Münster im Gregorienthal: Ein Beitrag zur politischer kirchlichen und kulturhistorischen Geschichte elsässischen Münsterthales [Reprint 2020 ed.] 9783112375280, 9783112375273


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Münster im Gregorienthal: Ein Beitrag zur politischer kirchlichen und kulturhistorischen Geschichte elsässischen Münsterthales [Reprint 2020 ed.]
 9783112375280, 9783112375273

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Munster tm Gregorienthal. Ein

Beitrag

)ur politischen, kirchlichen und kulturhistorischen Geschichte

de»

etsäsfischen MUnsterthales von

ZuttnS Nathgeber, ehemaügem Pfarrer in Snlhern (MSnsterthal), nunmehr in Ernoliheim Lei Elfaß-Zabrra.

Bevorwortet een

A»g«ß Kttler, Professor a. D. und Stadtbibliothekar in Mülhausen.

•teeHfrwt». Verlag von Karl I. Trübner. 1874.

Vorwort. Wenn schon seine herrliche Naturbeschaffenheit daS Münsterthal zu einem der beachtungswürdigsten Theile

des Heimatlandes macht, den man stets mit neuem Ge­ nusse durchwandert, so wird daS Jntereffe an demselben noch erhöht durch deffen Geschichte,

deffen BerhLltniffe

zu der einst so mächtigm Abtei, durch die Frecheiten,

welche stch

die Stadt

als

freie Reichsstadt

unter

durch die

eigm-

verschiedenen Kaisern erworben hatte,

thümliche bis in die neueste Zeit (1847) hereingehende Verwaltung der Stadt Münster und der Jahrhunderte

hindurch mit chr gleiche Vorrechte genießenden „sechs großen und drei kleinen Dörfer", jene im Großchal, diese im Kleinthal gelegen.

DaS Thal und seine Bewohner,

wohnheiten,

deren Sitten, Ge­

Sprache, Betriebsamkeit, kirchliche, bürger­

liche nnd politische Verhältniffe; deren Leben und Treiben unter stch und im Verkehr mit den andern neun Steichs-

städten und Ortschaften de» ElsaffeS, mit den verschiedenen

Oberherrschaften, standen,

unter welchen fle nach und nach ge­

von dm frühesten Zeitm bis zur Gegenwart:

In5akt8-VerzeickniH. V—VI 1—15

Vorwort............................................................................... Kapitel I. Land und Leute im Münsterthal . . .

Die Abtei des heiligen Benedikt in Münster

16—26



II.



III. Der Stadt Münster alte Geschichten .

.

37—41



IV. Wie die Reformation ins Münsterthal

kam

42—57

V. Das Münsterthal während dem 30jähr. Krieg

58—78





VI.



VII.

Wie die römische Kirche wieder Boden im Münsterthal gewann

79—92

.............................

Zwei wackere Münsterthäler aus dem acht­

„ VIII.

zehnten Jahrhundert......................................... 93—109 Die Stürme der französischen Revolution 110—120



Die neue Zeit und was sie mit sich brachte

IX.

121—133

Schlußbetrachtungen..............................................................134—142

Anhang. Vorwort................................................................................ 143

I. II.

Quellen für die Geschichte des Münsterthals .

.

145—147

Münsterthäler Ephemeriden............................. 148—153

III.

Münsterer Reformationsgeschichte, aus einer unge­

IV.

Münsterthäler Kirchenstuhlordnung.................. 160—167

druckten Chronik...................................................... 153—159

V.

Verzeichniß sämmtlicher MünsterthälerPfarrer

.

168—190

Kapitel 1.

£aiid und teilte im Äün^erfHaf. Das Münsterthal, oder wie man es auch im Elsaß nennt, die „Neine Schweiz der Vogesen", ist eines der schönsten, reichsten und bevölkersten Thäler des Wasgaus. In einer Ausdehnung von sechs Stunden Wegs trifft der erstaunte Reisende drei Städtchen, worunter zwei ehemalige Reichsstädte, Türkheim und Münster, so wie achtzehn Ortschaften und ein halbes Dutzend Schloßruinen an, welche die waldigen Berggipfel krönen. Die Fecht, welche auf dem mächtigen Hohneckkopf, aus zwei Quellen, dem Ammelbach und dem Kalten Born entspringt, durch­ strömt das Münsterthal in seiner ganzen Länge und fließt, ohne besondere Windungen, durch den grünen Thalgrund hin, um nach einem Laufe von zehn Stunden sich bei Jllhäusern, in die Jll zu ergießen. Das Städchen Türkheim, sowie der Flecken Wintzen­ heim bilden gleichsam die beiden Thorflügel des Münsterthals. Türkheim, mit seinen geschichtlichen Erinnerungen und mit seinen freundlichen Rebbergen, streckt sich am Fuße

des Berges aus, auf dessen Spitze sich der viel besuchte Wallfahrts- und Luftkurort „zu den dreien Aehren"

2 (Trois Epis) erhebt. Wintzenheim liegt gerade gegenüber; in seiner Nähe ist der stille, dem ehemaligen Kloster von Sankt Aegidius gehörige Meierhof von Sankt Aegidien (Saint-Gilles) gelegen, von welchem aus schattige Waldwege auf die Bergschlösser von Plixburg und von Hohenlandsberg, dem einstigen Wohnsitze des edlen und wohlwollenden Ritters Lazarus von Schwendi, hinaufführen. Weiter im Thale drin ragt auf der nördlichen Berg­

wand, weithin sichtbar durch den rothen Sandsteinfels, der Hohnack (nicht zu verwechseln mit dem noch gewaltigeren Berggipfel Hohneck) empor. Dort erhob sich einst ein stattliches Schloß, den Grafen von Rappoltstein gehörig, das Ludwig XIV abbrechen ließ; am Fuße des Hohnack breitet sich das Dorf Weier (Wihr) aus, tfnt der freund­ lichen Kapelle auf sonniger .Höhe. Weier (im Thal, in der Ebene bei Colmar ist ein gleichnamiges Dorf) war der einstige Sitz des rappolsteinischen Amtes im Münster­ thal; zu demselben gehörten noch die beiden Dörfer Günsbach und Griesbach. Gerade Weier gegenüber erhebt sich in einem Seitenthale das alte Städtchen Sulzbach mit seinem bekannten Sauerbrunnen. Das Thal hat hier etwa eine Viertel­ stunde Breite; es wird jedoch enger, je mehr man sich der Stadt Münster nähert. Unmittelbar vor der letzteren breitet sich der Schloßwald aus, mit den Trümmern der Schwarzenburg, in deren Thürme einem, einst ein Stättmeister Kolmars, der freiheitsmuthige Walther Rösselmann, sein bewegtes Leben endete. Nicht weit von der mittelalterlichen Ruine erhebt sich in herrlicher, parkähnlicher Umgebung, ein lieblicher Meierhof, dem Bür­ germeister und Fabrikbesitzer Fritz Hartmann gehörig; demselben gegenüber zeigen hohe Schornsteine und rauchende

3

Kamine

die

an, die

der Neuzeit

Industrie

Besitz

ge­

nommen hat von dem einst so stillen und abgeschlossenen Thale.

Hinter der Stadt Müllster fängt das Hintere Thal,

das eigentliche Greg orienthal an, von dem in unserm die Rede sein wird.

Buche hauptsächlich

der obern

In

Stadt zweigt sich das Thal in ein sogenanntes Großthal, mit vier Gemeinden

und

Das

Gemeinden ab.

in ein

Kleinthal,

Großthal ist

mit drei

von der Fecht durch­

strömt; im Kleinthal fließt der sogenannte Thalbach, der

aus zwei Quellen entspringt, deren eine aus dem Sultzerer-

oder Darensee fließt.

Dieser See ist fünf Viertelstunden

von dem Dorfe Sultzern entfernt; er hat eine sehr roman­

tische Lage; von drei Seiten ist er von felsigen Waldhöhen begrenzt, die einen Halbkreis bilden, auf der vierten Seite ist er offen und leicht zugänglich, weil er eingedämmt ist;

durch eine Schleuße kann das Wasser

des Sees ins Thal

geleitet werden, was bei Wassermangel sehr werthvoll ist.

Der See hat in der Mitte bis 180 Klafter Tiefe. Im Großthal erhebt sich

König unter

den

Bergen

der mächtige Hohneck, der des

Münsterthals;

nach dem

Bölchen ist er der höchste Gipfel der Vogesen; seine Höhe

beträgt über 4000 Fuß (1366 Meter) über der Meeres­

fläche. Sein Gipfel ist mit nahezu immerwährendem Schnee bedeckt, der nur in den heißesten Sommertagen schmilzt.

Wenn man sich

vom Hohneck

gegen Westen wendet, so

erreicht man nach einer starken Viertelstunde den sogenannten

Herzig eburn (Herzogsborn) also geheißen, weil in alten Zeiten, ein Herzog von Lothringen, der auf jenen einsamen und wilden Höhen

dem

edlen

Waidwerk

seinem Jagdgefolge manchmal etliche Zelten zubrachte.

der Mosel.

nachging, mit

Tage unter lustigen

Der Herzogsborn ist die Hauptquelle

Einige hundert Schritte davon,

gen

Osten

zu, entspringt der Ammelbach, die Hauptquelle der Fecht*). Die Münsterthäler führen von Alters her, und nament­ lich als es noch keine Fabriken im Thale gab, ein Alpen­ leben. Sebastian Münster sagt in seiner berühmten Cosmographei: „Ihr Handel und Nahrung ist mehrer„theils von dem Vieh, denn sie vast gute Weid haben, „treiben auch im Sommer ihr Viehe auf alle Höhe der „Berge, gleichwie im Schweitzer Gebürg." Und der alte Jchtratzheimer schreibt in seiner 1710 herausgekommenen Topographia des Elsasses: „Die Höhe haben zwischen „den Gipfeln große Horizontelslächen und Weidgang, daher „vom End Maji biß zu End September viel Stück Rind

„Vieh (weilen sie von denen Fliegen und Ungeziefer wegen „Kühler Luft, Ruhe, auch Genuß und die herrliche Kräutter „zur Weid nach der Genüge habe) gehalten, auf denen „Melker und Sennereien der Menge Butter und Käs „gemacht, nicht nur im flachen Lande selbst verdebit„tiret, sondern auch in weit entlegene Länder verführet „wird, weilen sie denen Schweitzer Butter und Käsen, wo „nicht vor, doch wenig nachgeben." Und in der That eignen sich die breiten Ränfte des Gebirgskammes, welche von Alters her die Wasserscheide**) * Anmerkung.

Vergleiche über den Ursprung, den Lauf und

die schließliche Vereinigung der Mosel und der Fecht, das hübsche

Gedicht: Die Mosel und die Fecht, in Johann Breschs: Vogesen­ klängen.

** Anmerkungen. Diese Berggipfel heißen in den alten Ur­ kunden Birsten, und die Wasser- und Grenzscheide war angegeben durch die Richtung, in welcher der „snee smilzt."

Die Allmenden,

die längs den Abhängen dieser Berggipfel liegen, und von armen

Leuten vermittelst einer Gemeindevergütuvg von anderthalb Franken per Jahr und pro Acker, angebaut werden,

hießen vor Alters

■5 und zugleich

zwischen Elsaß und Lothringen

die Grenze

bilden, trefflich zu Waidgängen.

Etwa gegen den Sankt

Urbanstag (25. Mai), selten früher, ziehen die Hirten mit ihren Käöbuben, den breiten Milchzuber auf dem Rücken,

mit ihren stattlichen Rinderheerden, unter dem Hellen Ge­

läute der Glocken, welche die Kühe am Halse tragen, auf ihre Bergfirsten hinauf.

Dort bleiben fie in stiller Abge­

schiedenheit den Sommer über; zählt man doch über 200

Melkerhütten

auf

den

sogenannten,

dem

Waidgang so

reichen Melkerbergen. Der Bau dieser Berghütten ist höchst einfach; sie sind meist von Holz; auf den niedrigen Schin­

deldächern liegen mit großen Steinen beschwerte Dielen,

damit die heftigen Sturmwinde das Dach nicht wegreißen.

Das erste Gemach dieser Hütten ist

gewöhnlich eine als

Wohnstube dienende Küche und Käserei, in welcher Einem die blank gescheuerten Melkgeschirre entgegen blinken. Neben der Küche befindet sich meist eine kleine, sehr niedrige und

schwach beleuchtete Kammer, in welcher ein in der Wand angebrachtes Bett sich befindet, das von außen einem Wand­

schranke nicht unähnlich sieht.

Ein Tisch,

Bank, ein Gesimse, auf welchem sich

eine hölzerne

neben dem Segen-

büchel (Gebetbuch) noch die nothwendigsten Küchengeräthschaften befinden, bilden das einfache Mobiliar dieser länd­ lichen Hütten.

Neben der Melkerei dehnt sich gewöhnlich

der niedrig gebaute Viehstall aus, in welchem, je nach dem Wohlstände des Eigentümers **), man Halbduhende und

Dutzende, ja Halbhunderte und bis Hunderte von Stücken H o ch v e l d e n, heutzutag nennt man sie K r i e t e r (Kräuter), wäh­ rend die Bergwiesen Wasen genannt werden.

* Anmerkung.

Viele

noch Kühe zu ihren eigenen.

Melker

miethen für den Sommer

Außer der Verantwortlichkeit, die sie

für diese Thiere tragen, zahlen sie dem betreffenden Eigenthümer für

die Sommermonate den Preis, den der Centner Käs gilt.

6

Rindvieh antrifft.

größten Mrlkerberge im

Die beiden

Münsterthal find der Kahlen Wasen (Petit Ballon) mit hundert Stück und GLrtlen

achtzig Stück.

(Gazon du

Marti?) mit

Die Melkerhütten, nebst den dazu gehö­

rigen Stallungen, find gewöhnlich am Bergesabhang, an Die Melker find meisten« junge

windstillen Orten, gebaut.

kräftige Leute; fie

tragen runde,

schwarz«

Lederkäppchen,

und find sehr einfach, ja leicht gekleidet; fie können große Strapatzen ertragen und jedem Wetter trotzen.

Im Alter

ftcilich spüren fie die Nachwehen ihrer rauhen Leben-art.

Im Knabenalter find

dieselben meisten« al« Käsbuben

angestM gewesen, da« heißt, fie find mit dem Esel täglich au« dem Dorfe in

die Melkerhütte hinaufgekommen, um

die daselbst zubereiteten Käse auf dem Rücken der lastbaren Thiere Abend« wieder herabzubringen.

Im Münsterthal

werden näqilich dir weit und breit bekannten und gesuchten

Münster käse *) verfertigt,

find, weil, eucher heerden

die deßhalb so

schmackhaft

der sorgfältigen Zubereitung, die Kuh-

eine vortreffliche

Weide auf

den hohen

Bergen

finden, auf welchen Alpenkräuter in Menge wachsen.

Im

Sommer find die Heerden einen Theil der Nächte über im

Freien; erst um Mitternacht, wenn die Lust kühler wird,

läßt man fie in den Stall.

Gegen Michaeli, oder etwa«

später noch, kehren die blöckenden Heerden unter Schellen­ geläute und ftöhlichem Jodeln der Hirten, au« ihrer luf­

tigen Höhe wieder in ihr

stille«

Thal hinunter.

Voran

geht die Führerin der Heerde, die durch eine größere Schelle

stch auSzeichnet; Kühe,

ihr folgen, in langer Reihe,

die sämmtlich mit

Anmerkung.

die übrigen

größeren und kleineren Schellen

Im Münsterthale werden wohl jährlich 200,000

Pfund (20,000 Gentner) Käse fabrizirt. Den Centner zu 80 Franken, den höchsten Preis gerechnet, macht das eine jährliche Einnahme

von 16 Millionen Franken.

7 versehen sind. bvben,

Zuletzt kommt der Melker mit seinen KLS-

die den blank gescheuerten Milckkeffel tragen,

die Luft mit ihrern Jodlen erfüllen.

und

So ziehen die freien

Bewohner der Berge wieder hinab in die heimischen Thä­ ler, um die Wintermonate im Kreise der Ihrigen zu ver­

leben.

Manche

gelegene

Berge,

Melker wo

jedoch

sich

begeben

Stallungen

sich und

auf

niedrig

Bergschrunen

befinden; dort harren sie, bis das Futter aufgezehrt ist, aus, und kehren, gegen Weihnachten, allmälig ins Dorf herab.

Sehr ost geschieht es auch, daß die Melker ihr Vieh allein

in den Bergställen

lassen, und dann zweimal täglich sich

hinauf begeben, um di« Fütterung vorzunehmen.

Ist daS

Futter aufgezehrt, so wandelt man in eine niedriger gelegene

Schmne,

und mit dem ersten Scbnee vollend- in die hei­

mischen ^Dorfställe hinunter.

Durch seine eigenthümliche Lage

von Alters her gewesen.

ganz

besonders

ist das Münsterthal

zur Viehzucht

geeignet

Denn einmal war das Thal durch steile, unzu­

gängliche Felswände von Welsch-Lothringen, an welches «S grenzt, völlig abgeschnitten, znm

Andern sind viele Berg­

höhen im Thäte kahl und unbewaldet und deßwegen, weil gegen Osten gelegen, vortrefflich für den Waidgang geeignet,

znm Letzten bildete das Thal, so

lange eS ohne Fabriken

war, eine gänzlich abgeschloffene Welt und die Thalbewvhner waren zur Fristung ihres Lebens genöthigt, Viehzucht und

Ackerbau zu treiben.

Und der Feldbau wird fleißig von

ihnen, wenn auch mit großer Anstrengung, betrieben; biS auf die steilsten Berge hinauf sind

die Abhänge

ange­

pflanzt, besonders mit Kartoffeln, die in dem leichten Boden trefflich gedeihen.

Freilich ist der Ackerbau im Thale ein

viel mühsamerer' als in der Ebene,

und wenn irgendwo,

so gilt hier daS Schriftwort:

Schweiße

Im

AngesichtS sollst du dein Brod essen.

deine.»

8 Die Bevölkerung

des

Münsterthales

(wir verstehen

darunter, wie schon oben gesagt, die Stadt Münster mit den früher dazu gehörigen Gemeinden

des Groß- und Klein-

thales), betrügt etwa fünfzehn tausend Seelen, wovon wohl

zwei Drittheile evangelisch find.

Die alten MünsterthLler

zeichnen fich durch ihr ernste- und fittsameS Wesen,

durch

ihren Fleiß und

ihre Frömmigkeit, und durch ihre An­

hänglichkeit aus.

Man findet unter ihnen ein Gefühl der

Gemeinsamkeit, ein kräftig eine innige, an

ausgeprägter

Gemeinfinn und Sennhirten erin­

diejenige der Schweizer

nernde Liebe zu ihren Bergen. Ihre Tracht, die leider am Verschwinden ist, war ernst und einfach; die Männer trugen

den Dreispitz, einen langen braunen Rock, schwarzes Brust­

tuch, kurze graue Kniehosen, lange Strümpfe und Schnall­

schuhe.

Die

Frauen gingen und gehen

zum Theil noch

einher in der sogenannten schwarzen Nebelhaube (Kopf­ haube), im schwarzen Rock und schwarzen Mieder.

Ernst der äußerlichen Tracht deutete auf den Glauben- und der Sitte.

Der

Ernst des

Beide jedoch haben unter dem

jünger« Geschlechte stark abgenommen. Die Lebensweise der MünsterthLler ist höchst einfach;

Kattoffeln, Kraut (sogenannter Gumbisch) und Käse find

ihre Hauptnahrung-mittel.

Manchen alten Leuten im Thal

gedenkt noch 'die Zeit, wo der Kaffee ein unbekannter Trank

war; dazumalen, sagen sie, sey man viel gesünder gewesen, und hörte man nicht so viel klagen über „schwache Erve"

(schwache Nerven). Auch iifl geistlichen Leben sind

die

Münsterthäler vor

Andern ein bevorzugtes Völklein; gute Erbauung-bücher findet man in Menge in den Häusern;

e- ist ein Segen

von der Väter Zeit vorhanden, wie nicht leicht sonst ander-wo.

Die Liebe zum Worte Gotte- und zu den treuen Predigern desselben ist eine große.

In den meisten Häusern im Thal

9 wird noch am Morgen und am Abend der Segen gebetet. Mit Gebet setzt man sich an den Tisch, und mit Dank­

sagung steht man von der Mahlzeit auf.

Gerade durch ihre

frühe Abgeschlossenheit von der Außenwelt, haben sich unter den Bewohnern des Münsterthales alte, gute Sitten länger denn

sonst, erhalten, obwohl auch hier wie allüberall die Alten klagen,

es sehe heutzutage nicht mehr wie ehedem, und die Jugend sehe viel roher, unwissender und wilder, denn zu ihrer Zeit.

es,

daß man im Münsterthale keine

Wiedertäufer findet.

Während man auf einsamen Berg­

höhen

Rappoltsweiler,

Merkwürdig ist im

Markircher,

Maßmünsterthal Wiedertäufer in Anzahl begegnet (in Markirch

Gebweiler

größerer

und

oder kleinerer

bilden sie eine

förmliche

Gemeinde), trifft man im Münsterthale keinen einzigen an. Juden gibt es gleichfalls, mit ganz geringen Ausnahmen, In Münster

keine im Münsterthal.

durften sich vor der

französischen Revolution, keine Juden'niederlassen, welches

Recht der Stadt Münster durch eine Urkunde Kaisers Marimilian L, vom Jahre 1570, bestätigt ward.

Wer in alter

Zeit von den Juden Geld lieh, dem wurde das Wasser und

das Feuer untersagt. Bis auf den heutigen Tag findet man, mit Ausnahme Winzenheims, keine Juden im Münsterthal; blos

in der Stadt Münster sind einige Judenfamilien seßhaft; doch kommen sie jeden Tag, um Viehhandel und Schacher zu treiben, in das Thal, das sie in allen Richtungen durchwandern. Weil das Münsterthal in alter Zeit eine völlig abge­

schlossene Welt, gleichsam einen kleinen Freistaat im Elsaß bildete,

hat sich

auch

in

demselben

Sprache gebildet und erhalten. von Redensarten*)

und

eine

eigenthümliche

Wir lassen hier eine Reihe

Sprüchwörtern

folgen,

die im

*) Anmerkung. Herr Pfarrer Bresch, in Mühlbach, hat ein Idiotikon, das heißt eine Sammlung von Münsterthäler

Redensarten und Ausdrücken angelegt, womit er einst die Alsatia

bereichern sollte.

10

Münsterthal gang unb gäbe sind, im übrigen Elsaß jedoch fremdartig klingen.

MünsierthSler Kebruarte«. „I hab iwli Zit ghet", ich habe viel arbeiten müssen.

„I bin glatt erschrocke", ich bin sehr erschrocken.

„Sie kenne nit mit «ander gschirre", sie können nicht

mit einander auskommen. „Eywe" (unübersetzbar).

„I könnt- günzli nit faje", ich könnte es ganz und gar

nicht sagen. „'S Kind isch Hit pfifi und müdri", da- Kind ist heute verdrossen und mürrisch. „Unser Mejele isch ferne höre", unsere

am Kaiser Heinris Da ge­

Maria Anna ist vorige- Jahr am Kaiser

Heinrich-tag (den 13. Juli) geboren. „Alle ledige Da will mm Frei strotze gehn", jeden Tag den Gott gibt, will meine Frau

über die

Straße (zu

Nachbaröleuten) gehen.

„Wander gtodten gehn"? Wollt Ihr gwelten, d. h. den Abend in einem fremden Hause zubringen?

„Er isch

eige".

Eigen

kann entweder heißen: er ist

apart, oder er gehört zur Familie.

„.Gang dapfer uf de Pfarrer los, geh' schnell den Pfarrer rufen.

„Die Dörfer und die Berjer", die Dors- und die Berg­ bewohner.

Sie hen Wechselwort mit »ander gha",

sie hatten

Streit mit einander. „Mer hette noch'- erscht ungrad Wort mit n'ander ze

wechsle", Wir hätten noch da- erste Zankwort mit einander

zu wechseln.

11 „Biebli lauf weidli", Büblein, lauf schnell. „Jr Han e Stroßer bekumme", Ihr habt einen Straßer

(Besucher) bekommen. „Er isch iwel feil un übri wore", er ist nnwerth und überflüssig geworden. „I hab em d^Zit

geböte, er

het

awer nit gedankt",

ich habe ihn gegrüßt, er hat aber nicht gedankt.

„Bisch wider ungatti"? Bist du wieder unartig? „Huk di hin", setz dich hin. „Bisch mer e koschbarer Kerle"! Du bist mir ein theurer

Kamerad!

„Los mi unkeit"! „Hesch gegobt" ?

Laß mich in Ruh!

Hast Du gegabt, das heißt hast Du

eine Gabe bei einer Taufe oder einer Hochzeit gegeben? D'Alte sin hertbeini gsi, d^Junge awer sin bal bufelli",

die Alten waren kräftig und dauerhaft,

die Jungen hin­

gegen sind schwach und gebrechlich. „Bet nf, bet auf, sag' deine Lektion her!

„Mer het im Jwerdrang thon", man hat ihm Ueberdrang, Gewalt angethan.

„Wur mer nit Hofferi", werde mir nicht hoffärtig. Es het Betzit gelite", es hat die Abendglocke zur Bet­

zeit geläutet.

„Der Lichebiter isch bim gsi",

der Leichenbitier war

bei ihm.

„Chagrinir mi nit", Sei? mir nicht zu leid. „Si hen mit^nander parisert", sie haben mit einander

in wilder Ehe gelebt.

„Tra Besserung uss Feld", trage Mist ausis Feld.

„Lut stner USsag", nach seiner Aussage. „Mer hän Nußkern gekirnt", wir haben Nußkerne auf-

geschlagen.

12

„ES dicht mi S'ijch nir Lehes", eS dLucht mich es feto nicht- Unrechtes.

„Mer fin in tim Waffer getauft teert", wir find mit tinandtr getauft worden.

Unser- Sit un d'ander Sit", unsere Seite (die evan­ gelische) und die andere (die katholische).

Miinsterihaler Aprüchwörter. 1)

Wenn ein alter Vogel auS dem Neste fliegt, lebt er nicht mehr lange.

2)

Wenn man zwanzig Jahre mit einander gschirrt

hat, so gibtS auch manchi krumme Furchen.

3)

Wenn die Tage langen, kommt die Kälte gangen.

4)

So der Acker, so die Rüben,

So der Vater, so die Buben, So die Mutter, so die H....

5) 6)

Er wird keinen Sester Salz mehr essen. Wenn der Bär am Lichtmeß (2. Februar) d'Sunn erblickt, so mueß er sech- Wuche in'- Loch.

7)

Im Hornung sieht mer lieber e Wolf als e Mann in Hemdärmel.

8)

Der Jerri un der Marr (23. und 28. April), die

bringe oft wa- Arg- (Unwetter). 9)

Wenn Gott Einem .ein? Krankheit schickt, so hat

Er schon die Wärterin bestellt. 10) MakhiS (25. Februar) bricht'S IS, Findt er kein-, so macht er ein-.

11)

Wenn es dünnere thut uf de blute Hirte (Höhen)

Derfe sich d'Melker nit freje uf srüij Firste. 12)

Es ist ken Meje (Maimonat) noch so guet,

ES schneit dem Schäfer uf de Huet.

13)

Uff e narrichti Red ghert e narrrichtt Antwort.

13

14) So viel Newel im Merz

So viel Wetter tut Summer. 15) Unversucht schmeckt nit. Unerfahren glaubt nit.

Wenn wir nun von den Redensarten und Sprüchen auf die Familiennamen übergehen, so finden wir, daß im Münsterthale etliche Geschlecktsnamen eine ungewöhnlich große Verbreitung haben. Wir errinnern nur beispiels­ weise an die Namen Kempf (auch Kämpf), Ertle, Iltis, Wodey (auch Woday), Hadey (auch Haday), Spenle, Jägle u. s. w. Daher.rührt auch die Sitte, den Leuten

Zunamen zu geben, unter welchen sie meist besser bekannt sind als nutet ihren eigentlichen Familiennamen. Solche Zunamen entstehen auf mannigfaltige Weise z. B. durch Vornamen wie Wolt (Thepbald), Velte (Valentin), Lüre (Lukas), Hans j ob (Hans Jakob), Christ le (Christian), Märte (Martin), Bernet (Bernhard), Hansjerri (Hans Georg), Clause (Nikolaus); beiden Frauen kommen viele Sälm (Salome), Meje (Maria), Annemeje (Anna Maria), Mejberb (Maria Barbara), Bäwele) deminutiv von Barbara), Bäwi, (Babette), vor. Manchmal haben Familien ihren Zunamen von dem Amte

oder der Beschäftigung eines ihrer Vorfahren her, z. B. Schulzewolt^s,Büchsenmachers, Pfarrwolts, Stein­

hauers, Mürers (Maurers), Orgelschläger (Orgel­ spieler) Endlich entsteht der Zuname oft durch eine örtliche Lage eines Wohnhauses, z. B. Kilchröse (Rös wohnhaft bei der Kirche), Kilchbeck (der Bäcker bei der Kirche), Matt eh an ns (Johannes in den Matten) u. s. f.

14 Auch

die verschitdenen

Berge haben ihre besonderen

Namen. Sehr oft kommt unter andern der Name Bühl*)

(Bühel, so viel als Erhöhung) als Berggipfel vor.

gibt es im Münsterthal einen gewöhnlichen Bühl,

So einen

Kirchbühl(Kilwel), einen Mittelbühl,einen NSchsten-

und einen Lundenbühl, bei dem Hehneck. Zur Bezeichnung der Berggipfel kommt auch der Name Kopf im Münsterthal häufig vor, z. B. der Schalllern­ kopf (bei dem Hohneck), der Rinnkopf,

der Lauchen-

kopf, die Spitzeköpf, der Rappenkopf u. s. w.

Auch den Ausdruck

Born (Quelle)

findet man nicht

selten.

So gibt es einen Hahnenborn, einen Kälten­

born,

einen

Herzigeborn,

einen

GlaSborn,

auch

einen Bornacker.

Auch die Bäche dienen zur Bezeichnung der Berghöhen,

wie folgende Namen beweisen: ^Selbach", „Bächle", „überm Bach", „Eschtenbach" (schon auf der wälschen Seite gelegen), „Schierbach" (der Bach bei

der Scheuer),

„Lundenbach",

„Heidenbach" **), u. s. w. *) A n m e r k u n g. findet sich

der

Badischen, in

Name

Im Elsaß und in der benachbarten Schweiz,

Bühl

ungemein

häufig,

ebenso

auch im

den ehemaligen alemannischen Gegenden, sowohl als

Orts- als auch als Bergname, z. B. bei Weißenburg.

Bühl

bei

Gebweiler,

Bühl

In der Nähe- von Basel kommt der Maienbühl

(bei Riehen) und der Schönbühl (bei Augst) vor. im Münsterthal, ist ein Dombühl, im

Barrer

Thal

Bei Eschbach,

ein einfacher

Bühl; in Straßburg gab es früher, in der Weißthurmstraße, einen Michaelsbühl mit einer Kapelle, und der allen Straßburgern wohl­

bekannte Lingolsheimer-Buckel, war ein ehemaliger Bühl. ♦*) Anm erkung. Dem Namen Heiden begegnet man öfters

in den Vogesen

und

einwohner dieser

Gebirge, die alten Celten.

derselbe ist

eine

Erinnerung

an die Ur­

So gibt es

Heiden­

mauern", .Heidenstraßen", „Heidenselsen", „Heidenlager", „Heideu-

städte" im WaSgau.

15 Wort,

Ein eigenthümliches

als Benennung antrifft,

ist

auch im

Wort, das sich

erhalten hat (z. B.

da- man im Münsterthal

das

Blara,

Runs.

Wort

benachbarten

Dieses

Orbeythal auS ru

Noru, weißer und schwarzer

See), scheint eine Höhlung zu bezeichnen,

auch

tthe solche,

die auSgetrocknet ist. So» gibt e» einen HellenrunS

RunS) unweit

Gaschnei,

(einen auSgehöhlten

dem Meierhofe am Fuße deS

Schallernkopfs, eine« Wüsten-RunS im Großthat, einen SaurunS (salv. von.) zwischen chem Herrenberg und dem

Kolben, ein Rin ns el, bei Breitenbach.

Auch der sonst im Gebirge

Ried

im

kommt

wenig gebräuchliche Name

Münsterthal«

sumpfigen Gegend vor.

als

Bezeichnung

einer

Raine und Ränfte alS Rauten

von Bergabhängen findet man auch wie z. B. der Schäfer­

thalrain am Hohneck und

der Heidenraw

(rauft) bei

dem Wurzelstein.

Da die Berge im Münsterthal bei

Weitem nicht alle

bewaldet find, sondern oft gewaltige FelSmaffen bilden, so

begegnet man auch

oft

dem Ausdrucke Stein.

So der

„Glitzerstein", der „Wetstein", der „Wurzelstein", der „Ra­ benstein" ii. s. w.

Aus all' dem Gesagten geht hervor, daß das Münster­ thal bis in die neueste Zeit, vornämlich durch seine eigen­

thümliche Loge, durch welche eS lange von außen her wie abgeschloffen war, gleichsam, eine Welt für sich bildete, in welcher

ein

welches lange

eigenartiges, hindurch

naturwüchsiges

Völkchen

lebt,

der Väter Art und Sitten treu

bewahrt hat, und deßweg'en auch einen unwiderstehstchen Reiz auf den

Ankömmling

samen Beobachter anSübt.

und später auf den aufmerk­

Äa-itel II.

Jie Wei äes Reisigen Senedief in 4Änn|er. Um das Jahr 634 kamen einige Mönche unter der

Führung deS frommen Priesters Oswald, eines Schülers

des Papstes Gregor deS Alpen herüber, um den

die gute Botschaft

Großen,

aus Rom über die

heidnischen Völkern Deutschlands

von Christo

zu bringen.

Ihr Weg

führte sie durch Lothringen, und von dort herüber gelangten sie über steile und gefährliche Pfade, die sich am Hohneck vorüber und am Rande gähnender Abgründe hinzogen, in

ein waldbedeckteS

Wildniß darbot.

Thal,

das

den

Anblick einer völligen

In diesem einsamen Gebirgsthal häuften

nur die Bewohner der Berge, Bären und Auerochsen, Wild­ schweine und Wölfe,

Spur.

aber von Menschen fand sich keine

Der Sage nach soll der römische Feldherr Julius

Cäsar, bei seinem Aufenthalte im Elsaß, in alterSgraum

Zeitm den Auerochs im wilden Münsterthale gejagt haben. Darüber schreibt der Münsterthäler Dichter Johannes B re sch in seinen „Dogesenklängen" Folgendes: In altersgrauen Zeiten

War'S Sd' im Münsterthal; Gebirg und grüne Weiden

Bedeckten Moor und Haiden Und WaldeSnacht zumal.

17 ES stürmten Wölf, und Büren Mld durch des Urforst'S Nacht....

Im Thal, dem menschenleeren, Auf Auerochs und Bären, Macht Eäsar lustig Jagd.

Oswald ließ sich mit seinen Gefährten in einer engen

Thalschlucht nieder, am sogenanntm Schweinsbach (von den Wildschweinen also benannt).

Sie bauten sich einfach«

HMen und errichteten eine Kapelle, welche Jahrhunderte lang bestand, bis die Stürme der französischen Revolution Jetzt erhebt sich dort der au-

ihr den Untergang brachten.

der Klosterzett stammend« Mrierhof, in dessen Nähe man

bi» in die vierziger Jahre noch die spärlichen Trümmer des bescheidmen ersten

konnte.

im Thale

Gotteshauses

erblicken

1793 ein sogenannte-

war bis

Dieser Mrierhof

Pfaffengut.

O-wald, von Wkunst vermuthlich ein Irländer, siedelte fich in der Folge mit seinen

Gefährten,

bei dem Zusam­

menfluß der beiden Kleinthalbäche (de- AmpserSbacheS und de- Sultzerer WafferS)

an.

Der

Ort

an welchem sie,

neben ihren schlichten Einfiedlerhütten, ebenfalls eine, jedoch

spurlos verschwundene Kapelle, errichteten, heißt jetzt noch der Kirchbühl, oder wie die Thalleute sagm, der Kilb el"). In der Folgezeit entstand

dott

ein Dorf,

da- schon in

einer Urkunde de- Jahre- 817 vorkommt, und wegen seiner

au-

der

Ferne

hergekommenen

Bewohner,

den

Ramen

Schottenweiler (koottonvilro) empfing. Da- ist der Ur­

sprung de-heutige« Dorfe- Stoßweyer oder Stoßwihr. •) Anmerkung.

Aus

dem Kilbel

ist

keine

Spm

einer

früherm Kapelle mehr vorhandm, doch nach der Volk-Überlieferung soll

das

helle Glöcklein, welches

auf

dem

Siebel der daselbst

befindlichm Gemeindehauses «tönt, einst einer früherm dott stehen»

dm Kapelle angehött habm.

a

18

Scholten nannte man nLmlich dazumal ausnahms­

los alle aus Großbritannien, auch aus Irland herübergekommene Missionare, von denen etliche daS Christenthum in die Vogesen brachten*).

642.

Roch

erinnert

in

Stoßweier, der Name

Oswald starb schon im Jahre NLHe des

der

eines

KirchbühlS von

gegenüber liegenden BergeS,

den Wanderer an den frommen Einsiedler,

der einst mit

dem Evangelium christliche Gesittung in dieses Dogesenthal

brachte; eS ist der Mönchberg, ein lang gedehnter Höhen­ zug, der sich von Münster auS, in starker Steigung, nach

dem Hohneckkopf hinzieht. Nicht lange blieben OSwald'S

Gefährten im Hintern

Thalgrunde; schon im Jahre 660 finden wir sie an einem neuen Orte, unweit des

Zusammenflusses

des Kleinthgl-

bacheS mit der Fecht. Dort errichteten sie ein Kloster (ein „Gohhuß" wie sie es nannten), daS sie dem Papste Gregor

dem Großen widmeten; sie selbst aber wohnten beisammen

nach der Regel des heiligen Benedikt.

So legten sie den

ersten Grund zur nachmaligen berühmten Abtei Münster im Gregorienthal.

Münster

(Monasterium) heißt so

viel als Kloster, nach dem Lateinischen, und der Zusatz i m

Gregorienthal erklärt sich einmal dadurch, daß dieses Kloster zu Ehren des Papstes Gregor war gegründet wor­ den, und zum andern, um eS von den verschiedenen» gleich­

namigen Münsterthälern (3 in der Schweiz und 1 im

Schwarzwald) zu unterscheiden. Die Klosterbrüder von Münster beschlossen die Regel

deS heiligen Benedikt zu befolgen. Benedikt von Nursia, in Italien, ist der Gründer des abendländischen MönchS-

wesenS

gewesen.

Um

dem sündlichen

Weltleben

seiner

Genossen zu entgehen, entfloh er dem elterlichen Hause in *) Anmerkung.

Auch die Thomaskirche in Straßburg hieß

zum Beispiel ursprünglich die Schottenkirche.





19

Rom, um ein einsiedlerisches Leben zu führen.

Er grün­

dete das berühmte Kloster von Monte Cassino, in Süditalien, das die Mutteranstalt aller Klöster des Ordens

Er starb im Jahre 543.

wurde.

Seine Klosterregeln

hatte Benedikt im Jahre 529 entworfen.

Nach denselben

sind das die Bedingungen des klösterlichen Lebens: 1) die Beharrlichkeit, 2) die Abkehr von der Welt, 3) der unbe­

dingte Gehorsam gegen die Obern. Das Leben der Mönche,

die in jedem Kloster unter einem Abte stehen, den sie Vater nennen, ist getheilt jeder: Tag zwischen siebenmaligem Got­ tesdienst und fleißiger Arbeit. die goldene Ordensregel.

Bete und arbeite ist also

Jedes Kloster soll

eine Welt

für sich bilden; wo möglich soll in demselben Alles gepflanzt und bereitet werden, was zur Nothdurft und Nahrung des

Leibes und der Seele dient; auch arme Kinder sollen von

den Mönchen unterrichtet und für das Klosterleben erzogen werden.

Lange Zeit war der Benediktinerorden ein Segen

für Europa, denn die Benediktinerabteien,

deren es auch

im Elsaß viele gab, waren Stätten der geistigen Bildung und Sitte, und Träger des christlichen Lebens. Doch zuletzt

arteten sie auch aus und verweltlichten allmälig.

In der neu entstandenen Abtei von

Münster sollten

also diese Regeln des heiligen Benedikt zur Geltung kom­

men.

Und in den ersten Jahrhunderten ihres Daseyns

war dies auch

der Fall.

Unter den fränkischen Königen

erreichte sie ihre Blüthezeit.

Der Frankenkönig Childe-

rich II, der oft in seinen Meierhöfen im Elsaß, besonders in Maxlenheim weilte, kam

dann und wann auf seinen

Jagdzügen*) ins einsame, aber wildreiche Gregorienthal. Er

*) Anmerkung.

Von

diesen

Jagdzügen

der

fränkischen

Könige ist wahrscheinlich der Name Frankenthal entstanden, den

das

hinter

Ampfersbach ain Fuße

der Schlucht

gelegene

Wald-

20





nahm dann gewöhnlich sein« Herberge im gastfrevndlichen Kloster von Münster,

dessen Geist und Einrichtungen ihm

so wohl gefielen, daß er beschloß, ihm einige Schenkungen zu machen.

Im Jahre 673, den 4. März, machte er dem

Abte Baledius für die

Wtei einige Waldungen

und

Güter zum Geschenk, die in dem Banne von Muntzen­

heim, unweit Kolmar, und von One «heim, beiSchlett-

stadt, gelegen waren.

Eine Abschrift dieser

Schenkungs­

urkunde ist noch vorhanden. Der Rus der Benediktinerabtei Münster wurde bald im ganzen Elsaß

rin

so vortheilhafter,

im Laufe von

daß

einem J