Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg [32]

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Mitteilungen des

Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg Herausgegeben mit Unterstützung des Stadtrats Nürnberg im Auftrag des Vereins

Professor Dr. Helmut Weigel.

Zweiunddreißigster Band.

NÜRNBERG J. L. SCHRÄG VERLAG 1934.

Druck von J. L, Stich in Nürnberg.

Inhalt. Seite Aufsätze: Zum „Holzschuherbuch“. Bemerkungen und Ergän­ zungen zu der usw. Von Dr. Wilhelm Kraft . Die Geldgeschäfte der Holzschuher. Von Professor Dr. A. D i e h 1 - Stuttgart........................................... Nürnberger in Kanzleidiensten Karls IV. Von Staatsarchivrat Dr. Paul Schöffel - Würzburg Konrad Celtis und der Nürnberger Ratsherr Hiero­ nymus Haller. Von Professor Dr. Hans Rupprieh- Wien....................................................................... Eine mißglückte Gesandtschaft Nürnbergs. Von Kirchenrat Adolf Engelhardt............................

5— 37 39— 45 47— 68

69— 77 79— 98

Bücherbesprechungen: Veröffentlichungen der Gesellschaft für Fränkische Geschichte. X. Reihe (usw. usw.) Besprochen von Univ. - Prof. Dr. H. DannenbauerTübingen.............................................................................. Der Briefwechsel des Konrad Celtis, gesammelt, herausgegeben und erläutert (usw.). Besprochen' von Archivdirektor a. D. Dr. E. R e i c k e . Quellen zur Geschichte der Wiedertäufer. Band II. Markgrafentum (usw.) Besprochen von Kirchen­ rat A. E n g e 1 h a r d t ................................... Lazarus Spengler und die Reformation in Nürnberg. Von Hans Schubert (usw.) Besprochen von Kirchenrat A. Engelhardt................................... Das Peilerhaus in Nürnberg. Von Reinhold Schaf­ fer. Verlag (usw.) Besprochen von Dr. Wilhelm Schwemmer................................................................ Das ehemalige Zisterzienserinnenkloster Birkenfeld und die Zisterzienserinnenkloster in Franken. Verlag Ph. C. W. Schmidt, Neustadt a. d. Aisch, 1934, VIII und 51 S. mit 16 Tafeln und 10 Abbil­ dungen im Text. Besprochen von Dr. Wilhelm Schwemmer................................................................

99—104

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IIO—III

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Zum „Holzschuherbuch“ Bemerkungen und Ergänzungen ZU

A. Chroust und H. Proesler

„Das Handlungsbuch der Holzschuher in Nürnberg von 1304—1307“ von Dipl. Kfm. Dr. phil.Wilh. Kraft.

I.

Wer sich mit der reichen Geschichte Nürnbergs befaßt, der fühlt auf Schritt und Tritt den Mangel eines guten Urkundenbuches, wie ein solches Städte von ungleich gerin­ gerer Bedeutung schon besitzen, und weiterhin das Fehlen von kritischen Veröffentlichungen der sonst noch vorhan­ denen ältesten Nürnberger Quellen. Ich denke hier z. B. an das alte Aechtbuch (ab 1285), an die alten Bürger­ aufnahmelisten (ab 1302), an die ältesten Polizeiordnungen (13. Jh.) usw., die entweder gar nicht oder nur stückweise, unkritisch und fehlerhaft da und dort bei Murr, Siebenkees. Lochner, Baader u. a. in früheren Jahrhunderten abgedruckt worden sind. Umso erfreulicher ist es, daß uns die beiden Heraus­ geber, Univ.-Prof. Dr. C h r o u s t - Würzburg und Prof. Dr. P r o e s 1 e r, früher an der Hochschule für Wirtschafts­ und Sozialwissenschaften Nürnberg mit Unterstützung älte­ rer und jüngerer wissenschaftlicher Mitarbeiter in dem ,,H andlungsbuch der Holzschuhervon 1304 bis 1 3 07“1) eine bisher ebenso unbekannte als früh­ zeitige und reichhaltige Quelle für die Geschichte Nürn­ bergs und Frankens vorlegen konnten. Es ist zweifellos, die Herausgeber haben sich mit der Edition dieser Quelle ein gewichtiges Verdienst um die Geschichte unserer Stadt und ihrer weiteren Umgebung erworben. Wer über das Nürnberger Patriziat oder über den fränkischen Adel im Anfang des 14. Jhs. schreiben will, wer in der Wirtschafts­ geschichte den Uebergang der reinen Stadtwirtschaft zum mittelalterlichen Weltmarkt oder die Verlegung der Han*) Veröffentlichungen der Gesellschaft für Fränkische Ge­ schichte X. Reihe 1. Band. Erlangen 1934.

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delszentren (z. B. von Regensburg nach Nürnberg) unter­ sucht, wer über mittelalterliche Tuchindustrie und Tuch­ handel, über die Geschichte der Buchungsformen usw. sich Klarheit verschaffen will, wer die Nürnberger Bürgerschaft nach ihrer Zusammensetzung und Herkunft um 1300 be­ urteilen möchte, der muß sich mit diesem Quellengut ver­ traut machen. Die gelehrten Bearbeiter haben sich ihre Arbeit nicht leicht gemacht; weil es sich um die Edition einer Quelle von eigenartigem Charakter handelte, konnten sich die Herausgeber nicht einfach an bewährte Muster an­ lehnen, sondern waren genötigt erstmalig selbst eine Vor­ lage für die Bearbeitung derartiger Quellen zu bieten. Ent­ sprechend den Schwierigkeiten bemerken die Herausgeber auch, daß sie in der Einleitung und den Anmerkungen nichts Vollkommenes auf weisen könnten, noch das letzte Wort gesagt haben wollen, sondern sie hoffen, der örtlichen For­ schung einen Anreiz für Nachsuchungen geliefert zu haben. Das Werk selbst ist so aufgebaut, daß jeder der zeich­ nenden Herausgeber einen sachlich unterschiedenen Teil der Einleitung bearbeitete, und zwar so, daß C h r o u s t den nicht - wirtschaftsgeschichtlichen, „profanhistorischen“ Teil I (S. IX—XXXV) schrieb und außerdem für den Text der Quellen samt Anmerkungen und Register ver­ antwortlich ist, während P r o e s 1 e r den Teil II (S. XXXV — LXXXIII) der Einleitung bearbeitete und zu vertreten hat. — Je mehr man sich mit dem Inhalt des Werkes beschäftigt, desto mehr erstaunt man über die besonders im Teil II zutage tretende unheimliche statistische Arbeit, der sich insbesonders cand. rer. oec. W. Fuchs unterzog. Daß manche Mühe umsonst vertan ist, liegt nicht an den Be­ arbeitern, sondern an der Quelle selbst, die einmal durch die Unvollständigkeit der Angaben und die Willkür der Preissetzung einer einwandfreien buchmäßigen Kontierung unüberwindliche Schwierigkeiten entgegensetzt, und weiter­ hin daran, daß neben diesem Buch zweifellos allerlei Auf­ zeichnungen und Bücher nebenherliefen, die nicht erhalten sind. Wenn z. B. 8 Ellen Hinperger Tuch n lange Schil­ linge und dann 71/2 Ellen Hinperger Tuch 9 lange

9 Schillinge und wiederum 8 Ellen hievon 14 1. Sch. kosten, oder wenn 6 Ellen grünes Tuch von Hoy 14 Schillinge 12 Pfg., aber 1 Elle dasselbe ein andermal 3 Schillinge und 10 Heller kosten, oder wenn 6 Ellen grünes Tuch von Hoy 11 lange Schillinge und dann 2 Ellen wieder 5 lange Schil­ linge und 10 Heller kosten, so sagt dies genug für die Schwierigkeiten, die unser Handlungsbuch einem genauen Abschluß bietet. Die auf mühevoller Einzelberechnung fußenden Durchschnittspreise und -mengen der nach Her­ kunftssorten, Farben und Sorten unterschiedenen Stoffe, die uns in den Tabellen 3—7 entgegentreten, sind ein wertvolles Ergebnis der Arbeit. Wenn somit die Arbeit vielen etwas bieten kann und wird, so darf doch nicht verschwiegen wer­ den, daß da und dort eine letzte Hand noch hätte angelegt werden können. Kleinigkeiten. S. VI steht irrig 1287 statt 1285 beim Alter des ,,Aechterbüchleins“. S. XIV Note 2 steht Eichstädt statt Eich­ stätt; S. LXXVII Z. 19 muß es statt 36 hall, heißen 30 hall.; S. LXXXI ist die Rede von dem Fleischhauer Fphifer: offenbar ein Druckfehler; denn im Register steht er nicht in dieser Form. S. 15 Note 8 muß statt Z. 127 stehen 125. Im Register S. 125 unter Coburg, Appelo de: 1829, und S. 123: Apel (Aplo) de Koburch 1879, sm& beide Hinweise Druckfehler, richtig wäre 1889; 'S. 142 fehlt „Otingen“, die­ ses steht unter „Oettingen“; S. 146 bei Saxo Wolflin steht 1887 statt 887; S. 152 fehlt neben Weitnasdorf (Ziff. 50) die Form Weitnansdorf (Ziff. 57) usw. S. 130: Forchheim 2119 ist Druckfehler. S. XLIX Note 4 ist statt ,,von den von Baldon“ zu setzen: ,,von denen von Baldern“ (gleichzeitige Handschrift des Läufer Archivs). Lustig ist ein Druckfehler S. 112 Anm. 4, wo zu dem H. Geusmit (Z. 2050), der also um 1305 lebt, im Text be­ merkt wird, ,,Ein Heinrich Geusmit, der 1329 geboren ist, wohl mit obigem identisch, war der Groß­ vater Ulman Stromers“. — Nicht nachzuprüfen von mir. aber zweifelhaft erscheint mir folgende Lesung im Original

IO

S. 2 Nr. 19 F. de Mur residens in Nofenhaim. Nachdem urkundlich nachweisbar (ab 1295. Gfl. pappenheim. Archiv) die Murer in Stopfenheim sitzen, dürfte hier Stofenheim die einzig richtige Lesart sein. — Ebenso dürfte S. 3 Nr. 30 der zitierte Gerfridus Crof besser Gotfridus zu lesen sein; im Geschlecht der Kropf ist kein Gerfrid, wohl aber Gotfrid Crof de Fluglingen als Bruder des Conrad Croph 1301 nach­ weisbar (Reg. boic. V. 14). — S. 6 Nr. 70 ist, da 1303 in Nürnberg ein Sauger nachweisbar ist (St. A. Nbg., Bürger­ buch), die in der Note a vorgeschlagene Lesart Sauger (statt Sänger) vorzuziehen. — In das Gebiet des ungewollt Humorvollen gehört folgendes: S. 116 Ziff. 2108. ,,Item 24 hall, pro swiler et paumöl ad cragen“. In der Note 2 ist hier die Deutung des Göttinger Sprachgelehrten Edward Schröder angezogen, der an mhd. swil (Schwiele, Ge­ schwulst) denkt. Er deutet die Stelle als Ausgabe für Baumöl zur Heilung einer Geschwulst am Hals (cragen). Wenn man die Stelle aber z. B. einer Nürnberger Hausfrau vorliest, so wird sie eine andere Deutung vorschlagen. Swiler ist nichts anderes, als ein doppelt gewebter, sehr kräftiger Stoff, ,,Zwilcher oder Zwiller“ (vgl. Fremdwörter­ buch von Prof. Oertel 5. Aufl., Erlangen 1840, S. 907), heute noch genannt, den man zum Versteifen der Krägen (nicht des Halses) und zum ,,Doppeln“ der ,,Socken“ (Hausschuhe) verwendet und den man heute noch beim Stoffhändler kauft. Urkundlich fand ich ,,zwiller“ oft, z. B. 19 ein zwiller, ein zwiller (1581); ein zwilleres säckhlein (1614). ,, Juvenis de Ey per“ S. XLIX. Die Schwierig­ keit, hier eine annehmbare Lösung zu finden, spricht aus jeder Zeile der von Proesler gebotenen Erklärung. Wenn man in den Bürgeraufnahmebüchern Formen wie Heinr. de Meckenreuter (1317), Heinrich de Haller (1340) liest, könnte man an Eyb denken. Aber ich kann mich für keine Per­ sönlichkeit entscheiden, denn das den ganzen Umständen nach zunächst in Frage Kommende ist doch, trotz aller grammatischen Ungereimtheiten, daß bei ,,6 ulnis antiquo de Eyper“, ,,6 ulnis stufula iuveni de Eyper“ usw. an eine Tuchsorte alter und neuer Webart zu denken ist.

Nürnberg, Stadt und Bewohner. Die Topographie der Stadt wird wenig im Holz­ schuherbuch berührt. Wichtig ist die Nennung des Neu­ tors, des Zotenbergs, der Burg usw. Beim ,,Forchheimer Tor“ ,,porta de Forchheim“ scheint mir jedoch eine Fehl­ deutung vorzuliegen: ein Tor von Forchheim hat es nie gegeben und das Tiergärtnertor hieß schon 1233 porta ortiferarum, hieß 1299 Tiergärtnertor, hieß ca. 1320 Tyrgartnertor und hieß weiterhin nie anders. Wenn in Ziff. 1783 und 1944 ein Otto apud portam de Forchhaim auftaucht, so deutet das nicht auf ein Forchheimer Tor. Um 1304 finden sich in Nürnberg eine Menge Leute aus Forchheim stam­ mend. Es gibt: einen Sifridus de F. (1303), einen Reynlein de F. (1315), einen Hainrich Kießling de F. (1309), einen Heinz advocatus de F. (1309), einen dictus Cocus de F. (1315), einen Berth. de F. (1303), einen Heinrich Wag­ ner de F. (1315), einen Gramlieb de F. (1305) und neben den verschiedenen Holzschuhern von Forchheim auch einen Otto de Forchaim (1304), bzw. Ot de Forcheim (1305) (St. A. Nbg. Bürgerbuch). Es war nötig, sie zu unter­ scheiden; gerne tat dies der Nürnberger durch Angabe des Wohnplatzes. So gibt es einen Portenarius in Laufertor (1306), einen balneator sub Castro (1305), einen Ludw. Faber apud Laufertor (1305), einen Heinrich apud Portulam (1303), einen Markardus ante portulam (1307), Hch. Faber apud novam portam (1308), einen Heinricus apud Augustenses (1305), einen Henricus Faber ante portam hospitalis (1308), einen Poppenrewter apud novam portam (1343), Chunrad Phintzig apud Egidium (1315) usw. usw. (alle nachweisbar in dem ältesten ,,Bürgerbuch“). Die in Frage stehende Bezeichnung will also nur sagen, daß Ot de Forchheim ,,beim Tor“ gemeint sei. Ein Forchheimer-Tor darf man nicht daraus machen. Fraglich ist auch S. XXXIV die Meinung, als beziehe sich der Passus ,,persolvit in losunga“ (Z. 1729) und ,,dedit nobis in losungam“ (Ziff. 1737) entweder auf die Steuer oder auf das städtische Steueramt. Die Deutung ist ja wohl nicht ausgeschlossen, aber doch nicht nahe-

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liegend. Die Art, die Losung zu entrichten, hat Reicke (Gesch. der Reichstadt Nürnberg S. 114) dargestellt, freilich ohne anzugeben, ob der geschilderte Modus schon in ältester Zeit üblich war. (Ueber Losung vergleiche auch den Per­ gamentband 6028 a des Germ. Mus. S. XCVIII um 1350, Murr, Journal XV S. 93, und Sander, Die reichsstädtische Haushaltung 1902.) Die von Reicke geschilderte Sachlage, daß der Steuereinnehmer (Losunger) nicht sah, wieviel man zahlte, da die Losung in besonderen Marken bezahlt wurde, und der weitere Umstand, daß ein Zeuge dabei sein mußte, wenn ein Bürger seine Abgabe im Geheimen entrichtete, spricht m. E. nicht sehr für die Annahme, „Losung“ müsse hier mit der Steuer in Zusammenhang stehen. Ein Blick in die kaufmännische Praxis von heute führt uns auf eine einfachere Deutung. Noch heute spricht der Kaufmann genau so wie im Mittelalter (vgl. Grimms Wörterbuch un­ ter „Losung“) bei gewissen Bareinnahmen von „Losung“, „barer Losung“, im Gegensatz zu Einnahmen auf Post­ scheck, Bank, in Schecks, Wechsel, Devisen usw. „In losunga“ dürfte also m. E. hier „in Barzahlung“ bedeuten. Hingegen findet sich gleichzeitig (ca. 1305) eine Erwähnung der Losung im Sinne der Bürgersteuer, als ein Heinrich Kalz de Ippehoven (1305) zum Bürger aufgenommen wird und sich verbürgen pro losunga sua die Hosfelderin und Herman Stoy (St. A. Nbg. ält. Bürgerbuch S. 6 Spalte 2). Zu S. XXXIV. Für die Richtigkeit der Annahme, daß der in Z. 1609 genannte magister Otto visicus als Arzt aufzufassen ist, spricht auch das Vorkommen eines Otto medicus (in Nürnberg) anno 1286 (Murr, Journal XV S. 101, und Siebenkees, Hist. Versuch S. 11, Nürnberg am Ende des 19. Jahrhunderts. S. 73). Uebrigens taucht 1286 auch noch ein magister Albertus phisicus auf (Jahresber. d. Hist. V. v. Mfrk. 1862 S. 2); ein Rudolfus visicus aber wird im Jahre 1302 als Bürger aufgenommen unter Bürgschaft eines Hainlinus Apothekarius und des „Kastler scriptor provincialis“, der vielleicht mit dem lanscriptor (Ziffer 2089) des H. B. in Beziehung steht. — (Mummenhoff hat diese hier genannten Aerzte und Apotheker in seinem Aufsatz „Ge-

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schichtliches zur Heilkunde in Nürnberg“ [Nürnberg am Ende des 19. Jahrhunderts] nicht erwähnt.) — Hingegen ist es weniger wahrscheinich, daß ,, p i c t o r “ und pictrix (S. XXXIV bzw. Ziff. 1762 und 2024) einen Beruf bedeutet. Vgl. hiezu Murr, Journal zur Kunstgesch. XV. S. 25, der sich für den Familiennamen entscheidet und anführt: 1310 Cunzel Bohemus, frater Nicolai pictoris; 1307 (als Bürge bei Bürgeraufnahmen) Herman maler et Ekker; 1310 (als Bürge) Herman Maler et Fritz Eppelin. Interressant ist die Beobachtung, daß die Juden in Geschäftsbeziehung zu denHolzschuhern träten (S. XXXIV). Offenbar hatte die gerechte Empörung der Leute x), die mit ihrer Hände Arbeit sich redlich ernährten und die endlich mit Gewalt die Rotte der Juden vertrieb, diese nicht ab­ gehalten, sofort wieder in das Eldorado Nürnberg zu ziehen. Geradezu unheimlich wie ein Heuschreckenschwarm muß der Zuzug der Judenschaft im ersten Viertel des 14. Jahr­ hunderts gewesen sein. Wir hören, daß Juden als ,,Bürger“ sich aufnehmen lassen aus Rothenburg, Wimpfen, Stein, Bamberg, Wöhrd, Ulm, Erfurt, Landshut, Gmund, Eger, Kadolzburg, Oettingen, Augsburg, Westerndorf, Regens­ burg, Forchheim, Haßlach, Ansbach, Hochstätt, Köln, Erl­ bach, Diepersdorf, Amberg; wie pfleglich man dabei mit ihnen verfuhr, ersieht man, daß z. B. Alb. Ebner und Ulr. Kudörfer für den Juden Abraham v. Amberg als Bürgen seiner zu leistenden Steuer eintreten und der Titel „herr“ nicht bloß ein Privileg der Ritterschaft und der Patrizier war, sondern in Nürnberger Urkunden (1322) sogar den Judenmeistern beigelegt wird, sodaß wir zu un­ serem Erstaunen lesen: her Lezir, her Isac, hern Bonfantes eidem von Erfurt, her Merklin, her Suzkint von Onolzpach (Murr II, 375). Hiezu paßt, daß wie Seite L der Einleitung steht, die Juden „kaum glaublicherweise sogar in der Funk­ tion eines Zeugen auftreten (Ziff. 1468, 1657)“. *) Schon 1292 lesen wir in den Achtbüchern von der Aechtung einer größeren Zahl von Handwerkern (Schmieden, Krämern, Mäntlern, Lodern, Kürschnern) propter sedicionem, quam excitaverant, et tumultum in populo (Murr V. 112).

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Die Familie Holzschuhe r. Der Bearbeiter des Holzschuherbuchs, Teil I, bemerkt S. XXII: „Wenn man an dieser Stelle von mir den Versuch erwartet, eine Genealogie der Familie Holzschuher auf­ zustellen, so muß ich leider enttäuschen. Auch das mir zugängliche Material, das natürlich reichhaltiger ist als das von Gatterer benutzte, und vom Germ. Museum bzw. Prof. Heerwegen mir gütigst zur Verfügung gestellt worden war, reicht dazu noch nicht aus.“ Es ist schade, daß die Gelegenheit hier einiges Grundlegende über die Geschichte dieses alten Geschlechtes zu sagen, nicht ergriffen wurde. Freilich wäre hier nötig gewesen, sich etwas nach den zur Verfügung stehenden Quellen umzusehen, insbesondere hätte man folgende Materialien heranziehen müssen. Zunächst die ältesten Bürgeraufnahmebücher, die im Staatsarchiv Nürnberg ohne weiteres zu haben sind (St. A. Nürnberg Reg. 52 b Nr. 228). Wir werden dieses Versäumnis weiter unten noch einmal bemängeln müssen. Denn in diesen Bürgerbüchern von 1302 ab bis etwa 1320, also dem Zeitraum, der für die Beurteilung der Familie hier einschlägig ist, kommt der Name von Mitgliedern der Familie über 25mal vor und sehr oft werden hiebei genea­ logisch wichtige Bemerkungen gemacht. 1300: Isti zidelarii juraverunt: Wigel de novo foro. Herrn. Diabolus. Frid. Holschuher [usf.] 1303: Frid. Holtschuher et H. filius eius. 1303: Holtzschuher de Forchheim. I3°5—!3I2: Hertegenus Holschuher. 1307: Chunr. Holschuher. 1308: Heinrich Holschuer senior. 1308—1311: H. Holschuer sororius Eisvogel. 1310: Leupold Holschuer. 1312: Frid. Holschuher. 1313: Hch. Holschuer. 1316: Sitz Holschuer, Lupoldus et Hainricus Holsch. 1317: Heinricus antiquus Holschuher. 1322: Hainr. Holzsch. de Vorheim. Ch. frater suus.

1323: Heinr. Holsch. filius Herdegeni. 1326: Holschuer Herrn, de Herzogenaurach usf. Weiter hätte man heranziehen müssen den Abdruck der jetzt verschwundenen Beilagen zum Bürgerauf­ nahme b u c h, den Murr (Journal für Kunstgeschichte II, 371 und II, 363 ff.) bringt, denn sie enthalten die consules, scabini et nominati der Stadt Nürnberg von 1319, dann: ,,Diz sint di genanten der stat ze Nurenberg“ (etwa 1325) und ,,Hii sunt habentes balistas civium et cingulos ad tentendum balistas“ v. 1314. ln diesen treten uns 1319 ent­ gegen als consul: Heinr. Holtschuher in foro salis; als no­ minati Heinr. Holtschuher, Chunr. Holtschuher, Herdegen Holtschuher fratres; Seifridus Holtschuher, Leupoldus Holt­ schuher, Frid. Holtschuher, Heinricus antiquus Holtschuher, Berhtoldus Holtschuher, Frid. Holtschuher. — In dem Ver­ zeichnis ,,Diz sint die genanten“ stehen Fritz Holtschuher, Chunzel Holtschuher, Leupold Holtschuher, Berhtold Holt­ schuher, Heinrich Holtschuher filius Leupoldi, Kunr. Holt­ schuher in foro feni. Um 1325 wird in dem alten Stadt­ rechtsbuch (Perg. Hdschr. Nr. 6028 a des Germ. Mus.) auch erwähnt, daß Bertold Römer für Wege und Stege gegeben hat 2 Pfd. von dem halben Teil des Hauses bei Herdegen des Holtschuhers Hause (BC. 176). Nimmt man dann noch hinzu, daß Heinrich, Herdegen, Friedrich und Leupold H. Besitzer von je zwei städtischen Balisten samt den zugehö­ rigen Spannern sind, so geben allein diese Quellen schon eine Anschauung über die Hineinverflechtung des Geschlech­ tes in das Regiment der Stadt. Zu den vom Herausgeber genannten älteren HoUschuhern dürfte neben dem Heinrich von 1228 (G. M. 28898 bzw.28894 und Lang, Reg. boic. II, 177) und 1242 (abgedr. bei Fromüller, Gesch. Altenbergs S.69) auch eine Urkd. v. 1246, heranzuziehen sein, wo als Zeugen einer Schenkung Herdegens von Gründlach an die Deutschherren erscheinen: Herdegen civis cognomento Schieg, Meinwart et H. Holzschuher. Acta sunt hec Nuremberg dominica Reminiscere 1246“. (J. Baader, Urk.-Auszüge über Besitzungen des Deutsch-Orden'schen Amtes Nürnberg und Eschenbach.



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Jahresber. d. histor. Ver. Mittelfr. 1862 S. 14.) Die Urk. v. 1259 (G. M. 28 894, Reg. boic. III, 199 und Looshorn II, 744) gibt uns über die hervorragende Stellung der Holzschuher insofern Aufschluß, als aus ihr ersichtlich ist, daß dem Arnold Holtzschuher neben Arnold v. Wendelstein damals das Amt Fürth von dem Bamberger Domprobst auf einige Jahre verpfändet wurde. Erwähnung dürfte auch ver­ dienen Urkd. v. 1264: „Ich Elsbeth die Holtzschuherin vergiche* daß ich han aufgeben mein aigen, i1^ Jcht. acker zu Truisheim (südl. der Donau) meinen mumen, Schwester Agnesen und Annen v. Ehingen und meiner basen Gottlieb v. Ehingen und meines oheims tochter Luiggard der Geuzin, geweihten closterfrawen zu dem Holz, ewiglich zu genießen untz an iren tod“ (Zeitschr. f. bayer. Kirchengesch. IV; S. 213). Gerne hätte man auch Urk. von 1289 betr. die Erbschaft der Kunigunde Turprechin erwähnt gesehen, weil in ihr verwandtschaftliche Verhältnisse der H. berührt werden, insbesonders erfahren wir den Namen der Frau (Mechtild) des Leupold H. (G. M. 28894; G. M. 15 583). Die Angabe zu Urkunde v. 1278, S. XXIII, G. M. 29898 muß heißen 28 898. Unter den „ministeriales“ des Burggrafen steht in Urk. v. 1296 (G. M. 15 583, bzw. 28894 Nr. 9) wieder Frid. dict. Holzschuh neben Hch. genannt Stromeier, Herrn, gen. Ebner und Bercht. gen. Pfinzing. In Urk. v. 1297 (G. M. 15 583 S, 347 b) erfahren wir, daß N. Ortlieb als Eidam (Schwiegersohn) den Hch. Holschuher hat; 1304 (G. M. 28 892) finden wir genannt Heinrich, filius Friderici Holzschuer; 1315 (G. M. 15 583 und 28888) werden als Söhne dieses Friedrich bezeugt Heinrich und Seifried. Letzterer ist Baumeister in St. Sebald. 1318 (G. M. 15 583 S. 349) ist genannt Friedr. H. und Juta seine Wirtin und deren Eidam Cunrad Weigel, wie Herdegen, Friedrichs Bruder; 1321, Erchtag nach St. Niclastage, treten auf Heinrich, Konrad und Herdegen die Holzschuher, Herrn Herdegen H. Söhne; Engelburg, Heinrichs Wirtin; Geud, Konrads Wirtin, Katrein, Herdegens Wirtin. Als Zeuge Seiz Holzschuher (G. M. 15 583 S. 350). Dieser Konrad H. wohnt am Heumarkt

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(s. vorne und Urk. v. 1336. G. M. 28 894), Heinrich H., der Sohn Leupolds am Salzmarkt (Mufr II, 371 v. 1319), Fried­ rich aber am Weinmarkt bei der Prucken oder ,,auf dem Wasser“, wie auch später sein Sohn Seifried (Gemahlin ist Anna Kolerin) und Enkel Friedrich (Gemahlin: Adelheid). Als Schöffe der Stadt Nürnberg wird in Urkunde von 1288 (G. M. 15 583 S. 258 bzw. 28894 Nr. 5) genannt Her­ degen H.; derselbe im Landgericht: ,,da das landgericht was ze st. Gilgen 1290 am Freitag vor dem palmtag. (G. M. 15 583 S. 347. 28 888, 28 891.) — Als Schöffe erscheint Her­ degen Holzschuher 1291 im Landgericht; in der wochen vor st. Martinstag 1296, als Rüdiger v. Brand saß an eines Butiglers statt, werden als Urteiler genannt u. a. Herr Leupold H. und Herr Herdegen H., sein Bruder. „Des Butig­ lers Siegel ist ein türm, daran auf jeder seiten sich ein Löwe aufleint.“ (G. M. 15 583) ; ebenfalls im Landgericht („zu der steinen prucken“) sitzt in einer Zeidlersache als Urteils­ sprecher u. a. Herr Leupold der Holschuher (G. M. 15583 und 28 888 S. 14). Dieses Auftreten im Landgericht, gleich­ berechtigt mit den Landadeligen, ist ebenso wichtig wie der Nachweis, daß die Holzschuher als milites, castrenses und ministeriales der Burggrafen Vorkommen; denn diese Tat­ sachen sprechen für die Herkunft aus der Ministerialität. Hiezu kommt noch, daß die Holzschuher Anfang und in der Mitte des 14. Jhs. bereits reichen Landbesitz und Zehnte genießen, teils als Eigen, teils als Lehen des Reichs bzw. von Reichsministerialen, teils von Bamberg oder dem Burggrafen. Von Bamberg haben sie Güter zu Lintach,' Pettensiegel, zu Hausen; von den Eschenauern Höfe zu Etzleinswinden und Lint, von den Buttendorfern und den Burggrafen Güter zu Vach, von den Breitensteinern zu Reutlin, von den Henfenfeldern zu Weinzierlein; von den von Perg zuMalmshof; von den v,. Haimberg und den Rindsmaul zu Fronhof und Obeth usw.1) Ich glaube, man würde der Stellung der Holzschuher nicht voll gerecht, wenn man sie nur in ihrer Tätigkeit als angesehene Tuchhändler und Gewandschneider sehen würde, *) Vergl. auch G. E. Waldau, Verm. Beyträge II, S. 454.



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nicht aber in der altherkömmlichen Verbindung zum Adel und zu den Herren der gesamten Umgegend.

II. Der II. Teil der Einleitung, von Prof. Dr. Proesler ver­ faßt, zeichnet sich durch viele Literaturangaben aus; frei­ lich vermißt man ein tieferes Eingehen auf die speziell Nürnberger wirtschaftsgeschichtlichen Verhältnisse um 1300, wie denn allgemein in der Einleitung den „Lokal­ forschern“ diese Kleinarbeit zugewiesen wird. Es hätten sich doch mancherlei Einblicke in die Tuchmacherei, die Art und das Wo und Wie des Nürnberger Tuchgewerbes und Tuchhandels geben lassen. Vielleicht wäre dies ertrag­ reicher für die Wirtschaftsgeschichte geworden als der Ver­ such, die Aufzeichnungen des Holzschuherbuches um 1305 in Hinblick auf die Form der Buchführung zu untersuchen. Als Literatur wäre u. v. a. noch zu nennen: „Die Eichstätter Tuchmacher“, v. Fr. v. Hofer (Illust. Rundschau 1928 Nr. 6 S. 69); dann „Nürnbergs Handel im Mittelalter“ und „Nürn­ bergs Gewerbe im Mittelalter“ v. J. Baader (38. Jahres­ bericht d. hist. Ver. f. Mittelfranken 1871 und 1873 S. 94 ff.), die Achtbücher, Bürgeraufnahmebücher und Polizeiordnun­ gen des 13. und 14. Jahrhunderts, gedruckt in Auszügen bei Murr und Siebenkees. Der alte Müllner deutet an, daß das un­ garische Zollprivileg v. 1336 erlangt wurde „durch Berthold Holzschuher und Hans Ebner“. Auch Looshorn, Bistum Bamberg, bietet in zitierten Urkundenregesten mancherlei Angaben über Tuche, die in Nürnberg um 1300 gekauft und gefertigt wurden. Im Zusammenhang mit dem Handel der Holzschuher in Tuchen aus den Niederlanden soll hier ein Zolltarif folgen, den Murr, Journal für Kunstgeschichte XV, S. 110 neben anderen Quellen wirtschaftsgeschichtlicher Art des 14. Jahrhunderts abgedruckt hat und der in dem schon öfter genannten Pergamentband des Germ. Mus. Nr. 6028 a Blatt XCVII noch im Original erhalten ist. Nach­ dem er ungefähr dieselben Orte in Niederland berührt, aus denen die Holzschuher ihre wertvollen Tuche bezogen und

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daneben verschiedene Gewürze und Felle anführt, mag er vielleicht hier als Ergänzung und zur Klärung der Verhält­ nisse angeführt sein, zumal er auch noch sprachlich eigen­ artige Namen der Handelsprodukte enthält: scheit = seit — sayette (vgl. franz. das Taschentuch), gran („seit von gran“) im Sinne von Haar, Barthaar, davon Grannen des Getreides, palkin = Seide v. Baldac oder Bagdad usw., die uns in dem Sachregister des Holzschuherbuches wieder be­ gegnen. Der Ausdruck „perber“ bedeutet einen Mantel aus Wollstoff (Schmeller - Fr. I, 606. Lexer, mhd. Wbch II, 1612. Grimm Wbch I, 1539. Zeitschr. f. Gesch. des Ober­ rheins Bd. 37, S. 125. Mitteilungen VI, S. 117). Aelteste Zolltarife. Cod. Litt. E. p. XCVII. (Germ. Museum Hdschr. 6028 a, vor 1331.) VI haller Von einem sweren tuch von Dorn IV haller Von einem ringen tuch II haller Von einem Arrazz Von einem langen tuch von Hoy IV haller II haller1) Von einem kurtzzen VI haller Von einem tuch von Eyper Von einem tuch von Gente, von Mechel VI haller oder von Loeven IV haller Von einem langen tuch von Koeln II haller i) Von einem kurzen Von einem tuch von Meintz oder von Frideberch II haller XII haller Von einem scharlachen 1 haller Von vier parchan (Baracan) 2) II haller Von hundert eilen mittelers Von einem centen pfeffers,jngwers,mandels IV haller oder wahs II haller Von einem centen kumels VIII haller Von einem sacke saffrans 1 haller Von vier marck silbers XII haller Von einer marck goldes X haller Von hundert guldin 1) Bei Murr, XV, 110 steht irrig V haller. 2) Barchent, mhd. barhan, arab. barcan. 2

20

Von vier scheitern 3) oder von vier kurtzen i haller schamlaten Von einem seidinen tuch; von einem metznel II haller oder von einem purpur III haller Von einem grane 34)* oder von einem palkin 5) XII haller Von einem marmatten 6) II haller Von einem zental7) IV haller Von einem centen paumwollen Von einem centen kueppfers, eins, oder pleyes. 1 haller Von einem centen muschatplumen oder negelin XXIII1 haller XXIIII haller Von einem säume ungarischer ryemen XII haller Von einem pallen pelken Von einem hundert ciechen 8) III haller II haller Von einem engelischen tuch. VI haller Von einem perber 9) Von einem tausent vehes 10)11werckes. XXIIII haller Von einem tausent grutschens 1X) oder X haller aichornins XII haller Von einem tausend hasen palge (Druck: Chr. Gottl. v. Murr. Journal zur Kunstgeschichte und zur allgemeinen Litteratur. XV. Theil. (1787) S. in ff. Vgl. auch Theil XIII. S. 65.) 12) Merkwürdig zum mindesten sind die allgemeinen Aus­ führungen S. LIII der Einleitung über die Währung: „Als eigentliche Recheneinheit gilt das Pfund, das sich aus 3) Seit = sayette = sagetum ein leichtes Zeug von feiner Wolle (cf. Iwein, mit Anmerkungen v. Benecke u. Lachmann. Nr. 3454). 4) „vrischiu kleider, seit von gran und deine linwat. panni granae vestes de grana (Siehe Iwein mit Anmerkungen v. Benecke u. Lachmann Nr. 3454 u. 445. Dann Martin Parzival und Titurel, 2. Teil Kommentar S. 224. Nr. 244, 10. gran == Haar). 6) Baldekin, Seide von Baldac, Bagdad. 8) Marmotten = Murmeltier. 7) Zindel, eine Art Taffet. 8) Geißfell. 9) Vielleicht mit der Berberei in Zusammenhang stehend ? Siehe S. 19 oben ! 10) Fuchspelze. 11) Hamster. 12) Neuerdings auch in „Quellen zur Handelsgeschichte der Stadt Nürnberg seit 1400“ von B. Schmeidler, W. Biebinger, W. Neukam S. 30 ff.

2

240 üblicherweise als Zahlungseinheit verwendeten Hellern (seit 1230 zuerst in Schwab. Hall geprägt; hall.) zusam­ mensetzt. Gelegentlich bedient man sich als Münzsorte auch des Denars (den. Pfennig), der den Wert von 2 Hel­ lern besitzt“ usw. Hier hätte zunächst ein Blick ins Konversationslexikon genügt: Der große Brockhaus. 1931 Bd. 8 S. 371 schreibt: „Die Haller waren ursprünglich von ebenso gutem Gehalt wie die andern Silberpfennige, seit dem 15. Jahrhundert galt der Heller nur .1/2 Pfg.“ Meyers Lexikon sagt, daß man schon im ersten Viertel des 15. Jahrhunderts zwei Hel­ ler auf 1 Pfg. rechnete (1926. Bd. 5 S. 1370). Die Sache liegt also nicht so einfach wie Proesler sie erledigt. G. Ai. Will in seinen Münzbelustigungen 1. Teil S. 228 hat schon erkannt, daß Heller und Pfennige ,,lange einerley“ gewesen sind und die Urkunden um 1300 bestätigen es. wenn sie von Haller phennigen reden. Noch 1362, gelegent­ lich des Streites um die Schmiedezinsen heißt es einmal, jede Schmiede schulde 1 Schilling Pfg. und dann wieder 1 Schilling haller. Ueber den Wert kann man nur streiten, wenn man sich klar darüber ist, mit welchem Pfennig, ob Konstanzer, Regensburger, Nürnberger, Bamberger usw. man den Haller vergleicht. So berichtet Schöttle (Beschrei­ bung des O. A. Riedlingen 1923 S. 464), „Das älteste be­ kannte Wertverhältnis 4 Heller = 3 Konstanzer Pfennige veränderte sich infolge Verschlechterung der ersteren bis zum Ende der Städtekriege derart, daß 4 Haller = 2 Kon­ stanzer Pfennige und überhaupt der Heller allgemein zu 1I2 Pfg., folglich 1 Pfd. Heller = */2 Pfd. Pfg. gerechnet wird“. Also erst gegen Ende des 14. und Anfang des 15. Jahr­ hunderts ist das Rechenverhältnis von Pfennig zu Heller all­ gemein wie 2:1. In Nürnberg hatte um und geraume Zeit nach 1300. wie aus den Polizeiordnungen ersichtlich ist (Murr VII. 61), das Pfd. tatsächlich noch 240 Heller: Man zahlte „von dem pfunte 60 haller oder von viren alleweg einen“, also immer den 4. Teil; demnach war 1 Pfd. gleich 4X60 hal2*

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ler = 240 haller.

Ebenso entsprach der Nürnberger Pfen­

nig dem Haller Pfennig (vgl. die für die Wertsetzung der Münze wichtige Urkunde von 1285. gesten der Bischöfe v. Eichstätt. nicht überall.

Heidingsfelder, Re­

Nr. 992).

Aber das war

In der Nachbarschaft, z. B. im Eichstätti-

schen, finden wir in Urk. v. 1298 März 15 (Heidingsfelder Nr. 1190) folgendes: Der Bischof gibt an Kloster Heiden­ heim Einkünfte in Höhe von 8 Pfd. Hellern, die sich zusam­ mensetzen aus 26 Schillingen,

1 Pfd., 4 Pfd.,

12 dn,

16

Schillingen, 16 Schillingen, demnach entsprechen 58 Schil­ ling und 12 Pfg. = 3 Pfd.

und,

nachdem 40 Schilling

= 2 Pfd. sind, bleiben 18 Schilling 12 Pfg. — 1 Pfd.

Nach­

dem 1 Pfd. = 20 Schilling, müssen 12 Pfg. = 2 Schilling sein und 1 Pfd. = 120 Haller, bzw. 20 Schillinge zu je 6 Haller. Nr. 1196).

Aehnlich

in

Urkunde

v. 1298

(Heidingsfelder

Hier werden bewertet 12 Käse =n

2 Schilling Haller

20 Käse = 20 Pfg. Haller. Demnach ist 1 Käse 1 Pfg. Haller wert

und folglich die

12 Käse 12 Pfg. wert oder 2 Schilling, sodaß 1 Schilling = 6 Haller, 1 Pfd. aber — 120 Haller sein muß.

In Urkd.

v. 1304 (Heidingsfelder Nr. 1283) verkauft der Bischof von Eichstätt eine Gült von jährlich 45 Pfd. 54 Pfg. Heller um den i3fachen Wert, nämlich 590 Pfd. Haller, 3 lange Schil­ linge und 12 Pfg.

Auch hier errechnet sich, daß 702 Pfg.

5 Pfd. 3 Schilling lang

und

102 Pfg. — 3 Schilling 12 Pfg.

12 Pfg. Haller,

sodaß

Ein Pfund aber war 120

Pfg. Heller und 1 langer Schilling — 30 Pfg. Haller = hier 1I4 Pfd.

Es entsprach also, da man aus 1 Pfd. Silber nur

120 Heller hier prägte,

der Heller sogar dem doppelten

Wert eines denars, von dem 240 Stck. auf 1 Pfd. gingen. Es ist also in den genannten Fällen gerade umgekehrt wie Proesler meint, nämlich 1 Pfg. hat nicht 2 Heller, sondern 1 Heller hat hier sogar den Silberwert zweier der landläufigen Pfennige. Seine Aufstellung, wonach 1

langer

(= bayerischer)

Schilling = 15 Pfg. (oder 1/8 Pfd.) läßt sich auch nicht halten für die Zeit um 1300.

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Als ein grobes Versehen ist zu betrachten die Glei­ chung: i kurzer Schilling = 20 haller oder 10 denare oder lj12 lib; denn einen Erweis dafür kann niemand und auch die Herausgeber nicht erbringen. 1 kurzer Schilling ist doch 1/20 Pfd., aber er hat nur 12 haller Pfennige. In den obengenannten Urkunden von 1298 (Heidingsfelder 1196) usw. hat er sogar nur 6 Haller Pfg. 1). In mühevollen Untersuchungen wird nun S. LV—LIX der Versuch gemacht, die Preise für Gegenstände des täg­ lichen Verbrauchs, insbesonders für Getreide, aber auch für Wein zu errechnen, wobei den Bearbeitern die Fragwürdig­ keit der Resultate bewußt ist. Das Ergebnis, d. h. der errechnete Durchschnittspreis ist eine Sache, die man mit einigem Unbehagen betrachtet, wenn man nämlich andere einschlägige Aufzeichungen, insbesondere Bestimmungen des Rates von Nürnberg aus der Zeit vor 1350 zum Ver­ gleich heranzieht. Wir besitzen solche in den Einkaufsund Verkaufspreisordnungen über ,,Herrengülten“, also von • Naturalleistungen der Untertanen, die in dem schon ge­ nannten Pergamentkodex des Germ. Museums in Nürn­ berg enthalten sind. Sie bieten Unterlagen für die Preise von Korn, Weizen, Gerste, Hafer, Erbsen, Hanf, Mohn. Lein, Bohnen, Hirse, Wicken, Linsen, Hopfen, Flachs. Holz, Stroh, Wachs, Honig, Zwiebeln, Rüben, Kraut, Salz. *) Ueber die spätere Münze in Nürnberg gibt ein Verzeichnis, das der 2. Hälfte bzw. dem Ende des 14. Jahrhunderts etwa an­ gehören dürfte und das im „Histor. Diplom Magazin“ I. S. 108 ff. steht, einige Auskunft. Es heißt hier : Nota von der Münz zu Nürnberg. Ittem 2 Heller Herrn Geltz macht 6 pf. (= Ittem 4 Heller Herrn Geltz macht 12 pf. (= Ittem 2 lb. neuer Heller recht man für 1 lb. Herrngeltz. Ittem 1 Schilling Haller der langen macht 30 Haller oder 15 pf. Ittem 1 Schilling Haller der langen für 2V2 Schilling in goldt. Ittem 8Schilling Haller der langen macht 1 lb. Herrn-Geltz. Ittem 2 Haller machen 1 pf. Ittem 30 pf. machen 1 lb. alt. Ittem 1 Schilling Haller der langen machen 30 Haller. Ittem 1 Schilling der kürzen macht 12 Haller. Ittem 1 Gulden Werung macht alweg 1 Gulden Reinisch landßwerung und 20 Pfg. Aber in Handtirung kauffens und verkauffens, es schlach der guldin auff oder ab, so rechnet man alpot 12 Heller für 1 Schilling und 20 Schilling für 1 Reinischen Guldin. Das bleibt alweg. (S. 109)

24

Pfeffer, Ingwer, Saffran, Käse, Hühnern, Eiern und Gän­ sen. Dem Zweck entsprechend sind die Festsetzungen des Rates hier mehr generalisiert und stellen natürlich keine Marktpreise dar; sie werden unter diesen liegen. Weiter bietet Murr, Journal XV, S. 94 auch Auf­ zeichnungen über den Wert von Bier, von Fleisch aller Art, von Kohlen, von Ziegeln, von Wein usw. um 1300 und später. Zur Veranschaulichung seien hier, nach dem Ori­ ginal, Germ. Museum, S. CLXXXIX, einzelne Produkte aus den Ordnungen des Rats vor 1350 angeführt (vgl. auch Murr a. a. O. XV, S.97): ,,E z ist gesetzt worden. Sw er gult kauft oder verkauft nach herren gült, daz man di rechen sol als hernach geschriben stet. Des ersten 2 sümer körn gült. für ein pfunt herrengelts.

item item item item item item item item item

2 sümer weitz für 9 Schilling langer herrengelts. 2 sümer gersten für 1 üb. herrengelts. 3 sümer habern für 1 lib. herrengelts (usw.) rauhes körn als habern. pfeffer, ein lib; für 4 Schilling. ein lib. ingbers für 3 Schilling langer. ein lib. saffrans für 1/2 lib. (usw.) 10 air für 1 haller. ein scheiben saltzes ein reichew für 3 Schilling langer. item ein arme scheiben saltzes für 80 haller/4 (Aus diesen letzten Angaben ergibt sich, daß ein langer Schilling 30 Heller hat.) Eine Gegenüberstellung ergibt in der Einleitung: in der Ratsordnung: für 1 Simra Weizen 280 Haller 41/2 lange Schillinge „ 1



Roggen 183



„ 1



Hafer



152

Eine ähnliche Rechnung auf Grund der Angabe, daß der Müller für das Mahlen von 1 Simra Getreide 1 Metzen

~

25

oder 4—6 Heller erhalte, ergibt einen Wert von rund 64 Heller bis 96 Heller (1 Simra = 16 Metzen). Rechnet man zunächst nur in Pfunden, so finden wir im Holzschuherbuch: bei Weizen einen Simra-Preis von 1 Pfd. bzw. i1^ Pfd. Hafer •/»Pfd-, 3U pfd- + 15 h; */8 Pfd. „ Roggen „ „ „ 2/3 Pfd. -f 24 h; 3/4 Pfd. -j- 2 haller. Demgegenüber bietet die Preistaxe von 1350- -1360 etwa: 41/2 Schillinge lang. bei Weizen für 1 Simra 1/3 Pfund „ Hafer „ 1 „ rauhem Korn ,, 1 „ V, Pfund 1/2 Pfund. ,, glattem Korn ,, 1 ,, Es erscheint, m. E., fast ausgeschlossen, daß derartige Unterschiede, meist über das Doppelte, im Preis auch bei einer Zeitspanne von über 30 Jahren bestanden haben kön­ nen. Wehn man jedoch bedenkt, daß die schon oben ge­ nannten Urkunden von 1304 usw. das Pfund nicht zu 240 hallern, sondern zu 120 hall, kennen, und legt versuchs­ weise im Holzschuherbuch diesen Maßstab zugrunde, so wären die Preise rund folgende: im Holzschuherbuch: im Ratserlaß: Weizen 135, bzw. 120 haller; 135 haller Hafer (72; 75; 105) etwa 82 haller ; 80 haller Roggen 92; 104 haller; 80 h. rauh, 120 h. glatt. Wie man sieht, würde diese Annahme jene ungeheuer­ liche Diskrepanz beseitigen, die zwischen beiden Angaben klafft, wenn eben die Pfennige gleichwertig wären. Es wäre wertvoll gewesen, wenn die Herausgeber, die (wohl mit gutem Grund) 240 Nürnberger Heller auf ein Pfund rech­ neten, hier durch Heranziehung von Vergleichsmaterial die scheinbar klaffenden Preisspannen erklärt hätten. Sie schei­ nen mir in der Währung begründet. Ich möchte hier aber noch auf eine weitere Möglichkeit hinweisen. Der Aus­ druck „Herrengült“ bedeutet ja eigentlich eine jährliche Ab-

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gäbe des Erbzinsers an seinen Erbzinsherrn. Aber, nachdem in den späteren Nürnberger Aufzeichnungen, Satzungen usw., z. B. v. 1436 (,,Hernach stet geschriben, wie man Herren-Gelt versten und von allem Ding rechen sol. Anno 1436“), Herrengeld, wie der Herausgeber dieses Verzeich­ nisses sagt, als ,,ein besonderer und eigener Münz-Valor müsse verstanden werden, der von dem, so sonst im ge­ meinen Leben üblich war, beträchtlich abgegangen“ x), so möchte ich doch auch zur Klärung der genannten Preis­ spanne diesen Begriff „Herrngelt“ heranziehen. In einem anderen Verzeichnis, das dieselben Feldfrüchte und Preise aufführt, wie der von uns benützte Codex (Germ. Mus. 6020 a, S. CLXXXIX, etwa um 1360 oder etwas später; bzw,. Murr XV, S. 97 ff.), ist auf den fraglichen Ausdruck nämlich Bezug genommen: ,,Ittem also rechet man das Herrngelt zu Nurmberg. Ittem 1 pf. (— wohl lib.) Herrngeiz ist als viel als drey Gul­ den oder so viel an Münz alß der gülden ye zu Zeiten gielt.“ i) Man darf also in dem ,,Herrengelt“ einen Münzwert sehen, -der in eine Zeit zurückweist, wo die Kaufkraft des Geldes noch das Dreifache betrug im Verhältnis zur Zeit der Entstehung des Preisverzeichnisses (ca. 1350 bis 1360). So ließe sich dann auch verstehen, daß zur Zeit des Holzschuherbuches die Kaufkraft des Geldes nicht mehr die gleiche war, wie zur Zeit, da die „Herrngült“-Sätze mit dem Handelspreis übereinstimmen; sondern bereits soweit gesunken war, daß das Holzschuherbuch, wie oben angegeben^ Simra Hafer zu 1 Pfd. bzw. 9/8 Pfd. an­ setzt, während die Herrengilt nur 4J/2 Schillinge = 9/16 Pfd. beträgt, was die doppelte Kaufkraft voraussetzen würde. Ich muß es den Zuständigen überlassen, hier weitere Lichter aufzustecken.

Ergänzungen zu den Anmerkungen. Nachdem, leider, das Bürgeraufnahmebuch von 1302 ff. (St. A. Nbg. Rep. 52 b Nr. 228) nicht zur Erläuterung heran*) Historischdiplomatisches Magazin für das Vaterland und angrenzende* Gegenden. I. S. 107 ff.

27

gezogen worden ist, soll nachfolgend wenigstens eine An­ zahl von Personennamen aus ihm und anderen Quellen nach­ gewiesen werden, ohne damit, um mit den Herausgebern zu sprechen, das letzte Wort gesagt zu haben. Ziffer 3:

Ziffer 5:

Ziffer 7:

Albus civis noster. Als Bürger wird auf­ genommen um 1303: H. Albus. Fid. Holtzschuher de Forchh. et Waltherus miles de Hetzelstorf; dann 1306: Albus in Cistelgaz. Hermannus de Mur; in dem alten Lehensbuch des Hochstifts Eichstätt, pag. 28—30: Item Herman de Müer habet omnia bona sua in Müer ab ecclesia in feudo. . . . Item H. de Kunnstein patruus suus miles habet in feudo novum castrum Muer cum omnibus suis pertinentiis. Bertoldus de Stainberch; urkdl.: ca. 1300 bis 1305-

Ziffer 9:’

Ziffer 13:

Ziffer 18:

Berth. von Stainberch dictus Nuremberger. Stainberch ist nicht Kalbensteinberg, sondern zweifellos Gräfensteinberg (Heidingsfelder. Regesten der Bischöfe von Eichstätt, Regest Nr. 1314. Sammelbl. d. Hist. Ver. v. Eichstätt XVII. 1927. S. 9 villa Steinberg. Ebenso Hei­ dingsfelder Nr. 1271). Kalbensteinberg heißt um 1300 Chalwensteinberch; Chalbensteinberch. (55. Jahresber. v. Hist. Ver. f. Mfr. 1867 S. 98 Heidingsfelder 1762.) Seifridus Crof de Emolsheim; vgl. 66. Jahr­ buch des Hist. Ver. f. Mfr S. 6. Seine Frau heißt Elsbeth. Ulricus iunior de Mur: vergl. item Ulricus de Müer iunior et idem H. de Kunstein habet simul in feudo novum castrum Müer cum omnibus pertinentiis (Sammelbl. d. Hist. Ver. v. Eichstätt 1902 S. 9). H. de Eszinbach. Er wird Bürger in Nürnberg 1302. H. de Eschenbach. In vigilia Thomae apost. Fideiussores Chunr. Vichtlinus et H.



28

Geusmit. Ebenso wird Bürger 1313 Albertus de Eschenbach. Die Anmerkung: „Er (der Piterberger) und die de Mure, Sorgo, Stainner, Runenstein usw. gehören ohne Zweifel zur höheren bzw. niederen Ministerialität der Gra­ fen v. Truhendingen“ ist hinsichtlich der Murer zweifellos irrig; denn in dem ältesten Lehensbuch Eichstätts werden unter den „Homines infeudati ab ecclesia, qui proprii sunt ecclesiae“ (um 1300) genannt die de Mure und H. de Kunnstein (Sammelbuch d. H. V. Eichstätt 1902 S. 9). Wie es mit den „Stainern“ (Ziff. 1921) be­ schaffen ist, das ist noch fraglicher; denn 1307 wird Herrn. Stayner Bürger unter Bürgschaft des Gramlib Eseler et Seitz Stromaier (B. B.) und es wird auch um 1300 Hermann vom Steyn zum magister panis auf der SebalderSeite ernannt (St. A. Nürnberg 52 b 228). Ein Hermann de Lapide senior taucht in Nürn­ berg 1285 (Achtbuch), als Bürger 1310 und 1311 (B. B.) auf. Ziffer 19:

Ein F. de Mure in Urkd. v. 1295 neben Volnand v. Stopfenheim und Hch. Vogt v. Stop­ fenheim (Gfl. Arch. Pappenheim). Nofenheim ist Lesfehler für Stofenheim.

Ziffer 22 (9): Conrad Kropf von Kipfenberg (Struma), miles, (Gattin Petrissa) urkdl. 1301 als bes. Freund des Bisch. Konrad v. Eichstätt, seine Brüder Gotfrid Struma von Flüglingen und der Eichst. Domherr Heinrich, dictus Struma. (Heidingsfelder Regest 1232 und 36. Tahresber. d. Hist. Ver. Mfr. S. 94 ff.)* Ziffer 27:

Es handelt sich um Mörnsheim b. Eichstätt. Das Mörnsheimerholz in Aurach heißt erst seit 1524 so und Herren v. Mörnsheim kommen dort erst im Anfang des 15. Jhrdt. vor.

29

Ziffer 28:

Ziffer 35:

Ziffer 44:

Ziffer 49:

Ziffer 50: Ziffer 51:

Ulricus de Hausen. Es handelt sich nicht um Hausen bei Fürth und nicht um Hausen bei Forchheim, sondern um Weiboldshausen bei Weißenburg. Urkdl. 1308 Ulrich v. Hausen und sein Bruder Wikpoto neben Heinrich von Kunstein und Ulr. v. Treuchtlingen (vgl. auch Mon. boic. L II, Nr. 78, Sammelbl. d. Hist. Ver. Eichstätt 1924 S. 48 und Kunstdenk­ mäler Bayerns, Bez.-A. Weißenburg, S. 480). H. de Oberndorf. Es handelt sich um Obern­ dorf bei Ellingen. Urkdl. Heinrich de Obern­ dorf und Gemahlin Adelheid. 1308 Reg. boic. V, 134. Vgl, Sammelbl. 1924 S. 30. Er ist nachweisbar in Urkunde v. 1295 neben Friedr. v. Mur, Ulrich und Wipot v. Hausen. Meinward v. Stofenheim, Konrad v. Ololfesheim (Alesheim) und wird ein Sohn Herrn Meinwardes genannt. (Gfl. Archiv Pappen­ heim mit Siegel Wirntes und Hilteprants v. Meren.) Anmerkung 4. Siehe unsere Bemerkung zu Ziff. 5. Heidingsfelder Nr. 1246, 1269 und Sammelbl. v. Eichstätt 1924, S. 7. Seifridus Ebner. Er ist außerdem noch nach­ weisbar in dem Bürgerbuch: 1303 Hainricus et Sifridus filii Sifridi Ebenarii. Fid. Frid. Holtzschuher et H. filius eius. In den Bür­ gerbüchern: Albertus iunior Ebner 1338, Chunradus 1303, 1305, 1313, Hermann 1305, Eberhard 1285, 1303 neben Conrad. Leupoldus Faber de Rasz. Im B. B. ein Faber de Rasch 1309. In Urk. v. 1296 (Heidingsfelder) neben Tann, Vestenberg, Mur, Dietenhofen, Seckendorf, Ludw. v. Eyb., Seifr. v. Mörnsheim ein Hein­ rich von Witansdorf. Ob Georg v. Weiters­ dorf (1350) einschlägig (Mitt. d. V. f. G. d. St. Nbg. XV. S. 67) ? Nach der Ansicht der

3Q

Ziffer 54:

Ziffer 55: Ziffer 57: Ziffer 70:

Ziffer 75: Ziffer 77:

Ziffer 82:

Ziffer 88: Ziffer 224

Herausgeber dürfte man vielleicht auch an Weidendorf bei Herrieden denken. Gibt es übrigens ein Weitersdorf bei Heilsbronn ? Ich kenne dort nur Weiterndorf. Ein Weiters­ dorf liegt bei Roßtal, AG. Cadolzburg. Ein Weitendorf bei Fürth gibt es nicht. Rüdiger de Titenhofen. Ein Johann de Dietenhofen 1302, Fridrich de Dietenhofen 1309 Bürger in Nürnberg. Rüdiger et Fridericus de Dytenhofen, fratres, milites et castellani des Bisch, v. Eichstätt 1289 (Jahresber. v. Mfr. 1867 S. 4). Albertus Keser. Ein Pernolt Keser, Bürger in Nürnberg 1316. Ein Albertus Cheser 1304. de Werdenfels: Ein Wortwinus de Werdenvels wird Bürger 1303. Sänger (oder Sauger). Ein advocatus Sauger 1303 Bürger. Eberhard und Heinrich Pfeffer­ balg 1256. Muck 11,93. H. de Westenberg. Ein Herrn de V,. miles wird 1326 Bürger. Ulricus Witauer. Ein Ulricus de Wittowe erscheint als Beklagter in einem kgl. Hof­ gerichtsbrief (Gfl. Archiv Pappenheim 1304) neben Ulrich v. Treuchtlingen und Konrad Altheimer. H. Eberhardus de Novo Mur. Marquard und Eberhard, Söhne des Friedrich v. Mur, urkdl. 1330 (Sammelbl. 1902, S. 12). Hermann Rinsmaul (vgl. 224). Albertus Rinsmaul. Beide als fratres dicti de R. sitzen zu Werdenfels. Jung, Miscell. I, 14. Albert urkdl. bereits 1276 (Würfel. Adels­ geschichte S. 807). -Albert Rindsmaul nennt sich ministerialis imperii 1284 (Heidingsfelder 913); man wird ihn also nicht zur Bambergischen Ministerialität rechnen dürfen, wie Anm. 1 S. 15 meint.

31

Ziffer no:

Arnoldus de Sekendorf. Er wird 1319 neben andern geächtet und der Stadt verwiesen. ,,umb das si di stat (Nürnberg) beraubt habent an ir eren und an ir gute“ (Achtbuch). Ein Fritz Seckendorfer ist Bürger 1311, ein Hanns

Ziffer 118:

Stofenhamer : Chunrat Stophenheimer ist Bürge für die Steuer neben dem Holvelder für Heinrich Kissencheim de Ipphofen 1304. Im Achtbuch: Conr. de Stophenheim (ca. 1286). Achtbuch: Conr. de Stophenheim (ca. 1286). In Urk. v. 1320 Hch. v. St. als Hofmeister des Gf. Emicho v. Nassau (Mitteilungen d:. V. f. G. XV, 61).

Ziffer 130:

Ein Herman Coler ist 1316, ein Erkenbrecht Koler 1307 und 13 n Bürger zu Nürnberg.

Ziffer 140:

Ulricus advocatus. Als Bürger werden ge­ nannt advocatus Sauger 1303, ein advocatus de Awenperch dict. Somer 1304.

Ziffer 153:

officialis de Erelbach. Ein Ludwig official de Erlbach Bürger 1311 und 1314.

Ziffer 187:

ante Schulerium. — Die Gebrüder Heinrich, Konrad und Seitz Schüler mit ihren Frauen Chunel, Treutel und Christin in Urk. v. 1317 (Mitteilungen XV, S. 61).

Ziffer 260:

dominus de Pedenburch. Ein Rüdiger de Piettenburg Bürger 1308.

Ziffer 267:

Ulricus Kuedorfer 1311, 1312, 1314, 1319; der junge Kudorfer 1319 (Murr, Journal II.

Ziffer 344:

Ulricus de Einte. Schon 1285 in Nürnberg genannt Wirsingus, Hermannus, dicti de Linth; werden geächtet (Murr V, 113).

Ziffer 351:

Ein Leupold Staudigel 1298 in Nürnberg geächtet (Achtbuch), 1303 Bürge für den Neu­ bürger Chonr. de Hohstat.

1342.

364)-



Ziffer 416:

Ziffer 417:

32



Farenbach, Farenbeck, vidua in domo Varenbeck 1305, 1309, 1310, 1311 (Friedrich, G.. Werner). Strocht de Tunnenfelt. Ein Heinrich dictus Tunnenvelder 1285 in Nürnberg geächtet ne­ ben Alrauner und Conrad Wechler (Murr XV.

64). Ziffer 516: Ziffer 518: Ziffer 660:

Ziffer 672:

Gotfr. de Gasseldorf. Ein Götz de Gastelstorf 1306 Bürger. Wlpacher; es erscheint 1305 ein Fridericus de Wllebach (B. B.). filia Henrici Babarii. 1318 wird dieser Heinr. dict. Pair cultellator geächtet wegen Tod­ schlag an dem Messerer Weigel (Achtbuch) (Murr V, 117). Hch. Vihe 1314, 1319 als Genannter (Murr II. 370).

Ziffer 695: Ziffer 825: Ziffer 860: Ziffer 868: Ziffer 888:

Ziffer 887:

Ziffer 910:

Ziffer 925:

Stollo. Ein Ott, Ulrich, Merklin, Hermann Stollo 1301 (Achtbuch. Murr XV, S. 6). Die Urk. v. 1314 ist gedruckt bei Murr, Jour­ nal f. Kunstgesch. II, 374. Im B.-Bch. H. Recko 1310. H. de Wildenstein schon 1290 (Böhmer VI). Romunch Swarpart. In Gesellschaft v. Dietenhofern und Eschenbachern erscheinen 1284 Ramungus et Chunrat dicti Swarzpart milites de Kamerstein (Heidingsfelder Nr. 983). Eberhard Ebner. Auch 1285 im alten Acht­ buch. Ein filius Saxonis neben Seitz Futerer 1306 im Bürgeraufnahmebuch. Als magister panis nimmt man ca. 1285 herrn Wolf len den Sachsen. Rudolf Sachs ist 1319 Genannter (Murr V, 372). Scultetus de Forchaim. Eine Schultheta de Forchhaim wird 1303 Bürgerin, 1305 erscheint als Bürger scultetus Chunradus. Ein Walterus miles de Hetzelstorf 1303 (B.Bch.).

33 Ziffer 1031: Seifridus- Pule de Forchaim. Ein Seifridus de F. 1303 Bürger. Ein Pugke de Vorchheim 1326 als Bürger. Ottel Puk (Murr VI, 50). Ziffer 1074: Im B.-Bch. 1304, 1305, 1306, 1312. Ziffer 1076: Praunwartus official de Gründlach. Ein Braunwart, Berhtold, Otnant et Ulricus gener suus de Gründlach 1305 Bürger. Ziffer 1151: Im Bürgerbuch 1303, 1305, 1311, 1317, 1336; als Genannte 1319 (Murr II, 372). Ziffer 1178: Im B.-Buch 1303 Chonr. de Hohstet. 1311 H. Hochstetter. Ziffer 1282: Im B.-Buch Fridricus Hufnagel de Hoehstet. Ziffer 1297: scultetus noster. Ein Konr. d. Schultheiß ca. 1300 in MGLL Nr. 1057. Ein Chunradus scub tetus 1305. (B. B.) Ziffer 1568: Cunr. de Nevendorf. Ein Ch. Newendorfer 1306 im Bürgerbuch. Ziffer 1582: Ulrich und Heinrich Hofer im B.-B. 1335, 1340.

Ziffer 1589: Ein Werner Keßler ca. 1290 im Achtbuch (Murr XV, 65). Scriptor de Norenberch. Vielleicht Kastler Ziffer 1604: scriptor provincialis 1302 (Bürgerbuch). Maigister (wohl besser magister cf. Register) Ziffer 1609: Otto visicus: ein Otto medicus 1286 (Murr XV, 101). Ziffer 1648: Im B.-B. Chunr. Katerpeck et frater suus Berhtold 1305. Ziffer 1650: Frid. Muffel im B.-B. 1304, 1305, 1309. Ziffer 1654: Wigel de novo foro. 1300 als Zeidler im B.-B. Ziffer 1689: H. Spigeler: Ein Klingenschmied Ch. der Spigel ca. 1290 Achtbuch (Murr V, 110). Viel­ leicht in Beziehung zu bringen. Ziffer 1693: Alb. Grolant. Bürgerbuch 1307. Hch. Pilgrim 1314 (Murr II, 363).

34 Ziffer 1695: Gozo Sopper. Im

1319 consul (Murr II, 370).

Bürgerbuch

genannt

1303,

1305,

1313,

1321, 1337. Ziffer 1699: Cronfus. 1285 Ulricus dictus Kranfuz im Acht­ buch. Ziffer 1709: Ein H. Salsener Bürger 1304, ein Götz S. 1302, ein B. Salsener 1304. Ziffer 1699: Seifrid Streckfaden war Baumeister Sebald (Nürnberger Bürgerbücher).

in

St.

Ziffer 1751: Bertold Erher im Bürgerbuch 1305. Es gibt, lt. Stadtbuch (G. M. 6028 a), Herr Berchtold Irher aus seinem Eigen 10 lange Schillinge an die Stadt. Ziffer 1754: Dieterich Eisenwinder und 1306.

im

Bürgerbuch

1305

Ziffer 1776: H. Torso; es erscheint ein Berhtold Torso im Achtbuch 1285 (Murr XV, 63). Ziffer 1779: de Paierreut. Ein Chunrad und Heinrich de B. 1304 und 1305 als Bürger. Ein Chunradus filius Ziffer 1785: Cunradus de Aistet. Ditrici de Aistet. 1305; ein Heinrich de Eich­ stet 1314 (Bürgerbuch). Ein Schrotei pistor de Eystet 1303, Albertus Gräber de Eystet 1302. Heinrich

Keiner

de

Eistet

1314,

Heinrich

Eistetter 1311, Ulrich Eystetter 1311. Ziffer 1793: Hiezu noch ein Gotfried v. Bechtal. Apr. 8 (Gfl Arch. Pappenheim). Ziffer 1826: Gotfridus

pellifex

erscheint

1321

1309.

(Murr V.

113)-

Ziffer 1827: Weigel Ch. Bürger mit Sohn 1323 (B.-B.). Ziffer 1828: Ot Forstmeister ca. 1300 (Hii forestar.ii juraverunt) Bürgerbuch S. 1. Ziffer 1829: Im B.-B. Herman miles de Salach 1313. Ziffer 1846: Lehener. Ein dictus Lehner 1285 im Achtbuch (Murr V, 166). Ziffer 1&51: Als Meister ,,über die Mentler“ gesetzt Rüdi­ ger Menteler (Murr V, 115).

35

Ziffer 1849: dominus de Otingen. Ein Chunradus dictus Oettinger ca. 1290 in Nürnberg geächtet (Achtbuch, Murr XV, 69). Ein herr Sifrit de Ottingen, ein ritter, 1308 (Archiv Pappenheim), Ministerial der Gf. v. Greisbach. Er ist kein Graf von Oettingen. Ziffer 1854: Eberlein Weigel ein Genannter 1317 (Murr II, 367). Sein Sohn Chunrad Weigel 1314, 1317. Im Bürgerbuch Conrad 1311; Heinrich 1307. 1308, 1309, 1315, Johann 1341, Hermann 1314, 1337* Ziffer 1892: Olbertus Crautus: 1314 Alb. Crauter (Murr,

n, 365)Ziffer 1911: Seitz Mälzer. Bürger 1302, 1311, 1314. Ziffer 1916: Vgl. B.-B. 1314, 1317, dann Murr II, 373. Ziffer 1921: Herrn, v. Steyn, Meister über das Brot 1286. dann 1329 (Bürgerbuch S. 16; Murr II, 332). Ziffer 1923: Eine balneatrix am Zotenberg 1324 (Murr XV, 101).

Ziffer 1927: Ein Merklin jud mit dem bart 1320 (Murr II, 374), her Merklin (ebendort). Ziffer 1929: Im B.-B. 1302 Fridrich Hufsmit et Waltherus Hufsmit. Ziffer 1931: Eisfogel. Ein Herr Eisvogel 1307, 1337, Bür­ ger, 1317 Genannter; 1303 und 1307 im Bür­ gerbuch ein Heinrich, 1317 und 1319 ist er Ge­ nannter (Murr II, 367). Ziffer 1936: Hiezu noch ein Fritz de Aurbach (B.-Bch). Ziffer 1937: de Stauf, Herman, Chunrat, Gotfrid, Ditrich von Stauf (Reg. boic. IV, 520). Ziffer 1939: Fridricus Obulus (?) 1305, Ortwinus Haller 1311. C. de Halle 1340, Hch. de Haller 1340, Ulr. et Berht. Haller 1335, 1346. Peter Haller 1326. Ziffer 1952: Heinz Groß, um 1300 Meister über das Brot (Murr, Journal VI, 47). 3

36 Ziffer 1948: Ulin, Ullein de Eibach, Bürger 1306, 1315, 1328. Ziffer 1978: Götz institor Bürger 1304; daneben ein institor Ulr. de Arenbaur,. 1304. Ziffer 1984: Gozo Murer neben Gotzo Salsner Bürgen 1300 bei Aufnahme Berth. v. Einersheim. Ziffer 2006: H. coquo. 1314 Bürger Herrn, cocus. Ein cocus dict. de Vorchheim 1315 (B.-B.) Ziffer 2015: Nachweisbar Conrat Cranfuz in St. Lorenz (Baader, Polizeiordn. S. 191, dann Muck II, 144)-

Ziffer 2020: Ein Herrn, der Milla ist Meister über das Fleisch ca. 1300 (B.-B.). Ziffer 2024: Kunlinus in foro vini 1305; Kunlinus apud Augustenses 1302. Ziffer 2035: Ch. de Zenna 1305, 1312, 1314 Bürger. Ziffer 2041: Im B.-B. Chonrad Lembelin 1305. Ziffer 2050: H. Geusmit: 1302, 1304, 1311, 1312 im Bür­ gerbuch, 1319 Genannter (Murr II, 372). Ziffer 2060: Ein Heinrich Nodler ist Bürger 1311 (Bürger­ liste Germ. Mus. 16576). Ziffer 2061: Hermannus Ficus. Nach Ausweis des Perga­ mentbandes Germ. Museum 6028 a gibt Herman der Fikus sein Haus „unter der purge“ an die Stadt. Ziffer 2071: Markardus de Novo Foro. Im B.-B. 1303, 1309, 1311. Ziffer 2086: Ein Conrad Reiner im B.-B. 1303. Ziffer 2089: Lanscriptor. Ein Kastler scriptor provincialis 1302 im Bürge^buch. Ziffer 2102: Allerhamber wohl Alerheimer (im Ries) Wireich v. Trauteligh seit 1279 oft; 1311. 1312, 1315; sein Bruder ist Ulrich v. Treuchtlingen; sein Schwager aber Hch. v. Oberndorf und Wirnto v. Meren (1311). Ziffer 2112: de Mering. Ob Mering a. d. Donau?

37

Ziffer 2173 für Chunrad Rex von Tettelsau 1305, Walter Rex 1306. Ein Rex spielt im großen Aufstand 1349 eine Rolle,. Wie schon gesagt, wollte und konnte ich auch nicht iri der mir im Rahmen einer Betrachtung über das Holz­ schuherbuch zur Verfügung stehenden Zeit und Seiten­ zahl alle aus dem Bürgerbuch und Achtbuch v. 1285 ff. vielleicht noch möglichen Identifizierungen geben. Immer­ hin dürfte ersichtlich sein, daß man nicht ohne Gefahr, Wich­ tiges zu übersehen, naheliegende Quellen unbeachtet läßt. Ein Auffinden der Namen wäre übrigens einfacher gewesen, wenn nicht das Register die verfehlte Anordnung zeigte, B und P, C und K, D und T, F und V getrennt, statt ver­ einigt zu bringen. Es ist dieser Aufsatz länger geworden als eine der üblichen Besprechungen; aber das Buch reizt und regt an über den hier neu gebotenen Stoff nachzudenken und so ergab es sich, daß entsprechend den Wünschen der Heraus­ geber, da und dort einiges ergänzt oder in anderer Weise als sie es taten, zu deuten und zu erklären versucht wurde. Je mehr wir uns mit dem Stoff vertraut machen, umsomehr kommt uns zum Bewußtsein, wie wenig Material uns doch eigentlich über die Wirtschaftsgeschichte Frankens um 1300 zur Verfügung steht, und wie sehr wir uns doch freuen können, jetzt die in tadellosem, vornehmem Druck, Papier und Einband vorliegende Edition des alten Hand­ lungsbuches der Holzschuher in Nürnberg von 1304—1307 zu besitzen,.

Die Geldgeschäfte der Holzschuher Von

Professor Dr. A. Diehl- Stuttgart.

Das Handlungsbuch der Nürnberger Gewandschneider Holzschuher, dessen schöne Veröffentlichung durch A. Chroust und H. Proesler wir der Gesellschaft für fränkische Geschichte verdanken, enthält auch einige Einträge über Geldgeschäfte mit Juden. Einen Teil davon betrachtet Proesler als Darlehen der Firma an Juden, die in keiner Beziehung zu den Konten stehen, bei denen sie eingetragen sind. Diese Erklärung vermag nicht zu befriedigen. Schon Proesler ist es aufgefallen, daß hier das kanonische Verbot des Zinsnehmens, dazu noch mit sehr hohen Zinsen, über­ treten ist. In der Tat wäre dieses Verhalten von einer Firma, die mit Gliedern der hohen Geistlichkeit, auch dem Bischof von Bamberg, in Geschäftsverbindung stand, sehr seltsam. Auch würden solche Einträge mitten in einzelnen Konten nicht zu der sonstigen Anordnung des Buches passen. Bei zwei Einträgen ist nun die Beziehung zu dem Konto ganz deutlich. Bei Alman de Weizenfeld ist (Zeile 824) vermerkt: Acomodavi ad Pondit et Jacob um fratrem eius Judeos, Walpurge lib. 3 minus 30 hall. Derselbe Eintrag findet sich weiter hinten (Z. 1169), wo das Konto des Alman fort­ gesetzt wird, nochmals ausführlicher mit den sonst üb­ lichen Angaben über das Anwachsen der Summe. Daß der Posten zweimal bei demselben Konto verbucht ist, deutet sicher auf einen Zusammenhang. In der Zusammenrechnung des Jahres 1305/6 findet sich (Z. 2199) der Eintrag. Notandum, quod ego H. Holzhuher accepi supra Ulricum de Truhending ad Minman

42

Ju deu m

Pentecosten

chaelis lib.

1 i b. 75

100 minus 1 lib.

et

erunt

Mi­

Nimmt man dazu

einen Eintrag beim Konto des Grafen Ulrich von Truhen­ dingen (Z. 2161): Item emimus ad fratrem meum supra

dominum

meum

pro

44 lib. supra Walpurge. centum lib. et 4 lib., deutlich.

centum

geschlossen.

et

Hoc vendimus pro

dann wird der Zusammenhang

In beiden Fällen wird ein Geschäft

U 1 r i c u m“,

lib.

„supra

d. h. a conto oder zu Lasten desselben ab­ Um ein Darlehen an den Juden kann es sich

nicht handeln, vielmehr hat die Firma die 75 Pfund Heller von diesem empfangen. heißt es supra

Beim Konto des Konrad Stusso

(Z. 1264): Item tenetur nos redimere Pasee

ad

Judeos

lib. 16.

Also

hat

die

Firma Geld bei Juden aufgenommen, das ein Konteninhaber zurückzahlen muß. Nun ergibt sich auch die Bedeutung der Einträge mit „ accom odavi

Das Wort heißt zwar im Lateinischen

u. a. „hingeben“, auch „leihen“. „accomodare i conti“,

Im Italienischen bedeutet

wie Tommaseo

in

seinem

Nuovo

Dizionario angibt, „liquidare i conti per saldarli“, also ein Konto liquidieren durch Uebertragung. den Einträgen des Holzschuherbuches Sinn.

Wo Daten gegeben sind,

Und das gibt bei einen

recht

guten

wird das Geld bei einem

Juden aufgenommen, nachdem der Konteninhaber vier bis sieben Monate,

meist nach einer Abrechnung,,

in Verzug

geblieben ist (Z. 31. 630. 954. 824/1169. 1554). In vier Fällen hört das Konto damit auf (Z. 31. 630. 954. 1235.); in anderen geht es weiter.

Bei kleineren Posten mit 6X!2

bis 21I2 Pfund Heller wird der ganze Betrag beim Juden auf genommen (Z. 1554. 954. 630.).

Bei größeren Sollbeträ­

gen wird nur ein Teil beim Juden aufgenommen, z. B. von 241/2 Pfund Soll

aufgenommen 12,

von

mehr

als

401/2

Pfund Soll aufgenommen 20 (Z. 31. 1235); bei Graf Ulrich von Truhendingen beträgt das Soll bei der Abrechnung am 29. September 1305 510 Pfund Heller. den am 22. Mai 1306: 75 Pfund.

Auf genommen wer­

Daneben läuft allerdings

die andere oben erwähnte Finanzoperation.

43 Man hat sich den Vorgang wohl so zurechtzulegen: Der Preis der Ware beim Verkauf auf Kredit war wohl bei den Holzschuhern wie auch anderwärts, z. B. bei der Großen Ravensburger Gesellschaft, anders kalkuliert als beim Verkauf gegen bar. Darin lag ein gewisser Ersatz dafür, daß der Betrag dem Geschäft länger vorenthalten war. Blieb der Konteninhaber allzu lang im Verzug, so war der dadurch entstehende Gewinnausfall durch den Preis nicht mehr gedeckt. Die Firma mußte also sehen, daß sie auf ihre Rechnung kam. Zinsen zu nehmen hinderte sie das kanonische Verbot. Darum nahm sie den ganzen rück­ ständigen Betrag oder einen Teil davon bei einem Juden auf; und zwar zu Lasten des Konteninhabers. Denn dieser mußte dem Juden den aufgenommenen Betrag nebst Zin­ sen bezahlen; das zeigt der Eintrag „tenetur nos redimere supra Pasee ad Judeos lib. 16“ (Z. 1264); ferner bezahlte Ulrich von Buchfeld, auf dessen Konto offenbar 7 Pfund 180 Heller aufgenommen wurden, 7 Pfund 145 Heller und dazu 130 Heller ,, i n u s u r a “, also als Zins (Z. 955). Daß der Gläubiger sich beim Verzug des Schuldners durch Aufnahme des geschuldeten Betrags bei einem Juden schadlos hielt, kam auch sonst vor. So wurde beim Ver­ kauf einer jährlichen Gült von 10 Pfund Heller in Stutt­ gart am 28. März 1337 verabredet, wenn die Gült nicht bezahlt werde,, solle der Empfangsberechtigte (der Pfleger des Fürstenfelder Hofes in Eßlingen) den Betrag ,,an den Juden zu Eßlingen" nehmen auf der Aussteller der Ur­ kunde, d. h. der Verkäufer der Gült, Schaden und auf die Gültgüter. Wenn die Mönche dadurch in Schaden kom­ men, geloben die Verkäufer, ihnen davon zu helfen ohne allen ihren Schaden. (Württ. Geschichtsquellen Bd. 13, Ur­ kundenbuch der Stadt Stuttgart Nr. 75.) ,,An den Juden“ entspricht ,,ad Judeum“ und „auf Schaden“ dem „supra Ulricum“ im Holzschuherbuch. Am 18. Januar 1340 ergeht ein Urteil vom Gericht zu Eßlingen in folgendem Fall: Zwei Bürger schulden dem Predigerkloster von ihren Weinbergen einen gemeinsamem jährlichen Zins. Wird

44 der eine von ihnen (Kruse) wegen des Zinses gerichtlich belangt und bezahlt ihm der andere seinen Anteil, nämlich 10 Schilling io Heller, nicht, so darf Kruse diese Summe bei den Juden auf Zins aufnehmen. (Württ. Geschichtsquel­ len Bd. 4, Urkundenbuch der Stadt Eßlingen Bd. I. Nr. 685.) Das Holzschuherbuch läßt nicht erkennen, ob die Firma mit den Kunden sofort bei Eröffnung des Kontos oder erst, wenn sie mit der Zahlung in Verzug kamen, eine ähnliche Abrede wie in der Stuttgarter Urkunde traf, ob das Vor­ gehen in Nürnberg allgemein Rechtens war oder ob etwa, was allerdings weniger wahrscheinlich ist, im Einzelfall ein Urteil erlangt worden ist. Die Frage, wurden,

ob die hohen Zinsen tatsächlich bezahlt

eine Konventionalstrafe bedeuteten

Bedeutung einer Androhung hatten, Einträge beantwortet.

oder nur die

scheint durch zwei

Beim Konto Gerfrid Crof werden

am 25. April 1305 bei dem Juden Weimann 12 Pfund Hel­ ler aufgenommen, die bis Michaelis auf 17 Pfund 4 kurze Schillinge anwachsen.

An Lichtmeß 1306 werden erneut

17 Pfund aufgenommen,

ohne daß das Konto inzwischen

neu belastet worden wäre (Z. 31/33).

Das sieht so aus, als

ob die Firma, da der Jude bei Crof keine Deckung fand, genötigt gewesen wäre, die seit Michaelis fällige Summe erneut

mit

anderer Fall.

neuem Ziel aufzunehmen.

Deutlicher ist ein

Beim Konto des Cunradus de Peulendorf wer­

den am 11. November 1305 aufgenommen 20 Pfund, die bis Walpurgis 1306 auf 32 Pfund 8 Schillinge und weiter bis Weihnachten auf 40 Pfund weniger 24 Heller anwachsen sollen.

Bezahlt werden an Weihnachten 28^ Pfund, als

noch ausstehend werden berechnet die übrigen n1^ Pfund (Z. 1235/37).

zu

Noch bleibt das Verhältnis der Geldaufnahme bei Juden den Bürgschaften zu klären. Schon Chroust hat

(S. XXVIII) ausgesprochen, daß die Bürgen nicht mehr in erster Linie für die Bezahlung herangezogen wurden, son­ dern die Bürgschaft schon einen stark formalen Charakter hatte.

Proesler hat (S. XLVII) dem zugestimmt und hin-

45

zugefügt, daß die Hinzuziehung eines Bürgen den Zweck hatte, die Buchungen im Bedarfsfälle als förmliche Schuld­ urkunden verwerten und ihnen prozessuale Beweiskraft ver­ schaffen zu können. Diese Auffassung wird bestätigt, wenn beim Verzug des Schuldners nicht auf den Bürgen zurück­ gegriffen, sondern die Summe bei einem Juden aufgenom­ men wird; fideiussor hat offenbar nur die Bedeutung Zeuge, wie das auch sonst vorkommt. Alle Schwierigkeiten werden durch die hier dargelegte Deutung, bei deren Annahme übrigens einige Datum­ berechnungen nachzuprüfen sind, nicht beseitigt. Aber sie ist doch der von Proesler vertretenen, bei der z. B. der Ein­ trag ,,de his tenemur lib. 4 minus 24 hall.“ (Z. 1237) un­ verständlich ist, vorzuziehen. Auch haftet der Firma nicht mehr der Makel an, daß sie unter Uebertretung des Zins­ verbotes von ihrer Kundschaft sich Zinssätze bezahlen ließ, die selbst bei Judenschulden wucherisch waren.

Nürnberger in Kanzleidiensten Karls IV.

Von

Dr. Paul Schöffel-Würzburg.

i. Friedrich Stromer. Auf Urkunden Karls IV. vom Dezember 1347 bis April 1350, vor allem im Jahre 1349, begegnet öfters als unterfertigender Notar ein Fridericus *); einmal unterzeich­ net er etwas ausführlicher in der abgekürzten Form Frider. Stromm *2). Es handelt sich zweifellos um jenen Fredericus Stromayri de Nuremberch, der 1349 Januar 11 als Regi­ strator Karls IV. genannt wird 3) und später als Fridericus notarius de Karlstein erscheint 4). Denn ein anderer Fri­ dericus kommt sonst um diese Zeit in der Kanzlei nicht vor. Stromayr und Nürnberg, diese Namen führen unwill­ kürlich auf Ulman Stromer. In der Tat findet sich in Hegels Ausgabe5) auf S. 71 unter Ulmanns Vettern („geswistreit kint“) Herr Fridreich Stromer von Karlstein als D Alfons Huber, Die Regesten des Kaiserreichs unter Karl IV. 1346—1378. (Innsbruck 1877) Einleitung S. XLII Nr. 4 und: Erstes Ergänzungsheft, Einleitung S. VII Nr. 5. Theodor L i n d n e r, Das Urkundenwesen Karls IV. und seiner Nachfolger. (Stuttgart 1882) S. 21 Nr. 5. Ferdinand T a d r a, Kanceläfe a pfsali v zemich öeskych za kralu z rodu Lucemburskeho (Rozpravy öeske akad. 1. Kl. 1. Jg., Prag 1892, Heft 2) S. 30 Nr. 12 und Nr. 14. — Ueber die kaiserliche Kanzlei vgl. auch die allgemeinen Werke von Harry B r e s s 1 a u und Wilhelm Erben; über die Bedeutung der Unterfertigung und des Registraturvermerks besonders Lindn e r ä. a. O. S. 104 ff. bezw. S. 108 ff. — Für die Zeit Karls IV. siehe auch meine Aufsätze: Rudolf von Friedberg. Studie zur Kanzlei­ geschichte Karls IV. (Archivalische Zeitschrift 3. F. 7. Bd., Mün­ chen 1931, S. 26—49) und: Johann Zufraß, Domherr zu Bamberg, t 1387 (Bamberger Blätter für fränkische Kunst und Geschichte, Beilage zum Bamberger Volksblatt, 8. Jg., 1931, Nr. 12). 2) 1349 Juni 21, BH. Nr. 1025, Or. München Hauptstaats­ archiv, Bamberger Urkunden Fasz. 592. 3) Monumenta Vaticana res gestas Bohemicas illustrantia (im folgenden zitiert als Mon. Vat. Boh.) I (Prag 1903) Nr. 1056. Vgl. auch Tadra a. a. O. S. 30 Nr. 14. 4) Lindner a. a. O. S. 21 Anm. 3. 5) Die Chroniken der deutschen Städte. Nürnberg. 1. Bd. (Leipzig 1862).

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Bruder von Cunczman, Ortolff und Bartolmes Stromeir; deren Vater ist nach S. 66 Ulmans Vatersbruder Cunrat vor den Predigern. Auffallend ist allerdings, daß Ulman die­ sen Vetter Friedrich nirgends ausdrücklich als Sohn des Onkels Cunrat bezeichnet, so sehr sich dazu Gelegenheit böte*6).* * Anläßlich * der Aufzählung der Vatersgeschwister (S. 62) setzte er wohl an: Cunrat Stromer vor den predigern waz meins vaters bruder, der het zu der e........., läßt aber dann die ganze Seite frei 7); erst in der späteren Redak­ tion A ist hinzugefügt: drey frawen; die Namen der Frauen und Kinder fehlen auch hier. S. 66 nennt er als Söhne Cunrats lediglich die vielleicht erstehelichen Brüder Cunzmann, Ortolff und Bartolmes. Die bereits zitierte Stelle S. 71 lau­ tet in der ersten Fassung: Di sein geswistreit kint mit mir: Cunczman, Ortolff und Bartolmes die Stromeir und herr Fridreich Stromer und ir swester (hier folgen mehrere Schwestern). In der Redaktion A aber ist vor und nach „herr Fridreich Stromer“ eingefügt „ir bruder“ bzw. „von Karlstein“. Bedeutet die letztere Hinzufügung tatsächlich etwas Neues, so ist hingegen das „ir bruc^er“ überflüssig, da Friedrich ja bereits durch das folgende „ir swester“ genü­ gend als Bruder der drei Erstgenannten gekennzeichnet ist. Die etwas unsichere Ausdrucksweise Ulmans mag nun ein­ fach daher rühren, daß er über diesen/Familienzweig nicht genügend unterrichtet ist. Sie kann aber auch einer ge­ wissen Verlegenheit entspringen, so als hafte dem Gegen­ stand des Berichtes hier etwas Peinliches an. Es wäre ver­ ständlich, wenn der biedere Ulman die Existenz des Vetters Friedrich etwa als peinlich empfände. Aus einer Supplik, die diesem anläßlich einer Gesandtschaftsreise nach Avignon im Dienste Karls IV. dem Papst im August 1350 über­ reichte, geht nämlich hervor, daß er „de coniugata genitus e) Joh. Gottfried Biedermann, Geschlechtsregister des hochadelichen Patriciats zu Nürnberg (Bayreuth 1748) Tafel 461 bezeichnet Friedrich als Sohn aus zweiter Ehe, hat dafür aber ver­ mutlich auch keine andere Quelle als die Reihenfolge der „geswi­ streit kint“ bei Ulman. 7) Vgl. W. E. Vock, Ulman Stromeir (1329—1407) und sein Buch. Nachträge zur Hegelschen Ausgabe. (Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg 29. Bd., 1928 S. 133 )





et soluto“, also mit einem defectus natalium behaftet war8). Danach verdankt er das Leben einem Ehebruch, vermut­ lich einer der drei Frauen Cunrats vor den Predigern; so würde sich wenigstens erklären, warum Ulman sich scheut, ihn als Cunrats Sohn zu bezeichnen. Für unebenbürtige Söhne und Geschwister war das geistliche Gewand von jeher ein beliebter Trost und gar mancher „Bastard“ hat es darin zu größerem Ansehen, Einfluß und Vermögen gebracht als sein nichts als legi­ timer Bruder. Besonders aber war hierzu der fürstliche Kanzleidienst geeignet. Brachte er doch wie kaum ein an­ derer die Gelegenheit, sich großen Herren unentbehrlich zu machen und sie sich zu oft reichem Dank zu verpflichten. Die Entlohnung für Kanzleidienste bestand in damaliger Zeit weniger in einem festen Gehalt als in den Taxen und pflichtmäßigen Geschenken, die von den Urkundenempfän­ gern zu leisten waren, und, soweit es sich um Geistliche handelt, wie bei der überwiegenden Zahl der^ fürstlichen Kanzleibeamten bis weit ins 15. Jahrhundert hinein, in geist­ lichen Pfründen, die der Kanzleiherr entweder selbst zu vergeben hatte oder auf dem Weg etwa der primae preces, nicht zuletzt durch Ausnutzung guter Beziehungen zur Kurie zu verschaffen vermochte. Besonders bei den Be­ amten der Reichskanzlei zur Zeit Karls IV. herrscht auf diese Weise eine unglaubliche Pfründenhäufung und die bedeutendsten unter ihnen bezogen so ein sehr ansehnliches Einkommen9). Auch Friedrich Stromer trat in den geistlichen Stand und in den fürstlichen Kanzleidienst. Sei es durch Ver­ mittlung Verwandter — ich denke an die unten behandelten Schatz —, sei es durch ostdeutsche Geschäftsverbindungen der Familie gelang es ihm, in die Dienste der böhmischen Könige zu treten, ja, Böhmen wurde schließlich geradezu seine zweite Heimat. Vermutlich war er bereits vor der Wahl Karls von Mähren zum römischen König für diesen 8) Mon. Vat. Boh. I Nr. 1261 und 1262. •) Vgl. etwa meinen in Anm. t genannten Aufsatz Über Rudolf von Friedberg S. 34 f. und S. 38 mit Anm. 66. 4

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oder seinen Vater Johann tätig. Denn schon vor dem 28. April 1346 besaß er als „pauper clericus“ eine päpstliche Anwartschaft auf ein von Abt und Konvent des Prämonstratenserklosters St. Vinzenz bei Breslau zu verleihendes Benefizium; an diesem Tag erhält er von Clemens VI. unter Kassierung der vorigen eine Anwartschaft auf das nächste vakante Benefizium, dessen Präsentationsrecht dem Stift Wyschehrad bei Prag zusteht10). Wer sich an der Kurie für ihn verwendet hat, konnte ich nicht feststellen; vermut­ lich jedoch eine zu den beiden Pfründekollatoren im Obrig­ keitsverhältnis stehende Persönlichkeit, für die in beiden Fällen der böhmische König als Oberlehensherr der meisten Piastenherzogtümer wie als Landesherr des Stifts Wyscheh­ rad am ersten in Frage kommt. Vielleicht darf man aus dem Benefizientausch von 1346 sogar den weiteren Schluß ziehen, daß Friedrich vor seiner Verwendung in der böh­ mischen bzw. in der Reichskanzlei in der schlesischen Lan­ desverwaltung Dienst tat. Sicheren Boden betreten wir erst mit dem Jahre 1347. Seitdem begegnet er, wie erwähnt, als unterfertigender Notar in der gemeinsamen Reichs- und böhmischen Kanzlei Karls IV. Wenn wir annehmen dürfen, daß bereits in diesen Jahren die Obliegenheiten der Notare und Registratoren in der Kanzlei so streng geschieden waren wie später (ein schlüssiger Beweis für diese Ansicht ist allerdings noch nicht erbracht), dann scheint Friedrich die Tätigkeit eines Notars und das diesen zukommende Recht, zu unterfertigen, nur stellvertretend ausgeübt zu haben; noch am 11. Januar 1349, als ihm die Fürsprache des Königs eine weitere, zweite Anwartschaft auf ein von Erz­ bischof oder Domkapitel in Prag zu besetzendes Benefizium einbrachte, wird er lediglich als Registrator bezeichnet11). Nur war es damals in der Kanzlei noch nicht üblich, auch den. Namen des Registrators auf den Urkunden anzugeben, sodaß sich Anfang und Ende seiner Registratorentätigkeit auch* nicht annähernd feststellen lassen. Die letzte mir bekannte Unterfertigung Friedrichs auf einer Königs10) Moq> Vat. Boh. I Nr. 638. “) Vgl. Anm. 3.

53 urkunde stammt vom 8. April 1350, wo Karl in Nürnberg weilte12). Kurz darauf führte ihn die schon erwähnte Ge­ sandtschaftsreise, bei der es sich u. a. um die für die Geschichte des Frühhumanismus so folgenreiche Inhaftie­ rung des Cola di Rienzo in Böhmen handelte, nach Avigr non 13). Unmittelbar nach der Rückkehr wurde Friedrich auf abermalige Fürsprache des Königs vom Papste mit einer eben freigewordenen Domherrnstelle zu Olmütz providiert, d. h. ohne Rücksicht auf Wahl-, Besetzungs-, Anwartschafts- und sonstige Rechte Anderer eingesetzt und erhielt auch die zugehörige Präbende, d. h. die mit ihr verknüpften ständigen Einkünfte 14). Es ist die erste geistliche Pfründe, die er nachweislich tatsächlich an trat; seine materielle Existenz war damit gesichert. Von 1350 an fehlt mir lange Jahre jede Spur Friedrich Stromers. Erst 1359 finde ich ihn wieder in völlig verän­ derter Stellung. In einer Supplik vom 30. November T359 15) nennt ihn der Kaiser „notarius suus et collector reddituum suorum in districtibus Karlsteinensi, Misenburgensi,, Burglinensi et Kamicensi“. In einem Schreiben Innozenz’ VI. an-jden kaiserlichen Kanzler Johann von Neu­ markt, Bischof von Leitomischl, vom gleichen Tag16) wird er als ,,notarius et officialis“ des Königs bezeichnet. Er ist also unterdessen von der Reichskanzlei in die böhmische Landes-Finanzverwaltung übergegangen, ist Einnehmer der königlichen Einkünfte, vor allem w~ohl der Steuern, regalischen und grundherrlichen Abgaben in den westlich bis südlich von Prag gelegenen Bezirken Karlstein, Miesen­ burg, Bürglitz und Kamaik, zugleich wohl ganz allgemein mit der Wahrung der fiskalischen Belange in dem ihm an12) BH.Nr. 1255, Or. in Brixen. 13) Vgl. Anm. 8, dazu Mon. Vat. Boh. I Nr. 1271 und 1294 und Emil Werunsky, Excerpta ex registris Clementis VI. (1342 bis 1352) et Innocentii VI. (1352—1362) (Innsbruck 1885) S. 76 Nr. 255; danach Huber, Erstes Ergänzungsheft, Päpste Nr. 233. lr) Mon. Vat. Boh. I Nr, 1303 und 1304. 15) Mon. Vat. Boh. II (Prag 1907) Nr. 1012. 16> Ebenda Nr. 1013. 4*

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vertrauten Gebiet beauftragt17). Steilung und Tätigkeit wird etwa der der Landschreiber in den altbayerischen, oberpfälzischen und einigen fränkischen Gebieten entsprechen. Die von Karl IV. auf hohem Fels über der Beraun erbaute und prachtvoll ausgestattete Burg Karlstein ist sein stän­ diger Sitz; so erklärt sich die Bezeichnung „notarius de Karlstein“, so Ulmans „Fridreich Stromer von Karlstein“. Vielleicht hatte er auch das auf der Burg verwahrte könig­ liche Archiv zu betreuen. Der Umkreis seiner Tätigkeit, die sich zur Zeit seiner Beschäftigung in der Reichskanzlei auf das ganze weite Reichsgebiet und Karls ausgedehnte Lande, auf dessen ganze innere und äußere Politik bezog, hat sich beträchtlich verengert. Und zog er früher mit dem König von Stadt zu Stadt, von Land zu Land, oftmals auch die Vaterstadt berührend, so führten ihn nun wohl auch die weitesten Reisen kaum weiter als bis Prag und Olmütz. Der Nürnberger Bürgerssohn ist in Böhmen seßhaft ge­ worden. Das zeigen auch die Pfründen, die er im Laufe der Jahre zu derOlmützerDomherrnstelle hinzuerwarb. Es waren dies bis 1359 das Lukas-Altarbenefizium im Prager Dom und die bedeutende Pfarrei Nimburg an der Elbe (Bezirks­ hauptmannschaft Podöbrad) 18). Am 30. November 1359 trat dazu eine sogenannte Mittelpfründe im Prager Dom, wofür das Lukasbenefizium aufgegeben wurde 19). Zwischen 1359 und 1364 Stiftsherr in Wyschehrad geworden, wurde Friedrich schließlich am 1. Dezember 1364 vom Papste mit einer Prager Domherrnstelle providiert20), scheint jedoch, wie das bei Provisionen häufig vorkam, vom Domkapitel 17) Vgl. Tadra a. a. O. S. 115 Nr. 2. — In welcher Weise etwa diese Wahrung fiskalischer Belange vor sich ging, erhellt aus BH. Nr. 3584 von 1361 März 11. Die hier von Karl IV. bestätigte Ab­ steckung der Grenzen zwischen den königlichen, zur Burg Bürglitz gehörigen Waldungen und den Kolowratschen Dörfern Myesczi und Zehrovice wird vorgenommen von dem böhmischen Hofrichter Boresch von Riesenburg und dem Olmützer Domherrn Friedrich Stromayr, der hier als zuständiger Vertreter des Fiskus zu betrachten ist. 18) Mon. Vat. Boh. II Nr. 1013. 19) Ebenda. 20) Tadra a. a. O. S. 36 Nr. 76.

55 niemals zum Besitz derselben zugelassen worden zu sein. Als „Fridericus medius prebendatus in ecclcsia Pragensi et rector eccle&ie sancti Valentin! 21),. quondam notarius Karlsteinensis“ finde ich ihn 1377 zum letztenmal 22). Er hatte damals den Karlsteiner Dienst bereits aufgegeben und sich nach Prag zurückgezogen; ob er auch hier noch irgend» welche Verwendung durch den Kaiser fand oder sich an der Erfüllung der naturgemäß bisher vernachlässigten geist­ lichen Obliegenheiten genügen ließ, weiß ich nicht. Ver­ mutlich lag dem Sohn Nürnbergs die große, reiche und leben­ dige Stadt besser als der abgelegene Karlstein. Dazu kommt, daß sich unterdessen auch nahe Verwandte hier niedergelassen hatten: eine Schwester, die Meinliczin, wie sie Ulman nennt, mit ihren beiden Töchtern 23), und der gleich zu besprechende Vetter und Prager Domherr Hein­ rich Schatz. In Prag mag Friedrich auch gestorben sein.

2. Die Schatz, Drei Kanzleibeamte mit dem latinisierten Familien­ namen Thesauri (Thesaurus) begegnen in der Umgebung Karls IV: Heinrich, Hermann und Wenzel. Auch sie stam­ men aus Nürnberg; auch sie sind Verwandte Ulman Stro­ mers. Nach S. 61 der Hegelschen Ausgabe hatte eine Schwester von Ulmans Vater einen Schatz zum Manne. Aus dieser Ehe stammen die S. 71 auf geführten Vettern („geswistreit kint“) Ulmans, ,,her Hainreich Schacz und Ulreich und Chunrat und Hermann und Hans die Schecz“. Voll­ ständiger findet sich die ganze Sippe im Verzeichnis der „Ehrbaren“, die zu Ulmans Zeiten, d. h. als er die betref­ fende Stelle niederschrieb24), bereits tot waren (S. 93): her Haynreich Schatz tumherr, Hans Schatz, Herman Schatz, Cunrat Schatz, Wentzlab Schatz tumprobst zu Regens­ burg, Ulreich Schatz, Sebot des Sebotz sun. 21) Wohl in Prag ? 22) Tadra a. a. O. S.118 Nr. 2. 23) S. 71 wird die Meinliczin als Schwester Friedrichs bezeich­ net; S. 72 nennt Ulman „zu Prag der Meinliczin tochter 2“. 24) Nach Vock a. a. O. im Jahre 1394-

56 Die Familie Schatz gehört nicht zu den hervorragen­ den Nürnbergs. Nur selten wird sie genannt 25) und noch zu Ulmans Zeiten scheint sie vollständig aus der Stadt ver­ schwunden zu sein26); eine gleichnamige Familie, die Ende des 15. Jahrhunderts zu Nürnberg auftaucht, steht wahr­ scheinlich in keinem Zusammenhang mit ihr. Daß von den wenigen nachweisbaren Trägern des Namens gleich drei Kanzleidienste nahmen, zwei davon sogar in den geistlichen Stand traten, spricht dafür, daß die Familie auch mit Glücks­ gütern nicht sonderlich gesegnet war. Immerhin ist sie mit den einflußreichen Stromern verschwägert und zählt zu den „Ehrbaren“. Der greifbarste und wohl auch der bedeutendste unter den Dreien ist Heinrich Schatz, der Heinricus Thesauri 27) der Urkunden Karls IV. Er ist mindestens zwei Jahr­ zehnte älter als sein 1329 geborener Vetter Ulman. Bereits 1330 ist er „notarius domesticus“ des Böhmenkönigs Johann 28), noch 1343 und 1345 ist er, Heinricus Thesauri de Nurenberch, als dessen „secretarius“ und Notar be­ legt29). Sicher war er auch in der ganzen Zwischenzeit in der böhmischen Kanzlei tätig; nur läßt sich diese Tätigkeit bei dem Fehlen von Kanzleivermerken nicht nachweisen und der Versuch, durch Schrift- und Diktatvergleichungen sei­ nen Anteil an den Urkunden Johanns festzustellen, ist ebenso langwierig als aussichtslos. Wahrscheinlich ist der königliche Notar Heinrich, der im Jahre 1331 dem Abt von Königssaal, Peter von Zittau, über den Verlauf der Feld­ züge Johanns berichtet und dessen zwei Briefe in Peters Chronik Aufnahme gefunden haben 30), mit unserem Hein2Ö) Vgl. z. B. das Handlungsbuch der Holzschuher in Nürn­ berg von 1304—1307, bearb. von A. Chroust und H. Proesler (Erlangen 1934), S. 96 mit Anm. 2. 26) Hegel a. a. O. S. 93 Anm. 2. 27) Nicht Heinricus Thesaurarius, wie Huber a. a. O. Ein­ leitung S. XLII und Erstes Ergänzungsheft, Einleitung S. VII. 28) Tadra a. a. O. S. 15 Nr. n. 29) Mon. Vat. Boh.- I Nr. 200, 201 und 550. 30) Die Königsaaler Geschichts-Quellen hrsg. von Johann L o s e r t h (Fontes rerum Austriacarum 1. Abt. 8. Bd.) S. 484 und 486. Fontes rerum Bohemicarum 4, 309 f.

57 rieh identisch. Als Angehöriger der Kanzlei war er stän­ diger Begleiter Johanns, dieses ruhelosesten aller Luxem­ burger, auf seinen zahlreichen friedlichen und kriegerischen Kreuz- und Querzügen, Mitwisser seiner vielen hochfliegen­ den Pläne, Amouren und ritterlichen Händel. Bereits im Spätherbst 1342 findet er sich in der Umgebung des Königs­ sohns Karl von Mähren 31), geht 1343 in dessen und des un­ garischen Königs Ludwig Auftrag nach Avignon32). So nahm ihn Karl nach dem Tod des Vaters und nach seiner Wahl zum römischen König mit in die Reichskanzlei hin­ über. Huber33) und Lindner 34) führen in ihren Listen der Kanzleibeamten Karls IV. neben Heinricus Thesauri noch einen weiteren Notar namens Heinrich auf, der von Septem­ ber 1347 bis Januar 1352 in der Kanzlei tätig gewesen sein soll. Ich kann mich dieser Ansicht nicht anschließen. Die Unterfertigungen, die ich von diesem Heinricus gesehen habe, meist in der abgekürzten Form Hrn., sind fast alle der charakteristischen Hand des Heinricus Thesauri zuzuweisen, fast alle haben das für Heinricus Thesauri charakteristische Zeichen am Anfang und Ende des Vermerkes, das aus zwei nebeneinanderstehenden Punkten und einem schwungvollen Komma darunter besteht; auch die Abkürzung Hrn., [st für Schatz bezeichnend. Bei manchen Vermerken ist die Zu­ weisung zweifelhaft, bei ganz wenigen graphisch unmöglich, wobei aber zu bedenken ist, daß nichteigenhändige Unter­ fertigungen gar nicht so selten sind. Ich kann mir aber auch aus allgemeinen Erwägungen nicht vorstellen, daß das Heinricus einmal diese, einmal eine ändere Person bezeich­ nen soll. Aufgabe der Vermerke ist es ja gerade, den für Form und Fassung der Urkunde Verantwortlichen fest­ zuhalten; solche Zweideutigkeiten wie die Doppelbedeutung des Heinricus widersprechen also geradezu dem Zweck der 31) Zeuge in Urkunde Karls d. d. Breslau 1342 Nov. 15 (BH. Nr. 6407) als Henricus Tesami (!) scholasticus Glogoviensis. 32) Mon. Vat. Boh. I Nr. 200 und 201. 33) A. a. O. Einleitung S. XLII Nr. 4 bezw. S. VII Nr. 3. 34) A. a. O. S, 21 Nr. 6. — Tadra a. a. O. S. 28 Nr. 3 führt diesen Heinricus nicht unter eigener Nummer auf.



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Ui^erfertigung. Kurz, ich glaufee, dieser Heinricus ist zu Unecht als eigene Person in die Liste der Kanzleifeeamten hineinygeraten, er ist identisch mit Heinricus Thesauri30). Heinrichs Tätigkeit in der Kanzlei Karls IV. läßt sich au Hand der Kanzleivermerke recht gut verfolgen. Wie aus den Vermerken Kanzlei-Itinerare der einzelnen Notare zu­ sammenzustellen, wie die so gewonnenen Itinerare im Ver­ gleich mit dem Itinerar des Königs und der Gesamtkanzlei zn feeurteilen sind; auf welch verschiedene und für den Ge­ schäftsbetrieb) und Aufgabenkreis der Notare manchmal recht aufschlußreiche Weise die größeren und kleineren Lücken in der Kanzleitätigkeit erklärt werden können : das alles habe ich in meinem Aufsatz über Rudolf von Friedberg ausführlich zu zeigen versucht. Leider steht mir für Hein­ rich Schatz kein ebenso reiches Urkundenmaterial zu Gebote. Inden Jahren 1348 bis 1356 finden sich Unterfertigun­ gen! von ihm verhältnismäßig häufig. Mit Ausnahme des Jahres 1350 kann ich ihn jedes Jahr mehrere Monate lang in der Kanzlei nachweisen; freilich, Pausen bis zu einem halben, ja bis zu einem Dreivierteljahr ergeben sich auch hier schon. Von 1357 ab jedoch erscheint er nur noch ganz selten. Die Urkunden, die er unterfertigt, sind fast aus­ nahmslos zu Prag ausgestellt; einmal finde ich ihn in Bres­ lau 36), einmal, zum letzenmal überhaupt, am 31. Juli 1363 zu Altberlin 37). Danach scheidet sich seine Kanzleitätig­ keit von selbst in zwei Teile. In der ersten Hälfte, die bis 38) Wenn Huber, Erstes Ergänzungsheft Einl. S. VII meint, dieser Heinrich könne mit Heinrich von Wesel oder Heinricus Australis identisch sein, so ist dem entgegenzuhalten, daß Heinricus Australis erst viele Jahre später, 1359, zum ersten Male in der Kanzlei begegnet und auch Heinrich von Wesel, abgesehen von einer kurzen Gastrolle im Sommer 1349 (vgl. meinen Aufsatz über Rudolf von Friedberg S. 30), bis 1353 nicht nachweisbar ist, vielmehr in der Kanzlei Balduins von Trier- tätig war. Bezeichnenderweise kommt seil dem Eintritt des Heinrich von Wesel in die Kanzlei, seitdem also zwei Notare namens Heinrich nebeneinander arbeiten, nie mehr das bloße Heinricus in Unterfertigungen, vor. — „H. de Nurn.“ (— Heinricus de Nurenberg) auf BH. Nr. 6516 von 1348 Januar 30 (Druck: MG. Const. VIII Nr; 508) ist selbstverständlich Heinrich Schatz. 3e). 1359 Januar 24- und 25, BH. Nr 3892—2894* 87) ßJH. NIV397& und. 3980; Heinrich fungiert hier als Korrek­ tor (über diesen siehe Lindner a. a. O. S. 91 ff.).

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etwa 1356 reicht*, zieht er oft monatelang mit dem König in* Deutschland und Böhmen umher und gehört sozusagen* zu den ordentlichen und ständigen Mitgliedern der Kanzlei. Seit 1357 aber macht er das Wanderleben nicht mehr mit, ist nur noch ganz gelegentlich, offenbar aushilfsweise und gewissermaßen nur aus alter Gewohnheit tätig, wenn Karl IV. gerade in Prag Hof hält, wo er sich unterdessen­ dauernd niedergelassen zu haben scheint. Eine schöne Illu­ stration zu dieser Wandlung in seiner Stellung zur Kanzlei bietet ein halb launiger, halb schwülstiger Brief des Kanz­ lers Johann von Neumarkt an ihn in dem eigentümlich ge* schraubten, an seltenen Worten und gesuchten Vergleichen überreichen Stil, den man im Kreise der „Frühhumanisten“ um Johann von Neumarkt für schön und den höchsten Gip­ fel klassischer Eloquenz hielt. Vom Nürnberger Reichstag, „ubi rei publice ad humane salutis promocionem frequenter intenditur, ubi deo auspice communis omnium procuratur utilitas, ubi non licet resolvi in corporales delicias, non vini inebriari dulcedine, non crapule castrimargiis epulari (all diesen Lastern scheint Heinrich zu frönen), sed continuati laboris exercicio ad ea solum intendere, que utilitati publice cleserviunt et honori“ — von dieser Stätte ernster und ver­ antwortungsvoller Arbeit aus also ermahnt der Kanzler den Freund, sich von den schönen, goldhaarigen Frauen der Stadt Prag zu trennen und mit männlichem Mut aus den weibischen Freuden loszureißen. Damit ihm aber der Ab­ schied nicht allzuschwer werde, fügt er gleich hinzu, auch Nürnberg biete manche ansehnliche Vergnügungen, wenn sie sich auch mit denen der böhmischen Hauptstadt nicht messen könnten; vor allem erwarte ihn dort in Freuden eine ungezählte Schar ausgezeichneter Damen 3S). Mag auch wohl die starke Schwäche für Weib und Wein, die der Kanzler hier dem Freunde scherzend vor38) Ueberliefert in der Summa cancellariae oder Cancellaria Caroli IV., einem aus der Kanzlei Karls IV. hervorgegangenen, wahrscheinlich von Johann von Neumarkt herrührenden Formel­ buch; hrsg. von Neumann im Neuen Lausitzischen Magazin 23. Bd. (1846) S. 154 Nr. 5 und von Ferdinand Tad ra, Summa cancellariae (Historicky archiv öeske akad. cfsafe Franc. Josefa Bd. 6, Prag 1895) S. 4 Nr. 5.

6o hält, mehr klassischen Vorbildern literarisch entlehnt als tatsächlich vorhanden gewesen sein — ein literarisch ver­ schöntes und gehobenes Epikuräertum ist zweifellos der Lebensstil dieses größtenteils aus Geistlichen bestehenden Kreises um Johann von Neumarkt, dem die dauernde Be­ schäftigung mit den Reichsangelegenheiten eine für das 14. Jahrhundert ungewöhnliche Weite und Ungebundenheit des Blicks, der durch die Gnade des Kaisers vermittelte Reichtum an geistlichen Pfründen die Mittel zu einem ge­ nießerischen und kulturell anspruchsvolleren Leben verlieh. Kaum einer von all den Männern in der Kanzlei Karls IV. hat einen so reichen Pfründesegen eingeheimst wie gerade Heinrich Schatz. Bereits 1342 ist er Stiftsherr bei St. Peter in Brünn und Scholaster des Marienstifts in Glogau 39). Zwar prozessiert er um die Scholastrie viele Jahre lang, sogar noch 13-51, an der Kurie40); doch scheint er gerade auf diese Dignität besonderen Wert gelegt und die Aufgaben eines Stiftsscholasters zeitweilig tatsächlich aus­ geübt zu haben. Johann von Neumarkt redet ihn in dem oben mitgeteilten Brief als ,,dominus scolasticus“ an und sein Siegel an dem Testament des Rudolf von Friedberg41) trägt die Umschrift: S. Henrici Thesauri scolastici Glogoviensis, wiewohl er im Text des Testaments als Prager Domherr bezeichnet wird und außerdem noch eine ganze Reihe anderer Pfründen besaß. Am 12. Dezember 1342 wird er mit einem Kanonikat sub exspectatione praebendae im Dom zu Regensburg42),, anläßlich der erwähnten Reise nach Avignon am 10. Mai 1343 sogar mit der Regensburger Dompropstei43) provi­ diert. Mit Regensburg hatte er allerdings wenig Glück. Das Domkapitel kümmerte sich nicht um die Provisionen. So scheint er nicht einmal die Domherrnstelle erlangt zu haben; lediglich eine Präbende gestand man ihm zu 44). An 39) 40) 41) Nr. 542. 42) 43) 44)

BH. Nr. 6407, Mon. Vat. Boh. I Nr. 140. Vgl. Mon. Vat. Boh. I Nr. 140, 200, 201, 550, 1301, 1327. Gedruckt bei F o 11 z, Urkundenbuch der Stadt Friedberg I Mon. Vat. Boh. I Nr. 140. Ebenda Nr. 201. Ebenda Nr. 1327.

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die Propstei war überhaupt nicht zu denken. Das Dom­ kapitel hielt unentwegt an seinem Wahlrecht.fest; Hilpolt von Heimberg, Dietrich von Au, Konrad von Heimberg gehen nacheinander als Pröpste aus den Reihen des Dom­ kapitels hervor. Von der Aussichtslosigkeit seiner Sache überzeugt, erklärte Heinrich an der Kurie mehrmals die Bereitwilligkeit zur Aufgabe seiner Ansprüche. Nach Jahr­ zehnten plötzlich, am 3. April 1370, urkundet er als Dom­ propst zu Regensburg zusammen mit Dekan und Kapitel, also von diesen anerkannt45). Wie das kam, ist mir nicht klar geworden. Denn 1369, 1370 und noch 1380 wird sein Verwandter Wenzel Schatz als Regensburger Dompropst genannt46). Vielleicht hat er ihm seine Ansprüche irgend­ wie abgetreten. Für die Regensburger Mißerfolge fand er jedenfalls reichen Ersatz. Am 5. November 1345 bereits erhält er eine Provision auf Kanonikat und Präbende im Prager Dom, in deren Besitz er nach einigen Verwicklungen auch gelangte; 1356 und 1367 ist er ausdrücklich als Prager Domherr be­ zeugt 47). Vor dem 2. Oktober 1350 wird er Chorherr im Heilig-Kreuz-Stift zu Breslau48), am n.März 1351 schließ­ lich noch präbendierter Domherr daselbst49). Ob er alle Pfründen bis zu seinem Tod behielt, ist ungewiß; jedenfalls besaß er sie Jahre hindurch alle gleichzeitig. War er nun zwar auch als Angehöriger der kaiserlichen Kanzlei von der Residenzpflicht befreit50), ab und zu mußte er sich doch wohl bei den verschiedenen Stiften sehen lassen, wollte er nicht Gefahr laufen, daß man ihm bei der Ausfolgung seiner Bezüge, für die er ja nicht das Geringste leistete, Schwie­ rigkeiten in den Weg legte; so wird er wenigstens bei den 4B) Regesta Boica 9, 235. 48) Siehe unten S. 47) 1356: Regesta Bohemiae et Moraviae VI Nr. 293; 1367: im Testament des Rudolf von Friedberg. 48) Mon. Vat. Boh. I Nr. 1301. 49) Ebenda Nr. 1327. Die Angabe in der Zeitschrift des Ver­ eins für Geschichte und Altertum Schlesiens 25 (1891) S. 289, Heinrich habe die freie Dechantei erhalten, beruht auf einem Irrtum. 50) Vgl. meinen Aufsatz über Rudolf von Friedberg S. 34 f.

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Generalkapiteln von Zeit zu Zeit erschienen sein, zumal nach seinem Ausscheiden aus der Kanzlei. Manche größere Reise wurde so notwendig51); Brünn, Glogao, Regensburg, Prag und Breslau liegen ja nicht gerade sehr nahe beisammen. So erklären sich sicher viele Lücken in seiner Kanzlei­ tätigkeit, so erklärt sich wohl auch, warum er im Januar 1359 gerade in Breslau noch einmal, ganz vereinzelt, unter­ fertigt. Im Ganzen dürfen wir uns doch sein Leben nach dem Austritt aus der Kanzlei recht geruhsam vorstellen. Die meiste Zeit scheint er in Prag verlebt zu haben; in Prag ist er vermutlich auch gestorben. Im Jahre 1380 verleiht Papst Clemens VII. die durch seinen Tod freigewordene Domherrnstelle samt Präbende im Prager Dom an den Prie­ ster Petrus Kuollonis 52). 1379 oder 1380 ist demnach sein Todesjahr. Als der kaiserliche Notar Rudolf von Friedberg, Bischof von Verden, am 29. Juni 1367, wenige Tage vor seinem Tode, zu Prag sein Testament machte, da umstanden das Krankenlager u. a. auch zwei Kollegen und Getreue aus der kaiserlichen Kanzlei: Heinrich Schatz, Domherr zu Prag53), aus dem aktiven Dienst freilich längst ausgeschieden, und öl) Ueber eine geplante Reise Heinrichs nach Ungarn siehe den leider nur in sehr verderbter Gestalt überlieferten, launig zwischen Latein und Deutsch wechselnden Brief Johanns von Neu­ markt, worin er dem Freund dringend von einer Reise nach Ungarn abrät (bei Neumann a. a. O. S. 165 Nr. 20, bei Tadra, Summa S. 14 Nr. 21). Lesenswert ist der Brief wegen der boshaften Charak­ terisierung der Ungarn, ihres Landes und vor allem ihrer Sprache. 52) Repertorium Germanicum I (Berlin 1916) S. 123. 53) Wenn Lindner a. a. O. S. 21 Nr. 7 von Heinrich Schatz sagt: „am 29. Jüni 1367 heißt er Magister Pragensis“, so beruht das auf falscher Interpunktion in dem ersten Druck des Testaments Rudolfs von Friedberg bei V. F. de Gudenus, Codex diplomaticus exhibens anecdota ... Moguntiaca 3> 481fr. Guden druckte: Henrico Thesauri Pragensis magistro, Johanne de Bucken Verdensis ecclesie canonico; Foltz a. a. O. hat richtig: Henrico Thesauri Pragensis, magistro Johanne de Bucken Verdensis ecclesiarum canonicis. B u r d a c h, Zentralblatt für Bibliothekswesen 1891 S. 167 macht auf Lindners Angabe hin Heinrich gleich zum Dozenten an der Prager Universität, eine der vielen phantasie­ vollen Unrichtigkeiten, die Burdachs bedeutendes Werk in seiner ersten Gestalt aufwies.

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Hermann Schatz, durch die Beifügung „notarius domini imperatoris“ als gegenwärtiges Mitglied der Kanzlei ge­ kennzeichnet. Beide siegeln das Testament des Freundes, Heinrich mit seinem Glogauer Scholastersiegel, dessen Sie­ gelbild Maria mit dem Kinde zeigt, Hermann mit einem Siegel, das sofort den Laien verrät: statt einer bildlichen Darstellung hat es einen Wappenschild 54), die Umschrift lautet einfach: „S. Hermanni Thesauri“. Die Tätigkeit die­ ses Hermann Schatz, eines der wenigen Laiennotare in der Kanzlei Karls IV., scheint nicht sehr umfassend gewesen zu sein. Nur drei Unterfertigungen sind mir bisher von ihm bekannt geworden, die sich auf die Jahre 1363, 1365 und 1366 verteilen55), sodaß er im Ganzen von 1363 bis 1367 als Angehöriger der Kanzlei bezeugt ist 56). Er wird zwar nirgends ausdrücklich als Verwandter des Heinricus Thesauri bezeichnet. Aber schon das gemein­ same Auftreten mit diesem im Testament Rudolfs von Friedberg spricht für einen Zusammenhang. Am 6. Juni 1365 verwandte sich der Kaiser in einer großen Sammel­ supplik (einem sogenannten Rotulus) — nicht für Hermann, der ja Laie war, wohl aber auf dessen Bitten für zwei Kleriker,, deren einer ausdrücklich als Verwandter Her­ manns bezeugt ist und deren anderer wahrscheinlich eben­ falls in seinen Verwandtenkreis gehört57): den Subdiakon Bamberger Diözese Gundloch Burckheymer, Hermanns Nef­ fen (nepos), und den Subdiakon Johannes Tokler aus Bam­ berg selbst 58). Demnach ist Hermannus Thesauri mit der Nürnberger Familie Pirkheimer nahe verwandt, mit der 54) Das Wappen ist bei Foltz a. a. O. beschrieben : Schild mit zwei Schrägbalken, auf dem ein Füllhorn (Schatz, thesaurus !). Das in Müllners Annalen (StA. Nürnberg Rep. 52 a Nr. 29 h 661) abgebildete Wappen der Schatz ist anders; „ihres Wappens Helmcleinot“ ist nach Müllner „ein geeränt Weibßbild mit fliegenden Haaren“ (doch wohl kein „Schatz“ ?). 55) BH. Nr. 3941 (1363 März 19), 4201 (1365 August 10) und 7193 (1366 Januar 6). ö#) Huber, Erstes Ergänzungsheft Einleitung S. VII. Nr. 39, Lindner a. a. O. S. 23 Nr. 40, Tadrä, Kancelä fe S. 36 Nr. 73. B7) Tadra, Kanceläfe S. 251 und 253. M) Günther Tockler aus Bamberg ist von 1365 bis 1367 als Notar in der Kanzlei tätig; vgl. z. B. Lindner a. a. O. S. 23 Nr. 43.

64 Bamberger Familie Tockler, die ebenfalls zu Nürnberg in Beziehungen steht, wahrscheinlich ebenfalls. Der Schluß liegt nahe, daß er selbst aus Nürnberg stammt, und damit auch der weitere, in ihm den bei Ulman Stromer genannten Bruder des Heinrich Schatz zu sehen. Ob er mit dem in der Nürnberger Heeresordnung von 1388 genannten Hermann Schatz 59) identisch ist? Vermutlich nicht, obwohl Ulman nur einen Mann dieses Namens kennt oder wenigstens nennt. Denn bereits im Jahre 1339 begegnet ein „Hermannus Thesauri Bambergensis diocesis“ als Notar König Johanns von Böhmen in einem Prozeß um die Marienkapelle auf dem Schloß zu Bautzen oder vielmehr um die zu der Kapellen­ pfründe gehörigen Einkünfte, die er sich auf Grund einer königlichen Präsentation angeeignet hatte; der Verlauf des Prozesses zeigte, daß ein königliches Präsentationsrecht auf die Kapelle gar nicht mehr bestand, Hermann mußte daher Verzicht leisten 60). Vor dem geistlichen Gericht ließ sich Hermann durch einen Prokurator vertreten; die Urkunde über die Bestellung dieses Prokurators ist auf dem Schloß zu Breslau ausgestellt; es wäre demnach möglich, daß Her­ mann damals in der schlesischen Kanzlei König Johanns beschäftigt war. Weiteres über ihn ist mir nicht bekannt­ geworden; ein 1337 erwähnter61) Protonotar namens magister Hermannus scheint nicht mit ihm identisch zu sein. Für mich besteht kein Zweifel, daß er die gleiche Person ist wie der 24 Jahre später in der Kanzlei Karls IV. auf­ tauchende gleichnamige Notar. Wenn Tadra Bedenken trägt, diese Gleichsetzung zu vollziehen, weil der Letztere ausdrücklich als Laie bezeichnet wird 62), so ist dem zweier­ lei entgegenzuhalten. Erstens ist der 1339 Genannte nir69) Hegels Ausgabe a. a. O. 179. 60) Neues Lausitzisches Magazin Bd. 30 (Görlitz 1853) S. 366 ff. Nr. 60 und 61 = Codex diplomaticus Lusatiae Superioris 1. Bd. 2. Aufl. (Görlitz 1856) S. 331 ff. Nr. 239 und 240. Siehe auch v. Boetticher, Die Schloßkapelle zu Bautzen (Neues Laus. Maga­ zin Bd. 70, 1894) S. 27. 61) Breslauer Urkundenbuch bearb. von Georg Korn, i.Teil (Breslau 1870) S. 137 Nr. 154. 62) Kanceläfe S. 16 Nr. 18.

65 gends als Kleriker gekennzeichnet; wenn der von mir benützte Urkundendruck sorgfältig ist, das „Hermannus Thesauri Bambergensis diocesis“ also tatsächlich mehrmals im Original steht, ist im Gegenteil seine Laieneigenschaft einwandfrei erwiesen; ein Kleriker würde auf jeden Fall als „H. Th. c 1 e r i c u s Bambergensis diocesis“ bezeichnet werden. Und selbst wenn Hermann Schatz 1339 Kleriker gewesen wäre, würde das nicht hindern, ihn im Jahre 1365 trotzdem als Laien zu bezeichnen; die Erwerbung der nie­ dersten Weihen, durch die man bereits „clericus“ wurde, verhindert eine spätere Heirat keineswegs und diese so­ genannten ,,clerici coniugati“ konnten daher später sehr wohl als Laien bezeichnet werden, wenn man das Zölibat als Hauptunterscheidungsmerkmal zwischen Klerikern und Laien betrachtete63). Uebrigens verteilt sich ja auch die Kanzleitätigkeit des Heinrich Schatz auf die gleiche Zeit. Stimmt meine Zuweisung der verschiedenen Stellen an eine Person, dann darf man wohl auch den . königlichen Notar Hermann, den Karl IV. am 4. Oktober 1354 von Salzburg aus an Erzbischof Gerlach von Mainz sendet und den er nach Aussage des Beglaubigungsschreibens unlängst erst unter sein Hofgesinde aufgenommen hatte64), mit Hermann Schatz gleichsetzen. Die erste Tätigkeit Her­ manns für Karl IV. scheint aber nicht von langer Dauer gewesen zu sein. Daß er bis 1363 in keinem Kanzleivermerk begegnet, will nichts besagen; er konnte ja auch eine Be­ schäftigung haben, die in den Urkunden nicht in Erschei­ nung tritt. Daß er aber bis 1365 auch in keiner Supplik des Kaisers genannt wird, während andere Kanzleiangehö­ rige unterdessen mehrfach bedacht werden, spricht unbedingt gegen eine Kanzleitätigkeit in diesen Jahren. So ergibt sich ein nicht alltägliches Lebensbild: in Nürnberg geboren und vermutlich auch aufgewachsen, in jungen Jahren in Kanz­ leidiensten König Johanns von Böhmen, vielleicht in Schle­ sien tätig, dann offenbar wieder Rückkehr ins bürgerliche Leben, wahrscheinlich auch Heirat, schließlich abermals 83) Das sagt Tadra übrigens an anderer Stelle (S. 23) selber. 64> BH. Nr. 1932.

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Kanzleidienst unter dem Sohn des ersten Herren, aber immer nur vorübergehend und offenbar ohne einschneiden­ dere Veränderung in der bürgerlichen Stellung. Der Nürn­ berger Bürger Hermann Schatz freilich, der in der. Heeres­ ordnung von 1388 auftritt, muß wohl eine andere Person sein; denn unser Hermann ist damals sicher schon 70 Jahre alt oder darüber, vielleicht auch schon gestorben., wie sein älterer Bruder Heinrich, in dessen Schatten für uns sein Leben zu stehen scheint.

Wenzel Schatz wird bei Ulman nicht unter den „geswistreit kint“ genannt, ist also kein Bruder, sondern ein entfernterer Verwandter Heinrichs und Hermanns und ver­ mutlich auch eine Generation jünger wie sie. Zum ersten Male finde ich ihn 1359 belegt. Im Dezember dieses Jahres weilte er als Prokurator seines Verwandten Friedrich Stromair an der Kurie, die Annaten für dessen Mittelpfründe im Prager Dom zu entrichten 65). Hier wird er „clericus Pragensis“ genannt. Das vom Ortsnamen abgeleitete Ad­ jektiv bei ,,clericus“ bedeutet nach kurialem Sprachgebrauch im allgemeinen den Herkunfts-, meist wohl sogar den Ge­ burtsort. Danach wäre Wenzel nicht zu Nürnberg, son­ dern zu Prag geboren oder wenigstens aufgewachsen; man müßte annehmen, daß sein Vater, vielleicht einer der Brü­ der Heinrichs (vielleicht sogar Hermann?), von Nürnberg nach Prag übergesiedelt ist. Unbedingt notwendig ist die­ ser Schluß zwar nicht, aber bei dem auch sonst zu beobach­ tenden Zug der Familie nach Prag durchaus einleuchtend. Bereits seit 1364 ist Wenzel Schatz auch im Dienste Karls IV. anzutreffen, zunächst als Kammer Schreiber *6), 1365 als Schreiber am Hofgericht 67), 1369 als „expensarum imperialis curie notarius, familiaris et secretäfius“ des Kai­ sers 88) abermals in der Hoffinanzverwaltung, die damals w) Mon. Vat. Boh. II Nr. 1016. M) Tadra a. a. O. S. 114 Nr. 7. 67) Ebenda S. 105 Nr. 9. M) Franz Zimmermann, Acta Karoli IV. imperfttoris inedita (Innsbruck 1891) S. 139 ff. Nr. 68 und 69; BH. Nr. 4778 und 4779-

6;

sehr stark in die Reichsfinanzverwaltung, soweit man von einer solchen überhaupt reden kann, hinüberspielt; 1370 heißt er kaiserlicher Küchenschreiber 69), hatte aber selbst­ verständlich nicht nur die Rechnungsführung über das Aus­ gabewesen der Hofküche, sondern der ganzen Hofhaltung. Seine Kanzleitätigkeit nähert sich also am ersten der des Friedrich Stromer. Auch ihn treffen wir auf ausgedehnten Dienstreisen: 1369 im Sommer erhebt er in Lucca im Na­ men des Kaisers 100 000 Goldgulden, im Herbst 1370 führt er als Küchenschreiber 100 Fuder Elsässer Wein über Straßburg an den kaiserlichen Hof. Auch der Pfründesegen ging selbstverständlich nicht an ihm vorüber. 1364 ist er Altarist am St. Alexius- und St. Christophorus-Altar in Neiße, also wie seine Verwandten zunächst in Schlesien bepfründet, und Domherr in Prag, dies auf dem üblichen Provisionsweg, geworden70). 1369 August 12 wird er erstmals als Dompropst in Regensburg bezeichnet, 1370 November 10 abermals. Daß am 3. April dieses Jahres Heinrich Schatz als Dompropst urkundet, wurde oben be­ reits erwähnt. Zum letztenmal als Regensburger Dom­ propst finde ich ihn am 17. April 1380; am 28. Oktober 1382 urkundet bereits Propst Rudlant71). Ob Wenzel inzwischen gestorben ist oder die Propstei resignieren mußte (vielleicht nach dem Tod des Heinrich Schatz?), konnte ich nicht in Erfahrung bringen. Auch seine weiteren Lebensumstände sind mir unbekannt geblieben. Streng genommen gehört er gar nicht mehr in die Reihe der hier behandelten Nürnberger. Er ist, das zeigt schon sein Name, von Anfang an Deutschiböhme. In Böh­ men wird man wohl überhaupt die Fortsetzung der Familie Schatz suchen müssen. Gerade in der Zeit Karls IV. wurde der Höhepunkt des deutschen Einflusses in Böhmen erreicht, allerdings auch bereits überschritten. Der Anteil Nürnbergs daran, die wechselseitigen Beziehungen und Beeinflussungen zwischen 69) BH. Nr. 4907.

70) Tadra a. a. O. S. 105 Nr. 9. 71) Regesta Boica 10, 53 bezw. 99.

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Nürnberg und Böhmen, zwischen Nürnberg und dem deut­ schen Osten überhaupt, waren schon oft Gegenstand der Untersuchung und Darstellung. Sie auch einmal von der Kanzlei- und Verwaltungsgeschichte her zu betrachten, an einigen konkreten Beispielen zu zeigen, wie Nürnbergs Söhne beitragen zu der Hochblüte böhmischen Lebens im [4. Jahrhundert, wie Nürnberger Blut einfließt in den großen Strom des alten böhmischen Deutschtums, das ist mit der Sinn der vorstehenden Ausführungen.

Konrad Celtis und der Nürnberger Ratsherr Hieronymus Haller

Von Dr. Hans Rupprich, a. o. Professor an der Universität Wien.

Die lebenslange Liebe, die den deutschen Erzhumani­ sten Konrad Celtis (1459—1508) mit der Reichsstadt Nürn­ berg verband, brachte naturgemäß auch eine große Zahl persönlicher Beziehungen mit sich. Diese werden zum ersten Mal sichtbar, als er am 18. April 1487 auf der Burg zu Nürnberg von Kaiser Friedrich III. „primus inter Germanos“ den Dichterlorbeer empfing. Sie verdichten sich zur unlösbaren Bindung, als er 1493 mit Sebald Schreyer den Vertrag zur Verbesserung und Erweiterung der Schedelschen Weltchronik abschloß und 1494 unter Heranziehung von Peter Danhauser der Plan des ,,Archetypus liberalium artium“ bzw. des ,,Archetypus triumphantis Romae“ auf­ taucht, der über die ,,Norimberga“ im Verlaufe der Jahre sich zur umfassenden „Germania illustrata“ entwickelt. Aus den Hauptwerken des Celtis, seinen „Quatuor libri amorum secundum quatuor latera Germaniae“ (1502), seinen „Libri Odarum quatuor“ (1513), seinen „Fünf Büchern Epigram­ me“ (1881) und seinem Briefwechsel (1934) treten alle die Persönlichkeiten lebensvoll entgegen: Pirckheimer und Dürer, Sebald Schreyer, Johann Löffelholtz und Peter Dan­ hauser, Dietrich Ulsen und der erst in jüngster Zeit voll gewürdigte Arzt und Kosmograph Hieronymus Münzer, Sixt Tücher und Charitas Pirckheimer, die hochgebildete Aebtissin des Clara-Klosters, u. a. m. Zu ihnen tritt nun­ mehr auch ein Mann, von dessen Beziehungen zu Celtis die Forschung bisher nichts wußte: Hieronymus Haller (f 1519). vermählt mit Katharina von Wolffsthal (f 1526), Ahnherr der nach ihm benannten Linie der Nürnberger Patri­ zierfamilie. Als 1497 das Stadt- und Ehegericht neu eingesetzt und vom Rat abgesondert wurde, erscheint er als Assessor und Schöffe, 1502 wurde er Mitglied des inneren Rates.

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Kaiser Maximilian I. ernannte ihn zu seinem Rat und Zahl­ meister *). Als solcher hat er sich allem Anschein nach um Celtis und sein Lebenswerk, insbesondere das Poeten- und Mathematikerkollegium in Wien, Verdienste erworben, die den Erzhumanisten veranlaßten, Haller in einer literarischen Ehrengabe zu feiern. Durch die Leitung der Handschriftenabteilung der National-Bibliothek in Wien wurde vor einiger Zeit das Anti­ quariat V. A. Heck an mich mit der Bitte um Bestimmung einer Handschrift gewiesen. Die Untersuchung ergab einen braunen biegsamen Lederband mit Blindpressung, in dem 6 nicht foliierte Pergamentblätter im Format 14/7 X 12/2 cm lose eingeheftet sind. Fol. 2 bis 5 sind mit Pur­ pur gefärbt, Fol. 1 und 6 haben ihre natürliche Farbe. Fol. ir ist leer. Fol. iv trägt in Aquarellmalerei eine symbolisch­ allegorische Darstellung: Von zwei durch die Aeste mit­ einander verschlungenen Bäumen wird eine Waldwiese um­ rahmt, in deren Vordergrund eine große, Früchte und Blü­ ten zugleich tragende Erdbeerpflanze wächst; aus dem Geäst hängt in der Mitte ein von zwei großen geflügelten Putten gehaltenes leeres Wappenschild; auf den Aesten der Bäume tummelt sich je ein kleiner Putto. Fol. 2r trägt eine in blauer Farbe gezeichnete, mit Deckweiß gehöhte Schrift­ tafel mit der Widmung: H / OC / T / IBI DE / VOTVM R / ELEGAS HIE / RONYME CA / RME / N. Diese Schrifttafel ruht auf einer fünfzackigen Krone, in deren drei vordem Zacken die Buchstaben D. F. S. stehen, darunter als Fortsetzung des oberen Textes: ET FAC CON/RADI SIS / MEMOR / IPSE TVI. Fol. 2V beginnt die im fol­ genden erstmalig abgedruckte iqstrophige Ode mit schöner Hagd in Gold und Silber auf purpurgefärbtes Pergament geschrieben. Anfangs- und Endbuchstaben der ersten drei Verszeilen jeder Strophe sind zwischen zwei Linien heraus­ gerückt, vom letzten Vers nur die Endbuchstaben. Die An­ fangsbuchstaben sind mit Versalien, die Endbuchstaben in Minuskel geschrieben. Für die Feststellung des Illustrators *) Vgl. J. G. Biedermann, Geschlechtsregister des adelichen Patriciats zu Nürnberg, Bayreuth 1748, Taf. 138.

Hoch-

73 fehlen die Anhaltspunkte. Der Schreiber der Ode ist zwei­ fellos identisch mit dem, der in den „Codex epistolaris“ des Celtis (Cod. Vind. 3448) fol. ir—3V eingetragen hat; er war vermutlich ein Amanuensis des Celtis. Ich gebe den Text getreu nach der Handschrift, jedoch mit moderner Inter­ punktion 2).

Ad Hieronymum Haller Ex Senatoria Nombergensium stirpe progenitum, Divi Maximiliani Augusti Questorem, Conradi Celtis Carmen. 1 Musa, Hieronymo pange laudes Noricum clara generato in urbe, Oue suam totum tulerat per orbem Inelyta famam. 2 Cesaris nostri fuit illa sedes, 3) Semper et regi Latio petita, Ille Germanum quotiens coegit Ordine cetum. 3 Urbe tu tanta soboles crearis Stirpe priscorum generöse patrum, Ex quibus tanti veneranda constant Membra senatus. 4 Te sibi magnum Latie patronum Senserant muse pia liberalis Eradans, que rex mihi Maximilianus adoptat. 5 Ergo iam nostris celebrande libris Te legent cuncti pupuli per orbem Et tua in nullo reticetur* euo Candida uirtus. 6 Integre mentis Studio colendus, Vatibus cunctis neque negligendus, Cui bonum rarum probitas fidesque Prisca refulget. 2) Für die Erlaubnis zur Veröffentlichung bin ich dem Anti­ quariat V. A. Heck in Wien, zu Dank verpflichtet. 3) Kaiser Friedrich III. hielt sich, während er aus seinen Erb­ landen vertrieben war und mit Herzog Alba in Krieg lag, lange in Nürnberg auf. Auch Maximilian I. kam häufig in die Stadt.

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Sepius lautis epulis honorans Conuocas doctam generöse turbam Instituens largis tua liberalis Munera mensis.

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Comis et letis salibus facetus Ore facundo exhilaransb sodales, Musicam dum inter strepit eleganti Fistula flatu. Seu tibi tristem vagabunda frontem Sors feret, letos vel amica uultus, Utraque erectus videas proterui Numinis ora.

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Est breuis vite fugientis ordo, Cernimus qualem tenui uaporem Halitu tolli roseo leuatum Sole cadentem.

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Crastina forsan moriere luce Nec sacer nummus poterit morari Fata, quin paruo tumulo obruare Puluis et umbra. Occidunt soles redeuntque nullo Fine prefixo rapiente celo: Nos ubi Charon semel amne vexit, Nemo redibit. Ergo iam letas facias adesse Temporum causas tibi submovendo Aulicas curas, volucris capessens Gaudia vite. Increpet neruos cythare canoros Mobilis pollex, veniat solutis Crinibus curas relevans edaces Mollior etas. Carminum dulces resonemus odas, Concinant leti iuuenes tenores Et graues fauces cythara sonante Temperet alter.

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Ä recitetur Hs.

b exhilerans Hs.

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Cum data est nobis breuis hora vite Et cito rüge properant seniles, Vixerat felix, sua qui fugauit Tristia letis. Mitte falacem dubiis vagari Passibus sortem, fueris beatus, Si potes cunctis animum quietum Addere rebus. Scripserat certas moderator orbis Omnibus leges statuens ferendas, Quas tulit solus sapiens sine ullo Pectoris estu. Hoc tibi carmen rüde dedicauit, Halleri, in pulchra residens Vienna Celtis; hunc semper facias fideli Pectore serua ! tflog

Anno Domini M. D. et quarto noui seculi Calendis Februariis ex collegio Poetarum Domus sancte Anne Vienne Pannonie Anno Secundo Errectionis Col Cel legii tis Magna venit nulli sine magno fama labore Et vaga sudorem gloria semper habet. Omnia si perdas, famam servare memento. Qua semel amissa postea nullus eris. Cum hoc valete posteri. Celtis hat diese Ode an Hieronymus Haller in mehr oder minder engem Anschluß an verschiedene andere Oden zu­ sammengesetzt. Die Strophen 1, 2, 3, 4, 5 sind aus der Ode ,,Ad Xystum Tucherium iurisperitum“ (Od. II 11, 1, 3, 5, 7, 8) 4) entnommen, die Strophen 6, 7, 8, 9, 10, 11, 13 aus der Ode ,,Ad Georgium Morinum in laudes eloquentiae“ (Od. I 20, 3, 4, 5 [7],, 12, 13, 14, 15), die Strophen 12 und 15 aus der Ode ,,Ad Phoebum et musam suam“ (Od. I 29, 11, 12), die Strophen 14 und 16 aus der Ode „Ad sodalitatem litterariam 4) Vgl. Conradi Celtis Protucii Libri Odarum quatuor, Argentorati 1513. Od. I 20, II 2 waren bereits im Anhang der „Epitoma in utramque Ciceronis rhetoricam“ (1492) gedruckt.

76 Ungarorum de situ Budae et monstris, quae praecesserant mortem divi Mathiae Pannoniae regis“ (Od. II 2, 22, 23), die Strophen 17 und 18 aus der Ode „Ad Ursum medicum et astronomum de situ Cracoviae“ (Od. I 8, 17, 18). Aehnliche Widmungsformulierungen wie in Strophe 19 tauchen bei Celtis wiederholt auf, so z. B. Od. I 5, II 14, II 19, II 22 etc. Die Schlußstrophe stammt aus einem Epigramm an Sebald Schreyer (Epigr. II 69) 5). Trotzdem hat man bei der Lektüre der Ode an Haller nicht den Eindruck des Un­ organischen. Nach einer Anrufung der Muse und Lob­ preisung der Stadt Nürnberg feiert der Dichter den aus senatorischem Geschlecht geborenen Haller als Freund des Humanismus und Gönner seiner Person. Von Hallers spe­ ziellen Charaktereigenschaften werden Freigebigkeit, Gast­ freundschaft und die geselligen Tugenden hervorgehoben. Einer Mahnung zum Gleichmut gegenüber dem Schicksal sind Betrachtungen über die Vergänglichkeit des Menschen­ lebens angeschlossen. Der ewigen Wiederkehr in der Natur steht die Einmaligkeit unseres Daseins gegenüber. Daher tut der Mensch gut, wenn er in Heiterkeit sein Leben genießt. Die Künste der Musik und Dichtung vermögen in besonderem Maße die Sorgen zu verscheuchen. Eine aber­ malige Aufforderung zur Heiterkeit und zum Gleichmut ist mit der resignierenden Wendung verbunden, daß alles nach bestimmten Gesetzen abläuft, gegen die der Weise sich nicht auflehnt. Die nach der Dedikation als Epilog an­ gehängten Distichen prägen den Gedanken von der Mühsal der Ruhmesliebe und dem Wert der Unsterblichkeit des Namens. Die Datierung der Ode fällt zusammen mit einer am selben Tag modern von Maximilian 1501 in Wien gestifteten „Collegium poetarum et mathematicorum“ zum Dank für dessen Errichtung veranstalteten Feier. Der 1. Februar ist der Geburtstag des Celtis. Am 1. Februar 1502 war das Collegium feierlich eingeweiht worden. Zwei Jahre später ließ Celtis am gleichen Tag verschiedene dichterische Lei5) Fünf Bücher Epigramme von Konrad Celtis, hrsg. v. Karl Hartfelder, Berlin 1881.

77 stungen seiner Schüler in der Poetik öffentlich zum Vor­ trag bringen und erstattete an den kaiserlichen Stifter einen Rechenschaftsbericht über die Tätigkeit im Dienste der neuen Bildung und Reformbestrebungen6). Wir kennen diesen Rechenschaftsbericht und die vorgetragenen Gedichte aus dem Anhang zur „Rhapsodia, laudes et victoria de Boemanis“ (1505) des Celtis. Mit dieser Feier im Dichter- und Mathematikerkollegium am 1. Februar 1504 in Wien steht also wohl auch die Ode an Hieronymus Haller in Zusam­ menhang.

•) Vgl. Der Briefwechsel des Konrad Celtis, hrsg. von H. Rupprich, München 1934, S. 552 u. ö.

Eine missglückte Gesandtschaft unter Nürnbergs Führung

Von

Kirchenrat Adolf Engelhardt.

Gegen den Reichstagsabschied von Speyer 1529, wel­ cher von den evangelischen Ständen die bedingungslose Rückkehr zur römischen Kirche forderte, hatten dieselben das den Vollzug dieses Urteils aufhaltende Rechtsmittel der Protestation und Appellation an ein freies,, christliches Kon­ zil eingelegt. Aber der Reichsstatthalter Erzherzog Ferdi­ nand hatte die ihm übergebene Protestations- und Appel­ lationsurkunde nicht angenommen. Sollte nun dieses Rechts­ mittel wirksam werden, so mußte ein Weg gefunden wer­ den, auf welchem jene Urkunde unmittelbar in die Hände des Kaisers gebracht werden konnte. Auf einem Convent der evangelischen Stände, der am 24. Mai 1529 in Nürnberg gehalten wurde, fand man einen solchen Weg, indem man sich nach dem Vorschlag des Nürnberger Rates entschloß, eine Gesandtschaft an den Kaiser zu schicken, welche diesem die Protestations- und Appellationsurkunde persönlich über­ reichen sollte. Als Mitglieder dieser Gesandtschaft wurden gewählt: Johann Ehinger, Bürgermeister zu Memmingen, Alexius Frauentraut, Sekretär des Markgrafen Georg von Branden­ burg, und Michael von Kadan, Syndikus zu Nürnberg. Den ersteren wählte man deshalb, weil sein Bruder Ulrich ein geschätzter Rat am kaiserlichen Hof war, von dem man eine besondere Förderung der Gesandtschaft am Hofe erwartete. Jeder der drei Gesandten erhielt noch vor dem Antritt der Reise 200 fl., von denen die Hälfte zur Ausrüstung und die andere Hälfte zum Unterhalt der Familien während der Ab­ wesenheit der Gesandten dienen sollte. Nach der Rückkehr sollte jeder noch 300 fl. Entlohnung erhalten. Der Nürn­ berger Rat versprach seinem Sydikus Michael von Kadan noch weitere 500 fl. als besondere Entlohnung; ferner gab

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er die Versicherung, falls der Syndikus auf der Jleise sterben sollte, werde der Rat für seine Hinterbliebenen sorgen. Die Gesamtkosten der Reise waren auf 3887 Gulden ver­ anschlagt, von denen 1463 fl. durch die beteiligten Fürsten und 2424 fl. durch die Städte aufgebracht werden sollten. Nürnberg hatte als seinen Anteil 4183/4 fl. zu bezahlen. (Ratsbuch 15 f. 276. Staatsarchiv Nürnberg; J. J. Müller, Historie von der protestierenden Stände Protestation und Augsburgischen Confession. S. 144.) Für die Gesandtschaft wurde auf Ersuchen des mark­ gräflichen Kanzlers Georg Vogler von dem Nürnberger Ratsschreiber Lazarus Spengler eine Instruktion verfaßt und von allen evangelischen Ständen genehmigt und unterzeich­ net. Sie gab zunächst einen Ueberblick über die Entwick­ lung der Reformationsbewegung, wie über den bisherigen Kampf gegen dieselbe. Sodann wurde auf den Reichstags­ beschluß von 1523 verwiesen, welcher zur Entscheidung der kirchlichen Frage ein gemeines, freies, christliches Konzil in deutschen Landen gefordert, und auf den Reichstags­ beschluß von 1524, der, falls ein Konzil nicht zustande komme, eine deutsche Nationalversammlung in Aussicht gestellt hatte. Aus dem darauf erfolgten Verbot einer sol­ chen durch den Kaiser müsse man schließen, daß dieser nicht eine Reichsversammlung, sondern nur ein Konzil als Instanz anerkenne. Demnach könne der Mehrheitsbeschluß des letz­ ten Reichstags von Speyer, gegen welchen auch die evan­ gelischen Stände protestierten, nicht mit Willen des Kai­ sers gefaßt sein. Ferner wurde geltend gemacht, daß nach der herkömmlichen Rechtsübung ein Mehrheitsbeschluß, dem die Minderheit nicht zustimmte, für letztere nicht rechtsverbindlich sei. Nachdem der Kaiser im Ausschreiben zum letzten Reichstag von 1529 versprochen habe, was auf demselben dem Reich zu Ehren, Nutz und Wohlfahrt beschlossen werde, durchführen zu wollen, aber 3ie jetzt erfolgte Aufhebung des Beschlusses von 1526 und der neue Beschluß von 1529 dem Reich nur Nachteil, Schaden und Unfrieden brächten, könne der Kaiser den neuen Beschluß unmöglich .durchführen lassen. Weiter könne geltend ge-

83 macht werden, daß man die Untertanen nicht zwingen dürfe, etwas gegen ihr Gewissen zu tun. In solchen Fällen sei man dem Kaiser keinen Gehorsam schuldig. Doch sei man bereit, sich aus der heiligen Schrift überführen zu lassen, wenn dies möglich sei. (Müller S. 147 ff. Politische Korre­ spondenz Straßburgs im Zeitalter der Reformation. S. 392 Nr. 650 Brief Spenglers an Peter Lutz vom 13. Sept. 1529.) Aus der den Gesandten weiter mitgegebenen Neben­ instruktion (Müller S. 167 ff.) geht hervor, daß man auch hoffte, die Unterstützung der kaiserlichen Räte zu finden. Darum gab man ihnen auch besondere Credenzbriefe an den Großkanzler, den Großhofmeister Graf Heinrich von Nassau und den Sekretär Alexander Schweiß mit, sowie den Auf­ trag, diesen die Gründe vorzutragen, welche die evangeli­ schen Stände zu ihrer Protestation bewogen • und, wenn nötig, eine Abschrift ihrer Instruktion zu verlesen und die Räte zu bitten, diese möchten ihr Anliegen bei dem Kaiser fördern. Auch Ulrich Ehinger sollten sie dafür zu gewinnen suchen. Sollten die Gesandten bei dem Kaiser oder andern Personen Widerstand finden, dann sollten sie aus den Reichstagsakten von Speyer,, wie auch aus der Protestation und Appellation die Berechtigung ihrer Sache zu erweisen suchen, sich aber auf eine Disputation nicht einlassen. Könnten sie vom Kaiser keine gnädige Abfertigung erlan­ gen, dann sollten sie die Erklärung abgeben, daß ihre Herren zur Erfüllung aller ihrer Reichspflichten bereit und willig seien, aber in des Glaubens Sachen ihre Appellation in Deutsch und Latein übergeben. Außerdem wurde den Gesandten noch eine besondere Vollmacht mit Nennung aller Auftraggeber und der Beauf­ tragten, ein Entwurf für ihren mündlichen Vortrag, sechs Förderungsschreiben, und zwar je eines für den obersten Kanzler Markgrafen Merkurius, den Grafen Heinrich von Nassau, für den zweiten Großhofmeister, für Ulrich Ehinger, Alexander Schweiß und Aloysius Waldez mitgegeben. (Müller S. 172—185.) Es war bekannt geworden, daß der Kaiser vorhabe, im August von Spanien zu Schiff nach Genua und von da nach 6

84 Bologna zu einer Zusammenkunft mit dem Papst zu reisen. So erhielten die Gesandten die Anweisung, sich nach Genua zu begeben und den Kaiser dort zu erwarten. Die Abreise der Gesandten erfolgte von Nürnberg am 14. Juli 1529. Um ihnen für ihre Reise soviel als möglich die Wege zu ebnen und während derselben den schrift­ lichen Verkehr mit ihnen zu sichern, hatte der Nürnberger Rat seine vielfachen Beziehungen benützt. So erfuhr man durch Alexander Imhof aus Genua die Zeit der Ankunft des Kaisers daselbst. Imhof vermittelte auch die Briefe, welche dorthin an die Gesandten gingen. Auch der Kaufmann Erasmus Fortenbach in Feldkirch, welcher Faktoreien in Mailand und Genua unterhielt, wurde zur Uebermittlung von Briefen in Anspruch genommen. Wir werden auch sehen, wie der Nürnberger Hans Fütterer in Venedig wert­ volle Dienste leistete. . Die Gesandtschaft ritt über Lindau und Genf zunächst mit einem französischen Geleitsbrief nach Lyon. Hier er­ hoben sie bei der Geschäftsstelle der Tücher gegen Wechsel 500 Kronen. Dort hörten sie, daß der Kaiser bereits zu Schiff auf dem Weg nach Genua sei. In Genua, wo sie am 28. August ankamen, erfuhren sie, daß der Kaiser am Tage vorher angekommen und nach Piacenza weitergereist sei. Ehinger und Frauentraut ritten ihm sofort nach. Michaei von Kadan aber mußten sie in Genua zurücklassen, da er am Fieber erkrankt war. Bei einem Deutschen, Ludwig Steudlein, fand er freundliche Aufnahme und Pflege. Auch einen geschickten Arzt besorgte ihm dieser, sodaß die Krank­ heit bald zurückging. Auch der junge Hieronymus Ebner, welcher sich damals in Genua aufhielt, nahm sich Kadans an. Ehihger und Frauentraut kamen am 4. September, einen Tag nach dem Kaiser, in Piacenza an. Am 9. September wurden sie von dem kaiserlicher! Großkanzler und dem Gra­ fen Heinrich von Nassau und den beiden kaiserlichen Sekre­ tären Alexander Schweiß und Aloysius Waldez empfangen, denen sie ihre Credenz- und Förderungsbriefe überreichten und um die Vermittlung einer Audienz bei dem Kaiser baten. ‘ Der Empfang war sehr kühl und nicht viel ver-

85 sprechend. Der Großkanzler antwortete, er wolle sie beim Kaiser anmelden, um eine Audienz für sie nachsuchen und ihnen wieder Bescheid geben. Graf Heinrich von Nassau erklärte, er wisse,, daß der Landgraf von Hessen ihn zu seinem Sollizitator haben wolle; aber das sei ihm nicht gelegen. Auch die von Nürnberg hielten sich gegen ihn nicht derart, daß er für sie etwas tun wollte. Es gebe über­ haupt viele Deutsche, die nicht viel dächten. Für den Kur­ fürsten von Sachsen und die übrigen Fürsten und Stände wolle er tun, was diesen lieb wäre. Das sollten die Gesandten ihren Auftraggebern berichten. Alexander Schweiß erwiderte, da sein Herr der Graf von Nassau mit dem Landgrafen in Irrung stünde und die von Nürnberg dem Grafen und ihm die Ehre nicht gäben, die ihnen gebühre, gedenke er für die beiden nicht viel zu tun. Doch wolle er den andern nichts entgelten lassen. Waldez dagegen erbot sich den Gesandten, ihre Sache zu fördern. Endlich versprach ihnen der kaiserliche stell­ vertretende Hofmeister Wilhelm de Rollo gutwillige För­ derung. (Bericht der Gesandten in Schmalkalden: Staats­ archiv Nürnberg; Ansbacher Religionsakten [A. R. A.] VII f. 238 ff.; Müller S. 186 f.) Am 10. und 11. September erneuerten die beiden Ge­ sandten bei einem zweiten Besuch ihre Bitte um baldmöglichste Vermittlung einer Audienz und um eine gnädige Abfertigung, was ihnen alle zu sagten außer dem Grafen von Nassau, der auch diesmal erklärte, er habe ihnen bereits gesagt, daß er sich in keine Sache schlagen wolle, darin der Landgraf und Nürnberg begriffen wären, dabei lasse er es bleiben. (Müller S. 188; A. R. A. VII f. 238 ff.) Am 11. September ließ ihnen dann der Kaiser durch Alexander Schweiß wissen, daß er sie am 12. September zu früher Tageszeit hören wolle. Sie sollten ihm aber ihren Handel schriftlich übergeben und ihn nicht mit vielen Wor­ ten aufhalten, da er wegen vieler Arbeit nicht die nötige Zeit habe, um ein langes mündliches Vortragen anzuhören. Als sie dann am Sonntag früh mit Alexander Schweiß vor der Schlafkammer des Kaisers erschienen und der Sekretär sie 6*

86 gemeldet hatte, ließ ihnen der Kaiser nochmal einschärfen,, sie sollten sich möglichst kurz fassen. Darauf wurden sie vorgelassen. Sie übergaben ihren Credenzbrief in Gegen­ wart des Markgrafen von Quesa, der beiden Bischöfe von Orsina und Polenta und des Alexander Schweiß. Hierauf hielt Frauentraut den mündlichen Vortrag, in welchem er den bisherigen Gang der Dinge in der kirchlichen Frage schilderte. Mit dem Reichstagsbeschluß von 1526 wäre ein guter Weg zu Friede und Einigkeit gefunden gewesen. Mit der Aufhebung dieses Beschlusses auf dem letzten Reichstag sei die Lage wieder schwierig geworden. Vergebens hätten sich die evangelischen Stände bemüht, eine Milderung zu erreichen oder daß man sie bei dem ersten Speyerer Ab­ schied belasse. Darum hätten sie gegen den letzten Ab­ schied protestiert und erklärt, sie wollten bis zu einem Kon­ zil oder einer Nationalversammlung sich also verhalten, wie sie es vor Gott und dem Kaiser verantworten könnten und in allen ihren Pflichten gehorsam sein. Wenn sie aber mit der Heiligen Schrift überwunden würden, wollten sie sich gern weisen lassen. Um aber dem Kaiser genaueren Bericht zu geben, über­ gaben sie ihm ihre besiegelte Instruktion in Deutsch, Latein und Französisch, den gedruckten Abschied von 1529, die Protestation in Latein und Deutsch, das Ausschreiben des Reichstags von 1529, Papst Hadrians VI. Bekenntnis zu den Mißbräuchen von 1523 und endlich die Beschwerden (100 gravamina) vom Reichstag 1523. Schließlich baten sie um baldige Abfertigung. Darauf ließ ihnen der Kaiser sagen, er wolle die übergebene Handlung im Rat ersehen und ihnen nach Gebühr eine kaiserliche und gnädige Antwort geben (Müller Si 188 f., A. R. A. VII f. 238 ff.). Infolge der gleich darauf erfolgten Erkrankung des Großkanzlers verzögerte sich die Erledigung der Sache lange Zeit. Schließlich erreichten die Gesandten, daß der ■Großkanzler die Sache seinem Stellvertreter Granvella zur Behandlung übergab. Aber auch jetzt erhielten sie auf ihre Anfragen immer nur die Antwort, man wolle sie gnädig ab­ fertigen. Inzwischen war auch von Kadan nach Piacenza

87 nachgekommen. Aber obwohl nun alle drei um Bescheid anhielten, aber immer wieder vertröstet wurden, verstärkte sich bei den Gesandten immer mehr die Besorgnis, man werde ihnen keinen günstigen Abschied geben. Das teilte auch Ehinger an Spengler mit. Auch die Gründe gab er an: ,,Es hat Ihre Majestät gar niemand von hohen Deutschen bei Ihr. Der von Nassau hat sich dieser Handlung gar nit beladen und annehmen wollen, also daß unsre Handlung allein durch die spanischen und welischen Herren und insunder durch die Geistlichen, als durch den Großkanzler, so auf 8. dieses Monats hie zum Kardinal gemacht ist worden, und vielleicht durch kaiserlicher Majestät Beichtvater berat­ schlagt wurdet“ (Bericht der Gesandten A. R. A. VII f. 238 ff. — Brief Ehingers vom 21. Sept. A. R. A. VII f. 219). Diese wenig günstige Lage der Dinge ließ die Gesandten erwarten, daß die in ihrer Nebeninstruktion vorgesehene offi­ zielle Insinuation der zu Speyer eingelegten Protestation und Appellation gegenüber dem Kaiser notwendig werden würde. Darum trafen sie vorsorglich die nötigen Vorberei­ tungen für diese Rechtshandlung. Frauentraut suchte und fand in Piacenza einen Notar Johann Boxhorn aus Brüssel, durch den er eine Urkunde aufnehmen ließ, nach welcher er sich von der ihm mit übertragenen Gesandtschaft „exonerierte“, d. h. sich von derselben frei machte, um den beiden Mitgesandten als Notar bei der Errichtung der Insinuations­ urkunde dienen zu können. Als Zeugen dienten ihm dabei der inzwischen von Genua nach Piacenza gekommene junge Hieronymus Ebner, ein Johann Eseander und Arnim Costnitzer, sowie Marx Pfister und Christoph Pißinger, letztere beide aus Augsburg. (Die Urkunde vom 7. Oktober 1529: A. R. A. VII f. 258; Müller S. 191 ff.) In diesen Tagen hatte der Kaiser einem Harnischmacher Colman Platner aus Augsburg den Auftrag erteilt, für ihn selbst und für den Grafen von Nassau einige Harnische zu machen. Zu diesem Zweck mußte Platner in seine Heimat reisen. Um die Reise nicht allein machen zu müssen, bat derselbe den Grafen von Nassau, dieser möge dafür sorgen, daß die Gesandtschaft der protestierenden Stände vom Kai-

88 ser abgefertigt werde und er sich dieser zur Heimreise ari­ schließen könne. Der Graf versprach, diese Bitte zu erfüllen, fügte aber hinzu, ohne sein, des Harnischmachers, Ersuchen hätte die Gesandtschaft wohl noch einen Monat oder mehr warten müssen. Inzwischen aber hatte sich für Platner eine andere Reisegesellschaft gefunden, weshalb man die Abferti­ gung der Gesandtschaft wieder verschob. In ihrem Bericht bemerkten dazu die Gesandten: ,,Daraus zu vernehmen, wo Platner keine Gesellschaft überkommen, daß seine Förderung mehr geholfen und Ansehens gehabt hätt, weder (= als) Kurfürst, Fürsten und Reichsstädte selbst. Aus dem ist auch zu vernehmen, weß sich die Fürsten und Städte in Sachen des Glaubens zu Ihrer Majestät zu versehen haben." (Müller S. 195; Bericht der Gesandten A. R. A. VII f. 238 ff.) Ehinger und von Kadan fuhren inzwischen fort um Ab­ fertigung zu bitten. Endlich am 13. Oktober wurden sie in die Wohnung des kaiserlichen Sekretärs vorgeladen,, wo dieser ihnen einen schriftlichen Abschied des Kaisers über­ gab. In demselben wurde erklärt, der Kaiser habe mit Be­ schwerung vernommen, daß sich die evangelischen Stände wegen des Abschieds von Speyer von den übrigen Ständen getrennt hätten. Daraus würden nur viele Uebel und Zer­ rüttung entstehen, die zu verhüten dem 'Kaiser gebühre. Der Abschied von Speyer sei durch eine große Mehrheit der Stände beschlossen zur Verhütung weiterer Neuerungen und Sekten und zur Erhaltung von Frieden und Einigkeit im Reich. Darum hätten die evangelischen Stände dem Ab­ schied zustimmen müssen. Das von den evangelischen Ständen geforderte Konzil sei unnötig, nachdem der Ab­ schied einhellig von der Mehrheit beschlossen sei und dem Wormser Abschied, wie auch dem kaiserlichen Edikt von Worms entspreche. Es sei auch altes Herkommen, daß die Minderheit sich dem Beschluß der Mehrheit zu fügen habe. Fügten sich die Evangelischen nicht, so müsse der Kaiser zur Erhaltung schuldigen Gehorsams mit ernstlichen Strafen gegen sie Vorgehen. (A. R A. VII f. 261 ff.; Müller S. 196 ff.) Nach Verlesung dieses Abschieds erwiderte Michael von

89 Kadan im Namen der Gesandtschaft: „Hochachtbar und edler Herr Sekretär! Hans Ehinger und ich, Michael von Kadan, als die Gesandten haben itzo den schriftlichen Ab­ schied, so Ihr uns aus Befehl Ihrer Majestät eröffnet, an unsere Herren zu bringen, in aller Untertänigkeit vernom­ men, und hätten unsere Herren versehen, daß ihre wahr­ haftige Entschuldigung und gegründete dargetane Ursachen ihrer Protestation, wie sie mündlich und schriftlich an Ihrer Majestät Person in Deutsch, Lateinisch und Französisch für­ gebracht, bei Ihrer Majestät Ansehen sollt gehabt, oder wenigstens nit geringer, als des Gegenteils Verunglimpfung beherzigt sein, daß Ihre Majestät uns einen viel gnädigeren und bequemeren Abschied sollt geben haben. Unsere Herren trösten sich aber ihrer Unschuld und christlichen Wohl­ meinung und deß, daß sie kaiserliche Majestät für einen löb­ lichen, frummen und christlichen Kaiser erkennen, der sich mit der Zeit auch wird unterrichten lassen und der rechten Wahrheit zufallen. Dieweil aber dieser Handel nit allein ihrer Herren Per­ son, Land und Leut, sondern auch derselben Seele und Ge­ wissen belangt, also daß sie bei Verlierung ihrer Seelen Seligkeit allein auf dem stracken Befehl und Wort Gottes verharren und je gerne Christen sein und bleiben wollen, so haben ihre Herren — noch mehr beschwerlicher Verhin­ derung der Ehre Gottes, Unfried und Empörung im heiligen Reich zu fürkommen — aus höchster bedränglicher Not und keinem Menschen zuwider, auch aus keinem Unwillen, von dem jüngsten der andern Reichsstände Beschluß und Ab­ schied dieses Falls in Speyer appelliert, in Willen, dieselbe Appellation zu seiner Zeit zu exequieren, wie sich gebührt und recht ist, wie solchs Ihre kaiserliche Majestät aus diesem Instrument deutsch und lateinisch, gnädig zu vernehmen haben, welche Appellation wir also hiemit Eurer Erbarkeit anstatt der kaiserlichen Majestät mit Ueberantwortung der­ selben Appellationsakten, auch unsres Gewalts (— Voll­ macht) Copei aufs untertänigst zu insinuieren über­ antwortet und angezeigt haben wollen, bittend, Ihrer Maje­ stät daneben anzubringen und zu bitten, daß Ihre Majestät

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ohne Hinderung dieser insinuierten Appellation bei allen und jeden, insonders und gemein zu unsern gnädigen Herrn und den Städten nichts anderes, denn alles getreuen Gehor­ sams, Friedens, Untertänigkeit und Erbietens, wie in der Werbung beschehen, sich gänzlich und in allweg woll ver­ sehen, daß auch ihre Herren und Städte hinfüro also leben, regieren und sich halten wollen, wie sie das gegen Gott und kaiserliche Majestät zu verantworten und ihnen mit Wahr­ heit nichts Unbilliges mocht auferlegt werden.“ Hierauf wandte sich Michael von Kadan an Alexius Frauentraut mit folgenden Worten: ,,Ueber solche In­ sinuation von gedachter unserer Herren wegen requirieren wir Euch Alexius Frauentraut als Notarien, daß Ihr uns ex officio ein oder mehr Instrument und Urkund machen, geben und zustellen wollet in meliore forma darüber bezeu­ gend.“ (A. R. A. VII f..268 ff.; Müller S. 204.) Frauentraut antwortete: Nachdem er sich vor wenig Tagen der ihm übertragenen Legation aus beweglichen Gründen entschlagen habe, könne er von Amtswegen nicht umgehen, dem Kurfürsten, den Fürsten und Städten als Principalen,, oder ihnen, den Gesandten derselben ein oder mehr Instrument und Urkunden, sowie sie deren bedürften, zu machen und auszuhändigen. Zugleich requirierte er dafür die dazu nötigen und vorsorglich beschafften Zeugen. (Be­ richt der Gesandten A. R. A. VII f. 238 ff.; Müller 206.) Damit war die den Gesandten aufgetragene Insinuation der Protestation und Appellation rechtsförmig vollzogen. Dem kaiserlichen Sekretär mochte die Situation, in die ihn die Gesandten damit gebracht hatten, recht unangenehm sein. Er erwiderte, ihm sei vom Kaiser befohlen worden. den Gesandten den Abschied des Kaisers zu übergeben; jedoch habe er keinen Befehl, die Appellation anzunehmen. Er werde dem Kaiser über die erfolgte Handlung berichten. Damit, daß er die Appellationsurkunde in die Hand genom­ men, wolle er sie nicht angenommen haben. Auch darüber fordere er von Frauentraut eine entsprechende Urkunde. Letzterer antwortete, er werde darin seine Schuldigkeit tun.