Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg [20]

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Mitteilungen des

Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg. Herausgegeben im Auftrag des Vereins von

Dr. Ernst Mummenhoff, Archivrat.

Zwanzigstes Heft. Mit einer Abbildung.

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NÜRNBERG. VERLAG VON J. L. SCHRÄG (In Kommission). 1913.

Inhalt Seite

Abhandlungen und Quellenpublikationen: Justizrat Dr. Freiherr Georg von Kreß. Von E. Mummenhoff Die Baurechnungen über die Erhöhung der Türme von St. Sebald in Nürnberg 1481 —1495. Von Albert Gümbel, Kgl. Kreisarchivassessor......................................................... Heitere Episoden in ernster Zeit (1631 — 1635). Von Dr. Rudolf Rast, Kgl. Gymnasialprofessor.............................................. Der Prozeß gegen Nikolaus von Gülchen, Ratskonsulenten und Advokaten zu Nürnberg, 1605. Von Dr. Wilhelm Fürst, Kgl. Kreisarchivassessor...................... Die Pillenreuter Weiher und die Dutzenteiche. Eine ortsund wirtschaftsgeschichtliche Untersuchung. Von Archivrat Dr. E. Mummenhoff 2. Die Pillenreuter Weiher in bürger­ lichem Besitz von 1518 — 1696.............................................. Kleinere Mitteilungen: Ein Nürnberger Klosterinventar aus dem Mittelalter. Von Pfarrer Dr. Pickel in Karlshuld.......................................... Der heutige Stand der Frage der ältesten Nürnberger Stadt­ befestigung. Von Dr. E. Mummenhoff............................... Nachtrag dazu............................................................................ Relief Nürnbergs vom Jahre 1540 im Nationalmuseum zu München. Von Oberstleutnant Mayer-München............... Literatur: Der Karlsgraben. Eine historische, topographische und kritische Abhandlung. Von Dr. Friedr. Beck, Kgl. Gym­ nasiallehrer ............................................................................. Der Reichswald bei Nürnberg in geschichtlicher und wirt­ schaftlicherBeziehung............................................................... Die Urbare des Burggrafentums Nürnberg unter dem Gebirge bis 1450.................................................................................... Die reichsstädtische Haushaltung Nürnbergs während und nach dem siebenjährigen Krieg (1756—1776). Von Dr. Heinr. Bingold.................................................................................... Maister Franntzn Schmidts Nachrichters inn Nürnberg all sein Richten. Herausgegeben und eingeleitet von Albrecht Keller........................................................................................ Eine Urkunde zur Geschichte des Nürnberger Handels. Von Dr. phil. h. c.Ludwig Freiherr von Welser........................

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IV Seite

Der Handelsvorstand Nürnberg 1560—1910. Von Dr. P. Dirr 287 Das Münzwesen der Reichsstadt Nürnberg im 16. Jahrhundert. Von Dr. Ernst Scholler......................................................... 289 Die Eroberung des Weltmarkts durch das mansfeldische Kupfer. Von Walther Möllenberg...................................... 290 Die Getreidehandelspolitik der Reichsstadt Nürnberg ins­ besondere vom 13. bis 16. Jahrhundert. Von Heinrich Hofmann.................................................................................... 293 Die Entwicklung des Nürnberg-Fiirther Exportes nach den Vereinigten Staaten von Nordamerika von seinen ersten Anfängen an bis zur Gegenwart. Von Dr. phil. Wilhelm Schwarzwälder......................................................................... 295 Mitteilungen über die Zusammensetzung der Lehrerbibliothek des Alten Gymnasiums nach ihren ältesten Beständen und Beschreibung der ältesten Drucke. Von Ludwig Krauß, Kgl. Konrektor......................................................................... 298 Geschichtsauffassung und Geschichtschreibung in Deutsch­ land unter dem Einfluß des Humanismus. Von Paul Joachimsen................................................................................. 301 Humanistisches Studienheft eines Nürnberger Scholaren aus Pavia (1460). Von LudwigBertalot ................................. 305 Kaiser Maximilians I. Anteil am Teurdank. Eine kritische Untersuchung von JosephStrobel........................................ 308 Die Martrikel der Universität Altdorf. Herausgegeben von Elias von Steinmeyer.............................................................. 309 Die Allegorie bei Hans Sachs mit besonderer Berück­ sichtigung ihrer Beziehungen zur graphischen Kunst. Von Helene Henze. — Das Hans Sächsische Fastnachtsspiel Nr. 26 »Vom Joseph und Melisso«. Von Professor Leonhard Stöllinger.................................................................................... 314 Studien und Quellen zur deutschen Kunst-Geschichte des XV.—XVI. Jahrhunderts. Von FranzFriedr. Leitschuh 315 Die kirchliche Glasmalerei zur Zeit der Spätgotik und Früh­ renaissance in Nürnberg. Von Johannes Schinnerer ... 321 Veit Stoß, die Herkunft seiner Kunst, seine Werke und sein Leben. Von Max Loßnitzer.................................................. 322 Die gotische Bildnerei und Tafelmalerei in der Dorfkirche zu Kalchreuth. Von H. M. Sauermann............................... 326 Die Deutung eines Bildnisses von Brosamer in der kaiser­ lichen Gemäldegalerie in Wien nebst Beiträgen zur Dürerund Pirckheimerforschung. VonEmil Reicke..................... 328 Dürer. Von Richard Brückner.............................................. 329 Eugen Vial, Jean Cleberger...................................................... 331 Denkmäler deutscher Tonkunst.............................................. 334 Politische Bewegungen in Nürnberg 1848/49. Von Ludwig Brunner.................................................................................... 340 Freiherr von Scheurl, 1811-1911. Von Konsistorialrat Gebhard.................................. 342 Authentische Mitteilungen über KasparHauser. Von Dr. Julius Meyer, Kgl. Bayer. Landgerichtsdirektor a. D., Ehrenbürger der Stadt Ansbach. — Das Rätsel Kaspar Hauser. Von Dr. Adolf Saager.......................................... 345 Die Wasserversorgung der Stadt Nürnberg von der reichs­ städtischen Zeit bis zur Gegenwart. Amtlich herausgegeben vom Stadtmagistrat Nürnberg.............................................. 348

V Seite

Festschrift zur Einweihung des Künstlerhauses in Nürnberg am 3. Juli 1910. Verfaßt von Dr. Fritz Traugott Schulz 8. Deutsches Sängerbundes-Fest Nürnberg 1912. Festzeitung, herausgegeben vom Preßausschuß.......................................... Die landständische Verfassung in den ehemaligen Fürsten­ tümern Ansbach-Bayreuth. Von August Jegel...................

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Aufruf der Historischen Kommission bei der Kgl. Bayerischen Akademie der Wissenschaften an die Freunde handels­ geschichtlicher Forschung zur Sammlung von nicht­ gedruckten Handelspapieren behufs Verzeichnung derselben

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Justizrat Dr. h. c. Georg Freih. Kreß von Kressenstein, geb. 20. April 1840, f 1. März 1911.

Justizrat Dr. Freiherr Georg v. Kreß. (t 1. März 1911)*). Als am 17. April 1910 eine Deputation des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg in dessen Namen und Auftrag seinem hochgeschätzten und verehrten I. Vorsitzenden Herrn Justizrat Dr. Freiherrn v. Kreß zu seinem 70 jährigen Geburtstag unter Überreichung einer künstlerisch ausgeführten Adresse herzliche Glück- und Segenswünsche darbrachte, sprach ich im Namen des Vereins noch ganz besonders den Wunsch aus, es möge dem Jubilar vergönnt sein, noch lange Jahre in Kraft und Gesundheit in der alten Liebe und Treue erfolgreich die Ge­ schicke des Vereins zu lenken zu seiner eigenen Befriedigung und zur Freude aller Mitglieder und zum Wohle des Vereins. Zu unser aller größtem Schmerz ist dieser Wunsch nicht in Erfüllung gegangen. Noch war kein ganzes Jahr verflossen — und unser allverehrter und geliebter I. Vorsitzender weilte nicht mehr unter uns. Wir alle beklagen den schweren, den unersetzlichen Verlust, den der Verein für Geschichte der Stadt Nürnberg erlitten hat. Er war gewissermaßen der Vater des Vereins. Vor einem Menschenalter hat er ihn gegründet, hat ihn in dieser langen Zeit ununterbrochen geleitet, hat ihn gepflegt in treuer Sorge und Liebe, ihn zu Wachstum und Blüte ent­ wickelt bis zu dem Momente, da ihn das unerbittliche Schicksal abberief. Herr Justizrat Dr. Freiherr v. Kreß war von jeher den historischen Wissenschaften zugetan, er war sozusagen eine historisch angelegte Natur, war es durch Geburt, Neigung und liebevolle Beschäftigung mit den Zeugnissen der Vergangenheit, der Vergangenheit des eigenen Geschlechtes und seiner Vater­ stadt. Die reichen Urkundenschätze, die er von seinen Vor­ fahren überkommen, zu durchforschen, auszubeuten und nicht bloß für sich und seine Familie nutzbar zu machen, sondern sie auch für die Allgemeinheit, für die Freunde der Nürnberger *) S. auch Jahresbericht über das 34. Yereinsjahr 1911 S. 3 ff. 1

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Geschichte und der Geschichte überhaupt auszumünzen, war ihm schon früh eine liebe Aufgabe, die er mit ganzer Seele erfaßte, der er, soweit es ihm seine umfassenden Amtsarbeiten und seine reiche politische Tätigkeit erlaubten, sich mit Hingabe und Energie widmete. Schon vor seiner Ernennung zum Mitglied des Verwaltungsausschusses des Germanischen Museums im Jahre 1877, dem er so viele Mühe, Arbeit, Sorge und Liebe gewidmet und dessen stellvertretender Direktor er nach Essenweins Tode war, ließ er im Organ des Museums, dem Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit, seine erste historische Arbeit erscheinen. Es war nur ein kleiner Aufsatz, aber er bekundete sofort seinen kritischen Sinn und die Schärfe seines Urteils. Gegenüber dem Bearbeiter der Nürnberger Jahrbücher in den Chroniken der deutschen Städte wies er darin auf Grund einer Urkunde in seinem Familienarchiv vom Jahre 1420 nach, daß das dort 1451 genannte Haus des Hans von Ploben nicht der Plobenhof sein könne, sondern ein Haus bei den Fleischbänken, und zwar das diesen und dem Rieterhaus gegenüber gelegene Eckhaus am Markt gewesen sein müsse. Im folgenden Jahre (1877) veröffentlichte er an derselben Stelle mit einer orientierenden Einleitung die Briefe des Dr. Sixt Tücher, Propstes bei St Lorenz, an seinen Nachfolger Anton Kreß von 1502—1504, die nach verschiedenen Seiten, wie in Hinsicht der Erwählung des Anton Kreß zum Propst und der seiner Wahl voraufgegangenen Verhandlungen und Schwierig­ keiten und auch in kulturhistorischer Beziehung, Interesse bean­ spruchen dürfen. Und merkwürdig genug, wie er hier in einer seiner Erstlingsarbeiten die Korrespondenz des Anton Kreß mit Sixt Tücher, die er in seinem Familienarchiv vorfand, den Freunden der Nürnberger Geschichte darbot, so kam er in seiner letzten Arbeit, die er im 19. Heft unserer Vereinsschrift ver­ öffentlichte, auf denselben Gegenstand zurück, indem er die Briefe des Dr. Erasmus Topler, Propstes bei St. Sebald, an den zum Propst von St. Lorenz erwählten Anton Kreß der Wissen­ schaft zugänglich machte. Die Gründung des Vereins für Geschichte der Stadt Nürn­ berg war für ihn ein mächtiger Ansporn zu energischer und erfolg­ reicher Arbeit auf dem Gebiete der Nürnberger Geschichte. Die

3 reichen Schätze seines Familienarchivs boten ihm immer wieder neuen Stoff zu anziehenden und wichtigen Mitteilungen, Vorträgen und Abhandlungen. Aber er war nicht einseitig, wie es leicht die Beschäftigung mit der Familiengeschichte mit sich bringt, die ja oft für den Beteiligten vom höchsten Interesse sein kann, den unbeteiligten Dritten aber nicht zu fesseln vermag, wenn nicht die Tatsachen und Persönlichkeiten, die behandelt werden, durch ihre Bedeutung und Öffentliche Wirksamkeit in den Vordergrund getreten sind und Spuren hinterlassen haben, die nicht zu ver­ wischen sind. Bei seinen familiengeschichtlichen Arbeiten fehlte nie der größere historische und insbesondere der kulturhistorische Hintergrund. Durch das liebevolle Eingehen auf die Nürnberger Orts- und Stadtgeschichte, auf die Gelehrten-, Kunst- und Kultur­ geschichte und endlich auf die Reichsgeschichte wußte er auch da, wo er mehr familiengeschichtliche Fragen behandelte, doch das allgemeine und das wissenschaftliche Interesse in hohem Maße zu erregen. Von den mehr ortsgeschichtlichen Arbeiten sind zu er­ wähnen die auf den eingehendsten Studien des Urkunden- und Aktenmaterials beruhende gründliche und abschließende Mono­ graphie : Gründlach und das Kloster Himmelsthron, ferner Krafts­ hof und seine Kirche und das Büchlein: Das Dürerhaus und seine Geschichte. Was ihn aber ganz besonders anzog, war die Geschichte der gelehrten Bildung im alten Nürnberg und das Studium der Nürnberger an den italienischen Hochschulen. Schon 1877 hatte er über dieses Thema im Pegnesischen Blumenorden einen eingehenden und anziehenden Vortrag gehalten und auch im Verein für Geschichte der Stadt Nürnberg behandelte er diesen Vorwurf. In der Veröffentlichung von 8 Briefen des Willibald Pirckheimer an den Propst Anton Kreß aus den Jahren 1499 bis 1503 bezw. 1504, die er seinem Familienarchive entnahm, beleuchtete er das ganz außerordentliche Interesse, das der große Humanist allen Zweigen der Wissenschaft und Literatur entgegenbrachte, und warf dabei interessante Streiflichter auf die Reichs- und Zeitgeschichte. In einem späteren Vortrage brachte er auf Grund der von der Wissenschaft neu erschlossenen Quellen anziehende Mitteilungen über die Nürnberger Studenten im i*

4 Mittelalter und zur Zeit der Rezeption des römischen Rechts an der Universität Bologna. Auf demselben Gebiete bewegt sich die Veröffentlichung der Briefe eines Nürnberger Studenten aus Leipzig und Bologna. Der Briefschreiber war der junge 1541 geborene Christoph Kreß. Auch diese Briefe bringen kultur­ historisch anziehende Nachrichten, und, was nicht minder wichtig, der Verfasser hat ihnen eine wertvolle biographische Einleitung vorausgeschickt. Als weitere hiehergehörige Arbeiten sind zu nennen: Johann Cochläus und seine Wirksamkeit an der Schule zu St. Lorenz, worin er auf Grund der vorhandenen Literatur die große Bedeutung des zwar reformationsfeindlichen, aber um die Hebung des in veralteten Formen verknöcherten Schul­ wesens und insbesondere des Nürnberger Schulwesens verdienten Vorkämpfers schilderte. In einem Vortrage: der Frühhumanismus im alten Nürn­ berg und die Stellung des Nürnberger Rats wandte er sich in längerer Ausführung und mit schlagenden Gründen gegen die Aufstellung eines Berliner Gelehrten, des Dr. Max Herrmann, der behauptet hatte, daß sich die Stadt und insbesondere der Rat zu Nürnberg dem Humanismus gegenüber ablehnend ver­ halten hätten. Daß der Humanismus nur langsam in Nürnberg Boden gewann, lag in den besonderen Verhältnissen der Stadt begründet, die wie heute eine Handels- und Gewerbestadt war und einer Hochschule entbehrte. Das harte Urteil Herrmanns wies der Vortragende durch die Widerlegung der einzelnen Behauptungen als durchaus unberechtigt zurück. Das Gebiet der Reichs- und allgemeinen Geschichte betrat er in den Vorträgen und Abhandlungen: der Türkenzug der 1000 fränkischen Reiter nach Ungarn im Jahre 1594, Martin Behaim, der Seefahrer, die Reichsstadt Nürnberg während des siebenjährigen Krieges, der Nürnberger Ratsherr und oberster Hauptmann Christoph Kreß und seine Zeit, überall Neues bringend oder doch anregend. Zum 25 jährigen Jubiläum des Vereins schrieb er eine ein­ gehende Geschichte seiner reichen Wirksamkeit in dem ersten Vierteljahrhundert seines Bestehens. Und wieviel zum Teil wichtige Quellenbeiträge verbergen sich unter den »Kleineren Mitteilungen« unserer Vereinsschrift,

5 Beiträge zur Orts-, Kultur-, Kunst-, Handels- und Gelehrten­ geschichte, die ich hier nicht im einzelnen ^fführen kann! Sein letzter Beitrag im 19. Heft der Mitteilungen war ein Aufsatz über zwei Pokale im historischen Museum zu Stockholm, einen Himmels- und einen Erdglobus darstellend, die der Nürnberger Rat König Gustav Adolf bei seinem ersten Einzuge in Nürnberg am 21. März 1632 mit anderen Geschenken verehrte. Seinen letzten Vortrag hatte er im Jahre 1907 gehalten und zwar über ein Thema, mit dem er sich schon gleich in den Anfängen des Vereins beschäftigt hatte, die Sage von dem orlamündischen Kindermord und die Stiftung des Frauenklosters Himmelsthron im neuen Spital zu Nürnberg, die Sage von der weißen Frau. Aber diesmal war es die Polemik, die ihn auf die Rednerbühne rief. Mit schlagenden Gründen und mit juristischer Schärfe zerpflückte er die Beweisführung Christ. Meyers, dem er große Unzuverlässigkeit in der Benutzung der Urkunden nachwies. Die Gräfin Kunigunde von Orlamünde soll nämlich, in Liebeswahnsinn zu dem Burggrafen Friedrich dem Schönen entbrannt, um eine eheliche Verbindung mit ihm zu ermöglichen, mit eigenen Händen ihre beiden Kinder durch eine Haarnadel ermordet haben. Später hätte sie zur Sühne das Kloster Himmelsthron, zunächst im Heil. Geistspital zu Nürnberg, dann in Gründlach, gestiftet. Aus der Widerlegung sei nur der einzige Nachweis hervorgehoben, daß die Gräfin aus erster Ehe über­ haupt keine Kinder besaß, sie demnach auch nicht morden konnte. Ein besonderes Interesse widmete Justizrat Dr. Freih. v. Kreß auch der Frage der Erhaltung der Privatarchive, einer Frage, die auf den Generalversammlungen des Gesamtvereins der deutschen Geschichts- und Altertumsvereine wiederholt erörtert worden war. Die Erhaltung der Privatarchive muß jedem Forscher und Freunde der Geschichte von äußerster Wichtigkeit erscheinen, und gerade ihnen, die so oft in ihrem Bestände gefährdet sind, ist eine besondere Sorge und Aufmerksamkeit zuzuwenden, sollen wir es nicht erleben, daß wichtige derartige Archive in Stadt und Land entfremdet, verschleudert, vernichtet werden. Dessen war sich unser I. Vorsitzender wohl bewußt; er hat sich oft mit der Frage beschäftigt, einen Meinungsaustausch

6 darüber herbeigeführt und auch in einem Vortrag sich darüber ausgesprochen. Aber er war nicht der Meinung, daß die Sicher­ stellung der Privatarchive, wie sie in Nürnberg noch zahlreich im Besitz der patrizischen, aber auch von bürgerlichen Familien und ebenso auf dem Lande anzutreffen sind, dem Verein für Geschichte der Stadt Nürnberg zugemutet werden könne. Die außerordentlichen Arbeiten und Kosten, die die Unterbringung, Ordnung und Verzeichnung dieser Archive und die Veröffent­ lichung ihrer Repertorien erfordern, würden die Kraft des Vereins weitaus überschreiten. Er schlug vielmehr vor, die Interessenten sollten sich mit den Fachleuten zusammentun und, wie in Österreich, zu einem besonderen Ausschuß zusammentreten. Zur Aufbringung der Kosten hätten die Besitzer von Privatarchiven selbst ansehnliche Beiträge zu leisten, ein weiterer Ertrag würde sich aus der Subskription auf die Publikationen ergeben und endlich dürften auch Beiträge der historischen Vereine und öffentliche Zuschüsse zu erwarten sein. Unser für alles besorgter I. Vorsitzender ist von diesem Standpunkt allem An­ schein nach wieder abgekommen. Ich selbst kann an diesem Orte nicht näher darauf eingehen, welche fast unüberwindliche Schwierigkeiten sich auf dem von ihm vorgeschlagenen Wege würden ergeben haben. In der letzten Zeit hatte er sich denn auch mit dem Gedanken vertraut gemacht, daß es Sache des Staats und insbesondere der öffentlichen Archive sei, die in ihrem Bestände gefährdeten Privatarchive zu übernehmen, ent­ sprechend aufzubewahren, zu verzeichnen und im Einvernehmen mit den Besitzern zugänglich zu machen. Eine weitere Angelegenheit von nicht geringerer Bedeutung mag hier noch berührt werden, die, von ihm angeregt, in den Ausschußsitzungen wiederholt und eingehend behandelt worden ist: die Herausgabe von Geschichtsquellen der Reichsstadt Nürn­ berg im 16. Jahrhundert im Anschluß an die von Hegel heraus­ gegebenen Nürnberger Chroniken, die nur bis in den Beginn des 16. Jahrhunderts reichen. Zunächst dachte er an die Herausgabe der Nürnberger Chroniken des 16. Jahrhunderts überhaupt, aber er kam von diesem Gedanken wieder ab an­ gesichts des Mangels ausgiebiger Hilfsquellen, wie sie nur den großen Publikationsinstituten zur Verfügung stehen, und der

7 erforderlichen wissenschaftlichen Kräfte und kam zu der Über­ zeugung, daß eine so weitgehende Publikation etwa der histo­ rischen Kommission bei der Akademie der Wissenschaften als Fortsetzung des Chronikenwerks überlassen werden müsse. Im Jahre 1904 legte er dann dem Ausschuß eine Denk­ schrift vor, worin er die Herausgabe von Quellenschriften aus den Nürnberger Privatarchiven empfahl. Beispielsweise sollte eine solche Sammlung enthalten aus seinem eigenen Archive: Das Leben des Dr. Anton Kreß von Dr. Christoph Scheurl; Das Manualbüchlein des Nürnberger Ratsherrn und Kriegshaupt­ manns Christoph Kreß; Die Handelspapiere des Georg Kreß und seiner Gesellschaft; Die Kriegsrechnungen des Kreispfennigmeisters Hieronymus Kreß; aus dem v. Tucherschen Archiv etwa: die Relation hard Tücher über den zweiten markgräflichen die Korrespondenz des Anton Tücher mit dem Friedrich dem Weisen von Sachsen; aus dem v. Scheurischen Archiv: Das Tagebuch des Dr. Christoph Scheurl und büchlein desselben;

des LienKrieg; Kurfürsten

das Reise­

aus dem v. Imhoffschen Archiv: Das Geheimbuch des Endres Imhoff und die Handelspapiere der Imhoffschen Gesellschaften. Doch das sind nur einzelne Beispiele, wie sie ihm gerade in die Feder gekommen. Die Nürnberger Privat- und öffent­ lichen Archive bieten noch weiteres reiches Material dieser Art. Es läßt sich nicht leugnen, daß eine Sammlung solcher Quellen­ schriften für die weitere Erforschung der Nürnberger Geschichte von außerordentlichem Nutzen sein würde, und man kann es nur bedauern, daß das Unternehmen an der Ungunst der Ver­ hältnisse scheiterte. Großes hat unser verblichener I. Vorsitzender für die Organisation und Verwaltung des Vereins geleistet. Die ganze Einrichtung des Vereins ist im wesentlichen sein Werk, und daß alles bis jetzt so gut, ja so vorzüglich lief, daß die Maschine immer rüstig weiterarbeitete und nie stockte, im wesentlichen sein Verdienst. Sein großer Organisationssinn und seine

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peinliche Ordnungsliebe, seine außerordentliche Arbeitskraft und sein Opfermut, die trotz eines langwierigen Leidens nie ver­ sagten, seine Arbeitsfreude und Liebe zur Sache, sein Optimis­ mus, der vor den größten Schwierigkeiten nicht zurückschreckte, haben den Verein zu seiner allgemein anerkannten Bedeutung und Höhe emporgehoben. So ist es, um nur zwei Beispiele anzuführen, seinem zähen Beharren zu danken, daß das ganz verfahrene Sebalduswerk nun doch glücklich in den sicheren Hafen gelotst worden ist und das große Werk der Inventarisation der Nürnberger Bau- und Kunstdenkmale, nachdem die Arbeiten mehrmals jahrelang geruht hatten, endlich, als seine Durch­ führung einer jungen sachkundigen und arbeitsfreudigen Kraft anvertraut werden konnte, in schöner und mustergiltiger Weise bearbeitet wird. Daß Herr v. Kreß auf dem rechten Wege war und das Beste erreicht hat, das hat eine sehr kompetente Stelle, die philosophische Fakultät der Universität Erlangen, rückhaltlos anerkannt, indem sie ihm in Anbetracht seiner wissenschaft­ lichen Arbeiten, aber doch wohl auch wegen seiner sonstigen hervorragenden Verdienste um den Verein für Geschichte der Stadt Nürnberg und um die Gesellschaft für fränkische Geschichte den Doktorhut verlieh. Auf eins muß ich noch hinweisen. So manchen wahren und warmen Nachruf hat der Verstorbene den dahingegangenen verdienten Mitgliedern des Vereins gewidmet, ihnen ein Denk­ mal der Anerkennung, Hochachtung und Liebe in unseren Mit­ teilungen gesetzt. Es ist eine Reihe von hochverdienten Mit­ gliedern des Vereins und des Ausschusses, deren Andenken er auf diese Weise verewigt hat: der Österreich. Major Freih. Gg. v. Imhoff (1881), der Direktor am German. Museum Dr. Gg. Karl Frommann (1888), Oberstudienrat Dr. Heinrich Wilh. Heer­ wagen (1889), Advokat und Rechtsanwalt Bernhard Hartmann (1892), Bürgermeister Otto Freiherr v. Stromer (1892), Univer­ sitätsprofessor Dr. Adolf v. Scheurl (1895), Hofbuchhändler Sig­ mund Soldan (1895), Direktor des German. Museums Dr. Aug. v. Essenwein (1902), das Ehrenmitglied des Vereins Prof. Dr. Karl v. Hegel (1902), Major Wilh. Freiherr von Imhoff (1904), Direktor des German. Museums Hans Boesch (1906) und als der letzte Oberstudienrat Fried. Mayer (1911).

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Ihnen allen wurde er gerecht nach ihren Leistungen und in ihrer Eigenart, und mit warmen Worten erkannte er ihre Verdienste um den Verein an. Insbesondere dem unvergeßlichen Direktor des German. Museums Essenwein setzte er auf Grund seiner Korrespondenzen, der Akten und seiner Erinnerungen ein Denkmal, das weit über den Rahmen eines Nekrologs hinaus­ ging und als eine quellenmäßige Darstellung der Tätigkeit dieses bedeutenden Mannes am German. Museum zu gelten hat. Nun ist er selbst dahingegangen, der sich die größten, ja unauslöschliche Verdienste um den Verein erworben hat, ein Mann einfach und wahr, uneigennützig und opferwillig, von starkem Pflichtgefühl, mit einem auf das Hohe und Edle gerich­ teten Sinn, im Umgang einfach, wahr, wohlwollend und freund­ lich. Vier Leitsterne waren es, auf die sein edler Sinn unab­ lässig gerichtet war, Vaterland, Vaterstadt, die gemeine Wohl­ fahrt und der Verein für Geschichte der Stadt Nürnberg. So wollen wir sein Andenken in dankbarem Herzen bewahren, wollen sein Werk erhalten und weiterführen, indem wir fort und fort in seinen Fußstapfen wandeln. Archivrat Dr. Mummenhoff.

Die Baureehnung'en über die Erhöhung* der Türme von St. Sebald in Nürnberg*.

1481-1495. Von

Albert Gümbel,

K. Kreisarchivassessor.

Einleitung*). Die bauliche Gestaltung der Nürnberger Sebalduskirche so, wie sich letztere heute, von Meisterhand restauriert,*1) dem Auge des Beschauers darstellt, ist im wesentlichen das Werk dreier baugeschichtlicher Perioden. Es ist dies die Zeit des beginnenden 14. Jahrhunderts, welches die Abseiten der alten, für die Menge der Gläubigen zu eng gewordenen Kirche bis auf die Breite des Querschiffes hinausschob, dann das dritte Viertel des gleichen Jahrhunderts, welches den prächtigen Bau des Ostchors entstehen sah, dann' endlich die achtziger Jahre des 15. Jahrhunderts, in welchen auf den älteren romanischen Grundlagen die beiden gotischen Türme zu ihrer heutigen Höhe emporwuchsen. Eine wesentliche Veränderung hat das bauliche Gesamtbild unserer Kirche seitdem nicht mehr erlitten. Während wir nun für die Kenntnis des Baubetriebs im 14. Jahrhundert auf vereinzeltes urkundliches Material und die Angaben der Nürnberger Chronisten angewiesen sind, besitzen wir für die letzte, abschließende Periode der Turmbauerhöhung umfangreiche Rechnungsaufzeichnungen des mit der finanziellen Oberleitung betrauten Kirchenmeisters Sebald Schreyer. Es sind dies eben jene Rechnungslisten vom »Pau der türn zu sand Sebolt«, die nachstehend zur Veröffentlichung gelangen. *) Für die Einleitung konnte das inzwischen erschienene, vom Verein für Geschichte der Stadt Nürnberg herausgegebene Werk: Die Sebalduskirche in Nürnberg etc., Wien 1912, noch nicht benützt werden. 1) Vgl. Schulz, Otto, Die Wiederherstellung der St. Sebaldkirche in Nürnberg 1888 — 1905 (Mitteilungen des Ver. f. Geschichte der Stadt Nürnberg, 17. Heft, 1906, S. 246 ff.).

11 Bevor wir diese näher betrachten, möge kurz an die Bau­ geschichte unserer Türme im besonderen erinnert werden.x) Schon beim ältesten, etwa in den vierziger Jahren des 13. Jahr­ hunderts vollendeten Kirchenbau war jener Schmuck der Türme vorgesehen, dem wie Dohme sagt*2), von jeher das Herz des deutschen Volkes besonders gehörte, und zwar nach dem Muster des Bamberger Domes. Diese beiden, den Peterschor flankierenden Türme von ungleicher Höhe, wurden um die Mitte des 14. Jahrhunderts umgebaut und gleichmäßig auf die Höhe von 6 Stockwerken gebracht, doch war der architektonische Abschluß im Gegensatz zu den prächtigen Helmbauten der aus­ gehenden Gotik, namentlich in den benachbarten schwäbischen Reichsstädten, ein sehr bescheidener, ja unschöner, so daß einem Nürnberger, der noch aus eigener Anschauung zu vergleichen imstande war,3) bei der Erinnerung an die alten zinnernen Turm­ hauben das Bild eines Pilzes (»pfifferling«) vor Augen treten konnte. Darin brachten erst die baulichen Veränderungen zu Ausgang des 15. Jahrhunderts, von welchen hier die Rede sein soll, eine Änderung. Verfolgen wir nun an der Hand unserer Rechnungslisten den Fortgang dieser Bauarbeiten im einzelnen! An Pfingsten 1481 trat eine Kommission von einheimischen und auswärtigen Werkmeistern zusammen, um die Türme unter Beiziehung des Deckers Christoph Lilgenweis einer mehrmaligen eingehenden Besichtigung zu unterwerfen.4) Wohl auf das Gut­ achten der Werkleute hin, faßte der Rat nunmehr den endgültigen Entschluß — der Tag ist mangels eines Eintrages in die Rats­ protokolle nicht näher anzugeben — »beede türn des gocz-

J) Vgl. F. W. Hoffmann, Die Nürnberger Kirchen in dem Sammelwerk »Die Baukunst«, hrg. von Borrmann und Graul, 12. Heft, II. Serie, Seite 8 und 9, Schulz, a. a. O., Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler Bd. III, S. 342 ff. 2) Geschichte der deutschen Baukunst, S. 201, Anm. 3) Lazarus Holzschuher. Vgl. Chroniken der deutschen Städte, Band i, Nürnberg, S. 349, Anm. 1. 4) Ich nehme an, daß die Abbruchs- und Ausbesserungsarbeiten, welche Lilgenweis eben an Pfingsten 1481 am Südturm vornahm und für welche er 3 fl. rh. erhielt (vgl. fol. 102h alt), zwecks besserer Einsichtnahme in die Bauschäden erfolgten.

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hauß der pfarrkirchen zü sand Sebolt zu erhöhen und zü verneuen.«1) Ich glaube, daß wir wohl kaum fehl gehen dürften, wenn wir diesen Beschluß mit der damaligen Anwesenheit eines Mannes in Verbindung bringen, der dann bei der Ausführung die Haupt­ rolle zu spielen berufen war, nämlich des NÖrdlinger Steinmetzen Heinrich Kugler. Nur wenige Schritte unterhalb des Plateaus, auf welchem sich die Kirche des h. Sebaldus erhebt, war seit dem Frühjahr 1479 die Bauhütte der St. Veitskirche errichtet, deren Oberleitung die Bauherrn, die Augustinermönche, mit ausdrücklicher Genehmigung des Rates in die Hände Heinrich Kuglers gelegt hatten.2) So mochte schließlich, wenn auch nicht auf Anregung so doch unter dem Einfluß der Anwesenheit des bewährten Nördlinger Meisters der Plan zum Ausbau der Sebalder Türme zur Reife gekommen sein. In diesem Zusam­ menhang ist es von Wichtigkeit, daß wir einen, freilich in der angegebenen Weise nicht ganz zur Ausführung gekommenen Plan für diesen Ausbau besitzen, der höchstwahrscheinlich von Kuglers

1) Möglicherweise hatte man zunächst nur die Absicht, die Eindeckung der Turmhauben zu erneuern, und führte dies auch teilweise (am Südturm) durch. Anders lassen sich die Notizen unserer Baurechnungen auf fol. 102a, I03a> I04b> und insbesondere iioa> nach welchen Lilgenweis für das >decken des ersten türn gen der wag« im Jahre 1481 18 fl. erhielt, kaum erklären. An so umfassende Reparaturen möchte man, wenn der Ausbau der Türme bereits feststand, nicht leicht denken. 2) Vgl. Hampe, Nürnberger Ratsverlässe, Bd. I, No. 192. Der Zweifel Hampes, ob mit dem > Steinmetzen von Nordlingen, der den pau zu Hailsprunn gebaut hat«, Kugler gemeint ist, dürfte unberechtigt sein. Abgesehen von dem Hinweis auf' Heilsbronn, der nur auf Kugler gehen kann, besitzen wir ein direktes Zeugnis für dessen Tätigkeit beim Bau der Augustinerkirche in einem bei Mayer, die Stadt Nordlingen, ihr Leben und ihre Kunst, Seite 133, aufgeführten Verlaß des Nördlinger Rates, welcher Kugler im Jahre 1480 die Bauleitung der dortigen Georgskirche überträgt, ihm zugleich aber gestattet die Bauten beim Augustinerkloster in Nürnberg zu vollenden. Erst Oktober 1485 kamen diese zum Abschluß (vgl. Hampe, a. a. O., No. 314). Wie sich freilich diese urkundlich bezeugte Tätigkeit Kuglers mit den Nachrichten vereinen läßt, nach welchen der Steinmetz Hanns Beer den (heute bekanntlich nicht mehr vorhandenen) Hallenbau der St. Veitskirche errichtete, muß einstweilen zweifelhaft bleiben. Die Nachricht geht auf Murr, Beschrei­ bung der vornehmsten Merkwürdigkeiten in der Reichsstadt Nürnberg, 1801, S. 81, zurück. Vgl. auch den Artikel Beer, Hans, im Allg. Lexikon der bild. Künstler hrsg. von Thieme und Becker (Hampe, Nürnberger Künstler, Lfrg. III).

13 Hand herrührt.1) Es kann uns also nicht überraschen, wenn wir Kugler seit Ende 1481 mit der tatsächlichen Leitung des Baues beauftragt finden. Am 2. Dezember genannten Jahres war er zu einem »werkman, beide türn an sand Sebolts kirchen zu erhöhen und zu pauen, wie sie im dann furgeben wurden«,2) bestellt worden. Von Einfluß auf die Wahl Kuglers mag wohl auch dessen langjährige Tätigkeit in dem benach­ barten Kloster Heilsbronn gewesen sein. Dort ließ Abt Peter seit 1472 durch Kugler eine Reihe größerer und kleinerer Baulichkeiten beim Kloster, wie das Krankenhaus, das Dormitorium u. a. aufführen. Kuglers Tätigkeit daselbst ist außer durch den oben angeführten Ratsverlaß durch mehrere im Nördlinger Stadtarchiv befindliche Schreiben an Nördlingen bezeugt; in dem einen vom Jahre 1472 bitten die Räte Markgraf Albrechts von Brandenburg die Stadt dem Meister zu erlauben die Bauten in Heilsbronn zu vollenden; das zweite ist ein Brief des Abtes Petrus von Heilsbronn an die Nördlinger vom Jahre 1474, wel­ cher Kugler in dem genannten Jahre dort tätig zeigt.3) Ich glaube, daß wir auch eine Notiz bei Muck4), worin es heißt, daß ein Meister Heinrich Ecarius diese Bauten leitete, auf *) Hoffmann, a. a. O. Er meint, daß die Änderungen im ursprüng­ lichen Plane durch den Kirchenmeister Schreyer veranlaßt worden seien. Kugler beabsichtigte nämlich das nur wenig schmäler zu gestaltende siebte Stockwerk durch ein kräftig hervortretendes Gesims vom übrigen Turm­ bau zu trennen und mit einer umlaufenden Galerie zu krönen; unmittelbar aus der so geschaffenen Plattform sollte sich die Turmpyramide erheben. Es scheint mir, daß es Kugler durch diese beabsichtigte starke Beto­ nung einiger horizontaler Linien (des Gesimses und der Galerie, deren Umrisse sich in der gedachten Weise schärfer gegen die Luft abgezeichnet hätten als heute, auch die Pyramide wäre kleiner erschienen) gut gelungen wäre, die heute von manchen Beobachtern bemerkte übergroße Schlankheit der Verhältnisse — man betrachte die Türme z. B. vom Fuße der Treppen am Weinmarkt aus — zu mildern. Auch jene von Dehio (a. a. O.) betonte künstlerische Aufgabe der Türmeerhöhung, nämlich ein Gegengewicht gegen die schweren Massen des Ostchores und seines Daches zu bilden, wäre wohl durch eine unmittelbar auf der obersten Plattform lastende Pyramide besser erfüllt gewesen. 2) Dieser Ausdruck kann nach dem ganzen Zusammenhang nichts anderes bedeuten, als daß Kugler den Bau nach den Plänen, wie sie unter Mitwirkung der maßgebenden Instanzen (des Rates, des Baumeisters und der Kirchenpfleger/ endgültig gestaltet worden waren (s. o.), ausführen solle. 3) Von dem Inhalt des Briefes wird weiter unten noch ausführlicher zu sprechen sein. Ich verdanke den Hinweis auf diese Briefe der Freundlichkeit des derzeitigen Stadtarchivars in Nördlingen Professor L. Mußgnug. 4) Muck, Geschichte von Kloster Heilsbronn, i. Band, S. 179.

14 unseren Heinrich Kugler beziehen dürfen, der sich auch Hein­ rich Echser nannte1); der Name wurde in den lateinisch ver­ faßten Rechnungsaufzeichnungen des Abtes wohl so umgestaltet. Noch 1479 arbeitete Kugler in Heilsbronn2),* 1480 übernahm er die Bauleitung der St. Georgskirche in Nördlingen, doch wurde ihm vom Rate daselbst erlaubt seine Haupttätigkeit der Vollendung der schon erwähnten Augustinerkirche in Nürnberg zu widmen und in Nördlingen einstweilen nur ab- und zuzureiten55). Dieses Verhältnis der Arbeitsteilung zwischen Nördlingen und Nürnberg mag sich wohl auch in den Jahren 1481—1485 fort­ gesetzt haben4), als der Meister letzteren Ortes die neue Auf­ gabe, eben unseren Turmbau, übernommen hatte. Mayer, a. a. O., S. 132 und 134. 2) Ebenda. Der Rat erlaubte in diesem Jahre Kugler, die Bauten in Heilsbronn und Nürnberg zu vollenden unter der Bedingung, daß Kugler dem Nördlinger Rat Steuer zahle und ihm gehorsam sei, wenn er ihn etwa brauchen solle. Während der Heilsbronner Jahre scheint Kugler auch für das benach­ barte Städtchen Schwabach tätig gewesen zu sein. Das Nördlinger Stadt­ archiv besitzt nämlich 2 Briefe des Meisters an den Nördlinger Rat aus dem Jahre 1472, worin er diesen bittet ihm zur Beilegung der Irrungen mit Schwa­ bach behilflich zu sein und einen Geleitsbrief Markgraf Albrechts von Branden­ burg für Kugler vom gleichen Jahre nach Neuenstadt (Neustadt a. A.), wo diese Irrungen beigelegt werden sollten. Es ist zwar von Bauten in diesen Urkunden keine Rede, doch wissen wir, daß damals seit 1469 die Johannis- oder Stadtpfarrkirche zu Schwabach von Markgraf Albrecht neu errichtet wurde, insb. wurde seit 1471 am Kirchturm gebaut (vgl. Petzoldt, Chronik der Stadt Schwabach, S. 199). Es liegt die Vermutung nahe, daß diese »Irrungen« Kuglers mit den Schwabachern ihren Ursprung in einer Tätigkeit des ersteren beim Kirchen- oder Turmbau hatten. (Petzoldt nennt übrigens einen »Elias Holl aus Augsburg« (!)« als Baumeister der erst 1495 vollendeten Kirche). s) Mayer, a. a. O., S. 133. 4) Aus dem Jahre 1483 hören wir, daß der Nördlinger Rat Kugler den Befehl zugehen ließ, heimzukehren und der dort angefangenen Bauten »aus­ zuwarten«. Der Nürnberger Rat, von welchem der Meister daraufhin seinen Abschied begehrt hatte, gestattete ihm zwar nach Nördlingen zu gehen, gab ihm aber ein Schreiben an den dortigen Rat mit, in welchem die Nürnberger dringend baten, Kugler so rasch als möglich wieder zurück zu schicken. Das im K. Kreisarchiv Nürnberg abschriftlich befindliche Schreiben möge hier im Wortlaut folgen: Nördlingen. Lieben Freunde! meister Heinrich, der Steinmetz, so bei uns merkliche gepaue under handen, hat uns berichtet, wie er von euch, sich zu euch anheims ze fügen und der gepeu, durch ine bei euch fürgenomen, auszewarten, ervordert worden sei, und darauf abschids von uns begert; und so aber die gemelten gepeu bei uns nochmaln von im nicht volendet, sunder dermaßen gestellt sind, daz die einichen Verzug der volziehung one merklichen schaden nit gedulden mügen und wir nu zu volstreckung derselben des benanten meister Heinrichs notdürftig sein, so biten wir, als freundlich wir mügen, eur Weisheit wolle in betrachtung bemelter notdurft und ursach im gütlich vergönnen, sich auf das schierst,

15 Es sei hier gleich angefügt, was wir von Kuglers weiteren Schicksalen wissen. Zweimal noch, im Jahre 1487 und 1489, erbat sich der Nürnberger Rat Gutachten von dem nach Nördlingen zurückgekehrten Meister. Im letzteren Jahre verweilte er zugleich mit Hans Müllner von Rothenburg dort, um seinen Rat wegen des eingestürzten Schwibbogens über die Pegnitz beim Neuen Bau und wegen des Spitalbaues zu erteilen. (Vergl. Hampe, a. a. O., Bd. I, Nr. 350 und 398). Bis 1495 leitete er den Bau der Nördlinger Georgskirche, dann wurde ihm dieser wegen Kränklichkeit abgesagt. Er verkaufte seinen Besitz und zog aus der Stadt weg.*) Aus den von Baader veröffentlichten baugeschichtlichen Nachrichten über den Turmbau der Gumpertuskirche zu Ansbach (Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit, 1867, Nr. 1 und 2) wissen wir noch, daß er in den Jahren T493 und 1494 neben einem Martin Echser, vielleicht seinem Sohne, an dem eben genannten Turmbau tätig war. Möglicherweise zog er 1495 nach Ansbach, da wir jenen Martin Echser noch bis 1507 bei den Ansbacher Bauten (nach Fertig­ stellung des Turms, beim Chorbau des Gumpertusstifts) beschäf­ tigt finden. Über sein Todesjahr scheint nichts bekannt zu sein. Kehren wir nun zu unserem Turmbau nach Kuglers Be­ stallung als dessen Leiter zurück. Als Parlier nahm er seinen Schwager*2) Ulrich Speidel und nach dessen im Jahre 1483 an so es gesein müge, widerumb her zu uns über die gemelten gepeu ze fügen und den zu ende auszewarten, destlieber wir, wo es zu schulden kombt, auch tun wollen, was eur liebe anneme und gevellig ist. Datum 4 a , post Jacobi (— 30. Juli) 1483 (Nürnberger Briefbücher im K. Kr.-Archiv Nürnberg, Bd. 38, Fol. 1851>). Im Jahre 1485 erstattete Kugler nochmals von Nürnberg aus ein Gut­ achten für den Nördlinger Rat über die Befestigung des Todtenberges. Mayer,

s. 133* *) Mayer a. a. O. S. 134. 2) Es ergibt sich dieses verwandtschaftliche Verhältnis aus einem im Nördlinger Stadtarchiv befindlichen Schreiben des Abtes Petrus von Heilsbronn an den Nördlinger Rat vom Jahre 1474. Der Inhalt des Briefes ist nach freundl. Mitteilung Professor Mußgnugs in Nördlingen folgender: Der Steinmetz Utz (— Ulrich) Speidel in Gegenwart seines Schwagers Heinrich Kugler vom Abte (offenbar auf Verlangen des Nördlinger Rates) zur Rede gestellt, antwortet, er (Speidel) habe den Rat gebeten, seine in Beschlag genommene Kleider freizugeben; Ursel, des Vorsletters Tochter, solle ihre Forderungen an ihn in Würzburg vor das Gericht bringen. Da ihm nicht willfahrt worden sei, wolle er um seiner Seele willen nach Rom wallen; dann wolle er der Ursel »willigs Rechten nicht widder sein«. Der Abt fügt bei, daß Speidel ein lediger Knecht sei und bei ihm auf Taglohn arbeite; er könne also nichts weiter tun.

16 der Pest erfolgten Ableben Hanns Karter an. Wenige Tage nach Kuglers Amtsantritt hören wir von einem »Reißboden«, den der Meister oben auf St. Sebalds Chor einrichtete. Im März 1482 wurde mit dem Zuhauen der Steine in der Hütte begonnen, wenig später auch mit den eigentlichen Abbruchs­ arbeiten und zwar zunächst am südlichen Turme. Einen genauen Termin gibt Schreyer in der uns vorliegenden offiziellen Redak­ tion seiner Rechnungen nicht an.1) Am 12. Juli d. J. wurde mit dem Versetzen der Steine auf das alte Mauerwerk begonnen Dagegen kennen wir den Tag, es war der Donnerstag nach Georgi m 25. April (nicht 27., wie Schreyer sagt), aus einer in den sog. Schreyersehen Gedenkbüchern des kgl. Kreisarchivs Nürnberg befindlichen kurzen Bauchronik nebst Rechnungsauszügen. Schreyer ließ nämlich seine sehr umfangreiche Sammlung von auf das Geschlecht der Schreyer, auch auf seine eigene Tätigkeit als »Eaumeister« bei verschiedenen Nürnberger Bauten u. a. beim Sebastians­ spital, dem Heiliggeistspital etc. bezüglichen älteren und neueren Urkunden, Aktenstücken und Familiennotizen in eine stattliche Reihe von Bänden als eine Art Geschlechtschronik kopieren. Ein Teil dieser, vielleicht am besten als Schreyersche Gedenkbücher zu bezeichnenden Bände, befinden sich im kgl. Kreis­ archiv Nürnberg, ein Teil im Germanischen Museum. Die oben erwähnten, übrigens sehr summarischen Rechnungsauszüge mit angehängten chronologischen und statistischen Notizen über den Sebalder Turmbau sind im Bande B der Gedenkbücher, Fol. 133h — 136a enthalten. Sie sind auch neben unserer offiziellen, für den Rat bezw. die Losungsstube bestimmten Redaktion von Wert, wie sich gleich unten nochmals zeigen wird. Ich habe sie weiterhin als »Gedenkbücher« 'zitiert. Das Vorhandensein dieser Schreyerschen Rechnungs­ auszüge war auch dem Herausgeber (Hegel) der im 11. Bande der Chroniken der deutschen Städte abgedruckten »Tucherschen Fortsetzung der Jahrbücher bis 1469« bekannt, doch konnte er nur eine spätere Abschrift benutzen; jener Codex B befand sich damals noch im Ungar. Nationalmuseum in Budapest. Der (unbekannte) Verfasser der »Fortsetzung« lehnt sich in seinen sehr aus­ führlichen Angaben über den Turmbau (a. a. O. S. 475 — 480) an die kurze Schreyersche Bauchronik zwar an, doch hat er nicht direkt aus ihr geschöpft, wie Hegel meint (a. a. O. S. 47b, Anm. 1), sonst würde er sich kaum ver­ schiedene interessante bei Schreyer befindliche Einzelheiten (z. B. über die Maße des Südturms) haben entgehen lassen. In diesen »Gedenkbüchern« nennt also Schreyer den Pfinztag nach Georgi als eigentlichen Termin des Baubeginns, wozu seine Angabe unten (Fol. 102h), daß der Decker an diesem Tage (»Pfincztag nach Geory, den 25. (!) Aprilis«) mit dem Abdecken des Südturms fertig wurde, recht gut stimmt. Dagegen nennt wieder die Tuchersche Fortsetzung den 27. April als Tag des Beginns der Abbrucharbeiten: »Item adi 27. abrill prach man den turn gen der Wag ab, als (= soweit als?) man die alten stain noch sieht.« Ich glaube, daß unter allen Umständen das Schreyersche (berichtigte) Datum (25. April) den Vorzug verdient. Man hat diese Arbeit sicherlich auch nicht an einem Samstag begonnen. In den »Jahrbüchern des 15. Jahrhunderts« (Deichslersche Chronik, Stüdtechroniken, Nürnberg IV) heißt es zum Jahre 1482: »Item 1482 nach den : osterfeiertagen da prach man den untern turn s. Sebolts unterm dach ab und prach 12 wochen daran ab.«

17 und am 23. Oktober stand der Turm bis auf das Gien und die Auswechslung einiger Steine des alten Turmstumpfs vollendet da1); im Frühjahr (um Pfingsten) des nächsten Jahres erfolgte noch eine Abscharrierung dieses Turmstumpfs2) und Ende Mai die Aufbringung des neuen Dachstuhls; Knopf und Fahne wurden am 10. Juni und 7. Juli aufgesteckt und am 1. Juli nahm auch die von Meister Konrad Glockengießer umgegossene und von Meister Ludwig Gerung mit einem Schlagwerk versehene »Orglogk« ihren Platz in luftiger Höhe wieder ein; noch im Laufe des gleichen Jahres wurde die Turmpyramide durch Christoph Lilgenweis innen bei der Uhrglocke mit Bleitafeln und außen mit Zinn verkleidet; diese Arbeit kam Ende September zum Abschluß3). Inzwischen (7. April) hatte man auch mit dem Abbruch am Nordturm begonnen, am 16. Juni wurde mit dem Auf­ setzen des neuen Steinwerks der Anfang gemacht und am 24. September wurde auch hier »das gemeur gancz vollbracht« und in der ersten Novemberwoche mit dem Heben des »Zymmers«

*) Diese beiden Termine auch in der »Tucherschen Fortsetzung« mit dem Zusatz »da vil der winter an, das man den paw ruen ließ piß 1483«. *) Man vergl. die Bemerkung in den »Jahrbüchern des 15. Jahrhunderts«, Städtechroniken, Nürnberg, Bd. IV, S. 368. Es heißt dort: Des jars [=r 1482] üa ward der under turn zu s. Sebolt oben erhöht und gemaurt umb Martini, darnach umb pfingsten [1483] unten das alt herab gepickt in zwaien körben«. Hiezu stimmen auch die unten folgenden Erzählungen Schreyers über einige kleine Unfälle während der Bauzeit. 3) Hier ist vielleicht auch der geeignete Ort für die sich nur in den Schreyerschen Gedenkbüchern (Tomus B, Fol. 135b) findenden Angaben über die Maße des südlichen Tuims. Sie lauten wörtlich: Item die hoch des turns von dem grund unz unden an den gang ist 153 statschuch 6 zoll (Über diese Maße vgl. den Schluß der Einleitung). Item vom gang unz an das zimmer des dachs 18 schuch 6 zol. Item die weiten auswendig underhalb des gangs hat 92 statschuch, nemlich hat die ain seit gen dem weinmarkt 23 schüch 10 zol und di gen der kircben, gen der über, 23 schüch 8 zol, und di gen der wag 22 schüch 5 zol und di gen sand Mauriczen, gen der über, 22 schüch 1 zol. Item di weiten des obern Stocks auswendig des steinwerks auf dem gang ist 77 (muß heißen 79) schüch 8 zol, nemlich die ain sait gen dem weinmarkt 20 schüch und di dagegen über gen der kirchen 20 schüch 1 zol und di gen der wag 20 schüch 10 zol und di dagegen über gen s. Mauriczen 18 schüch 9 (korrigiert aus 8) zol. Bezüglich des Nordturms bemerkt Schreyer: Item dieser türn ist nit eigentlich gemessen aber doch beileufig Überschlägen, das der an der hoch und weiten dem andern türn gleich ist. 2

18 begonnen1); Knopf und Fahne krönten seit dem 5. Dezember die Turmpyramide, die aber erst im nächsten Jahre (1484) mit Zinn eingedeckt wurde. Die Vollendung sämtlicher Steinmetz­ arbeiten, insbesondere an dem »portal auf dem türm« (Schall­ fenster?, vgl. unten Fol. 101b alt), zu welchem am 20. März 1484 der erste Stein gelegt worden war, nahm noch die Zeit bis Mai 1484 in Anspruch2), auch wurden im Laufe des gleichen Jahres die Dachstühle der Abseiten der Kirche erneuert. So konnte zu Ende 1484 das Werk der Turmerhöhung als abgeschlossen gelten, sehr bald aber stellten sich grobe Mängel an der neuen Bedachung der Türme heraus, indem die Zinntafeln Risse erhielten und dem Regen Eingang gewährten. Man schrieb dies teils der von Stephan Kaschendorffer »von Dresen«3)*vorgeschlagenen ***8 Art des Deekens, teils de** liederlichen 1) Aus dem Jahre 1483 erzählt uns Schreyer in seinen Gedenkbüchern (Tomus C des Germ. Mus., Fol. 2i6b) einige kleine Vorkommnisse während des Baues. So entfiel einem Steinmetzen, der oben auf dem Nordturm am »glen« (Geländer) arbeitete ein Setzeisen und schnitt von dem Hut und dem Rock des am Fuße des Turmes stehenden Hans Tücher die Haare ab, »als ob die mit einem heißen eisen abgeprant weren worden«. Im übrigen trug Tücher nur ein blaues Mal an der Hüfte davon. Der gleichfalls unten stehende Rupprecht Haller flüchtete, durch das Rufen des Steinmetzen aufmerksam ge­ macht, in das Portal, bei dem er stand. Ähnlich glimpflich ging im nämlichen Jahre ein Unfall ab, bei welchem einem oben auf dem Turmdach arbeitenden Zimmermann eine Stange mit eiserner Spitze entfiel. Sie spießte einen der Steinmetzen, die außen am Südturm in einigen »hengwegen oder gerasten* schwebend beschäftigt waren den Turm zu pecken und zu säubern, mit dem Kittel am Boden fest, ohne daß der Mann weiteren Schaden nahm. Einem anderen Zimmermann entglitt sein Beil und schnitt einem ein Stockwerk tiefer arbeitenden Arbeitsgenossen ein Stück aus dem Ärmel und Hemd, ohne die Haut zu verletzen. Auch der Turmstumpf des Nordturms wurde einer Abscharrierung unter­ worfen. Am 20. September 1483 bezahlt Schreyer 8 kleine Scheiben »zu den körben, darinn man die türn gepeckt hat«. 2) Nach Mayer, Die Kirche des heil. Sebaldus, Nürnberg 1831, S. 6y wären die Geländer (Gänge) um die Türme erst 1496 gemacht worden; dem widersprechen aber die Angaben unserer ßaurechnungen, in weichen sich seit August 1483 wiederholt Posten für »gienstuck«, »große« und »kleine lenstuck«, »simßstuck auf das glen« finden. Vgl. auch die obige Erzählung von dem Steinmetzen, der am »glen« des Nordtums arbeitete. Vielleicht handelte es sich 1496 um Reparaturen, denn schon 1495 mußte der Rat Befehl erteilen »Sant Seboltz turn bei der neuen schlahglochen zu besichtigen, die fare und schaden zuvorkommen« (Hampe a. a. O. Nr. 533). 8) Über einen Dresdener Aufenthalt des gewöhnlich als Breslauer bezeichneten Orgelbauers Stephan Kaschendorffers vermochte mir weder das kgl. Hauptstaatsarchiv noch das Ratsarchiv in Dresden irgendwelche Aufschlüsse zu erteilen. Schon einmal, im Jahre 1460, finden wir ihn für Nürnberg tätig, ja einige Zeit dort ansässig; er fertigte damals eine Orgel für das Ägydien-

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Arbeit und Unterschlagungen Lilgenweis’ zu, der im Loch­ gefängnis bekannte, daß er das Zinn in ungehöriger Weise1) mit Blei vermischt und große Mengen Zinns entwendet habe. Zunächst ließ sich der Schaden nicht vollständig übersehen, so daß Lilgenweiß nach Verbüßung eines Ersatzes von 56 fl. aus der Haft entlassen wurde; nachdem er aber gehört hatte, daß kloster zu Nürnberg. Diese Arbeit fiel zu größerer Zufriedenheit der Besteller aus als jene auf sein Gutachten hin erfolgte Eindeckung der Sebalder Türme. Das Kaschendorffer damals erteilte ehrende Zeugnis vom 30. November 1460 findet sich in den Nürnberger Briefbüchern (Tomus 29, Fol. 252b) und lautet: Wir burgermeister und rate der Stat Nürfemberg]: Nachdem der ersam meister Stephan Kaschendorff ein werk einer orgelen dem closter zü Sant Egidien bei uns zü Nüremberg zü machen verdingt und sich, das also zü voll­ bringen, mitsampt der erberen Hedwigen, seiner elichen wirtin, her zu uns gefügt haben, bekennen wir, daz sie bede sich erberclich und frömbclich bei uns gehalten haben und daz auch derselb meister Stephan dasselb angedingt werke zu dank löblich, zierlich und meisterlich, das denn menigclich behaeglich und wolgevellig ist, volbracht hat. mit urkfund] diß brfiefs], der mit unser stat zurukaufgedr[ucktem] secretinsigel versigelt geben ist an sant Andrfeas] tag (r= 30. November) etc. [1460]. Über die Geschichte dieses Orgelbaus vgl. man die Angabe Konrad Herdegens in seinen Nürnberger Denkwürdigkeiten 1409—1479, herausg. von Kern, S. 34. Herdegen sagt: A° 1460 circa festum omnium sanctorum fiebat et probabatur nobis unum bonum novum organum in monasterio nostro per magistrum Stephanum de Bratislavia (— Breslau), qui erat egregius magister in ista arte. Im Jahre 1467? (nach MayerS. 192, 1466—1486) erbaute er die Orgel in der St. Georgskirche zu Nördlingen, Mayer a. a. O. nennt ihn Stephan Castendorfer aus Breslau. Eine größere Anzahl Schriftstücke über diesen Orgel­ bau befindet sich nach Mayer im Nördhnger Archiv. Es sind zumeist Mahn­ briefe des Nördlinger Rates oder der Kirchenpfleger zu kommen, um die Orgel zu stimmen (1468) oder entstandene Schäden vertragsgemäß zu bessern (1473—1483). Ein eigenhändiger Brief von 1468 aus »Hayn an der Elwen« enthält eine Entschuldigung, der älteste (von 1467) ist ein Empfehlungsbrief von Rothenburg o. T. In allen diesen Schreiben wird er »Kastendorffer« genannt; sein eigener Brief ist mit »Kaschendorff« unterzeichnet. Der letzte Brief von 1483 ist an seine Nürnberger Adresse (»jetzo in Nürnberg«) gerichtet [Frdl. Mitteilung von Archivar Dr. Mußgnug in Nördlingen]. Über Arbeiten Kaschendorffers für die Elisabethkirche in Breslau 1460—1464 und für Schweidnitz in Schleswig (1496 und 1499) vgl. E. Wernicke, zur Nürnberger Künstlergeschichte, Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg, Heft X, 1893. Das Gutachten Kaschendorffers beim Eindecken der Sebalder Türme mag sich wohl auf die Auswahl der Zinnsorten und die Art der Blei- und Zinnlegierung bezogen haben. Damit mußte er als Orgelbauer ja gut Bescheid wissen. Im Jahre 1464 lehrte er z. B. auch dem »Tischer« Nickel »alle Kunst auf Orgelmachen und auch Bleidecken« (Scriptores rerum Silesiacarum, III. Band, 1847, S. 134). *) Die Beimischung eines gewissen Prozentsatzes von Blei war ja legal. Auch Hübners Zinntafeln hatten einen solchen von 10%. Vgl. Schulz a. a. O., wo auch interessante Mitteilungen über die Zerstörung der alten (Hübnerschen ?) Zinneindeckung durch den Einfluß der Zeit.

20 nicht er sondern der Büchsenmeister Ulrich Hübner1) aus Bam­ berg die Türme neueindecken sollte, fürchtete er, daß die ganze Größe der Unterschlagungen ans Licht kommen werde und floh aus der Stadt2). Unsere Rechnungslisten, welche wir jetzt noch eingehender betrachten wollen, umfassen die ganze Zeit des Baues von 1481—1490, schließen also auch die Neueindeckung der Türme mit ein. Äußerlich stellen sie sich als ein in Holzdeckel mit Messingschließen gebundener Papierkodex von 149 beschriebenen Folien (Größe 21^2X32 cm) dar3). Die Schrift ist sehr sorg­ fältig und ohne Korrekturen. Geführt und abgeschlossen sind sie von dem damaligen Kirchenmeister von St. Sebald, dem um die künstlerischen und literarischen Bestrebungen seiner Vaterstadt verdienten Sebald Schreyer. Der Nürnberger Rat betrachtete es als ein seinen jura circa sacra anhängiges Recht, sich jährlich über die Vermögens­ verwaltung der Kirchen und Klöster in der Stadt Rechnung legen zu lassen, wozu der von ihm für die einzelnen Gottes­ häuser bestimmte Ratspfleger und der Kirchenmeister, der eigent­ liche Säckelmeister und Vermögensverwalter der Kirchen, ver­ pflichtet war. Dies war auch der Fall, wenn größere, das Kirchenvermögen in besonderem Maße beanspruchende Bauten vorgenommen wurden. Der Rat ernannte in solchen Fällen auch eigene, als »Baumeister« oder »Bauherrn« bezeichnete Vertrauensmänner, welche neben den ständigen Kirchenpflegern, d. h. einem Ratsherrn und dem Kirchenmeister, den Bau über­ wachten und insbesondere dafür zu sorgen hatten, daß die Finanzen der Kirche nicht über Vermögen belastet wurden. Als solcher »Baumeister« fungierte bei unserem Turmbau

b Sein Name war vielleicht richtiger Hüber. In den Bamberger Hof­ zahlamtsrechnungen wird er in den Jahren 1487—1494 unter der Rubrik »Distributa Hofgesinde« als »Ulrich Hüber« mit einem Sold von 10 tt 10 d als Büchsenmeister aufgeführt. (Mitteilung des kgl. Kreisarchives Bamberg.) 2) Noch 1488 beschloß der Rat Lilgenweis die Neueindeckung der Türme mit Zinn zu übertragen (Hampe, Ratverlässe I, Nr. 368). In diesem Falle hätte Lilgenweis doch eher noch hoffen können, seine Unterschlagungen auf irgend welche Weise zu bemänteln. 8) Heutige Signatur des K. Kreisarchives Nürnberg: S. 1 L 131 No. I, Acta des Losungsamtes, Rep. 42.

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unzweifelhaft der Ratsherr Hans Tücher der Ältere.1) Neben ihm bezeichnet sich Schreyer selbst einmal als »baumeister und ausgeber«2), und dies war er auch in engerem Sinne, d. h. durch seine Hände gingen alle Einnahmen und Auszahlungen und wurden von ihm gebucht und endlich in dem uns vorliegenden Rechnungsberichte zusammengefaßt.3) Indem ich nun für alle Einzelheiten des Baubetriebes, wie die wechselnde Zahl und Entlohnung der Steinmetzen, Zimmer­ leute und aller übrigen Handwerker, die Preise der Baumaterialien an Holz, Steinen und Eisen, für das Zinn zur Bedachung, eng­ lischer und deutscher Herkunft, das zweimalige Decken der beiden Turmpyramiden, den Guß der Glocke u. s. w. auf die *) Er erscheint bei allen wichtigen Vertragsabschlüssen neben dem Kirchenpfleger und dem Kirchenmeister. Schreyer selbst sagt an anderer Stelle (Gedenkbücher, Bd. C, fol. 216 h), daß Tücher zum Bau »beigegeben« sei. Hanns Tücher der Ältere war der Sohn des 1440 verstorbenen Endres Tücher und der Margaretha Baumgartner. Er war zweimal vermählt mit Barbara Ebner und Ursula Harsdörfer. Im Jahre 1479 unternahm er eine Pilgerfahrt nach Jerusalem, der Sinaihalbinsel und Ägypten. Die Beschreibung dieser Reise (1482) war bei seinen Zeitgenossen und auch späterhin hoch geschätzt. Er wohnte am Milchmarkt (heute Albrecht Dürerplatz), also in unmittelbarer Nähe des Bauplatzes; starb 24. Februar 1491. Vgl. die Stammtafel der Tucherschen Familie in Chroniken der deutschen Städte, Nürnberg IV, S. 30/31, über die Pilgerfahrt und deren literarische Bedeutung die Mitteil, des Ver. f. Gesch. der Stadt Nürnberg, IV, S. 89 ff., über seinen Tod Städtechroniken, Nürnberg Bd. V, S. 505 und Großtotengeläutbuch von St. Lorenz, fol. 60a: 1491 Item Hannß Tücher an sants mathiaß tag. Die »Tuchersche Fortsetzung« (vgl. o.) nennt noch als solche, die »von rats wegen darzu (d. h. zum Turmbau) geben« waren, die beiden Losunger Ruprecht Haller und Niclas Groß (außerdem wieder »Hanns Tücher den elter am Milchmarkt«). 2) Gedenkbücher B, fol. 133 b. 3) Als Tag der Rechnungsablage nennt Schreyer den 6. Oktober 1491. Der Rat hatte dazu die Ratsherrn Nikolaus Groland und Ulrich Gruntherr deputiert. Die Rechnungsablage geschah wohl in P'orm der Übergabe unseres Rechnungsheftes an die Ratsdeputierten, welche die Rechnungen (gewiß auch etwaige Belege) prüften; nachdem sie richtig befunden und noch einige, die Rechnungsablage und die vollständige Tilgung aller Schulden zur Losungsstube betreffende Nachträge angefügt worden waren, fand der Codex seinen dauernden Platz in der Losungsstube; er wird in einem gleich zu besprechenden Ms. des K. Kreisarchivs Nürnberg (Ms. 226 fol. 22a) bezeichnet als »deß paus püch der turn im gewelblein der losungschreiber ligende«. Ein zweites gleichlau­ tendes Exemplar dürfte im Pfarrarchiv von St. Sebald niedergelegt worden sein. Was die Rechnungsgeschäfte während des Baues betrifft, so dürfen wir annehmen, daß Schreyer dabei die Hilfe des ihm als Kirchenmeister bei­ gegebenen Schreibers (»Kornschreibers«) genoß, dessen Handschrift wir auch wohl in der vorliegenden Abrechnung zu erkennen haben. Möglicherweise war ihm aber auch von Rats wegen noch ein Bauschreiber zugeordnet, wie dies bei anderen Bauten, welchen Schreyer als »Baumeister« beigegeben war, statthatte.

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hier vorliegenden Rechnungen selbst verweise1), mag aus diesen vielleicht noch hervorgehoben werden, wie sich die Aufbringung der Baukosten gestaltete. Der ganze Bau einschließlich der in den Jahren 1489 und 1490 erfolgten Neueindeckung der Turm­ pyramiden forderte einen Aufwand von 13921 a neu 7 Schil­ lingen 7 Haller grober Münz oder in Gold 6635 fl. Rheinisch 15 ß 6 h. Diese Kosten wurden gedeckt aus 1. Anlehen der städtischen Losungsstube im Gesamtbeträge von 11853 U 17 ß 4 h. oder 5651 fl. 1 ß in Gold; 2. Einnahmen von »allerley zeug«2) d. h. Erlös der Bau­ hütte aus dem Verkaufe der beim Abbruch gewonnenen Alt­ materialien an Stein, Holz, Blei etc. an Private. Totaleinnahme 1057 U 14 ß 8 h. oder 503 fl. 13 ß 8 h. in Gold. 3. Einnahmen aus letztwilligen Verfügungen (»geschick«) und Almosen3) im Betrag von 184 $ 14 ß 2 h. oder 87 fl. 19 ß 2 h. 4. Einnahmen aus laufenden Rechnungen der Jahre 1483 bis 1486 (»von der kirchen gelt zürn pau«) im Betrage von *825 ü Iß 5 h. oder 393 fl. 1 ß 8 h.4) *) Herbeizuziehen sind auch noch die bei Hampe, Ratverlässe, Bd. I, sich findenden auf den Bau bezüglichen Ratsdekrete. Es sind die No. 251 (10. Oktober 1481 ; Verleihung des Bürgerrechtes an den Parlier des Baues), 281 (26. Oktober 1482; die Steinmetzen, welche nicht Bürger sind, dürfen, solange sie am Bau von St. Sebald arbeiten, bei offenen Wirten oder anderen Bürgern sich aufhalten), 283 (16. Januar 1483 ; den Steinmetzen, welche bei St. Sebald und »in der stat preuhauß arbeiten« soll das Brot, so von der Stadt wegen ausgegeben wird, »umb daz gelt« gegeben werden), 284 (20. Januar 1483; Abgabe von 20 paumen aus dem Reichswald), 368 (6. Mai 1488, Deckung der Türme durch den Lilgenweis) und 407 (26 April 1490, Abgabe eines Sägbaumes). 2) In den »Gedenkbüchern« heißt es von »allerlei altem zeug, so ieczu Zeiten verkauft ist«. 3) Diese gingen nicht immer in bar ein, sondern auch in Form von Kleidern, Gold- und Silberwaren, Perlenschmuck etc.; diese Gegenstände wur­ den dann zum Besten des Baufonds veräußert. 4) Ich nehme diese Zahl aus den Rechnungsauszügen der Schreyersehen Gedenkbücher B., fol. 135a, da sich nur bei Einsetzung obiger Summe eine ganz exakte Abgleichung zwischen Einnahmen und Ausgaben hersteilen läßt. Addiert man nämlich — was Schreyer selbst nirgends getan hat — die zum Bau verwendeten Beträge »von der kirchen gelt« zu 774 #5 neu 12 ß 1 h. (fol. 10b) und 52 #5 8 h. (fol. I26b), so ergibt sich mit der Summe von 826 n. 12 ß 9 h eine um ein Geringes zu hohe Einnahme. Schreyer hat in der offiziellen Redaktion eine bilanzmäßige Endabrechung zwischen Ein­ nahmen und Ausgaben nicht gegeben, sonst würde ihm diese kleine Inkorrekt­ heit nicht entgangen sein.

23 Summiert man die vier Einnahmeposten, so ergibt sich die Gesamtsumme von 13921 tt neu 7 ß 7 h. oder 6635 fl. 15 ß 6 h. Also: Einnahmen: 13921 U n. 7 ß 7 hlr. = 6635 fl. 15 ß 6 h. Ausgaben: 13921 U n. 7 ß 7 hlr. = 6635 fl. 15 6 h. Schon im Jahre 1495 war die Tilgung der Anlehen aus der Losungsstube gelungen. Zunächst ließ der Rat in der Er­ wägung, daß eine Reihe der Bauvornahmen »nit der kirchen, sunder gemainer stat notturftig ze sein angesehen sind worden«1) (gemeint sind vor allen die Uhrglocke und die Türmerstube, in welcher der Rat ständig zwei Wächter unterhielt) 634 fl. *) Diese Bemerkung findet sich in einem Manuskripte des K. Kreisarchives Nürnberg (Ms. 226), betitelt: Einnahms-Strazza unterschiedlicher Gottes­ häuser und Stiftungen 1476. Der Kodex enthält Abrechnungen zwischen den Kirchenmeistern und Pflegern der Nürnberger Kirchen bzw. Stiftungen und der Losungsstube (vgl. oben im Texte). Die betreffende Stelle (auf S. Ib ) lautet: Item her Niclaß Groß der elter hat auf mitwochen ante ostensionis reliquiarum anno etc. 89. in der Stuben angesagt, das bei den eitern herrn verlassen und gar für billich zu achten sei, daß an den 1268 gülden landswerung, so mit allen dingen auf den pau an den zwaien turnen der kirchen Sebaldi gegangen sind, gemeine stat den halben teil, nemlich 634 gülden lands. bezale, der dann 580 gülden lands. um die uregloken und die übrigen 54 gülden lands. auf allerlei des turns gepeu, die dann nit der kirchen, sunder gemainer stat notturftig ze sein angesehen sind worden, ausgegeben und ergangen sein, nach laut der rechnung, durch Se. Schreyer, desmals kirchenmeister ibid[em], aufgezaichent. und solchs ist auch geschehen mit wissen und verwilligung hern Ruprechten Hallers, desmals pflegers ibid[em], also das solch 634 fl. dem gotshaus an der schuld, so es der Stuben, als oben steet, schuldig ist, abgezogen werden soll[en]. actum ut s[upra]. und die obg[enanten] 634 fl. sind für ein ausgeben der Stuben eingeschr[iben] in Herrn R[uprechtenJ Hallers frag des registers de Anno [ 14]89. Den Wortlaut dieses Eintrags in die Stadtrechnungen s. in der »Tucherschen Fortsetzung«, a. a. O., S. 480, Anm. 2. Von Interesse ist in diesem Zusammenhang auch eine Bemerkung in Endres Tuchers Baumeisterbuch (Ausgabe von Weech u. Lexer S. 323). Sie lautet: Am freitag sant Pangraczen tag (12. Mai) im[i4]75jar . . . wart von den eiteren herrn verloßen: nochdem und der ein kirchenturen, dorauf die orglock hangt zu s. Sebolt, von den türnern des harms (rr Harns) halben schaden genommen het und peßerung bedorf, das dann pißherr albeg der stat paumeister auf der stat kost und nit allein zu sant Sebolt, sunder auch zu sant Lorenczen desgeleichen den ein turn, dorauf die orglock hangt, gepessert und in weßen (= in gutem baulichen Zustand) gehalten haben, das aber die heren auf das mol abgenumen und mir befolhen das einzuschreiben und künftiglichen, was solcher geprechen und peuen der turen not sei, sullen die kirchen­ meister auf der kirchen kost machen und pessern loßen, dorzu ich in als der stat paumeister retlich und hilflich sein soll auf der kirchen kost; als dann Mertens Paumgartner auf das mal die scheden am turen zu sant Sebolt auf der kirchen kost peßeren und machen hot laßen.

24 oder 1320 ft n. 16 ß 8 h. an der Schuld abgehen, sodann erfolgte eine Verrechnung mit den der Kirche gehörigen bei der Losungsstube von früheren Kirchenpfiegern und -meistern angelegten Kapitalien in der Höhe von 3275 £? n. 12 ß 9 h. Nach Abzug dieser beiden Posten ergab sich noch ein Schuldkonto von 7257 ft 7 ß 11 h. Die Tilgung dieses Restes erfogte teils in bar (350 ft 16 ß 3 h. und 600 ft), teils durch Ver­ rechnung mit dem Werte des auf den städtischen Kornböden aufgeschütteten, der Kirche gehörigen Getreides im Gesamtan­ schlag von 6306 ft 11 ß 8 h. Zum Schlüsse nun noch einige erläuternde Bemerkungen über die Art und Weise der Schreyerschen Rechnungsangaben. Die einzelnen Zahlungsposten sind nämlich stets in doppelter Weise aufgeführt nach Pfunden alt und neu. Es war der letz­ tere Rechnungsmodus nach Pfunden neu (Novi ft), welche in 20 Schillinge (ß) oder 12.0 Pfennige (^) oder 240 Heller (h) zerfielen die offizielle und z. B. in den städtischen Rechnungen gebrauchte, dagegen rechnete die gewöhnliche Verkehrssitte in Anlehnung an ältere Verhältnisse mit Pfunden alt zu 30 ^ ; es entsprachen also 4 ft alt 1 ft neu. Wirkliche Zahlungsmünzen waren der Heller, Pfennig und Schilling neu; auf den Schilling gingen 6 ^, auf den Pfennig 2 Heller. Schreyer führt den jeweiligen Betrag zunächst in der allgemein üblichen Weise nach Pfunden alt und Pfennigen und dann nochmals in der amtlichen Rechnungsweise unter Zugrundelegung der sich nach dem oben Gesagten ergebenden Gleichungen (4 ft alt — 1 ff neu, 1 ft alt = 30 6 4 = 1 i 1 ^ = 2 h) an. Die Endsummen z. B. der einzelnen Folien werden stets in ft neu gegeben. Neben den obigen Münzsorten erscheint in unseren Rechnungen auch der Landwährungsgulden oder Gulden rheinisch (gld. R.), der 8 ft alt 12 sty *) oder 2 ft neu 2 ß gleichgesetzt wurde und der ungarische (ungerische) Gulden oder Dukaten, von welchen 3 4 fl. R. gleich waren. Wegen einer Vergleichung mit unseren jetzigen Münzver­ hältnissen sei auf Sander, Der reichsstädtische Haushalt Nürn­ bergs, Seite 25 und 26 und bes. S. 442 verwiesen; für die *) 1489 und 1490 8 U 10

25 Beurteilung des wirtschaftlichen Wertes (Kaufkraft) auf dessen Tabellen »Nürnberger Lebensmittelpreise von 1400—1800« (a. a. O. III, S. 916 ff.)* Eine kleine Übersicht über Nürnberger Münzen und Maße gibt auch Kamann »Aus Nürnberger Rech­ nungsbüchern des 15. und 16. Jahrhunderts«, Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg, Heft 5, S. 64. Von diesen Maßen möge, als baugeschichtlich besonders in betracht kommend, der sog. Nürnberger Stadtschuh noch her­ vorgehoben sein. Seine Länge war nach Kamann gleich 30,2 cm.1); Bezüglich der Schreibweise sei bemerkt, daß diese nach den bekannten Grundsätzen für die Herausgabe mittelalterlicher Aktenstücke vereinfacht wurde. Von Abkürzungen sind die oben bei Besprechung der Münzverhältnisse angegebenen gebraucht. Wo in den Anmerkungen von »Folien« die Rede ist, sind stets die alten Foliennummern des Kodex gemeint.

Erhöhung beder türn Sebaldi. Kirchenmaister Sebolt Schreyer. Angefangen anno dni 1481. Volbracht anno dni 1490. Fol. ia] 1481. Item nachdem als man zalt von Christi unsers lieben herren gebürt vierzehenhundert und im 81. jar in ainem erbern rat verlassen ist2) beide türn des gozhaus der pfarrkirchen zü s. Sebolt zu erhöhen und zü verneuen, also und daruf sind dieselben mit gepeuen fürgenommen worden; und wiewol die vor und ee dann Sewollt Schreyer zü kirchenmaister gesetzt ist3), und nemlichen bei Hannsen Haller, *) Maßzeichnungen des Stadtschuhs finden sich in Schreyers Gedenk­ büchern, Tomus C des Germ. Museums, fol. i8ob und bei Meder, Handels­ buch 1558, fol. 100 (Dieser bildet nur »Ein halbe lenng« ab). Schreyer bemerkt zu seiner Maßzeichnung: »Das ist die lenge des statschuhs zu Nürn­ berg zu zwölf zol geteilt etc., damit alle gepeu genießen werden*. Eine Nach­ messung ergibt Übereinstimmung mit Kamanns Angabe. Gerade in die Zeit des Baubeginns fällt ein Erlaß des Rates, der anord­ nete, daß künftighin nur unter Zugrundelegung des Stadtschuhs gebaut werden solle. Er lautet wörtlich: Item es sollen hinfuro alle stainmetzen, zimmerlute und werklute ire werk anderst nicht pauen, machen noch furnemen, danne nach stattschuchen und nicht werkschuhen oder in ander weise, baumaister. act[um] ut supra-sexta pasce (12. April 1482). Ratsbücher im kgl. Kreisarchiv Nürnberg 3, fol. i/9a. 2) Der Tag der Beschlußfassung ist mangels eines Eintrags in den Rats­ protokollen nicht festzustellen. Verlassen einen Befehl erlassen. 3) Schreyer wurde Kirchenmeister am 24. September 1482 an stelle des erkrankten Hans Haller.

26 dazumalen kirchenmeister, zü pauen angefengt sind, so ist doch solicher bau durch und bei dem gemelten Schreyer volbracht und verrechet worden, demnach hat er züjüngst den ganzen pau, als der zü ende kummen ist, in allen seinem einnemen und ausgeben in ain rechnung ge­ bracht und gezogen alles, wie hernach begriffen ist. und zu denselben Zeiten sind oberst hauptleut diser stat Nürmberg gewesen her Ruprecht Haller der alt, zü der zeit auch oberster pfleger des gemelten gozhaus, her Niclas Groß der alt1) und Herr Gabriel Nützel etc. Item demnach und erstlich ist beschriben und verrechent das ein­ nemen soliches paus in mainung, so hernach volgt. Fol. ib] 1481.

Losungstuben.

Einnemen.

Item züerst ist zu wißen: nachdem in des gozhaus vermügen solichen pau zu verbringen nit gewesen ist, angesehen das das nit parschaft gehabt hat2), so ist aus der losungstuben, bei einzing3) wider zübezalen, dargelihen worden, wie hernach: Item samstag nach Francisci, den 6. octobris, im 81. jar in der losungsstuben enpfangen 100 gülden r., tüt, den gld. für % ib 12 gerechent, 840 tb a. = n. tb 210. Summa folii n. $ 210. Fol. 2a ] 1482.

Losungstuben einnemen.

Item montag nach reminiscere, den 4. marcij, im 82. jar aus der losungstüben 70 guldin r. an gold, facit 588 tb a., mer an münz 468 $5 a., summa 1056 tb a. = n. #5 264. Item pfinztag nach letare, de 21. marcij, 720 tb a. und tüt n. tb 180. Item montag nach Walburgis, den 8. [recte 6.] mai, 240 tb a., tüt n. tb 60. Item mitwoch nach exaudi, den 22. maij, 800 tb a., tüt tb 200. Item montag nach unsers herren leichnamstag, den 10. junij, 2424 tb a. = n. tb 606. Item freitag nach s. Augustinstag, den 30. augusti, 800 tb a. = n. tb 200. Item mitwoch nach s. Michelstag, den 2. Octobris, 2400 tb a m n. tb 600. Item eritag nach s. Elpetentag, den 19. novembris4), 1600$ a. = n. tb 400. Summa folii n. tb 2510. Haller und Groß wurden vom Rate auch zum Bau »gegeben«. Vgl. die Einleitung bei Besprechung der »Bauherrn«. *) Über die Aufbringung der nötigen Baumittel vgl. die Einleitung »Parschaft« ( = bares Geld) ist wörtlich zu nehmen. Das ganze mobile Ver­ mögen der Kirche war eben bei der städtischen Losungstube angelegt. 3) d. h. einzeln, singulatim (Gegensatz: zusammen, auf einmal). SchmellerFrommann (weiterhin stets zitiert mit Schm.), Bayerisches Wörterbuch, Bd. I, Sp. 89. 4) Elisabeth fiel 1482 selbst auf einen Dienstag (19. Nov.). Das »nach« hätte also auszufallen.

27 Fol. 2b]

Losungstuben einnemen.

Item samstag nach circumcisionis domini, den 4. januarii, im 83. jar 3576 $ a. = n. $5 894. Item pfinztag nach invocavit alias nach Juliane, den 20. febru[arii] 400 gld. r., facit 3360 $5 a. = n. 840. Item montag nach judica, den 17. marcii, 2 gld. r. und 16 gld. ungerisch, facit 23 gld. r. 2 24 ^ und tut 196 $5 a. = n $b 49. Item mitwoch nach dem palmtag, den 26. marcii, 4 gld. ung., facit 5 gld. r. 2 % 24 ^ und tüt 44 a. 24 ^ r= n. ® 11 ß 4. Item pfinztag nach ostern, den 3. aprilis, 20 gld. ung., facit 26 gld. r. 5 *&) 18 tüt 224 5 h 2. Summa folii n. 6 ß 7 h 8. Fol. 5a] 1483.

Von allerlei zeug einnetnen.

Item montag Braxedis, den 21. julii, hab ich eingenommen für etlich gold, so mir Erhärt Hüpfauff geantwurt hat, das am vergulden der zwaier knöpf, auf die türn gehörnd, im kretz2) fünden und uberbliben ist3), 4 gld. r. 4 Ob 27 \ tüt 38 % a. 15 \ facit n. Ob 9 ß 12 h 6. Item samstag nach unser 1. frauen tag assumcionis genannt, den 16. augusti, von Ulrichen Pildschniczer4) für 3 stain ^ 6 a, = n. ^ 1 ß 10. Item samstag nach Sebaldi, den 23. augusti, von ainem stainmezgesellen für etliche trümer 28 $ tüt n. ^ — //4 h 8. Item freitag nach unser 1. frauentag nativitatis genannt, den 12. septembris, vom parlir für etliche trümer stein 1 a. 11 [^] = n. — ß 6 h 10. Item mitwoch nach crucis exaltacionis genannt, den 17. septembris, von ainem pfragner für etliche deine trümer stein 2 ^5 a. 5 4 “ n. #5 — ß 10 h 10. Item freitag nach Michaelis, den 3. octobris, von Lienharten Zirckel für 4 dein stein 2 $£ a. = n. — ß 10. Summa folii n. $ 12 ß 14 h 10. Fol. 5b] 1484.

Allerlei zeug einnemen.

Item samstag nach Erhardi, den 10. januarii, im 84. jar, hab ich mit maister Connraten, gloggengießer, gerechent und an der neuen orgloggen, so er gegossen hat abgeschlagen den zeug der alten orglogken, so im davor geantwurt was und gewegen hat 74 zentner 66 #5, den zentner für 8 gld. r., facit 517 gld. 5 ß 7 h in gold; daran get ab für den abgang 40 gld. r., pleibt 477 fl. r. 5 ß 7 h in gold und tüt 3757 tb a. 4 ^ = n. U 1002 ß$ h 8. Item samstag nach judica, den 10. aprilis, hab ich zalt 66 stuck alter stein, clain und groß, von türnen abgehoben, so ich in meinen prunnen vermaurt hab, je für ein stuck 10 facit 22 mer für ein viertail kalks 20 ^; mer für ein schefflein mörter 4 ^ summa 22 $5 a. 24 ^ = n. 5 ß 14. *) d. h. Abfall, von rieren m fallen, abfallen. Schm. II, Sp. 134, wo »Abryrl, quidquid cadit ab arboribus, quisquiliae«, vorkommt. 2) Kretz, Krätz (eigentlich das Zusammengekratzte) sind die im Schmelz­ tiegel hängen gebliebenen Metall- (insbes. Gold-) Rückstände, die ausgekratzt und nochmals ausgewaschen und geschmolzen werden. Vgl. Glossar zu Hampe, Nürnb. Ratsverlässe, Bd. II. Zur Sache vgl. u. 3) Im Or. bist. Er wird unten (fol. H9a) »maler« genannt und erscheint beim Anstreichen der Turmfahnen beschäftigt. 5) Vgl. darüber unter fol. I20a ff.

30 Item eritag nach misericordia domini, den 4. mai, von Hannsen Karter, barlir, für 2 winkeimaß 3 % a. 14 tüt n. tt — ß 17 h 4. Item montag nach Cantate, den 17. mai, für etliche trümer stein zu füllsteinen zü nüzen 2 #5 a. 15 \ tüt n. ® — ß 12 h 6. Item montag obgemelt für etlich stein, bei einzing hingegeben, 2 ^ a. 10 df = n. ^ — ß 11 h 8. Summa folii n. $5 1010 ß 1 h 2. Fol. 6a] 1484.

Allerlei zeug einnemen.

Item samstag nach Egidii, den 4. septembris, für 7 latten, in des Rechenmaisters hof zu 7 4 verkauft, facit 1 % a. 19 ^ = n. #5 — ß 8 h 2. Item mitwoch s. Michels tag, den 29 septembris, für 11 latten, so mir her Eberhart zü 6 ^ zalt hat, facit 2 a. 6 = n. ® — ß 11. Item montag nach Michaelis, den 4. octobris, für 19 lattten, so mir zü 7 ^ bezalt sind, facit 4 $5 a. 13 ^ r n. S) 1 /i 2 h 2. Item mitwoch nach Severini, den 27. octobris, von wegen der vater barfußerordens zu Rietfeld bei der Newenstat gelegen, für 3 zentner 4 % an pleitafeln, den zentner für 2 gülden 1 ort, facit 6 gld. 7 tüt 57 $ a. 12 ^ r= n. #2 14 ß 7. Item eritag nach Leonhardi, den 9. novembris, von Sebolten Stromair für einen häufen alter stein, so an Hannsen Hallers haus ge­ legen sind, 2 gld. r., tüt 16 ® a. 24 df n. % 4 ß 4. Summa folii n. £2 20 // 12 h 4. Fol. 6b] 1485.

Allerlei zeug einnemen.

Item freitag nach Mathie, den 25. februarii, im 85. jar von Vlrichen Pildschniczer für ain stuck stains 6 $5 a., tüt n. $5 1 ß 10. Item freitag obgemelt von Hannsen Reichen für ainen alten stain 20 = n. #5 — ß 3 h 4. Item pfinztag ascensionis domini, den 12. mai, von der Wilhalm Rümlein für ein stein und etlichen zeug 1 gld. r., tüt 8 $5 a. 12^ = n. $5 2 ß 2. Item montag Jacobi, den 25.JUIÜ, hab ich zalt für ein alt main­ schloß1) 3 ® a. = n. #2 — ß 15. Summa folii n. $5 4 ß 10 h 4. Summa, so ich fiir allerlei zeug eingenommen hab: 82. | | % 3 ß 8 h4 8^. I . » 19 * 2 » 6 o rJar n* 1 » 1030 » 13 * ^6 84. 85. ' l » 4 » 10 » 4 facit 1057 ß 14 h 8. Fol. 7a] 1483.

Geschick und almusen.

Item mitwoch nach Erhardi, den 15. januarii, im 83. jar hat geben Hanns Tücher der elter von wegen Alhaiten Enndres Tücherin *) Schloß an einem Mantelsack (malhe), dann überhaupt Vorhängschloß.

31 seligen *) an den pau ainen guldin ring mit ainem diemanten und rübin, den ich nachfolgend am samstag nach Kyliani dem jungen Hannsen Gärtner verkauft hab um 18 gld. r., tüt 151 % a. 6 facit n. $b 37 ß 16. Item samstag nach Dorothee, den 8. februarii, hat zalt Ells Grymin von wegen Margvethen Kolbin, custerin zu unser 1. frauen, 4 #5 a. 6 rdf = n. $ 1 ß 1. Item pfinztag nach quasimodogeniti, den 10. aprilis, haben zalt die herren zü den predigern von wegen der Künen in s. Sebolts selhaus 1 gld. R., tüt 8 ® a. 12 rr n. 2 ß 2. Item eritag nach Petri und Pauli, den ersten julii, hat zalt Ells Erhartshaimerin2) von wegen junkfrauen Dorotheen seligen 3 gld. r., tüt 25 $5 a. 6 ^ = n. $5 6 ß 6. Item samstag nach unser 1. frauen tag visitacionis genannt, den 5. julii, hat zalt Sebastian Lochner von wegen Kilian Teyers seligen 10 gld. r., tüt 84 #5 a. = n. #5 21. Item eritag nach Margarethe, den 15. julii, hat zalt Connrat Topler von wegen Brigitta Toplerin, seiner eelichen hausfrauen seligen, 5 gld. r., tüt 42 $5 a. n. $5 10 ß 10. Summa folii n. $ 78 ß 15. Fol. 7b] 1483.

Geschick und almusen einne7nen.

Item montag nach Allexy, den 21. julii, hat geben Ells Erhartsheimerin an den pau 1 gld. r., tüt 8 #5 a. 12 ^ n. $5 2 ß 2. Item samstag nach Sixti, den 9. augusti, hat geben ein frömder priester 2 $5 a. = n. % — ß 10. Item eritag nach Laurenti, den 12. augusti, hat zalt Anthoni Pfann von wegen Elspethen Pfenin 2 gld. R., tüt 16 $ a. 24 ^ — n. % 4 ß Item pfinztag nach Sebaldi, den 21. augusti, haben zalt Gorg Spengler und Gorg Koppel von wegen Barbara Füchsin 10 gld. r., tüt 84 % a. = n. % 21. Item eritag nach Bartholomei, den 26. augusti, hat geben der Ziegler zürn Schoperhof 200 maurziegel und sind wert 1 $b a. 26 ^ = n. % — ß 9 h 4. Ilern pfinztag Augustini, den 28. augusti, enpfangen von wegen Eberlin Umblaüffs, messingschlahers zu Reichelsdorff, ein grauen mansrock, den ich verkauft hab um 2 gld. i\ und davon bestellt 14 meß zu 8 rd) und 8 .di gegeben zu underkäuf, facit 4 $b. rest, das noch zu dem pau bliben ist, 1 gld. 4 $5 12 tüt 12 $5 a. 24 ^ = n. #5 3 ß 4. Summa folii 31 ß 9 h 4. !) Ehefrau des Verfassers des Baumeisterbuches, eine geborene Gundlach. Sie war 6. oder 7. Dezember 1482 gestorben. Großtotengeläutb. v. St. Lorenz, fol. 7 a. 2) Über die hier Genannte, eine Nürnberger Kunststickerin, vgl. meinen Aufsatz: Kirchl. Stiftungen Sebald Schreyers 1477—1517 im 18. Heft der Mitteil, des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg.

32 Fol. 8 a] 1484.

Geschick und almusen einnemen.

Item samstags nach1) Anthonij, den 17. januarii, im 84. jar ein­ genommen von ainer maid ain rock, den ich verkauft hab um 7 $5 a. — n. W 1 ß 15. Item montag nach conversionis Pauli, den 26. januarii, von wegen Hannsen Haczers, schusters seligen, 1 gld. r., tüt 8 U a. 12 ^ = n. 2 ß 2. Item Sonntag reminiscere, den 14. marcii, hat Michel Wisenhofer s. Sebolt an den pau zu geben zugesagt 4 gld. r. und alspald bei mir Überschaft für etlich stein, so ich von im genommen hab, 5 % a. 20 \ tüt n. 1 ß 8 h 4. Item eritag rach oculi, den 23. marcii, hat zalt Lienhart Peurlin,2) maler, von wegen Elsen Schülerin 1 gld. r., tüt 8 #5 a. 12 ^ = n. $b 2 ß 2. Item eritag nach letare, den 30. marcii, von ainer unbekannten person 2 $5 a. 5 ^ — n. $5 — ß 10. Item mitwoch den 4. ostertag, den 21. aprilis, abermalen von ainer unbekannten person 4 a. 5 4 -- n. #5 1 ß — h 10. Item sonntag quasimodogeniti, den 25. aprilis, hat zalt Anthoni Teczel von wegen Hannsen Volkamers, baumaisters seligen3), 2 gld. r., tüt 16 $5 a. 24 rd) “ n. 4 4. Item montag nach vucem jocunditatis, den 24. mai, hat mir geantwurt Sebolt Ritters diener von wegen Caspar, golschmids, 12 silberin knöpf; haben gewegen 2 lot minus */2 quint, die ich verkauft hab um 1 gld. r. und davon zü leukauf gegeben 6 rest 8 $5 a. 6 ^ = n. 2 ß 1. Summa folii n. $5 15 3 h 2. Fol. 8b] 1484.

Geschick und almusen einnemen.

Item mitwoch nach vocem jocunditatis, den 26. mai, verkauft ainen daphart,4) so ich von ainer peurin enpfangen hab, um 4 a. = n. #5 1. Item sontag trinitatis, den 13. junii, hab ich enpfangen von Michel Wisenhofer an den 4 gld. r. vorgemelt 3 f. r., tüt 25 % a. 6 ^ — n. ® 6 ß 6. Item sonntag nach Kiliani, den n.juli, von Michel Gütten ein­ genommen 10 gld. r., davon hab ich im laßen lesen 100 meßen, inmaßen er bevolhen hat, macht 26 $5 a. 20 \ pleibt noch pro resto 6 gld. r. 6 % 28 $1 tüt 57 % a. 10 ^ = n. % 14 ß 6 h 8. Item samstag nach Michaelis, den 2. octobris, hat geben Mertein Haller von wegen junkfrauen Margrethen Schürstabin ein perlin harbant, J) Nach muß ausfallen. Antonius (17. Januar) fiel im Jahre 1484 auf ^inen Samstag. 2) Über Lienhart Peurlin vgl. Gebhardt, die Anfänge der Tafelmalerei in Nürnberg, S. 179 und 180. 3) Dieser, als Stadtbaumeister der Nachfolger des bekannten Endres Tücher, war 4. oder 5. April 1484 verstorben und Dienstag nach Ambrosius 6. April) begraben worden. Vgl. Großtotengeläutbuch von St. Lorenz im X. Kreisarchive Nürnberg. Sein Nachfolger war Seitz Pfinzing. 4) Mantel.

33 das ich am samstag nach Leonhardi nächst darnach verkauft hab um 2 gld. 4 Hb 6 und davon zu underkauf gegeben, 8 rest 2 gld. 3 Hb 28 tüt 20 ^ a. 18 4 — n. Hb 5 ß 3. Item sonntag nach Andree, den 5. decembris, hat zalt Sebolt Rothan von wegen Margrethen Oßwald Pürcklin 3 gld. r., tüt 25 Hb a. 6 rty n. Hb 6 ß 6. Item montag Nicolai, den 6. decembris, hat geben Hannsen Scham­ bachs dienerin von ainem gefunden guldin 4 $5 a. 6 ^ r= n. Hb 1 ß 1. Summa folii n. Hb 34 ß 2 h 8. Fol. 9a] 1485.

Geschick und almusen einnemen.

Item eritag nach Jacobi, den 26. julii, im 85. jar enpfangen von ainer unbekanten person 1 gld. r., tüt 8 $5 a. 12 z= n. Hb 2 ß 2. Item montag nach1) unser 1. frauen tag assumpcionis genannt, den 15. augusti, zalt Paulus Heß von wegen Gerhäusen Keflerin 2 gld. r., tüt 16 Hb a. 24 $1 — n. Hb 4 ß 4 Item eritag aller seelentag, den 2.[recte 1.] novembris, hat zalt her Jacob Parfüß von wegen Margrethen Sechsin, oblatpacherin. 1 gld. r., tüt 8 Hb a. 12 $1 = n. Hb 2 ß 2. Summa folii n. Hb 8 ß 8. Fol. 9b] i486.

Geschick und almüsen einnemen.

Item samstag nach ascensionis domini, den 6. mai, im 86. jar von wegen Anna Lorencz Behemin, rotschmidin, 1 gld. r., tüt 8 Hb a. 12 ^ = n. Hb 2 ß 2. Item pfinztag der M ritter tag, den 22. mai1), hat zalt Erhärt Auer von wegen Clara Auerin, seiner eelichen wirtin seligen, 5 gld. r., tüt 42 Hb a. r= n. Hb 10 ß 10. Item samstag nach Egidy, den 2. septembris, hat zalt Anna Adam Eberspergerin von wegen Grethen Flemingin, etwo des Volckmeirs dienerin, 1 gld. r., tüt 8 a. 12 ^ — n. Hb 2 ß 2. Item sonntag nach Francisci, den 7.[recte 8.] octobris, hat zalt Stephan Kawer von wegen Clara Lienhart Preglerin 1 gld. r., tüt 8 Hb a. 12 ^ — n. Hb 2 ß 2. Summa folii n. Hb 16 //16. Summa, so ich in allerlei geschicken und almüsen eingenomen hab: 83-

im

85. 86.

ß

4 h

4

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Hb

1

84. jar

n.

110

facit $ 184 ß 14 h 2.

J) »Nach« muß ausfallen; der 15. August fiel im Jahr 1485 auf einen Montag. 2) Muß heißen Juni. Es scheint auch eine Zahl ausgefallen zu sein, da das Fest sonst stets der 10000 Ritter oder Märtyrer Tag genannt wird. 3

34 Fol ioa] 1483.

Von der kirchen gelt zum pau eingenommen.

Item so hab ich zu allem vorbestimpten eingenommen gelt von der kirchen gelt genommen, so ich auch von jarn zu jarn am pau aus­ geben hab, wie hernach: Item zuerst im 83. jar hab ich von der kirche gelt genommen 2401 a. 71 2 ^ tüt n. #5 600 ß 6 h 3. 1484. Item darnach im 84. jar hab ich von der kirchen gelt genommen, 279 ® a. 6 ^ tüt n. $5 69 ß 16. 1485. Item darnach im 85. jar hab ich abermalen von der kirchen gelt eingenommen 343 #5 a. 25 ^ tüt n. 31 » 10 ' Fol. 14a] 1481. Zwiergesellen. Item zum ersten auf dem turn mit schintelen zü decken 4 taglon zü 26 \ facit 3 ® 14 \ und für etlich stund 6 summa 3 Ib a. 20 ^ = n. ® — ß 18 h 4. Item freitag nach Lucie, den 14. decembris, zweien zimergesellen 10 taglon zü 20 etliche 60 pretter zü beschlagen und auf s. Sebolts kor zü ziehen, daselbst aufzünageln, meister Heinrichen *) zü ainem reispoden3), auch daselbst oben zwo tür zü machen, facit mit dem padgelt 6 tl a. 26 n. Ib 1 ß 14 h 4. __________ Summa folii n. Ib z ß 12 h 8.

J

x) Der Stadtzimmermann Eucharius Gaßner. Über ihn vgl. Tücher, Baumeisterbuch, S. 38, und Hampe, Ratsverlässe, I, Nr. 29 ff. 2) d. i. Heinrich Kugler a) Der erste Teil des Wortes zu mhd. reißen in der bei Schm.-Fr. IT, Sp. 146 angegebenen Bedeutung: mit Linien oder Buchstaben entwerfen (vgl. engl, to write und unser Aufriß, Grundriß). Reißboden demnach also wohl eine (erhöhte) Arbeitsbühne, auf welcher der Werkmeister und seine Mitarbeiter die Baupläne und -Zeichnungen herstellten. 0

36 Fol. 14b] 1482.

Zimergesellen.

Item sonntag Esto michi, den 17. februarii, zalt Ulrichen Meyr von Lauffenholcz von ainer winten im stainprüch von dem holz, so man im daselbst umzuhauen erlaubt hat, zu machen, für alle arbait, ainem zimerman zügehörig, 4 guldin r. und den gesellen zu trinkgelt 16 \ tüt, den fl. pro 8 $5 12 ^ gerechent, 34 a. 4 ^ rr n. #5 8 ß 10 h 8. Item samstag nach Oculi, den 16. marcii, 4 zimergesellen an der Stuben auf dem türn gegen dem pfarrhof zü machen 20 taglon zu 24 facit mit dem padgelt 16 #5 a. 8 ^ = n. $5 4 ß 1 h 4. Item samstag.nach letare, den 23. marcii, 6 zimergesellen an der obgemelten Stuben zü machen 33 taglon zu 24 \ facit mit dem padgelt 26 #5 a. 24 tüt n. @) 6 ß 14.

Item samstag nach judica, den 30. marcii, 4 zimmergesellen an der obgemelten Stuben und ainer stainhütten an dem pfarrhof zü machen 20 taglon zü 24 facit mit dem padgelt 16 % a. 8 ^ = $5 4 ß 1 h 4. Item samstag nach palmaium, den 6. aprilis, 4 zimmergesellen an ainem züg auf den turn zü machen 20 taglon zü 24 facit mit dem padgelt 16 05 a. 8 4 = n. ® 4 1 h 4. Item samstag nach ostern, den 13. aprilis, 4 zimmergesellen an dem obgemelten züg zü machen 12 taglon zu 24 \ facit mit dem pad­ gelt 9 #5 a. 24 ^ r= n. #5 2 ß 9. Summa folii n. % 29 ß 17 h 8. Fol. 15 a] 1482.

Zimergesellen.

Item samstag nach dem hailtum, den 20. aprilis, 4 zimergesellen an dem bestirnten züg zu machen 20 taglon zu 24 facit mit dem padgelt 16 16 » — 83. 84. » 6 » 10 Fol. 29 a] 1482.

Steinmezgesellen.

Item montag nach oculi in der vasten, den 11. marcii, im 82. jar hat man angefangen stain zü den türnen zü hauen. Item samstag nach oculi, den 16. marcii, zalt 12 steinmezenge­ sellen 72 taglon zü 22 \ facit mit dem padgelt 53$ a. 18 ^ — n. #5 13//8. Item samstag nach letare, den 23. marcii, 14 steinmezgesellen 83 taglon zü 22 facit mit dem padgelt 61 #5 a. 24 ^ = n. #5 15/79. *) Dieser hatte schon 1481 das Bürgerrecht in Nürnberg erworben. Bürgerbuch 235, fol. 117h: Hanns Karter Steinmetz [dedit] 10 fl. w[erung]. 4

50 Item samstag nach judica, den 30. marcii, 14 steinmezgesellen 73 taglon zü 22 facit mit dem padgelt 54 #5 a. 14 ^ = n. 13 ß 12 h 4. Item samstag nach palmarum, den 6. aprilis, 20 steinmezgesellen 96 taglon zü 22 facit mit dem padgelt 71 % a. 20 ^ = n. $ 17 // 18 h 4. Item samstag nach ostern, den 13. aprilis, 19 stainmezgesellen 57 taglon zü 22 \ facit mit dem padgelt 43 #5 a. 2 ^ r= n. $5 10 ß 15 h 4. Item samstag nach dem heiltumstag, den 20. aprilis, 19 steinmez­ gesellen 95 taglon zü 22 \ facit mit dem padgelt 70 @ a. 28 $ = n. ® 17 ß 14 h 8. Item samstag nach Georii, den 27. aprilis, 19 steinmezgesellen 95 taglon zü 22 facit mit dem padgelt 70 % a. 28 $ r= n. $5 17 ß 14 h 8. Summa folii n. #5 106 ß 12 h 4. Fol.

29 b]

1482.

Steinmezgesellen.

Item samstag nach Walburgis, den 4. Mai, 18 steinmezgesellen 70 taglon zu 22 \ facit mit dem padgelt 52 #5 a. 16 ^ = n. 13 ß 2 h 8. Item samstag nach Johannis ante portam latinam genannt, den n.mai, 18 steinmezgesellen 103 taglon zü 22 facit mit dem padgelt 76 #5 a. 22 r= n. #5 19 ß 3 h 8. Item samstag nach ascensionis domini, den 18. mai, 14 steinmez­ gesellen 70 taglon zu 22 mer 2 steinmezgesellen leuber1) zu hauen 10 taglon zü 24 df, facit mit dem padgelt 60 ® a. 12 ^ = n. % 15 ß 2. Item samstag nach exaudi, den 25. mai, 12 stainmezgesellen stain zu hauen 72 taglon zü 22 mer 2 steinmezgesellen leuber zu hauen 12 taglon zu 24 mer 2 steinmezgesellen auf dem türn zu arbaiten 12 taglon zu 26 facit mit dem padgelt 73 a. 26 $ — n. $5 18 ß 9 h 4. Item samstag nach pfingsten, den ersten junii, 12 steinmezgesellen mer 2 steinmezgesellen leuber zu stein zu hauen 36 taglon zu 22 hauen 6 taglon zü 24 mer 2 gesellen auf dem türn zü arbaiten 6 taglon zü 26 \ facit mit dem padgelt 37 ® a. 14 ^ — n. #5 9 ß 7 h 4. Item samstag nach corporis Christi, den 8. junii, 14 steinmez­ gesellen stein zü hauen 70 taglon zu 22 mer 2 gesellen leuber zü hauen 10 taglon zü 24 \ facit mit dem padgelt 60 % a. 12 ^ r= n. ® 15 ß 2. Summa folii n. $5 90 ß 7. Fol. 30 a] 1482.

Steinmezgesellen.

Item freitag nach Cirini, den 14. junii, 10 steinmezgesellen stein zü hauen 50 taglon zü 22 mer 2 gesellen leuber zü hauen 10 taglon zu 24 mer 2 gesellen an dem turn zü arbaiten 10 taglon zü 26 facit mit dem padgelt 54 ® a. 8 ^ = n. #5 13 ß 11 h 4. l) d. h. die bekannten laub- und blumenartigen Verzierungen der Gotik an Fialen, Wimpergen etc. Die Entlohnung dieser »Laubhauer« ist in den mittelalterlichen Baurechnungen stets höher als diejenige der gewöhnlichen Steinmetzen.

51 Item samstag nach Viti, den 22. junii, 10 steinmezgesellen stein zu hauen, 60 taglon zü 22 mer2 gesellen leuber zu hauen 12taglon zü 24 facit mit dem padgelt 54 & a. 12 ^ = n. Ob 13 ß 12. Item freitag nach Johannis Baptiste, den 28. junii, 8 steinmez­ gesellen stein zu hauen 32 taglon zü 22 mer 2 gesellen leuber zu hauen 8 taglon zu 24 mer ainem gesellen an dem türn zu arbaiten 4 taglon zu 26 \ facit mit dem padgelt 34 #5 a. 2 ^ = n. #5 8 ß 10 h 4. Item samstag nach Uldalrici, den 6. julii, 9 steinmezgesellen stein zu hauen 45 taglon zü 22 mer 2 gesellen leuber zu hauen 10 taglon zü 24^; mer 1 gesellen auf dem turn zu arbaiten 5 taglon zu 26 \ facit mit dem padgelt 46 $5 a. 4 ^ — n. $ 12 ß 10 h 8. Item freitag nach Kiliani, den 12. julii, 9 steinmezgesellen stein zü hauen 45 taglon zü 22 mer 2 gesellen leuber zü hauen 10 taglon zu 24 $; mer ainem gesellen an dem turn zü arbaiten 5 taglon zü 26 \ facit mit dem padgelt 46 $ a. 4 ^ = n. $5 11 ß 10 h 8. Summa folii n. W) 58 ß 15. Item am obgemelten freitag nach Kiliani, den 12. julii, im 82. jar hat man am ersten angehaben auf dem türn gen der wag warts zü maurn und die ersten 2 stain gelegt1). Fol. 30b] 1482. Steinmezgesellen. Item samstag nach Margarethe, den 20. julii, 11 steinmezgesellen stein zü hauen 66 taglon zü 22 mer 2 gesellen leuber zü hauen 12 taglon zü 24 mer einem gesellen auf dem türn zü arbaiten 6 tag­ lon zü 26 \ facit mit dem padgelt 64 $ a. 4 \ tüt n. % 16 ß— h 8. Item samstag nach Jacobi, den 27. julii, 13 steinmezgesellen 52 tag­ lon zü 22 mer 2 gesellen leuber zu hauen 8 taglon zu 24 mer 2 gesellen auf dem türn zu arbaiten 8 taglon zü 26 tara 16 ^ da­ runder versäumt, facit mit dem padgelt 52 $ a. 2 ^ r= n. $ 13 ß — h 4. Item samstag nach s. Peterstag kettenfeir genannt, den 3. augusti, 14 steinmezgesellen stein zu hauen 62 taglon zü 22 mer 2 gesellen leuber zü hauen 6taglon zü 24 ^; mer 2 gesellen auf dem türn zü ar­ baiten 10 taglon zü 26 Sj, facit mit dem padgelt 60 $5 a. 4 ^ 1= n. $ 15 ß — h 8. Item freitag nach Sixti, den 9. augusti, 14 steinmezgesellen stein zu hauen 70 taglon zü 22 mer 2 gesellen auf dem türn zu arbaiten 10 taglon zü 26 \ facit mit dem padgelt 61 $5 a. 2 ^ n. #5 15 ß 5 h 4. Summa folii n. $ 59 ß 7. Fol. 31 a] 1482.

Steinmezgesellen.

Item samstag nach unser 1. frauentag assumpcionis genannt, den 17. augusti, 14 steinmezgesellen stein zu hauen 70 taglon zü 22 mer l) Gedenkbücher B, fol. 135b: Item den ersten stain gesetzt am frei­ tag sand Margarethen abend, den 12. tag julii, und den lezten am mitwoch nach Ursule, den 23. tag octobris, eodem anno außerhalb des glens, so nach­ folgend gesetzt ist und etiich stain außgewechselt hat«. 4

52 4 gesellen auf dem türn zu arbaiten 20 taglon zu 26 facit mit dem padgelt 69 #2 a. 26 tüt n. #2 17 9 h 4. Item freitag nach Sebaldi, den 23. augusti, 13 steinmezgesellen stein zü hauen 52 taglon zü 22 mer 4 gesellen auf dem turn zu arbaiten 16 taglon zü 26 facit mit dem padgelt 52 ezw. was wir daraus für die Nürnberger Geschichte lernen können. Das ist nun nicht ganz wenig. Dem Kundigen brauchen nur Namen wie Sigismund Meisterlin, Hartmann Schedel, Conrad Celtis, Willibald Pirckheimer, Johannes Cochläus genannt zu werden, um ihn daran zu erinnern, daß der Nürnberger Humanismus und was zu ihm in Beziehung stand, auch in der Geschichtschreibung eine namhafte Pro­ duktion und einen nicht unbeträchtlichen Einfluß ausgeübt hat. Freilich sind ja Männer wie Meisterlin und Celtis nur von außen an. Nürnberg herangekommen, es ist das aber für eine groß­ zügigere Auffassung des geschichtlichen Lebens unserer Stadt nicht ohne Bedeutung gewesen. Dem heimischen Chroniken­ schreiber — es wird dafür als Beispiel der Verfasser der treff­ lichen Magdeburger Schöppenchronik genannt — gelang es nach Joachimsen nicht, Dinge, die er selbst für wichtig erkannt hatte, an ihrer richtigen Stelle und in der richtigen Beleuchtung erscheinen zu lassen. Er unterlag gewissermaßen dem annalistisch überlieferten Stoffe, während der stadtfremde Mönch für Nürnberg mit historiographisch nicht verächtlicher Kunst die Punkte ins Licht zu setzen gewußt hat, auf denen nach seiner Meinung die Bedeutung des Nürnberg seiner Tage beruhte. Daß er diesem Streben zu Liebe der historischen Wahrheit, auch wie er sie kennen mußte, Gewalt angetan, daß er nament­ lich die Gründungsgeschichte gänzlich erfunden hat, macht freilich sein Werk als Geschichtsquelle fast unbrauchbar. Für den Verfasser handelt es sich aber überhaupt nicht darum, den Wert der humanistischen Geschichtschreiber für unsere Kenntnis der historischen Begebenheiten hervorzuheben. Ihm ist es einzig um ihre Bedeutung für die Entwickelung der Geschichts­ auffassung und Geschichtschreibung in Deutschland zu tun und in diesem Sinne gewinnt Meisterlins Werk entschieden an In-

303 teresse, wenn wir lesen, daß es die erste politische Tendenz­ schrift im geschichtlichen Gewände gewesen sei, die der Humanismus hervorgebracht hat. Übrigens geht Verfasser hier nicht näher auf Meisterlin ein, da er dafür auf seine größere 1895 erschienene Mono­ graphie verweisen konnte (Rezension im 12. Heft dieser Mit­ teilungen, S. 314 f.). Ausführlicher wird Hartmann Schedel behandelt. Er erscheint auch hier als • ein ziemlich geistloser Kompilator, an dessen Chronik eigentlich nur die Städte­ beschreibungen zu rühmen sind, woran nach dem Verfasser möglicherweise dem Nürnberger Arzte Dr. Hieronymus Münzer ein Anteil gebührt. Merkwürdig, daß Sebald Schreyers Ver­ dienste um die Schedelsche Weltchronik gar nicht gewürdigt werden. Nur dessen wird gedacht, daß er den Conrad Celtis zur Verbesserung dieses Werkes verpflichtete und den Peter Danhauser zur Herstellung des, wie es scheint, leider nicht ans Licht des Tages getretenen Archetypus triumphantis Romae. Die Behauptung freilich, daß dieser nie »geschaffen« wurde, wie auf S. 156 bemerkt wird, geht entschieden zu weit. Jeden­ falls erhielten sowohl Verfasser wie Illustrator von Schreyer das .Honorar bezahlt (vergl. Mummenhoff in A. D. B. 32, 493). Der Anreger zu diesen großen Unternehmungen scheint dem Ver­ fasser Celtis gewesen zu sein, von dessen noch größerem Plane einer historisch-geographischen Schilderung des ganzen Deutschlands, der sog. Germania illustrata, wenigstens eine Art Probe zustande kam, nämlich sehr zu unserer Freude die Be­ schreibung Nürnbergs, die berühmte Norimberga (1495). Ver­ fasser bezeichnet sie als ein Meisterstück, allerdings weniger im geschichtlichen, als vielmehr im geographischen Sinne. Die — von Meisterlin abweichende — Gründungsfabel ist ja auch hier reichlich phantastisch. Die geographischen Studien, ver­ bunden mit historischen Interessen, fanden eine besondere Pflege in Nürnberg durch Pirckheimer, den auch der »Grundgedanke der Germania, das alte Deutschland im neuen zu finden« stets besonders gefesselt hat. Wie von Peutinger ein Corpus antiquitatum, so erwarteten die Zeitgenossen von Pirckheimer den echten Ptolemäus. Doch hören wir sonst nichts Näheres darüber, wohl aber über Pirckheimers aus seinen Ptolemäusstudien her-

304 vorgegangene Germaniae perbrevis explicatio. Joachimsen findet, daß manches darin merkwürdig antiquiert klinge (S. 186). Es wäre noch zu prüfen, ob das Büchlein, das erst im Todes­ jahre Pirckheimers (1530) erschien, trotz der Bemerkung Aventins (S. 283, Anm. 126) nicht sehr viel früher niedergeschrieben wurde. Daß Cochläus für seine humanistischen und speziell auch seine geographischen Interessen von Pirckheimer mancherlei Anregung erhalten habe, ist aus verschiedenen seiner Schreiben ersichtlich. Doch geht Verfasser wohl zu weit, wenn er be­ hauptet (S. 168), daß die Edition des Pomponius Mela mit dem angehängten Kompendium einer Beschreibung Deutschlands ganz unter der Einwirkung Pirckheimers gestanden habe. Es wäre doch sonderbar, wenn Cochläus, dessen pädagogische Be­ strebungen immer wieder betont zu werden verdienen, in seinem Widmungsschreiben an Pirckheimer dies so gar nicht erwähnt hätte. Daß letzterer um die Herausgabe der Germaniae Exegesis des jungen Irenicus durch seine Bemühungen bei Koberger große Verdienste gehabt, daß er den wagemutigen Verfasser ziemlich hoch bewertet hat, läßt auch ein noch ungedrucktes Briefkonzept der Pirckheimerpapiere (nr. 137 b) erkennen. Übrigens lag Pirckheimer für diese Zwecke doch nicht nur ein Inhaltsverzeichnis vor, wie Joachimsen ohne ersichtlichen Grund annimmt (S. 170). Der bei Goldast S. 313 f. abgedruckte Brief ist ein Konzept, das wirklich abgegangene Schreiben Pirck­ heimers an Irenicus besitzen wir nicht. Es kann also sehr wohl noch sonst verschiedene Stellen enthalten haben, deren Berücksichtigung in der Germania bisher nur durch An­ nahme eines zweiten Schreibens erklärlich war (S. 276). Irenicus spricht ja auch immer nur von »una epistola«. Joachimsen konnte dies übrigens nicht wissen, weil Goldast nichts darüber berichtet. Was mögen wohl die von Irenicus angeblich benützten Nürnberger Annalen (S. 276 f.) gewesen sein? Die Auffassung Herrmanns über die Zugeknöpftheit der Nürnberger gegen die Anfänge des Humanismus bedarf dringend der Revision. Ein Scherflein habe ich beigesteuert in meiner Rezension über Stäuber, die Schedelsche Bibliothek, in unsern Mitteilungen (19. Heft, S. 275 f.). Man vergleiche auch meine in diesem Hefte abgedruckte Rezension des Bertalotschen Büch-

305 leins: Humanistisches Studienheft eines Nürnberger Scholaren aus Pavia (1460). Von Reimanns Abhandlung über die älteren Pirckheimer — ihr Abdruck ist für das nächste Heft dieser Zeitschrift in Aussicht genommen — ist in dieser Hinsicht Weiteres zu erwarten. Interessant ist übrigens, daß es Nürn­ berg ähnlich gegangen ist wie einst Venedig, das von Burckhardt als in jener Zeit literarisch rückständig bezeichnet worden ist (S. 241) und wo sich deswegen, wie in Nürnberg, eine lokal­ patriotische Opposition geregt hat. Man sieht also, in dem trefflichen Buche fallen auch auf die Nürnberger Geschichtschreibung in mehr als einer Hinsicht wertvolle Lichter. Kleine Berichtigungen werden ja darum noch manche vonnöten sein. Das weiß der Verfasser gewiß besser als andere, hat er doch vielfach erst von Grund aas aufbauen müssen. Sehr zu tadeln finde ich aber ein Äußer­ liches. Es ist viel zu viel Stoff in die Anmerkungen gesteckt. Daß diese zudem hinten stehen und daß sie nicht durchgezählt sind, bezw. daß zwischen Text und Anmerkungen nicht durch entsprechende lebende Kolumnentitel die erforderlichen Be­ ziehungen hergestellt sind, erschwert die Benützung des Buches in empfindlichem Maße. Emil Reicke.

Humanistisches Studienheft eines Nürnberger Scholaren aus Pavia (1460) von Ludwig Bertalot. Berlin, Weidmannsche Buchhandlung. 1910. 8°. 110 S. Das auf den ersten Blick wenig zum Lesen verlockende Büchlein ist für die Geschichte des Frühhumanismus in Nürn­ berg von erheblichem Interesse. Die im Titel genannte Hand­ schrift gehört der Jenaer Universitätsbibliothek an (cod. Buder q. 105). Sie ist ein 230 Blatt zählender Sammelband in Oktav, dessen Grundstock 1428 von einem Italiener niedergeschrieben wurde, während die letzten datierbaren Stücke aus dem Jahre 1464 stammen. Einige Teile weisen sicher auf Pavia. Als den ersten Besitzer und teilweise auch Schreiber des Kodex vermutet Bertalot aber den Nürnberger Lorenz Schaller und zwar, weil sich darin auf Blatt 121r ein vom 17. Mai 1455 datierter genuesischer Paß für diesen — egregio ac iuris doctissimo 20

306 viro domino Laurentio Schaller de Nurenberga, wie es heißt — und weiter auf Blatt 129v bis 131 drei an ihn gerichtete Schreiben aus den Jahren 1454 und 1460 befinden. Schaller ist nach Knod, Deutsche Studenten in Bologna, von 1448 bis 1450 dortselbst nachweisbar, 1463 wurde er bereits zum Doktor promoviert, zum Landschreiber des kaiserlichen Landgerichts des Burggraftums Nürnberg ernannt, von 1478 aber bis 1495 war er Rechtskonsulent seiner Vaterstadt. Im Jahre 1497 ist er gestorben. Ob er nun wirklich der Zusammensteller oder wenigstens der erste Besitzer der in Rede stehenden Handschrift gewesen ist, mag dahin gestellt bleiben. Sicher aber ist, daß sowohl er als seine Korrespondenten Kaspar Schmidhauser, Johannes Hergott, am wenigsten vielleicht Peter Ridler, von denen die drei obenerwähnten Briefe herrühren, sich als Freunde der neuen humanistischen Studien erkennen lassen. Schmid­ hauser war ein Münchner, Ridler ein Augsburger, der Name Hergott weist auf Nürnberg. Doch darauf kommt es weniger an, die Hauptsache ist, daß wir mit Dr. Lorenz Schaller einen neuen ausgesprochenen Vertreter des deutschen Frühhumanismus in Nürnberg besitzen. Nicht minder wichtig für diese Frage ist ein auf Bl. 167 f. der Handschrift niedergeschriebener, S. 87 ff. unseres Büchleins veröffentlichter, etwas schülermäßiger Brief des damals noch jungen, späteren Dr. Hans Pirckheimer an den ihm von seinem Vater Hans empfohlenen Dominus Petrus, lector in ordine S. Dominici. Der Brief, der von Bertalot, offenbar mit Recht, in das Jahr 1464 gesetzt wird, ist voller humanistischer Anspielungen, unter anderm lesen wir darin, daß Dr. Hans als Knabe den Hektor immer lieber gehabt hätte als den Achilles. Wir wissen ja auch sonst schon — durch Reimann —, daß der Vater Hans Pirckheimer mit Eifer den klassischen Studien oblag, sein Sohn wird also frühe davon Nutzen gezogen haben. Was nun den Adressaten betrifft, so weiß Bertalot, der überhaupt in den Anmerkungen sehr sparsam ist, nichts Näheres von ihm. Der Lektor Petrus lebte aber sicher in Nürnberg, denn erstens möchte man dies annehmen, weil ihn der Vater, der damals (1464) im Nürnberger Rate saß, dem Sohne so warm empfahl, und dann schreibt der junge Hans ganz ausdrücklich: Te tarnen, quem inter omnes . . magis disertum, plus doctum, longe eloquentem audio, gaudeo

307 quidem atque id magis, quod nostrae patriae obtigeris. Also ein neuer Frühhumanist in Nürnberg, noch dazu ein Domini­ kaner. Möglich, daß wir darunter den späteren Prior des Nürnberger Predigerklosters, Peter von Kirchschlag — er be­ kleidete dies Amt nach Würfel, Diptycha S. 64 von 1473 bis 1483 —, vermuten dürfen. Herrmanns viel zu weit gehende, höchstens vielleicht für die Hauptmasse der Patrizier zutreffende Annahme einer gewissen Feindseligkeit Nürnbergs gegen den Humanismus hat also durch Bertalot eine von diesem selbst übrigens nicht bemerkte oder doch nicht betonte mehrfache Korrektur erfahren. Auch sonst steht in dem Büchlein, das neben einer ge­ nauen Beschreibung der Handschrift besonders wichtige Stücke daraus im Abdruck bringt, manches für uns. Nürnberger und auch allgemein Interessantes. So auf S. 89 f. der Brief des Dr. Hans Pirckheimer, damals noch Scholar, an den eben zum Bischof von Eichstätt erwählten Wilhelm von Reichenau, seinen alten Studiengenossen, den er sich zum Herrn wünscht, was bekanntlich nachher eintreffen sollte. In dem Briefe des Johannes Hergott (1454) hören wir von einem Kaufmann in Turin, Johannes de Nurenberga. Hergott behauptet, daß er und dieser die einzigen Deutschen in Turin seien. Mit Interesse lesen wir in einem nebenbei aus einem Berliner Kodex mitgeteilten Briefe, daß in jener Zeit ein sparsam lebender Student mit 25, ein mäßiger mit 32, einer mit freierer Lebenshaltung (liberalis) mit 40 rheinischen Goldgulden in Italien auskommen könne. Auch sonst gewährt dieser Brief über das damalige Münzwesen, namentlich über das Wertverhältnis verschiedener Münzsorten einigen Aufschluß. Lesenswert sind auch einige meist satirische lateinische Gedichte, Sprichwörter usw. Die Art der Edition ist zu billigen, Papier und Druck sind vortrefflich. Auf S. 7 im letzten Absatz sind einige Ver­ sehen in den Zahlen zu berichtigen. Ovid ist im späteren Mittelalter nur sehr wenig gelesen worden. Mehr Erläuterungen wären, wie gesagt, willkommen gewesen. Was z. B. bedeutet der Ausdruck, auf einen Hundertjährigen, den berühmten Guarino von Verona angewandt, daß er seine Jahre schon mit der rechten Hand, wie man sage, zu zählen anfange? Sehr angenehm ist 20

308 neben einem Verzeichnis der zitierten Handschriften das Namen­ register, das jeder Humanismusforscher gut tun wird zu Rate zu ziehen. Emil Reicke.

Kaiser Maximilians I. Anteil am Teurdank. Eine kritische Untersuchung von Joseph Strobl. Innsbruck, Verlag der Wagnerschen Universitäts-Buchhandlung. 1907. Kl. 8°. 97 S. Melchior Pfinzing, der Probst von St. Sebald, der Sprößling einer angesehenen Nürnberger Patrizierfamilie, der Verfasser des Teuerdank, hat wohl nie, nicht einmal seinen Zeitgenossen, als ein Mann gegolten, auf den Nürnberg ganz besondere Ur­ sache hätte stolz zu sein. Sein Heldengedicht ist eine rechte Kanzleiarbeit, die Erfindung frostig, die Ausführung schablonen­ mäßig, die Verse oft ohne Rhythmus und von einer merk­ würdigen Unempfindlichkeit gegen schlechte Reime. Nun sollen unserm Pfinzing auch noch die wenigen etwas geschickter ge­ arbeiteten Stellen genommen werden. Von den Einleitungen zu den drei Teilen der Dichtung sollen die beiden ersten, die sich durch ihren volkstümlichen Ton, den liederartigen Anfang — wenigstens bei der ersten — die Kenntnis der alten Dichtungen, die kluge Disposition, das Sachgemäße des Dialogs auszeichnen, von Kaiser Max selbst verfaßt sein, der seinen romantischen Geist insbesondere an dem Iwein Hartmanns von Aue genährt und gebildet hätte. Warum wir aber nur gerade dem Kaiser und nicht dem Nürnberger Geistlichen die Kenntnis des Iwein und andere Werke der mittelhochdeutschen Epik, sowie ein richtiges Verständnis namentlich des erstgenannten Werks und ein bewußtes Annähern und Anlehnen an die alten Muster Zu­ trauen dürfen, ist nicht recht ersichtlich. Pfinzing dürfte sich doch wohl, nachdem er einmal den Auftrag zur Abfassung eines solchen Gedichts erhalten, nach den mittelalterlichen Vor­ bildern umgetan haben, wenn nicht schon von vornherein seine irgendwie erlangte Kenntnis derselben ihn dem Kaiser empfehlens­ wert machte. Daß die einzelnen Teile der Dichtung Ab­ weichungen zeigen, die auf verschiedene Verfasser schließen lassen, soll damit nicht geleugnet sein; dies nachzuprüfen er-

309 fordert aber eine eindringendere Vertrautheit mit dem zwar nicht übermäßig anziehenden, aber doch auch nicht ganz un­ interessanten Werke, als sie dem Referenten zu Gebote steht. Daß aber, ganz abgesehen von den beiden ersten Einleitungen, auch sonst dem Kaiser alle einigermaßen volkstümlichen Stellen zugeschrieben werden, ist sicher nicht hinreichend begründet. Die Stelle: »Alsdann wil ich zu rechter maß Kumen und in (ihm?) mit meim häufen Erst der rechten kirchweih kaufen« könnte recht wohl ein Nürnberger Kind geschrieben haben, da doch gerade hier ‘seit dem Tage der Schlacht vom 19. Juni 1502 das Wort »Kirchweih« einen sehr volkstümlichen Klang hatte. Soll übrigens wirklich in den Versen: »Er hab dann mit ritters eren Sein leben vilfaltig thun mern Und an im aller tugend schein« das »mern« zu »Mähre, Märchen« gehören und etwa »be­ rühmt machen« bedeuten? Nach meiner Meinung ist »mern« hier als vermehren = bereichern aufzufassen. Doch kann ich mich weder auf Einzelheiten noch aufs Allgemeine weiter einlassen. Ich bemerke nur noch, daß das hübsch ausgestattete Büchlein, das dem Grafen Hans Wilczek gewidmet und dessen Vorrede aus Kreuzen­ stein datiert ist, sich sehr angenehm liest und daher namentlich denjenigen empfohlen werden kann, die sich einmal kurz über Sinn und Inhalt des Teuerdank unterrichten wollen. Emil Reicke.

Die Matrikel der Universität Altdorf. Herausgegeben von Elias von Steinmeyer (Geh. Hofrat, ordentlicher Uni­ versitätsprofessor in Erlangen). I. Teil: Text. II. Teil: Register. Würzburg, Kgl. Universitätsdruckerei H. Stürtz A.-G. 1912. (A. u. d. T.: Veröffentlichungen der Gesellschaft für fränkische Geschichte. 4. Reihe: Matrikeln fränkischer Schulen. I. u. II. Bd.) Gr. 8°. LIX. und 690; 730 S. Ein Werk staunenswerten deutschen Fleißes, das uns noch mehr mit Bewunderung erfüllt, wenn wir im Vorwort lesen, daß der Herausgeber zur Fertigstellung dieser fast 1500 zum Teil enge bedruckten stattlichen Oktavseiten nicht mehr als fünf Jahre gebraucht hat. Dabei handelte es sich keines­ wegs blos um einen einwandfreien Abdruck der drei Bände

310 Universitätsmatrikel (von Steinmeyer als C = Codex bezeichnet), die zusammen mit dem übrigen Bücherstand der Altdorfer Universitätskanzlei vor einem Vierteljahrhundert auf der Erlanger Universitätsbibliothek hinterlegt worden sind.1) Die beiden ersten Bände sind nämlich nichts Ursprüngliches wie der dritte, mit 1743 beginnende, bis 1809 reichende Band, in den die Studenten eigenhändig Namen und Herkunftsort eingeschrieben haben. • Sie sind vielmehr aus verschiedenen verloren gegangenen Aufzeichnungen abgeschrieben und zwar zunächst, wie es scheint, hauptsächlich von der Hand der Rektoren, ‘dann durchweg der Universitätsnotare. Für die Zeit von 1734/35 bis 1742/43 fehlen die Studentenlisten ganz. Es stände daher sehr übel, wenn wir allein auf die Matrikel angewiesen wären. Glücklicher­ weise traten nun aber verschiedene andere Quellen in die Bresche. Vor allem das Rektoratsbuch (R), d. i. das Verzeichnis der Einnahmen des Rektors, drei Bände, 1576 angelegt und, nicht ganz lückenlos, bis zum Jahre 1793 reichend. Zur Er­ gänzung dienen ein paar meist broschierte Hefte (r), Aufzeich­ nungen über Einnahmen und Ausgaben des jeweiligen Rektors aus verschiedenen Jahren des 18. Jahrhunderts, die übrigens nicht wohl eine Quelle des Rektoratsbuchs gebildet haben können. Dieses geht vielmehr mit der Matrikel auf eine gänzlich verloren gegangene gemeinsame Vorlage, vermutlich Handakten des Rektors, zurück. Als weitere Quellen kommen in Betracht die medizinische Matrikel (M) — so nennt sie Steinmeyer, obgleich sie nicht die Studierenden der Medizin, sondern nur die darin in Altdorf zu Doktoren promovierten und zwar vom Anfang der Verleihung dieses Rechts (1623) an bis zum Ende der Universität (1809) verzeichnet —, große Bruchstücke der Depositionslisten (D) seit 1637 und das Bibliotheksbuch (B), in das seit 1715 die freiwilligen Gaben der Studenten für die Universitätsbibliothek eingetragen sind. Außerdem aber hat der Herausgeber eine große Menge anderen Materials zu Rate gezogen, in erster Linie die mehr als 7000 gedruckten Altdorfer Dissertationen und Disputationen *) Es sei bemerkt, daß nach dem Herausgeber die Mehrzahl der losen Akten der Altdorfer Hochschule in der Erlanger Universitätsregistratur, ein kleiner Rest im Nürnberger Kreisarchiv verwahrt wird.

311 auf der Erlanger Universitätsbibliothek, ferner Altdorfer Akten, etwa zweihundert Stammbücher, andere Universitätsmatrikeln, verschiedene biographische, genealogische und lokalgeschicht­ liche Werke. Trotzdem erklärt er, daß sich ein wirklich kritischer Text der Matrikel, d. h. eine zuverlässige Rekon­ struktion ihres Archetypus in der Zeit vor 1743, wo die eigen­ händigen Einträge der Studenten beginnen, als unmöglich erwiesen hätte. Es gelang nicht einmal die sichere Feststellung sämtlicher Vornamen, Ortsnamen blieben unverständlich usw. Als sachliche Schwierigkeit kommt hinzu, daß sich viele Studenten, namentlich die sog. Famuli, der Inskription entzogen, auch ein ansehnlicher Prozentsatz der Schüler des 1633 nach Nürnberg zurückverlegten, solange mit der Hochschule verbundenen Gymnasiums blieb fort, ohne daß sich irgend ein festes Prinzip der Auswahl erkennen ließe- Von einer Anzahl von Gelehrten wird behauptet, daß sie in Altdorf studiert hätten. Da sich sonst kein Anhaltspunkt dafür ergab, hat Steinmeyer im Vor­ wort ein sehr dankenswertes, fast sechs Seiten langes Verzeichnis dieser angeblichen Altdorfer Studenten zusammengestellt. Leider fehlen in der Altdorfer Matrikel fast durchgehends Angaben über das Studium der Inskribierten. Wenn uns nun trotz aller dieser Schwierigkeiten ein durchweg glatt aussehender Text der Matrikel geboten wird, so verdanken wir dies nur der mit aller nötigen Vorsicht und Findigkeit gepaarten emsigen Mühe­ waltung des Herausgebers. Der Text des ersten Bandes gibt im wesentlichen die Handschrift der drei Matrikelbände. Seine zahlreichen An­ merkungen enthalten nur einen kritischen Apparat, namentlich abweichende Lesarten der verschiedenen anderen Quellen oder auch auffällige Schreibungen der Matrikel selbst. Steinmeyer ist darin sehr genau. So notiert er z. B. (S. 1, Anm. 4), daß in Norinbergensis das erste i einem e gleichsehe, aber den Punkt habe, oder daß (S. 24, Anm. 6) in Velburgensis die drei letzten Silben ausgestrichen, aber zum Zeichen, daß sie bleiben sollen, unterpunktiert seien und daß darüber eine größere Rasur sich befinde. Ich möchte dies nicht tadeln, eher ließe sich über den orthographisch ganz genau der Vorlage folgenden, selbst ihre ziemlich willkürlichen großen und kleinen Anfangs-

312 buchstaben übernehmenden Abdruck des Textes mit ihm rechten. Auch eine Auflösung der Abkürzungen darin wäre erwünscht gewesen. Was das C. hinter den Namen bedeutet, nämlich Civis, finde ich nirgends angegeben, bei dem Eintrag Brandtnerus, Vilshoffensis B. (S. 3), wird mir erst, indem ich dies schreibe, klar, daß B. offenbar Bavarus oder Bavariae bedeuten soll. Was heißt auf S. 222: Laur. Gertnerus, Norimberg., D. D. Viti F. ? Vermutlich Domini Doctoris Viti Filius, wie aus der Beschreibung des Rochuskirchhofs, S. 108, in dem 1682 er­ schienenen »Norischer Christen Freydhöfe Gedächtnis« hervorgeht. Dieses bekannte nützliche Buch von Christoph Friedrich Gugel hätte ebenso wie das noch bekanntere »Verneuerte Gedächtnis des Nürnbergischen Johannis-Kirch-Hofs« von Joh. Martin Trechsel, Großkopf genannt, überhaupt manchen willkommenen Aufschluß gewährt, ich finde sie aber beide wenigstens unter den vielen, in abgekürzter Form zitierten Werken nicht aufgeführt. Daraus soll aber dem Herausgeber keinerlei Vorwurf gemacht werden, denn er hat zur näheren Bestimmung der Inskribierten so schon genug getan, im zweiten Bande. Nur eben unter dem Text der Matrikel, meine ich, hätten sachliche Erläuterungen nicht ganz fehlen sollen, da doch niemand besser dazu imstande gewesen wäre als eben der Herausgeber. Im Anfang hat sich dieser, wie er selbst erklärt, nur um als Philolog seiner Pflicht zur Herstellung eines korrekten Textes Genüge zu tun, den langwierigen genealogischen Recherchen unterzogen. Der »heute zur Modesache gewordenen Familien­ forschung« wollte er damit keinen Vorschub leisten. Dann aber trug doch der Wunsch, sowohl »den wesenlosen Schatten dahingegangener Geschlechter einige Körperlichkeit zu verleihen, als auch für Erhebungen statistischer Natur einen haltbaren Unterbau zu liefern« den Sieg davon über die Sorge, die das Anwachsen des Umfangs einflößen mußte. Die reichlichen biographischen Notizen, die der Herausgeber gesammelt hat, sind in den Anmerkungen zu dem fast den ganzen zweiten Band einnehmenden alphabetischen Personenregister in möglichst knapper'Form niedergelegt. Dafür werden diesem Buche noch viele dankbar sein, in erster Linie die Familienforscher. Sehr willkommen, auch für die Gelehrtengeschichte, sind das Orts-

313 register und die geographische Übersicht der Länder mit An­ gabe der Orte, aus denen Studierende nach Altdorf gezogen sind. Der Benützer wird ja, wie der Herausgeber voraussieht, im Einzelfalle manchen Fehler finden, manche Ergänzung nach­ tragen können. Das ist bei allen solchen Arbeiten nicht anders. So viel ich aber sehe, macht das ganze Werk einen außer­ ordentlich zuverlässigen Eindruck. Hinsichtlich der Abkürzungen der Vornamen, der Ordnung des Alphabets hätte man ja wohl manches auch anders machen können, so hätte ich z. B. Albrecht und Adalbert nicht mit Al., was man für Alexis oder Alexander lesen möchte, sondern etwa mit Abt abgekürzt. Den Namen Volkert hätte ich nie vor Völderndorf gestellt, weil ich c, wenn es wie k lautet, lieber unter diesem suchen würde. Doch daran pflegt sich der Benützer bald zu gewöhnen. Etwas über­ sichtlicher hätte sich das Vorwort gestalten lassen, es hat mir keine kleine Mühe gekostet, aus seinen doch nur 38 Seiten die Quintessenz der oben gemachten Angaben über die Quellen herauszuschälen. Pietätvoll bemerkt der Herausgeber, daß es eine Art Ehrenpflicht für die Erlanger Hochschule gewesen sei, daß gerade ein Mitglied ihres Lehrkörpers das Andenken der von ihr unterdrückten Altdorfer Universität erneuerte. Wir Nürn­ berger haben besonderen Anlaß, dies dankbarst zu begrüßen, auch wenn wir nicht mit Steinmeyer behaupten würden, daß Altdorf durch mehr denn anderthalb Jahrhunderte den geistigen Mittelpunkt für das protestantische Franken abgab. Dieser war doch immerhin Nürnberg, das selbst in wissenschaftlicher Hin­ sicht auch später vielfach noch prädominierte. Daß aber ein befruchtender Strom höherer Kultur von diesem jetzt so ab­ gelegenen Landstädtchen ausgegangen ist, wer wollte es leugnen? Danken wir es dem Herausgeber, daß er uns in den Stand gesetzt hat, jetzt auch den einzelnen meist so unscheinbaren Wellen dieses Stromes besser nachspüren zu können, danken wir insbesondere auch der rührigen Gesellschaft für fränkische Geschichte, die mit diesen beiden auch äußerlich vornehm aus­ gestatteten Bänden sich für alle Zeiten ein würdiges Denkmal gesetzt hat. Emil Reicke.

314 Die Allegorie bei Hans Sachs, mit besonderer Berück­ sichtigung ihrer Beziehungen zur graphischen Kunst. Von Helene Henze (XI. Heft der Hermaea. Ausgewählte Arbeiten aus dem germanischen Seminar zu Halle, herausgegeben von Philipp Strauch). Mit 8 Lichtdrucktafeln. Halle, Verlag von Max Niemeyer, 1912. 8°, 167 S. Das Hans Sächsische Fastnachtspiel No. 26 »Vom Joseph und Melisso«. Von Professor Leonhard Stöllinger (Programm der k. k. Staats-Realschule in Elbogen). Elbogen 1912. Selbstverlag der k. k. Staats-Realschule. 8°, 25 S. Von diesen beiden neuen Schriften zur Hans Sachs-Forschung hat sich die erstgenannte, das Buch von Helene Henze, ein hohes Ziel gesetzt und im allgemeinen auch erreicht, wenn man auch nicht gerade sagen kann, daß die Verfasserin sich sehr über ihren Stoff erhoben hätte. Dazu wäre vor allem eine Art Geschichte jeder der allegorischen Figuren bis zu ihrer Ausprägung durch Hans Sachs und ein tieferes Eingehen auf die Bedeutung der Allegorie für die Zeit, den Einfluß des Humanismus, die Stellung von Hans Sachsens Publikum zur Allegorie u. S; w. nötig gewesen. So ist die Verfasserin trotz trefflicher Literatur- und Denkmälerkenntnis und trotz einer wohl überlegten Disposition doch etwas in dem weitschichtigen Stoffe stecken geblieben und steht die Mühe und Sorgfalt der Zusammenstellungen, Auszüge und Vergleiche nicht überall im richtigen Verhältnis zur Bedeutung der gewonnenen Ergebnisse. Immerhin ist der große Fleiß und die Belesenheit der Ver­ fasserin vollauf anzuerkennen, während der Hauptwert der Arbeit im übrigen vornehmlich in den Beziehungen der allegorischen Dich­ tungen des Hans Sachs zu bildlichen Quellen, wie sie die Verfasserin aufzeigt, zu erblicken ist. Hier haben wir ihr manche neue Feststellung zu verdanken, und es wäre sehr zu wünschen, daß Helene Henze ihre Studien eben auf diesem Gebiete noch weiter ausdehnen möchte. Für das Verhältnis des Dichters zu seinen literarischen Quellen werden dagegen doch, soll die Untersuchung ernstlich zum Verständnis seiner Kunst und seines Wesens bei­ tragen, feinere Analysen zu verlangen sein, als sie in den ein­ zelnen Abschnitten des 1. Kapitels des II. Teils von Helene Henzes Buch geboten werden.

315 In dieser Beziehung und rein philologisch kann dasSchriftchen von Leonhard Stöllinger geradezu als vorbildlich gelten, das einen Vergleich des allerdings wenig wertvollen und dra­ matisch herzlich unbedeutenden Hans Sächsischen Fastnacht­ spiels »Von Joseph und Melisso« mit seinen Quellen, nämlich Heinrich (Arigo) Leubings Übersetzung von Boccaccios Dekamerone (9. Erzählung des 9. Tages) und dem Volksbuche »Frag und Antwort König Salomonis und Marcolphi«, zum Gegen­ stände hat. Daß Hans Sachs hier vielfach nicht sehr geschickt in der Benutzung seiner Vorlagen gewesen ist, geht aus der Untersuchung Stöllingers deutlich genug hervor, und ebenso wird man ohne weiteres zugeben müssen, daß sich unter den mehr als 200 Stücken, die der Dichter geschrieben, noch zahl­ reiche weitere unbedeutende befinden. Dem Werte und der noch in der Gegenwart sich bewährenden starken Wirkung der besten unter seinen Fastnachtspielen — und dazu werden immerhin noch mehrere Dutzend derselben zu rechnen sein — kann aber solche Erkenntnis selbstverständlich keinen Ein­ trag tun. Theodor Hampe.

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Studien und Quellen zur deutschen Kunstgeschichte des XV*—XVI. Jahrhunderts. Von Franz Friedr. Leit­ schuh. Mit 12 Abbildungen. Freiburg (Schweiz), Kommis­ sionsverlag der Universitäts-Buchhandlung (O. Gschwend) 1912. [Collectanea Friburgensia. Veröffentlichung der Universität Frei­ burg (Schweiz). N. F., Fase. XIV (XXIII. der ganzen Reihe)]. 8°. XXIII und 222 S. Der Verfasser glaubt sich in seinem Vorwort entschul­ digen zu müssen, daß er die künstlerischen Persönlichkeiten, von denen er handelt, nicht sowohl durch die »qualitative Ana­ lyse«, als vielmehr mit Hilfe historischer Dokumente uns näher zu bringen sucht. Nun, an dieser Stelle wird ihm daraus kein Vorwurf gemacht werden, auch dann nicht, wenn, wie es zum Teil hier geschieht, die Quellen nur spärlich fließen und das Dunkel, das über den kunsthistorischen Tatsachen der Ver­ gangenheit lagert, nur in etwas hie und da gelichtet wird. Der Geschichtsforscher weiß, daß eine einzige richtige chrono-

316 logische Datierung, eine einzige sichere Namensnennung, die wir einer alten Urkunde entnehmen, festere Grundlagen bietet für die Erkenntnis kunstgeschichtlicher Zusammenhänge, als jede noch so geistreiche, aber nur aus dem Kunstwerk selbst abgeleitete Stilvergleichung. Der Inhalt des Buches ist ein sehr reichhaltiger. Es be­ steht aus verschiedenartigen Aufsätzen, die durch einen gemein­ samen Grundgedanken zusammengefaßt sind, durch die Be­ ziehungen zu Franken. Höchstens in dem übrigens besonders interessanten Kapitel »Der deutsche Humanismus in seinen Beziehungen zur Kunst« wird davon abgewichen. Wie bei diesem Kapitel, so ist es überhaupt vielfach die alte, haupt­ sächlich humanistische Literatur, die den gewonnenen Resultaten zu Grunde liegt, daneben aber verschiedene archivalische Quellen, namentlich die bischöflich Bambergischen Hofkammerrechnungen, Bamberger Gerichts- und städtische Akten, Nürnberger Kauf­ briefe u. dgl. m. Einige Beiträge lieferte auch Schreiber dieses mit seinen Aufsätzen: »Der Bamberger Kanonikus Lorenz Beheim, Pirckheimers Freund« (Forschungen zur Geschichte Bayerns, XIV, Heft 1 und 2) und »Neue Nachrichten über Albrecht Dürer« (Beilage zur Allg. Ztg. 1905, No. 80), worin der in mannigfacher Beziehung lehrreiche Briefwechsel zwischen Pirckheimer und Beheim verwertet worden ist. Für uns erhebt sich natürlich vor allem die Frage : Was gewinnen wir aus diesen Studien für die nähere Kenntnis der Nürn­ berger Kunst und ihrer Vertreter? Da sind es zunächst die Pleydenwurff und Wolgemut und ihre Schule, über die auf S. VI des Vorworts und auf den ersten 11 Seiten gehandelt wird. Leider zeigen sich aber darin manche Unstimmigkeiten. Der Verfasser war in der Lage, durch das Entgegenkommen des Buchhändlers Karl W. Hiersemann in Leipzig vier Original­ urkunden, drei Kaufbriefe über das Wolgemuthaus in der Burgstraße (jetzt No. 21, alte No. S. 496), sowie einen Revers eines Stiefsohnes von Wolgemut, Sebald Pleydenwurff über eine ihm ausgefertigte Abfindungssumme benützen zu können. Wol­ gemut heiratete bekanntlich die Witwe des 1472 gestorbenen Hans Pleydenwurff, der drei Söhne, Hans, den besonders ge­ priesenen Wilhelm und Sebald hinterließ. Besagte vier Urkun-

317 den, die übrigens inzwischen vom städtischen Archiv in Nürn­ berg erworben wurden, sind von dem Verfasser wörtlich abge­ druckt worden» Wenn Leitschuh nun aber lediglich auf die Tatsache hin, daß Sebald Pleydenwurff in der letztgenannten Urkunde von 1499 sich als S. P. von Eyßlauben bezeichnet, die Behauptung aufstellt — im Text auf S. 1 allerdings nicht mit derselben apodiktischen Bestimmtheit wie im Vorwort — daß die Künstlerfamilie Pleydenwurff aus Eisleben stammte, so weiß ich nicht, ob wir ihm darin folgen dürfen. Sebald kann sich doch nach seinem damaligen Wohnort benannt haben. Zur Zeit können wir eine Familie Pleydenwurff nicht weiter zurückverfolgen als bis Bamberg, wo schon Gümbel sie für 1447 nachgewiesen hat, allerdings nur mit dem Familiennamen, während Leitschuh aus Rechnungen der Stadt Bamberg einen Kunz Pleydenwurff in den Jahren 1435 und 1447 beibringt. Dann erscheint — ebenfalls nach Gümbel, vgl. Repertorium für Kunstwissenschaft, XXVI, S. 324 — Hans Pleydenwurff in Nürnberg, wo er 1457 als Bürger aufgenommen wurde, zu­ nächst in einer der Vorstädte. Aber noch in demselben Jahr erhielt er die Erlaubnis, in der inneren Stadt zu wohnen. Ob dies bedeutet, dass er damals in den Besitz eines Hauses von wenigstens 50 fl. Wert gelangt sei, wie Gümbel annimmt, wissen wir nicht, wohl aber durch den ältesten der oben erwähnten Hausbriefe, daß er 1464 das Haus S. 496 von Markus Landauer und Konrad Kellner als Vollstrecker »von Lukas Landauers sei. Geschäft« käuflich erwarb. Dieses Haus sehen wir im zweiten Hausbrief von »Montag vor Sant Georientag« 1471 an Sebald Groland, Bürger zu Nürnberg *), übergehen und im dritten von Bartholomäus Egen, der es inzwischen (von Sebald Groland seligen!) erworben hatte, wieder in die Verwandtschaft zurückfallen, indem nämlich Michel Wolgemut am 30. April 1479 es erwarb. Daß aber dieses selbe Haus schon früher einmal, nämlich am »Montag vor Sant Georien Tag« (also unter dem­ selben Datum!) 1451 von Hans Pleydenwurff erworben worden J) Daß dies der Nürnberger Goldschmied gewesen sei, wie Verfasser will, ist nicht gesagt. Es lebte damals auch ein Angehöriger der Patrizier­ familie Groland Namens Sebald, genannt der Reiche, der 1477 starb. Bieder­ manns Geschlechtsregister, Tafel 616.

318 sei, ist doch schon an sich sehr auffallend und widerspricht außerdem den oben nach Gümbel angeführten, von Leitschuh wohlgekannten Tatsachen, daß der Künstler erst 1457 zum Wohnen in der inneren Stadt zugelassen, ja erst in diesem Jahre als Bürger aufgenommen wurde. Die Verwirrung rührt wohl davon her, daß Lochner, dem Leitschuh folgt, im Anz. f. Kde. d. d. V. XVIII, S. 279, sich verschrieben hat oder daß dort 1451 statt 1471 verdruckt ist. Diese Annahme liegt um so näher, als, falls nicht wieder ein Druckfehler vorliegt, Lochner das Datum falsch entziffert hat, nämlich als den 20. April, was sowohl für 1471 als 1451 nicht zutrifft, indem 1471 der Mon­ tag vor Georg auf den 22., 1451 aber auf den 19. April fiel. Lochner hat den zweifelhaften Hausbrief auch nicht veröffent­ licht, wie Verf. will (S. 2, Anm. l), sondern nur kurz berührt. Hat er ihm doch auch nicht, wie auch Leitschuh weiß, im Original, sondern nur in einer Abschrift Vorgelegen. Mit diesem offenbar falschen Datum des vielgenannten Hausbriefes fällt aber auch die Annahme Leitschuhs, daß Hans Pleydenwurff 1449 oder 1450 nach Nürnberg gezogen sei. Vielmehr ist er vor 1457 in Nürnberg nicht bezeugt. Auch sonst ist Leitschuh hinsichtlich der Übernahme von Lochners Angaben über Pleydenwurff (vgl. S. 8) nicht genau genug. Auch die teilweise auf Thode zurückgehende Verwirrung wegen der weiteren Schicksale des Wolgemuthauses (S. 9) hätte sich, wie mir scheint, wohl lösen lassen, namentlich mit Zuhilfenahme des von F. T. Schulz bearbeiteten Werkes über die Nürnberger Bürgerhäuser. Doch kann ich hier aus Mangel an Raum nichts Näheres darüber bringen. Es folgen nun die »Bamberger Schüler« Pleydenwurffs und Wolgemuts. Es sind dies Wolfgang Katzheimer, der Meister der Apostelteilung (1487) vom einstigen Altar der niederge­ rissenen St. Martinskirche in Bamberg, Hans Wolf und Paul Lautensack, Für den erstgenannten nimmt Leitschuh auf Grund seiner Bamberger Quellen die Zeichnung der Holzschnitte der Bambergischen Halsgerichtsordnung vom Jahre 1507 in An­ spruch, wie uns scheint, mit Glück gegenüber der Annahme des Wolf Traut durch Campbell Dodgson und Christian Rauch für diese Stücke. Namentlich aber interessiert uns der Nach-

319 weis, daß das berühmte Bamberger Fenster in St. Sebald nicht, wie bisher allgemein angenommen wurde, von Katzheimer, sondern von Veit Hirschvogel verfertigt worden ist. Allerdings wurde jenem durch den Fürstbischof Heinrich Groß von Trockau nach den Hofkammerrechnungen zuerst das Fenster zu machen aufgetragen, er erhielt es auch 1495 mit 33 fl. rhein. vertrags­ gemäß bezahlt, dann aber ließ der neue Bischof, Veit Truchseß von Pommersfelden, das »Fensterwerk in St. Sebalds Kirchen« mit »neuem Bildwerk ganz verneuen«, wofür Meister Veit rund 60 fl. erhielt (S. 16). Auffallend ist nur, daß beide Male von 12 Stücken oder »Bildwerk« in besagtem Fenster die Rede ist. Leitschuh nimmt daher, doch wohl etwas zu sicher, an (S. 20), daß der ursprüngliche Entwurf Katzheimers auch für das neue Fenster benützt worden sei, nachdem sein eigenes »offenbar durch ein Elementarereignis« zerstört worden war. Für Katzheimer nimmt Leitschuh auch eine Anzahl Holzschnitte der Schedelschen Weltchronik in Anspruch. Auch die »Vi­ sierungen« für eine Reihe von Grabdenkmälern, die von Peter Vischer gegossen wurden, hat er geliefert. Interessant sind die Beziehungen des als Kunstmäzen bekannten Fürstbischofs Georg III. Schenk von Limburg zu Albrecht Dürer. Daß dieser den Bischof wie auch seinen Hofnarren Sella malte, bezeugt Lorenz Beheim. Das Bildnis des Bischofs ist, wenn auch wohl nicht im Original, aber doch, wie Leitschuh annimmt, in einer Kopie von Hans Wolf nach Dürer, in übrigens ziemlich bedenk­ lichem Zustand jetzt in der Galerie zu Pommersfelden (S. 51 ff.). Nach dem Verfasser hat auch Loy Hering das Grabdenkmal des genannten Bischofs nach einer Dürerschen Zeichnung ge­ schaffen (S. 56). Die Kapitel über die Würzburger Maler im 15. und 16. Jahrhundert sowie über den Buchdruck und die Buchausstattung des 15. Jahrhunderts in Würzburg interessieren uns hier nicht. Gern aber gingen wir auf den übrigens vor längerer Zeit (1889) als Vortrag in unserem Verein gehaltenen, nun aber zuerst in revidierter Gestalt veröffentlichten Aufsatz über »Albrecht Dürer im Urteil der Zeitgenossen« (S. 101—123) näher ein, woraus wir mit Vergnügen entnehmen, wie hoch Dürer schon bei seinen Lebzeiten, u. a. auch von den Italienern geschätzt und —

320 plagiiert worden ist. Wir müssen es uns versagen und er­ wähnen nur noch kurz, daß Leitschuh auch vier Kaufbriefe über das ältere Dürerhaus — daß es das Haus Burgstraße 27 (alte No. S. 493) ist, hätte wohl gesagt werden sollen — aus dem Nürnberger Stadtarchiv abgedruckt hat. Nicht gerade für uns Nürnberger, aber sonst im allgemeinen am bedeutendsten ist wohl das oben schon berührte lange Kapitel über den deutschen Humanismus in seinen Beziehungen zur Kunst. Aller­ dings ein günstiger Einfluß auf diese durch die Humanisten ist kaum nachzuweisen, es ist gut, daß z. B. Celtis den Künstlern wenigstens die Freiheit ließ, »derb deutsch« zu bilden (S. 163 f.). Fruchtbarer aber mit seinen Holzschnittwerken war wohl Hans von Schwarzenberg für die volkstümliche Kunst. Dürers Pro­ portionsstudien werden in ihren Beziehungen zu Agrippa von Nettesheim geschildert. Leitschuh meint, daß Dürer durch Trithemius mit diesem bekannt geworden sei. Seine frühere Be­ hauptung, daß als der »Herr Hans, der Astronomus«, nach dessen Nachlaß sich Nikolaus Kratzer in einem Briefe an Dürer 1524 erkundigt, eben Trithemius gemeint sei, hat er aber auf­ gegeben (S. 181 Anm.) zugunsten der Annahme von Karl Schottenloher (Festgabe für Hermann Grauert, 1910, S. 154 f.), daß wir darunter den Pfarrer bei St. Johannis, Johannes Werner zu verstehen hätten, der nicht erst 1528, sondern nach einer gleichzeitigen Notiz schon 1522 gestorben wäre. Zwei weitere Kapitel berühren Nürnberg kaum, wenn auch über den Augsburger Medailleur Hans Schwarz Notizen von Neudörfer und Dürer herangezogen werden. Um noch einige kleinere Versehen zu rügen, so muß ich bemerken, daß der Abdruck der Urkunden zu wünschen übrig läßt. Statt »wir schöpfen verjehen« findet sich regelmäßig »versehen« gedruckt, und das interessante Wörtchen privet bezw. priuet gleich »heimliches Gemach« lesen wir stets als prinet. Die Vorlage wird, wenigstens teilweise, gar zu sklavisch nach­ gedruckt, so daß selbst Eigennamen mit kleinen Anfangsbuch­ staben begegnen. Die Wiedergabe einer Stelle eines Schedelkodex auf S. 139 befriedigt wenig. Auch der Abdruck aus der »Occulta philosophia« des Agrippa übernimmt alle die fehlerhaften und sinnstörenden Interpunktionen der Druckvorlage. Die Witwe

321 des 1494 verstorbenen Wilhelm Pleydenwurff war mit Simon Zwölfer nicht in zweiter, sondern in dritter Ehe verheiratet, wie aus dem von Leitschuh selbst angeführten, oben zitierten Aufsatz von Lochner im Anz. f. Kde. d. d. V. hervorgeht. Die Lochhaim (S. 10 f.) waren keine Patrizier, wenn auch von altersher ein ehrbares Geschlecht. Eine Verwechslung, wie sie selbst von Nürnbergern nicht selten begangen wird. Der Bildhauer Loy Hering wird wiederholt Loyen genannt, was doch der Casus obliquus ist. Doch habe ich mit meinen Ausstellungen dem Wert des inhaltreichen Buches nicht zu nahe treten wollen. Jeder, der in der Geschichte jener Zeit arbeitet, wird es zu Rate ziehen müssen. Humanismus und Kunstgeschichte können nicht da­ ran vorübergehen. Ohne Nachprüfung freilich wird man dem Verfasser nicht überall folgen dürfen, was sich ja aber bei so dunklen Fragen, zumal wo so oft eine mehr oder weniger sub­ jektive Stilkritik hineinspielt, von selbst versteht. Emil Reicke.

Die kirchliche Glasmalerei zur Zeit der Spätgotik und Frührenaissance in Nürnberg von Johannes Schinnerer. Münchener Dissertation. 1908. 8 °. 59 SS. Die vorliegende Studie bildet den 1. Teil einer größeren Arbeit, welche die Glasmalerei der Spätgotik und Frührenais­ sance in Nürnberg bis ungefähr zum Jahre 1530 behandelt. Sie ist entstanden aus der an sich richtigen Erwägung, daß die Glasmalerei in der Kunstgeschichte etwas stiefmütterlich be­ handelt zu werden pflegt. Sie will ein Baustein sein für die Aufführung eines künftigen Gesamtbaues. Darum wurde ein lokal und zeitlich begrenzter Kreis gewählt und noch dazu ein solcher, der schon ziemlich gut bekannt war. Der Verfasser geht ohne weitere Umschweife direkt auf sein Ziel los, das er klar zu entwickeln bestrebt ist. Von einer zusammenhängenden Betrachtung hat er Abstand genommen, indem er Werk an Werk reiht und diese dann einer gründlichen Einzelbehandlung unterzieht. So kommt er zu wichtigen Ergebnissen, wenngleich sich nur in den seltensten Fällen die Frage nach dem entwerfen21

322 den und ausführenden Künstler beantworten läßt. Zu dem Kaiserfenster in St. Lorenz lieferte vielleicht die Wolgemutsche Werkstatt die Entwürfe. Weit höher steht das Volkamer-Fenster das bedeutendste Werk der Nürnberger Glasmalerei und viel­ leicht sogar die beste Arbeit spätgotischer Glasmalerei in Deutsch­ land überhaupt. Entstanden ist es etwa ums Jahr 1487. Seine technische Vollendung ist einzigartig. Übrigens ist Schinnerer in dankenswerter Weise stets bemüht, bei den einzelnen Schöpfungen die Restaurationen späterer Zeiten und namentlich des 19. Jahrhunderts aufzudecken, um das Original in seiner unverfälschten Gestalt darzubieten. Hierin und in der sorg­ fältigen katalogmäßigen Beschreibung der einzelnen Denkmäler liegt der Hauptwert seiner Arbeit, an der nur auszusetzen bleibt, daß sie nicht auch das 14. Jahrhundert in den Kreis ihrer Be­ trachtung gezogen hat. Fritz Traugott Schulz.

Veit Stoß, die Herkunft seiner Kunst, seine Werke und sein Leben von Max Loßnitz er. Mit 60 Tafeln. 4°. 214 u. LXXXI SS. Leipzig 1912. Verlag Julius Zeitler. Es war schon längst an der Zeit, bei Veit Stoß wieder einmal nach dem Rechten zu sehen und auf Grund der neuen Einzelentdeckungen und Einzelfunde eine gründliche kritische Sichtung seines Lebenswerkes vorzunehmen; denn gerade Veit Stoß ist einer der Gewaltigen, deren Name zu leicht gemißbraucht wird. Nach und nach hatte man sich schon daran gewöhnt, hier etwas klarer zu sehen und den Meister, seine Werkstatt und vor allem seine Schule etwas schärfer von ein­ ander zu sondern. Aber eine zusammenfassende Betrachtung stand noch aus und vor allem war man noch immer nicht genügend über die Quellen seiner Kunst unterrichtet. Eine solche Arbeit liegt jetzt vor, geschrieben von einem jüngeren Forscher, den dabei das Streben, die Wahrheit zu ergründen, und eine hochentwickelte sachlich kritische Befähigung leitete, der das in Frage stehende Gebiet beherrscht und auf Grund peinlichsten Einzelstudiums auf das große Ganze ausgeht. Wichtige neue Zusammenhänge werden festgestellt, lohnende Ausblicke eröffnet und Weizen und Spreu mehr als bisher von

323 einander geschieden. Und selbst wenn man sich nicht mit allem einverstanden erklären will, das wird man jedenfalls unter allen Umständen anerkennen müssen, es ist neues Licht über manche Dunkelheit ausgebreitet worden. Ob es ganz richtig ist, wenn, bei Veit Stoß das konser­ vativ spätgotische Moment so stark betont wird, will ich dahin­ gestellt sein lassen. Mir scheint jedenfalls die doch nicht hin­ wegzuleugnende Abklärung seines Wesens und seiner Kunst ohne die Befruchtung durch die keimende Frührenaissance nicht recht erklärlich und verständlich, auch will sie mir nicht ledig­ lich als eine äußerliche erscheinen. Nicht Veit Stoß arbeitete der Renaissance vor, er beugte sich vielmehr ihrem siegenden Zwange, er stand schon mitten in ihr. Daß er sich bei alle­ dem nicht selbst untreu wurde, das ist ein Grundzug im Wesen jedes starkwilligen Temperaments. Und gerade das hat er mit den anderen Größen seiner Zeit gemein. Mehrfach schneidet L. in seiner Arbeit die schon vielfach ventilierte Frage nach der Herkunft des Meisters an. Er kann sich nicht dazu entschließen, an eine polnische Herkunft zu glauben, und meines Erachtens nicht mit Unrecht. Wir sind heutzutage nicht mehr so engherzig, einem anderen Volk nicht das zu lassen, was ihm gebührt und was sein ist. Aber immer mehr verdichten sich, ja müssen sich unsere Vermutungen, die in der Richtung der Annahme einer deutschen Nationalität liegen, verdichten. Was L. über die Herkunft seines Stiles sagt, erscheint mir von besonderer Wichtigkeit. Zwei Meister namentlich sind es, von denen er Anregungen empfangen hat, Simon Lainberger, der Schnitzer des Nördlinger Georgsaltars (vor 1478), und Nikolaus von Leyen. Lainbergers Werkstatt hat, wie über­ zeugend dargetan wird, schon lange in Nürnberg in Ansehen gestanden. Er ist in dem Johannes Baptista und dem Thomas­ christus von St. Sebald wieder zu erkennen. Er war vor Peter Vischer, Adam Kraft und Veit Stoß der führende Nürnberger Bildschnitzer. Und merkwürdig genug ist es, daß er, der anfangs unseren Meister beeinflußte, später von ihm selbst beeinflußt wurde. Und dann Nikolaus von Leyen! Er und Veit Stoß sind die ersten Plastiker von führender Bedeutung, die sich mit 21*

324 der niederländischen Malerei befreunden, die ihren Naturalismus, ihre Porträtkunst und die bewegte Kompositionsweise der Rogier­ schule mit größtem technischem Raffinement nachzubilden streben. Es gewinnt nach L’s. Ausführungen sogar den Anschein, als habe Veit Stoß direkt in seiner Werkstatt gearbeitet. Die Vorliebe für Unruhe und Bewegung im Faltenstil hat er der Passauer und Wiener Plastik entnommen. Für die Entstehung seines plastischen Stils ist demnach neben der Nürnberger Tradition die Kunst der Donaugegenden von Bedeutung. Fast ist es darum nicht mehr nötig, die Frage nach seiner Heimat in Zukunft wieder so heftig zu erörtern. Es ist irrig, die Kunst des Veit Stoß, wie L. in dem Kapitel über die malerischen Züge in derselben nachweist, von Martin Schongauer abzuleiten, wie es bisher vielfach geschehen. Vielmehr machte er sich die Fortschritte der Maler zunutze, die damals Oberdeutschland mit der Kunst eines Rogier und später eines Dirks Bouts in schwachen Abbildern bekannt machten. Bewegungs- und Raumdarstellung hat er von jenem nicht gelernt. Hinsichtlich der Stoß-Werkstatt und Stoß-Schule vor der Übersiedelung nach Nürnberg (1496) herrschte bislang große Unklarheit. L. unternimmt es, sie zu lichten, indem er mit dem Krakauer Marienaltar beginnt, der keineswegs in allem von seiner Hand herrührt. Vieles ist nur nach seinen Entwürfen in seiner Werkstatt ausgeführt worden. Das Vorbild dieses wichtigen Werkes wirkte naturgemäß stark beeinflussend auf die ganze Umgegend und Nachbarschaft Krakaus ein. Daher auch die vielen Irrtümer, die L. zu berichtigen sich bemüht. In dem Abschnitt über die Wirksamkeit von 1496—1503 in Nürnberg überrascht vor allem die meines Erachtens ein­ wandfreie Feststellung, daß der Kruzifix in St. Lorenz der viel­ gepriesene Kruzifix aus der Sebalduskirche ist, der Jahrhunderte hindurch seinen Ruhm allein bezeugte. Eingehend beschäftigt sich L. mit der Bestattung der Katharina im Germanischen Museum, wobei es ihm gelingt, die zugehörigen Bilder in St. Lorenz nachzuweisen. Hiedurch wird eine Rekonstruktion der ganzen Tafel ermöglicht, die höchst lehrreich ist. Die Gruppe selbst spricht er Veit Stoß ab und schreibt sie dem Meister der Sandsteinmadonna vom Klara-

325 kloster zu. Ob mit Recht, will mir zweifelhaft erscheinen. Auch in seinen Ausführungen über den Schwabacher Hochaltar vermag er mich nicht ganz zu überzeugen. Dagegen stimme ich ihm bei, wenn er die Madonna vom Hause des Meisters nicht wie bisher um 1500, sondern etwa zehn Jahre später ansetzt. Die St. Anna selbdritt an der Wiener Annakirche halte ich jedoch nicht für eine Arbeit des Veit Stoß, wie ich schon an anderer Stelle dargetan habe. Wichtig ist die Feststellung, daß der Engelrahmen des Anton Tücher (1517) und das Bild des Kaisers Konstantin und der hl. Helena, welche sich beide im Germanischen Museum be­ finden, zusammengehören. Beide standen ehemals als Altar­ schmuck in der Kirche des Sebastianspitals. Neu wird auch die Kartonzeichnung für den Arm eines Kruzifixus auf der Feste Coburg als Entwurf des alten Veit Stoß in die Literatur ein­ geführt. Die Madonna am Hause Weinmarkt 12 (richtiger Füll 15), welche ich selbst in meinem Bürgerhaus werk ver­ öffentlicht und groß abgebildet habe, kann ich als eigenhändiges Werk nicht anerkennen. Die Berührungen mit Kupferstichen des Meisters, die ich dort festgestellt habe, scheinen L. ent­ gangen zu sein. Auch für die Konsole kann Veit Stoß nur als der anregende Urheber in Frage kommen. Die Figur ist aber sicherlich aus seiner Werkstatt hervorgegangen. Daß der Bamberger Altar unvollendet sein soll, glaube ich nicht. Seine Auseinandernahme in Bamberg und seine Wiederaufstellung in Nürnberg gelegentlich der historischen Ausstellung i. J. 1906 ergab vielmehr, daß er ein Torso, daß er — man kann ruhig sagen — mit rohem Unverständnis ver­ stümmelt worden ist, wobei er vor allem sein altes Gehäuse einbüßte. Es war mir seinerzeit trotz der vorliegenden Ab­ bildungen nur mit Mühe möglich, gemeinschaftlich mit einem in alter Kunst wohlerfahrenen Fachmann die einzelnen Teile ohne einen gewissen Zwang wieder zusammenzufügen. Übrigens bemerkt Veit Stoß in seiner Klage an den Rat selbst, daß der Altar, den er für 400 fl. zu liefern sich erboten, mindestens 800 fl. wert sei. Die Dormitzer Reliefs, die ich seiner Zeit mit Veit Stoß in Zusammenhang brachte, lehnt L. ziemlich apodiktisch ab.

326 Der verwandten Züge, die ich damals konstatierte, scheinen mir jedoch zu viele zu sein, um diese Arbeiten ganz aus dem Werk des Meisters zu streichen. Wenn ich nun aber auch hie und da den Deduktionen Loßnitzers nicht zu folgen vermag, so tut dies dem Werk als solchem keinen Abbruch. Ich stehe nicht an, ihm eine grund­ legende Bedeutung zuzuerkennen und es als ein Muster von ernster fachwissenschaftlicher Forschung hinzustellen. Es bringt viele wichtige Feststellungen und trägt in hohem Grade zur Klärung des eigenartigen Wesens der Kunst dieses Meisters bei, der einer der bedeutendsten seiner Zeit ist und auch bleiben wird. Fritz Traugott Schulz.

Die gotische Bildnerei und Tafelmalerei in der Dorfkirche zu Kalchreuth von H. M. Sauermann (Heft 1 der Beiträge zur fränkischen Kunstgeschichte, herausgegeben von Friedrich Haack-Erlangen). Th. Blaesings UniversitätsBuchhandlung, Erlangen (1911). 8°. 116 S. (dazu 10 Tafeln in Autotypie). Die Arbeit Sauermanns ist eine Erlanger Doktordissertation. So sehr es auch anzuerkennen ist, wenn die vielfach an Kunst­ werken noch reichen Dorfkirchen in Nürnbergs weiterer Um­ gebung in kleinen Monographien behandelt werden, so liegt es doch nahe zu fragen, ob sich solcher Stoff überhaupt zu einer Doktorarbeit eigne, ob nicht die Vornahme einer Einzelfrage, eine auf einen Punkt gerichtete einheitliche Untersuchung wissenschaftliches Können und Methode besser zur Geltung kommen und erkennen lasse. Gewiß sollte ein Inventarisieren nicht eigentlich Sache und Aufgabe eines Doctorandus sein; allein für die Denkmäler der Bildnerei und Tafelmalerei in der Kirche zu Kalchreuth läßt sich wohl eine Ausnahme von dieser Regel begründen, denn einmal ergibt die chronologisch an­ geordnete Reihe dieser Denkmäler gute Möglichkeit und Gelegen­ heit, den Entwicklungsgang der Nürnberger Malerei und Plastik durch das ganze letzte Jahrhundert des Mittelalters hindurch aufzuzeigen, und ‘dann sind manche der Kunstwerke, die das



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schlichte Kirchlein birgt, doch von solcher Qualität, daß kleine Einzeluntersuchungen über sie lohnend erscheinen. Allerdings geht die einwandfreie Lösung der Aufgaben, die sich damit ergeben, dann wiederum über das Maß dessen, was von einem Anfänger verlangt werden kann, hinaus. Jenen Entwicklungsgang hat der Verfasser in seiner Schrift im allgemeinen hübsch und sicher herausgearbeitet, sich um dieses leitenden Gedankens willens auch in der Hauptsache auf Bildnerei und Tafelmalerei beschränkt, wenn er auch freilich mehr bietet, als der Titel seines Buches besagt; denn ein erster Abschnitt ist der Baugeschichte der Kirche, ein Anhang den bedeutenden Textilien, den zahlreichen alten Glasgemälden und den Totenschildern gewidmet. Bezüglich der Art und Ergebnisse seiner Einzelunter­ suchungen wird er indessen nicht durchaus auf Zustimmung rechnen können. Gleich das Kapitel über die Tonapostel aus der Wende des 14. und 15. Jahrhunderts hätte wohl noch tiefer gefaßt werden können, sich nicht lediglich auf einen Ver­ gleich mit den Tonaposteln im Germanischen Museum und in der Jakobskirche beschränken dürfen, sondern einmal die Frage nach der Nürnberger Tonplastik jener Zeit überhaupt, nach Gründen, Bedingungen und Verlauf dieser interessanten Er­ scheinung an der Wurzel packen müssen, um bedeutenderen kunsthistorischen Wert zu erhalten. Eine solche Aufrollung und Erledigung wäre freilich einer besonderen Dissertation gleichgekommen. Zwischen dem Tafelgemälde des Todes der Maria zu Kalchreuth und der Himmelfahrt Mariae des Breslauer Museums scheinen mir doch (gleich Thode) engere Beziehungen obzu­ walten, als Sauermann gelten lassen will, nur daß wir wohl auch für den Meister des Wolfgangaltars, dem Thode, wie ich meine, mit Recht, beide Werke vindiziert, einen größeren Atelierbetrieb annehmen müssen, dessen Inhaber und ton­ angebender Leiter die Ausführung im einzelnen, ja wohl auch die Gesamtkomposition gelegentlich Gesellenhänden über­ ließ. Übrigens wird man den Rehlenschen Lesungen solcher Inschriften, die heute nicht mehr vorhanden sind, nicht durch­ aus urkundlichen Wert zuerkennen dürfen. Schon Sauermann

328 (S. 49 Anm.) weist ihm in der »Überschrift« zur Tafel des Marientodes mit Wahrscheinlichkeit ein offenbares Versehen nach. Ein anderes muß hier in dem Datum »am Erichtag vor Set. Gregorgen Tag« 1476 stecken, denn sowohl der Gregorswie der Georgentag fiel 1476 selbst auf einen Erichtag (Dienstag). Mit vollem Recht wird vom Verfasser der Hauptaltar der Wolgemutschen Werkstatt zugewiesen, aber unrichtig ist S. 76 die Bemerkung, daß es kein einziges Werk gebe, das mit voller Glaubwürdigkeit für Wolgemut selbt in Anspruch genommen werden könne. Der Schwabacher Altar ist vertragsmäßig von Wolgemut eigenhändig gemalt worden. Auch die Ausführungen über Hans Traut und den Peringsdörfer Altar (S. 94) vermengen auf Grund der Untersuchungen Christian Rauchs, deren Er­ gebnisse aber von der kunsthistorischen Kritik nur zum Teil anerkannt wurden, Richtiges mit Unrichtigem, während man wiederum der stilistisch wohl begründeten Zuschreibung des Kalchreuther Sakramentshäuschens an Adam Kraft selbst (S. 96 ff.) durchaus zustimmen und auch der prächtigen kleinen Abhandlung über die bedeutende Gruppe der Pietä aus dem Anfang des 16. Jahrhunderts und den Ausführungen über die Pilgerstatue St. Jakobus, wohl aus dem Jahre 1522, die, wie mir scheint, in dem kleinen bemalten Holzrelief mit dem hl. Sebald in der Sebalduskirche zu Nürnberg ihren nächsten Verwandten hat, nur Beifall zollen kann. So wird man, alles in allem genommen, die Arbeit Sauer­ manns, die mit 10 vortrefflichen Autotypien ausgestattet ist, ohne Zweifel als eine wertvolle Bereicherung der Literatur zur Altnürnberger Kunstgeschichte bezeichnen dürfen. Theodor Hampe.

Die Deutung eines Bildnisses von Brosamer in der kaiserlichen Gemäldegalerie in Wien nebst Beiträgen zur Dürer- und Pirckheimerforschung von Emil Reicke. Mit 1 Tafel und 15 Textabbildungen. Sonderabdruck aus dem Jahrbuch der kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses, Band XXX, Heft 4.

329 Reicke geht in der vorliegenden Untersuchung von einem in der Nürnberger Stadtbibliothek aufbewahrten Bildnis aus, auf welchem bei einer i. J. 1900 vorgenommenen Reinigung neben der Jahrzahl 1514 das Monogramm Dürers zum Vorschein kam und das bis dahin als ein Konterfei des Freundes des Meisters Willibald Pirckheimer galt. Kenner aber erklärten es gleichwohl nicht für eine Schöpfung Dürers. R. vermutete gleich, daß es die Kopie nach einem verschollenen Original sei. Um hier eine Klarstellung zu erreichen, untersuchte er zunächst unter Heranziehung aller ihm bekannten Darstellungen die nicht unwichtige Frage, ob das Bildnis wirklich Willibald Pirckheimer zum Gegenstand habe, naturgemäß hieran als Heraus­ geber von dessen handschriftlichem Nachlaß lebhaft interessiert. Dabei ergaben sich allerhand merkwürdige Feststellungen. In einem zwischen 1718 und 1720 geschriebenen Verzeichnis der Gemälde der Nürnberger Stadtbibliothek wird unsere Tafel als Porträt Pirckheimers aufgeführt. Der 1724 verstorbene Stadt­ bibliothekar Joh. Wülfer aber strich den Namen Pirckheimer aus und schrieb statt dessen »Hr. Hanns Imhoff«. Reicke weist nach, daß der Dargestellte auch nicht Hans Imhoff (f 1522) ist, daß vielmehr der diesen angeblich wiedergebende Porträtstich aus dem 17. Jahrhundert unter Abänderungen von Einzelheiten erst nach unserem Bilde angefertigt wurde, demnach also ein Phan­ tasieprodukt ist. Auf seinem weiteren Wege war Reicke so glücklich, die Entdeckung zu machen, daß unsere Tafel eine Kopie nach dem Brosamerbild v. J. 1520 in Wien ist. Und seine weiteren, sehr sorgfältig geführten Forschungen ergaben außerdem, daß dieses nicht den berühmten Humanisten, sondern einen Gewandschneider namens Hans Birkel darstellt, der von 1526—1541 Genannter und der Pate des 1519 geborenen Willi­ bald Imhoff war. Das Bild blieb in der Imhoffschen Familie, um dann vielleicht von Hans Hieronymus Imhoff, der auch andere Kunstsachen veräußerte, verkauft zu werden. Zuvor war von dem Bilde eine Kopie angefertigt worden, und zwar, worauf das gefälschte Monogramm hinweist, höchst wahrschein­ lich von einem der um die Wende vom 16. zum 17. Jahr­ hundert zahlreichen Dürerkopisten. Bei dieser Gelegenheit be­ schäftigt sich Reicke auch mit dem berühmten von Dürer i. J.

330 1521 gemalten Porträt in Madrid, das seinen Ausführungen zufolge weder Willibald Pirckheimer noch Hans Imhoff darstellt. Die in ihren Ergebnissen nicht unwichtige Abhandlung, deren Bedeutung den lokalen Rahmen überschreitet, schließt mit einem kleinen Exkurs über die Imhoffsche Kunstkammer. Fritz Traugott Schulz.

Dürer von Richard Bürkner. 59. Band der Geistes­ helden. 8°. 211 SS. mit 13 Abbildungen und 4 Kopfleisten. Berlin, Ernst Hofmann & Co. 1911. Es gibt kaum ein herrlicheres Ziel als das, den größten deutschen Maler Albrecht Dürer der Allgemeinheit des deutschen Volkes als Künstler und Menschen näher zu bringen. Schon mancher dankenswerte Versuch ist nach dieser Richtung unter­ nommen worden. Auch das vorliegende Werkchen ist und will ein solcher sein, herrührend aber von einem Mann, der sich schon von Jugend auf in Dürers Kunst heimisch fühlte. Was er uns bringt, geht teilweise weit über das gewohnte Maß einer populären Dürerbiographie hinaus. Wir haben ein Buch vor uns, das, getragen von wirklicher Sachkenntnis und von voller Beherrschung des vielgliedrigen Stoffes, dazu angetan ist, andere anzuregen, das als eine zu weiterer Beschäftigung lockende Einführung in des Künstlers Leben und Werk hin­ gestellt werden darf. Es ist als Ganzes genommen eine schlichte Erzählung, frei von allem Aufwand an kunstgelehrten und wissen­ schaftlichen Erörterungen. Bürkner geht ziemlich weit auf das Leben Dürers, auf den Menschen Dürer ein, um dadurch die Eigenart des Künstlers in das rechte Licht zu rücken. Aus diesem Grunde werden manche Etappen aus seinem Leben ausführlicher behandelt, so vor allem die Briefe, die er von Venedig aus an Willibald Pirckheimer. schrieb und aus denen des Meisters ganze persönliche Denkart und Wesensart deutlich zu uns spricht. Dabei wird nicht versäumt, neben den Vor­ zügen auch die Schwächen Dürerischer Kunst zu kennzeichnen. Es fehlt in dem Buche auch nicht an wertvollen kunst- und kulturgeschichtlichen Betrachtungen allgemeiner Art, wie z. B. diejenigen es sind, die von der Art des künstlerischen Schaffens

331 zu Dürers Zeit und von der wirtschaftlichen Seite seines Lebens handeln. Sympathisch berührt namentlich der erzählende und durchaus nicht dozierende Ton des Buches. Nur auf das reli­ giöse Moment hätte kein so großer Wert gelegt zu werden brauchen. Mir wenigstens ist es gleichgültig, ob ein Künstler wie Dürer Protestant oder Katholik war, und genügt es hin­ reichend, ihn als Künstler und Menschen, soweit als möglich, gründlich zu erfassen und gebührend zu würdigen. Fritz Traugott Schulz.

Eugen Vial, Jean Cleberger. I. Ses origines. Sa vie. II. Marchand et banquier. III. Les deux Mariages de Jean Cleberger. La belle Allemande (Revue d’Histoire de Lyon tome XIme: 1912 fase. II, pag. 81—102. IV. 273-308. V. 321—340). Es werden noch folgen IV. Cleberger et ses compatriotes. V. le Bon Allemand. VI. La mort de Cleberger, son testament et sa succession. VII. David de Cleberg et sa descendance. VIII. Les portraits de J. Cleberger; ses armoiries. IX. l’Homme de la Roche, sa legende. Das Leben des merkwürdigen Nürnbergers, der als Sohn armer Eltern im Dienste der Imhoff nach Lyon ging, schon ein halbes Jahrzehnt später ein Vermögen besaß, das ihn unter die Gläubiger Franz I. reihte, und endlich 1546 als einer der reichsten Bürger Lyons und einer der angesehensten Bankiers Europas starb, der ein Schwiegersohn Pirckheimers und Freund des Erasmus war, der schon bei seinen Lebzeiten den Bei­ namen des »guten Deutschen« in Lyon führte und dessen ehernes Standbild heute am Ufer der Saöne steht, den kein Geringerer als sein eigener Schwiegervater des Giftmordes be­ zichtigte und der doch zum Kammerherrn des französischen Königs und zum Stadtrat von Lyon aufstieg — das Leben dieses Mannes hat seit dreiviertel Jahrhunderten immer aufs neue die Forschung gereizt. Hat sie sich auch mehr und mehr aus einem Gewirr von Legenden emporgearbeitet, so hat sie doch bisher daran gelitten, daß das Material über mindestens drei Länder und zwei Sprachgebiete zerstreut war und so eine er­ schöpfende Benützung der Urkunden und Untersuchungen er-

332 schwerte. Auch die beiden letzten Arbeiten über Hans Kleberg hatten daran noch ihre Schranken. Nachdem Richard Ehren­ bergs Aufsatz im X. Bande dieser Zeitschrift wertvolles neues archivalisches Material beigebracht hatte, hatte es Pariset 1911 in einer eigenen Biographie (biographie de Jean Cleberger dit le bon Allemand et l’homme de la Roche, 72 Seiten) unter­ nommen, Ehrenbergs Resultate der französischen Forschung über Kleberg nutzbar zu machen und, ohne wesentlich neues Material beizubringen, eine lesbare Würdigung Hans Klebergs zu versuchen. Beiden Vorgängen gegenüber ist es das Verdienst der bisher zum Drittel vorliegenden Arbeit E. Vials, das Material vollständig zusammengetragen zu haben. Das gilt freilich für den deutschen Anteil daran nur insoweit, als Ehrenbergs Arbeit die deutchen Archive ausgebeutet hat. Es darf nicht für aus­ geschlossen gelten, daß hier eine Nachlese in Nürnberger oder Augsburger Archiven manches Dunkel, das insbesondere über den Anfängen Hans Klebergs liegt, noch lichten könnte. Für den französischen Teil der' Forschung dürfte Vials Arbeit er­ schöpfend sein. Mehr als eine Nachprüfung der Archivbestände hat auch hier eine vollständige Benützung der vorhandenen Publikationen ergeben. So ist die Vialsche Arbeit, die an Umfang schon jetzt alle vorhergehenden übertrifft und sich besonders durch gewissenhafte Quellenangaben auszeichnet, ein Abschluß der langjährigen Archivforschung über Hans Kleberg und die unumgängliche Grundlage jeder künftigen darstellenden Bearbeitung seines Lebens, die nun hoffentlich auch in deutscher Sprache nicht lange mehr auf sich warten läßt. Im einzelnen bringt Teil I neben dem Grundriß des Lebens Hans Klebergs eine Anzahl interessanter archivalischer Nach­ weise über die Bedeutung des deutschen Elementes, insbesondere des süddeutschen Handels in Lyon um die Wende des XV. Jahr­ hunderts. Diese Notizen, die größtenteils in den überwuchernden Anmerkungen vergraben sind, finden ihre Ergänzung in Teil II. Wir notieren als für Nürnberg interessant die Angabe, daß schon 1504 ein in Lyon etablierter Goldschmied »Charles de Nuremberg« von der Stadtregierung, dem Konsulat, völlige Steuerund Abgabenfreiheit erhielt »ä cause de son mutier, affin qu’il puisse estre introduict« (arch. mun. de Lyon CC. 6. f°. 60.

333 BB. 24 f°. 459). Seite 90 Anm. 2 gibt ausführliche archivalische Nachweise über die Welser in dem Lyon des XVI. Jahr­ hunderts, Seite 92 Anm. 5 ebenso für die Tücher. Von Wichtigkeit für die so geheimnisvollen Anfänge Klebergs ist ein von Vial neu aufgefundenes Dokument (arch. mun. de Lyon BB. 37, f°. 67), in dem Hans Kleberg am 30. April 1517 an der Seite eines der angesehensten deutschen Kaufleute als Vertreter der deutschen Reichsstädte königliche Freibriefe bei der Stadtregierung vorlegt. Die Rolle, die Kleberg hier spielt, scheint den Zeitpunkt seiner Ankunft in Lyon, für die ein terminus a quo nicht anzugeben ist, energischer noch, als es Vial tut, hinaufzurücken, etwa in die Jahre 1511—1515. Gewinnt man doch auch nur so einigermaßen den Spielraum, der die Erwerbung eines Vermögens ermöglicht, wie wir es schon 1518 in Klebergs Händen finden. Auch sonst hat Vial noch einiges über die Anfänge Klebergs aus dem Lyoner Stadt­ archiv und den libri litterarum des Nürnberger Archivs herzu­ bringen können. Die Entstehung seines Vermögens aber liegt nach wie vor im Dunkel, während wir über die späteren Spekulationen Klebergs gut unterrichtet sind und insbesondere über den Umfang und die Lage seiner liegenden Besitzungen bei Vial die erschöpfendsten Einzelheiten erfahren. Im III. Kapitel folgt Vial, soweit die Ehe mit Felizitas Pirckheimer in Betracht kommt, fast ausschließlich der Darstellung Ehrenbergs, dessen Beurteilung der Anklage Pirckheimers er teilt. Dagegen ergänzt er Ehrenbergs kärgliche Bemerkung über Klebergs zweite Heirat durch eine ausführliche Darstellung. Das Material dazu liegt wesentlich in dem von Ehrenberg wie von Pariset übersehenen Aufsatz von N. Weiß »Le reformateur Aime Meigret, le martyr Etienne de la Forge et Jean Kleberg dit le bon Allemand. Notes sur les premiers temps de la Reforme ä Lyon et ä Paris« (1524—1546) im Bull, de la Soc. d’Histoire du Protestantisme Franc. 1890, 257 ff. An Interesse gibt die Geschichte dieser zweiten Heirat Klebergs mit Pelone Bonzin, der Witwe des in Paris verbrannten Lutheraners Etienne de la Forge, der ersten nicht viel nach. Vial hat im Anschluß daran die Legende von der belle Allemande, die erst seit Ende des 17. Jahrhunderts sich nachweisbar mit der zweiten Frau Klebergs verbindet, in

334 ihrer Entstehung dargestellt. Auch hier ist die bisherige Publi­ kation sorgsam zusammengetragen. Völlig auf Ehrenbergs Forschungen in dem Tucherschen Archiv ist wieder dei IV. Teil der Vialschen Arbeit (über Kleberg und seine Landsleute) aufgebaut, in dessen Korrektur­ bogen mir der Verfasser freundlichst Einblick gewährte. Die nüchterne Beurteilung der widerspruchsvollen Haltung Klebergs an diesem Punkte lehnt mit Recht die von Pariset (S. 24) u. a. versuchte Konstruktion einer Wandlung in Klebergs Charakter im Jahre 1530 ab. Wir werden seinerzeit auf die weiteren Kapitel der fleißigen Arbeit des gelehrten Herausgebers der Revue d’Histoire de Lyon zurückkommen. Lyon. Erich Stange. Denkmäler deutscher Tonkunst, herausgegeben durch eine von der Kgl. Preuß. Regierung berufene Kommission. Leipzig, Breitkopf und Härtel. II. Band: Hans Leo Häßlers Werke, 1. Band, cantiones sacrae für 4—12 Stimmen, herausgegeben von Hermann Gehr­ mann, 1894, 2°. XVI und 182 Seiten. VII. Band: Hans Leo Häßlers Werke, 2. Band, Messen für 4—8 Stimmen, herausgegeben von Joseph Auer, 1902, 2°. XIII und 140 Seiten. Denkmäler deutscher Tonkunst, zweite Folge, Denk­ mäler der Tonkunst in Bayern, veröffentlicht durch die Ge­ sellschaft für Herausgabe von Denkmälern der Tonkunst in Bayern unter Leitung von Adolf Sandberger. Leipzig, Breit­ kopf und Härtel. II. Jahrgang, I. Band: Klavierwerke von Johann Pach­ elbel (1653—1706) nebst beigefügten Stücken von W. H. Pachelbel (1686—1764), eingeleitet und herausgegeben von Max Seiffert mit biographischen Vorbemerkungen von Adolf Sandberger. 1901, 2°. XXXIV und 166 Seiten. IV. Jahrgang, I. Band: Orgelkompositionen von Johann Pachelbel (1653—1706) nebst beigefügten Stücken von W. H. Pachelbel (1686—1764), eingeleitet und herausgegeben von Max Seiffert.. 1903, 2°. XXIV und 164 Seiten.

335 IV. Jahrgang, II. Band: Christian Erbach (um 1570 bis 1635), ausgewählte Werke, erster Teil, Werke Hans Leo Häßlers (1564 1612), erster Teil, Werke für Orgel und Klavier. Mit beigefügten Stücken von Jacob Häßler (geb. 1565), eingeleitet und herausgegeben von Ernst von Werra. 1903, fol. XL und 150 Seiten. V. Jahrgang, Doppelband in zwei Lieferungen, Werke Hans Leo Häßlers (1565—1612), zweiter Teil. Lieferung 1: Bemerkungen zur Biographie Hans Leo Häßlers und seiner Brüder, sowie zur Musikgeschichte der Städte Nürnberg und Augsburg im 16. und zu Anfang des 17. Jahrhunderts von A. Sandberger. Lieferung 2: Canzonette von 1590 und Neue teutsche Gesang von 1596, eingeleitet und herausgegeben von Rudolf Schwartz. 1904. 2°. CXII und XLIII und 250 Seiten. VI. Jahrgang, I. Band. Nürnberger Meister der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Geistliche Konzerte und Kirchenkantaten, herausgegeben von Max Seiffert, 1905, 2 °. XL und 195 Seiten. VII. Jahrgang, I. Band: Johann Staden (1581—1634), ausgewählte Werke, erster Teil, eingeleitet und herausgegeben von Eugen Schmitz, 1906, 2°. LXXIV und 133 Seiten. VIII. Jahrgang, I. Band: Johann Staden (1581—1634), zweiter Teil, herausgegeben von Eugen Schmitz; Ausarbeitung des basso continuo von R. Lederer. 1907, 2°. XIV und 133 Seiten. XI. Jahrgang, 1. Band: Werke Hans Leo Häßlers (1564—1612), dritter Teil, Madrigale zu 5, 6, 7 und 8 Stimmen von 1596, eingeleitet und herausgegeben von Rudolf Schwartz. 1910, 2°. XIX und 189 Seiten. Publikationen der Gesellschaft zur Herausgabe der Denkmäler der Tonkunst in Österreich. Herausgegeben unter Leitung von Guido Adler. Wien, Artaria u. Comp. VIII. Jahrgang, II. Teil. Johann Pachelbel, 94 Kom­ positionen, zumeist Fugen über das Magnifikat für Orgel oder Klavier. Bearbeitet von Hugo Botstiber und Max Seiffert 1901, 2°. XVI und 107 Seiten.

336 Eine reiche Produktivität entfaltet unsere Zeit auf dem Gebiete der Tonkunst. Eine eigenartige Begleiterscheinung dieses schöpferischen Fortschreitens ist das Zurückgreifen auf die Kunst vergangener Epochen. Worin auch diese Erscheinung ihren Grund haben mag, sei es in dem gesteigerten Interesse, das wir allen Schöpfungen auf diesem Gebiete entgegenbringen, sei es in der latenten Erkenntnis, daß die alten Meister einen Ruhepol in dem oft tastenden Vorwärtsdrängen der nach einem »Stile« ringenden Neuzeit bilden, — soviel ist sicher, daß das Wiedererwecken der alten Tonwerke eine hocherfreuliche Tat jener Korporationen und Männer bedeutet, die sich diese Auf­ gabe gestellt haben. So erschienen zuerst die »Denkmäler deutscher Tonkunst«, herausgegeben von der preußischen musikgeschichtlichen Kom­ mission unter der Leitung des hochverdienten Freiherrn von Liliencron. Bald gründete sich ein Zweigunternehmen unter den Auspizien Adolf Sandbergers zur Herausgabe der »Denkmäler der Tonkunst in Bayern«. Auch der entsprechenden öster­ reichischen Publikationen unter G. Adlers Führung muß hier gedacht werden. Von diesen hochbedeutsamen Unternehmungen Kenntnis zu nehmen hat der Verein für Geschichte der Stadt Nürnberg umsomehr Interesse, als bereits elf Bände vorliegen, die den Werken und der Lebensgeschichte der Nürnberger Musiker gewidmet sind. Man übersieht es bei der hohen Blüte der Nürnberger Malerei, Bildhauerei und Baukunst zu leicht, daß Nürnberg eine führende Rolle auch auf dem Gebiete der Musik spielte. Nicht nur, daß seine Stadtpfeiferei sich rühmen durfte, die trefflichsten Einrichtungen und tüchtigsten Kräfte zu besitzen; Nürnberg ist sogar die Heimat gar mancher wirklich großer Meister, ja des größten deutschen Musikers seiner Tage, des Hans Leo Häßler (1564—1612). Er war ein Neuerer in seiner Kunst, wie solche nicht oft erstehen. Gebildet an der Kunst der Venetianer Schule (Gabrieli) goß er echt deutschen Geist in die Form seiner Lehrmeister und wurde so ein Bahnbrecher jener Kunst, die ihren höchsten Gipfel und Abschluß in Mozart fand. Häßlers Leben und Wirken sind in den »Denkmälern« fünf stattliche Bände gewidmet. Der als Doppelband erschienene

337 V. Jahrgang birgt in seinem ersten Teile das biographische Material. »Bemerkungen zur Biographie H. L. Häßlers und seiner Brüder« hat Sandberger bescheiden diese aus seiner Feder stammende Sammlung eines reichen Materials betitelt. In der Tat ist sie eine inhaltsreiche Darstellung des gesamten musikalischen Lebens in Nürnberg (und Augsburg) im 16. und zu Beginn des 17. Jahrhunderts, die dann im 1. Bande des VI. Jahrganges von Max Seiffert eine Fortsetzung erhält in seiner Quellensammlung und Darstellung der Nürnberger Meister der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Wir gewinnen durch Sandbergers und Seifferts Arbeiten interessante Einblicke nicht nur in das Leben der Meister, sondern erfreulicher Weise auch in die Art ihres Musizierens. So finden sich bei Sand­ berger interessante Nachrichten über das Kurrendesingen, über die Technik des Chorsingens und manch anderes. In erster Reihe aber steht die Lebensgeschichte Häßlers, seine Tätigkeit in Nürnberg, sein Aufenthalt in Venedig, sein Wirken in Augs­ burg, das unter dem Zeichen der Fugger stand. Dem Grafen Octavian von Fugger widmete er auch seine wichtigsten Samm­ lungen: die »cantiones sacrae de festis praecipuis totius anni« von 1591 und seine Messen von 1599. Nicht unerwähnt darf die Beilage zu Sandbergers »Bemerkungen«, die Sammlung von Ratsverlässen der Jahre 1569—1618 bleiben. Den größten Raum beanspruchen naturgemäß die Kompositionen selbst, die jeweils von den Herausgebern fnit eingehenden Erläuterungen und kritischem Apparat versehen sind. Durch die Gründlichkeit der Untersuchungen gewinnen die Einführungen oft eine Be­ deutung, die über den Rahmen ihres nächsten Zweckes hinaus­ geht, so bietet z. B. die von Rudolf Schwartz stammende Ein­ leitung zu Häßlers »Canzonetten« (1590) und der Sammlung »Neue teutsche Gesang« (1596) eine interessante Entwicklungs­ geschichte des Madrigales nach Form und Tonsystem. Auch der Einfluß, den die Italiener — insbesondere Gabrieli auf die Entwicklung des deutschen Madrigales gewonnen, wird näher dargelegt. In der Einleitung zu den »cantiones sacrae« hin­ wieder zeigt Gehrmann die Grundlagen von Häßlers Kunst der Motetten-Komposition, vor allem ihre Beziehung zu Zarlino und dessen Grundregeln der Mensuralmusik. 22

338 Nicht alles, was Häßler geschaffen, ist in den Publikationen niedergelegt. Was den Herausgebern geeignet schien, das Bild des großen Meisters zu zeichnen, das übernahmen sie nach gewissenhafter Auswahl dann in die »Denkmäler«; aber auch schon bestehende Veröffentlichungen wurden berücksichtigt. So sah man ab von der Aufnahme jener Werke, die schon Franz Wüllner in seiner Chorsammlung veröffentlicht hatte. Der gleiche Grundsatz — und das mag hier gleich bemerkt werden — wurde auf die Veröffentlichung der anderen Meister sinngemäß angewendet. Aus der Zusammenstellung der Band­ titel ist schon zu ersehen gewesen, welche Schöpfungen zur Veröffentlichung gelangten. Gar manches Stück unter ihnen wird uns heute trotz der darin offenbarten hohen Satzkunst nicht viel mehr als ein historisches Interesse abgewinnen, aber zahlreich sind die lebenskräftigen Blüten, die heute noch unver­ welkt sind. So seien aus den »cantiones sacrae«, die fast durch­ gängig in Kanon- bezw. Fugenform gehalten sind, und bei denen der homophone Satz nur selten zur Anwendung kommt, die 20. Motette »Quid est homo« in ihrem wechselvollen Stim­ mungsgehalt, die 44. »Laudate dominum«, die in ihrem Aufbau schon an die Schöpfungen des Bachschen Kreises gemahnt, und die reiche Polyphonie der 48. zwölfstimmigen Motette »Nuptiae factae sunt« genannt. Umfangreichere Werke sind die acht Messen (herausgegeben 1599), die einen eigenen Band der »Denkmäler« füllen. Von der weltlichen Vokalmusik Häßlers sind die Canzonette (1590), die »Neue teutsche Gesang« (1596) und 5—8stimmige Madrigale (1596) zum Abdruck gelangt. Ganz besonders sei hier auf die im V. Jahrgange von R. Schwartz bearbeiteten und für modernen Gebrauch eingerichteten Gesänge Häßlers hingewiesen — eine Arbeit, die weit schwieriger, aber auch verdienstvoller ist, als sie auf den ersten Blick erscheinen mag. Von demselben Herausgeber sind in der gleichen Weise einige italienische Madrigale Häßlers im XI. Jahrgange bearbeitet. Im 2. Bande des IV. Jahrganges hat Ernst von Werra einige Orgelkompositionen H. L. Häßlers und Jacob Häßlers veröffentlicht, insgesamt 10 Ricercari, 2 Toccaten, 1 Fuge, 2 Introitus, 1 Fantasia, 3 Canzonen, Werke, die uns zwar nicht in gleichem Maße ansprechen, wie die Vokalmusik,

339 die aber doch — namentlich in den Ricercari — viel Schönes bieten. Drei Bände sind dem Orgelkomponisten Johann Pachelbel (1653—1706) gewidmet. Biographische Beiträge enthält in kurzer Fassung die österreichische Publikation, ausführlicher hat sie A. Sandberger gehalten. Pachelbels Bedeutung liegt, wie schon angedeutet, in seiner Orgel- und Klavierkunst, die er von den Italienern in Wien erwarb. Wir verfolgen seine Künstlerlauf­ bahn in Erfurt und Stuttgart, bis ihn das Jahr 1695 nach seiner Vaterstadt Nürnberg als Organisten bei St. Sebald zurückführte, woselbst ihm reiche, verdiente Ehren zu Teil wurden. Auch über seinen reichbegabten Sohn Hieronymus berichtet Sandberger. Fast noch als Kind trat der junge Pachelbel schon vor die Öffentlichkeit, wurde dann Organist in Wöhrd und nahm später bei St. Sebald die Stelle ein, die ehedem sein Vater bekleidet hatte. Johann Pachelbel ist als direkter Vorläufer des großen Bach anzusehen, namentlich in seinen Choralbearbeitungen weist er schon deutlich auf diesen Gipfel hin, dem er z. B. in dem 57. Choral schon sehr nahe kommt. Von ihm und seinem Sohne bieten die »Denkmäler« eine reiche Sammlung von Prä­ ludien, Toccaten, Phantasien, Fugen, Choralbearbeitungen, Arien, Suiten für Orgel und Klavier. Auch von diesen hat Seiffert einige Stücke für modernen Gebrauch eingerichtet. Zwei Bände der »Denkmäler« beschäftigen sich mit Johannes Staden (1581—1634). Die nicht allzu reichlichen Nachrichten, die über ihn auf unsere Zeit gekommen sind, hat E. Schmitz zusammengestellt. Wahrscheinlich schon seit seinem 18. Lebens­ jahre war Staden in Nürnberg als Organist tätig. Im Jahre 1604 finden wir ihn an dem markgräflichen Hof zu Ansbach; er machte die Übersiedelung des Markgrafen Christian nach Bayreuth und Kulmbach mit, wandte sich aber bald seiner Vaterstadt wieder zu, ohne indessen die Fühlung mit dem markgräflichen Hofe zu verlieren. Die wichtigste musikalische Stelle, die Nürnberg zu vergeben hatte, bekleidete er 26 Jahre — bis zu seinem Tode — als Organist der Sebalduskirche. Kurz erwähnt sei noch der politische Anlaß zu einer seiner Kom­ positionen, dem (verloren gegangenen) »plausus Noricus Gustavo Adolpho«, den ihm das siegreiche Vordringen der Schweden 22

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340 im Jahre 1632 gab. Von besonderem Interesse sind weiterhin die eingehenden Nachrichten über die gesamten musikalischen Verhältnisse Nürnbergs. Von Stadens Werken sind die »Mo­ tetten mit lateinischem Text«, die »Motetten und geistlichen Lieder mit deutschem Text«, ferner Monodien und geistliche Konzerte, weltliche Lieder und eine kleinere Auswahl der welt­ lichen Instrumentalmusik veröffentlicht. Aus der Zeit nach Stadens Tätigkeit besitzen wir von einer größeren Anzahl von Meistern Kompositionen vorwiegend geistlichen Inhaltes; waren doch alle diese Musiker Organisten an den Nürnberger Stadtkirchen. Es seien nur einige Namen herausgegriffen: Schwemmer, Schedlich, Hainlein, Lunsdörffer, Wecker, Löhner, Johann Philipp und Johann Krieger und die beiden schon erwähnten Pachelbel. Die Einleitung zu ihren Werken führt uns wieder hinein in die ganze musikalische Atmosphäre der alten Reichsstadt. Wir finden die Beschreibung des Friedensfestes vom Jahre 1648, wir werden eingeführt in die Tätigkeit der Stadtpfeiferei oder Ratskapelle, des Collegium musicum und lernen die Beziehungen der Meister zu dem Pegnesischen Blumenorden kennen. Aus der reichen Produktivität der Zeit sind uns als Proben 11 Werke für Chor- und Instru­ mentalmusik von Hainlein, Schwemmer, Wecker, Joh. Pachelbel, Joh. Phil. Krieger und Joh. Krieger geboten. Joh. Phil. Kriegers Trauermusik zum Ableben der Herzogin Johanna Magdalena von Sachsen (1686) gibt Seiffert in einer dem praktischen Ge­ brauche dienenden Bearbeitung. Eines der anziehendsten und ruhmvollsten Kapitel der Kulturgeschichte Nürnbergs behandeln die Denkmäler der Ton­ kunst in Bayern. Nur in kurzen Zügen konnte der Bericht­ erstatter hinweisen auf die reichen dort geborgenen Schätze, die in der Tat ein »Monumentum aere perennius« für Nürn­ bergs Kunstpflege darstellen. -rst.

Politische Bewegungen in Nürnberg 1848/49. Von Ludwig Brunner. Heidelberg 1907. Carl Winters Universitäts­ buchhandlung (Heidelberger Abhandlungen zur mittleren und

341 neueren Geschichte. Herausgegeben von Karl Hampe, Erich Mareks und Dietrich Schäfer. 17. Heft). 8°. V und 190 S. Auf diese für die Geschichte Nürnbergs im 19. Jahrhundert wertvolle Arbeit sei hier, wenn auch etwas verspätet, auf­ merksam gemacht. Die Schrift ist eine Doktordissertation, man ist also geneigt, keine allzuhohen Anforderungen an sie’ zu stellen. Um so angenehmer ist man enttäuscht, wenn man sieht, wie der zwar reichliche, aber doch vielfach lückenhafte und vor allem außerordentlich parteiisch überlieferte Stoff mit Einsicht geordnet und mit Geschick zur Darstellung gebracht ist. Die verschiedenen politischen Richtungen, die Männer, die sie vertraten, die Zeitungen, die mit leidenschaftlichem Eifer für sie kämpften, sind im allgemeinen sehr glücklich charak­ terisiert, so daß wir die aufgeregte Stimmung jener Tage gut zu fühlen bekommen. Vielleicht hätte der Verfasser mit seinem eigenen Urteil hie und da etwas mehr zurückhalten sollen, insbesondere kommen die Mittelparteien verhältnismäßig schlecht bei ihm fort, indem sie als philiströs und der nötigen Energie entbehrend hingestellt werden. Es mag ja sein, daß die Folge­ richtigkeit der auf der äußersten Rechten und Linken stehenden Männer den Geschichtschreiber erfreulicher anmutet als das nicht selten unsichere Schwanken der sich mehr auf einer Mittellinie haltenden Politiker. Welche Richtungen aber für das deutsche Vaterland schließlich von größerem Nutzen ge­ wesen sind, welchen Bestrebungen der endliche historische Erfolg zur Seite stand, lehrt die Geschichte. Und sittlich wert­ voll ist in letzter Linie doch immer die Gesinnung. Verfasser, ein Nürnberger Kind, hat merkwürdigerweise Schwierigkeiten gehabt mit der Stoffbeschaffung. Sowohl die Regierung von Mittelfranken als auch der Stadtmagistrat Nürn­ berg haben ihm die Einsicht in das einschlägige Aktenmaterial verweigert. Daß die Arbeit dadurch großen Schaden erlitten hätte, möchte ich nicht gerade behaupten. Denn in jener Zeit war die Öffentlichkeit doch schon so sehr entwickelt, daß alle für die Bewegung des »tollen Jahres« einigermaßen in Betracht kommenden Ereignisse und nicht nur diese, sondern auch sehr häufig die Motive in den Zeitungen und Flugschriften vor aller Augen behandelt wurden. Dieses Material ist es nun auch im

342 wesentlichen, das der Verfasser benützen konnte, wozu noch namentlich die wertvolle handschriftliche Nürnberger Stadt­ chronik in unserer Stadtbibliothek hinzukam. Was zu bedauern ist, wäre, daß ihm keine privaten Aufzeichnungen, Briefe usw. zur Verfügung standen. Er hat sich zwar danach umgetan, aber ohne Erfolg. Die Reaktionszeit, meint er, hätte es geraten erscheinen lassen, diese für ihre Besitzer oft kompromittierenden Stücke zu vernichten. Ob nicht doch noch dergleichen ge­ legentlich an den Tag kommen dürfte? Die ökonomische Einteilung des Stoffes läßt hie und da die Übersichtlichkeit und Konsequenz vermissen, es besteht ein nicht immer zweckentsprechendes Schwanken zwischen chrono­ logischer und sachlicher Anordnung. Für die Zitate, ins­ besondere aus den Zeitungen, wären öfters Anführungsstriche erwünscht gewesen, so merkt man nicht immer, was eigene Meinung des Verfassers und was Zitat ist. Im ganzen aber ist die Arbeit, wie schon gesagt, glücklich in der Anlage und in der Form. Sie wird — und zwar nicht nur von Nürnbergern — mit Nutzen und Vergnügen gelesen werden.

Emil Reicke.

Freiherr von Scheurl, 1811—1911. Referat anläßlich der hundertjährigen Gedächtnisfeier der Diözesankapitel Nürnberg (Sebalder- und Lorenzerseite), erstattet von Konsistorialrat Gebhard in Ansbach. Ansbach, Verlag von Fr. Seybolds Buchhandlung. 1912. 71 S. 8° (Mit einem Bildnisse von Scheurls vor dem Titelblatt). Dem, der auch nur einigermaßen mit der Geschichte, insonderheit der Reformationsgeschichte Nürnbergs sich vertraut gemacht hat, wird, sobald der Name Scheurl erscheint, ohne weiteres ein hervorragendes Kapitel aus der Geistesgeschichte der Reichsstadt sich vergegenwärtigen. Viel weniger schon ist es bekannt, daß das alte Stammhaus der Scheurl an der Burgstraße 350 Jahre später das Studierzimmer eines Nach­ fahren Dr. Scheurls in sich schloß, der wie der Ahne hervor­ ragender Jurist und ebenfalls früherer Professor der Rechte an einer deutschen Universität, gleich ihm die Brücke vom Jus zur

343 Theologie zu schlagen verstand, gleich ihm zur unvergessenen Vaterstadt zurückgekehrt war und, ihren und höheren Interessen dienend, für das religiöse Leben und Streben nicht nur der eigenen Zeit Bedeutung gewann. Das trotz der ja klar genug zutage liegenden nicht geringen Unterschiede beider Persönlich­ keiten nach ihrer Auffassung und ihrem Auftreten oder vielmehr gerade wegen dieser Verschiedenheiten so reizvolle Neben­ einander dieser beiden hervorragendsten Glieder desselben patrizischen Geschlechts bewegt unwillkürlich den aufmerk­ samen historisch gerichteten Leser der vorliegenden Schrift. Sie schuf sich selbständigen Wert auch nach der ansprechenden Vita, die Sehling zur ADB (54 Bd. S. 3—6) beigesteuert hat, und nach den beredten Nachrufen und Gedenkworten, die Adolf von Scheurl andernorts von berufensten Männern wie Stählin und Kahl gewidmet worden sind. Diese Arbeiten er­ übrigten die Neudarstellung des äußeren Lebens jenes Gelehrten. Die Gebhardsche Gedächtnisschrift hat sich vornehmlich das Ziel gesetzt, die Bedeutung Scheurls für die Theologie und vor allem für die evangelische (voran die lutherische) Kirche vom Standpunkt des Juristen (Verfasser ist weltlicher Konsistorialrat) abzuwägen und klarzustellen, nebenher allerdings nach Möglich­ keit auch das vorhandene biographische Material zu ergänzen. Gebhard stellt Scheurl zwei anderen bayerischen Gelehrten und Männern der protestantischen Kirche unmittelbar zur Seite, die so ziemlich zu gleicher Zeit (1810/11) wie von Scheurl (7. 1. 1811) das Licht der Welt erblickt haben: von Harleß und von Hofmann. Die knappe Schilderung des äußeren Lebens­ ganges des Erlanger Professors, wie sie von S. 4 ab gegeben wird, bleibt auch eine Weile bei den Nürnberger Erziehungs­ eindrücken stehen. Scheurls innerlichster Beruf, mit Hilfe des Kirchenrechts, das von ihm neben dem ja auch stets in Wort und Schrift gepflegten römischen Rechte bald vorzugsweise vertreten worden ist, die für die Kirche so wünschenswerte und hochersprießliche Verbindung zwischen Theologie und Jurisprudenz anzubahnen, stellt sich klar vor Augen. Solche Festigkeit wurzelte tief in seiner Jünglingsneigung zur ersten Fakultät, der er ganz zu Anfang tatsächlich sich zuwenden wollte. In seiner Wissen-

344 sehaft (Forschen, Schreiben, Lehren) und im öffentlichen Leben zeigt sich die Echtheit und Treue dieser unbeirrten, immerzu nur erstarkenden Jugendliebe zu seiner Kirche. »Theologisch geschult, wie es nur irgend ein Jurist sein kann«, galt und gilt er mit seiner Bekenntnistreue als der wahre »Advocatus ecclesiae« (S. 11), als der geborene »Syndicus« (Sehling a. a. O. S. 4 unten) nicht nur des bayerischen Luther­ tums. Er ist es weit über den Tod hinaus geblieben. Nicht so sehr die eigentliche amtliche Tätigkeit als sein Arbeiten im Dienste der Kirche und sein schriftstellerisches Schaffen, das seit 1881 bis zum Ende (1883) in der Hauptsache dem Kirchen­ recht gehörte, beleuchtet Gebhards Buch. Es heben sich heraus die parlamentarische Wirksamkeit des Professors als Mitglied des Landtags (1845 —1849; s. inbes. S. 32 ff.) und als Mit­ glied einzelner Ausschüsse (Gesetzgebungsausschuß!), seine un­ vergleichliche beratende und aufbauende Tätigkeit, namentlich bei Würdigung und Erledigung von Verfassungsfragen, seine unermüdliche Mitarbeit als Mitglied der Generalsynode bezw. der Diözesansynoden von Erlangen und Nürnberg (1865—1885; S. 12 ff.). Eingehender werden besprochen Scheurls eindringende Studien auf dem Gebiete des Eherechts, insbesondere des Ehe­ rechts Luthers (S. 18), überhaupt seine Grundanschauungen über die mannigfachen Aufgaben der Kirche sowohl wie des Theologenstandes, z. B. seine energische Betonung der Not­ wendigkeit und theoretischen wie praktischen Bedeutsamkeit kirchenrechtlicher Kenntnisse der Theologiestudierenden (S.38 ff.). Erörtert werden u. a. auch Scheurls besonders interes­ sierende Stellungnahme zum Verhältnis von Kirche und Wissen­ schaft (41 ff.), Staat und Schule (S. 43), zum Bekenntnis (Bekenntnistreue und Bekenntnisrecht S. 45 ff.), zur Gewissens­ freiheit (S. 57), seine entschiedene Ablehnung der Union (S. 59, vergl. S. 62—66) und sein entschiedenes Luthertum (S. 61, 66). Speziell für den Nürnberger dürften besondere Hinweise auf bestimmte im Gebhardschen Buche berührte Punkte er­ wünscht sein, als die Erhebung in den Freiherrnstand (1884) und deren Motive (S. 7), die Vorgeschichte der schon von Scheurl ins Auge gefaßten und inzwischen durchgeführten Teilung Nürnbergs in zwei Dekanate (S. 24), Scheurls parla-

345 mentarische Erfolge auf wirtschaftlichein Gebiete {S. 34), die Anerkennung des lebhaften historischen Sinnes im Nürnberger Patriziat (S. 35), Scheibels Aufenthalt dahier (S. 64). Gebhards »Referat«, das auch von der Umsicht und Belesenheit des Verfassers ein rühmliches Zeugnis ablegt, erstellt einen sehr erfreulichen Beitrag zur Geschichte des evange­ lischen Lebens in Franken und Nürnberg. Es bietet die an­ gemessene Würdigung eines Mannes, der mit seiner Auffassung dessen, was weiter zu geschehen hat, über seine Tage hinaus und nach dem Dafürhalten der Wissenden wohl noch lange ein Berater in den wichtigen Fragen, die den Anhängern des Lutherischen Bekenntnisses sich aufdrängen, bleiben muß. H—w—n. Authentische Mitteilungen über Kaspar Hauser. Auf Grund der Gerichtsakten herausgegeben von Dr. Julius Meyer, £gl. B. Landgerichtsdirektor a. D., Ehrenbürger der Stadt Ans­ bach. Mit 2 Abbildungen. Zweite umgearbeitete Auflage. Ver­ lag von Fr. Seybolds Buchhandlung, Ansbach 1913. VIII und 253 S. und Literaturübersicht. 8°. Das Rätsel Kaspar Hauser von Dr. Adolf Saager. Ebendaselbst 1911. 56 S. 8°. Zum erstenmal erschienen die »Authentischen Mitteilungen« vor 40 Jahren. Es war eine historische Tat, wodurch der Verfasser auf dem einzig möglichen Wege die durch Lüge, Klatsch, Irrtum und Böswilligkeit mißleitete öffentliche Meinung wieder auf die rechte Bahn zu führen sich bemühte. Von wenigen nur, deren Augen nicht durch Voreingenommenheit und durch den Wust von Fälschungen und Täuschungen ge­ trübt, war die Legende, die schon Jahrzehnte lang ihr Unwesen in den weitesten Kreisen hatte treiben können, die in der ganzen Welt überall das größte Aufsehen erregend, für bare Münze genommen worden war, in ihrem Nichts erkannt worden; die Legende von dem widerrechtlich gefangen gehaltenen Find­ ling, dem Opfer unmenschlicher Behandlung, dem Beispiel des Verbrechens am Seelenleben des Menschen, dem unglücklichen Fürstensohn oder unehelichen Abkömmling eines fränkischen Adelsgeschlechts und eines Prälaten, dem man noch nach der

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Befreiung aus langjähriger Kerkerhaft nach dem Leben trachtete und der endlich angeblich durch die Hand eines gedungenen Mörders die Todeswunde im Schloßgarten zu Ansbach empfing. Dieses Buch, das wichtigste in der ganzen reichen Kaspar Hauser-Literatur, hat wohl am meisten dazu beigetragen, die Legende vom Nürnberger Findling zu zerstören. Wie kein anderer läßt der Verfasser in richtiger und sachlicher Dar­ legung die amtlichen Quellen sprechen. Er zeigt die Irrwege, die die Kaspar Hauser-Literatur gegangen seit jener gefühls­ seligen Bekanntmachung des Bürgermeisters Binder, die, sich stützend auf eine mit Voreingenommenheit, Leichtgläubigkeit und Leichtsinn, sowie mit einer Art suggestiver Einwirkung geführten Untersuchung, schon die Keime aller späteren auf Lug, Trug und Irreleitung beruhenden Kaspar Hauser-Darstel­ lungen und -Romane enthält. Um so mehr mußte sich diese Kaspar Hauser-Legende in den weitesten Kreisen festsetzen, als der berühmte, aller­ dings schon sehr alternde, aber immer noch als Autorität gel­ tende Kriminalist Anselm Feuerbach, anstatt den Fall zu klären, die falschen Meinungen durch seine Schriften nur noch be­ festigte. Wie das gesamte Aktenmaterial hat der Verfasser alles und jedes, was ihm an Mitteilungen der Erzieher und Beob­ achter Hausers, wie des Gymnasiallehrers Daumer, des Kauf­ manns Biberbach, des Freiherrn Gottfried von Tücher, des Lehrers Meyer und seiner Gattin Jenny, der Eltern des Ver­ fassers, des Lord Stanhope, des besonderen Gönners Kaspar Hausers, des Oberleutnants Hickel u. a. zugänglich wurde, zu­ sammengebracht und mit kritischer Schärfe ins Licht gerückt. Es scheint jetzt schwer begreiflich, wie die alte Sage, die sich allerdings, wie das Romanhafte so häufig, tief in den Kreisen der Gebildeten eingenistet hatte, sich so lange behaupten konnte und immer noch behauptet, daß namhafte Zeitungen für den angeblichen Sprößling aus einem deutschen Fürstenhause ein­ traten und noch vor wenigen Jahrzehnten eine mit großer Reklame als authentische Darstellung in die Öffentlichkeit ge­ schleuderte Schrift: »Kaspar Hauser, seine Lebensgeschichte und der Nachweis seiner fürstlichen Herkunft, aus nunmehr zur

347 Veröffentlichung bestimmten Papieren einer hohen Person . . von K . . .« den alten auf dem Seyboldschen Roman beruhenden Klatsch wieder neu aufwärmen konnte, die allerdings in einem gerichtlichen Nachspiel sich in ihrer ganzen Nichtigkeit enthüllte. Den schon öfter an den auch sonst hochverdienten Ver­ fasser ergangenen Aufforderungen zu einer Neuherausgabe des längst vergriffenen grundlegenden Werkes ist er nun endlich nachgekommen. Überall offenbart sich die verbessernde und ausfeilende Hand. Was es an Umfang verloren, ersetzt es reich­ lich durch eine übersichtliche Anordnung und gedrängtere Zusammenfassung. Neu ist der Abschnitt 12, der die Prinzen­ legende im Zusammenhänge behandelt. Beigegeben sind zwei Bildnisse, das Titelbild nach dem Kreulschen Portrait, das vom Präsidenten v. Feuerbach als sprechend ähnlich bezeichnet wurde, und als zweites das bekannte, das den Findling in dem Aufzug darstellt, in dem er am 26. Mai 1828 in Nürnberg ankam. Das Werk ist als das abschließende in der Hauser-Frage anzusehen. Was der Verfasser auf Grund der Akten festgestellt hat, sind folgende Punkte: 1. Kaspar Hauser wurde in seiner Jugend nicht Jahre lang in einem Kerker gefangen gehalten. 2. Es wurde kein Mord an ihm begangen. 3. Er stammt weder aus einem bestimmten deutschen Fürsten­ hause, noch aus einer gleichfalls mit Namen genannten fränkischen Adelsfamilie und insbesondere auch nicht von einem adligen Prälaten. 4. Er hat sich die erste Verwundung sowohl als die letzte, die seinen Tod herbeiführte, selbst beigebracht. In allen diesen Punkten muß man den Ausführungen Meyers beistimmen und auch die Behauptung der zweitge­ nannten Schrift, daß der Beweis für die Handanlegung durch den Findling selbst nicht einwandfrei erbracht sei, ändert daran nichts. Daß das Rätsel des Kaspar Hauser bezüglich seiner Herkunft noch nicht gelöst ist und wohl auch niemals gelöst werden wird, stellt niemand in Abrede. Im übrigen gibt das Schriftchen, das nichts Neues bringt, einen gedrängten Überblick über den Fall Kaspar Hauser.

E. Mummenhoff.

348 Die Wasserversorgung der Stadt Nürnberg von der reichsstädtischen Zeit bis zur Gegenwart. Festschrift zur Er­ öffnung der Wasserleitung von Rannal Amtlich herausge­ geben vom Stadtmagistrat Nürnberg. Nürnberg 1912. Gr. 4°. 318 SS. mit zahlreichen Abbildungen und Plänen. Am Abschluß eines wichtigen und umfangreichen Werkes blickt man gerne noch einmal zurück, einmal um das, was geleistet wurde, von seinen ersten Anfängen bis zu seiner end­ gültigen Vollendung in getreuer Schilderung für alle Zeiten festzulegen, andererseits um damit vor der breiten Öffentlichkeit sowohl wie vor den fachmännisch interessierten Kreisen Rechen­ schaft abzulegen über das Warum und das Wie der Inangriff­ nahme und der technischen wie administrativen Durchführung. Wenn ein solcher Wunsch auch nach Vollendung der Wasser­ leitung von Ranna rege wurde, so ist dies doppelt begreiflich, handelt es sich doch hier um ein Unternehmen, das einen Gesamtkostenaufwand von nahezu 9 000 000 Mark erforderte, und das weiterhin vom wirtschaftlichen wie sanitären Stand­ punkt zu einer der vornehmsten Aufgaben einer modernen Stadtverwaltung gehört. Doch man begnügte sich damit nicht allein. Man wollte auch darüber orientiert sein, wie es in alten Zeiten um die Wasserversorgung bestellt war und in welcher Weise sich die Entwicklung von der Vorzeit bis in unsere Tage vollzog. Dieses Vorgehen war um so mehr be­ greiflich, als eine Geschichte reichsstädtischer Wasserversorgung bislang trotz der Wichtigkeit der Materie noch für keine einzige mittelalterliche Stadt vorliegt und andererseits im besonderen für Nürnberg eingehende Darstellungen für die frühere Zeit so gut wie ganz fehlen. Daraus ergibt sich aber zugleich die Schwierig­ keit der Aufgabe, welche dem städtischen Rechtsrat Dr. Karl H. Fischer zufiel. Es galt, aus dem weit verstreuten Material, aus den Rats­ büchern und Ratsmanualen, den Stadtchroniken, den Baumeisterund Röhrenmeisterbüchern, aus den vorhandenen Wasser­ leitungsbeschreibungen, aus den Archivalien und aus älteren Darstellungen, eine zusammenhängende Schilderung zu formen. Fischer hat nach dieser Richtung trotz starker beruflicher In­ anspruchnahme weder Zeit noch Mühe gescheut, was umso-

349 mehr anzuerkennen ist, als eine brauchbare Vorarbeit nicht vorlag. Es ist ihm gelungen, ein klares Bild der Verhältnisse in reichsstädtischer Zeit zu entwerfen und über all die vielen Einzelfragen zuverlässige Aufschlüsse zu geben. Seine historische Darstellung der älteren Wasserversorgung Nürnbergs geht weit über den Rahmen einer engbegrenzten Ortsgeschichte hinaus, sie ist zugleich ein bedeutungsvoller Beitrag zur früheren Kulturund Wirtschaftsgeschichte überhaupt, und zwar ein solcher, dem in dieser Sonderfrage ein grundlegender Wert beige­ messen werden muß. Ich verweise unter anderem auf den Abschnitt über das Aufsichtspersonal. Auf alles, auch auf die technischen Fragen wird eingegangen, und nicht zum mindesten auch auf das Material, dessen Herstellung, Verwendung, Vor­ züge und Nachteile. Interessant ist der Nachweis, daß das finanzielle Ergebnis der reichsstädtischen Wasserversorgung durchaus kein günstiges war. Den an sich erheblichen Ein­ nahmen standen infolge der Anlage und Unterhaltung große Ausgaben gegenüber, was sich namentlich in den Zeiten des wirtschaftlichen Niedergangs der Stadt unangenehm fühlbar machte. Die beiden folgenden Abschnitte, die von der Wasser­ versorgung der Stadt Nürnberg von 1806 bis 1911 und von der Wasserversorgung aus dem Quellgebiet von Ranna handeln, stellen sich als eine gemeinsame Arbeit des juristischen Referenten und des technischen Sachverständigen, also des Rechtsrats Dr. Karl H. Fischer und des Oberingenieurs Leo Walther, dar, wobei bald das Schwergewicht auf der einen, bald auf der anderen Seite liegt, ohne daß dies aber in der Dar­ stellung, die auch hier eine flüssige ist, fühlbar wäre. Dabei wurden Ausführungen, Gutachten und Berichte des früheren städtischen Oberingenieurs Werner, des Direktors Schlegel von der städtischen Untersuchungsanstalt und des Ingenieurs Aigner benützt. Auch diese Teile des Werkes werden ihren Wert für alle Zeiten behalten, da sie ganz und gar frei sind von schwülstigem Beiwerk und sich einzig und allein auf das Wesentliche der Sache beschränken. Eingehend wird uns dar­ gelegt, wie sich als eine Folge des Fortschritts in der hygienischen Erkenntnis, der Bevölkerungszunahme und der

350 technischen Entwicklung im Verlaufe des 19. Jahrhunderts der Umschwung vom alten System der zahlreichen einzelnen Wasser­ beschaffungsanlagen zur Wasserversorgung im neuzeitlichen Sinn, zur einheitlichen, zentralen Wasserversorgung, vollzog. Dabei ist festzustellen, daß in Nürnberg im Gegensatz zu anderen Städten der Grundstein zu einer zentralen Wasserversorgung nicht von Privaten, sondern von der Stadtverwaltung gelegt wurde. Und was dann die neueste Zeit anbelangt, wie lehr­ reich ist es, in knapper Darstellung über die umfangreichen Vorarbeiten und vor allem über die Anlagearbeiten unterrichtet zu werden, die voll von großen technischen Schwierigkeiten waren und die durch viele gute Abbildungen in willkommener Art verdeutlicht werden! Aber auch mannigfache schwierige administrative Arbeiten waren hier zu bewältigen, von denen sich der Laie kaum eine Vorstellung macht, die jedoch un­ umgänglich notwendig waren, da sie erst die Möglichkeit der technischen Inangriffnahme des Riesenwerkes herbeiführten. Das stattliche Buch hat nicht die Bedeutung eines bloßen städtischen Verwaltungsberichtes, es ist ein Nachschlagebuch von grundlegendem Wert und wird es auch angesichts der sachlichen Behandlungsart der Materie für alle Zeiten bleiben. Fritz Traugott Schulz.

Festschrift zur Einweihung des Künstlerhauses in Nürnberg am 3. Juli 1910, verfaßt von Dr. Fritz Traugott Schulz. 2 Teile. Im Selbstverlag des Stadtmagistrats Nürn­ berg (1910). 4°. 178 S. Der erste Teil dieser umfangreichen Festschrift schildert nach einem kurzen Blick auf die Entwicklung der Kunst in Nürnberg zunächst in anschaulicher Weise und auf Grund der Akten und älteren Literatur die auf einen Zusammenschluß der Künstler und der künstlerisch interessierten Kreise Nürnbergs abzielenden Bestrebungen, wie sie gegen Ende des 18. Jahr­ hunderts einsetzten. Die Gründung der Gesellschaft der Nürn­ berger Künstler und Kunstfreunde durch den Kunsthändler Johann Friedrich Frauenholz im Jahre 1792 und der Gesellschaft vaterländischer Industrie, die sich die Wieder-

351 belebung des Kunstgewerbes und Handwerks zum Ziel setzte, im gleichen Jahre sind die Ausgangspunkte, und die Ausstellung von Werken Nürnberger Künstler bei Gelegenheit der Feier des 25 jährigen Bestehens des erstgenannten Vereins im Spät­ herbst 1817, die Gründung des Albrecht Dürer-Vereins (1818), die erste Ausstellung der neuorganisierten Kunstschule (1821), die Schaffung der königl. Gemäldegalerien in der Moritzkapelle (1829) und im Landauer Kloster (1840), ferner die Ver­ schmelzung der Gesellschaft der Künstler [und Kunstfreunde mit dem Albrecht Dürer-Verein (1830), die Errichtung des Germanischen Museums in Nürnbergs Mauern (1852/53), die Gründung des Künstlervereins (1854) und der Künstlerklause (1858), sowie manche festliche Veranstaltung dieser beiden Vereine, endlich die Eröffnung einer städtischen, wesentlich aus den Beständen der J. J. Hertelschen Bildersammlung zusammen­ gesetzten Gemäldegalerie im Rathause (1867) bilden die Mark­ steine in dieser Entwicklung. Im Anschluß an die Begründung der Rathausgalerie tauchte zum erstenmale auch der Gedanke an die Errichtung eines Künstlerhauses auf, dem damals der um die Pflege der Kunst in Nürnberg so verdiente Oberlandes­ gerichtsrat Friedrich Dämmer (f 1904) beredte Worte lieh. Die jahrzehntelange Vorgeschichte des Künstlerhauses, das den einigenden Mittelpunkt der künstlerischen Bestrebungen in Nürnberg bilden sollte und von nun an das heißersehnte Ziel von Nürnbergs Künstlerschaft blieb, macht ein weiteres Kapitel der Festschrift aus, an das sich dann ein Abschnitt über die Entstehung des Künstlerhauses am Königstor reiht, über die glückliche Erfüllung des Höffens und Wünschens, wie sie Nürnberg in unseren Tagen der Tatkraft seines Oberbürger­ meisters Dr. Georg von Schuh und der opferfreudigen Bereit­ schaft mehrerer seiner Bürger, voran des Geheimen Kommerzien­ rats Ludwig von Gerngros, zu verdanken hat. Leider erlebte der Architekt des Baues, Professor Konradin Walther, auf den seinerzeit der nunmehr auch verstorbene Münchener Meister Gabriel von Seidl als auf den »verdienstvollen Förderer und Kenner Nürnberger Baukunst« ganz besonders hingewiesen hatte, die Vollendung seines Werkes nicht, das nach seinem Tode (20. Mai 1910) durch seinen Schüler und

352 bisherigen verständnisvollen Mitarbeiter, den städtischen Archi­ tekten Otto Seegy, zu Ende geführt wurde. Mit einem Kapitel über »Das Künstlerhaus in seiner fertigen Gestalt«, in dem an der Hand von Grundrissen, Auf­ rissen und Durchschnitten die gesamte Baulichkeit und Idee und Zweck der einzelnen Teile, der dem Albrecht Dürer-Verein für seine wechselnden Ausstellungen zugedachten Räume, der Säle zur Unterbringung der städtischen Gemäldegalerie, der Gesellschaftszimmer der Künstlervereine, der Restaurationsräume, des Festsaals u. s. f., kurz erläutert werden, schließt der erste Teil des Buches, der u. a. mit den Bildnissen sämtlicher Stifter und vielen Außen- und Innenansichten des Künstlerhauses aus­ gestattet ist. Ein noch festlicheres Gepräge trägt der zweite Teil, der zunächst eine anschauliche Schilderung der Einweihungsfeier in Beisein des Prinzen Ludwig von Bayern als Vertreter seines Vaters, des Prinzregenten Luitpold, bietet. Die Reden und Ansprachen, die dichterischen Darbietungen und künstlerischen Vorführungen sind dabei in genauem Wort­ laute festgehalten oder in reizvoll angeordneter Bilderfolge wiedergegeben. Andere Abbildungen beziehen sich auf die Innenausstattung des neuen Hauses, haben insbesondere den mühelos-reichen, würdig-heiteren Dekor und die geschmack­ vollen Glasmalereien von Professor Karl Selz er s Hand zum Gegenstände. Der letzte, gleichfalls mit trefflichen Illustrationen geschmückte Abschnitt des Buches ist der Ausstellung von Werken Nürnberger Künstler, von Werken der Malerei, der Baukunst, der Bildhauerei und des Kunstgewerbes gewidmet, die aus Anlaß der Eröffnung des Künstlerhauses daselbst in den Räumen des Albrecht Dürer-Vereins stattfand. 54 in Nürnberg wirkende Künstler und Künstlerinnen sind es, deren Leistungen der Verfasser hier bespricht, wobei in jedem Falle eine biographische Notiz samt Hinweis auf den bisherigen Studienund Entwicklungsgang des betreffenden Künstlers und auf seine hauptsächlichsten Werke hinzugefügt ist, Nachrichten die in ihrer Zuverlässigkeit — sie beruhen wohl zum guten Teil auf den eigenen Aussagen der Künstler —- die Festschrift für die Zukunft zu einer Art Quellenwerk zu erheben wohl geeignet sind.

353 Überhaupt möchte ich den Hauptwert des Buches, das ja seinem Inhalte nach zunächst nur eine beschränkte, rein lokale Bedeutung hat, in der vollkommenen Unterordnung des Ver­ fassers unter seinen Stoff erblicken, in der Genauigkeit und Gewissenhaftigkeit, die er bei der Aufzählung aller Einzelheiten befolgt. Daß dabei Wichtiges und Unwichtiges etwas über einen Kamm geschoren, Bedeutendes und Unbedeutendes mit gleich hoher Anerkennung gewürdigt werden, wird man leicht dem Charakter des Buches als Festschrift zu gute halten. Jeden­ falls ist unter den umsichtigen Händen des Verfassers, man könnte beinahe sagen, eine Art Protokoll über den gesamten Hergang der Schaffung und feierlichen Eröffnung des Künstler­ hauses entstanden, für das wie die Gegenwart, so auch die Zukunft, vor allem die lokale kunst- und kulturgeschichtliche Forschung Fritz Traugott Schulz dankbar sein wird. Ist doch sogar, was bei einer Festschrift selten vorkommt, durch ein ausführliches, sorgfältig gearbeitetes »Nachschlageverzeichnis« allem zeitraubenden Suchen nach einem bestimmten Faktum, Gegenstand oder Namen vorgebeugt. Wie froh wären wir, wenn wir auch aus früheren Jahrhunderten dergleichen Fest­ schriften besäßen! Theodor Hampe.

8. Deutsches Sängerbundes-Fest Nürnberg 1912. Fest­ zeitung. Herausgegeben vom Preßausschuß durch Oberstudien­ rat Dr. W. Vogt, Archivrat Dr. Mummenhoff, Schriftleiter Schulinspektor Karl Schmidt, Konservator Dr. F. T. Schulz. G, P. J. Bieling-Dietz, Königl. Bayer. Hofbuchdruckerei, Nürnberg. 2°, IV und 230 S. Die schon recht ansehnliche Folge von inhaltsreichen und mehr oder minder gut ausgestatteten Nürnberger Festschriften und Festzeitungen, wie solche nach gutem altem Brauch die verschieden gerichteten Tagungen in unserer Stadt veranlaßt haben, schließt vorläufig als jüngstes und zugleich stattlichstes Glied die vielbeachtete Zeitung des noch in bester Erinnerung stehenden letztvergangenen Sängerfestes von 1912. Die Schriftleitung war der sicheren Hand des städtischen Archivrats anvertraut, der hier sein Bestes getan und zu seinem 23

354 Teile dafür gesorgt hat, daß auch die geistige Nahrung, die unseren Gästen vorgesetzt werden sollte, einladend und reich­ lich, schmackhaft und bekömmlich erscheinen konnte. Dabei ist es erfreulich zu sehen, wie eine ganz erkleckliche Zahl von Mitarbeitern dem Rufe des einladenden und mahnenden Leiters folgte und in diesen Blättern sich um ihn versammelte. Der Inhalt des elf umfängliche Hefte einschließenden Bandes mit dem freundlichen Titelbilde nach Jakob Dursts Umschlagzeichnung zerfällt in die 5 Gruppen: Bekanntmachungen, Berichte, Ortsgeschichtliches und Topographisches, Musik­ geschichtliches und Gesangliches, Gedichte. Fassen wir diese dritte den Freund der Nürnberger Ver­ gangenheit in erster Linie interessierende Gruppe ins Auge, so entdecken wir hier Schilderungen der Stadt in Vergangenheit und Gegenwart (Ree, »die Feststadt«; Mummenhoff, »Nürnberg, eine Stadt mittelalterlichen und doch modern-hygienischen Charakters«; Heerwagen, »Nürnberg und die deutschen Kaiser«; Mummenhoff, »Die Burg zu Nürnberg«), Einführungen in die Sammlungen der Stadt (von Bezold, German. Nationalmuseum; Ree, Bayer. Landesgewerbeanstalt; Böttinger, K. B. Ver­ kehrsmuseum), Würdigungen großer Söhne Nürnbergs (Pirckheimer durch Reicke, Dürer und Dürerhaus durch Höhn); Mitteilungen über alte Fremdeneinkehr (Fr. Tr. Schulz über Bratwurstglöcklein und Posthorn), Bilder von Nachbarstädten, als Altdorf (Vogelhuber), Bamberg (Amende), Dinkelsbühl (j. Greiner), Koburg (Langbein), Nördlingen (Gießberger), Rothen­ burg (Weigel) und Weißenburg i. B. (Römerkastell Biricianis von Alfr. Georg), zwischen die sich auch ein Breslau-Nürnberger Beitrag (Jul. Blaschke) einschob. Eine 4. Abteilung von Arbeiten hat sich unter der eigent­ lichen Sängerfahne mit der Parole »Musikgeschichtliches und Gesangliches« eingefunden. Mummenhoff eröffnet den Zug der Abhandlungen mit seiner viel neues beibringenden Geschichte der »Musikpflege und Musikaufführungen im alten Nürnberg« (S. 22—33) Überhaupt bringt dieser Teil eine erstaunliche Auswahl von gelungensten Ausarbeitungen, deren prächtige Themate Frau Musika diktiert hat. Und auch hier findet der Liebhaber historischen Stoffes und historischer Behandlung einen

355 wirklich reich besetzten Tisch. Die von Mummenhoff bis gegen die Wende des 18. Jahrhunderts geführte Nürnberger Musik­ geschichte findet Fortsetzung und Abschluß in dem Beitrage von Hch. Kremhöller: »Musikpflege im neuen Nürnberg« (S. 102 —111 mit Nachtrag S. 199). Einzelne Partien aus der Nürnberger Musikgeschichte bieten außerdem Fr. Tr. Schulz (»Musik und Gesang in der ^älteren Kunst«), Gümbel (über den blinden Organisten Konr. Paumann in N.), Küffner (17. Jahr­ hundert), Ernst Mummenhoff (»Ein großes musikalisches Fest zu Ehren des Luftschiffers Blanchard«). Mehr auf biographischem Gebiete liegen die reizvollen Darlegungen von Höhn (Musika­ lisches bei L. Richter und Mor. von Schwind«), Blaschke (»Mozart im Bayern- und Schwabenlande«) und J. Braun (»Scheffels Be­ ziehungen zu Nürnberg«). Dem wirklichen und dem sog. Volks­ lied gehen nach Beifüs und Alfr. Graf; ersterer beschäftigt sich auch mit dem Minnesang. Über den Meistergesang verbreiten sich die interessanten Aufsätze von Flatau, Hampe, Mummenhoff und Vanderstetten. Zur Musikpflege an den bayerischen Mittel­ schulen spricht Professor Dr. Küffner-München. Von früheren Sängerfesten und von Sängervereinigungen erzählen mehrere Freunde der Sache und der Zeitung. Die städtische Musik­ schule in Nürnberg würdigt ihr langjähriger Direktor Wilhelm Bayerlein. Die Poesie kommt zu ihrem in einer Sängerfestzeitung ihr wohl erst recht zu verbriefenden Rechte durch ein Viertel­ hundert von Gedichten, die neben Rosegger J. von Jäger, H. v. Förster, Hans Probst, M. Schunck, R. Plättensteiner, Mummenhoff, K. G. Steller und verschiedene andere beigesteuert haben. Einzelnes in heimatlicher Mundart. Die den verschiedenen Artikeln in reicher Fülle beige­ gebenen ausgesuchten, guten Abbildungen, deren Verzeichnis in kleinem Druck für sich allein schon mehr als zwei Seiten (S. II ff.) füllt, schmücken diese gelungene Sammlung gediegensten Lesestoffs für das Nürnberger Haus und für das Heim des fremden Sängers, der beim Umschlagen dieser Seiten zugleich auch in freundlichen Erinnerungen blättern mag. H—w—n. 23*

356 Die landständische Verfassung in den ehemaligen Fürstentümern Ansbach - Bayreuth. Inaugural - Dissertation verfaßt und der Hohen Philosophischen Fakultät der Kgl. Bayer. Julius * Maximilians - Universität Würzburg zur Erlangung der Doktorwürde vorgelegt am 12. November 1910 von August Jegel aus Hof. Bayreuth, Druck von Lorenz Ellwanger vorm. Th. Burger, 1912. 8°. VIII und 159 S. Es geschieht eigentlich nur aus guter Nachbarschaft, wenn diese durch Professor Fester, früher in Erlangen, angeregte Arbeit hier angezeigt wird. Mit Nürnberg hat sie weiter nichts zu tun, aber natürlich kann es auch für den Nürnberger Historiker gelegentlich von Wert sein, sich über die land­ ständischen Verhältnisse in den angrenzenden Territorien schnell und zuverlässig unterrichten zu können. Daß die für eine Dissertation außerordentlich ansehnliche Arbeit dieser Aufgabe gerecht wird, dürfen wir wohl behaupten, auch ohne die zahl­ reichen Quellen, fast nur archivalische oder doch handschrift­ liche, die der Verfasser benützt hat, sei es auch nur in Einzel­ heiten nachgeprüft zu haben, wozu ohne großen Aufwand an Mühe und Zeit niemand imstande sein dürfte. Der allgemeine Eindruck ist der, daß wir uns auf Jegel verlassen können, wenn auch wohl bei näherem Eingehen in den schwer übersichtlichen Stoff in Zukunft hie und da manches noch ergänzt und ver­ bessert werden dürfte. In unserm Gebiete haben sich die Landstände erst ziemlich spät entwickelt, der Grund ist nach Jegel in der Persönlichkeit der Burggrafen zu suchen, die als weise Haushalter es nicht nötig hatten, an die Stände mit Geld­ forderungen heranzutreten. Außerdem gab es hier keine Thron4und Erbstreitigkeiten. Von einem Landtag sprechen die Ur­ kunden zuerst 1470, aber schon 1436 garantierten die Stände den Friedens vertrag zwischen Bayern und Brandenburg. Früher sind sie mit Sicherheit nicht bezeugt. Der religiöse Zwiespalt im Gefolge der Reformation, die finanzielle Bedrängnis der Söhne Friedrichs des älteren förderte dann den ständischen Einfluß, der aber durch das eigensüchtige Verhalten der Ritter­ schaft, durch ihr Ausscheiden aus dem Ständeverband im Ver­ lauf noch der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts wieder lahm­ gelegt wurde. Die Verfassungsreformen, die in den Jahren

357 1608 bis 1610 und zwar damals schon gesondert in Ansbach1) und Bayreuth stattfanden, waren trotz scheinbar fester Kautelen den Ständen auch nicht günstig genug. Ihr Einfluß nahm immer mehr ab, so daß 1701 die Ansbacher, 1778 die Bayreuther Landschaft zum letzten Mal in Tätigkeit trat. Das alles wird nun vom Verfasser im ganzen recht anschaulich und in ge­ schickter Anordnung geschildert, mit meist durchaus klarer Formulierung, keine leichte Sache, da doch die verschiedenen Rechte hier so durcheinander gehen. Als Beispiel dafür mag man allein die eine Seite 43 nachlesen, wo die schwankende Bedeutung des Wortes »Landschaft« erklärt wird. Der sehr reichliche Quellennachweis, verschiedene chronologische Tabellen am Schlüsse erhöhen noch den praktischen Wert der sehr Emil Reicke. fleißigen Arbeit.

Aufruf der Historischen Kommission bei der Kgl. Bayerischen Akademie der Wissenschaften an die Freunde handelsgeschichtlicher Forschung zur Sammlung von nicht­ gedruckten Handelspapieren behufs Verzeichnung der­ selben. Seit den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts hat sich der Blick der Wirtschaftshistoriker in steigendem Maße auf jene spezifi­ schen Quellen der Handelsgeschichte gelenkt, wie sie sich aus der kaufmännischen Tätigkeit der einzelnen Wirtschaftssubjekte ergaben und wie sie für die Zeit vom 14. Jahrhundert an in größerer Anzahl in den öffentlichen und den privaten Archiven (Familienarchiven) ruhen. Also auf Handelsbücher, auf Han­ delskorrespondenzen (die oft in zusammenhängenden Gruppen in Kopierbüchern erhalten sind), auf Gesellschaftskontrakte, auf Kontrakte mit Handlungsdienern, auf tagebuchartige Auf­ zeichnungen von Kaufleuten und ähnlichen Quellen. Es dürfte bekannt sein, daß nur mit Hilfe solchen Quellen­ materials die innere Struktur, die innere Organisation des Han­ delslebens richtig erfaßt und beurteilt werden kann. Nament­ lich die Fragen nach der durchschnittlichen Höhe der Handels*) Darüber hat Verfasser am 20. Oktober 1910 im Verein einen Vor­ trag gehalten.

358 gewinne früherer Zeiten, nach der Art der Kapitalbeschaffung bei den größeren Firmen, die Fragen nach der Größe der Betriebe, nach der Form der Unternehmungen (ob Einzel- oder gesellschaftliche Unternehmung), die vielerlei Fragen nach dem Charakter der Handelsvergesellschaftungen usw. können exakt und korrekt nur aus dem genannten Quellenmaterial beantwortet werden. Dasselbe gilt für die vielen Fragen nach der Wesens­ art der vorkommenden Geschäfte (ob Kreditgeschäfte vorliegen, ob das Speditionsgewerbe von dem eigentlichen Handelsgewerbe getrennt ist usw.), dasselbe für die Erforschung der vom Groß­ kaufmann abhängigen gewerblichen Betriebssysteme usw. usw. Hervorragende deutsche und ausländische Wirtschafts­ historiker haben des öfteren den Wunsch nach häufigeren Edi­ tionen von Handelspapieren der oben genannten Arten ausge­ sprochen. So schrieb, um nur einige zu nennen, Wilhelm Heyd, der Altmeister moderner handelsgeschichtlicher Forschung in Deutschland, mit Bedauern: »Die Handelspapiere alter Zeit sind in ausgedehntem Maße der Vernichtung anheimgefallen, das läßt sich leider nicht leugnen, allein ganz ausgetilgt sind sie nicht; nur werden sie sorgfältig verwahrt im Familien­ besitz, ruhig liegen gelassen in den öffentlichen Archiven, auch wohl im stillen gesammelt, aber der Veröffentlichung nicht entgegengeführt«. Auch von Inama-Sternegg bedauerte im Vorwort zum zweiten Teile des dritten Bandes seiner deutschen Wirtschaftsgeschichte, daß aus den neuen Quellenkreisen, mit deren Hilfe man zu ganz konkreten und anschaulichen Vor­ stellungen des Handels kommen könne, die Handlungsbücher großer Kaufleute bisher nur selten zur allgemeinen Kenntnis gebracht worden seien. Vor und nach diesen und anderen Äußerungen ist eine kleine Anzahl von Handelsbüchern und verwandten Archivalien des 14. bis 16. Jahrhunderts auch in Deutschland wie ander­ wärts ediert worden. Außerdem haben nichtedierte Handels­ papiere einzelnen Wirtschaftshistorikern als willkommene Er­ kenntnisquelle gedient. Eine wesentliche Förderung unserer Wissenschaft ist daraus erwachsen. Aber es muß mehr ge­ schehen! Was uns als Vorbereitung auf eine deutsche Handels­ geschichte, die allen berechtigten Anforderungen der Geschichts-

359 Wissenschaft und der Nationalökonomie genügen will, nottut, ist eine systematische Sammlung und eine zusammen­ hängende, von denselben Prinzipien geleitete Edition bezw. Bearbeitung von Handelspapieren der oben ge­ nannten Art. Wenigstens für die Zeit‘bis zum 16. Jahr­ hundert inbegriffen. Das Unternehmen duldet keinen Aufschub, sollen nicht noch weiterhin, wie es schon geschehen ist, un­ ersetzliche Geschichtsquellen als Makulatur eingestampft werden. Als Vorbereitung für eine Publikation wie die oben ge­ nannte hat nun die historische Kommission bei der Königl. Bayerischen Akademie der Wissenschaften in ihrer Sitzung vom 16. Mai 1913 beschlossen, die Verzeichnung zunächst der ungedruckten süddeutschen Handlungsbücher und verwandten Akten des Mittelalters und des 16. Jahrhunderts vornehmen zu lassen. Zu diesem Zwecke richten die Unterzeichneten an alle Freunde der deutschen Wirtschafts- und Handelsgeschichte die höfliche Bitte, bei dem schwierigen Werke mit zu helfen und möglichst genaue Angaben über ihnen bekannte oder aufstossende Handelspapiere der genannten Art an sie gelangen zu lassen. Bemerkt sei, daß sich die gesuchten Archivalien erfahrungsgemäß oft als Beilagen zu Gerichtsakten zu finden pflegen, wohin sie gelegentlich kaufmännischer Prozesse (zwischen Handelsgesellschaftern, im Anschluß an Konkurse usw.) ge­ langt sind. Dr. G. von Below, ord. Professor an der Universität Freiburg i. Br.

Dr. J. Strieder, Privatdozent an der Universität Leipzig.

Gefällige Nachrichten werden an die Adresse des Letzt­ genannten, Leipzig-Gohlis, Kleiststraße 9, erbeten.