Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg [73]


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German Pages 451 Year 1986

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Table of contents :
Christa Schaper, Die Fürleger von Nürnberg und ihre Niederlassung
in Verona im 16./17. Jahrhundert ................................................. 1
Wilhelm von Loeffelholz, Sixtus Tücher und der reitende Tod als
Bogenschütze .............................................................................. 45
Georg Stolz, Veit Stoß — Bildhauer und Ingenieur ........................ 55
Dieter Merzbacher, Der Nürnberger Scharfrichter Frantz Schmidt —
Autor eines Meisterliedes? ................................................................. 63
Dietrich Blaufuß, »Jöcher« Specialis’. Das „Nürnbergische Gelehrten-
Lexicon“ von Georg Andreas Will 1755 — 1758 ............................. 77
Constantin Kooznetzoff (f) und Brian Taylor, Die Einlaßzeichen
der Nürnberger und Augsburger Meistersinger............................. 95
Herbert J. Erlanger, Nürnberger Medaillen von 1782 —1806 . . . 101
Susanna Gramulla, Nürnberger Kaufleute im Italienhandel zwischen
1720 und 1740 129
Gerhard Hirschmann, Eine Magistratssitzung im Jahre 1852 . . . 175
Jürgen S ö 11 n e r, Das Nürnberger Stadttheater am Ring ....................185
Lothar Strogies, Die sozialistische Arbeiterjugend in Nürnberg während
der Weimarer Republik............................................................... 239
Rolf Pohle, Historische Entwicklung der Stadtreinigung und Abfallbeseitigung
in Nürnberg....................................................................291
Buchbesprechungen...................................................................................329
Neue Arbeiten zur Nürnberger Geschichte ............................................377
Jahresbericht über das 108. Vereinsjahr 1985 381
V
BUCHBESPRECHUNGEN
Berühmte Nürnberger aus neun Jahrhunderten, Hrsg. Christoph v. Imhoff, Nürnberg
1984. (Hans Körner)................................................................................................. 329
Bernd-Ulrich Hergemöller, Fürsten, Herren und Städte zu Nürnberg 1355/56, Köln
1983. (Kuno Ulshöfer) ...................................................................................................333
Jörn Reichel, Der Spruchdichter Hans Rosenplüt, Stuttgart 1985. (Dieter Merzbacher)
........................................................................................................................... 333
Hansjürgen Kiepe, Die Nürnberger Priameldichtung, München 1984. (Dieter Merzbacher)
........................................................................................................................... 333
Jeffrey Chipps Smith (Hrsg.), New perspectives on the art of Renaissance Nuremberg,
Austin/Texas 1985. (Rainer Schoch)............................................................................... 337
Manfred Dutschke, „. . . was ein singer soll singen“. Untersuchung zur Reformationsdichtung
des Meistersängers Hans Sachs, Frankfurt am Main 1985. (Johannes Rettelbach)
............................................................................................................................... 339
Maria E. Müller, Der Poet der Moralität. Untersuchungen zu Hans Sachs, Bern 1985.
(Johannes Rettelbach) ...................................................................................................340
Siegfried Schödel, „Bibliotheken und Leindotter-Lager schätzt man nach dem Alter ihrer
Schätze“. Versuch über die Bibliothek des Melanchthon-Gymnasiums in Nürnberg,
Nürnberg 1986. (Hans-Otto Keunecke).............................................................................. 341
Eva Klesatschke, Lienhard Nunnenbeck, Göppingen 1984. (Frieder Schanze) . . . 344
Aus dem Wirtshaus zum Wilden Mann, Nürnberg 1984. (Michael Diefenbacher) . . . 346
Rainer Gömmel, Vorindustrielle Bauwirtschaft in der Reichsstadt Nürnberg und ihrem
Umland (16.—18. Jh.), Stuttgart 1985. (Michael Diefenbacher) ....................................347
Prospekt der Reichsstadt Nürnberg des Hieronymus Braun von 1608, Nürnberg 1985.
(Hans Vollet) ................................................................................................................. 347
Helmut Bosch, Die Nürnberger Hausmaler, München 1984. (Klaus Pechstein) . . . 350
Alfred Höhn, Die Straßen des Nürnberger Handels, Nürnberg 1985. (Albert Bartelmeß)
...............................................................................................................................351
Ernst Moritz Arndt, Bruchstücke aus einer Reise von Baireuth bis Wien im Sommer
1798, Reprint Erlangen 1985. (Gerhard Hirschmann) .................................................. 352
Wolfgang Mück, Deutschlands erste Eisenbahn mit Dampfkraft, 2. Aufl. Fürth 1985.
(Robert Fritzsch)............................................................................................................ 354
Herbert Justin Erlanger, Nürnberger Medaillen 1806—1981, Nürnberg 1985. (Ingrid
S. Weber) ...................................................................................................................... 355
Gerhard Müller, Für Vaterland und Republik. Monographie des Nürnberger Schriftstellers
Karl Bröger, Pfaffenweiler 1986. (Paul Dreykorn) .................................................. 358
Leben und Arbeiten im Industriezeitalter. Katalog zur gleichnamigen Ausstellung des Germanischen
Nationalmuseums und des Nürnberger „Centrums Industriekultur“,
Stuttgart 1985. (Helmut Häußler)....................................................................................360
Nürnberger Altstadtberichte, Nr. 7, 8 und 9, Nürnberg 1982—1984. (Peter Fleischmann)
...............................................................................................................................362
Julius Kelber, Ein sterbendes Dorf? Streifzüge durch die Ortsgeschichte von Großreuth
hinter der Veste, Unveränd. Nachdr. Nürnberg 1986. (Karl Christian Götzger) . . 363
VI
Franz Flierl, Mögeldorf. Seine Geschichte, seine Straßen, Nürnberg 1985. (Barbara Hellmann)
..................................................................................................................................... 363
Der Hochaltar der Schwabacher Stadtkirche, hrsg. von Günter Bauer, Schwabach 1983.
(Peter Strieder)......................................................................................................................364
Heinrich Schlüpfinger, Schwabach. Zur Stadtgeschichte von 1548 bis zur Gegenwart,
Schwabach 1986. (Gerhard Hirschmann) .........................................................................366
Ernst Schubert, Arme Leute, Bettler und Gauner im Franken des 18. Jahrhunderts,
Neustadt a. d. Aisch 1983. (Rudolf Endres) ....................................................................367
Willi Werth, Studien zum spätmittelalterlichen Bergwesen in Frankreich und Süddeutschland,
in: Zeitschrift des Breisgau-Geschichtsvereins („Schau-ins-Land“), Jahresheft
104 (1985). (Albert Bartelmeß) ..............................................................................369
Heinz Kühl wein, Vom Keltengold zum Milliardenschein. Geld aus dem Land zwischen
Steigerwald und Frankenhöhe, Neustadt a. d. Aisch 1985. (Hermann Maue) . . . 370
Oberfranken in der Neuzeit bis zum Ende des Alten Reiches, hrsg. von Elisabeth Roth,
Bamberg 1984. (Rudolf Endres) ........................................................................................ 371
Hans Hesselmann, Das Wirtschaftsbürgertum in Bayern 1890—1914, Stuttgart 1985.
(Peter Fleischmann) ............................................................................................................ 373
Albert Raff, Die Münzen und Medaillen der Stadt Schwäbisch Hall, Freiburg i. Br. 1986.
(Hermann Maue) ................................................................................................................. 374
Baden-Württembergisches Pfarrerbuch, Bd. 2: Pfarrerbuch Württembergisch Franken,
T. 1: Die Pfarreien, bearb. von Max-Adolf Cramer, Stuttgart 1985. (Kuno Ulshöfer).....................................................................................................................
................376
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Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg [73]

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Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg

73. Band 1986

Nürnberg 1986 Selbstverlag des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg

Schriftleitung: Dr. Gerhard Hirschmann, Dr. Kuno Ulshöfer und Albert Bartelmeß Für Form und Inhalt der Aufsätze und Rezensionen sind die Verfasser verantwortlich

Für Druckkostenzuschüsse dankt der Verein der Stadt Nürnberg, dem Bezirk Mittelfranken, der Stadtsparkasse Nürnberg, und der Friedrich Freiherr von Haller'schen Forschungsstiftung

Gesamtherstellung: Verlagsdruckerei Schmidt GmbH, Neustadt/Aisch Alle Rechte, auch des Abdrucks im Auszug, Vorbehalten. Copyright by Verein für Geschichte der Stadt Nürnberg (Geschäftsstelle: Egidienplatz 23, 85 Nürnberg 1) ISSN 0083-5579

INHALT Christa Schaper, Die Fürleger von Nürnberg und ihre Niederlassung in Verona im 16./17. Jahrhundert .................................................

1

Wilhelm von Loeffelholz, Sixtus Tücher und der reitende Tod als Bogenschütze ..............................................................................

45

Georg Stolz, Veit Stoß — Bildhauer und Ingenieur

........................ 55

Dieter Merzbacher, Der Nürnberger Scharfrichter Frantz Schmidt — Autor eines Meisterliedes? ................................................................. 63 Dietrich Blaufuß, »Jöcher« Specialis’. Das „Nürnbergische GelehrtenLexicon“ von Georg Andreas Will 1755 — 1758 .............................

77

Constantin Kooznetzoff (f) und Brian Taylor, Die Einlaßzeichen der Nürnberger und Augsburger Meistersinger.............................

95

Herbert J. Erlanger, Nürnberger Medaillen von 1782 —1806

.

.

.

101

Susanna Gramulla, Nürnberger Kaufleute im Italienhandel zwischen 1720 und 1740 129 Gerhard Hirschmann, Eine Magistratssitzung im Jahre 1852 . . . 175 Jürgen S ö 11 n e r, Das Nürnberger Stadttheater am Ring

....................185

Lothar Strogies, Die sozialistische Arbeiterjugend in Nürnberg wäh­ rend der Weimarer Republik............................................................... 239 Rolf Pohle, Historische Entwicklung der Stadtreinigung und Abfall­ beseitigung in Nürnberg.................................................................... 291 Buchbesprechungen...................................................................................329 Neue Arbeiten zur Nürnberger Geschichte Jahresbericht über das 108. Vereinsjahr 1985

............................................377 381

V

BUCHBESPRECHUNGEN Berühmte Nürnberger aus neun Jahrhunderten, Hrsg. Christoph v. Imhoff, Nürnberg 1984. (Hans Körner)................................................................................................. 329 Bernd-Ulrich Hergemöller, Fürsten, Herren und Städte zu Nürnberg 1355/56, Köln 1983. (Kuno Ulshöfer) ...................................................................................................333 Jörn Reichel, Der Spruchdichter Hans Rosenplüt, Stuttgart 1985. (Dieter Merz­ bacher) ........................................................................................................................... 333 Hansjürgen Kiepe, Die Nürnberger Priameldichtung, München 1984. (Dieter Merz­ bacher) ........................................................................................................................... 333 Jeffrey Chipps Smith (Hrsg.), New perspectives on the art of Renaissance Nuremberg, Austin/Texas 1985. (Rainer Schoch)............................................................................... 337 Manfred Dutschke, „. . . was ein singer soll singen“. Untersuchung zur Reformations­ dichtung des Meistersängers Hans Sachs, Frankfurt am Main 1985. (Johannes Rettel­ bach) ................................................................................................................................ 339 Maria E. Müller, Der Poet der Moralität. Untersuchungen zu Hans Sachs, Bern 1985. (Johannes Rettelbach) ...................................................................................................340 Siegfried Schödel, „Bibliotheken und Leindotter-Lager schätzt man nach dem Alter ihrer Schätze“. Versuch über die Bibliothek des Melanchthon-Gymnasiums in Nürnberg, Nürnberg 1986. (Hans-Otto Keunecke).............................................................................. 341 Eva Klesatschke, Lienhard Nunnenbeck, Göppingen 1984. (Frieder Schanze) Aus dem Wirtshaus zum Wilden Mann, Nürnberg 1984. (Michael Diefenbacher)

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344 346

Rainer Gömmel, Vorindustrielle Bauwirtschaft in der Reichsstadt Nürnberg und ihrem Umland (16.—18. Jh.), Stuttgart 1985. (Michael Diefenbacher) ....................................347 Prospekt der Reichsstadt Nürnberg des Hieronymus Braun von 1608, Nürnberg 1985. (Hans Vollet) ................................................................................................................. 347 Helmut Bosch, Die Nürnberger Hausmaler, München 1984. (Klaus Pechstein) . . . 350 Alfred Höhn, Die Straßen des Nürnberger Handels, Nürnberg 1985. (Albert Bartel­ meß) ................................................................................................................................351 Ernst Moritz Arndt, Bruchstücke aus einer Reise von Baireuth bis Wien im Sommer 1798, Reprint Erlangen 1985. (Gerhard Hirschmann) .................................................. 352 Wolfgang Mück, Deutschlands erste Eisenbahn mit Dampfkraft, 2. Aufl. Fürth 1985. (Robert Fritzsch)............................................................................................................ 354 Herbert Justin Erlanger, Nürnberger Medaillen 1806—1981, Nürnberg 1985. (Ingrid S. Weber) ...................................................................................................................... 355 Gerhard Müller, Für Vaterland und Republik. Monographie des Nürnberger Schriftstel­ lers Karl Bröger, Pfaffenweiler 1986. (Paul Dreykorn) .................................................. 358 Leben und Arbeiten im Industriezeitalter. Katalog zur gleichnamigen Ausstellung des Ger­ manischen Nationalmuseums und des Nürnberger „Centrums Industriekultur“, Stuttgart 1985. (Helmut Häußler).................................................................................... 360 Nürnberger Altstadtberichte, Nr. 7, 8 und 9, Nürnberg 1982—1984. (Peter Fleisch­ mann) ................................................................................................................................362 Julius Kelber, Ein sterbendes Dorf? Streifzüge durch die Ortsgeschichte von Großreuth hinter der Veste, Unveränd. Nachdr. Nürnberg 1986. (Karl Christian Götzger) . .

VI

363

Franz Flierl, Mögeldorf. Seine Geschichte, seine Straßen, Nürnberg 1985. (Barbara Hell­ mann) ...................................................................................................................................... 363 Der Hochaltar der Schwabacher Stadtkirche, hrsg. von Günter Bauer, Schwabach 1983. (Peter Strieder).......................................................................................................................364 Heinrich Schlüpfinger, Schwabach. Zur Stadtgeschichte von 1548 bis zur Gegenwart, Schwabach 1986. (Gerhard Hirschmann) .........................................................................366 Ernst Schubert, Arme Leute, Bettler und Gauner im Franken des 18. Jahrhunderts, Neustadt a. d. Aisch 1983. (Rudolf Endres) ....................................................................367 Willi Werth, Studien zum spätmittelalterlichen Bergwesen in Frankreich und Süd­ deutschland, in: Zeitschrift des Breisgau-Geschichtsvereins („Schau-ins-Land“), Jah­ resheft 104 (1985). (Albert Bartelmeß) ..............................................................................369 Heinz Kühl wein, Vom Keltengold zum Milliardenschein. Geld aus dem Land zwischen Steigerwald und Frankenhöhe, Neustadt a. d. Aisch 1985. (Hermann Maue) . . .

370

Oberfranken in der Neuzeit bis zum Ende des Alten Reiches, hrsg. von Elisabeth Roth, Bamberg 1984. (Rudolf Endres) ........................................................................................ 371 Hans Hesselmann, Das Wirtschaftsbürgertum in Bayern 1890—1914, Stuttgart 1985. (Peter Fleischmann) ............................................................................................................ 373 Albert Raff, Die Münzen und Medaillen der Stadt Schwäbisch Hall, Freiburg i. Br. 1986. (Hermann Maue) ................................................................................................................. 374 Baden-Württembergisches Pfarrerbuch, Bd. 2: Pfarrerbuch Württembergisch Franken, T. 1: Die Pfarreien, bearb. von Max-Adolf Cramer, Stuttgart 1985. (Kuno Ulshöfer)...................................................................................................................................... 376

VERZEICHNIS DER MITARBEITER Bartelmeß, Albert, Archivrat, Hallweg 7, 8508 Wendelstein-Sperberslohe Blaufuß, Dietrich, Dr. theol., Oberstudienrat, Schwalbenweg 21b, 8520 Erlangen Diefcnbacher, Michael, Dr., Archivrat, Keßlerplatz 7, 8500 Nürnberg 20 Dreykorn, Paul, Dr., Direktor des Bildungszentrums a. D., Veillodterstraße 21, 8500 Nürnberg 10 Endres, Rudolf, Dr., Univ.-Prof., An den Hornwiesen 10, 8520 Buckenhof Erlanger, Herbert J., Dr., Rechtsanwalt, 264 Lexington Avenue, New York, N.Y. 10016, USA Fleischmann, Peter, Dr., Archivreferendar, Kraftshof 156, 8500 Nürnberg 90 Fritz sch, Robert, Dr., Ltd. Bibliotheksdirektor, Parkstraße 62, 8501 Schwaig Gebhardt, Walter, Diplom-Bibliothekar, Drausnickstraße 8, 8520 Erlangen Götzger, Karl Christian, Pfarrer, Rollnerstraße 104, 8500 Nürnberg 10 Gr amu 11a, Susanna, Dr., Robert-Koch-Straße 57, 5000 Köln 41 Häußler, Helmut, Dr., wissenschaftl. Angestellter, Franz-Reichel-Ring 19, 8500 Nürnberg 50 Hellmann, Barbara, Archivoberinspektorin, Fritz-Soldmann-Straße 6, 8720 Schweinfurt

VII

Hirschmann, Gerhard, Dr., Ltd. Archivdirektor a. D., Gerngrosstraße 26, 8500 Nürnberg 10 Keunecke, Hans-Otto, Dr., Bibi.-Oberrat, Dr.-Rühl-Straße 7, 8521 Effeltrich Körner, Hans, Dr., Generalredaktor der Neuen Deutschen Biographie, Marstallplatz 8, 8000 München 22 Kooznetzoff, Constantin, Prof. Dr., Wellington, Neuseeland (f) Maue, Hermann, Dr., Konservator, Kaulbachstraße 35, 8500 Nürnberg 10 Men de, Matthias, Kunsthistoriker, Westtorgraben 9, 8500 Nürnberg 80 Merzbacher, Dieter, Dr., wissenschaftl. Mitarbeiter, Meuschelstraße 11, 8500 Nürn­ berg 10 Pechstein, Klaus, Dr., Oberkonservator, Kartäusergasse 1, Germanisches National­ museum, 8500 Nürnberg 1 Pese, Claus, Dr., Konservator, Kartäusergasse 1, Germanisches Nationalmuseum, 8500 Nürnberg 1 Pohle, Rolf, Dr.-Ing., Direktor des Stadtreinigungs- und Fuhramtes, Rilkestraße 25, 8500 Nürnberg 90 Rettelbach, Johannes, wissenschaftl. Mitarbeiter, Am Rudolfshof 30, 8560 Lauf Schanze, Frieder, Dr., wissenschaftl. Mitarbeiter, Deutsches Seminar der Universität, Wilhelmstraße 50, 7400 Tübingen Schaper, Christa, Bingstraße 30, App. 605, 8500 Nürnberg 30 Schoch, Rainer, Dr., Oberkonservator, Kartäusergasse 1, Germanisches National­ museum, 8500 Nürnberg 1 Söllner, Jürgen, M. A., Heynestraße 10, 8500 Nürnberg 70 Stolz, Georg, Architekt (BDA), Kuckucksweg 6, 8510 Fürth i. Bay. Strieder, Peter, Dr., Ltd. Museumsdirektor a. D., Eysöldener Straße 10, 8500 Nürnberg 60 Strogies, Lothar, M. A., Bärenschanzstraße 7, 8500 Nürnberg 80 Szeiklies-Weber, Dr., Tölzer Straße 24, 8000 München-Grünwald Ulshöfer, Kuno, Dr., Ltd. Archivdirektor, Untere Wörthstraße 10, 8500 Nürnberg 1 Taylor, Brian, M. A., Senior Lecturer, Department of Germanistic Studies, University of Sydney, Sydney N. S. W. 2006, Australien Vollet, Hans, Dr.-Ing., Ziegelleite 12, 8580 Bayreuth

VIII

DIE FÜRLEGER VON NÜRNBERG UND IHRE NIEDERLASSUNG IN VERONA IM 16./17. JAHRHUNDERT Von Christa Schaper Fast vergessen ist die Familie Fürleger, deren Lebensleistung vom 15. bis zum 17. Jahrhundert den guten Ruf der Reichsstadt als eines der großen Handels­ zentren im alten Europa unterstützen half. — In der Kunstgeschichte blieb ihr Name gegenwärtig. Albrecht Dürer malte 1497 zwei junge Mädchen. Das eine Bildnis trägt die Inschrift: „Also pin ich gestalt in achcehe Jor altt — 1497“. Unter diesem Satz rechts oben sieht man das Wappen der Nürnberger Kauf­ mannsfamilie Fürleger. So kam das junge Mädchen zu der Bezeichnung „Die Fürlegerin“. Es findet sich jedoch in den zwei authentischen Chroniken der Familie von 1525 und 15321, von denen noch die Rede sein wird, weder eine Tochter noch eine Schwiegertochter des Hauses, mit diesem Geburtsjahr. Das Porträt — erworben 1977 aus französischem Privatbesitz — befindet sich heute in der Gemäldegalerie Berlin-Dahlem, Staatliche Museen Preußi­ scher Kulturbesitz. Das Rätsel der Persönlichkeit dieser jungen Nürnbergerin wird sich kaum klären lassen2. Als sicher gilt, daß Thomas Howard, Earl of 1 Germanisches Nationalmuseum Nürnberg (= GNM), Bibliothek, Merkel Hs. 159, FürlegerGeschlechtsbuch (1527), Staatsarchiv Nürnberg (= StAN), Hs. 271, Fürleger-Chronik (1532). 2 Die kunsthistorischen Zusatzinformationen über Dürers zwei Bilder der „Fürlegerin“ in dieser Fußnote stammen von Herrn Matthias Mende, Stadtgeschichtliche Museen Nürnberg. Ihm sei dafür bestens gedankt. 1497 porträtierte Dürer zwei Mädchen, deren Identität bisher nicht zweifelsfrei festgestellt werden konnte. Beide Bilder waren nach Technik und Format Gegenstücke — die Annahme, daß es sich bei den Dargestellten um Schwestern handelt, war naheliegend. Beide Gemälde zeigen das Wappen der Nürnberger Familie Fürleger: A) Sog. Fürlegerin mit offenem Haar. Original (oder gute Kopie?) im Städelschen Kunstinstitut Frankfurt am Main, Inv. Nr. 937. Vgl. Städelsches Kunstinstitut. Verzeichnis der Gemälde aus dem Besitz des Städelschen Kunstinstituts und der Stadt Frankfurt. Frankfurt am Main 1966.S.36. Ausführliche Literatur bei Fedja Anzelewsky: Albrecht Dürer. Das malerische Werk. Berlin 1971. Nr. 45 K. B) Sog. Fürlegerin mit geflochtenem Haar. Original in der Gemäldegalerie der Staatlichen Museen Preußischer Kulturbesitz Berlin, Inv. Nr. 1/77. Die ältere Literatur bei Anzelewsky (s. oben), Nr. 46. - Wilhelm H. Köhler: Albrecht Dürer, Bildnis einer Fürlegerin. Eine Neu­ erwerbung der Gemäldegalerie. In: Jahrbuch der Stiftung Preußischer Kulturbesitz. 14. 1977. S. 175-177. — Ders. in: Catalogue of Paintings 13th— 18th Century. Picture Gallery Berlin. 2nd rev. ed. Translation by Linda B. Parshall. Berlin 1978. S. 142—143 (mit ausführlicher Bibliographie). Fedja Anzelewsky: Dürer. Werk und Wirkung. Stuttgart 1980. S. 80—81. — W. H. Köhler in: Bilder vom Menschen in der Kunst des Abendlandes. Jubiläumsausstellung der Preußischen Museen Berlin 1830-1980. Berlin 1980. S. 178—179. — Peter Strieder: Dürer. Königstein im Taunus 1981. S. 236, Farbtaf. S. 237. - Gerhard Pieh: Aspekte einer Dürer-Restaurierung. Albrecht Dürer: Bildnis einer jungen Frau (Katharina) aus der Nürnberger Kaufmannsfamilie

1

Christa Schaper

Arundel, ein bedeutender englischer Kunstsammler seiner Zeit, es in Nürnberg erworben hat. Es wird im Inventar Arundels von 1655 verzeichnet3. Es wird aus dem Besitz der Erben von Christoph Fürleger (f 1630) stammen, der 1625 den erblichen Adel für die Familie erwarb176 und als Besitzer einer Kunstkammer erwiesen ist173. Das Wappen auf dem Bild könnte eine Flerkunftsbezeichnung und somit nicht 1497 angebracht sein. Wer weiß das zu klären? Ein hoher Rang in der Reihe der Fürleger kommt, neben dem vorgenannten Christoph, dem Chronisten der Familie Wolfgang I. Fürleger (1495-1576) zu, der in seinen Überlieferungen auf schriftliche und mündliche Aussagen seines Großvaters Conrad III. (f 1478) und seines Vaters Hans II. (f 1523) zurück­ greift. Es fällt auf, daß dabei der von 1378 bis 1406 in Archivalien genannte erste Frühmesser an St. Lorenz, Hermann Fürleger, nicht genannt wird4, dagegen zwei Geistliche, die nicht feststellbar sind. Sie sollen 1414 auf dem Konzil von Konstanz das Wappen vom Kaiser erhalten haben5. Im Adelsbrief von 1625 wird erwähnt, eine geistliche Person hätte 1414 das Wappen erhalten. Hier bleibt ein weißer Fleck in der Geschichte der Familie.

Conrad I. und Hans /., die frühesten Fürleger, und ihre Schwiegersöhne Burkhard und Peter Seiler

Von Conrad I. ist nur bekannt, daß er von 1310 bis ca. 1360 gelebt hat; zwei Kinder sind nachweisbar, Christine und Conrad II.6, Hans I., der als Wechsler genannt wird, ist wohl sein Bruder gewesen. Ihr Ansehen beweist die Tatsache, daß Hans Teufel, Angehöriger der alten Ratsfamilie, 1382 Salmann der Für-

3

4 5

6

2

Fürleger (gemalt 1497). In: Maltechnik Restauro. 91. 1985 (2). S. 22—33; ebda (3). S. 2 Emil D. Bosshard. Zu B) gibt es eine Variante, auf der das Mädchen statt des roten ein grünes Gewand trägt. Fedja Anzelewsky hielt diese Version noch 1971 für das Original, hat sich inzwischen aber korrigiert. Es handelt sich bei diesem Bild vermutlich um ein Werk der sog. Dürer-Renaissance um 1600. Vgl. Museum der bildenden Künste Leipzig. Katalog der Gemälde. Leipzig 1979. S. 52. Earl of Arundel, englischer Gesandter, Sammler (1585 — 1646), war 1636 in Nürnberg. Albert Gümbel, Die englische Mission des Grafen Arundel in Nürnberg, 1636, in: Archivalische Zeit­ schrift, Neue Folge Bd. 11, 1904, S. 117 ff. Stadtarchiv Nürnberg (= StadtAN), Landalmosenamt 2096, 77v., StAN, Rep. 74, Urk. des Stadt- und Landalmosenamtes S. 10, Nr. 21: Urk. v. 1406, Febr. 11. Die beiden in der Chronik aufgeführten hohen Geistlichen Fürleger, Pröpste zu Herrieden und Ansbach, sollen auf dem Konzil in Konstanz gewesen sein und dort das Wappen erhalten haben. Das ist wohl eine Fabel. GNM, Merkel Hs. 159, f. 3v. Die dort genannten drei Sohne beziehen die beiden Pröpste ein. Richtig ist nur sein Sohn Conrad II. Von den zwei Töchtern sind Barbara und Christine ge­ sichert.

MVGN 73 (1986)

Die Fürleger von Nürnberg und ihre Niederlassung in Verona

leger war7. Wolfgang von Stromer nennt im 14. Jahrhundert einen Fürleger als Wechsler. Diese Feststellung und die Tatsache, daß die Schwiegersöhne einen besonderen kaufmännischen Rang hatten, unterstreichen die Vermutung eines dem Handel verwandten Berufs der frühen Fürleger. Von den Schwiegersöhnen ist zuerst Burkhard Seiler (t 1390) zu nennen. Er muß dreimal verheiratet gewesen sein8. Für die zweite Frau halte ich Christine Fürleger (* 1348), die Tochter von Conrad I. und Schwester Conrads II. Wolf­ gang von Stromer fand die „Burkhart Seylerin“ 1380 genannt. Sie hatte nach den Stadtrechnungen an den Rat eine Abgabe oder Buße von 6 lb und 17 ß für ihren Gewinn aus Geldseigern9 zu zahlen. Durch ihre Hände waren Geldbe­ träge gegangen, deren Münzen zu untersuchen waren. Burkhart hat seinen großen Reichtum durch Handel und Mitwirkung in der Metallbranche erworben. Durch das „Reiche Almosen“, dessen Stiftung 1388 begann, ist sein Name als Wohltäter Jahrhunderte lang bekannt geblieben. Seine Frau Chri­ stine brachte 1388 ihr Vermögen in diese von Burkhart geplante Stiftung ein. Dazu bedurfte sie des Einverständnisses ihres Bruders Conz, der nach seiner Angabe damals noch keine Kinder hatte. Es handelte sich also deutlich um Besitz aus der Fürleger-Familie10. Das „Reiche Almosen“, an dem das Ehepaar Seiler gemeinsam beteiligt war, wurde am 13. Juni 1388 gestiftet11. Christine Seiler, geb. Fürleger, ist 1388 gestorben, das genaue Datum ist nicht bekannt. Sie fand ihre Ruhestätte auf dem Sebalder Friedhof vor dem Predigtstuhl12. Das mag die Grabstätte der Familie Fürleger gewesen sein. In sein Haus am Herrenmarkt (Nr. S 875) führte Burkhart Seiler in der Fastenzeit (3. Februar?) 1390 Agnes Haller, die Witwe von Sebald Derrer, die 7 StadtAN, Genealogische Papiere Teufel. 8 Vor der Ehe mit Christine Fürleger wird Burkhart Seiler eine erste Ehefrau gehabt haben. Einmal nur fand ich den Namen Mechthild genannt (Lochner, Chronik I, 152), die die Mutter seiner zwei Töchter gewesen sein könnte. Nur eine ist fest beweisbar. Ulman Stromer nennt 1390 (Deutsche Städtechroniken, Nürnberg Bd.l, S. 97) „Cunrat Prünster a. St. Diligengassen zu den ploben Aren und Cunrad, sein Bruder, het Purkhart Sailers Tochter“. - Überliefert ist eine Tochter, verheiratet mit Friedrich Rech, dem ersten seines Namens in Nürnberg. Ihre Mit­ gift soll 25 000 Gulden betragen haben. 9 Wolfgang von Stromer, Oberdeutsche Hochfinanz 1350—1450 (1970), Bd. I. S. 123. (= Stromer, Hochfinanz). 10 Was Christine Seiler, geb. Fürleger, stiftete, ist mehrfach zu lesen, es muß auf eine heute nicht mehr vorhandene Quelle zurückgehen. Sie verkaufte Häuser, Stadel und Gärten von Wilhelm Haller bis zur Findel bei dem Irrertürl und darein gegeben samt der Allmußmühle. GNM, Hs. 94452 I, f. 88 f. Die Seiler. Die Stiftungen von Christine Seiler, geb. Fürleger. Zu St. Sebald vor dem Predigtstuhl war auch des ältesten Conz Fürlegers Tochter Barbara, „verschied Jungfrau weiß“, begraben worden. Das könnte eine Familiengrabstätte gewesen sein. Demnach hätte der älteste Fürleger bei St. Sebald gewohnt. 11 StadtAN, Y 383, Burkhard Saylerscher Stiftung betreffend. 1388 Juni 13 Urkunde. Bl. 1—9: erste Stifter des Reichen Almosens in Nürnberg. 12 GNM, Merkel Hs. 159, f. 4.

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Christa Schaper

er im gleichen Jahr am 27. Mai als Witwe hinterließ13. Der Stiftung „Reiches Almosen“ vermachte er 4000 Gulden. Er fand seine Ruhestätte mit Wappen auf dem Stein in der Sebalduskirche am Chor14. Fast dreihundert Jahre nach dem Tod der „ersten stiftere“ des Reichen Almosens ließ die Familie Fürleger 1679 von Thomas Hirschmann ein Fantasiebild stechen, das auch dem Gedenken der Christine Seiler, geb. Fürleger, gewidmet war. Ein Zeichen familiären Stolzes! Zwei Exemplare des Bildes sind in der Fürleger-Chronik bis heute erhalten. Die Seiler waren zweifach mit den Fürleger verschwägert. So hatte Peter Seiler um oder vor 1390 Gerhaus Fürleger, die Tochter von Hans Fürleger, geheiratet. Burkhart Seiler bezeichnet Peter 1390 in seinem Testament als seinen Vetter. Von Peter wird im Zusammenhang mit seinen Schwiegereltern anschließend noch öfter die Rede sein. Peter Seiler war ein herausragender Kaufmann im Fernhandel, der sich vom Ende des 14. bis zum Anfang des 15. Jahrhunderts von Venedig bis weit in den Osten erstreckte15. Erwähnt seien hier noch die beiden Schwestern Els(beth) und Clar(a) Fürleger, die von 1393 bis 1430 nachzuweisen sind16. Sie könnten der Familie des Wechslers Hans Fürleger zugezählt werden, weil sie auch in der Nähe des Augustinerklosters wohnten. Nach der Betrachtung der Schwiegersöhne der Fürlegerinnen aus der Familie Seiler nun zu den Fürlegern selbst! H(ans) Fürleger erscheint in den Jahren 1383 — 1385 in den Stadtrechnungen als Wechsler17. Für diese Tätigkeit ist kaufmännische Begabung und die Kenntnis kaufmännischen Rechnens erforderlich, dazu metallurgische Praxis und ausreichendes Vermögen als Betriebskapital. Die Kenntnis der jeweiligen Kursnotierungen war notwendig, denn der Wechsler stand mitten im kauf­ männischen Leben. Hans Fürleger hat in St. Sebald gewohnt. Bekannt ist, daß er am 5. August 1382 das Eigen am Haus Nr. S. 73 kaufte, das am Weinmarkt (Winklerstr. 27) lag. Wichtig ist auch, daß der Vorname seiner Frau mit Anna benannt wird 18. In der Losungsliste von 1392 schwört im Viertel bei den Augustinern die Für13 Lochner, Topographische Karten, 1874. VIII. Nr. 875 am Herrenmarkt. Stadtbibliothek Nbg., Amb. 173 2°, Hinterer Teil des Bandes, Unter den Volkamer-Daten, S. 193v, die drei Ehen der Agnes Haller, Tochter des Conz Haller und der Anna Großin. 14 GNM, Hs. 94402, I, f. 88. 15 Stromer, Hochfinanz, III. Bd., Register, bietet allein acht Nachweise zu Burkhart Seiler und viele Nachweise für den Handel des Peter Seiler und seines Bruders, der sicher der Konrad Seiler war. Peter Seiler nennt in der Losungsliste von 1392 (StAN, AStB 271, 24) frater suus neben sich und auch an andern Stellen, ohne den Vornamen zu nennen. 16 StAN, AStB 273 (1400), wird Eis als Schwester der Clar genannt. Daneben noch einige Nen­ nungen. 17 Stromer, Hochfinanz, Teil II, S. 349/350, Anm. 42. 18 StadtAN, Lochner, Norica, III. S. 95 (Winklerstr. 27).

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legerin, danach Peter Seiler, seine Frau und frater suus (sein Bruder). In der nächsten Losungsliste von 1397 schwört im Viertel bei den Augustinern „Relicta Hans Fürlegerin“, danach wieder das Ehepaar Peter Seiler und sein Bruder19. Der vorherige Tod von Hans Fürleger ist damit beurkundet. Das Haus am Weinmarkt wird wichtig als Quelle für die Fürleger wie die Seiler-Fa­ milie. Am 5. September 1403 nimmt Anna Fürleger als Besitzerin eine Erklä­ rung entgegen: Peter Seiler und seine Frau Gerhaus, geb. Fürleger, geben ihr Recht an diesem Haus auf20. Durch die Forschung von Wolfgang von Stromer21 kennen wir das Ein­ dringen deutscher Unternehmen in den Karpatenraum, wo die Seiler oft genannt sind. Peter Seiler war mit Ulrich Cammerer verschwägert und sein Gesellschafter. Seiler hatte sein geschäftliches Schicksal an das von Cammerer gebunden und bereitete seinen Abschied von Nürnberg vor. Im Dezember 1403 gab Peter Seiler sein Nürnberger Bürgerrecht22 auf und zog mit seiner Frau in den Osten. Im Jahre 1408 hatten Peter und Sebald, die Söhne von Peter Seiler, das Nürnberger Bürgerrecht erworben23. Zu diesen Brüdern gehört als Schwester Kathrey, die Frau des Kaufmanns Kaspar Laubinger. Mit ihm ist wieder ein bedeutender Fernhandelskaufmann in den Familienkreis getreten24. Am 4. März 1423 verzichtet Kathrey, Kaspar Laubingers Witwe, gegen ihre Brüder auf das Drittel des Hauses, das ihnen von ihrer Ahnfrau Anna Fürleger ver­ macht worden war25. Ihr Bruder Peter Seiler, der mit einer Margarete verhei­ ratet war, und sein Bruder Sebald verkauften das Erbrecht der Fürleger an dem Haus am 6. Mai 1423 an Purkhard Peßler; zum letzten Mal hören wir von den Seiler-Brüdern am 19. März 1423 aus Wien, als Purkhard Peßler auch das Eigen des Hauses kaufte, dessen Erbschaft er schon besaß26. Damit verlieren sich die Spuren der Nachkommen Seiler-Fürleger in Osteuropa. In Nürnberg verblieben die Nachkommen der Kathrey Laubinger, der Fürleger-Enkelin. 19 StAN, AStB 271 (1392), AStB (1397). 20 StadtAN, Lochner, Norica, III, S. 96. (5. 9. 1403). 21 Stromer, Hochfinanz, Teil I, S. 215, 217. Das Bürgerrecht und den Wohnsitz in Nürnberg auf­ gegeben und nach Krakau und Ungarn gezogen. 22 Stromer, Hochfinanz, S. 217, Anm. 132. AStB 303, Neubürgerbuch 1382 ff., N. f. 196 v. Bür­ gerrechtsaufgabe ante Thomae 1403 (Dez. 17) Uli. Cammerer, Peter Sayler. 23 StAN, AStB 298 (Neubürgerbuch 1335-1448), Bl. 17 (1408). 24 Wolfgang v. Stromer, Die Handelsgesellschaft Gruber-Podmer-Stromer im 15. Jahrhundert. 1963, = Nürnberger Forschungen Bd. 7, S. 36/37, Conrad Laubinger 1408 in Leipzig. Hektor Amann, Die wirtschaftliche Stellung der Reichsstadt Nürnberg im Spätmittelalter, 1970, = Nürnberger Forschungen, Bd. 13, S. 158. Conradus Laubinger 1419 in Prag, Joh. Ferd. Roth, Geschichte des Nürnbergischen Handels, 1801/02, 4 Bde., hier: Bd. I, S. 156. Als Kaufmann 1417 bei Kulmbach/Bayreuth überfallen. Siehe auch Anm. 28. 25 StadtAN, Lochner, Norica III, S. 97. 26 StadtAN, Lochner, Norica III, S. 98, ebd. S. 99 der Verkauf in Wien.

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Conrad II. Fürleger (1348—1438) Seine Nachkommen lassen sich bis ins 18. Jahrhundert verfolgen. Sein Vater Conz (f etwa 1360) ist bekannt, die Mutter nicht. Im Jahre 1388, bei der Stif­ tung des „Reichen Almosens“, hat er sich noch als kinderlos bezeichnet. Als seine Ehefrau begegnet uns Christine Strobel27, die Tochter von Niklas Strobel, die ihm Kinder schenkte. Vielleicht könnte ihr Vater der Kaufmann Niklas Strobel gewesen sein, dem zusammen mit dem schon genannten Kaspar Laubinger 1417 bei Bayreuth und Kulmbach Waren aufgehalten wurden28. Chri­ stine Fürleger, die Frau des Conrad, wurde in den Losungslisten gesondert aufgeführt und versteuerte demnach eigenes Vermögen29. Dieser Conrad II. Fürleger hat sich in den Jahren 1423 und 1425 Grund­ besitz und Grundrechte an dem neben dem Deutschen Haus gelegenen Platz erworben30. Er lebte demnach mit seiner Familie in der Nähe der Jakobskirche. So erklärt es sich auch, daß sich dort bis heute noch in einem Fenster FürlegerWappenscheiben erhalten haben. Zu seiner Familie gehörten der Überlieferung nach zwei Söhne und zwei Töchter. Der älteste mag der Konrad gewesen sein, den wir als ersten Fürleger im Kaufmannsberuf nachweisen können. Ihm wird ein eigener Abschnitt gewidmet. Der zweite Sohn hieß Johann. Er ging zum Studium nach Leipzig, wo er nach der Studienzeit Sommersemester 1438 — Sommersemester 1442 als baccalaureus artium die Universität verließ. Johannes Kist wies auch nach, daß er zu Bamberg März/April 1447 Subdiakon und Diakon wurde und danach im gleichen Jahr, am 3. Juni, zum Priester geweiht wurde31. Von seinem weiteren Leben ist noch bekannt, daß er um 1452 in Amberg ein Benefizium besaß. Der

27 Niklas Strobel wird in den Losungslisten im Staatsarchiv für Sebald von 1400—1433 genannt. Nach Lochner, Bd. V. S. 289 verkaufte er 1407 sein Erbe an dem Haus am St. Egidienhof. 28 Roth (wie Anm. 24), Bd. I, S. 157 (1517). Überfall bei Bayreuth und Kulmbach. Stromer, Hoch­ finanz, Bd. II, S. 336: Niklas Strobel, Gläubiger des Markgrafen Friedrich 1433, zusammen in der Gesellschaft mit Hans Hübner und seinen Brüdern. Es handelte sich um Schulden und Gewand von 5813 fl. für die Kaufleute. 29 StAN, AStB Nr. 282 (Losungsliste, L 1430) als ein Beispiel für die Ehefrau: „Christ Fürleger d(edit)“. 30 Gerhard Pfeiffer, Die ältesten Urbare der Deutschordenskommende Nürnberg, 1981. S. 182, C 112, S. 183, C 119. Herrn Karl Kohn vielen Dank für den Hinweis, daß S. 182, C 112 der Lage nach dem Grundstück Ludwigstr. 55 und daß S. 183, C 119 dem Grundstück Ludwigstr. 40 entspräche. 31 Johannes Kist, Die Matrikel der Geistlichkeit des Bistums Bamberg 1400—1556. Würzburg 1955, Nr. 1897. Zum Benefizium in Amberg gab Auskunft das Bischöfliche Zentralarchiv Regensburg.

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Familienchronik nach soll er 1475 als Pfarrer in Hagenhausen (in der Nähe von Altdorf) gestorben sein32. Die Tochter Elisabeth heiratete der Chronik nach Simon Nerlich zu Amberg33. Die andere Tochter Agnes hat einen bekannten Kaufmann zur Ehe genommen, den Nürnberger Hans Kopf (Kepf). Er stammte aus der zu Reichtum und Ansehen gelangten Familie, die mit Fritz Kopf, seinem Onkel, der im 14. Jahrhundert Losunger und Frager war, ins Licht der Öffentlichkeit trat. „Hans Keppf“, wie er am 29. November 1444 in Breslau unterschrieb, ist uns durch zwei Briefe als Kaufmann und als Mensch lebendig geblieben. Seine Bestellungen bei dem ihm befreundeten Fritz Teufel in Nürnberg sind auf­ schlußreich, auch die Waren, mit denen in Breslau gehandelt wird: Gewürze, Pelze, Wachs, Papier u. a. m. „Wiß, lieber Fritz, daz ich auf dy zeit nit hinauß will, wann ez ist alczu besorklich“. Er schließt mit dem Satz: „Gruß mir mein swester vnd dein hausfraw und Sebolt vnd Heincz Schlüsselfelder vnd mein hausfraw vnd al, dy lachent noch myr fragen“34. Welch ein wunderbarer Gruß! Die gemeinsame Zeit wird nie lang gewesen sein. Man läutete zu St. Sebald für „Hans Kopff, im elend verschiden“ im Herbst 145235. Es liegt nahe, daß er in Breslau starb. Agnes überlebte ihn lange, sie wird noch 1478 im Testament ihres Bruders erwähnt. Noch einmal zurück zu den Eltern von Agnes Kopf, geb. Fürleger! Con­ rad II. Fürleger ist im Salzbüchlein Lor. 1423 im Viertel Extra Muros (EM) mit einer Scheibe Salz erwähnt. Im Salzbüchlein Lor. 1443 wird seine Frau Chri32 Der Chronist Wolfgang Fürleger schreibt in seiner Chronik: „Dieser Johann Fuerleger ist der Artzney und Illuminatur ein freyer Kunstner gewesen . . . und ist des alten Pfaltzgraven Friderichen (Kurfürst Friedrich der Siegreiche von der Pfalz 1449—1476) an seinem kurfürstlichen Hoff Caplann vnnd vilen der Menschen anliegenden krannckheyt berümpter Artzt gewest“. Ich habe das Generallandesarchiv Karlsruhe und das Staatsarchiv Speyer angeschrieben. Nirgends war etwas über diesen Geistlichen zu erfahren. Gestorben soll er 1475 in Hagenhausen sein. Hagenhausen war eine Filialkirche der Pfarrei Gnadenberg im Dekanat Kastl. Aufrichtigen Dank Herrn Brun Appel, Archivar des Diözesanarchivs Eichstätt, für den Hinweis, daß in der Reihe der Pfarrer von Hagenhausen eine zeitliche Lücke besteht, in die dieser Johann Fürleger u. U. eingefügt werden könnte. 33 Die Nachfrage nach Simon Nerlich in Amberg verlief negativ. 34 StAN, 7farb. Alphabet, Akten, Nr. 135. Brief 27. Er kaufte in Breslau Pelzwaren ein und bestellte sich in Nürnberg Gewürze. Von Papier ist die Rede, von Wachs aus Lemberg, von Stoffen. Ich habe hier die Waren zusammengezogen, die in beiden Briefen genannt sind. Der zweite Brief Nr. 17 ist an Hans Arzt zu Breslau an St. Andreas-Abend 1444 (30. November) geschrieben. Er ist wesentlich förmlicher. Hans Kopf war ein vermögender Mann. Er wies 1431 elf Bauern nach, u. a. in Oberndorf und Mosbach, StAN, 7farb. Alphabet Nr. 90. Sein Freund Fritz Teufel hatte 1459 eine Behausung (Lochner, Norica III, S. 253) am Weinmarkt (Sebald Nr. 78?). 35 Helene Burger, Nürnberger Totengeläutbücher I. St. Sebald 1439—1517 (1961) Nr. 1009, geh Ende Sept./Anfang Okt. 1452. Stadtbibliothek Nbg., Amb. 173.2°, S. 35 f. (1478).

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stein (EM) Spitalertor mit eben derselben einen Scheibe aufgeführt und ebenso Lor. 144736. Es ist überliefert, daß Conrad mit 90 Jahren im Jahr 1438 ver­ storben ist. Das Todesjahr der Christein, geb. Strobel, liegt nicht fest, es ist in den Jahren nach 1447 zu suchen. Sie hat ein Großteil des Schicksals ihrer Kinder noch miterlebt. Heute noch erinnert eine Glassscheibe an dieses Ehe­ paar in „ihrem Fenster“, links im Chor der Jakobskirche. Dort sieht man noch das Wappen der Fürleger und das der Strobel (in Rot eine blaue Zange) ver­ einigt37.

Konrad III. Fürleger (f 1478) Als erster der Familie ist dieser Sohn von Konrad d. Ä. und der Christine Strobel als Kaufmann nachzuweisen. Zur Ehefrau wählte er sich um 1450 Bar­ bara Müllner von Königsberg (Kynsberg). Dieser Familienname ist in Nürn­ berg ganz selten. Er begegnete mir nur einmal um 1400 in den Losungslisten38. Ist Konrad III. Fürleger gelernter Weber gewesen? Es würde zum Handel mit Tuch, dem Generationen dieser Familie nachgehen sollten, passen. Der Wohnsitz am Alten Roßmarkt wird bei ihm zum ersten Mal erwähnt, später als ihr „uralt“ Haus genannt. Der Lebensweg seines Sohnes Hans (1452 — 1523) wird uns die Entwicklung des Handelshauses erleben lassen. Doch wollen wir zuerst das Schicksal seiner beiden Töchter betrachten. Barbara Fürleger, die den Vornamen der Mutter trug, war wohl die Älteste. Sie kam in Nürnberg am 20. Oktober 1455 zur Welt39. Mit 22 Jahren heiratete sie am 27. August 1477 einen Gast (Castulus?) Endres Hofmann, dem sie zwei Söhne gebar, Endres und Ambrosius, die jung verstarben. Mit 35 Jahren starb auch sie. Sie erhielt ihre letzte Ruhestätte 1490 an der Chortür der Pfarrkirche zu St. Lorenz40, wo wir die Grablege dieser Fürleger-Generation zu suchen haben. Ein längeres und kinderreiches Leben war der Tochter Ursula beschert. Sie wurde am 4. August 1456 geboren und schenkte ihrem Ehemann, dem Gold­ schmied Wilhelm Herdegen, sieben Söhne und drei Töchter41; Der Vater dieser kinderreichen Familie Wilhelm Herdegen verstarb im Winter 1514. Seine Ehe36 StAN, Rep. 52b, AStB 210 u. 211 (Salzbüchlein L. 1443 und L. 1447). 37 Stadt Nürnberg, Kurzinventar, 1982, S. 57 (Jakobskirche). 38 StAN, AStB 279, S. 34, C. Mülner v. Königsberg. Während Barbara Müllner von Königsberg in Nürnberg als Familienmutter lebte, hielt sich hier auch Johannes Müller von Königsberg „Regiomontanus“ bei seinen Arbeiten auf. 39 GNM, Merkel Hs. 159, f. 5r. (Barbara, * 20. Okt. 1455). 40 Lochner, Chronik I, S. 382. GNM, Merkel Hs. 159, f. 6r. 41 GNM, Hs. 94402, II, 45b. Die Kinder der Ehe: 1) Peter, 2) Hans, 3) Wilhelm, 4) Stephan, 5) Sebastian, 6) Wolf, 7) Leonhard, a) Katharina, b) Sabina, c) Ursula.

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frau überlebte ihn nur um wenige Jahre: Der „Ursula Wilhelm Herdegnin, goltsmidin“, wurde um Ostern 1518 geläutet, begraben ist sie bei St. Lorenz vor der Chortür42. Es ist seltsam, daß Conrad III. Fürleger erst in seinem Todesjahr 1478 als Kaufmann nachweisbar wird. Er hatte besondere Verbindungen zu Augs­ burger Kaufleuten. Voran steht die Familie Nieser. Am 29. April 1478 — knapp vier Wochen vor seinem Tod — schrieb der Rat von Augsburg an die Stadt Nürnberg, dem Augsburger Bürger Albrecht Nieser seien durch die von Bononi (= Bologna) Güter und Waren „aufgehalten“ worden, darunter auch etliche Ballen Safran der Welser; aber auch Conrad Fürleger und sein Sohn Hans seien als Mitgesellschafter davon betroffen43. Die Kaufleute Nieser werden im Zusammenhang mit den Fürlegern noch weiter genannt werden. In einem großen Kreis von Kaufleuten wird Conrad Fürleger nach seinem Tod genannt, und zwar in einer Vollmachtsurkunde zur Beitreibung ihrer Guthaben bei Hans Haller, dem Sohn von Sebald Haller, am 3. Oktober 1478. Neben ihm werden als Gläubiger Berthold Tücher, Jacob Gärtner, Heinrich Wolff, Stefan Kolb und andere mehr erwähnt44. Conrad III. Fürleger ist am 23. Mai 1478 gestorben und am Sonntag nach unseres Herrn Leichnamstag (24. Mai) ist ihm von St. Lorenz geläutet worden45. Bis ins 19. Jahrhundert hatte sich in der Lorenzkirche eine Erinne­ rungstafel erhalten, eine Kreuzabnahme, die den Text getragen haben soll: „Anno 1478 am Samstag nach unsres Herrn Fronleichnamstag, starb Conrad Fürleger, dem Got genad. Darnach im 1496. Jahr an St. Johannis des Täufers Tag Frau Barbara seine eheliche Hausfrau, der Gott genad“46. In der Lebens­ betrachtung ihres Sohnes Hans wird zur Kenntnis kommen, wie sie die fast zwei Jahrzehnte Witwenstand genutzt hat. Da auf dieser Tafel auch der Todestag der Ehefrau genannt war, hat sie der Sohn Hans zu Ehren seiner Eltern wohl erst nach deren Tod anfertigen lassen.

42 Burger, Sebalder Totengeläut I, Nr. 6109, 1514. Band III, Nr. 49, 1418. Der Chronik nach am Karfreitag gestorben. 43 StadtAN, Urk. Reihe, 1478 April 29. 44 Ludwig Freiherr von Welser, Die Welser, Bd. I, Nbg. 1917, S. 46. Dankenswerter Hinweis von Herrn Friedrich Bullemer. 45 Burger, Totengeläutbuch Lorenz. Nr. 1744. 46 J. W. Hilpert, Nürnbergs Merkwürdigkeiten, II. Lorenz, 1831, S. 22. Dort wird das Gedächt­ nisbild, eine Kreuzabnahme, für das Ehepaar Fürleger noch erwähnt.

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Hans II. Fürleger (1452—1523)

Mit diesem Fürleger erleben wir den ersten Kaufmann des Hauses, der von Jugend an nachweisbar ist. Sein Leben bot gute Voraussetzungen. Im vorge­ rückten Alter begann für ihn im Beruf eine schwierige Lebensphase, finanziell und durch menschliche Mißhelligkeiten. Begleiten wir ihn erst durch freund­ liche Jahrzehnte. Als einziger Sohn des Ehepaares Conrad und Barbara, geb. Müllner von Kynsberg, kam er in Nürnberg am 29. Juni 1552 zur Welt47. Es ist anzunehmen, daß er von seinem Vater zur kaufmännischen Lehre nach Ober­ italien gesandt wurde. Als Ort ist Verona wahrscheinlich, weil er selbst seine vier Söhne nacheinander in diese Stadt an der Etsch zur Ausbildung sandte, wie wir erfahren werden. Ihre Lehrjahre und Lehrherren sind genau bekannt. Hans Praun (1432—1492), ein bedeutender Nürnberger Großkaufmann, gibt uns in seinem Rechnungsbuch die bislang ersten Hinweise auf die kauf­ männische Tätigkeit dieses Fürleger48. Hans Praun schrieb ihm am 18. Juni 1477 einen Brief nach Bologna, wo Hans sich damals aufhielt. Es lassen sich für 1477 interessante Handlungen Fürlegers nachweisen49. Schon 1476 ist er genannt, 1477 verkauft er „Pernisch tuch“, die erste, belegte Verbindung mit Verona. Für 1477 — Hans Fürleger war 25 Jahre alt — läßt sich der Einkauf von gebranntem Silber für 702 fl. von Sebolt Pergenstorffer nach­ weisen. Dieser Pergenstorffer ist mit Sicherheit identisch mit Sebald Beringsdorfer, der 1496 den berühmten Altar stiftete50. Horst Pohl weist in seiner Dar­ stellung darauf hin, daß Hans Praun gern mit Silber handelte. So war Fürleger nur der Einkäufer für Praun gewesen. Hans Fürleger wird bei seinem Totenge­ läut 1523 Gewandschneider, also Tuchhändler, genannt. Der erste nachweis­ bare Tucheinkauf ist das vorgenannte „Pernisch tuch“. Es fällt auf, daß 1477 in dem „Rechnungsbuch“ auch Albrecht Nieser vorkommt. Das ist mit Sicher­ heit der Augsburger Bürger, der 1478 in einem Brief von dort nach Nürnberg genannt ist, in dem auch Conz Fürleger und sein Sohn als Kaufleute erwähnt werden. Am 8. Oktober 1482 (Eritag nach Michaelis) führte Hans Fürleger in das väterliche Haus am Roßmarkt als seine junge Ehefrau Anna Eschenloer heim, die Tochter des 1466 verstorbenen Konrad Eschenloer des Längeren und 47 StadtAN, Genealogische Papiere Fürleger. 48 Horst Pohl, Das Rechnungsbuch des Nürnberger Großkaufmanns Hans Praun von 1471 bis 1478, in: MVGN, Bd. 55. 1967/68, S. 111, 112, 205. Zu Albrecht Nieser, siehe die in der fol­ genden Anmerkung zitierte Arbeit von Horst Pohl . . . , S. 296. 49 Horst Pohl, Die im Rechnungsbuch des Nürnberger Kaufmanns Hans Praun 1471 bis 1478 genannten Personen, in: Bll. f. Fränk. Familienkunde, Bd. 9, 1968, S. 291: 1471 verkauft Für­ leger „Pernisch tuch“; S. 288: kauft er von Sebold Pergenstorffer für 702 fl. gebranntes Silber, 1477. 50 Stadt Nürnberg, Kurzinventar, 1982, Kirche St. Johannis, S. 409: Peringsdorfer-Altar.

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seiner dritten Ehefrau Barbara (Schopper?)51. Richard Klier ist es zu ver­ danken, daß wir über diese Generation der Eschenloer-Familie orientiert sind. Er schildert die Lebenstüchtigkeit der Schwiegermutter Fürlegers als eines selbstbewußten Familienoberhauptes und einer tätigen Geschäftsfrau. Sie fuhr als Witwe selbst mit ihren Blechwaren auf Messen52. Der Bruder von Annas Vater, Peter Eschenloer, war der bedeutende Rats­ schreiber von Breslau und berühmte Chronist dieser Stadt. Er schrieb am 20. August 1470 von Breslau, „ob kein Eschenlaer mer hier zu Nurmberg leb“53, worauf ihm seine Schwägerin den Stand der Familie darlegte. So erneu­ erte er die Verbindung zu seines Bruders Familie. Es ist denkbar, daß sich nach der Hochzeit in den achtziger Jahren der Handel des Hans Fürleger auch nach Breslau erstreckte. Mit Sicherheit wird er die Stadt an der Oder selbst aufgesucht haben. So fand er eine persönliche Ver­ bindung zur Breslauer Kaufmannsfamilie Rindfleisch, die dort zum Patriziat gehörte. Fürleger wird in einer Quelle 1494 als ihr Faktor genannt54. Er wird Waren für die Rindfleisch in Nürnberg verkauft und auch den Einkauf für Breslau vorgenommen haben. Ehe wir zu seiner schwierigen Lebensphase kommen, hier eine Übersicht über seine Familie: Nach unserer Kenntnis besaß das Ehepaar drei Töchter und vier Söhne. Die Söhne Hans (* 1486), Conrad (* 1487), Jeronymus (* 1490) und Wolfgang (* 1495) führten die Familie fort. Ihre Lebensarbeit kommt später zur Darstellung. Als erstes Kind kam die Tochter Anna 1484 zur Welt, die den Vornamen ihrer Mutter erhielt. Sie heiratete jung den Georg Eisvogel, Lucas Eisvogels an St. Gilgengasse Sohn. Sie starb mit dem ersten Sohn im März 1507 23 Jahre jung und wurde bei St. Lorenz bestattet55. Die zweite Tochter Magdalena (* 1499) starb als Jungfrau 1520 und wurde zu St. Rochus begraben56. Zum ersten Mal ist von dem Grab dort die Rede, das die Familie nach der Auflas­ sung des Lorenzer Friedhofes aufnahm. Als jüngste Tochter kam Barbara 1498 zur Welt, die den Vornamen der Großmutter Fürleger bekam, die im gleichen Jahr gestorben war. Sie heiratete 51 StAN, Ratsbuch 3, f. 216: Dem jg. Fürleger und der Eschenloherin Tochter zu ihrer vorgenom­ menen Hochzeit auf Eritag nach Michaelis vergönnt die Stadtpfeiffer und den Trummeter, wenn anders auf denselben Tag auf dem Rathaus kein Tanz wäre. Frau Archivrätin SchmidtFölkersamb vielen Dank für die Auskunft. 52 Richard Klier (t) bringt eingefügt in die „Genealogie der Schütz“ (MVGN, Bd. 55. 1968) die Genealogie der Eschenloer S. 191 f. 53 Peter Eschenloer, siehe Anm. 51, Klier S. 192. — Eschenloer hatte 1442 in Leipzig studiert, war Rektor in Görlitz gewesen (das noch ergänzend vor Breslau zu seiner Laufbahn). 54 StadtAN, Cons. J. f. 36 v. 1494, Fürleger Faktor. 55 Burger, Totengeläut St. Sebald, 1439-1517 Nr. 5541: Anna Jorg Eißvoglin (Des Fürlegers Tochter). 56 GNM, Merkel Hs. 159.

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am 20. Januar 1527 Michael Schnabel, den Sohn des Hans Schnabel von Gerolzhofen. Er war Gewandschneider, also Tuchhändler. Die fünf Kinder ihrer Ehe, drei Töchter und zwei Söhne, sind — sogar mit Paten — im Wappen­ buch von 1532 vermerkt. Barbara, Michel Schnabels Ehefrau am Kopflesberg, starb im Kindbett am 7. Oktober 1539 und wurde in des Vaters Grab zu St. Rochus beigesetzt57. Die Mutter der Kinder von Hans II. Fürleger, Anna, geb. Eschenloer, hatte zehn Jahre ruhiges Eheleben erlebt. Es war Hans Fürleger 1489 vergönnt, mit seinem Weib und noch einer anderen Person, zur Hochzeit von Niesers Tochter nach Augsburg zu ziehen. Hier taucht die Familie Nieser in persön­ licher Beziehung zu den Fürleger in Nürnberg auf58. Geschäftlich waren sie schon vorher und nachher mit dieser Familie in Augsburg verbunden. Als sich das Schicksal von Hans Fürleger zu verdunkeln begann, lebte seine Frau Anna noch. Sie hat viel miterleben müssen, Prozesse auf Prozesse. Brauchte Fürleger Anfang der neunziger Jahre Betriebskapital? Das Handels­ gebiet des Tuchhändlers umfaßte gen Süden nachweislich Verona, Bologna und Venedig, gen Südosten Wien, dann Breslau, Leipzig und Torgau59. Hans Fürleger gründete am Montag, dem 19. November 1492, in seiner Behausung bei dem Kloster unsrer lb. Frauen eine Handelsgesellschaft. Neben seiner Mutter Barbara, die erst 1496 starb, legte eine Reihe von Kaufleuten Kapital an. Darunter waren aus Augsburg Hieronymus Nieser, der Teilhaber und Faktor der Gesellschaft war, und seine Schwester Helene. Die Orte der auswärtigen Teilhaber weisen auf die Weite der Beziehungen dieses Fürleger hin60. Michael Lotter drängte nach einigen Jahren auf Abrechnung. Ihm stehe neben Lohn auch Anteil am Gewinn zu. Fürleger warf ihm vor, Lotter sei heimlich in die Schreibstube der Gesellschaft eingedrungen und habe Auszüge aus acht Geschäftsbüchern gemacht. Es kam zum offenen Streit, den die Stadt Nürnberg zu Gunsten von Lotter entschied. War Fürleger in Geldschwierig­ keiten, standen Zahlungen von Schuldnern aus ? Es ist bekannt, daß der Kauf-

57 Burger, Das älteste Ehebuch Lorenz, 1524—1542, Nr. 477. GNM, Merkel Hs. 159, f. 39v. ihre Kinder, ihr Tod in dieser Hs. 58 StadtAN, Lochner, Norica I. S. 796. 1489. 59 StAN, Briefbücher (= BB) 43, f. 195v-196r. 1495 Torgau, ein Schneider dort ist Fürleger rund 243 Gulden schuldig. 60 Bayerisches Hauptstaatsarchiv. Dort lagern die Reichskammergerichtsprozeß-Akten für Bay­ ern. Ich habe die Prozesse Nürnberger Bürger festgestellt und ein Register davon erstellt (Stadt­ archiv Nürnberg). Vgl. meine Arbeit in Bd. V der Reihe „Wirtschaftskräfte und Wirtschafts­ wege“. Festschrift für Hermann Kellenbenz, 1981, S. 93 — 133: „Handelsprozesse Nürnberger Bürger vor dem Reichskammergericht“. Darin wird auf fünf Prozesse von Fürlegern hinge­ wiesen. Die Prozesse werden zitiert „RKGP Nr.“. Darin S. 123, Anm. 39. RKGP Nr. 5616, die Gründung der Handelsgesellschaft.

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Die Fürleger von Nürnberg und ihre Niederlassung in Verona

mann Achatius Junckmann aus Wien 1495 Schuldner von Fürleger gewesen ist61. Fürleger wehrte sich gegen die Anweisung der Stadt und „schmähte“ den Rat. Aus Angst vor Repressalien begab er sich in den Schutz des Klosters St. Egidien. Da lud ihn Balthasar Kesselhut zu seiner Hochzeit ein. Als Für­ leger aus der Kirche trat, wurde er vom Stadtknecht verhaftet. Er kam wegen Schmähung der Stadt drei Wochen ins Gefängnis62. Danach ging Fürleger ans Reichskammergericht und klagte 1498 gegen Lotter. Lotter hätte vom einge­ legten Geld schon Summen zurückerhalten. Zudem hätte er Geld von Kunden eingenommen und dieses nicht abgeliefert. Es hat sich im Prozeßakt eine namentliche Liste erhalten, die von hohem Interesse ist63: Zu den Kunden zählten aus fränkischem Adel die von Wallenfels, die Eyb, Marschalk, dazu die Grafen von Öttingen, Beamte des markgräflichen Hofes, der Arzt Dr. Kipfer (?), der markgräfliche Sekretär Christoph Clas bis hin zum Kanzler. Im Jahr 1499 lief ein weiterer Prozeß von Fürleger vor dem Reichsgericht gegen Georg Fütterer. Dabei ging es um Rückzahlung einer Summe Geldes für gekaufte, aber zurückgeschickte Tücher. Nach einem dem Prozeß beiliegenden Schreiben vom 14. Juli 1497 handelte es sich um Samt, zwei graue Tücher, gezeichnet mit der Schelle und zwei rote Tücher, mit der Rose gezeichnet64. Im Jahr 1500 kam es zu einem weiteren Rechtsstreit von Fürleger vor dem hohen Gericht. Er klagte über Michel Roth, weil dieser wegen einer Forderung auf das Warenlager des Fürleger und seiner Gesellschaft Arrest gelegt hatte65. So waren vor dem Reichskammergericht gleichzeitig drei Prozesse von Für­ leger anhängig. Vom 19. März bis Weihnachten 1501 tagte das Gericht in Nürnberg. Hier erging am 10. Dezember 1501 das Urteil gegen Fürleger und seine Gesellschafter, das sich in Nürnberg in authentischer Abschrift erhalten hat66. Nicht genug mit diesem Urteil, begann Hans Fürleger im Jahr 1503 einen zweiten Prozeß gegen Michael Lotter67. In diesem Prozeß werden Gläubiger von Fürleger genannt, die man in Nürnberg festgestellt hat. Es handelt sich um Jeronymus Rindfleisch (Breslau?), Donhauer (?) zu Venedig, Lorenz Sporn und Frantz Püttner zu Breslau. Dazu schien Hans Fürleger sich noch ein Haus gekauft zu haben, woraus auch Verbindlichkeiten entstanden. All die mit den Prozessen zusammenhängenden Aufregungen hatte Frau 61 StadtAN, Cons. H, S. 192. 62 Bayerisches Hauptstaatsarchiv, wie Anm. 60. RKGP Nr. 5616, 1498, dort in Nr. 30 die Flucht Fürlegers in die Freiheit des Klosters St. Egidien, die Gefangennahme nach der Hochzeit, Strafe, etc. 63 RKGP Nr. 5615, In dieser Liste werden Kunden genannt. 64 RKGP Nr. 5618 in: Festschrift Kellenbenz, Bd. V, S. 100, 123. 65 RKGP Nr. 5619. Vgl.: Festschrift Kellenbenz, Bd. V, S. 101. 66 StAN, Rep. lb, Päpstl. und fürstl. Urkunden Nr. 450. Hier werden neben Hans Fürleger seine Mitgesellschafter aufgeführt. 67 RKGP Nr. 5617 (1503).

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Anna geb. Eschenloer noch miterlebt, ehe sie im April 1504 starb. Sie wurde bei St. Lorenz im Familiengrab der Fürleger vor der Chortür zur letzten Ruhe gebettet. Die Glocken erklangen für sie am 26. April 150468. Ob der Verlust der Lebensgefährtin die Streitlust Fürlegers noch gesteigert hat? Anfang 1505 wird Fürleger wegen Schmähungen des Rates mit drei Jahren auf dem Turm gestraft69. Diese Nachricht war auch zu Kenntnis seiner hohen Kunden gekommen. Fürleger scheint sich des besonderen Wohlgefallens des markgräflichen Hofes erfreut zu haben. Der Rat rechtfertigte die Bestrafung seines Bürgers. Markgraf Friedrich von Brandenburg, Markgräfin Sophie, ver­ wandt mit dem polnischen Königshaus, und ihr Sohn Georg, verwandten sich für Fürleger, ob die Strafe nicht gemildert werden könnte70. Auf die Bitte des Markgrafen wurde sie auf die Hälfte herabgesetzt und am 31. Juli 1505 in Stadtarrest umgewandelt71. Ein Tuch wurde seinem Gewölb zur Bezahlung der gerichtlichen Vorladung entnommen. Im Jahr 1507 wurde erwogen, seine beschlagnahmten Waren zu verkaufen, damit sie nicht verderben. Im Jahre 1508 kam es erneut zu einem Prozeß vor dem Reichskammer­ gericht. Hans Fürleger und seine Gesellschaft hatten an Heinrich Rot, gen. von Köln, zu Nürnberg Schulden, die sie am 15. April 1504 mit einer neuen Ver­ pflichtung von 700 Gulden anerkannt hatten. Heinrich Rot war im August 1504 gestorben. Nun hatte sein Sohn Michael Rot versucht, diese Summe zu erlangen. Barholomäus Helfer, Nürnberg, war Mitgesellschafter und Faktor von Michael Rot, gen. von Köln72. Fürleger bekam am 14. Oktober 1508 die Erlaubnis ans Kammergericht zu fahren, doch unerledigt seiner Arrestpflicht. In den Jahren nach 1510 wird es ruhiger um den 1452 geborenen Hans Für­ leger. Seine Söhne, die nacheinander in Verona zur Ausbildung waren, über­ nahmen die Vertretung des Vaters. Ob es ihnen gelang, Verpflichtungen abzu­ tragen? Es scheint gewiß, daß Hans Fürleger keine zweite Ehe geschlossen hat. Seine Tochter Barbara (* 1498), die erst nach dem Tod des Vaters heiratete, mag ihn versorgt haben. Auch die vier Söhne waren noch ledig. Hans Fürleger „gebontsneyder“, starb Anfang 152373. Er wurde auf dem Rochusfriedhof vor dem Spittlertor beigesetzt.

68 Burger, Totengeläutbuch Sebald 1439 — 1517, Nr. 5107. 69 StAN, BB 54, f. 262b, Montag nach Palmarum. Der Rat schreibt dem Bischof von Bamberg, daß Hans Fürleger mit drei Jahren Turm bestraft wurde. 70 StAN, BB 54 (1505), f. 287r u. v. 71 StAN, Ratsverlaß-Heft 453, f. 15r u. v. 72 RKGP Nr. 5620 (1508), erwähnt in meiner Arbeit über die Handelsprozesse, siehe Anm. 60. 73 Burger, Totengeläutbücher, Bd. III Sebald, 1972, Nr. 540.

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Die vier Brüder der fünften Generation Hans, Konrad, Hieronymus und Wolfgang Fürleger

Das Haus am Roßmarkt wurde zur Heimat für mehrere Generationen: Hans III., der älteste Sohn von Hans II. und Anna, geb. Eschenloer, kam 1486 zur Welt. Mit 16 Jahren kam er zur Ausbildung im Jahr 1502 nach Verona zu M. Jeronimus da Caranza nel Contrada di S. Sebastian, die bis einschließlich 1505 währte. Die Mutter war gestorben, des Vaters Turmstrafe war in Stadt­ arrest umgewandelt. Kein leichter Anfang in der Heimat mit 19 Jahren. Im Jahre 1513 ist er zum Handel in Welschland. Freitag nach Thomas ist er wieder in Nürnberg74. Seine Brüder, Jeronymus und Wolfgang, waren noch in Welschland, und zwar zu dieser Zeit in Verona. Hans wird dem Vater im Handel beigestanden haben. Nach des Vaters Tod heiratete Hans III. mit etwa 39 Jahren Magdalena Grebner am 30. Januar 1525 „im Haus“75. Sie war die Muhme von Wolf Plank, der ihr die Hochzeit ausgerichtet hat. Als ihr Vater wird Hans Grebner ange­ führt, als Geburtsjahr 1504. Das junge Paar lebte im Haus am Roßmarkt. Er wurde 1527 Genannter und blieb es sein Leben lang. Er stand — 1529 beweisbar — in einer Handelsgemeinschaft mit seinen Brü­ dern Kuntz und Wolf. Im Jahre 1538 übersandten die drei Brüder eine Beschwerdeschrift nach Frankfurt wegen Behinderung76. Der Bruder Hiero­ nymus war Schulden halber, zu einem nicht festgestellten Jahr, ins Ausland gegangen. Hans und Wolf Fürleger sind seit etwa 1540 auf den Leipziger Messen mit Seidenwaren, Farben und Spezereien vertreten. Um 1550 hatten diese beiden Fürleger den Faktor Heinrich vom Ende als ihren ständigen Ver­ treter in der Messestadt77. Die Ehefrau des Hans Fürleger, Magdalena, wurde am 19. November 1539 zu St. Rochus beigesetzt78. Mit 35 Jahren war sie vielleicht im Kindbett gestorben. Von einer zweiten Ehe des Hans ist nichts bekannt. Aus der Ehe mit Magdalena sind Hans zwei Söhne entsprossen, die jedoch bald starben. Drei Töchter verblieben dem Ehepaar: Magdalena, die älteste, kam am 23. Oktober 1525 zur Welt. Sie heiratete am 4. Mai 1557 Hieronymus Rieger, Schwarzfärber und Mangmeister zu Nürnberg. Am 1. Juni 1572 starb sie als

74 StAN, BB 71, f. 216r. u. v (Freitag nach Thoma 1513). 75 Karl Schornbaum, Ehebuch von St. Sebald in Nürnberg, 1524 — 1543. 1949. Nr. 1604 (ohne Jahresangabe), Landeskirchl. Archiv, St. Sebald, 30. Januar 1525. 76 StAN, BB 117, f. 42r (1538, 9. März). 77 Gerhard Fischer, Aus zwei Jahrhunderten Leipziger Handelsgeschichte, 1470-1650, Leipzig 1929. S. 214. 78 Burger, Totengeläutbücher III., Sebald Nr. 2067. Magdalene Furlegerin am Roßmarkt 1539. Nach der Chronik GNM, Hs. 159 wurde sie am 19. November 1539 zu St. Rochus begraben.

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„Jheronymus Riegers ehewirtin bei s. Laurentzen“ und wurde im FürlegerGrab zu St. Rochus beigesetzt79. Anna, geboren am 30. Dezember 1526, nahm Endres Obermeier, dem Son­ nenbad gegenüber wohnhaft, zur Ehe. Vor ihrem Tod, wohl im Kindbett, hat sie noch ein Testament errichten können, indem sie das einzige Töchterchen Maria und ihre Schwestern Barbara und Magdalena erwähnt. Am 3. Juni 1551 starb sie und wurde in dem Grab von Eberth Obermeier zu St. Johannis bestattet80. Barbara, geboren am 3. Juni 1531, nahm Jorg Kellner zum Ehemann. Sie wird 1558 im Testament ihrer Base Anna, Ehefrau des Goldschmieds Balthasar Geiger, erwähnt81. Hieronymus, der dritte Bruder, wird schon hier eingefügt, weil seine Familie bald erlosch. Er kam 1490 zur Welt. In Verona lernte er bei M. Bernardin di Verita nel Contrada S. Eufemia in den Jahren 1513 — 1516. Im Ehe­ buch St. Sebald wird erwähnt, daß Hieronymus Fürleger in St. Laurentzen Anna Zolchner am 22. Mai 1526 zur Ehe nahm82. Das einzige Kind dieser Ehe, Anna, wurde am 10. August 1533 geboren. Die Mutter und die Tochter hatten ein trauriges Schicksal. In ihrem Testament schrieb die Mutter, sie hätte vor 28 Jahren geheiratet, nach sieben Ehejahren wäre der Gemahl „schulden halber ausgetreten und nit wiedergekommen“. Wir wissen, daß er in die Steiermark ging, wo er in Schladming im Ennstal im November 1556 gestorben sein soll. Dem Totengeläutbuch von St. Sebald nach starb Anna Jeronymus Fürlegerin als Wittfrau im Pfaffengäßlein im Winter 1554. Sie hatte rechtzeitig testiert83. Wolfgang, der jüngere Bruder ihres Vaters, nahm sich der verwaisten Tochter Anna an. Er „verlegte“ ihr den Handschlag mit Baltasar Geiger, Gold­ schmied und Bürger von Nürnberg. Im alten Fürleger-Haus am Roßmarkt feierte sie am 30. August 1557 Hochzeit, die der Onkel ausrichtete. Nur knapp fünf Monate währte ihre Ehe, da starb die junge Frau an Schwindsucht am 21. Januar 1558 und wurde zur letzten Ruhe in das Grab ihres Ahnherrn Bar­ tholomäus Zolch(n)er auf dem Johannisfriedhof bestattet, wie die Chronik berichtet. Ihr Testament beginnt mit dem „Vetter“ Wolf Fürleger, der tatsächlich ihr Onkel ist, dann erwähnt sie fünf Basen (mumb), die mit ihr herangewachsen waren, wie z. B. Christine Gundlach, geb. Fürleger (* 1528), dann fällt Paul

79 Burger, Totengeläutbücher III. Sebald Nr. 10 168. Statt Rieger steht manchmal „Rüger“. 80 Stadtbibliothek Nürnberg, Amb. 173 2°, Testament, S. 225c, Burger, Totengeläutbücher III. Sebald Nr. 4295. 81 Stadtbibliothek Nürnberg, Amb. 173 2°, Testament S. 197b, 1558 erwähnt. 82 Karl Schornbaum, Ehebuch St. Sebald, Nr. 1610. 83 Stadtbibliothek Nürnberg, Amb. 173 2°, Testament S. 191b. Burger, Totengeläutbücher III. Sebald Nr. 4995.

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Abb. 1: Albrecht Dürer, Porträt der sog. Fürlegerin (mit geflochtenem Haar), 1497. Original in der Gemäldegalerie der Staatlichen Museen Preußischer Kulturbesitz, Berlin-Dahlem. Foto: Atelier Jörg P. Anders, Berlin 33

Abb. 2: Fürleger-Wappenscheibe in der Jakobskirche. Foto: Dr. Gottfried Frenzei

Abb. 5: Totenschild für Paulus I. Fürleger (f 24. Oktober 1604), bemalte Holztafel; neben dem Wappen des Toten die seiner vier Frauen Maria Freydel, Klara Held, Sabine Held und Elena Coler. Lorenzkirche, z. Zt. magaziniert. Foto: Bildstelle und Fotoarchiv, Hochbauamt der Stadt Nürnberg.

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Fürleger auf, der 1530 geboren ist, der spätere Marktvorsteher, von dem noch viel die Rede sein wird84. Die Brüder Conrad IV. und Wolfgang I. waren die Fürleger, die als Kauf­ leute ihre Familie vom 16. bis zum Anfang des 18. Jahrhunderts fortführten. Ihre männlichen Nachkommen trugen gemeinsam die Niederlassung in Verona bis rund 1650.

Conrad IV. Fürleger (1487—1551)

Er, der den ältesten traditionellen Vornamen der Familie trug, kam am 31. Oktober 1487 am Roßmarkt zur Welt. In den Jahren 1504—06 lernte er in Verona bei Dr. iur. Nicola Quantier nelle Contrada S. Eufemia. Zur Ehe nahm er sich am 29. Januar 1526 Magdalena, Bartl Vischers Tochter. Sein Schwieger­ vater war im Spätsommer 1518 gestorben. Der Eintrag lautet: „Bartlmes Fischer, der köstlich edl gestern foly macher am Kopfenperg“85. In Magdalenas Vaterhaus wuchs nun diese Fürleger-Generation auf. Der erste Sohn Paul wurde schon im Testament der jung verstorbenen Gold­ schmiedin Geiger genannt (* 23. Februar 1530). Er brachte einen neuen Vor­ namen in die Familie ein. Der nächste Sohn hieß wieder Conrad nach dem Vater und kam am 17. September 1531 zur Welt. Hans, der des Großvaters Vornamen trug, hatte als Geburtstag den 10. Januar 1536. Er wurde als erster Fürleger Bürger von Verona. Mit ihm beginnt die sichere Geschichte der dor­ tigen Niederlassung. Der letzte Sohn starb schon als Kleinkind. Von den vier Töchtern wuchsen nur zwei heran: Katharina, die Älteste, ist am 29. Januar 1529 geboren. Sie nahm laut Ehevertrag von 1562 Wolff Dorfner, Bürger von Nürnberg, zum Mann86. Außer der ältesten Tochter blieb die Jüngste am Leben: Ursula, geb. 18. Oktober 1537. Ihre Patin war Wolf Fürlegers „Kellnerin“, Elisabeth Renner. Sie wurde die Frau von David Hopfer87, dem Sohn Hieronymus Hopfers. Von Conrad IV. Fürleger weiß man nur, daß er nach Leipzig Handel trieb. Er starb am 31. März 1551 und wurde zu St. Rochus in seines Vaters Grab bei­ gesetzt. Seine Söhne Paul und Hans wurden bedeutende Kaufleute. Seine Witwe zog später zu ihrem Sohn Paul, wie überliefert ist. Sie testierte und 84 Stadtbibliothek Nürnberg, Amb. 173 2°, Testament S. 197b. Burger, Totengeläutbücher III. Sebald Nr. 5980. 85 Burger, Totengeläutbücher III. Sebald Nr. 99. — GNM, Merkel, Hs. 159, Fürleger-Geschlechtsbuch, Kuntz Fürlegers Kinder f. 35v. 86 StadtAN, Heiratsnotelbuch I, f. 74, 1562. Wolfgang Dörffner, verh. 7.4. 1562 (Lorenz 743) Katharina Fürleger. 87 Der junge Ehemann stammte auch aus Kaufmannskreisen. Burger, Totengeläutbücher III. Sebald Nr. 7734: Jeronymus Hopfer, Kaufmann an der Alten Ledergaß, gest. 1563.

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bedachte ihre beiden verheirateten Töchter Katharina Wolf Dörfnerin und Ursula David Hopfnerin, sowie Pauly, Conrad und Hans Fürleger. Ex(ecutores) waren: Wolf und Hans Fürleger, ihre Schwäger, 1562—63. Sie starb am 18. April 1563 und erhielt ihre letzte Ruhe im Fürlegergrab zu St. Rochus88.

Conrad V. Fürleger (* 1531, f vor 1619)

Von ihm sind nur Daten zu berichten. Er heiratete Hester Peurin (Bauer) am 22. Juni 1563. Kinder: Conrad VI., geb. 1565 (Lor.), Hester, geb. 1570 (Lor.) und Franciscus, geb. 1575 (Lor.). Wann er starb, konnte ich bisher nicht fest­ stellen, jedoch den Tod seiner Frau: Fürleger Hester, Witwe des Konrad Für­ leger am Zotenberg, wurde am 12. November 1619 beigesetzt (Seb.)89.

Wolfgang I. Fürleger (1495—1576), der Chronist der Familie

Wolfgang I. gebührt besondere Aufmerksamkeit, weil auf ihn zwei Fürleger-Wappenbücher zurückgehen, die sich bis heute erhalten haben. Der Aus­ druck „Wappenbuch“ wird hier bewußt gewählt, weil er ihn im Testament gebraucht hat. Sein Testament fand ich zufällig. Unter „Fürleger“ ist es in dem wichtigen Testamentenband der Stadtbibliothek Nürnberg nicht nachge­ wiesen; es ist unter der Rubrik der Familie der Testamente seines Schwieger­ vaters Knauß versteckt, unter „Wolf“90. Wolfgang kam am alten Roßmarkt am 13. Juli 1495 zur Welt. Sein Vater, der in große wirtschaftliche Schwierigkeiten verstrickt gewesen war, schickte ihn für die Jahre 1513 bis 1518 nach Verona ins Haus des Dr. iur. Ludwigo della Torre in der Contrada S. Eufemia. Er war in die Stadt an der Etsch zugleich mit seinem älteren Bruder Hieronymus gekommen, der aber schon 1516 heimkehrte. Die Tatkraft der Familie Eschenloer, der die Mutter entstammte, die er jedoch schon mit neun Jahren verlor, gab ihm klare Ziele. Als jüngster der vier Brüder hat er im Jahre seiner Eheschließung die Ver­ pflichtung in sich gefühlt, eine Familien-Uberlieferung zu schaffen: „Dieser Jüngst, des alten Hannsen Fürlegers Sohn, Wolff genanndt, hat diß unser der Fürleger Wappenbuch auß vielen alten Schriften und Privilegien, auch auß 88 Burger, Totengeläutbücher III. Sebald 1972. Nr. 4323, 1551 Cunrad Furleger am Kopfeisberg, ebd. Nr. 7620, Magdalena, Cunrad Furlegerin witbin. 1563. Ihr Testament in: Stadtbibliothek Nürnberg, Amb. 173 2°, Testament S. 206c. 89 Die Daten von Conrad V. Fürleger sind — bis auf sein Geburtsjahr in GNM, Hs. 159 — alle aus den Büchern des Landeskirchlichen Archivs erschlossen: sein Heiratsdatum, die Geburten der Kinder, der Tod seiner Ehefrau. 90 Stadtbibliothek Nürnberg, Amb. 173 2°, Testament S. 224e.

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warhaftig Hannsen Fürlegers, seines Vaters seel., anzeigung seines besten fleiß, ersuchung undt Vermögens von dem alten Conzen Fürlegers der Zeit bißhero zusammen gebracht, als nemblich so man zehlt 1527.“ Was er gesammelt hatte, übergab Wolf einem Briefmaler, der es fein säuberlich malerisch zu Papier brachte91. Wolf Fürleger hatte in erster Ehe am 19. Februar 1527 Anna, Sebald Knauß’ Tochter am Weinmarkt, geheiratet. Sie schenkte ihm fünf Söhne und drei Töchter, die mit Paten und Todesursachen überliefert sind. Im Jahr des Sterbens 1534 ist die Familie nach Regensburg ausgewichen, wo eine Tochter zur Welt kam. Von den Kindern blieben nur ein Sohn und drei Töchter am Leben, die anderen fanden ihre Ruhe „in unsres Vaters selig Begräbnis“ (an anderer Stelle genau bezeichnet: „zu St. Rochus vor dem Spittlertor“)92. Es entsprach sicher dem Wunsch der Brüder, daß noch ein zweites Wappen­ buch entstand. Die Wappenbilder sind hier auf Pergament gemalt und reich verziert. Im alten Holzeinband, innen bezeichnet mit N. 2, gibt die Jahreszahl 1532 den Hinweis auf das Entstehen, und das Monogramm W. F. auf den Autor. Die Anfertigung des zweiten Buches wird Wolfgang Fürleger in man­ cherlei Art in Anspruch genommen haben93. Seine Frau Anna, geb. Knaus, starb am 16. Dezember 1556 und wurde am 18. Dezember beigesetzt. Auf der letzten Seite vorstehenden Wappenbuches schrieb eine Hand, daß „Ebolt Knaus der eher, mein schweher,“ am Montag, 18. März 1527, verstorben und zu St. Johannis begraben sei. Er hat in seinem Haus am Weinmarkt, im Eckhaus neben dem gülden Kreuz herab, gewohnt. „Ewolt Knaus, sein sun, verschied am Eritag, 21. Juli 1562, bei mir im Haus, seins Alters 53 Jar, begraben in Vaters Grab“94. Ist das die Handschrift von Wolf Fürleger? 91 GNM. Bibliothek Merkel, Hs. 159. Fürleger-Geschlechtsbuch. 1527. Ein zweites „Wappen­ buch“, wie es Wolfgang Fürleger selbst nannte, hat sich im StAN (Nbger. Hs. 271) erhalten. Es war dem besonderen Entgegenkommen von Frau Dr. Ursula Mende, GNM, zu verdanken, daß ich die beiden Archivalien im Staatsarchiv miteinander vergleichen konnte. — Trotz des einfa­ chen Einbandes: Buntpapier auf Karton, nach Ansicht von Herrn Karl Kohn aus dem 18. Jahr­ hundert stammend, im Deckel innen das Welser-Wappen, halte ich die Hs. 159 für die zuerst entstandene Handschrift von Wolf Fürleger, beruhend auf der Jahreszahl 1527. Sie ist durch­ gehend auf Papier geschrieben, nicht foliiert. Die manchmal hier gebrachte Seitenzählung geht auf mich zurück, um dem Interessenten das Suchen zu erleichtern. 92 Karl Schornbaum, Das älteste Ehebuch Sebald, 1949. Nr. 4461 — Hier sind nur die Namen des Ehepaares und das Datum übermittelt. GNM, Merkel Hs. 159, Fürleger-Geschlechtsbuch (f. 36v). 93 StAN, Nbger. Hs. 271, Fürleger-Chronik. Alter Holzdeckel mit gemustertem Lederbezug als Einband, vier Messingecken und zwei Messingschließen. Innen vorn in der Rückseite des Holz­ deckels die Zeichnung eines Zirkels, darin eine Rundung mit der Jahreszahl 1532 und den Buch­ staben W. F. Eine Umschrift in großen Buchstaben ist nicht zu deuten. Die Handschrift besteht aus Papier- und Pergamentteilen. Die Zeichnungen der Wappen sind reichhaltiger als in der Merkel Hs. 159 im GNM. 94 Burger, Totengeläutbücher III. Sebald Nr. 5678. „Die erber fraw Anna Wolff Furlegerin am Roßmarkt“. In GNM, Hs. 159, steht, daß sie nach vier Tagen Fieber am 16. Dezember 1556

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Wolf Fürleger nahm knapp ein Jahr nach dem Tode der ersten Frau zur zweiten Ehe Barbara, Daniel Majers nachgelassene Tochter: „mit der ich hett Hochzeit auf Herrn Sebald Hallers Behausung auf St. Dilgenhof 13. Oktober 1557“95. Zwei kleine Töchter dieser Ehe starben. Der einzige Sohn Hiero­ nymus kam als Jüngling zur Ausbildung nach Verona und starb dort 1582 nach des Vaters Tod. In der Geschichte der Niederlassung in Verona wird sein Denkmal in der Kirche S. Anastasia erwähnt (siehe S. 37). Wir wissen, daß die Söhne der Fürleger schon seit Jahren immer wieder zur Ausbildung nach Verona kamen. So ist auch Wolfgang Fürleger mit seinem Sohn erster Ehe 1543 nach Welschland gereist und hat Hans zur Ausbildung in Verona zurückgelassen. Uber die Geschäfte des Hauses in jenen Jahren ist bekannt, daß Wolfgang mit seinem Bruder Hans (1486—1555) seit 1540 in Leipzig mit Spezereien, Färb- und Seidenwaren handelte. Zu Wolfs Schuld­ nern gehörten zu verschiedener Zeit die großen Seidenhändler in Leipzig. Genannt werden Fabian Kreuziger, Wolf Dietenhammer, einer der bedeutend­ sten Seidenhändler, Nikolaus Küffner und Hieronymus Rauscher mit anderen. In Leipzig waren die Fürleger um 1550 ständig vertreten durch ihren Faktor Heinrich vom Ende96. Durch die Ehe mit Barbara, Daniel Majers Tochter, der Enkelin des alten Veit Wolkenstein, traten auch Bergwerksinteressen in sein Leben97. Wolf war aber besonders auf Seidenwaren spezialisiert. So hat er in den Jahren 1558/59 verschiedene Seidenlieferungen bekommen, Seiden aus Bern (Verona) durchs Bayernland und solche aus Frankfurt. Auch mit Prag sind die Fürleger seit 1568 im Handel98. Nachweisbar ist ein lateinischer Brief, mit dem sich der Rat am 23. August 1566 an den angesehenen Engländer Clinton wandte und ihn bat, als Procurator für Wolfgang und Johann Fürleger tätig zu werden, die gegen einen gewissen Oldiswort in London eine Schuldforderung in der Höhe von 477 fl. hatten99. Noch einmal zurück zu Wolfgangs persönlichem Leben! Seine Tochter Christina, getauft 9. Dezember 1528, wurde die Frau von Hans Gundlach, dem Sohn des Michael Gundlach. Die Enkelinnen aus dieser Ehe, Anna und

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gestorben ist und auf dem Rochusfriedhof im Fürleger-Begräbnis beigesetzt wurde. In Hs. 271 im StAN steht auf der allerletzten Seite die Todesnachricht ihres Vaters und Bruders aus der Familie Knaus. GNM, Merkel Hs. 159 (f. 39r). Gerhard Fischer, Aus zwei Jahrhunderten Leipziger Handelsgeschichte, 1470—1650, S. 214, 56, 59, 255, 384. GNM, Behaim-Archiv, Akten des Hüttenhandels bei Arnstadt. S. 7v. Wolfgang Fürlegers Unterschrift anstatt seiner Hausfrau. StadtAN, LL 75 (1558 — 60), f. 15v., 99, 119, 101. Dr. Richard Klier hat diese Tatsache aus tsche­ chischer Literatur erschlossen, MVGN Bd. 47, 1956, S. 500. StAN, BB 176 (1566), f. 235r u. v.

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Ursula, erwähnt der Großvater in seinem Testament. Christina Gundlach, geb. Fürleger, wurde zusammen mit ihrem Ehemann im Grab ihres mütterlichen Großvaters Ewald Knaus (f 1527) auf dem Johannisfriedhof beigesetzt. Neben der Inschrift für das Ehepaar trägt es auch eine Gedenkschrift für Ewald Knaus100. Mit der Familie Gundlach blieben die Fürleger lange verbunden. Die Vettern waren bis ins 17. Jahrhundert im In- und Ausland ihre Geschäfts­ partner. Wolfgang Fürleger erlebte 1550 den Tod der erwachsenen Tochter Jungfrau Ursula am Roßmarkt101. Die Flochzeit seines Sohnes Hans aus erster Ehe mit Susanna Bernpeck wurde zum glücklichen Ereignis im Jahr 1555. So erlebte er Enkel, darunter auch einen Enkelsohn Wolfgang (* 1564). Es hat sich eine Urkunde erhalten, wonach Wolfgang Fürleger am 5. Mai 1569 die Eigenschaft an dem Haus seines Sohnes beim Zachariasbad um 750 Gulden erwarb102. Die Behausung mit Hofrait lag in St. Sebald hinter dem Augustinerkloster zwischen dem Bad zum Zacharias genannt und der Eckbe­ hausung, so man zu der Roten Wannen liegend, bezeichnet. Nach Karl Kohn handelt es sich um das Haus Karlstr. 7 (alt: S. 106). Mit dem Haus am Zacha­ riasbad bildete sich ein zweiter Familiensitz heraus, der sich länger in der Hand der Familie und Erben erhielt. Wolfgang, der Chronist, war der Tradition seiner Familie verpflichtet. Dafür bürgen die beiden Geschlechter- bzw. Wappenbücher. Hundert Jahre nach seinem Tode wird verbrieft, daß er 1570 in hohem Alter das Wappenfen­ ster seiner Familie in St. Jakob erneuern ließ103. Dieser Hinweis beweist, daß die heute noch vorhandenen Wappenscheiben seines Urgroßvaters Conrad (f 1438), verheiratet mit Christine Strobel, und seines Großvaters Conrad (t 1478), verehelicht mit Barbara Müllner von Königsberg, alte Scheiben sind. Von Wolfgang Fürlegers Testament war schon die Rede90. Danach bestimmte er, daß Hans den Handel, das Wappenbuch und das Haus am Zachariasbad haben sollte. Hieronymus erbte das Haus am Roßmarkt, und danach immer der Älteste der Familie. Das war eine besondere Bestimmung! Hieronymus, der junge Erbe des alten Familienhauses, starb 1582 in Verona181. Für ihn war ein anderer Erbe einzusetzen. Am 19. März 1576 wurde Wolfgang I. Fürleger im Alter von über 80 Jahren auf dem Rochusfriedhof beigesetzt. Es mag das Grab sein, das heute noch unter dem Namen seines Enkels Wolfgang Fürleger (1564—1614) besteht104. 100 Die Stadt Nürnberg, Kurzinventar, 1982, S. 438, Grab 911 (M7). 101 Landeskirchliches Archiv Nbg., Lor., 3. 11. 1550. Künftig zitiert: LKAN. 102 StadtAN, Urk. Reihe, 1569 Mai 5. Zeugen: Ambrosius Bosch und Paulus Fürnberger. Herrn Karl Kohn aufrichtigen Dank für den Hinweis! 103 StAN, AStB 271, f. 56r. Zu dieser Tatsache siehe Anm. 204. 104 LKAN, 19. 3.1576. Wolfgang Fürleger am Roßmarkt; Stadt Nürnberg, Kurzinventar, Rochus­ friedhof, Nr. 1291.

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Hans IV. Fürleger (1530—1595)

Als einzig überlebender Sohn von Wolfgang I., dem Chronisten, führte Hans IV. die Familie weiter bis ins 17. Jahrhundert. Im Alter von 13 Jahren beglei­ tete er seinen Vater nach Oberitalien. Er blieb in Verona zurück, um bei Joanne Antonio Venturini nel Contrada S. Eufemia zu lernen. Mit 25 Jahren heiratete er Susanna, Philipp Bernpecks Tochter, am 23. April 1555105. Ihre Mutter war Barbara Hopfer aus Augsburg. Die Bernpecks waren eine vermö­ gende Familie, was sich aus dem Testament der Schwiegereltern ergibt, die gemeinsam ein Stipendium für zwei Studenten von 2000 fl. stifteten, das die Bernpeck und Hopfer austeilen sollten106. Der Schwiegervater wohnte am Alten Milchmarkt (f 1567), die Schwiegermutter starb 1568. Hing es mit dem Tod der Schwiegereltern zusammen, daß Hans Grundbesitz am Zachariasbad erwarb und dazu 1569 des Vaters Hilfe brauchte? Er führte den Handel des Vaters zusammen mit ihm und nach dessen Tod tatkräftig weiter. Mit ihm in der Handelsgesellschaft war sein gleichaltriger Vetter Paul Fürleger (1530—1604), der 1560 Handelsvorsteher wurde. Die Fürleger hatten einen Handelsdiener namens Bartel Held, Sohn eines Nürn­ berger Bürgers. Nicht weit von Mantua ist er von zwei welschen Handels­ leuten erschossen worden; dabei wurden ihm 2000 Gulden genommen. An seine Stelle kam dann der Nürnberger Hasdrubal Rosenthaler der Jüngere in die Handlung der Fürleger107. Als er mit seiner Rechnung nicht bestehen konnte, ließen ihn die Fürleger auf dem Rathaus gefangen setzen. Ihre Bei­ stände vermittelten, daß Rosenthaler 1000 Gulden erstatten sollte. Rosenthaler suchte nach Mitteln sich an Hans Fürleger zu rächen. Er verfaßte deshalb ein anonymes Schreiben, ließ es ins Italienische übersetzen und dem Herzog Gon­ zaga von Mantua zuleiten. In diesem Brief wurde der Herzog verdächtigt, er habe den Diener Fürlegers erschießen lassen und das Geld an sich genommen. Deshalb würde Fürleger dem Herzog nun nach dem Leben trachten. Um dies zu verhindern, solle der Herzog dem Fürleger zuvorkommen und ihn aus dem Leben schaffen, bevor dieser sein böses Vorhaben vollbringen könne. Dieser Anschlag wurde jedoch durch einige angesehene Personen, die Fürleger gut kannten und ihn beim Herzog verteidigten, verhindert. Dieser erkannte, daß das Schreiben und der angebliche Anschlag von Rosenthaler herkommen müsse. Fürleger erlangte daraufhin vom Herzog von Mantua und vom Herzog 105 LKAN, Sebald 95. 106 Stadtbibliothek Nbg. Amb. 173 2°, Testament S. 215c. Burger, Totengeläutbücher III, Sebald 1517—1572, Nr. 8785. Philip Bernpeck am Alten Milchmarkt. 1567. Ebd., Barbara, Philip Bernpeckin am Alten Milchmarkt Nr. 8934. 107 Die folgende Geschichte bei: Johann Ferdinand Roth, Bd. I, S. 272 bis 275, nach Müllners Annalen zum Jahre 1583. Für die interessante Fotokopie Herrn Archivrat Bartelmeß vielen Dank.

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Ferdinand zu Österreich Schreiben an den Nürnberger Rat, daß dieser Rosenthaler gefangen nehmen lasse. Demzufolge ließ der Rat auf Franz Brechteis Nachhochzeit, an der Rosenthaler als „Jungfrau-Gesell" teilnahm, diesen durch vier verkleidete Stadtknechte von der Mahlzeit weg verhaften. Er gestand die böse Sache und sollte am 16. Juli 1583 hingerichtet werden. Auf Fürbitten vieler Genannter wurde er dann zu lebenslänglicher Haft auf dem Fröschturm begnadigt. Wer sind wohl die vornehmen Persönlichkeiten gewesen, die sich für Hans IV. Fürleger eingesetzt haben? Wohl auch der Erzherzog Ferdinand von Österreich. Immerhin erfahren wir durch den bösen Handel die Namen zweier Diener der Fürleger-Gesellschaft. Fürlegers junge Ehefrau brachte zehn Kinder zur Welt. Doch die Kinder­ sterblichkeit war damals erschreckend hoch. So starben drei Söhne und vier Töchter. Nur zwei Söhne blieben am Leben, um die Familie fortzuführen: Wolfgang II. (;:* 1564) und Philipp I. (* 1568). Zu den Kindern muß auch noch eine Tochter Susanne gehört haben, die Vater Hans IV. 1559 zur Taufe brachte. Sie heiratete zunächst Anton Weiß und nach dessen frühem Tode am 20. Mai 1578 Augustin Fürnberger108. Susanna Fürleger, geb. Bernpeck, die Ehewirtin von Hans IV. Fürleger, „neben der roten Wannen" wurde am 26. Oktober 1575 am Johannisfriedhof beigesetzt109. Er erlebte die Hochzeit des ältesten Sohnes Wolfgang II. im Jahre 1586 und danach noch drei Enkel. Das Haus Viatis bat ihn, den angesehenen Kaufmann, zum Paten von Johann Viatis, dem am 19. Dezember 1592 geborenen Sohn von Bartholomäus I. Viatis110. Im nächsten Jahrhundert werden dann verschie­ dene Fürleger in den Geschäftsbüchern der Handelsgesellschaft mit Geldbe­ trägen erscheinen. Hans der Ältere Fürleger am Weinmarkt wurde am 11. März 1595 auf dem Johannisfriedhof beigesetzt111.

Wolfgang II. Fürleger (1564—1614) und seine Nachkommen Getauft wurde Wolfgang II. in St. Lorenz am 22. März 1564. Seine Eltern Hans IV. und Susanna, geb. Bernpeck, hatten Jahre zuvor ein Söhnlein dieses Vornamens verloren. Man hielt fest an Großvaters Vornamen. Wolf war 1577 in Verona bei Andrea Bataglia zur Ausbildung. Inzwischen hatte dort 108 LKAN, Taufe, 14. 7. 1559, Vater Hans, Sebald 152v. (Da die Mutter fehlt, nicht absolut sicher.) 109 LKAN, Sebald 4281. 110 Gerhard Seibold, Die Viatis und Peiler — Beiträge zur Geschichte ihrer Handelsgesellschaft, 1977, S. 247. Zitiert: Seibold, Die Viatis. 111 LKAN, Sebald 1014.

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Hans IV. Fürleger (* 1536) festen Fuß gefaßt. Mit 22 Jahren heiratete Wolf­ gang am 25. April 1586 Helene Gutteter, die Tochter des in Krakau geborenen Erasmus Gutteter, der 1565 das Nürnberger Bürgerrecht erworben hatte. Er entstammte einer bedeutenden Fernhandelsfamilie, die sich von Kulmbach nach Breslau, Krakau und Nürnberg ausbreitete. In Nürnberg ist sie seit 1536 nachzuweisen112. In der Ehe kamen vier Söhne und sechs Töchter zur Welt. Wann ist die Familie von St. Lorenz wohl zum Weinmarkt „neben der roten Wannen“ ver­ zogen, wo die Tochter Helene mit 16 Jahren, 1606 verstarb?113 Wolfgang wirkte auf den gleichen Handelswegen nach Leipzig wie sein Vater und Großvater. Gerhard Fischer stellte für den Ostermarkt in Leipzig 1618 niedrigere Zahlen für den Handelsumfang der Pfinzing und Fürleger fest; der Handel mit Prag ist nur bis 1618 nachzuweisen. So ist zu vermuten, daß sich der Handel der Fürleger in den Stürmen des 30jährigen Krieges in den Süden verlagerte, über ihre Niederlassung in Verona. Wolfgang II. Fürleger war Genannter von 1587 bis 1614. Er wohnte am Weinmarkt, im Haus „neben der roten Wannen“. Dort starb er und wurde am 5. März 1614 am Rochusfriedhof beigesetzt. Seine Frau Helene, geb. Gutteter, starb am 23. Oktober 1627. Es gibt dafür nur eine Quelle: Eine Wappen­ scheibe mit ihrer beider Wappen erinnert an das Ehepaar im Fenster von St. Jakob. Auch hält das Grab am Rochusfriedhof (Nr. 1291) die Erinnerung an beide wach114. Susanna, geb. 1593, nahm sich am 27. Juli 1612 Tobias Fin, den Sohn des Hans zur Ehe. Die Familie schrieb sich meist Fynn. Sie waren Kaufleute mit Seidenwaren. Bis ins 18. Jahrhundert ist ihr Handel mit den Viatis nachzu­ weisen. — In zweiter Ehe verband sich Susanna mit Dr. iur. Veidt Philipp Pfaudt, der 1627 starb. Sie teilt mit ihm das Grab in St. Johannis115. Clara, geb. 1605, heiratete am 31. Oktober 1625 Moritz Schacher, des Ratsherrn zu Leipzig Hartmann Schacher sei. Sohn. Der Sohn Johann Baptista wurde am 12. Dezember 1594 in St. Lorenz116 ge­ tauft. Er war in den Jahren 1612/13 zur kaufmännischen Tätigkeit in Verona. 112 LKAN, Lor. 46, Taufe, Ludwig Popp, Die Geschichte der Gutteter aus Kulmbach, 1984, S. 138. 113 Helene, Vater Wolfgang Fürleger am Weinmarkt neben der Roten Wannen. Gest. 19. Juli, begraben 22. Juli 1606, LKAN, Lor. 86. S. 674. 114 Helenes Tod nachgewiesen in: GNM, Merkel Hs. 159, neben anderem f. 22r u. v. Sein Tod: LKAN, mit Angabe des Wohnsitzes am Weinmarkt neben der Roten Wannen. Die Stadt Nürnberg, Kurzinventar, 1982, S. 333 (sein Grab). 115 LKAN, Die Ehedaten von Susannas erster Ehe mit Tobias Fin und das Ehedatum der Clara mit Moritz Schacher (Lor. 789) verdanke ich Herrn Archivrat Dr. Christoph Frhr. von Branden­ stein. Zum Grab von Dr. Pfaudt mit seiner Frau Susanne Fürleger siehe: Kurzinventar Nbg., S. 441. 116 LKAN, Lorenz 227v.

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Dabei entstand ein Stammbuch, das sich bis heute als Fragment erhielt117. Die Einträge darin sind alle bis auf einen mit Datum und Ortsangabe Verona ein­ deutig seinem dortigen Freundes- und Bekanntenkreis zuzurechnen. Damit ist eine wichtige Quelle der Zusammensetzung der Kaufmannschaft an der Etsch erschlossen. Neben einem Vetter Fürleger und Michael Gundlach und anderen Nürnbergern widmen ihm freundliche Worte Bürger aus Augsburg, Breslau, Halberstadt und Leipzig — sicher Vertreter von Firmen, mit denen die Für­ leger Verbindung hatten. Zur Frau nahm Johann Baptista am 16. Juli 1617 Magdalene von Werden. Im Hause ihres verstorbenen Vaters Lucas von Werden, auf dem alten Milchmarkt an der Hundsgasse, fand die Hochzeit statt118. Sein tätiges Leben fiel fast voll in den 30 Jahre währenden Glaubenskrieg. Durch Gerhard Seibold werden Handelszahlen bekannt zwischen den Viatis und den Fürlegern Hans Philipp, Hans Baptista und Wolf Gundlach, als Han­ delsgemeinschaft alle untereinander verwandt. Der Handel bezieht sich auf die Jahre September 1621 bis Juni 1625. Die zwölf Soll-Buchungen ergeben 66 500 fl., die 21 Habenumsätze kommen auf rund 99 600 fl., also ein stattlicher Handel119. Seine junge Frau (* 1598) brachte ihm in 21 Ehejahren 13 Kinder zur Welt und starb bei der Geburt des 14. Kindes am 11. September 1637120. Von den neun Söhnen starben acht als Kinder und wurden in dem Grab des Ahnherrn Wolf beigesetzt. Der einzige Sohn Hieronymus (get. 28. April 1620), der her­ anwuchs, starb als der dritte Hieronymus der Familie in Verona 1648. Von dem jungen Kaufmann fand sich noch eine Spur seines Lebens in den Geschäftsbüchern der Viatis: Des Hans Baptista Fürleger seel. Sohn Hiero­ nymus wird dort zusammen mit Hans Marx Gutteter und Jeronymus Gutteter 1646 genannt121. Den Tod dieses Sohnes erlebte sein Vater aber nicht. Auch Hans Baptista Fürleger war Genannter, von 1617 bis zu seinem Lebensende. Dazu wurde er noch mitten im Glaubenskrieg vorderster Markt­ vorsteher122. Sein Leben war von Verantwortung gezeichnet. Er erreichte nur 117 Herrn Dr. Günther Schuhmann, Ltd. Archivdirektor a. D., aufrichtigen Dank für die freund­ liche Bereitschaft zur Nachforschung nach dem Fragment dieses Stammbuches. Es gelangte durch Ankauf in den Besitz des GNM und wird dort als Hs. 121. 660 verwahrt. Den Wortlaut der Einträge zu besitzen, ist von besonderem Wert. 118 GNM, Merkel Hs. 159 (28r). Alte, in die Chronik eingefügte Briefblätter enthaltene Nach­ richten über diese Familie. Ich habe mit der eingeklammerten Seitenzahl nur ungefähr die Lage gekennzeichnet, um das Finden zu erleichtern (das Buch hat keine Seitenzählung). 119 Seibold, Die Viatis, S. XXIX. 120 Wie Anm. 118 auf alten Briefblättern. 121 Seibold, Die Viatis, S. XXXV. Dort werden Handelsumsätze zwischen den Viatis und den drei Kaufleuten Gutteter und dem jungen Fürleger von Oktober 1646 bis Mai 1653 genannt. Der junge Fürleger kann aber nur bis 1649 beteiligt gewesen sein. 122 StadtAN, Handelsvorstand Nr. 4. Marktvorsteher 1624 Johann Baptista Fürleger 1645.

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ein Lebensalter von 50 Jahren. Auf einem Blatt in der Chronik Hs. 159 steht, von der Hand einer Tochter geschrieben, daß er nach acht Jahren Witwer­ stand, nach einem Beinbruch, Zipperlein, „Rotlauf“ und Steinschmerzen 1645 gestorben sei am 6. März, alt 50 Jahr, 9 Monat, 1 Tag. Begraben wurde er bei seiner Ehewirtin, im Grab ihres Vaters auf dem Johannisfriedhof123. Die Schreiberin berichtet weiter, daß die älteste Tochter sich noch zu Leb­ zeiten der Eltern verheiratet hätte, die drei jüngeren nach der Eltern Tod. Die älteste Tochter war Marie Magdalene (* 1617), sie heiratete am 20. März 1637 Georg Vierer, Sohn des Christoph Vierer, Banquier124. Das Lebensschicksal der Tochter Helene (* 1621) kommt in dem Abschnitt „Die Niederlassung in Verona“ zur Kenntnis. Zurückgekehrt vermählte sie sich zum zweiten Mal als Witwe Göppel 1666 mit Pius Petz, Verwalter und Kästner des Ebracher Klo­ sterhofes in Nürnberg125. Sie starb 1688. Von Anna-Maria ist bisher allein das Geburtsjahr 1624 gewiß. Auch von Ursula war bis kurz vor Abschluß der Arbeit nur das Geburtsjahr 1627 bekannt. Eine interessante Auskunft läßt sie uns nun als die letzte Fürlegerin erscheinen, die den langjährigen Familienbe­ sitz beim Zachariasbad als zweite Ehefrau des Jacob Bühler bewohnte. Die Hochzeit mit dem verwitweten Handelsdiener hatte zu Sebald am 30. Juni 1660 stattgefunden. Er war vordem mit einer Base von ihr verheiratet ge­ wesen126.

Philipp I. Fürleger (1568—1610) und seine Nachkommen Der Vorname Philipp kam durch die Familie Bernpeck am alten Milchmarkt zu den Fürlegern. Der Großvater Philipp des Kindes war 1567 gestorben. Nun bekam diesen Vornamen der Sohn seiner Tochter Susanne Hans Fürlegerin, getauft zu St. Sebald am 7. Dezember 1568127. Philipp war zweifellos jung nach Verona gekommen. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts ist 1608 ein Filipp Für­ leger in Verona festzustellen. 123 GNM, Merkel Hs. 159. Auf alten Briefblättern eine knappe, aber bewegende Geschichte dieser Generation mit dem Wunsche, „sie mögen alle eine sanfte Ruh in St. Johannis finden“. Welche Nachkommin hat das alles aufgezeichnet? 124 Georg Vierer (1615 — 1670) wurde 1637 Genannter. Sein Vater Christoph (1578-1656) Kauf­ mann, ältester Adjunkt des Bankoamtes. 125 Helene Göppel, geb. Fürleger, hatte wohl Nachkommen aus der Ehe Göppel in die Ehe Petz eingebracht, die Fürleger-Nachkommen waren. 126 Herrn Archivrat Dr. Christoph Frhr. von Brandenstein, LKAN, aufrichtigen Dank für den Hinweis auf die zwei Ehen des Jacob Bühler. Bühler hat mit Sicherheit den Fürlegern als Han­ delsdiener zur Verfügung gestanden. Er besaß dann das stattliche Haus, das Nachkommen (nach Herrn Karl Kohns Forschungen) 1684 um 6000 fl. verkauften. Zu seiner ersten Frau siehe Anm. 129. 127 LKAN, Geburt von Philipp.

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Er heiratete zu St. Sebald am 2. Juni 1590 Margarethe Fürnbergerin128. Sie war die Tochter von Paul Fürnberger. Bei den ersten Söhnen kehren die tradi­ tionellen Vornamen wieder: Hans, geb. 1591, und Philipp, geb. 1592. Der dritte Sohn hieß Andreas, geb. 1597, und der vierte Sohn Hans Georg, geb. 1603. Die drei Töchter waren Anna Maria, geb. 1596, Ursula, geb. 1599, und Anna Magdalena, geb. 1601. Die Kinder sind alle zu St. Lorenz getauft. Anna Magdalena heiratete zu St. Lorenz am 3. März 1645 Jacob Bühler, der als Handelsdiener eingeschrieben ist. Es ist anzunehmen, daß er für die Für­ leger wirkte. Auf dem Rochusfriedhof ist heute noch ihr Name zu lesen (wohl 1655 gestorben)129. Die Familie Fürleger ist für Reisende nach dem Süden in Verona oft Gast­ geber und auch Bankier gewesen. In der Geschichte ihrer Niederlassung wird solch ein Fall bekannt: Die Viatis schickten zu ihnen Christoph von Reden, damit dem jungen Adeligen auf seiner Bildungsreise Geldmittel zur Verfügung standen. Dabei wird neben Pandolfo Fürleger auch ein Filippo Fürleger genannt. Das könnte der Vater, wohl aber auch sein 16 Jahre alter Sohn sein, der dort zu dieser Zeit in der Niederlassung war. Philipp Fürleger ist von 1591 bis zu seinem Lebensende Genannter des Grö­ ßeren Rates gewesen. Philipp Fürleger der Altere, am Roßmarkt, wurde am 27. August 1610 beigesetzt. Der Rochusfriedhof ist bei ihm als Begräbnisort nicht überliefert, aber wohl gesichert. Seine Frau hat das Haus am Roßmarkt verlassen. Sie starb vielleicht bei einem der Kinder. Ihre Beisetzung war am 1. September 1622 von einem Haus unter der Vesten aus130. An das Ehepaar erinnert in der Jakobskirche noch heute ein Glasgemälde mit ihrer beider Wappen und der Jahreszahl 1590, dem Jahre ihrer Eheschließung131. Welches ihrer Kinder lebte wohl „Unter der Vesten“? Hans V. Fürleger, getauft 28.2. 1591, holte seine Frau aus der angesehenen Familie Dillherr. Er heiratete Anna Maria, die Tochter von Mang (Magnus) III. in der Lorenzkirche am 26. Oktober 1612132. Über seine Aktivität ist mir nichts bekannt geworden. Er wurde Genannter des Größeren Rates 1613 und blieb es bis 1631. Sein Todesjahr war noch nicht festzustellen. Anna Maria, geb. Dillherr (* 1588), starb — vielleicht in einem Kindbett — mit 34 Jahren. Die Ehefrau des Hans Fürleger auf dem alten Weinmarkt an der Roten

128 LKAN, Seb. 297, ohne Angabe seines Vaters, rot geschrieben. 129 Die Geburtsjahre der Kinder alle nach ihren Taufjahren eingesetzt nach den Urkunden des Archivs. Ich habe nicht nachgeprüft, ob es aus den zwei Ehen Bühlers mit den Fürlegerinnen Nachkommen gab. Ich halte es bei der Ehe mit Ursula geb. 1627 für möglich. Zur zweiten Frau siehe Anm. 126. 130 LKAN, Sebald: Margarethe, Witwe des Philipp Fürleger des Älteren. 131 Die Stadt Nürnberg, Kurzinventar, 1982. Jakobskirche, S. 57. 132 LKAN, Lorenz, S. 401.

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Wannen wurde am 4. April 1622 beigesetzt133, mit Sicherheit auf dem Johannis­ friedhof. Der kurzen Ehe sind drei Söhne entsprossen, Hans, geb. 1613, Hans Philipp, geb. 1615, und Paulus, geb. 1617. Philipp II. Fürleger, getauft 5. Dezember 1592, ist mit Sicherheit in Verona tätig gewesen. Er wird in der Geschichte der Niederlassung dort 1608 genannt. Sein Leben als Kaufmann sollte über eine lange Wegstrecke in den schweren Krieg fallen. Geheiratet hat er in der Sebalduskirche am 3. Juli 1615 Maria Braun, die Tochter von Jacob I. Braun134. Aus der kurzen Ehe von fünf Jahren stammen zwei Kinder. Die Taufen wurden in der Sebalduskirche vollzogen, Clara, geb. 1616, und Hans Jacob, geb. 1618. Maria Fürleger, geb. Braun, Ehefrau des Philipp Fürleger auf der hintern Füll, wurde am 23. Juli 1620 beigesetzt, wahrscheinlich in St. Jo­ hannis135. Die Wirkungszeit von Philipp II. als Genannter des Größeren Rates fällt in die Jahre 1616 bis 1655. Anna Maria Fürleger wurde am 22. März 1596 getauft. Sie heiratete Hans Tag und starb 1633, der Ehemann im Jahre 1638. Ihr gemeinsames Grab mit Inschrift und Wappentafel ist auf dem Johannisfriedhof136. Von den jüngeren Schwestern Ursula, geb. 1599, und Anna Magdalena, geb. 1601, fand ich bisher nichts.

Andreas Fürleger (* 1597) Andreas ist als dritter Sohn von Philipp I. Fürleger am Roßmarkt und Susanne Bernpeck am 5. November 1597 in der Lorenzkirche getauft worden. Er ist Kaufmann geworden wie fast alle Angehörige der Familie. Die Niederlassung in Verona und seine Verwandten dort waren ihm wohl bekannt. Er nahm zur Ehe am 24. November 1621 in der Sebalduskirche Katharina Volland, die Tochter des Apothekers Georg Volland137. Sie stammte aus einer wohl­ habenden Familie. Leider starb sie nach kurzer Ehe (der Tag ist noch nicht bekannt) und hinterließ die Tochter Susanne Katharine, getauft in der Sebal-

133 LKAN, begraben Sebald 4. 4. 1622. Da sie als Ehefrau bezeichnet wird, lebte Hans Fürleger noch, gestorben nach 1631, Abschluß der Genanntenzeit? Die Taufdaten (= gleich Geburts­ jahre) sind den Kirchenbüchern entnommen. 134 LKAN, Sebald S. 312b. 135 LKAN, begraben, Sebald 23. 7. 1620. 136 Stadt Nürnberg, Kurzinventar, 1982, St. Johannisfriedhof, S. 463, Hanns Tag f 1638 und Anna Maria Fürleger f 1638 mit Inschrift und Wappentafel. 137 LKAN, (grüner Zettel), Endres Fürleger heiratet Volland Katharina, Georg Vollands, Apothe­ kers Tochter, Sebald S. 66.

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duskirche am 22. April 1627138. Vielleicht ist ihre Mutter bald danach gestorben, weil ihr Vater am 16. Juni 1628 in der Lorenzkirche sich mit Dorothea Hetzer, der Tochter von Mathis Hetzer, vermählte139. Ehe wir auf diese kinderreiche Ehe eingehen, zum beruflichen Schicksal des Andreas und dem Geschick seiner einzigen Tochter aus erster Ehe! Andreas hatte durch seine vermögende Frau erster Ehe trotz des jahrelangen Krieges beträchtliches Kapital in der Hand. So finden wir ihn zusammen mit seinen Vettern Hans Philipp, Johann Baptista und Paul Gundlach mitten im Kriege in einer Handelsgesellschaft verbunden. Aus dem Jahre 1625 hat sich die Akte eines Prozesses erhalten, in dem es um eine Forderung von 2000 fl. gegen Cuntz Philipp Cleminius zu Sulzbach ging140. Andreas war auch Genannter in Nürnberg von 1624 bis 1647. Die letztgenannte Jahreszahl gibt einen Hinweis auf das mögliche Todesjahr. Das genaue Datum war bisher nicht feststellbar. Einem Brief des Lukas Friedrich Behaim an seinen Sohn Hans Jakob vom 7. Oktober 1645 verdanken wir folgende Nachricht141: „Heut hält der jung Wimpf (d. h. Wimpfen) Johann Friedrich seinen Handschlag mit einer jungen Fürlegerin, über 80 m (mille) fl. reich.“ Aus einer Arbeit von Lore SporhanKrempel geht Näheres über das Schicksal dieser Fürlegerin hervor142: Sie gebar ihrem Ehemann Johann Friedrich von Wimpfen vier Söhne: Hans Jakob (1646), Georg Abraham (1648), Hans Christoph (1652) und Hans Carl (1654). Wimpfen legte ein großes Geltungsbedürfnis an den Tag. Das äußerte sich auch darin, daß seine Frau entgegen der Kleiderordnung wertvollen Schmuck trug. Als 1651 Susanna Catharina deshalb um 10 fl. gestraft wurde, legte Wimpfen dem Rat eine ausführliche Stellungnahme vor. Darin nimmt er einge­ hend auf seine Hochzeit Bezug. Sein „Ehrentag“ mit der Fürlegerin sei zwar etwas mehr in der „Enge“ begangen worden, auch sei die Trauung im Haus vollzogen worden. Doch habe seine Frau damals unverhindert goldne Arm­ bänder, einen Perlenkranz und eine lange dreifache Kette mit einem Kleinod getragen. Aufgrund seiner Ausführungen wurde ihm vom Rat erlaubt, daß seine Frau „sich dem ersten stand gemäß kleiden und sich halten möge“. Es würde hier zu weit führen, Wimpfens weiteres Schicksal darzustellen. Seine erste Frau, die Fürlegerin, muß vor 1660 verstorben sein, dem Jahr seiner zweiten Eheschließung. Der aufwendige Lebensstil Wimpfens mißfiel dem Rat, es verdichtete sich der Verdacht, daß er als Losungsamtmann sich an Lo­ sungsgeldern vergriffen habe. So wurde er verhaftetet und starb am 13. De138 LKAN, Tauftag bei Sebald, 22. 4. 1627. 139 LKAN, Lorenz S. 30. 140 StAN, Rep. 77, Nr. 230 (1625). Meine Anfrage in Sulzbach wegen ihres Schuldners Cunr. Phi­ lipp Cleminius blieb ohne Erfolg. 141 MVGN, Bd. 31, S. 192. 142 Lore Sporhan-Krempel, Zur Geschichte der Familie Fiermann von Wimpffen, Bll. f. Frank. Familienkunde, Bd. 12, Heft 2, Oktober 1984, S. 60 ff.

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zember 1668 im Gefängnis. Tobias Fürleger, der Stiefbruder der ersten Ehe­ frau, war 1669 unter den Curatoren der Söhne, deren mütterliches Erbe, vor allem ein Hammergut im Hirschbachtal, sicherzustellen war143. Doch nun zurück zur zweiten Ehe des Andreas II. Fürleger mit Dorothea Hetzer seit 1628 und ihrem Nachwuchs! Andreas, geb. 1629, macht den Anfang. Es folgten dann Christine Magdalena, geb. 1630, Anna Maria und Dorothea Sabine, die beide 1632 zur Welt kamen, Dorothea Ursula, geb. 1633, und schließlich Tobias II. geb. 1635144. Andreas war Handelsmann, heiratete in der Predigerkirche am 11. März 1663 Margarete Weyer, die Tochter von Konrad Weyer145. Ein Kind habe ich festgestellt, Maria Martha, geb. 1665. Tobias trat, wie schon erwähnt, für seine Stiefschwester Susanne Katherine von Wimpffen ein, als Curator ihrer drei Söhne zur Sicherung ihres hinterlassenen Vermögens. Er wurde 1664 Genannter und blieb es bis zu seinem Tode. Tobias Fürleger am Egidienhof wurde am 24. Juli 1670 beigesetzt, heißt es im Totenbuch von St. Sebald. Philipp I. Fürleger (f 1610) hatte nach dem 1597 geborenen Sohn Andreas noch einen weiteren Sohn: Hans Georg, geb. 1603, dessen Schicksal zum tragi­ schen Ausgang der Familie überleiten wird und später zur Betrachtung kommt.

Paulus 1. Fürleger (1530—1604)

Als Sohn von Conrad IV. und der Magdalena Bartel Vischers Tochter, wurde er im Haus am Köpfleinsberg geboren und am 23. Januar 1530 getauft. Sein Pate war der Prediger an St. Lorenz, Endres Osiander. Nach wem trug er diesen neuen Vornamen in der Familie? Von den dreizehn Totenschilden der Fürleger, die vorhanden gewesen sind146, hat sich sein Totenschild als einziger bis heute in der Lorenzkirche erhalten. Daß er früher in Verona war, steht außer Frage. Seine erste Ehe schloß er zu St. Lorenz am 12. Juni 1559 mit Maria Freydel, Tochter des Christoph Freydel und der Maria Schweicker. Ein Sohn Paulus, geb. 1560, scheint früh gestorben zu sein. Sein Schwiegervater Christoph Freydel starb „hinter S. Lorenzen“ im 143 144 145 146

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Tobias II. Fürleger, stammte aus der zweiten Ehe ihres Vaters, war 1635 geboren. LKAN, aus den Taufurkunden erschlossen. LKAN, Sebald S. 421/421a, Sein Tod: Sebald 40, 1668-1678, S. 119. Die Stadt Nürnberg, Kurzinventar, 1982, S. 89, wird der Totenschild von Paulus Fürleger f 1604, genannt, z. Zt. im Magazin. — StadtAN, Ha. Vo. Genealogische Kartei, Fürleger: Genealogische Aufzeichnungen über diese Familie. Manuskript auf 2 Folioblättern und 3 losen kl. Blättern. Skizzen von 13 Fürleger-Totenschildern auf 2 Foliobogen in Mappe, 80,— DM. — Wo mögen diese Aufzeichnungen sein?

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Die Fürleger von Nürnberg und ihre Niederlassung in Verona

Sommer 1560. Paulus Fürleger wird die ersten Ehejahre im Vaterhaus der Frau gelebt haben. In ihm starb im Frühjahr 1563 die junge Frau Maria Fürleger147. Im Jahr nach seiner Eheschließung 1560 wurde er Genannter und blieb es bis zu seinem Tode. Am 2. November 1563 schloß er seine zweite Ehe mit Klara Heidt, der Tochter des Bartholomäus Heidt und der Ursula Nützel, bei St. Lorenz148. Diese langjährige Ehe war mit Kindern gesegnet: Paulus geb. 1565, Bartholomäus geb. 1566, Ursula geb. 1567, Susanna geb. 1571, Chri­ stoph geb. 1573, der 1625 das Adelsdiplom für seine Familie bekam, Clara geb. 1577, Hans David geb. 1580. Die Mutter dieser Kinder Clara Fürleger, geb. Heidt, wurde am 19. Juni 1580 im Familiengrab auf dem Rochusfriedhof bei­ gesetzt. Sicher hat Paulus zur Zeit der zweiten Ehe am alten Roßmarkt gewohnt, jedenfalls ist dort die zweite Ehefrau gestorben149. Die dritte Ehe ging er mit Sabine Örtel, der Tochter des verstorbenen Endres Örtel, am 25. Januar 1585 in der Lorenzkirche ein. Die am 1. April 1593 geborene Tochter verlor die Mutter bald danach: Am 11. April 1593 wurde sie zu St. Rochus bestattet150. Die vierte Ehe schloß Paulus sen. mit Elena Coler, Tochter des Paul Coler selig am 26. April 1596. Am 7. September 1598 wurde Tobias getauft. Als Kaufmann war Paulus dem traditionellen Handel der Familie nach Leipzig verbunden. Der Handelsdiener des Paul und Hans Fürleger Friedrich Held in Leipzig, forderte 1572 rund 1415 Taler von Hieronymus Brehm, Nikolaus Küffner und Wolf Diethammer151. Noch lief der Handel nach Prag. Paul und Hans Fürleger, Gebrüder, erscheinen auch in den Handlungsbüchern der Welser152. Ihr Seidenhandel wurde durch die Niederlas­ sung in Verona sehr gefördert. Nach Wolfgang I. Fürleger war Paulus I. der zweite Fürleger, der zum Marktvorsteher 1596 gewählt wurde, ein Ehrenamt153 innerhalb des Handels­ vorstandes, den die Kaufmannschaft der Reichsstadt 1560 gebildet hatte. 147 LKAN, Lorenz 622. Burger, Totengeläutbücher III, Sebald Nr. 6631, ebd., Nr. 7553. 148 LKAN, Lorenz 625. StadtAN, Heiratsnotelbuch I, 35. Die Geburtsjahre aus dem LKAN! Ihr Tod ist bei Lorenz beurkundet. 149 Die Lage des Fürleger-Hauses am alten Roßmarkt ist nicht genau feststellbar. Es lag dem Frauenbrüderkloster gegenüber. Karl Ulrich, Das ehemalige Karmeliterkloster zu Nürnberg, in: MVGN, Bd. 66, 1979, bringt eine Beschreibung der Lage des Klosters, S. 18/19 wird der alte Roßmarkt ebenfalls genannt. In der gleichen Arbeit über das Karmeliterkloster wird S. 19 auch das Haus eines Fürlegers genannt, das aber nicht identisch ist mit dem Stammhaus: „auch die liberey, fornen an der gassen uf der Füll genandt, gegen der Fürleger . . . Behausung über gelegen“. 150 LKAN, Lorenz 635, Geburt der Elena, Tod ihrer Mutter ebd. Paulus schloß die vierte Ehe bei Lorenz, Hinweis bei Lorenz 642. StadtAN, Heiratsnotelbuch III, Helene Fürleger, Tochter des f Paulus und der Sabine Örtel, heiratete Wolf Jacob Pömer, Vertrag 10. 2. 1614. 151 Fischer, Aus zwei Jahrhunderten Leipziger Handelsgeschichte, S. 221. 152 Ludwig Freiherr von Welser, Die Welser, 1917, Bd. I, S. 179, dankenswerter Hinweis von Herrn Friedrich Bullemer. 153 StadtAN, Handelsvorstand Nr. 1, S. 154.

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Christa Schaper

Der jüngste Sohn Tobias I. verlor den Vater gar bald. Von ihm wird noch die Rede sein. Paulus I. Fürleger starb wie viele vor ihm und manche nach ihm im Familiensitz am alten Roßmarkt. Er wurde im Grab zu St. Rochus bei seinen Frauen am 28. Oktober 1604 beigesetzt, das noch heute besteht. Es fällt auf, daß dicht daneben das Erbbegräbnis der Familie Wolf Fürleger ist154. Was ist aus den Kindern dieses bedeutenden Kaufmannes geworden? Zwei Söhnen, Christoph und Bartholomäus, ist ein eigener Abschnitt gewidmet. Paulus II., geb. 1565, nahm am 10. November 1590 Elena Grundherr von Altenthann zur Ehe, „Lienhard Grundherr des kleinen Rats allhie selige Tochter“. Zum Gedenken an diese Verbindung ist in der Jakobskirche noch eine gemalte Glasscheibe mit ihrer beider Wappen vorhanden. Ihre Tochter Sabina (get. St. Lorenz 22. April 1599), wurde 1620 die Frau von Hans Erasmus Dillherr, Sohn von Mang d. Ä.155. Von seinen drei Töchtern Ursula (1567—1589) und Susanne (1571 — 1580) hat allein Clara, geb. 1577, die den Vornamen ihrer Mutter trug, ein Lebens­ glück erreicht. Sie wurde 1597 die zweite Frau von Nikolaus Helfreich (geb. Leipzig, 1560). Die Helfreich waren eine alte Leipziger Kaufmannsfamilie. Nikolaus Helfreich, 1603 Genannter, wurde 1621 ältester Marktvorsteher. Der Sohn dieser Ehe einer Fürlegerin, Gabriel Helfreich (* 1605), kehrte 1635 wieder nach Leipzig zurück156. Einen besonderen Lebensweg schlug der jüngste Sohn des Paulus ein, der 1598 geborene Tobias I. Fürleger. Er wurde mit sechs Jahren Waise. Er ging m. W. als erster Fürleger auf eine Universität. Tobias ist ein so seltener Vor­ name, daß er identisch sein kann mit dem Jurastudenten gleichen Namens, der am 12. Oktober 1621 in Straßburg immatrikuliert wurde157. Will bringt auch einen Tobias Fürleger, der zu Altdorf (1620, 1625) und Basel (1624) die Rechte studierte158. Die beiden Studenten dürften personengleich sein. Seine Mutter Helene Fürleger, geb. Koler, schloß 1606 als Witwe Paul Fürlegers d. Ä. einen Ehevertrag mit Paul Rieter von Kornburg159.

154 LKAN, Lorenz 186. Die Stadt Nürnberg, Kurzinventar, S. 333: Grab 1290 (Rochusfriedhof). 155 LKAN, Paulus d. Jg. Fürleger, Sebald 297v. Die Stadt Nürnberg, Kurzinventar, S. 57 (Jakobs­ kirche). 156 StAN, Hs. 439, Genealogie Helfreich. Bei G. Seibold, Die Viatis, wird S. XXIX Niklas Helf­ reich zusammen mit Christoph Fürleger mit einem großen Handelsumsatz aufgeführt. Er starb 1630. 157 Gustav C. Knod, Die alten Matrikeln der Universität Straßburg 1621-1793, 2 Bde., Straßburg 1897, S. 204. 158 Will-Nopitsch, Nürnbergisches Gelehrten-Lexikon, 5. Teil, Nürnberg 1802, S. 377 f. 159 StadtAN, Heiratsnotelbuch III, f. 39.

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STAMMTAFEL DER FAMILIE FÜRLEGER*

. . . ? Fürlege!

Conrad I. (ca. 1310-ca. 1360)

Christine (f 1388) GD II: Burkhard Seiler (t 1390)

Johannes, Priester (t 1475)

Anna (1484-1507) GD Georg Eisvogel

Hans I. (f vor 1397) GD Anna

Conrad II. (1348-1438) GD Christine Strobel (t nach 1447)

Gerhaus GD um 1390 Peter Seiler

Konrad III. (t 23. 5. 1478) GD Barbara Müllner (t 23. 6. 1496)

Elisabeth

Agnes

Peter Seiler

GD Simon

GD Hans Kopf (+ 1452)

GD Margarete

Nerlich

Ursula (1456-1518)

Hans II. (1452-1523)

Barbara (1455 — 1490)

GD Wilhelm Herdegen

GD 1482 Anna Eschenloer

GD 1477 Endres Hofmann

(t 1514)

(t 1504)

Hans III. (1486-1555) GD 1525 Magdalena Grebner (f 1539)

Konrad IV. (1487-1551) GD 1526 Magdalena Vischer (f 1563)

Hieronymus (1490-1556) GD 1526 Anna Zolchner (t 1554)

Sebald Seiler (war 1423 in Wien)

Wolfgang I. (1495-1576) GD I: 1527 Anna Knauß (f 1556)

Magdalena (1499-1520)

Katharina GD Kaspar Laubinger

Barbara (1498-1539) GD 1527 Michael Schnabel

II: 1557 Barbara Majer .

1

Katharina (* 1529) GD 1562 Wolf Dorfner

Paul I. (1530-1604) GD I: 1559 Maria Freydel (f 1563) II: 1563 Klara Held (+ 1580) III: 1585 Sabine Örtel (+ 1593) IV: 1596 Elena Koler 2.

Paul (1560- ?)

2.

Konrad V. (1531-(vor) 1619) GD Hester Peurin, als Witwe (t 1619)

2.

2.

Paul III. (1565-?) Bartholomäus I. Ursula Susanna GD Elena Grundherr (1567-1589) (1571-1580) (1566-1611) 1 GD 1594 Maria Baidinger

Hans (1536-1613) GD I: Gertraud Hanler II: Beatrice 2.

Christoph (seit 1625 „von“) Clara (1573-1630) (* 1577) GD 1598 Magdalena GD 1597 Nikol. Trainer Helfreich

Ursula (* 1537)

Hans IV. (1530-1595) GD 1555 Susanna Bernpeck (f 1575)

GD David Hopfer

2.

4.

Hans David (*1580)

Tobias I. (-* 1598) 1620-1624 Student

Hieroymus (1566 — 1582) in Verona

Wolfgang II. (1564-1614)

Christina

Ursula (f 1550)

GD Hans Gundlach

Philipp I. (1568-1610) Fürnbergi

Susanne (* 1559) GD I: Anton Weiß (+) II: 1578 Augustin Fürnberger

1 1

Sabina (* 1599) GD 1620 Hans Erasmus Dillherr

Klara (1595 — Maria Magdal. Ursula Bartholomäus II. Paul Hans Gg. I GD 1619 Peter (1596— (1598 — (1599 — Conrad (1603 — Engelhart Diether GD 1618 Joh. GD I: Paul v. Ploben (1601 — GD Susanna Christoph Hetzel (t 1625) Dafinger II: 1632 Hans Jak. Demminger

Johann Gg. III. (1634-1684) GD I: 1668 Barbara Fischer (+ 1670) II. 1670 Barbara Erckenbrecht

Maria Susanne (* 1671)

Walter Bartholomäus GD I: 1675 Dorothea Hönn II: 1680 Anna Ursula Haistein

Georg Paul (1636-1697)

Anna Magdal. Georg Christoph weitere (1599 — GD 1603 Susanna 10 Kinder GD Paul Helwig Maria Herden

fohann Gottlieb (1633 —

Susanna (1593Joh. Baptista Clara (1605 — GD I: 1612 Tobias Fin (1594-1645) GD 1625 Moritz II: Veit Ph. Pfaudt GD 1617 Magd, Schacher v. Werden

Maria Magdal. (1617 GD 1637 Georg Vierer

Hieronymus (1620-1649) 1629-1648?

Helene (1621-1688) GD I: 1649 Simon Göppel (f 1659) II: 1666 Pius Petz

Hans V. (1591— Philipp II. Anna Maria Andreas Ursula Hans Georg II. Anna Magdalena GD 1612 Anna (1592-1655) (1596-1633) (1597-1647) (* 1599) (* 1603) (1601- um 1655) Maria Dillher GD 1615 Maria GD Hans Tag GD I: Kath. Volland GD 1645 Jakob (1588-1622) Braun (t 1620) (f 1638) II: 1628 Dorothea Bühler Hetzer

Anna Maria • (1624 — ? GD 1660 Jakob Bühler

Clara (1616- Hans Jacob (1618 —

Andreas (* 1629) GD 1663 Marg. Weyer

Tobias (1635-1670)

Die Übersicht wurde von dem Unterzeichneten im Oktober/November 1986 aufgrund der Druckfahnen angefertigt, nachdem Frau Christa Schaper wegen schwerer Erkrankung dazu nicht in der Lage war. Aus Platzgründen wurden einige, für den Gesamtzusammenhang ent­ behrliche Personen weggelassen. Dr. Gerhard Hirschmann

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Die Fürleger von Nürnberg und ihre Niederlassung in Verona

Bartolomeo I. Fürleger (1566—1611)

Noch zu Lebzeiten des Chronisten der Familie, Wolfgang I. Fürleger, war Bartolomeo im Familiensitz zur Welt gekommen. Als zweiter Sohn von Paulus I. und Klara Held ist er am 15. Dezember 1566 in St. Lorenz getauft worden160. Sein Onkel Hans III. Fürleger war Bürger in Verona. So liegt es nahe, daß auch er in Verona gelernt hat, wie so mancher vorher. Zur Frau hat er sich Maria, die Tochter von Conrad Baidinger, Nürnberg, gewählt, der ein Sohn Siegmund Baldingers aus Ulm war. Marias Mutter ist Maria Magdalene Trainer gewesen. Die Hochzeit fand in der Sebalduskirche am 8. April 1594 statt161. Bartolomeo wurde 1595 Genannter und blieb es bis zum Tode. Wenn eigener Kaufhandel bei einem Fürleger nicht nachzuweisen ist, könnte er für seinen tüchtigen Schwiegervater gearbeitet haben; derer hatten die Fürleger ja so manchen. Das Ehepaar hatte drei Söhne und drei Töchter. Die erste Tochter Klara, geb. 1595, trug den Vornamen nach der Großmutter Fürleger, geb. Held. Maria Magdalene folgte 1596 und Ursula 1598. Nach drei Töchtern folgten drei Söhne Bartholomäus II., geb. 1599, Paulus Conrad, geb. 1601, und Hans Georg, geb. 1603. Mit Hans Georg kam ein neuer Vorname in die Familie. Barthel Fürleger am alten Roßmarkt wurde am 19. März 1611 beigesetzt162. Klara Fürleger, die Tochter des verstorbenen Bartolomeo Fürleger und seiner Frau Maria, geb. Baidinger (damals auch schon tot), schloß mit Peter Engelhart Diether am 1. Oktober 1619 den Ehevertrag163. Maria Magdalena wurde zu Nürnberg am 17. August 1618 die Frau von Johann Christoph Dafinger (get. Nürnberg, 15. Juni 1597, 1 1644)164. Ursula wurde in erster Ehe die Frau von Georg Paul von Ploben. Er starb am 17. August 1625. Die junge Witwe ging 1632 eine zweite Ehe mit Hans Jacob Demminger ein165. Die drei Söhne werden 1625 im Adelsdiplom erwähnt, aber nur von Johann Georgs Leben und Tod waren Tatsachen zu erfahren, die zum Ausklang der Familie gehören.

160 161 162 163 164 165

LKAN, Lorenz 95v. LKAN, Sebald 17v. LKAN, Lorenz 319. StadtAN, Heiratsnotelbuch III (1596—1659), f. 82’. Archiv für Sippenforschung, Heft 93, März 1984. StadtAN, Lib. Lit. 152, 72, Fürleger Ursula QDI. Georg Paul v. Ploben (t), CE> II. Johann Dem­ minger (f) kauft die Eigenschaft eines Hofes zu Vogtsreichenbach, 1636.

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Christa Schaper

Christoph von Fürleger (1573—1630)

Als fünftes Kind der zweiten Ehe des Paulus I. und der Klara Held-Hagelsheimer kam Christoph im alten Familiensitz zur Welt und wurde in St. Lorenz am 25. November 1573 getauft166. Seine Lehre in Verona ist gewiß, weil er dem Bruder seines Vaters, Hans Fürleger, Bürger zu Verona, besonders nahe stand. Mit etwa 25 Jahren nahm er Magdalene Trainer, die Tochter von Hans Trainer und der Magdalene Oertlein, zur Frau am 2. Mai 1598 in der Sebalduskirche167. Er wurde 1599 zum Genannten gewählt und blieb es bis zu seinem Lebens­ ende. In der Ehe kamen zwölf Kinder zur Welt, vier Söhne und acht Töchter: Anna Magdalene geb. 1599, Susanne geb. 1600, Georg Christoph geb. 1603, Susanne geb. 1605, Ursula geb. 1607, Paulus geb. 1608, Hans Bernhard geb. 1609, Sibylle geb. 1612, Helene geb. 1614, Rosina geb. 1615, Paulus Jacob geb. 1617 und Maria geb. 1619168. Die Jüngsten von ihnen wuchsen in ihrer Kindheit den langen Kriegsjahren entgegen. Christoph entwickelte im Handel Aktivität. Er war Socius seines Onkels in Verona. So ist erwiesen, daß er 1611 mit seinem deutschen Diener die Messe in Bozen besucht hat. Bei seinem Besuch in Verona wurde er zur Untersuchung ins Lazarett von Verona gebracht, wo er einige Tage in Quarantäne war. Sicher ist auch, daß sein Onkel Hans in Verona — vielleicht hatte er keine männlichen Erben — ihm 1611 die Färberei mit Haus in Rovereto verkaufte. In Rovereto lebte dann später Christophs Tochter Helene mit ihrem Ehemann, der dort starb. Der große Krieg brachte die Handelswege nach Prag und Leipzig zum Erliegen. Gerhard Seibold bringt interessante Zahlen zur Kenntnis, welch großen Handel Christoph mit seinem Schwager Nikolaus Helfrech, dem Ehe­ mann seiner Schwester Clara, und Mitverwandten einige Jahre lang mit der Viatis-Handelsgesellschaft hatte. Vom September 1621 bis zum Januar 1632 — also über seinen Tod hinaus — blieb die Verbindung erhalten. In den Büchern der Viatis stehen für den Zeitraum stattliche Summen, die unter die höchsten der Kaufleute zu rechnen sind. Es handelt sich in diesem Zeitraum um 27 Soll­ buchungen mit 111 996 fl. 5 sh. 10 Pfg. und 48 Habenbuchungen mit 159 531 fl. 16 sh. 9. Pfg.169. Was uns an Christoph besonders interessiert, ist die Tatsache, daß er eine Kunstkammer besessen hat. Johann Ferdinand Roth spricht in seiner Handels­ geschichte davon, daß er eine Sammlung von über 50 000 fl. Wert hinterlassen 166 167 168 169

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LKAN, Lorenz 215v. LKAN, Sebald 36v. Die Geburtsjahre habe ich aus den Taufdaten erschlossen. Gerhard Seibold, Die Viatis, S. XXIX.

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Die Fürleger von Nürnberg und ihre Niederlassung in Verona

hätte170. Roth haben um 1800 vielleicht noch Quellen Vorgelegen, die heute ver­ schwunden sind. Christoph ist also Kunstsammler gewesen. Die vornehmste Zeugin ist ein junges Mädchen, das Albrecht Dürer 1497 gemalt hat. Eingangs war schon von diesem Bild und seinem Schicksal die Rede. Das Bild trägt das Fürleger-Wappen. Die Abgebildete ist aber keine Fürlegerin. Das Bild kam jedoch aus ihrem Besitz. So aber erhielt sich der Familienname171. Dann hat sich als ein Beweisstück ein Prozeßakt erhalten. Albert Gümbel hat 1931 darüber geschrieben172: Christoph Fürleger verkaufte 1617 an den Flachmaler Sebald Rettich in Nürnberg „etlich schöne künstliche Gemähl“ um 697 fl. und dann gleich nochmals solche um 12 fl. Um die Bezahlung klagte Fürleger beim Nürnberger Stadtgericht und nannte als Zeugen die Maler Friedrich von Falckenburg und Hans Ponacker. Bilder von Friedrich von Falckenburg wären auch unter den von Fürleger verkauften Bildern gewesen. Mindestens ein Gemälde aus dem Besitz der Familie Fürleger hat sich bis heute in Nürnberg erhalten: das Porträt des Erasmus von Rotterdam, gemalt von Georg Pencz 1537. Ein alter Zettel wies es als Geschenk „von Herrn Fürleger“ an die Stadt aus. Es ist heute im Besitz der Stadt Nürnberg, Stadtgeschichtliche Museen173. Nach Georg Habich gibt es von Christoph Fürleger d. Ält. auch eine Schaumünze, auf der er im Alter von 55 Jahren als Brustbild von vorn mit Schnurr- und kleinem Knebelbart dargestellt ist174. Christoph Fürleger hatte ein Gemälde für die Jakobskirche gestiftet, das aber verloren ging175. Auch fehlt in der Jakobskirche eine Glasscheibe mit seinem Allianzwappen, das doch sicher vorhanden gewesen ist. Das Ansehen, das Christoph genoß, führte dazu, daß Kaiser Ferdinand II., ihn und dazu die Söhne seines verstorbenen Bruders Bartholomäus, den Barto­ lome, Paul Conrad und Hans Georg mit ihren Nachkommen, am 18. November 1625 in den erblichen Adel erhob176. Im Entwurf des Adelsbriefes 170 171 172 173

Roth, Handelsgeschichte, S. 320. Siehe S. 1, insbesondere Anm. 2. Albert Gümbel, MVGN Bd. 30, 1931, S. 321, StAN. Rep. 77 Prozeßakten Nr. 413. Hans Georg Gmelin, Georg Pencz als Maler, Münchner Jhrb. d. bildenden Künste, 1966. Zu Erasmus v. Rotterdam, S. 94, gemalt 1537. 1628 von der Familie Fürleger der Stadtbibliothek Nürnberg geschenkt. 174 Georg Habich, Die Deutschen Schaumünzen des 16. Jahrhunderts. Bd. II, S. 555, Nr. 2795b. Christof Furleger d. Ält. im Alter von 55 Jahren. 175 Das Gemälde hätte sich in der Jakobskirche unter dem Fürlegerfenster befunden. Es hätte gezeigt, wie man Christus nach seinem Tod in Tücher wickelt. 176 Durch das alphabetische Register im StadtAN wurde ich auf das Adelsdiplom für die Fürleger aufmerksam. Ich ließ mir vom Österreichischen Staatsarchiv Wien, Abt. Allgemeines Verwal­ tungsarchiv, eine Kopie schicken. Es enthält einen bedeutsamen Fehler. Christoph hat von seinem Bruder Bartholomäus nur drei Neffen gehabt: Bartholomäus, Paul Conrad und Johann Georg. Man hat aus Paul Conrad zwei Neffen gemacht, indem man zwischen die beiden Vor­ namen ein Komma setzte. Die Kopie habe ich dem Stadtarchiv Nürnberg überlassen.

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Christa Schaper

steht, daß die Fürleger seit 1310 in Nürnberg nachzuweisen sind, daß eine ver­ wandte, geistliche Person ihnen 1414 zu einem Wappen verholfen habe. Daß die Kenntnis des erblichen Adels verloren ging, hängt vielleicht mit dem 30jährigen Krieg zusammen und dem Schicksal von Christophs männlichen Erben, das tragisch war. Darüber am Ende der Darstellung. Zur Zeit der Verleihung stand die Familie auf der Höhe ihres Ansehens. Der Kaiser würdigt „Ihre Commercia“ in dero Ober-Österreichischem Erbland Tirol nunmehr über 100 Jahre lang naher Rovree — (Rovereto?). Das Wappen wird genau beschrieben: Zwei Fische unten mit ihren Schwänzen, oben mit ihren Mäulern zueinander gebogen, dazwischen eine Lilie so gestellt, daß jeder Fisch von dem Unterteil der Lilie ein Zweiglein im Maul hat. Christophs älteste Tochter Anna Magdalena (geb. 1599) signalisiert durch ihre Ehe mit Paul Helwig von Venedig am 14. Februar 1620 die lebendige Ver­ bindung zur Lagunenstadt. Helwig stammte aus einer Augsburger Familie177. Sein Vater hieß Christoph Helwig. Vor seinem Ende erlebte Christoph noch die Heirat seines ältesten Sohnes Georg Christoph am 26. April 1630 mit Susanne Maria Herden, Tochter des Dr. beider Rechte Christoph Herden, Advokat. Ein Sohn dieses Paares kam 1633 mit Johann Gottlieb Fürleger zur Welt. Der Vater wird als mercator bezeichnet, dazu war er Genannter von 1631 bis 1660178. Christoph der Ältere am alten Roßmarkt wurde am 13. Mai 1630 auf dem Rochusfriedhof in einem Grab beigesetzt, das auch die Ruhestätte seiner Frau Maria Magdalene ist, deren Todestag bis jetzt nicht feststeht179.

Die Niederlassung in Verona

Im Laufe der langjährigen Handelstätigkeit der Fürleger wurde ihre enge Ver­ bindung zu Verona deutlich sichtbar. Eine ganze Reihe ihrer Lehrherren wurde bekannt. Deshalb soll hier die Geschichte der Niederlassung an der Etsch ihren Platz finden, ehe mit den Jahren nach 1650 schwierige Jahre kommen und danach der Ausklang der Handelsgesellschaft der Familie sich vollzieht. Mit Sicherheit hat Hans Fürleger einen großen Teil seines Lebens in Verona zugebracht, geb. in Nürnberg 1536 als Sohn von Conrad IV. Fürleger (1487—1551) und Magdalene Fischer. In Nürnberg heiratete er noch Gertraud,

177 StAN, Hs. 215: 1630, 26. September. 178 StAN, Hs. 215, Hochzeit 26. April 1630 trägt die Frau den Familiennamen Held. Im LKAN, Lorenz 247, Taufe des Sohnes, 6. 5. 1633. 179 Die Stadt Nürnberg, Kurzinventar, S. 336.

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Die Fürleger von Nürnberg und ihre Niederlassung in Verona

Sebastian Hanlers Tochter zu Wöhrd180. Er faßte jedenfalls vor 1572 Fuß in Verona. Das belegt die Geburt seines Sohnes dort am 6. September 1572. Er bekam die Namen Hans Paul. Es könnte der erste Sohn gewesen sein, weil er Vaters Namen trug, dazu den Vornamen des Onkels Paul, der ein bedeutender Kaufmann war. Dieser in Verona geborene Fürleger heiratete später Angelika Monradu aus adliger Familie. Die Ehe blieb kinderlos. Ein zweiter Sohn Hie­ ronymus starb jung in Verona. Der Vetter des in Verona Bürger gewordenen Hans Fürleger, der Chronist der Familie Wolfgang Fürleger (1495 — 1576), hatte 1543 den Sohn Hans aus erster Ehe zur Ausbildung nach Verona gebracht. Später schickte er auch seinen Sohn aus zweiter Ehe, Hieronymus (geb. Nürnberg, 11. August 1566) in die Stadt an der Etsch. Dieser starb dort am 27. Mai 1582 sechzehnjährig. Er war zwar fern der Heimat, doch umgeben von Verwandten gewesen. Diesem Hieronymus Fürleger wurde die letzte Ruhestätte im Familiengrab in der großen Kirche S. Anastasia bereitet181. Die Inschrift ist überliefert: D. O. M. HIERONYMO FÜRLEGER NORIMBEGENSI GVOLFGANGI F. ADOLESCENTI INGENUO MORTE PRAEMATURA ABSUMPTO MATER MOESTISS MULTIS CUM LACRYMIS P. C. VIXIT ANNOS XVI MORITUR XXVII MAJI ANNO REPARATAE SALUTIS HUMANAE MDLXXXII BEATI MORTUI QUI IN DOMINO MORIUNTUR. In der interessanten Reisebeschreibung „Mit Markgraf Wilhelm Friedrich von Brandenburg-Ansbach nach Venedig“ berichtet Günther Schuhmann, wie der Reisebegleiter des Fürsten Johann Gottfried Neuberger am 2. Juni 1709 in Verona die Kirche S. Anastasia besuchte182: „Dorten habe ich nicht minder ein Epitaphium eines Nürnbergers, der Hieronymus Fürleger geheißen, 16 Jahr alt gewesen und anno 1583 [!] begraben worden ist, ungefähr erblicket“. Meines Wissens hat 1709 kein Fürleger mehr in Verona gelebt. Im Jahre 1584 kam in Verona Katharina Fürleger zur Welt. Sie heiratete Carolo Piazza, Edelmann und Rat des Herzogs von Mantua. Wann dieses junge Ehepaar starb, war bisher nicht zu ergründen. Sicher ist, daß die einzige Tochter Franciscina als kleine Vollwaise aus Mantua, wo sie geboren war, nach Nürnberg geholt wurde. Sie heiratete später, am 15. Februar 1630, den Nürn­ berger Kaufmann Baltasar Stirn183. 180 StAN, Hs. 271, Fürleger-Chronik, QD Carol Piazza von Mantua. Darin die Tatsache dieser Eheschließung, dann auch die Geburt des Sohnes Hanß Paul 1672 überliefert, Jeronymus jung verstorben, Katharina geb. 1584. 181 Die Inschrift des Grabmales ist der in Anm. 182 genannten Literatur entnommen. 182 Günther Schuhmann, Mit Markgraf Wilhelm Friedrich von Brandenburg-Ansbach nach Venedig. Jb. des Hist. Ver. f. Mittelfranken, 1963, S. 165. 183 LKAN, Ehebuch St. Lorenz; so mag die Hochzeit im Stammhaus am alten Roßmarkt stattge­ funden haben. Wenigstens zehn Kinder dieser Ehe sind bei Sebald mit ihren Taufen gebucht.

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Christa Schaper

Nun wieder zurück zum ersten Fürleger, der in Verona verantwortlich für die Niederlassung wurde! Wann er seine erste Frau, die gebürtige Nürnbergerin verlor, war bisher nicht festzustellen. Als ihr Todesort ist Rovere genannt. Das ist Rovereto kurz vor Trient, von Verona aus gesehen. Dort hatten die Fürleger also auch früh festen Fuß gefaßt. In welcher Form das geschehen ist, lange vor 1600, läßt sich zunächst nicht beweisen. Im Adelsbrief von 1625 ist von derzeit 100 Jahren die Rede, das scheint überzogen. Es ist sicher, daß Hans Fürleger eine zweite Frau hatte. Ich fand sie als „Beatrice fig. di Sebastiano Aquilor (oder -la) d. Augusta di Alemanni, verheiratet mit Gio­ vanni f. d. Conrado Ferlegri, cittadino di Norimbergo e di Verona della contrada S. Bened(icto)“184. Neben Verwandten werden auch Söhne anderer Kaufmannsfamilien in Verona ihre Lehre zurückgelegt haben. Ein Beispiel hat sich beweisbar erhalten: Thomas Lebzelter, der Sohn des Johann Lebzelter von Ulm, in Leipzig am 5. Oktober 1570 geboren, lernte zuerst in Augsburg und dann in Verona bei dem Fürleger in der Niederlassung, ehe er 1588 die väterliche Handlung in Leipzig übernahm185. Dieses Beispiel läßt auf manch anderes Lehrverhältnis mit deutschen Kaufmannssöhnen schließen. Die Verbindung von Hans Fürleger in Verona zu den Nachkommen seines Vaters in Nürnberg war treu und fest. Sein Bruder Paul, dessen Totenschild sich in der Lorenzkirche erhalten hat, starb 1604. Dessen Söhne werden in Verona in den Vordergrund rücken. Ein interessanter Eintrag fand sich für das Jahr 1605186: „Barth, de Felegris, mercator serici. f. Paulo in contrada Benedicto“. Das wird der Sohn des vorgenannten Paul sein, der aus dessen Ehe mit Clara Held-Hagelsheimer 1566 geboren war. Er war als Kaufmann für Seide kürzer oder länger bei seinem Onkel zu Gast gewesen. Als Socius des Onkels Hans Fürleger zu Verona wird in Archivalien der 1573 geborene Christoph am 5. April 1607 bezeichnet, der jüngere Bruder des Bartholomäus. Die Fürleger hatten in Verona als Notar Giovanni Andree de Bonis. Er schrieb auch das Testament „di Beatrice moglie di Giovanni Ferlegri“ am 7. April 1607 nieder187. Wann die Augsburgerin starb, ist nicht überliefert. Von

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185 186 187

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Nach dem Totenbuch von Sebald Nr. 40, S. 398, wurde am 4. Januar 1676 Johanna Franziska Stirn Baltasars Witwe an der Zistelgasse begraben, die Fürleger-Enkelin aus Mantua. Staatsarchiv Verona. Bei meiner dortigen Arbeit fand ich freundliches Interesse und Förderung, dafür wird der Direktorin Dr. Laura Castallazzi aufrichtig gedankt. Ich nahm eine Reihe von Fotokopien mit, die jedoch schwer zu entziffern sind. Darunter ist auch das Testament der zweiten Frau von Flans Fürleger Beatrice Adler, Tochter von Sebastian, aus Augsburg, über deren Persönlichkeit mir das Stadtarchiv Augsburg leider nichts mitteilen konnte. Das Testa­ ment wurde beim Notar am 7. April 1607 erlassen. Fischer, Aus zwei Jahrhunderten Leipziger Handelsgeschichte, S. 421, und im Stammbaum Lebzelter. Staatsarchiv Verona, Arch. Comune, Nr. 270, p. 234v. Staatsarchiv Verona, siehe auch Anm. 184.

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Die Fürleger von Nürnberg und ihre Niederlassung in Verona

Hans Fürleger müssen zwei Testamente existieren. Das vom 15. Juni 1613 ist greifbar188. Es enthält schwer lesbare Anordnungen, die ein guter Kenner der alten italienischen Sprache entziffern müßte. Ich las in einer Verfügung, daß er entweder in Rovereto oder in Verona seine Grabstätte finden wollte. Das betont wieder die Verbundenheit mit Rovereto. Sein Sohn war kinderlos gewesen, oder auch schon tot. So wurden tüchtige Neffen seine Nachfolger in Verona und in der Färberei in Rovereto. Hans Für­ leger verkaufte an den Neffen Christofero am 1. Juni 1613 das Eigentum am Haus und an der Färberei in Rovereto189. Durch das Fürleger-Haus in der Contrada St. Benedicto werden zu allen Zeiten viele Gäste gegangen sein. So bringt Gerhard Seibold zur Kenntnis, daß sich Christoph von Redern aus Friedland und Böhmen auf einer Bildungsreise in Italien befand. Das Haus Viatis hatte ihm Bürgschaften mitgegeben, daß er sich „von den in Verona ansässigen Pandolfo und Filippo Fürleger und Paolo Gundlach, die in Verona und Rovereto große Seidenhandlungen unterhielten“, Geld verschaffen konnte. Auszahlungen in beträchtlicher Höhe sind im Aus­ gabenbuch des Christoph von Redern am 18. November 1607 und 9. Februar, 3. März und 10. Mai 1608 verzeichnet190. Der junge Hieronymus Behaim, Sohn des Paulus Behaim (* 1593), reiste 1614 an den Hof des Fürsten Bethlen Gabor von Siebenbürgen. Der Rückweg führte ihn über Oberitalien. Dabei berührte er auch Verona. Raffreit (Rove­ reto) war ihm auch ein Begriff. Er schreibt am 5. März 1615 aus Verona nach Hause, er sei mit den Fürlegerischen hinübergeritten (nach Mantua) zu einer „Mascara“. Aus der Nachschrift zeigt sich für die Fürleger ihr Wille zu beson­ derer Gastlichkeit: „Die Fürlegerischen haben mir allhie allen guten Willen erwiesen und mich zu Gast geladen, als sie mich erkannt, mich auch gebeten, wenn ich wieder hinkomme, soll ich nicht mehr im Wirtshaus, sondern bei ihnen einkehren“191. Diese beiden Tatsachen geben der bedeutenden Niederlas­ sung Lebendigkeit. Mit einer interessanten Tatsache zu Christoph Fürleger wurde ich in Verona bekannt für das Jahr 1611. Christofero Ferlego (forma italianzatta di Fürleger) kam am 18. Juli 1611 mit seinem deutschen Diener Gio­ vanni in die Quarantäne des Lazarettes von Verona. Er kam von der „Fiera di Bolzano del Corpus Domini“. Er sei allgemein mit Nürnberger Handel befaßt, hieß es dazu192. 188 189 190 191

Staatsarchiv Verona, unter einer Nr. 377. Hinweis von Frau Dr. Laura Castallazzi, Staatsarchiv Verona. Gerhard Seibold, Die Viatis, S. 314. Th. Hampe, Die Reise des jungen Nürnberger Patriziersohnes Georg Hieronymus Behaim an den Hof des Fürsten Bethlen Gabor von Siebenbürgen (1614), in: MVGN, Bd. 31 (1933), S. 159 f. 192 Staatsarchiv Verona. Die Tatsache, mitgeteilt aus dem auswärtigen Briefwechsel mit der Direk­ torin. Ich habe die Archivalien nicht selbst gesehen.

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Das bereits erwähnte Stammbuch-Fragment von 1612/1613 (siehe S. 25) ist, bis auf einen Eintrag, sicher in Verona entstanden aus dem Besitz von Johann Baptista Fürleger (1594—1645), und ist nicht allein durch neun farbige Wappen und zwei schöne Aquarelle ein kostbarer, alter Besitz. Es gibt ein authentisches Zeugnis davon, wer damals mit diesem Fürleger in Verona zum Handel beiein­ ander war. Da haben sich vom 17. Juni bis 15. Juli 1612 sieben Männer einge­ tragen mit Widmungen, die ihre Stellung zu dem Besitzer des Buches erkennen lassen. Nennen wir zuerst diejenigen, die nicht aus dem Raum Nürnberg stammen: Da steht an erster Stelle Georg Christoff Helffreich von Augsburg, dann Friedrich Böcklinger von Leipzig und Hans Dobschütz von Breslau. Zu seinen Verwandten zählen in diesem Zeitraum: Philipp Fürleger, Michael Gundlach und Georg Helfreich. Wolf Hertz von Nürnberg nennt ihn seinen „günstigen Herrn als Brüdern“. Heinrich Buseck von Halberstadt hat als ein­ ziger in Nürnberg am 10. Mai 1613 einen Eintrag für seinen guten Herrn und Freund vollzogen. Bestand hier eine Zusammenarbeit? Es wäre von bleibendem Interesse jede Persönlichkeit im Einzelnen zu umreißen. Der dort zu gleicher Zeit vertretene Kreis um die Fürleger ist bezeugt. Er geht in seiner vielfältigen, lebendigen Zusammensetzung auch über diesen Zeitraum hinaus! Es ist wahrscheinlich, daß Hans Fürleger (* 1536) mit dem Testament von 1613 vor dem Ende seiner Tage stand. Nahe gestanden haben ihm die drei Söhne seines 1604 verstorbenen Bruders Paul, die Brüder Paulus, Bartholo­ mäus und Christoph. Von ihnen ist Bartholomäus schon in den Jahren 1605 und 1613 in Erscheinung getreten. Einen langen Zivilprozeß führten um Zahlungen in Verona Johann Baptista, Andrea und Filippo Fürleger mit Bartholomeo Pennelli. Auf einem Bogen kommen Zahlungen von 1629—1658 vor193. In den Akten wird auch ein Simon Geppel (auch anders geschrieben) genannt, Sohn des Paul von Nürnberg. Hier glückte es, die Persönlichkeit festzustellen: Es ist Simon Göppel, der Sohn von Paul Göppel, Pfarrer zu Leutershausen bei Ansbach, der als Kaufmann am 7. Mai 1649 Helene, die Tochter von Johann Baptista Fürleger und Magdalene von Werden heiratete194. Am 14. Oktober 1650 wird Simon Göppel, wohnend in Rovere di Trento „facende le cose . . in nome et come procuratore generale de Joh. Batista et Andreo Ferlegri et Pandolfo Pandlach“ genant. Simon Göppel, der geborene Franke, ist am 20. Juli 1659 in Rovereto gestorben195. Seine Witwe kehrte nach

193 Staatsarchiv Verona, Zivilprozeß Nr. 1436. 194 StadtAN, Genealogie Fürleger. 195 Staatsarchiv Verona, Zivilprozeß Nr. 1436 „Simon Chepel“ usw.

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Die Fürleger von Nürnberg und ihre Niederlassung in Verona

Nürnberg zurück: Helene geb. Fürleger, heiratete 1666 Pius Petz, den Ver­ walter und Kästner des Ebracher Klosterhofes in Nürnberg; sie starb 1688196). Die Niederlassung in Verona war für die Kaufmannsfamilie Fürleger um 1650 immer noch wichtig und voll besetzt. Ich fand im dortigen Totenbuch gleich zwei junge Kaufleute in diesen Jahren. Es starb „di febre“ zu Verona am 6. August 1648 in der contrada S. Felicita Geromino, f. da Giovanni Batista Ferlegro, anni 19197. Das war der zu Nürnberg am 9. März 1629 getaufte Hiero­ nymus, Sohn des Kaufmanns Johannes Baptista Fürleger und der Magdalene von Werden. Er war nun schon der dritte junge Hieronymus Fürleger, der zu Verona verstorben ist. Der zu Rovereto 1659 verstorbene Simon Göppel war mit seiner älteren Schwester Helene verheiratet gewesen. Ein Jahr nach ihm ist in Verona sein Vetter Enrico am Fieber gestorben, 23. März 1649, Sohn von „Giovanni Ferleger in der contrada Quirinco“. Er ist im Alter von 17 Jahren verstorben198. Das könnte auf den zu Nürnberg getauften Johann Heinrich passen, dessen Eltern Hans und Helene Fürleger waren und in St. Sebald wohnten. Die Taufe ist am 26. November 1632 erfolgt. Wie lange die Niederlassung noch bestand, entzieht sich meiner Kenntnis. Da die Familiengesellschaft sich im Niedergang befand, mag sie sich allmählich aufgelöst haben, oder man hat sie an angeheiratete Verwandte oder Fremde verkauft. Der Ausklang der Familie Nach dem Ende der Niederlassung in Verona um die Mitte des 17. Jahrhun­ derts zurück nach Nürnberg! Es ist nicht möglich, eine so weit verzweigte Familie bis in alle Glieder zu verfolgen. Das wird nur bei den wichtigen Mit­ gliedern möglich sein. Nach dem Tod von Christoph von Fürleger (f 1630) geben die Handelsbücher der Viatis weitere Auskunft über aktive Mitglieder. Da gibt es einen Hinweis auf Hans Andreas und Hans Georg Fürleger vom August 1627 bis Januar 1637. Es handelt sich um fünf Sollbuchungen mit 6000 fl. Sollumsätzen und 11 Habenbuchungen mit 11 385 fl. 5 sh. Habenum­ sätzen199. Das war mitten im Krieg doch ein Zeichen, daß ihre Handelsgesell­ schaft Weiterbestand. Von den beiden Kaufleuten kann ich nur Hans Georg sicher bestimmen. Es gab zur selben Zeit zwei Vettern des gleichen Vornamens, zugleich 1603 geboren und nacheinander mit der gleichen Frau verheiratet. Hier handelt es 196 197 198 199

StadtAN, Genealogie Fürleger. Staatsarchiv Verona, Morti Citta (1641 — 1650), Nr. 50, p. 182r. ebd., Nr. 50, p. 203v. Gerhard Seibold, Die Viatis, S. XXIX.

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sich um den zweiten Ehemann. Als Witwe von Hans Georg I. Fürleger hatte Susanne, geb. Hetzel, die Tochter von Kaspar Hetzel am 3. November 1632 Hans Georg II. Fürleger geheiratet200, einen Sohn des Bartholomäus aus der geadelten Linie, was aber nirgends in Erscheinung tritt. Sie hatten miteinander zwei Söhne Hans Georg III., geb. 1634, und Georg Paulus, geb. 1636. Beide wurden Kaufleute und Genannte, was auf Ansehen schließen läßt. Wir werden erleben, wie traurig das Dasein von Hans Georg im Jahr 1684 schloß. Hans Georg III. soll auch Beziehungen nach Venedig gehabt haben, ebenso sein Bruder Georg Paul. Beweise liegen mir nicht vor. Hans Georg III. gewann 1668 als erste Ehefrau Barbara Fischer, die Tochter des Georg Christoph. Sie starb im Kindbett und wurde am 25. Januar 1670 auf dem Rochusfriedhof bei­ gesetzt201. Als zweite Frau wählte Hans Georg III. Barbara Erckenbrecht. Die Trauung fand in der Lorenzkirche am 19. November 1670 statt202. Am 6. Sep­ tember 1671 wurde aus dieser Ehe Marie Susanne getauft. Hans Georg III. hat in diesen Jahren vom Juni 1671 bis März 1675 ein eigenes Konto bei Viatis203. In der Chronik der Fürleger von 1532 hat sich, aus dem Jahr 1675 stammend, ein seltenes menschliches Zeugnis erhalten204. Hans Georg hat in diesem Jahr das alte Wappenbuch zur Hand genommen und trug auf Blatt 56 ein, daß Wolfgang 1570 das Wappenfenster in der Kirche zu St. Jakob „verneut“ habe, und nun hätte es nochmals getan der „Schreiber diß“ Hans Georg, von welchem auch der Entwurf der „besagten Wappen in dieses Buch gebracht wurde 1675“. Hans Georg III. hat das ganze Fenster entworfen, wie er sich die Aufteilung dachte — zu unterst rechts und links die beiden ältesten Allianz­ wappen von Conrad Fürleger (f 1438) mit Strobel-Wappen, Conrad Fürleger (f 1478) mit Müllner zu Königsberg Wappen. Zu oberst links hat er das Wappen für Hans Philipp Fürleger von 1671 eingefügt. Bei ihm handelt es sich um den ledigen Sohn des Johann Fürleger selig auf dem alten Roßmarkt, beige­ setzt am 23. August 1671205. Hans Georg III. hat also nach über 100 Jahren, wie einst Wolfgang der Chronist, sich des Fürlegerfensters in der Jakobskirche angenommen! Hans Georg III. stand in diesen Jahren noch ganz im Geschäftsbetrieb, was sein Konto im Hause Viatis nachweist. Vom November 1673 bis September 1681 stehen dort gemeinsam mit Walter Bartholomäus Fürleger 22 Soll­ buchungen mit 14.893 fl. 6 sh. 9 pfg. und 26 Habenbuchungen mit 18 957 fl. 16 sh. 7 pfg. zu Buche206. Sein Geschäftspartner Walter Bartholomäus, Sohn 200 201 202 203 204 205 206

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LKAN, Sebald S. 1716. Die Geburten der Söhne auch bei Sebald, 193 gebucht. LKAN, Ehe Lor. Seite 97, Totenbuch Lorenz 1668-1702, S. 49, 1670 25 Jan. Rochusfriedhof. LKAN, Lorenz S. 130, Taufe bei Sebald. Gerhard Seibold, Die Viatis, S. XXIX. StAN, Hs. 271, Fürleger-Chronik, f. 56r. LKAN, VII. Totenbuch Lorenz, 1671, S. 86. Seibold, Die Viatis, S. XXIX.

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Die Fürleger von Nürnberg und ihre Niederlassung in Verona

des seligen Hans Georg, hatte in erster Ehe zu Sebald am 19. Juli 1675 Dorothea Hönn, Tochter des seligen Cornelius Hönn, geheiratet207. Nach ihrem Tod wurde Anna Ursula Haistein, Tochter des seligen Paul Haistein, am 18. Juni 1680 seine zweite Frau208. Der Überlieferung nach soll Walter Bartho­ lomäus früher im Ausland gewesen sein. Genannter war er ab 1677. Es haben sich einige Schriftstücke eines Prozesses erhalten, aus denen fol­ gendes hervorgeht: Barbara, Hans Georgs Frau, geb. Erckenbrecht, hatte Ver­ mögen eingebracht. Das sollte vor dem drohenden Bankrott sicher gestellt werden. Der Akt nennt ihre Kinder Maria Susanne und Georg Augustin, die als Kleinkinder starben und zu St. Rochus begraben wurden. Ihre Daten sind bekannt. Barbara hatte dann noch ein Söhnlein Walter Bartholomäus bekommen, für das gesorgt werden sollte. Dem Akt nach gab es den Betrag von 5459 fl. 20 sh., der für Barbara als ihr eingebrachtes Gut in der Handels­ gesellschaft sichergestellt wurde209. Der Prozeß zog sich noch zwei Jahre bis nach dem Tod des Vaters (1684) hin. Im Jahre 1694 steigerte Walter Bartholo­ mäus Fürleger, Sohn erster Ehe, zusammen mit seinen Vormündern ein Haus in der Breiten Gasse für 800 Gulden210. Er könnte identisch mit dem vorge­ nannten Söhnlein sein. Hans Georg Fürleger fallierte 1682 zusammen mit seinem Bruder Georg Paulus (1636—1697). Hans Georgs Schuldensumme soll über 10 000 fl. betragen haben. Über sein Ende hat sich auf einem Briefblatt vom Jahr 1741 ein bewegender Bericht erhalten. Wahrscheinlich haben Verwandte nach den Umständen seines Todes geforscht. Der Text lautet: „Extract Schreibens H(errn) M(agisters) Carl Friedrich Lochners, Pfarrer zu Fürth211, 9. August 1741. Habe in den Pfarr- und Kirchenbüchern sorgfältig nachgeschlagen und zugleich gefunden, daß der Johann Georg Fürleger anno 1684 zu Klein-Reuth gestorben und am 11. November alhir begraben worden seye. Wie denn die Worte meines seligen Großvaters hievon in den Kirchenbüchern p. 291 diese sind: Kleinreuth, d. 11. November ist begraben worden Herr Johann Georg Fürleger von einer uralten löblichen Familie in Nürnberg entsprossen, welcher nebenst seinem Bruder ein großes Falliment gemacht, bald in Rötenbach, bald in Kleinreuth herumgeschweifet. Starb in Kleinreuth und ist dessen Corpus für

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LKAN, Sebald S. 294. LKAN, Sebald S. 487. StadtAN, Rep. B 14, Stadtgericht-Akten Nr. 237 (1681-1686). StadtAN, Lib. Lit. 182/190, 1694. Die verwitwete Mutter hatte eine zweite Ehe geschlossen. Über die Fürther Pfarrersdynastie Lochner vgl. Matthias Simon,Nürnbergisches Pfarrerbuch, S. 131-133: Carl Friedrich d. J. (1694-1758), sein Großvater war Karl Friedrich d. Ä. (1634-1697).

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die Kirchentür gefüret, und nebst einer Leichenvermahnung ex Eccl. 3 V. 2212 beerdigt, seines Alters 50 Jahr, 5 menses, 10 Tag.“213 So lange die Kaufleute Fürleger im Handel wirkten, fällt auf, daß immer wieder Brüder gemeinsam handelten, es traten Vettern hinzu oder Ehemänner der Schwestern. Mit der Familie Gundlach ist die Bindung Jahrzehnte zu spüren. Es hatte Einvernehmen zwischen ihnen geherrscht. So standen gleich­ zeitig die Brüder Hans Georg (* 1634) und Georg Paulus (* 1636) vor dem Bankrott, dazu Walter Bartholomäus. Der authentische Bericht über den Tod von Johann Georg ist symbolhaft. In einer alten Handschrift ist ein Nachruf zu lesen: „Hans Georg Fürleger, Genannter 1669. Nachdem die drei letzte, welche sehr berümbte Handelsleuth gewesen, zu gleicher Zeit 1682 fallirt, ist das Geschlecht völlig in Abnahm kommen“214. Es ist nicht gelungen, alle Schicksale zu klären. Seit dem 14. Jahrhundert galt es, den Weg dieser geachteten, ehrbaren Familie zu begleiten.

212 Eccl(esiastes) = Prediger Salomonis Kap. 3 V. 2: Geboren werden hat seine Zeit, sterben hat seine Zeit; pflanzen hat seine Zeit, ausreißen, was gepflanzt ist, hat seine Zeit. 213 StadtAN, Genealogische Papiere Fürleger. Es handelt sich um Kleinreuth und Röthenbach bei Schweinau. 214 GNM, Hs. 94402, I, S. 103r.

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SIXTUS TÜCHER UND DER REITENDE TOD ALS BOGENSCHÜTZE Ein Beitrag zu einem Objekt der Ausstellung des Germanischen National­ museums „Nürnberg 1300—1550“ Von Wilhelm von Loeffelholz Die im Jahre 1986 vom Germanischen Nationalmuseum in Zusammenarbeit mit dem Metropolitan Museum of Art New York veranstaltete Ausstellung „Nürnberg 1300—1550“ hat sowohl in den USA wie bei uns große Beachtung und Anerkennung gefunden. Sie kann in ihrer Bedeutung gar nicht hoch genug eingeschätzt werden und reiht sich würdig den großen Ausstellungen des Museums im Dürerjahr 1971 und im Lutherjahr 1983 an, zumal sie ein ganz ausgezeichneter Katalog dem Besucher näher erschlossen hat. Einen der Glanzpunkte der Präsentation bildeten die beiden Dürer/Hirsvogel-Dreipaßscheiben mit Sixtus Tücher und dem reitenden Tod unter Kat. Nr. 116 u. 117. Rainer Kahsnitz, der die Hauptlast der ganzen Ausstellung zu tragen und insbesondere in dem ausführlichen Katalog ein riesiges Arbeits­ pensum zu bewältigen hatte, hat in höchst dankenswerter Weise den beiden Stücken in den Ausstellungsräumen einen ihrer Bedeutung entsprechenden hervorragenden Platz eingeräumt und im Katalog die Persönlichkeit des darge­ stellten Auftraggebers und seine im Bildlichen zutagetretende innere Haltung treffend gezeichnet. Bei der Interpretierung des lateinischen Schriftbandtextes hat sich Kahsnitz im wesentlichen an die offenbar schon seit dem vorigen Jahr­ hundert bei den Kunsthistorikern übliche Übersetzung gehalten. Diese Über­ setzung ist leider bei der zweiten Scheibe, der Tucher-Scheibe, sinnentstellend falsch, bei der ersten weist sie nur einen nicht so gewichtigen Schönheitsfehler auf. Es muß deshalb erlaubt sein, einige Ergänzungen und Zurechtrückungen zu dem ganzen Komplex anzubringen, die der von R. Kahsnitz vorgenom­ menen Gesamtwürdigung keinerlei Abbruch tun sollen. Die zweifellos von Dr. Sixtus Tücher, dem Propst von St. Lorenz, selbst verfaßten lateinischen Epigramme und ihre bisherigen Übersetzungen lauten: 1. Reitender Tod: Cave, miser, ne meo te confixum telo In hoc tetro collocem feretri lecto. Anno 1502. Hüte dich, Unglücklicher, daß ich dich, von meinem Geschoß durch­ bohrt, nicht auf dieses finstere Lager der Totenbahre lege! 45

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2. Tücher am Grab: Quid mi(naris, qu)od hoc monente sepulcro, eciam si velis, cavere nequeo. Was drohst du mir mit diesem mahnenden Grab, vor dem ich, auch wenn du es willst, mich nicht hüten kann. Bei der Scheibe 1. hat ein früherer Textkritiker offenbar übersehen, daß beim Wort tetro der Selbstlaut e, wie vielfach üblich1, den Umlaut ae ersetzen soll, daß es sich also in Wahrheit um das Eigenschaftswort taeter handelt, das mit häßlich, garstig, abscheulich, widerlich, ekelhaft zu übersetzen ist. Eine Umdeutung von tetro in tetrico ist deshalb überhaupt nicht veranlaßt. Tatsäch­ lich kann man ja auch die Totenbahre, den lectus feretri, beim besten Willen nicht als finster, als tetricus, bezeichnen, wie es noch in Kat. Nr. 116 geschieht2. Aus dem Bild mit der Bahre unter dem Körper des Pferdes ergibt sich das Gegenteil. Dem hat R. Kahsnitz schon durch die Übersetzung von tet­ ricus mit streng Rechnung getragen. Die Charakterisierung der Bahre mit taeter ist aber unzweifelhaft die treffendere. Die Übersetzung bei der zweiten Scheibe krankt einmal daran, daß der Ablativ hoc monente sepulcro instrumental aufgefaßt, d. h. vom Verbum minari abhängig gemacht ist, während in Wirklichkeit ein losgelöster, unab­ hängiger Ablativ, ein sog. Ablativus absolutus, vorliegt. Bleiben wir dabei zunächst ruhig einmal bei dem Verbum minari, mit dem die Textkritiker bisher die Lücke zwischen Quid und quod auf dem beschädigten Textband — nach meiner Meinung nicht zutreffend,wie noch später auszuführen sein wird — ausgefüllt haben. Der zweite und dritte grammatikalische Fehler liegt bei Quid und quod. Quod ist zwar richtig als Relativ zu sehen, aber es bezieht sich nicht auf sepulcrum — dies ist schon wegen der Stellung ganz undenkbar — sondern auf Quid. Und Quid kann man hier nicht im Sinne von: wieso, wozu, warum drohst du mir?, also adverbial auffassen, sondern Quid bildet das Objekt zum Verbum, ist somit ein substantivisches Fragepronomen. Wenn wir also auf der zweiten Scheibe das Verbum minari zunächst noch unterstellen, dann müßte es statt „Was drohst du mir mit diesem mahnenden Grab“ richtig heißen: „was drohst du mir denn da an — gemeint ist telum, das Geschoß, der Todespfeil — etwas, das ich angesichts dieses mahnenden Grabes doch nicht vermeiden kann, auch wenn du es wolltest.“ Dies paßt auch viel besser zur Bipolarität der beiden Scheibendarstellungen, die ja mit aller Deut­ lichkeit zeigen, daß der Bogenschütze nicht für das Begräbnis, sondern nur für die Beendigung des Menschenlebens, für das Abschießen zuständig ist. Bringen wir nun die Gegenüberstellung von Todespfeil und Bahre auf der einen Seite und offenem Grab auf der anderen Seite mit der richtigen Tucher1 Siehe Kat. Nr. 54, Abb. fol. 3r: Delicta iuventutis mee (statt meae). 2 Vgl. auch: Dürer, Nürnberg 1971, Kat. 723.

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Sixtus Tücher und der reitende Tod als Bogenschütze

antwort in Einklang, dann kann der Sinn seiner Entgegnung nur sein: Was willst du denn, ich habe keine Angst, ich will dir gar nicht ausweichen, denn dem Menschen ist seit Anbeginn das Grab bestimmt, ich kann also deinem Pfeil letztlich doch nicht entgehen. Aber: Du bist nicht der Herr über Leben und Tod — etiam si velis — du bist nur Werkzeug in der Hand eines Höheren! Es ist der gleiche Gedanke, der in der christlichen Volksweise zum Ausdruck kommt: Es ist ein Schnitter, der heißt Tod, hat Gwalt vom großen Gott. Hüt dich — cave! — schöns Blümelein! mit dem Höhepunkt im letzten Vers: Trutz, Tod! komm her, ich fürcht dich nit, trutz, komm und tu ein’ Schnitt! Wenn er mich verletzet, so werd ich versetzet in himmlischen Garten, darauf will ich warten: Freu dich, schöns Blümelein! Das Lied wird mit „Regensburg 1637“ datiert, vielleicht ist es aber doch früher entstanden und bereits zur Zeit Tuchers im Volk gesungen worden3. Insofern bekommt jetzt Tuchers Antwort doch einen höheren Sinn, wenn auch der Kernpunkt der christlichen Betrachtungsweise des Todes, Kreuz und Auferstehung, in seinen Worten noch nicht angesprochen ist. Ganz so profan, wie R. Kahsnitz meint, kann man also die Thematik der Scheiben schon nach dem Text der Epigramme nicht werten und deshalb die Hauskapelle des Prop­ stes als ursprünglichen Standort nicht von vornherein ausschließen. Aber ist denn nicht noch viel mehr aus dem Tucherschen Memento mori herauszu­ lesen? Wir wissen, daß für den mittelalterlichen Menschen das Bild eine viel stär­ kere Aussagekraft hatte als das ohnehin nur wenigen zugängliche geschriebene Wort, und daß deshalb die bildende Kunst jener Zeit voller Symbolik steckt. Betrachten wir unter diesem Aspekt den Propst Sixtus Tücher und seine Umgebung etwas genauer, dann enthüllt sich uns, meine ich, noch folgendes: a) Tücher will dem heranreitenden Tod nicht nur mit der nach unten zum Grab weisenden Linken seine Antwort geben, sondern vor allem auch sein erhobener rechter Arm ist es, der in diesem Zwiegespräch eine vielsagende Bedeutung hat: Die in der nach unten verlängerten Senkrechten des Turmes 3 Gesangbuch für die Evang. Luth. Kirche in Bayern von 1928, Anhang: Geistliche Volkslieder Nr. 43.

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von St. Lorenz geöffnete Rechte des Propstes scheint gewissermaßen seine Kirche zu halten und will sie damit entscheidend ins Blickfeld heben. Aber nicht nur konkret die örtliche Kirche St. Lorenz, sondern ganz allgemein die christliche Kirche und ihre Lehre. Diese christliche Lehre, die Heilsbotschaft von der Überwindung des Todes durch den Sieg der Auferstehung, wird dann, wenn auch in sehr verschlüsselter Form, dem Bogenschützen und seinem Todespfeil als letzte triumphie­ rende Antwort entgegengehalten. b) Dabei müssen wir uns zunächst die auffallende diagonale Trennungs­ linie vergegenwärtigen, die die helle Welt der Lebenden von dem dunklen, aber durch das Grün doch nicht ohne Hoffnung charakteri­ sierten Totenfeld scheidet. Sicher ist hier nicht absichtslos rechts unten eine Salbeipflanze hineinkomponiert, die trotz ihrer Heilwirkung den Tod nicht aufhalten kann: Cur moritur homo, cui salvia crescit in horto? Contra vim mortis non est medicamen in hortis. Warum muß auch der Mensch sterben, dem der Salbei im Garten gedeiht? Weil gegen die Gewalt des Todes auch in den Heilkräutergärtlein kein Kraut gewachsen ist4. c) Hauptkennzeichen des Totenfeldes ist das Grab im linken Drittel der Scheibe. Es ist bestimmt kein Zufall, daß die Grabplatte, die normaler­ weise neben dem Grab liegt und die Graböffnung freigibt5, so über diese gelegt ist, daß sie mit ihr ein Kreuz bildet. Das auf den Kreuzestod Christi hinweisende Zeichen ist unverkennbar! Damit gewinnt die Gestik Tuchers mit dem linken Zeigefinger eine doppelte Bedeutung. Sie meint nicht nur das dem Menschen bestimmte Grab allein, sondern sie will darüberhinaus deutlich machen, daß dieses Grab nicht das letzte Wort ist, sondern daß es einem durch Christus und seine Erlösungstat am Kreuz verheißenen neuen Leben Raum geben muß. d) Der Weg zum neuen Leben, zum Leben nach dem Tode, auch dieser ist auf der Tucherscheibe ablesbar: Die Stellung Tuchers mit einem Fuß auf der Grabplatte entspricht genau den damaligen Darstellungen von Christus in der Vorhölle — „niedergefahren zur Hölle“, jetzt „hinabgestiegen in das Reich des Todes“ —, aus dem er nach dem Aufbrechen der Pforten zur Unterwelt die vor seinem Erlösungswerk abgeschiedenen Seelen heraus­ führt und dabei ostentativ seinen Fuß auf die zerbrochene Hadestüren 4 Med. Schule Palermo, 10. Jahrh. Zitiert in: Karl Heinz Reger, Hildegard-Medizin, München 1984, S. 205. 5 Vgl. Albrecht Dürer, Der Tod und die Frau, Dürer, Nürnberg 1971, Kat. 730.

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Der reitende Tod schießt auf den am offenen Grabe stehenden Propst Dr. Sixtus Tücher

Zwei dreipaßförmige Scheiben, Germanisches Nationalmuseum, Inv.-Nr. MM 155 — 156. Fotos: Germanisches Nationalmuseum

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Sixtus Tücher und der reitende Tod als Bogenschütze

setzt6. Als Beispiele solcher Bildnisse von der Höllenfahrt Christi seien aus Nürnberg genannt: Einmal der linke Seitenflügel des Auferste­ hungsaltars in der Holzschuher-Kapelle auf dem Johannisfriedhof, der dem Umkreis Veit Stoß zugeschrieben wird und nach 1508 entstanden ist7. Zweitens ein Fresko der 1459 gestifteten und ca. 1946 abgerissenen Heilig-Grab-Kapelle auf der Insel Schütt, wohl in der Zeit der Kapellenerrichtung, also noch vor der Tucherscheibe entstanden8. Dem „Niedergefahren zur Hölle“ folgt das „Am dritten Tage auferstanden von den Toten“. Es wird auf der Tucherscheibe symbolisiert durch die drei Steine — der dritte nur im Ansatz, entsprechend dem Ostermorgen — genau in dem Zwickel zwischen Stadtmauer als Grenze der menschlichen Wohn­ siedlung und dem Totenfeld und damit hinaus weisend in eine andere, die zukünftige unsichtbare Welt, das Reich Gottes, den himmlischen Garten des oben zitierten geistlichen Volksliedes. Tücher im Gestus des auferstehenden Christus, das ist nach damaliger Auffas­ sung keine Blasphemie9, sondern Tuchers stärkstes Bekenntnis seines christ­ lichen Glaubens an ein Leben nach dem Tode, sein ganz persönliches dem höhnenden Cave des Todesschützen entgegengehaltenes Credo. Es entspricht auch genau seinem von tiefer Frömmigkeit geprägten zum Mystischen nei­ genden Charakter. Eine Bildkonzeption, die aus sehr eingehenden Gesprächen des Auftraggebers mit dem Künstler erwachsen sein muß und eine Intuition erfordert hat, wie sie m. E. wohl nur einem Meister wie Albrecht Dürer selbst eigen war10. Man wird also den Satz von der gänzlich unkirchlichen profanen Thematik des Tucherschen Memento mori nicht stehenlassen können. Dies ändert jedoch nicht das geringste an der zweiten Komponente, die uns auf unseren beiden Scheiben klar und eindeutig entgegentritt und die im außerkirchlichen Bereich liegt: Tuchers humanistische Geisteshaltung, die R. Kahsnitz mit Recht so stark hervorgehoben hat. Dr. Sixtus Tücher gehörte zu den bedeutendsten Vertretern des Nürnberger Humanistenkreises. Uber diese Humanisten wird zwar viel geredet und geschrieben, meist aber möchte man sich dabei ein gründlicheres Eindringen in ihre Gedankenwelt wünschen. So kommt eine Seite der Wiederbelebung der Antike fast immer zu kurz, nämlich die Beschäftigung mit der klassischen Dichtkunst und das Bemühen, den Alten auch hierin nachzueifern. Das ist es 6 1. Petr. III, 18-20. Ausführlicher im apokryphen Thomas-Evangelium. 7 Fehring-Ress, Bayer. Kunstdenkmale, Die Stadt Nürnberg, 2. Aufl. 1977, S. 417 f. 8 Negativ-Abzug von einer vor dem Abriß gefertigten Aufnahme im Denkmalsarchiv der Bild­ stelle des Hochbauamts Nürnberg. 9 Vgl. Albrecht Dürer, Selbstbildnis 1500. Dürer, Nürnberg 1971, Kat. 70. 10 Die theologischen Hinweise, die Entschlüsselung der Symbolismen und die Aufzeigung der Nürnberger Höllenfahrt-Darstellungen verdanke ich meinem Schwager Albert Mauder.

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doch, was die Humanisten von einst weitgehend auszeichnet: Die lateinische Versdichtung in der klassischen Form. Dieses poetische Element bleibt leider gerade auch bei den Kunsthistorikern meist völlig unberücksichtigt, obwohl die Dichtkunst, wie schon der Name sagt, doch auch zur Kunst im weiteren Sinne gehört. Damals hat man sie noch liebenswert und respektvoll als „edle Frau Verskunst“ personifiziert! So kommen manche wichtigen Erkenntnisse nicht ans Tageslicht, z. B. die Besonderheit, daß die Epigramme auf den in Kat. Nr. 153 und 154 gebrachten Dürerstichen mit den Porträts von Melanchthon und von Friedrich dem Weisen — bei letzterem die zweite und dritte Zeile der Inschrift — lateinische Distichen darstellen und nach den Umständen nur von Willibald Pirckheimer stammen können. Ein beachtliches Dokument der engen Freundschaft zwischen Dürer und Pirckheimer! Denn daß der große Maler selbst zur lateinischen Versdichtung imstande war, wird man trotz seiner umfassenden Bildung nicht annehmen können. Bei den Plaketten mit Orpheus und Eurydike — Kat. Nr. 194 — hat William D. Wixom dankens­ werterweise den Schöpfer der beiden Distichen, den Nürnberger Humanisten Ulsenius, angegeben, aber auch hier bleibt der Verscharakter leider unerwähnt. Aber nun zurück zum Humanisten Sixtus Tücher. Schon bei der ersten Begegnung mit den Scheiben auf dem sehr guten Faltblatt zur Ausstellung war mir klar, daß es sich bei den lateinischen Epigrammen um Verse handeln muß, lange aber blieb mir rätselhaft, um welche Verse. Den Schlüssel zur Lösung bildete zunächst das die Lücke auf der Tucherscheibe ausfüllende Ergänzungs­ wort minaris, das als einziges nicht in ein Versschema paßt. Und bei weiterer Vertiefung in das Bild wird plötzlich klar, daß der Tod ja eigentlich gar nicht droht, sondern schon handelt, sein Ausspruch also mehr eine Warnung dar­ stellt, dem Pfeil auszuweichen. Das gebräuchlichste Wort für schießen, schleu­ dern im transitiven Sinne, d. h. etwas abschießen, ist mittere. Telum mittere = ein Geschoß abschießen ist die übliche Ausdrucksweise des Lateiners. Und nun stand der Vers nach allen Regeln der klassischen Metrik fest: Ein Hexa­ meter verbunden mit einem jambischen Dimeter, ein von Horaz, dem großen römischen Dichter angewandtes Versmaß: Quid mim’s, quod hoc monemt sepulcrobciam si velis czvere nequeo. Was schießt du denn da ab — man könnte vielleicht auch übersetzten: Was schickst du mir denn da schon, etwas, das ich beim Blick auf dieses mahnende Grab ja doch nicht vermeiden kann, selbst wenn du es wolltest!

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Ein schwacher Versuch, diese Metrik im Deutschen nachzuahmen, sei ge­ stattet: Tod, du schreckst mich nicht, denn das Grab ist meine Bestimmung. Und deine Macht ist nur ein Schein! Mit dem erwähnten Versmaß hatte Horaz zurückgegriffen auf die frühgriechi­ sche lyrische Dichtung, nämlich auf die parische Jambendichtung aus dem 7. Jahrhundert v. Chr. Ihre Entstehungszeit lag demnach, als Tücher sich ihrer bediente, über 2000 Jahre zurück11. Wenn ich also eine Berichtigung des Verbums minari und die Ersetzung durch mittere vorschlage, so geschieht dies nicht allein aus metrischen Gründen. Prüfen wir die Lücke im Schriftband zwischen QVID.MI . . . und . . . OD.HOC ganz genau, dann kommen wir zu dem Ergebnis, daß in der räumlichen Aufteilung der Lettern das um einen Buchstaben kürzere Wort MITTIS, hinter das man sich noch einen Punkt zu denken hat, viel besser in das durch Beschädigung freie Feld der Rahmenleiste paßt als das längere MINARIS. Nicht viel weniger aufregend war der Weg zur richtigen literarischen Ein­ ordnung der anderen Scheibe. Ich will ihn nicht weiter nachzeichnen, sondern nur das Ergebnis bringen. Entgegen meiner ursprünglichen in die gleiche klas­ sische Richtung zielenden Vermutung haben wir es hier nicht mit metrischer, sondern mit rhythmischer Verstechnik zu tun und zwar in Reimform. Es han­ delt sich um einen Verstypus der mittelalterlichen Vagantenlyrik, nämlich um die Vagantenstrophe des Archipoeta, wenn auch mit etwas abweichender Rei­ mart. Der Archipoeta zur Zeit Barbarossas, dessen Kanzler Rainald von Dassel sein Gönner war, hat sich nach einem vielleicht etwas legendenhaften Bericht des Cäsarius von Heisterbach aus Angst vor dem Tode (!) zu den Zisterzien­ sern nach Bonn geflüchtet und dort das Ordensgewand genommen12. Von seinem berühmten Beichtlied Estuans intrinsecus ira vehementi . . . , das auch Eingang in die Carmina Burana gefunden hat, hier die zwei bekanntesten Zeilen : Me um est propositum in taberna mony ut sint vina proxima monentis ori13.

n Bernhard Kytzler, Horaz, Oden und Epoden, 3. Aufl. Reclam Stuttgart 1984, S. 282 (Metrik) und S. 318 ff. (Wesen Horazischer Dichtung). 12 Paul Fechter, Dichtung der Deutschen, Berlin 1932, S. 117 f. 13 Paul Fechter a. a. O. und Paul Klopsch, Lateinische Lyrik des Mittelalters, Reclam Stuttgart 1985, S. 366, S. 509 ff.

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Und hiernach unser Epigramm: Cave miser, ne meo te con/i’xum telo in hoc tetro coHocem feretri lecto. Gib acht, du armer Mensch, daß ich dich nicht mit meinem Pfeil durch­ bohre und dich auf diesem häßlichen Lager der Totenbahre zur Schau stelle! Die zweite Vagantenzeile endet hier allerdings nur mit einem Fünfsilbler, aber auch dieser gehört zur Vagantenlyrik und ist wohl deshalb gewählt, weil er eine Antwort erheischt, ein Fazit erwarten läßt14. Eine solche literarische Konzeption muß man, meine ich, als ausgesprochene Meisterleistung Tuchers werten. Sie stellt sich der theologischen Grundidee würdig an die Seite. Tücher läßt also den Tod wie auf einer Bühne in der Sprache des Archipoeta, des ruhelosen Vaganten, der dem Sterben zu ent­ fliehen sucht, auftreten und stellt ihm gegenüber den abgeklärten Humanisten, der in stoischer Ruhe das Unabänderliche auf sich nimmt. So wie das wieder­ entdeckte klassische Latein der Humanisten und die von ihnen neu hervorge­ holten edlen lyrischen Verse der antiken Dichtung die in ihren Augen zweit­ rangige Reimerei der mittelalterlichen Vagantenlyrik überwunden haben, so überwindet der von antikem Gleichmaß wiederbeseelte neue Geist an der Schwelle zur Neuzeit die Todesfurcht des gequälten mittelalterlichen Men­ schen. Hat R. Kahsnitz also doch recht, wenn er vorrangig auf den Platz in der Stu­ dierstube setzt, wo der vom humanistischen Ideal so erfüllte große Gelehrte im Reiche seiner geliebten Bücher ohne Angst den Tod erwarten will? Die Frage muß offen bleiben. Eines aber steht fest: Sixtus Tücher erweist sich durch diese literarischen Feinheiten, mit denen er sich abgesehen von Conrad Celtis, dem Erzhumanisten, wohl als einziger aus dem Nürnberger Humanistenkreis an Horazisches Versmaß aus dem frühen Hellas, an „äolischen Sang“15 gewagt hat, als ein Humanist von ganz hohen Graden. Tuchers Gesamtkonzeption seines Memento mori aber bestätigt in geradezu faszinierender Konsequenz sein schon aus dem Briefwechsel mit Caritas Pirckheimer hervorgehendes Charakterbild, den Grundzug seines Wesens, das sich ständig um einen Ausgleich zwischen dem neuen humanistischen Geist und der alten christlichen Frömmigkeit bemüht16. Ich glaube, es gibt kaum ein anderes Werk in der bildenden Kunst, da die Synthese zwischen Christentum und Humanismus so exemplarisch darstellt und zugleich poetisch untermalt. Hier in der Gestalt des Propstes Sixtus Tücher verbindet sich der christliche Glaube an den Sieg über den Tod in einzigartiger Weise mit der Haltung des 14 Paul Klopsch a. a. O. S. 338 ff., S. 507. 15 Horaz, Carm. III/30, 13; Bernhard Kytzler a. a. O. S. 319. 16 Caritas Pirckheimer Nürnberg 1982, Kat. 126 (Karl Schlemmer) und Kat. 127 (Peter Strieder).

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Humanisten, der sich gelassen und ohne Furcht in das Unvermeidbare des Lebensablaufs fügt. Tücher, der große Humanist und tiefgläubige Christ, dieses Lebensbild sollen uns die Dürer/Hirsvogelschen Dreipaßscheiben aus dem Nürnberg des Jahres 1502 überliefern. Und noch ein Letztes: Das Versmaß, in dem Tücher dem Tod seine Antwort gibt, kommt in der Horazischen Dichtung nur zweimal vor, nämlich in der 14. und 15. Epode. Die 14. Epode aber enthält eine Antwort des Horaz auf die Frage seines Gönners Maecenas, warum er ein dichterisches Versprechen noch nicht eingelöst habe. Horaz entgegnet: „Mein teurer Maecenas, Du bringst mich um mit dieser dauernden Fragerei! ein Gott, ja ein Gott ist es, der mir verbietet, das versprochene Werk, die schon lange angefangene Jambendich­ tung bis zum Buchrollenkopf, d. h. also bis zur Druckreife, zu führen.“ Sollte Tücher hier durch das Versmaß auf ein eigenes dichterisches Vorhaben haben anspielen wollen, dessen Herausgabe ihm noch nicht gelungen ist und dessen Nichtvollendung ihn quält? Eine weitere literarische Betätigung liegt doch nur zu nahe. Vielleicht ist in den Tücher-Archiven noch ein ungeahnter poetischer Schatz zu heben. Die Historiker und Altsprachler sind aufgerufen!17

17 Erst während der Drucklegung wurde ich aufmerksam auf die kunsthistorische Dissertation von Corine Schleif, Donatio et Memoria - Stiftungen und ihre Motivationen: Beispiele aus der St. Lorenzkirche in Nürnberg, Erlangen 1986. Die Verfasserin beschäftigt sich auf Seite 154 ff. auch eingehend mit den beiden Sixt Tucher-Scheiben, wenn auch unter einer etwas anderen Thematik. Sie kommt dabei zu ähnlichen Ergebnissen z. B. auf S. 160/61 bei der Hervorhebung der „expressiven Gesten der Hände“ des Propstes, insbesondere seiner Rechten, die den Blick des Beschauers auf die Kirche lenkt.

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VEIT STOSS - BILDHAUER UND INGENIEUR Zwei vorindustrielle Maschinen als Kunstgutzubehör Von Georg Stolz Mit dem Anwachsen der Aufgabenstellung beim Anfertigen großformatiger Kunstwerke ist auch die Forderung nach geeigneten Montagehilfen und Befe­ stigungselementen verbunden. Aus dem mittelalterlichen Baubetrieb sind viele Abbildungen und Beschrei­ bungen von verschiedenen Baumaschinen — vorwiegend Geräte zum Heben großer Lasten — bekannt1. Die Stadtansichten von Köln sind bis ins vorige Jahrhundert geprägt von dem „herausragenden“, fast schon zum Symbol gewordenen Kran auf dem als Bauruine liegengebliebenen Westwerk des Domes. Die „Eselstürme“ mit langgestreckten, auf engem Raum gewendelten Rampen zum Transport des Baumaterials2, werden heute als technikgeschicht­ liche Zeugnisse ebenso beachtet wie die großen Treträder (Nördlingen, Frei­ burg, Straßburg, Festung Wülzburg u. a. m.), die schon auf einem römischen Relief im Amphitheater zu Capua oder auf dem Grabmal der Haterii im Late­ ranmuseum in Rom abgebildet sind. Diese Treträder gehören zu einer Gruppe von Muskelkraftmaschinen, zu denen auch die verschiedenen Arten von Göpeln und Trettrommeln sowie Tretscheiben zu zählen sind. Während beim Göpel3 die Schub- oder Zugkraft des Antreibenden (Mensch oder Tier) aus der kreisförmigen Bahn über Hebebäume auf die senkrechte Welle übertragen wird, versuchen Menschen oder Tiere bei den Tretwerken

1 Klemm F., Technik, eine Geschichte ihrer Probleme. Freiburg/München 1954. Sprague de Camp L., Die Ingenieure der Antike. Düsseldorf/Wien 1964. Straub H., Die Geschichte der Bauinge­ nieurkunst. Basel/Stuttgart 1964. Schlichting H. P., Energie. Wien/Heidelberg 1970. Kottmann A., Fünftausend Jahre messen und bauen. Stuttgart 1981. Kottmann A., Alte Baumaschinen. Schnell, Kunstführer Nr. 1108.3—1982. Kottmann A., Bauen im Mittelalter. Schnell, Kunst­ führer Nr. 1077. 4 - 1985. 2 z. B. Regensburg Dom. Lit. Minkowsky FL, Der Turm zu Babel. Deutsche Heraklitt AG Mü. 1959. 3 Bedal K. (Hrsg.: i. A. des Bezirks Mittelfranken), Göpel und Dreschmaschine. Zur Mechanisie­ rung der bäuerlichen Arbeit in Franken. Katalog zur gleichnamigen Ausstellung im Fränkischen Freilandmuseum in Bad Windsheim. 1981. Göpel als Anschauungsobjekte finden sich im Frän­ kischen Freilandmuseum Bad Windsheim (aus Poppenbach 1880, Antrieb durch zwei Ochsen), im Feuchtwanger Heimatmuseum (aus Leuperzell) und im Reichsstadtmuseum Rothenburg (aus Großulrichshausen).

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auf einer beweglichen Bahn emporzusteigen und bewirken dabei unter Einsatz des Körpergewichtes eine Bewegung der Maschine. Die Bahn gleitet unter ihren Füßen weg, wobei sie selbst am gleichen Ort bleiben. Die Trettrommeln bestehen im Normfall aus zwei Speichenrädern gleichen Durchmessers auf einer zentrischen Welle montiert. Der Abstand zwischen den beiden Radscheiben ist so dimensioniert, daß der Betreiber — beim Menschen ca. 0,8 —1,3 m — bequem darin Platz findet und ungehindert laufen kann. Die Lauffläche selbst wird durch eine Beplankung des Radumfanges erreicht. Solche Tret- oder Laufräder haben in der Regel einen Durchmesser von ca. 4 m, um dem Läufer im Rad auch das Stehen im Ruhezustand unter der Radwelle zu ermöglichen. Treträder können in ähnlicher Form wie die Trettrommeln konstruiert sein, wenn anstelle der durchgehenden Laufflächenbretterung Einzelsprossen treten. Die häufigere Form stellen jedoch Treträder dar, die nur aus einer Rad­ scheibe bestehen und beiseitig herausstehende Zapfen als Tretsprossen auf­ weisen. Der Betreiber hat dann beim Aufsteigen auf das Tretrad die Scheiben­ achse mittig vor dem Körper und bringt durch wechselseitiges Weiterklettern mit Händen und Füßen das Werk in Rotation. Bei den Tretscheiben handelt es sich um eine schiefe Ebene in Form einer Scheibe mit geneigter Welle. Durch die Fortbewegung des Antreibers — in diesem Falle meistens Pferde oder Ochsen — wird diese Laufscheibe in Dreh­ bewegung gebracht und die Leistung über Zahnräder weitergegeben4. All diese Muskelkraftmaschinen unterliegen dem physikalischen Gesetz „Kraft X Weg = Arbeit“. Das bedeutet, daß mit einem geringen Kraftaufwand auch große Lasten bewegt und gehoben werden können, wenn nur die Weg­ komponente entsprechend vergrößert wird (Wendelrampe, Serpentine, Fla­ schenzug) oder wenn die zur Verfügung stehende Kraft über einen großen Hebelarm zur Wirkung gebracht wird (Göpel und Tretrad). Beim Vorwärtsschreiten auf der etwa 30° geneigten Lauffläche der Tret­ trommel, im Abstand von etwa 1 m neben der Radwelle, kann ein Mensch bei etwa 20 cm Wellendurchmesser das Zehnfache seines eigenen Körpergewichtes anheben. Dies bedeutet jedoch andererseits, daß dieser Läufer im Rad etwa 100 m laufen muß, um die Last 5 m hoch anzuheben. Beim weiterentwickelten Sprossenrad wird die Relation mit Vergrößerung des Hebelarmes für den außen auf die Radsprossen steigenden Menschen wesentlich besser. Seit der Römerzeit für den Einsatz im Baubetrieb und Mühlengewerbe bekannt, wurden solche Muskelkraftmaschinen im frühen Mittelalter häufig 4 Bemerkenswertes Beispiel: Schillingsfürst Ochsentretscheiben-Pumpwerk durch den Nürn­ berger Brunnenmeister Martin Löhner (1636—1707) zur Wasserversorgung des Schlosses Schil­ lingsfürst erbaut. Lit.: Paul W., Technische Sehenswürdigkeiten in Deutschland. ADAC-Reiseführer Bd. IV Bayern. 1980. S. 177.

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Abb. 1: Krakau Marienkirche; Aufzugswinde im Dachboden über dem Chor. Der Wellenbaum mit 2,90 m Höhe ist zwischen die Balkenlagen eingespannt.

Abb. 2: Nürnberg St. Lorenz; Engelsgruß winde, waagrechter Wellenbalken mit Tretrad im Dachstuhl des Chorbaues.

Abb. 3: Nürnberg St. Lorenz; Engelsgrußwinde in Aktion.

Abb. 4: Krakau Marienkirche; eine der Aufzugswinden mit waagrechter Wellenanordnung und fest montiertem Drehkreuz. Durch das eingelegte Rundholz ist eine einfach wirkende Sperrsicherung erreicht.

Abb. 6: Nürnberg St. Lorenz; Engelsgruß­ winde. Eine geschmiedete Klaue greift in den Zahnkranz der Welle ein und verhindert damit als Sicherung die Drehbewegung der Welle.

Abb. 7: Nürnberg St. Lorenz; Engelsgruß­ winde. Über einem langen Hebelarm ist ein Bandstahl auf den Wellenbalken zu pressen. Die erzielte Wirkung entspricht der einer Trommelbremse.

Abb. 5: Nürnberg St. Lorenz; Engelsgrußwinde. Der waagrecht angeordnete Wellenbalken ist in der Hirnholzschale des Bockes gelagert.

Fotonachweis: 1,4 Aleksander Saladziak 2 LoAN (Archiv St. Lorenz Nürnberg) 3 LoAN (Horst Schäfer) 4, 5, 6, 7 LoAN (Rudolf Contino)

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bei Eimerschöpfwerken angewandt. Um 1500 sind sie als Fördermaschinen im Bergbau bekannt und finden dann zunehmend Verwendung in landwirtschaft­ lichen Betrieben5. Dazwischen liegt jedoch ein Einsatzgebiet, das bisher kaum Beachtung gefunden hat: die angewandte Kunst. Herbert Schindler6 stellt im Zusammen­ hang mit der Größe des Krakauer Marienaltares die Frage, wo die treibende Kraft zu immer größeren, reicheren Altären zu suchen ist? „Ist es die spätmit­ telalterliche Volksfrömmigkeit, der sakrale Eifer des Klerus . . . oder einfach das Rivalitätsdenken, das die Bewegung begleitet? Ist es der gegenseitig sich steigernde Anspruch auf Verewigung und der Ruhmsinn der adeligen Auftraggeberschicht? Ist es der künstlerische und technische Ehrgeiz der führenden Meister und Werkstätten? Oder sind es die Baumeister und Werkmänner der spätgotischen Hochchöre und Hallenchöre, die durch ihre gewagten und kühnen Konstruktionen die Bildschnitzer zu solchen neuen Leistungen anspornen?“ Blieb auch dem Lorenzer Hallenchorbau ein großer gotischer Wandelaltar versagt, so bekam er doch mit der Stiftung eines Leuchterwerkes durch den Vordersten Losunger Anton II. Tücher7 ein adäquates und herausragendes Schnitzwerk der deutschen Spätgotik an der Schwelle zur Renaissance. Dem reifen Können und dem sensiblen Einfühlungsvermögen des sonst als „irrig und geschreyig“ verrufenen Veit Stoß ist es zu danken, daß er zur Rea­ lisierung dieses Auftrages das Kunstwerk in zwei getrennte, doch funktional, stilistisch und ikonografisch eng miteinander verknüpfte Einzelwerk teilte: den an Jacob Pulmann untervergebenen Marienleuchter und den freischwe­ bend angeordneten Engelsgruß8, dem Wilhelm Pinder9 ganz besonderes Lob zollt: „Man fühlt in diesem Chor einen Luftraum, eine milde, herrlich hinge­ gossene Sphäre. Es war geniales Mitgefühl, ihr die überlebensgroßen Figuren des Englischen Grußes zu Bewohnern zu geben.“ Dieses freie Schweben und Entrücktsein ist jedoch nur scheinbar. Es ist die konsequente Fortsetzung des von Veit Stoß praktizierten Trends vom statua­ risch angelegten Altar mit drei oder fünf aufgereihten Einzelfiguren zu einer 5 Bedal K., a. a. O. 6 Schindler H., Der Schnitzaltar. Meisterwerke und Meister in Süddeutschland, Österreich und Südtirol. Regensburg 1978. 7 Stolz G., Der Engelsgruß in St. Lorenz zu Nürnberg. Stiftung und Schicksal. In: Der Englische Gruß des Veit Stoß zu St. Lorenz in Nürnberg. Arbeitsheft 16 des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege. München 1983. 8 Bauer H. u. Stolz G., Engelsgruß und Sakramentshaus in St. Lorenz zu Nürnberg. Die Blauen Bücher. Königstein i. T. 1974. 9 Pinder W., Die deutsche Plastik vom ausgehenden Mittelalter bis zum Ende der Renaissance (Handbuch II). Potsdam 1929.

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dramatischen Aktion des Geschehens — fast in der Form einer Momentauf­ nahme — zu kommen. Um dieses Entwurfskonzept durchführen zu können, bedarf es einer techni­ schen Hilfskonstruktion, die es ermöglicht, das etwa 790 kg schwere Kunst­ werk10 hängend zu halten und bei Bedarf auch aufziehen bzw. ablassen zu können. Aus dem aufschlußreichen Haushaltbuch des Anton II. Tücher11, erfahren wir, daß: „für die 2 gehenck des roßenkrancz und des leuchter“, 51 Gulden bezahlt wurden, ebenso dem „maister Mathes Czimerman in der Peunt von gemelltem roßenkrancz und leuchter zu hencken, oben für 1 groß rad . . .“ und für anderes Holzwerkl8 fl 1 S 1 den. Das „groß rad“, für das der Zimmermann bezahlt wurde, ist ein vierspeichiges Tretrad von ca. 1,80 m Durchmesser, besetzt mit beiderseits je 16 Tritt- und Griff­ hölzern (Abb. 2). Zwei Männer können durch Einsatz ihres Körpergewichtes das Tretrad und damit auch die Windenwelle in Bewegung setzen. Mag auch das Achslager der Welle primitiv erscheinen — das Wellholz liegt in einem halbkreisförmigen Lager auf dem Hirnholz des Bockes auf (Abb. 5), so ist den Sicherungseinrichtungen besonderes Augenmerk gewidmet. Beid­ seitig auf der Welle, kurz vor deren Auflager, ist je ein eiserner Zahnkranz auf­ gebracht. In Ruhestellung greift in die Zähne dieses Kranzes eine gelenkig gela­ gerte Klaue ein, die mit einem verschraubten Gestänge am Lagerbock so fixiert ist, daß die Welle weder vorwärts noch rückwärts gedreht werden kann (Abb. 6). Zur Bereitschaft der Winde muß die Verschraubung des Gestänges am Lagerbock gelöst werden. Durch das Eigengewicht des anhängenden Gestänges wird die Klaue dann nach wie vor in der Einraststellung gehalten. Würde man nun die Windenlast anheben, so würde die Klaue durch den sanften Anstieg des Zahnrückens automatisch angehoben, und dann sofort unter dem Eigengewicht wieder in die nächste Zähnung hineinfallen und so die Sicherung wieder gewährleisten. Beim Ablassen der Windenlast kann diese Sicherung nicht herangezogen werden, sie muß vielmehr bewuß durch manuelles Anheben des Gestänges oder durch entsprechendes Abspreizen zum Lagerbock hin außer Aktion gesetzt werden. Hier tritt nun sofort eine zweite automatische Sicherung ein, die ein Absinken der Last verhindert: die Bremse (Abb. 7). In einfachster Weise ist von einem starren Querholz des Lagerbockes aus die Halterung eines breiten Bandstahles angebracht, der sich um den Wellenbalken der Winde legt. 10 Die Schnitzteile wiegen lt. Feststellung bei der Restaurierung des Kunstwerkes im Jahre 1971 ca. 367,7 kg und die zugehörigen Metallteile der Aufhängung (Stangen und Ketten) ca. 425 kg. 11 Anton Tuchers Haushaltsbuch 1507—1517. Hrsg. Loose W., Bibliothek des lit. Vereins in Stutt­ gart. Bd. CXXXV. Tübingen 1877.

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Durch einen langen Hebelarm kann dieser Bandstahl mehr oder weniger stramm an den Umfang der Welle angepreßt werden und erlaubt so die Frei­ gabe zur Drehung oder die vollständige Blockade (Abb. 7). So ist mit diesem einfachen aber durchdachten Mechanismus noch heute ein millimetergenaues Anheben oder Absenken des Kunstwerkes möglich. In der Ruhestellung kann auf die Dauerbremswirkung verzichtet werden, der Hebelarm der Bremse wird in dieser Zeit durch Hochheben mit einer Ket­ tenaufhängung am Dachgebälk entlastet (Abb. 7). Da es sich bei den bisher beschriebenen Sicherungen nur um solche mecha­ nischer Art handelt, ist die Winde wie auch in den früheren Jahrhunderten gegen ein unbefugtes Ingangsetzen durch eine Sperrkette mit Vorhängeschloß gesichert. Aus einem Brief des Familienseniors Christoph Wilhelm Friedrich Karl Frhr. von Tücher vom 8. Juni 182612, erfahren wir neben der Tatsache, daß sich die mäzenatisch verpflichtet fühlende Familie immer zur Deckung der anfal­ lenden Reparatur- und Restaurierungskosten bereitgefunden hat und „es hat drum auch die Familie, und hat noch gegenwärtig, die Schlüssel in Händen, ohne die man sich, außer nur mit Gewalt, des ganzen Werkes bemächtigen konnte“13. Seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges hängt der Engelsgruß wieder an der originalen Winde. Um die Maschine aber von der Dauerlast zu befreien, ist das Gewicht des Kunstwerkes in Ruhestellung durch eine besondere Lastabfangung aufgenommen. Anstelle der früher vorhandenen großgliedrigen Kette wurde zur Aufhängung nunmehr ein Stahlseil gewählt, das einen ruhigeren Lauf auf der Wellentrommel gewährleistet (Abb. 2). Durch Klebebandmar­ kierungen an Laufseil und Trommel ist die Höhenfixierung des Kunstwerkes im Raum festgelegt. Der unheilvolle Absturz des Engelsgrußes am 2. April 181714 ging keines­ wegs zu Lasten einer mangelhaften Tragfähigkeit der Winde, sondern war viel­ mehr der Unfähigkeit eines Landbauinspektors zuzuschreiben. Bei der Neuaufhängung des Schnitzwerkes wurde 1825/26 auch eine neue Engelsgrußwinde aus Gußeisen angeschafft15, gefertigt von dem Mechaniker Spaeth. 12 Tucher-Archiv. Monumente 5253 und 5253a 68. 13 Diese Passage des Briefes drückt die tiefe Verbitterung der Familie v. Tücher aus, weil der En­ gelsgruß im Jahre 1811, ohne Wissen der Familie, aus der St.-Lorenz-Kirche genommen und als Grundstock für eine königliche Galerie zur Burg verbracht worden war. Das Schloß, von dem hier die Rede ist, wurde bei dem Kunstraub gewaltsam aufgebrochen. Lit.: Stolz G., Der En­ gelsgruß in St. Lorenz zu Nürnberg, a. a. O. S. 11. 14 StadtAN, KUST Ila K Nr. 15, Bl. 32—34. Brief des KÖnglich bayerischen Stiftungsadministra­ tors des Kultus an das Königlich bayerische Generalkommissariat des Rezat-Kreises als KreisStiftungskuratel v. 2. April 1817.

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Bei der Originalwinde für den Engelsgruß handelt es sich um eines der bedeutendsten technikgeschichtlichen Denkmäler in der Bundesrepublik Deutschland16 und um ein Zeugnis für den künstlerischen und technischen Ehrgeiz des Bildhauers Veit Stoß, von dessen Ambitionen in der Ingenieur­ kunst tätig zu sein auch anderweitige Belege Kunde tun17. Die über das geforderte Können des Bildhauers hinausgehenden Kenntnisse auf diesem Gebiet, hat sich der Künstler wohl in seiner Ausbildungszeit bei einer der oberdeutschen Bauhütten18 oder auch bei seinen vielfachen Kon­ takten zum Bergbau19 erworben. Da die Winde am Originalstandort nur in Sonderfällen, d. h., bei eigens angesetzten Führungen, zu sehen ist, werden Interessenten auf das Modell dieser Winde hingewiesen, das im Veit-Stoß-Gedenkjahr 198320 von den Schü­ lern der Klasse 7e der Veit-Stoß-Realschule der Stadt Nürnberg gebaut wurde und in einer Vitrine im südlichen Chorumgang der St. Lorenzkirche ausgestellt ist. Stellt die Engelsgruß winde einen unverzichtbaren Bestandteil des Gesamt­ kunstwerkes dar, so ist eine andere, von Veit Stoß konstruierte Muskelkraft­ maschine nur Hilfsmittel zur Montage eines Kunstwerkes. Beim Aufrichten des bereits oben erwähnten Marienaltares in der Marien­ kirche zu Krakau waren auch technische Anforderungen zu erfüllen, die über

15 Germanisches Nationalmuseum: Nachlaß Heideloff. Landeskirchliches Archiv Nürnberg. Ver­ einigtes Kirchenvermögen Nr. 371 e. 16 Stolz G., St. Lorenz — Eine Fundgrube vorindustrieller Technik. Mitteilungsblatt des Vereins zur Erhaltung der St. Lorenzkirche in Nürnberg e.V. (MVzE) NF Nr. 21 (Dez. 1978) S. 18—23. — Paul W., Technische Sehenswürdigkeiten . . . a. a. O. S. 144. 17 Ausbesserung eines Brückenpfeilers in Stein bei Nürnberg. Lit.: Hampe Th., Nürnberger Rats­ verlässe über Kunst und Künstler im Zeitalter der Spätgotik und Renaissance. Bd. 1, Wien/ Leipzig 1904, Nr. 728. Loßnitzer M., Veit Stoß. Die Herkunft seiner Kunst, seine Werke und sein Leben. Anhang II, Nr. 101, Leipzig 1912. Gümbel A., Archivalische Beiträge zur StoßBiographie. In: Repertorium f. Kunstwissenschaft NF 1, Berlin 1913. 18 Jaeger A., Veit Stoß und sein Geschlecht. Hrsg, von Puchner O. (= Freie Schriftenfolge der Ges. f. Familienforschung in Franken. Bd. 9, 1958) S. 44. Loßnitzer M., Veit Stoß. a. a. O. Anton II Nr. 5. Jäger C., Über die Steinmetzen, Bildschnitzer und Maler in Ulm. Kunstblatt, Hrsg, von Schorn L., Nr. 14, Stuttgart/Tübingen 1833. Dettloff S., Zagadnienia twörcze Kra­ kowskiego oltarza Mariackiego Wita Stosza. In Rocznik Historii Sztuki Wroclaw 1956 I. S. 99—236. Oettinger K., Die Schüler des Veit Stoß. In: Jb. f. fränkische Landesforschung. 14. Kallmünz 1954, S. 183. 19 Altarwerk für die Bergknappenbruderschaft in der Pfarrkirche Unserer lieben Frauen Himmel­ fahrt. In: Schwaz/Tirol. Montan-Zentrum Krakau. Lit.: v. Stromer W., Krakau und Nürnberg zur Zeit des Veit Stoß 1477—1533. In: Veit Stoß. Die Vorträge des Nürnberger Symposions. München 1985. 20 Gedenkjahr an den 450. Todestag des Künstlers Veit Stoß. Lit.: Bauer H. u. G. Stolz., Hrsg. St. Lorenz - Lorenzer Sommerabende 1983, Thema: Veit Stoß. MVzE NF. 28 (1983).

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Veit Stoss — Bildhauer und Ingenieur

das übliche Maß in der damaligen Altarbaukunst hinaus gingen. Beim größten gotischen Altarwerk konnten die Konstruktionsmerkmale des Schreinbaues (Schreinmaße 5,30 m breit und 7,20 m hoch) nicht mehr ausreichen. Anstelle der Schreinerkunst war aus technischen und statischen Gründen eine zimmer­ mannsmäßige Konstruktion erforderlich. Veit Stoß verknüpfte diese konstruktive Notwendigkeit mit einer Faltung der Schreinrückwand und erreichte so einerseits eine große Quersteifigkeit bei geringstmöglichem Materialeinsatz und andererseits eine wechselnde Raum­ tiefe im Schrein, die ihm bei der kulissenhaften Durchbildung und Staffelung der agierenden Personen zusätzliche Freiheiten und Möglichkeiten bot21. Dazu kam die materialgerechte Anwendung der großformatigen Holzteile, die ein Quellen und Schwinden der einzelnen Bauelemente ohne Beeinträchtigung des Gesamtkunstwerkes zuläßt. Diese Fertigteilmontagebauweise erfordert jedoch an der Baustelle ein leicht einsetzbares Hilfsgerät zum Heben und Aufstellen der Lasten, insbesondere der Boden- und Deckenplatte des Schreines (je 5,30 X 0,80 X 0,12 m), der Sei­ tenteile (je 7,20 X 1,00 x 0,18) und der Predellenplatten. Es war mir deshalb eine große Freude bei meinen Besuchen in Krakau, die Bestätigung zu bekommen, daß im Dachboden der dortigen Marien-Kirche — direkt über dem Montageplatz des großen Altarwerkes — noch eine Muskelkraftmaschine aus der Zeit der Altaraufrichtung vorhanden ist22. Die Maschine wird Veit Stoß zugeschrieben und ist noch heute funktionsfähig. Sie wurde 1939 bei der Kunstgutbergung des Altares zum Einsatz gebracht. Ob sie auch bei der Wie­ deraufstellung des Kunstwerkes herangezogen wurde, war nicht festzustellen. Bei der Aufzugsmaschine handelt es sich um einen ortsfest zwischen die Bal­ kenlagen des Chores der Marien-Kirche eingebauten Göpel (Abb. 1) mit senkrecht angeordneter, nach oben und unten verjüngter Welle, die gleich­ zeitig als Seiltrommel dient (Trommeldurchmesser ca. 38 cm). Die Drehzapfen sind in Stahlschalen gelagert. Zwei durch das Wellholz gesteckte Rundhölzer ermöglichen die Bedienung durch vier Männer im Rundlauf (Hebelarm r = ca. 0,60 m), damit war es möglich, 150 kg Last in drei Minuten 30 m hoch zu heben.

21 Kopera F., Wit Stwosz w Krakowie. In: Rosnik Krakowski. Bd. X, 1907. Szydlowski T., Le Retable de Notre Dame a Cracovice. 1935. Dettloff S., a. a. O. Kepinski Z., Veit Stoss. War­ schau-Dresden 1981. 22 Saladziak A., Polskie Zabytkowe Budowlane Urszadzenia Wyciagowe. In: Studia I Materialy z Dziejow nauki Polskiej, Seria D, Z. 1973. Dem Verfasser ist für die freundliche Unterstützung und Bereitstellung der fotografischen Aufnahmen herzlich zu danken, ebenso der Gemeinde­ verwaltung der Stadt Krakau - Abtl. Denkmalschutz und Herrn Dr. Neudecker, Presseamt der Stadt Nürnberg für die Aufrechterhaltung der Kontakte. Herrn Rautenberg von der Bildstelle des Hochbauamtes der Stadt Nürnberg danke ich für die Übersetzungshilfe.

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Georg Stolz

Die Konstruktion dieses Montagegerätes ist wesentlich einfacher gehalten als die der oben beschriebenen Engelsgruß winde, doch ist hierbei die frühere Entstehungszeit (ca. 1485)23 und der geringere Einsatzumfang zu bedenken. Ob aus der Vielzahl der im Dachbereich der Krakauer Marien-Kirche noch vorhandenen mittelalterlichen Winden24 einzelne Objekte auf die Konzeption oder Beratung durch den Meister der Bau- und Bildhauerkunst Veit Stoß, der nach Loßnitzer25 in Krakau wiederholt als Berater in Bauangelegenheiten auf­ getreten ist, zurückgehen, kann nicht nachgewiesen werden. Die zwei beschriebenen und für Veit Stoß nachzuweisenden Maschinen belegen jedoch hinreichend das universelle Können dieses Mannes als Bild­ schnitzer und als Techniker.

23 Die Arbeiten am Marienaltar hat Stoß 1477 aufgenommen. 1484 dürften die Schnitzereien weit­ gehend fertiggestellt gewesen sein. Am 25. 7. 1489 war der größte gotische Wandelaltar fertig. Die Herstellungskosten in Höhe von 2808 Gulden waren für die damalige Zeit außerordentlich hoch. 24 Saladziak A., a. a. O. beschreibt über die Altarwinde im Chordachboden der Marien-Kirche noch eine Winde mit waagrechtem Wellenbalken im kleineren Turm, ausgelegt für vier Per­ sonen, sowie drei weitere Aufzugswinden für zwei Bedienungspersonen und neun unterein­ ander ähnliche, kleinere Winden zur Aufhängung von Leuchtern, z. T. in die Dachkonstruktion eingebaut. Diese Winden haben je vier Hebelarme und sind für die Bedienung durch zwei Per­ sonen ausgelegt. Diese Maschinen zeigen in ihrer simplen Konzeption mit der wohldurch­ dachten Sicherung, Ähnlichkeiten zur Engelsgrußwinde in St. Lorenz Nürnberg. 25 Loßnitzer M., a. a. 0. S. 38 u. Anh. II, S. XVII Nr. 21, zitiert die 1484 an die gewährte Steuerbe­ freiung für Veit Stoß geknüpfte Bedingung zu „Gebäuden der Kirche oder der Stadt (Krakau)“, nach seinem besten Vernehmen als Sachverständiger seinen Rat zu erteilen.

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DER NÜRNBERGER SCHARFRICHTER FRANTZ SCHMIDT AUTOR EINES MEISTERLIEDES? Von Dieter Merzbacher In der von den Nürnberger Meistersingern Benedict von Watt (1569—1616)1 und Hans Deisinger (1572 —1617)2 geschriebenen Sammelhandschrift Ms B 83 der Universitätsbibliothek Erlangen3 steht nach einem Meisterlied, das von jenem Brief handelt, den König Abgar (4 v. Chr. — 7 n. Chr. und 13 — 50 n. Chr.) an Jesus geschrieben haben soll, die Signatur: „dichts Maister Franz Schmid an St. Jacob den 25. Juli anno 1605“ (Bl. 131v). Der Eintrag stammt vom Schreiber des Liedes, Hans Deisinger, und ist, da die Handschrift um 1616 bzw. 1617 erstellt wurde und Deisinger am 10. Oktober 1617 starb4, erst elf oder zwölf Jahre nach Abfassung des Liedes vorgenommen worden. Es liegt nahe, hier an den Nürnberger Carnifex Frantz Schmidt5 zu denken, der, aus einer Bamberger Henkersfamilie stammend, von 1577 bis 1617 in Nürnberg gewirkt hat, und, nachdem er 1617 „ehrlich“ geworden war, 1634 starb6. Doch bestehen — mindestens im ersten Augenblick — Vorbehalte, dem Nachrichter, der in Nürnberg insgesamt 171 Verbrecher aufzuhängen hatte, 1 Zu Benedict von Watt informieren: Horst Brunner, Watt, Benedict von. In: Die Musik in Geschichte und Gegenwart. Bd. 16, Kassel 1979, 1928 f. (Lit.!); Irene Stahl, Die Meistersinger von Nürnberg. Archivalische Studien. (Nürnberger Werkstücke zur Stadt- und Landes­ geschichte Bd. 33) Nürnberg 1982, S. 314 f.; Dieter Merzbacher, Der Meistersinger Benedict von Watt. Pauperismus und meistersingerische Kunstpraxis in der Nürnberger Meistersingerge­ sellschaft um 1600. In: Rainer S. Elkar (Hrsg.), Deutsches Handwerk in Spätmittelalter und Früher Neuzeit. (Göttinger Beiträge zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte Bd. 9) Göttingen 1983, S. 283—302. Eine Untersuchung zu Texten und Sammlungen Watts bereite ich vor. 2 Vgl. Stahl (Anm. 1), S. 114. 3 Armin Dietzel und Günther Bauer (Hrsg.), Die deutschen Handschriften der Universität Erlangen. Neu beschrieben von Otto Pültz. Wiesbaden 1973, S. 73. 4 Sterbedatum nach dem Klaglied, das der Nürnberger Meistersinger Wolf Bauttner (1573 — 1634) auf Deisinger gedichtet hat (ZB d. dt. Klassik Weimar Fol 418, S. 1185). 5 Maßgeblich für die Namensform ist Schmidts Unterschrift unter seinem Dienstvertrag vom 5. Oktober 1584, nach: Maister Franntzn Schmidts Nachrichters inn Nurmberg all sein Richten. Hrsg, von Albrecht Keller. Neudruck mit einer Einleitung von Wolfgang Leiser. Neustadt a. d. Aisch 1979, S. XXI und Abb. 16. Die Einleitung Leisers informiert hinreichend über das Leben Schmidts und die einschlägige, vornehmlich rechtshistorische Literatur. Ferner ist zu nennen: Das Tagebuch des Meister Franz Scharfrichter zu Nürnberg. Nachdruck der Buchaus­ gabe von 1801. Kommentar von Jürgen Carl Jacobs und Heinz Rölleke. (Die bibliophilen Taschenbücher) Dortmund 1980. Neben rechtshistorischem Überblick, einem Glossar und einer Auswahlbibliographie handelt ein eigener Abschnitt von „Meister Franz in der deutschen Lite­ ratur“ (S. 224-227). 6 Nach den Akten und nicht nach dem Bericht fand die erste Exekution, die Schmidt in Nürnberg vollzog, wohl 1577 statt. Vgl. Leiser (Anm. 5), S. IX. Schmidt verzeichnet im Bericht die erste Nürnberger Exekution am Walburgistag (1. Mai) 1578.

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178 mit dem Schwert hinrichtete, 30 Personen räderte und zudem fast 330 grausame Leibesstrafen zu vollziehen hatte7, eine solche „poetische“ Leistung zuzutrauen oder ihn gar zum Kreis der in Nürnberg dichtenden Meistersinger zählen zu dürfen. Bekanntlich gehörte der Henker zu den „unehrlichen Leuten“8, den Parias der Stadt. Kleidungsvorschriften, Wohnzuweisung am Rande der Stadt, Heiratsbeschränkungen seiner Kinder, Absonderung beim Gottesdienst und beim Besuch der Trinkstube, Tabuisierung seiner Gerät­ schaften, dies alles beschränkte die Kontaktmöglichkeiten. Dort, wo es Zünfte gab, sorgten Zunftordnungen dezidiert dafür, daß es zu keinen unerlaubten Kontakten der „ehrlichen“ Handwerker mit dem Henker kam. In Nürnberg bestanden zwar keine Zunftrestriktionen, doch kann Berührungsangst gegen­ über dem Scharfrichter auch hier als sicher angenommen werden. Dennoch muß es zu Begegnungen mit Meistersingern gekommen sein, wenn Schmidt der Autor jenes Liedes ist, das durch einen Vermittler, möglicherweise Hans Deisinger selbst, in die Erlanger Sammlung eingebracht wurde. Zudem muß Schmidt über den Langen Ton Caspar Singers, in dem das Lied verfaßt ist, unterrichtet gewesen sein (was natürlich auch eine schriftliche Vorlage leisten konnte). Die Authentizität der Autorschaft Schmidts würde eine Einschränkung der Behauptung KELLERs bedeuten, wonach es mit Schmidts Bildung nicht son­ derlich bestellt gewesen sei: „Seine Ausdrucksweise ist schwerfällig, unklar, und nicht immer versteht er den Rechtsfall, den er berichtet, mit all seinen Kräften darzustellen“9. KELLER bezieht sich auf Schmidts eigenhändig ver­ faßten, umfangreichen Bericht, in dem er jede Hinrichtung und Leibesstrafe protokollierte. Das Meisterlied scheint hingegen zu bestätigen, was LEISER, ebenfalls anhand des Schmidtschen Berichts konstatiert: „Die geistige Regsam­ keit Schmidts darf nicht gering eingeschätzt werden. Die Tagebuchführung an sich ist schon ungewöhnlich. Der Schreiber protokolliert nicht nur, sondern hält Besonderheiten des Falles fest, beobachtet das Verhalten der Delin­ quenten, berichtet, wenn an einem bestimmten Ort seit vielen Jahren keine Hinrichtung mehr vorgekommen war, hält seltene Strafarten fest“10. Falls sich Schmidts Autorschaft wahrscheinlich machen läßt — Argumente sollen im fol7 Leiser (Anm. 5). S. XIII. 8 Der Status der Unehrlichkeit des Henkers war vielfach Gegenstand rechtshistorischer Unter­ suchungen, wie die Literaturhinweise bei Leiser (Anm. 5) und Jacobs/Rölleke (Anm. 5) zeigen. Weil das Augenmerk auf die Zunftordnungen gerichtet wird, wäre hier noch nachzutragen: Rudolf Wissell. Des Alten Handwerks Recht und Gewohnheit. Zweite Auflage. Hrsg. v. Ernst Schraepler. (Einzelveröffentlichungen der Historischen Kommission zu Berlin Bd. 7). 2 Bd.e, Berlin 1971/1974. Bd. 1, S. 186-205. 9 Albrecht Keller, Der Scharfrichter in der deutschen Kulturgeschichte. Bonn/Leipzig 1921, S. 252. 10 Leiser (Anm. 5), S. XI.

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genden aufgezählt werden —, erlaubt das interessante rechts-, literar-, aber auch Stoff- und medizinhistorische Schlüsse. Erstes Glied der Argumentationskette ist die auffallend singuläre Art der Signaturzeile. Nirgendwo sonst begegnet in Meisterliedüberlieferungen der Titel „Meister“ zusammen mit dem Autornamen. Der akademische Titel „Magister“, wie er beispielsweise bei den Meistersingern für Ambrosius Metzger (1573 — 1632) verwendet wird, bezeichnet selbstverständlich einen völlig anderen Fall. Offenkundig war es dem Schreiber Hans Deisinger wichtig, den Titel zusammen mit dem vollen Namen wiederzugeben, so wie wir ihn auch aus dem Bericht, den Frantz Schmidt abgefaßt hat, kennen: „Mei­ ster Franntzn Schmidt Nachrichters ... all sein Richten“. Die einschlägige begriffshistorische Untersuchung von ANGSTMANN belegt das häufige Vorkommen des Titels „Meister“ für den Carnifex schlechthin, auch im Nürn­ berger Raum, neben der offiziellen Bezeichnung „Nachrichter“11. Ein zeitge­ nössisches Meisterlied des Benedict von Watt, das nach einer Anekdote aus Hans Wilhelm Kirchhofs ,Wendunmuth‘ gearbeitet ist, bedient sich des pro­ blemlos für den Henker verwendeten und auch von den Zuhörern eindeutig verstandenen Titels12. Ein kurzes Zitat aus der Vorlage Watts: „Hierüber begab sich ein überauß wunderlich abentheur, dann eben wie diser newer meister sein handtwerck anfieng, sein erst meisterstück probierte und ietzt den angeknüpfften von der leiter stieß . . .“13. Deisinger fügt den Titel wohl gerade des­ halb bei, weil es ihm wichtig ist, deutlich zu machen, daß es sich hier um den Nürnberger Scharfrichter handelt. Die Signatur liefert einen weiteren Hinweis: der Vorname Franz ist in Nürnberg um 1600 äußerst selten. Er ist seit der Reformation nahezu ver­ schwunden14. Somit kennzeichnet er seitdem Herkunft aus katholischem Gebiet. Das paßt zu Frantz Schmidt, der bekanntlich aus Bamberg kam. Sichere Namensstatistiken gibt es nicht. In STAHLs Sammlung archivalischer Daten von Nürnberger Meistersingern begegnet der Vorname nur ein einziges Mal, nicht bei einem Nürnberger, sondern bei dem Magdeburger Franz Kalförder. Eine Durchsicht der von BURGER katalogisierten Totengeläutbücher von St. Sebald für die Jahre 1517—157215 ergibt eine Häufigkeit des „katholi­ schen“ Vornamens von etwa fünf Promille. Es ist mithin äußerst unwahr11 Else Angstmann, Der Henker in der Volksmeinung. (Teuthonista, Zeitschrift für deutsche Dia­ lektforschung und Sprachgeschichte. Beiheft 1) Bonn 1928, S. 34 f. 12 ZB d. dt. Klassik Weimar Q 576/2, 40v. 13 Hermann Österley, Wendunmuth von Hans Wilhelm Kirchhof. 7 Teile in 5 Bänden. (Biblio­ thek des Lit. Vereins in Stuttgart Nr. 95—99). Stuttgart /Tübingen 1869, Bd. 1, S. 127—129, hier: S. 128; Nr. 1, 100. 14 Max Gottschald. Deutsche Namenkunde. München 1932, S. 109 f. 15 Helene Burger (Hrsg.), Nürnberger Totengeläutbücher III. St. Sebald 1517—1571. (Freie Schriftenfolge der Gesellschaft für Familienforschung in Franken 19) Neustadt a. d. Aisch 1972.

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scheinlich, daß es um 1600 in Nürnberg noch einen anderen Namensträger Frantz Schmidt gegeben haben kann als den aus katholischem Territorium nach Nürnberg gekommenen Scharfrichter. (Uber einen nicht auszuschlie­ ßenden Konfessionswechsel Schmidts läßt sich nichts ermitteln16.) Ein weiteres Argumentum ex negativo ist, daß sich außer dem Henker in der frag­ lichen Zeit kein anderer Franz Schmidt in Nürnberg nachweisen läßt17. Übrigens war der Name Schmidt um 1600 keineswegs so häufig, wie wir heute wohl vermuten würden. Noch wird überwiegend gegolten haben, was SCHEFFLER-ERHARD in ihrem ,Altnürnberger Namenbuch* für die zweite Hälfte des 14. Jahr­ hunderts festgestellt hat: demnach ist die Bezeichnung „smit“ für diese Zeit ver­ hältnismäßig selten, „zahlreich sind Sonderbenennungen“18. Dies wird sich gerade in einer Zeit zunehmender Differenzierung handwerklicher Denomina­ tionen, wie sie um 1600 zu verzeichnen ist, kaum ins Gegenteil verkehrt haben. Freilich wäre noch zu überlegen, daß es sich auf dem Hintergrund der inten­ siven Kontakte der Handwerker und der Meistersinger im besonderen zu wan­ dernden Gesellen um einen auswärtigen Singer gehandelt haben könnte. Der Autorenbestand der Handschrift rekrutiert sich indes vorrangig aus Liedern von Nürnberger Meistersingern, insbesondere solchen von Hans Sachs, Bene­ dict von Watt und Hans Deisinger. Bekanntlich schließt Schmidts Bericht mit dem Hinweis auf die Erlangung des bürgerlichen Status: „Darmit hat er seinen dienst auff geben, und wider redlich gemacht worden“19. Die letzte Leibesstrafe vollzog er am 22. Dezember 1615, die letzte Hinrichtung am 13. November 161720. Als Nachrichter folgte Bernhard Schlegel, nicht etwa ein Sohn des nun „ehrlich“ gewordenen Frantz Schmidt21. Wurde, wie oben gesagt, das Meisterlied 1616 oder 1617 in die Sammlung eingetragen — Terminus post quem non ist der Tod des Schreibers Hans Deisinger (10. 10. 1617) —, dann erlaubt dies den Schluß, daß Datum der Niederschrift und Datum der „Ehrlichmachung“ nahe beieinander gelegen haben. Vielleicht stand der für Frantz Schmidt wichtige Rechtsakt bereits im Raum, als Deisinger den Text festhielt und eindeutig signierte. 16 Möglicherweise spielte es eine Rolle für Schmidts Berufung nach Nürnberg, daß dort bereits sein Schwager, Leonhard Lippert, als sein Vorgänger amtierte (Leiser [Anm. 5], S. IX, Anm. 15), also die „Familientradition“, wie so oft bei den Scharfrichtern, ausschlaggebend war. Ein Konfessionswechsel mußte vielleicht nicht vorgenommen werden. Wäre Schmidt katholisch geblieben, dann hätte sich das Problem der Absonderung im gottesdienstlichen Bereich von selbst erledigt. 17 An dieser Stelle sei Frau Archivrätin Ursula Schmidt-Fölkersamb vom Bayerischen Staatsarchiv Nürnberg für ihre freundliche Unterstützung gedankt. 18 Charlotte Scheffler-Erhard, Alt-Nürnberger Namenbuch. (Nürnberger Forschungen Bd. 5) Nürnberg 1959, S. 59. 19 Jacobs/Rölleke (Anm. 5), S. 184. 20 Ebd. S. 126. 21 Leiser (Anm. 5), S. IX, Anm. 15.

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Trotz der weitgehend eingeschränkten Möglichkeiten, mit dem Henker Umgang zu pflegen — wer wollte schon mit ihm freiwillig etwas zu tun haben? — kam es zu Kontakten Unbeschuldigter mit ihm, denn Schmidt erwarb sich, wie andere Nachrichter auch, zusätzlichen Nebenverdienst, indem er „schon während seiner Amtszeit und auch später im Ruhestand als Wundarzt und Praktiker der abergläubischen Volksmedizin tätig“ war22. Er bezeugt in seinem Bericht mehrmals intensives „medizinisches Interesse“, wenn er notiert, die Leichname der armen Sünder „anodomirt“ zu haben. Unbescholtene Bürger nahmen ohne Gefahr für ihren bürgerlichen Status die medizinischen Dienste des Scharfrichters in Anspruch. Auf diesem Weg mag es auch zu Kontakten mit Meistersingern gekommen sein. Der Meistersinger, Ortbandmacher, Hochzeitlader und, was in unserem Zusammenhang wichtig ist, Schreiber des Liedes, Hans Deisinger23, könnte als Vermittler sehr wohl in Frage kommen. Einen unstrittigen Zusammenhang zwischen Schmidts Tätigkeit als „Heil­ praktiker“ und dem mutmaßlich von ihm stammenden Meisterlied beweist jedoch der Blick auf den darin behandelten Stoff. Das Lied erzählt von jenem Brief, den der gichtbrüchige König Abgar V. Ukana an Jesus mit der Bitte um Heilung und mit dem Angebot, nach Edessa zu kommen, schrieb. Jesus ant­ wortete, er müsse das Werk der Erlösung vollbringen, an seiner Statt werde einer seiner Jünger den Herrscher besuchen, um ihn zu heilen. In der Thad­ däuslegende ist es der Apostel Judas Thaddäus, der von Thomas im Auftrag Jesu zu Abgar entsandt wird. „Thomas Thaddäus“, wie er im Meisterlied heißt, ist eine Fehlkontamination der beiden Apostelnamen. Möglicherweise ist dafür die mir nicht bekannte Vorlage verantwortlich zu machen24. Schon früh überwog das Interesse an der Heilungsgeschichte die antijüdische Ten22 Jacobs/Rölleke (Anm. 5), S. 212. Keller (Anm. 9) erinnert daran, daß viele Söhne von Scharf­ richtern in Medizin promovierten (S. 267—273) und Wolfgang Oppelt (Über die „Unehrlich­ keit“ des Scharfrichters. [Lengfelder Libellen Bd. 1] Lengfeld 1976) nennt den aus Nördlingen 1553 nach Nürnberg gekommenen Scharfrichter Conrad Vischer, der, als er seinen Posten mit dem Ansbacher Nachrichter tauschen will, wieder nach Nürnberg zurückgeholt wird, „da er zu Onolzbach mit seiner erznei vielen gebrechlichen kranken personen zu irrer hailung seer dienst­ lich geweset und noch sein mag“ (S. 376 f.), und vom Vater des Nürnberger Scharfrichters Johann Michael Wiedmann d. Ä. wird berichtet, er sei „so wohl in der Chirurgie, alß Medicin, ein berühmter Practicus gewessen“. Der Vater unterwies seinen Sohn „sowohl in der Scharf­ richterei als auch in der Medizin und Chirurgie“ (S. 377). 23 Stahl (Anm. 1), S. 114. Mhd. ortbant meint das eiserne Band an der Spitze (mhd. ort) der Schwertscheide. Für Ortbandmacher steht häufig Ohrbandmacher. 24 Die Tradierung der Erzählung vom Brief Abgars und von der Antwort Jesu, der Pfeilung Abgars durch Judas Thaddäus und den Bekenntnisformeln gründet sich im wesentlichen auf den Bericht des Eusebius in der lateinischen Übersetzung des Rufinus aus dem Jahre 403. Seit dem ,Decretum Gelasianum de libris recipiendis et non recipiendis' (Anfang des 6. Jahrhunderts) werden die Dokumente der Abgar-Erzählung zu den apokryphen, im strengen Sinn pseudoka­ nonischen Schriften gezählt. Abgedruckt sind sie bei Michaelis (Hrsg.). Die Apokryphen Schriften zum N. T., Bremen 31962. S. 452-461. Vgl. P. Devos, Egerie ä Edesse, S. Thomas

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denz der Erzählung25, denn die im Brief zitierten Worte Jesu fanden bald im syrischen und im ägyptischen Osten als apotropäische Schutzmittel Verwen­ dung26. Seine Aktualität verlor der Brief auch später nicht. Bis ins 18. Jahrhun­ dert galten Kopien als Abwehrmittel für Haus und Hof. SCHENDA doku­ mentiert zwei Einzeldrucke der Münchener Staatsbibliothek, darunter einen aus Nürnberg vom Jahre 158127. Meister Frantz, den ich für den Autor des Meisterlieds halte (sein einziges bekanntes poetisches Produkt), hatte sicherlich, seiner medizinischen Neben­ beschäftigung wegen, vorrangig die „therapeutische“ Funktionalisierung der Erzählung von Abgar und Jesus im Auge. Daß er sich nicht mit der Prosa„Copey“ zufriedengab, sondern vielmehr ein Meisterlied verfaßte, offenbart bisher noch nicht gekannte Wesenszüge des Nürnberger Scharfrichters28. Nach SCHENDA waren der Brief Abgars und das Antwortschreiben Jesu sowie die sich anschließende Erzählung von Abgars Heilung im 16. Jahrhun­ dert und im Barockzeitalter fester Bestandteil von Predigtsammlungen und Kompilationswerken. Ein profilierter Vertreter dieser in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts favorisierten Buchtypen29 war das ,Exempelbuch4 des pro­ testantischen Pfarrers Andreas Hondorff30. Dem Nürnberger Meistersinger

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l’Apötre. Le Roi Abgar. Analecta Bollandiana, Bruxelles 1967, S. 381—400. Vgl. Lexikon des Mittelalters, Bd. 1, München/Zürich 1980, Sp. 40. Eusebius, Hist. eccl. 1, 13, berichtet, daß die Dokumente in der Kanzlei zu Edessa gefunden worden seien. Sie stehen in jener paulinischen Tradition, wie sie im Brief an die Galater grund­ gelegt ist: die Heilszusage Jesu ist nicht auf die Juden allein beschränkt. Lexikon für Theologie und Kirche. Zweite, völlig neu bearbeitete Auflage. Bd. 1, Freiburg im Breisgau 1957, Sp. 43. Rudolf Schenda, Abgar-Brief, Abgar-Bild. In: Enzyklopädie des Märchens. Handwörterbuch zur historischen und vergleichenden Erzählforschung. Bd. 1, Berlin/New York 1977, Sp. 20 f. Man vergleiche dazu auch den Artikel ,Abgarsage' im ,Handwörterbuch des Deutschen Aber­ glaubens' (Berlin/Leipzig 1928, Bd. 1, Sp. 87—89). Ein stoffgeschichtliches Kuriosum sei vermerkt. Zu Beginn unseres Jahrhunderts dienten Abgarbrief und Antwortschreiben Jesu noch einmal dazu, Wesenszüge eines Autors kund­ zutun, jedoch eines weit berühmteren, als es unser Frantz Schmidt ist. August Strindberg hält in seinem ,Blaubuch' — einem Kompilations werk der Jahrhundertwende — ungehindert am Wahr­ heitsgehalt der Legende fest und bietet ein Beispiel agriothymischer Unbekümmertheit: „Ich finde es ganz natürlich, daß man einen Brief von Jesus Christus aufgehoben hat. Das ist viel natürlicher, als daß man alle Brieflein des verhältnismäßig unbedeutenden Marcus Tullius Cicero gerettet hat.“ Nach: Petra und Uwe Nettelbeck (Hrsg.), Aus dem Blaubuch von August Strindberg. In: Die Republik, Nummer 61—67. Frankfurt a. M. 1983, S. 118. Zum Typus Kompilationsliteratur informiert eingehend Wolfgang Brückner, Historien und Historie. Erzählliteratur des 16. und 17. Jahrhunderts als Forschungsaufgabe. In: Wolfgang Brückner (Hrsg.), Volkserzählung und Reformation. Ein Handbuch zur Tradierung und Funk­ tion von Erzählstoffen und Erzählliteratur im Protestantismus. Berlin 1974, S. 13 — 123, hier: S. 82-102. Vgl. Heidemarie Schade, Andreas Hondorffs Promptuarium Exemplorum. In: Wolfgang Brückner (Hrsg.), Volkserzählung (Anm. 29), S. 646-703.

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Georg Hager (1552—1634)31 diente es als Vorlage, als er im Jahre 1594 drei Meisterlieder über den Abgar-Brief dichtete32. Schmidts Meisterlied haben diese Lieder indes nicht direkt beeinflußt. Frappierend ist es jedoch, daß Schmidt sein Augenmerk gerade zu jener Zeit auf diesen Stoff richtete, als auch die Meistersinger wenig später Interesse dafür bekundeten. Schmidt verfaßte sein Lied am 25. Juli 1605. „Anno 1605 adj 24 november hat Hans Deisinger schul gehalten vnd sein 6 par gesungen worden im hauptsingen vom herren christo vnd dem künig Abgaro“ ver­ zeichnen die Nürnberger Meistersingerprotokolle33. Die sechs Lieder des Singens sind uns überliefert34. Sie stammen ausnahmslos von Hans Deisinger und sind auf den 2. November 1605 datiert. Zwar sind sie umfangreicher als das fünfstrophige Lied Schmidts, aber auffallend viele Passagen stimmen wort­ wörtlich überein, auch hier ist von „Thomas Thaddäus“ die Rede35 und die Erweiterungen sind nicht wesentlich inhaltlicher Natur. Es muß angenommen werden, Deisinger und Schmidt besaßen die gleiche Vorlage oder Schmidts Lied selbst war Quelle für die Texte des Hauptsingens, dem Deisinger als Schulhalter Vorstand. Wie dem auch sei, die Texte bezeugen auf jeden Fall, daß hier ein Kontakt zwischen Meistersinger und Schmidt bestanden haben muß. Die Hauptargumente für Schmidts Autorschaft glaube ich ausgebreitet zu haben. Nun gibt es noch einige außerliterarische Fakten, die recht gut zu dem Befund stimmen. Von Schmidt wird, ganz im Gegensatz zu vielen anderen Scharfrichtern, die zuweilen in betrunkenem Zustand ihr Werk verrichteten, bezeugt, daß er „ein höchst enthaltsames Leben geführt“ habe36. Die Wahl eines geistlichen Themas und noch dazu in einem Ton, den beispielsweise Hans Sachs ausschließlich für geistliche Texte verwendete37, paßt zu dieser Lebensorientierung. Bekanntlich hat Schmidt eine relativ geachtete Position einnehmen können — seiner Fürsprache war es etwa zu verdanken, daß in Nürnberg Frauen nicht mehr ertränkt, sondern enthauptet wurden38. Über­ haupt wird die reichsstädtische Obrigkeit in einer Zeit wirtschaftlicher Prospe­ rität darauf geachtet haben, im Scharfrichter einen Amtsverwalter zu besitzen, 31 Stahl (Anm. 1), S. 179-184. 32 Clair Hayden Bell, Georg Hager. A Meistersinger of Nürnberg 1552 — 1634. 4 Bde. (University of California Publications in Modern Philology 29—32). Berkeley/Los Angeles 1947, Bd. 2, S. 187-192, Nrr. 88, 89 und 90. 33 Karl Drescher (Hrsg.), Das Gemerkbüchlein des Hans Sachs (1555 — 1561) nebst einem Anhänge: Die Nürnberger Meistersingerprotokolle von 1595—1605. Halle 1898, S. 155. 34 ZB d. dt. Klassik Weimar Q 573, 571r—582r und LB Dresden M 7, 265r—270r. Das erste, ein­ leitende Lied handelt von Christus, dem Arzt, der die Kranken heilt. 35 ZB d. dt. Klassik Weimar Q 573, 575v. 36 Jacobs/Rölleke (Anm. 5), S. 212. 37 Eugen Geiger, Der Meistergesang des Hans Sachs. Literarhistorische Untersuchung. Bern 1956, S. 65. 38 Leiser (Anm. 5), S. XI.

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der der Reputation der Stadt nicht abträglich war. „Mit anderen in den Augen der Zeit anrüchigen Dingen hatte der Nürnberger Meister im Unterschied zu vielen seiner Kollegen nichts zu tun, er war nicht Abdecker, nicht Hunde­ schläger, nicht Abtrittleerer, nicht Bordellaufseher . . .“ schreibt LEISER39. Sicher wäre Schmidt nicht „ehrlich“ gemacht worden, hätte er sich etwas zuschulden kommen lassen. Schließlich aber wäre die Vermutung, Meister Frantz sei der Verfasser des Meisterliedes, nicht zur Gewißheit gediehen, hätte er nicht durch seinen Bericht den Beweis erbracht, in einer für seine Zeit keineswegs üblichen Weise „Schriftsteller“ gewesen zu sein. Diese Protokollierungen gehören zwar zu den makabersten deutschsprachigen Textzeugnissen, dennoch belegen sie Schmidts zunehmende Befähigung, Texte herzustellen. Literarhistorisch im weiteren Sinn interessant ist, daß urbaner Literatur­ betrieb, der in Nürnberg zweifellos optimal gedeihen konnte, sozial derart breit verankert gewesen ist, daß selbst der Scharfrichter Umgang mit Texten pflegen und an kollektiver Kunstpraxis teilhaben konnte, wenn auch nur als „stiller“ Produzent. Gesungen wurde sein Lied nicht, wohl aber in eine reprä­ sentative Sammlung aufgenommen. Das im engeren Sinn literarhistorisch wichtige Ergebnis dieses Befundes besagt, daß Meistergesang, zumindest in Nürnberg, als heterogene literarische „Idealgemeinschaft“ konturiert ist. Der „Meister“ Frantz befaßte sich damit, ebenso wie der Magister Ambrosius Metzger, der ebenfalls nie auf der Singschule sang. Zudem war das Gros der Handwerker-Meistersinger in sich äußerst divergent, wie ein Blick in STAHLs Datensammlung beweist. Der Nürnberger Meistergesang hat über den engeren Kreis der Singer hinausgewirkt, andernfalls wären sowohl Produktion als auch Rezeption des hier vorgestellten Meisterliedes unmöglich gewesen. Die Lied­ produktion war keineswegs ausschließlich auf den Vortrag in der Meister­ singergesellschaft ausgerichtet. Stoffgeschichtlich von Belang ist die durch das Meisterlied offenkundig gewordene funktionale Verwurzelung des Berichts vom Briefwechsel Abgars mit Christus. Der situative Gebrauch der Erzählung, der Text als Therapeu­ tikum, aber auch die vom möglichen ursprünglichen Verwendungszweck abgehobene Zuordnung des Lieds in eine Meisterliedsammlung verdeutlichen die Notwendigkeit, bei Stofftradierungen deren außerliterarisches, in diesem Fall urbanes Umfeld zu befragen. Literaturbetrieb in Nürnberg im 15., 16. und 17. Jahrhundert wäre dafür ein optimales Objekt.

39 Ebd. S. X f.

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Textabdruck (Interpunktion ist nachträglich eingefügt) Erlangen B 83, 130r — 131v Jm langen Thon Caspar Singers von Eger 1

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Alß die Göttlich Natur wur allen Menschen auf Erden offenbare vnd hörten Christi Wunderwerck fürware die außlender gar weit, welche hetten große kranckheit vnd schmerczen, hofften die Göttlich Krafft würde von Herczen Jhn allen helffen schone. Solches die Vrsach was, daß König Abgarus zu Edessam eben war mit grossen leibs schmerczen gar vmbgeben, da höret er bereit von dem namen Jesus vnd seiner wunder, die er bewiß an dem Volcke besunder, daß hat er glauben schone. dem herren Christum schreiben thet, batte Jhn Demütig, daß er doch wolte zu Jhme körnen than — verstet — vnd Jhm von seiner kranckheit helffen solte: „Vonn dir hab Jch vernumen jnn sumen, du hilffest den krancken baldt widerumben, doch ohn alle kreutter vnd arczeneye machst wider sehen die blinden freye, darneben alleczeit Lame gerad, ausseczige rein vnnde wider lebendig die toten zue stunde, daß sie gehen darvone.

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Wann die Geister Vnrein sein jnn dem menschen, marteren die mit quäle, treibestu aus die teuffei allzumalle allein nur durch dein wortt. alß Jch nun daß höret von deiner Kraffte, glaubt Jch, du werest Gott selbsten warhaffte vnd von dem Himel kumen. Jesus, der Gottes Sühn, Nun, vmb deiner wunder werckh vnd grossen dinge, die du würckest zu glauben gar nicht ringe, ist mein bitt an dich dort, du wollest dich mit nichten thun beschweren, körnen zu mir auf mein schrifftlichs begeren, welches vermelt Jnn sumen. grossen schmerczen hab Jch allezeit. ann meinem Leib hab Jch viel grosser Plagen, da kanstu mir helffen bereit. wann du Herr nur ein wortt zu mir thust sagen, so wür Jch gesundt eben. darneben vernimb Jch, daß die Juden deinem Leben nachstellen vnd vermeinen dich zu töden. dem also für zu körnen than in nötten Jnn meiner Stadt hinfort, wie wol sie Ersam ist aber doch kleine, wird die selb mir vnd dir groß genug seine, dich erretten darumben.“

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Weil König Abgaro So mit dem Himlischen Liecht erleuchtet wäre, Schrieb Jhm Christus ein antwort wider klare: „Seelig bist du Jeczundt, Abgaro, daß du ann mich glaubest faste, Ob woll du mich gleich nicht gesehen haste. Vonn mir geschrieben iste:

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,alle, die so mich nun thun sehen, werden an mich gelauben nichte, auff daß die, so mich nicht sehen garnichte, an mich gelauben rundt, werden durch mich haben daß Ewig Leben, die himlisch Freudt wirdt sie allweg vmbgeben mit allen Englen wiste.£ daß soltu hiemit wissen schon, daß Jch bin da Jnn dem Jüdischen lande, muß daß alles erfüllen thon. darumb mich der vatter zu Jhnen sandte. da selbig mit geferten auf Erden muß doch von mir alles erfüllet werden. So geh Jch wider Zu dem Vatter meine vnd fahre auf inn den Himel alleine, wann kommen wird die Stundt vnnd daselbige gar vollendet würde, all meiner Jünger einer mit begirte die helffen zu der Friste/' 4

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Thomas Thadeus zwar war Jnn die Zall der sibenczigisten genumen. der thet nun in die Stadt Edessam kumen, zog bey Tobias ein. Jnn der Krafft Gottes thet er wunderthaten, halffe allen menschen, so kranckheit haten. dem König sagt mans one. da sendet er mit Sinn hin, daß thadeus Zu Jhm solt körnen schlechte. den fraget er vnd sprach: „sage mir rechte, bistu der Jünger sein, den mir Jesus verheissen hat zu senden, der mir die kranckheit mein solte abwenden?“ thadeus saget schone: „der Vrsach halb kom Jch zu dir, 73

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wann du noch glauben thust auß ganczen (!) gründe.“ Abgarus saget mit begir: „Jch glaub an Jhn vnd sein Vatter all stunde.“ thadeus saget: „halte der gestalte, Jnn Namen Jesus leg Jch mein hendt balde auff dich.“ von stund an wur er seines schmerczen entlediget, deß danckt er Gott von Herczen. abdius (!) wäre gemein Podagranisch. legt sich zun Füssen nider. durch die Hände auflegung wur er wider gesundt vnd gieng darvone. 5

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Abgarus weitter sagt, fragt Thadeus vmb die zukunfft Jesus freye, wie diselbig beschaffen gewesen seye. Thadeus sagt mit Sinn: „beruf deine Burger vnd Vntterthane! die weill Jch lehren Gottes Wort gar schone, Predigen seinen Namen, Wie er menschlich gestalt baldt anname vnd sich ernidrigen thette, wur von den Juden gecreuczigt — verstette — vnd fuhr zur höllen hin. am dritten tag er widerum aufstande, ließ sich noch 40 tag sehen zu hande, hat volbracht alles samen. wie er ist von dem vatter sein außgangen vnd zu vns auf erden kumen, so fuhr er auf wider allein, seczt sich zuß vatters Rechten widerumben. leczlich mit grosser kraffte Er straffte, rieht die lebendig vnd toden warhaffte. da werden wir sehen sein herrligkeite.“

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abgarus vnd sie alle glaubten bereite, daß Prediget er Jhn anno Christi daß dreyvndvierczigist Jahre, beschreibet vns Eusebius fürware Jnn seim ersten buch, amen! dichts Maister Franz Schmid an St. Jacob den 25. Julj anno 1605

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»JÖCHER« SPECIALIS4 DAS „NÜRNBERGISCHE GELEHRTEN-LEXICON“ VON GEORG ANDREAS WILL 1755-1758

Reichsstädtische Biographik am Ende des Alten Reichs Von Dietrich Blaufuß Der 100. Geburtstag des um die Stadtbibliothek Nürnberg verdienten Fried­ rich Bock (1886 — 1964) sei mit ein Anlaß, an den Förderer und wohl auch Gönner jener ehrwürdigen Bibliothek zu erinnern, den F. Bock selbst in einer schönen Studie gewürdigt hat: Georg Andreas Will, 30. August 1727 bis 18. September 17981. Bock hat mit seiner Darstellung G. A. Wills gleichsam den Schlußpunkt unter das ein langes Berufsleben2 währende Gespräch mit diesem leidenschaftlichen Norica-Forscher gesetzt, ein Gespräch, aus dem man immer als der Belehrte hervorgeht. Unentbehrlich sind die zwei achtbän­ digen Werke, die uns als „Will“ begegnen3. 4Und unbekannt ist vieles von dem, was G. A. Will zusammengetragen, gesichtet, bearbeitet und z. T. veröffent­ licht hat. Doch dies kann hier beiseitebleiben zu Gunsten des Werkes von Will, das bis in die Gegenwart dem Flistoriker als willkommenes Flilfsmittel4 dient: sein „Nürnbergisches Gelehrten-Lexicon“, 1755—1758 in vier Bänden 1 Bock, Friedrich: Georg Andreas Will. Ein Lebensbild aus der Spätzeit der Universität Altdorf, in: MVGN 41, 1950, S. 404—427. Die Arbeit ist grundlegend für alle weitere Beschäftigung mit G. A. Will; sie wertet die umfangreiche Korrespondenz Wills gründlich aus. — Wichtig zu Wills Bedeutung für die Universitäts- und Geistesgeschichte Altdorfs in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ist Klaus Leders Erlanger theologische Dissertation (Betreuer: Wilhelm Mauser) Sommer 1963: „Die Theologische Fakultät in Altdorf 1750—1809“, veröffl. unter dem Titel: Universität Altdorf. Zur Theologie der Aufklärung in Franken [. . .] (= Schriftenreihe der Altnürnberger Landschaft Bd. 14), Nürnberg 1965 und Otto Merks Marburger theologische Habilitationsschrift (Betreuer: Werner Georg Kümmel) Sommer 1970: Biblische Theologie des Neuen Testaments in ihrer Anfangszeit. Ihre methodischen Probleme bei Johann Philipp Gabler und Georg Lorenz Bauer und deren Nachwirkungen (= Marburger Theol. Studien Bd. 9), Mar­ burg 1972; s. jew. Register! Diesen beiden und den in Anm. 69 genannten fünf Arbeiten ver­ dankt Vf. mehr als hier sichtbar wird! 2 Zum Ende dieses beruflichen Schaffens siehe aus einer Würdigung über Bock: „ . . . Bock litt unter den Angriffen, die aus allerlei dunklen Winkeln gegen ihn, den Saubersten von allen, gerichtet wurden. Eine Woche nach seinem 65. Geburtstag verließ er seine Arbeitsstätte.“ Georg Gustav Wieszner: Friedrich Bock, in: NORICA (wie Anm. 6), S. (7—8) 8,2. Sp. 3 . . . und deren Verwechslung zu schwerwiegenden Fehleinschätzungen führen kann, wie es Dieter Wölfeis Arbeit „Nürnberger Gesangbuchgeschichte (1524—1791)“, 21977 erleiden mußte; vgl. die Klarstellung durch D. Blaufuß: Rez. Wölfel, Nürnb. Gesangbuchgesch., in: Zeitschr. f. Kirchengesch. 94, 1983, S. (194-197) 196 mit Anm. 4. 4 „. . . in der Handbücherei jeder größeren modernen allgemeinwissenschaftlichen Bibliothek noch unentbehrlich . . . , zu allen Zeiten als eine der wichtigeren örtlichen Biographien hoch angesehen.“ Bock: G. A. Will (wie Anm. 1), S. 418.

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erschienen, 1802 bis 1808 — nach manch vergeblichen Versuchen Wills selbst — durch Christian Konrad Nopitsch (1759—1838) um vier Supplementbände ergänzt und mit einem Gesamtregister versehen. F. Bock ist darauf selbstver­ ständlich in seiner Gesamtwürdigung Wills eingegangen5. Die Studie fügt sich insofern nahtlos in Bocks literarisches Schaffen ein, als es den Respekt vor För­ derern und Gönnern der Stadtbibliothek Nürnberg belegt; neben Will hat Adam Rudolph Solger (1693 —1779) mehrfach Behandlung gefunden, auch Emil Reicke (1865 — 1950) wurde gewürdigt. (Aber auch zur Erstellung von Namenregistern war er sich nicht zu schade!6) Selbstlos hat er sich jedoch nicht nur literarisch in den Dienst des Bestandes7,seiner4 Bibliothek gestellt. Achtung vor Gewachsenem spricht auch aus seinem klugen Verhalten bei der Behand­ lung der Fenitzerbibliothek 1922 ff. und 1939 ff. (!); Matthias Simon hat dies — in der Fioffnung auf dankbare Erinnerung! — öffentlich gemacht8. Es ist fast mehr als nur Zufall, daß die Festschrift für Friedrich Bock zum 75. Geburtstag im Jahr 1961 mit einem Beitrag zu Georg Andreas Will abschließt9 — und damit anschließt an Bocks [schon genannten] eigenen literarischen Schluß­ punkt in seiner aktiven Berufslaufbahn, seine Gesamtwürdigung Wills aus dem Jahr 1950. 35 bzw. 25 Jahre danach möchten auch vorliegende Zeilen einen kleinen Beitrag zu der durch Friedrich Bock auf große Strecken schon erfüllten Aufgabe10 der Erforschung Georg Andreas Wills leisten. Georg Andreas Wills „Nürnbergisches Gelehrten-Lexicon“, 1755 —1758 erschienen, wird bis heute als Nachschlagewerk und Fundgrube für historische Forschungen zu Nürnberg und seinem Landgebiet, aber auch weit darüber hinaus, verwendet. Insofern teilt es den Ruhm und das Schicksal mit vielen Lexika des für dieses Literaturgenus so reichen 18. Jahrhunderts11. Von beson­ derem Rang erscheint die Überlieferungslage im Blick auf Vorarbeiten und 5 Ebd., S. 418-419 mit Anm. 72-77 (S. 426). 6 Hetz, Elisabeth: Verzeichnis der Publikationen von Bibliotheksdirektor a. D. Dr. Friedrich Bock, in: NORICA. Beiträge zur Nürnberger Geschichte. Bibliotheksdirektor a. D. Dr. Fried­ rich Bock zu seinem 75. Geburtstag die Stadt Nürnberg (= Veröffentlichungen der Stadtbiblio­ thek Nürnberg. 4.), 1961, S. 9—12. (Die alphabetische Anordnung reißt — leider — Zusammen­ gehöriges auseinander. Im Expl. UB Erlangen (Sign. P. G. A 538 [4]) einige Ergänzungen/Kor­ rekturen. 7 Lebendig gewürdigt durch Wieszner (wie Anm. 2). 8 Simon, Matthias: Die Fenitzerbibliothek in Nürnberg, in: Zeitschr. f. bayer. Kirchengesch. 29, 1960, S. (167-185) 183 und 184. 9 Zirnbauer, Heinz: Zur Entstehung des „Verzeichnisses Nürnbergischer Portraiten“. Unbe­ kannte Briefe Georg Wolfgang Panzers an Georg Andreas Will, in: NORICA (wie Anm. 6), S. 121-125 und Abb. 18 bis 20. 10 Siehe unten S. 90 ,Epilog'. 11 Kafker, Frank A. (ed.): Notable Encyclopedias of the 17th and 18th Centuries: Nine Predecessors of the Encyclopedie (= Publications de 1‘Institut of Unitee Voltaire. 194. — Studies on Vol­ taire and the eighteenth Century. 2.), Oxford (The Voltaire Foundation at the Taylor Institu-

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Das „Nürnbergische Gelehrten-Lexicon“ von Georg Andreas Will

Druckmanuskript, aber auch auf nachträglich zugänglich gewordene Materia­ lien für das „Nürnbergische Gelehrten-Lexicon“ (NGL) Band I—IV und V—VIII. Der unermüdliche Norica-Sammler Georg Andreas Will hat durch vorausschauende Nachlaßpolitik seine Bibliothek und Handschriftenhinterlas­ senschaft nicht dem so häufigen Geschick der Zerstreuung in alle Winde über­ lassen, sondern in einem wohl nicht ungünstigen Kaufvertrag seiner Heimat­ stadt überlassen, die bis heute die Hüterin des Willschen Nachlasses ist12. Das schließt die umfangreichen, das NGL betreffenden Materialien ein. Georg Andreas Wills ,Vaterlandsliebe4 und stupende Kenntnis der Nürn­ berger Gelehrtengeschichte waren durch das 1750 beginnende Erscheinen von Jöchers großem Gelehrten-Lexikon tangiert13. Eindrücklich führt Will über die dort und andernorts ungenau berücksichtigten Nürnberger Gelehrten Klage, „daß man auswärtig so gar viele falsche Nachrichten von Nürnbergischen Gelehrten für theuer Geld verkauft“. Viele andere Nürnberg müsse man ganz vermissen14. Dies ließ den Plan reifen, dem Übel an der Wurzel abzuhelfen und sich nicht auf Ergänzungen zu Jöcher zu verlassen; das hieß: für Nürnberg und sein Landgebiet war ein Instrument zu schaffen, das Jöcher ersetzte. Dabei ist „Nürnbergisches Gelehrten-Lexicon“ auf einen Personenkreis bezogen, den Will durchaus auf Anregung vieler Einsendungen um Personen erweiterte, die kaum etwas geschrieben hatten, „aber sich doch um die Republik mit Hülfe der Gelehrsamkeit verdient gemacht haben“15. Einschränkungen suchte er andererseits dadurch zu mildern, daß er große Gelehrtenverzeichnisse ankün­ digte16. Die ,Würde4 des Namens „Gelehrter“ wiederum durfte kein Kriterium für die Aufnahme sein, wenn literarische Produkte Vorlagen17. Das mitunter auf eine gedruckte Leichenpredigt sich beschränkende literarische „Werk“ dürfe nicht zu gering geachtet werden und die Aufnahme ihres Autors etwa verhindern, auch wenn man Jöcher dies vorgeworfen habe18. Ein sehr weiter Begriff von „Gelehrter“ also, was wiederum die Erfassung eines weiten Perso­ nenkreises garantierte.

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tion) 1981. ,Zedier' wird S. 165-196 behandelt; dort weitere Literatur! Vgl. El. Friederichs (wie Anm. 68). Johann Carl Sigmund Kiefhaber: Leben und Verdienste Georg Andreas Wills. Nürnberg 1799, S. 108-112 der Kaufvertrag durch die Stadt Nürnberg vom 26. November 1792. Genaue Verzeichnung des )Jöcher( samt der bis 1879 (!) gesammelten Ergänzungen siehe: Die Deutsche Literatur. Biographisches und bibliographisches Lexikon. Reihe II. Abtlg. B/Forschungsliteratur I, hrsg. von Flans-Gert Roloff, (Lieferg. 1, Bern u. a. 1980), S. 40—41 Nr. 587-590. NGL I, S. a 3V in der Vorrede, o. D.; auch die folgenden Belege hier. - Jöcher selbst gegenüber äußerte sich Will milder; s. u. S. 87. NGL I, S. a 4r. NGL I, S. a 4\ NGL I, S. b lr; vgl. b 4r. NGL I, S. b lr.

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Selbst ,Betroffene4 hatten mitunter Skrupel, bei dieser Namensgebung des Lexikons sich überhaupt einreihen zu lassen. Indes war Will offenbar in der Lage, allfällige Bedenken zu zerstreuen. Der schöne und eindrückliche ,Ab­ sagebrief4 des Pfarrers an Heilig Geist, Georg Heinrich Möck19, hat keine Wir­ kung gezeigt. Möck findet sich durchaus im NGL berücksichtigt20. Die Frage der Aufnahme wenig vorbildlicher Gelehrter entschied Will positiv. Hier waren für ihn Informationspflicht und Objektivität durchaus vorrangig gegen­ über einem wohl inzwischen als problematisch empfundenen pädagogischen Auswahlverfahren im Blick auf „böse und gottlose Leute“. Immerhin bedurfte es aber doch der Berufung auf eine anerkannte Größe: Daniel Morhoff21. Auf eine höchst moderne Weise gelangte Will an viele Daten für sein Lexikon. Mit einem veröffentlichten Ausschreiben vom 17. Oktober 1754 lud er die Betroffenen zu aktiver Teilnahme an seinem Vorhaben eines „Nürnbergischen Gelehrten-Lexicon“ ein22. Sie sollten ihm Lebenslauf und Verzeichnis der Schriften überlassen, aber auch noch aufzunehmende Namen nennen — und natürlich subskribieren. Ein abgedrucktes vorläufiges Verzeichnis der vor­ gesehenen Gelehrten bot die Orientierung für die Angesprochenen. Der Erfolg war ermutigend. Die Fülle des eingelaufenen Materials kann man aus den auf uns gekommenen Einsendungen ersehen. Eine große, noch nicht registrierte und geordnete Anzahl von Lebensläufen mit Schriftenverzeichnis liegt handschriftlich vor23. Hier steht hervorragendes Material zur Verfügung, um auch Wills redaktionelles Vorgehen zu studieren; denn die Qualität der Einsendungen ist unterschiedlich. Bei zu sehr ins Detail gehenden Lebens­ läufen glättete Will, indem er z. B. die Namen der Professoren strich, die ein Mediziner dankbar (und vielleicht auch stolz) in großer Genauigkeit in seiner vita als seine Lehrer gemeldet hat. Hier stehen der Forschung gewiß noch wei­ tere Daten zur Erhellung einzelner Biographien zur Verfügung. Allerdings wäre eine — nicht schwierige — alphabetische Ordnung und Erschließung des vorliegenden Rohmaterials nötig, um rasch Zugriff zu den hier vorhandenen Informationen zu bekommen. Im übrigen wechseln eigenhändige Lebensläufe mit solchen von Schreiberhand, naturgemäß besonders oft bei Juristen, die auf ihre Kanzleischreiber zurückgreifen konnten. Im ganzen ist dies ein hoch interessanter Quellenbestand aus dem Entstehungsprozeß von Wills Biogra­ phiensammlung.

19 Simon Matthias: Nürnbergisches Pfarrerbuch 1524-1806 (= Einzelarb. aus der Kirchengesch. Bayerns 41), Nürnberg 1965, S. 148 Nr. 887: Möck lebte 1692 bis 1763. 20 NGL II, S. 626—627; VI, S. 434. Siehe unten S. 82. 92 — 93. 21 NGL I, c 1 r/v (wie oben Anm. 14). 22 Das Ausschreiben mit vielen Korrekturen (Wills) in Will: BN III. 55. 4° (StB Nürnberg); s. unten Anhang Nr. 5. 23 Will: BN III. 43. 2° (StB Nürnberg).

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Bei allen diesem Verfahren zur Datengewinnung innewohnenden Vorteilen der Authentizität und Genauigkeit muß sofort auch der große Nachteil, die große Schwäche genannt werden: die Einreihung von Lebensläufen noch Lebender — und sie bilden24 wohl die Mehrheit — ist mit der LJnabgeschlossenheit des Willschen Unternehmens erkauft worden. Fortsetzungen waren im Grund von Anfang an nötig. Aber ein kleinerer, wenn auch respektabler Teil des vorliegenden eingesandten Materials bezieht sich doch auf bereits Verstor­ bene. Auch hier war Wills Interesse an vollständigen und genauen Angaben, auch zum literarischen Werk der Gelehrten, bei den Nachkommen oft auf fruchtbaren Boden gefallen. Und damit konnten der gelehrten Öffentlichkeit in der Tat ,aus erster Quelle4 stammende Angaben gemacht werden. Das erstreckte sich gar auf Hinweise zur Sekundärliteratur, wie z. B. aus der Ein­ sendung Christoff Gottlieb Scheurls von Defersdorf vom 9. August 1757 hin­ sichtlich der Frage der schlesischen Abstammung der Scheurls zu rekontruieren ist25. Die Farbigkeit und Unterschiedlichkeit der Biographien im NGL verdanken sich z. T. Wills einfühlsamer Behandlung der empfangenen Vorlagen. Als Bei­ spiel möge hier der Hinweis auf den Artikel über Veit Hieronymus Regenfuß (1691 — 1765) genügen. Dieser berichtet von den strapaziösen und entsagungs­ vollen Mühen seiner 1736 und später übernommenen Korrekturarbeiten an dem großen Weimarer Bibelwerk26 und verschweigt nicht, wie undankbar dieses Geschäft sei. Will neutralisiert diese persönlich gehaltene Mitteilung und rückt schließlich in die Druckfassung den Passus ein: „1736 wurden unserm gelehrten Hn Pastor die Correcturen der zu Nürnberg besorgten neuen Auflage der Weimarischen Bibel mit des hochberühmten Hn. D. Zehners Anmerkungen, und hiemit eine zwar mühsame aber auch nützliche und angenehme Arbeit übertragen."27 Man kann somit bei manchen Artikeln im NGL das Gesicht und Gewicht getrost sowohl dem Einsender als auch Wills Redaktion zuschreiben. Eine gewaltige Korrespondenz muß Will auch im Zusammenhang mit der Entstehung des NGL bewältigt haben28. Sein Nachlaß enthält hiervon mehr als Spuren. Freilich hat er hierfür auch Helfer beschäftigt. Die Daten über den tra­ gischen Lebenslauf Georg Hirschs (f 10. 7. 1715)29 hatte ein Sohn Wills für 24 In Will: BN III. 43. 2° (StB Nürnberg). 25 Vgl. das genannte Schreiben in Will BN III 43. 2° (StB Nürnberg) mit NGL III, S. 521. 26 Vgl. Heussi, Karl: Geschichte der Theologischen Fakultät zu Jena (= Darstellungen zur Gesch. d. Univ. Jena. 1.), Weimar 1954, S. 130 Anm. 231. Hintzenstern, Herbert von: Das Weimarer Bibelwerk, in: Thüringer kirchliche Studien 3, 1974 (wichtig!). 27 NGL III, S. 272. Simon: Nürnbergisches Pfarrerbuch (wie Anm. 19), S. 178 Nr. 1073. 28 Vgl. Bock: G. A. Will (wie Anm. 1), S. 421-422 mit Anm. 90-93 (S. 427) u. ö. Zirnbauer: . . . Unbekannte Briefe . . . an G. A. Will (wie Anm. 9). 29 NGL II, S. 129-130 (Gg. Hirsch fehlt im Register!). Simon: Nürnbergisches Pfarrerbuch (wie Anm. 19), S. 97 Nr. 553.

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seinen Vater erbeten. Und der oben genannte Brief Georg Heinrich Möcks ist nicht an Will selbst, sondern an’ einen Kandidaten Beck gerichtet30, der hier wohl als Amanuensis Wills fungierte. Bei noch florierenden Familien und mitunter auf ausdrücklichen Wunsch von Einsendern schickte Will einen „Aufsaz“, d. h. einen Entwurf des vorge­ sehenen Artikels, an die Betroffenen, wohl mit der Bitte um das Placet zur Veröffentlichung. Diese Kontrolle entlastete den Herausgeber des NGL und konnte ihn vor möglichen Unannehmlichkeiten nach der Veröffentlichung bewahren. Nur vereinzelt können wir noch Anderungswünsche feststellen. So war in dem Beitrag über Christof Carl Kreß von Kressenstein auf Dürrenmungenau die Bitte vermerkt: „Übrigens werden die in den communicirten Aufsaz eingefloßene unverdiente Eloges billig verbetten.“31 Ganz ähnlich schrieb ein leider ungenannter Beiträger an Will: „Elogia ver­ diene ich noch gar nicht; id[em] will also auch die Herren Editores gantz inständig bitten, Sie wollen deren keine für sich selbsten hinzufügen.“32 Zugleich erbat er sich für den Fall, daß Will das Manuskript kürzen werde, noch einmal die Zusendung der vorgesehenen Endfassung33. Die Unabgeschlossenheit des NGL war mit der — in einer zeitgenössischen Rezension noch aus einem anderen Grund kritisierten34 — Berücksichtigung lebender Gelehrter schon im Keime gegeben. Hinzu kamen die üblichen bei einem solchen Werk anfallenden Korrekturen und Ergänzungen. Ihre Anmah­ nung setzte sehr früh ein, wie wir aus einer handschriftlichen Notiz vor Abschluß des vierten Bandes des NGL ersehen können: „Im M. ist ausgelassen der Herr M. Johann Marx, Senior Jacob[ensis].“35 Selbstredend wurde dieses Versäumnis von Will noch korrigiert36. Bei Wills Gesamtunternehmen führten die Notwendigkeit, aber auch Bereit­ schaft zu weiterführenden Ergänzungen des mit Band IV zunächst beendeten Werkes ein überaus umfangreiches Material zusammen, dessen allgemeine Zugänglichmachung mit dem Namen Christian Konrad Nopitsch verknüpft ist. Will selbst allerdings hatte der Ergänzungsbedürftigkeit seines NGL in vorbildlicher Weise Rechnung getragen: In nicht weniger als 18 (!) Teilbände

30 Die Matrikel Universität Altdorf, hg. von Elias von Steinmayer, 2. Teil. Register, Würzburg 1912, S. 41—42 läßt fast nur an Andreas Georg Beck (1726—1774) denken: 1744 stud. theol. — oder war es der 1761 „ledig und in äußerster Dürftigkeit“ gestorbene Georg Leonhard Beck (NGL V, S. 71)? 31 Will: BN III. 43. 2° (StB Nürnberg). 32 Ebd., NN an Will, o. D. 33 Ebd. 34 Siehe unten S. 84. 87. 35 Will: BN III. 43. 2° (StB Nürnberg). 36 NGL IV, S. 445—446. Simon: Nürnbergisches Pfarrerbuch (wie Anm. 19), S. 145 Nr. 866.

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ließ er das NGL I bis IV durchschießen und aufbinden. Hier trug er eine große Fülle von Ergänzungen zu Lebenslauf und literarischem Werk der Darge­ stellten ein. „In dieses mein Handexemplar habe ich von Zeit zu Zeit Vermeh­ rungen und Verbesserungen eingetragen, die ich etwann noch zu der längst versprochenen Ausgabe eines Haupt-Supplementen-Bandes nützen werde. [• • T37 Aus dem vollständig auf uns gekommenen Bestand38 können wir ersehen, daß die Eintragungen in die vier Ergänzungsbände Nopitschs aufgenommen wurden; wobei noch Wills eigener Versuch der Veröffentlichung eines Supple­ mentbandes39 dafür außer Betracht bleiben kann. Denn dieser Versuch Wills stand unter keinem guten Stern. Der Altdorfer Buchhändler Lorenz Schüpfel kündigte schon unter dem 20. März 1763 einen fünften Band des NGL an und gab nähere Auskünfte über Subskriptionsvorteile und bevorstehenden Druck­ beginn. Die Zusage von über 100 neuen Biographien sollte gewiß die Kaufbe­ reitschaft fördern. Mit Wills Zusätzen und abermals erbetenen Beiträgen von Gelehrten erschien der Beginn einer Fortsetzung verheißungsvoll. Als Doku­ ment der Entstehungsgeschichte des NGL I bis VIII bringen wir diesen Aufruf zum Abdruck40. Das Echo muß bescheiden gewesen sein. Erst 1783, nicht 1761, wie eine (erschließende) Auktionsangabe aus dem Jahre 1980 meint41, begann der zu Lebzeiten Wills unvollendet gebliebene Druck42. Will macht — wohl etwas verbittert — auch den verlegerischen Kleinmut dafür verantwort­ lich43. Auch die von Will absichtsvoll als Käuferschicht genannten Buch­ händler44 vermochten daran offensichtlich nichts zu ändern. Erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts hat der vielseitig interessierte Christian Konrad Nopitsch (1759 — 1838) das ,Testament4 Wills vollstreckt. Als Sohn eines außerordentlich gelehrten Vaters, Konrad Nopitsch45 geboren, wurde er 1792 Pfarrer in Altenthann, 1808 in Schönberg bei Lauf. Mit Altdorf ständig verbunden war er als „täglicher Gesellschafter, Amanuensis und Hausbiblio-

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Will: Bibliotheca Norica [usw.], Bd. III, Altdorf 1774, S. 16. Will: BN III. 60-77. 4° (StB Nürnberg). Will: BN III. 78. 4° (StB Nürnberg). Siehe unten S. 85 — 86. Vorhanden: UB Erlangen, Sign.: Trew S 637 [= H 20/AF 12790 N 964 — 4] (NGL IV, hinterer Deckel, innen). Jahrbuch der Auktionspreise 1980, S. 806, 2. Spalte. Schon das oben bei Anm. 37 gebrachte Zitat Wills aus dem Jahr 1774 spricht gegen „1761“ als mögliches Jahr von Wills unvollständigem Supplement. Will: BN VIII. 12. 4° (StB Nürnberg). Will: Bibliotheca (wie Anm. 37), Bd. 8, Altdorf 1793, S. 7. Siehe unten S. 93 f. Will: Bibliotheca Bd. III (wie Anm. 37), S. 16 f. NGL. I, S. b lv (wie Anm. 14). Simon: Nürnbergisches Pfarrerbuch (wie Anm. 19), S. 158 Nr. 945.

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thekar“ Wills mehr als vorbereitet, das NGL fortzusetzen und zu ergänzen, wie er auch andere Werke Wills neu herausgab46. Nopitschs an Umfang die vier Willschen Bände nahezu erreichenden vier — ursprünglich waren nur drei vorgesehen47 — Supplementbände NGL Band V bis VIII sind bis heute integraler Bestandteil des NGL. Zusätzlich fördern Nopitschs Erstellung eines Gesamtregisters und Pseudonymenverzeichnisses die Benutzbarkeit der acht Bände entscheidend. Auch die Kennzeichnung der anonym erschienenen Werke war eine wichtige Verbesserung48, die später erscheinende Anonymen-Lexika sich zunutze machten49! Allerdings ist zu erkennen, daß Nopitschs Zeitgenossen nicht mehr in gleicher Weise wie wohl noch zu Wills Lebzeiten diese Bemühungen um die Gelehrtenwelt Nürnbergs honorierten. Die intensiven Einladungen zur Subskription und das Angebot von Nürnberg-Literatur zu Schleuderpreisen50 deuten darauf hin. Mehr als einmal läßt Nopitsch durchblicken, wie er kurz vor dem Abbruch des Unter­ nehmens stehe. Nur knapp 80 Subskribenten waren gewonnen51. Und was dürr „auf Kosten des Verfassers“ genannt wird52, hat auf Nopitsch schwer gelastet! Nicht nur reichsstädtisches Bewußtsein war dahin. Das Ende der Selbständig­ keit Nürnbergs versetzte auch der Lokalbiographik Nürnberger Gelehrter einen schweren Schlag. Die rasche Widmung des NGL, Band VIII, an König Maximilian Joseph änderte daran natürlich nichts. Schon ein Vergleich der Titelblätter von Band I und VIII erübrigt längere Ausführungen hierzu. Unterstützung durch städtische Behörden, wie sie früher vom Rat zu erhalten war53, fiel wohl aus. Eine neue Zeit brach sich Bahn. Zeitgenössisches Echo wie das in den „Erlangischen Gelehrten Anmerckungen“ birgt kaum Überraschungen. Schon weit vor Abschluß des ersten Bandes erschien unter dem 8. April 1755 der erste Hinweis auf das begonnene Werk. Es wird vor allem der gegenüber Wills Ankündigung von 175454 erheblich erweiterte Personenkreis, der behandelt werden soll, herausgestellt55. Acht Wochen später, als die Buchstaben B und C Vorlagen, werden am 10. Juni 1755 kritische Töne laut. Bei der Berücksichtigung von noch lebenden Gelehrten 46 ,Nopitsch über Nopitsch' in NGL VII (= Suppl. III), S. (38-40) 39 das Zitat (das auch Mum­ menhoff in ADB 24. 1887, S. 3 anführt); VIII, S. 467. Johann Georg Meusel: Das gelehrte Deutschland im 19. Jahrhundert, (2.) 14. Bd., Lemgo 1810, S. 676—677. 47 NGL VII, S. 40 ist die Rede von 7. „und letzter Teil“. 48 Vgl. NGL VI, S. 347 f. 377. 407. 433 u. ö. 49 Michael Holzmann — Hanns Bohatta: Deutsches Anonymen-Lexikon 1501 — 1926. Aus den Quellen bearbeitet, Bd. 1 — 7, Weimar 1902-1928 [Hildesheim 1967]. 50 Siehe NGL V, S. -3V bis [-4p. 51 NGL VIII, S. —3r und [~5]r/\ 52 NGL VIII, S. 467. 53 Bock: G. A. Will (wie Anm. 1), S. 419 mit Anm. 76. 54 Siehe oben S. 80 mit Anm. 22. 55 Erlangische Gelehrte Anmerckungen 10. 1755, S. 115 f. (8. 4. 1755).

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~auborf; 1763. 86

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drohe wohl doch zu sehr ein vorschnelles falsches Urteil, „weil der Geschichtschreiber das Leben eines Gelehrten nicht denckwürdiger machen darf, als es in der That ist“. Zum andern war die Rezension nicht einverstanden mit dem von Will dann verteidigten Personenschutz der ,Nicht-Verfasser‘ von als ,eigenen4 Werken ausgegebenen Disputationen56. Dies wirft ein Licht auf die schwer zu klärenden Verfasserfragen alter Dissertationen. — Nähere Studien würden Emil Bocks Urteil höchstens modifizieren, kaum widerlegen können: „Die zeitgenössische Kritik erkannte das Werk voll an.“57 Auch im Briefwechsel G. A. Wills mit Christian Gottlieb Jöcher im Sep­ tember 1755 und Januar 1756 spielt die Vermittlung einer Rezension in Leipzig eine Rolle. Außerdem ist in Wills Schreiben — von ihnen „hat Will . . . nur ganz selten Abschriften oder Entwürfe aufbewahrt . . ,“58 — die Klage über Ungenauigkeiten in einem „Allgemeinen Gelehrten-Lexicon“ wie dem Jöchers gebührend gemildert59. Georg Andreas Will [Altdorf] 26. 9. 1755

an

Christian Gottlieb Jöcher

StB Nürnberg: Will BN III. 453(7) „Copie Schreibens an He Jöcher vom [ver­ bessert:] 26. 7br 1755.“ So unbekannt als ich EHochwürden etwann bin, so nehme ich mir doch die freyheit, an dieselben zu schreiben u. den ersten Theil eines von mir unternom­ menen Werkes beyzulegen. Hat selbiger die Ehre, EH. beyfall nur einiger maßen zu erhalten, so schätze ich mich glücklich; schmeichle mir [?] aber auch einigermaßen mit dem ersten, weil ich, obwol nur in kleinen, einerley Absicht mit EH. in der gelehrten Geschichtskunde zu erhalten suche. Daß ich manchmal EH. allgemeines Lexicon60 zu verbessern mich unterstehe, wird von der Billigkeit eines großen Gelehrten mir gewiß nicht verarget werden, da es ja über die Menschheit hinaus61 wäre, wenn in einem so weitläufig und unbe­ schreiblich mühsamen [v] Wercke, als ein allgemeines Lexicon ist, keine Fehler und Lücken sollten anzutreffen seyn.

56 Ebd., XXIV. Stück S. 187-189 (10. 6. 1753). NGL I, S. c 2r: zu I, S. 61. In Will: Bibliotheca (wie Anm. 37) behält Will den im NGL praktizierten ,Nicht-Verfasser-Schutz' bei! - Siehe noch Erlangische Gelehrte Anmerckungen 10. 1755, S. 408 (Zitat in Bock wie Anm. 57). 57 Bock: G. A. Will (wie Anm. 1), S. 426 Anm. 72, hier auch Zitat aus Göttingische Anzeigen von gelehrten Sachen 1755, S. 1180. 58 Bock: G. A. Will (wie Anm. 1), S. 421 unten/422. 59 Vgl. oben S. 79. 60 Siehe oben S. 79 Anm. 13. 61 i. S. von „übermenschlich“.

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Dürfte ich nur auch so frey seyn, und EH. gehorsamst bitten, daß dieselben mein Werkgen den Herren Verfassern der Actorum Erud.62 oder der Leipziger gelehrten Zeitung63 empfehlen möchten. Ich würde EH. dieses nicht zumuthen, wo ich anders mich [?] gehörig zu addressieren wüste. Übrigens will ich nicht ermangeln, auch mit dem [! — denen? DB] folgenden Theilen meines G. Lex. aufzuwarten, will mich aber einstweilen, so wie alle­ zeit, in Betrachtung deroselben unsterblichen Verdienste mit allen Respect nennen EH. [Unterschrift fehlt] [Anschrift:] Monsieur Monsieur Jöcher Docteur en Theologie et Professeur de la Histoire de P illustre academie de et a Leipsic. Christian Gottlieb Jöcher an Georg Andreas Will Leipzig, 9. Januar 1756

StB Nürnberg: Will BN III. 453(8)

Hochedelgebohrner, Jnsonders Hochgelehrtester Herr Professor, Werthgeschätzter Freund und Gönner, Ew. HochEdelgebohr. bin ich vor das gütige Geschenck des Nürnbergischen Gelehrten-Lexici zu vielem Dancke verbunden, und gratulire von Herzen zu einer so rühmlichen Probe Ihres Fleißes64. Ich habe Sorge getragen, daß dem publico von diesem schönen Wercke in dem 102. Stück unserer gelehrten Zeitungen auf das Jahr 1755. Nachricht gegeben worden, und hoffe, daß solches mit Dero Zufriedenheit geschehen sey65.

62 Zu denken ist an die Deutschen Acta Eruditorum, die — ausweislich des ausgezeichneten Arti­ kels in Zedlers Universallexicon Bd. 42, Sp. 1743 —1746 — von Chn. Gottl. Jöcher und Pastor M. Jacob Gering (in Königsbrück/Sachsen) herausgegeben wurden. 63 Siehe unten Anmerkung 65. 64 In Jöchers „Allgemeinem Gelehrten-Lexikon“ ist ab Band 1 der Ergänzung, 1784, Sp. 2495 auf NGL als eine der Quellen hingewiesen! 65 Beilage! — ln StB Nürnberg: Will BN III. 55. 4° der Sonderdruck von Neue Zeitungen von Gelehrten Sachen. Auf das Jahr 1755. Leipzig 22. 12. (1755), S. 906—908. (Ist Jöcher auch der Verfasser dieser Rezension?) — Ebenda findet sich ein leider anonymes Separatum aus einer ita­ lienischen Zeitschrift 1757 (Sept.), S. 217 ff., zu NGL.

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Finden Dieselben mich sonst im Stande, angenehme Dienste zu leisten, so erbiete ich [v] mich darzu von ganzen Herzen, und verbleibe mit besonderer consideration, Ew. Hochedelgeb. Meines Hochgeehrtesten Herrn Professoris Leipzig, den 9. Tan. 1756. ergebener Diener D. Christian Gottlieb Jöcher. Zusammenfassend bleibt festzuhalten: Das „Nürnbergische GelehrtenLexicon“ wird der Initiative des unermüdlichen Erforschers der Geschichte Nürnbergs, Georg Andreas Will, verdankt. Er wagte es, Betroffene an dem Unternehmen substantiell zu beteiligen. Eingereichte Lebensläufe samt Veröf­ fentlichungsverzeichnissen — bei letzteren versuchte er „so umständlich zu seyn als ich nur kan [. . .]“66 —, die bis heute handschriftlich erhalten sind, waren eine große Hilfe dabei, vorhandene Gelehrtenlexika an Genauigkeit und Vollständigkeit zu übertreffen. Freilich erforderte dieses Verfahren zugleich redaktionelles Geschick bei der Bearbeitung für ein einigermaßen geschlos­ senes Werk. Mannigfache Hilfen vermochte Will zu integrieren; ihm zuge­ sandtes Material, wie z. B. besonders juristisch einschlägiges von dem Lüne­ burger Johann Friedrich Jugler (17. 7. 1714—9. 1. 1791) hat er sorgfältig ver­ wahrt67. Der Probleme einer Aufnahme noch lebender Gelehrter war sich Will bewußt, und er schuf selbst die Grundlage zu ihrer praktischen Lösung (wäh­ rend er prinzipielle Einwände gegen die Berücksichtigung Lebender über­ wand). Das NGL nimmt unter den lokalbiographischen Sammelwerken bei­ leibe nicht den letzten Platz ein. Die bis heute unerläßliche Verwendung des NGL, die überdurchschnittlich breite, auch handschriftliche Überlieferung zu seiner Entstehung sowie nicht zuletzt das an vielen Stellen in jüngerer Zeit sich regende bio-bibliographische Forschungsinteresse68 rechtfertigen einen beson66 NGL I, S. b lv. 67 Vorhanden StB Nürnberg: Will BN VIII. 10. 11. Zu den Veröffentlichungen]. F. Juglers siehe Johann Georg Meusel: Lexikon der 1750-1800 verstorbenen teutschen Schriftsteller. 6. Leipzig 1806, S. 322 — 325 (besser als ADB s. v.!). 68 Vgl. z. B. Roloff, Hans-Gert: Die deutsche Literatur — ein biographisches und bibliographi­ sches Lexikon. In: Beiträge zur bibliographischen Lage in der germanistischen Literaturwissen­ schaft [usw.], hrsg. von Hans-Henrik Krummacher (DFG. Kommission für Germanistische Forschung, Mitteilung III), Boppard 1981, S. 59-72. — Mannack, Eberhard: Arbeitsstelle für Biographien zum 17. Jahrhundert. In: Wolfenbütteler Barock-Nachrichten 6, 1979 H. 1, S. 275 —276. In diesem Heft weitere einschlägige Hinweise! - Friedrichs, Elisabeth: Literari­ sche Lokalgrößen 1700—1900 [usw.], Stuttgart 1967, S. 378—429 Verzeichnis von Lexika. — Methodisch lehrreich ist die Studie von Raabe, Paul: Johann Georg Meusels Schriftstellerle-

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deren Blick auf das „Nürnbergische Gelehrten-Lexicon“. Längst gibt es auch viele Ansätze, reichsstädtisches (kulturelles) Leben gerade in der Spätzeit gründlich zu beachten und nicht zugunsten jeweiliger reichsstädtischer ,Blüte­ zeiten* beiseite zu lassen69. Georg Andreas Will und sein „Nürnbergisches Gelehrten-Lexicon“ ist ein Beitrag solch späten reichsstädtischen kulturellen Bemühens auf dem Felde der Gelehrtengeschichte. Epilog Georg Andreas Will und sein Werk verdienen auch in Zukunft Beachtung. Seine universitätsgeschichtliche Arbeit über Altdorf aus dem Jahr 1795 erfreut sich — das zeigt ein Reprint von 197570 — noch heute der Wertschätzung. — Was wäre für G. A. Will in Zukunft nötig und möglich? Beim NGL sind zwei Versuche eines Reprints noch nicht geglückt. Ein Re­ print ist aber dennoch berechtigt, auch wenn das NGL in das gigantische „Deutsche(s) Biographische(s) Archiv“ — vollständig? — integriert ist71. Einem Reprint des NGL müßte freilich ein Register der vorkommenden Personen und Sachen beigegeben werden72.

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xikon „Das gelehrte Teutschland“. Eine Einführung, Hildesheim 1966. [VI], 49 S. (Lit.!). Dies war das Geleitwort zu dem Reprint Meusels (wie Anm. 67), Hildesheim 1967—68. Wieder abgedruckt in Raabe, Paul: Bücherlust und Lesefreuden. Beiträge zur Geschichte des Buch­ wesens im 18. und frühen 19. Jahrhundert, Stuttgart 1984, S. 117—139. 294—300. 331. Borst, Otto: Zur Verfassung und Staatlichkeit oberdeutscher Reichsstädte am Ende des Alten Reichs, in: Eßlinger Studien 10, 1964, S. 106-194; ders.: Die Kulturbedeutung der oberdeut­ schen Reichsstadt am Ende des Alten Reiches, in: Blätter für deutsche Landesgesch. 100, 1964, 159—246. Die Zeit der Aufklärung in Nürnberg 1780—1810. Ausstellungskatalog mit Doku­ mentation, bearb. von Stadtarchiv und Stadtbibliothek Nürnberg (= Quellen zur Geschichte und Kultur der Stadt Nürnberg, 6. Bd.), Nürnberg 1966. Kraus, Andreas: Bürgerlicher Geist und Wissenschaft. Wissenschaftliches Leben im Zeitalter des Barocks und der Aufklärung in Augsburg, Regensburg und Nürnberg, in: Archiv für Kulturgesch. 49, 1967, 340—390. Wur­ ster, Herbert W.: Die Regensburger Geschichtsschreibung im 17. Jahrhundert. Historiographie am Übergang vom Humanismus zum Barock, in: Verhandlg. des Histor. Ver. für Oberpfalz und Regensburg 119, 1979, S. 7-75; 120, 1980, S. 69-210; als Diss.-Sonderdruck plus VIII S. (Diss. phil. Regensburg 1979; Betreuer: Andreas Kraus). Will, Georg Andreas: Geschichte und Beschreibung der Nürnbergischen Universität Altdorf. 21801 mit den Nachträgen C. C. Nopitschs. Aalen (Scientia) 1975. ISBN 3-511-10095-X. Deutsches Biographisches Archiv. München: Saur 1982 ff. — (Microfiche; 254 biogr. Nach­ schlagewerke werden kumuliert, 320 000 Namensartikel). Nicht jedoch etwa Versuche von Ergänzungen o. ä.! — Auf Auktionen findet sich NGL seit 1961 nur fünf Mal angeboten. Nopitschs Bände sind dabei nur ein einziges Mal enthalten — aus der wiederholt beklagten geringen Auflage (siehe NGL V, S. —3V Ende; VI, S. —3r „der geringe Absatz des erstem“ Supplement-Bandes. Siehe S. 84) ohne weiteres zu erklären. Und auch die Preise lagen 1961 und später erkennbar höher als 1772, in welchem Jahr NGL noch für einen Hasen den Besitzer wechselte! (Bock: G. A. Will, wie Anm. 1, S. 412 bei Anm. 42 auf S. 424.)

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Sodann ist es erforderlich, einen gut einführenden Wegweiser in Wills „Bibliotheca Norica" Bände 1—6, 7 und 8, 1772 —78 und 1792—93, vorzu­ legen. Das wäre insofern kein zu aufwendiges Unternehmen, als die Grundlage hierfür bereits in maschinengeschriebener Form vorliegt als Begleitheft zum Exemplar der „Bibliotheca Norica“ in der Abteilung ,Sondersammlungen4 der Stadtbibliothek Nürnberg. Dies zu erweitern, zu ergänzen und ggf. zu präzi­ sieren kann keinen unüberwindlichen Hindernissen begegnen. Zum dritten wäre es dringend erforderlich — Friedrich Bock nannte es „schon lohnend“73 —, Wills hinterlassene und ermittelbare Briefschaften in einem modernen, wissenschaftlichen Ansprüchen genügenden Verzeichnis zu erschließen. Friedrich Bocks seinerzeit erzwungene Zurückhaltung an diesem Punkt74 der Erforschung Wills ist heute entschlossen aufzugeben! Drei For­ schungsaufgaben zu Georg Andreas Will, deren Bewältigung sich nicht zuletzt der „Verein für die Geschichte der Stadt Nürnberg“ angelegen lassen sein sollte! Anhang 1. Fertigstellung der einzelnen Bände

I: 20. 9. 1755 (Widmung an den Rat der Stadt Nürnberg) II: Michael. 1756 III: Wintermonat 1757 IV: 1. 9. 1758 Unvollendeter Suppl.-Band: Ankündigung 1763 (siehe S. 85 f.) Unvollendet gebliebener Druck (1783) (siehe S. 83 m. A. 42, Anhang Nr. 4) V: 28. 1. 1802 VI: 2. 1. 1805 VII: 19. 5. 1806 VIII: 12. 10. 1807; Druck: „1808“ (Widmung an König Maximilian Joseph) Angebote von NGL I bis VIII auf Auktionen 1961 bis 1982: Jahr:

NGL I-IV

NGL I-IV und Suppl. (1783!)

NGL I—VIII

1961: 140,- DM 1969: 550,- DM 1975: 1300,- DM 1200,- DM 1980: 2200,- DM 1982: Quelle: Jahrbuch der Auktionspreise und Taschenbuch der Auktionspreise. Es handelt sich um Aufruf-Preise! — Angebote im Buchantiquariat sind nicht zu überblicken. 73 Bock: G. A. Will (wie Anm. 1), S. 422. 74 Ebd., S. 427 in Anm. 92. Viele Bestände sind heute gegenüber 1950 und früher erheblich besser erschlossen!

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2. Fundorte der Biographien A bis G H bis M

Bände des NGL: I IV, S. 367-416 IV, S. 416-451 II

N bis S

III

IV, S. 451-475

T bis Z

IV

IV,

s. 475-490

V VI VII (N bis R) VIII, S. 1-319 VIII, S. 320-340

VIII, VIII, und VIII,

S. S. S. S.

441-457 457-467 [-5]v 467-470

VIII, S. 470

3. Brief Georg Heinrich Mock an [Andreas Georg? oder Georg Leonhardf] Beck (für Georg Andreas Will) o. O., o. D. [Nürnberg, 1754 Herbst] StB Nürnberg: Will BN III. 43.2° Hochzuehrender herr Candidat, werthgeschäzter herr vetter! Für dero gütige Zuschrifft, auch des Herrn Professor Wills, den bey Gelegen­ heit meiner gantz besondern hochachtung zu versichern bitte, geneigten Willen, meine geringfügige Lebens-Beschreibung dero Lexicon einzuver­ leiben, erkene ich mich aufs höchste verbunden. Selbige verdienet aber solcher Ehre gar nicht. Ich habe zwar öffters über geschriebene Theses, aber nur ein einziges mal, unter dem damaligen Inspector, und nunmehrigen herrn Dr. Feuerlein publice disputiret. Ob ich nun auch, außer vielen andern kleinern Stücken, [gestr.: auch] einige Tractaten aus verschiedenen Sprachen ins Teutsche übersetzet, so ist doch niemals mein Name beygedrucket worden, wel­ chen ich auch nicht jetzo erst in meinem Alter bekant machen möchte, und stehet derselbe nur allein vor der von mir verfertigten Leichen-Sermon und Lebens-Lauff der seligen Frauen Kießlingen, den die Erben haben drucken lassen. Dieses verdienet aber noch lange nicht, daß meiner unter den Gelehrten gedacht werde. Mir ist es genug, daß ich die Pflichten meines Amtes nach ver­ mögen erfülle, und Gott und meinem Gewissen bekant bin.

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Gott segne alle die gelehrte Bemühungen des herrn Professors, Er wende aber auch meinem werthen herrn vettern alles benöthigte Gute zu, und gebe mir Gelegenheit, in der That zeigen zu könen, daß ich bin Dero aufrichtig-ergebener Freund und Diener Georg Heinrich Möck, Senior ad Sp. S. [Anschrift:] Dem || S. T. Herrn Candidaten || Becken || einzuhändigen. Zu diesem Schreiben siehe S. 80 und 82. — NGL II, S. (626—627) 627 ver­ zeichnet von Georg Heinrich Möck nur die „Leichenrede und sehr merkwür­ dige Personalia Frauen Anna Katharina . . . Kießlings . . . 1755. fol.“ (In den großen Leichenpredigten-Katalogen von Wolfenbüttel, Göttingen, Braun­ schweig, Gießen, Marburg u. a. war diese Leichenpredigt nicht zu finden.) — NGL II, S. 627, lehnt sich bei den Mitteilungen zu Möcks literarischer Tätig­ keit eng an den vorliegenden Brief an und weist die Disputation unter Jacob Wilhelm Feuerlein genau nach (vgl. auch NGL I, S. 419). Folgt: 4. Titel des 1783 begonnen fünften Teiles von NGL (s. o. S. 83) 5. Aufruf G. A. Wills vom 17. Okt. 1754 mit 6 Seiten Namenliste (1 Seite abge­ bildet) (s. o. S. 80 m. A. 22)

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