem im Privatrecht eine bedeutende Rolle spielt.41 „Haftung und Information sind der aktuell möglicherweise wichtigste Entwicklungsstrang.“42 C. Ökonomische Steuerung durch das neue Kaufrecht Die Ausweitung des kaufrechtlichen Fehlerbegriffs steht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Anliegen einer Steuerung durch Information. Den theoretischen Kontext bildet eine neue „Integrierte Produktpolitik“ (I.). Es lassen sich Verschränkungen mit originär öffentlich-rechtlichen Instrumenten aufzeigen (II.). Dazu dient erneut das Umweltrecht als Referenzgebiet. I. § 434 I 3 BGB als Ausfluss „Integrierter Produktpolitik“ (I. P. P.) Verbraucherschutz, Wettbewerb, Ökonomie und Ökologie bilden zunehmend wechselseitig verzahnte Unterkategorien einer Gesamtstrategie mit dem überwölbenden Ziel der Gemeinwohlverwirklichung. Sie können als Seiten eines Würfels aufgefasst werden, welche intern durch rechtliche Institute wie privatrechtliche und öffentlich-rechtliche Verträge, Informationsrechte und -pflichten, Verbandsbeteiligung und -klage u. v. m. verbunden sind. Vor allem im Zusammenhang mit dem neuen integrativen Ansatz im Umweltrecht wurde der Leitbegriff „integrierte Produktpolitik“ geprägt.43 Verbraucherverhalten, Unternehmerverhalten und Umweltschutz verschmelzen im Idealmodell zu einem geschlossenen nachhaltigen System: Der selbständige und informierbare Verbraucher richtet sein Konsumverhalten an umweltfreundlichen Produkten aus44, der Unternehmer richtet Produktion und Vermarktung der Konsumgüter am beschriebenen Konsumentenverhalten aus, und der Staat steu40 Ausführlich Günther, VuR 2003, 25 (26) sowie der Bericht in NVwZ 2004, 705 (706). 41 Zum Zusammenhang zwischen der Forcierung der Verbraucherinformationen und der Haftung für Informationspflichtverletzungen nach culpa in contrahendo Emmerich, in: MüKo, BGB, § 311, Rn. 58. Überlegungen zu einer Haftung der Verwaltung nach c. i. c. auch dort, wo es im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens nicht ersichtlich zu einem Vertragsschluss zwischen Behörde und Bürger kommen soll, nachfolgend unter § 16 B. III. 1. a). 42 Damm, VersR 1999, 129 (139). 43 Instruktiv dazu das „Grünbuch zur integrierten Produktpolitik“, KOM (2001) 68 endg., vom 7.2.2001; konkretisierend KOM (2003) 131 endg. sowie KOM (2003) 745 endg. (dort. S. 16). 44 In diesen Kontext ist auch das neuerlich durch die Kommission herausgegebene Handbuch zum umweltfreundlichen Einkaufen einzuordnen, welches vor allem die
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ert Verbraucher- und Unternehmeraktion durch einen entsprechenden rechtlichen Ordnungsrahmen.45 Entsprechend den Vorgaben in Art. 2 II lit. d) der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie46 ist nach § 434 I 3 BGB auch dann ein Sachmangel gegeben, wenn entgegen entsprechender „öffentlicher Äußerungen“ des Verkäufers oder Herstellers oder seines Gehilfen insbesondere in der Werbung oder bei der Kennzeichnung ein Kaufgegenstand nicht über entsprechende Eigenschaften verfügt. Die Haftung soll nach § 434 I 3 BGB nur dann ausgeschlossen sein, wenn der Verkäufer die Äußerung nicht kannte und auch nicht kennen musste, sie im Zeitpunkt des Vertragsschlusses berichtigt waren oder die Kaufentscheidung nicht beeinflussen konnte. Hierin liegt eine erhebliche Ausweitung der Käuferrechte, indem nicht allein auf die vertragliche Vereinbarung zwischen Käufer und Verkäufer, sondern zudem auf Äußerungen des Herstellers abgestellt wird.47 Rechtfertigen lässt sich diese Haftungserweiterung dadurch, dass der Verkäufer durch Verpackungsgestaltung, Fernsehwerbung, Internetseiten oder Informationsbroschüren einen wirtschaftlich messbaren Verkaufsvorteil erlangt, denn die Kaufentscheidung des Kunden wird hierdurch oft mehr beeinflusst als durch die eigentlichen Verkaufsverhandlungen mit dem Verkäufer.48 Wird das Vertrauen des Käufers insoweit enttäuscht, soll ihm entsprechend Art. 2 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie gemeinschaftsweit einheitlich ein effektiver Gewährleistungsanspruch zustehen.49
Verwaltung dazu anhalten soll, ihren Bedarf durch umweltfreundliche Produkte zu dekken, vgl. EuZW 2004, 580. 45 Die WTO-Übereinkommen bestätigen diese Entwicklungstendenz. Aus der Präambel des Übereinkommens zur Errichtung der WTO geht hervor, dass Umweltschutz, Verbraucherschutz und Handel immer enger miteinander verwoben sind und eine integrierte Berücksichtigung eines am Vorsorgeprinzip ausgerichteten Verbraucherschutzrechts nahe legen; ausführlich die Kommission KOM/2000/0001 endg. S. 13 f.; erneut KOM (2002) 208 endg., S. 19; zum Zusammenhang von Ökonomie, Ökologie und Verbraucherschutz instruktiv S. 7. 46 Vgl. die Nachweise in Fn. 83. 47 Glinski/Rott, EuzW 2003, 649 (654). 48 Vgl. Staudenmayer, ERPL 8 (2000), 547 (551 f.) und Gomez, in: Grundmann/ Bianca, EU-Kaufrechtsrichtlinie, Einl., Rn. 99 sowie Jorden/Lehmann, JZ 2001, 952 (955). 49 Zuvor wurde die Problematik irreführender Produktbezeichnungen hauptsächlich wettbewerbsrechtlich betrachtet. Die Richtlinie 84/450/EWG gibt insoweit einen Mindestschutz gegenüber irreführender Werbung und erfasst auch irreführende Aussagen über die Umweltfreundlichkeit der Produktion. Dieser sah selbst nach europäischer Konzeption (vgl. Grünbuch zum Verbraucherschutz in der Europäischen Union, KOM (2001) 531 endg., S. 11 ff.) nicht zwingend Individualklagerechte vor, was zu einem erheblichen Rechtsschutzdefizit führte, welches durch die durch die Verbrauchsgüterkaufrichtline geschlossen werden sollte, vgl. das Grünbuch der Kommission über Verbrauchsgütergarantien und Kundendienst, KOM (1993) 509 endg., S. 73.
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Eben den durch § 434 I 3 BGB fokussierten Marktmechanismus hat die Kommission im Blick, wenn sie im Rahmen der IPP vermehrt auf Umwelt-Labels setzen möchte.50 Im Mittelpunkt stehen dabei das europäische Umweltzeichen („Europäische Umweltblume“)51 und das EMAS-Zeichen52. Als „öffentliche-Äußerungen“ treffen sie eine Aussage über „Eigenschaften“ der Kaufsache. Bei einem bestimmten Käufersegment sollen Erwartungen geweckt werden, die zum Kauf motivieren.53 Bzgl. des Europäischen Umweltzeichens beziehen sich diese auf die Umweltverträglichkeit als konkretem produktspezifischem Parameter. Hinsichtlich des EMAS-Zeichens bildet der Umstand, dass das Produkt von einem nachweislich umweltfreundlich wirtschaftenden Unternehmen hergestellt wird, die besondere zum Kauf motivierende „Eigenschaft“54. Zu recht werden Umweltqualitätszeichen daher als „öffentliche Äußerungen des Herstellers“ i. S. d. § 434 I 3 BGB angesehen.55 Denn § 434 I 3 BGB bezieht sich auch auf öffentliche Äußerungen auf Websites, in Online-Präsentationen, Unternehmensleitlinien oder Umweltberichten 56, mithin Werbevarianten, die jetzt Hauptanwendungsfälle des EMAS-Zeichens nach Art. 8 EMAS II-VO in der Version 2 50 Vgl. allgemein die Entscheidung der Kommission vom 21.12.2001 über einen Umweltzeichen-Arbeitsplan der Gemeinschaft, ABl.EG L 7, S. 28 ff. 51 Eingeführt durch die EG-Verordnung Nr. 880/92 des Rates vom 23.03.1992, ABl.EG 1992, Nr. L 99, S. 1 ff. revidiert durch EG-Verordnung Nr. 1980/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Revision des gemeinschaftlichen Systems zur Vergabe des Umweltzeichens, ABl.EG 2000, Nr. L 237, S. 1 ff. (im Folgenden „Europäisches Umweltzeichen“); ausführlich von Danwitz, in: Rengeling, EUDUR, Bd. I, § 40. 52 Zeichen nach Art. 8 der Verordnung (EG) Nr. 761/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10.3.2001 über die freiwillige Beteiligung von Organisationen an einem Gemeinschaftssystem für das Umweltmanagement und die Umweltbetriebsprüfung (EMAS), ABl.EG 2001, Nr. L 114, S. 1 (EMAS II-VO); umfassend zur Vorgänger-VO (EMAS I-VO) sowie Detailfragen Ewer, in: Rengeling, EUDUR, Bd. I, § 36. 53 von Danwitz, in: Rengeling, EUDUR, Bd. I, § 40, Rn. 2 unter Hinweis auf entsprechende Verbraucherumfragen. 54 Anders als etwa das Europäische Umweltzeichen trifft das EMAS-Zeichen keine Aussage über die Umweltverträglichkeit des Produkts selbst, sondern über die Qualität des durch die eingetragene Organisation verfolgten Umweltmanagementsystems (d.h. das Unternehmen selbst wird beworben und nicht nur wie nach Art. 8 f. EMAS I-VO der geprüfte Standort, vgl. Ewer, in: Rengeling, EUDUR, Bd. I, § 36, Rn. 76). Dass es gerechtfertigt ist, beide Umweltzeichen als von § 434 I 3 BGB umfasst anzusehen, ergibt sich aus folgender Zusatzüberlegung: Beide Zeichen motivieren als öffentliche Äußerung des Herstellers den Adressaten zum Kauf. In beiden Fällen wird über eine „Eigenschaft“ der Kaufsache eine Aussage getroffen, welche dem Produkt nicht unmittelbar anhaftet, sondern als externer Umstand für den Wert der Sache konstitutiv ist. 55 Glinski/Rott, EuZW 2003, 649 (650 m. w. N. in Fn. 13 und in Auseinandersetzung mit tw. kritischen Stimmen S. 653). 56 Glinski/Rott, EuZW 2003, 649 (652) m. w. N.; a. A. wohl Weiler, WM 2002, 1784 (1786); zum sehr weiten Verständnis der „öffentlichen Äußerungen“ zudem Westermann, in: MüKo, BGB, § 434, Rn. 22, ebenfalls m. w. N.
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1. Teil 2. Abschn.: Parallelen zwischen den Teilrechtsordnungen
(„geprüfte Information“) nach Anhang IV der EMAS II-VO bilden57, während die Werbemöglichkeiten mit dem produktbezogenen europäischen Umweltzeichen ohnehin weiter reichen und erfasst sind. II. Wechselwirkungen mit etablierten öffentlich-rechtlichen Instrumenten Die nachfolgend auf mögliche Wechselwirkungen mit dem neuen Kaufrecht hin untersuchten Instrumente des Verwaltungsvertrags (1.) und des Betriebsbeauftragten (2.) werden traditionell im Kontext des öffentlichen Rechts thematisiert. Sie stellen aber ebenso wie EMAS oder auch die Umweltzeichen schon für sich eine Kombination öffentlich-rechtlicher und zivilrechtlicher Instrumente und Verfahren dar.58 Das Zusammenspiel von zivilrechtlichem Gewährleistungsrecht und öffentlichem Recht ist keine Neuentdeckung.59 Untersucht wird also die Ausdifferenzierung bestehender Verbindungen zwischen den Teilrechtsordnungen. Durch die Ausweitung der Werbemöglichkeiten mit dem EMAS-Zeichen durch die EMAS II-Verordnung60 sowie die Einführung neuer Labels sollen für die Unternehmen zusätzliche Anreize zur freiwilligen Teilnahme Umweltmanagementsystem geschaffen werden61. Aber: Nur wo der besondere Inhalt der öffentlichen Äußerung tatsächlich mit dem Gegenstand der Äußerung, d.h. einer gesteigerten Umweltverträglichkeit, übereinstimmt, führt die (regulierte) Selbstregulierung mittels Zertifikatsvergabe auch tatsächlich zu einer gesteigerten Umweltqualität.62 Hier besteht ein Wechselbezug zum Konsumentenverhalten: Wo das Vertrauen in die ausgewiesene Qualität, etwa durch Verstöße von Herstellern gegen einzuhaltende Standards, zerstört wird, sinkt das besondere Kaufinteresse und damit gleichzeitig auch das Interesse anderer Hersteller an der freiwilligen Steigerung der Umweltverträglichkeit. Angesichts des immer unübersichtlicheren „Siegelwalds“63 sind effektive und transparente Sanktionsmechanismen unerlässlich. Behördliche Kontrolllösungen sind jedoch wenig prakti57 Ewer, in: Rengeling, EUDUR, Bd. I, § 36, Rn. 79. Im Vergleich zum alten EMAS-Zeichen nach Art. 10 EMAS I-VO wurde der Anwendungsbereich deutlich erweitert (Ewer, a. a. O., § 36, Rn. 78). 58 Hoffmann-Riem, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann, Auffangordnungen, 261 (308). 59 Vgl. Damm, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann, Auffangordnungen, 85 (116 ff.), anhand der Frage, wie nach öffentlichem Recht erfasste gesundheitsgefährdende Stoffe im Kauf- und Mietrecht zu beurteilen sind. 60 Vgl. oben § 4, Fn. 52 (S. 75). 61 So die erklärte Absicht der Bundesregierung im „Aktionsplan Verbraucherschutz“, BR-Drs. 323/03, S. 37. 62 EMAS ist „geradezu typisches Beispiel für die Stärkung der privaten Selbstregulierung“, eingehend Kloepfer, in: Rengeling, EUDUR, Bd. I, § 7, Rn. 42.
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kabel und verursachen zusätzlichen Organisationsaufwand und Kosten. Der Rückgriff auf ökonomische Rationalitäten entspricht dem fortschreitenden Prozess der Deregulierung. So flankiert § 434 I 3 BGB die je nach Umweltzeichen verschieden ausgeprägten Kontrollmechanismen64. Zugleich kommt es zu Wechselwirkungen mit öffentlich-rechtlichen Instrumenten: 1. Umweltqualitätszeichenvergabe durch Verwaltungsvertrag Das deutsche65 wie auch das europäische Umweltzeichen66 werden durch öffentlichrechtlichen Verwaltungsvertrag verliehen. Zentraler Gegenstand beider Verträge ist neben der Verleihung des Umweltzeichens die Einhaltung der Umweltstandards. Nach Maßgabe dieser Verträge sind die zuständigen Stellen zu Kontrollen ermächtigt.67 Als Restbereich staatlicher Regulierung wird die Kontrolle auch im Bereich der Selbstregulierung nicht völlig verzichtbar. Durch den damit einhergehenden Verwaltungsaufwand können Beschleunigungs- und Flexibilitätsvorteile wieder entfallen, das Ziel der Verwaltungsentlastung kann mithin verfehlt werden.68 Aufgrund der künftigen Erstreckung des Fehlerbegriffs auch auf umweltrelevante öffentliche Äußerungen muss ein Hersteller bei Nichteinhalten der Umweltstandards künftig mit kostspieligen Rückabwicklungsaktionen rechnen.69 Der Verbraucher wird damit zur flankierenden Kontrollinstanz, die Kontrolle mithin teilprivatisiert. Verstärkt wird dies durch die Ausweitung der Verbandsklagemöglichkeit von Verbraucherverbänden im Zuge 63 Günther, VuR 2003, 25 (29), problematisch ist dabei vor allem die ausufernde Verwendung privater Qualitätszeichen. 64 Hinsichtlich des „EMAS-Zeichens“ erfolgt eine Konformitätsüberprüfung durch zugelassene Gutachter (vgl. Art. 3 II lit. d) EMAS II-VO); zur Aufrechterhaltung muss die Umwelterklärung im Regelfall jährlich veröffentlicht und der zuständigen Stelle mitgeteilt werden (Art. 3 III lit a) und b) EMAS II-VO; zu Zuständigkeit und Verfahren nach nationalem Recht bei nachträglicher Nichteinhaltung vgl. §§ 32 und 34 UAG, Zuständigkeit sind die Industrie und Handelskammern); ausführlich Ensthaler/Funk/Gensmann-Nuissl/Selz, Umweltauditgesetz/EMAS-Verordnung, S. 149 ff. Bzgl. des „Europäischen Umweltzeichens“ regelt Art. 4 III der Verordnung 1980/2000 (vgl. Fn. 294) die Anforderungen für die Beurteilung der Übereinstimmung der Produkte mit den Vergabekriterien. Die für die Überwachung zuständigen Stellen sind nach Art. 14 I entsprechend der in Art. 14 II festgelegten Qualitätskriterien zu benennen. 65 Ausführlich von Danwitz, in: Rengeling, EUDUR, Bd. I, § 40, Rn. 72 f. 66 Ausdrücklich Art. 9 I der Verordnung (EG) Nr. 1980/2000. Zur Vereinfachung ist in Art. 9 I UAbs. ein nach dem Verfahren des Art. 17 festzulegender Standardvertrag einzuführen (ein Muster findet sich im Anhang der Entscheidung 2000/729/EG, Abl.EG L 293, S. 21 ff.); dazu erneut von Danwitz, in: Rengeling, EUDUR, Bd. I, § 40, Rn. 47 ff. 67 Siehe nur Art. 3 des in der vorangegangenen Fn. genannten Mustervertrages. 68 Hoffmann-Riem, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann, Auffangordnungen, 261 (324). 69 Glinski/Rott, EuZW 2003, 649 (654).
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der Schulrechtsmodernisierung gerade auch auf diesen Fall (§ 2 I 1 UKlaG70). Auch wo einzelne Käufer aus Unkenntnis oder mangelnder wirtschaftlicher Relevanz selbst nicht klagen, kann ein Verband gegen Unternehmen vorgehen und die Unterlassung entsprechender Praktiken herbeiführen.71 2. Stärkung der Betriebsbeauftragten In den umweltrechtlichen Fachgesetzen sind für unterschiedliche Bereiche Betriebsbeauftragte vorgesehen.72 Diesen obliegt es, innerhalb des Betriebes allgemein auf die Einhaltung umweltrechtlicher Vorschriften hinzuwirken.73 Aufgrund der nun vermehrt drohenden Haftung erlangt die betriebsinterne Kontrolle der Einhaltung von Umweltqualitätsstandards durch Betriebsbeauftragte im Unternehmen einen höheren Stellenwert. Verbraucherschutz, zivilrechtliche Haftung, wirtschaftsverwaltungsrechtliche Organisationspflichten und Umweltrecht werden somit enger verzahnt als bisher.74 Die in den Entwürfen zu einem einheitlichen Umweltgesetzbuch75 vorgesehene Ausweitung des Systems von Betriebsbeauftragten76, insbesondere in der Leitungsebene von Unternehmen77, wird mit der zunehmenden Kommerzialisierung und den damit verbundenen wirtschaftlichen Risiken weiter an Akzeptanz gewinnen. 70 Unterlassungsklagegesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 27.8.2002; BGBl. I, S. 3422 (ber. S. 4346), zuletzt geändert durch Änderung durch Art. 67 des Gesetzes vom 25.11.2003, BGBl. I, S. 2304. Der Unterlassungsanspruch nach § 2 I 1 UKlaG bezieht sich allgemein auf den Verstoß gegen Verbraucherschutzvorschriften, also auch auf Verstöße gegen § 434 I 3 BGB. In den nicht abschließenden Regelbeispielen ist der Verbrauchsgüterkauf genannt. Dass der Gesetzgeber die Vorgaben der Verbrauchgüterkaufrichtlinie in § 434 I 3 BGB und nicht beim Verbrauchsgüterkauf umsetzte, liegt daran, dass er durch die Verankerung an noch allgemeinerer Stelle weiter gehen wollte (vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 214). Die Verletzung muss also erst recht eine Klagemöglichkeit nach sich ziehen; im Ergebnis ebenso Glinski/Rott, EuZW 2003, 649 (654). 71 Glinski/Rott, a. a. O. 72 Eingehend dazu Kloepfer, Umweltrecht, § 5, Rn. 150; § 20, Rn. 305 ff.; § 18, Rn. 36; § 19, Rn. 291; § 13, Rn. 219; § 14, Rn. 225 und § 15, Rn. 114. 73 Kloepfer, in: Rengeling, EUDUR, Bd. I, § 7, Rn. 39 ff. 74 So bereits Schmidt-Salzer, NJW 1994, 1305 (1312) zur Bedeutung von Betriebsbeauftragten im Kontext zunehmender Haftungsrisiken. 75 Dazu allgemein sowie zum vorläufigen Scheitern und möglichen Zukunftsperspektiven dieses Projekts nach dem gegenwärtigen Stand Sendler, in: Rengeling, EUDUR, Bd. II (2. Teilb.) § 94 sowie umfassend Bohne, Perspektiven für ein Umweltgesetzbuch. 76 Zusammenfassend zu den verschiedenen Ausweitungsvorschlägen Kloepfer, in: Rengeling, EUDUR, Bd. I, § 7, Rn. 41. 77 Vgl. etwa den Vorschlag von Kloepfer/Rehbinder/Schmidt-Aßmann, Umweltgesetzbuch – Allgemeiner Teil (UGB-ProfE), die in Anlehnung an mitbestimmungsrechtliche Regelungen bei Kapitalgesellschaften in § 94 UGB-ProfE die Einrichtung eines Umweltschutzdirektors vorschlagen.
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Zusammenfassend führt diese Verschränkung von Ökologie und Ökonomie dazu, dass das den Staat entlastende System der regulierten Selbstregulierung Rückenwind bekommt.78 Aufgrund der Masse privatrechtlicher Produktaussagen der Hersteller ist die „Öko-Werbung“ aus Sicht der Verbraucher wie gesehen erheblichen Zweifeln ausgesetzt.79 Die Haftungserweiterung der Hersteller nach § 434 I 3 BGB ist geeignet, dem entgegenzuwirken und den hoheitlich vergebenen bzw. regulierten Umweltzeichen, die durch entsprechende Bewertungsverfahren und Qualitätsstandards gegenüber privaten Produktaussagen hinsichtlich Objektivität und Sachrichtigkeit bereits ein überlegenes Qualitätssicherungspotential besitzen80, zu noch effektiverer Durchsetzung und Akzeptanz zu verhelfen. Die Ausweitung des Fehlerbegriffs erweitert die Liste bestehender Verschränkungen, die als wechselseitige Entlastung, Ergänzung oder „arbeitsteiliger Vollzug“ beschrieben werden können.81 Abstrakt setzt die Haftung für fehlerhafte (Umwelt-)Informationen die Informierbarkeit des Verbrauchers voraus. Der neue Fehlerbegriff spiegelt also das Leitbild des informierbaren und informierten Verbrauchers wieder. Er ist Ausdruck der in beiden Teilrechtsordnungen parallel ausgebauten Steuerung durch staatliche regulierte Information. Die Verbindung oder Parallelisierung auf der abstrakten Ebene der Leitideen bewirkt überall dort konkrete Verknüpfungen, wo moderne Instrumente zwar in unterschiedlichen Teilrechtsordnungen geregelt, inhaltlich aber an den überwölbenden Leitideen ausgerichtet sind. Also erfährt der Systemgedanke von öffentlichem und privatem Recht als Auffangordnungen eine weitere Konkretisierung. D. Der Um- und Ausbau der Verbandsklage als Steuerungsinstrument In den frühen 1970er Jahren waren Überlegungen zur Schaffung von Verbandsklagen geradezu ein Modethema.82 Nach der Einführung und Erweiterung einiger Verbandsklagemöglichkeiten im UWG und AGBG83 kamen weitergehende Bemühungen aber schnell zum Erliegen.84 Mit der Ausdifferenzierung 78 Zur Einordnung der Betriebsbeauftragten in das Konzept der regulierten Selbstregulierung Hoffmann-Riem, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann, Auffangordnungen, 261 (301). 79 von Danwitz, in: Rengeling, EUDUR, Bd. I, § 40, Rn. 2. Vgl. auch Günther, VuR 2003, 25 (30). 80 von Danwitz, in: Rengeling, EUDUR, Bd. I, § 40, Rn. 2. 81 Mit weiteren Beispielen strukturell vergleichbarer Verschränkungen HoffmannRiem, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann, Auffangordnungen, 261 (278 ff.). 82 Eingehend Stadler, Bündelung von Interessen im Zivilprozess, S. 1. 83 Für das öffentliche Recht wurde bei der Einführung des Bundesnaturschutzgesetzes im Jahre 1976 die Verbandsklage diskutiert. Man beschränkte sich auf die Einführung eines Beteiligungsrechts, was die Rechtsprechung aber bald zum Anlass nahm, daran anknüpfend Verbandsklagerechte zu kreieren, eingehend Seelig/B. Gündling, NVwZ 2002, 1033 (1034 f.).
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verbraucherschutz-, wettbewerbs- und umweltschutzrechtlicher Problemlagen und Zielvorstellungen tritt gegenwärtig die Lückenhaftigkeit des Zwei-ParteienZivilprozesses und der Reduzierung des Verwaltungsrechtsschutzes auf den Fall einer subjektiv-rechtlichen Klagebefugnis offen zu Tage. Unter dem zusätzlichen Druck internationaler und supranationaler Vorgaben85 erleben Verbandsklagen in beiden Teilrechtsordnungen eine „Renaissance“86. So ist es das erklärte Ziel der EG, zur Verwirklichung ihrer Binnenmarktziele – angesichts knapper staatlicher Ressourcen und immer komplexeren Konfliktlagen zwischen den Marktakteuren – in zunehmendem Maße Verbände zur Marktüberwachung und Informationsakquisition einzubinden.87 Es gilt, die endogenen Potentiale der Gesellschaft, deren Wissensbestände und Problemlösungskapazitäten zu mobilisieren.88 Die Schuldrechtsmodernisierung steht in dieser Entwicklungslinie und hat zu einem inhaltlichen Ausbau und einem bedeutsamen gesetzestechnischen Umbau der privaten Verbandsklagerechte geführt89: Um die Verbandsklage als allgemeines Steuerungsinstrument des Zivilrechts deutlicher herauszustellen, wurden die privatrechtlichen Verbandsklagen im Unterlassungsklagegesetz zusammengeführt und inhaltlich erweitert. Vor dem Hintergrund der Aarhuskonvention90 zeichnet sich im öffentlichen Recht eine spiegelbildliche Entwicklungslinie ab (I.). Das hinter der Verbandsklage stehende Konzept wurde bisher überwiegend isoliert für die jeweilige Teilrechtsordnung betrachtet und zusammenfassend etwa als „Arbeitsteilung zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht“91 oder „Privatisierung“ des öffentlichen Interesses identifiziert.92 Im direkten Vergleich zeigen sich parallele Grundstrukturen (II.), welche in beiden Teilrechtsordnun84 Tatsächlich geriet die Verbandsklage erst mit der Umsetzung der Unterlassungsklagerichtlinie wieder in den Mittelpunkt des Interesses, vgl. Schaumburg, DB 2002, 723: „Seit dem 30.6.2000 ist die Zeit des Dornröschenschlafs vorbei“. 85 Eingehend für das Verwaltungsrecht zuletzt Schlacke, NuR 2004, 629 (631 ff.). 86 Stadler, Bündelung von Interessen im Zivilprozess, S. 1, in der nachfolgenden Darstellung auch mit Blick auf internationale und vor allem europäische Vorbilder und Vorgaben, etwa S. 11 f. 87 KOM (2002) 208 endg. S. 19 und 23. Darüber hinaus ist ein allgemeine Betonung der Bedeutung der vertikalen Kooperation zwischen den Beteiligten zu erkennen, vgl. etwa KOM 2003, 131 endg. S. 8. Zur generellen Betonung der Bedeutung des Zugangs zu Gerichten zur Verwirklichung der Verbraucherschutzziele vgl. Grub, in: Lenz/Borchardt, EU- und EG-Vertrag, Art. 153, Rn. 30. 88 Gerade im Hinblick auf „Wissensbestände“ wird der staatlich regulierte Informationsfluss zunehmend an Bedeutung erlangen; darauf wird am Ende des Abschnitts im Zusammenhang mit einer denkbaren einheitlichen Regelungsperspektive zurückzukommen sein. 89 Im Überblick E. Schmidt, NJW 2002, 25 ff. 90 Ausführlich Seelig/B. Gündling, NVwZ 2002, 1033 (1039 f.) m. w. N. auch zur Konvention. 91 Für das Zivilrecht K. Schmidt, ZZP 113 (2000), 443 (445).
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gen jeweils zu Inkompatibilitäten mit dem überkommenen Rechtsschutzsystem führen (III.). Darauf aufbauend lässt sich fragen, inwieweit sich hinsichtlich der rechtlichen Ausformung der Verbandsklage93 ein gemeinsamer Regelungsauftrag formulieren lässt (IV.). I. Die Stärkung der Verbandsklage als Steuerungsinstrument durch Art. 3 des SMG und Parallelentwicklungen im Umweltverwaltungsrecht 1. Der Um- und Ausbau der zivilrechtlichen Verbandsklagen Der Verbandsklage haftet in der aktuellen Debatte die Aura des Progressiven und Modernen an. Es gerät leicht in Vergessenheit, dass sie (streng genommen) gemeinsam mit dem UWG, in dessen §§ 1 und 3 sie schon 1896 verankert war, bereits ihren 100. Geburtstag hinter sich hat.94 Noch bevor die EG die Verbandsklage als Steuerungsinstrument entdeckte, wurde 1976 mit § 13 AGBG95 die Klagebefugnis von Verbraucher- und Wirtschaftsverbänden96 auf die Inhaltskontrolle von AGB ausgedehnt.97 „Revolutioniert“98, „grundlegend reformiert und europäisiert“99, zugleich aber zum Gegenstand heftiger Kritik wurde die 92 Für das öffentliche Recht C. Calliess, NJW 2003, 97 (100) „Die umweltrechtliche Verbandsklage als Vehikel zu einer ,Privatisierung des Gemeinwohls‘?“. 93 Insoweit wird im Folgenden auch von Institutionalisierung gesprochen, zum Begriff Schuppert, Verwaltungskooperationsrecht, S. 97 ff. 94 Anfänglich stand die Verbandsklage nach dem UWG allerdings nur „Verbänden zur Förderung gewerblicher Interessen“ zu. Erst 1965 folgte die Erweiterung auf bestimmte Verbraucherverbände und schließlich 1986 auf Industie-, Handwerks- und Handelskammern; zur Gesetzgebungsgeschichte im Überblick Greger, ZZP 113 (2000), 399 (401 f.). 95 Beginnend mit BGHZ 74, 383 (Urt. vom 11.6.1979) beschäftigte sich der BGH in nahezu 150 Urteilen mit Verbandsklagesachen, vgl. dazu die aktuelle Aufarbeitung bei Hensen, in: FS Ulmer, 1135 ff. 96 Neben den Verbraucher- und Wirtschaftsverbänden sind gem. §§ 13 II Nr. 3, 22 III Nr. 3 AGBG (jetzt § 3 I Nr. 3 UKlaG) auch die Industrie- und Handelskammern klagebefugt, was bisher jedoch nachweislich ohne praktische Bedeutung blieb, vgl. Hensen, in: FS Ulmer, 1135 (1136). 97 Daneben finden sich weitere selbständige Verbandsklagerechte etwa in § 33 II GWB (Unterlassungsanspruch rechtsfähiger Verbände zur Förderung gewerblicher Interessen bei Wettbewerbsverstößen) oder §§ 12 f. BGG (Verbandsklagerecht bei verbotswidriger Benachteiligung Behinderter); vgl. die Aufzählung bei Scholz, ZG 2003, 248 (249 f.). Darüber hinaus verweist E. Schmidt, NJW 2002, 25 (26) dort Fn. 8 auf die Möglichkeit eines Verbandsprozesses nach § 22 I 5 BPflV (dazu Schlacke, RsDE 2002, 60 ff.); vgl. auch die Verbandsaktivität nach 55 II Nr. 3 MarkenG. Im Folgenden wird nur auf die Klagemöglichkeiten eingegangen, welche Gegenstand der jüngsten Modernisierung des Privatrechts waren. 98 Greger, ZZP 112 (2000), 399 (400). 99 Schaumburg, DB 2002, 723.
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Verbandsklage erst im Zuge der Umsetzung der Fernabsatzrichtlinie 100 und der Unterlassungsklagerichtlinie101 im Jahr 2000102. Systemverändernd waren vor allem drei Erweiterungen. Zunächst wurde der Wortlaut in § 13 II AGBG insoweit geändert, als die Ansprüche auf Unterlassung und auf Widerruf nicht nur „geltend gemacht werden können“, sondern dem Verband „zustehen“. Hierdurch wurde die Streitfrage, ob § 13 II eine Regelung über die Aktivlegitimation oder eine Regelung über die Prozessführungsbefugnis enthält103 im zuerst genannten Sinne entschieden.104 Die in § 13 II AGBG genannten Stellen erlangten somit einen materiellen Anspruch105 auf Unterlassung missbräuchlicher Klauseln. Zweitens wurden die Vorschriften zur Unterlassungsklage etwas systemfremd hinter den Schutzvorschriften gegen unzulässige allgemeine Geschäftsbedingungen als §§ 22 f. in das AGBG eingefügt.106 § 22 III AGBG etablierte für die bereits in § 13 II AGBG bezeichneten Verbraucher- und Wirtschaftsverbände eine „allgemeine Verbraucherschutzklage“107, welche sich – insoweit über den von der Unterlassungsklagerichtlinie geforderten Schutz108 hinausgehend109 – nach Maßgabe des § 22 I AGBG auf sämtliche Verstöße gegen Verbraucherschutzgesetze erstreckt. Schlussendlich realisierte die Unterlassungsklagerichtlinie die Zielvorgabe eines „freien Verkehrs der Unterlassungsklagen“110. Danach sollen Verbraucherschutzorgani100
RL 97/7/EG, ABl.EG 1997 Nr. L 144, S. 19. RL 98/27/EG, ABl.EG 1998 Nr. L 166, S. 51. 102 Vgl. Gesetz vom 27.6.2000, BGBl. I, S. 897, dazu Bülow/Arzt, NJW 2000, 2049 ff. 103 Zusammenfassend zum bisherigen Meinungsstand mit umfangreichen Nachweisen Greger, ZZP 113 (2000), 399 (402 f.). Der BGH ging zuletzt von einer „Doppelnatur“ der Verbandsklageberechtigung als Prozess- und materieller Anspruchsvoraussetzung aus, vgl. BGHZ 133, 316 (319). 104 So die ausdrückliche Intention des Gesetzgebers, vgl. BT-Drs. 14/2658, S. 43. 105 In Anknüpfung an die o. g. Intention des Gesetzgebers etwa Greger, ZZP 113 (2000), 399 (403 f.); ders., NJW 2000, 2457 (2458) sowie E. Schmidt, NJW 2002, 25 (28 f.). 106 Von Greger, ZZP 113 (2000), 399 (400) kritisch als „systemwidrig“ bezeichnet; ders., NJW 2000, 2457 (2463): „völlig systemwidrig“ und „Zerstückelungs- und Verweisungslegislatur“; ähnlich Schaumburg, DB 2002, 723: „systematische Verbannung“ und „missglückte Stellung“ (S. 727) oder E. Schmidt, NJW 2002, 25: „absehbare Zwischenstation“. 107 Greger, ZZP 113 (2000), 399 (403); ausführlich zu den je nach Verbandstyp differierenden Voraussetzungen der Klage Schaumburg, DB 2002, 723 ff. Der Gesetzgeber beabsichtigte einen Gleichlauf mit den Klagemöglichkeiten nach § 13 UWG (§ 8 n. F.), dazu unter Berücksichtigung des Wettbewerbsrechts Greger, NJW 2000, 2457 ff. 108 Vgl. den Katalog in Anh. zu Art. 1 der RL 98/27/EG. 109 Greger, NJW 2000, 2457. 110 Vgl. bereits das Grünbuch der Kommission über den Zugang von Verbrauchern zum Recht und die Beilegung von Rechtsstreitigkeiten der Verbraucher im Binnenmarkt, KOM (93) 576 endg. 101
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sationen in einem Mitgliedsstaat gegen Geschäftspraktiken innerhalb eines anderen Mitgliedsstaats vorgehen können. Dazu ist die Klagebefugnis von Verbraucherverbänden europaweit auf den Anwendungsbereich aller verbraucherschützenden Richtlinien zu erstrecken.111 Dem dient das erstmalig in § 22a AGBG geregelte zweistufige Registrierungsverfahren112: Ein interessierter Verbraucherverband hat zunächst beim Bundesverwaltungsamt in Köln einen Antrag auf Eintragung in eine nationale Liste qualifizierter Verbände zu stellen.113 Bei Vorliegen der Voraussetzungen (§ 22a II AGBG) erfolgt eine Eintragung, welche an die Europäische Kommission weitergeleitet wird.114 Die Registrierung des klagenden Verbraucherverbandes begründet seine Aktivlegitimation als „qualifizierte Einrichtung“115. Sie gilt europaweit und führt dazu, dass die Voraussetzungen der Qualifikation im jeweiligen Verfahren nicht mehr geprüft werden. Weiter muss deutschen Verbänden im europäischen Ausland der Zugang zu Gerichten ermöglicht werden, und umgekehrt können Klagen von Verbänden aus dem europäischen Ausland vor den deutschen Gerichten nicht mehr abgewiesen werden.116 Auf diese Weise hält der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung zwischen den Mitgliedsstaaten auch in diesem Bereich Einzug.117 Im Zug der Rekodifikation durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz wurden die bisherige Mischung von Schutz- und Verfahrensregelungen im AGBG aufgehoben und die Regelungen neuen Orten zugewiesen: Die materiellrechtlichen Vorschriften zur Inhaltskontrolle wurden als §§ 305 ff. in das BGB integriert, wohingegen die §§ 13 ff. und 22 f. AGBG gebündelt in das UKlaG 111 Damit erscheint die Unterlassungsklagerichtlinie zugleich als Teil der Bestrebungen der EG, stärkeren Einfluss auf das nationale Zivilprozessrecht der Mitgliedsstaaten zu gewinnen, vgl. Schaumburg, DB 2002, 723. 112 Ausführlich Schaumburg, DB 2002, 723 (724 f.) und zuvor Greger, NJW 2000, 2457 (2460 f.). 113 Für Wirtschaftsverbände gilt das Registrierungserfordernis nicht. Sie müssen jedoch die in §§ 13 II Nr. 2, 22 III Nr. 2 AGBG (jetzt § 3 I Nr. 2 UKlaG) aufgeführten Voraussetzungen erfüllen. Jüngste Untersuchungen haben gezeigt, dass der weitaus größte Teil der Klagen seit Einführung des § 13 AGBG durch Verbraucherverbände geführt wurde, vgl. Hensen, in: FS Ulmer, 1135 (1136). 114 Der Antrag auf Eintragung in die nationale Liste beinhaltet dabei den Antrag auf Eintragung in die europäische Liste, vgl. Schaumburg, DB 2002, 723 (724). 115 So der genaue Wortlaut der §§ 13, 22 f. AGBG, dazu Greger, ZZP 113 (2000), 399 (410). Soweit diese nicht gegeben sind, wird die Klage als unbegründet abgewiesen, vgl. Greger, a. a. O., S. 404. 116 Ausdrücklich Art. 4 RL 98/27/EG, ABl.EG Nr. L 166, S. 51 (53). Einzige auch von der Unterlassungsklagerichtlinie selbst in Art. 2 II erwähnte Einschränkung ist die Beachtung der Kollisionsregeln des internationalen Privat- und Zivilprozessrechts, ausführlich Koch, ZZP 113 (2000), 413 (433); instruktiv zum Ganzen die aktuelle Entscheidung des EuGH vom 1.10.2002, Rs. C-167/00 (VKI/Karl Heinz Henkel), besprochen bei Michailidou, IPRax 2003, 223 ff. 117 Gerade die mangelnde Anerkennung ausländischer Verbraucherverbände in Deutschland war vor der Richtlinienumsetzung ein großes Problem, ausführlich Schaumburg, DB 2002, 723 (724) und Koch, ZZP 113 (2000), 413 (433).
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1. Teil 2. Abschn.: Parallelen zwischen den Teilrechtsordnungen
gefasst und mit § 8 UWG (§ 13 UWG a. F.) systematisch verwoben wurden118. Somit findet sich nunmehr eine „Verbandsklagetrias“119 für Unterlassungsklagen von Verbraucherschutz- und Wirtschaftsverbänden: 1. Klage gegen missbräuchliche Klauseln (§§ 1, 3 I Nr. 1 u. 2120 UKlaG), 2. Klage gegen verbraucherschutzgesetzwidrige Praktiken (§§ 2, 3 I Nr. 1 u. 2 UKlaG) sowie 3. Klage gegen Wettbewerbsverstöße §§ 3, 8 III Nr. 2 u. 3 UWG (§ 13 II Nr. 2 u. 3 UWG a. F.).121 2. Der Um- und Ausbau der umweltrechtlichen Verbandsklagen Eine Parallelentwicklung122 findet sich mit der Ausweitung von Verbandsklagerechten im öffentlichen Umweltrecht.123 Nachdem bereits aus dem Mitwirkungsrecht für Verbände nach § 29 BNatSchG a. F. eine Verbandsklagebefugnis bei unterbliebener Beteiligung der Verbände abgeleitet wurde, findet sich nunmehr über diese Klage hinaus – entsprechend dem Modell vieler bereits zuvor auf Landesebene existierender Verbandsklagen – in § 61 BNatSchG eine altruistische Verbandsklage. Nach §§ 59 f. BNatSchG anerkannte Naturschutzverbände124 können danach nicht nur dann klagen, wenn sie in ihren Beteiligungs118 Zum einen wurden Wortlaut und Voraussetzungen angeglichen. Zum anderen verweist § 13 II Nr. 3 UWG hinsichtlich der Zulassung „qualifizierter Einrichtungen“ (= Verbraucherschutzverbände) auf das nunmehr allgemein in § 4 UKlaG geregelte Registrierungsverfahren. 119 Vgl. (dort mit Konzentration auf Verbraucherverträge) E. Schmidt, NJW 2002, 25 (26). 120 Soweit § 3 I 1 Nr. 2 UKlaG die Klagebefugnis von Wirtschaftsverbänden davon abhängig macht, dass diese „Waren oder gewerbliche Leistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben“, sprich: es sich um Konkurrenten handelt, liegt ein gesetzgeberisches Versehen vor, ausführlich Löwe, ZIP 2003, 12 ff. Entsprechend hat der BGH dieses Tatbestandsmerkmal berichtigend ausgelegt, so dass auch Nichtkonkurrenten gegen unzulässige AGB klagen können, vgl. BGH ZIP 2003, 34 ff. 121 Dass die Klage nur auf Unterlassung gerichtet ist, bildet im europäischen Vergleich eher eine restriktive deutsche Besonderheit (ausführlich Koch, ZZP 113 [2000], 413 [429 f.]). Unter Hervorhebung der nicht durch Unterlassungsklagen beizukommenden Informationspflichtverletzungen wurde die Begrenztheit des Klageziels mehrfach kritisiert (vgl. nur E. Schmidt, NJW 2002, 25 [26]). Vgl. nun die nach § 10 i. V. m. §§ 3, 8 III Nr. 2 und 3 UWG n. F. mögliche Verbandsklage auf Abschöpfung eines Unrechtsgewinns; dazu Stadler/Micklitz, WRP 2003, 559 ff. Die Einführung der Gewinnabschöpfung wurde im Gesetzgebungsverfahren als „Einfallstor für amerikanische Verhältnisse“ kritisiert vgl. BT-Drs. 15/2795 vom 26.3.2004, S. 36. 122 Erste Vergleichsansätze bei Brönneke, VuR 2002, 153 (154). 123 Ausführlich jüngst Ekardt/Pöhlmann, NVwZ 2005, 532 ff.; C. Calliess, EurUP 2003, 7 ff., ders., NJW 2003, 97 ff. sowie bereits Seelig/B. Gündling, NVwZ 2002, 1033 ff. 124 Die Anerkennungsvoraussetzungen sind dabei vergleichsweise scharf (ebenso die Einschätzung von C. Calliess, EurUP 2003, 7 [9]), um sicherzustellen, dass nur qualifizierte und sachlich wie personell legitimierte Verbände instrumentalisiert werden; zu
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rechten nach § 58 BNatSchG verletzt sind, sondern nach Maßgabe des § 61 BNatSchG auch „ohne in eigenen Rechten verletzt zu sein“ (§ 61 I 1 BNatSchG).125 Die Einführung der altruistischen naturschutzrechtlichen Verbandsklage dient bereits der Umsetzung der internationalen Verpflichtungen Deutschlands aus der Aarhus-Konvention, ist aber nur ein Vorbote weiterer umweltrechtlicher Verbandsklagerechte126. Denn auch die EG hat die Aarhus-Konvention127 gezeichnet und erste für die Mitgliedsstaaten verbindliche Umsetzungsakte auf den Weg gebracht.128 Zur Verwirklichung des neuerdings im GG vorhandenen Staatsziels „Tierschutz“ liegt bereits ein Entwurf zur Einführung einer Verbandsklage von Tierschutzverbänden vor.129 II. Konzeptionelle Parallele: Privatisierung des öffentlichen Interesses Ungeachtet der Besonderheiten der jeweiligen Teilrechtsordnung weisen die genannten Verbandsklagen eine Grundstruktur auf, welche sie über die Grenzen von privatem und öffentlichem Recht hinweg als einheitliches Steuerungsinstrument zur Verwirklichung öffentlicher Ziele ausweist. Hier greift die schon eingangs erwähnte „Privatisierung des Gemeinwohls“130, „Arbeitsteilung“131 oder „Synchronisierung zwischen Öffentlichem Recht und Privatrecht“132. nennen ist etwa die in § 59 I 2 Nr. 3 BNatSchG geforderte Mindesttätigkeit von drei Jahren. 125 Zu den Voraussetzungen und Implikationen des § 61 BNatSchG Seelig/B. Gündling, NVwZ 2002, 1033 (1037 f., m. w. N. zu landesrechtlichen Verbandsklagemöglichkeiten 1035, dort mit Fn. 39). Zu der Frage, ob die bisherige Rechtsprechung zur Verbandsklage bei Verletzung von Beteiligungsrechten nach der Einführung des § 61 BNatSchG noch beibehalten werden kann Michael, DV 37 (2004), 35 (45 ff.). 126 Schink, EurUP 2003, 27 (36) sowie erneut von Danwitz, NVwZ 2004, 272 (278 ff.). 127 Abgedruckt u. a. als Anhang des Vorschlag der Kommission für einen Beschluss des Rates über den Abschluss des Übereinkommens über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten im Namen der Europäischen Gemeinschaft, KOM (2003) 0249 endg. vom 24.10.2003. 128 Vgl. Richtlinie 2003/35/EG vom 26.5.2003 (ABl.EG Nr. L 156, S. 17). Vgl. auch den jüngst von der Kommission vorgelegten Vorschlag für eine Verordnung über die Anwendung der Bestimmungen des Aarhus-Übereinkommens über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten auf Organe und Einrichtungen der Europäischen Gemeinschaft, KOM (2003) 622 endg. vom 24.10.2003 sowie den Vorschlag für eine Richtlinie über den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten, KOM (2003) 624 endg., ebenfalls vom 24.10.2003; dazu Schink, EurUP 2003, 27 (36); zur jüngsten Entwicklung von Danwitz, NVwZ 2004, 272 ff. 129 Vgl. den entsprechenden Antrag des Landes Schleswig-Holstein, angedruckt in BR-Drs. 157/04 vom 19.2.2004; zur Diskussion Näckel/Wasielewski, NordÖR 2004, 379 ff.
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1. Das Grundkonzept zivilrechtlicher Verbandsklagen Im deutschen Verbraucherschutz- und Lauterkeitsrecht hat man weitgehend anstelle besonderer Behörden Verbände mit der Kontrolle materiell-rechtlicher Standards beauftragt und diese dazu mit Klagebefugnissen ausgestattet.133 Ganz ähnlich weist auch die Unterlassungsklagerichtlinie alle dort erfassten Verbandsklagen als Instrumente zwischen Staat und Gesellschaft aus.134 Denn nach der Richtlinie steht es den Mitgliedsstaaten frei, zwischen behördlicher Schutzverfolgung oder Verbandsklagemöglichkeiten zu wählen.135 Diesbezüglich haben sich die Mitgliedsstaaten inzwischen, soweit ersichtlich, durchweg für die Verbandsklagelösung entschieden. Die Alternative einer Kontrolle durch eine spezielle Behörde geht auf die bisherige Kontrollperspektive in den englischen136 und skandinavischen Ländern137 zurück.138 Unter dem Druck des freien Verkehrs der Verbandsklagen und des damit einhergehenden Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung wurden auch in England inzwischen entsprechende Verbandsklagebefugnisse geschaffen.139 130 So C. Calliess, NJW 2003, 97 (100) bzgl. der naturschutzrechtlichen Verbandsklage; erneut ders., EurUP 2003, 7 (17); ähnlich E. Schmidt, NJW 2002, 25 (27) zur Verbraucherverbandsklage („Privatisierung“); im Hinblick auf die neue Klage auf Gewinnabschöpfung in § 10 UWG nunmehr auch Wimmer-Leonhardt, GRUR 2004, 12 (17). 131 K. Schmidt, ZZP 113 (2000), 443 (445). 132 E. Schmidt, NJW 2002, 25 (27). 133 Eine Ausnahme für das Wettbewerbsrecht (i. w. S.) bilden die Kartellämter. Zur Grundentscheidung, die Durchsetzung des Lauterkeitsrechts – von den Straftatbeständen der §§ 16 ff. UWG abgesehen – ausschließlich privater Initiative zu überlassen und bewusst nicht – wie etwa in einigen anderen Mitgliedsstaaten – einer Behörde zu übertragen, statt aller Köhler, in: Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, § 8 UWG, Rn. 3.1. 134 Vgl. E. Schmidt, NJW 2002, 25 (27 f.) sowie Koch, ZZP 113 (2000), 413 (419 f. und 427). In diese Richtung weist auch die Auffassung, welche die Verbandsklage nach § 13 AGBG vor Umsetzung der Unterlassungsklage-RL als „Prozessstandschaft für Unterlassungsansprüche des Staates“ verstanden hatte, vgl. Greger, NJW 2000, 2457 (2462) m. w. N. 135 Die achte Erwägung zur Unterlassungsklagerichtlinie geht von einer Dualität von behördlicher und sonstiger Kontrolle aus und beharrt lediglich auf „Optionen gleicher Wirkung“. Zudem eröffnet Art. 3 lit a statt der Einführung der Klagebefugnis von Verbänden die von „unabhängigen öffentlichen Stellen“. 136 Dort erfolgte die Kontrolle, aufgrund knapper sachlicher und personeller Mittel eher defizitär, durch den „Director General of Fair Trading“ sowie vorprozessual durch das „Office of Fair Trading“, dazu im Zusammenhang mit der AGB-Kontrolle auch die rechtsvergleichenden Ausführungen unter § 11 C. V. 1. 137 Hier kam dem „Ombudsman“ eine entsprechende Kontrollfunktion zu. 138 Ausführlich zur europäischen Perspektive Koch, ZZP 113 (2000), 413 (427 ff.) 139 Vgl. Schaumburg, DB 2002, 723 (725 f.) und detailliert Tilmann, Klauselrichtlinie, S. 34. Zum 1.1.2003 ist in Schweden ein entsprechender „Group Proceedings Act“ in Kraft getreten.
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Zwar wird den Verbänden ein eigener materieller zivilrechtlicher (Unterlassungs-)Anspruch eingeräumt (s. o. sub I. 1.), dieser dient jedoch nicht der Verfolgung einer originär eigenen Rechtsposition, sondern vielmehr dem Schutz der Verbraucherinteressen als objektivem Sachinteresse140 und damit einem öffentlichen Anliegen141. In der „Verbraucherpolitischen Strategie 2002–2006“ fasst die Kommission treffend zusammen: „Die Verbraucherverbände können einen wichtigen Beitrag zur praktischen Umsetzung politischer Maßnahmen leisten, indem sie Unterlassungsklagen erheben und sich im Rahmen der allgemeinen Marktüberwachung engagieren. Sie können feststellen, welche Konsumgüter und Dienstleistungen beispielsweise gefährlich oder von unzumutbar schlechter Qualität sind. Auf diese Weise unterstützen sie die Behörden bei der Erfüllung ihrer Aufgabe, für die Einhaltung des Rechts zu sorgen und den Markt zu überwachen.“142 2. Das Grundkonzept umweltverwaltungsrechtlicher Verbandsklagen Die Funktion sowie der Steuerungsbeitrag der umweltrechtlichen Verbandsklagen ist vielfach beschrieben143. Sie lassen sich in drei Grundaussagen bündeln, die den Vergleich mit den eben beschriebenen zivilrechtlichen Verbandsklagen ermöglichen: Erstens soll die Lücke ausgefüllt werden, die dadurch entsteht, dass Umweltrecht vorwiegend objektives Recht ist und daher nicht durch klageweise Durchsetzung dem Bürger zustehender subjektiver Rechtspositionen zur Geltung gebracht wird. Der Verband ist also „Anwalt“ der Natur. Zweitens fungiert der verfahrensbeteiligte Verband als eine Art „Verwaltungshelfer“144, der seinen spezifischen Sachverstand einbringt145, die Einhaltung der umweltrechtlichen Vorgaben überwacht und so einen Beitrag zum Abbau des viel beschriebenen Vollzugsdefizits leistet. Besonders die altruistische Verbandsklage erfüllt eine dritte Funktion im Verhältnis zur Verwaltung: Verwaltungskontrolle. So ist die Verwaltung in vielen Verfahren selbst Partei. Sie ist damit nur begrenzt neutral, was einen effektiven Vollzug der objektiven Normen hindern kann. Mittels der Verbandsmitwirkung wird einer möglichen defizitären staatlichen Gemeinwohlverwirklichung entge140
Koch, ZZP 113 (2000), 413 (419). E. Schmidt, NJW 2002, 25 (27 u. 28) oder Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, § 47 (sub 1). 142 KOM (2002) 208 endg., S. 23 f. 143 Zusammenfassend Seelig/B. Gündling, NVwZ 2002, 1033 ff. m. w. N. 144 BVerwG NVwZ 1997, 905 (906); siehe zudem Heintzen, VVDStRL 62 (2003), 220 (254 f.). 145 Dazu Seelig/B. Gündling, NVwZ 2002, 1033 (1034). 141
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1. Teil 2. Abschn.: Parallelen zwischen den Teilrechtsordnungen
gengewirkt.146 Das Engagement der Verbände – durchaus auch deren Eigeninteresse – sowie ihr Sachverstand wird so als Steuerungsressource bei der Durchsetzung staatlicher Ziele genutzt.147 Zusammenfassend wird mithin in beiden Fällen der Verband zur Verwirklichung objektiver Gemeinwohlinteressen instrumentalisiert, die Gemeinwohlverwirklichung privatisiert148. Es erfolgt eine „kooperative Aufgabenerfüllung“149. Als Alternative zu einer Behörde (so vor allem im Verbraucherschutz- und Wettbewerbsrecht) und als Ergänzung einer Behördenlösung (so im Umweltverwaltungsrecht) fungieren die Verbände zunehmend als „Sachwalter des Allgemeinwohls“150. III. Parallele Probleme bei der Integration in das Rechtsschutzsystem Als Instrument zur Verfolgung überindividueller Interessen151 passt sich die Verbandsklage nur schwer in die deutschen Prozessrechtssysteme ein, da diese traditionell an subjektiv-rechtliche bzw. individual begründete Rechtschutzinteressen anknüpfen.152 1. Die Verbandsklage im System des Zivilprozesses So ist im Bereich der zivilrechtlichen Unterlassungsklagen die Ausgestaltung als Anspruch153 deutlicher Kritik ausgesetzt, weil die verfolgten öffentlichen 146 Vgl. C. Calliess, NJW 2003, 97 (100). Siehe zudem Schlacke, NuR 2004, 629 (633), welche neben der selbständigen „verfahrensrechtlichen Kontrollfunktion“ besonders im Hinblick auf die Leitmotive der Aarhuskonvention und der Politik der EG die Verbandsbeteiligung und -klage mit Nachdruck als „Ausdruck partizipativer Demokratie“ (Beteiligung) und „Kontrolle demokratischer Teilhabe“ (Klage) unterstreicht. 147 Hoffmann-Riem, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann, Auffangordnungen, 261 (300); vgl. auch Murswiek, DV 38 (2005), 243 (268 ff.). 148 E. Schmidt, NJW 2002, 25 (28). 149 So die von Trute, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann, Auffangordnungen, 167 (182) gebildete allgemeine Kategorie für das Spektrum gemeinsamer Aufgabenerfüllung von Verwaltung und Privaten als Systembegriff innerhalb des Schnittbereichs der Teilrechtsordnungen. 150 Ähnlich Greger, ZZP 113 (2000), 399 (411): „quasi-staatsanwaltliche Funktion“ oder C. Calliess, NJW 2003, 97 (100): „Hüter der Unversehrtheit der Rechtsordnung“ (S. 101); zur Substitution bzw. Erweiterung alternativ denkbarer Behördenlösungen Kirchner, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann, Auffangordnungen, 63 (70). 151 Greger, ZZP 113 (2000), 399. 152 Vgl. nur Scholz, ZG 2003, 248 (251) und jüngst Stadler, Bündelungen von Interessen im Zivilprozess, S. V und für den Verwaltungsprozess Michael, DV 37 (2004) und Schlacke, NuR 2004, 629 (634 f.). 153 Neben den obigen Ausführungen zum Unterlassungsklagegesetz (sub 1.) dazu für das Lauterkeitsrecht Köhler, in: Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, § 8 UWG, Rn. 3.1.
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Belange keine „private Individualisierung“ vertrügen.154 Ein Blick auf die Unterlassungsklagerichtlinie verdeutlicht den Eigencharakter der Verbandsklagen: So stellt die Richtlinie die Verbandsklagelösung einer behördlichen Kontrolllösung losgelöst von einem Individualbezug allein aus Gründen der effektiven Verwirklichung überindividueller Verbraucherschutzziele zur Seite.155 Dem auf die Feststellung und Durchsetzung subjektiver Rechte zugeschnittenen Zivilprozess wird daher „mit der Verbandsklage etwas Wesensfremdes aufgepfropft.“156 Weiter gelten gemäß der gesetzgeberisch intendierten157 Einordnung als „normaler“ Zivilprozess die Verhandlungs- und Dispositionsmaxime uneingeschränkt auch für die Verbandsklagen.158 Deren stark individualistische Prägung wird vielfach als mit der Zielvorgabe einer Gemeinwohlverwirklichung unvereinbar gehalten. Denn im Vergleich zur alternativen Behördenlösung (dazu soeben sub II.) bleibt die Konstruktion eines unter Geltung der normalen Prozessmaximen gerichtlich durchsetzbaren Anspruchs in der Hand eines Privaten hinter den Möglichkeiten einer Behörde zurück.159 Zudem besteht immer die Gefahr des Klagemissbrauchs160. 2. Die Verbandsklage im System des Verwaltungsprozesses Vergleichbar mit dem einklagbaren Unterlassungsanspruch der Verbraucherund Wirtschaftsverbände wird im Naturschutzrecht in § 59 BNatSchG formal anerkannten Verbänden als Vertretern der Ziele des Naturschutzes in ausgewähl154 E. Schmidt, NJW 2002, 25 (28). Kritisch erneut Adomeit, NJW 2004, 579 (581 f. These 9). 155 Vgl. E. Schmidt, NJW 2002, 25 (28). Als Instrument der Gemeinwohlverwirklichung stellen sich die beschriebenen Verbandsklagen nicht nur gegenüber Individualklagen, sondern auch gegenüber Individualinteressen bündelnden Sammelklagen als aliud dar und sind sorgsam von diesen zu unterscheiden. So ist den umzusetzenden EG-Rechtsakten klar zu entnehmen, dass es bei den Verbandsklagen nicht um die Geltendmachung (gebündelter) Individualansprüche der einzelnen Verbraucher, sondern um die Durchsetzung von Kollektivinteressen geht (siehe etwa den Erwägungsgrund Nr. 20 der Fernabsatzrichtlinie 97/7/EG oder den Erwägungsgrund Nr. 2 der Unterlassungsklagerichtlinie 98/27/EG). 156 Greger, ZZP 113 (2000), 399 (411). Selbst der BGH, der im Laufe der Zeit verschiedene Sichtweisen zur Verbandsklage entwickelte (vgl. etwa BGH, GRUR 1971, 516; NJW 1972, 1988 f. oder zuletzt BGHZ 133, 316 [319]), bezeichnete die Verbandsklage früh als „dem Zivilprozeß fremd“ (BGH NJW 1983, 1061 f.). 157 E. Schmidt, NJW 2002, 25 (28). 158 Greger, ZZP 113 (2000), 399 (409–411). 159 Etwa keine Geltung des Untersuchungsgrundsatzes, Fehlen von hoheitlichen Befugnissen zur Sachverhaltsaufklärung, keine Amtshilfemöglichkeit. 160 Vgl. Köhler, in: Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, § 8 UWG, Rn. 3.1. Andere sehen vor allem im Bereich der praktisch dominierenden Verbraucherschutzklagen keine bedeutsame Mißbrauchsgefahr, vgl. Hensen, in: FS Ulmer 1135 (1137); zum internat. Vergleich Koch, ZZP 113 (2000), 413 (430).
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ten Verfahren eine einklagbare Rechtsposition eingeräumt, das öffentliche Interesse damit subjektiviert.161 Die Anerkennung einer klageweise durchsetzbaren Rechtsposition des Umweltverbands erfolgt nicht zum Individualrechtsschutz, sondern als Mittel zur Verwirklichung des öffentlichen Zwecks „Umweltschutz“. Am deutlichsten tritt die Loslösung der umweltrechtlichen Verbandsklage vom Grundkonzept des Individualrechtsschutzes im Fall der altruistischen Verbandsklage nach § 61 I BNatSchG zu Tage. Denn hier kann der Verband intervenieren, ohne in einem eigenen (Beteiligungs-)Recht verletzt zu sein. Negativ verwehrt es Art. 19 IV GG dem Gesetzgeber grundsätzlich nicht auch altruistische Verbandsklagerechte in Form des § 61 BNatSchG einzuführen, soweit sie nur flankierend zum Individualrechtsschutz hinzutreten, diesen ergänzen und nicht ver- oder zurückdrängen.162 Denn Art. 19 IV GG fordert den Individualrechtschutz nur im Sinne eines Mindeststandards.163 Und aus Sicht des einfachen Rechts lässt § 42 II VwGO gesetzlich angeordnete Ausnahmen systematisch bewusst zu164. Festzuhalten bleibt, dass die Einräumung von Verbandsklagebefugnissen in beiden Teilrechtsordnungen zu strukturell parallelen Problem führt. In beiden Fällen durchbricht die Einräumung eines Anspruchs im Allgemeininteresse die traditionelle Ausrichtung an subjektiven Rechten. Es liegt nahe, künftig auch aus prozessualer Sicht vermehrt nach parallelen Ausgestaltungsmöglichkeiten zu fragen und den jeweils anderen Diskussionsstand mit einzubeziehen, statt wie bisher überwiegend die jeweilige Teilrechtordnung zu fokussieren. IV. Gemeinsame Reglungsaufträge bei der Institutionalisierung der Verbandsklage Inzwischen finden sich erste Andeutungen in Richtung einer rechtsformneutralen Erfassung der Verbandsklagen.165 Vom Verbandsklagegesetz als „dritter 161
C. Callies, EuRUP 2003, 7 f., dort auch zu unterschiedlichen Klagevarianten. Statt vieler Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 19 Abs. 4, Rn. 9 und 270 f.; Wahl/Schütz, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 42 Abs. 2, Rn. 240 ff. sowie BVerwGE 87, 62 (72). Vgl. auch Michael, DV 37 (2004), 35 ff: nicht verfassungswidrig (S. 40), aber auch nicht verfassungsgeboten (S. 42). Zur Kritik zuletzt Scholz ZG 2003, 248 ff. m. w. N. zuvor kritisch etwa Skouris, Verletztenklagen und Interessenklagen, S. 248 ff. oder Breuer, UTR 45 (1998), 161 (209 f.) m. w. N. 163 Schmidt-Aßmann, (a. a. O.), Rn. 14. 164 Wahl/Schütz, (a. a. O.), Rn. 37 ff. 165 Brönneke, VuR 2002, 153 (154); E. Schmidt, NJW 2002, 25 (30); Greger, ZZP 113 (2000), 399 (411 f.). Den Zusammenhang andeutend auch C. Calliess, NJW 2003, 97. Auch in den zuständigen Ministerien hat man den Handlungsbedarf erkannt Micklitz, LMK 2003, 18 (19). Seit dem 17.1.2005 steht auf der Seite des Bundesministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft zudem ein von den Prof. Hans-W. Micklitz und Astrid Stadler erarbeiteter Entwurf eines „Gesetzes zur Regelung von Verbands-, Muster- und Gruppenklagen“ (GVMuG) als Download zur Verfü162
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Rechtsschutzspur“166 ist die Rede. Angesichts der parallelen Grundstruktur der bisherigen Verbandsklagen lässt sich jedenfalls abstrakt fragen, ob sich gemeinsame Regelungsaufträge formulieren lassen, an welchen sich der Gesetzgeber bei der künftigen Ausformung der Institution „Verbandsklage“ orientieren kann. Für die Weiterentwicklung könnten die im Zuge der Diskussion um das Verwaltungskooperationsrecht im öffentlichen Recht formulierten Verantwortungsstrukturen und Regelungsaufträge einen abstrakten Orientierungsrahmen liefern167: Vergleicht man allein die Anzahl der jeweils eingeführten Verbandsklagen, so scheint man im Zivilrecht traditionell weniger Bedenken gegen die Ausstattung der Verbände mit Klagemöglichkeiten zu haben. Die jüngste Einführung der Verbandsklage auf Gewinnabschöpfung in § 10 UWG bestätigt diese Tendenz. Danach können private Verbände zur effektiven „Bestrafung“ von Wettbewerbsverstößen Unrechtsgewinne abschöpfen, müssen diese anschließend aber an den Staatshaushalt abführen.168 In eine ähnliche Richtung zielend hat der EuGH jüngst die „Abschreckungsfunktion“ verbraucherschützender Verbandsklagen betont.169 Gerade vor dem Hintergrund des Europarechts dominiert insgesamt im Zivilrecht die Ermöglichung effektiver Klagemechanismen. Vergleichsmaßstab für die konkrete Ausgestaltung ist wie unter II. gesehen eine alternative Behördenlösung. Dieser Vergleichsmaßstab legt es nahe, dass Verbandsklagerechte künftig nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ ausgebaut werden. Überlegungen zur weitreichenden Geltung des Untersuchungsgrundsatzes sowie zum Ausbau von Informationsansprüchen und -zugriffsrechten für Verbände als Korrelat einer im Falle der Alternativlösung gegebenen Amtshilfe weisen in diese Richtung.170 gung (http://www.verbraucherministerium.de/data/000C4D39B53811EBB3796521C0 A8D816.0.pdf). Wie der Titel andeutet, konzentriert sich der Entwurf alldings nur auf die umfassende Zusammenfassung aller bestehenden Verbandsklagemöglichkeiten im Bereich des Wettbewerbs- und Kartellrechts sowie des Anleger- und Verbraucherschutzrechts (§ 1 GVMuG) unter gleichzeitiger Berücksichtigung von Muster-, Sammel- und Gruppenklagen (§§ 26 bis 40 GVMuG), ohne auch öffentlich-rechtliche Verbandsklagen mit einzubeziehen. 166 Terminus nach E. Schmidt, NJW 2002, 25 (30). 167 Zu den Regelungsaufträgen für bei der Institutionalisierung staatlich-gesellschaftlicher Kooperationen Schuppert, Verwaltungskooperationsrecht, S. 69. 168 Wimmer-Leonhardt, GRUR 2004, 12 (17); zum Strafcharakter sowie dem neuen UWG näher oben unter § 4 B. I. 169 So der EuGH, Rs. C-372/99 (Kommission/Italien), Urt. v. 24.1.2002, Slg. 2002, I-819, Rn. 15 im Hinblick auf die in der Klauselrichtlinie vorgesehenen Verbandsklagemöglichkeiten. 170 Einen Schritt in die Richtung eines staatlich gelenkten Informationsmanagements bildet die europäische Datenbank CLAB über missbräuchliche Vertragsklauseln (CLAB ergibt sich aus dem französischen Begriff „clauses abusives“, also missbräuchliche Vertragsklauseln), vgl. KOM (2002) 208 endg. S. 20 f.; einführend zu CLAB Micklitz/Radeideh, ZEuP 11 (2003), 85 ff. Wenn auch nicht gezielt auf Verbände zu-
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1. Teil 2. Abschn.: Parallelen zwischen den Teilrechtsordnungen
Die Verwendung der Termini „Strafe“ und „Abschreckung“ im Zusammenhang mit Privaten, die gegenüber anderen Privaten im Allgemeininteresse mit (Klage-)Befugnissen ausgestattet werden, drängt demgegenüber die Frage der Legitimation und Begrenzung dieser Befugnisse nach Maßgabe der innerstaatlichen Rechtsordnung auf. Auszugehen ist dabei von der Grundaussage, dass Gemeinwohlverwirklichung zuvorderst Staatsaufgabe ist.171 Der Vergleich der mit den Verbandsklagen im Zivilrecht einerseits und im öffentlichen Recht andererseits verfolgten Konzepte hat gezeigt, dass es in beiden Fällen um die Erfüllung von Gemeinwohlbelangen in Kooperation mit privaten Akteuren (Verbänden) geht.172 Auch Verbandsklagerecht ist mithin (Verwaltungs-)Kooperationsrecht. Ein zentrales Anliegen der Reform des Verwaltungsrechts ist es, rechtliche Antworten und Strukturen hinsichtlich des „wie“ der Gemeinwohlverwirklichung in Kooperation mit Privaten zu finden.173 Gerade auch für das Zivilrecht kann der für die Reformdebatte paradigmatische Begriff der stets auf Seiten des Staates verbleibenden „Gewährleistungsverantwortung“174 als heuristische Orientierungshilfe175 dienen. Danach wandelt sich mit der Delegation der Aufgabenverwirklichung an den Privaten die „Erfüllungsverantwortung“ des Staates in die Verantwortung, einen Rechtsrahmen zu schaffen, durch welchen die effektive Verwirklichung der Aufgabe, die Qualifikation und Auswahl privater Akteure, der Schutz der Rechte Dritter, die Lenkung und Kontrolle sowie Evaluation und Optimierung der Aufgabenerfüllung sichergestellt werden.176 Für den Fall, dass die Aufgabenwahrnehmung durch den Privaten misslingt, sind ggf. staatliche Rückholoptionen vorzusehen.177 Übertragen auf den Prozess der Institutionaligeschnitten, so ermöglicht diese doch eine gesamteuropäische Erfassung und Bewertung missbräuchlicher Klauseln, die gerade in Verbandsklageprozessen hilfreich sein kann. Zur generellen Bedeutung von Informations- und Kommunikationsregeln hinsichtlich der systematischen Ausformung eines „Gewährleistungsverwaltungsrechts“ Voßkuhle, VVDStRL 62 (2003), 266 (308) m. w. N. 171 Vgl. C. Calliess, NJW 2003, 97 (100) oder Heintzen, VVDStRL 62 (2003), 220 (222). Deutlich auch BVerfGE 33, 125 (159): „Der Staat erfüllt [. . .] die Aufgabe, Hüter des Gemeinwohls [. . .] zu sein.“ 172 Soeben unter 2. 173 Resümierend zum Stand der Reform insoweit Voßkuhle, VerwArch 92 (2001), 184 (196 ff.); grundlegend Schmidt-Aßmann, in: Schmidt-Aßmann/Hoffmann-Riem, Auffangordnungen, 7 ff. (11 f.). 174 Ausführlich jetzt Lackner, Gewährleistungsverantwortung, S. 15 ff. sowie die Auswertung des Meinungsspektrums bei Voßkuhle, VVDStRL 62 (2003), 266 (270 f., dort speziell Fn. 10) und die Darstellungen bei Hoffmann-Riem, in: FS Vogel, 47 (52 f.) oder Ziekow, Verwaltungskooperationsrecht, S. 179 ff. 175 Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee, 3. Kapitel, Rn. 98. 176 Voßkuhle, VVDStRL 62 (2003), 266 (310 ff.); zu den sich aus der Architektur des Gewährleistungsstaates ergebenden Aufträgen und Grenzen von Gesetz und Vorbehalt des Gesetzes Ladeur/Gostomzyk, DV 36 (2003), 141 (157) und jüngst HoffmannRiem, AöR 130 (2005), 7 ff. 177 Unter dem Gesichtspunkt der „Verantwortungsteilung“ wird von einer Auffangverantwortung des Staates gesprochen (vgl. etwa Heintzen, VVDStRL 62 (2003), 220
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sierung der Verbandsklage lässt sich als Kern des staatlichen Strukturschaffungsauftrages die sinnvolle Begrenzung der Kooperation auf potente private Partner, und damit einhergehend die Absicherung von Qualität und Effizienz formulieren.178 Es gilt diejenigen Verbände herauszufiltern, welche nicht nur nach Maßgabe der Handlungsrationalitäten der Privatrechtsordnung privatautonom ihre eigenen Interessen verwirklichen, sondern mindestens zugleich die jeweils definierten Kollektivinteressen.179 Als formaler Anknüpfungspunkt für Fragen der Legitimation fungiert die gesetzlich vorgesehene Anerkennung oder Registrierung der Verbände, welche in beiden Teilrechtsordnungen Anspruchs- bzw. Rechtsvoraussetzung ist. Um zu vermeiden, dass die Rechtsprechung durch Zusatzkriterien einen Klagemissbrauch unqualifizierter Verbände eindämmen muss, sind die Anerkennungskriterien tendenziell restriktiv zu formulieren.180 Hier bietet sich eine Orientierung an den strikteren und bewährten Anerkennungskriterien der naturschutzrechtlichen Verbandsklage an.181 Rechtsstaatlich akzeptable Parameter besonderer Legitimation der Verbände können sein: strenge Vorgaben zur Mindesttätigkeitszeit des Verbands, zu formalisierten Verbandszielsetzungen, welche die Mitglieder und Organe binden, oder zu Mindestmitgliederzahl an natürlichen Personen.182 Vereinheitlichte Ausnahmetatbestände sind [226]). Insoweit passt es nicht, wenn C. Calliess, NJW 2003, 97 (101) hinsichtlich der Verbandsbeteiligung von (gesellschaftlicher) „Auffangverantwortung“ spricht, da diese gerade nicht den Privaten trifft. Passender ist der dort ebenfalls verwendete Begriff der (gesellschaftlichen) „Sekundärverantwortung“ der Verbände. 178 Einen partiell vergleichbaren Prototypen der Normierung eines staatlich-gesellschaftlichen Kooperationsbausteins, welcher für die Verbandsklage als Vergleichsfolie dienen könnte, findet sich mit dem Umweltauditgesetz. Auch dort handelt es sich um die Privatisierung der Überwachung öffentlich-rechtlicher Pflichten (so HoffmannRiem, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann, Auffangordnungen, 261 [335]). Im Zentrum steht die Qualitätssicherung der Gutachter sowie die Regelung des spezifischen Verfahrens. Im Ergebnis geht es auch dort um nichts anderes als die Legitimation und Strukturierung eines Behördenäquivalents. 179 Dazu abstrakt Hoffmann-Riem, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann, Auffangordnungen, 261 (270). 180 Zur Missbrauchseindämmung vgl. etwa die Rechtsprechung des BGH zu § 13 AGBG vor der Umsetzung der Unterlassungsklagerichtlinie, zusammenfassend Greger, ZZP 113 (2000), 399 (402) sowie neuerlich BGH NJW 2003, 290 ff. Ein neuer gesetzgeberischer Versuch findet sich mit der – allerdings sehr unbestimmt gehaltenen – „Missbrauchsklausel“ in § 3 GVMuG (dazu oben § 4, Fn. 165 [S. 90 f.]). 181 Dazu C. Calliess, EurUP 2003 7 (9). Durch das BNatSchGNeuregG wurden die Anerkennungsvoraussetzungen verschärft, vgl. Seelig/B. Gündling, NVwZ 2002, 1033 (1037). 182 Zu Recht kritisiert Scholz, ZG 2003, 248 (250) die von § 4 II 1 UKlaG geforderte Mindestmitgliederzahl von 75 als zu gering. In § 3 II und III des Professorenentwurfs zum sog. GVMuG (oben Fn. 408) wird daran aber festgehalten und auch im Übrigen keine weiteren Auswahlkriterien hinzugefügt. Sinnvoller als eine uferlose Ausweitung der klagebefugten Verbände erscheint eine gezielte Förderung qualifizierter großer Verbände, dazu am Beispiel des im Jahre 2000 neu gegründeten „Verbraucherzentrale Bundesverband e. V.“ Kloepfer, Informationsrecht, § 6, Rn. 31.
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1. Teil 2. Abschn.: Parallelen zwischen den Teilrechtsordnungen
für Dachverbände geboten, die zum einen mittelbar legitimiert sind, zum anderen in besonderer Weise Sachkenntnis bündeln und über adäquate sachliche Mittel verfügen.183 V. Zwischenergebnis Es zeichnet sich ein Paradigmenwechsel ab: Sowohl im Bereich des zivilrechtlichen Verbraucherschutzrechts als auch im öffentlichen Umweltrecht wird nicht mehr darauf vertraut, dass Gefährdungen öffentlicher Schutzgüter durch die Exekutive allein beseitigt werden können. Es bedarf einer außerstaatlichen, gesellschaftlichen Flankierung, die mit der Zuerkennung von Verbandsklagerechten realisiert werden kann. Der Blick auf die im Zivilrecht einerseits und im öffentlichen Recht andererseits verfolgten Grundkonzepte sowie die jeweilige Inkongruenz mit den klassischen Rechtsschutzsystemen hat die weitgehend homogene Grundstruktur der Verbandsklage gezeigt. Insofern ließe sich von einer abstrakten Verbindung der Instrumente beider Teilrechtsordnungen sprechen. Die behutsame (Weiter-)Entwicklung und Synchronisierung etwa der Anerkennung und Klagebefugnisse der Verbände, der Informations- und Datenschutzmechanismen, Verfahrensmaximen, Klageziele, Klagegegenstände und des gerichtlichen Kontrollumfanges zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht184 eröffnet hierbei eine einheitliche Entwicklungsperspektive.185 Der im Rahmen der Debatte um die Herausbildung eines Gewährleistungsverwaltungsrechts formulierte Strukturschaffungsauftrag des Gesetzgebers kann als dogmatischer Ausgangspunkt dienen. Betrachtet man die Diskussion um die Verbandsklage, so scheint bisher aus Sicht des Zivilrechts die möglichst effektive Ermöglichung von Verbandsklagen im Vordergrund zu stehen. Demgegenüber wird im öffentlichen Recht die Weiterentwicklung eher behutsam vorangetrieben und hinsichtlich der neu einzuführenden Verbandsklagen die Notwendigkeit einer gesetzlich dirigierten Begrenzung und Legitimation der privaten Akteure betont. Bei der Aufgabe, beide Regelungsaufträge – Ermöglichung und Begrenzung – hinreichend zur Geltung zu bringen, können sich die Diskussionsstände mithin ergänzen. Ob und wie letztlich die Zusammenführung der Verbandsklage zu einem einheitlichen Instrument, einer einheitlichen Institution im Sinne eines einheitlichen Rechtsrahmens innerhalb der jeweiligen Teilrechtsordnung oder sogar 183 Seelig/B. Gündling, NVwZ 2002, 1033 (1037). Für das Naturschutzrecht findet sich eine ausdrückliche Zulassung in § 59 I 2 Nr. 6 S. 2 BNatSchG. Für Verbraucherschutzverbände vgl. § 4 II 1 UKlaG und bzgl. Verbandsklagemöglichkeiten von Wirtschaftsverbänden jetzt BGH NJW 2003, 290 ff. 184 Zu den letztgenannten, hier nicht vertieften, da nicht unmittelbar mit den Neuregelungen im Zivilrecht zusammenhängenden, Aspekten aus Sicht des Verwaltungsrechts jüngst Schlacke, NuR 2004, 629 (630 ff.). 185 Ganz ähnlich die Einschätzung von Schlacke nach dem Tagungsbericht von Brönneke, NVwZ 2004, 705 (706).
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diese umspannend aussehen kann, wird nicht zuletzt wesentlich von anstehenden weiteren Vorgaben der EG abhängen, durch welche Verbandsklagebefugnisse in ganz unterschiedlichen Rechtsbereichen eingeführt werden186.
§ 5 Die Neubestimmung bestehender Verbindungen am Beispiel der Verjährung im Staatshaftungsrecht A. Rezeptionsmechanismen und Rechtsänderung Die Anwendung des modernisierten Privatrechts macht wenig Probleme, wenn wie etwa im Fall des Staatshaftungsanspruchs nach § 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG die Privatrechtsregeln direkt gelten.187 Auch soweit sich eine normative Verknüpfung in Form einer Verweisungsnorm findet, ist das „Ob“ der Anwendung weitgehend klar.188 Bestenfalls stellt sich die Frage der Reichweite der Inbezugnahme189. Handelt es sich um eine dynamische Verweisung wird die Rechtsänderung immer auch durch den Verweis transportiert.190 Viele staatshaftungsrechtliche Institute sind demgegenüber nahezu oder gänzlich ungeregelt. Bedeutsam sind vor allem Ansprüche aus Aufopferung, enteig186 Vgl. dazu den Ausblick bei Schlacke, NuR 2004, 629 (635) unter Berücksichtigung jüngst eingeführter und einzuführender Verbandsklagen auch im Antidiskriminierungs- bzw. Antirassismusrecht, dem Sozial- und Gleichstellungsrecht sowie auch dem hier beleuchteten Bereich der Verbandsklagen nach der Unterlassungsklagerichtlinie und derer des AGB- und Wettbewerbsrechts. 187 Eine ausführliche Darstellung der damit für die Amtshaftung verbundenen Neuerung findet sich bei Dötsch, in: Kroiß, Klauselbuch Schuldrecht, § 23, Rn. 2 ff.; zusammenfassend ders., NWVBl. 2001, 285 (387 f.) und NWVBl. 2002, 140 (141); Kellner, NVwZ 2002, 395 ff. und Lässig, NVwZ 2002, 304. 188 Dies wurde lange Zeit als der einzig zulässige Weg der Rezeption von Privatrechtsnormen angesehen, vgl. nur Tezner, AöR 9 (1894), 489 (563, 565); und jüngst wieder für den Bereich des Verjährungsrechts zu dieser Sichtweise tendierend Kopp/ Schenke, VwGO, § 113, Rn. 81. Der Ansatz ist wenig überzeugend, denn in ihm scheint die heute überwundene Verabsolutierung der Trennung der Teilrechtsordnungen durch. 189 Zu den denkbaren Fragestellungen seien nur wenige Beispiele genannt, etwa die Abhängigkeit der öffentlich-rechtlichen Störerhaftung nach § 4 III BBodSchG von zivilrechtlichen Instituten der Gesamtrechtsnachfolge etwa nach § 1922 BGB (Rechtsnachfolger des Handlungsstörers nach § 4 III 1 Variante 2), des Eigentums, §§ 903 BGB ff. (Zustandsstörer nach § 4 III 1 Variante 3), des unmittelbaren Besitzes, § 854 I BGB (Zustandsstörer nach § 4 III 1 Variante 4) oder der gesellschaftsrechtlichen Konzernhaftung (Störereigenschaft nach § 4 III 4), zu Problemen dieser Verknüpfung jüngst BGH NVwZ 2004, 1267 ff. Auch der Verweis in § 24 II 2 BBodSchG auf die privatrechtlichen Regeln zur Gesamtschuldnerschaft wirft aus Sicht des öffentlichen Rechts Fragen nach der Reichweite der Inbezugnahme auf, eingehend Gebel/B. Gündling, altlasten spektrum 2000, 325 (329 ff.) und jüngst BGH NVwZ 2004, 1267 (1268 f.) sowie Heßler/Janssen, NuR 2004, 719 ff. 190 So am deutlichsten vielleicht im Falle des § 62 S. 2 VwVfG.
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nendem und enteignungsgleichem Eingriff sowie aus vertragsähnlichen Sonderverbindungen.191 Erfolgt der Rückgriff auf Privatrechtsnormen nur im Wege der Analogie oder ging man bisher von einer gewohnheitsrechtlichen Geltung aus, gilt nach einer Rechtsänderung nicht zwangsläufig die Neuregelung. Vielmehr bedarf deren Rezeption einer selbständigen Begründung. Vor allem im Hinblick auf die durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz erheblich verkürzten Verjährungsfristen ist die Diskussion, ob und wenn ja, wieweit Regelungslücken durch gültige Privatrechtsnormen gefüllt werden können, neu entfacht worden. Die Frage der Anwendbarkeit der Zivilrechtsregeln – insbesondere des neuen Verjährungsrechts – auf ungeregelte Institute des Staatshaftungsrechts ermöglicht es, einen Blick auf die unterschiedlichen in Betracht kommenden Rezeptionsmechanismen sowie typische Rechtsfragen, die sich im Zusammenhang mit der Rezeption des Privatrechts stellen, zu werfen. Eine gewisse Sonderrolle kommt dabei der Haftung aus vertragsähnlichen Sonderverbindungen zu, welche daher kurz vorab isoliert in den Blick genommen wird. B. Ansprüche aus vertragsähnlichen Verwaltungsrechtsverhältnissen Innerhalb des Spektrums möglichen Verwaltungshandelns sind neben dem vergleichsweise fest umrissenen öffentlich-rechtlichen Verwaltungsvertrag unterschiedliche „verwaltungsrechtliche Sonderverbindungen“192 bzw. „verwaltungsrechtliche Schuldverhältnisse“193 anerkannt. Von zentraler Bedeutung sind 191 Zusammenfassend zu Bedeutung und Erscheinungbild der ersten drei genannten Institute Haak, VerwArch 96 (2005), 70 (74 f.). 192 Erichsen, in: Erichsen/Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 29. 193 So Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 336 ff.; ders., NJW, 2000, 2945 (2952); Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 29, Rn. 2; Hill, NJW 1986, 2602 (2608) oder Meysen, Verwaltungsrechtsverhältnis, S. 19 und pass., welcher den Gesamtkomplex jüngst aus haftungsrechtlicher Sicht aufgearbeitet hat (allerdings noch ohne Berücksichtigung der Schuldrechtsmodernisierung); zuvor bereits Simons, Leistungsstörungen, S. 19 ff.; Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht II, § 55; ähnlich („öffentlichrechtliches Schuldverhältnis“) etwa Papier, Forderungsverletzung, S. 17 ff.; Büllesbach, Öffentlich-rechtliche Verwahrung, S. 1; Nedden, Geschäftsführung ohne Auftrag im öffentlichen Recht, S. 22; Detterbeck, JuS 2003, 1003 (1005 f.); aus der Rechtsprechung etwa BGHZ 152, 380 ff.; OLG Saarbrücken OLGR 2003, 39 ff.; 2000, 287; OLG Köln DVBl. 2001, 1776 (1777); NVwZ 1994, 618 (619); OLG Koblenz NJWRR 2001, 318; BVerwG NVwZ 1999, 194; BGH NJW 1998, 298 (299 ff.); DÖV 1997, 836 (837); VG Stuttgart BWGZ 2003, 669 f.; OVG Koblenz DVBl. 2003, 411; VGH Mannheim NJW 2003, 1066; OLG Hamm NJW-RR 2002, 1673; OLG-Schleswig NordÖR 2002, 67; OLG Karlsruhe NVwZ-RR 2001, 147 (149); OVG Münster NVwZRR 2001, 596 (597); OLG München NJW-RR 2000, 1310; OLGR 2000, 172 f.; OLG Köln NVwZ-RR 2000, 651 f. Vereinzelt fanden sich auch „öffentlich-rechtliche Leistungsverletzung“, etwa BGH VersR 1978, 253 und VersR 1987, 768; „vertragsähnliche Haftung der öffentlichen Hand“, etwa RGZ 152, 129 (132); BGHZ 61, 7; 63, 167 (172) ähnlich BVerwGE 80, 123 (125) („quasivertragliche Haftung der öffentlichen
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das verwaltungsrechtliche Verwahrungsverhältnis194, die öffentlich-rechtliche Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA)195, vorvertragliche Schuldverhältnisse196 oder das öffentlich-rechtliche Benutzungsverhältnis197. Praktisch relevant werden die meisten der Institute im Zusammenhang mit staatshaftungsrechtlichen Fragen198. Andere ordnen die Figur systematisch in den Kanon der Handlungsformen der Verwaltung ein.199 Erschwert wird dies jedoch durch deren heterogenes Erscheinungsbild. Denn nach herkömmlicher Vorstellung kann etwa ein öffentlich-rechtliches Verwahrungsverhältnis unabhängig davon zur Entstehung gelangen, ob es auf Realakt (Inbesitznahme), Verwaltungsakt (Beschlagnahme oder Sicherstellung) oder öffentlich-rechtlichem Verwaltungsvertrag beruht.200 Maßgeblich sei das Bestehen oder Nichtbestehen einer Pflicht zur Obhut201, welche unabhängig von der zugrundeliegenden Handlungsform sei.202 Gemein Hand“) und schließlich „Haftung aus schuldrechtlicher bzw. schuldrechtsähnlicher Sonderverbindung des Verwaltungsrechts“, so BGH DVBl. 1978, 108 (109); OLG Düsseldorf NVwZ-RR 1996, 305. 194 Büllesbach, Öffentlich-rechtliche Verwahrung, pass. und jetzt Schieferdecker, Entfernung von Fahrzeugen, S. 154 ff. 195 Ausführlich zu Fallgruppen und der aktuellen Rechtsprechung Schoch, DV 38 (2005), 91 ff. und zuvor ders., Jura 1994, 241 ff.; Knapp, Geschäftsführung ohne Auftrag, pass.; Hoepffner, Geschäftsführung ohne Auftrag in der Verwaltung, pass.; Grunwaldt, Ausgleichsansprüche, S. 99 ff. und Nedden, Geschäftsführung ohne Auftrag im öffentlichen Recht, pass.; aus der Rspr. etwa OVG Koblenz DVBl. 2003, 411 ff. 196 Keller, Vorvertragliche Schuldverhältnisse im Verwaltungsrecht, pass. 197 Eingehen dazu mit umfassenden Nachweisen auch der aktuellen Rspr. nachfolgend unter § 10 B. V. Teilweise wird auch der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch zu diesen „Sonderverbindungen“ gezählt, vgl. Erichsen, in: Erichsen/Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 29, Rn. 19 ff. sowie Erichsen/Brügge, Jura 1999, 496 ff. und Schoch, Jura 1994, 82 ff. Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 347 ff. ordnet auch das Beamten-, Zivildienst- und Schulverhältnis in diesen Kontext ein. 198 Entsprechend wird die Kategorie des verwaltungsrechtlichen Schuldverhältnisses bisweilen im Rahmen des Staatshaftungsrechts dargestellt (etwa Mauerer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 29, Rn. 2 ff.). Der Rückgriff gerade auf die gängigen haftungsrechtlichen Institute des Schuldrechts erklärt sich durch eine Lücke im Staatshaftungsrecht, welche die Rechtsprechung hierdurch zu schließen versuchte (Meysen, Verwaltungsrechtsverhältnis, S. 32 ff.). Die haftungsrechtlichen Vorteile gegenüber der daneben eingreifenden Amtshaftung bestehen vor allem im Wegfall der Subsidiarität, der Haftung für Hilfspersonen (analog § 278 BGB), der Rechtsfolge (auch Naturalrestitution) und den Regeln der Beweislast analog § 280 I 2 BGB (vgl. Ossenbühl, NJW 2000, 2945 (2952). 199 So Erichsen in: Erichsen/Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 29. 200 Meysen, Verwaltungsrechtsverhältnis, S. 49; zum Spektrum möglicher Begründungsformen eines Verwaltungsrechtsverhältnisses allgemein Meysen, a. a. O., S. 77 ff.; Hill, NJW 1986, 2602 (2608) und Krause, VVDStRL 45 (1987), 212 (239). 201 Meysen, Verwaltungsrechtsverhältnis, S. 49. 202 Ähnliches gilt für öffentlich-rechtliche Benutzungsverhältnisse, welche ebenfalls häufig durch Vertrag begründet werden, vgl. Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 155 ff. und 214 f., der sich dort zudem dafür ausspricht, Leistungs- und Benutzungsverhältnisse der Daseinsvorsorge weitmöglichst als Verträge i. S. d. §§ 54 ff. zu qualifizieren. Nach Schlette, (a. a. O.), S. 211 f. lassen sich die beschriebenen verwal-
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ist den betroffenen verwaltungsrechtlichen Sonderverbindungen damit lediglich, dass zwischen Verwaltung und Bürger ein „privatrechtsähnliches“203 oder jedenfalls besonders enges Verhältnis (Näheverhältnis) besteht.204 Auf ein solches Rechtsverhältnis sollen dann Vorschriften des allgemeinen oder besonderen Schuldrechts des BGB, mithin ein spezifisches „Verwaltungsschuldrecht“205 zur Anwendung kommen. Wann aber ist eine Rechtsbeziehung „privatrechtsähnlich“? Das Standardkriterium der „Nähebeziehung“ erweist sich als untauglich, da Verwaltungsrechtsverhältnisse jeglicher Art von einer besonderen Nähe gekennzeichnet sein können.206 Dass sich die schon bei der Benennung dieser (haftungsrechtlichen) Kategorie zutage tretende „babylonische Sprachverwirrung“207 bei der Umschreibung des anzuwendenden Rezeptionsmechanismus fortsetzt, nimmt kaum Wunder. Man schwankt zwischen rechtsgrundsätzlicher, gewohnheitsrechtlicher und analoger Anwendung.208 Verschiedentlich wurde betont, dass der Modus der Rezeption letztlich nicht entscheidend sei.209 Dem ist insoweit zuzustimmen, als die eigentlichen Hürden der Lückenfüllung in der Herausarbeitung der Regelungslücke im Verwaltungsrecht und in der Beantwortung der Frage, ob die Besonderheiten des öffentlichen Rechts im konkreten Fall oder rechtsgrundsätzlich der Übertragung entgegenstehen, zu sehen sind.210 Die Analogie zwingt dabei tungsrechtlichen Sonderverbindungen unter dem „nur wenig kategorisierten Oberbegriff“ des „verwaltungsrechtlichen Schuldverhältnisses im weiteren Sinne“ zusammenfassen, wobei der Vertrag eine „besondere Erscheinungsform, eine Untergattung“ desselben bildet. 203 So die ältere Rechtsprechung, vgl. etwa BGHZ 17, 191 (193); dazu de Wall, Privatrechtliche Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 339. 204 Vgl. Bonk, in: P. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 54, Rn. 44. Zu vereinzelt gebliebenen Alternativvorschlägen in der Literatur, die sich aber nicht durchsetzen konnten, kritisch zusammenfassend de Wall, Privatrechtliche Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 341 ff. 205 Stern, in: FS Mikat, 775 (786). 206 de Wall, Privatrechtliche Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 339, dort mit dem Hinweis auf das (denkbar „nahe“) Strafgefangenenverhältnis, auf welches die Rechtsprechung die Anwendbarkeit des Privatrechts bewusst abgelehnt hat. Angesichts der Widersprüchlichkeit der Rspr. attestiert de Wall eine „kategoriale Verwirrung“. 207 Ossenbühl, in: FS 50 Jahre BVerwG, S. 289. 208 Zusammenfassend Meysen, Verwaltungsrechtsverhältnis, S. 277–297 mit umfangreichen Nachweisen. 209 Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 355. Auch nach Auffassung der Gerichte scheint die Wahl der Methode keine sachlichen Konsequenzen mit sich zu bringen; bisher wurde die Entscheidung, welcher Rezeptionsmechanismus anzuwenden ist, oft bewusst offen gelassen, vgl. etwa VGH Mannheim NVwZ 1996, 201; VGH München DÖV 1997, 76 (78 f.); OVG Hamburg NVwZ-RR 1995, 369 (370); OVG Lüneburg NVwZ-RR 1998, 189 (199); BGHZ 54, 299 (304); BGH NJW 1998, 298 (300); OLG Düsseldorf NVwZ-RR 1994, 627. In einer der wenigen Entscheidungen des BVerwG zum Themenkreis prüfte dieses hingegen ausführlich die Voraussetzungen einer Analogie, vgl. BVerwG NJW 1995, 2303 (2304).
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allerdings wegen ihrer geringeren Verallgemeinerungstendenz zu größerer argumentativer Disziplin und verdient grundsätzlich den Vorzug.211 Der unmittelbare Rückgriff auf allgemeine Rechtsgrundsätze sollte daher auf die Übernahme konkretisierungsbedürftiger Prinzipien beschränkt werden.212 Inhaltlich dürften sich im Falle der Sonderverbindungen die Auswirkungen der Schuldrechtsmodernisierung auf die Normierung sowohl der c. i. c. als auch der p. F. V. in § 280 I BGB und die Neuordnung des Verjährungsrechts beschränken. Im ersten Fall tritt an die Stelle der entsprechenden Übernahme der im Zivilrecht ehemals anerkannten „Gesamtanalogie“ zu verschiedenen Regelungen des Leistungsstörungsrechts213 (aus Sicht des öffentlichen Rechts also eine doppelte Analogie214) nunmehr die einfache Analogie zu § 280 I BGB. Für das insgesamt recht undurchsichtige Institut mag man vor allem angesichts der faktischen Konzentration der Figur auf Haftungsfragen in der Normierung eine gewisse Präzisierung sehen.215 Hinsichtlich der neuen Verjährungsregeln kann relativ unproblematisch davon ausgegangen werden, dass diese nunmehr auch für verwaltungsrechtliche Sonderverbindungen gelten. Denn angesichts der „Vertragsähnlichkeit“216 derselben kann nichts anderes gelten als für Verwaltungsverträge über den dynamischen Verweis in § 62 S. 2 VwVfG217. Dies gilt umso mehr, als sich viele Sonderverbindungen bei genauer Betrachtung auch als Verwaltungsverträge auffassen lassen.218 Oft bildet das Schriftformerfordernis des § 57 VwVfG das einzige Hin210
So auch de Wall, Privatrechtliche Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 81. de Wall, a. a. O.; ebenso Bydlinski, Methodenlehre, S. 475; Papier, Forderungsverletzung, S. 75 f.; Larenz/Canaris, Methodenlehre, S. 206 f. sowie jüngst am Beispiel der Abtretung öffentlich-rechtlicher Forderungen Ohler, DÖV 2004, 518 (520). 212 de Wall, Privatrechtliche Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 81; Ohler, DÖV 2004, 518 (520); vgl. auch Bydlinski, Methodenlehre, S. 483: Die Lehre von den Rechtsgrundsätzen biete „wenig methodisch Handfestes“. 213 Der Übergang zur Annahme eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes ist fließend, teilweise werden beide Kategorien synonym verwendet; vgl. Larenz/Canaris, Methodenlehre, S. 204 f.; zur Begrifflichkeit vertiefend Bydlinski, Methodenlehre, S. 478 und Enneccerus/Nipperdey, Allgemeiner Teil, § 58, II. 214 Vgl. de Wall, Privatrechtliche Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 383. 215 Die kürzlich noch von Meysen, Verwaltungsrechtsverhältnis, S. 297 f. vorgeschlagene Differenzierung zwischen „gesetzesimmanenter“ (Analogie) und „gesetzesübersteigender“ Rechtsfortbildung (rechtsgrundsätzlicher Anwendung) dürfte sich damit erledigt haben. Die Rechtsprechung verweist bereits auf § 280 I BGB, vgl. VGH Mannheim NJW 2003, 1066 (1067). 216 So (repräsentativ für eine Fülle weiterer Verwaltungsgerichtsurteile) BVerwG NJW 1995, 2303 (2304). 217 Die Geltung der neuen Verjährungsregeln wird dort einhellig angenommen, statt aller Henneke, in: Knack, VwVfG, § 62, Rn. 35 m. w. N. 218 Vgl. auch Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 215 f. 211
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dernis.219 Spätestens wenn im Zuge der Reform der §§ 54 ff. VwVfG dieses gelockert werden würde220, könnten viele Sonderverbindungen als Verwaltungsvertrag qualifiziert werden, so dass die interessierenden Privatrechtsregeln ohnehin über § 62 S. 2 VwVfG anwendbar wären.221 Auf die vorzugswürdige Einordnung als Verwaltungsvertrag wird an gegebener Stelle zurückzukommen sein. C. Die Rezeption des neuen Verjährungsrechts bei Ansprüchen aus sonstigen ungeschriebenen staatshaftungsrechtlichen Instituten Die „Generalüberholung“222 des Verjährungsrechts223 ist eine aus Sicht des öffentlichen Rechts praktisch bedeutsame Folge der Schuldrechtsmodernisierung.224 Prägend für die Reform des Verjährungsrechts waren dabei drei Leitgedanken: erstens die weitgehende Vereinheitlichung der bis dato stark unterschiedlichen und ungeordneten Verjährungsfristen, zweitens die Verkürzung dieser Fristen und drittens die prinzipielle Subjektivierung des Fristbeginns.225 Kurz: Es ging dem Gesetzgeber um „Rechtsvereinfachung durch Rechtsvereinheitlichung“226. Inhaltlich orientiert man sich an den von der Europäischen Vertragsrechtskommission erarbeiteten „Principles of European Contract Law“.227 Man wollte ein modernes, gesamteuropäischen wissenschaftlichen Standards entsprechendes Verjährungsrecht schaffen.228 219 Nach Schlette, a. a. O., S. 215 bildet das Schriftformerfordernis den „neuralgischen Punkt“ der Zuordnungsproblematik. 220 Zu den Reformüberlegungen eingehend unter § 7 B. II. 221 Für die Verjährung oder die Haftung nach § 280 I BGB wäre der Präzisierungsgrad eher marginal, da die Anwendung anerkannt ist. Nimmt man aber etwa das AGB-Recht (§§ 305 ff. BGB) in den Blick, wandelt sich das Bild. Denn § 305 I BGB setzt für die Einbeziehung in einen Vertrag voraus. Da die einseitige Vorkonditionierung der Bedingungen durch die Verwaltung gerade bei Sonderverbindungen eine große Rolle spielt (vgl. nur das Beispiel der Benutzungsverhältnisse, eingehend unter § 10 B. V.), ist die Qualifikation durchaus von dogmatischer Relevanz. 222 Kellner, NVwZ 2002, 395. 223 Zusammenfassend Mansel, NJW 2002, 89 ff.; ausführlich ders./Budzikiewicz, Das neue Verjährungsrecht, pass. 224 Vgl. etwa die Einschätzung bei Guckelberger, Verjährung, S. 604 oder 738. 225 Grothe, in: MüKo, BGB, Vor. §§ 194 ff., Rn. 27. 226 Franz, BayVBl. 2002, 485 (490). 227 Etwa BT-Drs. 14/6040, S. 96 oder 103. Die (nach ihrem Vorsitzenden) benannte Lando-Kommission hatte im Februar 2001 sechzehn Grundregeln der Verjährung verabschiedet. Eine Übersetzung ins Deutsche findet sich in ZEuP 9 (2001), 400 ff. 228 Die Umsetzung verschiedener Richtlinien (oben unter § 2 A. I. 1.) war mithin nur Anlass, nicht aber verpflichtender Grund für die Neuregelung des Verjährungsrechts. Der kauf- und wirtschaftsrechtliche Kontext der Richtlinien sollte also hinsichtlich der Übertragung der Neuregelung nicht überbetont werden, in diese Richtung argumentierend aber Guckelberger, Verjährung, S. 563 ff., 586 ff. Gegenteilig wird man
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Bisher wurde die bisher 30-jährige Frist des § 195 BGB a. F. auf etliche Institute des öffentlichen Rechts entsprechend angewandt.229 Angesichts dessen war auch dem Gesetzgeber bewusst, dass er einen Baustein der Privatrechtsordnung umgestalten würde, welcher weit über die Grenzen der eigenen Teilrechtsordnung hinaus von Bedeutung ist.230 Gleichwohl wurden durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz zunächst ausdrücklich nur die Verjährungsregelungen des BGB und vor allem im Zuge des zum 15.12.2004 in Kraft getretenen Verjährungsanpassungsgesetzes nur zivilrechtliche Sonderverjährungsfristen auch außerhalb des BGB neu gefasst.231 Einzig im Sozialrecht wurden bereits 2002 einige Verjährungsvorschriften an das BGB angepasst.232 Rein vom Gesetz ausgehend ist die Frage der Anwendbarkeit der neuen Verjährungsregelungen im öffentlichen Recht damit nach wie vor völlig offen.233 Ungeachtet dessen, ob und wie weit der Gesetzgeber künftig landes- und bundesrechtliche Verjährungsregelungen des öffentlichen Rechts an das neue Verjährungsrecht anpassen wird, stellt sich gegenwärtig vor allem für ungeregelte (Haftungs-)Institute des öffentlichen Rechts die Frage nach der Geltung der neuen Verjährungsregeln des BGB.234 Ob und wie weit es diesbezüglich bei der etablierten Rezeption
hinsichtlich der Motive fragen müssen, ob es vor dem Hintergrund einer Angleichung an paneuropäische Standards unter Betonung der Dichotomie „öffentliches Recht-Privatrecht“ haltbar ist, für das öffentliche Recht die Verjährungslösung des deutschen Zivilgesetzgebers von 1896 zur Anwendung zu bringen (zum geforderten Festhalten an der bisherigen Regelverjährung von 30 Jahren sogleich). 229 So der Anspruch aus Enteignung, aus enteignungsgleichem Eingriff, aus Aufopferung, der öffentlichrechtliche Herausgabeanspruch, der öffentlichrechtliche Folgenbeseitigungsanspruch, ferner Ansprüche wegen Verletzung der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht, Ansprüche aus § 20 BAföG, Ansprüche des Dienstherrn auf Rückzahlung zuviel gezahlter Beträge, Ansprüche wegen Verletzung von Pflichten aus einer sonstigen öffentlich-rechtlichen Sonderverbindung, vgl. dazu mit entsprechenden Nachweisen Henrich, in: Bamberger/Roth, BGB, § 195, Rn. 18 oder auch de Wall, Privatrechtliche Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 480 f. 230 Vgl. den später gestrichenen § 194 III BGB des Diskussionsentwurfes, dazu sogleich mehr unter III. 231 BGBl. I, 3214, eingehend Mansel/Budzikiewicz, NJW 2005, 321 ff. Welche Sondervorschriften im Einzelnen angepasst wurden, lässt sich Art. 229 EGBGB § 12 entnehmen. Aus Sicht des öffentlichen Rechts von gewissem Interesse ist die Anpassung der Verordnungen über die Bedingungen zur Versorgung mit Gas, Wasser und Fernwärme (zu diesen Regelungskomplexen vgl. die Darstellung im Rahmen des AGBRechts unter § 13 E. I. 3.). 232 Dazu sogleich unter III. 2. 233 Mansel/Budzikiewicz, NJW 2005, 321 (322). 234 Dass der Bundesgesetzgeber das öffentliche Recht bisher weitgehend ausgespart hat liegt wohl vor allem daran, dass nach dessen Ansicht dieses Unterfangen noch eigenehder Vorüberlegungen und Abstimmungen zwischen Bund und Ländern bedarf, vgl. die Ausführungen in der Begründung zum jüngsten Verjährungsanpassungsgesetz in BT-Drs. 15/3653, S. 10. In einigen Ländern ist eine Anpassung an das neue Verjährungsrecht bereits erfolgt, vgl. Mansel/Budzikiewicz, NJW 2005, 321 (322, dort mit Fn. 15). Neben den noch näher in den Blick zu nehmenden Anpassungen im Sozial-
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der zivilrechtlichen Verjährungsregeln bleiben sollte, wird im öffentlich-rechtlichen Schrifttum aktuell sehr unterschiedlich beurteilt.235 Bevor zu den zentralen Streitpunkten Stellung bezogen wird, ist ein kurzer Blick auf die für das öffentliche Recht relevanten inhaltlichen Neuerungen im Verjährungsrecht zu werfen. I. Überblick der maßgeblichen Neuregelungen Vor der Schuldrechtsmodernisierung sah § 195 BGB a. F. eine allgemeinen Regelverjährung von 30 Jahren vor. Für besonders aufgeführte Schuldverhältnisse galt nach § 196 BGB a. F. eine Zweijahresfrist und § 852 BGB a. F. statuierte für deliktische Ansprüche eine Dreijahresfrist. Mit der Neuregelung scheint das System umgekehrt worden zu sein: Die Regelverjährung beträgt nach § 195 BGB drei Jahre und nur in Ausnahmefällen bis zu 30 Jahren. Entscheidender als die nominelle Fristverkürzung ist die Abkehr von einem kenntnisunabhängigen zu einem kenntnisabhängigen Verjährungsmodell nach Muster des § 852 BGB a. F. So beginnt die Frist des § 195 BGB gem. § 199 I BGB jetzt mit Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und in dem der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen236 und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen (sog. relative Verjährung). Die Beweislast für den Eintritt der Kenntnis bzw. der groben Fahrlässigkeit hinsichtlich der Unkenntnis liegt beim Schuldner: Er beruft sich zu seinen Gunsten auf die Einrede (§ 214 BGB) der Verjährung und muss daher die Voraussetzungen des Verjährungsbeginns vortragen und ggf. beweisen.237
recht weist dies bereits in die Richtung einer allgemeinen Übernahme der Neuregelungen des BGB auch im öffentlichen Recht. 235 Dötsch, NWVBl. 2001, 385 (387 ff.); ders., NWVBl. 2002, 140 (141); ders., in: Kroiß, Klauselbuch Schuldrecht, § 23, Rn. 2 ff. und 43 ff.; ders., DÖV 2004, 277 ff.; Lenkeit, BauR 2002, 196 (228); Franz, BayVBl. 2002, 485 ff.; Geis, NVwZ 2002, 385 (390); Kellner, NVwZ 2002, 395 ff.; Mansel, NJW 2002, 89 (91); Stumpf, NVwZ 2003, 1198 ff. und Heselhaus, DVBl. 2004, 411 ff. 236 Kenntnis hinsichtlich des Bestehens eines Anspruchs ist nicht erforderlich, ein entsprechender Irrtum damit unbeachtlich, vgl. Lorenz/Riehm, Lehrbuch neues Schuldrecht, S. 28, Rn. 50. 237 Lorenz/Riehm, Lehrbuch neues Schuldrecht, S. 28, Rn. 55. Allerdings führt nach einigen Sondervorschriften des öffentlichen Rechts die Verjährung abweichend von § 214 BGB zum Erlöschen des Anspruchs, ohne dass sich der Schuldner auf Verjährung berufen müsste (siehe de Wall, Privatrechtliche Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 471 f. und 486 m. w. N.). Vereinzelt wurde daher geltend gemacht, die Verjährung begründe entgegen § 222 I BGB a. F. (jetzt § 214 BGB) im Verwaltungsrecht keine bloße Einrede, sondern sei von Amts wegen zu berücksichtigen. In dieser Weise die Ausnahme zum Grundsatz zu erheben, überzeugte freilich bereits bisher nicht (eingehend de Wall, a. a. O., S. 487). Da § 214 BGB inhaltlich nichts an § 222 BGB ändert (vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 122), bleibt es bei der weitgehend anerkannten Gel-
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Der relativen Verjährung stellt § 199 II–IV BGB taggenau zu berechnende Verjährungshöchstfristen ohne Rücksicht auf die Kenntnis bzw. die grob fahrlässige Unkenntnis (sog. absolute238 Verjährung) zur Seite. Danach verjähren Ansprüche kenntnisunabhängig im Grundsatz zehn Jahre nach ihrer Entstehung (§ 199 IV BGB). Eine differenzierende Sonderregelung sieht § 199 II, III BGB für Schadensersatzansprüche vor. Diese verjähren zwar ebenfalls grundsätzlich in zehn Jahren ab ihrer Entstehung absolut (§ 199 III 1 Nr. 1 BGB); jedoch gilt für Ersatzansprüche wegen Spätfolgen, die erst nach dem schädigenden Ereignis auftreten, dass sie ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und auf subjektive Gesichtspunkte in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen den Schaden auslösenden Ereignis an verjähren (§ 199 III 1 Nr. 2 BGB). Für Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen239, sieht § 199 II BGB eine Höchstfrist von 30 Jahren, beginnend mit dem den Schaden auslösenden Ereignis, vor. Vorliegend von Interesse ist zudem die in § 197 I Nr. 1 BGB verankerte 30-jährige, kenntnisunabhängige Verjährungsfrist für Herausgabeansprüche aus Eigentum und anderen dinglichen Rechten. Der aus Sicht des öffentlichen Rechts interessante § 197 BGB a. F., wonach „Ansprüche auf Rückstände von Renten, Auszugsleistungen, Besoldungen, Wartegeldern, Ruhegehältern, Unterhaltsbeiträgen und allen anderen regelmäßig wiederkehrenden Leistungen“ in vier Jahren verjährten, wurde gestrichen.240 Kennzeichnendes Merkmal der Novelle ist schließlich die Umwandlung der meisten ehemaligen Unterbrechungs- in Hemmungsgründe, ferner die Schaffung einiger neuer Hemmungstatbestände (insbesondere §§ 203, 204 Abs. 1 Nr. 9 und 208 BGB). Dabei hat es auch in terminologischer Hinsicht Änderungen gegeben: Ersetzt wurde insbesondere der Begriff der Unterbrechung durch den des Neubeginns der Verjährung.241 tung der Wirkung als Einrede auch im Verwaltungsrecht (insoweit zutreffend Guckelberger, Verjährung, S. 602). 238 Die Begriffsverwendung stellt dabei auf den Grundfall der Verjährung ab. Hemmung und Unterbrechung der Verjährung können natürlich auch hier zu „relativen“ Fristen führen. 239 Den genannten Rechtsgütern ist im Wege der Analogie auch das allgemeine Persönlichkeitsrecht gleichzustellen, welches ebenfalls ein höchstpersönliches Rechtsgut darstellt. 240 Die Norm wurde zum Teil auf andere öffentlich-rechtliche Ansprüche analog angewandt. Wegen der immanenten Begrenzung auf wiederkehrende Leistungen war die Analogiefähigkeit jedoch begrenzt und spielte im staatshaftungsrechtlichen Kontext keine bedeutende Rolle, vgl. de Wall, Privatrechtliche Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 480 f. 241 Zusammenfassend Grothe, in: MüKo, BGB, Vor. §§ 194 ff., Rn. 27; aus Sicht des Verwaltungsrecht Henneke, in: Knack, VwVfG, Vor. § 53, Rn. 4. Hinsichtlich der Übernahme der Normen zu Hemmung und Neubeginn der Verjährung in das Verwaltungsrecht ergeben sich bis auf wenige, an anderer Stelle abschließend erläuterte, Ausnahmen keine spezifisch durch die Schuldrechtsmodernisierung angestoßenen Prob-
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Die ersten kurzen Stellungnahmen in der aktuellen Lehrbuch- und Kommentarliteratur beschränken sich hinsichtlich der Frage der Rezeption des neuen Verjährungsrechts darauf – meist ohne nähre Begründung – festzustellen, dass statt der bisherigen Verjährungsregelungen nunmehr im Grundsatz einheitlich die neuen Fristen entsprechend gelten, soweit nicht ausnahmsweise spezielle öffentlich-rechtliche Regelungen242 vorgesehen sind243. Bereits vereinzelt vorhandene ausführlichere Untersuchungen zur Problematik kommen demgegenüber zu differenzierten Lösungen.244 Die radikal verkürzte neue Regelverjährung wird für Ersatzansprüche gegen den Staat als unverhältnismäßig empfunden.245 Als Alternativen werden die gewohnheitsrechtliche Fortgeltung der bisherigen 30-Jahresfrist (II.) sowie der vorrangige Rückgriff auf längere öffentlich-rechtliche Spezialnormen (III.) vorgeschlagen. II. Rechtsgrundsätzliche oder gewohnheitsrechtliche Fortgeltung der bisherigen 30-jährigen Verjährungsfrist? Speziell für den Folgenbeseitigungsanspruch246, jedoch auch generell für staatshaftungsrechtliche Ansprüche wurde eine Fortgeltung der bisherigen Regelverjährung kraft Gewohnheitsrecht oder allgemeinem Rechtsgrundsatz erwogen.247 Soweit man nicht bereits die Voraussetzung einer langjährigen Übung leme, eingehend zur bisherigen Rechtslage de Wall, Privatrechtliche Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 481 ff. und zur neuen Rechtslage Guckelberger, Verjährung, S. 576 ff. 242 Vgl. die Aufzählungen in § 5, Fn. 253 (S. 105 f.). 243 Aus der zivilrechtlichen Literatur Heinrichs, in: Palandt, BGB, § 194, Rn. 2 und § 195, Rn. 20; Jauernig, in: Jauernig, BGB, § 195, Rn. 3; Henrich, in: Bamberger/ Roth, BGB § 195, Rn. 18 welcher lediglich für Herausgabeanspruch analog § 197 I Nr. 1 BGB auch weiterhin eine 30-jährige Frist befürwortet; Grothe, in: MüKo, BGB, § 195, Rn. 13. Aus der öffentlich-rechtlichen Literatur Erichsen, in: Erichsen/Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 11, Rn. 56; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 27, Rn. 72a, 105; 113 und § 28, Rn. 16 sowie § 29, Rn. 8; Detterbeck, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 1130, 1158, 1175, differenzierend jedoch hinsichtlich des Aufopferungsanspruchs unter 1197; ebenso mit teilweise ausführlicherer Auseinandersetzung Geis, NVwZ 2002, 385 (390); (jedenfalls für den Folgenbeseitigungsanspruch, aber wohl auch darüber hinaus) Lenkeit, BauR 2002, 196 (228); Franz, BayVBl. 2002, 485 (490); Stumpf, NVwZ 2003, 1198 ff. sowie Grziwotz, BauR 2001, 1839 (1839 f.) und Dötsch, NWVBl. 2001, 398 (389 f.) differenzierend jetzt aber ders., DÖV 2004, 277 (279 ff.). 244 Kellner, NVwZ 2002, 395 ff.; Dötsch, DÖV 2004, 277 ff. und Heselhaus, DVBl. 2004, 411 ff. Gegen Ende ihrer Untersuchungen auch Guckelberger, Verjährung, S. 561 ff. 245 Siehe z. B. Kellner, NVwZ 2002, 395 (396 f.) und Heselhaus, DVBl. 2004, 411 (414). 246 Franz, BayVBl. 2002, 485 (489 f.) und Kopp/Schenke, VwGO, § 113, Rn. 81. 247 Siehe die Überlegungen bei Kellner, NVwZ 2002, 395 (397 f.); Dötsch, DÖV 277 (279 ff.); Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 27, Rn. 72a und Heselhaus,
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als nicht gegeben ansieht, fehlt es jedenfalls an der nötigen Rechtsüberzeugung248, denn bis zuletzt war nicht unumstritten, ob im Grundsatz die Dreijahresfrist des § 852 BGB a. F. oder die 30-jährige Regelverjährung des § 195 BGB a. F. heranzuziehen sei.249 Entsprechend sahen sich die Gerichte regelmäßig zu besonderen Begründungen veranlasst, warum sie gerade § 195 und nicht § 852 BGB anwandten und prüften teilweise sehr genau die Voraussetzungen einer Analogie.250 Deutlich gegen eine gewohnheitsrechtliche Verfestigung sprechen zudem die in § 13 I 1 StHG 1981 formulierte Dreijahresfrist ab Kenntnis251, die noch kürzere Einjahresfrist des als Landesrecht fortgeltenden § 4 I StHG-DDR252 sowie die überwiegend deutlich kürzeren Verjährungsfristen in speziellen öffentlich-rechtlichen Verjährungsvorschriften253. DVBl. 2004, 411 (412 ff.). Überwiegend wurde dabei nach unterschiedlich intensiver Auseinandersetzung mit den Voraussetzungen einer entsprechenden Rechtsfortbildung diese Annahme wieder verworfen. Dezidiert für eine gewohnheitsrechtliche Fortgeltung der 30-jährigen Frist für den Folgenbeseitigungsanspruch Kopp/Schenke, VwGO, § 113, Rn. 81. 248 So Kellner, NVwZ 2002, 395 (398); ähnlich, aber in der Endaussage etwas unklar Heselhaus, DVBl. 2004, 411 (414). 249 Kritisch gegenüber der 30-jährigen Frist und für eine Anwendung des § 852 BGB a. F. etwa Roth, in: Staudinger, § 906, (13. Bearbeitung, 1996) Rn. 246 i. V. m. Rn. 241, 238, 232 (bezogen auf den enteignungsgleichen Eingriff) oder (zu verwaltungsrechtlichen Schuldverhältnissen) Krause, VVDStRL 45 (1987), 212 (230) und zuletzt Meysen, Verwaltungsrechtsverhältnis, S. 241 ff. mit dem Hinweis darauf, dass nach altem Recht in vielen Fällen die kurze Verjährung des § 196 BGB a. F. griff, im Falle des § 195 BGB a. F. die Frist kenntnisunabhängig verstrich und dem Vorteil der Hemmung der Verjährung nach § 852 II BGB a. F. im Falle der Aufnahme von Verhandlungen; widersprüchlich jedoch S. 342. 250 Hierauf hinweisend auch Mansel/Budzikiewicz, Das neue Verjährungsrecht, § 2, Rn. 45. Besonders genau prüfte die Rechtsprechung die Übertragbarkeit kurzer Verjährungsfristen, vgl. etwa BVerwG 28, 336 (340 f.); 52, 16 (23 f.) sowie im Übrigen BGHZ 9, 209 (211 ff.); 36, 379 (287); BVerwG NJW 1995, 2303 (2309); OVG NRW BauR 2000, 1322 (1325); VGH München NJW 1999, 666 (667). Dass die Rechtsprechung den Rückgriff auf § 195 BGB a. F. vorzog, lag weniger an der Länge der Frist als an dogmatischen Friktionen des § 852 BGB a. F., vgl. dazu die Analyse von Heselhaus, DVBl. 2004, 411 (412 f.). Teilweise begründete man die Anwendung des § 195 BGB schlicht damit, dass es sich im jeweiligen Fall nicht um eine deliktische Haftung, sondern eine solche aus verwaltungsrechtlichem Schuldverhältnis handle, vgl. nur BVerwG NJW 1995, 2303 (2309); das BVerwG hielt sich mithin schlicht an die Systematik des Zivilrechts. 251 Weiter vorgesehen war eine absolute Maximalfrist von 30 Jahren; zum Staatshaftungsgesetz nachfolgende Fn. u. § 5, Fn. 292 (S. 112). 252 Staatshaftungsgesetz der ehemaligen DDR vom 12.5.1969, GBl. I, S. 34. Der Einigungsvertrag (EV) bestimmt in Anlage II Kapitel III Sachgebiet B Abschnitt Nr. 1 die Fortgeltung desselben als Landesrecht (Art. 9 I EV), vgl. Stern/Schmidt-Bleibtreu, Einigungsvertrag und Wahlvertrag, S. 751. Das StHG-DDR war Gegenstand verschiedener Urteile, vgl. etwa BGHZ 142, 259 (271 ff.); 143, 17 (23 ff.); LKV 1997, 143 f. oder OVG Greifswald NJ 1997, 273 f. 253 Viele der öffentlich-rechtlichen Verjährungsvorschriften entsprechen in Dauer und Struktur (3 Jahre ab Kenntnis von Schaden und Schädiger) der neuen zivilrechtlichen Regelverjährung des § 195 BGB, so 46 II 1 BRRG; 78 II 1 BBG; § 32 I AtG;
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Dass drei Jahre ab Kenntnis zur Rechtsverfolgung grundsätzlich ausreichen, korrespondiert weiter mit dem sich sowohl im Privat- als auch im Verwaltungsrecht durchsetzenden Leitbild eines informierten und selbständigen Bürgers.254 Schließlich sollte bedacht werden, dass die bisherige Praxis einer entsprechenden Anwendung der zivilrechtlichen Regelverjährung ihren konkreten normativen Bezugspunkt in den §§ 194 ff. BGB hatte. Da jene aber novelliert worden sind, kann die alte Regelung nicht einfach unter dem Hinweis auf Gewohnheitsrecht aufrechterhalten werden.255 Bestenfalls ließe sich Gewohnheitsrecht oder ein allgemeiner Rechtsgrundsatz konstruieren, wonach prinzipiell im öffentlichen Recht auch die privatrechtlichen Verjährungsregelungen in ihrer jeweils geltenden Fassung Anwendung finden.256 Schließlich legt es das Gebot der Klarheit und der Vorhersehbarkeit als Ausfluss des Gesetzesvorbehalts nahe, die Verjährung öffentlich-rechtlicher Ansprüche auf die (analoge) Anwendung geltender Rechtsnormen zu stützen.257 Ein gewohnheitsrechtlicher Rückgriff auf die bisherige 30-Jahresfrist scheidet daher aus. § 34 II 1 ZDG. Im Sozialrecht findet sich regelmäßig eine vierjährige Frist, siehe § 45 I SGB I; § 25 I SGB IV, § 118 IV 3 SGB VI; § 96 IV 3 SGB VII; § 113 I SGB X, § 118 IV 3 SGB 6; ebenso § 34 I 1 BLG. § 58 S. 1 TKG und § 8 S. 1 TKV sehen lediglich eine zweijährige Frist, § 7 I AVBEltV und § 7 I AVBGasV gar nur eine Einjahresfrist ab Kenntnis des Schadens vor. Für Hemmung, Ablaufhemmung, Neubeginn und die Wirkung der Verjährung wird regelmäßig umfassend auf das BGB verwiesen, was den generellen Schluss nahelegt, dass im öffentlichen Recht die Regelungen des BGB grundsätzlich gelten, soweit nicht etwas Besonderes bestimmt ist. Generalverweisungsnormen auf das Verjährungsrecht des BGB wie § 15 IV 1 ZuSEG unterstreichen dies. Eine über vier Jahre hinausgehende Frist ist dabei die Ausnahme und im Einzelfall durch den Kontext der Regelung gerechtfertigt, z. B. § 24 II 5 BBodSchG (30 Jahre) oder § 83 IV 3 AuslG (6 Jahre ab Fälligkeit). Für Bayern findet sich in § 71 I 1 BayAGBGB zudem eine interessante landesrechtliche Spezialnorm. Danach erlöschen alle Geldzahlungsansprüche für oder gegen den Freistaat Bayern, eine bayrische Gemeinde oder einen bayrischen Gemeindeverband innerhalb von drei Jahren, soweit nichts anderes bestimmt ist. Für Bayern stellt sich dabei das Problem, ob auch Geldzahlungen aufgrund von Verwaltungsverträgen nach § 71 I 1 BayAGBGB verjähren, oder ob § 62 S. 2 BayVwVfG i. V. m. §§ 194 BGB anzuwenden sind. Ein Teil der Literatur und neuerdings auch die Verwaltungsgerichte sprechen sich für die Anwendung der zivilrechtlichen Verjährungsvorschriften über § 62 S. 2 VwVfG aus, vgl. nur OLG München NVwZ-RR 2005, 135 (137) mit umfassenden Nachweisen. Die Auflösung dieses speziellen Konflikts spricht vorliegend ebenfalls für eine weitestgehende Anwendung der §§ 194 BGB. 254 Dazu die Ausführungen zum Verbraucherleitbild unter § 3 C. III. sowie im Kontext der Steuerung durch Umweltinformationen Sparwasser/Engel/Voßkuhle, Umweltrecht, § 2, Rn. 183. Darüber hinaus ist dies das Bürgerbild des aufkommenden „Informationsverwaltungsrechts“, vgl. Gröschner, VVDStRL 63 (2004), 344 (365 f.); kritisch dazu Masing, VVDStRL 63 (2004), 377 (430 f.). Auch der Vorrang des Primärrechtsschutzes lässt für den Bereich des Staatshaftungsrechts dieses Leitbild eines informierten, sich selbständig helfenden Bürgers durchscheinen, dazu Schmidt-Aßmann, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Einleitung, Rn. 230 ff. 255 Koch/Rubel/Heselhaus, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 9, Rn. 21. 256 So Dötsch, NWVBl. 2001, 385 (389).
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III. Vorrangige Analogie zu öffentlich-rechtlichen Verjährungsregelungen? Auf dem Nährboden der aktuellen Verjährungsproblematik ist die Diskussion um die Frage, ob Regelungslücken im öffentlichen Recht vorzugsweise durch öffentlich-rechtliche Normen zu schließen sind258, zu neuem Leben erwacht. 1. Der Vorschlag einer Analogie zu § 54 BGSG Auf der Suche nach einer im Vergleich zu §§ 195, 199 IV BGB milderen Regelung wurde man neben den sozialrechtlichen Bestimmungen an vergleichsweise wenig prominenter Stelle fündig, nämlich bei § 54 BGSG259. Dieser statuiert für die in den §§ 51 ff. BGSG vorgesehenen Entschädigungsfälle einheitlich eine (relative) Verjährungsfrist von drei Jahren ab Kenntnis von Schaden und Schädiger sowie eine (absolute) Frist von 30 Jahren ab Eintritt des schädigenden Ereignisses. Nachdem man die Analogie zu § 54 BGSG zunächst nur auf Ansprüche wegen enteignenden und enteignungsgleichen Eingriffs sowie Aufopferung begrenzte260, wird sie inzwischen für den gesamten Bereich des (nicht gesondert geregelten) Staatshaftungsrechts mit Ausnahme der verwaltungsrechtlichen Schuldverhältnisse und der Verwaltungsverträge nach § 54 ff. VwVfG propagiert.261 Der Vorteil der einheitlichen Anwendung des § 54 BGSG wird in der damit flächendeckend geltenden 30-jährigen Maximalfrist gesehen.262 Neben der praktischen Einheitlichkeit spreche vor allem der aus öffentlich-rechtlicher Sicht zu beachtende Grundsatz der Verhältnismäßigkeit dafür, dem Betroffenen eine möglichst lange Frist zu gewähren.263 Zudem sei es angemessener, die Dreijahresfrist erst ab Kenntnis (so § 54 BGSG) und nicht schon im Falle grob fahrlässiger Unkenntnis (so § 195 i. V. m. § 199 I BGB) laufen zu lassen264. Vereinzelt wird auch die im Sozialrecht etablierte vierjäh257 Stumpf, NVwZ 2003, 1198 (1120); zur Bedeutung des Vorbehalts des Gesetzes für die Debatte allgemein eingehend de Wall, Privatrechtliche Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 479 f. 258 Zur grundsätzlichen Diskussion de Wall, Privatrechtliche Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 86 f. 259 Gesetz über den Bundesgrenzschutz vom 19.10.1994, BGBl. I, S. 2978 f. 260 Kellner, NVwZ 2002, 395 (399), welcher in diesen Fällen § 54 BGSG zudem nur hinsichtlich der absoluten Frist anwenden und im Übrigen auf die §§ 194 ff. BGB zurückgreifen will; dem folgend Dötsch, DÖV 2004, 277 (279) anders (Analogie zu den §§ 195, 199 BGB) noch ders., NWVBl. 2001, 385 (390) und NWVBl. 2002, 140. 261 Heselhaus, DVBl. 2004, 411 (417) sowie Koch/Rubel/Heselhaus, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 9, Rn. 21 (Folgenbeseitigungsansprüche), 30 (Erstattungsansprüche), 121 (Enteignungsentschädigung), 141 (enteignender Eingriff) und 151 (enteignungsgleicher Eingriff). 262 Heselhaus, DVBl. 2004, 411 (417). 263 Kellner, NVwZ 2002, 395 (400); Heselhaus, DVBl. 2004, 411 (414 ff.).
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rige Frist265 gegenüber der Dreijahresfrist des § 195 BGB n. F. als vorzugswürdig erachtet.266 Bisweilen wird hierbei ohne nähere Begründung vorausgesetzt, dass die vorrangige entsprechende Anwendung öffentlich-rechtlicher Normen „vor einem Rückgriff auf das BGB stets zu prüfen“ sei.267 Methodisch ist das nicht zwingend und im Einzelnen begründungsbedürftig.268 So wurde der Vorrang einer Analogie zu verwaltungsrechtlichen Vorschriften zwar wiederholt eingefordert269, ist aber gerade in neuerer Zeit zu Recht auf deutlichen Widerspruch270 gestoßen. Entscheidend für die Analogie ist nicht die Zugehörigkeit zu einer der Teilrechtsordnungen, sondern die Frage, ob ungeregelter und geregelter Fall einander so weit gleichen, dass die Übertragung der Regelung geboten ist.271 Dabei stehen aber Vorschriften des öffentlichen Rechts den zu beurteilenden Sachverhalten nicht per se näher. Die methodisch erforderliche gleiche Interessenlage ist also nicht pauschal gegeben, sondern eine Frage des Einzelfalles.272 264 So Heselhaus, DVBl. 2004, 411 (415 f.). Kritisch hinsichtlich der praktischen Handhabbarkeit des Kriteriums der groben Fahrlässigkeit bei verwaltungsrechtlichen Sachverhalten auch Guckelberger, Verjährung, S. 590 f.; widersprüchlich allerdings insoweit die Ausführungen auf S. 597, wonach die Anwendung der neuen Regelung insgesamt „gar nicht so abwegig“ sei. 265 Nachweise der Normen oben in Fn. 496. 266 Erwogen bei Guckelberger, Verjährung, S. 596. Auch das OVG Koblenz hat jüngst hinsichtlich eines Erstattungsanspruchs nach § 107 BSHG analog § 113 I 1 SGB X eine vierjährige Frist angewandt, Urt. vom 15.1.2004, Az: 12 A 11823/03. Allerdings geht es bei § 107 BSHG um einen Anspruch zwischen Sozialhilfeträgern. Für nicht gesondert geregelte Ansprüche zwischen Behörde und Bürger hat das BVerwG unter Hinweis auf den einer Analogie entgegenstehenden Spezialitätscharakter der sozialrechtlichen Vorschriften zu Recht die analoge Anwendung des § 195 BGB a. F. bevorzugt, siehe BVerwG 52, 16 (24). Speziell zu den Auswirkungen der Schuldrechtsmodernisierung auf die Verjährung von Sozialleistungsansprüchen Rolfs, NZS 2002, 169 ff. 267 So ohne Belege oder Begründung formulierend etwa Dötsch, DÖV 2004, 277 (279). Ähnlich Grothe, in: MüKo, BGB, § 195, Rn. 12, welcher jedoch andererseits in Rn. 13 eindeutig für eine weitestmögliche Anwendung der privatrechtlichen Verjährungsvorschriften wirbt. Ähnlich missverständlich ist der Beisatz „soweit nicht öffentlich-rechtliche Vorschriften direkt oder entsprechend gelten“ bei Heinrichs, in: Palandt, BGB, § 194, Rn. 2, die Ausführungen in Rn. 20 zu § 199 zeigen jedoch, dass sich Heinrichs für eine Geltung der neuen Verjährungsregelungen überall dort ausspricht, wo bisher § 195 BGB a. F. analog herangezogen wurde. 268 Gerade da es an dieser Stelle um Lösungen jenseits des Gesetzes geht, kann die Einforderung methodisch geordneter Erkenntnisgewinnung nur betont werden, vgl. dazu Schmidt-Aßmann, in: Schmidt-Aßmann/Hoffmann-Riem, Methoden der Verwaltungsrechtswissenschaft, 387 (388). 269 Etwa Middel, Öffentlich-rechtliche Willenserklärungen, S. 67 oder Lange, verwaltungsrechtliche Verjährung, S. 41 und zuvor Löbbecke, Aufrechnung im öffentlichen Recht, S. 18. 270 Büllesbach, Öffentlich-rechtliche Verwahrung, S. 95 und jüngst de Wall, Privatrechtliche Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 86 f. 271 de Wall, Privatrechtliche Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 86 f.
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Methodisch gilt es sorgfältig darauf zu achten, ob nicht der jeweilige Spezialitätscharakter der Analogiefähigkeit entgegensteht. So scheint sich etwa § 54 BGSG zunächst zwar als spezialgesetzliche Ausprägung des Aufopferungsgedankens273 allgemein in den staatshaftungsrechtlichen Kontext einzupassen. Allerdings legt die gesetzgeberische Anknüpfung an den Aufopferungsgedanken bereits eine anfängliche Begrenzung der Analogie auf Haftungsinstitute, die tatsächlich dem Aufopferungsgedanken entspringen, nahe.274 Nachdem der enteignende Eingriff zunehmend im Institut der ausgleichspflichtigen Inhalts- und Schrankebestimmung aufgeht275 und die Fälle eines Aufopferungsanspruchs wegen Eingriffs in Nichtvermögensgüter „heutzutage eine Rarität“ sind276, wird sich die Frage praktisch nur im Zusammenhang mit der Kategorie des enteignungsgleichen Eingriffs stellen.277 Den Gesetzesmaterialien zu § 54 BGSG lassen sich weitere Aussagen zum grundsätzlichen Verhältnis der Norm zum allgemeinen Verjährungsrecht des BGB entnehmen: Die Regelung fand sich bereits im BGSG von 1972278 und wurde seinerzeit § 852 BGB a. F. nachgebildet, um verjährungsrechtliche Überschneidungen mit den von den spezialgesetzlichen Aufopferungsansprüchen des 272 Anders als die „gleiche Interessenlage“ wird die weiter erforderliche „planwidrige Regelungslücke“ immer gegeben sein. 273 Vgl. die Begründung des BGSG, BT-Drs. 6/2886, S. 35. Zum staatshaftungsrechtlichen Kontext der §§ 51 ff. BGSG Heesen/Hönle/Peilert, BGSG, § 51, Rn. 1 ff. 274 Heesen/Hönle/Peilert, BGSG, § 51, Rn. 49 ff. und § 54, Rn. 7 betonen die Selbständigkeit weiterer, neben den §§ 51 ff. BGSG in Betracht kommender Anspruchsgrundlagen (etwa Folgenbeseitigungsanspruch oder Erstattungsanspruch) und verweisen hinsichtlich der Verjährungsvorschriften auf die von der Rechtsprechung zum jeweiligen Institut entwickelten Grundsätze. Dem ist zuzustimmen, denn dies entspricht dem Spezialitätscharakter der §§ 51 ff. BGSG; a. A. Kellner, NVwZ 2002, 395 (399 f.). 275 Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 27, Rn. 107 f. 276 Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 132, dort weiter: „Neuere einschlägige Rechtsprechung ist kaum zu verzeichnen.“; aus neuerer Zeit lediglich OLG Celle, OLGRCBO 1999, 118 f. (Tötung des Verfolgten bei der Festnahme). Verjährungsfragen spielen hier mithin keine Rolle; vgl. auch die Übersicht zur aktuellen Rechtsprechung des BGH zum enteignenden und enteignungsgleichen Eingriff bei Rinne/Schlick, NJW 2004, 1144 (1146 ff.) sowie zuletzt VGH München NuR 2004, 387 (389). 277 Wobei auch dessen Herleitung strittig ist, so dass die Analogie zu § 54 BGSG konstruktiv nur denkbar ist, soweit man die Figur mit der h. M. aus dem Aufopferungsgedanken herleitet, dazu Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 216–227. Für die seltenen Fälle eines Aufopferungsanspruchs wegen Verletzung eines immateriellen Rechtsgutes greift ohnehin die 30-jährige Frist des § 199 II BGB („Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen“). Dass es sich um einen Anspruch auf „Entschädigung“ und nicht auf „Schadensersatz“ handelt (zur Unterscheidung Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 139, 265 f., 283 f.), ist – wie schon bisher in der Praxis der Rechtsprechung – unschädlich soweit es sich lediglich um eine analoge Anwendung handelt. 278 Nach der damaligen Nummerierung im wortgleichen § 38 BGSG vom 18.8. 1972, BGBl. I, S. 1834 (1840 f.).
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1. Teil 2. Abschn.: Parallelen zwischen den Teilrechtsordnungen
BGSG ausdrücklich unberührten Amtshaftungsansprüchen zu vermeiden.279 Regelungstechnisch ist § 54 BGSG nicht mehr als eine öffentlich-rechtliche Adaptation an eine im Zuge der Schuldrechtsmodernisierung gestrichene Vorschrift, überspitzt formuliert: ein über 30 Jahre altes Relikt, welches in keiner Weise auf eine bereichsübergreifende Anwendung angelegt ist. Die Norm zeigt vielmehr sogar die grundsätzliche Ausrichtung am Zivilrechtsmodell, soweit nicht für einzelne Sondersachverhalte fachspezifische Erwägungen greifen.280 2. Zum grundsätzlichen Einwand der Unverhältnismäßigkeit der zivilrechtlichen Regelverjährung Bezogen auf die vorliegende Verjährungsproblematik sieht man eine Notwendigkeit für einen vorrangigen Rückgriff auf öffentlich-rechtliche Verjährungsregeln vor allem deshalb, weil man die zivilrechtliche Neuregelung für unverhältnismäßig281 und damit für im Vergleich zum Zivilrecht anders gelagerte öffentlich-rechtliche Sachverhalte als unpassend erachtet.282 Dabei lassen sich gute Argumente dafür finden, dass die zivilrechtliche Verjährungsregelung auch im öffentlichen Recht passt und sogar mehr noch als allgemeine Regelung auf tendenzielle Geltung auch im öffentlichen Recht abzielt. In der bisherigen Diskussion wurde weitgehend ausgeblendet, dass der Gesetzgeber auch bei der Ausgestaltung der Privatrechtsordnung an die Grundrechte gebunden ist und sich am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit messen lassen muss.283 Dadurch dass die Verjährung zu einem faktischen Rechtsverlust 279 Vgl. die Begründung im Regierungsentwurf zum BGSG von 1972, BT-Drs. 6/ 2886, S. 36. 280 Nach der Streichung des § 852 BGB und die Unterstellung des Staatshaftungsrechts unter die allgemeinen Verjährungsvorschriften wäre es genau genommen richtig, § 54 BGSG durch einen Verweis auf das neue Verjährungsrecht zu ersetzen, um – wie ursprünglich durch den Gesetzgeber intendiert (vgl. BT-Drs. 6/2886, S. 36) – weiterhin einen exakten Gleichlauf von Staatshaftung und spezialgesetzlichem Aufopferungsanspruch zu gewährleisten. 281 Etwa Kellner, NVwZ 2002, 395 (396 f.) und Heselhaus, DVBl. 2004, 411 (414). 282 So gibt etwa über den hier fokussierten staatshaftungsrechtlichen Kontext hinaus Guckelberger, Verjährung, S. 590 zu bedenken, dass die Frist von drei bzw. zehn Jahren etwa bei Altlastenfällen zu kurz wäre. Insoweit ist zunächst zu beachten, dass die zivilrechtlichen Verjährungsvorschriften bzgl. Eingriffsbefugnissen der Verwaltung (bzw. die polizeiliche Heranziehung von Störern) ohnehin überwiegend nicht angewandt werden, eingehend de Wall, Privatrechtliche Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 474 ff. Im Übrigen finden sich angemessene Sondervorschriften, etwa die Verjährung des Ausgleichsanspruchs zwischen mehreren Störern in 30 Jahren nach § 24 II 3 HS 1 BBodSchG. 283 Speziell hinsichtlich der Ausgestaltung des Verjährungsrechts jüngst Kornilakis, Wesen und Funktion der Verjährung, S. 32 f. m. w. N. Grundsätzlich zur Grundrechtsbindung bei der Ausgestaltung der Privatrechtsordnung Canaris, Grundrechte im Pri-
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führt, besitzt deren Ausgestaltung ungeachtet der jeweiligen Teilrechtsordnung Grundrechtsrelevanz.284 Hinsichtlich der Ausformung des Verjährungsrechts obliegt es dem Gesetzgeber nach Maßgabe der aus der Verfassung fließenden Wertentscheidungen, die Interessen der potentiellen Anspruchsinhaber mit denen potentieller Schuldner, die mit Fortschreiten der Zeit in Beweisnot kommen können, sowie allgemein das Interesse an Rechtssicherheit und -klarheit in einen schonenden Ausgleich zu bringen.285 Die Gesetzesmaterialien geben Aufschluss darüber, dass sich der Gesetzgeber vor allem der belastenden Wirkung der Verjährung sehr bewusst war und dies sorgsam mit widerstreitenden Aspekten wie Rechtsfrieden und -sicherheit abgewogen hat.286 Demgegenüber mag man einwenden, dass vorliegend nicht die Verjährung von Ansprüchen im Verhältnis zweier grundrechtsberechtigter Privatrechtssubjekte untereinander in Streit steht. Der Staat ist Grundrechtsverpflichteter, so dass ihm ggf. eine längere Verjährungsfrist zuzumuten ist als einem Privaten. Allerdings besteht auch aus Sicht des Staates ein gesteigertes Bedürfnis nach einer schnellen Abwicklung vermögensrechtlicher Sachverhalte, etwa um aus haushaltsrechtlicher Sicht eine gewisse Planungssicherheit zu gewährleisten und sich auf dringende gegenwartsbezogene, ihm gesetzlich auferlegte Aufgaben konzentrieren zu können.287 Der Gesetzgeber selbst hat die Bedeutung der Verjährungsregelungen auch für das öffentliche Recht erkannt. So sah § 194 III des Diskussionsentwurfes (DiskE-BGB)288 zunächst vor, dass die Verjährungsregelungen „auch für die Verjährung von Ansprüchen gleich aus welchem Rechtsgrund, die nicht in diesem Gesetz geregelt sind“ gelten sollen. Dazu heißt es in der Begründung: „Auf das Verjährungsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs greifen zahlreiche zivil- und auch öffentlich-rechtliche Gesetze zurück. Dies geschieht zum Teil unausgesprochen. Diese Praxis soll auf eine gesetzliche Grundlage gestellt werden. Damit wird zugleich auch die Umstellung des Verjährungsrechts außerhalb des Bürgerlichen Gesetzbuchs erleichtert.“289 Die Regelung wurde zwar aufgrund von Kritik während des Gesetzgebungsverfahrens fallen gelassen.290 Daraus vatrecht, S. 16 ff. m. w. N. S. 21, Fn. 39 sowie ebenso ausführlich Ruffert, Vorrang der Verfassung, S. 187 ff.; deutlich auch Bäuerle, Vertragsfreiheit und Grundgesetz, S. 413 sowie BVerfGE 89, 214 (231). 284 Zutreffend aus zivilrechtlicher Sicht Mansel, in: Ernst/Zimmermann, Zivilrechtswissenschaft und Schuldrechtsreform, 333 (349 f.) und Dötsch, DÖV 2004, 277 (280). 285 Zu den in Ausgleich zu bringenden Interessen ausführlich Kornilakis, Wesen und Funktion der Verjährung, S. 24 ff.; zusammenfassend Heinrichs, in: Palandt, BGB, Vorb. § 194, Rn. 7 ff. oder Jauernig, in: Jauernig, BGB, § 194, Rn. 6. 286 Vgl. nur die Ausführungen in BT-Drs. 14/6040, S. 100. 287 Guckelberger, Verjährung, S. 596. 288 Ministerialentwurf zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz vom August 2000 (sog. Diskussionsentwurf, DiskE-BGB). Das BMI stellt den Disk-E nicht mehr zum Download zur Verfügung. Er findet sich jedoch als pdf-Datei unter www.daunerlieb.de/schuldrecht. 289 Disk-E, S. 219 (Hervorhebungen durch den Verfasser).
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1. Teil 2. Abschn.: Parallelen zwischen den Teilrechtsordnungen
kann jedoch nicht der Schluss gezogen werden, der Wille des Gesetzgebers stehe einer grundsätzlichen Anwendung der Verjährungsvorschriften auch im öffentlichen Recht entgegen.291 Denn die Streichung hatte nur den Zweck, jegliche staatshaftungsrechtliche Aspekte formal auszusparen, um der Zustimmungspflichtigkeit zu entgehen.292 Im Gegenteil kann § 194 III DiskE-BGB als Indiz dafür gewertet werden, dass der Gesetzgeber davon ausging, dass die neuen „Verjährungsregelungen des BGB tendenziell auf allgemeine Beachtung zielen“293 und daher gerade § 195 BGB „vom Gesetzgeber ganz bewusst als allgemeine Auffangregelung für andere Rechtsgebiete gedacht ist.“294 Dass der Gesetzgeber auch die Konstellation eines Anspruchs gegen den Staat im Auge hatte, zeigt deutlich die Tatsache, dass für die neue Regelverjährung mit § 852 BGB eine Norm Pate stand, welche nun gerade auch auf Ansprüche gegen den Staat anzuwenden war.295 Dadurch dass Ansprüche aus Amtspflichtverletzung nach neuem Recht der Regelverjährung unterliegen, kommt zudem deutlich zum Ausdruck, dass Ansprüche gegen den Staat und seine Organe nach dem Willen des Gesetzgebers gerade nicht durch eine besonders lange Verjährungsfrist privilegiert werden sollen.296 Die Anpassung etlicher Verjährungsvorschriften des Sozialrechts an das modernisierte Verjährungsrecht des BGB bestätigt diese Einschätzung.297 Hier290 P. Krebs, DB 2000, Beil. Nr. 14, 1 (4 f.) und Ernst, ZRP 2001, 1 (3). Sehr kritisch zur pauschalen Streichung des § 194 III DiskE-BGB Dötsch, DÖV 2004, 277 (278): „Die Antwort des Gesetzgebers war [. . .] von eher schlichtem Gemüt.“ 291 So aber Kopp/Schenke, VwGO, § 113, Rn. 81 oder neuerlich Guckelberger, Verjährung, S. 594; ähnlich Mansel, in: Dauner-Lieb, Schuldrecht, § 194, Rn. 12 ff., 18 und ders., NJW 2002, 89 (91) „im Zweifel“ Fortgeltung der bisherigen 30-jährigen Frist jedenfalls für „Ansprüche aus Aufopferung, Enteignung und enteignungsgleichem Eingriff“; wie hier Dötsch, DÖV 2004, 277 (278) mit dem Hinweis darauf, dass auch schon vor der Reform ohne ausdrückliche Verweisungsnorm auf die privatrechtlichen Verjährungsregeln zurückgegriffen wurde. 292 Heselhaus, DVBl. 2004, 411. Nachdem das im Jahr 1981 erlassene (Bundes-) Staatshaftungsgesetz noch an der fehlenden Bundeskompetenz gescheitert war (vgl. BVerfGE 61, 149 [173 ff.]), besitzt der Bund zwar mittlerweile eine Verbandskompetenz nach Art. 74 I Nr. 25 GG (vgl. das Gesetz zu Änderung des GG vom 27.10. 1994, BGBl. I, S. 3146), doch bedürfen entsprechende Gesetze nach Art. 74 II GG der Zustimmung des Bundesrates. 293 Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 27, Rn. 72a. 294 Henrich, in: Bamberger/Roth, BGB, § 195, Rn. 18 unter Verweis auf BT-Drs. 14/6040 S. 104. Ähnlich die Einschätzung von Grothe, in: MüKo, BGB, § 195, Rn. 13, welcher zudem darauf hinweist, dass der Gesetzgeber öffentlich-rechtliche Ansprüche auch nicht bewusst ausgenommen hat. 295 Zur ehemaligen grundsätzlichen Verjährung des Amtshaftungsanspruchs nach § 852 BGB Thomas, in: Palandt, BGB (60. Aufl., 2001), § 852, Rn. 12. 296 Henrich, in: Bamberger/Roth, BGB, § 195, Rn. 18. 297 Die Anpassung erfolgte im Rahmen des sog Hüttenknappschaftlichen Zusatzversicherungs-Neuregelungsgesetzes vom 21.6.2002 (BGBl. I, S. 2167). Angeglichen wurde auch § 53 VwVfG, vgl. Henneke, in: Knack, Vor. § 53, Rn. 4 und Guckelber-
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durch wurden schwerpunktmäßig die Regelungen zu Modalitäten der Hemmung und des Neubeginns der Verjährung harmonisiert, wohingegen die im Vergleich zur zivilrechtlichen Regelverjährung sogar etwas längeren, regelmäßig vier Jahre betragenden Fristen298 beibehalten wurden. Der Gesetzgeber hat dabei zu erkennen gegeben, dass er auf die Aktualisierung einer bewusst begrenzt auf einen isolierten Rechtsbereich bezogenen Verjährungslösung abzielte und er im Übrigen von einer grundsätzlichen Geltung des neuen Verjährungsrechts auch im öffentlichen Recht ausgeht: „Die Neufassung der Verjährungsregelungen im Bürgerlichen Gesetzbuch durch das Schuldrechts-Modernisierungs-Gesetz, die am 1. Januar 2002 in Kraft getreten ist, soll auch im Sozial- und allgemeinen Verwaltungsrecht des Bundes berücksichtigt werden.“299 Vor diesem Hintergrund erscheinen die öffentlich-rechtlichen und zivilrechtlichen Verjährungsnormen als bewusste Gesamtkonzeption. Dies legt den Schluss nahe, für nicht geregelte Fälle auf die zivilrechtlichen Verjährungsregelungen und nicht auf speziell für einen Sachbereich zugeschnittene öffentlich-rechtliche Spezialnormen zurückzugreifen. IV. Die Vorzugswürdigkeit der Einzelanalogie „Eine schematisierende Gleichbehandlung aller Ansprüche kann aber zu Wertungswidersprüchen und ungerechtfertigten Gleichstellungen verschiedenster Ansprüche führen. Die Dauer der Fristen hat deshalb neben Einheitlichkeit und Klarheit die verschiedenen Interessenlagen zu berücksichtigen.“300 Anknüpfend an diese Erwägungen des Gesetzgebers zum SMG ist auch für nicht geregelte öffentlich-rechtliche Institute nicht pauschal auf die zivilrechtliche Regelverjährung zurückzugreifen. Vielmehr gilt es zu überlegen, ob nicht einzelne Verjährungsregelungen genauer passen und im Wege der Einzelanalogie rezipiert werden können. ger, Verjährung, S. 641 ff. In anderen Normen wird ganz oder teilweise auf das aktuelle Verjährungsrecht verwiesen, vgl. § 34 II BLG, als Beispiel für einen Generalverweis § 15 IV 1 ZuSEG. Vor diesem Hintergrund wirkt es wenig überzeugend, wenn sich Guckelberger zuvor maßgeblich anknüpfend an das Sozialrecht und § 53 VwVfG für eine statische Fortgeltung des ehemaligen Verjährungsrechts oder wenigstens eine im Hinblick auf das Zivilrecht autonome Bestimmung der verwaltungsrechtlichen Verjährungsfristen ausspricht, a. a. O., S. 604 ff. Gegen die Bedenken von Guckelberger spricht auch der Umstand, dass inzwischen bereits einige Länder ihre öffentlich-rechtlichen Vorschriften an das Verjährungsrecht des BGB angeglichen haben, vgl. Mansel/ Budzikiewicz, NJW 2005, 321 (322, mit Fn. 15). 298 Vgl. oben Fn. 496. 299 BT-Drs. 14/9007, S. 26; BR-Drs. 214/02, S. 55; ähnlich auf S. 35, 38 oder 40 (Hervorhebung durch den Verfasser). Jedenfalls der verschiedentlich erwogenen „gewohnheitsrechtlichen“ Fortgeltung der ehemaligen 30-Jahresfrist scheint damit endgültig der Boden entzogen. 300 BT-Drs. 14/6040, S. 100 (Hervorhebungen durch den Verfasser).
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So kann für Schadensersatzansprüche und analog auch für Entschädigungsansprüche301 die in § 199 III 1 Nr. 1 BGB angeordnete absolute Höchstfrist von 10 Jahren ab Entstehung, im Falle von Spätfolgen die absolute Frist von 30 Jahren in § 199 III 1 Nr. 2 BGB angewandt werden. In Fällen der Schädigung von Nichtvermögensgütern (Leben, Gesundheit, Freiheit) ist ausnahmsweise – etwa im Zusammenhang mit einem Anspruch aus Aufopferung – die absolute Frist von 30 Jahren ab dem schädigenden Ereignis gem. § 199 II BGB maßgeblich. Für öffentlich-rechtliche Herausgabeansprüche aus Eigentum oder anderen dinglichen Rechten kann auf die 30-jährige, kenntnisunabhängige (absolute) Frist des § 197 I Nr. 1 BGB zurückgegriffen werden.302 Im Übrigen gilt die relative Regelfrist des § 195 BGB von drei Jahren und kenntnisunabhängig die absolute Höchstfrist des § 199 IV BGB von 10 Jahren. V. Zwischenergebnis Den im Anschluss an die Modernisierung des zivilrechtlichen Verjährungsrechts erwogenen Vorschlägen einer Fortgeltung der bisherigen Regelverjährung im öffentlichen Recht sowie der vorrangigen Analogie zu bestehenden öffentlich-rechtlichen Spezialnormen zur Verjährung ist eine klare Absage zu erteilen. Soweit sich keine (direkt) einschlägige öffentlich-rechtliche Spezialnorm findet, ist grundsätzlich auf die allgemeinen Verjährungsregelungen des Zivilrechts zurückzugreifen. Denn die §§ 194 BGB halten differenzierte und ausgewogene Lösungen auch für das öffentliche Recht bereit.303 Die Unterscheidungen der 301 Zur Unerheblichkeit der Unterscheidung bei der Anwendung im öffentlichen Recht Fn. 520. 302 Der Gesetzgeber betont in der Gesetzesbegründung allerdings den Ausnahmecharakter der Norm, so dass eine Übertragung der dortigen Frist auf andere, nicht auf Herausgabe gerichtete, Ansprüche ausscheidet. Weiter sollen nur Herausgabeansprüche aus Eigentum und dinglichen Rechten erfasst sein (BT-Drs. 14/6040, S. 105 f.). Der DiskE-BGB hatte noch von „absoluten Rechten“ gesprochen, was jedoch auf Kritik der Literatur hin (Mansel, in: Ernst/Zimmermann, Zivilrechtswissenschaft und Schuldrechtsreform, 333 [370]) aufgegeben wurde. Bei Unterlassungsansprüchen bestehe weiter schon kein praktisches Bedürfnis, weil sie bei jeder Zuwiderhandlung neu entstünden. Eine Einbeziehung von Beseitigungsansprüchen scheide wegen Abgrenzungsschwierigkeiten zum deliktischen Beseitigungsanspruch, für welchen die Regelverjährung gelten solle, aus. Im Ergebnis wird man in den geläufigen Konstellationen des Folgenbeseitigungsanspruchs (dazu Brugger, JuS 1999, 625 ff. und Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 300 ff.) daher kaum § 197, sondern die Regelverjährung des § 195 BGB anzuwenden haben, im Ergebnis ebenso Kellner, NVwZ 2002, 395 (399) und Franz, BayVBl. 2002, 485 (490, 492), welcher allerdings einheitlich die Höchstfristen für Schadensersatzansprüche (§ 199 III BGB) anwenden möchte; a. A. Kopp/Schenke, VwGO, § 113, Rn. 81: Verjährung des Folgenbeseitigungsanspruchs in 30 Jahren kraft Gewohnheitsrechts und Koch/Rubel/Heselhaus, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 9, Rn. 21: Verjährung des Folgenbeseitigungsanspruchs analog § 54 BGSG; zur Bedeutung der Überleitungsvorschriften im öffentlichen Recht Stumpf, NVwZ 2003, 1198 (1120 f.).
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§§ 194 ff. BGB auch im öffentlichen Recht durchzuhalten ist nicht nur praktisch zumutbar, sondern sachlich geboten.304 Erste Urteile weisen in die Richtung einer Übernahme der neuen Verjährungsregelungen durch die Verwaltungsgerichte.305 Damit erweist sich ein erster wesentlicher Baustein der Schuldrechtsmodernisierung als grundsätzlich passend auch für das öffentliche Recht. Zugleich wurde deutlich, welche Rezeptionsmechanismen bei der Lückenfüllung zum Tragen kommen können (Verweisungsnormen, rechtsgrundsätzliche oder gewohnheitsrechtliche Geltung und Gesamt- oder Einzelanalogie). Im Falle des Verjährungsrechts erfolgt die Rezeption bei ungeschriebenen Instituten des Staatshaftungsrechts vorzugsweise im Wege der Einzelanalogie.
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Insofern zutreffend Dötsch, DÖV 2004, 277 (281). Angesichts der unterschiedlichen Hintergründe und Inhalte der betroffenen Staatshaftungsinstitute gelten die folgenden Erwägungen des Gesetzgebers ebenso im öffentlichen Recht: BT-Drs. 14/6040, S. 100, Hervorhebungen durch den Verfasser. 305 Etwa VGH München NVwZ-RR 2004, 227 f. 304
Zweiter Teil
Modernisiertes Privatrecht und Verwaltungsvertrag 1. Abschnitt
Der Verwaltungsvertrag als Instrument zwischen den Teilrechtsordnungen – Grundlagen und Begriffsklärungen Bevor mit dem neu geordneten AGB-Recht und dem völlig neu gestalteten Leistungsstörungsrecht im zweiten und dritten Abschnitt dieses zweiten Teils zwei weitere aus Sicht des öffentlichen Rechts relevante Reformbausteine auf ihre Anwendbarkeit im Verwaltungsvertragsrecht hin untersucht werden können, gilt es zunächst einige Grundlagen zum Verwaltungsvertrag als Handlungsform der Verwaltung zu formulieren. Im Mittelpunkt wird die rechtsförmige Verschränkung zwischen öffentlichem und privatem Recht sowie die überkommene Unterscheidung zwischen öffentlich-rechtlichem und (verwaltungs-)privatrechtlichem Vertragshandeln der Verwaltung stehen. Es erfolgt also ein Perspektivenwechsel: Im ersten Abschnitt des vorangegangenen Teils standen mit den Hintergründen und Inhalten der Schuldrechtsmodernisierung Entwicklungen des Privatrechts im Mittelpunkt der Betrachtung (§§ 2 und 3). Aus einer übergeordneten Perspektive wurde im zweiten Abschnitt des ersten Teils Verbindungen dieser Privatrechtsentwicklung zum öffentlichen Recht nachgegangen (§§ 4 und 5). Von dieser in vielen Punkten abstrakt-vergleichenden Betrachtung herkommend wird mit dem Verwaltungsvertrag als Handlungsform der Verwaltung nun ein Gegenstand untersucht, der zu den Kernbereichen des öffentlichen Rechts gehört. Die Besonderheit dieses öffentlich-rechtlichen Gegenstandes liegt aber darin, dass es sich um ein Institut handelt, welches Normen und Rechtsgrundsätze beider Teilrechtsordnungen förmlich zusammenführt. Diese Vereinigung des Unterschiedlichen führt seit den Anfängen des Verwaltungsrechts zu Streitigkeiten. Mit dem Wandel faktischer und normativer Kontexte verschieben sich dabei stetig die Akzente. So ist angesichts neuer Kooperationsformen zwischen Verwaltung und Privaten gegenwärtig etwa die Erweiterung der bisher sehr knapp gehaltenen Regelungen in den §§ 54 ff. VwVfG Gegenstand der Debatte. Hierbei treffen unterschiedliche Konzepte aufeinander, welche unmittelbar die Bedeutung der Zuordnung einzel-
§ 6 Verwaltungsverträge nach den §§ 54 ff. VwVfG
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ner Verwaltungsverträge zu einer der Teilrechtsordnungen und der damit verbundenen Normenbestände und Rechtsschutzsysteme betreffen. Kurz man streitet um die Grundlagen und Fundamente des Verwaltungsvertrages. Durch die Schuldrechtsmodernisierung wurden die privatrechtlichen Bauelemente der Rechtsform Verwaltungsvertrag umgebildet. Im Folgenden werfen wir nun einen Blick auf die anhaltende (Um-)Formung der öffentlich-rechtlichen Bauelemente und dogmatischen Grundlagen, um in den anschließenden zwei Abschnitten eingehend zu untersuchen, wie sich die Zusammenfügung beider jeweils Reformprozessen unterliegenden Teile im Hinblick auf konkrete Regelungsbereiche darstellt.
§ 6 Konkretisierung der Untersuchungsperspektive: Verwaltungsverträge nach den §§ 54 ff. VwVfG Die Untersuchung konzentriert sich auf Verträge zwischen Behörden und Bürgern, während die vergleichsweise unproblematischen Verträgen zwischen Behörden1 nur am Rande erwähnt werden. Normativ lässt sich die Begrenzung des Untersuchungsrahmens vor allem an den §§ 1, 2, 9 und 54 VwVfG festmachen. So gelten gem. § 1 I VwVfG die Vorschriften des VwVfG generell nur für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit von Behörden.2 Behörde im Sinne dieses Gesetzes ist jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt (§ 1 IV VwVfG).3 Durch die überwiegend der Verwaltung zugebilligte Freiheit, privatrechtliche Organisations- und Handlungsformen zu wählen4, kommt es zu Zäsuren: Entscheidet sich die Verwaltung für eine privatrechtliche Organisationsform – im Regelfall eine Aktiengesellschaft oder GmbH5 – fehlt es bereits an der Behördeneigenschaft6. Mit der Wahl der Organisationsform ist zugleich die Frage der Handlungsform entschieden: Ohne gesetzesbegründete Beleihung können Privatrechtssubjekte ihre Rechtsbeziehungen nicht öffentlichrechtlich regeln.7 Verträge von Privaten mit formell privatisierten Verwaltungs1 Zu diesem Befund Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 387 dort mit Fn. 48. 2 Siehe nur BT-Drs. 7/910, S. 78. Zur Kritik der gesetzlichen Fixierung auf öffentlich-rechtliche Verträge, Schmidt-Aßmann, in: FS Brohm, 547 (564). Die Kritik ist Ausdruck einer geweiteten, auch privatrechtliche Verträge der Verwaltung miteinbeziehenden Grundperspektive, eingehend nachfolgend unter § 8 A. VI. 1. 3 Zu Einzelheiten des Behördenbegriffs vgl. P. Stelkens/Schmitz, in: P. Stelkens/ Bonk/Sachs, VwVfG, § 1, Rn. 212 ff. 4 Zur Formenwahlfreiheit sogleich § 8 A. II. 5 Vgl. Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee, 5. Kapitel, Rn. 3. 6 So zuletzt BGHZ 155, 166 (172 f.) = NJW 2003, 2451 (2452). 7 Ganz überwiegende Meinung, vgl. nur Schmidt-Aßmann, in: Schmidt-Aßmann, Besonderes Verwaltungsrecht, Kapitel 1, Rn. 113; ders., AöR 116 (1991), 329, (346,
118 2. Teil 1. Abschn.: Der Verwaltungsvertrag zwischen den Teilrechtsordnungen
einheiten (Organisationsprivatisierung)8 fallen damit ebenso aus dem Anwendungsbereich des VwVfG heraus wie Verträge eines Privaten mit einem anderen Privaten, dem die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben materiell übertragen wurde (Aufgabenprivatisierung).9 Neuerdings ist eine zunehmende Skepsis gegenüber privatrechtlichen Organisationsformen und eine Rückbesinnung auf öffentlich-rechtliche Organisationsformen zu erkennen.10 Soweit eine Behörde auch privatrechtliche Verträge schließen kann, kommen die §§ 54 ff. VwVfG nicht zur Anwendung. Bekanntlich versucht man in – mehr oder weniger – bestimmten Fällen die weiterhin bestehenden Sonderbindungen der Verwaltung11 durch zu den Privatrechtsregeln überlagernd hinzukommende Rechtsgrundsätze aufzufangen.12 Ein Hauptanliegen der nachfolgenden Untersuchung ist es, Spannungen zwischen den §§ 54 ff. VwVfG einerseits und dem modernisierten BGB andererseits aufzuspüren und einer Lösung zuzuführen. Da im Bereich des Verwaltungsprivatrechts zum einen die (modernisierten) Privatrechtsregeln direkt gelten13, andererseits eine auch nur analoge Anwendung des VwVfG nicht in Betracht kommt, bewirkt die Annahme einer Wahlfreiheit eine Abspaltung von den in Anknüpfung an das VwVfG formulier385 f.); Ehlers, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 40, Rn. 241; ders., Verwaltung in Privatrechtsform, S. 65, 70; Zuleeg, VerwArch 73 (1982), 384 (399); anhand einer klassischen Konstellation BGH NJW 2000, 1241 (Auszahlung und Rückforderung eines Subvention durch ein privates Kreditinstitut in eigenem Namen); vgl. auch BVerwGE 61, 222 (224 ff.); BVerwG NVwZ 1985, 48; 1990, 754 und NVwZ 1991, 59; VGH Mannheim NVwZ 1985, 437 oder OLG Dresden, SächsVBl 2001, 16 f.; a. A. wohl noch Ossenbühl, DVBl. 1974, 541 f. 8 Zur umstrittenen Frage rechtlicher Bindungen formell privatisierter Verwaltungseinheiten H. C. Röhl, VerwArch 95 (1995), 531 (574 f.). 9 In Ausnahmefällen sind auch öffentlich-rechtliche Verträge zwischen Privaten denkbar, siehe etwa die Konstellation in BVerwG NJW 1992, 2908. Diese werden nach zutreffender Auffassung jedoch nur in den seltenen Fällen einer gesetzlichen Ermächtigung zur Verfügung über öffentliche Gegenstände zugelassen, näher Bonk, in: P. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 54, Rn. 65. Soweit danach ausnahmsweise ein öffentlich-rechtlicher Vertrag unter Privaten zulässig ist, kommt jedenfalls keine direkte Anwendung der §§ 54 ff. VwVfG in Betracht, da dies gem. § 1 VwVfG grundsätz-lich die Tätigkeit von Behörden, d.h. die Mitwirkung einer Behörde bzw. eines Verwaltungsträgers, dem die Behörde zuzurechnen ist, voraussetzt, dazu Erichsen, in: Erichsen/Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 24, Rn. 10. Ob eine analoge Anwendung der §§ 54 ff. VwVfG in Betracht kommt, ist umstritten, vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 54, Rn. 7 m. w. N.; kritisch zum Ganzen Gern, Vertrag zwischen Privaten, S. 16 ff. sowie Kasten/Rapsch, NVwZ 1986, 708 ff. 10 So das Fazit bei Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 126, dessen Untersuchung auf einer empirischen Erhebung basiert. Auch der im Bereich der Subventionsvergabe zu verzeichnende Trend zur Beleihung der in die Subventionsabwicklung eingeschalteten Drittbank deutet eine Renaissance des öffentlich-rechtlichen Weges an, dazu § 10 B. II. 11 Eingehend sogleich unter § 8 A. III. 12 Zu den Grundannahmen des Verwaltungsprivatrechts kurz unter § 8 A. IV. 13 de Wall, Anwendbarkeit privatrechtlicher Vorschriften, S. 53 ff.
§ 6 Verwaltungsverträge nach den §§ 54 ff. VwVfG
119
ten Lösungsmodellen. An immer deutlicher zu Tage tretende Strömungen in Literatur und Rechtsprechung anknüpfend wird im Folgenden überlegt, in wieweit – für den hier untersuchten Bereich der Behörden-Bürger-Verträge – verwaltungsprivatrechtliche Hilfsüberlegungen durch eine einheitliche Lösung über die öffentliche Rechtsform Verwaltungsvertrag zu ersetzen sind.14 Im Sozialrecht treten an die Stelle der §§ 54 ff. VwVfG die Bestimmungen der §§ 53 ff. SGB X.15 Die Regelungen des SGB X zum öffentlich-rechtlichen Vertrag stimmen mit den §§ 54 ff. VwVfG nahezu vollständig überein16, so dass – ungeachtet sozialrechtlicher Besonderheiten17, welche im Rahmen der vorliegenden Untersuchung nicht vertieft werden können – viele, im Hinblick auf die instrumentelle Verflechtung von privatem und öffentlichem Recht getroffenen Aussagen übertragbar sind.18 Gleichlauf besteht auch zwischen den Verwaltungsverfahrensgesetzen auf Landes- und Bundesebene, so dass im Folgenden Differenzierungen entbehrlich sind.19 Ausgeklammert werden Verträge im Bereich des Abgabenrechts20. Zunächst wird der Bereich durch § 2 II Nr. 1 VwVfG vom Anwendungsbereich des 14
Ausführlich dazu § 8 B. Vgl. § 2 II Nr. 4 VwVfG. 16 Bonk, DVBl. 2004, 141 (142 dort Fn. 7); Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 54, Rn. 4. Lediglich § 53 II SGB X scheint hiervon eine Ausnahme zu machen. Dieser verbietet zum Schutz der Leistungsempfänger Verträge über Leistungen, auf die ein Rechtsanspruch besteht, sofern es sich nicht um einen Vergleichsvertrag (§ 54 II SGB X) oder einen Austauschvertrag (§ 55 III SGB X) handelt. Ein sachlicher Unterschied gegenüber den Bestimmungen der §§ 54 ff. VwVfG nicht ergibt sich hieraus jedoch nicht, Kopp/Ramsauer, a. a. O. 17 Vertiefend zu spezifisch sozialrechtlichen Fragestellungen und jüngeren Rechtsentwicklungen bzgl. öffentlich-rechtlicher Verträge im Sozialrecht Pabst, SGb 2002, 475 ff. sowie Bieback, GM 2003, 22 ff. 18 Deckungsgleich sind nicht zuletzt die Verweise auf das BGB in § 62 S. 2 VwVfG einerseits und § 61 SGB X andererseits. Konsequent werden in der gegenwärtigen Diskussion etwa Fragen des Leistungsstörungsrechts parallel behandelt, etwa am Beispiel mehrseitiger Verträge Reimer, VerwArch 94 (2003), 543 (545 und 566 f., zum Verhältnis des § 313 BGB zu § 60 VwVfG/§ 59 SGB X oder 561, dort bzgl. der Anwendbarkeit der Grundsätze zur culpa in contrahendo über die Brücken der § 62 S. 2 VwVfG/§ 61 S. 2 SGB X). Parallel laufen auch die Verweise auf die Vorschriften des BGB in den Fehlerfolgeregelungen der § 59 I VwVfG einerseits und § 58 I SGB X andererseits. 19 Die Regelungen entsprechen dem BVwVfG oder verweisen auf dieses: §§ 54 ff. VwVfG BW; Art. 54 ff. BayVwVfG; §§ 54 ff. BerlVwVfG; §§ 54 ff. BbgVwVfG; §§ 54 ff. BremVwVfG; §§ 54 ff. HamVwVfG; §§ 54 ff. HessVwVfG; §§ 54 ff. VwVfG MV; § 1 I NdsVwVfG i. V. m. §§ 54 ff. VwVfG, § 3 NdsVwVfG; §§ 54 ff. VwVfG NW; § 1 I VwVfG RP i. V. m. §§ 54 ff. VwVfG, § 3 II VwVfG RP; §§ 54 ff. SaarlVwVfG; § 1 SächsVwVfG i. V. m. §§ 54 ff. VwVfG; §§ 54 ff. VwVfG LSA; §§ 54 ff. ThürVwVfG. Zu Unterschieden vgl. die Darstellung im Dritten Teil der Kommentierung von P. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG. 20 Ausführlich dazu aus neuerer Zeit Seer, Verständigungen in Steuerverfahren, pass. 15
120 2. Teil 1. Abschn.: Der Verwaltungsvertrag zwischen den Teilrechtsordnungen
VwVfG ausgenommen. Darüber hinaus finden sich anders als im Falle des Sozialrechts in der AO selbst keine den §§ 54 ff. vergleichbaren Vorschriften21, anhand derer die instrumentelle Verbindung der Teilrechtsordnungen untersucht werden könnte. Hält man entgegen der noch herrschenden Ansicht die Handlungsform des Vertrages im Bereich des Abgabenrecht für zulässig22, sind Analogien zu den Vorschriften der §§ 54 ff. VwVfG und damit auch die zumindest partielle Übertragung nachfolgend erörterter Lösungsmuster denkbar.23
§ 7 Der Verwaltungsvertrag im Handlungssystem der Verwaltung A. Der Verwaltungsvertrag als Handlungs- und Rechtsform Regelmäßig wird der „Verwaltungsvertrag“ im Kontext des Handlungssystems der Verwaltung24, also als Handlungsform dargestellt.25 Nicht selten werden öffentlich-rechtliche wie privatrechtliche Verträge in die Erörterung mit eingeschlossen.26 Die hier fokussierten, in den §§ 54 ff. VwVfG gesondert geregelten Verträge sind demgegenüber präziser durch den Begriff der Rechtsform beschrieben. Rechtsformen heben sich von Handlungsformen durch ihre regelmäßig mittels gesetzlicher Vertypung und Anerkennung hergestellten Bezug zum Rechtssystem ab: „Rechtspraktisch wirken sie als fertige Zuordnungsmuster, die das Auffinden konkreter Lösungen erleichtern (Speicherfunktion). Rechtskonstruktiv sollen sie das Verwaltungshandeln nach den Prinzipien der distanzschaffenden Konzentration und der adäquaten Rechtsfolgenverknüpfung strukturieren (Ordnungsfunktion).“27
21
Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 54, Rn. 5. Dazu Bonk, in: P. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 54, Rn. 124 ff.; ders., DVBl. 2004, 141 (142, dort Fn. 8) sowie Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 54, Rn. 5 jew. m. Nachweisen zum aktuellen Meinungsstand. Zulässig sind nach der Rspr. des BFH allerdings „tatsächliche Verständigungen“, vgl. BFHE 142, 549 = NVwZ 1985, 863; BFHE 162, 211 (214); 164, 168 sowie BFH NVwZ 2000, 598. 23 Für eine Zulässigkeit der Vertragsform sowie zumindest ausgewählter Analogieschlüsse zu den §§ 54 ff. VwVfG zuletzt Seer, Verständigungen in Steuerverfahren, S. 485 ff. sowie jüngst Frank, StW 2003, 39 ff. 24 Eingehend Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee, 6. Kapitel, Rn. 32 ff. 25 Zum Vertrag im System der Handlungsformenlehre ausführlich Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 169 ff.; Pakeerut, Dogmatik des verwaltungsrechtlichen Vertrages, S. 113 ff. sowie P. Stelkens/Schmitz, in: P. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 1, Rn. 121. 26 Die Darstellung ist dabei nicht selten Ausdruck eines rechtsformneutralen Grundverständnisses des Verwaltungsvertrages als Handlungsinstrument, dazu sogleich unter § 8 A. VI. 1. 27 Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee, 6. Kapitel, Rn. 34. 22
§ 7 Der Verwaltungsvertrag im Handlungssystem der Verwaltung
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B. Weiterentwicklung der Institution Verwaltungsvertrag Trotz bisweilen heftiger Kritik gegenüber der überkommenen Handlungsbzw. Rechtsformenlehre28 bildet der Typus der Rechtsform weiterhin ein Kernelement des administrativen Handlungssystems.29 Zur Erfüllung ihrer Ordnungsfunktion eignet Rechtsformen als festen und transparenten Punkte in der „flutenden Masse der Verwaltungstätigkeit“30 ein bestimmtes Maß an Statik. Die Reformdebatte hat jedoch den Blick dafür geschärft, dass andererseits zur Aufnahme neuer Entwicklungen ein Grundmaß an Flexibilität und Entwicklungsoffenheit nötig ist.31 Als Leitgedanke dieser Umstrukturierung wird die Abkehr von einer primären Folgenorientierung hin zu einer Handlungsorientierung vorgeschlagen.32 Danach gilt es den Verwaltungsvertrag losgelöst von der überkommenen Verwaltungsaktdogmatik eigenständig zu erfassen und durch Rechtsregeln soweit einzufangen, dass dem Bewirkungs- ebenso wie dem Begrenzungsauftrag des Verwaltungsrechts entsprochen wird.33 Möglicherweise bietet die extensive Rezeption der auf aktive, selbständige und beständige Rechtsgestaltung der (Privat-)Rechtssubjekte zielenden modernen Privatrechtsinstitute über § 62 S. 2 VwVfG hierfür ein Regelungspotential, das bisher nicht voll ausgeschöpft worden ist. Aufgrund der zwischenzeitlich gewonnenen Erfahrungen, aber auch wegen veränderter Verhältnisse, insbesondere der zunehmenden Zusammenarbeit zwischen Behörden und Privaten bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben, ist eine intensive Diskussion um die Weiterentwicklung der seit fast 30 Jahren praktisch unveränderten34 §§ 54 ff. VwVfG im Gange.35 Die Weiterentwicklung der „Ins28 Zusammenfassend zur Rechtsformenkritik sowie der damit eng verwobenen Aufgabenkritik aus der Perspektive des Verwaltungsvertrages als Rechtsform Schuppert, Verwaltungskooperationsrecht, S. 88 ff. m. w. N. 29 Statt aller Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee, 6. Kapitel, Rn. 34 und Schoch, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann, Innovation und Flexibilität, 199 (205). 30 O. Mayer, Verwaltungsrecht I, S. 92 f. 31 Zu Letzterem Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee, 6. Kapitel, Rn. 39. 32 So Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee, 6. Kapitel, Rn. 36. 33 Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee, 6. Kapitel, Rn. 118. 34 Bonk, DVBl. 2004, 141 (142). 35 Schuppert, Grundzüge eines zu entwickelnden Verwaltungskooperationsrechts – Regelungsbedarf und Handlungsoptionen eines Rechtsrahmens für Public Private Partnership. Rechts- und Verwaltungswissenschaftliches Gutachten erstellt im Auftrag des Bundesministeriums des Inneren, Juni 2001 und Ziekow, Verankerung verwaltungsrechtlicher Kooperationsverhältnisse (Public Private Partnership) im Verwaltungsverfahrensgesetz. Wissenschaftliches Gutachten, erstattet für das Bundesministerium des Inneren, Juni 2001. Zusammenfassend Schmidt-Aßmann, in: FS Brohm, S. 547 ff. (560 ff.). Hieran unter Berücksichtigung aktueller Rechtsprechung anknüpfend Ziekow/Siegel, VerwArch 94 (2003), 593 ff.; VerwArch 95 (2004), 133 ff.; 281 ff. und 573 ff. Weitere Anregungen und Regelungsvorschläge finden sich bei Becker, ZRP 2002, 303 ff.; Reicherzer, ZRP 2004, 112 ff.; Bonk, DVBl. 2004, 141 ff. und zuletzt
122 2. Teil 1. Abschn.: Der Verwaltungsvertrag zwischen den Teilrechtsordnungen
titution“36 Verwaltungsvertrag ist zudem ein Hauptthema der übergreifenden Diskussion um die Reform des Verwaltungsrechts37. Dirigierende Leitideen sind: das Konzept der Verantwortungsteilung38, des Gewährleistungsstaates bzw. der Gewährleistungsverantwortung39 sowie das Kooperationsprinzip40. Hinsichtlich der Erweiterung des VwVfG wird eine große (I.) sowie eine kleine Lösung (II.) erwogen.41 I. Große Lösung Die seit Mitte 2001 vorliegenden Gutachten von Ziekow und Schuppert verfolgen einen „großen“ Ansatz insoweit, als neben der Nachbesserung zwischenzeitlicher Defizite der bestehenden Regelungen eine zusätzliche rechtliche Umhegung nicht nur vertraglich formalisierter, sondern auch informaler Kooperationen angestrebt ist.42 „Groß“ ist die Lösung zudem deshalb, weil in U. Stelkens, DV (2004), 193 (225 ff.), dessen Vorschlag sich allerdings nur auf eine Neustrukturierung der Rechtsfolgen rechtswidriger Verträge beschränkt. Siehe zudem die von Hill formulierten 25 Thesen zu einer Verfahrensordnung für öffentlich-private Kooperationen in Verwaltung und Management 2001, 10 f., zusammengefasst bei Schmidt-Aßmann, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann, Verwaltungsverfahren und Verwaltungsverfahrensgesetz, S. 429 (435 ff.). 36 Zum Prozess der Institutionalisierung Schuppert, Verwaltungskooperationsrecht, S. 97 ff., welcher „Institutionen“ beschreibt als auf Dauer gestellte, aus abstrakten Leitideen gewonnene Regel-Komplexe, die das Handeln von Individuen so steuern, dass regelmäßige Interaktionsmuster entstehen und eine soziale Ordnung konstituieren; vgl. zudem Schoch, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann, Innovation und Flexibilität, 199 (205): „Institutionenbildung“. Die synonyme Verwendung des Begriffs „Institution“ anstelle von „Handlungsform“ oder „Rechtsform“ ist dabei nicht neu, vgl. etwa die Darstellung der historischen Entwicklung der Handlungsformen bei Kempen, Formenwahlfreiheit, S. 91 ff. 37 Bilanzierend und die wesentlichen Leitgedanken zusammenfassend Voßkuhle, VerwArch 92 (2001), 184 ff. Zum Verwaltungsvertrag in diesem Kontext dort 205. 38 Schuppert, Verwaltungskooperationsrecht, S. 108 ff. Ziekow, Verwaltungskooperationsrecht, S. 179 ff. 39 Schuppert, Verwaltungskooperationsrecht, S. 111 ff. Zur Ausformung eines modernen Verwaltungsvertragsrechts als Teil eines auch andere Bereiche betreffenden Verwaltungskooperation-, Regulierungsverwaltungs- oder Gewährleistungsverwaltungsrechts nunmehr Voßkuhle, VVDStRL 62 (2003), 266 (269 und 307 ff.) m. w. N. Grundlegend zum Begriff jetzt Ruge, Gewährleistungsverantwortung, pass. 40 Schuppert, Verwaltungskooperationsrecht, S. 116 ff. 41 Zur Bezeichnung große und kleine Lösung vgl. die Stellungnahme des Beirates NVwZ 2002, 834 f., dort Ziffer 2.1 und 2.2. sowie Spannowsky, UPR 2003, 81 (91). 42 Vgl. die Regelungsvorschläge bei Schuppert, Verwaltungskooperationsrecht, S. 124 ff. wo die Einfügung eines vier Paragraphen umfassenden Sonderabschnitts IV „Zusammenarbeit mit Privaten“ vorgeschlagen wird sowie den Vorschlag bei Ziekow, Verwaltungskooperationsrecht, S. 198 ff., welcher der Überschrift „Teil IV Zusammenwirken bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben“ sowohl vollständig neue Regelungen zur rechtlichen Umhegung neuer Kooperationsformen als auch die bisherigen §§ 54 ff. VwVfG in erweiterter und ausdifferenzierter Form verankern möchte.
§ 7 Der Verwaltungsvertrag im Handlungssystem der Verwaltung
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Erweiterung der bisher auf öffentlich-rechtliches Behördenhandeln reduzierten Perspektive des VwVfG auch privat- und ggf. gesellschaftsrechtliche Kooperationen in einem überwölbenden Verwaltungskooperationsrecht43 im VwVfG geregelt werden sollen.44 II. Kleine Lösung und Musterentwurf Der im Bundesministerium des Inneren eingerichtete Beirat Verwaltungsverfahrensrecht45 hat dieser großen Lösung bereits 2002 eine Absage erteilt. Zwischenzeitlich hatte sich auch die Literatur für eine „behutsame“ Weiterentwicklung ausgesprochen.46 Die Durchnormierung neuer Kooperationsformen wird als Flexibilitäts- und Entwicklungshemmnis abgelehnt.47 Die Devise lautet: „Ein schlanker Staat braucht schlanke Rechtsvorschriften.“48 Entsprechend konzentriert man sich im nun vorliegenden Musterentwurf49 auf die Revision der bestehenden Regelungen. Hinsichtlich des im Vorfeld breit debattierten Verwaltungskooperationsrechts, beschränkt man sich zunächst auf die vertraglich formalisierte Tätigkeit von Behörden, um eine „Überfrachtung“ des VwVfG mit Detailregelungen zu vermeiden.50 Als Folge der „großen Lösung“ wurde zudem u. a. eine für zivil- und vor allem gesellschaftsrechtliche Verträge systemfremde 43 Der in der Debatte um die Weiterentwicklung der §§ 54 ff. VwVfG aufgenommene Begriff geht wohl zurück auf Schmidt-Aßmann, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann, Auffangordnungen, 7 (29), welcher dort (28) auch von „Privatverwaltungsrecht“ spricht. 44 Zusammenfassend zu den insoweit unterschiedlichen inhaltlichen Schwerpunktsetzungen der Gutachten zuletzt Schmitz, DVBl. 2005, 17 (20). 45 Zu dieser Institution Schmitz, DVBl. 2005, 17 (dort mit Fn. 6). 46 Dazu Schmitz, DVBl. 2005, 17; Reicherzer, DöV 2005, 603 ff.; Bonk, DVBl. 2004, 141 (147 ff.). Für einen möglichst geringen Normierungsaufwand auch SchmidtAßmann, in: FS Brohm, 547 (565). Sehr kritisch gegenüber der Normierung eines über die §§ 54 ff. VwVfG hinausgehenden „Verwaltungskooperationsrechts“ und damit mittelbar für eine „kleine Lösung“ auch Heintzen, VVDStRL 62 (2003), 220 (260 und dort mit Fn. 202). Mit Vorschlägen zur Ausdifferenzierung der Regelungen zum Austauschvertrag U. Stelkens, DV (2004), 193 ff. 47 Gallwas, VVDStRL 62 (2003), 336 f. (Aussprache und Schlussworte). 48 So bereits Bonk/Schmitz, in: P. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 1, Rn. 6 ähnlich jetzt Bonk, DVBl. 2004, 141 (147): Detaillierte Vorschriften würden als „verfrühte enge normative Fesseln mehr schaden als nutzen.“ Vgl. auch die Ausführungen von Lorz in dessen Diskussionsbeitrag auf der Staatsrechtslehrertagung 2002: „Wir leben seit Jahren mit den relativ dürren Paragraphen der §§ 54 ff. VwVfG für öffentlichrechtliche Verträge. Wir leben damit relativ gut, denn wir haben hierzu eine ausgefeilte Dogmatik entwickelt.“, VVDStRL 62 (2003), 347. 49 Dieser Bund/Länder-Entwurf wurde auf der Basis der Vorschläge des Beirats am 21./22.4.2004 durch die Konferenz der Verwaltungsverfahrensreferenten beraten und beschlossen. Er weicht nur geringfügig vom Vorschlag des Beirates ab, vgl. die Darstellung bei Schmitz, DVBl. 2005, 17 (21). 50 Schmitz, a. a. O.
124 2. Teil 1. Abschn.: Der Verwaltungsvertrag zwischen den Teilrechtsordnungen
Zuständigkeitsverschiebung von den Zivil- zu den Verwaltungsgerichten befürchtet, so dass man sich ausschließlich auf öffentlich-rechtliche Verträge beschränkte, um die zunächst ausgesparten Materien nach weiterer Untersuchung ggf. später in einem „Verwaltungskooperationsgesetz“ zu regeln.51 Zunächst soll nur eine generalklauselartige Regelung zum „Kooperationsvertrag“52 in einem neuen § 54 III VwVfG erfolgen: „Die Behörde kann einen öffentlich-rechtlichen Vertrag auch schließen, um Private an der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben zu beteiligen; hoheitliche Befugnisse können nur übertragen werden, soweit dies durch Rechtsvorschrift vorgesehen ist.“53 Ergänzt wird diese Bestimmung durch die Verpflichtung der Behörde in einem neuen § 56a VwVfG wonach die nachträgliche Einflussnahme und ganz generell die ordnungsgemäße Erfüllung sowie die Fachkunde des Partners sicherzustellen sind.54 Die mangelnde Sicherstellung nachträglicher Einflussmöglichkeiten zur Gewährleistung ordnungsgemäßer Aufgabenerfüllung soll zur Nichtigkeit führen (§ 59 IIa VwVfG Musterentwurf). Die Regelung ermöglicht für die weitere Untersuchung Präzisierungen, welche das Verhältnis des neuen Kooperationsvertrages zu den Sammelbegriffen „Privatisierung“ und „Public Private Partnership“ betreffen: Zunächst ist tatbestandlich die Rede lediglich von Verträgen zur „Beteiligung“ an der Aufgabenerfüllung. Materielle Privatisierungen sind danach grundsätzlich nicht umfasst, da dort die Aufgabenverantwortung gänzlich auf den Privaten übertragen, der Private also nicht nur „beteiligt“ wird.55 Formelle Privatisierungen sind hingegen deshalb nicht umfasst, da es sich regelmäßig um private, gesellschaftsvertraglich geregelte Vorgänge handelt.56 Erfasst sind demgegenüber funktionale Privatisierungen57: Das die Mannigfaltigkeit der dies51 Schmitz, a. a. O. Vgl. diesbezgl. bereits den Bericht des Beirates in NVwZ 2002, 834 f. 52 Den Terminus aufnehmend etwa Spannowsky, UPR 2003, 81 (82). Ablehnend Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 364 (zur Bezeichnung einer speziellen Kategorie sei der Terminus untauglich, da „Kooperation“ jedem Vertrag immanent ist). 53 Vgl. den Abdruck bei Schmitz, DVBl. 2005, 17 (21). Wenn man mit der zunehmend vertretenen Ansicht bereits von Verwaltungsverträgen i. S. d. § 54 S. 2 VwVfG alle öffentlich-rechtlichen Verträge zwischen Behörde und Privaten mitumfasst sieht (näher unter § 9 A. II. 2.), handelt es sich nicht nur bei den Ausführungen zur Beleihung in HS 2 sondern auch bei HS 1 um eine klarstellende Regelung, dazu auch Burgi, NZBau 2002, 57 (58 f.). 54 Dadurch dass man nicht wie zuvor vom Beirat vorgeschlagen (NVwZ 2002, 834 [835]) lediglich eine Norm zum Kooperationsvertrag einfügen will, soll der inneren Systematik der §§ 54 ff. VwVfG Rechung getragen werden. Insbesondere soll der Vertrag als selbständiger Typus neben Vergleichs- und Austauschvertrag treten, vgl. Schmitz, DVBl. 2005, 17 (21). 55 So bereits Bonk, DVBl. 2004, 141 (148) zum insoweit deckungsgleichen Vorschlag des Beirates zur Einfügung eines § 54a VwVfG. 56 Zu den im vorliegenden Kontext damit weniger relevanten formellen und materiellen Privatisierung Ziekow, Verwaltungskooperationsrecht, S. 74 und Bonk, DVBl. 2004, 141 (148).
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bezgl. aufzufindenden Formen58 verbindende Merkmal besteht bei diesen Privatisierungsvorgängen im Verbleiben der Aufgabenverantwortung beim Verwaltungsträger, während in die Aufgabenwahrnehmung zumindest partiell ein von der öffentlichen Hand unabhängiger Privater eingeschaltet wird.59 Je nachdem, welchem Grundansatz man hinsichtlich der Bestimmung der Rechtsnatur von Verwaltungsverträgen folgt werden Verträge i. R. v. funktionalen Privatisierungen damit erstmals einem einheitlichen Rechtsregime unterstellt.60 Der Sammelbegriff der funktionalen Privatisierung ist unmittelbar verwoben mit der aus den USA und England stammenden Figur des „Public Private Partnership“ (P. P. P.)61. Aus rechtswissenschaftlicher Sicht besteht die Schwierigkeit, dass es sich um einen „schillernden Sammelbegriff unterschiedlichster Erscheinungsformen der Kooperation zwischen Verwaltungsträgern und Privaten“62, ein „in seinem Bedeutungsgehalt merklich oszillierendes Schlagwort der gegenwärtigen Diskussion“63 handelt. Je nach Standpunkt werden neben vertraglich formalisierten auch informale Kooperationen mit eingeschlossen.64 57 Grundlegend Burgi, Funktionale Privatisierung, pass., zu den Erscheinungsformen S. 100 ff. Die zwei auch (oder gerade) aus der Sicht des öffentlich-rechtlichen Vertragsrechts relevantesten Grundkategorien funktionaler Privatisierungsverträge bilden Beleihungs- und Verwaltungshelferverträge, vgl. Burgi, NZBau 2002, 57 (59) sowie ausführlich ders., Funktionale Privatisierung, S. 167 ff. Beide Vertragskategorien bilden Beispiele für das sog. „contracting out“, dazu Kunert, Vergaberecht und öffentliches Recht, S. 42. Siehe zudem Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 161 ff. und 364. 58 Im Überblick Ziekow, Verwaltungskooperationsrecht, S. 74 ff. 59 Vgl. Ziekow, Verwaltungskooperationsrecht, S. 74; Lorz, DÖV 2002, 177; Kahl, DÖV 2000, 793; Di Fabio, JZ 1999, 585 (587) sowie näher Burgi, Funktionale Privatisierung, S. 100. Letzter unterscheidet zwischen dem „Phänomen“, dass ein Privater auf Veranlassung des Staates funktionale Teilbeiträge zur Aufgabenerfüllung leistet („Verwaltungshilfe“) und den „Vorgang“, der zu dieser Einbindung in die Aufgabenerfüllung führt („funktionale Privatisierung“). Überwiegend erfolgt die Veranlassung durch Verträge (dort auch „Veranlasserverträge“ genannt, a. a. O., S. 162 ff.), im Ausnahmefall durch Verwaltungsakt. Im Folgenden ist in Anlehnung an den geplanten neuen § 59 III VwVfG entweder allgemein von „Kooperationsverträgen“, teilweise von „Verwaltungsverträgen zum Zwecke funktionaler Privatisierungen“ die Rede. 60 Nach Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 158; Kunert, Vergaberecht und öffentliches Recht, S. 43 f.; 58; Burgi, Funktionale Privatisierung, S. 169 sowie noch deutlicher ders., NZBau 2002, 57 (59) handelt es sich durchweg um öffentlich-rechtliche Verwaltungsverträge. Für eine großteilige, aber nicht ausschließlich öffentlichrechtliche Qualifikation Bonk, DVBl. 2004, 141 (143, 148); Ziekow, Verwaltungskooperationsrecht, S. 126 (näher zur Zuordnung unter § 8 B. VII.). 61 Zusammenfassend zum Meinungsstand mit praktischen Beispielen und umfangreichen Nachweisen Stehlin/Gebhardt, VBlBW. 2005, 90 ff. und kurz Ziekow/Siegel, VerArch 96 (2005), 119 (122 f.). Zunehmend wird auch der deutsche Begriff der „Öffentlich Privaten Partnerschaft (Ö. P. P.)“ gebraucht, vgl. etwa das Grünbuch der Kommission zu öffentlich-privaten Partnerschaften (KOM [2004] 327 endg. v. 30.4. 2004). 62 Schoch, in: Erichsen, Kommunale Verwaltung im Wandel, 101 (103). 63 Kahl, DÖV 2000, 793.
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Nach inzwischen weit verbreitetem Verständnis sind folgende Merkmale begriffsbildend: Interaktion zwischen öffentlicher Hand und Akteuren aus dem privaten Sektor, Fokus auf Verfolgung komplementärer Ziele, Synergiepotentiale bei der Zusammenarbeit, Prozessorientierung, Identität und Verantwortung der Partner bleiben intakt und die Zusammenarbeit ist (gesellschafts-)vertraglich formalisiert.65 Da, wie gesehen, gerade im Fall der funktionalen Privatisierung die Verantwortung der Behörde intakt bleibt, bildet diese den praktisch vielleicht bedeutsamsten Anwendungsfall eines P. P. P.66 Mit der Normierung eines „Kooperationsvertrages“ würden also die mehr heuristischen Kategorien der funktionalen Privatisierung und des P. P. P. auf die Ebene der Rechtsform „Verwaltungsvertrag“ überführt und damit dogmatisch greifbar. Die übrigen im Musterentwurf vorgeschlagenen Neuerungen betreffen die Modernisierung vorhandener Regelungen. Um faktisch durch Gleichordnung geprägte, zunehmend komplexe und auf langfristige Kooperation angelegten Verträgen gerecht zu werden67, soll vor allem das Fehlerfolgenregime verbessert und Nichtigkeitsfallen beseitigt werden. Zum Zwecke der flexibleren Handhabung behebbarer Verstöße gegen das Angemessenheitsgebot bzw. Koppelungsverbot des § 56 VwVfG soll ein neuer § 59 IV VwVfG eingefügt werden.68 Soweit ein Vertrag gem. § 59 II Nr. 4 wegen Verstoßes gegen die Vorgaben in § 56 VwVfG oder des neuen § 56a VwVfG nichtig ist, kann jede Partei künftig „anstelle der Rückabwicklung die Anpassung des Vertrages verlangen, soweit die nichtige durch eine angemessene wirksame Regelung ersetzt werden kann.“69 Am Schriftformerfordernis des § 57 VwVfG will man indes festhalten. Lediglich auf das Erfordernis der Urkundeneinheit soll verzichtet werden.70 Vor allem (aber nicht nur) im Hinblick auf die Qualifikation von Benutzungsverhält64 Zum Begriffsverständnis zusammenfassend Bonk, DVBl. 2004, 141 ff. Eine informale Kooperation soll insbesondere aus anglo-amerikanischer Sicht ausreichen, vgl. Stehlin/Gebhardt, VBlBW. 2005, 90 (dort mit Fn. 5). 65 So Budäus/Grüning, in: Budäus/Eichhorn, Public Private Partnership, 25 (54). Diese Kriterien sind vielfach rezipiert worden, vgl. dazu und zu weniger verbreiteten, nicht zwingend auf die vertragliche Formalisierung abstellenden Definitionsversuchen Ziekow, Verwaltungskooperationsrecht, S. 76 ff., speziell S. 79 oder zuletzt ähnlich Stehlin/Gebhardt, VBlBW. 2005, 90. 66 Zum Zusammenhang der Begriffe auch Kahl, DÖV 2000, 793. 67 Ziekow, Verwaltungskooperationsrecht, S. 187. 68 Vgl. auch Ziekow, Verwaltungskooperationsrecht, S. 132 ff. und den Bericht des Beirates in NVwZ 2002, 834 (835), die bisherigen Überlegungen weiterführend U. Stelkens DV 37 (2004), 193 ff. sowie Ziekow/Siegel, VerwArch 95 (2004), 281 (287). Für eine grundsätzliche Beibehaltung der strengen Nichtigkeitsregelungen Bonk, DVBl. 2004, 141 (149). Im Gegensatz dazu steht der Vorschlag von Butzer, DÖV 2002, 881 ff., das Koppelungsverbot gänzlich zu streichen. Vermittelnd Krebs, in: Krebs, Liber Amicorum Hans-Uwe Erichsen, 63 (75). 69 Zu den Motiven der genauen Wortwahl Schmitz, DVBl. 2005, 17 (23 f.).
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nissen als Verwaltungsverträge erweist sich das Schriftformerfordernis als nutzloses Hindernis. Denn viele dieser Rechtsbeziehungen, deren konsensualer Charakter keinem vernünftigen Zweifel unterliegt, können nur wegen § 57 VwVfG nicht als Verträge i. S. d. § 54 ff. VwVfG behandelt werden.71 Wesentliche (Haftungs-)fragen72 des Leistungsstörungsrechts werden infolgedessen auf der Grundlage „vertragsähnlicher“ Hilfskonstruktionen gelöst.73 Diese wuchern neben des gesetzlich bereitgestellten Rechtsformen und man verwendet viel Mühe, diese zu sortieren74, statt die Fälle geordnet über das Verwaltungsvertragsregime zu lösen. Die Schriftform sollte auf solche Fälle begrenzt werden, in denen deren Beweis-, Kontroll- und Warnfunktion75 tatsächlich greift. Der zwischenzeitlich unterbreitete, gegenwärtig aber wohl nicht weiterverfolgte Vorschlag, dass nach dem Modell des § 311b I 2 BGB (= § 313 S. 2 BGB a. F.) nicht schriftlich geschlossene Verträge wenigstens durch den Beginn des Vollzugs Gültigkeit erlangen können76, sollte daher wieder aufgegriffen werden.77 70 Zu Problemfällen BVerwG, Beschluss vom 30.4.1999, Az. 2 B 31/99 (JURIS) und OVG Lüneburg NJW 1998, 2921 (2921 f.) sowie NJW 1992, 1414 (1405) m. w. N.; zu weiteren Problemen der Schriftform zudem BVerwG NVwZ 1989, 873 f. und BVerwGE 84, 236 (244). 71 Dies gilt vor allem für die Benutzung öffentlicher Einrichtungen, treffend Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 215: „Der Bürger nimmt die Leistungen der diversen öffentlichen Einrichtungen eben nicht nur faktisch in Anspruch, sondern ihm ist klar und er ist damit einverstanden, dass mit der Inanspruchnahme zugleich rechtliche Bindungen der Gemeinde gegenüber entstehen. Dem korrespondiert auf Seiten der Gemeinde der Wille, eine verbindliche Leistungsbeziehung zum Bürger zu begründen.“, kritisch bereits Wagner, Die Anwendbarkeit des AGB-Gesetzes auf Benutzungsregelungen, S. 64 f. Die Praxis der Rspr. dem rechtsgeschäftlichen Vertragsschluss die Anbahnung eines nichtvertraglichen öffentlich-rechtlichen Benutzungsverhältnisses gegenüberzustellen, wirkt demgegenüber sehr künstlich und undogmatisch, beispielhaft die Ausführungen des OLG Koblenz NJW-RR 2001, 318 (Schwimmbadbenutzung), dass sinngemäß ausführt, dass die „Umstände an sich“ für den Abschluss eines Vertrages sprächen, das Verwenden des Begriffs „Gebühr“ hingegen zu Einstufung als nichtvertragliches öffentlich-rechtliches Benutzungsverhältnis führe. Zutreffend hingegen die Konstruktion eines konkludenten Vertragsschlusses bei BayVerfGH NVwZ 1998, 727 (728 f.) am Beispiel der Benutzung eines gemeindlichen Parkplatzes; ganz ähnlich OLG Dresden LKV 2001, 142 (143). 72 Vgl. Meysen, Verwaltungsrechtsverhältnis, S. 46 ff. 73 Dies gilt vor allem für die positive Forderungsverletzung (p. F. V.), näher unter § 16 B. III. 2. Ein typisches Beispiel liefert die Entscheidung des VGH München, Urt. v. 11.11.1992, Az. 7 B 91.3123 (JURIS). Dort scheiterte die (bei natürlicher Betrachtung gebotene) Qualifikation als öffentlich-rechtlicher (Auftrags-)Vertrag an der Schriftform. Insoweit ist es bezeichnend für die Problematik, dass man, um die Haftung aus p. F. V. zu ermöglichen, sich mit der Konstruktion eines „freiwillig übernommenen besonderen öffentlich-rechtlichen Auftragsverhältnisses kraft Gesetzes“ (!) behalf (a. a. O., Rz. 23). 74 Zu den bisherigen Versuchen, „verwaltungsrechtlichen Schuldverhältnissen“ dogmatisch kohärente Konturen zu verleihen zusammenfassend Meysen, Verwaltungsrechtsverhältnis, S. 144 ff. 75 Henneke, in: Knack, VwVfG, § 57, Rn. 3. 76 Vgl. dazu Schmitz, DVBl. 2005, 17 (23).
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Der Vorschlag, die in § 58 VwVfG vorgesehenen Abhängigkeit der Vertragswirksamkeit von der Zustimmung Drittbetroffener in eine Präklusionsregelung umzugestalten, soll gegenwärtig nicht weiterverfolgt und zum Zwecke näherer Untersuchung zunächst vertagt werden.78 Dass die kleine Lösung bisher noch nicht Gesetz geworden ist, mag u. a. daran liegen, dass speziell die Auswirkungen der Schuldrechtsmodernisierung als noch nicht hinreichend geklärt angesehen werden.79 Soweit im Folgenden auf die Vorschläge zur Reform der §§ 54 ff. VwVfG Bezug genommen wird, soll der wohl weitgehend konsensfähige Musterentwurf zu Grunde gelegt werden. C. Die Rechtsverhältnislehre als Ergänzungskategorie I. Das Verhältnis zur Handlungsformenlehre Funktion und Bedeutung der Rechtsverhältnislehre werden unterschiedlich beurteilt.80 Einst als echte Alternative zur überkommenen Rechtsformenlehre 77 Nach geltendem Recht findet sich zudem der Vorschlag, den Passus in § 57 VwVfG „soweit nicht durch Rechtsvorschrift eine andere Form zugelassen ist“ so zu lesen, dass auch durch Benutzungssatzung oder Rechtsverordnung eine Ausnahme von der Schriftform zulässig ist (vgl. dazu Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 57, Rn. 4 und 6 ebenso Henneke, in: Knack, § 57, Rn. 10; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 14, Rn. 29). M.E. entspricht dies auch dem Willen des historischen Gesetzgebers. Dort wird die Berechtigung der Schriftform überhaupt unter einen „Weiterentwicklungsvorbehalt“ gestellt: „Solange der Vertrag – im Gegensatz zu seiner Bedeutung im Zivilrecht und im Gegensatz zu dem eingebürgerten Verwaltungsakt – als atypische Regelung anzusehen ist, muss hierfür Schriftform verlangt werden.“ (BT-Drs. 7/910, S. 81, Hervorhebung durch den Verfasser). Inzwischen nimmt das Vertragsrecht im System der Rechtsformen keine Ausnahmeposition mehr ein, einen Vorrang „Entscheiden vor Vereinbaren“ gibt es nicht mehr (so etwa Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee, S. 265 f., Rn. 58 ähnlich Bonk/Schmitz, in: P. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 1, Rn. 9 oder Kahl, DÖV 2000, 793 [795]). Für städtebauliche Verträge hat der Gesetzgeber jüngst im Zuge der Einführung der neuen § 171c BauGB (Stadtumbauvertrag) und 171e V 3 BauGB (Maßnahmen der sozialen Stadt) durch das EAG-Bau ausdrücklich den Vorrang eines konsensualen Vorgehens betont. (vgl. dazu die Ausführungen in der Begründung zum Regierungsentwurf in BT-Drs. 15/2250, S. 60 f.). 78 Die Verknüpfung zwischen der Wirksamkeit des Vertrages und dem Zustimmungs- oder Einvernehmenserfordernis führt – insbesondere bei Verträgen mit Wirkungen für eine schwer überschaubare Anzahl Dritter – in der Praxis vielfach zu nicht hinnehmbarer zeitlicher Verzögerung und damit zu Rechtsunsicherheit für die Vertragsparteien, die sich bei beiderseits gewolltem Vollzug des Vertrags nicht auf dessen Bestandskraft verlassen können. Flexibilisierung erhofft man sich hier durch eine Präklusionsregelung. 79 Vgl. nur die Feststellung des Beirates in NVwZ 2002, 834 (835) oder das Fazit bei Geis, NVwZ 2002, 385 (391). 80 Zu den Grundüberlegungen sowie der anfänglich intensiven Diskussion Achterberg, Rechtsordnung als Rechtsverhältnisordnung, pass.; ders., Allgemeines Verwaltungsrecht, § 20; Krause, VVDStRL 45 (1987), 212 ff.; Löwer, NVwZ 1986, 793 ff.; Ehlers, DVBl. 1986, 912 ff. sowie Hill, NJW 1986, 2602 ff. Zu den davor liegenden
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konzipiert81, wird ihr inzwischen überwiegend eine die Rechtsformenlehre ergänzende Rolle zugewiesen.82 Denn das Rechtsverhältnis alleine „löst“ keine Rechtsfälle. Die Rechtsprobleme speziell bei Dauerrechtsverhältnissen der Leistungsverwaltung lassen sich praktisch nur in Anknüpfung an die konkreten Rechtsregelen, welche die Rechtsform Verwaltungsvertrag bereithält, lösen.83 Auch liefert allein die Rechtsform einen greifbaren Anknüpfungspunkt für den Gegenstand und die Art des Rechtsschutzes; sie steuert die Rechtmäßigkeitsanforderungen, das einzuhaltende Verfahren sowie die Bestandskraft und kanalisiert so das amorphe Verwaltungshandeln.84 II. Funktionen und Ergänzungspotentiale der Rechtsverhältnislehre am Beispiel des öffentlich-rechtlichen Verwaltungsvertrages Isoliert betrachtet verharren die im VwVfG vertypten Rechtsformen auf einer mittleren Abstraktionshöhe85, die zwar Auskunft über besondere rechtliche Anforderungen und Wirkungen des Verwaltungshandelns gibt, jedoch zu hoch ist, um ergänzende Pflichtmomente und Grundsätze im Detail dogmatisch zu erklären.86 Als grobgliedrige, fest installierte Schaltstelle ermöglichen die §§ 54 ff. VwVfG eine transparente äußerliche Anknüpfung, eine formale Strukturierung und Bewirkung der „Speicherfunktion“. Der Blick auf die innere Struktur der verwaltungsvertraglichen Rechtsbeziehung bleibt indes zunächst verschlossen. Hier zeigt sich der Nutzen der Rechtsverhältnislehre: Als unselbständiges Ergänzungselement ermöglicht sie eine ganzheitliche Erfassung der bereitstehenden Entscheidungsverfahren, Handlungsformen und Normprogramme.87 Sie erfüllt eine heuristische und dogmatische Funktion88, indem sie eine Palette an dogmatischen Wurzeln zusammenfassend Kellner, Haftungsprobleme, S. 49 dort mit Fn. 3. 81 Viel zitiert sind in diesem Zusammenhang die Aussprüche von Häberle auf der Sozialrechtslehrertagung 1979, vgl. Häberle, in: Häberle, Verfassung des Pluralismus, 248 ff.: „neuer archimedischer Bezugspunkt“ (250) oder „Pfeiler einer neuen Systembildung“ (265); Kempen, Formenwahlfreiheit, S. 102 ff. und Kellner, Haftungsprobleme, S. 49 f. 82 Das Wohlwollen, mit dem die Figur Anfang der 1980er aufgenommen wurde, war bereits gegen Ende der Dekade sehr zurückhaltender Beurteilung und Ablehnung gewichen; zusammenfassend Kempen, Formenwahlfreiheit, S. 103 f. und Kellner, Haftungsprobleme, S. 49 f. 83 Vgl. Kempen, Formenwahlfreiheit, S. 103 f. 84 Dazu bereits (teilweise mit Blick auf den Verwaltungsakt) BVerwGE 3, 258 (262); 34, 248 (250 f.); Bauer, DV 25 (1992), 301 (310); Schmidt-Aßmann, DVBl. 1989, 533 f. sowie ders., Ordnungsidee, 6. Kapitel, Rn. 34; Gurlit, Verwaltungsvertrag, S. 3 und Kellner, Haftungsfragen, S. 61. 85 Schmidt-Aßmann, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann, Reform des Allgemeinen Verwaltungsrechts, 11 (44 und 62). Zur Gewinnung der Handlungs- bzw. Rechtsformen durch Abstraktion Kempen, Formenwahlfreiheit, S. 95. 86 Kellner, Haftungsprobleme, S. 61.
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Mehrleistungen und Präzisierungen ermöglicht89: In Ergänzung der auf die Entscheidungen fokussierten Formenlehre nimmt die Rechtsverhältnislehre die Beziehung der Akteure zueinander zum Anknüpfungspunkt und ordnet sie als Rechtsbeziehung.90 Die Dimension der Zeit wird ebenso wie die das Rechtsverhältnis konstituierende Verbindung von Rechten und Pflichten greifbar.91 Eine zeitlich gestreckte Betrachtung ermöglicht es, mit der Kategorie des Rechtsverhältnisses ebenso wie im Zivilrecht in allen Stadien der Beziehung – also während der Anbahnung des Verwaltungsverfahrens, im Verwaltungsverfahren und nach Abschluss des Verwaltungsverfahrens – den jeweils variierenden Rechten und Pflichten einen strukturierenden Ordnungsrahmen zu geben.92 Das verwaltungsverfahrensrechtliche Rechtsverhältnis bildet dann nur noch den „harten Kern“93 der auf einer in beide Richtungen erweiterten Zeitachse angesiedelten Beziehung. Problemlos lassen sich so auch Neben- oder Schutzpflichten der Parteien, etwa solche zur gegenseitigen Rücksichtnahme oder Fürsorge, systematisieren.94 So wird eine Brücke geschlagen zu den rezipierten Privatrechtsnormen, welche überwiegend an die Kategorie des Schuldverhältnisses anknüpfen.95 Als selbständige (Ergänzungs-)Kategorie des öffentlichen Rechts ist es Aufgabe der Rechtsverhältnislehre, normative und faktische Strukturen sichtbar zu machen, welche das verwaltungsvertragliche Rechtsverhältnis von Rechtsverhältnissen zwischen Privaten abhebt.96 Die so herauszupräparierenden Beson87 Schoch, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann, Innovation und Flexibilität, 199 (211). 88 Zur Aufgliederung in heuristische, strukturierende und dogmatische Funktion vgl. Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee, 6. Kapitel, Rn. 42 ff. Die strukturierende Funktion ist im Folgenden weniger bedeutsam. 89 Dazu mit weiteren, im Folgenden nicht erörterten „Ergänzungsleistungen“ Schoch, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann, Innovation und Flexibilität, 199 (212– 214). 90 Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee, 6. Kapitel, Rn. 40 (Hervorhebung durch den Verfasser). 91 Insbesondere können Erklärungsmuster für Haupt- und Nebenpflichten sowie Obliegenheiten spezifisch öffentlich-rechtlicher Prägung in zwei und mehrseitigen Rechtsbeziehungen erarbeitet werden; vgl. Schoch, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann, Innovation und Flexibilität, 199 (213). 92 Dazu Beyerlin, NJW 1987, 2713 (2718); Kellner, Haftungsprobleme, S. 58 und Bauer, DV 25, 301 (311 ff.); zur phasenspezifischen Ausformung speziell des Verwaltungsvertragsrechts Gurlit, Verwaltungsvertrag, S. 9. Grundlegende Ausführungen finden sich etwa bei Krebs, VVDStRL 52 (1993), 248 ff. (252, 258 f.); Bauer, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann, Innovation und Flexibilität, 245 (254 ff.); Keller, Vorvertragliche Schuldverhältnisse, S. 21 ff., 27 ff. vor allem 33 ff. 93 Beyerlin, NJW 1987, 2713 (2718). 94 Bauer, DV 25 (1992), 301 (322). 95 Zum Verhältnis der privatrechtlichen Kategorie des Schuldverhältnisses zum verwaltungsrechtlichen Rechtsverhältnis näher Kellner, Haftungsprobleme, S. 49 f. 96 Zusätzliche Präzisierungen kann dabei die Orientierung an Verwaltungsvertragstypen bieten (dazu die unter § 9 C. erwähnten Kategorisierungen). Allerdings stellt
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derheiten gilt es dann bei der Rezeption einzelner neuer oder modernisierter Privatrechtsinstitute zu formulieren.97 III. Berücksichtigung vertragstypenspezifischer Parallelitäten zwischen privatrechtlichem Schuldverhältnis und öffentlich-rechtlichem Verwaltungsvertrag Sondiert man die Teilrechtsordnungen auf strukturelle Parallelitäten im Hinblick auf durch die Rechtsordnung zu regulierende Besonderheiten der vertraglichen Rechtsverhältnisse, wird man in doppelter Weise fündig: Im Privatrecht finden sich zunehmend Regeln, welche statt an die Gleichrangigkeit der Akteure an ein auszugleichendes Machtgefälle anknüpfen98. Hier wird zu fragen sein, ob sich diese Rechtsregeln im Kontext des der §§ 54 ff. VwVfG fruchtbar machen lassen, weil sich auch dort ein Machtgefälle der Verwaltung gegenüber dem Bürger findet. Umgekehrt begegnen sich Behörde und Privater zunehmend bei der Anbahnung eines Vertrags faktisch als gleichberechtigte und grundsätzlich gleichgestellte Partner.99 Verträge sind damit häufig das Produkt eines durch beidseitige Macht- und Drohpotentiale geprägten Aushandlungsvorgangs. Obwohl die Verhandlungsposition vielfach nicht nur formal sondern auch faktisch noch zugunsten der Verwaltung, durch deren exklusive Ausstattung mit hoheitlichen Handlungsbefugnissen geprägt ist100, kann der Private dem starke Argumente entgegensetzen: Nicht nur über das Vorenthalten von Informationen oder das Androhen zeitraubender Rechtsmittel sondern vor allem durch Androhen, infrastrukturell bedeutsame Investitionen oder Kooperationen vorzuenthalten, kann er Einfluss auf das Verhandlungsergebnis nehmen.101 Bisweilen ist sogar die Verwaltung und nicht der Private die vor einseitiger Verhandlungsmacht zu schützende Partei.102 Die faktischen Ausgangslagen nähern sich insojeder Vertragstypus eine Bauform des Rechts dar, in welcher typische Identitätsmerkmale einer Gruppe von Rechtsverhältnissen abgebildet sind. Damit geht die Analyse des Rechtsverhältnisses der Typenbildung zunächst voraus. Dieser erste Entwicklungsschritt ist für das Verwaltungsvertragsrecht aber noch in vollem Gange und zeigt sich etwa bei der Normierung des „Kooperationsvertrages“. 97 Exemplarisch sei nur auf den neuen Pflichtverletzungstatbestand verwiesen. Diesbezgl. lässt sich etwa fragen, ob und wie weit die rechtsgebundene Verwaltung im Vergleich zu Privaten besondere Pflichten trifft (eingehend unter § 16 B. IV. 1.). 98 Dazu oben § 3 A. 99 Dazu Benz, Kooperative Verwaltung, S. 28, 38, 113; Spannowsky, Verträge und Absprachen, S. 70; Rossen, Vollzug und Verhandlung, S. 214, 294 sowie Rossen-Stadtfeld, NVwZ 2001, 361 (365). 100 Sie kann als Drohpotential vor allem den einseitig-imperativen Gesetzesvollzug mittels des Erlasses einer belastenden Maßnahme oder auch die Versagung der erwünschten Amtshandlung einsetzen; vgl. Benz, Kooperative Verwaltung, S. 116. 101 Zu diesen Aspekten Benz, Kooperative Verwaltung, S. 105 und 247; Spannowsky, Verträge und Absprachen, S. 51 sowie Kellner, Haftungsprobleme, S. 74.
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fern denen des Privatrechts an. Unter Beachtung der Rechtsverhältnislehre eröffnen sich nun Differenzierungsmöglichkeiten: Ist eine Privatrechtsnorm über § 62 S. 2 VwVfG anwendbar, können aus den Spezifika des jeweiligen Verwaltungsrechtsverhältnisses Schlüsse bzgl. der Auslegung der jeweiligen Privatrechtsnorm gezogen werden. Viele für das Verwaltungsvertragsrecht bedeutsame Privatrechtsnormen enthalten unbestimmte und wertungs- bzw. ausfüllungsoffene Rechtsbegriffe, welche eine differenzierte Berücksichtigung der das Verwaltungsrechtsverhältnis prägenden Besonderheiten ermöglichen aber auch bedürfen. Das von der Verwaltung verfolgte öffentliche Interesse kann dabei als Parteiinteresse Eingang in die Auslegung finden, etwa bei der Bestimmung einer „unangemessenen Benachteiligung“ i. S. d. § 307 I BGB im Rahmen der Kontrolle allgemeiner Geschäftsbedingungen103 oder bei der Frage, ob eine Vertragsanpassung i. S. d. § 60 I 1 VwVfG oder § 313 I BGB i. V. m. § 62 S. 2 VwVfG bei Störung der Geschäftsgrundlage noch „zumutbar“ ist104. Anzustreben ist dabei eine differenzierte Bewertung des öffentlichen Interesses im Wechselbezug zum Interesse des (privaten) Vertragspartners unter Berücksichtigung der jeweiligen Besonderheiten des Rechtsverhältnisses. IV. Der öffentlich-rechtliche Verwaltungsvertrag als Rechtsverhältnis: begriffliche Präzisierungen Die verschiedenen Zustände der Beziehungen zwischen den Rechtssubjekten lassen sich in „Allgemeine“ und „Besondere Rechtsverhältnisse“ aufgliedern105 Mit „Allgemeinem Rechtsverhältnis“ ist lediglich das rechtliche Grundverhältnis, in welchem ein Mitglied des rechtlich verfassten Gemeinwesens zum Staat oder anderen Mitbürgern steht, beschrieben. Es ist nicht mehr als eine „abstrakt theoretische Grundrelation“106. Diese ist in ihrem Abstraktionsniveau zu hoch, um greifbare rechtliche Schlüsse daraus zu ziehen.107 Die zunächst indifferente Relation kann in ein rechtsdogmatisch bedeutsames Besonderes Rechtsverhältnis „umschlagen“, in welchem sich die zunächst nicht näher bestimmbare Berührung „aktualisiert“. Erst soweit sich die rechtliche Beziehung zwischen zwei oder mehr Rechtssubjekten aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer Rechtsnorm ergibt, liegt ein Besonderes Rechtsverhältnis vor.108 102
Butzer, DÖV 2002, 881 (890). Im Einzelnen dazu unter § 13 E. 104 Siehe dazu die Ausführungen zu § 60 VwVfG und den neuen §§ 313 f. BGB unter § 17 C. IV. 105 Ausführlich Kellner, Haftungsprobleme, S. 51 ff. 106 Bauer, Grundlagen, S. 169. 107 Kellner, Haftungsprobleme, S. 52. 108 Vgl. Achterberg, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 20, Rn. 14; Erichsen, in: Erichsen/Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 11, Rn. 4; Maurer, Allgemeines 103
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Für (verwaltungs-)vertragliche Beziehungen als klassisches Rechtsverhältnis drängt sich die Bezugnahme auf die Rechtsverhältnislehre damit geradezu auf.109 Mit der Rezeption des privatrechtlichen Normenbestandes über § 62 S. 2 VwVfG knüpft man an die im Hinblick auf das privatrechtliche Schuldverhältnis, den Prototypen des Besonderen Rechtsverhältnisses110, geschaffenen Rechtsregeln an. Die für die Figur des Verwaltungsrechtsverhältnisses bzw. verwaltungsrechtlichen Schuldverhältnisses als Besonderem Rechtsverhältnis auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts111 entwickelten Aussagen112 lassen sich hierbei auf verwaltungsvertragliche Problemstellungen teilweise übertragen. Die dogmatische Verwandtheit der Figuren kommt in der Differenzierung zwischen verwaltungsrechtlichem Schuldverhältnis im weiteren und im engeren Sinne zum Ausdruck.113 Unter „Verwaltungsrechtlichem Schuldverhältnis i. w. S.“ ist „jede zwischen Verwaltungsträgern untereinander oder zwischen Verwaltung und Bürger bestehende öffentlich-rechtliche Sonderverbindung zu verstehen, kraft derer eine Leistung geschuldet wird, wobei gleichgültig ist, auf welche Weise diese Sonderbeziehung entsteht (durch Gesetz, Vertrag, Verwaltungsakt, tatsächliche Inanspruchnahme) und ob die Leistungspflichten einseitig oder wechselseitig sind.“114 In diesem Sinne handelt es sich um eine Sammelkategorie, einen Oberbegriff, welcher auch den verwaltungsrechtlichen Vertrag mit einschließt.115 Im engeren Sinne sind hingegen nur solche engen öffentlich-rechtlichen Sonderbeziehungen zwischen Verwaltung und Bürger umfasst, die einem privatrechtlichen Schuldverhältnis sehr ähnlich sind, aber gerade keinen Vertragscharakter aufweisen, sondern durch bloße Inanspruchnahme der Leistung zustande kommen.116
Verwaltungsrecht, § 8, Rn. 16; Kellner, Haftungsprobleme, S. 53; im Hinblick auf das Verwaltungsverfahren P. Stelkens/Schmitz, in: P. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 9, Rn. 16 jew. m. w. N. 109 Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 173. Schlette hält die Kategorie des Rechtsverhältnisses gleichwohl für gegenwärtig noch zu unbestimmt und unausgearbeitet, dass er sie bei seiner nachfolgenden Untersuchung weitgehend unbeachtet lässt. 110 Kellner, Haftungsprobleme, S. 54. 111 Erichsen, in: Erichsen/Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 11, Rn. 8. 112 Zusammenfassend jüngst von Kellner, Haftungsprobleme, S. 51 ff. herausgearbeitet. 113 Vgl. nur Bonk, in: P. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 54, Rn. 44 sowie ausführlich jetzt Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 211 ff. 114 Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 211 f. 115 Ähnlich Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht II, § 55, Rn. 2 ff. mit einer Auflistung aller erfassten Phänomene. 116 Bonk, in: P. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 54, Rn. 44; daran anknüpfend Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 212.
134 2. Teil 1. Abschn.: Der Verwaltungsvertrag zwischen den Teilrechtsordnungen
Zusammenfassend kommt der Rechtsverhältnislehre im Hinblick auf das modernisierte Privatrecht eine rezeptionsleitende Funktion117 zu. In Ergänzung der Handlungsformenlehre vermag die Rechtsverhältnislehre ganzheitlich die Relation zwischen Behörde und Bürger in allen Phasen der Interaktion bei vertraglichem Handeln zu erfassen und sämtlichen Rechten und Verpflichtungen einen bündelnden Rahmen zu geben.118 Als aliierende, nicht als rivalisierende Doktrinen119 bilden die Handlungs- bzw. Rechtsform der §§ 54 ff. VwVfG und die Rechtsverhältnislehre funktionell komplementäre Komponenten eines modernen Verwaltungsvertragsrechts. In der hervorgehobenen Wechselbezüglichkeit bilden sie die dogmatische Grundlage differenzierter Lösungen im Hinblick auf die Rezeption privatrechtlicher Normen. Im Lichte der Rechtsverhältnislehre betrachtet lässt sich der öffentlich-rechtliche Vertrag als „Besonderes Rechtsverhältnis“ oder „Verwaltungsrechtsverhältnis i. w. S.“ beschreiben“. In Anknüpfung an den etablierten Begriff des „Verwaltungsrechtsverhältnisses“ einerseits und zur Betonung der spezifischen Verwandtschaft mit der Kategorie des privatrechtlichen „Schuldverhältnisses“ andererseits, lässt sich zusammenführend auch von „Verwaltungsrechtsschuldverhältnis“ sprechen.120
§ 8 Öffentlich-rechtliche und privatrechtliche Verträge der Behörde A. Verwaltungsvertragsrecht: Einheit in der Zweiteilung? Hinsichtlich des Verwaltungsvertragsrechts als Rechtsmaterie im Schnittbereich der Teilrechtsordnungen lenkt eine Grundaussage das Erkenntnisinteresse: Das gesamte Vertragsrecht der Verwaltung ist von deren Sonderbindungen her zu entwickeln.121 Damit ist das Ziel, weniger hingegen der konkret einzuschlagende Weg beschrieben. Während das „ob“ durchgängiger Rechtsbindung der Verwaltung (III.) heute kaum noch jemand bezweifelt, stellt das „wie“, also die Frage nach der Visualisierung der abstrakten Bindung in konkret anwendbaren Rechtsregeln, die Rechtswissenschaft besonders bei privatrechtlichem Vertragshandeln vor große Herausforderungen. Mit dem Verwaltungsprivatrecht und der Zweistufentheorie (IV.) finden sich tradierte Muster, mit welchen man die Bin117 Dazu Schoch, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann, Innovation und Flexibilität, 199 (205). 118 Vgl. Meysen, Verwaltungsrechtsverhältnis, S. 53; Kellner, Haftungsprobleme, S. 62; Bauer, DV 25 (1992), 301 (319, 321 f.). 119 Kellner, Haftungsprobleme, S. 63 zum generellen Verhältnis der Handlungsform zur Rechtsverhältnislehre. 120 So Gurlit, Verwaltungsvertrag, S. 9. 121 Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee, 6. Kapitel, Rn. 114; vgl. auch H. C. Röhl, Verwaltung durch Vertrag, § 2 A I 1.
§ 8 Öffentlich-rechtliche und privatrechtliche Verträge der Behörde
135
dungen in dogmatische Formen zu gießen suchte. Fragt man nach dem „warum“, bzw. der Ursache, all dieser Bemühungen, wird man bei der Annahme einer Formenwahlfreiheit der Verwaltung fündig. Nach einer kurzen Überlegung zur Terminologie (I.), soll die Frage der Wahlfreiheit daher den Ausgangspunkt weiterer Überlegungen bilden (II.). I. Einheit des Begriffs Terminologisch hat sich hinsichtlich der von der Verwaltung geschlossenen Verträge bis in die neuste Zeit kein einheitlicher Sprachgebrauch herausgebildet. Am häufigsten finden sich die Formulierungen „öffentlich-rechtlicher Vertrag“122, „verwaltungsrechtlicher Vertrag“123 oder „Verwaltungsvertrag“124. Der Terminus „öffentlich-rechtlicher Vertrag“ trifft bekanntlich den Untersuchungsgegenstand nicht ganz präzise, da es nicht um Verträge auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts in ihrer Gesamtheit geht.125 Wegen der sprachlichen Prägnanz und der terminologischen Parallele zur Rechtsform des Verwaltungsakts soll im Weiteren einheitlich dem Begriff des „Verwaltungsvertrages“ gefolgt werden. Inhaltlich wird hierunter im Folgenden verstanden: Jeder Vertrag an welchem auf mindestens einer Seite eine Stelle der öffentlichen Verwaltung beteiligt ist.126 Mit dem Begriff werden allerdings unterschiedliche Konzepte verbunden. So ist für die einen die Zuordnung eines „Verwaltungsvertrags“ zur einen oder an122 Henneke, in: Knack, VwVfG, § 54, Rn. 1 oder 6; Reicherzer, ZRP 2004, 112 ff. oder U. Stelkens, DV 37 (2004), 193 (etwa 195 und 200). 123 Etwa Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 54, Rn. 1; Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht II, § 54; Detterbeck, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 11, Rn. 783; Ehlers, Jura 2003, 30 (32); ders., GewArch 45 (1999), 305 oder jüngst Bonk, DVBl. 2004, 141 (142); BVerwGE 98, 58 (63); VGH Mannheim VBlBW. 2004, 52 (53) sowie der EuGH, Urt. v. 12.7.2001, Rs C-399/98, Rn. 73. 124 So z. B. Gurlit, Verwaltungsvertrag, S. 23 f.; Hamann, Verwaltungsvertrag, pass.; U. Stelkens, Verwaltungsprivatrecht, z. B. S. 335, 340, 660, 818; Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 11, Rn. 2 ff.; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 14, Rn. 1 ff.; ders., DVBl. 1989, 798 ff.; Maurer/Bartscher, Praxis des Verwaltungsvertrags, S. 1; Kahl, DÖV 2000, 793 (794 ff.); Burgi, NZBau 2002, 57 ff. oder Butzer, DÖV 2002, 881. Teilweise werden die Begriffe auch undifferenziert nebeneinander verwendet, etwa Ogorek, JA 2003, 436 ff.; Peine, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 8, Rn. 267; Butterwegge, Verwaltungsvertrag und Verwaltungsakt, S. 17 oder jüngst auch Kaminski, Kündigung von Verwaltungsverträgen, S. 29 ff. 125 Also nicht etwa verfassungsrechtliche, staatskirchenrechtliche oder völkerrechtliche Verträge. 126 Vgl. Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee, 6. Kapitel, Rn. 114; Erichsen, in: Erichsen/Ehlers, Verwaltungsrecht, § 24 Rn. 1; Gurlit, Verwaltungsvertrag, S. 24; Krebs, VVDStRL 52 (1993), 248 (257 f.); Spannowsky, Verträge und Absprachen, S. 48; Voßkuhle, VerwArch 92 (2001), 184 (205, dort mit Fn. 130) und neuerlich Reimer, VerwArch 94 (2003), S. 543 (547).
136 2. Teil 1. Abschn.: Der Verwaltungsvertrag zwischen den Teilrechtsordnungen
deren Rechtsordnung irrelevant.127 „Verwaltungsvertrag“ ist für Vertreter dieser Sichtweise weniger die Bezeichnung einer dogmatischen Kategorie als mehr die eines heuristischen Grundtypus. Es gibt danach „privatrechtliche Verwaltungsverträge“ und „öffentlich-rechtliche Verwaltungsverträge“ zwischen Behörde und Bürger. Andere interpretieren den Begriff isoliert aus der Perspektive des administrativen Handlungssystems und verstehen ihn als dogmatisch präzisierte Betitelung der Rechtsform, welche das Gesetz als „öffentlich-rechtliche Verträge“ i. S. d. §§ 54 ff. VwVfG neben die Rechtsform „Verwaltungsakt“ stellt. Soweit dabei zugleich für eine Abkehr von Wahlfreiheit und Verwaltungsprivatrecht plädiert wird, existieren neben (öffentlich-rechtlichen) „Verwaltungsverträgen“ nur „privatrechtliche Verträge“ der Verwaltung, für welche grundsätzlich kein fest definiertes Sonderrechtsregime gilt und mithin auch keine die Sondersituation Verwaltung reflektierende Betitelung nötig ist. Handelt es sich um grundsätzlich gegensätzliche Konzepte?128 Um dies zu beantworten (VI.), muss zunächst der Blick für einige überkommene Grundannahmen geschärft werden (II. bis V.). II. Wahlfreiheit Eine Wahlfreiheit der Verwaltung129 wird in zweierlei Weise angenommen130: Zunächst soll die Verwaltung über das Rechtsregime entscheiden dürfen. So räumen Rechtsprechung und große Teile der Literatur der Verwaltung ein praktisch unbegrenztes Wahlrecht ein, ihre Aufgaben nach Belieben in den Formen des öffentlichen Rechts oder des Zivilrechts wahrzunehmen und sich zumindest formal dem auf öffentlich-rechtliches Handeln beschränkten Anwendungsbereich des VwVfG zu entziehen.131 Dies ist die eigentliche behördliche „Formenwahlfreiheit“; sie gilt für das gesamte Verwaltungshandeln, mit Aus127 Deutlich Gurlit, Verwaltungsvertrag, S. 24 oder Spannowsky, Verträge und Absprachen, S. 48. 128 So etwa H. C. Röhl, Verwaltung durch Vertrag, § 2, I. 2. c) oder Brohm, JZ 2000, 321 (322 ff.) und ders., in: Bauer/Breuer/Degenhart/Oldiges, 100 Jahre Allg. BauG Sachsen, 457 (462 ff.). 129 Zu den Grundüberlegungen Frotscher, Ausgestaltung kommunaler Nutzungsverhältnisse, S. 10 ff.; Schmidt-Aßmann, in: Schmidt-Aßmann, Besonderes Verwaltungsrecht, S. 79 f., Rn. 112; Seewald, in: Steiner, Besonderes Verwaltungsrecht, S. 56 f., Rn. 141 und S. 58, Rn. 143 ff.; Papier, in: Erichsen/Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 41, Rn. 33; Schnapp, DÖV 1990, 826 ff. 130 Ehlers, GewArch 95 (1999), 305. 131 Neben der Wahl der Handlungsform umfasst die Wahlfreiheit auch die Organisationsform, zum Ganzen statt vieler Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 122 ff. sowie Ehlers, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 40, Rn. 242 ff. mit umfangreichen Nachweisen. Aufgrund der Fokussierung auf die Verträge im Anwendungsbereich der §§ 54 f. VwVfG werden Verträge des Bürgers mit privatisierten Einrichtungen oder anderen Privaten von der Untersuchung ausgenommen, vgl. § 6.
§ 8 Öffentlich-rechtliche und privatrechtliche Verträge der Behörde
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nahme der Eingriffsverwaltung i. e. S., für die das Zivilrecht keine passenden Formen bereitstellt.132 Hat die Verwaltung für das öffentliche Recht „votiert“, kann sie sodann noch zwischen Verwaltungsakt und Verwaltungsvertrag wählen.133 Eine Begrenzung erfährt das freie Auswahlermessen nur dadurch, dass die konkrete Form des Verwaltungshandelns nicht missbräuchlich sein darf.134 Die Formenwahlfreiheit stellt die Weiche für drei hieraus resultierende, ineinander verwobene Folgefragen135: Welchen Bindungen unterliegt die Verwaltung soweit sie die Privatrechtsform wählt? (III.); wie und bezogen auf welche privatrechtlichen Verträge der Verwaltung sollte diesen Bindungen mittels verwaltungsprivatrechtlicher Rechtsregeln Rechnung getragen werden? (VI.) und schließlich, wie kann zwischen privatem und öffentlichem Vertragshandeln der Verwaltung abgegrenzt werden?136 (V.). III. Rechtsformunabhängige Gesetzesbindung bei Vertragshandeln Die Verwaltung handelt bei Vertragsschlüssen wie bei allen anderen Gestaltungsmöglichkeiten auf der Grundlage rechtsgebundener Kompetenz und anders als ein privater Vertragspartner nicht auf der Grundlage privater Vertragsfreiheit.137 Auch im Falle privatrechtlichen Handelns genießt sie keine Privatautonomie138, sondern bleibt dem Grundsatz des Vorrangs des Gesetzes verpflich132
So die Differenzierung bei Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S, 65. Zur Illustration sei auf das Subventionsrecht verwiesen. Selbst wenn man wie hier in Abkehr von verwaltungsprivatrechtlichen Lehren und Zweistufentheorie ein einheitlich öffentlich-rechtliches Subventionsrecht als vorzugswürdig erachtet, bleibt die „Wahl“ zwischen Subventionierung einheitlich durch Verwaltungsakt oder (was vorzugswürdig erscheint) einheitlich durch Verwaltungsvertrag, näher unter § 10 B. II. 134 Spannowsky, UPR 2003, 81 (83 f.). Auf dieser Linie liegt auch das Urteil des VGH Mannheim NuR 2002, 496 ff., der annimmt, dass das aus § 1 VI BauGB abgeleitete Gebot der Konfliktbewältigung eine für den betreffenden Zweck geschaffene eigenständige öffentlich-rechtliche Rechtsnorm sei, die der Wahrnehmung dieser Aufgabe mit Mitteln des Privatrechts entgegenstehe. 135 Zum Zusammenhang der Problemschichten Brohm, JZ 2000. 321 (325). 136 Dabei handelt es sich keineswegs – wie teilweise behauptet – um eine Frage rein akademischer Natur, sondern um eine praktisch relevante, in der Rechtsordnung selbst angelegte Differenzierung; zu dieser Einschätzung Erichsen, in: Erichsen/Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 24, Rn. 1; Bonk, in: P. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 54, Rn. 73; Schmidt, Unterscheidung von Privatem und Öffentlichem Recht, S. 42; Spannowsky, Verträge und Absprachen, S. 111; Oerder, BauR 1998, 22; Brohm, JZ 2000, 321 (325); Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht I, § 54, Rn. 17; Peine, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 3, Rn. 41 oder aus Sicht der Praxis etwa Rastätter, DNotZ 2000, 17 (22). Trotz dezidierter Auseinandersetzung mit der Angleichung der Rechtmäßigkeitsmaßstäbe die praktische Relevanz der Abgrenzung betonend jüngst erneut Spannowsky, UPR 2003, 81 (82 und 91). 137 Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee, 6. Kapitel, Rn. 114; vgl. auch Spannowsky, UPR 2003, 81 (86); Brohm, in: Bauer/Breuer/Degenhart/Oldiges, 100 Jahre Allg. 133
138 2. Teil 1. Abschn.: Der Verwaltungsvertrag zwischen den Teilrechtsordnungen
tet.139 Auch der Umstand, dass sich der Private durch den Vertragsschluss freiwillig in ein (auch) ihn verpflichtendes Rechtsverhältnis zu der Verwaltung begibt, dispensiert diese nicht von der Gesetzesbindung.140 Demgegenüber ist für den Privaten der Abschluss auch eines öffentlich-rechtlichen Verwaltungsvertrages Ausdruck seiner Privatautonomie.141 Das Ausgehandelte gilt nur deshalb, weil auch er es will.142 Die selbstbestimmte vertragliche Übernahme von Pflichten ist Grundrechtsverwirklichung des Privaten und kein Grundrechtseingriff143, so dass der Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes gemeinhin für unanwendbar erachtet wird.144 Im Idealfall des Vertragsschlusses, bei welchem der Private auch faktisch gleichgeordnet der Behörde gegenübersteht, ist dies nicht zu bestreiten.145 Allerdings müssen in den Fällen, in welchen eine faktische Gleichordnung nicht besteht, verfahrensmäßige Sicherungen eingreifen, welche diese Ungleichgewichtslage bestenfalls aufheben, jedenfalls theoretisch ausgleichen und abfangen. Nur dann ist der Vertragsabschluss für den Privaten tatsächlich ein Akt der Selbstbestimmung, welcher die Vermutung der „Richtigkeit“ des Vertrages rechtfertigt.146 Damit erweist sich das Paradigma der Unanwendbarkeit des Gesetzesvorbehalts überall dort als brüchig, wo ein VerwaltungsverBauG Sachsen, 457 (463 f.) oder Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 11, Rn. 170. 138 Vgl. statt vieler U. Stelkens, DV 37 (2004), 193 (196); Ziekow/Siegel, VerwArch 95 (2004), 133 (140 f.) und Ziekow, Verwaltungskooperationsrecht, S. 122 f. oder Schmidt-Aßmann, in: FS Brohm, 547 (556). 139 Dazu U. Stelkens, DV 37 (2004), 193 (196) sowie ders., Verwaltungsprivatrecht, S. 141; Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 11, Rn. 170 oder Spannowsky, UPR 2003, 81 (86). 140 Bonk, in: P. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 56, Rn. 26; Ziekow, Verwaltungskooperationsrecht, S. 122; Gurlit, Verwaltungsvertrag, S. 333; Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 82 f. oder U. Stelkens, DV 37 (2004), 193 (196). Eine Abschwächung erfährt der sonst uneingeschränkt geltende Gesetzesvorrang lediglich bei Vergleichsverträgen, vgl. Krebs, VVDStRL 52 (1993), 248 (263 f.). 141 Siehe nur Gurlit, Verwaltungsvertrag, S. 333 sowie Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 66 ff. 142 Schapmann, Sanierungsvertrag, S. 120. 143 So bereits BVerwGE 42, 331 (335); grundsätzlich zustimmend Krebs, VVDStRL 52 (1993), 248 (265 f.), der gleichwohl aus der objektiven Dimension des Gesetzesvorbehalts für manche nicht geregelte Verträge das Gebot einer dichteren normativen Vorordnung formuliert; vgl. auch Schilling, VerwArch 87 (1996), 191 (204). 144 Vgl Gurlit, Verwaltungsvertrag, S. 295, 389 ff.; Schmidt-Aßmann, in: FS Gelzer, 117 (122), S. 185 ff.; Krebs, VVDStRL 52 (1993), 248 (265); Schilling, VerwArch 85 (1994), 226 (234) und ders., VerwArch 87 (1996), 191 (204); Lischke, Tauschgerechtigkeit, S. 187 f.; Reicherzer, ZRP 2004, 112 (113) sowie U. Stelkens, DV 37 (2004), 193 (195 f.). 145 Gleichwohl wird teilweise noch die Geltung des Vorbehalts des Gesetzes für jedes Vertragshandeln der Verwaltung gefordert, so vor allem Erichsen, in: Erichsen/Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 26, Rn. 10. 146 U. Stelkens, DV 37 (2004), 193 (195 f.); vgl. auch Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 418.
§ 8 Öffentlich-rechtliche und privatrechtliche Verträge der Behörde
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trag nur formell Ausdruck individuellen Freiheitsgebrauchs ist.147 Hierauf wird bei der Frage der Anwendbarkeit des neu geordneten AGB-Recht zurückzukommen sein.148 Insgesamt ist das Verwaltungsvertragsrecht jedoch weniger von der Vorbehaltslehre als vom Vorrang des Gesetzes her zu entwickeln. Verwaltungsvertragsrecht ist „gesetzesdirigiert“149. Die Gesetzesbindung ist der Urgrund der heterogenen Struktur des Verwaltungsvertrages: „Während der private Vertragspartner seine Entscheidung über den Vertragsschluss nicht rechtfertigen muss, den Vertrag aus beliebigen Gründen schließen und mit dem Vertrag beliebige Zwecke verfolgen darf, ist die Verwaltung dem rechtsstaatlichen Gebot der Entscheidungsrationalität verpflichtet, die im Wesentlichen durch die Einhaltung der Rechtsbindung hergestellt wird.“150 Zu Recht wird allerdings hinsichtlich des Gesetzesvorrangs vor einer Perspektivenverengung gewarnt.151 Insbesondere soweit der Verwaltungsvertrag als Gestaltungsinstrument der öffentlichen Verwaltung im Kooperationsspektrum staatlich-privater Aufgabenerfüllung fungiert152, ist die Gesetzesbindung neu zu durchdenken. Zwar muss auch hier das Gesetz vollzogen werden. Die Frage nach der Verwirklichung der Gesetzesbindung der Verwaltung im Hinblick auf die Erfüllung von Leistungs-, Planungsund Regulierungsaufträgen, kurz der Gestaltungsfunktion der Verwaltung153, ist mit starren, für den Bereich der Eingriffsverwaltung herausgearbeiteten Mustern nicht beizukommen. Speziell wo die Verwaltung Aufgaben in Kooperation mit Privaten erfüllt, ist zu überlegen, ob Bindungsansprüche der materiellen Tatbestandsmerkmale zurückgenommen werden müssen. Die Konzentration auf das Ziel eines gemeinsamen Interessenausgleichs setzt zwischen den Verhandlungspartnern Energien frei, welche Feinabstimmungen sowie Akzeptanz schaffen und damit den zentralen Vorzug von Verhandlungslösungen markieren. Andererseits erwächst gerade hieraus die Gefahr, externe Bindungen abzustreifen und 147 Vgl. Schmidt-Aßmann/Krebs, Städtebauliche Verträge, S. 188 f.; Erbguth, VerwArch 89 (1998), 189 (198); Schapmann, Sanierungsvertrag, S. 120 ff.; Schilling, VerwArch 87 (1996), 191 (200); Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 92 ff. oder Lischke, Tauschgerechtigkeit, S. 188. 148 Im Einzelnen unter § 13 C. II. 149 Schmidt-Aßmann, in: FS Gelzer, 117 (122). Will man die Vielzahl der mit „Gesetz und Recht“ (Art. 20 I GG) niedergelegten Bindungsansprüche bündelnd erfassen, lässt sich auch von „rechtsdirigierter Verwaltung“ sprechen, so Schmidt-Aßmann, in: Schmidt-Aßmann/Hoffmann-Riem, Methoden der Verwaltungsrechtswissenschaft, 387 (390). 150 Krebs, in: Krebs, Liber Amicorum Hans-Uwe Erichsen, 63 (71). 151 Schmidt-Aßmann, in: FS Brohm, 547 (549); eingehend zur Spannung zwischen administrativer Bindung und gesetzlicher Gestaltung im Bereich des Verwaltungshandelns durch Verträge zuvor ders., in: FS Kruse, 65 ff.; ähnlich jetzt Bumke, Relative Rechtswidrigkeit, S. 266. 152 Zusammenfassend dazu Schuppert, Verwaltungswissenschaft, S. 277 ff. 153 Dazu bereits Brohm, VVDStRL 30 (1972), 245 (258 ff.).
140 2. Teil 1. Abschn.: Der Verwaltungsvertrag zwischen den Teilrechtsordnungen
Drittinteressen auszublenden.154 Bei der dem Gesetzgeber obliegende Entscheidung über die angemessene Intensität der beabsichtigten Bindung der Verwaltung ist mithin ein vielschichtiges Bündel – je nach Vertragstypus sehr unterschiedlicher – Interessen und Vorgaben zu berücksichtigen. Weder Art. 19 IV GG noch das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot verpflichten ihn auf ein Bindungshöchstmaß.155 Auch lässt sich aus der Verfassung im Hinblick auf die Sanktion bei Verstößen gegen die Gesetzesbindung kein striktes durchgängiges Nichtigkeitsdogma ableiten.156 Sprechen anerkannte Prinzipien für den Bestand einer rechtswidrigen Verwaltungsmaßnahme, muss das entsprechende Fehlerfolgenregime auch diese berücksichtigen und die konfligierenden Verfassungsgüter zu einem Ausgleich bringen.157 Zu diesen Prinzipien gehören das rechtsstaatliche Gebot der Rechtssicherheit, der Grundsatz des Vertrauensschutzes oder das Gebot der Effizienz des Verwaltungshandelns.158 Im Sinne einer ganzheitlichen Sanktionsdogmatik ist unter Berücksichtigung dieser Aspekte nicht nur repressiv, sondern auch präventiv danach zu fragen, welche Rechtsfolgen eintreten, wenn die Verwaltung den gesetzlichen Bindungsanspruch nicht einlöst.159 Aus Sicht des öffentlichen Rechts prägt bislang gesetzgeberische Zurückhaltung das Feld, so dass der Interessenausgleich oft bei der Auslegung unbestimmter Tatbestände und Rechtsgrundsätze wie dem des Angemessenheitsgebotes, der Kündigung nach § 60 I 1 VwVfG oder dem qualifizierten Gesetzesverstoß nach § 134 BGB i. V. m. § 59 I VwVfG zu erfolgen hat. Soweit über § 62 S. 2 VwVfG modernisierte oder auch völlig neue Zivilrechtsnormen „entsprechend“ und „ergänzend“ zur Anwendung kommen, wird zu überlegen sein, ob die „Inspirationsquelle“160 Privatrecht nicht auch – oder teilweise gerade – im Hinblick auf den Gesetzesvorrang differenziertere und passendere Lösungen bereit hält.161 154
Schmidt-Aßmann, in: FS Brohm, 547 (555). Schmidt-Aßmann, a. a. O., 547 (552). 156 Schmidt-Aßmann, a. a. O., 547 (554). 157 U. Stelkens, DV 37 (2004), 193 (198). 158 Speziell zur Effizienz Schmidt-Aßmann, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann, Effizienz, 245 (255 f.). 159 Schmidt-Aßmann, in: FS Brohm, 547 (554); von besonderem Interesse dürfte insoweit die Rezeption von Haftungsnormen sein, welche, wie etwa der neue § 311a II BGB im Falle der anfänglichen Unmöglichkeit, bereits aus Sicht des Zivilrechts unter Rückgriff auf ökonomische Rationalitäten Präventivzwecke verfolgen (dazu bereits unter § 4 B. I.). 160 Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 395. 161 So stellt sich bei vielen Instituten des modernen Privatrechts die Frage, ob sich durch deren konsequente Anwendung nicht Regelungsdefizite des öffentlichen Rechts auffangen lassen. Betroffen sind etwa die Inhaltskontrolle von AGB nach den §§ 307 bis 309 BGB gegenüber dem öffr. Angemessenheitsgrundsatz (dazu § 12); das Rechtsfolgenregime des AGB-Rechts (im Zweifel Vertragswirksamkeit § 306 BGB) gegenüber dem des § 59 III VwVfG (im Zweifel Gesamtnichtigkeit, eingehend § 13 F.); die Wirksamkeit des Vertrages im Falle der anfänglichen Unmöglichkeit nach § 311a I 155
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IV. Die Lehre vom Verwaltungsprivatrecht Die Figur des Verwaltungsprivatrechts wurzelt in den zwei bereits beschriebenen Grundannahmen: Wahlfreiheit und universelle Gesetzes- bzw. Grundrechtsbindung162 der Verwaltung auch bei der Wahl des Privatrechts. Zwei Perspektiven lenken hierbei das Erkenntnisinteresse der Verwaltungsrechtswissenschaft: Subjektbezogen wird nach den vielfältigen Privatrechtsverhältnissen unter Beteiligung der Verwaltung gefragt. Aufgabenbezogen interessiert demgegenüber, ob und wie weit mit der Gestaltung der Privatrechtsverhältnisse unmittelbar öffentliche Aufgaben verfolgt werden.163 Miteinander verbunden ergeben sie die klassische Definition der Rechtsfigur: „Geht ein Träger öffentlicher Verwaltung Privatrechtsverhältnisse ein, um ihm durch öffentlich-rechtliche Aufgabenbestimmung zugewiesene öffentliche Verwaltungs- (Leistungs- und Lenkungs-)Zwecke164 zu verfolgen, so ist das zwar formell, nicht aber mehr inhaltlich ,fiskalische‘ Tätigkeit. Es gilt dann ein besonderes Verwaltungsprivatrecht. Seine Besonderheit besteht u. a. darin, daß die Träger der Verwaltung dann nicht im Vollgenuß der rechtsgeschäftlichen Privatautonomie sind, sondern zahlreichen öffentlich-rechtlichen Bindungen unterliegen.“165 Das Ergebnis ist eine „Gemengelage“166 von öffentlichem und Privatrecht.167 Ausgehend von Sub-
BGB gegenüber der in § 59 II Nr. 1 i. V. m. § 44 II Nr. 4 VwVfG angeordneten Nichtigkeit (§ 15 B. II.); der Ersatz immaterieller Schäden der Verwaltung nach dem neuen § 284 BGB anstelle problematischer Vertragsstrafen zur Ansicherung öffentlicher Vertragszwecke (§ 16 C. II.) oder das Kündigungs- und Anpassungsrecht in § 60 I 1VwVfG gegenüber der Neuregelung der Störung der Geschäftsgrundlage in § 313 BGB und dem Kündigungsrecht bei Dauerschuldverhältnissen nach § 314 BGB (ausführlich unter § 17 C. III., IV. und E.). 162 Ausführlich Stern, Staatsrecht III/1, S. 1405 ff. sowie Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 212 ff. 163 H. C. Röhl, VerwArch 95 (1995), 531 (532); sehr weitgehend jüngst das OLG Naumburg in der Entscheidung vom 17.4.2002, Az 1 U (Baul) 2/01, JURIS (3. LS): „Übertragen die Länder die Aufgabe der Verwaltung der Bundesstraßen des Fernverkehrs, für einzelne Vorhaben gemäß § 15 Abs. 2 FStrG auf Dritte, so bleibt sie auch in deren „Hand“ eine Aufgabe der öffentlichen Verwaltung. Die Übertragung kann sich daher nur als ein Akt (bloßer) „Organisationsprivatisierung“ oder „formeller Privatisierung“ darstellen. Der Dritte, dem die Verpachtung des übertragenen Betriebes an eine andere Person vom Gesetz nicht untersagt wird, handelt somit ,verwaltungsprivatrechtlich‘.“ Zudem ist in der Rspr. anerkannt, dass Verwaltungsprivatrecht auch bei der Aufgabenwahrnehmung durch gesetzlich beliehene Anwendung finden kann, vgl. BGHZ 155, 166 (173) und OLG München NVwZ-RR 2002, 276. 164 Etwa Subventionierung ortsansässiger Gewerbetreibender, die Wohnungsbauförderung von Gemeindebürgern, die Verbesserung der Gemeindeinfrastruktur oder sonst die Förderung bestimmter Personengruppen. 165 Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht I, § 23, Rn. 29 (Hervorhebungen auch dort); ganz ähnlich Badura, in: Schmidt-Aßmann, Besonderes Verwaltungsrecht, Kapitel 3, Rn. 72 m. w. N. (dort nicht kursiv). Zu den zu beachtenden Bindungen bei gesetzlich nicht gesondert geregelter Subventionsvergabe zuletzt OVG Magdeburg NVwZ-RR 2004, 465.
142 2. Teil 1. Abschn.: Der Verwaltungsvertrag zwischen den Teilrechtsordnungen
ventionsrechtsverhältnissen und zwischenzeitlich erweitert auch für manch andere dem Verwaltungsprivatrecht zuzurechnende Gestaltungen168 wurde durch die von H. P. Ipsen Anfang der 50er Jahre entwickelte Zwei-Stufen-Theorie169 versucht, der Forderung nach einer öffentlich-rechtlichen Überlagerung auch hinsichtlich des Rechtsschutzes Rechnung zu tragen. Von der durch die Verwaltungsgerichte zu kontrollierenden Vergabe durch Verwaltungsakt (erste Stufe) sei die Abwicklung durch privatrechtlichen Vertrag (zweite Stufe) zu unterscheiden, hinsichtlich welcher die ordentlichen Gerichte zuständig sind.170 Die genaue Reichweite, insbesondere die Frage der Geltung des Verwaltungsprivatrechts für den Bereich der fiskalischen Hilfsgeschäfte171 und der erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit172 der öffentlichen Hand ist noch weitgehend ungeklärt.173 Ähnliches gilt für die hier nicht näher zu betrachtende vereins- oder gesellschaftsrechtliche Verselbständigung des Wirkungskreises der Verwaltung zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben.174 166 Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht I, § 23, Rn. 32; ebenso Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 17, Rn. 1 oder Spannowsky, UPR 2003, 81 (87). 167 Vgl. jüngst BGHZ 155, 166 (175): „Im Anwendungsbereich des Verwaltungsprivatrechts werden die Normen des Privatrechts durch Bestimmungen des öffentlichen Rechts ergänzt, überlagert und modifiziert.“ 168 H. C. Röhl, VerwArch 95 (1995), 531 (575). 169 Vgl. Ipsen, AöR 78 (1952/53), 284 (292 ff., zuvor schon in einem dort erwähnten Gutachten, dort 293, Fn. 7) und nachfolgend etwa Krüger, BB 1953, 565 (567); erste vertiefte Ausführungen bei Siebert, in: FS Niedermeyer, 215 (235 ff.) und Ipsen, Öffentliche Subventionierung Privater, S. 56 ff. und 61 ff.; zur Konstruktion aus heutiger Sicht Ehlers, in: Erichsen/Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 2, Rn. 36 ff. und U. Stelkens, Verwaltungsprivatrecht, S. 967 ff. 170 Vgl. Schmidt-Aßmann, in: Schmidt-Aßmann, Besonderes Verwaltungsrecht, Kapitel 1, Rn. 112 f. 171 Den Schwerpunkt bildet die Beteiligung der Verwaltung am Privatrechtsverkehr im Rahmen des Auftragswesens der öffentlichen Hand; vgl. Badura, in: Schmidt-Aßmann, Besonderes Verwaltungsrecht, Kapitel 3, Rn. 72 f. Teilweise wird auch von „Bedarfsdeckungsgeschäften“ oder „Bedarfsverwaltung“ gesprochen, zur Terminologie von Münch, in: von Münch/Kunig, GG, Vor. Art. 1–19, Rn. 34; für eine Grundrechtsbindung und die Anwendung der Grundsätze des Verwaltungsprivatrechts zuletzt VGH München, NVwZ-RR 2004, 392. 172 Die Wirtschaftstätigkeit öffentlicher Unternehmen soll nach überwiegender Meinung allerdings dann den Regeln des Verwaltungsprivatrechts unterfallen, wenn hierdurch unmittelbar Verwaltungszwecke erfüllt werden; vgl. Badura, in: Schmidt-Aßmann, Besonderes Verwaltungsrecht, Kapitel 3, Rn. 72. 173 Insgesamt lässt sich eine Tendenz zur Ausweitung des Anwendungsbereichs des Verwaltungsprivatrechts ablesen, vgl. Kunert, Vergaberecht und öffentliches Recht, S. 14. 174 Vgl. zuletzt den Befund bei H. C. Röhl, Verwaltung durch Vertrag, § 2, A. II. 1. b. ii. (S. 27); zu den dabei einzuhaltenden Grenzen Ehlers, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 40, Rn. 269 ff.; Badura, in: Schmidt-Aßmann, Besonderes Verwaltungsrecht, Kapitel 3, Rn. 72; Kunig, in: von Münch/Kunig, GG, Art. 1, Rn. 60 i. V. m. den Ausführungen bei von Münch, a. a. O., Vor. Art. 1–19, Rn. 36 (dort mit umfangreichen Nachweisen schwerpunktmäßig zu Frage der Grundrechtsbindung);
§ 8 Öffentlich-rechtliche und privatrechtliche Verträge der Behörde
143
V. Das Abgrenzungsproblem Verwaltungs- und Zivilgerichtsbarkeit und mit ihnen die ganz überwiegende Literatur haben sich schon früh für einen objektiven gegenstandsbezogenen Abgrenzungsansatz entschieden175, statt rein personenbezogen darauf abzustellen, ob wenigstens ein Verwaltungsträger beteiligt ist.176 Diese sog. „Gegenstandstheorie“177 hat auch der Gesetzgeber § 54 S. 1 VwVfG übernommen.178 Der Gegenstand des Vertrages ist danach öffentlich-rechtlicher Art, wenn der Vertrag auf von der gesetzlichen Ordnung öffentlich-rechtlich geregelte Sachverhalte einwirkt (sog. Vorordnungslehre)179. Maßgeblich sei vor allem der Gesamtcharakter des Vertrages und dessen Zweck.180 Nur ergänzend wird auf den Sachzusammenhang181 sowie die Art der wahrzunehmenden Aufgabe abgestellt182. Für normativ klar vorgeordnete Bereiche ergeben sich damit kaum Zuordnungsschwierigkeiten. Bestehen jedoch keine klaren Regelungen oder passen Heintzen, VVDStRL 62 (2003), 220 (250 f.) sowie BGHZ 155, 166 (173 ff.) = NJW 2003, 2451 (2452 ff.) m. w. N. Gesamt gesehen schwankt das Spektrum zwischen einem Vorrang des öffentlichen Rechts und der Verneinung eines Wahlrechts einerseits sowie einem Vorrang des Gesellschaftsrechts andererseits; statt aller Wahl, in: Schmidt-Aßmann/Hoffmann-Riem, Verwaltungsorganisationsrecht, 301 (326 ff.) und jüngst Wandt, Aktionärsrechte der öffentlichen Hand, pass. 175 Die subjektiven Vorstellungen der Vertragspartner spielen grundsätzlich keine Rolle; näher Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 14, Rn. 9. Soweit daneben bisweilen auf den „Vertragszweck“ abgestellt wird, wird damit nicht bezweckt, den subjektiven Parteiwillen in die Zuordnungsentscheidung miteinzubeziehen, Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 112. Bedeutung erlangt das Kriterium bei der Behandlung der sog. hinkenden Austauschverträge; näher Ehlers, in: Schoch/SchmidtAßmann/Pietzner, VwGO, § 40, Rn. 315. 176 Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner, S. 112, mit ausführlichen Nachweisen in Fn. 8–10; für die Rspr. grundlegend GmS-OBG BVerwGE 74, 368 (370) = BGHZ 97, 312 (313 f.). Ganz klassisch nach dem Gegenstand abgrenzend aus neuer Zeit BFHE 203, 544 = DStRE 2004, 171 ff.; OVG Koblenz NJW 2002, 3724; BGH UPR 2005, 189 oder BVerwG NVwZ-RR 2003, 874: öffentlich-rechtlich, wenn der Vertrag „seinem Gegenstand und Zweck einen vom öffentlichen Recht geordneten Sachbereich“ betrifft; ähnlich OVG Münster NVwZ-RR 2004, 776; zusammenfassend zur Problematik nunmehr U. Stelkens, Verwaltungsprivatrecht, S. 660 ff. 177 Zur Bezeichnung Ule/Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht, § 68, Rn. 5. 178 BT-Drs. 7/910, S. 910 (dort. Sp. 1) unter Berufung auf BGHZ 22, 246; 32, 214; 35, 69; 56, 365; 57, 130 sowie in bewusster Abkehr von der sog. „Subjektionstheorie“. Diese helfe nicht weiter. „Denn beim Vertragsschluss begegnen sich Behörde und Bürger nach allgemeiner Meinung immer als Gleichstehende. Das ergibt sich aus dem Wesen des Vertrages [. . .]. Es ist deshalb heute allgemein anerkannt, daß die Abgrenzung nach dem Gegenstand der vertraglichen Regelung erfolgen muß: Dieser muß öffentlich-rechtlicher Natur sein.“ 179 Näher Ehlers, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 40, Rn. 307 und Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 118 f. 180 Statt vieler Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht I, § 22, Rn. 55 m. w. N. sowie mit Konkretisierungen zum herrschenden Ansatz Schmidt-Aßmann/Krebs, Städtebauliche Verträge, S. 168 f. 181 Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht I, § 22, Rn. 55.
144 2. Teil 1. Abschn.: Der Verwaltungsvertrag zwischen den Teilrechtsordnungen
verschiedenartige Rechtsnormen auf das Rechtsverhältnis, erweist sich die „Gegenstands-Theorie“ als vage Formel183, welche mit dem Hinweis auf den Vertragsgegenstand nicht mehr als die Richtung für die Problemlösung vorgibt.184 So setzt sich bei der Frage der Zuordnung des Vertragsgegenstandes der allgemeine Abgrenzungskonflikt zwischen öffentlichem und privatem Recht fort.185 Entsprechend bemüht vor allem die Rechtsprechung, weniger alternativ als mehr kumulativ186 auch die dazu entwickelten Abgrenzungstheorien187. Im Zweifelsfall wird vermutet, dass ein Organ des öffentlichen Rechts im Rahmen seiner hoheitlichen Kompetenz hoheitlich handelt188 oder man behilft sich mit zuordnungsspezifischen Indizien. Auch das hilft nicht weiter, wo sich die Verwaltung keine Gedanken gemacht hat oder die Indizien widersprüchlich sind.189 Dass man der Abgrenzungsproblematik bisher nicht Herr werden konnte190, mag zum einen an den vielbeschriebenen Begrenztheiten der jeweiligen Ansätze191 liegen. Gerade der Grenzbereich zum Verwaltungsprivatrecht besticht durch eine beachtliche Zufälligkeit der Ergebnisse192. Die Inkompatibilität von angeblich „freier Formenwahl“ mit dem herrschenden Zuordnungsansatz ist offensicht182 Eingehend Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 199 ff., der selbst diesen Aspekt freilich betonte und zur „Aufgabentheorie“ ausbaute. 183 Zu den Schwierigkeiten vgl. die Rechtsprechungsanalyse bei Ehlers, DV 31 (1998), 53 ff. (76). 184 Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 113. 185 Vgl. Schimpf, Verwaltungsrechtlicher Vertrag, S. 49 f.; zur Abgrenzung oben § 1 C. I. und II. 186 Zu diesem Befund Ossenbühl, NJW 2000, 2945 (2946). 187 Statt aller P. Stelkens/Schmitz, in: P. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 1, Rn. 74 ff. und auch zu weniger gängigen Ansätzen Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht I, § 22, Rn. 13 ff. 188 Aus der Literatur P. Stelkens/Schmitz, in: P. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 1, Rn. 82; Meyer, in: Knack, VwVfG, § 1, Rn. 62; Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht I, § 22, Rn. 43; Spannowsky, Verträge und Absprachen, S. 109; Lange, NVwZ 1983, 313 (318); Brohm, JZ 2000, 321 (326) sowie jüngst Tilmann, Klauselrichtlinie, S. 92. Aus der Rspr. etwa BVerwG NJW 1990, 1435 (1436); VGH Mannheim NVwZ 1987, 701 (702); BGH NVwZ 1985, 517; OLG Schleswig, NVwZ 1988, 761 (762); OLG Koblenz NJW-RR 2001, 318. 189 Ehlers, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 40, Rn. 230 ff., 244. Angesichts eines stetigen gesellschaftlichen Wandels sowie oft fehlender Erfahrungswerte gerade bei neuen staatlich-gesellschaftlichen Kooperationen erweist sich auch die sog. „Traditionstheorie“ als untauglich; vgl. Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht I, § 22, Rn. 39 ff.). 190 Zuletzt Ehlers, DV 37 (2004), 255 ff. (289) und Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 114. 191 Dieser hinlänglich bekannte Befund muss an dieser Stelle nicht nochmals i. e. exemplifiziert werden; vgl. nur Achterberg, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 1, Rn. 12 ff. sowie Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 54 ff. 192 Kasten/Rapsch, NVwZ 1986, 708 (710).
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lich193: So wird die Intention der Verwaltung vor allem von Seiten der Rspr. ausdrücklich als unbeachtlich erklärt.194 Der Sinn der Wahlfreiheit liegt aber gerade darin, sich ex ante für das Regelungsregime zu entscheiden, welches den jeweils adäquatesten Rechtsrahmen bereithält.195 Erklärt man für den pathologischen Fall eine ex-post Qualifikation als maßgeblich, bleibt von der schillernden Wahlfreiheit nur eine inhaltsleere Hülse übrig.196 „Objektive Abgrenzung der Teilrechtsordnungen und freie Wahl zwischen ihnen schließen sich notwendig aus.“197 Mit der „Wahl“ des Vertrages als Handlungsinstrument ist bei natürlicher Betrachtungsweise eine bestimmte Zweckverwirklichung, nicht eine Rechtsform „gewollt“.198 Gewählt wird eine individuelle Vertragsgestaltung, die sich objektiv zuordnen lassen muss, nicht jedoch eine Teilrechtsordnung. VI. Ein die Teilrechtsordnungen übergreifendes, einheitliches Vertragsrecht? Die Abgrenzungsproblematik ist aber letztlich nur ein „Symptom“, ein sehr unerfreuliches, weil es für sich betrachtet kaum befriedigend „behandelbar“ erscheint. So sucht man der eigentlichen „Krankheit“ durch Erwägungen fundamentaler Art Herr zu werden. Für die einen liegt die Lösung darin, die Zuordnungsfrage letztlich für unbeachtlich zu erklären und nach überwölbenden Rechtmaßstäben für das Verwaltungsvertragshandeln zu fragen („Einheitslösung“, sogleich 1.). Andere halten am etablierten „dualen Vertragsrechtsmodell“ fest, suchen aber die Abgrenzung durch eine stringente „Publifizierung“ zu entschärfen (2.). 1. Verwaltungsvertragliches Einheitsmodell In jüngerer Zeit wird vermehrt dafür eingetreten, sich von der „zu engen, auf den öffentlich-rechtlichen Vertrag beschränkten Perspektive“ abzuwenden und 193
Ehlers, DV 37 (2004), 255 ff. (289). Zuletzt etwa OVG Münster, NVwZ-RR 2004, 776; BGH NJW 1997, 1636 oder BVerwGE 96, 71 (74) m. w. N. aus der Rspr. Ehlers, DV 37 (2004), 255 (288 f.) und zuvor bereits ders., DV 31 (1998), 53 (76). 195 P. Stelkens/Schmitz, in: P. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 1, Rn. 68. Zu den einzelnen (erhofften) Vorteilen der Wahl der privaten Handlungsform ausführlich Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 350 ff. 196 Daher kritisch auch Ehlers, DV 37 (2004), 255 (289) und zuvor bereits ders., DV 31 (1998), 53 (76) zu Wahlfreiheit einerseits und objektiver Abgrenzung andererseits: „Beides ist nicht miteinander zu vereinbaren.“ 197 Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 127; ähnlich Gurlit, Verwaltungsvertrag, S. 22 oder Keller, Vorvertragliche Schuldverhältnisse, S. 35. Demgegenüber versucht Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 14, Rn. 9, ohne große Überzeugungskraft, beide Ansätze zu einen. 198 Henke, Recht der Wirtschaftssubventionen, S. 20, dort mit Fn. 1. 194
146 2. Teil 1. Abschn.: Der Verwaltungsvertrag zwischen den Teilrechtsordnungen
stattdessen zur Grundlage der Erarbeitung eines einheitlichen, kohärenten Verwaltungsvertragsrechts einen die Teilrechtsordnungen übergreifenden Typus zu wählen.199 Es gelte vom „Antagonismus öffentlich-rechtlicher und privatrechtlicher Vertrag“200 wegzukommen. Der Ansatz ist in keinem Falle in der Weise misszuverstehen, dass dessen Vertreter einen erneuten Anlauf zur Schaffung eines (partikulären) Gemeinrechts anstreben. Kernanliegen ist vielmehr, angesichts durchgängiger Gesetzesbindung die Verwaltungsvertragsdogmatik auf ein umfassendes Fundament zu gründen. Mit § 62 S. 2 VwVfG stehe ein normativer Verknüpfungspunkt zum Privatrecht zur Verfügung und umgekehrt sei in Gestalt des Verwaltungsprivatrechts eine öffentlich-rechtliche Auffangordnung vorhanden, die das privatrechtliche Vertragshandeln der Verwaltung domestiziert.201 Die Zuordnung zur ein oder anderen Teilrechtsordnung sei daher zweitrangig, denn die Rechtsmaßstäbe hätten sich angeglichen. Ablesbar sei dies auch an Normen wie § 11 II BauGB, welcher unabhängig von der Zuordnung des jeweiligen Vertrages Geltung beanspruche202. Auch die Vertreter der sog. „großen Lösung“ zum Zwecke der Reform der §§ 54 ff. VwVfG203 folgen diesem Ansatz, wenn sie die Einfügung eines Verwaltungskooperationsrechts ins VwVfG vorschlagen, welches sowohl für privatrechtliche als auch für öffentlich-rechtliche Verwaltungsverträge gelten soll204 (Einheitsmodell). 2. Dualistisches Vertragsrechtsmodell205 mit Publifizierungstendenz Seit Erlass des VwVfG fehlt es nicht an Versuchen, die Abgrenzung zwischen den Teilrechtsordnungen in einer Weise vorzunehmen, dass Vertragshan199 Schmidt-Aßmann/Krebs, Städtebauliche Verträge, S. 162; Krebs, VVDStRL 52 (1993), 248 (258); Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee, 6. Kapitel, Rn. 114 ff.; H. C. Röhl, Verwaltung durch Vertrag, § 2 I. 2. sowie Ziekow, Verwaltungskooperationsrecht, S. 124 ff.; kritisch etwa Brohm, JZ 2000, 321 (322 ff.). Von anderen wird der Ansatz bisweilen bereits zum Ausgangspunkt weiterführender Untersuchungen von Detailbereichen gewählt, zuletzt etwa Kaminski, Kündigung von Verwaltungsverträgen, S. 66 ff. 200 Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 11, Rn. 4. 201 Statt aller Gurlit, Verwaltungsvertrag, S. 640 oder Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht I, § 23, Rn. 7; vgl. auch U. Stelkens, Verwaltungsprivatrecht, S. 64 ff., zusf. S. 141 ff., welcher in den Rechtsregeln des Privatrechts selbst eine im Grundsatz die Verwaltung hinreichende Bindung sieht (sog. „Grundsatz der Privatrechtsbindung der Verwaltung“). 202 H. C. Röhl, Verwaltung durch Vertrag, § 2 I. 2. c. 203 Oben § 7 B. I. 204 Vgl. Schuppert, Verwaltungskooperationsrecht, S. 131 und Ziekow, Verwaltungskooperationsrecht, S. 127. 205 Ähnlich Brohm, in: Bauer/Breuer/Degenhart/Oldiges, 100 Jahre Allg. BauG Sachsen, 457 (463): „Notwendigkeit eines dualistischen Vertragsrechts“ in Abgrenzung zu „gegenwärtigen Tendenzen zu einheitlichen, die Teilrechtsordnungen übergreifenden gemeinrechtlichen oder fachspezifischen Vertragsregelungen“.
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deln der Verwaltung im Regelfall den §§ 54 ff. VwVfG zuzuordnen ist.206 Die Forderung beschränkt sich dabei nicht auf überkommene Vertragsgestaltungen. Auch im Hinblick auf die vertragliche Einbindung Privater in die Erfüllung von Verwaltungsaufgaben wird eine möglichst einheitliche Zuordnung zur öffentlichrechtlichen Rechtsform gefordert.207 Einhergehend mit dieser sich immer schärfer am Horizont abzeichnenden „Publifizierungstendenz“208 verdichtete sich zugleich die Kritik an der Wahlfreiheit und deren Folgeerscheinungen209. Jenseits des VwVfG ist danach nur noch Raum für grundsätzlich rein privatrechtliche Verwaltungsverträge210 (dualistisches Modell). 3. Das Verhältnis der Ansätze Für eine empirische und systematisierende Untersuchung ist die geweitete Perspektive eines die Teilrechtsordnungen umklammernden Verwaltungsvertragsrechts in hohem Maße geeignet, weil sie Parallelen, Widersprüche und unterschiedliche Gestaltungsmöglichkeiten im Rechtssystem aufzeigt und miteinander vergleichbar macht.211 Es handelt sich jedoch mehr um einen systema206 Hervorzuheben sind die durch von Pestalozza, Formenmißbrauch, S. 172 ff. und ders., DÖV 1974, S. 188 ff. entwickelte „Kollisionslösung“, die zu einer vorrangigen Geltung des öffentlichen Rechts gelangt die von Achterberg, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 1, Rn. 27 ff. vorgestellte „Sachwaltertheorie“, die von Zuleeg, VerwArch 73 (1982), 384 (393 ff.) entworfene „Hoheitstheorie“, die „Kompetenzlehre“ von Gern, VerwArch 70 (1979), 219 (233 f.) und ders., ZRP 1985, 56 (60 f.) sowie der in jüngerer Zeit von Ehlers, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 40, Rn. 268 ff. sowie speziell 276 ff. vertretenen „Lehre von der grundsätzlichen Geltung des öffentlichen Rechts“ und dem dieser Lösung angenäherten Standpunkt bei Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 120 ff. 207 Burgi, Funktionale Privatisierung, S. 167–170; ders., NZBau 2002, 57 (59) sowie Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 158 und jüngst auch Spannowsky, UPR 2003, 81. 208 Diese zeichnete sich bereits vor Erlass des VwVfG ab, vgl. Meyer, in: Meyer/ Borgs, VwVfG, § 54, Rn. 28; zusammenfassend jüngst U. Stelkens, Verwaltungsprivatrecht, S. 700 ff. 209 Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 124; Ehlers, in: Schoch/SchmidtAßmann/Pietzner, VwGO, § 40, Rn. 268; Spannowsky, Verträge und Absprachen, S. 102 ff. und ders., UPR 2003, 81 (91); Kempen, Formenwahlfreiheit, S. 122; Zuleeg, VerwArch 73 (1982), 384 (398) oder Burmeister, VVDStRL 52 (1993), 190 (244): Kritische Anklänge auch Krebs, VVDStRL 62 (1993), 248 (275). 210 Nach Brohm, in: Bauer/Breuer/Degenhart/Oldiges, 100 Jahre Allg. BauG Sachsen, 457 (465 und 469 f.) können vor allem „wirtschaftstypische“ Verträge, etwa im Bereich der Daseinsvorsorge, sowie „traditionell fiskalischen Tätigkeiten, der Erhaltung und Vermehrung öffentlichen Vermögens oder der Deckung des zur Wahrnehmung der Verwaltungsaufgaben jeweils anfallenden Sachbedarfs“ und schließlich der Bereich „privatrechtlich organisierter Eigengesellschaften“ klar dem Zivilrecht zugeordnet werden. Eines spezifisch öffentlich-rechtlichen Regimes bedürfe es hier nicht. 211 Brohm, JZ 2000, 321 (322) sowie ders., in: Bauer/Breuer/Degenhart/Oldiges, 100 Jahre Allg. BauG Sachsen, 457 (462).
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tischen Ansatz212, so dass dogmatische Schlussfolgerungen hieraus nicht ohne weiteres gezogen werden können.213 Das Erkenntnisinteresse zielt weniger auf die Zuordnung zu einer Teilrechtsordnung, bzw. konkret zu den §§ 54 ff. VwVfG. Denkbares Ziel ist die Formulierung von den Besonderheiten abstrahierter Vertragstypen, um wiederum Übertragungen auf andere Verwaltungsverträge zu formulieren.214 Dem dualistischen Ansatz geht es hingegen mehr um klare Zuordnungen.215 Deren Notwendigkeit erwachse aus den Unterschieden der Teilrechtsordnungen hinsichtlich ihrer Leitideen, ihrer trotz Verschränkungen unterschiedlicher Normenbestände und ihrer jeweils spezifischen Rechtsschutzsysteme.216 Entsprechend wird der Stellenwert der Rechtsform Verwaltungsvertrag gegenüber dem ungeschriebenen Verwaltungsprivatrecht betont. Sucht man nach Gemeinsamkeiten, so kann der mittlere Abstraktionsgrad, mit welchem die Vertreter des Einheitsmodells sich der Problematik nähern, auch bei gleichzeitiger Betonung der Notwendigkeit einer einheitlichen Anknüpfung an die Rechtsform fruchtbar sein. Dazu bietet etwa die von Krebs217 vorgestellte und anderorts verfeinerte218 skalenartige, sich an der Funktionenvielfalt des Vertrages und der Nähe oder Ferne zur klassischen Hoheitsverwaltung sowie den mit letzterer Unterscheidung einhergehenden Differenzierung im Hinblick auf die Schutzinteressen der Parteien orientierende Vertragstypologie einen denkbaren Orientierungsrahmen.219 Diese Vertragstypologie zielt nicht primär auf die Zuordnung zu einer der Teilrechtsordnungen.220 Ihr kommt eine 212
H. C. Röhl, Verwaltung durch Vertrag, § 2, I. 2. d). Brohm, JZ 2000, 321 (322). 214 Zur Vorgehensweise Krebs, VVDStRL 52 (1993), 248 (277 f.). 215 Vgl. die Analyse bei Schuppert, Verwaltungswissenschaften, S. 177 ff. 216 Dazu Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 116 f. sowie Lorz, DÖV 2002, 177 (186 dort mit Fn. 86), welcher in der Grundeinschätzung Brohm, JZ 2000, 321 (323 ff.) folgt. 217 Krebs, VVDStRL 52 (1993), 248 (278). 218 Graphisch umgesetzt bei Schuppert, Verwaltungswissenschaft, S. 176; leicht modifiziert übernommen bei Ziekow, Verwaltungskooperationsrecht, S. 126; ausf. jetzt auch H. C. Röhl, Verwaltung durch Vertrag, § 3 („Vertragskategorien“): Grundkategorien (Verträge in Ausübung vorbehaltener Regelungsbefugnisse, Verträge für den Transfer staatlicher Ressourcen, vertragliche Formen der Leistungserbringung durch öffentliche Einrichtungen) und Strukturverträge als Repräsentanten für komplexe Vertragsgestaltungen; siehe zudem die Einteilung bzgl. mehrseitiger Verwaltungsverträge bei Reimer, VerwArch 2003, S. 543 (553 ff.): „Ring-, Netz-, Fächer- und Übereckverträge“; zu weiteren Kategorisierungen speziell der Verträge i. S. d. §§ 54 ff. VwVfG nachfolgend unter § 9 C. 219 Den Ausgangspunkt bilden danach „Hoheitsakt-ersetzende Verträge“ als Repräsentanten klassischer Hoheitsverwaltung, gefolgt von „Verträgen zur Vorbereitung, Erleichterung und Ergänzung von Hoheitsakten“, „Verträgen zur gemeinsamen Aufgabenerfüllung“ („Kooperationsverträge“), „Beschaffungs- und Privatisierungsverträge“ und schließlich „Verträge im Rahmen erwerbswirtschaftlicher Betätigung“. 213
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heuristischen Funktion221 zu, womit sich Präzisierungen auch bei der Anwendung der §§ 54 ff. VwVfG erzielen lassen: Die dualistische Perspektive ermöglicht in einem ersten Schritt Aussagen darüber, welche Verträge dem Regime der §§ 54 ff. VwVfG zuzuordnen sind.222 In einem zweiten Schritt erleichtert die Zuordnung des konkreten Vertrages zu einer funktionalen Vertragskategorie mittlerer Abstraktionshöhe bei der Anwendung der §§ 54 ff. VwVfG oder der über § 62 S. 2 VwVfG rezipierten Privatrechtsnormen den schnellen Zugriff auf die das konkrete Rechtsverhältnis prägenden Besonderheiten. Praktische Relevanz hat diese Herangehensweise überall dort, wo sich das Gesetz mit unbestimmten Rechtsbegriffen behilft, etwa der „Zumutbarkeit“ eines Festhaltens am Vertrag (§ 60 I 1 VwVfG), der „Angemessenheit“ der Gegenleistung (§ 56 I 2 VwVfG), der „Angemessenheit“ einer (geplanten) Vertragsanpassung bei Nichtigkeit (§ 59 IV VwVfG Musterentwurf223) oder der „unangemessenen Benachteiligung“ bei der Inhaltskontrolle von AGB (§ 62 S. 2 VwVfG i. V. m. § 307 BGB). Zugleich bilden funktionale Vertragskategorien die Folie vor welcher der Ergänzungsbedarf der überkommenen Handlungsform sichtbar wird. Die Ansätze sind somit nicht per se gegensätzlich. Sie bilden Komplementäre, deren Zueinander sich als heuristisch-dogmatisches Ergänzungsverhältnis begreifen lässt. Andererseits finden sich klar gegensätzliche Aussagen und Grundannahmen. Für den hier untersuchten Bereich der Verträge zwischen Bürger und Behörde besteht nur dann ein Bedürfnis nach Sondierung der über die Teilrechtsordnungen zerstreuten Vertragskategorien auf Gemeinsamkeiten hin, soweit man für diesen Bereich an Wahlfreiheit und Verwaltungsprivatrecht festhält. Mit der Aufgabe derselben und der Zuordnung aller nach besonderen Bindungen verlangender Behörden-Bürger Kontrakte zu den §§ 54 ff. VwVfG würde die heuristische Hilfskategorie eines neutralen Vertragstypus entbehrlich. Nun kritisieren die Vertreter des rechtsformneutralen Einheitsmodells die Lehre vom Verwaltungsprivatrecht nicht nur nicht, sondern bauen sie aktiv in ihr Operationsmodell ein: Denn die Annahme eines neutralen Vertragstypus wird mit der Angleichung der Rechtsmaßstäbe durch das Verwaltungsprivatrecht gerechtfertigt. Gerade für die Rezeption des modernisierten Privatrechts ist die Frage entscheidend: „Wählt“ die Behörde den Weg über die §§ 54 ff. VwVfG, kommen vorrangig diese und die im BGB geregelten Privatrechtsregeln nur über den Filter des § 62 S. 2 VwVfG „ergänzend“ und „entsprechend“ zur Anwendung. Votiert die Verwaltung für das Privatrecht, kehrt sich die Lage um: Es greift grundsätzlich das Privatrecht, und zwar auch all jene Institute, welche nicht im 220 221 222 223
Ziekow, Verwaltungskooperationsrecht, S. 127. Krebs, VVDStRL 52 (1993), 248 (278). Vgl. Schuppert, Verwaltungswissenschaften, S. 178. Dazu Schmitz, DVBl. 2005, 17 (23).
150 2. Teil 1. Abschn.: Der Verwaltungsvertrag zwischen den Teilrechtsordnungen
ausschließlich durch § 62 S. 2 VwVfG in Bezug genommenen BGB geregelt sind. Die in den §§ 54 ff. VwVfG niedergelegten Maßstäbe kommen dann als allgemeine Rechtsgrundsätze des Verwaltungsrechts lediglich ergänzend und überlagernd zum Privatrecht zur Anwendung. B. Öffentlich-rechtliche Rechtsform statt Verwaltungsprivatrecht bei Behörden-Bürger-Verträgen? Die verschiedenen Publifizierungsansätze konnten sie sich vor allem deshalb noch nicht durchsetzen, weil ihnen ein Konsens, eine kohärente Linie mangelt.224 Im Folgenden soll der Versuch unternommen werden, die wesentlichen Aussagen kurz stufenweise zusammenzuführen, um einen Ausgangspunkt für die weitere Untersuchung zu formulieren. I. Privatrechtsverbot? Von der fehlenden Privatautonomie der Verwaltung ist die Frage zu unterscheiden, ob die Rechtsordnung ihr privatvertragliches Handeln überhaupt ermöglicht.225 Eine Auseinandersetzung mit der Zuordnungsproblematik erübrigt sich, soweit man die Privatrechtsfähigkeit und damit die Wahlfreiheit per se als verfassungswidrig qualifiziert.226 Ein grundsätzliches Verbot privatrechtlichen Handelns lässt sich dem Verfassungsrecht jedoch nicht entnehmen.227 Aussagen bzgl. Bindungen staatlicher Aufgabenwahrnehmung ergeben sich nicht aus der Trennung zwischen öffentlich-rechtlichem und privatrechtlichem Staatshandeln, sondern aus den Grundrechten und der Gesetzesvorbehaltsdoktrin228 sowie dem Vorrang des Gesetzes. Ein privatrechtlicher Vertrag muss lediglich im Rahmen der Verwaltungs- und Verbandskompetenz geschlossen werden229, was angesichts der großzügigen Handhabung dieser Voraussetzung praktisch selten ein Problem darstellen wird.230 Mit der Anbindung an die Kompetenz ist im Falle eines Vertragsschlusses immer ein „dünnes öffentlich-rechtliches Sediment“231 224
Ehlers, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 40, Rn. 261. Gurlit, Verwaltungsvertrag, S. 300. 226 In diese Richtung zunächst die „Prinzipienlehre“ von Schmidt, Unterscheidung von öffentlichem und privatem Recht, S. 166 ff. und 287 ff.); deutlicher dann Kempen, Formenwahlfreiheit, S. 122 ff. oder Burmeister, VVDStRL 52 (1993), 190 (210 ff.). 227 Zu diesem Befund der herrschenden Meinung statt vieler Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 19 IV, Rn. 60; speziell aus der Perspektive des Verwaltungsvertragsrechts jüngst Gurlit, Verwaltungsvertrag, S. 300 ff. m. w. N. sowie U. Stelkens, Verwaltungsprivatrecht, S. 33 ff. und 701. 228 Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 19 IV, Rn. 60. 229 Gurlit, a. a. O., S. 301 sowie Rottmann, in: Bauer/Breuer/Degenhart/Oldiges, 100 Jahre Allg. BauG Sachsen, 487 (491). 225
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vorhanden, welches allerdings ob seiner Weite nicht isoliert Anknüpfungspunkt einer Qualifikation als öffentlich-rechtlich sein kann.232 Sonst wäre auch fiskalisches und erwerbswirtschaftliches Handeln in großem Maße den §§ 54 ff. VwVfG zu unterstellen, was jedenfalls in dieser Pauschalität kaum sachangemessen ist.233 Die Lösung heißt mithin weder nie privatrechtlich, noch immer öffentlich-rechtlich. II. Verrechtlichungsgebot? U. a. anknüpfend an den Ansatz einer Unterscheidung der Teilrechtsordnungen nach Maßgabe von Kollisionsnormen234 hat etwa Zuleeg aus Art. 19 Abs. 4 GG i. V. m. dem Rechtsstaatsprinzip auch für den Bereich des Vertragshandelns der Verwaltung ein „Verrechtlichungsgebot“ abgeleitet. Danach ist im Falle des Fehlens eindeutiger gesetzlicher Regelungen auf die Tätigkeit eines Hoheitsträgers öffentliches Recht anzuwenden (sog. Hoheitstheorie).235 Der Hoheitsträger sei nur in Ausnahmefällen ermächtigt, in das Privatrecht überzuwechseln. Dafür bedürfe es jedoch eines sachlichen Grundes, der einer Güter- und Interessenabwägung mit dem Verrechtlichungsgebot unterliege.236 Die These vom „Verrechtlichungsgebot“ krankt daran, dass sie zu einseitig auf Art. 19 IV GG als „Kollisionsnorm“ abstellt.237 Ein Verrechtlichungsgebot lässt sich nicht isoliert aus Art. 19 IV GG238, möglicherweise jedoch aus der Komplementarität der das Rechtsstaatsprinzip konstituierenden Elemente239, zu denen auch Art. 19 IV GG 230 So wird neben dem positiven Recht und ganz überwiegend bereits das Selbstverwaltungsrecht von Körperschaften des öffentlichen Rechts für ausreichend erachtet, vgl. Gurlit, Verwaltungsvertrag, S. 300 f. oder Schilling, VerwArch 85 (1994), 226 (234 f.) sowie aus der Rspr. BVerfGE 12, 205 (244, 246 ff.); BVerwGE 92, 56 (62– 65); dem folgend BGH NJW 1999, 208 (209) und jetzt BGH NVwZ 2003, 371 (372); teilweise soll auch Gewohnheitsrecht reichen, siehe Ehlers, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 40, Rn. 268. 231 Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 119 f. 232 Ehlers, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 40, Rn. 307. 233 Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 120. Aus diesem Grund ist auch die von Gern, ZRP 1985, 56 ff. entworfene „Kompetenztheorie“ zu recht überwiegend abgelehnt worden. 234 von Pestalozza, Formenmißbrauch, vor allem S. 172 ff. und ders., DÖV 1974, S. 188 ff. 235 Zuleeg, VerwArch 73 (1982), 384 (393 ff.); grundsätzlich zustimmend und den Ansatz ausbauend Spannowsky, Verträge und Absprachen, S. 105 ff.; ganz ähnlich zuvor bereits Achterberg, Funktionenlehre, S. 207 ff. sowie Lorenz, Rechtsschutz des Bürgers, S. 14 ff., welcher ausgehend von der Überlegung, dass Art. 19 IV GG eigentlich materielle subjektive Rechte voraussetz und nur deren Durchsetzung, nicht aber die Schaffung materiellen Rechts betrifft, mit beachtlichen Argumenten einen „verfassungsmäßigen Zwang zur Gesetzgebung“ aus Art. 19 IV GG herleitet (S. 18). 236 Zuleeg, VerwArch 73 (1982), 384 (398). 237 Ausführlich Kempen, Formenwahlfreiheit, S. 117 ff.; kritisch auch Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 19 IV, Rn. 13.
152 2. Teil 1. Abschn.: Der Verwaltungsvertrag zwischen den Teilrechtsordnungen
gehört240, entwickeln. Aus der Zusammenschau der Grundrechtsbestimmungen, etwa der Art. 13 II, 19 IV, 104 II sowie der aus den Freiheitsrechten abgeleiteten Schutzpflicht des Staates lässt sich der Grundsatz ableiten, dass der Gesetzgeber im Einzelfall die Wahlfreiheit der Verwaltung einschränken oder sogar die der Verwaltung zu Verfügung stehende Rechtsform bestimmen und so gestalten muss, dass der Grundrechtsschutz auch verfahrensmäßig gesichert ist.241 Ergibt sich nach alledem das rechtsstaatliche Gebot eines prinzipiellen Rückgriffs auch konkret auf die durch die mit den §§ 54 ff. VwVfG bereitgestellte „Rechtsform“?242 III. Verrechtlichungsgebot und Rechtsform Nach herrschender Konzeption finden im Bereich des Verwaltungsprivatrechts die Regelungen des VwVfG weder direkt noch analog Anwendung.243 Denn der Gesetzgeber hat den sachlichen Geltungsbereich des Verwaltungsverfahrensrechts in Kenntnis der sich aus dem Verwaltungsprivatrecht ergebenden Probleme auf die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit von Behörden beschränkt und die verfahrensrechtlichen Regelungen ganz auf diese Tätigkeit zugeschnitten.244 Solange das öffentliche Recht den Vertrag als Handlungs- bzw. Rechtsform nicht vorsah, mochte es angehen, unter dem viel zitierten Verdachtsmotto einer „Flucht von Staat und Gemeinde in das Privatrecht“245 privatvertragliches Handeln der Verwaltung durch die Geltung allgemeiner Rechtsgrundsätze und der Grundrechte zu überlagern. Mit dem Erlass des VwVfG vollzog der Gesetzgeber jedoch im vollen Bewusstsein der Problematik den nächsten Entwicklungsschritt, was sich unschwer aus der Begründung ablesen lässt: 238 Vgl. Huber, in: v. Mangoldt/Klein/Stark, GG, Art. 19 Abs. 4, Rn. 482; Schenke, in: BK, GG, Art. 19 IV, Rn. 438 sowie Papier, in: Isensee/P. Kirchhof, HdStR VI, § 154, Rn. 5. 239 Dazu Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG (Bd. 2), Art. 20 (Rechtsstaat), Rn. 61 ff.; Voßkuhle, Rechtsschutz, S. 65 ff., 94 ff. und 146 ff. sowie Kunig, Rechtsstaatsprinzip, pass. 240 Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 19 IV, Rn. 15. 241 So der Ansatz bei Spannowsky, Verträge und Absprachen, S. 106 ff. (kursive Hervorhebung auch dort). 242 Dies bejahend Spannowsky, Verträge und Absprachen, S. 107. 243 Dazu P. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 1, Rn. 97 ff.; U. Stelkens, Verwaltungsprivatrecht, S. 949 ff.; Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 226 ff. oder Becker, Verwaltungsprivatrecht und Verwaltungsgesellschaftsrecht, S. 73 ff. 244 So jüngst der BGH in Anknüpfung an Ehlers, BGHZ 155, 166 (175) = BGH NJW 2003, 2451 (2453). Die Beschränkung auf öffentlich-rechtliche Rechtsverhältnisse wird in der Gesetzesbegründung an verschiedenen Stellen betont, etwa BT-Drs. 7/910, S. 30 f. dort die Pkte. 7.1 und 7.3 oder speziell zum öffentlich-rechtlichen Vertrag S. 77 f. 245 Fleiner, Institutionen, S. 326.
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„Für den Staatsbürger bedeutet die Vereinheitlichung und Kodifizierung des Verwaltungsverfahrensrechts eine Stärkung seiner Rechtsstellung. Für ihn ist von besonderer Bedeutung, daß ein einheitliches Verfahrensrecht die Tätigkeit der Behörden übersichtlicher und ihm verständlicher macht. Dadurch wird gleichzeitig auch dem Grundsatz der Rechtssicherheit Rechnung getragen.“246 (Im Folgenden wird die Bedeutung desselben im Hinblick auf die zunehmende Komplexität und Intensität der Bürger-Staat-Verträge im modernen Staat betont und sodann weiter ausgeführt:) „Oberster Grundsatz ist danach, dass die Verwaltung bei ihrer Tätigkeit an Recht und Gesetz gebunden ist. Nun erfüllen zwar auch ungeschriebene Rechtsgrundsätze diese Voraussetzungen [. . .] indes würde ein Zurückgreifen auf ungeschriebene Rechtsgrundsätze der Idee des Rechtsstaates nicht günstig sein.“247 Die „verfassungsrechtlichen Grundsätze erfordern [. . .] zu ihrer besseren und leichteren Anwendbarkeit und Handhabung durch die Verwaltung eine Konkretisierung in einem einfachen Gesetz.“248 Die Bedeutung, welche verwaltungsverfahrensrechtlichen Vorschriften für den Grundrechtsschutz des Bürgers heute beigemessen wird249, unterstreicht diese gesetzgeberische Einschätzung. In der Praxis hat sich das VwVfG bewährt250 und wird sich nach Flexibilisierung von Schriftform, Angemessenheitskontrolle, Fehlerfolgenregelung etc. („kleine Lösung“251) in noch größerem Maße durchsetzen. Dem wird man auch nicht entscheidend eine angebliche Angleichung der Rechtsmaßstäbe durch Geltung verwaltungsprivatrechtlicher Grundsätze oder europarechtsautonomer Materien wie der des GWB-Vergaberechts entgegenhalten können.252 Letzteres vermag schon deshalb keine wirkliche Rechtsangleichung zu bewirken, weil es für einen Großteil der Vergabeverträge mangels Überschreiten der Grenzwerte gar nicht zu Anwendung kommt. Dass für einen Ausschnitt der Verträge ein ausweislich des Richtlinienhintergrundes europarechts-autonom zu beurteilender Normenkomplex Anwendung findet253, besagt lediglich, dass die Vorgaben unabhängig von der Zuordnung zu einer der Teilrechtsordnungen nach innerstaatlichem Recht Geltung beanspruchen.254 Eine Aussage, ob und wie weit bestimmte Verträge nach innerstaatlichem Recht einer bestimmten Teilrechtsordnung und evtl. vorhandener Spezialregelungen zu un246
Gesetzesbegründung zum VwVfG, BT-Drs. 7/910, S. 29, Nr. 5.2. A. a. O., Nr. 6.1, Hervorhebung durch den Verfasser. 248 A. a. O., Nr. 6.2. 249 Jüngst etwa Reicherzer, ZRP 2004, 112 (113). 250 Bonk/Schmitz, in: P. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 1, Rn. 2: m. w. N. zu dieser Einschätzung. 251 Oben § 7 B. II. 252 So aber etwa H. C. Röhl, Verwaltung durch Vertrag, § 3 A. I. 2. c). 253 Zu diesem Vorgehen näher unter § 9 B. I. 2. 254 Mit dieser Vorgabe für das Vergaberecht ausdrücklich EuGH, Slg. 2001, I-5409, Rn. 73 ff. (Ordine degli Architetti) = EuZW 2001, 532; dazu Ehlers, DV 37 (2004), 255 (289). 247
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terstellen sind, folgt daraus nicht. Ähnlich ambivalent ist der Verweis auf eine rechtsangleichende Wirkung des § 11 II BauGB.255 Denn mit diesem wollte der Gesetzgeber gerade keine Entscheidung hinsichtlich der Rechtsnatur städtebaulicher Verträge treffen.256 Vielmehr wird zunehmend zu bedenken gegeben, ob städtebauliche Verträge nicht durchweg als öffentlich-rechtliche Verträge i. S. d. §§ 54 ff. VwVfG zu qualifizieren sind257, so dass § 11 BauGB im Verhältnis zum VwVfG lediglich Klarstellungen und Doppeltregelungen enthält.258 Soweit dies zutrifft, erweist er sich nicht als Musterregelung, sondern als Negativbeispiel einer weit möglichst entgegenzuwirkenden Partikularisierung des Verwaltungsvertragsrechts.259 Die Gesetzesmaterialien zu § 11 BauGB lassen vermuten, dass hier mehr Zuordnungsunsicherheiten überspielt werden sollen, als dass man eine Modellnorm für ein rechtsformneutrales Verwaltungsvertragsrecht kreieren wollte.260 Vergleicht man abstrakt die im Verwaltungsprivatrecht geltenden Rechtsmaßstäbe einerseits und die §§ 54 ff. VwVfG andererseits, zeigt sich eher eine Konversion als eine Angleichung der Rechtsmaßstäbe: Verwaltungsprivatrecht bedeutet wie gesehen grundsätzliche Geltung des Privatrechts bei ergänzender Überlagerung durch öffentlich-rechtliche Bindungen. Die §§ 54 ff. VwVfG bewirken demgegenüber einen „Rollentausch“, denn nach § 62 VwVfG gilt grundsätzlich öffentliches Recht (fachgesetzliche Spezialnormen und solche des VwVfG) und ergänzend Privatrecht. Während die Herausforderung bei der Anwendung des § 62 S. 2 VwVfG darin besteht, herauszufinden, welche Privatrechtsnormen des BGB über § 62 S. 2 VwVfG „ergänzend“ und „entsprechend“ anwendbar sind, ist im Verwaltungsprivatrecht umgekehrt zu fragen, ob und wann ein das Privatrecht überlagernder allgemeiner Rechtsgrundsatz vorliegt. Da man überwiegend eine Analogie zum VwVfG für methodisch unzulässig hält, wird es schwerlich gelingen, alle im VwVfG systematisch entfalteten rechtsstaatlichen Sicherungen in das Privatrecht zu verpflanzen.261 Aber selbst wenn dies über die Formulierung entsprechender allgemeiner Rechtsgrundsätze gelänge, wird man sich fragen müssen: Warum dann noch diese leere privatrechtliche Hülse262? Ausgehend von der o. g. mit dem VwVfG verfolgten Inten255
Vgl. H. C. Röhl, Verwaltung durch Vertrag, § 3 A. I. 2. c). Löhr, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 11, Rn. 1; ebenso Brohm, JZ 2000, 321 (322); ders., in: Bauer/Breuer/Degenhart/Oldiges, 100 Jahre Allg. BauG Sachsen, 457 (460) und Busse, DNotZ 1998, 486 (487). 257 Ausführlich noch unter § 12 B. II. 2. 258 Brohm, JZ 2000, 321 (322). Kritisch jetzt auch Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 391 (mit Fn. 69): „unnötige wörtliche Wiederholungen [. . .] vorschnelle Auslagerung“. 259 Bonk/Schmitz, in: P. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 1, Rn. 12; zur Kritik auch Siems, BauR 2003, 1320 ff.). 260 Gegenteilig wird in der Gesetzesbegründung ausgeführt, dass es sich um Konkretisierungen und Klarstellungen zu den §§ 54 ff. BauGB handelt, vgl. BT-Drs. 13/ 6392, S. 50. 261 Zu diesem Befund bereits Zuleeg, VerwArch 73 (1982), 384 (397). 256
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tion des Gesetzgebers kann das Verwaltungsprivatrecht als Maximalziel nur einen Rückschritt erreichen: die umfassende Geltung der in ihrem Aussagegehalt oft undurchsichtigen allgemeinen Rechtsgrundsätze263. Man zielt also auf die Regelungsstruktur, welche für öffentlich-rechtliches Vertragshandeln vor Erlass des VwVfG galt und die man durch die Kodifikation weiterzuentwickeln suchte. Dies erhärtet den Verdacht, dass man an einer „historisch überholten Entwicklung“264 festhält. „Gerade wenn das öffentliche Recht den Staat disziplinieren soll, stellt sich aber die Frage, warum es die Verwaltung dann mittels einer eindeutigen Klarstellung in der Hand haben soll, z. B. die gesamte nicht spezialgesetzlich geregelte Leistungsverwaltung mit privatrechtlichen Mitteln wahrzunehmen.“265 IV. Verrechtlichungsgebot, Rechtsform und Privatrechtsrezeption Ein weiter Punkt kommt hinzu. Er Betrifft die Rolle der Rechtsform im Handlungssystem der Verwaltung unter dem Gesichtspunkt des Verhältnisses und der Grenzziehung zwischen den Teilrechtsordnungen. Zu Recht wird herausgestellt, dass ohne die Rückbindung an die allgemeine privatrechtliche Dogmatik die Tendenz zu einer weitgehenden Billigkeitsdogmatik bestünde, die letztlich das Handlungsinstrument Vertrag entwerten kann.266 Diese Rückbesinnung auf die privatrechtlichen Instrumente erfordert aber umgekehrt eine sehr viel genauere Erfassung und Beschreibung der Sondersituation „Verwaltung“, als es mit dem pauschalen Etikett „Verwaltungsprivatrecht“ erreicht wird.267 Gerade die Ausgestaltung des Gewährleistungskonzepts, wozu im Besonderen die Weiterentwicklung der §§ 54 ff. VwVfG sowie die Nutzung privatvertraglicher Modelle gerechnet wird, birgt die Gefahr, dass mit dem Zusammenwachsen staatlicher und privater Akteure zugleich die Grenzen zwischen den Teilrechtsordnungen weiter verschwimmen.268 Dies ist hinzunehmen, soweit dabei die Steuerungsleistungen der Teilrechtsordnungen269 mittels der Neustrukturie262 Dazu die ähnliche Kritik bei Henke, Recht der Wirtschaftssubventionen, S. 18 sowie am Beispiel verwaltungsrechtlicher Benutzungsverhältnisse Wagner, Anwendbarkeit des AGB-Gesetzes, S. 45. 263 Vgl. nur jüngst Ossenbühl, in: FS 50 Jahre BVerwG, 289 (290): „Geht man von Phänomenen aus, denen das Etikett des ,Rechtsgrundsatzes‘ aufgeklebt wird, so bietet sich ein ziemlich chaotisches Bild“. 264 Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 125 f. 265 Ehlers, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 40, Rn. 244. 266 So H. C. Röhl, VerwArch 85 (1995), 531 (545). 267 H. C. Röhl, VerwArch 85 (1995), 531 (545). 268 Konsequent erklärt denn auch Voßkuhle, VVDStRL 62 (2003), 266 (305) „mangels Entwicklungsperspektive“ einen Rückgriff auf das Verwaltungsprivatrecht hinsichtlich der Ausformung eines Gewährleistungsverwaltungsrechts für „untauglich“. 269 Zu ihnen Bullinger, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann, Auffangordnungen, 239 ff.
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rung überkommener und der Schaffung neuer Steuerungsinstrumente tatsächlich in ein effektives funktionales Ergänzungsverhältnis gebracht werden.270 In Figuren wie der des Verwaltungsprivatrechts fliesen die Teilrechtsordnungen aber weitgehend ungeordnet ineinander und verbinden sich zu einem intransparenten Mischrecht. Demgegenüber lässt sich das „Ergänzungsverhältnis“ im Bereich des Vertragsrechts durch die vorrangige Anknüpfung an Rechtsformen klar normativ verorten und vorordnen. Mit § 62 S. 2 VwVfG wird der Rückgriff auf den in der Praxis relevanten Kernbestand privatrechtlicher Normen eröffnet, so dass von einer zur Wahl privatrechtlicher Gestaltungsmodelle zwingenden Formenarmut des öffentlichen Rechts keine Rede sein kann.271 Dies gilt umso mehr, als im Zuge der Rekodifikation durch die Schuldrechtsreform der Bestand des BGB durch die Normierung richterrechtlicher Institute und die Inkorporation vieler Nebengesetze wie etwa das AGBG erheblich erweitert wurde.272 V. Verrechtlichungsgebot, Rechtsform, Privatrechtsrezeption und Rechtsschutz Die allgemeinen Unsicherheiten bei der Zuordnung des Vertrages273 setzten sich in Unsicherheiten bzgl. des zuständigen Gerichts fort.274 Die immer wieder als „überkonstruiert“275 kritisierte Aufspaltung vieler Gestaltungen in öffentlichrechtliche erste Stufe und privatrechtliche zweite Stufe (Zweistufentheorie276) verschärft die Rechtschutzproblematik noch zusätzlich. Angewandt auf Fallge270
Voßkuhle, VVDStRL 62 (2003), 266 (309). Mit diesem Argument bereits von Zezschwitz, NJW 1983, 1873 (1875); das Argument kritisch reflektierend jüngst U. Stelkens, Verwaltungsprivatrecht, S. 701 f. Soweit dem bisher die durch die Schriftform des § 57 oder das Fehlerfolgenregime des § 59 VwVfG bewirkte Starre der Rechtsform entgegengehalten wurde (so etwa Wolff/ Bachof/Stober, Verwaltungsrecht I, § 23, Rn. 5 oder Ehlers, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 40, Rn. 271) wird sich dieses Argument voraussichtlich mit Umsetzung der „kleinen Lösung“ (§ 7 B. II.) erledigen. 272 Zusammenfassend zum Rekodifikationsprozess und den Inhalten des SMG oben unter § 2 A. II. 273 Oben A. V. 274 Prägnant etwa der OVG Münster NVwZ-RR 2004, 776 ff. zu Grunde liegende Fall: In Streit stand die Wirksamkeit eines Grundstückskaufvertrages, welcher in unmittelbaren Zusammenhang mit einem unstr. öffentlich-rechtlichen Durchführungsvertrag i. S. d. § 12 I BauGB stand. Der betroffene Wohnungsbauunternehmer hatte bzgl. der Rückerstattung des Grundstückskaufpreises vor dem Verwaltungsgericht geklagt, da er den Vertrag dem Gesamtkontext nach als öffentlich-rechtlich einstufte. Das OVG sah hingegen nach aufwendiger Begründung den ordentlichen Rechtsweg als gegeben an. Zu Verfahrensunsicherheiten auch BGH NVwZ 2004, 253 ff.; kritisch daher im Hinblick auf die Prozessökonomie sowie Art. 19 IV GG zu Recht bereits Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 284 sowie Zuleeg, VerwArch 73 (1982), 384 (402). 275 Schmidt-Aßmann, in: Schmidt-Aßmann, Besonderes Verwaltungsrecht, Kapitel 1, Rn. 112; ähnlich Ehlers, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 40, Rn. 259. 276 Dazu bereits unter § 8 A. IV. 271
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staltungen, in welchen bei natürlicher Betrachtung keine Zweistufigkeit vorliegt, provoziert sie künstliche „dogmatische Verrenkungen“.277 In der gerichtlichen Praxis zeichnet sich neuerlich eine Trendwende ab: Während viele Instanzgerichte278 noch die Zweistufentheorie auf die Subventionsvergabe anwenden279, hat der BGH280 bereits in Auseinandersetzung mit der kritischen Literatur281 die grundsätzliche Aufgabe der zweistufigen Betrachtung erwogen, die Entscheidung dann aber noch einmal offen gelassen. Zudem tendiert das BVerwG282 hinsichtlich der Subventionsvergabe zu einer einheitlichen Ausgestaltung durch öffentlich-rechtlichen Verwaltungsvertrag. Das Oberverwaltungsgericht Berlin283, der BGH284 sowie erneut das BVerwG285 haben zudem der mehrphasigen Ausgestaltung verschiedener Privatisierungsverträge286 eine bewusste Absage erteilt, was sich als erste deutliche Abkehr von der Zweistufentheorie deuten lässt.287
277 Rodi, Subventionsrechtsordnung, S. 646. Ein deutliches Beispiel liefert der die Praxis des Vertragsnaturschutzes in Nordrhein-Westfalen, wonach die Unterschrift der Behörde unter den Vertrag, mithin die die konsensuale Handlungsform konstituierende rechtsgeschäftliche Annahmeerklärung zugleich als Bewilligungsbescheid, mithin als einseitige Regelung, „gilt“; zur Kritik an dieser die Rechtsformen vermischenden Vorgehensweise im Rahmen der Kurzdarstellung des Vertragsnaturschutzes unter § 10 B. III. 278 Etwa VG Magdeburg EuZW 1998, 669 (670) oder zuletzt VG Schleswig, Urt. v. 22.1.2004, Az. 12 A 158/02 (JURIS oder Beck-online: BeckRS 2004 24282). 279 Näher unter § 10 B. II. 280 BGH NJW 1997, 328 f. 281 Schmidt, Unterscheidung, S. 315; Burmeister, VVDStRL 45 (1987), 256 und 258 (Aussprachen); Voßkuhle, VVDStRL 62 (2003), 266 (305); Brohm, JZ 2000, 321 (326, 329); ders., in: Bauer/Breuer/Degenhart/Oldiges, 100 Jahre Allg. BauG Sachsen, 457 (477); Kempen, Formenwahlfreiheit, S. 127 f.; H. C. Röhl, VerwArch 95 (1995), 531 (576); Unruh, DÖV 1997, 653 ff.; Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 125 f. oder de Wall, Privatrechtliche Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 49; trotz anhaltender Kritik im Ergebnis an der Figur festhaltend Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht I, § 23, Rn. 32a; Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee, 6. Kapitel, Rn. 24 f.; Grziwotz, JuS 1998, 807 (809); v. Danwitz, AöR 120 (1995), 595 (620) oder Osterloh, VVDStRL 54 (1995), 204 (232). 282 BVerwG NVwZ-RR 2004, 413 ff.; BVerwG, Beschluss v. 11.4.1997 – 8 B 61/ 97 (JURIS); BVerwG RdL 1995, 184 f.; BVerwG ESLR 3, ÖR 18 und bereits BVerwGE 84, 236 (237 f.); 59, 60 (62); vgl. zudem VGH München BayVBl. 1997, 246 ff. 283 OVG Berlin NJW 1991, 715 (716 f.) dem folgend VG Berlin VIZ 1994, 692. 284 BGH VIZ 2004, 316 (317). 285 BVerwG Bucholz 310, § 40 VwGO, Nr. 286 = ZOV 2002, 236 ff. 286 Zu den als öffentlich-rechtlich einzustufenden funktionalen Privatisierungsverträgen unter § 10 B. VI. sowie zur rechtlichen Zuordnung sogleich unter VII.; instruktiv auch die Rechtsprechung zu den Privatisierungsverträgen der Treuhandanstalt (dazu noch gesondert unter § 13 E. I. 4.). 287 Vgl. zudem BGH JZ 2001, 464 f. wo eine zweistufige Ausgestaltung für den Flächenerwerb nach dem Ausgleichsleistungsgesetz abgelehnt wurde.
158 2. Teil 1. Abschn.: Der Verwaltungsvertrag zwischen den Teilrechtsordnungen
Wo hingegen für Verwaltungsverträge an Wahlfreiheit und Zweistufigkeit festgehalten wird, bestätigt die aktuelle Rechtspraxis die immer wieder hiergegen vorgebrachten Bedenken. Dies lässt sich etwa am Beispiel städtebaulicher Verträge zur Verwirklichung von Einheimischenmodellen zeigen. Diese hat man jüngst dem Anwendungsbereich von Verwaltungsprivatrecht288 und Zweistufenlehre289 hinzugefügt: Im Normalfall des Zwischenerwerbsmodells290 soll die Entscheidung über die Vergabe einen Verwaltungsakt darstellen, für dessen Kontrolle die Verwaltungsgerichte zuständig sind. Der Kaufvertrag sowie die häufig unter Verwendung von AGB vereinbarten Sicherungsklauseln stellten hingegen einen privatrechtlichen Vertrag dar, dessen Rechtmäßigkeit jeweils unter Beachtung etwaiger verwaltungsprivatrechtlicher Sonderbindungen durch die ordentlichen Gerichte zu kontrollieren sei. In der bisherigen Rechtsprechung291 kamen die ordentlichen Gerichte diesem spezifischen Kontrollauftrag nicht nach. Öffentlich-rechtliche Besonderheiten, genauer die städtebaulichen Anliegen, welche die Verwaltung durch entsprechende Klauseln abzusichern suchte, wurden überwiegend nicht zur Geltung gebracht, was eine Welle der Kritik nach sich zog.292 Andere ordentliche Gerichte waren sich hinsichtlich der Zuordnung der Verträge nicht sicher, erklärten sich kurzerhand für unzuständig und reichten den Streit an die Verwaltungsgerichte weiter293. Im Ergebnis wurde somit der nachdrücklich artikulierten Forderung vieler Kritiker294 entsprochen.295 288
BGH NVwZ 2003, 371 (374). OVG Münster NJW 2001, 698; VG München BayVBl. 197, 533; zustimmend Busse, DNotZ 1998, 486 (487 f.). 290 Dabei kauft die Gemeinde vor der Baulandausweisung Miteigentumsanteile an den Grundstücken (z. B. beim Echinger Modell zwei Drittel der jeweiligen Flächen) und nimmt anschließend die Baulandsausweisung vor. Nunmehr werden die Flächen aufgeteilt; die ursprünglichen Eigentümer können den ihnen verbliebenen Flächenanteil frei verwerten, während die Gemeinde ihre Flächen nach sog. Einheimischenrichtlinien verbilligt an ortsansässige Bürger abgibt, vgl. Busse, DNotZ 1998, 486 (487 f.). 291 Vgl. OLG Oldenburg OLG-Report 2001, 34; OLG Celle DNotI-Report 1999, 70 und OLG-Report 1999, 113; OLG München DNotI-Report 1999, 138; NJW 1998, 1962 f. und MittBayNot 1994, 541; LG Ravensburg BWNotZ 1998, 44; LG Traunstein MittBayNot 1998, 465 und NJW-RR 1999, 891; OLG Hamm NJW 1996, 2104; OLG Koblenz MDR 1995, 1110 und DNotI-Report 1998, 25; OLG Düsseldorf NVwZ 1993, 405 (dort im Ergebnis allerdings nicht entscheidungserheblich); OLG Karlsruhe NJW-RR 1992, 18. 292 Deutlich Brohm, JZ 2000, 321 (324): „verfehlte Rechtsprechung [. . .]. Unterschiede (zu normalen zivilrechtlichen Verträgen) werden offensichtlich nicht gesehen.“ (Einfügung durch den Verfasser); ähnlich ders., in: Bauer/Breuer/Degenhart/Oldiges, 100 Jahre Allg. BauG Sachsen, 457 (465 f.); dem zustimmend Löhr, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 11, Rn. 14; vgl. zudem die kritischen Stellungnahmen bei Busse, BayVBl. 2003, 129 (132); ders., DNotZ 1998, 486 (487 f.); Grziwotz, NVwZ 2002, 391 (393); Bick, DVBl. 2001, 154 (157); Gaßner, BayVBl. 1997, 538 f.; Wagner, BayVBl. 1997, 539 ff. sowie Albrecht, DNotZ 1996, 546 (550). 293 So im Falle des VGH München, NVwZ 1999, 1008 ff. zugrundeliegenden Falles; vgl. zudem Hofstetter, BWNotZ 2000, 5 (6). 289
§ 8 Öffentlich-rechtliche und privatrechtliche Verträge der Behörde
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Damit zeigt sich die Verschiedenheit der Rechtswege nicht nur bei der unterschiedlichen Ausgestaltung des Gerichtsverfahrens, sondern auch in der Sichtweise oder dem Vorverständnis der Richter: Zivilrichter neigen dazu, gesetzliche Vorschriften, wie etwa Angemessenheit vertraglich vereinbarter Leistungen, in erster Linie aus der Perspektive des Individuums zu würdigen.296 Dies entspricht letztlich ihrem verfassungsmäßigen Auftrag, bei der Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe der Privatautonomie des Einzelnen als Bestandteil der auch durch die Grundrechte geprägten objektiven Werteordnung Geltung zu verschaffen (mittelbare Drittwirkung297). Verwaltungsrichter haben mehr das öffentliche Interesse sowie die Verhältnismäßigkeit einer Freiheitsbeschränkung im Auge, wobei im Hinblick auf die Grundrechte die abwehrrechtliche Perspektive dominiert.298 Sachlich bestehen keine Bedenken gegen eine weitergehende Zuweisung der Streitigkeiten zu den Verwaltungsgerichten. So werden sich vor allem im Bereich der vorwiegend betroffenen Leistungsverwaltung in weitaus geringerem Maße typisch zivilrechtliche Fragestellungen, etwa solche bzgl. eines mangelfreien Leistungsaustausches, stellen.299 Denn die Verwaltung handelt nicht im wirtschaftlichen Eigeninteresse, sondern entsprechend ihrem gesetzlichen Handlungsauftrag im Interesse der Allgemeinheit und damit auch im Interesse des Vertragspartners. Konflikte betreffen tendenziell Vertragsgestaltungen durch welche die Verwaltung von ihr verfolgte Allgemeininteressen zu sichern sucht300, Fragen der Verhältnismäßigkeit oder Gleichheitsgesichtspunkten bei Vergabeentscheidungen301. Betroffen sind mithin gerade solche Rechtsaspekte, 294
So etwa Wagner BayVBl. 1997, 539 oder Hofstetter, BWNotZ 2000, 5 (7). In seiner jüngsten Stellungnahme zur Problematik berücksichtigt der BGH zwar nun den städtebaulichen Kontext (vgl. BGH NVwZ 2003, 371 ff.). Jedoch bestätigt das Urteil die oben geäußerten Bedenken gegen die Heranziehung allgemeiner Verwaltungsrechtsgrundsätze im Rahmen des Verwaltungsprivatrechts. Denn der BGH möchet selbst für privatrechtliche (!) Verwaltungsverträge vorrangig zum AGB-Recht das ungeschriebene öffentlich-rechtliche Angemessenheitsgebot als Kontrollmaßstab heranziehen. Hier werden eigentlich passende Instrumente entwertet und umgekehrt ohnehin unbestimmte Grundsätze über Gebühr inhaltlich aufgeladen (eingehend noch unter § 12 B.). 296 Zu diesem Befund Gaßner, BayVBl. 1997, 538 (539). 297 Dazu statt vieler Guckelberger, JuS 2003, 1151 ff. 298 Vgl. Brohm, JZ 2000, 321 (325) mit Beispielen. 299 Selbst soweit dies ausnahmsweise der Fall ist, begegnet dies keinen grundsätzlichen Bedenken. Denn mit § 62 S. 2 VwVfG hat der Gesetzgeber grundsätzlich auf das gesamte BGB verwiesen und die Auslegung dieser Normen damit auch zum Aufgabenbereich des Verwaltungsrichters erhoben. 300 Zu den hier an späterer Stelle als „Sonderrechtsklauseln“ identifizierten Gestaltungen unter § 13 D. I.; auch die Analyse der unter Verwendung von AGB geschlossenen Verwaltungsverträge (§ 10 B.) weist in die Richtung. 301 Neben der Vergabe bei Beschaffungsverträgen wird dies etwa bei der verbilligten Vergabe von Grundstücken in Einheimischenmodellen oder ganz allgemein bei der 295
160 2. Teil 1. Abschn.: Der Verwaltungsvertrag zwischen den Teilrechtsordnungen
die dem jeweiligen Vertrag sein öffentlich-rechtliches Gepräge geben, so dass die Verwaltungsgerichte die sachnähere Institution darstellen. Hinzu kommt, dass der Verwaltungsrechtsweg aus verfahrensrechtlicher Sicht für den Bürger aus mehreren Gründen eindeutig vorteilhafter ist302.303 Unter Gleichheitsgesichtspunkten kann es diesbezgl. wenig befriedigen, dass etwa bei unterschiedlichen Subventionsarten konträre Zuordnungspraktiken dominieren. So soll z. B. die Subventionierung von Einheimischen durch städtebauliche Verträge wie gesehen zweistufig, also auf der Abwicklungsstufe regelmäßig privatrechtlich sein. Demgegenüber soll die Subventionierung im Rahmen des Vertragsnaturschutzes im Regelfall durch öffentlich-rechtlichen Verwaltungsvertrag abgewickelt werden.304 Auch in anderen Bereichen werden strukturell gleichartige Vertragskonstellationen, in denen jeweils ähnliche Rechtsaspekte in Streit stehen, ohne erkennbaren, die Differenzierung legitimierenden sachlichen Grund einmal den ordentlichen das andere mal den Verwaltungsgerichten zugesprochen.305 Subventionsvergabe relevant, dazu zuletzt anschaulich BVerwG BayVBl. 2004 23 (24) und BGH NJW 2003, 2451 ff. (Ermessenbindung bei Subventionsvergabe). 302 Wesentliche Aspekte sind etwa die Geltung des Untersuchungsgrundsatz und dass es grundsätzlich kein Versäumnisurteil gibt. Hierauf wurde bis in die jüngste Vergangenheit immer wieder hingewiesen, vgl. Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 116 f.; ebenso P. Stelkens/Schmitz, in: P. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 1, Rn. 68; Unruh, DÖV 1997, 653 (659); Brohm, JZ 2000, 321 (325) sowie mit weiteren Differenzierungen ders., in: Bauer/Breuer/Degenhart/Oldiges, 100 Jahre Allg. BauG Sachsen, 457 (467); zu weiteren Rechtsschutzeinbußen im Zivilprozess vgl. Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 188 f. (etwa Kostenvorschuss, Anwaltszwang, Urkunden- und Aktenvorlagepflicht der Behörde nicht in gleichem Maße, keine Möglichkeit einer Ermessenskontrolle mit lediglich kassatorischer Wirkung oder Verpflichtung zu Neubescheidung nicht möglich etc.). Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 14, Rn. 8 weist in diesem Zusammenhang zudem auf die erweiterten Haftungsrahmen sowie vollstreckungsrechtliche Unterschiede hin. Vorteile des Zivilrechtsschutz (nach Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 19 IV GG, etwa im Bereich des Wettbewerbsrechts) sind demgegenüber eher gering. 303 Für eine weitestgehende Angleichung von Verwaltungs- und Zivilprozess jetzt Kaufmann, Untersuchungsgrundsatz, (zusf.) S. 438 f., der u. a. auch für die Möglichkeit eines Versäumnisurteils auch im Verwaltungsprozess ausspricht. Nach hier vertretener Ansicht sind jedenfalls einzelne privatrechtliche (Neu-)Regelungen zur Beweislast auch im Verwaltungsprozess gültig (zu § 280 I 2 BGB unter § 16 B. IV. 2.). An anderen Stellen erweist sich im Hinblick auf Streitfragen der Neuregelung der Verwaltungsrechtsweg und die damit verbundene Geltung des Untersuchungsgrundsatzes als klar vorteilhaft (am Beispiel des neuen § 283 BGB unten § 16 C. I. 3.). 304 Vgl. die Darstellungen unter § 10 B. II. bis IV. 305 VGH Kassel NVwZ 2003, 238 f. liefert ein besonders anschauliches Beispiel für die konstruierte Herleitung des Verwaltungsrechtswegs bei einer Klage gegen die „Entscheidungsstufe“: Die Überlassung eines weiteren Raumes im Gebäude der KfzZulassungsstelle an einen privaten Schilderhersteller (bei natürlicher Betrachtung ein normaler über Angebot und Annahme zustande gekommener Mietvertrag!) [. . .] verbessere den Ablauf der hoheitlich durchgeführten Kfz-Zulassung. Sie komme den praktischen Bedürfnissen des Publikums entgegen und fördere dadurch (mittelbar) die
§ 8 Öffentlich-rechtliche und privatrechtliche Verträge der Behörde
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Zusammenfassend bestätigen die ungeordneten Linien der Rechtsprechung bei der Anwendung verwaltungs(-privat-)rechtlicher Grundsätze die durch den Gesetzgeber betonte Vorzugswürdigkeit geschriebener Rechtsmaßstäbe gegenüber ungeschriebenen allgemeinen Rechtsgrundsätzen. Durch ungeschriebene Rechtsgrundsätze wird „die Beschreitung des Rechtsweges, die dem Einzelnen in Artikel 19 Abs. 4 GG garantiert wird, risikoreicher.“306 Ausgehend von der schon bisher herrschenden Vermutung für das öffentliche Recht307 und der rechtsstaatlichen Funktion der Rechtsform für den Rechtsschutz308 formuliert: Es muss einheitlich zu den Verwaltungsgerichten, was bisher nur dorthin sollte. VI. Schlussfolgerungen Nach alledem bietet das Verwaltungsprivatrecht im Anwendungsbereich der Rechtsform Verwaltungsvertrag keine Alternative durch welche dem rechtsstaatlichen Postulat einer Ordnung des die kontrahierenden Verwaltung bindenden Normenbestandes309 in gleichwertiger Weise entsprochen werden kann.310 Die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben (Kfz-Zulassung). Entsprechend gelte Verwaltungsprivatrecht, weshalb auch die Zweistufen-Theorie Anwendung finde. Anders als für die privatrechtliche „Abwicklungsstufe“ (Mietvertrag) sei hinsichtlich der „Entscheidungsstufe“ der Verwaltungsrechtsweg gegeben (Nebenbei zeigt die Entscheidung, wie man sich schrittweise vom der historischen Konzeption des Verwaltungsprivatrechts [Überlagerung des Privatrechts durch gesetzliche Bindungen in Fällen unmittelbarer Aufgabenerfüllung durch Vertrag] löst und die Figur ohne klare Konturen auf verschiedene Konstellationen ausdehnt. In einem vergleichbaren Fall (Abwicklungsverhältnis: Pachtvertrag über Räume in gemeindlicher Einrichtung) hat das LG Darmstadt, HGZ 2001, 489 ff. (zutreffend) mangels öffentlich-rechtlichem Maßnahmezweck den ordentlichen Rechtsweg als gegeben gesehen, also genau gegenteilig geurteilt. Weiter hat das OLG Dresden SächsVBl 2001, 16 f. in einen strukturell ähnlichen Fall trotz der Annahme der Wahrnehmung einer öffentlichen Aufgabe (privatrechtliche Vereinbarung einer Bundesanstalt über Zahlungs- und Grundstücksrückgabepflichten im Rahmen von Restitutionsverfahren) und der daraufhin angenommenen Geltung des Verwaltungsprivatrechts allein die ordentlichen Gerichte für zuständig erklärt. Vgl. zudem die unter § 8, Fn. 282 ff. (S. 157 f.) zitierten Urteile, wo jeweils (trotz öffentlichen Zweckbezugs) eine Zweiphasigkeit abgelehnt wurde sowie demgegenüber die in den vorangegangen Fußnoten genannten Entscheidungen, wo in umgekehrter Richtung die Anwendung der Zweistufentheorie auf die Subventionsvergabe sowie die Vergabe von Grundstücken an Einheimische bejaht wurde. Das durch die Anwendung der Zweistufentheorie hergebrachte Rechtsprechungsbild könnte also kaum bunter sein. 306 BT-Drs. 7/910, S. 29, Nr. 6.1.; gegenteilig die Einschätzung von U. Stelkens, Verwaltungsprivatrecht, S. 702 f. 307 Siehe oben A. V. 308 Dazu nur Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 19 IV, Rn. 67 sowie Schilling, VerwArch 87 (1996), 191 (193). 309 Schmidt-Aßmann, in: FS Brohm, 547 (549 f.). 310 Zuleeg, VerwArch 73 (1982), 384 (397); ebenso neuerlich Rodi, Subventionsrechtsordnung, S. 644; ähnlich bereits Bosse, Subordinationsrechtlicher Verwaltungsvertrag, S. 96 f.: „unentwirrbare Gemengelage“, „Rechtschaos“; a. A. U. Stelkens, Verwaltungsprivatrecht, deutlich (u. a.) auf S. 702 ff.
162 2. Teil 1. Abschn.: Der Verwaltungsvertrag zwischen den Teilrechtsordnungen
Schwächen des Verwaltungsprivatrechts legen es nahe, im Bereich der Behörden-Bürger-Verträge „auf Wahlfreiheit und (Verwaltungs-)Privatrecht weitgehend zu verzichten und die notwendige dogmatische Bereinigung einer historisch überholten Figur vorzunehmen.“311 Auch die als Ausfluss der Wahlfreiheit zu begreifende Zweistufenlehre wirft bis heute mehr Fragen auf, als die zu lösen vorgibt.312 Heute „hat sich das rechtsstaatliche Anliegen der Zwei-StufenLehre [. . .] erledigt“313: Zweck der Lehre war es, bestimmte, bis dahin – mangels anerkannter öffentlich-rechtlicher vertraglicher Handlungsalternative – zunächst als rein privatrechtlich qualifizierte Leistungsverhältnisse der Verwaltung, den öffentlich-rechtlichen Bindungen zu unterwerfen und die Einhaltung dieser Bindungen durch verwaltungsgerichtliche Kontrolle zu sichern. Angesichts der Option eines öffentlich-rechtlichen Verwaltungsvertrages und der damit einhergehenden verwaltungsgerichtlichen Kontrolle bedarf es zur Gewährleistung dieser Zwecksetzung nicht mehr einer Zerstückelung einheitlicher Leistungsbeziehungen in einen öffentlich-rechtlichen und einen privatrechtlichen Teil.314 Das Dogma der Wahlfreiheit ist historisch zu verstehen.315 Es hat jedenfalls dort seine Berechtigung verloren, wo heute der Verwaltung der rechtsstaatlich vorzugswürdige Weg über die §§ 54 ff. VwVfG eröffnet ist.316 „Kombinationsmethoden“ sowie die „Wahl“ einer Behörde zwischen öffentlich-rechtlichem und privatrechtlichem Vertrag stellen sich für den vorliegend fokussierten Bereich als nützliche, jedoch überholte Etappe auf dem Weg der Emanzipation des öffentlichen Rechts vom Privatrecht dar317.318 311
Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 125 f. So zuletzt resümierend Rodi, Subventionsrechtsordnung, S. 646. 313 Ehlers, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 40, Rn. 259. Ebenso Rodi, Subventionsrechtsordnung, S. 648. 314 Ehlers, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 40, Rn. 259. Mit der Zuordnung zur Rechtsform und der damit einhergehenden Rechtsschutzmöglichkeiten vor den Verwaltungsgerichten werden im Anwendungsbereich der §§ 54 ff. VwVfG auch andere Zweistufenmodelle wie die bei H. C. Röhl, VerwArch 85 (1995), 531 (534 ff.) vorgeschlagene Trennung von Handlung und nachfolgender (ggf. zivilrechtlicher) vertraglicher Regelung entbehrlich, kritisch dazu auch Brohm, JZ 2000, 321 (326, dort Fn. 38), positiv demgegenüber Ziekow, Verwaltungskooperationsrecht, S. 122. 315 Rodi, Subventionsrechtsordnung, S. 646. 316 Der erstmals im Subventionsrecht vollzogene Schritt zum (Verwaltungs-)Privatrecht, erklärt sich u. a. aus der damals noch vorherrschenden Zurückhaltung gegenüber dem öffentlich-rechtlichen Verwaltungsvertrag als selbständiger Handlungsform neben dem Verwaltungsakt. 317 Rodi, a. a. O. 318 Eine interessante Vergleichsfolie bildet insoweit die Rechtsentwicklung in England. Dort ist vor allem seit den ausgehenden 1970ern die zunehmende Betonung des Verwaltungsrechts (Administrative Law) im Allgemeinen und der Verwaltungsverträge (Public bzw. Administrative Contracts) als selbständige, öffentlich-rechtliche Handlungsform zu beobachten (zuletzt Davies, A public law analysis of government by contract, pass.). Bezeichnenderweise bemüht man sich gerade in den letzten Jahren 312
§ 8 Öffentlich-rechtliche und privatrechtliche Verträge der Behörde
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Eine Behörde hat mithin ihre vertragliche Rechtsbeziehung zum Bürger statt verwaltungsprivatrechtlich durch öffentlich-rechtlichen Verwaltungsvertrag auszugestalten.319 Die bisher zur Qualifikation als „verwaltungsprivatrechtlich“ herangezogenen Kriterien treten als Zuordnungskriterien neben den herrschenden Ansatz der Vorordnungslehre.320 Ein Verwaltungsvertrag i. S. d. §§ 54 ff. VwVfG ist deshalb immer dann gegeben, wenn der Gegenstand eines Vertrages aufgrund einer normativen Vorordnung eindeutig öffentlich-rechtlich geprägt ist und/oder wenn durch den Verwaltungsvertrag unmittelbar321 Verwaltungsaufgaben verwirklicht werden, die Verwaltung also direkt leistend und lenkend tätig um die Herausbildung einer selbständigen Verwaltungsgerichtsbarkeit (Administrative Law Courts, dazu McEdowney, Public Law, S. 149 f., Rn. 6-005; zu vorangegangenen Forderungen vgl. die Mitteilung in (2000) 4 All ER 1071; zur Einführung und Ausgestaltung der „Application for Judicial Review“ (A. J. R.) zu Beginn der 1980er, ausführlich McEdowney, a. a. O., S. 486 ff., Rn. 17-021 ff.). Historisch kann man diese Entwicklung als späte Annäherung an die kontinental-europäische Rechtstradition werten. Für die deutsche Rechtswissenschaft, die bisweilen bemüht ist, die Bedeutung der mit guten Gründen einst betonten Dichotomie für das Verwaltungsvertragsrecht einzuebnen, könnten sich damit aus einem Rechtsvergleich mit der englischen Entwicklung erfrischende Impulse für die bisweilen etwas festgefahrene nationale Diskussion ergeben. Dass man sich umgekehrt aus Sicht des anglo-amerikanischen Rechtskreises schwer tut, den deutschen Sonderweg der Aufspaltung des Vertragshandeln in zwei Stufen nachzuvollziehen, mag man als Indiz für unnötige Intransparenz und Künstlichkeit der verwaltungsprivatrechtlichen Idee ansehen. So beschreibt etwa Singh, German Administrative Law in Common Law Perspective, S. 94 f. die Subventionsvergabe, und damit das Lehrbeispiel für die Zweistufentheorie als Regelbeispiel eines Verwaltungsvertrages i. S. d. § 54 S. 2 VwVfG verweist für Streitigkeiten auf den Verwaltungsrechtsweg. 319 Im Ergebnis wird damit grundsätzlich dem bisweilen als „Aufgabentheorie“ bezeichneten Zuordnungsansatz gefolgt; vgl. Ehlers, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 40, Rn. 312 sowie ders., in: Erichsen/Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 2, Rn. 45; Spannowsky, Verträge und Absprachen, S. 97 ff., 110; Brohm, in: Bauer/Breuer/Degenhart/Oldiges, 100 Jahre Allg. BauG Sachsen, 457 (470–472) und ders., JZ 2000, 321 (326 f.) und ganz ähnlich Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 120, 125 f. Die dortigen Ausführungen schießen jedoch insofern über das Ziel hinaus, als dem Verwaltungsprivatrecht jede Daseinsberechtigung abgesprochen wird. Denn die Figur wird nicht hinfällig, sondern erlangt weiterhin Bedeutung für den nicht durch die §§ 54 ff. VwVfG erfassbaren (dazu oben unter § 6), sehr umstrittenen Bereich privatrechtlichen Agierens gemischt-wirtschaftlicher Unternehmen, Eigengesellschaften oder sonstiger publizistischer Privatrechtsträger, dazu Ehlers, in: Schoch/ Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 40, Rn. 230 ff., 242 m. w. N. Auch für diesen Bereich hat die Rspr. verwaltungsprivatrechtliche Bindungen angenommen, vgl. BGHZ 155, 166 (173 f.) = NJW 2003, 2451 (2452 ff.). Dem hier befürworteten Ansatz sehr nahe kommt auch die sog. „Sachwaltertheorie“ von Achterberg, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 1, Rn. 27. Im Ergebnis ähnlich die „Hoheitstheorie“ von Zuleeg, VerwArch 73 (1982), 384 (393 ff., 397) sowie die „Kompetenztheorie“ von Gern, ZRP 1985, 56 (58 ff.); gegenteilig in der Grundaussage demgegenüber U. Stelkens, Verwaltungsprivatrecht, S. 785. Nach dessen „Gesetzgebungskompetenztheorie“ (a. a. O., S. 680 ff.) ist ein Verwaltungsvertrag sogar „in der Regel als privatrechtlicher Vertrag zu qualifizieren“, wohingegen die Qualifizierung als öffentlich-rechtlicher Vertrag die „begründungsbedürftige Ausnahme“ sein soll. 320 Ganz ähnlich Burgi, Funktionale Privatisierung, S. 168.
164 2. Teil 1. Abschn.: Der Verwaltungsvertrag zwischen den Teilrechtsordnungen
wird.322 „Unmittelbarkeit“ ist insbesondere anzunehmen, wenn die Aufgabe gerade den am Rechtsgeschäft beteiligten Personen gegenüber besteht, etwa, soweit Letztere begünstigt werden sollen.323 Obwohl der Aufgabenbegriff im Zeitalter von Europäisierung und zunehmender Privatisierung einem Wandel unterliegt324, handelt es sich nach wie vor um ein anerkanntes rechtliches Ordnungskriterium. Trotz einer gewissen Offenheit des Begriffs hält ihn der Gesetzgeber selbst für ein taugliches Zuordnungskriterium.325 Überwiegend werden als „Staats- oder Verwaltungsaufgaben“ bezeichnet: „alle Angelegenheiten, die der Verwaltung durch Rechtssatz übertragen oder von ihr in rechtlich zulässiger Weise wahrgenommen werden.“326 Während das Verwaltungsprivatrecht zum Zwecke der Selbstdefinition nicht um die Auseinandersetzung mit dem Aufgabenbegriff umhinkommt, werden durch die vorliegend vertretene Lösung zumindest die rechts-strukturellen Defizite der Lehre vom Verwaltungsprivatrecht für den Bereich der Behörden-Bürger-Verträge überwunden. Die Zwecksetzung „Erfüllung von Verwaltungsaufgaben“ ist dabei nicht subjektive Zielvorgabe, sondern objektiv-rechtlich zu bestimmender Gegenstand des Vertrages.327 In rechtsvergleichender Perspektive stellt der Begriff der Verwaltungsaufgabe einen etablierten Anknüpfungspunkt dar.328 So wird etwa in Frankreich die Unterscheidung zwischen droit privé und droit pub321 Zur Unterscheidung „unmittelbarer“ und „mittelbarer“ Erfüllung von Aufgaben durch Verträge Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 199 f. sowie (wenn auch kritisch) Krebs, VVDStRL 52 (1993), 248 (258); zur damit erreichten Präzisierung gegenüber der überkommenen „Interessentheorie“ Ehlers, a. a. O., S. 200 f. 322 Ehlers, DVBl. 1983, 422 (423). Im Unterschied zur Aufgabentheorie tritt die hier vertretene Lösung also nicht alternativ, sondern kumulativ zum herrschenden Zuordnungsmodell. 323 Ehlers, DVBl. 1983, 422 (423); ders., Verwaltung in Privatrechtsform, S. 199. 324 Zur u. a. hier ansetzenden Kritik eines Aufgaben bezogenen Ansatzes statt vieler Voßkuhle, VVDStRL 62 (2003), 266 (273 ff.) sowie unter Beachtung des französischen service public und der europäischen Perspektive Pielow, Grundstrukturen öffentlicher Versorgung, S. 370 ff. 325 So wird z. B. in § 1 IV VwVfG eine Behörde als „jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt“, definiert. Auch bei den im Zuge der Reform der §§ 54 ff. VwVfG einzufügenden Normen will der Gesetzgeber an den Begriff der „öffentlichen Aufgabe“ anknüpfen, vgl. die Regelungen in den §§ 54 II und 56a VwVfG Musterentwurf (dazu Schmitz, DVBl. 2005, 17 (21 f., und oben unter § 7 B. II.). 326 Vgl. Ziekow, Verwaltungskooperationsrecht, S. 74 sowie Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 200, mit Fn. 152; ähnlich Heintzen, VVDStRL 62 (2003), 220 (261 f) oder auch Pielow, Grundstrukturen öffentlicher Versorgung, S. 354. Klassischerweise stets eingeschlossen sind Verwaltungstätigkeiten, die unter dem Begriff der Daseinvorsorge zusammengefasst werden, vgl. H. C. Röhl, VerwArch 85 (1995), 531 (574); zum Begriff der Daseinsvorsorge unter Berücksichtigung europarechtlicher Überformungen jetzt Möstl, in: FS Badura, 951 ff. 327 In diesem Sinne Burgi, Funktionale Privatisierung, S. 168; ähnlich Brohm, in: Bauer/Breuer/Degenhart/Oldiges, 100 Jahre Allg. BauG Sachsen, 457 (471 f.).
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lic329 sowie die damit verbundene Zuordnung zu Verwaltungs- oder ordentlicher Gerichtsbarkeit vorgenommen unter Rückgriff auf den im Kern aufgabenbezogenen Begriff des service public330. VII. Zuordnung zentraler Vertragskategorien Dementsprechend unterfallen neben dem klassischen Bereich der Hoheitsverwaltung auch Verträge im Bereich der Leistungsverwaltung – wie z. B. der Sub-
328 Für eine Vergleichbarkeit des hier vertretenen Abgrenzungsansatzes speziell mit der französischen Sicht (allerdings ohne nähere Begründung) Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 199, dort mit Fn. 144. 329 Ausführlich aus der deutschen Literatur vom Hagen, Die Unterscheidung von öffentlichem und privatem Recht in Frankreich, pass. oder Bechtold, Die Unterscheidung von Öffentlichem Recht und Privatrecht in Frankreich, pass.; aktueller, aber weniger ausführlich Tilmann, Klauselrichtlinie, S. 48–53. 330 Rivero/Waline, Droit administratif, S. 299 ff. Kreiert wurde der Grundbegriff des „service public“ vom Tribunal des conflits in der berühmten Blanco-Entscheidung, T. C. vom 8.2.1873, Blanco, G. A., no 1. Er lässt sich definieren als „activité assurée ou assumée par une personne publique, et régie au moins partiellement par des règles de droit public.“ (van Lang/Gondouin/Inserguet-Brisset, Dictionnaire de droit administratif, unter „Service public“). Die Umschreibungen der moderne Lehre differieren zum Teil (vgl. etwa Chapus, Droit administratif général, Bd. 1, S. 579 f., Rn. 748; Braibant, Droit Administratif, Bd. 1, S. 134 oder Gaudement, Droit Administratif, Bd. 1, S. 34, Rn. 65). Sonnenberger/Autexier, Französisches Recht, S. 71 f., Rn. 47 schlagen als Übersetzung „Gemeindienst“ vor, um auf die Eigenbedeutung hinzuweisen und Parallelen zum nicht vollständig deckungsgleichen deutschen Begriff der „Verwaltungsaufgabe“ zu vermeiden. In der Gesamtschau zeichnet sich der Begriff durch drei anerkannte Elemente aus: (1) Rechtfertigung durch ein öffentliches Interesse/Aufgabe (intérêt public), (2) Verpflichtung des Staates zur selbständigen Aufgabenerfüllung oder Delegation an einen Privaten unter gleichzeitiger Kontrolle desselben (Stichwort „Gewährleistungsverantwortung“) und (3) zur Verwirklichung des Interesses/Aufgabe müssen alternativ hoheitliche Mittel bereit stehen (puissance publique). Neben dem Vorliegen bestimmter, nicht zwischen Privaten, sondern nur bei Beteiligung der Verwaltung zur Verfolgung öffentlicher Zwecke vorliegender Klauseln (le critère de la clause exorbitante), stellt der service public das zentrale Kriterium für die Qualifikation als Verwaltungsvertrag (contrat administratif) dar (dazu Richer, Contrats Administratifs, § 1, Rn. 109 ff.). Notwendige Voraussetzung ist darüber hinaus, dass mindestens eine der Vertragsparteien eine juristische Person des öffentlichen Rechts ist, anderenfalls kommt ein Verwaltungsvertrag nur in Betracht, soweit einer der Privaten als Vertreter einer juristischen Person des öffentlichen Rechts handelt oder der Vertragsgegenstand seiner Natur nach dem öffentlichen Recht zuzurechnen ist (Die Zäsur entspricht also der hier eingenommenen Zuordnung und Eingrenzung der Untersuchungsperspektive). Handelt es sich hingegen um einen Vertrag zwischen zwei Verwaltungsträgern, liegt regelmäßig ein contrat administratif vor, näher Sonnenberger/Autexier, Französisches Recht, S. 89, Nr. 58 sowie zur Phänomenologie der Verwaltungsverträge zwischen Staat und Privaten sowie der Rolle des service public in diesem Kontext Chapus, (a. a. O.), S. 548 ff., Rn. 721 ff.; zur aktuellen Diskussion um den Begriff des service public in Frankreich Gaudement, (a. a. O.), S. 35 ff., Rn. 67 ff.; aus der deutschsprachigen Literatur jüngst Pielow, Grundstrukturen öffentlicher Versorgung, S. 133 ff.
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ventionsverwaltung331 – grundsätzlich einheitlich dem öffentlichen Recht.332 Privatrechtlich sind hingegen solche Verträge, welche lediglich mittelbar der Erfüllung von Staatsaufgaben dienen.333 Dies ist überall dort der Fall, wo Rechtssubjekte nicht unmittelbar als Sachwalter des Gemeinwohls, sondern gleich einem Privaten als solche ihres eigenen Wohls agieren.334 Tritt die Verwaltung als Nachfrager oder unternehmerisch am Markt auf, wurde schon bisher weitgehend kein Bedürfnis für eine verwaltungsprivatrechtliche Sonderlösung gesehen, da die spezifischen Konflikte durch die eingreifenden Sonderrechtsregime regulierbar sind.335 Keine unmittelbare Erfüllung von Verwaltungsaufgaben, mithin privatvertragliches Handeln ist damit gegeben, wenn die Verwaltung zum Zwecke der Bedarfsdeckung, der Vermögensverwertung oder der Teilnahme auf dem Dienst- und Gütermarkt tätig wird336.337 Sofern im Einzelfall Sonderbindungen 331
Einschließlich spezieller Subventionsarten wie die Förderung im Rahmen von Einheimischenmodellen (eingehend im Hinblick auf das AGB-Recht unter § 10 B. IV.) und dem Vertragsnaturschutz (§ 10 B. III.). 332 Ehlers, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 40, Rn. 276 und 312. Spannowsky, Verträge und Absprachen, S. 110; ebenso Meyer, in: Meyer/Borgs, VwVfG, § 54, Rn. 28 sowie Henke, Wirtschaftssubventionen, S. 14 und im Ergebnis Brohm, JZ 2000, 321 (326). Interessant ist insoweit auch eine Grundsatzaussage des BGH hinsichtlich der Beurteilung des Rechtsverhältnisses zwischen einem Patienten und einem durch öffentlich-rechtlichen Vertrag in die Erfüllung der Staatsaufgabe „Rettungsdienst“ eingeschalteten Privaten: „Stellt sich die Erfüllung einer bestimmten öffentlichen Aufgabe wie die Durchführung des Rettungsdienstes als hoheitliche Betätigung dar, so sind im Allgemeinen auch die bei Erfüllung dieser Aufgabe entstehenden Rechtsbeziehungen zu denjenigen, die diese Leistungen in Anspruch nehmen – hier den einzelnen Notfallpatienten –, als öffentlich-rechtlich zu qualifizieren.“, BGH NJW 2003, 1184 (1185). 333 Ehlers, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 40, Rn. 277 und 312. 334 Ähnlich Achterberg, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 1, Rn. 36 im Kontext dessen „Sachwaltertheorie“. 335 Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht I, § 22, Rn. 36. Die Grenzen für die erwerbswirtschaftlich-fiskalische Tätigkeit der öffentlichen Hand resultieren eher aus dem Kommunal- und Wettbewerbsrecht oder den Haushaltsordnungen als direkt aus verfassungsrechtlichen Bestimmungen oder den Regeln des VwVfG, vgl. P. Stelkens/ Schmitz, in: P. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 1, Rn. 111. Gleiches gilt für Vergabeverfahren, welche in differenzierter Weise durch das GWB reguliert werden, dazu sogleich. 336 In klarer Weise trifft dies für erwerbswirtschaftliches Handeln zu. Allerdings kann auch etwa das Anbieten von Dienstleistungen durch öffentliche Einrichtungen aus gesamtwirtschaftlicher Perspektive als „wirtschaftlich“ angesehen werden, ohne dass es aus einzelwirtschaftlicher Sicht primär auf Gewinnerzielung ankommt, dazu Walther, BayVBl. 2004, 167 ff. vor allem 169. 337 Ehlers, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 40, Rn. 277 und 312 sowie ausführlich zu den Begriffen mit umfangreichen Zuordnungsbeispielen Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 201 ff. und ders., in: Schoch/Schmidt-Aßmann/ Pietzner, VwGO, § 40, Rn. 318 ff.; dem folgend Spannowsky, Verträge und Absprachen, S. 110. Im Ergebnis ebenso Brohm, in: Bauer/Breuer/Degenhart/Oldiges, 100 Jahre Allg. BauG Sachsen, 457 (469 f.), welcher „wirtschaftstypische“ Verträge bzw. „traditionell fiskalischen Tätigkeiten, der Erhaltung und Vermehrung öffentlichen Ver-
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eine von den im Rechtsverkehr unter Privaten geltenden Rechtsregeln abweichende Behandlung erfordern, und spezielle Regelungen nicht einschlägig sind, kann dies über die Anwendung der privatrechtlichen Generalklauseln aufgefangen werden.338 Im Grundsatz ebenfalls als privatrechtlich einzustufen sind danach auch Verträge zur Vergabe öffentlicher Aufträge.339 Denn die Verwaltung verhält sich bei der Auftragsvergabe gleich einem Unternehmer im Wettbewerb. Auch hinsichtlich des Rechtsschutzes hat sich der deutsche Gesetzgeber durch die Bestimmung des Oberlandesgerichts als Beschwerdeinstanz (§ 116 III GWB) sowie die ausdrückliche Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte für Schadensersatzforderungen (§ 104 II 2 GWB) für eine privatrechtliche Ausformung entschieden.340 Zu Recht konnte sich daher auch der Vorschlag einer Anwendung der Zweistufentheorie auf das Vergabeverfahren nicht durchsetzen.341 Denn mögens oder der Deckung des zur Wahrnehmung der Verwaltungsaufgaben jeweils anfallenden Sachbedarfs“ dienende Verträge und schließlich den Bereich „privatrechtlich organisierter Eigengesellschaften“ dem Zivilrecht und bewusst nicht der Figur des Verwaltungsprivatrechts oder gar den §§ 54 ff. VwVfG unterstellen möchte; ganz ähnlich Heintzen, VVDStRL 62 (2003), 220 (230). 338 Vor allem §§ 242, 138 I, 134 und 826 BGB. 339 Ebenso die ganz überwiegende Meinung, vgl. H. C. Röhl, VerwArch 85 (1995), 531 (574); Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht I, § 22, Rn. 36; Pietzcker, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzcker, VwGO, § 42, Rn. 79 oder Burgi, Funktionale Privatisierung, S. 165; a. A. Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 148, welcher Ausnahmen nur in Randbereichen, am ehesten unterhalb der Schwellenwerte, anerkennen will (ausweislich der Vorgaben in den Richtlinien gilt das GWB nur bei Überschreiten bestimmter Schwellenwerte. Im Übrigen bilden immer noch das dt. Haushaltsrecht und die auf dieser Grundlage ergangenen VOB/A und VOL/A den vergaberechtlichen Ausgangspunkt, eingehend zum System Koenig/Haratsch, NJW 2003, 2637 ff., zur anstehenden Neuordnung des Vergaberechts Rechten, NZBau 2004, 366 ff.). Auch nach Zuleeg, VerwArch 73 (1982), 384 (402) und wohl Butzer, DÖV 2002, 881 (882, dort mit Fn. 17) wären alle Vergabeverträge öffentlich-rechtlich. Allerdings ist in der Literatur eine Tendenz erkennbar, wonach die Garantien der §§ 97 ff. GWB auch auf das Vergaberecht unterhalb der Schwellwerte angewandt werden sollen, vgl. U. Stelkens, Verwaltungsprivatrecht, S. 416 (dort die Nachweise in Fn. 183) sowie S. 707. 340 Vgl. nur die Gesetzesbegründung (BT-Drs. 13/9340, S. 15). Auch das vorhergehende Vergabeverfahren zur Prüfung der abgegebenen Angebote stellt keine öffr. Verwaltungstätigkeit dar, vgl. Bonk, in: P. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 54, Rn. 51. Gleichwohl schlägt das privatrechtlich zu beurteilende Vergabeverfahren in ein verwaltungsrechtliches Verfahren um und gewinnt dadurch verwaltungsprivatrechtliche Züge, wenn die u. a. im Bundeskartellamt angesiedelten Vergabekammern (§ 104, 106 GWB) tätig werden (vgl. Schneevogel/Horn, NVwZ 1998, 1242 [1244 f.]). Denn ihre Entscheidungen ergehen durch Verwaltungsakt. Das VwVfG ist in diesem Fall subsidiär anwendbar (Koenig/Haratsch, NJW 2003, 2637 [2641]; Clausen, in: Knack, VwVfG, Vor. § 9, Rn. 30). Öffentlich-rechtlich geprägt ist damit nicht das Vergabeverfahren einschließlich des Zuschlages und des Vertragsabschlusses, sondern nur die verwaltungsbehördliche Überprüfung, das Vergabeüberwachungsverfahren; ebenso Wolff/ Bachof/Stober, Verwaltungsrecht I, § 22, Rn. 36. 341 Siehe nur Kunert, Vergaberecht und öffentliches Recht, S. 15.
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gem. § 114 II GWB ist mit dem Zuschlag einerseits das Vergabeverfahren beendet342, andererseits kommt mit dem Zuschlag zugleich ein Vertrag zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer zustande343. Einer weitergehenden öffentlichrechtlichen Überformung bedarf es nicht.344 Wegen der Begrenzung auf Verträge i. S. d. §§ 54 ff. VwVfG wird auf die vergaberechtlichen Verträge im Folgenden nur an ausgewählter Stellen aus einer vergleichenden, heuristischen Perspektive zurückzukommen sein.345 Der inzwischen mehrfach formulierte Forderung, Kooperationsverträge346 durchgehend als öffentlich-rechtlich zu qualifizieren347, lässt sich durch das Kriterium der unmittelbaren Erfüllung von Verwaltungsaufgaben Rechnung tragen. Zwar handelt es sich hier nicht wie etwa im Fall der Subventionierung oder der Benutzung öffentlicher Einrichtungen um eine unmittelbare Aufgabenerfüllung durch Vertrag gegenüber dem Vertragspartner. Es liegt vielmehr eine unmittelbare Aufgabenerfüllung durch den vertraglich verpflichteten Vertragspartner vor.348 Dominierender Gegenstand des Vertrages ist die Wahrnehmung einer Staats- bzw. Verwaltungsaufgabe.349 Andere Aspekte, wie etwa „Bedarfs342
Vgl. auch BVerfG DVBl. 2004, 1411 (1412). Koenig/Haratsch, NJW 2003, 2637 (2641). Vor dem Hintergrund von EuGH, Slg. 1999, I-7671, Rn. 43 (Alcatel Austria u. a.), wonach der Zuschlag selbständig anfechtbar sein muss ist dies nicht unproblematisch. Gegenwärtig wird dieser Forderung dadurch Rechnung getragen, dass gem. § 13 VgV die Bieter, deren Angebote nicht berücksichtigt werden sollen, innerhalb von 14 Tagen vor Vertragsschluss über den Namen des Bieters, dessen Angebot angenommen werden soll und über den Grund der vorgesehenen Nichtberücksichtigung ihres Angebotes informiert werden; im Detail Rojahn, NZBau 2004, 382 ff. sowie BGH NJW 2004, 2092 und jüngst BGH NVwZ 2005, 845 ff. 344 Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht I, § 22, Rn. 36 und § 23, Rn. 25. Nachdem nunmehr auch Vergabeentscheidungen überprüft und rechtswidrige Entscheidungen aufgehoben werden können (§§ 102 ff.; 114 GWB), ist insbesondere der Hinweis auf ein Bedürfnis nach öffentlich-rechtlichen Regelungen wegen des sonst unzureichenden Rechtsschutzes hinfällig. Dass das BVerfG dem Nachprüfungsverfahren der §§ 102–129 GWB jüngst „zentrale Bedeutung“ für den Primärrechtsschutz, beigemessen hat, unterstreicht dies, vgl. BVerfG DVBl. 2004, 1411 (1412). 345 Vor allem als Referenzbeispiel für die Inhaltkontrolle von AGB-Klauseln der Verwaltung (§ 13 E. I. 1.). 346 Den Hauptanwendungsfall markieren, wie gesehen, Verträge über funktionale Privatisierungen (siehe oben unter § 7 B.). 347 Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 158; Kunert, Vergaberecht und öffentliches Recht, S. 43 f.; 58; Burgi, Funktionale Privatisierung, S. 169 sowie deutlicher ders., NZBau 2002, 57 (59): „vorzugswürdig [. . .] durchgehend als öffentlichrechtlich zu qualifizieren.“ Streiten lässt sich wohl überhaupt nur über die Zuordnung der Vereinbarungen über die Zusammenarbeit in Form der Verwaltungshilfe. Die Rechtsverhältnisse zwischen Beliehenem und öffentlicher Hand sind einschließlich der zugrundeliegenden vertraglichen Leistungsvereinbarung per definitionem öffentlichrechtlicher Natur, vgl. Kunert, a. a. O., S. 43. 348 Vgl. dazu auch die Konstellation in BGH NJW 2003, 1184, wo der BGH, allerdings anknüpfend an die ausdrücklich die Ausgestaltung durch öffentlich-rechtlichen Vertrag vorsehende Regelung des Art. 19 III 1 und 2 BayRDG, den Vertrag zwischen 343
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deckung“ oder der Umstand, dass der Vertrag Konturen eines im BGB verankerten Vertragstypus trägt, treten demgegenüber zurück.350 Der Vertragsgegenstand „Aufgabenerfüllung“ wird auch unmittelbar in Bezug genommen. Denn sichert sich der Staat vermittels eines Vertrages die Dienste eines privaten Aufgabenträgers, trifft er zugleich eine oder (häufig) mehrere Bestimmungen über die künftigen Strukturen bei der Wahrnehmung jener Verwaltungsaufgabe durch den Privaten. Spiegelbildlich dazu verpflichtet sich der Private zu Erbringung einer Leistung an die Verwaltung, die uno actu mit der Mitwirkung an der Wahrnehmung der Staatsaufgabe erfolgen soll.351 Der Private ist damit nicht nur Vertragspartner in einer vertraglichen Austauschbeziehung, sondern wird unmittelbar zur Mitwirkung an der Wahrnehmung einer als solcher unberührt bleibenden Verwaltungsaufgabe verpflichtet.352 Manche dieser Privatisierungs-, bzw. Kooperationsverträge, können zugleich Elemente der „Bedarfsdeckung“ aufweisen. Angesichts der Dominanz der Aufgabenerfüllung „mittels“ dieser Verträge führt dies zwar nicht zur Qualifikation als privatrechtlich. Es stellt sich aber die Frage, ob nicht im Einzelfall der Anwendungsbereich der §§ 97 ff. GWB eröffnet ist.353 Bisher ist der denkbare Überschneidungsbereich begrenzt. Da die Vergaberichtlinien insbesondere alle einem privaten Rettungsdienst und einer Hilfsorganisation als öffentlich-rechtlich qualifizierte und betonte, dass durch den Privaten unmittelbar Hoheitsaufgaben wahrgenommen werden. Dabei ließ der BGH offen, ob es sich um einen Verwaltungshelfer oder um einen Beliehenen handelte (a. a. O., 1185). Ebenso verhält es sich etwa im Falle der vertraglichen Einbindung privater Sicherheitsdienste. Der Beitrag des Sicherheitsdienstes erfolgt i. d. R. nicht mittelbar oder im letzten Glied einer langen staatlichen Leistungskette, wie es für den Bereich der Bau- und Lieferaufträge charakteristisch ist. Dort versetzt die private Leistungserstellung den öffentlichen Auftraggeber selbst in die Lage, die Aufgabe wahrzunehmen wohingegen sich der Private zurückzieht, ohne an der Aufgabenerfüllung unmittelbar teilzunehmen. Im Falle der Sicherheitsdienste erfolgt hingegen keine solche Zäsur. Diese wirken vielmehr unmittelbar an der Durchführung der staatlichen Aufgabe mit. Denkbar ist jedoch auch, dass es sich im Einzelfall lediglich um eine verwaltungsinterne Dienstleistung (etwa Wartung oder Installation von Sicherheitseinrichtungen) handelt, welche dann Bedarfdeckung, mithin zivilrechtlich zu beurteilen ist; zu den Differenzierungen Kunert, Vergaberecht und öffentliches Recht, S. 36 ff. 349 Treffend Schmitz, DVBl. 2005, 17 (21) für den neuen „Kooperationsvertrag“: „Vertrag als Mittel der Aufgabenwahrnehmung“; ebenso Burgi, Funktionale Privatisierung, S. 168. Interessant ist, dass sich auch der EuGH in diesem Zusammenhang (wenn auch im Hinblick auf eine andere Fragestellung) des Kriteriums der unmittelbaren Aufgabenerfüllung mittels Privater bedient, vgl. EuGH Urteil vom 5. 2. 2004 – C157/02 (Rieser Internationale Transporte GmbH/Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-AG [Asfinag]), Rn. 25 ff. und Rn. 29 = NVwZ 2004, 715 (716). 350 Burgi, Funktionale Privatisierung, S. 167. 351 Burgi, Funktionale Privatisierung, S. 167. 352 Dieser Befund gilt auch dann, wenn der private Helfer nicht im eigenen Namen auftreten wird und/oder wenn er nicht – wie etwa der Erschließungsunternehmer – unmittelbar gegenüber den Aufgabenbetroffenen zur Liquidation berechtigt sein soll; näher Burgi, Funktionale Privatisierung, S. 168 f.
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Tätigkeiten, die „mit der Ausübung öffentlicher Gewalt“ verbunden sind, ausnehmen354, fallen bereits alle Beleihungsverträge nicht unter das GWB.355 Nach dem neuen Grünbuch der Kommission zu Öffentlich-Privaten-Partnerschaften (Ö. P. P.)356 könnte aber eine dezidierte Ausweitung des Vergaberechts auf Kooperationsverträge erfolgen.357 Aufgrund des Umstandes, dass in anderen europäischen Staaten die Vergabeverträge insgesamt öffentlich-rechtlich sind358, hatte der EuGH359 bereits Gelegenheit klarzustellen, dass das Vergaberecht europarechts-autonom auszulegen und unabhängig von der mitgliedsstaatlichen Umsetzung und Zuordnung anzuwenden ist.360 Jedenfalls bis zur verbindlichen Erweiterung des Anwendungsbereichs des Vergaberechts auf den Bereich der Ö. P. P. bleibt es für Deutschland dabei, dass Vergabeverträge ganz überwiegend nicht „öffentlich-rechtliche“, sondern „öffentliche Aufträge“ (§ 99 GWB) zum Gegenstand haben361. Enthält ein Vertrag schließlich sachlich eng miteinander verknüpft neben öffentlich-rechtlichen auch solche Bestandteile, welche bei isolierter Betrachtung als privatrechtlich einzuordnen wären, so muss der „Grundsatz der einheitlichen Rechtsnatur“ gelten, wobei bei öffentlich-rechtlichem Bestandteil insgesamt von einem öffentlich-rechtlichen Vertrag auszugehen ist.362 353 Mit dieser zutreffenden Differenzierung Burgi, NZBau 2002, 57 (58) und vertiefend Kunert, Vergaberecht und öffentliches Recht, S. 53 ff. 354 Im Detail Kunert, Vergaberecht und öffentliches Recht, S. 55 ff. (entscheidend ist insoweit die in Art. 55 i. V. m. 45 EGV vorgesehene Ausnahme). 355 So Burgi, NZBau 2002, 57 (61 f.) und Dörr, JZ 2004, 703 (709 f.) sowie aus der Rechtsprechung OLG München BayVBl. 2003, 605 (606); aus europarechtlicher Sicht für eine engere Grenzziehung Kunert, Vergaberecht und öffentliches Recht, S. 65. Danach scheidet nur die Vergabe solcher Leistungen aus dem Anwendungsbereich des europäischen Vergaberechts aus, für die den privaten Kooperationspartnern originär obrigkeitliche Befugnisse verliehen werden und diese daher gegenüber anderen Rechtssubjekten in einem unmittelbaren Subordinationsverhältnis auftreten. 356 Grünbuch vom 30. 4. 2004, KOM (2004) 327 endg., zu Ö.P.P (bzw. P. P. P.). 357 Zur Entwicklung auch die Berichte in EuZW 2003, 547 und 2004, 132 sowie jüngst Ziekow/Siegel, VerwArch 96 (2005), 119 (123 ff.). 358 Vor allem in Frankreich erfolgt die Auftragsvergabe weitgehend durch (öffentlich-rechtlichen) Verwaltungsvertrag, vgl. Burgi, NZBau 2002, 57 (60, dort mit Fn. 39). 359 Slg. 2001, I-5409, Rn. 73 ff. (Ordine degli Architetti) = EuZW 2001, 532. 360 Zustimmend Koenig/Haratsch, NJW 2003, 2637 (2639); Prieß, Handbuch des europäischen Vergaberechts, S. 65 f. oder Ehlers, DV 37 (2004), 255 (289); zu den vormals vertretenden Meinungen Bonk, in: P. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 54, Rn. 51 sowie Burgi, NZBau 2002, 57 m. w. N. sowie OLG Koblenz NZBau 2001, 283 (285), wobei Letzteres bereits vor der Entscheidung des EuGH die Anwendbarkeit auf öffentlich-rechtliche Verträge bejahte. Dem EuGH jetzt folgend OLG München BayVBl. 2003, 605 und BayVBl. 2004, 220. 361 So pointiert zur bisherigen Rechtslage Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht I, § 22, Rn. 36. 362 Henneke, in: Knack, VwVfG, § 54, Rn. 12; Schmidt-Aßmann/Krebs, Städtebauliche Verträge, S. 170 f.; Burgi, Funktionale Privatisierung, S. 164; Zuleeg, VerwArch
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§ 9 Ordnungskriterien des Verwaltungsvertragsrechts A. Begriffliche und inhaltliche Präzisierungen zu § 54 S. 2 VwVfG I. Begriffliche Präzisierung Bis in die jüngste Zeit sind Darstellungen zum öffentlich-rechtlichen Vertragsrecht der Verwaltung geprägt durch das Begriffspaar „koordinationsrechtlicher Vertrag“/„subordinationsrechtlicher Vertrag“.363 Achterberg brachte die diesbezgl. immer wieder geübte Kritik364 auf eine prägnante Formel, indem er darauf hinwies, dass der Begriff „koordinationsrechtlicher Vertrag“ eine Tautologie365, der Begriff „subordinationsrechtlich“ ein Paradoxon darstellt.366 Denn im Vertragsschluss begegnen sich die Parteien begriffsnotwendig auf einer Ebene der rechtlichen Gleichordnung367, so dass eine Verknüpfung der Begriffe „Vertrag“ und „Subordination“ logisch ausscheidet368. Vertragsschlussrecht ist zudem immer Koordinationsrecht, „Koordination“ mithin eine überflüssige Wiederholung. Soweit das VwVfG für bestimmte Verträge Sonderregelungen bereithält, spricht es in den einschlägigen Vorschriften (§§ 55, 56, 59 II, 61 VwVfG) durchweg von Verträgen „im Sinne des § 54 Satz 2“. Diese neutrale Formulie73 (1982), 382 (404); Kunert, Vergaberecht und öffentliches Recht, S. 43 und Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 137 f. je m. w. N. auch zur Gegenansicht, welche auf den Schwerpunkt des Vertrages abstellen möchte. Schlette hält dem überzeugend entgegen, dass dies mangels griffiger Kriterien zwangsläufig zu rechtsstaatlich bedenklicher Rechtsunsicherheit führen wird und dass dem öffentlichen Recht als zwingendes Sonderrecht des Staates im Zweifel ein Vorrang gegenüber der Auffangordnung des Privatrechts einzuräumen ist. Etwas anderes mag theoretisch in den Fällen gelten, in welchen mehrere selbständige, unterschiedlich zu bewertende Verträge nur äußerlich in einer Vertragsurkunde zusammengefügt wurden (sog. „zusammengesetzte Verträge“). Schlette belegt hingegen schlüssig, dass es sich hierbei um eine seltene Ausnahme handelt, wobei schon das Zusammenfassen in einer Urkunde ein wesentliches Indiz für einen untrennbaren Zusammenhang darstellt (a. a. O., S. 136, mit Fn. 142). 363 Vgl. etwa Ziekow/Siegel, VerwArch 94 (2003), 593 (605 ff.); U. Stelkens, DV 37 (2004), 193 (194); Ogorek, JA 2003, 436 ff.; Butterwegge, Verwaltungsvertrag und Verwaltungsakt, S. 17 oder Bonk, DVBl. 2004, 141 (142), dort aber der anhaltenden Kritik an der Begrifflichkeit zustimmend in Fn. 4. Auch die Rspr. hält an der überkommenen Terminologie fest, vgl. nur BVerwG NVwZ-RR 2003, 825 (826); NVwZRR 2003, 874 (875); NVwZ 2000, 1285 (1286) oder VGH Mannheim VGH NVwZ 2001, 694 (695). 364 Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 382 f. 365 Ebenso Bonk, in: P. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 54, Rn. 58. 366 Achterberg, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 21, Rn. 237. 367 Dazu Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 39 und 382. So ausdrücklich auch GemSenOGB BVerwGE 74, 368 (370); dem zustimmend Bonk, in: P. Stelkens/ Bonk/Sachs, VwVfG, § 54, Rn. 58. 368 Ähnlich Bonk, in: P. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 54, Rn. 58.
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rung des Gesetzes ist nicht festgelegt auf ein überkommenes Interaktionsmuster und erweist sich gerade im Hinblick auf neue Vertragsformen als zukunftsoffen. Sie soll daher der weiteren Untersuchung zugrundegelegt werden. Bedeutender als diese formalen Aspekte ist jedoch, welche Vertragstypen sich inhaltlich hinter den Termini verbergen. II. Inhaltliche Präzisierung Da das VwVfG einige, auch für die nachfolgende Untersuchung wichtige Bestimmungen wie etwa das Angemessenheitsgebot in § 56 I 2 HS 2 VwVfG nur auf Verträge „im Sinne des § 54 Satz 2“ VwVfG bezieht, ist die Definition der hierdurch abstrakt erfassten Verträge von Bedeutung.369 1. Das Verständnis des BVerwG Das BVerwG370 vertritt inzwischen eine geweitete Interpretation. Entgegen dem vermeintlich engen Wortlaut des § 54 S. 2 VwVfG definiert es Verträge im Sinne dieser Vorschrift als „[. . .] alle Verträge zwischen einer Privatperson und einem Träger der öffentlichen Verwaltung auf einem Gebiet [. . .] auf dem ein hoheitliches Verhältnis der Über- und Unterordnung besteht“, wobei es nicht darauf ankommen soll, „ob der konkrete Gegenstand der vertraglichen Vereinbarung ,sonst‘ durch Verwaltungsakt geregelt werden könnte.“371 2. Kritische, weitergehende Begriffsbestimmung Hinsichtlich der Ausweitung des Anwendungsbereichs auch auf solche Verträge, welche nicht statt eines Verwaltungsaktes geschlossen werden, ist dem BVerwG uneingeschränkt zuzustimmen. Fragwürdig ist allerdings, dass das BVerwG die Anwendbarkeit vom Bestehen eines „Über-Unterordnungsverhält369 Konkret stellt sich etwa die Frage des Verhältnisses von § 56 I 2 HS 2 VwVfG zum AGB-Recht (eingehend unter § 12 B.). Auch für die Bestimmung des Verhältnisses zu Spezialnormen in Fachgesetzen ist die inhaltliche Festlegung entscheidend. So wiederholt etwa § 11 II BauGB manche Anforderungen des § 56 VwVfG, beschränkt sich dabei aber nicht auf Verträge „im Sinne des § 54 Satz 2“ VwVfG, eingehend dazu Hamann, Verwaltungsvertrag, S. 135 ff.; Butzer, DÖV 2002, 881 (882 ff.); Bick, DVBl. 2001, 154 (156 f.); Lorz, DÖV 2002, 177 (179). 370 BVerwGE 111, 162 = NVwZ 2000, 1285. 371 BVerwG NVwZ 2000, 1285 (1286), Hervorhebung durch den Verfasser; dem folgend jüngst BVerwG NVwZ-RR 2003, 874 (875) sowie VGH Mannheim VBlBW. 2004, 52. Soweit in anderen neueren Urteilen lediglich auf die alternative Möglichkeit des Erlasses eines Verwaltungsaktes abgestellt wird (etwa BVerwG NVwZ-RR 2003, 825 [826]), bestand offensichtlich lediglich keine Notwendigkeit zu einem weiterreichenden Vertragsbegriff Stellung zu nehmen, da die Behörde unproblematisch auch durch Verwaltungsakt hätte handeln können.
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nisses“ abhängig macht.372 Denn vertragliches Zusammenwirken ist wie bereits betont schon begrifflich nie Unter- sondern Gleichordnung, jede am Subordinationskriterium ausgerichtete Abgrenzung mithin wenig überzeugend. Tauglicher Zuordnungsfaktor könnte demgegenüber die ratio der in Anknüpfung an § 54 S. 2 VwVfG greifenden §§ 55, 56, 59 II, 61 VwVfG sein. Deren Schutzzwecke werden regelmäßig im Verhältnis Verwaltung/Bürger relevant.373 Dies gilt zwar in besonderem Maße wo dem Bürger alternativ zum Verwaltungsvertrag eine einseitige Regelung durch belastenden Verwaltungsakt droht.374 Für die Definition des Anwendungsbereichs kann die alternative Verwaltungsakt-Befugnis freilich schon deshalb nicht allein entscheidend sein, weil bis heute immer noch nicht endgültig geklärt ist, wann diese im Hinblick auf den Vorbehalt des Gesetzes genau besteht.375 Zudem kann der Bürger auch dann in besonderer Weise schutzwürdig sein, wenn er von der Verwaltung eine begünstigende Leistung begehrt, dabei aber intensiven, ggf. existentiellen Zwängen ausgesetzt ist, weil die Leistung faktisch exklusiv von der Verwaltung zu erlangen ist.376 Den letztgenannten Fall vor Augen erscheint es zunächst denkbar, hinsichtlich des Anwendungsbereichs auf die faktischen Machtverhältnisse in concreto abzustellen. Verträge i. S. d. § 54 S. 2 VwVfG wären dann alle, in welchen tatsächlich ein Machtübergewicht der Verwaltung besteht.377 Unsicherheiten sind damit aller372 In der Literatur wird bisweilen noch differenziert. Manche verlangen (mehr oder weniger klar formuliert), dass sich die Parteien hinsichtlich des konkreten Vertragsgegenstandes in einem Subordinationsverhältnis befinden müssen. Nach anderer Ansicht muss dieses grundsätzlich, d.h. ungeachtet des konkreten Vertragsverhältnisses, bestehen, eingehend Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 386 m. w. N. 373 Umgekehrt dürften Fälle, in denen die Vertragssituation zwischen Verwaltungsträgern von Ungleichgewichtslagen geprägt ist, vernachlässigenswert sein. Ob die insofern immer wieder genannten Verträge zwischen Aufsichtsbehörde und Selbstverwaltungskörperschaft in diese Rubrik gehören, sei dahingestellt. Sie dürften in der Praxis sehr selten sein; die Anwendbarkeit des Subordinationskriteriums auf diese Fälle ablehnend jüngst VG Berlin vom 25.3.2004, Az. 27 A 32.04 (JURIS). 374 Burmeister, VVDStRL 52 (1993), 190 (227), mit dem sprichwörtlichen Bild des „Damoklesschwerts“. 375 Im Kern geht es darum, wann und ob die Behörde auch eine Befugnis zu einseitiger Regelung hat, wenn das Gesetz schweigt, vgl. nur Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht I, § 45, Rn. 13 und § 46, Rn. 12 oder Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 10, Rn. 5 sowie ausführlich Punke, Verwaltungshandeln durch Vertrag, S. 37, welcher dort von „einem der meist diskutierten Problemfelder des Verwaltungsrechts“ spricht. 376 Vgl. H. C. Röhl, VerwArch 95 (1995), 531 (549) sowie Grziwotz, DNotZ 2003, 346 (348). 377 Vgl. Spannowsky, Verträge und Absprachen, S. 203 ff., welcher im Hinblick auf den Schutzzweck in Einzelfällen auch eine Anwendung auf Verträge zwischen Verwaltungsträgern als geboten ansieht. Zur Kennzeichnung des Bereichs, in welchem Bürger und Verwaltung sich gleichgeordnet begegnen wurde zudem die Kategorie des „Kooperationsrechtlichen öffentlich-rechtlichen Vertrages“ vorgeschlagen, vgl. Ziekow/Siegel, VerwArch 94 (2003), 593 (608). Die dabei primär fokussierten Verträge dürften künftig in der Kategorie des „Kooperationsvertrages“ aufgehen.
174 2. Teil 1. Abschn.: Der Verwaltungsvertrag zwischen den Teilrechtsordnungen
dings vorprogrammiert.378 Welche Intensität muss ein Machtgefälle erreichen, damit die Schutzvorschriften greifen und nach welchen Kriterien kann es bestimmt werden?379 Wie ist der „umgekehrte“ Fall eines Machtgefälles zugunsten des Bürgers zu behandeln? Um alle Situationen, in denen die ratio der Schutzvorschriften zum Tragen kommt, einfangen zu können, ist aus Gründen der Rechtssicherheit- und -klarheit eine typisierende Betrachtung geboten.380 Verträge „im Sinne des § 54 Satz 2“ VwVfG sind damit sämtliche zwischen einem (oder mehreren) Verwaltungsträgern und ein (oder mehreren) Privaten geschlossene öffentlich-rechtlichen Verwaltungsverträge, losgelöst von Fragen der Verwaltungsakts-Befugnis oder eines Über-/Unterordnungsverhältnis.381 Normativ in der allgemeineren Vorschrift des § 54 S. 1 VwVfG verankert382, bleiben als sonstige, in überkommener Terminologie als „koordinationsrechtlich“ bezeichnete, Verträge nur noch solche zwischen Verwaltungsträgern383.384 378
Dazu Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 388. Spannowsky selbst gibt dazu keinerlei Hinweise. Er räumt vielmehr selbst ein, dass es unklare Grenzfälle gibt, wobei er das Problem durch eine Vermutung zugunsten der Anwendbarkeit der Schutzvorschriften lösen will, a. a. O., S. 204. Im Ergebnis wird dies aber wohl ebenfalls darauf hinauslaufen, alle Verwaltungs-Bürger-Kontrakte zu erfassen. 380 Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 387. Aufgrund der typisierenden Betrachtung, sind auch solche Verträge erfasst, in denen das Machtgefälle faktisch etwa zugunsten eines ansiedlungswilligen Unternehmens besteht, ebenso Burgi, NZBau 2002, 57 (58). Damit wird ein ähnlicher Ansatz wie im Verbraucherprivatrecht gewählt, vgl. dazu die obigen Ausführungen zum Verbraucherleitbild und Verbraucherbegriff unter § 3 C. III. Dies ermöglicht es, Parallelen zwischen den §§ 54 ff. VwVfG und dem Verbraucherschutzrecht zu ziehen (vgl. dazu am Bsp. des AGB-Rechts § 13 E. IV. 1.). 381 Ebenso Burgi, NZBau 2002, 57 (58); Butzer, DÖV 2002, 881 (882 f.); Ehlers, DV 37 (2004), 255 (290); Pietzcker, in: FS Hoppe, 439 (451); Schmidt-Aßmann/Krebs, Städtebauliche Verträge, S. 172 ff.; Erichsen, in: Erichsen/Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 23, Rn. 2; Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 387 je m. w. N.; wohl auch Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht II, § 54, Rn. 22. 382 Dieser umfasst zunächst alle Verwaltungsverträge, also gerade auch den nicht durch § 54 S. 2 VwVfG gesondert erfassten Restbereich, vgl. Meyer, in: Meyer/Borgs, VwVfG, § 54, Rn. 37. 383 Ebenso Burgi, NZBau 2002, 57 (58); Butzer, DÖV 2002, 881 (882) oder Achterberg, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 1, Rn. 33; vgl. zudem die Nachweis in der vorletzten Fn. Ein aktuelles Beispiel bilden etwa die in § 44b I 1 SGB II vorgesehenen Verträge zwischen der Bundesagentur für Arbeit und den kreisfreien Städten bzw. Kreisen, dazu Henneke, DÖV 2005, 177 (187); vgl. zudem Sensburg, Der kommunale Verwaltungskontrakt, speziell S. 100 ff. Soweit u. a. Schmidt-Aßmann/Krebs, Städtebauliche Verträge, S. 176 oder Ehlers, DV 37 (2004), 255 (290) auch Verträge zwischen Privaten (dazu § 6, Fn. 9 [S. 118]) als „koordinationsrechtlich“ einstufen möchten, ist nicht deutlich ersichtlich wie hierbei überhaupt die Anwendbarkeit des VwVfG begründet wird, was angesichts des Anknüpfens an ein Behördenhandeln (§ 1) näherer Begründung bedarf. Soweit man dieses Hindernis im Einzelfall durch eine Beleihung umgehen kann (dazu Henneke, in: Knack, VwVfG, § 54, Rn. 6 sowie Erichsen, in: Erichsen/Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 24, Rn. 10), ist damit jedoch noch nicht gesagt, dass nicht aufgrund des in der jeweiligen Situation gegebenen Verhältnis379
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B. Vier Bausteine öffentlich-rechtlichen Verwaltungsvertragsrechts Das Verwaltungsvertragsrecht hat keine einheitliche Kodifikation erfahren, sondern setzt sich aus unterschiedlichen Normenbausteinen zusammen. Trotz der scheinbaren Zersplitterung ist das Verwaltungsvertragesrecht mehr als eine willkürliche, dem Machtmissbrauch durch die Verwaltung gegensteuernde „Normenmixtur“385. Die §§ 54 ff. VwVfG selbst enthalten bereits – etwa mit den §§ 56, 59 I VwVfG – zentrale Sicherungen für die bedeutsamsten Konfliktlagen386. Darüber hinaus „programmieren“ sie die Anwendung weiterer, neben § 54 ff. VwVfG anwendbarer „Normbausteine“. Ausgehend von der Systematik des VwVfG und der allgemeinen Normenhierarchie lassen sich vier Bausteine387 unterscheiden. Sie fügen sich zu einer hierarchisch gegliederten Normenkaskade zusammen. Diese bildet das Ordnungsraster, von welchem ausgehend auch die Rezeption von Regelungen des modernisierten BGB zu erfolgen hat. I. Baustein 1: spezielle verwaltungsvertragsrechtliche Normen 1. Öffentlich-rechtliche Spezialvorschriften Nach § 1 I letzter HS Bundes-VwVfG sind die Regelungen gegenüber inhaltsgleichen oder entgegenstehenden Vorschriften des Bundes (etwa §§ 11 f. BauGB) subsidiär.388 Obwohl § 1 III BVwVfG einen generellen Vorrang der LVwVfGe bestimmt, gilt der Vorrang speziellen Bundesrechts auch Letzteren gegenüber, da insofern abweichendes Bundesrecht über Art. 31 GG dem Landesrecht vorgeht.389 Die LVwVfGe enthalten im Übrigen § 1 I VwVfG entsprechende Regelungen oder Verweise, so dass auch spezielle Landesvorschriften
ses zwischen Beliehenem und Privatem in manchen dieser Fälle die Verortung in § 54 S. 2 VwVfG sachgerechter erscheint. Denn streng genommen liegt dann kein Vertrag unter Privaten mehr vor, zutreffend Achterberg, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 1, Rn. 33. 384 Eine Erweiterung könnte das Spektrum der Vertragskategorien durch die Einführung des sog. „Kooperationsvertrages“ für den Sonderfall der gemeinsamen Aufgabenerfüllung mit Privaten erfahren (siehe erneut § 7 B.). 385 Spannowsky, Verträge und Absprachen, S. 229, vgl. zudem S. 30: „normativpolysynthetisches Rechtsinstitut“. 386 Vgl. Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 390. 387 Vgl. die Anklänge bzgl. einer vierstufigen Prüfungsfolge bei Henneke, in: Knack, VwVfG, Vor. § 54, Rn. 8; Ule/Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht, § 67, Rn. 12 sowie Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 391. Etwas verkürzt (drei Stufen) Kahl, DÖV 2000, 793 (795). 388 Im Einzelnen Bonk/Schmitz, in: P. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 1, Rn. 186 ff. 389 BVerwGE 82, 17 = NVwZ 1990, 561.
176 2. Teil 1. Abschn.: Der Verwaltungsvertrag zwischen den Teilrechtsordnungen
dem jeweiligen LVwVfG vorgehen.390 Zu den i. S. von § 1 Abs. 1 vorrangigen „Rechtsvorschriften“ gehören auch Rechtsvorschriften des primären und sekundären Gemeinschaftsrechts, soweit sie verfahrensrechtlichen Inhalt haben und innerstaatlich unmittelbar bindend sind.391 2. Europäisch-autonome Regelkomplexe Bisher wenig Beachtung gefunden hat die systematische Erfassung von supranationalen Vorgaben, bzw. diese umsetzenden mitgliedsstaatlichen Regelungen, welche materiell-rechtliche Vorgaben für Verwaltungsverträge bereithalten und deren vorrangige Anwendbarkeit nicht bereits aus § 1 I VwVfG hergeleitet werden kann. Bei der Bestimmung ihres Anwendungsbereichs lässt sich der europäische Normgeber regelmäßig nicht von der in jedem Mitgliedsstaat unterschiedlich verlaufenden Trennlinie von öffentlichem und privatem Recht392 sondern von funktionalen Erwägungen leiten.393 Entscheidend für den Anwendungsbereich ist damit die supranationale Determinierung und nicht die mitgliedsstaatliche Einkleidung in ein privat- oder öffentlich-rechtliches Gewand.394 Soweit diese auf europäischen Vorgaben beruhen, kommen als europäisch-autonome Verwaltungsvertragsrechtsnormen vor allem das Vergaberecht [a)] und das AGB-Recht [b)] in Betracht.395 a) Das Vergaberecht der §§ 97 ff. GWB Wie gesehen ist zu erwarten, dass das europäische Vergaberecht in zunehmendem Maße auch bei öffentlich-rechtlichen Verträgen, konkret bei Kooperationsverträgen, wie sie demnächst Eingang in das VwVfG finden könnten, zur Anwendung kommen könnte.396 Für diese europarechts-autonom zu interpretierende Rechtsmasse können formale Gesichtspunkte wie die Frage, ob der natio390
Vgl. Bonk/Schmitz, in: P. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 1, Rn. 205. Bonk/Schmitz, in: P. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 1, Rn. 198 ff. Unter den europarechtlichen Voraussetzungen der unmittelbaren Wirkung gehören hierzu auch nicht fristgemäß umgesetzte Richtlinien der EG, a. a. O., Rn. 201. 392 In Rechtsvergleich Frankreich-England-Spanien-Deutschland jüngst Tilmann, Klauselrichtlinie, S. 41 ff. 393 Dazu Skouris, EuR 1998, 111 (111 f.); Gurlit, Verwaltungsvertrag, S. 640; Grziwotz, NVwZ 2002, 391 (394). 394 Vgl. Pfeiffer, in: Grabitz/Hilf, RL 93/13/EWG, Vorbem., Rn. 20 sowie Grundmann/Riesenhuber, JuS 2001, 529 ff. 395 Der Einleitungspassus „soweit“ nimmt Bezug auf den Umstand, dass in beiden Fällen bereits vorhandene nationale Regelungen in Umsetzung europäischer Richtlinien um materiell-rechtliche Gehalte angereichert wurden. Die europarechts-autonome Geltung ist mithin oft partieller Art. 396 Oben unter § 8 B. VII. 391
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nale Umsetzungsakt im GWB als Verweisungsziel von § 62 S. 2 VwVfG mit umfasst ist, keine Rolle spielen.397 b) Das AGB-Recht der §§ 305 ff. BGB n. F. Ebenso scheint es sich mit dem nunmehr in den §§ 305 ff. BGB geregelte Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu verhalten. Auch hier wurde in Umsetzung sekundärrechtlicher Vorgaben ein bereits vorhandener Regelungsbereich (das ehemalige AGBG) europarechtlich angereichert. Anders als das GWB sind die Regelungen der §§ 305 ff. BGB ausdrücklich vom Verweis in § 62 S. 2 VwVfG umfasst. Im Hinblick auf eine autonome Bestimmung des Anwendungsbereichs ergibt sich die Schwierigkeit, dass nicht alle Regelungen der §§ 305 ff. BGB auf den Vorgaben in der sog. Klauselrichtlinie beruhen.398 Aus Sicht des Verwaltungsvertragsrechts kommt weiter erschwerend hinzu, dass die Rechtsprechung zu einer Spezialität öffentlich-rechtlicher Kontrollmaßstäbe (etwa des in § 11 II 1 BauGB niedergelegten Angemessenheitsgebotes) tendiert.399 Hinsichtlich des AGB-Rechts werden daher einige Differenzierungen nötig sein. II. Baustein 2: Verwaltungsvertragsrecht der §§ 54 ff. VwVfG An zweiter Stelle ist das allgemeine Vertragsrecht der §§ 54–61 VwVfG heranzuziehen. Im Verhältnis zu Spezialvorschriften gilt es genau auf die Regelungsinhalte der konkurrierenden Normen zu achten. Ob die Spezialregelung das VwVfG tatsächlich verdrängen will, muss sich eindeutig aus dieser ergeben. In unklaren Fällen solle es daher „im Zweifel“ bei der – zumindest ergänzenden – Anwendbarkeit des VwVfG bleiben.400 III. Baustein 3: über § 62 S. 1 VwVfG anwendbare verwaltungsverfahrensrechtliche Normen des VwVfG Die §§ 54 ff. VwVfG werden drittens ergänzt, durch sonstige Regelungen des VwVfG. Rechtstechnisch wird dies bewirkt durch eine dynamische Verweisung in § 62 S. 1 VwVfG.401 Aufgrund der Besonderheiten des Vertrages sind nicht 397 Burgi, NZBau 2002, 57 (60); missverständlich insoweit Ehlers, DV 37 (2004), 255 (289). 398 Siehe § 11 D. II. 399 Eingehend § 12 B. I. 400 Bonk/Schmitz, in: P. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 1, Rn. Rn. 208. 401 Dazu Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 402 und Gurlit, Verwaltungsvertrag, S. 321.
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alle Verfahrensvorschriften von der Verweisung eingeschlossen. Bedeutsam sind vor allem die Vorschriften über ausgeschlossene Personen und Befangenheit (§§ 20 f.)402 sowie der Untersuchungsgrundsatz (§ 24).403 Die Behörde ist also nicht etwa wegen der Einvernehmlichkeit des Verfahrens von der umfassenden Sachverhaltsaufklärung dispensiert. Anknüpfend an § 25 VwVfG treffen die Verwaltung gesteigerte Beratungs- und Aufklärungspflichten.404 IV. Baustein 4: über § 62 S. 2 VwVfG anwendbare Normen des BGB § 62 S. 2 VwVfG405 ordnet schließlich – ebenfalls als dynamische Verweisung406 – die „entsprechende“ und „ergänzende“ Anwendung der Vorschriften des BGB an.407 Angesichts der rudimentären Vertragsregelung der §§ 54 ff. VwVfG408 war das potentielle Anwendungsfeld der zivilrechtlichen Vorschriften auch in ihrer „Ergänzungsfunktion“409 schon bisher „gewaltig“410. Durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz wurde das Verweisungsziel aber massiv verändert411 und etwa um ehemals in Nebengesetzen ausgegliederte Bereiche angereichert. Damit rückt § 62 S. 2 VwVfG als Schaltstelle zwischen den Teilrechtsordnungen in den Mittelpunkt des Erkenntnisinteresses.412 Besondere Auf402 Vgl. Bonk, in: P. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 62, Rn. 12; Gurlit, Verwaltungsvertrag, S. 321 oder Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht II, § 54, Rn. 12. 403 Im Einzelnen statt vieler Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 416 ff. 404 Dazu Bonk, in: P. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 62, Rn. 13 f.; Gurlit, Verwaltungsvertrag, S. 321 und Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 418 ff. Neben den genannten Vorschriften finden anerkannter Maßen auch die §§ 3 (örtliche Zuständigkeit) und 11 f. (Handlungs- und Beteiligungsfähigkeit) Anwendung, vgl. Krebs, VVDStRL 52 (1993), 248 (260 f. dort mit Fn. 39) sowie die Aufzählung bei Henneke, in: Knack, Vor. § 54, Rn. 9. Aufgrund des gegenseitigen Konsens erübrigt sich nach zutreffender h. L. hingegen die sonst obligatorische Anhörung, dazu Schlette, a. a. O., S. 423 f. 405 Das Folgende gilt im Ergebnis ebenso für die Verweisungsnorm des § 59 I VwVfG, zur Gleichstellung Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 400. 406 Näher Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 401 f. sowie bzgl. des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes Henneke, in: Knack, VwVfG, § 62, Rn. 19 und Grziwotz, BauR 2001, 1839. 407 Zum Mechanismus dieser „doppelt modifizierten“ Anwendung Bonk, in: P. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 62, Rn. 5 und Brohm, in: Bauer/Breuer/Degenhart/Oldiges, 100 Jahre Allg. BauG Sachsen, 457 (466). 408 So Geis, NVwZ 2002, 385 (386); ähnlich Bonk, in: P. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 62, Rn. 4 („Mindestrahmen“) oder Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 392 („lückenhaft“). 409 Meyer, in: Meyer/Borgs, VwVfG, § 54, Rn. 10. 410 Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 392. Dabei fallen einige Regelungskomplexe wie die des Erb-, Familien und Sachenrechts grundsätzlich aus dem Anwendungsbereich heraus, näher Schlette, a. a. O., S. 398 ff. 411 Geis, NVwZ 2002, 385 (386).
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merksamkeit ist insoweit dem Merkmal der „entsprechenden“ Anwendung zu widmen. § 62 S. 2 VwVfG trägt hier dem Umstand Rechung, dass die Teilrechtsordnungen auf unterschiedlichen Handlungsrationalitäten aufbauen, weshalb es verschiedentlich Modifikationen etwa hinsichtlich des Vertrauens- und Bestandsschutzes bedarf.413 Unstreitig kompatibel ist der Grundstock an Regeln, die für jeden Vertrag, gleich welchem Rechtsbereich er angehört, gelten und den Vertrag als Institut der Gesamtrechtsordnung kennzeichnen.414 Darüber hinaus ermöglicht § 62 S. 2 VwVfG auch den Rückgriff auf solche Normen, welche nicht Ausprägung allgemeiner Rechtsgedanken sind oder privatrechtstypisch an der Leitidee „Privatautonomie“ ausgerichtet sind.415 So kann das hochentwickelte und ausdifferenzierte Gesetzgebungswerk des BGB Regelungsdefizite des rudimentären Verwaltungsvertragsrechts auffangen, indem anhand eines konkreten Regelungsproblems geprüft wird, ob sich eine Vorschrift des BGB aus ihrem rein zivilrechtlichen Regelungskontext herauslösen lässt und auch als Norm des Verwaltungsvertragsrechts geeignet ist.416 In jedem Einzelfall ist jedoch genau zu prüfen, ob einer Übernahme nicht Besonderheiten des öffentlichen Rechts entgegenstehen oder ob ggf. Modifikationen des Regelungsgehaltes nötig sind.417 Vor allem im Hinblick auf die Anwendung einzelner Regelungen des neuen Leistungsstörungsrechts wird darauf noch mehrfach zurückzukommen sein.418 Die Heranziehung der Vorschriften des BGB lässt sich zusammenfas412 413
Henneke, in: Knack, VwVfG, § 62, Rn. 5 sowie zu Einzelfällen Rn. 19 ff. Hoffmann-Riem, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann, Auffangordnungen, 261
(297). 414 Dies betrifft vor allem die Regeln bzgl. des Zustandekommens und der Abwicklung von Verträgen, insbesondere das Recht der Leistungsstörungen, vgl. Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 394 f.; zur Anwendbarkeit der Anfechtungsregeln über § 62 S. 2 VwVfG VGH Mannheim NVwZ 2001, 694 (696) und zuletzt OVG Hamburg DVBl. 2004, 844. 415 Insoweit kritisch Trute, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann, Auffangordnungen, 167 (178). 416 Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 395; sehr zurückhaltend demgegenüber Lischke, Tauschgerechtigkeit, S. 138 ff., welche einen Rückgriff auf privatrechtliche Normen angesichts der dominierenden Besonderheiten des öffentlichen Rechts für eher ungeeignet erachtet. Sie plädiert daher für eine Ausdifferenzierung der originär öffentlich-rechtlichen Instrumentarien, etwa durch Schaffung von Leistungsstörungsregeln oder einer detaillierteren Vertragstypologie. Entgegen der Bedenken von Lischke eignen sich die Zivilrechtsregel auch oder gerade für komplexe und/oder multipolare Verwaltungsverträge, vgl. nur Reimer, VerwArch 94 (2003) 543 ff. 417 Henneke, in: Knack, VwVfG, § 62, Rn. 5; Bonk, in: P. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 62, Rn. 22; Meyer, in: Meyer/Borgs, VwVfG, § 54, Rn. 8; Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 400 sowie Spannowsky, Verträge und Absprachen, S. 236; 418 So etwa bzgl. der neuerlichen Wirksamkeit des Vertrages und der korrespondierenden Haftung gem. § 311a BGB im Falle der anfänglichen Unmöglichkeit (§ 15); der Haftung wegen Pflichtverletzung nach § 280 I BGB (§ 16, insbes. B. IV. zur Frage einer Modifikation von Pflichtensystematik, Verschuldensregelung und Verjährung); der besonderen Rolle der neuen Haftung für immaterielle Schäden in Form von
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send als „ein auf der Grenze zwischen Analogie und freier Rechtsschöpfung stehendes Rechtsfindungsverfahren“ bezeichnen, das, soweit es nicht um einen der unumstößlichen allgemeinen Vertragsrechtsgrundsätze geht, Raum für einen flexiblen Rückgriff auf das BGB lässt.419 Im Vergleich zur Analogie wird zwar auch eine Ähnlichkeitsbewertung im Hinblick auf die Interessenlage vorgenommen, dem Rechtsanwender werden im Ergebnis jedoch weitergehende Gestaltungsspielräume eröffnet.420 Die rechtswissenschaftliche Aufgabe besteht darin, rezeptionsleitende Ordnungsstrukturen zu entwickeln. Im Hinblick etwa auf die Zeitdimension oder die durch die Vertragsrechtsregeln zu einem Ausgleich zu bringenden Sachinteressen hält wie gesehen die Rechtsverhältnislehre Optionen bereit.421 Zudem lassen sich spezifische Interessenlagen durch die verstärkte Berücksichtigung der nachfolgend noch kurz in den Blick zu nehmenden vertragstypologischen Ansätze kanalisieren. Bisher scheint eher die Skepsis gegenüber der weitreichenden Anwendung privatrechtlicher Normen zu herrschen.422 Möglicherweise heißt das Gebot der Stunde gerade im Hinblick auf die in besonderem Maße durch eine (faktische) Gleichrangigkeit der Akteure geprägten Kooperationsverträge aber nicht Rezeption wo nötig, sondern vielmehr Rezeption wo möglich. Wie weit dieses mit den Sonderbindungen der Verwaltung kompatibel ist und welche Differenzierungen ggf. zwischen unterschiedlichen Vertragstypen nötig sind, muss aber für jedes privatrechtliche Institut genau überprüft werden. C. Die Unterscheidung von Vertragstypen und -kategorien Die Notwendigkeit einer Ausrichtung an den Besonderheiten unterschiedlicher Vertragstypen wurde für das Verwaltungsvertragsrecht mehrfach hervorgehoben.423 Dient der Oberbegriff des Verwaltungsvertrages424 der Demonstration des Gemeinsamen, so zielt die Herausarbeitung von Typen unter diesem OberAufwendungsersatz nach § 284 BGB (§ 16 C. II.); der Anwendbarkeit der gesetzlichen Fiktion eines Verzugsschadens im öffentlichen Recht (§ 16 C. III.) oder der Frage wie weit im Falle der Störung der Geschäftsgrundlage wegen des Gesetzesvorbehalts im Zweifel auf den moderneren und geschriebenen Zivilrechtstatbestand zur Lückenfüllung zurückzugreifen ist (§ 17 C. IV.). 419 Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 401. 420 Die Annahme, dass es sich im Ergebnis methodisch um eine Analogie handelt, greift mithin etwas zu kurz; so aber Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 14, Rn. 2; Lischke, Tauschgerechtigkeit, S. 138 oder Brohm, JZ 2000, 321 (328). Durch die Normierung vieler bisher nur richterrechtlich anerkannter Institute, wird der Rückgriff auf die Analogie als zweitem Rezeptionsmechanismus neben dem gerade im Hinblick auf den Gesetzesvorbehalt rechtsstaatlich vorzugswürdigen Weg über die Verweisung in § 62 S. 2 VwVfG weitestgehend entbehrlich. 421 Oben § 7 C. 422 Kritisch gegenüber dieser Zurückhaltung und überzogener Publifizierungen Hoffmann-Riem, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann, Auffangordnungen, 261 (292).
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begriff auf die sachgerechte Differenzierung.425 Das VwVfG selbst unterscheidet anknüpfend an § 54 S. 2 VwVfG ausdrücklich nur Vergleichs- und Austauschverträge (§§ 55 f. VwVfG). Darüber hinaus sind weitere Differenzierungen denkbar, die im Laufe der Untersuchung auch für die sachgerechte Rezeption des Privatrechts an ausgewählten Stellen relevant werden. I. Unterscheidung von Sachbereichen Die vielleicht am einfachsten zugängliche Möglichkeit einer Aufschlüsselung des Verwaltungsvertragesrechts bietet die Gliederung nach den Sachgebieten in welchen dieser zum Einsatz gelangt.426 Die Zuordnung etwa zum Bau-, Umwelt- oder Wirtschaftsrecht ist für die Untersuchung insofern von Interesse, als dass die Fachgesetzen in zunehmendem Maße Spezialregelungen zum Verwaltungsvertragsrecht bereithalten.427 Am dichtesten bestückt ist insoweit das BauGB.428 Soweit Fachgesetze gegenüber dem VwVfG speziellere Regelungen 423 Vgl. nur Krebs, VVDStRL 52 (1993), 248 (277 ff.); Gurlit, Verwaltungsvertrag, S. 10 ff. oder Reimer, VerwArch 94 (2003), 543 (552). 424 Dazu § 8 A. I. 425 Reimer, VerwArch 94 (2003)543 (552). 426 Exemplarisch Henneke, in: Knack, VwVfG, Vor. § 54, Rn. 11; Kopp/Ramsauer, § 54, Rn. 52 ff. 427 In vielen Fachgesetzen finden sich darüber hinaus Vorschriften, welche Verwaltungsverträge für zulässig erklären und teilweise darüber hinaus Maßstäbe für wirksames Verwaltungsvertragshandeln enthalten, ohne jedoch Vorgaben zur Angemessenheit aufzustellen, vgl. etwa § 224a AO (Hingabe bestimmter Sachgegenstände des Steuerpflichtigen durch öffentlich-rechtlichen Vertrag), 31 VI PBefG (Vereinbarungen zwischen Straßenbahnunternehmer und Straßenbaulastträger) mittelbar auch § 10 II und V BSHG (Zusammenarbeit mit Verbänden der freien Wohlfahrtspflege), § 17 II BSHG (Vereinbarung zur Überwindung von Hilfebedürftigkeit), §§ 15b, 26 I 2, 89 BSHG (Sozialhilfe als Darlehen), § 93 II und III BSHG (Pflegesetzvereinbarungen); § 83 SGB V (Verträge über kassenärztliche Versorgung), §§ 108 Nr. 3, 109 SGB V (Versorgungsverträge mit Krankenhäusern), § 183 BBG (Unzulässige Verträge über die Besoldung von Beamten), § 84 AuslG (vertragliche Haftung für den Lebensunterhalt eines Ausländers), § 13 VI FStrG (Verträge über die Unterhaltung von Straßenkreuzungen), § 5 EBKrG (Vereinbarungen bei der Unterhaltung von Kreuzungen), § 31 Ia und V VermG (Vergleiche und gütliche Einigungen im Restitutionsverfahren), § 13 S. 5 ROG (Verträge zur Vorbereitung und Verwirklichung von Raumordnungsplänen), § 51 I und II BLG (Einigung über Entschädigung allg.), § 18 SchBerG (Entschädigungsvereinbarung bei Schutzbereichseinrichtung); § 177 BEG (Vergleiche bei der Entschädigung von Opfern der nationalsozialistischen Verfolgung), § 43 III BImSchG (Entschädigungsvereinbarung bzgl. Schallschutzmaßnahmen), § 31 Ia VermG (Vergleiche im Kontext vermögensrechtlicher Ansprüche aufgrund der ehemaligen Übertragung von Vermögen in Volkseigentum); § 13 IV BBodSchG (Sanierungsvertrag) sowie § 8 BNatSchG i. V. m. entsprechenden Vorschriften der Landesnaturschutzgesetze, etwa § 40 I NatSchG NW, § 29 III NdsNatSchG, § 2 NatSchG Brandenburg, § 39 SächsNatSchG oder §§ 26a IV NatSchG BW (Naturschutz durch Vertrag). Ein Beispiel für die hier weniger interessierenden Koordinationsrechtlichen Verträge liefert § 29 II PBefG.
182 2. Teil 1. Abschn.: Der Verwaltungsvertrag zwischen den Teilrechtsordnungen
treffen, findet sich damit eine wachsende, aber auch zunehmend auseinander driftende Fülle vorrangiger „Normenbausteine“. Im Übrigen wird durch die Orientierung am Fachrecht der Blick für sachbereichsspezifische Problem- und Interessenlagen, die regelmäßig Eingang in das Vertragsrechtsverhältnis finden, geschärft. II. Unterscheidung nach Art der Verwaltungstätigkeit Weitere Orientierungspunkte liefert die von Schlette vorgestellte Systematisierung nach Art und Inhalt des Verwaltungshandelns im Verhältnis der Behörde zum Privaten.429 Danach lassen sich etwa unterscheiden Verträge zur: Einbeziehung Privater in die Erledigung von Verwaltungsaufgaben (Kooperationsverträge), Leistungsgewährung an Private, Verpflichtung Privater zu finanziellen Leistungen, Vermeidung klassisch einseitig-hoheitlicher Eingriffsverwaltung, Substitution behördlicher Genehmigungen, Vorbereitung oder Ergänzung einseitig-hoheitlichen Handelns und zur Regelung unklarer und/oder umstrittener Sachverhalte.
428 Hervorzuheben ist diesbezüglich der bereits erwähnte § 11 BauGB, die Grundnorm für städtebauliche Verträge, welcher in Absatz 2 auch inhaltliche Anforderungen enthält. Vgl. zudem den neu eingefügten § 171c S. 1 (Stadtumbauvertrag), § 18 II 4 (Entschädigungsvertrag bei Veränderungssperre), § 27 I 1 (Abwendung des gemeindlichen Vorkaufrechts durch Verpflichtungsvertrag); § 28 VI 3 (Entschädigungsvertrag bei gemeindlichem Vorkaufsrecht), § 43 I 1 und II 1 (Entschädigungsvertrag bei gemeindlicher Bauleitplanung), § 100 IX 3 (Entschädigungseinigung) oder §§ 108 II 3, 110, 111, 115 II 1, 231 (Entschädigungsvertrag im Enteignungsverfahren), § 126 II 2 (Einigung bzgl. Schäden von Eigentümern durch Erschließungsmaßnahmen), § 145 IV 3 (Vertrag zur Ausräumung einer Vorhabengenehmigung im Sanierungsgebiet entgegenstehender Gründe), § 146 III 1 (Ordnungsmaßnahmenvertrag), § 150 II (Einigung bzgl. des Ersatzes für Änderungen von Einrichtungen, die der öffentlichen Versorgung dienen), § 185 II 2 (Entschädigungsvereinbarung bei Aufhebung von Miet- oder Pachtverhältnissen), § 209 II (Entschädigungsvereinbarung bei Vorarbeiten auf einem Grundstück), § 167 I 1 (Beauftragung von Sanierungs- und Entwicklungsträgern). In den beiden letztgenannten Fällen finden sich jeweils Bezugnahmen auf § 158 BauGB, welcher hinsichtlich des privaten Kooperationspartners einen Kriterienkatalog enthält. § 159 II nennt zudem vertragliche Mindestinhalte. Die Vorschriften können als Muster für allgemeinere Normen zu Kooperationsverträgen im VwVfG fungieren. Zugleich geben sie Kriterien an die Hand, welche bei der Ausformulierung sowie der späteren Inhaltskontrolle von durch die Gemeinde gegenüber privaten Vertragspartnern verwendeten AGB herangezogen werden können. Ähnliches gilt für die Regelung in 93 II BSHG oder § 109 II und III SGB. 429 Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 362 ff. mit näheren Umschreibungen der Strukturmerkmale einzelner Kategorien. Siehe zudem die oben unter § 8 A. VI. bereits erwähnte, vorwiegend von Krebs angeregte rechtformneutrale Typenbildung.
§ 9 Ordnungskriterien des Verwaltungsvertragsrechts
183
III. Unterscheidung von „autonomem“ und „substitutivem“ Funktionsbereich Abstrakt lassen sich schließlich zwei große Blöcke von Funktionsbereichen unterscheiden: einmal der „autonome“, gewissermaßen wesenseigene Funktionsbereich des öffentlich-rechtlichen Verwaltungsvertrages, der Bereich also, in dem andere Handlungsformen als (akzeptable) Alternativen zur Vertragsform nicht in Betracht kommen, und zum anderen der „substitutive“ Bereich, der dadurch gekennzeichnet ist, dass der Vertrag in Konkurrenz zu anderen Handlungsformen, im Regelfall einem Verwaltungsakt, steht.430 Den Kern autonomer Vertragslösungen markieren Verträge zur Einschaltung Privater in die Erfüllung von Verwaltungsaufgaben.431 Denn eine zwangsweise Einbindung des Privaten kommt rechtlich in aller Regel nicht in Betracht.432 Häufig besteht aus Sicht der Verhandlungspartner zum Abschluss eines Vertrages faktisch keine Regelungsalternative.433 So lassen sich etwa eine rechtlich oder faktisch nicht aufklärbare Rechtslage434, „übergesetzliche“ Mehrleistungen des Vertragspartners435 und vor allem „maßgeschneiderte“436 Lösungen für zeitlich gestreckte und/oder durch multilaterale Interessenpositionen bestimmte polygonale Rechtsverhältnisse437 überhaupt nur praktisch sinnvoll durch Verwaltungsverträge erfassen. Neben der normativen Vorordnung des Vertragsgegenstandes bzw. des sachlichen Kontextes (Bauleitplanung, Bodenschutzrecht, Naturschutzrecht, Subventionsrecht etc.) ermöglicht die Zuordnung zu einer dieser Kategorien einen schnellen Zugriff auf die das jeweilige Rechtsverhältnis prägenden Sachinteressen und Faktizitäten. 438 430 Vgl. Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 362 f. Im Wesentlichen den gleichen Leitgedanken folgt die Einteilung in „alternative“ (statt Verwaltungsakt) und „komplementäre“ Verhandlungslösungen bei Schmidt-Aßmann, in: FS Brohm, 547 (558 ff.). Allerdings wird letztgenannte Kategorie enger umgrenzt. Ähnlichen Systematisierungskriterien folgt die Typologie bei Grziwotz, Vertragsgestaltung, S. 17 ff., Rn. 36 ff. 431 Näher Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 158 ff. und 347 ff. sowie Schmidt-Aßmann, in: FS Brohm, 547 (559 f.). 432 Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 347. 433 Dazu auf der Grundlage dessen empirischer Erhebung Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 342 ff. 434 Damit ist die klassische Ausgangslage eines Vergleichsvertrages i. S. d. § 55 VwVfG (dazu jetzt von Rintelen, Vergleichsvertrag, S. 42 ff.) angesprochen. 435 Neben Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 343 dies als eine ausschließliche Domäne des Verwaltungsvertrages hervorhebend auch Bauer, in: FS Knöpfle, 11 (19 f.). 436 Bartscher, Verwaltungsvertrag in der Behördenpraxis, S. 202. 437 Ausführlich jetzt Reimer, VerwArch 94 (2003), 543 ff. 438 Die Kategorienbildung kann daher als Weiterentwicklung oder Konkretisierung der bereits unter § 7 C. formulierten Aussagen zur Rechtsverhältnislehre verstanden werden.
2. Abschnitt
Verwaltungsvertrag und modernisiertes AGB-Recht § 10 Allgemeine Geschäftsbedingungen in Verwaltungsverträgen: Erscheinungsformen und Problemstellung A. Systematischer Ausgangspunkt: Integration von Nebengesetzen in das BGB Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) verdanken ihre Entstehung dem Bestreben, überall dort, wo planmäßig gleichartige Geschäfte in unbestimmter Vielzahl getätigt werden, die Vertragsgestaltung zu rationalisieren.1 Angesichts nur sehr rudimentärer öffentlich-rechtlicher Vertragsrechtsbestimmungen kommen AGB für Verwaltungsverträge mehr noch als im Zivilrecht die Aufgabe zu, vertraglich funktionsgerechte Regelungen für solche Rechtsgeschäfte zu entwickeln, die sich nicht ohne weiteres den gesetzlich vorgesehenen Vertragstypen zuordnen lassen.2 Für das Bürgerliche Recht ist bald erkannt worden, dass die Verwendung einseitig vorformulierter Verträge die im Vertragsmechanismus liegende Chance eines angemessenen Interessenausgleichs3 empfindlich beeinträchtigen kann und dies durchgängig auf Kosten des schwächeren und rechtlich unerfahreneren Vertragspartners geschieht.4 Aufbauend auf den Ergebnissen einer jahrzehntelangen Rechtsprechung5 wurde durch das am 1.4.1977 in Kraft getretene Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGBG)6 eine Reihe wirksamer Mittel zur Verfügung gestellt, solchen Verzerrungseffekten zu 1
Raiser, Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, S. 19. Wagner, Die Anwendbarkeit des AGB-Gesetzes auf Benutzungsregelungen, S. 91. 3 Dazu für das Verwaltungsvertragsrecht Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 109. 4 Grundlegend Raiser, Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, z. B. S. 21 ff., 91 ff. und 277 ff. 5 Zusammenfassend BGHZ 22, 90 (94 ff.) – Freizeichnungsklausel; ferner BGHZ 41, 151 (154 ff.) – Allgemeine Lagerbedingungen; BGHZ 60, 377 (380 ff.) – MaklerAGB und zuvor RGZ 143, 24 (28 f.). 6 Gesetz vom 9.11.1976 (BGBl. I, S. 3317). 2
§ 10 Allgemeine Geschäftsbedingungen in Verwaltungsverträgen
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begegnen. Herzstück der Regelung war die Anordnung einer richterlichen Inhaltskontrolle (§§ 9–11), flankiert von einem Verbot überraschender Klauseln (§ 3), einem Umgehungsverbot (§ 7) und einer dem Verwender ungünstigen Auslegungsregel (§ 5).7 1996 wurde das AGBG zur Umsetzung der Klauselrichtlinie 93/13/EWG8 um den Schutzzweck des Verbraucherschutzes angereichert9, was angesichts der bereits bestehenden Schutzvorschriften nur zu geringfügigen Änderungen und Klarstellungen führte.10 Durch das SMG wurde neben anderen Nebengesetzen auch das AGBG in das BGB integriert.11 Durch die Hereinnahme in das zweite Buch des BGB („Recht der Schuldverhältnisse“) erhofft sich der Gesetzgeber mehr Transparenz und Übersicht für den Rechtsanwender.12 Das gesetzliche Schuldrecht ist zum großen Teil dispositives Recht. Hauptanliegen des AGB-Rechts ist, ein einseitiges Ausnutzen dieser Dispositionsbefugnis durch den überlegenen Verwender zu verhindern.13 Der Regelungsort entspricht nun dem Schutzzweck des AGBRechts und dessen Zuschnitt auf die Kontrolle schuldrechtlicher Verträge.14 Die meisten durch die Schuldrechtsmodernisierung bewirkten inhaltlichen Änderungen15 betreffen technische Anpassungen an das neu geordnete Leistungsstörungsrecht. Eine aus Sicht des Verwaltungsvertragsrechts vertieft zu betrachtende Neuerung bildet die Regelung des Transparenzgebotes in § 307 I 2 und
7 Zudem fanden sich in den §§ 13–21 Vorschriften zur Verbandsklage. Dazu und zur Weiterentwicklung derselben näher unter § 4 D. I. 8 Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. 4.1993 über mißbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen, ABl.EG Nr. L 95, S. 29 ff. 9 Gesetz zur Änderung des AGBG, BGBl. I, S. 1013; mit Begründung in BT-Drs. 13/2713 sowie Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses in BT-Drs. 13/4699; zur inneren Struktur des Verbraucherschutzrechts oben unter § 3 B. bis D. 10 Im Mittelpunkt standen der damals neue § 12 und 24a AGBG, näher Tilmann, Klauselrichtlinie, S. 19 f. 11 Die Neuordnung der ehemals in Nebengesetzen verankerten Regelungen zu Haustürgeschäften, Vertragsschlüssen über Fernkommunikationsmittel, Verbraucherdarlehensverträge oder für Teilzeitwohnrechte bedürfen keiner näheren Betrachtung, da sich die Verwaltung der spezifischen Vertragsschlussmodalitäten bzw. Vertragskategorien nicht bedient. Zu einer der denkbaren Sonderkonstellationen, in welchen ausnahmsweise die Vorschriften nicht nur des AGB-Rechts sondern auch solche bzgl. Fernabsatzverträgen (§§ 312 b. ff. BGB) oder des Verbraucherkreditrechts (§§ 499 ff. BGB) relevant werden können vgl. Ott, BayVBl. 2003, 171 f. am Beispiel der nach Art. 33 III BayMG durch den Inhaber eines Kabelanschlusses oder den Betreiber einer Kabelanlage mit der Landeszentrale zu schließenden Verträge. Diese sind öffentlichrechtlicher Natur (vgl. OLG München BayObLGZ 2001, 174 [185]) wobei nach dem Bayrischen Mediengesetz (wohl klarstellend) der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten gegeben ist. 12 Vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 149 f. 13 BT-Drs. 14/6040, S. 149. 14 Hirte, in: FS Ulmer, 1153. 15 Ausführlich Koch, WM 2002, 2173 ff. und 2217 ff.
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2. Teil 2. Abschn.: Verwaltungsvertrag und modernisiertes AGB-Recht
III 1 BGB.16 Auch Präzisierungen und Änderungen in den Verbotskatalogen der §§ 308 und 309 BGB17 sind aus Sicht des öffentlichen Rechts beachtlich.18 Sondiert man die Bereiche, in welchen die Verwaltung in einer Mehrzahl von Fällen Verträge zu immer gleichen Konditionen schließt (sogleich unter B.), zeigt sich, dass die Verwaltung nicht weniger als ein privater AGB-Verwender in der Gefahr steht, die Macht zur einseitigen Vorkonditionierung des Vertragsinhaltes zu Lasten des privaten Vertragspartners zu missbrauchen. Hinsichtlich der Anwendbarkeit auf Verwaltungsverträge enthielt sich der Gesetzgeber einer klaren Stellungnahme, so dass sich diesbezüglich schnell ein heterogenes Meinungsspektrum bildete. Schon das AGBG hatte im Hinblick auf Verwaltungsverträge zu wenig Beachtung erfahren, obwohl es zur Erfüllung des rechtsstaatlichen Schutzauftrages einen wesentlichen Beitrag zu leisten vermochte.19 Die Integration des AGBG und weiterer Nebengesetze in das BGB gibt Anlass, Rolle und Anwendbarkeit des AGB-Rechts im öffentlichen Verwaltungsvertragsrecht neu zu durchdenken.20 Neben den Klauselkatalogen der §§ 308 f. BGB bietet vor allem die Generalklausel des § 307 BGB einen zentralen Ansatzpunkt für eine richterliche Kontrolle von Verwaltungsverträgen.21 Im Vergleich zu anderen Neuerungen des SMG finden sich zur Neuregelung des AGB-Rechts vergleichsweise viele Stellungnahmen in der öffentlich-rechtlichen Literatur.22 Häufig werden hierbei bereits kurz nach Verabschiedung des AGBG formulierte Argumentationstopoi weitertransportiert, die sich vor allem
16
Eingehend unter § 13 C. Beachtliche Änderungen finden sich in § 309 Nr. 5b (Pauschalierung von Schadensersatzansprüchen, früher § 11 Nr. 5b AGBG), § 309 Nr. 7 BGB, § 309 Nr. 8a (Ausschluß des Rechts, sich vom Vertrag zu lösen, früher § 11 Nr. 8a AGBG) und in § 309 Nr. 8b ff (Erleichterung der Verjährung). 18 Beachtliche Änderungen finden sich in § 309 Nr. 5b (Pauschalierung von Schadensersatzansprüchen, früher § 11 Nr. 5b AGBG), § 309 Nr. 7 BGB, § 309 Nr. 8a (Ausschluß des Rechts, sich vom Vertrag zu lösen, früher § 11 Nr. 8a AGBG) und in § 309 Nr. 8b ff (Erleichterung der Verjährung); dazu unter § 13 D. Nennenswert ist daneben noch die Neuregelung in § 305a (Wegfall bzw. Straffung der Privilegierungen bei der Einbeziehung, früher § 23 II Nr. 1a, 1b, III). Im Hinblick auf den Verwaltungsvertrag von Interesse ist schließlich noch die Erweiterung der den Anwendungsbereich für Verträge der Versorgungswirtschaft eingrenzenden Regelung in § 310 II BGB; zu den damit für (privatrechtliche Versorgungs-)Verträge der Verwaltung verbundenen Neuerungen sowie relevanten Einzelfragen unter § 13 E. I. 3. 19 H. C. Röhl, VerwArch 95 (1995), 531 (552). 20 Spannowsky, UPR 2003, 81 (87): Die Frage erscheint nunmehr „in einem anderen Licht“; zu den durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz inhaltlich herbeigeführten Neuerungen ausführlich Koch, WM 2002, 2173 ff. und 2217 ff. 21 H. C. Röhl, VerwArch 95 (1995), 531 (552) für § 9 I AGBG. 22 Dies mag zudem daran liegen, dass der BGH kurz nach Inkrafttreten des SMG zur Problematik Stellung genommen hat, vgl. die Nachweise unter C. 17
§ 10 Allgemeine Geschäftsbedingungen in Verwaltungsverträgen
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vor dem Hintergrund des bei vielen Regelungen des AGB-Rechts zu beachtenden Europarechts als zu formal-juristisch erweisen. Eine umfassende Aufarbeitung, welche ausgehend vom Ordnungsrahmen der öffentlich-rechtlichen Rechtsform der §§ 54 ff. VwVfG die Potentiale der differenzierten Regelung in den §§ 305 ff. BGB in den Blick nimmt, steht bisher aus.23 B. Klauselbeispiele und praxisrelevante Problemlagen Eine Stärke des Verwaltungsvertrages liegt darin, dass er in besonderem Maße geeignet ist, atypische und komplexe Situationen einer dauerhaften Regelung zuzuführen24, während sich in Standardsituationen für die Verwaltung die einfache und zweckmäßige Regelung durch Verwaltungsakt anbietet. Da die Verwaltungsvertragstypen anders als die Schuldvertragstypen des BGB keine ausdifferenzierte Regelung erfahren haben, kommt Vertragsmustern in der Praxis eine nicht unerhebliche Bedeutung zu.25 Angesichts der vielgestaltigen Sachverhaltskonstellationen dienen diese jedoch oft eher als Inspirationsquelle kautelarjuristischer Gestaltung und können nur in einigen Fällen vollständig zur Regelung eines oder gar mehrerer gleich gelagerter Sachverhalte übernommen werden.26 Gleichwohl finden sich Sachbereiche in denen wiederkehrende Klauseln oder Vertragsmuster aus Rationalisierungs- und Gleichheitsgründen eine praktisch bedeutsame Rolle spielen und auch Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzung waren. Die folgende Zusammenstellung beschränkt sich auf Klauseln in Verträgen, welche nach hier vertretener Auffassung als öffentlichrechtlich zu qualifizieren sind.27 An ausgewählten Stellen wird jedoch auch auf bedeutsame Klauseln in privatrechtlichen Verträgen der Verwaltung einzugehen sein.
23 Die bisher ausführlichste Analyse findet sich in der rechtsvergleichenden Analyse des Anwendungsbereichs der RL 93/13/EG im Hinblick auf das öffentliche Wirtschaftsrecht bei Tilmann, Klauselrichtlinie, S. 161 ff., speziell zur deutschen Problematik dort nur kurz auf S. 78 bis 81. 24 Ausführlich H. C. Röhl, Verwaltung durch Vertrag, § 2, B. 25 Aktuelle Muster und Formulierungsvorschläge finden sich bei Bergmann/Schumacher, Handbuch der kommunalen Vertragsgestaltung, Bd. I bis IV; Grziwotz, Vertragsgestaltung im öffentlichen Recht; Walker, Handbuch Städtebauliche Verträge, Bd. I und II; Hillermeier/Castorph/Hartmann, Kommunalvertragsrecht; Meißner/Horstkotte, Vertragsgestaltung beim vorhabenbezogenen Bebauungsplan sowie Burmeister, Praxishandbuch städtebauliche Verträge. 26 Vgl. Grziwotz, Vertragsgestaltung, S. 13, Rn. 27. 27 Dazu oben unter § 8 B. VI. und VII. Folgt man dem zumindest in der Rspr. noch vorherrschenden Paradigma der Wahlfreiheit (dazu unter § 8 A. II.) hängt die Einordnung vor allem der im Folgenden aufgegriffenen Subventions-, Benutzungs- oder Grundstücksverträgen in Einheimischenmodellen von den Umständen des Einzelfalles ab. Auf die praktischen Vorteile einer einheitlichen Qualifikation wird an verschiedenen Stellen zurückzukommen sein.
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2. Teil 2. Abschn.: Verwaltungsvertrag und modernisiertes AGB-Recht
I. Ausbildungsförderungsverträge Dabei handelt es sich um die Vertragskategorie, welche wohl als erste AGBrechtliche Probleme auf die Agenda des Verwaltungsrechts brachte. So schließt die Verwaltung im Rahmen von Nachwuchsförderprogrammen bereits seit Mitte der 1970er Jahren, regelmäßig formularmäßig durch die Verwaltung vorgegebene, Ausbildungsförderungsverträge ab.28 Inhalt dieser Verträge ist in den häufigsten Fällen die Verpflichtung des Landes, einem Medizinstudenten einen Studienplatz zu vermitteln und ihm während des Studiums ein Ausbildungsdarlehen zu gewähren. Im Gegenzug verpflichtet sich der geförderte Student, nach Abschluss des Studiums für eine Zeit von regelmäßig 11 Jahren einer hauptamtlichen Tätigkeit im öffentlichen Gesundheitswesen nachzugehen. Kommt der Geförderte seinen Pflichten nicht nach, so hat er das Ausbildungsdarlehen mit einem „Zuschlag“ in Höhe von 50%, gelegentlich 80%, für „ungerechtfertigte Inanspruchnahme öffentlicher Mittel und Ausbildungskapazitäten“ zurückzuzahlen.29 Rechtlichen Bedenken begegnen dabei weniger die Leistungspflichten (Förderung gegen Verpflichtung zum Eintritt in die Medizinalverwaltung)30 als mehr die Vertragsstrafenregelung31. Da öffentlich-rechtliche Spezialregelungen nicht ersichtlich sind und § 56 I 2 VwVfG tatbestandlich bzgl. dieser Leistungsnebenbestimmung nicht einschlägig ist, kommt eine Inhaltskontrolle nach dem den §§ 305 ff. BGB in Betracht.32 II. Subventionsverträge Die Vergabe einer Subvention kann sich im Verhältnis zwischen Behörde und Subventionsempfänger nach überwiegender Meinung auf vierfache Art und Weise vollziehen: durch privatrechtlichen Verwaltungsvertrag, öffentlich-rechtlichen Verwaltungsvertrag, mitwirkungsbedürftigen Verwaltungsakt oder eine Mischung aus öffentlich-rechtlicher Vergabeentscheidung durch Verwaltungsakt 28 Zur insgesamt wenig untersuchten Problematik Koch, DÖV 1998, 141 ff. und kurz auch Lischke, Tauschgerechtigkeit, S. 139 f. 29 Vgl. dazu die auszugsweise abgedruckten Vertragsklauseln in OVG NW, OVGE 41, 309 (311) sowie die nachfolgend zitierten Urteile. 30 Im Einzelnen Koch, DÖV 1998, 141 (143 ff.). 31 Siehe dazu BVerwGE 74, 78 ff.; weitgehend übereinstimmende Vertragsgestaltungen lagen den am gleichen Tage ergangenen Parallelentscheidungen zugrunde, vgl. BVerwG VR 1986, 356 ff.; BWVPr 1987, 56 f.; DÖD 1986, 249 ff. sowie BVerwG, Urt. ebenfalls v. 6.3.1986 – 2 C 65/85 und 2 C 29/85 – (JURIS). Weitere Beispiele finden sich bei BVerwG Buchholz, 310, § 108 VwGO, Nr. 251; OVG Münster, Urt. v. 19.1.1995 – 6 A 3837/93 – (JURIS); OVGE MüLü 41, 309 ff. = DVBl. 1990, 314 (Kurzwiedergabe) und ZBR 1985, 209; OVG Koblenz ZBR 1986, 369 ff.; VGH Mannheim DÖD 1986, 65 ff. und VBlBW. 1984, 376 f. oder NVwZ 1982, 252 f.; VGH Kassel, Urt. v. 27.11.1984, – IX OE 30/81 – (JURIS). 32 Dazu eingehender nachfolgend unter § 12 B. II. 1.
§ 10 Allgemeine Geschäftsbedingungen in Verwaltungsverträgen
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und privatrechtlicher Abwicklung (Zweistufentheorie).33 Bis zur Mitte des letzten Jahrhunderts wurde das rein zivilvertragliche Modell bevorzugt.34 Später setzte sich zunächst die von H. P. Ipsen entwickelte Zweistufentheorie durch.35 Bereits in den 1960er Jahren mehrten sich die Stimmen für eine einheitliche Qualifikation als öffentlich-rechtliche Verwaltungsverträge36, so dass kurz nach Erlass des Verwaltungsverfahrensgesetzes der „Abschied von der Zweistufentheorie“37 verkündet wurde. Während vor allem die Instanzgerichte38 trotz zunehmender Zurückhaltung39 noch an der überkommenen Konstruktion festhalten, münden jüngere ausführliche Untersuchungen zum Subventionsrecht weitestgehend einstimmig in die Forderung einer einheitlichen Qualifikation als öffentlich-rechtliche Verwaltungsverträge i. S. d. § 54 S. 2 VwVfG.40 Auch das 33 Vgl. Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 143 oder Stober, Besonderes Wirtschaftsverwaltungsrecht, § 55, VI. Die Ausführungen beziehen sich dabei vor allem auf die Förderung durch Darlehen; denn Zuschüsse (klassisch BVerwG NVwZ 2003, 1384 f.) werden regelmäßig durch Verwaltungsakt und Steuervergünstigungen unmittelbar durch die Steuer- und Abgabengesetze oder auch durch Bescheid gewährt (etwa OVG Weimar NVwZ-RR 2004, 781 f., dort Bewilligungsbescheid mit Nebenbestimmungen); vgl. zum Ganzen Bultmann, Beihilfenrecht und Vergaberecht, S. 46 f. Zur Realförderung durch vergünstigte Grundstücksvergabe siehe die nachfolgenden Ausführungen unter IV. 34 Vgl. nur Bosse, Subordinationsrechtlicher Verwaltungsvertrag, S. 95 oder Ehlers, VerwArch 74 (1983), S. 112 ff. je m. w. N. 35 Näher m. w. N. oben unter § 8 A. IV. 36 Dezidiert etwa Rüfner, Formen öffentlicher Verwaltung, S. 334 ff., 344 und 410 (1967); Bosse, Subordinationsrechtlicher Verwaltungsvertrag, S. 18 und 94 ff. (1974). 37 So der Titel des in diesem Zusammenhang vielzitierten Beitrags von Bethge, JR 1972, 139 ff. 38 Vgl. VG Magdeburg EuZW 1998, 669 (670) oder zuletzt VG Schleswig, Urt. v. 21.1.2004, Az. 12 A 152/02 (JURIS oder BeckRS 2004 24282). 39 Vgl. BGH NJW 1997, 328 f., wo für den Bereich der Subventionsvergabe sogar eine in Auseinandersetzung mit der kritischen Literatur die gänzliche Aufgabe der Zweistufentheorie zumindest für den Bereich des Subventionsrechts erwogen, dann aber mangels Entscheidungserheblichkeit offen gelassen wurde. Beispielhaft erscheinen die Ausführungen in KG VIZ 2000, 341 (342): „Es ist auch nicht so, dass, wenn es um Subventionen geht, automatisch die so genannte Zweistufentheorie anzuwenden wäre. Sie ist [. . .] nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelt worden, um bestimmte Leistungsbeziehungen zwischen Verwaltung und Bürgern zweckgerichtet erfassen zu können, d.h. sie sollte unter Korrektur der älteren rein privatrechtlichen Deutung vor allem Subventionen zur Beseitigung der Kriegsfolgelasten öffentlich-rechtlich binden. Die Figur ist vielfach Angriffen ausgesetzt, da sie einheitliche Lebensverhältnisse spaltet und die getrennten Rechtsfelder verschiedenen Gerichtszweigen zuordnet und weil die Abgrenzung der Stufen Schwierigkeiten bereitet, weshalb vielfach vertreten wird, dass einstufig zivilrechtliche oder öffentlich-rechtliche Qualifizierung angemessen sei. Es ist dabei darauf hinzuweisen, dass es durchaus einstufig zivilrechtliche Subventionen – etwa im Vergabebereich – gibt, genauso wie es auch einstufig öffentlich-rechtliche Subventionen z. B. im Steuerrecht gibt.“ Zum darüber hinaus erkennbaren „Sinneswandel“ der Rspr. oben unter § 8 B. V. 40 Nach 1977 vor allem Henke, Recht der Wirtschaftssubventionen, S. 20 ff. (1979), vgl. zudem dessen Vorschlag zur Regelung eines öffentlich-rechtlichen Sub-
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BVerwG scheint zu einer öffentlich-rechtlichen Qualifikation zu tendieren.41 Nach Inhalt und Zweck der Subventionsverträge entspricht dies dem hier vertretenen Abgrenzungsansatz, wonach neben der normativen Vorordnung des Vertragsgegenstandes die unmittelbare Erfüllung von Verwaltungsaufgaben durch Vertrag für die Zuordnung maßgeblich ist.42 Praktisch verpflichtet sich die Behörde mittels gegenseitigen (Verpflichtungs-)Vertrages43, eine bestimmte im öffentlichen Interesse liegende Tätigkeit des Bürgers zu fördern, wobei im Gegenzug der Bürger verspricht, die gewährten Mittel dem Subventionszweck entsprechend zu verwenden. Schließt die Behörde Subventionsverträge, erfüllt sie demgemäß unmittelbar Verwaltungsaufgaben in Form von staatlicher Förderung und Lenkung der Privatwirtschaft.44 „Subventionsrecht ist also Verwaltungsrecht im engeren und älteren Sinn, das zwar anderer als der hergebrachten Formen des Verwaltungshandelns bedarf, nicht aber spezifisch privatrechtlicher Formen [. . .]. Darum verdient ein einheitlich öffentliches Subventionsrecht in Gestalt eines Verwaltungsschuldrechts den Vorzug“45. Die Vertragstypen des BGB könventionsvertrages, abgedr. in DVBl. 1984, 854 ff.; Schimpf, Verwaltungsrechtlicher Vertrag, S. 108 f. (1982); primär zum schweizer Recht aber mit umfassender Auswertung der Diskussion in der deutschen Literatur Giacomini, Verwaltungsrechtlicher Vertrag und Verfügung im Subventionsverhältnis, S. 97 ff. (1992); Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 143 ff. (2000); Rodi, Subventionsrechtsordnung, S. 648 (2000) und zuletzt Bultmann, Beihilfenrecht und Vergaberecht, S. 47 (2004); aus der Kommentarliteratur ebenso und mit ausführlicher Begründung Henneke, in: Knack, VwVfG, § 54, Rn. 21 f. (8. Aufl. 2004); aus der Lehrbuchliteratur Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 17, Rn. 25 f. (15. Aufl. 2004) und Stober, Besonderes Wirtschaftsverwaltungsrecht, § 55, VI. 4 (13. Aufl. 2004). 41 Beispiele für eine Subventionsvergabe durch öffentlich-rechtlichen Verwaltungsvertrag liefern BVerwG NVwZ-RR 2004, 413 ff. (Förderung gegen Verpflichtung zu ökologischen Landbewirtschaftung); VGH München BayVBl. 1997, 246 ff. (Prämie gegen Bewirtschaftungsverpflichtung); BVerwG, Beschluss v. 11.4.1997 – 8 B 61/97 (Förderung in formularmäßigem Modernisierungsvertrag, JURIS); BVerwG RdL 1995, 184 f. (Lagerkostenbeihilfe mit Vertragsstrafenregelung im Falle pflichtwidriger Lagernutzung); BVerwG ESLR 3, ÖR 18 (Verpflichtung eines Prämienbegünstigten zu Schlachtung mit Vertragsstrafenvereinbarung für den Fall der Unterlassung) und bereits BVerwGE 84, 236 (237 f.); 59, 60 (62) für den Fall einer vertraglichen Beihilfezahlung für Buttereinlagerung. 42 Dazu oben unter § 8 B. VI. 43 Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 14, Rn. 14, dort auch zur Abgrenzung zum öffentlich-rechtlichen „Verfügungsvertrag“. An der Gegenseitigkeit ändert auch die vielfach gegebene Unentgeltlichkeit nichts, im Einzelnen Henke, Recht der Wirtschaftssubventionen, S. 33 ff. 44 Siehe Rodi, Subventionsrechtsordnung, S. 648; de Wall, Privatrechtliche Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 474; Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 145; Henneke, in: Knack, VwVfG, § 54, Rn. 23; Wittkowski, LMK 2003, 162 (163) und Ehlers, VerwArch 74 (1983), 112 (113 f.). Wenn auch ohne Betonung der Unmittelbarkeit scheint das BVerwG mangels Vorhandensein öffentlicher Normen den öffentlichrechtlichen Charakter des Subventionsvertrages aus der Aufgabenwahrnehmung abzuleiten, vgl. BVerwG NJW 1959, 1098 sowie BVerwGE 82, 278 (282); 84, 236 (237 f.). 45 So treffend Henke, Recht der Wirtschaftssubventionen, S. 14.
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nen unproblematisch über § 62 S. 2 VwVfG zu Instituten des öffentlichen Rechts werden und tatsächlich macht man sie schon dazu, wenn man der Verwaltung zum einen mit der Privatautonomie das Herzstück des Privatrechts abspricht und die anzuwendenden Normen durch öffentliches Recht überlagert. Deshalb macht der Entschluss, das Subventionsrecht rein öffentlichrechtlich einzuordnen, die im Zeichen teilprivatrechtlicher Lehren entstandene Rechtsprechung nicht hinfällig. Sie bedarf lediglich einiger Umbenennungen und Umdeutungen.46 Obwohl die Subventionsvergabe durch Verwaltungsvertrag eher den Grundsätzen der Leistungsverwaltung und des kooperativen Verwaltungshandeln, konkret einer einvernehmlichen und abgestimmten und damit effektiveren Wirtschaftsförderung entspricht47, dominiert in der behördlichen Praxis noch die Bewilligung durch Verwaltungsakt.48 Zur praktischen Abwicklung bedient man sich in vielen Fällen einer privaten Drittbank. Vergeben werden Subventionen dabei regelmäßig nur aufgrund eines Ansatzes im Haushaltsgesetz bzw. im Haushaltsplan sowie nach Maßgabe von Allgemeinen Verwaltungsvorschriften, die meist „Richtlinien“ oder „Bekanntmachungen“ genannt und im Bundesanzeiger und entsprechenden Organen der Länder oder auf andere Weise veröffentlicht werden.49 Bereits weil der erlassenden Behörde keine Rechtssetzungsbefugnis zukommt, fehlt diesen die Rechtsnormqualität50, so dass ihnen ohne Vertragsschluss keine Wirkung gegenüber dem Subventionsempfänger zukommt.51 Entsprechend muss sich der Subventionsempfänger bei der formularmäßigen Vergabe verpflichten, die „Subventionsbedingungen“ ausdrücklich anzuerkennen.52 Erfolgt die Subventionsvergabe einheitlich durch (mitwir46
Henke, a. a. O., S. 18. Stober, Besonderes Wirtschaftsverwaltungsrecht, § 55, VI, 4. 48 Vgl. Bonk, in: P. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 54, Rn. 47 oder Stober, Besonderes Wirtschaftsverwaltungsrecht, § 55, VI, 4. Die vom Verfasser vorgenommene Auswertung (u. a.) der Formulare und Richtlinien der im Juli 2003 durch die Fusion der Deutschen Ausgleichsbank und der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) hervorgegangenen KfW-Bankengruppe bestätigt diesen Befund (download der Formulare unter http://www.kfw-foerderbank.de/DE/Service/KfW-Formul26/Merkbltter.jsp). 49 Dazu Henke, a. a. O., S. 60 ff.; Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 144. Gesetzliche Regelungen bestehen hingegen nur selten (vgl. Stober, Besonderes Wirtschaftsverwaltungsrecht, § 54, II. 3.); zur Frage, ob mit Haushaltsplan und Verwaltungsvorschriften dem Vorbehalt des Gesetzes genügt wird statt vieler Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 6, Rn. 13 ff.; Bultmann, Beihilfenrecht und Vergaberecht, S. 218 ff. sowie ausführlich Seiler, Parlamentsvorbehalt, S. 106 ff. Die Rechtsprechung lässt dies ausreichen, soweit keine besondere Grundrechtsrelevanz besteht, insbesondere keine Grundrechte Dritter betroffen sind (vgl. BVerwG NJW 1992, 2496 [2500]), stellt jedoch klar, dass Subventionen, welche sogar einer haushaltsrechtlichen Grundlage entbehren, rechtswidrig sind (vgl. BVerwG NVwZ 2003, 92 oder VGH Mannheim NJW 2004, 624). 50 Allgemeine Meinung, vgl. nur BVerwG BayVBl. 2004, 23 (23 f.) und die dortigen Nachweise. 51 Vgl. Henke, a. a. O., S. 65, vgl. auch BVerwGE 59, 60 (62 ff., zu Rechtswirkung der Richtlinien dort 64). 47
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kungsbedürftigen) Verwaltungsakt, werden die Subventionsbedingungen als Nebenbestimmungen Bestandteil des Verwaltungsaktes53. Soweit die Vergabe wie von der Literatur gefordert einheitlich durch öffentlich-rechtlichen Verwaltungsvertrag erfolgt, ist die rechtliche Wirkung sowie der Vorgang der Einbeziehung der für eine Vielzahl von Fällen vorformulierten Subventionsbedingungen in den Vertrag der gleiche wie bei der Anwendung von AGB im Privatrecht54, so dass eine Anwendung des AGB-Rechts nahe liegt.55 Dies gilt erst recht, soweit es sich insgesamt um einen Formularvertrag handelt, welcher selbst alle relevanten Leistungs- und Nebenbestimmungen enthält.56 Anlass für eine differenzierte Kontrolle bieten die in den Subventionsbedingungen oder Formularen selbst vorgesehenen, oft sehr rigoros formulierten Klauseln über Auskunfts-, Berichts- und Meldepflichten, Duldung von Kontrollen, Pflichten zu Rückzahlung und Verzinsung im Falle von Nichtigkeit oder Rücktritt57 sowie vor allem Vertragsstraferegelungen und Schadenspauschalierungen für den Fall der Pflichtverletzung58. 52 Soweit man die Verträge als öffentlich-rechtliche Verwaltungsverträge qualifiziert, entstehen damit – anders als etwa im Fall der häufig konkludent geschlossenen Benutzungsverhältnisse – keine Probleme im Hinblick auf das Schriftformerfordernis des § 57 VwVfG. Allerdings kann im Einzelfall das Erfordernis der Zustimmung Drittbetroffener nach § 58 I VwVfG ein Hindernis darstellen, vgl. Grziwotz, JuS 1998, 1013 (1016). Auch hier ist jedoch Änderung in Form einer Präklusionsregelung in Sicht (dazu oben unter § 7 B. II.). 53 Während einige Allgemeine Förderbedingungen rechtsformneutral formuliert sind, belegen andere, dass die Vergabe nach Vorstellung der Verwaltung regelmäßig durch Verwaltungsakt zu erfolgen hat (zu den damit verbundenen – vor allem vollstreckungsrechtlichen – Vorteilen Stober, Besonderes Wirtschaftsverwaltungsrecht, § 55, VI. 4.). So heißt es etwa in der Einleitung der „Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zu Projektförderung“ des Freistaates Bayern: „Die ANBest-P enthalten Nebenbestimmungen (Bedingungen und Auflagen) i. S. d. Art. 36 des Bayrischen Verwaltungsverfahrensgesetzes sowie notwendige Erläuterungen. Die Nebenbestimmungen sind als Bestandteil des Zuwendungsbescheides verbindlich, soweit dort nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist.“ (Download der Bestimmungen unter http://www.bjr-online.de/bjr_docs/00785_Allgemeine_Nb.pdf). 54 Henke, a. a. O., S. 65. 55 Auch im Falle von BVerwG, Urteil vom 10.12.2003 – Az. 3 C 22/02 (JURIS) wurde daher die Anwendung des AGB-Rechts erwogen, war aber nicht entscheidungserheblich. Der Vertreter des Bundesinteresses äußerte sich dabei kritisch gegenüber der Anwendbarkeit des AGB-Rechts; das Urteil ist auszugsweise – ohne die hier interessierenden Passagen – abgedruckt in NVwZ-RR 2004, 413 ff. 56 Ein Beispiel hierfür liefert der BVerwG, Beschluss v. 11.4.1997 – 8 B 61/97 (JURIS) zugrundeliegende Vertrag. Das BVerwG hatte eine formularmäßige Rücktrittsklausel an § 10 Nr. 3 AGBG und eine Schadenspauschalierung in Form erhöhter Verzinsung im Falle der Rückzahlung an § 11 Nr. 5 b AGBG gemessen, mangels Verstoßes gegen diese Vorschriften die Frage der Anwendbarkeit des AGBG auf öffentlich-rechtliche Verträge bewusst offen gelassen. 57 Henke, a. a. O., S. 62 mit Beispielen; vgl. auch BGH NJW 2003, 2451 (dort allerdings mit der Besonderheit, dass die „Allgemeinen Bedingungen für Zuschüsse“ durch die abwickelnde Hausbank verwendet wurden).
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Von dem vorzugswürdig durch öffentlich-rechtlichen Verwaltungsvertrag begründeten Rechtsverhältnis zwischen bewilligender Behörde und Leistungsempfänger ist das zwischen Letzterem und der zum Zwecke der Abwicklung eingeschalteten Drittbank zu unterscheiden.59 Dadurch, dass die Subventionsbedingungen auch in diesem Verhältnis Verwendung finden60, entstehen hier ebenfalls AGB-rechtliche Probleme. Allerdings handelt es sich im Regelfall um einen Vertrag zwischen Privaten, auf welchen das VwVfG keine Anwendung findet.61 Angesichts der zunehmenden Praxis, sich auch zur Subventionsbewilligung eines Dritten zu bedienen62, erscheint es geboten, anstelle dieser rechtlich undurchsichtigen „Privatisierung der Aufgabendurchführung“63, im Verhältnis zwischen Subventionsgeber und -mittler in zunehmendem Maße von der in § 44 III BHO64 vorgesehenen Beleihung Gebrauch zu machen, so dass die Subventionsvergabe einheitlich mittels öffentlich-rechtlichen Vertrages auch durch den Subventionsmittler erfolgen kann.65 58 Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 525; Stober, Besonderes Wirtschaftsverwaltungsrecht, § 55, VI. 4.; Henke, a. a. O., S. 342 f.; Gottwald, in: MüKo, BGB, § 339, Rn. 11 sowie Rieble, in: Staudinger, BGB, Vor. §§ 339 ff., Rn. 153 und § 339, 205, wobei im Einzelfall genau zu untersuchen ist, ob eine Vertragsgestaltung nur der Rückabwicklung der fehlgeschlagenen Subventionierung dient oder ob den Subventionsempfänger daneben eine selbständige Belastung treffen soll, vgl. Riebele, a. a. O., Vor. §§ 339 ff., Rn. 152. 59 Prägnant die Beschreibung des Dreiecksverhältnisses bei Burgi, Funktionale Privatisierung, S. 118 f. An der öffentlich-rechtlichen Qualifikation des Verhältnisses zwischen Subventionsgeber und -nehmer ändert die Einschaltung eines Dritten nichts, vgl. U. Stelkens, NVwZ 2004, 304 sowie Ehlers, DVBl. 1986, 912 (917); dies gilt auch für den Fall, dass es sich um eine Subventionierung durch Bürgschaft handelt, vgl. Ehlers, GewArch 45 (1999), 305 (305 f., dort mit Fn. 7). Zu den dann entstehenden Dreiecksverhältnissen mit mehreren unterschiedlichen Vertragsbeziehungen näher Henke, Recht der Wirtschaftssubventionen, S. 18 f. und 85 ff. 60 Instruktiv Batereau, WM 1992, 174 f. 61 BGH NJW 2003, 2451 (2452); zustimmend Wittkowski, LMK 2003, 162 f. und Laves, EWiR 2003, 1021. Soweit es sich um ein grundsätzlich privatrechtliches Verhältnis handelt, ist umstritten, inwieweit der Subventionsmittler öffentlich-rechtlichen Bindungen unterliegt; zum Meinungsstand mit umfangreichen Nachweisen und Darstellung der Argumente BGH NJW 2003, 2451 (2452 f.). 62 Vgl. U. Stelkens, NVwZ 2004, 304. Die Praxis der KfW-Bankengruppe (vgl. § 10, Fn. 48 [S. 191]) bestätigt diesen Befund. 63 Burgi, Funktionale Privatisierung, S. 119. 64 Eingefügt durch das Fünfte Gesetz zur Änderung der Bundeshaushaltsordnung v. 22.9.1994 (BGBl I, S. 2605). Die Länder haben entsprechende Vorschriften erlassen, vgl. etwa § 44 III BremHO (Eingefügt durch § 6 des Gesetzes zur Übertragung von Aufgaben staatlicher Förderung auf juristische Personen des privaten Rechts v. 26.5.1998 [GBl S. 134, ber. S. 171]), dessen Verfassungsmäßigkeit jüngst durch BremStGH, NVwZ 2003, 81 ff. bestätigt wurde. 65 Systematisch handelt es sich um eine Beispiel für eine funktionale Privatisierung. Dabei ist zwischen gesetzlicher Beleihung und einem zwischen öffentlichem Träger und beliehener Bank geschlossenen Kooperationsvertrag zu unterscheiden. Zur Klarstellung trennt § 54 III HS 1 und HS 2 VwVfG Musterentwurf diese Ebenen aus-
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III. Vertragsnaturschutz Ein vergleichsweise junges Referenzbeispiel liefert der Vertragsnaturschutz nach § 8 BNatSchG66. In der praktisch dominierenden Ausgestaltung67 handelt es sich um einen speziellen Fall der Subventionierung68: Ein privater Grundstückseigentümer verpflichtet sich, gezielte Naturschutzmaßnahmen auf seinem Grund und Boden durchzuführen und erhält im Gegenzug von der Behörde eine Förderung.69 Bei den meistens zwischen einem Landwirt und der Landwirtschaftsverwaltung abgeschlossenen Vereinbarungen70 handelt es sich um Formularverträge71. Daneben finden sich Richtlinien in Form von Verwaltungsvorschriften72, welche allgemeine Bestimmungen zu Verfahren sowie Rechten der drücklich (dazu Schmitz, DVBl. 2005, 17 (22). Schließt der Träger mit unterschiedlichen Banken Kooperationsverträge und verwendet dabei immer wiederkehrende Klauseln zu Absicherung seiner Verantwortung, kann auch hier AGB-Recht greifen (dazu sogleich unter B. VI.). Wie weit im Falle der Beleihung nicht erneut eine Aufspaltung in jeweils durch den Subventionsmittler vorgenommene öffentlich-rechtliche Bewilligung einerseits und privatrechtliche Abwicklung andererseits zu erfolgen hat, ist noch nicht geklärt, dazu U. Stelkens, NVwZ 2004, 304 (308). Da der Subventionsmittler nach gesetzlicher Beleihung als Behörde anzusehen ist, sprechen wie im Fall der Zweistufentheorie die besseren Argumente für eine einheitlich öffentlich-rechtliche Ausgestaltung, so dass die im Folgenden erarbeiteten Lösungswege auch für diesen Fall gelten. 66 Die Vorschrift entspricht weitgehend § 3a BNatSchG a. F., welcher erstmalig durch das Dritte Gesetz zur Änderung des BNatSchG vom 26.8.1998, BGBl. I, S. 2481, eingefügt wurde. 67 Zu praktischen Erscheinungsformen Rehbinder, DVBl. 2000, 859 (860 ff.). 68 So etwa Rebinder, a. a. O., 864; Gassner, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/SchmidtRäntsch, BNatSchG, § 8, Rn. 3 oder VGH München NuR 2000, 468 (469). 69 Vgl. Kloepfer, Umweltrecht, § 11, Rn. 57. 70 Rehbinder, a. a. O., 862. 71 Vgl. den Formularvertrag in der „Anlage Vertragsformular 2001 zu den Richtlinien für die Durchführung des Hessischen Landschaftspflegeprogrammes“ (download unter http://www.hmulv.hessen.de/-naturschutz_forsten/vertragsnaturschutz/offenland bereich); das Muster für einen „Bewirtschaftungsvertrag für Grünland-/Ackerflächen im Rahmen des Vertragsnaturschutzes“, abgedruckt im MBl. NRW Nr. 65 vom 6.11.2000, S. 1309 (download unter http://www. munlv.nrw.de/sites/arbeitsbereiche/forsten/pdf/rahmen_vertrnatschutz.pdf); den Mustervertrag des Ministeriums für Umwelt, Naturschutz und Landschaftspflege Schleswig-Holstein (download unter www.vertrags-naturschutz-sh.de) oder den Mustervertrag bei Hünnekens, in: Johlen/ Oerder, Münchener Anwaltsbuch Verwaltungsrecht, § 11, Rn. 86 sowie den Praxisbericht bei Rehbinder, DVBl. 2000, 859 (865) oder auch Gassner, in: Gassner/BendomirKahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 8, Rn. 3. I. R. d. Aufbaues des Netzes Natura 2000 erlangen gegenwärtig Verträge über den Naturschutz des Waldes zunehmende Bedeutung. An die Stelle einer förmlichen Schutzgebietsausweisung tritt ein überwachtes Gebietsmanagement, zu welchem sich der Private per Formularvertrag verpflichtet, vgl. den aktuellen hessischen Mustervertrag (download unter http:// www.hmulv.hessen.de/naturschutz_forsten/vertragsnaturschutz/wald). 72 Etwa die „Richtlinien für die Durchführung des Hessischen Landschaftspflegeprogramms“ vom 23.2.2001, Az. VI 7 – 91c 00.00-639 (download unter http:/ / www.hmulv.hessen.de-/naturschutz_forsten/vertragsnaturschutz/offenlandbereich/)
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Behörde und Pflichten des Vertragspartners bei Vertragsbrüchigkeit oder Änderung der Förderbedingungen enthalten und damit wie die unter II. genannten Richtlinien im Allgemeinen Subventionsrecht funktional privatrechtlichen AGB entsprechen. In der Verwaltungspraxis dominiert die einheitliche Ausgestaltung durch Verwaltungsvertrag73, wobei die Musterverträge ausdrückliche Hinweise enthalten, dass die jeweiligen allgemeinen Bestimmungen in den Richtlinien „dem Vertrag zugrunde liegen“.74 Allerdings finden sich auch zweistufige Lösungen, bei welchen zwischen einseitiger Bewilligung der Förderung durch Verwaltungsakt und zweiseitiger Durchführung durch Verwaltungsvertrag unterschieden wird. Die Praxis in Nordrhein-Westfalen liefert ein anschauliches Beispiel für die überflüssige Künstlichkeit zweistufiger Konstrukte. So heißt es in den „Rahmenrichtlinien Vertragsnaturschutz“75 zur Bewilligung der Zuwendung durch (mitwirkungsbedürftigen) Verwaltungsakt: „Als Antrag gilt der von der Antragstellerin/dem Antragsteller unterschriebene Vertrag nach dem Muster der Anlage 3.“76 Und weiter: „Der von der Bewilligungsbehörde unterzeichnete Bewirtschaftungsvertrag gilt als Zuwendungsbescheid gem. § 35 Verwaltungsverfahrensgesetz NRW.“77 Mit dem Angebot auf Abschluss eines Verwaltungsvertrages wird mithin der Antrag auf Erlass eines Verwaltungsaktes, mit der Annahme des Vertragsangebotes der Erlass eines Verwaltungsaktes fingiert. Mehr als diese verklausulierte Konversion beider öffentlich-rechtlicher Rechtsformen entspricht es dem Wesen kooperativen Naturschutzes, eine einheitliche Regelung durch öffentlich-rechtlichen Austauschvertrag zugrunde zulegen, und dessen vorkonditionierte Bestandteile am AGB-Recht zu messen. Da ganz überwiegend von einer öffentlich-rechtlichen Qualifikation der Verträge ausgegangen wird78, führt der Rückgriff auf die zum Zwecke der Absicherung öffentlichoder Rahmenrichtlinien über die Gewährung von Zuwendungen im Vertragsnaturschutz des Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz v. 14.9.2000 III B 5 – 941.00.05.01, MBl. NRW. 2000, S. 1296 sowie für Bayern, die „Richtlinien über Bewirtschaftungsverträge des Naturschutzes und der Landschaftspflege auf forstwirtschaftlich nutzbaren Flächen.“ v. 17.11.2004, AllMBl. 2004, S. 613“ sowie die „Richtlinien über Bewirtschaftungsverträge des Naturschutzes und der Landschaftspflege auf landwirtschaftlich nutzbaren Flächen“ v. 11.1.2001, AllMBl 2001, S. 91 ff. 73 Rehbinder, DVBl. 2000, 859 (864). 74 Vgl. etwa § 11 II des o. g. hessischen Mustervertrages. 75 Siehe Nachweis in Fn. 72. 76 Nr. 7.1. (Hervorhebung durch den Verfasser). Ganz ähnlich Satz 2 unter Nr. 7.2. der aktuellen o. g. bayrischen Förderrichtlinie zum Vertragsnaturschutz auf landwirtschaftlichen Flächen. 77 Nr. 7.2.3. (Hervorhebung durch den Verfasser). In der bayrischen Lösung wird zwar die Beantragung nicht aber der Bescheid fingiert. 78 Vgl. VGH München NuR 2000, 468 (469); VG Regensburg NuR 2003, 65; VG Gießen, Urt. v. 15.11.1999, Az. 1 E 667/98 (JURIS); Schumacher/Fischer-Hüftle, in: dies., BNatSchG, § 8, Rn. 16; Rehbinder, DVBl. 2000, 859 (865); di Fabio, DVBl. 1990, 338 (340 f.); Sparwasser/Engel/Voßkuhle, Umweltrecht, § 6, Rn. 99; Kloepfer,
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rechtlicher Bindungen bei privatrechtlichen Verwaltungsverträgen entwickelte Zweistufenlehre nur zu Unübersichtlichkeiten.79 Während Erfahrungswerte noch fehlen, ist zu erwarten, dass – wie generell im Subventionsrecht – vor allem Kündigungs-, Kontroll-, Änderungs-, Rückzahlungs- und Strafklauseln, durch welche die Verwaltung die Sicherstellung naturschutzrechtliche Maßnahmen absichern will, AGB-rechtliche Konflikte aufwerfen werden.80 IV. Baurecht, insbesondere: städtebauliche Verträge Als vielleicht wichtigstes Referenzgebiet des Verwaltungsvertragsrechts erweist sich das Baurecht81 und dort speziell die in der Praxis bedeutsamen städtebaulichen Verträge.82 Diese werden nicht selten unter Verwendung von Formularen oder zur mehrfachen Verwendung bestimmter Klauseln von Seiten der Umweltrecht, § 5, Rn. 503 und § 11, Rn. 59 und 110 oder Gassner, in: Gassner/ Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 8, Rn. 3 ff. u. 7 sowie Ehlers, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 40, Rn. 351. 79 Mustergültig insoweit die Vertragspraxis in Hessen (vgl. § 6 des o. g. Mustervertrages wonach die Vergütung „für“ die durchgeführten Maßnahmen gezahlt wird; ebenso § 4 des o. g. Mustervertrages Schleswig Holstein: „Als Gegenleistung [. . .] erhält der Besitzer“). Ein etwaiger Rückforderungs- oder Strafzahlungsanspruch ist mithin im Wege der Leistungsklage geltend zu machen, durchgängig konsequent insoweit VGH München NuR 2000, 468 (469 f.); vgl. zur Rückforderung durch Leistungsklage auch § 9 IV des o. g. Mustervertrages Hessen. 80 So finden sich in der o. g. „Rahmenrichtlinien Vertragsnaturschutz“ NRW unter Nr. 6.7. zehn Klauseln, die überwiegend der Sanktion zweckwidrigen Verhaltens dienen. Als problematisch könnte sich dabei erweisen, dass nahezu durchweg unberücksichtigt bleibt, ob der Vertragspartner den jeweiligen Umstand zu vertreten hat; differenzierter insoweit § 6 des o. g. Mustervertrages Schleswig Holstein, jedoch mit einer belastenden Beweislastregel in Abs. 4 und einer scharfen Vertragsstrafe in Abs. 1b). Nicht unproblematisch ist auch die Regelung in § 9 III des o. g. hessischen Mustervertrages sowie Nr. 2.4.9. der korrespondierenden o. g. hessischen Richtlinien, wonach den Vertragspartner bei Verstößen gegen die gute fachliche Praxis finanzielle Nachteile treffen, welche ausdrücklich über die im Fachrecht vorgesehenen Bußgelder hinausgehen. 81 Vgl. Kahl, DÖV 2000, 793 (794) sowie die Untersuchungen in den jüngeren Arbeiten von Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 265 ff.; Gurlit, Verwaltungsvertrag, S. 36 ff.; Hamann, Verwaltungsvertrag, S. 24 ff.; Birk, Städtebauliche Verträge, S. 6 ff. oder Spannowsky, Verträge und Absprachen, S. 352 ff. 82 Vgl. nur Henneke, in: Knack, VwVfG, Vor. § 54, Rn. 7; Krautzberger, in: Ernst/ Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 11, Rn. 2 und 4; Bunzel/Coulmas/Schmidt-Eichstaedt, Städtebauliche Verträge, S. 24 ff. sowie aus jüngster Zeit die empirische Untersuchung von Tietze, Kooperation im Städtebau, 219 ff. Als in vielerlei Hinsicht wegbereitend für die weitere Diskussion erwies sich das Gutachten von Schmidt-Aßmann/Krebs, Rechtsfragen städtebaulicher Verträge. Bauordnungsrechtlichen Verträgen kommt demgegenüber auch für die vorliegende Untersuchung eine untergeordnete Rolle zu. Zwar ist es auch denkbar, dass etwa Baudispensverträge oder Verträge zur Ablösung eines Stellplatzes (näher Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 11, Rn. 102 ff.) unter Verwendung von AGB geschlossen werden. Rechtsfragen treten dabei jedoch weniger hinsichtlich der Kontrolle von AGB als vielmehr bzgl. der inhalt-
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Verwaltung geschlossen.83 Innerhalb des stetig weiter ausdifferenzierten Spektrums städtebaulicher Verträge84 tritt die Klauselproblematik bisher mit Abstand am deutlichsten bei Verträgen im Rahmen der gemeindlichen Siedlungspolitik zu Tage.85 Nachdem das BVerwG86 entgegen der vorangegangenen Rechtsprechung87 eine bestimmte Vertragskonstellation zur Umsetzung von Einheimischenmodellen als privatrechtlich eingestuft hatte, befassten sich in der Folgezeit etliche Instanzgerichte der ordentlichen Gerichtsbarkeit mit der Kontrolle von AGB in Einheimischenverträgen.88 Im Anschluss daran steht die Klauselproblematik bei Einheimischenmodellen nicht selten im Mittelpunkt jüngerer Beiträge zum städtebaulichen Vertrag.89 Die formularmäßige Ausgestaltung be-
lichen Zulässigkeit von Leistung und Gegenleistung auf. Letzteres ist jedoch Thema öffentlich-rechtlicher Kontrollmaßstäbe und nicht des AGB-Rechts, näher unter § 12 B. 83 Grziwotz, DNotZ 2003, 346 (348) sowie Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 11, Rn. 112 und 170 ff.; zu Missbräuchen bei der Vertragsgestaltung Hagen, RNotZ 2001, 40 ff.; zu Abwendungsvereinbarungen („Kauf statt Enteignung“) Grziwotz, Vertragsgestaltung, S. 132 ff. (mit einer Musterklausel dort S. 135, Rn. 276). 84 Sehr ausführlich Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 11, Rn. 27 ff.; vgl. zur jüngsten Entwicklung den durch das EAGBau v. 23.9.2004 (BGBl. I, S. 2414) eingefügten § 171c BauGB, welcher u. a. auf § 11 BauGB verweist. Daneben finden sich im BauGB etliche weitere Sonderregelungen zum Vertrag, vgl. die Nachweise in § 9, Fn. 428 (S. 182). 85 Ausführlich zu problematischen Klauseln Rastätter, DNotZ 2000, 17 ff. 86 BVerwGE 92, 56 (58f.) = NJW 1993, 2695. 87 Vgl. VGH München NVwZ 1990, 979 (980). 88 Siehe OLG Oldenburg OLG-Report 2001, 34; OLG Celle DNotI-Report 1999, 70 und OLG-Report 1999, 113; OLG München DNotI-Report 1999, 138; NJW 1998, 1962 f. und MittBayNot 1994, 541; LG Ravensburg BWNotZ 1998, 44; LG Traunstein MittBayNot 1998, 465 und NJW-RR 1999, 891; OLG Hamm NJW 1996, 2104; OLG Koblenz MDR 1995, 1110 und DNotI-Report 1998, 25; OLG Düsseldorf NVwZ 1993, 405 (dort im Ergebnis allerdings nicht entscheidungserheblich); OLG Karlsruhe NJW-RR 1992, 18. Wagner, BayVBl. 1997, 539 und Deutrich, MittbayNot. 1996, 201 (202) weisen zu Recht darauf hin, dass das BVerwG keine pauschale Zuordnung getroffen hat, sondern lediglich im konkreten Fall des Weilheimer Modells die Wahl des Privatrechts nicht beanstandet hat, so dass die nachfolgenden Urteile insofern teilweise verfehlt sind, als nicht in jedem Einzelfall geprüft wurde, ob es sich nach Gegenstand und Zweck des Vertrages um einen öffentlich-rechtlichen oder einen privatrechtlichen Vertrag handelte und statt dessen Einheimischenverträge pauschal als zivilrechtlich eingestuft wurden. Vielmehr hat weder das Urteil des BVerwG noch § 11 BauGB Klarheit darüber geschaffen, wann Verträge im Rahmen eines Einheimischenmodells als öffentlich-rechtlich oder als zivilrechtlich anzusehen sind, insoweit zutreffend Busse, DNotZ 1998, 486 (487); differenzierend auch Bunzel/Coulmas/Schmidt-Eichstaedt, Städtebauliche Verträge, S. 46 ff. Näher zur Zuordnung sogleich unter § 12 B. II. 2. 89 Vgl. Reidt, BauR 2004, 941 ff.; Spannowsky, UPR 2003, 81 (85 ff.); Busse, BayVBl. 2003, 129 (131 ff.) und ders., DNotZ 1998, 486 ff.; Bunzel, LMK 2003, 87 f.; Grziwotz, NVwZ 2002, 391 ff. und ders., DNotZ 2003, 346 ff.; Bick, DVBl. 2001, 154 (157 und 159 f.); Hofstetter, BWNotZ 2000, 5 ff.; Rastätter, DNotZ 2000, 17 ff.; Brohm, JZ 2000, 321 ff. und ders., in: Bauer/Breuer/Degenhart/Oldiges, 100 Jahre Allg. BauG Sachsen, 457 ff.; Gaßner, BayVBl. 1997, 538 f.; Wagner, BayVBl. 1997, 539 ff. und Albrecht, DNotZ 1996, 546 ff.
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2. Teil 2. Abschn.: Verwaltungsvertrag und modernisiertes AGB-Recht
ruht zum einen auf Rationalisierungserwägungen90, zum anderen auf dem Anliegen der Verwaltung, bestimmte Vertragsinhalte vereinheitlicht, einseitig vorzugeben, um die verfolgten siedlungspolitischen Ziele abzusichern. Gängig, und oft kumulativ vorgegeben sind Bauverpflichtungen91, Bau- und Nutzungsbeschränkungen sowie Weiterveräußerungsverbote92, durch Vormerkung gesicherte Wiederkaufsrechte der Verwaltung93 und Nachzahlungsklauseln94 als Druckmittel. Im Hinblick auf den Subventionscharakter des vergünstigten Baulanderwerbs95 und den überwölbenden städtebaulichen Kontext ist die grundsätzliche Zulässigkeit dieser Gestaltungsmittel nahezu unumstritten. Insbesondere muss sich die Verwaltung gegen Grundstücksspekulationen absichern können.96 AGB-rechtliche Probleme treten auf, wenn die Verwaltung zu überzogenen Sicherungsmitteln greift, etwa in Form zu kurzer Fristen bzgl. auferlegter Bauverpflichtungen, zu langer Bau- bzw. Nutzungsbeschränkungen oder bei Wiederkaufsrechten zu unangemessenen Konditionen97. So wurden etwa ein Abschlag auf den Wiederkaufspreis des Grundstücks98 oder Abschläge vom tatsächlichen Wert der errichteten Bauwerke99 als unter AGB-rechtlichen Gesichtspunkten100 problematische Vertragsstrafen angesehen. Ebenso finden sich oft zusätzlich zu den genannten Abschlagsklauseln eigenständige, vorformulierte 90
So wurde etwa der OLG Hamm BayVBl. 1997, 536 zugrundeliegenden Formularvertrag in 600 weiteren Fällen verwendet. 91 Von den Gerichten weitgehend akzeptiert wurde eine Frist von zwei oder mehr Jahren ab möglichem Baubeginn, vgl. LG Karlsruhe DNotZ 1998, 483 f. oder LG Ravensburg BWNotZ 1998, 44. 92 Am gängigsten ist insoweit die Verpflichtung das Grundstück für die ersten zehn Jahre selbst zu nutzen und nicht weiterzuveräußern, vgl. OLG München MittbayNot 1994, 464 und erneut LG Karlsruhe DNotZ 1998, 483 f. sowie LG Ravensburg BWNotZ 1998, 44. Eine 20-jährige Bindung sah das OLG Hamm BayVBl. 1997, 536 f. als unangemessene Benachteiligung i. S. d. § 9 AGBG (jetzt § 307 BGB) an. 93 Entsprechende Klauseln fanden sich nahezu durchgängig in den in Fn. 88 genannten Urteilen zugrundeliegenden Formularverträgen; zur rechtlichen Konstruktion Rastätter, DNotZ 2000, 17 (34); siehe zudem die vergleichsweise moderate Musterklausel bei Grziwotz, BauR 2001, 1839 (1847). 94 OLG München MittbayNot 1994, 464. Vgl. auch die sog. „Mehrerlösklausel“ im BGH NVwZ 2003, 371 f. zugrundeliegenden Formularvertrag. 95 VGH München NVwZ 1999, 1008 (1011); Busse, DNotZ 1998, 486 (489) und ders., BayVBl. 2003, 129 (132); Grziwotz, DNotZ 2003, 346 und ders., DNotZ 2004, 674 (692) oder Kahl/Röder, JuS 2001, 24 (27). 96 Vgl. Rastätter, DNotZ 2000, 17 (25 f.; 28 und 34) oder Albrecht, DNotZ 1996, 546 (546 f., 551). 97 Gebilligt wurden allerdings Wiederkaufsrechte auf 15 und sogar 20 Jahre, vgl. OLG München DNotI-Report 1999, 138 und NJW 1998, 1962 f. oder LG Traunstein MittbayNot 1998, 218 ff. A.A. OLG Hamm BayVBl. 1997, 536 ff. 98 OLG Koblenz DNotI-Report 1998, 25 ff. 99 LG Karlsruhe DNotZ 1998, 483 f. 100 Als Prüfungsmaßstäbe wurden vor allem § 307 BGB (ex § 9 AGBG) und § 309 Nr. 6 BGB (ex § 11 Nr. 6 AGBG) herangezogen.
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Vertragsstrafen zur Sicherung von Eigennutzungs- und Bauverpflichtungen101 oder Verpflichtungen angesiedelter Unternehmen, eine garantierte Anzahl von Arbeitsplätzen zu schaffen102. Auch in anderen, unstreitig öffentlich-rechtlichen, städtebaulichen Verträgen finden sich ähnliche Gestaltungen – etwa in Form einer Absicherung der vom Privaten übernommenen Verpflichtungen durch von Seiten der Verwaltung eingeführte Vertragsstrafen oder Wiederkaufsrechte103 – ohne dass die Problematik dort vergleichbar große Wellen geschlagen hat. V. Benutzungsverhältnisse Nach traditioneller Auffassung stehen Gemeinden für die Gestaltung der Rechtsbeziehungen zu den Benutzern in öffentlich-rechtlicher Organisationsform betriebener öffentlicher Einrichtungen104 aufgrund der ihr zugesprochenen Wahlfreiheit verschiedene Handlungsformen zur Verfügung. Danach kann die mit dem Benutzer bestehende Einzelrechtsbeziehung – ähnlich wie im Fall der Subventionsvergabe – in die konkret-individuellen Formen eines öffentlichrechtlichen Vertrages, privatrechtlichen Vertrages, eines mitwirkungsbedürftigen Verwaltungsaktes oder einer zweistufigen Mischung aus den beiden letztgenannten Varianten gekleidet sein.105 Ist die „Wahl“106 zugunsten der privatrechtli101
Siehe OLG Celle DNotI-Report 1999, 70 oder LG Ravensburg BWNotZ 1998,
44. 102 Zu Fallgestaltungen und entsprechenden AGB-rechtlichen Fragen Rastätter, DNotZ 2000, 17 (44 f.). Eine parallele Problematik findet sich in Frankreich, vgl. die Entscheidung des Conseil d’Etat vom 3.11.1997 (Commune de Fougerolles), abgedruckt in PL 1998, 152 f.: Dort hatte eine Kommune einem Unternehmen zu einem symbolischen Preis ein Grundstück zugesagt. Im Gegenzug verpflichtete sich das Unternehmen, fünf Arbeitsplätze zu schaffen. Zur Absicherung dieser Verpflichtung hatte die Kommune eine Vertragsstrafe i. H. v. 36.000 FF vorgesehen. Eine strukturell parallele Problematik findet sich mit den Vertragsstrafeversprechen in Privatisierungsverträgen der ehemaligen Treuhandanstalt, dazu die Ausführungen unter § 13 E. I. 4. 103 So etwa in Verträgen bei städtebaulichen Sanierungsmaßnahmen, vgl. Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 11, Rn. 61. Auch bei Verträgen zur Abwendung von Enteignungen stellen sich AGB-rechtliche Fragen, vgl. Grziwotz, DNotZ 2003, 346 (348). 104 Erfasst sind so verschiedenartige Erscheinungsformen wie Versorgungs- und Verkehrsbetriebe, Musikschulen, Stadthallen, Schwimmbäder, städtische Theater, Friedhöfe, Obdachlosenunterkünfte, Jugendheime, Rathausräumlichkeiten, Festplätze, Kanalisationen und vieles mehr, vgl. Brüning, LKV 2000, 54 oder auch Hirte, in: FS Ulmer, 1153 (1154 f.). Handelt es sich um eine in privatrechtlicher Form betriebene Einrichtung, ist das Rechtsverhältnis zum Benutzer zwangsläufig privatrechtlich und liegt damit jenseits des vorliegenden Untersuchungsrahmens, vgl. die Eingrenzung unter § 6. 105 Vgl. Wagner, Die Anwendbarkeit des AGB-Gesetzes auf Benutzungsregelungen, S. 20. Soweit trotz des hier befürworteten extensiven Verständnisses des öffentlichrechtlichen Vertrages aufgrund der Umstände des Einzelfalles kein Vertragsschluss angenommen werden kann, kommt jedenfalls ein vertragsähnliches „öffentlich-rechtli-
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chen Ausgestaltung getroffen worden, nimmt vor allem die Rspr.107 vielfältig eine Zweistufigkeit an, wonach das „Ob“ der Zulassung zur Benutzung durch Verwaltungsakt ergeht.108 Nach hier vertretenem Ansatz handelt es sich hingegen grundsätzlich um ausdrücklich oder konkludent geschlossene öffentlichrechtliche Verwaltungsverträge i. S. d. § 54 S. 2 VwVfG, da die Verwaltung dem Benutzer gegenüber unmittelbar Verwaltungsaufgaben erfüllt.109 Da § 62 S. 2 VwVfG sowohl auf die Vertragstypen des BGB als auch auf das AGB-Recht verweist, lässt die Verwendung von Begriffen wie „AGB“ oder „Mietvertrag“ zwar den Schluss auf eine vertragliche, nicht aber auch auf eine privatvertragliche Ausgestaltung zu.110 Von einer privatrechtlichen Ausgestaltung wird man hingegen in liberalisierten Sachbereichen wie der Energieversorgung auszugehen haben, da die Zielverwirklichung hier bewusst dem Markt überlassen wurde. Insgesamt wird die AGB-Problematik im Bereich der Versorgungswirtschaft dadurch entschärft, dass für Tarifkunden durch die in Form von Rechtsnormen erlassenen Allgemeinen Versorgungsbedingungen (AVB) ein fixer Schutzrahmen geschaffen worden ist.111 ches Benutzungsverhältnis“ zustande. Dieses entspricht funktional einem Vertrag, so dass jedenfalls eine analoge Anwendung des AGB-Rechts in Betracht kommt (dazu zuletzt Tilmann, Klauselrichtlinie, S. 81 f.; für Verbraucherverträge gilt dies schon deshalb, weil die Klauselrichtlinie 93/13/EWG auch auf diese Vertragsäquivalente anzuwenden ist, Tilmann, a. a. O., S. 166 ff., 180); die nachfolgenden Ausführungen gelten daher für „vertragsähnliche“ Benutzungsverhältnisse, die unter Verwendung allgemeiner Benutzungsbedingungen etabliert werden, entsprechend. Zu denken ist vor allem an die Fälle, in denen die Verwaltung eindeutig von der stets gegebenen Option, einer Regelung durch Verwaltungsakt – häufig verbunden mit einem durch Satzung näher ausgestalteten Anschluss- und Benutzungszwang –, Gebrauch macht (dazu Wagner, a. a. O., S. 64 und 66 f.). 106 Dabei handelt es sich um eine künstliche dogmatische Fiktion, vgl. oben unter § 8 A. V. 107 Etwa VGH München NVwZ 1999, 1122 (1123) (Zulassung zu einem Volksfest); NVwZ 1995, 812 f. (Stadthallennutzung); VG Augsburg, NVwZ-RR 2001, 468 ff. (Zulassung zu einem Volksfest). 108 Wie bereits die Beispiele in der vorangegangenen Fußnote zeigen, beschränkt sich der Anwendungsbereich der Zweistufenlehre in diesem Referenzbereich auf die Benutzung von Einrichtungen mit beschränkter Kapazität, welche eine gesonderte Entscheidung über die Zulassung nötig werden lässt, dazu auch Wagner, Anwendbarkeit des AGB-Gesetzes auf Benutzungsregelungen, S. 28 f. 109 Vgl. auch Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 215 f.; zur Problematik der evtl. entgegenstehenden Schriftform nach § 57 VwVfG oben unter § 7 B. II. 110 Dennoch werden so oder ähnlich Kriterien benannt, welche in Verbindung mit der Zweistufenlehre auf eine sich an die Zulassung durch Verwaltungsakt anschließende privatvertragliche Ausgestaltung schließen lassen, vgl. Wagner, Anwendbarkeit des AGB-Gesetzes auf Benutzungsregelungen, S. 29. 111 Obwohl das AGB-Recht hier nur ausnahmsweise, nämlich bei Vorliegen eines Sonderkundenvertrages, greift (vgl. Hirte, in: FS Ulmer, 1153 [1155] und zur Inhaltskontrolle zuletzt BGH NJW-RR 2004, 262 ff.), erweist sich der Komplex als interessantes Referenzbeispiel, im Einzelnen unter § 13 E. I. 3. Die im Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge in vielfältiger Weise in Erscheinung tretenden Rechtsverordnun-
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Das vertragliche Benutzungsverhältnis ist nicht selten durch allgemeine Benutzungsregelungen näher ausgestaltet.112 Vereinzelt hat die Rechtsprechung bereits entsprechende vertragliche Benutzungsverhältnisse am Maßstab des AGBRechts beurteilt.113 Als problematisch erweisen sich vor allem weitreichende Haftungsausschlüsse114, aber auch beweisumkehrende Klauseln115, Änderungsvorbehalte116 und erneut Vertragsstrafenregelungen.117
gen unterliegen nach ganz h. M. als Rechtsnormen selbst keiner AGB-Kontrolle, näher Tilmann, Klauselrichtlinie, S. 88 ff. m. w. N. auch zur Mindermeinung; zur Frage, wie insoweit Art. 1 II der Klauselrichtlinie 93/13/EWG, wonach vom Anwendungsbereich alle „bindenden“ Rechtsvorschriften ausgenommen sind, auszulegen ist, Tilmann, a. a. O., S. 181 ff.; insoweit überzeugend der Vorschlag einer restriktiven Auslegung dieser Ausnahmebestimmung bei Hirte, in: FS Ulmer, 1153 (1162 f.). 112 Dazu Wagner, Anwendbarkeit des AGB-Gesetzes auf Benutzungsregelungen, S. 20; ein neueres Beispiel bieten OVG Lüneburg NVwZ 1999, 566 (AGB einer kommunalen Einrichtung der Schmutzwasserbeseitigung). Neben die Zulassung durch Verwaltungsakt oder den Abschluss eines nicht näher konkretisierten Benutzungsvertrages tritt häufig eine Satzung, welche das Benutzungsverhältnis näher ausgestaltet. Beispiele für den hier aus der auf die Untersuchung der Vertragsverhältnisse begrenzten Untersuchung ausgeklammerten Bereich liefern etwa OVG Schleswig, Urt. v. 18.8. 2004, Az. 2 LB 71/03 = BeckRS 2004 25779 (Kindergartenbenutzung). Praxisrelevant sind vor allem Satzungen durch welche die Benutzung des gemeindlichen Wasserverund Entsorgungssystems näher geregelt wird, vgl. OVG Münster, Urt. v. 14.1.2003, Az. 15 A 4115/01 = BeckRS 2003 21086 oder OVG Magdeburg LKV 2003, 287 f. Nach zutreffender Ansicht findet das AGB-Recht auch auf allgemeine Benutzungsbedingungen in Satzungsform Anwendung. Zwar handelt es sich hier wie bei Gesetzen und Rechtsverordnungen um Rechtsnormen. Jedoch beziehen sie ihre Autorität nicht vom Willen eines zentralen Gesetz- oder Verordnungsgebers, sondern aus der dezentralen Regelungsautonomie öffentlich-rechtlicher Körperschaften, die zugleich Normgeber und Verwender sind (Basedow, in: MüKo, BGB, § 305, Rn. 8). Sie stehen nicht nur im Range unter Gesetz und Verordnung, sondern sind funktional wie die AGB „selbstgeschaffenes Recht der Wirtschaft“, freilich „selbstgeschaffenes Recht der öffentlichen Wirtschaft“, so dass die §§ 305 ff. BGB auf sie Anwendung finden können (Basedow, a. a. O.). Ähnliches gilt für die ausnahmsweise Ausgestaltung des Benutzungsverhältnisses durch Verwaltungsvorschrift (vgl. Tilmann, Klauselrichtlinie, S. 87 f.) oder nicht-satzungsförmiger Benutzungsordnung (dazu Wagner, a. a. O., S. 24–43, 47, 192 ff. und Hirte, in: FS Ulmer, 1153 (1160 ff.). 113 Vgl. BGHZ 99, 182 (193 f.) = NJW 1987, 831 (AGB zu Stadthallennutzungsvertrag); BGHZ 93, 358 ff. = NJW 1985, 3013 ff. (AGB zu Wasserversorgungsvertrag mit Sonderabnehmer) und BayVerfGH NVwZ 1998, 727 (729) (AGB zu Parkplatzbenutzungsvertrag). Die Qualifikation der Vertragsverhältnisse als (auf zweiter Stufe) privatrechtlich hinderte die Gerichte dabei nicht daran, öffentlich-rechtliche Besonderheiten bei der Inhaltskontrolle zu berücksichtigen. 114 Vgl. Hirte, in: FS Ulmer, 1153 (1155); den Fall in BGHZ 99, 182 (183) = NJW 1987, 831 (dort gekoppelt mit einer Rücktrittklausel); Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 518 (dort mit Fn. 288, allerdings in der Einschätzung etwas zu zurückhaltend) und bereits Stober, DöV 1977, 398 mit praktischen Beispielen sowie auf der Grundlage eigener rechtstatsächlicher Erhebungen Wagner, Anwendbarkeit des AGBGesetzes auf Benutzungsregelungen, S. 52 f. und 208 ff. 115 Wagner, a. a. O., S. 54 und 213 f. 116 Wagner, a. a. O., S. 55 und 218.
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VI. Kooperationsverträge bei funktionalen Privatisierungen § 56a S. 1 VwVfG (Musterentwurf)118 bestimmt, dass ein Kooperationsvertrag119 nur geschlossen werden darf, „wenn die Behörde sicherstellt, dass ihr ein hinreichender Einfluss auf die ordnungsgemäße Erfüllung der öffentlichen Aufgabe verbleibt.“120 Im Zuge der Reformdebatte wurde erwogen, der jetzt durch die Vorgaben in § 56a VwVfG (Musterentwurf) artikulierten Notwendigkeit einer Absicherung staatlicher (Gewährleistungs-)Verantwortung121 kautelarjuristisch im Wege der Verwendung entsprechender Klauselwerke der Verwaltung Rechnung zu tragen.122 Angesichts der Bandbreite denkbarer Kooperationen, welche häufig durch die Umstände des Einzelfalles geprägt sind, wird es sich nicht selten um Individualvereinbarungen handeln. Viele Klauseln werden jedoch in den durch § 305 BGB definierten sachlichen Anwendungsbereich des AGB-Rechts fallen.123 Zwar liegen derartige Verträge außerhalb des Anwendungsbereichs der Richtlinie.124 Die einmalige Verwendung eines Formularver117 BayVerfGH NVwZ 1998, 727 (729) für den Fall einer verschuldensunabhängigen Vertragsstrafe bei unzulässiger Benutzung eines gemeindlichen Parkplatzes. Vereinzelt finden sich auch Regelungen, welche als unzulässige Fingierungen i. S. d. § 308 Nr. 5 BGB angesehen werden könnten. Beispielweise ist bisweilen festgelegt, dass ein Kind nach einer bestimmten Anzahl von Fehltagen als aus dem Kindergarten ausgeschlossen gilt. Allerdings handelt es sich im Regelfall um Bestimmungen in Satzungen, welche im Folgenden nicht näher erörtert werden, näher Wagner, a. a. O., S. 55 und 218 f. 118 Vgl. Schmitz, DVBl. 2005, 17 (21) sowie oben unter § 7 B. II. 119 Dazu § 54 III VwVfG (Musterentwurf). 120 Während die vorstehenden Beispiele nach Sachbereichen geordnet sind, ist damit eine funktionale Kategorisierung getroffen. Dies erscheint auch für die Untersuchung sinnvoll, da sich Privatisierungen in ganz unterschiedlichen Sachkontexten finden. 121 Zur Verantwortungsstruktur bereits im Zusammenhang mit der Institutionalisierung der Verbandsklage oben unter § 4 D. IV. 122 Dazu Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee, 6. Kapitel, Rn. 121 und 124 und Ziekow, Verwaltungskooperationsrecht, S. 190 ff. Nach der jüngsten Bestandsaufnahme des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit (BMWA) sind zwar Musterverträge (i. S. v. Formulierungsvorschlägen), jedoch noch keine von Seiten der Verwaltung veröffentlichte Standardverträge (i. S. v. dem AGB-Recht unterfallenden, in praxi zu verwendenden Vordrucken oder festgelegten verbindlichen Formulierungsbausteinen, etwa für die Konzessionsvergabe durch Vertrag) verfügbar, vgl. BMWA, Public Private Partnership, S. 16. In der Formularsammlung von Hillermeier/Castorph/Hartmann, Kommunales Vertragsrecht (Stand der 3. Ausgabe: 15.6.2004) sind mittlerweile Musterverträge für die wichtigsten Konstellationen funktionaler Privatisierungen verfügbar. Zur Verwendung von Musterverträgen bei der Einbindung in die Vorbereitung von Planungen nach § 11 I 2 Nr. 1 BauGB Oerder, BauR 1998, 22 (26). Auch die (überwiegend als privatrechtlich eingestuften) Privatisierungsverträge der ehemaligen Treuhandanstalt wurden großteils unter Verwendung von AGB geschlossen. Als besonders problematisch erweisen sich in diesem Zusammenhang die darin enthaltenen Vertragsstrafen in Verbindung mit Arbeitsplatzgarantien und Investitionszusagen, vgl. Baetge, AcP 202 (2002), 972 (974). 123 Auch Geis, NVwZ 2002, 385 (386) geht davon aus.
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trages alleine reicht daher nicht aus.125 Jedoch geht der BGH neuerdings unabhängig von den Vorgaben der Klauselrichtlinie davon aus, dass „für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen“126 bereits dann vorliegen, wenn ihre dreimalige Verwendung beabsichtigt ist127, wobei dies auch dann gelten soll, wenn diese gegenüber ein und derselben Vertragspartei verwendet werden sollen.128 Am Beispiel der von Seiten der Treuhandanstalt verwendeten Privatisierungsverträge hat der BGH neuerlich entschieden, dass das AGB-Recht bereits dann zur Anwendung kommt, wenn nur immer wiederkehrende Teile der Verträge standardisiert werden.129 Nicht selten kam es dabei vor, dass die Vertragsverhandlung auf der Basis eines von Seiten des Investors vorformulierten Vertrages geführt wurde.130 Die gerade bei der Kooperation mit privaten Unternehmen denkbare Ausnahmesituation, dass AGB von Seiten des Privaten gegenüber der Verwaltung verwandt werden, stellt die Inhaltskontrolle vor besondere Herausforderungen.131 Insbesondere bei Kleinprivatisierungen132, aber auch darüber hinaus ist eine zunehmende Verwendung vorformulierter und damit unter das AGB-Recht fallender Klauseln zu erwarten.133 124 Es handelt sich um die Verwendung von AGBG gegenüber einem „Gewerbetreibenden“, die Richtlinie RL 39/13/EG bezieht sich nur auf missbräuchliche Klauseln, die gegenüber einem „Verbraucher“ Verwendung finden. 125 Für Verbraucherverträge lässt § 310 III Nr. 3 BGB dies entsprechend den Vorgaben der Richtlinie genügen. 126 So die Legaldefinition Allgemeiner Geschäftsbedingungen in § 305 I 1 BGB. 127 BGH NJW 2002, 138. 128 Nunmehr BGH DNotZ 2004, 312. Zudem soll es ausreichen, wenn die Vertragsklauseln nicht in schriftlicher Form vorformuliert sind, sondern als Textbausteine auf einem Computer vorhanden sind oder ein in die Verhandlung eingeschalteter Abschlussvertreter entsprechende Textbausteine auswendig parat hat, näher Basedow, in: MüKo, BGB, § 305, Rn. 13. 129 So hat der BGH anlässlich der Überprüfung von Vertragsstrafeklauseln in den genannten Privatisierungsverträgen klargestellt, dass „ die Treuhandanstalt wegen des immer wiederkehrenden gleichen Regelungsinteresses – schon im Hinblick auf die begrenzten sprachlichen Variationsmöglichkeiten – gehalten war, vorformulierte Vertragsbestimmungen zu verwenden. Das führte zwangsläufig zu gewissen Standardisierungen. Nicht von Bedeutung ist dabei, ob das hier verwendete Vertragsmuster als Ganzes den Anforderungen des § 1 I AGBG genügt. Entscheidend ist vielmehr, ob die einzelnen Vertragsklauseln, hier also die Vertragsstrafeversprechen, die Voraussetzungen dieser Norm erfüllen.“, BGH NJW 1998, 2600 (2600 f.). 130 Vgl. Hormann, VIZ 1996, 1 (5). 131 Dazu BGHZ 143, 128 ff. = NJW 2000, 577 ff., wo sich der BGH mit einem für die Gemeinde nachteiligen formularmäßigen Konzessionsvertrag zu befassen hatte. In Streit stand eine Endschaftsklausel, nach welcher die Gemeinde nach Ende der Vertragslaufzeit das örtliche Versorgungsnetz zu wirtschaftlich sehr ungünstigen Konditionen zurücknehmen musste. Da es sich diesbezgl. nach Ansicht des BGH um eine Preisabrede handelte, hielt er jedoch das AGB-Recht für unanwendbar. 132 Hormann, VIZ 1996, 1 (5). 133 Ebenso die Einschätzung von Kiethe, NZG 2004, 993 (998); vgl. zudem Füßer, UPR 1998, 176 (180).
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Eine ausgefeilte Klausel und Formularvertragspraxis findet sich bereits in England, wo man traditionell weniger auf detaillierte gesetzliche Regelungen als Mittel der Regulierung zurückgreift. Nicht nur Vertragsgestaltungen im Vergabe- oder Beschaffungswesen134, sondern auch komplexe Gestaltungen im Rahmen von Public Private Partnerships135 werden regelmäßig einseitig von Seiten der Verwaltung vorformuliert136. Der Vorteil gegenüber starren detaillierten gesetzlichen Rahmenregelungen wird dabei in deren Flexibilität gesehen. Denn sie können schnell an geänderte Rahmenbedingungen angepasst werden.137 Klauseln in Kooperationsverträgen kommen aus Sicht der Verwaltung unterschiedliche Aufgaben zu: die Sicherung des Gemeinwohlinteresses in der Kooperation, die Schaffung eines Ausgleichsystems für die den Kooperationspartnern entstehenden Vor- und Nachteile, die Sicherstellung der Wahrnehmbarkeit der staatlichen Gewährleistungs- und Auffangverantwortung sowie die Entwicklung von Selbstdurchsetzungsmechanismen.138 Denkbar sind Klauseln zur Verpflichtung des privaten Vertragspartners zur Einhaltung gesetzlicher Bestimmungen, die bei primärer Aufgabenerfüllung an die Verwaltung gerichtet sind, ferner Betriebspflichten, Informationspflichten, Prüfungs-, Kontroll- und Weisungsrechte der vertragsschließenden Verwaltung sowie Vertragsstraferegelungen.139 Für beide Parteien eines Privatisierungsvertrages haben weiter Haftungsfragen eine große Bedeutung.140 Je nach Verhandlungsposition ist daher denkbar, dass entweder durch den Privaten oder von Seiten der Verwaltung
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Dazu Craig, Administrative Law, S. 123 ff. Craig, a. a. O., S. 136 ff. 136 Siehe etwa für Private Finance Initiatives als Unterfall eines PPP Office of Government Commerce, Standardisation of PFI Contracts – General (2002), download unter http://www.partnership.org.uk (Stand 11.10.2004). 137 Craig, Administrative Law, S. 126. Allerdings werden auch in England Stimmen laut, welche eine Umhegung des Verwaltungsvertragsrechts durch gesetzliche Mindestvorgaben fordern. Ein Government Contracts Act könne beispielsweise Regelungen zu Abschlussmodalitäten (u. a. Stellvertretungsrecht), Zweckbestimmungen, behördliche Überwachung der Durchführung, behördliche Vertragsergänzungsrechte oder behördliche Weisungsbefugnisse enthalten, vgl. ebenda. Dispositive Rahmenregelungen für einen Teilbereich hält der Contracting Out Act 1994 bereit, dazu Craig, a. a. O., S. 134 f. 138 Dazu Ziekow, Verwaltungskooperationsrecht, S. 190. 139 Dazu Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee, 6. Kapitel, Rn. 124 sowie Bauer, in: FS für Knöpfle, S. 11 (23 ff.) oder auch Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 514– 517 und zuletzt Kiethe, NZG 2004, 993; zu Vertragsstrafen in Privatisierungsverträgen vgl. die VGH Mannheim NVwZ-RR 2003, 407 ff. zugrunde liegende Vertragsgestaltung. Gegenstand war ein (wohl individualvertraglicher) Durchführungsvertrag i. S. d. § 12 BauGB. 140 Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 519. Konkrete Probleme können etwa Altlasten bereiten, zu denkbaren AGB-rechtlichen Lösungen am Beispiel der Treuhandprivatisierungen Füßer, UPR 1998, 176 (180). 135
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formularmäßig Haftungsbeschränkungen eingeführt werden.141 So ist offensichtlich, dass etwa auf den privaten Betreiber eines Wasserwerks oder auf einen Erschließungsunternehmer Schadensersatzansprüche in erheblicher Höhe zukommen können, wenn sie die mit übernommene Aufgabe nicht sorgfältig ausführen. Gleiches gilt für den umgekehrten Fall, dass die Behörde ihrem Vertragspartner ungeeignete Betriebsmittel zur Verfügung stellt oder falsche Angaben zu vertragsrelevanten Tatsachen macht. Um die Konkretisierung der Klauselwerke nicht dem Belieben der betroffenen Behörden anheim zu geben, wird überlegt, die Inhalte in Form von Zielvorgaben oder Mindestinhalten ggf. zusammen mit Typen von Kooperationsverträgen gesetzlich vorzuzeichnen.142 Soweit diesen Inhaltsvorgaben kein selbständiges Kontroll- und Fehlerfolgenregime zur Seite gestellt wird143, ist eine Auseinandersetzung mit dem Ob und Wie einer Anwendung des AGB-Rechts unerlässlich. VII. Zwischenergebnis Vor allem vorformulierten Vertragsstrafeklauseln kommt in Verwaltungsverträgen eine besondere praktische Bedeutung zu. Mit ihnen will die Verwaltung in Verträgen, welche auf die Abwicklung innerhalb eines bestimmten Zeitraumes angelegt sind, die Einhaltung der durch den Privaten übernommenen Verpflichtungen absichern. AGB-rechtliche Probleme treten damit zwar nicht ausschließlich, aber doch in besonderem Maße bei auf Dauer angelegten Verträgen, welche eine Leistung der Verwaltung gegen Erbringung einer Leistung von Seiten des Privaten zum Gegenstand haben, auf.144 Die Leistung des Privaten kann dabei in der – ggf. vergünstigten (Subventionierung) – Zahlung eines Entgelts und/oder der Verpflichtung zu einem Tun, Dulden oder Unterlassen, mit welchem der durch den Vertrag verfolgte öffentliche Zweck realisiert wird, bestehen. Die meisten Vertragsklauseln sind damit Ausdruck eines verwaltungsvertragsspezifischen „do ut des“, was diese Gestaltungen kategorial von AGB zwischen Privaten abhebt.145 Nachdem der BGH neuerdings für das Vorliegen von AGB die Absicht nur dreimaliger Verwendung146 auch nur ausgewählter Klauseln147 ausreichen lässt und für Verbraucherverträge nach § 310 III Nr. 3 141
Vgl. Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 519, Fn. 291. Vgl. dazu den Vorschlag zu Mindest-, Berücksichtigungs- und Fakultativen Klauseln bei Ziekow, Verwaltungskooperationsrecht, S. 191 ff. Ein Beispiel gesetzlicher Vorzeichnung von Mindestinhalten findet sich bereits in § 159 II BauGB. 143 Zum Verhältnis des bestehenden Fehlerfolgenregimes zum AGB-Recht gesondert unter § 12 B. II. 144 Eine Ausnahme mag man in der Frage zulässiger Haftungsfreizeichnungen sehen, welche sich auch bei auf kurze Zeit angelegten Verträgen stellt, etwa i. R. d. Benutzungsverhältnisse. 145 Ausführlich noch unter § 13 D. I. 146 BGH NJW 2002, 138 (139). 142
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2. Teil 2. Abschn.: Verwaltungsvertrag und modernisiertes AGB-Recht
BGB sogar die einmalige Verwendung eines Vertragsformulars zur Beachtlichkeit des AGB-Rechts führt, ist die Anwendung des AGB-Rechts auch über die vorstehend skizzierten Problemfelder hinaus denkbar. An späterer Stelle wird zudem auf AGB in ordnungsrechtlichen Kontexten148 sowie ausgewählte AGBProblematiken in privatrechtlichen Verträgen der Verwaltung einzugehen sein. Denn aus einer heuristisch-systematischen Perspektive liefern etwa Klauseln in Vergabeverträgen, Energieversorgungsverträgen, Behandlungsverträgen öffentlicher Krankenhäuser oder in den Privatisierungsverträgen der Treuhandanstalt wertvolles Arbeitsmaterial.149 C. Die Anwendbarkeit des AGB-Rechts: Altes Problem in neuem Gewand Hinsichtlich der Anwendbarkeit des AGB-Rechts auf Verwaltungsverträge ist zu unterscheiden: Zunächst erklärt § 310 I BGB das AGB-Recht auf gegenüber der Verwaltung verwendete AGB in begrenztem Umfang (Abs. 1 S. 1) für anwendbar. Problematisch ist damit vor allem, ob auch AGB, welche durch die Verwaltung gegenüber Privaten verwendet werden, von der AGB-Kontrolle erfasst sind. Zu Anfang soll dazu ein Blick auf das bisherige Meinungsspektrum vor (I.) und nach der Schuldrechtsmodernisierung (II.) geworfen werden. I. Der Streit um die Anwendbarkeit des ehemaligen AGBG auf Verwaltungsverträge Das Meinungsspektrum zur Frage der Anwendbarkeit des ehemaligen AGBG auf Verwaltungsverträge lässt sich in drei Grundströmungen gliedern: Ein Teil der Literatur hielt das AGBG für grundsätzlich unanwendbar.150 Die Oberverwaltungsgerichte151 sprachen sich entweder offen gegen die Anwendung des AGBG aus, oder tendierten zumindest zur Unanwendbarkeit. Das BVerwG hat sich einer eindeutigen Aussage bisher enthalten. Es hat einerseits erklärt, ein Rückgriff auf die AGB-Vorschriften sei nicht notwendig, da der speziell in § 9 147
BGH NJW 1998, 2600 (2600 f.). Dazu etwa unter § 13 E. IV. 149 Zu den genannten Vertragskategorien unter § 13 E. I. 150 Grziwotz, JuS 1998, 902 (904); ders., NJW 1997, 237; Löhr, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 11, Rn. 14a; Birk, Städtebauliche Verträge, S. 174, Rn. 461; Bonk, in: P. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 62, Rn. 22 und 25; Kahl, DÖV 2000, 793 (795); ders./Röder, JuS 2001, 24 (27) P. Stelkens, Verwaltungsverfahren, Rn. 618; Henneke, in: Knack, VwVfG, § 62, Rn. 5 (7. Aufl., 2000); Henke, Wirtschaftssubventionen, S. 65 ff. sowie im Ergebnis auch Bernsdorf, in: Obermayer, VwVfG, § 62, Rn. 79. 151 Vgl. OVG Münster NJW 1989, 1879 (1880) und VGH München NVwZ 1999, 1008 (1010). 148
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AGBG konkretisierte Grundsatz von Treu und Glauben auch im öffentlichen Recht gelte152, andererseits später Klauseln in einem öffentlich-rechtlichen Subventionsvertrag an den §§ 10 und 11 AGBG gemessen, die Frage der Anwendbarkeit jedoch bewusst offen gelassen, da im konkreten Fall kein Verstoß gegen das AGB-Recht gegeben war.153 Soweit in der Literatur die Anwendung des AGB-Rechts abgelehnt wird, findet sich regelmäßig das Argument, dass im öffentlichen Recht allein das Angemessenheitsgebot gelte, welches in spezielleren Vorschriften wie § 56 VwVfG oder § 11 II 1 BauGB seinen Niederschlag gefunden habe154. Eine analoge Anwendung scheitere daran, dass bei öffentlichrechtlichen Verträgen eine andere Interessenlage als bei den durch die Regelungen des AGBG in Bezug genommenen privatrechtlichen Verträgen bestehe: Die Verwaltung handle ohne Gewinnerzielungsabsicht und häufig sogar im Interesse des Bürgers.155 Schließlich verweise § 62 S. 2 VwVfG offensichtlich nur auf das BGB und nicht auf das AGBG.156 Eine zweite Gruppe hielt das AGBG für zumindest analog anwendbar.157 So beziehe sich der Verweis in § 62 S. 2 VwVfG zwar nicht direkt auf das AGBG, 152
BVerwGE 74, 78 (83). Beschluss vom 11.4.1997 – 8 B 61/97 (JURIS). Vgl. auch BVerwG NVwZ-RR 2004, 413 ff. Obwohl von Seiten des Vertreters des Bundesinteresses im Verfahren angeregt (vgl., da insoweit nicht veröffentlicht, die Wiedergabe in JURIS), hatte das BVerwG die Kontrolle umstrittener Regelung in einem formularmäßigen Subventionsvertrag nicht zum Anlass genommen, zur Problematik Stellung zu nehmen. 154 So etwa (teils u. a. mit Verweis auf BVerwGE 74, 78 [83]) Kahl/Röder, JuS 2001, 24 (27) und zunächst Grziwotz, NJW 1997, 237 sowie ders., JuS 1998, 902 (904); anders jetzt aber ders., DNotZ 2003, 346 (348 f.) sowie ders., NVwZ 2002, 391 (394) und ders., Vertragsgestaltung, S. 83, 184 ff.; Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, AGB-Gesetz (4. Aufl., 1999), Einl. Rn. 20, geht davon aus, dass der Grundsatz des § 9 AGBG für öffentlich-rechtliche Verträge „auf Grund der §§ 56, 59 VwVfG“ gilt. 155 VGH München NVwZ 1999, 1008 (1010) im Hinblick auf Verträge im Rahmen eines „Einheimischenmodells“; ebenso Wagner, BayVBl. 1997, 539. 156 OVG Münster NJW 1989, 1879 (1880), dem folgend Henneke, in: Knack, VwVfG (7. Aufl., 2000), § 62, Rn. 5 sowie Bernsdorf, in: Obermayer, VwVfG, § 62, Rn. 187, welcher allerdings eine Heranziehung von Vorschriften des AGBG in Betracht zieht, soweit es diese „sich als Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben“ darstellen“. Auch Birk, Städtebauliche Verträge (3. Aufl., 1999), S. 174, Rn. 461 lässt die entsprechende Anwendbarkeit des AGBG am begrenzten Verweis des § 62 S. 2 VwVfG scheitern. Er hält zwar eine unmittelbare Anwendung des AGBG bei Verträgen zur Teilnahme am Wirtschaftsverkehr für denkbar, verneint bzgl. städtebaulicher Verträge jedoch eine entsprechende Konkurrenzsituation; ähnlich Bonk, in: P. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 62, Rn. 22 und 25 mit dem Hinweis, dass ein Antrag des DAV auf Erweiterung der Verweisung im Gesetzgebungsverfahren scheiterte. Allein den Umstand, dass das AGBG im Zeitpunkt des Erlasses des VwVfG noch nicht existierte, wird man angesichts der Diskussionen im Gesetzgebungsverfahren dem obigen Argument also nicht entgegenhalten können, so aber Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 505 f. 157 de Wall, Privatrechtliche Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 292 ff.; Wagner, Anwendbarkeit des AGB-Gesetzes, S. 85, 89; Schlosser, in: Staudinger, AGBG (13. Bearb., 1998), § 1 AGBG Rn. 4; Stein, in: Soergel, AGBG (12. Aufl., 1990), § 1, 153
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entfalte jedoch im Hinblick auf eine mögliche Analogie keine Sperrwirkung158. Das AGBG selbst gelte direkt nur für privatrechtliche, mithin nur für fiskalisches oder verwaltungsprivatrechtliches Handeln der Verwaltung.159 Die Schutzbedürftigkeit des einzelnen Bürgers gegenüber ihn benachteiligender vorformulierter Vertragsbedingungen sei jedoch auch dann vorhanden, wenn mit der Verwaltung ein öffentlich-rechtlicher Verwaltungsvertrag geschlossen wird, das AGBG daher in diesen Fällen analog heranzuziehen.160 Letztlich wollte man also durch die Analogie verhindern, dass allein durch die „Wahl“ der (öffentlichen) Rechtsform der Schutzstandard sinkt. Das Paradigma der Formenwahlfreiheit führt damit auch in diesem speziellen Bereich zu Problemen.161 Vereinzelt wurde schließlich angenommen, dass AGBG gelte direkt auch für öffentlich-rechtliche Verträge der öffentlichen Hand. Hierfür wurde ins Feld geRn. 4; Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 356; Hefermehl/Werner, in: Erman, BGB (10. Aufl., 2000), § 1 AGBG Rn. 4; Heinrichs, in: Palandt, BGB (60. Aufl., 2001), Vor § 8, Rn. 5 (grundsätzlich unanwendbar auf öffentlich-rechtliche Verträge, aber teilweise Geltung als allgemeiner Rechtsgrundsatz) sowie Ulmer, in: Ulmer/ Brandner/Hensen, AGB-Gesetz (9. Aufl., 2001), § 1 Rn. 14 (Soweit eine Anwendbarkeit auf Verträge der öffentlichen Hand bejaht wurde, bezogen sich die Ausführungen dabei zumeist nur auf Benutzungsverhältnisse, für zivilrechtliche Verträge der öffentlichen Hand wurde weitgehend eine direkte Anwendbarkeit angenommen); für eine Anwendbarkeit über den entsprechend weit interpretierten § 62 S. 2 VwVfG Bunzel/ Coulmas/Schmidt-Eichstaedt, Städtebauliche Verträge, S. 35. 158 Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 353 ff. sowie de Wall, Privatrechtliche Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 292 f., welcher die Analogie jedoch auf Verwaltungsverträge begrenzen möchte, welche mit den durch das AGBG geregelten privatrechtlichen Schuldverhältnissen vergleichbare Leistungen zum Gegenstand haben. Soweit der Vertrag eine spezifisch verwaltungsrechtliche „Leistung“ zum Gegenstand habe, komme eine Anwendung des AGBG nicht in Betracht, a. a. O., S. 293; a. A. Spannowsky, Verträge und Absprachen, S. 336 ff. wonach § 62 S. 2 VwVfG für öffentlich-rechtliche Verträge eine Analogie sperre. Jedoch sollen die Regelungen des AGBG in Einzelfällen als „kodifizierte Wertungsmaßstäbe“ im Rahmen der über § 62 S. 2 VwVfG analog anzuwendenden §§ 138, 242 BGB heranzuziehen sein. 159 Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 352 f. sowie Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 504 mit Verweis auf die für den sich in privatrechtlichen Formen vollziehenden Rechtsverkehr zugeschnittenen Regelungen in den §§ 12–21 AGBG sowie einen Umkehrschluss aus § 27 I 3 AGBG; ebenso Spannowsky, Verträge und Absprachen, S. 335. Die Begrenzung der direkten Anwendbarkeit auf die Fälle, in denen die Verwaltung durch privatrechtlichen Vertrag am Wirtschaftsleben teilnimmt wurde dabei nicht nur aus Wortlaut und Gesamtkontext des AGBG sondern auch mit der Kompetenznorm des Art. 74 I Nr. 11 GG begründet, vgl. etwa Brohm, in: Bauer/ Breuer/Degenhart/Oldiges, 100 Jahre Allg. BauG Sachsen, 457 (474) und ders., JZ 2000, 321 (328); Stober, DÖV 1977, 298 (400 f.) oder OVG Münster NJW 1989, 1879 (1880). Allerdings wird Art. 74 Nr. 11 GG von der Rspr. weit interpretiert und erfasst auch den Verbraucherschutz unabhängig davon, ob die Verwaltung bei der zu kontrollierenden Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht handelt, vgl. BVerfG NVwZ 1986, 754/755) und NVwZ 1988, 1126 (1127) sowie Brüning, LKV 2000, 54 (56). 160 Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 503 f. 161 Zur grundsätzlichen Kritik an der Formenwahlfreiheit bereits oben unter § 8 B.; vertiefend im vorliegenden Kontext unter § 12 B. II. 2.
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führt, dass das AGBG selbst seinen Anwendungsbereich nicht auf privatrechtliche Verträge beschränke. Wenn dies beabsichtigt gewesen wäre, hätte der Gesetzgeber in § 23 AGBG neben den genannten Materien auch das Verwaltungsrecht ausgenommen.162 Nach Erlass der Klauselrichtlinie fanden sich nach und nach erste Ansätze, eine direkte Anwendbarkeit des AGBG aus den Bestimmungen der Richtlinie herzuleiten.163 II. Erste Stellungnahmen nach der Integration in das BGB Die Schuldrechtsmodernisierung hat die Diskussion um die Anwendbarkeit des AGB-Rechts neu belebt. Im Mittelpunkt erster Stellungnahmen zur neuen Rechtslage (dazu unter 2.) stehen dabei weniger inhaltliche Änderungen als die Frage, wie sich die Integration des AGBG in das BGB auf die Problematik auswirkt. Besondere Beachtung verdient jedoch zunächst eine jüngere Entscheidung des Bundesgerichtshofes zum Themenkreis (1.). 1. Das Urteil des BGH vom 29.11.2002 Für privatrechtliche städtebauliche Verträge zur Verwirklichung von Einheimischenmodellen hat der BGH164 nunmehr entschieden, dass diese „jedenfalls vor Ablauf der Umsetzungsfrist für die EG-Richtlinie v. 5.4.1993 über missbräuchliche Klauseln“ nicht der Inhaltskontrolle nach den §§ 9 bis 11 AGBG unterfallen, sondern allein an § 11 II 1 BauGB, bzw. dem dort konkretisierten Angemessenheitsgebot, zu messen sind.165 Für den betroffenen Sachbereich der Einheimischenmodelle bedeutet das Urteil eine Kehrtwende um 180 Grad: Zunächst hatte das BVerwG166 entgegen der vorangegangenen Rechtsprechung167 eine bestimmte Vertragskonstellation zur Umsetzung von Einheimischenmodellen als privatrechtlich qualifiziert. Im Anschluss daran befassten sich etliche 162 So Bunzel/Coulmas/Schmidt-Eichstaedt, Städtebauliche Verträge, S. 38 oder Hofstetter, BWNotZ 2000, 5 (6) (wobei nicht ganz klar wird, ob hieraus eine direkte oder mittelbare Anwendbarkeit auf öffentlich-rechtliche Verwaltungsverträge folgt); Stober, DÖV 1977, 398 (399 f.) und dem folgend Baur, in: FS Mallmann, 33 (36). 163 Micklitz, ZEuP 1 (1993), 522 (525, 533); Basedow, in: MüKo (4. Aufl., 2001), AGBG, § 1, Rn. 8 und 25. Deutlicher für eine umfassende Anwendbarkeit auch auf öffentlich-rechtliche Verwaltungsverträge Pfeiffer, in: Grabitz/Hilf, Bd. III, Richtlinie 93/13/EWG, Art. 1, Rn. 11 sowie Art. 2, Rn. 23; a. A. Frey, ZIP 1993, 572 (575). 164 BGHZ 153, 93 = NVwZ 2003, 371. 165 Der Entscheidung lag ein 1988 – und damit vor Ablauf der Frist zur Umsetzung der Klauselrichtlinie 93/13/EWG – geschlossener Vertrag zugrunde. Zur den Leitgedanken der Urteilsbegründung unter § 12 B. I. 166 BVerwGE 92, 56 (58f.) = NJW 1993, 2695. 167 Vgl. VGH München NVwZ 1990, 979 (980).
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Instanzgerichte168 mit der Kontrolle entsprechender AGB und hielten dabei regelmäßig das AGBG für auf diese (privatrechtlichen) Verwaltungsverträge anwendbar.169 Das neuerliche Urteil des BGH hat ein sehr unterschiedliches Echo hervorgerufen.170 Als unbefriedigend wird vor allem die potentielle Vorläufigkeit des Urteils empfunden.171 Denn aus den Vorgaben der Klauselrichtlinie könnte sich ergeben, dass auf Verwaltungsverträge, die nach Ablauf der Umsetzungsfrist am 31.12.1994 geschlossen worden sind, doch zwingend ein Großteil des AGB-Rechts unmittelbar anzuwenden ist.172 2. Erste Stellungnahmen nach der Schuldrechtsmodernisierung Diese lassen sich in zwei Lager unterteilen: Wo bisher formal auf den Wortlaut des § 62 S. 2 VwVfG abstellend für entscheidend gehalten wurde, dass sich der Verweis nicht auf das AGBG sondern ausschließlich auf die Vorschriften des BGB erstreckt, spricht man sich nach der Hereinnahme des AGBRechts in das BGB für dessen Anwendbarkeit aus.173 Nach der Integration des 168
Vgl. die Nachweise oben in Fn. 88. Und damit bewusst nicht allein den § 11 BauGB bzw. die Vorgängervorschrift des § 6 BauGBMaßnG; zur Problematik dieser Rechtsprechung bereits im Rahmen der Kritik an Verwaltungsprivatrecht und Zweistufentheorie oben unter § 8 B. V. Die vielfach vorgetragene Kritik gegen diese Rspr. wandte sich nicht gegen die Anwendung des AGBG, sondern gegen die dabei zu Grund gelegten Maßstäbe. Die Anwendbarkeit des AGBG wurde vielmehr sogar begrüßt und als gegenüber der Anwendung öffentlich-rechtlicher Maßstäbe vorzugswürdig erachtet, vgl. etwa Gaßner, BayVBl. 1997, 538 oder Hofstetter, BWNotZ 2000, 5 (6). 170 Ablehnend Grziwotz, DNotZ 2003, 346 ff.; kritisch auch Bunzel, LMK 2003, 87 f.; weitgehend neutral Reidt, BauR 2004, 941 ff.; Gronemeyer, EwiR 2003, 843 f.; zustimmend hingegen Pützhoven, NotBZ 2003, 237 ff.; vgl. zudem Lange, IBR 2003, 278 und Krautzberger, ZfIR 2003, 210 ff. sowie ders., in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 11, Rn. 171 c f. 171 Vor allem Bunzel, LMK 2003, 87 f. und Grziwotz, DNotZ 2003, 346 (347 ff.). 172 In einem gewissen Widerspruch zur genannten Entscheidung des BGH steht die Rspr. des Kartellsenats des BGH zu Einheimischenverträgen. Dieser hatte im Zusammenhang mit Verträgen der Energieversorgung die Verträge in einem anderen Sachkontext als „Verbraucherverträge“ qualifiziert, vgl. im Einzelnen BGH NJW 2002, 3779. 173 Tilmann, Klauselrichtlinie, S. 81; Ott, BayVBl. 2003, 171 f.; auch Grziwotz, BauR 2001, 1839 (1843) geht von einer Anwendbarkeit aus; im Ergebnis ebenso Geis, NVwZ 2002, 385 (386), welcher dies allerdings mit einem Gegenschluss zu § 310 I 1 BGB begründet: Wenn der Gesetzgeber in einer Ausnahmeregelung bestimmt, inwieweit bestimmte Vorschriften der §§ 305 ff. BGB bei Verwendung von AGBG gegenüber der Verwaltung nicht greifen, könne umgekehrt davon ausgegangen werden, dass sonst alle Regelungen bei Verwendung von AGB in Verwaltungsverträgen (vor allem bei Verwendung durch die Verwaltung gegenüber dem Bürger) Anwendung fänden; zur Kritik an dieser Argumentation Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 62, Rn. 7a sowie Henneke, in: Knack, VwVfG, § 62, Rn. 22; für die Anwendbarkeit in der Neuauflage nun auch Birk, Städtebauliche Verträge, S. 69 f., Rn. 130, allerdings mit der Betonung, dass sich mit den Regelungen zur Angemessenheit in den §§ 11 II, 124 III 169
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AGBG in das BGB kann die Anwendbarkeit freilich nicht mehr mit dem Hinweis auf die Stellung der Vorschriften außerhalb des BGB verneint werden.174 Ungeachtet des Ergebnisses erscheint diese Argumentationslinie schon nach bisherigem Recht sehr formaljuristisch.175 So hätte schon 1976 das AGB-Recht statt in einem Nebengesetz in Erweiterung des BGB kodifiziert werden können. Der Regelungsort als solcher ist als Weichenstellung nicht letztentscheidend. 176 Soweit hingegen vormals bereits darauf abgehoben wurde, dass bei Verwaltungsverträgen eine sich vom Vertragsschluss unter privaten grundsätzlich abhebende Ausgangssituation vorliegt und deshalb nicht auf das zivilistisch durchtränkte AGBG, sondern auf den auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatz der Angemessenheit zurückzugreifen sei, wird differenziert: Für koordinationsrechtliche Verträge bestünde angesichts der Gleichrangigkeit der Vertragspartner kein Bedürfnis für einen ergänzenden Rückgriff auf das private AGB-Recht.177 Soweit man wie hier als koordinationsrechtliche Verträge nur solche zwischen Verwaltungsträgern ansieht178, ist dem uneingeschränkt zuzustimmen. Es wird sich regelmäßig um ausgehandelte individualvertragliche Vereinbarungen handeln. Wird ausnahmsweise ein Vertrag unter Verwendung von AGB geschlossen, wird es zudem an einem zu regulierenden typischen Machtgefälle fehlen.179 Anders liege es im Hinblick auf Verträge i. S. d. § 54 S. 2
BauGB und §§ 56 I 2 und 59 II Nr. 4 VwVfG verdrängende Spezialregelungen finden. 174 Insoweit zutreffend Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 62, Rn. 7a und Spannowsky, UPR 2003, 81 (87) sowie Grziwotz, Vertragsgestaltung, S. 83, Rn. 184. 175 Grziwotz, Vertragsgestaltung, S. 83, Rn. 184. 176 Vor diesem Hintergrund ist vor allem die vielerorts gegen die Anwendbarkeit des AGBG im öffentlichen Recht angeführte Aussage in BVerwGE 74, 78 (83) zu relativieren. Dort hieß es: „Abgesehen davon, daß dieses Gesetz auf Verträge der vorliegenden Art nicht unmittelbar anwendbar ist, gilt der in § 9 AGB-Gesetz niedergelegte allgemeine Grundsatz, wonach der Vertragspartner nicht entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt werden darf, ohnehin kraft öffentlichen Rechts und hat zusätzlich für den Bereich der öffentlich-rechtlichen Verträge gesetzliche Ausgestaltungen erfahren (vgl. §§ 56, 59 VwVfG).“ (Hervorhebung durch den Verfasser). Der apodiktische Passus „Abgesehen davon, daß dieses Gesetz auf Verträge der vorliegenden Art nicht unmittelbar anwendbar ist“, kann nur so gelesen werden, dass sich das BVerwG ohne größere Auseinandersetzung der Auffassung anschloss, welche formal auf die fehlende Verknüpfung von AGBG und VwVfG abstellte. Allein der Umstand, dass beide Gesetze damals gerade erst ergangen und das Verhältnis der Regelungen dementsprechend kaum reflektiert war, legt es nahe, sich der Problematik unter Berücksichtigung gewandelter Vorzeichen neu zu stellen. 177 Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 62, Rn. 7b. 178 Eingehend zum Meinungsbild oben unter § 9 A. 179 Nach Henneke, in: Knack, VwVfG, § 62, Rn. 22 ist § 310 I 1 BGB Ausdruck eben jeder Wertung, und schließt folgerichtig die Anwendung der §§ 305 Abs. 2 und 3 sowie 308 und 309 auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die „gegenüber [. . .], einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen verwendet werden“ (was bei koordinationsrechtlichen Verträgen immer
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VwVfG. Angesichts der strukturellen Unterlegenheit des Bürgers gegenüber der Verwaltung komme eine Anwendung der §§ 305 ff. BGB in Betracht. Jedoch wird vor einer zu pauschalen Übertragung, bei welcher die Besonderheiten des öffentlichen Rechts nicht hinreichend zur Geltung kommen, gewarnt.180 Unter dem Eindruck der allzu sehr durch rein zivilrechtliche Argumentation und Abwägungen geprägten Rechtsprechung der ordentlichen Gerichte zu privatrechtlichen städtebaulichen Verträgen erscheinen diese Bedenken nicht unbegründet. Möglicherweise ließ sich auch der Bundesgerichtshof hiervon leiten, als er der Anwendung der §§ 305 ff. BGB auf privatrechtliche städtebauliche Verträge eine Absage erteilte. Soweit das Urteil in der Literatur Zustimmung erfahren hat und die Kernaussagen auf öffentlich-rechtliche Verwaltungsverträge übertragen wurden, bildet dies die jüngste Entwicklungstendenz zur Problematik.181 Sie lässt sich wie folgt kurz zusammenfassen: Grundsätzlicher Vorrang öffentlich-rechtlicher gesetzlicher Spezialregelungen (§§ 11, 124 BauGB, 56 VwVfG), soweit keine Spezialnorm vorhanden Heranziehung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit in Form des an Treu und Glauben orientierten Angemessenheitsgebotes, jeweils unter Berücksichtigung der §§ 307 bis 309 BGB als unverbindliche Wertungskriterien.182 Nur vereinzelt werden öffentlich-rechtliche Spezialregelungen und die §§ 305 ff. BGB für nebeneinander anwendbar gehalten.183 Damit ist aktuell eine Gegenposition bezogen zu dem in der Zeit kurz nach Erlass der AGBG nahezu einhellig formulierten Postulat, dessen Vorgaben in allen Verträgen der öffentlichen Hand zu berücksichtigen.184 Soweit vereinzelt der Fall sein wird) aus; dazu bereits Schulze-Hagen, AgrarR 1980, 10 (noch auf Grundlage der Vorgängervorschrift des § 24 S. 1 AGBG). 180 So etwa Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 62, Rn. 7c „insbesondere im Hinblick auf die grundsätzliche Gemeinwohlbindung der öffentlichen Verwaltung.“; dem folgend Henneke, in: Knack, VwVfG, § 62, Rn. 23. Beide votieren für einen Vorrang öffentlich-rechtlicher Regelungen und sehen kein Bedürfnis für einen ergänzenden Rückgriff auf die §§ 305 ff. BGB. 181 Insoweit findet sich die Annahme, dass die vom BGH für verwaltungsprivatrechtliche Verträge aufgestellten Grundsätze erst recht für öffentlich-rechtliche Verwaltungsverträge gelten müssten. Denn wenn die Vorschriften schon nicht unmittelbar für zivilrechtliche Verträge gelten sollen, ist kaum anzunehmen, dass für öffentlichrechtliche Verwaltungsverträge von einer entsprechenden Geltung über § 62 S. 2 VwVfG ausgegangen werden wird (so Reidt, BauR 2004, 941 [942]; vgl. auch Pützhoven, NotBZ 2003, 237 ff.). 182 Ebenso, allerdings unabhängig von der neuen Rechtsprechung des BGH, Kopp/ Ramsauer, VwVfG, § 62, Rn. 7c. 183 Busse, BayVBl. 2003, 129 (132); ähnlich Bunzel, LMK 2003, 87 (88), welcher die Entscheidung zwischen den Normenregimen angesichts eines vergleichbaren Prüfungsmaßstabes für zweitrangig hält. 184 Schon der 50. Deutsche Juristentag hatte auf der Grundlage des Referentenentwurfs zum AGB gefordert: „Abschließend fordert die Abteilung im Hinblick auf die in der Diskussion mannigfach zu Tage getretene Kritik an unbilligen AGB der öffentlichen Hand diese auf, der Wirtschaft mit gutem Beispiel voranzugehen und ihre Bedin-
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die vom BGH bewusst ausgeklammerten Vorgaben der Klauselrichtlinie in die Erörterung mit einbezogen werden185, finden sich auch nach neuer Rechtslage Befürworter einer weitgehenden Anwendung der §§ 305 ff. VwVfG auch auf Verträge der öffentlichen Hand. Vereinzelt wird zur Klärung der Rechtslage eine Vorlage an den EuGH gefordert186. In der Praxis scheint man zu ahnen, dass eine entsprechende Vorlageentscheidung eine Trendwende bedeuten könnte, so dass zur Berücksichtigung der Richtlinienvorgaben in Vertragsformularen der Verwaltung gemahnt wird.187 Auch für öffentlich-rechtliche Privatisierungsverträge findet sich die klare Forderung nach der uneingeschränkten Anwendung des AGB-Rechts.188
§ 11 Weichenstellungen durch die Klauselrichtlinie Damit ist der Bogen zu den Vorgaben der Klauselrichtlinie (KRL) geschlagen. Diese hat wie keine andere Richtlinie die Harmonisierung des europäischen Verbraucherschutzrechts geprägt, was auf deren nahezu universalen Geltungsanspruch für jedwede Art von Verbraucherverträgen zurückgeführt wird.189 Soweit das nationale AGB-Recht sich als Umsetzung der Richtlinie darstellt, werden die Weichen für dessen richtlinienkonforme Auslegung und Anwendbarkeit bereits auf supranationaler Ebene gestellt.190 Doch ist die KRL in sachlicher wie persönlicher Hinsicht überhaupt auf Verwaltungsverträge anwendbar? gungen dem geänderten und von Staat geforderten sozialen Gerechtigkeitsgehalt anzupassen.“ In der Beschlussfassung heißt es dazu unter Gliederungspunkt 15: „15 a) Bund, Länder und Gemeinden sollten dafür Sorge tragen, daß die ihrer Verantwortlichkeit unterliegenden Benutzungsanordnungen, Anschlußbedingungen, Satzungen und dergl. alsbald den Anforderungen angepaßt werden, die für AGB empfohlen worden sind. (319:0:9 Stimmen) b) das gleiche gilt für andere Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts. (171:18:38 Stimmen)“, vgl. NJW 1974, 1987 (1988). Kurz nach Erlass des AGBG war das Feld geprägt von eindeutigen Stimmen für eine möglichst umfassende (direkte oder analoge) Anwendung des AGBG auf Verträge der öffentlichen Hand, vgl. nur Stober, DÖV 1977, 398 (399 f.); Baur, in: FS Mallmann, 33 (36) sowie Schulze-Hagen, AgrarR 1980, 10 (12). 185 So Basedow, in: MüKo, § 310, Rn. 40; Bunzel, LMK 2003, 87 f.; Grziwotz, NVwZ 2002, 391 (394); Dötsch, in: Kroiß, Klauselbuch Schuldrecht, § 23, Rn. 31 sowie ders., DNotZ 2003, 346 (348). 186 Vgl. Bunzel LMK 2003, 87 (88) sowie Basedow, in: MüKo, § 310, Rn. 40. 187 Grziwotz, Vertragsgestaltung, S. 85, Rn. 188 oder (noch zum AGBG) Bunzel/ Coulmas/Schmidt-Eichstaedt, Städtebauliche Verträge, S. 36 sowie Busse, DNotZ 1998, 486 (489 f.); ebenso im Hinblick auf die Klauselrichtlinie Dötsch, in: Kroiß, Klauselbuch Schuldrecht, § 23, Rn. 31. 188 So Kiethe, NZG 2004, 993 (998); wohl auch Füßer, UPR 1998, 176 (180). 189 Whitthaker, ZEuP 12 (2004), 75. 190 Vgl. Basedow, in: MüKo, BGB, § 310, Rn. 14 sowie die Forderung des EuGH im Urt. 27.6.2000 verb. Rs. C-240/98 – Océano Grupo Editoral, EuZW 2000, 506.
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2. Teil 2. Abschn.: Verwaltungsvertrag und modernisiertes AGB-Recht
Den systematischen Ausgangspunkt dieser Erörterung bestimmt das Verwaltungsvertragsrecht selbst: A. Das „Bausteinprinzip“ der §§ 54 ff. VwVfG als systematischer Ausgangspunkt Entsprechend der bereits erarbeiteten, durch die §§ 54 ff. VwVfG sowie die allgemeine Normenhierarchie geordnete Kaskade auf öffentlich-rechtliche Verwaltungsverträge anwendbarer Normen, ist zuvorderst zu prüfen, ob nicht Vorschriften des europäischen Primär- oder Sekundärrechts bzw. diese umzusetzende Regelungen anwendbar sind. Erst dann folgen öffentlich-rechtliche Spezialregelungen wie die §§ 11 II 1 oder 124 III 2 BauGB, gefolgt von den Vorschriften der §§ 54 ff. VwVfG und den über § 62 S. 1 VwVfG anwendbaren sonstigen Vorschriften des VwVfG sowie der zuletzt gem. § 62 S. 2 VwVfG zur Auffüllung der (beachtlichen) Lücken heranzuziehenden Vorschriften des BGB.191 B. Autonome Auslegung der KRL und der §§ 305 ff. BGB In der Urteilsbegründung der o. g. BGH Entscheidung zu den Einheimischenmodellen findet sich der vorsichtige Hinweis, dass aufgrund der Vorgaben der Richtlinie möglicherweise „zumindest privatrechtliche“ Verwaltungsverträge an den §§ 305 ff. BGB zu messen sind.192 Ähnliche Ansätze, die Zäsur hinsichtlich der Anwendbarkeit des AGB-Rechts mit der Grenzlinie der Teilrechtsordnungen gleichzusetzen, gab es seit Erlass des AGBG immer wieder.193 Während diese bereits im Hinblick auf den ungeachtet der Zuordnung zu einer der Teilrechtsordnungen zu berücksichtigenden Schutzzweck des AGB-Rechts fraglich waren, zwingt spätestens die Erweiterung des AGB-Rechts in Umsetzung der Richtlinie zu einer Perspektivenweitung: Als EG-Norm ist die KRL dem internationalen, konkreter dem europäischen (Einheits-)Recht zuzuordnen, für welches besondere Auslegungsgrundsätze zu beachten sind.194 Das Europäische Privatrecht bildet eine autonome Rechtsordnung. Die darin verwandten Begriffe und Konzepte sind selbst dann, wenn sie im nationalen Recht vorkommen oder 191
Ausführlich unter § 9 B. BGH NVwZ 2003, 371 (373). Soweit sich der BGH dabei auf Grziwotz, NVwZ 2002, 391 (394) beruft ist dies irreführend, da Letzterer sich dort für eine Anwendung auch auf öffentlich-rechtliche Verwaltungsverträge ausspricht. 193 Etwa VGH München, NVwZ 1999, 1008 (1010) oder Wagner, Anwendbarkeit des AGB-Gesetzes, S. 84 f., 89, welcher es für ausschlaggebend hält, dass Vertragsgegenstand eine zivilrechtstypische „marktfähige Leistung“ ist; ähnlich Birk, Städtebauliche Verträge (3. Aufl., 1999), S. 174. 194 Grundlegend Kropholler, Internationales Einheitsrecht, S. 238 ff. 192
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an seinem Vorbild entwickelt wurden, autonom-gemeinschaftsrechtlich auszulegen.195 Der so zu ermittelnde Anwendungsbereich der KRL ist unabhängig von der Grenze zwischen öffentlichem und privatem Recht zu ermitteln. Denn diese verläuft in den einzelnen Mitgliedsstaaten sehr unterschiedlich.196 Der einheitlich zu bestimmende Anwendungsbereich kann nicht von der Zufälligkeit der nationalen Unterscheidungen abhängen.197 C. Anwendungsbereich der KRL nach deren Art. 2 lit. b und c Art. 1 I bestimmt, dass sich die Vorschriften der KRL sachlich auf Verträge beziehen.198 Nach zutreffender Auffassung werden auch Immobilienverträge erfasst.199 Persönlich werden nach Art. 1 I „Verträge zwischen Gewerbetreiben195 Speziell zur Klauselrichtlinie Hirte, in: FS Ulmer, 1153 (1160); Pfeiffer, in: Grabitz/Hilf, Bd. III, RL 93/13/EWG, Vorbem., Rn. 20 und Whittaker, ZEuP 12 (2004), 75. 196 Dazu am Beispiel der Grenzziehung in Deutschland, England, Frankreich und Spanien jüngst Tilmann, Klauselrichtlinie, S. 41–68. 197 Vgl. Basedow, in: MüKo, BGB, § 310, Rn. 40 und Grziwotz, NVwZ 2002, 391 (394). 198 Aufgrund der in den Mitgliedsstaaten sehr unterschiedlichen Ausgestaltung soll es nach Tilmann, Klauselrichtlinie, S. 82 und 166 ff. sowie 180 für den Bereich der Benutzungsverhältnisse ausreichen, dass es sich um eine „vertragsähnliche Rechtsbeziehung“ handelt. Nach hier vertretener Auffassung ist die Konstruktion bei einheitlicher Einordnung der konsensual zustande gekommenen Rechtsbeziehungen als Verwaltungsvertrag entbehrlich (näher dazu unter § 7 B. II.). Im Hinblick auf den sachlichen Anwendungsbereich ebenfalls problematisch ist die Kontrolle allgemeiner Bedingungen – etwa im Bereich der Benutzungsverhältnisse –, welche in Satzungen, nicht-satzungsförmigen Benutzungsordnungen, Verwaltungsvorschriften oder Rechtsverordnungen niedergelegt sind (vgl. Art. 1 II KRL), dazu Tilmann (a. a. O.), S. 82 ff. sowie 181 ff.; Pfeiffer, in: Grabitz/Hilf, Bd. III, RL 93/13/EWG, Art. 2, Rn. 24 sowie Basedow, in: MüKo, BGB, § 310, Rn. 40 i. V. m. § 305, Rn. 5 ff.; zur Frage der Anwendbarkeit auf einseitige Rechtsgeschäfte Pfeiffer (a. a. O.), Art. 1, Rn. 12. 199 So etwa Basedow, in: MüKo, BGB, § 310, Rn. 27 oder Pfeiffer, in: Grabitz/ Hilf, Bd. III, RL 93/13/EWG, Art., Rn. 14 mit Nachweisen auch der Gegenauffassung. Die Interpretation folgt bereits aus dem Richtlinientext. Das Merkmal „Güter“ in Art. 4 I KRL zielt dem Zweck nach auf alle vermögenswerten Gegenstände. Klarer noch der französische Text, der mit dem Merkmal „biens“ keinerlei Beschränkung auf bewegliche Sachen erkennen lässt. Entsprechend enthält auch der französische Umsetzungsakt in Art. L 132-1 ff. C.Cons (dazu näher sogleich unter C. V. 2.) keinerlei Einschränkung auf bewegliche Sachen. In Betracht kommt damit auch eine Anwendung etwa auf grundstücksbezogene städtebauliche Verträge. In einer der wenigen zur Auslegung des englischen Umsetzungstextes ergangen Gerichtsurteile hat der High Court in Übereinstimmung mit der Rechtsansicht des Office of Fair Trading jüngst klargestellt, dass auch Immobilienverträge in den Anwendungsbereich der Regulations 1999 fallen, vgl. Khatun v. London Borough of Newham, Unfair contract terms bulletin 24/25 (December 2003), S. 1. Damit hat das Gericht letztlich nur bestätigt, was der Gesetzgeber durch die Präzisierung der Legaldefinition von „seller and supplier“ i. R. d. Regulation 1999 klarstellen wollte: Die Einbeziehung von Verträgen über den Verkauf von Immobilien, Pacht- und Mietverträgen sowie über die Bestellung von Hy-
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den und Verbrauchern“ erfasst. Art. 2 lit. b und c enthalten entsprechende Legaldefinitionen. Nach der mit § 13 BGB übereinstimmenden Definition in Art. 2 lit. b ist Verbraucher jede zu privaten Zwecken handelnde natürliche Person.200 Juristische Personen des Privatrechts oder auch des öffentlichen Rechts fallen damit von vornherein aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie heraus.201 Erfasst werden hingegen Personenmehrheiten.202 Abgrenzungsfragen hinsichtlich der Verbrauchereigenschaft können entsprechend den für privatrechtliche Verträge entwickelten Qualifikationskriterien203 abgearbeitet werden und bereiten keine spezifisch verwaltungsvertraglichen Probleme. Ob und wann es sich bei der Verwaltung als Vertragspartner um einen „Gewerbetreibenden“ i. S. d. Art. 2 lit. c handelt und infolgedessen der Vertrag einer Inhaltskontrolle unterliegt, ist ungleich schwerer zu beantworten. Ist dies grundsätzlich der Fall oder nur in Bezug auf bestimmte, durch die Verwaltung abgeschlossene Verträge? Hier liegt der archimedische Punkt der Problemstellung.204 Die Kommission geht von einer Anwendbarkeit auch auf „öffentliche Dienstleistungen“, insbesondere von Seiten „öffentlicher Versorgungsunternehmen“ aus, gibt jedoch zu bedenken, dass im Detail in vielen Mitgliedsstaaten erhebliche Unklarheiten bestehen.205 Selbst soweit die KRL 1:1 in innerstaatliches Recht übertragen wurde, sind die Gerichte in vielen Mitgliedsstaaten sehr zurückhaltend mit der Kontrolle von AGB der öffentlichen Hand.206 potheken, vgl. Sobich, RIW 2000, 675 (676); zum englischen Kontrollsystem unter C. V. 1. 200 Zum Verbraucherbegriff bereits ausführlich unter § 3 C. I. 201 Dazu auch Reidt, BauR 2004, 941 (942). Nicht erfasst sind alle die Verträge, für welche § 310 I BGB die Anwendbarkeit der §§ 305 II und 308 f. BGB ausschließt, namentlich durch die Verwaltung unter Verwendung von AGBG gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlichrechtlichen Sondervermögen geschlossene Verträge, vgl. Basedow, in: MüKo, BGB, § 310, Rn. 35. 202 Soweit diese nicht im Einzelfall als Gewerbetreibende agieren, kommen als „Verbraucher“ mithin nach deutschem Recht etwa die Bruchteilsgemeinschaft, die Wohnungseigentümergemeinschaft oder die bürgerlich-rechtlichen Gesamthandsgemeinschaften in Betracht, vgl. Pfeiffer, in: Grabitz/Hilf, RL 93/13/EWG, Art. 2, Rn. 4 m. w. N., aber str.; zur Gegenauffassung Basedow, in: MüKo, BGB, § 310, Rn. 43. Während eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Grundtyp der Personengesellschaften damit als Verbraucher in Frage kommt, scheiden alle schon begriffsnotwendig zu gewerblichen Zwecken agierenden Personengesellschaften (vgl. zur OHG § 105 I HGB und zur KG § 161 I HGB) aus. 203 Dazu etwa Micklitz, in: MüKo, BGB, § 13, Rn. 8 ff. 204 Vgl. auch Reidt, BauR 2004, 941 (942 f.); Grziwotz, NVwZ 2002, 391 (394) oder – etwas unpräzise auf die Unternehmereigenschaft abstellend – ders., BauR 2001, 1839 (1841); Dötsch, in: Kroiß, Klauselbuch Schuldrecht, § 23, Rn. 31 sowie BGH NVwZ 2003, 371 (373). 205 Bericht der Kommission über die Anwendung KRL vom 27.4.2000, KOM (2000) 248 endg., S. 12, 16, 31 f. und 46. 206 KOM (2000) 248 endg., S. 31 f. und 46.
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Im nationalen Umsetzungsakt (§ 310 III BGB) findet sich statt „Gewerbetreibender“ der Begriff des „Unternehmers“, welcher wiederum in § 14 BGB eine Legaldefinition erfahren hat.207 Ist die Verwaltung bei maßgeblicher Einbeziehung der Vorgaben der KRL „Unternehmer“ i. S. d. § 14 BGB?208 I. Wortlaut „Gewerbetreibender“ ist nach der deutschen Fassung des Art. 2 lit. c HS 1 „eine natürliche oder juristische Person, die bei Verträgen, die unter diese Richtlinie fallen, im Rahmen ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit handelt.“ Während dieser HS 1 weitgehend der Unternehmerdefinition des § 14 BGB entspricht, bringt HS 2 eine näher in den Blick zu nehmende Erweiterung: „auch wenn diese dem öffentlichen Recht zuzurechnen ist.“ Bei der näheren Bestimmung des letztgenannten Zusatzes sind vor allem etwaige autonome Begriffsbildungen des Gemeinschaftsrechts sowie andererseits die gleichermaßen verbindlichen verschiedenen Sprachfassungen zu beachten.209 Wenn auch nicht letztentscheidend, so ist dennoch zunächst interessant zu sehen, dass für den verwandten, weil aus der Synthese europäischer Vorgaben gewonnenen, deutschen Begriff des „Unternehmers“, zunehmend angenommen wird, dass es auf die Gewinnerzielungsabsicht nicht entscheidend ankommt.210 Gleichwohl wird hinsichtlich der Anwendbarkeit des AGB-Rechts auf Verwaltungsverträge von anderen eben hier angeknüpft: Die Verwaltung handle im Rahmen der Vertragsschlüsse regelmäßig nicht mit Gewinnerzielungsabsicht sondern sogar zum Wohle des Bürgers, mithin sei die KRL unanwendbar.211 Für viele Konstellationen wird man dies bereits rein tatsächlich in Frage stellen können, da die Verwaltung nicht selten, zwar nicht hauptsächlich, aber doch auch zum Zwecke der Erwirtschaftung eines „Gewinnes“ agiert.212 Auch erfolgt 207
Dazu die Ausführungen unter § 3 C. II. Dies speziell mit Blick auf die Klauselrichtlinie bejahend Hirte, in: FS Ulmer, 1153 (1163); zur europarechtskonformen Auslegung vgl. auch Micklitz, in: MüKo, BGB, § 14, Rn. 1. 209 VO Nr. 1 des Rates zur Regelung der Sprachenfrage für die europäische Wirtschaftsgemeinschaft vom 15.4.1958, ABl.EG B 017 vom 6.10.1958, S. 385 f. 210 Dieser zunächst im Wesentlichen von Karsten Schmidt vertretenen Ansicht haben sich inzwischen Etliche angeschlossen, vgl. K. Schmidt, Handelsrecht, S. 288 ff. oder ders., in: MüKo, HGB, § 1, Rn. 23 jeweils m. w. N.; offen BGH NJW 2003, 2742 f. 211 Im Hinblick auf die gegenwärtig im Mittelpunkt der deutschen Diskussion stehenden Einheimischenverträge etwa Bunzel, LMK 2003, 87 (88); Wagner, BayVBl. 1997, 539; zweifelnd auch Reidt, BauR 2004, 941 (943). 212 Beispielsweise kann eine Gemeinde zum Grundstückserwerbspreis die Planungskosten sowie einen Aufschlag für die zu errichtende Infrastruktur hinzurechnen und diesen Gesamtbetrag bei der Weiterveräußerung ansetzen. Zwar liegt der Verkaufpreis immer noch unter dem objektiven Verkehrswert. Auch ist die Gemeinde hinsichtlich der Reinvestition des „Gewinns“ rechtlich gebunden. Von außen betrachtet handelt es 208
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die Leistungserbringung häufig gegen Entgelt. Die Unsicherheiten, wie weit dem Merkmal der Gewinnerzielungsabsicht vorliegend als Indiz Bedeutung zukommt, erscheinen als Fortsetzung der Unklarheiten, die ganz grundsätzlich hinsichtlich der Bestimmung des in vielerlei Hinsicht mehrdeutigen Rechtsbegriffs „wirtschaftlichen“ Verwaltungshandelns bestehen.213 So ist die Verwaltung bereits haushaltsrechtlich verpflichtet, „wirtschaftlich“ zu agieren.214 Weiter wird man differenzieren müssen, ob die Verwaltung als „erwerbswirtschaftlich“ agierende „Einzelwirtschaft“ oder aus „gesamtwirtschaftlicher“ Sicht in den Blick genommen wird.215 Dem Normgeber muss bewusst gewesen sein, dass Einrichtungen und Unternehmen der öffentlichen Hand regelmäßig nicht oder nicht primär „erwerbswirtschaftlich“ zum Zwecke der Gewinnerzielung agieren. Hätte der Richtliniengeber Gewinnerzielungsabsicht als notwendiges Tatbestandsmerkmal angesehen, hätte er dies im Wortlaut klarstellen können.216 Verlangte man dennoch Gewinnerzielungsabsicht würde die ausdrückliche Erstreckung auf Verträge der öffentlichen Hand ihres Sinnes beraubt.217 Entscheidend ist vielmehr, ob die Verwaltung missbräuchliche Vertragsgestaltungen wählt, welche den in der konkreten Vertragsschlusssituation schutzwürdig erscheinenden Verbraucher einseitig belasten und diesen dadurch vom Vertragsschluss, mithin der Marktteilnahme abhalten könnte. Es geht im weitesten Sinne von (Gesamt-)„Wirtschaft“ darum, dass die Verwaltung sich an der „planvollen Deckung des menschlichen Bedarfs an Gütern, Diensten und Leistungen“218 im weitesten Sinne beteiligt, was durchgängig im Bereich der Leistungsverwaltung, aber auch bei Verträgen über hoheitliches Handeln gegeben ist219. Wie weit sich ein Leistungsaustausch bei betriebsinterner, einzelwirtschaftlicher Betrachtung rational als rentabel oder gewinnbringend erweist, spielt für den Ansatz der KRL keine Rolle. Ein entsprechend weites Begriffsverständnis wird durch die englische Fassung gestützt. Dort findet sich statt „Gewerbetreibender“ die begriffsneutralere Formulierung „seller or supplier“220. Es spricht daher mehr dafür, den Anwendungsbereich der KRL unabhängig von sich jedoch um eine unter Marktgesichtspunkten relevante wirtschaftliche Tätigkeit, vgl. Busse, BayVBl. 2003, 129 (132, dort auch zu Grenzen einer solchen „Gewinnerzielung“); vgl. auch BayVerfGH NVwZ 1998, 727 (728), welcher am Beispiel des unter Verwendung von AGB geregelten Benutzungsverhältnisses an einem gemeindlichen Parkplatz klarstellte, dass die Verfolgung fiskalischer Interessen „nicht schlechterdings unzulässig“ ist, sondern erst zu beanstanden wäre, wenn die getroffene Regelung „ausschließlich dazu diene, Einnahmen zu erzielen.“ 213 Vgl. Walther, BayVBl. 2004, 167 ff. 214 Näher Walther, a. a. O., 167 (169). 215 Zu den Bedeutungsgehalten von „erwerbs-, einzel- und gesamtwirtschaftlich“ näher Walther, a. a. O., 167 (168 f.). 216 Tilmann, a. a. O., S. 178 f. 217 Tilmann, Klauselrichtlinie, S. 178. Vgl. auch Grziwotz, NVwZ 2002, 391 (394). 218 Zur Begrifflichkeit erneut Walther, BayVBl. 2004, 167 (169). 219 Ebenso Walther, a. a. O.
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Entgeltlichkeit oder Gewinnerzielungsabsicht zu definieren, so dass Verwaltungsverträge in weitem Umfang umfasst sind.221 II. Historisch-genetische Auslegung Bereits die Legaldefinition im ersten Richtlinienvorschlag222 enthält die Klarstellung: „Gewerbliche Tätigkeit schließt die Tätigkeit staatlicher oder privater Lieferanten ein.“ Im darauf folgenden „Geänderten Vorschlag“ erfährt die Erstreckung auf Verträge der öffentlichen Hand eine Betonung. Danach soll „insbesondere die Tätigkeit staatlicher oder privater Lieferanten sowie der Verkauf, die Vermietung oder die anderweitige Bereitstellung von Einrichtungen“ erfasst sein.223 Vor allem im Hinblick auf die letztgenannte generalklauselartige Formulierung lässt sich kaum bezweifeln, dass zunächst die weitestgehende Erfassung formularmäßiger Verwaltungsverträge intendiert war.224 Die Formulierung „Bereitstellung von Einrichtungen“ lässt erkennen, dass speziell öffentliche Benutzungsverhältnisse erfasst sein sollen. „Vermietung [. . .] von Einrichtungen“ legt es nahe, alle Miet- oder auch Pachtverträge, auch solche, die auf Grund der mit ihnen verfolgten öffentlichen Zwecke, entweder mit der überkommenen Rechtsprechung als verwaltungsprivatrechtlich oder nach zunehmend vertretener Auffassung als öffentlich-rechtlich qualifiziert werden, mit einzubezie220 Welcher im Einzelnen wie folgt definiert wird: „any natural or legal person who, in contracts covered by this directive, is acting for purposes relating to his trade, business or profession, whether publicly owned or privately owned.“ Obwohl im Hinblick auf die europäisch-autonome Auslegung das Rechtsverständnis in den Mitgliedsstaaten nicht verbindlich ist, soll ein Hinweis darauf, dass im englischen Rechtskreis auch der Begriff „business“ nicht notwendigerweise mit einer Gewinnerzielungsabsicht verbunden ist, nicht fehlen, dazu ausführlich Tilman, Klauselrichtlinie, S. 178; ähnlich die französische Sprachfassung („professionnel“ statt „Gewerbetreibender“). 221 Ebenso die Einschätzungen bei Pfeiffer, in: Grabitz/Hilf, Bd. III, Rl 93/13/ EWG, Art. 1, Rn. 15 und Art. 2, Rn. 23, 25 f. sowie jüngst Grziwotz, DNotZ 2004, 674 (686) m. w. N.; unentschieden Ulmer, in: Ulmer/Brandner/Hensen, § 24a AGBG, Rn. 16 ff.; im Ergebnis wie hier de Wall, Privatrechtliche Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 296: „Auf einen ,wirtschaftlichen Leistungsaustausch‘ oder die Entgeltlichkeit der Leistung kommt es dagegen nicht an.“ (dort allerdings ohne ausführliche Auseinandersetzung mit der Richtlinie). 222 Vgl. Art. 2 Nr. 4, Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über mißbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen, KOM (90) 322 end. – SYN 285, von der Kommission vorgelegt am 24.7.1990, ABl.EG Nr. C 243 vom 28.9.1990, S. 2. 223 Vgl. Art. 2 lit c (Hervorhebung durch den Verfasser), Geänderter Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über mißbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen, KOM (92), 66 endg. – SYN 285, vorgelegt von der Kommission am 5.3.1992, ABl.EG Nr. C 73 vom 24.3.1993, S. 7 ff. 224 Zu diesem Zeitpunkt des Gesetzgebungsverfahrens waren zwar vom Anwendungsbereich der Richtlinie sogar missbräuchliche Individualverträge erfasst; aufgrund nachhaltiger Kritik wurde der Anwendungsbereich jedoch auf der letzten Stufe des Verfahrens ganz klar auf vorformulierte Klauseln begrenzt, zusammenfassend dazu Brandner, ZIP 1992, 1590 (1591).
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hen.225 Die Modifikationen, die der Richtlinientext anschließend durch den gemeinsamen Standpunkt des Rates226 erfahren hat, unterstreichen diese Schlussfolgerungen: Zwar findet sich hier wieder eine im Vergleich zum vorangegangenen Vorschlag schlankere, weitgehend der Endfassung des Art. 2 lit. c entsprechende Formulierung.227 Insgesamt zeigen die gegenüber der Vorfassung eingeflossenen Veränderungen, dass die Erstreckung auf Verträge der öffentlichen Hand nicht begrenzt, sondern sogar betont wird.228 So hebt der gemeinsame Standpunkt in den Erwägungsgründen erstmalig hervor, dass „diese Richtlinie auch für die gewerbliche Tätigkeit im öffentlich-rechtlichen Rahmen gilt“ und fordert eine Klauselkontrolle „insbesondere bei beruflichen Tätigkeiten des öffentlichen Bereichs“229 (engl.: „in particular in sale or supply activities of a public nature“). Die Formulierungen wurden in der Endfassung dann übernommen.230 Auffällig ist weiterhin, dass sich in den Erwägungsgründen des gemeinsamen Standpunkts erstmalig ein (später übernommener) Katalog zivilrechtlicher Verträge findet, welche vom Anwendungsbereich ausgenommen sind. Einzelne Verträge der öffentlichen Hand wurden nicht ausgenommen. Stattdessen wurde mit der Orientierung an Treu und Glauben bewusst ein flexibler Kontrollmaßstab gewählt, um insbesondere die Berücksichtigung öffentlicher Interessen zu ermöglichen.231 Die Entstehungsgeschichte zeugt damit von dem Anliegen, Verwaltungsverträge in möglichst weitem Umfang mit einzubeziehen. III. Systematische Auslegung Die Regelungen zum europäischen Schuldvertrags- und Wirtschaftsrecht sind vom europäischen Normgeber als ein zusammenhängendes, nach Prinzipien geordnetes, widerspruchsfreies Ganzes gewollt.232 Entsprechend verlangen die 225 Beispiele aus der Rechtsprechung, in welchen Miet- oder Pachtverträge als verwaltungsprivatrechtlich qualifiziert wurden, liefern etwa VGH Kassel NVwZ 2003, 238 f.; OVG Münster NJW 2001, 698 ff.; LG Darmstadt, HGZ 2001, 489 ff.; OLG Dresden SächsVBl. 2001, 16 f. oder BGH JZ 2001, 464 f.; zur vorzugswürdigen Einordnung als öffentlich-rechtliche Verwaltungsverträge eingehend unter § 8. 226 Gemeinsamer Standpunkt des Rates im Hinblick auf die Annahme der Richtlinie über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen, abgedruckt in ZIP 1992, 1591 ff. 227 „Gewerbetreibender: eine natürliche oder juristische Person, die bei Verträgen, die unter diese Richtlinie fallen, im Rahmen ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit des öffentlich-rechtlichen oder des privatrechtlichen Bereichs handelt.“ Interessant ist, dass der öffentlich-rechtliche Bereich zuerst genannt wird! 228 Vgl. auch Brandner, ZIP 1992, 1590. 229 Siehe ZIP 1992, 1591 (1592), Hervorhebung durch den Verfasser. 230 Dazu die Erwägungen der KRL, Abl.EG Nr. L 95/29 vom 21.4.1993, S. 30. 231 Vgl. vor allem die Ausführungen im 16. Erwägungsgrund der KRL. 232 Dazu EuGH v. 6.10.1982 – Rs. 283/81 (CILFIT), Slg. 1982, 3415 (3430, dort Rz. 20).
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Vorgaben der KRL im Lichte des „äußeren“ und „inneren“ Systemskontextes der Richtlinie interpretiert zu werden.233 Die KRL ist auf Art. 100a EGV (jetzt 95 EGV) gestützt und dient damit (zumindest auch) der Errichtung des gemeinsamen Marktes. Es liegt daher nahe, die Regelungen zu den Grundfreiheiten im Rahmen einer systematischen Auslegung zu berücksichtigen.234 Während die bisherige Auslegung für eine möglichst weitgehende Einbeziehung spricht, könnte sich aus den Grundfreiheiten ergeben, dass Verträge über hoheitliche Tätigkeiten aus dem sachlichen Anwendungsbereich der KRL auszugrenzen sind. In Art. 39 IV und 45 EGV finden sich Sonderregelungen, wonach hoheitliche Tätigkeiten vom Anwendungsbereich der jeweiligen Grundfreiheit ausgenommen sind. Beide Vorschriften dienen der besonderen Berücksichtigung nationalstaatlicher Belange des Staates, welche eine Sonderbehandlung gegenüber der Tätigkeit Privater rechtfertigen. Art. 45 EGV bestimmt, dass die Niederlassungsfreiheit bei „Tätigkeiten, die in einem Mitgliedsstaat dauernd oder zeitweise mit der Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden sind“, eingeschränkt ist. Nach der Parallelvorschrift des Art. 39 IV EGV findet die Arbeitnehmerfreizügigkeit (Art. 39 I EGV) auf „die Beschäftigten der öffentlichen Verwaltung“ keine Anwendung. Beide Bestimmungen sind allerdings eng zu verstehen und so auszulegen, dass ihre Tragweite sich auf das beschränkt, was zur Wahrung des öffentlichen Interesses der Mitgliedsstaaten unbedingt erforderlich ist.235 Gerade in der aktuellen Rechtsprechung zeigt sich der EuGH bemüht, den Ausnahmecharakter der Art. 39 IV und 45 AGV zu betonen, um deren Anwendungsbereich möglichst gering zu halten236, so dass sich hieraus aus systematischer Sicht kaum eine Begrenzung des Anwendungsbereichs der KRL herleiten lässt.237
233 Teilweise wird auch von „teleologisch-systematischer“ Auslegung gesprochen, vgl. Grundmann/Riesenhuber, JuS 2001, 529 (531). 234 Tilmann, Klauselrichtlinie, S. 176. 235 EuGH v. 30.9.2003, Rs. C-405/01 (Colegio de Oficiales de la Marina Mercante Española/Administración del Estado), Rn. 41. Für Art. 45 EGV gilt nichts anderes, vgl. Urteil vom 15. März 1988 in der Rechtssache 147/86, Kommission/Griechenland, Slg. 1988, 1637, Rn. 7 sowie neuerlich EuGH v. 29.10.1998, Rs. C-114/97 (Kommission/Spanien), Rn. 34 f. m. w. N. 236 EuGH v. 30.9.2003, Rs. C-405/01 (Colegio de Oficiales de la Marina Mercante Española/Administración del Estado), Rn. 50. 237 Gegenteilig Tilman, Klauselrichtlinie, 174 f. Entgegen Tilmann (a. a. O.) wird man etwas grundsätzlich anderes auch nicht deshalb annehmen können, weil sich die Grundfreiheiten anders als Verträge im Bereich der Hoheitsverwaltung auf den wirtschaftlichen Austausch von Leistungen auf dem Binnenmarkt beziehen. Denn wie bereits ausgeführt ist insoweit ein weiter Begriff von „wirtschaftlich“ zu Grunde zu legen, welcher Verträge im Bereich der Hoheitsverwaltung nicht ausschließt. Insgesamt ist diese Fragestellung jedoch eher theoretischer Natur, da vor allem verwaltungsaktersetzende Verträge anders als im Bereich der Leistungsverwaltung selten unter Verwendung von AGB geschlossen werden. Entweder ist der Sachverhalt einfach und
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2. Teil 2. Abschn.: Verwaltungsvertrag und modernisiertes AGB-Recht
IV. Sinn und Zweck Zunächst soll die KRL eine Teilharmonisierung bestehender Schutzregime bewirken, um Hindernisse bei der Errichtung des gemeinsamen Binnenmarktes abzubauen.238 Dabei liegt der KRL nicht ein rollen-soziologisches Machtungleichgewicht zwischen Verbraucher und Gewerbetreibendem zugrunde.239 Ausschlaggebend für die Missbrauchskontrolle ist vielmehr ein situativer Moment: Ein Kontrollbedürfnis besteht wegen des Fehlens der Aushandlung. Entscheidendes Beurteilungskriterium ist die Störung der rechtsgeschäftlichen Entscheidungsfreiheit, die im Falle eines einseitigen Stellens der Vertragsbedingungen durch den professionell handelnden Verwender vermutet wird.240 Nicht nur für die historisch-genetische Auslegung, sondern auch die europarechts-autonome Bestimmung des mit der KRL verfolgten Zwecks, ist von Bedeutung, dass für bestimmte Konzepte der Richtlinie einzelne nationale Rechte Vorbildcharakter hatten.241 In der Endphase des Gesetzgebungsverfahrens diente vor allem das deutsche AGBG als Orientierung.242 Dass dort nicht rollen-soziologische Leitgedanken, sondern soziale Kompensationserwägungen zum Tragen kommen, zeigt allein der Umstand, dass in die Kontrolle nach dem AGBG auch AGB, die gegenüber einem Unternehmer oder einer juristischen Person des öffentlichen Rechts verwendet werden, miteinbezogen sind.243 Dass der persönliche Anwendungsbereich der KRL demgegenüber auf Verbraucher beschränkt wurde, beruht vornehmlich auf der praktischen Erwägung, ein weitergehender Anwendungsbereich hätte die Verabschiedung der Richtlinie erheblich verzögern oder verhindern können.244 Die KRL ist mithin trotz ihres verman bedient sich der Handlungsalternative Verwaltungsakt; oder der Sachverhalt ist kompliziert und man schließt einen Individualvertrag. 238 Siehe die ersten sechs Erwägungsgründe der Richtlinie, ABl.EG Nr. L 95 vom 21.4.1993, S. 29. Dazu werden einheitliche Mindestschutzstandards aufgestellt (vgl. Art. 8 KRL wonach strengere mitgliedsstaatliche Schutzmaßnahmen zulässig sind). Eine Teilharmonisierung liegt deshalb vor, weil weite Bereiche vertraglicher Gestaltung, in welchen ebenfalls Regelungsbedarf gesehen wurde (vgl. Remien, ZEuP 2 (1994), 34 [37 f.]), ausgenommen sind: sachlich werden nur vorformulierte Klauseln erfasst, persönlich nur Verträge im Verhältnis Verbraucher-Gewerbetreibender und nicht Verbraucher-Verbraucher- oder Gewerbetreibender-Gewerbetreibender-Verträge. 239 So aber Kapnopoulou, Recht mißbräuchlicher Klauseln, S. 93 im Anschluss an Hommelhoff/Wiedenmann, ZIP 1993, 562 (565): Schutz des Verbrauchers in seiner „rollenspezifischen Unterlegenheit“; ähnlich auch Heinrichs, NJW 1996, 2190 (2194). 240 Pfeiffer, in: Grabitz/Hilf, Bd. III, RL 93/13/EWG, Vorbem., Rn. 25. 241 Pfeiffer, in: Grabitz/Hilf, Bd. III, RL 93/13/EWG, Vorbem., Rn. 20. 242 Tonner/Tamm, WiVerw 2004, 89 (97); vgl. zudem Brandner, ZIP 1992, 1590 (1591); zur Anlehnung auch an andere nationale Recht vgl. zudem Pfeiffer, in: Grabitz/Hilf, Bd. III, RL 93/13/EWG, Vorbem., Rn. 32. 243 Dazu Becker, in: Bamberger/Roth, BGB, § 305, Rn. 1 sowie differenzierend Basedow, in: MüKo, BGB, Vor § 305, Rn. 5. 244 Remien, ZEuP 2 (1994), 34 (38).
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braucherbezogenen Regelungsbereichs jedenfalls nicht (allein) Ausdruck eines verbraucherrechtlichen Sonderprivatrechts, sondern eines Nebeneinanders liberalmarktbezogener und sozialer Verbraucherschutzideen.245 Soweit situativ eine die Schutzbedürftigkeit begründende Konstellation gegeben ist, macht es auch keinen Unterschied, ob die Verwendergegenseite der ohne Gewinnerzielungsabsicht handelnden Verwaltung oder einem mit Gewinnerzielungsabsicht handelnden privaten Gewerbetreibenden gegenübertritt. Anknüpfungspunkt für die AGB-Kontrolle ist damit eine auch für vorformulierte Verwaltungsverträge geradezu charakteristische Situation: Denn Verwaltungsverträge stellen einen „evidenten Fall der Imparität“246 dar. Sie werden in einer typischen Monopolsituation abgeschlossen: Vertragsgegenstand sind Leistungen, welche nur von der Verwaltung, oder zumindest faktisch nicht ohne weiteres in gleicher Weise auf dem Markt erhältlich sind.247 Soweit der Vertragsinhalt dabei einseitig durch die Verwaltung als Monopolist vorgegeben wird, erscheint der Verbraucher besonders schutzwürdig. Denn anders als ein – wenn auch ggf. geringer – Konkurrenz ausgesetzter privater Anbieter muss sie nicht befürchten, durch belastende Vertragsgestaltungen abnehmender Nachfrage ausgesetzt zu sein.248 Soweit die Verwaltung im Hinblick auf eine vertraglich geschuldete Leistung im Wettbewerb mit anderen Gewerbetreibenden steht, entspricht es erst Recht dem Telos der KRL, auch vorformulierte Klauseln der öffentlichen Hand in das Kontrollsystem miteinzubeziehen. 249 Denn dem Ziel der Errichtung eines gemeinsamen Marktes ebenso wie dem Anliegen des sozialen Schutzes des Verbrauchers wäre es in besonderem Maße abträglich, wenn die Verwaltung durch größere Gestaltungsspielräume zu Lasten des Privaten und der Mitkonkurrenten privilegiert würde. Innerhalb des nationalen Regelungsgefüges liegt mithin den AGB-Reglungen zum Verbrauchervertrag (§ 310 III BGB) einerseits und den Sonderregelungen zu Verwaltungsverträgen i. S. d. § 54 S. 2 VwVfG andererseits eine ähnliche typisierte Ungleichgewichtslage zugrunde.250 Der Telos der KRL verlangt daher ebenfalls eine möglichst weite Anwendung auf Verwaltungsverträge.
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Vgl. Pfeiffer, in: Grabitz/Hilf, Bd. III, RL 93/13/EWG, Vorbem., Rn. 22 und
26. 246 H. C. Röhl, VerwArch 95 (1995), 531 (549); vgl. auch Grziwotz, DNotZ 2003, 346 (348). 247 Dies gilt in besonderem Maße dort, wo Vertragsgegenstand oder Geschäftsgrundlage hoheitliche Leistungen sind, zum Ganzen H. C. Röhl, VerwArch 95 (1995), 531 (548.). Die Rechtsprechung selbst betont diesen Punkt, vgl. etwa VGH Mannheim NVwZ 2001, 694 (696) am Beispiel eines öffentlich-rechtlichen städtebaulichen Vertrages. 248 Wagner, Anwendbarkeit des AGB-Gesetzes auf Benutzungsregelungen, S. 96. 249 Vgl. insoweit den 7. Erwägungsgrund i. V. m. dem Erwägungen unter 14. bis 16. 250 Grziwotz, DNotZ 2004, 674 (686).
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V. Die Umsetzung von Art. 2 lit. c und Anwendung der Umsetzungsakte in Frankreich und England als Vergleichsfolie Um möglichen Auslegungsvarianten nachzuspüren und vor allem zum Zwecke der Überprüfung der bisherigen Erwägungen251, soll abschließend ein kurzer Blick auf die Umsetzung und Anwendung der für die Problematik zentralen Bestimmung des Art. 2 lit. c KRL in England (1.) und Frankreich (2.) geworfen werden.252 1. England Ähnlich wie in Deutschland fand sich in England bereits vor Umsetzung der KRL mit dem Unfair Contract Terms Act (U. C. T. A.) ein Instrument zur Inhaltskontrolle.253 Obwohl vor allem von Seiten des House of Lords Select Committee on European Communities Forderungen laut wurden, die Umsetzungspflicht zum Anlass für eine umfassende, die bereits bestehenden Regelungen unierende Kodifikation zu nehmen, entschied man sich aus parlamentarischer Zeitnot für die Umsetzung in einem untergesetzlichen Rechtsakt254: Die Unfair Terms in Consumer Contract Regulations 1994 255 trat neben den U. C. T. A. und lehnte sich inhaltlich eng an die Richtlinie an256. Die regulations 1994 wurden zum 1.10.1999 durch die noch enger an die KRL angelehnte Unfair Terms in Consumer Contract Regulations 1999 257 ersetzt. Die dortige Legaldefinition von „seller or supplier“258 in reg. 3 (1) entspricht inhaltlich der Definition in Art. 2 lit. c KRL englischer Fassung. Hinsichtlich des sachlichen Anwendungsbereichs der Vorschriften stellt sich aufgrund der im Vergleich zu kontinental251 Zur Inspirationsfunktion wertender Rechtsvergleichung als Methode der Auslegung Basedow, in: Zimmermann, Privatrechtsdogmatik, 79 ff. (inbesondere 96–98). 252 Siehe dazu überblickartig den Bericht der Kommission in KOM (2000) 248 endg. vom 27. 4. 2000. Um eine rechtsvergleichende Auslegung zu erleichtern, hat die EG mit CLAB (CLauses ABusives) eine Datenbank eingerichtet, in welche Urteile zu missbräuchlichen Klauseln eingespeist werden, dazu KOM (2002) 208 endg. S. 20 f.; einführend zu CLAB Micklitz/Radeideh, ZEuP 11 (2003), 85 ff.; zur Bedeutung des Rechtsvergleichs aus verwaltungsrechtswissenschaftlicher Sicht Schmidt-Aßmann, in: Schmidt-Aßmann/Hoffmann/Riem, Methoden der Verwaltungsrechtswissenschaft, 387 (404 f.). 253 Im Überblick Basedow, in: MüKo, BGB, Vor § 305, Rn. 30. 254 Näher Beatson, ZEuP 6 (1998), 957 (960 ff.). 255 S. I. 1994 No. 3159, in Kraft getreten am 1.7.1995. 256 Whittaker, ZEuP 12 (2004), 75 (96). 257 S. I. 1999 No 2083; dazu Sobich, RIW 2000, 675 ff. 258 „means any natural or legal person who, in contracts covered by these Regulations, is acting for purposes relating to his trade, business or profession, whether publicly owned or privately owned.“
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europäischen Rechtssystemen weniger relevanten Unterscheidung von öffentlichem und privatem Recht259 sowie der strukturell unterschiedlichen Ausgestaltung etwa des Systems öffentlicher Leistungen260 grundsätzlich nicht das Problem der Abgrenzung zwischen privatrechtlicher und öffentlich-rechtlicher Ausgestaltung der Rechtsverhältnisse.261 Denn die Unterscheidung zwischen öffentlich-rechtlichem und privatrechtlichem Vertrag im Sinne verwaltungsrechtlicher Handlungsformen, ist dem englischen Recht unbekannt.262 Vielmehr wird das Vorliegen eines Vertrages als Indiz für die Geltung des Privatrechts gewertet, da er auf freiwilliger Basis zustande komme und somit nicht Ausübung von Hoheitsgewalt sein könne.263 Damit gilt nach englischer Auffassung für Verwaltungsträger prinzipiell das allgemeine Vertragsrecht.264 Für Rechtsstreitigkeiten sind einheitlich die ordentlichen Gerichte zuständig.265 Die Abgrenzung zwischen public und private erlangt Bedeutung allein hinsichtlich der 259 Zur Grundsatzdiskussion um die Abgrenzung der Teilrechtsordnungen in England Oliver, P. L. 1997, 630 ff. sowie Meisel, P. L. 2004, 2 ff. (m. w. N. 3, dort Fn. 7). 260 Zum englischen System der Leistungserbringung Tilmann, Klauselrichtlinie, S. 122 ff. 261 Tilmann, a. a. O., S. 138. 262 Spannowsky, Verträge und Absprachen, S. 488. 263 Lawton L. J. in Law v. National Greyhound Racing Club, (1983) 1 W. L. R., 1302 (1307). Bestätigt etwa in R. v. Disciplinary Commitee of Jockey Club, ex p. Massingberd-Mundy, (1993) 2 All ER 207 (219, 223). 264 Wade/Bradley, Constitutional and administrative law, S. 687. In Anbetracht zunehmender Privatisierungstätigkeit und contracting out mehren sich jedoch in jüngster Zeit die Stimmen für ein selbständiges öffentlich-rechtliches – ggf. kodifiziertes – Verwaltungsvertragsrecht, monographisch neuerlich Davies, A public law analysis of government by contract, pass. 265 Spannowsky, Verträge und Absprachen, S. 486. Daran hat sich auch in jüngster Zeit nichts Grundsätzliches geändert, vgl. McEldowney, Public Law, S. 9 f., Rn. 1013 ff. Nach wie vor zutreffend ist mithin der Befund, dass zurückgehend auf A.V. Dicey die Zweiteilung in bewusster Abgrenzung zur kontinentaleuropäischen Rechtstradition nicht mit vollzogen wurde. Zutreffend ist auch, dass sich eine selbständige, die Verwaltung kontrollierende Verwaltungsgerichtsbarkeit nicht in gleicher Weise herausgebildet hat. In jüngerer Zeit hat das Verwaltungsrecht und vor allem die gerichtliche Kontrolle des Verwaltungshandelns aber – teilweise in Anlehnung an kontinentaleuropäische Vorbilder – an Selbständigkeit und Dichte gewonnen (zusammenfassend Schwarze, DÖV 1996, 771 ff.). Im Bereich etwa des Sozialversicherungs-, Steueroder Arbeitsrechts finden sich sog. Tribunals. Dabei handelt es sich jedoch mehr um überwiegend mit Laien besetzte Schlichtungsstellen, die ausdrücklich von den sog. Courts abgegrenzt werden, näher McEldowney, a. a. O., S. 420 ff., Rn. 15-031 ff. Daneben finden sich verschiedene gerichtsähnliche Beschwerdestellen, etwa für Bausachen, zusammenfassend Spannowsky, a. a. O., S. 487. Zur Bezeichnung der Rechtsprechung des für die Judicial Review zuständigen Divisional Court wird (wohl zunächst zur begrifflichen Hervorhebung der Selbständigkeit gerichtlicher Verwaltungskontrolle) neuerdings der Terminus Administrative Law Court verwandt, um die Eigenständigkeit des verwaltungsrechtlichen (Kontroll-)Systems zu untermauern, McEdowney, a. a. O., S. 149 f., Rn. 6-005; zu vorangegangenen Forderungen vgl. die Mitteilung in (2000) 4 All ER 1071. Zur Stärkung der eigenständigen Kontrollfunktion der zuständigen Gerichte durch den Human Rights Act 1998 vgl. zudem die Entscheidung des House of
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durch die Verwaltung einzuhaltenden Sonderbindungen sowie bzgl. der Bestimmung gesonderter Rechtsbehelfe für spezifisch öffentlich-rechtlich geprägte Streitigkeiten.266 Die Rechtsprechung hat bereits früh für das Bürger-Staat Verhältnis den Einsatz des Vertrages als Instrument zur Gestaltung von Rechtsbeziehungen im Bereich der Hoheitsverwaltung eingeschränkt.267 Im Zuge intensiver Privatisierungsvorgänge hat der Vertrag als Instrument zur Ausgestaltung inneradministrativer Rechtsbeziehungen und zur Durchführung von Beleihungen aber neuerdings an Bedeutung gewonnen.268 Weiterhin praktische Bedeutung kommt dem Vertrag bei der Ausgestaltung von Leistungsbeziehungen, etwa bzgl. der Zulassung zu Schulen, Universitäten, der Nutzung von Schwimmbädern, öffentlichen Parkplätzen oder dem Bezug von durch die öffentliche Hand erbrachten Versorgungsleistungen zu.269 Möglicherweise ist die restriktive Linie
Lords in R. (on application of Alconbury Development Ltd.) v. Secretary of State for the Environment, Transport an the Regions (2001) 2 All ER 929 (980). 266 Durch prozessuale Reformen in den späten 1970er und frühen 1980er Jahren wurde ein nur für verwaltungsrechtliche Streitigkeiten anzuwendendes Rechtsmittel entwickelt: „The Application for Judicial Review“ (A. J. R.), ausführlich McEdowney, Public Law, S. 486 ff., Rn. 17-021 ff. Zuvor erfolgte die Kontrolle der Verwaltung durch die ordentlichen Gerichte (judicial review) ohne besonderen Rechtsbehelf. Die Herausarbeitung adäquater Zuordnungskriterien (diskutiert werden die Rechtsnatur der zugrunde liegenden Rechtsnormen, die Rechtsnatur des handelnden Subjekts, die Wahrnehmung einer öffentlichen Aufgabe [„public duty“] bzw. öffentlichen Zielsetzung [„public function“] sowie das Handeln in Vertragsform als widerlegbares Indiz für die Wahl des Privatrechts) stellt in Großbritannien eines der Schwerpunktthemen der jüngeren Verwaltungsrechtswissenschaft dar. 267 Schließt die Verwaltung dennoch entsprechende Verträge, sind diese nach der „ultra vires“-Doktrin unwirksam, vgl. Wade/Bradley, Constitutional and administrative law, S. 687 ff. Eine wesentliche Einschränkung erfährt das Vertragshandeln der Verwaltung hierbei durch die „Fettering of discretion by contract or other undertaking doctrine“ wonach es der Verwaltung untersagt ist, durch Vertrag oder andere Arten von Übereinkommen ihre Freiheit der Ermessenausübung zu präjudizieren (grundlegend Rederiaktiebolaget Amphitrite v. The King, 3 K.B. [1921], 500; zwischenzeitlich hat die Rechtsprechung die „not fettering“ Regel etwas abgeschwächt und bis zur [sehr unbestimmten] Grenze der „Inkompatibilität“ mit dem gesetzlichen Auftrag sowie den der jeweiligen Verwaltungseinheit gesetzlich eingeräumten Kompetenzen in gewissem Umfang vertragliche Bindungen zugelassen, vgl. Dowty Boulton Paul Ltd. v. Wolverhamton Corporation [1971] 1 W. L. R. 204 [210]; ausführlich neuerlich Brinktrine, Verwaltungsermessen in Deutschland und England, S. 371 ff. und zuvor Bullinger, Vertrag und Verwaltungsakt, S. 121 ff. 268 Im Einzelnen Craig, Administrative Law, S. 123 ff. 269 Tilmann, Klauselrichtlinie, S. 126. Als problematisch im Hinblick auf die Anwendung der KRL erweist sich in diesem Zusammenhang der Umstand, dass die Rechtsbeziehungen bei der Benutzung öffentlicher Einrichtungen (ähnlich wie in Deutschland) oft nur vertragsähnlich ausgestaltet sind. Daneben hat der Vertrag Bedeutung im Bereich der Beschaffung und Auftragsvergabe, sowie bei der Kooperation mit anderen staatlichen Stellen und Privaten i. R. d. sog. Contracting-Out und Public Private Partnerships, vgl. Craig, Administrative Law, S. 123 ff. sowie Harden, The Contracting State, pass. Obwohl auch hier in großem Maße Musterverträge (siehe nächste Fn.) verwendet werden, wird die Anwendung der KRL auf diese Bereiche (im Hin-
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der traditionellen Rechtsprechung der tiefere Grund dafür, dass englische Verwaltungsverträge im Regelfall durch beigefügte Musterbedingungen determiniert sind.270 Angesichts des Umstandes, dass im Ausgangspunkt für das Vertragshandeln von Verwaltung und Privaten die gleichen Gestaltungsinstrumente und Rechtmäßigkeitsbedingungen gelten, verwundert es nicht, dass in der englischen Lehrbuchliteratur zum Verwaltungsrecht die Vorgaben der KRL bzw. der Regulation 1999 im Katalog der durch die Verwaltung bei vertraglichem Handeln zu beachtenden Maßstäbe zu finden sind.271 Die vom Office of Fair Trading272 herausgegebenen bulletins on unfair contract terms273, belegen, dass zahlreiche von Seiten der Verwaltung verwendete Klauseln der Inhaltskontrolle nach den regulations 1994 und später 1999 unterzogen und beanstandet wurden. Nicht nur von privatisierten öffentlichen Unternehmen, sondern auch in den Fällen von öffentlichen Trägern betriebener Schulen274, kommunaleigener Sozialeinrichtungen275, öffentlicher Parkplätze276, Stadthallen277, Hafenanlagen278 soblick auf den sachlichen und personellen Anwendungsbereich zu Recht), soweit ersichtlich, nicht diskutiert. 270 Dazu Spannowsky, Verträge und Absprachen, S. 489. Dies gilt nicht nur für einfache und auf kurze Dauer angelegte Rechtsbeziehungen, sondern auch für komplexe Kooperationsvereinbarungen im Rahmen von Public Private Partnerships (PPP), vgl. Craig, Administrative Law, S. 137 f. 271 Vgl. nur Craig, Administrative Law, S. 162 sowie differenziert Whittaker, L. Q. R. 2000, 95 ff. 272 Zu dieser Institution sowie dem System verfahrensrechtlicher Kontrolle unfairer AGB in Großbritannien Sobich, RIW 1998, 684 ff. sowie ders., RIW 2000, 675 (678 f.). Im Gegensatz zu Deutschland werden Streitigkeiten bezüglich des Gebrauchs missbräuchlicher Klauseln außergerichtlich durch Einwirkung des Office of Fair Trading (OFT) beigelegt. Während die Anzahl so kontrollierter Klauseln extrem hoch ist (vgl. die Veröffentlichungen des OFT, dazu nachfolgende Fußnote), sind bisher nur wenige Urteile ergangen, etwa Director General of Fair Trading v. First National Bank, Unfair contract terms bulletin 9 (August 2000), S. 38 oder Khatun v London Borough of Newham, Unfair contract terms bulletin 24/25 (December 2003), S. 1. 273 Ab Bulletin Nr. 3 als Download als pdf-Datei auf der Web-Seite des OFT verfügbar unter http://www.crw.gov.uk/Other+legislation/Unfair+contract+terms/un fair+contract+terms+-+bulletins.htm. 274 Bulletin No. 24/25 (December 2003), S. 41, Bromley Adult Education College (Einbehaltung der gezahlten Gebühren bei rechtmäßiger Kündigung des Schulverhältnisses; Haftungsausschluss); Bulletin No. 23 (March 2003), S. 30, Department for Education and Skills (Ermächtigung in AGB zum Abschluss einer Versicherung für die Schüler nach eigenem Ermessen); Bulletin No. 7 (July 1999), Mount St. Mary’s College (Vertragsstrafen, wenn Schulgebühren nicht rechtzeitig erbracht werden, einseitige Erhöhung der Schulgebühren ohne Benachrichtigung; besonderes Kündigungsrecht). 275 Bulletin No. 24/25 (December 2003), S. 77, Leeds City Council (u. a. hoheitliche Aneignungsrechte bzgl. persönlicher Gegenstände; div. Haftungsausschlüsse; pauschale Gebührenerhebungen). 276 Bulletin No. 11 (October 2000), S. 24, Hastings Borough Council (Haftungsausschluss); Bulletin No. 4 (December 1997), S. 42, Isle of Anglesey Borough Council (Haftungsausschluss); Bulletin No. 3 (March 1997), S. 38, Newcastle Upon Tyne Bo-
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wie Universitäten279 wurden Verträge unter Verwendung missbräuchlicher Klauseln geschlossen, der Gebrauch derselben allerdings aufgrund der Einwirkung des Office of Fair Trading eingestellt. Zusammenfassend lässt sich damit sagen, dass Art. 2 lit. c KRL in England nicht nur eindeutiger umgesetzt wurde, sondern auch konsequent auf Vertragsverhältnisse der öffentlichen Hand – schwerpunktmäßig wie gesehen Benutzungsverhältnisse – angewandt wird.280 Grund dafür mag sein, dass man sich bereits bei der Umsetzung aber auch bei der Anwendung und Auslegung der einschlägigen Rechtsbegriffe am Duktus der englischen Fassung der Richtlinie sowie des europäischen Kontextes orientierte281. Dogmatisch wurde ein Weg eingeschlagen, welcher strukturelle Parallelen zum deutschen Verwaltungsprivatrecht282 aufweist: Die ordentlichen Gerichte wenden einen doppelten Kontrollmaßstab an, indem sie vertragliches Verwaltungshandeln an öffentlichem wie privatem Recht messen.283 Gegenläu-
rough Council (Haftungsausschluss); Bulletin No. 2 (September 1996), S. 27, Lichfield District Council (Haftungsausschluss); Bulletin No. 1 (May 1996), S. 41 f. City of Bradford Metropolitan Council (Haftungsausschluss). 277 Bulletin No. 14 (May 2001), S. 16, Bassetlaw District Council (u. a. Kündigungsrecht bei anderer Nutzung als vereinbart; Recht der Verwaltung, die Zahl der zugelassenen Personen nach eigenem Ermessen zu ändern; verbindliche, einseitige Schadensbestimmung durch die Verwaltung; weitreichende Haftungsausschlüsse). 278 Bulletin No. 17 (March 2002), S. 41, North Down Borough Council (Ausschluss der Haftung für jegliche Sachbeschädigung sowie für fahrlässig verursachte Integritätsschäden; grundloses Kündigungsrecht, Aneignungsrechte bzgl. herumliegender Gegenstände; Recht zur einseitigen Änderung der Nutzungsbedingungen ohne Kenntnisgabe). 279 Bulletin No. 24/25 (December 2003), S. 131, University of the West of England (u. a. pauschale, intransparente und überhöhte Gebührenerhebung; Zustimmung zu einseitiger Abänderung der Vertragsbestimmungen durch die Universität; kollektive Haftung der Studenten, wenn Schädiger unauffindbar); Bulletin No. 22 (May 2003), S. 48 Kingston University (u. a. Haftungsausschluss für jede Fahrlässigkeit; willkürliche Studienplanänderungen ohne Mitteilung an Studenten); Bulletin No. 12 (November 2000), S. 20, University of the West of England (irreführende und missbräuchliche Bedingungen bzgl. Studienabbruch und Gebührenrückerstattung). 280 Allerdings sind in England eine Vielzahl von Rechtsverhältnissen nicht-vertraglichen Charakters. Auf diese findet nach überwiegender Auffassung weder der U. C. T. A. noch die Regulations 1999 Anwendung. Etwaige Schutzlücken sollen in praxi durch sog. codes of practice vermieden werden. Diese sind jedoch nicht einklagbar, so dass deren Effekt noch nicht absehbar ist, dazu Tilmann, Klauselrichtlinie, S. 138. 281 Zu dieser Beobachtung Whittaker, ZEuP 12 (2004), 75 (96 f.). 282 Dazu ausführlich oben unter § 8 A. IV. 283 Einen zentralen Unterschied mag man darin sehen, dass die A. J. R. durch die Rechtsprechung als exklusiv öffentlich-rechtliches Kontrollverfahren interpretiert wird (grundlegend O’Reilly v. Mackman, [1982] 2 All ER 1124; kritisch dazu Emery, P. L. 1995, 450 ff.). Gegenstand der jüngsten Diskussion in England ist jedoch die zunehmende Forderung nach einer einheitlichen Kontrolle, welche flexibel öffentlich-rechtliche wie privatrechtliche Maßstäbe integriert, dazu Cane, Administrative Law, S. 89– 108 sowie Craig, Administrative Law, 792 ff. Zur A. J. R. im Falle nicht-vertraglichen
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fig scheint allerdings die Grundtendenz: In England wird die wachsende Eigenständigkeit verwaltungsrechtlicher Kontrollmaßstäbe und gerichtlicher Kontrolle betont284, während man in Deutschland angesichts der (angeblichen) Angleichung der Rechtmäßigkeitsmaßstäbe teilweise die Eigenbedeutung der Unterscheidung der Teilrechtsordnungen für das Verwaltungsvertragsrecht in Frage stellt285. 2. Frankreich In Frankreich wurde die KRL durch das Gesetz Nr. 95–96 vom 1.2.1995 umgesetzt.286 Ähnlich wie in Deutschland verzichtete man auf die Schaffung eines eigenständigen Gesetzes, sondern modifizierte lediglich die bereits in gewissem Umfang bestehenden nationalen Regeln zur Kontrolle missbräuchlicher Klauseln in den Art. L 132-1 ff. des Code de la consommation (CCons)287. Eine ausdrückliche Umsetzung der Vorgaben in Art. 2 lit. c KRL unterblieb. Art. L 132-1 CCons spricht zwar vom „professionnel“, definiert diesen jedoch nicht näher. Der Gesetzestext lässt damit offen, ob unter „professionnel“ auch öffentliche Träger subsumiert werden können. Hinsichtlich der Anwendbarkeit der Regeln über missbräuchliche Klauseln in Art. L 132 CCons ist zu unterscheiden, welchem Bereich der von der Verwaltung geschlossene Vertrag zuzuordnen ist. Die Zuordnung erfolgt maßgeblich nach dem Zweck bzw. der Art der durch den Vertrag verfolgten öffentlichen Aufgabe (service public288). Zunächst kann es sich um einen contrat administratif handeln. Er bildet den eigentlichen Typus des Verwaltungsvertrages i. S. einer öffentlich-rechtlichen Handlungsform289. Als solcher hat er eine im Vergleich zu Deutschland lange Tradition, ist jedoch auf bestimmte Einsatzfelder begrenzt.290 In den klassischen Referenzgebieten 291 des contrat administraVerwaltungshandelns vgl. Tanney, P. L. 1994, 51 ff.; für vertragliches Verwaltungshandeln siehe Fredman/Morris, P. L. 1994, 69 ff. 284 Prägnant McEdowney, Public Law, S. 8 ff., Rn. 1-011 ff. 285 Ausführlich m. N. oben unter § 8 A. VI. 1. 286 J. O. v. 2.2.1995, S. 1755. 287 Gesetz Nr. 93-449 vom 26.7.1993, J. O. vom 27.7.1993, S. 10538. Anders als das ehemalige deutsche Pendant des AGBG beschränkt sich der CCons nicht auf die Regelung des Rechts missbräuchlicher Klauseln. Er fasst vielmehr verschiede vorangegangene Einzelgesetze zusammen. Die für die vorliegende Untersuchung relevanten Bestimmungen finden sich im 1. Buch („Information des consommateurs et formation des contrats“), Titel III („Conditions générales des contrats“), in dessen Kapitel II findet sich in den Art. L 132 ff. das Recht der missbräuchlichen Klauseln („Clauses abusives“). 288 Vgl. dazu die Begriffsdefinition und die Nachweise unter § 8 B. VI. 289 Ausführlich zum contrat administratif aus rechtsvergleichender Sicht jüngst H. C. Röhl, Verwaltung durch Vertrag, § 4. 290 H. C. Röhl, Verwaltung durch Vertrag, § 4, B. I. 1. Im Vergleich zum deutschen Recht wird der Anwendungsbereich des Verwaltungsvertrages zudem dadurch einge-
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tif wird Vertragspartner der Verwaltung regelmäßig ein privater Unternehmer sein. Da der CCons auf Verträge zwischen einem professionnel einerseits und einem non-professionnel bzw. consommateur andererseits beschränkt ist292, fällt ein contrat administratif regelmäßig schon nicht in den personellen Anwendungsbereich des französischen AGB-Rechts.293 Von erheblicher praktischer Relevanz ist hingegen, in wieweit Verträge mit Verbrauchern im Bereich der übrigen Leistungsverwaltung und Daseinsvorsorge am CCons zu messen sind. Hier ist die Grenzziehung zwischen service public administratif (SPA) einerseits und service publics à caractère industriel et commercial (SPIC) bedeutsam.294 Hinsichtlich Einrichtung und Ausgestaltung dominiert im Falle des SPIC das Privatrecht, bei Vorliegen eines SPA ist das Verwaltungsrecht die Regel.295 Die Rechtsbeziehung zu den Leistungsempfängern ist hingegen in beiden Fällen grundsätzlich privatrechtlich ausgestaltet.296 Damit ein service public seiner Zielsetzung als Dienst im öffentlichen Interesse gerecht wird, sind unabhängig von der Einstufung als administratif oder instustriel et commercial die „sog. Rolland-Regeln“ zu beachten.297 Speziell im Falle eines mittels Vertrag erbrachgrenzt, dass sich die Verwaltung nach einem festen Grundsatz des Verwaltungsrechts ihrer einseitigen Regelungsbefugnis (pouvoir réglementaire) nicht entäußern bzw. nicht darauf verzichten darf. Ebenso wenig darf sie sich im Bereich ihrer einseitigen Regelungsbefugnis zu einem späteren einseitigen Handeln verpflichten, näher Autexier, VVDStRL 52 (1993), 285 (292 f.). 291 Vor allem Vergabe- und Subventionsverträge sowie Verträge zur Einbindung Privater in die Erfüllung von Verwaltungsaufgaben. 292 Vgl. Art. L 132-1 I CCons: „Dans les contrats conclus entre professionnels et non-professionnels ou consommateurs, sont abusives les clauses“ (Hervorhebungen durch den Verfasser). 293 Anders nach deutschem Recht, wonach gem. § 310 I 2 BGB vor allem die Generalklausel des § 307 BGB anwendbar ist. 294 Grundlegend dazu die Entscheidung des Tribunal des conflits im Fall Société Communale de l’Ouest Africain, T. C., vom 22.1.1921, D. 1921 III, S. 1 ff. 295 Sonnenberger/Auxetier, Französisches Recht, S. 74, Rn. 47. Zu den frz. Organisationsformen zur Erbringung des service public im Einzelnen Tilmann, Klauselrichtlinie, S. 102 ff.; zusammenfassend Celestine/Felsner, RIW 1997, 105 (106). 296 Vgl. Celestine/Felsner, RIW 1997, 105 (106) sowie Tilmann, Klauselrichtlinie, S. 106. Eine Zuordnung zum öffentlichen Recht kann sich im Einzelfall jedoch daraus ergeben, dass sich in Verträgen eine dem Privatrecht fremde Klausel findet (clauses exorbitantes de droit commun), vgl. Sonnenberger/Auxetier, Französisches Recht, S. 74, Rn. 47 sowie die Ausführungen und Hinweise oben in § 8 B. VI. 297 Diese beinhalten vier wesentliche Grundprinzipien: Zunächst gilt der Grundsatz der Kontinuität (principe de continuité), wonach die Versorgung auch bei Vorliegen erheblicher Hindernisse nicht unterbrochen werden darf. Weiter gilt es den Grundsatz staatlicher Neutralität (principe de neutralité) zu beachten, welcher vor allem im Schulwesen bedeutsam ist. Danach muss der service public insbesondere unabhängig von Religions- oder Meinungszugehörigkeit des Privaten erbracht werden. Weiter sind alle Empfänger des service public gleich zu behandeln (principe d’égalité). Wesentlich ist schließlich der Grundsatz der Adaption (principe d’adaption). Danach hat die Verwaltung die Möglichkeit, den Vertragsinhalt einseitig zu modifizieren, wenn dies aus Gründen des öffentlichen Interesses geboten erscheint. Das Prinzip schließt sogar ein,
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ten service public à caractre industriel et commercial greift damit ein Mischrecht, welches erneut der Figur des deutschen Verwaltungsprivatrechts vergleichbar ist. Jüngst musste der Conseil d’Etat298 zu der Frage Stellung nehmen, ob Verbraucher im Falle eines service à caractère industriel et commercial hinreichend durch die „Rolland-Regeln“ geschützt werden, oder ob darüber hinaus die auch der Umsetzung der KRL dienenden Regeln zum Schutz vor missbräuchlichen Klauseln in Art. L 132-1 CCons Anwendung finden.299 Das Gericht bejahte die Anwendbarkeit des CCons und erklärte die Klausel für unwirksam. Zugleich betonte der Conseil d’Etat jedoch, dass bei der Beurteilung der Missbräuchlichkeit einer Klausel die Besonderheiten des jeweiligen service public berücksichtigt werden müssen.300 Das entspricht dem aktuellen Meinungsstand in der französischen Literatur. Für den Bereich eines service à caractère industriel et commercial wird dort angesichts des weiten Wortlauts der Richtlinie und der gleichen Schutzbedürftigkeit des Verbrauchers die Anwendbarkeit eher bejaht, wohingegen im Falle eines service public administratif vermehrt Bedenken bestehen, da regelmäßig keine Gewinnerzielungsabsicht gegeben sei und der Verbraucher der puissance publique gegenübertrete. Angesichts der auch hier gegebenen Schutzbedürftigkeit, finden sich aber auch Stimmen für die Einbeziehung der service public administratif.301 Insgesamt ist die Diskussion damit durch ähnliche Argumentationslinien wie in Deutschland geprägt. Festzuhalten ist die jüngste Stellungnahme des Conseil d’Etat hinsichtlich der Anwendbarkeit des CCons auf service public à caractre industriel et commercial. Damit ist eine Position zugunsten einer konsequenten Anwendung des europäischen Verbraucherschutzrechts auch auf Verwaltungsden service public umzugestalten oder ihn ganz abzuschaffen, wenn die Veränderung der Verhältnisse dies erforderlich machen. 298 Urteil des Conseil d’Etat (C. E.) Nº 221458 vom 11.7.2001; abrufbar unter http://www.conseil-etat.fr/ce/jurispd/index_ac_ld0134.shtml. 299 Der Fall betraf eine Vertragsklausel im öffentlichen Wirtschaftsrecht. Es ging um die Wirksamkeit einer Haftungsausschlussklausel eines französischen Wasserunternehmers. 300 „Considérant que le caractère abusif d’une clause s’apprécie non seulement au regard de cette clause elle-même mais aussi compte tenu de l’ensemble des stipulations du contrat et, lorsque celui-ci a pour objet l’exécution d’un service public, des caractéristiques particulières de ce service.“ (C. E., a. a. O.). Die „Rolland-Regeln“ und das Verbraucherschutzrecht schließen sich dabei teilweise aus. Dies gilt in besonderer Weise für den Grundsatz der Adaption, wonach der Anbieter eines service public berechtigt ist die Leistungserbringung den geänderten Umständen anzupassen. Geradezu konträr bestimmt der über Art. 132-1 III CCons anwendbare Annexe Nr. 1 lit. j, dass entsprechende Klauseln unwirksam sind: „D’autoriser le professionnel à modifier unilatéralement les termes du contrat sans raison valable et spécifiée dans le contrat“. 301 Zusammenfassend zum aktuellen Meinungsstand in der Literatur m. w. N. Calais-Auloy/Steinmetz, Droit de la consommation, S. 5 f., Rn. 5; zur Auslegung der KRL aus französischer Sicht eingehend bereits Sage, Gaz. Pal., 29.10.1994, 1189 ff. (zum Anwendungsbereich 1190).
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verträge und gegen öffentlich-rechtliche, die Verwaltung privilegierende Sonderlösungen bezogen. VI. Zwischenergebnis Nach Wortlaut und auch Historie sind Verwaltungsverträge in weitestgehendem Maße in den Anwendungsbereich der Richtlinie einbezogen. Der Begriff des „Gewerbetreibenden“ bzw. des „seller or supplier“ der englischen oder des „professionnel“ der französischen Fassung beziehen sich auf „wirtschaftliches“ Agieren. Nötig ist dafür aber nur, dass ein vertraglich formalisiertes Verkehrsgeschäft zwischen Verwaltung und Verbraucher über die Erbringung einer Dienst-, Werk- oder Sachleistung im weitesten Sinne vorliegt. Auf die Entgeltlichkeit oder eine Gewinnerzielung kommt es nicht an. Erfasst sind auch Verträge über Grundstücke. Der Schutzzweck der Richtlinie spricht dafür, alle zwischen einer Behörde und einem Verbraucher geschlossenen Verwaltungsverträge i. S. d. § 54 S. 2 VwVfG mit einzubeziehen. Obwohl der praktische Schwerpunkt bei Verträgen mit Verbrauchern im Rahmen der Leistungsverwaltung liegen wird302, sind auch nach dem systematischen Kontext Verwaltungsverträge mit Hoheitsbezug nicht ausgenommen. Erfasst sind insbesondere Verträge, in welchen Vereinbarungen über marktfähige Leistungen mit solchen über hoheitsrechtliche Gegenstände verbunden werden.303 Der rechtsvergleichende Blick nach England und Frankreich bestätigt diese weitgehende Anwendung auf Verwaltungsverträge. Die Praxis des Office of Fair Trading sowie die jüngste Rechtsprechung des Conseil d’Etat belegt eine breite Anwendung der mitgliedsstaatlichen Umsetzungsrechtsakte auf vertragliche Rechtsverhältnisse vor allem im Bereich der Leistungsverwaltung.
302 Dies zeigt bereits der Überblick über bisher zu Tage getretene AGB-Probleme bei Verwaltungsverträgen, oben unter § 10 B. 303 Etwa ein städtebaulicher Vertrag, in welchem neben Regelungen zur Grundstücksveräußerung auch solche bzgl. der Grundstücksnutzung oder eine Vorauszahlungs- oder Ablösevereinbarung bzgl. der sonst durch Verwaltungsakt festsetzbaren Erschließungskosten (vgl. § 133 III BauGB) getroffen werden. Soweit Gegenstand des Vertrages ausschließlich die Erbringung einer hoheitlichen Leistung gegen eine sachbezogene Gegenleistung des Privaten ist (etwa die Verpflichtung einer Behörde zu Erteilung eines Dispenses), stellen sich regelmäßig Fragen, welche außerhalb der AGBrechtlichen Inhaltskontrolle liegen. Denn sowohl die Richtlinie (vgl. Art. 4 II KRL) als auch die §§ 305 ff. BGB nehmen die Kontrolle von Leistung und Gegenleistung aus (dazu sogleich unter § 12 B. II. 1.). Im Vordergrund stehen regelmäßig Fragen der Konformität von Leistung und Gegenleistung mit den Vorgaben des Koppelungsverbotes, des Angemessenheitsgebotes sowie die Frage, ob ein (qualifizierter) Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot vorliegt. AGB-rechtlich kommt hinsichtlich der Zulässigkeit von Leistung und Gegenleistung lediglich eine Transparenzkontrolle in Betracht (näher dazu unter § 13 C.). Soweit es sich bei Letzteren um Verwaltungsakt-ersetzende Verträge handelt, wird es sich zudem häufig um Individualvereinbarungen handeln.
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D. Kraft Europarechts geltende Regelungen der §§ 305 ff. BGB Da die KRL wie gesehen auch für Verwaltungsverträge gilt, sind entsprechende Verbraucherverträge am Maßstab der die KRL umsetzenden §§ 305 ff. BGB zu messen. Dabei ergibt sich die Schwierigkeit, dass viele Regelungen bereits vor Umsetzung der KRL in Deutschland im AGBG vorhanden waren.304 Anders als etwa in England wurde die RKL nicht nahezu wörtlich übernommen. Zwar wurde das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz zum Anlass für einige inhaltliche Nachbesserungen genommen. In vielen Fällen bedarf es aber immer noch eines näheren Hinsehens und ggf. einer richtlinienkonformen Auslegung, um exakt zu bestimmen, ob und wieweit sich eine Vorschrift als Umsetzung der KRL darstellt (sogleich unter II.).305 Betroffen sind hierbei weniger Vorschriften zur Einbeziehungskontrolle (§§ 305, 305a, wohl auch § 305c I BGB), als mehr solche der Inhaltskontrolle (§§ 307 I S 1, II, 308, 309 BGB) und Transparenzkontrolle (§ 307 I S 2, III S 2 BGB).306 Eine besondere Herausforderung erwächst daraus, dass viele der Richtlinienbestimmungen sehr allgemein gehalten sind und dem jeweiligen Mitgliedsstaat nach Art. 249 III EGV Umsetzungsspielräume eröffnen.307 Aus methodischer Sicht lässt sich zunächst fragen, ob Vorschriften, welche die KRL umsetzen für Verwaltungsverträge direkt oder über den Verweis in § 62 S. 2 VwVfG gelten (I.). I. Direkte Geltung oder Anwendung über § 62 S. 2 VwVfG Da das Europarecht grundsätzlich ungeachtet der Zuordnung in Bezug genommener Verträge Geltung beansprucht, scheint die unmittelbare Anwendbarkeit näher zu liegen, als der nur „ergänzend“ und „entsprechende“ Rückgriff über § 62 S. 2 VwVfG.308 Auch scheint der Zweck des Verweises, Modifikationen zur Anpassung an öffentlich-rechtliche Besonderheiten zu ermöglichen, ins Leere zu gehen. Denn die KRL erlaubt zwar in Art. 8 strengere Regelungen. Privilegierungen aufgrund öffentlicher Sonderinteressen sieht sie indes nicht vor. Teilweise wird auch aus dem Umstand, dass eine Umsetzung von Art. 2 lit. c KRL in Deutschland – anders als etwa in England – vollständig unterblieben ist, der Schluss gezogen, dass sich die Verwendergegenseite im Anwendungsbereich der KRL gegenüber missbräuchlicher AGB in öffentlich-rechtlichen Ver304 Vgl. Basedow, in: MüKo, BGB, Vor § 305, Rn. 17 ff. sowie zur vormaligen Rechtslage Vor § 305, Rn. 30 und § 310, Rn. 22 ff. 305 Basedow, in: MüKo, BGB, Vor § 305, Rn. 42 ff. 306 Zur Unterscheidung der Kontrollstufen vgl. statt aller Schulte-Nölke, in: HKBGB, Vor §§ 305–310, Rn. 10. 307 Basedow, in: MüKo, BGB, Vor § 305, Rn. 20 und 23. 308 Zu den Einzelheiten des dynamischen Verweises oben unter § 9 B. IV.
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trägen nicht auf die §§ 305 ff. BGB, wohl aber unmittelbar auf die Richtlinie berufen kann.309 Soweit die Umsetzungsakte für Verwaltungsverträge konsequent über § 62 S. 2 VwVfG zur Anwendung kommen, erübrigt sich aber der Rekurs auf eine mögliche Direktwirkung der KRL.310 Aus europarechtlicher Sicht ist diese „Verweisungslösung“ Ausdruck der deutschen Besonderheit, zwischen den Teilrechtsordnungen zu unterscheiden und das Verwaltungshandeln durch fest installierte öffentliche Rechtsformen zu dirigieren. Nachdem der EuGH311 neuerlich klargestellt hat, das zur Umsetzung der KRL nicht einmal zwingend ausschließlich gesetzliche Regelungen nötig sind, bewegt sich dise Lösung sicher im Rahmen des durch Art. 249 III EGV eingeräumten Gestaltungsspielraums. Aus nationaler Sicht hat die Verweisungslösung den Vorteil, dass die gesetzliche Systematik des Verwaltungsvertragsrechts nicht durchbrochen wird. Im Hinblick auf die effektive Anwendung der KRL führt dies nicht zu Verwässerungen oder Abstrichen, denn § 62 S. 2 VwVfG ermöglicht Modifikationen, zwingt jedoch nicht dazu. Im Hinblick auf die §§ 305 ff. BGB erweist sich der Verweis damit als janusköpfig: Soweit es sich um Umsetzungsakte handelt, kommen diese ohne Modifikationsmöglichkeit zur Anwendung, die übrigen Vorschriften hingegen nur „ergänzend“ und „entsprechend“. Etwaige Sonderinteressen der Verwaltung gilt es bei der Anwendung und Konkretisierung, speziell der in der Generalklausel, aber auch in den Richtlinienbestimmungen enthaltenen, unbestimmten Rechtsbegriffen zu verarbeiten.312
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So Basedow, in: MüKo, BGB, Vor § 305, Rn. 41. Da § 62 S. 2 VwVfG sachlich auf öffentlich-rechtliche Verträge der Verwaltung beschränkt ist, bewirkt er keine Anwendbarkeit auf privatrechtliche Verwaltungsverträge. Bedenkt man zudem, dass viele vorliegend als öffentlich-rechtlich eingestufte Verwaltungsverträge von der wohl noch überwiegenden Auffassung als privatrechtlich qualifiziert werden (etwa Benutzungsverhältnisse), wäre eine gesetzgeberische Klarstellung hinsichtlich der Anwendbarkeit auf Verwaltungsverträge in § 310 BGB de lege ferenda sinnvoll. 311 EuZW 2002, 465 (anzumerken ist allerdings, dass sich das Urteil auf den Anhang der Richtlinie bezog, dessen Rechtsverbindlichkeit gerade nicht abschließend geklärt ist). 312 Entsprechend weist der Richtliniengeber in den Erwägungen darauf hin, dass bei der Beurteilung der Missbräuchlichkeit von Klauseln, „insbesondere bei beruflichen Tätigkeiten des öffentlich-rechtlichen Bereichs, die ausgehend von einer Solidargemeinschaft der Dienstleistungsnehmer kollektive Dienste erbringen“, die Möglichkeit einer „globalen Bewertung der Interessenlagen der Parteien“ vorgesehen werden muss, vgl. Erwägungsgrund Nr. 16, ABl.EG Nr. L vom 21.4.1993, 29 (30). Im Hinblick auf die in Bezug genommenen Interessen deutlicher der englische Text: „in particular sale or supply activities of public nature providing collective services, which take account of solidarity among users, must be supplemented by a means of making an overall evaluation of the different interests involved.“ 310
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II. Die KRL umsetzende Regelungen in den §§ 305 ff. BGB Da viele Regelungen des AGBG bereits den Anforderungen der KRL entsprachen, beschränkte sich der deutsche Gesetzgeber bei der Umsetzung zunächst auf einige wenige Erweiterungen.313 Kernvorschrift des Umsetzungsgesetzes vom 25.7.1996314 war § 24a AGBG (jetzt § 310 III BGB). Während das AGBG bis dato nicht spezifisch verbraucherbezogen den Schutz des Verwendungsgegners gegenüber dem Verwender in den Blick nahm und mit den in § 24 AGBG (jetzt § 310 I 1 BGB) enthaltenen Einschränkungen auch gegenüber Unternehmern verwendete AGB in die Kontrolle einschloss, wurden mit § 24a AGBG (§ 310 BGB n. F.) ausschließlich für Verbraucherverträge geltende Sonderregelungen eingeführt.315 Zunächst gelten gem. § 310 III Nr. 1 BGB AGB als vom Unternehmer gestellt, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher in den Vertrag eingeführt wurden. Weiter werden nach § 310 III Nr. 2 BGB die §§ 305c II, und 307 bis 309 BGB auch auf Vertragsbedingungen für anwendbar erklärt, die nicht entsprechend der allgemeinen Legaldefinition in § 305 I 1 BGB für eine Vielzahl von Fällen, sondern nur für einen einzelnen Fall vorformuliert worden sind. Bei den bereits vor Umsetzung der KRL vorhandenen Regelungen ist zu differenzieren, in wie weit sie nunmehr Ausdruck europarechtlicher Vorgaben sind. Eine Einbeziehungskontrolle entsprechend den §§ 305 II bis 305c I BGB fehlt in der Richtlinie völlig, während die Auslegungsregel des § 305c II BGB in Art. 5 Abs. 2 eine Entsprechung findet. Das Kernstück der Richtlinie bildet die Inhaltskontrolle. Nach Art. 3 Abs. 1 KRL ist eine vorformulierte Vertragsklausel als missbräuchlich anzusehen, „wenn sie entgegen dem Gebot von Treu und Glauben zum Nachteil des Verbrauchers ein erhebliches und ungerechtfertigtes Missverhältnis der vertraglichen Rechte und Pflichten der Vertragspartner verursacht.“ Ganz ähnlich bestimmt § 307 I 1 BGB, dass AGB unwirksam sind, „wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen.“ Trotz Unterschieden in der Formulierung bestand Einigkeit, dass die Generalklauseln die Maßstäbe für die Inhaltskontrolle inhaltlich weitgehend deckungsgleich festlegen, so dass man den damals bereits bestehenden § 9 AGBG (jetzt § 310 I und II BGB) unverändert 313 Zum Umsetzungsbedarf ausführlich Frey, ZIP 1993, 572 ff.; Micklitz, ZEuP 1 (1993), 522 ff. sowie Heinrichs, NJW 1996, 2190 ff. Die folgende Übersicht beschränkt sich auf die für das Verwaltungsvertragsrecht relevanten, die Richtlinie umsetzenden Regelungen. 314 BGBl. I, S. 1013 ff. Vgl. dazu die Regierungsbegründung in BT-Drs. 13/2713 sowie die Beschlussempfehlung und den Bericht des Rechtsausschusses in BT-Drs. 13/ 4699. 315 Teilweise wird daraus geschlossen, dass mit § 24a AGBG der Schutzzweck um den Verbraucherschutz angereichert wurde. Zutreffend ist jedoch eine differenzierende Bestimmung des Telos, dazu oben unter C. IV.
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ließ.316 Lediglich § 310 III Nr. 3 BGB beinhaltet eine Ergänzung. Er statuiert für die Kontrolle von Verbraucherverträgen einen individuellen Maßstab, indem er entsprechend der Vorgaben in Art. 4 I KRL bestimmt, dass bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 I und II BGB auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen sind.317 Die eigentliche Inhaltskontrolle hingegen stellt einen maßgeblich durch nationales Recht bestimmten Vorgang dar.318 So konkretisiert § 310 II Nr. 1 BGB und im Ergebnis ebenso Nr. 2 den Prüfungsmaßstab319, indem die Beurteilung einer unangemessenen Benachteiligung an den Grundwertungen der (mitgliedsstaatlichen) gesetzlichen Regelung, von welcher abgewichen wird, ausgerichtet wird.320 Die in §§ 308 und 309 BGB enthaltenen Verbotslisten finden eine gewisse Entsprechung im Anhang der Richtlinie, dessen rechtliche Verbindlichkeit freilich zweifelhaft ist.321 Im Falle Schwedens hat es der EuGH322 es jüngst entgegen dem Vortrag der Kommission als hinreichende Umsetzung gewertet, dass der Anhang vollständig in den Gesetzesmaterialen abgedruckt und somit als Auslegungshilfe zugänglich gemacht wurde. Zugleich hob er hervor, dass „die Liste im Anhang der Richtlinie Hinweis- und Beispielcharakter hat.“323 Sicher
316 Dazu Heinrichs, NJW 1996, 2190 (2196); zusammenfassend zu den Unterschieden und Gemeinsamkeiten von § 307 BGB einerseits und Art. 3 I KRL andererseits Basedow, in: MüKo, BGB, § 307, Rn. 24. 317 Im Falle der Kontrolle im Rahmen einer Verbandsklage ist hingegen ein abstrakt-genereller Maßstab anzulegen, vgl. diesbezüglich den Vorbehalt zugunsten von Art. 7 in Art. 4 I KRL. Zu den teilweise umstrittenen Einzelheiten des jeweils anzulegenden Kontrollmaßstabes statt aller Basedow, in: MüKo, BGB, § 310, Rn. 71 ff., zur Verbandsklage Rn. 75 m. w. N. 318 Heinrichs, NJW 1996, 2190 (2196). 319 Zu Recht weist Basedow, in: MüKo, BGB, § 307, Rn. 61 darauf hin, dass Unterschiede zwischen Nr. 2 und Nr. 1 „mit der Lupe zu suchen sind“, weil eine Einschränkung „wesentlicher Rechte oder Pflichten“, wie sie Nr. 2 verlangt, wohl immer auch gemäß Nr. 1 mit „wesentlichen Grundgedanken“ der abbedungenen Gesetzesregelung unvereinbar sein wird. 320 Diese als Auslegungsregel formulierten Regelbeispiele (vgl. Schmidt, in: Bamberger/Roth, BGB, § 307, Rn. 32) für unangemessene Benachteiligungen haben naturgemäß kein Pendant in der RKL, da einige Mitgliedsstaaten dispositives Recht, auf das Bezug genommen werden kann, gar nicht kennen, vgl. dazu Micklitz, ZEuP 1 (1993), 522 (526). 321 Gemäß Art. 3 III KRL dient die Verbotsliste „als Hinweis“, ist „nicht erschöpfend“ und führt Klauseln auf, die für missbräuchlich erklärt werden „können“. Nachweise zur bisher geführten Diskussion um die Bedeutung des Anhangs – auch aus dem Ausland – bei Pfeiffer, in: Grabitz/Hilf, RL 93/13/EWG, Art. 3, Rn. 78 ff. sowie bei Basedow, in: MüKo, BGB, § 308, Rn. 8 ff. 322 Urt. vom 7.5.2002, Rs. C-478/99 (Kommission/Schweden), abgedruckt in EuZW 2002, 465 mit Anmerkung Pfeiffer. 323 EuGH, a. a. O., Rn. 22. Die Einschätzungen decken sich mit der allgemeinen Ansicht in der deutschen Literatur, vgl. Micklitz, ZEuP 1 (1993), 522 (529 f.); Basedow,
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ist damit jedenfalls, dass die Verwirklichung eines Anhangtatbestands durch eine Klausel nicht schlechthin zur Einordnung als missbräuchlich führt, da sich der Richtliniengeber bewusst gegen das Modell einer „schwarzen Liste“ stets unverbindlicher Klauseln entschieden hat.324 Obwohl der Anhang danach nicht den Ermessensspielraum einschränkt, über den die nationalen Behörden bei der Entscheidung über die Missbräuchlichkeit einer Klausel verfügen325, empfiehlt es sich aus europarechtlicher Sicht, Klauseln in Verbraucherverträgen der Verwaltung an denjenigen Bestimmungen der §§ 308 f. BGB auszurichten, bei welchen inhaltlich das Leitbild des Anhangs durchscheint.326 Nach Art. 4 II KRL betrifft die Beurteilung der Missbräuchlichkeit der Klauseln weder den Hauptgegenstand des Vertrages noch die Angemessenheit von Preis und Gegenleistung.327 Obwohl nicht ohne weiteres aus dem Wortlaut erkennbar, war diese Einschränkung bereits in § 8 AGBG enthalten, welcher nunmehr in § 307 III 1 BGB inhaltsgleich übernommen wurde.328 Danach erfolgt eine Inhaltskontrolle gem. den §§ 307 I u. II, 308 und 309 BGB nur, soweit AGB „von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen“ enthalten.329 Zunächst sind Klauseln von der Kontrolle ausgenommen, die lein: MüKo, BGB, § 308, Rn. 12; Pfeiffer, in: Grabitz/Hilf/Wolf, RL 93/13/EWG, Art. 3, Rn. 80 oder Kapnopoulou, Das Recht der missbräuchlichen Klauseln, S. 141. 324 Pfeiffer, EuZW 2002, 467. 325 EuGH, a. a. O., Rn. 21. 326 Pfeiffer, EuZW 2002, 467 weist jedoch zu Recht darauf hin, dass – abgesehen von der neuerlichen Klarstellung in § 309 Nr. 7a BGB – die Übereinstimmungen eher zufällig sind. Da der deutsche Gesetzgeber den Anhang weder im Gesetz noch wie im Falle Schwedens in der Gesetzesbegründung wiedergegeben hat, gestaltet sich eine Orientierung an den Wertungen des Anhangs praktisch schwierig. Ob die deutsche Umsetzung wie im Falle Schwedens einer Überprüfung durch den EuGH standhalten würde, ist mithin fraglich. Denn dieser verneint zwar eine abschließende Verbindlichkeit, betont jedoch, dass der Anhang als Wertungsgrundlage im innerstaatlichen Recht transparent zugänglich sein muss, im Einzelnen Pfeiffer, a. a. O., 467 (468). 327 Unklarheiten bestehen allerdings darüber, wie weit der kontrollfreie Raum gemäß Art. 4 Abs. 2 KRL effektiv reicht. Der Begriff des Hauptgegenstandes des Vertrages entstammt insoweit den romanischen Rechtsordnungen („objet principal“, „oggetto principale“). Dort wird für die Wirksamkeit eines Vertrages ein Gegenstand (objet, oggetto) mit gewissen Eigenschaften vorausgesetzt (siehe etwa Art. 1126 franz. Code Civil). Dabei handelt es sich um die beiderseitigen Hauptleistungspflichten der Parteien. Art. 4 Abs. 2 engt diesen Begriff freilich dadurch ein, dass es um den hauptsächlichen (principal) Gegenstand gehen muss; dazu Basedow, in: MüKo, BGB, § 307, Rn. 5. Einzelheiten werden hier letztlich durch den EuGH geklärt werden müssen, zum Ganzen zuletzt Whittaker, ZEuP 12 (2004), 75 (82 ff.) unter Berücksichtigung der jüngsten Rspr. in England. 328 Schulte-Nölke, in: HK-BGB, § 307, Rn. 5. 329 „Rechtsvorschriften“ sind dabei nicht nur Gesetzesvorschriften im materiellen Sinne, sondern auch allgemein anerkannte Rechtsgrundsätze und das Abweichen von wesentlichen Rechten und Pflichten, die sich aus der Natur des jeweiligen Vertragsverhältnisses ergeben, vgl. BGHZ 93, 358 (363) = NJW 1985, 3013 oder BGH NJW 1997, 2752 (2752 f.). Für Verwaltungsverträge kann mithin auf die sporadisch vorhan-
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diglich das ohnehin auf den Fall anwendbare Gesetzesrecht wiederholen (sog. deklaratorische Klauseln).330 Im Hinblick auf eine mögliche Konkurrenz zu öffentlich-rechtlichen Spezialvorschriften zur Angemessenheit ist der darüber hinaus enthaltene Ausschluss der Kontrolle von Klauseln, für deren Regelungsinhalt keine Rechtsvorschriften existieren, nachfolgend noch näher zu untersuchen. Hiernach fallen Preisvereinbarungen der Parteien oder die Beschreibung der Leistungspflichten in einem Vertrag grundsätzlich nicht in den Anwendungsbereich der AGB-Kontrolle. Der Grund für diese Einschränkung liegt darin, dass die Bestimmung des Preis-Leistungs-Verhältnisses allein der Privatautonomie und den Gesetzen des Marktes unterliegen soll.331 Von den kontrollfreien Preisvereinbarungen sind sog Preisnebenabreden zu unterscheiden332, d.h. Vereinbarungen, die sich nur mittelbar auf den Preis auswirken.333 Allerdings gilt es eine bereits durch die Rechtsprechung anerkannte, im Zuge der Schuldrechtsmodernisierung zwecks deutlicherer Umsetzung der entsprechenden Vorgaben in Art. 4 II KRL jetzt in § 307 III 2 BGB verankerte Ausnahme zu beachten.334 Dieser stellt klar, dass das jetzt in § 307 I 2 BGB kodifizierte Transparenzgebot335 unabhängig davon anwendbar bleibt, ob eine Klausel gemäß § 307 III 1 BGB der Inhaltskontrolle entzogen ist. Auch leistungs- und preisbezogene Klauseln sind damit so zu gestalten, dass ein sorgfältiger, juristisch nicht vorgebildeter Leser in der Lage ist, den Inhalt zu erfassen.336 Der Verwender muss also die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien möglichst klar und verständlich, hinreichend bestimmt und vollständig beschreiben.337 denen öffentlich-rechtlichen Spezialnormen sowie die über § 62 S. 2 VwVfG anwendbaren Zivilrechtsnormen, aber auch auf aus nicht verwaltungsvertrags-spezifische geschriebene und/oder ungeschriebene Verwaltungsrechtsgrundsätze abgestellt werden. 330 Näher Schulte-Nölke, in: HK-BGB, § 307, Rn. 6. Hintergrund der Regelung ist, dass Gerichte nicht die Angemessenheit des dispositiven Gesetzesrechts selbst prüfen sollen. 331 Schulte-Nölke, in: HK-BGB, § 307, Rn. 5. Eine absolute Grenze setzt die Rechtsordnung jedoch auch in diesem Fall durch die allgemeinen Vorschriften (§§ 138, 242 BGB). Zu beachten ist darüber hinaus, dass AGB-Klauseln, selbst wenn sie Leistungsbeschreibungen enthalten, durch § 307 III 1 BGB nur der Inhaltskontrolle gemäß §§ 307 ff. entzogen sind, während die Vorschriften der §§ 305a ff. BGB anwendbar bleiben (vgl. BGHZ 130, 150 [153 f.] = NJW 1995, 2637 [2638] oder BGHZ 130, 19 [24 f.] = NJW 1995, 2553). Als auch für öffentlich-rechtliche Verwaltungsverträge bedeutsam könnte sich in diesem Zusammenhang § 305c BGB erweisen, wonach überraschende Klauseln nicht Vertragsbestandteil werden. 332 Vgl. etwa BGH NJW 2002, 2386 (2386 f.). 333 Beispielsweise Abreden bzgl. der Entstehungsvoraussetzungen, Zahlungsmodalitäten oder Vereibarungen, welche das Leistungsversprechen einschränken oder modifizieren, etwa: Regelungen zur Fälligkeit, Preisnachlässe, Vertragsstrafen oder Rücktritts- und Kündigungsmöglichkeiten. Zur im Detail schwierigen Abgrenzung näher Schulte-Nölke, in: HK-BGB, § 307, Rn. 7 f. 334 Zu den Hintergründen vgl. die Gesetzesbegründung BT-Drs. 14/6040, S. 154. 335 Ausführlich Armbrüster, DNotZ 2004, 437 ff. 336 BGHZ 106, 42 (49).
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Auf Rechtsfolgenseite entspricht § 306 BGB schließlich der Forderung des Art. 6 KRL, wonach die missbräuchliche Klausel, nicht aber der Restvertrag unwirksam ist.
§ 12 Öffentlich-rechtliche Sonderregelungen im Verhältnis zum AGB-Recht Die Anwendung der §§ 305 ff. BGB ist überall dort fraglich, wo öffentlichrechtliche Spezialnormen möglicherweise vorrangig anzuwenden sind. Näherer Betrachtung bedürfen das Schiftformerfordernis (A.) und vor allem das Angemessenheitsgebot und dessen gesetzliche Ausprägungen (B.). A. Das Schriftformerfordernis § 57 VwVfG verlangt, ebenso wie dessen Vorgaben wiederholende338 oder gar verschärfende339 Regelungen in Fachgesetzen, dass öffentlich-rechtliche Verträge schriftlich abzuschließen sind.340 Die Schriftform bezieht sich auf alle für das Zustandekommen des Vertrages erheblichen Punkte und sonstige Abreden, so dass durch § 305 II BGB vorgesehene vereinfachte Modalitäten der Einbeziehung (Hinweis oder Aushang) von Bedingungswerken in einen Verwaltungsvertrag de lege lata ausscheiden.341 Ein Konflikt mit der Richtlinie entsteht dadurch nicht, da diese ausdrückliche Regeln über die Einbeziehung vorformulierter Klauseln in einen Vertrag nicht enthält.342 Ringt man sich im Zuge der Reformüberlegungen doch dazu durch, das Schriftformerfordernis etwa für bereits in Vollzug gesetzte Verträge zu lockern343, käme künftig § 305 II und III BGB zur Anwendung. Praktische Bedeutung hätte dies vor allem im Bereich 337
Im Einzelnen Armbrüster, DNotZ 2004, 437 (438). Etwa § 224a II 1 AO, § 109 I 1 HS 2 SGB V, § 84 II 1 AuslG. 339 So § 51 II BLG oder 18 III SchBerG (notarielle Beurkundung). 340 Zu den Anforderungen des § 57 VwVfG sowie der neuerlich in § 3a II VwVfG vorgesehenen Möglichkeit, die Schriftform durch „elektronische Form“ zu ersetzen statt aller Henneke, in: Knack, VwVfG, § 57, Rn. 2 ff. Teilweise finden sich in Fachgesetzen Wiederholungen des Schriftformerfordernisses oder darüber hinausgehende Anforderungen. Etwa § 224a II 1 AO, § 11 III BauGB, § 109 I HS 2 SGB V, § 84 II 1 AuslG (Schriftform) sowie § 51 II BLG oder § 18 III SchBerG (notarielle Beurkundung). Nach § 224a II 1 HS 2 AO ist die elektronische Form ausdrücklich ausgeschlossen. 341 Ebenso zur bisherigen Rechtslage Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 356 f.; Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 507; Schmidt-Aßmann/Krebs, Städtebauliche Verträge, S. 151, Fn. 395; de Wall, Privatrechtliche Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 295; Henke, Wirtschaftssubventionen, S. 65 ff.; a. A. (ohne Begründung) Schlosser, in: Staudinger, AGBG, § 1, Rn. 4. 342 Vgl. Basedow, in: MüKo, BGB, § 305, Rn. 49. Zudem sind nach Art. 8 der RL ohnehin strengere nationale Regelungen zulässig. 338
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der häufig unter Verwendung von AGB geschlossenen Verträge zur Benutzung öffentlicher Einrichtungen. B. Das öffentlich-rechtliche Angemessenheitsgebot In § 56 I 2 VwVfG344 sowie mit dessen fachgesetzlichen Ausprägungen in den §§ 11 II 1 und 124 III 1 BauGB finden sich Sonderrechtsnormen, deren Verhältnis zum AGB-Recht nicht zuletzt angesichts der aktuellen Rspr. des BGH (I.) einer näheren Betrachtung bedarf (II.). I. Standpunkt des BGH Nach dem BGH verleiht § 11 II 1 BauGB ebenso wie § 56 I 2 VwVfG, lediglich für einen speziellen Regelungsbereich dem allgemeinen Angemessenheitsgebot, welches als Ausfluss des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit auch ohne gesetzliche Bestimmung das gesamte Handeln der Verwaltung bestimmt, Ausdruck.345 Entscheidend sind die dortigen Aussagen zum Regelungsgehalt der Norm: Das Angemessenheitsgebot gelte für privat- wie öffentlich-rechtliche städtebauliche Verträge346 und verdränge jeweils als „erschöpfende Regelung“ das AGB-Recht.347 Anders als das AGB-Recht nehme das Angemessenheitsgebot, und damit auch § 11 II 1 BauGB, nicht prinzipiell die einzelne Klausel in den Blick, sondern ermögliche eine wertende Betrachtung des Gesamtvorgangs.348 Obwohl § 11 II 1 BauGB wie das AGB-Recht auch die Überprüfung einzelner Klauseln ermögliche349, sei der Kontrollmaßstab nicht identisch350. Die Inhaltskontrolle einzelner Vertragsbestimmungen nach Maßgabe des Ange343 Zu diesen Überlegungen Schmitz, DVBl. 2005, 17 (23). Der Musterentwurf zum VwVfG sieht bisher lediglich die klarstellende (vgl. BVerwGE 93, 326 [333]) Streichung der Urkundeneinheit vor. 344 Vgl. zudem das sozialrechtliche Pendant zu § 56 VwVfG in § 55 SGB X. 345 BGH NVwZ 2003, 371 (372) unter Bezugnahme auf BVerfGE 23, 127 (133) und BVerwG NJW 1985, 989 (990). 346 Der zu beurteilende Vertrag wurde 1988 geschlossen, so dass § 11 BauGB in zeitlicher Hinsicht gar nicht anwendbar war. Letztlich stellte das Gericht daher auf das Angemessenheitsgebot als einen algemeinen Grundsatz des Verwaltungsrechts ab, vgl. BGH NVwZ 2003, 371 (372). 347 BGH NVwZ 2003, 371 (372 f.). 348 Vgl. BGH NVwZ 2003, 371 (373 f.). 349 Ähnlich Grziwotz, NVwZ 2002, 391 (393 f.). 350 BGH NVwZ 2003, 371 (373); ebenso o. ähnlich Hofstetter, BWNotZ 2000, 5 (6) oder Grziwotz, Vertragsgestaltung, S. 83, Rn. 185; a. A. (inhaltlich deckungsgleich) VGH München NVwZ 1999, 1008 (1010); Kahl/Röder, JuS 2001, 24 (27); Wagner, Anwendbarkeit des AGB-Gesetzes auf Benutzungsregelungen, S. 103. Auch nach Rastätter, DNotZ 2000, 17 (24) „gebietet der Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung ein solches Normenverständnis.“
§ 12 Öffentlich-rechtliche Sonderregelungen im Verhältnis zum AGB-Recht
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messenheitsgebotes ermögliche weitergehend als das AGB-Recht eine Kompensation von Vertragsklauseln, die für sich genommen unangemessen sind, durch vorteilhafte Bestimmungen im übrigen Vertrag, wodurch öffentlichen Sonderinteressen besser Rechnung getragen werden könne. In diese Gesamtabwägung einbezogen seien nicht nur Bestimmungen zu Leistung und Gegenleistung der Parteien, sondern auch sonstige Klauseln, wobei die Bestimmungen der §§ 305 ff. BGB ggf. als „Wertungskriterien“ Berücksichtigung finden können.351 II. Konkurrenz- oder Ergänzungsverhältnis? Der BGH geht davon aus, dass das Angemessenheitsgebot und die AGBKontrolle nach den §§ 305 ff. BGB eine gemeinsame Schnittfläche bilden, innerhalb derer es zu einer Konkurrenzlage kommt. Bei genauerem Hinsehen unterscheiden sich beide Kontrollmaßstäbe deutlich in wichtigen Punkten: Zunächst bezieht sich das Angemessenheitsgebot sachliche anders als das AGB-Recht nicht allein auf vorformulierte Bestimmungen, sondern auch, vielleicht sogar primär, auf Individualabreden. Anders als die KRL aber ähnlich wie die §§ 305 ff. BGB insgesamt ist es persönlich sowohl auf Verbraucher- als auch auf Unternehmerverträge, anwendbar ohne zwischen diesen beiden näher zu differenzieren. Auf Rechtsfolgenseite fällt auf, dass § 59 III VwVfG die Gesamtnichtigkeit zur Folge hat, während nach § 306 I BGB der Restvertrag wirksam bleibt. Entscheidend für das Verhältnis der unterschiedlichen Kontrollregime zueinander ist, welche Vertragsregelungen jeweils in die Kontrolle mit einbezogen sind. Der BGH geht davon aus, dass sich das Angemessenheitsgebot nicht nur auf die Leistungsbestimmungen, sondern den ganzen Vertragsinhalt bezieht. Möglicherweise lässt sich die Kontrolle beider Vertragsbestandteile jeweils dem einen oder dem anderen Regime zuordnen, so dass es zu gar keiner Überschneidung kommt. 1. Enge Auslegung des Angemessenheitsgebotes und der §§ 56 I 2 HS 2 VwVfG sowie 11 II 1 und 124 III 1 BauGB Die Leistungsbezogenheit des Angemessenheitsgebotes kommt bereits im Wortlaut der dazu vorhandenen Vorschriften zum Ausdruck: § 56 I 2 VwVfG bezieht sich ausdrücklich allein auf die Gegenleistung.352 § 11 II 1 BauGB wie 351
BGH NVwZ 2003, 371 (2. LS). Teilweise finden sich Versuche, den Anwendungsbereich der Norm auch auf die Leistung der Verwaltung zu beziehen, vgl. Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 484. Die Gegenansicht hält eine Erstreckung des Angemessenheitserfordernisses 352
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auch § 124 III 1 BauGB, welche ganz überwiegend als spezialgesetzliche Ausprägungen von § 56 I 2 VwVfG353 bzw. der dahinter liegenden öffentlichrechtlichen Grundsätze354 gesehen werden, enthalten eine Perspektivenweitung, indem von den „vereinbarten Leistungen“ gesprochen, mithin auch die Leistung der Verwaltung miteinbezogen wird.355 Nach dem zunächst durch das BVerwG356 geprägten Verständnis ist dem Gebot angemessener Vertragsgestaltung genügt, wenn bei wirtschaftlicher Betrachtung des Gesamtvorgangs die Gegenleistung nicht außer Verhältnis zu der Bedeutung und dem Wert der von der Behörde erbrachten oder zu erbringenden Leistung steht und die vertragliche Übernahme der Leistung keine unangemessene Belastung darstellt.357 Die Behörde dürfe „weder wuchern, noch verschleudern.“358 Obwohl der BGH sich ausdrücklich sowohl auf das BVerwG sowie die dieses rezipierende Literatur beruft, erfährt der zweite Teil der Definition im Stillen eine Variation, wenn der BGH formuliert: „und die vertragliche Übernahme von Pflichten auch an-
auch auf die Leistung der Verwaltung für entbehrlich, da trotz des Wortlautes eine wertende Betrachtung der Gegenleistung nie ohne Bezugnahme auf die Leistung erfolgen kann, so etwa Gurlit, Verwaltungsvertrag, S. 338 oder Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 56, Rn. 12. 353 Vgl. nur Gurlit, Verwaltungsvertrag, S. 337 („Geschwister in bereichsspezifischen Regelungen“) oder auch die neuere Rspr., etwa OLG Hamm, Urt. vom 12.12. 2002, Az. 22 U 81/02 (JURIS), welches bei Verstoß gegen § 11 II 1 BauGB konsequent die Rechtsfolgenregelung in § 59 II Nr. 4 VwVfG angewandt hat. 354 Vor allem des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, Rechtsstaatsprinzip und des Gleichheitsgebotes, vgl. Kahl, DÖV 2000, 793 (798); Oerder, BauR 1998, 22 (28 f.); Hamann, Verwaltungsvertrag, S. 136, 147 und 151 f. sowie BGH NVwZ 2003, 371 (372). 355 Vgl. Gurlit, Verwaltungsvertrag, S. 364 oder Brohm, in: Bauer/Breuer/Degenhart/Oldiges, 100 Jahre Allg. BauG Sachsen, 457 (460). Damit soll der Tatsache Rechnung getragen werden, dass gerade bei städtebaulichen Verträgen, etwa mit größeren Wirtschaftsunternehmen, das im Allgemeinen erwartete Machtgefälle von der Gemeinde zum Bürger auch in umgekehrter Richtung bestehen kann, vgl. Brohm, JZ 2000, 321 (322) sowie Hamann, Verwaltungsvertrag, S. 151, welcher dem jedoch aufgrund der prinzipiellen Staatsgerichtetheit des in § 11 II 1 BauGB durchscheinenden, zuvorderst dem Schutz des Bürgers dienenden Übermaßverbotes, kritisch gegenübersteht. 356 Urt. vom 6.7.1973, BVerwGE 42, 331 (345). 357 Auch die hiervon in Nuancen abweichenden Definitionen der Literatur stellen auf den ökonomischen Bezug zwischen Leistung und Gegenleistung ab, vgl. Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 11, Rn. 166: „wirtschaftliche Ausgewogenheit von Leistung und Gegenleistung.“; ähnlich Henneke, in: Knack, VwVfG, § 56, Rn. 14; Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 483; Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 56, Rn. 13; Tiedemann, in: Obermayer, VwVfG, § 56, Rn. 19 f. oder Hamann, Verwaltungsvertrag, S. 147 ff. (dort auch zu Einzelfragen wie der Berücksichtigungsfähigkeit der Einwilligung des Privaten als Bewertungskriterium); zu aktuellen Einzelfragen der Angemessenheit, die sich vor allem bei Folgekosten- und Erschließungsverträgen stellen Pitzcker, in: FS Hoppe, 439 (451 ff.) und Bick, DVBl. 2001, 154 (159). 358 OVG Koblenz BauR 2003, 1373 (1378).
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sonsten zu keiner unzumutbaren Belastung für den Vertragspartner der Behörde führt.“359 Das BVerwG hatte hingegen in der auch vom BGH zitierten Grundsatzentscheidung zunächst die wirtschaftliche Relation von Leistung und Gegenleistung in den Blick genommen und anschließend im zweiten Schritt isoliert danach gefragt, ob die Leistung zumutbar ist.360 Der BGH scheint nun die Vorgaben des BVerwG umzuinterpretieren, indem er die Vertragsgestaltung als angemessen betrachtet, soweit nicht nur Leistung und Gegenleistung wirtschaftlich adäquat sind, sondern auch das Pflichtenprogramm in toto nicht unzumutbar erscheint.361 Dies hingegen entspricht nicht der gesetzgeberischen Konkretisierung des Angemessenheitsgebotes in § 56 I 2 VwVfG und § 11 II 1 BauGB. Der Gesetzgeber wählte hinsichtlich des § 11 II BauGB ein „mittleres Konkretisierungsniveau“, jedoch nicht ohne mit der Bezugnahme auf die „Angemessenheit von Leistung- und Gegenleistung“ die Eckpunkte festzulegen.362 Zu Recht 359
BGH NVwZ 2003, 371 (373). Da es um einen Folgekostenvertrag ging, hatte das BVerwG formuliert „und zweitens die vertragliche Übernahme der Kosten (= Leistung des Privaten) eine unzumutbare Belastung bedeutet.“ (Einfügung durch den Verfasser), BVerwGE 42, 331 (345); ganz klar allein auf das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung abhebend VGH Mannheim NVwZ 2001, 694 (696). 361 Für eine derart breite Interpretation des § 11 II BauGB scheint die vom BGH an späterer Stelle in der Urteilsbegründung kurz in Bezug genommene Stellungnahme des BVerwGE 74, 78 (83) zur Anwendbarkeit des AGBG auf formularmäßige Ausbildungsförderungsverträge zu sprechen. Das BVerwG hatte – ohne nähere Begründung – ausgeführt, dass das AGBG auf öffentlich-rechtliche Verwaltungsverträge keine Anwendung findet und der in § 9 AGBG (§ 307 BGB) niedergelegte Grundsatz „ohnehin“ kraft öffentlichen Rechts gelte und in den §§ 56, 59 VwVfG eine gesetzliche Ausgestaltung erfahren habe. Scheinbar geht das BVerwG dabei von der damals vorherrschenden Annahme aus, das AGBG gelte als privatrechtlicher Normenkomplex grundsätzlich nicht für öffentlich-rechtliche Verträge und sei auch nicht von § 62 S. 2 VwVfG in Bezug genommen (dazu die Nachweise oben unter § 10 C. I.). Da das BVerwG nicht von einer Konkurrenzlage ausgeht, wollte das BVerwG auch nicht § 9 AGBG gegenüber § 56 I 2 HS 1 VwVfG abgrenzen. Es wird lediglich gesagt, dass in beiden Vorschriften verwandte Rechtsgedanken zum Ausdruck kommen, nicht aber wie sich die Tatbestände zueinander verhalten. BVerwGE 98, 58 ff. scheint dies zu bestätigen. Dort ging es u. a. um die Bewertung einer Vertragsstrafenklausel, wobei das Gericht – obwohl gerade dieser Fall dazu Anlass gegeben hätte – an keiner Stelle der ausführlichen Urteilsbegründung auf § 56 VwVfG zu sprechen kommt (was Meyer, JZ 1996, 78 [80] in seiner Urteilsanmerkung zu Unrecht [dazu sogleich] kritisiert.). Das BVerwG scheint insoweit die Einschätzungen der Vorinstanz (OVG Münster, Urt. vom 15.4.1993, Az. 14 A 1384/90), welche die Anwendbarkeit des § 56 VwVfG auf Vertragsstraferegelungen bewusst abgelehnt hatte, zu teilen (dazu die Urteilsbegründung in OVG Münster NJWE-MietR 1997, 185 [186]). Im Beschluss vom 11.4.1997 – 8 B 61/97 – hatte das BVerwG bei der Bewertung einer formularmäßigen Schadenspauschalierung § 56 VwVfG überhaupt nicht erwähnt, und stattdessen die Klausel an den Nr. 5 und 6 des § 11 AGBG gemessen, deren Anwendbarkeit aber am Ende dennoch offen gelassen. Zusammenfassend lässt sich damit der Rechtsprechung des BVerwG weder zur Anwendbarkeit des § 56 VwVfG noch zu der des AGB-Recht auf nicht leistungsbezogene Klauseln eine endgültige Aussage entnehmen. 362 Vgl. die Ausführungen in der Regierungsbegründung, BT-Drs. 13/6392, S. 50. 360
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wurde daher in der Literatur363 und jüngeren Rechtsprechung364 das Angemessenheitsgebot vor allem auf Vertragsstraferegelungen für unanwendbar erklärt. Demgegenüber findet sich vereinzelt die Ansicht, das Angemessenheitsgebot in der vom Gesetzgeber gewählten Konkretisierung beziehe sich auch auf Nebenpflichten, da die Angemessenheit den „gesamten Umständen nach“ gewahrt sein muss.365 Vereinzelt wird auch § 56 I 2 VwVfG zumindest analog angewandt.366 Methodisch erscheint jedoch aufgrund der klaren tatbestandlichen Begrenzung der einschlägigen Normen der nun ausdrücklich eröffnete Rückgriff auf die §§ 305 ff. BGB über § 62 S. 2 VwVfG überzeugender. Denn dem genauen Wortlaut nach heißt es, dass „die Gegenleistung“ (§ 56 I 2 VwVfG) bzw. „die vereinbarten Leistungen“ (§ 11 II 1 BauGB) und eben nicht „das vertragliche Pflichtenprogramm“ o. ä. den gesamten Umständen nach angemessen sein müssen.367 Die Gesamtheit der Vertragsbestimmungen findet nur insofern Berück363 Die erste ablehnende Stellungnahme findet sich bereits bei Kessler/Kortmann, DVBl. 1977, 690 (691); dem folgend (dann allerdings eingeschränkt eine Analogie bejahend) Berndorf, in: Obermayer, VwVfG, § 62, Rn. 78; ablehnend mit eigener Argumentation Koch, DÖV 1998, 141 (147) und Schilling, VerwArch 85 (1994), 226 (242). 364 OVG Münster NJWE-MietR 1997, 185 (185 f.) mit der zusätzlichen Klarstellung: „Insbesondere steht die Vertragsstrafe nicht in einem Gegenseitigkeitsverhältnis zu einer Leistung der Behörde, so daß die inhaltlichen Anforderungen des § 56 I 1 NWVwVfG bei der Vereinbarung der Geldstrafe nicht zu beachten waren.“ (in Auseinandersetzung aller bis dato ersichtlichen Gegenstimmen und dem Verweis auf BVerwGE 98, 58 [64]), zustimmend OVG Hamburg, Urt. vom 22.11.2002, Az. 1 Bf 214/00 (JURIS, Rn. 44) abgedr. NordÖR 2003, 492 ff. 365 Brohm, JZ 2000, 321 (328). 366 Berndorf, in: Obermayer, VwVfG, § 62, Rn. 78; zustimmend Henneke, in: Knack, VwVfG, § 62, Rn. 16. 367 Zutreffend Koch, DÖV 1998, 141 (147); Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 530 und im Ergebnis ebenso Schilling, VerwArch 85 (1994), 226 (242). Den bisher einzigen Ansatz, das Wortlautargument zu umgehen, lieferte Meyer, JZ 1996, 78 (81) in seiner Urteilsanmerkung zu BVerwGE 98, 58 ff. Danach sei die Vertragsstrafe jedenfalls dann „Gegenleistung“, wenn sie fällig werde; ebenso Tiedemann, in: Obermayer, VwVfG, § 56, Rn. 36 f. Zudem sei sie auch Gegenleistung im funktionalen Sinne, da sie als „Äquivalent“ für die Gegenleistung, zu welcher sich die Verwaltung vertraglich verpflichtet, zu sehen sei. Das wiederum entspricht weder dem allgemein von Seiten des BVerwG Vertragsstrafen zugesprochenen Charakter (vgl. etwa BVerwGE 74, 78 [80 f.], wo im Ergebnis wie im Zivilrecht von einer Schadenspauschalierungs- und Beugungsfunktion ausgegangen wird, vgl. auch OVG Hamburg, Urt. vom 22.11.2002, Az. 1 Bf 214/00 (Juris, Rn. 34) abgedr. NordÖR 2003, 492 ff.: „Beugefunktion“ sowie die Kritik an Meyer bei Schlette, a. a. O., S. 530 f.). Zutreffend Kessler/Kortmann, DVBl. 1977, 690 (691): „Die Vertragsstrafe stellt jedoch keine Gegenleistung für den Erlass einer Maßnahme dar, sondern dient der ordnungsgemäßen Erfüllung des Vertrages. Aus diesem Grunde lassen sich die §§ 56 und 59 Abs. 2 Ziff. 4 VwVfG auf die Vertragsstrafe nicht anwenden.“ Zudem ist die Argumentation Meyers von dem Anliegen getragen, zu vermeiden, dass § 62 S. 2 VwVfG i. V. m. § 138 BGB die äußerste Grenze verwaltungsvertraglicher Strafregelungen bildet. Das freilich erübrigt sich jedenfalls für formularmäßige Verwaltungsverträge mit dem Verweis auf die §§ 305 ff. BGB.
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sichtigung, als diese zur Bewertung der Leistungspflichten herangezogen werden können368, oder in den einfachen und klaren Worten der Gesetzesbegründung: „muß ,den gesamten Umständen nach angemessen sein‘, das bedeutet, daß Leistung und Gegenleistung in einem größeren Rahmen zu sehen sind.“369 In ähnlicher Weise werden auch bei der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle die Leistungsbestimmungen zwar einerseits nach § 307 III 1 BGB gerade keiner Inhaltskontrolle unterzogen370, andererseits ist bei der Bewertung der sonstigen Klauseln der gesamte Vertragsinhalt zu berücksichtigen.371 Kurz: Nach dem Angemessenheitsgebot sollen Leistung und Gegenleistung, nach dem AGB-Recht alle sonstigen Klauseln „unter allen Umständen“ kontrolliert werden. Während es gerade nicht Aufgabe der AGB-Kontrolle ist, den „gerechten“ Austausch von Leistung und Gegenleistung zu ermitteln372, da dies bewusst der privatautonomen Gestaltung der Vertragsparteien überlassen wird, zielt das öffentlich-rechtliche Angemessenheitsgebot auf das Gegenteil: Die nicht privatautonom, sondern gesetzesdirigiert agierende Verwaltung soll sich weder zu einer Leistung verpflichten, welche ihr das Gesetz verwehrt, noch soll sie den Bürger zu einer unangemessen harten Gegenleistung verpflichten. Mit der Forderung eines angemessenen Verhältnisses der sich gegenüberstehenden Leistungsverpflichtungen erhebt das Angemessenheitsgebot das iustum pretium, die materielle Vertragsgerechtigkeit, jedenfalls dem Grundsatz nach zum rechtlichen Gebot und geht damit weit über das BGB hinaus, welches als äußerste Grenze der Gestaltungsfreiheit der Parteien lediglich das Verbot sittenwidriger Geschäfte aufstellt.373
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Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 56, Rn. 14. BT-Drs. 7/910, S. 80 (Hervorhebung durch den Verfasser). 370 Gemeint ist ein eng begrenzter Bereich von Regelungen, die „Art, Umfang und Güte der geschuldeten Leistung festlegen“, nicht aber solche, die „das Hauptleistungsversprechen einschränken, verändern, ausgestalten oder modifizieren.“, st. Rspr. BGHZ 130, 150 (156); 143, 128 (138f.) = NJW 2000, 577; BGHZ 141, 380 (382f.) = NJW 1999, 2276; BGH NJW 2001, 1934 (1935); 2002, 2386 oder OLG Köln NJWRR 2002, 598 jew. m. w. N.; zu den Einzelheiten Basedow, in: MüKo, BGB, § 307, Rn. 12 ff. 371 Siehe nur Basedow, in: MüKo, § 307, Rn. 32, wobei äußerst umstritten ist, wie weit der Preis als Wertungskriterium einfließen darf, a. a. O., Rn. 39 f. Deutlich diesen Gedanken für Verbraucherverträge artikulierend Art. 4 KRL: „(1) Die Mißbräuchlichkeit einer Klausel [. . .] wird unter Berücksichtigung [. . .] aller den Vertragsabschluß begleitenden Umstände sowie aller anderen Klauseln desselben Vertrages oder eines anderen Vertrages, von dem die Klausel abhängt [. . .] beurteilt [. . .]. (2) die Beurteilung der Mißbräuchlichkeit betrifft weder den Hauptgegenstand des Vertrages, noch die Angemessenheit zwischen Preis bzw. dem Entgelt und Dienstleistungen bzw. den Gütern, die die Gegenleistung darstellen“. Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 530 ff. schließt insoweit aus dem Wortlaut, dass die Vertragsstrafenregelung auch bei der Bewertung der Hauptleistungen zu berücksichtigen ist. 372 Vgl. nur die Begründung zum AGBG BT-Drucks. 7/3919 S. 22. 373 Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 481. 369
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Die Leistungsbezogenheit des Angemessenheitsgebotes erschließt sich schlussendlich auch aus der inhaltlichen Verknüpfung mit dem ebenfalls nur Leistung und Gegenleistung in den Blick nehmenden Koppelungsverbot: Das Koppelungsverbot ist bereits per definitionem bezogen auf das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung, so dass eine Konkurrenz zur AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle grundsätzlich nicht besteht.374 Das Angemessenheitsgebot als Ausfluss des Übermaßverbotes kommt nach zutreffender Ansicht aber überhaupt nur in dem Rahmen zum Tragen, den zunächst das jeder Verfügung der Parteien entzogene Koppelungsverbot absteckt.375 Ihm kommt im Verhältnis zum Koppelungsverbot die Aufgabe einer Feinsteuerung zu: Nach der Angemessenheit einer von der Verwaltung geforderten Gegenleistung kann sinnvoll nur gefragt werden, wenn die sich grundsätzlich in das die Verwaltungsleistung determinierende Normenprogramm einfügt.376 Koppelungsverbot und Angemessenheitsgebot hatten beide also stets nur Leistung und Gegenleistung im Blick. Nun auch die Kontrolle sonstiger Nebenbestimmungen aufzusatteln, ist als systemfremde Erweiterung eines ohnehin unbestimmten Tatbestandes abzuleh374 In der seit der seit BVerwGE 42, 331 (338 f.) gängigen Formulierung besagt dieses, dass zum einen durch einen Verwaltungsvertrag nichts miteinander verknüpft werden darf, was nicht ohnedies schon in einem inneren Zusammenhang steht, und dass – zum anderen – hoheitliche Entscheidungen ohne entsprechende gesetzliche Ermächtigung nicht von wirtschaftlichen Gegenleistungen abhängig gemacht werden dürfen, es sei denn erst die Gegenleistung würde ein der Entscheidung entgegenstehendes rechtlichen Hindernis beseitigen. Zur Illustration. u. a. der Leistungsbezogenheit, vgl. nur die Sachverhalte in BVerwG NVwZ 2000, 1285 ff. (Änderung eines Bebauungsplanes gegen Zahlung für Kindergartenbau anstelle eines nicht mehr festsetzbaren Erschließungsbeitrages); OVG Koblenz BauR 2003, 1373 ff. (Verpflichtung der Denkmalschutzbehörde zu Grabung gegen Kostenbeteiligung eines Privaten in Investorenvertrag) oder VGH Mannheim VBlBW. 2004, 52 ff. (Fortführung eines Verfahrens zur Aufstellung einer Abrundungssatzung gegen eine pauschale Zahlung zur Deckung der Verwaltungs- und Planungskosten der Gemeinde); vgl. auch VGH München BayVBl. 2004, 692 ff. und OVG Greifswald DÖV 2004, 40 und die Nachweise aus jüngerer Zeit bei Krebs, in: ders., Liber Amicorum Hans-Uwe Erichsen, 63 (66 f.). „Leistung“ ist in diesem Zusammenhang zwar weder exakt im zivilrechtlichen Sinne zu verstehen noch bedarf es zwingend eines Gegenseitigkeitsverhältnisses. Als „Leistung“ der Verwaltung kommt daher auch ein Behördenhandeln in Betracht, welches nur Geschäftsgrundlage eines öffentlich-rechtlichen Verwaltungsvertrages ist (sog. „hinkender Austauschvertrag“, dazu nur U. Stelkens, Verwaltungsprivatrecht, S. 713 ff.; Bonk, in: P. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 56, Rn. 20 ff.; BVerwGE 111, 162 [167] und BVerwG NVwZ-RR 2003, 874 [875]); OVG Münster NVwZ-RR 2004, 776 (777) oder das Motiv eines privatrechtlichen Verwaltungsvertrages bildet (vgl. BVerwGE 92, 56 [65]); zum andersartigen Leistungsbegriff vgl. auch die Konstellation in BVerwG NVwZ-RR 2004, 413 ff. sowie OVG Münster NVwZ-RR 2003, 147 (149). Immer jedoch geht es um die Verknüpfung der Hauptpflichten, bzw. Gegenstände des Verwaltungsvertrages, vgl. Hamann, Verwaltungsvertrag, S. 140 ff. Zur Annahme eines Austauschverhältnisses genügt eine einfache Wechselbezüglichkeit. Es bedarf also keines synallagmatischen „do und des“, vgl. Brohm, in: Bauer/Breuer/Degenhart/Oldiges, 100 Jahre Allg. BauG Sachsen, 457 (471). 375 Hamann, Verwaltungsvertrag, S. 150. 376 Hamann, Verwaltungsvertrag, S. 150.
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nen.377 Das Ergebnis entspricht dem Willen des Gesetzgebers: Dieser wollte mit § 11 BauGB keine abschließende Spezialnorm schaffen, sondern orientierte sich an den durch § 56 VwVfG vorgezeichneten Strukturen; es ging ihm mehr darum, für das Städtebaurecht das öffentlich-rechtliche „Dürfen“, nicht die Details des „Könnens“ zu regeln.378 Wäre eine Einschränkung des Anwendungsbereichs des AGB-Rechts durch die Vorschriften des BauGB gewollt gewesen, so hätte dies systematisch durch eine Ergänzung der Ausnahmetatbestände in § 23 II AGBG (jetzt § 310 IV BGB) geschehen müssen.379 Sinnvoll erscheint nach alledem, das AGB-Recht und das Angemessenheitsgebot in ein Komplementärverhältnis zu setzen: Das Angemessenheitsgebot betrifft die Leistungspflichten, die AGB-Kontrolle hingegen nimmt alle sonstigen Bestimmungen in den Blick. 2. Ablehnung verwaltungsprivatrechtlicher Sonderlösungen Durch die Ausklammerung des EG-Rechts versieht der BGH seine Lösung mit einer voraussichtlich kurzen Halbwertszeit. Eine erneute Auseinandersetzung und ggf. eine Vorlage zum EuGH wird möglicherweise nicht lange auf sich warten lassen.380 Die Annahme des BGH, dass vor dem Hintergrund der KRL das AGB-Recht künftig „zumindest“ für privatrechtliche Verträge der Verwaltung Anwendung finden könnte, bestätigen die bereits entfalteten ganz grundsätzlichen Bedenken381 gegen den nun auch für Einheimischenverträge gewählten verwaltungsprivatrechtlichen Weg382. Denn aus Sicht des Richtliniengebers ist es völlig unerheblich, ob die Verwaltung bei der Verwendung missbräuchlicher Klauseln eine privat- oder verwaltungsvertragliche Ausgestaltung „wählt“383. Aus nationaler Sicht stellen die angeblich grundsätzlich privatrechtlichen Einheimischenverträge innerhalb des Spektrums städtebaulicher Verträge die wesentliche Ausnahme gegenüber den sonst ganz überwiegend öffentlichrechtlichen Verträgen dar.384 Entgegen der aktuellen Rspr.385 kann für die Zu377 So dezidiert im Hinblick auf § 11 II BauGB Hamann, Verwaltungsvertrag, S. 136; für § 56 I 2 VwVfG OVG Münster NJWE-MietR 1997, 185 (185 f.); Koch, DÖV 1998, 141 (147) und Schilling, VerwArch 85 (1994), 226 (242) sowie (allerdings eher beiläufig) Kawalla, Subordinationsrechtlicher Vertrag, S. 237 sowie Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 528, 530 ff., welcher die Vertragsstrafenregelung allerdings bei der Bewertung von Leistung und Gegenleistung in einer „Gesamtbetrachtung“ in Ausnahmefällen mitberücksichtigen will; a. A. Meyer, JZ 1996, 78 (81); dem zustimmend Tiedemann, in: Obermayer, VwVfG, § 56, Rn. 36 f. und wohl auch Grziwotz, NVwZ 2002, 391 (394). 378 So treffend Hofstetter, BWNotZ 2000, 5 (6). 379 Hofstetter, a. a. O. 380 Vgl. Bunzel LMK 2003, 87 (88) sowie Basedow, in: MüKo, § 310, Rn. 40. 381 Oben unter § 8 B. 382 Ausdrücklich BGH NVwZ 2003, 371 (374). 383 Zum größeren Zusammenhang von „Wahlfreiheit“ und „Verwaltungsprivatrecht“ unter § 8 A. II. und IV.
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2. Teil 2. Abschn.: Verwaltungsvertrag und modernisiertes AGB-Recht
ordnung zum Privatrecht auch nicht der Umstand, dass es sich um einen Grundstücksverkauf handelt, entscheidend sein. Denn zum einen wird dieser häufig mit unstreitig öffentlich-rechtlichen Gegenständen – etwa einer Erschließungskostenregelung i. S. d. § 11 I 2 Nr. 3 BauGB – zu einer untrennbaren vertraglichen Sinneinheit verschmolzen.386 Zum anderen werden viele Grundstücksgeschäfte ohne weiteres als öffentlich-rechtlich eingestuft.387 Selbst das BVerwG388 geht neuerdings von der öffentlich-rechtlichen Natur vertraglicher Tausch- und Kaufvorgänge im Rahmen von Umlegungsverfahren zur gemeindlichen Bodenordnung aus und hatte auch schon zuvor einen Grundstückstauschvertrag wegen des bauplanungsrechtlichen Bezuges als öffentlich-rechtlich qualifiziert.389 Das ist konsequent, denn alle städtebaulichen Verträge sind insoweit öffentlich-rechtlich durchtränkt, dass eine vollständige Vertragserfüllung beiden Seiten nur nach Schaffung von Planungsrecht möglich ist.390 Vor diesem Hintergrund erscheint es sinnvoller, in Anknüpfung an die ehemalige Rechtsprechung391 und einen Großteil der Literatur392 zur einheitlich öffentlich-recht384 Vgl. nur Spannowsky, UPR 2003, 81 (90); Oeder, BauR 1998, 22 (23 f.) oder Ehlers, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Piezner, VwGO, § 40, Rn. 366. 385 Neben BGH NVwZ 2003, 371 (372) zuletzt OVG Münster NVwZ-RR 2004, 776 (777) unter Verweis auf BVerwGE 92, 56, woran sich auch der BGH orientierte. 386 Vgl. Rastätter, DNotZ 2000, 17 (26 f.) und Oerder, BauR 1998, 22. Neben Vorauszahlungs- oder Ablösevereinbarungen finden sich neuerdings ebenfalls als öffentlich-rechtlich zu qualifizierende Verpflichtungen zum Anschluss an das kommunale Fernwärmenetz oder zur Niedrigenergiebauweise, vgl. Grziwotz, BauR 2001, 1839 (1842 u. 1844). Zur Abgrenzung von Kostenregelungen i. S. d. § 11 I 2 Nr. 3 BauGB einerseits und solchen im Rahmen eines Erschließungsvertrages nach § 124 BauGB andererseits Bunzel/Coulmas/Schmidt-Eichstaedt, Städtebauliche Verträge, S. 172 ff.; zur durchgängig öffentlich-rechtlichen Natur solcher Vereinbarungen Hamann, Verwaltungsvertrag, S. 98 f. und zuletzt OLG München NVwZ-RR 2005, 135 (136). Nach dem weitgehend anerkannten „Grundsatz der einheitlichen Rechtsnatur“ wird man in diesen Fällen regelmäßig zu einer öffentlich-rechtlichen Einordnung kommen, vgl. dazu unter § 8 B. VII. 387 Näher Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 11, Rn. 187; siehe zudem Spannowsky, UPR 2003, 81 (82 f.) mit praktischen Beispielen, welcher diesbezüglich zu Recht darauf hinweist, dass angesichts des Verweises in § 62 S. 2 VwVfG allein der Umstand, dass formal überwiegend zivilrechtliche Normen zur Anwendung kommen, allein nichtssagend ist. 388 BVerwG NVwZ 2002, 473 ff. 389 Vgl. BVerwG NJW 1980, 2538 (2538 f.). Das BVerwG hatte in diesem Zusammenhang auch kurz erwogen, den Vertrag aufzuspalten, dann aber klargestellt, dass dies jedenfalls dann nicht in Betracht kommt, wenn (eine in diesem Fall, aber auch sonst öffentlich-rechtliche geprägte) Leistung in unmittelbarem Zusammenhang mit einer (in vorliegenden Fall aber sonst eher zivilistisch geplägten) Gegenleistung des Privaten steht. 390 So Birk, Städtebauliche Verträge, S. 50, Rn. 72. 391 Etwa VGH München NVwZ 1990, 979. 392 Am deutlichsten zuletzt U. Stelkens, Verwaltungsprivatrecht, S. 691 (allerdings begrenzt auf städtebauliche Verträge, da U. Stelkens im Übrigen die Notwendigkeit privater Verwaltungsverträge als flexibler Handlungsform der Verwaltung betont (etwa
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lichen Qualifikation auch der Einheimischenverträge zurückzukehren. Denn in allen in § 11 I 2 BauGB (exemplarisch) genannten Fällen geht es um die unmittelbare Verwirklichung von Verwaltungsaufgaben393, im Fall der Einheimischenmodelle speziell um die direkte Subventionierung ausgewählter Bevölkerungsgruppen.394 Mit § 11 I 2 Nr. 2 BauGB i. V. m. dem gesetzlichen Auftrag der Gemeinden nach § 4 I WoFG395 findet sich zudem eine öffentlich-rechtliche Vorordnung des Vertragsgegenstandes.396 Wenn selbst ein zur Geschäftsgrundlage gemachter Zweck, der im öffentlichen Recht begründet liegt, einen Austauschvertrag zum öffentlich-rechtlichen macht, so muss der gesetzlich hergestellte Zusammenhang mit der unbestritten dem öffentlichen Recht zugehörigen städtebaulichen Planung die Zuordnung zum öffentlichen Vertragsrecht erst recht bewirken.397
S. 785 ff.)); Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 143; Brohm JZ 2000, 321 (327) und ders., in: Bauer/Breuer/Degenhart/Oldiges, 100 Jahre Allgemeines BauG Sachsen, 457 (474); ebenfalls für eine öffentlich-rechtliche Qualifikation entgegen dem BVerwG Spannowsky, Verträge und Absprachen, S. 381 f.; ders., UPR 2003, 81 (83, 90); Oerder, BauR 1998, 22 (23 f.) und Ehlers, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/ Pietzner, VwGO, § 40, Rn. 366; Busse, BayVBl. 1993, 193 (231); Grziwotz, NJW 1993, 2665 (2666) und ders., DNotZ 1994, 69 (70); überzeugend für eine öffentlichrechtliche Qualifikation auch Jahn, BayVBl. 1991, 33 (35); zur Einordnung als Verwaltungsvertrag i. S. d. § 54 S. 2 VwVfG Pietzcker, in: FS Hoppe, 439 (451) oder Butzer, DÖV 2002, 881 (882); a. A. (koordinationsrechtlich) etwa Birk, Städtebauliche Verträge, S. 26, Rn. 21 und S. 33, 43; zur Bedeutsamkeit der genauen Zuordnung Lorz, DÖV 2002, 177 (178 f.) oder Bick, DVBl. 2001, 154 (157). 393 Brohm, in: Bauer/Breuer/Degenhart/Oldiges, 100 Jahre Allg. BauG Sachsen, 457 (472 und 474); ähnlich ders., JZ 2000, 321 (327); Spannowsky, UPR 2003, 81 (83); zum Aspekt der unmittelbaren Aufgabenerfüllung als Zuordnungskriterium auch Grziwotz, DNotZ 2003, 346 (346 f.) und eingehend bereits oben unter § 8 B. VI. 394 Grziwotz, DNotZ 2003, 346. 395 Gesetz über die soziale Wohnraumförderung vom 13.9.2001, BGBl. I, S. 2376, § 4 I: „Gemeinden, [. . .] sollen in ausreichendem Umfang geeignete Grundstücke als Bauland für den Wohnungsbau unter Berücksichtigung der Anforderungen des Kosten und Flächen sparenden Bauens zu Eigentum oder in Erbbaurecht überlassen.“ 396 Ebenso Spannowsky, UPR 2003, 81 (83 und 91). Mancherorts wird § 11 I 2 Nr. 2 BauGB gar als Korrektur der privatrechtlichen Einordnung der Einheimischenmodelle (so Erbguth, VerwArch 89 (1998), 189 (210) bzw. als gesetzgeberischer „Hinweis“ auf die öffentlich-rechtliche Natur auch der Einheimischenmodelle interpretiert (vgl. Hamann, Verwaltungsvertrag, S. 85). 397 Brohm, in: Bauer/Breuer/Degenhart/Oldiges, 100 Jahre Allg. BauG Sachsen, 457 (473). Die Zweckbestimmung bezieht sich auf den Fall eines sog. „unvollständigen“ oder „hinkenden Austauschvertrages“, näher Bonk, in: P. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 56, Rn. 20 sowie BVerwG NVwZ-RR 2003, 874 (875) und OVG Münster NVwZ-RR 2004, 776 (777); instruktiv auch OVG Koblenz BauR 2004, 477 (478) zur Frage der Anwendbarkeit des § 60 I 1 VwVfG bzgl. der Baugenehmigung als Geschäftsgrundlage. Ist eine städtebauliche Maßnahme jedoch weder Geschäftsgrundlage noch unmittelbar verfolgte Zweckvorgabe des Vertrages, so handelt es sich vor allem bei Grundstücksgeschäften um privatrechtliche Verträge.
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Die Vorgaben in § 11 II BauGB erweisen sich demgegenüber als unnötige Doppelung und als Initiator neuer Probleme: So nimmt § 11 II 2 BauGB lediglich die Regelung in § 56 II VwVfG auf, der zufolge eine Leistung des Privaten nicht vereinbart werden darf, wenn auf die behördliche Gegenleistung ein Anspruch besteht. § 56 I 1 VwVfG398 sowie § 56 I 2 HS 2 VwVfG399 entsprechende Bestimmungen fehlen. Das Ergebnis sind Unklarheiten, die den dogmatischen Gewinn erheblich schmälern.400 Gelten danach für städtebauliche Verträge herabgesetzte, ggf. mehr Flexibilität bewirkende Rechtmäßigkeitsstandards?401 Welche Maßstäbe gelten für (verwaltungs-)privatrechtliche städtebauliche Verträge bei welchen nach h. M. selbst eine analoge Anwendung des § 56 VwVfG nicht in Betracht kommt?402 Gelten hier trotz der anhaltenden Kritik speziell am Koppelungsverbot403 die Vorgaben des § 56 VwVfG als allgemeine Rechtsgrundsätze? Wenn ja, welches Rechtsfolgenregime kommt zur Anwendung?404 Wie ist in Zukunft bzgl. verwaltungsprivatrechtlicher Verträge zu verfahren, welche nicht wie im Städtebaurecht eine (angeblich) rechtsform-neutrale Sonderregelung erfahren haben? Durch einen konsequenten Abschied von verwaltungsprivatrechtlichen Sonderlösungen lassen sich diese Unübersichtlichkeiten hinsichtlich Qualifikation, anzuwendender Rechtsmaßstäbe und Rechtsfolgenseite vermeiden. Jenseits fachgesetzlicher Sonderregelungen ergeben sich die Rechtsmaßstäbe für städte398 Zusammenhang von Zweck und/oder öffentlicher Aufgabe und Gegenleistung, dazu etwa am Beispiel der Zweckbestimmung der Gegenleistung in einem Stellplatzablösevertrag OVG-Koblenz NVwZ-RR 2004, 243 (243 f.). 399 Sachlicher Zusammenhang der Gegenleistung mit der Leistung der Behörde, dazu etwa am Beispiel eines beamtenrechtlichen hinkenden Austauschvertrages zuletzt BVerwG NVwZ-RR 2003, 874 (875) oder am Beispiel eines Investorenvertrages OVG Koblenz NVwZ-RR 2003, 825 (827) sowie die etwas atypische Konstellation in OVG Münster NVwZ-RR 2003, 147 (149). 400 Hamann, Verwaltungsvertrag, S. 136 sowie sehr deutlich S. 147 und 156. 401 Zum aktuellen Problemkreis Hamann, Verwaltungsvertrag, S. 137 ff.; Bick, DVBl. 2001, 154 (156 f. und 159, dort auch zum Verhältnis von § 11 zu § 124 BauGB); zur Forderung nach größerer Flexibilität Löhr, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 11, Rn. 3 sowie Butzer, DÖV 2002, 881 (882 f.). 402 Zu den im Rahmen des Verwaltungsprivatrechts geltenden Rechtsmaßstäben oben unter § 8 A. IV. Für § 124 III 1 BauGB stellen sich diese Fragen nicht, da es sich beim Erschließungvertrag nach ganz h. M. um einen öffentlich-rechtlichen Verwaltungsvertrag handelt. 403 Vgl. nur Butzer, DÖV 2002, 881 ff. 404 Bisher behilft man sich mit der Anwendung zivilrechtlicher Generalklauseln, vor allem der §§ 134 und 138 I sowie § 139 BGB, vgl. BGH NVwZ 2003, 371 (372); ebenso VGH München NVwZ 1999, 1008 (1010); siehe auch Spannowsky, UPR 2003, 81 (87); Bunzel/Coulmas/Schmidt-Eichstaedt, Städtebauliche Verträge, S. 31; Pitzcker, in: FS Hoppe, 439 (451) sowie Hamann, Verwaltungsvertrag, S. 138 f und 153 f. Bezogen auf Einheimischenmodelle betrifft dies nicht nur den Grundtücksverkauf sondern auch den Ankauf durch die Gemeinde, vgl. etwa BGH DNotZ 1999, 398 ff. (m. Anm. Busse).
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bauliche Verträge einheitlich aus den §§ 54 ff. VwVfG sowie bzgl. der AGBKontrolle aus den §§ 305 ff. BGB i. V. m. § 62 S. 2 VwVfG.
§ 13 Das AGB-Recht als geschlossene Auffangordnung A. Ausgangsüberlegungen für eine umfassende Anwendung der §§ 305–310 BGB auf Verbraucher- wie Unternehmerverträge der Verwaltung Der deutsche Gesetzgeber geht in den §§ 305 ff. BGB über die Verpflichtungen aus der KRL hinaus, indem er nach Maßgabe des § 310 I BGB auch AGB, welche gegenüber einem Unternehmer oder einer Behörde gestellt werden, erfasst. Ob eine umfassende Anwendung des gesamten AGB-Rechts auf Verwaltungsverträge sinnvoll ist, wird unterschiedlich beurteilt, wurde aber im Einzelnen bisher noch nicht näher untersucht. Auf der einen Seite bestehen Bedenken, ob sich das System als hinreichend flexibel erweist, um auch öffentlich-rechtliche Besonderheiten zu berücksichtigen.405 Anderenorts wird zu überlegen gegeben, ob sich durch dessen detaillierte und langjährig erprobte Mechanismen nicht Regelungsdefizite des öffentlichen (Verwaltungsvertrags-)Rechts auffangen lassen.406 Dem soll im Folgenden nachgegangen werden. I. Die Zielüberlegung: Einheitlichkeit der AGB-Kontrolle Zunächst sollte bereits aus Gründen der Einheitlichkeit und Übersichtlichkeit des Rechts vermieden werden, dass auf Verwaltungsverträge mit Verbrauchern nur die unmittelbar die Vorgaben der KRL umsetzenden Bestimmungen angewandt werden. Auch im Zivilrecht wird einer getrennten Auslegung der Begriffe des BGB in Verbraucherverträgen einerseits und Verträgen zwischen Unternehmern andererseits vehement entgegengetreten.407 Soweit öffentliches Recht nicht entgegensteht, sollten daher die anerkannten Regelungen des AGBRechts auch einheitlich auf Verwaltungsverträge angewandt werden. Würde man den Geltungsanspruch des AGB-Rechts für Verwaltungsverträge allein aus der Verbindlichkeit der KRL herleiten, käme es zu kaum lösbaren Abgrenzungsproblemen. Da das deutsche Recht teilweise über die KRL hinausgeht, müsste man auch bei Verbraucherverträge betreffenden Normen genau prüfen, ob die 405 Vgl. etwa Brohm, in: Bauer/Breuer/Degenhart/Oldiges, 100 Jahre Allg. BauG Sachsen, 457 (465); zurückhaltend auch Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 62, Rn. 7a ff. 406 Dazu Kirchner, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann, Auffangordnungen, 63 (66). 407 Basedow, in: MüKo, BGB, Vor § 305, Rn. 45.
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Norm europäische Vorgaben umsetzt. Wenn ja würde man sich mit der umstrittenen Frage auseinandersetzen müssen, auf welche Verbraucherverträge sich die KRL genau bezieht. Alle diese Abgrenzungsfragen erübrigen sich, soweit das AGB-Recht ungeachtet der Richtlinie sinnvoller Weise auf Verwaltungsverträge anzuwenden ist. Ebenso wenig, wie man im Zivilrecht AGBs nicht schlicht an § 242 BGB misst, sondern dem speziell vorgesehenen Kontrollregime der §§ 305 ff. BGB unterstellt, sollten Verwaltungsverträge nicht einer vollkommen wertungsoffenen, sondern möglichst einer einheitlichen und gesetzlich strukturierten Kontrolllösung zugeführt werden, denn für öffentlich-rechtliche AGB besteht nicht minder ein Bedarf nach Einheitlichkeit und Transparenz der Kontrollmaßstäbe.408 Im Hinblick auf die Schutzbedürftigkeit des dem Verwender gegenüber tretenden Vertragspartners macht es ungeachtet dessen, ob es sich dabei um einen Verbraucher oder einen Unternehmer handelt, keinen Unterschied, ob das Rechtsverhältnis durch privatrechtlichen oder öffentlich-rechtlichen Vertrag begründet wird.409 Die Schutzbedürftigkeit entfällt auch nicht allein deshalb, weil Vertragspartner die rechtsgebundene Verwaltung ist.410 Selbst oder vielleicht gerade, wenn man am überkommenen Dogma der Formenwahlfreiheit festhält, lässt sich umgekehrt formulieren: „Ist der Vertragspartner sogar schutzwürdig, wenn die öffentliche Hand privatrechtliche Geschäfte mit ihm abschließt, muss er es prinzipiell erst recht sein, wenn die Rechtsbeziehungen durch öffentlichrechtlichen Vertrag gestaltet werden.“411 Zudem besteht im Ausnahmefall auch umgekehrt die Gefahr, dass die Gemeinde etwa durch einen gut beratenen Großunternehmer „über den Tisch gezogen wird“412, was sich praktisch in einseitig von Seiten des Privaten vorformulierten AGB niederschlagen kann. Auch hierfür hält das AGB-Recht differenzierte Kontrollmöglichkeiten bereit (vgl. § 310 I 1 BGB). II. Die innere Systematik der AGB-Kontrolle als Untersuchungsraster Zunächst setzt die Anwendung der §§ 307 bis 309 BGB die Feststellung voraus, dass es sich bei den Vertragsbedingungen, deren Wirksamkeit untersucht 408 Treffend diesbezüglich Wagner, Anwendbarkeit des AGB-Gesetzes auf Benutzungsregelungen, S. 119–125 (dort auch mit Darstellung der zivilrechtlichen Problematik, welche zum Erlass des AGBG führte). 409 Vgl. Baur, in: FS Mallmann, 33 (39 f.). 410 Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 503. 411 Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 356; ähnlich H. C. Röhl, VerwArch 95 (1995), 531 (549) oder Grziwotz, DNotZ 2003, 346 (348). 412 Butzer, DÖV 2002, 881 (890).
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werden soll, um AGB i. S. von § 305 I BGB oder um kontrollfähige Klauseln in Verbraucherverträgen gem. § 310 III Nr. 2 BGB handelt. Soweit dies zu bejahen ist, kommt es weiter darauf an, ob die AGB gemäß § 305 II BGB Vertragsbestandteil geworden sind.413 Daran schließt sich die Feststellung des Inhalts der Klausel im Wege der Auslegung an, wobei Zweifel zu Lasten des Verwenders gehen (§ 305c II BGB). Sodann ist zu prüfen, ob die streitige Klausel nicht schon deshalb unbeachtlich ist, weil sie für den Kunden „überraschenden“ Charakter hat (§ 305c I BGB). Schließlich gilt es zu untersuchen, ob die AGBKlausel nicht in Widerspruch zu einer ausdrücklich oder stillschweigend getroffenen „individuellen Vertragsabrede“ (§ 305b BGB) steht und aus diesem Grunde unanwendbar ist. Erst wenn auf Grund dieser Überlegungen feststeht, dass es auf die Wirksamkeit der streitigen AGB-Klausel ankommt, ist die Inhaltskontrolle nach Maßgabe der §§ 307 bis 309 BGB statthaft: Die Generalklausel bildet das Herzstück der gesetzlichen Bestimmungen über die Unwirksamkeit von AGB, zeichnet sich dabei jedoch durch eine erhebliche Unbestimmtheit aus.414 Entsprechend hat es der Gesetzgeber unternommen, in § 307 II BGB sowie den anschließenden §§ 308 und 309 BGB, die Generalklausel des § 307 I BGB schrittweise zu konkretisieren. Dabei wird der Wertungsfreiraum bis hin zu den subsumtionsfähigen Tatbeständen des § 309 BGB zunehmend verengt.415 Eine weitere Konkretisierung der Generalklausel bringt der anlässlich der Schuldrechtsmodernisierung eingefügte § 307 Abs. 1 S. 2. Danach kann sich eine unangemessene Benachteiligung auch daraus ergeben, dass eine Bestimmung nicht klar und verständlich ist (sog. Transparenzgebot).416 Aus diesem Gesetzesaufbau folgt, dass bei der Inhaltskontrolle von AGB zunächst zu fragen ist, ob die streitige Klausel gegen eines der in den Katalogen der §§ 308 und 309 BGB genannten Verbote verstößt.417 Ist die Klausel nach diesen Vorschriften nicht zu beanstanden, kommt § 307 BGB zur Anwendung418, wobei die Wirksamkeit der Klausel zunächst nach dem konkreteren § 307 II BGB und erst in letzter Linie nach § 307 I BGB zu beurteilen ist.419 Soweit eine Klausel nach §§ 308 oder 309 BGB unwirksam ist, kann dieses Ergebnis grundsätzlich nicht dadurch 413 Im kaufmännischen Geschäftsverkehr gelten diese Regeln jedoch nicht (vgl. § 310 I 1 BGB), sondern es gelten die allgemeinen Regeln zur Einbeziehung von Vertragsinhalten. 414 Schmidt, in: Bamberger/Roth, BGB, § 307, Rn. 2. 415 Coester, in: Staudinger, AGBG, § 9, Rn. 160. 416 Basedow, in: MüKo, BGB, § 307, Rn. 21. 417 Basedow, in: MüKo, BGB, § 307, Rn. 23. 418 Vgl. Basedow, in: MüKo, BGB, § 308, Rn. 3 und § 309, Rn. 4. 419 Obwohl das Verhältnis der Absätze zueinander in einigen Detailfragen streitig ist, kann der grundsätzliche Vorrang des konkreteren Abs. 2 als allgemein anerkannt bezeichnet werden; vgl. Brandner, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG, § 9, Rn. 15; Coester, in: Staudinger, AGBG, § 9, Rn. 166; Basedow, in: MüKo, BGB, § 307,
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korrigiert werden, dass man anschließend eine Prüfung nach § 307 BGB anstellt und die Klausel danach als im Ganzen angemessen und daher wirksam beurteilt.420 B. Konkurrenzlos anwendbare Regelungen Einige jener der eigentlichen Inhaltskontrolle vorgelagerten Bestimmungen sind bereits mangels vergleichbarer, alternativ anwendbarer öffentlich-rechtlicher Spezialregelungen oder Grundsätze und aufgrund einer unabhängig von der Qualifikation des Vertrages in gleicher Weise bestehenden Schutzwürdigkeit der Verwendergegenseite sowie vor allem partiell vorhandener Vorgaben in der KRL auch auf Verwaltungsverträge anzuwenden. Dies gilt namentlich für die §§ 305 I 1 (Legaldefinition von AGBG); 305b (Vorrang der Individualabrede), 305c (überraschende und mehrdeutige Klauseln) und § 306a BGB (Umgehungsverbot).421 Gewichtiger als diese eher an Formalia anknüpfenden Regelungen sind die zentralen Vorschriften zur Transparenz- und Inhaltskontrolle. Deren Anwendbarkeit im öffentlichen Recht bedarf einer näheren Betrachtung: C. Transparenzgebot und gesetzesdirigierte Verwaltung „Transparenz“ ist mehr als ein politischer Topos, sie ist Verfassungsprinzip.422 Unter dem Dach der Verfassung, die selbst in ihren Grundfesten vom Transparenzgebot durchzogen ist423, kommt ihr im Hinblick auf die Vertragsfreiheit eine ganz eigene Funktion zu. Der Vertragsschluss soll „transparent“ erfolgen, damit vor allem die Verwendergegenseite den Vertrag im maximalen Bewusstsein seiner inhaltlichen Tragweite, mithin material privatautonom abschließt.424 Bei der Ausgestaltung des neuerdings in § 307 I 2 BGB verankerten Transparenzgebotes ist der deutsche Gesetzgeber über die Vorgabe der Rn. 23; v. Hoyningen-Huene, Inhaltskontrolle nach § 9 AGBG, Rn. 239 sowie Schmidt, in: Bamberger/Roth, BGB, § 307, Rn. 2 oder BGH NJW 2002, 2386 (2387). 420 Basedow, in: MüKo, BGB, § 307, Rn. 23 sowie § 308, Rn. 3 und § 309, Rn. 3. 421 Vgl. bereits Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 506 zu den entsprechenden Vorschriften der §§ 1, 3–5 und 7 AGBG; für die §§ 3–5 AGBG ebenso Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 357 sowie de Wall, Anwendbarkeit privatrechtlicher Vorschriften, S. 295 f.; zur Geltung des § 3 AGBG (überraschende Klauseln) Henke, Recht der Wirtschaftssubventionen, S. 66 ff.; die Bedeutung der Unklarheitsregel des § 305c II BGB für öffentlich-rechtliche (Privatisierungs-)Verträge besonders betonend Kiethe, NZG 2004, 993 (998 f.). 422 Hierfür hat Bröhmer in seiner 2004 erschienenen Habilitationsschrift den Blick geschärft, vgl. Bröhmer, Transparenz als Verfassungsprinzip, pass. 423 Dies gilt namentlich für das Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip, die Grundrechte, die Judikative sowie das Bundesstaatsprinzip, vgl. Bröhmer, a. a. O., S. 33 ff. 424 Kurz aus Sicht des öffentlichen Rechts angerissen auch bei Bröhmer, a. a. O., S. 29.
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Richtlinie in Art. 5 S. 1 hinausgegangen, indem er das Transparenzgebot nicht nur auf Verbraucher-, sondern auch auf Unternehmerverträge erstreckt.425 Im Rahmen der Anwendung über § 62 S. 2 VwVfG könnte das Transparenzgebot über sein zivilrechtliches Gepräge hinaus infolge der Sonderbindungen der Verwaltung eine Funktionenerweiterung erfahren. Möglicherweise lassen sich die den Verwaltungsvertrag als Handlungsinstrument der gesetzesgebundenen Verwaltung durchziehenden Leitmaximen des Vorrangs des Gesetzes (I.) und des Vorbehaltes des Gesetzes (II.) mit dem Transparenzgebot gerade im Hinblick auf die Eigengesetzlichkeit kooperativen Verwaltungshandelns verflechten. I. Vorrang des Gesetzes Vorformulierte Vertragsklauseln der Verwaltung dienen regelmäßig der Absicherung gesetzlicher Zweckvorgaben.426 Gesetzlicher Handlungsauftrag und Absicherung desselben im Rahmen des rechtlich Zulässigen sind also wechselseitig verknüpft. Die konsequente Anwendung des AGB-rechtlichen Transparenzgebots würde die Verwaltung zwingen, im Vorfeld den gesetzlichen Rahmen genau zu sondieren, um anschließend sowohl den Wechselbezug von belastenden Sicherungsklauseln und öffentlicher Zweckvorgabe einerseits sowie die aus der Klausel für den Privaten folgenden Belastungen so zu regeln, dass die Wirkung einer Klausel ohne Einholung von Rechtsrat klar zu erkennen ist427. Um dem Gebot, das Klauselwerk nicht nur verständlich, sondern zugleich bestimmt und vollständig zu gestalten428, zu genügen, sollte die Verwaltung bei für die Verwendergegenseite belastenden Klauseln Spezialnormen nennen, aus welchen ein Handlungsauftrag der Verwaltung erwächst oder ein durch den Ver425 Zur Neuregelung, den vorher durch die Rechtsprechung etablierten Maßstäben einschließlich entsprechender Nachweise Armbrüster, DNotZ 2004, 437 ff.; zum Verhältnis des § 307 I 2 BGB zum Gebot der Verständlichkeit nach § 305 II Nr. 1 BGB (ex. § 2 I Nr. 2 AGBG) im Rahmen der Einbeziehungskontrolle sowie zur Unklarheitsregel des § 305c II BGB (ex. § 5 AGBG) vgl. v. Westphalen, NJW 2002, 12 (17) sowie Schumacher, MDR 2002, 973 (976 f.). § 310 I 1 BGB schließt die Anwendung des § 307 I 1 BGB nicht aus, während umgekhert § 310 I 2 BGB auf § 307 I und II BGB in seiner Gesamtheit Bezug nimmt, vgl. Basedow, in: MüKo, BGB, § 310, Rn. 2; für eine Anwendung des § 307 I 2 BGB auch im unternehmerischen Verkehr im Anschluss an die bisherige Rspr. auch v. Westphalen, NJW 2003, 1635 (1640) und NJW 2004, 1993 (1994 f.). 426 Schmidt-Aßmann/Krebs, Städtebauliche Verträge, S. 33. 427 Zu dieser Vorgabe BGH NJW 2000, 651 (652). 428 Zu diesen drei Hauptkomponenten des Transparenzgebotes näher Armbrüster, DNotZ 2004, 437 (438 ff.); grundlegend die Forderung in BGHZ 106 42 (49), dass Vertragsbedingungen durchschaubar, richtig, bestimmt und möglichst klar dargestellt werden müssen. Soweit die Schriftform des § 57 VwVfG durch Verzicht auf die Urkundeneinheit gelockert wird (zu diesen Überlegungen Schmitz, DVBl. 2005, 17 [23]), hat die Verwaltung diese Vorgaben bei der Abfassung ihres schriftlichen – für mehrere Fälle vorformulierten – Vertragsangebotes zu berücksichtigen.
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trag verfolgtes öffentliches Interesse umschrieben wird.429 Vermittelt über die Schnittstelle des § 62 S. 2 VwVfG erfährt die Disziplinierungsfunktion des Rechts430 durch die Anwendung des AGB-Rechts somit eine (klausel-)praxisbezogene Flankierung. II. Vorbehalt des Gesetzes Gerade angesichts des fortschreitenden Wandels zum „Gewährleistungsstaat“431 und der damit einhergehenden Intensivierung staatlich-gesellschaftlicher Kooperation bricht sich mehr und mehr die Erkenntnis Bahn, dass der Gesetzesvorbehalt „keine statische Größe ist“432, sondern stetig in rechtsstaatlich angemessener Weise weiterentwickelt werden muss.433 Der Verwaltungsvertrag als das kooperative Instrument modernen Verwaltungshandelns434 stellt die Vorbehaltslehre vor besondere Herausforderungen, da er heterogene Partner sowie diese Heterogenität reflektierende Rechtsmassen zusammenführt.435 Ungeachtet der viel beschriebenen Modernität kooperativen Handelns gilt es aber, das variantenreiche Spektrum verwaltungsvertraglichen Handelns in seiner Gesamtheit, d.h. auch klassischer Vertragstypen, in den Blick zu nehmen.436 Formularvertragliche, nicht selten sehr intransparente437 Gestaltungen, finden sich dabei tendenziell eher dort, wo die Verwaltung dem Bürger als Monopolist oder zumindest monopolartig438 gegenübertritt. Der Verzicht auf den Vertragsschluss 429 Dies gilt in gleicher Weise für Verbraucherverträge. So erscheint etwa bei Einheimischenmodellen im Zusammenhang mit Rückzahlungsverpflichtungen bei Vertragsuntreue oder Sonderkündigungsrechten der Verwaltung ein Hinweis auf § 4 WoFG sinnvoll. 430 Dazu in Bezug auf das Verwaltungsvertragsrecht Schmidt-Aßmann, in: FS Brohm, 547 (552 f.). 431 Zu diesem sehr voraussetzungsvollen Begriff, welcher hier nicht in seinen Einzelheiten beleutet werden kann, statt aller die jüngste Gesamtschau bei Lackner, Gewährleistungsverwaltung, S. 15–102. 432 Ladeur/Gostomzyk, DV 36 (2003), 141 (141 und 146). 433 Vgl. auch Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee, 4. Kapitel, Rn. 15 sowie die dortigen Nachweise. 434 Voßkuhle, VerwArch 92 (2001), 184 (205). 435 Dabei handelt es sich um ein Grundmuster, welches eine Vielzahl der staatlichgesellschaftlichen Kooperationen des heraufsteigenden „Gewährleistungsstaates“ abbildet, vgl. Ladeur/Gostomzyk, DV 36 (2003), 141 (153). 436 Spannowsky, UPR 2003, 81. 437 Mit Beispielen aus dem Bereich der Benutzungsregelungen öffentlicher Einrichtungen Wagner, Anwendbarkeit des AGB-Gesetzes auf Benutzungsregelungen, S. 56 ff. 438 Dazu H. C. Röhl, VerwArch 95 (1995), 531 (548.); ebenso Lorz, DÖV 2002, 177 (183). Die Rechtsprechung selbst betont diesen Punkt, vgl. etwa VGH Mannheim NVwZ 2001, 694 (696) am Beispiel eines öffentlich-rechtlichen städtebaulichen Vertrages.
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kann den Privaten hart treffen, so dass es zu faktischen Kontrahierungszwängen kommen kann.439 Die Annahme, der (subjektiv-rechtlich fundierte) Vorbehalt des Gesetzes gelte bei Vertragshandeln der Verwaltung prinzipiell nicht, wird im Kern damit begründet, dass es sich um freiwillige Grundrechtsverwirklichung und nicht um Grundrechtsbeschränkung handelt.440 Gilt dies auch dann, wenn die Verpflichtung nur eingegangen wird, um eine sonst drohende hoheitliche Regulierung zu vermeiden oder um eine nicht gesetzlich gebotene Begünstigung zu erhalten, der Vertragsschluss also durch faktische Zwänge begleitet wird?441 Die Verwaltung ist anders als ein privater Vertragspartner nicht integriert in ein Konzept wechselseitiger Freiheitsentfaltung im Rechtsleben.442 Sie ist vielmehr grundrechtsgebunden. Privatautonomie bedeutet im Verwaltungsvertragsrecht daher einseitige Freiheitsentfaltung des Bürgers. Im Gegensatz zum privaten Vertragspartner darf die Verwaltung Zwangslagen erst recht nicht zum eigenen Vorteil ausnutzen.443 Daher wird unter Rekurs auf die objektiv-rechtliche Dimension des Gesetzesvorbehalts444 eine gesetzliche Umhegung zumindest solcher Konstellationen, in welchen die Entscheidungsmöglichkeiten zu einem faktischen Kontrahierungszwang zusammengeschrumpft sind, gefordert.445 Vereinzelt wird die Geltung des Gesetzesvorbehalts durch die Annahme eines mittelbaren Grundrechtseingriffs in Form der sich in der einseitigen Vorkonditionierung des Vertragsinhalts äußernden Einwirkung auf den Privaten gesehen.446 Jedenfalls eine gewisse „Grundrechtsrelevanz“ wird man danach kaum leugnen 439 Man denke nur an eine existenznotwendige Subvention, mit weiteren Fällen Schilling, VerwArch 85 (1994), 226 (246). 440 Dazu näher oben unter § 8 B. III. Hierin liegt ein Berührungspunkt zu den Rechtsfolgen der Annahme einer möglichen „Grundrechtsverwirkung“, dazu nur Schilling, VerwArch 85 (1994), 226 (234). 441 Zur Fragestellung Gurlit, Verwaltungsvertrag, S. 391 ff. oder am Besipiel der Subventionsvergabe Rodi, Subventionsrechtsordnung, S. 704 f. 442 Dazu Brohm, in: Bauer/Breuer/Degenhart/Oldiges, 100 Jahre Allg. BauG Sachsen, 457 (463 f.). 443 Kurz und treffend Grziwotz, DNotZ 2003, 346 (348): „Die öffentliche Hand darf [. . .] ihre Macht nicht missbrauchen. Und sie darf nur legal handeln.“; dazu auch Schilling, VerwArch 85 (1994), 226 (232). 444 Vgl. auch Rodi, Subventionsrechtsordnung, S. 705: „demokratisch-staatsrechtlich funktionale Komponente“. 445 Vgl. Schmidt-Aßmann/Krebs, Städtebauliche Verträge, S. 188 f. oder auch Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 97 ff. Tragender Gedanke ist die Gewaltenteilung: Weil faktisch belastend liegt eine Art mittelbare Grundrechtsbeeinträchtigung vor, welche nicht zur freien Verfügung der Exekutive gestellt werden darf, sondern der „Mitsprache“ des Parlaments bedarf. Bringt man insoweit die Wesentlichkeitstheorie ins Spiel, ist freilich schwer zu bestimmen, ab wann es einer gesetzgeberischen Maßnahme bedarf; zu den Unschärfen der Wesentlichkeitstheorie statt aller Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee, 4. Kapitel, Rn. 21 ff. und Gurlit, Verwaltungsvertrag, S. 296.
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können.447 Besonders greifbar wird die Spannung im Falle des geschäfts-unerfahrenen Studienanfängers, welcher sich angesichts mangelnder Alternativen formularmäßig für über zehn Jahre Verwaltungstätigkeit und für den Fall zukünftiger Vertragsbrüchigkeit zur Zahlung einer fünfstelligen Vertragsstrafe verpflichtet, wodurch sich der Radius künftiger beruflicher Entfaltungsmöglichkeiten klar reduziert.448 Auch die formularmäßige Verpflichtung bauwilliger junger Familien, als Vertragsstrafe nicht nur das vergünstigt erworbene Grundstück, sondern auch das vollkommen selbst finanzierte Eigenheim zum halben Preis an die Gemeinde zu veräußern, kann zu extremen Härten führen.449 Dies gilt um so mehr, als die Verwaltung zum Zwecke der Verwirklichung ihrer Siedlungspolitik den Privaten ja – regelmäßig ebenfalls unter Androhung einer Vertragsstrafe – zum Hausbau, und damit auch zu den damit regelmäßig einhergehenden finanziellen Bindungen durch Kredite und Investitionen, verpflichtete.450 Bedürfen derartige Vertragsschlüsse demnach jeweils einer speziellen gesetzlichen Grundlage?451 446 Etwa Schilling, VerwArch 85 (1994), 226 (235); neuerlich für Subventionsverträge Rodi, Subventionsrechtsordnung, S. 705 oder Rottmann, in: Bauer/Breuer/Degenhart/Oldiges, 100 Jahre Allg. BauG Sachsen, 487 (498 und 502 ff.) am Beispiel der Vertragsgestaltungen bei Einheimischenmodellen. Freilich bedarf die Annahme eines Grundrechtseingriffs im baurechtlichen Kontext einigen Begründungsaufwand, vgl. Rottmann, a. a. O., 502 und 504. 447 Das mag für Fragen des Eigentumsrechts im Einzelnen problematisch sein (vgl. vorangeg. Fn.). Jedenfalls im Hinblick auf die in Art. 2 I GG verortete Vertragsabschluss- und -inhaltsfreiheit wird man die Grundrechtsrelevanz kaum negieren können, ebenso Schilling, VerwArch 85 (1994), 226 (232 f.); treffend bereits Pietzcker, Der Staat 17 (1978), 527 (544), welcher darauf verweist, dass sich die vertragliche Einwilligung in Belastungen von Seiten des Staates im Kontext der Art. 12 und 14 GG „nicht als ,Grundrechtsverzicht‘, sondern in korrigierter Fassung als ,Verfügung über grundrechtsgeschützte Positionen‘“ umschreiben lässt. „Die Besonderheit bei den vertragsnahen Grundrechten der Art. 12 und 14 GG besteht darin, daß hier Grundrechtsverwirklichung und Verfügung in besonders weitem Umfang zusammenfallen.“ 448 Regelmäßig beinhaltet der Formularvertrag eine Verpflichtung zu zumindest 8 Jahren Verwaltungstätigkeit sowie eine Klausel, wonach der Student bei Nichterfüllung zusätzlich zur erhaltenen Fördersumme einen Zuschlag i. H. v. nochmals 50% zu zahlen hat, vgl. BVerwGE 74, 78 ff. (Vertragsstrafe i. H. v. 4046, 80,– DM); BVerwG VR 1986, 356 ff. (Vertragsstrafe i. H. v. 21 750,– DM); BWVPr 1987, 56 f.; (Vertragsstrafe i. H. v. 26 848, 90,– DM). 449 So aber die Vertragsgestaltung, die LG Karlsruhe DNotZ 1998, 483 ff. zugrunde lag. Besonders hart erscheint eine deartige Klausel, wenn der Vertragspartner die regelmäßig enthaltene Auflage, das Grundstück, bzw. das zu errichtende Gebäude, selbst zu nutzen, gar nicht einhalten kann, etwa weil er als Beamter unerwartet in eine andere Dienststelle versetzt wird, so im Fall von OLG München MittBayNot 1994, 464. 450 Rastätter, DNotZ 2000, 17 (31). 451 Zu den Grundüberlegungen („Gesetz und Individuum“) zuletzt Seiler, Parlamentsvorbehalt, S. 104 ff. sowie grundlegend zu „grundrechtsrelevanten“ Maßnahmen BVerfGE 40, 237 (239); 47, 46 (78); 49, 89 (126 ff.); speziell zur Frage, welche Anforderungen an eine Ermächtigung zum Abschluss von Seiten des Privaten material unfrei zustandegekommener Verträge zu stellen sind Schilling, VerwArch 85 (1994), 226 (235) und ders., VerwArch 87 (1996), 191 (206, 211).
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Die Frage erübrigt sich, soweit das allgemeine Verwaltungsvertragsrecht Regelungen vorhält, welche die materiale Ungleichgewichtslage kompensieren und so dafür Gewähr tragen, dass der Verwaltungsvertrag tatsächlich Ausdruck freiwilliger Selbstbestimmung des Privaten ist. Freiwilligkeit im Sinne freiwilliger Grundrechtsausübung ist dann anzuerkennen, wenn sich der Vertragspartner der Reichweite seiner Entscheidung und auch ihrer möglichen Rechtsfolgen tatsächlich bewusst ist.452 Wer die Freiwilligkeit zur Demarkationslinie für das Eingreifen des Gesetzesvorbehalts erhebt, steht vor der schwer lösbaren Aufgabe, den Begriff der „Unfreiwilligkeit“ präzise zu formulieren.453 Soweit Verwaltungsverträge unter Verwendung von AGB geschlossen werden454, findet sich mit den §§ 305 ff. BGB ein gesetzliches Regime, welches sich gezielt der Sicherstellung der (grundrechtlich gewährleisteten) Vertragsfreiheit der Verwendergegenseite annimmt.455 Die undurchsichtige Feststellung der Unfreiwilligkeit wird durch die Prüfung, ob situativ der sachliche Anwendungsbereich des AGB-Rechts gegeben ist, substituiert. Speziell das gesetzlich verankerte Transparenzgebot des § 307 I 2 BGB dient dann dazu, der Verwendergegenseite eine rationale Entscheidung dadurch zu ermöglichen, dass die entscheidungsrelevanten Informationen vor Vertragsschluss erlangt werden können.456 Den damit einhergehenden Strukturgewinn verdeutlicht etwa das Verständlichkeitsgebot als Unterkategorie des Transparenzgebotes. Dieses betrifft nicht nur den Wortlaut, sondern auch die systematische Anordnung der Klauseln: Inhaltlich Zusammengehöriges darf nicht getrennt werden457, relevante Klauseln dürfen nicht zwischen unbedeutenden Klauseln versteckt oder an schwer auffindbarer Stelle plaziert werden.458 Behält sich die Verwaltung Änderungs-, Kündi452
Gurlit, Verwaltungsvertrag, S. 391. Nach Schilling, VerwArch 85 (1994), 226 (237) sowie erneut ders., VerwArch 87 (1996), 191 (200) ist ein Verwaltungsvertrag „immer dann ,unfreiwillig‘, wenn der Bürger nur die Wahl zwischen dem Angebot der öffentlichen Hand und dem Verzicht auf seine Nachfrage hat und wenn dieser Verzicht ihn aufgrund der starken Stellung der öffentlichen Hand besonders trifft.“; dort auch zu ähnlichen Formulierungen und Nachweisen zur Freiwilligkeitsproblematik. Unfreiwilligkeit kann dabei nicht für alle „subordinationsrechtlichen Verträge“ vermutet werden, so aber Schilling, VerwArch 85 (1994), 226 (236) und erneut ders., VerwArch 87 (1996), 191 (201). Denn nach zutreffender Ansicht erfasst § 54 S. 2 VwVfG alle zwischen Behörde und Bürger geschlossenen Verträge und nicht nur solche, welche unter dem Druck eines alternativen Verwaltungsaktes zustandekommen (dazu oben unter § 9 A. II.). 454 Für andere Bereiche bleibt es bei der Vorbehaltsproblematik. Allerdings sollte beachtet werden, dass durch das AGB-Recht ein Großteil der problematischen Fälle abgedeckt ist, zumal der Verwaltung überall dort, wo sie den Vertragsinhalt einseitig bestimmen kann, dazu neigen wird, Formularverträge zu verwenden. 455 Dazu oben unter § 3 D. sowie Schilling, VerwArch 85 (1994), 226 (232). 456 Für Verbraucherverträge wird hierdurch dem europäischen Leitbild eines informierten Verbrauchers entsprochen, vgl. Armbrüster, DNotZ 2004, 437. 457 Armbrüster, a. a. O., 437 (438). 458 Schumacher, MDR 2002, 974 (976). 453
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gungs- oder Einwirkungsrechte vor, müssen deren Voraussetzungen exakt beschrieben werden.459 Selbst leistungs- und preisbeschreibende Klauseln unterliegen nach § 307 III 2 BGB dem Transparenzgebot.460 Derartige Klauseln müssen die wirtschaftlichen Belastungen und Nachteile klar erkennen lassen.461 § 307 I S. 2 BGB, wonach eine unangemessene Benachteiligung sich auch aus der unklaren Klauselfassung ergeben „kann“, zeigt jedoch, dass die Unklarheit eine gewisse Erheblichkeitsschwelle überschreiten muss.462 Damit werden solche Fälle ausgegrenzt, in denen zwar eine Unklarheit besteht, ohne jedoch für einen verständigen Adressaten ernsthaften Zweifel hinsichtlich seiner Rechte und Pflichten hervorzurufen.463 Als Verwender hat die Verwaltung das Transparenzgebot auch im Hinblick auf die drohende Sanktion ernst zu nehmen, denn eine intransparente Klausel kann allein wegen ihrer Intransparenz unwirksam sein.464 Nach überwiegender Meinung muss die intransparente Klausel die andere Vertragspartei nicht einmal zusätzlich inhaltlich benachteiligen.465 459
Dazu Basedow, in: MüKo, BGB, § 307, Rn. 50. Vgl. die Begründung in BT-Drs. 14/6040, S. 154 sowie des Rechtsausschusses, BT-Drs. 14/7052, S. 188. 461 BGH NJW 2001, 2012 (2013). Dem könnte in den besagten Ausbildungsförderungs- oder Einheimischenmodellen etwa durch eine klare Aufschlüsselung der sicheren Belastungen sowie eine Verdeutlichung der im Falle der Vertragsbrüchigkeit drohenden Belastungen Rechnung getragen werden. Denkbar wären beispielhafte hypothetische Musterrechungen. 462 Näher Armbrüster, DNotZ 2004, 437 (440) sowie v. Westphalen, NJW 2002, 12 (17). 463 Armbrüster, a. a. O. 464 Dies gilt prinzipiell auch bzgl. intransparenter leistungs- und preisbeschreibender Klauseln. Es bedarf jedoch noch genauerer Klärung durch Rechtsprechung und Lehre, welches Schicksal in diesem Fall der gesamte Vertrag nimmt, vgl. SchulteNölke, HK-BGB, § 307, Rn. 22. Für öffentlich-rechtliche Verwaltungsverträge ist zu bedenken, dass mit der Unwirksamkeit einer leistungsbezogenen Klausel ein prägender Vertragsbestandteil wegfällt, wobei gesetzliche Vorschriften, welche gem. § 62 S. 2 VwVfG i. V. m. § 306 II BGB an die Stelle der unwirksamen Regelung treten könnten, nicht vorhanden sind. § 306 BGB scheint auch seinem Gesamtcharakter nach nicht auf den Fall zugeschnitten, dass ausnahmsweise eine leistungs- und preisbeschreibende Klausel wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot unwirksam ist. Allein für diesen Ausnahmefall erscheint es sinnvoll, als Rechtsfolge im Zweifel die in § 59 III VwVfG angeordnete Gesamtnichtigkeit vorzusehen (zur grundsätzlichen Vorzugswürdigkeit der Anwendung des § 306 BGB gegenüber § 59 III VwVfG eingehend noch F.). 465 In diesem Sinne BGHZ 148, 74 (79) = NJW 2001, 2635; BGHZ 147,373 (377) = NJW 2001, 2012 sowie BGHZ 147, 354 (361) = NJW 2001, 2014. Diese im früheren Recht nicht unumstrittene Frage ist nun in § 307 I S. 2 i. V. m. S. 1 entschieden, vgl. BT-Drucks 14/6040, S. 154 sowie Armbrüster, DNotZ 2004, 437 (439) mit dem Hinweis, dass die KRL das Transparenzgebot nicht als Unterfall der Inhaltskontrolle ansieht. Trotz Verortung in § 307 BGB tritt die Transparenzkontrolle als eigenständige Kategorie neben die eigentliche Inhaltskontrolle (so ausdrücklich die Begründung in BT-Drs. 14/6040, S. 153 f.; unklar insoweit die Ausführungen des Rechtsausschusses in BT-Drs. 14/7052, 188). Einschränkungen, wonach neben die formelle Intransparenz eine inhaltliche Benachteiligung hinzutreten muss, lassen sich auch der KRL nicht 460
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D. Die Klauselverbote der §§ 308 und 309 BGB bei Verwaltungsverträgen Die vom Gesetzgeber in den §§ 308 und 309 BGB formulierten Gestaltungsgrenzen bilden den Ausgangspunkt der Inhaltskontrolle. An ihnen entzündet sich in besonderem Maße die Kritik, das AGB-Recht sei zu starr, um der in jedem Verwaltungsvertrag abgebildeten Sondersituation „Verwaltung“ gerecht zu werden. Zunächst vermag allein der von Seiten des BGH466 und anderer467 angeführte Umstand, dass die Verwaltung anders als ein Privater aufgrund des verfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgebotes veranlasst ist, in gleich gelagerten Fällen gleich zu handeln, also auch in „Massenverträgen vorkonditioniert“ zu handeln468, keine Privilegierung der Verwaltung zu bewirken. Denn die Gesetzesbindung legt zugleich eine strikte Klauselkontrolle nahe und ermächtigt nicht zu zwar gleichen aber inhaltlich überzogenen Klausulierungen.469 Bevor einzelne Tatbestände der §§ 308 f. BGB auf ihre verwaltungsvertragsrechtliche Adäquanz hin geprüft werden (II.), gilt es zunächst einmal abstrakt die Sonderinteressenlage470 in den Blick zu nehmen, welche den jeweils zu kontrollierenden Klauseln der Verwaltung ihr spezifisches Eigengepräge gibt (I.). I. „Sonderrechtsklauseln“ der Verwaltung Viele der problematischen verwaltungsvertraglichen Klauseln sind Abbild einer Interessenlage, welche sich strukturell nicht in privatrechtlichen Verträgen findet. Der Private erhält vermittels von Verwaltungsverträgen zum einen regelmäßig Leistungen, welche von Privaten nicht (Verwaltungsakte, Planungen als Geschäftsgrundlage) oder zumindest nicht zu vergleichbaren Konditionen (vergünstigte Grundstücke, Sozialleistungen oder Einrichtungsbenutzungen, finanzielle Zuwendungen) zu erlangen sind. Zugleich verfolgt die Verwaltung mit der Erbringung der vertraglich geschuldeten „Sonderleistung“ regelmäßig Zwecke von allgemeinem Interesse (Industrieförderung, Einheimischenansiedelung oder Bedarfsdeckung). Die Machtüberlegenheit des Staates ist nicht wie entnehmen; a. A. offensichtlich v. Westphalen, NJW 2002, 12 (17); kritisch auch Basedow, in: MüKo, BGB, § 307, Rn. 51. 466 BGH NVwZ 2003, 371 (373). 467 Bunzel, LMK 2003, 87; Grziwotz, BauR 2001, 1839 (1841); Wagner, BayVBl. 1997, 539; Rastätter, DNotZ 2000, 17 (23, 38 und 42); Brohm, JZ 2000, 321 (331) sowie ders., in: Bauer/Breuer/Degenhart/Oldiges, 100 Jahre Allg. BauG Sachsen, 457 (475). 468 Brohm, in: Bauer/Breuer/Degenhart/Oldiges, 100 Jahre Allg. BauG Sachsen, 457 (475). 469 In diese Richtung Spannnowsky, UPR 2003, 81 (88). 470 Vgl. auch Rastätter, DNotZ 2000, 17.
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im Privatrecht der unerwünschte Fall, sondern ein Stück weit systemimmanent. Denn eine gewisse Machtüberlegenheit des Staates ist – zumindest im Grundsatz – Voraussetzung für eine verantwortliche Kompetenzwahrnehmung und Aufgabenerfüllung.471 Trotz einer funktionellen Vergleichbarkeit folgen die Machtstellung eines privaten Vertragspartners einerseits und diejenige des die Gemeinschaft verkörpernden Staates unterschiedlichen Vorrangstellungen, Funktions- und Pflichtbedingungen.472 Von Seiten der Verwaltung vorgegebene Rückzahlungsverpflichtungen, vorbehaltene Kündigungs- oder Interventionsrechte der Verwaltung oder Vertragsstrafen bei nicht zweckbezogener Verwendung einer Subvention dienen nicht der Absicherung individueller, sondern der durch die Verwaltung verfolgten Allgemeininteressen. Dem Charakter nach handelt es sich um Klauseln, welche in dieser Form Verträgen unter Privaten fremd sind.473 Konsequent knüpft bekanntlich etwa das französische Verwaltungsvertragsrecht die Qualifikation als Verwaltungsvertrag neben dem Vorliegen der Verfolgung eines service public an das Vorhandensein vergleichbarer – allerdings nicht zwingend einseitig vorkonditionierter – Klauseln (clause exorbitante).474 Angesichts des beschriebenen Funktionszusammenhangs von Wahrnehmung gesetzlich zugewiesener Aufgaben durch die kompetenz- und gesetzesgebundene Verwaltung und deren Absicherung durch vorkonditionierte Vertragsbestimmungen könnte man in Anlehnung an die Sonderrechtslehre475 von „Sonderrechtsklauseln“ sprechen. II. §§ 308 und 309 BGB: Adäquate Grenze oder unsachgemäße Einengung verwaltungsvertraglichen Handelns? Danach lässt sich kaum bestreiten, dass die Verwaltung ein legitimes Bedürfnis hat, ihren Sonderinteressen durch Druck- und Sicherungsmittel Ausdruck zu verleihen.476 Wenn auch im Einzelfall eine sorgfältige Prüfung der kollidierenden Interessen nötig ist, mag man eine gewisse Privilegierung der Verwaltung 471 Brohm, in: Bauer/Breuer/Degenhart/Oldiges, 100 Jahre Allg. BauG Sachsen, 457 (475). 472 Brohm, a. a. O., 457 (465). 473 Ebenso Hofstetter, BWNotZ 2000, 5 zu Klauseln in Baulandverkäufen der Gemeinde im Rahmen von Einheimischenmodellen. 474 Vgl. bereits oben unter § 8 B. VI. Die Verknüpfung von Verwaltungsverträgen zur unmittelbaren Verfolgung von Verwaltungsaufgaben durch den Vertrag unter gleichzeitiger Absicherung durch Sicherungsklauseln ist derart typisch, dass es sich anbietet, das Vorhandensein entsprechender Klauseln als Zuordnungskriterium im Hinblick auf die Einordnung als öffentlich-rechtlicher Verwaltungsvertrag i. S. d. §§ 54 ff. VwVfG auch in das deutsche Recht zu übernehmen. Dies würde gleichzeitig bedeuten, dass die Verwendung von AGB als Kriterium für eine Zuordnung zum Privatrecht wegfällt. 475 Dazu nur die Ausführungen und Nachweise in § 1 C. II. 476 Dazu auch Schilling, VerwArch 85 (1994), 226 (250).
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im Grundsatz damit rechtfertigen, dass der einzelne Private ein Mehr erhält, das überhaupt erst durch den Einsatz der Allgemeinheit ermöglicht wird (etwa durch Steuerzahlung). Zudem dient die Leistungszuwendung regelmäßig auch einem überindividuellen Interesse (Wirtschaftsförderung, Naturschutz etc.). Allerdings rechtfertigt auch der überindividuelle Zweck nicht jedes Mittel. Im Hinblick auf die Klauselkataloge des AGB-Rechts ist daher zu fragen: Ist das, was dem Zivilrechtler als Gestaltungsgrenze recht erscheint angesichts einer Sonderinteressenlage im öffentlichen Recht unbillig? In der Forderung nach einem vorrangigen Rückgriff auf offenere öffentlichrechtliche Maßstäbe wie das Angemessenheitsgebot, hallt der Ruf nach Wertungsspielräumen wider. Finden sich solche in den §§ 308 f. BGB? § 308 BGB verwendet zwar durchweg das Prüfungskriterium der Angemessenheit, dies jedoch in der Weise, dass er bestimmte, häufig vorkommende AGB-Klauseln aufzählt und für jede dieser Klauseln die Unwirksamkeit anordnet, wenn sie eine „unangemessene“, „sachlich nicht gerechtfertigte“ oder „nicht zumutbare“ Bestimmung enthält oder wenn an der getroffenen Regelung kein „anerkennenswertes Interesse“ besteht. Die Beschreibung der in § 309 BGB aufgezählten, stets unwirksamen Klauseln kommt durchweg ohne unbestimmte Rechtsbegriffe, wie sie sich in § 307 und bedingt in § 308 BGB finden, aus.477 Erweisen sich die Klauselverbote damit als zu starr für die Bewertung von Verwaltungsverträgen oder beanspruchen sie angesichts der Gesetzesbindung der Verwaltung gar erst recht Geltung478? 1. § 309 Nr. 6 BGB (Vertragsstrafen) Ausgehend von der Annahme, dass viele „Sonderrechtsklauseln“ der Verwaltung den Charakter einer Vertragsstrafe haben oder zumindest auf die klassischerweise durch Vertragsstrafen verfolgten Zwecke abzielen, wird vor allem das absolute Verbot bestimmter Vertragsstrafen in § 309 Nr. 6 BGB als zu unflexibles Hindernis empfunden.479 Nicht bedacht wird dabei, dass das Klausel477
Basedow, in: MüKo, BGB, § 307, Rn. 22. So Grziwotz, DNotZ 2003, 346 (348); ähnlich in der Grundwertung Spannowsky, UPR 2003, 81 (88). 479 Etwa Busse, BayVBl. 2003, 129 (132); Reidt, BauR 2004, 941 (943) sowie Grziwotz, NVwZ 2002, 391 (393); ders., JuS 1998, 902 (905) oder auch Brohm, JZ 2000, 321 (332); ders., in: Baur/Breuer/Degenhart/Oldiges, 100 Jahre Allgemeines BauG Sachsen, 457 (484). Ähnlich schlussfolgert de Wall, Privatrechtliche Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 296: Angesichts der abweichenden „Besonderheiten in der Interessenlage bei öffentlich-rechtlichen gegenüber privatrechtlichen Schuldverhältnissen [. . .] kann es Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit nicht geben.“ Als besonders problematisch sieht de Wall vor allem das Verbot bestimmter Haftungsbeschränkungen in § 11 Nr. 7 AGBG (jetzt § 309 Nr. 7 BGB) an. Dass die Vereinbarung einer Vertragsstrafe auch in einem öffentlich-rechtlichen Vertrag aufgrund des Verweises in § 62 S. 2 VwVfG auch auf §§ 336 ff. BGB grundsätzlich möglich ist, kann demge478
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verbot in § 309 Nr. 6 BGB tatbestandlich eng gefasst ist und nur bei Eintritt bestimmter Vertragsstörungen zur Unwirksamkeit führt.480 Unwirksam ist danach lediglich eine Klausel, „durch die dem Verwender für den Fall der Nichtabnahme oder verspäteten Abnahme der Leistung, des Zahlungsverzuges oder für den Fall, dass der andere Vertragsteil sich vom Vertrag löst, die Zahlung einer Vertragsstrafe versprochen wird.“ Praktisch bedeutsam ist für Verwaltungsverträge überhaupt nur die Variante der Vertragslösung. Selbst wenn man diese weit interpretiert481, greift überall dort, wo die Vertragsstrafe in der Praxis eine wesentliche Rolle spielt, nämlich zur Sanktionierung sonstiger Vertragsverletzungen des Vertragspartners, jedoch die Generalklausel des § 307 BGB.482 Für alle Vertragsgestaltungen, durch welche die Verwaltung Druck in Richtung eines bestimmten aktiven Verhaltens auszuüben sucht483, ist mit der Generalklausel ein wertungsoffenes Kontrollregime eröffnet. In vielen Fällen liegt bei genauerem Hinsehen schon gar keine Vertragsstrafe vor, da der Klausel keine Beugefunktion zukommt. So bezwecken viele Klauseln in Subventionsverträgen lediglich eine effektive Rückabwicklung der fehlgeschlagenen genüber inzwischen als allgemeine Meinung betrachtet werden, siehe nur BVerwGE 74, 78 (80 f.); 98, 58 (64); OVG Münster NJWE-MietR 1997, 185 f.; OVG Hamburg, Urt. vom 22.11.2002, Az. 1 Bf 214/00 (Juris, Rn. 34) abgedr. NordÖR 2003, 492 ff.; Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 525 ff.; Schilling, VerwArch 85 (1994), 226 (230 ff.); Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 62, Rn. 9; Bonk, in: P. Stelkens/Bonk/ Sachs, VwVfG, § 62, Rn. 37; ebenso bereits Apelt, Verwaltungsrechtlicher Vertrag, S. 205. 480 Basedow, in: MüKo, BGB, § 309 Nr. 6, Rn. 1. 481 Näher Basedow, in: MüKo, BGB, § 309 Nr. 6, Rn. 12. 482 Basedow, in: MüKo, BGB, § 309 Nr. 6, Rn. 2 (Hervorhebung durch den Verfasser). Insbesondere bei Vertragsstrafen in Einheimischenverträgen kommt § 306 Nr. 6 BGB regelmäßig nicht zur Anwendung, vgl. Grziwotz, NVwZ 2002, 391 (393). Rastätter, DNotZ 2000, 17 (30 ff.) weist zudem zutreffend darauf hin, dass die Rechtsprechung teilweise fälschlich von Vertragsstrafeversprechen ausging, während es sich tatsächlich um „Verfallklauseln“ handelte, für welche allein § 307 BGB maßgeblich ist. Auch liegt keine Vertragsstrafe, sondern eine zulässige „Aufzahlungs- oder Mehrerlösklausel“ vor, wenn vom Erwerber eines verbilligten Grundstücks bei pflichtwidrigem Verhalten (z. B. Verstoß gegen eine Bau- oder Nutzungspflicht) die Nachzahlung des Betrages auferlegt wird, der der Verwaltung bei Ausübung eines alternativ vorbehaltenen Rücktritts- oder Wiederkaufrechts zufließen würde. Da einerseits ein Wiederkaufsrecht zum ehemaligen Kaufpreis zulässig ist, andererseits die Gemeinde nicht immer über die Finanzkraft verfügt, Grundstücke zurückzukaufen, muss es ihr möglich sein alternativ den Käufer für den Fall vertragswidrigen Verhaltens zu verpflichten, die Differenz zwischen ehemaligem Kaufpreis und damaligem tatsächlichen Verkehrswert zu zahlen, vgl. Grziwotz, NVwZ 2002, 391 (393); Rastätter, DNotZ 2000, 17 (42 f.) oder auch OLG München DNotI-Report 1999, 138. 483 Etwa die Bebauung eines Grundstücks zur Erreichung städtebaulicher Zielsetzungen, die bestimmungsgemäße Verwendung einer Subvention, die Durchführung einer Sanierung oder Instandsetzung aus ordnungspolitischen Aspekten, die Durchführung einer Maßnahme des Vertragsnaturschutzes aus Gründen des Umweltschutzes oder die Schaffung von Arbeitsplätzen und/oder die Tätigung bestimmter Investitionen aus volkswirtschaftlichen Erwägungen etc.
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Förderung und nicht eine darüber hinausgehende „Strafe“.484 Für viele Verwaltungsverträge stellt sich das Problem zudem schon deshalb nicht, weil es sich bei dem privaten Vertragspartner um einen Unternehmer handelt.485 Nach § 310 I 1 BGB sind die §§ 308 f. BGB dann nicht unmittelbar anwendbar, sondern gem. § 310 I 2 BGB als Wertungskriterien innerhalb der offenen Inhaltskontrolle nach § 307 BGB zu berücksichtigen.486 Soweit eine Vertragsstrafe (ausnahmsweise) unter das Verbot des § 309 Nr. 6 BGB fällt, ist die Unwirksamkeit angesichts der Gesetzesbindung der Verwaltung hinzunehmen.487 2. § 309 Nr. 5 BGB (Schadenspauschalierung) Eng verwandt mit der Nr. 6488 und auch für Verwaltungsverträge relevant ist das Verbot bestimmter Pauschalierungen von Schadensersatzansprüchen nach § 309 Nr. 5 BGB.489 Durch die Regelung soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass einseitig vorformulierte Schadenspauschalierungen in der Praxis häufig überhöht sind und dass das schadensrechtliche Bereicherungsver484
Ausführlich Riebele, in: Staudinger, BGB, Vor §§ 339 ff., Rn. 152. Etwa im Falle der Subventionierung eines Unternehmens oder im Rahmen eines Privatisierungsvertrages. 486 Dazu Basedow, in: MüKo, BGB, § 310, Rn. 7 ff. und Rastätter, DNotZ 2000, 17 (44 f.). 487 Ebenso Grziwotz, DNotZ 2003, 346 (348) und im Ergebnis auch Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 528; in der Tendenz auch Spannowsky, UPR 2003, 81 (88). 488 Zur Abgrenzung von § 309 Nr. 5 und Nr. 6 BGB kommt es entscheidend darauf an, ob der Verwender mit der streitigen Klausel in erster Linie den Vertragspartner unter Erfüllungszwang setzen will (Vertragsstrafe) oder ob er in erster Linie die Schadensregulierung erleichtern möchte (Schadenspauschalierung), im Einzelnen Basedow, in: MüKo, BGB, § 309 Nr. 6, Rn. 4 f. und § 309 Nr. 5, Rn. 5 f. Die KRL enthält in Nr. 1e des Anhangs eine Bestimmung wonach solche Klauseln missbräuchlich sind, durch welche einem Verbraucher, der seinen Verpflichtungen nicht nachkommt, ein unverhältnismäßig hoher Entschädigungsbetrag auferlegt wird. Für Verbraucherverträge wird hier nicht zwischen Schadenspauschalierung und Vertragsstrafe getrennt. Zudem ist der Tatbestand insoweit offener als die nationalen Regelungen als allg. von „Verpflichtungen“ die Rede ist und mit dem Tatbestandsmerkmal der „Unverhältnismäßigkeit“ ein wertungsoffener Begriff gewählt wurde. Ausweislich des nur bedingt rechtsverbindlichen Charakters des Anhangs (EuGH Urt. vom 7.5.2002, Rs. C-478/99 [Kommission/Schweden], abgedruckt in EuZW 2002, 465 mit Anmerkung Pfeiffer) kann diesen Vorgaben für Verwaltungsverträge dadurch Rechnung getragen werden, dass Klauseln, welche nicht unter die Nrn. 5 u. 6 des § 309 BGB fallen, konsequent gem. §§ 310 I 2, 307 BGB unter Berücksichtigung von § 309 Nrn. 5 und 6 BGB sowie des Anhangs der RL Rechnung getragen wird. 489 Vgl. Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 533 f. Vgl. auch BVerwG, Beschluss v. 11.4.1997 – 8 B 61/97, JURIS (formularmäßige Schadenspauschalierung in Form erhöhter Verzinsung bei Rücktritt durch Behörde in einem Subventionsvertrag). Ähnliche Formulierungen (erhöhte Verzinsung im Rückzahlungsfall) finden sich in mehreren Allgemeinen Förderbedingungen, die der Subventionsempfänger mit der Antragstellung akzeptiert (dazu oben unter § 10 B. II.). 485
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bot hierdurch umgangen wird.490 Zu diesem Zweck erklärt § 309 Nr. 5 a) BGB Pauschalierungen für unwirksam, durch welche ein Betrag festgesetzt wird, der den „nach dem normalen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden“ übersteigt. Für die Verwaltung gilt dieses Bereicherungsverbot umso mehr als diese prinzipiell darauf beschränkt ist, sich über Steuereinnahmen, jedenfalls nicht durch überhöhte Schadenspauschalen, zu finanzieren. Die Schuldrechtsmodernisierung hat in § 309 Nr. 5 b) BGB zu einer Präzisierung geführt, welche auch für Verwaltungsverträge zu einer angemessenen Begrenzung von Schadenspauschalierungen führt. Unwirksam ist danach die Vereinbarung eines pauschalierten Anspruchs des Verwenders auf Schadensersatz oder Ersatz einer Wertminderung, wenn „b) dem anderen Vertragsteil nicht ausdrücklich der Nachweis gestattet wird, ein Schaden oder eine Wertminderung sei überhaupt nicht entstanden oder wesentlich niedriger als die Pauschale.“ Nach früherem Recht durfte dieser Nachweis lediglich „nicht abgeschnitten“ werden, was in praxi regelmäßig zumindest nicht ausdrücklich geschah und zu erheblichen Rechtsunsicherheiten führte.491 Durch die Umkehrung in eine positive Formulierung werden die Unklarheiten beseitigt492 und der Schutz der Verwendergegenseite deutlich gestärkt493, einem Anliegen, welches es ebenso für Verwaltungsverträge zu verwirklichen gilt.494 3. § 309 Nr. 7 BGB (Haftungsfreizeichnungen) Vor allem im Bereich der Benutzung öffentlicher Einrichtungen495 und vermehrt bei funktionalen Privatisierungen496 finden sich Haftungsausschlüsse in AGB. Als Gestaltungsgrenze könnte sich hier der durch die Schuldrechtsmodernisierung noch verschärfte und terminologisch an die neue Kategorie der Pflichtverletzung497 angeglichene § 309 Nr. 7 BGB erweisen. Nach dessen lit. a ist unwirksam: „ein Ausschluss oder eine Begrenzung der Haftung für Schäden 490
Basedow, in: MüKo, BGB, § 309 Nr. 5, Rn. 2. Vgl. Koch, WM 2002, 2173 (2177) und Schumacher, MDR 2002, 973 (977). 492 So die Intention des Gesetzgebers, vgl. die Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drs. 14/6040, S. 155. 493 v. Westphalen, NJW 2002, 12 (20 dort auch zur Anwendbarkeit der Norm auf Unternehmerverträge). 494 Soweit es das BVerwG im Beschluss v. 11.4.1997 – 8 B 61/97 (JURIS, dort Ziffer 3) hat ausreichen lassen, dass der Gegenbeweis nicht ausdrücklich abgeschnitten ist, und im weiteren festgestellt hat, dass eine Verpflichtung, den Vertragspartner auf dessen Rechte hinzuweisen, nicht besteht, ist diese Rechtsprechung nicht mehr haltbar. 495 Oben unter § 10 B. V. 496 Unter § 10 B. VI. 497 Dazu aus verwaltungsvertraglicher Sicht noch eingehend nachfolgend unter § 16. 491
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aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit, die auf einer fahrlässigen Pflichtverletzung des Verwenders oder einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Pflichtverletzung eines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen des Verwenders beruhen.“ Danach ist nunmehr auch der Ausschluss oder die Beschränkung der Haftung für leicht fahrlässig verursachte Körperschäden unzulässig.498 Lit. b erklärt in AGB weiter für unzulässig: jeden „Ausschluss oder eine Begrenzung der Haftung für sonstige Schäden, die auf einer grob fahrlässigen Pflichtverletzung des Verwenders oder auf einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Pflichtverletzung eines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen des Verwenders beruhen.“ Damit besteht für sonstige Schädigungen grundsätzlich die Möglichkeit einer Freizeichnung für leicht fahrlässige Pflichtverletzungen. Beide Bestimmungen beruhen auf Vorgaben im Anhang der Richtlinie499, sind aber auch im unternehmerischen Verkehr im Rahmen der Inhaltskontrolle nach § 307 II Nr. 1 BGB zu beachten.500 Verlangt diese nicht unerhebliche Gestaltungsschranke nunmehr nach einer Privilegierung der Verwaltung, um diese zum Zwecke effektiver Aufgabenwahrnehmung vor allzu großen Haftungsrisiken zu bewahren?501 Oder anders gewendet: Muss der Einzelne, welcher als Vertragspartner der im Interesse der Allgemeinheit agierenden Verwaltung einen Schaden erleidet, mehr hinnehmen, weil eine Haftungsbegrenzung im Allgemeininteresse, bzw. zum Zwecke konstanter und preisgünstiger Leistungserbringung auch immer in seinem Interesse erfolgt.502 Dem ist klar zu widersprechen. So ist beispielsweise auch die effektive und preisgünstige Versorgung mit Medikamenten im Allgemein- oder jedenfalls Verbraucherinteresse. Dennoch sieht sich die Pharmaindustrie zu Recht keiner Haftungsprivilegierung, sondern im Gegenteil zum Zwecke eines effektiven Konsumentenschutzes einer jüngst erst weiter verschärften Haftung gegenüber.503 Im Gegen498 Allerdings tendierte die jüngere Rspr. bereits dazu, auch die Freizeichnung für leichte Fahrlässigkeit für unzulässig zu erachten, vgl. Basedow, in: MüKo, BGB, § 309, Rn. 19. 499 Vgl. Nr. 1a und Nr. 1b des Anhangs. 500 So Koch, WM 2002, 2173 (2178) und von Westphalen, NJW 2002, 12 (21). Allerdings gelten § 309 Nr. 7 lit a und b BGB nach dem zweiten Halbsatz nicht für nach dem Personenbeförderungsgesetz genehmigte Beförderungsbedingungen und § 309 Nr. 7 lit. b BGB nicht für Haftungsbeschränkungen staatlich genehmigter Lotterieund Ausspielverträge. Diese bislang in § 23 Abs. 2 Nr. 3 und 4 AGBG enthaltenen Ausnahmen wurden zur besseren Übersichtlichkeit unter Berücksichtigung der bisherigen Rechtsprechung in den § 309 Nr. 7 BGB eingefügt. 501 Überlegungen in diese Richtung bei Wagner, Anwendbarkeit des AGB-Gesetzes auf Benutzungsregelungen, S. 80 und 181 ff.; ähnliche Überlegungen auch bei de Wall, Privatrechtliche Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 296 f. 502 Zu dieser Argumentationslinie Wagner, a. a. O., S. 181. Eine Tendenz in diese Richtung lässt sich der Rspr. zu den AVBs (dazu sogleich unter E. I. 3.) entnehmen, vgl. BGH NJW 1998, 1640 (1642) und OLG Dresden LKV 2001, 142 ff. 503 Zu den Neuerungen im Arzneimittelhaftungsrecht durch das seit 1.8.2002 in Kraft getretenen „Zweiten Gesetzes zur Änderung schadensrechtlicher Vorschriften“
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satz zum privaten Unternehmer treffen die Verwaltung zudem grundrechtliche Schutzpflichten, so dass die begrenzten Freizeichnungsmöglichkeiten im Bereich des Integritätsschutzes erst recht angemessen sind. Im Übrigen ist es ausreichend, wenn der Verwaltung für Nicht-Gesundheitsschäden die Freizeichnung von leichter Fahrlässigkeit sowie die Begrenzung der Haftung auf vertragstypische bzw. vorhersehbare Schäden zugestanden wird.504 Hinsichtlich weitergehender Haftungen ist es auch der Verwaltung zumutbar, zum einen Haftungsfällen vorzubeugen und zum anderen das Haftungsrestrisiko in ihrer Finanzplanung zu berücksichtigen. Schließlich finden sich bisweilen in Verbindung mit Haftungsbeschränkungen Klauseln, welche die Durchsetzung eines Schadensersatzanspruchs vom Nachweis des schuldhaften Verhaltens des Bediensteten des Verwaltungsträgers abhängig machen.505 Nach der negativen Fassung des § 280 I 2 BGB n. F. trägt der Schuldner die Behauptungs- und Beweislast dafür, dass er die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.506 Da die Geltung des § 280 I 2 BGB – bzw. der Vorgängervorschriften der §§ 282, 285 BGB a. F.507 – für öffentlich-rechtliche Schuldverhältnisse seit Langem anerkannt ist508, verstoßen entsprechende Klauseln gegen § 309 Nr. 12 lit. a BGB (ex § 11 Nr. 15 lit. a AGBG), wonach in AGB eine Bestimmung unwirksam ist, „durch die der Verwender die Beweislast zum Nachteil des anderen Vertragsteils ändert, insbesondere indem er diesem die Beweislast für Umstände auferlegt, die im Verantwortungsbereich des Verwenders liegen.“
(Gesetz vom 9.7.2002, BGBl. I, S. 2674) vgl. Kleveman, PharmaR 2002, 393 ff.; zu Verschärfungen im Bereich der Arzneimittelhaftung Pflüger, PharmaR 2003, 363 ff. Auch wenn es sich hierbei im Wesentlichen um die Verschärfung der außervertraglichen Haftung handelt, dürfe dies nichts an der Übertragbarkeit der Wertung handeln. 504 Letzteres wird selbst vor der Folie der Richtlinie noch als zulässig erachtet, vgl. Basedow, in: MüKo, BGB, § 309, Rn. 5 m. w. N. 505 Vgl. Wagner, Anwendbarkeit des AGB-Gesetzes auf Benutzungsregelungen, S. 54 und 213. 506 Siehe nur Lorenz/Riehm, Lehrbuch neues Schuldrecht, S. 94, Rn. 180. 507 Diese beschränkten die Befreiung des Gläubigers vom Nachweis eines Schuldnerverschuldens allerdings auf Unmöglichkeit und Verzug, während § 280 I 2 BGB sich nunmehr auf alle Pflichtverletzungen bezieht. Dies entspricht der vorangegangenen Rspr., welche die Beweislastregel auf weitere Institute ausgedehnt hatte, vgl. BTDrs. 14/6040, S. 310. 508 Siehe Henneke, in: Knack, VwVfG, § 62, Rn. 26; Bonk, in: P. Stelkens/Bonk/ Sachs, VwVfG, § 62, Rn. 33; Bernsdorf, in: Obermayer, VwVfG, § 62, Rn. 63, de Wall, Privatrechtliche Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 356 oder Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 605.
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4. § 308 Nr. 3 BGB (Rücktrittsvorbehalt) Danach ist unwirksam „die Vereinbarung eines Rechts des Verwenders, sich ohne sachlich gerechtfertigten und im Vertrag angegebenen Grund von seiner Leistungspflicht zu lösen“ (§ 308 Nr. 3 HS 1 BGB). Ein sachlicher Grund für das Vertragshandeln der Verwaltung wird regelmäßig schon deshalb gegeben sein, weil diese nie willkürlich und nur aufgrund einer eingeräumten Kompetenz handeln darf.509 Vor allem ist es nach dem Gesamtzusammenhang nicht zu beanstanden, wenn sich die Verwaltung für den Fall, dass der private Vertragspartner den mit dem Verwaltungsvertrag verfolgten Zweck durch pflichtwidriges Verhalten vereitelt510 oder die Voraussetzungen einer von Seiten der Behörde geschuldeten Leistung wegfallen511, den Rücktritt vorbehält. Allerdings zwingt § 308 Nr. 3 BGB die Verwaltung in sachgerechter Weise, den jeweils zur Verankerung eines Rücktrittsvorbehalts motivierenden Grund auch im Verwaltungsvertrag anzugeben.512 Der Rücktrittsvorbehalt ist dabei so zu formulieren, dass er sich nicht auch auf Umstände erstreckt, deren Vorliegen der Klauselverwender bei gebotener Sorgfalt schon vor Vertragsschluss hätte erkennen und deshalb den Vertrag hätte ablehnen können.513 HS 2, welcher Dauerschuldverhältnisse vom Anwendungsbereich ausnimmt, bewirkt eine für Verwaltungsverträge in besonderem Maße relevante Eingrenzung. Denn die Handlungsform des Vertrages
509 Vgl. zum Willkürverbot Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee, Kapitel 6, Rn. 59 und zuletzt BVerfG BayVBl. 2004, 594 sowie BVerwG BayVBl. 2004, 23 (24). 510 Vgl. BVerwG im Beschluss v. 11.4.1997 – 8 B 61/97 (JURIS, dort Ziffer 2) für den Fall eines Subventionsvertrages. 511 Dazu BVerwG NVwZ-RR 2004, 413 (415). 512 Dies gilt auch für die Vereinbarung eines Rücktrittsrechts gegenüber einem Unternehmer, was im Zivilrecht nicht unumstritten ist, vgl. Basedow, in: MüKo, BGB, § 308, Rn. 15. 513 So BGHZ 99, 182 (183, 193). Dabei ging es um die Bewertung einer mit einem Haftungsausschluss gekoppelten Klausel in einem Stadthallenbenutzungsvertrag mit folgendem Inhalt: „VI Rücktritt vom Vertrag 1. Die Vermieterin ist berechtigt, vom Vertrag zurückzutreten, wenn a) durch die beabsichtigte Veranstaltung eine Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung oder eine Schädigung des Ansehens der Stadt O [. . .] zu befürchten ist, b) [. . .] Macht die Vermieterin von ihrem Rücktrittrecht Gebrauch, stehen dem Mieter keinerlei Schadensersatzansprüche zu.“ Bereits die Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe aus dem Ordnungsrecht (Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung) weist auf die Sonderrolle der Verwaltung hin, welche bei der Inhaltskontrolle Berücksichtigung finden muss. Der Verweis des BGH auf die Erkennbarkeit im Vorfeld des Vertragsschlusses unterstreicht demgegenüber die Grundrechtsgebundenheit der Verwaltung. So war im zu entscheidenden Fall Vertragspartner ein politischer Verein, dessen Rechte die gesetzesgebundene Verwaltung anders als ein Privater in einer Vergleichssituation in besonderem Maße von Anfang an zu achten hatte.
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wird von Seiten der Verwaltung im Gegensatz zum Verwaltungsvertrag bevorzugt zur Regelung speziell längerfristiger Rechtsbeziehungen gewählt.514 5. § 308 Nr. 4 BGB (Änderungsvorbehalt) Sofern in einem Formularvertrag ein Änderungsvorbehalt zugunsten der Verwaltung vorgesehen ist, kann dieser an § 308 Nr. 4 BGB scheitern, wonach es entscheidend auf die Zumutbarkeit für den anderen Vertragsteil ankommt.515 Da es sich gem. § 62 S. 2 VwVfG um eine „ergänzende“ Anwendung handelt, sind vorrangig § 60 VwVfG und die dort formulierten Wertungen zu berücksichtigen. Knüpft das Gestaltungsrecht etwa an das Drohen eines schweren Nachteils für das Gemeinwohl an, wird die Klausel im Hinblick auf § 60 I 2 VwVfG unabhängig von der Zumutbarkeit für den Vertragspartner wirksam sein.516 Im Übrigen eröffnet das Kriterium der Zumutbarkeit hinreichende Wertungsspielräume, um auch die Interessen der Verwaltung, bzw. die von dieser verfolgten Allgemeininteressen zu berücksichtigen.517 Zusammenfassend lässt sich danach sagen, dass die hinsichtlich der bisherigen Klauselpraxis relevantesten Bestimmungen in den §§ 308 und 309 BGB häufig tatbestandlich so eng gefasst sind, dass vielfältig nicht sie, sondern die wertungsoffenere Generalklausel greift. Wo die Verbotstatbestände einschlägig sind, führt dies zu sachgerechten Ergebnissen. III. Zulässige Alternativen zu vorformulierten Klauseln? In manchen Fällen wird die Klauselproblematik dadurch entschärft, dass die Verwaltung anstelle der Verwendung umstrittener AGB auf weniger problematische Gestaltungen ausweichen kann. So besteht theoretisch immer auch die Möglichkeit, die Rechtsbeziehungen individualvertraglich auszugestalten.518 514 Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 609. Allerdings sind Kündigungsvorbehalte in Dauerrechtsverhältnissen dann am Maßstab des § 307 BGB zu messen, vgl. Schmidt, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG, § 10 Nr. 3, Rn. 17. 515 So finden sich beispielsweise in AGB über die Benutzung von Marktplätzen Bestimmungen, wonach es der Verwaltung erlaubt ist, Marktstandplätze ohne Rücksprache mit dem Benutzer zu verlegen, vgl. Wagner, Anwendbarkeit des AGB-Gesetzes auf Benutzungsregelungen, S. 55. 516 Im Ergebnis ebenso Grziwotz, Vertragsgestaltung, S. 84, Rn. 186. Freilich hat § 60 I 2 VwVfG nur geringe praktische Bedeutung, näher unter § 17 D. 517 Ebenso Grziwotz, DNotZ 2003, 346 (348) generell zu § 308 BGB. 518 Eine gewisse Einschränkung erfährt die Möglichkeit, Individualvereinbarungen zu schließen dadurch, dass die Verwaltung aufgrund des Gleichheitssatzes gehalten ist, vergleichbare Situationen auch gleich, sprich formularmäßig, zu regeln, dazu BGH NVwZ 2003, 371 (373); aus der Literatur etwa Wagner, BayVBl. 1997, 539; Hofstetter, BWNotZ 2000, 5 (7) oder Brohm JZ 2000, 321 (331). Allerdings wird sich häufig ein sachlicher Grund finden lassen, welcher auch entgegen anderweitiger Praxis in
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Hier wird man der Verwaltung dann mehr Freiheiten zugestehen müssen, da der Vertragspartner sich im Rahmen des Aushandlungsprozesses die Belastungen klar vor Augen führt. Trotz eventueller materialer Zwänge besitzt der Vertrag dann eine höhere Legitimationskraft.519 Denn aus der Perspektive des Privaten ist der Vertragsschluss Ausdruck seiner Privatautonomie, welche es auch dann grundsätzlich zu achten gilt, wenn der ausgehandelte Vertrag zu Belastungen führt.520 Eine über die allgemeinen Grenzen hinausgehende Regulierung ist dann nicht angezeigt.521 Für die aktuell im Mittelpunkt der Diskussion stehenden grundstücksbezogenen Verwaltungsverträge, sollte zudem über die im Vergleich zur verwaltungsvertraglichen Lösung sicherere und vorteilhaftere Alternative der Begründung einer Baulast nachgedacht werden.522 So können nach § 71 I LBO BW523 Grundstückseigentümer durch Erklärung gegenüber der Baurechtsbehörde „öffentlich-rechtliche Verpflichtungen zu einem ihre Grundstücke betreffenden Tun, Dulden oder Unterlassen übernehmen, die sich nicht schon aus öffentlichrechtlichen Vorschriften ergeben (Baulasten).“524 Nach herrschender Ansicht geconcreto eine individualvertragliche Vereinbarung, etwa einer Vertragsstrafe, zulässt, vgl. dazu auch Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 527 und 593 f. 519 So lässt etwa der BGH eine vom Verschuldensprinzip abweichende Risikohaftung – in den Grenzen der §§ 138, 242 BGB – in individualvertraglichen Vereinbarungen grundsätzlich, in AGB nur soweit zu, wie höherrangige Interessen des AGB-Verwenders dies rechtfertigen (vgl. dazu BGH, NJW 1979, 1886 [1887]) oder die den Vertragspartner benachteiligende Abweichung vom dispositiven Gesetzesrecht durch Gewährung anderer rechtlicher Vorteile kompensiert (!) wird, vgl. BGHZ 82, 238 (240 f.) und BGH NJW 1991, 1886 (1887). 520 BGH NJW 2004, 930 (932 f.) im Anschluss an BVerfG NJW 2001, 957 und NJW 2001, 2248 (dort auch zu den für Individualvereinbarungen geltenden Grenzen, die sich aus den im Lichte der Grundrechte zu interpretierenden Generalklauseln ergeben); für Verwaltungsverträge ebenso Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 527 f. 521 Grenzen ergeben sich vor allem aus der Kompetenzgebundenheit der Verwaltung, dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, § 59 I VwVfG i. V. m. den §§ 134, und 138 BGB sowie § 56 VwVfG oder spezialgesetzlichen Ausformungen des Angemessenheitsgebotes und Koppelungsverbotes. Für Vertragsstraferegelung bietet zudem der nach zutreffender Ansicht über § 62 S. 2 VwVfG (grundsätzlich) anwendbare § 343 BGB einen flexiblen Kontrollmaßstab. Danach kann eine überhöhte Vertragsstrafe durch das Verwaltungsgericht auf ein angemessenes Maß herabgesetzt werden, so Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 531 f.; zur Unanwendbarkeit der Vorschrift bei Vertragsschluss unter Verwendung von AGB Basedow, in: MüKo, § 309 Nr. 6, Rn. 8; zu Besonderheiten im Unternehmerverkehr Gottwald, in: MüKo, BGB, § 343, Rn. 4. 522 Hofstetter, BWNotZ 2000, 5 (7); zur Vorzugswürdigkeit der Baulast unter weiteren Gesichtspunkten Schlotterbeck, in: Schlotterbeck/v. Arnim/Hager, LBO BW, § 71, Rn. 3. 523 Mit Ausnahme von Bayern und Brandenburg enthalten die Landesbauordnungen der meisten anderen Bundesländer weitgehend deckungsgleiche Regelungen, vgl. § 73 I BauO Bln; § 85 I BremLBO; § 75 I HBO; § 92 I NBauO; § 86 I LBauO RP; § 80 I SächsBO; § 89 I LBO SH; § 79 I HBauO; § 83 I LBauO M-V; § 83 I BauO NRW; § 92 I LBO Saarland; § 87 I BauO LSA und § 80 I ThürBO.
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nügt für die Begründung einer Baulast, dass ein baurechtlich relevantes Interesse in irgendeinem Zusammenhang mit dem Baugeschehen gegeben ist.525 Die Begründung kann auch aus bauplanungsrechtlichen Gründen erfolgen.526 Die Verpflichtung des Grundstückseigentümers wäre klar öffentlich-rechtlicher Natur527, Streitigkeiten mithin beim Verwaltungsgericht auszutragen528. E. Die Kontrolle von Verwaltungsverträgen nach § 307 I 1 und II BGB Nach § 307 I 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, „wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen“. 529 Für die Beurteilung der Angemessenheit kommt es in erster Linie auf eine sorgfältige, alle Umstände des Falles in Betracht ziehende Ermittlung der Interessen an, so dass es zu fragen gilt: Welches Interesse hat der Verwender an der Aufrechterhaltung der AGB-Klausel und welches sind die Gründe, die umgekehrt aus der Sicht der Verwendergegenseite für den Wegfall der Klausel streiten?530 Im Anschluss 524 Die Verpflichtung zur Abgabe einer entsprechenden Erklärung könnte auch in einen städtebaulichen Vertrag aufgenommen werden, zu den Einzelheiten Masloh, NJW 1995, 1993 (1995). Um nicht wieder einen Ansatzpunkt für eine Inhaltskontrolle zu geben, erscheint es jedoch praktischer die Baulast zur Geschäftsgrundlage des Vertrages zu erheben oder die Baulasterklärung – soweit im Einzelfall möglich – dem Grundstückgeschäft zeitlich vorausgehen zu lassen, zu den dann zu beachtenden Voraussetzungen Wenzel, BauR 2002, 569 ff. 525 Sauter, LBO BW, § 71, Rn. 16; sehr weitgehend jüngst auch VGH Mannheim, Urt. v. 1.10.2004, Az. 3 S 1743/03 (JURIS, dort Rz. 21: erforderlich ist nur „irgend ein Zusammenhang mit dem Baugeschehen“; sie könne zudem auch „auf Vorrat ohne einen konkreten Anlass“ übernommen werden, soweit nicht ausgeschlossen ist, „dass die Baulast in naher Zukunft eine baurechtliche Bedeutung gewinnen kann.“). 526 Vgl. Hofstetter, BWNotZ 2000, 5 (7) sowie Dürr, Baurecht, S. 154, Rn. 241 oder Sauter, LBO BW, § 71, Rn. 15. Allerdings sind die Grenze, welche Verpflichtungen durch Baulast vorgeben werden können, noch nicht abschließend geklärt, zumal die o. g. landesrechtlichen Vorschriften nicht vollkommen deckungsgleich sind. Folgt man der Ansicht, wonach eine baurechtliche Relevanz als Voraussetzung für die Baulast nicht bedeutet, dass ohne die Baulast die (konkret begehrte oder eine künftige) Baugenehmigung nicht erteilt werden kann, können Verpflichtungen in sehr weitem Maße zum Gegenstand einer Baulast gemacht werden. Erforderlich ist dann allein ein „baurechtlich relevantes öffentliches Interesse“, vgl. Sauter, LBO BW, § 71, Rn. 19. 527 Die Baulast begründet ein rein öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis zwischen dem Belasteten und der Behörde, im Einzelnen Sauter, LBO BW, § 71, Rn. 4 und 7 oder Schlotterbeck, in: Schlotterbeck/v. Arnim/Hager, LBO BW, § 71, Rn. 2 und Wenzel, BauR 2002, 569 (573). 528 Dazu Hofstetter, BWNotZ 2000, 5 (7). 529 Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 7/3919, S. 22) ergibt sich dasjenige, was „angemessen“ ist, aus den „Geboten von Treu und Glauben“; zum nicht ganz eindeutigen Verhältnis der Kriterien zu einander Basedow, in: MüKo, BGB, § 307, Rn. 30.
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daran folgt der entscheidende Schritt: die Abwägung der Interessen.531 Für den vorliegenden Kontext von besonderem Interesse, bisher aber wenig untersucht, ist zunächst die Frage, wie weit dabei Allgemeininteressen Berücksichtigung finden; wie kann dies aussehen und finden sich dazu Beispiele? (dazu unter I.).532 „Unangemessen“ soll eine Benachteiligung dann sein, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen.533 Maßgeblich für die Beurteilung ist eine von den Besonderheiten des Einzelfalls losgelöste, typisierende Betrachtungsweise.534 Trotz der damit anklingenden Ähnlichkeit zum öffentlich-rechtlichen Angemessenheitsgebot besteht ein kategorialer Unterschied hinsichtlich des Prüfungsgegenstandes: Während beim öffentlich-rechtlichen Angemessenheitsgebot bei wirtschaftlicher Betrachtung des Gesamtvorgangs535 Leistung und Gegenleistung dem gesamten Vertragswerk nach angemessen sein müssen, ist für § 307 I 1 BGB für jede einzelne Bestimmung des Vertrages zu prüfen, ob sie den Vertragspartner des Verwenders unangemessen benachteiligt.536 Diesbezüglich ist zu fragen, ob die Generalklausel hinsichtlich der Kontrolle von „Sonderrechtsklauseln“ flexibilisierenden Kompensationserwägungen zugänglich ist (II.). Angesichts mangelnder gesetzlicher Vertypung besonderer Verwaltungsverträge stellt sich weiter die Frage, ob und wie weit die Konkretisierung der Generalklausel in Form eines Anknüpfens an ein „gesetzliches Leitbild“ nach § 307 II Nr. 1 BGB für Verwaltungsverträge Strukturgewinne für die Inhaltskontrolle verspricht (III.). Schließlich wird kurz zu überlegen sein, wie die in jüngerer Zeit herausgearbeiteten Verwaltungsvertragskategorien als Ordnungsfaktoren der offenen Inhaltskontrolle fungieren können (IV.).
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Basedow, in: MüKo, BGB, § 307, Rn. 31. Zu den dabei zu berücksichtigenden Faktoren Basedow, in: MüKo, BGB, § 307, Rn. 32 ff. oder Heinrichs, in: Palandt, BGB, § 307, Rn. 8. 532 Über die punktuelle Erwähnung der Problematik hinausgehende Ansätze anhand ausgewählter Referenzgebiete finden sich erstmalig bei Baetge, AcP 202 (2002), 972 (979 ff.). 533 BGH NJW 2000, 1110 (1112) mit umfangreichen weiteren Nachweisen. 534 Ganz h. M., vgl. nur BGH NJW 1998, 2600 (2601) sowie Basedow, in: MüKo, BGB, § 307, Rn. 33 ff. je m. w. N.; zu den Besonderheiten bei Verbraucherverträgen Basedow, a. a. O., Rn. 35. 535 Zum Postulat der „wirtschaftlichen Ausgeglichenheit“ statt aller Lischke, Tauschgerechtigkeit, S. 124. 536 Grziwotz, Vertragsgestaltung, S. 83, Rn. 185; ders., NVwZ 2002, 391 (394); Hofstetter, BWNotZ 2000, 5 (6) und insoweit zutreffend jetzt auch BGH NVwZ 2003, 371 (373). 531
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I. Das Allgemeininteresse als Abwägungsbelang? Im Unterschied zu Individualinteressen können als Allgemeininteressen oder öffentliche Interessen solche bezeichnet werden, die als Ausdruck des staatlichen oder gesellschaftlichen Gemeinwohls insgesamt zu verstehen sind.537 Für zivilrechtliche Verträge herrscht in der Literatur bisher der Standpunkt vor, dass es bei der Inhaltskontrolle allein auf die Interessen des Verwenders und seines Vertragspartners ankommen soll.538 Die Parteien seien nicht dem Gemeinwohl verpflichtet und Zweck der Inhaltskontrolle sei nicht der Schutz des Gemeinwohls.539 Bestehen demgegenüber Besonderheiten, wenn § 307 BGB nicht direkt, sondern über § 62 S. 2 VwVfG für das „Besondere Rechtsverhältnis“ Verwaltungsvertrag540 „ergänzend“ und „entsprechend“ zur Anwendung kommt? Entgegen der in der Literatur geäußerten Skepsis hat die Rechtsprechung bereits mehrfach das die jeweils streitige Vertragsgestaltung überwölbende Allgemeininteresse herauspräpariert und in die Inhaltskontrolle nach der Generalklausel eingestellt. Regelmäßig handelte es sich dabei um privatrechtliche Verträge der Verwaltung, welche aus einer heuristischen Perspektive wertvolles Arbeitsmaterial für die Herausbildung verwaltungsvertraglicher Lösungsmodelle liefern. 1. Abwehrklauseln gegen Submissionsabsprachen in Vergabeverträgen Submissionsabsprachen sind Abreden, die im Rahmen einer öffentlichen Ausschreibung zwischen Bietern getroffen werden, um den Preiswettbewerb auszuschalten.541 Öffentliche Auftraggeber versuchen vielfältig, sich durch vorformulierte Strafgeldklauseln in ihren Ausschreibungsbedingungen gegen diese Praxis 537
Baetge, AcP 202 (2002), 972 (973). Die Berücksichtigung des Allgemeininteresses dezidiert ablehnend etwa Coester, in: Staudinger, AGBG, § 9, Rn. 107; Basedow, in: MüKo, BGB, § 307, Rn. 46 oder Fastrich, Richterliche Inhaltskontrolle im Privatrecht, S. 241. Andere beziehen sich in den Ausführungen zur Interessenabwägung jedenfalls nur auf die Individualinteressen der Parteien und verhalten sich allgemein kritisch gegenüber der Berücksichtigung von „Drittinteressen“ (zu welchen man das Interesse der Allgemeinheit zählen mag [so etwa Basedow, a. a. O.]), in dieser Weise Brandner, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG, § 9, Rn. 71, 75 und 124 ff.; Roloff, in: Erman, BGB, § 307, Rn. 10; weiter dagegen Wolf, in: Wolf/Horn/Kindacher, AGBG, § 9, Rn. 113 und jetzt Baetge, AcP 202 (2002), 972 (979 ff.). 539 Eingehend Fastrich, Richterliche Inhaltskontrolle im Privatrecht, S. 241 ff.; kritisch dazu Baetge, AcP 202 (2002), 972 (980 f.) welcher zu bedenken gibt, dass dem Gebot einer umfassenden Interessenabwägung (so das Gebot der ganz h. M.) auch für Verträge unter Privaten nur dadurch entsprochen werden kann, dass auch tatsächlich alle rechtlich anerkennenswerten Interessen beachtet werden, ähnlich weit Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, AGBG, § 9, Rn. 113. 540 Dazu ausführlich oben unter § 7 C. IV. 541 Zimmer, in: Immenga/Mestmäcker, GWB, § 1, Rn. 224. 538
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zu verteidigen.542 Neuerdings erachtet der BGH543 entsprechende Klauseln als mit dem AGB-Recht vereinbar. Obwohl die ausschreibenden Stellen im Unterschied zu den Kartellbehörden keinen gesetzlichen Auftrag zur Bekämpfung von Wettbewerbsverstößen besitzen, nahm der BGH zur Begründung der Rechtmäßigkeit der Klauseln wiederholt auf den „wettbewerbswidrigen Charakter“ der Submissionsabsprachen Bezug.544 Öffentliche Interessen schwingen damit insoweit mit, als die Strafklauseln mit einer im Allgemeininteresse liegenden Präventivwirkung gerechtfertigt werden.545 2. Sektionsklauseln Gegenstand dieser AGB-Klauseln ist eine in manchen Krankenhausaufnahmeverträgen enthaltene vorformulierte Einwilligungserklärung des Patienten, die es dem Krankenhaus erlaubt, eine Leichenschau an dessen Leichnam vorzunehmen, sofern der Patient nicht ausdrücklich widersprochen hat. Während manche diese Bestimmungen bereits nach § 305c I BGB wegen des Überraschungscharakters für unwirksam halten546, hat die Rechtsprechung547 sie für zulässig erklärt. Dem fortwirkenden Persönlichkeitsrecht des Patienten stellte der BGH vor allem das wissenschaftliche Interesse an der Leichenöffnung entgegen548, welches „in den Bereich wichtiger Gemeinschaftsbelange“549 gehöre und deshalb im Rahmen der Abwägung nach § 307 BGB zu berücksichtigen sei. Letztlich diene es der Entwicklung und dem Fortbestand der Medizin insgesamt, mithin der öffentlichen Gesundheitssorge, und setze sich daher gegenüber den Individualinteressen durch. 3. Haftungsbegrenzungen in Energieversorgungsverträgen Weiteres Anschauungsmaterial liefert die Rechtsprechung des BGH zur Inhaltskontrolle haftungsbegrenzender AGB-Klauseln in zivilrechtlichen Versor542 Dabei wird der Auftragnehmer bzw. Bieter zur Zahlung von „Schadensersatz“, meist i. H. v. 3% der Auftragssumme, an den Ausschreibenden verpflichtet. Richtigerweise handelt es sich dabei nicht um Schadenspauschalen, sondern aufgrund der dominierenden „Erzwingungsfunktion“ um Vertragsstrafen, ebenso Hensen, in: Ulmer/ Brandner/Hensen, AGBG, § 11 Nr. 6, Rn. 19. 543 BGHZ 131, 356 ff.; anders noch BGHZ 105, 24 ff. 544 BGHZ 131, 356 (359). 545 In diese Richtung weist auch die Zitierung strafrechtlicher Rechtsprechung des Gerichts zu diesem Problemkreis, vgl. BGHZ 131, 356 (359). 546 So vor allem Kothe, AcP 185 (1985), 105 (129). 547 Grundlegend BGH NJW 1990, 2313 (2315) m. w. N. aus der Literatur. 548 BGH NJW 1990, 2313 (2315). 549 So bereits das OLG Koblenz NJW 1989, 2950 (2953, Hervorhebung durch den Verfasser).
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gungsverträgen der Energieversorgungswirtschaft.550 Hier gilt es zunächst, die durch das SMG ausgebaute, den Anwendungsbereich für Verträge der Versorgungswirtschaft eingrenzende Regelung in § 310 II BGB in den Blick zu nehmen. Während sich die Vorgängerregelung des § 23 II Nr. 2 AGBG lediglich auf Verträge der Elektrizitäts- und Gasversorgungsunternehmen über die Versorgung von Sonderkunden bezog, sind nunmehr auch solche der Fernwärme-, Wasserversorgungs- und Wasserentsorgungsunternehmen miteinbezogen.551 Hintergrund der Regelung ist der Umstand, dass für die Verträge mit Tarifkunden die jeweilige Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung von Tarifkunden mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser (AVB) gilt.552 Die AVB sind Rechtsnormen. Als solche unterliegen sie nicht der AGB-Kontrolle.553 Für Verträge mit Sonderabnehmern gelten die AVB demgegenüber nicht.554 Ihre Bestimmungen können als AGB in den Vertrag einbezogen werden.555 Dann sind die §§ 305 ff anwendbar.556 Um aber die Sonderabnehmer den Tarifkunden gleichzustellen, wird in § 310 II BGB die Anwendbarkeit von §§ 308 und 309 BGB ausgeschlossen, wenn die Bedingungen nicht zum Nachteil der Sonderabnehmer von den AVB abweichen. Dadurch wird gewährleistet, dass die Versorgungsunternehmen die Verträge mit Sonderabnehmern parallel zu den Bedingungen gestalten können, die für Tarifkunden gelten.557 Die Inhaltskontrolle erfolgt dann am Maßstab des § 307 BGB. In ei550 Früher vertretene Ansätze, Versorgungsverträge als öffentlich-rechtlich zu qualifizieren (zusammenfassend Reinholz, RdE 1999, 64 [66 f.]), welche etwa auf die Erfüllung von Aufgaben der Daseinsvorsorge abstellten, vermögen spätestens seit Liberalisierung des Energiemarktes nicht mehr zu überzeugen; vgl. etwa Evers, Recht der Energieversorgung, S. 127; Reinholz, a. a. O., 64 (66 f. und 74) sowie de Wyl/Essig/ Holtmeier, in: Schneider/Theobald, Handbuch Energiewirtschaft, § 10, Rn. 104 je m. w. N. 551 Zu Motiven und Hintergrund dieser „Lückenschließung“ BT-Drs. 14/6040, S. 160. 552 Näher Basedow, in: MüKo, BGB, § 310, Rn. 12 ff. sowie Brüning, LKV 2000, 54 ff. „Tarifversorgungsverträge“ sind solche, bei denen das Energieversorgungsunternehmen im Rahmen seiner energierechtlichen Versorgungspflicht aus § 10 I 1 EnWG (Gesetz vom 24.4.1998, BGBl. I, S. 730; zuletzt geändert durch Art. 126 V. v. 25.11. 2003, BGBl. I, S. 2304) allgemeine Vertragsbedingungen (vorgegeben durch AVBEltV und AVBGasV) und eine bestimmte Preisgestaltung (vorgegeben durch BTOElt) öffentlich für jedermann anbietet; dazu sowie zur Unterscheidung zu „Sonderanschlussverträgen“ Reinholz, RdE 1999, 64 (65 f.). 553 Vgl. Basedow, a. a. O., § 310, Rn. 14. 554 Die mit diesen geschlossenen „Sonderanschlussverträge“ haben die Energieversorgung einzelner Kunden außerhalb der allgemeinen Anschluss- und Versorgungspflicht, z. B. die Versorgung industrieller Großabnehmer mit Strom aus dem Mittelund Hochspannungsnetz oder mit Nachtstrom zu (meist) aufgrund der Abnahmemenge vergünstigten Tarifen, näher Reinholz, RdE 1999, 64 (65 f.). 555 Dazu BGH NJW 1998, 1640 ff. sowie Theobald, in: Schneider/Theobald, Handbuch Energiewirtschaft, § 1, Rn. 161 und 164 f. 556 Zu Detailfragen jetzt ausführlich de Wyl/Essig/Holtmeier, in: Schneider/Theobald, Handbuch Energiewirtschaft, § 10, Rn. 240 ff., 301 ff.
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ner Grundsatzentscheidung hatte der BGH558 zu entscheiden, ob eine der für Verträge mit Tarifkunden vorgesehenen Haftungsbeschränkung des § 6 AVBEltV559 nachgebildete Klausel in den AGB eines Sonderkundenvertrags eine unangemessene Benachteiligung bedeutete.560 Speziell die in § 6 II AVBEltV vorgesehene Begrenzung der Haftung für grob fahrlässig verursachte Sach- und Vermögensschäden auf 2500,– Euro561 kommt gegenüber produzierenden Unternehmern, welchen im Falle eines Stromausfalles ein erheblicher Schaden droht, einer Haftungsfreizeichnung gleich.562 Da der Verordnungsgeber der AVB nur den Tarifkundenbereich regeln wollte und konnte563, hätte man erwarten können, dass der BGH die § 6 AVB zugrundeliegenden Interessen ausklammert und nach Maßgabe einer individualistischen Betrachtung eine unangemessene Benachteiligung feststellen würde. Stattdessen attestierte der BGH § 6 AVBEltV eine nach § 307 II Nr. 1 BGB maßgebliche „Leitbildfunktion im weitesten Sinne“564 und stellte auch im Rahmen der Bewertung der AGBG auf die die Verordnungsregelung legitimierenden Allgemeininteressen ab.565 Ein erhöhtes Haftungsrisiko der Versorgungsunternehmen führe zwangsläufig zu erhöhten Preisen, da die Versorgungsunternehmen das Haftungsrisiko auf den Endpreis umlegen würden. Angesichts des vorrangigen Gebots preisgünstiger Versorgung der Bevölkerung sei die Haftungsbeschränkung nicht zu beanstanden.566
557 Im Einzelnen vgl. erneut de Wyl/Essig/Holtmeier, a. a. O., § 10, Rn. 305; kritisch zur näherungsweisen Gleichstellung von Tarif- und Sonderkunden Basedow, a.a.O, BGB, § 310, Rn. 16. 558 BGH NJW 1998, 1640 ff. 559 Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Elektrizitätsversorgung von Tarifkunden vom 21.6.1979, BGBl. I, S. 684, zuletzt geändert durch Art. 1 I Nr. 11 V v. 5. 4.2002, BGBl. I, S. 1250. 560 Die Entscheidung erging zwar vor Liberalisierung der Energiemärkte, hat jedoch weiterhin grundsätzliche Bedeutung, vgl. de Wyl/Essig/Holtmeier, a. a. O., § 10, Rn. 456 (einschränkend allerdings dort Fn. 6). Nach ausführlicher Auseinandersetzung mit den Folgen der Liberalisierung hält auch die Rechtsprechung an den vormals durch den BGH statuierten Kernaussagen fest, vgl. OLG Saarbrücken RdE 2002, 78 ff. = NJW-RR 2002, 1429 (nur LS) oder LG Frankfurt NZM 2002, 582 (nur LS); a. A. Basedow, in: MüKo, BGB, § 310, Rn. 17. 561 Dazu zuletzt BGH NJW 2004, 2161 ff. 562 So die Kritik bei Basedow, in: MüKo, BGB, § 310, Rn. 16. 563 de Wyl/Essig/Holtmeier, in: Schneider/Theobald, Handbuch Energiewirtschaft, § 10, Rn. 305. 564 So BGH NJW 1998, 1640 (1642) in Anknüpfung an den mit § 307 II Nr. 1 BGB wortgleichen § 9 II Nr. 1 AGBG. 565 Ähnlich OLG Dresden LKV 2001, 142 ff. hinsichtlich der Bewertung einer den Bestimmungen in der entsprechenden AVBWasserV nachgebildeten Regelung in allgemeinen Entsorgungsbedingungen für Wasser. 566 BGH NJW 1998, 1640 (1643 f.).
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4. Vertragsstrafeklauseln der Treuhandanstalt Als Vergleichsfolie auch für öffentlich-rechtliche (Privatisierungs-)Verträge von Interesse ist schließlich die Rspr. des BGH zu AGB in den durch die Treuhandanstalt in Vollzug ihres gesetzlichen Auftrages gem. Art. 25 Einigungsvertrag und dem Treuhandgesetz geschlossenen Privatisierungsverträgen.567 Trotz anfänglicher Unsicherheiten wurden die Verträge schließlich überwiegend als privatrechtliche Unternehmenskäufe eingestuft, durch welche volkseigene Betriebe der früheren DDR in Privateigentum überführt wurden.568 In ihnen fanden sich immer wiederkehrende Vertragsstrafeklauseln, welche die Rechtsprechung als AGB einstufte und einer Inhaltskontrolle unterzog.569 Der Vertragspartner verpflichtete sich darin, bei Verstoß gegen Arbeitsplatzgarantien oder Investitionszusagen einen Geldbetrag an die Treuhandanstalt zu zahlen.570 Der Unternehmenskäufer wurde damit sozusagen als „Agent staatlicher Wirtschafts567 Die Treuhandanstalt wurde zum 1.1.1995 in „Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben“ (BvS) umbenannt (vgl. TreuhUmbenV v. 20.12.1994, BGBl. I, S. 3913). Insgesamt wurden 35.000 Verträge betreut, dazu Hormann, VIZ 1996, 1. 568 Diese waren Teils als Anteilskauf (share deal), teils als Unternehmensvermögenskauf (asset deal) ausgestaltet, zum Ganzen m. w. N. aus der anfänglichen Debatte Horn, DB 1995, 309 (310 ff.). Auch nach hier vertretenem Ansatz wäre der Vertrag privatrechtlich. Zum einen verbleibt die Aufgabenwahrnehmung nicht wie im Falle der funktionalen Privatisierung beim Verwaltungsträger und wird nicht wie dort mittels des Privaten unmittelbar wahrgenommen. Zum anderen werden die verfolgten arbeitsmarktpolitischen und volkswirtschaftlichen Zwecke – etwa im Unterschied zu Subventionierung – nicht unmittelbar dem Unternehmenskäufer gegenüber, sondern mittelbar, wahrgenommen. Hält man an der überkommenen Lehre fest, ist es auch nicht verwaltungsprivatrechtlich, in dem Sinne, dass besondere verwaltungsrechtliche Regelungen das Privatrecht überlagern, oder die Zweistufentheorie zur Anwendung kommt (beides wurde aber anfänglich vertreten, vgl. Horn, a. a. O., 310 und Fiebig, NJ 1995, 114 [116 f.]). Denn die Entscheidung über die „Vergabe“ der Unternehmen sollte allein nach marktwirtschaftlichen und unternehmerischen Gesichtspunkten „qua privatrechtlichen Vertrages“ ergehen (so zutreffend OVG Berlin NJW 1991, 715 [716 f.] dort unter Verweis auf etliche einschlägige Regelungen aus welchen man eine durch Regelungen des Zivilrechts geprägte normative Vorordnung des Vertragsgegenstandes herleiten kann; dem folgend KG VIZ 1994, 494 [495] und zuletzt BGH VIZ 2004, 316 [317]. Die öffentlich-rechtlichen Bindungen – etwa an den Gleichheitssatz oder an das Willkür- und Übermaßverbot – haben nur interne Wirkung und entfalten keine Schutzwirkung für Investoren; so u. a. KG Berlin VIZ 1994, 494 [495] oder OLG Jena OLGR Jena 1995, 231 f.). 569 Die Anwendbarkeit des AGBG wurde zunächst vereinzelt bestritten, vgl. Horn, DB 1995, 309 (311); Fiebig, NJ 1995, 114 (118 f.) und Hormann, VIZ 1996, 1 (5 f.). Angesichts der Vielgestaltigkeit der betroffenen Unternehmen wurden freilich große Teile der Verträge, manche auch vollständig ausgehandelt. Von Anfang an bediente sich die Treuhandanstalt jedoch bestimmter Musterverträge, vgl. Mustervertrag Unternehmenskauf, VIZ 1991, 18 oder Mustervertrag MBO, VIZ 1991, 98. Soweit einzelne Klauseln mehrfach verwandt wurden und im jeweiligen Falle nie zur Disposition gestellt wurden, hat der BGH dies zu Recht für die Anwendbarkeit des AGBG (jetzt §§ 305 ff. BGB) ausreichen lassen, vgl. BGH NJW 1998, 2600 (2600 f.); zur Einordnung als Vertragsstrafe mit Beispielen aus Verträgen Baetge, AcP 202 (2002), 972 (974 f.).
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politik“571 in die Pflicht genommen. Da insbesondere die Pönalen bei Verstoß gegen Arbeitsplatzgarantien pro Arbeitnehmer und Monat berechnet wurden, trat schnell ein Summierungseffekt ein, der zu einer Vertragsstrafe in Millionenhöhe führen und den Wert des erworbenen Unternehmens um eine Vielfaches übersteigen konnte.572 Im Gegensatz zu einigen Instanzgerichten573 sah der BGH574 die Beschäftigungs- und Investitionspönalen als im Grundsatz mit § 307 BGB vereinbar an und hob zur Begründung besonders auf die „öffentliche und gesamtwirtschaftliche Bedeutung der Unternehmensprivatisierung der Treuhandanstalt“ ab.575 5. Zwischenergebnis Kontrahiert ein Privater mit einer Behörde, hat die Inhaltskontrolle unter modifizierten Vorzeichen zu erfolgen. Als „Sachwalter im Interesse des Gemeinwohls“576 verfolgt die Verwaltung das Allgemeininteresse de iure als Parteiinteresse577. Es hat sich gezeigt, dass die Rspr. bereits bisher bei volkswirtschaftlich äußerst bedeutsamen Verträgen (Submissionsabsprachen und Treuhand570 Neben Zahlungspflichten bei Verstößen gegen Arbeitsplatz- und/oder Investitionszusagen fanden sich auch „Mehrerlösklauseln“. Ähnlich wie im Falle der Einheimischenmodelle verpflichtete sich das Unternehmen, bei pflichtwidriger Veräußerung die Differenz zwischen verbilligtem Ankaufspreis und tatsächlichem Verkehrswert zu zahlen, vgl. die Klausel in § 6.1 im Formularvertrag, welcher Gegenstand von BGH ZIP 2003, 308 ff. war. 571 Baetge, AcP 202 (2002), 972 (989). 572 Gängig waren etwa 2000,– bis 3000,– DM pro Arbeitnehmer und Monat, vgl. BGH NJW 1998, 2600 (2601) oder NJW 1999, 2662. Teilweise fanden sich auch fünfstellige Pauschalsummen pro Arbeitnehmer und Jahr, so etwa im BGH WM 2000, 922 ff. zugrundeliegenden Formularvertrag. 573 Siehe insbesondere OLG Brandenburg, VIZ 1996, 735 (736) und OLG Düsseldorf VIZ 1997, 437 (439 f.). 574 BGHZ 141, 391 ff. = NJW 1999, 2662 ff.; zuvor bereits BGH NJW 1998, 2600 ff.; daran anknüpfend BGH WM 2000, 922 ff. und BGH VIZ 1999, 746 f. Kritischer hingegen die Rspr. zu den Mehrerlösklauseln, vgl. BGH ZIP 2003, 308 ff.; vgl. zudem BGHZ 146, 331 ff.; BGH VIZ 2002, 437 ff. und 647 f. sowie WM 2001, 1305 ff. (formularmäßige Nachbewertungsklauseln in Privatisierungsverträgen der Treuhand) und BGH NJW-RR 2000, 1077 ff. (Zinsbestimmungen). 575 BGHZ 141, 391 (397 f., Hervorhebung durch den Verfasser); ebenso BGH VIZ 1999, 746 f. Ob man das Ergebnis zusätzlich damit rechtfertigen kann, dass die Vertragsstrafe einen Ausgleich dafür darstellt, dass die Unternehmen nominell meist unter Wert veräußert wurden, ist sehr fraglich, so aber Baetge, AcP 202 (2002), 972 (989). Denn eine Kompensation für sich unangemessener Nebenbestimmungen unter Rekurs auf das Äquivalenzverhältnis ist nach zutreffender Ansicht abzulehnen, dazu sogleich im nachfolgenden Abschnitt. 576 Henke, Recht der Wirtschaftssubventionen, S. 31. 577 Zur Beachtung des von der Verwaltung verfolgten öffentlichen Interesses als Parteiinteresses und nicht als vertragsexternes, rein objektives Bewertungskriterium Fiedler, VerwArch 67 (1976), 125 (147 und 151) und neuerlich Gurlit, Verwaltungs-
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klauseln578) sowie grundrechtssensiblen Vertragsgestaltungen (Sektionsklauseln) Allgemeininteressen in der Abwägung nicht nur berücksichtigt, sondern ihnen bisweilen eine durchschlagende Vorrangstellung eingeräumt hat. Dogmatisch ist dies insofern beachtlich, als nach herrschender Anschauung Allgemeininteressen nicht pauschal, sondern nur dort, wo grundrechtlich geschützte Werte betroffen sind, als durch den Richter zu beachtende objektive Abwägungsbelange über die Figur der mittelbaren Drittwirkung bei der Anwendung der Generalklausel des § 307 I 1 BGB zu berücksichtigen sind.579 An vorangegangener Stelle wurde bereits betont, dass es für die Rezeption und Anwendung der Vertragsregeln des Privatrechts dogmatisch von entscheidender Bedeutung ist, den Verwaltungsvertrag in seiner Eigenart als Besonderes Rechtsverhältnis zu erfassen.580 Gerade für die Anwendung des § 307 BGB über § 62 S. 2 VwVfG erweist es sich als entscheidend, die abzuwägenden Interessen sorgfältig herauszupräparieren. Die vorstehende Zusammenschau hat gezeigt, dass dabei Allgemeininteressen schon bisher im Rahmen der Inhaltskontrolle Berücksichtigung fanden und bei der entsprechenden Anwendung über § 62 S. 2 VwVfG erst Recht finden können. Weiter vermitteln die Problemfälle einen Eindruck, wie die Gewichtung und Bewertung der Allgemeininteressen gehandhabt werden kann. Hinsichtlich der eigentlichen Ergebnisfindung im Rahmen der Abwägung stellen sich allerdings zwei weitere, gesondert zu erörternde Fragen: Wie weit können für den einzelnen Vertragspartner belastende und an sich unzulässige Klauseln durch andere vorteilhafte Klauseln und/oder durch Allgemeininteressen im Rahmen einer Gesamtbewertung kompensiert werden? (II.) und in wie weit existiert auch für Verwaltungsverträge ein „gesetzliches Leitbild“, an welchem eine wertende Klauselkontrolle ausgerichtet werden kann? (dazu III.). Die Orientierung des BGH am „gesetzlichen Leitbild“ der Haftungsprivilegierung in § 6 AVBEltV auch bei der Bewertung von AGB jenseits des Anwendungsbereichs vermittelt einen ersten Eindruck, wie dies aussehen kann.581
vertrag, S. 561 (jeweils vorwiegend hinsichtlich der Anwendung und Auslegung des Zumutbarkeitskriteriums im Rahmen des § 60 I 1 VwVfG). 578 Im Rahmen formularmäßiger Arbeitsplatzgarantien und Investitionszusagen wurden hier über 1,5 Mio. Arbeitsplätze gesichert und Investitionen i. H. v. ca. 100 Mrd. Euro versprochen, vgl. Baetge, AcP 202 (2002), 972 (974). 579 Vgl. Coester, in: Staudinger, AGBG, § 9, Rn. 107; zur Drittwirkung statt vieler Classen, AöR 122 (1997), S. 65 ff. und jüngst zusammenfassend Hoffmann-Riem, AöR 128 (2003), 173 (190 ff.) oder Guckelberger, JuS 2003, S. 1151 ff.; zur Drittwirkung der Grundrechte i. R. d. Beurteilung der Angemessenheit nach § 307 BGB Coester, in: Staudinger, AGBG, § 9, Rn. 23; Baetge, AcP 202 (2002), 972 (985) und v. Hoyningen-Huene, Inhaltskontrolle nach § 9 AGBG, Rn. 87 f. 580 § 7 C. 581 Dazu auch Basedow, in: MüKo, BGB, § 307, Rn. 57.
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II. Kompensationsmöglichkeiten In Literatur und Rechtsprechung ist im Grundsatz anerkannt, dass auch im Rahmen der Bewertung nach § 307 BGB die Benachteiligung des Vertragspartners durch eine belastende Klausel mittels eines anderweitig vereinbarten Vorteils ausgeglichen werden kann. Ungeachtet umstrittener Einzelaspekte ist eine derartige Kompensation dann zuzulassen, wenn: 1. Vor- und Nachteil derart sachlich zusammenhängen, dass sie als Gesamtregelung einer einheitlichen Thematik angesehen werden können582, und 2. der anderweitige Vorteil auch vom Gewicht her geeignet ist, einen angemessenen Ausgleich zu bieten583. Zum Teil wird angenommen, dass die oben umschriebenen „Sonderrechtsklauseln“ ausweislich des immanenten Zusammenhangs vertraglicher Leistungserbringung durch die Verwaltung und der Absicherung des damit verfolgten Zwecks durch entsprechende Vertragsgestaltungen ohnehin regelmäßig dem Konnexitätsgebot entsprechen und damit grundsätzlich bei der Inhaltskontrolle Raum für Kompensationserwägung eröffnet werden.584 Ob dies tatsächlich der Fall ist, bedarf indes einer genauen Überprüfung. Für Verwaltungsverträge im Bereich der Leistungsverwaltung ist man versucht, eine besonders einschneidende Klausel damit zu rechtfertigen, dass der Private im Gegenzug eine im Vergleich zum Markt außergewöhnlich günstige Leistung erhält. Öffentlich-rechtliche Kontrollmaßstäbe wie das Angemessenheitsgebot oder das Verbot eines Machtmissbrauchs durch die Verwaltung stehen einer derartigen, die wirtschaftliche Ausgewogenheit mit in den Blick nehmenden Gesamtbewertung prinzipiell offen.585 Das AGB-Recht verschließt sich demgegenüber einer pauschalen, alle Faktoren integrierenden Gesamtbetrach582 Über das Erfordernis des Sachzusammenhangs besteht trotz unterschiedlicher Formulierungen weitgehend Einigkeit, vgl. Brandner, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG, § 9, Rn. 85 („Wechselverhältnis“); Heinrichs, in: Palandt, BGB, § 307, Rn. 10 („zusammengehörende Regelungen“ oder „Wechselverhältnis“), ähnlich Coester, in: Staudinger, AGBG, § 9, Rn. 91 („sachlicher Zusammenhang“); Bunte, in: FS Korbion, 17 (24); Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, AGBG, § 9, Rn. 132 („zweckkongruente Regelung“). Auch im Anwendungsbereich der KRL ändert sich daran nichts, vgl. nur Pfeiffer, in: Grabitz/Hilf, Rl 93/13/EWG, Art. 4, Rn. 16; grundsätzlich a. A. wohl nur v. Hoyningen-Huene, Inhaltskontrolle nach § 9 AGBG, Rn. 173 f. (dort für eine noch weitergehende Kompensation in der Form, dass alle übrigen vorteilhaften Klauseln eine Kompensation bewirken können). 583 Daran fehlt es von vornherein, wenn die vorteilhafte Klausel nur die ohnehin geltende Rechtslage wiederholt, vgl. BGH NJW 1996, 389 (390). Danach wird die Kompensation einer belastenden Klausel von vornherein ausscheiden, wenn der Bürger einen Anspruch auf die vertraglich gewährte Leistung der Verwaltung hat, selbst dann, wenn Klausel und vorteilhafte Leistung in engem sachlichem Zusammenhang stehen. Wann ein dem Nachteil äquivalentes Gewicht des Vorteils hinzutritt, ist im Übrigen eine Frage des Einzelfalles, vgl. die umfangreichen Beispiele bei Coester, in: Staudinger, AGBG, § 9, Rn. 92. 584 Bunzel, LMK 2003, 87 für den BGH NVwZ 2003, 371 ff. am Beispiel des zugrundeliegenden Einheimischenvertrags.
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tung.586 Vor allem ist die Bewertung des Äquivalenzverhältnisses von der AGBKontrolle generell ausgenommen und darf nicht durch die Hintertür im Wege von Kompensationserwägungen wieder Eingang in die Inhaltskontrolle finden.587 Auch ein insgesamt für den Vertragspartner wirtschaftlich ausgewogen gestalteter Vertrag verhindert nicht die Unwirksamkeit einer unangemessenen einzelnen Vertragsbestimmung.588 Um nachvollziehen zu können, warum dies so ist, wird man sich zunächst vor Augen halten müssen, dass es um die Frage geht, wann eine für sich betrachtet unangemessene Belastung im Lichte einer konnexen Vergünstigung in eine rechtlich akzeptable Gesamtregelung umschlägt.589 Steht eine Klausel einmal unter dem Urteil „unangemessen“ und widerstrebt damit den Grundwertungen der Rechtsordnung, kann man dies nicht pauschal mit einer Preisvergünstigung korrigieren. Einen Kompensationszusammenhang wird man nur dort annehmen können, wo die unzulässige Mehrbelastung nachweislich die der Verwendergegenseite günstige Leistung bewirkt. Da sich eben dieser Wirkungszusammenhang prinzipiell nicht nachweisen lässt, wird das sog. „Preisargument“ im Zivilrecht ganz überwiegend abgelehnt.590 Für Verwaltungs585 Zum öffentlich-rechtlichen Verbot des Machtmissbrauchs OVG Koblenz BauR 2003, 1373 (1373 f.); aus der Literatur Löhr, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 11, Rn. 21; Rottmann, in: Bauer/Breuer/Degenhart/Oldiges, 100 Jahre Allg. BauG Sachsen, 487 (498 f.) oder Bunzel/Coulmas/Schmidt-Eichstaedt, Städtebauliche Verträge, S. 34 und Kahl, DÖV 2000, 793 (798) wonach ebenfalls nicht das AGBG (dazu a. a. O., 795) wohl aber rechtsformübergreifend (!) das Verbot des Machtmissbrauchs greifen soll, das bei Verstoß zur Nichtigkeit gem. § 138 BGB führt (im Falle eines öffentlich-rechtlichen Vertrages über den Verweis in § 59 I VwVfG); zum hiervon zu unterscheidenden Sonderfall des Verbots eines Missbrauchs von Gestaltungsmöglichkeiten bei der Subventionsvergabe BVerwG BayVBl. 2004, 23 (24 f.). Letzteres hat eine andere Zielrichtung, da es offensichtlich die missbräuchliche Gestaltung unabhängig vom etwaigen Missbrauch eines Machtübergewichts verhindern will. 586 Vgl. nur Brandner, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG, § 9, Rn. 85 f. 587 Allg. Meinung zum AGB-Recht, vgl. nur Coester, in: Staudinger, AGBG, § 9, Rn. 94 und Basedow, in: MüKo, BGB, § 307, Rn. 39 f. m. w. N. 588 Mit Nachdruck für privatrechtliche Verträge Basedow, BGB, § 307, Rn. 40 oder Heinrichs, in: Palandt, BGB, § 307, Rn. 14; im Hinblick auch auf Verwaltungsverträge Grziwotz, DNotZ 2003, 346 (348 f.); ders., Vertragsgestaltung, S. 83, Rn. 185 und ders., NVwZ 2002, 391 (394). 589 Von der Frage der Kompensation einer bei isolierter Betrachtung unangemessenen Klausel ist der vorgelagerte Schritt der Bewertung der Angemessenheit zu unterscheiden. Bei der isolierten Bewertung der Klausel kann durchaus der gesamte Vertragsinhalt mitberücksichtigt werden, vgl. BGH NVwZ 2003, 371 (373); zu dem dabei anzulegenden Bewertungsmaßstab einer „überindividuell-generalisierenden, typisierenden, von den konkreten Umständen des Einzelfalles absehenden Betrachtungsweise“ und etwaiger Besonderheiten bei Verbraucherverträgen, für welche nach § 310 III Nr. 3 BGB in Umsetzung der KRL auch die Umstände des Einzelfalls heranzuziehen sind Brandner, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG, § 9, Rn. 78; Coester, in: Staudinger, AGBG, § 9, Rn. 85; Schmidt, in: Bamberger/Roth, BGB, § 307, Rn. 12 ff. sowie Basedow, in: MüKo, BGB, § 310, Rn. 71 ff., zur Verbandsklage Rn. 75 m. w. N. 590 Coester, in: Staudinger, AGBG, § 9, Rn. 94 sowie Basedow, in: MüKo, BGB, § 307, Rn. 40 oder Heinrichs, in: Palandt, BGB, § 307, Rn. 14.
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verträge kommt hinzu, dass eine Vertragsstrafe oder Schadenspauschale regelmäßig deshalb gewählt wird, weil schadensrechtlich gar nicht ersatzfähige, nichtvermögensrechtliche Schäden drohen, so dass die Pflichtverletzung des Bürgers ohne Vertragsstrafenvereinbarung für den Bürger sanktionslos bliebe.591 Die Konnexität zwischen Nebenregelung und Allgemeininteresse vermag zu rechtfertigen, dass sich die Verwaltung überhaupt Instrumentarien wie dem der Vertragsstrafe bedienen kann, um die anvisierten Lenkungszwecke abzusichern. Ist die Vertragsgestaltung für sich genommen überzogen, lässt sich jedoch nicht darlegen, dass gerade diese Mehrbelastung nötig ist, um die in concreto gewährte Leistung – etwa eine Subvention zu günstigen Konditionen – so bewirken zu können. Kontrahiert der Private mit der Behörde, macht er zwar von seiner Privatautonomie Gebrauch; allerdings rückt eine für sich genommen unangemessene Mehrbelastung in die Nähe eines mittelbaren Grundrechtseingriffs. Soweit sich für die Mehrbelastung kein sachlicher Grund nachweisen lässt, kann letztlich auch bei Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, bzw. des Angemessenheitsgebotes als dessen Unterart, eine entsprechende Vertragsgestaltung nicht als „angemessen“ qualifiziert werden. Denn für die gesetzes- und grundrechtsgebundene Verwaltung verbietet sich die Überlegung, der vereinbarte Preis liege so sehr unter dem „gerechten“ Preis, dass dem Vertragspartner quid pro quo die Hinnahme der (an sich unbilligen) Klausel zuzumuten ist, erst recht.592 Die etablierten AGB-rechtlichen Grenzen führen damit auch im Hinblick auf denkbare „Kompensationserwägungen“ für Verwaltungsverträge zu treffenden Zäsuren, wohingegen das an Wirtschaftlichkeitskriterien orientierte öffentlichrechtliche Angemessenheitsgebot zu bedenklichen Gesamtsaldierungen verführt, an deren Ende die Legitimation eines „Erkaufens“ übermäßiger Freiheitsbeschränkungen des Bürgers stehen kann.593 Nebenbei zeigt sich erneut, dass die öffentlich-rechtlichen Kontrollmaßstäbe traditionell eher auf die Bewertung von Leistung und Gegenleistung ausgerichtet sind und umgekehrt das AGB-Recht diese Aspekte grundsätzlich ausklammert. Die bereits oben herausgearbeitete Zäsur, wonach sonstige, also nicht die Leistungen betreffende, Klauseln allein durch das AGB-Recht zu kontrollieren sind, erweist sich damit als sachgerecht. Um die gewünschten Lenkungszwecke zu sichern, ist es im Ergebnis ausreichend, dass sich die Verwaltung solcher Vertragsgestaltungen bedient, welche bereits für sich betrachtet nicht unangemessen sind. Kompensationserwägungen sind nur in den eingangs genannten, auch für das Zivilrecht anerkannten Gren591 Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 527 und 593 f. Nach der Schuldrechtsmodernisierung können aber gewisse immaterielle Schäden der Verwaltung über § 284 BGB liquidiert werden, dazu eingehend noch unter § 16 C. II. 592 Ähnlich Grziwotz, DNotZ 2003, 346 (349). 593 Dazu auch die Kritik von Hofstetter, BWNotZ 2000, 5 (7) an der Praxis einiger unterinstanzlicher Gerichte, welche belastende Nebenregelungen vorrangig mit dem Aspekt der Subventionierung zu kompensieren suchten.
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zen zulässig, wonach insbesondere das Äquivalenzverhältnis keine Berücksichtigung findet. III. § 307 II Nr. 1 BGB: Rechtliches Leitbild bei Verwaltungsverträgen? Im System der Inhaltskontrolle nach dem AGB-Recht befindet sich § 307 II BGB zwischen dem weitestgehend offenen Wertungstatbestand des § 307 I 1 BGB und den Verboten der §§ 308 f. BGB594: Der Gesetzgeber verfolgte mit § 307 II BGB das Ziel, das in § 307 Abs. 1 niedergelegte Verbot einer „unangemessenen Benachteiligung“ dadurch zu konkretisieren, dass „typische rechtliche Kriterien“ angegeben werden.595 Sucht man nach Präzisierungen und Strukturgewinnen, welche die Inhaltskontrolle von Verwaltungsverträgen nach dem System des AGB-Rechts gegenüber der Kontrolle nach öffentlich-rechtlichen Maßstäben abhebt, wird man vor allem bei § 307 II Nr. 1 BGB einhaken müssen: Eine unangemessene Benachteiligung ist danach im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der „gesetzlichen Regelung“, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist (§ 307 II Nr. 1 BGB).596 AGB-Klauseln sind danach unwirksam, wenn durch ihren Inhalt das „gesetzliche Ordnungs- und Leitbild“ abgeändert wird, das für den gewählten Vertragstyp in (dispositiven) Vorschriften niedergelegt ist.597 „Grundgedanken“ eines Rechtsbereichs, von denen abgewichen wird, brauchen dabei nicht in gesetzlichen Bestimmungen formuliert zu sein.598 Es reicht aus, dass sie in allge594
v. Hoyningen-Huene, Inhaltskontrolle nach § 9 AGBG, Rn. 235. BT-Drucks. 7/3919, S. 23. Nicht zuletzt aus dieser Intention des Gesetzgebers wird überwiegend geschlossen, dass Abs. 2 vorrangig zu Abs. 1 zu prüfen ist, vgl. nur v. Hoyningen-Huene, Inhaltskontrolle nach § 9 AGBG, Rn. 236. 596 § 307 II Nr. 2 BGB, wonach eine AGB-Klausel im Zweifel eine „unangemessene Benachteiligung“ des Kunden enthält, wenn durch sie wesentliche, aus der Natur des Vertrages sich ergebende Rechte oder Pflichten so eingeschränkt werden, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist, hat demgegenüber auch für Verwaltungsverträge kaum eine selbständige Bedeutung gegenüber der Nr. 1. Denn der Unterschied zwischen Nr. 2 und Nr. 1 „ist mit der Lupe zu suchen“, weil eine Einschränkung „wesentlicher Rechte oder Pflichten“, wie sie Nr. 2 verlangt, wohl immer auch gemäß Nr. 1 mit „wesentlichen Grundgedanken“ der abbedungenen Gesetzesregelung unvereinbar sein wird, so Basedow, in: MüKo, BGB, § 307, Rn. 61. Eigenbedeutung hat die Nr. 2 wohl nur bei völlig ungeregelten Vertragstypen, für welche sich auch im über § 62 S. 2 VwVfG anwendbaren Zivilrecht keine Leitnormen oder Grundsätze finden, vgl. Brandner, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG, § 9, Rn. 130. 597 Vgl. Heinrichs, in: Palandt, BGB, § 307, Rn. 25; Basedow, in: MüKo, BGB, § 307, Rn. 55 oder auch Brandner, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG, § 9, Rn. 132 jeweils mit umfangreichen Nachweisen aus der Rspr. 598 Diesen Ausdruck – und nicht wie ursprünglich vorgesehen den wesentlicher „Grundsätze“ – hat der BT-Rechtsausschuss bewusst gewählt, „um klarer zum Ausdruck zu bringen, dass hier der Gerechtigkeitsgehalt der gesetzlichen Regelung als Richtschnur dienen soll“, vgl. BT-Drucks. 7/5422, S. 6. Ungeachtet unterschiedlicher 595
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meinen, am Gerechtigkeitsgedanken ausgerichteten und in auf das betreffende Rechtsgebiet anwendbaren Rechtsgrundsätzen ihren Niederschlag gefunden haben.599 Insoweit deckt sich der Begriff der „gesetzlichen Regelung“ in § 307 II Nr. 1 BGB mit dem der „Rechtsvorschriften“ in § 307 III 1 BGB. Nach der Systematik des § 307 BGB müsste streng genommen zuerst eine Ergänzung oder das Abweichen von einschlägigen „Rechtsvorschriften“ festgestellt werden (§ 307 III 1 BGB), um sich in einem zweiten Schritt die Frage zu stellen, ob es sich dabei um ein Abweichen von wesentlichen Grundgedanken der „gesetzlichen Regelung“ handelt, was nach § 307 II Nr. 1 BGB im Zweifel eine unangemessene Benachteiligung bedeuten würde.600 In der Praxis benennen die Gerichte jedoch häufig erst ad hoc, im Rahmen der Abwägung diejenigen Rechtssätze aus der Rechtsordnung, an denen dann die Klausel gemessen wird.601 Dies ist methodisch jedenfalls in solchen Fällen nicht zu beanstanden, in welchen neue, gesetzlich noch nicht oder unvollständig normierte Regelungsthemen oder Vertragstypen im Gewande von AGB an die Gerichte herangetragen werden.602 Klauseln, die im dispositiven Gesetzesrecht ungeregelte Vertragstypen oder Einzelaspekte betreffen, können als Rechtsvorschriften „ergänzende Regelungen“ i. S. d. § 307 III 1 Var. 2 BGB angesehen werden.603 Damit zeichnet sich das AGB-Recht an dieser Stelle durch eine gewisse Entwicklungsoffenheit aus.604 Auch nur lückenhaft oder ungeregelte Verwaltungsvertragstypen lassen sich damit gem. § 62 S. 2 VwVfG i. V. m. § 307 III 1 Var. 2 BGB als das dispositive Recht in Form vorformulierter Regelungsmuster „ergänzende Regelungen“ einer Inhaltskontrolle zuführen.605 Die besondere Herausforderung liegt darin, dass sich im Falle des Verwaltungsvertrages die für § 307 II Nr. 1 BGB maßgeblichen „gesetzlichen Regelungen“ aus beiden Teilrechtsordnungen ergeben. Es ist also ein doppeltes Leitbild zu verarbeiten. Plastisch gesprochen gruppieren sich Nuancierungen ist letztlich entscheidend, ob die abbedungene Norm des dispositiven Rechts einem wesentlichen Schutzbedürfnis des Vertragspartners dient (vgl. Brandner, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG, § 9, Rn. 133 und Heinrichs, in: Palandt, BGB, § 307, Rn. 27). 599 Vgl. BGHZ 96, 103 (109) = NJW 1986, 179; BGH NJW 1991, 1886 (1887) oder NJW 1997, 2752 (2752 f.). 600 Beispielhaft zu diesem Vorgehen BGH NJW 2003, 290 (293) oder BGH NJW 2002, 2386 (2386 f.). 601 Siehe Coester, in: Staudinger, AGBG, § 9, Rn. 8. Beispiele aus der jüngsten Rechtsprechung liefern etwa BGHZ 153, 6 ff. = NJW 2003, 1241; BGH NJW-RR 2004, 239 (240 f.) oder 558 (559); im letztgenannten Fall ging es um die Überprüfung einer Klausel in einem formularmäßigen Leasingvertrag. 602 Coester, a. a. O. 603 Brandner, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG, § 8, Rn. 6. 604 Vgl. Coester, in: Staudinger, AGBG, § 9, Rn. 8. 605 Zur geringen Regelungsdichte des Verwaltungsvertragsrechts Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 392; ähnlich Bonk, in: P. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 62, Rn. 4 („Mindestrahmen“) oder Geis, NVwZ 2002, 385 (386, „rudimentäre Regelung“).
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die das für die Inhaltskontrolle nach § 307 II Nr. 1 BGB maßgebliche gesetzliche Leitbild konstituierenden „gesetzlichen Regelungen“ um die Verweisungsnorm des § 62 S. 2 VwVfG.606 Weicht eine Klausel von Bestimmungen des BGB oder von unter Privaten geltenden Rechtsgrundsätzen ab, steht aber zugleich in Einklang mit öffentlich-rechtlichen Spezialregelungen, liegt grundsätzlich keine unangemessene Benachteiligung vor.607 Beispiele für öffentlichrechtliche Kriterien in diesem Sinne liefert etwa der in § 158 BauGB normierte Kriterienkatalog; ähnlich benennt § 159 II BauGB vertragliche Mindestinhalte.608 Dient eine Klausel der Absicherung einer durch den Vertrag verfolgten gesetzlichen Zielvorgabe, können auch Normen, welche diesen Zweck benennen, sich aber nicht unmittelbar auf Vertragshandeln beziehen, zur Konkretisierung des Leitbildes herangezogen werden.609 Jedenfalls so lange entgegen mancher Forderung610 noch keine detaillierte Regelung einzelner Verwaltungsvertragstypen besteht und auch sonst nur wenige öffentlich-rechtliche Sonderregelungen zum Verwaltungsvertrag zu finden sind, können bei unmittelbarem Sachzusammenhang analog auch tatbestandlich nicht direkt einschlägige Normen herangezogen werden.611 Ebenso ist es nicht zu beanstanden, wenn sich
606 Die Einschätzung von Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 506 f., dass „die Bezugnahme in Abs. 2 auf die Leitbildfunktion des Dispositivrechts z. T. ins Leere geht, weil das öffentliche Recht durchgehend zwingend ist, und allein solche Fälle erfasst werden, in denen über § 62 S. 2 VwVfG die dispositiven Normen der §§ 433 ff. BGB zur Diskussion stehen“, kann nicht in jeder Hinsicht geteilt werden. Da es regelmäßig um AGB geht, welche durch die Verwaltung gestellt werden, steht die Abweichung von Regelungen und Grundsätzen des Privatrechts im Zentrum der Problematik. Relevante öffentlich-rechtliche Normen bestehen nur wenige. Es wird also eher um die Frage gehen, ob sich Abweichungen von dispositiven Normen des Zivilrechts mit dem sich aus beiden Rechtsordnungen ergebenden „gesetzlichen“ Leitbild vereinbaren lassen. 607 Eine solche Klausel ist zudem auch prinzipiell nicht „überraschend“ i. S. d. § 305c I BGB. Denn dass die Verwaltung entsprechend dem Gesetz agiert, ist jedem Vertragsschluss mit der Verwaltung inhärent. 608 Einem ähnlichen Muster folgen z. B. § 109 II und III SGB V. Im Zuge der Diskussion um die Reform der §§ 54 ff. VwVfG wird die Regelung beispielhafter „fakultativer Klauseln“ als „reine Angebotsordnung“ vorgeschlagen, vgl. Ziekow, Verwaltungskooperationsrecht, S. 194 f. 609 Für städtebauliche Verträge kann dies allgemein der Katalog in § 11 I 2 BauGB, speziell etwa im Falle der Einheimischenmodelle § 4 WoFG sein. Dass sich Handlungsaufträge an die Verwaltung nicht auf vertragliches Handeln festlegen, kann schon deshalb nicht entscheidend sein, weil es der Verwaltung grundsätzlich freisteht, ob sie ihre Ziele in Form eines Verwaltungsaktes oder durch Vertrag verwirklicht. 610 Zu dieser Forderung Lorz, VVDStRL 62 (2003), 348 („Besonderes Schuldrecht der Gewährleistungsverwaltung“); ähnlich ders., DÖV 2002, 177 (185 f.); zum Sinn einer Vertragstypologie für die öffentlich-rechtliche Angemessenheitskontrolle Lischke, Tauschgerechtigkeit, S. 145 ff. 611 Für Haftungsfragen im Bereich der Daseinsvorsorge sei hier auf die Haftungsprivilegierung in § 6 AVBElt verwiesen, welche der BGH auch über den direkten Anwendungsbereich als Wertungskriterium herangezogen hat, dazu oben unter E. I. 3.
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die Verwaltung bei der Ausgestaltung von Fristen an Mustern orientiert, welche der Gesetzgeber für einen Sachbereich beispielhaft formuliert hat.612 Ergibt sich die Zulässigkeit einer von rechtlichen Regelungen oder Rechtsgrundsätzen des Zivilrechts abweichende Klausel nicht eindeutig durch korrespondierende Regelungen oder Grundsätze des öffentlichen Rechts, eröffnet § 307 II Nr. 1 BGB Abwägungsspielräume, da eine unangemessene Benachteiligung auch bei Verstoß gegen wesentliche Grundgedanken der gesetzlichen Regelung nur „im Zweifel“ anzunehmen ist.613 Die diesbezüglich vorgesehene Darlegungs- und Beweislastverteilung614 erweist sich für „Sonderrechtsklauseln“ der Verwaltung als besonders treffend: Während es dem (privaten) Vertragspartner obliegt, Umstände darzulegen, welche eine Unvereinbarkeit von Klausel und Gesetz begründen, obliegt es der Verwaltung als Verwender, dem Unvereinbarkeitsurteil entgegenstehende Umstände zu beweisen oder ausreichende Gründe vorzutragen, welche die Benachteiligung des Vertragspartners als nicht unangemessen erscheinen lassen.615 Da sehr viele „Sonderrechtsklauseln“ pönalen Charakter haben, kommt § 339 BGB eine besondere Leitbildfunktion zu. Danach ist die Verwirkung einer Vertragsstrafe an ein Verschulden des Verpflichteten geknüpft. Verschuldensunabhängige Vertragsstrafen bedürfen daher einer besonderen Rechtfertigung.616 Hierdurch wird mittelbar sicherge612 So schlägt etwa Grziwotz, DNotZ 2004, 674 (688) vor, vertragliche Bindungen in städtebaulichen Verträgen (Bauverpflichtungen, Nutzungspflichten und -verbote etc.) nicht willkürlich lange, sondern in Anlehnung an die Maximalfrist für die unveränderte Geltung des Flächennutzungsplanes in § 5 I 3 BauGB auf maximal 15 Jahre zu begrenzen. 613 Die Formulierung „im Zweifel“ führte zu einer sehr unterschiedlichen Beurteilung der systematischen und methodischen Bedeutung der Konkretisierungen des § 307 II BGB. Dass die Rechtsprechung diese Differenzen bis heute weitgehend negiert (vgl. etwa BGH NJW 2002, 2386 [2387]), gibt Anlass zu der Vermutung, dass es sich um eine weitgehend theoretische Diskussion handelt (ebenso Coester, in: Staudinger, AGBG, § 9, Rn. 164 f. mit ausführlicher Darstellung des Meinungsspektrums in Rn. 162 f.), welche hier nicht vertieft werden soll. 614 Dazu Coester, in: Staudinger, AGBG, § 9, Rn. 167 und Brandner, in: Ulmer/ Brandner/Hensen, AGBG, § 9, Rn. 129. 615 Insoweit erweist sich erneut die weitgehend öffentlich-rechtliche Qualifikation der Verwaltungsverträge und die damit einhergehende Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte als treffender: Zum einen wird dadurch die Schutzperspektive in besonderer Weise beachtet. Zum anderen wirkt der Untersuchungsgrundsatz einer Vernachlässigung öffentlich-rechtlicher Besonderheiten, welche eine Beurteilung in Abweichung vom privatrechtlichen Leitbild nahelegen, entgegen. 616 Vgl. BGH NJW 1998, 2600 (2601) oder auch BGH WM 2000, 922 ff. am Beispiel der Vertragsstrafen in Treuhandverträgen. Der BGH hatte angesichts der „öffentlichen und gesamtwirtschaftlichen Bedeutung“ der mit der Pönale abgesicherten Arbeitsplatz- und Investitionsgarantien selbst eine verschuldensunabhängige Vertragsstrafe als angemessen betrachtet. Daneben betonte er die notwendige „Abschreckungswirkung“. Zudem könne eine verschuldensunabhängige Strafe auch dann angemessen sein, wenn das Verschulden des Vertragspartners für den Verwender nur schwer nachweisbar sei, BGH NJW 1999, 2662 (2663 f.). Demgegenüber hielt der
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stellt, dass sich die Verwaltung speziell in grundrechtsensiblen Bereichen nicht all zu pauschal über Schutzinteressen des Privaten hinwegsetzen kann. IV. Vertragskategorien als Ordnungsfaktoren der Inhaltskontrolle Um der (Inhalts-)Kontrolle von Verwaltungsverträgen mehr Struktur zu verleihen, findet sich zunehmend die Forderung, die das konkrete Rechtsverhältnis prägenden, tatsächlichen Machtverhältnisse in den Blick nehmen.617 Die bisher im Gesetz vorgesehenen Vertragstypen sind insoweit wenig aussagekräftig.618 Durch darüber hinausgehende Kategorisierungen lässt sich die Inhaltskontrolle nach § 307 BGB i. V. m. § 62 S. 2 VwVfG möglicherweise weiter strukturieren, da diese den schnellen Zugriff auf die (typischen) Faktizitäten und Interessenlagen ermöglichen.619 1. Verwaltungsvertragstypen und Kongruenzen im AGB-Recht Während sich die gerade im Hinblick auf die Inhaltskontrolle von Verwaltungsverträgen vorgeschlagene Differenzierung nach „freiwilligen“ und „unfreiwilligen“ Verwaltungsverträgen620 als wenig griffig erweist, verspricht die weitere Unterscheidung zwischen autonomen und substitutiven Verwaltungsverträgen innerhalb der funktionalen Typen weitere Präzisierungen. Möglicherweise finden sich Entsprechungen zwischen dieser Differenzierung und den Typisierungen, die das AGB-Recht selbst vornimmt. So ist nach § 310 I BGB für Unternehmerverträge nur eine herabgesetzte, für Verbraucherverträge nach § 310 III BGB demgegenüber eine sehr strikte Kontrolle vorgesehen. Insbesondere die Klauselverbote der §§ 308 und 309 BGB gelten vollumfänglich nur außerhalb des Unternehmerverkehrs.
BayVGH NVwZ 1998, 727 (729) eine verschuldensunabhängige Vertragsstrafe in AGB eines öffentlich-rechtlichen Benutzungsvertrages für unzulässig. 617 So die Forderung etwa bei Bick, DVBl. 2001, 154 (155 f.) oder Löhr, in: Battis/ Krautzberger/Löhr, § 11, Rn. 3. 618 Neben der allgemeinen Unterscheidung von Verträgen zwischen Behörde und Privaten nach § 54 S. 2 VwVfG und unter Behörden (eingehend unter § 9 A.) findet sich nur die Unterscheidung zwischen „Vergleichsverträgen“ (§ 55 VwVfG) und „Austauschverträgen“ (§ 56 VwVfG). Sofern die „kleine Lösung“ Gesetz wird (oben unter § 7 B. II.), kommt noch die Kategorie des „Kooperationsvertrages“ hinzu, vgl. Schmitz, DVBl. 2005, 17 (21 f.). 619 Zur Forderung der Beachtung unterschiedlicher Vertragskategorien auch Spannowsky, UPR 2003, 81. 620 Schilling, VerwArch 85 (1994), 226 (234 ff.).
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Daran anknüpfend lässt sich fragen, ob sich für Verwaltungsverträge typischer Funktionsbereiche auch typische Wertungen hinsichtlich der AGB-Kontrolle formulieren lassen: 2. Vermeidung klassisch einseitig-hoheitlicher Eingriffsverwaltung Die Schutzbedürftigkeit des Bürgers ist bei Verträgen, welche inhaltlich an die Stelle von Hoheitsakten der Behörde treten („substitutive“ Verträge), am größten621. Dies gilt in gesteigertem Maße, wenn diese von Seiten der Verwaltung unter Verwendung von AGB geschlossen werden. Handelt es sich zugleich um Verbraucherverträge, drängt sich eine Parallele zu § 310 III BGB auf, wonach das AGB-Recht für Verbraucher den größt möglichen Schutz gewährt.622 Aus dem Zusammenhang von Unfreiwilligkeit des Vertragsschlusses einerseits und Gesetzes- bzw. Grundrechtsbindung andererseits erweisen sich die Geltung der Klauselverbote in den §§ 308 f. BGB sowie die Restriktionen in § 310 III BGB623 als sachgerecht.624 Als „Substitut“ einseitig hoheitlichen Handelns unterliegen derartige Verträge zudem spezifisch öffentlich-rechtlichen Gestaltungsgrenzen, welche es bei der Inhaltskontrolle zu berücksichtigen gilt. Wird der Vertrag unter dem „Damoklesschwert eines Verwaltungsaktes“625 geschlossen, darf die Verwaltung diese Vertragsabschlusssituation nicht dazu nutzen, durch 621 Ziekow, Verwaltungskooperationsrecht, S. 133. Beispielhaft sei auf die ordnungsrechtlichen Verwaltungsverträge verwiesen, in welchen sich Private gegen Erteilung einer zeitlich befristeten Ausnahmegenehmigung verpflichten, ihre Gebäude in einen ordnungsrechtlich zulässigen Zustand zu versetzen. Um dies sicherzustellen wird oft eine Vertragsstrafe im Bereich von 10.000,– Euro vorgesehen. Da die Sachverhalte regelmäßig alternativ durch Verwaltungsakt geregelt werden könnten, handelt es sich durchgängig um Verwaltungsverträge i. S. d. § 54 S. 2 VwVfG (Meyer, JZ 1996, 78 [79]), vgl. im Einzelnen die Vertragsgestaltungen in BVerwGE 98, 58 ff.; OVG Münster NJWE-MietR 1997, 185 f.; VGH Kassel ZMR 2002, 551 ff. und OVG Hamburg NordÖR 2003, 492 ff. Da bei Verbraucherverträgen bereits die einmalige Vorformulierung genügt (§ 310 III Nr. 2 BGB), wird das AGB-Recht häufig Anwendung finden. 622 Ähnlich Grziwotz, DNotZ 2004, 674 (686). Da die Verträge i. S. d. § 54 S. 2 VwVfG nicht nur verwaltungsakt-ersetzende Verträge erfassen, erweist sich jedoch der dort vorgeschlagene Gleichlauf von § 54 S. 2 VwVfG und § 310 III BGB als zu pauschal. 623 AGB gelten als vom Unternehmer gestellt (Nr. 1), die §§ 305c II, 306 bis 309 BGB finden auch bei zur nur einmaligen Verwendung bestimmten AGB Anwendung (Nr. 2) und bei der Beurteilung der „unangemessenen Benachteiligung“ i. R. d. § 307 I und II BGB sind statt der sonst üblichen typisierenden Betrachtungsweise auch die Umstände des Einzelfalles mit zu beachten (Nr. 3). 624 Grziwotz, DNotZ 2003, 346 (348, dort aber generell für die Anwendung auf Verwaltungsverträge). 625 Burmeister, VVDStRL 52 (1993), 190 (227). Die Formulierung spielt auf eine alternative belastende, einseitig hoheitliche Regelung ab. Aus Sicht des Bürgers kann sich jedoch eine ganz ähnliche Situation ergeben, wenn er von einer ausschließlich von der Behörde zu erlangenden begünstigenden, einseitig hoheitlichen Regelung abhängig ist.
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einseitige Vorkonditionierung626 dem Privaten Verpflichtungen aufzuerlegen, welche sie durch Verwaltungsakt nicht erreichen könnte.627 Insbesondere Vertragsstrafen mit präventiver Beuge- und Schadenspauschalierungsfunktion können in diesen Fällen im Vergleich zum Rechtsverkehr unter Privaten nur in eingeschränkter Form zum Einsatz kommen.628 So verbietet es die verfassungsrechtliche Grundentscheidung für eine Steuerfinanzierung des Staates der Verwaltung, sich als Pauschale ex ante eine den tatsächlichen Schaden übersteigende Summe versprechen zu lassen.629 Weiterhin darf eine Vertragsstrafeklausel mit Beugefunktion nur zur Erzwingung solcher Verpflichtungen vereinbart werden, die nach dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz durch Zwangsgeld durchgesetzt werden könnten.630 Hiergegen verstoßende Klauseln stellen eine unangemessene Benachteiligung i. S. d. §§ 307 I 1, II Nr. 1 BGB dar, da es sich um eine Bestimmung handelt, welche „mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist.“ 3. Leistungsgewährung an Private Verwaltungsvertragliche, auf die Erbringung von Sachleistungen zur Erfüllung von Verwaltungsaufgaben gerichtete Leistungsverhältnisse sind demgegenüber weniger durch eine Subordination des Bürgers, bzw. eine Nähe zur einseitigen Regelung durch Verwaltungsakt charakterisiert. Daher ist eine Erfassung des besonderen, öffentlichen Rechtsverhältnisses in engerer Anlehnung an das 626 Für individualvertragliche verwaltungsakt-ersetzende Verträge, die nicht ganz ähnlich dem Erlass eines Verwaltungsaktes durch einseitige Einflussnahme charakterisiert sind, mögen weniger restriktive Gestaltungsgrenzen gelten (dazu oben unter D. III.). 627 Vgl. auch Maurer, DVBl. 1989, 798 (804), dort allerdings wohl für das Verwaltungsvertragshandeln allgemein. 628 Zu den unterschiedlichen Funktionen zusammenfassend Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 524 m. w. N. Eine Beugefunktion kommt der Vertragsstrafe insoweit zu, als sie als Druckmittel den Schuldner zur ordnungsgemäßen Erbringung seiner Leistung anhalten soll. Zudem soll sie dem Gläubiger im Verletzungsfalle die Möglichkeit einer erleichterten Schadloshaltung ohne Einzelnachweis eröffnen (Schadenspauschalierungsfunktion); zur Abgrenzung der Vertragsstrafe zu den in Verwaltungsverträgen weniger üblichen „Schadenspauschalen“ und „Verfallsklauseln“ a. a. O., S. 533 f. 629 Schilling, VerwArch 85 (1994), 226 (239); a. A. unter Betonung der im Allgemeininteresse notwendigen Druckmittelfunktion Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 529 (allerdings wohl für Individualvereinbarungen). 630 Schilling, VerwArch 85 (1994), 226 (244 f.) mit dem zusätzlichen Hinweis bzgl. der Vereinbarung einer Durchsetzung durch unmittelbaren Zwang in einer Vertragsstrafeklausel auf die Sonderregelungen des § 61 VwVfG bzw. § 794 I Nr. 5 ZPO, welche die Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung von der Beachtung besonderer Formvorschriften abhängig machen (dazu BVerwGE 98, 58 [64 ff.]). Das mag im Ergebnis zutreffen, wird jedoch praktisch kaum bedeutsam sein, da als Vertragsstrafe regelmäßig ein Geldbetrag festgesetzt wird.
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zivile Vertragsrecht möglich.631 Es ist insoweit autonom, als die „Leistung“ nicht zwingend nur von der Verwaltung zu erlangen ist und sein Zustandekommen allein vom beidseitigen Entschluss der Parteien abhängt. Im Vergleich zu substitutiven Verträgen sind sie im Grundsatz „freiwilliger“.632 Soweit materiale Zwangslagen bestehen, bedarf es neben den über § 62 S. 2 VwVfG anwendbaren §§ 305 ff. BGB keiner öffentlich-rechtlichen Regulierung. Da es sich häufig um Verbraucherverträge handelt, greift regelmäßig das durch § 310 III BGB aufgerufene strengere Regime. Oft erhält der Private durch den Vertrag auf Kosten oder auch im Interesse der Allgemeinheit eine Sonderleistung. In den durch das Transparenzgebot (oben C.) sowie durch das in Zusammenschau beider Teilrechtsordnungen zu bestimmende gesetzliche Leitbild gezogenen Grenzen (soeben E. III.) ist dem Privaten im Rahmen der offenen Inhaltskontrolle einer Klausel jedoch ggf. mehr zuzumuten, als im Rechtsverkehr zwischen Privaten üblich.633 4. Kooperationsverträge Als nochmals in gesteigerter Weise „autonom“ oder „komplementär“ erweisen sich Kooperationsverträge634. Hier erfolgt der Vertragsschluss regelmäßig nicht aufgrund faktischer Zwänge, sondern freiwillig. Häufig ist die Verwaltung auf die Kooperation mit dem Privaten angewiesen.635 Im Ausnahmefall kann dies dazu führen, dass sich die Verwaltung einseitig durch den Privaten vorge631 Vgl. bereits Henke, Recht der Wirtschaftssubventionen, S. 6; treffend S. 8: „Subventionsrecht ist öffentliches Recht. Das Subventionsverhältnis ist ein öffentlichrechtliches Rechtsverhältnis mit dem Charakter eines Verwaltungsrechtsverhältnisses entsprechend dem Schuldverhältnis des bürgerlichen Rechts (Verwaltungsschuldverhältnis).“; Daran anknüpfend den Gedanken des „Subventionsverhältnisses als Rechtsverhältnis“ erweiternd Stober, Besonders Wirtschaftsverwaltungsrecht, § 55 I. sowie ausführlich Rodi, Subventionsrechtsordnung, S. 79 ff. 632 Auch die etwa für die Subventionsvergabe bemühte Figur des (ggf. mitwirkungsbedürftigen) Verwaltungsaktes darf hierüber nicht hinwegtäuschen. Denn es gehört zum Wesen der Leistungsverwaltung, dass zwar auch Pflichten durch den Empfänger übernommen, diese aber nicht punktuell einseitig und im Vollzug für bestimmte Sachverhalte gesetzlich umschriebener Eingriffsermächtigungen auferlegt, sondern vom Leistungsempfänger im Austausch gegen die Leistung freiwillig übernommen werden, so Henke, Recht der Wirtschaftssubventionen, S. 26 f.; vgl. auch BayVerfGH NVwZ 1998, 727 (729), wo darauf hingewiesen wird, dass bei der Inhaltskontrolle von AGB im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Benutzungsvertrages Parallelen zu alternativen Regelungsmöglichkeiten durch Verwaltungsakt unzulässig sind. 633 Für das Subventionsrecht ganz ähnlich bereits Henke, Recht der Wirtschaftssubventionen, S. 64. 634 Den Musterfall bilden Verträge im Rahmen funktionaler Privatisierungen (oben unter B. VI.). 635 Vgl. Kahl, DÖV 2000, 793 (794 „Schutz der Gemeinde vor Investoren“); ähnlich Butzer DÖV 2002, 881 (890): „Dass es nicht nur clevere Bürger, sondern gar nicht so selten auch private Handlungsübermacht gibt, wird ebenfalls außer Acht ge-
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gebener AGB gegenübersieht.636 Die vertraglichen Rechtsbeziehungen zwischen Verwaltung und Privaten sind hier strukturell durch ein gleichrangiges do ut des geprägt. Der Vertrag ist, im Gegensatz zu den meisten anderen Vertragstypen, in besonderem Maße Abbild des „gewandelten“, „modernen“ oder „kooperativen“ Bürger-Staatsverhältnisses637. Angesichts der Vielgestaltigkeit der aufzunehmenden Sachverhalte und Interessen, verlangt das durch den Vertragstypus „Kooperationsvertrag“ zu kanalisierende staatlich-gesellschaftliche Interaktionsfeld in besonderem Maße nach wertungsoffenen Kontrollmaßstäben. Dem entspricht es, dass sowohl im Fall der Verwendung von AGB durch die Verwaltung gegenüber einem privaten Unternehmer als auch umgekehrt der (ausnahmsweisen) Verwendung von AGB durch den Privaten gegenüber der Verwaltung gem. §§ 310 I BGB die Klauselkontrolle vorwiegend am Maßstab der Generalklausel (§ 307 BGB i. V. m. § 62 S. 2 VwVfG) erfolgt.638 Bei der Auslegung und Anwendung derselben gilt es sowohl die Interessen des Privaten als auch die der Verwaltung zu berücksichtigen639: Hauptmotivation für den Vertragsschluss ist für den Privaten dessen schutzwürdiges privatautonomes Unternehmerinteresse.640 Verwaltung und Privater agieren im Rahmen der gemeinsamen Aufgabenwahrnehmung ein Stück weit gleich privaten Unternehmern, was für eine enge Anlehnung der Klauselkontrolle an zivilistische Maßstäbe641 spricht. In dem Maße, wie die Verwaltung ihre Aufgaben überhaupt erst durch Kooperation mit dem Privaten erfüllen kann, scheint es ihr auch zumutbar, ungünstige Vertragsgestaltungen zu akzeptieren.642 Umgekehrt muss es der Verwaltung möglich sein, die bei ihr verbleibende Gewährleistungsverantwortung für die Aufgabenerfüllung abzusichern. Sie markiert zugleich die Grenze einer Annäherung an zivilistische Grundtöne. Die Wertung des AGB-Rechts, dass der lassen.“; ähnlich Bick, DVBl. 2001, 154 (155); Pietzcker, in: FS Hoppe, 439 (450) sowie Spannowsky, UPR 2003, 81. 636 Vgl. Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 528 sowie Geis, NVwZ 2002, 385 (386). Damit droht, was klassisch für den Bereich des Äquivalenzverhältnisses als „Ausverkauf von Hoheitsrechten“ beschrieben wird, dazu Loomann, NJW 1996, 1439 ff. und aus neuerer Zeit Ziekow/Siegel, VerwArch 95 (2004), 133 (145) oder Krebs, in: ders., Liber Amicorum Hans-Uwe-Erichsen, 63 (74). 637 Siehe im Hinblick auf den Verwaltungsvertrag nur Schmitz, NVwZ 2000, 1238 (1240 f.); Lorz, DÖV 2002, 177; Butzer, DÖV 2002, 881; Rottmann, in: Bauer/ Breuer/Degenhart/Oldiges, 100 Jahre Allgemeines BauG Sachsen, 487 oder Bonk, DVBl. 2004, 141 (142) und bereits BVerwGE 23, 213 (216). 638 Obwohl nicht direkt anwendbar bieten auch die in den §§ 308 f. BGB zum Ausdruck kommenden Wertungen zusätzliche normative Anhaltspunkte für die Inhaltskontrolle, vgl. § 310 I 2 HS 1 BGB, im Einzelnen Basedow, in: MüKo, BGB, § 310, Rn. 7 ff. 639 Am Beispiel von Privatisierungsverträgen Kiethe, NZG 2004, 993 (994). 640 Henke, Recht der Wirtschaftssubventionen, S. 31. 641 So die Forderung bei Löhr, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 11, Rn. 3. 642 Hier bewahrheitet sich die allgemeine Forderung nach einer flexiblen Handhabung des Gesetzesvorrangs (dazu oben unter § 8 A. III.).
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geschäftserfahrene Unternehmer tendenziell weniger schutzwürdig ist und dem Verwender ihm gegenüber größere Gestaltungsfreiheiten eingeräumt werden, erweist sich als besonders passend. Da nur qualifizierte und erfahrene Unternehmer an der Aufgabenerfüllung beteiligt werden643, besteht anders als bei Verbraucherverträgen nicht die Gefahr, dass der Vertragspartner „der Seriosität des Kleingedruckten erliegt“644. § 307 II Nr. 1 BGB verhindert, dass die Verwaltung dabei zu Lasten des Privaten über das Ziel hinausschießt: Viele Kooperationsverträge enthalten Elemente klassischer Schuldvertragstypen.645 Abweichungen von den jeweils einschlägigen dispositiven Regelungen des Schuldrechts bedürfen einer Rechtfertigung, die jeweils in Erwägung der verfolgten Allgemeininteressen und der Absicherung der Gewährleistungsverantwortung zu suchen ist. F. Die Vorzugswürdigkeit des Rechtsfolgenregimes nach § 306 BGB 306 I BGB bestimmt, dass eine unwirksame Vertragsklausel die Wirksamkeit des Vertrages im Übrigen grundsätzlich unberührt lässt. Nach § 306 III BGB ist der gesamte Vertrag dann unwirksam, wenn ein Festhalten am Vertrag ohne die unwirksame Klausel und deren Ersetzung durch die gesetzlichen Vorschriften für eine Partei unzumutbar ist. Die Gesamtnichtigkeit ist danach die Ausnahme.646 Nach § 59 III VwVfG führt die Unwirksamkeit einzelner vertraglicher Vereinbarungen demgegenüber im Zweifel zur Gesamtnichtigkeit, soweit nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Parteien den Vertrag auch ohne die unwirksame Regelung abgeschlossen hätten.647 Die gesetzliche Rechtsfolgenvermutung ist im Vergleich zu § 306 I BGB also genau umgedreht.648 Unter Hinweis auf die nach § 62 S. 2 VwVfG nur subsidiäre Geltung zivilrechtlicher 643 Vgl. § 158 I BauGB für den öffentlich-rechtlichen Sanierungsvertrag; ähnlich der Vorschlag im Rahmen des neuen Kooperationsvertrags, vgl. Schmitz, DVBl. 2005, 17 (21). 644 Lischke, Tauschgerechtigkeit, S. 160. 645 Beispielsweise Dienstvertragselemente bei der Einschaltung von Sicherheitsdiensten oder werkvertragliche Elemente bei der Beauftragung einer privaten Planungsoder Baufirma. Im Zusammenhang mit funktionalen Privatisierungen als weniger relevant erweisen sich demgegenüber die Regelungen des Kaufrechts. Denn die bloße Bedarfsdeckung bei Privaten stellt keinen Fall funktionaler Privatisierung dar, näher Burgi, Funktionale Privatisierung, S. 147 ff. Auch handelt es sich (in aller Regel) nicht um öffentlich-rechtliche Verträge, dazu oben unter § 8 B. VII. 646 Vgl. H. Schmidt, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG, § 6, Rn. 42 oder Lindacher, in: Wolf/Horn/Lindacher, AGBG, § 6, Rn. 58. 647 Praktisch relevant wurde die Regelung vor allem im Zusammenhang mit Verstößen gegen die Vorgaben des § 56 VwVfG, wobei die Gerichte auch regelmäßig zur Gesamtnichtigkeit des Vertrages kamen, vgl. erneut VGH Mannheim VBlBW. 2004, 52 (54) sowie 224 (225); Gegenstand der Urteile waren soweit ersichtlich durchweg individualvertragliche Vereinbarungen.
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Vorschriften wurde bisher allein die strengere Regelung des § 59 III VwVfG für anwendbar gehalten.649 Im Anwendungsbereich der Klauselrichtlinie wird man dies für Verbraucherverträge nicht aufrechterhalten können, da sich mit Art. 6 I dort eine weitgehend § 306 I BGB entsprechende Regelung findet650.651 Aber auch für Unternehmerverträge könnte sich die Anwendung des § 306 BGB als sinnvoll erweisen. So ist die Flexibilisierung des Rechtsfolgenregimes der §§ 54 ff. VwVfG und der Abbau von „Nichtigkeitsfallen“652 eines der Kernanliegen der Reform. Vor allem Kooperationsverträge sind normalerweise langfristig angelegt.653 Die weitere Durchführung wird im Regelfall dem beidseiti648 Nichts anderes ergibt sich, wenn man für zivilrechtliche Verträge der Verwaltung prinzipiell auf § 139 BGB verweist, dazu Reidt, BauR 2004, 941 (944). Denn die Vorschriften sind weitgehend deckungsgleich, vgl. Henneke, in: Knack, VwVfG, § 59, Rn. 23 sowie BVerwG NVwZ 2002, 473 (474); VGH Mannheim VBlBW. 2004, 52 (54) und 224 (225). 649 Henke, Wirtschaftssubventionen, S. 67 oder Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 357 und neuerdings de Wall, Privatrechtliche Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 295 sowie Reidt, BauR 2004, 941 (945), welcher sich allerdings de lege ferenda für eine Ausdifferenzierung des § 59 III VwVfG ausspricht; gegenteilig Birk, Städtebauliche Verträge, S. 69 f., Rn. 130, welcher die vorrangige Anwendung des § 59 III VwVfG betont. 650 Nach Art. 6 I haben die Mitgliedsstaaten vorzusehen, dass „mißbräuchliche Klauseln [. . .] unverbindlich sind“, der Vertrag aber im Übrigen „für beide Parteien auf derselben Grundlage bindend bleibt, wenn er ohne die mißbräuchliche Klausel bestehen kann“, dazu Pfeiffer, in: Grabitz/Hilf, Bd. III, RL 93/13/EWG, Art. 6, Rn. 10. Ein Unterschied liegt lediglich darin, dass Art. 6 I hinsichtlich der regelmäßigen Wirksamkeit des Restvertrages auf die objektive Durchführbarkeit, § 306 I BGB hingegen auf die subjektive Zumutbarkeit für eine der Parteien abhebt. Soweit dies im Einzelfall zu für den Verbraucher zu nachteiligeren Ergebnissen führen kann, lassen sich diese Divergenzen durch eine richtlinienkonforme Auslegung überbrücken, dazu Pfeiffer, in: Grabitz/Hilf, Bd. III, RL 93/13/EWG, Art. 6, Rn. 16; a. A. Schmidt, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG, § 6, Rn. 57. 651 Insbesondere kann die einseitige Unzumutbarkeit der Durchführung des Restvertrages nach der Richtlinie nicht zu Lasten des Verbrauchers dazu führen, dass dieser aufgrund der Gesamtunwirksamkeit für ihn günstige Ansprüche auf Leistungen verliert. Aus diesem Grunde sind mitgliedsstaatliche Regelungen, welche über die in Art. 6 I vorgesehenen Rechtsfolgen hinaus gehen, auch nicht als nach Art. 8 sonst grundsätzlich zulässige „strengere Bestimmungen“ zur Verwirklichung eines höheren Schutzniveaus für den Verbraucher anzusehen. Denn wäre als grundsätzliche Rechtsfolge der Unwirksamkeit einer Klausel auch die Totalnichtigkeit zulässig, hätte sich der RL-Geber auf die Regelung in Art. 6 I HS. 1 beschränken können, näher Pfeiffer, in: Grabitz/Hilf, Bd. III, RL 93/13/EWG, Art. 6, Rn. 15 und Art. 8, Rn. 18. 652 Schmitz, NVwZ 2000, 1238 (1241). 653 Typischerweise auf lange Laufzeiten (bis zu 30 Jahren) angelegt sind etwa Betreibermodelle, näher BMWA, Public Private Partnership, S. 23. Praktisch bedeutsam sind entsprechende funktionale Privatisierungen durch öffentlich-rechtlichen Verwaltungsvertrag bei Straßen-, Brücken-, Tunnelbauten und Energieprojekten. Von zunehmender praktischer Bedeutung sind Kooperationen im Bereich der Wasser bzw. Abwasserwirtschaft (vgl. § 18a III 3 lit a WHG), zu verfügbaren Musterverträgen für diesen Bereich und zur näheren Problematik Burgi, Funktionale Privatisierung, S. 109 (dort mit Fn. 40).
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gen Interesse entsprechen, da bis zum Zeitpunkt der gerichtlichen Inhaltskontrolle beide Seiten viel Zeit und Geld in Aufbau und Durchführung der Kooperation investiert haben654. Besonders hinsichtlich der Rückabwicklung bereits vollzogener Verwaltungsverträge655 erweist sich der in § 59 III VwVfG niedergelegte Grundsatz der Gesamtnichtigkeit656 als problematisch, indem er zu einer ungleichen Verteilung des Risikos zwischen Privatem und Behörde führt.657 So muss der Private bei Nichtigkeit des Vertrages in aller Regel in den Fällen, in welchen er sein mit einem öffentlich-rechtlichen Verwaltungsvertrag verfolgtes Ziel bereits erreicht hat658, die von ihm empfangene „Leistung“ aufgrund faktischer Unmöglichkeit einer Rückabwicklung nicht zurückgewähren, kann selbst jedoch im Wege eines Erstattungsanspruchs den von ihm gezahlten Betrag zurückfordern.659 Der Gemeinde ist demgegenüber eine Berufung auf die §§ 817 S. 2, 818 III und IV, 819 I BGB abgeschnitten.660 Insoweit verwundert es nicht, dass sich für Verwaltungsverträge neuerlich die Forderung findet, das Rechtsfolgensystem insgesamt der Struktur des § 306 BGB anzupassen.661 Gesetzestechnisch ist dies freilich entbehrlich, soweit man § 306 BGB nicht nur für Verbraucherverträge, sondern auch für Unternehmerverträge, über § 62 S. 2 VwVfG zur Anwendung bringt.662 654
Loomann, NJW 1996, 1439. Ausführlich Franckenstein, BayVBl. 2003, 615 ff.; zusammenfassend m. w. N. Löhr, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 11, Rn. 4a. 656 Zur Handhabung in der Rspr. BVerwG NVwZ 2002, 473 (474). 657 Reidt, BauR 2004, 941 (944). 658 Z. B. die Aufstellung eines Bebauungsplans durch die Gemeinde nach vorhergehendem Abschluss eines Folgelastenvertrages oder die Erteilung einer Baugenehmigung nach Abschluss eines Erschließungsvertrages. 659 Nach BVerwGE 111, 162 = NVwZ 2000, 1285 ist der Erstattungsanspruch nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil eine Rückgewähr der empfangenen Leistung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist. Zwar weist das Gericht darauf hin, dass die Rückforderung dann ausgeschlossen sein kann, wenn besondere, in der Person oder dem Verhalten des Erstattung begehrenden Bürgers liegende Umstände hinzutreten, lässt dafür allerdings nicht ausreichen, dass der Bauherr die Gemeinde erst dann auf Erstattung in Anspruch nimmt, nachdem er die gewünschte Leistung erhalten hat und nicht mehr zurückgeben kann. Das BVerwG hat nunmehr klargestellt, dass dies nicht nur im Falle des Verstoßes gegen die Vorgaben in § 56 VwVfG und die in § 59 I Nr. 4 VwVfG daran geknüpfte Nichtigkeit, sondern auch im Falle der Nichtigkeit wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot gem. § 59 I VwVfG i. V. m. § 134 BGB gilt, vgl. BVerwG NVwZ 2003, 993 (995); ebenso Franckenstein, BayVBl. 2003, 615 (617 f.). 660 BVerwG NVwZ 2003, 993 (994, dort m. w. N.). Zur Begründung wird darauf verwiesen, dass die an das Gesetz gebundene Verwaltung nicht einen Vermögensvorteil behalten dürfe, den sie durch Verwaltungsvertrag nicht hätte wirksam erlangen dürfen, im Einzelnen BVerwG NVwZ 2003, 993 (995) sowie Reidt, BauR 2004, 941 (944 f.) und Franckenstein, BayVBl. 2003, 615 (616 ff.). 661 So Reidt, BauR 2004, 941 (945) am Beispiel städtebaulicher Verträge. 662 Liegt allerdings ausschließlich ein Verstoß gegen das Angemessenheitsgebot oder Koppelungsverbot bzgl. Leistung und Gegenleistung vor, greift ausschließlich das 655
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G. Zwischenergebnis Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die §§ 305 ff. BGB in ihrer Gesamtheit sowohl für Verbraucher- als auch für Unternehmerverträge der Verwaltung adäquate Grenzen setzen, gleichzeitig aber auch genügend Spielräume für die Berücksichtigung besonderer öffentlicher Interessen lassen. Häufig werden inhaltlich einseitig durch die Verwaltung vorkonditionierte Verträge unter faktischen Kontrahierungszwängen geschlossen. Obwohl sich auch der Abschluss solcher Verträge grundsätzlich aus Sicht des Bürgers als Grundrechtsgebrauch darstellt, rücken viele inhaltlich belastende Vertragsschlüsse zumindest in die Nähe eines mittelbaren Grundrechtseingriffs. Im Hinblick auf den Vorbehalt des Gesetzes hat sich die sorgfältige Beachtung des jetzt in § 307 I 2 BGB normierten Transparenzgebotes als außerordentlich wichtig herausgestellt. Denn hiermit kann über § 62 S. 2 VwVfG auf einen gesetzlichen Mechanismus zurückgegriffen werden, welcher gewährleistet, dass dem Bürger die durch den willentlichen Vertragsschluss herbeigeführten Belastungen klar vor Augen stehen. Präzise definierte Grenzen für die inhaltliche Ausgestaltung von AGB der Verwaltung ergeben sich aus den Verbotskatalogen der §§ 308 und 309 BGB. Hinsichtlich der für Verwaltungsverträge typischen Gestaltungen werden deren Voraussetzungen aber häufig tatbestandlich nicht gegeben sein, so dass der Weg über die flexiblere Inhaltskontrolle nach der Generalklausel des § 307 BGB eröffnet ist. Soweit einzelne Verbotstatbestände greifen, haben sich die jeweiligen Wertungen auch, bzw. gerade für Klauseln der gesetzesgebundenen Verwaltung als passend erwiesen. Hinsichtlich der offenen Inhaltskontrolle nach der Generalklausel des § 307 BGB wurde dargelegt, dass auch bei der Anwendung über § 62 S. 2 VwVfG eine über das im Zivilrecht anerkannte Maß hinausgehende Kompensation für sich genommen unzulässiger Klauseln ausscheidet. Insbesondere kann eine unbillige Klausel nicht deshalb aufrechterhalten werden, weil der Bürger durch eine andere Vertragsbestimmung von der Verwaltung einen wirtschaftlichen Vorteil erhält. Trotz dieser auch im öffentlichen Recht beachtlichen Grenzziehungen ermöglicht das AGB-Recht eine hinreichende Berücksichtigung der durch die Verwaltung mit dem Vertrag verfolgten (Allgemein-)Interessen: Schon bisher hat der BGH bei der Bewertung etwa von Abwehrklauseln gegen Submissionsabspraöffentlich-rechtliche Rechtsfolgenregime des § 59 VwVfG (dazu oben unter § 12 B. II. 1). Im Überschneidungsbereich liegt ausschließlich der Fall, dass es sich um eine inhaltlich unzulässige Leistungsbestimmung handelt, welche zudem gegen das Transparenzgebot verstößt. Aufgrund der dominierenden öffentlich-rechtlichen Sonderinteressen wird man insoweit davon ausgehen können, dass gem. § 306 III BGB wegen Unzumutbarkeit des Festhaltens am Vertrag für die Verwaltung ausnahmsweise der Vertrag insgesamt unwirksam ist.
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chen, Sektionsklauseln öffentlicher Krankenhäuser, Haftungsbegrenzungen in Versorgungsverträgen oder Vertragsstrafeklauseln in Privatisierungsverträgen Allgemeininteressen in die Bewertung miteinbezogen. Soweit § 307 BGB über § 62 S. 2 VwVfG zur Anwendung kommt, ist das Allgemeininteresse als Parteiinteresse der Verwaltung gegen das Parteiinteresse des Privaten abzuwägen. Da für die Auslegung und Anwendung des unbestimmten Tatbestandes des § 307 BGB die genaue Verarbeitung der Parteiinteressen von elementarer Bedeutung ist, kommt der Erfassung des Verwaltungsvertrages als Besonderes Rechtsverhältnis im Sinne der Rechtsverhältnislehre aus dogmatischer Sicht eine wichtige Rolle zu. Hinsichtlich der Bewertung einer Klausel enthält § 307 II Nr. 1 BGB eine auch im öffentlichen Recht relevante Konkretisierung. Das danach entscheidende gesetzliche Leitbild setzt sich im Falle des Verwaltungsvertrages aus gesetzlichen Normen und ggf. auch ungeschriebenen Rechtsgrundsätzen beider Teilrechtsordnungen zusammen. Weicht eine Klausel etwa von dispositiven Normen des Privatrechts ab, kann diese u. U. für den Bürger belastende Abweichung dadurch gerechtfertigt sein, dass die Klausel zugleich Ausdruck öffentlich-rechtlicher Bestimmungen oder Grundsätze ist, welche sie absichern oder verwirklichen will. Sofern die Verwaltung bei der praktischen Abfassung der Klausel allen Anforderungen des Transparenzgebotes genügt hat, also die verfolgten oder abgesicherten öffentlich-rechtlichen Ziele, ebenso wie drohende Belastungen dem Bürger vor Vertragsschluss klar ersichtlich waren, kann dem Bürger im Vergleich zum Rechtsverkehr zwischen Privaten auch ein Mehr an Belastung zumutbar sein. Für die Frage, wo im Einzelfall bei der Bewertung einer Klausel die Grenze der Zulässigkeit zu ziehen ist, ermöglicht die Orientierung an Verwaltungsvertragstypen eine Feinsteuerung. Die §§ 305 ff. BGB sollten daher künftig in ihrer Gesamtheit, einschließlich der im Vergleich zu § 59 III VwVfG differenzierteren Rechtsfolgenregelung in § 306 BGB, konsequent auf Verwaltungsverträge angewandt werden. Die öffentlich-rechtlichen Institute wie das des Angemessenheitsgebotes konzentrieren sich auf die Kontrolle des Äquivalenzverhältnisses und sind zudem oft sehr unbestimmt gehalten. Statt deren Anwendungsbereich weiter auszudehnen und letztlich überwiegend eine schwer nachvollziehbare offene Gesamtbewertung vorzunehmen, sollte auf die detaillierteren Regelungen des AGB-Rechts zurückgegriffen werden.
3. Abschnitt
Verwaltungsvertrag und modernisiertes Leistungsstörungsrecht Der Begriff der Leistungsstörungen1 wird im Folgenden weit verstanden.2 Ausgehend von den Grundlinien des durch die Schuldrechtsmodernisierung bewirkten Systemwechsels (§ 14) werden schwerpunktmäßig die für Verwaltungsverträge relevanten Neuerungen in den Blick genommen. Untersucht wird die Situation, dass die Vertragsparteien im Vertrag keine selbständigen Regelungen hinsichtlich eventueller Leistungsstörungen getroffen haben3 und somit die gesetzlichen Regelungen zur Anwendung kommen. Neben der inhaltlich neu gefassten anfänglichen Unmöglichkeit (§ 15) und dem Pflichtverletzungstatbestand des § 280 I BGB (§ 16) als Herzstück der Reform sind dies die nunmehr einer gesetzlichen Regelung zugeführten, teilweise systematisch an § 280 I BGB angedockten Institute der culpa in contrahendo4, der positiven Forderungsverletzung5 sowie des Wegfalls der Geschäftsgrundlage und der Kündigung bei Dauerschuldverhältnissen (§ 17). Da bei den bisher nur richterrechtlich etablierten Instituten überwiegend das normiert worden ist, was bisher anerkannt war6, kann die Darstellung kurz gehalten werden. Das Erkenntnisinteresse wird inso1 Wohl erstmalig Stoll, Die Lehre von den Leistungsstörungen (1936). Zu den für das Zivilrecht herausgearbeiteten Bedeutungsunterschieden Huber, Leistungsstörungen I, S. 2 ff. 2 Ebenso der Ansatz bei Henneke, in: Knack, VwVfG, § 62, Rn. 21; de Wall, Privatrechtliche Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 359 f.; Birk, Städtebauliche Verträge, S. 41, Rn. 45 f. (bzgl. § 60 I 1 VwVfG) sowie umfassender S. 235 ff., Rn. 529 ff.; ähnlich Bonk, in: P. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 60, Rn. 1; vergleichbar weit bereits Bullinger, DÖV 1977, 812 ff. und Meyer, NJW 1977, 1705 (1709 ff.); zu engeren, weil etwa vorvertraglichen Pflichten oder die Störung der Geschäftsgrundlage ausgrenzenden Begriffsverständnissen Medicus, JuS 2003, 521. Vgl. auch Simons, Leistungsstörungen, S. 73 ff., welcher zwischen „Leistungsstörungen ieS.“ (Unmöglichkeit, Verzug, positive Forderungsverletzung) und „Leistungsstörungen iwS.“ (culpa in contrahendo und Wegfall der Geschäftsgrundlage) trennt; ebenso bzgl. des Wegfalls der Geschäftsgrundlage Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 609. 3 Soweit vertragliche Regelungen getroffen wurden, stellt sich die Frage nach der inhaltlichen Zulässigkeit derselben, wofür neben öffentlich-rechtlichen Spezialregelungen vor allem das in den §§ 10 bis 13 bereits abgearbeitete AGB-Recht heranzuziehen ist, dazu mit Beispielen anhand städtebaulicher Verträge Birk, Städtebauliche Verträge, S. 250 ff., Rn. 577 ff. 4 Eingehend unter § 16 B. III. 1. im Rahmen des § 280 BGB n. F. 5 Dazu § 16 B. III. 2.
§ 14 Die Grundlinien des Systemwechsels im Leistungsstörungsrecht
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weit auf die Integration der Tatbestände in die Handlungsformenlehre sowie auf mögliche Konflikte mit bestehenden öffentlich-rechtlichen Spezialregelungen gelenkt. Soweit sich aus der Rechtsprechung ablesen lässt, dass bestimmte Regelungen in besonderer Weise zu Problemen führen oder schwerpunktmäßig bei bestimmten Verträgen auftreten, wird darauf besonders eingegangen.
§ 14 Die Grundlinien des Systemwechsels im Leistungsstörungsrecht Infolge der Mehrgleisigkeit des Haftungssystems gab es früher zahlreiche unterschiedliche Rechtsgrundlagen für Vertragsauflösung oder Schadensersatz.7 Die hieraus resultierenden Konkurrenzprobleme veranlassten den Gesetzgeber zu einem Systemwechsel: Die Regelungen des Besonderen Schuldrechts8 wurden entschlackt, auf spezifische, die Natur des jeweiligen Schuldverhältnisses betreffende Besonderheiten reduziert und mit Verweisen auf das allgemeine Leistungsstörungsrecht versehen.9 Im allgemeinen Leistungsstörungsrecht selbst wurden denkbare Arten von Leistungsstörungen kategorisiert und unter dem neuen Begriff der Pflichtverletzung10 zusammengefasst. Obwohl immer noch für bestimmte Arten der Pflichtverletzung spezifische Voraussetzungen normiert sind, orientiert sich das neue System nicht wie vormals an Tatbeständen, sondern an den angestrebten Rechtsfolgen, also dem eigentlichen Anliegen der Rechtsunterworfenen.11 Das Rechtsfolgensystem kann hierbei im Kern auf zwei Grundkategorien zurückgeführt werden12: Zum einen sind Schadensersatzansprüche denkbar, entweder für den speziellen Fall anfänglicher Unmöglichkeit aus § 311a II BGB oder im Übrigen anknüpfend an den Grundtatbestand13 des 6 Medicus, JuS 2003, 521. Auch im öffentlichen Recht war die Anwendung anerkannt, vgl. dazu die Nachweise im Rahmen der jeweiligen Ausführungen. 7 Reischl, JuS 2003, 40 (40 f.). 8 Nachfolgend interessiert vor allem das allgemeine Leistungsstörungsrecht. Soweit die Verwaltung Verträge schließt, die genau den Typen des Besonderen Schuldrechts entsprechen, handelt es sich regelmäßig um zivilrechtliche Verträge (dazu oben unter § 8 B. VI. u. VII.). Manche Verwaltungsverträge mögen Bestandteile besonderer Schuldvertragstypen enthalten. Allerdings sind hier kaum Besonderheiten denkbar, welche es rechtfertigen, im Rahmen der Untersuchung selbständig darauf einzugehen. 9 Vgl. vor allem § 437 BGB für das Kauf- und § 634 BGB für das Werkvertragsgewährleistungsrecht. 10 Alternativ wurde der Begriff der „Nichterfüllung“ diskutiert, vgl. Zimmer, NJW 2002, 1 (8). In § 280 I BGB hat man sich an zentraler Stelle bewusst für den Begriff der „Pflichtverletzung“ entschieden (sogleich unter § 16 A.). Demgegenüber scheint an anderer Stelle (§§ 281 I, 323 I BGB) der Begriff der „Nichterfüllung“ durch. Da die gesetzgeberische Wahl vor allem im Rahmen des § 280 I BGB eher begrifflich als inhaltlich motiviert war (vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 134), können beide Termini auf das Leistungsstörungsrecht an sich synonym verwandt werden, statt aller Medicus, JuS 2003, 521 (527 f.). 11 Näher Grundmann, AcP 204 (2004), 569 (570, 594 f. und zusf. 602).
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2. Teil 3. Abschn.: Verwaltungsvertrag und Leistungsstörungsrecht
§ 280 I BGB14. Ohne dass es auf das Vertretenmüssen der Pflichtverletzung ankommt15, kann alternativ oder auch kumulativ (so ausdrücklich § 325) aus der Pflichtverletzung ein Rücktrittsrecht nach Maßgabe der §§ 323 ff. BGB resultieren. Soweit der Rücktritt wirksam erfolgt ist, kommt das ebenfalls neu gestaltete Rücktrittsfolgenrecht der §§ 346 ff. BGB zur Anwendung. Die Neufassung der Rücktrittsregeln sowie des Rücktrittsfolgenrechts wirft keine besonderen, hier zu vertiefenden Fragestellungen auf.16 Die Neuerungen für das öffentliche Recht erschöpfen sich weitgehend in der Übernahme der Neuregelungen über die Brücke des Verweises in § 62 S. 2 VwVfG, so dass insoweit auf die zivilrechtliche Literatur17 verwiesen sei. Bemerkenswert ist allerdings, dass der Gesetzgeber die Voraussetzungen spezifischer Schadensersatzansprüche bei Pflichtverletzung einerseits und korrespondierende Rücktrittsrechte andererseits weitestgehend parallel ausgestaltet hat.18 Dem entspricht es, dass nach neuem Recht kumulativ Rücktritt und Schadensersatz möglich sind (§ 325 BGB).19 Die bisher richterrechtlich anerkannten Institute sind großteils integrale Bestandteile des neuen Systems. So hat etwa die culpa in contrahendo zwar in § 311 II und III BGB eine eigene Regelung erfahren. Sie enthält jedoch keine eigene Rechtsfolgenanordnung, so dass Ersatzansprüche aus diesem gesetzlich 12
Reischl, JuS 2003, 40 (41). Zählt man den Wegfall der Leistungspflicht wegen Unmöglichkeit nach § 275 BGB als selbständige „Rechtsfolge“, ergeben sich drei Grundkategorien, vgl. Grundmann, AcP 204 (2004), 569 (574 f.). 13 Für spezifische Unterarten der Pflichtverletzung stellen die §§ 281 ff. BGB zusätzliche Anforderungen auf, näher unter § 16 C. 14 Zur Abgrenzung zwischen § 280 I und § 311a II BGB vgl. Ernst, in: MüKo, BGB, § 311a, Rn. 4. 15 Hierin liegt die gewichtigste Neuerung des Rücktrittsrechts, vgl. Grundmann, AcP 204 (2004), 569 (574). 16 Zusammenfassend aus Sicht des öffentlichen Rechts Geis, NVwZ 2002, 385 (387) und Henneke, in: Knack, VwVfG, § 62, Rn. 25. 17 Eingehend zur Neuregelung für das Zivilrecht neben der Lehrbuchliteratur etwa Schwab, JuS 2002, 630 ff. 18 Dazu Canaris, JZ 2001, 499 (513). 19 Dies gilt in besonderem Maße für Ansprüche auf Schadensersatz „statt der Leistung“. Denn hier wird bereits der Primäranspruch selbst in einen Sekundäranspruch umgewandelt. Das Schuldverhältnis wird dadurch grundlegend modifiziert und endgültig nicht bzw. endgültig unvollständig (so etwa im Falle der nachträglichen Unmöglichkeit) durchgeführt (vgl. Hirsch, Jura 2003, 289 [290 f.]). Korrespondierend zu den Regelungen zum Schadensersatz statt der Leistung in den §§ 281, 282 und 283 BGB eröffnen die §§ 323, 324 und 326 V daher die Möglichkeit, unter ähnlichen Voraussetzungen das Schuldverhältnis in ein Rückgewährschuldverhältnis umzuwandeln. Um dem Schuldner die wirtschaftlichen Folgen der Nichtdurchführung des Vertrages zu ersparen, ist vorrangig zum Rücktritt oder Schadensersatz eine Frist zur Nacherfüllung zu setzten. Insoweit und auch hinsichtlich der Fälle, in welchen die Frist entbehrlich ist, wurde Schadensersatz und Rücktrittsrecht streng parallel geregelt (vgl. Grundmann, AcP 204 (2004), 569 [596]). Diesbezgl. wird an ausgewählten Stellen vor allem im Rahmen der Darstellung der Haftung bei Pflichtverletzung (sogleich § 16) auf Parallelregelungen hingewiesen.
§ 15 Vertragswirksamkeit und Haftung wegen anfänglicher Unmöglichkeit
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angeordneten Schuldverhältnis20 auf § 280 I BGB gestützt werden.21 Deutlicher noch ist der Systemzusammenhang bei der positiven Forderungsverletzung, die vollständig in § 280 I BGB aufgegangen ist.22 Die größte Selbständigkeit weisen noch die Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) und das Kündigungsrecht aus wichtigem Grund bei Dauerschuldverhältnissen (§ 314 BGB) auf. Allerdings folgt aus § 313 III 1 BGB bei Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit der vorrangigen Vertragsanpassung auch ein Rücktrittsrecht, so dass die §§ 346 ff. BGB zur Anwendung kommen. Auch § 314 BGB verweist in Absatz 2 partiell auf das Rücktrittsrecht.
§ 15 Vertragswirksamkeit und Haftung wegen anfänglicher Unmöglichkeit nach § 311a BGB bei Verwaltungsverträgen Während die Neuerungen bzgl. der nachträglichen Unmöglichkeit vor allem die rechtstechnische Anknüpfung der Haftung an den allgemeinen Pflichtverletzungstatbestand (§ 280 I, II i. V. m. § 283 BGB)23 betreffen, ergeben sich auch aus Sicht des öffentlichen Rechts interessante Neuerungen vor allem im Hinblick auf die anfängliche Unmöglichkeit. Während § 306 BGB a. F. im Falle anfänglich objektiver Unmöglichkeit die Nichtigkeit des Vertrages anordnete24, 20 Zum Charakter der c. i. c. als gesetzliches Schuldverhältnis Altmeppen, DB 2001, 1399 (1400). 21 Vgl. Medicus, JuS 2003, 521 (523). 22 Aus Sicht des öffentlichen Rechts wurde dies bereits verzerrt wahrgenommen. So nennt etwa Birk, Städtebauliche Verträge, S. 45, Rn. 55 als Anspruchsgrundlage der positiven Forderungsverletzung § 281 BGB und auf S. 237, Rn. 532 als Anspruchsgrundlage der culpa in contrahendo §§ 241 II, 311 II BGB, während in beiden Fällen Anspruchsgrundlage § 280 BGB ist. Da die p. F. V. klassischer Prägung vor allem neben die Leistung tretende Interessen (insbes. Ersatz von Integritätsschäden) erfasst, ist der isolierte Verweis auf den auf Schadensersatz statt der Leistung gerichteten § 281 BGB jedenfalls verfehlt. 23 Vgl. neben den nachfolgenden Erwägungen die Ausführungen im Rahmen der systematischen Darstellung des an § 280 BGB gekoppelten Haftungsregimes unter § 16 B. und C. 24 Die Anwendbarkeit des § 306 BGB a. F. i. V. m. § 59 VwVfG war nach bisherigem Recht jedenfalls für die anfänglich tatsächliche Unmöglichkeit allgemein anerkannt, vgl. etwa Bonk, in: P. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 59, Rn. 60; Kopp/Ramsauer, VwVfG (7. Aufl., 2000), § 59, Rn. 16; Ule/Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht, S. 792, Rn. 28; Henneke, in: Knack (7. Aufl., 2000), VwVfG, § 59, Rn. 14 f.; Meyer, NJW 1977, 1705 (1710); Obermayer, BayVBl. 1977, 546 (552); Thode, in: MüKo, BGB, § 306 (a. F.), Rn. 1; Löwisch, in: Staudinger, BGB (Neubearb. 2001), § 306 (a. F.), Rn. 12; differenzierend Bullinger, DÖV 1977, 812 (816). Nach Bernsdorf, in: Obermayer, VwVfG, § 59, Rn. 58 ff. war § 306 BGB a. F. auf alle öffentlichrechtlichen Verträge anwendbar; zum Sonderfall der Verpflichtung zum Erlass eines Verwaltungsaktes Tschaschnig, Nichtigkeit, S. 108.
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2. Teil 3. Abschn.: Verwaltungsvertrag und Leistungsstörungsrecht
sieht § 311a I BGB25 in „völliger Umkehrung der früheren Rechtslage“26 für alle Fälle anfänglicher Unmöglichkeit die grundsätzliche Wirksamkeit des Vertrags und § 311a II BGB ein darauf aufbauendes striktes Haftungsregime vor.27 Für Verwaltungsverträge ergibt sich Abstimmungsbedarf vor allem in zweierlei Hinsicht. Zum einen bestimmt § 59 II Nr. 1 VwVfG, dass alle Verwaltungsverträge i. S. d. § 54 S. 2 nichtig sind, soweit ein Verwaltungsakt mit entsprechendem Inhalt nichtig wäre. Wirksamkeitsmaßstab ist damit § 44 VwVfG, nach dessen Absatz 2 Nr. 4 ein Verwaltungsakt dann nichtig ist, wenn er aus tatsächlichen Gründen von niemandem ausgeführt werden kann. Während sich an dieser Stelle früher die Frage einer weitergehenden Nichtigkeit über § 59 I VwVfG i. V. m. § 306 BGB a. F. stellte28, gilt es nun zu fragen, wie weit bei anfänglicher Unmöglichkeit Raum für eine Wirksamkeit des Vertrages gem. § 62 S. 2 VwVfG i. V. m. § 311a I BGB bleibt (B.). Praktisch große Bedeutung würde § 311a BGB zum anderen vor allem dann erlangen, wenn auch die Fälle eines Verstoßes des Vertraginhalts gegen ein gesetzliches Verbot erfasst wären. Nach bisheriger Rechtslage führte der anfängliche Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot zugleich zu anfänglich rechtlicher Unmöglichkeit. Während dies nach bisherigem Recht angesichts des Gleichlaufs der Rechtsfolgen („Nichtigkeit“) in § 306 BGB a. F. und § 134 BGB keine weiteren Probleme aufwarf, stellen sich jetzt speziell für Verwaltungsverträge komplizierte Abgrenzungsfragen (F.). Diese sowie Fragen der Teilunmöglichkeit (C.), des Mitverschuldens (D.) und des Rechtsschutzes (E.) sollen ausgehend von einer kurzen Darstellung von Regelungsgehalt und Regelungsstruktur des neuen § 311a BGB (A.) schrittweise erschlossen werden.
25 Ausführlich zu Entstehungsgeschichte und Bedeutung des § 311a BGB Canaris, in: Schulze/Schulte-Nölke, Die Schuldrechtsreform vor dem Hintergrund des Gemeinschaftsrechts, S. 43 ff. (56 ff.); Canaris, JZ 2001, 499 ff.; Altmeppen, DB 2001, 1399 ff.; R. Knütel, NJW 2001, 2519 ff. und Grunewald, JZ 2001, 433 ff. Zu den mit der Norm verbundenen dogmatischen Detailfragen Katzenstein, JR 2003, 447 ff. und Windel, JR 2004, 265 ff. 26 Westermann/Bydlinski/Weber, BGB-Schuldrecht AT, § 7, Rn. 83. 27 Zu den Hintergründen dieser schon seit langem geforderten Wende Grundmann, AcP 204 (2004), 569 (580). 28 Vgl. Henke, Wirtschaftssubventionen, S. 282 f. Für subordinationsrechtliche Verträge i. S. d. § 54 S. 2 VwVfG sah man § 59 II VwVfG als lex specialis an, so dass für koordinationsrechtliche Verträge grundsätzlich ein uneingeschränkter Rückgriff auf die Regeln des Leistungsstörungsrechts, also auch des § 306 BGB a. F., in Betracht kam, für das alte Recht Bernsdorf, in: Obermayer, VwVfG, § 59, Rn. 61 ff. und de Wall, Privatrechtliche Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 365.
§ 15 Vertragswirksamkeit und Haftung wegen anfänglicher Unmöglichkeit
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A. Regelungsgehalt und -struktur des § 311a BGB I. § 311a BGB im System des neuen Leistungsstörungsrechts Die in § 311a BGB gesondert geregelte anfängliche Unmöglichkeit ist im Zusammenhang mit § 275 BGB zu betrachten: § 275 BGB erfasst nun einheitlich alle Fälle der Unmöglichkeit29 und legt fest, wann die Leistungspflicht des Schuldners erlischt. Nach der in § 275 getroffenen Unterscheidung30 führt nur die echte („physische“ oder „rechtliche“ 31) Unmöglichkeit (§ 275 I BGB) zum Ausschluss der Leistungspflicht ipso iure, während die unechte („faktische“) Unmöglichkeit (§ 275 II BGB) und die persönliche („sittliche“) Unmöglichkeit (§ 275 III BGB)32 lediglich ein Leistungsverweigerungsrecht geben. Mit der Feststellung, dass die Leistungspflicht des Schuldners entfällt, ist jedoch noch nichts über den Bestand des vertraglichen Schuldverhältnisses an sich gesagt. Denn die (entfallene) Leistungspflicht des Schuldners bildet nur eine Pflicht aus einem ganzen Bündel von Pflichten innerhalb des Schuldverhältnisses.33 Das Schuldverhältnis existiert also trotz Unmöglichkeit der Leistungserbringung fort34 und bildet in den Fällen nachträglicher Unmöglichkeit die systematische Grundlage für eine Sekundärhaftung des Schuldners wegen Pflichtverletzung nach den §§ 280 I, III, 283 BGB.35 Dabei erfasst § 283 BGB nur die nach Vertragsschluss eintretende (nachträgliche) Unmöglichkeit.36 Demgegenüber regelt § 311a BGB alle Fälle anfänglicher Unmöglichkeit und trifft dazu zwei für die folgende Untersuchung wichtige Grundaussagen: Zunächst ist der Vertrag nach Absatz 1 sowohl im Falle sachlicher (oder tatsächlicher) sowie rechtlicher anfänglicher objektiver (§ 275 I Var. 1) oder subjektiver Unmöglichkeit (§ 275 I 29 Erfasst sind danach sowohl objektive wie subjektive als auch anfängliche und nachträgliche Unmöglichkeit, vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 128 f.; dazu ausführlich Zimmer, NJW 2002, 1 ff.; monographisch jetzt Fehre, Unmöglichkeit und Unzumutbarkeit der Leistung, S. 20 ff.; zu einem Fall anfänglichen Unvermögens jetzt OLG Karlsruhe NJW 2005, 989, besprochen bei Sutschet, NJW 2005, 1405 ff. 30 Zusammenfassend Reischl, JuS 2003, 250 (255 f.). 31 Vgl. Medicus, JuS 2003, 521 (522). 32 Zu der im Detail problematischen Abgrenzung der jeweiligen Tatbestände untereinander sowie dem in den Fällen des § 275 II und auch III BGB streitigen Verhältnis zu den §§ 313 f. BGB Schulze/Ebers, JuS 2004, 265 ff. 33 Ausführlich Gernhuber, Schuldverhältnis, S. 6 ff. 34 Vgl. auch Zimmer, NJW 2002, 1 (2). 35 Allerdings hat es der Gläubiger in der Hand, im Falle der Unmöglichkeit von seinem in § 326 V BGB für den Fall der Unmöglichkeit vorgesehenen Rücktrittsrecht Gebrauch zu machen, so dass sich das ganze Schuldverhältnis in ein Rückabwicklungsschuldverhältnis wandelt. Rücktritt und Schadensersatz schließen sich nach § 325 BGB wie bereits gesehen nicht mehr aus, näher Zimmer, NJW 2002, 1 (8 f.). 36 Dazu sowie zur Vernetzung mit dem Kaufrecht, insbesondere der Anwendung des § 283 BGB im Falle der nachträglichen (Teil-)Unmöglichkeit des Nacherfüllungsanspruchs Hirsch, Jura 2003, 289 (295 ff.). Soweit ersichtlich erstmalig von Seiten der Rspr. dazu LG Bonn ZGS 2004, 199 f.
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2. Teil 3. Abschn.: Verwaltungsvertrag und Leistungsstörungsrecht
Var. 2) als auch anfänglich faktischer (§ 275 II) oder persönlicher Unmöglichkeit (§ 275 III), kurz in allen denkbaren Fällen anfänglicher Unmöglichkeit wirksam.37 Für den Fall der anfänglich subjektiven Unmöglichkeit38 wird insoweit keine wesentlich neue Aussage getroffen. Die Behandlung derselben war in Einzelfragen zwar heftig umstritten. Es bestand jedoch Einigkeit, dass diese nicht zur Unwirksamkeit des Schuldverhältnisses führte.39 Neu ist, dass entgegen der Grundregel des § 306 BGB a. F. nunmehr auch im Falle der anfänglich objektiven Unmöglichkeit der Vertrag wirksam ist.40 Da die Leistungspflicht jedoch nach § 275 I BGB und korrespondierend die Gegenleistungspflicht des Gläubigers nach § 326 I 1 BGB wegfallen, entsteht im Ergebnis ein Schuldverhältnis ohne primäre Leistungspflicht.41 Dem Gläubiger stehen jedoch Sekundärrechte zu, denn er kann in den von § 311a I BGB erfassten Fällen gem. § 311a II BGB Schadensersatz statt der Leistung (d.h. das positive Interesse42) verlangen, es sei denn, der Schuldner kannte die Unmöglichkeit nicht und hat seine Unkenntnis auch nicht zu vertreten (§ 311a II 2 BGB).43 Dogmatisch gesehen folgt der Anspruch auf das positive Interesse aus der Nichterfüllung des nach § 311a I BGB wirksamen Leistungsversprechens.44 Nach den §§ 249 ff. 37
Vgl. Vollkommer, in: Jauernig, BGB, § 331a, Rn. 3 und § 275, Rn. 12 ff. Oder „anfänglichen Unvermögens“, vgl. Westermann/Bydlinski/Weber, BGBSchuldrecht AT, § 7, Rn. 95. 39 Heinrichs, in: Palandt, BGB (60. Aufl., 2001), § 306, Rn. 9 f. m. w. N. 40 Dazu jüngst BAG NZA 2004, 1225 (1227). Zu aus § 306 BGB a. F. resultierenden Wertungswidersprüchen vgl. Canaris, in: Schulze/Schulte-Nölke, Die Schuldrechtsreform vor dem Hintergrund des Gemeinschaftsrechts, S. 43 ff. (56) sowie die Gesetzesbegründung, BT-Drs. 14/6040, S. 164. 41 Lorenz/Riehm, Lehrbuch neues Schuldrecht, S. 164 f., Rn. 330; Canaris, JZ 2001, 499 ff. (506); ders., in: Schultze/Schulte-Nölke, Die Schuldrechtsreform vor dem Hintergrund des Gemeinschaftsrechts, 43 ff. (59, dort Fn. 58) weist zudem zutreffend darauf hin, dass im Falle der subjektiven anfänglichen Unmöglichkeit (oder anfänglichen Unvermögens) der Erfüllungsanspruch so lange besteht, bis klar ist, dass der Schuldner die von ihm geschuldete Leistung nicht aus eigener Anstrengung erbringen kann. Ausführlich zur Bestimmung anfänglichen Unvermögens auf der Grundlage des alten Rechts Wagner, JZ 1998, 482 (485 ff.). 42 Vgl. Faust/Huber, Schuldrechtsmodernisierung, 7. Kap., Rn. 10. Nach altem Recht stand dem Gläubiger im Falle der Unwirksamkeit des Vertrages wegen anfänglich objektiver Unmöglichkeit (§ 306 BGB a. F.) lediglich ein in der Höhe auf das positive Interesse begrenzter Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens (negatives Interesse) nach § 307 BGB a. F. zu. 43 Canaris, in: Schultze/Schulte-Nölke, Die Schuldrechtsreform vor dem Hintergrund des Gemeinschaftsrechts, 43 (64 f.) sowie ders., JZ 2001, 499 (507 f.) spricht sich zudem für eine verschuldensunabhängige Haftung des Schuldners analog § 122 BGB auch für den Fall aus, dass dieser seine Unkenntnis der Unmöglichkeit nicht zu vertreten hat. Der Gesetzgeber ist dem zwar nicht ausdrücklich gefolgt, hält dies aber für möglich, vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 166; ablehnend Lobinger, Grenzen rechtsgeschäftlicher Leistungspflichten, S. 297 ff. m. w. N. 44 So jedenfalls die Vorstellung des Gesetzgebers, vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 165; zur Kritik sogleich unter III. 38
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BGB hat der Schuldner den Gläubiger so zu stellen, als hätte er die (unmögliche) Leistung wie versprochen erbracht, wobei, da Naturalrestitution gerade unmöglich ist, nach § 251 BGB Wertersatz in Geld zu leisten ist.45 § 311a gilt für alle eine Leistungspflicht begründenden Verträge46; es muss sich also weder um einen gegenseitigen Vertrag noch um einen Vertrag auf dem Gebiet des Schuldrechts handeln.47 Damit bereitet die Anwendung des § 311a BGB auch auf solche Verträge, bei welchen sich die Gegenseitigkeit der Pflichten nicht reibungslos definieren lässt48, keine Probleme. Allerdings wird man im Einzelfall genau zu prüfen haben, wer „Schuldner“ der anfänglich unmöglichen Leistung ist.49 Soweit nur eine Teilunmöglichkeit vorliegt, verweist § 311a II 3 BGB auf § 281 I 2 BGB.50 Für den Fall, dass der Gläubiger Schadensersatz statt der ganzen Leistung verlangt, der Schuldner aber schon eine Teilleistung erbracht hat, kann der Schuldner Letztere gem. § 311a II 3 i. V. m. § 281 V BGB zurückfordern. Es sind zudem Konstellationen denkbar, in denen der Vertrag für den Gläubiger ein Verlustgeschäft gewesen wäre, der Anspruch auf das positive Interesse mithin ungünstig ist. Für diese Fälle eröffnet § 311a II 1 Var. 2 BGB dem Gläubiger die Möglichkeit, statt des Schadensersatzes Ersatz seiner Aufwendungen gem. § 284 BGB zu verlangen. Auf diese Weise kann er wenigstens einen Teil seines negativen Interesses liquidieren.51
45 Lorenz/Riehm, Lehrbuch neues Schuldrecht, S. 164 f., Rn. 332 oder auch Westermann/Bydlinski/Weber, BGB-Schuldrecht AT, § 7, Rn. 84. 46 Gehrlein, in: Bamberger/Roth, BGB, § 311a, Rn. 2. 47 Ernst, in: MüKo, BGB, § 311a, Rn. 17. 48 Etwa „hinkende Austauschverträge“, bei welchen die von Seiten der Gemeinde zu schaffende oder zu erhaltende Planung Geschäftsgrundlage bzw. nach a. A. aufschiebende (Schaffung) oder auflösende (Erhaltung) Bedingung des Vertrages ist, dazu mit Nachweisen oben § 12, Fn. 374. 49 Dies kann beispielsweise bei einem komplexen Kooperationsvertrag im Form eines Erschließungs(unternehmer)vertrages sowohl die Gemeinde als auch der private Unternehmer sein: So kann z. B. die Gemeinde als Leistung Teilerschließung schulden (etwa Bau von Zufahrtsstraßen oder Anschlussleitungen zu einem Neubaugebiet), welcher als Gegenleistung eine abgabenrechtliche Ablösevereinbarung durch den Unternehmer korrespondiert. Im gleichen Vertrag kann sich der Unternehmer verpflichten, als Leistung die Erschließung des gesamten Neubaugebietes an sich zu übernehmen, wobei Bedingung oder Geschäftsgrundlage dieser Vereinbarung die Beplanung des Gebietes von Seiten der Gemeinde ist. Dabei ist es denkbar, die von Seiten der Gemeinde geschuldete Teilerschließung und die von Seiten des Unternehmers geschuldete Resterschließung als gegenseitige Verpflichtungen zu interpretieren, so dass man unter Berücksichtigung der als Bedingung ins Spiel kommenden Planung von einem „bedingten gegenseitigen Vertrag“ sprechen könnte, zum Ganzen mit weiteren Beispielen möglicher Vertragsinhalte und -pflichten Birk, Städtebauliche Verträge, S. 45 ff., Rn. 57 ff. und S. 56 ff., Rn. 90 ff. 50 Zu Details jetzt ausführlich Cekovic-Vuletic, Haftung wegen Unmöglichkeit, S. 59 ff.
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2. Teil 3. Abschn.: Verwaltungsvertrag und Leistungsstörungsrecht
Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass der Kategorie der Unmöglichkeit im System des neuen Leistungsstörungsrechts eine Doppelfunktion52 zukommt: zum einen als Befreiungstatbestand (§§ 275 und 326 BGB), zum anderen als Haftungsgrundlage, und zwar sowohl im System des allgemeinen Pflichtverletzungstatbestandes (§ 280 I, III i. V. m. § 283 BGB) für die nachträgliche Unmöglichkeit als auch nach § 311a II BGB im Falle der anfänglichen Unmöglichkeit. Wen die Haftung aus § 311a II BGB trifft, bestimmt sich danach, wer „Schuldner“ der anfänglich unmöglichen Leistung ist53, was je nach Lage des Falles die Behörde oder der Private sein kann. Im Folgenden wird vornehmlich der Fall zugrund gelegt, dass die Verwaltung eine anfänglich unmögliche Leistung vertraglich verspricht, und untersucht, welche Neuerungen sich insoweit ergeben. Wie weit muss sich die Verwaltung an ihrem unmöglichen Leistungsversprechen festhalten lassen und sieht sich der strengen Haftung nach § 311a II BGB ausgesetzt? II. Supra- und internationale Vorbildnormen Die grundsätzliche Wirksamkeit des Vertrages nach § 311a I BGB ist vom Gesetzgeber54 ausdrücklich an Artikel 4.10255 der Principles of European Contract Law, mithin an einen zwar nicht rechtlich verbindlichen, aber doch europäisch konsentierten Standard56 angelehnt. Bzgl. der Haftung nach § 311a II BGB folgte der Gesetzgeber nicht unmittelbar gesamteuropäischen Musterregelungen. Mit der in § 311a II 2 BGB vollzogenen Abkehr von der ehemals im Bereich des anfänglichen Unvermögens vertretenen Garantiehaftung hin zu einer einheitlichen Verschuldenshaftung für alle Fälle anfänglicher Unmöglichkeit soll allerdings die Haftung nicht nur der Grundlinie des deutschen, sondern auch des europäischen und internationalen Haftungsrechts angeglichen werden.57 51 Canaris, JZ 2001, 499 ff. (507). Im Ergebnis wird der Anspruch weitgehend dem bisherigen § 307 I 1 BGB a. F. entsprechen, vgl. jetzt Otto, in: Staudinger, BGB, § 284, Rn. 21; eingehend zu der aus Sicht des verwaltungsvertragsrechts außerordentlich interessanten Bestimmung des § 284 BGB sogleich unter § 16 C. II. 52 Ausführlich Canaris, in: Schultze/Schulte-Nölke, Die Schuldrechtsreform vor dem Hintergrund des Gemeinschaftsrechts, 43 ff. (44). 53 Der Anspruch aus § 311a II BGB ist ausschließlich gegen den Schuldner gerichtet, während nach § 307 BGB a. F. der Anspruch auch dem Schuldner der unmöglichen Leistung gegen den Gläubiger zustehen konnte, vgl. Faust/Huber, Schuldrechtsmodernisierung, 7. Kap., Rn. 10. 54 Vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 164. 55 Article 4.102 (ex art. 6.102) – Initial Impossibility: A contract is not invalid merely because at the time it was concluded performance of the obligation assumed was impossible, or because a party was not entitled to dispose of the assets to which the contract relates. 56 Dazu bereits unter § 2 A. I. 2.
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III. Anhaltende Grundsatzkritik Vielleicht mehr als alle anderen Neuregelungen hat § 311a BGB bereits im Vorfeld des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes zu hitzigen Debatten um die dogmatische Überzeugungskraft der gewählten Konstruktion geführt58. Das Kernproblem liegt darin, Haftungsgrund, Verschuldenserfordernis und gewährte Rechtsfolge in ein stimmiges Gesamtgefüge zu bringen. Haftungsgrund soll das wirksame vertragliche Leistungsversprechen sein. Dessen Erfüllung ist jedoch gerade unmöglich (§ 275 BGB), so dass dem Schuldner nicht vorgeworfen werden, dass er den Vertrag nicht erfüllt. Da man nicht, wie früher zum anfänglichen Unvermögen vertreten, eine Garantiehaftung, sondern eine Verschuldenshaftung in Gesetzesform gießen wollte59, bedarf es der Kategorie der Informationspflichtverletzung, um einen Anknüpfungspunkt für das Verschulden zu haben.60 Soweit man auf die Informationspflichtverletzung abstellt, „beruht“ der gewährte Anspruch auf das Erfüllungsinteresse jedoch nicht auf der Pflichtverletzung, da bei Erfüllung der Pflicht der Vertrag nicht zustande gekommen wäre, so dass man wieder Garantieerwägungen ins Spiel bringen muss.61 Ergebnis ist also die Haftung aufgrund eines wirksamen Vertrages, welche keine Garantiehaftung und keine c. i. c. sein soll.62 Angesichts der klaren Entscheidung für eine nach § 311a II 1 Var. 1 BGB grundsätzlich auf das positive Interesse gerichteten culpa-Haftung, wird man auch nicht ohne weiteres contra legem zur ehemals in § 307 I 1 BGB für den Fall der objektiv anfänglichen Unmöglichkeit vorgesehenen Haftung auf das negative Interesse zurückkehren können.63 Das letzte Wort zu § 311a BGB ist also noch lange nicht gesprochen.64
57 Vgl. etwa Art. 74 CISG; Art. 8.108 Principles of European Contract Law oder Art. 7.4.4. der UNIDROIT Principles. Die reine Garantiehaftung führte bisweilen zu grotesken Ergebnissen; ausführlich Canaris, in: Schulze/Schulte-Nölke, Die Schuldrechtsreform vor dem Hintergrund des Gemeinschaftsrechts, S. 43 ff. (57 f.). 58 Vgl. nur die bisweilen sogar persönlich werdende Auseinandersetzung noch auf der Grundlage des Regierungsentwurfs zwischen Altmeppen, DB 2001, 1399 ff. (dort etwa 1400 mit Fn. 10) und Canaris, DB 2001, 1815 ff. 59 Katzenstein, JR 2003, 447. 60 Dazu eingehend Katzenstein, a. a. O., 447 (448). 61 Altmeppen, DB 2001, 1399 (1400) monierte insoweit einen „eklatanten Verstoß gegen Grundsätze der Schadensdogmatik“. 62 Dazu auch Medicus, Schuldrecht I, S. 237 f., Rn. 496. 63 In diese Richtung ziel aber die neuerlich von Lobinger, Grenzen rechtsgeschäftlicher Leistungspflichten, S. 273 ff. vertretene Ansicht. 64 Etwas resignierend betitelnd zuletzt Windel, JR 2004, 265: „Was nie sich fügt, was nie gelingt“.
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B. § 311a BGB im Spiegel von Funktion und Systematik des § 59 VwVfG Von entscheidender Bedeutung für die Frage, wie weit ein Rückgriff auf § 311a BGB in Betracht kommt, ist zunächst die Funktion des § 59 VwVfG (I.) sowie der genaue Regelungsgehalt der Spezialregelung in § 59 II Nr. 1 i. V. m. § 44 II Nr. 4 VwVfG (II.). I. Funktion des § 59 VwVfG Nachdem vor Inkrafttreten des VwVfG jeder Rechtsverstoß unausweichlich die (Gesamt-)Nichtigkeit des Vertrages zur Folge haben sollte65, enthält § 59 VwVfG nun eine differenzierte66 und für öffentlich-rechtliche Verwaltungsverträge als abschließend erachtete Fehlerfolgenregelung.67 § 59 VwVfG ist das Ergebnis einer Abwägung zweier widerstreitender Verfassungsprinzipien68: Die in § 59 VwVfG verankerten Fehlerfolgeregelungen verwirklichen einerseits das Gesetzmäßigkeitsprinzip, indem sie an die dort enumerativ aufgeführten Tatbestände die Nichtigkeitsfolge knüpfen. Andererseits wird den Grundsätzen der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes Rechung getragen, indem der Vertrag in allen nicht von § 59 VwVfG erfassten Fällen wirksam und grundsätzlich nicht mehr angreifbar ist, selbst wenn er rechtswidrig sein sollte.69 Letzteres markiert den Unterschied zum Verwaltungsakt.70
65 Vgl. etwa BVerwGE 4, 111 (114); 5, 128 (136); deutlich 42, 331 (334); 48, 166 (168); 49, 359 (361); Beinhardt, VerwArch 55 (1964), 210 (253 f.); Bosse, Subordinationsrechtlicher Vertrag, S. 82 ff.; Grund, DVBl. 1972, S. 884 (886 f.); Imboden, Verwaltungsrechtlicher Vertrag, S. 97; Ruppert, Öffentlich-rechtlicher Vertrag, S. 33; Wannagat, NJW 1961, 1191 (1192, 1195). Auch in der Kritik von Forsthoff, Verwaltungsrecht I, S. 279 am Entwurf des VwVfG, insbesondere am Vergleichsvertrag scheint diese Ansicht durch. Allerdings fanden sich bereits im Vorfeld des VwVfG schon Gegenstimmen, welche eine differenzierte Handhabung einforderten, so etwa Stein, AöR 86 (1961), S. 320 (330 f.) oder Menger, VerwArch 52 (1961), 196 (210 f.). 66 Vgl. Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 538. 67 Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 539 weist jedoch zutreffend darauf hin, dass es auch nach § 58 VwVfG zu einer Nichtigkeit kommen kann, so dass es sich bei § 59 VwVfG um eine „weitgehend“ abschließende Regelung handelt. Ähnlich spricht Bonk, in: P. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 59, Rn. 4 und 7 von einem „abschließenden Katalog“ des § 59 VwVfG, verweist aber zudem auf § 58 VwVfG und die die Fehlerfolgenregelung ergänzende Möglichkeit einer Anfechtung nach §§ 119 ff. BGB i. V. m. § 62 S. 2 VwVfG. 68 Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 541. 69 Zum „rechtswidrigen aber wirksamen“, weil nicht nach einem der durch § 59 I VwVfG in Bezug genommen Tatbestände oder nach § 59 II VwVfG nichtigen Vertrag statt aller Bonk, in: P. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 59, Rn. 8. 70 Anders als der rechtswidrige wirksame Vertrag kann der rechtswidrige wirksame Verwaltungsakt durch fristgerechte Anfechtung durch den Bürger oder sogar über die
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II. Das Spannungsverhältnis zwischen § 311a BGB und § 44 II Nr. 4 VwVfG § 44 II Nr. 4 VwVfG bestimmt, dass ein Verwaltungsakt, „den aus tatsächlichen Gründen niemand ausführen kann“, nichtig ist. Für Verträge i. S. d. § 54 S. 2 VwVfG überträgt § 59 II Nr. 1 VwVfG die Fehlerfolgenregelung auf Verwaltungsverträge. Wie weit bleibt danach noch Raum für die Annahme, dass unausführbare, d.h. auf eine unmögliche Leistung gerichtete, Verwaltungsverträge gem. § 311a BGB wirksam sind? § 311a I BGB statuiert die Wirksamkeit des Vertrages und kommt daher nicht über § 59 I VwVfG, sondern über § 62 S. 2 VwVfG zur Anwendung.71 § 311a BGB ist danach nur „ergänzend“, also subsidiär zu Spezialnormen des VwVfG zu rezipieren. Es liegt also nahe, den über § 59 II Nr. 1 VwVfG aufgerufenen § 44 II Nr. 4 VwVfG gegenüber dem § 311a I BGB i. V. m. § 62 S. 2 VwVfG als abschließende Spezialregelung anzusehen.72 Ein Blick in die Gesetzesmaterialien 73 offenbart demgegenüber, dass sowohl § 44 II Nr. 4 als auch § 59 II Nr. 1 VwVfG bewusst § 306 BGB a. F. nachmodelliert wurden. Deshalb ist zu fragen, ob nach der Substitution des § 306 BGB durch § 311a BGB die Bestimmung in § 44 II Nr. 4 VwVfG nicht sogar durch die neuere Norm verdrängt wird (1.) oder zumindest im Lichte der Neuregelung sehr restriktiv auszulegen ist (2.). 1. § 311a I BGB als vorrangige lex generalis? Mit der Streichung des § 306 BGB und der Einführung des § 311a BGB hat der normative Kontext des § 44 II Nr. 4 VwVfG eine grundlegende Änderung erfahren: Entsprechend der gesetzgeberischen Konzeption wurde § 44 II Nr. 4 VwVfG bisher in Parallele zu § 306 BGB a. F. interpretiert und angewandt74. Nach Streichung des § 306 BGB a. F. liegt es daher nahe, § 44 II Nr. 4 VwVfG durch § 311a BGB als lex posterior derogiert75 anzusehen.76 Denn „formalAnfechtungsfrist hinaus durch Rücknahme gem. § 48 VwVfG von Seiten der Behörde vernichtet werden. 71 Wenn auch ohne nähere Begründung § 311a BGB über § 59 I VwVfG anwendend hingegen Geis, NVwZ 2002, 385 (388 f.) und dem folgend Henneke, in: Knack, VwVfG, § 59, Rn. 5 und Kopp/Ramsauer, § 59, Rn. 16. 72 So Geis, NVwZ 2002, 385 (388 f.); dem (grundsätzlich) folgend Henneke, in: Knack, § 59, Rn. 14 und 18 und Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 59, Rn 16. 73 BT-Drs. 7/910, S. 82. 74 Im Anschluss an die Gesetzesbegründung (s. o.) etwa Henneke, in: Knack (7. Aufl., 2000), VwVfG, § 59, Rn. 18. 75 Ausführlich zum Grundsatz des „lex posterior derogat legi priori“ Bydlinski, Methodenlehre, S. 572 ff.
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wörtlich unveränderte, wie bisher lautende Rechtsnormen“ können abweichend vom historischen Willen des Gesetzgebers bei einem Wandel des zugrunde gelegten normativen Kontextes „dementsprechend ausgelegt und ergänzt“ werden.77 Allerdings gestaltet sich die Bestimmung des Geltungsverhältnisses zweier Normen immer dann schwierig, wenn die Derogationsregel „lex posterior derogat legi priori“ mit der systematischen Auslegungsregel „lex specialis derogat legi generali“ kollidiert.78 So ist vorliegend § 311a BGB zwar lex posterior, zugleich aber lex generalis, während der über § 59 II Nr. 1 VwVfG in Bezug genommene § 44 II Nr. 4 VwVfG demgegenüber lex specialis ist. Allein mit Hilfe der Derogationsregeln ist hier nicht zu erkennen, ob die spätere allgemeine Norm auch frühere Spezialregelungen aufhebt oder letztere unberührt bleiben und nur eine neue Grundsatzregelung geschaffen wurde, zu der die ältere Bestimmung weiterhin eine Ausnahme bleibt. § 311a BGB ist als Teil des allgemeinen Schuldrechts nicht nur vor die Klammer des Rechts der besonderen Schuldverhältnisse gezogen. Geregelt im dritten Abschnitt („Schuldverhältnisse aus Verträgen“) des zweiten Buches des BGB („Recht der Schuldverhältnisse“) trifft § 311a BGB grundlegende Aussagen für alle Arten von Verträgen und ist damit lex generalis des Vertragsrechts überhaupt. Demgegenüber ist § 59 II VwVfG in dreifacher Hinsicht als Spezialregelung zu qualifizieren: Erstens ist er Bestandteil der öffentlichen, gegenüber dem Zivilrecht selbständigen Teilrechtsordnung79. Zweitens gilt § 311a BGB über § 62 S. 2 VwVfG gegenüber dem Verwaltungsverfahrensrecht, also auch § 59 II VwVfG nur subsidiär.80 Und drittens bezieht sich § 59 II VwVfG speziell auf Verwaltungsverträge i. S. d. § 54 S. 2 VwVfG81 und unterstellt diese einem gegenüber dem für alle öffentlich-rechtlichen Verwaltungsverträge geltenden § 59 I VwVfG ausgeweiteten Nichtigkeitsregime.82 De lege lata liefe die vorrangige Anwendung des § 311a BGB auf eine „Rechtsfortbildung contra legem“83 hinaus. Eine derartige Umkehrung der inneren Systematik der §§ 54 ff. VwVfG wäre nur bei Vorliegen evidenter Gründe84 gerechtfertigt. 76 So im Ergebnis wohl Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 14, Rn. 39 (jedoch ohne nähere Begründung). 77 Bydlinski, Methodenlehre, S. 577. 78 Bydlinski, Methodenlehre, S. 572 f. 79 Vgl. § 1 C. I. und II. 80 Ausführlich zu § 62 S. 2 VwVfG oben unter § 9 B. IV. 81 Zu dessen Konkretisierung oben unter § 9 A. 82 Vgl. nur die Gesetzesbegründung in BT-Drs. 7/710, S. 82. 83 Im Zusammenhang mit der zeitlichen Anpassung des geltenden Rechts kann auch von besonders legitimationsbedürftiger „korrigierender Rechtsfortbildung“ gesprochen werden, vgl. Bydlinski, Methodenlehre, S. 116. Versteht man mit Larenz/Canaris, Methodenlehre, S. 187, eine dem Willen des Gesetzgebers noch nicht widersprechende Analogie als „gesetzesimmanente Rechtsfortbildung“ könnte man insoweit von „gesetzesübersteigernder Rechtsfortbildung“ (a. a. O., S. 232 ff.) sprechen.
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Nun kann man die über § 59 II i. V. m. § 44 II Nr. 4 VwVfG angeordnete Lösung zum einen nicht als inhaltlich „evident unzulänglich“ (Larenz/Canaris) oder „untragbar“ (Diederichsen) qualifizieren. Zum anderen hat sich der Zivilgesetzgeber zur Anwendung des § 311a BGB im Verwaltungsrecht nicht geäußert. Daher wird man vorrangig zu einer derart weitreichenden Rechtsfortbildung genauer untersuchen müssen, ob sich nicht über den sanfteren Weg einer differenzierten, mit dem Wortlaut des § 59 II Nr. 1 i. V. m. § 44 II Nr. 4 VwVfG noch zu vereinbarenden Auslegung (2.) bereits ein sachgerechtes Ergebnis erzielen lässt. 2. Restriktive Auslegung des § 59 II Nr. 1 VwVfG i. V. m. § 44 II Nr. 4 VwVfG Hierbei ermöglichen die durch § 54 S. 2 VwVfG in Bezug genommenen Verträgen (a) und die tatbestandlich durch § 44 II Nr. 4 VwVfG erfassten Fälle anfänglicher Unmöglichkeit (b) Differenzierungen: a) In Bezug genommene Verwaltungs-Bürger-Verträge i. S. d. § 54 S. 2 VwVfG Nach hier vertretener Auffassung erfasst § 54 S. 2 VwVfG sämtliche zwischen einem (oder mehreren) Verwaltungsträgern und einem (oder mehreren) Privaten geschlossenen öffentlich-rechtlichen Verwaltungsverträge, unabhängig davon, ob im Einzelfall eine Verwaltungsakts-Befugnis oder ein Über-/Unterordnungsverhältnis besteht.85 Da § 59 II VwVfG das für Verwaltungsakte vorgesehenen Fehlerfolgenregimes in Bezug nimmt, bezieht er sich nicht auf das Gesamtspektrum denkbarer Verwaltungsverträge i. S. d. § 54 S. 2 VwVfG, sondern nur auf solche, bei denen der Vertragsschluss an die Stelle einer einseitigen Regelung durch Verwaltungsakt tritt oder der Vertrag zum Erlass eines Verwaltungsaktes verpflichtet86 (substitutive oder alternative Verwaltungsverträge87). Für alle unabhängig von einem alternativen Verwaltungsakt geschlos84 Ausführlich Larenz/Canaris, Methodenlehre, S. 232 ff.; selbst für die Überwindung eines durch den Wandel der Normsituation hervorgerufenen Spannungsverhältnisses im Wege (nur) der Auslegung fordern Larenz/Canaris, a. a. O., S. 171 bereits, dass die Unzulänglichkeit des bisherigen Gesetzesverständnisses „evident“ geworden sein muss. Diederichsen, in: FS Larenz I, 155 (177) spricht insoweit von einem „Untragbarkeitsargument“. 85 Näher oben unter § 9 A. II. 2. 86 Ebenso, mit eingehender Erörterung der beiden verwaltungsaktbezogenen Vertragskonstellationen und m. w. N. de Wall, Privatrechtliche Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 362. Dass beide Konstellationen erfasst sein müssen erschließt sich vor allem aus dem Zweck der Regelung, die Nichtigkeitsgründe des Verwaltungsaktes nicht zu unterlaufen.
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senen Verwaltungsverträge (autonome Verträge88) wurde bereits hinsichtlich der Anwendbarkeit des AGB-Rechts89 herausgearbeitet, dass diese „besonderen Rechtsverhältnisse“90 durch eine strukturelle Nähe zum Grundtypus des zivilvertraglichen Schuldverhältnisses geprägt sind.91 Daher liegt es nahe, für alle autonomen Verwaltungsverträge über die Brücke des § 62 S. 2 VwVfG ausschließlich die privatrechtliche lex generalis des § 311a BGB zur Anwendung zu bringen.92 Die Verwaltung haftet damit in allen Fällen, in denen sie ein anfänglich unmögliches Leistungsversprechen abgibt, welches nicht alternativ einseitig durch Verwaltungsakt getroffen werden könnte, gem. § 311a II BGB. Bei alternativen Verwaltungsverträgen kommt demgegenüber nur ein Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens nach c. i. c. in Betracht kommt. Bezogen auf den im Einzelfall auf seine Wirksamkeit hin zu untersuchenden alternativen Verwaltungsvertrag ist weiter zu differenzieren: Die Fehlerfolgenregelung des § 44 II VwVfG nimmt nur anfänglich unmögliche Regelungen in den Blick, die einseitig durch die Verwaltung getroffen werden. Die anfänglich unmögliche Leistung kann aber von Seiten der Verwaltung oder von Seiten des Bürgers versprochen werden. Da eine Sonderbindung nur die Verwaltung trifft, erscheint es folgerichtig, dass in Anknüpfung an § 44 II Nr. 4 VwVfG nur das von Seiten der Verwaltung abgegebene Leistungsversprechen, im Falle des alternativen Vertrages also eine von Seiten der Verwaltung zugesagte einseitige, anfänglich unmögliche Regelung mit der Nichtigkeitsfolge behaftet ist.93 Hinsichtlich eines von Seiten des Bürgers abgegebenen Leistungsversprechens besteht hingegen kein Grund für eine vom Zivilrecht abweichende Lösung, so dass § 311a BGB zur Anwendung kommt.94 87
Zu dieser systematischen Bezeichnung oben unter § 9 C. III. Dazu ebenfalls § 9 C. III. 89 Besonders oben unter § 13 E. IV. 1. 90 Zur Beschreibung und Erfasssung der „Rechtsform Verwaltungsvertrag“ unter Rückgriff auf die Ergänzungskategorie der Rechtsverhältnislehre oben unter § 7 C. 91 Dies gilt in besonderem Maße für „Kooperationsverträge“; zu diesem Vertragstypus im Kontext der Reform der §§ 54 ff. VwVfG oben unter § 7 B. II. sowie zur zivilrechtsakzessorischen Grundstruktur im Rahmen der Darstellung des AGB-Recht unter § 13 E. IV. 4. 92 Insbesondere die vorrangig in den §§ 11, 12 und 124 BauGB genannten Regelungsbereiche und zulässigen -inhalte sind von der Gemeinde nicht einseitig mittels Verwaltungsakt durchsetzbar (vgl. Birk, Städtebauliche Verträge, S. 40, Rn. 43), so dass § 311a BGB im Bereich der praktisch bedeutsamen städtebaulichen Verträge ein vergleichsweise großer Anwendungsbereich offen steht. 93 Ebenso schon bisher de Wall, Privatrechtliche Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 363 f. 94 Entsprechend wollten de Wall, a. a. O.; Henneke, in: Knack, VwVfG (7. Aufl., 2000), § 59, Rn. 18 oder Bernsdorf, in: Obermayer, VwVfG, § 59, Rn. 62 nach bisherigem Recht bei „subordinationsrechtlichen Verträgen“ i. S. d. § 54 S. 2 VwVfG bei anfänglicher Unmöglichkeit hinsichtlich der Leistung des Bürgers § 59 I VwVfG i. V. m. § 306 BGB a. F. und hinsichtlich der Leistung der Behörde § 59 II VwVfG 88
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§ 59 II Nr. 1 i. V. m. § 44 II Nr. 4 VwVfG kommt mithin nur bei alternativen und dort auch nur hinsichtlich des von Seiten der Verwaltung abgegebenen Leistungsversprechens zur Anwendung. b) Tatbestandlich von § 44 II Nr. 4 VwVfG erfasste Fälle anfänglicher Unmöglichkeit (1) Anfänglich rechtliche Unmöglichkeit Wegen des klaren Wortlautes „. . . den aus tatsächlichen Gründen niemand ausführen kann“ ist von § 44 II Nr. 4 VwVfG direkt nur die tatsächliche Unmöglichkeit95 erfasst, nicht auch die rechtliche.96 Es wurde erwogen, die anfänglich rechtliche Unmöglichkeit unter § 44 I oder § 44 II Nr. 5 VwVfG zu fassen.97 Die Anwendung des § 44 I VwVfG oder wahlweise des § 44 II Nr. 5 VwVfG im Zusammenhang mit der rechtlichen Unmöglichkeit ist jedoch inhaltlich verfehlt.98 Zum einen erfasst § 44 II Nr. 5 VwVfG nur einen schmalen Ausschnitt denkbarer Fälle, während § 44 I VwVfG nach besonders schwerwiegenden und offenkundigen Fehlern fragt. Dies sind aber Kriterien, welche dem Unmöglichkeitsrecht fremd sind. Denn ist eine Leistung rechtlich unmöglich, dann ist sie dies auch dann, wenn die Fehlerhaftigkeit nicht schwerwiegend und offenkundig ist.99 Regelmäßig wird der die rechtliche Unmöglichkeit begründende Umstand gerade nicht schwerwiegend bzw. jedenfalls nicht offenkundig sein, weil der Vertrag sonst nicht geschlossen worden wäre.
anwenden. Für „sonstige“ Verwaltungsverträge (gemeint waren wohl [nach hiesiger Sprache] „autonome“ Verwaltungsverträge) wurde eine uneingeschränkte Anwendung des § 306 BGB a. F. befürwortet, vgl. Bernsdorf, a. a. O., Rn. 63. 95 Vgl. VGH München NVwZ 2000, 1310 (1311) am Beispiel eines Prozessvergleichs(-vertrages). Dagegen will de Wall, Privatrechtliche Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 362 wohl auch die rechtliche Unmöglichkeit von § 44 II Nr. 4 VwVfG erfasst wissen. 96 So ausdrücklich auch die Gesetzesbegründung, BT-Drs. 7/910, S. 64. 97 Vgl. Henke, Wirtschaftssubventionen, S. 282 und im Ergebnis ebenso Bernsdorf, in: Obermayer, VwVfG, § 59, Rn. 62 welcher im Falle der Unmöglichkeit eines von der Behörde vertraglich zugesagten Verwaltungsaktes immer nur § 59 II Nr. 1 i. V. m. § 44 VwVfG anwenden will. De lege ferenda für die Schaffung eines eigenen Tatbestandes in § 44 II VwVfG Schiedeck, JA 1994, 483 (488). 98 Ebenso Schimpf, Verwaltungsrechtlicher Vertrag, S. 291 ff. 99 Schimpf, Verwaltungsrechtlicher Vertrag, S. 292; im Ergebnis ebenso Kopp/Ramsauer, VwVfG (7. Aufl., 2000), § 59, Rn. 16. Demgegenüber will Meyer, in: Meyer/ Borgs, VwVfG, § 59, Rn. 27 für alle Arten öffentlich-rechtlicher Verwaltungsverträge „in Analogie zur Verwaltungsaktslehre“ (wohl analog § 44 I VwVfG) immer dann (rechtliche?) Unmöglichkeit annehmen, „. . . wenn evidenter Weise gegen eine elementare Rechtsnorm verstoßen würde.“
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(2) Anfänglich subjektive Unmöglichkeit Anfängliche subjektive Unmöglichkeit (anfängliches Unvermögen) liegt dann vor, wenn einer der Vertragspartner sich zu einer Leistung verpflichtet, die zwar nicht er, wohl aber irgendein Dritter erbringen kann.100 Seinem klaren Wortlautes nach bezieht sich § 44 II Nr. 4 VwVfG auf einen Verwaltungsakt, „den niemand ausführen kann“101, also allein auf die objektive Unmöglichkeit. Gleichwohl wurde erwogen, § 44 II Nr. 4 VwVfG auf das aus Rechtsgründen oder tatsächlichen Gründen beruhende anfängliche Unvermögen analog anzuwenden.102 Andere wollten in diesem Fall mangels ausdrücklicher Regelung die im Zivilrecht entwickelten Grundsätze103 entsprechend heranziehen, wonach der Vertrag mangels Anwendbarkeit des § 306 BGB a. F. als wirksam anzusehen war und der Gläubiger analog104 § 283 BGB a. F. i. V. m. § 325 BGB a. F. bzw. bei Austauschverträgen ggf. analog § 326 I BGB a. F. aufgrund des wirksamen Leistungsversprechens verschuldensunabhängig „Schadensersatz wegen Nichterfüllung“105 verlangen oder zurücktreten konnte.106 Da nach alter Rechtslage jedenfalls das anfängliche Unvermögen weder von § 306 BGB a. F.107 noch von § 44 II Nr. 4 VwVfG erfasst war, mag eine entsprechende Anwendung denkbar gewesen sein. Nun fehlt es in Anbetracht des auch das Unvermögen umfassenden § 311a BGB an der methodisch erforderlichen Regelungslücke.108 100 Ule/Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht, S. 817, Rn. 4. Mit praktischen Beispielen für Verwaltungsverträge de Wall, Privatrechtliche Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 369 ff. sowie S. 379 f. 101 Hervorhebung durch den Verfasser. 102 Vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG (7. Aufl., 2000), § 59, Rn. 19 i. V. m. § 44, Rn. 39 f. und korrespondierend Meyer, in: Knack, § 44, Rn. 38 f. Angesichts des Wortlauts gegen eine Analogie Sachs, in: P. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 44, Rn. 139. 103 Die Lösung war mangels gesetzlicher Regelung bis zuletzt umstritten. Die im Zusammenhang mit dem öffentlich-rechtlichen Verwaltungsvertragsrecht vertretene Lösung entsprach der insoweit herrschenden Meinung im Zivilrecht, zusammenfassend Heinrichs, in: Palandt, BGB (60. Aufl., 2001), § 306 BGB (a. F.), Rn. 9 m. w. N. 104 Direkt waren die §§ 323 ff. BGB a. F. nicht anwendbar, weil sich diese dem Wortlaut nach nur auf die nachträgliche (subjektive und objektive) Unmöglichkeit bezogen. 105 Nach neuem Recht „Schadensersatz statt der Leistung“, vgl. §§ 280 III, 283 BGB. 106 Vgl. Ule/Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht, S. 817 f., Rn. 4 mit Beispielen und w. N. Aus Sicht des öffentlichen Rechts handelte es sich bei der Rezeption um eine methodisch von einigen angezweifelte „doppelte Analogie“, vgl. de Wall, Privatrechtliche Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 383. 107 Insoweit ganz herrschende Meinung, vgl. nur Heinrichs, in: Palandt, BGB (60. Aufl., 2001), § 306 BGB (a. F.), Rn. 3. 108 Auch bestehet kein Raum und kein Bedürfnis mehr dafür, den Anwendungsbereich des § 60 I 1 VwVfG (dazu eingehend nachfolgend unter § 17 C.) zu überdehnen, indem man die Fälle des anfänglichen Unvermögens (deutlich entgegen dem Wortlaut) hierunter packt (so aber Bullinger, DÖV 1977, 812 [817]; kritisch dazu be-
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Zusammenfassend kommt § 59 II Nr. 1 i. V. m. § 44 II Nr. 4 VwVfG mithin nur bei alternativen Verwaltungsverträgen und auch nur dann, wenn es sich um einen Fall objektiver tatsächlicher (physischer) Unmöglichkeit handelt, zur Anwendung. In allen übrigen Fällen kann auf § 311a BGB zurückgegriffen werden. Die Sonderbehandlung einiger weniger Fälle anfänglich-objektiver Unmöglichkeit ist aus Sicht des öffentlichen Rechts durch die Sondersituation der Alternativität gerechtfertigt.109 C. Teilunmöglichkeit und § 59 III VwVfG Ein anfängliches Haftungsrechtsverhältnis ohne Leistungspflichten nach § 311a BGB entsteht prinzipiell nur, „soweit“ auch tatsächlich Unmöglichkeit vorliegt, im Übrigen wird der Vertrag durchgeführt.110 Hinsichtlich des von der Unmöglichkeit erfassten Teils tritt an die Stelle des Anspruchs auf die Leistung gem. § 311a II 3 i. V. m. § 281 I Satz 2 und Satz 3, V BGB grundsätzlich ein anteiliger Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung.111 Etwas anderes gilt nur, soweit ausnahmsweise nach § 311a II 3 BGB i. V. m. § 281 I 2 und 3 BGB trotz nur teilweiser Unmöglichkeit „Schadensersatz statt der ganzen Leistung“ gefordert werden kann, was insbesondere dann zu erwägen ist, wenn der Gläubiger an der Teilleistung kein Interesse hat (§ 281 I 2 BGB). Anfängliche Teilunmöglichkeit führt damit zu einem janusköpfigen Vertragsrechtsverhältnis, aus welchem zum einen Teil Erfüllung, zum anderen Teil als Erfüllungssurrogat Schadensersatz statt der Leistung geschuldet ist. § 59 III VwVfG, wonach bei Teilnichtigkeit der Vertrag im Zweifel vollständig unwirksam ist, kommt nicht zur Anwendung. Denn es liegt keine Teilnichtigkeit, sondern ein teilweise wirksames, aber nur auf Schadensersatz gerichtetes Vertragsverhältnis vor. reits nach alter Rechtslage de Wall, Privatrechtliche Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 368 f.). 109 Ähnlich im Ergebnis Geis, NVwZ 2002, 385 (388 f.), welcher § 59 II Nr. 1 i. V. m. § 44 II Nr. 4 VwVfG jedoch als lex specialis zu § 59 I VwVfG i. V. m. § 311a I BGB auf alle „subordinationsrechtlichen Verträge“ i. S. d. § 54 S. 2 VwVfG anwenden möchte. Nach Geis ist die Abweichung vom Privatrecht durch den Schutzzweck des § 59 II VwVfG gerechtfertigt. Allerdings wird man entgegen Geis den entscheidenden Moment nicht im Schutz des Bürgers vor der übergeordneten Verwaltung sehen können. Denn die Nichtanwendung des § 311a BGB wirkt sich für den Bürger spürbar nur hinsichtlich der Sekundärebene aus. Die auf das positive Interesse gerichtete Haftung nach § 311a BGB ist regelmäßig vorteilhafter als ein Anspruch auf das negative Interesse nach c. i. c. Daher wird man entscheidend nicht auf den Schutz des Bürgers, sondern auf die Sonderbindung der Verwaltung und die Parallelisierung zum Rechtsfolgenregime des Verwaltungsaktes abstellen müssen. 110 Vgl. Ernst, in: MüKo, BGB, § 311a, Rn. 72 sowie Vollkommer, in: Jauernig, BGB, § 311a, Rn. 7 f. 111 Einzelheiten, etwa zu der Frage, wann auch bei Teilunmöglichkeit ein voller Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung zu gewähren ist, bei Ernst, in: MüKo, BGB, § 311a, Rn. 74.
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2. Teil 3. Abschn.: Verwaltungsvertrag und Leistungsstörungsrecht
D. Anwendbarkeit des § 254 BGB bei Kenntnis des Gläubigers Die jüngere Rspr. des BVerwG zum öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch hat weiter den Blick für die Frage geschärft, welche Auswirkungen es auf Ersatzansprüche des Bürgers gegen die Verwaltung hat, dass der Bürger den Grund, welcher zur Unwirksamkeit des Vertrages führte, kannte. Nach § 307 I 2 BGB a. F. führte der Umstand, dass der Gläubiger Kenntnis von der Leistungsunmöglichkeit hatte, zum Ausschluss der Haftung auf das negative Interesse. Trotz Streichung der Vorschrift wird nach Ausweitung der Haftung auf das positive Interesse nun vertreten, dass bei Kenntnis des Gläubigers gem. § 254 BGB der Ersatzanspruch erst recht ausgeschlossen sein muss112, wobei § 254 BGB insgesamt flexiblere Lösungen als bisher ermöglichen soll113. Lassen sich der neuesten Rspr. des BVerwG114 zum öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch Grundsätze entnehmen, wonach auch für die „entsprechende“ Anwendung des § 311a II BGB über § 62 S. 2 VwVfG öffentlich-rechtliche Besonderheiten gelten? Das BVerwG115 versagt der Verwaltung ein Berufen auf § 817 S. 2116 BGB und verweist zur Begründung auf die Gesetzesbindung: Es könne danach nicht rechtsmissbräuchlich sein, eine gegen das Gesetz verstoßende Vermögensverschiebung rückgängig zu machen. Weiter dürfe die Verwaltung nicht einen Vermögensvorteil behalten, den sie durch Verwaltungsvertrag nicht hätte erlangen können.117 Demgegenüber besteht zu § 311a II BGB ein grundsätzlicher Unterschied: Im Falle des Erstattungsanspruchs geht es um die Frage, wie sich die Gesetzesbindung auf die Abschöpfung eines der Verwaltung zugeflossenen Vermögensvorteils auswirkt. Das BVerwG118 möchte vermeiden, durch An112 Ernst, in: MüKo, BGB, § 311a, Rn. 68. Andeutungen auch in der Gesetzesbegründung, vgl. BT-Drucks. 14/6040, S. 165; vgl. zudem Cekovic-Vuletic, Haftung wegen Unmöglichkeit, S. 44. 113 Dazu Canaris, JZ 2001, 499 (505 f.). 114 Zunächst BVerwGE 111, 162 = NVwZ 2000, 1285 (1288 f.) am Beispiel eines wegen Verstoßes gegen das Koppelungsverbot nichtigen Vertrages und nachfolgend BVerwG NVwZ 2003, 993 (995) am Beispiel eines wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot nichtigen Vertrages. Vertiefend Reidt, BauR 2004, 941 (944 f.) und Franckenstein, BayVBl. 2003, 615 (616 ff.). 115 BVerwG 2003, 993 (994 ff.). 116 Danach ist der Bereicherungsanspruch ausgeschlossen, wenn bei Annahme einer sitten- oder verbotswidrigen Leistung sowohl Leistender als auch Empfänger verbotswidrig handeln. In den vom BVerwG zu entscheidenden Fällen wurde die Anwendung des § 817 S. 2 BGB deshalb erwogen, weil die Verträge vom Gläubiger des Erstattungsanspruchs selbst angeregt wurden. Soweit dieser dabei um die Gesetzeswidrigkeit des Vertrages wusste oder hätte wissen können, hätte die Anwendung des § 817 S. 2 VwVfG erst recht nahe gelegen. Denn Normzweck des § 817 S. 2 BGB ist es, demjenigen, welcher im Bewusstsein eines Verstoßes gegen die Rechtsordnung eine Leistung erbringt, den Rechtsschutz zu versagen, vgl. Lieb, in: MüKo, BGB, § 817, Rn. 9. 117 BVerwG NVwZ 2003, 993 (994 f.). Mit ähnlichen Erwägungen wird auch die Anwendung der §§ 818 III und IV, 819 I und 814 BGB abgelehnt, vgl. BVerwG, a. a. O. 993 (994) m. w. N.
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wendung des § 817 S. 2 BGB einen „durch gesetzeswidrige Vermögensverschiebung erreichten Zustand“ festzuschreiben. Im Falle des § 311a II BGB geht es nicht um die Beseitigung eines derartigen Zustandes durch Bereicherungsabschöpfung, sondern um die Begründung einer erstmaligen Zahlungspflicht. Ebenso wie bei anderen Instituten des Staatshaftungsrechts bleibt es trotz Gesetzesbindung der Verwaltung bei der Anwendung des § 254 BGB.119 Je nach Einzelfall kann unter Abwägung der jeweiligen Interessen120 durchaus unter Berücksichtigung der Sonderbindung der Verwaltung eine angemessene Kürzung festgesetzt werden. Anders als im Falle des Erstattungsanspruchs kann dabei bereits die Kenntnis der Unmöglichkeit der Leistungserbringung zum Ausschluss des Anspruchs führen, ohne dass es dazu einer besonderen Feststellung qualifizierter Rechtsmissbräuchlichkeit des Gläubigers121 bedarf. E. Rechtsweg bei Ansprüchen aus § 311a II BGB Indem § 311a II BGB die Haftung auf das Versprechen einer unmöglichen Leistung gründet, wird faktisch an eine vorvertragliche Informationspflichtverletzung angeknüpft122. Bisweilen findet sich daher der Hinweis, dass trotz des vom Gesetzgeber123 intendierten Eigencharakters des § 311a II BGB der Norm eine Nähe zur culpa in contrahendo (c. i. c.) eignet124. Angesichts der aktuellen Kontroverse um den Rechtsweg hinsichtlich der Ansprüche aus c. i. c. bei Verwaltungsverträgen125 fragt sich, vor welchem Gericht eigentlich Ersatzansprüche aus § 311a II BGB einzuklagen sind. Weist die Verwandtschaft zur c. i. c. mit der neuerlichen Ansicht des BVerwG126 den Weg zu den ordentlichen Ge-
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BVerwG 2003, 993 (994). Vgl. dazu nur die Ausführungen bei Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 26, Rn. 44 (Amtshaftung nach Art. 34 GG/§ 839 BGB); § 27, Rn. 36 und 99 (Anwendung des § 254 BGB bzgl. des Vorrangs des Primärrechtsschutzes gegen Beeinträchtigungen des Eigentums). 120 Vgl. Ernst, in: MüKo, BGB, § 311a, Rn. 68. 121 Diese hingegen fordert das BVerwG, um ausnahmsweise den Erstattungsanspruch des Bürgers auszuschließen, im Einzelnen BVerwG NVwZ 2003, 993 (994 f.) und NVwZ 2000, 1285 (1288 f.). 122 Dazu Katzenstein, JR 2003, 447 (448); Windel, JR 2004, 265 (267 ff.) und Medicus, JuS 2003, 521 (527) m. w. N. Angesichts der Verwandtschaft beider Institute wird breit die Frage der Konkurrenz beider Institute, insbesondere die Anwendung der c. i. c., um einen von § 311a II BGB nicht abgedeckten Vertrauensschaden zu liquidieren, diskutiert, ausführlich nun Cekovic-Vuletic, Haftung wegen Unmöglichkeit, S. 46 ff.; vgl. auch Westermann/Bydlinski/Weber, BGB-Schuldrecht AT, § 7, Rn. 89. 123 Vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 165. 124 Canaris, in: Schulze/Schulte-Nölke, Die Schuldrechtsreform vor dem Hintergrund des Gemeinschaftsrechts, S. 43 ff. (58 f.). 125 Dazu eingehend nachfolgend unter § 16 B. III. 1. b). 126 BVerwG NJW 2002, 2894 ff. 119
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2. Teil 3. Abschn.: Verwaltungsvertrag und Leistungsstörungsrecht
richten? Der Gesetzgeber127 hat § 311a II BGB in bewusster Abgrenzung zu § 280 BGB, und damit auch zu der an § 280 BGB anknüpfenden c. i. c., als selbständige, auf Ersatz des positiven Interesses gerichtete Anspruchsgrundlage ausgestaltet.128 Anders als in den Fällen der c. i. c. ist Haftungsgrund nicht die (Informations-)Pflichtverletzung im Rahmen eines gesetzlich als Schuldverhältnis anerkannten vorvertraglichen Rechtsverhältnisses, sondern der nach § 311a I BGB trotz anfänglicher Unmöglichkeit wirksame Vertrag.129 Da als Rechtsfolge Schadensersatz „statt der Leistung“ angeordnet wird, soll gegenüber einer Haftung aus §§ 280 I, 311 II BGB (c. i. c.) klargestellt werden, dass Grundlage der Haftung nicht nur ein gesetzlich anerkanntes Schuldverhältnis ist, sondern der Vertrag selbst.130 Geltend gemacht wird daher ein Anspruch, welcher i. S. d. § 40 II 1 VwGO auf einem öffentlich-rechtlichen Vertrag „beruht“, so dass die Verwaltungsgerichte zuständig sind. F. Das Verhältnis von § 134 BGB und § 311a BGB: der verbotswidrige Verwaltungsvertrag als Unterfall rechtlicher Unmöglichkeit? Während nach Erlass des VwVfG die Anwendbarkeit des § 134 BGB in Ergänzung zu den in § 59 II VwVfG genannten Gründen teilweise sogar gänzlich abgelehnt wurde131, hat sich inzwischen in Literatur und Rechtsprechung die Auffassung durchgesetzt, dass in den Fällen eines qualifizierten Rechtsverstoßes die Nichtigkeit des Vertrages wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot gem. § 59 I VwVfG i. V. m. § 134 BGB in Betracht kommt.132 Da öffentlich127
BT-Drs. 14/6040, S. 166. Ausführlich Katzenstein, JR 2003, 447 (449). 129 Vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 165; betont gerade auch in Abgrenzung zur c. i. c. bei Cekovic-Vuletic, Haftung wegen Unmöglichkeit, S. 149; vgl. zudem Vollkommer, in: Jauernig, BGB, § 311a, Rn. 5; Canaris, JZ 2001, 499 (506) oder jüngst erneut Windel, JR 2004, 265 (266) und Katzenstein, JR 2003, 447 (449 f.). 130 Looschelders, Schuldrecht AT, S. 260, Rn. 650. 131 Ausschlaggebend war insoweit vor allem die (zumindest scheinbar) in diese Richtung weisende Gesetzesbegründung, vgl. BT-Drs. 7/910, S. 81 f. Dort heißt es (S. 81): „Eine solche Infragestellung (der Wirksamkeit des Vertrages) ist auch nicht auf dem Umweg über die entsprechende Anwendung des § 134 BGB möglich“. Die Gesetzesbegründung ist mindestens missverständlich (vgl. nur Meyer, in: Meyer/Borgs, VwVfG, § 59, Rn. 10). Möglicherweise wollte der Gesetzgeber nur betonen, dass zumindest nicht jeder Rechtsverstoß zur Nichtigkeit des Verwaltungsvertrages führen solle (näher Meyer, a. a. O., Rn. 16 ff. m. w. N. auch zunächst gegenüber § 134 BGB sehr kritischer Stimmen). 132 Weyreuther, FS Reimers, S. 379 (383) sprach insoweit von einer „qualifizierten Art des Konflikts“. Diese Formel aufnehmend oder mit vergleichbaren Formulierungen Schmidt-Aßmann, in: FS Gelzer, 117 (125); Efstratiou, Bestandskraft, S. 228; Meyer, in: Meyer/Borgs, VwVfG, § 59, Rn. 10; Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 551 oder Ziekow/Siegel, VerwArch 95 (2004), 281 (284); aus der Rspr. 128
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rechtliche Verwaltungsverträge anders als Verwaltungsakte über die nach § 59 VwVfG einschlägigen Nichtigkeitsgründe hinaus auch im Falle ihrer Rechtswidrigkeit weder durch den Bürger anfechtbar noch durch die Behörde zurücknehmbar sind, ist die differenzierte Bestimmung des Anwendungsbereichs des § 134 BGB über § 59 I VwVfG von zentraler Bedeutung.133 Vor allem die Rechtsprechung134 hat angesichts der Gesetzesbindung der Verwaltung § 134 BGB für Verwaltungsverträge einen vergleichsweise breiten Anwendungsbereich erschlossen135, während die Nichtigkeit des Vertrages nach § 134 BGB im Privatrecht eher die Ausnahme ist136.137 Die jüngste Stellungnahme des BGH138 zur Anwendung des § 134 BGB hinsichtlich der Folgen eines Verstoßes gegen europarechtliche Vorgaben bei der Beihilfenvergabe durch Vertrag hat in diesem Kontext für Aufsehen gesorgt139. Entgegen verschiedener alternativer Lösungsmodelle140 wurde in der Literatur bereits zuvor überwiegend eine Lösung über BVerwGE 89, 7 (10 f.); 98, 58 (63 f.) oder jüngst VGH Mannheim, Urt. v. 1.10.2004, Az. 3 S 1743/03 (JURIS, dort Rz. 18) und OVG Koblenz, Urt. v. 27.4.2004, Az. 6 A 10035/04 (JURIS, dort Rz. 33); kritisch demgegenüber U. Stelkens, DV 37 (2004), 193 (219). 133 Efstratiou, Bestandskraft, S. 222. 134 Zuletzt etwa OVG Koblenz BauR 2004, 477 (478, dort aber verneint). 135 Dazu auch U. Stelkens, DV 37 (2004), 193 (215 f.) und Ziekow/Siegel, VerwArch 95 (2004), 281 (282 ff.). 136 Eingehend jüngst Heinrich, Formale Freiheit und materiale Gerechtigkeit, S. 238 ff. 137 Ausführlich zu Funktion und Anwendung des § 134 BGB nach Maßgabe des Privatrechts einerseits und im Rahmen des Verwaltungsvertragsrechts andererseits Ziekow, Verwaltungskooperationsrecht, S. 40 ff. m. w. N. 138 BGH EuZW 2003, 444 (445) und im Anschluss BGH EuZW 2004, 252 (253) und 254 (255). Ausreichend ist danach bereits ein Verstoß gegen die Notifizierungspflicht, so dass Art. 88 III 3 EGV als Verbotsgesetz i. S. d. § 134 BGB („Durchführungsverbot“) zu beachten ist. 139 Die Entscheidungen betrafen dabei sehr unterschiedliche Formen der Subventionierung (Investitionszuschuss einerseits und vergünstigter Flächenerwerb andererseits, zusammenfassend Verse/Wurmnest, AcP 204 (2004), 855 [858 f.] und erneut Heidenhain, EuZW 2005, 135 ff.), so dass sich ganz unterschiedliche weiterführende Fragen stellen, die hier aber nicht im Einzelnen zu behandeln sind; ausführlich zum Ganzen jetzt Schmidt-Räntsch, NJW 2005, 106 ff. und Verse/Wurmnest, a. a. O., 855 ff. Entgegen dem BGH wird teilweise eine schwebende Unwirksamkeit bis zur endgültigen Entscheidung über die Europarechtskonformität für ausreichend erachtet, vgl. Pütz, NJW 2004, 2199 (2200 f.) oder Quardt/Nielandt, EuZW 2004, 201 (204). 140 Gerade anhand der von der Entscheidung des BGH betroffenen Fallkonstellation der Durchführung einer Subventionsmaßnahme ohne vorherige Entscheidung der Kommission (im Einzelnen Gellermann, DVBl. 2003, 481 [484 ff.]) wurden verschiedene Lösungswege vorgeschlagen: Für eine unmittelbar aus dem Gemeinschaftsrecht folgende Nichtigkeit dagegen Schwarze, in: Schwarze, Verwaltungsrecht unter europäischem Einfluss, S. 123 (163); ähnlich Ehlers, DVBl. 1991, 605 (613) sowie Zuleeg, VVDStRL 53 (1994), 154 (167). Teilweise wurde auch eine Unwirksamkeit bis zum Erlass einer endgültigen Entscheidung nach § 58 II VwVfG angenommen, vgl. J.-P. Schneider, NJW 1992, 1197 (1199) und dem folgend Habersack, ZHR 159 (1995), 663 (683), was aber nicht überzeugt, weil die in Art. 88 III EGV festgelegte Pflicht
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§ 134 BGB befürwortet.141 Der BGH hat sich nun dieser Auffassung angeschlossen und damit den Streit – ungeachtet der Einordnung der Verträge als öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich – für die Praxis entschieden.142 Im Mittelpunkt der Fülle weiterer zu § 134 BGB im Rahmen von Verwaltungsverträgen ergangener Entscheidungen der Verwaltungsgerichte standen vor allem baurechtliche Verträge143, wobei etwa die Verpflichtung der Gemeinde zum Erlass bestimmter Planungen entgegen dem Verbot in § 1 III 2 HS 2 BauGB144 problematisiert wurde. Häufig finden sich in baurechtlichen Verträgen abgabenrechtliche Regelungen, so dass auch Verbotstatbestände aus abgabenrechtlichen Normen und Grundsätzen entwickelt wurden145. Bereits vor dem BGH hat das zur Unterrichtung nicht als Mitwirkungspflicht einer Behörde aufgefasst werden kann (vgl. Erichsen, in: Erichsen/Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 26, Rn. 25a.). Differenzierend Gurlit, Verwaltungsvertrag, bejahend für Verstöße gegen das Vergaberecht (S. 430), ablehnend hinsichtlich Verstößen gegen Art. 88 III 1 und 3 EGV (S. 427). Nach Papier, in: Kloepfer/Merten/Papier/Skouris, Bedeutung der Europäischen Gemeinschaften, S. 51 (59) führt die schlichte EG-Rechtwidrigkeit dagegen nicht zur Nichtigkeit. 141 Zum Gemeinschaftsrecht als Verbotnorm i. S. d. § 134 BGB vgl. BVerwGE 70, 41 (44 f.); Schmidt-Aßmann, in: FS Gelzer, 117 (125); Erichsen, in: Erichsen/Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 26, Rn. 25a; Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht II, § 54, Rn. 46; Kopp/Ramsauer, § 59, Rn. 9; Bernsdorf, in: Obermayer, VwVfG, § 59, Rn. 45; Spannowsky, Verträge und Absprachen, S. 306; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 14, Rn. 43a; Ule/Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht, § 70, Rn. 22; Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 556 f.; Mayer-Maly/Armbrüster, in: MüKo, BGB, § 134 Rn. 38. 142 Soweit der BGH § 134 BGB im Subventionskontext auf privatrechtliche Verträge der Verwaltung anwendet, liegt es nahe, § 134 BGB über § 59 I VwVfG erst recht auf Verwaltungsverträge anzuwenden, ebenso Pechstein, EuZW 2003, 447; vgl. auch Gellermann, DVBl. 2003, 484 ff.; Stober, Besonderes Wirtschaftsverwaltungsrecht, § 55, VIII. 6. und Detterbeck, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 11, Rn. 818. 143 Dabei wurde § 134 BGB überwiegend bzgl. städtebaulicher Verträge relevant, vgl. etwa BVerwGE 101, 12 (19) (Erschließungsvertrag ohne nach § 125 I BauGB nötigen Bebauungsplan); VGH München NVwZ 1999, 1008 (1010) (Zulässigkeit von Einheimischenmodellen im Hinblick auf – u. a. – Art. 3 und 11 GG als potentielle Verbotsnormen), dazu zuvor bereits NVwZ 1990, 979 (980); OVG Münster NVwZ 1992, 988 (989 f.) (qualifizierter Verstoß gegen die Reichsgaragenordnung bei völliger Freistellung von der Pflicht, Stellplätze zu schaffen, im Wege einer Stellplatzablösevereinbarung); zur letztgenannten Problematik zuvor OVG Lüneburg BauR 1990, 78 ff.; schließlich noch in einem bauordnungsrechtlichen Kontext VGH Mannheim, VBlBW. 2005, 73 f. (streitig war, ob nach § 71 LBO BW eine Baulast auf Vorrat verboten ist, was der VGH schließlich verneinte, vgl. JURIS dort Rz. 17 ff.). 144 Ex § 2 III HS 2 BauGB. Die Umstellung erfolgte durch das EAG Bau (Gesetz vom 24.6.2004, BGBl. I, S. 1359). Inhaltliche Änderungen sind hiermit nicht verbunden, vgl. Grziwotz, DNotZ 2004, 674 (679). Zur Einordnung als Verbotsgesetz vgl. BVerwG, Urt. v. 11.2.1993, Az. 4 C 18/91 (JURIS, dort Rz. 12, auszugsweise [aber ohne die § 2 III BauGB a. F. betreffende Stelle] abgedruckt in BVerwGE 92, 56 ff). sowie zuvor deutlich BVerwG NJW 1980, 2538 (2538 f.); vgl. auch Bick, DVBl. 2001, 154 (156). 145 Vgl. BVerwG NVwZ 2003, 993 ff. (Stundungsvereinbarung unter Verstoß gegen § 233 S. 2 AO); BVerwG, Beschluss vom 27.12.1994, Az. 8 B 205/94 (landesrechtli-
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BVerwG auch aus dem europäischen Sekundärrecht ein gesetzliches Verbot hergeleitet146. Zudem wurden durch die Verwaltungsgerichte in enger Anlehnung an zivilrechtliche Vorbilder Verbote entwickelt147, wobei sich Entscheidungen zu § 134 BGB nahezu für Verwaltungsverträge aus allen Bereichen des besonderen Verwaltungsrechts, etwa auch im Ausländer-148 oder Beamtenrecht149, finden. Je nach Standpunkt liegt bei anfänglichem Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot zugleich ein Fall anfänglich rechtlicher Unmöglichkeit vor, so dass sich die Frage nach der Anwendung des § 311a BGB stellt150:
ches Verbot abschnittsweiser Berechung von leitungsgebundenen Einrichtungen bei Erschließungsverträgen) (JURIS); BVerwGE 89, 7 (10 ff.) (Verbot, in einem Erschließungsvertrag dem Unternehmer mehr Kosten zu überbürden, als die Gemeinde abgabenrechtlich auf die Abgabenpflichtigen abwälzen könnte); BVerwG NJW 1982 2392 f. (aus der grundsätzlichen Vereinbarungsfeindlichkeit und Gesetzesbindung der Abgabenerhebung hergeleitete Nichtigkeit einer Ablösevereinbarung, wenn nicht zuvor konkretisierende „Ablösebestimmungen“ i. S. d. § 133 III 2 BauGB getroffen wurden); ganz ähnlich OVG Magdeburg LKV 2004, 425 (danach ist eine Ablösevereinbarung ungültig, wenn diese entgegen dem in § 6 VII 5 KAG ST verankerten Satzungsvorbehalt ohne gültige Satzung geschlossen wurde); OVG Koblenz NVwZ-RR 2004, 243 (Kein Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot bei Abweichen der Ablösevereinbarung von dem in der Ablösesatzung festgesetzten Betrag); VGH Mannheim VBlBW. 2004, 224 ff. (Nichtigkeit einer Ablösevereinbarung wegen Nichtbeachtung des in § 133 III 5 BauGB niedergelegten Grundsatzes der Offenlegung der Ablösebeträge); OVG Münster K&R 2004, 100 ff. (Verstoß gegen § 18 II TKZulV 1997 durch Gebührenvereinbarung entgegen der gesetzlichen Bestimmungen). 146 BVerwG, Urt. v. 13.12.1984, Az. 3 C 5/82 (JURIS, dort Rz. 28), tw. abgedruckt in Buchholz 451.90 EWG-Recht Nr. 50 (Verstoß einer Abgabenvereinbarung gegen Art. 2 der Verordnung [EWG] Nr. 827/68, wonach für bestimmte Arten der Fleischbeschau die Erhebung von Abgaben mit gleicher Wirkung und Zöllen verboten ist). 147 So etwa OVG Koblenz, Urt. v. 27.4.2004, Az. 6 A 10035/04 (JURIS, dort Rz. 33, Verbot eines Vertrages zu Lasten Dritter). 148 VGH Kassel NVwZ-RR 1998, 393 (395, dort für ein aus § 14 I 2 i. V. m. § 84 I 1 AuslG abgeleitetes Verbot, dass sich jemand in einem Verwaltungsvertrag für den Fall der Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung über die maximale Aufenthaltsdauer hinaus verpflichtet, für den Lebensunterhalt des Ausländers zu garantieren). 149 OVG Bremen NordÖR 2003, 308 ff. (Nichtigkeit eines beamtenrechtlichen Versorgungsvertrages wegen Verstoßes gegen § 3 II BeamtVG); zur Anwendung des § 134 BGB analog oder über § 59 I VwVfG weiterhin OVG Lüneburg NordÖR 2002, 307 ff.; VGH Kassel ESVGH 49, 151 ff.; OVG Bautzen LKV 1998, 237 ff.; VGH Mannheim NVwZ 1997, 675 f.; VGH Münster, Urt. v. 18.5.1994, Az. 19 A 1213/93, EzB § 54 Nr. 1. 150 Im Falle eines nachträglichen Verbots der Leistung liegt regelmäßig ein Fall nachträglicher Unmöglichkeit vor. Allerdings gilt es zum Wegfall der Geschäftsgrundlage abzugrenzen, dazu unter § 17 C. IV. 5.
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I. Anfängliche rechtliche Unmöglichkeit bei Gesetzesverstoß? Allgemein kann man von „rechtlicher Unmöglichkeit“ sprechen, soweit die Leistung aus rechtlichen Gründen überhaupt nicht rechtswirksam erbracht werden kann.151 Neben den Fällen, in denen der angestrebte juristische Erfolg bereits besteht152 oder der versprochene (Verpflichtungsvertrag) oder erbrachte Erfolg (Erfüllungsgeschäft) von der Rechtsordnung nicht anerkannt wird153, bildeten die Fälle des Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot bisher die dritte Kategorie rechtlicher Unmöglichkeit154.155 Wie bereits unter gemeinem Recht wurde vor der Schuldrechtsmodernisierung für das Zivilrecht allgemein angenommen, dass jedenfalls dann, wenn sich das Verbot (auch) auf die Erfüllung eines Verpflichtungsgeschäfts bezieht, zugleich immer auch rechtliche Unmöglichkeit gegeben ist.156 Spiegelbildlich 151 Ule/Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht, S. 792 f., Rn. 28; ähnlich de Wall, Privatrechtliche Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 364 sowie am Beispiel einer Regelung durch Verwaltungsakt Erbel, Unmöglichkeit von Verwaltungsakten, S. 23 und 40 f. Bezogen auf Verwaltungsakte geht Erbel (a. a. O., S. 39) zudem davon aus, dass (mittelbare) rechtliche Unmöglichkeit bereits dann vorliegt, wenn die im Verwaltungsakt getroffene Regelung zwar grundsätzlich erlaubt ist, dem Adressaten jedoch etwas auferlegt wird, zu dessen Ausführung ihm die privatrechtliche Befugnis fehlt. 152 Ein Beispiel für das Öffentliche Recht ist etwa die Erteilung einer bereits existenten Baugenehmigung oder der Widerruf eines bereits erloschenen Verwaltungsaktes, ausführlich Erbel, Unmöglichkeit von Verwaltungsakten, S. 34 f. Im Privatrecht bildet gewöhnlich der Verkauf einer dem Käufer schon gehörenden Sache den Musterfall, vgl. etwa BGHZ 133, 98 (102). 153 Etwa der nach § 1059 S. 1 BGB ausgeschlossene Verkauf eines Nießbrauchs oder die nach § 23 HGB ebenfalls ausgeschlossene Veräußerung einer Firma ohne das zugehörige Handelsgeschäft. Die Fälle anfänglich ausgeschlossener Genehmigung oder entgegenstehender öffentlich-rechtlicher Normen (z. B. entgegenstehende Subventionsrichtlinien) werden teilweise als eigenständige Kategorien genannt. Hinsichtlich der Verpflichtung der Behörde, einen Verwaltungsakt zu erlassen, wird man diesbezüglich differenzieren müssen. So liegt nicht schon wegen der Rechtswidrigkeit eines zu erlassenden Verwaltungsaktes ein Fall anfänglicher Unmöglichkeit vor, da der Vertrag nicht zwangsläufig nichtig, sondern nur rechtswidrig und rücknehmbar ist, vgl. Butterwegge, Verwaltungsvertrag und Verwaltungsakt, S. 19 f. 154 Ausführlich zu Kategorie der „rechtlich unmöglichen und verbotenen“ Leistung Huber, Leistungsstörungen II, S. 705 ff. 155 Zum Sonderfall der genehmigungsbedürftigen Rechtsgeschäfte Grüneberg, in: Bamberger/Roth, BGB, § 275, Rn. 13 ff. 156 So bereits von Savigny, Obligationenrecht I, § 37, S. 383 f. Das BGB selbst erklärte in § 309 BGB die die anfängliche Unmöglichkeit betreffenden §§ 307 und 308 BGB für den Fall eines Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot für anwendbar. In der Literatur sahen viele einen Überschneidungsbereich zwischen § 134 BGB und § 306 BGB a. F. nur dort, wo das Erfüllungsgeschäft verbotswidrig und nichtig war, wohingegen man allein § 134 BGB anwenden wollte, wenn (nur) das Verpflichtungsgeschäft betroffen ist, vgl. etwa Wolf, in: Soergel, BGB (12. Aufl., 1990), § 306 (a. F.), Rn. 18; Mayer-Maly/Armbrüster, in: MüKo, BGB, § 134, Rn. 9 oder Battes, in: Erman, BGB (10. Aufl., 2000), § 306 (a. F.), Rn. 12 und wohl auch Ballhaus, in: RGRK (12. Aufl., 1976), § 306 (a. F.), Rn. 14; für einen Gleichlauf Löwisch, in: Staudinger, BGB (Neu-
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dazu findet sich auch zum Verwaltungsvertrag bisher die Annahme, dass ein „qualifizierter“ Rechtsverstoß ebenfalls zur rechtlichen Unmöglichkeit führt.157 Die rechtliche Unmöglichkeit wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot ist dabei regelmäßig eine anfängliche Unmöglichkeit, weil das Verbot im Normalfall schon vor Vertragsschluss besteht.158 Der Gleichlauf der jeweils über § 59 I VwVfG anwendbaren §§ 134 und 306 BGB a. F. war weitgehend unproblematisch, da Rechtsfolge in beiden Fällen im Zweifel (§ 59 III VwVfG) Gesamtnichtigkeit war. § 311a I BGB durchbricht nunmehr diese Parallelität, indem er für alle Fälle anfänglicher Unmöglichkeit, also auch der rechtlichen, die Wirksamkeit des Vertrages anordnet. Was folgt daraus für das Verhältnis zu § 134 BGB? Der Gesetzgeber hat in den Materialien ausgeführt, dass er von einem Vorrang des § 134 BGB insoweit ausgeht, als der (Verpflichtungs-)Vertrag „aus einem anderen Grund als wegen der Unmöglichkeit als solcher nichtig oder anfechtbar“ sein kann159. In der zivilrechtlichen160, aber auch vereinzelt der öfbearbeitung 2001), § 306 (a. F.), Rn. 36; dazu auch auch Windel, ZGS 2003, 466 (471) und Westermann/Bydlinski/Weber, BGB-Schuldrecht AT, § 7, Rn. 16. Aus der Rspr. BGH NJW 1983, 2873 (2873 f.) und bereits RGZ 95, 347 (348); 120, 402 (405). Dafür, dass sowohl § 306 BGB a. F. als auch § 134 BGB in Betracht kommen, § 134 BGB jedoch § 306 BGB a. F. als lex specialis verdrängt vgl. Huber, Leistungsstörungen II, S. 706; ähnlich bereits die Protokolle zum BGB, vgl. Mugdan, Materialien II, S. 614. 157 So (teilweise auch umgekehrt in der Art formuliert, dass ein einfacher Gesetzesverstoß nicht zur rechtlichen Unmöglichkeit führt) siehe Henneke, in: Knack, VwVfG, § 59, Rn. 14 (7. Aufl., 2000); Ule/Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht, S. 792, Rn. 28; Kopp/Ramsauer, VwVfG (7. Aufl., 2000), § 59, Rn. 16 m. w. N.; Kawalla, Subordinationsrechtlicher Verwaltungsvertrag, S. 151 und 160; ebenso wohl Bonk, in: P. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 59, Rn. 60, der jedoch möglicherweise im Falle eines qualifizierten Rechtsverstoßes ausschließlich § 134 BGB anwenden will; ähnlich de Wall, Privatrechtliche Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 364 f., welcher zudem annimmt, dass bei „verwaltungsaktersetzenden Verträgen“ im Falle eines gravierenden Rechtsverstoßes die Nichtigkeit bereits aus § 59 II Nr. 1 i. V. m. § 44 I VwVfG folgt. Auch in der Rspr. des BVerwG findet sich der Gleichlauf zwischen rechtlicher Unmöglichkeit und Gesetzesverstoß, vgl. BVerwGE 101, 12 (19 f.) und zuvor BVerwG NJW 1983, 2392 (2393). 158 Erbel, Unmöglichkeit von Verwaltungsakten, S. 51. Zum Sonderfall einer nachträglich eintretenden rechtlichen Unmöglichkeit durch Erlass einer dem zuvor geschlossenen Vertrag entgegenstehenden Satzung Schumacher, VR 1995, 484 ff. 159 BT-Drs. 14/6040. S. 165. Auch zum alten Recht wurde vertreten, dass § 134 BGB den § 306 BGB a. F. als lex specialis verdrängt (vgl. Huber, Leistungsstörungen II, S. 706). Mittels der Konkurrenzerwägungen wollte man jedoch lediglich klarstellen, dass das Gesetz die Nichtigkeit nicht in § 134 BGB und § 306 BGB a. F. doppelt anordnet (dazu Huber, a. a. O., S. 706, dort auch Fn. 39). Nach der Neuregelung der Rechtsfolgen hat sich diese Argumentationslinie erledigt und bedarf der Neubestimmung. 160 Etwa Faust/Huber, Schuldrechtsmodernisierung, 3. Kap., Rn. 222; Looschelders, Schuldrecht AT, S. 261, Rn. 651; Heinrichs, in: Palandt, BGB, § 311a, Rn. 5; Ernst, in: Rebmann/Säcker, MüKo BGB (Bd. 2a), § 311a, Rn. 25; Vollkommer, in:
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fentlich-rechtlichen Literatur161 wird dies weitgehend kommentarlos wiederholt. Vereinzelt findet sich zumindest der Hinweis, dass zu den übrigen Fällen anfänglicher (rechtlicher) Unmöglichkeit künftig sorgfältiger abgegrenzt werden müsse.162 Denn soweit nur § 134 BGB zur Anwendung kommt und der Vertrag nichtig ist, kommen Ersatzansprüche nur nach Maßgabe der auf Ersatz des negativen Interesses begrenzten culpa in contrahendo (§ 280 I i. V. m. § 311 II und III BGB) in Betracht163, während im Falle des § 311a II 1 BGB auf das positive Interesse gehaftet werden soll (s. o.). Gerade an der Schnittstelle zwischen gesetzlichem Verbot und anfänglichrechtlicher Unmöglichkeit zeigen sich indes erste gravierende Irritationen.164 Sie drängen die Frage auf, ob seitens des Gesetzgebers „die wesentlichen Wertungen vollständig durchdacht worden sind.“165 Es verwundert daher kaum, wenn erste Stimmen entgegen der sich im Gesetz selbst nicht niedergeschlagenen166 Ansicht des Gesetzgebers am ehemaligen Gleichlauf von Verbotswidrigkeit und anfänglich-rechtlicher Unmöglichkeit festhalten wollen.167 Jedenfalls
Jauernig, BGB, § 311a, Rn. 4; Lorenz/Riehm, Lehrbuch neues Schuldrecht, S. 164, Rn. 330; Canaris, JZ 2001, 499 (506) wohl auch Brox/Walker, Allgemeines Schuldrecht, S. 224, Rn. 64. 161 Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 59, Rn. 16. 162 Windel, ZGS 2003, 466 (471 f.). 163 Vgl. Windel, ZGS 2003, 466 (471); Cekovic-Vuletic, Haftung wegen Unmöglichkeit, S. 12 mit Fn. 41 oder Canaris, JZ 2001, 499 (506). Nach bisherigem Recht erübrigten sich Konkurrenzüberlegungen bzgl. des Verhältnisses von c. i. c. und einer Haftung nach Unmöglichkeitsrecht. Denn hinsichtlich eventueller Schadensersatzansprüche des Gläubigers stellte § 309 BGB a. F. klar, dass dem Gläubiger auch bei Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot gem. dem zunächst nur im Falle des § 306 BGB a. F. geltenden § 307 BGB a. F. eine Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens zusteht. Das Gesetz ging dabei ersichtlich von einem Gleichlauf beider Rechtskategorien aus. 164 Dies gilt namentlich für die verwirrenden Ausführungen bei Grüneberg, in: Bamberger/Roth, BGB, § 275, Rn. 16. Danach könne der Vertrag „zugleich nach § 134 BGB nichtig sein. In diesem Fall kann sich eine Haftung nur aus § 280 Abs. 1 i. V. m. § 311a Abs. 2 ergeben.“; Dies ist in sich widersprüchlich. Zum einen sind § 280 und § 311a II alternative Anspruchsgrundlagen. Zum andern knüpft § 311a II an das nach § 311a I BGB wirksame Leistungsversprechen an; daher zu Recht ebenfalls kritisch demgegenüber Windel, ZGS 2003, 466 (471, dort Fn. 67). Irreführend auch Geis, NVwZ 2002, 385 (388), welcher ausführt, dass (im Falle eines koordinationsrechtlichen Vertrages) sich bei anfänglicher Wirksamkeit des Vertrages nach § 311a I BGB die Haftung auf Schadensersatz statt der Leistung aus den §§ 275 IV, 280 BGB ergebe (richtig hingegen a. a. O., 389). 165 Katzenstein, JR 2003, 447 (451); heftiger noch Altmeppen, DB 2001, 1399 (1400 f.): „Offensichtlich wurden die Probleme geistig nicht durchdrungen [. . .]. Auch der kundgetane, aber ,undurchdachte‘ Wille des Gesetzgebers bindet insoweit nicht.“ 166 Das geben im vorliegenden Zusammenhang vor allem Canaris, JZ 2001, 499 (506) und Löwisch, NZA 2001, 465 (467) zu bedenken. 167 Löwisch, NZA 2001, 465 (466 f.); dazu auch der Vermerk bei Canaris, JZ 2001, 499 (506 dort mit Fn. 66).
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solle § 311a BGB dann zur Anwendung kommen, wenn sich das Verbot nur auf das Erfüllungsgeschäft bezieht.168 Folgt man dem hinsichtlich der „entsprechenden“ Anwendung des § 311a II BGB über § 62 S. 2 VwVfG, könnte dies angesichts der großen praktischen Bedeutung des § 134 BGB im Verwaltungsvertragsrecht zu einem neuen „anfänglichen Haftungsverhältnis bei qualifiziertem Gesetzesverstoß“ führen.169 Aufgrund der regelmäßig fehlenden Deckungsgleicheit der Steuerungskonzepte und der Implementationsmöglichkeiten gilt es, beim kombinierten Einsatz der beiden Teilrechtsordnungen gerade im Verwaltungsvertragsrecht die jeweiligen Stabilitäts- bzw. Flexibilitätsbedarfe eigenständig zu bestimmen.170 Welche Argumente sprechen also für die möglichst weitgehende Anwendung des § 311a BGB speziell im öffentlichen Recht? Möglichweise lassen sich gar durch diesen neuen Weg einige Schwächen des Verwaltungsvertrages glätten (II.). Allerdings sind auch die Einwände sorgsam zu erwägen (III.). II. „Anfängliches Haftungsverhältnis“ bei qualifiziertem Gesetzesverstoß? Ähnlich der früher zum anfänglichen Unvermögen vertretenen Garantiehaftung171 statuiert § 311a II Var. 1 BGB für alle Fälle anfänglicher Unmöglichkeit ein strenges Haftungsregime.172 Gegenüber der bisher im Falle anfänglichobjektiver Unmöglichkeit vorgesehenen Haftung auf Ersatz des negativen Interesses173 bedeutet die nunmehr einheitlich vorgesehene Haftung auf das positive Interesse für den Schuldner eine einschneidende Verschärfung der Rechtsfolge. Selbst gegenüber § 280 I BGB als zweiter haftungsrechtlicher Grundnorm des allgemeinen Leistungsstörungsrechts174 dürfte sich § 311a II BGB (jedenfalls in der praktischen Handhabung) als strenger erweisen.175 Dies gilt in besonderem 168 Mit dieser, im Ergebnis am überzeugendsten mit der Dogmatik des § 134 BGB kompatiblen, Differenzierung Rüthers/Stadler, BGB AT, S. 382, Rn. 14. Löwisch, NZA 2001, 465 (466) betont für das neue Recht im Hinblick auf diese Konstellation: „Es liegt nahe, eine Leistung, deren Erbringung dem Schuldner verboten ist, als im Rechtssinne unmöglich aufzufassen.“ 169 Sonst sind Fälle der (anfänglichen) Unmöglichkeit bei Verwaltungsverträgen bisher eher selten, vgl. de Wall, Privatrechtliche Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 361, und die dort genannten Urteile (dort Fn. 601). 170 Dazu Hoffmann-Riem, in: ders./Schmidt-Aßmann, Auffangordnungen, 261 (296). 171 Siehe nur BGH JuS 2000, 1022 f. und Westermann/Bydlinski/Weber, BGBSchuldrecht AT, § 7, Rn. 95. 172 Für eine strenge Haftung bereits nach altem Recht Papier, Forderungsverletzung, S. 147 ff. 173 Vgl. § 307 BGB a. F. 174 Dazu oben unter § 14 sowie näher noch § 16 A. und B. 175 Auch dogmatisch kann man beide Regelungen nicht gleichsetzen. Denn die Verschuldensregelung in § 280 I 2 greift im Kontext der Unmöglichkeit nur bzgl. Ansprü-
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Maße für die jeweils vorgesehenen Regelungen zur Beweislastumkehr, die zwar ähnlich konzipiert sind176, sich jedoch in ihrer praktischen Handhabung erheblich unterscheiden dürften.177 So wird allgemein angenommen, dass an die Entlastung des Schuldners im Rahmen des § 280 I 2 BGB keine allzu hohen Anforderungen zu stellen sind178, während die Entlastung nach § 311a II 2 BGB ungleich schwerer gelingen soll179. Angesichts seiner Schärfe wird § 311a II BGB von Kritikern ein „strafähnlicher Charakter“ attestiert180. Unter ökonomischen Gesichtspunkten181 soll der Schuldner angehalten werden, die drohenden Kosten zu überschlagen und sich daher regelkonform zu verhalten.182 Damit chen aus §§ 280 I, III, 283 BGB, also bei Verschulden nach Vertragsschluss, während sich § 311a II 2 BGB immer auf vorvertragliches Verhalten im Hinblick auf die pflichtwidrige Abgabe des Leistungsversprechens bezieht, vgl. Brox/Walker, Allgemeines Schuldrecht, S. 227, Rn. 76 oder auch Looschelders, Schuldrecht AT, S. 263 f., Rn. 658 ff. 176 Vgl. nur BT-Drs. 14/6040, S. 166. 177 Ein wesentlicher struktureller Unterschied liegt bereits darin, dass § 280 I 2 BGB an die Pflichtverletzung, also im Regelfall ein Verhalten des Schuldners, anknüpft, während für § 311a II BGB maßgeblich ist, ob der Schuldner seine Unkenntnis von der Unmöglichkeit – auch extern verursachter – zu vertreten hat, vgl. Grundmann, AcP 204 (2004), 569 (580), der im Folgenden freilich – in bewusster Abweichung von der h. M. – § 280 I BGB neben § 311a II BGB für anwendbar erklärt. 178 Allg. Meinung, vgl. nur Grüneberg, in: Bamberger/Roth, BGB, § 280, Rn. 81 m. w. N. 179 Vgl. Cekovic-Vuletic, Haftung wegen Unmöglichkeit, S. 20 ff., insbes. 22 oder Windel, JR 2004, 265 (267 ff.). Hintergrund ist die Annahme, dass in § 311a II BGB doch die ehemalige Garantiehaftung fortlebt, vgl. Grundmann, AcP 204 (2004), 569 (584 f.). Der Gesetzgeber wollte zwar keine Garantie- sondern eine Verschuldenshaftung (vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 165). Obwohl es für die Entlastung nach § 311a II 2 BGB auf die Umstände des Einzelfalles ankommt, wird dies häufig auf die Annahme einer von Seiten des Schuldners übernommenen Garantie hinauslaufen, vgl. Schlechtriem, Schuldrecht AT, S. 183 f., Rn. 353 f. oder Oechsler, Schuldrecht BT, S. 224 f., Rn. 402. Denn die Haftung auf das positive Interesse lässt sich nur schwer mit der im Rahmen des § 311a II 2 BGB bzgl. des Verschuldens bemühten vorvertraglichen Informationspflicht dogmatisch sauber begründen (dazu bereits oben unter § 15 A. III.). Unter dem Gesichtspunkt einer culpa-Haftung lässt sich die grundsätzliche Ersatzfähigkeit des positiven Interesses nur so rechtfertigen, dass man auf der Verschuldensebene strenge Anforderungen stellt, so dass man die Haftungskonstruktion faktisch in die Nähe einer Haftung wegen vertraglicher (§ 311a I BGB!) Garantie einer anfänglich unmöglichen Leistung rückt (vgl. Katzenstein, a. a. O., 447 [451]: „gesetzlich auferlegte Garantie unter der Bedingung vorvertraglicher culpa“, ähnlich Windel, JR 2004, 265 [266]: Der Gesetzgeber habe eine „§ 280 I 2 BGB nicht vergleichbare [. . .] Einstands- oder Garantiehaftung mit Entlastungsmöglichkeit nach Maßgabe des § 311a II 2 BGB geregelt“); ganz ähnlich Ernst, in: MüKo, BGB, § 311a, Rn. 64 und Canaris, DB 2001, 1815 (1818 f.). 180 Katzenstein, JR 2003, 447 (451). 181 Speziell zu § 311a II BGB insoweit Cekovic-Vuletic, Haftung wegen Unmöglichkeit, S. 18 f. Den dort etwas vernachlässigten theoretischen Unterbau liefert die gerade unter Steuerungsgesichtspunkten von Seiten der Rechtswissenschaft zunehmend (wieder-)entdeckte Ökonomische Theorie des Rechts, dazu jetzt ausführlich Janson, Ökonomische Theorie im Recht, S. 19 ff.; zum Nutzen der ökonomischen Theorie für
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scheint an dieser Stelle der im Zivilrecht zunehmend Fuß fassende, besonders im Bereich der Risikosteuerung183 und neuerdings zum Zwecke des Umweltschutzes184 bemühte Rückgriff auf ökonomische Rationalitäten zu Präventionszwecken185 durch. Wenn auch solide empirische Beweise für den verhaltenssteuernden Effekt ökonomischer, durch Haftungsrecht gesetzter Sanktionen knapp sind, so lassen sich hieraus zwar keine garantierten Steuerungseffekte, auf jeden Fall jedoch Steuerungsanreize erzielen.186 Während die meisten Normen auf die Steuerung privaten Verhaltens zielen, finden sich etwa mit der europäischen Amtshaftung bei verspäteter Richtlinienumsetzung oder „qualifiziertem“ Verstoß gegen unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht187 auch Instrumente, welche im Ergebnis durch Haftung das Verhalten des Staates lenken wollen. Gerade im Falle des vertraglich formalisierten kooperativen Zusammenwirkens von Staat und Privatem wird die Haftungsregelung zum Instrument beidseitiger Verhaltenssteuerung. Unter ökonomischen Gesichtspunkten schafft sie Anreize sowohl für Behörde als auch Private, sich normkonform zu verhalten, im hier interessierenden Kontext also, den Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot zu vermeiden. Die Einhaltung der insbesondere die Verwaltung treffenden Pflicht, dafür Sorge zu tragen, dass alle einschlägigen verwaltungsrechtlichen Normen beachtet werden und somit unwirksame Verwaltungsverträge vermieden werden, würde damit Nachdruck verschafft. Entsprechend wird im Zudas öffentliche Recht van Aaken, in: 44. AssÖR (2004): Recht und Ökonomik, 1 ff. sowie die übrigen Beiträge des Tagungsbandes. 182 Die im Kontext der Risikosteuerung durch Haftung geäußerten Bedenken (vgl. etwa Schmidt-Aßmann, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann, Auffangordnungen, 7 [22]) greifen im Zusammenhang der verwaltungsvertraglichen Haftung nicht. Aufgrund des Verschuldenskriteriums sowie des andersartigen faktischen Kontextes drohen nicht wie etwa im Kontext von Atomanlagen, Gentechnikforschung oder jüngst der Nanotechnologie unkalkulierbare Haftungsrisiken, welche als Innovations- und Entwicklungsbremse wirken könnten. 183 Zum Begriff statt vieler Scherzberg, VVDStRL 63 (2004), 214 ff. und Lepsius, VVDStRL 63 (2004), 264 ff. Zum Verbund spezifischer Haftungsnormen zur Risikosteuerung zusammenfassend Damm, VersR 1999, 129 (139) sowie zur regulierenden Wirkung zwecks Erfüllung gemeinwohlorientierter Bindungen am Beispiel des Produkt- und Umwelthaftungsrechts Hoffmann-Riem, in: ders./Schmidt-Aßmann, Auffangordnungen, 261 (302). 184 Vgl. die Richtlinie 2004/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.4.2004 über Umwelthaftung zur Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden, ABl.EG L 143 v. 30.4.2004, S. 56 ff., zu den wesentlichen Inhalten Beyer, ZUR 2004, 257 ff. 185 Lepsius, VVDStRL 63 (2004), 264 (297); zur Bedeutung der „Ökonomie“ für Verwaltungshandeln und -organisation aus der Sicht verwaltungsrechtwissenschaftlicher Methode Schmidt-Aßmann, in: Schmidt-Aßmann/Hoffmann-Riem, Methoden der Verwaltungsrechtswissenschaft, 387 (400 f.); vgl. zudem oben § 4 B. I. 186 Vgl. Damm, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann, Auffangordnungen, 85 (105). 187 In beiden Fällen kommt der Haftung u. a. die Funktion zu, die Mitgliedsstaaten zur effektiven Umsetzung und Anwendung des Gemeinschaftsrecht zu veranlassen, näher Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 31, Rn. 5 ff.
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sammenhang mit der Diskussion um ein zu entwickelndes „Gewährleistungskooperationsrecht“188 die Bedeutung effektiver Sanktionsmechanismen hervorgehoben.189 Möglicherweise eröffnet die Anwendung des § 311a BGB einen innovativen Weg, um von einer zu einseitigen Betonung des Gesetzmäßigkeitprinzips und der daran gekoppelten Nichtigkeitsfolge Abstand zu nehmen. Denn „Sanktion“ bei Gesetzesverstößen bedeutet in Verwaltungsverträgen kein zwingendes Nichtigkeitsdogma, sondern fragt in repressiver und präventiver Absicht, welche Rechtsfolgen eintreten, wenn die Verwaltung den gesetzlichen Bindungsanspruch nicht einlöst.190 Die „Richtigkeit“ des Verwaltungshandelns richtet sich nicht nur nach der Rechtmäßigkeit, sondern nach der „Optimalität“ im Sinne einer möglichst weit gehenden Verwirklichung aller zu berücksichtigenden Zwecke und der Akzeptanz der Entscheidung.191 Dementsprechend kann es sich aus einer den Steuerungsgedanken und die Maßstäbe des Verwaltungshandelns integrierenden Perspektive192 durchaus als angemessen erweisen, im Falle eines qualifizierten Rechtsverstoßes an die Stelle der Nichtigkeitsfolge einen nach § 311a I BGB wirksamen Vertrag treten zu lassen, welcher ja gerade nicht auf die Verwirklichung des gesetzwidrigen Vertragsinhaltes gerichtet ist, sondern als Vertrag ohne primäre Leistungspflicht die Grundlage für eine effektive Haftung auf das Erfüllungsinteresse (§ 311a II 1 Var. 1 BGB) bildet. Auch der alternative Anspruch auf Ersatz der im Vertrauen auf die Durchführung des Vertrages gemachten Aufwendungen nach § 311a II 1 Var. 2 BGB kann für den eine unmögliche Leistung versprechenden Privaten, aber auch für die Verwaltung teuer werden, wenn etwa im Rahmen eines städtebaulichen Vertrages ein Großinvestor im Vertrauen auf den Erlass eines Bebauungsplans Grundstücke erworben hat, Baumaterial eingekauft oder Subunternehmer beauftragt hat.193 188 Statt vieler Voßkuhle, VVDStRL 62 (2003), 266 (310 ff.). Zum inhaltlich teilweise deckungsgleichen Begriff des Verwaltungskooperationsrechts oben unter § 7 B. 189 Etwa Lege, VVDStRL 62 (2003), 346 (Aussprachen) mit der Betonung, dass gerade der Private, der durch seine vertraglich übernommene Leistungspflicht zur Erfüllung einer Verwaltungsaufgabe beiträgt, für deren Erfüllbarkeit zu garantieren und ggf. haftungsrechtlich für die Nichterfüllung einzustehen hat. Insoweit könnte sich § 311a BGB als Haftungsinstrument anbieten. 190 Schmidt-Aßmann, in: FS Brohm, 547 (554). 191 Dazu bereits oben unter § 8 A. III. Vertiefend für die Maßstäbe des Verwaltungshandelns allgemein Bumke, Relative Rechtswidrigkeit, 266. 192 Dazu jüngst Bumke, a. a. O., S. 264 ff. 193 Dies gilt umso mehr, soweit man neben § 311a II BGB zusätzlich einen Anspruch nach c. i. c. auf Ersatz des sonstigen, nicht durch den Aufwendungsersatz abgedeckten, negativen Interesses zulässt, was allerdings angesichts der Beschränkung des Tatbestandes auf Aufwendungen äußerst strittig ist, ausführlich Cekovic-Vuletic, Haftung wegen Unmöglichkeit, S. 46 ff. Relevant wird die Frage etwa, wenn der Vertragspartner im Vertrauen auf die Durchführung des Vertrages ein lukrativeres Geschäft ausschlägt, da dann sein Vertrauensschaden sogar das nach § 311a II Var. 1 BGB ersatzfähige positive Interesse übersteigt. Das freilich führt zu der weiteren Frage, ob jede im Kontext des § 311a BGB denkbare Haftung wie nach altem Recht
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Mittelbar könnte somit ein Beitrag zum Abbau der gerade im Zusammenhang mit der breiten Anwendung des § 134 BGB über § 59 I VwVfG monierten Instabilität des Verwaltungsvertrages als Handlungsform194 geleistet werden.195 Verstärkt würde dies zusätzlich dadurch, dass im Falle der Teilunmöglichkeit der Gesamtvertrag gem. § 311a II 3 i. V. m. § 281 I 2 und 3 BGB nur im Ausnahmefall als Ganzes nicht abgewickelt werden würde, während § 59 III VwVfG im Zweifel zur Gesamtnichtigkeit führt196. Gegenüber der Haftung aus c. i. c. ergäbe sich aus Sicht des öffentlichen Rechts weiter der Vorteil, dass im Falle des § 311a II BGB eindeutig der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten gegeben ist197. Methodisch stellte man bereits bei der im Vergleich zum Zivilrecht modifizierten Auslegung des § 134 BGB im Rahmen des § 59 I VwVfG auf dessen HS 2 ab, welcher die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts bei Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot nur für den Fall anordnet, dass sich aus dem Gesetz nicht ein anderes ergibt.198 Bezogen auf die rechtliche Unmöglichkeit könnte man insoweit argumentieren, dass § 311a I BGB als von § 134 BGB abweichende Rechtsfolge die Wirksamkeit des Rechtsverhältnisses statuiert. Dass § 311a BGB über die „Transmissionsnorm“199 des § 62 S. 2 VwVfG „entsprechend“ zur Anwendung kommt, eröffnet insoweit zusätzliche Modifikationsspielräume. § 311a II BGB erfährt eine Duplizierung des Regelungsgehaltes in der Weise, dass neben dem ursprünglichen (zivilrechtlichen) ein zweiter (verwaltungsrechtlicher) Wirkungsbereich erschlossen wird.200 Im Zuge dieser „Publifizierung“ wird die Norm mit Blick auf die Regelungsbedürfnisse der öffentlichen Rechtsform Verwaltungsvertrag durch öffentlich-rechtliche Rationalitäten aufgeladen, was dazu führen kann, dass die in dieser Weise sonderrechtlich optimierte Norm einen vom Privatrecht abweichenden Regelungs- und Anwendungsbereich zugewiesen bekommt.201 In Konsequenz dessen ist es also denkim Falle der anfänglich objektiven Unmöglichkeit (vgl. § 307 I 1 HS 2 BGB a. F.) jedenfalls auf das positive Interesse begrenzt ist (Canaris, JZ 2001, 499 [506 mit Fn. 68]). 194 Dazu nur H. C. Röhl, Verwaltung durch Vertrag, § 7 C. II. 3. m. w. N. 195 Eine unmittelbare Stabilisierungsfunktion kommt § 311a BGB nicht zu. Der Vertrag ist nach § 311a I BGB zwar grundsätzlich wirksam, führt jedoch „soweit“ die Leistungserbringung unmöglich ist (vgl. § 275 I BGB) nur zu einem Haftungsrechtverhältnis ohne primäre Leistungspflichten. 196 Siehe oben unter C. 197 Dazu bereits oben E. 198 Vgl. nur die Gesetzesbegründung zu § 59 VwVfG, BT-Drs. 7/910, u. a. S. 81. 199 Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 401. 200 Brugger, VerwArch 78 (1987), 1 (4) (für Verweisungsnormen allgemein). 201 Treffend Schlette, Verwaltung als Vertragpartner, S. 401: „Die Heranziehung von BGB-Vorschriften über §§ 59 Abs. 1, 62 S. 2 VwVfG läßt sich daher am ehesten als ein auf der Grenze zwischen Analogie und freier Rechtsschöpfung stehendes Rechtsfindungsverfahren qualifizieren, das, soweit es nicht um einen der unumstößli-
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bar, dass die zivilistische Praxis § 311a BGB im Hinblick auf § 134 BGB einen anderen Anwendungsbereich erschließen wird, als dies für Verwaltungsverträge angezeigt ist. III. Einwände gegen eine solche neue öffentlich-rechtliche Haftungsfigur 1. Grundsätzliche Bedenken Die Klarheit, welche § 311a II BGB hinsichtlich des Rechtsschutzes verspricht, dürften durch die Unsicherheiten, die mit der „etwas gewundenen und wunderlichen Konstruktion“202 an sich einhergehen, wieder aufgewogen werden. So bestehen erhebliche Unsicherheiten, ob und wie die etwas „merkwürdige Melange aus Garantieversprechen und vorvertraglichem Verschulden“203 dogmatisch schlüssig zu begründen und praktisch zu handhaben ist.204 Zwar fehlte bis zum Ende des Gesetzgebungsverfahrens ein Konsens über den Sinn und die dogmatischen Konturen der Konstruktion.205 Von den Vorschlägen, § 311a I BGB enger zu fassen206 und § 311a II BGB ganz wegzulassen207, hat der Gesetzgeber hingegen bewusst abgesehen. Sie als „eklatanten Verstoß gegen die Grundsätze der Schadensdogmatik“ abzuqualifizieren und schon deswegen völlig außer Anwendung zu lassen208, wäre daher überzogen209.
chen allgemeinen Vertragsrechtsgrundsätze geht, Raum für einen flexiblen und differenzierten Rückgriff auf das BGB läßt.“ (Hervorhebungen im Original). Der zweite Halbsatz zeigt allerdings an, dass die Grundkonturen der rezipierten Regelungen nicht verwischt werden dürfen, gerade, wenn es sich um Regeln des allgemeinen Leistungsstörungsrechts handelt, welchen bereits eine große Abstraktion und Allgemeinheit eignet. 202 v. Ohlhausen, ZIP 2002, 237 (239). 203 v. Ohlhausen, a. a. O. 204 Klar ist eigentlich nur, dass im Ergebnis nach Vorstellung des Gesetzgebers (BT-Drs. 14/6040, S. 165) auf das positive Interesse gehaftet werden soll, nicht aber warum und vor allem wie und wann sich diese strenge Haftung schlüssig als culpaHaftung konstruieren lässt, neuerlich zusammenfassend Lobinger, Grenzen rechtsgeschäftlicher Leistungspflichten, S. 42 ff. und 279 ff. m. w. N. 205 Vgl. Lobinger, Grenzen rechtsgeschäftlicher Leistungspflichten, S. 246 f. 206 Vorgeschlagen war: „Ein Vertrag, der auf eine Leistung gerichtet ist, die bereits wegen der Art ihres Gegenstandes von niemandem zu bewirken sein könnte, ist nichtig.“, vgl. dazu Lobinger, a. a. O. 207 Lobinger, a. a. O., S. 247. 208 So in der Tat Altmeppen, DB 2001, 1399 (1400 ff.). 209 Trotz eigener Kritik legt Katzenstein, JR 2003, 447 (451) überzeugend dar, dass § 311a II BGB zwar einerseits eine sehr gewöhnungsbedürftige Mischung aus der ehemals zur anfänglich objektiven Unmöglichkeit und der zum anfänglichen Unvermögen vertretenen Lösungen darstellt. Er gibt andererseits jedoch zu bedenken, dass der Norm schon deshalb nicht vollständig die Gefolgschaft verweigert werden kann, weil beide Lösungswege für sich genommen weithin akzeptiert waren.
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Bedenkt man aber, welcher Anstrengungen es bedurfte, um für die Anwendung des § 134 BGB über § 59 I VwVfG eine feste Marschroute festzulegen, will es wohl überlegt sein, ob und wie weit ein „Novum und eine Anomalie“ wie § 311a BGB in das Verwaltungsvertragsrecht implantiert werden sollte. Gleichwohl entbindet die Unsicherheit, wie die zivilistische Praxis oder gar der Gesetzgeber auf die Grundsatzkritik oder auch den neuerlich unterbreiteten Vorschlag einer teleologischen Reduktion210 regieren wird, nicht von der Entscheidung, wie weit § 311a BGB, insbesondere ob er auch im Falle der praktisch bedeutsamen Fälle qualifizierter Gesetzverstöße zur Anwendung kommen soll. Neben methodischen Bedenken (2.) sind dabei vor allem potentielle, aus den Sonderbindungen der Verwaltung resultierende Komplikationen in den Blick zu nehmen (3.). 2. Methodische Bedenken Bisher wurde ein Anwendungsfall anfänglich rechtlicher Unmöglichkeit vor allem dann erwogen, wenn sich das Verbot gegen das Erfüllungsgeschäft richtet.211 In Anwendung des Trennungs- und Abstraktionsprinzips212 ist man sich einig, dass die Verbotswidrigkeit des Verpflichtungsgeschäfts regelmäßig nicht auch zur Nichtigkeit des Erfüllungsgeschäfts führt213, während im umgekehrten Fall eines Verstoßes des Erfüllungsgeschäfts gegen ein gesetzliches Verbot die Verpflichtung zu demselben prinzipiell ebenfalls vom Verbot umfasst sein wird214. Wollte man im letzteren Fall gleichwohl unter Rekurs auf § 311a I
210 Lobinger, Grenzen rechtsgeschäftlicher Leistungspflichten, S. 273 ff. Danach ist zunächst ein auf eine „unsinnige“ Leistung gerichteter Vertrag weiterhin nichtig (a. a. O., S. 277 ff. und 363). Entgegen dem Wortlaut des § 311a II BGB soll zudem die Haftung im Regelfall auf das negative Interesse gerichtet sein (dazu sowie zu den hiervon zu machenden Ausnahmen a. a. O., S. 279 ff. und zusf. 363 f.). 211 Am Beispiel von BVerwGE 101, 12 (19 f.): Ein Erschließungsunternehmer verpflichtet sich zur Herstellung einer beitragfähigen Erschließungsanlage i. S. d. § 127 II BauGB. § 125 I und II BauGB verbieten die „Herstellung der Erschließungsanlage“, also die Erfüllung, soweit nicht ein entsprechender Bebauungsplan oder ersatzweise die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde vorliegt (vgl. Grziwotz, BauR 2001, 1839 [1843]). In Anwendung des § 306 BGB a. F. hatte das BVerwG daher mangels Bebauungsplan oder Zustimmung eine (vorübergehende) anfänglich-rechtliche Unmöglichkeit angenommen (zur vorübergehenden anfänglichen Unmöglichkeit nach neuem Recht näher Ernst, in: MüKo, BGB, § 311a, Rn. 94 ff.). 212 Rüthers/Stadler, BGB AT, S. 382, Rn. 12. 213 Dazu statt aller Schmidt-Räntsch, NJW 2005, 106 (109) m. w. N. 214 Rüthers/Stadler, BGB AT, S. 382, Rn. 14. Deutlicher noch Köhler, BGB AT, S. 225, Rn. 14 („zwangsläufig“ Nichtigkeit beider Geschäfte); ebenso Mayer-Maly/ Armbrüster, in: MüKo, BGB, § 134, Rn. 9 sowie BGH JZ 1961, 227, dort LS 2: „Verpflichtungsgeschäft [. . .] grundsätzlich ebenfalls nichtig“ (betr. wirtschaftslenkendes Verbotsgesetz; mit insoweit zust. Anm. Wieacker, S. 229), bestätigt durch BGHZ 116, 268 (276 f.) (betr. Strafgesetz).
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BGB das Verpflichtungsgeschäft als Anknüpfungspunkt für die Haftung nach § 311a II 1 BGB als wirksam erachten, weil § 311a I BGB für den Fall der anfänglich-rechtlichen Unmöglichkeit „etwas anderes bestimmt“ (§ 134 HS 2 BGB), liefe dies methodisch auf eine petitio principii hinaus. Denn § 311a I BGB lässt sich im Kontext rechtlicher Unmöglichkeit zwar so lesen, dass der Vertrag wirksam bleibt, wenn das Erfüllungsgeschäft gegen ein ges. Verbot verstößt; über die Rechtsfolge bei Verbotswidrigkeit des Verpflichtungsgeschäfts selbst schweigt der Tatbestand hingegen. Insoweit sollte man auch nicht das Entsprechenserfordernis des § 62 S. 2 VwVfG derart strapazieren, dass sich hinsichtlich der Anwendung des § 311a BGB aufgrund öffentlicher Sonderinteressen aus dem Verwaltungsverfahrensgesetz „etwas anderes ergibt“. Denn ob bei Verbotsverstoß abweichend vom Regelfall keine Nichtigkeit gewollt ist, ist ausschließlich durch Auslegung des Verbotstatbestandes selbst zu ermitteln.215 Dabei lässt sich ganz generell216, jedoch in besonderem Maße bzgl. der im öffentlichen Recht in Betracht kommenden Verbotstatbestände nur schwer bestimmen, ob der Gesetzgeber sich bei einem Verbot nur auf die Verpflichtung zur Erbringung einer Leistung bezieht oder die Leistung selbst verbieten will.217 Im 215 Vgl. nur Mayer-Maly/Armbrüster, in: MüKo, BGB, § 134, Rn. 103 sowie Sack, in: Staudinger, BGB, § 134, Rn. 57 ff. mit ausführlichen Nachweisen auch zu abweichenden Meinungen zur „richtigen“ Leseart des § 134 BGB. Insoweit ist es methodisch bedenklich, wenn der Gesetzgeber (BT-Drs. 7/910, S. 81) hinsichtlich der Rezeption des § 134 BGB über § 59 I VwVfG meint, dass sich „[. . .] aus dem Gesetz (hier dem Verwaltungsverfahrensgesetz) ein anderes ergibt.“ Denn das VwVfG enthält zwar besondere Nichtigkeitstatbestände (§ 59 II VwVfG), nicht aber Verbotstatbestände, welche eine von der Nichtigkeit abweichende Rechtsfolge bestimmen (Dies könnte sich jedoch dadurch ändern, dass man künftig im VwVfG statt der Nichtigkeit auch eine Anpassungsregelung verankert, dazu bereits oben unter § 7 B. II.). 216 Vgl. Schmidt-Räntsch, NJW 2005, 106 (109). 217 Sehr deutlich zeigt sich dies etwa an der Notifikationspflicht für Beihilfen nach Art. 88 III 3 EGV. Der europäische Normgeber wird sich weder über das deutsche Trennungsprinzip noch über die je nach Mitgliedsstaat variierenden Modi der Beihilfenvergabe Gedanken gemacht haben; der Gedanke des effet utile, konkret der effektiven Vorbeugung von Wettbewerbsverzerrungen spricht eher für eine Nichtigkeit auch des Erfüllungsgeschäftes, so dass sich die Frage der anfängl. rechtl. Unmöglichkeit stellt (eingehend zur nur schwer möglichen Unterscheidung Schmidt-Räntsch, NJW 2005, 106 [109]). Ähnlich lässt sich bei 1 III 2 HS 2 BauGB fragen, ob dieser sich lediglich gegen die Verpflichtung der Gemeinde zur Aufstellung eines Bebauungsplanes oder die Erfüllung einer solchen Verpflichtung richtet? Der Wortlaut („. . . besteht kein Anspruch . . . Anspruch kann nicht . . . begründet werden.“) spricht eher dafür. Andererseits dient das Verbot gerade dazu, eine entsprechende Erfüllung durch die Gemeinde zu vermeiden: Der Bebauungsplan soll nicht aufgestellt werden ohne vorherige Beteiligung von Bürgern (§ 3 BauGB) sowie Behörden (§ 4 BauGB) und eine entsprechende Abwägung (§ 1 VII BauGB). Wohl im ersteren Sinne Bielenberg, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 2, Rn. 78 und Schrödter, in: ders., BauGB, § 2, Rn. 50. Ungeachtet des europäischen Kontextes spricht m. E. bereits die Gesetzesbindung dafür, im Regelfall zu vermuten, dass sich das Verbot sowohl auf das Verpflichtungs- als auch das Erfüllungsgeschäft bezieht. Etwas anders kann nur gelten, wenn sich aus dem Verbotstabestand ausnahmsweise klar etwas anderes ergibt. Differenzie-
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Hinblick auf eine denkbare Haftung der Verwaltung erweist sich die exakte Zuordnung unter Gleichheitsgesichtspunkten als bedeutsam: Ist nur das Verpflichtungsgeschäft betroffen und nach § 134 BGB nichtig, kommt nur eine auf das negative Interesse begrenzte Haftung nach c. i. c. in Betracht, wohingegen bei Verbotswidrigkeit des Erfüllungsgeschäftes eine Haftung auf das positive Interesse nach § 311a II BGB greift.218 Die Unsicherheiten bei der Auslegung der Verbotstatbestände provozieren hier zwangsläufig unsachliche Ungleichbehandlungen, welche angesichts der Bindung der Verwaltung an den Gleichheitssatz vermieden werden sollten. Aber selbst soweit eine präzise Auslegung des Verbotsgesetzes im Einzelfall gelingt, könnten die durch die Anwendung des § 311a II BGB erzielten Ergebnisses ganz grundsätzlich mit öffentlichen Sonderinteressen kollidieren. 3. Strukturell entgegenstehende öffentlich-rechtliche Besonderheiten Tragendes Argument für die nun auch vom BGH proklamierte Anwendung des § 134 BGB bei rechtswidriger Beihilfenvergabe durch Verwaltungsvertrag ist, dass nur die in § 134 BGB angeordnete Nichtigkeitsfolge den Vorgaben des Gemeinschaftsrechts zu einer effektiven Anwendung verhelfen könne.219 Würde nun für den Fall, dass die Verwaltung vorsätzlich oder fahrlässig unter Verstoß gegen EU-Beihilfenrecht220 eine Subvention vergibt, § 311a II BGB greifen, hätte der Subventionsempfänger einen Anspruch auf das positive Interesse. Er müsste im Ergebnis so gestellt werden, als ob das Vertragsversprechen ordnungsgemäß erfüllt worden wäre221, er also die Subvention erhalten hätte. Das Anliegen des europäischen Normgebers, drohende Wettbewerbsverzerrungen effektiv (effet utile222) zu vermeiden223, würde damit konterkariert. Auch kann rungen sollten nicht bei der Anwendung des Trennungsprinzips, sondern bei der Bestimmung, ob überhaupt ein gesetzliches Verbot vorliegt, ansetzen. Liegt ein Verbotsverstoß vor, wäre immer auch das Verpflichtungsgeschäft erfasst. Nach dem herrschenden Ansatz im Zivilrecht käme immer die Nichtigkeitsfolge des § 134 BGB zum Tragen, so dass a limine kein Raum für § 311a I BGB wäre. 218 Angesichts des Auseinanderfalles beider Rechtsfolgen weist auch Windel, ZGS 2003, 466 (471 f.) für das Zivilrecht darauf hin, dass der genauen Abgrenzung beider Institute über das bisherige Maß hinaus mehr Beachtung geschenkt werden muss. 219 Ebenso nun der BGH EuZW 2003, 444 (445) und ihm zustimmend Pechstein EuZW 2003, 447 ff. und erneut betont bei Schmidt-Räntsch, NJW 2005, 106 (108). Für vorangegangene Stellungnahmen zur Anwendbarkeit des § 134 BGB über § 59 I VwVfG Rodi, Subventionsrechtsordnung, S. 734. 220 Zu den denkbaren Konstellationen Schmidt-Räntsch, NJW 2005, 106 (107 f.); zur prozessualen Durchsetzung Bartosch, EuZW 2005, 396 ff. 221 Vgl. Cekovic-Vuletic, Haftung wegen Unmöglichkeit, S. 18. 222 Zu diesem vom EuGH entwickelten und an alle EG-Mitgliedsstaaten und deren Gesetzgebungs-, Verwaltungs- und Rechtsprechungsorgane adressierten Optimierungsgebot Schmidt-Aßmann, DVBl. 1993, 924 (930) sowie Schoch, JZ 1995, 109 (113 f.) m. w. N. und jüngst ausführlich Mosiek, Effet utile, S. 6 ff.
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es sich im Hinblick auf die Gesetzesbindung der Verwaltung als problematisch erweisen, wenn mittels des positiven Interesses als Erfüllungssurrogat am Ende ein Ergebnis erzielt wird, welches faktisch der Durchführung des gesetzwidrigen Vertrages ähnelt.224 Die Haftung auf das Erfüllungsinteresse würde die auf der Primärebene getroffene Wertung auf der Sekundärebene überspielen.225 Angesichts des klaren und hinlänglich bekannten Verbotes, durch Vertrag einen Anspruch auf eine gemeindliche Bauleitplanung zu begründen, ist der Vertragspartner, welcher dennoch auf die Wirksamkeit des Vertrages vertraut, nur in den seltensten Fällen schutzwürdig, so dass eine gesetzlich angeordnete Garantiehaftung, wie sie § 311a II 1 Var. 1 BGB letztlich statuiert, unpassend erscheint. Eine Haftung auf das Erfüllungsinteresse ist nur ausnahmsweise dann angezeigt, wenn sich aus dem Vertrag selbst ergibt, dass die Gemeinde dafür „einstehen“ wollte, dass Planungsrecht geschaffen wird, also im Einzelfall eine vertragliche „Risikoübernahme“ gegeben ist.226 Für den Fall, dass etwa eine Sub223
Vgl. Schmidt-Räntsch, NJW 2005, 106. Probleme sind vor allem im Abgabenrecht denkbar, da hier die haftungsrechtliche Abwicklung auf der Sekundärebene faktisch einer Vertragsabwicklung gleich kommt. Dabei kommt es zu doppelt unerwünschten Ergebnissen, wenn zugleich eine (indirekte) Subventionierung gegeben ist. Beispiel: Die kleine Ortsgemeinde möchte ein Unternehmen ansiedeln. Sie verkauft verbilligt ein Grundstück und verpflichtet sich dazu, eine bestimmte Erschließung (Leistung) vorzunehmen. Bzgl. der Erschließung verpflichtet sich das Unternehmen eine bestimmte Ablösesumme zu zahlen und sichert im Gegenzug zur verbilligten Grundstücksvergabe 100 Arbeitsplätze zu (Gegenleistung). Angenommen die Subventionsvergabe verstößt gegen EU-Beihilfenrecht (dazu speziell im Hinblick auf die verbilligte Grundstücksvergabe Grziwotz, BauR 2004, 674 [691 ff.]) und die Ablösesumme übersteigt das nach Abgabenrecht zulässige Maß (denkbare Varianten eines solchen finden sich bei BVerwGE 89, 7 [10 ff.]; OVG Magdeburg LKV 2004, 425; OVG Koblenz NVwZ-RR 2004, 243; VGH Mannheim VBlBW. 2004, 224 [225 f.]). Mit dem Sinn und Zweck des EU-Beiheilfenrechts ist es wie gesehen unvereinbar, dass das Unternehmen nunmehr statt des verbilligten Grundstücks den Mehrwert über § 311a II 1 BGB liquidieren darf. In ähnlicher Weise verstößt aber auch die im Fall der Abwicklung nach § 311a II BGB für die Gegenleistung (insbes. der Ablösesumme) greifende Systematik gegen öffentlich-rechtliche Grundsätze. Denn der Anspruch des Schuldners (Gemeinde) auf eine (synallagmatische) Gegenleistung geht zwar nach § 326 I BGB unter. Dennoch soll der Schadensersatzanspruch um den Betrag der Gegenleistung gekürzt werden (vgl. Medicus, Schuldrecht I, S. 237, Rn. 494). Durch die Einhaltung des für das Zivilrecht vorgeschlagenen Abwicklungsmodus, wonach schlicht die Leistung durch den Anspruch auf Wertersatz substituiert wird, würde damit aber das Abgabenrecht umgangen. Ebenso wäre es aber auch mit dem Abgabenrecht unvereinbar, den Wert der Gegenleistung auf das nach Abgabenrecht zulässige Maß zu reduzieren. Denn darin läge eine Art „geltungserhaltende Reduktion“, welche Anreize dazu liefert, Verstöße gegen das Abgabenrecht bewusst in Kauf zu nehmen (mit ähnlichen Erwägungen wird die Konstruktion im AGB-Recht überwiegend abgelehnt, vgl. nur Basedow, in: MüKo, BGB, § 306, Rn. 12 ff.). 225 Mit dieser Argumentation auf der Grundlage der bisherigen Rechtslage gegen die Haftung auf das Erfüllungsinteresse im Fall der anfänglichen objektiven Unmöglichkeit Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 567. 226 Birk, Städtebauliche Verträge, S. 247, Rn. 565 f. 224
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vention bereits ausgezahlt wurde, drängen sich zudem kondiktionsrechtliche Probleme auf.227 Die besseren Argumente sprechen mithin dafür, es im Falle des Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot bei Nichtigkeitsfolge nach § 134 BGB zu belassen. Auch dass in § 59 III BGB im Zweifel von der Gesamtnichtigkeit ausgegangen wird, wird man danach zumindest für die relevanten Fälle eines „qualifizierten“ Gesetzesverstoßes nicht zu beanstanden haben, zumal § 59 III VwVfG selbst auch Wertungsspielräume eröffnet228. Hat die Verwaltung in diesem Zusammenhang schuldhaft gegen eine vorvertragliche Pflicht verstoßen, kann der Private wie bisher nach den Regeln der c. i. c. seinen Vertrauensschaden liquidieren.229 Da der Vertragsinhalt von der Rechtsordnung verworfen wird und die Verwaltung aufgrund der Gesetzeswidrigkeit selbst bei pflichtgemäßem Verhalten den Vertrag nicht hätte erfüllen können, kann der Private nur verlangen, so gestellt zu werden, wie er stünde, wenn er nicht auf das Zustandekommen des nichtigen Vertrages vertraut hätte. Diese Lösung ist in sich folgerichtig und vermeidet für die unter § 134 BGB subsumierbaren Fälle eine Übertragung der mit der Haftung auf das positive Interesse einhergehenden dogmatischen Schwächen auf das Verwaltungsvertragsrecht. G. Zwischenergebnis Nach neuem Recht sind Verwaltungsverträge zwischen Bürger und Behörde i. S. d. § 54 S. 2 VwVfG in allen Fällen anfänglicher Unmöglichkeit grundsätzlich gem. § 62 S. 2 VwVfG i. V. m. § 311a I BGB wirksam. Lediglich für substitutive Verwaltungsverträge, welche an die Stelle einer einseitigen Regelung durch Verwaltungsakt treten, statuiert § 59 II Nr. 1 VwVfG i. V. m. § 44 II Nr. 4 VwVfG noch eine Ausnahme. Danach sind derartige Verwaltungsverträge weiterhin nichtig, wenn die von Seiten der Verwaltung geschuldete Leistung anfänglich objektiv unmöglich ist. Die nach altem Recht auch über die Regelungen zur anfänglichen (rechtlichen) Unmöglichkeit gelösten Fälle des Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot werden auch im Verwaltungsvertragsrecht nicht § 311a BGB zugeschlagen. Hier bleibt es bei der gem. § 134 BGB i. V. m. § 59 I VwVfG angeordneten Nichtigkeitsfolge, wobei die Verbotswidrigkeit im 227 Zwar wird man in dem nach § 311a I BGB wirksamen Leistungsversprechen schwerlich eine causa für die erbrachte Leistung sehen, da § 311a I BGB nur den Grund für den Sekundäranspruch nach § 311a II BGB legen soll. Auch wird man sich im Falle einer Förderung durch monetäre Mittel mit einer Verrechung zwischen Schadensersatz- und Kondiktionsanspruch behelfen können. Unnötige Schwierigkeiten drängen sich jedoch in all den Fällen auf, in welchen die Förderung in einer Realleistung von Seiten der Verwaltung besteht. 228 Dazu statt aller Ziekow/Siegel, VerwArch 95 (2004), 281 (290). 229 Sack, in: Staudinger, BGB, § 134, Rn. 143 und Canaris, JZ 2001, 499 (506).
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Zweifel gem. § 59 III VwVfG zur Gesamtnichtigkeit führt. Dies gilt einheitlich, also sowohl in dem Falle, dass das Erfüllungsgeschäft gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, als auch dann, wenn sowohl das Erfüllungs- als auch das Verpflichtungsgeschäft vom Verbot umfasst sind. Verstößt nur das Verpflichtungsgeschäft gegen ein gesetzliches Verbot, lag schon bisher kein Fall rechtlicher Unmöglichkeit vor, so dass in diesem Fall ohnehin nur der Weg über § 134 BGB eröffnet ist. Von den Fällen des Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot sind jedoch andere Fälle anfänglich rechtlicher Unmöglichkeit zu unterscheiden, bei welchen § 311a BGB zur Anwendung kommt, insbesondere die Konstellation, dass die Herbeiführung des geschuldeten Erfolges rechtlich nicht möglich ist oder von der Rechtsordnung grundsätzlich nicht anerkannt ist. Im Falle einer Teilunmöglichkeit kommt künftig über § 62 S. 2 VwVfG § 311a II 3 i. V. m. § 281 I 2 und 3 BGB, nicht aber § 59 III VwVfG zur Anwendung. Auf Rechtsfolgenseite eröffnet § 254 BGB i. V. m. § 62 S. 2 VwVfG flexible Reaktionsmöglichkeiten. Die neue Rspr. des BVerwG zum Erstattungsanspruch ist insoweit nicht übertragbar, so dass je nach Lage des Einzelfalles bei Kenntnis des Gläubigers um die anfängliche Unmöglichkeit ausnahmsweise auch der ganze Anspruch ausgeschlossen sein kann. Schließlich ist für Ansprüche aus § 311a II BGB der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten gegeben. Da § 44 II Nr. 4 VwVfG auf dem gestrichenen § 306 BGB a. F. beruht230, empfiehlt es sich, de lege ferenda darüber nachzudenken, § 44 II Nr. 4 VwVfG von der Verweisung in § 59 II Nr. 1 VwVfG bewusst auszunehmen oder aber gänzlich zu streichen231.
§ 16 Haftung für Pflichtverletzungen nach § 280 BGB bei Verwaltungsverträgen A. Die Systematik der §§ 280 ff. BGB Das lange ersehnte Ziel gesetzestechnischer Vereinfachung strahlt im neuen BGB wahrscheinlich nirgends deutlicher hervor als in § 280 BGB, der Grundnorm des neuen Leistungsstörungsrechts. In ihrem Tatbestand werden die drei großen Hauptfallgruppen denkbarer Leistungsstörungen gebündelt: Unmöglichkeit, Schlechterfüllung und Verzug.232 Diese typischen, teilweise fließend ineinander übergehenden Erscheinungsformen werden tatbestandlich unter dem ein230 Vgl. Henneke, in: Knack (7. Aufl., 2000), VwVfG, § 59, Rn. 18 und BT-Drs. 7/ 910, S. 82. 231 Wenn auch vorsichtig und recht allgemein formulierend in diese Richtung Geis, NVwZ 2002, 385 (388): „Man kann fragen, ob [. . .] de lege ferenda nachgebessert werden sollte.“ 232 Vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 134.
§ 16 Haftung für Pflichtverletzungen nach § 280 BGB
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heitlichen Merkmal der Pflichtverletzung zusammengeführt. Voraussetzung für eine Schadensersatzhaftung des Schuldners ist, „dass er hinter dem Pflichtenprogramm des Schuldverhältnisses zurückgeblieben ist [. . .] gleichgültig, ob die Leistung ganz oder teilweise auf Dauer ausbleibt oder in zeitlicher oder qualitativer Hinsicht Defizite aufweist.“233 Erfasst werden auch die Verletzung von Schutz- und anderen Nebenpflichten.234 Entsprechend bildet auch die bisher ungeregelte positive Forderungsverletzung235 künftig schlicht einen Fall der Pflichtverletzung.236 Die culpa in contrahendo hat in § 311 II und III BGB eine gesonderte gesetzliche Regelung erfahren. Dort wird eine Aussage darüber getroffen, wann kraft Gesetzes auch ohne Vertrag bzw. im Vorfeld des Vertragsschlusses ein Schuldverhältnis zur Entstehung gelangt. Der haftungsrechtliche Grundtatbestand und vor allem die Rechtsfolge ergeben sich demgegenüber ebenfalls aus § 280 I BGB.237 In bewusster Auseinandersetzung mit immer wieder vorgetragenen Einwänden entschied man sich begrifflich für den Terminus der Pflichtverletzung238 und gegen die Alternativbezeichung „Nichterfüllung“. Denn der Verzug, die Schlechtleistung und die Verletzung von Nebenpflichten können sprachlich nur schwer als Nichterfüllung qualifiziert werden, da (mindestens) Teile der Leistung in vielen Fällen doch erbracht werden.239 Nachdem das alte BGB entgegen den Bedürfnissen der Praxis regelungstechnisch an der Grundkategorie (Unmöglichkeit) ausgerichtet war, rücken in § 280 BGB und dem daran angekoppelten Regelungssystem die Kategorien der Schlechterfüllung und des Verzuges mehr in den Mittelpunkt.240 Die Fälle anfänglicher Unmöglichkeit werden einheitlich durch § 311a BGB als zweiter, selbständig neben § 280 I BGB tretender haftungsrechtlicher Grundnorm des Leistungsstörungsrechts erfasst.241 Der Fall einer nach Vertragsschluss eintretenden (nachträglichen) Unmöglichkeit wird hingegen als Pflichtverletzung i. S. d. § 280 I BGB erfasst. Denn nur in diesem Fall bleibt der Schuldner hinter dem zunächst geschuldeten Programm zurück, was zur Folge haben kann, dass sich 233 BT-Drs. 14/6040, S. 134 mit Verweis auf die dort mehrfach zitierten Vorarbeiten von Huber u. a. 234 BT-Drs. 14/6040, S. 134. 235 Zur öffentlich-rechtlichen p. F. V. aus verwaltungsvertraglicher Sicht sogleich unter B. III. 2. 236 Dazu Stadler, in: Jauernig, BGB, Vor. §§ 275–292, Rn. 2. 237 Vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 135. Im Einzelnen zu öffentlich-rechtlichen c. i. c. sogleich unter B. III. 1. 238 Von Kritikern wurde vor allem vorgetragen, dass viele Rechtsanwender mit dem Wortteil „Verletzung“ des Begriffs Pflichtverletzung unwillkürlich einen Verschuldensvorwurf verbinden. Dieser soll damit aber gerade noch nicht angesprochen werden, sondern bildet ein selbständiges Tatbestandsmerkmal (vgl. § 280 I 2 BGB). 239 BT-Drs. 14/6040, S. 134. 240 Vgl. nur Stadler, in: Jauernig, BGB, Vor. §§ 275–292, Rn. 6 oder Lorenz/Riehm, Lehrbuch neues Schuldrecht, S. 86, Rn. 161 f. 241 Dazu bereits soeben unter § 14.
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der ursprüngliche (Primär-)Anspruch auf die Leistung ganz oder teilweise in einen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung wandelt 242. Begehrt der Gläubiger Schadensersatz „statt der Leistung“, greift die ausgefeilte Verweisungstechnik der §§ 280 ff. BGB: § 280 I BGB enthält die Grundvoraussetzungen für eine Haftung wegen Pflichtverletzung, welche in jedem Fall erfüllt sein müssen. Isoliert unter den Voraussetzungen des § 280 I BGB kann der Gläubiger jedoch nur „einfachen Schadensersatz“243 verlangen. Die Norm gewährt einen Anspruch auf Schadensersatz, welcher nicht an die Stelle („statt“) der Leistung tritt, sondern „neben“ diese.244 Ersetzt wird danach das Integritätsinteresse und nicht das Äquivalenzinteresse des Gläubigers.245 Nach der Grundnorm des § 280 I BGB können mithin überwiegend solche Schäden ersetzt werden, welche vormals im Falle der Verletzung einer vorvertraglichen oder vertraglichen Neben- bzw. Schutzpflicht i. S. d. § 241 II BGB über die Institute der c. i. c. und der p. F. V. ersatzfähig waren.246 Macht der Gläubiger einen Schadensersatzanspruch geltend, welcher nicht neben das Leistungsinteresse tritt, sondern an dessen Stelle, kann dieser „Schadensersatz statt der Leistung“247 nur unter „den zusätzlichen Voraussetzungen“248 der in § 280 III BGB genannten Normen verlangen. Gemeinsam ist den durch § 280 III BGB in Bezug genommenen §§ 281, 282 und 283 BGB, dass dem Gläubiger der Schaden ersetzt werden soll, der dadurch entsteht, dass die Leistung (ganz oder teilweise) endgültig ausbleibt.249 Der Sekundäranspruch ist hier das Ergebnis der Umwandlung des primären Leistungsanspruchs,250 also auf das positive Interesse gerichteter251 Erfüllungsersatz.252 Die drei Normen unterscheiden sich jedoch dadurch, dass sie unterschiedliche Leistungshindernisse („-störungen“) regeln. Entsprechend enthalten sie unterschiedliche „zusätzliche“ Tatbestandsmerkmale, die jeweils ergänzend zum Grundtatbestand des § 280 I BGB hinzu-
242 Anders wie gesehen im Falle der anfänglichen Unmöglichkeit. Hier besteht bereits anfänglich ein zwar nach § 311a I BGB wirksamer, aber nur auf Schadensersatz nach § 311a II BGB gerichteter Vertrag, oben unter § 15 A.; zu § 283 BGB sogleich ausführlich unter C. I. 3. 243 BT-Drs. 14/6040, S. 135. 244 Schäfer, JA 2003, 600. 245 Lorenz/Riehm, Lehrbuch neues Schuldrecht, S. 250, Rn. 475. 246 BT-Drs. 14/6040, S. 135. 247 Nach alter Terminologie handelt es sich um einen „Schadensersatz wegen Nichterfüllung“, vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 136 f. 248 BT-Drs. 14/6040, S. 135. 249 Lorenz, NJW 2002, 2497 (2500). 250 Heinrichs, in: Palandt, BGB, § 281, Rn. 3. 251 Hirsch, Jura 2003, 289. 252 Noch im 19. Jhd. sah man ihn daher gar nicht als Schadensersatz, sondern als „Erfüllungsanspruch in pekuniärer Form“ an, ausführlich C. Knütel, AcP 202 (2002), 555 (581 ff.).
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kommen.253 Ähnlich müssen für den Ersatz eines Verzugsschadens neben den Voraussetzungen des § 280 I BGB gem. § 280 II BGB „zusätzlich“ die Voraussetzungen des § 286 BGB gegeben sein. Erfasst sind Schäden, die der Gläubiger gerade aufgrund der Verzögerung der Leistung erleidet. Der Sekundäranspruch tritt hier neben den Anspruch auf die Primärleistung254, bzw. bleibt auch „neben“ der bereits erfolgten Erfüllung bestehen255. Zusammenfassend lassen sich damit innerhalb des „Systems“ der §§ 280 ff. BGB zwei Kategorien von Ersatzansprüchen unterscheiden: Schadensersatz „neben“ der Leistung nach § 280 I BGB („einfacher“ Schadensersatz) und nach § 280 I, II i. V. m. § 286 BGB (Verzugsschaden) einerseits und Schadensersatz „statt der Leistung“ nach § 280 I, III, je nach Art der Leistungsstörung i. V. m. §§ 281, 282 oder 283 BGB.256 B. Die Grundnorm des § 280 I BGB I. Tatbestandliche Voraussetzungen § 280 I 1 BGB erfordert zunächst das Bestehen eines Schuldverhältnisses. Dieses kann einseitig oder zweiseitig verpflichtend sein.257 § 280 I BGB kann damit bei nahezu allen, im Regelfall als Austauschvertrag i. S. d. § 56 VwVfG gestalteten258 Verwaltungsverträgen zur Anwendung kommen, unabhängig davon, ob die Vertragspflichten synallagmatisch verknüpft sind259 oder sich – wie 253 Der Umstand, dass die in Bezug genommenen „Zusatznormen“ jeweils eigene („zusätzliche“) Tatbestandsmerkmale und vor allem jeweils eine eigene, dem speziellen Schadensinteresse entsprechende Rechtsfolge enthalten, hat dazu geführt, dass diese vereinzelt als selbständige, neben die Grundnorm des § 280 I BGB tretende Tatbestände betrachtet werden, so wohl zuerst v. Wilmowsky, JuS-Beilage zu Heft 1/2002, 1 (4); dem folgend etwa Schäfer, JA 2003, 600. Nach herrschender Ansicht ist Anspruchsgrundlage nur § 280 I BGB und die in Bezug genommenen Zusatznormen bilden unselbständige, tatbestandliche Ergänzungen oder Aufbauten, vgl. nur BT-Drs. 14/ 6040, S. 135 oder deutlich auch S. 137 für das Verhältnis von § 281 zu § 280 BGB; aus der Literatur etwa Heinrichs, in: Palandt, BGB, § 280, Rn. 4; Canaris, JZ 2001, 499 (511); Hirsch, Jura 2003, 289 (290) oder Faust/Huber, Schuldrechtsmodernisierung, 3. Kap., Rn. 104 und 117. 254 Heinrichs, in: Palandt, BGB, § 280, Rn. 18. 255 Hirsch, Jura 2003, 289 (290). 256 Dazu Hirsch, Jura 2003, 289 (290); Medicus, JuS 2003, 521 (523) und Lorenz, NJW 2002, 2497 (2500). 257 Zu den unterschiedlichen Vertragskategorien und deren Übernahme in das Verwaltungsvertragsrecht Bonk, in: P. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 54, Rn. 113 ff. 258 Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 592. 259 Am deutlichsten ist dies bei den meisten Subventionsverträgen der Fall, da die Subvention nur gezahlt wird, damit der Empfänger eine bestimmte Verwendung oder Maßnahme vornimmt und umgekehrt, vgl. OVG Berlin, Urt. v. 20.9.2001, Az. 5 B
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häufig im Baurecht – als offene oder sogar verdeckte Bedingung begegnen, so dass im Ergebnis nur ein einseitig verpflichtender Vertrag vorliegt260. Das Schuldverhältnis i. S. d. § 280 I 1 BGB kann zudem nicht nur durch Vertrag begründet werden (§ 311 I BGB), sondern auch durch vorvertraglichen Kontakt nach Maßgabe der zur c. i. c. in § 311 II und III BGB niedergelegten Voraussetzungen zur Entstehung gelangen. Weiter muss eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis verletzt worden sein. Der Schuldner verletzt eine derartige Pflicht, wenn er die geschuldete Leistung nicht, verzögert oder schlecht erbringt. In Betracht kommt aber auch die Verletzung von Schutz- und Nebenpflichten (vgl. § 241 II BGB). Hieraus (Kausalität) muss weiter ein Schaden des Gläubigers resultieren. Die Schadensersatzpflicht soll schließlich nur denjenigen Schuldner treffen, der für die Pflichtverletzung im Sinne der §§ 276 bis 278 verantwortlich ist.261 Dabei soll der Schuldner behaupten und beweisen müssen, dass er die Verletzung nicht zu vertreten hat (§ 280 I 2 BGB). Für die übrigen Tatbestandsvoraussetzungen, also insbesondere hinsichtlich des Vorliegens einer Pflichtverletzung, obliegt dem Gläubiger der Nachweis.262 II. Supra- und internationale Vorbildnormen Bei der Bündelung der unterschiedlichen Kategorien im Grundtatbestand des § 280 I BGB knüpft der Gesetzgeber263 systematisch an das Vorbild des UNKaufrechts an. Vergleichbare Grundnormen finden sich auch in den Principles of European Contract Law264 und den UNIDROIT-Principles265.266 20.00, abgedruckt in OVGE BE 24, 1–13 dort LS. 1. Das Gericht bezeichnet diese daher als „Austauschverträge im engeren Sinne“. 260 Ausführlich zu den denkbaren Gestaltungsformen in der Praxis mit vielen Beispielen Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 467 ff. 261 „Vertretenmüssen“ i. S. d. § 280 I 2 BGB bedeutet dabei nur im Regelfall, aber nicht zwangsläufig „Verschulden“. So kann – was für Verwaltungsverträge wohl weniger eine Rolle spielt – im Einzelfall auch eine Garantie oder ein Beschaffungsrisiko übernommen worden sein. Zudem gilt das Verschuldenserfordernis auch für den Geldschuldner nur ausnahmsweise, näher Medicus, JuS 2003, 521 (522). 262 So möge etwa eine öffentliche Badeanstalt für die Verletzung eines Badegastes haftbar gemacht werden. Angenommen, man geht vom Paradigma der Wahlfreiheit aus, und es handelt sich im zu entscheidenden Fall um eine durch privatrechtlichen Vertrag ausgestaltete Rechtsbeziehung. Dann greifen prinzipiell die zivilistischen Beweislastregeln: Zunächst muss der Verletzte nachweisen, dass die Bediensteten der Badeanstalt eine Verkehrssicherungspflicht verletzt haben oder sonst durch pflichtwidriges Verhalten den (Integritäts-)Schaden verursacht haben. Erst dann muss die Anstalt darlegen und beweisen, dass sie die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat (Beispiel in Anlehnung an OLG Koblenz NJW-RR 2001, 318 ff.). 263 Vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 134. 264 Dort Abs. 1 des Art. 8.101 („remedies available“): „Whenever a party does not perform an obligation under the contract and the non-performance is not excused under Article 8.108, the aggrieved party may resort to any of the remedies set out in chapter 9“.
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III. Insbesondere: Normierung bisher richterrechtlich anerkannter Institute 1. Vorvertragliche Phase: culpa in contrahendo (c. i. c.) In § 311 II und III BGB hat das vormals richterrechtlich anerkannte Institut der c. i. c. eine ausdrückliche gesetzliche Regelung erfahren. Sowohl für das Zivilrecht als auch für das öffentliche Recht im Speziellen bringt dies einige Präzisierungen mit sich (a). Zusätzlich angeregt durch ein Urteil des BVerwG wird gerade angesichts der Normierung der c. i. c. die Frage des Rechtswegs intensiv diskutiert (b). a) Die Normierung aus Sicht des Verwaltungsrechts In der Begründung zu § 311 II, III BGB findet sich gleich mehrfach der Hinweis, dass damit „das Bürgerliche Gesetzbuch selbst auch wieder über den wirklichen Bestand des deutschen allgemeinen Schuldrechts Auskunft gibt“267. Zu diesem Zwecke wurden die wesentlichen Fallgruppen der allgemein anerkannten „gefestigten Rechtsprechung“268 einer ausdrücklichen Regelung zugeführt. Entsprechend besteht im zivilrechtlichen Schrifttum Einigkeit, „dass mit § 311 Abs. 2 und 3 im Kern keine Änderung der bisherigen Rechtslage verbunden ist, so dass zur Präzisierung des Rechtsinstituts der c. i. c. unbedenklich auf die bisher in Literatur und Rechtsprechung entwickelten Grundsätze einschließlich der verschiedenen Fallgruppen der c. i. c. zurückgegriffen werden kann.“269 Auffällig ist auch die Betonung, dass es sich nicht um eine abschließende Normierung handeln soll.270 Bei „entsprechender“ Anwendung auf Verwaltungsverträge über § 62 S. 2 VwVfG besteht damit auch weiterhin eine Offenheit hinsichtlich der flexiblen Berücksichtigung öffentlich-rechtlicher Besonderheiten.271 265 Siehe deren Art. 7.4.1: „Any non-performance gives the aggrieved party a right to damages either exclusively or in conjunction with any other remedies except where the non-performance is excused under these principles.“ 266 Zu den supra- und internationalen Vorbildern und Vorarbeiten der Schuldrechtsmodernisierung m. w. N. oben unter § 2 A. I. 267 BT-Drs. 14/6040, S. 162. 268 BT-Drs. a. a. O. 269 Ernst, in: MüKo, BGB, § 311, Rn. 54 (Hervorhebung im Original). 270 BT-Drs. 14/6040, S. 162. 271 Zum hier nicht behandelten Fall der Anwendung der c. i. c. auf nicht-vertragliche verwaltungsrechtliche Rechtsverhältnisse am Beispiel des durch Verwaltungsakt begründeten Beamtenverhältnisses Kellner, DVBl. 2004, 207 ff. Grundlegend zur Begründung verwaltungsrechtlicher Schuldverhältnisse ohne (verwaltungs-)vertragliche Einigung Krause, VVDStRL 45 (1987), 212 (239 ff.) und neuerlich Meysen, Verwaltungsrechtsverhältnis, S. 19 ff. und 73 ff. mit weiteren Beispielen. Aufgrund der strukturellen Nähe zum Verwaltungsvertrag gelten viele der hier gefundenen Haftungslö-
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Wesentlich neu ist die systematische Ankoppelung an den haftungsrechtlichen Grundtatbestand des § 280 I BGB. So bestimmt § 311 II BGB, in welchen Fällen ein nach § 280 I 1 BGB tatbestandlich erforderliches „Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2“ – also Schutzpflichten zu Gunsten des potentiellen Vertragspartners –, mithin ein „gesetzliches Schuldverhältnis ohne primäre Leistungspflicht“272, zur Entstehung gelangt.273 Nach § 311 II Nr. 1 BGB geschieht dies vor allem durch die Aufnahme von Vertragsverhandlungen. Denn hierdurch entsteht klassischerweise ein „vertragsähnliches Vertrauensverhältnis“, ein „Rechtsverhältnis der Vertragsverhandlungen“, das dem Institut seinen Namen gegeben hat und daher auch zuerst genannt wird.274 Es endet, wenn eine Regelung durch (Verwaltungs-)Vertrag endgültig aufgegeben wird oder wenn der Vertrag, über den verhandelt wurde, zustande kommt.275 Nach § 311 II Nr. 2 BGB entsteht ein entsprechendes Schuldverhältnis weiter durch „die Anbahnung eines Vertrags, bei welcher der eine Teil im Hinblick auf eine etwaige rechtsgeschäftliche Beziehung dem anderen Teil die Möglichkeit zur Einwirkung auf seine Rechte, Rechtsgüter und Interessen gewährt oder ihm diese anvertraut.“ Der Unterschied zur Nr. 1 liegt darin, dass hier noch keine konkreten Vertragsverhandlungen geführt werden.276 Die beiden ersten Nrn. knüpfen an den intensivierten rechtsgeschäftlichen Kontakt im unmittelbaren Vorfeld eines angestrebten Vertragsschlusses an. Treten nun Verwaltung und Bürger mit dem Ziel einer abschließenden, rechtverbindlichen Regelung in Kontakt, begegnen sie sich als Beteiligte (§ 13 VwVfG) eines Verwaltungsverfahrens (§§ 9 ff. VwVfG). Zwischen den Beteiligten entsteht eine rechtliche Beziehung, die geläufig als Verfahrensrechtsverhältnis erfasst wird.277 Sobald dabei konkret der Abschluss eines Vertrages ins Auge gefasst ist, stellt sich diese Rechtsbeziehung ebenso wie im Zivilrecht als „vorvertragliches Schuldverhältnis“ dar.278 Gegenüber dem allgemeinen Verfahrensrechtsverhältnis sind die Pflichten zwischen den Parteien zwar nicht wesungen entsprechend, soweit sich die Rechtsverhältnisse nicht ohnehin als Verwaltungsverträge erfassen lassen. 272 de Wall, Privatrechtliche Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 422. Die auf der Grundlage des alten Rechts formulierte Aussage erinnert an die gegenwärtig zu § 311a I und II BGB gebräuchlichen Formulierungen und reflektiert die dogmatische Verwandheit beider Institute, zur Problematik oben § 15 A. III. 273 Dazu Grundmann, AcP 204 (2004), 569 (581) mit der Betonung, dass § 280 I und nicht § 311 II BGB Anspruchsgrundlage für die Haftung aus c. i. c. ist. 274 BT-Drs. 14/60/40, S. 163. 275 BT-Drs., a. a. O. 276 BT-Drs., a. a. O. 277 Vgl. Bauer, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann, Innovation und Flexibilität, 245 (259 f.). 278 Ausführlich Keller, Vorvertragliche Schuldverhältnisse, S. 105 ff. Dort auch zu der im Einzelfall nicht einfach zu bestimmenden Grenze, wann dieses besondere Rechtsverhältnis zur Entstehung gelangt.
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sensmäßig anders. Allerdings bestehen angesichts der anvisierten verwaltungsvertraglichen Regelung doch besondere und teilweise intensivere Pflichten279. Insbesondere das im Vergleich zum privaten Vertragspartner erweiterte Pflichtenprogramm der rechtsgebundenen Verwaltung wurde jüngst von Schlette280 und Keller281 herausgearbeitet. Als Rechtsfolge einer schuldhaften Verletzung von Pflichten im Vorfeld eines (potentiellen) Verwaltungsvertrages wurde schon bisher grundsätzlich eine Haftung nach den Grundsätzen des Rechtsinstituts der c. i. c. angenommen.282 Erfolgt die Pflichtverletzung zu einem Zeitpunkt, in dem man den Vertragsschluss bereits ins Auge gefasst hat, aber nicht in die konkrete Verhandlungsphase eingetreten ist, ist tatbestandlich jetzt § 280 I i. V. m. § 311 II Nr. 2, 241 II BGB i. V. m. § 62 S. 2 VwVfG, zum Zeitpunkt der Verhandlungsphase dann § 280 I i. V. m. § 311 II Nr. 1, 241 II BGB i. V. m. § 62 S. 2 VwVfG einschlägig. Kommt es zum Vertragsschluss, so wird die Haftung aus c. i. c. durch die vertragliche Haftung, insbesondere aus positiver Forderungsverletzung, abgelöst.283 Zu komplizierten Haftungsfragen kann es kommen, wenn Verwaltung und Bürger derart in Kontakt treten, dass die Verwaltung die Möglichkeit hat, schädigend auf Rechtsgüter des Bürgers Einfluss zu nehmen, dies aber zu einem Zeitpunkt geschieht, wo noch unklar ist, ob und in welcher Form es zwischen den Parteien zu einer Regelung kommen wird. Soweit die Verwaltung informierend und beratend tätig wird284, ist der Übergang zu einem formalisierten Verfahren oft fließend.285 Zu Beginn oder auch noch im Verlauf derartiger Kontakte ist oft noch unklar, ob das Verfahren auf den Abschluss eines Verwaltungsvertrages oder eines Verwaltungsaktes hinausläuft.286 Das Privatrecht hat dem Umstand, dass nicht jede Verhandlung oder – noch allgemeiner gesprochen – nicht jeder im Vorfeld eines rechtlich formalisierten Rechtsverhältnisses stattfindende (rechts-)geschäftliche Kontakt auf den Abschluss eines Vertrages zielt oder in einen solchen mündet, durch die Auffangkategorie des § 311 II 279 Vgl. de Wall, Privatrechtliche Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 422. Zur Unterscheidung der aus Treu und Glauben ableitbaren spezifisch „vorvertraglichen“ Pflichten einerseits und der verfahrensbezogenen Pflichten andererseits Keller, Vorvertragliche Schuldverhältnisse, S. 67 ff. und 96 ff. 280 Verwaltung als Vertragspartner, S. 414 ff. 281 Vorvertragliche Schuldverhältnisse, S. 130 ff. 282 Schlette, a. a. O., S. 427 und ausführlicher noch Keller, Vorvertragliche Schuldverhältnisse, S. 176 ff.; Meysen, Verwaltungsrechtsverhältnis, S. 60 ff. und de Wall, Privatrechtliche Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 421 ff. jeweils auch mit ausführlichen Nachweisen der bisherigen Rspr. Zur aktuellen Rechtsprechung sogleich unter b). 283 Meysen, Verwaltungsrechtsverhältnis, S. 65. 284 Dazu Kellner, Haftungsprobleme, S. 11. 285 Vgl. P. Stelkens/Schmitz, in: P. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 9, Rn. 165. 286 Vgl. Kellner, Haftungsprobleme, S. 91.
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Nr. 3 BGB Rechnung getragen.287 Danach entsteht ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 II BGB auch durch „ähnliche geschäftliche Kontakte“. Nach der Bestimmung soll in zeitlicher Hinsicht bereits dann gehaftet werden, wenn sich „noch kein Vertrag angebahnt hat“288 Als Minimalvoraussetzung ist zu beachten, dass es sich wenigstens um potentielle Parteien eines künftigen Verwaltungsvertrages handeln muss.289 Wann aber verdichtet sich das allgemeine Verfahrensrechtsverhältnis zwischen Behörde und Bürger zu einem besonderen vorvertraglichen verwaltungsrechtlichen Schuldverhältnis?290 Im Privatrecht ist man hier recht großzügig. Da die Privaten ihre Rechtsverhältnisse nur durch Vertrag regeln können, besteht im Falle eines intensivierten sozialen Kontaktes natürlicherweise eine Nähe zum potentiellen Vertragsschluss, ohne dass ein solcher zwischen den Beteiligten zur Sprache gekommen sein muss. Anders im Falle der Interaktion zwischen Behörde und Privaten: Ist nach außen nicht erkennbar, dass ein oder beide Beteiligten einen Vertragsschluss anstreben, kann der Kontakt auch auf eine einseitige Regelung durch Verwaltungsakt hinauslaufen. In Einengung der zivilrechtlichen Sichtweise soll eine Haftung daher erst dann in Betracht kommen, wenn der Kontakt einen „vertragsspezifischen Charakter“ hat.291 Soll die Verwaltung, obwohl sie gegenüber dem Privaten aufgrund ihrer Gesetzesbindung ein Mehr an vorvertraglichen Pflichten trifft292, im Vergleich zur Haftung bei vorvertraglichem Kontakt zweier Privatrechtssubjekte haftungsrechtlich privilegiert werden?293 Nimmt man den Vertrag als gleichwertige Handlungsalternative ernst, hat dem Handlungs- auch das korrespondierende Haftungsregime zu folgen. Dies gilt erst recht, wenn die im Vergleich zum Vertrag unter Privaten andersartige Struktur des Rechtsverhältnisses darauf zurückzuführen ist, dass den einen Vertragspartner intensivere, sich gerade in gesteigerten Nebenpflichten manifestierende Bindungen treffen. Mit dem Hinweis auf den alternativen Verwaltungsakt wird man eine Privilegierung der Verwaltung nur rechtfertigen können, wenn es sich um eine Situation handelt, in 287 Zur Auffangfunktion vgl. die Ausführungen in der Gesetzesbegründung BT-Drs. 14/6040, S. 163. 288 BT-Drs. 14/6040, S. 163. 289 BT-Drs. 14/6040, S. 163. 290 Zu der von Vertretern der Rechtsverhältnislehre vollzogenen Unterscheidung vom abstrakten „Allgemeinen Grundverhältnis“ zwischen Staat und Bürger einerseits und dem konkreten, ggf. vertraglich formalisierten und damit „Besonderen Rechtsverhältnis“ oben unter § 7 C. IV. 291 So Keller, Vorvertragliche Schuldverhältnisse, S. 124 ff. und dem folgend Meysen, Verwaltungsrechtverhältnis, S. 68 und 309. 292 Vgl. Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 414 ff. 293 Zwar kommt auch ein Amtshaftungsanspruch in Betracht. Die Haftung aus c. i. c. ist demgegenüber jedoch in mehrerlei Hinsicht vorteilhafter, vgl. Fn. 371 (S. 357). Durch das jüngste Schadensrechtsänderungsgestz wurden auch die Rechtsfolgen angenähert. Insbesondere kann nunmehr auch im Rahmen der c. i. c. Schmerzensgeld gefordert werden.
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der aufgrund der übersichtlichen Sachlage eine Regelung durch Verwaltungsakt sehr wahrscheinlich ist. Treten die Beteiligten demgegenüber in einer Weise in Kontakt, welche eine konsensuale Regelung aufgrund einer differenzierten Sachlage möglich erscheinen lässt, kann inzwischen von einem Vorrang des Vertrages vor einer einseitigen Regelung ausgegangen werden294. Solange der Vertragsschluss nicht ausgeschlossen werden kann und sich auch nicht eindeutig eine Regelung durch Verwaltungsakt abzeichnet, ist daher zu vermuten, dass der Sachverhalt durch Verwaltungsvertrag geregelt wird. In den Grenzen dieser Vermutung ist der Anwendungsbereich des § 311 II Nr. 3 BGB ebenso weit zu ziehen wie im Privatrecht. Soweit der Kontakt innerhalb eines laufenden Verwaltungsverfahrens stattfindet, baut das angenommene vorvertragliche Schuldverhältnis auf dem verfahrensrechtlichen Rechtsverhältnis auf. Das nach § 311 II Nr. 3 BGB zur Entstehung gelangende „Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2“ bietet damit sogar eine dichtere Haftungsgrundlage als eine vergleichbare Sonderverbindung zwischen zwei Privaten. Die Zufälligkeit, welche Handlungsform am Ende des Verfahrens steht, kann für den Rechtsgüterschutz des jeweils anderen Vertragspartners keinen Unterschied machen.295 Insbesondere die noch näher in den Blick zu nehmende Beweislastumkehr hinsichtlich des Verschuldens (§ 280 I 2 BGB)296 könnte sich dabei angesichts der oft undurchsichtigen Interaktionen als praktisch hilfreich erweisen. Der Anspruch aus c. i. c. richtet sich grundsätzlich nur gegen den potentiellen Vertragspartner, während Vertreter und Verhandlungsgehilfen, für die der Geschäftsherr nach § 278 BGB einzustehen hat, selbst nur aus Delikt haften.297 In § 311 III i. V. m. § 280 I BGB ist nunmehr aber auch eine persönliche Haftung eines Dritten vorgesehen, wenn zu diesem ausnahmsweise („kann“) ein vorvertragliches Schuldverhältnis zustande gekommen ist. Nach dem Regelbeispiel in § 311 III 2 BGB ist dies dann der Fall, wenn der Dritte in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch genommen und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst hat. Nach dem Willen des Gesetzgebers298 soll damit eine Rechtsprechungslinie des BGH299 aufgenommen werden, bei welcher es um die Haftung von Sachverständigen oder anderen „Auskunftspersonen“ geht, die nicht selbst ein Eigeninteresse am Abschluss eines Vertrages haben, dennoch aber durch ihre Äußerungen entscheidend zum Vertragsabschluss beitragen, weil sich ein Vertragspartner auf ihre Objektivität und Neutralität verlässt (sog. Sachwalterhaftung300). Dabei handelt es sich so294 295 296 297 298 299 300
Dazu bereits unter § 7 B. II. und dort Fn. 77 (S. 128). Ähnlich Kellner, Haftungsprobleme, S. 167 f. Dazu sogleich gesondert unter B. IV. 2. Grüneberg, in: Bamberger/Roth, BGB, § 311, Rn. 114. BT-Drs. 14/6040, S. 163. Zusammenfassend Grüneberg, in: Bamberger/Roth, BGB, § 311, Rn. 114. Näher Lorenz/Riehm, Lehrbuch Neues Schuldrecht, S. 190, Rn. 374.
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weit ersichtlich um ein spezifisches Problem des Privatrechtsverkehrs, welches keine Entsprechung im Verwaltungsrecht hat.301 b) Rechtsweg bei öffentlich-rechtlicher c. i. c. nach der Neuregelung Die seit langem umstrittene Frage des Rechtswegs erweist sich als symptomatisch für die schwierige Erfassung, Einordnung und Handhabung der nunmehr geregelten c. i. c. und soll daher etwas eingehender beleuchtet werden. Das Problemfeld ist ausgehend von einer Differenzierung zu erschließen: Entscheidend ist zunächst einmal, wer Anspruchsteller ist. Da die vorvertragliche Sonderbeziehung beide Parteien bindet, sind sowohl Schadensersatzansprüche eines Privaten gegen die öffentliche Hand als auch Ansprüche derselben gegen den Privaten denkbar. Letztere gehören gem. der Grundregel des § 40 I 1 VwGO, wonach für alle öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten der Verwaltungsrechtsweg gegeben ist, vor die Verwaltungsgerichte.302 Streitig ist allein die umgekehrte Konstellation, also der Rechtsweg bei Ansprüchen des Bürgers gegen die Verwaltung. Dazu hatte das BVerwG303 kürzlich aufgrund des folgenden Falles Stellung zu nehmen: Ein Bauunternehmen möchte ein komplexes Bauvorhaben realisieren. Dazu wird gemeinsam mit der Stadt ein Vorhaben- und Erschließungsplan (§ 12 BauGB304) ins Auge gefasst. Das Unternehmen stellt einen entsprechenden Antrag, um das Verfahren einzuleiten, an dessen Ende der Abschluss eines Verwal301 Angemerkt sei noch, dass der Gesetzgeber auch § 311 III BGB bewusst offen gestaltet hat. Teilweise wird angenommen, dass die Norm gleichermaßen die Aktivwie die Passivlegitimation Dritter aus c. i. c. regelt, also nicht nur die unter den Stichworten Dritt- oder Sachwalterhaftung diskutierten Fälle einer Erstreckung der Haftung aus c. i. c. auf so genannte Dritte, sondern auch die schon lange anerkannten Schutzwirkungen des gesetzlichen Schuldverhältnisses aus c. i. c. zugunsten Dritter, die vor allem bei den Verkehrssicherungspflichten eine Rolle spielen. Letztere können auch im öffentlichen Recht eine Rolle spielen, etwa beim Abschluss eines Erschließungsvertrages, in dem der Erschließungsunternehmer vertraglich berechtigt wird, die Kosten der Herstellung der Erschließungsanlagen samt seines eigenen Honorars wieder von den Grundstückseigentümern (Dritten) zu fordern (vgl. Birk, Städtebauliche Verträge, S. 56, Rn. 89). Diese Fälle können freilich genauso gut auch bei § 311 II Nr. 3 BGB („ähnliche geschäftliche Kontakte“) angesiedelt werden (so Emmerich, in: MüKo, BGB, § 311, Rn. 196 und auch der Gesetzgeber selbst, vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 163). In jedem Fall sind auch weiterhin die allgemein anerkannten Voraussetzungen für einen Vertrag mit Schutzwirkungen zugunsten Dritter zu prüfen (vgl. BT-Drs., a. a. O.), so dass sich insofern keine wesentlichen materiell-rechtlichen Neuerungen ergeben; ausführlich zu § 311 III BGB, besonders im Hinblick auf eine vertrauensrechtliche Auskunftshaftung (Dritter) jetzt Koch, AcP 204 (2004), 59 ff. und aus der Rspr. erstmals OLG Schleswig NJW 2004, 1257 (1258). 302 Vgl. Kellner, DVBl. 2002, 1648. 303 BVerwG NJW 2002, 2894 f. zusammenfassend und inhaltlich zustimmend Ziekow/Siegel, VerwArch 95 (2004), 443 (582 f). 304 Eingehend Birk, Städtebauliche Verträge, S. 265 ff., Rn. 620 ff.
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tungsvertrages über die Durchführung des Projekts steht. Ein halbes Jahr nach Verfahrensbeginn wird das Projekt vom Bau- und Wirtschaftsausschuss der Stadt abgeblockt. Das Unternehmen macht nun geltend, von Seiten der Stadt unzureichend über die schon früh bekannten Hinderungsgründe informiert worden zu sein. Sie verlangt die Kosten ersetzt, welche ihr im Hinblick auf das erwartete Projekt entstanden sind. In Anlehnung an die ältere Rspr. des BGH305 hat das BVerwG306 hinsichtlich des Rechtsweges differenziert: Soweit die Entstehungsgründe typischerweise auch Gegenstand eines Amtshaftungsanspruchs sein können, also ein Sachzusammenhang zu Ansprüchen aus § 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG besteht, seien die ordentlichen Gerichte zuständig. Das sei insbesondere – wie eben im zu entscheidenden Fall – bei der Verletzung von Beratungs- und Auskunftspflichten der Fall. Soweit demgegenüber der Anspruch aus c. i. c. neben Ansprüchen aus einem Vertrag geltend gemacht werde, fordere der Sachzusammenhang den Rechtsweg vor die Verwaltungsgerichte. Die Verwaltungsgerichte seien auch insoweit zuständig, als die Erstattung von Leistungen verlangt wird, die auf Grund eines Vertrags oder im Blick auf einen noch abzuschließenden umfassenden Vertrag erbracht worden seien. Denn derartige Erstattungs- und Bereicherungsansprüche stellten die Kehrseite des Leistungsanspruchs dar und seien daher im selben Rechtsweg zu verfolgen wie dieser. Die Kritik307 ließ nicht lange auf sich warten, was wenig verwundert, setzt sich das BVerwG doch über die bisherige herrschende Meinung308 hinweg, ohne sich mit dieser inhaltlich auseinanderzusetzen. Mit dem Kriterium der „Sachnähe“ orientiert sich das BVerwG letztlich an prozessökonomischen Gesichtspunkten309, anstatt sich mit Wortlaut, Systematik und Hintergrund der Regelungen des § 40 VwGO oder dem Kerngehalt des Institutes der c. i. c. näher auseinanderzusetzen.310
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NJW 1986, 1109. NJW 2002, 2894 (2895). 307 Während durchweg an der Begründung Kritik geübt wurde, ging einigen die Zuordnung zu den ordentlichen Gerichten nicht weit genug (so vor allem Ehlers, JZ 2003, 209 ff. und Kellner, DVBl. 2002, 1648 ff.), während andere grundsätzlich den Verwaltungsrechtsweg für gegeben hielten (so vor allem Dötsch, NJW 2003, 1430 ff.). 308 Ausführlich zuletzt m. w. N. Keller, Vorvertragliche Schuldverhältnisse, S. 202 ff.; vgl. zudem Bonk, in: P. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 62, Rn. 58; Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 62 Rn. 11; Meyer, in: Meyer/Borgs, VwVfG, § 97, Rn. 10 oder VG Bremen, NordÖR 1999, 242 (244 f.). 309 Ehlers, JZ 2003, 209 (210) und Ziekow/Siegel, VerwArch 95 (2004), 443 (582). 310 Ganz anders die Vorinstanz, welche zudem darauf hingewiesen hatte, dass prozessökonomischen Erwägungen durch die (seit dem 1. 1. 1991 geltende) Neufassung des § 17 II GVG „ohnehin weit gehend der Boden entzogen“ worden ist. Nach dieser Bestimmung entscheidet das Gericht des zulässigen Rechtswegs den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden Gesichtspunkten; das heißt, es hat auch Anspruchs306
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2. Teil 3. Abschn.: Verwaltungsvertrag und Leistungsstörungsrecht
Für Ansprüche des Bürgers ist die in § 40 II 1 Var. 3 VwGO vorgesehene Ausnahme zur Grundregel des § 40 I 1 VwGO zu beachten. Danach ist für Schadensersatzansprüche „aus der Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten“ der ordentliche Rechtsweg gegeben. Betrachtet man § 40 II 1 VwGO nur so weit, scheinen Ansprüche aus c. i. c. vor die Zivilgerichte zu gehören. Liest man jedoch weiter, folgt eine Gegenausnahme, wonach die Verwaltungsgerichte doch zuständig sind, wenn die Ansprüche „auf einem öffentlich-rechtlichen Vertrag beruhen“. Entscheidend ist also, ob Ansprüche aus c. i. c. allgemein auf der Verletzung öffentlicher Pflichten oder speziell auf einem Verwaltungsvertrag „beruhen“.311 Das Kriterium des „Sachzusammenhangs“ sagt insoweit nichts aus.312 Es führt vielmehr zu zufälligen Ergebnissen313 und ermöglicht keine hinreichend berechenbare, dem Gebot der Rechtswegklarheit entsprechende einheitliche Zuweisung zu dem einen oder anderen Rechtsweg314. Auch wenn das Institut durch eine „Vielfalt der im vorvertraglichen Stadium entstehenden Pflichten“ gekennzeichnet ist315, bedeutet dies nicht, dass es auf unterschiedlichen Grundlagen zur Entstehung gelangt. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Ansprüche in der vorvertraglichen Sonderbeziehung immer dieselbe, für die Einordnung maßgebliche dogmatische Basis besitzen.316 Zwar hat der Gesetzgeber allein durch die Normierung nichts an der dogmatischen Herleitung des Institutes geändert.317 Dennoch gehen mit der Normierung in den §§ 280 I, 311 II und 241 II BGB etliche Präzisierungen einher, die es bei der Verortung der c. i. c. aus Sicht des § 40 II 1 VwGO sorgfältig zu bedenken gilt. Zunächst führt die amtliche Überschrift zu § 311 BGB mit der Unterscheidung zwischen „rechtsgeschäftlichen“ und „rechtsgeschäftsähnlichen“ Schuldverhältnissen die Trennung von vertraglicher und gesetzlicher Haftung fort. Entsprechend könnte man betonen, dass es sich um ein „gesetzliches Schuldverhältnis“ handelt, die Haftung mithin nicht auf einem „Vertrag“ beruht.318 Dogmatisch ist die Quelle grundlagen zu prüfen, die „an sich“ vor einem anderen Gericht geltend zu machen wären, vgl. OVG Weimar NJW 2002, 386 (387). 311 Ehlers, a. a. O. und Kellner, DVBl. 2002, 1648. 312 Ehlers, a. a. O. 313 Dies war bereits ein wesentlicher Kritikpunkt, welcher gegen die überkommene Rechtsprechung des BGH, an welcher sich das BVerwG orientiert, vortragen wurde, vgl. Kellner, Vorvertragliche Schuldverhältnisse, S. 203 f. mit Beispielen der vorangegangenen Rechtsprechung. 314 So zutreffend das OVG Weimar NJW 2002, 386 (387) mit Verweis auf SchmidtAßmann, in: Maunz/Dürig, GG (Stand: 37. Lfg. April 2000), Art. 19 IV, Rn. 231 und den dortigen Hinweis auf BVerfGE 57, 9 (22) = NJW 1981, 1154. 315 Darauf gründet das BVerwG NJW 2002, 2894 (2895) seine Differenzierung und beruft sich insoweit auf die Gesetzesbegründung zum SMG (BT-Drs. 14/6040, S. 161). 316 Kellner, DVBl. 2002, 1648. 317 Ehlers, JZ 2003, 209 (210). 318 So das BVerwG NJW 2002, 2894 (2895) und insoweit zustimmend Kellner, a. a. O., 1648 (1649) und Ehlers, JZ 2003, 209 (210).
§ 16 Haftung für Pflichtverletzungen nach § 280 BGB
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der maßgeblichen Schutzpflichten nicht ein geltender Vertrag, sondern der Vertrauensschutz, der im Zivilrecht in § 242 BGB seine wesentliche Ausprägung gefunden hat und als allgemeines Prinzip auch im öffentlichen Recht gilt.319 Bezogen auf § 40 II 1 Var. 3 VwGO gewendet folgt daraus aber lediglich, dass die Haftung nicht auf einem anschließend tatsächlich geschlossenen wirksamen Vertrag beruht. Sie könnte aber auf der Nähe zu einem (künftigen) Verwaltungsvertrag beruhen. Aus Sicht des öffentlichen Rechts wurden hierfür bisher zwei Kernargumente vorgetragen: Zum einen müsse der Vorbehalt des § 40 II 1 Var. 3 VwGO zugunsten des öffentlich-rechtlichen Vertrages weit ausgelegt werden, weil er als Ausnahme von der Ausnahme zur Rückkehr der Regel des § 40 I 1 VwGO führe.320 Soweit der Gesetzgeber321 hinsichtlich der Einführung der Gegenausnahme in § 40 II 1 Var. 3 BGB ausführt, „dass für Streitigkeiten über Wirksamkeit und Inhalt eines öffentlich-rechtlichen Vertrags sowie über die Folgen und Leistungsstörungen aller Art einschließlich von Schadensersatzverpflichtungen die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte gegeben ist“, ist dies konsequent so zu lesen, dass auch Ansprüche aus c. i. c. erfasst sind.322 Aufbauend auf dem weiten Verständnis ist es daher ausreichend, dass die Haftung dogmatisch auf einem Rechtsverhältnis fußt, welches infolge der Nähe zum potentiellen Verwaltungsvertrag als „vertragsähnliches“ zu qualifizieren ist.323 Dem entspricht es, dass der Gesetzgeber324 die c. i. c. bewusst im Anschluss an § 311 I BGB, der Grundnorm des Vertragsprinzips, geregelt hat.325 Seinem Inhalt nach weist der Anspruch aus c. i. c. starke Parallelen zu den bei Verletzung vertraglicher Schutzpflichten gegebenen Ansprüchen aus positiver Forderungsverletzung (p. F. V.) auf.326 „Schutzpflichtverletzungen“, die zu einem Anspruch aus p. F. V. führen können, stellen zudem – genauso wie vorvertragliche Schutzpflichtverletzungen – im Regelfall eine Amtspflichtverletzung dar.327 Obwohl Ansprüche aus p. F. V. damit ebenfalls in „typischem Sachzusammenhang“ mit 319
Kellner, a. a. O., 1648 (1649). Schoch, in: FS Menger, 305 (324), dem folgend VG Bremen, NordÖR 1999, 242 (244 f.) und OVG Weimar NJW 2002, 386 (387). 321 BT-Drs. 7/910, S. 97 (Hervorhebung durch den Verfasser). 322 Ausführlich OVG Weimar NJW 2002, 386 (387 f.) m. w. N. 323 So noch OVG Weimar NJW 2002, 386 (387). 324 Vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 162. 325 Dötsch, NJW 2003, 1430 (1431). 326 OVG Weimar NJW 2002, 386 (387). 327 Dazu de Wall, Privatrechtliche Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 412; Dötsch, NJW 2003, 1430 (1431) und noch deutlicher im Sinne eines Gleichlaufes Papier, in: MüKo, BGB, § 839, Rn. 228 und Ehlers, JZ 2003, 209 (211) sowie bereits für Pflichtverletzungen im „Verwaltungsrechtsverhältnis“ Krause VVDStRL 45 (1987), 212 (229). Nur wo für den Staat ein selbständiger Unternehmer tätig wird, der keinen Amtspflichten unterliegt, dürften Leistungsstörung und Amtspflichtverletzung auseinanderfallen. Zur dann zu erwägenden Haftung des Staates analog § 278 BGB, vgl. Krause, a. a. O., 212 (230). 320
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2. Teil 3. Abschn.: Verwaltungsvertrag und Leistungsstörungsrecht
Amtshaftungsansprüchen stehen, sind sie nach überwiegender Auffassung im Verwaltungsrechtsweg geltend zu machen328. In systematischer Hinsicht knüpft nunmehr § 311 II BGB an die in § 241 II BGB gesondert geregelten Schutzpflichten an, indem er bestimmt, dass unter den in § 311 II Nrn. 1 bis 3 genannten Voraussetzungen „ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 entsteht“. Vor der Schuldrechtsmodernisierung wurde bereits erwogen, die Ansprüche aus p. F. V. und c. i. c. über ein umfassendes Konzept einer einheitlichen „Schutzpflichtverletzung“ – in den Worten von Canaris329 als „dritte Spur zwischen Vertrag und Delikt“ – zu erfassen. Nach neuem Recht kommt die Verwandtschaft beider Institute wesentlich dadurch zum Ausdruck, dass Anspruchsgrundlage in beiden Fällen der haftungsrechtliche Grundtatbestand des § 280 I BGB ist.330 Oft liegt der Unterschied nur im Zeitpunkt der Pflichtverletzung, womit nach der Rspr. des BVerwG der Rechtsweg von Zufälligkeiten abhängen kann. Der über § 62 S. 2 VwVfG anwendbare § 280 I BGB lässt für eine Aufspaltung des Rechtswegs für Schadensersatzansprüche wegen der Verletzung von Schutzpflichten aus abgeschlossenen öffentlich-rechtlichen Verträgen auf der einen und Schadensersatzansprüchen aus culpa in contrahendo auf der anderen Seite letztlich keinen Raum mehr.331 In beiden Fällen handelt es sich um Ansprüche aufgrund von Leistungsstörungen, die auf einem Verwaltungsvertrag „beruhen“, so dass in beiden Fällen immer die Verwaltungsgerichte zuständig sind.332 Im Ergebnis wird dadurch zugleich einer Privilegierung der Verwaltung vorgebeugt. Deren Ansprüche aus öffentlich-rechtlicher c. i. c. gegen den Bürger sind – wie eingangs gesehen – immer vor den Verwaltungsgerichten geltend zu machen. Hinsichtlich der Ermittlung des den Tatbestand ausfüllenden Sachverhalts greift nach der hier befürworteten Konzeption in beiden Fällen – also nicht nur zu Gunsten der Verwaltung – der Untersuchungsgrundsatz (§ 86 I VwGO).333 Die gesetzgeberischen Präzisierungen der Schuldrechtsmodernisie328 Vgl. nur OVG Weimar NJW 2002, 386 (387); Bonk, in: P. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 62, Rn. 58 und Papier, in: MüKo, BGB, § 839, Rn. 71. 329 in: FS Larenz II, 27 (84 ff.). 330 Von der Konzeption einer einheitlichen „Schutzpflichtverletzung“ unterscheidet sich dies dadurch, dass von § 280 I BGB (im Einzelfall unter den „zusätzlichen Voraussetzungen etwa des § 281 BGB) auch die Verletzung von (Haupt-)Leistungspflichten erfasst ist. 331 So zutreffend (noch unter Verweis auf die Regierungsbegründung zum SMG) OVG Weimar NJW 2002, 368 (388). 332 Gerade im Hinblick auf die Neuregelung ebenso Dötsch, NJW 2003, 1430 (1432) und ders., in: Kroiß, Klauselbuch Schuldrecht, § 23, Rn. 42 und zuvor bereits ders., NWVBl. 2002, 140 (142). 333 Vgl. auch Dötsch, NJW 2003, 1430 (1432). Eine Besonderheit könnte sich hinsichtlich des Verschuldens aus der in § 280 I 2 BGB nunmehr einheitlich verankerten Beweislastumkehr ergeben. Dazu aus verwaltungsprozessualer Sicht sogleich unter IV. 2.
§ 16 Haftung für Pflichtverletzungen nach § 280 BGB
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rung hätten sich angeboten, aufbauend auf der bisher herrschenden (Literatur-) Meinung die alte Streitfrage einem klaren Ergebnis zuzuführen. Stattdessen wird sich die Praxis nun zunächst einmal für die aufgrund der am jeweiligen „Sachzusammenhang“ orientierten Differenzierung des BVerwG kaum vermeidbaren Abgrenzungsprobleme334 wappnen müssen. 2. Vertragsdurchführung: positive Forderungsverletzung (p. F. V.) Bisher verstand man unter „positiver Vertragsverletzung“ alle rechtswidrigen und schuldhaften Pflichtverletzungen, die weder Unmöglichkeit noch Verzug zur Folge hatten und auch nicht von den gesetzlichen Gewährleistungsvorschriften erfasst wurden.335 Die Anwendbarkeit der somit ursprünglich zur Schließung zivilrechtlicher Haftungslücken des Leistungsstörungsrechts in Gesamtanalogie zu den §§ 276, 278, 280, 286 BGB a. F. entwickelten p. F. V. auch auf Verwaltungsverträge war schon bisher allgemein anerkannt.336 Mit der Normierung der p. F. V. im neuen § 280 I BGB verbinden sich für das öffentliche Recht keine materiell-rechtlichen Neuerungen337, so dass hinsichtlich der Details auf die jüngst noch auf Basis der bisherigen Rechtslage erfolgten Ausführungen verwiesen werden kann.338
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Dötsch, in: Kroiß, Klauselbuch Schuldrecht, § 23, Rn. 42 So für Verwaltungsverträge Bonk, in: P. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 62, Rn. 56 und für das Zivilrecht Heinrichs, in: Palandt, BGB (60. Aufl., 2001), § 276, Rn. 107. Die Variante der „Schlechtleistung“ war vor allem bei Vertragstypen ohne gesetzliche Gewährleistungsvorschriften relevant. Demgegenüber kam die p. F. V. im Kauf- und Werkvertragsrecht vor allem bei Schäden in Betracht, die infolge mangelhafter Leistung an sonstigen Rechtsgütern entstanden waren (Mangelfolgeschäden), vgl. Heinrichs, a. a. O., § 276, Rn. 109 ff. Häufiger war die Verletzung einer Schutzund Nebenpflicht, vgl. Heinrichs, a. a. O., § 276, Rn. 113 ff. 336 Vgl. bereits die Gesetzesbegründung zu § 62 VwVfG: BT-Drs. 7/910, S. 83 sowie aus der Literatur Bonk, in: P. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 62, Rn. 56; Ule/ Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht, § 72, Rn. 11; de Wall, Privatrechtliche Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 413 f.; Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 356; Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 605 sowie Spannowsky, Verträge und Absprachen, S. 243; einschränkend für die Schlechterfüllung einer Hauptleistungspflicht durch die Behörde in subordinationsrechtlichen Verträgen Bernsdorf, in: Obermayer, VwVfG, § 62, Rn. 154. Mit eigener Lösung zudem Papier, Forderungsverletzung, pass. Von dem dort zunächst eingeschlagenen Sonderweg einer Begründung der Forderungsverletzung mit Art. 34 GG ist Papier selbst wieder abgerückt, vgl. daher noch ders., in: Maunz/Dürig, Art. 34, Rn. 36 und ders., in: MüKo, BGB, § 839, Rn. 71 ff.; vgl. zudem die Nachweise aus der Rspr. in den nachfolgenden Fn. 337 Der Tatbestand des § 280 I BGB gleicht exakt den Voraussetzungen, welche für die öffentlich-rechtliche p. F. V. auf der Grundlage des bisherigen Rechts formuliert wurden (dazu zuletzt noch zusammenfassend m. w. N. Bamberger, Jura 2002, 35 [36]). 338 Zuletzt zur p. F. V. bei verwaltungsrechtlichen Schuldverhältnissen insgesamt de Wall, Privatrechtliche Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 411 ff., speziell zur p. F. V. im Verwaltungsvertrag S. 413 ff. und Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 605 f. 335
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2. Teil 3. Abschn.: Verwaltungsvertrag und Leistungsstörungsrecht
Der „deutliche Fortschritt“339 für das Verwaltungsvertragsrecht ist darin zu sehen, dass für diese Fälle jetzt mit § 280 I BGB ein gesetzlicher Tatbestand zur Verfügung steht. Methodisch tritt an die Stelle der Analogie zu der im Privatrecht etablierten „Gesamt-“ oder „Rechtsanalogie“340 jetzt die gesetzlich geleitete Rezeption durch die Verweisungsnorm des § 62 S. 2 VwVfG. Wenn auch bisweilen noch von „positiver Vertragsverletzung“ die Rede ist, hat sich in beiden Teilrechtsordnungen der Terminus der „Forderungsverletzung“ durchgesetzt.341 Damit wird auch für das öffentliche Recht konsequent dem Umstand Rechnung getragen, dass der Abschluss eines Vertrages nicht Haftungsvoraussetzung ist, sondern eine Haftung auch bei Pflichtverletzungen im gesetzlichen Schuldverhältnis in Betracht kommt.342 Im Verwaltungsrecht wurde das Institut bisher denn auch weniger bzgl. Pflichtverletzungen aus einem Vertragsverhältnis343, sondern sogar überwiegend bei nicht durch Vertrag begründeten verwaltungsrechtlichen Schuldverhältnissen bemüht.344 Schwerpunktmäßig ging es dabei um die Verletzung von Schutz- und Nebenpflichten in öffentlich-rechtlichen Benutzungsverhältnissen345, teilweise auch aus anderen (gesetzlich begründeten) öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen346. Da § 62 339 So vorausschauend noch auf der Grundlage der Vorarbeiten der Schuldrechtskommission zu § 280 BGB bereits de Wall, Privatrechtliche Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 412. 340 Aus Sicht des öffentlichen Rechts handelt es sich also um eine „doppelte Analogie“, dazu bereits aus methodischer Sicht unter § 5 B. 341 Auch die Begründung zum SMG (vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 133) sowie das BVerwG (NJW 1995, 23 [2304]) spricht von Forderungsverletzung. 342 Vgl. nur Bamberger, Jura 2002, 24. Ausgenommen sind freilich die Fälle der c. i. c. als vorvertraglichem, und insoweit speziellem, gesetzlichen Schuldverhältnis. 343 So etwa BVerwG NJW 1986, 2523 f.; NVwZ 1996, 174 oder VGH Mannheim NVwZ-RR 1991, 449 (450). 344 Anders im Falle der c. i. c., welche in anderen als den o. g. (vor-)vertraglichen verwaltungsrechtlichen Rechtsverhältnissen von der Rechtsprechung – soweit ersichtlich – nicht herangezogen wurde, vgl. de Wall, Privatrechtliche Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 425. 345 Insbesondere betroffen waren Schäden aufgrund der Nutzung des öffentlichen Kanalisations- und (Ab-)Wassersystems; für Ersatzansprüche der öffentlichen Hand gegen Bürger vgl. OVG Münster, Urt. v. 14.1.2003, Az. 15 A 4115/01 (JURIS, dort Rz. 6 ff.), Leitsatz abgedr. in DÖV 2003, 914; NVwZ 1998, 1212; VGH Mannheim NVwZ 1996, 201 f.; OVG Münster NVwZ 1987, 1105 (1106); für Ersatzansprüche des Bürgers gegen die öffentliche Hand, vgl. OVG Münster, NWVBl. 1996, 12 ff.; NVwZ-RR 1996, 482 sowie Urt. v. 21.2.1996, Az. 22 A 4136/93 (JURIS) und NVwZRR 1997, 207; infolge der Wahlfreiheit und den Unsicherheiten hinsichtlich des Rechtsweges (sogleich) finden sich auch Entscheidungen der ordentlichen Gerichte zur Thematik: OLG Düsseldorf NVwZ-RR 1996, 305 f.; BGH VersR 1985, 80 f.; MDR 1978, 648 f.; BayVBl. 1978, 219 f. und DÖV 1974, 711. Teilweise wurde der Anspruch auch im Zush. mit einer Amtshaftung und dementsprechend von den Zivilgerichten geprüft, vgl. OLG Koblenz NJW-RR 2001, 318 (320). 346 Vgl. BVerwGE 106, 272 (275 ff.); OVG Koblenz, NVwZ-RR 2001, 669 (670); VGH München, Urt. v. 11.11.1992, Az. 7 B 91.3123 (JURIS).
§ 16 Haftung für Pflichtverletzungen nach § 280 BGB
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S. 2 VwVfG insoweit nicht greift, wird man für verwaltungsrechtliche Schuldverhältnisse künftig im Wege der (einfachen) Analogie auf § 280 I BGB zurückgreifen können.347 Obwohl damit ungeachtet der Qualifikation als Vertrag ein einheitlicher Haftungstatbestand greift, sollten die Rechtsverhältnisse soweit möglich als Verwaltungsverträge qualifiziert werden. Denn aus dogmatischer Sicht ist die Figur des „verwaltungsrechtlichen Schuldverhältnisses“ weitgehend im Dunkeln geblieben.348 Diese „Zweckschöpfung zur Ergänzung des Rechts der öffentlich-rechtlichen Ersatzleistungen“349 verschleiert, dass in sehr vielen Fällen durchaus eine – ggf. konkludente350 – Einigung der Parteien vorliegt und man sich vielfach nur aufgrund des Schriftformerfordernisses des § 57 VwVfG an der Qualifikation als Verwaltungsvertrag gehindert sieht351. Da § 40 II 1 Var. 3 VwGO nur für Schadensersatzansprüche, die auf „Vertrag“ beruhen, den Verwaltungsrechtsweg als gegeben erachtet, streitet man sich darum, ob dies auch für Ersatzansprüche aus p. F. V. im Rahmen eines nur „quasi-vertraglichen“352 verwaltungsrechtlichen Schuldverhältnisses der Fall ist353. Die Erfassung als Verwaltungsvertrag bringt diesbezgl. praktisch den Vorteil einer klaren Rechtswegzuweisung mit sich. Hinsichtlich der Rechtsfolgen war für Verwaltungsverträge anerkannt, dass die Pflichtverletzung neben Schadensersatz weitergehend auch einen Rücktritt bzw. im Falle eines Dauerschuldverhältnisses eine Kündigung zur Folge haben konnte.354 Dies setzte allerdings voraus, dass durch die Vertragsverletzung der Vertragszweck derart gefährdet ist, dass dem geschädigten Vertragspartner nach 347 Dötsch, in: Kroiß, Klauselbuch Schuldrecht, § 23, S. 721 (736), Rn. 33. Obwohl sie die Sachverhalte durchweg noch nach alten Recht zu beurteilen hatten, verweisen auch die Verwaltungsgerichte in neusten Urteilen bereits auf die (künftige) Anwendung des § 280 I BGB, vgl. VGH Mannheim VBlBW. 2003, 231 = NJW 2003, 1066 oder OVG Münster, Urt. v. 14.1.2003, Az. 15 A 4115/01, (JURIS, dort Rz. 6). Die Anwendbarkeit der p. F. V. auf „quasivertragliche“ verwaltungsrechtliche Schuldverhältnisse war schon nach bisherigem Recht allgemein anerkannt, vgl. nur de Wall, Privatrechtliche Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 415 mit umfassenden Nachweisen. 348 Dazu bereits eingehend unter § 5 B. 349 de Wall, Privatrechtliche Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 326. 350 So angenommen von OLG Dresden LKV 2001, 142 (143) oder BayVerfGH NVwZ 1998, 727 (728 f.), jeweils am Beispiel der Benutzung einer öffentlichen Einrichtung. 351 Näher bereits § 7 B. II. 352 de Wall, Privatrechtliche Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 338 und 416. 353 Ausführlich zum Meinungsstand Ehlers, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 40, Rn. 543 oder Detterbeck/Windthorst/Sproll, Staatshaftungsrecht, § 22, Rn. 2. Aus neuer Zeit dezidiert für den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten etwa Bamberger, Jura 2002, 35 (37); für die Gegenansicht (Verwaltungsrechtsweg) VGH Mannheim VBlBW. 2003, 231 (232) m. w. N. 354 Siehe Henke, Wirtschaftssubventionen, S. 365; Bonk, in: P. Stelkens/Bonk/ Sachs, § 62, Rn. 56; de Wall, Privatrechtliche Vorschriften im Verwaltungsrecht,
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2. Teil 3. Abschn.: Verwaltungsvertrag und Leistungsstörungsrecht
Treu und Glauben ein Festhalten am Vertrag nicht zuzumuten ist. Hinsichtlich der Rechtsfolge „Schadensersatz“ hat diese spezielle Konstellation nunmehr in § 282 BGB eine ausdrückliche Regelung erfahren.355 Mit § 324 BGB findet sich eine korrespondierende Vorschrift zum Rücktritt und nach dem neuen § 314 BGB ist bei Dauerschuldverhältnissen die Möglichkeit der Kündigung eröffnet356. IV. Grundsätzliche Modifikationen des § 280 I BGB bei Rezeption in das Verwaltungsvertragsrecht? 1. Pflichtverletzung bei Gesetzesverstoß – droht eine uferlose Haftung bei Verwaltungsverträgen? Soweit die Pflichten aus der vertraglichen Vereinbarung selbst resultieren, bestehen gegenüber dem Zivilrecht keine strukturellen Besonderheiten. Im Hinblick auf die Neuregelung wurde nunmehr die Frage aufgeworfen, ob denn auch jeder Verstoß gegen eine (objektive) gesetzliche Pflicht, also jede Gesetzwidrigkeit der gesetzesgebundenen Verwaltung (Art. 20 III GG) eine Pflichtverletzung i. S. d. § 280 I BGB sein könne.357 Möglicherweise handelt es sich jedoch um ein Scheinproblem. Ziel und Umsetzung, sowie die Struktur des Pflichtverletzungstatbestandes sind an dieser Stelle genau in den Blick zu nehmen. Als Ausfluss objektiv-rechtlicher Bindungen mangelt es den gesetzlichen Pflichten der Verwaltung im Grundsatz an der Relativität, welche zivilrechtliche Verbindlichkeiten kennzeichnet.358 Daran wollte auch der Gesetzgeber durch § 280 I BGB nichts ändern. Primäres Anliegen war es, die Kategorien des Leistungsstörungsrechts einer neuen, einheitlichen und transparenteren Systematik zuzuführen. Die Herausforderung aus Sicht des öffentlichen Rechts liegt m. E. eher darin, die ehemaligen Kategorien der Leistungsstörungen sauber nach der neuen Systematik abzuarbeiten. Inhaltliche Änderungen mögen sich dabei dort ergeben, wo innerhalb des Systems der §§ 280 ff. BGB effektiv neue Regelungen geschaffen wurden359, nicht aber wo lediglich anerkannte Kategorien in ein passenderes Gewand gekleidet wurden. Im Ergebnis sind daher nach wie vor S. 414; Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 605 oder Ule/Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht, § 72, Rn. 11. 355 Dazu sogleich gesondert unter C. I. 2. 356 Vgl. die Ausführungen nachfolgend unter § 17 D. und das dortige Beispiel. 357 Die Problematik wurde von Geis, NVwZ 2002, 385 (388) aufgeworfen; daran anknüpfend Henneke, in: Knack, VwVfG, § 62, Rn. 26. 358 Krause, VVDStRL 45 (1987), 212 (221). 359 Dies trifft vor allem auf § 284 BGB zu, welcher sich aus Sicht des öffentlichen Rechts als praktisch bedeutsame „Neuheit“ erweisen könnte, dazu sogleich unter C. II.
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die Pflichtenstränge, welche bereits auf der Grundlage des alten Rechts unter Berücksichtigung verwaltungsrechtlicher Besonderheiten herausgearbeitet wurden, für das Vorliegen einer haftungsbegründenden Pflichtverletzung maßgeblich.360 Ebenso wenig, wie nach bisherigem Recht nicht jedweder Gesetzesverstoß einen Anspruch aus c. i. c. oder p. F. V. begründete, ist jetzt eine uferlose Haftung aus § 280 I BGB zu befürchten. Denn die denkbaren Haftungsfälle sind (nach wie vor) abstrakt durch den Bezugspunkt der Pflicht begrenzt: Im Schuldrecht geht es immer um die Pflicht gegenüber jemandem.361 Übertragen auf das Verwaltungsrecht bedeutet dies, dass es maßgeblich auf das durch die Pflicht in Bezug genommene Objekt ankommt. Eine Schadensersatz auslösende Pflicht kann danach im Rahmen eines Verwaltungsvertrags nur dann angenommen werden, wenn dieser Pflicht ein subjektives Recht des Geschädigten auf deren Einhaltung entspricht. Wann dies der Fall ist, ist im Zweifel nach der Schutznormtheorie362 zu beantworten.363 Ein subjektives öffentliches Recht ergibt sich nach dem gängigen Verständnis 360 Ausführlich untersucht sind insbesondere die gegenüber einem vorvertraglichen Rechtsverhältnis zwischen Privaten gesteigerten Schutz- und Nebenpflichten der Verwaltung, welche sich nicht aus dem Vertrag selbst ergeben und vor allem im Vorfeld des Vertragsschlusses relevant werden können, ausführlich Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 414 ff. und Keller, Vorvertragliche Schuldverhältnisse, S. 130 ff. sowie für die Phase der Vertragsdurchführung zunächst zu den Strukturunterschieden des Rechtsverhältnisses im Hinblick auf eine denkbare Haftung aus Leistungsstörungen Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 586 ff. und sodann konkret zur Haftung wegen Pflichtverletzung de Wall, Privatrechtliche Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 413 ff. Sehr ausführlich zu vertraglichen Haupt- und Nebenpflichten am Beispiel des Subventionsvertrages Henke, Wirtschaftssubventionen, S. 221 ff. sowie neuerlich Rodi, Subventionsrechtsordnung, S. 641 ff. Auch die Rspr. hat bereits früh besondere, die Verwaltung im Verwaltungsschuldrechtsverhältnis treffende Betreuungs-, Beratungs-, Auskunftspflichten sowie Nebenpflichten zur Verwirklichung des Leistungszwecks herausgearbeitet. Gleiches gilt für den (privaten) Gläubiger, für welchen neben vertraglich fixierten Hauptleistungspflichten und – wie etwa im Sozialrecht – vereinzelt gesetzlich fixierten Gläubigerpflichten etwa die Nebenpflicht, das Schuldnerinteresse zu wahren, Pflichten zur Förderung des mit einer (Subventions-)Leistung bezweckten Erfolges, Kooperations- und Informationspflichten oder eine allgemeine Schadensminderungspflicht benannt wurden, ausführlich im Zuge der intensiven Diskussion um die Rechtsverhältnislehre in den 1980ern und m. w. N. Krause, VVDStRL 45 (1987), 212 (235 ff.) (dort am Beispiel der Pflichten in Leistungsrechtsverhältnissen). 361 Dies zeigt sich nebenbei ganz deutlich am Terminus der „Nichterfüllung“, welcher als Alternative zur „Pflichtverletzung“ diskutiert wurde (dazu oben unter A.). Denn hierdurch wird natürlich nicht die „Nichterfüllung“ gesetzlich obliegender Pflichten, sondern die Nichteinhaltung der dem Vertragspartner gegenüber geschuldeten Pflichten in Bezug genommen. Geschuldet wird die Einhaltung der Leistungs-, Schutz- und Nebenpflichten, die gerade gegenüber dem Vertragspartner, bzw. im Falle des vorvertraglichen Schuldverhältnisses (§ 311 II i. V. m. § 241 II BGB) gegenüber dem potentiellen Vertragspartner oder schließlich beim Vertrag mit Schutzwirkungen zu Gunsten eines Dritten gerade (auch) dem Dritten gegenüber bestehen. 362 Statt aller Sachs, in: P. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 40, Rn. 132 ff. m. umfassenden Nachweisen.
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der Schutznormlehre aus einer objektiv-rechtlichen Bestimmung des öffentlichen Rechts, die für den Betroffenen günstige Rechtswirkungen entfaltet und – nach einer nicht zuletzt an den Grundrechten der Betroffenen orientierten Auslegung – zumindest auch den Zweck hat, den Betroffenen zu begünstigen, und es ihm ermöglichen soll, sich auf diese Begünstigung zu berufen.364 Besonders im Bereich der nunmehr auch von § 280 I 1 BGB erfassten Haftung für Pflichtverletzungen im vorvertraglichen Bereich, in welchem sich der Inhalt der Pflichten (noch) nicht aus dem Vertrag selbst ergeben kann, lässt sich der allgemeine Pflichtverletzungstatbestand des § 280 I 1 BGB zudem durch einen Seitenblick auf die Pflichtendogmatik des Amtshaftungsanspruchs präzisieren. Denn dort findet sich mit dem Tatbestandmerkmal der „Drittbezogenheit“ der verletzten Amtspflicht eine seit langem geklärte und gefestigte365 spezifisch staatshaftungsrechtliche Ausprägung. Diese gibt Aufschluss darüber, gegenüber wem eine Haftung begründet werden kann bzw. auf welche Personen sich die Haftung begrenzt.366 So ist sowohl die Schlechterfüllung einer verwaltungsrechtlichen Forderung als auch die Verletzung von (vorvertraglichen) Nebenpflichten eines „öffentlichrechtlichen Schuldverhältnisses“ im Regelfall gleichzeitig unter den Begriff der „Verletzung einer einem Dritten gegenüber obliegenden Amtspflicht“ i. S. d. § 839 BGB zu subsumieren.367 Soweit einen Verwaltungsträger die Pflichten im Vorfeld oder in der Phase der Durchführung des Vertrages gegenüber dem (potentiellen) Vertragspartner treffen, handelt es sich zugleich um Pflichten, die dem Amtswalter nicht nur gegenüber dem Dienstherrn, sondern auch gegenüber dem (künftigen) Vertragspartner des Dienstherrn obliegen.368 Ganz ähnlich der Formulierung der allgemeinen Schutznormlehre kommt es im Kern darauf an, dass wenigstens auch im Interesse des Einzelnen und nicht (allein) im Interesse der Allgemeinheit und des Staates die Pflicht auferlegt ist.369 Für eine ausreichende Eingrenzung auch der Haftung wegen Verletzung gesetzlicher Pflichten ist damit Sorge getragen. 363 Keller, NVwZ 2002, 385 (388) und dem folgend Henneke, in: Knack, VwVfG, § 62, Rn. 26. 364 Sachs, in: P. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 40, Rn. 134. 365 Papier, in: MüKo, BGB, § 839, Rn. 230. 366 Zu dieser Doppelfunktion der „Drittbezogenheit“ näher Wurm, in: Staudinger, § 839, Rn. 173. 367 de Wall, Privatrechtliche Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 412 und ebenso mit Nachdruck Papier, in: MüKo, BGB, § 839, Rn. 228. 368 Zum historisch begründeten Drei-Personen-Verhältnis im Bereich der Amtshaftung Wurm, in: Staudinger, § 839, Rn. 172 und Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 26, Rn. 16. 369 Papier, in: MüKo, BGB, § 839, Rn. 229; zu den (etwas ausführlicheren, aber hier insoweit nicht weiterführenden), immer wiederkehrenden Formulierungen der Rechtsprechung eingehend Wurm, in: Staudinger, § 839, Rn. 173 sowie mit Beispielen der neusten Rechtsprechung Rinne/Schlick, NJW 2004, 1918 (1921 ff.) sowie Petersen, DÖV 2004, 700 ff.
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Die Orientierung an der Amtshaftung verträgt sich dabei durchaus auch mit der Ergänzungsfunktion370 der in Teilen bewusst strikteren Haftung der Verwaltung wegen Leistungsstörungen371. Denn danach soll die durch ein Schuldverhältnis mit dem Bürger in besonders enger Weise verbundene Verwaltung im Falle der Pflichtverletzung nicht durch die exklusive Heranziehung (nur) der Amtshaftung privilegiert werden.372 Die Orientierung an der Schutznormtheorie bewirkt jedoch lediglich, dass der für Pflichtverletzungen vorgesehene Haftungsradius nicht über das nach deutschem Recht anerkannte Maß ausgedehnt wird. Die Vorteile des Leistungsstörungsrechts werden dadurch nicht beschnitten. 2. Modifikationen und Sonderrolle der Verschuldensregelung in § 280 I 2 BGB bei Verwaltungsverträgen? § 280 I 2 BGB sieht nun in Erweiterung der Vorgängernormen zum Verschulden bei Unmöglichkeit (§ 282 BGB a. F.) und bei Verzug (§ 285 BGB a. F.) vor, dass der Schuldner bei allen Arten von Pflichtverletzungen, also etwa auch im Falle der vormals nicht geregelten c. i. c. oder p. F. V., vortragen und beweisen muss, dass ihn hinsichtlich der Pflichtverletzung kein Verschulden trifft.373 Behauptet und beweist der Gläubiger schlüssig das Vorliegen der übrigen Tatbestandvoraussetzungen des § 280 I 1 BGB und lässt sich nicht aufklären, ob der Schuldner die Pflichtverletzung zu vertreten hat (non liquet), wird dessen Verschulden zu seinen Lasten vermutet. Damit regelt § 280 I 2 BGB neben der Behauptungs- und Beweisführungslast (subjektive Beweislast) auch die objektive Beweislast im Falle der Nichtaufklärbarkeit (auch „Feststellungslast“ oder „materielle Beweislast“).374 Die Regelung gilt über § 280 I 1 BGB 370 Vgl. de Wall, Privatrechtliche Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 326 ff., 412 und 418. 371 Die Subsidiaritätsklausel des § 839 I 2 BGB und der Ausschlusstatbestand des § 839 III BGB gelten nicht; es kommt Naturalrestitution gem. § 249 S. 1 BGB in Betracht und hinsichtlich des Verschuldens gelten § 278 und vor allem § 280 I 2 BGB (zu Letzterem sogleich näher unter 2.). Der bisherige Vorteil einer längeren Verjährung der Ansprüche aus Leistungsstörungen wurde eingeebnet (dazu nachfolgend unter 3.). 372 Siehe nur de Wall, a. a. O. 373 Die Beweislastverteilung ergibt sich aus der negativen Formulierung („Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat“), vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 136. Entgegen der Einstufung als Beweislastregel durch den Gesetzgeber und der ihm folgenden h. M. (etwa Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, § 114, Rn. 12 und 14; Faust/Huber, Schuldrechtsmodernisierung, 3. Kap., Rn. 16 oder Ernst, in: MüKo, BGB, § 280, Rn. 20) wird § 280 I 2 BGB neuerdings vereinzelt als Haftungsausschlussgrund bei sonst zu vermutendem Verschulden gewertet, so Otto, in: Staudinger, BGB, § 280, Rn. D 1 ff. m. w. N. Entgegen Otto, a. a. O., § 280, Rn. D 3 scheint der Streit eher akademischer Natur und ohne Relevanz auf die praktische Handhabung der Norm zu sein.
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hinaus auch für Schadensersatzansprüche unter den zusätzlichen Voraussetzungen der über § 280 III BGB in Bezug genommenen §§ 281 bis 283 BGB.375 Da die Rechtsprechung die §§ 282, 285 BGB a. F. bereits analog auf die nicht geregelten Arten der Leistungsstörungen angewandt hat376 bringt § 280 I 2 BGB für das Zivilrecht eher formale Neuerungen, beseitigt aber immerhin die mit der Ausweitung im Wege der Analogie hervorgerufenen dogmatischen Streitigkeiten377. Jedenfalls § 282 BGB a. F. bzw. der zu Grunde liegenden Rechtsgedanke wurde schon bisher auch im Verwaltungsrecht für anwendbar gehalten.378 Angesichts der jüngsten Ausweitung der Beweislastumkehr im Gesetz und der praktischen Bedeutung der Beweislastregeln379 verlangen die mit der Anwendung im öffentlichen Recht einhergehenden Besonderheiten nach einer stärkeren Konturierung, als dies bisher geschehen ist. Zwei Präzisierungen sind angezeigt: a) Die praktische Handhabung des § 280 I 2 BGB bei Verwaltungsverträgen Die erste betrifft die praktische Handhabung der Entlastungsmöglichkeit. So wird für das Zivilrecht betont, dass die Anforderungen, welche an eine Entlastung des Schuldners gem. § 280 I 2 BGB zu stellen sind, nicht zu hoch angesetzt werden dürfen380. Demgegenüber wird man an die Entlastung der geset374 Vgl. Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, § 114, Rn. 3 i. V. m. Rn. 10 bis 12 sowie Grüneberg, in: Bamberger/Roth, BGB, § 280, Rn. 20 und Otto, in: Staudinger, BGB, § 280, Rn. 3. 375 Otto, in: Staudinger, BGB, § 280, Rn. D 1. Für den Ersatz des Verzugsschadens findet sich § 286 IV BGB eine parallele Vorschrift, die hinsichtlich der Beweislastumkehr § 280 I 2 BGB entspricht, dazu nur Grüneberg, in: Bamberger/Roth, BGB, § 286, Rn. 51 ff. und 83. 376 Vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 136. 377 Siehe Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, § 114, Rn. 14 und aus Sicht des öffentlichen Rechts de Wall, Privatrechtliche Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 328. 378 Dazu Papier, Forderungsverletzung, S. 126, dort auch mit den für das Zivilrecht anerkannten Erweiterungen im Wege der Analogie; ebenso Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 605 und de Wall, Privatrechtliche Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 351 ff., insbes. 356 (dort auch für die Anwendung des § 285 BGB a. F.). Aus der Rechtsprechung siehe VGH Mannheim NVwZ-RR 1991, 325; OVG Münster NVwZ 1998, 1212; NVwZ-RR 1996, 482; VGH Kassel DVBl. 1989, 575. Auch das BVerwG hat § 282 in diesem Sinne mehrfach für anwendbar erklärt, vgl. für Ersatzansprüche gegen pflichtwidrig agierende Beamte BVerwGE 37, 192 (199); 52, 255 (261); BVerwG NJW 1986, 2523; NVwZ 1999, 77 (79), allerdings mit der Beschränkung auf durch den Beamten beherrschbare Gefahrenbereiche). 379 Siehe nur Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, § 114, Rn. 42. 380 Allg. Meinung, vgl. nur Grüneberg, in: Bamberger/Roth, BGB, § 280, Rn. 81 oder Ernst, in: MüKo, BGB, § 280, Rn. 34 je m. w. N.
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zesgebundenen Verwaltung, insbesondere im Hinblick auf das Vertretenmüssen einer den Bürger schädigenden Pflichtverletzung, hohe Anforderungen stellen müssen.381 Bei Ansprüchen der Verwaltung gegen den Bürger bleibt es hingegen dabei, dass „keine zu hohen Anforderungen an den Entlastungsbeweis gestellt werden dürfen“382, der Bürger sich also leichter entlasten kann. b) § 280 I 2 BGB im Lichte der Formenwahlfreiheit Zweitens lässt sich fragen, welche Auswirkungen die Annahme einer Formenwahlfreiheit auf die Anwendung des § 280 I 2 BGB hat. „Wählt“ die Verwaltung eine privatvertragliche Ausgestaltung, ergeben sich keine grundsätzlichen Besonderheiten hinsichtlich der Beweislastverteilung. Im Verfahren vor den dann zuständigen ordentlichen Gerichten gelten die Dispositions- und Verhandlungsmaxime383 und mit ihnen die dem Parteienprozess eigenen Regeln zur Beweislast384. Beruhen die Ersatzansprüche indes auf einen Verwaltungsvertrag385, sind demgegenüber die Verwaltungsgerichte zuständig (§ 40 II 1 VwGO). Während im Parteienprozess der Zivilprozessordnung die Parteien durch ein System risikozuweisender Pflichten und Lasten zur Aufklärung gezwungen werden, ist der Richterprozess vor den Verwaltungsgerichten durch die am Untersuchungsgrundsatz orientierte amtswegige Sachverhaltsermittlung unter bloßer Heranziehung der Parteien geprägt.386 Behauptungs- und Beweisführungslast (subjektive Beweislast) der Parteien sind daher grundsätzlich mit dem Prinzip der Amtsermittlung unvereinbar.387 Demgegenüber gilt die objektive Beweislast auch in Verfahren mit Untersuchungsmaxime, da sie unabhängig von der Art der Sachverhaltsermittlung ist.388 Soweit die Gerichte § 282 BGB 381 Insofern bereits zutreffend zur alten Rechtslage de Wall, Privatrechtliche Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 353. Die Entlastung wird dabei häufig nicht gelingen, so dass die Regelung einer verschuldensunabhängigen Haftung recht nahe kommt (de Wall, a. a. O.). 382 So ausdrücklich BVerwGE 52, 255 (261) (anders noch die Vorinstanz im betreffenden Verfahren) und dem folgend für Ansprüche des Staates gegen einen Soldaten aus öffentlich-rechtlichen Forderungsverletzung BVerwG NJW 1986, 2523. 383 Dazu Jauernig, Zivilprozeßrecht, § 24, S. 83 f. (Dispositionsmaxime) und § 25, S. 85 ff. (Verhandlungsmaxime). 384 Zur Einordnung der Beweislastumkehr für das Verschulden im neuen § 280 I 2 BGB in das System der Beweislastverteilung Jauernig, a. a. O., § 50, S. 208 und Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, § 114, Rn. 12 und 14. 385 Dies wird man für alle an § 280 I BGB anknüpfenden Schadensersatzansprüche annehmen können, mit Ausnahme der Ansprüche aus öffentlich-rechtlicher c. i. c., deren Zuordnung – insbesondere unter dem Aspekt des Rechtsweges – gerade nach der Schuldrechtsmodernisierung umstritten ist, soeben unter B. III. 1. b). 386 Kaufmann, Untersuchungsgrundsatz, S. 414 und zuvor auch S. 354. 387 Dawin, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 86, Rn. 10. 388 Vgl. Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, § 114, Rn. 3 und speziell zur Geltung der Vorgängernorm des § 282 BGB a. F. als objektive Beweislastnorm
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a. F. in Einzelfällen dem zu Grunde liegenden Rechtsgedanken nach für anwendbar erklärten, ist dies unproblematisch, insofern als man die Anwendung auf die Frage der objektiven Beweislast im Falle des non liquet reduziert.389 Bezogen auf die Umkehr der subjektiven Beweislast scheint die Anwendung des § 280 I 2 BGB aber in erhöhtem Maße begründungsbedürftig. Nun bricht sich seit einiger Zeit bereits die Erkenntnis Bahn, dass die uneingeschränkte Geltung der Untersuchungsmaxime angesichts beschränkter Mittel auch der Verwaltungsgerichte nicht durchzuhalten390 und von Verfassungs wegen auch nicht als isoliertes Modell zwingend geboten ist391. Da in vielen Fällen allein die Parteien selbst die Möglichkeit der Aufklärung besitzen392, ist sie auch nicht sachgerecht. Entsprechend wurde jüngst sogar gefordert, den Verwaltungsprozess künftig als einen weitgehend dem Zivilprozess angenäherten Parteienprozess zu qualifizieren393, in welchem dem Verwaltungsgericht nur noch eine Reservekompetenz394 zur selbständigen Amtsermittlung zukommt. Die Entscheidung ist letztlich rechtspolitischer Natur395 und braucht hier nicht vertieft zu werden. Angesichts der in der Praxis zu Tage tretenden Grenzen verwaltungsrichterlicher Inquisition könnte die Übernahme einzelner privatrechtlicher Beweislastregeln jedoch höchst willkommen sein. Jedenfalls soweit deren ratio auch im öffentlichen Recht passt, spricht nichts dagegen, zumindest ausgewählte, ausdrücklich normierte Beweislastregeln zu übernehmen, während es im Übrigen bei der herkömmlichen Anwendung der Untersuchungsmaxime bleibt396. Grund für die Beweislastverteilung in § 280 I 2 BGB ist die Tatsache, dass der Schuldner eher als der Gläubiger in der Lage sein wird, die Umstände aufzuklären, die zur Leistungsstörung (Pflichtverletzung i. S. d. § 280 I 1 BGB) geführt haben.397 Dies gilt in besonderer Weise für den Fall der Pflichtverletzung
auch im Verwaltungsprozess Dawin, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 86, Rn. 109 389 Aus der o. g. Rechtsprechung (Fn. 378 [S. 358]) betont dies etwa der VGH Kassel DVBl. 1989, 575. 390 Kaufmann, Untersuchungsgrundsatz, S. 415. 391 Kaufmann, a. a. O., S. 413; aber str., vgl. zur Gegenansicht Dawin, in: Schoch/ Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 86, Rn. 15 ff. m. w. N. 392 Vgl. Kaufmann, a. a. O., S. 375 und 411. 393 Kaufmann, a. a. O., S. 414, 420 und zusf. 438. 394 Kaufmann, a. a. O., S. 432 ff. und 438. 395 Jauernig, Zivilprozeßrecht, § 25, S. 87. 396 Gegenüber der o. g. Ansicht von Kaufmann ist das Regel-Ausnahmeverhältnis also umgekehrt: die gerichtliche Inquisition ist die Regel und nicht nur „Reservekompetenz“, während die Heranziehung der zivilistischen Beweislastregeln die begründungsbedürftige Ausnahme darstellt. Die Geltung des Untersuchungsgrundsatzes kann dabei im Einzelfall zu sachgerechten Begünstigungen des Bürgers im Vergleich zum Zivilprozess führen, vgl. dazu sogleich die Ausführungen zu § 283 BGB unter C. I. 3. 397 Vgl. de Wall, Privatrechtliche Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 356.
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durch die Verwaltung, in deren Interna der Bürger im Regelfall wenig Einblick hat.398 Insoweit ist es angemessen, wenn die Verwaltung auch im Verwaltungsprozess die Pflicht trifft nachzuweisen, dass sie die vom Bürger behauptete Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. Die durch die Beweislastumkehr bewirkte Haftungsverschärfung erweist sich dabei als Korrelat zur Beschränkung der Haftung auf die Verletzung nur solcher Rechtspflichten, welche gerade den Schutz des Geschädigten bezwecken. Zudem kann auch im Verwaltungsrecht die in § 280 I 2 BGB zum Ausdruck kommende Vermutung für ein Verschulden des Schuldners als Ausdruck des von ihm übernommenen Leistungsrisikos gewertet werden.399 Verletzt die Verwaltung eine gegenüber einer bestimmten Person bestehende – also relative – Rechtspflicht und schädigt sie dadurch den Vertragspartner400, ist sie ebenso wie ein privater Schädiger dem Geschädigten volle Aufklärung schuldig.401 Auch die noch überwiegend angenommene Wahlfreiheit zwischen privatem und öffentlich-rechtlichem Vertrag darf nicht zu einer Privilegierung der Verwaltung führen. Sie kann nicht durch die Wahl der Rechtsform der Beweislastregel entfliehen. Dies gilt umso mehr, als diese einen wesentlichen Vorteil des Gläubigers gegenüber Ansprüchen aus Amtshaftung darstellt.402 Zusammenfassend trifft mithin bei Verwaltungsverträgen gem. § 62 S. 2 VwVfG i. V. m. § 280 I 2 BGB den Schuldner hinsichtlich des Verschuldens bei allen Arten der Leistungsstörung die subjektive Behauptungs- und Beweisführungslast sowie die objektive Beweislast403. Damit tritt für Ersatzansprüche des Bürgers gegen den Staat ein (praktisch) wesentlicher Vorteil gegenüber der Amtshaftung404 – dort muss grundsätzlich auch das Verschulden des Amtswalters nachgewiesen werden – künftig noch deutlicher zu Tage. 3. Festhalten an der 30-jährigen Verjährungsfrist? Für Ansprüche aus c. i. c. oder p. F. V. galt nach bisheriger Rechtslage sowohl im Privat- als auch im öffentlichen Recht die 30-jährige Regelverjährungsfrist (§ 195 BGB a. F.).405 Nach der Inkorporation dieser Institute in § 280 BGB gilt 398
Ebenso bereits Papier, Forderungsverletzung, S. 127. de Wall, Privatrechtliche Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 356 und Papier, Forderungsverletzung, S. 126 f. 400 Oder im Falle der c. i. c. den potentiellen Vertragspartner. 401 Papier, Forderungsverletzung, S. 126 f. 402 Vgl. de Wall, Privatrechtliche Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 356. 403 Zu den Termini der Beweislast statt aller Jauernig, Zivilprozeßrecht, § 50, S. 205 ff. 404 Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 339; zurückhaltender Krause, VVDStRL 45 (1987), 212 (230) aufgrund der partiellen Angleichung der Anforderung an die Beweislast durch die Rechtsprechung. 399
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einheitlich die neue kenntnisabhängige Dreijahresfrist nach § 195 BGB n. F.406 Ähnlich wie hinsichtlich der Verjährung nicht geregelter staatshaftungsrechtlicher Institute vorgebracht, könnte man überlegen, ob nicht im öffentlichen Recht an der bisherigen Dreißigjahresfrist festzuhalten ist. Jedenfalls im Falle der Schädigung des Bürgers durch eine Pflichtverletzung der Verwaltung könnte sich die neue kürzere Frist als unverhältnismäßig erweisen.407 Allerdings greifen die bereits im Kontext der nicht geregelten staatshaftungsrechtlichen Institute vorgebrachten Argumente gegen die Beibehaltung der ehemaligen Frist408 hier erst recht. Zwar erwies sich die längere Verjährungsfrist bisher für den Bürger als zentraler Vorteil im Vergleich zu Ansprüchen aus Amtshaftung.409 Der Zivilgesetzgeber410 hat nunmehr den über § 62 S. 2 VwVfG in Bezug genommenen § 195 BGB bewusst der ehemals in § 852 BGB geregelten Verjährung des Amtshaftungsanspruchs nachmodelliert. Daher wird man schwerlich entgegen dieser gesetzgeberischen Grundentscheidung an der alten Rechtslage festhalten können, sondern einheitlich sowohl für Schadensersatzansprüche aus Amtshaftung411 und solcher aus § 280 I BGB die neue Regelverjährung anwenden müssen. Nachdem die Rechtsprechung andere Vorteile der Haftung aus Leistungsstörungen gegenüber der Amtshaftung412 bereits verringert hat, haben sich beide Haftungsregime damit in diesem Punkt weiter angenähert. Gleichwohl behält das an § 280 I BGB anknüpfende Haftungsregime schon deshalb eigenständige Bedeutung, weil eine Bürgerhaftung nicht aus § 839 I BGB i. V. m. Art. 34 GG, sondern allein aus dem Recht der Leistungsstörungen folgen kann.413
405 BVerwG NJW 1995, 2303 (2309); VGH Mannheim NVwZ 1996, 201; OVG Münster NVwZ 1987, 1105 (1107); Papier, Forderungsverletzung, S. 137 ff., 140 und de Wall, Privatrechtliche Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 327. 406 Dazu Dötsch, in: Kroiß, Klauselbuch Schuldrecht, § 23, Rn. 37. 407 Zum Rekurs auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit hinsichtlich der neuen kurzen Verjährung Kellner, NVwZ 2002, 395 (400) und Heselhaus, DVBl. 2004, 411 (414 ff.) hinsichtlich der Verjährung nicht geregelter Haftungsinstitute. 408 Ausführlich oben unter § 5 C. II. und III. 409 Siehe de Wall, Privatrechtliche Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 327. 410 Vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 102. 411 Zur Neuregelung in der Verjährung des Amtshaftungsanspruchs eingehend Dötsch, in: Kroiß, Klauselbuch Schuldrecht, § 23, Rn. 2 ff. 412 Dazu oben Fn. 371 (S. 357). 413 Vgl. de Wall, Privatrechtliche Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 329. Nur ausnahmsweise kommt eine Amtshaftung eines Privaten (auch gegenüber der öffentlichen Hand) dann in Betracht, wenn es sich um einen Beliehenen handelt, vgl. Bamberger, Jura 2002, 35 (37) und aus der Rspr. BGH NVwZ-RR 2001, 147.
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C. Tatbestandliche Erweiterungen gem. § 280 II und III BGB I. Schadensersatz statt der Leistung (§ 280 III BGB) 1. „Schadensersatz statt der Leistung wegen nicht oder nicht wie geschuldet erbrachter Leistung“ (§ 280 I, III i. V. m. § 281 BGB) a) Der zivilrechtliche Tatbestand Tatbestandlicher Anknüpfungspunkt ist gemäß § 281 I 1 BGB, dass die geschuldete Leistung „nicht“ (Leistungsverzögerung414) oder „nicht wie geschuldet“ (Schlechtleistung) erbracht wird. Da hiermit die Erfüllung von Leistungspflichten angesprochen ist, muss vor Geltendmachung eines den Leistungsanspruch ersetzenden Schadensersatzanspruchs der Schuldner eine weitere Gelegenheit zur Erfüllung erhalten.415 Wesentliche (Zusatz-)Voraussetzung des § 281 I 1 BGB ist deshalb der erfolglose Ablauf einer dem Schuldner zur Leistung gesetzten Nachfrist. Erfasst sind also nur Leistungsstörungen, die noch behebbar sind. Nur dann ergibt die Fristsetzung einen Sinn.416 Nicht behebbare Leistungsstörungen liegen bei einer Unmöglichkeit der Leistung und bei der Verletzung einer nicht leistungsbezogenen Nebenpflicht vor, für die deshalb die §§ 282 und 283 BGB weitere Regelungen enthalten, die sich konsequent durch Fehlen des Fristsetzungserfordernisses von § 281 I 1 BGB unterscheiden. § 281 I 1 Var. 2 und § 281 I 3 BGB nehmen als zweite spezielle Pflichtverletzung die sog. Schlechtleistung in den Blick (Bewirken der Leistung „nicht wie geschuldet“). Mit diesen Worten bezeichnet das Gesetz eine Leistung, die zwar überhaupt (und im Prinzip auch pünktlich), aber schlecht, d.h. nicht so, wie der Gläubiger sie zu Recht erwarten durfte, erbracht worden ist. Während die Schlechtleistung im Allgemeinen Schuldrecht bisher noch nicht einmal erwähnt wurde, findet sich hier nunmehr an prominenter Stelle eine Verschränkung mit dem Besonderen Schuldrecht.417 So wurde die Haftung des Verkäufers und des 414 Zur in zeitlicher Hinsicht nicht unproblematischen Abgrenzung zum Verzug nach § 286 BGB ausführlich Ernst, in: MüKo, BGB, § 281, Rn. 110 ff. 415 BT-Drs. 14/6040, S. 135. 416 BT-Drs. 14/6040, S. 138. Hieraus erklärt sich auch, dass (Folge-)Schäden am übrigen Vermögen und oder etwa am Körper oder Persönlichkeitsrecht des Gläubigers (Integritätsinteresse) bereits nach der Grundnorm ersatzfähig sind. Diese können durch eine spätere Leistung oder Nacherfüllung nicht ausgeglichen werden. Das spezifische Zusatzerfordernis der Fristsetzung macht hier also keinen Sinn, vgl. Hirsch, Jura 2003, 289 (290). 417 Praktisch relevant wird dies für Verwaltungsverträge mit kauf- und/oder werkvertraglichen Elementen. Es gelten dann grds. die Regelungen des Besonderen Schuldrechts, ohne dass es zu Konflikten mit speziellen öffr. Normen oder Grundsätzen kommt. Beispiele liefert vor allem das Städtebaurecht, vgl. Birk, Städtebauliche Verträge, S. 250 ff., Rn. 577 ff. Aber auch anderen Verwaltungsverträgen hat die Rspr. schon früh Typen des Besonderen Schuldrechts zugeordnet. So wurden etwa die Ver-
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Werkunternehmers für Mängel im Zuge der Schuldrechtsmodernisierung völlig neu geordnet und am allgemeinen Leistungsstörungsrecht ausgerichtet. Man verzichtete weitgehend auf eigenständige Regelungen und versucht, mit den neuen Vorschriften des Allgemeinen Schuldrechts auch die Probleme der Mängelhaftung zu lösen.418 Der Passus „nicht wie geschuldet“ bezieht sich also auch auf das, was nach Kauf- oder Werkvertragsrecht, ggf. in dort noch näher konkretisierter Weise, „geschuldet“ ist.419 Die ausgestreckte Hand des Allgemeinen Schuldrechts kommt gesetzestechnisch darin zum Ausdruck, dass bereits § 281 I 1 BGB ausdrücklich (auch) von der „Nacherfüllung“ spricht, welche eingehend erst im Kauf- (§ 439 BGB) und Werkvertragsgewährleistungsrecht (§ 625) geregelt ist.420 Die Hand wird im Kaufrecht von § 437 Nr. 3 BGB und im Werkvertragsrecht von § 634 Nr. 4 BGB ergriffen. Diese verweisen neben den §§ 311a, 280, 283 und 284 BGB vor allem auch auf § 281 BGB. Der Käufer oder Besteller kann daher immer erst dann von der Vertragsdurchführung Abstand nehmen und nach § 281 BGB zum Schadensersatz statt der Leistung übergehen, wenn das zentrale Erfordernis einer Frist zur Nacherfüllung beachtet wurde (Vorrang der Nacherfüllung).421 Die Frist muss angemessen, d.h. so lang sein, dass der Schuldner die Leistung tatsächlich auch erbrinhältnisse der öffentlichen Daseinsvorsorge dem Kaufrecht angenähert. Viele Rechtsverhältnisse sind allerdings privatvertraglicher Natur und haben durch die Bedingungen zur Versorgung mit Gas, Wasser, Fernwärme und Elektrizität (dazu oben unter § 13 E. I. 3.) eine normative Typisierung erfahren. Auch im Falle der als öffentlich-rechtlich zu qualifizierenden Verträge zur Benutzung öffentlicher Einrichtungen oder bei Kooperationsverträgen (zum Qualifikationsansatz und einzelner Zuordnungen oben unter § 8 B. VI. und VII.) hat die Wissenschaft zur Präzisierung der vertragstypischen Pflichten auf Elemente des Kauf-, Werk-, Leih- und Dienstvertrages zurückgegriffen, vgl. Krause, VVDStRL 45 (1987), 212 (234). 418 Hirsch, Jura 2003, 289 (292). 419 Also nach § 433 I 2 BGB etwa die Übergabe und Übereignung einer „mangelfreien“ Sache. Aus dieser Neuerung folgt, dass der Schuldner mit einer mangelhaften Sache „nicht wie geschuldet“ erfüllen kann. Ähnlich wie schon bisher im Werkvertragsrecht besteht nun auch im Kaufrecht vorrangig ein Anspruch auf (mangelfreie) Nacherfüllung (§ 439 BGB). Der Nacherfüllungsanspruch ist mithin die modifizierte Fortsetzung des Erfüllungsanspruchs („modifiziert“ deshalb, weil grundsätzlich statt der zweijährigen Regelverjährung nach § 438 I Nr. 3 BGB nur eine Zweijahresfrist gilt), zu dieser „Gelenkstelle für die Anknüpfung des Gewährleistungsrechts an das Leistungsstörungsrecht“ ausführlich Westermann, in: MüKo, BGB, § 433, Rn. 59 ff. 420 Dazu die vorangeg. Fn. 421 Das gleiche gilt für den Rücktritt (zu den wirtschaftlichen Hintergründen des parallel für Schadensersatz statt der Leistung und Rücktritt verankerten Erfordernisses der Nachfristsetzung Grundmann, AcP 204 (2004), 569 [586 f.]). Diesbezüglich enthalten die §§ 437 Nr. 2 und 634 Nr. 3 BGB Verweise auf § 323 BGB. Nach § 323 BGB kann der Gläubiger von einem gegenseitigen Vertrag zurücktreten, wenn der Schuldner eine fällige Leistung nicht oder nicht vertragsgemäß erbringt und der Gläubiger dem Schuldner erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung oder Nacherfüllung bestimmt hat. Abgesehen von dem für den Anspruch nach § 280 I, III i. V. m. § 281 BGB gem. § 280 I 2 BGB erforderlichen Vertretenmüssen sind die Regelungen also weitgehend parallel ausgestaltet worden. Soweit Vertragstypen des besonderen
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gen kann.422 Eine „Ablehnungsandrohung“, wie sie noch für § 326 BGB a. F. erforderlich war, ist nicht nötig.423 Erweist sich die Frist als unangemessen kurz, ist sie damit nicht völlig unwirksam. Vielmehr setzt sie eine angemessene Frist in Lauf, wenn nicht der Gläubiger deutlich gemacht hat, dass es ihm gerade auf die Kürze der Frist ankommt.424 Macht der Gläubiger nach Fristablauf den Sekundäranspruch geltend, ist der Anspruch auf die Primärleistung ausgeschlossen (§ 281 IV BGB). Das Fristerfordernis dient dem Schutz des Schuldners, der zum Zwecke der Erfüllung ggf. schon nicht unerhebliche Aufwendungen getätigt hat.425 Er soll eine Chance zu nachträglicher Leistung bzw. Nacherfüllung haben. Aus diesem Schutzzweck erklären sich auch die Ausnahmen vom Fristerfordernis: Die Fristsetzung ist bei endgültiger Erfüllungsverweigerung durch den Schuldner oder dem Vorliegen besonderer Umstände, die unter Abwägung der beidseitigen Interessen die sofortige Geltendmachung des Schadensersatzes erfordern426, nach § 281 II BGB ausnahmsweise entbehrlich. Hinsichtlich der Rechtsfolgen ist zwischen „großem“ und „kleinem Schadensersatz“ zu unterscheiden427: Soweit der Schuldner nur eine Teilleistung bewirkt, kann der Gläubiger Schadensersatz statt der ganzen Leistung („großer“ Schadensersatz) nur verlangen, wenn er an der Teilleistung kein Interesse hat (§ 281 I 2 BGB428). Allerdings muss er dann die schon bewirkte Teilleistung an den Schuldner zurückgeben (§ 281 V BGB). Bewirkt der Schuldner die Leistung nicht wie geschuldet (Schlechtleistung), kann der Gläubiger Schadensersatz statt der ganzen Leistung nicht verlangen, wenn die Pflichtverletzung unerheblich ist (§ 281 I 3 BGB).429
Schuldrechts keine eigenen Bestimmungen zur Schlechtleistung enthalten, kommt ausschließlich § 281 BGB zur Anwendung, näher Hirsch, Jura 2003, 289 (292 ff.). 422 BT-Drs. 14/6040, S. 138. 423 BT-Drs. 14/6040, S. 139. 424 Insoweit kann auf die Auslegung des bisherigen § 326 BGB a. F. in Rspr. und Wissenschaft zurückgegriffen werden (vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 138). 425 Medicus, JuS 2003, 521 (522). 426 Hierher gehören Notfälle oder auch die sog. „Selbstmahnung des Schuldners“ (dieser erklärt, leisten zu wollen, und hält so den Gläubiger von einer Fristsetzung ab). 427 Dazu Zimmer, NJW 2002, 1 (9). 428 In nachfolgenden Regelungen zum Schadensersatz „statt der Leistung“ verweist der Gesetzgeber dann auf diese einmal formulierten Grundaussagen zum „großen“ und „kleinen“ Schadensersatz, vgl. § 283 S. 2 oder § 311a II 3 BGB. 429 Erneut zeigt sich der Einklang mit den Rücktrittsregeln. Denn § 323 V BGB erlaubt im Falle der Pflichtverletzung den Rücktritt vom ganzen Vertrag nur, wenn der Gläubiger an der Teilleistung kein Interesse hat.
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b) Rezeption in das Verwaltungsvertragsrecht Die Anwendung des § 281 BGB i. V. m. § 62 S. 2 VwVfG sei anhand des spezifisch öffentlich-rechtlichen Falles erläutert, dass sich die Verwaltung in einem Verpflichtungsvertrag zum Erlass eines Verwaltungsaktes verpflichtet430: Das zuständige Ministerium schließt mit einer privaten Gesellschaft einen Verwaltungsvertrag i. S. d. § 54 S. 2 VwVfG, in welchem sich das Ministerium verpflichtet, bis zum 30.4.2004 die Erlaubnis für die Errichtung und den Betrieb einer öffentlichen Spielbank zu erteilen. Im Frühjahr 2004 erhält das Ministerium Kenntnis von dubiosen Geschäftsverbindungen des Unternehmens nach Osteuropa und erklärt, man müsse aufgrund der neuen Sachlage von der Erteilung der Genehmigung „definitiv“ absehen. Das Unternehmen dementiert im Gegenzug die „Gerüchte“, besteht auf Erlaubniserteilung und verlangt kurze Zeit später anstelle der endgültig versagten Erlaubnis Schadensersatz, insbesondere auch Erstattung des entgangenen Gewinns i. H. v. 4,8 Mio. Euro. Das Ministerium könnte hier vorsätzlich eine fällige Leistung (Erlaubniserteilung) nicht erbracht haben und durch die (Leistungs-)Pflichtverletzung den Schaden des Unternehmens verursacht haben. Als Anspruchsgrundlage kommt mithin § 280 I, III i. V. m. § 281 BGB i. V. m. § 62 S. 2 in Betracht.431 Wegen ernsthafter und endgültiger Erfüllungsverweigerung war gem. § 281 II Var. 1 BGB eine Fristsetzung entbehrlich. Im vorliegenden Fall müsste man genau darauf achten, ob das Ministerium nicht vor dem 30.4.2004 den Vertrag wirksam gem. § 60 I 1 VwVfG gekündigt hatte432. Denn dann bestand im Zeitpunkt der Fälligkeit schon keine Leistungspflicht mehr, welche hätte verletzt werden können. Prozessual kann der Private im vorliegenden Fall der Nichtleistung (§ 281 I 1 Var. 1 BGB) seinen Anspruch auf Erlass des Verwaltungsaktes im Wege der Verpflichtungsklage (§ 42 I Var. 2 VwGO) erstreiten.433 Soweit hier430 Beispiel in Anlehnung an OVG Greifswald NJW 2003, 3146 ff. (Daten wurden abgewandelt). Ein weiteres aktuelles Beispiel liefert BVerwG, Beschluss vom 22.5.2003, Az. 6 B 25/03 (JURIS). Auch dort begehrte der Kläger Schadensersatz wegen Nichterfüllung der Verpflichtung zum Erlass eines Verwaltungsaktes. Abstrakt zu dieser Konstellation aus Sicht des Leistungsstörungsrechts Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 594 ff. 431 Zur Ersatzfähigkeit auch des entgangenen (künftigen) Gewinns als im Rahmen des auch hier in Betracht kommenden („großen“) Schadensersatzes statt der ganzen Leistung statt aller Reischl, JuS 2003, 453 (457). Nur in den Fällen, in welchen der Gewinn wegen endgültigen Zeitablaufs nicht mehr nachgeholt werden kann, der „Schaden“ also auch nicht durch Erfüllung nach gesetzter Frist vermieden werden kann, ist der entgangene Gewinn allein nach § 280 I BGB ersatzfähig. Denn das „zusätzliche“ Tatbestandsmerkmal der Fristsetzung nach § 281 I 1 BGB ist dann entbehrlich, vgl. Lorenz, NJW 2002, 2497 (2503). 432 Im Einzelnen dazu OVG Greifswald, NJW 2003, 3146 (3148). 433 Vgl. Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 648 (dort auch zur Minderansicht, welche die allgemeine Leistungsklage für statthaft hält).
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von kein Gebrauch gemacht wird, kann sich dies gem. § 62 S. 2 VwVfG i. V. m. § 254 II 1 BGB anspruchsmindernd auswirken.434 Entsprechend dem als allgemeinem Rechtsgedanken auch im Verwaltungsvertragsrecht geltenden, in § 839 III BGB zum Ausdruck kommenden „Vorrangs des Primärrechtsschutzes“ kann der Anspruch im Einzelfall auch ganz ausgeschlossen sein.435 Im Falle dauernder Leistungshindernisse bietet zudem das Recht der (faktischen oder rechtlichen) Unmöglichkeit436 sowie eben § 60 VwVfG Lösungsmöglichkeiten.437 2. „Schadensersatz statt der Leistung wegen Verletzung einer Pflicht nach § 241 Abs. 2“ (§ 280 I, III i. V. m. 282 BGB) a) Der zivilrechtliche Tatbestand Der Schuldner haftet in ganz unterschiedlicher Weise auch für die Verletzung von Verhaltenspflichten 438. Aus dem Spektrum denkbarer Verhaltenspflichten knüpft § 282 BGB speziell an die Verletzung einer Schutzpflicht i. S. d. § 241 II BGB an. Diese dienen dem Schutz des Integritätsinteresses des Gläubigers. Der Gesetzgeber betont dabei die Weite des Tatbestandes. Erfasst sein sollen auch Pflichtverletzungen, welche nicht als Verkehrs(sicherungs)pflicht i. S. d. § 823 BGB erfasst werden können. Auch das Vermögen wird geschützt. „Insbesondere“ soll der Fall, dass jemand durch falsche Beratung oder in sonstiger Weise durch die Erzeugung eines unbegründeten Vertrauens zu schädlichen Vermögensdispositionen veranlasst worden ist, erfasst sein.439 § 282 BGB nimmt damit die Konstellation in den Blick, dass der Schuldner die von ihm versprochene Leistung zwar an sich ordnungsgemäß erbringt, aber unter Begleitumstän434 Danach ist der Gläubiger (u. a.) verpflichtet, den Schaden „abzuwenden oder zu mindern“. Zur Anwendung des § 254 I BGB speziell auf Leistungsstörungen (im konkreten Fall eine p. F. V.) vgl. bereits VGH München, Urt. v. 11.11.1992, Az. 7 B 91.3123 (JURIS, dort Rz. 35) oder OVG Münster NVwZ 1987, 1105 (1107 f.) und NVwZ-RR 1996, 482 f. sowie auch BVerwGE 107, 29 (31). 435 So jetzt BVerwG, Beschluss vom 22.5.2003, Az. 6 B 25/03 (JURIS, dort Rz. 3 ff.). 436 Zu dem im Fall anfänglicher Unmöglichkeit greifenden § 311a BGB bereits oben unter § 15; zur nachträglichen Unmöglichkeit sogleich sub C. I. 3.). 437 Besondere Probleme treten indes auf, wenn die Verwaltung einen Verwaltungsakt erlässt, dieser aber vom vertraglich Versprochenen abweicht. Da die Bestandkraft des Verwaltungsaktes droht, helfen die Regeln der Schlechtleistung (§ 281 I 1 Var. 2 BGB) allein nicht weiter, dazu näher Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 595 ff. 438 Zu Begriff und Inhalt Gernhuber, Das Schuldverhältnis, S. 15 ff. Teilweise wird im Sinne einer Sammelkategorie auch von Nebenpflichten gesprochen, ausführlich Roth, in: MüKo, BGB, § 241, Rn. 31 ff. 439 BT-Drs. 14/6040, S. 125.
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den, die für den Gläubiger nicht erträglich sind. So ist etwa denkbar, dass aus der Schutzpflichtverletzung ein gravierender Integritätsschaden erwächst. Diese Schadensposition tritt zunächst neben das Leistungsinteresse des Gläubigers und ist im Wege des „einfachen“ Schadensersatzes nach § 280 I 1 BGB ersatzfähig (s. o.). Ist angesichts der Schwere der Schutzpflichtverletzung des Schuldners dem Gläubiger die Leistung durch den Schuldner nicht mehr zuzumuten, soll es diesem über die im Grundtatbestand des § 280 I 1 BGB statuierte Rechtsfolge hinaus nach § 282 BGB gestattet sein, „unter den Voraussetzungen des § 280 I BGB“440 nicht nur „einfachen“, sondern „Schadensersatz statt der ganzen Leistung“ zu verlangen. Da diese gravierende (Schutz-)Pflichtverletzung nicht durch Nachholung beseitigt werden kann, ist anders als im Falle des § 281 I 1 BGB keine Fristsetzung erforderlich.441 Die Vorschrift entspricht in ihren tatbestandlichen Voraussetzungen der Rücktrittsbestimmung des § 324 BGB.442 Da sich nach neuem Recht Rücktritt und Schadensersatz nicht mehr ausschließen (vgl. § 325 BGB), ist gerade in dem in § 282 BGB aufgerufenen Fall der Zerstörung der Vertrauensgrundlage denkbar, dass der enttäuschte Gläubiger nach § 324 BGB zurücktritt, einen etwaigen Integritätsschaden nach § 280 I BGB liquidiert und zudem gem. § 280 I, III i. V. m. § 282 BGB verlangt, wirtschaftlich so gestellt zu werden, als ob der Vertrag durchgeführt worden wäre. b) Rezeption in das Verwaltungsvertragsrecht Für das Zivilrecht wird betont, dass die Voraussetzungen des § 282 BGB nur im „seltenen Ausnahmefall“443 vorliegen werden. Angesichts der Gesetzesbindung der Verwaltung könnte man überlegen, ob der Bürger im Falle einer Schutzpflichtverletzung der Verwaltung unter erleichterten Voraussetzungen wegen „Unzumutbarkeit“ nach § 324 BGB zurücktreten und/oder nach § 282 BGB Schadensersatz statt der Leistung verlangen können muss. Für den – eher selteneren Fall – der Verletzung absoluter Rechtsgüter dürften sich insoweit keine Besonderheiten ergeben. Denn die allgemeine deliktische Pflicht des neminem laedere gilt im Ergebnis sowohl für den Privaten als auch für die Behörde.444 Etwas anderes könnte sich hinsichtlich der gegenüber dem Bürger bestehenden Beratungs- und Belehrungspflichten der Verwaltung ergeben. Denn aus dem Ge440 D. h., dass neben der Unzumutbarkeit die Voraussetzungen des § 280 I BGB gegeben sein müssen. 441 BT-Drs. 14/6040, S. 141. Die Fristsetzung macht überhaupt nur Sinn, wenn es um die Rechtsfolgen der Verletzung einer Leistungspflicht geht, so dass anhand dieses Kriteriums exakt zu § 281 BGB abgegrenzt werden kann, vgl. Ernst, in: MüKo, § 282, Rn. 1 f. 442 Vgl. Zimmer, NJW 2002, 1 (10) und Medicus, JuS 2003, 521 (524). 443 Ernst, in: MüKo, BGB, § 282, Rn. 2. 444 Vgl. Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 426 f. (dort bezogen auf die im Vorfeld eines Vertragsschlusses zu berücksichtigenden [Schutz-]Pflichten).
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meinwohlauftrag der Verwaltung und dem häufig vorhandenen und schwer aufzuholenden Informationsvorsprung der behördlichen Akteure, vor allem auf rechtlicher Ebene445, könnte man schließen, dass die Verwaltung in Bezug auf die betroffenen Privatrechtssubjekte eine qualifizierte, weil verfassungsrechtlich fundierte, Fürsorge- und Betreuungspflicht trifft.446 Dies hingegen pauschal anzunehmen, würde den Grundcharakter des Verwaltungsvertrages als gleichrangige Kooperationsform sowie die je nach Vertragsschlusssituation sehr unterschiedlichen Verhandlungssituationen ausblenden. Zunächst wird man generell davon ausgehen können, dass die Behörde gegenüber einem anwaltlich vertretenen Bürger (rechtliche) Aufklärungsarbeit nur in Sonderfällen zu leisten hat.447 Zudem können intensivierte Neben- und Schutzpflichten auch in umgekehrter Richtung existieren. So nimmt etwa der vertraglich in die Erfüllung von Verwaltungsaufgaben eingeschaltete private Kooperationspartner448 im Regelfall ein gesteigertes Vertrauen in Anspruch. Für die Frage, wann der Verwaltung ein Festhalten am Verwaltungsvertrag bzw. eine weitere Durchführung der Leistungsbeziehung unzumutbar ist und sie daher zurücktreten (§ 62 S. 2 VwVfG i. V. m. § 324 BGB) oder Schadensersatz statt der Leistung verlangen kann (§ 62 S. 2 VwVfG i. V. m. § 282 BGB), kann dies nicht ohne Belang sein. Letztlich sind daher wie bei Verträgen zwischen Privaten auch unter Abwägung der beidseitigen Interessen die Umstände des Einzelfalles in den Blick zu nehmen449. Ähnlich wie im Falle der Abwägung im Rahmen der offenen Inhaltskontrolle nach § 307 BGB können die unterschiedlichen Kategorien von Verwaltungsverträgen hierbei als Orientierungspunkte dienen.450 3. „Schadensersatz statt der Leistung bei Ausschluss der Leistungspflicht“ (§ 280 I, III i. V. m. § 283 BGB) a) Der zivilrechtliche Tatbestand Tatbestandlich verlangt § 283 BGB zusätzlich zu den Voraussetzungen des § 280 I BGB, dass der Schuldner nach § 275 I bis III BGB nicht zu leisten braucht. Entsprechend ist auch eine auf die Leistungserbringung gerichtete Fristsetzung wie im Falle des § 281 I 1 BGB hier von vornherein entbehrlich.451 Da der Sekundäranspruch nur in Betracht kommt, soweit die Erbrin445
Dazu Schlette, a. a. O., S. 372 ff. Schlette, a. a. O., S. 418. 447 Schlette, a. a. O., S. 420. 448 Zu Kooperationsverträgen bereits oben unter § 7 B. II. und § 10 B. VI. 449 Für das Zivilrecht Ernst, in: MüKo, BGB, § 282, Rn. 5 und § 324, Rn. 7. 450 Dazu am Beispiel des AGB-Rechts bereits oben unter § 13 E. IV. 451 BT-Drs. 14/6040, S. 135. Entsprechend wird auch im korrespondierenden § 326 V BGB ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es für einen Rücktritt abweichend von 446
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gung der Primärleistung unmöglich ist, eine Erfüllung also nicht verlangt werden kann, tritt der Anspruch an die Stelle des Anspruchs auf die (Primär-)Leistung. Konsequent statuiert der durch § 280 III BGB in Bezug genommene § 283 BGB als Rechtsfolge Schadensersatz „statt der Leistung“. Nach § 275 I BGB wird der Schuldner ausdrücklich nur von der Leistungspflicht befreit, „soweit“ die Leistung unmöglich ist. Dazu verweist § 283 S. 2 BGB für den Fall der teilweisen Unmöglichkeit auf § 281 I 2 BGB. Schadensersatz statt der ganzen Leistung kann der Gläubiger danach nur verlangen, wenn er an der Teilleistung kein Interesse hat. Schließlich ist § 285 BGB im Zusammenhang mit § 283 BGB zu sehen. Wie vormals nach § 281 BGB a. F. kann der Gläubiger einer unmöglichen Leistung danach das sog. stellvertretende commodum verlangen: „Erlangt der Schuldner infolge des Umstands, auf Grund dessen er die Leistung nach § 275 Abs. 1 bis 3 BGB nicht zu erbringen braucht, für den geschuldeten Gegenstand einen Ersatz oder einen Ersatzanspruch, so kann der Gläubiger Herausgabe des als Ersatz Empfangenen oder Abtretung des Ersatzanspruchs verlangen.“452 Ob der Schuldner von diesem Recht Gebrauch macht, will gut überlegt sein. Denn nach § 285 II BGB mindert sich der Anspruch aus § 283 BGB um den Wert des erlangten Surrogates. Angenommen im obigen Beispiel453 hat das Ministerium die dem Unternehmen vertraglich zugesagte Erlaubnis für den Bau und den Betrieb einer öffentlichen Spielbank angesichts der Bedenken gegen die Glaubwürdigkeit des Vertragspartners wirksam und bestandskräftig einem Dritten erteilt, wobei die Erteilung einer weiteren Genehmigung bereits faktisch (etwa aufgrund mangelnder Bauflächen) ausscheidet.454 Die Erfüllung der Leistung (Erlaubnis) ist hier nachträglich unmöglich geworden. Eine Frist zur Leistungserbringung macht keinen Sinn mehr. Es kommt mithin eine Haftung nach §§ 280 I, III, 283 BGB in Betracht.
§ 323 BGB keiner Fristsetzung bedarf. Das gleiche gilt, wenn nicht der originäre Erfüllungsanspruch, sondern (etwa nach Übergabe einer mangelhaften Kaufsache) die Nacherfüllung unmöglich wird. Hier kommt § 326 BGB dann über den Verweis in den §§ 437 Nr. 2 und 634 Nr. 3 BGB zu Anwendung. Eingehend zu den Besonderheiten im Rahmen der Anwendung des § 283 BGB bei nachträglicher Unmöglichkeit der Nacherfüllung Hirsch, Jura 2003, 289 (295 ff.). 452 § 285 BGB soll verhindern, dass der nach § 275 BGB von der Leistung befreite, aber gleichwohl aufgrund des ehemals auf Erfüllung gerichteten Vertrages noch gebundene Schuldner das Erfüllungssurrogat behalten kann. Der Anspruch gleicht mehr einem Bereicherungs- als einem Schadensersatzanspruch und setzt dementsprechend auch kein Verschulden voraus, vgl. dazu Medicus, JuS 2003, 521 (523). 453 Vgl. den oben unter C. I. 1. b) in Anlehnung an OVG Greifswald NJW 2003, 3146 ff. geschilderten Fall. 454 So in der Tat zu einem späteren Zeitpunkt im vorgenannten Fall, vgl. OVG Greifswald NJW 2003, 3146 (3147).
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b) „Unmöglichkeit“ gleich „Pflichtverletzung“? Analyse eines Spezialproblems aus der Sicht des Verwaltungsvertragsrechts Probleme bereitet die Frage, welche Bedeutung der nach § 275 BGB zu bestimmenden Unmöglichkeit im Hinblick auf das im Grundtatbestand des § 280 I 1 BGB vorgesehene Tatbestandsmerkmal der „Pflichtverletzung“ zukommt. Nach bisher noch überwiegender Meinung – und wohl auch nach Ansicht des Gesetzgebers455 – besteht die Pflichtverletzung im Rahmen des § 283 BGB schlicht darin, dass der Schuldner die unmögliche Leistung nicht erbringt.456 Zunehmend wird demgegenüber darauf hingewiesen, dass der Begriff der „Pflichtverletzung“ zwingend an ein pflichtwidriges Verhalten anknüpft. Entscheidend sei daher das positive Tun oder Unterlassen, welches Umstände verursacht oder den Eintritt solcher Umstände nicht verhindert, aus deren Vorliegen sich ergibt, dass der Schuldner gem. § 275 BGB nicht zu leisten braucht.457 Vordergründig scheint man sich um dogmatische Feinheiten zu streiten. Die praktische Bedeutung wird deutlich, wenn man die (zivilrechtlichen) Grundsätze über die Beweislastverteilung458 in den Blick nimmt. Eine Beweislastumkehr zu Gunsten des Gläubigers findet sich nur hinsichtlich des Verschuldens in § 280 I 2 BGB459. Die übrigen Anspruchsvoraussetzungen, also auch das Vorliegen einer Pflichtverletzung, muss hingegen der Gläubiger vortragen und beweisen.460 Sieht man die Pflichtverletzung bereits im Umstand der Nichterbringung der Leistung, wird dieser Nachweis regelmäßig einfach zu führen sein.461 Ungleich schwerer wird es dem Gläubiger gelingen, dem Schuldner ein konkretes Verhalten nachzuweisen, aus dem die Umstände resultieren, welche die Unmöglichkeit begründen. Schließt die Verwaltung privatrechtliche Verträge, sei es, weil es sich um eine privatrechtlich organisierte Verwaltungseinheit handelt462 oder sei es, weil man am Paradigma der Wahlfreiheit festhält, sind die ordentlichen Gerichte zuständig. Wie sonst im Parteienprozess gilt die Verhandlungsmaxime. Nach dem 455
Vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 92. Vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 92; Canaris, JZ 2001, 499 (512); Lorenz/Riehm, Lehrbuch neues Schuldrecht, S. 90 f., Rn. 172; Ernst, in: MüKo, BGB, § 283, Rn. 4 und differenzierend Faust/Huber, Schuldrechtsmodernisierung, 3. Kap., Rn. 121. 457 Vgl. bereits auf der Basis des Gesetzesentwurfes Schapp, JZ 2001, 583 (585) sowie anschließend Schwab, JuS 2002, 1 (3); Schäfer, JA 2003, 600 (601 ff.); zuletzt erneut Grundmann, AcP 204 (2004), 569 (580). 458 Dazu nur Larenz, Schuldrecht I, § 24, S. 371 ff. und § 29, 516 ff. m. w. N. 459 Ausführlich soeben unter B. IV. 2. 460 Er trägt insoweit die Darlegungs- und Beweislast, vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 1356 sowie Faust/Huber, Schuldrechtsmodernisierung, 3. Kap., Rn. 120. 461 Faust/Huber, a. a. O. 462 Dann ist der Weg ins Privatrecht bereits durch die Organisationsform vorgezeichnet, vgl. oben unter § 6. 456
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Günstigkeitsprinzip trifft den Gläubiger die Beweislast für die ihm günstigen Anspruchsvoraussetzungen. Macht der Bürger gegen die Verwaltung einen Anspruch aus § 280 I, II i. V. m. § 283 BGB geltend, kommt es zur oben beschriebenen Beweisproblematik. Soweit man hingegen Verträge der Verwaltung den §§ 54 ff. VwVfG zuordnen kann463, wird die Problematik entschärft. Denn dann ist der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten gegeben464 und es gilt grundsätzlich nicht der Verhandlungs-, sondern der Untersuchungsgrundsatz465. Nach § 86 I 1 VwGO muss das Gericht den Sachverhalt erforschen, d.h. es muss alle Tatsachen zusammentragen, derer es zur Anwendung der in Rede stehenden Norm für das geltend gemachte Rechtsbegehren bedarf. „Tatsache“ in diesem Sinne ist alles, was „zum Tatbestand der anzuwendenden Rechtssätze gehört und den Untersatz des juristischen Syllogismus bildet“466, also auch die pflichtwidrig herbeigeführten Umstände, welche zur Unmöglichkeit führten.467 Gegenüber dem Zivilprozess sind Verfahrensstringenz und Exklusivität der Beweismittel dabei insoweit entschärft, als dem Verwaltungsgericht neben den in der VwGO nicht abschließend aufgeführten Beweismitteln468 auch die Möglichkeit sonstiger Beweismittel, wie das einer amtlichen Auskunft469, zur Verfügung steht. Im Hinblick auf die vorliegende Problematik erweist sich der Verwaltungsrechtsweg damit gerade für den Bürger, der einen Anspruch gegen die Verwaltung einklagt, als grundsätzlich vorteilhafter. (1) Vorteile der herrschenden Konzeption bei Verwaltungsverträgen Soweit es auf die Beweislastregeln ankommt, scheint die für das Zivilrecht (noch) herrschende Konzeption, wonach der seinen Anspruch einklagende Gläubiger lediglich den Eintritt der Unmöglichkeit behaupten und beweisen muss, in besonderem Maße den gerade bei Verwaltungsverträgen denkbaren Beweisnöten entgegen zu kommen. Denn der private Vertragspartner hat regelmäßig nur wenig Einblick in die internen Verwaltungsabläufe. Beruft sich die Verwaltung auf 463 Was nach hier vertretener Auffassung weitest möglich geschehen sollte, vgl. § 8 B. 464 Dies gilt gem. § 40 II 1 VwGO jedenfalls für Verträge, die auf Verwaltungsvertrag beruhen, also jedenfalls auch für Ansprüche auf Schadensersatz statt der Leistung, wie sie § 280 I, III i. V. m. § 283 BGB gewährt. 465 Vgl. Kaufmann, Untersuchungsgrundsatz, S. 346 und 348 f. 466 Kaufmann, a. a. O.; siehe auch Dawin, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 108, Rn. 11. 467 Etwas anderes gilt bzgl. des Verschuldens, da nach hier vertretener Auffassung auch in Verwaltungsprozess die (subjektive) Beweislastverteilung nach § 280 I 2 BGB maßgeblich ist, oben unter B. IV. 2. 468 Dazu Kaufmann, Untersuchungsgrundsatz, S. 349. 469 Vgl. Rudisile, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 96, Rn. 5.
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Unmöglichkeit, würde es dem privaten Gläubiger regelmäßig schwer fallen (entsprechend der Konzeption der Gegenansicht) nachzuweisen, dass die Unmöglichkeit auf einem bestimmten Fehlverhalten der Verwaltung beruht. Gerade im Hinblick auf die Gesetzesbindung der Verwaltung erscheint die herrschende Vorgehensweise überzeugend: Beruft sich die Verwaltung etwa auf nachträglich rechtliche Unmöglichkeit und entsteht dem Privaten dadurch ein Schaden, dass der Vertrag nicht erfüllt wird, muss der Private nur darlegen, dass der bei ihm angekommene Leistungserfolg infolge der Unmöglichkeit ganz oder teilweise hinter dem vertraglich vorgegebenen Leistungsprogramm zurückbleibt.470 Der Verwaltung hingegen obliegt es, nachzuweisen, dass sie hinsichtlich der Nichterbringung kein Verschulden trifft. (2) Bedenken gegen die herrschende Konzeption Die Grundannahme der überwiegenden Meinung begegnet jedoch semantischen und vor allem rechtssystematischen Bedenken: Semantisch ist es wenig überzeugend471, zur Bestimmung einer „Pflichtverletzung“ rein auf das äußere Geschehen (Nichterbringung der Leistung) abzustellen. Denn es gibt keinerlei Aufschluss über die Normgemäßheit des Schuldnerverhaltens und zeigt allenfalls, ob der Gläubiger Grund hat, in seinen Erwartungen (oder seinem Vertrauen) enttäuscht zu sein. Pflichten enthalten demgegenüber Sollenssätze. Sollenssätze beziehen sich bereits ihrer Natur nach auf menschliches Verhalten, nicht auf die Außenwelt. Für die Verwaltung, welche durch ihre Amtswalter agiert, kann in der Grundkonstruktion nichts anderes gelten. Auch rechtssystematisch erweist es sich als wenig überzeugend, die Pflichtverletzung in der Nichterfüllung der unmöglichen Leistung zu sehen. Denn soweit die Voraussetzungen des § 275 I bis III BGB vorliegen, ist ein Anspruch des Gläubigers auf die (Primär-)Leistung ausgeschlossen, was umgekehrt aus Sicht des Schuldners bedeutet, dass eine Pflicht nicht (mehr) besteht.472 Wie soll diese also verletzt werden? Anknüpfungspunkt für das Tatbestandsmerkmal der „Pflichtverletzung“ ist daher nicht der schlicht äußere Umstand der Nichterfüllung, sondern das Verhalten des Schuldners, welches zur Unmöglichkeit geführt hat. Für zivilrechtliche Verträge der Verwaltung können sich insoweit die beschriebenen Beweisprobleme ergeben. Dass dem Gläubiger ein Einblick in das konkrete schuldnerische Verhalten regelmäßig verwehrt ist, darf nicht dazu verleiten, dass das, was vorzutragen ihm im Hinblick auf die Beweislast aufbürdbar erscheint, materiellrechtlich als das bezeichnet wird, was es nicht ist: als „Pflichtverletzung“. Die 470 471 472
Vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 134. Schärfer noch Schäfer, JA 2003, 600 (601): „ein Unding“. Vgl. Schäfer, a. a. O., 600 (602).
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materiellrechtlichen und die beweisrechtlichen Kategorien sind daher gedanklich zu trennen. Auch im Verwaltungsvertragsrecht wird man die Spannungslage praktisch durch die Gewährung angemessener Beweiserleichterungen auflösen müssen.473 So könnte man die Beweislast des Gläubigers dahingehend beschränken, dass dieser nur die Enttäuschung seiner aus dem Vertrag resultierenden Erwartungen vorzutragen hat.474 Im Hinblick auf die überkommene Annahme einer Formenwahlfreiheit sensibilisiert die differenzierte Problematik dafür, dass die Qualifikation als öffentlich-rechtlich und die damit einhergehende Zuweisung zu den Verwaltungsgerichten sich unter Rechtsschutzgesichtspunkten als für den Bürger vorteilhafter erweist. Denn durch die Geltung des Untersuchungsgrundsatzes wird dem Streit für Verwaltungsverträge zumindest im Hinblick auf die praktische Relevanz der Boden entzogen. II. Eine neue Konstruktion eigener Art: „Ersatz vergeblicher Aufwendungen“ (§ 284 BGB) Mit dem Aufwendungsersatzanspruch nach § 284 BGB findet sich eine originäre Neuschöpfung des SMG, deren Tragweite für das Zivilrecht noch weitgehend ungeklärt ist.475 Aus Sicht des Verwaltungsvertragsrechts könnte sich § 284 BGB als praktisch bedeutsame Neuerung entpuppen. 1. Grundgedanken des zivilrechtlichen Tatbestandes Die Norm hat bei Gegnern wie Freunden der Reform ungewöhnlich viel Kritik erfahren.476 Weder das UN-Kaufrecht, noch die European-(Lando-)Principles oder die UNIDROIT-Principles kennen eine § 284 BGB vergleichbare Regelung477, wohl aber das anglo-amerikanische Recht478. Nach § 284 BGB kann der Gläubiger nunmehr „anstelle des Schadensersatzes statt der Leistung [. . .] Ersatz der Aufwendungen verlangen, die er im Vertrauen auf den Erhalt der Leistung gemacht hat und billigerweise machen durfte, es sei denn, deren Zweck wäre auch ohne die Pflichtverletzung des Schuldners nicht erreicht worden.“ Der Kernanwendungsbereich der Norm soll ausgehend von einem Beispiel aus der Rspr. des BGH479 erschlossen werden:
473
So auch für das Zivilrecht jetzt Schäfer, JA 2003, 600 (603 f.). Schäfer, a. a. O., 600 (604). 475 Ernst, in: MüKo, BGB, § 284, Rn. 1. 476 Vgl. Grundmann, AcP 204 (2004), 569 (599) m. w. N. 477 Ernst, in: MüKo, BGB, § 284, Rn. 1. 478 Dazu Leonhard, AcP 199 (1999), 660 (665 ff.) und Grundmann, AcP 204 (2004), 569 (600 f.). 479 In Anlehnung an BGHZ 99, 182 ff. = NJW 1987, 831. 474
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Eine politische Gruppierung mietet von einer Stadt deren Stadthalle für eine politische Veranstaltung. Dazu werden im Vorfeld der Veranstaltung u. a. Plakate gedruckt. Die Stadt verweigert dann aber vertragswidrig die Überlassung der Halle, woraufhin die politische Gruppierung die Kosten für die o. g. Materialien als „Schadensersatz“ geltend macht. Die Schadensersatzansprüche im alten Leistungsstörungsrecht waren grundsätzlich auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung gerichtet, den heutigen Schadensersatz „statt der Leistung“.480 In Fällen wie dem obigen stellte sich nun das Problem, dass der Gläubiger die Vermögensminderung (Plakatkosten) auch bei ordnungsgemäßer Erfüllung erlitten hätte, die Nichterfüllung (Verweigerung der Hallennutzung) war für sie also nicht kausal. Die Aufwendungen wären dem Gläubiger nur erspart geblieben, wenn er den Vertrag nicht geschlossen hätte. Sie wären daher nur im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs auf das negative Interesse ersatzfähig gewesen, den das Leistungsstörungsrecht gerade nicht einräumte.481 Zum alten Recht hatte die Rechtsprechung daher die sog. schadensrechtliche Rentabilitätsvermutung entwickelt.482 Danach kann als „erster handgreiflicher Schaden“ der Aufwand geltend gemacht werden, der für den Gläubiger durch die Pflichtverletzung des Schuldners vergeblich geworden ist, da man vermutete, dass das abgeschlossene Geschäft für den Gläubiger rentabel gewesen wäre.483 Der Gläubiger soll ohne weiteren Sachvortrag Ersatz für diese Positionen als Nichterfüllungsschaden verlangen können. Diese (widerlegliche) Vermutung484 setzte allerdings voraus, dass die Aufwendungen des Gläubigers darauf gerichtet waren, einen materiellen Gewinn zu erzielen.485 Sollte der Vertrag, im Vertrauen auf dessen ordnungsgemäße Erfüllung der Gläubiger die Aufwendungen machte, lediglich immaterielle Interessen des Gläubigers befriedigen, war der Vermutung die Grundlage entzogen. Entsprechend sprach der BGH im Beispielsfall keinen Schadensersatz zu.486 Losgelöst von Rentabilitätserwägungen soll in diesen Konstellationen nun § 284 BGB helfen. Ersatzfähig
480
Faust/Huber, Schuldrechtsmodernisierung, 4. Kap., Rn. 3. Faust/Huber, a. a. O. 482 Eingehend Stoppel, AcP 204 (2004), 81 (82 f.) m. w. N. und Emmerich, in: MüKo, BGB; Vor § 281, Rn. 34 ff. (dort auch zu der Kritik an der Rechtspraxis). 483 Dies gründet auf einer nicht unumstrittenen Äquivalenzvermutung, wonach Leistung und Gegenleistung sich nach dem Willen der Parteien wertmäßig entsprechen sollen; zuletzt BGHZ 143, 41 (48) (st. Rspr.). 484 Grundmann, AcP 204 (2004), 569 (599). 485 Siehe Stoppel, AcP 204 (2004), 81 (83). Die Vermutung konnte sogar gerade dadurch widerlegt werden, dass der Schuldner nachwies, dass es dem Gläubiger nicht auf Gewinnerzielung ankam, was von Seiten des Gesetzgebers als Diskriminierung eines ohne Gewinnerzielung agierenden Gläubigers gewertet wurde, vgl. Grundmann, AcP 204 (2004), 569 (599). 486 Vgl. BGHZ 99, 182 (195 ff.). 481
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sind nur die im Vertrauen auf den Erhalt der Leistung gemachten Aufwendungen487, nicht ein darüber hinausgehendes negatives Interesse.488 2. Verwaltungsverträge als ein künftiges Hauptanwendungsgebiet? Auch die Verwaltung strebt in vielen Fällen durch den Vertrag keine Gewinnerzielung an.489 Schließt sie z. B. einen Subventionsvertrag oder geht eine vertragliche Kooperation im Städtebaurecht ein, stehen Planungs- und Lenkungszwecke im Vordergrund. Entsprechend kann es für die Verwaltung wirtschaftlich günstiger sein, ihre Aufwendungen ersetzt zu bekommen, als etwa nach § 281 BGB so gestellt zu werden, wie sie stehen würde, wenn der Vertragspartner ordnungsgemäß erfüllt hätte (positives Interesse490). Beispiel491: Eine Gemeinde schließt mit einem Großunternehmen einen städtebaulichen Vertrag. Darin verpflichtet sich das Unternehmen, einen bestimmten Produktionsbereich anzusiedeln, in diesem Zuge 100 Arbeitsplätze zu schaffen und bestimmte, über das gesetzlich auferlegte Maß hinausgehende Umweltstandards einzuhalten492. Nach Vertragsschluss führt die Gemeinde ein aufwendiges Umlegungsverfahren durch, um die Grundstücksverhältnisse der künftigen Baulage anzupassen. Sie beauftragt ein Planungsbüro mit der Bauleitplanung und erstellt erste Erschließungsanlagen. Nun weigert sich das Unternehmen, den versprochenen Produktionsbereich anzusiedeln und stellt stattdessen lediglich den Bau eines Lagers und die Schaffung von 10 Arbeitsplätzen in Aussicht.
487 Zu den danach ersatzfähigen Positionen und deren Voraussetzungen im Detail Ernst, in: MüKo, BGB, § 284, Rn. 16 ff. 488 Insbesondere soll der Gläubiger nicht den Gewinn verlangen können, den er im Falle eines alternativen Geschäfts gemacht hätte, vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 144. Ob § 284 BGB insgesamt auf den Ersatz des positiven oder negativen Interesses gerichtet ist (im letzteren Sinne etwa Zimmer, NJW 2002, 1 [10]) oder nicht eine (sehr weitreichende) Kategorie eigener Art darstellt, ist noch ungeklärt, ausführlich jetzt Ernst, in: MüKo, BGB, § 284, Rn. 4 bis 7. 489 § 284 BGB kommt jedoch mangels ausdrücklicher Beschränkung des Tatbestandes nicht nur bei Verträgen in Betracht, die nicht auf Gewinnerzielungsabsicht gerichtet sind, näher Ernst, a. a. O., § 284, Rn. 10. 490 Zu dieser Zielrichtung des Schadensersatzes „statt der Leistung“ im Vergleich zu § 284 BGB Faust/Huber, Schuldrechtsmodernisierung, 4. Kap., Rn. 3. 491 In Anlehnung an den BVerwGE 84, 236 ff. zu Grunde liegenden Verwaltungsvertrag. 492 Ganz ähnliche Vertraginhalte finden sich in den bereits erörterten Privatisierungsverträgen der Treuhandanstalt, nur dass es dort um Investitionen zur Erhaltung von Unternehmensstandorten und Arbeitsplätzen ging; zu den (nach einiger Diskussion) schließlich überwiegend als privatrechtlich qualifizierten Verträgen oben unter § 13 E. I. 4.
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Genau wie im Ausgangsbeispiel wären die Aufwendungen der Gemeinde auch bei ordnungsgemäßer Erfüllung entstanden. Da sie ohne Gewinnerzielungsabsicht handelte, kann nicht mit der Rentabilitätsvermutung operiert werden. Folge der Pflichtverletzung ist lediglich, dass die nicht-wirtschaftlichen öffentlichen Lenkungs- und Steuerungszwecke verfehlt werden (sog. „Frustrationsschaden“493). Die Schwierigkeiten, diesen diffusen „Schaden für das Gemeinwohl“494 schadensrechtlich zu greifen495, haben in der Praxis dazu geführt, dass die öffentliche Hand die verfolgten Zwecke durch Vertragsstrafenregelungen absichert.496 Besonders wo derartige Absicherungen nicht getroffen wurden, kann nun der Ersatz „frustrierter Aufwendungen“497 nach § 284 BGB helfen. Jedenfalls den in Form der frustrierten Aufwendungen greifbaren immateriellen Schaden498 kann die Verwaltung nunmehr ersetzt bekommen. In Zusammenschau mit § 253 II BGB, der seit dem 1.8.2002 in Weiterentwicklung des ehemaligen § 847 BGB bei Eingriffen in die Person (Körper, Leben, Persönlichkeit) nunmehr allgemein für das Vertragsrecht und auch für die Gefährdungshaftung den Ersatz auch immaterieller Schäden vorsieht499, wird dies als potentielle „Trendwende“ im deutschen Schadensrecht gewertet.500 Da es für die Anwendung des § 284 BGB unbeachtlich ist, welches Ziel der Gläubiger mit der ihm zustehenden Leistung verfolgt501, ist die Anwendung auf nahezu jedes verwaltungsvertragliche Schuldverhältnis denkbar.
493 Medicus, JuS 2003, 521 (523) sowie weiterführend Stoppel, AcP 204 (2004), 81 (84 f.). Denkbare Beispiele aus Sicht der Verwaltung sind etwa die verzögerte oder unzureichende Erfüllung eines Vertrages, der Emissionsbegrenzungen oder landwirtschaftliche Extensivierungsmaßnahmen vorsieht, der nachlässige Betrieb einer öffentlichen Einrichtung, deren Leistungsniveau deutlich sinkt, ohne dass aber den Benutzern messbare Schäden entstehen oder auch die Nichtvornahme subventionierter Maßnahmen. 494 Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 593. 495 Wie im Zivilrecht wurde der (Frustrations-)Schaden der Verwaltung aus Sicht des öffentlichen Rechts als nicht ersatzfähiger immaterieller Schaden (§ 253 BGB) eingestuft, vgl. zu der bisher wenig behandelten Problematik Schilling, VerwArch 85 (1994), 226 (228) sowie Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 593; angedeutet bei Krause, VVDStRL 45 (1987), 212 (231). 496 Soweit diese in Form von AGB in den Vertrag eingeführt werden, ist die Zulässigkeit im Hinblick auf die über § 62 S. 2 VwVfG in Bezug genommene Gestaltungsgrenze in § 309 Nr. 6 BGB fragwürdig; ausführlich oben unter § 13 D. I und II. 1. 497 Faust/Huber, Schuldrechtsmodernisierung, 4. Kap., Rn. 4. 498 Stoppel, AcP 204 (2004), 81 (87). 499 Zu den intensiv diskutierten Neuerung des Zweiten Schadensrechtsänderungsgesetzes nur Wagner, NJW 2002, 2049 (2053 ff.) und Oetker, in: MüKo, BGB, § 253, Rn. 10 ff. und 18. 500 So Grundmann, AcP 204 (2004), 569 (598). 501 Stoppel, a. a. O., 81 (88).
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3. Tatbestandliche Besonderheiten in verwaltungsvertraglicher Perspektive Tatbestandlich lässt § 284 BGB einen zweistufigen Aufbau502 erkennen: Zunächst setzt die Wahl des Aufwendungsersatzes voraus, dass der Gläubiger berechtigt ist, Schadensersatz statt der Leistung zu verlangen.503 Diese Berechtigung kann vor allem auf §§ 281, 282, 283 oder auf § 311a II BGB beruhen, deren Voraussetzungen dann im Einzelnen zunächst gegeben sein müssen.504 Insbesondere muss dem Schuldner eine Frist gesetzt werden (§ 281 I 1 BGB), soweit diese nicht wie im Falle der Unmöglichkeit (§ 283 BGB), wegen Zerstörung der Vertrauensgrundlage (§ 282 BGB) oder sonstig (§ 281 II BGB) entbehrlich ist.505 Da der Aufwendungsersatzanspruch nach § 284 BGB nicht durch das positive Interesse begrenzt sein soll506, müssen die eine gewisse Eingrenzung herbeiführenden Merkmale, welche § 284 BGB selbst aufstellt, sorgfältig bedacht werden. Über den Begriff der „Aufwendungen“ wird man dabei keine Eingrenzung des Tatbestandes erreichen können. Die Besonderheit des in sich sehr weiten Aufwendungsbegriffs in § 284 BGB liegt darin, dass es maßgeblich auf das eigene Interesse des Gläubigers ankommt.507 Erfasst sind letztlich alle Vermögensopfer, die der Gläubiger mit Blick auf den Erhalt einer vereinbarungsgemäßen Leistung erbringt.508 In Abgrenzung zu „Schäden“, muss es sich um ein „freiwilliges Vermögensopfer“ handeln509. Dieses muss nach Entstehung des Anspruchs510 auf die Leistung und gerade im Vertrauen auf die Erlangung derselben erbracht werden511. Hierdurch wird eine erste (begrenzte) Einschränkung
502
Stoppel, a. a. O., 81 (83). Ausführlich zu dieser Verschränkung mit dem „Schadensersatz statt der Leistung“ jetzt Otto, in: Staudinger, BGB, § 284, Rn. 15 ff. 504 Ernst, in: MüKo, BGB, § 284, Rn. 12 und 13 ff. 505 Häufig wird – wie etwa im o. g. „Stadthallenfall“ – die Fristsetzung wegen „ernsthafter und endgültiger“ Verweigerung der Leistungserbringung durch den Schuldner nach § 281 II Var. 1 BGB entbehrlich sein. 506 So Ernst, in: MüKo, BGB, § 284, Rn. 28. 507 Otto, in: Staudinger, BGB, § 284 BGB, Rn. 20. Demgegenüber werden nach herkömmlicher Terminologie Aufwendungen, wie sie z. B. nach §§ 536a, 637, 670, 683 BGB ersatzpflichtig werden können, überwiegend definiert als freiwillige Vermögensopfer im Interesse eines anderen. 508 Otto, in: Staudinger, BGB, § 284 BGB, Rn. 20. 509 Faust/Huber, Schuldrechtsmodernisierung, 4. Kap., Rn. 10. 510 Faust/Huber, a. a. O., 4. Kap., Rn. 28. 511 Anders als die Formulierung nahe legen könnte, kann hierbei jedoch kein subjektiver Maßstab gelten, sondern – wie sonst – ein objektivierter: Die Erstattungsfähigkeit folgt nicht dem Umstand, daß der Gläubiger auf den Erhalt der Leistung vertraut hat, sondern daß er hierauf vertrauen durfte, vgl. Otto, in: Staudinger, BGB, § 284, Rn. 21 (aber nicht unstr.); zur Gegenansicht Stoppel, AcP 204 (2004) 81 (90, 95 ff.), 503
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erreicht512. Weiter musste der Gläubiger die Aufwendungen „billigerweise“ machen dürfen, was freilich ebenfalls von begrenzter Aussagekraft ist und häufig auf die Anwendung des § 254 BGB hinauslaufen wird513. Eine letzte Präzisierung resultiert daraus, dass der Zweck der Aufwendungen gerade aufgrund der Pflichtverletzung des Schuldners verfehlt worden sein muss. Das ist eben nicht der Fall, wenn der Zweck auch ohne die Pflichtverletzung des Schuldners nicht erreicht worden wäre (§ 284 BGB a. E.)514. Für Verwaltungsverträge ergibt sich hierbei die Besonderheit, dass die Verwaltung regelmäßig in Vollzug gesetzlicher Vorgaben allgemeine Zwecke verfolgt, die in einem größeren, über das konkrete Geschäft hinausgehenden Rahmen zu sehen sind. So dient etwa die Förderung eines Land- oder Forstwirtes im Rahmen des Vertragsnaturschutzes515, eines Wirtschaftsunternehmens516 oder bestimmter Bevölkerungsgruppen im Rahmen von Einheimischenmodellen517 nicht nur dem jeweiligen privaten Vertragspartner. Aus einer überindividuellen Perspektive kann es daher sein, dass der angestrebte Gesamtzweck, etwa Aufbau des Netzes Natura 2000 durch Maßnahmen des Vertragsnaturschutzes in einer bestimmten europäischen Region, erreicht oder eben gerade insgesamt auch nicht erreicht wurde. Für § 284 BGB kann aber letztlich nur die Betrachtung im Rahmen des jeweiligen Vertrages maßgeblich sein. Wird also etwa ein Förderungsmittel zweckentfremdet verwendet518 oder eine übernomwonach die Frage der Schutzwürdigkeit des Gläubigervertrauens erst auf der Ebene der normativen Kontrolle in Form der Billigkeit zum Tragen kommt. 512 Die Formulierung deckt immer noch ein sehr weites Spektrum ab. Erfasst sind auch die Vertragskosten oder das Eingehen einer Verbindlichkeit (vgl. Ernst, in: MüKo, BGB, § 284, Rn. 16) so dass auch Maklerhonorare, Grundbuch- und Notarkosten sowie Kosten, die den Gläubiger dadurch treffen, dass er Empfänger der (mangelhaften) Leistung des Schuldners wurde (z. B. Erschließungskosten, Grundsteuer, Brandversicherung), bis hin zu Aufwendungen für die geplante Verwendung der Leistung verlangt werden können; entgegen der bisherigen Rspr. zum Aufwendungsbegriff ist auch die Fremdnützigkeit der Vermögenseinbuße nicht erforderlich, ausführlich Stoppel, AcP 204 (2004) 81 (90 ff.) und Faust/Huber, Schuldrechtsmodernisierung, 4. Kap., Rn. 13 ff.; speziell zur Frage, ob auch die vom Gläubiger bereits erbrachte Gegenleistung als „Aufwendung“ ersatzfähig ist, jetzt Stoppel, a. a. O., 81 (91 ff.). 513 Vgl. Canaris, JZ 2001, 499 (517). Als problematisch wird vor allem angesehen, dass nach der Gesetzesformulierung den Gläubiger die Beweislast trifft, was zur Folge hat, dass dieser (mindestens) nachweisen muss, dass er von der ordnungsgemäßen Leistungserbringung durch den Schuldner ausgehen durfte, vgl. Faust/Huber, Schuldrechtsmodernisierung, 4. Kap., Rn. 32. 514 Bezogen auf den o. g. „Stadthallenfall“ wäre dies anzunehmen, wenn die Parteiveranstaltung nicht nur wegen der Weigerung der Verwaltung, sondern auch auf Grund eines in letzter Minute ergangenen polizeilichen Verbots nicht hätte durchgeführt werden können, vgl. Zimmer, NJW 2002, 1 (10). 515 Zu Ausgestaltung und Erscheinungsformen oben unter § 10 B. III. 516 Zu den nach hier vertretener Auffassung überwiegend öffentlich-rechtlichen Subventionsverträgen oben unter § 10 B. II. 517 Oben unter § 10 B. IV.
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mene Pflicht nicht eingehalten519, so wird der Zweck520 dazu getätigter Aufwendungen521 verfehlt. Der Nachweis, dass dieser Zweck auch ohne die Pflichtverletzung nicht eingetreten wäre, wird regelmäßig nur schwerlich gelingen.522 Eine differenzierte Betrachtung kann deshalb nötig werden, weil die Verwaltung (oder auch der andere Vertragpartner) mit ihrer Aufwendung mehrere Zwecke verfolgt. So ist etwa denkbar, dass ein Umlegungsverfahren und Erschließungsmaßnahmen aufgrund der erwarteten Ansiedlung mehrerer Unternehmen durchgeführt werden. Verweigert nun das vertraglich gebundene Unternehmen die Investition, kann es dennoch sein, dass die Aufwendungen ganz oder in Teilen anderen Grundstücksbebauungen zugute kommen. Sie sind dann nicht frustriert. Im Ergebnis kann der Gläubiger also nur denjenigen Teil der erbrachten Aufwendungen vom Schuldner verlangen, der der tatsächlichen Frustration entspricht.523 Um dies zu vermeiden, muss durch entsprechende Vertragsklauseln Vorsorge getroffen werden. Insgesamt hat der Gesetzgeber dem Gläubiger mit § 284 BGB ein sehr scharfes Schwert in die Hand gegeben. Soweit die Norm über den Verweis in § 62 S. 2 VwVfG zu Gunsten der Verwaltung zur Anwendung kommt, wird man, um unverhältnismäßige Belastungen des Bürgers zu vermeiden, in strikter Anwendung des § 254 BGB sehr genau darauf zu achten haben, ob die Verwaltung die Aufwendungen „billigerweise machen durfte“524 und diese auch gerade „im Vertrauen auf die Leistung gemacht hat“.
518 Ein Unternehmen verwendet ein Darlehen zur Erweiterung des Fuhrparkes, statt wie vereinbart auf die Versorgung durch Solarstrom umzustellen. 519 Ein Land- oder Forstwirt führt die versprochene umweltschonende Bewirtschaftung nicht durch (so geschehen etwa in dem VG Regensburg NuR 2003, 65 f. zu Grunde liegenden Fall), oder ein im Rahmen eines Einheimischenmodells Geförderter veräußert das Grundstück unmittelbar nach dem verbilligten Erwerb gewinnbringend. 520 Förderung des betroffenen Wirtschaftsteilnehmers oder die Erhöhung des Umweltschutzniveaus auf der betroffenen Fläche. 521 Im obigen Beispiel des Investorenvertrages also etwa die Kosten für die Umlegung und für die vertraglich nicht geschuldeten Erschließungsmaßnahmen. Zweifelhaft könnte sein, ob die Kosten für die vorbereitende Bauleitplanung als „Aufwendungen“ eingestuft werden können. Denn die bereits erbrachte Gegenleistung soll nicht als Aufwendung gem. § 284 BGB ersatzfähig sein (so Faust/Huber, Schuldrechtsmodernisierung, 4. Kap., Rn. 17 und dem folgend Ernst, in: MüKo, BGB, § 284, Rn. 16). Faktisch erfolgt die Beplanung zwar im Gegenzug zur Ansiedelung des Unternehmens. Da ein Anspruch auf die Planung aber gerade nicht begründet werden kann (vgl. § 1 III 2 HS 2 BauGB), ist diese auch nicht als Gegenleistung, sondern nur als Geschäftsgrundlage oder Bedingung zu betrachten (dazu Birk, Städtebauliche Verträge, S. 51 f., Rn. 75 ff.). Die Kosten der Planung sind daher auch als Aufwendungen ersatzfähig. 522 Aus der „es sei denn“-Formulierung ergibt sich, dass die Beweislast insofern der Schuldner trägt, vgl. Faust/Huber, Schuldrechtsmodernisierung, 4. Kap., Rn. 38. 523 Stoppel, AcP 204 (2004), 81 (100). 524 Eingehend zu hier ansetzenden Einschränkungsmöglichkeiten jetzt Otto, in: Staudinger, § 284, Rn. 29 ff. und Stoppel, AcP 204 (2004), 81 (95 ff.).
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III. Ersatz des Verzögerungsschadens „neben“ der Leistung (§ 280 II i. V. m. § 286 BGB) 1. Der zivilrechtliche Tatbestand § 286 BGB reicht meist weniger weit als der Schadensersatz „statt der Leistung“.525 Nach § 280 II BGB müssen zusätzlich die Voraussetzungen des § 286 BGB vorliegen. Die bloße Verspätung der Leistung genügt als Pflichtverletzung nicht, es muss vielmehr Schuldnerverzug gegeben sein.526 Neben einer wirksamen Forderung sowie Fälligkeit und Möglichkeit der Leistung ist dafür nach § 286 BGB vor allem eine Mahnung (§ 286 I BGB) oder ein Mahnungssurrogat (§ 286 II BGB) erforderlich527. Bei Entgeltforderungen genügt der Ablauf einer Frist von 30 Tagen seit Fälligkeit und Rechungslegung (§ 286 III 1528). Bereits die Fristsetzung nach § 281 I 1 BGB enthält inhaltlich eine Leistungsaufforderung, in der man häufig auch eine Mahnung im Sinne des § 286 I BGB sehen kann. Es wird daher nicht der Fall eintreten, dass der Schuldner zwar Schadensersatz statt der Leistung nach § 281 I BGB verlangen (und dann auch nach § 323 I BGB zurücktreten) kann, sich aber noch nicht nach § 286 BGB in Verzug befindet.529 § 281 und § 286 BGB nehmen jedoch ganz unterschiedliche Schadensinteressen in den Blick: In § 281 BGB fungiert das Fristsetzungserfordernis als Hürde, welche es zu nehmen gilt, bevor das Schuldverhältnis in der Weise tiefgreifend modifiziert wird, dass „an die Stelle“ der Vertragsdurchführung endgültig (§ 281 IV BGB) der Sekundäranspruch tritt. Der nach § 286 BGB ersatzfähige Schaden wird hingegen nach Abmahnung des Schuldners „neben“ der Leistung geltend gemacht.530 525
Medicus, JuS 2003, 521 (523). Die Anwendbarkeit der Grundregeln zum Schuldnerverzug ist auch in Bezug auf Verwaltungsverträge allgemein anerkannt und soll hier nicht näher erörtert werden, vgl. nur BVerwGE 84, 258 (261) sowie Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 600 f. (dort auch zur vereinzelt gebliebenen Kritik). Problematisch ist nur die Anwendbarkeit des § 288 BGB, dazu sogleich. Der Gläubigerverzug (§§ 293 ff. BGB) ist für Verwaltungsverträge praktisch bedeutungslos. 527 Zu den Voraussetzungen des Verzuges im Einzelnen Ernst, in: MüKo, BGB, § 286, Rn. 18 ff. 528 Gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher i. S. d. § 13 BGB ist, gilt dies nur, soweit er auf diese Folgen ausdrücklich hingewiesen worden ist (§ 286 III 1 HS 2 BGB). 529 BT-Drs. 14/6040, S. 138. 530 Aus Sicht des öffentlichen Rechts zusammenfassend Geis, NVwZ 2002, 385 (389). Ein interessantes Beispiel liefert OVG Münster NWVBl. 2000, 430 f. Es ging (vereinfacht) darum, dass eine Gemeinde sich in einem Ablösevertrag dazu verpflichtet hatte, eine bestimmte Erschließung vorzunehmen. Nachdem die Gemeinde dieser Verpflichtung bis zum bestimmten Termin nicht nachgekommen war, beauftragten die Grundstückseigentümer einen Anwalt u. a. mit der Abmahnung der Gemeinde. Das OVG stufte die Anwaltskosten, einschließlich der Kosten für die Abmahnung im kon526
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2. Teil 3. Abschn.: Verwaltungsvertrag und Leistungsstörungsrecht
2. Rezeption insbesondere des Rechtsfolgenregimes in das Verwaltungsvertragsrecht Hinsichtlich der Höhe des Verzugsschadens enthält das Leistungsstörungsrecht des BGB eine praktisch sehr bedeutsame Sonderregelung. § 288 I, IV BGB legt fest, dass bei Geldforderungen531 die Verzugszinsen als eine Art gesetzlicher Mindestschaden zu erstatten sind.532 Die Übertragung dieser Regelung auf Verwaltungsverträge wurde vor allem für Verzugszinsen zu Lasten des Bürgers immer wieder in Frage gestellt.533 Denn dass § 288 I 1 BGB „in den Fällen der Schuldnerschaft eines Bürgers die Vermutung eines Mindestschadens zu Gunsten des Staates aufstellt, ohne daß es eines konkreten Schadensnachweises bedarf, wirkt [. . .] wie eine einseitige Belastung des Bürgers mit einer Geldzahlung“534 und besitze daher „Eingriffsqualität“535. Neuerdings beträgt der Verzugszinssatz im Regelfall nach § 288 I 2 BGB statt wie bisher vier nun fünf und ohne Beteiligung eines Verbrauchers sogar nach § 288 II BGB acht Prozentpunkte über dem Basiszinssatz536. Nach dieser kreten Fall, als Verzugsschaden ein. Letzterer tritt offensichtlich neben das weiterhin bestehende (Leistungs-)Interesse der Anlieger an der Herstellung der Erschließungsanlagen (Anmerkung: Die Mahn- und Rechtsberatungskosten sind nach allgemeiner Auffassung jedenfalls dann als Verzugsschaden zu ersetzen, wenn der Schuldner aufgrund einer Erstmahnung bereits im Verzug war oder die Mahnung entbehrlich war, näher Löwisch, in: Staudinger, BGB, § 286, Rn. 208 ff.). 531 Hierunter fallen allgemein auch Schadensersatz-, Aufwendungsersatz- oder Wertersatzansprüche aus Bereicherungsrecht, vgl. Löwisch, in: Staudinger, BGB, § 288, Rn. 6 ff. 532 Streit herrscht nur über die Anwendbarkeit dieser gesetzlich statuierten Rechtsfolge. Dass Verzugszinsen in den durch § 56 VwVfG, § 138 BGB und ggf. das AGBRecht der §§ 305 ff. BGB gezogenen Grenzen im Vertrag vereinbart werden können, ist unbestritten, siehe Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 601. Jedenfalls die Rechtsprechung gewährt zudem in ständiger Rspr. Prozesszinsen nach § 291 BGB, vgl. bereits Papier, Forderungsverletzung, S. 128 mit Fn. 9; zuletzt etwa VGH Mannheim NJW 2003, 1066 (1068); BVerwG NVwZ 2003, 1385 (1387) und zuvor NVwZ 2003, 483 (485) = E 116, 312 ff. m. w. N.; vertiefend – auch zur Kritik an der Rspr. – statt aller de Wall, Privatrechtliche Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 406 ff. 533 Vor allem Henneke, in: Knack (7. Aufl., 2000), § 62, Rn. 14 und Spannowsky, Verträge und Absprachen, S. 253 ff. Kritisch auch de Wall, Privatrechtliche Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 405 f. 534 de Wall, Privatrechtliche Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 405. 535 Spannowsky, Verträge und Absprachen, S. 255. 536 Letzterer richtet sich gem. § 247 BGB nach dem „Zinssatz für die letzte Hauptrefinanzierungsoperation der Europäischen Zentralbank vor dem ersten Kalendertag des betreffenden Halbjahres“ und wird jeweils zum 1. Januar bis 1. Juli festgestellt und im Bundesanzeiger veröffentlicht. Ab dem 1.1.2005 beträgt der Basiszinssatz 1,21%. Damit können Gläubiger ihren Geldschuldnern für Entgeltforderungen, mit denen diese in Verzug sind, acht Prozentpunkte über dem Basiszinssatz (9,21%) bzw., sofern der Schuldner ein Verbraucher ist, fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz (6,21%) berechnen.
§ 16 Haftung für Pflichtverletzungen nach § 280 BGB
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Verschärfung des § 288 BGB wird man sich die Frage der Anwendbarkeit erst recht stellen müssen.537 Die Verwaltungsgerichte538 hatten in der Vergangenheit mehrfach betont, es gebe keinen allgemeinen Grundsatz des Verwaltungsrechts, welcher zur Zahlung von Verzugszinsen verpflichte, so dass eine Verzinsung nur nach Maßgabe von Sonderregelungen in Betracht komme. Dies scheint den Einwand, die Anwendung zu Gunsten der Behörde besitze Eingriffsqualität und löse den Gesetzesvorbehalt aus, zu untermauern. Allerdings gilt der Vorbehalt des Gesetzes bei Regelung durch Verwaltungsvertrag gerade nicht!539 Schließt der Bürger freiwillig mit der Verwaltung einen Vertrag, ist diesem genau wie bei einem Vertragsschluss mit einem Privaten zumutbar, dass er das Eingreifen der vom Privatrechtsgesetzgeber verankerten Schuldrechtsregeln vorhersieht und akzeptiert.540 Konsequent hat das BVerwG541 daher für den „Verzug des Schuldners einer Geldleistung, die in einem Austauschverhältnis zur Gegenleistung des anderen Partners eines öffentlich-rechtlichen Vertrages steht“, die Anwendung des § 288 BGB über § 62 S. 2 VwVfG ausdrücklich anerkannt. Es hat zudem klargestellt, dass einer Anwendung des § 288 BGB im Verwaltungsrecht entgegenstehende Aussagen der Rspr. sich überwiegend auf gesetzliche Leistungspflichten und nur vereinzelt auf Verträge und auch nur auf solche Vertragspflichten, die nicht im Gegenseitigkeitsverhältnis stehen, bezogen542. Allerdings überzeugt die immer noch mitschwingende Zurückhaltung, insbesondere die Begrenzung auf Geldleistungspflichten, die eine vertragliche Haupt537 Geis, NVwZ 2002, 385 (389); zur hiervon zu unterscheidenden Sonderfrage, ob die Berechung eines (Mindest-)Schadens nach 288 I 1 BGB a. F. (jetzt § 288 I 2 und ggf. verschärft nach § 288 II BGB n. F.) analog auch zur Ergänzung des Amtshaftungsanspruchs nach § 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG herangezogen werden kann de Wall, Privatrechtliche Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 404 f. 538 Vgl. nur BVerwGE 14, 1(3); 15, 78 (81); 21, 44 (44 f.); 38, 49 (50); 48, 133 (136 ff.) und BVerwGE 71, 48 (53). Daran anknüpfend aus neuerer Zeit etwa OVG Münster NWVBl. 1995, 271 f., welches die Verzinsung einer durch Bescheid gewährten Beihilfe analog § 288 BGB ablehnte; ganz ähnlich den vorgenannten Fall OVG Berlin, Urt. v. 26.10.1993, Az. 4 B 66.92, abgedruckt in OVGE BE 21, 68 ff. Mit vergleichbarer Begründung ablehnend gegenüber einer analogen Anwendung des § 288 BGB auf Schadensersatzansprüche eines Beamten wegen Verletzung der Fürsorgepflicht der Behörde VGH München NVwZ-RR 1995, 288 (289). 539 Eingehend oben unter § 8 A. III. Selbst wenn man die Geltung des Gesetzesvorbehalts bejaht, müsste man fragen, ob mit § 288 BGB i. V. m. § 62 S. 2 VwVfG nicht eine hinreichende gesetzliche Grundlage besteht. 540 Ähnlich de Wall, Privatrechtliche Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 406. 541 BVerwGE 81, 312 (317 f.); ablehnend dazu, weil grundsätzlich gegen eine analoge Anwendung Spannowsky, Verträge und Absprachen, S. 254 ff. Das BVerwG hat diese Rechtsprechung inzwischen auf nichtvertragliche „verwaltungsrechtliche Schuldverhältnisse“ ausgeweitet, vgl. BVerwGE 98, 18 (30 f.). Ebenso neuerlich OVG Berlin, Urt. vom 20.9.2001, Az. 5 B 20.00 abgedruckt in OVGE BE 24, 1 ff. 542 In dieser Weise im Hinblick auf die bisherige Rspr. differenzierend BVerwGE 81, 312 (318) und neuerlich auch BVerwG NVwZ 2002, 486 und NVwZ 2003, 481 (484).
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2. Teil 3. Abschn.: Verwaltungsvertrag und Leistungsstörungsrecht
leistungspflicht bilden und im wirtschaftlichen Austausch- und Gegenseitigkeitsverhältnis stehen, nicht.543 Aus der Warte des Zivilrechts gelten die Vorschriften der §§ 286 ff. BGB für „alle Leistungspflichten sämtlicher Schuldverhältnisse“544. Diesem weiten Verständnis entspricht es, dass die Verwaltungsgerichte545 in der neueren Rechtsprechung § 288 BGB in der jeweils geltenden Fassung auf öffentlich-rechtliche Erstattungsansprüche analog anwenden.546 § 49a II–IV VwVfG zeigen weiter deutlich, dass heute die Verzinslichkeit von Forderungen auch im Kontext von Verwaltungsakten, also einseitig hoheitlicher Regelungen, kein Fremdkörper ist.547 Für die Verzinsbarkeit kann es daher weder darauf ankommen, ob es sich um einen verwaltungsaktersetzenden Vertrag handelt, noch darauf, ob die Geldleistungspflicht eine vertragliche Hauptleistungspflicht ist, die im Gegenseitigkeitsverhältnis zur Leistungspflicht des anderen Vertragspartners steht. Die aktuellen Regelungen des BGB zu Verzugszinsen sind daher auf alle Verwaltungsverträge, sowohl für Zinsansprüche der öffentliche Hand als auch solche des Bürgers gegen die Verwaltung548, uneingeschränkt anwendbar.549 543 Insoweit ebenso kritisch de Wall, Privatrechtliche Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 401. 544 Ernst, in: MüKo, BGB, § 286, Rn. 5; hierauf verweist auch Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 603. Nicht erfasst werden von den §§ 286 ff. nur Nebenpflichten, die nicht Leistungspflichten sind (Schutzpflichten o. Ä.), bei deren Verletzung eine Schadensersatzpflicht nach § 280 I BGB und/oder (§ 325 BGB!) ein Rücktrittsrecht nach § 324 BGB in Betracht kommt. 545 Vgl. zuletzt BVerwG NVwZ 2004, 991 (995) und OVG Lüneburg NVwZ 2004, 1513 (1515). Hinsichtlich der Erstattung von Kosten der Sozialhilfe für eine analoge Anwendung der §§ 288, 291 BGB VGH München, Beschluss vom 24.1.2001, Az. 12 B 99.286, abgedruckt in FEVS 52, 378 f. 546 Das BVerwG hat dabei zwar nur die Grundregel in § 288 I 2 BGB (Verzinsung von 5% über dem Basiszinssatz) angewandt. Für eine Anwendung des neuen § 288 II BGB (Verzinsung von 8%, wenn an dem Rechtsgeschäft kein Verbraucher beteiligt ist) sah das Gericht „keine ausreichende Analogiebasis“, vgl. NVwZ 2004, 991 (995). Das mag im Falle einer Analogie bzgl. einer nichtvertraglichen Zahlungspflicht vertretbar sein. Für Zahlungspflichten aus einem vertraglichen Schuldverhältnis bildet § 62 S. 2 VwVfG eine ausreichende methodische Basis für die Rezeption des § 288 BGB in seiner Gesamtheit. 547 Geis, NVwZ 2002, 385 (389). 548 Kritisch zur Tendenz der Verwaltungsgerichte, selbst bei Anwendbarkeit des § 288 BGB (auf vertragliche oder sonstige Zahlungsansprüche) mit der Zuerkennung von Zinsansprüchen an die öffentliche Hand großzügiger zu verfahren als bei Zinsansprüchen des Bürgers de Wall, Privatrechtliche Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 401 f. 549 Im Ergebnis ebenso Geis, NVwZ 2002, 385 (389); in der Neuauflage jetzt auch Henneke, in: Knack, VwVfG, § 62, Rn. 12 ff. und 33 und zur bisherigen Rechtslage dezidiert Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 601 ff. Aus der Rspr. in dieser Weite bisher nur (am Beispiel einer verzögert ausgezahlten Subvention) OVG Berlin, Urt. v. 20.9.2001, Az. 5 B 20.00, abgedruckt in OVGE BE 24, 1–13 dort LS. 1; vgl. auch Ernst, in: MüKo, BGB, § 286, Rn. 11, der zudem darauf hinweist, dass im Bereich der Zahlungsverzugsrichtlinie 2000/35/EG (ABl.EG Nr. L 200, S. 35) die An-
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D. Zwischenergebnis Verwaltungsrechtverhältnisse sind der Zeit ausgesetzt.550 Ist eine Regelung durch Verwaltungsvertrag beabsichtigt, sind zu unterschiedlichen Phasen der Interaktion zwischen Privatem und Behörde unterschiedlich gelagerte Pflichten zu beachten. Mit § 280 I BGB wird nunmehr über § 62 S. 2 VwVfG ein Haftungstatbestand in Bezug genommen, welcher bisher nebeneinander stehende Institute tatbestandlich integriert und die Haftung für Pflichtverletzungen zu jedem Zeitpunkt der Interaktion auch für Verwaltungsverträge einheitlichen, gesetzlich klar fixierten Voraussetzungen unterstellt.551 Dass die Verwaltung aufgrund ihrer Gesetzesbindung ein Mehr an Pflichten trifft, führt dabei nicht zu einer uferlosen Haftung wegen Pflichtverletzung gem. § 280 I BGB. Denn wie schon bisher ermöglicht die Schutznormtheorie bzw. eine Orientierung an der Drittbezogenheit der Amtspflicht eine sinnvolle Begrenzung der Haftung. Der Blick auf die systematisch an § 280 I BGB anknüpfenden Detailregelungen hat gezeigt, dass sich auch im Verwaltungsvertragsrecht durch die stringente Anwendung der Leistungsstörungsregeln zur Haftung wegen Pflichtverletzungen sinnvolle Ergebnisse erzielen lassen. Hervorzuheben sind etwa die Beweislastregelung in § 280 I 2 BGB oder die c. i. c., welche in § 311 II i. V. m. § 280 I BGB nunmehr gesetzlich verankert ist. Nach hier vertretenem Ansatz greift gem. §§ 280 I, 311 II Nr. 3 BGB i. V. m. § 62 S. 2 VwVfG das Institut der Pflichtverletzung bereits dann, wenn noch nicht klar ist, ob am Ende des Verwaltungsverfahrens ein Verwaltungsvertrag oder ein Verwaltungsakt stehen soll. Um eine Privilegierung der Verwaltung zu vermeiden, wird im haftungsrechtlichen Kontext – soweit nicht offensichtlich nur eine Regelung durch Verwaltungsakt in Betracht kommt – vermutet, dass es zu einer Regelung durch Verwaltungsvertrag kommt. In zeitlicher Hinsicht entspricht der Anwendungswendung des BGB-Verzugsrechts in richtlinienkonformer Auslegung geboten ist, weil diese auch für „Geschäftsvorgänge zwischen Unternehmen und öffentlichen Stellen“ Geltung beansprucht (Anmerkung: Die Erhöhung des Verzugszinssatzes von 4% (§ 288 i 1 BGB a. F.) auf 5% nach § 288 I 2 BGB n. F. zum Zwecke der Umsetzung der Zahlungsverzugsrichtlinie erfolgte bereits kurz vor der Schuldrechtsmodernisierung für Geldschulden, die seit dem 1.5.2000 fällig geworden waren, durch Gesetz vom 30.3.2000, BGBl. I, S. 330. § 288 II BGB wurde erst durch das SMG eingeführt). Von der vorliegenden Problematik zu unterscheiden ist die Frage, inwieweit die §§ 286 ff. BGB auf nichtvertragliche öffentlich-rechtliche Forderungen analog anwendbar sind, dazu Ernst, a. a. O., § 286, Rn. 13; zur Verjährung des Zinsanspruchs bei Verwaltungsverträgen VGH Kassel MDR 1993, 192 f. 550 Krause, VVDStRL 45 (1987), 212 (224). 551 Eine Ausnahme bildet lediglich die Haftung für anfängliche Unmöglichkeit. Streng genommen handelt es sich dabei aber nicht wie bei § 280 I BGB um eine Haftung für pflichtwidriges Verhalten, sondern für schuldhaftes Nicht-wissen der mangelnden Leistungsfähigkeit, dazu oben unter § 15 A.
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bereich des Haftungsinstituts damit der im Zivilrecht allgemein anerkannten Sichtweise. Nach hier vertretener Ansicht sind alle Ansprüche aus § 280 I BGB ebenso wie Ansprüche aus § 311a II BGB vor den Verwaltungsgerichten einzuklagen. Nimmt man zudem die einheitlich geltende Beweislastumkehr hinsichtlich des Verschuldens und die schadensrechtliche Erweiterung auch auf Schmerzensgeld in den Blick, erscheint die Haftung aus § 280 BGB insgesamt gegenüber der Amtshaftung als effektiveres Mittel. Die genauere Analyse des § 284 BGB hat gezeigt, dass diese Neuschöpfung des SMG gerade bei Verwaltungsverträgen praktische Bedeutung erlangen könnte. Denn aus Pflichtverletzungen der Bürger resultieren häufig immaterielle Schäden der Verwaltung, welche bei Fehlen besonderer vertraglicher Sanktionsmechanismen nur nach § 284 BGB ersatzfähig sind. Schließlich wurde dargelegt, dass die in ihrer Anwendbarkeit auf Verwaltungsverträge seit langem umstrittene Verzugszinsenregelung in § 288 BGB trotz der deutlichen Verschärfung durch das SMG auf Verwaltungsverträge in vollem Umfang anwendbar ist.
§ 17 Anpassung und Beendigung von Verwaltungsverträgen – das Verhältnis von § 60 VwVfG zu §§ 313 f. BGB A. Problemstellung Der Zivilgesetzgeber hat in den §§ 313 f. BGB nunmehr die Institute der Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) sowie der Kündigung von Dauerschuldverhältnissen aus wichtigem Grund (§ 314 BGB) in eine gesetzliche Form gegossen. Ähnlich wie im Falle der culpa in contrahendo oder der positiven Forderungsverletzung sollte allerdings vorwiegend gesetzlich fixiert werden, was bisher richterrechtlich anerkannt war.552 Jedenfalls hinsichtlich Wirkung und Durchsetzung hat sich der Zivilgesetzgeber aber für eine Ausformung entschieden, welche nicht der bis dato herrschenden Sichtweise im Privatrecht, wohl aber der in § 60 I 1 VwVfG gewählten Konzeption entspricht. Für zivilrechtliche Verträge gewann das Institut der Störung der Geschäftsgrundlage in den letzten Jahren rasant an Bedeutung.553 Aufgrund einer im Ver552
Vgl. nur die Regierungsbegründung, BT-Drs. 14/6040, S. 176. Dies zeigt bereits die Menge an (veröffentlichten) Urteilen, welche allein in den letzten zwei Jahren dazu ergangen sind, (ohne Anspruch auf Vollständigkeit): BGH NJW 2005, 2069 ff.; BGH NZM 2005, 144 ff.; NJW-RR 2005, 236 f.; BAG AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 65, Rz. 5; LAG Sachsen, Urteil vom 4.4.2004, Az. 11 Sa 690/03 = LSK 2004, 480305 (nur LS); OLG Düsseldorf NJW-RR 2005, 1 ff.; 553
§ 17 Anpassung und Beendigung von Verwaltungsverträgen
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gleich zu Verträgen zwischen Privaten veränderten Ausgangslage (B.) gilt dies in verstärkter Weise für Verwaltungsverträge.554 Entsprechend findet sich mit § 60 VwVfG als einziger ausdrücklicher Regelung zum Leistungsstörungsrecht in den §§ 54 ff. VwVfG gerade ein Fall der Störung der Geschäftsgrundlage. Das dort in Absatz 1 Satz 1 vorgesehene Anpassungs- und Kündigungsrecht tritt nun in Konkurrenz zu den über § 62 S. 2 VwVfG anwendbaren §§ 313 f. BGB, so dass es den aktuellen Anwendungsbereich beider Tatbestände genau zu bestimmen gilt (C.). Hier liegt der Schwerpunkt der Problematik. Demgegenüber findet sich mit dem außerordentlichen Kündigungsrecht der Behörde in § 60 I 2 VwVfG eine scheinbar originär öffentlich-rechtliche Bestimmung von eher geringer praktischer Relevanz. Nicht zuletzt angesichts immer wieder aufflammender Kritik soll auch diese speziell aus der Warte des modernisierten Leistungsstörungsrecht kurz in den Blick genommen werden (D.). B. Ausgangslage im öffentlichen Recht Im Falle unvorhergesehener und unvorhersehbarer späterer Änderungen des Vertragsumfeldes kann die sonst strenge, zum Zwecke der Stabilisierung der Rechtsbeziehungen erwünschte (verwaltungs-)vertragliche Bindung555 für einen Vertragspartner ganz erhebliche Belastungen zur Folge haben. Dies verlangt nach einer Flexibilisierung der Bindungswirkung556. Eine solche Durchbrechung der Bestandkraft des Vertrages557 ermöglicht § 60 VwVfG mit den dort vorgesehenen Möglichkeiten einer Vertragsanpassung oder (ausnahmsweise) -aufhebung auch gegen den Willen des anderen Partners.558 Im Privatrecht kommt das Institut der Störung der Geschäftsgrundlage vorwiegend bei Dauerschuldverhältnissen und anderen Langzeitverträgen zum Einsatz, bei denen die Parteien nicht alle späteren Eventualitäten antizipieren können und deshalb die „Richtigkeitsgewähr“ ihrer privatautonomen Regelung im OLG Celle NJW-RR 2004, 1585 f.; OLG Brandenburg FPR 2004, 708 f.; LG Hannover NJW-RR 2004, 730 f. und AG ULM NZA-RR 2004, 627. 554 Dies belegt ebenfalls die Anzahl der dazu seit Einführung des VwVfG ergangenen Entscheidungen, vgl. vor allem die Nachweise in den Fn. 566 ff. (S. 389 f.). 555 Vgl. Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 610 und Efstratiou, Bestandskraft, S. 211. 556 Lorenz, DVBl. 1997, 865. 557 Zur Verwendung des Begriffs der Bestandkraft in Bezug auf Verwaltungsverträge Efstratiou, Bestandskraft, S. 50 ff. 558 Mit § 59 SGB X findet sich eine inhaltsgleiche Regelung, vgl. Henneke, in: Knack, VwVfG, § 60, Rn. 1. Die folgenden Ausführungen gelten diesbezgl. entsprechend. Vereinzelt finden sich weitere fachgesetzliche Spezialregelungen, etwa für Pflegesatzvereinbarungen des Sozialhilferechts in § 93b III 1 BSHG; § 93c BSHG enthält darüber hinaus ein außerordentliches Kündigungsrecht der Behörde. Vgl. zudem die in manchen Ländern bestehenden Regelungen für Berufungsvereinbarungen, z. B. § 135 I 2 UG NW (dazu OVG Münster NVwZ-RR 1997, 475 [476 f.]).
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Zeitablauf durch den Eintritt nicht vorhergesehener Umstände geschwächt wird.559 Denn hier entsteht häufig das Bedürfnis nach einer dynamischen Fortschreibung des Vertrags in interessengerechter Anpassung an die veränderten Umstände, dies freilich auf der Linie der von den Parteien intendierten Risikoverteilung. Als ultima ratio kommt die Vertragsaufhebung ex nunc (so im Regelfall der Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses) oder ex tunc (im Falle eines Rücktritts) in Betracht. Jene Funktionsleistungen (Anpassung, Kündigung und Rücktritt) hat die Rechtsordnung den Parteien als externe Hilfestellung anzubieten und der widerstrebenden Partei ggf. aufzuzwingen, soweit die Parteien nicht in der Lage sind, den adäquaten Interessenkompromiss selbst zu finden.560 In Relation zu der Anzahl der geschlossenen Verträge wird die Problematik nachträglicher Veränderungen vertragsrelevanter Umstände bei Verwaltungsverträgen wesentlich öfter relevant als bei zivilrechtlichen Verträgen.561 Entsprechend ist die Anwendung des § 60 VwVfG gerade in neuester Zeit „in den Vordergrund getreten“562. Dies beruht im Wesentlichen auf zwei Gründen563: Zum einen ist die Mehrzahl der Verwaltungsverträge nicht auf einen einmaligen, kurzfristigen Güteraustausch, sondern auf die Begründung von länger andauernden rechtlichen Beziehungen gerichtet.564 Mit zunehmender Dauer erhöht sich dabei die Gefahr, dass tatsächliche und/oder rechtliche Veränderungen störend interferieren. Diese Gefahr ist zudem, womit der zweite Erklärungsansatz angesprochen ist, im Verwaltungsrecht außerordentlich hoch. Denn anders oder jedenfalls mehr als im Privatrecht ist die normative Umgebung von Verwaltungsverträgen einem ständigen „Umbildungsrisiko“ ausgesetzt.565 Infolgedessen kommt § 60 I 1 VwVfG für Verwaltungsverträge in praktisch allen Berei559
Roth, in: MüKo, BGB, § 313, Rn. 16. Roth, a. a. O. 561 Auf der Basis einer empirischen Erhebung Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 609; ebenso Gurlit, Verwaltungsvertrag, S. 558. 562 Ehlers, DV 31 (1998), 53 (57) auf der Basis einer Rechtsprechungsanalyse, fortgesetzt zu § 60 VwVfG bei ders., DV 37 (2004), 255 (292). Insoweit ist es nur konsequent, wenn der Behandlung des § 60 VwVfG in neueren Untersuchungen zum Verwaltungsvertrag vergleichsweise viel Aufmerksamkeit gewidmet wird, vor allem Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 606 ff.; H. C. Röhl, Verwaltung durch Vertrag, § 5 D. I. 2., S. 225 ff.; Ziekow, Verwaltungskooperationsrecht, S. 51 ff.; Gurlit, Verwaltungsvertrag, S. 556 ff.; de Wall, Privatrechtliche Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 279 ff. oder Spannowsky, Verträge und Absprachen, S. 265 f. und 279 ff. 563 Schlette, a. a. O. 564 Dies gilt in besonderer Weise für Kooperationsverträge zur gemeinsamen Erfüllung von Verwaltungsaufgaben, vgl. Ziekow, Verwaltungskooperationsrecht, S. 188. 565 Seer, Verständigungen, S. 435 spricht in ähnlicher Weise von einer „extrem hohen Änderungsfrequenz“ und einer „rastlosen Gesetzgebungsmaschinerie“, wobei sich dieser dort auf das Steuerrecht bezogene Befund ohne weiteres auf andere Materien des Besonderen Verwaltungsrechts, etwa das Baurecht oder das Umweltrecht übertragen lässt. 560
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chen des Besonderen Verwaltungsrecht eine große Bedeutung zu, etwa im Baurecht566, Subventionsrecht567, Ausländerrecht568, Umweltrecht569, Telekommunikationsrecht570, Hochschulrecht571, bei Kooperationsverträgen zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben572 oder koordinationsrechtlichen Verwaltungsverträgen573 zwischen zwei Verwaltungsträgern574. Insgesamt fällt dabei auf, dass die Verwaltungsgerichte den Grundsatz der Vertragstreue betonen und eine Anpassung oder gar Kündigung nach § 60 I 1 VwVfG nur in wenigen Fällen durchgreifen lassen. Nur in ca. 25% der vom Verfasser ausgewerteten (veröffentlichten) Gerichtsentscheidungen aus den Jahren 1977 bis 2005 (7 von 27) wurden die Voraussetzungen einer Anpassung oder Kündigung bejaht. Selbst soweit die Gerichte eine wesentliche Änderung der vertragsrelevanten Umstände annahmen,
566 OVG Lüneburg NVwZ-RR 2004, 243 ff. (Wegfall der Geschäftsgrundlage einer Vereinbarung über die Ablöse von Stellplätzen bei nachträglicher Nutzungsänderung); VGH Mannheim NVwZ-RR 2000, 206 f. (Anpassung einer Stellplatzablösevereinbarung wegen nachträglicher Änderung der faktischen Rahmenbedingungen) und VBlBW. 1999, 140 f. (Änderung der rechtlichen Rahmenbedingungen einer Ablösevereinbarung über notwendige Stellplätze durch Neuregelung der Landesbauordnung); OVG Münster NJW 1995, 3003 f. (Rücktritt von einem Erschließungsvertrag bei Nichterrichtung der Anlagen durch die Gemeinde). 567 OVG Münster NVwZ 2001, 691 ff. (Kündigung eines Vertrages bei anfänglichem Irrtum über Voraussetzungen einer Beihilfe im Agrarsektor). 568 VG Braunschweig NdsVBl. 1996, 42 f. (Wegfall der Geschäftsgrundlage einer Verpflichtungserklärung nach § 84 AuslG mit Inkrafttreten des Abschiebestopps für bosnische Flüchtlinge). 569 OVG Lüneburg NVwZ 2003, 829 (Erstattung von Aufwendungen für passive Lärmschutzmaßnahmen bei anfänglich falsch eingeschätzten Kosten); VG Schleswig RdL 1998, 272 f. (nachträgliche Kenntnis von der Nichteinhaltung der Auflagen in einen Verwaltungsvertrag, durch welchen ein Unternehmen von der Genehmigungspflicht nach dem BImSchG befreit wurde). 570 OVG Münster K&R 2004, 100 ff. (Wegfall der Geschäftsgrundlage von Verwaltungsverträgen über die Kosten im Zusammenhang mit der Erteilung von sog. Standortbescheinigungen durch Inkrafttreten der Neuregelung in § 18 II TKZulV 1997). 571 VGH Mannheim NVwZ-RR 1999, 636 (639) (Wegfall der Grundlage einer Berufungsvereinbarung bei nachträglicher interner Neuorganisation der Universität). 572 BVerwG NVwZ 2002, 486 ff. (Wegfall der Geschäftsgrundlage einer Kostentragungsregelung in einem Verwaltungsvertrag zwischen einer Stadt und einem privaten Betreiber einer öffentlichen Einrichtung [Schlachthof] nach Änderung der Ermächtigungsgrundlage für die Gebührenerhebung durch den Landesgesetzgeber); OVG Lüneburg NVwZ-RR 1997, 29 (30) (Anpassung von Verträgen zwischen dem Träger des Rettungsdienstes und Rettungsdienstanbietern bei Veränderung der Leistungsfähigkeit der Anbieter im Verhältnis zum aktuell geforderten Leistungsstandard) oder BVerwGE 97, 331 ff. (Anpassung eines Vertrages über den Betrieb einer öffentlichen Einrichtung [Tierkörperbeseitigungsanlage] an veränderte rechtliche und tatsächliche Umstände). 573 Zum hier insoweit zugrunde gelegten Begriffsverständnis oben unter § 9 A. II. 2. 574 OVG Bautzen LKV 1998, 237 (239) (Vertragsgrundlage einer Eingemeindungsvereinbarung); VG Berlin NJ 1995 553 f. (Geschäftsgrundlage eines Vertrages zwischen zwei Verwaltungsträgern nach § 2 I VZOG über die Zuordnung von Eigentum nach der Wiedervereinigung).
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hielten sie regelmäßig bei wertender Betrachtung ein Festhalten am Vertrag für „zumutbar“.575 C. Anpassungs- und Kündigungsrecht nach § 60 I 1 VwVfG Um die Bedeutung der Neuregelung in § 313 BGB im Hinblick auf den Tatbestand des § 60 I 1 VwVfG und dessen praktischer Handhabung recht bewerten zu können, wird man einen kurzen Blick auf die Wurzeln und die Entwicklung des zivilrechtlichen Mutterinstituts bis zur Normierung des § 60 VwVfG werfen müssen. Denn in § 60 VwVfG hat der „Parallelismus zu den Rechtsinstituten des Civilrechts“576 in besonderer Weise seinen Niederschlag gefunden. Einer Klärung bedürfen dabei die – gerade im öffentlichen Recht – oft synonym gebrauchten, inhaltlich aber nicht deckungsgleichen Begriffe der „clausula rebus sic stantibus“ (c.r.s.s.) einerseits und der jetzt vom Gesetzgeber unter dem Sammelbegriff der „Störung der Geschäftsgrundlage“ zusammengeführten Termini des „Wegfalls“ und des „Fehlens der Geschäftsgrundlage“. Denn soweit im öffentlichen Recht eine selbständige clausula-Lehre besteht, welche sich von der im Zivilrecht dominierenden subjektiven Geschäftsgrundlagenlehre emanzipiert hat577, könnte dies für das Verhältnis des § 60 VwVfG zu § 313 BGB von entscheidender Bedeutung sein. I. Clausula rebus sic stantibus sowie Fehlen und Wegfall der Geschäftsgrundlage im Zivilrecht bis zur Normierung des § 60 VwVfG Das ältere gemeine Recht ging davon aus, dass jedem Vertrag auch ohne besondere Abrede die clausula rebus sic stantibus (c.r.s.s.) innewohne. Das preußische Allgemeine Landrecht (1794) normierte die c.r.s.s. und belegte damit deren damalige Anerkennung.578 In ihrer klassischen Form bezeichnet sie einen 575 Beispielhaft etwa OVG Münster K&R 2004, 100 (103) oder BVerwGE 97, 331 (343 f.). 576 So bereits Otto Mayer in seinem viel zitierten Beitrag „Zur Lehre vom öffentlich-rechtlichen Vertrag, AöR 3 (1888), 1 (86). 577 Die Selbständigkeit einer (objektiven) öffentlich-rechtlichen clausula-Lehre betonend etwa Stern, in: FS Mikat, 775 (778 ff., zusf. 789). 578 Vgl. zunächst § 377, I, 5 ALR: „Außer dem Fall einer wirklichen Unmöglichkeit kann wegen veränderter Umstände die Erfüllung eines Vertrages in der Regel nicht verweigert werden.“ und sodann § 378, I, 5 ALR: „Wird [. . .] durch eine [. . .] unvorhergesehene Veränderung die Erreichung des ausdrücklich erklärten oder aus der Natur des Geschäfts sich ergebenden Endzwecks beider Teile unmöglich gemacht, so kann jeder derselben von dem noch nicht erfüllten Vertrag wieder abgehen.“,
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rein objektiven Sachverhalt, nämlich den (stillschweigenden) Vorbehalt, dass der Fortbestand des Vertrages unter der Bedingung gleichbleibender Umstände steht.579 Sie betrifft nur die (nachträgliche) Veränderung äußerer, objektiver Umstände im Zeitraum zwischen Beginn der Verpflichtung und der Erfüllung. Enttäuschte Erwartungen, anfängliche Fehlvorstellungen oder Irrtumskonstellationen sind daher kein Problem der c.r.s.s.580 Entsprechend dem objektiven Verständnis mussten den Parteien selbst die Umstände nicht bewusst gewesen sein.581 Während des 19. Jahrhunderts ging der Einfluss der c.r.s.s. kontinuierlich zurück.582 Als missbrauchsoffenes Instrument zur willkürlichen Durchbrechung des Grundsatzes pacta sunt servanda vielfach kritisiert, wurde die „berüchtigte Theorie“583 schlussendlich bewusst nicht in das BGB aufgenommen584. Als der Erste Weltkrieg, Revolution und Geldentwertung die Grundlage einer Vielzahl von Schuldverhältnissen erschütterten, besann man sich zunächst auf die c.r.s.s. zurück.585 Allerdings folgte bereits 1921 mit Oertmanns subjektiver Lehre vom Wegfall der Geschäftsgrundlage der nächste entscheidende Entwicklungsschritt.586 Seit 1923 folgte das Reichsgericht587 und später auch, trotz anhaltender Kritik und einer Fülle von Alternativvorschlägen588, der BGH589 abgedruckt bei Köbler, Clausula rebus sic stantibus, S. 48 (Hervorhebung durch den Verfasser). Zu weiteren Normierung der c.r.s.s. in partikulären Kodifikationen des 19. Jahrhunderts vgl. Stern, in: FS Mikat, 775 sowie Köbler, a. a. O., S. 43 ff. Bereits vor diesen Kodifikationen war die c.r.s.s. als allgemeines Rechtsprinzip geläufig, zur Historie Köbler, a. a. O., S. 23 ff. und ausführlich in historischer Rückschau Rummel, Clausula rebus sic stantibus, S. 23 ff. 579 Vgl. de Wall, Privatrechtliche Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 279 und Köbler, Clausula rebus sic stantibus, S. 1 f. 580 Köbler, Clausula rebus sic stantibus, S. 3 und S. 7 speziell zur Abgrenzung zum „Fehlen der Geschäftsgrundlage“. 581 de Wall, a. a. O. m. w. N. 582 Stern, in: FS Mikat, 775. 583 So 1899, also kurz vor Inkrafttreten des BGB, Triepel, Völkerrecht und Landesrecht, S. 90, dort mit Fn. 2 von Seite 89. 584 Vgl. Sellert, in: Diederichsen/Sellert, BGB im Wandel, 73 (77). Allerdings scheint der Grundsatz in manchen Einzelbestimmungen durch, vgl. Stern, in: FS Mikat, 775 (776) und ausführlich Köbler, Clausula rebus sic stantibus, S. 68 ff. 585 Etwa RGZ 100, 129 (131). Bezeichnend insoweit der Arbeitstitel bei Krückmann, AcP 116 (1918), 157 ff.: „Clausula rebus sic stantibus, Kriegsklausel, Streitklausel.“ 586 Wiedergegeben sei nur die entscheidende Definition: „Geschäftsgrundlage ist die beim Geschäft zutage tretende und vom etwaigen Gegner in ihrer Bedeutsamkeit erkannte und nicht beanstandete Vorstellung eines Beteiligten oder die gemeinsame Vorstellung von mehreren Beteiligten vom Sein oder vom Eintritt gewisser Umstände, auf deren Grundlage der Geschäftswille sich aufbaut.“, Oertmann, Die Geschäftsgrundlage, S. 37. 587 Erstmals RGZ 103, 328 (332). 588 Chiotellis, Rechtsfolgenbestimmung bei Geschäftsgrundlagenstörung, S. 29 zählte 1981 ganze 56 verschiedene theoretische Ansätze. Diese betreffen gesamt gesehen weniger das Ergebnis, als mehr dessen Begründung (so resümierend der Gesetzgeber
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dieser subjektiven Konzeption.590 Danach sind Geschäftsgrundlage die bei Abschluss des Vertrages zutage getretenen, dem anderen Teil erkennbar gewordenen und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der einen Partei oder die gemeinsamen Vorstellungen beider Parteien von dem Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt bestimmter Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien auf diesen Umständen aufbaut.591 Anknüpfend an eine Unterscheidung von Larenz592 wurde überwiegend zwischen der subjektiven und der objektiven Geschäftsgrundlage unterschieden: Die subjektive Geschäftsgrundlage bilden bestimmte gemeinsame Vorstellungen oder Erwartungen beider Vertragspartner, von denen sich beide bei Abschluss des Vertrages haben leiten lassen. Als objektive Geschäftsgrundlage wurden hingegen alle Umstände und allgemeinen Verhältnisse bezeichnet, deren Vorhandensein und Fortdauer objektiv erforderlich sind, damit der Vertrag im Sinne der Intention beider Vertragspartner als eine sinnvolle Regelung bestehen kann.593 Diese kann nachträglich vor allem durch Äquivalenzstörungen, Leistungserschwernisse oder Zweckstörungen erschüttert werden.594 Gingen die Parteien von einem Gleichbleiben oder Bestehen vertragrelevanter Umstände aus (reales Element), hätten die Parteien den Vertrag unter den geänderten oder nachträglich erkannten Umständen nicht geschlossen (hypothetisches Element), und kann das Festhalten am Vertrag unter den geänderten Umständen nicht zugemutet werden (normatives Element595), erfolgte unter Berufung auf § 242 im Vorfeld der Regelung in § 313 BGB, vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 174); zum Begriff der Geschäftsgrundlage und dessen historischer Entwicklung jetzt ausführlich Hirsch, Kündigung aus wichtigem Grund und Geschäftsgrundlage, S. 85 ff. 589 Zuletzt etwa BGH NJW 2001, 1204 (1205) mit umfassenden Nachweisen. Auch nach der Neuregelung hält der BGH wortgleich daran fest, vgl. BGH NZM 2005, 144. 590 Als wichtigste Erweiterung gegenüber der Position Oertmanns und des Reichsgerichts ist die Hinzunahme des Merkmals der (Un-)Zumutbarkeit zu nennen, das als methodische Anweisung verstanden wird eine Abwägung der beteiligten Interessen vorzunehmen, vgl. Köbler, Clausula rebus sic stantibus, S. 6 f. Das Zumutbarkeitskriterium fand später Eingang in § 60 I 1 VwVfG und belegt die Anlehnung an das Zivilrecht, dazu sogleich. 591 So die Definition des BGH (vgl. Nachweise vorletzte Fn.). Die Geschäftsgrundlage ist also vor allem vom eigentlichen Vertragsinhalt und von einseitig gebliebenen Motiven abzugrenzen, statt aller Heinrichs, in: Palandt, BGB (60. Aufl., 2001), § 242, Rn. 116 ff. 592 Schuldrecht I, § 21, S. 320 ff. 593 Zu beiden Begriffen Heinrichs, in: Palandt, BGB (60. Aufl., 2001), § 242, Rn. 122. 594 Zusammenfassend zu diesen anerkannten Kategorien einer Störung der (objektiven) Geschäftsgrundlage BT-Drs. 14/6040, S. 174 f. 595 Diesbezgl. entwickelte die Rechtsprechung eine ausdifferenzierte Kaskade an Risikozuweisungen. Danach ist das Festhalten am Vertrag stets zuzumuten, wenn das Risiko nachträglicher Veränderungen dem Betroffenen vertraglich oder gesetzlich zugewiesen ist, die Veränderungen schuldhaft herbeigeführt wurden oder klar vorhersehbar waren, vgl. Heinrichs, in: Palandt, BGB (60. Aufl., 2001), § 242, Rn. 126 ff.
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BGB eine Vertragsanpassung ipso iure596 oder subsidiär bei Unzumutbarkeit der Anpassung eine Vertragsauflösung durch Gestaltungserklärung (Rücktritt oder Kündigung)597. Nach der herrschenden Konzeption wurden beide Fälle also mit den Vorstellungen der Parteien verknüpft gedacht, mithin subjektiv ausgerichtet. In konsequenter Fortführung der subjektiven Geschäftsgrundlagenlösung der Rspr. erscheint die objektive Geschäftsgrundlage demnach als Unterfall der subjektiven Geschäftsgrundlage.598 Denn es müssen sich Umstände geändert haben, welche nach der Vorstellung der Parteien „Geschäftsgrundlage“ und nicht lediglich objektiv irgend „geschäftsrelevant“ sind. Aus dieser Kategorisierung heraus lassen sich c.r.s.s. und Geschäftsgrundlage in ein Verhältnis setzen. Diesbezüglich arbeitete Oertmann599 heraus, dass es sich im Kern um „zwei verschiedene Ausdrucks- und Erfassungsformen des gleichen rechtspolitischen Gedankens“ handelt. Im unmittelbaren Vergleich lassen sich gleichwohl mindestens drei Unterschiede600 festhalten: Erstens ist die c.r.s.s. in ihrer ursprünglichen Konzeption stillschweigender Bestandteil eines jeden Vertrages, also vertragsintern, während die Geschäftsgrundlage gerade nicht zum Inhalt des Vertrages gehört, mithin vertragsextern ist.601 Zweitens stellt die Geschäftsgrundlage wie gesehen auf die (subjektiven) Vorstellungen mindestens einer Partei ab, während die c.r.s.s. objektive Sachverhalte bezeichnet.602 Ein dritter, praktisch bedeutsamer Unterschied liegt darin, dass die c.r.s.s. als Rechtsfolge nur eine Auflösung des Vertrages vorsieht603, während die Geschäftsgrundlage vorrangig auf Anpassung und nur subsidiär auf Vertragsauflösung zielt.604 Die Geschäftsgrundlage ist im Vergleich das umfassendere Institut, während die c.r.s.s. mit den Fällen einer nachträglichen unvorhergesehenen Veränderung wesentlicher Rahmenbedingungen des Vertrages nur einen Ausschnitt der durch die Geschäftsgrundlage erfassbaren Fälle betrifft. Jedenfalls für das Privatrecht ist die c.r.s.s. mithin im Institut des Wegfalls der Geschäftsgrundlage aufgegangen.605
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Heinrichs, in: Palandt, BGB (60. Aufl., 2001), § 242, Rn. 130. Heinrichs, a. a. O., § 242, Rn. 132 ff. 598 Heinrichs, a. a. O., § 242, Rn. 122. 599 Oertmann, Die Geschäftsgrundlage, S. 45. 600 Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 607. 601 Vgl. Stern, in: FS Mikat, 775 (784). 602 Zu dieser Gegenüberstellung prägnant de Wall, Privatrechtliche Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 279 f. 603 Vgl. zur Illustration die o. g. (Fn. 578 [S. 390 f.]) Regelung § 378, I, 5 des ALR. 604 Dazu de Wall, Privatrechtliche Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 280. 605 Vgl. de Wall, Privatrechtliche Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 280 und Fiedler, VerwArch 67 (1976), 125 (135). 597
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II. Gesetzlicher Tatbestand und Anwendung des § 60 I 1 VwVfG Im öffentlichen Recht kommt dem Institut der c.r.s.s. seit jeher im Völkerrecht und, wie das BVerfG606 betont hat, im Recht der Staatsverträge selbständige Bedeutung zu.607 Im Recht der Verwaltungsverträge sollte die c.r.s.s. im Verhältnis zur Geschäftsgrundlage eine andere Entwicklung nehmen. Solange sich im Zivilrecht noch nicht die Geschäftsgrundlagenlösung durchgesetzt hatte, bemühte man zunächst auch im Verwaltungs(vertrags)recht allein die c.r.s.s.608 Eine gewisse Emanzipation vom Privatrecht mag man darin erblicken, dass bei Apelt als einem der Wegbereiter der c.r.s.s. im Verwaltungsrecht zunächst der uneingeschränkte Vorrang des öffentlichen Interesses („Förderung und Sicherung des Allgemeinwohls“) dominierte.609 Das „öffentliche Interesse“ lieferte aber nicht die rechtliche Grundlegung der c.r.s.s., sondern lediglich einen Maßstab für ihre Anwendung im Einzelfall.610 Entsprechend wurde hinsichtlich der inneren Struktur des Rechtsinstituts vermehrt auf das Privatrecht, konkret auf § 242 BGB Bezug genommen.611 Diese zivilistische Fundierung legte es nahe, auch 606 E 34, 216 (230 ff., vgl. dort insbes. die Unterscheidung von Geschäftsgrundlage und c.r.s.s.) oder auch 42, 345 (358 ff); eingehend zu Inhalt und Kritik der erstgenannten Grundsatzentscheidung Fiedler, VerwArch 67 (1976), 125 (126 ff.). 607 Vgl. Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 607 m. w. N. 608 Zunächst hatte 1925 das Kammergericht und sodann 1929 das Preußische Oberverwaltungsgericht erstmals der c.r.s.s. auf Verwaltungsverträge angewandt, also zu einem Zeitpunkt, als im Privatrecht das Reichsgericht bereits den Schritt hin zur Geschäftsgrundlagenlösung Oertmanns vollzogen hatte, dazu eingehend Stern, in: FS Mikat, 775 (781 f.); m. w. N. zur Rspr. des preuß. OVG Efstratiou, Bestandskraft, S. 311. 609 Apelt formulierte zur Anwendung der c.r.s.s. 1920: „Die Förderung und Sicherung des Allgemeinwohls, dessen Bedürfnisse den Hintergrund für alle Rechtsverhältnisse des öffentlichen Rechts abgeben, steht über der Durchführung des Parteiwillens, der auch bei der rechtsgeschäftlichen Ordnung eines Tatbestandes zurückweichen muß, sobald er mit dem öffentlichen Interesse zusammenstößt.“, ders., Der verwaltungsrechtliche Vertrag, S. 218. Auch in der Folgezeit wurde durch Rspr. und Literatur im Falle nachträglich auftretender Geschäftsgrundlagenstörungen eine Lösung unter Betonung des öffentlichen Interesses gesucht, in der Rückschau zusammenfassend H. C. Röhl, Verwaltung durch Vertrag, § 5 D. I. 2. a), S. 226. In abgeschwächter Form etwa noch Simons, Leistungsstörungen, S. 181 ff., welcher aufgrund des Umstandes, dass die Verwaltung stets öffentliche Interessen verfolgt, zur terminologischen Klarstellung den Begriff der „Verwaltungsgrundlage“ vorschlug (S. 183 f.). Letzterer hat sich (zu Recht) nicht durchgesetzt, dazu Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 608, mit Fn. 151. 610 Fiedler, VerwArch 67 (1976), 125 (130). Auf die besondere Bedeutung des öffentlichen Interesses wird noch zurückzukommen sein. 611 Spätestens 1958 war mit der Arbeit von Imboden, Der verwaltungsrechtliche Vertrag, dort die S. 103 f., 107 ff. und 123 ff. die Hinwendung zu § 242 BGB und damit einhergehend der Weg zur Rezeption der zivilrechtlichen Geschäftsgrundlagenlehre geebnet. Vgl. iÜ. zur Anknüpfung an § 242 BGB Simons, Leistungsstörungen, S. 180 f.; Fiedler, VerwArch 67 (1976), 125 (130 f.); Stern, in: FS Mikat, 775 (778); Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 607 und de Wall, Privatrechtliche Vor-
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im öffentlichen Recht die Emanzipation von der rein objektiven c.r.s.s. und den Schritt hin zur umgreifenderen, subjektiv ausgerichteten Geschäftsgrundlagenlösung mit zu vollziehen.612 Folgerichtig knüpfte das BVerwG613 schon bald inhaltlich an die Rechtsprechung des BGH an, wenn auch die Terminologie zwischen c.r.s.s. und Geschäftsgrundlage schwankte614. Den nächsten zentralen Entwicklungsschritt markierte die Normierung in § 60 I 1 VwVfG615: „Haben schriften im Verwaltungsrecht, S. 281; aus der Rechtsprechung etwa OVG Berlin NVwZ-RR 1997, 712 (713) oder OVG Lüneburg NVwZ 2003, 629. 612 Insoweit zutreffend Stern, in: FS Mikat, 775 (778) oder auch Bernsdorf, in: Obermayer, VwVfG, § 60, Rn. 14. 613 Aus der Anfangszeit etwa BVerwGE 17, 339 (341); 25, 299 (302 f.). Auch die Oberverwaltungsgerichte knüpften bald an die zivilrechtliche Geschäftsgrundlagenlösung an, vgl. VGH München BayVBl. 1970, 330 (331). In einem gewissen Gegensatz dazu steht BVerfGE 34, 216 ff. Dort hatte das BVerfG (für Staatsverträge) eine angeblich klare Trennung zwischen c.r.s.s. und Geschäftsgrundlage als zwei selbständige Institute des öffentlichen Rechts proklamiert. Ob und wieweit dies auf Verwaltungsverträge, insbesondere § 60 I 1 VwVfG übertragbar ist, erscheint sehr fraglich, kritisch zum BVerfG in dieser Hinsicht Fiedler, VerwArch 67 (1976), 125 (126 ff.). Stern, in: FS Mikat, 775 (778 gg.) möchte demgegenüber, u. a. anknüpfend an das BVerfG, die Geltung der c.r.s.s. als eines von der zivilrechtlichen Entwicklung unabhängigen Rechtsinstitutes darlegen. § 60 VwVfG sowie die gerade hier gegebene intensive Verschränkung zwischen privatem und öffentlichen Recht wird dabei zu Lasten einer objektiven öffentlich-rechtlichen Sonderlösung vernachlässigt (mit ähnlicher Kritik Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 607, dort mit Fn. 149). 614 Siehe etwa BVerwGE 25, 299 (302 f.). Auch in der verwaltungsrechtlichen Literatur werden die Begriffe bis heute oft synonym verwendet, z. B. Bernsdorf, in: Obermayer, VwVfG, § 60, Rn. 14 einerseits und Rn. 17 andererseits; Efstratiou, Bestandskraft, S. 310 ff.; H. C. Röhl, Verwaltung durch Vertrag, z. B. § 5 D. I. 2. a), S. 226 oder § 5 D. I. 2. b), S. 231; Bonk, in: P. Stelkens/ders./Sachs, VwVfG, § 60, Rn. 1 f. oder Lorenz, DVBl. 1997, 865 ff. (dort mit Fn. 1). Soweit die Verwaltungsgerichte heute von c.r.s.s. sprechen, wird dieser als „im Zivilrecht entwickelter Grundsatz“ identifiziert, vgl. OVG Bautzen, LKV 1998, 237 (239, erwogen wurde die entsprechende Anwendung des § 60 I 1 VwVfG auf eine Eingemeindungsvereinbarung zwischen zwei Gemeinden). Insoweit mag man zugeben, dass es anders als im Privatrecht im öffentlichen Recht nicht einen glatten Bruch mit der c.r.s.s. gegeben hat (vgl. de Wall, Privatrechtliche Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 280). Erhalten hat sich aber nur der Begriff, inhaltlich wird das Institut – jedenfalls was das Recht der Verwaltungsverträge anbelangt – im Lichte der Privatrechtsentwicklung und nicht isoliert öffentlich-rechtlich interpretiert, deutlich etwa OVG Münster NJW 1995, 3003 (3004). Weit überwiegend verwenden die Verwaltungsgerichte heute nur noch den Begriff der „Geschäftsgrundlage“, vgl. die Nachweise in den nachfolgenden Fußnoten. In anderen Fällen erklärt sich der Rekurs auf die c.r.s.s dadurch., dass kumulativ § 38 III VwVfG, für welchen mangels Vertragsschluss die Figur der Geschäftsgrundlage nicht passt, und § 60 I 1 VwVfG geprüft wurden und das Gericht im Ergebnis offen ließ, ob es sich um eine einseitige Zusage oder einen zweiseitigen Vertrag handelte, so etwa VGH Mannheim NVwZ-RR 1999, 636 (639). 615 Dazu Efstratiou, Bestandskraft, S. 311; zu den Versuchen der Verwaltungsrechtslehre im Vorfeld der Normierung, der c.r.s.s. bzw. dem Wegfall der Geschäftsgrundlage eigenständige, verwaltungsrechtliche Züge zu geben, a. a. O., S. 318 ff. Im Mittelpunkt stand dabei stets die Frage der Berücksichtigung des durch die am Vertrag beteiligte Behörde verfolgten öffentlichen Interesses.
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die Verhältnisse, die für die Festsetzung des Vertragsinhalts maßgebend gewesen sind, sich seit Abschluss des Vertrags so wesentlich geändert, dass einer Vertragspartei das Festhalten an der ursprünglichen vertraglichen Regelung nicht zuzumuten ist, so kann diese Vertragspartei eine Anpassung des Vertragsinhalts an die geänderten Verhältnisse verlangen oder, sofern eine Anpassung nicht möglich oder einer Vertragspartei nicht zuzumuten ist, den Vertrag kündigen.“ Die Regelung in § 60 I 1 VwVfG erscheint als unmittelbare Fortsetzung der vorangegangenen Rechtsentwicklung, wenn der Gesetzgeber616 dazu ausführt: „Das in Satz 1 vorgesehene Recht jedes Vertragsschließenden, bei wesentlicher Änderung der Verhältnisse seit Vertragsabschluß zunächst eine Anpassung des Vertragsinhalts an die geänderten Verhältnisse und danach eine Kündigung des Vertrages zu verlangen, entspricht rechtlichen Vorstellungen, wie sie in dem auch das öffentliche Recht beherrschenden Grundsatz der ,clausula rebus sic stantibus‘ und in dem im bürgerlichen Recht entwickelten Rechtsinstitut des Wegfalls der Geschäftsgrundlage ihren Niederschlag gefunden haben.“617 Durch die Formulierung eines vergleichsweise präzisen Tatbestandes in Anlehnung an die zivilrechtlichen Grundsätze wurde einer allzu großzügigen Orientierung der Konfliktlösung am öffentlichen Interesse endgültig ein Riegel vorgeschoben.618 So müssen sich seit Vertragsschluss solche Verhältnisse geändert haben, „die für die Festsetzung des Vertragsinhalts maßgebend gewesen sind“. Nach dem erst in neuerer Zeit deutlich zu Tage getretenen Verständnis der Verwaltungsgerichte619 und dem überwiegenden Teil der verwaltungsrechtswissenschaftlichen Literatur620 sind die nachträglich geänderten „Verhältnisse“ inhalt616
BT-Drs. 7/910, S. 82. Dass beide Institute in der Begründung genannt werden, wird bisweilen so gedeutet, dass § 60 I 1 VwVfG im Sinne einer „Vereinheitlichungsformel“ das Gedankengut beider Rechtsinstitute integriert, vgl. Seer, Verständigungen, S. 425 (mit Fn. 423), anknüpfend an Köbler, Clausula rebus sic stantibus, S. 23–194 und 203 ff., welcher dort den Versuch unternimmt, die c.r.s.s. als allgemeinen Rechtsgrundsatz zu belegen und dabei § 60 I 1 VwVfG als eine zentrale Ausprägung aufführt (S. 181 ff.). Seer folgend Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 607 f., dort mit Fn. 150. Im Ergebnis ebenso (wohl unbewusst) von einer Vereinigung beider Institute ausgehend jetzt Kaminski, Kündigung von Verwaltungsverträgen, S. 171. Andere halten beide Institute für deckungsgleich, vgl. Gurlit, Verwaltungsvertrag, S. 556. Ähnlich pragmatisch, dennoch aber für eine „selbständige Auslegungen des § 60 VwVfG [. . .] in seinem Zusammenhang“, Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 14, Rn. 54. Letzteres ergibt sich bereits daraus, dass es sich um eine selbständige öffentlich-rechtliche Regelung handelt. Für die Frage der Zuordnung zur c.r.s.s. oder Geschäftsgrundlage ist mit alledem wenig gewonnen. 618 Vgl. H. C. Röhl, Verwaltung durch Vertrag, § 5 D. I. 2. a), S. 226 f. 619 OVG Koblenz NVwZ-RR 2004, 243 (244); OVG Münster K&R 2004, 100 (103); NVwZ 2001, 691 (692); VGH Mannheim NVwZ-RR 2000, 206 f.; VBlBW. 1999, 140 f. oder VG Schleswig RdL 1998, 272 f. 620 Aus jüngerer Zeit etwa Bonk, in: P. Stelkens/ders./Sachs, VwVfG, § 60, Rn. 10; Ziekow/Siegel, VerwArch 95 (2004), 573 (575); Gurlit, Verwaltungsvertrag, S. 557 f. und Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 610 f. je m. w. N. 617
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lich deckungsgleich mit der im Zivilrecht herrschenden (subjektiven) Geschäftsgrundlage.621 Denn der Gesetzgeber orientierte sich bei der Ausformung des Tatbestandes „unverkennbar“622 am bürgerlich-rechtlich vorgeformten Modell623. Entscheidend ist, ob die Parteien die vertragsrelevanten Umstände „ausdrücklich oder stillschweigend zur gemeinsamen und wesentlichen Grundlage des Vertrages“ gemacht haben624. Wie im Zivilrecht ist nach inzwischen weit überwiegender Auffassung nicht allein die rein objektive Änderung von Umständen, sondern nur diejenige Änderung von solchen Umständen, die nach den Vorstellungen der Parteien zur Grundlage des Vertrages gemacht wurden, maßgeblich.625 Objektiv ist das Tatbestandmerkmal nur insofern, als die nach Vorstellung der Parteien zur Grundlage des Rechtsgeschäfts gehörigen Umstände sich tatsächlich verändert haben müssen. Der zivilrechtsakzessorischen Interpretation des Tatbestandes korrespondieren die in § 60 I 1 VwVfG angeordneten Rechtsfolgen626. Denn anders als die c.r.s.s. ist nicht lediglich eine Vertragsauflösung, sondern ebenso wie im Falle der Geschäftsgrundlage vorrangig Anpassung und nur subsidiär eine Kündigung vorgesehen.627 Damit scheint einzig der Umstand, dass § 60 I 1 VwVfG nur die nachträgliche Änderung tatsächlicher oder auch nur rechtlicher Umstände628, nicht aber wie die Geschäfts621
Dem entspricht es, dass man sich hinsichtlich der Definitionen zu § 60 I 1 VwVfG auf Kommentierungen zum BGB beruft, vgl. Lorenz, DVBl. 1997, 865 (866 mit Fn. 19) oder die Definitionen des BGH zur zivilrechtlichen Lösung rezipiert, wörtlich etwa Henneke, in: Knack, VwVfG, § 60, Rn. 7 und VGH Mannheim NVwZRR 2000, 206 (206 f.). 622 Lorenz, DVBl. 1997, 865; ebenso deutlich Fiedler, VerwArch 67 (1976), 125 (131). 623 Ebenso Ule/Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht, § 71, Rn. 6; Efstratiou, Bestandskraft, S. 291 ff. und 310 ff. oder Birk, Städtebauliche Verträge, S. 41, Rn. 46 sowie zuletzt H. C. Röhl, Verwaltung durch Vertrag, § 5 D. I. 2. a), S. 226; kritisch gegenüber § 60 I VwVfG Littbarski, Wegfall der Geschäftsgrundlage, S. 23 ff. 624 OVG Koblenz NVwZ-RR 2004, 243 (244). 625 OVG Koblenz NVwZ-RR 2004, 243 (244); OVG Münster K&R 2004, 100 (103); NVwZ 2001, 691 (692) und VG Schleswig RdL 1998, 272 f. sowie in ausdrücklicher Übernahme der „Rechtsprechung der Zivilgerichte“ VGH Mannheim NVwZ-RR 2000, 206 (206 f.) und bereits VBlBW. 1999, 140 f.; ebenso Bonk, in P. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 60, Rn. 10 oder Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 60, Rn. 8 ff. jeweils ebenfalls unter Verweis auf die Rspr. der Zivilgerichte. Dieses Verständnis des § 60 I 1 VwVfG wird nebenbei durch die spezialgesetzliche Ausformung des Wegfalls der Geschäftsgrundlage in § 93b III BSHG gestützt, welcher insoweit von „unvorhersehbaren wesentlichen Veränderungen der Annahmen, die der Vereinbarung oder Entscheidung über die Vergütung zugrunde lagen“ spricht, (Hervorhebung durch den Verfasser); a. A. (rein objektiv zu lesende Bestimmung) Seer, Verständigungen, S. 427. 626 Zur bewussten Orientierung am zivilrechtlichen Modell im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens Henneke, in: Knack, VwVfG, § 60, Rn. 1. 627 Dazu de Wall, Privatrechtliche Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 281. 628 Vgl. Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 609 und 611 f.; Lorenz, DVBl. 1997, 865 (866); Bonk, in: P. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 60, Rn. 9 ff.; Berns-
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grundlage den Fall anfänglicher Fehlvorstellungen über vertragswesentliche Umstände erfasst, dafür zu sprechen, dass es sich um einen normierten Fall der c.r.s.s. handelt.629 Allerdings wird § 60 I 1 VwVfG ganz überwiegend jedenfalls entsprechend auf Fälle des anfänglichen Fehlens der Geschäftsgrundlage angewandt.630 § 60 I 1 VwVfG wird dabei ganz offensichtlich als Ausprägung des Wegfalls der Geschäftsgrundlage verstanden und um die zweite Hälfte, nämlich das Fehlen der (subjektiven) Geschäftsgrundlage, ergänzt – eben jene Konstellation, welche von der c.r.s.s. gerade nicht erfasst wird. Ganz ähnlich verfährt man hinsichtlich des Umstandes, dass § 60 I 1 VwVfG dem Wortlaut nach auf Dauerschuldverhältnisse begrenzt ist und nur eine Kündigung mit ex nunc-Wirkung zulässt. So wird in bewusster Anlehnung an das zivilrechtliche Mutterinstitut der Geschäftsgrundlage rechtsfortbildend auch ein Rücktritt mit ex tunc-Wirkung zugelassen.631 Gleiches gilt hinsichtlich der Rechtsfolgen einer Vertragsbeendigung, welche der Gesetzgeber632 in § 60 I 1 VwVfG bewusst dorf, in: Obermayer, VwVfG, § 60, Rn. 18 ff. oder zuletzt Ziekow/Siegel, VerwArch 95 (2004), 573 (575); aus der Rspr. etwa OVG Koblenz NVwZ-RR 2004, 243 (244). Dabei scheint die nachträgliche Änderung rechtlicher Umstände zu überwiegen, vgl. OVG Münster K&R 2004, 100 ff.; BVerwG NVwZ 2002, 486 ff.; VGH Mannheim VBlBW. 1999, 140 f.; NVwZ-RR 1999, 636 (639); OVG Berlin NVwZ-RR 1997, 712 (713); OVG Lüneburg NVwZ-RR 1997, 29 (30) oder VG Braunschweig NdsVBl. 1996, 42 f. 629 Siehe de Wall, Privatrechtliche Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 281. Deutlicher Köbler, Clausua rebus sic stantibus, S. 182, welcher in § 60 I 1 VwVfG einen klaren Fall der objektiven c.r.s.s. sieht, die lediglich mit dem Kriterium der Zumutbarkeit und der Anpassungsmöglichkeit auf Rechtsfolgenseite um Elemente der zivilrechtlichen Geschäftsgrundlage angereichert worden ist. 630 Aus der Literatur Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 619 f.; Spannowsky, Verträge und Absprachen, S. 285; Bonk, in: P. Stelkens/ders./Sachs, VwVfG, § 60, Rn. 13; Bernsdorf, in: Obermayer, VwVfG, § 60, Rn. 14; Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 60, Rn. 11; Meyer, in: Meyer/Borgs, VwVfG, § 60, Rn. 10; Kawalla, Subordinationsrechtlicher Vertrag, S. 130 ff.; Ule/Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht, § 71, Rn. 10 m. w. N. auch der vereinzelten Gegenansicht. Teilweise sollen auch gem. § 242 BGB i. V. m. § 62 S. 2 BGB die zivilrechtlichen Grundsätze zum Fehlen der Geschäftsgrundlage greifen, so zuletzt auch de Wall, Privatrechtliche Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 284 f.; Gurlit, Verwaltungsvertrag, S. 556 (dort mit Fn. 123) oder Lorenz, DVBl. 1997, 865 (866). Die wahrscheinlich prominenteste Sondermeinung vertritt Henneke, in: Knack, VwVfG, § 60, Rn. 8 und 22. Henneke sieht einen Rückgriff auf die zivilrechtlichen Regeln ebenso wie eine Analogie zu § 60 I 1 VwVfG durch die bewusste begrenzte Spezialregelung in § 60 I 1 VwVfG gesperrt. Allerdings soll gem. § 62 S. 2 VwVfG i. V. m. § 119 BGB bei anfänglichem Irrtum eine Anfechtung mit Nichtigkeitsfolge ex tunc (§ 142 BGB) möglich sein. Auch die Rspr. wendet § 60 I 1 VwVfG auf den Fall des Fehlens der „subjektiven Geschäftsgrundlage“ an, vgl. VG Minden, Urt. v. 20.6.1994, Az. 22 A 1280/92 (JURIS, dort LS 1); VG Berlin NJ 1995, 553 f.; OVG Münster NVwZ 2001, 691 (692 f.) oder OVG Lüneburg NVwZ 2003, 629. 631 Vgl. de Wall, Privatrechtliche Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 282 und Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 619. Spannowsky, Verträge und Absprachen, S. 284 f. möchte in diesem Fall gem. § 242 BGB i. V. m. § 62 S. 2 VwVfG die zivilrechtlichen Grundsätze zur Anwendung kommen lassen.
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offen gelassen hat.633 Lediglich bei der Ausgestaltung der Rechtsfolgenseite hatte man (bisher) für den Verwaltungsvertrag einen anderen Weg als im Zivilrecht eingeschlagen.634 Zusammenfassend wird § 60 I 1 VwVfG heute als Ausprägung der Störung der subjektiv interpretierten Geschäftsgrundlage verstanden, wobei dem Wortlaut nach nur der Fall des (nachträglichen) Wegfalls der (objektiven) Geschäftsgrundlage geregelt ist. Zudem bezieht sich die Regelung in § 60 I 1 VwVfG nur auf Dauerschuldverhältnisse. III. Die Neuregelung in §§ 313 BGB Bei der Normierung orientierte sich der Gesetzgeber an der inzwischen aus zivilrechtlicher Sicht „klassischen Dichotomie“635 von objektiver und subjektiver Geschäftsgrundlage636 und führt diese unter dem Dachbegriff der „Störung der Geschäftsgrundlage“637 zusammen. 1. Normierung der objektiven Geschäftsgrundlage, § 313 I BGB So heißt es zunächst zu nachträglichen Störungen der objektiven Geschäftsgrundlage (Wegfall der Geschäftsgrundlage) in § 313 I BGB: „Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert (1. Voraussetzung) und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten (2. Voraussetzung), so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden (primäre Rechtsfolge), soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann (3. Voraussetzung).“638
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BT-Drs. 9/910, S. 82. Dazu de Wall, Privatrechtliche Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 282 ff.; aus der Rspr. OVG Münster NJW 1995, 3003 (3004). 634 Siehe Lorenz, DVBl. 1997, 865; dazu sogleich im Rahmen der Erörterung der neuen Rechtslage. 635 Roth, in: MüKo, BGB, § 313, Rn. 4 f. 636 Vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 174 (re. Spalte). 637 So die amtliche Überschrift zu § 313 BGB. 638 Nicht kursive Einschübe wurden vom Verfasser eingefügt. Als vierte (ungeschriebene) Voraussetzung weist die Regierungsbegründung darauf hin, dass die in Bezug genommenen Umstände nicht Inhalt des Vertrages geworden sein dürfen, vgl. BTDrs. 14/6040, S. 175 (re. Spalte unten). Genau genommen handelt es sich um eine Sub-Voraussetzung oder Konkretisierung des ersten Tatbestandsmerkmals, zu weiteren Differenzierungen Roth, in: MüKo, BGB, § 313, Rn. 8. 633
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§ 313 I BGB lässt sich im Lichte des § 60 I 1 VwVfG lesen: Bereits mit § 60 I 1 VwVfG wollte der Gesetzgeber offensichtlich die vorangegangene Rechtsprechung festschreiben. Diese hatte sich der subjektiven Geschäftsgrundlagenlösung der Zivilgerichte zugewandt. Im Wortlaut des § 60 I 1 VwVfG selbst kam die subjektive Betrachtung dann nicht zum Ausdruck, so dass Raum für die Annahme blieb, in § 60 I 1 VwVfG habe eine mehr objektiv geprägte öffentlich-rechtliche Sonderregelung ihre Geburtsstunde erlebt. Gleichwohl orientierte sich die Rechtsprechung bei der späteren Anwendung des § 60 I 1 VwVfG an der subjektiven Definition der Geschäftsgrundlage. Ähnliches ist nun bzgl. § 313 I BGB zu beobachten. Auch hier wählte der Gesetzgeber eine „mehr auf objektive Merkmale abstellende Formulierung“639, stellt aber dann klar: „Durch die Formulierung des Absatzes 1 ist jedoch eine Änderung der Rechtsprechung nicht beabsichtigt und auch nicht veranlasst.“640 Es geht also nach wie vor um die nachträgliche objektive Veränderung von Umständen, welche die Parteien nach ihrer Vorstellung – also subjektiv – zur Geschäftsgrundlage gemacht haben.641 Eine Änderung sonstiger Umstände, welche keinen Bezug zum Vorstellungsbild der Parteien aufweisen, können nicht nach § 313 I BGB zur Anpassung oder Auflösung des Vertrages führen, selbst wenn diese objektiv vertragsrelevant sind.642 Um den Tatbestand schlank und wertungsoffen zu halten, wurde bewusst von der Normierung von Regelbeispielen abgesehen.643 2. Normierung der subjektiven Geschäftsgrundlage, § 313 II BGB In § 313 II BGB wurde das Fehlen der (subjektiven) Geschäftsgrundlage verankert, technisch mit § 313 I BGB vernetzt und somit beide Fälle zur „Störung der Geschäftgrundlage“ verschmolzen644: „Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.“ Absatz 2 verweist also auf Absatz 1 hinsichtlich der übrigen Tatbestandsmerkmale wie hinsichtlich der Rechtsfolge. Lediglich das erstgenannte Tatbestandsmerkmal wird substituiert, indem an die Stelle der nach den Parteivorstellungen vertragsrelevanten (realen) Umstände, die sich nach Vertragsschluss zu verändern haben, Vorstellungen treten, die sich als anfänglich falsch herausstellen.645 In Absatz 3 ist in Überein639
BT-Drs. 14/6040, S. 176 (li. Spalte). BT-Drs. a. a. O.; zum nachdrücklichen Festhalten und Anknüpfen an die subjektive Geschäftsgrundlagen-Definition zudem S. 174, wo der Gesetzgeber diese ausdrücklich wörtlich wiedergibt. 641 Roth, in: MüKo, BGB, § 313, Rn. 5. 642 Siehe Roth, a. a. O., § 313, Rn. 5 und 44. 643 Vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 93 und 176. 644 Siehe Roth, in: MüKo, BGB, § 313, Rn. 5 a. E. 640
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stimmung mit der bisherigen allgemeinen Auffassung in Rechtslehre und Rechtsprechung bestimmt, dass eine Aufhebung des Vertrags dann und nur dann verlangt werden kann, wenn eine Anpassung nicht möglich oder nicht zumutbar ist. Die Aufhebung kommt also nur subsidiär in Betracht, wobei je nach Charakter des Vertrages zwischen Rücktritt und Kündigung (die dann im nachfolgenden § 314 BGB näher ausgestaltet ist) unterschieden wird: „Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.“ IV. Schlussfolgerungen Welche Schlussfolgerungen sind nun aus der Normierung der Geschäftsgrundlage im Zivilrecht für das Verwaltungsrecht zu ziehen? Dabei sind die Tatbestände des Wegfalls der (objektiven) Geschäftsgrundlage (1.) und des Fehlens der (subjektiven) Geschäftsgrundlage (2.) einerseits und die neu gestaltete Rechtsfolgenseite (3.) und (4.) sowie Abgrenzungsfragen (5.) je gesondert zu betrachten. 1. § 60 I 1 VwVfG und die Normierung der objektiven Geschäftsgrundlage in § 313 I BGB In der verwaltungsrechtlichen Literatur646 und Rechtsprechung647 wurde die neuerliche Konkurrenz zwischen § 313 BGB und § 60 I 1 VwVfG schnell wahrgenommen. Auf den ersten Blick sprach man beiden Regelungen einen weitgehend deckungsgleichen Regelungsgehalt zu und erklärte entsprechend der Systematik der §§ 54 ff. VwVfG den § 60 I 1 VwVfG gegenüber dem über § 62 S. 2 VwVfG nur „ergänzend“ und „entsprechend“ anwendbaren § 313 BGB zur verdrängenden lex specialis.648
645 Roth, a. a. O., § 313, Rn. 10. Insbesondere erfasst sein sollen die (vormals nicht ganz unumstrittenen) „Fälle des gemeinschaftlichen Motivirrtums sowie solche Fälle, in denen sich nur eine Partei falsche Vorstellungen macht, die andere Partei diesen Irrtum aber ohne eigene Vorstellungen hingenommen hat.“ (BT-Drs. 14/6040, S. 176, re Spalte). Die Abgrenzung zur Anfechtung ist dabei aber entgegen der Ausführungen des Gesetzgebers nicht ganz zweifelsfrei, vgl. Faust/Huber, Schuldrechtsmodernisierung, 9. Kapitel, Rn. 8. 646 Vgl. Dötsch, NWVBl. 2001, 385 (386); ders., in: Kroiß, Klauselbuch neues Schuldrecht, § 23, Rn. 21; Geis, NVwZ 2002, 385 (387); Henneke, in: Knack, VwVfG, § 60, Rn. 6a; Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 60, Rn. 3; offen Grziwotz, BauR 2001, 1639 (1841). 647 OVG Münster K&R 2004, 100 (103) oder BVerwG NVwZ-RR 2003, 470 (471). 648 So einhellig die oben in der vorletzten Fn. genannten Stimmen.
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Im Anschluss an die oben dargestellte Annäherung an den status quo der zivilrechtlichen Rechtsentwicklung im Vorfeld der Schuldrechtsmodernisierung drängt sich die Frage auf, worin denn der spezifisch eigene Regelungsgehalt des § 60 I 1 VwVfG gegenüber der zivilrechtlichen Lösung zu sehen ist. Lehnt man die überwiegend und vor allem von Seiten der Rechtsprechung vorgenommene Übernahme der subjektiven Geschäftsgrundlagenlösung ab, könnte man einen solchen in einer objektiven und damit gegenüber der zivilrechtlichen Anschauung weiteren Interpretation sehen. Erfasst wären dann nicht nur die von den Vertragsparteien nach Maßgabe ihrer Vorstellungen zur gemeinsamen Grundlage des Vertrages erhobene vertragsrelevanten Umstände, sondern weitergehend objektiv relevante Umstände, über die sich die Vertragsparteien bei der Festsetzung des Vertragsinhalts keine Vorstellungen gemacht haben müssen.649 Die Lösung dürfte von all jenen befürwortet werden, welche Stoßräume für eine flexible und weitreichende Berücksichtigung des öffentlichen Interesses fordern und/oder § 60 I 1 VwVfG als Spezialausprägung der c.r.s.s. auffassen, welche dort mit der Zumutbarkeit auf Tatbestandebene und der Anpassungsoption auf Rechtsfolgenseite zu einer eigenständigen verwaltungsrechtlichen „Vereinigungsformel“ verschmolzen wurde.650 Dieser am Vorrang des öffentlichen Interesse orientierten Interpretation scheint schon die Gesetzesbegründung zu § 60 VwVfG651 zu widersprechen. Dort findet sich ein klares Votum für die prinzipielle Gleichrangigkeit der Vertragspartner. Daran anknüpfend hat sich spätestens nach Erlass des VwVfG die Überzeugung durchgesetzt, dass das öffentliche Interesse sich nicht einseitig gegenüber dem Interesse des privaten Vertragspartners durchsetzt.652 Ähnlich wie bei der Beurteilung etwa der Angemessenheit von AGB gem. § 307 BGB i. V. m. § 62 S. 2 VwVfG ist es als Parteiinteresse653 im Verhältnis zu den Interessen des Vertragspartners in eine wertende Gesamtbetrachtung einzustellen.654 Nach dem Tatbestand des § 60 I 1 VwVfG kann sich auch die Verwaltung nur unter den engen Voraussetzungen der „Unzumutbarkeit“ einer weiteren Vertragsbindung durch Anpassung oder Kündigung von der vertraglichen Regelung lösen. Nach gegenwärtigem Verständnis ist „Unzumutbarkeit“ gegeben, „wenn das Gleichgewicht zwischen den sich gegenüberstehenden vertraglichen 649
Zu dieser Interpretationsfrage vgl. Efstratiou, Bestandskraft, S. 340. So etwa Seer, Verständigungen, S. 425 ff. oder Köbler, Clausula rebus sic stantibus, S. 182. 651 BT-Drs. 7/910, S. 82. 652 Zur Rechtsüberzeugung zum Zeitpunkt des Erlasses des VwVfG Fiedler, VerwArch 67 (1976), 125 (147 und 151) und aus heutiger Sicht H. C. Röhl, Verwaltung durch Vertrag, § 5 D. I. 2. c), S. 232; Gurlit, Verwaltungsvertrag, S. 557 und Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 615 m. w. N. 653 Betont bereits bei Fiedler, VerwArch 67 (1976), 125 (147 und 151); neuerlich Gurlit, Verwaltungsvertrag, S. 561. 654 Am Beispiel des AGB-Rechts oben unter § 13 E. I. 650
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Leistungen so stark gestört ist, daß das jeder länger dauernden Vertragsbeziehung immanente ,Änderungsrisiko‘ weit überschritten ist und der Vertrag bei Zugrundelegung der gewandelten Bedingungen von den Parteien mit Sicherheit (so) nicht geschlossen worden wäre.“655 Weiter entspricht es dem kooperativen Charakter des Verwaltungsvertrages als Handlungsform, dass sich auch die Verwaltung zur besonderen Berücksichtigung ihrer Eigeninteressen den Mitteln der Vertragsgestaltung ggf. auch unter Zuhilfenahme von AGB bedienen muss.656 Deren Bewertung erfolgt ebenso wie die Anwendung des § 60 I 1 VwVfG nicht stereotyp, sondern unter besonderer Berücksichtigung des jeweiligen Verwaltungsvertrags(-typus). Erachtet die Verwaltung das gesetzlich vorgesehene Instrument des § 60 I 1 VwVfG sowie den in Extremlagen greifenden § 60 I 2 VwVfG657 als nicht ausreichend, hat sie sich im Vertrag außerordentliche Kündigungsrechte vorzubehalten.658 Weitergehende Rücktritts- und Kündigungsrechte, wie sie eine objektivierte Interpretation eröffnen würde, entsprechen nicht dem kooperativen Wesen des Vertrages und der durch ihn herbeigeführten (Mehr-)Bindung als Grundlage dauerhafter und komplexer (besonderer) Rechtsverhältnisse659. Zu Recht wurde daher im Privatrecht mit der Integration in die Geschäftsgrundlagenlehre der c.r.s.s. ihre „zu stark vertragszersetzende Flanke“660 genommen. Vor diesem Hintergrund ist es zu begrüßen, dass sich die Verwaltungsrechtsprechung spätestens seit Geltung des § 60 VwVfG einhellig an der Geschäftsgrundlagenlösung des Zivilrechts orientiert.661 Nimmt man zudem die in praxi (noch) vorherrschende Annahme der Wahlfreiheit662 in den Blick, ist dies sogar notwendig. Denn sonst hätte es die Ver655 So in Zusammenschau von verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung und verwaltungsrechtlicher Literatur Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 614 mit umfangreichen Nachweisen. Mit dem zweiten Halbsatz der Definition wird an das im Zivilrecht etablierte „hypothetische Element“ (hypothetischer Vertragsschluss unter veränderten Bedingungen) angeknüpft. Dies wurde jetzt im Tatbestand des § 313 I BGB festgeschrieben, dazu sogleich. 656 Ähnlich Gurlit, Verwaltungsvertrag, S. 557: Berücksichtigung öffentlicher Interessen „beim Vertragsschluss“ und nicht im Sinne einer „stillen Reserve“ im Wege bevorzugender nachträglicher Billigkeitskorrekturen. 657 Zu dessen Regelungsgehalt und restriktiver Handhabung sowie der weitergehenden Möglichkeit einer Kündigung nach § 314 BGB i. V. m. § 62 S. 2 VwVfG sogleich. 658 Diese gehen einer Lösung über die Störung der Geschäftsgrundlage immer vor, statt aller Roth, in: MüKo, BGB, § 313, Rn. 35 f. und für Verwaltungsverträge H. C. Röhl, Verwaltung durch Vertrag, § 5 D. II., S. 240. 659 Erneut sei an dieser Stelle auf die dogmatische Beschreibung und Konkretisierung der Rechtsform „Verwaltungsvertrag“ unter Rekurs auf die Rechtsverhältnislehre verwiesen, eingehend unter § 7 C. 660 Rösler, JuS 2004, 1058. 661 Oben unter II.
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waltung in der Hand, durch die Wahl der Handlungsform einseitig zu bestimmen, inwieweit sie sich größere Reaktionsspielräume erhalten will. Regelungstechnisch wurde mit § 60 I 1 VwVfG die im Verwaltungsrecht zu konstatierende Annäherung an das Zivilrecht auf dem Stand von 1976 eingefroren663. Nachdem bei der Auslegung und Anwendung der Norm eine weitergehende Parallelisierung erfolgte, ist es nun an der Zeit, § 60 I 1 VwVfG de lege ferenda an den Entwicklungsstand des Zivilrecht anzugleichen.664 Bis dahin ist § 60 I 1 VwVfG de lege lata auf die vom Wortlaut erfassten Anwendungsfälle zu reduzieren.665 Erfasst ist lediglich die Anpassung und Kündigung von Dauerschuldverhältnissen bei nachträglichem Wegfall der Geschäftsgrundlage. Im Übrigen kommt über § 62 S. 2 VwVfG § 313 BGB zur Anwendung. Die Neuregelung erweist sich dabei als außerordentlich „entwicklungsoffen“666 und bietet hinreichend Gewähr für die Berücksichtigung öffentlich-rechtlicher Besonderheiten.667 Weiter enthält die Regelung der objektiven Geschäftsgrundlage in § 313 I BGB gegenüber § 60 I 1 BGB wichtige tatbestandliche Präzisierungen. In Teilen wurden diese zwar bereits von Lehre und Rechtsprechung durch Rezeption der zivilrechtlichen Rechtsprechung im Verwaltungs(vertrags)recht übernommen. Gerade angesichts der überragenden Bedeutung des Instituts im Verwaltungsrecht sind die für das Privatrecht mit der Normierung verbundenen Regelungs- und Transparenzgewinne in das Verwaltungsrecht zu transferieren. Dies gilt in besonderem Maße für die „vertragliche oder gesetzliche Risikoverteilung“, welche nach § 313 I BGB im Rahmen der Zumutbarkeit eines Festhaltens am Vertrag unter veränderten Umständen „insbesondere“ zu berücksichtigen ist.668 Im Zivilrecht avancierte die Risikoverteilung zur Schaltstelle der Geschäftsgrundlagenlösung. Hier entscheidet sich im Regelfall, ob ein Vertrag 662
Eingehend unter § 8 A. II. Bedenkt man die lange Vorschichte des VwVfG (dazu P. Stelkens/Sachs, in: P. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, Einleitung, Rn. 36 ff.), ließe sich auch argumentieren, dass der Gesetzestext einen noch weiter zurückliegenden status quo der Rechtsannäherung an das Zivilrecht wiederspiegelt. Dafür spricht, dass man nur den – auch von der c.r.s.s. in den Blick genommenen – Fall der nachträglichen Änderung der Verhältnisse normierte. 664 Dazu sogleich mit einem Regelungsvorschlag unter IV. 6. 665 Eine Rechtsfortbildung im Sinne eines Anwendungsvorrangs des § 313 BGB als lex posterior dürfte aus den gleichen methodischen Erwägungen scheitern wie eine exklusive Anwendung des § 311a BGB vorrangig zu § 44 II Nr. 4 i. V. m. § 59 II Nr. 1 VwVfG, dazu eingehend oben unter § 15 B. II. 1. 666 Rösler, JuS 2004, 1058. 667 Ausführlich zu den wertungsoffenen Bestandteilen der Norm Roth, in: MüKo, BGB, § 313, Rn. 14 f. 668 Zur Einordnung des Zumutbarkeitskriteriums und der Konkretisierung in Form der Risikoverteilung in den Tatbestand des § 313 BGB Roth, in: MüKo, BGB, § 313, Rn. 6 und vor allem 76 ff. 663
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nach § 313 BGB angepasst oder gekündigt wird.669 Die Verwaltungsgerichte670 operieren bereits vereinzelt mit Risikozuweisungen. Dabei beruft man auch auf die verwaltungsrechtliche Literatur671, welche das Kriterium zuvor zur Präzisierung der Zumutbarkeitsprüfung im Rahmen des § 60 I 1 VwVfG aus dem Zivilrecht übernahm. Es entspricht der Ordnungs- und Stabilisierungsfunktion der Rechtsform „Verwaltungsvertrag“672, zur geordneten Regulierung der Lebenssachverhalte im Fenster staatlich-gesellschaftlicher Interaktion weit möglichst auf einen geschriebenen Tatbestand zurückzugreifen, statt mit Analogien zu operieren oder gar Tatbestand und Rechtsfolge eines u. U. einschneidend belastenden Instituts aus einem „diffusen Rspr.-Material herauszudestillieren“673. Einen zentralen Wertungsgesichtspunkt markiert dabei die inzwischen für die Diskussion um § 60 I VwVfG paradigmatische Spannung zwischen öffentlichem und privatem Parteiinteresse.674 Hierbei gilt es stets die Grundaussage im Blick zu behalten, dass verwaltungsvertragliches Kontrahieren aus Sicht des Bürgers (grundsätzlich) Freiheitsgebrauch, also Grundrechtsbetätigung ist, der Vorbehalt des Gesetzes mithin nicht gilt.675 Vertragsfreiheit ist gesetzlich eröffnete Freiheit. Die Willenseinigung erhält rechtsverbindliche und staatlich durchsetzbare Geltungskraft durch das Wort des Gesetzgebers.676 Entfallen (§ 313 I BGB) oder fehlen (§ 313 II BGB) Umstände, welche Verwaltung und Privater nach ihren Vorstellungen zur Geschäftsgrundlage ihres Kontraktes erkoren haben und ist danach der Verwaltung ein Festhalten am Vertrag unzumutbar, erfolgen die „korrigierenden Eingriffe in die Privatautonomie“677 allerdings innerhalb des Rahmens, 669
Zusammenfassend Efstratiou, Bestandkraft, S. 299 ff. OVG Koblenz NVwZ-RR 2003, 243 (244); OVG Bautzen, LKV 1998, 237 (239). Ausdrücklich in Anlehnung an die Rspr. der Zivilgerichte und die zivilrechtliche Literatur dabei etwa VGH Mannheim NVwZ-RR 2000, 206 (207) und dem folgend jüngst OVG Münster K&R 2004, 100 (103). 671 Etwa Bonk, in: P. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 60, Rn. 20; Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 60, Rn. 6; aus dem monographischen Schrifttum etwa Gurlit, Verwaltungsvertrag, S. 561; ansatzweise auch Henneke, in: Knack, VwVfG, § 60, Rn. 9. 672 Zur Unterscheidung zwischen Rechts- und Handlungsform, sowie der besonderen Bedeutung gerade der Rechtsform für das Verwaltungshandeln oben unter § 7 A. 673 So Roth, in: MüKo, BGB, § 313, Rn. 17 zum Rechtszustand vor der Normierung. 674 Zu bisherigen Unternehmungen, dieses Konflikts Herr zu werden, statt aller ausführlich zusammenfassend Efstratiou, Bestandkraft, S. 310–347. 675 Ausführlich oben unter § 8 A. III. Einen Grenzbereich markiert die Verwendung von AGB, da diese häufig in einer Situation zum Einsatz kommen, welche durch einseitige Abhängigkeit des Bürgers von der Verwaltung geprägt ist. Soweit die Grenzen des AGB-Rechts, insbesondere das Transparenzgebot des § 307 I 2 BGB gewahrt sind, liegt aber auch hier keine Freiheitsbegrenzung vor, welche den Vorbehalt des Gesetzes auslösen würde, oben unter § 13 C. II. 676 Zu dieser verfassungsrechtlichen Implikation oben unter § 1 C. I und § 3 D. 677 Roth, in: MüKo, BGB, § 313, Rn. 16. 670
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den der Gesetzgeber zur Selbstbestimmung im Rechtsleben im Vorfeld des Vertragsschlusses überhaupt erst eröffnet hat. Hierbei spielt es aus rechtsstaatlicher Sicht durchaus – und zwar ungeachtet, welcher Teilrechtsordnung ein Vertrag zuzuweisen ist, – eine Rolle, ob die das Betätigungsfeld privatautonomer Rechtsgestaltung absteckenden Regelungen geschriebener oder ungeschriebener Natur sind. Die Situation ist für den Privaten trotz der eine abstrakte Heterogenität der Parteien hervorrufenden Gesetzesbindung der Verwaltung beim Verwaltungsvertrag insoweit nicht anders als im Rechtsverkehr zwischen Privaten. Diese Parallelstruktur wird im Prinzip auch dann nicht durchbrochen, wenn die Unzumutbarkeit einer weiteren Vertragsdurchführung auf der Unvereinbarkeit mit dem die Verwaltung bindenden öffentlichen Interesse beruht.678 Denn die wertende Berücksichtigung des öffentlichen Interesses als Parteiinteresse der Verwaltung setzt voraus, dass sich – und dies markiert den zwingend vorangehenden ersten Prüfungsschritt – zunächst Umstände, die nach den Parteivorstellungen zur gemeinsamen Geschäftsgrundlage gemacht wurden, geändert haben.679 Mit dieser intersubjektiven, an den Parteiwillen anknüpfenden Gemeinsamkeit (Geschäftsgrundlage), hat aus Sicht des Privaten das untrennbar mit dem Vertragspartner „Verwaltung“ verwobene öffentliche Interesse Eingang in das verwaltungsvertraglich formalisierte (besondere) Rechtsverhältnis gefunden. Welche Rechtsfolgen eine Störung der Vertragsgrundlage unter Berücksichtigung des öffentlichen Interesses zeitigt, ist nunmehr im Rahmen der Zumutbarkeit unter Berücksichtigung „insbesondere“ der „vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung“ zu beantworten. Ähnlich wie im Privatrecht bietet es sich an, genau hier eine zunehmend ausdifferenzierte Kaskade an Risikowertungen herauszuarbeiten. Objektivierende Wertungskriterien680 und Ordnungsfaktoren zur wertenden Bestimmung der Risikoverteilung bieten die unterschiedlichen Verwaltungsvertragstypen681, die vertragliche Regelung im Einzelfall682 sowie die 678 Auch aus Sicht des Privatrechts sind öffentliche Interessen strukturell innerhalb der Risikozuordnung zu berücksichtigen, vgl. Roth, in: MüKo, BGB, § 313, Rn. 75. Denkbar wäre aber auch, das öffentliche Interesse als Parteiinteresse der Verwaltung bereits innerhalb des zweiten Tatbestandsmerkmals wertend zu berücksichtigen. Entscheidend ist dann, ob die Verwaltung unter Berücksichtigung der verfolgten Allgemeininteressen „[. . .] den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätte.“ 679 Eben hierin besteht wie gesehen ein wesentlicher Unterschied zu einer objektiven Interpretation i. S. d. klassischen c.r.s.s. Zur subjektiven Fundierung der objektiv veränderten „Umstände“ als Geschäftsgrundlage in der Vorstellung der Parteien nach neuem Recht siehe Roth, in: MüKo, BGB, § 313, Rn. 5 und 44. 680 Zur vertraglichen und gesetzlichen Risikoverteilung als objektivierende Ansatzpunkte innerhalb der subjektiven Geschäftsgrundlagenlösung aus Sicht des Verwaltungsrecht statt aller Efstratiou, Bestandkraft, S. 302. 681 Zur heuristischen und dogmatischen Funktion unterschiedlicher Typen von Verwaltungsverträgen oben unter § 9 C. Konkret ist etwa einem Vergleichsvertrag (§ 55 VwVfG) das Risiko immanent, dass sich die Verhältnisse nachträglich klären. In einem Ablösevertrag gehen die Parteien ein „Schätzungsrisiko“ hinsichtlich der Höhe
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öffentlich-rechtlichen und über § 62 S. 2 BGB in Bezug genommenen gesetzgeberischen Wertungen in einzelnen Vertragsrechtsnormen683.684 Dem Gesetz kommt im Verwaltungsvertragsrecht eine besondere Rolle als rechtsstaatliches Fundament der über die Geschäftsgrundlagenlösung eröffneten billigkeitsrechtlichen Vertragskorrektur zu. Denn – wie bereits eingangs gesehen685 –, ist gerade der Verwaltungsvertrag einem erhöhten Umbildungsrisiko ausgesetzt, welches im Bereich rechtlicher Änderungen oft mit der Verwaltung als Vertragspartner unmittelbar einhergeht.686 Soweit etwa der kontrahierenden Verwaltung in casu Rechtssetzungsbefugnis zukommt, besteht bereits hinsichtlich der tatbestandlichen Voraussetzungen der Geschäftsgrundlagenstörung eine erhöhte Missbrauchsgefahr687. Aber auch hinsichtlich der Interpretation durch die Gerichte haben die Anfänge des Instituts im Verwaltungsrecht gelehrt, dass die Gefahr einer einseitigen Betonung des öffentlichen Interesses latent vorhanden ist. Hier kommt dem gesetzlichen Hinweis auf die Risikoverteilung eine wichtige Disziplinierungsfunktion zu. Wenn auch der Vorbehalt des Gesetzes nicht grundsätzlich greift, so besteht ähnlich wie im Bereich einseitig durch die Verwaltung vorkonditionierter Vertragsbedingungen die Gefahr, dass sich die Billigkeitskorrektur im Einzelfall einem Grundrechtseingriff annähert.688 Aus rechtsstaatlider abzulösenden Abgaben ein. Erweist sich im Nachhinein, dass die Verwaltung einen zu geringen Betrag erhalten hat oder der Bürger einen zu hohen Betrag geleistet hat, muss § 60 I 1 VwVfG im Grundsatz, d.h. abgesehen von untragbaren Extremfällen, ausgeschlossen sein, vgl. Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 616 f. 682 Dazu Gurlit, Verwaltungsvertrag, S. 561 f. mit Beispielen aus der Rechtsprechung. 683 Zu den Kriterien bei der Ermittlung der jeweiligen Risikoverteilung abstrakt für privatrechtliche Verträge Roth, in: MüKo, BGB, § 313, Rn. 29 f. 684 Eine klare Risikozuweisung ergibt sich dann, wenn eine Partei die wesentlichen Änderungen zu vertreten hat, vgl. Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 615. 685 Oben sub B. 686 Vgl. Gurlit, Verwaltungsvertrag, S. 558 ff. und unter Berücksichtigung des Sonderfalles der Nichtigerklärung einer Rechtsnorm, welche entweder Rechtsgrundlage oder auch nur Geschäftsgrundlage eines Verwaltungsvertrages sein kann, H. C. Röhl, Verwaltung durch Vertrag, § 5 D. I. 2. c) (ii), S. 237 ff. Zu den Sonderfällen nachträglicher Änderung der rechtlichen Rahmenbedingungen durch a) eine geänderte Rechtsprechung und b) die Modifikation der Verwaltungspraxis Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 613. 687 Zu diesem Sonderproblem am Beispiel eines nachträglichem Satzungserlasses, welcher einem zuvor geschlossenen Vertrag die Grundlage entzieht, Schumacher, VR 1995, 484 ff.; siehe zudem Gurlit, a. a. O. (dort auch zum Sonderfall des Wegfalls der Geschäftsgrundlage bei Normsetzungsverträgen). 688 Im Falle des Vertragsschlusses unter Verwendung von AGB durch die Verwaltung ist potentiell die Privatautonomie in Gestalt der Vertragsabschlussfreiheit, in welche durch die Behörde eingegriffen werden könnte, betroffen. Vorliegend geht es um den Bestand der von Seiten des Bürgers privatautonom im Zusammenspiel mit der Behörde gesetzten vertraglichen Regelung. Es geht also um den Bestand des Produkts privatautonomen Freiheitsgebrauchs in der Zeit. Dabei kann der Eingriff entweder von der Verwaltung ausgehen, welche sich auf den Wegfall der Regelungswirkung beruft.
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cher Sicht ist daher die differenziertere Regelung vorzuziehen und ein möglichst einheitlicher Reflexionsrahmen für das in sich immer noch sehr wertungsoffene Instrument anzustreben. Auch hinsichtlich der bereits geregelten objektiven Geschäftsgrundlage ist daher § 313 I BGB vorrangig zu berücksichtigen. In gesteigertem Maße beanspruchen die rechtsstaatlichen Erwägungen freilich Geltung für bisher gänzlich ungeregelte Instrumente zur billigen Vertragskorrektur, womit der Bogen zur subjektiven Geschäftsgrundlage gespannt ist. 2. § 60 I 1 VwVfG und die Normierung der subjektiven Geschäftsgrundlage in § 313 II BGB Soweit die Verwaltungsgerichte für den Fall eines anfänglichen Irrtums über die (subjektive) Geschäftsgrundlage (Fehlen der Geschäftsgrundlage) eine Anfechtungslösung bewusst verwarfen, orientierte man sich ausdrücklich an der zivilrechtlichen Lösung.689 Da im Zivilrecht dieser Fall von der Geschäftsgrundlage erfasst ist, müsse dies auch im öffentlichen Recht so ein.690 Diesbezüglich lasse § 60 I 1 VwVfG eine Analogie zu, da der Gesetzgeber diese Konstellation nicht unbeachtet lassen wollte.691 Dass man nicht auf die zivilrechtlichen Grundsätze zurückgriff, lag vor allem daran, dass man die Anwendung des mit § 60 I 1 VwVfG vorhandenen geschriebenen Tatbestandes (!) als methodisch vorzugswürdig erachtete.692 § 60 I 1 VwVfG wurde dabei wie gesehen nicht als öffentlich-rechtliche lex specialis mit gegenüber dem zivilistischen Modell autonomen Regelungsgehalt aufgefasst, sondern als Ausprägung der auch im Zivilrecht geltenden Grundsätze interpretiert und angewandt.693 Die augenscheinliche und von niemandem ernstlich bezweifelte Regelungslücke hinsichtlich des Fehlens der (subjektiven) Geschäftsgrundlage ist mithin künftig gem. § 313 II BGB i. V. m. § 62 S. 2 VwVfG zu schließen.
Soweit sich der Bürger hierunter nicht aufgrund faktischer Zwänge fügt, kann auch dem rechtsgestaltenden Richterspruch, welcher vollstreckungsrechtlich gem. § 894 ZPO zur Fiktion der Willenerklärung führt, Eingriffscharakter zukommen. 689 Deutlich VG Berlin NJ 1995, 553 f., dort auch zu den Argumenten gegen die Anfechtungslösung. Insoweit orientierte man sich am Zivilrecht und übernahm die dortige Begründung zur Geschäftsgrundlagenlösung. 690 VG Berlin, a. a. O. 691 VG Berlin, a. a. O. unter Verweis auf Meyer/Borgs, VwVfG, § 60, Rn. 10. 692 So ausdrücklich OVG Lüneburg NVwZ 2003, 629. 693 Soeben sub II.
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3. Die prozessuale Durchsetzung des Anpassungsanspruchs a) Die problematischen Vorstellungen des Zivilgesetzgebers Die Rechtsfolgenaussage des § 313 BGB wurde im Zivilrecht als eine der „wesentlichen Innovationen“694 begrüßt. Der Gesetzgeber hat sich nunmehr dahingehend festgelegt, dass „Anpassung des Vertrages verlangt werden“ kann. Als „innovativ“ mag man dies deshalb auffassen, weil sich der Gesetzgeber damit zum einen bewusst695 gegen die bisher herrschende Konzeption einer Vertragsanpassung ipso iure696 entschieden hat. Zum anderen erfolgte die Ausgestaltung in ausdrücklicher Anlehnung an die Regelung in § 60 I 1 VwVfG.697 Trotz des nunmehr scheinbaren Gleichlaufs hat es hinsichtlich der Durchsetzung des Anpassungsbegehrens mit einem Verweis auf die für Verwaltungsverträge herrschende Ansicht nicht sein Bewenden. Grund für neuerliche Abstimmungsprobleme698 sind die Erwägungen des Reformgesetzgebers in der Regierungsbegründung. Danach wollte dieser zwar einerseits den Anspruch auf Anpassung festschreiben und somit „eine vom bisherigen Meinungsstand teilweise abweichende Regelung“ vorsehen699, andererseits aber mit dieser Formulierung „weder eine Änderung der materiell-rechtlichen noch der prozessualen Behandlung der Geschäftsgrundlage“ herbeiführen700. Uneins ist man sich im Zivilrecht infolgedessen vor allem, wie sich diese „Änderung ohne Änderung“ hinsichtlich der konkreten gerichtlichen Durchsetzung darstellt. Nach altem Recht ging man überwiegend davon aus, dass der Tatbestand der gestörten Geschäftsgrundlage selbst die neue Rechtslage herbeiführt, ohne dass es eines (einseitigen, zweiseitigen oder richterlichen) Gestaltungsaktes bedurfte. Die richterliche Bestimmung der Rechtsfolgen war demnach keine Bestimmung der Rechtsfolgen im technischen Sinne, so dass die durch die Geschäftsgrundlagenstörung eingetretenen Rechtsfolgen nicht durch Gestaltungsurteil, sondern in Form eines Leistungsurteils, das nach allgemeinen Regeln auch feststellenden Charakter hatte701, ausgesprochen wurden.702
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Roth, in: MüKo, BGB, § 313, Rn. 80. BT-Drs. 14/6040, S. 175. 696 Statt vieler Heinrichs, in: Palandt, BGB (60. Aufl., 2001), § 242, Rn. 130 oder Roth, in: MüKo, BGB, 4. Aufl. (2001), § 242, Rn. 651. 697 Vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 176. 698 Eingehend Roth, in: MüKo, BGB, § 313, Rn. 87 ff.; Wieser, JZ 2004, 654 ff.; Dauner-Lieb/Dötsch, NJW 2003, 921 ff.; Dötsch, in: Kroiß, Klauselbuch neues Schuldrecht, § 23, Rn. 22 ff. und Baldus/Kessel, NJW 2002, 2076 ff. 699 BT-Drs. 14/6040, S. 175. 700 A. a. O., S. 176. 701 Vgl. nur BGHZ 91, 32 (36) sowie Heinrichs, in: Palandt, BGB (60. Aufl., 2001), § 242, Rn. 134. 702 Zusammenfassend m. w. N. Roth, in: MüKo, BGB, § 313, Rn. 81 ff. 695
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Nach der neuen Anspruchskonstruktion ist streng genommen zweiaktig vorzugehen703: Zunächst müsste auf Abgabe einer Willenerklärung des Vertragspartners zur Abänderung der Vertrages, also „auf Anpassung“, geklagt werden, was nach § 894 ZPO vollstreckbar wäre.704 In einem weiteren Schritt wären dann die Ansprüche aus dem angepassten Vertrag, also „aus Anpassung“ einzuklagen. Man ist sogleich an die Rechtslage bei der Wandelung nach altem Recht (§ 465 BGB a. F.) erinnert. Die im Zuge der Schuldrechtsmodernisierung abgeschaffte Norm forderte den „Vollzug“ der Wandelung, also eine vertragliche Einigung der Parteien über die Rückabwicklung, womit sich ähnliche Probleme wie eben beschrieben stellten. Nach am Ende überwiegender Ansicht war eine getrennte Geltendmachung des Anspruchs „auf Wandelung“ (§ 462 BGB a. F.) und desjenigen „aus Wandelung“ nicht erforderlich, sondern man ließ die sofortige Klage auf Leistung (scil. Rückzahlung des Kaufpreises) zu.705 Hieran hat der Gesetzgeber in der Begründung nun auch angeknüpft. Aus Gründen der Prozessökonomie soll „wie nach der von der Rechtsprechung zur Wandelung beim Kaufvertrag vertretenen Herstellungstheorie, eine Klage unmittelbar auf die angepasste Leistung“ möglich sein.706 Die Literatur ist dem zunächst gefolgt.707 Erste Stimmen kritisieren hingegen, dass der Gesetzgeber die bisherige praktische Handhabung der Vertragsanpassung zu konservieren suchte, indem er dem verworrenen Streitstand zur überholten Wandelung im Rahmen des § 313 BGB eine neue Heimatstätte geschaffen hat.708
703
Dötsch, in: Kroiß, Klauselbuch neues Schuldrecht, § 23, Rn. 22. Näher Dauner-Lieb/Dötsch, NJW 2003, 921 (923 f.). 705 Die dogmatische Begründung war umstritten. Die Rechtsprechung hat sich bis zuletzt nicht eindeutig einer Theorie angeschlossen. Sie hielt aber einerseits die Zweistufigkeit für richtig und ließ andererseits die unmittelbare Klage auf Leistung zu, so dass sie im Ergebnis der modifizierten Vertragstheorie nahe stand (also nicht, wie der Gesetzgeber meint, der Herstellungstheorie folgte, daher mit Recht kritisch Faust/Huber, Schuldrechtsmodernisierung, 9. Kap., Rn. 5 in Fußn. 6), zusammenfassend zum ehemaligen Streitstand statt aller Honsell, in: Staudinger, BGB, 13. Bearbeitung (1995), § 465, Rn. 2 ff. 706 So die Regierungsbegründung mit Verweis auf BGHZ 91, 32 (36), vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 176 (Hervorhebungen durch den Verfasser). 707 Vgl. nur Heinrichs, in: Palandt, BGB, § 313, Rn. 29 und die dortigen umfassenden Nachweise; a. A. jedenfalls für formbedürftige Verträge wegen des Interesses an einer effektiven Durchführung der Vertragsänderung mit guten Gründen indes Roth, in: MüKo, BGB, § 313, Rn. 89 f.; für die grundsätzliche Anwendung der Stufenklage analog § 254 ZPO Baldus/Schmidt-Kessel, NJW 2002, 2076 (2077 f.) und dem folgend Dauner-Lieb/Dötsch, NJW 2003, 921 (926); für eine Verbindung von Klage „auf“ und „aus“ Anpassung Wieser, JZ 2004, 654 ff. 708 Etwa Dötsch, in: Kroiß, Klauselbuch neues Schuldrecht, § 23, Rn. 23 und Dauner-Lieb/Dötsch, NJW 2003, 921 (924). 704
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b) Die Lösung des BVerwG Erstmals im Urteil vom 26.1.1995709 hat das BVerwG den zivilrechtlichen Weg einer sofortigen Klage auf die Leistung aus dem angepassten Vertrag für Verwaltungsverträge ausdrücklich verworfen. Gilt der dort in den Grundstrukturen entwickelte und in Folgeentscheidungen710 ausdifferenzierte verwaltungsvertragliche Sonderweg nach der an § 60 VwVfG orientierten Neuregelung auch im Zivilrecht? Die Grundaussage des BVerwG711 und der ganz überwiegenden Ansicht der verwaltungsrechtlichen Literatur712 lautet, dass bei Verweigerung der Vertragsanpassung durch eine andere Vertragspartei die Vertragsanpassung im Wege einer „auf Anpassung“ gerichteten Leistungsklage durchzusetzen ist.713 Für die 709
BVerwGE 97, 331 ff. Vgl. BVerwG NVwZ 1998, 1075 (1077); NVwZ 2002, 486 (487 f.) und NVwZRR 2003, 470. 711 E 97, 331 (340 f.) in ausdrücklicher Ablehnung der in BGHZ 91, 32 (36) zugelassenen unmittelbaren Klage auf Leistung aus dem angepassten Vertrag, dem folgend BVerwG NVwZ 2002, 486 (487 f.) und NVwZ-RR 2003, 470. 712 Meyer, in: Meyer/Borgs, VwVfG, § 60, Rn. 15; Henneke, in: Knack, VwVfG, § 60, Rn. 11; Bonk, in: P. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 60, Rn. 23; Ule/Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht, § 71, Rn. 16; Lorenz, DVBl. 1997, 865 (870) und Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 618. 713 Aufgrund eines Vorrangs privatautonomer Rechtsgestaltung wurde in der Literatur zudem dafür plädiert, die vorgeschaltete Durchführung von Neuverhandlungen als Sachurteilsvoraussetzung zu verlangen, vgl. Lorenz, DVBl. 1997, 865 (870). Dabei wird an Strömungen im Privatrecht angeknüpft (grundlegend Nelle, Neuverhandlungspflichten, pass., speziell zu den Anforderungen an die Neuverhandlungspflicht S. 260 ff.). In der Regierungsbegründung findet sich dazu folgender Passus: „Insbesondere sollen die Parteien zunächst selbst über die Anpassung verhandeln.“ (BT-Drs. 14/6040, S. 176 li. Spalte, Hervorhebung durch den Verfasser). Damit hat der Reformgesetzgeber eine Wunschvorstellung kundgetan, diese aber nicht im Sinne einer obligatorischen Vorverhandlungspflicht in den Gesetzestext einfließen lassen. Die Entscheidung über eine obligatorische Vorverhandlung ist daher weiter offen. Im Zivilrecht wird die Lehre von den Neuverhandlungspflichten nach wie vor mehrheitlich abgelehnt, siehe nur Dauner-Lieb/Dötsch, NJW 2003, 921 (924) sowie Dötsch, in: Kroiß, Klauselbuch neues Schuldrecht, § 23, Rn. 27 je m. w. N. Wiewohl im Sinne einer einvernehmlichen Problemlösung grundsätzlich erwünscht, macht es sowohl für das Zivilrecht als auch für das Verwaltungsvertragrecht wenig Sinn, das vorige Nachverhandeln zwischen den Parteien in den Rang einer verfahrensmäßig formalisierten Anspruchsvoraussetzung zu erheben. Denn ein konstruktives und kooperatives Neuverhandeln kann nicht erzwungen werden und ist als bloßer formaler Akt ebenso fruchtlos wie etwa ein obligatorisches Sühneverfahren. Soweit der Inhaber eines Anpassungsanspruchs vor der Klageerhebung die Möglichkeit zu einer außergerichtlichen Durchsetzung seines Begehrens bei der Gegenpartei nicht ausschöpft, hat dies, wie bei jeder anderen Anspruchsverfolgung, lediglich die entsprechenden (ggf. kostenrechtlichen) Konsequenzen, so zutreffend aus der Warte des Zivilprozesses Roth, in: MüKo, BGB, § 313, Rn. 93. Der Rspr. des BVerwG (E 97, 331 [340]) lässt sich bestenfalls entnehmen, dass der Kläger nachweisen muss, dass der Anspruchsgegner ein ernsthaftes Anpassungsbegehren zurückgewiesen hat, nicht aber, dass im Vorfeld des Prozesses 710
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Notwendigkeit, die Vertragsanpassung durch einen selbständigen Rechtsakt und nicht inzident im Rahmen einer einheitlichen Klage auf die Leistung aus dem angepassten Vertrag herbeizuführen, spricht zunächst der eindeutige Wortlaut des § 60 I 1 VwVfG.714 Denn danach kann die von der Veränderung der Verhältnisse betroffene Partei „eine Anpassung des Vertragsinhalts [. . .] verlangen“. Interpretiert man § 60 I 1 VwVfG streng zivilrechtsakzessorisch, könnte man demgegenüber einwenden, dass § 60 I 1 VwVfG insoweit im Lichte der Neuregelung und der dazu überwiegenden Ansicht gelesen werden muss. § 60 VwVfG wäre also im Lichte des herrschenden zivilistischen Ansatzes und nicht umgekehrt § 313 BGB nach der Marschroute des BVerwG zu interpretieren, so dass nunmehr die Klage unmittelbar auf angepasste Leistung auch im Rahmen des § 60 VwVfG möglich wäre. Welcher Weg ist zu beschreiten? Die öffentlich-rechtliche Sonderlösung wurzelt im Kern auf einer originär verwaltungsvertraglichen Besonderheit, welche von der Schuldrechtsmodernisierung völlig unberührt ist. Entsprechend der in § 57 VwVfG verlangten Schriftform ist die Änderung des Vertragsinhalts durch darauf gerichtete Willenerklärungen offen zu legen.715 Die Vertragsanpassung i. S. d. § 60 I 1 VwVfG erfolgt daher durch den Abschluss eines den Erfordernissen des § 57 VwVfG unterliegenden Änderungsvertrages.716 Mit diesem Anliegen ist die Existenz von (angepassten) Verträgen, die „sozusagen unbemerkt ihren Inhalt verändern, schwer zu vereinbaren.“717 Angesichts der bewussten Orientierung des Reformgesetzgebers an § 60 I 1 VwVfG wird denn jedenfalls für formbedürftige Verträge zwischen Privaten das Festhalten an der Möglichkeit einer unmittelbaren Klage auf Leistung aus dem angepassten Vertrag als inkonsequent kritisiert und (insoweit) eine verwaltungsrechtsakzessorische Interpretation des § 313 BGB gefordert.718 Jedenfalls hinsichtlich der Anpassung eines Verwaltungsvertrages wegen Störung der Geschäftsgrundlage sind mithin (nach wie vor) die (Leistungs-)Klage auf Vertragsanpassung und die Klage auf die daraus resultierende Leistung ein förmliches Verhandlungsverfahren durchlaufen werden muss, ebenso Bonk, in: P. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 60, Rn. 23. 714 BVerwGE 97, 331 (340 f.). 715 BVerwGE 97, 331 (341). 716 Vgl. Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 618 und Lorenz, DVBl. 1997, 865 (869). 717 BVerwG, a. a. O. Daran wird auch die im Zuge der Debatte um die Reform der §§ 54 ff. VwVfG überlegte Lockerung der Schriftform nichts ändern. Wenn überhaupt, so wird das Schriftformerfordernis nur für kurzfristige Vertragsbeziehungen, etwa bei der Benutzung öffentlicher Einrichtungen, abgeschafft (vgl. den Bericht in NVwZ 2002, 834 [835]; weniger weitgehend die Vorschläge bei Bonk, DVBl. 2004, 141 [149] und jetzt des Referentenentwurfs, dazu der Bericht bei Schmitz, DVBl. 2005, 17 [23]). Für diese hat der auf die Störung langfristig angelegter Rechtsbeziehungen zugeschnittene § 60 I 1 VwVfG nahezu keine Bedeutung. 718 So Roth, in: MüKo, BGB, § 313, Rn. 89, zustimmend Dauner-Lieb/Dötsch, NJW 2003, 921 (924, dort Fn. 43).
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grundsätzlich zu trennen719. Prozessökonomische Erwägungen kommen dabei auch aus der Warte des BVerwG nicht zu kurz, wobei zwei Konstellationen zu trennen sind: Begehrt der Gläubiger eine Leistung aus einem anzupassenden Vertrag, können die Klage „auf“ und „aus“ Anpassung prozessual „verbunden“ werden.720 Zum anderen kann ein Schuldner, welcher aus einem Verwaltungsvertrag in Anspruch genommen wird, ein ihm günstiges Anpassungsbegehren nicht nur im Wege einer Widerklage nach § 89 I 1 VwGO, sondern auch in Form einer „rechtsvernichtenden Einrede“ geltend machen.721 Man mag darin trotz der Betonung des verwaltungsrechtlichen Eigencharakters durch das BVerwG722 eine gewisse Annäherung an die praktische Handhabung im Zivilrecht sehen. c) Die Stufenklage als prozessuale Einheitslösung? Gesamt gesehen bestechen weder die im Zivilrecht herrschende noch die vom BVerwG bevorzugte Lösung durch dogmatische Konsistenz. Abhilfe könnte die im Zuge der Neuregelung zunächst für das Zivilrecht von Baldus und SchmidtKessel723 vorgeschlagene analoge Anwendung der Stufenklage nach § 254 ZPO schaffen. Diese Lösung erfreut sich im Zivilrecht zunehmender Anhängerschaft724. Sie ist zudem geeignet, die bisherige Lösung des BVerwG zu präzisieren725. So ist die vom BVerwG favorisierte Anspruchshäufung durchaus konkretisierungsbedürftig: Die Klage „aus Anpassung“ kann nämlich bei konsequenter Subsumtion erst nach rechtskräftiger Entscheidung über den Anspruch „auf Anpassung“ und der grundsätzlich mit Rechtskraft einsetzenden Fiktion der vertraglichen Willenserklärung auf Vertragsanpassung durch das Urteil (§ 894 I 1 ZPO) entscheidungsreif sein.726 Sinnvoller erscheint es daher, wenn der Kläger 719
BVerwGE 97, 331 (342). BVerwG, a. a. O. 721 Vgl. BVerwG NVwZ-RR 2003, 470; NVwZ 2002, 486 (487 f.) und zuvor NVwZ 1998, 1075 (1077). 722 So zuletzt erneut BVerwG NVwZ-RR 2003, 470. 723 NJW 2002, 2076 ff. 724 Dezidiert Dauner-Lieb/Dötsch, NJW 2003, 921 (926 ff.) und Dötsch, in: Kroiß, Klauselbuch neues Schuldrecht, § 23, Rn. 24. Kritisch demgegenüber Wieser, JZ 2004, 654, welcher – insoweit ganz ähnlich der Lösung des BVerwG – vorschlägt, die Klage auf die angepasste Leistung mit der Zustimmungsklage gem. § 260 ZPO zu verbinden. 725 Ebenso im Ansatz und mit Blick auf § 60 I 1 VwVfG Dauner-Lieb/Dötsch, NJW 2003, 921 (926). 726 Dötsch, in: Kroiß, Klauselbuch neues Schuldrecht, § 23, Rn. 26 weist zudem zutreffend darauf hin, dass bzgl. der von BVerwG befürworteten Klagehäufung eine weiterhelfende Sonderregelung wie z. B. § 113 I 2 VwGO, welcher als Sonderfall einer Stufenklage auch schon vor rechtskräftiger Kassation des Verwaltungsaktes die Vollzugs-Folgenbeseitigung ermöglicht, bei § 60 I VwVfG gerade nicht zur Verfügung steht. Im Falle von BVerwGE 97, 331 ff. war dies wohl deswegen unproblematisch, 720
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zunächst Anpassung und dann in einem zweiten Schritt Leistung verlangt. Die Interessenlage entspricht der Situation der Stufenklage, wenngleich bei der gestörten Geschäftsgrundlage sowohl Erst- als auch Zweitantrag zunächst unbestimmt sind. Die ZPO hat für diese Situation nicht vorgesorgt; ihre Lösung liegt in einer Analogie zu § 254 ZPO727. Konsequent angewandt auf Fälle sowohl des § 60 I 1 VwVfG als auch des § 313 BGB eröffnet diese einen einheitlichen und dogmatisch fundierten Weg einer zunächst unbezifferten Leistungsklage, gerichtet auf Zustimmung zur Anpassung des Vertrages (1. Stufe), an die dann analog § 254 ZPO728 eine Bezifferung des einzelnen Anspruchs aus dem auf der ersten Stufe angepassten Vertrag gekoppelt werden kann (2. Stufe). Hinsichtlich der Bezifferung auf zweiter Stufe wird man es wegen der großen Bandbreite denkbarer Möglichkeiten für eine Vertragsanpassung ähnlich wie im Rahmen des § 847 BGB a. F. bzw. § 253 II BGB n. F. ausreichen lassen können, wenn im Antrag nach § 253 II Nr. 2 ZPO ein grober Rahmen für die erwartete Anpassung angegeben wird.729 Denn im Falle eines genau bezifferten Antrages, etwa bei einem Zahlungsanspruch, läuft der Kläger Gefahr, wegen einer überhöhten Forderung einen Teil der Prozesskosten tragen zu müssen730. Allein die weitreichenden richterlichen Hinweis und Erörterungspflichten731 können den Kläger hievor jedenfalls nicht vollständig schützen.732 Zusammenfassend ist festzustellen, dass mit der Abkehr von der ehemals herrschenden Annahme einer Anpassung ipso iure hin zu einem selbständigen Anpassungsanspruch die Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB eine § 60 I 1 VwVfG entsprechende gesetzliche Ausformung erfahren hat. Damit ist der ehemals zentralste Unterschied733 weggefallen. Allerdings besteht hinsichtweil der dortige Hilfsantrag „aus Anpassung“ über § 173 S. 1 VwGO i. V. m. § 264 Nr. 2 ZPO erst in der Revisionsinstanz gestellt wurde und das letztinstanzliche Urteil „auf Anpassung“ sofort rechtskräftig wurde. 727 Baldus/Kessel, NJW 2002, 2076 (2077). 728 Zur grundsätzlichen Anwendbarkeit des § 254 ZPO über § 173 S. 1 VwGO im Verwaltungsprozess Meissner, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 173, Rn. 189 m. w. N. 729 Vgl. Baldus/Kessel, NJW 2002, 2076 oder Dauner-Lieb/Dötsch, NJW 2003, 921 (923). Dagegen dezidiert Roth, in: MüKo, BGB, § 313, Rn. 94, allerdings mit dem wenig überzeugenden Hinweis auf § 139 BGB (dazu sogleich). 730 Dazu Wieser, JZ 2004, 654 mit dem alternativen Vorschlag einer flexiblen Regulierung des Kostenrisikos über die Kostenentscheidung nach § 92 II ZPO. 731 Siehe § 139 ZPO und § 86 III VwGO. 732 So zutreffend Dauner-Lieb/Dötsch, NJW 2003, 921 (923). Auch im öffentlichen Recht geht man zum Teil davon aus, dass etwaige richterliche Hinweise genügen, vgl. nur Lorenz, DVBl. 1997, 865 (870). Allerdings wird der richterliche Hinweis erst erteilt, wenn der erste – Kosten verursachende – Klageantrag schon gestellt ist. Spätere Änderungen können unter Umständen kostenrechtlich dann wie ein Teilunterliegen zu werten sein, vgl. dazu Heß, in: Dauner-Lieb/Konzen/Schmidt, Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 665 (672). 733 Siehe Lorenz, DVBl. 1997, 865.
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lich der prozessualen Durchsetzung nach wie vor Uneinigkeit. Während der Zivilgesetzgeber und die ihm bisher überwiegend folgende Literatur für privatrechtliche Verträge zwischen Privaten nach wie vor die Möglichkeit einer unmittelbaren Klage auf Leistung aus dem angepassten Vertrag zulassen möchte, ist bei Verwaltungsverträgen zunächst selbständig „auf Anpassung“ zu klagen. Eine einheitliche, beide Teilrechtsordnungen hinsichtlich der prozessualen Durchsetzung umklammernde Lösung bietet hingegen die hier befürwortete (analoge) Anwendung der Stufenklage. Infolge der neuerlichen Ausgestaltung als „Anspruch“ (vgl. § 194 BGB) ist das Anpassungsbegehren nunmehr Gegenstand der neu gefassten Verjährungsregeln. Es greift die Doppelfrist nach §§ 195, 199 IV BGB, so dass eine Anpassung drei Jahre nach Eintritt und Kenntnis der schwer wiegenden Veränderung, spätestens aber zehn Jahre nach Eintritt der Veränderung ausgeschlossen ist.734 4. Rechtsfolgen: Kündigung und Rücktritt Hinsichtlich der (subsidiären) Auflösung des Vertrages sieht § 60 I 1 VwVfG gegenwärtig als ultima ratio735 nur die Möglichkeit einer Kündigung mit ex nunc Wirkung vor.736 Dem Wortlaut nach ist die Vorschrift also auf Dauerschuldverhältnisse beschränkt.737 Tatsächlich handelt es sich bei einem Großteil der Verwaltungsverträge um Dauerschuldverhältnisse. Es stellt sich aber auch im Verwaltungsrecht „ausnahmsweise“738 im Zusammenhang mit Verträgen, die auf einen kurzfristigen Leistungsaustausch gerichtet sind, die Frage nach der Möglichkeit eines Rücktrittsrechts mit ex tunc Wirkung.739 Soweit die Problematik bisher praktisch relevant wurde, behalfen sich die Verwaltungsgerichte740 734 Vgl. Baldus/Schmidt-Kessel, NJW 2002, 2076 (dort mit Fn. 5); Roth, in: MüKo, BGB, § 313, Rn. 109 und Krebs, in: Dauner-Lieb u. a., AnwK-BGB, § 313, Rn. 58. Die Anwendbarkeit von § 218 BGB auf das Rücktrittsrecht nach § 313 III BGB ist ungeklärt, liegt aber nahe (Baldus/Schmidt-Kessel, a. a. O.). Danach ist auch das Rücktrittsrecht (das als Gestaltungsrecht mangels Anspruchsqualität eigentlich nicht der Verjährung unterliegt) ebenfalls ausgeschlossen, wenn der Anspruch auf die Leistung verjährt ist. Völlig offen ist hingegen die Übergangsregel für laufende Vertragsverhältnisse; auf die Neubegründung von Ansprüchen qua Rechtsänderung nimmt Art. 229 § 6 EGBGB nämlich keine Rücksicht. Obwohl bisher soweit ersichtlich nicht erörtert und wohl auch noch nicht praktisch relevant geworden, dürften in Ergänzung des § 60 I 1 VwVfG über § 62 S. 2 VwVfG ebenfalls auf die privatrechtlichen Regeln zurückzugreifen sein. 735 Lorenz, DVBl. 1997, 865 (871) und Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 618. 736 Eingehend zu den Voraussetzungen und dem Verhältnis zur vorrangigen Anpassung Lorenz, DVBl. 1997, 865 (871 ff.); Bonk, in: P. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 60, Rn. 25 ff. und zuletzt Kaminski, Kündigung von Verwaltungsverträgen, S. 161 ff. 737 Vgl. de Wall, Privatrechtliche Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 281 f. 738 Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 619. 739 de Wall, a. a. O. m. w. N.
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mit der Übernahme der zivilrechtlichen Grundsätze und verwiesen auf die Rechtsprechung des BGH. Dieser erkennt auch den Rücktritt als Rechtsfolge seit langem an.741 Sowohl für den Fall einer Störung der objektiven als auch der subjektiven Geschäftsgrundlage ist nunmehr auch für Verwaltungsverträge § 313 III BGB anzuwenden, welcher den Rücktritt ausdrücklich vorsieht. Analog § 60 II VwVfG kann diese aber ebenso wie die Kündigung nur schriftlich erfolgen.742 Denn die mit der Schriftform verfolgten Transparenzzwecke greifen im Rahmen der Beendigung des Vertragsverhältnisses nicht nur bei Dauerschuldverhältnissen. Bereits erbrachte Leistungen können im Falle des wirksamen Rücktritts gem. den über § 62 S. 2 VwVfG anwendbaren §§ 346 ff. BGB zurückgefordert werden743.744 5. Abgrenzungen zum Leistungsstörungsrecht aus Sicht des Verwaltungsvertragsrechts Für das Verhältnis des § 60 I 1 VwVfG zum übrigen Leistungsstörungsrecht wurde betont, dass insbesondere das über § 62 S. 2 VwVfG anwendbare Unmöglichkeitsrecht vorrangig zu prüfen sei.745 Dies entspricht dem auch im Zi740 Mit ausführlicher Erörterung der Rücktrittsfrage soweit ersichtlich bisher nur OVG Münster NJW 1995, 3003 (3004, im Ergebnis aber offen gelassen). 741 Auch die Literatur sprach sich für eine entsprechende Rücktrittsmöglichkeit aus, vgl. statt aller de Wall, Privatrechtliche Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 283 f. 742 Vgl. Reimer, VerwArch 94 (2003), 541 (567), welcher darüber hinaus für ein Schriftformerfordernis bei allen Gestaltungsrechten plädiert. 743 Der BGH hatte sich bisher im Falle des Rücktritts wegen Störung der Geschäftsgrundlage für eine Rückabwicklung nach Bereicherungsrecht ausgesprochen, vgl. BGHZ 109, 139 (144). Nach der ausdrücklichen Verankerung eines Rücktrittsrechts in § 313 III BGB ist systematisch nunmehr auch das Rücktrittsfolgenrecht der §§ 346 ff. BGB anzuwenden, vgl. Gottwald/Gaier, in: MüKo, BGB, Vor. §§ 346 ff. BGB, Rn. 11. 744 Nachdem der Gesetzgeber im VwVfG die Fragen der Rückabwicklung bisher bewusst offen gelassen hatte (vgl. BT-Drs. 7/910, S. 82), wurde im Anschluss an diese „gesetzgeberische Faulheit“ (Meyer, in: Meyer/Borgs, § 60, Rn. 23) vermehrt ein systematisches Rücktrittsfolgenrecht eingefordert (etwa Littbarski, Geschäftsgrundlage, S. 53; für eine Rückabwicklung nach Billigkeit und Treu und Glauben Bonk, in: P. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 60, Rn. 25c; schon bisher für die Anwendung der zivilrechtlichen Rücktrittsfolgenregelungen hingegen de Wall, Privatrechtliche Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 283 f., dort auch Fn. 287). Mit den §§ 346 ff. steht nunmehr ein modernes und aufgrund der Inkorporation über § 62 S. 2 VwVfG auch hinreichend wertungsoffenes System für die (ausnahmsweise) Rückabwicklung eines Verwaltungsvertrages zur Verfügung; zur grundsätzlichen Anwendbarkeit der §§ 346 ff. BGB über § 62 S. 2 VwVfG unter Berücksichtigung des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes, durch welches das Rücktrittsrecht in Teilen neu gestaltet wurde, Henneke, in: Knack, § 62, Rn. 25 und Geis, NVwZ 2002, 385 (387). 745 Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 608; zur Unmöglichkeit oben gesondert oben unter § 15 A. (anfängliche Unmöglichkeit) und § 16 C. I. 3. (nachträgliche Unmöglichkeit).
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vilrecht grundsätzlich angenommenen Anwendungsvorrang des Unmöglichkeitsrechts. Für eine nachträglich eintretende echte Unmöglichkeit (§ 275 I BGB) ist dies unproblematisch. Denn soweit die Leistungserbringung – etwa durch Erlass eines gesetzlichen Verbotes nach Vertragsschluss – unmöglich wird, bleibt kein Raum für eine Vertragsanpassung.746 Vielmehr entfallen gem. § 275 I BGB die Leistungspflichten.747 Nach der Schuldrechtsmodernisierung sollen weiter die faktische Unmöglichkeit (§ 275 II BGB748) und die persönliche Unmöglichkeit (§ 275 III BGB749) vorrangig zu § 313 BGB zu prüfen sein. Denn auch diese Normen bestimmen die Grenzen des Primats des Erfüllungsanspruchs, also das Schicksal des Primäranspruchs und sollen daher § 313 BGB, welcher demgegenüber auf den Primat der Leistungsanpassung gerichtet ist, vorgehen.750 Fälle der sog. „wirtschaftlichen Unmöglichkeit“ oder „Unerschwinglichkeit“ im Sinne einer „bloßen Leistungserschwerung für den Schuldner“ will man demgegenüber nicht von der „faktischen Unmöglichkeit“ i. S. d. § 275 II BGB, sondern gerade von § 313 I BGB erfasst wissen.751 Da es in beiden Fällen letztlich um die Frage der Zumutbarkeit der weiteren Leistungserbringung bei nachträglicher Paritätsänderung auf Seiten des Schuldners geht, ist die Abgrenzung aber – wenn überhaupt – abstrakt nur schwer möglich.752 746
Schlette, a. a. O., S. 612. Auch § 134 BGB greift nur im Falle eines anfänglichen Verbotes, zum Ganzen für das Zivilrecht Ernst, in: MüKo, BGB, § 275, Rn. 44 und für das Verwaltungsvertragsrecht H. C. Röhl, Verwaltung durch Vertrag, § 5 D. I. 2. b), S. 228 und c) (i), S. 235, welcher dort allerdings entgegen der dargestellten h. M. für ein Fortbestehen des verwaltungsvertraglichen Bandes plädiert (insoweit in bewusster Abgrenzung zum Zivilrecht). H. C. Röhl wird man insoweit allerdings entgegenhalten können, dass die gesetzesgebundene Verwaltung eine Leistung, welche von der Rechtsordnung nachträglich als unerwünscht qualifiziert wird erst recht nicht verlangen oder erbringen darf. Im Einzelnen wird man genau zu differenzieren haben: Wird im Nachhinein die Erfüllung des Rechtsgeschäfts dem Inhalt nach verboten oder durch Wegfall rechtlicher Erfüllungsvoraussetzungen nicht mehr durchführbar, liegt echte nachträglich rechtliche Unmöglichkeit vor. Ändern sich nur rechtliche Rahmenbedingungen einer noch ausstehenden Vertragserfüllung, stellt sich angesichts eines geänderten rechtlichen Kontextes die Frage nach der Zumutbarkeit einer weiteren Erfüllung, so dass § 60 I 1 VwVfG anwendbar ist. 748 Schulbeispiel ist der nach Vertragsschluss aber vor Übergabe an den Käufer auf den Meeresgrund gesunkene Ring, dessen Hebung technisch möglich (also nicht nach § 275 I BGB „echt“ unmöglich) ist, bei gleich bleibendem Leistungsinteresse des Gläubigers aber unter Kosten-Nutzen Gesichtspunkten dem Schuldner nicht zumutbar ist, vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 129 f. 749 Beispielhaft nennt die Gesetzesbegründung hier den Fall, der Sängerin, die sich weigert aufzutreten, weil ihr Kind lebensgefährlich erkrankt ist, BT-Drs. 14/6040, S. 130. 750 Ausdrücklich BT-Drs. 14/6040, S. 176; hieran anknüpfend Henneke, in: Knack, VwVfG, § 60, Rn. 23. 751 Vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 130. Entsprechend möchte Henneke, a. a. O. diese Fälle nun auch von § 60 VwVfG erfasst wissen; ebenso Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 60, Rn. 6b. 747
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Daher ist Vorsicht geboten, wenn aus Sicht des Verwaltungsrechts argumentiert wird, dass „die einschlägigen BGB-Vorschriften, auch in einer über § 62 S. 2 VwVfG vermittelten Anwendung, präzise gefasste Regeln für fest umrissene Arten von Leistungsstörungen enthalten und deshalb als leges speciales der sehr allgemeinen Vorschrift des § 60 VwVfG vorgehen.“753 Rein praktisch dürften die Kategorien der persönlichen und faktischen Unmöglichkeit für Verwaltungsverträge wie schon bisher auch künftig ohne größere Bedeutung sein754, so dass die theoretische Abgrenzungsfrage bisweilen etwas überbetont wird. Aber auch soweit im Einzelfall die Anwendung des § 275 II BGB in Betracht kommen sollte, scheint bereits die primär ökonomische ratio der Norm, einen (volks-) wirtschaftlich krass ineffizienten Leistungsaustausch zu vermeiden755, nicht so recht auf den Verwaltungsvertrag als Handlungsform der Verwaltung zu passen. Ökonomische Effizienz ist nur eine und neben dem dominierenden Vorrang des Gesetzes nicht die leitende Maxime zulässigen Verwaltungsvertragshandelns. Insbesondere wo Verwaltungsaufgaben in Kooperation mit Privaten erfüllt werden und dabei über den Weg der vertraglichen Formalisierung sowohl das öffentliche Interesse an einer stabilen und dauerhaften Aufgabenerfüllung als auch die ökonomischen Interessen privater Vertragspartner zu berücksichtigen sind, bedarf es flexibler Vertragsrechtsmechanismen. Interessanter Weise wird selbst aus der Warte des Zivilrechts der in § 313 III BGB vorgesehene Anpassungsvorrang im Vergleich zur Nichtigkeitsfolge des § 275 BGB als flexiblere Rechtsfolge gewürdigt756 und von prominenter Seite eine restriktive Handhabung des § 275 II BGB gefordert.757 Aus Sicht des Verwaltungsvertragsrechts sollte diesbezüglich die innere Systematik der §§ 54 ff. VwVfG ernst genommen werden758: Danach kommt das Leistungsstörungsrecht des BGB, also auch 752 Wilhelm, JZ 2001, 861 (867) etwa hält beide Normen für gänzlich unabgrenzbar. Die Abgrenzung gehört inzwischen zu einer der durch die Schuldrechtsmodernisierung verursachten Dauerstreitigkeiten, zusammenfassend zum aktuellen Meinungsstand Rösler, JuS 2004, 1058 (1059 ff.). 753 So Schlette Verwaltung als Vertragspartner, S. 608 zum alten Recht (die o. g. Abgrenzungsfrage existierte freilich schon damals, vgl. nur die Nachweise in BT-Drs. 14/6040, S. 130). Für die neue Rechtslage gewendet, würde sich die Aussage etwa auf den beschriebenen Vorrang des § 275 II BGB münzen lassen. 754 In den durch den Verfasser ausgewerteten Urteilen aus den Jahren 1977 bis 2005 wurde darauf nicht eingegangen. 755 Vgl. Faust/Huber, Schuldrechtsmodernisierung, 2. Kap., Rn. 47 und 53 sowie zur Allokationseffizienz als Maßstab einer rationalen Rechtsfindung bei der Geschäftsgrundlagenlehre Schäfer/Ott, Ökonomische Analyse des Zivilrechts, 3. Aufl. (2000), S. 399 ff. 756 Rösler, JuS 2004, 1058 (1060). 757 Etwa Canaris, JZ 2001, 499 (501); ebenso angesichts der tatbestandlichen Unbestimmtheit der §§ 275 II und III BGB sowie der flexibleren Rechtsfolgen des § 313 BGB Zimmer, NJW 2002, 1 (3 f.); Heinrichs, in: Palandt, BGB, § 275, Rn. 21 und § 313, Rn. 39 sowie Roth, in: MüKo, BGB, § 313, Rn. 140. 758 Ausführlich oben unter § 9 B.
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die theoretisch konkurrierenden §§ 275 II und III BGB nur „ergänzend“ zur Anwendung, soweit nicht die §§ 54 ff. VwVfG eine Sonderregelung enthalten. In Umkehrung der zivilrechtlichen Vorrangregel verdrängt danach § 60 I 1 VwVfG als lex specialis konkurrierende Regeln des Unmöglichkeitsrechts. Hält man – wie hier vertreten – § 60 I 1 VwVfG nur noch für den Fall des Wegfalls der (objektiven) Geschäftsgrundlage bei Dauerschuldverhältnissen für anwendbar, ist dies aus den genannten Flexibilisierungserwägungen heraus auch für das Verhältnis des über § 62 S. 2 VwVfG anzuwendenden § 313 BGB zum Unmöglichkeitsrecht anzunehmen.759 Weitere Konkurrenzfragen könnten sich im Zuge der Reform der §§ 54 ff. VwVfG ergeben. So soll die bisher in § 59 VwVfG vorgesehenen Nichtigkeitsfolge partiell durch die Einfügung einer Anpassungsregelung abgemildert werden.760 Obwohl als Rechtsfolge wie in § 60 I 1 VwVfG eine Vertragsanpassung vorgesehen ist, würden dadurch jedoch keine Konkurrenzkonflikte entstehen. Denn der angedachte „Neu-Abschluss des Vertrages ohne den nichtigen Teil“ ist mit § 60 I 1 VwVfG (Anpassung des wirksamen Vertrages nach Störung der Geschäftsgrundlage) nicht vergleichbar.761 Nach seinem Wortlaut erfasst § 60 I 1 VwVfG wie gesehen nur Fälle nachträglicher Geschäftsgrundlagenstörungen, während § 59 IV VwVfG in der Fassung des Musterentwurfs anfängliche Verstöße gegen das Koppelungsverbot und Angemessenheitsgebot sowie gegen die Vorgaben für den ebenfalls neu einzufügenden Kooperationsvertrag762 betrifft. Denkbar wäre allenfalls, diese Konstellationen unter die Kategorie des (anfänglichen) Fehlens der (subjektiven) Geschäftsgrundlage zu subsumieren. Bereits aus dem Umstand, dass der anfängliche Rechtsverstoß zur Nichtigkeit des Vertrages führt, dürfte zu schlussfolgern sein, dass der neue § 59 IV VwVfG lex specialis wäre.763 Jedenfalls ginge dessen Anwendung systematisch einer analogen Anwendung des § 60 I 1 VwVfG bzw. – ausgehend vom hier vertretenen Ansatz – einer ergänzenden Anwendung des § 313 II BGB über § 62 S. 2 VwVfG vor.
759 Methodisch eröffnet die Rezeption der Norm über die Schnittstelle des § 62 S. 2 VwVfG hinsichtlich der damit einhergehenden Umkehrung der überkommenen zivilrechtlichen Systematik hinreichend Wertungsspielräume, eingehend oben unter § 9 B. IV. 760 Vgl. § 59 IV VwVfG-E des Bund/Länder Musterentwurfs, abgedruckt bei Schmitz, DVBl. 2005, 17 (23). 761 Ebenso Schmitz, a. a. O. (dort ohne die Hervorhebungen). 762 §§ 54 III und 56a VwVfG des Musterentwurfes, abgedruckt bei Schmitz, a. a. O., 17 (21). 763 Bereits de lege lata wird § 60 VwVfG nur auf wirksame Verwaltungsverträge angewandt und § 59 VwVfG daher als Spezialnorm gegenüber § 60 VwVfG angesehen, vgl. Henneke, in: Knack, VwVfG, § 60, Rn. 22.
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6. Zwischenergebnis Bisher markierte die Normierung des Wegfalls der (objektiven) Geschäftsgrundlage einen der Ausnahmefälle, in welchem das Verwaltungsvertragsrecht dem zivilrechtlichen Leistungsstörungsrecht (i. w. S.) regelungstechnisch voraus war.764 Nunmehr hat der Zivilgesetzgeber mit § 313 I BGB nicht nur zum Verwaltungsrecht aufgeschlossen, sondern dieses aufgrund eines erhöhten Detailierungsgrades bereits in § 313 I BGB, aber vor allem mit der Normierung der subjektiven Geschäftsgrundlage in § 313 II BGB überholt. Auch hinsichtlich der Rechtsfolge „Rücktritt“ geht § 313 III BGB über § 60 VwVfG hinaus. De lege lata kommt § 60 I 1 VwVfG nur noch hinsichtlich des Wegfalls der (objektiven) Geschäftsgrundlage bei Dauerschuldverhältnissen zur Anwendung. Bei allen anderen Verträgen und im Falle des Fehlens der (subjektiven) Geschäftsgrundlage – auch bei Dauerschuldverhältnissen – ist hingegen § 313 II BGB über § 62 S. 2 VwVfG anzuwenden. De lege ferenda empfiehlt es sich, die Regelung in § 60 I 1 VwVfG zu erweitern und an § 313 BGB anzupassen. Eine entsprechende Regelung könnte wie folgt lauten: § 60 VwVfG (1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. (2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen. (3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil den Vertrag kündigen. Soweit kein Dauerschuldverhältnis vorliegt, tritt an die Stelle der Kündigung das Recht zum Rücktritt. Im Falle des Rücktritts gelten die §§ 346 bis 354 BGB entsprechend. (4) Die Behörde kann auch vom Vertrag zurücktreten oder diesen kündigen, um schwere Nachteile für das Gemeinwohl zu verhüten oder zu beseitigen. (5) Der Rücktritt und die Kündigung bedürfen der Schriftform, soweit nicht durch Rechtsvorschrift eine andere Form vorgeschrieben ist. Sie sollen begründet werden. 764
Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 606.
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Im Wortlaut der Vorschrift würde damit durch die Formulierung „Umstände, die zur Grundlage des Vertrages geworden sind“ anstelle der bisherigen Wendung „Verhältnisse, die für die Festsetzung des Vertragsinhalts maßgebend gewesen sind“ in Absatz 1 deutlicher zum Ausdruck kommen, dass die Handhabung des Instituts im Verwaltungsvertragsrecht durch Rechtsprechung und Lehre in den Grundstrukturen exakt der im Zivilrecht herrschenden (subjektiven) Geschäftsgrundlagenlösung entspricht und – jedenfalls für das Verwaltungsvertragsrecht – eine vollständige Ablösung der rein objektiven c.r.s.s. erfolgt ist. Mit der Nennung der „vertraglichen und gesetzlichen Risikoverteilung“ würde auf Gesetzesebene die ebenfalls in jüngerer Zeit bereits durch die Lehre und die Verwaltungsgerichte vollzogene Rezeption zivilrechtlicher Kriterien zum Zwecke einer effektiveren und transparenten Anwendung konsolidiert. Durch die über den Tatbestand des bisherigen § 60 I 1 VwVfG hinausgehende hypothetische Tatbestandsfrage, ob „die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen (hätten), wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten“ wird hinsichtlich der nachträglichen Vertragskorrektur der Blick für die Parteiinteressen geschärft. Soweit sich die Störung der Geschäftsgrundlage zu Lasten des Bürgers auswirkt, wird dadurch dessen grundrechtlich geschützte Privatautonomie gestützt. Im dritten Absatz wird als eine von zwei denkbaren subsidiären Rechtsfolgen – in Umkehrung der zivilrechtlichen Systematik des § 313 III BGB – zunächst die Kündigung und erst im zweiten Satz der Rücktritt genannt. Dadurch wird dem Umstand Rechung getragen, dass es sich bei den meisten Verwaltungsverträgen um Dauerschuldverhältnisse handelt. Kommt ausnahmsweise ein Rücktritt in Betracht, sind auch die §§ 346 ff. BGB anzuwenden. Um die Unklarheit zu vermeiden, ob das Rücktrittsfolgenrecht im Ausnahmefall des Rücktritts auch tatsächlich über § 62 S. 2 VwVfG Anwendung findet, sollte die Anwendbarkeit der §§ 346 ff. BGB – anders als im zivilrechtlichen Vorbild des § 313 BGB, wo sich kein Verweis findet – ausdrücklich festgestellt werden (Absatz 3 Satz 3 des Entwurfes). Das bisher in § 60 I 2 VwVfG verankerte außerordentliche Kündigungsrecht der Behörde (jetzt Absatz 4 des Entwurfes) sowie das gegenwärtig in § 60 II VwVfG normierte Schrift- und Begründungserfordernis sind an die Rücktrittsoption anzupassen (Absatz 5 des Entwurfes). Schließlich erscheint eine ausführliche Nennung des in § 314 BGB neuerlich normierten Kündigungsrecht aus wichtigem Grund entbehrlich. Die Regelung kommt über § 62 S. 2 VwVfG zur Anwendung. Einzig das Verhältnis zu § 60 I 2 VwVfG bedarf einer kurzen Klärung.
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D. Kündigungsrecht der Behörde nach § 60 I 2 VwVfG und § 314 BGB In Anknüpfung an das vorgehend durch die Rechtsprechung entwickelte und anerkannte außerordentliche Kündigungsrecht bei Dauerschuldverhältnissen765 bestimmt jetzt § 314 I BGB: „Dauerschuldverhältnisse kann jeder Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.“ Nach Absatz 3 kann der Berechtigte „nur innerhalb einer angemessenen Frist kündigen, nachdem er vom Kündigungsgrund Kenntnis erlangt hat.“766 Wie gestaltet sich nun das Verhältnis zum außerordentlichen Kündigungsrecht nach § 60 I 2 VwVfG? Danach kann die Behörde „den Vertrag auch kündigen, um schwere Nachteile für das Gemeinwohl zu verhüten oder zu beseitigen.“ Ähnlich der Störung der (objektiven) Geschäftsgrundlage nach § 60 I 1 VwVfG zielt die Regelung auf eine Lösung von der Vertragsbindung, ist aber von grundsätzlich anderer Qualität.767 Denn es wird nicht an eine Änderung der Verhältnisse angeknüpft. Die Regelung dient nicht der Behebung einer Vertragsstörung, sondern, unabhängig von einer solchen, der Verhütung oder Beseitigung einer (schweren) Beeinträchtigung des Gemeinwohls infolge eines Vertragsschlusses.768 Daher besteht auch keine Konkurrenz zur Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB.769 § 60 I 2 VwVfG stellt nach einhelliger Meinung einen von außen kommenden und zugleich hoheitlichen Eingriff dar.770 Die Norm ist daher sehr restriktiv anzuwenden771. Ihre Voraussetzungen wurden so765 Zur Intention der Überführung der bisherigen Rechtslage in einen gesetzlichen Tatbestand vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 176 ff. und mit ausführlichen Nachweisen zur vorangegangenen Rspr. Gaier, in: MüKo, BGB, § 314, Rn. 1. 766 Zu den Voraussetzungen einer Kündigung nach § 314 BGB i. V. m. § 62 S. 2 VwVfG ausführlich Kaminski, Kündigung von Verwaltungsverträgen, S. 200 ff. 767 Ebenso Kokott, VerwArch 83 (1992), 503 (508); Krebs, VVDStRL 52 (1993), 248 (272); Schimpf, Verwaltungsrechtlicher Vertrag, S. 307; Gurlit, Verwaltungsvertrag, S. 562; Efstratiou, Bestandskraft, S. 346; Kaminski, Kündigung von Verwaltungsverträgen, S. 187 oder Lorenz, DVBl. 1997, 865 f.; a. A. (Anwendungsfall des öffentlich-rechtlich erweitert verstandenen clausula-Grundsatzes) Bonk, in: P. Stelkens/ Bonk/Sachs, VwVfG, § 60, Rn. 26 f. Dabei wurde regelmäßig der Aspekt einer Eingriffsqualität und des Fehlens einer Entschädigungsregelung in den Mittelpunkt der Betrachtung gerückt. 768 Vgl. Lorenz, DVBl. 1997, 865 (866) oder Kaminski, Kündigung von Verwaltungsverträgen, S. 187 f. 769 Zum Verhältnis von § 314 BGB i. V. m. § 62 S. 2 VwVfG zur Kündigung nach § 60 I 1 VwVfG dort eingehend auf S. 194–200. 770 Vgl. Fiedler, VerwArch 67 (1976), 125 (147); Lorenz, DVBl. 1997, 865 (866); Krebs, VVDStRL 52 (1993), 248 (272).
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weit ersichtlich von der Rechtsprechung bisher nie bejaht772, so dass die Vorschrift „praktisch so gut wie irrelevant ist“.773 Liegen dessen Voraussetzungen im Einzelfall vor, geht die Norm bereits nach der Systematik des § 62 S. 2 VwVfG dem ggf. über § 62 S. 2 VwVfG anwendbaren § 314 BGB vor. Im Übrigen § 60 I 2 VwVfG eine Sperrwirkung zuzusprechen, wonach eine außerordentliche Kündigung gerade nur unter den dort genannten Extremfällen, nicht aber unter den Voraussetzungen eines über § 62 S. 2 VwVfG in Bezug genommenen Kündigungsrechts möglich sein soll, lässt sich schwerlich mit Treu und Glauben vereinbaren.774 Die Norm will der gemeinwohlverpflichteten Verwaltung ein Notrecht geben, diese aber nicht über den fokussierten Ausnahmefall hinausgehend privilegieren. Neben § 60 I 2 VwVfG kommt § 314 BGB also praktisch uneingeschränkt zur Anwendung.775
771 Henneke, in: Knack, VwVfG, § 60, Rn. 21 oder aus der Rspr. OVG Münster K&R 2004, 100 (104); zuletzt auch H. C. Röhl, Verwaltung durch Vertrag, § 5 D. I. 2. a), S. 227. 772 Bestenfalls wurde § 60 I 2 VwVfG kurz angeprüft, dann aber verworfen, vgl. OVG Lüneburg NVwZ-RR 1997, 29 (30) und OVG Münster K&R 2004, 100 (104). 773 Henneke, a. a. O. Belegt wird dies etwa durch die empirische Untersuchung von Schlette, Verwaltung als Vertragspartner, S. 620 sowie jüngst Kaminski, Kündigung von Verwaltungsverträgen, S. 187. 774 So aber Ziekow/Siegel, VerwArch 95 (2004), 573 (574). 775 Im Ergebnis ebenso Henneke, in: Knack, VwVfG, § 60, Rn. 21 und Geis, NVwZ 2002, 385 (387), welcher angesichts des § 314 BGB § 60 I 2 VwVfG de lege ferenda gar für entbehrlich erachtet. § 314 BGB passt aber nicht als Substitut, da dort der wichtige Grund regelmäßig aus der Sphäre des Vertragspartners herrühren muss, während sich § 60 I 2 VwVfG gerade auf Fälle bezieht, in welchen die Kündigung in einem vertragsexternen Ereignis begründet liegt. Wenn auch nicht im Hinblick auf § 314 BGB, so ist § 60 I 2 VwVfG doch neben § 60 I 1 VwVfG und § 313 I und II BGB entbehrlich, da jedenfalls durch diese Normen, bei welchen das öffentliche Interesse hinreichend zur Geltung gebracht werden kann, entbehrlich, dazu bereits Meyer, in: Meyer/Borgs, VwVfG, § 60, Rn. 19.
§ 18 Zusammenfassende Schlussbetrachtung Die Schuldrechtsreform hat nicht nur das Gesicht unserer Privatrechtsordnung grundlegend umgestaltet. In vielen Punkten bestehen beachtliche Verbindungen zum öffentlichen Recht. Dabei wirken sich die konzeptionellen und inhaltlichen Neuerungen in besonders auffälliger Weise bei modernen und vor allem praktisch zunehmend bedeutsamen Instrumenten aus. Im Zentrum steht der Verwaltungsvertrag. A. Publifizierung des Privatrechts und Privatisierung des öffentlichen Interesses Auf einer abstrakten Ebene lässt sich zunächst eine zunehmend parallele Entwicklung der Leitprinzipien und Bilder feststellen.1 Hieraus resultiert in den betroffenen Teilbereichen (vor allem Verbraucher- und Umweltrecht) eine immer engere Vernetzung konkreter Instrumente.2 Gerade verbraucherprivatrechtliche Normenkomplexe und Instrumente dienen nicht nur dem Schutz einzelner Verbraucher, sondern unter volkswirtschaftlichen Aspekten auch der Gemeinwohlverwirklichung durch Sozialschutz.3 Zur Verwirklichung dieser Gemeinwohlziele setzt man vermehrt auf selbstregulative Mechanismen, insbesondere auf die Kooperation mit Verbänden. So erfolgt etwa eine (Markt-)Kontrolle nicht durch Behörden, sondern vermehrt durch klagebefugte Verbände. Die Konstruktion eines Anspruchs im Allgemeininteresse führt dabei zu Spannungen mit dem traditionell an subjektiven Rechten orientierten Zivilprozess. Zusammenfassend lässt sich von einer zunehmenden Publifizierung der Privatrechtsordnung sprechen. Für viele stellt dies das herkömmlich als Rahmenordnung individueller Freiheitsverwirklichung konzipierte Privatrecht vor eine innere Zerreißprobe.4 Will man die prinzipielle Grenze zum öffentlichen Recht nicht 1 Dies betrifft vor allem die prizipielle Bedeutung präventiver Steuerung durch strenge Haftungsregelungen und die Instrumentalisierung von Information, bzw. des informierten Verbrauchers bzw. Bürgers, eingehend unter § 4 B. 2 Zur Verschränkung des modernisierten und europäisierten Kaufrechts einerseits und der durch Verwaltungsvertrag verliehenen Umweltqualitätszeichen, des Öko-Audit oder der Betriebsbeauftragten andererseits unter § 4 C. Auch im Bereich der durch Art. 3 des SMG um- und ausgebauten Verbandsklagen lässt sich eine Parallelstruktur nachweisen, vgl. § 4 D. 3 In großen Teilen beruht das Verbraucherprivatrecht auf Vorgaben der EG, so dass aus supranationaler Sicht die gemeinwohlorientierte Zielvorgabe der Binnenmarktverwirklichung hinzukommt, vgl. § 3 B. und C.
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einebnen, wird man in Zukunft sorgfältig darauf zu achten haben, dass die Ausgleichsmechanismen des Verbraucherprivatrechts nicht nur im Interesse der Allgemeinheit unternehmerische Freiheit begrenzen, sondern auch in der Begrenzung das überragende Ziel der selbstbestimmten Freiheitsverwirklichung des einzelnen Verbrauchers wahren.5 Aus Sicht des öffentlichen Rechts zeichnet sich eine Gegenbewegung ab, die in vielen Bereichen Berührungspunkte und Parallelen zur beschriebenen Privatrechtsentwicklung aufweist: In Form der zunehmenden Einbindung privater Akteure in die Gemeinwohlverwirklichung lässt sich eine fortschreitende Privatisierung des öffentlichen Interesses beobachten. Mit Informationsansprüchen ausgestattete Bürger6, klagebefugte Verbände7 oder durch Kooperationsverträge eingeschaltete Unternehmer8 erfüllen mit oder anstelle des Staates öffentliche Aufgaben. Dieser Wandel stellt nun das öffentliche Recht vor neue Herausforderungen: Da der instrumentalisierte Private theoretisch auch privatautonom seine eigenen Ziele verfolgt, muss aus Sicht des öffentlichen Rechts nach Regelungen und Gestaltungsformen gefragt werden, welche eine effektive und missbrauchsfreie Aufgabenerfüllung durch den privaten Kooperationspartner gewährleisten.9 Das praktisch bedeutsamste Instrument zur Formalisierung dieser kooperativen Aufgabenerfüllung ist der Verwaltungsvertrag. Die Handlungsform verbindet in § 62 S. 2 VwVfG rechtsförmig die jeweils Umbildungsprozessen unterliegenden Normenbestände beider Teilrechtsordnungen.10 Im Zuge der Rekodifikation11 wurde das Verweisungsziel des § 62 S. 2 VwVfG gerade in den das Vertragsrecht betreffenden Bereichen völlig neu gestaltet und erweitert. Folglich betreffen die meisten Auswirkungen der Schuldrechtsreform den Verwaltungsvertrag. Daneben hat vor allem das völlig neu gefasste Verjährungsrecht Bedeutung bei staatshaftungsrechtlichen Instituten. Entgegen vereinzelt vorgetragener Skepsis12 passt sich das neue Verjährungsrecht gut in diesen öffentlich-rechtlichen Kontext ein und kommt bei ungeregelten Instituten im Wege der Einzelanalogie zur Anwendung.13 4
§ 3 A. § 3 D. 6 § 4 B. II. 7 § 4 D. I. 2. 8 § 7 B. 9 Dazu am Beispiel der Verbandsklage unter § 4 D. IV. Aufbauend auf den für das öffentliche Recht formulierten Anforderungen an die rechtliche Ausgestaltung, lässt sich hierbei ein gemeinsamer Regelungsauftrag für die Institutionalisierung der Verbandsklage formulieren. 10 Hierzu, sowie zu den dadurch verursachen Zuordnungs- und Abgrenzungskonflikten unter § 7 und § 8. 11 Vgl. § 2 A. II. 12 § 5 C. II. und III. 13 § 5 C. IV. 5
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B. Privatrecht in öffentlicher Rechtsform statt Verwaltungsprivatrecht Nach noch herrschender Sichtweise verläuft für den Bereich des Vertragshandelns der Verwaltung die Grenze zwischen öffentlichen und privatrechtlichen Vertragsrechtsnormen nicht statisch durch § 62 S. 2 VwVfG. Infolge der Wahlfreiheit kann auch die öffentlich-rechtlich organisierte Verwaltung das Privatrechtsregime wählen.14 Das BGB gilt dann theoretisch direkt. Die Folgeannahme, es gelte dann in vielen Bereichen ein Verwaltungsprivatrecht15, führt gegenwärtig zu teils in sich widersprüchlichen Fehlentwicklungen: Eine große Zahl an Verträgen werden als privatrechtlich qualifiziert. Weil man aber angesichts von Gesetzes- und Gemeinwohlbindung der Verwaltung den Tatbeständen des Privatrechts misstraut, will man diese in zentralen Bereichen wie etwa dem AGB-Recht unangewandt lassen und durch grundsätzlich ungeschriebene öffentlich-rechtliche Rechtsgrundsätze ersetzen.16 Die Kontrolle dieses öffentlichrechtlich überlagerten Privatrechts gibt man wiederum in die Hand der ordentlichen Gerichte. Gegenteilig der hier vertretene Grundansatz: Verträge von Behörden sind weit überwiegend Verwaltungsverträge i. S. d. §§ 54 ff. VwVfG.17 Um dem Verwaltungsvertragsrecht zu mehr Dichte zu verhelfen, soll jedoch in weitem Maße über § 62 S. 2 VwVfG auf den kompakt im BGB zusammengefassten Normenbestand zurückgegriffen werden.18 Die Anwendung und Kontrolle dieses zusammengesetzten und durch die innere Systematik des VwVfG geordneten Vertragsrechts der Verwaltung19 hat einheitlich durch die Verwaltungsgerichte zu erfolgen20. Die Untersuchung des AGB-Rechts und des neuen Leistungsstörungsrechts auf die Anwendbarkeit bei Verwaltungsverträgen bestätigt beide Annahmen: I. Konsequente Rezeption moderner Privatrechtsregeln Anstelle des im Zuge der Schuldrechtsreform in das BGB inkorporierten und inhaltlich erweiterten AGB-Rechts der §§ 305 ff. BGB möchte die Rechtsprechung vorrangig das öffentlich-rechtliche Angemessenheitsgebot anwenden.21 Die Entwicklung ist verfehlt: So bezieht sich das Angemessenheitsgebot tradi14 15 16 17 18 19 20 21
§ 8 A. II. § 8 A. IV. Vgl. § 12 B. I. Eingehend § 8. Zu dieser Zielüberlegung § 9 B. IV. Zur systematischen Aufgliederung des Verwaltungsvertragsrechts § 9 B. § 8 B. V. § 12 B. I.
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tionell auf das Äquivalenzverhältnis von Leistung und Gegenleistung, während die AGB-Kontrolle sonstige, nicht die Leistungspflichten betreffende Klauseln in den Blick nimmt. Beide Institute stehen mithin in einem Komplementärnicht in einem Konkurrenzverhältnis.22 Zudem folgt die Anwendbarkeit des AGB-Rechts für Verbraucherverträge bereits aus der Klauselrichtlinie 93/13/ EG23, weshalb die Vorschriften zum Schutz der Verbraucher vor missbräuchlichen Klauseln etwa in Frankreich oder England zu Recht in weiterem Umfang als bisher in Deutschland auf Verträge der öffentlichen Hand angewandt werden.24 Die konsequente Anwendung des AGB-Rechts auf Verwaltungsverträge ist dabei auch in der Sache überzeugend: Für Verbraucherverträge entspricht der nach § 310 III BGB gesteigerte Schutz dem erhöhten Schutzbedürfnis bei substitutiven Verwaltungsverträgen, also solchen, welche eine einseitig hoheitliche Regelung ersetzen.25 Angesichts der Gesetzesbindung der Verwaltung formulieren die detaillierten Verbotstatbestände der §§ 308 und 309 BGB adäquate Grenzen.26 Umgekehrt sieht das AGB-Recht für Unternehmerverträge eine flexible Kontrolle nach Maßgabe der Generalklausel des § 307 BGB vor.27 Dies entspricht der herabgesetzten Schutzbedürftigkeit durch Kooperationsverträge in die Aufgabenerfüllung eingeschalteter Unternehmer.28 Obwohl sich das AGBRecht einer Kompensation für sich genommen unwirksamer Klauseln durch eine Gesamtabwägung verschließt29, bestehen insgesamt hinreichend Spielräume, um sowohl in Verbraucher- als auch in Unternehmerverträgen Allgemeininteressen zu berücksichtigen.30 Im Hinblick auf den Vorbehalt des Gesetzes kommt dem neuerdings gesetzlich geregelten Transparenzgebot des § 307 I 2 BGB für Verwaltungsverträge eine tragende Rolle zu. Denn durch die transparente Gestaltung einseitig durch die Verwaltung eingeführter Klauseln wird sichergestellt, dass auch in faktischen Zwangslagen der Vertragsschluss für den Privaten noch bewusster Grundrechtsgebrauch ist und nicht in einen mittelbaren Grundrechtseingriff umschlägt. Für die spezielle Situation einer einseitigen Vorkonditionierung von Vertragsinhalten durch die Verwaltung ist das AGB-Recht daher in besonderer Weise geeignet, Regelungsdefizite des Verwaltungsvertragsrechts aufzufangen und die Kontrolle durch präzise und in langjähriger Rechtsprechung gefestigter Maßstäbe zu strukturieren.31 Die konsequente Anwendung
22
§ 12 B. II. 1. § 11 C. 24 Siehe § 11 C. V. 25 § 13 E. IV. 2.; zur Unterscheidung „substitutiver“ und „autonomer“ Verwaltungsverträge eingehend § 9 C. III. 26 § 13 D. II. 27 § 13 E. IV. 1. 28 § 13 E. IV. 4. 29 § 13 E. II. 30 Vgl. § 13 E. I. 23
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nicht nur der Vorschriften zur Inhaltskontrolle, sondern auch des im Vergleich zu § 59 III VwVfG flexibleren Rechtsfolgensystems32, ist daher der Anwendung unbestimmter öffentlich-rechtlicher Rechtsgrundsätze vorzuziehen. Die meisten inhaltlichen Änderungen für das Verwaltungsvertragsrecht hat das neue Leistungsstörungsrecht gebracht. Bzgl. der praktisch überaus bedeutsamen Kategorie des qualifizierten Gesetzesverstoßes nach § 59 I VwVfG i. V. m. § 134 BGB war zu untersuchen, ob dies nach wie vor auch einen Fall der anfänglichen rechtlichen Unmöglichkeit darstellt.33 Soweit man dies bejaht, hat dies entgegen der bisherigen Rechtslage (§ 306 BGB a. F.) zur Folge, dass der Vertrag wirksam ist. Es würde dann zwar keine Erfüllung, wohl aber anfänglich der Ersatz des positiven Interesses bzw. alternativ Aufwendungsersatz nach § 284 BGB geschuldet. Obwohl die strenge Haftung zu einer noch schärferen Sanktionierung unerwünschter Gesetzesverstöße führen würde34, ist der Weg über dieses „anfängliche öffentlich-rechtliche Haftungsverhältnis“ im Ergebnis doch zu verwerfen. Denn auf der Sekundärebene würde der Vertragspartner so gestellt werden, wie er stünde, wenn der verbotswidrige Vertrag erfüllt worden wäre. Dies wiederum ist mit dem Vorrang des Gesetzes nicht zu vereinbaren.35 Für den praktisch bedeutsamen Fall eines qualifizierten Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot bleibt es mithin bei der Nichtigkeit gem. § 59 I VwVfG i. V. m. § 134 BGB. Auch für substitutive Verwaltungsverträge, bei welchen die von Seiten der Verwaltung geschuldete Leistung anfänglich objektiv unmöglich ist, bleibt es gem. § 59 II Nr. 1 VwVfG i. V. m. § 44 II Nr. 4 VwVfG bei der Nichtigkeitsfolge.36 In allen anderen Fällen anfänglicher Unmöglichkeit greift künftig gem. § 62 S. 2 VwVfG die in § 311a I BGB vorgesehene Vertragswirksamkeit und die strenge Haftung nach § 311a II BGB. Neben § 311a II BGB sieht das neue Leistungsstörungsrecht als zweite zentrale Anspruchsgrundlage nur noch die Haftung für Pflichtverletzungen nach § 280 I BGB vor. In der Vorschrift sind u. a. die schon bisher im öffentlichen Recht anerkannte culpa in contrahendo37 und die positive Forderungsverletzung38 aufgegangen. Insbesondere soweit man, wie hier vorgeschlagen, ver31 Neben den konkreten Verbotstatbeständen gilt dies angesichts der Ausrichtung der wertenden Inhaltskontrolle am gesetzlichen Leitbild nach § 307 II Nr. 1 BGB auch für die Generalklausel, vgl. § 13 E. III. 32 § 13 F. 33 § 15 F. 34 Zu diesen Überlegungen § 15 F. II. 35 Ganz deutlich wird dies am Beispiel der gegen EG-Recht verstoßenden Subvention. Würde der Private auf der Sekundärebene so gestellt werden wie bei Erfüllung, bekäme er faktisch die Subvention, eingehend § 15 F. III. 3. 36 Eingehend § 15 B. 37 § 16 B. III. 1. 38 § 16 B. III. 2.
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tragsähnliche Sonderverbindungen weitgehend als Verwaltungsverträge einstuft39, bringt die gesetzliche Verankerung im über § 62 S. 2 VwVfG in Bezug genommenen BGB einige Präzisierungen gegenüber der bisherigen Rechtslage mit sich.40 Die früher selbständig geregelte Haftung für spezielle Leistungsstörungen (insbesondere Unmöglichkeit und Verzug) hat in den je nach Leistungsstörung ergänzend zu § 280 I BGB anzuwendenden §§ 281 ff. BGB ihren Niederschlag gefunden.41 Die Normen passen auch für Verwaltungsverträge, spielen aber abgesehen von der durch das SMG verschärften Regelung zum Verzugsschaden42 praktisch bisher keine große Rolle. Allerdings findet sich mit § 284 BGB eine Neuschöpfung des SMG, welche interessanterweise gerade für Verwaltungsverträge von praktischer Bedeutung sein könnte.43 Da die Verwaltung regelmäßig wirtschaftlich schwer messbare Gemeinwohlinteressen verfolgt, führten Pflichtverletzungen des privaten Vertragspartners häufig zu bisher schadensrechtlich nicht greifbaren Schäden der Allgemeinheit, gegen welche sich die Verwaltung vor allem durch nicht unproblematische Vertragsstrafenregelungen abzusichern suchte.44 Künftig könnte hier der in § 284 BGB anstelle eines Schadens statt der Leistung vorgesehene Aufwendungsersatzanspruch Abhilfe schaffen. Durch die transparente Zusammenführung bisher ungeschriebener, auch im öffentlichen Recht relevanter, Institute in der Grundnorm des § 280 BGB sowie durch das – in seiner praktischen Dimension freilich noch schwer abzuschätzende – Novum des § 284 BGB gewinnt die Rechtsform Verwaltungsvertrag mithin an normativer Struktur. Hinsichtlich des praktisch ebenfalls bedeutsamen § 60 I 1 VwVfG wurde deutlich, dass die Regelung selbst sowie deren Handhabung durch die Rechtsprechung schon bisher eng an die zivilrechtliche Geschäftsgrundlagenlösung angelehnt war.45 Soweit die Normierung der Störung der Geschäftsgrundlage in § 313 BGB über den Tatbestand des § 60 I 1 BGB hinausgeht, ist jetzt über § 62 S. 2 VwVfG § 313 BGB anzuwenden. Danach greift § 60 I 1 VwVfG nur noch für den Fall der Anpassung oder Kündigung wegen nachträglichen Wegfalls der Geschäftsgrundlage bei Dauerschuldverhältnissen. Im Falle des anfänglichen Fehlens der Geschäftsgrundlage sowie eines Rücktritts greift § 313 BGB sowie das im Falle des Rücktritts zur Rückabwicklung mit ex tunc Wirkung 39
Dazu § 5 B.; § 7 B. II.; § 10 B. V. und § 16 B. III. 1 a). So lässt sich etwa bei konsequenter Berücksichtigung der zivilrechtlichen Regelungsstruktur der c. i. c. die umstrittene Frage des Rechtsweges klar beantworten, vgl. § 16 B. III. 1. b). 41 Zur neuen Systematik § 16 A.; zur Übertragbarkeit im Einzelnen § 16 C. 42 § 16 C. III. 2. 43 Eingehend mit einigen Beispielen § 16 C. II. 44 Zur typischen Interessenlage und den typischen Inhalten der hier als „Sonderrechtsklauseln“ bezeichneten Vertragsgestaltungen unter § 13 D. I. 45 § 17 C. I. 40
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systematisch aufgerufene Rücktrittsfolgenrecht der §§ 346 ff. BGB. De lege ferenda ist § 60 BGB an die Neuregelung in § 313 BGB anzupassen.46 Prozessual bietet sich nach der Neuregelung die einheitliche Durchsetzung des vorrangigen Anpassungsanspruchs im Wege der Stufenklage an.47 Tatbestandlich passen damit die für den Rechtsverkehr zwischen Privaten konzipierten Normen in beachtlichem Maße, im Falle des § 284 BGB sogar erst recht, auch auf verwaltungsvertragliche Rechtsverhältnisse zwischen Behörden und Privaten. Eines vorrangigen Rückgriffs auf öffentlich-rechtliche Normen und Rechtsgrundsätze oder nach § 62 S. 2. VwVfG denkbarer tatbestandlicher Modifikationen48 bedarf es grundsätzlich nicht. Besondere öffentlich-rechtliche Konfliktlagen werden hinreichend durch die §§ 55 bis 59 VwVfG reguliert. Allerdings ist bei der Anwendung der zivilrechtlichen Institute der besonderen Interessenlage der Parteien Rechnung zu tragen. Hier erweist sich die einheitlich öffentlich-rechtliche Qualifikation und die damit verbundene Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte als bedeutsam.49 II. Einheitliche Anwendung und Auslegung durch die Verwaltungsgerichte Hält man an Wahlfreiheit sowie Verwaltungsprivatrecht und Zweistufentheorie fest, ist zu befürchten, dass für gleich gelagerte Sachverhalte je nach Einzelfall Normen des AGB-Rechts oder Leistungsstörungsrechts in unterschiedlicher Weise durch ordentliche Gerichte und Verwaltungsgerichte angewandt und konkretisiert werden. Die Erfahrungen im Bereich der AGB-Kontrolle haben gelehrt, dass die ordentlichen Gerichte den von Seiten der Verwaltung verfolgten öffentlichen Interessen häufig nicht hinreichend Beachtung schenken.50 Gerade im Bereich der wertenden AGB-Kontrolle kommt der sorgfältigen Sondierung der Parteiinteressen jedoch elementare Bedeutung zu. Die Verwaltungsgerichte sind hierbei traditionell eher für die gesetzlichen Bindungen und Aufträge der Verwaltung sensibilisiert. Daher ist zu erwarten, dass sie sowohl den von Seiten der Verwaltung verfolgten Gemeinwohlaufträgen, als auch den aus Sicht des Bürgers relevanten abwehrrechtlichen Aspekten bei der Anwendung von Privatrechtsnormen mehr Beachtung schenken.
46 Ausführlich unter § 17 C. III. und IV. mit einem konkreten Regelungsvorschlag sub IV. 6. 47 § 17 C. IV. 3. 48 § 9 B. IV. 49 Zur grundsätzlichen Vorzugswürdigkeit einer einheitlich öffentlich-rechtlichen Qualifikation § 8 B. 50 Dazu § 8 B. V. und § 10 B. IV. sowie die dortigen Nachweise.
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So ist etwa abweichend vom Privatrecht zugunsten des Bürgers u. a. bei der Anwendung des § 280 I BGB zu berücksichtigen, dass die Verwaltung aufgrund ihrer Gesetzesbindung ein Mehr an Schutz- und Aufklärungspflichten trifft.51 Sofern in Einzelfällen auch im Verwaltungsprozess Beweislastregeln zum Tragen kommen, ist zu Gunsten des Bürgers eine vom Zivilrecht abweichende praktische Handhabung der Beweislastregeln nötig.52 Am Beispiel der nach der Neuregelung problematischen Konstellation einer Haftung der Verwaltung für nachträgliche Unmöglichkeit nach § 280 I, III i. V. m. § 283 BGB etwa ließ sich zudem zeigen, wie die Geltung des Untersuchungsgrundsatzes zu Entlastungen führt.53 Umgekehrt ist die angemessene Handhabung etwa des neuen § 284 BGB auf Verwaltungsverträge nur möglich, wenn die Sonderinteressen der Verwaltung jeweils klar herausgearbeitet werden.54 So könnten sich die ordentlichen Gerichte z. B. bei der Bestimmung frustrierter Aufwendungen im Falle fehlgeschlagener Subventionierung im Städtebau- oder Naturschutzrecht durchaus schwer tun.55 Aufgrund der Besonderheit, dass die Verwaltung im Regelfall über das konkrete Rechtsgeschäft hinausgehende Gemeinwohl- und Lenkungszwecke verfolgt, hängt die Anwendung und Auslegung gerade des § 284 BGB entscheidend von der genauen Erfassung der verwaltungsrechtlichen Sondersituation ab.56 Ähnliches gilt für die Bewertung von Risikosphären hinsichtlich der Bestimmung, ob ein Festhalten am Verwaltungsvertrag noch zumutbar ist, oder ob eine Kündigung oder ein Rücktritt wegen Störung der Geschäftsgrundlage in Betracht kommt.57 Zu alledem ist es nötig, dass sich die Verwaltungsgerichte nicht, wie nach der Zweistufentheorie angenommen wird, nur mit dem „Ob“ eines Rechtsverhältnisses zwischen Behörde und Bürger, sondern auch mit der Auslegung und Anwendung der Rechtsnormen, welche das „Wie“ der Vertragsdurchführung betreffen, befassen. Nur so kann der Verwaltungsvertrag aus Sicht des öffentlichen Rechts als selbständiges Besonderes Rechtsverhältnis ergriffen und auch in der Hand der Verwaltungsgerichte dogmatisch geformt und präzisiert werden.58 In der jüngsten Diskussion um das Verwaltungsvertragsrecht wird die Bedeutung von Vertragskategorien, welche typisierend die faktischen und nor51
Vgl. § 16 B. III. und IV. 1. Zur auch im Verwaltungsprozess relevanten Beweislast für das Verschulden einer Pflichtverletzung (jetzt in erweiterter Form nach § 280 I 2 BGB) vgl. § 16 B. IV. 2. 53 § 16 C. I. 3. b). 54 § 16 C. II. 2. und 3. 55 Die vielfach völlig losgelöst vom städtebaulichen Kontext erfolgte Inhaltskontrolle von AGB in Einheimischenmodellen durch die ordentlichen Gerichte weisen in diese Richtung, dazu oben unter § 8 B. V. und § 10 B. IV. 56 Mit Beispielen unter § 16 C. II. 3. 57 Dazu § 17 C. IV. 1. 52
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mativen Besonderheiten unterschiedlicher Gruppen verwaltungsvertraglicher Rechtsverhältnisse widerspiegeln, gefordert.59 Die Untersuchung hat gezeigt, dass bei wertungsoffenen Tatbeständen, etwa bei der offenen Inhaltskontrolle nach § 307 BGB i. V. m. § 62 S. 2 VwVfG60, dem Schadensersatz nach § 280 I, III, 282 BGB i. V. m. § 62 S. 2 VwVfG wegen Unzumutbarkeit weiterer Leistungserbringung nach einer gravierenden Schutzpflichtverletzung61 oder der Störung der Geschäftsgrundlage62 die Orientierung an spezifisch öffentlich-rechtlichen Vertragskategorien zu präzisieren Ergebnissen führt. Die einheitliche Anwendung des Verwaltungsvertragsrechts durch die für öffentlich-rechtliche Besonderheiten sensibilisierten Verwaltungsgerichte wird dem weitaus besser Vorschub leisten können, als die Zerstückelung einheitlicher Rechtsverhältnisse in mehrere Stufen oder die wahllose Zerstreuung gleich gelagerter Verträge auf unterschiedliche Gerichtsbarkeiten. Das Ergebnis wäre die konsequente Anwendung der über § 62 S. 2 VwVfG aufgerufenen sachnahen, ausdifferenzierten und systematisch nach der Rekodifikation im BGB gebündelten vertragsrechtlichen gesetzlichen Tatbestände durch die aufgrund der zu berücksichtigenden besonderen Interessenlage sachnäheren Verwaltungsgerichte.
58 Zur dogmatischen Bedeutung der Rechtsverhältnislehre für den Verwaltungsvertrag unter § 7 C. 59 Vgl. § 9 C. 60 § 13 E. IV. 61 § 16 C. I. 2. b). 62 § 17 C. IV. 1.
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Sachwortverzeichnis Ablösevertrag 196 (Fn. 82), 250 (Fn. 398), 320 (Fn. 143), 389 (Fn. 566) Abzahlungsgesetz 55, 57 Allgemeine Geschäftsbedingungen – Änderungsvorbehalt 270 – AGBG 52, 56, 79, 81 ff., 156, 177, 184 ff., 206 ff., 222, 233, 235, 237, 247, 254, 268, 276 f. – und Allgemeininteressen 274 ff. – als Auffangordnung 251 ff. – Einheimischenmodelle 197, 209, 210 (Fn. 172), 214, 249, 261, 264 (Fn. 482), 286 (Fn. 609) – Generalklausel 253, 264, 270, 273 f., 280, 292, 296, 427 – Haftungsfreizeichnung 184 (Fn. 5), 205 (Fn. 144), 266 ff., 275 ff. – Klauselrichtlinie 185, 203, 209 f., 213 ff., 294, 427 – Klauselverbote der §§ 308 f. BGB 262 ff., 288 f. – Kompensation von Vertragsklauseln 241, 273, 281 ff., 296, 427 – Rechtsfolgenregime 293 ff. – Rücktrittsvorbehalt 269 f. – Schadenspauschalierung 192, 265 f., 290 – Sektionsklauseln 275, 280, 297 – Sonderrechtsklauseln der Verwaltung 261 f., 273, 281, 287 – Submissionsklauseln 274 f., 279, 296 – Systematik der AGB-Kontrolle 252 ff. – Transparenzgebot 65 (Fn. 175), 185, 233, 238, 253, 254 ff., 259 f., 291, 296 f., 427 – Vertragskategorien 288 ff. – Vertragsstrafen 66 (Fn. 178), 188, 190 (Fn. 41), 198 f., 201, 202 (Fn. 122),
204 (Fn. 139), 227 (Fn. 274), 238 (Fn. 333), 243 (Fn. 361), 244 (Fn. 367), 245 (Fn. 371), 247 (Fn. 377), 262, 263 ff., 275 (Fn. 542), 283, 287 (Fn. 616), 290 Allgemeine Rechtsgrundsätze 39, 99 (Fn. 212), 104 ff., 116, 118, 140, 150, 152 ff., 159 (Fn. 295), 161, 208 (Fn. 157), 238 (Fn. 329), 250, 297, 396 (Fn. 617), 426, 428 Allgemeininteresse 66, 90, 92, 159, 262, 267, 270, 273, 274 ff., 280, 283, 293, 297, 424, 427 Amtshaftung 361 f., 383, 386. – Amtspflicht 349, 356, 385 – Drittbezogenheit 356, 385 – Verletzung 112, 349 Analogie 40, 59, 96, 98 ff., 103 (Fn. 239 f.), 105, 107 ff., 113 ff., 120, 154, 180, 208, 244 (Fn. 363), 310 (Fn. 83), 313 (Fn. 99), 314 (Fn. 102 u. 106), 329 (Fn. 201), 351 ff., 358 f., 384 (Fn. 546), 398 (Fn. 630), 405, 408, 414, 425 Anfängliches öffentlich-rechtliches Haftungsverhältnis 325 ff. Angemessenheitsgebot 32, 126, 140, 172, 177, 240 ff., 273, 281, 283, 297, 419, 426 – Neue BGH-Rspr. 209, 240 f. – Verhältnis zum AGB-Recht 241 ff., 207, 212, 239, 263 Aufwendungsersatz 374 ff., 428 Ausbildungsförderungsverträge 188, 243 (Fn. 361), 260 (Fn. 461) Ausgleichspflichtige Inhalts- und Schrankenbestimmung 109 Auslegung 70 f., 132, 140, 159, 201 (Fn. 111), 215 (Fn. 199), 241, 251,
Sachwortverzeichnis
– – – – – – – – –
253, 280 (Fn. 577), 292, 297, 311, 329, 332 f., 356, 404, 430 ff. Auslegungshilfe 236 Auslegungsregeln (des AGB-Rechts) 185, 235 f. Europäisch-Autonome 32, 45, 214 ff., 220 Historisch-genetische 219 f., 222 Rechtsvergleichende 224 ff. Richtlinienkonforme 213, 233, 294 (Fn. 650), 385 (Fn. 549) Systematische 220 ff., 310 Teleologische 222 ff. Wortlaut 217 ff.
Baurecht – Baulast 271 f., 320 (Fn. 143) – Bauleitplanung 182 (Fn. 428), 183, 334, 376, 380 (Fn. 521) – Bebauungsplan 187 (Fn. 25), 246 (Fn. 374), 295 (Fn. 658), 320 (Fn. 143), 328, 331 (Fn. 211), 332 (Fn. 217) – Einheimischenmodelle 158, 197, 209, 214, 247, 249, 250 (Fn. 404), 256 (Fn. 429), 261, 264 (Fn. 482), 286 (Fn. 609), 380 (Fn. 519) – Landesbauordnungen 271 (Fn. 523) – Städtebaulicher Vertrag 128, 154, 158 ff., 182, 196 ff., 209, 212, 215, 232, 242, 247 ff., 286 f., 312, 328, 376 Benutzungsverhältnis, siehe Kommunalrecht Bereicherungsrecht 316 (Fn. 116), 317, 347, 370 (Fn. 452), 382 (Fn. 531), 416 (Fn. 743) Bereicherungsverbot 266 – Schadensrechtliches 265 Betriebsbeauftragte 78 f. Beweislast 97 (Fn. 198), 102, 160 (Fn. 303), 196 (Fn. 80), 268, 287, 340 (Fn. 362), 357 ff., 371 ff., 379 (Fn. 513), 580 (Fn. 522), 385, 431 – Behauptungslast 268, 357
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– Umkehr 326, 345, 350 (Fn. 333), 358 (dort auch Fn. 375), 359 (Fn. 384), 361, 371, 386 Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben, siehe Treuhand Clausula rebus sic stantibus (c.r.s.s.) 390 ff. Culpa in contrahendo (c.i.c.) 30, 47, 51, 99, 298 (Fn. 2), 300, 307, 312, 317 f., 324, 329, 333, 335, 337 f., 340 ff., 346 ff., 355, 357, 361, 385 f., 428 Daseinsvorsorge 97 (Fn. 202), 147 (Fn. 210), 164 (Fn. 326), 200 (Fn. 111), 230, 276 (Fn. 550), 286 (Fn. 611), 364 (Fn. 417) Dauerschuldverhältnis, siehe Schuldverhältnis Diskussionsentwurf zum BGB, siehe Schuldrechtsreform Dispositionsmaxime 89, 359 (auch Fn. 383) Drittwirkung, siehe Grundrechte E-Commerce-Richtlinie 44, 71 Effet-Utile 332 (Fn. 217), 333 Effizienz 93, 140, 418 Eingriff, siehe Grundrechte Eingriffsverwaltung 137, 139, 182, 289 ff. Einheimischenmodelle 158, 197, 209, 214, 247, 249, 250 (Fn. 404), 256 (Fn. 429), 261, 264 (Fn. 482), 286 (Fn. 609), 380 (Fn. 519) EMAS 75 ff. Energieversorgung – Allgemeine Versorgungsbedingungen 200 – Energieversorgungsverträge 206, 275 ff., 297 – Sonderabnehmer 276 – Tarifkunden 200, 276 Enteignender Eingriff 107, 109, 112 (Fn. 291)
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Sachwortverzeichnis
Enteignung 182 (Fn. 428), 197 (Fn. 83), 199 (Fn. 103) Enteignungsgleicher Eingriff 107, 112 (Fn. 291) Fehler, siehe kaufrechtlicher Fehlerbegriff Folgenbeseitigungsanspruch 101 (Fn. 229), 104, 109 (Fn. 274), 114 (Fn. 302) Formenwahlfreiheit, siehe Wahlfreiheit Genehmigung 182, 249 (Fn. 397), 272 (Fn. 526), 295 (Fn. 658), 322 (Fn. 152), 322 (Fn. 153), 366, 370 Geschäftsgrundlage 33, 47, 51, 132, 223 (Fn. 247), 246 (Fn. 374), 249 (auch Fn. 397), 261, 272 (Fn. 524), 298, 301, 305 (Fn. 48 f.), 380 (Fn. 521), 386 ff. – Abgrenzungen zum Leistungsstörungsrecht 416 ff. – Clausula rebus sic stantibus 390 ff. – Objektive 399 f. – Prozessuale Durchsetzung 408 ff. – Störung 33, 51, 132, 298, 301, 386 ff. – Subjektive 400 f. – Verhältnis zu § 314 BGB 422 ff. – § 60 VwVfG 33, 119 (Fn. 18), 132, 140, 149, 249 (Fn. 397), 270, 314 (Fn. 108), 366 f., 390 ff. Gesetzesbindung, siehe Gesetzesvorrang Gesetzesvorbehalt 37, 92 (Fn. 176), 106, 107 (Fn. 257), 138 f., 150, 173, 180 (Fn. 418 u. 420), 191 (Fn. 49), 256 ff., 296, 383, 405, 407, 427 Gesetzesvorrang 28, 37, 39, 71, 131 (Fn. 97), 137, 139, 150, 252, 255 f., 257, 262, 269 (Fn. 513), 296, 283, 343, 354, 418, 428 Gesetzliches Verbot 33, 71, 140, 302, 318 ff., 417 (Fn. 747), 428 Gewährleistungsverwaltungsrecht, siehe Reform des Verwaltungsrechts Gewinn 250, 366, 375, 376 (Fn. 488)
– Abschöpfung 69, 84 (Fn. 121), 91 – Gewinnerzielungsabsicht 60, 166 (Fn. 336), 207, 208 (Fn. 159), 217 ff., 223, 231 f., 375 ff. Grundrechte – Abwehrrecht 63 f., 280 – Ausgestaltung 63 (Fn. 159), 64 – Drittwirkung 159, 280 – Eingriff/Beschränkung 64, 138, 257, 258 (Fn. 446), 283, 296, 382 f., 405, 407, 408 (Fn. 688), 422, 427 – Grundrechtsberechtigung 36 f., 62, 111 – Grundrechtsbindung/-verpflichteter 65, 110 f., 141, 142 (Fn. 171 u. 174), 150, 269 (Fn. 513), 283, 289 – Grundrechtsrelevanz 191 (Fn. 49), 257, 258 (Fn. 447 f.) – Grundrechtsverwirklichung/-ausübung 138, 257, 258 (Fn. 447), 259, 296, 405, 427 – Schutz durch Verfahren 152 f. – Schutznormlehre 356 – Schutzpflicht 268 – Vertragsfreiheit, siehe Privatautonomie – Verzicht 258 (Fn. 447) Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, siehe Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Haftungsfreizeichnungen 184 (Fn. 5), 205 (Fn. 144), 266 ff., 275 ff. Integrierte Produktpolitik 73 ff. Kaufvertrag 30, 49, 52, 66 (Fn. 178), 73 ff., 156 (Fn. 274), 158, 219, 248, 250 (Fn. 404), 293 (Fn. 645), 303 (Fn. 36), 322 (Fn. 152 f.), 334 (Fn. 224), 351 (Fn. 335), 363 (Fn. 417), 364, 410 – CISG 49 – Gewährleistungsrecht 73 ff., 299 (Fn. 9), 364 (Fn. 419) – Kaufrechtlicher Fehlerbegriff/Mangel 73 ff., 370 (Fn. 451)
Sachwortverzeichnis – Mangelfolgeschaden 351 (Fn. 335) – UN-Kaufrecht 45, 340, 374 – Verbrauchsgüterkaufrichtlinie 44, 50, 74, 100 (Fn. 228) – Vor-/Wiederkaufsrecht 182 (Fn. 428), 198, 217 (Fn. 212), 264 (Fn. 482) Klauselrichtlinie 44, 57, 177, 185, 203, 209 f., 213 ff., 294, 427 – Anwendungsbereich 215 ff. – Autonome Auslegung 214 f. – Umsetzung – In England 224 ff. – In Frankreich 229 ff. Kodifikationsidee 46 f. Kommunalrecht – Anschluss- und Benutzungszwang 200 (Fn. 105), 276 (Fn. 554) – Benutzungsverhältnis 97, 126 f., 192 (Fn. 52), 199 ff., 218 (Fn. 212), 215 (Fn. 198), 218 (Fn. 212), 219, 228, 269 (Fn. 513), 352 – Satzungsmäßige Allgemeine Benutzungsbedingungen 201 (Fn. 112) Kompensation – Kompensationserwägungen 222 – Kompensationsfunktion 69 – Kompensationsnorm 64 – Kompensation von Vertragsklauseln 241, 273, 281 ff., 296, 427 Kündigungsrecht – Nach § 314 BGB 422 ff. – Nach § 60 I 1 VwVfG, siehe Geschäftsgrundlage – Nach § 60 I 2 VwVfG 422 ff. Lando-Kommission 43 (Fn. 11), 45, 100 (Fn. 227) Leistungsstörungsrecht 298 ff. – Aufwendungsersatz 374 ff. – Grundlinien – der gesetzlichen Tatbestände 299 ff. – der Neuerungen durch das SMG 51 ff.
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– Haftung für Pflichtverletzungen 33, 46, 51, 53, 103, 192, 266 ff., 283, 298 ff., 336 ff. – Kündigung aus wichtigem Grund 422 ff. – Störung der Geschäftsgrundlage 386 ff., siehe auch Geschäftsgrundlage – Unmöglichkeit – Anfängliche 301 ff. – Nachträgliche 369 ff. – Verzug 381 ff. Leistungsverwaltung 129, 155, 159, 165, 191, 218, 221 (Fn. 237), 230, 232, 281, 291 (Fn. 632) Leitprinzipien – Präventive Steuerung 68 ff. – Steuerung durch informierte Öffentlichkeit 71 ff. Mangel, siehe kaufrechtlicher Fehlerbegriff Mitverschulden 316 f., 336 f., 379 f. Nebenpflichtverletzung 367 ff. Negatives Interesse 304 (Fn. 42), 305, 307, 312, 315 (Fn. 109), 316, 317 (Fn. 122), 324 f., 328 (Fn. 193), 331 (Fn. 210), 333, 335, 376 Öffentliches Recht – Begriff 36 f. – Verbindungen zum Privatrecht 37 ff., 67 ff. Öffentlich-rechtlicher Vertrag, siehe Verwaltungsvertrag. Öffentlich-rechtliches Benutzungsverhältnis, siehe Kommunalrecht Öffentlich-rechtliches Schuldverhältnis 96 ff., 132 ff. – Positive Forderungsverletzung 351 ff. – Culpa in contrahendo 341 ff. Öko-Audit, siehe EMAS Ökonomische Steuerung 73 ff. – Betriebsbeauftragte 78 f.
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– Kaufrechtlicher Fehlerbegriff 73 ff. – Umweltqualitätszeichen 77 f. Pflichtverletzungen 33, 46, 51, 53, 103, 192, 266 ff., 283, 298 ff., 336 ff. – Culpa in contrahendo 341 ff. – Grundnorm des § 280 BGB 339 – Nebenpflichtverletzung 367 ff. – Positive Forderungsverletzung 351 ff. – Schadensersatz statt der Leistung 363 ff. – Systematik der §§ 280 ff. BGB 336 ff. – Verschulden 268, 326, 340, 345, 357 ff., 371, 385 Positive Forderungsverletzung (p.F.V.) 47, 51, 127 (Fn. 73), 264, 298, 301, 337, 343, 349, 351 ff., 386, 428 Positive Vertragsverletzung 351, siehe i. Ü. positive Forderungsverletzung Positives Interesse 376 Präventive Steuerung 68 ff. Principles of European Contract Law 45 f., 100, 306, 307 (Fn. 57), 340, 374 Privatautonomie 28, 35, 53 ff., 62 f., 65, 137 f., 141, 150, 159, 179, 191, 238, 257, 271, 283, 405, 421 Private Finance Initiatives 204 (Fn. 136) Privatisierung 80, 85 ff., 124 f., 157, 164, 169, 193, 213, 226, 278 f., 297, 424 f. – Aufgabenprivatisierung 118 – Formelle 124, 141 (Fn. 163) – Funktionale 124, 126, 202 ff., 266 – Kooperationsverträge 124, 126, 131 (Fn. 96), 173 (Fn. 377), 175 (Fn. 384), 288 (Fn. 618) – Materielle 124 – Organisationsprivatisierung 118, 141 (Fn. 163) – Public Private Partnership 124, 126 – Treuhandanstalt 278 f. Privatrecht – Begriff 35 f.
– Verbindungen zum öffentlichen Recht 37 ff., 67 ff. Privatrechtsrezeption 155 f. 178 ff. Privatrechtsverbot 150 f. Prozessgrundsätze, siehe auch Beweislast – Dispositionsmaxime 89, 359 (auch Fn. 383) – Untersuchungsgrundsatz 89 (Fn. 159), 91, 135, 160 (Fn. 302), 160 (Fn. 303), 178, 287 (Fn. 615), 350, 359, 360 (Fn. 396), 372, 374, 431 – Verhandlungsmaxime 89, 359 (mit Fn. 383). Public Private Partnership, siehe Privatisierung Rechtsform 120 f., 152 ff. Rechtsbindung der Verwaltung, siehe Gesetzesvorrang Rechtsgewinnungsquellen 46 Rechtsgrundsatz, siehe Allgemeine Rechtsgrundsätze Rechtsschutz 70, 80, 88 ff., 129, 142, 148, 156 ff., 167, 330, 367, 374 Rechtsverhältnis, siehe auch Schuldverhältnis – Allgemeines 132 f. – Besonderes 132 f. – Rechtsverhältnislehre 128 ff. – Verfahrensrechtliches 345 Rechtverhältnislehre 128 ff. Rechtsweg – Anspruch aus § 311 a II BGB 317 ff. – Culpa in contrahendo 346 ff. – Positive Forderungsverletzung 353 – Vergaberecht 167 – Verwaltungsvertrag 142, 156 ff. Reform der §§ 54 ff. VwVfG 121 ff. – Große Lösung 122 f., 146 – Kleine Lösung 123 ff. – Referentenentwurf 123 f., 126, 128, 149, 164 (Fn. 325), 193 (Fn. 65), 202, 212, 412, 419
Sachwortverzeichnis – Schriftformerfordernis 99, 100 (Fn. 219), 126 f., 128 (Fn. 77), 153, 156 (Fn. 271), 192 (Fn. 52), 200 (Fn. 109), 239 f., 255 (Fn. 428), 353, 412, 416 Reform des Verwaltungsrechts 67, 92, 122 – Deregulierung 77 – Informales Verwaltungshandeln 122, 125, 126 (Fn. 64) – Öffentlichkeitsbeteiligung 71 ff. – Privatisierungen, siehe Privatisierung – Rechtsmaßstäbe – Akzeptanz 139, 328 – Effizienz 93, 140 – Gesetzesbindung, siehe Gesetzesvorrang und Grundrechte – Regulierte Selbstregulierung 76, 79 – Steuerungsperspektive 38, 54 f., 67 ff., 155 f., 325, 326 (Fn. 181), 327 f., 377, 424 (Fn. 1) – Verantwortungsstrukturen 91 ff., 122, 124 f., 165 (Fn. 330), 202, 204, 292 f. – Verbände, siehe Verbandsklage – Verwaltungskooperationsrecht, siehe Privatisierung und Verwaltungsvertrag – Vorsorgeprinzip 70 f. Rentabilitätsvermutung 375, 377 Rezeption 95 ff., 155 f., 178 ff., 354 ff., 366 f., 368 f., 382 ff., 426 ff. Rezeptionsmechanismus – Analogieschluss, siehe Analogie – Gesetzliche Verweisung, siehe Verweisungsnorm – Gewohnheitsrecht 40, 96, 98, 104 ff., 113 (Fn. 299), 114 (Fn. 302), 115, 151 (230) – Rechtsgrundsätzliche Geltung 98 f., 104 ff., 115 Risikosteuerung 327 Satzung 128 (Fn. 77), 200 (Fn. 105), 201 (Fn. 112), 202 (Fn. 117), 213 (Fn. 184), 215 (Fn. 198), 323 (Fn. 158)
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Schadensersatz – Erfüllungsschaden, siehe Positives Interesse – Großer 365 – Grundnorm des § 280 BGB 339 ff. – Immaterielle Schäden 33 (Fn. 25), 53, 109 (Fn. 277), 375, 377, 386 – Kleiner 365 – Mitverschulden 316 f., 336 f., 379 f. – Statt der Leistung 363 ff. – Vertrauensschaden, siehe Negatives Interesse – Wegen Nebenpflichtverletzung 367 ff. – Wegen Unmöglichkeit – anfänglicher 301 ff. – nachträglicher 369 ff. – Wegen Verzugs 381 ff. Schadenspauschalierung 192, 265 f., 290 Schriftformerfordernis 99, 100 (Fn. 219), 126 f., 128 (Fn. 77), 153, 156 (Fn. 271), 192 (Fn. 52), 200 (Fn. 109), 239 f., 255 (Fn. 428), 353, 412, 416, 420 Schuldrechtsreform – Diskussionsentwurf 50 f., 94, 101 (Fn. 230), 111 – Große Lösung 50 f. – Kerninhalte 51 ff. – Kleine Lösung 50 – Vorarbeiten 48 ff. – Hintergründe 41 ff. Schuldverhältnis, siehe auch öffentlichrechtliches Schuldverhältnis – Dauerschuldverhältnis 33, 51, 269, 298, 301, 353 f., 386 ff., 398 f., 401, 404, 415 f., 419 ff., 429 – Gesetzliches 301 (Fn. 20), 342, 348 – Vorvertragliches 342, 345 Schutznormtheorie 355, 357, 385 Sonderrecht (der Verwaltung) 136, 166, 171, 240, 261 f., 273, 281, 287, 329 Sonderrechtsklauseln (der Verwaltung) 261 f., 273, 281, 287
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Sachwortverzeichnis
Sozialrecht 101, 106 (Fn. 253), 107, 108 (Fn. 266), 112, 113 (Fn. 297), 119 f., 240 (Fn. 344), 355 (Fn. 360) Staatshaftungsrecht – Amtshaftungsanspruch, siehe Amtshaftung – Culpa in contrahendo 341 ff. – Enteignender Eingriff 107, 109, 112 (Fn. 291) – Enteignungsgleicher Eingriff 107, 112 (Fn. 291) – Folgenbeseitigungsanspruch 101 (Fn. 229), 104, 109 (Fn. 274), 114 (Fn. 302) – Neues Verjährungsrecht 95 ff. – Positive Forderungsverletzung 351 ff. Städtebaulicher Vertrag 128, 154, 158 ff., 182, 196 ff., 209, 212, 215, 232, 242, 247 ff., 286 f., 312, 328, 376 Städtebaurecht, siehe Baurecht Steuerungsperspektive, siehe Reform des Verwaltungsrechts Störung der Geschäftsgrundlage, siehe Geschäftsgrundlage Stufenklage 413 ff. Subventionsverträge 188 ff., 207, 230 (Fn. 291), 264, 265 (Fn. 489), 269 (Fn. 510), 339 (Fn. 259), 376 – Rechtsnatur 165 f. – Rechtsschutz 142, 156 ff. Transparenzgebot 65 (Fn. 175), 185, 233, 238, 253, 254 ff., 259 f., 291, 296 f., 427 Treuhand 157 (Fn. 286), 202 (Fn. 122), 203, 204 (Fn. 140), 206, 278 f., 287 (Fn. 616), 376 (Fn. 492) – Verträge 278 f. Umweltrecht – Betriebsbeauftragte 76, 78 f., 424 (Fn. 2) – Naturschutzrechtliche Verbandsklage, siehe Verbandsklage
– Umweltaudit, siehe EMAS – Umweltzeichen, siehe Umweltqualitätszeichen Umweltaudit, siehe EMAS Umweltqualitätszeichen 77 f. Unmöglichkeit – Anfängliche 301 ff. – Gehalt des § 311a BGB 303 ff. – Mitverschulden 316 f. – Rechtsweg 317 f. – Teilunmöglichkeit 315 ff. – Verhältnis zu § 134 BGB 318 ff. – Verhältnis zu § 59 VwVfG 308 ff. – Nachträgliche 369 ff. UNIDROIT 43, 45 f. – Principles of International Commercial Contracts 45, 307 (Fn. 57), 340, 374. Unrechtsgewinn 84 (Fn. 121), 91 Unterlassungsklage 81 ff. Unternehmer(-begriff) 60 f. Untersuchungsgrundsatz 89 (Fn. 159), 91, 135, 160 (Fn. 302), 160 (Fn. 303), 178, 287 (Fn. 615), 350, 359, 360 (Fn. 396), 372, 374, 431 Verantwortungsstrukturen/-teilung 91 ff., 122, 124 f., 165 (Fn. 330), 202, 204, 292 f. Verbandsklage 79 ff. – Altruistische 84 f., 87, 90 – Umweltrechtliche 84 f., 87 f., 89 f. – Unterlassungsklage 81 ff. – Unterlassungsklagegesetz 81 ff. – UWG 79, 81 ff., 91 Verbraucher 53 ff. – Begriff 58 ff. – Leitbild 61 f. Verbraucherprivatrecht 53 ff., 68, 70, 72, 174 (Fn. 380), 424 f. – Entwicklungsskizze 55 ff. – und Privatautonomie 53 ff. – und Verfassungsrecht 62 ff. – Unternehmerbegriff 60 f.
Sachwortverzeichnis – Verbraucherbegriff 58 ff. Verbrauchsgüterkaufrichtlinie 44, 50, 74, 100 (Fn. 228) Vergaberecht – Submissionsklauseln 274 f., 279, 296 – Rechtsnatur der Verträge 167 f. – Europäisch-autonomer Regelkomplex 176 f. Verhältnismäßigkeitsgrundsatz 104, 107, 110 ff., 159, 212, 240, 242 (Fn. 354), 265 (Fn. 488), 271 (Fn. 521), 283, 362, 380, 406 Verhandlungsmaxime 89, 359 (mit Fn. 383). Verjährung – Anspruch aus § 280 BGB i. V. m. § 62 VwVfG 361 ff. – Staatshaftungsrecht 95 ff. Verrechtlichungsgebot 151 Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte 346 (Fn. 301), 355 (Fn. 361) Vertragsfreiheit, siehe auch Privatautonomie Vertragskategorien 180 ff., 187 ff., 288 ff. Vertragsnaturschutz 194 ff., 264 (Fn. 483), 379, 431 Vertragsstrafen 66 (Fn. 178), 141 (Fn. 161), 188, 190 (Fn. 41), 198 f., 201, 202 (Fn. 122), 204 (Fn. 139), 227 (Fn. 274), 238 (Fn. 333), 243 (Fn. 361), 244 (Fn. 367), 245 (Fn. 371), 247 (Fn. 377), 262, 263 ff., 275 (Fn. 542), 283, 287 (Fn. 616), 290, 377, 429 Vertrauensschaden, siehe Negatives Interesse Vertrauensschutz 140, 179, 308, 349 Verwaltungsprivatrecht 31, 118 f., 134, 136 ff., 141 ff., 146, 148 ff., 152, 154 ff., 158, 161 ff., 166, 208, 212 (Fn. 181), 219, 220 (Fn. 225), 228, 231, 247 ff., 278 (Fn. 558), 426, 430 – Abgrenzungsprobleme 143 – Formenwahlfreiheit, siehe Wahlfreiheit
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– Rechtswegproblematik, siehe Zweistufentheorie und zusf. 156 ff. – Subventionsrechtsverhältnisse 188 ff. – Zweistufentheorie 32, 134, 137 (Fn. 133), 142, 156 ff., 161 (Fn. 305), 162, 163 (Fn. 318), 167, 189, 194 (Fn. 65), 196, 200 (Fn. 108 u. 110), 210 (Fn. 169), 278 (Fn. 568), 430 f. Verwaltungsrechtlicher Vertrag, siehe Verwaltungsvertrag Verwaltungsverfahrensgesetz – Anwendungsbereich 117 f. – Informales Verwaltungshandeln 122, 125 – Neuregelung, siehe Reform der §§ 54 ff. VwVfG – Öffentlich-rechtlicher Vertrag, siehe Verwaltungsvertrag – Verfahrensrechtsverhältnis 345 Verwaltungsvertrag 116 ff. – Ablösevertrag 196 (Fn. 82), 250 (Fn. 398), 320 (Fn. 143), 389 (Fn. 566) – Angemessenheitsgebot 32, 126, 140, 172, 177, 240 ff., 273, 281, 283, 297, 419, 426 – Anwendbarkeit AGB-Recht 206 ff. – Ausbildungsförderungsverträge 188 – Autonomer 183 f., 288, 291, 312 – Begriff 117 ff., 135 f., 171 ff. – Benutzungsverhältnisse 199 ff. – Culpa in contrahendo 341 ff. – Dualistisches Modell 146 f. – Einheitsmodell 145 f. – Energieversorgungsverträge 275 ff. – Handlungsform/Rechtsform 120 f., 152 – Haftungsfreizeichnungen 184 (Fn. 5), 205 (Fn. 144), 266 ff., 275 ff. – Klauselrichtlinie 213 ff. – Klauselverbote der §§ 308 f. BGB 262 ff. – Kooperationsverträge, siehe Privatisierung
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Sachwortverzeichnis
– Koordinationsrechtlicher 171, 174, 211, 249 (Fn. 392), 302 (Fn. 28), 324 (Fn. 163), 389 – Kündigung – Aus wichtigem Grund 422 ff. – Wegen Störung der Geschäftsgrundlage 386 ff. – Leistungsstörungsrecht 298 ff. – als öffentlich-rechtliches Schuldverhältnis 128 ff. – Ordnungskriterien 171 ff. – Positive Forderungsverletzung 351 ff. – Privatisierungsverträge, siehe Privatisierung – Public Private Partnership, siehe Privatisierung – Rechtsnatur 150 ff., zusf. 161 ff. – Rechtverhältnislehre 128 ff. – Rücktrittsvorbehalt 269 f. – Schadenspauschalierung 192, 265 f., 290 – Schriftformerfordernis 99, 100 (Fn. 219), 126 f., 128 (Fn. 77), 153, 156 (Fn. 271), 192 (Fn. 52), 200 (Fn. 109), 239 f., 255 (Fn. 428), 353, 412, 416 – Sektionsklauseln 275 – Sonderrechtsklauseln der Verwaltung 261 f. – Städtebaulicher Vertrag 128, 154, 158 ff., 182, 196 ff., 209, 212, 215, 232, 242, 247 ff., 286 f., 312, 328, 376 – Submissionsklauseln 274 f. – Subordinationsrechtlicher 171 ff., 259 (Fn. 453), 290, 302 (Fn. 28), 312 (Fn. 94), 315 (Fn. 109), 351 (Fn. 336) – Substitutiver 183 f., 288 f., 291, 311, 335, 427 f. – Subventionsverträge 188 ff. – Systematik der AGB-Kontrolle 252 ff. – Teilunwirksamkeit 293 ff., 315 f. – Transparenzgebot 254 ff.
– – – –
Treuhandverträge 278 f. Typen und Kategorien 180 ff. Vergabeverträge, siehe Vergaberecht Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot, siehe Gesetzliches Verbot – Vertragskategorien 288 ff. – Vertragsnaturschutz 194 ff., 264 (Fn. 483), 379, 431 – Vertragsstrafen 66 (Fn. 178), 141 (Fn. 161), 188, 190 (Fn. 41), 198 f., 201, 202 (Fn. 122), 204 (Fn. 139), 227 (Fn. 274), 238 (Fn. 333), 243 (Fn. 361), 244 (Fn. 367), 245 (Fn. 371), 247 (Fn. 377), 262, 263 ff., 275 (Fn. 542), 283, 287 (Fn. 616), 290, 377, 429 Verweisungsnorm 42, 95, 106 (Fn. 253), 115, 178 ff., 286, 352 Verzug 381 ff. – Verzugsschaden 339, 381 ff., 429 – Verzugszinsen 382 ff., 386 Vorbehalt des Gesetzes, siehe Gesetzesvorbehalt Vorrang des Gesetzes, siehe Gesetzesvorrang Wahlfreiheit 31 f., 118, 135, 136 f., 141, 145, 147, 149 f., 152, 158, 162, 199, 208, 252, 359 ff., 371, 374, 403, 426, 430 Wegfall der Geschäftsgrundlage, siehe Geschäftsgrundlage Werkvertrag 49, 293 (Fn. 645), 299 (Fn. 9), 351 (Fn. 335), 363 (Fn. 417), 364 Zahlungsverzugsrichtlinie 44, 384 f. (Fn. 549) Zweistufentheorie 32, 134, 137 (Fn. 133), 142, 156 ff., 161 (Fn. 305), 162, 163 (Fn. 318), 167, 189, 194 (Fn. 65), 196, 200 (Fn. 108 u. 110), 210 (Fn. 169), 278 (Fn. 568), 430 f.