Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg [30]

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Mitteilungen des

Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg. Herausgegeben mit Unterstützung des Stadtrats Nürnberg im Auftrag des Vereins von

Dr. Emil Reicke, Archivdirektor a. D.

DREISSIGSTER BAND. Mit 13 Tafeln und einem Stammbaum als Beilage. ---------- —■» ♦)(♦ »- . ----- -----------

NÜRNBERG VERLAG VON J. L. SCHRÄG (in Kommission)

1931-

Druck von J. L. Stich in Nürnberg.

SR. EXZELLENZ DEM HERRN REGIERUNGSPRÄSIDENTEN A. D. Dr. phil. h. c.

LUDWIG FREIHERRN VON WELSER, DEM FREUND UND FÖRDERER DER

NÜRNBERGER GESCHICHTSFORSCHUNG,

ZUM NEUNZIGSTEN GEBURTSTAGE (6. Mai 1931 )

IN EHRERBIETUNG gewidmet vom

VEREIN FÜR GESCHICHTE DER STADT NÜRNBERG.

Inhalt, Seite

Größere Abhandlungen1) : Das Augustinerkloster in Nürnberg. Von Dr. Julie Rosenthal. Mit 7 Tafeln.......................... ...... Nachträge zur Geschichte der Nürnberger Musik­ drucker im 16. Jahrhundert. Von Dr. Rudolf Wagner, Studienprofessor in Fürth . Die Familiengeschichte der Koeler. Ein Beitrag zur Autobiographie des 16. Jahrhunderts von Hannah S. M. Amburger (London). Mit 7 Abbildungen auf 6 Tafeln und einem Stammbaum als Beilage Kleinere Mitteilungen: Ueber den Königshof zu Nürnberg. Von Dr. Ernst Mummenhoff............................................................ Ratsverlässe über die Umgestaltung des Kirchhofs bei St. Sebald nach dessen Auflassung, Her­ stellung eines gepflasterten Fahrwegs darüber zum Wein- und Milchmarkt (Albrecht Dürer-Platz), Anbringung eines Kettenstocks bei der Einfahrt, Versetzung des „Messingenen Herrgotts“, das Küchelein gegenüber dem Pfarrhof u. a. Von Dr. Ernst Mummenhoff........................................ Wie ist das Verhältnis von St. Lorenz in Nürnberg zur Pfarrkirche in Fürth bis 1350. Von Archivjiirektor Dr. Reinhold Schaffer........................... j Das Inventar der Seherischen Kunstkammer in Nürnberg vom Jahre 1637. Von Staatsoberarchiv­ rat Albert Gümbel..................................................... Der Kampf um Anselm Feuerbachs „Amazonen­ schlacht“. Von Heinz Neuberger.......................... Das Architektur-Modell der Stadt Nürnberg nach dem Stande vom Jahre 1625 im MetropolitanMuseum of Art in New-York, gefertigt von Hans Schleif. Von Hans Seibold................................. Bücherbesprechungen: Erwiderung. Von Dr. Heinz Dannenbauer, Privat­ dozent für Geschichte an der Universität Tübin­ gen ...............................................................................

I —106

107—152

153—288

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305—307

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348—352

353—363

D Für den sachlichen Inhalt der einzelnen Artikel übernimmt die Schriftleitung keinerlei Verantwortung.



VI

— Seit©

„Die Entstehung des Territoriums der Reichsstadt Nürnberg.“ Herrn Dr. Dannenbauer als Entgeg­ nung. Von Archivdirektor Dr. Reinhold Schaffer

363—373

Gesammelte Aufsätze und Vorträge von Dr. phil. h. c. Ernst Mummenhoff, Archivdirektor a. D. Hrsg, vom Verein f. Gesch. d. Stdt. Nbg. I. Bd.: Aufsätze und Vorträge zur Nürnberger, Orts­ geschichte. Nbg., Ernst Frommann '&* Sohn, 1931. Besprochen von Geh. Regierungsrat Direktor Dr. Theodor Hampe..................................................

373—376

Nürnberg, Kaiser und Reich. Studien zur reichs­ städtischen Außenpolitik von Dr. Eugen Franz, Privatdozent an der Universität München. Ebd., C. H. Beck, 1930. Besprochen von Archivdirektor a. D. Dr. Emil Reicke..................................................

376—385

Wilibald Pirckheimer und die erste Reise Dürers nach Italien. Von Dr. Hjans Rupprich, Privat­ dozent an der Universität Wien. Ebd., Anton Schroll, 1930. Besprochen von Archivdirektor a. D. Dr. Emil Reicke.........................................................

385—391

Justus Bier, Tilmann Riemenschneider, die reifen Werke. Augsb., Benno Filser, 1930. Besprochen von Archivdirektor Dr. Reinhold Schaffer

391—393

Johannes Kupezky 1667 —1740. Von Dr. Eduard Safarik. Prag, „Orbis“ A.-G., 1928. Besprochen von Archivdirektor a. D. Dr. Emil Reicke Georg Gustav Wieszner, Der Pulsschlag deutscher Stilgeschichte. I. Teil: Von den Anfängen bis ins 16. Jahrhundert. Stuttg., Akadem. Verl. Dr. Fritz Wedekind & Co., o. J. Besprochen von Archiv­ direktor Dr. Reinhold Schaffer .....

399 f.

Franken und das Deutsche Reich im Mittelalter. Studien zur landschaftlichen Gliederung Deutsch­ lands in seiner geschichtlichen Entwicklung. Von Dr. Bernhard Schmeidler, o. Professor an der Uni­ versität Erlangen. Ebd., Palm & Enke, 1930. [A. u. d. Tit.: Erlanger Abhandlungen zur mitt­ leren und neueren Geschichte. Hrsg, von Beruh. Schmeidler und Otto Brandt. 7. Bd.] Besprochen von Archivdirektor a. D. Dr. Emil Reicke .

400—402

Einige in den letzten Jahren erschienene wichtigere Werke zur Nürnberger Geschichte, deren Be­ sprechung, da sie hier, vornehmlich wegen Man­ gels an Raum, nicht mehr stattfinden konnte, wenigstens zu einem Teile einem späteren Bande unserer Vereinszeitschrift Vorbehalten bleibt .

403—406

393—399

Das Augustinerkloster in Nürnberg

Von

Dr. Julie Rosenthal-Metzger.



Verzeichnis der abgekürzt angeführten Literatur. Abraham = Erich Abraham: Nürnberger Malerei der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts (Studien zur deutschen Kunstgeschichte, Heft 157), Straßburg, Heitz, 1912. Daun = Berthold Daun: Veit Stoß und seine Schule in Deutsch­ land, Polen, Ungarn und Siebenbürgen. Leipzig 1916. Dehio = Georg Dehio: Geschichte der deutschen Kunst, Band II, 2. Auflage. Berlin und Leipzig 1923. Gebhardt = Karl Gebhardt: Die Anfänge der Tafelmalerei in Nürn­ berg (Studien zur deutschen Kunstgeschichte, Heft 103), Straß­ burg, Heitz, 1908. Gerstenberg = Kurt Gerstenberg: Deutsche Sondergothik, Mün­ chen 1913. Loßnitzer = Max Loßnitzer: Veit Stoß, Leipzig 1912. Müllner = Johannes Müllner (f 1634): Annalen der Stadt Nürn­ berg, nach der gedruckten Ausgabe von M. M. Mayer, Nürn­ berg 1836. Murr = Christoph Gottlieb von Murr: Beschreibung der vornehm­ sten Merkwürdigkeiten der Reichsstadt Nürnberg, 2. Auflage, Nürnberg 1801. Neudörfer = Des Johann Neudörfer, Schreib- und Rechenmeisters zu Nürnberg, Nachrichten von Künstlern und Werkleuten daselbst, aus dem Jahre 1547. Nach den Handschriften und mit Anmerkungen herausgegeben von Dr. G. W. K. Lochner, Stadt­ archivar zu Nürnberg. Wien 1875. Nor. H. 179 = Handschriften- und Notizensammlung des 17. und 18. Jahrhunderts, betr. das Augustiner-Kloster, Stadtbibliothek Nürnberg, Signatur: Nor. H. 179. Oeconomia = Handschrift aus dem 16. Jahrhundert. Städt. Archiv Nürnberg, Kirchenamt Nr. 24 und 25, des Augustinerklosters in Nürnberg fundationes, indulta, privilegia, iura und anderes betreffend (Abschriften aus Urkunden, Salbüchern, dem Anni­ versarium, Inventarium, „mare magnum“ etc.). Ratsverlässe = Ratsprotokolle, handschriftlich im Staatsarchiv Nürnberg (Hampe == Nürnberger Ratsverlässe über Kunst und Künstler . . herausgegeben von Theodor Hampe, Wien-Leip­ zig 1904). Ree-Hampe = Paul Joh. Ree, Nürnberg. 6. Aufl., durchgesehen von Theodor Hampe. Leipzig, E. A. Seemann, 1926 (Berühmte Kunststätten Nr. 5). Thieme-Becker = Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. Leipzig 1909. Thode = Henry Thode: Die Malerschule von Nürnberg im 14. und 15. Jahrhundert. Frankfurt a. M. 1891. Weinberger = Martin Weinberger: Nürnberger Malerei an der Wende der Renaissance (Studien zur deutschen Kunst­ geschichte, Heft 217), Straßburg, Heitz, 1921. Würfel = Andreas Würfel: Diptycha ecclesiarum Norimbergensium, d. i. Beschreibung der übrigen Kirchen, Klöster und Kapellen in Nürnberg. Ebd. 1761. Zion = ( J. J. Carbach:) Nürnbergisches Zion, das ist wahrhafte Beschreibung aller Kirchen und Schulen . . ., von Perisesysymeno. Nürnberg 1733.

Die erste Klostergründung. Wie bei den übrigen Bettelordens-Niederlassungen in Nürnberg sind auch über die Klostergründung der Augusti­ ner weder urkundlich überlieferte Daten noch sonstige genauere Umstände bekannt. Wir wissen nur soviel, daß eine Vereinigung umherziehender Augustiner — der eigent­ liche Orden wurde erst 1255 von Papst Alexander IV. durch den Zusammenschluß solcher Einzelgruppen gegründet *2) — sich im ersten Viertel des 13. Jahrhunderts in der Gegend des heutigen Neuen Tores niederließ. Ob sie sich wirklich ,,als die ersten (der vier Bettelorden) in Nürnberg ein­ genistet“ haben, wie Müllner (S. 413) berichtet, und ob das von ihm und sämtlichen alten Chroniken und Beschreibun­ gen angegebene Gründungsjahr 1218 oder 1225 den Tat­ sachen entspricht, ist nicht nachzuweisen. Ebensowenig sind wir über den Charakter der Ansiedlung unterrichtet; Roth (Nürnbergisches Taschenbuch, Nbg? 1812 Bd. I S. 299) spricht — ohne Angabe der Quelle — von einer Kapelle oder einer Zufluchtsstätte für reisende Augustiner. Sicher ist aber die ebenfalls in alten Ueberlieferungen angenommene Nachricht unzutreffend, daß der Grund und Boden für das Kloster eine Schenkung der Grafen von Nassau war; die Familie war vor dem Ende des 13. Jahrhunderts in Franken noch gar nicht ansässig, in Nürnberg erwarben sie erst 1326 Güter 2). Besser als über Zeit und Umstände sind wir über die Lage und Ausdehnung dieser ersten Niederlassung un­ terrichtet. Da nämlich das Areal bei der späteren Verlegung S. 4.

A) Bullarium ordinis Eremitarum S. Augustini. Romae 1628,

2) Näheres über die Grafen von Nassau bringen die Chro­ niken der deutschen Städte, Bd. 3, S. 71, Anmerkung 4; vgl. weiter­ hin den Aufsatz von Mummenhoff in Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg, Heft 15, S. 1.

6 des Klosters im Besitz der Augustiner blieb und die Eigen­ tümer der später darauf erbauten Häuser ihnen zinspflichtig waren, ist aus den Eintragungen über das Einkommen aus diesen Besitzungen, die sich zahlreich in den alten Salbüchern ebenso wie in Kauf- .und Pachtbriefen (in großer Anzahl im städtischen Archiv Nürnberg) finden, das Gelände ungefähr noch abzugrenzen. Eine besondere ergiebige Quelle hierfür ist das Salbuch Cod. man. 7. 4 0 im städtischen Archiv, das eine genaue Aufzählung der Häuser und ihrer Lage bringt. Es beginnt mit der Vorrede: „Es ist zu wissen, daß diß unser convent vor vil ioren ist gestanden, als man zu dem newen thor außget zu der linken hant von dem selbigen ecke zu negst an dem thor und pey der statmaur hereinvertz gegen sant Sebolt; und von dem obgemelten ecke neben der statmaur hinab bis an den geyersberck“ 1). Der früheste urkundliche Nachweis für die Lage des alten Klosters am Neutor findet sich, wenn auch in einer späteren Abschrift, in der Urkunde St. 115 im städtischen Archiv, wonach der Convent vom Jahr 1301 ab die ,,stehend gebliebenen Gebäude seines abgebrannten Klosters beim Neuen Thor“ an verschiedene Personen vererbt hat. Dem­ nach lag das Kloster außerhalb des damals noch engeren Mauerrings 2), und zwar wurde das Gebiet — nach dem heu­ tigen Stadtplan — im Norden von der Neutorstraße, im Osten von der Irrerstraße begrenzt, im Süden zog sich die Grenzlinie über den Geiersberg bis an die Stadtmauer hin und lief im Westen an dieser entlang zurück zum Ausgangs­ punkt, dem alten Wirtshaus zum Goldenen Stern. Müllner (S. 413) und andere Chroniken bringen deshalb die Orts­ angabe: ,,es (sc. das Kloster) stand an dem Ort, da heuti­ gen Tags das Wirtshaus zum Goldenen Stern steht bis hinab an den Geiersberg, dessen noch heutigen Tags in gedachtem Wirtshaus Anzeigung vorhanden“. Die weitere genaue Aufzählung der Häuser im Anhang Nr. 1. 2) Das Gebiet wurde erst 1381 bei der letzten Stadterweiterung in den Befestigungsring einbezogen. Emil Reicke, Geschichte der Reichsstadt Nbg. Nbg. 1896, S. 268 f.

7 Das Kloster brannte 1265 oder, wie Müllner vorsichtig hinzusetzt, ,,ein wenig zuvor“ ab. Diese Jahreszahl ist mit großer Wahrscheinlichkeit als zutreffend anzunehmen, da 1265 (laut Ablaßbrief, Anhang Nr. II) der Neubau in der Stadt begonnen wurde. „Was diese Brunst verursacht“, sagt Müllner S. 414, „wird in des Klosters Schriften nicht gemeld; doch ist vermuthlich, weilen sie an diesem Ort nicht wieder aufbauen wollten, sondern sie in die Stadt getrachtet, es müsse durch Feindes Gefahr geschehen oder doch sonsten von bösen Leuten eingelegt worden seyn“. Daß die Nieder­ lassung tatsächlich durch Feuer zerstört wurde, beglaubigt das Salbuch Cod. man. 7. 4 °: „do aber unser Convent an der vorgemelten stat mit feur verprant und verwüst wardt“, ebenso der Indulgenzbrief des Bischofs Bertold von Bam­ berg (Anhang Nr. III) für die Ordensbrüder, die „von irem vorigen plan oder ort prunst halben geflohen waren“, und endlich die Notiz in der bereits erwähnten Urkunde des Stadtarchivs *), daß der Convent vom Jahr 1301 an „die Hofstett, Gärten und stehend gebliebenen Gebäude ihres ab­ gebrannten Klosters beim Neuen Tor nach und nach an einige Personen als Leibgeding vererbt habe“. Dieser letz­ ten Urkunde ist zu entnehmen, daß also anscheinend nur ein Teil der Klostergebäude zerstört wurde. Ueberhaupt ist der Brand des alten Klosters und die Furcht vor ähnlichen Kata­ strophen wohl nicht, wie Müllner annimmt, die Ursache des Umzugs in die Stadt; die allgemeinen Bestimmungen, die die Päpste um diese Zeit für die Bettelorden erlassen (siehe Bullarium und die Abschriften des „Mare magnum“ in der Oeconomia), deuten auf eine allgemeine Bewegung in den Orden, die auf die Ansiedelung innerhalb der Städte hinzielt. Es wird allenthalben die Erlaubnis erteilt, „Kirchen und Bet­ häuser in der Stadt aufzurichten“. Die bisherige Ungebun­ denheit, die den Mönchen auf Grund ihrer Privilegien ge­ stattete, an jedem Ort zu predigen und mit dem tragbaren *) Stadt. Archiv, St. 115: Gesuch um Ablösung des Zinses vom Wirtshaus zum weißen Rößlein (identisch mit dem im Salbuch Cod. man. 7. 4 0 genannten sechsten Zinshaus, jetzt Irrerstraße 19). Siehe Anhang Nr. I.

8 Altar (altar viaticum) unter freiem Himmel Gottesdienst abzuhalten, ließ sich nicht länger aufrechterhalten. Sie muß­ ten sich inmitten des Volkes ansiedeln und eigene Predigt­ räume schaffen. Im Jahr 1265 gibt Papst Clemens IV. seine Zustim­ mung zur

Verlegung des Klosters in die Stadt (nachdem inzwischen 1255 durch Papst Alexander IV. die Augustiner zum richtigen Orden erhoben worden waren), die im gleichen Jahre von den Bischöfen Eringar von Würz­ burg und Albert von Regensburg (Albertus Magnus) bestä­ tigt wird 1). Auch der Rat der Stadt Nürnberg erteilt die Erlaubnis dazu. Der Bischof von Bamberg aber, zu dessen Diözese Nürnberg gehörte, protestiert dagegen. Bayer2) führt diesen Widerstand auf die allgemeine Reaktion gegen die neuen allzuhäufigen Ordensgründungen zurück, die nach dem Laterankonzil von 1215 eingetreten war; doch finde ich es wahrscheinlicher, daß Bamberg fürchtete, den unmittel­ baren Einfluß auf das Kloster und damit auch die Einkünfte daraus zu verlieren, wenn es im Bereich des Stadtinnern und unter dem Schutze des Nürnberger Rates stand. Eine neuer­ liche Bulle Clemens’ IV. wies 1268 (von Viterbo aus) den Einspruch Bambergs zurück und befahl, daß das Bamberger Kapitel ,,dem Augustiner Orden an dem Ort, den sie mit rechtem Titel an sich gebracht, ein Bethaus und notwendig Gebäu aufzurichten, keine Verhinderung thun sollen“ (Müllner S. 414). Erst 1275 bestätigt Bischof Bertold einen Neubau (siehe Anhang Nr. III). Inzwischen hatten ver­ schiedene andere Bischöfe durch Indulgenzbriefe (sämtlich in der Oeconomia Bd. I, Bl. 62 ff. regestiert) das neue Werk anerkannt und unterstützt: so 1267 Bischof Petrus von Salz­ burg, 1272 und 1274 Bischof Hildebrand von Eichstätt, 1273 Bischof Hartmann von Augsburg und 1274 Bischof Leo von Regensburg. Um 1275 scheint der Kirchenbau beendet zu sein; war bisher in den Bischofsbriefen ein vierzigtägiger *) Die Briefe sind in der Oeconomia kopiert, Bd. I, Bl. 60 und 6ov. Siehe Anhang Nr. II. 2) Kalender für Katholische Christen, Jahrgang 1906, S. 102.

9 Sündenablaß für die bestimmt, die den Bau durch Spenden oder tätige Mithilfe unterstützten, so gelten die der folgenden Jahre (von den Bischöfen von Mainz, Florenz, Parma, Sar­ dinien und zahlreichen andern; siehe Oeconomia) den flei­ ßigen Besuchern des also fertiggestellten Gotteshauses. 1278 weiht Bischof Hildebrand von Eichstätt einen Altar und den Kirchhof und 1279 Bischof Bertold von Bam­ berg zwei weitere Altäre (Anhang Nr. IV und V). Das neue Kloster wurde — nach Meisterlin in: Chro­ niken der deutschen Städte, Band 3, Seite 101 — „auf den Weinmarkt gesetzt“. Auch der Indulgenzbrief des Bischofs Albert von Regensburg vom Jahr 1265 (siehe Anhang Nr. II) hat die Aufschrift: ,,Hoc tempore aedificatum est monasterium praesens nostrum circa forum vini“. Ob die Be­ zeichnung ,,circa forum vini“ die Lage nur ungefähr, als in der Nähe des Weinmarktes befindlich, angeben will oder ob der Weinmarkt damals bis zur heutigen Schustergasse herabreichte und der jetzige trennende Häuserblock noch nicht existierte, mag dahingestellt bleiben. Die alte Kirche stand bis zum Jahre 1479. Wir haben keine Bilder von ihr, nur — auf späteren Ansichten der neuen Kirche — von dem Chor, der bei dem Neubau des Langhauses stehen blieb. Wahrscheinlich ist aber auch er auf diesen Bildern nicht mehr in der ursprünglichen Form erhalten. Ein Reversbrief vom Jahre 1426 berichtet zum Beispiel von der Erweiterung zweier Fenster im Chor (Oeco­ nomia I, Bl. 259). Die Kirche besaß eine Empore, wie aus einem Jahrtagstiftungsbrief (Oec. I, Bl. 285) hervorgeht; von dem Portal und einem Gitter vor der Kirchentüre berichtet Endres Tuchers Baumeisterbuch 1464—75 (S. 264; siehe auch Anhang Nr. I, S. 89, Anm.). Ueber die

Anlage des Klosters sind wir auch erst aus späterer Zeit unterrichtet. 1833 ließ die Stadt durch den Architekten Querfeld drei Grundriß­ zeichnungen (jetzt Kupferstichkabinett des Germ. Mus.) an­ fertigen, ,,ebener Erden, erste und zweite Etage“, deren in

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die Zimmer eingeschriebene Nummern (laut Beischrift) mit einer verloren gegangenen ,Beschreibung über die Lokali­ täten im Augustinerkloster“ vom Dezember 1830 überein­ stimmten. 1829 machte der Stadtbaumeister Heideloff in einer Broschüre den Vorschlag, unter Verwendung der alten Gebäude ein Theater in das Kloster einzubauen; die der Schrift beigegebene kleine Grundrißzeichnung (auch in der Sammlung Norika - Kupfer, Nr. 89, Blatt 112 b, Stadt­ bibliothek) entspricht der großen von Querfeld. Ein dritter Plan endlich wurde bei der Uebertragung einzelner Teile des Klosters in das Germanische Museum 1872/73 unter Zu­ grundelegung der Querfeldschen Zeichnung angefertigt (ab­ gebildet in Essenwein - Stiehl, Die Baustile, Heft 2: Der Wohnbau des Mittelalters, Leipzig 1908, S. 36). Diesen Plänen zufolge wird der Komplex im Norden von der Schustergasse begrenzt, im Osten von der Winklerstraße, im Süden erstreckt er sich bis zur Augustinerstraße und schließt im Westen mit der Karlsstraße ab. Die Anlage ent­ spricht dem üblichen Schema*2)3 (Dehio S. 21, EssenweinStiehl S. 22), das die Kirche in den Norden stellt und daran den Kreuzgang anschließt. Die Kirche stand auf dem freien Platz, der sich jetzt vor der Wirtschaft zum Leistlein, Karls­ straße 14, ausdehnt. Der westliche Kreuzgangflügel bildet den Unterbau des Hauptgebäudes, das den großen Kapitel­ saal mit den Fresken von Bäuerlein (siehe S. 67 f.) und das Dormitorium enthielt. Ob hier auch das Refektorium war, wie Ree-Hampe, Nürnberg, Leipzig 1926, S. 19, schreiben, oder in einem im Westen gelegenen Hauptgebäude (c auf der Zeichnung), wie Essenwein-Stiehl, S. 36, annimmt, ist aller*) C. Heideloff, Entwurf zu einem neuen Theater-Gebäude in Nürnberg auf dem Platze des vormaligen Augustiner-Klosters. Nürnberg 1829. Eine aquarellierte Ansicht der Fassade des geplanten Theaters hat in letzter Zeit das Stadt. Archiv erworben. 2) Vergleiche z. B. die verwandten Anlagen des Zisterzienser­ klosters Maulbronn (E. Paulus, Die Zisterzienser-Abtei Maulbronn, 2. Auflage. Stuttgart 1884, Tafel IV), das Zisterzienserkloster Goldenkron in Böhmen (Essenwein-Stiehl S. 35), das Benediktiner­ kloster Seligenthal in Baden (Bau und Kunstdenkmäler in Baden IV. 3, S. 199) und das Franziskanerkloster in Danzig (Essenwein-Stiehl

S. 37).

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dings zweifelhaft. Die früher wahrscheinlich eingewölbten (darauf deuten die Strebepfeiler an der Außenwand und der Kragstein auf einem Fresko von Bäuerlein im Kapitelsaal*)) Säle sind heute mit neuen flachen Balkendecken versehen. Hauptgebäude und Kreuzgang wurden beim Abbruch des Klosters 1872 von Essenwein ins Germanische Museum *2) übertragen. In der friedlich-stillen Abgeschlossenheit des sogenannten Wittelsbacher Hofes, den der Kreuzgang mit seinen schönen Maßwerkfenstern umschließt, hat sich die Stimmung klösterlichen Friedens rein erhalten. Schlicht und monumental erhebt sich — durch einen Simsstreifen von ihm abgetrennt—über dem (heute) südlichen Kreuzgangflügel das große Klostergebäude mit der an der Südseite angebauten Kressischen Doppelkapelle (Raum 59 und 61 im Führer durch das Germanische Museum von 1924/25; siehe unten). Viel­ leicht stellt die Jahreszahl 1495, die sich sowohl an der Hofwie an der Straßenseite des Hauptgebäudes findet, dessen Baujahr dar. Anschließend an die Kapelle haben sich im Innern des großen Klosterhauptgebäudes noch zwei weitere Kapellen, die ebenfalls vom Kreuzgang aus zu betreten sind, erhalten: eine östliche (Raum 58), deren birnstabprofilierte Rippen ein sechsteiliges Kreuzgewölbe mit Stichkappen über den vier Ecken bilden, und eine westliche (Raum 60), in der die Kämpferplatte eines gedrungenen Rundpfeilers im Mittelpunkt des Raumes ein reiches Strahlengewölbe von allen Seiten auffängt. Neben der Kirche ,,zur linken Hand“ (Nor. H. 179) stand die Kapelle St. Georg (siehe unten), ferner existierte noch eine Kapelle St. Salvator, von der uns aber nur der Name bekannt ist (siehe Anhang Nr. 6), dann wird in der Deichslerschen Chronik (Chroniken der deutschen Städte, Bd. 10, S. 242) ein nicht identifizierbarer Turm 3) A) Der Kapitelsaal war, seiner hohen Würde entsprechend, meistens gewölbt (Essenwein-Stiehl S. 58). 2) Jetzt Frauentormauer 24. 3) Die Vermutung, daß es sich hier um einen alten Stadt­ befestigungsturm handeln könnte, wird von Herrn Hans Seibold (Verfasser einer noch nicht erschienenen Arbeit über die Nürn­ berger Stadtbefestigung) widerlegt: zu dieser Zeit hatte man die alte Linie längst verlassen und ließ deren Mauern und Türme ver­ fallen.

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erwähnt: ,,1459 da pawet man den türm zu den Augustinern neu von grünt auf“. Irgendwo im Hofe befand sich eine große künstliche Sonnenuhr mit Versen darunter, ein Werk des 1712 gestor­ benen Ratschreibers Georg Arnold Burger (Murr, S. 85) und noch eine kleine Vertikaluhr mit der Unterschrift: „Nihil certius morte ac incertius hora mortis. Augustinus“. Ein Augustiner deutet auf die Uhr. Ueber ihr stehen die Worte: „Vanitas diei“. Sie wurde 1499 aufgezeichnet und 1654 erneuert (Murr, S. 86). Wahrscheinlich ist dies die Sonnen­ uhr im Giebel, deren Wiederherstellung am 31. Juli 1777 durch den Maler Johann Philipp Bayer die Stadtalmosen­ amtsurkunde St. 126 im Städtischen Archiv meldet, während die in der gleichen Urkunde erwähnte „planetarische und methaphysische Sonnenuhr gegen hochlöbliche Amtsstuben über“ mit der erstgenannten künstlichen Sonnenuhr iden­ tisch sein wird. Ueber den Baumeister der Klostergebäude ist nichts Urkundliches erhalten. Otte1) bringt eine kurze Notiz: „Das Augustiner Kloster in Nürnberg baut um 1450 Hein­ rich Echser von Nördlingen aus“, eine Nachricht, die weder von ihm belegt, noch sonst irgendwo bestätigt wird. Viel­ leicht aber stellt sie eine Bestätigung meiner Behauptung dar, daß Echser der Baumeister der Kirche war. Die Zahl 1450 könnte wohl auf einem Irrtum beruhen und 1479 oder 1480 lauten (siehe S. 16). Nach der Auflassung und Uebergabe an die Stadt wurde die Landalmosenamtsregistratur in das Kloster gelegt und für die dort beschäftigten Verwaltungsbeamten, den Haupt­ pfleger, Pfleger, Gegenschreiber, Amtsdiener und Kasten­ knecht Wohnungen darin eingerichtet (Würfel, S. 12). Im Jahre 1829 tauchte, wie bereits erwähnt, der Plan auf, ein Theater in das Kloster einzubauen 2), ein Projekt, *) Handbuch der kirchlichen Kunstarchäologie des Mittel­ alters, Leipzig 1885, S. 513. 2) C. Heideloff, Entwurf zu einem neuen Theater-Gebäude in Nürnberg auf dem Platze des vormaligen Augustinerklosters, Nbg. 1829.

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das aber unausgeführt blieb. 1833 wurden einzelne Teile „zu den Localitäten für die Gewerbeschule genommen und die übrigen der Kultusstiftung überlassen“ (Randbemerkung an den Grundrissen von 1833 1m Germ. Mus.). In diesen übrigen Räumen sollte 1851 ein Museum für Wissenschaft und Kunst, Altertum und Gewerbe eingerichtet werden1); es blieb aber bei dem Vorschlag. 1872 endlich mußte der ganze Block dem neuen (jetzigen alten) Justizgebäude weichen (erbaut 1871—78 von dem kgl. Baurat Bernhard Solger, heute für verschiedene Behörden, Finanzamt usw. verwendet).

*) Germanisches Museum, Hs. 102 496 a, Handschrift des 19. Jahrhunderts: „Das alte Augustinerkloster in Nürnberg und dessen neue Bestimmung“.

Der Kirchenbau. Die alte Kirche von 1275 stand bis zum Jahr 1479 (siehe S. 9); dann scheint der zunehmende Andrang zu den Pre­ digten der Augustiner eine Vergrößerung des Gotteshauses notwendig gemacht zu haben. Jedenfalls ist nirgends die Rede von einer Zerstörung der Kirche durch Brand oder andere Katastrophen. Das Langhaus wurde gegen Ende der 70 er Jahre des 15. Jahrhunderts niedergelegt; der alte Chor blieb stehen. Daß man hier nicht nach dem Vorbild von St. Lorenz und St. Sebald den Chor vergrößerte und das alte Langhaus beibehielt, liegt außer in den Raumverhältnissen, die der Vergrößerung des Langhauses günstiger waren, im Charakter des Bettelordens-Gottesdienstes, dem es bei der Bedeutung, die er der Predigt zumaß, mehr auf die Schaf­ fung großer, dem Volk zugänglicher Räume ankam, als auf die Erweiterung des Chors 1). Der Kirchenneubau wurde 1479 begonnen. Ueber dem Ostfenster des nördlichen Seiten­ schiffes befand sich eine Inschrift, die Beginn und Ende des Baues anzeigte (auf einer der Radierungen Wilders vom Kircheninnern — s. Abbildung — deutlich erkennbar), die aber Murr (S. 82) falsch gelesen haben muß. Er zitiert: „1485 ward angefangen der Bau des löblichen Gottes­ hauses St. Veit und an seinem Abend (14. Juni) der erste Grundstein gelegt und anno 1488 am Samstag vor Dyonisi (3. Oktober) war der Bau des löblichen Gottes­ hauses St. Veit mit der Hülff Gottes und frummer Leut All­ mosen vollbracht/4 Dagegen überliefern sowohl die Deichslersche Chronik (Chroniken der deutschen Städte Bd. 10, S. 359): ,,Item in dem jar (1479) buben die Augustiner zu Nurmberg ir kirchen on den kor von grund auf an zu pawen, *) Ueber Veränderung der Liturgie als Motivierung der Raumzenträlisierung siehe Erich Haenel, Spätgotik und Renaissance, Stuttgart 1899, S. 63.

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setzten im Herbst die vier seul“), ebenso wie Müllner J) und andere Chroniken und Beschreibungen das Baujahr 1479. Auch ein Schreyersches Copialbuch12) bringt eine Notiz „von der Augustiner kirchen, die sie davor zu St. Veitstag im 79. jar neu zu bauen angefangt hatten“. Endlich wird dieses Baudatum durch mehrere Ratsverlässe gesichert. So vom Jahr 1479 3): den vätern zu den Augustinern ist zu irer kirchen pau vergönnt, in dem steynpruch steyn zu prechen“. Dann am 25. Mai 1479 4): „Item den herren zu% den Augustinern zu irem furgenomen pau irer kirchen holz aus dem wald Laurenti ze geben nach waldsordnung“. Wei­ tere Ratsverlässe5) aus den Jahren 1480, 1482 und 1483 erteilen die Erlaubnis, fernerhin für den Bau und die Be­ dachung Holz zu fällen und Stein zu brechen. Als Baumeister hatten sich die Augustiner einen aus­ wärtigen Künstler verschrieben, denn ,,Nürnberg, das nicht wie eine Bischofsstadt eine Dombauschule, ja nicht einmal, infolge des allgemeinen Zunftverbotes, wie in andern Städten eine Steinmetzenzunft besaß, war eben auf auswärtige Schu­ len (Regensburg, Bamberg, Freiburg, Straßburg, Böhmen, Schwaben usw.) angewiesen“ (F. W. Hoffmann, Die Nürn­ berger Kirchen in: Borrmann-Graul, Die Baukunst, 2. Serie, 12. Heft, S. 15). Doch trifft dies nicht in diesem Umfang zu; aus dem Wortlaut des Ratsverlasses vom Jahr 1479 6) scheint hervorzugehen, daß der Rat einen einheimischen Künstler vorgezogen hätte und sich die Augustiner dem Zureden des Rats eigensinnig widersetzt hätten: „Item den herren zu den Augustinern ist in iren willen gesetzt, den 1) Müllner S. 417; Chronik 198, Repertorium 52 a, S. 188; Chro­ nik 190, Repertorium 52 a, S. 392: beide im Nürnberger Staats­ archiv; Zion S. 6; Würfel S. 4. 2) Gümbel veröffentlicht in Heft 18 der Mitt. des V. f. G. d. Stdt. Nbg., S. 99/133 in „Kirchliche Stiftungen Sebald Schreyers 1477 bis 1517“ Notizen über Schenkungen Schreyers an die Nürnberger Kirchen und Klöster aus den drei im Kreisarchiv Nbg. verwahrten Schreyerschen Rechnungs- und Kopialbüchern. s) Hampe, Ratsverlässe, Band 1 S. 26, Nr. 184. 4) Ebd. S. 27 Nr. 195. 6) Ebd. S. 30 Nr. 217, S. 32 Nr. 233, S. 29 Nr. 210, S. 32 Nr. 231, S. 39 Nr. 280, S. 40 Nr. 285. 6) Ebd. Nr. 192, S. 26.

i6 steynmetzen von Nordlingen, der den pau zu Heilsprunn gepaut hat, zu irem gepau zu geprauchen irer kirchen, doch wo sie den aufnehmen, daß er die zeit seines hiewesens losung gebe“. Und etwas wie Groll gegen denFremden klingt auch aus dem Ratsverlaß vom 20. April 1480: „Item der Augustiner werkmann irs paues ze sagen, wolle er hie in der stat arbeiten, daz er dann der stat Ordnung wie andre werkleut halte“. Wer aber war dieser Steinmetz von Nördlingen? Man hat bisher Entwurf der Pläne und Leitung des Kirchenbaus dem Baumeister Hans Beer zugesprochen (Würfel S. 9, Murr S. 81, A- Gümbel im Jahresbericht des hist. Vereins für Mittelfr. 1906, S. 61, P. J. Ree, Nürnberg, Leipzig 1907, S. 70 f., Hampe in Thieme-Becker S. 167). Beer x) war aber kein Nördlinger, sondern in Nürnberg an­ sässig — er erscheint in dem Nürnberger Aemterbüchlein vom Jahr 1481 unter den Maurern, die „zu den pawen“ *2) verwendet werden — und von einer Tätigkeit seinerseits in Heilsbronn ist nirgends die Rede; er kommt also nach den Angaben des Ratsverlasses vom Jahr 1479 (siehe vorige Seite) nicht in Frage. Der Meister, der die Pläne der Augustiner-Kirche schuf, ist vielmehr — das sei hier zum ersten Male festgestellt — Heinrich Echser (Aechser, genannt auch Kugler), der aus Nordlingen stammte. Er war dort — nach Otte, Handbuch der Kunstarchäologie, S. 513 — 1480 Baumeister an St. Georg und leitete 1479 einen Bau in Heilsbronn (siehe S. 12) 3). Er scheint also nur kurz in Nürnberg gewesen zu sein, wahrscheinlich nur so lange, bis er den Bauleiter Hans Beer eingewiesen hatte. Eine erhaltene Kopie 4) des Bauregisters nennt uns auch die übrigen am Bau beteiligten Werkleute, nämlich den Zim­ mermann und den Dachdecker. Ich gebe die Stelle im Wortlaut wieder: *) Weitere Literatur über ihn gibt Th. Hampe bei ThiemeBecker, Bd. 3, S. 167. 2) Gedruckt im Jahresbericht d. hist. V. f. Mittelfr. 1906 S. 61. 3) Literatur über Heinrich Echser bei Otte, S. 513; ThiemeBecker Bd. 10, S. 313; J. Baader, Beiträge zur Nürnberger Kunst­ geschichte, Nordlingen 1860—62, Band 1, S. 55 f.; F. W. Hoffmann, Die Nürnberger Kirchen, S. 9. 4) Würfel S. 9 und Nor. H. 179.

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„In der Mönche Bauregisterbüchlein, so sie über diesen Bau fleißig gehalten, findet sich, daß er in allem kost habe 7349 Pfund 3 Pfennig, fecit an Gold 825 fl. Rheinisch und 27 Pfennig. Mehr für allerley 21 fl. 4 Heller ausgeben. Bei dem Bau hat der Steinmetz mit Namen Hans Beer im Tag zum Lohn gehabt: erstlich 24 und hernach 28 Pfen­ nig und die Woch 4 Pfennig Badgeld. Seiner Gesellen einer hat Taglohn gehabt 18 Pfennig; auch etliche 20 Pfennig und die Wochen drei Pfennig Bad­ geld. Ein Mörtelrührer den Tag 16 Pfennig. Der Zimmermann hieß Leonhard Küfner; bekam erst­ lich 24 Pfennig und hernach 28 Pfennig. Seiner Gesellen einer 20 Pfennig. Meister Andreas, der Decker, hat den Tag gehabt 28 Pfennig, ein Gesell 22 Pfennig und ein Handlanger 20 Pfennig. So hat man allen Arbeitern, dieweil man hier gearbeitet hat, allerwege am Montag ihnen allen Eyer und Schmalz, eine Suppen, Käs und Brot und je zuweilen ein Gemüs, ein Seidlein Wein, bisweilen ein Seidlein Bier geben. Sonsten hat man ihnen nichts zu essen geben in der Wochen. Es galt aber das Korn die Zeit 8 und 8x/2 Pfund Gelds, der Haber 9 Pfund und der Gulden 8 Pfund 12 Pfennig“. Nach Müllner, Nor. H. 179 u. a. war der Rohbau 1485 beendet, und ein Ratsverlaß vom 11. Oktober 1485 (Hampe, Band 1, Nr. 314) bestätigt, daß in diesem Jahr das Gerüst abgenommen wurde: „Item den Augustinern ist vergönnt, daz sie ir zymer irs gerüsts in irer kirchen, daz sie ytzo ab­ brechen werden, in einem der stat zwinger, do es am mynsten irrung bringt, legen und behalten mögen“, i486 werden die Altäre und Kapellen geweihtJ). Das Gotteshaus wurde dem heiligen Veit geweiht, der schon vorher der Patron der *) „Anno i486 hat Hieronymus, episcopus Naturensis, Weih­ bischof zu Bamberg, den 4. Osterfeiertag und etliche Feiertag her­ nach, alle Altäre in dieser Kirch nacheinander geweihet und Heil­ thum darein geschlossen“ (Müllner S. 217; siehe auch Anhang Nr. VI und Oec. I, Bl. 67). 2



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Kirche gewesen war. Gebhard (S. 127), der sich auf Wür­ fels falsche Baudaten verläßt, meint, daß das Pestjahr 1483/84 die Augustiner zu der Wahl dieses Pestheiligen veranlaßt hätte. Doch geht aus einem, in der Oeconomia Band I, Bl. 90—94 kopierten Brief (Widerruf einer Indulgenz von Bamberg) hervor, daß die Kirche schon 1402 St. Veit hieß. Das gleiche erhellt aus der Messestiftung der Berthold Kramerin vom Jahr 1402 im Salbuch von 1466 1). Später nannte sie das Volk auch Schusterkirche wegen ihrer Lage an der von vielen Schuhmachern bewohnten Schustergasse.

Beschreibung der Kirche. Die Kirche wurde 1816 wegen Baufälligkeit abgebro­ chen, sodaß wir bei einer Beschreibung auf alte Ansichten und Pläne angewiesen sind. Die frühesten Ansichten zeigen der Prospekt des Hans Wurm 2) um 1510 bis 20 und der Prospekt des Hans Sebald Lautensack vom Jahre i5*^3). Doch ist aus diesen kleinen und undeutlichen Darstellungen wenig zu ersehen, ebenso wenig wie aus den zahlreichen späteren Grundrissen und Prospekten von Nürnberg aus dem 16. und 17. Jahrhundert 4). Aufschlußreicher ist der Braunsche Prospekt5), Ein Bild des Aeußeren vom Westen her bieten zwei ziemlich nüchterne Radierungen von Johann Alexander Böner (lose Norica - Blätter, Stadtbibliothek, Schrank VI, Kasten 6, Abt. Kirchen, und Norica H. 179) und von C. M. Roth aus der Mitte des 18. Jahrhun­ derts (bei Würfel, reproduziert in Barbeck, Alt - Nürn­ berg, Kirchen und Kapellen, Blatt 17), die wahrschein­ lich auf dieselbe Zeichnung zurückgehen. Reizvoll und lehrreich, aber zum Teil im Interesse des Malerischen nicht ganz wahrheitsgetreu, sind die von Georg Christoph Wilder *) Nbger. Staatsarchiv, Rep. 59, Nr. 6. 2) In dem Mappenwerk: Die alte Stadt, Mappe III: Nürnberg, Verlag Habbel & Naumann, Regensburg und Leipzig, o. J. 3) Stadtbibliothek, Nor. Kupf. Nr. 83, Blatt 13. 4) Teils in der Kupferstichsammlung des Germ. Mus., teils in der Sammlung Nor. Kupf. der Stadtbibliothek, Nr. 81 und 83. 8) Prospekt des Hieronymus Braun. Original im Nbger. Staatsarchiv. Photogr. Nachbildung, herausgeg. vom Ver. f. Gesch. d. Stadt Nbg. 1896.

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herrührenden Bilder des Kircheninneren, so eines, eingerahmt, in der Stadtbibliothek und ein im Germanischen Museum, Raum 84, hängendes, beides getönte Innenansichten, ferner der ebenfalls kolorierte Blick auf das Innere der Ruine (Nor. Kupf. Nr. 89, 10, jetzt Schrank VI, 6, gedr. in Barbeck, AltNürnberg, Kirchen und Kapellen, Bl. 17, s. unsere Abbil­ dung), sowie zwei Radierungen, den Durchblick von Westen nach Osten darstellend (Nor. Kupf. Nr. 89, 7 — s. Abbil­ dung — vgl. auch ebd. Ziffer 6, und Kupferstichsammlung des Germ. Mus., letzteres Blatt abgebildet bei Ree-Hampe, Nürnberg, S. 68, Abb. 48). Ein glücklicher Fund war ein Grundriß der Kirche aus dem Jahr 1655, den der Almosbaumeister Georg Wölff gelegentlich einer geplanten Erweiterung und Erneuerung der Empore zeichnete. Er lag der daraufbezüglichen Stadt­ almosenamtsurkunde (St. Nr. 1987, Städt. Archiv) bei. Der Baucharakter der Augustinerkirche war durch zwei Momente bestimmt: er mußte sich einerseits den Gesetzen der Spätgotik und andererseits zugleich den Sondervorschrif­ ten der Bettelmönchsorden x) unterwerfen. Es ist nicht weiter merkwürdig, daß diese von ganz verschiedenen Ge­ sichtspunkten ausgehenden Forderungen bis zu einem ge­ wissen Grad parallel laufen, wenn man bedenkt, daß beide auf verschiedenen Wegen zu dem gleichen Streben nach Vereinfachung gelangten. Verfolgt man die Entwicklung der Gotik von ihren Anfängen bis zur Spätzeit, so stellt sie sich als eine Kurve dar, die in ihrem Scheitelpunkt höchsten Reichtum und größte Vielfältigkeit zeigt und dann in einer Reduktion und Vereinfachung des Systems verläuft (Dehio, II, S. 18 und 21). Was aber hier als Ernüchterung der künstlerischen Phantasie erscheint, war bei den Bettel­ mönchsbauten der Ausfluß einer religiösen Weltanschauung und eine moralische Forderung. Der Zwang zur Einfach*) Vgl. die Normen für den Kirchenbau, die Bonaventura 1260 in seinen „statuta capituli generalis Narbonensis“ aufstellt. Zum Teil abgedruckt in Henry Thode, Franz v. Assisi, Berlin 1926, S. 310. Darüber auch Schnaase, Gesch. d. bild. Künste, V. 1876, S. 311 f., und Dohme, Die Kirchen des Zisterzienser - Ordens in Deutschland, Leipzig 1869, sowie Otte, Handbuch, S. 113L 2*

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heit war bei der Bettelordenskunst naturgemäß ein noch viel unbedingterer: war in der spätgotischen Bauperiode der Eifer für den Turmbau allmählich abgekühlt und das Quer­ schiff in Vergessenheit geraten (Gerstenberg S. 24, Dehio II, S. 21 und Thode, Franz v. Assisi S. 309), so war der Ver­ zicht auf Turm und Querschiff bei den Eremitenkirchen in Deutschland von vornherein strenger Grundsatz. „Mehr als in Italien befleißigt man sich, möglichst billig und einfach zu bauen, läßt daher fast immer das Querschiff wie den Turm weg und gestaltet das zuweilen selbst nur zweischiffig an­ gelegte Haus sehr einfach. So sind diese Kirchen in folge­ richtiger Weise aus den eigentlichen Anschauungen, aus dem die Predigt in den Vordergrund setzenden Gottesdienst der Bettelmönche, hervorgegangen“ (Thode, a. a. O. S. 383).

Der Grundriß der Augustinerkirche war diesen Tendenzen entsprechend im Grundgedanken eine sehr einfache Figur. Daß man in der Ausführung des Lang­ hauses von dem geplanten Quadratx) abwich, im Nord­ westen ein Eck abschnitt und die Figur polygonal schloß, daß außerdem das südliche Seitenschiff nur die halbe Breite des nördlichen bekam, lag an den gegebenen Ortsverhält­ nissen. Im ersten Fall mußte man sich dem Straßenlauf anpassen: hier, an der Nordwestecke der Kirche, biegt die Schustergasse in die Karlsstraße ein, und ein vorstehendes Eck hätte verkehrstechnisch und ästhetisch störend ge­ wirkt*2). Wahrscheinlich sind auf diesen Punkt zwei Rats­ verlässe aus dem Jahr 1480 zu beziehen: „Item zu besichtigen das furnemen der Augustiner irer kirchen halb zu erweitern, ob das der gemeyn nicht hinderung bring“-. Und die Ant­ wort des Rats vom 27,. März 1480: „Item den Augustinern ist abgeleynt, mit irer kirchen heraus auf die gemeyn verrer ze rücken“. Nach Süden konnte man ebenfalls nicht weiter hinaus *) Ich glaube die geringfügige Ausdehnung, um die die Breite die Länge übertrifft, hier vernachlässigen zu dürfen. 2) Die St. Bartholomäuskirche in Wöhrd (1557—64 erbaut) bildet hierzu eine Parallelerscheinung: hier ist das gleiche Problem auf die nämliche Weise gelöst.

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bauen, weil hier der Nordflügel des Kreuzgangs an die Kirche angebaut war. Da ältere Stadtpläne auch in der Südwand Fenster zeigen (auf den Wilderschen Ansichten ist die Wand fensterlos), ist anzunehmen, daß der Kreuzgang, wie im Katharinenkloster, später aufgestockt x) und die Kirchenfenster an dieser Seite verbaut wurden. Daß man hier die alte Mauer von 1265 stehen ließ, läßt eine Spitz­ bogentüre im Südosten (siehe die Wildersche Innenansicht) vermuten, außerdem auch die Tatsache, daß die Breite des Südschiffes durchaus dem alten schmalen Chor entspricht. Die Annahme, daß die Südmauer vielleicht erst später bei einer Renovierung der Kirche eingezogen worden wäre, worauf die merkwürdig abgeschnittenen Gewölbe der Decke an dieser Seite schließen lassen könnten, wird durch diese beiden Punkte widerlegt. Der Blick in das

Kirchen-Innere zeigt eine dreischiffige Hallenkirche von drei Jochen (nicht von vier, wie Dehio, Handbuch der Kunstdenkmäler, Ber­ lin 1920, S. 374 angibt). Das Mittelschiff setzt in gleicher Breite den alten langgestreckten und schmalen Chor fort, der im Osten polygonal mit drei Seiten des Achtecks ab­ schließt; die Seitenschiffe haben glatten Abschluß. Der Chor ist mit einem einfachen Kreuzgewölbe überspannt. Die zier­ lichen Dienste, die oben in kleinen Kapitellen enden, auf denen die Rippen ruhen, reichen an den Langseiten des 'Chors nicht bis zur Erde, sondern lassen einen Raum für das Ghorgestühl frei, eine in Bettelordenskirchen häufige Er­ scheinung *2). Die Dienste schließen unten mit Konsolen ab. Die Hallenform ist bei einem Bau des ausgehenden 15. Jahrhunderts nicht weiter verwunderlich. ,,In gewissem Sinn ist die Entwicklung der Sondergotik 3) identisch mit *) Auf dem Grundriß von Querfeld im Germ. Mus. von 1833 ist der Kreuzgang zweistöckig. 2) Richard Krautheimer, Die Kirchen der Bettelorden in Deutschland, Köln 1925. 3) Gerstenberg wählt diese Bezeichnung, da ihm „Spätgotik“ als ein zu schwacher und zu wenig bezeichnender Ausdruck er-

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der Entwicklung der Hallenkirche in Deutschland“ (Ger­ stenberg, S. 19). Insbesondere in Süddeutschland, wo die Heiligkreuzkirche in Schwäbisch-Gmünd x) (Chor 1351 be­ gonnen) als erste Halle die Grundlage des neuen Stiles bil­ dete. Behält aber die Heiligkreuzkirche noch die lang­ gestreckte Grundrißform des basilikalen Schemas bei, so hat die Augustinerkirche unter dem starken Einfluß der Frauen­ kirche in Nürnberg (gestiftet 1353, vollendet 1361; Abbil­ dung des Grundrisses und Innenraums in F. W. Hoffmann, Die Nürnberger Kirchen, a. a. O. S. 9), der ältesten fränki­ schen Hallenkirche, das breite, dem Quadrat angenäherte Rechteck erreicht. In reinster Form verkörpert sie die bei­ den grundsätzlichen Neuerungen, die die Spätgotik gegen­ über der Hochgotik bringt (Gerstenberg, S. 22 ff): Das Nachlassen der Aufwärtsbewegung, wie sie in den drei gleich hohen Schiffen der Halle zum Ausdruck kommt, und die Verlangsamung der Tiefenbewegung, die durch die Ver­ breiterung des Grundrisses, die Verringerung der Stützen und die Vergrößerung der Pfeilerabstände hereigeführt wird. Leitete die Hochgotik das Auge durch den raschen Rhyth­ mus der engen Pfeilerfolge im langgestreckten Mittelschiff weit in eine unendlich scheinende Tiefe, so ist nun ein völlig anderes Raumgefühl vorherrschend: hier sind nicht mehr die einzelnen Raumteile abgegrenzt, sondern zu einem ein­ heitlichen ,,Saal“ vereinigt; unbeengt durch Wände und Stützen, wird ,,ein freies Fluten des Raumes“ herbeigeführt (Krautheimer, Die Kirchen der Bettelorden in Deutschland, S. 36). Im gleichen Maßstab wie beim Gesamtgrundriß ändern sich auch die Verhältnisse von Länge und Breite des Joches. Bei den süddeutschen Kirchen in SchwäbischGmünd, Dinkelsbühl und Schwäbisch-Hall geht die Breite des Joches noch eineinhalb Mal in der Länge auf, in Stutt­ gart (Stiftskirche) erweitert sich das Jochfeld zu einem noch scheint. Vergl. darüber auch Wölfflin, Die Kunst Albrecht Dürers, München, 1926, S. 223: „„Spätgotisch“ ist ein ungeschickter Name, als ob es sich um einen Stil in seiner Entartung oder Erschlaffung bei diesem Geschmack handelte ... In gewissem Sinne ist dieser spätgotische Stil der deutsche Stil überhaupt“. *) Abb. in Propyläen - Kunstgeschichte, Bd. VII, S. 306 u. 307.

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breiteren Rechteck, bis in der Frauenkirche und, etwas über­ steigert in der Augustinerkirche (Breite : Länge = 1,15:1, wobei die geplante reguläre Rechteckform mit zwei gleich' breiten Seitenschiffen zu Grunde gelegt ist), das Verhältnis, von 1 : 1 erreicht bezw. überschritten wird. Auch die Form der tragenden Stützen ist, wie die Grundrißform, der Frauenkirche entnommen: hier wie dort vier schlanke, glatte, runde Freipfeiler auf polygonalem Sockel, wie sie die Spät­ gotik anstelle der gebündelten gotischen Pfeiler setzt (ähn­ liche Stützen in: Heiligkreuzkirche, Schwäbisch-Gmünd; Chor von St. Georg, Nördlingen; Frauenkirche, Nürnberg; Spitalkirche, Landshut; Ingolstadt, Ulm, Schwäbisch-Hall).. ln gleichem Grundriß wie die Sockel — Achteck mit glatten Seiten x) — sind die verkümmerten Kapitelle und Kämpfer gebildet, auf denen die Gurtbögen aufliegen. Die Scheid­ bögen wachsen etwas höher aus dem Schaft heraus. Was der Kirche aber ihren größten Reiz verlieh, war das wunderbare Linienspiel des Fächergewölbes *2), das sich in kreisenden, fischblasenförmig verschleifenden Formen maßwerkartig über die Decke hinzieht, die in eine viel­ teilige Schwingung geraten zu sein scheint. Noch ist hier das letzte Streben der Sondergotik: über dem einheitlichen Hallenraum auch die ungeteilte Deckenfläche, nicht erreicht. Die in Kurven geführten Rippen spielen nicht über das von Scheidbögen und Gurten gerahmte Feld hinaus. Dennoch* kann von einem struktiven Wert der Rippe hier keine Rede* mehr sein; sie ist an dem Tonnengewölbe, das in sich selbst seinen Halt hat, reine Flächendekoration geworden. Da sie*) Der Grundriß von 1655 weist quadratische, die Innen­ ansichten von Wilder achteckige Sockel auf; ob die Form von dem Grundrißzeichner vereinfacht oder von Wilder kompliziert wurde, muß dahingestellt bleiben. 2) Murr sagt S. 81: „Sie hat unter allen Nürnbergischen Kir­ chen das künstlichste Gewölbe und wenige Säulen, wenn man die Karthäuser-Kirche ausnimmt, die gar keine Säule hat und doch ziemlich breit ist“. Aehnlich äußert sich Müllner, S. 417. Ver­ gleiche die Aquarelle von G. C. Wilder in der Stadtbibliothek: „Das; prächtige Deckengewölbe der Ao 1816 abgebrochenen Augustiner­ oder Schusterkirche“ (Nor. Kupf. 89, Bl. 10) und die kolorierte* Innenansicht (Lose Norica-Blätter, Abt. Kirchen, Schrank VIr Kasten 6).

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kein organischer Teil der Architektur mehr ist, setzt sie sich auch nicht mehr wie früher an den Wänden in Diensten fort, sondern ruht in ein Drittel Höhe auf wappen­ geschmückten *) Kragsteinen. Gewölberippen und -kappen waren mit Malereien verziert, wie das Wildersche Aquarell in der Stadtbibliothek zeigt. Kolorierte Bleistiftzeichnun­ gen solcher Gewölbeausschnitte fand ich in einer „WilderMappe“ und in einer Blätterfolge von Gg. Eberlein (siehe S. 68, Anm. 3), beide in der Kupferstichsammlung des Germ. Museums. Um die Kirche zog sich, die Fenster in halber Höhe überschneidend, eine hölzerne Empore, die, an der Ostwand des nördlichen Seitenschiffes beginnend und im Nordosteck durch eine Wendeltreppe erreichbar, sich an der Nordwand fortlaufend bis an das Südwesteck erstreckte. Da sie nicht organisch dem Bauwerk eingegliedert war, wird sie wohl nicht von Anfang an bestanden haben, sondern erst später im Bedarfsfälle (vielleicht für Chorsänger) angefügt worden sein. Dagegen scheint — ähnlich wie in der Löffelholz­ kapelle in St. Sebald — im oberen Teil des Chors als Ab­ schluß gegen das Mittelschiff des Langhauses eine steinerne Empore eingebaut gewesen zu sein. Darauf deutet die Mit­ teilung bei Würfel (S. 12) und Zion (S. 6): Man habe bei der Wiedereröffnung und Renovierung 1613/14 die ,,Mauern, so überzwerch gestanden und den Chor von der Kirchen unterschieden gehabt, samt der Bohrkirchen drauf abgebro­ chen“. Im Jahre 1655 wurde die hölzerne Empore erneuert; die Stadtalmosenamts-Urkunde St. 1978 im Städt. Archiv enthält neben dem Grundrißplan, in der ihr Verlauf ein­ gezeichnet ist, noch einen kleinen Wandausschnitt mit einer *) Auch etwas höher, zwischen den Rippen und in den Ge­ wölbescheiteln sitzen Wappen, wie sich denn überhaupt die Wap­ penfreudigkeit dieses Jahrhunderts nicht genug tun konnte in der häufigen Anbringung der Familienembleme. Ueber die Stiftung eines solchen Wappens „in einem gewelb“, und zwar „dem mitel in der abseiten vor unsrer lieben Frauen altar und oberhalb der tur des eingangs bei S. Jorgen capeilen“ berichtet ein Schreyersches Kopialbuch (abgedruckt in Heft 18 der Mitt. d. Ver. f. Gesch. d. Stdt. Nbg., S. 120).



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detaillierten Zeichnung des hölzernen Emporengeländers x). Man beabsichtigte damals, sie rund herum, also auch um die Südseite zu führen, gab aber den Plan wieder auf. Die

Beschreibung des Außenbaues

stützt sich auf alte Prospekte und die erwähnten Ansichten der Westseite (siehe S. 18), Danach macht sie einen ziemlich nüchternen und schmucklosen Eindruck, der vor allem durch das Fehlen von Türmen und Querschiff hervorgerufen wird. Das Langhaus, wesentlich höher als der Chor, ist mit einem breiten Satteldach gedeckt, das im Westen ein kleiner Krüppelwalm abschließt. Die gebrochene Form der West­ wand macht ihn notwendig. An der Ostspitze des Lang­ hauses sitzt ein Dachreiter, am Westabschluß ein Metall­ kreuz. Auf manchen Prospekten ist die Stellung des Dach­ reiters mehr nach Westen verrückt, was wohl nur auf Un­ genauigkeit der Zeichnung zurückzuführen ist *2). Es ist die notwendige Folge der Gestaltung des Innern, daß auch im äußeren Aufbau der Vertikalismus zurücktritt. Das zerklüftende Gerüst der Strebepfeiler3) verschwindet, breite einheitliche Mauerflächen erscheinen. Sie sind sehr einfach behandelt: ein schwach angedeuteter Sockel, ein profiliertes Gesims unter dem Dach sind die einzigen Schmuckformen. Reicher verziert ist nur die Westseite, die trotz ihrer D Die Schreiner- und Schlosserrechnungen über ihre Anbrin­ gung sind im Stadt. Archiv, Stadtalmosenamts-Urkunde Nr. 1978, enthalten. 2) Doch ist natürlich möglich, daß er, wie bei der Prediger­ kirche, seinen Standort wechselte; als z. B. „am 27. Juli 1571 das Wetter in das Blocktürmlein schlug und es fast ganz entdeckte“ (d. h. abdeckte) (Nbger. Staatsarch. Handschr. 321 a), hat man es vielleicht an andrer Stelle neu errichtet. 3) Auf dem Grundriß von 1655 ist an der Nordwand außen ein Mauerstück eingezeichnet, das wohl ein später angefügter Strebe­ pfeiler ist. Auch der, auf den Ansichten der Westseite sichtbare, unsymmetrisch dort angebrachte Strebepfeiler ist eine spätere Er­ gänzung, wie aus einer Untersuchung am 11. April 1807 „über den Befund der Augustinerkirche“ (Nbger Staatsarch., Bauamtsakten Rep. 21, Nr. 152) hervorgeht. Es heißt dort: „erstens zeigt sich an dieser Kirche nun der, bei Erbauung derselben begangne Haupt­ fehler in der Hauptfassade gegen Abend, indem allda keine Pfeiler angebracht sind, so doch ein wesentlich Stück der gotischen Bau Art ist, von deren Güte und Dauer die Festigkeit dieser Gebäude ab hängt“.

26 Knickung Fassadenwirkung anstrebt. Das Giebelfeld, das durch den Walm Trapezform erhält, ist mit profiliertem Stab eingefaßt. Seine Basis bildet der hier weiterlaufende Sims, der, rechtwinklig umbiegend, sich über dem mitt­ leren Doppelfenster zu einer rechteckigen Einbuchtung er­ hebt. Die Spätgotik hat den romanischen Rundbogenfries wiedererweckt: wir finden ihn hier, etwas verändert und mit kleinen Kreuzblumen gotisiert, als Betonung des Gesims­ streifens. Die rechtwinklig eingebogene Figur des Simses am Giebel wiederholt sich in breiterer Form unten am Sockel. Die Vertikale wird durch die hohen schmalen Fenster und drei, auf Konsolen stehende und mit Baldachinen gekrönte Figuren — der heilige Augustin inmitten zweier Hei­ liger 1) — repräsentiert, kommt aber gegen die Horizontal­ betonung der übrigen Formen nicht auf. Die ursprüngliche Zahl der Fenster ist heute nicht mehr nachzuweisen; die frühen Stadtansichten, die bald zwei, bald drei, vier oder auch sechs Fenster auf der gleichen Seite verzeichnen, sind nicht heranzuziehen. Der Grundriß von 1655 hat im Westen vier Fenster, wovon die beiden mittleren als Doppelfenster gebildet sind, mit einem kleinen Trennungspfeiler2) in der Mitte, im Nordwesten und Nor­ den vier weitere Fenster und endlich eines in der Ostwand des nördlichen Seitenschiffes. Die entsprechenden Fenster auf der Südseite sind zugemauert — nur ein paar kleine Fenster und Luken sind verstreut darin angebracht — ebenso wie die Südfenster des Chors, von denen auf dieser Seite nur das letzte nach Osten zu übrig blieb. Daran schließen sich drei im polygonalen Abschluß (je eines an einer der drei Seiten des Achtecks) und vier auf der Nord­ seite. Im Gegensatz zu den spitzbogigen Maßwerkfenstern *) Murr (S. 80) erwähnt sie kurz: „An der Vorderseite ist der Heilige Augustin zwischen zween Heiligen in Lebensgröße“. 2) Ueber dieses Fenster bringt der bereits erwähnte Bauamts­ akt im Nbger Staatsarch. Rep. 21, Nr. 152 Folgendes: „Ferner sind in dieser Fassade zwei Fenster, welche zusammen zwölf Schuh un­ gefähr breit sind und in der Mitte nur durch einen schwachen Pfei­ ler circa 2 Schuh breit unterschieden sind“*

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des Chors sind die Langhausfenster sämtlich rundbogig und ohne Maßwerk. Ob sie von Anfang an diese Form hatten, ist nicht zu entscheiden. Doch ist der Rundbogen für diese Zeit keine Seltenheit. Das Nachlassen der Kräftespannung, das Dehio (Band II S. 142) und ebenso Gerstenberg (S. 37) als eines der Hauptcharakteristiken der Spätgotik bezeich­ nen, bewirkte das allmähliche Verschwinden des Spitz­ bogens, der reinsten und ausdrucksvollsten Form der Hoch­ gotik. Die Verhältnisse von Höhe und Breite ändern sicb„ Halbkreisbögen wie hier, Korb- und Kielbögen mischen sich ein. Ein solcher Kielbogen oder Eselsrücken umrahmt innen und außen das große Doppelfenster im Westen. Ob im Westen der Haupteingang war (eine Radierung von Wilder zeigt hier eine spitzbogige Türe und der Bau­ amtsakt von 1807 Rep. 21, Nr. 152 im Nürnberger Staats­ archiv spricht von einer Tür, die unter dem westlichen Doppelfenster angebracht sei) oder im Norden, wo der, dem Grundriß von 1655 beigegebene kleine Wandausschnitt eine rundbogige Türöffnung mit Stufen im Innern und die Radierung von Roth in Würfel eine spitzbogige Türe zeigen, ist nicht mehr zu ermitteln. Später scheint man jedenfalls den Nordeingang benützt zu haben, da auf dem Stich von Böner und Roth sich im Westen zahlreiche Hütten oder Verkaufsstände an die Kirche anlehnen und die dort befind­ liche Türe verstellen. Die Mönche haben die Kirche wohl vom Kreuzgang her durch die spitzbogige Türe in der Süd­ wand betreten. Eine weitere Türe im Chor führt anschei­ nend in die Sakristei. Ein Akt im Nürnberger Staatsarchiv (Rep. 26 Nr. 260), Vorschlag zur Verpachtung der Augusti­ nerkirche vom 23. Februar 1804, nennt ,,fünf Eingänge zu ebener Erde“.

Spätere Schicksale der Kirche. Die Kirche wurde nach der Reformation im Jahre 1526 für den Gottesdienst geschlossen. Ob sie danach unbenützt leer stand oder anderen Zwecken diente, ist unbekannt; wir hören erst 1593, daß eine englische Schauspielertruppe Vor-

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Stellungen dort hielt1). Wahrscheinlich hat man bald auch damit angefangen, Verschiedenes aus der Innenausstattung zu verkaufen: wir wissen von dem Verkauf eines Altars 1564 an die Hallersche Heiligkreuzkapelle2) und eines zweiten 1590 an die St. Jakobskirche in Straubing 3). Am 27. Juli 1571 schlug der Blitz in die Kirche4), der aber anscheinend nur das Glockentürmchen zerstörte und sonst keinen Scha­ den anrichtete. Im Juni 1614 begann man die ziemlich ver­ wahrloste Kirche wieder für den Gottesdienst herzurichten. Zion (S. 50) und Würfel (S. 12) berichten darüber: ,,Anno 1614 im Monat Junio hat man gemeldte Kirch, zu St. Veit genannt, welche seit anno 1526 und also 88 Jahr versperrt gewesen, wiederum geöffnet, etliche Altar abgebrochen, die Mauern, so überzwerch gestanden, und den Chor von der Kirchen unterschieden gehabt, samt der Bohrkirchen drauf abgebrochen, von neuem renoviret, auch neue Männer- und Weiberstühle5) hineingebauet, desgleichen auch den hohen Altar im Chor und die Fenster ausgebessert, einen neuen Predigtstuhl und Bohrkirchen verfertigt und hat man sieben Monat damit zugebracht". Nach ihrer Wiederherstellung wurde sie ,,ausgewürzt" 6) und am ersten Januar 1615 von neuem dem Gottesdienst übergeben. Der Diakon vom Heiligen Geistspital, Johann Kreuselmann, hielt die erste Predigt, eine sog. Vesperpredigt, die von da ab regelmäßig alle Dienstag früh abwechselnd von den Diakonen von St. Sebald, St. Egidien, von der Marienkirche und von Wöhrd gehalten wurde. Die Sonntags- und Feiertags*) Emil Reicke, Geschichte der Reichsstadt Nürnberg, Nbg. 1896, S. 686. 2) Friedrich Freiherr v. Haller, Der Hochaltar in der Kapelle zum Heiligen Kreuz, in: Fränkische Heimat, 6. Jahrg., Heft 7, S. 238. 3) Kreisarchiv Landshut, R.XCVIIe, F. 588, Nr. 26. *) Würfel S. 12; Nbger Staatsarch. Handschrift 321a Rep. 52a. ö) Die Rechnungen für diese Kirchenstühle bewahrt das städt. Archiv, Stadtalmosenamt St. 1986. Durch das Anbringen neuer Stühle wurde damals eine große Anzahl von alten Grabsteinen überbaut. Nbger Staatsarch. Chronik 190, Rep. 52 a, S. 393. 6) Nor. H. 179. Ob wir es hier mit einer Weihehandlung oder mit einem bloßen Ausräuchern zum Zwecke der Reinigung zu tun haben, ist schwer zu entscheiden; es waren damals noch so viele katholische Bestandteile im protestantischen Ritus, daß es sich hier auch um eine erneute Weihe der Kirche handeln könnte.

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predigten wurden von eigens dazu bestellten Diakonen gelesen. Ein Verzeichnis dieser Sonntags-Vesperprediger findet sich m Würfel (S. 16) und in Zion (S. 50), Eine zweite Renovierung der Kirche 1655 scheint sich nur auf die Empore und die dort befindlichen Stühle und sog. Reit­ sitze erstreckt zu haben 1). Bei der seltenen Abhaltung von Gottesdiensten verwendete man die Kirche an den übrigen Tagen anscheinend weiter zu Theatervorstellungen. Rech­ nungen vom Jahr 1658 in den Stadtalmosenamts-Urkunden des Städtischen Archivs 2) enthalten die Kosten von Theater­ aufführungen in diesem Jahr. Doch scheinen auch diese seltenen Gottesdienste, die man hauptsächlich für arme Leute hielt, die wegen ihrer schlechten Kleidung andere Kirchen nicht besuchen wollten, wenig besucht worden zu sein, da man mehrmals Vorschläge zur Verpachtung der Kirche machte3). 1811 wurde der Dachreiter abgebrochen und die Glocke 1812 nach Fürth verkauft 4). Die übrigen Metallteile (Eisen, Blei und vergoldetes Kupfer), sowie die Dachrinne wurden versteigert5). Im Jahre 1814 scheute man sich nicht, die Kirche zur Stallung für die durch­ ziehende russische Kavallerie herabzuwürdigen, und 1816 endlich nahm man den bei dieser Einquartierung ausgebro­ chenen kleinen Dachstuhlbrand zum Vorwand, um die Kirche endgültig abzubrechen. Die Wildersche Radierung der Ruine des einzigartigen Bauwerks mutet wie ein an­ klagender Vorwurf gegen diesen verständnislosen Vandalis­ mus an.

Die Kressische Doppelkapelle (unten St. Leonhard, darüber die St. Augustinkapelle). Einer der wenigen Teile des Augustinerklosters, die aus dem Abbruch gerettet und 1873 dem Germanischen *) Städt. Archiv, Stadtalmosenamt St. 1986 und St. 1987, Ver­ zeichnis der neuen Kirchenstühle, Grundriß und Zeichnung eines. Wandausschnittes mit der Empore. 2) Nbger Stadtarchiv, St. 25. 3) Nbger Stadtarchiv, St. 119, und Nbger Staatsarchiv Rep. 26 Nr. 260. 4) a. a. O., St. 129. 5) a. a. O., St. 128.

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Museum, und zwar dem Trakt an der Frauentormauer an­ gegliedert wurden, ist das große Klostergebäude mit der Kressischen Doppelkapelle (siehe S. 11 und die Zeichnung auf Tafel i 1)). Sie wurde 1412 2) von Hilpolt Kreß als Grab­ kapelle über der Begräbnisstätte seiner 1411 verstorbenen Frau Ottilia, geb. Schopper, im Kreuzgang gestiftet. Das Stiftungsjahr 1412, das ein Akt im Kressischen Archiv über die Renovierung der Kapelle: ,,Die Beschreibung der Kressi­ schen Stiftungskapelle“ 3), sowie Müllner und andere Chro­ niken 4) bringen, wird durch einen in der Merkelschen Hand­ schriftensammlung in: Germanischen Museum (Nr. 92) kopierten Reversbrief gesichert, in dem der Prior Konrad Weiß von Forchheim dem Hilpolt Kreß 1413 bestätigt, daß er die Kapelle 1412 gebaut und dazu eine ewige Messe, einen Kelch, ein Meßbuch und einen Ornat gestiftet habe 5). Die kleine Kapelle ist in ihrer äußeren Gestalt ziemlich un­ verändert erhalten. Der ungefähr 3 Meter aus der Wand des Klosterbaues herausspringende Chor ist fünfteilig( wobei die zwei an der Wand liegenden Seiten und deren vierteilige Fen­ ster breiter sind als die übrigen); über dem massiven Sockel füllen fünf spitzbogige, maßwerkgeschmückte Fenster fast die ganze Höhe der unteren Kapelle. Zwischen den Fenstern erheben sich drei schmale Strebepfeiler, eine Zahnschnitt­ leiste schließt die Kapelle oben gegen die daraufsitzende Augustinkapelle ab. Unterhalb dieser Leiste waren früher vier Engel angebracht, die je das Hallersche, Kressische, Haller - Vorchtelsche und Schoppersche Wappen hielten (vgl. die Zeichnung von 1618 im Kupferstichkabinett des German. Mus.). Die Augustinkapelle ist, ein wenig kleiner, im Grundriß der untern Kapelle gleich, aber etwas reicher ausgestaltet. So ist der Sockel mit einem reliefierten Fries *) Raum 59 und 61, vgl. Führer durch das Germ. Mus. 1924/25. 2) Nicht 1413, wie Würfel, oder 1418, wie Murr und der Kupferstich von Georg Fennitzer (im Kupferstichkabinett d. Germ. Mus.) sagen. 3) Merkelsche Sammlung Germ. Mus. Nr. 92. 4) Nbger Staatsarchiv, Rep. 52 a. Chronik 190 und 198, außer­ dem Nor. H. 179. 5) Auch im Anniversarium (Nbger Staatsarchiv Handschr. 409 S. 11 a) verzeichnet.

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kleiner Spitzbögen verziert und die sehr zierlichen Strebe­ pfeiler laufen in Fialen aus. Das Innere der Leonhardskapelle1) ist leider durch Bemalung von Deckengewölbe und Wänden entstellt und die alten Glasfenster, die nach Murrs und Würfels BeschreibungHeilige darstellten,sind durch neugotische ersetzt. Dennoch vermittelt ihr gedämpftes Licht die reizvolle Stim­ mung der kleinen dreischiffigen, zweijochigen Halle, deren Gewölberippen von kleinen realistischen Köpfen — Mönche und Nonnen darstellend — in dreiviertel Höhe aufgefangen werden 2). Das Kressische Wappen (das silberne Schwert im roten Grund) ist natürlich häufig als Schmuck verwen­ det, in Schlußsteinen und Rippenkonsolen. Von der Innenausstattung ist nichts erhalten. Die Kapelle wurde nach der Klosterübergabe von 1525 voll­ kommen ausgeplündert, dann ,,zu einer Strohkammer ge­ brauchet und also darinnen gehaust, daß sie mehr einem Stall und einer Spelunke als einem Gotteshause glich, indem nicht allein daraus die Altäre, Thür und Gitterwerk, Kir­ chenfenster, Gemählte, Stühl und ander Zierrat gebrochen, sondern auch die alten Kfessischen Monumente . . . hin­ weggenommen wurden“ (aus einem Akt im Kressischen Archiv; vgl. Merkelsche Sammlung, Hs. 92, Germ. Mus.). Bei der 1622 vorgenommenen Erneuerung der Kapelle durch Wilhelm Jobst, Johann Wilhelm und Jobst Chri­ stoph von Kreß wurde an die Stelle des Altars3) im Chor eine Tafel, die Auferstehung Christi, gesetzt und an die Kapellentür an der Hofseite St. Leonhard mit dem Kressischen Wappen in den Händen gemalt. Sonst wurden nur die Epitaphien und Gedächtnistafeln erneuert, die Altäre 1) Raum 59 und 60, vgl. Katalog des Germ. Mus. von 1924/25. 2) Es entspricht dies der Gewohnheit der Bettelordensbauten, in denen — vor allem im Chor — die Gewölbe auf Konsoldiensten sitzen, wegen des praktischen Zwecks, an den Wänden das Gestühl aufstellen zu können (siehe auch S. 21). 3) Der Altar ist vielleicht der noch heute in der Kirche von Kraftshof stehende Leonhardsaltar. Diese Annahme wird verstärkt durch die Tatsache, daß neben St. Leonhard auch der hl. Veit darauf angebracht ist.

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und übrigen Kunstwerke haben sich wohl nicht mehr gefun­ den. So erhielt der Grabstein des 1427 verstorbenen Stif­ ters ein neues gipsernes Epitaph, da ,,das darauf gegossen Epitaphium in dieser Kirchen inneres rundes Chörlein kom­ men ist“ (Nor. H. 179). Das neue erhielt die Inschrift: „Anno domini 1427 am Mittwoch nach der Kreuzwoche verschied der erbar Mann Hilpolt Kreß, Stifter dieser Kapelle und des Jungfrauen-Almosens (Aussteuerstiftung für bedürftige Mädchen) allhier, dem Gott gnädig sei. Amen“. Neben den Grabsteinen verschiedener Verwandter der Kressischen Familie befanden sich auch noch solche von Augustinerbrüdern in der Kapelle. Die Merkelsche Hand­ schrift*2) nennt: Vener. Thomas Puckle (f 1513), Pater Friedericus Schleupcher 2), sacrae theologiae lector (f 1503), Pater Dominicus Schubart (f 1515), Frater Michael Munch (f 1494), Frater Peter Molitor (j* 1505), Pater Reinhardus Lautenburg (f 1502), Pater Johann Peuttinger, Subprior huius conventus (f 1522), Pater Ulricus Schreiner (f i497)r Frater Johannes Cummenthaler, Prior huius conventus (f 1495), Frater Laurentius Gutpier (f 1499). An den Wänden wurden 1623 dann noch vier Tafeln mit den Namen der verstorbenen Mitglieder der Familie Kreß aufgehängt. Trotz der Mühen und Kosten 3), die die Instandsetzung der Kapelle verursacht hatte, scheint sie nicht lange in Ehren gehalten worden zu sein. 1780 schreibt das Landalmosenamt an die Kressische Familie, daß ,,seit 150 Jahren nur Heu, Stroh und anderes darin aufbewahrt werde“ (Merkelsche Sammlg.). Es entspinnt sich ein längerer Streit, da die Familie Kreß zuerst verlangt, die Stadt müßte in der Kapelle den Zustand von 1623 wiederherstellen, schließlich überläßt *) Außerdem Nor. H. 179, und Michael Rötenbecks Beschrei­ bung von Epitaphien und Monumenten zu St. Sebald und Lorenz 1622 (Nbger Staatsarchiv, Handschr. 316, Rep. 52 a), S. 187. 2) Vielleicht identisch mit dem in der Abschrift eines Leibgedingbriefes (Merkelsche Sammlg.) genannten Subprior Fried­ rich Schleicher 1500. 3) „Diese Cappell wieder zuzurichten hat in allem gekost 345 fl. 47 kr., den Thaler damahls zu 3V4 fl. gerechnet (Akt im Kressischen Archiv, den ich dem freundlichen Entgegenkommen der Freifrau Mathilde v. Kreß in Nürnberg verdanke).

33 sie aber der Stadt die Kapelle zur Vergrößerung der Regi­ stratur des Landalmosenamts gegen die Rückgabe der altem Kressischen Rechte in Kraftshof. Die St. Augustin-Kapelle, ,,so in den großen Saal hineingeht“ (Nor. H. 179), ist heute bis auf den Chor verschwunden. ,,Sie ist auch von Hilpolt Kreß zu Ehren des heiligen Augustin gebauet und mit gemalten Fenstern, welche verschiedene Heilige vorstellen, gezieret worden“ (Murr S. 85). Von den Glasfenstern handelt auch eine Randbemerkung auf der in der Kupferstichsammlung des Germanischen Museums befindlichen Zeichnung der Kapelle von 1618: In den leergelassenen Mittelscheiben der St. Augu­ stin-Kapelle seien ,,mit Farben eingeschmelzte fenster mit wappen und historien zu finden“. Von der Innenausstattung ist nur eine silberne Statue des heiligen Augustinus mit dem Kinde überliefert, die Johann Groland stiftete a). Vielleicht befand sich dort auch ,,das Maria pild, vor dem die lamp hengt auf dem Saal im Closter“, das in den Jahrtagverord­ nungen Jobst Hallers aus dem Jahre 1500 vorkommt (Salbücher, Oeconomia, I, Bl. 230 und 251, und Merkelsche Sammlg). Von der Doppelkapelle sind vier Außenansichten er­ halten: ein Kupferstich, der nach Murr (S. 83) von Georg Fennitzer *2) herrührt, mit der Phantasiezeichnung des knie­ enden Stifterehepaars, ein Blatt, das, sehr verzeichnet, nur in Ermangelung besserer Ansichten Interesse hat. Außer­ dem noch zwei unbeholfene Federzeichnungen (sämtlich in der Kupferstichsammlung des Germanischen Museums), wovon die eine farbig getönt ist und ebenfalls das Kressische Ehepaar zeigt, und eine spätere Radierung vor dem Abbruch*) „Johannes Groland hat ein Jahrtag im Oktober und in seinem Testament legirt die silbern Bildnus sant Augustini, mit dem knäblein eilf marck, acht lot und V2 quint haltend und ander Ding mehr“ (Anniversarium, Nbger Staatsarch. Hs. 409, Bl. 11). Erwähnt auch in Nor. H. 179 und Würfel, S. 6. Ueber Johann Groland siehe: Albert Gümbel, Die Nürnberger Goldschmied­ familie der Groland, in Mitt. aus d. Germ. Mus. Jahrg. 1920/21, S. 7 f. 2) Georg Fennitzer war als Kupferstecher in den letzten drei Jahrzehnten des 17. Jahrhunderts tätig. Literatur in ThiemeBecker, Bd. 11, S. 389. 3

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von F. Lösch, 1872 (lose Noricablätter, Stadtbibliothek, Schrank VI, Kasten 6). Die St. Georgskapelle. Ihre Lage wird in einem Reversbrief1), den bei der späteren Verpachtung der Kapelle der Barbier Tratz dem Almospfleger Hieronymus Paumgärtner ausstellt, charak­ terisiert als: ,,in der Schustergassen hinten an das Augusti­ nerkloster stoßend, neben mit der einen Seiten an Jörgen Harlass Schusters Behausung und mit dem Eck gegen neu­ erbauten Schöpfbrunnen wärts liegend“. Daß sie an die Kirche angebaut und durch einen Eingang mit ihr verbunden war, geht aus einer Notiz über die Stiftungen Sebald Schreyers in einem Schreyerschen Kopialbuch (Mitt. d. V. f. Gesch. d. Stadt Nbg. Heft 18, S. 120) hervor, in der es heißt, daß Sebald Schreyer ein Gewölbe der Augustiner­ kirche ,,mit Schreyerschild verzeichent“ habe machen lassen, und zwar ,,das mitel in der abseiten oberhalb der tur des eingangs bei St. Jorgen capelln“. Leider fehlt jegliche Nach­ richt über das Baujahr der Kapelle; die Chroniken bringen nur die Tatsache, daß sie von der Familie Paumgärtner, die schon um 1300 in Nürnberg ansässig war2), gestiftet wurde, was auch aus der bereits erwähnten Verpachtungsurkunde hervorgeht. Die von Bayer 3) ausgesprochene Vermutung, daß sie, analog der Georgskapelle im Würzburger Augustinerkloster, schon früher als die 1479 erbaute Kirche stand, wie es bei den Bettelordensbauten häufig der Fall sei, wird durch einen 1441 erlassenen Indulgenzbrief bestätigt (Oeconomia I, Bl. 119), in dem der Kardinal Johann allen, die die Kapellen ,,zu sant Georg und sant Leonharden . . . besuchen, dem Gottesdienst beywohnen, zu aufpauung derselben hilf thun werden“, Sündenablaß gewährt. Ueber die Verwendung der Kapelle in den Jahren nach der Klosterübergabe ist nichts überliefert; ,,1552 wurde von Rats wegen dem Profossen das Kapellein an der Augustiner*) Orig. Pergam. Urkunde Nbger Staatsarch. Rep. 5 b, Nr. 15. 2) Wilhelm Freih. v. Imhoff, Genealog. Handbuch, Nbg. 1900 3) Kalender für katholische Christen, Jahrgang 1906, S. 102.

35 kirche zum Gefängnis eingegeben, wurden die Fenster zum Teil zugemauert, so hat der Profoß nicht weit zum Galgen, auf dem Säumarkt aufgericht“ x). Sie hat aber nicht lang als Gefängnis gedient. Am Montag, 16. Oktober 1564, wurde sie dem Bürger und Barbier Tratz zu einem ewigen Erbe verliehen*2). Ob dieser nun die Kapelle in ein Wohn­ haus umwandelte oder sie niederriß und an ihrer Stelle ein neues Haus baute, ist nicht klar ersichtlich; doch scheint das letztere der Fall gewesen zu sein, da eine Handschrift aus dem 17. Jahrhundert (in Nor. H. 179) berichtet, daß die Kapelle noch bei ,,Mannsgedenken abgebrochen“ und an diese Statt ein Bürgerhaus gebaut worden sei. Von einer weiteren Kapelle St. Salvator erhalten wir Kenntnis aus dem Bestätigungsbrief (kopiert in der Oeconomia I, Bl. is8v; siehe auch Anhang Nr. VI) der Altar­ weihen des Bischofs Hieronymus von Bamberg vom Jahre i486: „Am Sabbathtag hernachher in der selben Wochen hat vorgedachter Bischof reconcilirt die Kapellen sant Salvatoris und den altar in der selben consecrirt in der ehr Salvatoris, sambt den erzelten reliquien“. Sonst fand ich die Kapelle nirgends erwähnt.

Die Denkmäler des Kircheninnern. Die Radierungen von Wilder zeigen einen fast völlig leeren Innenraum: ein Sakramentshaus und gotisch ge­ schnitztes Gestühl im Chor, ein Altarschrein, von zwei auf Konsolen stehenden Heiligenfiguren flankiert an der Ost­ wand des südlichen Seitenschiffes und ein großes leeres Kreuz an dessen Südwand sind die einzigen kärglichen Reste in der einst überreich ausgestatteten Kirche. Man ist also auch hier wieder auf Ueberlieferung, vor allem auf die Beschreibungen des 18. Jahrhunderts angewiesen, wenn man die wenigen erhaltenen Kunstwerke in Museen oder anderen Kirchen ermitteln und die verloren gegangenen wenigstens der Vergessenheit entreißen und ihren alten Standort rekon9 Nbger Staatsarchiv, Rep. 52 a, Handschr. 321 a: Beschrei­ bung aller nürnbergischen Kirchen, Klöster, Kapellen etc. 2) Siehe Seite 34, Fußnote 1. 3*

36 struieren will. Ein Verzeichnis verschiedener Altäre und ihres Standortes fand ich in der — leider in ihren wesent­ lichen Teilen gekürzten — Kopie eines Briefes in der Oeconomia (Bd. I, Bl. 185; siehe Anhang Nr. VI), der zufolge i486' acht Altäre geweiht wurden, und zwar einer gegen Süden, der zweite gegen Norden gelegen; ein dritter ,,im Anhang des Chors“ (es ist unklar was hier mit Anhang gemeint ist), ein vierter ,,im Winkel gegen Mitternacht“, ein fünfter — und in dessen Nähe der sechste, siebente und achte — auf der gleichen Seite. Gleichzeitig wurde ein dem heiligen Salvator geweihter Altar in der hier zum einzigen Male genannten Kapelle St. Salvator geweiht. Leider lassen sich aus dieser Aufzählung nicht die geringsten Schlüsse ziehen, da jeweils die Namen der Altarheiligen ausgelassen sind; sie läßt lediglich erkennen, welche Menge von Kunstwerken verschollen oder verloren ist. Nur drei Altäre sind erhalten, die erst in jüngster Zeit mit Sicherheit als Altäre der frühe­ ren Augustinerkirche bestimmt worden sind. Es sind dies: der bis jetzt Peringsdorffer-Altar genannte Hochaltar, der Hallersche Altar in der Heiligkreuzkirche und der Hoch­ altar der St. Jakobskirche in Straubing. Der Hauptaltar, bisher Peringsdorffer-Altar1). Das Nürnbergisch Zion von 1733 beschreibt ihn kurz (S. 115): „Erstlich ist daselbst ein Altar im Chor, darinnen drei Heylige von Bildhauerarbeit sind“. Auch Würfel sah ihn 1757 in der Augustinerkirche und bringt (S. 7) eine fast gleichlautende Notiz. Murr endlich schildert ihn 1778 ein­ gehender (S. 81): „Auf dem Hauptaltare ist die Mutter Gottes zwischen zween Heiligen von Bildhauerarbeit. Die *) Abbildungen bei Soldan - Riehl: Die Gemälde von Dürer und Wolgemut, Nbg. 1887, und in: Photographische Abbildun­ gen der hervorragendsten Werke in der Gemäldegalerie des Ger­ manischen Nationalmuseums zu Nürnberg. Herausgeg. von Fried­ rich Höfle, Augsburg 1895. Ich nenne den Altar im Folgenden „Veitsaltar“, obwohl ich mir bewußt bin, daß diese Benennung keine umfassende und allen Teilen des Altars gerecht werdende ist.

37 beeden schönen Altarflügel sind von Michael Wolgemut. Sebald Peringsdorffer hat sie malen lassen. Rechter Flügel: Oben: Nikodemus1) nimmt den Heiland vom Kreuze ab. Unten: Der heilige Christoph trägt das Jesuskind. Linker Flügel: Oben: St. Lukas malt die Madonna. Unten: St. Sebastian. Unter den drei hölzernen Heyligen sind am rechten Reli•quienthürlein die heilige Maria Magdalena und Kunigunde, am linken aber zwo andre Heilige in Halbfigur abgebildet, auf goldenem Grunde“. Die Tatsache, daß der Altar eine Stiftung des Sebald Peringsdorffer und die Flügelbilder ein Werk des Michael Wolgemut waren, entnahm Murr den 1547 geschriebenen ,,Nachrichten“ Neudörfers. Dort heißt es (S. 128): ,,Dieser Wolgemut ist seinerzeit für einen guten künstlichen Maler und Reißer geacht gewest, darumb auch Albrecht Dürers Vater ihm, Wolgemut, seinen Sohn Albrechten zu lernen ^befohlen hat. Was aber gemelter Wolgemut zu der Zeit gerissen hat, findet man in der nürnbergischen großen Chro­ nik (der 1493 erschienenen Schedelschen Weltchronik). Sein Oemäld aber ist die Tafel in der Augustinerkirche gegen die Schustergasse, welches der Peringsdorffer hat machen lassen. Er starb 1519“. Dies ist die einzig authentische Nachricht, die wir von dem Altar haben. Abrahams Hinweis (S. 140) auf das Augustiner-Salbuch (Cod.man.35. 2°, Stadtarch. Nbg., Bl.8), in dem die Stiftungen des Sebald Peringsdorffer verzeichnet sind und in dessen Schlußwendung ,,und ander Ding mehr“ er eine Anspielung auf die Altarstiftung vermutet, ist ganz hinfällig. Diese Wendung, die sich öfters in den Salbüchern und im Anniversarium findet, bezieht sich zweifellos keines1) Murr irrt hier: es ist nicht Nikodemus, sondern der hl. Bernhard, der Stifter des Zisterzienserordens.

3» wegs auf solche große Stiftungen. Hier handelt es sich, wie aus den Salbüchern hervorgeht, um Güterstiftungen in das Neue Spital, die zudem erst 1496 datiert sind (im Ein­ zelnen aufgeführt in der Oeconomia, II, Bl. 67) und deren Zinserträgnis zu einem Jahrtag für Sebald Peringsdorffer verwendet werden sollten. Ebensowenig aufschlußreich sind die Eintragungen in den andern Salbüchern, die die gleiche Jahrtagsstiftung bringen; das Gültbuch der Wohltätigkeits­ stiftungen Nr. 56 von 1501 im Städt. Archiv verzeichnet: ,,10 fl. Rh. auf mitfasten von seines Jahrtags Lampen und Gebets wegen vor dem bilde ob seiner begrebnus“. Da das Familiengrab aber im Kreuzgang unter dem Epitaph von Adam Kraft (siehe S. 62) seinen Platz hatte, so ist damit eben dieses Steinmonument und nicht der Altar gemeint. Im Anniversarium (Kopie im Nbger Staatsarchiv Hs. 409, Bl. 11) findet sich neben der Jahrtagstiftung die Notiz: ,,Item hat auch ad fabricam ecclesiae geben 150 fl. und ander Ding mehr“. Auch die Chroniken und Briefbücher bringen immer nur allgemeine Hinweise auf Stiftungen der Familie Peringsdorffer in das Kloster, wie: ,,Im Augustinerkloster haben etliche ihr Gedächtnis“ (Müllners Annalen, Hand­ schrift im Nbger Staatsarchiv, Bd. 2, Bl. 1101, und Handschr. 229, Bl. 221, Geschlecht-Buch der hl. Reichstadt Nbg., eben­ daselbst) oder sie sprechen von dem Gedächtnismal im Kreuzgang, des Altars aber geschieht nicht die geringste Erwähnung. Man hat bis heute die Schlußfolgerung Murrs niemals in Zweifel gezogen und — so sehr die Urheberschaft Wolgemuts umstritten oder auf einzelne Teile beschränkt wurde — die Tatsache, daß der Altar von Sebald Perings­ dorffer in die Augustinerkirche gestiftet worden war, ist immer gläubig hingenommen worden, obwohl die Stiftung weder durch Wappen noch Inschrift auf den Gemälden oder Urkunden belegt war. Nun hat ein glücklicher Fund des Herrn Oberregie­ rungsrats a. D. Friedrich Freiherrn von Haller ein neues Licht in die bisher im Dunkeln liegenden Zusammenhänge

39 gebracht1): er fand bei der Durchsicht seines Familien­ archivs den Beleg, daß der Hochaltar in der Hallerschen Kapelle zum Heiligen Kreuz mit den Wappen der Peringsdorffer und Harsdörffer aus der Augustinerkirche stammt und somit der eigentliche Peringsdorffer Altar ist, auf derr sich Neudörffers Nachricht bezieht. Bei dem Brand im Jahre 1552 war der alte Hochaltar der seit der Reformation unbenützten Kreuzkapelle zerstört worden; da man aber die Kapelle wieder dem Gottesdienst zugänglich machen wollte, mußte ein neuer Altar beschafft werden. Ein solcher bot sich in einem Altar der Augustinerkirche, die damals •wohl nur zu Theateraufführungen verwendet (siehe S. 27) und* erst 1615 wieder ihrer eigentlichen Bestimmung zugeführt wurde. Die Rechnung über die Aufstellungsarbeiten in der Kreuzkapelle vom Jahre 1564 lautet: ,,Item so hab ich zalt dem Schlosser das er den großen Althar im Chor aufgericht, den man mir aus dem Augenstiner Closter geben“. Man hatte diesen Altar bis jetzt für den ursprünglichen Hochaltar der Kreuzkapelle gehalten; nun aber klärt sich durch diese Uebertragung der merkwürdige Widerspruch auf, daß in einer Hallerkirche ein von einem andern Geschlecht gestif­ teter Altar stehen sollte. Zweifellos war aber weder der Peringsdorffer- noch — wie der Katalog der Nürnberger Dürer-Ausstellung von 1928, S. 34, annimmt — der Straubinger Altar der Hoch­ altar der Augustinerkirche. Trotz des Widerspruchs, daß sich auf einem Flügel des Veitsaltars eine Darstellung des hl. Bernhard und als einzig erhaltenes Wappen des ganzen Altarwerks das Zisterzienserwappen, ein weißrot geschachteter Schräglinksbalken, finden, ist der Veits­ altar von seinem Entstehungsjahr 1487 ab der Hauptaltar der Augustinerkirche gewesen; denn eine derart ausführ­ liche Schilderung der Veits legende (erzählt bei Thode, S. 169) läßt ihn unbedingt als für den Hochaltar einer Veits kirche geschaffen erscheinen. Der Hochaltar war ja immer dem Kirchenheiligen gewidmet. Diese Behaup) Vgl. Frank. Heimat, 6. Jahrg. Heft 7, S. 238—241.

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tung wird weiterhin gestützt durch die Tatsache, daß schon früher ein Veitsaltar 1) in der Kirche stand. Ich fand in •dem Salbuch von 1466 (Nbger. Staatsarch. Rep. 59, 6) die Kopie eines Stiftungsbriefes der Frau Magdalena Berthold Cramerin vom Jahr 1404, in dem sie bestimmt, daß der Zinsertrag aus ihrem Gut in Massendorf zu Seelmessen in der Augustinerkirche, und zwar vor unserer lieben Frauen Altar und — falls dieser zugrunde ginge — vor St. VeitsAltar verwendet werden sollte. Möglicherweise hat man diesen alten Veitsaltar bei der Weihe von i486 noch im Chor stehen lassen und ihn erst 1487 durch den neuen ersetzt. Vielleicht könnte man die Frage des Zisterzienser­ wappens mit einer Teilung des Werkes in zwei Altäre lösen. So, daß man einen, nur die Veitslegende umschließenden Veitsaltar erhielte und einen zweiten, von dem nur die vier bei Murr beschriebenen Heiligenbilder erhalten wären und der aus einer der Zisterzienserkirchen Nürnbergs, entweder aus der Kapelle der 11 000 Märtyrer im Hof des Klosters Ebrach am Fischbach (jetzt im Germ. Mus. Raum 125) oder aus der St. Nikolaus - Kapelle im Heilsbronner Hof 2) oder aber, da diese Kapellen sehr klein für das Format der Tafeln erscheinen, aus einer Nürnberg benachbarten Zisterzienser­ kirche (Heilsbronn?) stammte. Dieser Hypothese wider­ sprechen jedoch einerseits die gleiche Größe sämtlicher Flügelbilder, andrerseits die über alle Flügel sich fort­ setzende gleichförmige Reihe von stehenden Heiligen. Von einer eingehenden Wertung des Altars, der viel­ leicht die bedeutendste Leistung des ausgehenden 15. Jahr­ hunderts darstellt, glaube ich hier absehen zu dürfen: es ist so viel über ihn geschrieben, es sind so zahlreiche Mei­ nungen und Deutungen über ihn veröffentlicht worden, daß ich mich hier mit dem Hinweis auf die verschiedenen Theo­ rien in der über ihn existierenden Literatur (zusammen1) Ein zweiter Veitsaltar mit acht, die Veitslegende darstel­ lenden Tafeln aus der Wolgemutwerkstatt befindet sich im Rudolfinum in Klagenfurt. Siehe darüber die Kärtner Zeitschrift „Carinthia“, Jahrg. 1894, S. 1 ff. und S. 33 ff. 2) 1482 umgebaut, 1848 abgerissen (Ree-Hampe, Nürnberg, S. 68).

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gestellt bei Abraham, Anhang I, S. 268 und im Katalog der Dürerausstellung im Germ. Mus. 1928, S. 34) beschränken darf. In einem Punkt sind sich all diese verschiedenen Mei­ nungen einig: so sehr im Einzelnen, in Farbe, Charakterisie­ rung usw. das Werk Wolgemutsche Züge tragen mag, so spricht doch aus dem Ganzen eine andere Gesinnung, ein anderer Geist. Ein jüngerer überlegener Künstler hat die Hauptteile des Altars, vor allem die vier Innenflügel, ge­ schaffen. Thode (S. 162 ff.) sieht in ihm Wilhelm Pleydenwurff, den Sohn des großen Hans Pleydenwurff und Mit­ arbeiter Wolgemuts an der Illustrierung der Schedelschen Weltchronik, während Weinberger (S. 69) — zweifellos zu Unrecht — die Innenflügel Wolgemut selbst geben will. Rauch x) sucht an Hand der Zeichnung des hl. Sebastian von Hans Traut im Kupferstichkabinett der Erlanger Uni­ versitätsbibliothek den Nachweis zu führen, daß Traut die Hauptarbeit an dem Altar zuzuschreiben ist *2). Er glaubt diese Hypothese noch weiter mit dem Hinweis auf die Ver­ wandtschaft der Rückfiguren des Heilsbronner mit denen des Augustiner Hochaltars zu stützen, beweist aber m. E. damit nur das Gegenteil; denn die Heiligenreihe auf den Rückseiten des Veitsaltars ist in ihrer eintönigen Steifheit zweifellos von einem andern schwächeren Werkstattgehilfen ausgeführt, als die Heiligen der innern Flügel; vielleicht sind diese Rückfiguren wirklich von Hans Traut, der ja auch in Wolgemuts Werkstatt arbeitete, oder Traut hat seinen Dreikönigsaltar (Rauch Tafel VII) für die Heils­ bronner Klosterkirche in direkter Anlehnung an die Heiligen des Veitsaltars vollendet (vgl. z. B. die Magdalena der ,,Madonna als Himmelskönigin“ mit der Rosalie des Veits*) Christian Rauch, Die Trauts, Straßburg 1906, S. 14—16. 2) Thode (S. 179—181) hat bereits auf die Verwandtschaft, aber auch auf die deutlichen Unterschiede der beiden Sebastiane hingewiesen. Außerdem wird die Hypothese Rauchs auch von Redslob in den Mitt. des Germ. Mus. 1908, S. 3, widerlegt, wobei sehr anschaulich an drei nebeneinandergestellten Abbildungen der Trautschen und der Schongauerschen Sebastianzeichnung sowie des Sebastian am Veitsaltar die unterscheidenden Merkmale be­ handelt werden.

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altars). Abraham (S. 139 ff.), der den Altar am ausführ­ lichsten behandelt, weist im einzelnen die Hand Wolgemuts und verschiedener namenloser Gehilfen nach, unter denen sich einer mit den Initialen R. F., die er auf der Bekehrungs­ tafel auf dem Podest unter der Mittelsäule anbringt, als der bedeutendste erweist. Im Katalog des Germ. Mus. von 1909 (S. 48) hat Braune 1) unter R. F. zum ersten Mal Rueland Frueauf d. J. vermutet; das Monogramm stimmt zwar mit der Bezeichnung auf den Wiener Passionstafeln2) des alten Rueland Frueauf überein, doch hat man bisher noch keiner­ lei Anhaltspunkte für einen Aufenthalt des Malers in Nürnberg gefunden 3). Dehio (Bd. II, S. 233) streift den Altar nur flüchtig: ,,Leider zeigt gerade dieses Werk sich durch innere Gegensätze zerklüftet; unzweifelhaft ist eine Mehr­ heit von Händen daran tätig gewesen, und gerade die an­ ziehendsten Stücke sind wohl in den Allgemeinheiten der Anlage, aber niemals in der Ausführung dem gesicherten Schaffen Wolgemuts einzugliedern“. Die Datierung des Altars ergibt sich aus der neben den Buchstaben R. F. an der Säule des Bekehrungsbildes an­ gebrachten Zahl 1487. Nach dem Abbruch der Augustinerkirche im Jahr 1813 kamen Teile des Altars (siehe Nürnberger Briefe von Ralph v. Rettberg, Hannover 1846, S, 145) in die Moritzkapelle (Lochner spricht in seiner Sammlung von Urkunden­ abschriften im Städt. Archiv, Norica II, S. 95, von vier *) Erwähnt bei Abraham, S. 162. 2) Weinberger (S. 243 Anm. 32) hält den alten R. F. für den Schöpfer im Gegensatz zu Braune, der den jüngeren annimmt, und weist auf dessen Glasfenster in Nonnberg bei Salzburg hin, „das ganz im Stil der Nürnberger Bilder“ gehalten sei. Vgl. darüber: Otto Fischer, Altdeutsche Malerei in Salzburg, Leipzig 1908, S. 118, und den Aufsatz von Hans Tietze über „Ein wichtiges Werk in Nonnberg“ im kunstgeschichtlichen Anzeiger 1911 Nr. 2, S. 50. Literatur über Frueauf zusammengestellt bei Thieme-Becker Bd. 12, S. 532, und Mitteilungen d. Germ. Mus. 1912, S. 94. 3) Dafür, daß zumindest die vier Innenbilder von einem Nürn­ berger Meister geschaffen wurden, spricht die m. W. noch nirgends erwähnte Beobachtung eines Nürnberger Stadtausschnittes auf dem Gemälde des hl. Lukas. Ganz unzweifelhaft ist hinter dem Kopf des Heiligen rechts das Tiergärtnertor und links das spätere Dürer­ haus dargestellt.

43 Flügeln), wo sie auch Gg. F. Waagen, Kunstwerke und Künstler in Deutschland, Leipzig 1845 (Bd. 1, S. 181—216) beurteilt. Vier weitere Flügel hingen im Landauer-Brüder­ haus und zwei Bilder im Saale der Burg, wie Lochner (a. a. O.) in einer Nachschrift zu dem Testament Sigmund Oertels für die Kinder Wolf Pergensdorffers (1509) berichtet. Jetzt haben sich alle Flügel und die Predella im Germani­ schen Museum (Nr. 142—149) zusammengefunden, mit Aus­ nahme von zwei Tafeln der Bekehrung und des Todes des hl. Veit, die im nördlichen Seitenschiff der Lorenzkirche hängen. Der Schrein ist verloren. Wie sehr der Veitsaltar über den Wolgemutschen Stil hinausgewachsen war, beweist der nun durch die Hallersche Entdeckung als Wolgemut zugehörig bestimmte Hallersche Altar der Heilig-Kreuzkapelle oder, wie wir ihn jetzt nennen dürfen, der eigentliche Peringsdorffer-Altar1). Der als einziger vollkommen in der alten Form erhal­ tene Altar wurde, wie erwähnt, im Jahr 1564 aus der Augustinerkirche in die Heiligkreuzkapelle übertragen; sein ehemaliger Standort in der Veitskirche ist nicht mehr zu ermitteln. Wir wissen durch Neudörfer, daß ihn ,,der Peringsdorffer hat machen lassen“, was auch die Wappen der Peringsdorffer und Harsdörffer 2) auf den innern Flügeln und auf dem Bild von Mariä Tempelgang bestätigen. 9 Abbildungen siehe S. 36, Fußnote 1. Siehe auch: Katalog der Nbger Dürerausstellung 1928, S. 16. Dort auch Verzeichnis der Literatur über den Altar. 2) Der Stifter Sebald (Joh. Gottfr. Biedermanns Geschlechts­ register des Hochadelichen Patriciats zu Nürnberg, Bayreuth 1748, Tab. 148 fälschlich Sebastian) Peringsdorffer heiratete 1467 Katha­ rina Harsdörffer (Nbger Staatsarchiv, Hallerbuch Bl. 105 v, Müllners Annalen, Handschr. im Nbger Staatsarchiv Bd. II, Bl. 1101—1112 •und Bd. III, Bl. 1621 v, 16249 Lochners Norica, Nbger Stadt­ archiv Bd. VI, S. 570 und Bd. V, S. 503 und 480). Das Ehepaar hatte noch einen zweiten Altar gestiftet: den heute verschollenen Hochaltar der Predigerkirche in Nürnberg (Friedrich Bock, Das Nbger Predigerkloster, S. 195, in Mitt. d. V. f. Gesch. d. Stadt Nürnberg 1924).

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Der Mittelschrein enthält in Holzschnitzerei die aus sieben lebensgroßen Figuren (die achte in der linken oberen Ecke fehlt heute) bestehende Beweinung Christi. Man schrieb sie — so wie es mit den meisten Nürnberger Schnitz­ werken am Anfang der Stoßforschung geschah — Veit Stoß zu. Bode x) sah als erster die Uebereinstimmung mit Wolgemuts Gemälden und schloß daraus, daß wenigstens die Zeichnung dazu von Wolgemut stamme. Dieser Ansicht schließen sich Daun (S. 57), Loßnitzer (S. 85) und Abraham (S. 284) an 2). Die drei Flügelpaare — das letzte Paar ist fest — haben -ein außerordentlich hohes Format (ungefähr 1 : i1^), das nicht, wie beim Veitsaltar, geteilt ist, was die Perspektive und Einteilung auf den Bildern sehr erschwert und manche Unbeholfenheit und Unklarheit zur Folge hat. Die Flügel stellen dar: Kreuztragung und Auferstehung, Verkündigung, Geburt Christi, Anbetung der Könige, Darbringung im Tempel, Joachim und Anna an der goldnen Pforte, Mariens Geburt, Tempelgang und Tod (schematische Darstellung der Flügelanordnung bei Abraham S. 99). Die Bedeutung der Hallerschen Entdeckung, die einer­ seits darin lag, daß sie die Forschung von dem Zwang befreit hat, den Veitsaltar im Germanischen Museum gegen ein widerstreitendes Empfinden dem Schaffen Wolgemuts einzureihen, zeigt sich hier auf der andern Seite auch in dem Gewinn eines neuen sicheren Punktes, in dem die Stilkritik einsetzen kann, um die große Masse aller der unter Wolgemutscher Flagge segelnden Werke des ausgehenden 15. Jahrhunderts zu sondern; denn der einzige bisherige Aus­ gangspunkt, die Inschrifttafel des Zwickauer Altars (Wort­ laut bei Abraham, S. 77) ist verloren gegangen und durch die Ueberlieferung von 1656 keineswegs ganz zuverlässig. *) Wilhelm Bode, Geschichte der deutschen Plastik, S. 118.Abbildungen des Schreins S. 117, auch bei Daun S. 57. 2) Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler, Bd. III, S. 363, vermutet, daß die plastische Gruppe im Schrein sowohl wie die Schnitzfiguren des hohen Gesprengs vom Meister des Rochus­ altars stammen.

45 Dagegen darf die Neudörfersche von 1547 sicher soviel historische Glaubwürdigkeit beanspruchen, daß man un­ bedenklicher zumindest die Komposition des Altarwerkes in der Heiligkreuz-Kirche der Hand Wolgemuts zuschreiben darf. Zwar ist auch er — wie alle Altäre der WolgemutWerkstatt — kein einheitliches Werk, und einzelne Tafeln unterscheiden sich in Temperament, Ausführung und Far­ bengebung untereinander. Dennoch können diese unter­ scheidenden Merkmale bis zu einem gewissen Grade ver­ nachlässigt werden — umsomehr als manche Mattigkeiten auf Kosten der zerstörenden Einflüsse der Zeit zu setzen sind — gegenüber der bestimmten Eigenart des Ganzen. Der Altar entspricht durchaus den Vorstellungen, die beson­ ders von dem Altarstil Wolgemuts gelten: er besitzt das Unfreie und Unfrohe, die harte Linearität, das Abstrakte und Konstruierte des Stils, der seine späten Werke charak­ terisiert. Wie abgezirkelt sind hier Menschen und Dinge in den engen Raum gestellt, wie eckig sind ihre Bewegun­ gen, die Faltungen ihrer Gewänder und wie innerlich un­ beteiligt erscheinen sie an den Szenen, in denen sie dra­ matische Rollen zu spielen hätten! Das Aufteilen der Fläche nach geometrischen Formen und die Vorliebe für Sym­ metrie und für die Betonung der Mittelachse ist hier noch stärker ausgebildet als beim Hofer (Auferstehender) und beim Zwickauer Altar (Heilige Sippe) x). Weinberger (S. 68) hat die Innenseiten, Auf­ erstehung Christi und Kreuztragung, im Gegensatz zu Abraham (S. 100) Wolgemut abgesprochen. Zu Unrecht, wie ich glaube. Schon aus dem rein äußerlichen Grund, daß die inneren, nur an Feiertagen geöffneten Flü­ gel die wichtigsten und immer am sorgfältigst ausgeführ­ ten sind und deshalb meistens vom Meister selbst gemalt wurden. Jedenfalls sind sie auch hier qualitativ die besten Bilder des Altars. In den Hauptteilen von Wolgemut selbst sind auch die kompositionell zusammengehenden Rückseiten der Innen*) Abbildungen in Soldan und Riehl, Dürers und Wolgemuts Gemälde, Nürnberg 1887.

46 flügel: die Anbetung der Könige und die Geburt Christi. Ein gröber arbeitender Geselle hat hier aber wohl die in den Maßen gänzlich mißratenen, allzu kleinen Hirten, die ungegliedert hölzernen Füße des einen, die verzeichneten Arme und den allzu hohen Oberkörper der Madonna gemalt. Einen schwäbischen Einfluß verrät die V e r kün­ dig u n gx), ebenso wie die bedeutend schwächere Rück­ seite, die Geburt der Maria. Hier werden dem Maler über der großen Fläche der roten Bettdecke und dem Falten­ spiel des grünen Baldachins die lahmen und bedeutungs­ losen Figuren gänzlich unwichtig. Eine dritte Hand erkennt man endlich in dem Schöpfer der äußeren Flügel*2), der überschlanke, hohe Gestalten mit kleinen Köpfen, hohen Hälsen, trüben und hartgeschnitzten Zügen liebt. Auf einem dieser Außenflügelbilder, nämlich auf Mariae Tempelgang, interessiert uns besonders die Staffage. Im Mittelgrund erhebt sich links ein in allen Einzelheiten durchgeführter stimmungsvoller Kircheninnenraum. Es lag nahe, hier an die Augustinerkirche, für die der Altar ja bestimmt war, zu denken; aber selbst eine weitestgehende Berücksichtigung künstlerischer Freiheiten, wie sie derartige Darstellungen immer erfordern, läßt diesen Schluß nicht zu. Der Chor schließt zwar mit drei Seiten, wie der der Augustinerkirche, ist aber durch einige Stufen höher gelegt als das Langhaus und mit einer flachen Holz­ decke bedacht. Die runden Rippen des Kreuzgewölbes über dem Langhaus ruhen an den Wänden auf kleinen Kapitellen, die sich in — bis auf den Boden laufenden — Runddiensten *) Hier ist besonders gut die eigenartige Technik zu beobach­ ten, die das Brokatmuster als Papierstück aufsetzt und die Schat­ ten erst nach dem Aufkleben hineinmalt. Dem Brokat aufliegende Dinge, wie z. B. die Tasche des Königs auf der Anbetung, werden einfach ausgeschnitten. 2) Abbildung des „Todes Mariens“ im Katalog der Nürn­ berger Dürerausstellung 1928, Tafel 3.

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fortsetzen. An den Chor ist links außen eine Kapelle an­ gebaut. An den Neubau von 1479 ist also hier nicht zu denken. Dagegen ist es nicht ausgeschlossen, daß der Maler nach einer älteren Vorlage ein Bild der alten Augustiner­ kirche gegeben hat, was wir mangels jeder Vergleichs­ möglichkeit nicht entscheiden können. Ein Stück der Nürn­ berger Stadtmauer mit Wehrgang, ein Turm mit vier Eck­ türmchen und zwei Fachwerkhäusern schließen sich rechts der Kirche an. Weinberger1) datiert den Altar ,,kurz nach 1480“, Abraham 1484; diese letzte Datierung würde sich gut der Schlußfolgerung anpassen, daß Sebald Peringsdorffer den Altar — zugleich mit seinen Spenden ,,ad fabricam ecclesiae“ (siehe S. 38) — in die neuerbaute Augustiner­ kirche gestiftet habe. Der Katalog der Dürerausstellung zieht hier zwei neuentdeckte, 1490 datierte Tafeln aus der Jakobskirche (Nr. 9 des Ausstellungskatalogs) heran, die dem Altar stilistisch naheständen; ich kann aber keine Be­ ziehung zwischen beiden finden. Ein Vergleich mit dem jüngeren Straubinger Altar aber läßt ihn näher an die 90 er Jahre heranrücken. Wahrscheinlich fiel er unter die Altar­ werke, von denen Deichsler (Chroniken der deutschen Städte Bd. XI, S. 549) berichtet: „des jars (1488) untz (bis) in das 1491 jar da ward hie gemacht zu Nuremberg 23 altartafel, neu schon (schön) geschnitzt, auch vergult“. Ein dritter Altar, der jetzige Hochaltar der St. Jakobskirche in Straubing ist ebenfalls erst in jüngster Zeit als zu dem früheren Be­ stand der Augustinerkirche gehörig entdeckt worden 2). Ein D Sein Hinweis auf die Schlußabrechnung des Stifters im Hallerschen Familienarchiv von 1479 ist durch die Veröffentlichung von Haller hinfällig geworden (Weinberger S. 243 Anm. 30). 2) Die Kunstdenkmäler von Bayern, Bd. VI: Stadt Straubing, bearbeitet von Felix Mader, München 1921, S. 42, mit sechs Ab­ bildungen. Beschreibung und Abbildung der Himmelfahrt Mariae auch im Katalog der Dürer-Ausstellung im Germ. Mus. Nbg. 1928, S. 36 und Tafel VII.

48 jetzt im Kreisarchiv Landshut aufbewahrter Akt*) des Collegiat-Stifts Straubing vom Jahre 1590 enthält den Be­ richt des Stiftskapitels von Straubing an den Herzog Wil­ helm von Ober- und Niederbayern über den Ankauf eines Altars für die St. Jakobskirche in Straubing aus dem ,,ab­ gegangenen Augustinerkloster“ in Nürnberg. Es heißt darin, „daß sich solcher Altar der Größe halber an den Ort des Hochaltars nit übel schickt“, daß aber „die größte Diffikultät dem sei, daß die vier großen Pilder (= geschnitzten Schreinfiguren) Sti. Dominici, Johannis Baptistae, Mariae Magdalenae und Stae. Catharinae sich daher nit reimen, sondern ein Notdurft sein würde, daß die Patroni des Stifts und Kirchen, deren gleichwohl auch viere, als nämlich: St. Jakob, Tiburtius, Laurentius und Leonhardus an deren statt gesetzt und ausgewechselt würden, daß aber unser lieben Frauen Pildnus an seinem Ort inmitten des Altars wohl verbleiben könnte“. Etliche Maler und Werkleute, die man um Rat befragte, seien der Meinung, daß „St. Dominici Pildnus mit schlechter (geringer) Mühe und Unkosten in St. Leonhards gestalt wol verändert, also auch die andern, do man allein die Köpf auswechselt, in der patronorum imagines leichthin könnten transverieret werden“. Andern­ falls gäbe es auch noch den Ausweg, die „drei Pilder, so jetzo auf dem Choraltar stehen und von Erden (Terrakotta) gemacht sind“ neu vergoldet auf den Nürnberger Altar zu stellen. Der Herzog gab seine Zustimmung zu dem Kauf des Altars, der ungefähr 800 fl. kostete. Auch die merk­ würdige Umwandlung fand statt: Johannes wurde in Jako­ bus, Dominicus in Leonhard umgestaltet, Katharina in Tiburtius verwandelt. In ihrer ursprünglichen Gestalt blie­ ben nur Maria mit dem Jesuskind auf dem Arm und Maria Magdalena erhalten. Die sechs erhaltenen alten Flügelbilder wurden 1892samt den Schreinfiguren einem neugotischen Altar ein­ gefügt. Sie stellen dar: Auferstehung Christi, Mariae Him­ melfahrt, Darbringung Jesu im Tempel, Anbetung der 1) Kreisarchiv Landshut, R. XCVIIe, F. 588, Nr. 26.

49 Könige, Himmelfahrt Christi und Aussendung des heiligen Geistes. I. cd

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Auch dieser Altar ist zweifellos — mit Ausnahme der Innenseiten der inneren Flügel — Wolgemut zuzuschreiben, wie Ebner *) erstmalig nachweist; zu deutlich sind Gesichtstypen, Hintergrundsmotive, Kolorit und Bevorzugung be­ sonderer Farbenzusammenstellungen denen andrer Wolgemutscher Werke verwandt. Aus den inneren Gemälden der beiden Innenflügel aber spricht eine andere überlegene Persönlichkeit. Eine Verfeinerung, eine größere Weichheit der Modellierung im Einzelnen, eine verstärkte Plastizität und Bewegungsfreiheit der Figuren im Ganzen und eine be­ sondere Wärme der Farbgebung und Gesamtstimmung sind für diesen Künstler bezeichnend. Die Architektur ist zwar immer noch Gerüst des Bildaufbaus, aber sie ist nicht mehr so aufdringlich und die — fast durchweg in einem warmen Braun gehaltene — Landschaft ist genauer durchgebildet, trotzdem aber mehr in den Hintergrund gerückt. So haben die auf den früheren Altären wie mit dem Messer geschnit­ ten wirkenden Felsen mehr Leben bekommen und die fein*) Jahresbericht des historischen Vereins für Straubing und Umgebung. 21. Jahrgang (1919), S. 22 ff. Eine weitere längst an­ gekündigte Arbeit des Verfassers harrt bei Herrn Geheimrat Dörnhöffer in München seit Jahren ihrer Drucklegung. Dehio (Hand­ buch III, S. 519) erwähnt den Altar kurz: „Schnitzbilder und Flügelgemälde aus der Werkstatt Wolgemuts“. 4

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rsten Bewegungen der Masse sind der Natur abgelauscht. Eine besondere Vorliebe für kleine Tierformen macht sich auch hier wieder geltend: Vögel, Schmetterlinge, Käfer, Libellen, Bienen und Heuschrecken sind in liebevoller Klein­ arbeit in die Gemälde eingestreut. In formaler Schönheit und meisterhafter Technik ganz hervorragend ist die Auferstehung Christi. Der Auferstehende ist, wie auf dem Hofer und PeringsdorfferAltar der Frontaltyp, dessen Starre aber hier durch eine kleine Verschiebung nach links aus der Bildmitte und eine leichte Schrägstellung, ebenso wie durch die weichen Falten des roten Gewandes, das in rundem Schwung die Gestalt umgibt und am Ende emporflattert, aufgehoben ist. Die langgestreckte Figur mit dem zarten länglichen Kopf steht in der gleichen Schongauerschen Beinstellung wie auf den vorgenannten Altären, aber wieviel besser ist das bis über das Knie freie Bein durchmodelliert, wie feingliedrig die rechte emporgehobene Hand am schmalen Handgelenk! Die Komposition ist figurenreicher, die Gruppierung aber trotz­ dem freier und zwangloser. Die Grabwächter — es sind hier fünf — sind nicht mehr so festgeschraubt und ängst­ lich in den Rahmen gepreßt, ihre Bewegungen haben weder die abgezirkelte Steifheit der Hofer und Peringsdorfferschen Krieger noch deren verkniffene Züge, und wie vollendet ist der tiefe Schlaf des Kriegers rechts hinten, wie meisterhaft sind der Metallglanz der Rüstungen, die zarten Falten der Handschuhe wiedergegeben! Die drei Frauen sind als Nebenfiguren mehr in den Hintergrund geschoben. Sargrand und Gartenmauer laufen wie dort parallel — nur der Sarg­ deckel ist diesmal diagonal verschoben — und die Körper­ achse Christi setzt sich in Wolgemutscher Weise in der Burg zu seinen Häupten fort. Die Auferstehung wird an kompositionellem und far­ bigem Reiz vielleicht noch übertroffen durch Mariae H im m elf ahrt1). Das Bild zeigt in harmonischer Raumverteilung eine untenstehende Gruppe von Aposteln, *) Abbildung im Katalog der Dürerausstellung, Tafel VII.

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eine Engelsschar in den Wolken und als Verbindung zwi­ schen beiden die anmutig schwebende Erscheinung Mariens im schwarzen, goldgesäumten Mantel über dem Brokatkleid,. Dieser Künstler muß niederländische Vorbilder gesehen haben, bevor er diese Madonna, die Pracht der Brokat­ gewänder und die Ovalkomposition der Engel, die sich in Kopf- und Körperhaltung der Gesamtform anpassen und mit den dunklen Flügeln das Ganze wirkungsvoll rahmen x), schuf! Auch in Einzelheiten verrät sich der niederländische Einfluß: so hat der Petrus links vorn in Straubing außer­ ordentliche Aehnlichkeit mit dem Petrus der Himmelfahrt Mariens von Aelbert Bouts im Brüsseler Museum, und die Engel haben hier in ähnlicher Weise die über der Brust gekreuzten dunklen Bänder des Brüsseler Bildes. Weit über Wolgemuts Wollen und Können hinaus geht auch die kühne Rückenfigur des knieenden Beters in rotem Mantel mit grü­ ner Kapuze. Dagegen führen die ,, Darbringung im Tem­ pel“, das „ P f i n g s t b i 1 d “, die ,, Himmelfahrt C h r i s t i “ und ,, Die Anbetung der Könige“ auf Wolgemut zurück. Besonderes Interesse hat die Land­ schaft der ,,Darbringung“. In dem Ausschnitt des Netz­ gewölbes erscheint links der fünfeckige Turm der Nürn­ berger Burg, rechts der Luginsland mit den gleichfalls noch heute dort stehenden (aber jetzt etwas veränderten) Fach­ werkhäusern am oberen Teil der Burgstraße von der unteren Söldnersgasse an. Zwischen den Türmen fehlt die von Beheim erbaute (1493 begonnene, 1499 vollendete) sog. Kaiserstallung (mit dem Dachboden als Getreidespeicher) *2). Für die Datierung des Altars haben wir keine urkund­ lichen Anhaltspunkte. Wir wissen nicht einmal, von wem er gestiftet wurde, da weder Wappen auf den Flügeln noch irgend welcher Hinweis in Urkunden zu finden waren *) Ein ähnliches Motiv findet sich auf der „Verherrlichung Mariae“ vom Meister der Verherrlichung Mariae in der Sammlung Heyl in Worms und auf einem Bild des gleichen Meisters, der um 1460 in Köln tätig ist, im Museum in Köln. 2) Sie ist, wie man annimmt, von Wolgemuts Haus aus gesehen. 4*

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Lediglich die Tatsache, daß auf der ,,Darbringung“ der 1493 begonnene Bau der Kaiserstallung fehlt, gestattet eine zeit­ liche Abgrenzung der Entstehungszeit des Altarwerks nach unten. Die vergleichende Stilkritik wird ihn wohl um die Mitte der 80 er Jahre ansetzen, ihn aber keineswegs früher als den Zwickauer Altar (wie es der Katalog der Nürnberger Dürer-Ausstellung, S. 36, tut) datieren, dem er durchaus überlegen ist. Ich sehe auch keinen Zusammenhang mit dem Hofer Altar (wie der Katalog), der in Aufbau und Be­ wegung grob und unbeholfen und mit seinen grauen und hellen blauen Tönungen kalt neben dem Straubinger wirkt. Zweifellos hat dagegen der Zwickauer Altar vor allem in der warmen Tönung und in der Typenauswahl seiner Köpfe bedeutende Aehnlichkeiten mit dem Straubinger. Aber am Straubinger Altar ist Wolgemuts Stil weiter entwickelt. Der Aufbau ist durchdachter und geschlossener geworden, die Typenauswahl hat an Vielfältigkeit, die Köpfe haben an Schärfe der Charakteristik, die Figuren an Sicherheit der Bewegung gewonnen. Man vergleiche z. B. das Stützen des Hauptes bei dem Zwickauer Johannes der Oelbergszene mit dem gleichen Motiv am Krieger der Auferstehung in Straubing! Der Altar steht also stilistisch und zeitlich zwischen Zwickauer und Peringsdorffer-Altar und gehört mit zu den Altären, die i486 mit der Augustinerkirche geweiht wurden. Die übrigen Altäre, die hier zum ersten Male genannt werden, sind verschollen. So wird besonders in den Salbüchern x) häufig, und zwar zum ersten Mal 1491 im Salbuch Cod. man. 7. 4 0 im Städtischen Archiv Unserer lieben Frauen Altar erwähnt. Er stand nach dem schon öfter angeführten Schreyerschen Copialbuch (Heft 18 der Mitt. des V. f. Gesch. d. Stadt Nbg., S. 120) ,,im mitel gewölb in der abseiten“ und in der Nähe „des eingangs bei S. Jörgen capelln“, also in 4) Cod. man. 35 2 0 im Stadtarchiv, S. 67, Jobst Hallers Jahrtag­ stiftung und Merkelsche Sammlung, Germ. Mus. Nr. 92, Oeconomia I, Bl. 270, Jahrtagstiftung der Anna Techtelmayer 1494.

53 der Mitte des nördlichen Seitenschiffes. Da eine große An­ zahl von Gliedern der Familie Löffelholz Seelmessen auf diesen Altar stiftete oder in seiner Nähe begraben liegt x), ist es nicht ausgeschlossen, daß der Altar eine Löffelholzische Stiftung gewesen ist. Seine Entstehungszeit wird wohl gegen Ende des 15. Jahrhunderts anzusetzen sein, da er nicht •eher erwähnt wird. Ebenso kommt neu hinzu der Katharinen-Altar*2), der 1338 zum ersten Mal in einem Ablaßbrief (kopiert in der Oeconomia Bd. I, Bl,. 80) erwähnt wird. Er wurde in die neue Kirche mit hinübergenommen, da er auch später in den Salbüchern von 1466, 1501 usw. angeführt wird. Ein ebenfalls verschollenes Werk ist der Niclas von Tolentin3) Altar, der 1453 und 1466 in bischöflichen Indulgenzbriefen (kop. Oec. I, Bl. 121 und 135) vorkommt. Er wurde ebenfalls wieder in der neuen Kirche aufgestellt; denn i486 bestimmt Lienhard von Ploben, ein Verwandter von Sebald Peringsdorffer, in seinem Testament (kop. in Lochners Norica, Bd. V, S. 507, Stadtarchiv), daß man ihn ,,zu den Augustinern vor sant Niclas von Tolentin Altar begraben solle“. Niko­ laus von Tolentin, geboren 1246, trat als Jüngling in den Orden der Augustiner-Eremiten zu Tolentino ein und ent­ wickelte als Volksprediger eine segensreiche Tätigkeit. Er *) Siehe „Des Herrn Hanns Wilhelm Löffelholz von Kolberg 1656—1716 Familienbuch“ im Archiv des Germ. Mus., außerdem Biedermann, Geschlechtsregister, Tafel 299 bis 306. Z. B. hielt Georg Löffelholz (das 15. Kind von Wilhelm L.), der Priester war, seine erste Messe in Nürnberg „bey den Augustinern auf unserer 1. Frauen Altar bey seines Vaters Grab. 1491“. 2) Er wird auch in Lochners Norica, Jahrtagstiftung des Ulrich Granetel (Bd. VII, S. 384) und im Gültbuch der Wohltätigkeitsstiftgn. Nr. 56, Städt. Archiv, erwähnt. Vielleicht ist er iden­ tisch mit der „sant Katharina tafel“, die nach dem Anniversarium (Nbger Staatsarch. Nr. 409, Rep. 52 a, Bl. 7) Albertus Ebner gestiftet hat und die 30 fl. kostete. 3) Ueber seine Legende siehe Karl Künstle, Ikonographie der Heiligen, Freiburg i. Br. 1926, S. 464 f.

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wird in schwarzer Ordenstracht dargestellt mit einem von Lilien umwundenen Kruzifix in der Hand und einem glän­ zenden Stern auf der Brust. Vielleicht hängt die Altar­ stiftung in Nürnberg mit seiner 1446 erfolgten Heilig­ sprechung zusammen, da der Altar kurz nachher zum ersten Mal, nämlich 1453, erwähnt wird. Gleichfalls bisher noch nicht bekannt ist der Grundherr-Altar, der auf der Empore stand. 1413 stiftete Michael Grund­ herr, Bürger zu Nürnberg, dem Augustiner-Orden in Nürn­ berg ,,zwei fl. ewiger gült zu pietanz den brüdern umb zwei ewig gesungen messped (Gebet) auf seinem altar auf der porkirch“ (Oec. I, Bd. 258). Ueber der Türe des Chors hing (Murr S. 81, Würfel S. 7, Zion S. 115) eine Darstellung des Jüngsten Ge­ richts. Wahrscheinlich waren auch die, bis jetzt noch nicht identifizierten Vier Lautensackschen Tafeln Teile eines Altars. Vielleicht gehören zu diesem auch die acht Tafeln der Passion Christi von Paul Lautensack, die jetzt im Nationalmuseum in München hängen. Im Nürn­ berger Staatsarchiv befindet sich ein Akt (Rep. 16 a, Nr. 15), der den Briefwechsel zwischen dem Abgeordneten des Kai­ sers Rudolf II., Johann Baptist von Seebach, und dem Nürn­ berger Rat aus den Jahren 1596/97 enthält. Der Abgeordnete fordert darin, daß seiner Kaiserlichen Majestät die von Albrecht Dürer gemalten Altartafeln der St. Katharinen­ kirche (Paumgartner-Altar) und etlicheLautensacksche Gemälde im Augustinerkloster über­ lassen werden möchten. Seebach schreibt unter anderem: ,,es sei im gewesten Augustiner closter alda, soviel ver­ nommen habe, daß des verstorbenen Lauttensacks vier Tafeln wegen des vertuschelten gemälds mit der Zeit noch weniger denn ietzo geachtet werden, welche mit der dazugehörigen,

55 in einem Buch eingefaßten Auslegung Ihrer Röm. KaisMajestät angenehm sein möchten“. Die wiederholten Be­ mühungen Seebachs — er schrieb auch noch an Hieronymus Paumgartner1) um Fürsprache — scheiterten. Er erhielt abschlägigen Bescheid, wie Baader, der auch den übrigen angegebenen Sachverhalt wiedergibt, in seinen „Beiträgen zur Kunstgeschichte Nürnbergs“, Heft i, S. 12, berichtet. Mummenhoff druckt in den Mitt. d. V. f. Gesch. d. Stadt Nürnberg, Heft 7 (1888), S. 272, zwei Ratsverlässe der Herren Aeltern vom 13. und 14. Januar 1597 ab, die aber von „etlichen gemalten Tafeln, so in der kirchen in S. K a t h arinencloster seien und der alte Lautensack gemalet hab“, handeln. Der Beschluß erwähnt ebenfalls das (im Seebachschen Brief angeführte) „buch darzu, darinnen die auslegung dieses gemäls sei“. Der Rat lehnt die Forderung mit der Begründung ab, daß dem Kaiser „mit disen schlech­ ten gemälen nit gedient sein würde“. Warum die Gemälde als „vertuschelt“ oder „wenig geachtet“ und „schlecht“ bezeichnet werden, ist nicht erklärt. Vielleicht ist eine Stelle in dem 1716 in Altdorf von G. G. Zeltner herausgegebenen „De Paulli Lautensack 2), Fanatici Noribergensis, Fatis et Placitis“ (S. 19) darauf zu beziehen: „Man habe den ganzen Grund Christi auf ein Tuch gepapt herab müssen reißen“. Lautensack, der den Lutherischen Glauben „in Worten, Wercken und Gemählen“ zu ver­ breiten suchte, war wegen seines in diesem Sinne gestalteten „Bildbüchleins“ 3) sehr angefeindet und als verdächtiger Schwärmer und Sektierer vom Rat aus Nürnberg ausgewie­ sen worden. *) Der Paumgartner - Altar kam erst im Jahre 1612 als Ge­ schenk des Rates der Stadt Nürnberg an den Kurfürsten Maxi­ milian I. von Bayern. s) Paul Lautensack war 1478 in Bamberg geboren; er war dort Maler und Organist. Zwischen 1524 und 28 siedelte er nach Nürn­ berg über; dort liegt er auf dem Johannisfriedhof begraben. Ueber ihn auch: Gg. A. Will, Nürnbergisches Gelehrtenlexikon, Nürnberg und Altdorf 1755, S. 411. Weitere Literatur zusammengestellt bei Hampe, Ratsverlässe I, S. 243. 3) Siehe darüber Hampe, Ratsverlässe Nr. i960, 1965, 2033, 2376.

56 Von den zahlreichen in der Kirche aufgehängten, gemal­ ten Gedächtnistafeln ist nur eine einzige, die der Margareth Wilhelm Hallerin, geb. Groland, der Hallersche Marientod erhalten; doch ist auch ihr ursprüng­ liches Vorhandensein in der Augustinerkirche nicht urkund­ lich bezeugt. Da aber Margarethe Haller, die 1487 starb, sowie ihr Gatte (gest. 1504), dort begraben liegen1) und sich im Augustiner-Anniversarium auch ein Spendeneintrag von ihr findet (kop. Oec. I, Bl. 213, 248 und 249), ist mit großer Wahrscheinlichkeit anzunehmen, daß auch ihre Ge­ dächtnistafel bei den Augustinern hing. Sie kam später in die Heiligkreuzkapelle. Freiherr v. Haller spricht in seinem öfter erwähnten Aufsatz (oben S. 39) die Vermutung aus, daß das Gedächtnismal eine der zwei Tafeln sei, die nach der Eintragung in die Jahresrechnung von 1564 mit dem Hoch­ altar in die Heiligkreuzkapelle verbracht wurden. Das Gemälde hängt jetzt im Germanischen Museum Nr. 153. Es stellt den Tod Marias im Kreise der Apostel dar 2). Die Predella enthält die Bildnisse von Margarethe und Wilhelm Haller, von deren Kindern und ihre Wappen. Von den holzgeschnitzten Gedächtnismalen ist nur eines 3) erhalten, und zwar das Epitaph für Conrad Imhoff. D Würfel, S. 16 und Chronik 190 im Nbger Staatsarchiv, S. 394. Ihrer beider Grabsteine wurden 1614 bei der Erneuerung der Kirche durch das Einbauen neuer Kirchenstühle überdeckt (Handschr. a. d. 17. Jahrh. in Nor. H. 179 und Würfel S. 16). Siehe auch S. 28, Anm. 5. 2) Wölfflin (Die Kunst Albrecht Dürers, München 1926, S. 34) führt die Tafel als typisches Beispiel dafür an, wie das ausgehende 15. Jahrhundert keinen Anstoß an dem Nebeneinander von Innigkeit und Trivialität nimmt und wie es keinen Wert auf einheitliche Stimmung legt: „beim Tode der Maria ist es so recht nach dem Herzen dieser Zeit, wenn eine Kerze flackert und einer der Apostel, die aus aller Welt gekommen sind, der Muttergottes in ihrem Ster­ ben beizustehen, mit Umständlichkeit die Lichtputzscheere in Be­ wegung setzt“. Weitere Literatur: Abraham S. 115, Thode S. 146 und Redslob, Die fränkischen Epitaphien im 14. und 15. Jahrhundert in Mitt. d. Germ. Mus. 1907, S. 61, Abb. bei Redslob S. 62 und H. Schweitzer, Gesch. d. deutschen Kunst, Ravensburg, Otto Maier, 1905, S. 260 und bei Weinberger, Tafel III, 2. 3) Die Gedächtnistafel für die 1496 verstorbene Margarethe Veit Wolkenstein, die in holzgeschnitztem Relief die Gregorius-

57 Die heute im Münchner Nationalmuseum (Nr. 679) hängende, gebogene Tafel befand sich früher, den Beschreibungen des 18. Jahrhunderts zufolge (Murr S. 81, Würfel S. 7), „an der Säule gegen der Kanzelx) über“, also an der nordöstlichen, deren Rundung ihre Form folgt, und zeigt in Holzrelief­ schnitzerei die Krönung Mariae (Abb.b.Daun, TafelXII, und im Katalog des Nationalmus.München, Nr.679 TafelXXVI). Die jugendliche Maria kniet betend in der Mitte, während Gottvater und Sohn, die ihr zur Seite sitzen, die Krone über ihr Haupt halten. Daun (S. 45 f.), der das Werk Veit Stoß zu­ schreibt, meint, daß sich über die Entstehungszeit nur Ver­ mutungen aussprechen ließen. Er übersieht, daß wir einen festen Anhaltspunkt für die Fixierung des Herstellungs­ jahres in der Inschrift unter der Tafel haben. Diese Schrift ist heute allerdings sehr schadhaft und unleserlich in ein­ zelnen Teilen, aber der Wortlaut bei Murr (S. 81), ebenso bei Würfel (S. 7) und auch im Münchner Katalog ab­ gedruckt, überliefert: ,,A. d. i486 am Samstag vor Galli starb der erber Mann Conrad Imhof der älter, darnach im 94. Jar starb die erber Frau Catharina, seine eheliche Haus­ frau, denen beeden Gott gnädig sey. Amen. Zu unterst lieset man: A. d. 1495 Gott zu lob und den lieben Seelen zum besten hat machen lassen diese Figur Conrad Imhof, ihr beeden sühn“. Die Tafel ist also nicht, wie Daun annimmt, schon i486 von Katharina Imhoff für ihren in diesem Jahr verstor­ benen Gatten gestiftet worden, sondern erst 1495 durch ihren Sohn Konrad. Selbst als Früh werk des Veit Stoß läßt sich die Tafel nicht den gleichzeitigen Werken einreihen, ge­ schweige denn den Arbeiten um 1495; die Leblosigkeit und Starre der ganz frontal gesehenen männlichen Figuren, die Ausdruckslosigkeit der Köpfe und die altertümliche Unruhe messe zeigt und heute in der Heiligkreuz-Kapelle aufgestellt ist, war nicht in der Augustinerkirche, wie von Haller (siehe oben S. 39) vermutet. In der Augustinerkirche war nämlich nicht Margarethe Veit, sondern Agnes Georg Wolkenstein begraben (Anniv. Oec. I, Bl. 192, Würfel S. 6). *) Die Kanzel ist auf dem Plan von 1566 an der südöstlichen Säule eingezeichnet.

5» in der Ueberzahl von Faltenbrechungen deuten auf einen, wenn auch recht geschickten, so doch unbedeutenderen Künstler. Die Madonna im Mittelschrein des Triptychons von Lusina, die Daun zum Vergleich heranzieht, unter­ scheidet sich mit ihren langgestreckten Formen, der hohen Stirn, dem aufgesetzten runden Kinn wesentlich von der Imhoffschen. Dazu kommt, daß Veit Stoß 1495 gar nicht in Nürnberg war, sondern erst im Januar/Februar 1496 von Krakau nach Nürnberg zurückkehrte 1). Die in den Beschreibungen (Murr S. 82, Würfel S. 7) genannte verschollene Tafel, die der Imhoffschen gegenüber hing und — ebenfalls in Holz geschnitzt — von dem glei­ chen Meister stammte, war wahrscheinlich auch ein Epi­ taph. Sie stellte den Abschied Jesu von seiner Mutter2) dar, mit der Inschrift: ,,Gedenke des sehnlichen Abschieds Jesu, wie er von Marie, seiner Mutter geschieden ist“. Maria kniet vor dem Heiland, der von seinen Jüngern umgeben ist. Ebenfalls verloren gegangen ist das Epitaph der Familie Dietherr. Murr (S. 82) und Würfel (S. 7) beschreiben es kurz; doch geht daraus nicht hervor, ob das Gedächtnismal geschnitzt oder gemalt war. ,,Bey der Thüre hinter der Kanzel hänget eine runde Tafel, worauf die Mut­ ter Jesu und Joseph zu sehen ist, von der Dietherrischen Familie gestiftet“. Zion (S. 115) bringt noch den Zusatz: ,,Ueber dieser Tafel stehen einige vom Dietherrischen Ge­ schlecht, bey dem letzten ist die Jahrzahl 1547“ 3). Von weiteren Schnitzwerken in der Kirche überliefern uns die Beschreibungen (Murr S. 82, Würfel S. 7) ein H ö 1*) Stoß siedelte 1477 nach Krakau über, i486 zog er für drei Jahre in wichtigen Geschäften nach Nürnberg. 1489 bis 95 war er wieder in Krakau; 1496 ließ er sich endgültig in Nürnberg nieder. 2) Der Abschied Jesu von Maria in Bethanien wird im 15. Jahrhundert verhältnismäßig selten dargestellt. Vgl. darüber A. Schulz, Legenden der Maria, S. 66, und Henry Thode, Franz von Assisi, S. 473. 3) Es handelt sich hier wohl um den reichen und angesehenen Georg IV. Dietherr, Genannten des Größeren Rats, der 1547 starb (Biedermann, Geschlechtsregister, Tab. XVII).

59 zernes Kruzifix „oben an der Wand hinter der Kan­ zel“. Es ist, mit und ohne den Gekreuzigten, an der bezeichneten Stelle, also an der Südwand, auf den Wilderschen Innenansichten eingezeichnet (siehe unsere Abbildungen). Unterhalb des Kreuzes standen die Figuren von Maria1) und Johannes. Außerdem werden noch Vier Evangelisten in lunden Einfassungen genannt. Von diesen letztgenannten Kunstwerken ist keine Spur erhalten. Zur rechten Seite des Hauptaltars im Chor stand bis zum Abbruch der Kirche (auf der Wilderschen Ansicht dort eingezeichnet) ein steinernes Sakramentshäuschen, von dem uns ein Bild ebenfalls in einer Radierung von Wilder erhalten ist2): „das Sakramentshäuschen in der Augustinerkirche zu Nürnberg. Zerschlagen 1816“ (s. Abb.). Es wächst in dem üblichen Schema in dreiteiligem Aufbau über Sockel und Gehäuse in einen Baldachin mit fialengekrön­ ter Spitze empor. Ueber dem Schrein ist in einer Nische das Abendmahl3) dargestellt (langer Tisch, je ein Jünger an den Schmalseiten). Murr (S. 81) schreibt es dem Adam Kraft zu. Aber der zierliche, fast dürftig anmutende Aufbau des Häuschens, der breite Schrein, der den Auftrieb störend unterbricht, die trockenen Formen des Ganzen, alles scheint dem kraftvollen Stil des Meisters, der das Imhoffsche Sakra*) Der Katalog der Abbildungen und Handzeichnungen zur Kultur- und Kunstgeschichte Bayerns von Joh. Aloys Mayer, Mün­ chen 1887, nennt eine „Maria, berühmtes Schnitzwerk eines un­ bekannten Meisters aus dem Landauer-Brüderhaus (ursprünglich in der Schusterkirche bei den Augustinern), gez. und rad. von Bruch, Lichtdruck von Obernetter (vgl. Kunstwerke der Ausstellung in München 1876)“. 2) Nor. Kupfer, Stadtbibliothek, Nr. 89, Blatt 8. Repro­ duktion bei M. M. Mayer, Der Nürnberger Geschichts- und Alter­ tumsfreund, Beschreibung der Werke des Steinmetzen Adam Kraft, Nürnberg 1842, S. 20. 3) Eine Reliefdarstellung des Abendmahls über dem Schrein war besonders an niederrheinischen Sakramentshäusern beliebt. Auch Adam Kraft verwendet das Motiv am Sakramentshaus in der Lorenzkirche (darüber Dorothea Stern, Der Nürnberger Bild­ hauer Adam Kraft, Straßburg 1916).

6o mentshäuschen in der Lorenzkirche schuf, zu fern, um ihn als Schöpfer des Werks zu betrachten. Es ist wohl als eine der zahlreichen Nachahmungen1) dieser Art anzusehen; allerdings darf nicht übersehen werden, daß man bei der Be­ urteilung allein auf bildliche Ueberlieferung angewiesen ist, und daß die Möglichkeit einer entstellten Wiedergabe durch den Radierer, der vielleicht aus dem Gedächtnis gezeichnet hat, gegeben ist. Die Orgel. Das erste Mal ist von ihr die Rede im Jahr 1460, als sie durch den Orgelmacher von Breslau, Stefan Koschendorf, neu gemacht wurde 2). 1538 übertrug man sie in die Egidienkirche. Bei der Wiederinstandsetzung der Augustinerkirche baute man wohl eine neue ein, da anläßlich des Reformations­ jubiläums 1617 die Rede von einer Reparierung des Orgel­ werks ist, da Zion 1733 ,,ein Fenster an der Orgel“ erwähnt und man auch später in den Rechnungen des Stadtalmosen­ amtes (Städt. Archiv, St. 121, 122, 126 usw.) vom Jahr 1772 ab alljährlich einen Eintrag für Stimmen und Reparieren der Orgel findet. Ungeheuer groß muß — den Aufzählungen der Chro­ niken und Beschreibungen nach (z. B. Würfel S. 14, Nor. H. 179) — die Menge der steinernen Grabmäler in der Kirche gewesen sein. Das Grab in der Kirche war damals nicht mehr ein Vorrecht des hohen Adels und Klerus, sondern das Gotteshaus war allgemeiner Begräbnisort des Bürgers geworden. Das Grab war, im Gegensatz zu dem meist in der Nähe befindlichen gemalten, geschnitzten oder in Stein gehauenen Epitaph, einfach und mit einer schlichten Bodenplatte bedeckt, in die Inschrift, Wappen und Helmzier eingeritzt waren. Würfel (S. 14) beschreibt u. a. eines mit *) Um die Wende des 15. Jahrhunderts entstanden in der Um­ gebung von Nürnberg zahlreiche Sakramentshäuser, so in Kalch­ reuth, Schwabach, Katzwang usw. 2) Nürnberger Staatsarchiv Rep. 52 a Nr. 321 a und Stadt­ bibliothek Will II, 1347. 20.

6i dem Wappen der Familie Held, ein anderes mit dem der Familien von Ploben, Peringsdorffer und Harsdörffer und eines vor dem Altar im Chor mit dem Wappen der Pirckheimer und aufgegossenem Messingepitaph. Die Grabmäler sind wahrscheinlich mit der Kirche zerstört worden. Die Denkmäler des Kreuzgangs. Von Gemälden aus dem Kreuzgang hat sich nichts er­ halten. Daß solche vorhanden waren, überliefert Murr (S. 83): „es hängen in diesem Kreuzgange uralte Gemälde, die aber Völlig unkenntlich sind. So viel kann man bemer­ ken, daß sie mit Wasserfarben auf Kreidengrund gemalet waren, welches im 14. und 15. Jahrhundert (nach der Er­ findung der Brüder van Eyck) sehr gewöhnlich war“. Außerdem erfahren wir noch aus einer Handschrift aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts: „Monumenta in des Augustiner Closters Creutzgang“ (Nor. H. 179) von einem Epitaph für den A u g u s t i n e r p r i o r Hanns Renner1), einer „gemahlten Tafel, daran nachfolgende Wort zu lesen: Als man zahlt nach Christi Geburt 1450 ten Jahr an Christi Auffahrtstag, da verschid der Ehrwürdig­ geistliche Herr Hanns Renner, Conventsbruder des Ordens, der hier begraben liegt, d. G. g.“. Die Handschrift bringt weiterhin noch ein Epitaph für Wolfgang Peringsdorffer und seine Frau Dorothea, die neben dem Rennerschen Epitaph hing und den Englischen Gruß zum Gegenstand hatte. Die Inschrift daran lautete: „Anno 1508 am Samstag nach St. Pankratii Tag starb der Erbar Wolfgang Peringsdorffer den( sic!) Gott und alle Heiligen gnad. Amen. Anno Dnh 1484 am Montag nach Petri Kettenfeyer starb die Erbar Frau Dorothea Peringsdorfferin, die hir begraben liegt. D. G. g.“. Daneben waren lateinische Sprüche an die Wand geschrieben. *) Hans Renner war von 1425 bis 1429 Prior des Nürnberger Convents.

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Das bedeutendste Kunstwerk im Kreuzgang war das steinerne Epitaph der Familie P e r i n g s d o r f f e r von Adam Kraft1). Es stand der eben zitierten Handschrift in Nor. H. 179 zu­ folge „gleich beim Eingang“ des Kreuzgangs; zu beiden Seiten befanden sich an der Wand lateinische Gebete (ab­ gedruckt bei Würfel S. 14 und bei Murr S. 84 f.). Nach dem Abbruch des Klosters wurde es in die Frauenkirche über­ führt, wo es noch heute an der Nordseite des nördlichen Seitenschiffes steht, leider durch einen braunen Anstrich arg entstellt. Das Relief hat die von Engeln gekrönte Madonna zum Gegenstand, die in den Falten ihres Mantels ■die Stifterfamilie auf der einen und die Christengemeinde in ihren Hauptvertretern auf der anderen Seite beschützt. Wir haben es hier also mit einer Verquickung zweier Motive zu tun: der Krönung Mariae und der Schutzmantelmadonna. Bei der Aufzählung der Epitaphien im Kreuzgang nennen Würfel (S. 15), die Chronik 190 (Nbger Staatsarchiv S. 393) und Nor. H. 179 weiterhin das Epitaph für Hans Rebeck und seine Frau Agnes2), jetzt im Lapidarium des Germanischen Museums (Raum III). Das Steinrelief stellt Christus am Kreuz zwischen Maria und Johannes dar. Ein vielfach in Wülsten und Holzkehlen gegliederter Rahmen führt ziemlich tief in die Bildebene, auf der die Figuren fast vollplastisch hervortreten. Leider haben sie — besonders die Köpfe — durch Verwitterung stark gelitten. Am wenigsten gelungen scheint der hölzerne, *) Siehe die Monographie von Dorothea Stern, Der Nürn­ berger Bildhauer Adam Kraft, Straßburg 1916, S. 84—86. Die übrige zahlreiche Literatur zusammengestellt bei Thieme-Becker, Bd. 21, S.384. 2) Kurz erwähnt in Redslob, Die fränkischen Epitaphien im 14. und 15. Jahrhundert, in Mitt. d. Germ. Mus. 1907, S. 54. Hans Rebeck bedachte das Kloster mit einer Reihe von Spenden; so hat er unter anderem auch ein Missale drucken lassen (Anniv., Nbger Staatsarch. Rep. 52 a Nr. 409, Bl. 9).

63 schlecht proportionierte Kruzifixus mit den etwas zu langen Armen und zu dünnen Beinen; dagegen ist die Maria, die in leichter Halbseitwärtswendung rechts neben dem Kreuz steht, eine feine Arbeit;. Der ausdrucksvolle, zierliche Kopf ist — vielleicht ein wenig theatralisch — leicht nach hinten geworfen, die Hände über der Brust gekreuzt, das linke Knie leicht vorgestellt; in weicher Modellierung fällt das bewegte Gewand herab. Ihr entspricht in der Haltung Johannes. Er hält in der rechten Hand ein Buch, die linke ist (um die Tränen zu trocknen?) zum Gesicht erhoben. Beiden zu Füßen kniet die Stifterfamilie, links der Vater mit zwei Söhnen, rechts die Mutter mit einer Tochter. Auf der geteilten Inschrifttafel am untern Ende des Epitaphs steht links eingemeißelt: ,,Anno Dni. 1493 an sannt Johans evangeliste tag verschid der erber man hanns Rebeck dem got genedig sey“. Im rechten Feld heißt es: ,,Anno dni. 1482 iar an dem palm abent. verschid die erber fraw agnes hanns Rebeckin der got genedig sey“. Die Wandmalereien. Im Kircheninnern ist nur ein einziges Wandbild über­ liefert: die traditionelle Riesengestalt des Christophorus 1) an der Ostwand des nördlichen Seitenschiffs, die auch auf der Wilderschen Radierung samt dem breiten Inschriftband über dem Fenster deutlich zu erkennen ist. Murr (S. 82) und ebenso Würfel (S. 8) beschreiben es folgendermaßen: ,,Auf der Emporkirche ist im ersten Fenster (zunächst dem Chor) die Geißelung Christi zu sehen. An der Seite dieses Fensters ist zur Rechten der heilige Christophorus in Riesen­ größe mit dem Jesuskinde an der Wand gemalet. Oben darüber stehet: MCCCCLXXXV ward angefangen der Bau *) Der heilige Christophorus kommt in vielen Nürnberger Kirchen, wie überhaupt häufig in hoch- und spätgotischen Kirchen als Wandgemälde vor. Da allgemein der Glaube verbreitet war, daß man an dem Tage, an dem man das Bild des Christusträgers an­ dächtig beschaue, vor jedem Ungemach, insbesondere vor einem jähen Tode (Christophorus war der Nothelfer gegen Todesgefahr und Hagelschlag) bewahrt bleibe, wurde er mit Vorliebe an Orten, wo er nicht leicht übersehen werden konnte, in Form von Wand­ fresken angebracht (Karl Künstle, Ikonographie der Heiligen. Freiburg i. Br. 1926, S. 54).

64 des löblichen Gotteshauses St. Veit an seinem Abend der erste Grundstein gelegt. Zur linken Hand ist ein Einsiedler, der dem Heiligen Cristoph mit der Laterne leuchtet. Oben darüber lieset man: Anno Dni. MCCCCLXXXVIII am Samstag vor Dionysi war der Bau des löblichen Gotteshauses St. Veit mit der Hülff Gottes vnd frummer Leut Allmosen vollendet1). Der Maler hieß Hanns Bäuerlein, der sehr geschickt mit Oelfarben auf Mauern malte. Er starb gegen 1500“ 2). Ueber ihn berichtet auch Neudörffer, S. 130, der allerdings nur die Kreuzgangfresken im Predigerkloster er­ wähnt: „ich finde unter allen Gemälden hier keines, das mir so wol gefällt, als dieser Bäuerlein in dem äußern (in der Lochnerschen Ausgabe fälschlich untern) Kreuzgang im Predigerkloster ein Kreuz mit Schächern an der Wand mit Oelfarben ao. 1493 gemalt hat“. Murr (S. 79) spricht noch von einem zweiten St. Christoph, der in der Predigerkirche „hinter der Orgel sehr groß an die Wand gemalet sei. Von Hanns Bäuerlein“. Vor allem interessieren uns aber hier die Wandgemälde aus dem Klostersaal des Augustinerklosters, die Murr (S. 85) ausführlicher schildert: „Auf dem Klostersaale,. Zwey große Gemälde von Hans Bäuerlein an der Wand mit Oelfarben. Zur rechten Maria Magdalena und Christus, über Lebensgröße. Unter dem Bildnisse des Heilandes stet: Die Leng unsers Herrn Jesu. Unter der Maria lieset man: Die Leng Marie Magdalene. Sie trägt ein Gefäß in der Hand, worauf steht: Arianus. Zur linken ist der Heiland zwischen den beeden Schächern am Kreuze, nebst vielen Personen. Alle in Lebensgröße. Oben darüber stehen folgende Worte: O vos omnes qui transitis per viam attendite et videte si est dolor sicut dolor meus. Trenorum primo 1489. Unten zur rechten Hand des Gemäl*) Daß diese Daten bei Murr falsch zitiert sind, ist bereits erwähnt worden (vgl. S. 14). *) Murr zitiert hier noch sein Journal zur Kunstgeschichte, Bd. XV, S. 46, wo er ein 1666 von Nikolaus Häublein radiertes Por­ trät erwähnt. Es ist wahrscheinlich nach dem Selbstporträt auf der Kreuzigung im Predigerkreuzgang gezeichnet, wo Bäuerlein „unter dem Kreuze nebst andern Juden in einem Zipfelpelze mit einem roten Schläpplein auf dem Kopfe“ steht. Das Blatt ist in der Kupferstichsammlung des Germ. Mus.

65 des, bey dem Hauptmann, steht auf einem fliegenden Zedelr vere filius dei erat iste. Unterhalb: Optime rex glorie veni cum pace. miserere mei. Zu unterst des Gemäldes: Ich pit vnd pete von got willen ein ave (auf der Kopie: ,ich bitt und beger von Gotes willen ein Ave Maria')“. Von diesen beiden Wandgemälden im Kapitelsaal existieren zwei Kopien. Gebhardt, S. 181—83 (Abb. Tafel XXXIII a), veröffentlicht eine aus dem 18. Jahrhundert stam­ mende, aus dem Löffelholzischen Familienbuch — „Des Herrn Hanns Wilhelm Löffelholz von Kolberg (geb. 1656, f 1716) Familienbuch“ — in dem, jetzt im Germ. Mus. auf­ bewahrten, Löffelholzischen Familienarchiv. Leider konnte ich sie in dem zitierten Buch nicht finden. Dafür verdanke ich dem liebenswürdigen Entgegenkommen des Herrn Fried­ rich Freiherrn v. Löffelholz die Kenntnis zweier größerer, im 19. Jahrhundert von dem Maler L. Mayle hergestellter, bunter Wiedergaben der Fresken in seinem Familienarchiv in Gibitzenhof. Merkwürdigerweise unterscheiden sich die Kopieen bei Gebhardt und in Gibitzenhof, vor allem die der Kreuzigung, wesentlich von einander. So kniet auf der bei Gebhardt abgebildeten die Madonna ganz allein auf einer Seite des Kreuzes, während auf der im Löffelholzarchiv eine eingeschobene mittlere Gruppe unter dem Kreuz den Zusam­ menhang zu der rechtsstehenden herstellt, so daß die tradi­ tionelle gedrängte Volksmenge entsteht. Eine den Kopieeir im Löffelholzarchiv in Gibitzenhof beigegebene Erläuterung (von einem im 19. Jahrhundert lebenden Löffelholz geschrie­ ben) sagt, daß die Wandgemälde schon 1695 als ziemlich verdorben geschildert werden. Hans Wilhelm III. von Löffelholz habe eine Abbildung machen lassen (die bei Geb­ hardt veröffentlichte?), die zwar ohne Verständnis und in geschmackloser Manier gemacht, aber doch wenigstens eine Erinnerung an das Löffelholzische Denkmal sei. An anderer Stelle — im Familienbuch in Gibitzenhof — heißt es: „Daß sie später mit vieler Freiheit erneuert und mehr übermalt, als wieder hergestellt“ worden seien. Aus diesen Notizen lassen sich die Verschiedenheiten der Kopieen so erklären, daß sie eben zu verschiedenen Zeiten und in jeweils ver5

66 schiedenem Zustand der Gemälde angefertigt wurden und daß die eine eben nach dem „verdorbenen“, die andere nach dem übermalten Original hergestellt wurde. Die Gemälde nahmen nach der Schilderung im Löffelholzarchiv die ganze Höhe der Wand ein, auch Murr beschreibt die Figuren als überlebensgroß. Im Uebrigen entsprechen die Kopieen im Großen und Ganzen auch sonst der Murrschen Schilderung, sogar die dort zitierten lateinischen Inschriften (siehe S. 64f.) unter den Bildern sind nach Gebhardts Angabe wörtlich wiedergegeben. Das linke (Murr rechnet links und rechts vom Bild aus gesehen) schmälere Wandbild zeigt Jesus und Maria Mag­ dalena in einer felsigen Landschaft in der Art Wolgemuts; im Hintergrund links steht bei der Kopie in Gibitzenhof ein Arkadenrundbau, wie er ähnlich in der Schedelschen Welt­ chronik häufig vorkommt. Christus, fast frontal breitbeinig stehend, hält links den Stab mit wehendem Wimpel, die Rechte ist segnend Magdalena zugewandt. Diese hält ein Gefäß (die Salbenbüchse) mit der Aufschrift „Arianus“ in der Hand; links hinter ihr erscheint das offene Grab mit einem Engel, vor ihr, im linken Eck, kniet die kleine Stifter­ figur, nach dem Familienbuch in Gibitzenhof Johann Löffel­ holz. Daneben, unter Magdalena, die Inschrift: „Die Leng Maria Magdalena“, unter Jesus: ,,Die Leng unsers Herrn Jesu“ (diese Unterschriften sind auf der andern Kopie weg­ gelassen). Dazwischen ein großes Wappen mit Helmzier und Wappendecken und dem viermal wiederholten Löffel­ holzischen weißen Lamm. Ein weiteres Löffelholz-Wappen links oben im Eck ist anscheinend an einem Konsolstein der Decke angebracht (siehe S. 11). Das rechte Fresko, die Kreuzigung, ist scharf in eine obere — Christus zwischen den Schächern — und eine un­ tere Bildhälfte — figurenreiche Menge — geschieden, zwi­ schen denen die zahlreichen Vertikalen der Kreuzschäfte und Lanzen die Verbindung hersteilen. Die linke, im Profil gesehene Reiterfigur könnte ein Porträt sein. Die Land­ schaft zeigt im Hintergrund wieder Felsen, daneben ein Städtebild. Vorn, im linken Eck, kniet der Stifter. Die

67 Datierung ergibt sich aus der neben der Inschrift angebrach­ ten Zahl 1489. Aus den im modernen Geschmack hergestell­ ten Kopieen lassen sich keine Schlüsse ziehen. Ueber die Künstlerfamilie Bäuerlein (Peurl) x) hat Geb­ hardt eingehende Untersuchungen angestellt, ohne aber bei der Unzulänglichkeit des Materials zu einer historischen Gewißheit über die Zusammengehörigkeit der verschiedenen Künstler dieses Namens zu gelangen. So ist es auch un­ geklärt, ob wir in unserm Freskenmaler den großen Tafel­ maler Hans Bäuerlein (nach Gebhardt S. 99—163 und 172 bis 184 den Schöpfer des Tucheraltars, der Heilsbronner Schutzmantelmadonna, des Ehenheim - Epitaphs usw.) vor uns haben oder dessen Sohn, ob er mit dem 1518 bei Baader (Beitr. z. Kunstgesch. Nbgs., Bd. 1, 1866, S. 266) und 1527 in den Nürnberger Ratsverlässen *2) genannten Hans Bäuer­ lein identisch ist, oder ob vielleicht Neudörfer (und Murr, der die Notiz von ihm abschreibt) den Vornamen verwech­ selt und unser Meister der 1474 als Bürger aufgenommene Lienhard Päurl ist. Eine Stütze dieser letzteren Hypothese könnte ein Ratsverlaß vom 15. Dezember 1513 sein: ,,Lien­ hard Peuerlein, maller, angeloben lassen, daß er außerhalb freuntlichs rechten gegen den gotzhaus gemeinem zu Roll­ hofen nicht furnem und die vetter zun Augustinern piten, damit sie dorob sindt, daß der maller bezalt werd on verner kostung“. Hampe (in Thieme-Becker, Bd. 3, S. 551) legt diesen Erlaß so aus, daß der Maler Bäuerlein sich bei den Bauern in Rollhofen (bei Hersbruck), die den Augustinern zinspflichtig gewesen seien, schadlos gehalten habe für eine Schuld, die die Augustiner an ihn (wegen der von ihm aus­ geführten Fresken im Nürnberger Kloster) gehabt hätten. Dagegen spricht aber, daß in den Salbüchern niemals von D Darüber auch: Thode S. 101 f., 114, 121, 179, 181, 184 und 164; Abraham S. 286; F. Tr. Schulz in Mitt. d. Germ. Mus., Beiträge zur Gesch. d. Außenmalerei in Nürnberg, Jahrgang 1906, S. 155; Hampe in Thieme-Becker, S. 550 f., und Gümbel, Archivalische Bei­ träge zur Nbger Malereigesch., Rep. f. Kunstwissenschaft 29/30, 1906/7, Heft 3. 2) Hampe, Nr. 1579; dort erscheint 1527 ein „Hans Beurl, maler, der aus dem Bruderhaus geurlaubt“, also krank und alt ist. 5*

68 einem Besitz der Augustiner in Rollhofen die Rede ist und außerdem noch die Unwahrscheinlichkeit, daß die Augustiner diese Schuld 24 Jahre nicht bezahlt hätten. Meines Erach­ tens liegt es näher, anzunehmen, daß es sich um eine Aus­ malung der Kirche in Rollhofen x) handelt und die Augu­ stiner bei einem Streit zwischen den Bauern und dem Maler, wie oft in solchen Angelegenheiten *2), als Schiedsrichter an­ gerufen wurden. Von den Wandmalereien im Kreuzgang hat der Professor der Kunstgewerbeschule, Georg Eberlein,, beim Abbruch des Klosters einige farbige Kopieen 3) her­ gestellt, so daß uns wenigstens ein Bild der Komposition und der Motive der Fresken überliefert ist. Viel mehr ist auch aus diesen Blättern nicht zu ersehen. Eberlein hat sie vollkommen dem Geschmack seiner Zeit angepaßt, einem romantisch-süßlichen Geschmack, der dem Geist der alten Schule bitter Gewalt antut. Zudem waren sie wahrschein­ lich — wie die Fresken im Kapitelsaal — übermalt; dafür spricht die Tatsache, daß Murr sie 1778 als „verlöscht“ und Eberlein sie 1872 als „vollkommen erhalten“ beschreibt. Die Mappe enthält elf Blätter. Zwei Blätter geben je zwei Wandgemälde aus Fenster­ laibungen des Kreuzgangs wieder: Auf laubwerkgeschmück­ ter Konsole die hl. Anna selbdritt in rotem Mantel mit dem Jesusknaben und Maria auf dem Arm; das Kind hält einen Ball, Maria faltet die Hände. Fialen an den Seiten und baldachinähnliche Ranken zu Häupten der hl. Anna sollen — zusammen mit der Konsole — die Illusion einer plasti*) Auf dem Plan: Nürnberg und Umgebung vom Jahr 1560 in der Kupferstichsammlg. d. Germ. Mus. besitzt Rollhofen eine Kirche. 2) Siehe z. B. in Chroniken der deutschen Städte, Bd. I: Ulman Stromers Büchel von meim geslechet, S. 79, und ebd. Bd. XI: Deichslersche Chronik, S. 624. 3) „Einzig existierende Originalkopie mehrerer Wandgemälde aus dem abgebrochenen Augustinerkloster zu Nürnberg vom 16. Jahrhundert, während des Abbruchs aufgenommen und in Farben gezeichnet von Georg Eberlein, kgl. Professor in Nürnberg.“ In­ der Kupferstichsammlg. d. Germ. Mus.

69 sehen Figur geben. Das nur bis zur Brust ausgeführte Gegenstück ist ein bärtiger Mann mit Mütze und Schrift­ rolle über dem Kopfe (Joachim?). Die beiden andern Fensterlaibungen enthielten: Die Gestalt der Muttergottes im weißen Gewand auf der Mond­ sichel stehend mit dem Jesuskind auf dem Arm und dem Szepter in der Hand; die Krone auf ihrem Haupte wird von Engeln gehalten. Ein goldner Strahlenkranz umgibt die Figur. Darüber auf grünen Ranken die Miniaturdarstellung der Marter des hl. Sebastian: in der Mitte der Heilige, rechts und links von ihm Männer, die mit gespannten Armbrüsten auf ihn zielen. In der gegenüberliegenden Laibung stand eine Jünglingsgestalt (Christus? Veit?) mit langen blonden Locken und gefalteten Händen, von einem Inschriftenband (ohne Schrift) umgeben, über ihm wieder Ranken, auf denen der hl. Christophorus mit dem Kind auf der Schulter inmitten zweier Bischöfe steht. Das größte Interesse aber beanspruchen die großen Wandbilder im Kreuzgang. Ein Blatt enthält — neben ornamentalen Ranken- und Blütenverzierungen im Scheitel einer Spitzbogenlaibung — zwei Engel einer, wie Eberlein schreibt, vollkommen erhaltenen Himmelfahrt Christi. Vier weitere Abbildungen aber geben die ganzen (nach dem ein­ gezeichneten Maßstab in der Basis ungefähr 2 Meter brei­ ten) Spitzbogenfüllungen wieder: Kreuzigung, Auferstehung, Christus als Gärtner mit Magdalena und die Ausgießung des heiligen Geistes. Die Kreuzigung vom Nordflügel des Kreuzgangs zeigt einen sehr tiefhängenden Kruzifixus; in den Gruppen zu beiden Seiten des Kreuzes fällt links die ins Knie gesun­ kene Madonna, rechts die großartige Halbrückwärtsfigur des Mannes in rotem Mantel auf. Auf dem Auferstehungsbild steht vor dem Grab in der Mitte vorn die traditionelle große Frontal­ gestalt Christi, im Hintergrund die grau in grau gemalten Figuren der drei Frauen unter einem hölzernen Torbogen;

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ganz vorn rechts ein nur teilweise ausgeführter schlafender Krieger. Im übrigen weicht die Darstellung, soweit man sich in der Bildkompostion auf die Kopie verlassen kann, von dem im 15. Jahrhundert üblichen Schema ab; einmal in der Sparsamkeit der Szenerie, die statt des Gartens, der Felsen, Bäume, Architekturen den Vordergrund mit einem einfachen Bretterzaun abschließt, dann in der Art, wie das Grab nicht mehr schräg, sondern gerade von vorn nach hin­ ten in perspektivischer Verkürzung als nebensächliches Requisit gestellt ist, wie weiterhin der quergelegte Sarg­ deckel hier ganz fehlt und der (nur halb ausgeführte) Engel zusammenhanglos rechts neben dem Grab steht. Ebenfalls vom Nordflügel des Kreuzgangs stammt die Darstellung der vor Christus knieenden Mag­ dalena1). Christus hält Schaufel und Stab in der Hand und neigt sich Magdalena zu. Die dreieckige Komposition fügt sich sehr glücklich der Spitzbogenrahmung ein. Aller­ dings scheint es mir besonders hier fraglich, ob das Bild ursprünglich so ausgesehen hat oder ob spätere Uebermalungen nicht einiges geändert haben. So ist z. B. die zweifache Inanspruchnahme der rechten Hand, die zugleich segnet und die Wimpelstange hält, merkwürdig, ebenso wie die Finger­ haltung der linken, die den Schaufelstiel nicht richtig um­ greift. Die Lösung ist m. E. wohl so: Die vermeintliche Schaufel war ein Wappen, der Schaufelstiel aber der untere Teil der Wimpelstange, die hier falsch in die rechte Hand Christi ergänzt wurde, wofür auch die Richtung des Stoff­ wimpels spricht, dessen Befestigungspunkt weiter rechts liegen muß. Das vierte Bild endlich — auch aus dem Nordflügel —, die Ausgießung des heiligen Geistes, zeigt Maria inmitten der sie halbkreisförmig umgebenden Apostel. Von der Taube, die vor einem Fenster über ihr schwebt, ergießt sich der heilige Geist in Form eines kleinen Flämmchens auf jeden einzelnen. *) Abbildung in Mitt. d. Germ. Mus. 1906, S. 156: Beiträge z. Gesch. d. Außenmalerei in Nürnberg. Hier von Schulz fälschlich als „Wandgemälde auf dem Klostersaal“ bezeichnet.

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Wenn man Murr und Neudörfer glauben darf — und Neudörfer (S. 136), der von 1497—1563 lebte, kann als Zeit­ genosse unseres Meisters bis zu einem gewissen Grad histo­ rische Zuverlässigkeit beanspruchen —, so ist der Schöpfer der Kreuzgangfresken Hans Traut. Murr sagt von ihnen (S. 83): ,,Im Kreuzgange hat Hanns Traut auf nassen Kalk viele geistliche Historien gemalet, in welchen er vieler Per­ sonen Bildnisse anbrachte. Jetzt ist alles verlöschet. Dieser geschickte Maler erblindete 1488. Georg Fen. (Fennitzer) hat sein Bild in schwarzer Kunst verfertigt“. Und die Notiz bei Neudörfer: „Dieser Traut (Wolf) war des alten Trauten Hannsen, der den Kreuzgang zu den Augustinern gemalet und darin viel erbare Herrn conterfeyet und in seinem Alter erblindet, nachgelassener Sohn“. Die Nachricht von seiner Erblindung im Jahr 1488 ist nach den Urkunden x) ein Irr­ tum, der wahrscheinlich von dem bei Murr erwähnten Schabkunstblatt von Fennitzer herrührt. Dieses wohl nach einem verloren gegangenen alten Porträt hergestellte Bild *2) zeigt einen Mann in mittleren Jahren mit gelichtetem Haar und gesenkten Augen. Rauch meint nun, daß in der Unter­ schrift: Hanns Traut Mahler In Nürnberg. Ist erblint, A° 1488 G. Fen. Fee. das Komma anzudeuten scheint, daß die Angabe der Er­ blindung und des Jahres jedes für sich selbständige Bedeu­ tung haben sollen. Wahrscheinlich bestätigen die fast ge­ schlossenen Augen, vielleicht auch der wehmütige Gesichts­ ausdruck und die Tatsache, daß Rauch nur ein Bild von Traut nach 1504 fand (er starb erst 1516 3)) seine spätere, also erst nach 1504 eingetretene Erblindung. Würde die Inschrift zu Recht bestehen, so wären die Fresken im Augustinerkreuzgang vor 1488 anzusetzen; den *) Die urkundlichen Nachweise bei Rauch, S. 10. 2) In der Kupferstichsammlg. des Germ. Mus. Abb. bei Rauch, Tafel I. s) Laut Eintragung in die Großtotengeläutbücher von St. Lo­ renz und St. Sebald (Rauch S. 9).

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Kopieen nach aber sind sie kaum vor 1500 entstanden. Allerdings ist eine genauere Datierung und ein Nachweis der Hand Hans Trauts auf Grund der Eberleinschen Blätter unmöglich bei der Unzulänglichkeit der Kopieen, die noch dazu nach — durch spätere Rekonstruktion — entstellten Orginalen angefertigt wurden. Dazu kommt auf der andern Seite, daß zu einem Vergleich nur ein einziges beglaubigtes Werk Trauts zur Verfügung steht: die Handzeichnung des heiligen Sebastian in der Erlanger Universitätsbibliothek. Redslob (Mitt. d. Germ. Mus. 1908, S. 1) bringt zwar die Wandgemälde des Abendmahls und Oelbergs im Ostchor der Sebalduskirche mit ihm in Verbindung, und Rauch schreibt ihm eine Reihe von Altären zu, doch ist keines von diesen Werken gesichert. Daß er Werkstattgehilfe Wolgemuts war, ist als sicher anzunehmen; jedenfalls finden sich auch auf unsern Blättern verschiedene Wolgemutsche Züge. Das verhüllte Fassen des Stabes und die Haltung Christi auf der Auferstehung erinnern an den Auferstandenen des Haller-Altars, der Kopf des bartlos dicken Mannes auf dem Pfingstbild ist ein häufig bei Wolgemut vorkommender Typus, ebenso wie die Uebereinanderstaffelung der Apostel auf diesem Blatt an Wolgemut erinnert. Die Heiligen der Fensterlaibungen stehen auf Konsolen wie die Heiligen der späteren Holzschnitte Wolgemuts und des Veits-Altars. Daneben weisen andere Züge in eine spätere Zeit: das lockere Gefüge der Kreuzigung, der breite, muskulöse Kör­ per Christi, die Verbindung in Linien und Gesten der Figuren von Christus und Magdalena, endlich der Typus des Ge­ kreuzigten und Auferstandenen, der nicht mehr den Jämmer­ lichen und Leidenden, sondern den kraftvollen Ueberwinder des Schmerzes darstellt; allerdings biegt ihn Eberlein ins Süßlich-Fade um. Aehnliche Typen hat Wolf Traut, der Sohn unsres Meisters, der eine Zeit lang Gehilfe seines Vaters war: So hat der Christus des Hauptbildes am Johannisaltar in Heilsbronn, der Taufe Christi, die gleichen blonden Locken und an den Flügeln eines Engels dasselbe Pfauenfedermotiv wie die beiden Engel der Himmelfahrt Christi im Augustinerkreuzgang. Auch die herabfliegen-

73 den Engel dieser Himmelfahrt begegnen uns bei Wolf Traut, nämlich auf dem Holzschnitt des Jüngsten Gerichts aus der Bambergischen Halsgerichtsordnung. Man könnte also wohl an eine Mitarbeit des Sohnes denken. Sichere Behauptun­ gen lassen sich bei den Mängeln der Kopieen — wie erwähnt — nicht aufstellen. Jedenfalls wird man aber die Fresken dem Beginn des 16. Jahrhunderts zurechnen und sie als ein späteres Werk Hans Trauts betrachten dürfen. Der Vollständigkeit halber sei hier noch ein bei Murr (S. 85) genanntes Wandgemälde des heiligen Augustin ,,an der Mauer im Hof“ erwähnt, das 1725 von Johann Andreas Gebhard renoviert wurde. Darunter war eine lateinische Inschrift (bei Murr S. 86 zitiert) angebracht. Die Glasmalereien. Auch bei den Glasfenstern der Augustinerkirche sind wir wieder nur auf die Beschreibungen des 18. Jahrhunderts angewiesen; lediglich zwei kolorierte Zeichnungen sind erhalten, eine im Archiv des Freiherrn von Löffelholz in Gibitzenhof und eine in der Stadtbibliothek, Sammlg. Nor. Kupf., Schrank IV, Kasten 6. Leider sind die Fenster auch zum Teil im Einzelnen nicht mehr zu identifizieren, da die Beschreibungen die Ortsbezeichnungen manchmal unklar, manchmal überhaupt nicht angeben. 1. Mittleres Chorfenster. Drei Gemälde: in der Mitte Christus am Kreuz; rechts und links geistliche Per­ sonen, vor einem Pult sitzend, auf dem ein Buch liegt (Murr S. 81, Würfel S. 8). 2. Nordöstliches Chorfenster. Darstellung des Abend­ mahles mit Schreyer- und Kammermeisterwappen. Ueber diese Fensterstiftung berichtet eines der im Nürnberger Staatsarchiv befindlichen Schreyersehen Rechnungs- und Kopialbücher x): „Item Sebald Schreyer hat in dem Closter des ordens der Augustiner in Nur [enberg] und nemlich in dem cor zu der rechten seiten des hohen altars, zum teil gen dem aufgang und 1) Abgedruckt in Mitt. d. V. f. Gesch. d. Stadt Nbg. Heft 18, S. 120.

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zum teil gen mitternacht warts sehende und gerichts ober der beheltnus [= Behälter] des hochwirdigert sacraments, ein glas- oder kirchenfenster von 24 plettern in dreien zeilen außerhalb des pogens oder sterns, darinnen auch ein ganz plat ist, verneuen und von großen scheuben machen lassen außerhalb der dreier pletter in der vierten zwerchzeil, so von geprenten glas gemacht sind, nemlich in dem mettein die figur des abentessens Jesu Cristi mit seinen jüngern und in dem einen zur rechten seiten Schreverschilt und -heim und in dem zur linken seiten Cammermeister­ schilt und -heim [Schreyer und Cammermeister waren verschwägert] und in dem mettein plat der obersten zwerchzeil in einer scheiben ein Schreyerschilt on heim. Und solch fenster ist also verneut aufgesetzt worden zu s. Augustinstag im 1500 und 4. jar und sind darzu kommen on die geprenten dreu pletter 1360 groß scheiben und hat mitsamt dem eisenberg und anderm gecost ob 24 gülden reinisch landswerung“. Später wurde das Fenster ausgebessert: ,,Item darnach im 1500 und 14. jar, als in dem chor und kirchen des gemelten closters alles glaswerk ausgehoben, ge­ waschen und gepessert ist worden, hat gemelter Sebald Schreyer von dem obgemelten venster auszuheben, zu waschen, mit 23 neuen scheiben zu pessern und wider einzusetzen gegeben . . . zwen gülden rh. etc.“ 3. Nördliches Chorfenster (Aquarell aus dem 19^. Jahr­ hundert von dem Maler Rau im Löffelholzarchiv in Gibitzenhof). Oben zwei große rechteckige kom­ binierte Wappen mit Helmzier und Wappendecken: links Löffelholz-Derrer-, rechts Löffelholz-SinzingerWappen. Darunter vier runde Medaillons mit gelber Einfassung, auf der die Stifternamen und in blauem Grund die Wappen der Familien: Löffelholz-Gößwein, Löffelholz-Welser und Löffelholz-Harsdörfer stehen. 4. Nördliches Chorfenster1). Wappen der Imhoff und *) Vielleicht bezieht sich darauf der Reversbrief des Priors Renner, der 1426 dem Georg Haller eine Geldspende bestätigt für

75 Grundherr. „Unter dem ersten stehet das Geschlecht der Haller von Hallerstein 1615“ (Würfel S. 8). Frei­ herr v. Imhoff beschrieb es mir: ,,ein Fenster im Chor * zur linken Hand gegen Mitternacht, das in den drei unteren Feldern je nebeneinander links das Haller­ wappen mit Inschrift, in der Mitte das nach links gewendete Imhoffwappen mit Zier, rechts das nach rechts gewendete Grundherrwappen mit Zier zeigt“. 5. Ostfenster des nördlichen Seitenschiffes. Darstellung der Geißelung Christi mit neun Harsdörferwappen. Würfel sah es 1761 noch so, es scheint später erneuert worden zu sein, da das Aquarell des Kircheninnern von Wilder ganz deutlich sechs einzelne Figuren in je einem Fensterfeld und unten zwei große Wappen zeigt. 6. Fenster im nördlichen Seitenschiff. Sieben große Wappen (alle mit Helmzier und Wappendecken) der Familien Haller, Starck, Nützel, Behaim, Volckamer, Harsdörfer und Löffelholz. Eine Aquarellskizze befin­ det sich in der Amberger - Schwarzschen Bibliothek Bd. 95 oder 195, wie die Unterschrift auf einer Pause dieser Zeichnung im Löffelholzarchiv in Gibitzenhof sagt (ich konnte sie in der jetzt in der Stadtbibliothek aufbewahrten Sammlung nicht finden). 7. Mittleres Fenster auf der Westseite. Frhr. v. Imhoff beschrieb es mir folgendermaßen: „Fenster in der Abendseite der Augustinerkirche über der Türe: in dem sechsteiligen Butzenscheiben - Rundbogenfenster im zweiten Feld links von unten als einziges Glas­ wappen dieses Fensters das nach links gewandte Imhoff-Pfinzing-Wappen in einen grünen Lorbeerkranz gestellt, welcher je vier Mal mit goldenem Band und roten Rosen gefaßt ist“. Folgende Fenster bringen die Beschreibungen ohne die „zwey fenster in dem chor ob dem prespiterii und ob dem pulpit, die wir von dem vorgenannten gelt auch weiter haben ge­ macht“.

76 genauere Ortsangabe, so daß ich sie nicht lokalisieren kann: 8. Fenster an der Orgel mit drei großen Wappen der Groland, Behaim, Ebner und kleinen Behaimischen Wappen. 9. Fenster rechts von dem Orgelfenster mit oben Kreßund Ebner-, unten Groland- und Kreß-Wappen und der Jahreszahl 1616. 10. Fenster mit Kreß-Wappen. 11. Fenster mit Starck- und Muffel-Wappen. 12. Fenster mit Peßler-Wappen. Nur zwei Fenster im Chor und das Emporenfenster waren erhalten, als man im Anfang des 17. Jahrhunderts die verwahrloste Kirche renovierte, um sie dem Gottesdienst wieder nutzbar zu machen. Die übrigen wurden erneuert, wie aus den Jahreszahlen am Nordfenster des Chors, am Fenster rechts von der Orgel und aus der — seit dem späten 16. Jahrhundert aufgekommenen — Art hervorgeht, statt der monumentalen Glasmalereien Wappenmedaillons in die Scheiben einzusetzen.

Die kirchlichen Reformen des 15. Jahrhunderts. Die allgemeinen kirchlichen Zustände (Schisma, Auf­ enthalt der Päpste in Avignon), das häufige Auftreten von großen Seuchen, die die Ruhe und Ordnung in den Städten gefährdeten und vor allem der wachsende Reichtum der Konvente, der die Interessen der Mönche in hohem Grad auf die Verwaltung und Vermehrung ihres Besitzes lenkte und sie zu einem gewissen Wohlleben verführte, brachten im Verlauf des 14. Jahrhunderts einen Verfall der Ordens­ disziplin mit sich, der auch im 15. Jahrhundert noch fort­ dauerte. Die strengen Konstitutionen hatten sich gelockert,, die alten Ideale der Armut, Keuschheit und des Gehorsams waren in Vergessenheit geraten. Infolgedessen standen allenthalben Reformatoren auf, die den alten asketischen Geist im Klosterleben wiederherzustellen sich bemühten ; diese gründeten besondere Kongregationen, deren Mitglie­ der ,,regulierte Observanten“ genannt wurden. Nürnberg und besonders der Augustinerorden spielt bei diesen Vor­ gängen eine bedeutende Rolle. Die „reguläre Observanz“ in der bayerischen Provinz wurde 1420 von Nürnberg aus durch Heinrich Zolter und den Augustinerprior Oswald Reinlein durchgeführtx). Diese erste Reform im Nürn­ berger Konvent mußte bald durch eine zweite 1434 2), und 1436 durch Kardinal Julian von Sizilien ein drittes Mal *) Sehr aufschlußreich über diese Vorgänge ist die in der Stadtbibliothek liegende lateinische Handschrift Cent. V, 73. Siehe auch die in der Oeconomia kopierten Briefe, z. B. den Brief des Generals Gerhard von Arminio, durch den er Zolter nach Nürn­ berg beruft, 26. Dez. 1434. Wertvolle Belehrungen über die Reformen bringen auch die in diesem Zusammenhang hier zum ersten Mal herangezogenen Nürnberger Briefbücher im Staats­ archiv. 2) Die Nürnberger Briefbücher (im Nbger Staatsarchiv), Bd. 11, Bl. 100, 144, 192, 278 bringen verschiedene Bittbriefe des

78 wiederholt werden. „Dazu“, berichtet Müllner (S. 416), „hat der Rat zu Nürnberg Bruder Berthold von Regens­ burg, Vicarium des Generals Augustiner Ordens, verschrie­ ben“ 1).. 1437 war man durch allseitige Bemühung so weit gekommen, daß der Nürnberger Konvent als reformiert betrachtet werden konnte. Zolter durfte dessen Verwaltung dem seit 1435 dort a^s Prior waltenden Oswald Reinlein überlassen. Der Rat schrieb denn auch an den Vikar Ber­ thold, daß nach den durch Kardinal Julian und den Ordens­ general durchgeführten Reformen im Kloster nun unter der Leitung von Oswald Reinlein und Konrad Zenn, die gesetzte Leute seien, ein löbliches Leben herrsche 2). Aber im Herbst 1437 verläßt Reinlein den Konvent, um eine Wallfahrt nach dem heiligen Grab zu machen 3). Damit gerät die Reform wieder ins Stocken 4). 1445 richtet der Rat ein Schreiben 5) an den Prinzipal: Nachdem der Orden sich einer Refor­ mation geneigt gezeigt und auch der obersten Gewalt Be­ stätigungsbulle und -brief dazu empfangen habe, bittet er um eine gründliche Durchführung der angefangenen Refor­ mation. Schon 1448/49 6) wiederholt der Rat sein Ersuchen an den Ordensgeneral Julian (der sich damals auf dem Kapitel zu Windsheim befand), da die vor etlichen Jahren durch den General Gerhard von Arminio vorgenommene Reform nicht nachgehalten habe. Auch die Reformversuche in den folgenden Jahren scheinen nicht glücklicher gewesen zu sein. Die Nürnberger Briefbücher aus den Jahren 1449/50 7), 1458/608) berichten von solchen Bemühungen. Rates an den Ordensgeneral Gerhard von Arminio um Einführung einer Reform aus den Jahren 1434/35. *) Darüber auch Nbger Briefbücher, Bd. 12, Bl. 90 und 123. An den Vikar Berthold hatte sich der Rat schon 1419/23 gewandt (Ebd. Bd. 5, Bl. 34 v). 2) Nbger Briefbücher Bd. 12, Bl. 85 r. 3) Er erhält die Erlaubnis dazu vom General am 13. Sept. 1437 (Comp, ex reg. S. 314). 4) Eine Urkunde vom Jahr 1438, kop. in der Handschr. Cent. V, 73, Bl. 110, berichtet über Reformen in diesem Jahr. 6) Nbger Briefbücher Bd. 17, Bl. 261 v. 6) Nbger Briefbücher Bd. 19, Bl. 37 r. 7) Ebd. 20, Bl. 21 v. 8) Ebd. 28, Bl. 98r.

79 Der Syndikus der Stadt, Konrad Eichelstein, wird auf das Windsheimer Kapitel gesandt, um persönlich den Verfall des klösterlichen Lebens bei den Augustinern zu schildern 1), und 1460 wird auch Andreas Proles, der seit 1460 eine um­ fassende Reformtätigkeit in vielen deutschen Klöstern ent­ faltet, um seine Hilfe gebeten 2). Da nimmt sich endlich der Bischof von Bamberg, Georg von Schaumberg, der Sache an 3). Gestützt auf eine Bulle Papsts Pius II. aus dem Jahr 1459 (kopiert in der Oeconomia, Bd. I, Bl. 125), die ihn ermächtigte, alle Bettelklöster in seinem Stift zu visitieren und zu reformieren, führte er 1462 die Observanz im Augustinerkloster „durch seine Deputierte und zween Mönch Augustiner - Ordens“ durch4). Diese Maßnahme aber be­ trachtete der Provinzial Johann Ludovici als unberechtig­ ten Eingriff in seine Rechte, die ihm der Bischof erst kurz vorher schon durch einen Erlaß5) verkürzt hatte, indem er den Nürnberger Konvent nach Entfernung seines Priors von der Jurisdiktion und Obödienz des Provinzials losgesprochen und seiner eigenen Gewalt unterworfen hatte. Der Ordensgeneral, Wilhelm Becchius von Florenz, bei dem sich Ludovici beschwerte, erwirkte daraufhin eine Bulle beim Papst, der die Maßnahmen Bischofs Georgs für un­ gültig erklärte. Die Augustinerbrüder wurden von neuem der Obödienz des Provinzials unterworfen. Dagegen ver­ wahrte sich nun wiederum der Rat von Nürnberg — er sandte Konrad Eichelstein am 3. März 1463 in dieser Mission nach Rom 6) — und erklärte, daß die Brüder bereit seien, sich der Observanz zu unterwerfen, daß aber der Einspruch des Provinzials die Reform nur störe und die Bande der Observanz lockere7). Pius sah sich daraufhin zu einer Ebd. 2) Ebd. 29, Bl. 186 r. 3) Siehe Kopie des Briefes von Bischof Georg von Bamberg an Simon Lindner (Oec. I, Bl. 124). 4) Müllner S. 416, Nbger Briefbücher, Bd. 30, Bl. 61, 62, 66, 69, 75, 76, 83, 85, 88 und Oec. I, Bl. 128. 5) Theodor Kolde, Die deutsche Augustiner-Congregation und Johann Staupitz, Gotha 1879, S. 99 und Müllner S. 416. 6) Nbger Briefb. Bd. 30, Bl. 85. 7) In einer Abschrift des „Mare magnum bullarum papalium quinque ordinibus concessarum" von 1503 (Oec. I, Bl. 124 f.) heißt 0

8o neuen Bulle J) veranlaßt (Datum Romae n. Kal. Maii 1463), die den vorigen Zustand wieder her stellte. Von nun ab scheinen Ruhe und Frieden im Konvent zu herrschen. Seit 1464 hält Simon Lindner, einer der ausgezeichnetsten Prioren (er war sechs Jahre lang Vikar und Vertreter des Generalvikars Proles), das Klosterregiment in festen und sicheren Händen. Nach seinem Tod 1482 scheinen noch ein­ mal kurz unruhige Zustände geherrscht zu haben, als der neue Prior sich nicht genügend Geltung zu schaffen wußte*2), aber im Großen und Ganzen scheint die strenge Observanz nun gesichert gewesen zu sein. Zu ihrem Bestand trug der Anschluß an die unter Proles stehende Union der Konvente Magdeburg, Himmelspforten, Dresden und Wald­ heim bei. Jedenfalls bringen die Briefbücher keine weiteren Klagen mehr und der Dominikanermönch Siegmund Meisterlin schildert die Augustiner in seiner 1488 erschienenen Chronik als „geistlich, abgeschiden, andechtig und ruwig veter, die man gar selten auf der gassen sicht; sie wartent irs gebets“ (Chroniken der deutschen Städte, Bd. III, S. 74), wie er überhaupt die vier Konvente lobt: „sie waren in die stat gesetzt, daß sie durch ire lere unterweisen das volk und durch ire gebet beschirmeten die stat, als die vier flüß des paradeis begussen alle herzen mit gutem ebenbild“ (a. a. O. S. 102). Zwar sagt hundert Jahre später über diese Refor­ men bei den Augustinern der protestantische und papst­ feindliche Chronist Müllner (S. 412), der den Bettelorden überhaupt nicht gut gesinnt ist und sie die „Heuschrecken“ nennt, „so in der Offenbarung Johannis geweißsagt“: „es werden vielleicht diese Mönche ein seltsam Leben geführt haben, daß so vielfältigen Reformirens gegen ihnen vonnöten gewest“ (S. 416). Aber man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, daß ihr Leben gar nicht so „seltsam“ gewesen ist, es: „Der Generalprior Wilhelm von Florenz hat wollen den reformirten Convent in Nürnberg stören“. Eine eingehende Darstellung des Konflikts gibt die Handschrift Cent. V, 73, Bl. 105 ff. *) Eine Abschrift dieser Bulle fand ich in einem Kopialbuch vom Ende d. 15. Jahrh. im Städt. Archiv, Cod. man. 136. 2 °, Bl. 378. 2) Nbger Briefb. Bd. 38, Bl. 2.

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daß wohl die Ordensregeln etwas laxer gehandhabt wurden,, daß aber diese beständigen Reformmaßnahmen im Konvent mehr dem Uebereifer fanatischer Reformatoren als wirk­ licher Notwendigkeit entsprangen, wie denn auch manche der neu eingeführten Regeln von dem äußerlichen und klein­ lichen Geist dieser Observanz zeugen x). Vor allem schei­ nen die beständigen Klagen des Rats in den Nürnberger Briefbüchern ihfen geheimen Grund in gewissen selbst­ süchtigen Wünschen der Stadtverwaltung gehabt zu haben, die darauf abzielten, die Gerichtsbarkeit und Verwaltung des Klosters in die Hand zu bekommen und die deshalb den Konvent als der Reform und der Unterstützung des Rats bedürftig hinstellten. Eine Analogie im Kleinen zu den Kämpfen zwischen weltlichen und geistlichen Fürsten um die Vormachtstellung in den Stiftern ! Die Klagen des Rats bewegen sich meist in allgemeinen Redensarten, selten finden sich wirkliche Verfehlungen angeführt. 1466 berich­ tet der Rat*2) an den Pfarrer von St. Sebald, Heinrich Leubing, von ungehörigen Reden bei den Augustinern, 1499 beklagt er sich bei dem Bischof von Regensburg über eine Predigt, die Stadt, Kirche und Priesterschaft schmähte (doch stellte sich dies als Verleumdung heraus), und 1508 schreibt er von Diebereien eines Mönches, Hermann Dann, wodurch allgemeines Mißtrauen unter den Mönchen ent­ standen sei 3). Doch scheint dies nur ein Einzelfall gewesen zu sein. Nicht zum wenigsten haben diese Verdächtigun­ gen ihren Grund in dem Gegensatz zwischen der Ordens - und Weltgeistlichkeit. Die Augustiner hatten sich allmählich — besonders da die Predigt bei der Weltgeistlichkeit ziemlich in Vergessen­ heit geraten war — als Prediger hohes Ansehen erworben. Dies geht z. B. aus einem Bittgesuch hervor, das 1488 der Rat an Andreas Proles und das Kapitel in Kulmbach rich­ tete, man möge den Augustinerbruder Johann Vogt, der *) Regeln 2) 3)

Theodor Kolde a. a. O. S. 131 führt verschiedene dieser an. Nbger Briefb. Bd. 18, Bl. 297r. Nbger Briefb. Bd. 63, Bl. 1. 6

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versetzt werden sollte, in Nürnberg lassen „zum heyl der .seien“ usw. (Kolde, S. 202). Der Chronist Deichsler tut sogar bestimmter Predigten Erwähnung1); doch ist es durchaus unrichtig, zu behaupten — wie Kolde es tut —,

Noch aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts stammt das Büchlein von Christoph G lockengieße r (1526 bis 1654) 3). Es enthält Mitteilungen über die Eltern und Kin*) Willibald Pirckheimers Schweizerkrieg, hrsgg. von Karl Rück. München, 1895. 8) Im Scheurischen Familienarchiv. Daraus hat A. v. Scheurl interessante Mitteilungen gemacht in den Mitteilungen des V. f. Gesch. d. Stdt. Nbg, Bd. V (1884), S. 13 ff. rt) Nbg. Staatsarchiv Hs. 273.

der des Verfassers, über alltägliche Vorkommnisse im enge­ ren Familienkreise und endlich autobiographische Aufzeich­ nungen von Christoph selbst. Die Einträge gehen bis kurz vor dem Tode des alten Christoph Glockengießer, denn zuletzt erwähnt er, daß er nach häufigen Schwindelanfällen krank geworden sei. Das Buch ist von seinen Nachkommen bis 1654 fortgeführt worden. Ein recht interessantes kleines Werk ist das Buch von Dr. GeorgRoggenbach (1552)1). Außer einer kurzen Familienchronik enthält es eine Lebensgeschichte des Ver­ fassers. Diese ist in der dritten Person abgefaßt und allem Anschein nach aus einer lateinischen Vita übersetzt wor­ den. Außerdem findet sich in dem Buche noch ein „Rat­ schlag“ für die Erziehung seiner Söhne; sie sollen sehr streng erzogen werden und später studieren. Wenn sie durchaus nicht Jura studieren wollen, sollen sie sich der Medizin widmen. Außerdem wünscht der Vater, daß sie sich im Deutschen ausbilden und Dr. Martin Luthers Schriften lesen. Hierauf folgen einige medizinische Rezepte. Ferner ist noch die Familienchronik der B a y r 2) zu vermerken, die von dem Ratsschreiber Stefan Bayr an­ gefangen und von seinem Sohne Jobst (Justus) abgeschrieben und fortgesetzt wurde. Stefan beschreibt die alltäglichen Er­ eignisse im engeren Familienkreis mit interessanten kleinen Ausschmückungen. Seine Genealogie reicht nicht über Tanten und Großeltern hinaus. In seinem Bericht über sich selbst beruft er sich auf die Aufzeichnungen in seines Vaters „Beth Buchlein“. Er ist viel gereist und gibt jedesmal an, wo er sich aufgehalten hat, wenn eins seiner Kinder geboren und getauft wurde. Er beschreibt sehr ausführlich die Ver­ lobung und Hochzeit seines Sohnes Jobst und teilt mit, daß derselbe 1545 „zu Padua in Welschlandt bey Venedig, do er 3 Jar gestanden, doctor beder recht“ geworden sei. Dieser Dr. Justus Bayr hat nach dem Tode des Vaters die Chronik weitergeführt. Im Gegensatz zu dem naiven einfachen Ratsl) Nbg. Staatsarchiv Hs. 298. *) Ebd. Hs. 266.

Schreiber ist der Jurist weitschweifig und gelehrt. Zuletzt finden sich noch einige Bemerkungen von Wilhelm, des Dr. Justus Sohn 1j. Hierher gehören auch noch die kurzen Aufzeichnungen Christoph Fürers (1479—^ö?)2). die derselbe 1536 über seine Familie niedergeschrieben hat. Im Anschluß an dieselben befindet sich eine kurze Lebensbeschreibung. Eine abgeschlossene Klasse der Selbstbiographie bildet die Reisebeschreibung. Das reisende (und nachher erzäh­ lende) Individuum wird nicht in Beziehung zu seiner Fami­ lie geschildert; die gewöhnlichen Ereignisse seines Lebens werden in den meisten Fällen nicht erwähnt. Wir sehen den Verfasser auf der Reise, einem ziemlichen Unternehmen in der damaligen Zeit, dem das Abenteuerelement nicht mangelte. Wir hören, wie der Erzähler sich zu den Sitten und Gebräuchen fremder Länder gestellt hat, seine gelegent­ lich geäußerte persönliche Meinung über dieselben ist für uns beachtlich. Auch läßt die Hervorhebung gewisser Ereignisse und die Beschreibung von Städten usw., die besonderen Eindruck auf ihn machten, den Charakter des Verfassers wenigstens zum Teil erkennen. Der größte Teil aller Reiseaufzeichnungen besteht aus Reiseitineraren und Beschreibungen von fremden Ländern und Städten. Natür­ lich darf man sie nicht von den eigentlichen Familien­ büchern trennen, wenn sie, wie bei Köler, mit solchen eng verbunden sind oder einen Bestandteil einer Selbstbiogra­ phie ausmachen. Aber die alleinstehenden Reisetagebücher wie diejenigen der Sebald und Peter Rieter3), des Hans Tücher4), Albrecht Dürer5), Gabriel Muffel6) und Gabriel 9 Die lateinische Uebersetzung von Jobst mit Justus ist sehr auffallend. Sonst ist Jobst so viel wie Jodocus. *) Joh. Kamann: Der Nürnberger Patrizier Christoph Fürer d. Aeltere. Mitt. d. V. f. Gesch. d. St. Nbg. Bd. 28. 8). Das Reisebuch der Familie Rieter, hrsgg. von R. Röhricht. Publikationen des Stuttgarter Lit. Vereins, Bd. 168. 4) Zuerst gedruckt 1482 und dann öfters. 5) Dürers schriftlicher Nachlaß, hrsgg. von Lange und Fuhse u. a. 6) Gabriel Muffel, Hs. im Brit. Mus. Egerton 1900.

Tetzel1) bilden eine literarische Gattung für sich und bedür­ fen hier keiner besonderen Besprechung 2). Aus den nächsten Kapiteln wird es erhellen, wie Hie­ ronymus Kölers Aufzeichnungen sich mit den oben geschil­ derten in Zusammenhang bringen lassen. Köler läßt sich keiner der verschiedenen Gattungen unterordnen — er hat von allen etwas und löst seine Probleme mit der köstlichen Naivität eines Nichthumanisten und biederen Bürgers.

0

o o

*) Siehe die Hof- und Pilger-Reise des böhmischen Herrn Leo’s von RoSmital 1465—1467* Publ. d. Stuttgarter Lit. Vereins Bd. 7. 2) Leider konnte so manches wertvolle Material für diese Dar­ stellung nicht herangezogen werden, da es noch in unzugänglichen Nürnberger Familienarchiven liegt. Hierher gehören: Familien­ aufzeichnungen der Behaim, der Geuder u. a. Lienhard Tuchers Gedenkbuch war z. Z. im Tucherschen Familienarchiv nicht auf­ zufinden.

Die S e 1 b s t b i o g r a p h i e des Hieronymus Köler des Älteren. i. Inhaltsangabe. Der Ursprung der Familie Köler ist dunkel. Hierony­ mus der Aeltere und mehrere Schreiber von Wappenbüchern behaupten, daß die Familie aus Köln am Rhein stamme; aus dieser Stadt hätten sie den Namen, der ursprünglich Köllner geheißen haben soll. Es ist aber unwahrscheinlich, daß das stammhafte ,,n“ ohne weiteres aus dem Namen verschwun­ den sein sollte. Es ist bis jetzt noch nicht möglich gewesen, irgendwelchen Zusammenhang zwischen den Kölern und der Stadt Köln oder einer Familie „von Köln“ festzustellen. Eine gleichfalls zu verwerfende Hypothese bringt Hierony­ mus Köler der Aeltere als Alternative zu der Köllner Her­ kunft 1). Die Familie, welche in Bamberg begütert war, hätte den Namen durch ihren großen Besitz von Kohlfeldern bekommen. Das Wahrscheinlichste ist; daß die Familie aus Bamberg stammt, denn 1423 wurde Heinrich, der älteste uns bekannte Vertreter der Köler und Urgroßvater des Stadtrichters, zum erstenmal vom Bischof von Bamberg mit Gütern belehnt 2). Die Lehen sind die ganzen sechs Ge­ nerationen hindurch in der Familie geblieben und haben mehrere Male heftige Erbstreitigkeiten veranlaßt. Der Name Köler ist aber doch wohl von dem Beruf eines alten Vorfahren der Familie abzuleiten. Die Nachrichten über die Familie sind zum großen Teil in Hieronymus' Aufzeichnungen zu finden. Die Lücken, welche sie aufweisen, lassen sich nur sehr dürftig ergänzen, da die anderen Quellen noch weniger Material bieten. Im *) Vgl. S. 257.

2) Vgl. Bamberger Staatsarchiv: Bischöfliche Lehensbücher 1423—1624. Im Jahre 1624 wurden die Lehen an die Familie Gugel verkauft.

173 ganzen ist Hieronymus Köler ein ziemlich genauer und aus­ führlicher Biograph; die von ihm angegebenen Daten kön­ nen fast immer durch die Einträge in den Kirchenbüchern belegt werden, wo dieselben weit genug zurückreichen. Es kommen nur wenige ausschlaggebende Ereignisse in Kölers Leben vor, die er nicht selbst erwähnt. Hieroynmus Köler der Aeltere, der Verfasser des fol­ genden Textes, war der Sohn von Hans Köler und Agnes, geb. Ebner, aus Salzburg und wurde im Jahre (1507 zu Nürnberg geboren 1), Er sagt nie etwas über den Beruf seines Vaters; aber daß derselbe ein „Gewandschneider“ gewesen ist, läßt sich durch die Urkunden über das Kölersche Haus genügend beweisen. Aus Hieronymus’ früher Kindheit ist uns nur ein kleines Erlebnis bekannt. In einer seiner Sammelhandschriften hat er eine Liste der symboli­ schen Figuren der Nürnberger Fastnachtsumzüge (des sog. Schembartlaufens) aufgezeichnet; beim Jahre 1511 bemerkt er: A 0 1511 wassen drey linthwurm, die gedenk ich, als ich 4 jar alt was. Nachdem er drei Schulen (darunter diejenige des berühmten Schreib- und Rechenkünstlers, des Johannes Neudörfer) besucht hatte, erhielt er 1524 seine erste Anstel­ lung als Diener von Dr. D. Frieß, einem Schöffen am kaiser­ lichen Kammergericht 2). Während dieser Zeit erlebte er die Einführung der Reformation in Nürnberg. Zwei Jahre spä­ ter reiste er mit einer Handelsexpedition nach Italien, wo er drei verschiedenen Herren als Stallmeister diente und Italienisch lernte. Nach seiner Rückkehr nach Nürnberg widmete er sich dem Handel und wurde zunächst Laden­ gehilfe. Da sein Herr ein Jahr später nach seinem Queck­ silberbergwerk in Schönbach bei Eger reiste, mußte er die Stelle aufgeben. Er bewarb sich um das Amt eines Feld­ schreibers im Türkenzug; sein Gesuch wurde jedoch ab­ schlägig beschieden. Dann war er einige Zeit in ForchA) Vgl. S. 213. 2) Das sich damals in Nürnberg befand.

174

heim und darauf in Nürnberg als Schreiber tätig. Im Jahre 1531 wurde er (scheinbar auf Kosten des Nürnberger Stadtrats) nach Schönbach bei Eger geschickt. Er teilt uns nicht mit, weshalb er diese Reise unternahm. Da von dem ihm bewilligten Reisegeld genug übriggeblieben war, ging er weiter nach Wittenberg, wo er Dr. Martin Luther predigen hörte. Nach seiner Rückkehr nach Nürnberg war er weitere zwei Jahre als Schreiber tätig, bis er 1533 in Frankfurt a. M. bei einem ,,Zaummacher“ in Stellung trat. Nach einigen Monaten begab er sich nach Köln, wo er ,,noch mehr kuntschaft und fürdernus“ bekam. Darauf reiste er nach Antwerpen und kam dort am 20. April 1533 an. Hier schloß er bald mit einem Nürnberger Kaufmann, Hans Paur, einen Kontrakt ab. Er hatte vermutlich die Ware, welche sein Chef für den Auslandhandel bestimmt hatte, im Segel­ schiff nach anderen Hafenstädten zu bringen, um sie dort auf größere Handelsschiffe zu verladen oder vorteil­ hafter zu verkaufen. In Antwerpen und Bergen op Zoom wohnte er vielen öffentlichen Umzügen bei, von denen er einige ausführlich beschreibt. Nachdem er die Stellung bei Hans Paur einige Zeit innegehabt hatte, erkrankte er mehrere Male „tötlich“ an „schwacheit und das vierteglich fiber“ (Malaria?). Er faßte nun den Entschluß, nach Portugal zu reisen. Auf freigebige Weise stattete Hans Paur Hieronymus mit Geld und Empfehlungsschreiben an seinen Agenten Eberhard Eberdeis in Lissabon aus. Eberdeis nahm ihn in Stellung und er mußte denselben auf allen seinen Geschäftsreisen begleiten, u. a. nach Villafranca. Hier wurde ihm die Stelle eines Diamantschneiders angeboten, ebenfalls nach seiner Rückkehr nach Lissabon das Amt eines ,,Buchsenmaisters“ in der spanischen Armee — beide Anerbieten schlug er aus, ,,dan ich war nit darumb da“. Eberdeis empfahl Köler an einen einflußreichen Kauf­ mann, Lazarus Nürnberger, in Sevilla. Von diesem sagt Haebler1), daß er anfänglich von Lissabon aus Handel *) Die überseeischen Unternehmungen der Welser S. 46.

175 getrieben hätte und dann nach Sevilla übergesiedelt wäre, um sein Glück auch in dem spanischen Indienhandel zu ver­ suchen. Nürnberger hat auch Aufzeichnungen gemacht, aber es ist nicht klar, ob sein ,,Memorialpuch“ erhalten ist. Hieronymus Köler sagt nicht, in welcher Eigenschaft er bei ihm gewesen sei. Vielleicht verweilte er sogar bei Nürn­ berger als Gast, denn er berichtet, daß derselbe ihn wie seinen eigenen Sohn bewirtet hätte. Während dieser Zeit meldete Hieronymus sich bei den Weisem, die gerade eine Expedition nach Südamerika ausrüsteten. Er bekam sofort doppelten Lohn und ihm wurde das Richteramt in ,,Indien“ versprochen. Er berichtet viele interessante Einzelheiten über die Expedition und schaltet auch eine Beschreibung der Eingeborenen in Venezuela ein 1), die recht wertvoll ist, obgleich er die Expedition zuletzt wegen des schlechten Wetters nicht mitmachte und die Beschreibung also nur aus zweiter Hand hat. Anfang 1536 kehrte er nach einer beschwerlichen Reise nach Nürnberg zurück. Er erzählt uns nicht, welcher Beschäftigung er während der folgenden Jahre nachgegangen sei. Die nächste Tat­ sache, die er berichtet, ist seine am 14. Februar 1536 er­ folgte Heirat mit Barbara Münsterer. Durch diese Ehe rühmt er sich, Melanchthons Schwager geworden zu sein, denn der Bruder seiner Frau, Dr. Sebaldus Münsterer, war mit Anna Krapp vermählt, während Melanchthon deren Schwester, Katharina Krapp, zur Frau hatte. Jetzt beginnt die lange Zeit seiner amtlichen Tätigkeit in Nürnberg, die bis zu seinem Tode im Jahre 1573 währte. Zunächst wurde er Genannter des „Großen Rats“ — eine Art Gemeindevertreter — und im folgenden Jahre ernannte der Stadtrat ihn zum Schatzmeister in dem Zuge gegen die Türken, welches Amt er jedoch auf dringendes Abraten seitens seiner Frau ausschlug. Im Jahre 1538 wurde er Schöffe am Nürnberger Bauerngericht und städtischer Bauinspektor. Als solcher hatte er folgende Pflichten zu erfüllen: ) Vgl. S. 189, 191, 197.

17.6 ... statt sich den .

zu besichtigen die gepeu allhie in gemeiner und auf dem land, wo etwan spaltige Sachen zwischen parteien zutragen, zu entschei­ . . 1).

Um diese Zeit reiste Köler mit seiner Frau nach Pilsen, um der Hochzeit seiner Schwägerin Margaretha Münsterer mit Benedikt Freystetter beizuwohnen. Er teilt bei dieser Gelegenheit die reichhaltige Speisekarte des Hochzeits­ mahles mit. Die verschiedenen Gänge sowie die eigenartige Reihenfolge der Speisen setzt uns heute in nicht geringes Erstaunen. Einige, wenn auch nicht alle von Kölers Zeit­ genossen müssen sich einer stärkeren Konstitution erfreut haben, als der heutige Durchschnittsmensch sie besitzt, um solcher gewaltigen Mahlzeit gerecht werden zu können. Beim Durchlesen der Speisekarte kann man sich kaum eines leisen Schauderns erwehren. Es ist nur zu bedauern, daß Köler nicht auch die Getränke angibt, um das Ganze zu einem kulturhistorisch kulinarisch vollkommenen Bilde zu gestalten 2). Im Sommer dieses Jahres bewarb Köler sich um das Landpflegamt zu Reicheneck; sein Gesuch wurde jedoch abgeschlagen. Im Oktober wurde er zum Buchhalter und Anschicker auf der „Peunt“ 3) ernannt. Sein Vorgänger Hans Behaim der Aeltere hatte die Aemter des „Werkmeisters“, Buch­ halters und Anschickers zusammen innegehabt; nach seinem Tode wurden sie geteilt, und zwar so, daß ein Beamter Werkmeister und der andere Buchhalter und Anschicker war. Beide bekamen ein jährliches Gehalt von je 80 Gul­ den, während die Amtswohnung des verstorbenen Hans Behaim auf Hieronymus Köler übertragen wurde. Am 6. Mai 1539 starb seine erste Frau Barbara, geb. Münsterer, „an der Leber und Lungensucht“ nach drei*) G. M. 2910,42; vgl. S. 250. 2) G. M. 2910,43; vgl. S. 251. s) Anschicker = Aufseher, die rechte Hand des Stadtbau­ meisters; Peunt = städtische Baustelle.

177 jähriger kinderloser Ehe. Auf ihrem Sterbebett bat Bar­ bara ihren Gatten, Birgitta Groland *) zur zweiten Frau zu nehmen. Dies erklärt die Tatsache, daß er sich innerhalb zweier Monate mit Birgitta Verlobte und sie am 4. August heiratete. Die Hochzeit wurde im Hause Wolf gang Pömers, und zwar wegen der kürzlich stattgefundenen Todesfälle der ersten Frau, des Vaters und anderer Verwandten in aller Stille gefeiert. Am 16. Januar 1541 wurde Kölers erste Tochter ge­ boren. Dieselbe wurde in der Lorenzkirche getauft und erhielt den Namen Birgitta. In diesem Jahre wurde Hieronymus als Pfleger nach Engelthal bei Nürnberg berufen. Dieses Amt hat er sieben Jahre lang verwaltet. Vier seiner Kinder wurden in Engel­ thal geboren: Hieronymus, Johannes, Barbara und Michel. Im Jahre 1546 bat ihn die Aebtissin des Klosters Engel­ thal, ihre Rechnungsbücher in Ordnung zu bringen. Der Nürnberger Rat verlangte eine Abschrift von diesen Rech­ nungen, die sich noch im Bayerischen Staatsarchiv Nürn­ berg befindet*2). Köler berichtet über die vielen Wälder und Ländereien, welche zum Kloster gehörten. Auch er­ wähnt er den großen Viehbestand des Klosters. Er klagt darüber, daß die Aebtissin der wirtschaftlichen Verwaltung des großen Anwesens nicht gewachsen wäre und daß die Ausgaben die Einnahmen bei weitem überstiegen. Er macht Verbesserungsvorschläge, um die Klosterbesitzungen auf eine bessere finanzielle Grundlage zu stellen. Im Jahre 1548 gab er das Pflegeramt auf und erhielt drei weitere Anstellungen vom Nürnberger Stadtrat, näm­ lich als Richter zu Wöhrd, Amtmann auf der Veste und Schöffe am Stadtgericht. Etwas später sandte ihn der Rät als Abgeordneter des Stadtgerichts ans BaUerngericht. Diese Aemter hat er bis 1560 bekleidet. 1549 wurde er auf einige Jahre Schöffe am Forstgericht über den Lorenzer *) Nach der hl. Birgitta so benannt — vgl. das nahe Bir­ gittenkloster Gnadenberg — und nicht mit der hl. Brigitte zu ver­ wechseln. 2) Staatsav. Nbg. S. I, L. 345, Nr. 33. S. auch S. 199 und 262. 12

1/8

Wald; in Nürnberg befinden sich noch mehrere Kaufurkunden, die er als Vertreter des Forstrichters besiegelt hatx). Da im Jahre 1536 das Rathaus der Vorstadt Wöhrd abgebrannt war, wobei die Archivalien zugrunde gegangen waren, unternahm Köler 1550 die schwierige Arbeit, die Gesetzgebung dieses Bezirks wieder aufzeichnen zu lassen. Das Buch ist bis 1684 ergänzt und in Gebrauch geblieben *2). Die Sitzungen des Wöhrder Gerichts wurden eine zeitlang im Hause des Richters auf der Nürnberger Burg gehalten. Im nächsten Jahre 1551 reichte er bei dem Stadtrat ein Gesuch ein, in welchem er sich über die wegen seiner sechs Kinder zu klein gewordene Wohnung ,,auf der Veste“ beklagt und sich um das Pflegeramt zu Altdorf bewirbt. Doch blieb dieses Gesuch wieder erfolglos 3). Im folgenden Jahre 1552 traf ihn der schwere Schlag, seine geliebte Frau Birgitta zu verlieren. Das Kind, bei dessen Geburt die Mutter starb, folgte derselben nach eini­ gen Tagen. Das Ansehen, in welchem der Witwer in der Stadt stand, wird dadurch bezeugt, daß der Bürgermeister und der Stadtrat ihm Erlaubnis erteilten, das Vestnertor öffnen zu lassen, um den Leichenzug seiner Frau hindurch­ zulassen. Das Tor war wegen der Unruhen, die der zweite märkgräfliche Krieg verursachte, für längere Zeit ge­ schlossen worden. Erst im Jahre 1555, kurz vor dem Augsburger Religionsfrieden, erhielt er vom Rat den Be­ fehl, das Tor wie gewöhnlich zu öffnen und zu schließen, weil die Bauern sich über die Unbequemlichkeit, die ihnen aus dieser Sperrung erwuchs, beklagten4). Drei Jahre später beschwerte Köler sich darüber, daß das eigenhändige Öeffnen und Schließen des Tores ihm zu große Mühe berei­ tete 5). Der Rat erließ ihm auf sein Ansuchen diese Pflicht *) Staatsav. Nbg. Fürstl. und Päpstl. Privilegien 613—15. Siebenfarbiges Alphabet VI, 105/2, 4025. *) Ebd. D-Akte 4912. , 8) G. M. 2907, 7or. Vgl. Anhang Nr. II. 4) RV 1554/5 XIII i2v 8. 3. 1555. fi) RV 1558/9 II 29L 6. 6. 1558.

179 und teilte ihm außer dem gewöhnlichen Torsperrer einen Knecht zu, der diese Arbeit verrichten mußte x). Ein Jahr nach dem Tode seiner zweiten Frau führte er Charitas, die Tochter Kaspar Nützels, eines Nürnberger Ratsherrn, als Gattin heim. Die siebenjährige Ehe wurde nicht mit Kindern gesegnet. Während dieser Zeit verlor Köler zwei Söhne: 1557 starb der siebenjährige Matthaeus an den Folgen eines Falles; ein Jahr darauf erfolgte der Tod seines elfjährigen Sohnes Michel, der bei dem Prediger der Frauenkirche in Pension war. 1558 wurde die Anzahl seiner Aemter durch die Ober­ pflege zum Gostenhof vermehrt. Seine Pflichten waren denjenigen im Wöhrder Bezirk sehr ähnlich; Schulden, Streitsachen, ausstehende Steuern, Kauf- und Erbschafts­ angelegenheiten, die Beaufsichtigung der Ausbesserung des Straßenpflasters und Branduntersuchungen füllten seine Zeit aus. Anfang 1560 erlag seine dritte Frau nach längerem Leiden der Schwindsucht. Fast ein Jahr darauf verhei­ ratete er sich zum vierten Male mit Ursula Müllner. Sie schenkte ihm vier Kinder, von denen jedoch drei früh star­ ben. Der einzig überlebende war der unglückliche geistig umnachtete Heinrich *2). Bald nach dem Tode seiner dritten Gemahlin ernannte der Rat ihn zum Nachfolger Georg Ketzels im Stadtrichter­ amt in Nürnberg3). Diese Stellung erhielt er, obgleich er nicht studiert hatte und keine Kenntnis der lateinischen Sprache besaß, in Hinsicht auf seine bisherige Tätigkeit als Richter zu Wöhrd. Er hatte seinen Vorgänger schon seit drei Jahren mehrere Male vertreten, obgleich er sich bei der ersten Gelegenheit heftig dagegen sträubte, Hinrichtungen vollstrecken zu lassen. Dem Stadtrichter von Nürnberg lag es nämlich ob, das von den Schöffen ,gefundene“ und vom 4) RV 1558/9 II 29v; Rb 30, I33v: » • . . doch daß dieselben zwen allemal zum auf und zusperren des tors die schlussel beim Köler holen und er bisweilen auch mit züsehen helfen soll“. 2) Vgl. S. 271, Anm. 4. 3) Vgl. S. 269. 12*

180



Rat genehmigte Todesurteil zu vollziehen. Er hatte des­ wegen mit dem Verurteilten und dem Nachrichter zur Richtstatt zu reiten und das Todesurteil mußte Gegenwart vollzogen

werden.

Seine

in

bisherigen

seiner Aemter

sowie die Wohnung auf der Burg wurden ihm laut Rats­ verlaß noch ein Jahr gelassen1).

Am Ende dieses Termins

sprachen sich die Nürnberger Ratsherren über seine genau ausgeführten

Rechnungen

des

Wöhrder

Kirchenbaus

in

einem Ratsverlaß in sehr lobender Weise aus2). Ein einziges Mal während seiner langen Amtszeit mel­ dete er sich krank und wurde von dem ersten Schöffen ver­ treten 3).

Sonst hat er sich immer guter Gesundheit er­

freut und hat

seinen

vielen Amtspflichten

stets

gerecht

werden können. Im Jahre erhöhung ein.

1565

reichte

er ein

Gesuch um

Gehalts­

Der angegebene Grund erweckt ein Lächeln:

bei der Vollstreckung einer Strafe ließ er die Reiter auf seine Kosten mit gebratenen Eiern bewirten; für diese Auslage wie für andere damit verbundene Unkosten wünscht er ent­ schädigt zu werden.

Der Rat bewilligt ihm eine einmalige

Auszahlung von 40 Gulden und lehnt „sein ander begern mit guten Worten ab“ 4). Außer seinen öffentlichen Aemtern übernahm er viele freiwillige Verpflichtungen; er ist mehrere Male Vormund und Testamentsvollstrecker gewesen und von 1556 bis 1558 hat er 15 kleine Nürnberger über der Taufe gehalten. Der Tod seiner vierten Frau am Ende dieses Jahres (1565) scheint ihn tief ergriffen zu haben. In einer seiner Handschriften 5) steht eine rührende Bitte an seine erwach­ senen Kinder, sich der vier Kleinen anzunehmen und sie liebevoll zu erziehen — seine Frau habe ihm dies auf ihrem Sterbebett wiederholt ans Herz gelegt. Es ist um so ergrei­ fender, wenn man bedenkt, daß die beiden Kleinsten — die *) 2) 3) 4) 1565/6, 5)

Vgl. S. 270. RV 1561/2 III 47, 2. 7. 1561. RV 1564/5 XL 22, 37. 1. *565’ Verhandlungen der Herren Aeltern, 6> 35v, 22.10. 1565; RV VII i8v, 26. 10. 1565. Vgl. S. 272 ff.

Zwillinge Markus und Klara — der Mutter bald nachfolgten und daß die kleine vierjährige Magdalena die Mutter nur zwei Jahre überlebte. Nur der geistesgestörte Heinrich bedurfte der Vormundschaft seines älteren Bruders1). Kein Wunder, daß Hieronymus uns berichtet, daß er ,,schier des lebens sat“ ist. Innerhalb eines Jahres entschloß er sich jedoch wegen Magdalena und Heinrich die fünfte Ehe einzugehen. Seine letzte und ihn überlebende Gattin war Ursula Derrer. Sie schenkte ihm fünf Kinder, von denen Christoph und Philipp vermutlich jung starben, da nichts über sie berichtet wird. Ueber Kölers letzte Lebensjahre ist wenig bekannt. Noch in voller Amtstätigkeit stehend, wurde er im 66. Le­ bensjahre am 31. Januar 1573 durch den Tod hinweggerafft. Seine Frau Ursula und acht seiner siebzehn Kinder über­ lebten ihn. Von diesem Hieronymus Köler ist ein ausgedehnter schriftlicher Nachlaß auf uns gekommen. Seine Aufzeich­ nungen sind zum großen Teil autobiographischer Natur, umfassen jedoch auch amtliche Verzeichnisse, Rechnungen, Briefe, Abhandlungen über Heraldik, Abschriften aus Weltchroniken und die übrigen Bestandteile der typischen Sam­ melbände des 16. Jahrhunderts. Die älteste seiner Hand­ schriften (Nürnberg, G. M. 2910) 2) trägt die Jahreszahl 1537 auf dem Titelblatt. Köler wird sie vielleicht in diesem Jahre angefangen haben. Daß er bereits vor dieser Zeit Aufzeichnungen, wenn auch nicht notwendigerweise auto­ biographischer Art, gemacht hat, sagt er selbst in einer späteren Handschrift (Brit. Mus. Add. 15 217, i9v), wo er von einem „gelben, pergamen buch“ spricht, in das er die Predigten Luthers im Oktober 1531 eingetragen habe. Lei­ der ist dieses Buch nicht mehr aufzufinden. Köler scheint die oben erwähnte Handschrift G. M. 2910 zunächst mit der Absicht angelegt zu haben, eine umfassende Familien­ geschichte zu schreiben. Aber die Art, in welcher er immer wieder an verschiedenen Stellen der Handschrift mit der A) Vgl. S. 271, Anm.4. 2) S. unten S. 192 ff.

182 Genealogie anfängt oder fortfährt und seine eigene Lebensbeschreibung unterbricht, zeigt, daß er wahrscheinlich zuerst auf mehreren Seiten des Buches genealogische Ueberschriften oder Notizen niedergeschrieben hatte, mit der Ab­ sicht, die Lücken später mit dazugehörigen biographischen Einzelheiten auszufüllen. War dies der Fall, dann hat er dieses Prinzip nicht durchgeführt; einmal ließ er für seine eigene Biographie nicht genug Raum, zweitens füllte er einige Lücken später mit ganz anderem Material aus. Den Teil seiner Autobiographie, der bis 1538 reicht, sowie die Genealogie scheint er in einem Zuge geschrieben und dann die folgenden Ereignisse im Tagebuchstile einzeln ein­ getragen zu haben. Die Einträge gehen ungefähr bis 1563. Die Autobiographie, wie sie in dieser Handschrift steht, ist verhältnismäßig lückenlos, nur fehlt die genaue Beschrei­ bung der Musterung in Sevilla vom Jahre 1533 und der Bericht über die Eingeborenen von Venezuela, den er im Jahre 1538 in einer anderen Handschrift (Nürnberg, G. M. 2908) x), einem Sammelheft für allerlei Notizen, aufzeich­ nete und wohl aus diesem Grunde der Lebensbeschreibung nicht einverleibte. Gleichzeitig hat er ein Aemterbuch geführt (G. M. 2907) *2). 1548 wurde er Pfleger zu Engel­ thal, und dieses Datum steht auf dem Titelblatt dieses Buches, das er bis zum Jahre 1567 fortsetzte. Im Jahre 1560 scheint er den Entschluß gefaßt zu haben, für seine Nach­ kommenschaft ein Prachtexemplar des Familienbuches an­ fertigen zu lassen. Es ist dies die im Vorwort erwähnte Handschrift des British Museum Add. 15 217 3). Die zahl­ reichen Lücken in der alten Blattzählung dieser Hand­ schrift lassen das ursprüngliche Vorhandensein einer präch­ tig ausgestatteten Genealogie ahnen, denn im ersten Satz der anderen Hs. (G. M. 2910) erwähnt Köler das große Geschlechterbuch von Konrad Haller. Dieses ist jetzt im Staatsarchiv Nürnberg (Hs. 211) und ist mit wunder­ voll gemalten, vergoldeten und versilberten Wappen verx) Vgl. S. 193. 2) Vgl. S. 194. *) Vgl. S. 194.

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ziert. Es ist sehr wahrscheinlich, daß dieses Werk ihn dazu anfeuerte, etwas Aehnliches hinsichtlich der Kölerschen Familiengeschichte zu leisten. Für die fehlenden Blätter bieten die beigegebenen moralischen Gedichte keinen Ersatz, die entweder selbst verfaßt oder, wahrscheinlicher, aus anderen Werken abgeschrieben sind. Keines dieser kleinen Gedichte hat irgendwelchen literarischen Wert. Das Eigentümliche an dieser Handschrift ist jedenfalls die Schrift, in welcher die Autobiographie unsers Hierony­ mus (Bl. 13V ff.) aufgezeichnet ist. Sie hat keine Aehnlichkeit mit der Hand, in welcher Hieronymus der Aeltere seine übrigen Aufzeichnungen geschrieben hat. Daß die letzteren sein Autograph sind, läßt sich durch sein Albumblatt im Stammbuche seines Sohnes beweisen 1). Es wäre ja mög­ lich, daß diese Schrift eine kalligraphische Form seiner eigenen Hand darstellt, da er in seiner Jugend selbst Schrei­ ber gewesen war. Oder das Ganze könnte von einem Schreiber herrühren, hatte doch Köler, der 1560 Stadt­ richter wurde, wenigstens einen Schreibgehilfen zur Ver­ fügung. Andererseits hat diese Schrift große Aehnlichkeit mit derjenigen Hieronymus des Jüngeren, des ältesten Soh­ nes des Stadtrichters. Es ist ganz gut möglich, daß dieser die Universitätsferien dazu benützte, seinem Vater in eini­ gen Angelegenheiten behilflich zu sein, so auch darin, seine Autobiographie abzuschreiben oder nach Diktat aufzuzeich­ nen. In Anbetracht der großen Aehnlichkeit zwischen diesen beiden Schriften möchte ich annehmen, daß der Teil der Autobiographie des älteren Hieronymus, wie er in B. M. Add. 15 217 Bl. i3v — 43v zu finden ist, von dem jüngeren Hieronymus geschrieben, jedoch von dem älteren verfaßt worden ist 2). Der autobiographische Teil (Bl. 13 ff.) umfaßt nur die ersten 28 Jahre des Lebens von Hieronymus dem Aelteren und ist augenscheinlich mit Hilfe der schon vorhandenen Handschrift G. M. 2910 verfertigt worden. Infolge verA) S. unten S. 201 und Taf. II Abb. 1. 2) Vgl. die Tafeln III —V.

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schiedener Hinweise auf spätere Ereignisse, die auf jetzt fehlenden Blättern der Handschrift des Brit. Mus. gestan­ den haben sollen, kann man annehmen, daß die großen Lücken recht umfangreiche Teile aus der Genealogie und den Autobiographie darstellen. Das Interessanteste an die­ ser Fassung ist der wundervolle Bilderschmuck bei dem Bericht über die YVelsersche Expedition nach Venezuela vom Jahre 1534. Im Jahre 1564 verfertigte Köler ein Wappenbuch für Sebaldus Münsterer (Sohn des Dr. Sebaldus Münsterer, des Bruders seiner ersten Frau), das sich im Germanischen Museum (Nr. 2909) J) befindet, und führte zu gleicher Zeit ein Notizbuch (Nbg. Stadtbibliothek Nor. H. 509) *2), das zum Teil die Konzepte zu dem Münstererschen Wappen­ buche enthält. Im übrigen widmet sich Köler in dieser letz­ ten Handschrift größtenteils der Heraldik. Es ist eigentümlich, daß er fast nie genau denselben Wortlaut anwandte, wenn er seine Aufzeichnungen neu aufschrieb. Er hat sogar oft die Chronologie verändert, so daß es nicht ganz leicht war, einen brauchbaren Text her­ zustellen. Einen großen Teil seiner Autobiographie und die Beschreibung von Venezuela hat Köler zweimal auf­ gezeichnet. In seiner Neugestaltung und Umarbeitung hat Hieronymus einige Teile neu geordnet und wiederholt wei­ tere Einzelheiten hinzugefügt, die entweder seinem Gedächt­ nis oder einer verlorenen Vorlage entnommen sind. Anderer­ seits hat er einige Stellen gekürzt. Obgleich naturgemäß G. M. 2910 die wichtigste Handschrift ist, weil sie die Ge­ nealogie und fast das ganze Leben des Verfassers beinahe lückenlos darstellt, so ist doch die Rezension der Lebens­ beschreibung, soweit Brit. Mus. Add. 15 217 sie bietet, wegen der teilweise besseren Anordnung und der größeren Fülle von interessanten Details ebenfalls von hohem Wert. Die folgenden Beispiele mögen die Art seiner Umarbei­ tung veranschaulichen. *) Vgl. S. 198. 2) Vgl. S. 199.

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G. M. 2910, i4v. A° 27 kam ich zu dem jungen Hanns Tegler, ward etlich monat, wochen und tag bey im. Indem er tötlichen krank ward und starb, kam ich wieder gen Terfys zu einem grafen, hies Senor Francesggo de Rongoni, wart im ein weil der geul, bis er des willens nach Rom ze reisen ward. Künden aber nit dahin kö­ rnen, ursach, Herr Jörg von Fronsperg mit seinen knech­ ten kam eher und hat Rom geplündert.

G. M. 2910, 35v. Anno 35, als ich Jheronimus Cöler aus Antelosia, Sanct Lucar und hoche Spaniga im namen gots per Flandern und Teudtschslandt zu seil [segel] gegan­ gen, hab ich mich a° 34 den 8. Decembr. bey Sygmon Frissen von Amsterdam aus Hollandt, Schiffer, inparkirt auf sein gallionschiff, mit einem gabien oder merssen, Sanct Christoffel genant, welches schiff auch an der last hielt 130 vas. Da weet der wind frey daher (Gott hab lob), also das wir die anker hüben und da hinweg selten an einem früe mor­ gen, unser frauen empfenknus tag.

B. M. Add. 15 217, 16. Kam ich wieder gen Teruis zu einem venedischen haubtman, der was ein graf, mit namen Sengnor Fran­ cesco de Rongoni, wart im ein weilen der pferd, sonder­ lich ein türckischs roß, das ward mir zugeeignet, bis er mittlerweil mit zweyen sei­ ner brüder, einem ein frantzöschisen, der ander ein englendischen kriegshaubtleuten, mit einem geschwader reuter, zu irem bruder, der ein Cardinal zu Rom war, reiten wolten, und auf dem weg von herrn Geor­ gen von Fronspergs kriegsleuten (so dann alsbald Rom einnahmen und plünderten) nit fort konten. B. M. Add. 15 217, 4iv. Item als ich und noch vier teutsche gesellen an einem feyertag frue vor Sant Lucar am gestat des meeres spacieren giengen, kam zu uns ein junger schiffman, was von Amster­ dam aus Hollandt, hieß Siman Frieß, der das erste­ mal in diß land und nye heraußkommen waß, über­ redet uns, wir sollten uns an sein gallianschiff mit ime setzen lassen und dasselbige (so schon geladen war) be­ sehen. Indem erfindt sich guter wind, lest ganz ernst­ lich die anker heben, die segel fallen und fuert uns also ine 25 tagen und nacht herauß nach Flandern und

186 Adi io Decembr. hetten wir vil calma. “Adi ditto bassirten wir mit not und calma und laffirenten den Carba del Santo Vinzento. Adi 12 ditto hetten wir wider (Gott lob) guter vor­ wind, süden zu norden, aber weret nit lang, wurd wider zu calma. Disen tag Sachen wir den feigenberg Munttegs genant in Porttugali, mer Sanct Düffel, ein berg nit fer von Lissabona. Am abend dis tags hetten wir wider ein wening guten mayen wind. Zwey eng­ lische und zwey flemische schiff selten mit uns, ver­ dürben aber hernach jemerlich vor unsern äugen x).

Seelandt zu. Bey Calles aber in die felßen und klippen und auf ein pank rut­ schen, da erliden wir bey der nacht fünf großer stoß, vil sorg und anst, schussen so oft unser geschützs umb hilf los, aber es kam nyemand, brachen vil vom schiff ab, wurfens aus, henkten lattern umb das schiff. Aber Gott der herr half uns am tag hernacher genediglichen widerumb heraus. Ime sey ewiges lob, eher und dank. Amen. Dis schiff hieß Sannt Christoffel, hett ein gabian oder mörß, hinden und fornen seine segel, vil cammergeschutzs, zwen anker, hielt an seinem last hundertunddreyßig vaß, tut zweyhundertundsechzehen zentner, äußerer anderer notwendiger ding. Per memoriam.

' Hieronymus Köler der Aeltere war ein typischer Nürn­ berger Bürger des sechzehnten Jahrhunderts. Durch seine Aufzeichnungen geht ein Zug von ungekünstelter Schlicht­ heit hindurch; er erzählt die bunten Ereignisse seines Lebens wahrheitsgetreu und fast ohne Vorurteile. Seine Beschreibungen sind lebendig und fesselnd und enthalten immer zahlreiche interessante Einzelheiten. Seine Schrif­ ten, die durch die Verworrenheit und Weitschweifigkeit des 16, Jahrhunderts uneinheitlich erscheinen, werden doch durch die Persönlichkeit des Verfassers zu einem harmonL sehen Ganzen verflochten. Sein Stil ist nicht fließend und geschmeidig; manchmal eilen seine Gedanken seiner Auf­ zeichnung voraus, und deshalb geht ihm oft der Faden ver­ loren. Seine Autobiographie ist von lebendiger Frische, *) Vgi: S. 244.

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einfacher Natürlichkeit und ungetrübter Lebensfreude durchdrungen; es bereitet ihm große Befriedigung, die malerische Fülle seiner Erlebnisse naiv und anschaulich darzustellen. Ueber sein inneres Leben läßt er wenig ver­ lauten, jedoch durch indirekte Zeugnisse werden wir mit seinen Charaktereigenschaften vertraut. Derjenige Charakterzug, der in allen Schriften dieses biederen und treuherzigen Mannes am stärksten zur Geltung kommt, ist seine tiefe und echte Frömmigkeit1). Keine Not und kein Unglück kann sein felsenfestes Gottvertrauen erschüttern. Bei jeder Gelegenheit erinnert er sich an ihn, jede Schwierigkeit, jeden Trauerfall stellt er ihm anheim. Nach einer überstandenen Not stößt er einen Seufzer der Erleichterung aus: ,,Gott sey lob, ehr, breyß und dank in ewigkeit,. Amen“. Bei jedem Kinde, das er über der Taufe hält, betet er: ,,Gott geb, daß es frum werd“; bei der Ge­ burt seiner eigenen Kinder spricht er ein Lobgebet. Er hat eine tiefe Verehrung für Dr. Martin Luther; er drückt an verschiedenen Stellen seine Dankbarkeit aus, daß Gott ihn den großen Reformator und auch Melanchthon hat ,,sehen und hören“ lassen. Seine Frömmigkeit drängt ihn dazu, erbauliche Betrachtungen niederzuschreiben und seinen Kindern und Enkeln christliche Ermahnungen zu geben. Er zeigt sich uns als liebevoller Gatte und fürsorglicher Vater; sein ältester Sohn Hieronymus, den er in Wittenberg und Tübingen studieren läßt, schreibt ihm ausführliche Briefe2), in welchen die Bitte um Geld verhältnismäßig selten vorkommt. Das Rechtsgefühl des alten Hieronymus war stark aus­ geprägt und hat ohne Zweifel dazu beigetragen, daß er später das Amt des Stadtrichters bekleidete. Wie stark seine Entrüstung über Ungerechtigkeit sein konnte, zeigt die Geschichte des „schalks“ in Sevilla (G. M. 2910, 29; vgl. 243).

s.

*) Vgl. S. 205 f., 259 und öfters. 2) S. unten S. 201.

188 Da fragt man nit mer, ob er auch gottzvorchtig oder demütig sey, allein sein bracht verdeckt all sein schalkheit, dieweil er hat gelt. So get es im und einem yeden in diser weit. Gott müsse es er­ barmen, das man so gar nit treu, glauben, frumkeit und eher [Ehre] will nymand achten mer; allein gelt ist herr in aller weit; gott füegs zum pesten. Amen. Dieser treffliche Mann veranschaulicht in seinen aus­ führlichen Aufzeichnungen das Leben eines Bürgers des 16. Jahrhunderts. Er zeigt das Universalinteresse, das mit charakteristischer Unruhe von einem Unternehmen zum andern greift, um schließlich in einer allbeherrschenden Tätigkeit aufzugehen. Sein abenteuerlustiger Wandergeist treibt ihn in der Jugend von Ort zu Ort ; er bereist mehrere Länder, um ihre Sitten und Sprachen kennen zu lernen und Erfahrungen zu sammeln. Dieser Wandertrieb verläßt ihn auch in späteren Jahren nicht; als seine Frau ihn nicht gegen die Türken ziehen lassen will, sagt er resigniert: ,,also hab ich im namen gotzs geschehen müssen lassen“ 1). Jedoch ist bei ihm auch ein lebhaftes vaterländisches Ge­ fühl vorhanden. Bemerkenswert ist die Stelle, wo er, empört über die falschen Gerüchte über Venezuela, von den Vorzügen der Heimat spricht 2). Mit peinlichster Gewissenhaftigkeit nimmt er nach sei­ nen Wanderjahren die Pflichten des damaligen Bürgers auf sich. Er steht seinen vielen Aemtern mit Würde vor und beklagt nicht die große Anzahl derselben. Aus den Rats­ protokollen, die von geringen, von ihm dem Rat zur Ent­ scheidung unterbreiteten Angelegenheiten handeln, wie aus den Engelthaler Klosterrechnungen und dem Wöhrder Ge­ richtsbuch geht hervor, daß er sich keine Mühe und Arbeit verdrießen ließ und in allen Dingen treu war. Er war sein Leben lang sehr lernbegierig, wie man aus seinen heraldischen Studien ersehen kann3). In WittenA) Vgl. G. M. 2910, 41 ff; S. 250. 2) Vgl. ebd. 2Ör; S. 240. 3) Nbg. Stadtbibliothek Nor. H. 509.

189 berg beklagt er den Mangel seiner lateinischen Kenntnisse, der ihn am Universitätsstudium hindere. Durch das Stre­ ben, mit gelehrten Leuten zusammen zu sein, neigt er etwas zum Ehrgeiz. Er ist sehr stolz auf den Bruder seiner ersten Frau, Dr. Sebaldus Münsterer, und noch stolzer auf die durch diese Ehe entstandene Verschwägerung mit Melanchthonx). Dasselbe Gefühl macht sich bemerkbar, als er über seinen vierten Schwiegervater, Dr. Johannes Müllner (Mylius) schreibt. Die umfangreichen Aufzeichnungen Hieronymus Kölers geben uns mannigfache Einblicke in das Leben des 16. Jahr­ hunderts. Kurz gefaßt, sind es folgende. Vor allem bie­ ten sie ein vollkommenes Bild der Vielseitigkeit, die den Renaissancemenschen auszeichnete. In seiner beschaulichen Mitteilsamkeit schreibt Hieronymus nicht nur über seine Familie und sein eigenes Leben, sondern er schmückt seine Schriften mit kulturhistorisch höchst wertvollen Details aus. Man vergleiche in diesem Zusammenhang die häufigen Beschreibungen seiner Kleidung*2), die Schilderung der Welserschen Expedition nach Venezuela3) und der Fast­ nachtsumzüge in Holland 4), die Reiseitinerare 5), die ge­ nauen Angaben über seine Hochzeiten6) und die Speise­ karte des Hochzeitsmahles seiner Schwägerin7). Zum andern bilden diese Aufzeichnungen eine wertvolle Berei­ cherung der genealogischen Wissenschaft, da die Familien­ geschichte der ,,ehrbaren“ Köler von derjenigen der Patri­ zier Coler von Neunhof gen. Forstmeister getrennt wird, wenn diese Scheidung auch mehr unbewußt vollzogen wird, als dies bei späteren Genealogen der Fall ist. Auf histo­ rischem Gebiet wird die südamerikanische Geschichte durch A) Vgl. S. 224. 2) B. M. Add. 15 217, i4vff.; vgl. S. 214 ff. 3) Vgl. S. 197. 4) Vgl. S. 226 ff. 5) Vgl. S. 217, 218, 220, 224, 225, 228, 251, 252, 255, dazu auch Anhang Nr. III. 6) Vgl. S. 247, 259, 266. 7) Vgl. S. 251.

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die Beschreibung von Venezuela gefördert. Auch sonst beleuchtet Köler seine Autobiographie mit Anspielungen auf die Zeitgeschichte; er erwähnt mehrere Male den Türkenkrieg und die dadurch entstandenen Verheerungen; bei der italienischen Reise spricht er von Georg von Frundsbergs Landsknechten; später bilden die Unruhen des markgräflichen Kriegs einen Hintergrund für seinen Bericht. Der Abschnitt über seinen Aufenthalt in Wittenberg bietet viel Interessantes über die Lutherstadt und zeigt vor allem den tiefen Eindruck, den die Reformation und die Predigten des großen Reformators auf Hieronymus Köler gemacht haben. Wir können nur staunen, daß ein Mann, der aus ein­ fachen Verhältnissen stammte, durch seinen unermüdlichen Fleiß und unbescholtenen Lebenswandel schließlich solch ehrenvolle Aemter bekleidet und einen großen Teil seines Lebens dem Dienste seiner Mitmenschen gewidmet hat. Er wird jedenfalls durch sein glänzendes Beispiel andern zum Vorbild und Führer geworden sein. Nicht nur der ältere Hieronymus, sondern auch andere Mitglieder seiner Familie verdienen erwähnt zu werden,. Der älteste Sohn Hieronymus (1542 ^—1613) studierte in Wittenberg und Tübingen und bekleidete später das an­ gesehene Amt eines Losungsschreibers (eines wichtigen Finanzbeamten). Während seiner Studienzeit in Witten­ berg machte er eine interessante Sammlung von Lutherschen Tischreden, die für die Ueberlieferung derselben gro­ ßen Wert hat. Diese befindet sich in einem dicken, in Nürnberg angefertigten Sammelbande, der jetzt in Wolfen­ büttel istx) und alle möglichen krausen Miszellaneen ent­ hält. In seinen letzten Lebensjahren wurde Hieronymus der Jüngere durch die Zahlungsunfähigkeit eines Nürn­ berger Druckers in eine unangenehme Schuldenangelegen­ heit verwickelt, die ihm großen finanziellen Schaden zu­ fügte *2). Das Stammbuch, welches er während seiner Stu*) Wolfenbüttel Extr. 64. 32. Vgl. S. 200. 2) Vgl. Ratsverlässe aus den Jahren 1597 bis 1614.



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dienjahre führte 1), ist wegen der großen Menge der darin enthaltenen berühmten Unterschriften von hohem Interesse. Die zweite Tochter des Stadtrichters, Barbara, wurde Hans Schwenters Frau. Einer ihrer Söhne wurde später der berühmte Gelehrte Daniel Schwenter. Wolfgang Köler (1573 —1616), Hieronymus d. Ä. jüng­ ster Sohn, studierte in Altdorf und wurde später Schultheiß zu Niddau. Am Anfänge des 17. Jahrhunderts hatte er mit seinem Neffen Benedikt einen heftigen Lehensstreit, der erst 1616 mit dem Tode Wolfgangs ein Ende nahm. Der lezte Köler, Benedikt (1585 — 1632), einziger Sohn Hieronymus des Jüngeren, machte im Jahre 1613 eine Pilgerreise nach Palästina, die er nachher aufgezeichnet hat. Seine Reisebeschreibung ist in zwei Fassungen vor­ handen; eine von diesen ist ein Schönschriftexemplar in der Handschrift des B. M. Add. 15217, Bl. 4ÖV ff. 2). Er war Maler und Schreibkünstler von Beruf und hat einige Muster seiner Kunst hinterlassen 3). Wegen der Fülle des Materials wird sich die gegen­ wärtige Arbeit auf eine Auswahl der Aufzeichnungen des älteren Hieronymus beschränken. Die Beschreibung der Eingeborenen von Venezuela4) lasse ich aus, weil sie kein neues Licht auf die Familiengeschichte oder auf die Bio­ graphie des älteren Hieronymus wirft. Köler hat sie nicht aus erster Hand. Ich hoffe, diese interessanten Abschnitte aus seinen Handschriften mit den dazu gehörigen farbigen Abbildungen aus der Handschrift B. M. Add. 15217 geson­ dert veröffentlichen zu können.

D B. M. Egerton 1184. Vgl. S. 201. 2) Die Herausgabe dieser noch unbekannten und ungedruck­ ten Reise möchte ich einmal vornehmen. 3) Vgl. S. 202. 4) Vgl. S. 197. ‘

2. Die Kölerschen Handschriften. Unter den Kölerschen Handschriften sind nicht nur die­ jenigen des älteren Hieronymus zu verstehen, sondern auch die von anderen Gliedern der Familie herrührenden. Um das reichhaltige Material übersichtlicher zu gestalten, sind sie in der folgenden Beschreibung nach Verfassern — und somit auch nach Familienmitgliedern — geordnet worden. Wenn eine Handschrift von mehreren Autoren verfaßt ist, wird sie unter demjenigen verzeichnet, dem der größte bezw. wichtigste Teil derselben zu verdanken ist.

I. Hieronymus Köler der Aeltere. i. Nürnberg, Germanisches Museum 2910. Kölersches F amilienbuch mit Lebensbeschrei­ bung von Hieronymus Köler dem Aelteren. Papierhs. 1537 — 60. 82 Blätter in Folio. Von Hie­ ronymus Köler dem Aelteren geschrieben (Kursivschrift). Einband moderner brauner Pappdeckel. Alte Blattzählung von 1 (neu 3O bis 67 (neu 57), von hier an mit Bleistift vervollständigt, später mit Tinte in neuer Zählung kor­ rigiert. Fol. 68 — 72 sind eingefalzt. Es fehlen aus der alten Zählung 2, 4—6, 10—13, 17, 18, 22 und 23 = 12 Blät­ ter. Es ergeben sich entsprechende Lücken im Text. Handschriftlicher Titel (auf altem Vorderschutzblatt, das aus zwei zusammengeklebten Blättern besteht): 1537 / Der Köler Wappenbuch / HK. Rückseite: Federzeichnung des Kölerschen Wappens. Die­ ses Blatt ist nicht in der neuen Zählung mit einbegriffen, iri) Aufgeklebter Holzschnitt, iv Auf geklebter Holzschnitt eines Mannskopfes. *) Ein hochgestelltes r bedeutet die Vorderseite, ein desgl. v die Rückseite eines Blattes.

193 2r — 3V (alt 1) Moralische und beschauliche Einleitung zum Wappenbuch. 4.r (alt 3) Familiengeschichte, mit historischen Notizen durchflochten. 14r (alt 24); hier hören die Lücken auf und die neue Zählung ist stets hinter der alten um 10 Blätter zurück). Bricht mitten in das Itinerar von Hieronymus Köler des Aelteren Reise nach Italien 1526 herein und fährt von hier mit dessen Lebensbeschreibung bis Ende des Bandes fort. 8or — 8iv Notizen über den Wappenbrief von Johannes Neudörfer. 82rv Genealogische Notizen über die Haller. 2. Nürnberg, Germanisches Museum 2908. Sammelband mit allerlei aufgeklebten Schrift­ proben, Holzschnitten, Gedichten usw. Papierhs. v. J. 1538. 34 Blätter in Folio. Zum größ­ ten Teil von Hieronymus Köler dem Aelteren geschrieben. Einband moderner brauner Pappdeckel. Handschriftlicher Teil auf dem alten, aus verschiedenen Papieren zusammengeklebten Vorderdeckel: 1507 / Ein altt Geschieht / Vnd Wappenbuch. Darunter das Kölersche Wappen aufgeklebt: Hierony­ mus Cöler, Anno 1564. No. 1. Aus dem Inhalt ist folgendes hervorzuheben: I2v und ißr „Venitzolle ligtt von Nürmberg Bey 300 meill. 1534. Isola de Viniczola.“ Beschreibung von Vene­ zuela in der Schrift des älteren Hieronymus. 13V Konzept der Musterung in S. Lucar. über die Seite geschrieben.

Kreuz und quer

14* — i5r „Hie gegen statt abcontterfeitt die artt / gestaltt, leben vnnd gebräuch der Edeleütt / aüs dem König­ reich Calicütt“. Deutsches Gedicht von 55 rZeilen. Das Bild dazu fehlt. 13

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I5V — 24v Bericht über die Truppenmusterung der Welsersehen Expedition vom Jahre 1534 und Beschreibung von Venezuela **). 3. Nürnberg, Germanisches Museum 2907. Aemterbuch. Bei jedem Jahre eine selbstbiogra­ phische Notiz des Verfassers (Hieronymus d. Ä.). Papierhs. 1548 — 67. 99 Blätter in Folio. Kursiv­ schrift von Hieronymus Köler dem Aelteren. Einband moderne braune Pappe. Handschriftlicher Titel ir: 1548 / Von allerley Emptter Perschonnen / durch mich Jheronimus Cöler / gewessnen Pfleger Züe / Enngelthall / Disser Zeitt aber Richtter Zu Werd vnd Burger Zu Nurmberg auff der Vesten / Zesamen getragen. 4. London British Museum Additional 15217 2). Kö lersches Familienbuch. Papierhs. 1560 ff. 83 gezählte Blätter, davon Bl. 1, 3—9, 52 und 53, 73—82 eingefalzt; alte Zählung bis 241, mit folgenden Lücken: 1, 3—51, 54—73, 91, 108—200. Von älterer Hand doppelt gezählt oder später in alter Zäh­ lung einbegriffen sind: alt 82 (neu 21), alt 91, 98 (neu 34), alt 106 (neu 42), alt 213 und 214, 240. Zwischen alt 201 (neu 44) und 202 (neu 45) ist alt 107 (leer) falsch gebunden. Leer: 5r, 7V, uv, 12V, 22t, 23V, 24t, 27V, alt 89—91, 44V, alt 107, 54V, alt 210—18, 67V, 71V, alt 236—8, 72T, alt 240. Einband modernes braunes Leder. Handschriftlicher Titel 2r: 1560. / Der Cöler verneüt / Wapenbuch. / Vnnd sonnderlich / wirdt mit fleyß die Linnj des Erbarn / Vnnd *) Zum Teil gedruckt von Joh. Mich. Ant. von Welser in: Zeitschrift des Historischen Vereins für Schwaben und Neuburg. 1. Jahrgang, S. 321 ff. *) Vgl. R. Priebsch, Deutsche Handschriften in England. Erlangen 1896—1901, Bd. II, S. 128.

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ir

iv

2X

2v 3r 3V

Ehrnuesten Jheronimussen / Cölers des Elttern, der dann diser / zeyt alhie zu Nürmberg Stat / Richter Ist gesetzt. Per / Memorem [sic]. Farbiges Porträt von Hieronymus Köler dem Aelteren, das ganze Blatt ausfüllend. Es zeigt das Datum 1565 und ist also später in die Hs. hineingekommen. Darun­ ter steht: Herr Hieronymus Cöler Stadtrichter ist den 31. Januarj 1573 gestorben. Schrift des Schreibers Christoph Höflich (vgl. Bl. 46*). Deutsche Verse über die Unzulänglichkeit der Men­ schen. Unbekannte Schrift. Darunter Hieronymus des Aelteren Horoskop aufgeklebt. Wieder andere Hand. (alt 2) Handschriftlicher Titel. S. oben. Große Kalli­ graphische Hand. Deutsche Verse über die Vergänglichkeit alles Irdi­ schen. Kalligraphische Schrift. Kölersches Wappen in Wasserfarben, die ganze Seite ausfüllend (s. Taf. II Abb. 2). Deutsche Verse über die Vergänglichkeit alles Irdi­ schen. Kall. Sehr.

4rv Deutsche Verse über den Richterstand. Kall. Sehr. 5V, 6r Poetische Grabschrift Hieronymus des Aelteren. Kall. Sehr, (vielleicht Christoph Höflichs, wegen der besonders schwarzen Tinte). 6v Ausgeschnittener und aufgeklebter Druck: Trost Spruch / nach Begrebtnuß der verstorbenen / nützlich zu gebrauchen. 7 eingefalztes Doppelblatt. 7r Namenverzeichnis der Knaben, die zugleich mit Johan­ nes Köler (2. Sohn von Hieronymus Köler dem Ael­ teren, s. Stammbaum Nr. 38) am 20. Nov. 1558 zu St. Sebald in Nürnberg konfirmiert wurden. Kall. Sehr, des Johannes Köler. 8 — 9 eingefalztes Doppelblatt. Itinerar der Reise, welche Johannes Köler 1559 im Alter von 15 Jahren in Begleitung des Magisters M. Heling 13*

nach Böhmen, Schlesien, Polen, Preußen, Sachsen, Thü­ ringen und zurück nach Franken machte. Autograph des Johannes. ior (alt 52) Aufgeklebter Holzschnitt, ein von Gott gehal­ tenes Kreuz mit Christus darstellend. Rund herum Verzierung von auf geklebten Papierstreifen. Darüber steht in der gewöhnlichen Schrift von Hieronymus d.Ä.: Erclerung hiegegen / gesetzter Figuren / Zu Niniüe Thobias waß, / gedülttig nach Christlicher maß / viller Christen man da marttern thett / mitt In er groß mittleiden hett / stundtt doch teglich In gleicher gfar / Doch hatt In Gott erRethettett gar. iov—nr (alt 53) Abschrift des von Kaiser Friedrich III. im Jahre 1469 an Nikolaus und Heinrich Köler (Stamm­ baum Nr. 6 und 9) verliehenen Wappenbriefes. Kall. Hand. Mit einer kleinen farbigen Abbildung des Wap­ pens. In G. M. 2910 8r — 9V ist das Bruchstück einer ähnlichen Abschrift desselben Freiheitsbriefes in Hie­ ronymus Kölers des Aelteren Schrift zu finden. I2r (alt 74) Gebet in Versen. Kall. Sehr. 13* (alt 75) Lobgedicht auf den heil. Hieronymus mit der Unterschrift: Hieronymus Cöler der Junnger denn 29 Martii Anno 1563. Wahrscheinlich Kalligraphie von Hieronymus d. J. 13V (alt 74V) bis 26r (alt 87) Lebensbeschreibung von Hie­ ronymus d. Ä. (vgl. Text). In einer guten, fast kalli­ graphischen Kursive geschrieben, die wahrscheinlich dem jüngeren Hieronymus zuzuschreiben ist (vgl. S. 183). Auf Bl. 26r weist Hieronymus d. Ä. auf seine Reise hin: ,,das Alles wirtt zum thayll hernach volgen a folij 93, 94“ = 291-. 15V Zwei aufgeklebte Pestbriefe 1527 für H. Köler und „Johannes Germanus“. 2iv Aufgeklebter Kupferstich des Laubhüttenfestes. 2Öv (alt 87) bis 27* (alt 88) Deutsche Verse „Die siben furtrefflichen Gaben“. Gewöhnliche Schrift des älteren Hieronymus.

197 28rv (alt 92) Deutsches Gedicht über die Schnelligkeit des Todes. Kall. Sehr. 29r (alt 93) Fortsetzung der Lebensbeschreibung von Hie­ ronymus d. Ä., enthaltend die Beschreibung der Welserschen Expedition und die Schilderung der Eingeborenen von Venezuela. Auf 29^ 30V, 31V, 32^, 33™, 34™, 35™, 36rv, 37rv, 38rv, 39^v, 4orv, 41 rv, 43t farbige Bilder, die je eine halbe Seite ausfüllen und die Musterung der Expedition nach Venezuela illustrieren. Kall. Sehr, von 29r an. 42rv eingefalztes Blatt, auf der Rückseite eine Landkarte von Europa und Amerika von Fernando Berteli, mit hand­ schriftlichen Zusätzen, wahrscheinlich von H.Köler d.Ä. In der King’s Library des British Museum befindet sich ein vollständiges Exemplar dieser Karte. Der Katalog gibt das Datum als 1570 (?) an. 43r (alt 106) Fortsetzung der Lebensbeschreibung des alten Hieronymus in kalligraphischer Schrift. 43V Schluß derselben. Darauf ein kurzes Gedicht über die Wunder Gottes. 44r (alt 201) Ein Eintrag von Hieronymus d. J., desgl. von Benedikt, dessen Sohn, über Wolf gang, den jüngsten Sohn des Stadtrichters. Beide Einträge füllen je eine halbe Seite aus. Der obere ist das einzige Stück in dieser Hs., welches in der unverkennbaren Kursive des jüngeren Hieronymus geschrieben ist, die sich auch in dessen Briefen in Nürnberg und in dem Wolfenbüttler Kodex (s. unten S. 200 f.) findet. Unten farbige Wappen von Wolfgang Köler und dessen Frau Katharina, geb. Stöckel. 4^rv — 46r (alt 202) Biographische Notizen über Hierony­ mus d. J. Mit einem langen von Hieronymus d. J. ver­ faßten Gedicht über seine Reisen. Von Benedikt Köler geschrieben. Darunter auf 4Ör (alt 203) die farbigen Wappen von Hieronymus d. J. und dessen zwei Frauen, Magdalena, geb. Mülich, und Katharina, geb. Lebzelter, verw. Pleminger.

Auf 46r hat der Schreiber Christoph Höflich die lateinische Grabschrift Hieronymus des Jüngeren ein­ getragen und Hinweise auf später verloren gegangene Seiten an den Rand geschrieben. 46V (alt 203) bis 66v Autobiographie von Benedikt Köler, von ihm selbst eingetragen. Beschreibung seiner Rei­ sen nach Italien und Palästina. 52 und 53 eingefalztes Doppelblatt, auf den Innenseiten Kupferstich des Pantheons zu Rom. 52r eine Widmung des Blattes von Wolf Münzer von Babenberg *) an Hie­ ronymus den Aelteren. Mit Empfangsbestätigung, von dem Letzteren eingetragen, der auch auf 53V eine „Erklärung“ des Tempels aufgezeichnet hat. 6yr (alt 231) Kurze Biographie und Grabschrift des Bene­ dikt Köler, von Christoph Höflich geschrieben. C8r (alt 232) bis 71* (alt 235) Erklärung der auf 68v und 69V farbig abgebildeten Basaltlöwen; in Hieronymus des Aelteren Hand. 72V Nachschrift von derselben Hand wie iv. 73 — 82 Eingefalzte Blätter mit jüngeren Erklärungen der Basaltlöwen (17. — 18. Jh.). 8yv (alt 241) Fragmentarische Verse auf den Tod. Kall. Sehr. 5. Nürnberg, Germanisches Museum 2909. Wappenbuch des Sebaldus Münsterer, mit genealogischen Notizen über die Köler. Papierhs. 1564. 32 Blätter in Folio. Einband moderne braune Pappe. Keine alte Zählung. Kursivschrift von Hie­ ronymus Köler dem Aelteren. Handschriftlicher Titel ir: 1564 / Ist der Erbar vnd vest / Sebaldüs Münsterer / mein Hieronymus Cöler / besonder Freunthlicher / lieber Schwäger, mitt / dissem seinem Stamen / vnd wappen verzeichnus / von mir vererth per memorj. / *) Vgl. Reicke, Geschichte der Reichsstadt Nbg., S. 585 und 957.

199 Darunter von der Hand Sebaldus Münsterers: Anno dominj 1564 Adj 23 Decem. bracht mir des Herrn Kolers Schreiber diß wappen buch. 6. Nürnberg, Stadtbibliothek Nor. H. 509 (aus ehemals Barbeckschem Besitz). Sammelband, allerlei historische, heraldische, ge­ nealogische und biographische Stücke enthaltend. Papierhs. 1564. 53 Blätter in Folio. Größtenteils von Hieronymus Köler dem Aelteren geschrieben. Einband Pergamentblatt aus einer älteren Hs., schwarz bemalt. Inwen­ dig mit Papier beklebt. Keine alte Zählung. Schlecht gebunden; die meisten Blätter sind lose. Handschriftlicher Titel: 1564 / Mein Hieronymus 1 Cöler / Allerley Sternen, vnd / Wappen sein hier Inen / verzaichnett per memorj / Schrift des älteren Hieronymus. 7. Nürnberg, Staatsav. D-Akte 4912. OrdnungendesMarktesWöhrdbeiNürnb erg. Papierhs. 1550—1684. Von Hieronymus Köler dem Aelteren, Richter zu Wöhrd, 1550 gesammelt (als das Wöhrder Rathaus abgebrannt war). Größtenteils von Schreibern geschrieben; mit einigen Ueberschriften, Korrekturen, Rand­ bemerkungen usw. von Kölers eigener Hand. nr und 2ov das Kölersche Wappen. Mit Nachträgen bis 1684. 8. Nürnberg, Staatsav. S. I. L. 345. Nr. 33. „V e’rzeichnuß En n gelthall Betreffend t.“ Papierakt. 1546. In Hieronymus Kölers des Aelteren Hand. Ein Bericht von Hieronymus Köler, Pfleger zu Engelthal, an den Rat zu Nürnberg über die Verwaltung des Klosters Engelthal.

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II. Franz Köler (Bruder Hieronymus Kölers des Aelteren). 1. Nürnberg, Staatsav. S. I. L. 440. Nr. 38. Brief an den Rat zu Nürnberg vom 30. Januar 1568. Papier. Bittet um das Pflegeramt zu Reicheneck, das er bald darauf erhält. 2. Nürnberg, Staatsav. S. I. L. 440. Nr. 70. B r i e f an den Rat zu Nürnberg vom 3. Januar 1570. Papier. Bittet um Gehaltserhöhung.

III. Hieronymus Köler der Jüngere. 1. Wolfenbüttel Extr. 64. 32 *). S a m m e 1 h s. Luthers Tischreden u. a. Papierhs., von Hieronymus Köler dem Jüngeren gesam­ melt und z, T. geschrieben. Folioband 331l2y^2i1l2 cm. Einband Pergamentblatt eines Lektionars des 14./15. Jahr­ hunderts, inwendig mit deutschen Druckblättern beklebt (Predigten?). 528 gezählte Seiten (— 264 Blätter) und 6 leere Schutzblätter = im ganzen 270 Blätter. Alte Zählung in römischen Ziffern bis 190, von 191 an hat sie Bibliothekar Lauterbach vervollständigt. S. 263/4 ist aus zwei Blättern zusammengeklebt; der Text läuft zusam­ menhängend fort; wohl schon von Hieronymus Köler oder dessen Schreiber geklebt. Es steht aber Geschriebenes auf den Innenseiten, wie man sehen kann, wenn man das Blatt gegen das Licht hält. Lauterbachs Blattzählung erstreckt sich nur auf die rechten Blattseiten, umfaßt also nur die ungeraden Zahlen, während die alte Zählung jede Seite berücksichtigt. Der Inhalt ist recht kraus; der Band enthält eine lat. Weltchronik, die Tischreden Luthers (S. 71—243), ärztliche Rezepte, Briefe, Grabinschriften, Reisebeschreibungen usw. S. 328 ff. Reise 1563 des Hieronymus Köler mit Johann Gedelmann aus Germershausen nach München. *) Vgl. Milchsack, Gesammelte Aufsätze, S. 211 ff.

201

S. 376 ff. Reise 1565 von Nürnberg nach Tübingen. S,. 381 ff. Reise 1565 von Tübingen nach Straßburg. S. 393 ff. Desgl. 2. B r i e f e im Städt. Archiv, jetzt in der Stadtbibliothek Nürnberg, von Hieronymus Köler dem Jüngeren an seinen Vater. (Genealogica: Coler). ir Lauingen 24. 2. 1566 (deutsch). 5t Lat. Original des vorigen Briefes. 8r Wittenberg 5. 11. 1560 (lat.). 9r Tübingen 1. 9. 1565 (lat.), iorv Lateinisches Gedicht, nr Lauingen 20. 3. 1566 (lat.). 141* Ebd. 2. 3. 1566 (lat.). 3. London, British Museum Egerton 11841). Stammbuch Kölers. Dieses enthält wundervolle farbige Wappen und eine große Anzahl Unterschriften von gelehrten und berühmten Leuten, wie z. B. Graf Nicolaus Radziwyl, Wolf Müntzer von Babenberg, Joh. Neudörfer d. J., Georg Roggenbach 2) und vieler Nürnberger und an­ derer Patrizier. Die Einträge sind in Wittenberg (1561—2), Nürnberg und Ingolstadt (1563), Tübingen (1565—5), Straßburg und Baden (1565), Augsburg (1566), Speyer (1566—70), Nürnberg (1571—2) und Wien (1572—3) ge­ macht worden. Dieses Stammbuch enthält die Album­ blätter mehrerer Familienmitglieder, wie z. B. i6v des Vaters, des älteren Hieronymus (1563) 3), 5ÖV des Onkels Franz (1571) und des Bruders Johannes (1563). 4. Albumblätter. B. M. Egerton 1181 30V 8. 8. 1559 (Stammbuch Joh. Klarners). Ebd. 1191 84r 6. 10. 1579 (Stammbuch Siegm,. Oertels). Ebd. 1192 i2r 27. 10. 1579 (Stammbuch Paul Behaims). *) Vgl. Max Rosenheim, Archeologia, Vol. LXII. 1910. p. 263. 2) S. oben S. 169. 3) S. Taf. II Abb. 1.

202

5- Testament. Nbg. Staatsav. Nürnberger Testamente Nr. 1254. 27. 4. 1613. V. Benedikt Köler. 1. B'. M. Add. 15217, 44r Zeile 12 — 45V; 46V — 66v. Reisen nach Italien und Palästina bung dieser Hs. auf S. 194 ff.).

(vgl. Beschrei­

2. Hs. in der Stadtbibliothek Nürnberg (Gen. Cöler, Fasz. 5). Konzept der Reise nach Palästina. Kein Einband. Fragmentarisch. 24 Blätter in Kleinfolio. 3. Nürnberg, Staatsav. D. 18/14. Kalligraphische Hs. Höhe 16 cm, Breite 20 cm. Einband Leder mit Goldverzierung. Am 30. 10. 1627 von Benedikt Köler dem Rat zu Nürnberg verehrt. Papier und Pergament. Fromme Sentenzen auf deutsch, lateinisch, französisch, englisch, holländisch, italienisch, spanisch, griechisch, chaldäisch, russisch und arabisch. Mit drei guten Federzeichnungen. 4. Nürnberg, Stadtbibi., Amberger Ms. 25. 4 °. Kalligraphische Hs. Sechs pergamentene Blät­ ter; wovon drei beschrieben sind. 1603 von Benedikt Köler an Christoph Fürer verehrt. Auf deutsch, lateinisch und hebräisch. 5. London, British Museum Egerton 1231. Stammbuch Benedikts. Nur wenige Einträge ; mehrere wahrscheinlich von Benedikt selbst gemachte Feder­ zeichnungen. 6. Albumblatt : B. M. Egerton 1225, 49r (Stammbuch J. T. Oertels) 12. 3. 1610. 7. Nürnberg, Germanisches Museum 2910a. Handschriftlicher Titel auf altem Vorderschutzblatt. Hiebey ist verzeichnet was das Geschlecht der Koler in Nürnberg in verschiedenen Kirchen gestiftet hat.

203

Diese Hs. enthält 26 Abbildungen in Wasserfarben der verschiedenen Fenster, welche die Köler in Nürnberger Kir­ chen gestiftet hatten. Von diesen sind nur zwei erhalten: eins in der Lorenzkirche, das andere in der Bartholomäus­ kirche zu Wöhrd. Papierhs. 26 Blätter in Großfolio. Ver­ schiedene Ueberschriften usw. sind in Benedikt Kölers Hand. Es ist ganz gut möglich, daß er die ganze Hs. an­ gefertigt hat. 8. Briefe im Städt. Archiv Nürnberg (Y 855). a) Venedig 1. 6. 1607. Ital. An seinen Schwager Marcus Christoph Gugel. b) Nürnberg 17. 10. 1622. Deutsch. An den Bischof vor! Bamberg? c) Ebd. 7. 5. 1628,. Deutsch. Zwei Fassungen.

An den Rat zu Nürnberg.

d) Ebd. 6. 9. 1630. Deutsch. An den Bischof von Mainz (von einem anderen geschrieben und von Benedikt Köler unterzeichnet). e) Ebd. 20. 3. 1632. Deutsch. von Schweden (Konzept).

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An König Gustav Adolf

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3- Der Text. Der Text ist auf eine solche Weise hergestellt worden, daß er ein möglichst zusammenhängendes Bild darbietet. Zu diesem Zweck war es nötig, einen Abschnitt aus einer Handschrift auf ein Stück aus einer anderen Handschrift folgen zu lassen. Die eigent­ liche Grundlage bildet die Handschrift G. M. 2910, und nur der Teil der Autobiographie, der auch in der Handschrift B. M. Add. 15 217 vorkommt, ist wegen seiner größeren Ausführlichkeit und seines sorgfältigeren Stiles aus der letzteren genommen. Wo G. M. 2910 oder B. M. Add. 15 217 Lücken aufweisen, sind sie, wenn es irgend möglich war, aus anderen Handschriften ergänzt worden; wo auch diese versagen, steht das Fehlende, wenn es aus anderen Quellen zu ermitteln war, in den Fußnoten. Der Text ist nicht in der ursprünglichen Orthographie ab­ gedruckt, da dieselbe im höchsten Grad unsystematisch und ver­ worren ist. Hier sei nur auf die folgenden Aenderungen aufmerk­ sam gemacht: 1. Die Konsonantengemination, soweit sie für die Aussprache ohne Bedeutung ist, sowie überflüssige Konsonanten sind gestri­ chen worden. 2. Konsonantisches u wird v geschrieben, vokalisches v dagegen u. 3. Die bloßen Vokalzeichen fallen weg, wo sie nicht lautliche Bedeutung haben. Z. B. statt mütter, jünckfraw, leütten steht mutter, junkfrau, leuten. 4. Wörter, die heute ein Wort bilden, werden zusammen­ geschrieben, andererseits nicht zusammengehörende getrennt. 5. Große Buchstaben werden nur am Anfänge des Satzes und bei Eigennamen gesetzt. 6. Eigennamen sind immer buchstäblich genau wiedergegeben mit Ausnahme der häufig wiederkehrenden bekannten Länder- und Völker-, der geläufigen Patriziernamen usw. Für diese wurde in der Regel die auch sonst hier geübte Schreibung angewendet. 7. Die Interpunktion ist so viel wie möglich der modernen angepaßt worden.

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[G. M. 2910. Fol. 2r] In dem namen der heiligen*) unzertrenlichen dryvaltigkayt, Gott des vaters, Gott des sons und heyligen gaysts. Amen. Nachdem der erbar Conrad Hallerla), mein lieber herr Schwa­ ger, vor wening wochen der Köler gedechtnus und wappen neben mer alten erbarn geschlechten und wappen in ein buch verfasset und dasselbige den f[ürsichtigen], e[rbern] und w[eisen] herren Cristoffen Tetzein *2) und Linhart Tüchern 3) (als diser zeit losungherren) in die losungstuben überantwortet hat, demnach ich Jeronimus Köler als noch in leben, der virt dises namens, verursachet bin, [daßich,] vil brieflicher urkunt inhendig, daraus4) genomen hab, uns [2V] gegenwertigen und hernachkomenden Kölern zu einem trost und erinerung, das, so unsere vorfaren (Gott hab lob) erbarlichen und wol gehandlet haben, wir auch iren guten ebenbilden nachvolgen sollen, dadurch wir nicht allein hie vor der menschen gedechtnus wirdig einzeschreiben erfunden, sondern auch vor gott in das buch des lebens. Dan wir haben ye auf diser weit nichts bessers dan ein gut gerücht, so wir lang leben hie. In diser bösen, valschen, arglistigen, zergenklichen weit, das wol ein tal des elends, jamers und der zecher5) genant mag werden, haben wir nichts anderst dan unruche. Es ist imer anfechtung da, iegliches haben wir mit Versuchung, trübseligkayt, angst und not zu streiten. In somma, nichts gewissers dan den tod, widerumb nichts ungewissers dan die stund desselbigen. [3r, alt 1] Wir sind all wie das heu und blumen auf dem feld, so heut grünen und morgen ver­ dorren6). Derhalben wol vonnöten, ein yeder mensch recht und wol tue, auf sich selbs sech und acht hab, dan wol dem, so obsiget und mit freuden das end erreichet, nach dem unsere vorfaren gerungen, deren ich etlich hernach anzeigen wird, so von diser weit abgescheiden und vor lang entschlafen seind, nun ruchen in *0 Hs.: herlligen! la) Konrad Haller lebte 1464—1545 (Biedermann Geschlechts­ register Tab. CII A). Er war der Verfasser des oben genannten großen Geschlechterbuches (Hallerbuch), das mit wundervoll ge­ malten Wappen ausgestattet ist (Nürnberg, Bayer. Staatsav. Hs. 151). Eine Abschrift des Abschnittes aus dem Hallerbuch über die Kölerfamilie, von unbekannter Hand geschrieben, befindet sich in der Hs. G. M. 2908, 31vff. 2) Christoph Tetzel kam 1515 in den Rat, wurde 1530 Losunger und starb 1544. Im Jahre 1529 vertraten er, Christoph Kreß und Bernhard Paumgartner die Stadt Nürnberg auf dem Reichstag zu Speyer (Reicke, Gesch. d. Reichsstadt Nbg., S. 858). 3) Lienhart Tücher (ADB. 38, S. 770), Sohn von Anton Tücher, dem Verfasser des Haushaltbuches. * 10. 2. 1487, t 1568. Wurde 1536 Losunger und 1544 erster Losunger. 4) D. h. aus den Urkunden, die sicher ein kleines Familien­ archiv ausmachten. 5) Zähre, mhd. zäher, zeher. (Grimm, DWB. XV 190.) 6) Evang. Matth. 6, 30.

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dem herren, zu erwarten die aufersteung der toten und ein ewiges leben. Amen. Diejenigen aber, so vor dissen gelebet, der hab ich dissmals noch kein erfarung. Dan in denselbigen Zeiten etwan vil emporungen und aufruchen A) gewesen, und vil der alten brief und bücher umbkomen, als sonderlich im 1105. jar*2) beschehen3), [3V] derhalben ichs Gott dem herren bevelich, der wolle inn [ihnen] und uns allen genedig und barmhertzig sein. Amen. Ferner, dieweiln man die alten erbarn geschlecht4) vor äugen erhebt, handhabt und in erhen erhalten tut, kompt daher, do Gott der herr spricht (Exod. 20) 5): Ich bin der herr dein Gott, der über die, so mich hassen, die sünde der vetter heimsucht an den kindern bis ins dritte und virde gelid, aber denen, so mich lieben und meine gepotte halten, thue ich woll in taussendt gelid. In dissen Worten wir genügsam zu versten haben den willen und wolgefallen Gottes, in zechen gebotten uns fürgepildtet und geschriben, nemlich, das die frumen und gehorsamen haben den segen, das sy lang in guter ruche leben und irer kinds kinder sechen, wie gesagt, ins dritte und virde gelid, wie man dan auch erferet, das so feine alte geschlecht sind.............. 6). [4r, alt 3]

Inhalt seines geschefts 7) a° 1432.

Heinrich Köler der eher8) hett zu der ehe die Kunügünd Entzengerin. Nach gemelter Entzengerin abgang hett er zu der andern ehe ein Krentzin. Erzeugt vier sonn und zwo thechter mit namen Sebold, Elspetta, Hanns, Katherina, Nicklas und Hein­ rich9). Disser Köler hett bey dem addel gros gunst und freyheit10), auch vil manlechen n), so nach seinem tod auf seine erben geraicht. Er hat auch ein gute somma geltzs alhie ins Carteusser A) So Hs. 2) 1105 Kampf um Nürnberg zwischen Heinrich IV. und seinem Sohne, dem späteren Kaiser Heinrich V. Nürnberg war damals noch keine richtige Stadt, sondern höchstens eine An­ siedelung bei der schon bestehenden Burg (vgl. Reicke, Gesch. d. Reichsst. Nbg. S. 25 ff.). 3) Hs.: besthehen. Vgl. beschehen, B. M. Add. 15217, i3v. 4) Hieronymus Köler meint hier natürlich nicht nur die Patrizier, sondern auch die nicht ratsfähigen „ehrbaren“ Familien, zu denen die Köler gehörten. 5) Dies steht in der Hs. am Rande. 6) Blatt alt 2 fehlt. 7) Geschäft = Testament (Grimm, DWB. Bd. IV, 1, 2, Sp. 3817). Köler hat ersichtlich erstklassige Quellen gehabt, denn er hat die Urkunden entweder abgeschrieben oder ausgezogen. 8) S. unten Stammbaum Nr. 1. 9) Was Hieronymus über Sebald, Elsbeth, Hans und Katha­ rina gewußt hat, wird er auf den fehlenden Blättern 4, 5 und 6 gebracht haben, denn 5r (alt 7) fährt er mit Nicklas fort. 10) Freiheit = licentia im guten Sinne, e^ovoia, privilegium (Grimm DWB. Bd. IV, 1, 1, Sp. 112). u) Vgl. Bamberg Bischöfliche Lehenbücher. Heinrich der Aeltere war der erste Köler, der vom Bischof von Bamberg belehnt wurde. 1423 kaufte er eine große Anzahl Lehen von Hermann

207 closter verstift1), zu bauen und anderer nottdurft, nemblich schickt er yedem mtinch ein mas weins und ein stück vischs und ließ im creutzsgang machen achtzechen schweynpogen2) mit iren fenstern3). Mit seiner behausung hat er gewönnet hie neben Sant Lorentzen pfarrhoff, so yetzo Sebastian Kamerer innen hat. In­ halt seines gescheftbriefs, des datum a° 1432. Ist begraben mit etlichen seinen kindern in Sanct Lorentzen kirchoff, zunegst der ehetür. Gott genad inen und uns allen in ewigkayt. Amen4). [5r, alt 7} Nicklas KÖler5), vorgemelter Sebolt, Elspetha, Hanssen und Katherina der Kölern bruder, hett zu der ehe Frantzen Stromers tochter, Anna6) genant, welche dan war von irer mutter ein Schoperin 7), die hett siben brüder und ein Schwe­ ster. Ir vatter ist des ratz gewessen, ein alter herr8). Disser Köler erzeugt mit gedachter seiner hausfrauen der Stromerin sechs sonn und drey tochter. Die zwen sonn als Jabriell und Anthonius seind in einem sterben zu Bamberg gestorben, als man zalt 14629) in des heiligen creutzs wochen, und ligen begraben in Unser Lieben Frauen pfarrkirchen an der linken abseiten des cors, bey der ehethür10). So hieß auch seiner sonn einer Seboldt Hetzelsdörfer und wurde zum ersten Male am 21. 12. 1423 mit ihnen belehnt. Diese Lehen sind bis zum Aussterben des Ge­ schlechts von Vater auf Sohn übergegangen und später in die Hände der Gugel geraten. (Marcus Christoph Gugel war der Schwager Benedikts, des letzten Kölers.) *) Vgl. Andreas Würfel, Beschreibung des Karthäuserklosters zu Nbg., S. 52; Roth, die Karthause zu Nbg., S. 106. 2) Schwibbogen. (Goetze, Frühneuhochdeutsches Glossar nur: schwinboge.) *) Das Karthäuserkloster ist jetzt ein Teil des Germanischen Museums. Im Kreuzgang des alten Klosters sind noch zwei alte Kölersche Wappen zu sehen. In der Hs. G. M. 2910a sind auch die Wappen im Karthäuserkloster abgebildet, und es scheint, als wenn die beiden übriggebliebenen Wappen noch am ursprünglichen Orte hingen. 4) In der Hs. folgt ein historischer Abschnitt über Karl IV., der wahrscheinlich aus irgend einer Chronik abgeschrieben ist, ob­ gleich ich die Quelle noch nicht habe auffinden können. Auffällig ist, daß er mit „In disser zeit a° 1355 . . .“ anfängt und daß eine leider unzuverlässige Genealogie (Imhoffsehe Gen. im Staatsav.) das Jahr 1355 als das Sterbedatum eines Hans Kölers angibt, dessen Frauen'jedoch mit denen dieses Heinrichs übereinstimmen. Nach des Hieronymus Aussagen könnte es eher das Geburtsjahr sein. Zwischen neu 4 und 5 fehlen alt 4, 5 und 6. 5) Vgl. Stammbaum Nr. 6. 6) Die Heirat fand 1439 statt. Siehe Stammbaum und Anm. dazu. 7) Im Text steht Pemerin; Köler hat dies später unterstrichen und das richtige „Schoperin" an den Rand gesetzt. 8) Franz Stromer war 1409—1415 Alter Genannter des Rats. Alter Herr ist aber gewöhnlich die Bezeichnung eines der Herren Aelteren. 9) Im Jahre 1462 herrschte in Nürnberg eine • Epidemie, die sich wohl bis Bamberg ausgebreitet haben wird (vgl. Chron. d. deutschen Städte 10 (Nbg. 4), S. 281, und Reicke, S. 582). 10) Von dem Grabe scheinen keine Spuren mehr übrig zu seip.

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und ein tochter Anna. Der andern kinder1) [5V] namen, der weis ich nit. Disser Köler hett gros freyheit2), lieb und gunst bey kaisser, könig, fürsten und herren (wie dann hernach in copia der Köler verneutem wappenbrief3) und in ander mer briefen und guten urkunden besser mag verstanden werden). Er ist ein bauher alhie oder pfleger über weg und Steg4) gewessen, des zu gedechtnus er dan vor dem Spittlertor, vor Sanct Rochius kirchoff ein pfeiler5) hat setzen lassen, so noch vor äugen stett. Mer so hat mir Conrad Haller6) für war gesagt, wie das er als ein schöpf im Stattgericht7) mit ime gesessen sey, und in anderm erlichen ton vil umb ine gewessen. Mer so hat er vil alhie in die Cartaus gestift, jarteg, sellmes und anders, soll jerlich im Augusto gehal­ ten werden. In somma, er sambt andern Kölern gaben über die dreytaussend gülden wert in gemelter [6r, alt 8] Cartaus verbaut und verstift. So hat er auch hie in Sant Lorentzen kirchen ein schwimpogen mit fenstern machen lassen, stett ober der saccrastey8). Ittem ein pfrünt in gemelter pfarrkirchen zu Sanct Nicklas altar gehörig9). Darvon hat mir Brigitta Conrad Wald­ stromerin 10) für war angezeigt, wie das ir bruder Hector Pemer, brobst zu Sanct Lorentzen11), aus seinem orionablio [horarium?] er­ funden, das a° 1460 disser Nicklas Köler (dieweil er auch etwan kirchenherr12) über gemelte pfarr gewesen) neben und mit Hanssen D Im unteren Rande dieser Seite steht „1422, 1438 und 1459 gelebt“. Dies bezieht sich wohl auf Niklas; es ist möglich, daß die beiden letzten Daten aus Urkunden stammen, die Niklas besiegelt hat. 2) Vgl. S. 206, Anm. 10. 3) Vgl. oben S. 196. 4) Im Aemterbuch von 1463 ist er unter den Bauleuten ver­ zeichnet. Die Worte „oder pfleger über weg und Steg“ stehen bei Köler am Rande. ö) Dieser Pfeiler ist nicht mehr vorhanden. 6) Vgl. oben S. 205. 7) Niklas Köler war 1476—96 Schöffe am Bauerngericht und nicht am Stadtgericht (Aemterbüchlein). Er wird jedoch als Ab­ geordneter des Bauerngerichtes am Stadtgericht gesessen haben. Vgl. Sander I, S. 208 ff. 8) Das Fenster befindet sich jetzt im mittleren Chorfenster und besteht aus dem Kölerschen Wappen, einem halben Adler als Helmzier und dem Stromerschen Wappen. In der Hs. G. M. 2910 a (vgl. oben S. 202) ist eine Abbildung des Fensters in seiner ur­ sprünglichen Gestalt zu finden. 9) Dieser Satz bezieht sich auf die folgenden Sätze, denn nicht Niklas Köler, sondern Agnes Gösweinin stiftete den Altar im Jahre 1417. Vgl. Würfel Dipt. Laur. S. 12. 10) Schwiegermutter von Hieronymus Köler dem Aelteren (dem Verfasser), Mutter von Birgitta Groland. Vgl. den Stamm­ baum. n) Vgl. Will-Nopitsch, Nürnberger Gelehrtenlexikon III 206; Würfel Dipt. Laur. S. 38. Pömer starb 1545. 12) Vgl. Würfel Dipt. Laur. S. 50: 1452—64 Nicolaus Köhler unter den • Kirchenmeistern verzeichnet.

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Müllnern weylandt der alten Gösweinin Vormundschaft*) gehabt, welche Gösweinin dan neben den Heslein an irem namen und von irendwegen Sanct Nicklas altar gestiftet, und die pfrünt darzu, auf welcher yetzt Johan Püffell viccari*2) wonet und innen hat, der Köler aber dieselben mermals [6V] auf sein kosten bauen und besser[n] lassen, des zu gedechtnus noch sein wappen alda am altar und pfrünthaus 3) sten. Hat auch also disse pfrünt als kirchenherr zu verleichen gehabt. Nach mergedachts Kölers abgang hat meines vaters Hanssen Kölers bruder, Jörg Köler genant, disen altar auf sein selbst kostung neu machen lassen und den alten gen Sant Petter in siechtgraben4) setzen. Mer ein altar in Sanct Nicklas cappellen hat Nicklas Köler machen lassen, alda er conterfeit sambt seiner hausfrauen und kinden stet, ist Sanct Alexius altar5).6 Mer da außen zu Sanct Jobst8) etliche stuel und anders. Und zu Ottenssos 7) in der kirchen die rechte abseite mit den fen­ stern, meßgewanden und Ornaten8). Er ligt begraben mit etlich der seinen in Sanct Lorentzen kirchof. Requiescant in pace. [7r, alt 9] Mer zu gedechtnus hernach genanter geschwisterigit, ir Schwester ein Kölerin, deren namen ich nit weis, hat Nicklas Köler und sein hausfrau erzeuget. Ist jung gestorben, setzs ich dis volgend schiitlein ir zur gedechtnus. Gott sey ir und uns allen genedig und barmhertzig. Amen. 1461.9) 0 Vgl. Staatsav. Nbg. Stadt- und Landalmosenamt, Urkunde Nr. 126, 23. 7. 1461. Niklas Köler tritt mit Hans Müller als Testamentsvollstrecker von Agnes Gösweinin auf. 2) Bei Würfel nicht zu finden. 3) Das Wappen ist am Altar nicht mehr zu sehen. Das „Pfrünthaus“ steht auch nicht mehr. 4) Vgl. Reicke S. 171. Dies ist die noch erhaltene Peters­ kirche. Der Niklasaltar existiert nicht mehr. 5) Die ehemalige Nikolauskapelle gehörte dem Kloster Heils­ bronn und befand sich zwischen der Lorenzkirche und der Findel. Heute steht die Bayerische Staatsbank an der Stelle (vgl. Würfel, Beschreibung der übrigen Kirchen, Klöster und Capellen in Nürn­ berg, S. 156 f.). Ueber den Alexiusaltar ist nichts überliefert. 6) Diese Kapelle (erbaut 1451) liegt an der Straße nach Erlenstegen beim Ostbahnhof. Sie hat heute einen eigenen Pfarrer. 7) In Ottensoß lag ein Teil der Kölerschen Lehensgüter. 8) Der Enkel des Hieronymus, Benedikt, hat später an den unteren Rand geschrieben: „Mer zu Fürttht in der kirchen neben dem koraltar ein Fenster auf der rechten seiten hinauf machen lassen, wie dan dasselbig wappen alda zeigt“. In Fürth ist übrigens weder Fenster noch Wappen mehr zu finden. 9) Hier folgt das Kölersche Wappen. Dann wieder ein historischer Exkurs aus dem Jahre 1426 über ein Gefecht in einem Kloster in Prag. Darauf fehlen aus der alten Zählung 4 Blätter, 10—13. 8r (alt 14) enthält das Bruchstück einer Abschrift des Wappenbriefes aus dem Jahre 1469. In B. M. Add. 15217, iov ist eine vollständige Abschrift in schöner kalligraphischer Schrift erhalten. Die Köler haben jedoch schon vor diesem Freiheits­ brief das Wappen gebraucht, wie eine von Niklas besiegelte im Frhr. von Tucherschen Familienarchiv befindliche Urkunde vom Jahre 1457 beweist. Vgl. Abschrift derselben in Chron. d. d. St. 10, S. 37. Vgl. auch Siebmachers Wappenbuch Bd. VI, 1, 1, S. 77, Taf. 77 und die hier beigegebene Tafel II Abb. 2. 14



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[9V] Heinrich Köler1). vorgemeltes Sebalt, Elspeth, Hanns, Katherina, Nicklas, der Köler bruder, hett zu der ehe (inhalt des heyratsbriefs a° 1455) 2) Margaretha Orttolffin, und erzeugt mit ir kein kint. Nach irem tod nam er zu der andern ehe (inhalt des heyratsbriefs a° 1459) 2) Barbara, Hanssen Preglers tochter, er­ zeugt mit ir Hanns, [ior] Ursulla, Jabriell, Elspetha, Barbara, jorg, wie volgend angezeigt wirt. Disser Heinrich Köler, nach­ dem er erstlichen nach absterben seiner eitern durch Conrad Bamberger als seiner vormünden einer zu Hanssen Mügenhoffer und Heinrich Orttll in handel gekomen und zu inen par eylfhundert gülden reinischs3) gebracht, hat er zu seiner gelegner zeit von inen zu seinem schweger und schwegern den Orttolffen gestehet;,a). Als er nu zu inen gekomen und mit inen in Itallia und Franckreich gehandelt4)* hat, ist sein hausfrau, so ein Orttolffin gewessen, ge­ storben a° 1458 am freitag nach dem obersten6), ist begraben bey iren vorfarn und eitern alhie zu dem heiligen gaist in der Spittall­ kirchen, an der linken seiten gegen dem predigstul über, alda Heinrich Köler, ir hauswirt, zur gedechtnus ir ein taffel an ein pfeiler hat henken lasset), so noch vor äugen ist6). Hernachwarzs ist Heinrich Köler mit den Orttolffen [iov] in uneinigkait körnen, haben lang gegeneinander vor rat und gericht gestanden, bis zeletzt auch vorm kaiserlichen kamergericht und kaiser selbs perschönlich; in dem aber Heinrich Köler allezeit abgelegen6a) und in somma hat noch über alles gewonnen, das ime die Orttolffischen unkost und schadengeltzs [in] allem haben zallen oder gut hann [haben] müssen, ftinfhalbhunaert gülden reinischs7). *) Vgl. Stammbaum Nr. 9 und G. M. 2910, 68r: „Heinrich Cöler, mein Jheronimussen Colers anherr, hat gelebt vor dem 1455 und etlich jar hernach. Inhalt zweyer heyratsbrief. Sein mutter was von irem vater ein Krentzerin von Cöln am Heyn. Er aber hat zwey weyber gehabt, die erste ein Orthtolffin mit dem schilt der dreyen gejben lilligen. Deren mutter von irem vater was ein Finckin von Anelspach (vgl. S. 211, wo die Finckin als Mutter von Barbara Pregler angeführt wird), und kein kint mit ir erzeugt hat. Nach absterben aber diser hat er ein Preglerin gehabt. Deren mutter vom vater was ein Lochnerin, von diser kompt mein eheleiplicher vater Hanns Cöler, wie dan soliche geschichten in meinem verzeichneten wapenbuch (vielleicht die jetzt fehlenden Blätter von B. M. Add. 15217) etwas weitleuftiger und hievor und nach lengs ze finden ist. Zur gedechtnus hab ich die wappen in meinem gesangbuchlein No. 1 setzen lassen“. *) Diese Daten sind sicher zuverlässig, da Hieronymus sie aus den Ehekontrakten abgeschrieben hat. 3) Ein fl. rh. = etwa 7 RM. ?a) D. h. er ist in das Ortolfsche Handelsgeschäft eingetreten. 4) Vgl. S. 252 ff. (Itinerar einer seiner Reisen). ö) 13. Januar 1458. 6) Die Tafel ist nicht mehr vorhanden. Sie wird in verschie­ denen Wappen- und Geschlechtsbüchern erwähnt. Würfel, Dipt. eccl. ad Spiritum Sanctum, S. 8, gibt eine Abschrift der Tafel: A. Dni. 1459 (er ist der Einzige, der statt 1458 das Jahr 1459 angibt) am Freitag nach Obersten starb Margareth Hainrich Rölerim der Gott gnädig sey. 4 **) obgelegen, obgesiegt. *) Von diesem Prozeß sind in Nürnberg keine Akten mehr zu

ZI I

. , . [nr, alt 19A) ] seiner geschwisterigit*2) und disser zeit seines geschlechts und namens a° 1538 noch in leben, der Wirt mit seinen weiben und kindern hernach zuletzt disses buchs a foly 22 gesetzt. Dan nachdem vorgemelt Barbara Hanns Preglerin von irer mutter ein Finckin3) gewessen ist, von welchen Fincken der Köler eckbehaussung alhie in Nürmberg in Sant Lorentzen pfarr, am Fleischsprücken und Pegnitzs gelegen4), erblichen herkomen, und iiachvolgentzs auf ire erben geraicht ist, so ist ir vatter Hanns Pregler des alten Linhart Preglers seligen, so zu Eger im Barftissercloster und creutzsgang begraben ligt, nahend plutfreunt gewessen. Sein hausfrau hat Clara geheißen. An irer hochzeit haben sy zum kirchgang zwen Fürsten5) gefürt. Sy ward von irem vatter ein [nv] Lochnerirt und von irer mutter ein Pitckämerin, Welche sambt irem hauswirt Linhart Pregler erzeugt ein sonn mit namen Jacobus Pregler, so noch vor äugen und in leben ist, der Köler vetter und guter freunt, er aber nu alt und seine verlebte tag ungeheyrat und vil jar im Barfüsserorden alhie zugebracht. A° 1468 hat er die ersten weihe empfangen und ist geborn a° 1457 adi 2. Aprillo im Zeichen leonis, und im plannetten Venus6). Ist nun ein ser gut, alt, frum und gotzsvörchtig man, derhalben ime Gott der almechtig in genaden erhalten wird, sellig von disser weit abzuscheiden. Amen.7) [i2r] 1456. Ursula Kölerin8),* vorgemeltes Heinrich Kölers und seiner hausfrauen tochter, die und hernach ir Schwester Elspetha °) künden wol der schönsten deppeccerey wtirken. Sy ist ungeheyrat beliben und verschiden. Gott genad der seien. Amen.10) Steffan Köler11) hat gelebt a° 1477. Inhalt eines briefs Nr. i7. finden. Hier folgt das Bruchstück eines historischen Abschnittes aus dem Jahre 1477 über den Herzog von Burgund. A) ßiatt alt 17 und 18 fehlen. 2) Das Bruchstück bezieht sich vielleicht auf Hans, des Hie­ ronymus Vater, sicher ist es jedoch nicht, da das am Ende des Satzes genannte Blatt 22 auch fehlt. 3) Auf Bl. 68r sagt er, daß die Finkin die Mutter der Ortolfin gewesen sei. 4) Vgl. Taf. VI. Das Haus ist jedoch restauriert. Alte Kupferstiche weisen Wassergänge auf, die seitdem zugebaut wor­ den sind; auch die Dachfenster sind neu. 5) Fürsten = principes oder Männer namens Fürst? Das letztere ist wahrscheinlicher. ®) Würfel hat beim Barfüßerkloster keine Liste von Ordens-^ Personen. 7) Hier folgt ein historischer Abschnitt aus dem J. 1457. 8) Vgl. Stammbaum Nr. 22. 8) Ebd. Nr. 24. 10) Hierauf das Kölersche Wappen. Es ist nicht sicher, ob das Jahr 1456 am Anfang und die folgenden Jahreszahlen am Ende der biographischen Notizen Geburts- oder Todesjahre darstellen sollen. Bei Georg kann weder das eine noch das andere der Fall sein, da er 1500 sein Testament machte, wie oben erwähnt wird. u) Dieser Steffan ist sicher ein Patrizier. Er ist mit diesen Kölem nicht in genealogischen Zusammenhang zu bringen, wäh­ rend es bei den €olern gen. Forstmeister mehrere Stephan gegeben hat. t; . ? j , : ■ v : 14*

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[i2v] Jabriell Köler1)* gemelter Ursula Kölerin bruder, ist ungeheirat beliben und verschiden. Gott genad der seien. Amen. 1466.2) Elspetha Kölerin3), gemelter Ursula, Jabriell der Kölern Schwester, ist ungeheyrat beliben und verschiden. Gott genad der seien. Amen. 1468.2) [i3r] Barbara Kölerin4), gemelter Ursula, Jabriell, Elspetha der Kölerin Schwester, ist in irer kintheit verschiden. Gott gnad der seien. Amen. 1476. 2) Jörg Köler6), gemelter Ursula, Jabriell, Elspetha, Barbara der Kölern bruder, hat alhie in Sanct Lorentzen pfarrkirchen an der linken abseiten Sanct Nicklas altar von neuem machen lassen und geziret mit messen und anders. Ist ungeheyrat beliben und verschiden. Gott genad der seien. Amen. 1496. 2) Inhalt seines geschefts a° 1500. [i3v] Hanns Köler6), gemelter Ursula, Jabriell, Elspetha, Barbara, Jörg der Köler bruder, hett zu der ehe Sigmund Egenbürgers tochter genant Margarettha, geporn in Ofen aus Ungern, hat alda mit ir Hanns Köler etlich jar gewont und bürger gewest. Erzeugt mit ir zwen son, Frantzs 7), der starb in seiner jugend zu Ofen, alda er begraben. Steffan7) erzeugt er hie in Nürmberg, alda er auch gestorben. Hernachmals hett er alhie zu der andern ehe Agnes, Conrad Ebers tochter, welcher Bischof Ruprechts zu Saltzsburg müntzsmaister gewest ist8). Mit der erzeugt er sechs kint, Jeronimus9), Margaretha, Frantzs, Hanns, Jörg, Barbara10), wie dan zu gedechtnus irer hernach volgt. In der zeit als Hanns Köler obgemelt geporen a° 1463, da ward angefangen die hochschuel zu Freyburg im Preysgaw, und hernach hett die hochschul zu Bassell angefangen, als man in der cronika findt11). Hanns D Vgl. Stammbaum Nr. 23. 2) Siehe Anm. 10) der vorhergehenden Seite. 3) Vgl. Stammbaum Nr. 24. 4) Ebd. Nr. 25. 5) Ebd. Nr. 26. 6) Vgl. Fol. 68v derselben Hs.: „1539. Hanns Cöler, mein Jheronimussen Cölers eheleiplicher vater, hat gelebt vor dem 1539 Jar* Sein mutter was von irem vater ein Preglerin. Er aber hat zwey weyber gehabt, die erst aus Sibenburgen, mit der er zu Ofen heuslich gesessen. Die was von irem vater ein Egenburgerin, mit dem schilt der egen (= Egge; vgl. Goetze). Deren mutter auch was ein geborne Ungerin, mit der dryfeltigen rutenstauden. Und nach irem absterben hat er ein Eberin von irem vater (als muntzsmayster zu Salzburg) tochter gehabt. Deren mutter was vom vater ein Hannpachin mit der reben bezeichnet. Von diser kome ich obgemelter Jheronimus Cöler (Gott hab lob) her“. 7) Vgl. Stammbaum Nr. 28 und 29. 8) Am Rande steht Hempach. Vgl. Anm. 6). 9) Der Verfasser dieses Textes. 10) Vgl. Stammbaum Nr. 30—35. n) Die Universität Freiburg wurde 1457, die zu Basel 1460 gegründet. Die „cronika“ ist noch nicht nachweisbar. Es ist jeden­ falls wahrscheinlich, daß Hieronymus alle vorhergehenden histo­ rischen Abschnitte aus dieser „cronika“ abgeschrieben hat.

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Cöler ist in Gott verschiden adi 15. Jennero a° 39, als er 76 jar alt ward. Requiescant in pace. [B. M. Add. 15217, I3V] Mein Hieronymus Coeler geburtstag. Dieweil ich Hieronymus Coeler, aus göttlicher gnediger fursehung ein kint von christlichen eitern, als dem erbarn Hannssen Coeler, meinem lieben vatter, erzeugt und durch die erbar und tugendsam Agnes Eberin, sein weib in anderer ehe, meine liebe mutter, an die weit geborn bin, sag ich billich Gott dem almechtigen, durch Jesum Christum, sambt dem Hayligen Geyst, lob, eher und dank. Amen. Und das soliches auf den acht und zwaintzigisten monatstag Januari, nach Christi unsers liebsten herren gebürt im fünf zehen­ hunderten und sibendem jar, an einem sontag in der nacht1), nach glaubwirdiger anzeigung und aufzeichnus in einem kalender2) meiner eiteren beschechen, bin ich darnach in Sanct Lorentzen Pfarrkirchen alhie getauft3) worden. Daraus hat mich der erbar Hanns Staiber, so alhie am Herrnmarkt.4) wonhaft5) (so an ietzo Hanns Viatis 6) bewohnt), der dann ein ehrlicher, feiner alter mann und hendler mit spetzerey und allerley gewelbwaren7) gewesen8), gehoben, und nenet mich also gemelter mein lieber tot [Pate] Hieronymus. Gott der Herr verleihe mir ferner mit gnaden, zum gnedigen seligen end. Amen9). [i4r] Wann, wie und wa ich in die schuel zu lernen gegangen bin. Meine liebe eiteren seligen haben mich anfangs zur lateini­ schen schuelen alhie gen Sanct Lorentzen10) gehalten, als ich in acht jar war, zu Zeiten Magister Gregoriusn), licentiat, D Der 28. Januar 1507 war ein Donnerstag! (Vgl. Grotefend.) 2) Dies war vielleicht eine alte Familienchronik des Hans Köler. 3) Die Lorenzer Taufbücher beginnen erst im Jahre 1533. 4) Herrnmarkt = Teil des Hauptmarktes zwischen der Sebalduskirche und dem Schönen Brunnen. 8) sc. „in dem Haus, so an ietzo usw.“ Die Parenthese steht am Rande. 6) Es ist möglich, daß Hieronymus hier einen andern Namen verdreht hat. Bartholomäus Viatis, der Erbauer des Pellerhauses, kam erst 1538 als zwölfjähriger Knabe aus Venedig nach Nürn­ berg, und der obige Text ist frühestens 1563 niedergeschrieben worden. Hans könnte höchstens ein unbekannter Bruder des be­ rühmteren Bartholomäus sein. Es handelt sich hier auch nicht um das „Viatishaus“, denn dieses liegt an der Museumsbrücke auf dem anderen Pegnitzufer. Vgl. Reicke, S. 651. 7) Gewelbwaren = Kramwaren (DWB. IV, 1, 4, Sp. 6674 ff). 8) Dies gehört zu „wonhaft“, denn in der Hs. steht der Relativsatz bis „waren“ in Klammern. 9) Hierauf folgt eine von den im 15. Jh. häufigen Zusammen­ stellungen des menschlichen Lebens (10 Jahre ein Kind usw.). 10) Vgl. Reicke, S. 724. ir) Vgl. G. M. 2907, 6V: „bey Zeiten des wirdigen magistry Gregorius Beheym usw.“ Gregor Behaim, richtig Georg Beheim (nicht aus dem bekannten Nürnberger Geschlechte der Behaim von Schwarzbach) lebte 1448—1521 und wurde 1513 Probst zu St. Lorenz (Würfel Dipt. Laur., S. 37; Will-Nopitsch, Nürnberger Gelehrten­ lexikon I, S. 87).

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probst und pfarrherr alda. Mein Schulmeister1) aber was Magister Johann Ruess und Georg Weiß2) mein bacculauri3). Item als man zalt anno Christi zwentzig bin ich zur teuschen schuelen4), lesen und cantzleischs schreiben zu lernen, zu dem erbarn und künstreichen herren Johann Newdorfer5) gegangen, als er erstlichen sein schuelen angefangen und in der Newen Gassen6) beym Sandtbach wonhaftig war, und bin also seiner ersten schuler einer gewesen. Gott sey lob und ehr in ewigkeyt. Amen. Item als man zalt anno Christi drey und zwentzig bin ich, mit der Ziffer rechnen zu lernen7), zu Johann Glücken alhie in der hundsgassen 7a) gegangen; sein vatter was ein bildschnitzer. Per memori. Und haben mich also meine liebe eiteren seligen dermassen zu gottesforcht, gutte sitten zu lernen, zur schuelen (wie gemelt) gehalten. Und das wir menschen alhie in diesem jammertalen anderst nit sind dann als die pilgram, immerdar von einem tuen und lassen und von einem ort zum anderen umbweberen8), bis wir endlichen dahin kommen, da wir im himlischen leben ein immerwerende und bleibende statt haben, [i4v] dessen zur gedechtnus will ich allen meinen nachkommenden zum furbild, etlicher meiner gestalt, kleidung und Verwandlung, auch zum tayl dienst und rays meiner jugend anzeigen, der hofnung, daraus ^gedult, erbarkeit und gutter sitten sich zu bevleißigen und dester besser gotsvorcht zu lernen. Diser zeyt meiner jugend hab ich ein schön gelbs langes haer bis auf die achsel gehabt, und etwann in einem schwartzen, schamlosen9), gefuttertem und zugegürten hosecklein10) mit einem rundem uberschlag, einem roten liderin schuelsack uberzwerich der achsel, praune eingeheckelte stiffelen, alles auf ungerischs, ein rotes piretlein mit fehem n) gefuetert, das trug ich mermals in der hand12), per memori. Meine lieben eitern seligen Hessen mich anno im vier und zwaintzigisten, bey Zeiten des wolgeboren herren Adam grafen A) Schulmeister = Rektor. 2) Will-Nopitsch IV, S. 203. Weiß wurde 1522 Diakon an der Sebalduskirche. 3) Baccalaureus = Hilfslehrer an den größeren Schulen. 4) Vgl. Reicke, S. 730 f. 5) ADB. 23, S. 481. Neudörfer lebte 1497—1563. 6) Der Name hat sich bis auf die heutige Zeit erhalten. 7) Wahrscheinlich eine kaufmännische Schule. 7a) Heute Agnesgasse. 8) Sich hip und her bewegen. (DWB. XIII, Sp. 2665.) 9) Schamlot altfranz. camelot, feiner Wollenstoff. (DWB. VIII, 2119.)

10) Hosek f., Mantel (Goetze). u) Fehem = fehin, mhd. vehin, aus Pelz. (DWB. III, Sp. 1418.) : 12) Diese Beschreibungen seiner Kleidung sind kultur­ geschichtlich hochinteressant und scheinbar für die Rostümkunde noch nicht ausgenutzt.

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von Peuchling1), eammerrichters, zu dem eherwürdigen hochgelerten herren, beder rechten doctorem, Dominicus Frieß, wolgedachts cammergerichts ein beysitzer und schöpf, dem ich an statt eines substituten dienet, und trüge im einen sack mit büchern zwey jar nach. [i5r] Das hochloblich kayserlich cammergericht2) aber wurde alhie in der statt in des erbarn Henrichen Meichssners seligen behausung, bey der Flaischprucken, im hinterhaus gehalten. Daran saßen wie volgt Herr D. Dominicus Frieß, mein herr H. D. Gagaw 1 Hirnheymer H. D. Spigel3) Licentiaten v Ulrich H.D. Moer I Kreütter H.D. Kolnitzs4)5 H. D. Hanns H. D. Dottman Frieß H.D. Illo Caspar Fiscall Wilboldt Gebhart Substitut H. D. Arnoldt Herren Advocaten H. D. Ungelter H. Hoß, Roth, Lump, Schwäpach, H. D. Schwertzel Ebtstein, Haubenheymer, Krell, H. D. Cessy Drach, Friderich Rebstock, Sueß, H. D. Dechanth Zinner und Froschs6) p. memori. Hievorgemelter mein herr doctor kleidet mich, als ich in einer lengern und großem gestalt war, in einem Hechtgrauen oder kemlein 6) reitrock, mit engen ermeln. Auf dem einen ermel was eingelegt ein rot und gelhstriches Endreskreutzs, darzwischen feureisen und flammen auf die burgundische art, hett darzu ein graues hüttlein mit einer sichtigen7) schnuer, trugs gemeinglich in der einen hand, und hette dazumal ein gemein schlechtes gelbes haer, ein schwartzen großen schetterin8) sack mit büchern in der andern hand, rotte hosen, hohe schue und ein tolchen, p. memori. [i5v] A° 25 den 3. Marti was die erste verhöer9) und Unter­ redung zwischen den gewesenen ordensleuten und den evange­ lischen predicanten alhie auf dem rathaus ingegen eines erbarn rats und der genanten, die ire sön mit hetten. War ich mit meinem lieben vater seligen auch darbey, herr Caspar Nützel10) und herr Hieronymus Ebner11) wasen losunger. Die ander den 5. dito, die

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H ADB. 2, 290. , 2) Ueber den Reichstag zu Nürnberg vgl. Reicke, S.806. 3) Jakob Spiegel, hervorragender humanistischer Schrift­ steller und Jurist. ADB. 35, 156. 4) Seifried Kollonitsch, Herr von Schleinitz in Steiermark? ADB. 16, 484. 5) Franz Frosch, Jurist, * 1490 in Nbg., + 1450 in Straßburg? ADB. 8, 146. 9) Kemlein = kämel, ein Stoff, wahrscheinlich aus Kamel­ haaren. DWB. V, Sp. 96. 7) sichtig = in die Augen fallend, leuchtend, schön. (DWB. X, 1, Sp. 749-) 8) Schetter = gesteifte Glanzleinwand. (DWB. VIII, Sp. 2603.) 9) Vgl. Reicke, S. 814—17. 10) * 1471, f 1529. 1524 zweiter Losunger. (ADB. 24, 66.) n) * 1477, t 1532. 1515 erster Losunger. (ADB. 5, 592.)

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dritte den 7. dito, die vierte den 9. dito, die fünfte den 12. dito, die sechste den 14. dito. Darauf wurde den 19. dito durch einem [sic] erbarn rat publiciret, das die ordensleut von irem predigen musten absteen und das babstumb ernider gelegt. Wann ich in Italien und zu wem, die sprach zu lernen ge­ schickt worden bin und gedienet hab1). Meine liebe eitern seligen ließen mich anno Christi im sechs und zwantzigisten, nach der peurischen aufruer2), auf mein bittlich und stattlich anhalten, mit furdernus des erbarn Hansen Teglers des eitern seligen, mit siben geladen mit quecksilber wegnen [sic] nach Italien, und als wir für die statt Trienth hinauskamen, wurden wir durcl^des [i6r] römischen königs Ferdinandi bevelchsleute gearistieret3). Etliche tag hernach macht ich mich nach Teruis (Treviso) und der lobwirdigen statt Venedig zu meinem vettern dem jungen Hanns Tegler umb fürdernus eines herren. Von dann gab ich mich wider in die statt Teruis, alda fürdert mich Missier Augustien beim wirt zum ochsen und tet mich zu einem edlen herrn Missier eil Louissj Statto del grando [?] zehen monat lang, umb die sprach zu lernen. Da hab ich ime einen schönen geneten4), zway wagenpferd und ein schwartzen maulesel gewart. Kam widerumb gen Venedig, da wolt sich ein parchtiden5) mit mir zu den herren Höchstetteren mit diensten haben zugetragen, die gieng aber nit fort; dann sie waren im abnehmen. Kam ich wider gen Teruis zu einem venedischen haubtman, der was ein graf, mit namen Segnor Francesco de Rongoni, wart im ein weilen der pferd, sonderlich ein türckischs roß, das ward mir zugeignet, bis er mittlerweil mit zweyen seiner brüder, einem ein frantzöschisen, der ander ein engelendischen kriegshaubtleuten, mit einem geschwader reuter zu irem bruder, der ein Cardinal zu Rom war, reiten wolten, und auf dem weg vor herren Georgen von Fronspergs6) kriegsleuten (so dann alsbald Rom einnahmen und plünderten) nit fort konten. Kommen wir nach Polonien, widerumb zurück gehn Padua, und also fort bis gen Venedig, die andern zween meines herren brüder ließen wir dahinden. [i6v] Nach disem nam ich Urlaub und machet mich widerumb gen Padua nach einem herren, den bekam ich, einen edelman, mit namen Missier Octauian Geigardo, wart ime zwey pferd, der gab mir auch alle monat gelt zu lohn, darumb dankt ich Gott dem herren wie billig. Und da ich mich also drey ins vierte jar genueg umbgebleut und mein vetter zu Venedig mit tod abgangen waß, da wurde ich *) Rechts und links von dieser Ueberschrift sind zwei Pest­ briefe aufgeklebt. Sie sind im J. 1527 von den Provisores sanitatis Paduae an Hieronymus Theutonicus und Johannes Germanus als Attest, daß der Betreffende „omni peste carere“ ausgestellt worden. 2) Vgl. Reicke, S. 827 ff. 3) Jedenfalls „arrestiert“, in — offenbar nur kurzes — Ver­ wahrsam genommen. 4) Genetter m. = Roß. DWB. IV, 1, 2, Sp. 3390. 5) Vgl. ital. partita, „Vertrag“. 6) ADB. 8, 154.

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von meinen lieben eitern widerumb hierauß ins Teutschslandt gehn Nürmberg abgefordert1), denen ward ich gehorsam, p. memori. In Italien nach Rom zu roß. Item auf einem hohen weyßen türckischen roß, mit roter men und schwantzs, mit einem ubergelegtem geretlein2), ein spanischs jugelkepplein 3) über zwerich, darunter ein praunen leibrock und zerschnittens wammes, schwartzs stifel und sporn, ein kleines schwartz hüetlein, mit einem runden stulph, ein kurtzes schefflin4) zum werfen, den zäum in der anderen hand und ein püschel nestel5), p. memori. Item zu fueß in einer kurtzen spanischen gugelen kappen, mit einem beschornem köpf, spitzige, liderene, zerschnittene schuch, [i7r] ein rappier an der seiten und mein piretlein in der hand, auch ein dolchen, deß ward ich gefreyet6), schwartzs wammes und hosen. Voigt mein weg von hieaus gen Venedig. Item erstlichen gehn Roth, Weyßenburg, Dietfurth, Manheym [Monheim], Thonawerd [Donauwörd], Westendorff, Augspurg, Raumenkeßel [St. Leonhard - Römerkessel bei Asch], Schöngau, Füeße7), Lermaß [Lermoos], Naßreuth [Nassereit], Milß, Starckenbach, Höllenstein [?], Pfuntzs, Nauders, Malß, Schlanders, Rablanth, Dörlein [Terlan], Newemarckt, Trienth, Lese [Levico ?], Grinn [Grigno], Passon [Bassano], Graßdorf [?], Teruiß [Treviso], Mesterß [Mestre], Venedig8). Schnee- oder sandpallen, die lennen9) genant. Nota. In den hohen wilden schnee- und sandbergen, da der schnee, durch warme luft und regen bewegt, abgeen will, wirt er gar gering in der höhe durch ein vögelein oder durch den wint bewegt, das er anfahet reißen, und von stundan meret er sich zu einem solchen häufen oder pallen, das er herablauft und stöst vor A) Vgl. G. M. 2910, i5v: „Nun als mein vetter, der jung Hanns Tegler, tödlichen krank ward und starb, must ich wider heymwarts nach Nürmberg, dan ich hett nyemand mer, der sich meiner annam“. 2) Geretlein von Geräte, Stirnschmuck und Riemenwerk der Pferde. (DWB. IV, 1, 2, Sp. 3567.) 3) Gugel für Kapuze: mhd. gugele, gugel. (Paul DW.) 4) Schefflin = kurzer Spieß (DWB. VIII, Sp. 2034). Vgl. mhd. schavelin, schevelin. 5) Nestel = Schnürriemen. (DWB. VII, Sp. 626.) 6) Gefreit, Partizip zu freien, frei machen, mit gewissen Rech­ ten versehen (oben, der Dolch) oder von Lasten befreien. Die Sache steht gewöhnlich im Genitiv. (DWB. IV, 1, 2, Sp. 2155.) 7) Am Rande: Nota Füeße. 8) In G. M. 2910, das hier wegen eines fehlenden Blattes Bruchstück ist und erst bei Nassereit anfängt, gibt er die Ent­ fernungen in Meilen. 9) Lennen = Lawinen (DWB. VI, Sp. 394)-

218 im hin zugrund beum, erdreich, felßen und alles das, so er ergreift, also das ein solieher schneebruch ein gantzen flecken oder dorf niderfellet und bedeckt, wie ich dann soliches a° 26 in meiner hineinreiß hinter Fließen im gebirg wol erfarn hab, dan etliche wegen mit man und roß damals verdarben. Sommers Zeiten kan soliches beschechen vom sant und geririg*) der steinlein. Gott behtiet ein jedes menschs vor solichem lermen. Amen.2) [17V] Von Venedig nach Rom waß mein weg. Item mit meinem herrn, dem grafen und venedischem haubtman hievorgemeldt, reist ich erstlichen zu schiffe von Venedig biß gen Joza [Chioggia], von dannen biß gen Rabena [Ravenna], Zessna [Cesena], Lossang [Longiano ?], Sabigang [Savignano], Zessna, Furli [Forli], Fabentza [Faenza], Castell Delli Bolloneß [Castel Bolognese], Castel de Sancto Piro [Castel S. Pietro], Bollonia, wider zuruck nach Padua, gen Sanct Sorzi [S. Giorgio], Ferer [Ferrara], Ruberick [Rovigo] und Padua3). 1. Mein erster herr zu Teruiso hett einen sitz nit weit von dieser statt, heißt dell in Brago [Limbraga], mer einen, der ligt ferner über die Piaffa [Piave], ein wasser, heist a Runckerdell [Roneadelle]. 2. Der ander mein herr, der graf, hett ein Castel a Sanct Cassan [?] bey Kuniglen [Conegliano] und delle Muda [Pte della Muda], das ist ein gut mülwerk. 3. Der dritte herr zu Padua hett einen sitz nit weit darvon, bey einem stettlein heist a Zittadella [Cittadella], nach der straß auf Teruiß zu. Mein heimweg auß Italienn. Erstlichen gen Auodertz [Oderzo] aufs waßer, Porta grabwera [Portoguaro], Sanct Daniel, Bewsseldorff [Chiusaforte ?], Punthtaffel [Pontafel], klein Teruiß [Tarvis], Villach, Stuben, Gmündth, Sanct Michel, Katzsberg, Thawrnberg, Rathstatt, Werffe4), Klein Helle [Hallein], Saltzsburg, Burckhausen, Otting, Newenmarckt, Landtshuet, Pfefferhawsen [Pfeffenhausen] durch ein groß gehültzs, Newenstatt, Altenstein [Altmannstein], Perngrieß [Beilngries], Freyhenstatt, Röttenbach und von dannen gen Nüfmberg5>. Im raysen sich vor schmalen umbwegen und gemsensteigen zu hüeten. Nota. Anno domini im 29. traf mich zu roß in großem schnee hinter dem Klein Helle beim Werffe bey zweyen [i8r] *) Geririg, zu riren, rieren, fallen, herabfallen. (DWB. IV, 1, 2, Sp. 3714.) 2) Diese Beschreibung befindet sich bis auf unwesentliche Aßweichungen beinahe wörtlich ebenso in G. M, 2910, Ö9V, und scheint ursprünglich nicht in diesem Zusammenhang gestanden zu haben. 3) In G. M. 2910 sind die Entfernungen angegeben. 4),Am Rande: Notta Werffe. 5) In G. M. 2910 gibt er die Tageszeit an, zu der er sich in jedem Orte eingefunden. Die Reise hat im ganzen ungefähr 16 Tage gedauert.



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meilen hinter Saltzsburg ein feiner ebner steig im gebürge an, der sich doch letzlich so hoch in das gebirge zoch und krümbt sich zu der linken hand mit kleinen und gantzs schmalen gengen, und an der seiten, mit stracks hohem gebürge, daran hinauf unmüglich zu steigen, und da einer den weg oder berg herab sähe, kombt einem ein grausame ebne tiefe mit wasser, die kaum an [ohne] Schwindel des haubts mag angesehen werden, und dieser weg zug sich bey einer welschen meilen biß widerumb gen tal. Da zittert mir das hertzs und gebein im leib, auch daß roß unter mir war zitterend. Zu solchem allem aber kam ich zu zweien beweglichen steghöltzern, so über eine kluft des gebirges, darunter dann ein rauschend ab­ fallendes wasser war, darüber ich dann mit großer gefahr muste reiten. Darnach zuge sich solcher weg letzlichen herfür abwertzs in ein tal auf die rechten straß. Vor solchem verhüete sich meniglichen. Gott sey lob, ehr, breyß und dank, in ewigkeit. Amen1). Ich ließ mich in kaufman hendln gebrauchen. Mit vergönst meiner lieben eitern seligen kam ich alhie zu meinem lieben schwagern, dem erbarn Hansen Tegler dem eitern, am alten Milchmarckt2), als a° 29 und im 30. ich auß Italien kom­ men war, hulf ime zu seinen factorey und kaufmannshendeln 3). [i8v] Als ein kaufmannsdiener was mein gstalt am werken­ tag. Item mit einem beschornem köpf, in einem grauen wüllen rock an sammet, daran weite ermel bis an die hand. Ein lengleten schnitt darein. Grüene hosen und hohe schue. P, memori. An den feyertagen. Ein großen außgebraiten gelben bart, ein dunkel negeleinfarben4) wüllen rock mit einem köderlein5) sammet herumb. Die ermel weyt biß an die hand. Einen zwerch schnitt darein. Weyß hosen und außgeschnittene schuch. Item als obgemelter Hanns Tegler ehehaftiger seiner notturft nach, mit vergönst eines erbarn rats hie, von hinnen hinein gern Schönpach in sein quecksilber- und zinnoberbergwerk zwo meil von Eger rayset, bedacht ich mich eines andern. P. memori. Rüst ich mich wider den Türcken. Und rüst mich hernach, im a° 29 und 30, als des heiligen römi­ schen reychs zug, ein seer großer zug, wider den grausamen [l9r] erbfeind, den Türcken, in Österreich und Ungeren war8), und daA) Dieser Bericht steht fast wörtlich in G. M. 2910, 6gy. B. M. Add. 15217, deren Text oben steht, hat einige unwesentliche Zusätze. 2) Jetzt Albrecht Dürer-Platz. 3) Vgl. G. M. 2910, i6v: „hulf im zu seinen tonnen kaufen und verkaufen. Dienet auch darneben meinen eitern so vil es diser zeit vonnoten was“. > 4) = braun (DWB. VII, Sp. 265.) 5) Köder oder Queder = breiter gurtartiger Saum; schmaler Streifen Zeug beim Nähen. (DWB. V, Sp. 1571). 6) Vgl. Reicke, S. 861. Die Türken belagerten um diese Zeit sogar Wien.

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zumal waren auch die von Goßlar1) alhie, welche mich geren bey sich gehabt hetten, aber der erbar und handvest Caspar Zaum­ macher, dieser statt gewesener haubtmann seliger, hette mich für sich zum veldschreiberambt vertröstet. Da ich mich lang auf ine verwartet, wurde zwoletzt nichts daraus, muste mich derhalben eines andern bedenken. Und was dazumal meine gestalt. Mit einem beschornen köpf, schwartzem, gestutztem barth2), in liechtem harnisch biß auf die knie, mit pantzer ermblen, ein degen, ein langen spieß, die hosen aber waren, das ein pain liecht oder himmelblau, das ander getaylt, schwefelgelb und rosinfarb gestraymet. Ich gab mich ein zeitlang auf die schreiberey. Item meine liebe eitern seligen sahen gern, daß ich mich zur schreiberey hielt. Derhalben ich dann bey dem erbarn und achtbarn Johann Hutzselman, stattschreiber zu Vorcheym, etliche zeyt war; und nachmals zu dem erbarn Johann Birger vormundschreiber3) alhie kam, dem hülfe ich, so vil mir müglichen, und sonderlich im inventiren4) hett ich großen vleiß, also das ich in allem, was erlich war, mir nichts ließ verschmähen. Letzlichen, so gab ich mich umb eines getreuen rats willen zu mergemeltem Hansen Tegler dem eiteren, meinem lieben Schwä­ gern gern Schönpach5). [i9v] Und war diß mein weg wie hernach volgt. Von Nürmberg gen Aurach [Auerbach], von dan gen Dumboch [Kirchenthumbach], gen Rigelsreuth [Riglasreuth], Scherding [Schirnding], Eger, Mülstein [?], (da Herr Albrecht Schlick wonet), und dann gern Schönbach auf die zech, in das quecksylber- und zinoberberkwerk. P. memori6). Nota: auß gehabtem rat erfand sich so vil, das ich mich vom Schönpach durchs Voythlandt gen Leibtzig, und von dannen gen Wittemberg gab. P. memori. Zu Wittemberg Studenten weis war ich. Gott der almehtig hat mich Hieronymussen Cöler a° 31 zu Wittemberg in Sachsen den ehrwirdigen, fürtrefflichen, hochgelerten, gottseligen mann, herren beder rechten [!] doctorem Martinum Lutherum, mit mehren fürnemblichen mendern 7), sehen, hören und mit inen ein zeitlang und etlichsmals essen, trinken und kunt*) Durchmarschierende Landsknechte? 2) i4v (S. 214) und I5r (S. 215) ist sein Haar „gelb“, und 25v (S. 225) ist sein Bart wieder gelb, dagegen 2or (S. 221) und 3öv (S. 235) noch einmal schwarz ! 3) Ein Schreiber beim Vormundamt. 4) D. h. den zurückgelassenen Besitz der Verstorbenen ver­ zeichnen. B) Vgl. G. M. 2910, i6v: A° 31 bin ich von Nürmberg gen Eger und Schönpach zu fueß gangen; G. M. 2907, 17V: was außer bei 1h jars. 6) In G. M. 2910 sind Tageszeiten und Entfernungen an­ gegeben. 7) Männern.

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schaft machen lassen1). Meine stuben und schlafkammern hett ich sonsten bei dem wolgelerten Laurentzius Strauchen2), hetten auch wir bede unsern ordinaritisch in diesem hauß bey dem Mathes Karpffenfürer3).4 Dem almechtigen Herren sey ewiges lob. Amen. Und waß ich für gantzs gute leer, lection und predig von inen gehört, deren etliche hab ich aufgezaichnet, die sein in einem gelben pergamenem buch *) eingeheft und verzaichnet zu finden. [20r] Mein gestalt was damals: In einem großen, langen, schwartzen rock, mit langen gantzen ermeln, ein studentenschlappen auf, mit beschornem köpf, einem großen, gestutzten, schwartzen bart, schwartze hosen, ein schreib­ tafel und papier in der hand, ein federn hinter dem oher, ein kalema5) an der gürtel, schwartze hosen und hohe schue, p. memori. Kurtze gemerk etlicher predig, so6) ich zu Wittemberg gehört. Auf 19. Octob. a° 31 prediget zu Wittemberg in der pfaarkirchen ein cappelon, der Fröschel7) genant, aus dem Evangelio, do Christus spricht (zu Herodis dienern, die ine felschslich frag­ ten, ob es recht wer, das man dem keyser zynst geb oder nit) gebt dem kaiser, was des kaisers ist, und Gott, was Gottes ist. Das ein Christ aus diesem text soll lehrnen, was Gottes und des kaisers ist, da nem man nur die zehen gebott für. Die ersten drey wollen, das man Gott in allen dingen, vor und über alle ding, trau, glaub, lieb und eher, förcht und dankbar sey, mit dem gibt man Gott, was Gottes ist. Die andern 7 gebott, so er bey den straffen gehal­ ten haben will, da will er, das man aller obrikeit, auch den eiteren und Vormündern soll gehorsam sein, dann die alle in iren ambten Gottes bevelich zuhandlen haben, auch sonderlich die prediger und leer, und so fortan ein jedes menschs in seinem stand und beruff, das will auch der kaiser und alle christliche oberigkeit bey der straff gehalten haben; das ist, so dem kaiser zugehört. [20v] Derohalben, wer tugentlich und christlich leben will, der nem allein die zehen gebot für sich, der findt baldt, was er Gott und der weltA) Von hier an bis Blatt 3iv ist B. M. Add. 15217 die einzige Quelle. Köler hat die Wittenberger Ereignisse offenbar in das „gelbe pergamene buch“ (vgl. unten Anm. 4) eingetragen und sie dann in G. M. 2910 nicht wiederholt. 2) Vgl. Buchwaid, Zur Wittenberger Stadt- und Universitäts­ geschichte, S. 108. (Magister Laurenz Strauch von Nurnberck heiratete 1535 Anna Reichenbach.) 3) Matthias Carpopherus, dessen Frau Elisabeth 1549 starb? (Buchwald S. 26.) 4) Dieses Buch scheint leider verloren gegangen zu sein. 6) Mhd. kalamar = Schreibzeug, mittellat. calamare (Lexer I, 1494). 6) Vgl. Weimarer Lutherausgabe, Bd. 34, II, S. 574, wo dieser Abschnitt auf Grund der Beschreibung in R. Priebsch, Deutsche Hss. in England, II S. 128 zum großen Teil abgedruckt ist. 6a) Die biblischen Quellenangaben in der Handschrift stets am Rande. 7) Sebastian Fröschel. ADB. 8, 149. Er wurde 1529 dritter Diakonus zu Wittenberg und vertrat in diesem Jahre mit zwei andern Luther auf der Kanzel, da dieser erkrankt war.

Marcji 12^) Lucae 20 Matt. 22



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liehen obrigkeit schuldig ist. Dan leider wir so oft wider Gott und die obrigkeit innerlich und eußerlich handlen, müssen uns aus solichem arme sünder gegen Got und gegen der obrigkeit als un­ gehorsame leut erkennen. Daraus volgt nun, das wir zu Gott umb Vergebung, gnad, hilf und beistand schreien, da wirt das christ­ lich gebett „Vatter unser“ wol vonnötten sein. Alsdan wirt sich Gott unser erbarmen, und, so wir in solichem glauben und ver­ trauen zu Gott vest steen, dankbar sein und uns besern, werden wir von disem zergenglichem in das himlischs leben geftirt. Amen.

Johan. 8

Matt. 22

Adi 2i. Oktobris Anno Christi 1531. Auch was ich auf 21 dito in herren doctor Martini Luthers predig *), die was, do die juden Jesum fragten, wo sein vatter wer, er sagt „wenn ir mich kennet, so kennet ir auch meinen vatter, so ir aber mich nit kennet, so kennet ir auch meinen vatter nit“. Das ist, will jemant den himlischen vatter kennen, so lernet er das durch nichts anders, dan durch seinen gesandten sohn Jesum Chri­ stum. Wer den erkent, annimbt und hört, der erkent, annimbt und hört Gott den himlischen vatter, das geschieht aber durch nichts anderst, dann durch den hailigen gaist im glauben, da muessen all andere ding aus den äugen und ohren verschlossen sein, im himmel und erden nichst angenommen werden, dan allein Christus. Was der ret, tut und lehrt [2ir], das sollen auch wir reden, tun und lehren, und also durch soliches erkantnus imet ie mehr voftfahreh, bis wir gar kommen zum spigel göttlicher klarheit. Amen. Adi 22; Octobris Anno Christi 1531*2). Item auf 22. dito hab ich in der pfaarkirchen von ehegemeltem herren doctor Martino Luther diß volgend Evangelium hören aus­ legen: Der herr Christus sagt den Juden dis gleichnus: Es war ein großer konig, der ließ seinen sühn hochzeit beraiten, und sante seine knechte nach den geladnen gesten, sprechend, mein mastviech ist berait. Summa dieser predig ist, das wir gern und vleißig Gottes wort (dazu wir geladen werden) sollen hören und lernen, das ja die hochzeit und malzeit, dardurch wir zu Christo unserm könig kommen, daran soll mahn sich kein zeitlichs ding verhindern lassen, sonst wirt es uns gehen wie den Juden zu Jeru­ salem, darvor uns Gott gnediglichen behüeten wolle. Amen. Item den 23. dito hab ich den herr doctor Luther hören lessen im neuen collegio aus der Epistel Pauli zun Galatern das 4. capitel, lateinischs 3). Item den 24. dito hab ich ein lection gehört von licentiaten Cunrado Mauser4), juristen, im collegio bey den Barfüeßern. *) Diese Predigt steht ohne Datum in der Weimarer Lütherausgabe Bd. 33, S. 555 ff. Kölers Wiedergabe ist stark gekürzt. 2) Weimarer Lutherausgabe, Bd. 34, II, S. 337 ff. (Diese Pre­ digt ist zum größten Teil auf lateinisch überliefert.) s) Weiim Lutherausg. Bd. 40, I, S. 6 und 611 ff. Vgl. KöstlinKawerau, M. Luther II, 265. Am 3. Juli (1531) begann er mit der Erklärung des Galaterbriefes, die er am 12. Dezember beschloß. 4) ADB. 20, 712. Vgl. Buchwald, Zur Wittenberger Stadtund Universitätsgeschichte in der Reformationszeit, S. 89. Mauser war ein Nürnberger und wurde 1524 in Wittenberg immatrikuliert und 1530 Lizentiat. Er starb am 23. Oktober 1548.

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[22v] Auf 28. Octobris a° 31 *) hab ich von herren doctor Luther nachvolgender wort erclerung gehört, wie ytzund volgt: Christus spricht, ich gehe zu dem, der mich gesandt hat, und jetzt sehet ir mich, aber über ein weil sehet ir mich nit, und ir werdt mich suchen und nit finden, und in euren sünden werdt ir sterben. Denn da ich hingehe, könnet ir nit hinkommen. Sie sagten aber, wo er hingieng? Glossa, zu Gott kan niemand kommen, dann mahn höer und glaub zuvor der stym und wort, so uns Christus furtragen lest; durch soliches gehörtens, des darauß volgenden glaubens und lieb kommen wir zu Gott. Das geschehe auch an uns. Amen. Darnach auf 29.*2) hette er herr doctor Luther widerumb ein schöne predig aus dem Evangelio, wie volgt. Es waß ein königischer, des sühn lag krank zu Capernaum. Glossa. Wunder und Zeichen soll mahn von Gott nit begeren, sonder seinen Worten glauben, als diser haubtman tet, und hielt zuletzt ein schöne ernst­ liche sermon von denjenigen, welche in 6 oder 7 jaren nit zum heiligen sacrament gegangen waren. Zeigt an drey exempelen. Erstlich von einem fuerman zu Wittemberg, welicher am todbet gelegen, an dem letzten, do ein capelon zu ime kommen und im das heilig sacrament geben wollen, hat er sich gegen der wand gekert mit der nasen und hat das weder sehen noch hören wollen, ist also gestorben. Deßgleichen ist in neuligkeit zu Türingen einem geschechen, welicher gesagt, o liebes volk, tut nit wie ich getan, ich hab das wort Gottes veracht, weder gehört noch wissen wollen, und das heilig sacrament, darumb ich ietzund ewig verdambt sein mueß. Hat im der capelon dergleichen das sacrament [23r] gereicht, ja, er hat es auch nit gewölt, und ist auch also jemerlich gestorben. Zum dritten ist es auch einem also ergangen, der greulich gefluchet und gescholten hat, und nach seiner stille hat im der capelon das heilig sacrament inn mund geben, das hat er nit kün­ den hinab brengen, und ist gestorben, und der mund ist ime offen geblieben, das man im das heilig sacrament wider hat herauß tuen oder nehmen mueßen. Nachmals den 29. Octobris a° 313) hab ich unter der vesper noch ein predig vom doctor Martino Luther gehört auß der Epistel Pauli an die Ephesier das 6. capitel, lautet also. Zuletzt aber, meine liebe brüder, seiet stark im herren und in der macht seiner sterke, zihet an den harnischs Gottes, das ir bestehen künt gegen dem listigen anlauf des teufels. Glossa. Wenn wir stark in herren stehen, in der macht seiner sterk, so mögen wir leichtlich den teufel und allen seinen änhang uberwinden. Dan ein Christ hat nit zu streiten mit fleischs und blut, sonder mit den gewaltigen fürsten, dem teufel unter dem himmel, den muß man mit dem wort gottes alleweg hinweg schlagen, das man seinem eingeben nit volge, sonder so bald etwas guts gelesen oder gesungen, geschrie­ ben und gebrediget werde; dann damit wirt dem boeßwicht ein bein, arm, fueß oder sunst ein gelied abgehauen, darmit er mued wird, aber nichtsdestoweniger haben die andern keine ruehe, sonder *) Weimarer Lutherausg. Bd. 33, S. 569 ff.

2) Ebd. Bd. 34, H, S. 350. 3) Ebd. Bd. 34, II, S. 360 ff.

Johan. 7

Johan.4

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wenn einer müede wird, so kumbt ein frischer. Derhalben einem Christen woll aufsehens vonnöten ist. Gott helfe uns gnedigliehen. Amen. Auf 31. dito hab ich von herren doctor Martino Luther, h. Justo JonaA) und herren Philippo Melanchthone*2) lectiones gehört. [24v] Erclerung hievor gesetzter figuren3). Gott der almechtig hat mich Hieronymus Coeler a° 31 wie hie­ vor gemeldt zu Wittemberg in Sachsen den ehrwürdigen, trefflichen, hochgelehrten, gottseligen man, herren Philippum Melanchthon, nit allein sehen, sondern auch hören und mit ime reden und etlichsmals kundschaft machen lassen, also und dergestalt, das wir her­ nach schweger worden seind, dann er herr4) und der ehrwirdig und hochgelert, weyland doctor Sebaldus Münsterer jurist5), ein gantzs frommer Christ, zwo Schwester zu weibern 6) gehabt, und ich nachmals a° 36 zugedachten herren doctors Schwester, der erbarn und tugendsamen jungfrauen Barbara Munsterin, wie a foli 1087) hernach steet, gehairat. Dem almechtigen Gott sey ewiges lob. Amen. Und war diß mein weg von Schönbach gen Wittemberg. Erstlichen gen Packengrym [Pappengrün], Hersold [Hirsch­ feld], gen Zwicka, da blib ich etlich zeit bey Benedict Mülner, zaummacher, zum kuchenmaysters haus, hulf im zu seinem spieß­ zeug, harnischs und kramhandel, darnach kam ich gen Tiben [Düben], und dann gen Wittemberg8). [25r] Meinen [sic] weg von Wittenberg herauß gen Nürenberg war, wie yetzt volgt. Nota. Dieweil ich in die lenge geren bey gelerten leuten zu Wittemberg, umb mer zu sehen und lernen, verharret hett, war diß mein bedenken, daß es in die leng nit woll sein könte. Ursach, da einer seiner fundamenta im latein nit gegründet9), dieselbige alda erst lernen will, und keinen eignen praeceptorem *) ADB. 14, 492. 2) ADB. 21, 268; 36, 790. 3) Die „Figuren“ sind nicht mehr vorhanden. 4) Es scheint, daß der Name Philippus Melanchthon hier ergänzt werden muß. ö) Seb. Münsterer: Will - Nopitsch, Nürnberger Gelehrten­ lexikon II, 287 und VI, 463; Friedensburg, Geschichte der Univer­ sität Wittenberg S. 204 f. Er war in Nürnberg geboren und kam 1520 nach Wittenberg, wo er später Professor und Rektor wurde. 1539 starben er und seine Frau an der Pest; Luther nahm die bei­ den verwaisten Söhne ins Haus, bis Melanchthon, der nächste Verwandte, sich ihrer annehmen konnte und sie erziehen ließ. 6) Melanchthon hatte Katharina Krapp und Sebaldus Mün­ sterer deren Schwester Anna Krapp zur Frau. 7) Fol. 108 fehlt. 8) In G. M. 2910, I7r stehen zwischen Zwickau und Düben noch: Gößnitz, Altenburg, Borna und Leipzig. 9) Später schickte ihm sein Sohn Hieronymus bei seinen lateinischen Briefen eine deutsche Uebersetzung mit. Vgl. S. 201.

225 noch verlag*) nit hat, und soll also die zeit verlieren, ist schwer. Ich hab auch darvon wegen mich nit wollen deponieren*2) lassen, derohalben widerumb den weg (auf ein anders nachgedenken) herauß gemacht, wie volgt. Erstlichen gen Tiben [Düben], Hohenleym [Hohenleina], gen Leipzig, Lutzen, Leyseck [Lösau] bei Weyßenfelß, gen Jeün [Jena], Callo [Kahla] bey Salvelth, gen Greffenthal, zum Stein [Steinach], zu Oßla [Oeslau], Coberck [Koburg], Lam, Ratthelsdorf, über den Mayn, gen Bamberg, Vorcheym und Nürenberg. Nota. Auf 26. Octob. a° 31 hört ich zu Wittemberg von dem ehrwürdigen und hochgelerten herren Philippo Melanchthone ein griechische lection im neuen collegio, die was von tugendsamen leben. Item auf 28. dito hab ich im alten collegio ein disputation aus der heiligen geschrieft gehört, ebraischs, durch herren Philippum Melanchthonem und andere. [25v] Als ich dieser zeyt zu Nürmberg, war wie volgt mein gestalt. Item ich wurde damals, als ich im vierundzwentzigisten jar alt was, anderst nit gehalten dann neben andern auch ein erbarer burgerssuhn, und war am feiertag gemeinglichen, in meinem beschornem köpf und gelbleten gestutztem bart, in einem Hecht­ grauen, liecht kemlen3), mähen4)5 oder aschenfarben großem rock, mit weiten ermblen über die arm und kreuzschnitten, eben über zwerg und leng, und darumb mit zweien strichen schwartzem sammet, und unten herumb mit einem köderlein verbremt, gelb hosen, ein wehr an der seiten, und ausgeschnittne schuch bekleidet. Per memori. [26*]

Gott der Herr lest die seinigen nit.

Es ist nit weniger, die zeit meiner blüenden jugend, als ich im vier und funfundzwengisten jar war, begaben sich allerley bedenken und gewerb, auch hairat halber umb mich. Aber indem erhueb sich vil boeßes geschrays des erbfeindes, deß Türckenkriegs, und alhie künftiges sterbensleuft, gedacht ich, das mein zeit zu hayraten noch nit wer, sondern vil mer zu wandern, herrn zu dienen, mer zu erfaren, sehen und lernen. Und indem ich in meiner Wanderschaft einen anstand6) bey dem erbarn Hanßen Pawren zu Antorf [Antwerpen] in Brabandt bekam, und darzu das leidig vierteglich fiber, das ich lenger denn ein gantzes jar hett, wurde ich gantzs tödtlichen krank. Da mir aber unser herrgott half, begab ich mich hernach in seer gefehrliche reyße, aber Gott der almechtig half mir abermals in allem gnediglichen auß. Ime *) Verlag, zunächst die Auslagen für ein Unternehmen (Paul DW). Köler meint hier wahrscheinlich das nötige Geld zum Stu­ dium. Vgl. mhd. verlegen, u. a. „die nötigen Kosten bestreiten“ (Lexer III 156). 2) Jeder neu angehende Student mußte sich damals den alt­ hergebrachten, meist recht albernen, aber quälerischen Aufnahme­ formalitäten unterwerfen, die die älteren Studenten an den jungen „Füchsen“ Vornahmen. Man nannte das Deposition. 3) Vgl. S. 215 Anm. 6. 4) mohnfarben. 5) Anstand = Bedingung. (DWB. I, Sp. 474«) 15

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sey lob und ehr, welcher mich auch nach viel wunderbarlichen reisen widerumb hieher gen Nurmberg bracht. Das alles wirt zum tayl hernach volgen a foli 93, 94 1). Per Memori gesetzt. Elend, dazu auch armut erfert, der vil raisen tut. [29r]

Ferner mein Wanderschaft volgt.

In Gottes namen Amen. Meinen nachkommenden zu mehrer gedechtnus, setzs ich hernach, dieweil ich aus sonderlicher Schickung und begnadung Gottes, auch gueten, beweglichen und erheblichen Ursachen (mit vergonst meiner lieben eitern seligen), da ich sechsundzweintzig jar alt war, mir fernere Wanderschaft umb herrendienst furnam, tet mich erstlichen a° 1533 in Franckfurter fastenmeß dahin zu dem ersamen Veiten Müllner zaummacher seligen, huelfe im zu seinem spießzeug und kramhandel alda. Von dannen nach Ostern macht ich mich mit bekanten spiesmachern und bürgern zu schiff auf dem Rein (ungeferlichen in gestalt eines solchen schiffs, wie hernach verzaichnet) 2) gen Cöln, da bekam ich noch mehr kuntschaft und fürderpuß, Gott hab lob. Item zu Cölen kam ich zu fueß an [ohne] einigen geferten gen Antorff in Brabandth, und muste gleichwol etliche zeit alla bisgarie3)4 in einem hauß (biß ich ein partiden mit dem erbarn Hanssen Pauren von Nurmberg, hievor gemelt a foli 87*), traf) verharren. Per memori. Voigt zur gedechtnus Cöln am Rein lustschiff2). [29V]

Von Cölen gen Antorff.

Item nachdem ich auf 20. Aprilis a° 33 gen Antorf kommen und nach herren und kaufmansdiensten mich bewarb, kam ich auf 4. Maij von dann 6 meil gen Bergen am Saum [Bergen op Zoom], da hielt man einen großen umbgang, wie volgt5). Erstlichen giengen die handwerksleut, auch ire zünften vor, und die schiffleut trugen ein groß silberins schiff. Darnach kamen 20 schöner roß eintzlich nach einander. Auf jedem rit ein schönes junges kind, het jedes etwas besunders in der hand. Darnach wurd ein puni6) gefüret, darauf ward zu sehen die schlang Mosi. Darnach ein püni mit dem könig Salamon, vor dem saß die königin von Saba mit ihren geschenken. Darnach ein püni mit dem königlichen propheten Dauid, der bezeuget, das Maria unseren herren Christum geberen solt. Darnach ein püni mit dem neugeborenen kindlein mit seiner mutter. *) = neu 29. 2) Unten farbige Abbildung. 3) Vgl. ital. alla biscaglina, adverbialer Ausdruck, von einem Schiff gebraucht, das einer Gesellschaft gehörte. Oder französ. ä la bigaree, zu bigarrer, verwirren. Dieser Ausdruck ist jedoch nicht belegt. 4) = neu 26. 5) Ueber diese Prozession habe ich nichts auffinden können. 8) Bühne, Gerüst? (Goetze). Das i in der Endung ist auf­ fallend.

227 Darnach ein püni, kamen die hirten und engel, sangen mancherley. Darnach ein püni, darauf die heiligen drey könig, darunter was ein großer persönlicher könig. Darnach ein püni, darauf war der troß allerley gesinds. Darnach ein püni, darauf ein geharnischter könig, der hett sein heim vor den äugen, und stund vor im ein kürisser mit einem bloßen schwert, der wolt in schlagen. Darnach kam reitend ein raißiger zeug1), darunter wie ein keiser in einem küriß, und ein krön auf seinem haubt. Darnach kam ein schwertdantzs. Darnach kam zu fueß ein seer schöne jungfrau Sanct Margaretam bedeutend, der trug man ein lamb nach, und ein lindwurm stelt ir nach und speuet feur auß. Darnach kam einer in gestalt Sanct Georgen auf einem gro­ ßen waidlichen hengst geritten. Darnach kamen vil halbhackenschützen2) mit einem fenlein. Darnach die handbogenschützen. Darnach kamen wie die Philistiner geritten. Darnach kam wider einer in gestalt des königs Davids. Darnach einer in gestalt des königs Sauls. Darnach kam der groß man Goliadt. Darnach kam auf einer püni einer in gestalt des babst auf einem stuel und furen mit im vil cardinall und bischoff. Und lag vor dem babst ein großer trach, den beschwur er mit dem creutzs auf seinem köpf. [30r] Darnach kam ein böser geist gefangen gefüret. Darnach kam ein toter im grab, des seel wurde mit vigiliis und seelmessen erlöst. Darnach kam in gestalt des kaisers mit einem bloßen schwert und majestätapfel, der het ein krön auf. Und wurd auch ein großes schloß umbgefüret. Darnach kamen zu fueß die poenitentzier oder büeßer ir viel allein in hembdern, die trugen ein großes creutzs unter ihnen dem kaiser nach. Darnach tanzten die messerer. Darnach hetten sie einen man zur gedechtnuß des herren Christi, der trug ein großes creutzs, den schlugen und zugen sie, und stießen ine, in gestalt der Juden, so jemmerlich, das zu wun­ dern was. Darnach volget die Maria, Johannes und andere jüngern. Darnach kam ein großer häuf, alle in gestalt der bösen geist. Darnach viel armbrustschützen. Darnach graue münich, die zellbrüder genant. 4) Vgl. mhd. reisig zeug „gerüstete Kriegsschar" (Lexer III 1142). 2) Haken = Flinte mit Stützgestell; halber Haken = leich­ tere Flinte. (Goetze; Grimm DWB. IV, 2, Sp. 178.) 16*

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Darnach die grauen barfüßermünich. Darnach die schuler aus dem chor und kirchen. Darnach viel priester mit heyligtumb. Darnach trug mahn ein silberens kindlein. Und viel leut brennende liecht. Darnach allerley spilleut. Darnach das heilige sacrament. Viel burger mit steblein und fenlein in den henden. Darnach kamen abermals mer gelübt leut. Zuletzt seer vil volks, unter denen der graf von Biberbach war. Auf 8. Junii ward zu Antorf auch ein seer großer umbgang, aber mit sovil ceremonien nit als hie von Bergen gesetzst ist. Auf 12. ditto Corporis Christi, ward abermals ein großer umb­ gang, ut supra. Auf 16. dito ward abermals ein seer großer umbgang. Auf 24. Julii haben die Florentiner die neu purß seer schön mit paumen und allerlei tierlein gezieret, die ist zu meinen Zeiten, als ich wie gemelt da war, aufkommen (hett 80 schritt leng und 70 weite) und dargegen die alt abkommen. Auf 6. Oktob. brant es zu Antorf in unser Frauen der haubtkirchen ein groß feuer1), und ich ward damals tödtlich krank. Und nachdem mich schwacheit und das vierteglich fiber nit gar ver­ lassen, dann mir diser luft nit dienen wolt, begab ich mich her­ nach gen Armua [Arnemuiden ?] in Seelandt zu Lorentzs Seger im schild von Britania, da wurd ich (Gott hab lob) gesund, kam widerumb gen Antorf, da wurde ich abermals krank, da ward meines bleibens nit mehr, und must also auf andere weg trachten. [30v] Gen Antorf in Brabant von Nürmberg gehet der weg 1 meil Erstlichen durch Fürth, ist Und den [dann] gen Pernpach [Kirch1 meil Fembach oder Rezel-Fembach] 1 meil Embs Kirchen 1 meil Neuen Stetlein [Neustadt] 1 meil Lengenfeldt [Langenfeld] 1 meil Marckt Biberach [Marktbibert] 2 meil Iphoffen 1 meil Kitzsing 3 meil Wirtzsburg 2 meil Oetingen [Uettingen] 2 meil Werthey m 2 meil Miltenburg [Miltenberg] 4 meil Aschenburg [Aschaffenburg] 2 meil Selingstat 1 meil Steinen [Steinheim] ist 2 meil Franckfurth 5 meil Maintzs 4 meil Pingen A) Vgl. Chronycke 1843, s. 33.

van Antwerpen

1500—1575, Antwerpen

229 2 meil Pacher [Bacharach] 1 meil Gissel [Oberwesel] 1 meil Sant Gewer [Sankt Goar] 2 meil Popparth [Boppard] 1 meil Renitzs [Rhens] 1 meil Kobolentz 1 meil Engers [Kaltenengers] 2 meil Andernach 2 meil Lus [Lützingen] V2 meil Reinwagen [Remagen] V2 meil Winter [Oberwinter] ist 2 meil Pun [Bonn] 2 meil Wesselich [Wesseling] 2 meil Cöln 3 meil Bercheym 3 meil Jullich 4 meil Aech [Aachen] 4 meil Thricht [Maastricht] *) 4 meil Hassel [Hasselt] 3 meil Diest 3 meil Uetigkum [Iteghem] 2 meil Lier 2 meil Antorf [Antwerpen] Somma tut meil 84. [3ir] Von Antorf gen Armüa, Mitelburg und Flüssing in Seelandt sein 14 meil. Auf volgende mainung und dergleichen schiff*2) mit einem segel hab ich von Pergen am Saum in Seelandt mermals schiffen müssen. Dan als ich bey mergemeltem dem erbarn Hannssen Pawren und mehr leuten in rat erfand, das ich nit gesund wurde, ich verenterte dan abermals den luft, da hett ich lust nach Por­ tugal, darzu half er, mein herr, mir mit gelt, briefen und bevelich gen Lissabona an seinen man Eberhart Eberdeiß alda. Da macht ich mich also in Seelandt gen Armüa a° 1534 und verdingte mich p[er] Portugal und Lissabona3) zu seglen, zu Cornely Weingart von Zürich See [Zierikzee], auf sein gallianschiff Sanct Martin genant, jede wochen für kost und schiffart 12 stüber4). Dise raiß volendeten wir mit starken (yedoch) glücklichen gutten vor­ winden inner 17 tagen mit dem umblaffieren5) per mare in 1000 meilen ungeverlichen. Nota. Die spannisch und occeanisch groß see ist nit alein tief, sunder an etlichen orten gar grundlos, darauf vil weyser wasservögel, die im meergrund nistein [!], und darinnen vil und mancherley sort an großen walh und andern vischen sein und mit wundern von Gott dem herrn dermaßen versehen, das auch alles, *) G. M. 2910, i8v: „von dan gen Tricht heist auf flemischs Masterich, ein schone statt und ist ein Schlüssel in vil land“. 2) Die untere Hälfte der Seite besteht aus einer farbigen Abbildung dieser Schiffe und einer niederländischen Küstenstadt. 3) Hs. Lip. Hier stets ausgeschrieben. 4) Ein Stüber hatte in den Niederlanden einen Gebrauchs­ wert von etwa 80 Pf. 24 Stüber gingen auf einen fl. rhein. 5) laffieren = lavieren, kreuzen (vom Schiff, siehe Goetze).

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was auf erdtrich lebt, auch im meer (nach seiner art) und etlichs noch vil mehr ist und, wie die alten schiffleut sagen, des meeres natur und art lest sich nit genugsam weder singen, sagen noch schreiben, an [ohne] allein was die heylige geschrift darvon meldet. Also ein gwaltiger herr ist unser Got, dan das groß wüten des meeres wellen, die starken wind kan der herr in nöten mit einem wort stillen und weren, im sey lob und eher1). [31v] Von Seeland für Flandern, Engeland und in die Span­ nischen see2). Item als hievorgemelt und wir nun Portugal ersahen, er­ freuten wir uns nit unpillig, warfen im namen Göttis bey Cascallis (Cascaes), einem stettlein 6 meil von Lissabona, unsere anker ein. Des andern tags hüben wir gedachte anker widerumb auf. Da wir ein meil von Lissabona geseglet waren, ließ ich mich selb funft an land setzen, da besprachen uns' die bevelichsleut oder guardi, die vom könig alda sind, die waren mit Worten hart, droten uns auf gefenknus, das wir also unerlaubt ins land kernen, aber wir kamen durch unsere demutigkait und bitt unsers tolmetzen [Dolmetschers] gnedig darvon, giengen also zu fueß von Bellina [Belem] den 27. Feb. a° 34 biß gen Lissabona zu sengnor Eberhardt Eberdeiß, Gott sey lob und eher in ewigkait. Unser schiff aber mit namen Sanct Martin hievor gemeldt het 2 mest, 2 mörß2a), 6 segel und 17 stuck geschutzs, sein last war 4500 pfd. und hett 20 potzgeselen3), 4 anker. Auf 19. Marcj hielt man ein wunderparlich fest mit mumereien und tantzen zu Lissabona. Lissabona ligt im sud, meridies oder mittag wind, da ist der tag 14 stund an dem lengsten. Am grünen Donerstag ist zu Lissabona zu nacht ein große procession, darinnen ich bey 600 penitentzern gesehen, die sich Selbsten jemerlichen schlugen. Got erbarm sich iren. Goerg Herbartzs quinten 4) ist 1U großer meil von Lissabona. Sein diemandmül schneidt 365 stein auf einmal. Hie solt ich ein diemantschneider worden sein, aber es verblibe. Auf primo Mey kamen in großem Sturm­ wind 2 schiff von Perua bey Lissabona in hafen neben Bellin. Ir last was vil gold, segleten hernach in Spanien nach Sevilien, da wur­ den sy entladen. Adi 13. dito kamen schiff mit wahren und moren, auch vilen pappigeyen und anderm, von Ille de Sanct Thome. Die moren sähe ich durch ein lange gassen gehn und darnach verkaufen. [32r] Die Stadt Lissabona sambt der Catzschopa5) darvorligende 6). Merk, das Lissabona ein seer große stat ist, welche drey berg in ir hat, auf dem einen ein Barfußercloster, auf den andern zweyen Schlösser. In dieser stat sein über 3 mal hunderttausend menschen, darunter die zwen dritayl moren, und der eine drittail weiße men­ schen. Mer auch in diser stat vil schöner jeneten 7) pferd gefunden x)

2) *a) 3) 4) 5) 6) 7)

Hierauf farbige Abbildung: Seeland? Desgleichen. Englands weiße Kreidefelsen. Mastkörbe. S. S. 236 Anm. 5. Bootsgesellen, Matrosen. Vgl. span, quinta: Landhaus. Cachopo. Unten farbige Abbildung von Lissabon. Vgl. S. 216 Anm. 4.

231 werden. Das meher aber davor ligend haist de la Cactzschopa. Das ist ein grausam, ungestüm, sorgend, rauschend, heulend und schreyend wasser, schlecht sich und lauft mit seinen wellen an der felsen und bergspitzen ende, etlicher heuser hoch; das scheint beim tag, von fernuß1) gistend2), weiß wie kreidenberg, zu nacht aber sam [wie] lauter brennende feuerberg. Die schiff, so darbey furuber, müssen sich wol fursehen, und guten vorwind haben, anderst schlechts es in ioo stuck, dan vil schiff, gütter und leut mermals alda verdorben und zugrund gegangen sind. Wir musten an unsern ankern auch ein tag und nacht hievor ligen. Aber unser almechtiger Got und herr sey gelobt, der half uns bald mit gutem vorwind (da oft andere schiff ein 6 oder 8 wochen ligen und auf guten vorwind warten müssen) gantzs gnediglichen hindurch; der helf nun auch anderen schiffen. Item zu Lissabona blib ich bey drey manaten, und fand in rat3), das ich raisete mit Eberhardt Eberdeis gen Villa Francka [Villa Franca] und Sanct Arrein (Santarem) bey 15 meilen hinter Lissabona, umb etlich cleinat zu besehen. Nach disem widerumb gen Lissabona4). Da wolt des königs conestabel einen buchsenmaister auß mir machen, das ließ ich auch bleyben, dan ich war nit darum da. Und macht mich bereit per terra nach Antelosia gen Sevilien. [32v] Seuillia, eine alte stat in Antelosia oder hohen Spannien, sampt der schiffprücken und schaubonerien5).6 Alhie gehet ein schiff unter, ertrinkt ein junger5a). Nota. Der weg von Antorf in Brabant durch Franckreich auf der post gen Lissabona in Portugal, wie fern von einem yeden ort und postpferd zu dem andern sey, so bey 14 tagen in 500 meylen laufen, und was das alles kost, das stet in einem andern meiner büecher eim mit der jarzal 1537 a foli 41 e) nach lengs verzaichnet. Hie aber so vil Sevillia betrifft, bin ich von Lissabona über ein wasser zu schiff (ist ein adern vom meer) bey 3 meilen brait geschifft, von dan per terra gen Alcaleg [Aldea Gallega], ein maultiergehürt 7), und biß gen Ebrach [Evora] (da der könig hof heit) kommen, und dann über ein große heyden, bey Monte Mor genant, die nacht auf dem feld gelegen, von dan gen Moer [Moura], einem stettlein, ferner zwo nechet zwischen berg und tal im gras geschla­ fen. Von dan gen Arressenn [Aracena] über vil berg, und im feld *) Fernuß (fernnis f.) = distantia (DWB. III, Sp. 1539). 2) Gisten = jesten, „schäumen“ (Lexer I 1480). 3) Vgi. „rat finden“, ratsam finden (DWB. VIII, Sp. 159). Vgl. auch S. 229 „in rat erfand“. 4) Vgl. G. M. 2910, 2or: „also fürderet er [d. h. Eberhard Eberdeis] mich sambt Marcus Harttman, Senor Latzerus [Lazarus] Nürmbergers factorn in Sevylla, Michael Maynart, Jacob von Stroßen und Jörg Herbant, als ich von Villafrancka und Sanct Arein körnen ward. Das ligt 15 meil ferner dan Lissabona“. 5) Spanisch jaboneria — Seifenhaus. Vgl. S. 237 G. M. 2910, 21v: ins seifenhaus für der Welschsser haus. 5a) Hierauf farbige Abbildung von Sevilla. 6) Vgl. G. M. 2910, 31 (alt 41) ff. Da Hieronymus die Reise ja zu Schiff gemacht hat, muß er die Landreise irgendwo ab­ geschrieben haben. 7) Vgl. mhd. horde, „Flechtwerk, Umhegung, Bezirk“ (Lexer I 1338).

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gelegen. Darnach in ein dorf. Und letzslichen gen Seuillien zu segnor Latzerus Nurmberger1), das sein bey achtzig meilen, von Lissabona komen. [33r] Anfang der bestallung und Ordnung deß musterzugs, mit i furirer2) sampt schalmeyern und sackpfeifern, zu Sanct Lucar in Anttelossia 3). Item als ich bey hievor gemeltem herrn Nurmberger ward und zur malzeit an seiner tafel sitzen must und mich anderst nit hielt, dan wer ich sein sohn, wollt er mich per armada nach dem Stretzso Mauillian4) schicken (das ist von Seuillia bey 3000 meylen). Do aber diß keinen furgang hett, da waren eben der edlen und ehr[baren] herren Bartholomeus und Anthoni der Wellsser5), gebrueder von Augspurg, factorn6) alda mit iren armaden in der rüstung und verhießen mir doppelsold und darneben gute partiden (sam sollt ich noch mittlerzeit ir richter in irem Indien wer­ den), dan sy hetten von unserm herren kaisser Carolo macht, das nialdefitzs recht zu besetzen, wen man erkent zum sträng oder schwert, hinrichten zu lassen. Zu dem sagt mir sengnor Jörg Koch7) sonderlich zu, ich bedörft mich weder zu inen versprechen noch verpflichten8), solt inen allein dise rais dienen. Also kam ich zu inen. Da machten sy alsbald mich auf einem Pissgaischen schiff (das sy erst erkauft und recht pauen ließen) in drei monat *) Joh. Mich. Anton von Welser in: Zeitschrift des histor. Vereins für Schwaben und Neuburg I, S. 321 ff.: „Nürnberger, eine nürnbergische Familie, von denen mehrere sich als Münzmeister bekannt gemacht haben“. Haebler, Die überseeischen Unter­ nehmungen der Welser, S. 46: „Lazarus Nürnberger . . . ein deut­ scher Kaufherr, der anfänglich von Lissabon aus nach Ostindien Handel getrieben und selbst wiederholt die Reise um das Kap der guten Hoffnung gemacht hatte, dann aber nach Sevilla über­ gesiedelt war, um sein Glück auch in dem spanischen Indien­ handel zu versuchen“. Vgl. auch Haebler, S. 94 und 229, wo Nürnbergers „Memoriapuch“ erwähnt wird. Es ist jedoch nicht klar, ob dieses erhalten ist. 2) Einer, der für Quartier zu sorgen hat (DWB. IV, 1, Sp. 752). 3) Unten farbige Abbildung. 4) ? Stretzo = ital. stretto, Enge, enger Paß, Meerenge. Es ist wohl möglich, daß hier die Magellanstraße gemeint ist. Auf Bl. 42 dieser Hs. ist eine Landkarte von Europa und Amerika, die ein undatiertes Werk von Fernando Berteli ist. In der King’s Library des B. M. befindet sich ein vollständiges Exemplar der­ selben. Der Katalog gibt als Datum „1570 ?“ an. 5) Vgl. Haebler, Die überseeischen Unternehmungen der Welser. Ueber diese Expedition besonders S. 277 ff. Haebler waren scheinbar nur die gedruckten Teile von G. M. 2908 und 2910 in Z. d. hist. Ver. für Schwaben usw., Bd. I, S. 322 ff., bekannt. Vgl. auch Haebler, Eine deutsche Kolonie in Venezuela. 6) Geschäftsführer, Agenten. 7) Vgl. Haebler, S. 102: „ein Mann, der eine längere Reihe von Jahren auf der spaiftschen Station im Dienste der Weiser­ gesellschaft gestanden zu haben scheint“. 8) Vgl. G. M. 2910, 20v: „versprechen noch verschreiben“.

233 zu einem spenssierer*) und hernach zum scholdedus2) mit einem halben hacken3), und begabten mich auch darnach mit einem armbrust, und beschlossen darauf, mit sengnor Nicklaus Federman4), als principallcapitani, über zweyhundert pferd mit schellenzeugen zu behenken. [33v] Fernere bestallung und Ordnung des musterzugs zu Sanct Lucar in Anntelosia 5). Item hievorgedachte zwayhundert pferd sollten zu Sant Dommenica6) durch Nicklaus Federman bestellt werden und war­ ten bis auf unser ankunft, darein bewilliget sengnor Jörg Koch, der Christoff Hessler und Jörg Hohermueth7), gobernator, alle von Memmingen, Hanns Faelle8) von Augspurg und Jacob Reinwaldt9) sampt Andreas Gundelfinger10), mayordamo von Nurmberg. Item es waren verordnet etlich Sorten priester und ordensleut gegen den Vinizölern und Indianern, dergestalt, da wir ins land kernen, in dreytayl zu tailen, aufs freundlichst und lindest uns gegen inen zu erzaigen, nemblich mit scheinparlichen dingen, als die priester in iren chorröcken mit fenlein, und etlich in meßgewanten, kertzen, liechtern, marstrantzenn), vergulten pildern und tafeln in iren henden, dergleichen die Predigermünich mit puechern, paternostern, die Barfüßer aber mit kellichen und der­ gleichen, darmit vermainend, das arm nackent volk zu bekeren und also die Christenheit zu meren, ja, gold und silber von inen zu bekomen war die mainung12). Per memori. [34r] Bestallung und Ordnung des musterzugs zu Sant Lucar in Annttelossia. Erstlichen do wir per mar für Las Indias Vinicole mit unsern zway gearmierten schiffen kernen, uns an land setzen ließen und in drey tayl das land einzunehmen tayleten, do sollt sengnor cappitani Nicklaus Federman und Andreas Gundelfinger majordoma, sambt den pussaunern und aus zwayhundert zu roß ein geschwader reuter mit schellenzeugen behängen in hosen und wammes geschwind mit iren seitenwehrn, da kein guete helfen will, auf ein ernstlichere weys (dann hievor gesetzt) wider die Indianer zu handlen geordnet, fortfaren, zu fueß aber etliche drabanten mit iren partissanen 13) und etlich kuppel stauberhunden 14), *) despensero, Quartiermeister. 2) scultetus, Schultheiß, Aufseher, wohl auch Richter. 3) Vgl. S. 227 Anm. 2. 4) ADB. VI 598; Haebler, S. 246 ff. usw. 5) Hierauf farbige Abbildung der Priester und Mönche. 6) S. Domingo auf Haiti. 7) ADB. XII 703. Haebler, S. 222 ff. 8) Hans Vöhlin der Jüngere, Enkel Konrad Vöhlins und der Katharina Welser. 9) Jakob Rembold. 10) Vgl. Haebler, S. 222 ff und S. 227. n) = Monstranz? 12) Vgl. S. 241. 13) Partisane — Spieß mit breitem Stecheisen (DWB. VII, Sp. 1479). 14) Stäuber = Jagdhund (Goetze).

234 auf disem tayl zu fueren und laufen zu lassen, do es vonnöten. Per memori1). [34v] 2) Item sollicher fenderich, unter hiervor gesetzten haubtleuten, mit seinem plau und weyßen fenlein, hett vor ime drometer und umb sich bey zweyhundert rodellierer 3) zu fueß, mit iren werfscheffelienlein4). Die waren mererstails mit elendheuten bekleidet, ire wammes mit paumwollen gefuttert, weit leinen puchssen über die hosen, die paret [Baretts] mit federn geziert, die schaiden an den wehren und rappiern (auf das sy desto lenger weren solten) mit weyßen schinplechen 5) umbwunden, dan man an solchen fremden einödigen orten nit alle tag dergleichen zu machen findet, was man bedarf. Darumb, was man hat, alle ding werhaftig sein sollte. Per memori. [35r] Zum andern, do wir alß hievorgemelt ins land kernen, und auf ein andere seiten rucken muesten, da sollt sengnor Murgo6), capittani von Venedig, und Joachim de Penness 7), und auß zwayhundert zu roß, auch ein geschwader reuter mit schellen­ zeugen behängen, sampt etlichen scharpfen renfenlein8) in hoßen und wammes geschwind mit iren seitenwehrn, im fal kein guet helfen wolt, auf ein noch ernstlichere weyß (dan hievor gesetzt) wider die Indianer zu handlen verordnet werden, zu fueß aber etliche drabanten mit iren partißanen und etlichen stricken windenhunt auf dißem tayl zu fueren und laufen zu lassen, do es von­ nöten sein wolt. Per memori9). [35v] Item solicher fennderich unter hievorgesetzten hauptleuten mit seinem rot und weyß fennlein 10)* hett vor ime trummel und pfeyfen, und umb sich bey 200 armbrustschutzen, darunter ich, Jeronimus Cöler, der fördersten einer war, die trugen (auch zum tayl ich) von ellentzheuten dupel goller, in gestalt und form eines fueßharnischs biß auf die knye, allenthalben mit schönen nesteln A1) gepunden, mit wollen dick ausgenet und gefuetert, ein ascheniarbes wames, Sturmhauben, auch aus solchem leder, wie die alten römischen helmliniein, die rappier mit schinplech (als hievor a foly 98 [neu 34v] gesetzt), ein dollichen, ein braite gürtel, daran ein lange winteri12), auf der andern seiten ein köcher mit pfeylen, ein stehelen armbrustpogen mit einer langen seulen, oben mit einem weiten A)' Hierauf farbige Abbildung. 2) Auf der oberen Hälfte dieser Seite wieder Abbildung. Von hier an lasse ich die in dem Manuskript immer wiederkehrende Ueberschrift „Ordnung des musterzugs usw.“ fortfallen. 3) Ein Rodellirer ist ein mit einem runden Schild (span, rodela, ital. rotella) bewaffneter Soldat. 4) Vgl. S. 217 Anm. 4. Das doppelte Diminutivsuffix ist in­ teressant; vgl. helmlinlein, 35v. 5) Vgl. Schienbein DWB. IX, Sp. 15. ®) Sancho de Murga. Vgl. Haebler S. 227. 7) Joaquin de la Pena. Haebler, S. 229 und Anm. 2. 8) Rennfähnlein: „kleine Reiterstandarte oder auch der zu dieser Standarte gehörende Haufe“ (DWB. VIII, Sp. 813). 9) Hierauf farbige Abbildung. 10) Auf der oberen Hälfte der Seite farbige Abbildung. 41) Vgl. S. 217 Anm. 5. 12) Armbrustwinde (Lexer III 899).

235 eyßern steg, gestrickt schug, albergantes *) genant auf dem rücken, schwartze hoßen und zerschnittne schuch. Per memoriam. [3Ör] Zum dritten und mittlerm tayl, do wir (als a foly 98" hievorgemeldt) ins land kernen und hindurch rucken müesten, darzu waren die obersten hauptleut, nemblich sengnor capitani Jörg Hohermueth von Memingen und neben ime der edel und handvest herr Phillips von Hutten*2) und Pirckenfeld sampt iren heertrumeln, vorreutern, auß zweyhundert zu roß, auch ein geschwader reuter mit schellenzeugen behängen, in hoßen und wames geschwind mit iren seitenwehrn, da noch kein güete helfen wollt, auf ein noch gar ernstlichere weyß (dan hievorgesetzt) wider die Indianer zu handlen geordnet, zu fueß aber etliche trabanten mit iren partißanen und etlichen großen englischen hunten3) auf dißem mittlerm tayl des lands zu fueren und laufen zu lassen, do es vonnöten sein sollt. Per memoriam4). [3ÖV] Item solicher fendrich, unter hievorgesetzten obersten haubtleuten, mit seinem weyß, gelb und roßinfarbem fenlein hett vor ime duppeltrummel und pfeyfen, und umb sich bey 200 halb­ hacken schützen, darunter ich Jheronymus Cöler im anfang dißer rüstung der fördersten einer sein wollt. Der cantestabel aber zu roß gönnt mir guets, bracht mich unter die armbrustschutzen (hie­ vor gemelt). Und war mein gestalt mit einem beschornen köpf, ausgebraiten schwartzen part, ein schwartzs piret mit einer schönen großen weyßen federn, in einem roten, dapfern, maylendischerf kriegsmantel, hett einen braiten runden uberschlag, zwifach mit schwartzen pörtlein verbremt, der gut gewürkt für die großen wellen und meergueß, auch für die hitzs der sonnen war. Auf der achsel ein halben zunthacken, ein rappier mit weyßem plech, alß hievor gemelt, schwartz zerschnittne hosen, spitzige zerschnittne schug, und ein buratzschen5) unter der gürtel zum getrank. Per memoriam. [37r] Ordnung der füerer zu roß an allerley fuesvolks. Item unter allerley fueßvolk werden auch gerechnet die hand7 werksleut, so keiner musterung bedörfen, als balbierer, schuester, schneyder, sayler, schiffleut und etlich zimmerleut mit iren peyhellen6), maurer, perkhauer und dergleichen. 0 Vgl. G. M. 2908, i9v: „so hetten wir uns gerüst mit schuchen aus stricken gemacht, oder schnüren, die über hart gebirg, für hitzs und wasser gut sein, haben uns in Spaniga die seiler gemacht“. Albergantes = span, alpargata, alpargate, grober Schuh der Landleute, aus Hanf oder Binsen geflochten. 2) ADB. XIII 463. Haebler, S. 298 ff. Klaiber, Die deutsche Selbstbiographie, S. 21. 3) Bulldoggen. Auf der Abbildung sind sie ganz deutlich zu erkennen. 4) Farbige Abbildungen am Fuße dieser und am Anfänge der folgenden Seite. 5) Vgl. G. M. 2908, I9V: „mer hett wir Weinflaschen aus gaisheuten gemacht, das rauch hineingekert, die heißen buratzi, hett ein yeder eine mit wein, die ander mit wasser unter der gürtel“. Vgl. span, borracha, ital. borracia „kleiner Schlauch zum Auf­ bewahren des Weines“. 6) Beilen.

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1. Bey des fenlein plaub und weyß 2. Auch bey dem rot und weyß 3. Und bey dem weys, gelb und roßinfarben fenleins *) musterung und zug bin ich Jheronymus Cöler von Nurmberg in Sevillia und zu Sant Lucar per mar und per terra perschönlich (Gott hab lob) gewessen. Per memoriam*2). [37v] Voigt der troß von schantzgrabern und andern2). Item unter obgemelten was auch ein geborner Turck, seines leybs ein starker man, der mit seinem pogen und pfeylen behend war, der hett seinen saibel an der seyten, so vor der zeit mit Andreas Gundelfinger auß der statt und königreich Peß 3) in Barbaria in Anntelosia kommen war. Solicher troß hett einen nachtrab zu roß, auch mit schellen­ zeugen behenkt, und etlich trabanten mit iren partißanen. Per memoriam. [38r] Unser eines gearmiertes schif in der se bey Sant Lucar in Antelosia. Item das volgend gallianschiff, darein ich mich unter sengnor capittani Murgo und Jochim de Pennes sampt sein rot und weyß fennlein und fennderichen, neben den knechten, munichen, pfaffen und andern inparkiert, hieß La Nostra Sengnora qua de Lupa4), (das ist) unser frau vom wolf, da ließ ich mich finden, dann solich schiff seiner nottdurft nach mit geschutzs, mastpaumen, merssen5), seglen, ankern, pumpen, pisscotti6), sueßen wasser und anderm proviant zimelicher weys versehen war. Per memoriam7). [38v] Unser ander gearmiertes schiff in der see, auch bey Sant Lucar in Antelosia7). Item obgesetztes naffuenschiff 8), darauf ward Petter Marcus 9) schiffman, und zu ime sengnor cappitani Jörg Hohermuth von Memmingen, und neben ime der edel und handvest herr Philipps von Hutten und Pirckenfeldt als oberste sampt zway fennlein, eines plaub und weyß, das ander weyß, gelb und rossinfarb, neben den knechten und andern geordnet und inparkiert, das wir denn hießen *) Vgl. G. M. 2908, I9r: „Das erst fenlein was gelb, weis und rosinfarb, mit einem burgundischen großen Endrescreutzs und feureisen, zu gedenken, das dises fürnem mit vergünst und willen kayerslicher mtt. geschech. Das ander fenlein neben diesem was rot und weiß getaylt, zu gedenken, das dises fürnemen und rüstung in dienst und von wegen der herren Barthelmes und Anthoni gebrüder, die Welscher zu Augspurg, geschech. Auf der linken seiten das drit fenlein was weis und plaw, zu gedenken, das wir auf unserm gobernator und haubleut vleis und achtung haben sollten. Und hielt der yedes, für ein kleines fenlein gerechnet, mer dan 200 wolgerüster perschon“. 2) Hierauf farbige Abbildung. 3) Fez in Marokko. 4) Nuestra Senora de Guadalupe (Haebler, S. 228). 5) Mastkörbe. S. S. 230 Anm. 2*. 6) Vgl. ital. biscotti, Zwieback. ; 7) Hierauf farbige Abbildung. 8) Naffe = Schiff (lat. navis). Hier wohl größeres Segel­ schiff, Kriegsschiff (DWB. VII, Sp. 472). 9) Pedro Marques. Vgl. Haebler, Die überseeischen Unter­ nehmungen der Welser, S. 94.

237 la Sancta Trinittas, (das ist) die heylige Driualtigkeit. Das was gantzs wol mit guttem geschutzs auf redern und sunst mit kammerpüchsen, seinen mastpaumen, mörs, segeln und 4 ankern, auch pisscoti und proviant nach notturft versehen1). Per memoriam. [G. M. 2910, 21r] Also mustert man uns oft, gab uns aber nye kein gelt2), sondern man ordnet uns all die büchsenschützen zu iren scopetten, die rodellirers zu iren roddellen und wir armbrust­ schützen musten zu unsern armbrosten und ein yeder, so in der Welchsser land wolt, wurden aufgezeichnet in Seuyllia in Casa della Contterastacion 3) mit zweyen testes, so unsere eitern kenten, und unsere freunt, das wir gut leut und Cristen weren, scuramenta für uns tun. Do wurd auch ich sampt meinem vatter, mutter und der statt Nürmberg für gut eingeschriben, des gab mir zeugnus senor Latzerus Nürmberger, Hanns Lönner von Marek Erelpach. Noch hett ich Andereas Gundelfinger zum pesten, so es vonnötten wer gewesen. Item darnach mustert man uns [2iv] und schrib uns und ordinirt uns. Musten also della sconpardia4) ins seifenhaus für der Welschsser haus alla Dryanna6) über die langen brück des Rios in Seuyllia durch die gantze ordenung ziehen mit dreyen schönen fenlein. Meines capittani und der Welschsser färb was rot und weys, die zwey andern der capittanj, die Pennes genandt, von kayserlicher Majestät wegen, der färb war rott, weis und blau mit burgundischen creutzen, trugen und beleitten dise drey fenlein in ein kirchen, war ein closter, da sang man ein schöne mes und weichet diese fenlein6). So zugen wir fort alle Trianna. Darnach 1) Hierauf folgt in der Hs. des B. M. die Beschreibung von Venezuela. Der eigentliche Bericht wird dadurch unterbrochen, deshalb wird hier jetzt mit G. M. 2910 fortgefahren. 2) Vgl. Haebler, Eine deutsche Kolonie in Venezuela, S. 212: „Bis die Zahl voll war, gab es keine Löhnung, wohl aber wurden die Geworbenen beinahe täglich exercirt, um je nach ihren Fähig­ keiten und ihrer Ausrüstung den verschiedenen Häuflein der Büchsenschützen, der Schildträger oder der Armbruster zugeteilt zu werden. Um den Auswanderungsgesetzen zu genügen, mußte ein jeder durch zwei ehrbare Zeugen erhärten, daß er kein Jude und kein Ketzer noch der Inquisition verdächtig, auch sonst nicht wegen solcher oder anderer unehrenhafter Verbrechen vorbestraft, vielmehr als Untertan der Kirche des Kaisers geboren sei. Nach­ dem alle diese Formalitäten erledigt waren, kam endlich der Tag der Vereidigung“. 3) Span, casa delle contratacion = Handelshaus, Haus, in welchem Handelsverträge geschlossen werden. 4) Vgl. ital. scompartito, eingerichtet, geordnet. . 5) Vgl. Haebler, Die überseeischen Unternehmungen der Welser, S. 102: „Das Weiserhaus befand sich damals nicht in der eigentlichen Stadt Sevilla, sondern in der jenseits des Guadal­ quivir gelegenen durch eine Schiffbrücke mit der Stadt verbun­ denen Vorstadt Triana. Anm.: Diese Tatsache ergibt sich aus den Aufzeichnungen des Hier. Köler“. 6) Vgl. Haebler, Eine deutsche Kolonie in Venezuela, S. 213: „Mit klingendem Spiele, im schönsten Putze, die Fähnlein vorauf, ging es zur Kirche, wo ihnen ein Geistlicher eine recht weltliche Rede hielt, in der viel gesagt wurde von dem unbedingten Gehor­ sam, den sie dem Kaiser, dem Statthalter und endlich ihren Haupt­ leuten schuldig seien“.

238 bescheid man uns p[er] Sanct Luccar uns inzubarkiren. Da tet ich mich in der Welscher parken von Seuyla nach Sanct Lucar, da ich und mein geselschaft dan vil gefer inen [innen] erliden. Dan dise marinneros warn morn und künden nit wol mit, ließen uns an land setzen, giengen fortan ein lange weg zu fues gen Sanct Luccar. Da muestert man uns sechs hundert, vort in ein Barfüßerkloster vor der statt, da man uns auch fürhielt, wie [22r] das wir dem gobernator den eyd tun müsten, in zu helfen strei­ ten wider die Indianer, umb eher und gut zu erlangen, auch die Indianner mit dem schwert zu erobern und [zu] Cristen zu machen und dem gobernattor, auch kayserlicher Majestät befellich untertenig zu machen. Auch die erst profintzen, so wir gewünen, oder das erst land wer wir geobligiert, was wir da uberkemen, dem gobernator überantworten müsten, alsdan wurd er dasselb auspartiren unser yedem nach laut kayserlicher Majestät beveelich, davon wer dan unser ein yeder dem mergemelten gobernator schuldig acht ducaten für passassy zu bezallen1). Welchem aber von den herren einig armadala) geliehen wer, solt 4 do. mer zallen, mit mer des kayssers und der herren gebürd. In fin, so vil must er von im geben, das er zuletzt nit vil behalten hett. War die sag, es müst yeder zechen jar im land bleiben, was eim dan vonnotten, müst er von den herren um zweintzig wert bezalt haben, [22v] dan ein pippen2) weines würd per 100 do und ein pippen melb per 50 do unter uns zu verkaufen von den herren angeschla­ gen. Welcher dan krank und nit zu kaufen mer vorhanden ist, mus man wurtzelkraut und solich ding essen, das uns hiezuland unmüglich ist, an [ohne daß] das selb land den Teudttschen sünst so ungesunt, das es nymer keinem in die leng zu vertragen, wie dan bey den 80 berkgesellen3) und andern zu erkennen. Item man hielt uns für ratzion all tag in essen und trinken, das man uns auf dem meher und disser reis dreyen menschen geben wolt V2 somer4) weins, V2 somer wassers, ist bedes bey einer Nürmberger mas. Item drey tag würd man uns in der wochen fleischs geben, qua del di 3 perschon ein ft fleischs und 4 tag vischs, all tag 3 perschonn 1 ft und piscotzy5) genuch, welches geding uns aber hernach nit würd gehalten. Nichtsdesterweniger müsten wir schweren auf berürte artikel, und schußen also unser geschutzs los und zugen wider mit unsern [23r] fetzen6), trumen und pfeifen in Sanct Lucar. Adi 18. Octob. a° 34 müsten wir all uns von Sanct Lucar inparkiren und zu schiff gen. Also gieng wir [a] di 19. ditto ze *) Vgl. Haebler, a. a. O., S. 212: „Berge von Gold wurden denen in Aussicht gestellt, die oft ihr Letztes daransetzten, um in das verheißene Land zu gelangen, öfter noch drückende Verpflich­ tungen eingehen mußten, um Ausrüstung und Ueberfahrt borg­ weise zu erhalten“. ,a) Armatur, Ausrüstung. 2) Pipe = span, pipa, ein span. Wein- und Oelmaß, etwa 6V2 Eimer preußisch (Welser). 3) Vgl. Haebler, Die überseeischen Unternehmungen etc., S. 60 ff. 4) Somer ein span. Maß für Flüssigkeiten (Welser). 5) Vgl. G. M. 2908, i9v: „Item unser zweyen war erlaubt, ein kisten mit biscotzi und vittallia mitzunehmen“. 6) Fahnen. DWB. III, Sp. 1575.

239 sei im namen, lob und eher Gott des almechtigen per las Indias nach Venizolle auf Petter Marcus naffen. In meiner rott waren Hanns Lonner, Nicklas Crado, dell [des ?] Andereas .Gundelfinger ein albones1), mer in meiner rott Hanns Friess diemuttschneider2) von Augsburg, Bennedicktt ein buchdrucker, Petter Müllner ein berkheuer aus der Schlessy, mer zwen Fleming, ein brobbierer3) von Brüssel, Hanns genant, der ander ein zirmoberbrenner von Anttorf, Callixtus, und sunst noch drey Fleming, die waren mit in meiner rott. Auch war in dem schiff, darauf ich war und Petter Marcus oberster Schiffer, unser capittani Murgo und Hans Felle. Auf dem andern, des gobernattors schiff, war er und Andereas Gundelfinger als meyor doma, Frantzs Lettzelttner4), des gober­ nattors spensiro, und mayster Lucas, balbiro von Augsburg. [23v] Wie wir aber nun in 200 meil im meer waren, hetten wir tag und nacht dickmals die grösten stürm, das wir uns manigmal verlorn schetzten, und auf 21. Octob. das groste turment und fortuna, das wir uns für tot schetzten und uns alle Gott bevalchen und gelübt teten. Wir wisten nit, wo wir waren, der tag verwan­ delt sich in die nacht. Das gewülken zoche sich herab auf das meer und das meer hinauf in die wölken, und fiel so grausam wasser vom himel, das unser ein tayl schir auf dem schiff ertrunken weren. In somma, da unser sach besser würd, vermerkt wir schonn 6 meil von Lissabona waren. Also hett uns die wetter zurück getriben in wenig tagen und stünden aus dem Occeanischen meer für Anttelossia, Hochspania und Porttugall mer dan 500 meil und von dan würf uns der wind wider in das groß Occeanischs meer, das wir also in fin (Gott hab lob) wider hinter sich liefen nach dem haffen in Callis [Cadiz]. Item am 30. tag ditto hetten wir wider ein gros turment und fortuna. [24r] In dem verluren wir hinter uns des gobernattors schiff und sorgten, es wer ver­ dorben, da war es in dem haffen Sanct Lucar eingelaufen und sy maynten, das es mit uns geschehen wer. Da uns der gobernattor aber erkundiget, empott er uns, mit unserm schiff auch nach Sanct Lucar zu seilen, das wir auf adi ult0 ditto versuchten, aber von canttrad des winds nit fort künden. Musten also wider unsere anker werfen auf dem weg vor großem turment und zu morgenst wider zurück in den haffen Callis, dan wir hetten schir an land geselt. Unser rechter pillott was an land, macht gut schirr5), wir aber musten ein andern hyren oder bestellen, welchen man hernach nit zallen wolt. In somma sommarum bös regiment was unter den marineros von allerley sprachen, ein tail Schottis, ein tail Englischs, Fleming und der maiste tail Bisgayer und Sponiart und Tallianner, allerley 30 menschen, der verstünd keiner den andern [24v] in der nott. Es waren auch ein tail Ostlender darunter, wan einer so redt, so sagt der ander sünst, dadurch dan manches schiff verdirbt. Es was auch unser schiffman oft so verD Albanese ? ? 2) Vgl. demut m., Diamant (Goetze); DWB. II, Sp. 916. 3) Probierer, einer, der die Münz- oder Erzprobe anstellt. DWB. VII, Sp. 2150 ff. 4) — Lebzelter. Haebler, Die überseeischen Unternehmun­ gen etc., S. 227. 5) Schier = Bewirtung, freundliche Aufnahme. Vgl. engl, cheer. DWB. IX, Sp. 27.

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zagt unter inen, das er sich mer dan einmal vor angst hinter den mastbaum verkroch und sein harr ausrauft, sprach auch, er hett nu in die 25 jar auf dem meer gesellt, wer zu Callarutt [Calicut] gewesen und in kayserlicher Majestät India und hett das spanischs meer mer dan 18 mall passirt, es wer im aber dergeleichen nye begegnet, so geferlich als dismals mit sein schiffknechten. Man hett im die zugeben, wie man die dismals bekomen möcht, dan wir selten gleichwol aus wider der natur lauf, im October und November, alda sunsten und im Marzo nit gewönlich zu naffiren ist und von königen und kaysern verboten, darmit nit so vil schiff und leut umb den hals körnen. Aber man lest es yetzt nit, man wagt es gar dür1), so versinkt und ertrinkt man auch gar thür, [25r] und verlacht sy darzu, und in solchen gefaren lassen oft schiffleut schiff und sei gen, wie sy gen, also verzacht werden sy oft, darzu sy dan gobernator und capitani oft zu irem schaden aufreden und brengen die guten armen schiffleut um. Da ich nu dis und anders meher, so nit gut ist, erfuer, besach ich, wie ich diser schweren pürden los würd, lies mich und Hanns Fries an land setzen, dieweil vor uns und hernach vil Spaniart waren aus­ getreten. So sucht unser yeder remedi, wie er der ding los würd, und fure ich und Hanns Fries mit der marina per Maria Portt (Puerto de Santa Maria), wolten for per terra nach Sanct Lucar, dem gobernator umb lizencia zuzesprechen, dieweil auch kein Spanigart mer bleiben wolt. Indem was er aber selb per Callis, so must ich wider in Callis. Da nam ich von ime Urlaub, das must er mir mit einer guten postpart geben, auch mein cassa und arma aus dem schiff nemen. Doch sagt er, ich solt mych mit Petter Marco umb die kost vertragen [25v] und lies mich nit gern. Da must ich im für all wochen ye für eine V2 do. zallen, wie ander mer. So gieng ich fort in ein paracken2) sambt Hanns Friessen per Maria Portt, und fort per tera in Sevillia. Also kam ich von disser schweren dienstparkeit, die do wol pillig genant wirt ein fretterey3), schmarotzerey und schinterey. Des gab mir Gott remedi. In Callis kam ein gutt früm man zu mir von Augsburg, Mathes Mayr genant, welcher zu Callacutt und ins konigs von Porttugali Indias lang gewest, und hernach auch in disem India der Welscher; disser gutt man warnat mich fast, desgeleichen unser eigener schiffer und contterameister4) oder hochpotzsmann, was ich mich Zeichen wolt, dan ich mit leben von disser schweren reis nit komen würd in 10 jaren, ob ich so lang lebt. Dan es wer für uns Teudtschen nit dasselb land, dan sy es ser wol kenten, welcher gleich mit leben lang da ine wer, müst zuletzt in geschwülst verschmachten. Solchermaßen wurd ich von vilen leuten gewarnt. Gedacht ich mir von gott gesagt sein, wiewol mir die Welschsserischen zuvorn und Latzero [2Ör] Nürnberger all ding vil besser zu versten hetten geben. Da ich aber alle dück und untreu erfuer, gedacht ich, wie ein köstlich ding es wer, auch wie göttlich, ein wening zu haus mit danksagung genossen, dan sich in solche große gefer zu begeben, in ein land, das nit gesunt, da auch weder zu drinken noch zu essen ist, allein bös wasser, wurtzel und kraut, auch da man die armen leut uberpoltert, D 2) 3) 4)

keck, verwegen. DWB. II, Sp. 1741. = Parken? Schererei. DWB. IVa, 1, 1, Sp. 141. Span, contramaestre, Bootsmann.

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erwürgt und inen das ir nympt, allein umb ein wening schentliches goldes und silbers willen. Darnach will man sagen, ey, man mus dis volk mit dem schwert zum cristlichen gelauben nöten, auch sy dem kayser untertenig machen, zu merung der cristenheit, ich besorg aber, es werd gegen Gott einer andern schwerem rechenschaft bedorfen1). Item ich hab auch gedacht an den Spruch Pauly am i. Thimo. am 6. „wir haben nichts in dise weit bracht, wir werden auch nichts daraus nemen“. So wir haben hüll und füll, ists nit genuch, dan diejenigen, so da reich wollen werden, fallen [2ÖV] in vil bekümmernus diser weit. Es ist auch war, wir werden noch alle genuch haben, so der tod kompt, hat ein yeder genuch, kein mensch ist so arm, er hat genuch und, wie man spricht, es bleibt im noch über. Derhalben sag ich pillig dem almechtigen, ewigen und güttigen Gott mein leben lang gros lob, eher und dank, das er mir von obberürten dingen so genediglichen geholfen hat. Es gee mir halt hinfür wie Gott will. Amen. Was für ursach aber mich zu disser schweren reis und andern geferlichkeiten bracht hat, ist nit nott, hie zu erzellen, es ist aber keiner meiner gutten und gehaymen freund, er wirt es selbst wissen und wol rechnen können. Es mus oft einer vil umb ehern willen und redlichkeit tun, und geschieht einem solchen wee, so gern recht wolt, und mag ime nit gedeyhen, das es auch kein wunder ist, ob sich einer etwan vor jamer und herzenleiden ins elend gibt. Nichtsdesterweninger, dieweil mir gott aus seiner gruntlosen barmhertzigkeit wunderparlichen [27r] von allen meinen Widerwertigkeiten bishero geholfen hat und noch helfen wirt, so wolt ich darfür nit fünfhundert gülden nemen, dan ich hett es versucht. Ursach, nützt es mir nit vil, so schadt es mir doch auch nit vil. Derhalben ein yeder junger gesell ein exempel und ebenpild nemen soll, das nit allein hie, sonder auch anderstwo gut brot essen ist, allein welcher Gott vor äugen hat und sich darein zu schicken weist [weiß]. Ich hab 2 ins dritte jar mein kost und kleidung müssen gewinnen, hab darneben der land, sprach und mannir erkundiget, als Brabandtt, Flandern, Sellandtt, Hollandtt, Engelandtt, Schottlandtt, Irlandtt2), Franckreich, Bonthanien (= Bre­ tagne?), Gallicien, Bisgeien, Porttugall, Hochspaniga, per Cannariam und per las Indias und her wider per Flandern, allerley volker, abenter und mannir zum tail gesehen3). Item in meiner reis per lafe Indias seit mit uns aus der Pisaro mit 5 gearmierten schiffen [27v] nach Perua, aber in unserm grösten türment verloren wir in. Er seit so oft auf den weg, kam aber imer wider, sonderlichen kam seiner schiff einest durch fortuna in Barbaria unter die weißen moren, welche dasselb genomen, beraubt und das volk schlaffa4) gemacht, ir lebenlang zu remen5) und arbaiten. Auch kam neue zeitung her, wie das

U Vgl. S. 233. 2) Köler ist nie auf den britischen Inseln gewesen; aber er denkt gewiß an die Seereise, vgl. S. 244 ff. Dies ist eine Stelle, die über seine Arbeitsweise Aufschluß gibt, vgl. besonders S. 184. 3) Hs.: geschehen. 4) Sklaven. 5) rudern. DWB.VIII, Sp.804. 16

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gemeltes Pisaros bruder (welcher dan Perua erstlichen gewonnen hat) in India von den Indiannern uberweltiget worden wer und zu tod geschlagen, sambt seinem pferd am gestad des meeres gefunden. Welches dan der Inndianner gebrauch ist, so sy ein volk uberweltigen, so werfen sy die getöt ans gestatt, da die schiff ankomen, zur vorcht der andern. In diser zeit war in Seuyllia Jörg Stecher, der Fücker factor und Cristoff Reisser, der Herbartischer factor, und Albrecht Lieber. Gleich wie ich von Sanct Lucar gen Sevylla kam, ward Petter Marcus schiff leicht verdorben, dan es gar an land und an ein seiten gefallen [28r] war, das das volk alles heraus gemust und das schiff mittler zeit und dem großen wasser wider aufgestan­ den ist. Item der weg von Nürmberg gen Lissabona 600 meil ist per mar ungeferlich Item von Nürmberg gen Sevyllia per mar ist 700 meil Item Lissabona und Sevyllia ungeferlich 100 meil per terra von einander ligt, oder aber per mar auch. Item von Sevyllia per mar ist in Ille di 300 meil. Cannari m. Item von dan gen Sanct Dommenigo ist 500 m. Item von dan gen Sanct Marttin ist 100 m. Item von dan gen Venizolle m. Item von dan weiter per terra ins land Item von dan nach Perua ist auf die seiten 500 m. ungeferlich weiter Das also von Nürmberg gen Perua mein angefange reis in end volstreckt in 3200 m. gewesen wer. Item man reist dismals gemeinlich gen Perua mit kaufmanschatzs; welcher unter 150 do wert hat, darf nit hin, er sey dan ein soldedus, schiffman oder puchssenmayster. Item per memori: einem armen geselle ist gut ze reißen, [28'] es sey in was mannyr er woll, per Spania Nuffa, des nam auch im Juckydan*) genannt wirt, da ist wol etwas zu bekomen, wo sich einer ein wenig leid *2) und darvon kompt. Ist von Nürm­ berg 2700 m. Item a Ria di platta, so man auch Ria di sollis nent, ist auch wol für ein guten armen gesellen, so der spanischen mannyr gewönnet, es ist aber ser sorglich da, vor ville3) der grei­ fen, der an [ohne] zall da sein. Man mag in disser inssei 800 meil p. terra körnen; es ist sünsten das gesüntest land unter der son­ nen, ist von Nürmberg in die 3000 meil. Item ein armer gesell, so sünsten nyrgend aus oder ein weist, mag sich der garda behelfen von hie bis gen Anttorf, alda sich einer zu einem flemischen schiffman tun mag im arbaiten, der fürt in woll umb ein sünst gen Lissabona. Da wirt er gewis vom 0 0

*) Yucatan. *) sich leiden = sich gedulden, sich in Unbequemes oder Widriges fügen. DWB. VI, Sp. 664. 3) Fülle. Unter den Greifen sind wohl Kondore zu verstehen.

243 könig aus Porttugall und seinem contestabel angenomen, und ime dienstgelt gegeben, so einer nur ein wening mit der püchsen kann. Nun volkt ein Exempel, das ist disser [29r] weit lauft betref­ fend, vom reichtumb und mamon. Item als ich Jeronimus Köler aü 34 in Sevyllia ward, ist ein gros geschrey ge wessen von einem öffentlichen viljacko1), pültteron2) und laderon3), das ist, man sagt von einem großen schalk, dem man a° 28 100 attzottes4) gegeben oder mit rutten aus­ gestrichen hat, und ime darzu bede oren abgeschnitten, und ist im die statt Sevyllia verpotten worden. Da ist er fortan mit sambt seinem eeweib nach India gereist, dieweil er aber weder zu beißen noch zu nagen gehabt, hat er sein weib heißen bey andern schlaf­ fen, auf das sy ime sein narung und kost gewine, welchs sy dan per fortza tun hat müssen und ime in kurtzer zeit vil gewunen hat, dan sy ser jung und schön gewest. Und ir man nu 400 do. durch sy erobert, hat er sich sambt ir fortan aufgemacht nach Perua, eben der zeit, als Perua in seiner pesten flür gestanden, hat mit obgemelten 400 do. 70 in 80 taussend do. gewunen an gold, gestein und ander ding. Dissen man hab ich in Sevyllia gesechen, ist nur [29V] meniglichen wilkum gewessen, dieweil er reich worden, ist bald und von stund wider einkomen, unangesechen ob er ein schalk oder ein bub gewesen und noch ist. Nu dieweil im yeder man gewichen 5) und gnad herr hat sein müssen (wo halt der arm und fromb bleib), hat er sich des ubernomen und allen freffel an seinem weib geübt, hat sy an einen pfeiler oder seul nackend gebunden und sy selbst unbarmhertziglichen blutend gegeislet, ir darnach eisen angeschmidt und zuletzt von ime gestoßen und verschickt, unerkant das er durch ir schand und laster (so sy von seinendwegen hat müssen leiden) ine zu einem herren gemacht hat, welches man ime alls zugelassen und verhengt hat, wiewol yederman weist, das die sein rechts eeweib ist. Nichtsdesterweniger haben im in Sevyllia vil reicher mechtiger leut ire töchter an­ getragen, wollen sy ime verheyraten. Er aber gedenkt weder an Gott noch an eher, hett nach seines hertzen lust wie er will. Reit alle tag auf einem großen, [30r] weidlichen, schönen, gemietten hengst herein, mus alles samat, seiden und gold sein, was er und sein pferd an oder auf hat. Doch hat sein pferd oren, er aber nit. Hat vil knecht, schlaffa oder diensteigenleut vor, neben und nach laufen, da mus yederman ausweichen. Da fragt man nit mer, ob er auch gottzvorchtig oder demuttig sey, allein sein bracht ver­ deckt all sein schalkheit, dieweil er hat gelt. So get es im und einem yeden in disser weit. Gott müsse es erbarmen, das man so gar nit treu, glauben, frumkeit und eher will nyemand achten mer; allein gelt ist herr in aller weit; gott füegs zum pesten. Amen. Item als wir zu sei per las Inndias gen wolten, wie auch davornen berürt, hatten wir Nicklas Federman von Sanct Lucar abgfcfertiget, kam vom contradi wind dreimal wider ein, und etlich schiff unit im, so vor ime zwey monat ausgeselt hetten, eines tails *) 2) 3) 4) 5)

Span, vil, „schlecht“. Span, poltron „faul“. Span, ladron „Dieb“. Span, azote „Peitschenhieb“. den Vortritt gelassen. 16*

244 an [ohne] gütt, eines tails an sei, eines tails an masten, vil pliben gar ausen. Nichtsdesterweninger als [30v] gemelter Federman zum virten mal ausselt, kam er erst fort, und hett den bevelich, so er gen Sanct Dommenigo kem, da solt er 200 pferd mit ime per Venizolle bestellen und unser warten, also wen[n] wir dahin kemen, dieselben pferd mit schellen und schlittengezeyngen behingen und 200 man rodellierers darauf beritten mach(t)en, welche im land also polterend umbschweiften, auf das sich die Inndianner dester er ergeben. So waren wir die andern 200 armbrustschützen auch zu unser rüstung gemunstert und die büchsenschützen dergleichen. Item so hetten wir vil großer hund mit uns, das wir in somma all unser rüstung weder mit helleparten, lange spies noch harnisch bedorften, sonder, was leicht was, als leinene hosen, elendheutene goller, wames mit paumwollen ausgefüttert und schuch aus stricken gemacht, albergattus*) genannt und elentzheutene hüetlein auf, alles gut für der Inndianner vergiftige pfeil zeschießen. Auf das kürtzste hiemit angezeigt*2). [35v] Anno 35, als ich Jheronimus Cöler aus Antelosia, Sanct Lucar, und hoche Spaniga im namen gotzs per Flandern und Teüdtschslanndtt zu sei gegangen, hab ich mich a° 34 den 8. Decembr. bey Sygmon Frissen von Amsterdam aus Hollandtt, Schiffer, inparkirt3) auf sein gallionschiff, mit einem gabien4) oder mersen, Sanct Christoffel genant, welches schiff auch an der last hielt 130 vas. Da weet der wind frey daher (Gott hab lob), also das wir die ancker hüben, und dahinweg selten, an einem früemorgen, unser frauen empfenknus tag. Adi 10. Decembr. hetten wir calma. Adi ditto bassirten wir mit not und calma und laffirenten den Carba del Santo Vinzento. Adi 12. ditto hetten wir wider (Gott lob) gutter vorwind, süden zu norden, aber weret nit lang, wurd wider zu calma. Disen tag Sachen wir den feigenberg, Munttegs (Monchique) genant, in Porttugali, mer Sanct Düffel (?), ein berg nit fer von Lissabona. *) Vgl. S. 235 Anm. 1. 2) Auf Bl. 3ir bis 34r steht das Itinerar der Landreise nach Lissabon. 3) Vgl. B. M. Add. 15217, 41v: „Item als ich und noch vier teudtsche gesellen an einem feyertag frue vor Sannt Lucar am gestat des meeres spacieren giengen, kam zu uns ein junger schiffman, was von Amsterdam aus Hollandt, hieß Siman Frieß, der das erstemal in dis landt und nye heraus kommen was, überredet uns, wir solten uns an sein gallianschiff mit ime setzen lassen und dasselbige (so schon geladen war) besehen. Indem erfindt sich guter wind, lest gantzs ernstlich die anker heben, die segel fallen und fuert uns also ine 25 tagen und nacht heraus nach Flandern und Seelandt zu, bey Calles aber in die felsen und klippen und auf ein pank rutschen, da erliden wir bey der nacht fünf großer stoß, vil sorg und angst, schussen so oft unser geschützs umb hilf los, aber es kam nyemand, brachen vil vom schiff ab, wurfens aus, henkten latem umb das schiff. Aber Gott der herr half uns am tag hernacher genediclichen widerumb heraus“. 4) Gabie f., gabio n. Mastkorb (venez. gabia) (Goetze).

245 Am abend dis tags hetten wir wider ein wening guten mayen­ wind. Zwey englische und zwey flemische schiff selten mit uns, verdürben aber hernach jemerlich vor unsern äugen. [3Ör] Adi 17. Decembr. hetten wir ein ser geferliche nacht, also das wir vor dantzsung unsers schiffs und vor den großen wagen und wellen mit wachsung der wind dise nacht kein rue hetten. Adi 20. ditto hetten wir ein großen sturm und wider calma, aber am 21. dito an Sanct Thomas tag hetten wir wider guten vorwind, also das wir den hück1) oder caba, das ist fines tera (etlich nennens finstern stern) zu Campasteil [Santiago de Compostela?] bassirten. Adi 24. ditto am Cristabend hetten wir wider Sturmwind, und darnach di 25. tag am Cristag calma, da musten wir ein weil nach Irlandt laffiren. Aber am 29. tag hetten wir wider gutten wind und schon wetter, wurden aber so verirrt, das wir nit westen, wo aus oder ein. Indem sach wir land, das uns noch nit bekant ward, aber in fin es was Engelandt. Also kamen wir in das Englischs meer, welches dan kurtze wogen hat und grün ist. Da hetten wir ein ferliche nacht, den[n] der Südostwind wuchs so fast, das wir wie ein [3Öy] pfeil vom armbrost zwergs nach Engellandt zum ver­ derben liefen, wie dan andere zwey flemische schiff verdorben, das ein die seil nit fluchs streichen künt und also übereilt wurd und vom wind uberstürtzt, das weder hund noch katzs darvon kam; das ander, ein bogenschützs [sic!] von uns, wurd brüchig, hub auch also an zu versinken und verderben; aber uns hatt Gott genad, das wir unsere seil strichen, da könnt der wind kein macht mer an uns haben, allein was sünst die großen wogen teten. All ander schiff vorgemelt verloren sich von uns. Adi 30. ditto ward obgemelter wind so stark zu nacht, und die nacht so finster, regnet, steinet2), und ward so kalt, also das wir uns des tods ser besorgten und unsers Verderbens, doch hülf uns Gott mit besserung des wetters. Nota bene. Adi ult0 ditto, das ist der 31. tag und letzt dis jars, an einer pfinstag [Donnerstag] nacht, do wir hetten Engelandt passirt, kamen wir neben Franckreich hin, ein püchssenschus von Flan­ dern, des liden wir große not, dieweil wir unwissend int letzt Engellandt und Franckreich bassiert hetten, [37r] und bey einem püchssenschützs von der statt Callis waren (da dann durchs jar vil schiff und leut verderben). Da rauschten wir auch daher, ser geferlich, und rollten also neben vil velsen, steinen, bergen und klipen, unser schiff aber erlid auf den rüschzen3) und banken des erdpotens oder grunts fünf gewaltiger aufstoß, welche nit allein bey der nacht geferlich, sondern auch ser grausam und erschockelich waren, und wir also vorchtsam grau har darvon brachten und alle weineten und heulten, doch auch zu Gott schrichen umb ein selig end, bekenten auch unser sünd. Unser eines tails schrichen an­ derst nit, dan o misericordia Dios, mein sünt, mein sünt, o herr, *) Huck = hervorragender Hügel, Berg (DWB. IV, 2, Sp. 1858). 2) Vgl. mhd. steinein = hageln (Lexer II 1164). 3) Rusch, Binse? (DWB. VIII, Sp. 1536) oder Risch, Abhang, Gefälle? (DWB. VIII, Sp. 1041).

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mein sünt, westen anderst nit dan unser schiff hüb schon an zu sinken, und dis wer unser letzte stund. Da galt es betens und rufens zu Gott, der uns dan auch gar gewaltiglichen, nit allein dismals, sondern vorhin mer, aus der tiefen des meers geholfen hat, da auch zween tag vor disem wir die zwey vorgemelten schiff gesechen hetten [37v] verderben und dismals leichtiglichen nach­ getan. Nun wir aber mit kaltem und erschrocknem hertzen uns rüsten, die güter auszuwerfen, das schiff zu erleichtern, befanden wir nit tiefer vom grund sein dan dreyer famen1), lachter2) oder manstiefe; das war aber nach der natur zu rechnen unser pests glück, das es still und kein wind ward, wie nur ein wening wind geweet hett, so wer wir iner einem schnips zerschmettert und zertrümern gangen an dem negsten vels. Aber nichtsdesterweniger spilt das meer oder wasser dieweil mit uns als die katzs mit der meuß. Wir musten auch den fordern segel und maß [Mast], der plint genant, abhauen, mit gutem und anderm ins mer werfen, und wol das halbtail vorn am castell des schiffs mit, auf das wir erleichterung und raum hetten, das bot uberzusetzen. Rüsten uns zum ankern und würfen zwen ankern, zu allem glück hielten die, sünst wer wir aber verdorben leut gewesen. Fesser mit wasser, wein und pier, so uns im weg lagen, must alles ausgeworfen sein [38r] ins mer. Also ließen wirs fort Gott walten, Schüssen unser geschutzs fünfmal los, ob imand aus umbligenden landen uns wolte zu hilf körnen, kam aber nyemand, wir lüffen an drey pum­ pen, so wir hetten, aber gottlob, unser schiff was noch so dicht als müglich, da wurden wir allererst fro überaus. Zuletzt am morgenst drei stund auf den tag a° 1535 adi primo Jennero hülf uns Gott mit einer holken3), so uns zueylt mit 4 seien und unser gefer und not verman, verhießen uns iren piloten, den wir von inen wol V2 meil im meer holen musten. Da wir in hetten, hüben wir im namen gotzs wider getrost unsere anker auf, auf sein geheis und anleitung per Sellandt zu seien. Wir hetten ye dise vorgemelte nacht ein arme, elende, traurige nacht gehabt, das weis Got wol, gleich int letzt vom 34. jar vergangen. Das war unser gelück, das wir dise nacht still hetten und klar am himel mit Sternen. Nichtsdesterweninger behingen wir oben herumb mit laternen, auf das man uns auch in umbligenden landen dester [38v] bas sehen möcht, unser not erkennen und uns zu hilf körnen, half aber alles nit, allein das uns unser Gott wunderparlichen forthalf. Da wir nu unsere anker gehoben, selten wir fort per Sellandt und kamen also auf ein freitag (Gott hab lob) aus großer not, zuletzt noch wol 2 stund nach mittag für Armua, da würfen wir unsere anker wider, Gott sey gebenedeit. Amen. Ließen uns ze land setzen, machten uns hernachwartzs per Pergen und Anttorff, und ich per Nürnberg. [B. M. Add. 15217, 43r] Aus den klipen bey Calles nach Sellandt und Armua zu. Item von Sellandt nach Anttorf, Cöln, Franckfurt und gen der lobwirdigen reichsstatt Nurmberg, da findt man vil feiner werbender hendler, auch andere weit erfarne leut, die wissen, wie *) Fademen, Faden (Klafter)? 2) Lachter = bergmännische Klafter (DWB. VI, Sp. 33). 3) Holk m. eine Art Lastschiff mit flachem Boden (DWB. IV, 2, Sp. 1743).

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zu allen Zeiten und orten der weit hin und herwider zu kommen sey, und mit was nutzs oder schaden, auch inhalt dis tefeleins, darauß sich dan allerley, gemainem nutzs zu gutem, erbare leut zu den regimenten düglich erfinden. Des man pillig Gott dem herren über alle ding lob, eher und dank sagen soll. So hab ich Jheronymus Cöler hievorgesetzte kriegsordnung wider etlich der Indianer, so vil ich zum tayl mit der tat ungeferlichen selbst erfaren, meinen nachkommen zum gemerk gesetzt göttlicher wun­ derbarer werk und der weit menschen furhaben, so sich an sollichen orten bey unsern Zeiten merestails ereugnet, yedoch auf Verbesse­ rung eines yeden mer erfarnen. Per memoriam1). [43v] Nota. Die art des großen, wilden, Octianischen [ozeanischen] meers oder Nidergangssee ist, das es nymer mehr still stehet und, do es an das land grenitzt, da lauft es tags und nachts zum öftern mal ab und dan wider zu, schlecht also hin und wider. Und sonderlich, do sichs in der weiten durch große ungestümigkeit der wind mit den wellen in die höhe wie die großen berg erhebet, da muß ein schiff mit hinauf gleich als in die wölken und dann an der andern seiten widerumb herab in die tiefen in abgrunt geworfen werden. Und kommen durch Gott des allmechtigen hant dannocht letzelich, do es stiller wirt, widerumb zurecht. Indessen aber kumen in sollichen tormenten auch vil schiff, leut und gueter umb, also das sy zu grünt versinken und ertrinken. In sollichen gefaren und sorgen bin ich Jheronymus Cöler auch mehrmals bis über die oren gewesen, aber Gott der herr sey gelobet, der hat mir neben andern dannocht genedigen imerdar darvon und also mehrmals aus der tiefe des meeres gehol­ fen. Per memoriam2). Finis. Darumb

Der Wunderwerk sind mancherley, So Gott dem menschen machet frey, Zu seim lob, jungen und alten Im werk durch figurn gestalten. Wer es nicht glaubt, der zihe dar, Nach las Indias es erfar, Dan unerfaren unbedacht Soll nit werden leichtlich veracht. [G. M. 2910, 38v] Erst heyrat. 1536. Anno T5363) im namen der unzertrenlichen dreyfaltigkeit, Gott des vaters, Gott des suns und Gott des heiligen geists. Amen. Am 21. tag Januari, an Sanct 4) Hierauf farbige Abbildung, eine Stadt darstellend, mit dem Kölerschen und zwei Nürnberger Wappen. 2) Der Bericht im B. M. Add. 15 217 hört hier auf und die Blattzählung weist mehrere Lücken auf. 3) Vgl. G. M. 2907, 2ir: „Anno Domini 1536, als ich Jheronimus Cöler bey 28 jaren alt was und wider in Spaniga per las Indias wolt und mir junkfrau Barbara Münstererin zu einem eeligen gemahel gegeben, mit der ich hochzeit gehalten, also das mir mein furgenomene partiden und reis wider zurück gieng. Per memori“.

248 Agnessen tag, ward ein freitag, hat es Gott gefügt, das meinerhalb Jheronimus Kölers eines und junkfrauen Barbara Münstererin anderstail, ein abred geschach, welche anbracht herr Seboldt Pfinzing1), mein vater Hanns Köler und ich, gegen herren Jacobem Grollandt, Endressen Geuder und Clara Münstererin, das also ein neue freuntschaft und heyrat angefangen, bedingt und beschlossen ward2), am abend zwischen dem garaus und [39r] eynen auf der großen uhr3). Eben in diser stund hett Hanns Münsterer, gedachter junkfrauen bruder, sich auch beredt mit Vellicitas, Nicklas von Lochayms seligen nachgelassnen wittib. Am 22. tag vorgemelts monats an einem sambstag zwischen 7 und 8 auf der großen uhr komen zusamen die erbarn und weisen herren Seboldt Pfintzing, mein vater, und ich sambt Nicklassen Grollandt4), Conradt Haller5), Conrad Volckamer, Erasymus Reich, Paulus Topler, Matthes Jorion [?], Heinrich Praun, Cristoff Tegler an statt meiner mutter Brigitta Hanns Grollandtin, die yetzt Conradt Waltstromer hat, alle auf meinem tail, dargegen auf der junkfrauen tail kam Herr Jacob Grollandt, Barthelmeus Haller, Stattrichter, Seboldt Rietter, ungelter6), Jörg Geuder von wegen seines bruders Endressen Geuders, Barthelme Lorentzs Schwab, Steffan Mülich7), Hanns Münsterer, und die junkfrau Barbara Münstererin, an irer mutter seligen statt Gertrautt Endres Geuderin und Clara Münstererin und [39v] ir Schwester Margaretha Münstererin. Nun in gegenwertigkeit gemelter peder Parteien per­ schonen wurd durch Jacoben Grollandt die heyratsnotel8) ver­ lesen, darein verwilliget sich beder tail, und gaben mir zum stand der heiligen ehe diese junkfrau Barbara Münstererin (gegeben); der almechtig Gott verleiche uns seine göttliche genade, disen stand wol anzufachen, genedig mittlen und allerbest in seinem lob unsern selenhayl seliglichen zu vollenden. Amen. Am 14. tag Februari, Sanct Valettinus tag, 1536, ward an einem montag, habe ich sambt meiner lieben praut hochzeit gehabt9) und mit uns mein Schwager Hanns Münsterer und herr Seyboldt10), Schaffner von Sanct Seboldt, hat uns bey Sanct Johannes vor der stat eingeleit, also das unser breutigam zwen und zwo breut waren. Endres Geuder und Ludwig Holzschuger waren meiner breut fürer. *) Vgl. Reicke, S. 872. 2) Ueber die Heiratsordnung vgl. Reicke, S. 661 ff. 3) Ueber die Nürnberger „große Uhr“ vgl. Reicke, S. 562 ff. 4) Reicke, S. 824. Er war einer der ersten vier Almosherren. 5) Vgl. S. 205 Anm. 1”. 6) Der Einnehmer des „Ungelds“, einer allgemeinen Weinund Biersteuer. 7) Vielleicht der Vater von Matthes Mülich’ und Großvater von Magdalena Mülich, die später die Frau des jüngeren Hierony­ mus wurde. (Vgl. Stammbaum.) 8) Notel = schriftliche Aufzeichnung, Abschrift einer Ur­ kunde (DWB. VII, Sp. 904). 9) Sebalder Ehebuch. 10) Johann Seubold. Vgl. Würfel, Lebensbeschreibungen aller Herren Geistlichen ... in der Reichsst. Nbg., St. Sebald. Nbg. 1756. S. 42.

249 [40r] Herr Seboldt Pfintzing ward vater auf meinem tail, und mein mutter für sich selbst ward do. Auf meiner preut tail ward vater Jacob Grollandt und an irer mutter seligen statt gemeltzs Grollandts hausfrau, welche dan ist ein Harstorfferin. Auf meines Schwagers Hanssen Münsterers tail ward vater Barthelmeus Haller und an seiner mutter seligen statt Jacob Grolandtzs hausfrau. Auf seiner preut seiten ward vater Nicklas Grollandt und an irer mutter seligen statt Leo Schürstabin. Diser meiner geschweihenA) breutfüerin waren Durathea Sebolt Rietterin und N. Sebolt Schürstabin. Dis waren die fürnembsten perschonen auf unser zwifachen hochzeit: obgemelte perschonen und herren mit iren weibern und der eitern herren*2) etlich aus dem rat waren auch da, nemblich herr Bernhard und Jheronimus Paumgartner3), Jheronimus und Ludwig die Holzschuger4), herr Leo Schürstab, Frantzs Imhoff, Jörg Volckumer, Clement Volckamer5), Sebold und Jörg Geuder gebrüdere, Uov] Mertten Franntzs, meiner breut bruder, Doctor Sebaldus Münsterer, war von Wittenberg und etlich gelert magister mit ime körnen, Hanns Haller, der stadtschreiber von Winscheym, Jörg Grösser, hausvogt zu Anolspach, Barthel Frey von Rotten­ burg, Hanns Grösser von Wisscheym, der Krügin eiden, ein doctor, mer doctor Popfinger, der Linholdt, mer meiner braut bruder Linhart Münsterer. Das alles geschach in meines lieben schwehers Linnhart Münsters seligen eckbehausung alhie am Melmarcktt6). Gott füge es alles nach unser seien Seligkeiten. Amen. Item mein schweher seliger, Linhardt Münsterer, ist des alten erbarn ratsgeschlechts von Rottenburg, und mein schwiger selige ist von irem vater Frantzen Ortolffen ein Orttolffin gewessen und von irer mutter ein Geuderin. So hat auch gemelter Orttolff ein Hallerin zu der ander ehe gehabt und mit der erzeugt herren Hannssen von Obernitzs hausfrauen. Per memori. [4ir] Adi 21. Aprillis, am freittag nach Ostern, bin ich Jheronimus Köler und mein schwager Hanns Münsterer, sambt ander 14 jungen eemenern, von einem erbarn und weisen des klei­ nern ratzs alhie zum genantenampt des großen ratzs geschöpft und gewelt worden. Gott verleich uns glück und heil, das wir den Sachen recht tun. Adi 24. Junnis ward ich Endres Ferbers gefatter zu einem kneblein7). *) Geschwei = Verwandter oder Verwandte durch Ver­ schwägerung (DWB. IV, 1, 2, Sp. 3985). 2) Die „Aelteren Herren“ oder „Herren Aeltern“ waren eilt engerer, besonders geachteter und einflußreicher Ausschuß des Rats. Vgl. Reicke, S.261. 3) Bernhard vertrat am 21. Febr. 1529 mit Christoph Kreß und Christoph Tetzel die Stadt Nbg. auf dem Reichstage zu Speier (Reicke, S. 858). Ueber Hieronymus Paumgartner vgl. ADB. 2, 168 und Reicke, S. 815, 853, 855, 875 ff. Er lebte 1498—1566. 4) Dies ist nicht der Hieronymus Holzschuher, der von Dürer gemalt worden ist, denn dieser starb 1529. 5) Vgl. Reicke, S. 872. 6) ? In der Nähe des alten Mehlgäßchens (jetzt Hans-SachsGasse)? 7) Vgl. G. M. 2907, 2ir: „Endres Ferber, sattler“.

Adi 5. Februari a° 1537 bin ich Jheronimus Köler von meinen herren alhie, einem erbarn gantzen rat, zu einem pfeningmaister oder schatzmaister gewelt und berufen worden1), an [ohne] mein begerd und wissen, über ein fenlein knecht, so sy dismals wider den Türcken in Österreich geschickt haben. Von wegen gemeiner statt war Hanns Gundelfinger haubtmann. Wie ich aber gantzs willig und gern gezogen wer und doch eehaft hett, derhalben die freuntschaft meiner hausfrauen das nit zugeben oder bewilligen haben wollen, da hat es mein schwager Jörg Geuder und Hanns Münsterer einem erbarn rat anzeigen und aufs höchste darfür bit­ ten lassen durch herren Hanssen Ebner2), Mathes Löffelholtzs3) (41v) und Paulus Gruntherr4). Also hab ich im namen Gotzs geschehen müssen lassen. Da ist an mein statt Jörg Schenck gewelt worden5), und hernachwartzs zu einem andern fenlein des losungherrn Cristoffen Tetzein son, Joyachim Tezell genant. In disem jar hab ich Jheronimus Köler in der Carthteussergassen und zwelfbrüderstuben6) vier fenster gefunden, die Nicklas Köler, meines anhern bruder hat machen lassen mit a° 1460; hab ich die wappen verneuen lassen, gemeltzs Kölers und seiner haus­ frauen der Stromer wappen in zwey fenster, anstatt mein und meines weibs Münsterer wappen zur gedechtnus. Adi 3. Meyo a° 1538 bin ich Jheronimus Köler alhie von mei­ nen herren, einem erbarn rat, an [ohne] mein wissen und begeren zu einem schöpfen am bauren- oder landgericht gewelt und gemacht worden. Gott verleich mir Weisheit und verstand, wol zu urteilen. Amen. [42r] Adi 4. Meyo a° 38 bin ich das erst gericht gesessen neben Erasymo Ebner7) des rats, und darnach sas doctor Johan Müllner8), Carl Orttel gerichtsschreiber, Sygmundt Heltt, N. Kopf­ finger9), Cristoff Derer, Barthelmeus Fröschssell, Friderich Tetzell, Jabriel Peßler, Cristoff Kreß, Barnababs Pemer. Adi 20. Julyo haben mich meine herren, ein erbar rat, ver­ ordnet und gewelt, an [ohne] mein wissen und begeren, zu besich­ tigen die gepeu alhie in gemeiner statt und auf dem land, wo etwan spaltige Sachen sich zwischen parteien zutragen, zu entscheiden10). D RV 1536/7 XI 14, 5. 2. 1537' „Hans [sic!] Köler ist zu ainem pfeningmeister zu yetzigem Türckenzug verordent und ertaylt . . .“ 2) Reicke, S. 872. 3) Reicke, S. 873. Am untern Rande dieser Seite steht „a fol. 58. Such am 58. platt“, ein Hinweis auf Fol. 48v (alt 58), wo ein Gedicht über einen Pfenigmeister aufgezeichnet ist. Vgl. S. 254. 4) Reicke, S. 876. 5) RV 1536/7 XI 18, 7. 2. 1537. 6) Reicke, S. 289. Das Zwölfbrüderhaus wurde 1388 von Konrad Mendel für zwölf arme Bürger gestiftet. 7) Reicke, S. 867; 912 ff. ADB. V 591. Ebner lebte 1511—77. 8) Dr. Joh. Müllner starb 27. 2. 1540. Vgl. Will - Nopitsch, Nürnberger Gelehrtenlexikon, I 705. Er war der Vater von Ursula Müllner, der vierten Frau Kölers. Er war schon 20 Jahre tot, als diese Heirat 9tattfand. 9) Doctor Popfinger (S. 249). 10) RV 1538/9 IV 3, 10. 7. 1538.

251

[42V] Adi 23. Julyo a° 38 bin ich Jheronimus Köler und Cristoff Tegler Phillipsen des eitern Ponholtzers (von wegen Mar­ garetha seiner verstorbnen eewirtin) Ursula, ir beder tochter, un­ mündig verlassen, vormünd worden1), Gott verleich mir sein gött­ liche genad wol zu vollenden. Amen2). Nun setzs ich p. memori, als ich gen Pilssen geritten, den weg. Von Nürnberg gen Hersprück ist 4 von dan gen Hirsau [Hirschau] ist 5 von dan gen Voderes [Vohenstrauß] ist 4 von dan gern Frawenberg [Pfraumberg] ist 3 von dan gen Oschsselin ist 2 Zu herren Hannssen von Obernitzs3), ligt Endres Geuders kupferperkwerk darvon 3 und von Pilssen 6 von Oschesselin gen Pilssen ist 4 von dan gen Prag ist 10 22 meil4)

meil meil meil meil meil meil meil meil meil

Item zu Pilssen gab man uns auf meines weibs Schwester Margaretha hochzeit, mit Bennedict Freystetter gehalten, 13 rieht [Gerichte]: Erstlichen einen kesprey 1 darnach eingepickte hüner 2 darnach gesottene visch, 1 schüssel voll, 3 darnach eingemacht wildprett 4 darnach ein gepratenes aufgehäuft allerley 5 darnach ein eingepickten hasen 6 darnach ein Schweines wildprett 7 darnach behaymischs erbes 8 darnach küttelfleck 9 darnach hirs mit mandelmillich 10 darnach ein reis in zucker 11 darnach gesülzte vischs 12 darnach eingesülzts fleischs 13 [43v] Adi 6. Augusto hat gemeine statt und bürgerschaft alhie unsern herren geschworen und gehorsam getan, in Sanct Lorentzen pfarrhof, mein vater und ich, mein bruder Jörg, der Frantzs aber war nit hie. p. a. viso. Adi 17 ditto a° 38 hab ich erstlichen gefrönt zu der neuen pastey5) vorm schloß und hernachwarts mein losung gegeben. U Vgl. G. M. 2907, 23v: „wir hetten aber nichts unter handen, dan das wir unser eigen gelt darlihen, und schwerlich ich für meinen tayl von etlicher varnus zu gelt gemacht bezalt wurden“. 2) In diesem Monat bewarb er sich um das Pflegeamt zu Reicheneck; sein Gesuch wurde jedoch abgie#ehlagen. Vgl. RV 1538/9 IV 5, 20. 7. 1538 u. a. 3) Reicke, S. 518. 4) Er sagt nicht, daß er und seine Frau bis Prag gereist seien. 5) Der Rat beschloß im Jahre 1538 diese Bastei hinter der Burg (nicht vor derselben, wie Köler sagt) zu bauen. Am 13. 9. 1538 wurde der Grundstein gelegt, erst 1544 wurde sie vollendet (Reicke, S. 870).

252 Adi 4. Sebtenbr. haben ich Jeronimus Köler, Hanns Tegler, Mathes Jorion, Cristoff Tegler von wegen Phillipsen Ponholtzer und seiner tochter junkfrau Barbara eines, und herren Dominicus1), Prediger alhie zu Sanct Katherina, Steffan Hübner, Heinrich Prewen mit Hanssen Prewen, seinem bruder, eine ehebedingung und freuntschaft beschlossen, und gemacht worden ist; Gott verleich ein selig end. Amen. Adi...............ditto 2) bin ich Jheronimus Köler und mein weib vater und mutter gewesen auf Seboldt Rietters mayd hochzeit im schießgraben neben Heinrich Koler3) in der neuen gaß. [44r] Ich Jheronimus Köler genant, bürger, in Nürnberg geborn, hab dis buch aus alten briefen und büchern zesamen gelessen und getragen. Gott mach ims zu einem lob und diejenigen, so dis namens sein und darinnen lessen, zu trost. Amen4). Das ampt und beruf des heiligen Jheronimi, brengt disser nam mit sich, welcher seinen [Namen] im exempel und werk er­ zeigt, das gemeiner Cristenheit vil guter daraus körnen mag. Wolt Gott, das alle, so mit dissem namen genent, auch gute Cristen weren, so würdens eigentlichen der heiligen geschrift und Gottes wort besser zu hertzen fassen, dan yetzt der weit lauft ist wollen. Gott sey uns allen gnedig5). [44v] Hernach setzs ich p. memori den weg, so etwan mein anherr seliger Heinrich Köler in seiner handlung geraist6), volgt von Nürmberg genReichelstorff ist 1 meil von danen in die statt Schwabach 1 m. von danen in das dorf Partolones Aurach [Barthelmesaurach] von danen in das dorf Wasserngaw [Wassermungenau] 1 m. von dan indas dorf Erelwach [Obererlbach] 1 m. von dan indie statt Guntzenhawssen 1 m. von dan indas dorf Natzham [Gnotzheim] 1 m. von dan indie statt Ottingen 2 m. von dan indie statt Nörlingen 2 m. von dan indas dorf Kessing [Kösingen] 1 m. von dan indas dorf Palpershoffen [Ballmertshofen] 1 m. von dan indie statt Gengen [Giengen] 1 m. von dan indas dorf Naw [Langenau] 2 m. von dan indie statt Ulm 2 m. [45v] von dan indas dorf Göcklingen [Gögglingen] 1h m. von dan in das dorf Stetten 1 m. 4) Dominicus Schleupner 1522—33 Prediger an der Sebalduskirche, 1533—47 an der Katharinenkirche (Würfel, Dipt. Sebald., S. 1; Reicke, S. 815). 2) So Hs. 3) Wohl aus der Patrizierfamilie. 4) Hier folgt ein griechischer Satz über einen Priester mit deutscher Uebersetzung. ö) Hierauf sein Name in verschiedenen Verdrehungen und Geheimschriften. 6) Vielleicht hat Hieronymus diese Reise aus einer Aufzeich­ nung Heinrichs abgeschrieben.

253 von von von von von von

dan in das dorf Palltringen [Baltingen] P/2 m. dan in die statt Pibrach [Biberach] I m. dan in die statt Wallsee [Waldsee] 2 m. dan in das dorf Weingarten P/2 m. dan in die statt Rabenspurg V* m. Püchernn [Buchorn = Friedrichshafen] die statt 2 m. von dan in die statt Morsperg oder Mörspurg 1V2 m. [Meersburg] V2 m. von dan uberm see gen Costnitzs die statt von dan gen Melhaim [Mullheim] das dorf m. I von dan gen Frawenfeldt die statt m. I von dan gen Wintterthür die statt 2 m. und gen Schaffhawssen von dan gen Paden die stat m. 3 Vt m. von dan gen Mellingen die statt von dan gen Lentzspürg in die statt m. 1 von dan gen Ara [Aarau] die statt 1 m. von dan gen Arburck [Aarburg] die statt 1 m. 1V2 m. von dan gen Langental das dorf von dan gen Beynningen das dorf [Winingen] P/2 m. V2 m. von dan gen Purtolff die statt [Burgdorf] von dan gen Torbartt das dorff [Thorberg] 1 m. von dan gen Peren [Bern] die statt 1 m. von dan gen Seussen in das dorf P/2 m. (welschs meil 2 ein teuschs) P/2 m. [45v] von dan gen Freyburg in die statt m. von dan gen Renandth [Romont] in die statt 3 1 m. von dan gen Rüe die statt von dan gen Losserna oder Lossana die statt 3 m. 2 m. von dan gen Mörsse die statt [Morges] m. 2 von dan gen Roll die statt [Rolle] m. 2 von dan gen Nyns die statt [Nyon] 2 m. von dan gen Kopett die statt [Coppet] m. 1 von dan gen Barsoe in die statt [Versoix] 1 m. von dan gen Jenff die statt m. 2 Item von Costnitzs gen Stein, ist die statt 1 m. von dan gen Andelfingen die statt m. von dan gen Nestenbach das dorf [Neftenberg?] 1 V2 m. von dan gen Emerach das dorf [Embrach] V2 m. von dan gen Klotten das dorf [Kloten] m. 1 von dan gen Zürich die statt m. 2 von Mellingen die statt ligt m. 2 Item von Costnitzs gern Stein die statt m. 2 von dan gen Wintherthür die statt m. 2 von dan gen Zürich die statt m. 2 von dan gen Mellingen die statt m. Item von Costnitzs gen Zürich in die statt ist 6 m. von dan gen Costnitzs gen Mülhaym das dorf I I m. von dan gen Frawenfeldt in die statt meil I [46*] von dan gen Wintherthür in die statt m. 2 von dan gen Zürich in die statt ist ger Heinrich Disse weg und Straßen hat mein lieber anher seliger Köler vorgemelt gereist und vil gewandert in seiner handlung und ist zuletzt darauf verschiden. Gott sey ime und uns allen genedig* Amen.

254

1538. Adi 17. Sebtemb. bin ich Jheronimussen Hütters gefatter worden, hab im ein kint, ein kneblein, aus der tauf gehaben und auch genent Jheronimus. Dieweiln der Ursprung aller alten, adlichen, erbarn und erlichen geschlechten aus gottes vorcht herkomen, auch also dadurch erhalten und gemert und gebessert werden, wie man wol abnemen mag in alten Schriften und ratsbüchern, deren sonderlichen eines hat der erbar Bernhardin Imhoff, darinen mit namen benenet sein die, welche herren in rat gegangen sein, und anders von a° 1361 bis auf dis jar im a° 1538. U6V] So hat auch der erbar und vest Cristoff Schürstab ein buch, darinen stet alle die, so im Stattgericht für schöpfen gesessen seind, vom anfang gemelts Stattgerichts a° 1497 bis hieher a° 1538, zur gedechtnus aufgezeichnet. [48r] Item der alt Nicklas Rietter und der alt Heinrich Cöler haben bede zwo Entzengerin gehabt. [48v] Eines rechten pfening- oder schatzsmaisters tittel ist disser wie volgt, gehört a foli 51*) Den pfeningmayster nent man mich, Vom adel hab den Ursprung ich; Wann hereskraft zu felde leit, bin ich vor andern knechten gefreit In schlachten, stürmen, schantzen, wachen, Und auch vor allen andern Sachen; Allein das ich nach gelt umbsich, Das alle zallung recht geschech. Hernach volgt weiters im 66. platt12). [49r] Margaretha Kölerin3), vorgemeltes Jeronimus Kölers Schwester, hatt zu der ehe Steffan Schwalben, bürger zu Vorchaym, erzeugt mit im ein tochter mit namen Barbara, seind wonhaft zu Vorchaym. 1513. A° 38 erzeugt obgemelte Steffan Schwelbin mit irem eeman noch ein tochter, Barb genant. [49v] Auf ansag Bonnafaci Deienbach, lantpoten, ist vorgemelter Steffan Schwalb auf dem 18. Januari und hernach den 23. ditto Margarethta, sein ehliche hausfrau, im 1553. jar mit tod ab­ gegangen. Das alles aus schrecken der krigsleuft, durch die hand­ sucht4), yedoch gutes vernünftiges endes. Gott sey inen und uns allen genedig und barmhertzig. Amen. [5or] Frantzs Köler5), vorgemelts Jeronimussen und Mar­ garetha der Köler bruder, hat aus gutem lust und von wegen merers nützs und geschicklichkeit alhie in Nürmberg bey Hanssen München goldschmid vier jar ausgelernet, und ist hernachwarts 1) = neu 41. Vgl. S. 250. 2) Dies bezieht sich auf die Autobiographie, die jetzt unter­ brochen wird und auf Bl. 56 (alt 66) wieder anhebt. Vgl. unten S. 258. 3) Vgl. Stammbaum Nr. 31. 4) Gicht in den Händen (DWB. IV, 2, Sp. 420). 5) Vgl. Stammbaum Nr. 32.

255 darauf gewandert. Gott schicks ferner zum pesten. [Franz Köler] 1518.

Amen.

F. K.

[50v] Item als Frantzs Köler widerumb anheyms komen, hat er in zwey jar bey Cristoffen Tegler gold und silber schneiden, probirn metal allerley gelernet, und ist a° 38 d. 2. Julyo zu einem Herren Cristoffen Helsler von Memmingen auf 6 jar gekomen, und mit ime p[er] Flandern, Brabandt, Sellandt, Spaniga, und p[er] las lndias all Perua hinweg gereist, Gott geb im glück. Amen. 1538. Und als er in zwey jar außen gewessen, hernach adi 28. Sebttembr. a° 40 zu Nürmberg ime ein wittfrau mit namen Monica, ein geporne Peihelin1), genant verheyrat, welche dan zuvor 3 mender gehabt, wie hie gegen ire Zeichen begriffen, und ist disse hochzeit auf heut datto gehalten2), Gott schick es ferner zum pesten. Amen. Adi 20. Marzo a° 42 gab Gott Frantzen Coler mit disser Manica, seiner Hausfrauen, einen son, wurd genant Albrecht, Gott geb genad. Amen3). [51v] Straß von Nürmberg gen Königsberg zu Preußen4). Nürmberg Vorcheym meii 5 Bamberg 4 Koburg 6 Greffenthall [Gräfental] 6 Salfeldt 2 Naschawssen [Naschhausen] 3 Kalh [Kahla] 2 Genn [Jena] 2 Newenburg [Naumburg] 3 Weißenfels 2 Leyptzig 4 Illenburg [Eilenburg] 3 Tonnetztt [Dommitzsch] 3 Lückenwald [Luckenwalde] 7 Berlin 6 Liebenberg 5 Franckfurt 5 Bibertich [Biberteich] 3 Messeritzs [Meseritz] 5 Bynnen [Pinne] 6 *) In der Hs. steht Krellin; dies ist später gestrichen und Peihelin an den Rand gesetzt. 2) Sebalder Ehebuch. 3) Sebalder Taufbuch. Fol. 5ir enthält Federzeichnungen der Wappen der vier Männer der Monika, Pangratzs Tolmethschs, Sigmundt Rößner, Hanns Mangoldtt und Franz Köler. 4) Es ist nicht klar, weshalb Köler dieses Reiseitinerar hier einfügt, denn er nennt den Namen des Reisenden nicht. In B. M. Add. 15 217, 8 ff. (s. Anhang Nr. III) gibt sein zweiter Sohn Johannes seine Reise nach Königsberg vom Jahre 1559 an, die mit dem obigen Itinerar nicht übereinstimmt.

256

Bossen 7 Ginssen [Gnesen] 2 Schonmüssell [?] 7 Loslein [Luisenfelde ?] 5 Thornn 3 Kolmensee [Kulmsee] 5 Grudentzs [Graudenz] 5 Mergenwerder [Marienwerder] 5 Rissenburg [Riesenburg] 3 Brünschen Marek [Preuß.Mark] 4 Hollandt [Preuß. Holland] 2 Mulhawssen 4 Heilligen Byell [Heiligenbeil] 4 Brandenburg 3 Königsperg Soma meil 141. [52r] Voigt was zu einer vorred in ein neu wappenbuch dienst­ lich sey1). Nachdem ich Jheronimus Cöler, disser zeit richter des ampts Werd, bey der statt Nürmberg allhie, meinen nachkomen zur gedechtnus in durchsuchung villerley alter brieflicher urkunden und sonderlich, was heyratzbrief und testament sein, und auf mein vleißig nachfragen auch in fremden nacionen, allerley Vermutung mir zu erkennen geben, wannenher die Cöler als erstlichen meine eiteste voreitern herkomen und den namen geschöpft haben, das sey von der statt Cöln am Reyn, auch von dan zum tayl gen Bam­ berg, und sonderlich hieher gen Nürmberg, heuslich und bürger­ lich ze wonen, sich ausgetaylt. Nun fal ich solicher vermuetung bey, achte sy aus allerley Ursachen halben für gantzs gewiß und waer sein. Dan auch vor vil jaren in stetten, merkten und auf dem land hin und herwider große zwitrachten, als in Teutschland, aufruer und krigsrüstung gewesen sein, dadurch nit allein bucher und briefliche urkunden, sondern auch lant und leut umb leib, leben, gut und plut körnen sein und sich etwan die uberblibnen menschen an andere ort nidergetan haben. Dadurch also die gar alte urkunden und gewißheit in Vergessenheit körnen sein, das auch alhie woll mit den Cölern beschechen sein mag. [52v] Item so kann disser zunamen in allerley landen und sprachen ze lessen prefector [?] nit geschriben werden dan durchs C: wie auch in alten brieflichen urkunden und gezeugnussen ich auch hie mermals selbst gesehen hab, und mit dissem buchstaben C schreibt man auch Cöllen. Item dissen meinen namen p. C. [per = mit C] hab ich auch selbst perschönlich zu allerley gefar leibs und lebens, da ich p[er] las Indias a° 34 solt, in Hohen Spaniga oder Anttelossia [in] der keyserlichen statt Sevillia mit zweyen erbarn zeugen, so in cassa della contterastacion2) leiplich eyd derwegen zu gott schweren, probieren müssen, nemlich das ich des namens, und ein rechter Teudtscher sey, und also eingeschriben worden bin. Merers inhalt hie fornen a foli 313). So erfindt sich auch, das der ersam und namhaft Johan Newdorffer4) als ein ansehelich, wollD 2) 3) 4)

Vgl. zu dem Folgenden S. 205 ff. Vgl. S. 237 Anm. 3. = neu 21. Vgl. S. 237 ff. Der berühmte Schreibkünstler. Vgl. S. 214 Anm. 5.



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verstendiger schul- und rechenmayster alhie, bey dem ich als ein junger schreiben und lessen gelernet, mich p. C. geschriben hat, wiewoll etliche schreiben Cöeler oder C6ler, aber Cöler und auf gut Teudtschs Köler ist das gewissest. Item es ist bey mir ferner zu vermueten, dieweil etliche Cöler von Cölln gen Bamberg1) körnen und alda gehabt ligende gutter2), auch große gerten und köllfelder neben der wein- [53r]wachs gehabt, hat man sy nach Cölen Cöler und von den köllgerten und -feldern mit dem Buchstaben Köler genant, wie dan Hanns Köler, mein lie­ ber vatter seliger, in seinem leben mermals mir selbst zum tayl dis auf soliche weis angezeigt hat. Dessen zur gedechtnus setz ich hernach die getaylten schilt irer geschriften und bericht copia, wie sy in den zweyen roten ersten und anderen tayl der gesangbuechlein 3) und ein jedes alda eigentlicher mit färben ausgestrichen sein, nemlich das ein jede in sich heit die Cöler von meinem lieben urhanherrn hero bis auf mich, die alhie bey disser statt Nurmberg aus Gottes genaden (dem sey ewiges lob) erbarlich, bürgerlich und heuslichen gewonet haben, was ein jeder für ein mutter und weib, auch weliche desselbigen weibs mutter von irem vatter gewessen sey. P. memori. Hiemit ermane und bit ich meine nachkomende kindlein und leibserben meines stamen und namens der Cöler, sy wollen unsern Herrgott vor äugen haben, den vorchten, dergestalt, daß ine auch lieben und dem vertrauen und auf den durch Cristum unsern herren bauen, und hüeten sich vor leichtfertigen bösen leuten, haben acht auf gute geschlecht, erbarkeit und tugend, bitten Gott, heyraten auch darnach, so wirt inen Gott der herr, unser heyland, gnedigklichen, wie auch mir, und etwan merers oder höhers aus allen Widerwertigkeiten leibs und der seelen heraus helfen und sy ent­ lieh wol erhalten. Das gebe Gott der almechtig, gelobt in ewigkeit, Amen. [53v] Hanns Köler4), vorgemelter Jeronimussen, Margaretha und Frantzen der Kölern bruder, ist in seiner kintheit verschiden. Gott gnad der seien. Amen. 1519. [54r] Jörg Köler5), auch Jheronimussen, Margaretha, Frantzen und Hanssen der Kölern bruder, hat durch Zuneigung und lust der reuterey sich von ju(n)gend darzu gehalten und vermaynt reißig ze werden, und derhalb ze lernen zu dem edlen und vesten herren Hans Adam Weisspecken gen Felldorff, siben meil von hie, komen. Gott schicks ferner zum pesten. Amen. 1523. [54v] 1542. Erpermliche neue zeitung. Adi 6. Octobr. a° 42 hat unser cristlich krigsvolk wider den grausamen Türcken ein großen sturm vor Pesthtt verlorn, und sein den 9. ditto abgezogen bis gen Grann, und ist das geschrey gewesen, das in 40 tausend Turcken herauf komen, und ist ze sorgen, das Ungerlandt küme nymermer in Cristenhant. Der König Ferdinando ist den 12. ditto auf das gejeyd6) zu Wienn geritten. A) 2) 3) 4) 5) 6)

Vgl. oben S. 172. Ebd. Anm. 2. Nicht aufzufinden. Vgl. Stammbaum Nr. 33. Ebd. Nr. 34. DWB. IVa, 2, Sp. 2824. 17

258

Gott von himel erbarm sich unser, dan vil unserer hoch oberigkeit sein verstockt wie Pharo. Hertzog Moritzs von Sach­ sen, der von Braunschweig, der von Lünenburg, sein mit 12 rolwegen auf Prag und anheyms zogen. In soma, der zorn Gottes schwebet gewaltig ob uns, dan das krigsvolk ist den gantzen somer zu Wienn gelegen, geschlempt, gespilt, Gott gelestert etc. und sein der veind wenig gewest, aber darnach der winter vor äugen war, auch sy dem veind zeit und weil genugeh gelassen hetten, haben sy 9 tag wie obberurt gekrigt, dan den ersten Octobr. hat man sich für Pesthtt gelegert und den neunten tag mit schand, schaden u^d [55r] gespöt widerumb abgezogen. Phuy dich des eilenden krigens. Gott erbarme sich unser und helf uns durch Jesum Cristum genediglichen! Amen. Denn in solichem kumer mag mein bruder Jörg Cöler auch umbkumen oder vom Türcken hinweggefürt sein, dan, wie etlich sagen, sy haben in auch in solichem getümel verloren, wie dan» ander auch vil ertrunken und hinweggefürt, auch sunst schentlich geseiblet sein worden. Und sonderlich, dieweil er unter anderm krigsvolck königlicher majestät gewest und ich seider mermals nachfrag, schriftlich und müntlich, gehalten, aber nye anderst von ime erkundigen mügen, ist zu besorgen, es sy leider sein nymer. Gott helf uns mit freuden in dem himlischen ewigen leben wider zesamen, das geb Gott. Amen. [55v] Barbara Kölerin1), vorgemelter Jeronimussen, Mar­ garetha, Frantzen, Hannssen und Jörgen der Köler Schwester, ist geporn zu Obernwimelspach bey Vorcheym und in irer kintheit alda verschiden und zu Hirelspach [Heroldsbach] begraben. Gott genad der seilen und uns allen. Amen. 1524. In disser zeit ist die gantzs statt Villach verbronnen, der­ gleichen meer dan der halbtayl der statt Labach. Gott helf den guten leuten hinfüro aus nöten und geb inen die Seligkeit. Amen. [5ör] Laus deo 1538 et honor. Adi 24. Augusto bin ich Jheronimus Köler und mein mutter Agnes Hanns Kölerin vater und mutter gewessen auf meines Schwagers Philips Ponholtzers des eitern seiner tochter hochzeit, junkfrau Barbara. Ward disser mein Schwager und Jacob Schwentter, einer des ratzs, neben mir vatter, die kirchfart zu Sanct Jobst und die hochzeit zu Lauffenholzs auf Hanssen Prewen, des preutigams bruder, Steffan Kandlers hamer oder sitzs. Gott geb genad darzu. Amen. Adi 17. Octobr. a° 39 haben mich meine herren, ein erbar rat, an [ohne] mein wissen und begerd, gewelt und verordnet zu einem amptman und Verwalter über die Peundtt2). Gott der almechtig verleich mir sein göttliche genad woll auszurichten, meinem negsten ze dienst, meiner oberkeit zu gehorsam und ime zu einem ewigen lob. Amen. P. Memori. Dis buch ich Jheronimus Köler zesamen in eyl verfasset hab, wer aber hernach mir kompt und das bessern und 4) S. unten Stammbaum Nr. 35. 2) Peunt = städtischer Bauhof. 10. 10. 1538.

Vgl. RV 1538/9 VII

iv,

259

[56v] von neuem machen lassen wolt, der hab in acht der wapen, nemlich albech 9 das mans wappen stenn soll an der rechten seiten, er sey Cöler oder anders geschlechts und gegen der linken davon des weibs wappen sten soll, gegen der rechten seiten nach dem mann sechend; wen[n] aber ein wappen allein stett, als jungen gesellen oder junkfrauen oder mans oder weibs perschonnen, so soll es stenn an der linken seiten,gegen der rechten handste(c)hend. [57r] Adi 6. Meyo a° 39 ist mein Jheronimus Cölers liebe hausfrau selige, Barbara, weyland Linhardt Münsterers nachgelas­ sene tochter, cristlich verschiden 2), Gott sy ir und uns allen gnedig und barmhertzig, Amen. Hab ich sy auf Sanct Johannes kirchoff neben ires vatters, meines lieben schwehers, seligen grab, in ein eigene begrebtnus legen lassen, darunter ich, als in meiner begrebtnus, auch mit gotzs hilf vermeyn zu kumen, erwartend auferstehung des fleischs und ein ewigs leben. Amen3). Item adi 14. Febr. a° 36 von meiner hochzeit an bis auf den 6. Meyo a° 39, meiner lieben hausfrauen seligen absterben, sein 1176 tag. Haben alle tag einem dem andern zu hilf ein capittel aus der bibel gelesen, ist gepliben am 14. des Ewangelii Sanct Johannes. Nun rechen ich 3 monat von obgemelten tagen, in den ich ungeferlichen bey tag und nacht zu etlichen Zeiten über land in meinem und andern gescheften gewessen, und also die andern 1092 tag und nacht bey iro gewönnet, macht zu 24 stunden 26028 stund. P. memori. Soma ich hab disse mein liebe eheliche hausfrauen Barbara gehabt bey 3 Jaren und 1U jars, Gott genad ir. Amen. [57v] Adi 2. Julyo a° 1539 ist mir Jheronimussen Cöler im namen der heiligen dryvaltigkeyt zu der andern ehe gegeben wor­ den der erbarn frauen Connrad Waldttstromerin4) tochter, junkfrau Birgida, so sy mit Hanssen Grolandtt seligen in erster ehe erzeugt (welche mir durch Barbara, mein liebe hausfrau selige, welcher gott genad, vermaynt, auch vleißig bevölgen4*) und mir zu nemen, in irer krankheit und sunst oftmals zugeeignet ist). Solche lautmer5)* *geschach im pfarrhof zu Sanct Lorentzen durch den erwirdigen Herren Heckttor Pemer8), brobst zu Sanct Lorentzen. Darbey ward auch Wolfgang Pemer, Hanns Pemer, gemelter Walttstromerin, meiner schwiger, brüder, mer Barnabs Pemer, *) = allweg (DWB. I, Sp. 241). 2) G. M. 2909, 25v: „in der Peuntht an der leber- und lungensucht“. Vgl. Großtotengeläutverzeichnisse 1533 — 41, sc. 1539, S. Sebald von der quattember Rem. pis Trinitatis (Staatsarchiv). Die Totenbücher von S. Lorenz fangen erst 1547, diejenigen von S. Sebald erst 1557 an. 3) Johanniskirchhof Nr. 299. Das Grab mit der alten Kupfer­ tafel ist noch vorhanden. 4) Vgl. einen RV (1539/40 VIII 6, 27. 10. 1539) nach der Hoch­ zeit: „Jhdronimus Kölern auf sein ansuchen umb einnemung seiner schwiger der Waldstromerin ein viertel jar erlauben, sie bey sich ze haben“. 4a) befehlen oder befohlen? 5) Lautmerung = Veröffentlichung einer Verlobung und die Verlobung selbst in Nürnberg (DWB. VI, Sp. 391). 8) Vgl. Würfel, Dipt. Laur., S. 38; Will-Nopitsch, Nbger Ge­ lehrtenlexikon, III 205 und VII 180. 17*

2ÖO

disser zeit baumayster, Wilhelm Schlüsselfelder, Frantzs und Joychim gebrüedere die Rothmundt, mer herr Seboldt Pfinzing, alter herr des rats und mit ime der erbar Cristoff Grolandtt, [58r] auch Nicklas Grolandtt und Jacob Grolandtt, Hanns Münsterer, Barthel Lorentzs Schwab, Steffann Mülich, Seboldt Bretter und andere. Adi 4. Augusto a° 39 hab ich mit sambt gemelter meiner breut in herren Wolfgang Pemers behaußung in der Zistelgassen *), gegen h. Friderichen Beheyms seligen haus über, hochzeit gehabt und mit vergünst eines gantzen erbarn weißen rats disser statt ist uns vergünstiget, in bemelter behaußungs Stuben uns einzulaiten lassen*2), welches herr Seuboldtt3), schaffer zu Sanct Seboldt, getann, aus Ursachen, das oberürte Barbara, mein liebe hausfrau seligen, neulicher zeit verschiden, und darvor mein lieber vatter Hanns Cöler seligen4), mer meiner mutter drey Schwester tot, wolten derhalben kein große hochzeit halten. Ward auf meinem tayl vatter herr Seboldt Pfintzing, junkfraugesell Paulus Beheym, [58v] junkfrau zum tisch Maria Meulin von Lantzshutt. Auf meiner lieben breut seiten ward vatter Nicklas Grolandt, und zu junkfrau­ gesell Erasymus Grolandtt, junkfrau zum tisch Barbara, Jacobs Grolandtts tochter. Gott der almechtig wolle solches in seinem heiligen, göttlichen namen, lob, eher und wolgefallen angefangen haben, mittlen und enden, zu unser seilen seligkayt. Amen. Adi 23. Augusto a° 39 hat mein mutter vorgemelt anderweit geheyrat zu Connraden, Heldtt genant, und hochzeit gehalten zu Reichelstorff in der Walttstromer wirtzshaus, so auch darbey gewessen. Adi 6. Augusto a° 40 ist mein mutter von disser weit gescheiden5) und in Cristo entschlaffen, deren leib ruet bey meinem lieben vatter Hanssen Cöler seligen auf dem Sanct Rochius kirchhof, wel­ chen allen und uns Gott der almechtig gnad. Amen. Adi 30. Meyo a° 40 hüeb ich meinem gefattern Linhard Burckhard, schmid, sein kint, ein kneblein aus der tauf, Jheronimus genant6). Adi 26. Julyo hüb ich meinem gefattern Jörg Heus, statt­ schlosser, sein kint, ein kneblein, aus der tauf, Jörg genant7). Adi 20. Augusto hüeb ich meinem gefattern Steffann Nüding, seiler, sein kint, ein kneblein, aus der tauf, Jheronimus genant8). *) Jetzt Albrecht Dürer - Straße. 2) Sebalder Ehebuch I, 1524—43; RV 1539/40 IV 3iv, 29. 7. 1539; Rb. 20. 3) Vgl. Würfel, Dipt. Sebaldina, S. 42. 4) Er starb am 15. 1. 1539, vgl. Großtotengeläutverzeichnisse von S. Sebald und S. Lorenz 1538—9. Staatsav. Rep. 52 b Nr. 335; Würfel, Dipt. Eccl. ad Spiritum Sanctum; Norischer Cristen Freydhöfe Gedächtnuß, S. Rochi Nr. 535. 6) Vgl. Großtotengeläutverzeichnisse von S. Sebald und S. Lorenz. 6) Vgl. Lorenzer Taufbuch. 7) Ebd. 8) Sebalder Taufbuch.

2ÖI

Adi 14. Jennero a° 41 hat mir (Gott hab lob) Birgida, mein liebe hausfrau, ein tochter geboren, ward an einem Freitag zu nacht, als es 3 auf der großen uher geschlagen hett, und ist am Sambstag umb vesperzeit zu Sanct Lorentzen kirchen getauft 0 von herr Linhard Kesser cappelon*2) und Margaretha, Jobst Müllners, zaummachers, weib hat es gehaben, und Birgida genant. Gott schicks ferner zum pesten. Amen. [G. M. 2907, 28v] In obgemeltem 41. jar, als ich Jheronimus Cöler drey jar anschicker auf meiner herren und gemeiner statt Peunth und am Vestenpau gewest, haben ein erbar rat mich von dann gen Enngelthall zu einem pfleger und richter desselbigen ampts gesetzt3). [G. M. 2910, 59r] Adi 20. Augusto a° 42 hat mir (Gott hab lob) Birgida, mein lieb hausfrau, einen son geborn4), ward an einem Sonntag früe, als es 10 um den garaus auf der großen uhr geschla­ gen hett, auf der klein 5, [59v] und ist an disem tag nach vesper­ zeit zu Engelthall in der pfarr- oder coventkirchen getauft von herr Hanssen Kraus5), pfarrherr und prediger alda, und Jobst Müllner, zaummacher von Nurmberg, hat es gehaben und Jheronimus genant. Gott schicks ferner zum pesten. Amen. Adi 16. Jennero a° 44, Mittwoch, umb 9 auf der klein ur, vormittag, hat mir (Gott hab lob) Birgida, mein liebe hausfrau, einen son geboren6), und ist an disem tag nach vesperzeit umb 4 ur im pfleghaus und Stuben alhie zu Engeltthall getauft worden durch herren Hanssenn Kraus, pfarer und prediger alda, und Linharrt Hennlein, wirt7), einer des rats zu Herspruck, hat es gehaben und Hanns genant. Gott schicks ferner zum pesten. Amen. Adi 15. Mey a° 44 bin ich Jheronimus Cöler Heintzen Mayr, wechter zu Stierberg, gefatter worden, hüb im sein kind, ein kneblein, aus der tauf durch h. Wolffganng Schlegenstein8),9 pfarer in Petzenstein, habs Jheronimus genant, zu nacht um 10 auf der klein ur. Meine mitgefattern waren Seboldt Ryethtter, pfleger zu Stier­ berg, und Endres Müller, uberreuter am reichen almusen °) zu Nurmberg. P. memori. [6or] Adi 20. Octobr. a° 45 bracht mir Birgida, mein liebe hausfrau, Erettags10) frue, zwischen 6 und 7 kleiner uhr, ein tochter11), ist getauft auf heut dato umb 3 uher nach mittemtag, von herr Johannes Krauss, pfarern alhie zu Enngelthall, hat ge­ haben Anna, Wolffen Maurer, hamermayster zu Reichenschwanck, D Lorenzer Taufbuch; Stammbaum Nr. 36. 2) Würfel, Dipt. Laur., S. 84. 3) So auch RV. 4) Stammbaum Nr. 37. Die Engelthaler Kirchenbücher fan­ gen erst 1586 an. 5) Kraus ist bei Würfel (Kirchen auf dem Lande) nicht zu finden. 6) Stammbaum Nr. 38. 7) Hs.: wirst volds [?]. In G. M. 2907, 32r steht „wirtt“. 8) Nicht in Würfels Diptycha unter „Pfarrer in Petzenstein“ verzeichnet. 9) Vgl. Reicke, S. 620 ff. 10) Dienstags. n) S. Stammbaum Nr. 39.

2Ö2

eheweib, und es Barbara genant. Amen.

Gott schicks ferner zum pesten.

[G. M. 2907, 4ir] Adi 18. Novembr. a° 46 wurden ich und Wolf Krell Vormund über Albrecht Köler, meines bruders, kind. Petter Herttlein mein anwalt Nr. 8 fol. 30 1). [G. M. 2910, 6or] Adi 13. Sebttembr. a° 47 bracht mir Birgida, meine liebe hausfrau, Eretags 2 stund nach mitternacht, ein kneblein2), ist getauft den tag hernach von herr Johanns Kreussen, pfarern alhie zu Enngelthall, hat gehaben Michel Schmid von Wirtszburg, dazumoll eines f. e. und w. rats der statt Nurmberg meiner herren bevelichsschreiber, um 10 kleiner uher dises tags, und hat es Michel genant. Gott schick es ferner mit zum pesten. Amen. Hat im Sebttemb. a° 55 die plattem gehabt3). Auf 25. Aprillis a° 58 ist obgemelter Michel Cöler mit tod bey herr Michel Pesler4), prediger zu Unser Frauen alhie zu Nurm­ berg, in der cost verschiden. [G. M. 2907, 42v] Anno Domini 1548 sein die salbucher und zugehörungsbücher zu Engelthall, alles des closters einkomen, gefertigt5) aus eines erbarn rats wolmaynung zu Nurmberg, des­ gleichen die kirchenrechnung in rechte ordenung gebracht durch Nicklaus Nöttelein, lantschreiber, und mit hilf Micheln Schmid gefertigt, zu welichen buchern ich dan auch (von wegen meiner herren) an rum [ohne Ruhm] ze melden, nit wening furderlich gewest, und kein muhe meines vermugens an mir erwinden lassen. Darumb ich nit wenig freuntschaft von den obersten closterfrauen eingenomen, der und anderer Ursachen halber von inen gestrebt, das hat mir auch, Gott sey lob, durch meine oberigkeit anderer ort geholfen, Gott geb zum gnedigen end. Amen. [44v] 1548. Auf meiner Jheronimussen Cölers, gewessen pflegers und richters zu Enngelthal, getannes suplieren und von wegen meiner obligender beschwerden halber haben mich meine herren, ein erbar rat, von gemeltem closterhoff gen Nurmberg zum richterampt gen Werdt, statt- und baurengericht furdernus gegeben, und auf die vesten ins richterhaus des burgfriden eingesetzt, die stattorr alda neben Hanssen Schreynner plattner vertraut6). Hab ich auf 12. Juni a° 48 nach getanner pflicht das erst gericht, des*) Vgl. RV 1546/7 VIII 5V. Es ist nicht klar, was den Anlaß zu dieser Bevormundung gegeben hat, da Franz (der Vater von Albrecht) erst 1576 starb. Vielleicht war die Mutter Monika gestorben. 2) S. Stammbaum Nr. 40. 3) Die folgende Notiz über den Tod Michels steht als Fuß­ note am untern Rande. 4) Würfel, Dipt. capellae B. Mariae, S. 25; Will-Nopitsch, Nbger Gelehrtenlexikon, I 103 und V 85. 5) Vgl. oben S. 177 und 199. 6) Vgl. Aemterbüchlein 1548—60. RV 1549/9 I 36r, 21. 4. 1548; RV 1548/9 I 49v, 30. 4. 1548. 1557 stiftete Köler anläßlich des von ihm verwalteten Neubaus des Chors der Bartholomäuskirche in Wöhrd ein Glasfenster mit seinem Wappen und denjenigen seiner ersten drei Frauen. Diese Glasmalereien sind noch in der Kirche zu sehen.

263

geleichen die ersten fünf in Werd gesessen, Gott geb hinfüro zum glückseligen end. Amen. [55v] Adi ii. Juny a° 48 hab ich Jheronimus Cöler nach getanner pflicht das erstmall am Stattgericht gesessen, Gott geb hinfüro zum glückseligen end. Amen. [5ör] Adi 16. Juno a° 48 hab ich Jheronimus Cöler nach getaner pflicht das ander mal am paurengericht gesessen, Gott geb hinfüro zum glückseligen end. [56v] Adi 6. Novembr. a° 48 hab ich Jheronimus Cöler das erstmal an der lantzsruge gesessen, Gott geb hinfüro zum glück­ seligen end. Amen. [Ö2r] 1549 Vorstgericht. Adi 23. Mey° a° 49 hab ich Jheroni­ mus Cöler das erstmal an dem kayserlichen vorstgericht über Sant Lorentzen wald neben andern gesessen wie volgt, Gott geb hinfuran zum glückseligen end. Amen1). [G. M. 2910, 6or] Adi 11. Juno a° 48 bin ich Jheronimus Cöler Hanssen Schreynner, plattnern und bürgern zu Nurmberg, gefatter worden, hueb im sein kint, ein kneblein, aus der tauf2) durch herren Johann Pecken3), kappelon zu Sanct Seboldt alda, habs Jhero­ nimus genant, umb 3 uhr nach mittemtag. Gott schicks ferner zum pesten. Amen. [6ov] 1549. Adi 10. Julyo a° 49, Mittwoch zu nacht, bracht mir Birgida, mein liebe hausfrau, ein kneblein an die weit, eben als es ein uhr auf der großen geschlagen hett, und ist am 11. ditto umb 10 großer uhr von David Pinttinius 4), cappelon zu Sanct Seboldtt alhie in Nurmberg, auf der freyburg im richters­ haus, das gen Werd gehört, getauft worden5), Gott hab lob. Daraus hueb es Albrecht Harscher und nant es Paulus. Gott geb, das es frum werd, und schick es ferner mit ime zum pesten. Amen. Das ist den 14. ditto hernach durch den zeitlichen tod widerumb von diser weit genomen und auf 15. ditto zu morgenst in mein begrebtnus auf Sanct Johannes kirchoff vor der statt begraben. Gott helf uns in dem zukünftigen ewigen leben mit freuden widerumb zesamen. Amen. [6ir] 1550. Adi 9. Januari a° 50 hueb ich meinem gefattern Linhart Burckhartt, schmid, sein kind, ein kneblein, in Sanct Lo­ rentzen kirchen aus der tauf, und hab es Jheronimus genant. Gott geb, das es frum werd. Amen6). Adi 10. Augustus a° 1550 Sonntag zu nacht bracht mir Birgida, meine liebe hausfrau, ein kneblein an die weit, eben als es zwo uhr auf der großen schlagen wolt, und ist den 11. ditto umb vesperzeit von herren Jörgen Sigell7), cappelon zu Sanct Seboldt alhie in 1) Es sind einige Kaufurkunden vorhanden, die von Hand zu sein scheinen und die er besiegelt hat (Staatsav., und Päpstl. Privilegien Nr. 613—15). 2) Sebalder Taufbuch. 3) Würfel, Dipt. Sebaldina S.81. 4) David Putner oder Puthan, s. Würfel, Dipt. Seb., S. 5) Sebalder Taufbuch. S. Stammbaum Nr. 41. 6) Lorenzer Taufbuch. 7) Würfel, Dipt. Sebald., S. 45 und 87. Will-Nopitsch, Gelehrtenlexikon, III 700 und VIII 232.

Kölers Fürstl.

88. Nbger

264 Nurmberg auf der freyburg im richtershaus, das gen Werd gehört, getauft worden1), Gott hab lob. Daraus hüeb es Mathteus Hess und nant es Mathteus. Gott geb, das es frum werd, und schick es ferner mit ime zum pesten. Hat im Octobr. a° 55 die plattem gehabt. Auf Monntag den 12. Aprilis a° 57 hat Mathteus mein sönlein die schuld der natur bezalet, das ist, Gott der herr hat ine, nachdem er bey 3 wochen von einem fallen krank lag und in siben jar alt ward, von disser argen weit durch den zeitlichen tod fein sanft und stil, in der nacht zwischen 3 und 4 großer uhern, ab­ gefordert; hab ich auf 13. ditto in mein begrebtnus auf Sanct Johan­ nes kirchoff vor der statt unter meinen stein legen lassen, Gott helf uns in dem zukünftigen ewigen leben mit freuden widerumb zesamen. Amen. Kost das hinaustragen im träglein 1 ft 10 den stein zu heben 3 ft, zu leuchten 12 ^ und der sellnonnen 1 ft 12 Adi 2. Augusto a° 1552 Erettag zu nacht, ein halbe stund vor 5 großer urhen (das ist vor mitternacht), bracht mir aus göttlichen gnaden Birgida, mein liebe hausfrau, ein kneblein an die weit, das ist auf adi 3. ditto um 1 stund auf den tag, auch großer uher von herren Lienhartten Krig2), cappelon zu Sanct Sebold alhie zu Nurmberg, auf dem bergfrid und richtershaus von Werd neben dem Vestnertor gelegen (Gott hab lob) getauft worden3). Daraus hueb es herr Johann Lotthtter4), aus dem Predigercloster und cappelon zu Sanct Egidien, und nante es Lucas. Gott gebe, das ein frumer, gottseliger menschs daraus werd, und Gott der herr schick sunst ferner alls ding zum pesten. Amen. Und eben als gemeltes kindlein getauft ward und mein liebe hausfrau zuvor das heilig, hochwirdig sacrament, leibs und plutzs Cristi, mit cristlicher bekantnus empfangen, ist sy gutverstendig und cristlich, senft und anzweifelich in Gott seliglichen entschlafen und nun erwartende auferstehung der toten und ein ewiges leben. Amen5). Adi 4. ditto, da es nun 13 jar was, das wir eben hochzeit mit einander gehabt hetten, ist sy nach cristlicher ordenung erbarlich, mit vilen gutt- [62r] hertzigen leuten, auf Sanct Johannes kirchoff zur erden beleidet und bestattet. Der almechtig, barmbhertzsig, ewig und auch guttige Gott helfe mir und den meinigen. auch allen Cristen zur letzten stund genediglichen hinnach. Amen. Und dieweil die Vestnertorr und prucken von 27. Marzi bis auf 4. Augusti, ist eben in 19 wochen, disser geferlichen zeit halber gespert, hat ein f. e. und w. burgermayster und rat disser statt mir bewilligt und offnung auf ansuchen meines lieben Schwägern W. Pömers, den verstorbenen und in Cristo entschlafnen cörper hindurch zur begrebtnus ze tragen, erlaubt. Und da das volk widerumb gekomen, hab ich zugespert. Gott geb, das es zu guten fridsamen Zeitungen aufgemacht werd6). Amen. A) Sebalder Taufbuch; Stammbaum Nr. 42. 2) Würfel, Dipt. Sebaldina. 3) Sebalder Taufbuch; Stammbaum Nr. 43. 4) Würfel, Dipt. Egyd., S. 321. 5) Das Sebalder Totenbuch reicht nur bis 1557 zurück. 6) Es wurde erst im März 1555 wieder geöffnet (RV 1554/5 XIII 12V, 8. 3. 1555).

26s 1. Birgida, Hanssen Grolantzs und Birgida Pömerin eheleipliche tochter, deren taufname alleweg auf 23. Julyo gefelch.

Birgida Grolandttin hat mit Jheronimussen Cöler hochzeit gehabt auf 4. Augusto 39.

2. Adi 8. Junnyo a° 1518 ist sy geporen und getauft worden.

Adi 3. Augusto a° 1552 ist sy in Cristo seliglichen, als sy 34 jar alt gewest und wir 13 jar ehelich und woll mit einander gelebt, von disser weit geschiden, deren seel und leib gott genade. Amen.

Da ich sagt: 3. gehab dich woll und bis 4. getrost, Gott wirt helfen, antwortt sy [62v]

und du auch was Gott will.

Birgida Jheronimus Coelerin.

5. Ein f. e. und w. rat erlaubt an unser hochzeit (dreyerley todesfolge halber) in meines lieben schwägers Wolffen Pomers behausung uns einlayten ze lassen.

Also hat auch ein erbar rat ir zur begrebtnus erlaubt, die Vestnertor ze öffnen und sy hindurch ze tragen.

6. Und als sy 34 jar gelebt

hat sy mich 13 jar zur ehe gehabt. Den 4. Augusto begrub man sy. In anderen manaten, als im Januari, Julyo, Octob0 und Sebttemb0 bracht sy mir 5 kind.

7. Den 4. Augusto hielten wir hochzeit 8. In 3 August manat bracht sy mir Jheronimus, Mathteus und Lucas, 3 kind. 9. Und bracht mir 3 kint beym tag 10. Zu Engelthall, als auf dem land, 4 kind. 11. Das Lucas, ir neugeporen kindlein, nit 7 stund sein leipliche mutter auf disser weit gehabt,

und 5 kinder bey der nacht. Alhie zu Nurmberg in der statt 4 kinder. P. memori. und es nit 7 stund alt, must es seine mutter durch den zeit­ lichen tod verliren und anstatt einer amen und fremden trau­ en in die kost hingelassen werden.

Adi 11. Augusto a° 1552 an einem Pfinstag früe umb eines gen tag ist verschiden Birgida meiner lieben hausfrauen seligen neugeporen kindlein, Lucas genant, und ist zur begrebtnus seiner muetter bestattet worden. Gott helfe uns in dem zukunften ewigen leben mit freuden widerumben zesamen. Amen. also ist mein liebe hausfrau 12. Und wie mein begrebtnus auf selige mit einer wolgerusten Sanct Johannes kirchoff ne­ krigswacht oder rot (der wasben der schießhutten, da man sen 12 lantzsknecht) unter den zum krig die puchsenmayster toren verhuetet und sunst nach musteret, ist,

266

13- Als mein lieb hausfrau seli­ gen an einem Pfinstag zur begrebtnus bestattet,

Bey 13 jaren hab ichs ehlich gehabt,

cristlicherordenung wol zur be­ grebtnus hinausgetragen wor­ den. Gott helf ferner. Amen. also den negsten Pfinstag her­ nach am 8. tag verschid Lucas ir neugeborn kindlein und auch zu ir begraben. Gott helf fer­ ner. Amen. und vergleichen sich hie eben aucn 13 punkt.

Adi 8. Augusti aü 1553 ist mir Jheronimus Cöler im namen der heiligen Drivaltigkeit zu der dritten ehe ze geben zugesagt worden die erbar und tugendsam junkfrau Charittas, weyland des ernvesten, fursichtigen, erbarn und weisen herren Caspar Nutzeis 1)> des innern rats und losungherr, verlassne tochter alhie, so er mit Clara Heldin in erster ehe erzeugt. Und was die lautmerung 2) in des erbarn und vesten Sebastian Grolantzs behausung. Waren darbey wie volgt: meines

tayls

1. Jheronimus Baumgarttner ') an statt meines vaters 2. Hanns Rietter 3. Barnabas Pömer, was zeug 4. Doctor Johann Schürstab 5. Jörg Pair und sein sonn 6. Hanns Oelhaffenn 7. Wolf Grolandtt 9.Hanns Munsterer 10. Hanns Rossenzweig 11. Erasymus Reich 12. Gabriel Orthttell, las die heiratzsnottel 24. Paulus Koler, junckfraugesell 25. Ursull Pömerin junkfrau 28. Brigida Jörg Grösszerin als mein mutter

auf der breut tayl 14. Lienhart Tücher 4), was vatter 15. Caspar Nutzei was vatter, gab mir den hantschlag 16. Sebastian Welser 17. Cristoff Grolandtt 18. Barthelmeus Heltt 19. Paulus Tücher 20. Nicklaus Schleicher 21. Sebastian Grolandtt 22. Wolf Pessler 23. Sebastian Imhof Das mittagmal hielten wir für uns selbst 26. Cristoff Nutzell junggesell 27. Clara Tucherin junckfrau 29. Jörg und Hans Volckmair bedeunt

Zum nachtmal und zweyen tischen kamen wie mit

der Ziffern erzeichnet *) 2) 3) 4)

ADB. XXIV 66. Vgl. S. 259 Anm. 5. ADB. II 168. ADB. XXXVIII 770.

30.

2 67

i. 5* 9- Johan Schorns weib 14- LS- l7* 18. 26. Hans Rossenzweigs weib 27. 29. Dorathtea Seboldt Rietterin 24. 25. 28. Zum stubentantzs, die nyt mit geessen haben 1. Jheronimus Baumgarttners tochter 2. Barnabas Pomers 2

Schwestern 3. Doctor Mulners seligen nach­ gelassne tochter 4. Fellitzs von Locheym 5. Jörg Payrnn tochter 6. Wolf Grolantzs Schwester Dorothea Seboldt Rietterin 7. zwo tochter [?]

8. Endres Imhoffs tochter 9. Mertin Pfinzings seligen nachgelassne tochter 10. Seboldt Hallers tochter 11. Hans Geuders tochter 12. Jörg Geuders am Heumark seligen nachgelassne tochter 13. Jörgen Geuders am Vischspach seligen nachgelassne tochter 14. Felitzs Hallerin 15. Endres Genngers tochter 16. Jheronimus Füetterers seli­ gen nachgelassne tochter 17. Erasymus Schedels nach­ gelassne junkfrau 18. Jacob Tuchers tochter

[Ö4V] Zur fruemess hochzeit1). Die hetten wir im namen der allerheiligisten Drivaltigkeit in vorgemeltem haus, und giengen auf den 29. Augusti im 1553. jar gen Sanct Lorentzen gen kirchen2), da gab uns herr Sigmundt Spatzs3), schaffer alda, nach cristlicher ordenung zesamen. Gott der almechtig (und dieweil wir soliches in seinem namen und auf sein wort angefangen) wolle mit seinen genaden bey uns sein, uns regiren, leiten und fueren, zu seinem lob, eher und wolgefallen, auch unser leben mitlen und letzslich enden zu unserer seilen Seligkeit. Amen. Gieng mit zur kirchen wie die ziffer hievor ausweisen 14, Andereas Imhof, 1, Leo Schürstab, 15, 16, 3, 17, 18; 21 wurd verhindert; 9, 19, 20, Jheronimus Schnitter, 22, und ire weiber. Zum mittagmol körnen wie die ziffer ausweisen *) RV 1553/4 VI 4, 26. 8. 1553: Jeronimussen Köeler sol auf sein bitlich anlangen durch herrn Linharten Tücher, herrn Jeroni­ mussen Paumgartner und herrn Caspar Nützel von seinentwegen beschehen, vergönnt und ihnen wider angesagt werden, auf nechstkumenden Erichtag zu seiner frumeßhochtzeit mit zwelf jungfrauen ain abenttentzlein zu halten, neben seiner prautjungfrau Charitas Nützlin. 2) Lorenzer Ehebuch. 3) Würfel, Dipt. Laur., S. 35.

268 i, Wolf Pömer, sein weib, 3, 77, 14, 15, 17, 18, 21, Cordela Jörg Heldin, Ba. [Barbara] Sebastian Weiserin, Hans Ölhaffens weib, Johann Schorns weib, Hans Rossenzweigs weib. Das nachtmol hielten wir für uns selbsten. [65r] Zum stubentantzs nach den zifferen 1, 2, 4, 5, 8, 11, 12, 14, 16, 17, 77, 25, 27; Sebastian Imhoff; Junkfrau ein Schlusselfeiderin, was mit der Schlauespach bracht1); Junkfrau Appelonia Loffelholtzin; Wolf Stormers2) seligen nachgelassne tochter. Nach der hochzeit den andern tag zum aufraumen 1, 11, 12, 14, 16, 17, 25, 27. Adi 30. Augusti a° 53 hat mich, Jheronimus Cöler, der ersam Albrecht Harscher burger alhie zu einem kneblein gefatter gebeten, weliches auch Jheronimus genant ward, hat ime Madalena, sein eheliche hausfrau, an die weit gebracht. Gott der almechtig gebe sein genad und segen darzu, auf das ein feiner gottseliger menschs daraus werd. Amen3). [65r] Auf 15. Januari a° 60 hat unser lieber herr Gott Charittas, mein dritte liebe ehewirtin, nach vilfeltiger und langwiriger schwacheit des ziperleins, schwintsucht und anderer gebrechlicher zufelh aus dissem jamertal cristlich und wol zu sich mit tod, gleich schlafend und sanft, abgefordert4), die auf Sanct Johanes kirchoff zu meinen vorfaren bestettiget, erwartend aufersteung des fleischs und ein ewiges leben. Amen. Gott der almechtig helfe mir und den meinigen durch unsern heren Jesum Cristum gnediglichen und woll nach seinem willen hernach, tag und stund bevel ich ime. [65v] Adi 2. July0 a° 54 Mantag hueb ich Fritzen Drescher, vingerhutter5),6 bürger von Werd, ein kneblein zu Sanct Seboldt umb vesperzeit aus der tauf und nennt es Jheronimus8). Gott geb, das ein frumer, seliger mensch daraus werd. Amen. Adi 14. May a° 55, Erettag, hueb ich Petter Vorster vor dem Vestnertor ein kneblein zu Sanct Seboldt zur vesperzeit aus der tauf und nent es Jheronimus7). Gott geb, das ein frumer, seliger mensch daraus werd. Amen. Hs.: brauch. 2) = Stromer, Biedermann Tab. 468. 3) Sebalder Taufbuch. 4) Sebalder Totenbuch. 5) Fingerhutmacher (DWB. III, Sp. 1658; Schmeller-Frommann, Bayr. WB. I 731). 6) Sebalder Taufbuch. 7) Ebd.

26g Adi 12. Octobr. hueb ich herren Sixsten Hueber, cappelon zu Sanct Seboldt, ein kneblein aus der tauf und nent es Jheronimus1). Gott geb, das ein frumer und seliger mensch daraus werd. Amen. Adi 16. Marcj a° 57 hueb ich dem mayster Quirinus Claussen, Schlosser, in Sanct Seboldts kirchen ein kneblein aus der tauf und nent es Jheronimus 2). Gott geb, das ein frumer und seliger mensch daraus werd. Amen. [G. M. 2907, 8qv] Adi ditto [21. 4. 1558] wurde ich auch beschickt und zu der oberpfleg gen Gostenhof verordnet und schwuer derohalben in der ratstuben3). Der almechtig Gott verleiche gnad darzu. Amen. [G. M. 2910, 66r] Adi n.Mey a° 57 an einem Erittag hueb ich mayster Michael Schlencken, maler, ein kneblein4) zu Sanct Sebold nach vesperzeit aus der tauf und nenet es Jheronimus5). Gott geb, das ein fromer, seliger menschs daraus werd. Amen. Adi 6. Januari a° 58 an einem Pfinstag der heiligen drey königs­ tag huebe ich Ambrosius Ehelich, weber, ein kneblein zu Sanct Seboldt umb vesperzeit aus der tauf und nent es Jheronimus6). Gott geb, das ein fromer seliger menschs daraus werd. Amen. Stattrichterampt. Auf Freitag den 19. Aprilis a° 60 haben mich, Jheronimus Cöler, die erbarn und weysen herren Jochim Haller und Paulus Koler durch einen cantzeleypotten beschickt und mir von ratswegen auf volgende weis angesagt. [66v] Ein erbar rat unsere herren hetten mich zu einem stattrichter verordnet7). Darauf ich mich wie pillig gedemuttigt und mit gelimpf darfur gebetten hab. Aber bede herren zeigten mir an, ich hetts schon ein halbs jar verwalten, meine herren haben mich darzu als tuglich erkiesen. Sols darbey lassen bleiben. Darauf hab ich gebetten, man soll mit mir für gut nemen und gedult haben. Dieweil dan nu solich ampt ordenlichen weys an mich kompt und dasselbige aus Schickung göttlicher genad, so bitt ich (wie notwendig und pillig ist) hiemit und allezeit Gott den almechtigen, den gerechten richter, er wolle mit der gab und gnad seines heiligen Gaystes bey mir sein und bleiben, auf das ich, sein knecht und diener, im richterampt recht und wol handlen, recht helfen, geben und nemen [möge], dem es von pilligkeit wegen gebürt, durch Jesum Cristum unsern herren und heyland. Amen. [Ö7r] Auf 22. Aprilis a° 60, als ich durch ein statknecht zum gedachten stattrichterampt erfordert, hab ich herren Paulus Behaym als jungem bürgermaystern bey einem erbarn rat muessen anA) 2) 3) 4) Rand. 5) 6) 7)

Sebalder Taufbuch. Ebd. RV 1558/9 I nv, 21. 4. 1558. Das Wort „Kneblein“ steht mit Auslassungszeichen am Sebalder Taufbuch. Ebd. Vgl. Aemterbüchlein 1560—72; Rb. 31, 6gT. RV 1560/1 I 86.

270

geloben, darauf mich der ehervest herr Anderes Imhof *) mit dem eyd gefertigt. Gott der almechtig verleihe seine genad darzu. Amen. Notta. Auf Sambstag den 27. Aprilis a° ut supra hat mir, Jheronimus Cöler, der erbar und weys herr Jörg Volckheymer von wegen eines f. e. und w. rats, meinen gebietenden herren, alhie ungeferlichen wie volgt angesagt. Nemlich meine herren haben mich zum Vestenampt, Werder gericht und zu der oberpfleg des Gostenhofs dis jar widerumb verordnet. Und wollen umb künftig aller heiligen tag bedenken, ob sy hinfuran soliche empter bey einander lassen wollen oder von einander zertaylen. P. memori. Auf 2. May fordert mich ein stattknecht zur pflicht, die hab ich auf 3. ditto getan. Gott der herr verleihe seine genad und segen darzu. Amen. [69r] Ich Jheronimus Cöler lebe aus unseres Herrgottes gna­ den vor dissem 1555. jar noch und ferner so lang und wan Gott will, so ist mein zil, dem sey lob und eher, in ewigkeit. Amen. Mein eheleipliche mutter ist von irem vatter ein Eberin gewest, und habe nun aus göttlicher verordenung das dritte eheweib. Die erste was ein Münsterin, mit der ich kein kint hab. Deren mutter was vom vatter ein Orthtolffin und starb*2). Nach disser hett ich ein Grolanttin, mit der erzeugt ich (Gott hab lob) sechs sonn und zwo tochter. Gott geb, das die noch lebenden woll geraten, gotzsforchtig, frumklich und erbarlichen sich halten. Deren mutter was vom vatter3) ein Pömerin. Nach disser absterben beschert mir Gott ein Nützslin; deren mutter vom vatter ein geborne Heldin von Bamberg gewest ist. Gott der herr schick ferner alle ding nach unser seilen heil und zum pesten. Amen. [75r] Adi 28. Novemb. a° 60 ist mir, Jheronimus Cöler, im namen der heiligen Dryvaltigkeit auf meiner lautmerung oder hantschlag zu der vierten ehe zu geben die erbare und tugendsam junkfrau Ursula, weyland des erwirdigen und hochgelerten herren, der rechten doctoren Johann Mullners seligen nachgelassne dochter, so er mit Madalena Mügerhoferin seligen erzeugt, durch den erbarn und weysen herren Frantzsn Tüchern ingegen viller erbarer perschonen zugesagt. Das alles ist beschehen in der erbarn und tugendsamen Madalena, des erbarn Mertin Tuchers seligen nachgelassne[n] wittib, behausung, in der Judengassen4). Wen man nun geladen und der körnen ist, statt in einem besondern zettel D. No. 45). P. memori. [75v] Hochzeit. Auf 16. Decemb. a° 60 hett ich, Jheronimus Cöler der elter, mit der erbarn und tugendsamen junkfrau Ursula Müllnerin hochzeit, und was unser kirchgang zum frueampt zu Sanct Seboldt. *) ADB. XIV 38. *) d. h. die Münstererin. 8) Das Wort Vater fehlt in der Hs. Den Tatsachen ent­ sprechend wurde es hier ergänzt. 4) Köler wohnte später selbst in der Judengasse. Vgl. S. 271. 5) Nicht aufzufinden.

271

Und auf meinem tayl was vatter herr Walthtasser Derer, und Wolf Pömerin die eher mein muetter. Auf meiner breut seiten aber herr Frantzs Tücher vatter, und sein weib mutter. Und geschah soliche hochzeit in hievorgemelter Martin Tucherin behaussung. Gott dem almechtigen sey ewiges lob und eher, der gebe mit gna­ den ferner, was uns nutzs und gut ist, zu seel und leib. Amen1). [7ör] K i n t h a u f. Auf 17. November a° 61 hat mir (Gott hab lob) Ursula, mein eheliche liebe hausfrau, Manttag zu nacht2) zwo stund nach Mitter­ nacht, da es 10 großer uher geschlagen hett, ein dochter alhie in Nürmberg2) an disse weit geboren. Die ist Erittag den 18. ditto zu vesperzeit in meiner behaussung gegen der Judengassen von meinem herren gefatter Sixtten Hueber, capelon zu Sanct Seboldt, getauft worden3). Daraus hat es Johann Bus von Genths weib Kathttarina von Anttoff [Antwerpen] gehoben und sy Madalena genant, Gott der herr schick ferner alle ding zum pesten. Amen. Auf 3. Meyo a° 63 mer einen son, Heinrich genant, darvon in meinem gedechtnusbuch a folio 179 nach lengs4). Auf 16. Aprilis a° 65 mer einen son Marcus, mer ein dochter Clara genant, zween zwilling, statt auch darvon in negstgemeltem buch a folio 180 und 181. Gott hab lob5). [7öv] Und dieweil hievorgedachte kindlein etwas jung, klein, noch unerwachsen und unerzogen sein, so bitt ich unsern Herrgott nit unpillig, das er nach seinem heiligen willen und wolgefallen gnad zu inen verleihe, auf das sy auch recht und wohl in seiner forcht zu seinen ehern auferzogen und mitlerweil erbare, redliche, frome und gottselige leut aus inen werden. Amen. Dan es ye ime selbst pillig und recht, das die andern, meine eitere, größere, gewachsene und erzogne kinder gute achtung auf sy haben und den Ion von Gott dem herren nemen. A) Sebalder Ehebuch. Vgl. RV 1560/1 X 11, 4. 1. 1561: „Auf den bericht, wie das Jeronimus Koler, statrichter, und sein eewirtin irer gehaltnen hochzeit halben irs antzaigens wider meiner [herren] Ordnung nichts anders verhandelt, dann das am hochzeittag drey oder vier jungkfrau mer, dann die Ordnung zulest, zum tanz kummen, ist bevolhen, dasselb für ungeverlich zu halten und hindan zu setzen“. 2) Die letzten drei Wörter stehen mit Auslassungszeichen am Rande. 3) Sebalder Taufbuch; Stammb. Nr. 44. 4) Sebalder Taufbuch; Stammb. Nr. 45. Das „gedechtnus­ buch“ ist nicht mehr vorhanden. Oder ist es B. M. Add. 15 217 ? Heinrich war geistesgestört und später hat Hieronymus der Jün­ gere ihn längere Zeit in einem Turmgefängnis einsperren lassen. Vgl. RV 1583/4 III 36v, 18. 6. 1583: „Auf Sebalden Münsterers und Jeronymi Gölers ansuchen soll man iren ungehorsamen pflegson und bruder Hainrichen Cöler ein zeitlang auf iren costen auf ein turn setzen“. RV 1585/6 IX 2iv, 9. 12. 1585: „Uf das mündlich für­ bringen, wie das Heinrich Cöler, des Jeronymussen Cölers losungschreibers bruder zu Tübingen, alda er studiert, in seinem köpf was unrichtig worden........... “ R) Sebalder Taufbuch; Stammb. Nr. 46 und 47.



272

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Darumb soliches begeren an gedachte meine liebe eitere kinder, auch furnemlich an meinen lieben eyden, sein weib, meine liebe dochter, auch an Schwester Martin Tucherin, Pömerischs [?] meinen bruder und andere beschicht, yetzt nit allein von mir, sondern ist auch noch vil mer von Ursula, meiner lieben ehewirtin, in irem [77r] todbett ligende, müntlich etlichemal auf soliche weis mit gantzem ernst, hertzslich und vertreulich begert und gebetten worden. Nemlich sy wollen inen, und ich soll auch mir, ire junge kindlein lassen bevolhen sein, sy aber die lieb und wert haben, als weren sy ir rechte geschwisterigit oder kinder. Do dan soliches in gottesforcht und gehorsam getreulichen beschicht, und sy einmal selbst verstendig werden und aufkomen, da werden sy (wie pillig) derwegen dankpar sein und darneben gedachte woltetere darzu von Gott dem herren gluck und heil, ir aller, auch irer kindlein und nachkomen, wolfart leibs und der seilen zu Ion gewertig empfahen. Amen. Ursach außer dessen, so wer inen sunst ir liebe mutter Ursula, mein liebe ehewirtin selige, zu bald empfalhen, dan Gott [77v] der herr name sy durch den zeitlichen tod1) auf n. Novemb. a° 65 umb 7 großer uher zu nacht, als sy bey fünf jaren im ehelichen stand, und im 37. jar ires alters, bey mir gewessen (zum tayl mit der haubtzucht 2) beladen, villeicht von vil wachen, seugen und mer Ursachen) fein sanft, Stil, vernuftig, unzweifelich seliglichen und wol von disser weit abscheident hinweg. Gott der almechtige ver­ leihe ir ein fröliche aufersteung, und mir, den rest meines alters, grauen hars und schir des lebens sath, cristlich, recht und wol zuzebringen, auch wan die zeit und stund kompt, ein genediges seliges stundlein, mein leben seliglichen zu beschließen und nach dissem auch ein fröliche aufersteeung und ewiges leben. Das wolle uns Gott mit freuden geben. Amen. [Nor. H. 509, 20r] 1566. Mit junkfrau Ursula Dererin auf 4. Novembro a° 66 hochzeit gehabt3). Und hernach mit ir ein döchterlein mit namen Maria genant erzeugt4). Mer ..... Gott der almechtig verleihe uns ferner sein genad, das wir unsern kindern und sunst mer leuten zu gutem zu seinem lob nach seinem willen langwirig und gesunt bey einander bleiben mögen. Amen. Darauf und nu heist es: Wan mein stundlein vorhanden ist Und soll faren mein Straßen, So geleit du mich, herr Jesu Christ, Das bitt ich dich dermaßen. Mein seel an meinem letzten end Bevel ich, Herr, in deine hend, Darauf tue ich mich verlassen. 5) *) Sebalder Totenbuch; Nbger Totengeläutbuch. 2) Etwa Kopfgrippe? 8) Sebalder Ehebuch. Sie starb am 27. 10. 1581. 4) Sebalder Taufbuch (9. 9. 1567). Die andern Kinder waren: Ursula * 7. 9. 1568, Christoph * 20. 2. 1570, Philipp * 16. 9. 1571 und Wolfgang * 25. 2. 1573. Sie sind alle im Sebalder Taufbuch verzeichnet. Vgl. Stammbaum Nr. 48—52. ®) Dieses evangelische Kirchenlied, von Nikolaus Hermann (t 1561), ist zuerst gedruckt in Johann Wolffs Kirchengesängen, Frankfurt 1569, drei Jahre nach der obigen Niederschrift.

ANHANG I. Hieronymus der Ältere über angeheiratete Familienmitglieder» 1. Nor. H. 509 (Stadtbibi. Nbg.), Bl. nr. Anna Cölerin ist des gemelten Seboldts Schwester gewessen, die hett zum ersten man ein Rothen, darnach ein Wolgemuth, zum dritten ein Payren1). 2. Aus dem Münstererschen Wappenbuch (G. M. 2909). [6V] Der erwirdig und hochgelert doctor Sebaldus Munsterer (hievorgemeldt) mein, Jheronimus Cöler, lieber herr Schwager seli­ ger gewessen ist. Er hett Anna Kreppin zu Wittemberg zuni weib, erzeugt mit ir 4 son und 3 döchter, unther denen einen son mit namen auch Sebaldus genant. Der hat auch zu Wittemberg die jura wol gestudieret, also das er nit allein ime oder den seinigen, sondern auch mer leuthen yetzt hilflich, rethlich, nutzslich und wol dienstlich sein kan. Der auch mein lieber schwager ist. [i4v] Der erbar und vest Lienhart Münsterer (hievorgemelt) mein, Jheronimus Cölers, lieber herr schweher seligen gewessen ist. Er hat Clara, des Frantzen Orthtolffs dochter zum weib, er­ zeugt mit ir 5 son und 4 dochter, unter anderm einen son mit namen Sebold genant. Daraus wurde im studieren hernach ein fürnemlich und trefflich hochgelert man, doctor, jurist und darbey ein fromer crist zu Wittemberg, der großen eheren wol wirdig und mein lieber herr schwager auch gewessen ist. 3. Nor. H. 509, 5V. Und dieweil dan der erbar Hans Hofman, des geweßnen Clementen zu Lauff, und Madelena seiner ehewirtin son, Birgida, meine liebe dochter ehelichen verheyrat und auf 21 Marci a° 65 ire hochzeit gehabt2), setzs ich nit unpillig diß und wie hievorgemeldt zur guten gedechtnuss. Gott der almechtig verleihe sein gnad und segen darzu, auf das es alles ime zum lob und eheren alles bis zum endt wolgerathe. Amen. [6r] Notta. Auf 11. Juny a° 68 hat der almechtige Herr durch sein göttliche und vetterliche verordenung hievorgedachten Hanssen Hofman, amptman hie in der Wechsel, als er im 27. jar seines alters, durch schwacheit der schwintsucht, nach seinem heiligen willen, aus dissem jamerthall gantzs gnedigklichen mit schönen rueffen, sennen und bekanthnussen, gantzs christlich und fein sanft und still von disser argen weit, abgefordert 3). Dieweil er aber zuvor imerdar ein wörtlein modicum [?] gebrauchet, weiß man yetzt das, 1) Vgl. Stammbaum Nr. 15. 2) Sebalder Ehebuch. 3) Sebalder Totenbuch. Nbger Kleintotengeläutbuch. 18

274 so über ein weil mit ime beschehen, ja leider über ein weil hat man es mit vil hertzenlaid gesehen, sichetzts noch. Gott helf uns auch. Aber wie dem, hab ich ime auf Sanct Johannes kirchof vor disser statt ein sanftes ruebethlein [6V] bey den meinigen alda woll bestel­ let machen lassen, da ligt er und ist auf 13. ditto dohin eherlich und christlich bestettigt, erwarthendt unserer hernachfart und der frölichen auferstehung vom todt und ein ewiges leben. Darzu helf uns auch Gott der vatter, Gott der son und Gott der heilige Gayst nach seinem gnedigen willen zu unserer seelen hayl, gelobt und gebenedeit von ewigkeit zu ewigkeit. Amen. 3. Nor. H. 509, igT. Und dieweil dan der erbar Hanns Schwenthter ein eherlicher, gotzsförchtiger, fromer burgershendler alhie ist, Barbara, mein liebe dochter, ehelichen verheyrat und auf 22. July a° 66 ire hochzeit gehabt1), setzs ich meines erachtens nit unpillig diss wie hievorgemeldt ime und den seinigen zur guten gedechtnus. Gott der almechtig verleihe seine genad und segen darzu, auf das es zum gutten anfang, mittel und ende, zu seinem lob und unserer seilen hayl und Seligkeit gedeyhen möge. Amen. Auf 8. Aprilis a° 68 hat (Gott hab lob) Barbara Hans Schwenthtterin, mein liebe dochter, in der nacht einen son an die weit geboren, der ist den tag hernach getauft und Hieronimus genant und mein erstes encklein worden. Gott der Herr schick ferner alle ding darmit zum besten. Amen.

II. Gesuche des Hieronymus Köler d. Ä. an den Rat zu Nürnberg um Verleihung des Pflegamts in Altdorf. Konzepte. G. M. 2907, 7or ff. Fursichtig, erbar und weis, gönstig, gebietend herren, nach­ dem mich E. F. E. W. bishero mit ampten vetterlichen begabet, darumb ich in unthterthenigem gehorsam pillig dankpar, demnach und mir aber in der bewonbehaussung auf der vesten zu 6 kindlein Weiterung manglet und dan die teglich thewerung des geltzs und anders mich drucket, und aber die pfleg zu Alttorff (da einer Wei­ terung der wonung und gehultzs haben mag) ledig, ist demnach mein gantzs demuttig und hochvleißige bitt an E. F. E. W. als meine gönstige liebe herren und vetter, die wollen mit gemelter pfleg mich ferner mein weib und kinth gönstigklichen bedenken, soliches will ich mit Gottes hilf, vleißiger und emssiger ausrichtung aus E. F. E. W. in gefeligem, untherthenigem, gehorsam geflissen sein zuvor dienen, mit bitt gewenliche gönstige antwort. E. F. E. W. gehorsamer Jhero. Cöler richter zu Werd. Adi 13. Mey° a° 51, als ich mit dem f. e. und w. herren Lien­ harten Tücher meines hiebey ligenden begerens redet und die pfleg verlassen ward, meiner in anderm gönstigklichen bedenken, dan ye das Werder ampt vil muhe und doch ein geringe belonung hett, sagt er* herr [Lienhart], wan ein bessers ledig wurd, solt ich bey *) Sebalder Ehebuch.

275 meinen herren widerumb ansuchen, wolte er das bester darinen hel­ fen handlen. P. memori. Ernvest, fursichtig, erbar und weis, günstig gebietendt lieb heren. Nachdem E. F. E. W. etlich jar mich als einen diener zu dem anschicken und puchalten in der Peunt, nachmals als ainen pfleger zu Engltall und volgendts alhie zu ainem schöpfen an das erbar statgericht und richterampt zu Werde gepraucht, welches ich mich gegen E. F. E. W. als meinen lieben herrn und vätern ganz undertheniglich bedanke; dieweil ich aber aus genaden Gottes ietzs sechs lebendige kindlein hab und die wonung, so E. F. E. W. mir zu dem richterampt zu Werde eingegeben, etwas eng und clain, also das ich nicht uberig rhaumb hab, auch die zerung und ander ding alhie in der statt etwas swere, das ich gantz kümmerlich mich und meine kindlein erhalten und hinpringen kan, wie dan E. F. E. W. soliches alles wol erachten mögen, ich auch E. F. E. W. gehor­ samblich zu dienen genaigt bin und verneme, das die pfleg zu Aldorf [sic] durch E. F. E. W. noch unversehen, sopher ich dan derselben darzu gefellig, verhoffet ich mit götlicher hilf solicher pfleg nach E. F. E. W. gefallen muglichs fleiß vorzustehn und zu verwalten; gelangt derhalben an E. F. E. W. mein ganz underthenige und gehorsame bitt, die wollen mich und meine unerzogene kindlein, wie bishere auch geschehen, väterlich bedenken, mir soliche pfleg gunstiglich vergunen und verleihen, damit ich meine kindlein dester baß aufziehen und erhalten möge; das und alle an­ dere bishere mir gethaneveterliche gnaden und gutthaten erkenneich mich mein lebenlang in aller underthenigkait gehorsamblich zu verdienen schuldig und thue hiemit E. F. E. W. mich und meine unerzogene kindlein zum höchsten gunstiglich bevelhendt. E. F. E. W. undertheniger, gehorsamer Jheronimus Cöler yetzt richter zu Werd. III. Reise des Johannes Köler (zweiten Sohnes des älteren Hieronymus) nach Königsberg. (B. M. Add. 15217, 8r ff.) Anno domini 1559 adi 29. Martii bin ich Johannes Cöler mit dem ehrwirdigen herren M. Mauritio Helinng, Prediger bey sant Sebalt in der pfarkirchen, von Nürmberg zu mittag außgeraist, durch Lauff biß gen Herspruck, da sind wir zu nacht gebliben. Adi 30. Martii von Herspruck durch Bammersbrunn [Pommelsbrunn] bis gen Sultzbach und gefuettert, von dann biß gen Hirschaw und die nacht alda gebliben. Adi 31. Martii von Hirschaw durch Schnattenbach [Schnaittenbach] bis auf den Hamer [Holzham­ mer?], alda synd wir den tag gebliben. Adi 1. Aprilis von dem Hamer bis gen Weitliaußen [Waidhaus] und gefuettert, von dan bis gen Frawenberg [Pfraumberg] und die nacht ge­ bliben. 18*

276

Behemisch

Schlesisch

Polnisch

m

Casschubisch

Preußisch

Adi 2. ditto von Frawenberg biß gen Cladra [Kladrau] und gefuettert, von dann bis gen Pilßen und die nacht gebliben. Adi 3. ditto von Pilßen biß gen Rockenzan [Rokycan] und gefuettert, von dann bis gen Scheberacken [Zebrak] und die nacht gebliben. Adi 4. ditto von Scheberacken bis gen Prag und den tag alda gebliben. Adi 5. ditto von Prag bis gen Neuis [Nehvizdy] und gefuettert, von dan bis gen Linnenburg [Nimburg?] und die nacht gebliben. Adi 6. ditto von Linnenburg bis gen Clummetz [Chlumetz] und gefuettert, von dann bis gen Kunnigretzs [Königgrätz] und die nacht ge­ bliben. Adi 7. ditto von Kunnigretz biß gen Nachet [Nachod] und gefuettert, von dan bis gen Pelitzs [Pölitz] und die nacht gebliben. Adi 8. ditto von Pelitzs bis gen Gorstorff [Görbersdorf] und gefuettert, von dan bis gen Schweinnitzs und die nacht gebliben. Adi 9. ditto von Schweinnitzs biß gen Tonhaußen [Tannhausen?] und gefuettert, von dan bis gen Preßla [Breslau] und ein zeit alda gebliben. Adi 12. ditto von Preßla bis gen Braußnitzs [Prausnitz] und gefuettert, von dann bis gen Kotlona [Kadlewe?] und die nacht gebliben. Adi 13. ditto von Kotlona bis gen Storchnest und ge­ fuettert, von dan bis zu der Zeuberin [Trzebaw?] und die nacht dort gebliben. Adi 14. ditto von der Zeuberin bis gen Posen und ein zeit alda gebliben. Adi 16. Aprilis von Boßen bis gen Wenngroftza [Wongrowitz] und gefuettert, von dan biß gen Jescheua [Czeszewo] und die nacht gebliben. Adi 17. ditto von Jescheua biß gen Nakel und gefuet­ tert, von dan biß gen Leuschtzy [Lutschmin?] und die nacht gebliben. Adi 18. ditto von Leuschtzy biß gen Lißkoleo [Liskau] und gefuettert, von dan zum Legbanndt [Legbond] und die nacht gebliben. Adi 19. ditto vom Legbanndt bis zum bößennFlaischs1) und gefuettert, von dann bis gen Jerischoua [Jarischau] und die nacht gebliben. Adi 20. ditto von Jerischoua biß gen Praus [Praust] und gefuettert, von dan biß gen Danntzig und ein zeit gebliben. Adi 22. ditto von Danntzig biß gen Marienau und ge­ fuettert, von dan biß gen Elbinng, zu meines erwirdigen lieben herrn vatern, und ein zeit alda gebliben.

*) Bösenfleisch, heute preußische Domäne.

2 77

Preußisch

[9r]

. . disch*2)

Pollnisch

Adi 24. ditto von Elbing zu mittag biß gen Frawenberg [Frauenburg] und die nacht alda gebliben. Adi 25. ditto von Frawenberg biß zum Habennbrot [Hoppenbruch] und gefuettert, von dan bis gen Branndenburg und wider gefuettert, von dann biß gen Konisperg und ein zeit gebliben. Adi 28. ditto von Kunigsperg biß gen Auderwanng [Uderwangen] und gefuettert, von dan bis gen Fridtlanndt und die zeit alda bey meines erwirdigen lieben heren Schwägern gebliben. Adi 30. ditto von Fridtlanndt biß gen Gerdawen, alda hat mein erwirdiger lieber herr bey einem edelman zu schaffen gehabt, von dann wider gen Fridtlanndt. Adi 1. Maii von Fridtlanndt zu mittag biß gen Welaw und die nacht gebliben. Adi 2. Maii von Welaw widerumb gen Fridtlanndt. Adi 4. Maii von Fridtlanndt biß zum Legßgwang [?] und gefuettert, von dan bis gen Barttenstein und die nacht gebliben. Adi 5. Maii von Barttenstein biß gen Malhausen [Mühlhausen] und gefuettert, von dan biß gen Konigsperg und ein zeit gebliben. Adi 8. Maii von Kunigsperg zu mittag bis zum . . . . *) und d[ie] nacht alda gebliben. Adi 9. ditto vom Heylingpheil [Heiligenbeil] biß gen Frawenberg und gefuettert von [n dann] biß gen Elbinng und ein zeit alda gebliben. Adi 12. ditto von Elbinng bis an die Schönenfeldische fort [Furt? Schönfeld] und gefuettert, von dann bis gen Danntzig und ein zeit alda gebliben. Adi 18. ditto von Danntzig biß gen Praus und gefuet­ tert, von dann biß gen Jerischouo und die nacht gebliben. Adi 19. ditto von Jerischoua biß zum Bößennfleisch und gefuettert, von dan bis gen Kolpin [Kelpin] und die nacht gebliben. Adi 20. ditto von Kollpin bis gen Fisskitteno [Wiskittno] und gefuettert, von dann biß zum Nakl und die nacht gebliben. Adi 21. ditto vom Nakl bis gen Coleuntza [Gollantsch] und gefuettert, von dann biß gen Wangroftza und die nacht gebliben. Adi 22. ditto von Wangroftza bis gen Obernecko [Obornik] und gefuettert, von dann biß gen Boßen [Posen] und ein zeit alda gebliben. Adi 24. ditto von Boßen bis gen Bittin [Bythin] und gefuettert, von dann biß gen Leuetza [Lewitz] und die nacht gebliben.

A) Die obere rechte Ecke dieses Blattes ist abgerissen, daher das Fragment. 2) Oben werden die betr. Orte als kassubisch bezeichnet.

278

Merkisch

[9y]

Sechsisch

Türingisch

Frennckisch

Adi 25. ditto von Leuetza bis gen Weseritz [Meseritz] und gefuettert, von dann bis gen Scharmeußel [Schermeisel] und die nacht gebliben. Adi 26. ditto von Scharmeußel bis gen Reppe [Reppen] und gefuettert, von dan bis gen Frannckfurt und die nacht gebliben. Adi 27. ditto zu mittag von Frannckfurt an der Oder biß gen Schönenfeld [Schönfelde] und die nacht gebliben. Adi 28. ditto von Schönenfeldt bis gen Malstorff [Mahlsdorf] und gefuettert, von dan biß gen Per­ lin und widerumb gefuettert, von dann biß gen Spanda und die nacht gebliben. Adi 29. ditto von Spannda bis gen Lunburg [?] und gefuettert, von dann bis gen Branndenburg und ein zeit alda gebliben. Adi 3. Juni von Branndenburg bis gen Dandorf [Dahnsdorf] und gefuettert, von dan bis gen Wittennberg, und ein zeit alda gebliben. Adi 5. ditto von Wittennberg zu mittag bis gen Tibenn [Düben] und die nacht alda gebliben. Adi 6. ditto von Tibenn bis gen Leiptzig und gefuet­ tert, von dan bis Lutzei [Lützen] und die nacht gebliben. Adi 7. ditto von Lützel bis gen Nauennburg [Naum­ burg] und gefuettert, von dann bis gen Nasch­ außen [Naschhausen] und die nacht gebliben. Adi 8. ditto von Naschaußenn bis gen Cal [Kahla] und gefuettert, von dann bis gen Salfeldt und die nacht gebliben. Adi 9. ditto von Salfeldt bis gen Greuennthal [Gräfental] und gefuettert, von dann bis gen Judennbach und die nacht gebliben. Adi 10. ditto von Jüdennbach bis gen Coberg [Co­ burg] und gefuettert, von dann bis gen Herat [Groß-Heirath] und die nacht gebliben. Adi 11. ditto von Herat bis gen Bamberg und gefuet­ tert, von dann bis gen Hirschaidt und die nacht gebliben. Adi 12. Juni von Hirschaidt bis gen Erlanngen und gefuettert, von dan bis gen Buch und widerumb gefuettert, von dan bis gen Nörmberg.

IV. B. M. Add. 15217, 4r. Aus Gottes wort der richterlich standt mit seiner eigenschaft. Weyl Gott ein rechter richter ist, Wie man allenthalb von im list, So vergilt er eim jeden auch Nach seiner grechtigkeit gebrauch. Nachdem er alhie hat gethan Gutß oder böß, das sicht er an. Derhalben soll ein richter sein Aufrecht, redlich, ohn falschen schein,

279

Auch kein anseher der person, Darzu kein gschenk nemen zu lohn; Dann je Gottes ist das gericht, Der sich betriegen lest mit nicht. Darumb soll man lieben das gut, Wie ein erlicher richter thut. Daß recht witwen, waisen, das wißt, Fürdern, wie es dann billich ist. So merk ein jeder richter drauf, Weil er auch muß für Gott hinauf, Der kein person ansehen thut, Sonder ist gerecht, trew und gut, Daß er, der richter, urtl recht, Nach Gotts gebot, trewlich und schlecht. Dann wie er rieht, so wirdt er auch, Nach der gerechtigkeit gebrauch, Gericht werden am jüngsten gricht, Das wirdt im gwißlich feien nicht. In summa Gotts wort gebeut, Das man bestell redtliche leut Zu richtern, wie Jethro thet, Deß tochter Moses zur ehe hett, Der auch bevolhen hat deßgleich In dem Israelischen reich, Daß man trachte mit großem fleyß Nach Gotts gebot, bevelch und weyß, Nach richtern, die gotsförchtig seindt, Dem geltz und geschenk seien feindt, Welche den richter machen plindt, Weyl sie Gots wort zuwider sindt, Krümmen und biegen oft das recht, Welchs man soll laßen bleiben schlecht. Das recht soll stracks sein fortgang han, Und in keinen weg sehen an Parthey, seyen arm oder reych, So soll es gelten bedes gleich, Nicht weichen von dem rechten standt Zur rechten noch zur linken handt, Damit das böß werdt abgeschafft, Das übel auch damit gestrafft, Dann daß alt Testament bezeugt: Wer wittwen, waisen das recht beugt Und auch des frembden recht verkert, Gott den Herren damit unert, Der sey on all mittel verflucht, Weil er das unrecht schendtlich sucht, Darvor uns Gott der Herr behüt Durch sein genad und milte güt; Und alls volk in Gottes namen Soll bereyt sein, sprechen Amen.

Anmerkungen zum Stammbaum. 1. Heinrich Köler * 1355? (Vgl. S. 206 und 207, Anm. 4.) t 1432 (Vgl. S. 207.) v e r m. mit I. Kunigunde Entzenger (Vgl. S. 206; Hallerbuch und andere Chroniken.) Keine Kinder. II. Barbara Kranz (Vgl. S. 206.) 2 — 9 Kinder von Heinrich Köler (Nr. 1) und Barbara Kranz. 2. Sebald f 1437 (Im Jahre 1445 wird erwähnt, daß er vor acht Jahren gestorben sei, Bamberg Staatsav. Rep. 108 Urk. 568; 1444 wird sein Bruder Niklas belehnt, Bamberg Lehenbuch 5, 2i6v.) v e r m. mit Kunigunde Eisenmenger. (Nbg. Stadt­ bibi. Gen. Coler, Imh. Gen. usw.) Sie t i486? (Im Großtotengeläutbuch von S. Sebald 1439 bis 1517 ist i486 der Tod einer Kunigunde Kolerin verzeich­ net; es ist unsicher, ob dies dieselbe ist, da der Name des Mannes nicht dabei steht.) Kinder Nr. 10 und 11. 3. E 1 s b e t h * 1400? (In der Imh. Gen. steht die Jahreszahl 1400 ohne nähere Bezeichnung hinter ihrem Namen. Es könnte das Ge­ burtsdatum sein.) v e r m. mit Lienhard, Conrad oder Martin Pregler. (Gen. Coler Stadtbibi.; Imh. Gen. usw.) Er f vor 6. 9. 1460. 4. Johannes * 1410? Imh. Gen. 6r.) t Luciae 1440 — Reminiscere 1441. (Großtotengeläutbuch von S. Sebald 1439—1517 Staatsav. Nbg. Rep. 52 a Nr. 334-) War ein Karthäusermönch (Würfel, Beschreibung des Karthäuser­ klosters, S. 52) und hat in diesem Kloster 16 Bogen und zwei Zellen bauen lassen (G. M. 2910a). 5. Katharina * 1417? (Imh. Gen. 6r.) t 1454? (Großtotengeläutbuch von S. Lorenz 1454—1517 • Philip Pirkhamerin) oder 1484? (Großtotengeläutbuch von S. Sebald 1439—I5i7‘ Catharina Pirkhamer.)

281

v e r m. mit Georg Pirkhamer?

(Imh. Gen. 6r.)

Er t 1453 (Imh. Gen. 6r.) oder Philipp Pirkheimer? (Stadtbibi. Gen. Coler.) Er f 1480 (Großtotengeläutbuch von S. Sebald 1439 bis 1517

),

6. Niklas

* 1416 oder 1417 (In Stadtav., Libri Lit. 11, I2ÖV wird 1496 sein Alter von 80 Jahren erwähnt; in den Jahrbüchern des 14. Jahrh., Chr. d. d. St. IV, 140, wird 1417 als sein Geburts­ jahr angegeben.)

t zwischen Reminiscere und Pfingsten 1497 buch von S. Sebald 1439 —1517.)

(Großtotengeläut- .

v e r m. mit Anna, Tochter von Franz Stromer und .... Schopper (Vgl. S. 207.) Die Heirat fand 1439 statt (Schlüsselfeldersche Gen. im Frhr. von Hallerschen Familienav.). Sie t 22. 2. i486

(Großtotengeläutbuch von S. Lorenz.)

Kinder Nr. 12 — 20. 7. (Marquard) 8. (Stefan) (Beide erwähnt in Imh. Gen. 6r; es ist nichts über sie bekannt.) 9. H e i n r i c h t vor Juliani 1482 (Stadtav. Libri Lit. 6,45.) v e r m. mit

I. 1455 Margaretha, Tochter von Wenzel O r t o 1 f und Margaretha Peurlein (Vgl. S. 210 und G. M. 2909, 2ir usw.) Sie t 13. 1. 1458 (Großtotengeläutbuch von S. Sebald und S. Lorenz; vgl. S. 210.) Keine Kinder. II. 1459 Barbara, Tochter von Hans P reg­ ier und Clara Fink (?) (Vgl. S. 210 und 211.) Kinder Nr. 21 — 26.

10 und 11 Töchter von Sebald Köler (Nr. 2) und Kunigunde Eisenmenger. 10. Barbara 11. Elsbeth (Beide werden in Lochners Norica [Stadtav.] VI, 29 unter dem Hause L. 328 in der Urkunde Nr. 18, und in Bamb. Staatsav. Rep. 108 Urk. 568 vom Jahre 144S erwähnt; es ist nichts über sie bekannt.) 12 — 20 Kinder von Niklas Köler (Nr. 6) und Anna Stromer.

282 12. G a b r i e 1 13. Antonius Beide t 1462 an der Pest; sie liegen in der Pfarrkirche zu Unserer lieben Frau in Bamberg begraben (vgl. S. 207). 14. Sebald t zwischen Luciae 1505 und Fasten 1506 von S. Sebald 1439 — 1517.)

(Großtotengeläutbuch

v e r m. mit 16. 10. 1499 Ursula, Tochter von Bartholomaeus Groland und Barbara von Ploben (Imh. Gen. 6V; Staatsav. Hs. 232, Fol. 25or usw.). Sie t 1544 (Großtotengeläutbuch von S. Sebald.) Sie heiratete später Paulus Topler (Reichenecker Lehens­ buch, Nbg. Staatsav.) Sohn Nr. 27. 15. Anna verm. mit I. Hans Roth

(Vgl. Anhang Nr. I, 1.)

Er t 1487/8 (Großtotengeläutbuch S. Sebald 1439 — 1517.) II. Andreas Wolgemuth Nr. I, 1.)

(Vgl.

von

Anhang

III. vor 1501 Georg, Sohn von Hans Bayr und Barbara Manntz; 1501 machte sie einen Vertrag mit ihm. 16—18 Drei Söhne (Imh. Gen. 6V.) 19 und 20 Zwei Töchter (Imh. Gen. 6V.) 21—26 Kinder von Heinrich (Nr. 9) und Barbara Pregler. 21. H a n s * 1463 (Vgl. S. 213; 1539 ist er 76 Jahre alt.) t 15. 1. 1539 (Vgl. S. 213, auch Norischer Christen Freydhöfe Gedächtnuß, hier S. Rochi Nr. 535; Großtotengeläutbuch von S. Sebald und S. Lorenz usw.) verm. mit I. Margaretha, Tochter von Siegmund Egenbürger aus Siebenbürgen (Vgl. S. 212.) Kinder Nr. 28 und 29. II. Agnes, Tochter von Konrad Eber (oder Ebner) aus Salzburg (Vgl. S. 212.) Sie heiratete am 23. 8. 1539 zum zwei­ ten Male Konrad Held (Vgl. S. 260.) Sie t 6. 8. 1540 (Vgl. S. 260; Großtoten­ geläutbücher von S. Sebald u. S. Lorenz.) Kinder Nr. 30 — 35.

283 22. Ursula (Vgl. S.

211.)

23. Gabriel (Vgl. S. 212.) 24. Elisabeth (Vgl. S. 211 f.) 25. Barbara (Vgl. S. 212.) 26. Georg f ca. 1500 (Großtotengeläutbuch von S. Sebald.) 27. Sohn von Sebald (Nr. 14.) und Ursula Groland. 27. Michel t ca. 1514 (Stadtav. Conservatorium 19, 2, wird erwähnt, daß Hans, der Vetter von Michels Vater, Lehensherr geworden sei als Erbe Michels, der „etwas schwachs leibs ist und zu besorgen sey, daß er kürzlich von dem liecht dieser weit ab­ scheiden mecht", 11. 8. 1514.) 28 und 29 Söhne von Hans (Nr. 21) und Margaretha Egen­ bürger. 28. Franz * in Budapest (Vgl. S. 212.) t ebd. (Vgl. ebd.) 29. S t e f a n * in Nürnberg (Vgl. S. 212.) t ebd. (Vgl. ebd.) 30 — 35 Kinde* von Hans (Nr. 21) und Agnes Ebner. 30. Hieronymus * 28. 1. 1507 (Vgl. S. 213 usw.) t 31. 1. 1573 (Sebalder Totenbuch.) v e r m. mit I. 14. 2. 1536 Barbara, Tochter von Lienhard Münsterer und Clara Ortolf (Sebalder Ehebuch; vgl. S. 247.) Sie t 6. 5. 1539 (Großtotengeläutbücher von S. Sebald und S. Lorenz; vgl. S. 259.) Keine Kinder. II. 4. 8. 1539 Birgitta, Tochter von Hans Groland und Birgitta Pömer (Sebalder Ehebuch; vgl. S. 259.) Sie * 8. 6. 1518 (Vgl. S. 265.) t 3. 8.1552 (Vgl. S. 264.) Kinder Nr. 36 — 43. III. 29. 8. 1553 Charitas, Tochter von Caspar Nützel und Clara Held (Lorenzer Ehe­ buch; vgl. S. 266.)



284



Sie * 6. 6.1517 t 15. 1.1560 (Sebalder Totenbuch; vgl. S.268.) Keine Kinder. IV. 16. 12. 1560 Ursula, Tochter von Dr. Johan­ nes M ü 11 n e r und Magdalena Mügenhofer (Sebalder Ehebuch; vgl. S. 270.) Sie * 1528

(1565 ist sie 37 Jahre alt; vgl. S. 272.) t 11. 11. 1565 (Sebalder Totenbuch; Kleintotengeläutbuch; vgl. S. 272.)

Kinder Nr. 44 — 47. V. 4. 11. 1566 Ursula, Tochter von Christoph D e r r e r (Sebalder Ehebuch; S. 272.) Sie * 10. 6.1540 t 27. 10. 1581

(Sebalder Totenbuch; Kleintotengeläutbuch.)

Kinder Nr. 48 — 52. 31. Margaretha t 23. 1. 1553 (Vgl. S.254.) v e r m. mit Stefan Schwalb S. 254.) Er f 18. 1. 1553 (S. 254.) Zwei Töchter.

aus

Forchheim

(Vgl.

32. Franz * 18. 1. 1517 (Stadtav. Libri Lit. 52, ioor; ist 1539 22 Jahre alt.) f 23.2. 1576 (Sebalder Totenbuch; Kleintotengeläutbuch.) v e r m. mit I. 28. 9. 1540 Monika, verw. Mangolt, verw. Rößner, verw. Tolmetschs, geb. Beil (Se­ balder Ehebuch.) Sohn Nr. 53. II. Elisabeth Horsmann (Imh. Gen. 7r.) Sie t März 1563 (Lorenzer Totenbuch.) Kinder Nr. 54 — 57. III. 17. 4. 1564 S u s a n n a, Tochter von Georg Eisvogel (Sebalder Ehebuch.) Sie t 6. 3. 1569 (Kleintotengeläutbuch.) Kinder Nr. 58 — 60. IV. 22. 11. 1569 Helene Holzschuher Sie f 8. 10. 1595 (Kleintotengeläutbuch.) Keine Kinder. 33. Hans (Vgl. S.257.)

285

34- Georg (Vgl. S. 257 f.) 35. B a r b a r a (Vgl. S.258.) 36 — 43 Kinder von Hieronymus (Nr. 30) und Birgitta Groland. 36. Birgitta * 14. 1. 1541 (Lorenzer Taufbuch; S. 261.) verm. mit

I. 21. 3. 1565 Hans, Sohn von Hans Hoffmann (Sebalder Ehebuch; vgl. Anhang Nr. 1, 3.) Er * 20.6.1541 (Sebalder Taufbuch.) t 11.6.1568 (Sebalder Totenbuch; Kleintotengeläutbuch.) II. 7. 12. 1568 Matthes Berchner (Sebal­ der Ehebuch usw.) Er f vor 5. 12. 1578 (An diesem Tag stirbt sein Sohn Matthäus und er selbst wird als „selig“ bezeichnet.) III. Heinrich Reuter (Gen. Coler Stadt­ bibi.; Imh. Gen. 7V.) Er f 9- 2. 1600 (Kleintotengeläutbuch.)

37. Hieronymus * 20.8.1542 zu Engelthal (Vgl. S. 261.) t 27.4.1613 (Sebalder Totenbuch; Kleintotengeläutbuch usw.) verm. mit I. 3. 3. 1578 Magdalena, Tochter von Matthes Mülich und Anna von Reinsdorf (Se­ balder Ehebuch usw.) Sie * 11. 3.1558 (Sebalder Taufbuch.) t 15. 11.1609 (Sebalder Totenbuch; Kleintotengeläutbuch usw.) Kinder Nr. 61—63. II.23. 7. 1610 Katharina, verw. Pleminger, geb. Lebzelter (Sebalder Ehebuch.) Keine Kinder. 38. Johannes * 16. 1. 1544 (Vgl. S. 261.) t 27. 11. 1573 zu Mailand (Kleintotengeläutbuch.) 39. B a r b a r a * 20.10. 1545 (Vgl. S. 261.) t 11. 12. 1607 (Sebalder Totenbuch; Kleintotengeläutbuch.) verm. 22. 7. 1566 mit Hans Schwenter (Sebalder Ehe­ buch; vgl. Anhang Nr. I, 4.) Er t 2. 5. 1596 (Kleintotengeläutbuch.)

286 40. Michel * 13.9.1547 (Vgl. S. 262.). t 25.4.1558 (Vgl. ebd.) 41. Paulus * 10. 7.1549 (Sebalder Taufbuch; vgl. S. 263.) f 14. 7.1549 (Vgl. ebd.) 42. Matthaeus * 10.8.1550 (Sebalder Taufbuch; vgl. S. 263—4.) t 12.4.1557 (Vgl. S. 264.) 43. Lukas * 2.8.1552 (Sebalder Taufbuch; vgl. S. 264.) t 11.8.1552 (Vgl. S. 265.) 44 — 47 Kinder von Hieronymus (Nr. 30) und Ursula Müllner. 44. Magdalena * 17. 11.1561 (Sebalder Taufbuch; vgl. S. 271.) f 1567 (Imh. Gen. 8r.) 45. Heinrich * 2.5.1563 (Sebalder Taufbuch; vgl. S. 271.) t 15. 1.1623 (Lorenzer Totenbuch; Kleintotengeläutbuch.) . 46. Markus 47. Klara (Zwillinge) * 16. 4. 1565 (Sebalder Taufbuch; vgl. S. 271.) Markus t 1566 (Imh. Gen. 8r.) Klara f 1565 (Ebd.) 48 — 52 Kinder von Hieronymus (Nr. 30) und Ursula Derrer. 48. Maria * 9.9.1567 (Sebalder Taufbuch.) v e r m. mit

I. 4. 7. 1592 Hieronymus, Sohn von Hie­ ronymus K o 1 e r und Maria Ulsted (Ulstatt ?) (Sebalder Ehebuch.) Er * 30. 3. 1569 t 1. 12.1593

(Sebalder Taufbuch.) (Kleintotengeläutbuch.)

II. 11.10.1596 Heinrich, Sohn von Heinrich Scherl und Anna .... (Sebalder Ehe­ buch.) Er * 15. 8. 1570 (Sebalder Taufbuch.) t vor 1618 (In diesem Jahre stirbt Christoph, sein Sohn, und er selbst wird als „selig“ bezeichnet.)

287

49- Ursula * 7. 9. 1568 (Sebalder Taufbuch.) t 2. 11. 1606 (Sebalder Totenbuch; Kleintotengeläutbuch.) ver m. 2. 5. 1592 mit Stefan, Sohn von Stefan Prünsterer (Lorenzer Ehebuch.) Er * 22. 10. 1545 (Sebalder Taufbuch.) t 9- 7. 1620 (Sebalder Totenbuch; Kleintotengeläutbuch.) 50. Christoph * 20. 2. 1570 (Sebalder Taufbuch.) 51. Philipp * 16. 9. 1571 (Sebalder Taufbuch.) 52. W o 1 f g a n g * 25. 2. 1573 (Sebalder Taufbuch.) t 28. 2. 1616 (Kleintotengeläutbuch.) v e r m. mit 5. 11. 1604 Katharina, Tochter von Wilhelm Stöckel und Katharina .... (Sebalder Ehebuch.) Sie * 19.6.1569 (Sebalder Taufbuch.) t 20. 1. 1642 (Sebalder Totenbuch.) Keine Kinder. 53 Sohn von Franz (Nr. 32) und Monika, geb. Beil. 53. A 1 b r e c h t * 20. 3. 1542 (Sebalder Taufbuch.) f 31. 10. 1599 v e r m. mit Barbara . . . . zu Goslar. (Stadtbibi. Gen. Coler II, i6r ff.) Sie t 10. 4. 1599 (Sebalder Totenbuch.) 54 — 57 Kinder von Franz (Nr. 32) und Elisabeth Horsmann. 54. Franz verm. mit .... in Wien (Stadtbibi. Gen. Coler II, i6rff.) 55. Georg f 4. 11. 1583 (Kleintotengeläutbuch.) 56. Katharina * 11.5.1560 (Sebalder Taufbuch.) verm. 10. 12. 1584 mit Hans Lettmair (Sebalder Ehe­ buch.) 57. Bartholomaeus * 15. 2. 1563 (Sebalder Taufbuch.) 58 — 60 Kinder von Franz (Nr. 32) und Susanna Eisvogel.

288 58. Hans * 19. 3- 1565 (Sebalder Taufbuch.) verm. mit .... (Lüneburgerin) (Stadtbibi. Gen. Coler II, i6r ff.) Beide t ohne Erben bei einer Epidemie zu Lübeck. 59. Sebastian * 20. 7. 1566 (Sebalder Taufbuch.) 60. Niklas * 21.7. 1567 (Sebalder Taufbuch.) 61 — 63 Kinder von Hieronymus (Nr. 37) und Magdalena Mülich. 61. Magdalena * 4.2.1583 (Sebalder Taufbuch.) t 27. 2. 1609 (Sebalder Totenbuch; Kleintotengeläutbuch.) verm. mit 8. 1. 1600 Marcus Christoph, Sohn von Christoph Fabius Gugel (Sebalder Ehebuch.) Er * 26. 2.1573 (Biedermann, Geschlechtsregister Tab. 87 B) t 28. 11.1626 (Kleintotengeläutbuch.) 62. Benedikt Der letzte Köler. * 31. 7.1585 (Sebalder Taufbuch.) t 7. 11. 1632 (Kleintotengeläutbuch.) 63. Maria * 3. 10.1586 (Sebalder Taufbuch.) t 31. 8.1615 (Sebalder Totenbuch.) verm. mit 13. 6. 1609 Georg, Sohn von Christoph Lin* dener und Sabina .... (Sebalder Ehebuch.) Er * 15.7.1566 (Sebalder Taufbuch.) t 19. 5.1618 (Sebalder Totenbuch.)

Tafel I

JeromnTHMf itfilvr rukt&r rn Ts^rrJf^ ']$ 73Hieronymus Köler der im 68. Lebensjahre.

Aeltere

Nach einem undatierten Kupferstich.

Tafel 11 Abb. 2. Tafel 11

Abb. i.

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jVö.Av^l^VrJ \OT>y^-+£ 54) Der „Johannes“ (im Schätzungswert von 2 fl.) fehlt im Inventar von 1645.

330 bildt vom Dürrer gerissen, mehr ein conterfeyt von ein alten mann und ein landschäftlein uff pergament umb fünf gülden . . fl. 5. Nr. 26. Item ein königin Maria in Hungarn pro zwen gülden......................................................................................................fl. 2. Nr. 27. Mehr ein conterfeyt von eim adelichen weibsbildt pro drey gülden ......................................................................................fl. 3. Nr. 28. Ein conterfeyt, der Albrecht Dürrer uff holz gemahlt, sambt seinen maßstab, uhr und zirckhel, mit langen haaren pro zehen gülden................................................................................... fl. 10. Nr. 29. Mehr ein niederländischen bauern mit einer ganß pro sechs gülden.............................................................................. fl. 6. Nr. 30. Item ein weibsbildt, halb nackhent, in einem zobelbeiz in einer eben rohm pro viergülden..............................................fl. 4. Nr. 32.55) Mehr ein Mariabildt uff kupfer mit einer eben rom pro vier gülden.............................................................................. fl. 4. Nr. 33. Item ein Hieronymum ao. 1598 pro vier gülden fl. 4. Nr. 34. * Mehr ein Maria Magdalena brustbildt in einer landtschaft pro sechs gülden................................................................ fl. 6. Nr. 35. Ein Katharina uff kupfer in einer eben rahm pro vier gülden........................................................................ fl. 4. Nr. 36. Item ein Erasmus Rotterdam, groß, sitzendt, vom alten Gerttner, sambt einer landtschaft pro funfzehen gülden . fl. 15. Nr. 37. * Mehr die abnehmung Christi, gar groß, mit Maria, Johannen und Joseph von Arimathia pro zwölf gülden . . fl. 12. Nr. 38. Item ein Hieronymus, groß, pro achzehen gülden fl. 18. Nr. 39. Mehr ein groß stuckh von St. Paulo uff holz gemacht pro zwölf gülden.........................................................; * . fl. 12. Nr. 40. * Item St. Anna mit Maria und einem kindlein, nach Albrecht Dürer uff holtz,vonPaulus Bonackher copirt, pro acht gülden....................................................................................................fl. 8. Nr. 41. Mehr ein Ecce homo an einer seuln gebunden, von Albrecht Dürrer, Paulus Bonackher copirt, uff holz pro fl. 12. Nr. 42. * Dann die gülden zeit uff kupfer gemacht, die bilder in einer landschaft sitzen [d], vom Abraham Blumart pro zwanzig gülden ....................................................................................................fl. 20. Nr. 43. * Item wie Johannes in der wüsten predigt, uff tuch von Elsenhameröe) pro funfzehen gülden............................ fl. 15* Nr. 44. Die Versuchung Christi in einer landschaft uff holtz pro neun gülden ...............................................................................fl. 9. Nr. 45. Item Christus und Maria uff holz pro sieben gülden....................................................................................................fl. 7Nr. 46. * Item pabst Paulus uff holz, ein Cardinal uff [holz] und dan ein pabst uff holz zuesammen umb drey gülden fl. 3. Nr. 47. Mehr ein große taffel vom könig Davidt, so zue Venedig in einer kirchen das original zu finden, pro . fl. 12. 65) Die Nr. 31 ist ausgefallen. M) Adam Elsheimer aus Frankfurt a. Main, Maler und Radierer, 1578—1610, in Rom tätig. Eine Predigt Johannis des Täufers befindet sich in München. '

33i Nr. 48. Mehr St. Sebastian an einem bäum nach Georg Benß [Pencz] pro vier gülden................................................................fl. 4. Nr. 49. Item Christus nach Emaus sambt zweyen jüngern sitzent pro sechs gülden.............................................. fl. 6Nr. 50. Ein Erasmum Rotterdamum alt pro sieben gül­ den ...........................................................................................................fl. 7. Nr. 51. Item die heylige dreyfaltigkeit alt umb drey gül­ den .............................................................. .......................................... fl. 3. Nr. 52. Mehr ein stuckh von wasserfarb, die heyligen drey könig, pro fünf gülden................................................................ fl. 5. Nr. 53. * Item zehn runde däffelein, als [— alles] niderlendische bauerntrachten, pro fünf daller, thut.............................fl. 7 kr. 30. Nr. 54. * Dann ein sackhpfeifer, an ein bäum lainenfd], von Albrecht Dürer auf holz umb ain daller, tut . . fl. 1 kr. 30. Nr. 55. Mehr ein kalb und eine tauben, uff ein brett gemahlt, pro drey gülden.............................................................................. fl. 3. Nr. 56. * Mehr ein landtschafft von waßerfarb, uff einen brett gemahlt, umb ain gülden................................................................ fl. 1. Nr. 57. * Item ein indianisch täffelein, darauf drey reuter, undt drey geistliche bilder umb ain gülden............................ fl. 1. Nr. 58. Zween münchen und ein nonnen pro dreysig kreuzer.......................................................................................................... kr. 30. Nr. 59. * Item ein täffelein von Wenzel Maler [?] mit Bachus und Venus in einer cypreßen rahm pro vier gülden . . fl. 4. Nr. 60. * Mehr ein Bachus mit drucknen färben umb ain halben gülden, tut.......................................................................kr. 30. Nr. 61. * Item ein täffelein mit ein gesicht in einen glaß von öllfarben pro dreysig kreuzer..................................................kr. 30. Nr. 62. Mehr ein täffelein von Wasserfarben mit Catharina, in einer geflambten rohm, pro ein daller, tut . . . fl. 1 kr. 30. Nr. 63. Item ein täffelein, uff blaw geschmeltzt, pro ain gülden............................................................................................ fl. 1. Nr. 64. * Ein altärlein sambt ein ainsidl vom Dürrer uff ein posementlein56a) und ein todtenkopf uff holtz pro vier gülden fl. 4. Nr. 65. * Item ein silberes täffelein, darauf Maria Magdalena punsenirt, pro sechs gülden............................................. fl. 6. Nr. 66. Zwölf perleinmutterne gabel zue halben gülden, tut....................................................................................................fl. 6. Nr. 67. Sechsundzwainzig perleinmutterne löffel zue halben gülden, tut...................................................................................... fl. 13. Nr. 68. Drey perleinmutterneconterfeit prodrey gülden fl. 3. Nr. 69. *Item ailf perleinmutterne muschel,zuesammen umb fünf gülden und dreysig kreuzer, tut.............................fl. 5 kr. 30. Nr. 70. * Acht große meerschneckhen zue halben gülden, tut...................................... ....................................................................fl. 4Nr. 71. Item ainhundertundacht57) kleine meerschneckhen zue vier kreuzer tut....................................................................... fl. 7 kr. 12. 56») Postamentlein. 57) Das Inventar von 1645 nennt nur 57 „mehrschneckhen“ zum gleichen Schätzungswert von 7 fl. 12 kr.

332 Nr. 72. * Item ein groß stuckh heller aydtstein57*) pro zwen gülden............................................................................................. fl. 2. Nr. 73. * Ein aydtsteinener compast pro drey gülden . fl. 3. Nr. 74. * Item ein aydsteinener löffel umb ain daller, thut.....................................................................................fl. 1 kr. 30. Nr. 75. * Zwey messer und ein gabel mit aydtsteinen heften umb ain daller, tut............................................................fl. 1 kr. 30. Nr. 76. * Ein karrngeschoß [wohl Miniaturnachbildung eines Geschosses für einFeldstück] vonaydtstein pro aingülden fl. 1. Nr. 77. * Sechsstückhlein aydtstein pro ain gülden . fl. 1. Nr. 78. * Item [ein] christaline[s] rundes gläßlein, so mit silber und verguld beschlagen, darin ritter St. Georg von helfenbain, pro zween gülden..............................................................................fl. 2. Nr. 79. * Ein meermuscheier löffel mit silber beschlagen umb ain halben thaller, tut............................................................kr. 45. Nr. 80. * Item achtundzwainzig allerley stückhlein goldtärz, zuesammen umb zwölf gülden ........ fl. 12. Nr. 81. Item acht stuckh von gibs und helfenbain, stein und holz, von Albrecht Dürrer, eins ins ander zue halben thallern, tut................................................................................................ fl.6. Nr. 82. * Item ein Paulus bekherung, uff lapislasrus gemahlt, pro drey daller, tut............................................................fl. 4 kr. 30. Nr. 83. * Ein Nürnberger schiacht uff lapis lasurus umb drey daller, tut................................................................................fl. 4 kr. 30. Nr. 84. * Item ein gewachsener Florentiner marmol, in schwarzgebaisten holz eingefast, uff der einen seiten mit färben die archen Noe gemahlt, pro drey daller, tut . . . fl. 4 kr. 30. Nr. 85. * Ein geschnitten christallenes bildt in einem kästlein pro ain daller, tut........................................ ...... . fl. 1 kr. 30. Nr. 86. * Item ein gemahlte mauß von Albrecht Dürrer pro...........................'................................................................... fl. 6. Nr. 87. * Item zwölf buchßbaume löffel, daran am endt ein gesicht klein geschnitten, pro vier gülden...........................fl. 4. Nr. 88. Neun [Inventar von 1645: Drey] buchßbaumene löffel, daran bilder geschnitten, zuesammen umb drey daller, tut fl. 4 kr. 30. Nr. 89. * Ein wachsbildt, Susanna genand, in einer büchsen, neben zweien greißen pronfeun gülden......................................... fl. 9. Nr. 90. Die statt Franckforth in silber umb ain gülden, thut...........................................................................................................fl. 1. Nr. 91. Item ainundzwainzig stuckh allerley gibs und stein, zusammen umb vier gülden........................................................... fl. 4. Nr. 92. Ein kindlein von rotten wax umb fünf pazen, tut kr. 20. Nr. 93. * Item zween geschnittene stein conterfeyt pro drey gülden........................................................................ Nr. 94. * Zwey geschnittene messer von buchs und helfenbain umb ain daller, tut..........................................................fl. 1 kr. 30. Nr. 95. * Item vier blobgeschmeltzte kupfer, darauf haydnische histori, pro drey gülden..................................................................fl. 357a) Agtstein, Augstein = Bernstein.

fl.3.

333 Nr. 96. * Ein marmolstain, darauf ein conterfeyt geschnitten» pro dreysig kreuzer...................................... ■ . . kr. 30. Nr. 97. * Item ein schrift, in holz geschnidten, von Albrecht Dürrer, umb ain daller, tut.............................................. fl. 1 kr. 30. Nr. 98. * Fünfundzwainzig eingeschnittene kayßer in stein, zuesammen umb zehen gülden...............................................fl. 10. Nr. 99. * Zwölf romanische [d. h. römische] kayßer, von Flo­ rentiner marmolstein geschnitten, pro................................. fl. 3. Nr. 100. Drey schwarze kästlein, darinen des königs in Schweeden ganze reuterey und fußvolckh ist, welches man alles drehen kan, zuesammen umb siebenundzwainzig gülden . fl. 27. Nr. 101. Ein buchßbaumes crucifix pro drey gülden . fl. 3. Nr. 102. Zwey messene Sattyris, sitzent, pro zwölf gülden fl. 12. Nr. 103. Item ein türckischer löffel in einem kästlein umb ain halben thaller, tut........................................................................ kr. 45. Nr. 104. * Ein allawäßeres 57b) bildt uff ein posementlein umb ain halben thaller, tut..........................................................kr. 45. Nr. 105. * Zwo große marmolsteinene kugl umb anderthalben gülden, tut......................................................................... fl. 1 kr. 30. Nr. 106. Item ein schnabel von einem wilden vogel umb fünf patzen, tut............................................................................................ kr. 20. Nr. 107. Zehn vexirlöffel von holz in einen futteral umb ain daller, tut......................................................................... fl. 1 kr. 30. Nr. 108. Item ein köpf von einer meertauben pro fünf patzen, tut......................................................................................kr. 20. Nr. 109. * Ein hundt, von holz geschnieden, pro vier gülden und dreysig kreuzer............................................................fl. 4 kr. 30. Nr. 110.* Item ein Hercules in runden röhmlein uff kupfer umb ain halbengülden, tut............................................................kr. 30. Nr. iii.* Item ein conterfeyt den Bregel58), mahler, uff stein umb drey gülden................................................................... fl. 3Nr. 112. * Ein rundt uhrgeheiß, verguldt, umb ain thaller, tut...................................................................................... fl. 1 kr. 30. Nr. 113. Ein schwerdtfischzungen pro .... kr. 20. Nr. 114. Ein blob gestreimbt krüglein umb ain gülden . fl. 1. Nr. 115. Item ein instrument compaß zum feldtmeßen umb ain halben thaller, tut................................. kr. 45. Nr. 116. * Zween frösch uff einander von marmolstain pro zween gülden......................................................................................fl. 2. Nr. 117. * Ein compast uff ein stückhlein umb ain daller, tut...................................................................................... fl. 1 kr. 30. Nr. 118. Item ein marmolsteinerne taffel, darauf geschriebene buchstaben, umb fünf patzen, thut........................................kr. 20. Nr. 119. * Item zwey täffelein von gybs, nach Albrecht Dür­ rer, ablang, umb fünf patzen, tut ........................................ kr. 20. Nr. 120. Item ein leichter, darauf blumen gedrehet wie ein schmeckenkrug58*), von helfenbain in futter pro drey gülden fl. 3. 67b) alabasternes ö8) Es war wohl einer der drei Maler Brueghel dargestellt. 58‘) Schmecken = Blumenstrauß.

334 Nr. 121. Ein kästlein, darin ein landtschaft mit einen bösen 58b), umb ain daller, tut............................................................fl. x kr. 30. Nr. 122. Item ein gar großen buchßbaumen löffel pro ain halben daller, tut...................................................................kr. 45. Nr. 123.* Item ein Jacobsbruder 580) von schwarzen aydtstein pro zwen gülden......................................................................... fl. 2. Nr. 124. Ein Christofferus von gelben aydtsteinen pro zween gülden............................................................................................. fl. 2. Nr. 125. * Item ein apostel von gelben aydtsteinen pro zween gülden............................................................................................. fl. 2. Nr. 126 Drey crucifix uff ein posamentlein umb ain gül­ den ..................................................... .............................................. fl. 1. Nr. 127. * Zwey kindtlein von helfenbain, raufent, pro neun gülden...................................................................................................fl. 9. Nr. 128. * Ein geschnitzten Soldaten uff posamentlein pro ain thaller, tut......................................................................... fl. 1 kr. 30. Nr. 129. * Ein rösslein, silber und verguldt, uff posamentlein umb drey daller, tut............................................................fl. 4 kr. 30. Nr. 130. * Item zwey borzelana geschirrlein pro drey gül­ den ........................................................... fl. 3. Nr. 131. * Ein mtinch, silber und verguldt, umb ain daller, tut.......................................................................................fl. 1 kr. 30. Nr. 132.* Item ein intianisch körblein, verguldt, umb ain halben thaller, tut.........................................................................kr. 45. Nr. 133.* Item ein han uff ein posamentlein von silber pro ............................................................................................................fl- 3Nr. 134. * Vier reuterlein uff holz geschnitten uff buxbaum, ains umb zwen reichsthaller, tut...............................................fl. 12. Nr. 135.* Ein gar große hulzerne schreibfedern umb ain hal­ ben daller, tut ............................................................................... kr. 45. Nr. 136. * Item ein indianischer lenglichter stein und der glei­ chen dinten umb ainhalbengülden, tut......................................kr. 30. Nr. 137. * Item drey kugl cazedamier [aus Chalzedon?] und werbel [kleine Kugeln] uf posamentlein, zuesammen umb ain daller, tut......................................................................... fl. 1 kr. 30. Nr. 138.* Ein trinckgeschirr von salpeter umb fünf pazen, tut...........................................................................................................kr. 20. Nr. 139. Item ein großer doppelter casten, wie die bilder darinen danzen, pro viergülden........................................................fl. 4. Nr. 140. * Item ein groß christalles glaß, zerprochen, umb zwölf gülden ...................................................................................... fl. 12. Nr. 141. * Ein schwarz längs truhlein von ebenholz, mit silber beschlagen, umb vier gülden..................................................... fl. 4. Nr. 142. * Ein bergwerckh, darauf corallen zinckhen, pro ain halben thaller, tut........................................................................kr. 45. M*') Bossen == plastische Darstellung aus Wachs oder dergl. Mc) wohl ein Pilger, wie er nach St. Jacob de Compostela geht.

335 Nr. 143. Ein vergulder Schreibzeug, mit daffet gefüttert, umb ain gülden................................... fl. 1. Nr. 144. * Item ein große corallnblüe umb ain halben gül­ den, tut...................................................................................................kr. 30. Nr. 145. Ein ligent Venus, in wax posirt, uff ein posament, mit einem hundtlein und hann [Hahn] umb ain gülden . . fl. 1. Nr. 146. Ein stahlener Spiegel, rund, in einer schönen Schach­ tel, darauf schönne bilder gemusiert, umb ain gülden fünfundvierzig kreuzer......................................................................................fl. 1 kr. 45. Nr. 147. * Item ein runde marmolsteine gewachsene landtschaft, uneingefaßt, umb ain gülden...........................................fl. 1. Nr. 148. * Ein fütterlein, darinen ein ganzer zeug der zimerleuth umb ain orth, tut..................................................................... kr. 15. Nr. 149. Sechs buchsbaumene becher, krauß, umb fl. 9 kr. 45. Nr. 150. Drey weiße hirschenköpf, sambt den gwey, zusam­ men umb......................................................................................fl. 2 kr. 15. Nr. 151. Item siben geschnittene hirschenköpf mit dem gwey pro zwölf gülden....................................................................... . fl. 12. Nr. 152. Zweygämbsengewey pro drey gülden . fl.3. Nr. 153.*Item ein hasengwey umb dreysig kreuzer kr. 30. Nr. 154. * Vier mußgewachs58“) gwey, ains umb ain gülden, tut.................................................................................................................fl. 4. Nr. 155. Sieben schöne hirschengwey, etliche mußgewachs, umb dreyundainhalben gülden...........................................fl. 3 kr. 30. Nr. 156. * Ein Sonnenschirm, gefälckelt, umb fünf pazen, tut........................................................................................................... kr. 20. Nr. 157. * Item ein straußenay umb ain gülden . . . fl. 1. Nr. 158. Item ein könig in Franckhreich zue pferdt, Heinricus der ander, in schwarzen casten posiert, pro zwen gülden . . fl. 2. Nr. 159. * Ein gliedtman, in holz geschnitten und angethann, umb sechs gülden.............................................................................. fl. 6. Nr. 160. * Drey zugethannete muschel, eine pro zehen kreu­ zer, tut.................................................................................................. kr. 30. Nr. 161. Ein schwarz kästlein, darinen der Acteon mit nackheten weiblein, von glaß geschmelzt und französischer arbeit, pro sechs gülden......................................................................................fl. 6. Nr. 162. * Item ein Ecce homo sambt einen Juden uff bux geschnitten, uff einer taffel, uneingefast, umb ain gülden . fl. 1. Nr. 163. Item zwölf kaysser und ein könig in Schweeden, groß brustbildt von gybs gepossiert, von Georg Vesten50) umb dreyzehen gülden............................................................................................ fl. 13. Nr. 164. Ein daffel, darauf zwölf römische kayßer uff bley proain gülden........................................................................................ fl. 1. Nr. 165. Item achzehen vögel und fisch, auch affen, sambt ein gesicht, abconterfeyt uff pergament, pro ain halben gülden, tut.................................................................................................................. kr. 30. Nr. 166. Stammen- und wappenbücher von Jobst Amon, in 584 ) mißgewachsen. 39) Der bekannte Nürnberger Kunsthafner.

336 frolz geschnitten, und etliche gemahlte stückhlein darinen, umb ain halben gülden tut.............................................................................. kr. 30. Nr. 167. Gronica der ganzen Weltbeschreibung in quart umb ain gülden . .*................................... . . . . . .' fl. 1. * Nr. 168. Item ein astronomisch buch pro ain gülden . fl. 1. Nr. 169.* Ein bibelbuch mit schönen figurn von Sebalt Behaim sambt einem märtererbuch pro ain halben thaller, tut kr. 45. Nr. 170. Item ein kaysersbuch teutsch, darinnen ihre conterfeyt, pro fünf patzen, tut..................................................kr. 20. . Nr. 171.* Item Jobst Ammon trachtenbuch in folio umb zween gülden.......................................... ....... . . . . . fl. 2. Nr. 172. Ein nurmbergisch cronica in folio pro ain gülden fl. 1. Nr. 173. Item ein türckisch trinckgeschirr von holtz umb ain halben gülden, tut........................................... . . . . kr. 30. Nr. 174. Ein kupfern getribenen becher mit einem deckhel umb ain guldeti................................................................ ....... . . . fl. 1. Nr. 175. Drey bauern uff steinpein [?] umb ein halben reichsthaller, tut....................................................................... kr. 45. . Antiquiteten. Nr. 176. Item zweyhundertundzwölf stuckh silberne anti­ quiteten zue halben gülden, tut . . . . . . . fl. 106. Nr. 177. Item ainhundertfünfundsechzig stückh kupferne und messene antiquiteten zue zwölf creuzer, thut . . . fl. 32 kr. 36. Nr. 178. * Item fünf versilberte antiquiteten pro ain gül­ den .................................... . . .................................................. fl. t. Nr. 179. Item ein groß antiquitet oder conterfeyt von kupfer umb ain halben gülden, tut ... ..... kr. 30. Nr. 180. Neunundvierzig bleyene antiquiteten pro zwen gül­ den, tut.............................................................................. ....... fl. 2. In der kunstcamer hat sich in einer Schubladen befunden: Nr. 181.60) Vier silberverguldte bildlein umb vier gülden fl. 4. Nr. 182. *' Drey perlamuttene schlößlein, aines pro ain hal­ ben thaller, tut.......................................... ....... . . . fl. 2 kr. 15. : ö°) Nummern 181, 183—185, 187 — 196, 198 und 199 werden ih äem Inventar von 1645 ausdrücklich als fehlend bezeichnet, wobei es allerdings merkwürdig ist, daß anderer, zahlreicher und wertvoller Abgänge bei den vorausgehenden Nummern keine Er­ wähnung geschieht. Vielleicht lagen über diese letzteren ord­ nungsgemäße Quittungen über Verkäufe vor, während sich bei den obigen Nummern 181 u. s. f. keine solche Nachweise fanden. An­ dererseits führt das 1645 er Inventar noch eine Reihe von Möbeln auf, die angeblich im älteren Inventar zu finden seien, die aber in dem Inventar von 1637, so wie es uns vorliegt, nirgends erwähnt sind. Schli6ßlich nennt das Inventar von 1645 noch eine Reihe von Gegenständen, auch kunstgewerblicher Art, Bücher und Waffen, die bei der neuerlichen Inventur sich fanden, die aber „in dem Inventario (sc. von 1637) nicht geschätzet worden“. Es sind 15 Num­ mern. Gemälde befinden sich nicht mehr darunter. Den Abschluß des Inventars von 1645 bildet ein Verzeichnis: „Volgende bücher [d. h. Geschäftsbücher] und scripturen haben sich in der Schreib­ stuben befunden“.

337 Nr. 183. Einen silberling, so in goldtgranz eingefast ist, pro............................................................................................................ fl. 3. Mehr in einem schublädtlein. Nr. 184. Drey rundte schwarze kuegelein, darauf das ganze leiden Christi, umb ain gülden..................................................fl. 1. Nr. 185. Item zween rundte gescheckhelt schwarz in weiße marmol, darauf lateinisch gegraben, pro ain gülden . . . fl. 1. Nr. 186. * Ein wachß und perlemutten posiert camel umb ain halben thaller, tut............................................................................. kr. 45. Nr. 187. Zwey stückhlein weißer corall umb fünf patzen, thut.......................................................................................................... kr. 20. Nr. 188. Ein stückhlein Silbererz pro ain halben thaller, tut................................................................................................................. kr. 45. Nr. 189. Item zwey daubenayr von weisen cazedonier umb ain halben gülden,tut......................................................................... kr. 30. Nr. 190. Ein püchßlein, darinen ain muckhen und ain spinnen von silber, umb ainhalben gülden, tut...................................... kr. 30. Nr. 191. Mehr ein püchßlein, darinen der könig in Schweden, pro sechs kreuzer.....................................................................................kr. 6. Nr. 192. Item ein löffel von elendkloen [Klauen] pro drey patzen, thut.............................................................................. kr. 12. Nr. 193. Ein klein eißeres schlößlein pro ... kr. 2. Nr. 194. Item vier jahrzeiten uff helfenpain pro drey gül­ den ................................................................................................... fl. 3. Nr. 195. Ein täffelein von glaß, darauf die zwölf monat ge­ schrieben, umb ain halbendaller, tut............................................. kr. 45. Nr. 196. Mehr ein altärlein, darauf Christi bildtnus und ein crucifix, darinen die jungfraw Maria mit dem kindtlein, pro zwen gülden, tut.................................................................................................. fl. 2. Nr. 197. * Ein sammetes kästlein von allerley hailthumb, darinnen ein lamblein in wachs posiert und die Christi gebürt gemahlt, pro drey gülden...................................................................... fl. 3. Nr. 198. Item viesierung etlicher bilter zue kayser Maximi­ lians begräbtnus anno 1519............................................................... fl. 4. Nr. 199. Item ein catholisch büchlein pro zween kreuzer kr. 2. Nr. 200.* Ein rosen, ein schroter80a) uff perment pro ain gülden und zehen kreuzer..................................................fl. 1 kr. 10. Summa summarum der kunstsachen thut fl. 1430 kr. 4061). 60a) Hirschkäfer. 61) Bei einer Ueberprüfung dieses Endergebnisses der Schät­ zung zeigte sich, daß ein Rechenfehler mit untergelaufen war, daher findet sich am Schlüsse des Inventars folgender Vermerk: „Nota. In fleisiger uberrechnung dieser beschreiburig hat sich be­ funden, daß nicht nur 1430 fl. 40 cr[euzer], sondern 1530 fl. 40 er. die ganze summe seindt, derowegen diese 100 fl., wie bei dem verkhaufregister zu sehen, dem vermögen addirt worden“.

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338 Der Kampf um Anselm Feuerbachs „Amazonenschlacht“. Ein Ausschnitt aus der Geschichte der Nürnberger Gemäldegalerie. Mit unveröffentlichten Briefen der Henriette Feuerbach. Dargestellt von Heinz Neuberger, Nürnberg. Als alle Bemühungen des Berliner Kunsthändlers Fritz Gurlitt und der Stiefmutter Anselm Feuerbachs, Henriette Feuerbach, das monumentale Gemälde „Die Amazonen­ schlacht“ zu einem nur irgendwie annehmbaren Preis zu verkaufen, fehlgeschlagen waren, entschloß sich Henriette Feuerbach, dies Werk ihres Stiefsohnes, das ihm besonders am Herzen gelegen war — wohl ob so mancher bitteren Enttäuschung, die es ihm bereitet —, der Stadtgemeinde Nürnberg für deren neu zu schaffende Gemäldegalerie im Rathausneubau zu schenken. Sie hatte ursprünglich gehofft, die Stadt Nürnberg würde sich für dies außerordentliche Geschenk ihr gegenüber dadurch erkenntlich zeigen, daß sie ihr eine freie Wohnung oder eine jährliche Rente gewähren wrürde. Diese Hoffnung trog aber, und zuletzt war Hen­ riette Feuerbach sehr froh, daß die städtischen Kollegien sich bereit fanden, Anselm Feuerbachs Grab in treue Pflege zu nehmen und das Bild stets „an bevorzugtem Platz“ in der städtischen Gemäldegalerie zu zeigen. Bürgermeister, Magistrat und Gemeindekollegium der Stadt Nürnberg hatten ihr dies in einem gar herzlichen Schreiben zugesichert, in dem der Frau Hofrätin am 16. Juli 1889 bestätigt wird, daß sie „eine Handlung größ­ ter Liberalität“ vollzogen habe. Beinahe überschwenglich glücklich dankt Henriette Feuerbach in einem im Jahre 1929 von mir erstmals publizierten Brief vom 19. Juli 18891), in dem sie freudig erklärt, die „überaus gütige und freund­ liche Aufnahme des Bildes befreie sie von einer großen Sorge und verpflichte sie zu aufrichtiger wärmster Dank­ barkeit“. *) Vergl. „Nürnberger Zeitung“ Jahrg. 1929 Nr. 185.

339 Die Nürnberger Stadtväter ließen dann das Gemälde sorgsam und gründlich restaurieren. Die Akten enthalten Gutachten, Berichte über Aufbügeln und Uebermalen und künden schließlich, daß Ende Oktober 1889 das Gemälde im ersten der drei für die Nürnberger städtische Gemälde­ galerie damals bestimmten Säle, und zwar an der nördlichen Wand aufgehängt worden sei. Aber noch ist der Akt mit dem Betreff: Die Schenkung des Gemäldes „Die Amazonenschlacht“ von Anselm Feuer­ bach durch die Hofratswitwe Frau Henriette Feuerbach, der unter der Signatur V ({4 Nr. 78 in der Hauptregistratur des Stadtrats Nürnberg aufbewahrt wird, nicht beendet! Die Stadt war daran gegangen, ihre Gemäldegalerie auszubauen. Professor Friedrich Wanderer, der Hauptberater der Stadt in Kunstfragen, hatte die Einteilung getroffen, daß der erste Saal moderne Gemälde enthalten solle, die historische Stoffe behandelten, der zweite Norica, der dritte Portraits. Nach dieser Einteilung wurde verfahren, und so gelangte im Jahre 1890 Krelings Hugenottenbild aus dem Germanischen Mu­ seum ins Rathaus, und zwar an die Südwand jenes ersten Saales, an dessen Nordwand die Amazonenschlacht prangte. Der für die Gemäldegalerie verantwortliche Magistrats­ rat Tauber war hochbefriedigt, ebenso wohl auch Bürger­ meister Freiherr von Stromer. Nicht aber Henriette Feuer­ bach! Sie weilte am 20. März 1890 in Nürnberg, sah, daß man der Amazonenschlacht das Krelingsche Bild gegen­ übergehängt hatte und war aufs Tiefste beleidigt, auf­ gewühlt, gekränkt. Ganz desolat kam sie in Ansbach an und in einer Reihe von Briefen an die Nürnberger Bürger­ meister, den kunstsinnigen Nürnberger Stadtsekretär Mar­ kus Schüßler, den Vorstand des Gemeindekollegiums fleht und bittet sie, man möge doch das Krelingsche Bild aus diesem Saal entfernen. Diese Beschwerdebriefe schreibt sie in den Tagen vom 21. bis 30. März 1890. Nicht ohne Erfolg. Bürgermeister v. Stromer will sofort ihrem Wunsche willfahren und ordnet bereits am 25. März die Umhängung an. Am 27. März aber

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340 erhebt Magistratsrat Tauber als zuständiger Pfleger da­ gegen Einspruch, und es wird ein Gutachten Professor Wanderers eingeholt, auf Grund dessen das Krelingsche Bild nicht aus dem Saal entfernt, sondern an die Südwand gehängt wird. Man betont in Beschluß und Benachrich­ tigung der Mutter Feuerbachs, daß die Amazonenschlacht das beste Licht habe und die Besucher das Gemälde in voller Schönheit genießen könnten. Am 28. April 1890 erfolgt dann die Umhängung. Am 16. April hatte sich Henriette Feuerbach bereits in einem kurzen, aber sehr fein stilisier­ ten Schreiben bedankt, daß man ihrem Wunsch entgegen­ kam. Jedoch kommt der Kampf um die Amazonenschlacht noch nicht zur Ruhe. Denn als Henriette Feuerbach wieder nach Nürnberg kommt, ist sie immer noch bitter enttäuscht. Sie selbst leidet schon zu sehr am grauen Star und so läßt sie durch Rechtsanwalt Dr. Berolzheimer mit den Bürger­ meistern mündlich verhandeln, und er erzielt schließlich einen Beschluß vom 22. Mai, demzufolge das Krelingsche Hugenottenbild in den dritten Saal verbracht wird. Hen­ riette hat gesiegt! Am 27. Juni kommt sie nach Nürnberg ins Rathaus und Bürgermeister v. Stromer kann glück­ strahlend zu den Akten geben, daß sie sich vollständig be­ friedigt erklärt habe. Die sehr wesentlichen Briefe der Henriette Feuerbach, die stilistisch ganz hervorragend und wertvoll sind, aber auch kennzeichnend für ihren engen seelischen Zusammen­ hang mit Anselm’ Feuerbachs Werk, Briefe, aus denen sicherlich niemand Lamentieren oder etwa gar Hysterie einer alten Frau wird herauslesen können, sind noch nicht veröffentlicht. Als Hermann Uhde - Bernays 1911 das Material für seine Sammlung von Briefen der Henriette Feuerbach sammelte, hat er auch den Stadtmagistrat Nürn­ berg um Abschriften der Schenkungsurkunde des Bildes und etwa vorhandener Briefe gebeten. Erstere erhielt er, die Abschriften der Briefe aber nicht, ob versehentlich oder absichtlich, ist hier nicht zu untersuchen. Auf jeden Fall schlummerten diese teilweise sehr tem-

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peramentvollen Schreiben unbekannt in den Magistrats­ akten. Da in allen die gleiche Materie dargestellt wird, so muß uns die Wiederholung mancher Redewendung begeg­ nen. Trotzdem glauben wir diesen „Fund“ hier vollständig wiedergeben zu müssen, der ja auch wohl vielfältiges Inter­ esse finden dürfte. Die Briefe folgen nun in zeitlicher Anordnung. Am 21. März 1890 ist der erste Brief an „Hochwolgeboren Herrn Kommerzienrat Stief, Vorstand des Ge­ meindekollegiums, Nürnberg“ geschrieben. Sehr geehrter Herr! Da ich gestern ziemlich unwohl hier angekommen bin, will ich mein Versprechen zu schreiben auf die möglichst kürzeste Weise erfüllen. Ich habe kein Recht gegen die Ausstattung des neuen Bildersaales Einspruch zu tun, da ich in meinem vollen Vertrauen mein Kleinod bedingungslos überlieferte. Der hochgeehrte Magistrat selbst aber hat mir die Erfüllung meiner stillen Wünsche in einem überaus gütigen Schrei­ ben ganz freiwillig und freundlich (? sehr unleserlich) ver­ heißen. Was ich gestern sah, ist leider das Gegenteil einer günstigen Aufstellung der Amazonenschlacht, einmal wegen Ueberfüllung des Raumes, dann aber auch wegen künstlerischer und ästhetischer Kontraste. Die beiden gro­ ßen Bilder vernichten sich gegenseitig in ihrer Wirkung. Warum hat man Herrn v. Stromers Idee fallen lassen, wel­ cher an die Portraits alter Nürnberger dachte? Diese wür­ den zum Empfang im ersten Saale passen und dem Bilde meines Sohnes doch ein wenig Raum zum Atmen gegönnt haben. Vor der Anordnung, wie sie j e t z t besteht, würden die Gegner Nürnbergs in München mich bitter verhöhnen. Sie werden sagen: „ein solches Plätzchen hätten wir in der Pina­ kothek wohl auch gefunden, und die Fremden, die andäch­ tig die Stufen hinauf steigen, werden sagen: Der arme Feuerbach!“

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Ich kann nichts tun als in einer Eingabe an den Magi­ strat ernstlich, flehentlich bitten, daß den genannten UebeL ständen abgeholfen wird, sonst muß ich in Reue und Leid zu Grabe gehen, weil ich unvorsichtig gewesen bin. Ich baue aber auf den herrlichen Brief, den ich erhalten als Dank­ schrift für das Bild und bitte um Abhilfe. In vollkommener Hochachtung Henriette Feuerbach. Es scheint, daß diesem Schreiben schon eine mündliche Aussprache, zumindest aber der Versuch hiezu vorausging. Auf das Dankschreiben des Magistrats und der Kollegien für das Bild wies ich oben bereits hin; den wesentlichsten Satz daraus finden wir noch in einem der späteren Briefe zitiert. Hervorgehoben werden darf vielleicht noch der Hin­ weis auf eine Rivalität Münchens und Nürnbergs, die man ja auch zur Jetztzeit manchmal feststellen möchte. Lind nun der nächste Brief! Er ist datiert vom 22. März 1890 und gerichtet an Stadtsekretär Markus Schüßler. Hochgeehrter Herr! Es ist längst mein Wunsch gewesen Ihnen persönlich danken zu können für viele Güte und Freundschaft, welche Sie dem Andenken meines Sohnes, Anselm Feuerbach, ge­ schenkt haben. Heute aber gehe ich über dies Alles hin­ weg, um Ihnen eine schriftliche Bitte vorzutragen, an der mein Seelenfrieden hängt. Ich habe das Gemälde meines Sohnes „Amazonen­ schlacht“ der Stadt Nürnberg aus tiefem Herzensbedürfnis übergeben, in der Hoffnung, daß es dort, wo er selbst die Grabesruhe gefunden hat, in schöner lebendiger Wirkung dem kommenden neuen Jahrhundert entgegensehen sollte. Es war kein leichter Schritt und ich hatte deshalb viele Kämpfe zu bestehen, auch solche, die noch immer fortbestehen. Vorgestern war ich in Nürnberg und habe zum ersten Male die neue Anordnung des Saales gesehen, in welchem sich das Bild meines Sohnes befindet. Ich muß gestehen,

343 daß ich tief erschrocken bin — mehr als ich mit Worten aus­ zusprechen weiß. Das Bild machte den Eindruck eines Menschen, welcher leidenschaftlich sprechen will und des­ sen Mund so fest verbunden ist. daß er keinen Laut her­ vorbringen kann. Die Harmonie der Linien und Farben, die sonst bei jedem guten Gemälde im Raum sich verbrei­ tet und dem Beschauer in die Seele dringt, ist durch die Ueberfiillung jäh abgeschnitten: das andere Bild [gemeint ist das Krelingsche Hugenottenbild, siehe oben], welches am richtigen Platze sehr schöne Wirkungen tun könnte, zerfällt hier zu einer großen Modellstudie. So vernichten sich die beiden Gemälde gegenseitig in ihrer Wirkung. Ich bin sehr traurig und tief beschämt, in Anselms Andenken und in menschlichem Vertrauen einen künstleri­ schen Fehler begangen zu haben, der nie verziehen werden kann. Die Nachricht von der Schenkung des Bildes ist durch alle in- und ausländischen Zeitungen gegangen. Künst­ ler und Kunstfreunde werden kommen, um das Gemälde in der neuen Heimat zu sehen. Was werden sie sagen und schreiben? Besser wäre es, die Amazonen lägen zerrissen und zerbrochen in ihrer Kiste, als daß [sie] hier ohne Geist und Leben stehen, ihrer freien Bewegung beraubt. Herr v. Stromer hatte — so glaube ich — früher den Gedanken, die Bildnisse berühmter Nürnberger Männer für diesen Raum zu verwenden. Dies wdire passend zum Empfang im ersten Saal und würde den Amazonen doch ein wenig Licht gönnen. Hochverehrter Herr! Ich will im Anfang künftiger Woche eine Bittschrift an Herrn Bürgermeister v. Stromer absenden, in welcher ich im Namen des toten Künstlers um Gnade für sein Lieblingsbild bitte. Wenn Sie. verehrter Herr, diesem Unternehmen Ihre Fürsprache schenken woll­ ten, so wrürde ich Ihnen in meiner letzten Stunde noch dank­ bar sein, die sonst sehr bitter sein würde. Ich stehe ganz allein, alle meine Lieben, zuletzt mein Sohn, sind mir vor-

344 angegangen, ich selbst gehe der Blindheit entgegen. In diesem Sinne bitte ich auch für mich um gütige Nachsicht. In dankbarster Hochachtung Ihre ergebene Henriette Feuerbach. Schüßler, dem Henriette Feuerbach insbesondere dafür dankbar ist, daß er die Anregung gegeben hatte, bei An­ selms io. Todestag den Bildersaal und das Bild selbst zu schmücken, übermittelte diesen Brief noch am gleichen Tag Herrn Bürgermeister v. Stromer, der sofort Magistratsrat Tauber auf dem Dienstweg informierte, mit der Anfrage, ob er nicht Abhilfe schaffen könne. Schon am nächsten Tag, am 23. März, schreibt Hen­ riette Feuerbach an Bürgermeister v. Stromer selbst. Hochgeehrter Herr! Gestatten Sie, daß ich mit diesen Zeilen einige Minuten Ihrer kostbaren Zeit in Anspruch nehme. Ich will mich so kurz als möglich fassen, indem ich mir erlaube, Ihnen den herrlichen, verheißungsvollen Brief noch einmal vor Augen zu bringen, welchen ich nach Ablieferung des Bildes meines Sohnes von einem hochgeehrten Magistrat der Stadt Nürn­ berg erhielt. Es ist darin alles enthalten, was meine stillen Wünsche von der Aufnahme meines Geschenkes erhofft hatten. Ich konnte nur mit dem innigsten Dank erwidern. Am 4. Januar 2) ist mir von Nürnberg geschrieben wor­ den: ,,Die Schönheit des Bildes sei überwältigend und sieg­ reich in Wirkung getreten und die Beschauer seien in an­ dächtiger Bewunderung davorgestanden“. Ich fühlte mich gehoben, glücklich, ruhig! Nun ist inzwischen alles anders geworden. „Ueberfüllung ist der Tod der Kunst“ pflegte Anselm zu sagen. ,,Der Mensch braucht seinen Lebensraum zum Atmen, das Kunstwerk zum Ausströmen seiner inneren Poesie.“ Die beiden großen Bilder sind sich unglücklich nahe gestellt. 4) Anselms Todestag.

345 Man kann keines allein betrachten, ohne das andere zu strei­ fen; dies schließt selbstverständlich jeden Kunstgenuß aus. abgesehen von jedem andern inneren oder äußeren Grund. Die Amazonenschlacht bedarf vor allem etwas Raum zum Ausbreiten ihres leidenschaftlichen Liniensturmes. Herrn Direktor Krelings Gemälde wäre an sich als Hauptbild eines angemessenen Raumes ein schönes Galeriestück. So wirkt es wie eine große Modellstudie. Die Bilder vernichten sich beide in ihrer Wirkung. Hochgeehrter Herr! Ich habe Ihnen Anselms edles Werk im vollsten Vertrauen bedingungslos übergeben. Ich bitte, flehe, ich beschwöre Sie im Namen des geschiedenen Künstlers, seinem Gemälde den Raum zur vollen Wirkung zu gönnen. Es wird Ihnen Freude machen und Ihnen reich­ lich lohnen. Viele kunstliebende Menschen werden von Außen kommen, um sich daran zu erfreuen und zu lernen. Es wird Ihnen ein liebes Besitztum werden und Ihrer schö­ nen Stadt wahrlich keine Unehre machen; so steht es auch in dem schönen Briefe, der meinen damals unausgesprochenen Gedanken Worte verlieh. Wie das Bild aber jetzt dasteht, starr, leblos, tapetenartig, werden die Freunde von Anselms Kunst still vorübergehen und nicht wiederkommen. Die Gegner werden sich der Niederlage freuen; der Vorwurf aber, sie herbeigeführt zu haben, bleibt auf der alten Frau ruhen, die ihr der Kunst des Sohnes geopfertes Leben damit beschließt, sein Lieblingswerk um die ihm gebührende Gel­ tung zu bringen. In diesem Sinne bitte ich auch für mich selbst. Sie sind so gut und gerecht. Wollen Sie mich für meinen guten Willen und für mein freudiges Vertrauen in Reue meine letzte Stunde erwarten lassen? Nehmen Sie — ich bitte — diese Worte nicht ungütig auf. Seit vielen Jahren ist das Gedeihen der Kunst meines Sohnes Inhalt meines ganzen Lebens geworden. Sie werden mich nicht vergeblich bitten lassen. In vollkommener Hochachtung und Verehrung Ihre ergebenste Henriette Feuerbach.

346 Sachlich bedarf dieses Schreiben, das ja bereits über­ holt war, wohl keiner Diskussion und auch ein Hinweis aut den überraschenden Wortreichtum der Briefschreiberin dürfte wohl nicht von Nöten sein. Auch das Schreiben, das ich als letztes hier erstmals publizieren darf, gerichtet an den Bürgermeister v. Seiler in Nürnberg, datiert vom 31. März 1890, dürfte keines Kom­ mentars bedürfen. Es fällt uns lediglich auf, daß die Sprache hier dringender und schärfer wird. In der Form bittend, wird doch der Tenor des Briefes fordernd. Hochgeehrter Herr Bürgermeister! Da ich durch die Zeitung von der Urlaubsreise des Herrn Bürgermeisters v. Stromer unterrichtet bin, muß ich Sie, geehrtester Herr, mit einer Bitte belästigen, welche, wenn sie gewährt wird, meine letzten Tage friedlich machen — wenn nicht — mit Reue und Leid erfüllen wird. Der hohe Magistrat hat das Bild meines Sohnes ,,Ama­ zonenschlacht“ renovieren lassen, daß es wie neu von der Staffelei kommend erscheintx); es ward in einem verhält­ nismäßig kleinen, aber im Raumverhältnisse und Licht gün­ stigen Raum aufgestellt, wo es sofort in volle Wirkung trat. Der hohe Magistrat hat dem 10. Todestag meines Sohnes eine schöne und würdige Feier verliehen. Worte reichen nicht aus, meinen Dank genügend auszudrücken. Durch die neue Anordnung der Gemäldegalerie im Rathaus ist eine ungünstige Wirkung eingetreten, welche jeder, der den ersten Gemäldesaal betritt, sofort fühlen muß. Die Ueberfüllung des Raumes hat die Wirkung der beiden großen Gemälde vollständig zerstört. An eine solche Mög­ lichkeit dachte ich freilich bei Uebergabe des Werkes am wenigsten. Auch die geehrten Herren vom Magistrat dach­ ten nicht daran. In dem gütigen und herrlichen Schreiben, welches ich zum Dank für die Schenkung erhielt, heißt es wörtlich: *) Uebrigens für 136,32 Mark.

347 ..Genehmigen Sie, hochgeschätzte Frau, die Ent­ gegennahme des Ausdrucks dieses Dankes, sowie des Versprechens, das treffliche Gemälde als vollgiltigen Be­ weis der hohen, aufs Ideale gerichteten Kunst des zu frühe heimgegangenen Meisters, ferner zum bleibenden Ge­ dächtnis an ihn und die hochherzige Schenkgeberin, end­ lich zur Förderung des Sinns am Schönen in der hiesigen Bürgerschaft am bevorzugten Platz unterzubringen.“ Wie konnte ich nach solchen Worten anders als in tiefer Ruhe und wärmster Dankbarkeit an mein Kleinod denken? Ich weiß, daß ich kein Recht habe meine Meinung zu äußern; aber sollte denn der Gedanke gar so weit entfernt liegen, daß bei einer geistig und materiell so bedeutenden Stiftung ein wenig Rücksicht auf Gefühl und Wunsch des Stifters doch vielleicht nicht ganz unangemessen erscheinen könne? In diesem Sinne bitte ich die beiden großen Gemälde auseinander zu nehmen und — falls das Krelingsche Ge­ mälde im ersten Saal bleiben soll — die AmazonenschlaGht im zweiten oder dritten Gemach einzuquartieren. Sie wird im Dunkel leuchten, wenn sie freien Raum hat. Auch bin ich ganz befriedigt, wenn sie in ihrer Kiste gerollt auf bes­ sere Zeiten warten soll. Nur das eine bitte und flehe ich: keine schlechte Ausstellung! Die Eigentümer besitzen das Bild ja auch nicht, wenn es nicht in Wirkung gelangen kann. Ob ich um Verzeihung für diesen Brief bitten darf, weiß ich nicht. Ich überlasse es Ihrer Güte, Ihrem Ver­ ständnis. In vollkommener Hochachtung und Verehrung Ihre ergebene Henriette Feuerbach.

348 Das Architektur-Modell der Stadt Nürnberg nach dem Stande vom Jahre 1625 im Metropolitan-Museum of Art in New-York, gefertigt von Hans Schleif. Jede Neuerscheinung über Nürnberg pflegt in den Ver­ sammlungen und nach Möglichkeit auch in den Veröffent­ lichungen unseres Geschichtsvereins gewürdigt zu werden. Um so unangebrachter würde es sein, über eine Arbeit hin­ wegzugehen, die, an einer der sichtbarsten Stellen auf­ gestellt, berufen ist, einen denkbar weitesten Kreis von Be­ trachtern auf sich zu ziehen, in einem Umfang, wie dies einer schriftlichen Arbeit wohl nur in den seltensten Fällen beschert sein wird. Diplom-Ingenieur Hans Schleif, Berlin, hat im Auf­ trag der ,.Gesellschaft der Freunde deutscher Kunst“ das Architekturmodell der Stadt Nürnberg um das Jahr 1625 im Maßstab 1 : 500 hergestellt. Das Modell war von die­ ser Gesellschaft für das Metropolitan-Museum of Art in New-York bestimmt. Uebernahme und Einweihung durch das Museum fand mit der vSaison-Eröffnung 1929/30 im September 1929 statt. Der Hersteller, der als wissenschaft­ licher Mitarbeiter an einer Reihe von archäologischen For­ schungsarbeiten und in dauernder Verbindung mit archä­ ologischen Instituten über die denkbar günstigsten Voraus­ setzungen und über eine jeden Einwand ausschließende Legitimation zur Schaffung einer solchen Arbeit verfügt, hat sich über diese Arbeit selbst vernehmen lassen in der Hamburg-Amerika-Post 1929, Heft 7/8. Dort finden sich auch Lichtbilder. Solche brachten auch die Nürnberger Illustrierte, Beilage zum Fränkischen Kurier, und die Illu­ strierte N.-Z., Beilage zur Nürnberger Zeitung. Es wird festgehalten werden dürfen, daß bei der Frage der Aufstellung eines architektonischen Repräsentanten für deutsche Wesensart in dem amerikanischen Museum die zur Wahl Berufenen nach Ablehnung des Kölner Domes zu­ nächst an das Heidelberger Schloß, die Wartburg oder die Marienburg dachten, sich dann aber auf die Darstel-

349 iung der Stadt Nürnberg einigten, so wie diese nach ihrer Hochblüte im späten Mittelalter ihre ausgereifte, fast end­ gültige Erscheinung erhalten hat. Bei dieser Darstellung wird vor allem die Frage inter­ essieren: Ist es überhaupt möglich, ein Modell der Stadt herzustellen, das eine einwandfreie Wiedergabe in voller Körperlichkeit für die angegebene Zeit festhalten kann? Ist nicht mit so vielen Fehlermöglichkeiten zu rechnen, daß das Ergebnis einer ernsten Kritik nicht wird standhalten können ? Dazu ist zu sagen: Die Voraussetzungen für eine be­ friedigende Lösung der Aufgabe sind günstig. Es steht für die Zeit des ersten Viertels des 17. Jahrhunderts für das Nürnberger Stadtbild in seiner Gesamtheit wie in Einzel­ heiten soviel Material zur Verfügung (vgl. die Grundriß­ prospekte von Hans Bien und Hieronymus Braun), daß diesen Versuch zu wagen auch der unternehmen durfte, der sich ein Werk zur Aufgabe setzte, das eingehender Kritik standzuhalten vermag. Gewiß, für jede Einzelheit des Modells sich restlos auf zeitgleiche Festhaltungen zu stützen, war dem Hersteller nicht möglich. Insbesondere ist es klar, daß nicht jedes einzelne Privathaus in seiner Erscheinung für die in Frage kommende Zeit überliefert ist. Dagegen läßt sich dies wohl von allen öffentlichen Ge­ bäuden und von solchen Bauwerken sagen, die für den Ein­ druck des Stadtbildes bestimmend sind. In diesen Bauten, in den Kirchen und Klöstern, in Burg, Rathaus und Mauernng wird es denn auch dem scharfen Beobachter nicht ge­ lingen, tatsächliche Fehler festzustellen, abgesehen von gewissen, beabsichtigten Ueberhöhungen an der Burg, die zur Verstärkung eines Gesamteindruckes wünschenswert erschienen. Wenn andererseits der Modellfertiger für Straßenbilder, für deren Einzelheiten eingehendes Material nicht oder doch kaum zur Verfügung stand, eine mehr typi­ sierende Darstellung zur Anwendung brachte, um so nicht in unüberwindlichen Schwierigkeiten stecken zu bleiben und eine Gesamtdarstellung schließlich ganz aufgeben zu

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müssen, so wird — dies erst einmal zugegeben — auch von streng urteilender Seite kein Vorwurf erhoben werden können. Es wäre jedenfalls bedauerlich und ungerecht­ fertigt, wenn über die Betonung von Mangelhaftigkeiten in Nebensächlichkeiten die Feststellung der wertvollen posi­ tiven Leistung, die die Fertigung des Gesamt-Modells dar­ stellt, in den Hintergrund treten sollte. Besser ist es gewiß, daß das Modell, wenn auch mit Irrtümern behaftet, hergestellt wurde, als daß aus Bedenken über die Möglich­ keit .der Wirklichkeitstreue die Herstellung überhaupt unterblieben wäre. Diese kleinen Schwächen werden hin­ genommen werden müssen, im Austausch gegen die Tat­ sache, daß als Gesamtergebnis eine Darstellung des Stadtkorpers entstanden ist, die jeden Beschauer anregen muß und bei jedem Unbefangenen nur uneingeschränkte Zu­ stimmung und Freude auslösen wird. Daß bei der Größe und dem Umfange der in so verhältnismäßig kurzer Zeit zu leistenden Arbeit schließlich auch einige wirkliche Schnitzer mit unterlaufen sind, deren Entfernung anderer­ seits sehr leicht zu bewerkstelligen gewesen wäre, soll der Vollständigkeit halber erwähnt werden, tut dem Eindruck aber keinen Abbruch. Und der Gesamteindruck ist der: Hier liegt in sinnlich greifbarer, mit den Augen eindeutig faßbarer Form die deutsche Stadt ausgebreitet. Die alten Prospekte sind wie­ der geschaffen und das Auge braucht nur von einem tiefen Standpunkt aus durch die Gassen zu streifen, um die alten Bilder wieder lebendig werden zu lassen. Alle die Einzelelemente, deren Zusammenwirken und Einklang die deutsche Stadt der Vergangenheit ausmachen, sind hier klar erkennbar und übersichtlich zu einer zusam­ mengehörigen Einheit vereinigt. Jede der das Mittelalter bestimmenden sozialen Kräfte hat hier in der Ausdrucks­ form, die sie sich in dem ihr eigenen Bauwerk geschaffen hät, ihr körperliches Wiederspiel gefunden. Wie in einem ctufgeschlägenen, leicht lesbaren Buch liegen vor dem Be­ trachter die das Stadtganze überragende Burg als die

35i Wiedergabe des Kaisergedankens, die hochragenden Gottes­ häuser und die zahlreichen Klöster, diese Stätten stiller und bester Kulturarbeit, als die Verkörperung der religiösen Vorstellungswelt, das Rathaus als der Verwaltungsmittel­ punkt der regierenden Bürgerschaft, die Patrizierhäuser als Wohnstätten dieser tragenden Schicht, die weiten Straßen­ fluchten als die Wohn- und Arbeitsstätten des breiten, die Stadt fundierenden Bürgertums und um das Ganze der alle diese Kräfte zusammenhaltende, schützende und auch räumlich zu einer Einheit schließende Mauerring. Das Bewußtsein des Einzelnen, nicht individuell für sich allein zu stehen, sondern nur ein Teil eines größeren Ganzen inner­ halb einer festgefügten, nach zuverlässigen, traditionellen Vorstellungen sich regelnden Einheit zu sein, für den Dif­ ferenzierungen von seinem Nachbarn nur innerhalb über­ sehbarer Grenzen möglich sind, findet seinen verblüffenden Widerhall in dem Aufbau der Straßenzüge, in der Gestal­ tung der Straßenfluchten und in der Ausdrucksform des Einzelhauses. Alle aber bindet der Gürtel der Mauer. Dieses in seiner Einheitlichkeit überzeugende Bild der mittelalter­ lichen deutschen Stadt ist Nürnberg. Darin wird vor Allem auch der große Wert dieser Arbeit gesucht werden müssen, daß sie jedem naiven Be­ trachter ein leicht zugängliches und eindrucksvolles Bild von gen, zu denen zu gelangen der weitaus großen Mehrzahl der Beschauer nicht oder nur sehr schwer möglich sein wird. Hier hat ein Komplex von sozialen Vorstellungen seinen sinnlich erfaßbaren Niederschlag und Ausdruck gefunden und dieser Ausdruck knüpft sich an die Darstellung des mittelaltlerlichen Stadtkörpers Nürnberg. Ganz gewiß ist das Modell geeignet, beim Beschauer die Freude und den Stolz auf ein solches Gemeinwesen in solch unmittelbarer Weise auszulösen, wie es Büchern in gleicher Weise nicht leicht vergönnt sein wird, und die Liebe zur Geschichte dieses Gemeinwesens wieder wach­ zurufen. Eben dieses ganz unmittelbaren Gesamteindruckes wegen ist es zu bedauern, daß die Stadt Nürnberg nicht

352 selbst im Besitz eines solchen Modelles ist, das ihren Ent­ wicklungszustand festhält für eine Zeit, die um dreihundert Jahre zurückliegt. Hans Seibold,

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BÜCHERBESPRECHUNGEN. Erwiderung 1).

In Band 29, 1928, S. 420—424 dieser Zeitschrift hat Herr Dr. Schaffer eine Besprechung meines Buches über die Entstehung des Territoriums der Reichsstadt Nürnberg (Arbeiten zur deutschen Rechts- und Verfassungsgeschichte, hgg. von Haller, Heck und Schmidt, VII) veröffentlicht, die mir erst Anfang 1930 zufällig zu Gesicht gekommen ist. Er berichtet darin, daß er meine Arbeit nach ihrer Durchsicht (so!) mit sehr gemischten Gefühlen aus der Hand gelegt habe, und schüttet dann einen reichen Vorrat von ab­ sprechenden Bemerkungen über sie aus. Es fehle am straf­ fen, zielsicheren Aufbau im Ganzen und klaren, festumrissenen Begriffen im Einzelnen. Ich scheine etwas unklare Vor­ stellungen von der Entwicklung der Landgerichte zu haben, die ganze Darstellung habe etwas Unklares und Schwanken­ des, ich sei offenbar nicht imstande gewesen, überflüssiges Material abzustoßen usw. Wer diese Blütenlese von Zen­ suren, die wohl das Schlimmste darstellen, was über eine rechts- und verfassungsgeschichtliche Arbeit überhaupt gesagt werden kann (,,Fehlen von klaren, festumrissenen Begriffen“!) auf sich wirken läßt, der ist über das Gesamt­ urteil, das Sch. bereits im ersten Absatz seiner langen Rezen­ sion ausspricht, kaum überrascht: ,,Kein Leser dürfte einen klaren Begriff von der Entwicklung der nürnbergischen Landeshoheit gewinnen“. Auf Deutsch: Die Arbeit ist gründlich daneben geraten. *) Es sei daran erinnert, daß die Verantwortung für die ein­ zelnen Artikel hier wie auch sonst in dieser Zeitschrift allein die Verfasser tragen. Die mit der obenstehenden Erwiderung ein­ geleitete, ihr sehr unliebe Polemik konnte die Redaktion leider nicht verhindern. 23

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Ich kann nun Herrn Dr. Sch. an sich gerne das Ver­ gnügen gönnen, mich derart ,,vernichtet“ zu haben, und würde niemals so unfreundlich sein, ihn darin zu stören. Denn es ist ein für mich unschädliches Vergnügen; für die wissenschaftliche Beurteilung meines Buches trägt es sehr wenig aus, ob Herr Sch. es lobt oder tadelt. Obendrein befindet er sich mit seiner Beurteilung in glänzender Ein­ samkeit *2). Alle Fachgelehrten, die sich damit zu beschäf­ tigen hatten, und es sind einige nicht ganz unbedeutende darunter, sagen über das Ganze wie über die Einzelheiten genau das Gegenteil. Das weisen die Besprechungen in den wissenschaftlichen Zeitschriften aus 2), das beweist der Um­ stand, daß die Arbeit von der Philosophischen Fakultät der 'Universität Tübingen im Frühjahr 1926 als Habilitations­ schrift angenommen worden ist und bei dieser Gelegenheit von den Historikern und Rechtshistorikern, die sie zu prüfen und darüber ein amtliches Gutachten zu erstatten hatten, eine Beurteilung erfahren hat, die in allem entgegengesetzt lautete, als Herr Sch. in seiner Rezension meint. Wo er von Unklarheit spricht, sprechen sie von Klarheit; was er als überflüssiges Material bezeichnet, nennen sie rechts­ geschichtlich besonders wertvolle Untersuchungen; während A) Eine in der Ztschr. f. bayer. Landesgesch. (II, 1929) erschie­ nene Besprechung bedarf keiner weiteren Berücksichtigung. Denn sie besteht zu einem großen Teil lediglich in der Wiederholung der Schafferschen Rezension mitsamt deren Flüchtigkeitsfehlern und Mißverständnissen. Außerdem bescheinigt ihr Verfasser — an­ scheinend ein Altphilologe — sich selbst seinen Mangel an Urteil, indem er mir als Vorbild, an das ich mich für die Anlage meines Buches hätte halten sollen, eine „gute Abhandlung“ über das Ulmet Territorium empfiehlt. Er hat anscheinend gar nicht gemerkt, daß in dieser „guten Abhandlung“ — die übrigens bei allen Sach­ verständigen als schlecht bekannt ist — die Hauptsache überhaupt nicht behandelt ist, nämlich die Erwerbung der Hoheitsrechte. Damit erübrigt sich wohl ein weiteres Eingehen auf diese Rezension. 2) Ich nenne nur die wichtigsten: in der Zeitschrift der SavignyStiftung für Rechtsgeschichte, German. Abteil., von einem der Her­ ausgeber der Zeitschrift; in der Histor. Zeitschrift, von einem auf dem Gebiete der schwäbischen und fränkischen Territorial­ geschichte vielfach erprobten Gelehrten;. in der Vierteljahrsschrift f. Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, von dem besten Kenner süd­ deutscher Stadtgeschichte; im Histor. Jahrbuch der Görresgesellschaft, von dem früheren Vorstand des Nürnberger Staatsarchivs.

355 er als Gesamtergebnis erklärt, keinen klaren Begriff von der Entwicklung der nürnbergischen Landeshoheit gewon­ nen zu haben, lautet auf der anderen Seite das Urteil: die reichen Ergebnisse............wüßte ich in keinem Punkt an­ zufechten. Unter diesen Umständen brauche ich auf die Meinung des Herrn Dr. Sch., der ja wohl im Rezensieren solcher Arbeiten noch sehr wenig Uebung hat, weiter kein Gewicht zu legen. Wenn ich trotzdem den Raum dieser Zeitschrift für eine Erwiderung in Anspruch nehme, so hat das einen anderen Grund. Ich verdanke dem Stadtrat Nürn­ berg einen Druckkostenzuschuß; infolgedessen lege ich begreiflicherweise Wert darauf, daß mein Buch nicht aus­ gerechnet in dem Organ des Nürnberger Geschichtsvereins, das wohl der Mehrzahl der Nürnberger Geschichtsfreunde das einzige Urteil über mein Buch übermittelt, als gründ­ lich verfehlte Arbeit hingestellt wird. Lediglich aus diesem Grund halte ich es für erforderlich, auf die Rezension des Herrn Dr. Sch. näher einzugehen. Zunächst einige Einzelheiten. Gleich im 2. Absatz sei­ ner Kritik (S. 420) hält er mir eine lange Vorlesung über den Unterschied zwischen Reichsgütern und königlichen Eigengütern und sagt: „Wenn der Vf. S. 3 meint: zwischen Gütern des Reichs und den Besitzungen des Kaiserhauses bestand kein Unterschied, so befindet er sich im Irrtum“. Ich bin gewiß sehr dankbar für diese Belehrung. Denn woher sollte ich sonst wissen, daß Reichsgut und Hausgut zweier­ lei sind, wenn es mir nicht Herr Dr. Schaffer sagte? Aber mein Herr Kritiker war voreilig. Oder sollte er bei der „Durchsicht“ meines Buches zu flüchtig gelesen haben? Denn die beanstandete Stelle bei mir auf S. 3 lautet folgen­ dermaßen: „(Nürnberg) wurde der Mittelpunkt für die Ver­ waltung der ausgedehnten Reichsgüter in Franken und auf dem baierischen Nordgau bis ins Egerland hinüber. Zwi­ schen den Gütern des Reichs und den Besitzungen des Kaiserhauses bestand kein Unterschied; einheitlich wurden sie von Beamten unter dem obersten Reichsbeamten auf der Nürnberger Burg verwaltet, nicht mehr als Lehen aus28*

356 getan usw.“ Ich hatte geglaubt, hier ergebe der Zusammen­ hang für jeden, der zu lesen versteht, klar genug, in wel­ chem Sinn und in welchen Grenzen der Ausdruck ,,kein Unterschied zwischen Reichsgut und Hausgut“ zu verstehen ist. Herr Dr. Sch. hat mich indeß belehrt, daß ich in Zukunft gut tun werde auch mit Rezensenten zu rechnen, deren Fassungskraft und Sprachverständnis noch auf der Stufe eines Lateinschülers steht. Ich wage aber fast die Behaup­ tung: sogar ein Lateinschüler hätte bei einiger Aufmerksam­ keit aus der Gliederung des ganzen Abschnittes erkannt, daß ich den Unterschied zwischen Reichsgut und Hausgut recht wohl kenne. Wozu hätte ich sonst wohl die einzelnen Kapitel überschrieben: Aeltestes Reichsgut, Kirchenlehen, Staufische Eigengüter usw., wie ja schon ein flüchtiger Blick auf das Inhaltsverzeichnis sehen läßt und wie ein auf­ merksamer Leser bei der „Durchsicht“ der folgenden Kapitel von selbst merken mußte. Die eben gemachte Beobachtung von allzuflüchtiger Lektüre ist nicht die einzige ihrer Art. So „möchte“ Herr Sch. (S. 423 *unten) ,,gerne wissen, wie aus dem praedium Greding ein Reichsgut wird und wie es als solches mit der Hirschberger Erbschaft verquickt werden kann“. Gewiß eine löbliche Wißbegier. Schlägt man aber in meinem Buch die betreffende Stelle nach, so findet man darüber so ein­ gehende Angaben, wie sie bei der Dürftigkeit der Quellen (ungefähr ein halbes Dutzend von Erwähnungen in rund 2x/2 Jahrhunderten!) nur möglich sind. Hat Herr Sch. das nicht gelesen? Vielleicht wird er mir von hoher Warte herab antworten: das sei „eine rein registrierende Darstel­ lung“, „die eigentliche Arbeit hätte nach diesen Vorarbeiten erst einzusetzen“. Ich stelle ihm frei, mit Hilfe meiner „Vorarbeiten“ die „eigentliche“ Arbeit zu leisten; ich möchte gerne sehen, wie Herr Sch. Dinge, über die wir schlechter­ dings nichts wissen können, weil die bisher bekannten Quel­ len völlig versagen, auf die Entfernung von 7 und 8 Jahr­ hunderten in Erfahrung bringt. Es wäre nicht hübsch von ihm, wenn er sein Verfahren, mit dem sich auch solche

357 Probleme lösen lassen, der Allgemeinheit vorenthielte. Ich fürchte nur stark, Herr Dr. Schaffer verwechselt die histo­ rische Methode mit der Kunst, historische Romane zu schreiben. Ein drittes Beispiel. Ganz am Schluß (S. 424 unten) bemängelt Herr Sch. das Fehlen eines Ortsregisters und gibt in versteckter Weise zu verstehen, ich hätte mir wohl aus Bequemlichkeit diese Arbeit erspart. Hätte Herr Sch. seine Durchsicht meines Buches auch auf das Vorwort zu erstrecken geruht, so hätte er dort Aufschluß finden kön­ nen, falls es ihm darum zu tun war. Ich hätte dort noch hinzufügen können, daß das Register, das zum größeren Teil aus höchst gleichgültigen, nur einmal erwähnten Ortsnamen, die niemand nachschlägt, bestehen würde, den Druck in un­ verantwortlicher Weise verteuert hätte; denn die Druck­ zuschüsse, über die ich verfügte, reichten genau für den Druck des Textes und keinen halben Bogen weiter. Ich hatte außerdem im Vorwort ausführlich gesagt und begrün­ det, daß die Darstellung der Verwaltungsorganisation einer späteren Arbeit Vorbehalten bleibe. Aber warum soll Herr Sch. davon Notiz nehmen? Munter und unbeschwert von lästiger Sachkenntnis beanstandet er das Fehlen eines Ka­ pitels über die Verwaltung des Territoriums. Es ist selbstverständlich, daß ein Rezensent, der mit sol­ cher Gründlichkeit liest, auch viel besser als der Vf., der sich drei Jahre lang mit der Sache beschäftigt hat, weiß, wie es eigentlich hätte gemacht werden müssen. Denn so, wie ich mein Buch anzulegen für gut gefunden habe, findet es keine Gnade vor den Augen des gestrengen Herrn Kritikers. Es steht ihm vor allem viel zu viel darin, was seiner Meinung nach überhaupt nicht hineingehört. Daß ich mich mit dem Reichsgut und den staufischen Eigengütern, die im 13. Jahr­ hundert alle von Nürnberg aus verwaltet wurden, so ein­ gehend beschäftige, kann er gar nicht billigen. Desgleichen nicht, daß ich der Geschichte der Reichsbeamten in Nürn­ berg und sogar in den einzelnen Aemtern nachgegangen bin. Er ,,gewinnt den Eindruck“, daß ich ,,nicht imstande war,

358 überflüssiges Material abzustoßen“. Es ist gewiß außer­ ordentlich bedauerlich, daß sowohl die Tübinger Historiker und Juristen wie die verschiedenen Rezensenten wie mit Blindheit gegen diese Fehler geschlagen waren, ja daß unter ihnen Männer, die in der wissenschaftlichen Welt einen Namen haben, merkwürdigerweise gleich mir dieses „über­ flüssige Material“ für einen unentbehrlichen Bestandteil meiner Untersuchungen halten und darin eine wertvolle Leistung und Bereicherung der Wissenschaft sehen1). Aber jetzt ist ihre Unwissenheit enthüllt, denn zum Glück für unser Jahrhundert haben wir außer diesen Ignoranten noch einen Herrn Dr. Schaffer, dessen un­ bestechlicher Scharfsinn entdeckt, was der Verstand der Verständigen nicht gesehen hat. Doch Scherz beiseite: ich müßte fürchten, sachverständige Leser zu langweilen, wollte ich hier umständlich auseinandersetzen, warum für die Be­ antwortung der verwickelten Frage — um die bekanntlich ein jahrhundertelanger Prozeß geführt wurde —, wie es eigentlich mit der Landeshoheit im sogen. Nürnberger Ter­ ritorium steht, die ganze Rechtslage in ihrer geschichtlichen Entwicklung bis ins Einzelne neu untersucht werden mußte. Ich hätte mir gewiß die Arbeit gespart, die für die ersten 105 Seiten und das Kapitel über das kaiserliche Landgericht nötig war und die zu den umständlichsten und schwierig­ sten der ganzen Untersuchung gehörte, wenn ich diese Frage, die für die Erkenntnis der Entstehung des Nürn­ berger Territoriums ja wohl nicht ganz unwichtig ist, auf einfachere und bequemere Weise hätte lösen können. Daß ich dazu dann auch das ganze verfügbare Material heran­ zog und mich nicht auf die Landstriche beschränkte, die mehr oder minder zufällig später von der Stadt erworben worden sind, versteht sich für jeden, der in solchen Sachen einige Erfahrung hat, von selbst. Ich wäre ja sonst Gefahr gelaufen, am aufschlußreichsten Material vorbeizugehen. *) Daß die vorhandene Literatur darüber (auch Nieses schönes Buch) noch nicht genügt, hat J. Haller im Neuen Archiv für ältere deutsche Geschichtskunde 45, 1924, S. 54 (mit Anm. 1) hervor­ gehoben.

359

Daß ich dabei des Guten eher zu wenig als zu viel getan habe, zeigen die wertvollen Aufschlüsse, die das von W. Kraft veröffentlichte Pappenheimer Urbar neuerdings geliefert hat. Herr Dr. Sch. freilich weiß es besser. Mit der Miene des Kenners verlangt er: ich hätte die Entstehung und Ent­ wicklung des Nürnberger Rates tlarlegen und sein Ringen mit den Reichsgewalten um den Besitz des Nürnberger Ter­ ritoriums darstellen sollen. Das wäre seiner Meinung nach der richtige Ausgangspunkt für die ganze Arbeit gewesen. Herrn Sch.’s Forschungen auf dem Gebiet der Nürnberger Geschichte scheinen sich noch nicht sehr weit erstreckt zu haben. Denn sonst hätte er wissen müssen, daß über die Entwicklung des Nürnberger Rates immerhin schon soviel bekannt und längst gedruckt ist, als ich für meine Unter­ suchungen nötig hatte; weiter brauchte ich mich darauf nicht einzulassen, da ich nicht die Geschichte der Nürn­ berger Stadtverfassung von neuem zu schreiben beabsich­ tigte. Zweitens hätte er wissen müssen, daß von einem Rin­ gen des Rates mit den Reichsgewalten um Territorialbesitz keine Rede ist. Denn nicht mit den Reichsgewalten hat die Stadt um ihr Landgebiet zu ringen gehabt; es waren andere Mächte, mit denen sie sich hiebei auseinandersetzen mußte — jeder Anfänger auf dem Gebiete der Nürnberger Ge­ schichte weiß das —, und die ganze Geschichte der Reichs­ stadt bis zu ihrem Ende ist davon erfüllt. Und hier handelt es sich eben — ich komme auf das oben Gesagte zurück — um das Gebiet, das einst dem Reich gehörte und von Reichs­ beamten verwaltet wurde, und die ganzen endlosen juristi­ schen Streitigkeiten der Stadt mit ihren Nachbarn, wem eigentlich die hohe Obrigkeit dort gehöre und was sie ent­ halte, sind nur durch eingehende Untersuchung der Rechte des Reichs und der Befugnisse der verschiedenen Reichs­ beamten aufzuhellen. Die Kenntnis solcher elementarer Dinge sollte man eigentlich bei einem Nürnberger Archivar voraussetzen dürfen. Auf die weiteren verfassungsgeschichtlichen Bemän-

360 gelungen, die Herr Sch. da und dort verstreut vorbringt, weiter einzugehen, hat wenig Zweck. Denn sie zeichnen sich durch ein solches Maß von Unklarheit und mangelnder Sachkenntnis aus, daß darüber gar nicht zu diskutieren ist. Nur einige Beispiele. S. 421 meint Herr Sch.: In Zweifels­ fällen, ob es sich um Reichsgut oder kgl. Hausgut handele, könnten die späteren Revindikationsbestrebungen Anhalts­ punkte liefern. Theoretisch eine richtige Ueberlegung. Aber nur jemand, der die quellenmäßige Wirklichkeit noch nie studiert hat, wird die Naivität besitzen, sie allen Ernstes auszusprechen und drucken zu lassen. Denn jeder Kenner der Quellen weiß, daß bereits im 12. und 13. Jahrhundert in sehr vielen Fällen, dank der teilweise jahrhundertealten ge­ meinsamen Verwaltung, über die ursprünglichen Rechts­ verhältnisse keine Klarheit mehr zu gewinnen war. Hätte Herr Sch. nähere Kenntnis von der Geschichte der Stadt Nürnberg, so wäre ihm mehr als ein Beispiel gegenwärtig. — Herr Sch. wünscht (S. 423 unten) Aufschluß über den „Charakter der Vogtei Hersbruck“. Soweit ich mit dem Ausdruck „Charakter einer Vogtei“, mit dem Herr Sch. hier — gewiß um mir ein Vorbild für die Anwendung von „klaren, festumrissenen Begriffen“ zu geben — die rechts­ geschichtliche Terminologie bereichert, überhaupt etwas an­ fangen kann, sehe ich nur zwei Möglichkeiten. Entweder hat er das, was ich darüber des Langen und Breiten aus­ führe, gar nicht gelesen oder begriffen, oder aber er ver­ mißt in meinem Buch noch eine Erklärung, was eigentlich eine Vogtei ist. Dann schiene es mir doch empfehlenswert, Herr Dr. Sch. schaffte sich erst einmal die elementarsten Kenntnisse in der mittelalterlichen Verfassungsgeschichte an, ehe er das. Rezensieren unternimmt. Ich wäre auf diese Vermutung gar nicht gekommen, wenn nicht Herr Sch. An­ fang 1930 in einer Fehde mit W. Kraft (über die Lage des Nürnberger Königshofes) Kenntnisse entwickelt hätte, die alles möglich scheinen lassen *). — Nicht besser steht es A) S. Fränkische Monatshefte 1930, S. 173 ff. Die durch Kraft widerlegte alte Anschauung habe ich in meinem Buch (S. 2) noch vorgetragen; ich benütze die Gelegenheit auf’ diesen Fehler hin-

mit dem Rat: ich hätte meine neuen Beobachtungen über das Verhältnis von Landeshoheit und hoher Gerichts­ barkeit 2) in einem Hauptkapitel in den Mittelpunkt der ganzen Darstellung rücken sollen, statt in einen Exkurs. zuweisen. Im übrigen gedenke ich mich hier nicht zum Anwalt W. Krafts aufzuwerfen, der seine Sache gegen Sch., wenn er es für der Mühe wert hält, wohl selbst führen wird. Aber wer, wie Sch. a. a. O. tut, aus vermeintlichen Beobachtungen von einem scharf eingehaltenen Bedeutungsunterschied zwischen „in“ und „apud“ im Mittelalter allen Ernstes weittragende Schlüsse ziehen will, der zeigt damit nur blutigen Dilettantismus, dem es noch sehr an Vertrautheit mit dem mittelalterlichen Urkundenwesen und dem mittelalterlichen Latein fehlt, und sollte in solchen Fragen lieber nicht mitreden wollen. Daran ändert auch der Hinweis auf 5V2 Tausend Königsregesten und 35 Tausend Papsturkunden nichts, mit dem Sch. seine Behauptung stützen will. Derlei imponiert nur Un­ kundigen. Ganz fehl geht der Versuch, Krafts durchschlagenden Hinweis auf die Bezeichnung von Domkirchen „apud Mogontiam, apud Ratisbonam“, der aus den verschiedenen Jahrhunderten des Mittelalters leicht vermehrt werden kann (z. B. überwintert Karl d. Gr. apud Aquis palatium — vermutlich doch nicht im Freien? Mon. Germ. SS. I, 35 ff. wiederholt; Papst Eugen III. stirbt apud Tiburtum, wird apud Farvensem abbatiam konsekriert, feiert apud Bitervum Ostern; Hadrian IV. stirbt apud Anagiam, wo er sich schon länger aufgehalten hat, usw. Watterich II, 283. 284. 336. Das sind nur zufällig, ohne Absicht aufgelesene Beispiele. Vgl. auch den Thesaurus unter apud), zu entkräften mit der Be­ hauptung : der Grund liege in der rechtlichen Sonderstellung des Domes als Immunität. Wäre das richtig (der Regens­ burger Dom z. B. liegt nun einmal inmitten der Stadt und keine juristische Spitzfindigkeit vermag die Bezeichnung „bei Regens­ burg“ zu rechtfertigen), dann hätte Sch. seine eigene Beweis­ führung für Nürnberg widerlegt. Denn auch der Königshof genießt natürlich diese Sonderstellung. Aber das war wohl Herrn Sch. wieder unbekannt. Sonderbarerweise scheint Sch. sich vorzustellen: Königsurkunden, die „apud Norinberg“ datiert sind, müßten alle­ samt in dem kgl. Wirtschaftshof ausgestellt worden sein. Wenn ich recht berichtet bin, gab es in Nürnberg auch so etwas wie eine kgl. Burg, auf der — zumal seit dem Bau Barbarossas — der Aufent­ halt für den König vermutlich angenehmer war als zwischen den Scheunen und Ställen des Wirtschaftshofes unten auf der anderen Flußseite. Damit fallen aber seine sämtlichen Folgerungen für die Lage des Hofes. Eine einzige Groteske ist seine Deutung der domus palatine mitsamt dem Exkurs über die Auditoren der päpst­ lichen Rota; sie beweist nur, daß ihm weder klar ist, was das Pfalzgericht war, noch daß er mit dem Du Cange umgehen kann, was man nämlich auch verstehen muß. Dem Vernehmen nach soll Herr Sch. mit der Herausgabe des geplanten Nürnberger Urkunden­ buches betraut sein. Da kann man sich ja auf einiges gefaßt machen. 2) Nebenbei bemerkt ist das das Einzige, was Herr Schaffer in seiner 4^2 Seiten langen Rezension von den neuen Ergebnissen meiner Arbeit zu erwähnen für nötig hält.

362

Wer eine Ahnung davon hat, was für ein weittragendes und schwieriges Problem damit angerührt ist, der wird begrei­ fen, daß ich diese Dinge mit der nötigen Zurückhaltung behandelt habe. Denn um diese Frage, deren neue Lösung ich auf Grund fränkischen Materials im Exkurs vorläufig nur andeuten konnte, endgültig zu entscheiden, dazu sind die umfassendsten Untersuchungen in sämtlichen deutschen Landschaften nötig. Dazu müßte man vor allem einmal erst genau wissen — was man bisher nämlich nicht weiß —, was der Graf im deutschen Früh- und Hochmittelalter gewesen ist, wie Grafschaft, Gericht, Vogtei usw. Zusammenhängen oder nicht Zusammenhängen. Dinge, für die ich seit Jahr und Tag urkundliches Material sammele, die aber nicht sobald spruchreif sind. Dann werde ich auch Herrn Sch. Antwort auf seine naive Frage geben können: wie es mit der Territorialhoheit vereinbar ist, daß die Stadt Nürnberg nicht die Hochgerichtsbarkeit über den Grundbesitz außer­ halb ihrer Mauern besaß. Wenn wir dafür schon eine runde, nette Erklärung geben könnten, wären wir ein gut Stück weiter in unserer Erkenntnis der spätmittelalterlichen Verfassungsentwicklung. Es ließe sich noch manches sagen, so über die Bücher, die ich zu benützen oder zu zitieren unterlassen habe — Herr Sch. scheint die von ihm genannten schon recht lange nicht mehr in der Hand gehabt zu haben, sonst hätte er wohl gesehen, daß sie für meine Zwecke nichts enthalten, was ich nicht schon selbst aus den Urkunden herausgeholt habe —, aber es mag genug sein. Ich bin natürlich weit entfernt von dem vermessenen Wahn, als ob es mir hier gelungen wäre, Herrn Dr. Schaffer davon zu überzeugen, daß er mit seiner Kritik gründlich in die Irre gegangen ist. Er wird wohl nach wie vor darauf beharren, daß er recht gehabt hat und daß die Gelehrten in Tübingen und anderswo, die über mein Buch anders urteilen, eben nichts von der Sache verstehen. Ob er freilich damit viele Gläubige finden wird, ist eine andere Frage. Doch mir liegt es ferne, ihn seines Vergnügens zu berauben. Es ist

363

nun einmal nach Bismarcks Ausdruck in Deutschland so, daß bei uns niemand ist, der nicht vom Kriegführen bis zum Hundeflöhen alles besser verstünde als sämtliche gelernte Fachmänner. Warum sollte uns also Herr Dr. Schaffer nicht über die richtige Arbeitsweise auf dem Gebiet der Rechts- und Verfassungsgeschichte belehren? Tübingen.

Dannen bauer.

„Die Entstehung des Territoriums der Reichsstadt Nürnberg.“ Herrn Dr. Dannenbauer als Entgegnung.x) Sehr geehrter Herr Privatdozent! Vorlesungen zu halten, überlasse ich Ihnen. Man darf da Glück wünschen, denn den Ton beherrschen Sie vorzüg­ lich. Mit dem Inhalt freilich ist es eine andere Sache. Herz­ liches Beileid, daß sich hier der Kursstand noch nicht gebes­ sert hat. Aber da Sie die Sache so vorzüglich zu beherr­ schen glauben, darf ich doch mit Ihrer gütigen Erlaubnis noch einige „naive“ Fragen stellen und einige „einfältige“ Bemerkungen machen. Am meisten scheint Ihnen „das Fehlen von kla­ ren und festumrissenen Begriffen“ auf die Nerven gefallen zu sein 2). Sie wünschen offenbar eine nähere Erläuterung. Ich will sie Ihnen nicht vorenthalten. Sehen wir uns die Disposition Ihres Buches an! Da heißt es im I. Teil: 1. Abschnitt: Das Reichsgut: i.Kap.: Das älteste Reichsgut; 2. Kap.: Die bambergischen Kirchenlehen auf dem Nordgau; 3. Kap.: Die Eigen­ güter des staufischen Hauses auf dem Nordgau; 4. Kap.: Reichsstädte. Das soll doch heißen, daß das in den einzel­ nen Kapiteln Aufgeführte, entsprechend dem Obertitel, lau*) Vgl. Anm. auf S. 353. *) Es berührt dies etwas seltsam, machen Sie doch selbst gegenüber Werminghoff den Vorwurf (S. 143), er habe trotz Stu­ diums der Landgerichtsarchivalien die sachliche Zuständigkeit des Landgerichtes „nicht klar genug beachtet“.

364

ter Reichsgut ist, also auch die staufischen Eigengüter und die Bamberger Kirchenlehen. Sehen Sie, Herr Privatdozent, so etwas nennt man unklare Begriffe! Bisher war es nicht üblich, Kirchenlehen so schlechthin als Reichsgut zu be­ zeichnen und noch weniger Eigengüter, selbst wenn sie solche des staufischen Hauses sind. Weshalb bemüht man sich denn nachher so sehr, Hausgut, Reichsgut und Kirchen­ gut zu trennen? Was würden die durch die Revolution ab­ gesetzten Fürsten sagen, wenn ein Rechts historiker zwi­ schen Eigengut und Staatsgut keinen Unterschied machte, weil beide gleichmäßig verwaltet und dem gleichen Zweck dienstbar waren? Nennen Sie wohl auch den Druckkosten­ zuschuß der Stadt Nürnberg eine Spende der Notgemein­ schaft, weil Sie ihn gleich diesem behandeln und dem glei­ chen Zweck zuführen? Ein R e c h t s historiker müßte solche Begriffe doch mit der nötigen Schärfe fassen, zumal sie den Aufbau des ganzen ersten Abschnittes Ihres Buches bedingen. Glauben Sie im Ernst, solche Fehler der Logik würden behoben, wenn jedes Kapitel noch eine eigene Ueberschrift bekommt? Sie hätten besser dem ganzen Abschnitt eine andere Ueberschrift gegeben, die die Untertitel nicht ausschließt, sondern einschließt. Da aber der größte Teil des ganzen ersten Abschnittes Ihres I. Teiles eigentlich nicht zur Sache gehört, weil er weder räumlich noch rechtlich etwas mit dem Nürnberger Territorium zu tun hat, wollen wir den II. Teil etwas „durchsehen“; nicht zu gründlich, sonst werden wir heute nicht mehr fertig. Die Disposition ist hier womöglich noch schlechter als im I. Teil. II. Teil: Die Entstehung der Hoheitsrechte der Stadt über Landgebiet. i.Kap.: Städtischer Landbesitz; 2. Kap.: Bürgerlicher und sonstiger städtischer Besitz; 3. Kap.: Hohe Gerichts­ barkeit und Landeshoheit. Das Landgericht Nürnberg; 4. Kap.: Die Pflegeämter Lichtenau und Hilpoltstein; 5. Kap.: Der Nürnberger Grundbesitz; 6. Kap.: Die Er-

365 Werbung der pfälzisch-baierischen Aemter; 7. Kap.: Die jungpfälzischen Aemter. Unter dem städtischen Land besitz erscheinen dann zur Ueberraschung des Lesers Oeffnungs rechte, Vog­ te i e n, Patronats rechte und nehmen den gleichen Raum ein wie der Land besitz. So eine Vermengung von L a n dbesitz und Rechten ist begrifflicher Wirrwarr, der einem Rechtshistoriker kaum zu verzeihen ist. Wenn Sie aber im 1. Kapitel den städtischen Landbesitz behandeln, warum brin­ gen Sie im 2. Kapitel noch einmal ,,sonstigen städtischen Be­ sitz“? Hätten Sie diesen „sonstigen Besitz“ nicht besser an die Stelle der erwähnten Rechte ^gesetzt? Und was soll die Verbindung: „Bürgerlicher und sonstiger städtischer Besitz“? Das heißt doch, daß Sie den bürgerlichen und städtischen Besitz identifizieren? Nein, Herr Rechtshisto­ riker, mit so unklaren Begriffen können Sie auch einem „Lateinschüler“ nicht imponieren und der einfachste Bürger Nürnbergs würde sich schönstens bedanken, wenn Sie sein Haus als „sonstigen städtischen Besitz“ in Anspruch neh­ men wollten. Im 3. Kapitel glaubt man der Ueberschrift nach endlich dem Hauptproblem der Landeshoheit nahezurücken. Weit gefehlt! S. 131 erfahren wir, daß nur eine alte Streitfrage von neuem untersucht wird, wem nämlich die hohe Gerichts­ barkeit in gewissen Gebieten zustand. Es handelt sich um Gebiete, bei denen die Nürnberger Hoheit stets strittig ge­ blieben ist, die also streng genommen vom Territorialstaat Nürnberg auszuschalten sind. Dabei betrachten Sie die hohe Gerichtsbarkeit gar nicht als Hauptmoment der Landes­ hoheit! Weshalb dann diese neue Untersuchung? „Keine Rolle dagegen spielt und hat in dieser Frage [der Landeshoheit] gespielt das Landgericht des Burggrafen­ tums.“ Trotzdem folgt darüber mitten in der Unter­ suchung ein langer Exkurs, der in der Luft hängt wie ein ausgekommener Kinderballon an einer Fernleitung. Für diese Auseinandersetzung über das Landgericht wäre der Platz gewesen im 2. Abschnitt Ihres ersten Teiles, wo Sie

366 von den Reichsbeamten in Nürnberg sprechen und das Landgericht behandeln. Allein dort ist Ihnen die Haupt­ sache, Listen dieser Beamten aufzustellen. Wo behandeln Sie, daß am Anfang des 14. Jahrhunderts vier konkurrierende Gewalten nebeneinander bestanden: der Burggraf, dem Sie selbst die Hochgerichtsbarkeit zuerkennen; der Landvogt, von dem noch 1350 eine Urkunde sagt: ,,Und waz auch todslege in dem gerichte [Zeidlergericht im Reichswald] geschehen, daz gehört einem lantvogt an oder dem, der es von uns oder von dez reiches wegen hat“ *); der Schult­ heiß, dessen Hochgerichtsbarkeit mindestens seit Fried­ rich II. feststeht; der Butigler, der 1309 die Gerichts­ barkeit über Forstmeister und Zeidler hat nach einer Ur­ kunde Heinrichs VII., die noch 1353 vom Landrichter vidimiert wird. Für die Erforschung der Landeshoheit wäre es verdienstlicher gewesen, die Kompetenzen dieser vier Ge­ walten gegeneinander abzugrenzen, deren gegenseitiges Auf­ teilen und Aufzehren zu verfolgen, statt die Grenzen des Landgerichtes zu erörtern, das nach Ihren eigenen Angaben mit der Landeshoheit nichts zu tun hat. Aber in Ihrer Er­ widerung (S. 359) sagen Sie ja, daß von einem Ringen des Rates (weshalb enthalten Sie uns seine Entstehungs­ geschichte vor?) mit den Reichsgewalten keine Rede ist. Wahrscheinlich fiel dem Rat alles von selbst in den Schoß! ,,Nach 1265 erfahren wir von den Butiglern kaum mehr als vereinzelte Namen“, weil deren Existenz und Tätigkeit nicht in Ihrem Kram paßt. Es gibt nämlich nach 1265 noch viele Erwähnungen von Butiglern, die Sie eben nicht kennen. Das Landgericht muß „ zwischen 1249 und 1265 vom Butigler auf den Burggrafen übergegan­ gen sein“, wer aber vor dem Butigler die hohe Gerichtsbarkeit hatte, macht Ihnen kein Kopfzerbrechen. Für Sie gibt es eine Nürnberger Geschichte erst mit Entstehen des Reichssalbüchleins. Daß damit die erste Periode bereits abschließt und daß das Reichssalbüchlein entstand, weil eben große *) München Hauptstaatsarchiv, Nürnberg Reichsstadt, Fasz. 378.

367 Veränderungen im

Reichsgut vor sich gegangen waren,

kommt Ihnen gar nicht zum Bewußtsein.

Sie hätten sonst

vielleicht eine Einteilung gefunden: Vom Beginn Nürnbergs bis zur Auflösung des Königshofes; in diese Zeit fällt näm­ lich der große Freiheitsbrief Friedrichs II., der für die Lan­ deshoheit nicht ohne Bedeutung sein soll; dann bis zur Ver­ drängung des Butiglers und Landvogts, dann bis zur Ver­ drängung des Burggrafen aus Nürnberg, dann bis zur Ver­ drängung der alten Kirchenhoheit durch die Reformation. Sie hätten so auch nicht die Vogtei- und Patronatsrechte an den ,,Städtischen Landbesitz“ zu hängen brauchen, denn die Erwerbung kirchlicher Hoheitsrechte ist ein Ziel, das Nürn­ berg mit Zähigkeit Schritt für Schritt verfolgt.

Und da wir

nun einmal bei Ihrem Kapitel ,,Hohe Gerichtsbarkeit und Landeshoheit“ stehen, in dem von Gerichtsbarkeit nur Strit­ tiges, von Landeshoheit nichts enthalten ist, so sei auch nach Zoll und Münze gefragt, die Sie totschweigen, und nach dem Bergregal, das der Markgraf für seine Landesherrlich­ keit für notwendig hielt. Schauen wir aber noch ein Stückchen weiter in Ihrer scharfsinnigen Einteilung, so finden wir im 4. Kapitel: ,,Die Pflegämter

Lichtenau

und

,,Bürgerlicher Pfandbesitz“.

Hilpoltstein“

ein

Anhängsel:

Hätte denn dieser ,,Bürgerliche

Pfandbesitz“ nicht besser Platz gefunden im 2. Kapitel: ,,Bürgerlicher und sonstiger städtischer Besitz“?

Aber Ver­

zeihung, beinahe hätte ich vergessen, daß Sie dort bürger­ lichen und städtischen Besitz identifizieren.

Hier bedeutet

„bürgerlich“ in ganz scharfer Fassung offenbar etwas an­ deres, sonst käme dieser „bürgerliche Pfandbesitz“ sicher nicht ins 4. Kapitel. Und jetzt folgt gar noch ein 5. Kapitel: „Der Nürn­ berger Grundbesitz“.

Wie unterscheidet sich denn dieser

vom „städtischen Landbesitz“ und vom „bürgerlichen und sonstigen städtischen Besitz“?

Daß es sich um etwas ganz

Besonderes handelt, verrät der 1. Satz des Kapitels: „Es wäre ein aussichtsloses Unterfangen, wollte man die Ent­ wicklung des Grundbesitzes, den die Nürnberger Bürger auf

368 dem Lande erwarben [also doch bürgerlicher Grundbesitz!] ebenso zu schildern versuchen, wie die anderen Hoheits­ rechte“. Ah so! Die Entwicklung des Grund­ besitzes ist hier bereits ein Hoheitsrecht gewor­ den, wie die anderen Hoheitsrechte! Alle Achtung vor sol­ cher Schärfe des Begriffes und Ausdrucks! Zwei Seiten weiter ist dieser Grundbesitz, den die Nürnberger Bürger erwarben, schon wieder städtischer Besitz geworden, denn Sie wollen jetzt „die Verteilung des städtischen Grund­ besitzes auf Bürgertum und kirchliche Anstalten zeigen“. Damals lief also der Kommunismus den um­ gekehrten Weg. Es bekamen Bürger und Kirche etwas! Man muß sich schon durch die Tabellen im Text erholen bis Seite 166, wo der verteilte Grundbesitz wieder städti­ scher Besitz wird, um auf der nächsten Seite wieder an bürgerliche und kirchliche Eigentümer überzugehen, die nun doch als Eigenherren richten dürfen. Es ist gut, daß es noch pfälzische Aemter gibt, sonst käme noch ein 6. und 7. Kapitel über „Städtischen Landbesitz“, „Bürgerlichen und sonstigen städtischen Besitz“, Grundbesitz mit strittiger Hoheit, Pflegeämter, die nichts anderes als städtischer Be­ sitz sind, und „Nürnberger Grundbesitz“. Sie verfügen ohne Zweifel über Variationsgabe, aber scharfe Begriffe gehen Ihnen völlig ab. All das könnte man übersehen, wenn Sie wenigstens vom Territorium selbst einen klaren Begriff hätten. Aber nachdem Sie S. 114 festgestellt hatten, daß Nürnberg durch­ aus nicht alleiniger Herr der Reichswälder war, da der Burggraf sich Geleit, Lehen und Wildbann Vorbehalten hat, daß die Geuder zu Heroldsberg bis zum Ende der Reichs­ stadt das Halsgericht behielten, daß Nürnberg die Hals­ gerichte in Neunhof, Eschenau und Lonnerstadt nicht in seine Gewalt bringen konnte, daß die Gerichtsbarkeit zu Wendelstein strittig blieb, daß endlich. Nürnberg 1454 dem Landgericht über alle Leute und Güter außerhalb der Mauern die Gerichtsbarkeit zugestehen mußte, soweit Erb, Eigen und Realdienstbarkeiten in Frage kamen (S. 140),.

369 da war ein gut Teil Ihrer landeshoheitlichen Felle davon­ geschwommen. Um aber doch einen Teil zu retten, bringen Sie in einem bescheidenen Exkurs Ihre „Neuentdeckung“, daß in Franken die Hochgerichtsbarkeit allein nicht die Territorialhoheit begründe. So weit waren andere auch, daß zur Hochgerichtsbarkeit noch einige andere Rechte kommen müssen zur Begründung der Hoheit. Wesentlicher erscheint Ihnen Polizei, Besteuerung und Heeresfolge. Für die an­ dere Frage, ob die drei letzten Hoheitsrechte ohne Hoch­ gerichtsbarkeit eine Landeshoheit begründen, hat es nicht mehr gereicht. Es gibt eben eine dritte Möglichkeit, daß bei Trennung dieser Hoheitsrechte die Landeshoheit strittig blieb oder keine vollkommene war. Es scheint Ihnen die Sache selbst nicht recht geheuer vorzukommen, wie die Verklau­ sulierungen in Ihrer Erwiderung beweisen. Darum haben Sie vorsichtiger Weise Ihre „Neuentdeckung“ an das Ende gesetzt, wo besser noch ein gut Teil Ihrer Arbeit Platz ge­ funden hätte. Sie hatten Angst vor Ihrer eigenen Courage! Aus der Unklarheit Ihres Begriffes von der Landeshoheit konnten Sie auch den herrlichen Satz schreiben (S. 173 f.), „daß es Nürnberger Untertanen neben fremdherrischen [eigene Sprachschöpfung?] gibt, daß die Grunduntertanen unter fremder hoher Gerichtsbarkeit genau so I^htertanen der Stadt sind, wie die unter eigener Hoheit“. Aber gerade wenn es ans Halsabschneiden geht, ist es nicht so gleich, ob man der einen oder anderen Hoheit angehört, zu­ mal wenn beide verschiedener Meinung sind. Haben Sie übrigens auch schon einmal im Zusammenhang mit der Territorialbildung etwas von der Ausbildung eines einheit­ lichen Untertanenverbands gehört? Und wo steht in Ihrer Arbeit ein Wort davon, ob es dem Rate glückte, die auf Grund verschiedener Titel (Lehen, Vogtei, Erbschaft, Kauf, Gewalt, Säkularisation) erworbenen Gebiete räumlich und rechtlich zu einem geschlossenen Ganzen abzurunden, in dem der Rat als einheitlicher Träger der obrigkeitlichen Gewalt erscheint? Personalunion für verschiedene'Gebiete und Rechte würde noch lange keine Landeshoheit begrün­ den. Nicht nur an klaren, festumrissenen Begriffen ein24

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schließlich des Vogteibegriffes fehlt es, sondern auch an einem straffen zielsicheren Aufbau. Endlich sei noch gesagt, daß Sie die Lage Nürnbergs, die nicht wenig zur Bildung des Territoriums beitrug, nicht im mindesten würdigen. Ganz abgesehen von der han­ delspolitischen Lage lag die Stadt für die Staufer auf dem Weg von Schwaben zum Egerland, für die Lützel­ burger von Böhmen zum Rhein, für die Wittelsbacher von Bayern nach Brandenburg. Glauben Sie, daß Nürnberg seine Privilegien seiner blauen Augen wegen bekam: den großen Freiheitsbrief Friedrichs II. als Grundlage der Landes­ hoheit; das Privileg Heinrichs VII. mit dem Besetzungs­ recht der Burg bei Vakanz des Königsstuhles als Hebel zur Beseitigung des Burggrafen; die vielen Briefe Ludwigs des Bayern und Karls IV. zur Befestigung und Erweiterung der gewonnenen Rechte? Aber ordnende Gesichtspunkte fehlen Ihnen. Sie stehen auf einem hohen Katheder, reiten ein hohes Roß, im übrigen reihen Sie Ihr erarbeitetes Ma­ terial auf wie ein Mädchen seine Glasperlen an einer Schnur. Schließlich sei noch eine „naive“ Frage gestattet: Welche Beweggründe trieben den Rat zu seiner Territorial­ politik? War es reiner Machthunger oder schlummerten im Hintergrund auch andere Motive, etwa die Sorge des Patriziats um den eigenen Grundbesitz? Ist es nicht von Reiz, gerade den Triebfedern bei Gründung eines Stadt­ territoriums nachzugehen, da hier dynastische Beweggründe in den Hintergrund treten? Vielleicht schwebte dem Nürn­ berger Rat auch ein Vorbild vor Augen; vielleicht gibt es Beispiele, nach denen das Territorium gegliedert und ver­ waltet wurde! Hier wäre Gelegenheit zur Forschung ge­ wesen, statt den für die Territorialbildung unnötigen Bal­ last des Reichsgutes herumzuschleppen. Und nun noch eine Stichprobe aus Ihrem „wertvollen und unentbehrlichen Material“. Sie meinen, zwischen 1249 und 1265 sei kein Butigler erwähnt und wagen den kühnen Schluß, daß in dieser Zeit „das Landgericht vom Butigler auf den Burggrafen übergegangen ist“ (S. 85). Allein es

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ist ein Butigler erwähnt, und zwar am 2. Februar 1253 x) mit Namen Konrad. Auch sonst gibt es, wie gesagt, noch eine Reihe von Erwähnungen, die Sie nicht kennen. Nur darf man nicht Ihre gründliche Art anwenden und in die „Liste der Butigler“ 1266 einen Heinricus de Lapide aufnehmen, der schon deshalb verdächtig erscheint, weil 1265 März 23 ein Cunrad de Kurnburg und 1266 Oktober 16 ein Winhard von Rorbach erscheint, also drei in fast einem Jahr. Nimmt man die Urkunde von 1266 zur Hand, so findet man, daß dieser Heinrich de Lapide früher einmal Butigler war. Aber was kümmert das einen großen Geist! Wenn Ihre übrigen Beamtenlisten mit derselben Gründlichkeit an­ gelegt sind, wird man gut tun, dieses „wertvolle Material“ bei der Benützung stets einer eingehenden Prüfung zu unter­ ziehen. Rührend aber ist es, wie ein so gründlicher Urkunden­ leser *2) sich um ein noch nicht erschienenes UrkundenA) München Hauptstaatsarchiv, Seligenporten Kl., Fasz. 2. 2) Es ist also durchaus nicht verwunderlich, daß Sie in Ihrer Anmerkung über die Bedeutung von „apud“ zwischen chroni­ kalischen und urkundlichen Nachrichten nicht zu unter­ scheiden vermögen. Auch dadurch verraten Sie wieder, wie scharf und festumrissen Ihre Begriffe sind. Vielleicht sehen Sie sich auch „zufällig und ohne Absicht“ die Regesta imperii an, wo Rudolf von Habsburg 1276 (no. 612 — 889), also just zu der Zeit, da man auch an eine Uebersetzung mit „zu“ denken könnte, 16 Urkunden bei der Belagerung Wiens „apud Viennnam (in castris)“ ausstellt, während­ er nach seinem Einzug in Wien beinahe 200 „Vienne“ datiert. — Ueber die rechtliche Seite der Immunität der Klöster und Bischofs­ städte sind Sie natürlich ausgezeichnet unterrichtet. Nur belieben Sie die Veröffentlichungen der Görresgesellschaft so wenig zu kennen, wie die der Gesellschaft für fränkische Geschichte. Trotz­ dem soll Ihnen aus ersteren eine Probe nicht vorenthalten werden, die Ihre Immunitätskenntnisse in helles Licht rückt (Hofmann, K„ Die engere Immunität in deutschen Bischofsstädten im Mittelalter, Paderborn 1914, S. 116 ff.) „Die Ummauerung umzog das ganze besiedelte Gebiet, auch das ursprüngliche Kastell. So war neben die urbs das suburbium getreten, beide befestigt, die eine im andern. Die kleine Altstadt war zum guten Teil, wo nicht ausschließlich, von der unfreien bischöflichen bezw. klösterlichen familia bevölkert und war zumeist geistlicher Grundbesitz, nicht ausgeliehen, sondern in eigener Bewirtschaftung stehend, die Vor- oder Neustadt jedoch von einer freieren Einwohnerschaft besetzt. Bei Marktgründungen erhob sich von Anfang an neben dem marktherrlichen Sitz, neben dem Bischofs-, Stifts- oder Klosterhof, die städtische Handelsniederlassung, neben der schon 24*

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buch kümmert. So etwas nenne ich Unvoreingenommen­ heit. Man nehme dazu ein gutes Quantum ,,Voraus­ setzungslosigkeit der Wissenschaft", gebe halb so viel vorhandenen unfreien „Gemeinde“ des Marktgründers das un­ abhängige Element der Marktbewohner. So war auch ein ursprüng­ liches Auseinandergehen von Herrenhof und Stadt in zwei sachlich divergierende Rechtssphären und Niederlassungen gegeben. In allen Bischofsstädten wurde und blieb oft bis tief ins Mittelalter hinein der Bischof Stadtherr, zu dem die Bürgerschaft in einem engeren oder lockeren Abhängigkeitsverhältnis stand. Je mehr sie aber in ihren Selbständigkeitsbestrebungen Erfolg hatte, desto deutlicher trat der Gegensatz zwischen Immunität und Stadt, zwi­ schen Bischof bezw. Domkapitel und Rat, zwischen Geistlichkeit und Bürgerschaft hervor. Es zeigte sich klar die Verschiedenheit beider in verfassungsrechtlicher und wirtschaftlicher Beziehung. Nur örtlich eben bildet — das ist die Quintessenz der bisherigen Untersuchung — die Muntat einen Teil des städtischen Weich­ bildes, nicht aber rechtlich. Abseits vom öffentlichen und kommunalen Recht stehend konstituiert sich eine kleine Sonder­ gemeinde, eine „geistliche Ortschaft“, wie man sie schon genannt hat. Geber und Verwalter des Rechts ist hier die geistliche Obrig­ keit, der Bischof bezw. ein in seinem Namen fungierender Geist­ licher. Alle weltliche Gewalt und jegliches weltliche Recht ist ausgeschlossen; nicht nur dem städtischen Beamten und Richter, sondern auch dem weltlichen Vertreter des Bischofs und Dom­ kapitels ist der Zutritt, die Vornahme von Amtshandlungen und die Ausübung von Gewalt versagt. Wie die Freiheit außerhalb des Stadt-, die Freiheiter außerhalb des Bürgerrechtes standen, so auch außerhalb der Stadtbesteuerung, außerhalb der Bürgerpflich­ ten. Die Immunität stellte sich nicht in den Verwaltungs- und Wirtschaftbetrieb der Kommune ein. Stadt und Freiheit existieren neben-, nicht ineinander, unabhän­ gig voneinander und nicht eine geschlossene Einheit bildend [letzte Sperrung nicht im Originaltext]“. Schärfer kann man kaum die rechtliche und wirtschaftliche Son­ derstellung der Immunität hervorheben. Man braucht sich dies Verhältnis nur einmal klar zu machen, um zu begreifen, wie oft ein Immunitätsherr bei seinen Urkunden bewußterweise „apud“ datiert, auf einem wirtschaftlich und rechtlich neben dem übri­ gen Stadtgebiet liegenden Boden, gerade wenn er seine Sonder­ stellung einem andern gegenüber betonen will. Nur wer keine Ahnung von Muntat hat, kann hier von „juristischer Spitzfindig­ keit“ reden. Daß es auch in Nürnberg Immunitäten gibt, wie St. Aegidien und St. Jakob, brauchen Sie in Tübingen natürlich nicht zu wissen. Die Kenntnis aber, daß ein Königshof kraft Königsrechtes eine Son­ derstellung einnimmt und nicht in das Stadtgebiet eingegliedert werden kann, dürfte man von einem Rechts historiker doch wohl erwarten. Und wo haben denn Sie Ihren „klaren“ Begriff vom Pfalz­ gericht gelassen, Herr Privatdozent? Vergessen, verloren oder nie gehabt, wie so manches in Ihrem Buch? Zum mindesten können Sie nunmehr als vorzüglicher Kenner mittelalterlichen Lateins

373 Ueberheblichkeit dazu, stecke einige fremde Rosinen hinein, mische das ganze zu einem unkenntlichen Brei: das gibt eine herrliche Besprechung eines noch nicht erschienenen Urkundenbuches! Reinhold Schaffer.

Gesammelte Aufsätze und Vorträge von Dr. phil. h. c. Ernst Mummenhoff, Archivdirektor a. D. Heraus­ gegeben vom Verein für Geschichte der Stadt Nürnberg. I. Bd. (mit dem Bildnis des Verfassers nach einem Oelgemälde von Felix Mayer - Felice): Aufsätze und Vorträge zur Nürnberger Ortsgeschichte. Nürnberg, Verlag von Ernst Frommann & Sohn, 1931. 384 Seiten 8 °. Die Geschichtsschreibung pflegt auf die Lokalhistoriker vielfach mit einer gewissen Geringschätzung herabzublicken, ohne zu bedenken, in wie reichem Maße eben diese For­ schung zumal der kulturgeschichtlichen Erfassung der Dinge das eigentliche Material zuführt und wie viel näher ihre Stoffe dem Volksempfinden stehen als die Darlegung der größeren geschichtlichen Zusammenhänge, welch hervor­ ragenden Bildungsfaktor also gerade sie bedeutet. Der langjährige erste Vorstand und jetzige Ehren­ vorsitzende des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg, Ernst Mummenhoff, kann mit seinem erstaunlich reichen Schaffen auf allen Gebieten der Nürnberger Geschichte als ein Prototyp dieser Gattung bezeichnet werden, und es war daher gleichsam eine Ehrenpflicht des Nürnberger GeIhrem Leidensgenossen Dr. Kraft bei seinen neuesten Uebersetzungskünsten zuhilfe kommen. „Secundum mensuram ville sue“ übersetzt er nach dem Maße ihres Dorfes (Fränk. Monatshefte 1930, H. 11/12, S. 325), vergißt aber, daß es sich bei den Schützlingen des Königs um Leute aus fünf verschiedenen, namentlich aufgeführten Dörfern handelt, sodaß man an eine Uebersetzung, wie die erwähnte, nur denken könnte, wenn der lateinische Wortlaut hieße: secundum mensuram villarum suarum. Vielleicht kann da ein Lahmer einem Blinden helfen!

374 Schichtsvereins, die wertvollen, in Tageszeitungen oder an sonstigen entlegeneren Stellen erschienenen Aufsätze und Vorträge Mummenhoffs wieder an das Licht zu ziehen, sie durch eine vom Verein herausgegebene Sammlung sowohl den Liebhabern der Nürnberger Geschichte wie auch der gesamten kulturgeschichtlich interessierten Forscherwelt leicht zugänglich zu machen. Der erste Band dieses auf drei Bände berechneten Wer­ kes liegt nunmehr vor, und es ist dem Rezensenten eine Freude, mitteilen zu können, daß Auswahl und Druck­ legung noch im wesentlichen von dem greisen Verfasser dieser Schriften, den der derzeitige erste Vorstand des Ver­ eins, Archivdirektor a. D. Dr. Emil Reicke, dabei unter­ stützt hat, besorgt worden sind. So konnten denn auch vielfach Aenderungen des ursprünglichen Textes der Ab­ handlungen oder Richtigstellung einzelner Forschungs­ ergebnisse vorgenommen werden, infolge deren sich das stattliche und trefflich gedruckte Buch gewissermaßen als eine neue verbesserte Auflage der in ihm enthaltenen Stu­ dien darstellt. Und auch eine ansehnliche und recht will­ kommene Mehrung dieser Forschungen ist zu verzeichnen, da der Verfasser verschiedene Aufsätze und Exkurse bei­ gesteuert hat, die bisher überhaupt noch nicht im Druck erschienen waren. Im allgemeinen läßt sich auch aus der neuen Veröffent­ lichung, deren erster Band vorzugsweise Beiträge zur Topo­ graphie des alten Nürnberg enthält, die dreifache Richtung erkennen, der Ernst Mummenhoffs wissenschaftliches Wir­ ken galt und der es noch heute gewidmet ist. Es sollte aus den Quellen die Entwicklung der guten Stadt an der Peg­ nitz von ihren ersten Anfängen bis auf die Gegenwart immer deutlicher erschlossen werden. Dabei war vor allem ein mit Leidenschaftlichkeit aufgenommener Kampf gegen die üppig wuchernden, die historische Wahrheit oft völlig ver­ dunkelnden Legenden, Fabeln, Märchen und Schwindel­ geschichten zu führen und diese als solche zu erweisen und vom Boden der strengen Forschung zu verbannen. Endlich waren, man kann fast sagen: auftragsgemäß, aus verschie-

375 denen Anlässen (Kongressen usw.) oft weitab gelegene Ge­ biete zu erhellen und in das Gesamtbild von der Entwick­ lung unserer Stadt einzufügen oder doch dafür zu bereiten. So beginnt der vorliegende Band — um auch in Kürze auf einige Einzelheiten hinzuweisen — mit einer umfang­ reichen Abhandlung zur Geschichte des Ackerbaus und der Gartenwirtschaft in Nürnbergs Umgebung, die erstmals in der den Teilnehmern der 32. Wanderversammlung baye­ rischer Landwirte in Nürnberg (1895) gewidmeten Fest­ schrift erschienen ist. Mit gewohnter Gründlichkeit ist hier aus den weitschichtigen Quellen und der verzettelten Lite­ ratur der ganze Kreis der für das Thema in Betracht kom­ menden Erscheinungen umschlossen worden, wobei die Ab­ schnitte über Entstehung und Geschichte des Kieslings­ hofes und über den Tabakbau als besonders meisterhafte Leistungen hervorgehoben sein mögen. Den regsten Anteil hat der Verfasser stets auch dem Aeußeren Nürnbergs im Wandel der Zeiten, der Entwick­ lung seines Befestigungswesens, der Geschichte von Häu­ sern, Straßen und Plätzen, der Brunnen und gesamten Wasserversorgung in alter Zeit und im Zusammenhang damit den unterirdischen Gängen entgegengebracht; und über alle diese Dinge bietet das Buch wertvolle Aufsätze, von denen derjenige über die Nürnberger Landwehr, jenes 1449 in weitem Umkreis um die Stadt geführte und zum Teil noch durch einen besonderen Graben gesicherte Plan­ kenwerk, über den Plan der Einleitung des Rötenbachs in die Stadt, über den Schönen Brunnen sowie mehrere an­ dere Abschnitte bisher noch imgedruckt waren. An die Entwicklungsgeschichte des Marktplatzes, der ja die Stelle des ältesten Ghettos einnimmt, schließen sich noch zwei Abhandlungen über die Juden in Nürnberg bis zu ihrer Austreibung im Jahre 1499, die trotz der hier nur dürftig fließenden Quellen die großen Linien klarlegen und in ihrer gerechten und unbestechlichen Beurteilung des z. T. grauenhaften Tatbestandes wieder zu den Höhepunkten des Mummenhoffschen Buches zählen.

376 An den Schluß dieses ersten Buches ist der ursprüng­ lich im Unterhaltungsblatt des Fränkischen Kuriers ge­ druckte Artikel über die Eiserne Jungfrau gestellt, der hier aber wesentlich erweitert und vertieft erscheint und als ein Musterbeispiel der Zurückweisung und Widerlegung jener gerade in Nürnberg — es liegt vielleicht an der roman­ tischen Aura der an Zeugen der Vergangenheit noch über­ reichen Stadt — so grassierenden ,,wilden Ausgeburten der Phantasie“ bezeichnet werden darf. Der Zweck freilich, dem das uns offenbar schon aus reichsstädtischer Zeit be'zeugte seltsame Gerät, dem insbesondere die zu Anfang des 19. Jahrhunderts von Nürnberg nach Feistritz in Mähren verschlagene Eiserne Jungfrau gedient hat, findet auch bei Mummenhoff noch keine genügende Aufklärung. Die beiden folgenden Bände des Werkes werden Kul­ tur- und Wirtschaftsgeschichtliches sowie Verfassungs­ geschichtliches und Politisches enthalten. Möchte ihnen die ordnende und feilende Hand des anerkannten Meisters der nürnbergischen Historiographie erhalten bleiben ! Theodor Hampe.

Nürnberg, Kaiser und Reich. Studien zur reichsstädti­ schen Außenpolitik von Eugen Franz, Privatdozent an der Universität München. C. H. Beck'sche Verlagsbuch­ handlung München, 1930. XVI und 461 Seiten. 8°. Der Verfasser, während einer Reihe von Jahren Staats­ archivar am Staatsarchiv (früher Kreisarchiv) in Nürnberg, nunmehr Staatsarchivrat und zugleich Privatdozent in Mün­ chen, hat sich mit seiner Arbeit eine große Aufgabe gestellt. Ihr Thema ist nicht mehr und nicht weniger als eine poli­ tische Geschichte der Reichsstadt Nürnberg. Freilich bildet in der Hauptsache nur das Verhalten der Stadt gegenüber dem Kaiser als dem Haupt und Repräsentanten des Reichs den leitenden Gesichtspunkt. Die Institutionen des Reichs

377 als Reichstage, Reichskammergericht, Reichsregiment, die Kreisverfassung usw. treten dagegen zurück, wie sie ja in der Tat für die einzelnen Reichsstände nur insoweit in Be­ tracht kamen, als der Kaiser gewillt oder imstande war, ihren Beschlüssen und Ansprüchen mit Waffengewalt, Han­ delsverboten u. dgl. m. Nachdruck zu verschaffen. Die für den Nürnberger Stadtstaat vielleicht lebenswichtigsten Be­ ziehungen, die zu seinen zumeist feindlich gesinnten Nach­ barn, zu den Markgrafen, zu dem im Mittelalter bis tief ins 16. Jahrhundert hinein mehr oder weniger versteckt dem Raubrittertum verfallenen fränkischen Landadel, auch die zu Bamberg, der Pfalz, dem Deutschorden, später zu Preußen und Bayern usw., sind von der Behandlung grundsätzlich ausgeschlossen. Doch konnte es nicht fehlen, daß sie immer und immer wieder gestreift und hier und da auch eingehen­ der erörtert werden, wofür wir dem Verfasser nur Dank wissen können. Auch hat natürlich das Verhältnis zur pro­ testantischen Union, vor allem aber das zu Gustav Adolf, eine gründlichere Betrachtung erfahren, obgleich gerade für die Zeit vor dem Dreißigjährigen Kriege das Manuskript wie auch sonst gelegentlich stark zusammengestrichen werden mußte, ein Opfer der leidigen Geldnot. Man kann eben die Geschichte einer Stadt nicht isoliert betrachten und auch nicht nach einem völlig von anderen Beziehungen abgeson­ derten Gesichtspunkt. Man kann das überhaupt nicht für irgendein politisches Gebilde. Es besteht keine Gefahr, daß, wie der Verfasser im Vorwort (S. VI) unter Anführung eines Rankezitats meint, die Wechselbeziehungen zwischen Reich und Reichsstadt je außer Acht gelassen werden könn­ ten. Entscheidend ist hier nur das Geschick der Dar­ stellung, wie man ja überhaupt bei Werken dieser Art immer wieder daran gemahnt wird, daß die Geschichtschreibung im höchsten Sinne nicht nur eine Sache der Forschung, son­ dern auch eine Kunst ist. Ein großes Geschick der Darstellung wird man dem Verfasser nun unbedingt zusprechen müssen. Schon allein die Einteilung des umfangreichen Stoffes läßt dies erkennen. Franz spricht von einer werdenden, einer mächtigen (bis

378 1608, worüber man streiten kann) und einer sinkenden Reichsstadt. Ueber die erste, die Stadt des 13. und 14. Jahr­ hunderts, schreibt er nur ein paar Seiten als Einleitung. Sein Interesse ist den helleren Zeiten zugewendet, da die Akten reichlich, zum Teil in überquellender Fülle fließen und die Briefe des Rats und seiner Abgesandten, namentlich aber die Gutachten der nürnbergischen Ratskonsulenten auch die Motive etwas deutlicher erkennen lassen. Etwas deutlicher, denn restlos werden wir in vielen Punkten nicht aufgeklärt. Das Interessanteste steht, wie so häufig, nicht in den Akten. Der Verfasser hebt auch noch besonders im Vorwort her­ vor, daß der Nachdruck seiner Arbeit auf der Zeit seit dem 16. Jahrhundert liege. Für diese späteren Jahrhunderte hat er nicht nur das Nürnberger Material, sondern auch die Archive der „Gegenseite“, d. h. die alte kaiserliche Reichs­ kanzlei sowohl wie die österreichische Hof- und Staats­ kanzlei und schließlich auch das Mainzer Erzkanzlerarchiv benützt und sich Zeit, Mühe und Kosten nicht verdrießen lassen, das wesentlich aus diesen Beständen erwachsene jetzige Haus-, Hof- und Staatsarchiv in Wien nach den die Nürnberger Verhältnisse beleuchtenden Aktenstücken zu durchsuchen. In reichlich als Fußnoten beigegebenen Zitaten gibt er über die einschlägigen Quellen Auskunft. Schon allein aus diesem Grunde verdient das Buch unsere Beachtung, ich wüßte nicht, wo man sich jetzt bequemer über die für eine bestimmte Zeit der Nürnberger Geschichte politisch in Frage kommenden Ouellenbestände unterrichten könnte. Daß auch das gedruckte Material überall herangezogen ist, war eine Selbstverständlichkeit. Nur ab und zu ist dem Ver­ fasser ein Buch oder eine. Abhandlung entgangen, wie etwa für den Heilbronner Tag (1633, S. 317 f.) das dreibändige Werk von Joh. Kretzschmar (Lübeck 1922) oder für den Schweizerkrieg (1499, S. 53) meine Arbeit über „Willibald Pirckheimer und die Reichsstadt Nürnberg im Schwaben­ krieg“ im „Jahrbuch für schweizerische Geschichte“, 45. Band (Zürich 1920). Mit Paul Kalkoffs Schrift über „Die Refor­ mation in der Reichsstadt Nürnberg nach den Flugschriften ihres Ratsschreibers Lazarus Spengler“ (Halle 1926) wird

379 eine bei aller Gelehrsamkeit doch in fast allen Hauptpunkten sehr bestreitbare literarische Quelle genannt (S. 77 Anm. 1). Im einzelnen wird man überhaupt je nach Kenntnis der verschiedenen Zeiträume mit dem Verfasser nicht einer Meinung sein können, zumal derselbe hier und da die Nei­ gung zeigt, zu verallgemeinern, zu konstruieren und dabei gelegentlich mit dem realen Verlauf der Dinge in Wider­ spruch zu geraten. So verstehe ich nicht, wie Franz das zweite Kapitel seines ersten Buches (die mächtige Reichs­ stadt) überschreiben kann: „Lockerung des Bundes mit dem deutschen König in der Zeit der Reformen unter Maxi­ milian I.“ Sagt er doch sogar (S.60): „Nürnberg vollzieht gerade mit dem Beitritt zum Schwäbischen Bund mit Wil­ len des Königs — eine Ironie der Geschichte! — den Schritt von der kaiserlichen Stadt zur Reichs stadt im voll­ sten Sinn des Wortes." Ja, hatte Nürnberg denn nicht schon früher Bündnisse abgeschlossen, war es nicht dem 1254 be­ gründeten rheinischen und 1384 dem schwäbisch-rheinischen Städtebund beigetreten? Ist Nürnberg wirklich aus frühe­ ren Jahrhunderten an unmittelbare kaiserliche Hilfe gewöhnt gewesen (a. a. O.)? Ab und zu kam sie ja vor, wie wenn König Wenzel 1397 die den Nürnbergern sehr lästigen Bur­ gen Spieß, Reicheneck usw. zerstören half. Aber Fried­ rich III., Kaiser Siegmund, Karl IV., wann hätten diese denn der Stadt eine militärische Hilfe gegen ihre nachbar­ lichen Bedränger gewährt? Auch Ludwig der Bayer brauchte, wie in dem Feldzug gegen Herrieden (1316), mehr die kriegerischen Machtmittel der Stadt für sich als diese die seinen. Und auf militärische Hilfe kam es doch an, eine platonische Unterstützung konnte der Stadt nichts nützen, auch wenn sie vom Kaiser ausging, war jedenfalls keine „unmittelbare". Auf alle Fälle müssen solche all­ gemeine Behauptungen des näheren begründet werden, gerade diese am allermeisten. Wenn man schon von Locke­ rung oder Selbständigmachung gegenüber dem Kaiser spre­ chen will, so kam diese doch 1488/89 (vgl. S. 45) viel mehr zum Ausdruck, als Nürnberg den kaiserlichen Befehl des

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Beitritts zum Schwäbischen Bund nicht befolgte bezw. wieder rückgängig zu machen verstand, als damals 1500, als es im Einverständnis mit dem römischen König dem Bunde beitrat. Tatsache ist, daß wir die Stadt durch die ganze Zeit ihres reichsstädtischen Bestehens ängstlich darum bemüht sehen, nur ja nicht den Kaiser zu erzürnen, ihn durch Ge­ schenke und vorgestreckte Summen Geldes bei guter Laune zu erhalten, wozu natürlich auch die ,,Handsalben“ bei sei­ nen Ratgebern dienen mußten, und — wenn alle Gegen­ vorstellungen nichts halfen, bei Zeiten seinen Befehlen nach­ zugeben. Es war nicht nur die Bedrohung des Handels, ins­ besondere des durch die kaiserlichen Erblande (Tirol) füh­ renden Handelsverkehrs mit Venedig, was den Nürnberger Rat dazu nötigte, sondern wohl mehr noch die Furcht, daß sich der Kaiser bei den ewigen Dissidien der Stadt mit ihren Nachbarn auf deren Seite stellen und wohl gar einen ganzen Bund derselben auf die dann wahrscheinlich allein auf sich selber angewiesene Stadt hetzen würde. Denn zu trauen war dem Kaiser keineswegs, nicht einmal einem Maxi­ milian I., der sich namentlich im persönlichen Verkehr, wenn er in der Stadt weilte, so gnädig gegen die Nürnberger Bürger zu zeigen wußte. „Die Fürsten sind eben Fürsten“, sagten die Nürnberger, der gemeinsame Adel verband sie miteinander und der Kaiser war auch ein Fürst. ,,Blut ist dicker als Wasser“, lautet ein englisches Sprichwort. In den Briefbüchern des Rats (Nr. 62, Bl. 48 f.) wird sogar ver­ sichert, daß, als der Markgraf am 10. Juli 1508 einen plötz­ lichen nächtlichen Ueberfall auf Wendelstein gemacht hatte, dies nicht ohne vorherige Genehmigung des Kaisers gesche­ hen sei, ein Fall, der übrigens hätte erwähnt werden sollen (vgl. Dannenbauer, Entstehung des Territoriums der Reichs­ stadt Nürnberg, S. 170). Dieser Einstellung zum Kaiser entsprechend konnte es der Rat auch lange nicht wagen, als die lutherische Lehre aufkam, sich mit Entschiedenheit zu dieser zu bekennen. Bis zum Jahre 1524 etwa machte er immer wieder Aus-

3«i flüchte wegen der Befolgung des Wormser Edikts, er warf sich aufs Leugnen, was er auch z. B. hundert Jahre später für das Ratsamste ansah, vgl. seine unwahre Behauptung gegenüber Kaiser Ferdinand II. nach der Schlacht am Weißen Berge, daß er die „aufrührerischen böhmischen Stände niemals mit Geld und Munition unterstützt habe“, während wir noch heute die Quittungen usw. über 200 000 den Böhmen hergeliehene Gulden besitzen (vgl. Franz S. 257 f.). Um so mehr aber müssen wir den Rat bewun­ dern, daß er, nachdem er einmal die Reformation bei sich eingeführt hatte, nun auch den Mut aufbrachte, von der­ selben nicht zu weichen, weil dies gegen Gottes Gebot ver­ stoßen hätte. Es bleibt ein Ruhmestitel für Nürnberg und sei­ ne Gesandten, daß sie neben dem übrigens noch mehr gefähr­ deten kleinen Reutlingen als einzige städtische Abgeordnete es auf den Zorn des Kaisers ankommen ließen und die Augsburgische Konfession Unterzeichneten (Juni 1530). Indeß, wenn sich die Stadt auch zur Lehre Luthers bekennen wollte, dem Kaiser als ihrer von Gott geordneten Obrigkeit mit den Waffen Widerstand zu leisten, dazu konnte sie sich nicht entschließen, worin sie übrigens nur Luthers freilich später etwas modifizierter Auffassung folgte, die in Nürn­ berg namentlich von dem frommen Ratsschreiber Lazarus Spengler vertreten wurde. I>ie schon geschilderten Rück­ sichten auf den Kaiser wirkten natürlich auch mit. Ob Nürnberg, wenn es mit aller Energie zu seinen Glaubens­ genossen gehalten hätte, den für die Protestanten so un­ glücklichen Ausgang des Schmalkaidischen Krieges nicht anders gestaltet hätte? Der Gang der Ereignisse warf ihm nachher ein Glück in den Schoß, die unbeschränkte Glau­ benssouveränität innerhalb (seines Territoriums, das die Stadt von selber eigentlich nicht verdient hätte. Wichtiger noch fast war die Stellung Nürnbergs in der Folgezeit, in den Zeiten der Gegenreformation und des Dreißigjährigen Krieges. In diesem sehen wir Nürnberg zum letzten Mal als wenigstens noch einigermaßen selbstän­ dige politische Macht handeln. Ihre Gefühle zogen die um-

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strittene Reichsstadt zu Gustav Adolf, mit dem Kaiser wollte sie es nicht verderben, sie war froh, als der Schweden­ könig mit Gewalt drohte, was beiläufig bei Franz nicht mit der wünschenswerten Deutlichkeit zum Ausdruck kommt. Uebrigens befleißigt sich der Verfasser bei Schilderung der konfessionellen Vorgänge einer anzuerkennenden Objektivi­ tät. Daß aber ,,die, wenn auch unter langwierigen Kämpfen errungene Befreiung von der geistlichen Gerichtsbarkeit, von dem Mahnen und Dreinreden der kirchlichen Ober­ behörden für Nürnbergs Führerschicht mit eine Haupt­ triebfeder zur Abschüttelung der alten kirchlichen Zustände“ gewesen wäre (S. 91), kann ich nicht zugeben. Streitig­ keiten zwischen Staat und Kirche in wirtschaftlichen, in rechts- und staatspolitischen Fragen bestanden überall, des­ wegen mußte kein Stand des Reiches, überhaupt kein Land und keine Stadt in Europa „notwendigerweise“, wenn die neue Lehre an ihre Mauern pochte, ihr aufmachen (S. 77). Bei solchen Dingen drehte es sich nicht um den Glauben. Die Bewegung der Augustinianer oder Staupitzianer, später nach Luther Martinianer genannt, die vom Nürnberger Augustinerkloster ausging, bei der der Prediger Wenzeslaus Linck aus Rolditz (der übrigens kein Patrizier, sondern ein Augustinermönch war) eine führende Rolle spielte, war nicht von akzessorischer Bedeutung, sondern vielmehr das Entscheidende. Hier wurde der Boden geschaffen, von dem aus Männer wie die Ratsherren Hieroymus Ebner und Kaspar Nützel sowie der Ratsschreiber Lazarus Spengler der Verkündung des neuen Evangeliums bereitwilligst ihre Herzen öffneten. Bei aller Kürze hätten diese Dinge etwas gründlicher angeschaut werden müssen, sie wären dann in eine richtigere Beleuchtung gerückt worden. Da einmal S. 65 f. das Thema der Territorialerwerbung durch Nürnberg angeschnitten wurde, so hätten wir gern etwas mehr über die Motive dazu gehört. Jedenfalls spielte dabei „das heiße Bemühen der Nürnberger Patrizier, es auch im Länderbesitz dem Adel gleichzutun“, kaum eine Rolle. Dieses Streben bestand stets und erstreckte sich auf alle

383 Nachbargebiete. Dannenbauer S. 201 f. sieht hier wohl rich­ tiger. Man mußte dem Markgrafen Vorbeugen, daß er sich nicht, wie im Westen und Norden, so nun auch im Osten fest­ setzte, es galt, den Plackern vor den Toren der Stadt ihren Unterschlupf zu nehmen, Sicherung und feste Schlösser für die eigenen Reisigen zu gewinnen. Daneben mag auch die Rücksicht auf die Ernährung, die auch mitten im Frieden durch Sperrung der ,,freundnachbarlichen“ Grenzen, zumal in Teuerungszeiten, sehr gestört werden konnte, mitgewirkt haben. Die Bezeichnung ,»erweitertes Glacis“ (Franz, S. 65) ist dafür nicht glücklich gewählt, denn im Kriege, wie in den beiden markgräflichen Kriegen mit Albrecht Achilles und Albrecht Alcibiades — Franz braucht dafür den un­ gewohnten Ausdruck „Markgräflerkriege“ —, war die Land­ schaft ja ohnehin verloren. Doch ist darüber wohl noch nicht das letzte Wort gesprochen. Mit den Streitigkeiten innerhalb des Rats, die 1511 Dr. Erasmus Toppier erwähnt (S. 69), sind offenbar die Händel zwischen Pirckheimer und der Partei um Anton Tetzel gemeint. Ein „freies Geleit — für Luther — zur Durchreise“ (S. 107) begehrte der Kur­ fürst von Sachsen 1530 von Nürnberg keineswegs, es war das „Geleit“ für den Aufenthalt Luthers in der Stadt; worum es sich handelte, und dieses konnte und wollte der Rat dem „Ketzer“ nicht gewähren, um nicht dem Kaiser gegenüber als Rebell dazustehen, vgl. Hans v. Schubert in seinem Auf­ satz „Luther auf der Koburg“ im „Jahrbuch der Luther­ gesellschaft“ 1930, S. 6 ff. (ich zitiere nach einem Separat­ abdruck). Der Ausdruck „Geleit“ für ungefährdeten Stadt­ aufenthalt ist (vgl. z. B. die Ratsbriefbücher) damals durch­ aus üblich. Das Zustandekommen des für Nürnberg so über­ aus wichtigen Prager Friedens von 1635 (S. 322 f.) ist etwas sehr kurz geschildert, doch mag hier wieder die leidige Raumnot schuld sein. Das Banco publico war für die Nürn­ berger Wirtschaft doch von hohem Wert, trug der Stadt auch viel Ansehen ein (S. 333 f.). Daß Nürnberg 1677 von dem kaiserlichen General Graf Johann von Sporckh eine Summe von 2000 rheinischen Gulden aufnahm (S. 347), war doch wohl kaum ein Zeichen äußerster Not, sondern wohl

384 mehr eine Gefälligkeit gegen den Kaiser, wenn auch die städtischen Finanzen schon damals schlecht genug standen. Eine Bürgschaft für geliehenes Geld aber mußte natürlich geleistet werden. Flüchtigkeitsfehler sind hier und da zu beanstanden. Der Turm, der von der Stadt nicht gesondert werden sollte, stand nicht inmitten der letzteren, sondern inmitten der Burg (S. 3). Es war wohl der Vestnerturm. Zander steht einmal statt Sander (S. 27 Anm. 2), Adolf Engelhardt, der Verfasser einiger empfehlenswerter Büchlein über die Nürn­ berger Reformationsgeschichte, wird mit dt geschrieben. Die 1499 und in den folgenden Jahren vom Markgrafen an­ gefochtenen fünf Türme aus Stein, anfänglich aus Holz, waren keine Stadttürme (S. 53), sondern Türme der Land­ wehr, siehe jetzt auch Mummenhoffs Gesammelte Aufsätze, Band I, S. 105 ff. Die Verlegung des Reichskammergerichts nach Nürnberg war doch nicht nur „vorübergehend geplant“ (S. 82), vgl. demgegenüber S. 86 und die „Biographie des Hieronymus Köler“ in diesem Bande der „Mitteilungen“, oben S. 209. Der Verbündete des Kurfürsten Moritz von Sachsen hieß nicht Herzog Johann Albrecht von Braun­ schweig, sondern von Mecklenburg (S. 188). Doch genug der Einzelheiten, die mehr unser Interesse für das sonst so brauchbare Buch bekunden sollen. Für die Zeit bis zum Dreißigjährigen Kriege bieten ja Müllners An­ nalen vielfach die Grundlage, auf der Franz weiterbauen konnte. Man sieht doch, daß Müllner im allgemeinen ein ausgezeichneter Arbeiter gewesen ist. Unter allen Umstän­ den bringt der Verfasser so viel des Neuen und Interessan­ ten, zumal in seiner Auffassung der Dinge, daß wir ihm, auch wo wir diese nicht immer zu teilen vermögen, dennoch stets dankbar sein müssen. Namentlich für die späteren Jahrhunderte, über die bis dahin nichts Zusammenhängen­ des und auch an Einzelheiten wenig genug vorlag — meine „Geschichte der Reichsstadt Nürnberg“ konnte dieselben kaum streifen —, findet man hier zum ersten Mal einen zusammenfassenden Ueberblick. Kein Forscher in der Ver~

385 gangenheit Nürnbergs kann an dem Buche achtlos vorüber­ gehen. Emil R e i c k e. Wilibaldx) Pirckheimer und die erste Reise Dürers nach Italien. Von Hans Rupprich, Privatdozent an der Universität Wien. Mit 14 Tafeln. Wien, Verlag von Anton Schroll, 1930. 137 Seiten. Groß - 8 °. Das Buch ist ein sehr wertvoller Beitrag zur Pirckheimerforschung. Seine Entstehung verdankt es einer An­ regung des bekannten Kunsthistorikers Geheimrats Prof. Dr. Robert Vischer, der den Verfasser auf ein bis dahin fast unbekannt gebliebenes, jedenfalls nicht ge­ nügend beachtetes Pirckheimermanuskript im Britischen Museum hinwies. Es ist dies ein nicht mehr als 21 Blätter und ein Doppelblatt enthaltendes Notizbüchlein in klein - Quart, in das Pirckheimer mit eigener Hand eine Anzahl alter Inschriften, zum Teil mit Zeichnun­ gen der Denkmäler, lateinische und italienische Gedichte usw. eingetragen hat. Es ist durchaus glaubhaft, wie Rupprich will, daß Pirckheimer wenigstens einen Teil der von ihm aufgenommenen Inschriften und Denkmäler an Ort und Stelle abgeschrieben bezw. abgebildet hat, wobei wir übrigens nach den beigegebenen Photographien einiger Seiten des Notizbuches die zeichnerische Geschicklichkeit Pirckheimers nur bewundern können. Welcher Zeit freilich alle diese Eintragungen angehören, die im einzelnen ja wohl auch durch Jahre voneinander getrennt liegen mögen, bleibt ungewiß. Nur daß sie, wenn auf Autopsie beruhend, un­ bedingt in die Studienzeit Pirckheimers fallen müssen, ist zweifellos. Denn ein zweites Mal war Pirckheimer nicht in Italien. R. möchte ein wahrscheinlich von dem angehen­ den Humanisten selber verfaßtes lateinisches Distichon auf die Zeit des Frühjahrs 1495 deuten. Seine mit Geschick und großer Sachkenntnis vorgetragene Begründung liest man mit Vergnügen, zwingend ist sie aber nicht. Uns

*) Man schreibt wohl besser mit Duden Willibald. 25

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möge genügen, daß R. es mit einer an Gewißheit grenzenden Wahrscheinlichkeit glaubhaft gemacht hat, daß Pirckheimer während seines Studienaufenthalts in Italien auch in Rom war. Aber wohl kaum zwei Mall R. nimmt es an, weil mitten hinein zwischen die Blätter mit römischen Inschriften eine Zeichnung des sog. Grabmals des Antenor in Padua fällt. Ich habe schon an anderer Stelle darauf hingewiesen 1), daß man die Eintragungen in ein Notizbuch meist in sehr freier Weise zu machen pflegt, oft mitten im Buche anfängt, leer­ gebliebene Stellen benützt usw. Der Umstand, daß die Paduaner Zeichnung nach R. deutlich ein anderes Schreib­ material zeigt, spricht erst recht für weiter auseinander­ liegende Zeiten zwischen dieser und den römischen Ein­ tragungen. Die letzteren sollen alle fast den gleichen Duk­ tus und anscheinend auch dieselbe Tinte zeigen (vgl. S. 60), also ein Grund mehr, daß sie während desselben Aufenthalts in Rom niedergeschrieben sind. Vollends die Vermutung, daß Pirckheimer diesen seinen römischen Aufenthalt, den R. in dem milden Winter 1494/95 beginnen läßt, lediglich unterbrochen habe, um seinen „Jugendfreund“ Dürer in Padua oder in Venedig abzuholen und mit ihm dann gemeinsam von neuem nach Rom zu reiten, schwebt völlig in der Luft. Ich habe sie in dem zitierten Artikel zurückgewiesen. Dürer und Pirckheimer können sich in jungen Jahren kaum gekannt haben. Pirck­ heimer verbrachte ja seine ganze Jugendzeit bis etwa zum Herbst 1495 außerhalb Nürnbergs. Freilich, daß Dürer und Pirckheimer in Italien zusammengetroffen sein können, diese Möglichkeit will ich nicht leugnen. Die berühmte Stelle des Dürerbriefs vom 7. Februar 1506 über das „Ding“, das Dürer vor elf Jahren so wohl gefallen habe, setzt aber die gemeinsame Betrachtung von Kunstwerken an Ort und Stelle in Italien mit nichten voraus. Der Verleger hätte sich seine etwas unbesonnene Reklame von einem nunmehr *) War Albrecht Dürer in Rom? Von Dr. Emil Reicke (Der Sonntags-Kurier, 11. Jahrgang Nr. 41, Nürnberg, 5. Okt. 1930).

387 nachgewiesenen römischen Aufenthalt Dürers wohl sparen können, der Verfasser selbst äußert sich ja auch viel zurück­ haltender. Dagegen werden wir eine Reise Pirckh e i m e r s nach Rom fortan als bezeugt annehmen dürfen. Wichtiger noch als diese interessante Feststellung ist die von R. auf Grund einer ziemlich entlegenen, hauptsäch­ lich italienischen Literatur gegebene Uebersicht über Pirckheiiners Studien auf den beiden Universitäten Padua und Pavia sowie der nach meiner Ansicht gelungene Versuch des Nachweises, daß Pirckheimer wirklich, wie er in seiner Autobiographie selber schreibt, fast sieben volle Jahre in Italien studiert habe, und zwar drei davon in Padua, die übrigen vier in Pavia. Bisher hatte man immer geglaubt, daß er mit wenigstens siebzehn Jahren an den Hof zu Eich­ stätt zur rittermäßigen Ausbildung und mit neunzehn nach Italien zum Studium gekommen wäre. Man schloß dies aus Pirckheimers eigenen Angaben, daß ihn, als er heran­ gewachsen (cum adolevisset), sein Vater nach Eichstätt und nach zwei Jahren, als er sich dem zwanzigsten Lebensjahre näherte, nach Italien geschickt hätte. Danach berechnete man die Jahre in Eichstätt auf 1488 bis 1490, den italieni­ schen Aufenthalt auf die Zeit von 1490 bis 1495. Wenn dabei nur sechs Jahre und diese nicht einmal ganz heraus­ kamen, glaubte man einen Irrtum Pirckheimers als das Wahrscheinlichere annehmen zu müssen. R. zieht nun die unter anderen ganz abstrusen Nachrichten immerhin be­ achtenswerte, wenn auch leider nicht urkundlich belegte Angabe des Nicolaus Comnenus Papadopolus in seiner 1726 erschienenen „Historia gymnasii Patavini“ (Tom. II p. 193) heran, der vermerkt, daß Pirckheimer in Padua (wohin er ihn übrigens erst 1500 kommen läßt!) ein Hörer des Professors Paulus de Oriano aus Brescia gewesen sei. Dieser Rechtslehrer, der seit 1482 als außerordentlicher Pro­ fessor in Padua wirkte, wäre aber schon Ende 1488 von hier fortgezogen. Man müsse also annehmen, daß Pirck­ heimer spätestens im Herbst 1488 mit seinen Studien be­ gonnen und daß also etwa um dieselbe Jahreszeit i486 seine 25*

388 zweijährige militärische Ausbildung am Eichstätter Hof ein­ gesetzt habe. Mit nahezu sechzehn Jahren konnte der ohne­ hin offenbar sehr kräftige Knabe wohl schon als Jüngling (adolescens) angesehen werden. In der Tat gelangte man ja damals zu allem sehr viel früher als heutzutage, auf die Universität kamen oft noch die reinen Kinder, mit siebzehn Jahren las ein Melanchthon schon als Magister. Zu völliger Klarheit über die Studentenjahre Pirckheimers wird man freilich wohl nie gelangen können, da für die fragliche Zeit sowohl für Padua wie für Pavia die Ma­ trikeln fehlen. So mußten R.’s Bemühungen um die Pirckheimer betreffenden Auszüge aus den Akten der beiden Uni­ versitäten erfolglos bleiben. Nur für die Lehrer Pirckheimers, für die Rektoren usw. ergibt sich einiger Gewinn. Auf Grund eigener Aktenstudien im Jahre 1914 in Padua und Pavia hatte ich schon damals erkannt, daß der Lehrer Pirckheimers im Griechischen, den er als ,,Graecus quidam Creticus nomine“ bezeichnet, nicht etwa der bisher meist als solcher angenommene, gleichfalls unter dem Namen Creticus gehende Marcus Musurus aus Candia gewesen sein kann. Dies war vielmehr der nach R. bereits seit 1483 die griechische Sprache in Padua lehrende L. Camers, meist bloß Creticus genannt. In dem Beschluß, womit ihm am 8. Dezember 1491 in Anerkennung seiner langen und er­ sprießlichen Tätigkeit eine Gehaltsmehrung bewilligt wird, heißt er Lorenzo, wie ich ergänzend hinzufügen kann. Erst am 22. Juli 1503, als er als Gesandter der Republik Venedig in Portugal weilte, wurde Musurus mit seiner Stellvertre­ tung betraut, die am 18. Februar 1505 nach dem Tode des Camers (der also nicht erst 1506 gestorben sein kann) in eine dauernde Anstellung verwandelt wurde. Auch zu der Persönlichkeit des Albertus Bavarus oder de Bavaria, in Deutschland Albertus de Curia oder vom Hof, auch Imhof, genannt, der im Jahre 1491 das Rektorat der Juristenuniversität bekleidete — es gab daneben noch einen besonderen Rektor für die Artisten, zu denen auch die Theologen und Mediziner

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gehörten — kann ich Ergänzungen bringen. Derselbe war ein unehelicher Sohn Herzog Albrechts III. von Bay­ ern, wurde Propst in Pfaffenmünster bei Straubing und 1483 Domherr in Freising und am 22. Juni 1491 in Padua zum Rektor der Juristen oder Legisten gewählt. Als solcher machte er sich außer durch die Aufhebung einer Reihe von Vorlesungen (worüber Pirckheimer klagt in einem Briefe an seinen Vater) namentlich dadurch verhaßt und zum Ge­ spött, daß er das ihm statutengemäß obliegende Turnier (hastiludium) nicht ausrichten wollte oder konnte, wenig­ stens nicht zu dem von ihm erwarteten Zeitpunkt. Es han­ delte sich für ihn wohl nur darum, einen schönen Siegespreis (bravium) zu stiften. Am 25. Januar 1494 (nicht 1493, Venedig rechnete den Jahresanfang vom 1. März ab) wurde er zum Doktor beider Rechte promoviert. Am 3. März 1508 starb er und wurde im Freisinger Dom begraben1). Der Raum verbietet mir leider, auf den anregenden und unterrichtenden, aber auch noch sonst zu manchen Zweifeln Anlaß gebenden reichen Inhalt des Buches näher einzugehen. Neben einer von umfassender Belesenheit zeu­ genden feinsinnigen Würdigung der geistesgeschichtlichen Bedeutung Pirckheimers fallen auch auf Dürers Beziehun­ gen zum Humanismus, zu Renaissance und Reformation interessante Lichter. Den Einfluß des zur Zeit seines Aufent­ halts in Padua gelehrten halb atheistischen Averroismus auf Pirckheimer scheint mir R. zu überschätzen. Doch er­ schweren die vielen Widersprüche in den Aeußerungen namentlich des altgewordenen Humanisten eine endgültige Stellungnahme über Pirckheimers religiöse und . philo­ sophische Anschauungen ganz außerordentlich. Nach meiner Ansicht war er doch wohl christgläubig bis zum Ende, dies anzunehmen hindert uns auch nicht die Nachricht Dr. *) Vgl. den hier zum Teil auf meinen Angaben beruhenden Artikel von Joseph Schlecht: Monumentale Inschriften im Frei­ singer Dom, Sammelblatt des Histor. Vereins Freising VII, 53 und X, 121 — 123. Die von mir in der Markusbibliothek in Venedig benützten handschriftlichen und gedruckten Quellen hier auf­ zuzählen, würde zu weit führen.

399 Christoph Scheurls — denn diesem ist doch wohl der Bericht im Scheurischen Familienarchiv zuzuschreiben—, daß Pirckheimer ,,ohne Beicht und Sacrament, sine crux et lux“ gestorben wäre (S. 109 Anm. 142)* Auf die damals so viel umstrittenen Symbole mag er doch nicht genügend Wert gelegt haben, wenn er auch selber mit Schriften in den Kampf darum eingriff. Auch mag der Tod ihm überraschend gekommen sein. Einzelheiten sind hier und da zu rügen. Schwierige lateinische Verse wie z. B. die über die angebliche Vier­ zahl der Grazien (S. 77 f.), die Dürer als Vorbild für seine ,,Vier Hexen“ gedient haben sollen — eine nach meiner An­ sicht ganz unhaltbare Auffassung — hätten übersetzt wer­ den sollen, ebenso seltene Ausdrücke wie jentaculum (Früh­ stück, S. 10), achinea (Zelter, S. 22) u. a. m. Auf S. 49 letzte Zeile muß es natürlich heißen Arimini statt Arumni. Die Verse in Anm. 35 auf S. 55 sind falsch interpungiert. Daß Pirckheimer dem Cochlaeus seinen Weg nach Rom vor­ geschrieben habe, kann man doch nicht sagen. Wie hätte man von Bologna wohl anders reisen können (S. 61) ? Opera p. 232 muß falsch zitiert sein, für die Reiseroute steht nichts darin. Erasmus und Pirckheimer haben sich nie gesehen (S. 82). Daß Luther 1518 in Pirckheimers Hause geruht habe, habe ich nie behauptet, wie R. zu meinen scheint (S. 105). Er kann bei ihm zu Gaste gewesen sein, aber wohl kaum zur NachL Neunhof gehörte nicht Pirckheimers Schwiegersohn Hans Straub, sondern seinem Schwager Martin Geuder (ebd. Anm. 129). Der 1476 gestorbene Regiomontanus kann natürlich bei Pirckheimer nicht zu Tische gewesen sein (S. 107). Doch genug von diesen Ausstellungen, denen ich eine ganze Menge kleinerer positiver Einzelergebnisse gegen­ überstellen könnte. Sehr willkommen sind die Nachrichten über Pirckheimers Frau Crescentia z. B. nach dem aber wohl nicht ganz fehlerfrei wiedergebenen Briefe des Sebald Schreyer an. Konrad Celtis (S. 81 Anm. 31). Die Silber­ stiftzeichnung Dürers in der Sammlung Grünling ebenso

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wie die Kohlezeichnung von 1503 in Berlin deutet R. wohl mit Recht nach Erwin Rosenthals Vorgang auf Pirckheimers Gattin, deren Holdseligkeit und allgemeine Beliebt­ heit in der Stadt ja nicht genug gerühmt werden konnte. An Bildtafeln sind vierzehn beigegeben in vorzüglichen Lichtdrucken, wie denn überhaupt die Ausstattung des Buches über alles Lob erhaben ist. Damit hat der Ver­ leger, was er etwa im Uebereifer zu viel gesagt, glänzend wieder gutgemacht. Emil R e i c k e. Justus Bier, Tilmann Riemenschneider, die reifen Werke. Augsburg (Benno Filser), 1930. 100 Seiten und 77 Tafeln* Groß-8°. Der zweite Band der Arbeit Biers hält dem ersten die Wage nach Inhalt und Form. Grundlage der Forschung bleiben die archivalischen Nachrichten. Sie geben der Arbeit den festen Boden, bilden die Stützpunkte für die Datierung und spannen die labile Stilkritik in einen kräftigen Rahmen. Erst wo die Archive versagen, tritt die reine Stilkritik in ihr Recht. Sehr vorsichtig geht Bier dabei zu Werke, denn er ist sich der Gefahren der bloßen Stilkritik wohl bewußt. Sehr sorgfältig prüft er die seelische Auffassung des Künst­ lers, wiegt und mißt den Aufbau und geht erst vom Ganzen über zu Einzelmotiven, die Dilettanten leicht auf Irrwege führen. So kommt er zu Ergebnissen, die kaum anzufechten sind. Die Betrachtungsweise der einzelnen Werke erscheint noch geschlossener als im ersten Band. Die Altäre, um die es sich hauptsächlich handelt, werden an ihren ursprüng­ lichen Bestimmungsort gerückt und buchstäblich ins rechte Licht gesetzt. Das Gesamtwerk wird künstlerisch gewür­ digt, die Komposition zergliedert, dann erst werden Meisterund Gesellenhände geschieden. Mit sicherem Blick und feiner Einfühlung ist B. an der Arbeit. Die Entwicklungslinie des Meisters wird klar heraus­ gestellt. Gegenüber dem Scherenbergdenkmal wächst beim

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Heiligenblutaltar die Fertigkeit zu stofflicher Unter­ scheidung. Der geistige Ausdruck wird vielfältiger, reicht aber nicht an die Lebens- und Wirklichkeitsnahe eines Adam Kraft. Es fehlt ein wirklich kubisches Erfassen der Form, aber die Komposition ist einfach und klar trotz der kunstvollen Verschlingungen. Noch ist Form mit Form verknüpft, der ganze Raum mit Figuren durchsetzt; es fehlt die Tektonisierung und Zusammendrängung der Ein­ zelformen zu Formmassen. Im Creglinger Altar aber liegt eine neue Freiheit und Flüssigkeit der Komposition durch freies Auswägen der Gruppen. Die Empfindung ist gelöster und gelockerter, die Seelensprache feiner. Nicht allein der Kopf ist Ausdrucksmittel, sondern auch die Haltung, Wen­ dung und Gefält. Im Dettwanger Altar erscheint eine Raum­ leere über den Gruppen unter dem Kreuze und über den Flügelreliefs. Der Künstler hat sich freigemacht vom Drang des Flächenfüllens. Im Relief selbst fallen die übereinander lagernden Flächenschichten: das Auge verflicht die hinteren und vorderen Figuren zu einem Ganzen. Die Welt Riemen­ schneiders aber bleibt trotz aller Entwicklung ganz Jenseits. Im Heiligenblutaltar war Riemenschneider gebunden an den Altaraufbau, den Harschner hergestellt hatte, nur der figürliche Teil blieb ihm überlassen. Der Creglinger Altar stammt ganz aus seiner Werkstatt, ist nicht wie der Blut­ altar von seiner ursprünglichen Stelle entfernt, zeigt noch das helle, matte Lindenholz und stellt das unberührteste Werk des Meisters dar. Der Dettwanger Altar ist ausgewan­ dert und verstümmelt, wie der Blutaltar durch Petroleum gebräunt, sodaß es schwer wird, seine ursprüngliche Wir­ kung zu ermessen. Der Würzburger Domhochaltar endlich ist bis auf spärliche Reste verschwunden. Andere Werke sind gänzlich zerstört, deren einstige Existenz B. am Anfang seines Buches nur noch aus Archivalien nachweisen kann. Eine besondere Behandlung läßt der Verfasser den Steinwerken angedeihen und zwar mit vollem Recht. Sie werden mit der gleichen Sorgfalt behandelt und in den Ent­ wicklungsgang des Künstlers eingegliedert bezw. Gesellen zugewiesen.

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Der archivalische Anhang ist herausgegeben nach den üblichen Editionsgrundsätzen, zu denen aber die Herüber­ nahme anderer Drucke nicht gehört, falls die Originale vor­ handen sind. Sorgfältig ausgewählt ist das Bildmaterial, das, soweit möglich und nötig, in den Text eingestreut, im übrigen aber auf Tafeln an den Schluß verwiesen ist. Zwi­ schen archivalischem Anhang und Tafeln verschlüpft sich auf einer Rückseite die Inhaltsangabe. Vermissen könnte mancher eine übersichtliche Aufführung der verwendeten Literatur. Dem dritten Band möchte man ein Gesamt­ register wünschen, um beim Nachschlagen des Lesens gan­ zer Kapitel überhoben zu sein. Reinhold Schaffer.

Joannes Kupezky 1667 —1740. Von Dr. Eduard Safarik. Druck und Verlag „Orbis“, A.-G. Prag, XII, 1928. 279 Seiten, mit 72 Abbildungen und einem farbigen Titelbild. Groß - 8 Am 21. Juli 1723 erging ein Ratsverlaß an das „Un­ burgeramt“ des Wortlauts: „Johann Cupezky, berühmten Mahler und Virtuosen von Wien, welcher vor sich, sein Weib und ein Kind, um Ertheilung des hiesigen Stadt­ schutzes auf ein Jahr lang bittlich ansuchet, soll man aus denen in seinem Memorial angeführten Ursachen willfahren und wegen des Schutzgeldes auf ein leidentliches behan­ deln“. Seitdem ist der berühmte Maler, den C. G. v. Murr den „größten Porträtmaler“ nennt, „den die Welt jemals hervorbrachte“, der aber auch heute noch z. B. vom Ver­ fasser des hier zu besprechenden Buches wegen seiner Wahrhaftigkeit in gewissem Sinne über Anton van Dyck gestellt wird, in Nürnberg seßhaft geblieben bis zu seinem am 16. Juli 1740 erfolgten Tode. Gewohnt hat er bei seinem Freunde, dem Maler Georg Biendinger, im Hertelshof am Paniersplatz (Nr. 9), begraben ist er auf dem Johannisfriedhof in der dritten Zeile im „neuen und hintern Kirchhof“ unter dem I4ten Stein, bezeichnet mit Nr. 320 in Lit. E (heute

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im Besitz der Erben des verstorbenen Oberlandesgerichts­ präsidenten v. Schmidt). Leider trägt das Grab kein Erin­ nern ng&derikmal, an dem Hertelshöf beabsichtigt die Stadt eine Tafel anzubringen. Für ein Buch über den großen Porträtisten hat man also in unserer Stadt Grund genug, sich zu interessieren. Das Buch von Safarik, das übrigens dem Andenken seines Lehrers Max Dvorak gewidmet ist, kommt diesem Inter­ esse in weitestem Umfange nach. Der Verfasser gibt zu­ nächst Kupezkys Lebensgeschichte, würdigt dann die künst­ lerische und kunsthistorische Bedeutung des Künstlers, geht dann im besonderen auf seine Selbst- und Familien­ bildnisse, seine sonstigen Porträts, seine Heiligenbilder und Kompositionen des näheren ein und bringt sodann zwei ausführliche kritische Verzeichnisse, zuerst der Gemälde und dann der graphischen Blätter nach Kupezkys Werken, wobei auch, was nicht genug zu begrüßen ist, die unsiche­ ren, ja auch die offensichtlich unechten Stücke — natürlich mit deutlicher Unterscheidung — mit aufgeführt werden. Denn nur so konnte anderen bei späteren Nachforschungen der „Leidensweg“ erspart bleiben, irgend einer Spur eines Gemäldes mit anscheinender Aussicht auf Erfolg nach­ zugehen, dann aber zu dem Ergebnis zu gelangen, es handle sich um kein Werk des Künstlers. Reichhaltig und dan­ kenswert sind die Beilagen, vor allem der vollständige Ab­ druck der Hauptquelle, die wir für Kupezkys Leben, seine Persönlichkeit und einen Teil seiner wertvollsten Werke besitzen, das ist die biographische Abhandlung seines Schülers, des Malers Johann Kaspar Füeßli, betitelt „Leben Georg Philipp Rugendas und Johannes Kupezki“, die 1758 in Zürich im Druck erschien, heute aber sehr selten ge­ worden ist. Die weiteren sieben Beilagen stammen fast durchweg aus dem Städtischen Archiv, insbesondere der Reihe Y. Es sind eine Testamentsabschrift sowie Eingaben und andere Schreiben in Sachen von Kupezkys Testament aus dem Nachlaß seines Testamentsvollstreckers, des nürnbergischen Advokaten Dr. Lämmermann. Zum Schluß

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folgen nicht weniger als 72 Abbildungen Kupezkyscher Gemälde und einiger der danach gefertigten Kupferstiche in Autotypie, die man ebenso wie die farbige Reproduktion eines Selbstbildnisses des Künstlers vom Jahre 1709, die den Anfang schmückt, im ganzen als recht gut gelungen bezeichnen darf. Das, was dem Buche wohl vor allem seinen Wert sichern wird, ist die genaue Beschreibung der Werke, die nicht nur den Kunstfreund und Museumsbeamten, sondern vor allem auch den Kunsthandel zu großem Dank verpflich­ ten dürfte. Freilich ein Anspruch auf erschöpfende Voll­ ständigkeit wird nicht erhoben. Der Verfasser schätzt Kupezkys Lebenswerk auf weit über 1000, nahezu an 1500 Gemälde, eine Summe, die wohl nur dadurch möglich er­ scheint, daß sich der Künstler die Kleider und anderes Zu­ behör häufig von anderen Malern ausführen ließ. Das von S. mitgeteilte Verzeichnis der Gemälde umfaßt aber nur 429 Nummern, und unter diesen sind einmal eine ganze Menge, die der Verfasser für unecht oder doch für zweifelhaft hält, andererseits sind yerschiedene davon aus technischen Grün­ den zweimal und wohl noch öfters angeführt, ja sogar gezählt worden. S. vermutet, daß ein gewaltiger Teil der Bilder des Künstlers anderen Malern zugeschrieben wird, wozu Kupezky selbst teils durch die Wahl eines älteren historischen Kostüms, teils durch seine oft sprunghaft ge­ änderte Maltechnik Veranlassung gegeben hat. Natürlich können hier die Ansichten, wie in so vielen kunsthistori­ schen Fragen, stark au$jeinandergehen. Einen besonderen Wert seiner so fleißig zusammengestellten Verzeichnisse sieht der Verfasser in dem Umstand, daß er sich bemüht hat, alle noch möglichen Handhaben zu bieten, um auch heute noch hinter das eine oder andere der verschollenen Werke zu kommen. Gerade auch zu den Stichen, deren der Verfasser 154 beschreibt (wozu noch die gleichfalls genau aufgeführten Plattenzustände kämen), sind die Original­ gemälde zumeist nicht mehr nachweisbar. Etwa die Hälfte der Stiche wurde 1745, also wenige Jahre nach Kupezkys

396 Tode, von Valentin Daniel Preisler in Buchform heraus­ gegeben; Bernhard Vogel und sein Sohn Johann Christoph hatten ihm noch bei Lebzeiten des Malers vorausgearbeitet. Das prächtige Werk ist in Nürnberg vorhanden, wo auch — im Germanischen Museum, jedoch städtischer Besitz — eine Anzahl Kupezkyscher Originalgemälde, die übrigens, wenigstens früher, nicht alle richtig benannt worden sind, einen guten Begriff von der hohen Kunst des Meisters geben. Auch die Kunstgewerbeschule in Nürnberg besitzt einige Gemälde Kupezkys, ein vortreffliches Gemälde von einem Geuder mit seinem Sohne befindet sich in Herolds­ berg in einem der Freiherrlich v. Geuderschen Schlösser. Mehr noch vielleicht als die Kunst dürfte manche un­ serer Leser das Menschlich - sympathische in dem freilich durchaus nicht ungetrübten Lebenslauf unsers Künstlers interessieren. Hier können wir darapf nicht näher eingehen und wollen nur daran erinnern, daß Kupezky von Eltern stammte, die der böhmischen Brüdergemeinde angehörten und um des Glaubens willen nach Bösing in der Nähe von Preßburg auswanderten. Der Geburtsort des Künstlers, der sich vom Webergehilfen zum großen Bildnismaler ent­ wickelte, ob Prag oder Bösing, ist ungewiß. Jedenfalls war Kupezky von Hause aus ein Tscheche, es ist bezeugt von Lämmermann und von Füeßli, daß er bis an sein Lebensende Deutsch, d. h. aber offenbar nur deutsche Schrift, weder lesen noch schreiben konnte. Aus Wien, wo er der Maler des Kaisers und der hohen Aristokratie war — den Prinzen Eugen von Savoyen malte er wenigstens sechsmal. —, flüch­ tete er, weil er sich wegen seines Glaubens bedroht fühlte, im Jahre 1723. Man hätte übrigens gern erfahren, ob diese Furcht irgendwie berechtigt war und was er allenfalls zu erdulden gehabt hätte. Sehr schwer traf ihn in Nürnberg der Tod seines einzigen Sohnes im Alter von gerade erst 17 Jahren (1733). Seinem Andenken widmete er auf Grund eines Traumes ein als „Traumgesicht“ bezeichnetes Ge­ mälde, das offenbar von sehr ergreifender Wirkung gewesen sein muß, leider aber verschollen ist, von dem auch wohl

397 nie eine Nachbildung gemacht wurde. Seine Gattin war am wenigsten darnach angetan, den gebrochenen Vater auf­ zurichten. Die Tochter eines Schweizer Malers, Benedikt Klaus (1633?—1707), der zuletzt in Wien lebte, hatte sie schon dort die durch die vielen Aufträge veranlaßte häufige Abwesenheit ihres Mannes benützt, um mit anderen Män­ nern in Verkehr zu treten, und in Nürnberg hatte sie ein Verhältnis mit dem Hauslehrer ihres Sohnes namens Ephraim Schlickeisen, den sie denn auch später nach kur­ zem Witwenjahr heiratete. Seine aufrichtig fromme Ge­ sinnung mag den Künstler getröstet haben. Daß ihm die Nürnberger Geistlichkeit wegen seiner Zugehörigkeit zur Sekte der böhmischen Brüder die Teilnahme an seinem Be­ gräbnis verweigerte, behauptet Füeßli, doch bestimmte Kupezky selbst testamentarisch, ohne alles Gepränge be­ erdigt zu werden. Gegenüber dem Vorzug des Buches, daß darin das Kunstwerk wie das Biographische gleichermaßen zur Gel­ tung kommt, hat es wenig zu sagen, daß im einzelnen manche Unrichtigkeiten mit untergelaufen sind, die ins­ besondere dem Nürnberger Geschichtskundigen leicht als solche erkennbar sind. Das wird sich bei Werken, die so ins Detail gehen, niemals ganz vermeiden lassen. Der ,,Consiliarius“ Hochmann von Hochenau (nicht Hohenau, wie auf S. 114 zu lesen) war weder Ratsherr noch erst recht nicht Patrizier, vielmehr nürnbergischer Ratskonsulent. Uebrigens stimmt hier etwas nicht. In Pars I Nr. 5 des Kupferstichwerks von Vogel - Preisler wird er Georg Christoph genannt, er hieß aber Heinrich Christoph. Wenn es wirklich der letztere war, wie denn auch Murr ein Kupezkysches Originalgemälde unter dem gleichen Namen kennt, so könnte Kupezky diesen nur in Wien gemalt haben, denn er war dort Vertreter Nürnbergs am kaiserlichen Hofe, zugleich aber im Reichshofrat und Sachsen-Gothaischer Geheimer Rat. Vielleicht aber ist der Bruder des Ratskonsulenten, der zuerst Keller-, dann Unschlittamtmann in Nürnberg war und 1726 starb, der Dargestellte. Dieser hieß Georg Christoph. Freilich läßt das vornehme Aeußere

398 mehr auf einen Welt- und Hofmann schließen. Den Namen der Grafen von Zinzendorf schreibt man heute doch nicht Zinsendorf oder Sinzendorf, wie es wohl früher durch­ einander vorkam. Es heißt Rohlederers-, nicht Rohleders­ garten. Die Stecher Vogel, Vater und Sohn, heißen nicht Bernard und Johann Christophor, sondern auf gut deutsch Bernhard und Johann Christoph, der Verfasser hat sich hier durch die lateinischen Aufschriften verleiten lassen. Zum mindesten hätte er Bernardus schreiben müssen. Es scheint aber, als ob er die Abkürzung 9 für „us“ nicht richtig zu deuten verstanden hätte. Noch bedenklicher ist die Wieder­ gabe der Aufschrift auf dem Preislerschen Stich des Dr. Lämmermann (Nr. 27, Pars III). Hier ist dreimal falsch G für S gelesen, nämlich Göter statt Söter (Oettingen - Sötern!), Godalis statt Sodalis und Gilius Italicus für Silius. Sollte wirklich der Fehler schon auf den des Latei­ nischen wohl nicht genügend kundigen Stecher zurück­ gehen, so mußte dies durch ein ! oder sonstwie bemerkt werden. Aber in derselben Aufschrift liest man noch „incultae“ statt offenbar „inclitae“ Societatis florigerae ad Pegnesuin und „sculpl.“ statt doch wohl „sculps.“. Auch Punkte fehlen wohl öfters an der richtigen Stelle, das Blatt ist mir zur Kontrolle nicht zur Hand. Auch bei dem Abdruck der Urkunden stört manches, doch ist die Deu­ tung der alten Abkürzungen z. B. ja nicht immer leicht und ihre Wiedergabe im Druck umstritten, jedenfalls aber sieht man auch hier wieder, wie dringend nötig für alle Kunst­ historiker eine gute Kenntnis der lateinischen Sprache und — der Paläographie ist, namentlich auch der Schrift der späteren Jahrhunderte. Unpraktisch ist eine Abkürzung wie Gern. V. 22. Jeder Unbefangene liest das wohl für Gemälde . 5, 22, es soll aber heißen Gemälde-Verzeichnis. ,,Weiters“, „über (statt auf) dessen Rat“, „Einschreiten (statt Eingabe)“ sind Austriazismen, die mich nicht stören, meistens aber beanstandet zu werden pflegen. Doch das sind, wie gesagt, Nebensachen, denen gegen­ über ich nochmals den großen Gewinn hervorheben möchte,

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den wir von dein übrigens äußerlich glänzend ausgestatteten Buche haben. Die Tschechen rechnen Johann Kupezky nicht ohne Grund zu den Ihrigen, 1913 hat man ihm denn auch in Prag eine große Ausstellung gewidmet. Durch sein Leben, sein Werk, seinen Freundeskreis aber dürfen wir den großen Maler mit nicht minderem Recht zu den Unsern zählen, und insbesondere die Stadt Nürnberg verehrt in ihm in der sonst für sie etwas sterilen Zeit des 18. Jahrhunderts einen hervorragenden Repräsentanten ihres Kunstlebens. Grund genug, daß, wenn das Jahr 1940 den zweihundert­ sten Todestag des Künstlers heraufführt, seiner gerade hier in Nürnberg in einer besonderen Ausstellung gedacht werde. Doch bis dahin hat es ja noch gute Wege. Emil R e i c k e. Georg Gustav Wieszner, Der Pulsschlag deut­ scher Stilgeschichte. I. Teil: Von den Anfängen bis ins 16. Jahrhundert. Mit Bildern etc. Stuttgart (Akade­ mischer Verlag Dr. Fritz Wedekind & C o.), o. J. 225 Seiten. Groß - 8 °. Ein eigensinniges und eigenwilliges Buch in der Worte ursprünglichen Bedeutung. Es will keine Kenntnisse vermitteln, sondern Brücke sein zu Erkenntnissen. In der Flucht der Erscheinungen sucht es das Gesetzmäßige zu erfassen, um das der einzelne seine Kenntnisse gruppieren mag. In einer 300 jährigen Rhythmik scheint sich im Nor­ den der Wandel der entscheidenden Stile zu vollziehen. Aber es ist nicht eine Berg- und Talkurve, die die Entwicklung durchläuft. Allzu leicht wird mit diesem Bild von Höhen und Tiefen ein Werturteil verbunden, das in der Entwick­ lung der Dinge keinen Platz hat. Es gibt nur eine verschie­ dene Richtung und ein Früher und Später. W. veranschau­ licht diese Entwicklung durch eine Pendelkurve, an deren äußersten Schwingungen die durch 3 teilbaren Jahrhunderte stehen: 600, 900, 1200* 1500, 1800. Legt man durch die Mitte der Kurve eine Achse, so erhält man die Punkte des

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Kräfteausgleiches: 750, 1050, 1350, 1650. Zwei verschiedene Zeiten reichen sich gleichsam die Hand zum Abschied. W. beschränkt sich nicht auf kunstgeschichtliche For­ men. Das ganze Gebiet der Geisteswissenschaft sucht er in seinen Gesichtskreis zu ziehen. Daß er dies bei der Be­ schränktheit des Raumes nur skelett- und skizzenhaft machen kann, ist selbstverständlich. Besser: er will gar nichts anderes als ein Gerüst, will den „Pulsschlag" nicht durch Nebengeräusche übertönen. Aber hier, bei der größ­ ten Stärke des Buches, liegt auch die größte Gefahr: die der Umdeutung und Ausdeutung einem Schema zuliebe. Alle, die über den Kleinkram ihres Wissens nicht hinaus­ zuschauen vermögen, werden dankbar sein, die Schau einer großen Linie ausgebreitet zu sehen. Systematisierende Naturen, dogmatisch und juristisch Veranlagte werden an dem Buch ihre helle Freude haben. Weit über die Kreise der Volkshochschule hinaus wird es seine Dienste leisten. Aber ist letzten Endes nicht auch W. seinem Zeitstil unter­ worfen? Man kann an seiner Kurve ausrechnen, wie lange seine Betrachtungsweise dauern wird. Reinhold Schaffer.

Franken und das Deutsche Reich im Mittelalter» Studien zur landschaftlichen Gliederung Deutschlands in seiner geschichtlichen Entwicklung. Von Bernhard Schmeidler, o. Professor an der Universität Erlangen. Erlangen, Palm & Enke, 1930. [A. u. d. Tit.: Erlanger Ab­ handlungen zur mittleren und neueren Geschichte. Heraus­ gegeben von Bernhard Schmeidler und Otto Brandt. 7. Bd.] X, 89 Seiten. 8 °. Die Anschauungen Schmeidlers über das politische Schwergewicht des Herzogtums Franken in der deutschen Geschichte des hohen Mittelalters ebenso wie die über die ewigen Kämpfe und Auflehnungen der Fürsten gegen die Kaiser sind bekannt. Auch eine nicht geringe Zahl unserer Mitglieder wird sich daran erinnern, daß ihnen der Ver-

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fasser seine Auffassung in zwei gut besuchten MonatsVersammlungen des Vereins eingehend vorgetragen hat. Diese beiden Vorträge sind denn auch mit gewissen Aenderungen und Ergänzungen zusammen mit noch zwei an­ deren Vorträgen im ganzen vier in diesem Büchlein ver­ einigt worden, eine sehr dankenswerte Gabe für alle Freunde der Geschichte der deutschen Vergangenheit, insbesondere für die, die sich lebhafter für diese Probleme interessieren. Uns Nürnbergern liegt das besonders nahe. Denn Nürn­ berg wurde ja verhältnismäßig rasch nach seiner Ent­ stehung der Mittelpunkt des Landes, das den Kaisern als Herz- und Kernland ihres Reiches zu dienen hatte, ja, es ist sogar zu vermuten, daß es, wahrscheinlich von dem zwei­ ten Salier Heinrich III., eigens zu dem Zwecke gegründet wurde — und zwar mit der Burg gewissermaßen auch die Stadt, vgl. die Verleihung des Marktrechtes an die letztere —. um ihnen als in der Tat ja bald viel um­ strittener Stützpunkt ihrer Herrschaft in Franken zu dienen. Wer Franken besaß und es auch nur mit einem einzigen der peripherisch darum gelagerten anderen Herzog­ tümer vereinigte, der hatte die Macht in Deutschland. Mit Franken zusammen wird Alles beherrscht, in jeder Kom­ bination, so urteilt Schmeidler. Nicht ganz so entschlossen wird man sich mit der anderen These des Verfassers ein­ verstanden erklären können, nämlich daß die Fürsten doch auch ein gut Teil Recht auf ihrer Seite hatten, wenn sie sich gegen den König empörten. So konnten sich nach ihm z. B. die Sachsen eine Beeinträchtigung ihres Herzogtums und ihres Einflusses an der mittleren Elbe nicht wohl gefallen lassen, weil sie dadurch eine Schwächung ihrer nationalen und kulturellen Hauptaufgabe, des Kampfes gegen die Slaven, erleiden mußten. Ueberhaupt waren es nach Schm, die Stämme, nicht die Fürsten, waren es weit mehr völkische, vielleicht partikularistische, aber doch all­ gemeine Beweggründe, nicht rein persönliche von Seiten der Fürsten und königlichen Prinzen, die zum Kampfe führten. Nun, es ist hier nicht der Ort, diese Frage zum Austrag zu bringen, möge sich jeder selbst an Hand der, wie sich von

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selbst versteht, auf einer ausgedehnten Belesenheit und Kenntnis der Quellen beruhenden Ausführungen des Ver­ fassers ein Bild von der Sache zu machen suchen. Hier möchten wir nur noch besonders auf den vierten Vortrag ,,Franken, seine Mächte und seine Lage im alten Deutschen Reich“ aufmerksam machen, und zwar namentlich auch wegen der außerordentlich reichen, wertvollen Literatur­ angaben in den Anmerkungen, vornehmlich über die Neu­ erscheinungen. Natürlich bedürfen dieselben noch hier und da der Ergänzung. So fehlt etwa auf S. 74 das Buch von Karl Braun, Nürnberg und die Versuche zur Wieder­ herstellung der alten Kirche im Zeitalter der Gegenreforma­ tion (Nürnberg 1925), auf S. 78 unsre Dürerfestschrift, und auch mein Artikel über das nürnbergische Volkstum nach seinen historischen Bedingungen im Archiv für Kultur­ geschichte, Band 16, S. 183—207 (1927, als Vortrag gehal­ ten schon 1925) hätte wohl eine Erwähnung verdient, da er meines Wissens zum ersten Mal der Frage nach der Ent­ stehung des Königsguts gerade in und um Nürnberg von unserm lokalen Standpunkt aus eindringender nachzugehen versucht. Doch hat der Verfasser hier ja auch gewiß keine Vollständigkeit erstrebt. Irreführend oder zum mindesten schief ausgedrückt ist eine Bemerkung wie die auf S. 78, daß die Markgrafen — besser hätte es geheißen, Burggrafen — den größten Teil des Landgebiets, das von den Bistümern und der Reichsstadt (Nürnberg) noch nicht besetzt war, zusammengefaßt und damit eine auch schon in der Reichs­ geschichte des 14. und 15. Jahrhunderts bedeutsame Macht zusammengebracht hätten. Im 14. Jahrhundert besaß Nürn­ berg doch kein Territorium, es konnte doch auch nur um­ gekehrt das bekommen, was ihm die Burggrafen übrig ließen. Gegen Schluß fallen einige Druckfehler auf, Nürn­ berger Aufstand statt Anstand (S. 79), auf S. 81 zweimal ,,umgehend“ statt ,,umgebend“ usw. Zum Schluß möchte ich noch einmal den außerordentlich hohen Wert dieser Vor­ träge hervorheben, die auch dem nichtfachmännischen Leser viel Anregung und Belehrung bringen werden. Emil R e i c k e.

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Einige in den letzten Jahren erschienene wichtigere Werke zur Nürnberger Geschichte, deren Besprechung, da sie hier, vornehmlich wegen Mangels an Raum, nicht mehr statt­ finden konnte, wenigstens zu einem Teile einem späteren Bande unserer Vereinszeitschrift Vorbehalten bleibt1). Bauer, Heinr., u. Heinr. Höhn, Das AlbrechtDürer - Haus in Nürnberg und seine Wiederherstellung im Dürer-Gedächtnisjahr 1928. Hrsgg. im Auftrag der AlbrechtDürer-Haus-Stiftung. Nbg., Selbstverlag der Stiftung, 1929. 20 S., 13 Taf. 4 °. B e n a r i o, L., Alte Nürnberger Zeitungen von 1515 bis 1747. Nbg., J. L. Schräg (1928). VI, 28 Taf. 8°. Bruglocher, Erwin, Ueber Kaspar Hausers Todes­ art. Aerztliche Studie. Ansbach, C. Brügel, 1928. 12 S. 8°. Bub, Gustav, Alte Nürnberger Familien. Beiträge zur Kulturgeschichte der Stadt Nürnberg. 1. Teil. Hersbruck, K. Pfeiffer, 1930. 212 S. 8°. ------- , Quellen zur Geschichte der Stadt Nürnberg. Ebd. 135 S. 8 °. Das Buch der alten Firmen der Stadt Nürnberg im Jahre 1930. Schriftleitung: Dr. Emil R e i c k e, StadtarchivDirektor. Herausgeber Walter Ger lach. Lpz., Jubiläums-Verlag Walter Gerlach (1930). 279 S. mit 4 Taf. und vielen Abb. im Text. 2 °. B u c k r e i s, Adam, Albrecht Dürer. Des Meisters Leben und Wirken und seine Zeit. Mit 42 Abb. Münch.. Knorr & Hirth, 1928. 134 S. 8°. Cohen, P., Die Nürnberger Musikdrucker im 16. Jahrhundert. Philos. Diss. Erlangen 1927. 65 S. 8 0 2). Dürer, Albrecht. Des Meisters Gemälde, Kupfer­ stiche und Holzschnitte in 537 Abbildungen. Hrsgg. von Friedr. Winkler. Einleitung von Valentin Scherer. 4. neubearbeitete Auflage. Stuttg., Bert. u. Lpz., Deutsche Verlagsanstalt (1928). (Klassiker der Kunst, Bd. 4). XXXVIII, 456 S. Gr. - 8 °. *) Schon besprochene Bücher sind hier nicht aufgeführt, desgleichen auch nicht Aufsätze in Zeitschriften. Wir hoffen die letzteren in nicht zu ferner Zeit in einem der nächsten Bände unserer „Mitteilungen“ bringen zu können, vereinigt in einer Nürnberger Bibliographie nach dem Muster des von Dr. Heinrich Heerwagen und Dr. Friedrich Bock im 27. Bande erschienenen, die Jahre 1919 bis 1925 umfassenden Literaturverzeichnisses, und boffentlit h wieder von denselben Bearbeitern. — Der Zusendung von Rezensic nsexemplaren sieht die Schriftleitung stets gern entgegen. 2) Vgl. dazu die Abhandlung von Rudolf Wagner, Nachträge zur Ge­ schichte der Nürnberger Musikdrucker im 16. Jahrhundert, S. 107—151 dieses Bandes.

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Albrecht Dürer. Festschrift der internationalen Dürer-Forschung. Hrsgg. von Georg B i e r m a n n. Lpz.Berl., Klinkhardt u. Biermann, 1928 (Sonderheft des Cice­ rone). 132 S., 1 Taf. Gr. - 8 °. Engelhardt, Adolf, Der Reichstag zu Augsburg 1530 und die Reichsstadt Nürnberg. Mit 4 Abb. Nbg., Buchhdlg. d. Ver. f. innere Mission (1930). 160 S. 8°. Festschrift zur Feier des fünfhundertjährigen Bestehens der Hauptschützengesellschaft Nürnberg 1429 bis 1929. Historische Einleitung von Archivdirektor Dr. Emil Reicke, und Geschichte des Feuerschützenwesens zu Nürnberg von Dr. Gustav Bub. Nbg., 1929. 143 S. mit 29 Tafeln. Festschrift des Historischen Vereins für Mittel­ franken zur Jahrundertfeier 1830 —1930. Zugleich 66. Jahresbericht für 1930. Ansbach, C. Brügel & Sohn AG., 1930. XXI, 275 S. mit 1 Karte. 8°. Fischer, Gerhard, Aus zwei Jahrhunderten Leip­ ziger Handelsgeschichte 1470—16.50. Hrsgg. vom Rat der Stadt Leipzig und der Industrie- und Handelskammer Leipzig. Ebd., Kommissionsverlag von Felix Meiner. XVI, 539 S. 8 °. (Darin werden viele Nürnberger Beziehun­ gen, Nürnberger Kaufleute usw. behandelt.) Flechsig, Eduard, Albrecht Dürer. Sein Leben und seine künstlerische Entwickelung. 2 Bände. Mit Taf. Berl., Grote, 1928 u. 1931. Gefallenen-Gedenkbuch der Stadt Nürnberg 1914— 1918. Hrsgg. im Auftrag der Stadtgemeinde. Nbg., Selbstverlag des Stadtrats, 1929. VIII, 968 S. mit 3 Taf. 8 °. Graf, Wilh., Doktor Christoph Scheurl von Nürn­ berg. Mit 1 Tafel. Lpz. u. Berl., B. G. Teubner, 1930. 159 S. 8°. G ü m b e 1, Albert, Das Mesnerpflichtbuch von St. Lo­ renz in Nürnberg vom Jahre 1493. Münch., Chr. Kaiser, 1928 (Einzelarbeiten aus der Kirchengeschichte Bayerns, Bd. 8). VII, 63 S. 8 °. ------- Das Mesnerpflichtbuch von St. Sebald in Nürn­ berg vom Jahre 1482. Ebd. 1929 (Einzelarbeiten usw., Bd. 11). VII, 51 S. 8 °. Haid, Karl, Alt-Nürnbergs Verkehrswesen seit Mitte des 14. Jahrhunderts. Nbg., im Selbstverlag, 1929. 328 S. mit 17 Tafeln. 8°. H a m p e, Theod., Die Nürnberger Malefizbücher als Quellen der reichsstädtischen Sittengeschichte vom 14. bis zum 18. Jahrhundert. Bamb., C. C. Büchner, 1927 (Neu-

405

jahrsblätter, hrsgg. von der Gesellschaft für fränkische Ge­ schichte, 17). 102 S. 8°. H e i s i n g e r, H., Die Schreib- (und Rechenmeister des 17. und 18. Jahrhunderts in Nürnberg. Erlanger Philos. Diss. Nbg., Stich, 1927. VIII, 93 S. 8°. Höhn, Heinr., Albrecht Dürer und seine fränkische Heimat. Eine Festgabe für das Dürer-Gedächtnisjahr 1928 im Auftrag der Stadt Nürnberg. Mit 62 Abb. Nbg., J. L. Schräg (1928). 84 S. 40. -------Das Dürer-Haus zu Nürnberg. Ein Führer durch seine Geschichte usw. Im Auftrag der Albrecht-DürerHaus-Stiftung hrsgg. Mit 22 Abb. Nbg., Selbstverl. der Stiftung (1930). 64 S., 2 Taf. 8°. K e 1 b e r, Jul., Ein sterbendes Dorf. Streifzüge durch die Ortsgeschichte von Großreuth hinter der Veste. Mit 18 Abb. u. 2 Karten. Nbg., Druck von Erich Spandel, 1929. 64 S. 8 °. K i p f m ü 1 1 e r, Berta, Die Frau im Rechte der Freien Reichsstadt Nürnberg. Erlanger Jur. Diss. Dillin­ gen a. D., 1929. 71 S. 8°. K i s t, Joh., Das Klarissenkloster in Nürnberg bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts. Nbg., Druck des Sebaldus-Verlag, 1929. VIII, 205 S. 8 °. Klee, Fritz, Neue Beiträge zur Kaspar-Hauser-Forschung. Mit 5 Abb. u. 4 Schriftproben. Nbg., J. L. Schräg (1929). 120 S. 8 °. Kleiner, Karl, Der Industrie- und Kulturverein e. V. Nürnberg. Seine Geschichte und sein Wirken 1819—1929. Nbg., Selbstverlag des Ind.- u. Kulturvereins, 1929. 462 S., 18 Taf. Gr. -8°. K o 1 b m a n n, G., Geschichte der Priv. FeuerschützenGesellschaft Lauf a. Peg. Ebd., H. Bachmann, 1930. 16 S. 8°. Kuhn, W., Die Waldungen der Heiliggeist-SpitalStiftung Nürnberg bei Simonshofen und Schnaittach in geschichtlicher und wirtschaftlicher Beziehung. Steindruck (1926). 35 S. 2°. Mahn, Hanshubert, Lorenz und Georg Strauß. Bei­ träge zur Kunstgeschichte Nürnbergs im 16. und 17. Jahr­ hundert. Reutlingen, Gryphius, 1927 (Tübinger Forschun­ gen zur Archäologie und Kunstgeschichte, Bd. 8). 85 S. mit’145 Abb. 4 °. Martin, Kurt, Die Nürnberger Steinplastik im 14. Jahrhundert. Mit 120 Lichtdrucktafeln. Berl., B. Cassirer, 1927 (Denkmäler der deutschen Kunst. Sektion 2: Plastik). 162 S. 2 °.

406

Mummenhoff, Ernst, War Willibald Pirckheimer ein Verleumder? Ein Beitrag zu seiner Charakteristik. Nbg., J. L. Schräg, 1928. 57 S. 8°. Mutschelknauß, Eduard, Die Entwicklung des Nürnberger Goldschmiedehandwerks von seinen ersten An­ fängen an bis zur Einführung der Gewerbefreiheit im Jahre 1869. Leipz., A. Deichertsche Verlagsbuchhandlg. Dr. Werner Scholl, 1929 (Wirtschafts- und Verwaltungs­ studien, hrsgg. von Georg v. Schanz, 107). XV, 251 S. 8°. Pies, Hermann, Die amtlichen Aktenstücke über Kaspar Hausers Verwundung und Tod. Bonn a. Rh., Kul­ turhistorischer Verlag (1928). 334 S. 8°. R e i c k e, Emil, Willibald Pirckheimer. Leben, Familie und Persönlichkeit. Jena, Eugen Diederichs (Deutsche Volk­ heit, 1930). 80 S. mit 7 Tafeln. 8°. Schroetter, Friedr. Frhr. v., Brandenburg-Frän­ kisches Münzwesen. Teil 1: Das Münzwesen der hohenzollernschen Burggrafen von Nürnberg und der Markgrafen von Brandenburg in Franken 1350 — 1515* Teil 2: Das­ selbe 1515 — 1603. Halle a. d. S., A. Riechmann & Co., 1927—29 (Münzstudien, hrsgg. von der Münzhandlg. A. Riechmann & Co., 3, 7). Mit 12 bezw. 27 Tafeln. 4 °. Schulz, Fritz Traugott, Das Germanische Museum von 1902 — 1927. Festschrift zur Feier seines 75jährigen Bestehens. Nbg., Selbstverlag des Germ. Mus., 1929. 97 S., 18 Taf. Gr.-8°. Schwemme r, Wilh., Tore und Türen an Alt-Nürnberger Profanbauten. Erlanger Philos. Diss. Nbg., Lor. Spindler Verlag, 1930. VIII, 136 S. mit Abb. im Text u. 16 Tafeln. 8°. T i e t z e, H., und E [rika] Tietze - Conrat, Kritisches Verzeichnis der Werke Albrecht Dürers. Bd. 1: Der junge Dürer. Verzeichnis der Werke bis zur venezianischen Reise i. J. 1505. Augsb., B. Filser, 1928. XIII, 447 S. mit Abb. Gr. - 8 °. Ulrich, K., Alt-Nürnberger Haustüren und Chörlein. Nbg., K. Ulrich, 1928. 3 Bl., 116 Taf. 4 °. Weigel, Martin, Rothenburger Chronik (3. Auflage). Rothenb. o. d. T., Gebr. Schneider. 261 S. mit Abb. im Text u. vielen Tafeln. 8°. W i e ß n e r, Paul, Die Anfänge der Nürnberger Fabrik­ industrie. Langendreer, Druck: Heinr. Pöppinghaus o. HG. 1929. 282 S. 8 °.

Heinrich Koeler • 1355 t 1432 verm. I. mit Kunigunde Entzenger

STAMMBAUM

*

II. mit Barbara Kranz

t II.

1 3. Elsbeth * 1400 ? t verm. mit Lienhard Pregler * f vor 6.9.1460 ?

2. Sebald

* f 1437 verm. mit Kunigunde Eisenmenger *

f

1486 ?

1 4. Johannes * 1410 ? f 1440/1

1 5. Katharina * 1417 f 1454 ? 1484 ? verm. mit Philipp Pirckheimer * t 1480?

1 6. Niklas * 1416/7 f 1497 verm. 1439 mit Anna Stromer * f 22. 2.1486

1 7. (Marquard)

1 8. (Stefan)

9. Heinrich *

f vor 1482 verm. I. 1455 mit Margaretha Ortolf

DER FAMILIE

*

t 13. 1.1458 II. 1459 mit Barbara Pregler t

*

10. Barbara

*

t

11. Elsbeth

l 12. Gabriel

t

1462

1 13. Antonius * f

1462

1 14. Sebald

* f 1505/6 verm. 16.10.1499 mit Ursula Groland 1544 ?

t

1 15. Anna

* t verm. I. Hans Roth

1 16. 17. 18. 3 Söhne

1 19. 20. 2 Töchter

mit

t 1487/8 II. nach 1488 mit Andreas Wolgemuth

II.

21. Hans * 1463 t 15. 1.1539 verm. I. mit Margaretha Egenbürger ll.

*

22. Ursula

t

23. Gabriel

24. Elsbeth

25. Barbara

KOELER

26. Georg

*

*

*

*

t

t

t

t

1500

mit

Agnes Ebner *

t

Tll. vor 1501 mit

6. 8.1540

Georg Bayr t

27. Michel

I. 28. Franz * t

1514

1 36. Birgitta * 14. 1.1541 t rm. I. 21. 3.1565 mit Hans Hoffmann * 20. 6.1541 f 11. 6.1568 II. 7.12.1568 mit Matthes Berchner • f vor 5.12.1578 III. mit Heinrich Reuter • f 9. 2.1600

I.

l 37. Hieronymus * 20. 8.1542 f 27. 4.1613 verm. I. 3. 3.1578 mit Magdalena Mülich * 11. 3.1558 t 15.11.1609 II. 23. 7.1610 mit Katharina Lebzelter * t

61. Magdalena 62. Benedikt * 4. 2.1583 * 31. 7, 1585 t 27. 2.1609 f7.11.1632 verm. 8.1.1600 mit Marcus Christoph Gugel * 26. 2.1573 t 28.11.1626

38. Johannes * 16. 1.1544 f 27.11.1573

39. Barbara * 20.10.1545 t 11.12.1607 verm. 22. 7.1566 mit Hans Schwenter



63. Maria * 3.10.1586 t 31. 8.1615 verm. 13. 6/1609 mit Georg Lindener * 15. 7.1566 f 19. 5.1618

*

f

2. 5.1596

40. Michel * 13 9.1547 f 25. 4. 1558

41. Paulus * 10. 7.1549 t 14. 7. 1549

42. Matthaeus * 10. 8.1550 f 12. 4.1557

43. Lukas * 2. 8.1552 f 11. 8.1552

1 IV. 44.Magdalena * 17.11.1561 f 1567

* t

29. Stefan

1 45. Heinrich * 2. 5.1563 f 15. 1.1623

1

1

II. 30. Hieronymus * 28. 1.1507 t 31. 1.1573 verm.I. 14. 2.1536 mit Barbara Münsterer

31. Margaretha * t 23. 1.1553 verm. Stefan Schwalb

32. Franz * 18. 1.1517 t 23. 2.1576 verm.I. 28. 9.1540 mit Monika Beil

f 6. 5.1539 II. 4. 8.1539 mit Birgitta Groland * 8. 6.1518 t 3. 8.1552 III.29. 8.1553 mit Charitas Nützel * 6. 6.1517 ? t 15. 1.1560 IV. 16.12.1560 mit Ursula Müllner • 1528 f 11.11.1565 V. 4.11.1566 mit Ursula Derrer • 10. 6.1540 t 27.10.1581

f 18. 1.1553

t II. mit Elisabeth Horsmann

1 46. Markus • 16. 4. 1565 t 1566

1 47. Klara * 16. 4.1565 t 1565

33. Hans f

34. Georg

35. Barbara

f

f

*

t 3.1563 III. 17. 4.1564 mit Susan na Eisvogel *

t 6. 3.1569 IV. 22.11.1569 mit Helene Holzschuher * t 8.10.1595

V.

1 48. Maria * 9. 9.1567

verm.I. 4. 7.1592 mit Hieronymus Koler * 30. 3.1569 t 1.12.1593 II. 11.10.1596 mit Heinrich Scherl • 15. 8.1570 t vor 1618

l 49. Ursula * 7. 9. 1568 f 2.11.1606 verm. 2. 5.1592 mit Stefan Prünsterer * 22.10.1545 t 9. 7.1620

1 50. Christoph * 20. 2. 1570 t

1 51. Philipp * 16. 9.1571 t

52. Wolfgang * 25. 2.1573 f 28. 2.1616 verm. 5.11.1604 mit Katharina Stöckel * 19. 6.1569 f 20. 1.1642

I.

53. Albrecht * 20. 3.1542 f 31.10.1599 verm. mit Barbara *

f 10. 4.1599

II.

54. Franz

55. Georg

*

t verm.

mit

* t 4.11.1583

1 56. Katharina * 11. 5.1560 t verm. 10.12.1584 mit Hans Lettmair *

t

1 57. Bartholomeus * 15. 2.1563 t

1 58. Hans * 19. 3.1565 t verm. mit III.

1 59. Sebastian * 20. 7. 1566 t

60. Niklas • 21. 7. 1567 t