Mit Empathie verkaufen. Emotionale Intelligenz als Sales-Code – so finden Sie den besten Zugang zum Kunden 9783658324193, 3658324198

​In diesem Buch erfahren Sie, wie Sie die Emotionen in der Körpersprache Ihrer Kunden zuverlässig lesen und interpretier

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German Pages [291] Year 2021

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Table of contents :
Vorwort von Dirk Eilert
Inhaltsverzeichnis
Über den Autor
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1: Einleitung
Bauchgefühl und Emotionen im Verkaufsprozess
Was kann Kunden alles beeinflussen?
Stecken Verkäufer wirklich in einer Schublade?
Die Kunden denken meist, etwas aufgeschwatzt zu bekommen und fühlen sich wenig wertgeschätzt
Das Vertrauen der Kunden nachhaltig gewinnen für Ihren Verkaufserfolg und mehr Weiterempfehlungen
Körpersprache und Mimik der Kunden lesen lernen mit der Mimikresonanz®-Methode – Erkennen, was Ihre Kunden nicht sagen wollen
Schauspielerei im Verkaufs- und Vertriebswesen ist unnötig und unangebracht
Linguistisches Profiling und Selbstbewusstsein im Verkaufsgespräch
Wieder mehr Spaß und Erfolg im Verkauf haben
Verstehen Sie Ihre Kunden psychologisch, körpersprachlich, neurobiologisch und emotional – Der Motivkompass® – ein Modell der menschlichen Motivation
Werden Sie zum unvergleichbaren Alleinstellungsmerkmal für Ihre Kunden
Die erhabenste Kunst ist die, andere glücklich zu machen
Nicht alle VerkäuferInnen wollen den Kunden glücklich machen
Fazit
Literatur
2: Die Schublade Verkäufer
Wie kommt es zu dieser Schubladen-Denke der Kunden?
Ist der Preis entscheidend für den Kunden?
Wer ist schuld an dieser Misere?
Warum Kunden wirklich im Internet kaufen
Auch Verkäufer stecken Kunden in Schubladen
Woran denken Sie, wenn Sie das Wort Verkäufer hören?
Kunden kaufen noch lieber persönlich beim Verkäufer
Der Kunde sollte im Fokus stehen
Literatur
3: Was Kunden heute von persönlichen Verkaufs- oder Beratungsgesprächen erwarten
Wie man „Erwartung“ in der Psychologie definiert
Wie man „Erwartung“ in der Soziologie definiert
Die Erwartung
Die Erwartungs-Erwartung
Die adaptive Erwartung
Erwartungen des Kunden im Verkaufsgespräch
Vertrauen auslösen durch Ehrlichkeit und Authentizität
Produktempfehlungen aus Ihren Erfahrungen oder denen anderer Kunden
Literatur
4: Wie Kunden ihre Kaufentscheidungen treffen
Wissenschaftliche Basis
Was sind repräsentative Umfragen?
Emotionen und Vertrauen sind ausschlaggebend für den Verkaufserfolg
Rationalität gilt in Verkauf und Vertrieb oft als unwichtig
Das Vertrauen ist das A und O
Rationale Beweggründe
Kunden brauchen eine individualisierte Beratung
Die Qualität der Produkte ist wichtig
Komfort bei der Beratung
Die große Produktauswahl
Kundenservice
Die Bedeutung des Preises
Fazit: Empathie, Emotionen und ethische Werte im Verkaufs- und Vertriebsprozess
Literatur
5: Die Handlungs- und Wahrnehmungspräferenzen nach Eilert
Hinweise zu diesem und dem folgenden Kapitel
Handlungs- und Wahrnehmungspräferenzen
6: Der Motivkompass® nach Eilert
Was ist der Motivkompass®?
Die vier neurobiologischen Grundmotive und Hormone im Motivkompass®
Die einzelnen Motivfelder im Motivkompass®
Wie viele Kunden haben Sie wirklich verstanden?
Verstehen kommt immer vor verstanden werden
Grundsätze im Umgang mit dem Motivkompass® im Vertrieb und Verkauf
7: Den Kunden verstehen lernen: „Die Intuition“
Zauberei oder Wissenschaft?
Das intuitive Handeln
Das rationale Handeln
Warum die Intuition wichtig ist
Alle haben eine Intuition
Vertrauen entscheidet immer
Die Geschichte des Unbewussten/der Intuition
Die aktuelle Wissenschaft der Intuition
Das Bauchgefühl nach Gigerenzer [13]
Verlauf der Intuition im Gehirn
Wie kann das Wissen um die Intuition im Verkaufs- und Vertriebswesen helfen?
Fazit
Literatur
8: Die Verkaufspsychologie
Das Verkaufs- und Vertriebs-Chamäleon
Linguistische Genauigkeit hilft, Kaufinteresse zu erkennen
Wie Sie die einzelnen Kunden und ihre Präferenzen anhand ihrer Satzstruktur erkennen
Die eigenen Satzstrukturen kundengerecht anpassen
Den Motivkompass® in Verkauf und Vertrieb zielgerichtet einsetzen
Abschlussübung
9: Empathie und deren Bedeutung für das Verkauf und Vertrieb
Warum Empathie im Verkauf- und Vertrieb?
Macht Empathie die Vertriebsmitarbeiter und Verkäufer nicht zu weich?
Warum Empathie zu besseren Abschlussquoten und mehr Umsatz führt
Die zwei Arten der Empathie
Literatur
10: Die Mimikresonanz®-Methode
Hinweise zu diesem Kapitel
Was ist die Mimikresonanz®-Methodik?
Mimik gehört zur Körpersprache
Warum die Mimik eine so erhebliche Rolle bei der Erkennung von Emotionen spielt
Die mimischen Expressionsarten
Die Baseline
Die BIG-Regel
Die Mimikresonanz®-Grundsätze
Die Wissenschaft der Emotionen
Das Mimikresonanz®-Emotionsmodell
Die fünf wichtigsten wissenschaftlichen Erkenntnisse über Emotionen
Die zwölf Primäremotionen im Motivkompass®
Die Primäremotionen als Motivationssysteme
Literatur
11: Was vor dem Verkauf noch wichtig ist
Der erste Eindruck muss passen
Sind Sie der Richtige für den Kunden?
Woran kann ich erkennen, ob ich persönlich der richtige Partner für den Kunden bin?
Charisma
In Resonanz mit den Emotionen Ihres Kunden gehen
Verstehen, nicht durchschauen!
Kurzes Resümee
Literatur
12: Die fünf wichtigsten Verkaufsmomente unter Berücksichtigung der Mimikresonanz®-Methodik
Hinweise zu diesem Kapitel
Verkaufsmoment eins – Persönliche Kontakte
Situation A: Der erste angenehme persönliche Kontakt in Ihren Räumen
Situation B: Der erste angenehme persönliche Kontakt bei Ihrem Kunden
Situation C: Der erste unangenehme persönliche Kontakt in Ihrer Ausstellung
Situation D: Der erste unangenehme persönliche Kontakt bei Ihrem Kunden
Alles auf einen Blick: Die Primäremotion Überraschung
Alles auf einen Blick: Die Primäremotion Ärger
Alles auf einen Blick: Die Primäremotion Verachtung
Alles auf einen Blick: Die Primäremotion Freude
Verkaufsmoment zwei: Die Bedarfsanalyse
Einführung in die emotional intelligente Bedarfsanalyse (kurz: EQ-BDA)
Sinn und Zweck der emotional intelligenten Bedarfsanalyse
Die telefonische Voranalyse – welche Fragen warum gestellt werden (Beispiel Dienstleister oder Handwerker)
Die persönliche Bedarfsanalyse – welche Fragen warum gestellt werden sollten (Beispiel Dienstleister oder Handwerker)
Die emotional intelligente Bedarfsanalyse für den Vertrieb und Verkauf bei einem persönlichen Termin (branchenunabhängig)
Fazit zur emotional intelligenten Bedarfsanalyse
Alles auf einen Blick: Die Primäremotion Ekel
Alles auf einen Blick: Die Primäremotion Trauer
Alles auf einen Blick: Die Primäremotion Angst
Alles auf einen Blick: Die Primäremotion Stolz
Verkaufsmoment drei: Die Beratung des Produktes
Beratung für ein haptisches Produkt
Wenn Ihr Kunde das Produkt während der Beratung nicht anfassen kann
Alles auf einen Blick: Die Primäremotion Interesse
Verkaufsmoment vier: Die Angebotspräsentation
Einführung
Die gemeinsame Erstellung des Angebots
Die Angebotspräsentation auf Termin
Alles auf einen Blick: Die Primäremotion Schuld
Alles auf einen Blick: Die Primäremotion Scham
Alles auf einen Blick: Die Primäremotion Verlegenheit
Der Verkaufsmoment fünf: Der Abschluss
Checkliste für das Lesen der Körpersprache im Vertrieb und Verkauf
Literatur
13: Sales-Signs: Die mimischen Warn-, Einwand- & Wunschsignale
Einführung
Die Sales-Signs (Tab. 13.1 und 13.2)
Der Sales-Code (Die Verkaufsmimik)
Den Kunden im Herzen berühren
Lietratur
14: Der Handschlag
Die deutsche Hanse und die norddeutsche Kaufmannsehre
15: Der Verkauf und Vertrieb heute und morgen
Heute
Morgen
Danke
Anhang
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Mit Empathie verkaufen. Emotionale Intelligenz als Sales-Code – so finden Sie den besten Zugang zum Kunden
 9783658324193, 3658324198

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Edition Sales Excellence

Joern Kettler

Mit Empathie verkaufen Emotionale Intelligenz als Sales-Code – so finden Sie den besten Zugang zum Kunden

Edition Sales Excellence Reihe herausgegeben von Gabi Böttcher Springer Gabler Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH Wiesbaden, Deutschland

​ ie Edition Sales Excellence bietet fundierte, praxisorientierte Fachinformation und D Hintergrundberichte für alle Ebenen im Vertrieb – kompetent aufbereitet von renommierten Autoren aus Wissenschaft, Beratung und Vertriebspraxis. Indem sie neueste Forschungs­ ergebnisse mit Beispielen und Erkenntnissen aus dem Vertriebsalltag verknüpfen, stellen die Fachautoren einen hohen Praxisbezug sicher und zeigen, mit welcher Dynamik sich vertriebsrelevante Themen wie beispielsweise Digitalisierung, Kundenbeziehungs­ ma­ nagement, Pricing, Kundenprofitabilität, Vertriebsteuerung oder Führung entwickeln. Freuen Sie sich auf einen spannenden Mix aus theoretischem Wissen und prak­ tischen Tipps.

Mehr Informationen zu dieser Reihe: http://www.springer.com/series/16315

Joern Kettler

Mit Empathie verkaufen Emotionale Intelligenz als Sales-Code – so finden Sie den besten Zugang zum Kunden Mit einem Vorwort von Dirk W. Eilert

Joern Kettler Sales Emotion Celle, Deutschland

ISSN 2662-9208     ISSN 2662-9216 (electronic) Edition Sales Excellence ISBN 978-3-658-32418-6    ISBN 978-3-658-32419-3 (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-658-32419-3 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Springer Gabler © Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2021 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung der Verlage. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verar­ beitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeichnungen, Marken, Unternehmensnamen etc. in diesem Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt werden dürfen. Die Berechtigung zur Benutzung unterliegt, auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen Zeicheninhabers sind zu beachten. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag, noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröf­ fentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Springer Gabler ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH und ist ein Teil von Springer Nature. Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany

Dieses Buch widme ich meiner verstorbenen Mutter und meiner Lebensgefährtin Susann, ohne die dieses Buch nie möglich gewesen wäre. Ich liebe euch!

Vorwort von Dirk Eilert

„Darüber muss ich erst einmal mit meiner Frau sprechen.“ „Das lasse ich mal sacken und melde mich dann bei Ihnen.“ „Da muss ich mal eine Nacht drüber schlafen.“

Solche Aussagen sind Ihnen im Verkaufsgespräch wahrscheinlich schon einmal begegnet. Die Frage, die sich hier stets stellt, lautet: Hat Ihr Kunde einen echten Einwand oder han­ delt es sich dabei nur um einen Vorwand? Das ist bei Weitem nicht die einzige Frage, die sich viele Verkäufer in einem Kundengespräch insgeheim stellen: Bin ich dem Kunden sympathisch? Hat sie wirklich keinen Spielraum mehr beim Preis? Hat meine Kundin vielleicht einen Einwand, den sie nicht ausspricht? Folgt er noch dem Gespräch oder ist er mit seinen Gedanken woanders? Wer möchte nicht mal hinter die Fassade schauen und wissen, was im Kopf des Kunden vorgeht, was er denkt und wie er sich wirklich fühlt. Der bekannte Fußball-Coach Pep Guardiola hat einmal gesagt: „Ich brauche nur fünf Minuten, um die Taktik unseres Gegners zu entschlüsseln“. Stellen Sie sich vor, Sie bräuchten nur wenige Augenblicke, um die Körpersprache anderer Menschen treffsicher zu entschlüs­ seln und deren Bedeutung zu verstehen. Um klar zu sehen, wie sich Ihre Kundin fühlt, was sie denkt, wie sie als Persönlichkeit tickt. Ob sie gerade die Wahrheit sagt oder lügt. Zu sehen, was nicht gesagt wird. Was nicht ausgesprochen aber dennoch sichtbar ist. Genau darum geht es bei Mimikresonanz®: Ihnen die Kompetenz an die Hand zu geben, nonver­ bale Signale präzise und sicher zu lesen, um menschliches Verhalten und Erleben tiefgrei­ fend zu verstehen. Aber warum sollten wir überhaupt die Körpersprache berücksichtigen? Reicht es nicht aus, einfach auf die Worte zu achten? Wenn Sie das Nonverbale in der Kommunikation vernachlässigen, ist das so, als ob Sie versuchen in einem unübersichtlichen Labyrinth den Ausgang zu finden – und das im Dunkeln. Speziell die kleinen und meist subtilen Signale der Mimik, aber auch die Zeichen der restlichen Körpersprache sind wie Lichtblitze, die das Labyrinth der Kommunikation immer wieder erhellen. Sie geben Ihnen Orientierung, lösen manches Rätsel auf und helfen Ihnen zielsicher zu navigieren, ohne sich zu verirren. Das Nonverbale zu berücksichtigen, bedeutet: 100 Prozent Wahrnehmung – den ganzen Menschen zu sehen, statt sich nur auf die Worte zu verlassen. Dieses Prinzip bezeichne ich auch als Wholeception®, was gleichzeitig der Name für die Mimikresonanz-Methode in

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Vorwort von Dirk Eilert

nicht-deutschsprachigen Ländern ist. Nur mit diesen 100  Prozent können Sie wirklich verstehen, was in anderen Menschen vorgeht, was sie denken und fühlen. Die Fähigkeit nonverbale Signale zu entschlüsseln macht den entscheidenden Unter­ schied in der Kommunikation aus – den Unterschied zwischen einem oberflächlichen und einem echten Kontakt. Der achtsame Blick für die stillen Signale des Körpers hilft, andere Menschen zu verstehen und fördert eine aufrichtige und ehrliche Kommunikation. Aufrich­ tigkeit und Ehrlichkeit bilden das Fundament für Vertrauen in einer Beziehung. Dies ist vor allem in der heutigen Zeit elementar, in der Kunden immer informierter, aber auch kritischer sind. Dabei geht es in der Mimikresonanz nicht darum, das Gegenüber zu durchleuchten, es geht vielmehr darum, eine echte zwischenmenschliche Begegnung zu fördern. Die afrikani­ sche Grußformel Sawubona spiegelt dieses Prinzip wunderbar wider. Übersetzt heißt es so viel wie „Ich sehe dich“: Ich sehe dich als Mensch mit all deinen Gefühlen, Wünschen und Hoffnungen. Ich nehme dich zu 100 Prozent wahr. Andere Menschen wirklich zu sehen und in ihrer Ganzheit als menschliches Wesen zu verstehen – das ist es, worum es für mich bei der Entschlüsselung von Körpersprache wirklich geht. So entstehen Momente echten zwi­ schenmenschlichen Kontakts und eine aufrichtige wie ehrliche Kommunikation. Ich danke Joern Kettler für seine Leidenschaft und sein Herzblut, das Wissen der Mi­ mikresonanz der Verkaufsbranche zugänglich zu machen  – für noch mehr Empathie im Verkaufsprozess und nachhaltig glückliche Kunden. Indem er das Mimikresonanz-­ Knowhow in diesem Buch in den Verkaufsprozess eingebettet hat, wird es direkt und leicht im verkäuferischen Alltag anwendbar. Ich möchte an dieser Stelle noch etwas Persönliches sagen: Ich habe Joern stets als Mensch mit einem großen Herzen kennengelernt. Dennoch hat es mich sehr berührt, als er mir sagte, dass er sein komplettes Autorenhonorar dieses Buches unserem gemeinnützigen Verein – der Deutschen Gesellschaft für Mimikresonanz (DGMR) – spendet. Ich möchte dies hier hervorheben, weil es für mich alles andere als selbstverständlich ist. Lieber Joern, ich danke dir sehr für deine Großzügigkeit und deinen Einsatz für unsere Vision, in den Schulen das Thema emotionale Intelligenz als Unterrichts­ fach zu etablieren. Dafür trainieren wir zum einen in den Schulen ehrenamtlich mit den Kindern und bilden ebenso Lehrer/innen ehrenamtlich zu Mimikresonanz-­Trainern aus. Unsere Kinder sind unsere Zukunft. Und emotionale Intelligenz spielt für eine glückliche und erfüllte Zukunft eine entscheidende Rolle. Mit dem Kauf dieses Buches erweitern Sie nicht nur Ihre eigene nonverbale Kompetenz und Wahrnehmungsfähigkeit, Sie haben darü­ ber hinaus auch einen wichtigen Beitrag dazu geleistet, dass in den Schulen und bei unseren Kindern die emotionale Intelligenz gefördert wird. Dafür danke ich Ihnen von Herzen. Ich wünsche Ihnen Inspiration und viele Aha-Momente beim Lesen. Herzlichst Ihr

Dirk W. Eilert Leiter der Eilert-Akademie und Entwickler der Mimikresonanz-Methode

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  1 Bauchgefühl und Emotionen im Verkaufsprozess ������������������������������������������������   2 Was kann Kunden alles beeinflussen? ������������������������������������������������������������������   2 Stecken Verkäufer wirklich in einer Schublade? ��������������������������������������������������   3 Die Kunden denken meist, etwas aufgeschwatzt zu bekommen und fühlen sich wenig wertgeschätzt ��������������������������������������������������������������������������������������   3 Das Vertrauen der Kunden nachhaltig gewinnen für Ihren Verkaufserfolg und mehr Weiterempfehlungen ������������������������������������������������������������������������������������   4 Körpersprache und Mimik der Kunden lesen lernen mit der Mimikresonanz®Methode – Erkennen, was Ihre Kunden nicht sagen wollen����������������������������������   5 Schauspielerei im Verkaufs- und Vertriebswesen ist unnötig und unangebracht����������������������������������������������������������������������������������������������������������   5 Linguistisches Profiling und Selbstbewusstsein im Verkaufsgespräch������������������   6 Wieder mehr Spaß und Erfolg im Verkauf haben��������������������������������������������������   6 Verstehen Sie Ihre Kunden psychologisch, körpersprachlich, neurobiologisch und emotional – Der Motivkompass® – ein Modell der menschlichen Motivation��������������������������������������������������������������������������������������������������������������   7 Werden Sie zum unvergleichbaren Alleinstellungsmerkmal für Ihre Kunden������   7 Die erhabenste Kunst ist die, andere glücklich zu machen������������������������������������   8 Nicht alle VerkäuferInnen wollen den Kunden glücklich machen������������������������   9 Fazit������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������   9 Literatur������������������������������������������������������������������������������������������������������������������  10 2 Die Schublade Verkäufer. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Wie kommt es zu dieser Schubladen-Denke der Kunden?������������������������������������  11 Ist der Preis entscheidend für den Kunden?����������������������������������������������������������  14 Wer ist schuld an dieser Misere?����������������������������������������������������������������������������  14 Warum Kunden wirklich im Internet kaufen ��������������������������������������������������������  15 Auch Verkäufer stecken Kunden in Schubladen����������������������������������������������������  16 Woran denken Sie, wenn Sie das Wort Verkäufer hören?��������������������������������������  17 Kunden kaufen noch lieber persönlich beim Verkäufer ����������������������������������������  17 IX

X

Inhaltsverzeichnis

Der Kunde sollte im Fokus stehen ����������������������������������������������������������������������   18 Literatur����������������������������������������������������������������������������������������������������������������   19 3 Was Kunden heute von persönlichen Verkaufs- oder Beratungsgesprächen erwarten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  21 Wie man „Erwartung“ in der Psychologie definiert����������������������������������������������  21 Wie man „Erwartung“ in der Soziologie definiert ������������������������������������������������  22 Die Erwartung��������������������������������������������������������������������������������������������������������  23 Die Erwartungs-Erwartung������������������������������������������������������������������������������������  24 Die adaptive Erwartung�����������������������������������������������������������������������������������������  24 Erwartungen des Kunden im Verkaufsgespräch����������������������������������������������������  25 Vertrauen auslösen durch Ehrlichkeit und Authentizität����������������������������������������  25 Produktempfehlungen aus Ihren Erfahrungen oder denen anderer Kunden����������  28 Literatur������������������������������������������������������������������������������������������������������������������  30 4 Wie Kunden ihre Kaufentscheidungen treffen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  31 Wissenschaftliche Basis����������������������������������������������������������������������������������������  31 Was sind repräsentative Umfragen?����������������������������������������������������������������������  32 Emotionen und Vertrauen sind ausschlaggebend für den Verkaufserfolg��������������  32 Rationalität gilt in Verkauf und Vertrieb oft als unwichtig������������������������������������  33 Das Vertrauen ist das A und O ������������������������������������������������������������������������������  34 Rationale Beweggründe ����������������������������������������������������������������������������������������  34 Kunden brauchen eine individualisierte Beratung ������������������������������������������������  36 Die Qualität der Produkte ist wichtig��������������������������������������������������������������������  37 Komfort bei der Beratung��������������������������������������������������������������������������������������  38 Die große Produktauswahl������������������������������������������������������������������������������������  40 Kundenservice��������������������������������������������������������������������������������������������������������  41 Die Bedeutung des Preises������������������������������������������������������������������������������������  42 Fazit: Empathie, Emotionen und ethische Werte im Verkaufs- und Vertriebsprozess ����������������������������������������������������������������������������������������������������  44 Literatur������������������������������������������������������������������������������������������������������������������  46 5 Die Handlungs- und Wahrnehmungspräferenzen nach Eilert. . . . . . . . . . . . .  49 Hinweise zu diesem und dem folgenden Kapitel��������������������������������������������������  49 Handlungs- und Wahrnehmungspräferenzen ��������������������������������������������������������  49 6 Der Motivkompass® nach Eilert. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  53 Was ist der Motivkompass®?����������������������������������������������������������������������������������  53 Die vier neurobiologischen Grundmotive und Hormone im Motivkompass® ������  55 Die einzelnen Motivfelder im Motivkompass®������������������������������������������������������  56 Wie viele Kunden haben Sie wirklich verstanden?������������������������������������������������  63 Verstehen kommt immer vor verstanden werden��������������������������������������������������  64 Grundsätze im Umgang mit dem Motivkompass® im Vertrieb und Verkauf ��������  65

Inhaltsverzeichnis

XI

7 Den Kunden verstehen lernen: „Die Intuition“. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  71 Zauberei oder Wissenschaft? ��������������������������������������������������������������������������������  71 Das intuitive Handeln��������������������������������������������������������������������������������������������  72 Das rationale Handeln��������������������������������������������������������������������������������������������  73 Warum die Intuition wichtig ist ����������������������������������������������������������������������������  75 Alle haben eine Intuition����������������������������������������������������������������������������������������  76 Vertrauen entscheidet immer����������������������������������������������������������������������������������  77 Die Geschichte des Unbewussten/der Intuition ����������������������������������������������������  77 Die aktuelle Wissenschaft der Intuition ����������������������������������������������������������������  79 Das Bauchgefühl nach Gigerenzer [13]����������������������������������������������������������������  82 Verlauf der Intuition im Gehirn������������������������������������������������������������������������������  84 Wie kann das Wissen um die Intuition im Verkaufs- und Vertriebswesen helfen?��������������������������������������������������������������������������������������������������������������������  85 Fazit������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������  87 Literatur������������������������������������������������������������������������������������������������������������������  88 8 Die Verkaufspsychologie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  89 Das Verkaufs- und Vertriebs-Chamäleon ��������������������������������������������������������������  89 Linguistische Genauigkeit hilft, Kaufinteresse zu erkennen����������������������������������  90 Wie Sie die einzelnen Kunden und ihre Präferenzen anhand ihrer Satzstruktur erkennen��������������������������������������������������������������������������������������������  91 Die eigenen Satzstrukturen kundengerecht anpassen��������������������������������������������  92 Den Motivkompass® in Verkauf und Vertrieb zielgerichtet einsetzen������������������  95 Abschlussübung ����������������������������������������������������������������������������������������������������  97 9 Empathie und deren Bedeutung für das Verkauf und Vertrieb. . . . . . . . . . . . 101 Warum Empathie im Verkauf- und Vertrieb? �������������������������������������������������������� 101 Macht Empathie die Vertriebsmitarbeiter und Verkäufer nicht zu weich?������������ 103 Warum Empathie zu besseren Abschlussquoten und mehr Umsatz führt�������������� 104 Die zwei Arten der Empathie�������������������������������������������������������������������������������� 105 Literatur������������������������������������������������������������������������������������������������������������������ 106 10 Die Mimikresonanz®-Methode. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 Hinweise zu diesem Kapitel���������������������������������������������������������������������������������� 109 Was ist die Mimikresonanz®-Methodik? �������������������������������������������������������������� 110 Mimik gehört zur Körpersprache�������������������������������������������������������������������������� 111 Warum die Mimik eine so erhebliche Rolle bei der Erkennung von Emotionen spielt���������������������������������������������������������������������������������������������������� 112 Die mimischen Expressionsarten�������������������������������������������������������������������������� 115 Die Baseline ���������������������������������������������������������������������������������������������������������� 116 Die BIG-Regel ������������������������������������������������������������������������������������������������������ 120 Die Mimikresonanz®-Grundsätze�������������������������������������������������������������������������� 121

XII

Inhaltsverzeichnis

Die Wissenschaft der Emotionen ������������������������������������������������������������������������  123 Das Mimikresonanz®-Emotionsmodell����������������������������������������������������������������  124 Die fünf wichtigsten wissenschaftlichen Erkenntnisse über Emotionen ������������  126 Die zwölf Primäremotionen im Motivkompass® ������������������������������������������������  127 Die Primäremotionen als Motivationssysteme����������������������������������������������������  128 Literatur����������������������������������������������������������������������������������������������������������������  132 11 Was vor dem Verkauf noch wichtig ist. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  133 Der erste Eindruck muss passen��������������������������������������������������������������������������  133 Sind Sie der Richtige für den Kunden?����������������������������������������������������������������  135 Woran kann ich erkennen, ob ich persönlich der richtige Partner für den Kunden bin? ��������������������������������������������������������������������������������������������������������  136 Charisma��������������������������������������������������������������������������������������������������������������  138 In Resonanz mit den Emotionen Ihres Kunden gehen����������������������������������������  138 Verstehen, nicht durchschauen! ��������������������������������������������������������������������������  140 Kurzes Resümee��������������������������������������������������������������������������������������������������  142 Literatur����������������������������������������������������������������������������������������������������������������  142 12 Die fünf wichtigsten Verkaufsmomente unter Berücksichtigung der Mimikresonanz®-Methodik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  143 Hinweise zu diesem Kapitel��������������������������������������������������������������������������������  144 Verkaufsmoment eins – Persönliche Kontakte����������������������������������������������������  144 Situation A: Der erste angenehme persönliche Kontakt in Ihren Räumen������  144 Situation B: Der erste angenehme persönliche Kontakt bei Ihrem Kunden������  146 Situation C: Der erste unangenehme persönliche Kontakt in Ihrer Ausstellung������������������������������������������������������������������������������������������������������  147 Situation D: Der erste unangenehme persönliche Kontakt bei Ihrem Kunden������������������������������������������������������������������������������������������������������������  148 Alles auf einen Blick: Die Primäremotion Überraschung ������������������������������  151 Alles auf einen Blick: Die Primäremotion Ärger��������������������������������������������  153 Alles auf einen Blick: Die Primäremotion Verachtung������������������������������������  155 Alles auf einen Blick: Die Primäremotion Freude������������������������������������������  158 Verkaufsmoment zwei: Die Bedarfsanalyse��������������������������������������������������������  161 Einführung in die emotional intelligente Bedarfsanalyse (kurz: EQ-BDA)����  161 Sinn und Zweck der emotional intelligenten Bedarfsanalyse��������������������������  162 Die telefonische Voranalyse – welche Fragen warum gestellt werden (Beispiel Dienstleister oder Handwerker)��������������������������������������������������������  165 Die persönliche Bedarfsanalyse – welche Fragen warum gestellt werden sollten (Beispiel Dienstleister oder Handwerker)��������������������������������������������  167 Die emotional intelligente Bedarfsanalyse für den Vertrieb und Verkauf bei einem persönlichen Termin (branchenunabhängig) ����������������������������������  174 Fazit zur emotional intelligenten Bedarfsanalyse��������������������������������������������  180 Alles auf einen Blick: Die Primäremotion Ekel����������������������������������������������  181 Alles auf einen Blick: Die Primäremotion Trauer ������������������������������������������  185

Inhaltsverzeichnis

XIII

Alles auf einen Blick: Die Primäremotion Angst��������������������������������������������  188 Alles auf einen Blick: Die Primäremotion Stolz����������������������������������������������  192 Verkaufsmoment drei: Die Beratung des Produktes��������������������������������������������  194 Beratung für ein haptisches Produkt����������������������������������������������������������������  194 Wenn Ihr Kunde das Produkt während der Beratung nicht anfassen kann������  199 Alles auf einen Blick: Die Primäremotion Interesse����������������������������������������  204 Verkaufsmoment vier: Die Angebotspräsentation ����������������������������������������������  207 Einführung ������������������������������������������������������������������������������������������������������  207 Die gemeinsame Erstellung des Angebots������������������������������������������������������  210 Die Angebotspräsentation auf Termin��������������������������������������������������������������  215 Alles auf einen Blick: Die Primäremotion Schuld������������������������������������������  221 Alles auf einen Blick: Die Primäremotion Scham������������������������������������������  224 Alles auf einen Blick: Die Primäremotion Verlegenheit����������������������������������  227 Der Verkaufsmoment fünf: Der Abschluss����������������������������������������������������������  232 Checkliste für das Lesen der Körpersprache im Vertrieb und Verkauf����������������  242 Literatur����������������������������������������������������������������������������������������������������������������  244 13 Sales-Signs: Die mimischen Warn-, Einwand- & Wunschsignale. . . . . . . . .  245 Einführung ����������������������������������������������������������������������������������������������������������  245 Die Sales-Signs (Tab. 13.1 und 13.2)������������������������������������������������������������������  246 Der Sales-Code (Die Verkaufsmimik) ����������������������������������������������������������������  257 Den Kunden im Herzen berühren������������������������������������������������������������������������  258 Lietratur����������������������������������������������������������������������������������������������������������������  258 14 Der Handschlag. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 Die deutsche Hanse und die norddeutsche Kaufmannsehre��������������������������������  260 15 Der Verkauf und Vertrieb heute und morgen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 Heute��������������������������������������������������������������������������������������������������������������������  263 Morgen ����������������������������������������������������������������������������������������������������������������  269 Danke. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  271 Anhang. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  273

Über den Autor

Joern  Kettler  verfügt über eine 20-jährige erfolgreiche Verkaufs- und Vertriebserfahrung und arbeitet seit vielen Jahren als Trainer, Berater und Coach für Vertriebs- und Ver­ kaufsmitarbeiter. Er ist Experte für Emotionale Intelligenz und Körpersprache im Vertrieb und berät Unternehmen bei verkaufsstrategischen Fragen. In seinen Strategien für Unter­ nehmen, Verkaufs- oder Vertriebstrainings sowie Coachings verbindet er immer ein wissenschaftliches Fundament mit den Anforderungen aus der Praxis.

XV

Abbildungsverzeichnis

Abb. 5.1

Die Wahrnehmungspräferenzen. (Quelle: Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020)���������������������������������������������������������� 50

Abb. 6.1

Der Motivkompass. (Quelle: Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020)������������������������������������������������������������������������������ 55 Motivfeld Durchsetzung und Einfluss. (Quelle: Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020) ������������ 57 Motivfeld Ordnung und Stabilität. (Quelle: Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020)���������������������������������������������������������� 58 Motivfeld Harmonie und Geborgenheit. (Quelle: Mimikresonanz®Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020)������������������������������������������ 60 Motivfeld Inspiration und Leichtigkeit. (Quelle: Mimikresonanz®Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020)������������������������������������������ 61 Persönlichkeitstest – Erfahren Sie mehr über sich selbst und wie Ihr Kunde Sie wirklich sieht (Diesen Selbstest finden Sie auch in der Anlage dieses Buches) �������������������������������������������������������������������������������� 70

Abb. 6.2 Abb. 6.3 Abb. 6.4 Abb. 6.5 Abb. 6.6

Abb. 7.1 Abb. 7.2

Einen Ball zu fangen geht nur mit dem nach Daniel Kahneman nur mit „System 1“. (Quelle: Sales Emotion®)������������������������������������������������������� 72 Die Verortung der Gefühle im Körper. (Quelle: Lauri Nummenmaa und Sales Emotion®) ���������������������������������������������������������������������������������� 81

Abb. 10.1 Schlüsselkompetenzen. (Quelle: Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020)�������������������������������������������������������� 111 Abb. 10.2 Die Gesichtsbereiche. (Quelle: Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020)�������������������������������������������������������� 115 Abb. 10.3 Emotionsmodell. (Quelle: Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020)���������������������������������������������������������������������������� 125 Abb. 10.4 Motivkompass-Verlauf-Emotionen. (Quelle: Mimikresonanz®Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020)���������������������������������������� 127 Abb. 10.5 Die psychischen Motivationssysteme. (Quelle: Mimikresonanz®Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020)���������������������������������������� 129 XVII

XVIII

Abbildungsverzeichnis

Abb. 10.6 Der Motivkompass® – Annäherungs- und Vermeidungsmotivation. (Quelle: Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020)���������������������������������������������������������������������������������������� 130 Abb. 11.1 Interaktionsanalyse. (Quelle: Eilert, Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020)�������������������������������������������������������� 137 Abb. 12.1 Gesichtsausdruck: neutral versus überrascht. (Quelle: Eilert, Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020)������������ 152 Abb. 12.2 Gesichtsausdruck: neutral versus verärgert. (Quelle: Eilert, Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020)������������ 154 Abb. 12.3 Gesichtsausdruck: Verachtung versus Verachtung/Ekel. (Quelle: Eilert, Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020)������������ 156 Abb. 12.4 Gesichtsausdruck: neutral versus Freude. (Quelle: Eilert, Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020)������������ 158 Abb. 12.5 Gesichtsausdruck: neutral versus dem Höflichkeitslächeln. (Quelle: Eilert, Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020)���������������������������������������������������������������������������������������� 158 Abb. 12.6 Gesichtsausdruck: neutral versus physischer Ekel. (Quelle: Eilert, Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag,ph Paderborn 2020)�������� 182 Abb. 12.7 Gesichtsausdruck: neutral versus psychischer Ekel. (Quelle: Eilert, Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020)������������ 182 Abb. 12.8 Gesichtsausdruck: neutral versus Trauer. (Quelle: Eilert, Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020)������������ 185 Abb. 12.9 Gesichtsausdruck: neutral versus Angst. (Quelle: Eilert, Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020)������������ 188 Abb. 12.10 Gesichtsausdruck: neutral versus Stolz. (Quelle: Eilert, Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020)������������ 192 Abb. 12.11 Die Zeigegeste. (Quelle: Eilert, Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020)�������������������������������������������������������� 196 Abb. 12.12 Die Rhythmusgeste. (Quelle: Eilert, Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020)�������������������������������������������������������� 197 Abb. 12.13 Gesichtsausdruck: neutral versus verliebt. (Quelle: Eilert, Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020)������������ 202 Abb. 12.14 Gesichtsausdruck: neutral versus interessiert. (Quelle: Eilert, Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020)������������ 204 Abb. 12.15 Das mimische Nein. (Quelle: Eilert, Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020)�������������������������������������������������������� 210 Abb. 12.16 Beruhigungsgesten. (Quelle: Eilert, Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020)�������������������������������������������������������� 218 Abb. 12.17 Objekt- und Selbstberührungsgesten. (Quelle: Eilert, Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020)������������ 220

Abbildungsverzeichnis

XIX

Abb. 12.18 Gesichtsausdruck: neutral versus schuldig. (Quelle: Eilert, Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020�������������� 222 Abb. 12.19 Gesichtsausdruck: neutral versus Scham. (Quelle: Eilert, Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020)������������ 225 Abb. 12.20 Gesichtsausdruck: neutral versus Verlegenheit. (Quelle: Eilert, Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020)������������ 228 Abb. 12.21 Quelle: Sales Emotion® Praxisbilder �������������������������������������������������������� 231 Abb. 12.22 Das Eine-Nacht-Drüber-Schlafen-Müssen-Kissen. (Quelle Sales Emotion® Praxisbilder) ���������������������������������������������������������������������������� 235 Abb. 12.23 Gesichtsausdruck: neutral versus schmerzhaft. (Quelle: Eilert, Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020)������������ 240 Abb. 13.1 Der Facial Shrug ist ein Signal, das im gesamten Körper einen Ausdruck zutage bringt, der aussagt „ich bin unsicher“. (Foto: Sales Emotion®)�������������������������������������������������������������������������������������������������� 253 Abb. 13.2 Gesichtsausdruck: wahre Freude versus Höflichkeitslachen. (Quelle: Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020)������������ 257

Tabellenverzeichnis

Tab. 10.1 Tab. 10.2 Tab. 12.1 Tab. 12.2 Tab. 12.3 Tab. 12.4 Tab. 12.5 Tab. 12.6 Tab. 12.7 Tab. 12.8 Tab. 12.9 Tab. 12.10 Tab. 12.11 Tab. 12.12 Tab. 12.13

Vier verschiedene Arten von emotionalen Gesichtsausdrücken (Quelle: Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020)������������ 116 Die nonverbalen Signale (Quelle: Eilert, Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020)�������������������������������������������������������� 131 Die nonverbalen Merkmale der Überraschung (Quelle: Mimikreso­ nanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020)������������������������������ 153 Die nonverbalen Merkmale von Ärger (Quelle: Mimikresonanz®Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020)���������������������������������������� 154 Die nonverbalen Merkmale von Verachtung (Quelle: Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020)������������ 157 Die nonverbalen Merkmale der Freude (Quelle: Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020)������������ 160 Fragen für eine Bedarfsanalyse������������������������������������������������������������������ 180 Nonverbale Merkmale von Ekel (Quelle: Eilert, Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020)������������ 183 Nonverbale Merkmale von Trauer (Quelle: Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020)������������ 186 Nonverbale Merkmale von Angst (Quelle: Eilert, Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020)������������ 189 Nonverbale Merkmale von Liebe (Quelle: Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020)������������ 203 Nonverbale Merkmale von Interesse (Quelle: Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020)������������ 205 Nonverbale Merkmale von Schuld (Quelle: Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020)������������ 223 Nonverbale Merkmale von Scham (Quelle: Eilert, Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020)������������ 226 Nonverbale Merkmale von Verlegenheit (Quelle: Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020)������������ 229

XXI

XXII

Tabellenverzeichnis

Tab. 12.14 Nonverbale Merkmale von Schmerz (Quelle: Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020)������������ 240 Tab. 12.15 Checkliste für das Lesen der Körpersprache im Vertrieb und Verkauf������ 243 Tab 13.1 Tab. 13.2

Die Sales Signs������������������������������������������������������������������������������������������ 247 Die Sales-Signs. (Quelle: Eilert, Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020)�������������������������������������������������������� 254

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Einleitung

Inhaltsverzeichnis  auchgefühl und Emotionen im Verkaufsprozess  B Was kann Kunden alles beeinflussen?  Stecken Verkäufer wirklich in einer Schublade?  Die Kunden denken meist, etwas aufgeschwatzt zu bekommen und fühlen sich wenig wertgeschätzt  Das Vertrauen der Kunden nachhaltig gewinnen für Ihren Verkaufserfolg und mehr Weiterempfehlungen  Körpersprache und Mimik der Kunden lesen lernen mit der Mimikresonanz®-Methode – Erkennen, was Ihre Kunden nicht sagen wollen  Schauspielerei im Verkaufs- und Vertriebswesen ist unnötig und unangebracht  Linguistisches Profiling und Selbstbewusstsein im Verkaufsgespräch  Wieder mehr Spaß und Erfolg im Verkauf haben  Verstehen Sie Ihre Kunden psychologisch, körpersprachlich, neurobiologisch und emotional – Der Motivkompass® – ein Modell der menschlichen Motivation  Werden Sie zum unvergleichbaren Alleinstellungsmerkmal für Ihre Kunden  Die erhabenste Kunst ist die, andere glücklich zu machen  Nicht alle VerkäuferInnen wollen den Kunden glücklich machen  Fazit  Literatur 

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Wo kauft der Kunde wirklich? Die Marke oder auch das Unternehmen, in dem der Kunde sein Geld lässt, sind in der Regel austauschbar. Viele VerkäuferInnen, die ich im Berufsleben treffen oder begleiten darf, wissen zwar, dass der Kunde bei ihnen persönlich kauft, warum das so ist, können sie mir jedoch oft nicht erklären.

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2021 J. Kettler, Mit Empathie verkaufen, Edition Sales Excellence, https://doi.org/10.1007/978-3-658-32419-3_1

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1 Einleitung

Bauchgefühl und Emotionen im Verkaufsprozess Um erfolgreicher zu werden im Umgang mit dem Kunden und in der Umsatzsteigerung, sollten wir zunächst damit beginnen, uns zu fragen, welche Sicht der Kunde hat. Setzen wir uns gemeinsam in diesem Buch auf den Stuhl des Kunden, nehmen dessen Perspektive ein und lernen zu verstehen, warum er bei Ihnen kauft. Es gibt viele Gründe dafür: neurobiologische, psychologische oder emotionale. Auch die Empathie und die emotionale Intelligenz der VerkäuferInnen tragen dazu bei, dass sich der Verbraucher wohl fühlt. Es dreht sich am Ende eines fast jeden Kaufabschlusses, egal ob Hose oder Haus, um das Bauchgefühl des Konsumenten: Die sogenannte „Intuition“! Die Intuition wird immer beeinflusst durch angenehme oder unangenehme Emotionen. In dem Kapitel „Den Kunden verstehen lernen: Die Intuition“ geht es unter anderem darum, dass über 90 Prozent aller unserer Entscheidungen mit dem Bauch getroffen werden. Das verwundert Sie vielleicht. Mir blieb aus den wissenschaftlichen Quellen dazu jedoch vor allem eines im Gedächtnis: „Unser Unterbewusstsein können wir nie außer Acht lassen“. Jeder Mensch hat eine Intuition. Es gibt Menschen, die sich sehr viel auf Ihre Intuition verlassen, und natürlich auch solche, die gar nicht auf Ihre Intuition hören. Wir Menschen sind irrationale Wesen, so die Ergebnisse aus wissenschaftlichen Untersuchungen und Studien. Dieses Wissen ist wichtig, denn nur, wenn wir verstehen wie das Bauchgefühl funktioniert, können wir verstehen, was das Handeln der VerkäuferInnen beim Kunden auslösen kann. Das Wichtigste, was ich bei meinen Recherchen zum Bauchgefühl herausgefunden habe, ist, dass unendlich viele Kleinigkeiten das Bauchgefühl beeinflussen, sowohl negativ als auch positiv.

Was kann Kunden alles beeinflussen? Nehmen wir beispielsweise die Temperatur in einer Ausstellung. Sie ist ein neurobiologischer Grund, denn eine Temperatur unter 22  Grad kann unter Umständen dazu führen, dass der Oxytocin-Spiegel sinkt. Dadurch verspürt man eine emotionale Kälte, da Oxytocin als das sogenannte Kuschelhormon gilt. Was meinen Sie, welche Auswirkungen es auf das Bauchgefühl des Kunden hat, wenn man in einer Ausstellung die Heizkosten sparen möchte? Natürlich keine guten, denn der Kunde fühlt sich unwohl. Als ich ein Unternehmen zum Thema „Der emotional intelligente Verkaufsprozess“ beraten habe wurde mir die Aufgabe gestellt, im Winter den Umsatz anzukurbeln. Eine Herausforderung, denn im Winter brach das Geschäft für gewöhnlich immer ein. Ich besuchte daher das Unternehmen persönlich. Es verkauft Wintergärten und Terrassendächer sowie einige andere Produkte rund um das Thema Haus. Es war ein kalter Novembertag mit viel Sonnenschein. Mir wurde das Unternehmen gezeigt und auch die Außenausstellung. Allerdings wurden die Ausstellungswintergärten nicht beheizt aufgrund von Kostenersparnissen. Gefühlt war es draußen in der Sonne wärmer als im ­Ausstellungswintergarten. Wie soll sich der Kunde unter diesen Umständen wohlfühlen und eine positive Kaufentscheidung treffen? Der Kunde möchte einen Wintergarten kaufen, der wärmegedämmt

Die Kunden denken meist, etwas aufgeschwatzt zu bekommen und fühlen sich wenig …

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sein soll und wird mit einem Wintergarten konfrontiert, der gefühlt im Inneren kälter ist als im Außenbereich. Also statteten wir die Wintergärten mit Heizungen aus und tauschten die alten Möbel aus. Schon kauften die Kunden auch im Winter und der Umsatz im Bereich Wintergarten stieg in den Wintermonaten im Vergleich zum Vorjahr um ca. 60 Prozent. Manchmal sind es eben die kleinen Dinge, die eine große Wirkung beim Kunden erzielen.

Stecken Verkäufer wirklich in einer Schublade? Neben dem Bewusstsein für das Bauchgefühl geht es auch darum, zu erkennen, in welcher Schublade wir VerkäuferInnen oft stecken. Denn in Deutschland existieren häufig viele Vorurteile gegenüber VerkäuferInnen, ganz im Gegensatz beispielsweise zu den Vereinigten Staaten. Dort sind Verkäufer oder „Sales Manager“ angesehene Berufsgruppen. In Deutschland hat man deshalb bereits versucht, das Wort „Verkäufer“ auszutauschen, zum Beispiel durch Bezeichnungen wie Küchenfachberater oder Wohnraumberater. Das Wort VerkäuferIn zu ersetzen, war das Ziel vieler Unternehmen. Wenn wir ehrlich sind, gibt es in der Servicewüste Deutschland noch sehr viel zu tun in Richtung Kundenorientierung und Kundenzufriedenheit. Und hier können vor allem die VerkäuferInnen selbst anfangen, etwas zu ändern. Denn wie Sie bereits gelernt haben, kauft ein Kunde mit einem guten Bauchgefühl viel eher und vielleicht viel mehr, wenn er sich genug wertgeschätzt fühlt. Ohne dieses gefühlte, aber oft nicht erklärbare Vertrauen, ohne dieses positive Gefühl, würde ein Kunde sein Geld in der Regel nicht ausgeben. Die Frage, die sich uns daher stellt und die ich in diesem Buch beantworten möchte, ist, was der Konsument von einem guten Verkäufer erwartet und wie ich als VerkäuferIn diese Erwartung bedienen kann. Ein Beispiel dafür ist Authentizität. Konsumenten erwarten authentische, echte VerkäuferInnen, die ihrem Beruf, dem Kunden ein auf ihn optimal zugeschnittenes Produkt verkaufen zu wollen, mit Leidenschaft nachgehen. Es sollte immer um das Bedürfnis des Konsumenten gehen, nicht um das Produkt, das die höhere Provision abwirft oder von dem der Verkäufer denkt, dass der Kunde es haben sollte.

 ie Kunden denken meist, etwas aufgeschwatzt zu bekommen und D fühlen sich wenig wertgeschätzt Der Kunde in Deutschland hat oft das Gefühl, dass ihm etwas aufgeschwatzt werden soll, so die Ergebnisse einer Studie [1]. Dabei geht es um den Endverbraucher und nicht um den Händler. Der Kunde kommt zu einem Verkäufer, weil er in der Regel Hilfe braucht, um seine Kaufentscheidung zu treffen. Nun dürfen und sollten die VerkäuferInnen dabei helfen, den Kunden glücklich zu machen. Denn dieser erwartet in der Regel gar nicht so viel. Authentizität der VerkäuferInnen und Wertschätzung ihm gegenüber, durch beispielsweise Pünktlichkeit oder Termineinhaltung, sind dabei zwei wesentliche Kriterien.

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1 Einleitung

In meinen Trainings frage ich die Vertriebsmitarbeiter oder Verkäufer immer, ab welcher Verspätungszeit sie beim Kunden anrufen, um eine Verspätung anzukündigen. In 98 Prozent der Fälle antworten die Teilnehmer „ab fünf bis zehn Minuten“. Ist dies der Respekt oder die Wertschätzung, die der Kunde erhalten sollte? Ist die Zeit des Kunden weniger wert als die der VerkäuferInnen? Nein. Auch fünf Minuten zu spät kommen ist zu spät und erweckt einen schlechten ersten Eindruck. Der erste Eindruck wird binnen weniger Millisekunden getroffen und unterscheidet sich selten von dem Eindruck, der nach einer etwas längeren Beobachtungszeit getroffen wird. Denn wir versuchen unbewusst, unsere vorher getroffene Ent­ scheidung zu bestätigen. Darum ist ein schlechter erster Eindruck fatal für das weitere Kundengespräch. Mehr dazu im Kapitel der wichtigen Verkaufsmomente. Die VerkäuferInnen wissen nicht, ob der Kunde nach dem Termin noch etwas vorhat oder ob andere Verpflichtungen anstehen. Ein Beispiel: Mit meiner Firma konzipiere ich unter anderem auch Wettbewerbsanalysen. Hierfür lasse ich mich beispielsweise von Marktbegleitern meiner Klienten persönlich beraten. In zehn Firmen, die ich analysiere, kommen neun der Vertriebsmitarbeiter zu spät. Von diesen neun Mitarbeitern ruft einer an, um eine Verspätung anzukündigen. Alle anderen kommen ca. fünf bis 15 Minuten zu spät und erklären es fast ausschließlich mit dem Verkehr. Während ich diese Ausrede höre, klingelt auch ab und zu bei einigen das Handy und der eingehende Anruf wird angenommen. Denn dieser Anruf ist „ganz wichtig gerade“. Bedeutet das im Umkehrschluss, dass ich nicht wichtig bin? Ich, der Kunde, mit dem Sie einen Termin haben, zu dem Sie auch noch zu spät gekommen sind? Das hat nichts mit Respekt oder auch Wertschätzung zu tun. Das Gegenteil ist der Fall.

 as Vertrauen der Kunden nachhaltig gewinnen für Ihren D Verkaufserfolg und mehr Weiterempfehlungen Der Kunde sucht Vertrauen und möchte mit einem guten Gefühl den Kauf abschließen. Dabei möchte er alle seine Fragen klären. Aber ob er sie auch alle stellt? Vermutlich nicht. Deshalb müssen Sie als VerkäuferInnen auch hier dem Kunden helfen, sich zu öffnen und seine Bedürfnisse und Emotionen anzusprechen. Gelingt Ihnen das, dann kommunizieren Sie beide auf einer ganz anderen Ebene miteinander. Wer über Gefühle spricht, kann sich so ganz leicht einen Wettbewerbsvorteil gegenüber der Konkurrenz verschaffen. Denn das Gefühlserlebnis bleibt haften, weckt Sympathie füreinander und sorgt so dafür, dass Sie als VerkäuferIn gern weiterempfohlen werden. Am Ende erwartet der Kunde natürlich trotzdem, dass alles funktioniert wie besprochen und geplant. Fehler zu machen und diese beispielsweise nicht einzugestehen oder Zusagen zu vergessen, kosten am Ende die Weiterempfehlung und vielleicht auch die Neukunden. Google und ähnliche Bewertungsportale sorgen schon für den ersten schlechten Eindruck, wenn Kunden lesen müssen, dass andere Kunden enttäuscht wurden. Lesen neue Kunden eine solche Bewertung bei der Suche nach einem geeigneten Partner, beeinflusst es definitiv ihre Entscheidung [2]. Ganze 76 Prozent der Befragten einer Studie [2] bestätigen diese These.

Schauspielerei im Verkaufs- und Vertriebswesen ist unnötig und unangebracht

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 örpersprache und Mimik der Kunden lesen lernen mit der K Mimikresonanz®-Methode – Erkennen, was Ihre Kunden nicht sagen wollen Dieses Buch ist zwar aus der Verkäuferperspektive geschrieben, jedoch geht es im Wesentlichen darum, zu lernen, wie man die Sicht des Käufers einnimmt. Denn um selbst mit meinen Angeboten verstanden zu werden, muss ich versuchen, den anderen zu verstehen. Verstehen kommt vor verstanden werden – das ist eine allgemein wichtige Kommunikationsregel und auch ein Grundsatz der Mimikresonanz®-Methode. Das erste wissenschaftliche Fundament, die Mimikresonanz®-Methodik und das Wissen über die Intuition, wird Ihnen daher dabei helfen, den Kunden besser einzuschätzen. Die zweite wissenschaftlich fundierte Basis, die wir in diesem Buch anwenden, ist das Mimikresonanz®-Modell – Gefühle sehen, Menschen verstehen. An dieser Stelle möchte ich verdeutlichen, dass es nicht darum geht, den Kunden zu manipulieren. Wir wollen den Kunden lediglich mit verschiedenen Hilfswerkzeugen ausführlicher wahrnehmen. Eine aufmerksame und bewusste Wahrnehmung des Käufers ist das beste Unterscheidungsmerkmal im direkten Wettbewerb und am Ende auch das, was der Käufer selbst möchte. Er möchte verstanden und gesehen werden. Der Kfz-Mechaniker beispielsweise braucht computergestützte Hilfsmittel oder ähnliches, sonst würde er das Auto auch nicht verstehen. Natürlich kann man einen Menschen nicht mit einem Auto vergleichen, dennoch ist das Prinzip ein ähnliches. Man bedient sich verschiedener Instrumente, um den Job vielleicht einfacher oder angenehmer zu gestalten. Darauf möchte ich hinaus: Es geht um Werkzeuge in diesem Buch, die Ihnen helfen werden, den Kunden ganzheitlicher zu erfassen, wodurch dieser wiederum seine Kaufentscheidung besser treffen kann. Denn das ist letztendlich unser Job als Verkäufer: den Kunden dabei zu unterstützen, die für ihn richtige Wahl zu fällen. Eines dieser Werkzeuge ist die Mimikresonanz®. Durch sie werden Sie empathischer und emotional intelligenter. Sie werden lernen, dem Kunden wieder mehr ins Gesicht zu schauen, um die Emotionen zu erkennen und Sie werden lernen, diese Emotionen zu verstehen. Am wichtigsten wird es dabei sein, die Gefühle oder Emotionen, die Sie sehen, auch intelligent anzusprechen. Hier spreche ich von der emotionalen Verkaufsintelligenz: Das heißt das, was wir sehen, mit dem, was wir wissen, zu kombinieren, um dann bestmöglich zu reagieren. Immer im Kundensinn und ressourcenoptimiert.

 chauspielerei im Verkaufs- und Vertriebswesen ist unnötig S und unangebracht Die Inhalte dieses Buches leben vom Studieren und Probieren. In jedem Kapitel werde ich Tipps und Ideen für den echten Verkaufsalltag beschreiben, die sich bereits in der Praxis bewährt haben. Ideal dabei ist, dass sich niemand dafür verstellen muss. Kein Kunde möchte heute mehr von einem Schauspieler beraten werden und auch kein Verkäufer sollte

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1 Einleitung

es anstreben, zu schauspielern. Denn wenn wir versuchen jemand zu sein, der wir nicht sind, dann erleben wir Stress. Und Stress senkt die Empathie. Wenn VerkäuferInnen in ihrem Job beispielsweise eine Uhr tragen, schauen sie unbewusst öfter darauf. Was aber zeigen VerkäuferInnen damit, wenn sie oft auf die Uhr schauen? Sicher nicht, dass sie es schätzen mit dem Kunden zu sprechen. Leider war ich schon oft auf Verkaufsseminaren, in denen der Trainer sagte: „Jeder gute Verkäufer ist auch ein Schauspieler“. Nach dieser Aussage bin ich immer aufgestanden und gegangen. Kein Verkäufer muss mehr ein Schauspieler sein. Dafür gibt es YouTube oder Daily-Soaps. Der Kunde möchte Vertrauen aufbauen. Das kann er aber nicht, wenn Sie ihm eine Maske zeigen, die sein Bauchgefühl negativ beeinflusst. Im besten Fall sind Sie immer Sie selbst. Denn Sie selbst merken es doch auch, wenn sich Ihr Gegenüber verstellt, oder? Der Kunde merkt es ebenfalls. Wenn wir vorgeben, jemand anders zu sein und die ganze Zeit darauf achten müssen, nicht entlarvt zu werden, fehlt uns die Aufmerksamkeit für den Kunden. Für das, was er sagt und uns körpersprachlich zeigt. Durch die fehlende Aufmerksamkeit dem Kunden gegenüber werden viele Signale übersehen und auch überhört.

 inguistisches Profiling und Selbstbewusstsein L im Verkaufsgespräch Nehmen wir uns einen klassischen Beispielsatz vom Kunden vor: „Ich wäre dabei“ oder „Ich bin dabei“. Zwei völlig unterschiedliche Aussagen. Ich wäre dabei: Hier ist noch etwas unklar. Ich bin dabei: Legen wir los! Viele Inhalte aus diesem Buch sind in der Praxis getestet worden und funktionieren nachweislich. Wenn Sie etwas lesen, womit Sie sich nicht identifizieren können, dann setzen Sie es am besten nicht um. Wenn Sie es doch testen möchten, trainieren Sie es lieber vorher mit einem Kollegen oder einem Freund. Machen Sie nichts, wovon Sie nicht überzeugt sind. Denn der Kunde spürt es, wenn etwas nicht stimmt. Nehmen wir ein ganz lapidares Beispiel: einen Handy-Verkauf mit zwei Top-Produkten. Nennen wir das eine „Handy A“ und das andere „Handy S“. Ein Handy-­ S-­Verkäufer, welcher völlig überzeugt von dem Produkt ist, weil er es selbst auch nutzt, könnte vermutlich schwieriger ein Handy A mit Überzeugung und Leidenschaft verkaufen oder umgekehrt. Das ist ganz logisch, denn, wenn wir von einer Sache oder von Produkten selbst überzeugt oder begeistert sind, dann verkaufen wir auch einfacher und authentischer. Nichts anderes ist es mit Werkzeugen, die wir im Verkauf oder Vertrieb einsetzen können. Manchmal muss man sich einfach nur trauen, es auszuprobieren. Später werden wir hierzu noch auf die Emotion Angst eingehen und wozu sie uns dient.

Wieder mehr Spaß und Erfolg im Verkauf haben Wenn Sie vielleicht keinen Spaß mehr am Verkaufen haben, dann wird Ihnen dieses Buch helfen, den Beruf des Verkäufers wieder neu für sich zu entdecken. Oder den Beruf des Verkäufers wieder mit Leidenschaft und Liebe umzusetzen. Dabei ist es irrelevant, was

Werden Sie zum unvergleichbaren Alleinstellungsmerkmal für Ihre Kunden

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Sie verkaufen. Im Jeansstore können Sie ebenso eine tolle Beratung liefern und den Kunden glücklich machen wie bei einem Verkauf von Küchen, Möbeln oder beispielsweise Wintergärten.

 erstehen Sie Ihre Kunden psychologisch, körpersprachlich, V neurobiologisch und emotional – Der Motivkompass® – ein Modell der menschlichen Motivation Das letzte wissenschaftlich fundierte Werkzeug in diesem Buch ist der Motivkompass®. Der Motivkompass® gehört auch zum Mimikresonanz®-Modell und ist eine Landkarte der Kundenbedürfnisse. In einem Artikel eines Verkaufstrainers musste ich einst lesen, es gäbe grundsätzlich sieben Kundenmotive, die den Kauf entscheiden. Das ist keine wissenschaftlich fundierte Aussage, denn es existieren deutlich mehr Bedürfnisse als nur sieben. Jeder Mensch ist individuell und demzufolge ist auch jedes mögliche Motiv bei jedem unterschiedlich stark ausgeprägt. Es gibt Kunden, die bei der Auswahl der Produkte mehr Wert auf Prestige und Status legen und es gibt solche, deren Fokus mehr auf Qualität und Sicherheit liegt. Es gibt außerdem noch diejenigen, denen Nachhaltigkeit und das Schöne wichtig ist und wiederum andere, für die Flexibilität und Kreativität im Vordergrund stehen. Nun haben wir schon acht Motive, die einen möglichen Kauf entscheiden können. In dem Kapitel der Verkaufspsychologie geht es deshalb darum, den Kunden durch Motive und Bedürfnisse noch besser zu verstehen und ihn somit perfekt und auf seine persönlichen Vorlieben zugeschnitten zu beraten.

 erden Sie zum unvergleichbaren Alleinstellungsmerkmal für W Ihre Kunden Jetzt haben wir alles zusammen, was Sie für Ihren Kunden unersetzlich macht: Vertrauen und ein gutes Bauchgefühl. Denn wer Ihnen einmal vertraut und mit einem guten Bauchgefühl eine Kaufentscheidung bei Ihnen getroffen hat, wird Sie als VerkäuferIn gern wieder aufsuchen. Ich gebe Ihnen ein Beispiel aus meinem Arbeitsalltag. Ich habe einen Verkäufer begleitet, der allgemein Angst vor zu hohen Preisen hatte. Also haben wir zusätzliche Ausstattungsbesonderheiten eines Produktes herausgearbeitet, von welchen er völlig überzeugt war und mit denen er Alleinstellungsmerkmale auf dem Markt hatte. Den Bedarf der zusätzlichen Ausstattungen haben wir mit Hilfe einer Bedarfsanalyse ermittelt. Dadurch hat er in der Folge kein Produkt mehr angeboten, was nur teuer war, sondern er hat einzigartige Lösungen geliefert, die den Preis wert sind. Der Verkäufer fühlte sich dadurch selbstbewusster, was ein entscheidender Faktor für positive Kaufentscheidungen der Kunden war, die sich trotz des deutlich höheren Kaufpreises gegenüber den Wettbewerbsprodukten für seine Ware entschieden.

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1 Einleitung

Neben diesen Produktbesonderheiten haben wir die Beratung jeweils individuell auf die Kundenpersönlichkeit zugeschnitten und kundenspezifisch argumentiert. Etwas, was jeder lernen kann. Es geht nicht darum, immer das teuerste Produkt zu verkaufen. Es geht darum, dem Kunden das für ihn richtige Produkt zu verkaufen und das so zu erklären, dass es seinem Wesenskern entsprechend formuliert ist. Zwei aktuelle Studien [3, 4] bestätigen, dass dem Kunden die Qualität deutlich wichtiger ist als der niedrigere Preis, sofern der hohe Preis vom Kunden nachvollziehbar ist. Das Institut TNS Infratest kam außerdem zu dem Ergebnis [5], dass Kunden, sofern sie in einem Geschäft gut beraten worden sind, dem Preis eine untergeordnete Rolle beimessen. Dieses Ergebnis bestätigt meine Erfahrung in den letzten 20 Jahren. Nicht der Preis entscheidet, sondern Vertrauen in Beratung und Qualität.

Die erhabenste Kunst ist die, andere glücklich zu machen Im Zeitalter der Digitalisierung wird es Zeit, dass wir im Verkauf etwas ändern. Schon heute braucht der direkte Verkauf zu Endkunden Differenzierungen zum Onlineverkauf. Letztendlich haben Sie nur den persönlichen und zwischenmenschlichen Kontakt zum Kunden, durch den Sie einen Unterschied schaffen können. Kehren Sie zu den Wurzeln des Verkaufens zurück, bei denen es darum geht, den Kunden glücklich zu machen und zu begeistern. In einer Weiterbildung wurde ich gefragt, warum ich vor 20 Jahren Verkäufer geworden bin. Lange musste ich nicht nachdenken. Es gab genau eine Situation in meinem Leben, an die ich mich unmittelbar erinnerte. Ich war 14 Jahre alt und habe in einer Eisdiele als Spüler gearbeitet. In seltenen Fällen durfte ich auch Eis an die Kunden ausgeben. Das Lächeln der Kunden, wenn sie ihr Eis bekommen haben, diese wahre Freude im Gesicht, hat mich damals schon begeistert. Ich liebe es zu verkaufen, denn Verkaufen kann so vielseitig und abwechslungsreich sein. Was auf der Welt hat nichts mit Verkaufen zu tun? Der Bäcker verkauft seine Dienstleistung ebenso wie der Friseur. Ohne Verkaufen würde die Welt nicht funktionieren. Alle VerkäuferInnen können Menschen glücklich machen, wenn sie es denn wollen und auch richtig anstellen. Verkäufer zu sein ist für mich deshalb einer der schönsten und ehrenwertesten Berufe, die es gibt. Ich bin stolz auf meine erste Ausbildung im Einzelhandel. Ich durfte von der Pike auf lernen, worum es beim ­Verkaufen geht. Um den Kunden. Wir dürfen nicht vergessen, dass der Kunde derjenige ist, der unsere Gehälter bezahlt. Es gäbe keine Marken oder erfolgreiche Hersteller ohne den Käufer. Der Käufer entscheidet über Erfolg oder Misserfolg. Ein Zitat, welches ich oft in diesem Zusammenhang verwende, ist: „Die erhabenste Kunst ist die, andere glücklich zu machen.“ (Phineas Taylor Barnum; US-amerikanischer Zirkuspionier und Politiker (1810–1891)

Fazit

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Nicht alle VerkäuferInnen wollen den Kunden glücklich machen Im Alltag habe ich häufig den Eindruck, dass die VerkäuferInnen oder Servicemitarbeiter diesen Grundsatz entweder vergessen oder aber noch nie bedacht haben. Ein kleines Beispiel: Ich wollte mit meinem dreijährigem Sohn Schuhe kaufen. Mein Sohn brauchte damals spezielle Lauflernschuhe, die es nur bei einer bestimmten Kette gab. Das Geschäft schloss an einem Samstag laut Internet um 17 Uhr. Mein Sohn und ich sind gegen 16:40 Uhr angekommen und wollten das Geschäft betreten. Von draußen wurde bereits alles reingeräumt, einladend wirkte es demnach nicht mehr. Nach meiner ersten Ausbildung zum Kaufmann im Einzelhandel habe ich selbst auch in einem Geschäft gearbeitet, in dem wir Ware vor dem Ladenlokal platziert hatten. Es wäre mir und meinen damaligen Kollegen nicht im Traum eingefallen, die Ware vor Ladenschluss zu entfernen. Mein Sohn und ich hatten also noch nicht ganz die Ladenschwelle übertreten, da sprang eine Mitarbeiterin hervor und sagte: „Hallooo, Sie wissen schon, dass wir gleich schließen wollen?“. Ich war etwas irritiert und antwortete: „Hallo, wir haben ja noch 20 Minuten Zeit. Ich würde gerne den Filialleiter oder die Filialleiterin sprechen.“ Als sie sagte, sie sei die Filialleiterin, dachte ich nur, der Fisch fängt vom Kopf an zu stinken. Ich wollte nicht diskutieren, es war offensichtlich, dass es nichts bringen würde so kurz vor Feierabend. Schade ist nur, dass vermutlich die meisten Kollegen ihrem Beispiel folgen. Durch solche und viele andere Erlebnisse von Kunden werden VerkäuferInnen deshalb oft in eine Schublade gesteckt. Diese Erfahrung ist nur eine von vielen, die ich gemacht habe. Wir alle kennen Geschichten von Freunden, Bekannten oder Kollegen, denen ähnliches im Verkauf widerfahren ist. Es liegt an jedem Verkäufer selbst, aus dieser anfänglichen Schublade wieder herauszukommen und den Kunden damit vielleicht auch zu überraschen. Wir werden leider nicht ändern können, dass VerkäuferInnen zuerst einmal in dieser Schublade stecken, aber wir können selbst aus der Schublade herauskrabbeln und den Kunden emotional intelligent begeistern. Die Werkzeuge dafür bekommen Sie in diesem Buch kombiniert und zugeschnitten auf den Verkauf und Vertrieb an die Hand. Zwei Studien [6] aus den Vereinigten Staaten zeigen auf, dass Verkäufer, die eine höhere Emotionserkennung haben, mehr verkaufen als Ihre Kollegen, die sich schwer damit tun. Mit der Umsetzung der Inhalte aus diesem Buch in Ihrem Verkaufsalltag können Sie selbst als Person zum unvergleichbaren Alleinstellungsmerkmal  – zu einer wahren ­Verkäuferpersönlichkeit – werden. Nutzen Sie Empathie und emotionale Intelligenz als Vorteil gegenüber Ihren Wettbewerbern.

Fazit Das Wissen um die Intuition und wie sie funktioniert hilft Ihnen, sensibler auf Kleinigkeiten im Verkaufsalltag zu achten. Das Mimikresonanz®-Modell unterstützt Sie darin, Emotionen und die gesamte Körpersprache zu erkennen und zu verstehen. Die Inhalte in

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1 Einleitung

diesem Buch sind zugeschnitten auf Ihren Vertriebs- und Verkaufsalltag. Der Motivkompass® wird Ihnen dabei helfen, alles was Sie wissen und alles was Sie sehen auch emotional intelligent und vor allem aufrichtig dem Kunden gegenüber zu kommunizieren. Zukünftig können Sie in einem Kundengespräch dem Kunden nicht sagen: „Herr Meyer, in Ihrem Gesicht habe ich gerade Angst gesehen, wovor haben Sie denn Angst?“. Sie können allerdings durchaus sagen: „Herr Meyer, ich habe den Eindruck, etwas stimmt nicht, besorgt Sie etwas oder gibt es Details, über die wir noch sprechen dürfen?“

Literatur 1. Statista 2015. Spiegel-Studie. Outfit 9.0. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/437592/umfrage/ranking-­der-­wichtigsten-­kaufkriterien-­fuer-­kleidung-­in-­deutschland/. zuletzt zugegriffen 06.10.2020 2. Statista 2019. Beeinflussen Online Bewertungen Ihre Kaufentscheidung. https://de.statista.com/ statistik/daten/studie/670588/umfrage/umfrage-­in-­oesterreich-­zum-­einfluss-­von-­bewertungen-­ auf-­die-­kaufentscheidung/. zuletzt zugegriffen 06.10.2020 3. KPMG 2016. So kaufen wir in Zukunft ein: Trends im Handel 2025. https://einzelhandel.de/ images/presse/Studie_Trends_Handel_2025.pdf. zuletzt zugegriffen 10.10.2020 4. Statista 2019. VuMA 2018. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/172177/umfrage/ein­ stellung-­qualitaet-­wichtiger-­als-­preis/. zuletzt zugegriffen 10.10.2020 5. TNS Infratest © Statista 2018. Stimmen Sie der Aussage zu, wenn ich in einem Geschäft gut beraten wurde, dann kaufe ich auch dort – der Preis spielt dann eine untergeordnete Rolle? https:// de.statista.com/statistik/daten/studie/165776/umfrage/kaufbereitschaft-­f uer-­c onsumer-­ electronics-­bei-­guter-­beratungsqualitaet/. zuletzt zugegriffen 10.10.2020 6. Studie: Byron, K. (2007): Nonverbal Emotion Recognition and Salespersons: Linking Ability to Perceived and Actual Success, Journal of Applied Social Psychology, 2007, 37, 11, pp. 2600–2619

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Die Schublade Verkäufer

Inhaltsverzeichnis  ie kommt es zu dieser Schubladen-Denke der Kunden?  W Ist der Preis entscheidend für den Kunden?  Wer ist schuld an dieser Misere?  Warum Kunden wirklich im Internet kaufen  Auch Verkäufer stecken Kunden in Schubladen  Woran denken Sie, wenn Sie das Wort Verkäufer hören?  Kunden kaufen noch lieber persönlich beim Verkäufer  Der Kunde sollte im Fokus stehen  Literatur 

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Wie kommt es zu dieser Schubladen-Denke der Kunden? Nur fünf Prozent der Befragten einer repräsentativen Umfrage [1] gaben an, dass der Beruf des Verkäufers zukünftig noch eine Bedeutung haben wird. Dieses Ergebnis finde ich erschreckend. 95 Prozent der Befragten denken demnach, dass der Beruf der VerkäuferInnen zukünftig nicht mehr wichtig ist. Bitte denken Sie nun selbst an einen beispielhaften Einkauf in irgendeinem Ladengeschäft. Welche Aspekte machen den Einkauf für Sie manchmal kompliziert oder worüber haben Sie sich schon einmal geärgert? Eine interessante Frage aus einer ebenso interessanten Studie [2]. 46 Prozent der Befragten in dieser Studie sagten aus, dass es unfreundliche Verkäufer waren, über die sie sich am meisten ärgerten. Weitere 25 Prozent bemängelten unflexible Terminvereinbarungen. Als ich diese Studie [2] gelesen habe, musste ich an ein Zitat denken, welches ich während meiner Lehre zum Kaufmann mehrmals hören durfte: „Joern, den Eimer stellt man heraus, wenn es regnet – und nicht wenn die Sonne scheint.“ (Herbert Schulz/ehemaliger

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2021 J. Kettler, Mit Empathie verkaufen, Edition Sales Excellence, https://doi.org/10.1007/978-3-658-32419-3_2

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2  Die Schublade Verkäufer

Geschäftsführer des City Kaufhauses in Walsrode/verstorben 2003) Es ging darum, dass ich an einem Samstag frei haben wollte, was damals wirklich etwas Besonderes im Einzelhandel war, sofern man keinen Urlaub einreichte. Ich musste in das Büro meines damaligen Ausbilders Herbert Schulz, der mir eben mit diesem Satz erklärte, dass der Kunde bestimmt, an welchen Tagen wir uns freinehmen können und an welchen nicht. Denn der Kunde zahlt schließlich unser aller Gehalt. Zurückblickend bin ich glücklich darüber, dass Herr Schulz mir diese Werte schon in jungen Jahren vermittelte. Denn dadurch, dass ich mich immer daran gehalten habe, durfte ich mich über viele Erfolgserlebnisse freuen. Natürlich habe ich nicht nur beruflichen Erfolg aufgrund dieser für mich besonderen Werte haben dürfen. Nein, auch andere Aspekte, die das Verkaufen ausmachen, haben mich in meiner täglichen Arbeit inspiriert und geprägt. Dazu dann aber mehr in dem Absatz der „Die deutsche Hanse und die Norddeutsche Kaufmannsehre“. Zurück zu den Ergebnissen der Umfrage [1], in der dem Beruf des Verkäufers keine Wichtigkeit mehr beigemessen wird, denn diese finde ich mehr als beunruhigend. Was ist es, was solche Ergebnisse begünstigt und was beim Kunden zu diesem Schubladendenken führt? Es sind die Erfahrungen jedes Einzelnen und der Austausch darüber mit Freunden und Bekannten. Jeder Mensch in Deutschland besitzt im Durchschnitt [3] 3,7 enge Freunde und zählt elf zusätzliche Personen zu seinem erweiterten Freundeskreis. Wenn wir nun bedenken, dass sich ca. 90 Prozent aller Befragten in dieser Studie [2] über Verkäufer ärgern mussten, dann können wir erahnen, was der Kunde wirklich vor dem ersten Kontakt über VerkäuferInnen denkt. Nämlich, dass er bei seinem Kauf vermutlich keine Freude empfinden wird, völlig unabhängig von seinem zu erfüllenden Wunsch. Nur wenige, nämlich neun Prozent der Befragten in dieser Studie [2], haben sich noch nie bei einem Kauf aufgeregt. Insgesamt kommt die Studie zu dem Ergebnis, dass über 90 Prozent der Deutschen sich im Laden bei einem Einkauf schon einmal geärgert haben. Erschreckend! Das heißt, dass der Deutsche im Durchschnitt [3] von 14,7 Freunden 13,32 Personen im Freundes- oder Bekanntenkreis hat, die schlechte Erfahrungen bei einem Einkauf gemacht haben. Exkurs „Priming“ Der Sozialpsychologe und Verhaltensforscher John A.  Bargh ist der Entdecker der Priming-­ Methodik. Diese Methode ist für Verkäufer und auch Vertriebsmitarbeiter ein wertvolles Werkzeug, wenn es darum geht, den Kunden von sich oder seinem Produkt überzeugen zu wollen. Oftmals steht der Begriff Priming auch in der Kritik, denn viele nutzen dieses Werkzeug als Manipulation ihres Gegenübers. Auch wir werden in diesem Buch mit diesem Werkzeug arbeiten. In dem Kap. 12 „Die fünf wichtigsten Verkaufsmomente unter Berücksichtigung der Mimikresonanz®-Methodik“ werden wir das Priming sowohl bei der Bedarfsanalyse und bei der Angebotspräsentation als auch beim Abschluss verwenden. Wir wollen mit dieser Methodik allerdings dem Kunden helfen, die für ihn richtigen Entscheidungen zu treffen, damit er sich wirklich sicher ist beim Kauf. Wir wollen den Kunden keineswegs manipulieren. Der Körpersprache-Experte Dirk W. Eilert hat bereits 2013 von der emotionalen Ja-Straße geschrieben. Diese emotionale Ja-Straße habe ich für den Verkaufsprozess adaptiert und beschreibe sie in dem Kap.  12 „Die fünf wichtigsten Verkaufsmomente unter Berücksichtigung der Mimikresonanz®-Methodik“ bei der Bedarfsanalyse, der Angebotspräsentation sowie beim Abschluss. Zurück zu John A. Bargh, der 1996 folgendes Experiment durchgeführt hat:

Wie kommt es zu dieser Schubladen-Denke der Kunden?

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Es wurden zwei Gruppen in die Universität eingeladen. Den Teilnehmern wurde vorab mitgeteilt, dass es darum geht, ihre kognitive Leistung zu messen und man bat sie, sich mit einfachen Wortpaaren zu beschäftigen. Die erste Gruppe hatte Wortlisten, die inhaltlich vor allem das Thema des „Alters“ beinhalteten. Zum Beispiel wurden Wörter verwendet wie Vergesslichkeit, Glatze, Falten, Humpeln, Stock und viele andere. Die zweite Testgruppe bekam Wortlisten, die sich um das Thema der Jugend drehten. Diese Gruppe beschäftigte sich mit Begriffen wie beispielsweise: gelenkig, spontan, Party, Sport und vielen weiteren solcher Worte. Kommen wir nun zu dem eigentlichen Versuch. Allen Teilnehmern wurde am Ende für ihre Teilnahme gedankt. Beide Gruppen verließen das Labor. Nun wurde gemessen, wie viel Zeit die einzelnen Gruppen benötigten, um aus dem Labor beziehungsweise dem Versuchsraum einen sehr langen Gang hinunter bis zum Ausgang zu gehen. Faszinierenderweise hat die Gruppe, die sich mit den Wörtern rund um das Alter beschäftigt hat, signifikant länger für den Weg zum Ausgang gebraucht als die Kontrollgruppe. 1996 ging diese Studie unter dem Namen „Florida-Effekt“ in die Listen von klassischen Experimenten der Psychologie und Verhaltensforschung ein. John A. Bargh hat mit diesem Versuch bewiesen, dass man menschliches Verhalten durch einfaches „Priming“ nachhaltig prägen kann. Übersetzen kann man den Begriff in „Bahnung“ oder auch in „Beeinflussung“. Ihr Kunde wurde im Vorfeld des ersten Kontakts zu Ihnen entweder von seinem Umfeld und vielleicht auch zusätzlich durch seine eigenen Erfahrungen geprimt.

Praxis-Tipp

Reden Sie mit Ihrem Kunden über eventuellen Ärger, den er oder sie im Vorfeld schon mal im Verkaufs- oder Vertriebswesen erlebt hat. Vermutlich denken Sie jetzt: „Um Gottes willen, ich kann doch den Kunden nicht an schlechte Erfahrungen erinnern.“ Doch! Wenn Sie aus der Schublade schnellstmöglich herauskrabbeln wollen, empfehle ich Ihnen, diesen Ärger beziehungsweise die Erfahrungen, die Ihr Gegenüber entweder selbst negativ erlebt oder auch von anderen gehört hat, anzusprechen, um es damit für ihn aus der Welt zu schaffen. Unbewusst hat Ihr Kunde sonst immer den Gedanken, dass er Ihnen nicht vertrauen sollte oder kann. Sprechen Sie eine Emotion an, in diesem Fall den Ärger, beruhigt es das emotionale Gehirn. In der Forschung nennt man dies den „Rumpelstilzchen-Effekt“. Untersuchungen haben ergeben, dass die Aktivität im limbischen System hochfährt, wenn Ihr Kunde emotional erregt ist, wohingegen sie im präfrontalen Cortex herunterfährt. Die erhöhte limbische Aktivität blockiert dabei die Arbeit des Großhirns. Das ist fatal, da der präfrontale Cortex, welcher im Großhirn liegt, wichtig für die Regulation von Emotionen sowie für situationsangemessenes Handeln ist. Dadurch besteht die Gefahr, dass Ihr Kunde vielleicht kein Vertrauen zu Ihnen aufbauen kann. Nutzen Sie zukünftig diesen Praxis-Tipp und sprechen Sie die Emotion bei Ihrem Kunden an. Damit regulieren Sie die limbische Aktivität Ihres Gegenübers und der präfrontale Cortex kann so wieder ungestört arbeiten [11]. Der Kunde kann also dadurch seine Schubladen im Kopf schließen und Sie unvoreingenommen kennenlernen. Allein dadurch, dass Sie die Emotionen ansprechen, nehmen Sie der manchmal blockierenden Wirkung einer Emotion ihre Schärfe. So wie es im Märchen die Müllerstochter mit Rumpelstilzchen getan hat. Diese Vorgehensweise ist außerdem zu empfehlen, wenn beispielsweise Reklamationen oder auch andere ärgerliche Situationen für den Kunden entstehen. ◄

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2  Die Schublade Verkäufer

Ist der Preis entscheidend für den Kunden? Diese Frage hat mich umgetrieben und ich habe als Antwort darauf eine spannende Umfrage gefunden, welche vom Forum der Marktforscher Mainz durchgeführt worden ist. Das Ergebnis der Umfrage [4] ist, dass nicht die Konditionen bei der Kaufentscheidung eine Rolle spielen, sondern kommunikative und zwischenmenschliche Faktoren die Hauptgründe dafür sind, dass eine niedrige Zufriedenheit aufkommt. Was können VerkäuferInnen an dieser Stelle tun? Sich weiterbilden oder Bücher lesen? Auf Vorträge gehen oder sich während der Arbeit begleiten und trainieren lassen? Das sind alles mögliche Optionen. Wer aber bezahlt die vielfältigen Weiterbildungsmöglichkeiten? Denn wie im wahren Leben auch, sind wertvolle und inhaltlich gute Seminare und Weiterbildungen preisintensiv. Wir leben heute in einer digitalen Welt. Wie eine Studie [5] der IHK herausgefunden hat, haben auf diesem Gebiet jedoch 86 Prozent der befragten Mitarbeiter Schulungsbedarf. Allerdings bieten nur 25 Prozent der Unternehmen ihren Mitarbeitern auch Schulungen in diesem notwendigen Bereich an. Nun wissen wir, wie wichtig zwischenmenschliche Kommunikation und das Verständnis für mein Gegenüber im Verkauf ist. Das Ergebnis dieser Studie bezieht sich jedoch nur auf digitale Weiterbildungen. Umfragen oder Forschungen zu zwischenmenschlicher Kommunikation wurden bisher nicht untersucht. Wenn wir nun die Brücke schlagen, dass nur 25 Prozent der Unternehmen Weiterbildungen bei digitalen Themen anbieten, dann können Sie nun frei entscheiden, ob Unternehmen mehr für zwischenmenschliche Kommunikation investieren. Ich habe in den letzten zehn Jahren über 300 Unternehmen beraten, durfte etliche weitere kennenlernen und meine Erfahrung ist, dass Unternehmen in der Regel für zwischenmenschliche Kommunikation noch weniger investieren als für digitale Themen. Eine weitere Umfrage [6] belegt auch, dass Endverbraucher der Meinung sind, dass VerkäuferInnen besser geschult werden müssen, damit der stationäre Verkauf gegenüber dem Online-Handel eine Chance in der Zukunft hat. Den VerkäuferInnen kann man dabei nur bedingt einen Vorwurf machen. Denn es gibt viele gute Fachbücher, aus denen man sich theoretisch autodidaktisch Wissen aneignen kann. Gleichzeitig gibt es auch sehr viele, die inhaltlich nicht immer zu 100 Prozent das beschreiben, was der Kunde heute wirklich erwartet oder sich bei einer Beratung oder einem Einkauf wünscht. In der Vielzahl der Angebote heutzutage ist es schwer, das richtige Buch für einen zu finden. Dass Sie dieses Buch dabei unterstützt, wünsche ich mir. Ob es das wirklich tut, entscheiden Sie.

Wer ist schuld an dieser Misere? Wer könnte der Schuldige für diese Situation sein? Der Unternehmer oder die Marke? Die VerkäuferInnen? Vielleicht ist es möglich, diesen Schubladen-Gedanken durch eine Anpassung der Ausbildungsinhalte von Verkäuferinnen und Verkäufern zu verändern. Denn

Warum Kunden wirklich im Internet kaufen

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die gleiche Umfrage [6], die ich eben ansprach, ergab auch, dass der Beruf des Verkäufers durch eine bessere Ausbildung aufgewertet werden sollte. Das Statistische Bundesamt weist für Deutschland im Jahr 2017 11.802 Verkäuferinnen und 10.302 Verkäufer in der Ausbildung aus. Hinzu kommen 14.643 Ausbildungen für Kauffrauen sowie 13.836 Ausbildungen für Kaufmänner im Einzelhandel. Die Nachfrage ist also alles andere als klein. Der Umfrage [7] nach landete die Ausbildung für Verkäuferinnen auf Platz vier, die für Verkäufer auf Platz sieben der Beliebtheitsskala. Die Ausbildung zur Kauffrau im Einzelhandel schaffte es sogar auf Platz drei, die zum Kaufmann kletterte noch ein Treppchen höher auf Platz zwei der beliebtesten Ausbildungsberufe in Deutschland. Sollten Sie keine ausgebildete Kauffrau oder kein ausgebildeter Kaufmann im Einzelhandel sein, so muss ich hier kurz erklären, dass wir in Deutschland zwischen der Ausbildung zu VerkäuferInnen und der Ausbildung zur Kauffrau oder zum Kaufmann im Einzelhandel unterscheiden. Der Unterschied liegt darin, dass die Ausbildung für Verkaufsleute nur zwei Jahre beträgt und die Kauffrau- und Kaufmannslehre zusätzlich das dritte Lehrjahr bestimmt. In diesem dritten Jahr wird zusätzliches Wissen an buchhalterischen Grundthemen vermittelt. Dieses Wissen ist der Teil, der in der Abschlussprüfung die beiden Teile der Ausbildung vonei­ nander unterscheidet. Man spricht in Deutschland auch von einer Stufenausbildung. Ich selbst bin gelernter Kaufmann im Einzelhandel und weiß daher, dass in dieser Ausbildung, ob zum VerkäuferIn oder zur Einzelhandelskauffrau/-kaufmann, inhaltlich etwas verändert werden muss. In dem Beruf von Kaufleuten oder VerkäuferInnen geht es darum, mit Menschen zusammen arbeiten zu dürfen und den Menschen zu verstehen, um ihn glücklich zu machen. Es geht darum, Emotionen vom Kunden wahrnehmen zu können, um dann auch Emotionen zu verkaufen. Wie aber soll dies funktionieren, wenn solche Themen bisher in keiner der zwei Ausbildungen eine Rolle spielen? In meinen Trainings möchte ich immer erfahren, wer die Verkäufer-Floskel „Wie kann ich Ihnen helfen?“ nutzt. Diese Frage höre ich ständig und fast überall, egal welches Geschäft ich betrete oder welchen Shop ich anrufe. Im persönlichen Kontakt kann ich mir oft die Frage nicht verkneifen: „Wieso, sehe ich krank aus?“. Die Reaktionen darauf sind interessant. Testen Sie es gerne selbst aus. Ich bin mir sicher, dass auch Sie diese Frage schon einige Male hören durften oder mussten. Dass die VerkäuferInnen also in einer Schublade stecken, sind Zusammenspiele vieler verschiedener Komponenten. Die VerkäuferInnen haben es selbst in der Hand, auf kleiner Ebene etwas zu ändern. Die Vorurteile im großen Ganzen abzubauen, das wird jedoch noch eine Weile dauern.

Warum Kunden wirklich im Internet kaufen Das Institut Innofact wollte herausfinden, warum Kunden manchmal das Internet zum Kauf bevorzugen. Ein Ergebnis ihrer Umfrage [8] ist, dass für über 30 Prozent der Befragten unfreundliche Verkäufer ein Grund sind, mehr im Internet zu bestellen. Dieses

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2  Die Schublade Verkäufer

Ergebnis sollte jeden VerkäuferIn zum Nachdenken anregen und dazu beitragen, dass wir alle im Verkauf oder Vertrieb sensibler und empathischer mit dem Kunden und seinen Wünschen umgehen.

Auch Verkäufer stecken Kunden in Schubladen Wir VerkäuferInnen haben oft den Eindruck, dass der Kunde uns oder unsere Arbeit nicht wertschätzt. Wenn Sie sich jetzt kurz selbst an die Nase fassen, werden Sie vermutlich zugeben müssen, dass auch Sie Kunden schon einmal aufgrund von Kleidung oder anderen Äußerlichkeiten in eine Schublade gesteckt haben. Ich habe dies genau einmal getan. Zu dieser Zeit damals verkaufte ich Küchen und es kam ein junges Ehepaar mit einem Baby zu mir. Das Baby lag ruhig im Kinderwagen. Der Kleidung des Ehepaares nach nahm ich nicht an, dass sie sich für eine Massivholzküche interessieren könnten. Das taten sie allerdings. Was ich übersehen hatte, war, dass sie den teuersten Kinderwagen besaßen, den es zu diesem Zeitpunkt auf dem Markt gab. Ehrlich gesagt hatte ich mir im Vorfeld von diesem Gespräch nicht viel erhofft. Deshalb dachte ich mir, es sei eine gute Übung für mich, das Produkt ihrer Wahl anzubieten, denn zu diesem Küchenhersteller hatte ich zuvor noch nie beraten oder gar verkauft. Es war aufgrund des hohen Preises eher selten, dass dieser Hersteller zum Einsatz kam. Wir verbrachten einige Stunden zusammen und es stellte sich heraus, dass es ganz tolle Menschen waren, die ich da kennenlernen durfte. Zum Schluss der Beratung kamen wir natürlich auch zu dem Endpreis. Wir sprachen hier von einem sechsstelligen Preis für eine nicht allzu große Küche. Der Mann fragte mich, während er den Kinderwagen hin und her schaukelte, ob denn am Preis noch was zu drehen sei, wenn er heute direkt überweisen würde. Ich war ehrlich gesagt völlig perplex und sagte: „Ich gehe mal zu meinem Chef und frage gerne nach“. Dieser dachte wiederum, ich nehme ihn auf den Arm und sagte mit einem leichten Grinsen, dass fünf Prozent Skonto noch in Ordnung seien. Ich kehrte zu meinem Beratungstisch zurück und verkündete den Skonto, nicht den Rabatt. Das Ehepaar sah sich kurz an, dann nickten beide. Ich habe weder zuvor noch danach jemals wieder eine Küche mit einem sechsstelligen Warenwert verkauft. In dem Gespräch stellte sich heraus, dass der Mann ein freier IT-Berater war, ein Beruf, der offensichtlich bereits 2007 schon gut bezahlt war. Mich lehrte es, niemals einen Kunden in eine Schublade zu stecken. Für VerkäuferInnen ist es nicht immer leicht, den Kunden vorurteilsfrei zu begegnen. Ganz abgesehen davon, dass Vorurteile in jeder Beziehung viel kaputt machen können, stehen sie im Käufer-Verkäufer-Verhältnis jedoch dem Verkäufer noch weniger zu als dem Kunden. Wenn wir eine Beratung mit einem Schubladengedanken angehen, dann merkt es der Kunde. In meinem Fall hätte es auch das Ehepaar registriert, wenn ich keine Lust gehabt hätte, denn dann wäre die Beratung eine ganz andere gewesen. Frei nach dem Motto: „Wenn es denn sein muss“. Der Kunde entscheidet, dass er zu Ihnen kommt und Sie dürfen glücklich über diese Entscheidung sein. Denn heutzutage gibt es so viele Alternativen, dass jedes Aufsuchen

Kunden kaufen noch lieber persönlich beim Verkäufer

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Ihrer Person oder Ihres Geschäftes nicht selbstverständlich ist. Mittlerweile kann man sogar Häuser im Internet kaufen. Vielleicht lässt sich der Kunde bei so einem Kauf vorab noch in einem Fachmarkt beraten, wählt aufgrund des Preises hinterher aber trotzdem die Online-Variante. Warum macht er das? Eben aus genannten Gründen der Unzufriedenheit oder vergangenen schlechten Erfahrungen.

Woran denken Sie, wenn Sie das Wort Verkäufer hören? In einem Selbstversuch stellte ich mich in eine Fußgängerzone und fragte 100 Menschen, woran sie als erstes denken, wenn sie das Wort Verkäufer hören. Mir waren viel weniger die Antworten wichtig als das, was ich in ihren Gesichtern erkannte: Bei 36 Menschen habe ich Ekel als erste mimische Reaktion gesehen, 42 Menschen zeigten Verachtung und leider 13 Mal musste ich Ärger feststellen. Weitere vier haben Freude gezeigt und bei fünf Personen konnte ich moralischen Ekel in der Mimik wahrnehmen. (Wozu die verschiedenen Emotionen dienen und warum wir sie besitzen, lernen wir in dem Kapitel der wichtigen Verkaufsmomente.) Dies ist sicherlich eine Momentaufnahme. Die Antworten waren auch sehr unterschiedlich. Die erste mimische Reaktion allerdings offenbarte mir die emotionale Wahrheit, aus der dennoch bis heute für mich nicht ersichtlich ist, warum gerade diese Emotionen die ersten Reaktionen waren. In einer Fußgängerzone in Schleswig-Holstein befragte ich schließlich weitere Passanten im Alter von 31 bis 70 Jahren. Die Vielzahl der Befragten gab dabei an, dass oft fehlendes Interesse eine Rolle spiele. Diese Erfahrung deckt sich mit dem, was ich aus meinem Familien- oder Bekanntenkreis höre, wenn ich dort danach frage, was das Wort Verkäufer in einem auslöst. Vermutlich schätzen die VerkäuferInnen den Kunden nicht ausreichend – und vielleicht schätzt auch der Kunde die VerkäuferInnen nicht. Das heißt, dass wir es hier mit dem gleichen Problem auf beiden Seiten zu tun haben. Eine Pattsituation. Einer von beiden muss den ersten Schritt machen – und in dem Fall sollten es die VerkäuferInnen sein, die den Kunden wieder richtig wertschätzen und auch in eigene Weiterbildungen investieren, um ihn besser zu verstehen. Ob diese Weiterbildungen in Form von Fachbücher lesen erfolgen oder in Form von Seminaren, das entscheidet jeder selbst. Nur wenn wir VerkäuferInnen nicht beginnen, mehr für ein Kundenverständnis zu tun, dann haben wir vielleicht irgendwann keinen USP mehr gegenüber dem Online-Handel.

Kunden kaufen noch lieber persönlich beim Verkäufer Glücklicherweise ist es so, dass in der zuerst benannten Studie [1] auch herausgefunden wurde, dass nahezu alle der unter 30-Jährigen eine Beratung in Ladengeschäften jener in einem Online-Shop bevorzugen. Insgesamt sprechen wir hier von 96 Prozent. Immerhin noch 88 Prozent der 30–49-Jährigen ziehen die persönliche Beratung der Online-Beratung vor. Die 50–79-Jährigen, diese, die bisher offensichtlich die meiste Erfahrung im Leben

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2  Die Schublade Verkäufer

sammelten, stimmten dieser Aussage nur noch zu 83 Prozent zu. Die Zukunft scheint demnach wohl gesichert, sofern wir beginnen, in Verkauf und Vertrieb umzudenken und uns wieder mehr um den Kunden und seine Belange kümmern. Wir müssen zudem wertschätzen, dass der Kunde uns sein kostbarstes Gut schenkt, nämlich seine Zeit. Wir VerkäuferInnen haben uns für diesen Beruf entschieden. Also sollten wir den Erwartungen des Kunden auch gerecht werden und ihm das Gefühl der Wertschätzung schenken können, aufrichtig! Der Kunde investiert in der Regel seine Freizeit, wenn er zu uns kommt. Für uns ist es Arbeitszeit. Einer Umfrage von Porsche Consulting [9] zufolge muss die Mehrzahl an Kunden in stationären Geschäften überwiegend auf die VerkäuferInnen warten oder sie erstmal suchen. Wir alle teilen diese Erfahrung, wenn wir nur an das Beispiel Baumarkt denken. Sofern Sie dort einen Mitarbeiter gefunden haben, hören Sie oft: „Wenn Sie den Gang ganz zum Ende durchlaufen, linke Seite im Regal 741, ziemlich mittig, da müsste die Ware sein, die Sie brauchen. Ganz genau weiß ich es aber nicht. Sollte aber eigentlich dort sein. Wenn nicht, fragen Sie einfach einen anderen Kollegen.“ Zwischendurch klingelt dann noch das Telefon der VerkäuferInnen und spätestens ab dem Zeitpunkt, zu dem die VerkäuferInnen das Gespräch annehmen, weiß man, hier werde ich als Kunde weder geschätzt noch respektiert. Wie viel mehr könnte ein Baumarkt umsetzen, wenn hier völlig anders vorgegangen werden würde? Mit diesem Verhalten der meisten Baumarktmitarbeiter kann man keinen Zusatzverkauf einholen oder spontane Bedürfnisse wecken. Ganz im Gegenteil wird dieses Verhalten dazu führen, dass mehr und mehr Artikel aus dem Baumarkt im Internet bestellt werden. Das Institut PwC [10] wollte in einer Umfrage wissen; „Welche Faktoren würden Ihr Einkaufserlebnis im stationären Geschäft verbessern?“ Die häufigste Antwort der Befragten: „Verkäufer mit umfangreichen Produktkenntnissen“.

Der Kunde sollte im Fokus stehen Am Ende dieses Kapitels müssen wir noch einmal kurz zurück auf den Anfang blicken. Dahin, wo ich beschrieb, wie schwer es war, an einem Samstag frei machen zu dürfen beziehungsweise auch zu können. Wir erinnern uns: Der Kunde entscheidet, wann wir uns freinehmen dürfen und wann nicht. Wir stellen den Eimer heraus, wenn es regnet und nicht, wenn die Sonne scheint. Im Alltag stehe ich häufig vor der Frage, egal ob es bei Trainings ist oder bei Beratungen in Unternehmen: Warum müssen wir im Verkauf am Samstag arbeiten oder gar öffnen? Zum einen ist es so, dass der Endkunde in der Regel an einem Samstag frei hat und daher oftmals Käufe an einem Samstag tätigt. Und wenn wir nun logisch nachdenken, dann ist diese Aussage absolut schlüssig. Erst recht dann, wenn der Beratungsaufwand ein höherer ist, wie beispielsweise bei einem Auto, einem Möbelstück oder einer Markise. Ich bin im Jahr 1985 geboren und kenne es ehrlich gesagt nur so, dass ich am Samstag arbeite, ob im Verkauf oder auch später im Vertrieb. Die meisten Menschen, mit denen ich beruflich zu tun habe, können das auch verstehen, wenn ich ihnen erkläre, dass Samstag der wichtigste Tag im Verkauf ist. Denn da möchte der End-

Literatur

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kunde oder Endverbraucher seine freie Zeit mit VerkäuferInnen verbringen. Und wenn der eine, zum Beispiel ein Bauelementehandel, Samstag für Kunden, die ohne Termin kommen möchten, nicht öffnet, so fahren sie dann eben zum nächsten Anbieter. Egal ob Bauelementehändler, Bücherläden oder Autohäuser, das Angebot von Marktbegleitern ist mehr als ausreichend. Und Zeit ist heutzutage das kostbarste Gut von uns allen. Versuchen wir gemeinsam aus der Schublade herauszukrabbeln und erfüllen die Erwartungen, die der Kunde an uns stellt. Welche das heute sind, finden wir im nächsten Kapitel gemeinsam heraus, in dem es genau darum geht, was der Kunde heute eigentlich alles von einem Verkaufs- oder Beratungsgespräch erwartet.

Literatur 1. Statista 2018. Welche dieser Berufe werden auch in der Zukunft für die Gesellschaft besonders wichtig sein? https://de.statista.com/statistik/daten/studie/163400/umfrage/ansehen-­der-­berufe-­ in-­der-­gesellschaft/. zuletzt zugegriffen am 10.10.2020 2. Teambank 2017. Forsa Studie Einkaufsverhalten 2017. https://www.teambank.de/wp-­content/ uploads/2017/11/Teambank_Pra%CC%88sentation_Einkaufswelten2017_DE-­final.pdf. zuletzt zugegriffen 06.10.2020 3. Sinus 2018. INUS-Studie zum Internationalen Tag der Freundschaft. https://www.sinus-­institut. de/fileadmin/user_data/sinus-­institut/Bilder/news/Tag_der_Freundschaft/Pressetext_Tag_der_ Freundschaft_SINUSYouGov.pdf. zuletzt zugegriffen 06.10.2020 4. Schülle, A.M. (2010). Die Gründe warum Kunden abwandern. https://www.onpulson.de/1662/ die-­gruende-­warum-­kunden-­abwandern/. zuletzt zugegriffen am 10.10.2020 5. ibi (2017). Der deutsche Einzehandel 2017. https://ibi.de/veroeffentlichungen/der-­deutsche-­ einzelhandel-­2017-­erste-­ihk-­ibi-­handelsstudie. zuletzt zugegriffen 06.10.20 6. Statista 2017. Welche Maßnahmen beim Verkaufspersonal wären Ihrer Meinung nach wichtig, damit der stationäre Handel sich gegen den Online-Handel behaupten kann? https://de.statista. com/statistik/daten/studie/696381/umfrage/wichtigste-­kompetenzen-­von-­mitarbeitern-­im-­ stationaeren-­handel-­in-­oesterreich/. zuletzt zugegriffen am 10.10.2020 7. Statista (2020). Weibliche Auszubildende in Deutschland bis 2018. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/156939/umfrage/weiblichen-­auszubildende-­in-­deutschland-­seit-­1993/. zuletzt zugegriffen 06.10.2020 8. Statista (2019). Umfrage zu Gründen für das Einkaufen im Internet in Deutschland 2017 – Warum kaufen Sie manchmal lieber im Internet als im Geschäft?. https://de.statista.com/statistik/ daten/studie/219677/umfrage/gruende-­fuer-­online-­shopping/. Zuletzt zugegriffen 06.10.2020 9. Statista 2014. Wie oft müssen Sie einen Verkäufer erst suchen oder auf jemanden warten, der sie berät? https://de.statista.com/statistik/daten/studie/286713/umfrage/umfrage-­zur-­haeufigkeit-­ der-­suche-­nach-­einem-­verkaeufer-­im-­laden-­in-­deutschland/. Zuletzt zugegriffen 10.10.2020 10. Statista (2015). Umfrage zur Verbesserung des Einkaufserlebnisses in Deutschland 2014 – Welche der folgenden Faktoren würde Ihr Einkaufserlebnis im stationären Geschäft verbessern?. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/487623/umfrage/umfrage-­zur-­verbesserung-­des-­ einkaufserlebnisses-­in-­deutschland/. Zuletzt zugegriffen 06.10.2020 11. Matthew D.  Lieberman, Naomi I.  Eisenberger, Molly J Crockett, Sabrina M.  Tom, Jennifer H. Pfeifer, Baldwin M. Way; Putting feelings into words: affect labeling disrupts amygdala activity in response to affective stimuli.; https://doi.org/10.1111/j.1467-­9280.2007.01916.x. Corpus ID: 1445321

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Was Kunden heute von persönlichen Verkaufs- oder Beratungsgesprächen erwarten

Inhaltsverzeichnis Wie man „Erwartung“ in der Psychologie definiert  Wie man „Erwartung“ in der Soziologie definiert  Die Erwartung  Die Erwartungs-Erwartung  Die adaptive Erwartung  Erwartungen des Kunden im Verkaufsgespräch  Vertrauen auslösen durch Ehrlichkeit und Authentizität  Produktempfehlungen aus Ihren Erfahrungen oder denen anderer Kunden  Literatur 

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Synonyme für Erwartung Annahme, Aussicht, Glaube, Hoffnung, Optimismus, Vermutung, Vertrauen, Zukunftsglaube, Zuversichtlichkeit

Wie man „Erwartung“ in der Psychologie definiert Eine Erwartung bezieht sich auf die Annahme oder Antizipation eines zukünftigen Ereignisses. Die damit verbundene subjektive (gefühlte)  Wahrscheinlichkeit  kann dabei sehr unterschiedlich sein. Der Begriff  Überzeugung  inkludiert hingegen eine subjektive Gewissheit. Dennoch werden diese beiden Begriffe nicht streng voneinander abgegrenzt. Das Lexikon der Psychologie bezieht sich auf den deutschen Ausdruckspsychologen Philipp Lersch, wenn es schreibt: „Erwartung sei die vorstellungsmäßige Vorwegnahme und Ver-

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2021 J. Kettler, Mit Empathie verkaufen, Edition Sales Excellence, https://doi.org/10.1007/978-3-658-32419-3_3

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gegenwärtigung kommender Ereignisse in ihrem Bezug auf die Thematik unserer Strebungen“. Dem Handeln gemäß der Erwartung gehe die Erwartungsspannung voraus. In formaler Hinsicht kann sich eine Erwartung beziehen auf: • das Verhältnis der eigenen Person zum Verhalten (die Selbstwirksamkeitserwartung) • das Verhältnis des eigenen Verhaltens auf unmittelbare Folgen (Ergebniserwartung) oder mittelbare Folgen (die Instrumentalitätserwartung) • die Frage, von wem oder was das Eintreten gewünschter Ereignisse oder Ergebnisse abhängt (die Kontrollüberzeugung) • die Frage, was die Ursachen für ein bestimmtes Ergebnis sind (Attribution = Zuschreibung von Eigenschaften) Zu den Erwartungen (psychologisch) zählt man in der Persönlichkeitsforschung unter anderem auch: • Optimismus – Pessimismus – Realismus • die  Selbstwirksamkeitserwartung (bezeichnet die Erwartung einer Person, aufgrund des eigenen Könnens oder der eigenen Kompetenzen, geplante oder gewünschte Handlungen erfolgreich selbst auszuführen) • Kontrollüberzeugung (diese Erwartung bezieht sich auf das Ausmaß, mit dem ein Subjekt glaubt, dass das Auftreten eines Ereignisses abhängig vom eigenen Verhalten ist, z. B. wenn Sie Ihren Kindern sagen, dass der Weihnachtsmann nicht kommt, wenn sie unartig sind) • Attributionsstile (sind allgemeine Ansätze aus der  Psychologie, welche beschreiben, wie Individuen  Informationen  nutzen, um  zusammenhängende Erklärungen  für Verhaltensweisen von Menschen vorzunehmen) In der Allgemeinen Psychologie wird Erwartungseffekt (auch: Einstellungseffekt) das Phänomen genannt, bei dem „wir das Gesehene oder Gelesene gemäß unserer Erwartung interpretieren“. Bei Experimenten spricht man auch vom Experimentator-Erwartungs-­Effekt.

Wie man „Erwartung“ in der Soziologie definiert Der Begriff „Erwartung“ wird auch in der Soziologie verwendet und spielt dort eine zen­ trale Rolle. Die Soziologie ist eine Wissenschaft, welche durch empirisches und theoretisches Forschen Rückschlüsse auf das soziale Verhalten von Menschen schließt. Sie untersucht die Voraussetzungen, Abläufe sowie die Folgen des Zusammenlebens von Menschen. Ferdinand Tönnies, Georg Simmel und Max Weber gelten in Deutschland als Begründer der deutschsprachigen Soziologie.

Die Erwartung

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In diesem Teilgebiet der Wissenschaft wird der Begriff „Erwartung“ zum einen als die Annahme eines Handelnden darüber definiert, was ein anderer oder auch mehrere andere tun würden (die antizipatorische Erwartung). Zum anderen existiert die Vorstellung d­ essen, was andere normalerweise tun sollten (die normative Erwartung). Wird eine Erwartung enttäuscht, dann wird diese meist geändert, in wenigen Ausnahmen auch aufrechterhalten (die kontrafaktische Stabilität). Die Ergebnisse der Soziologie belegen, dass es drei Formen von Erwartungshaltungen gibt. Auf diese möchte ich nun eingehen.

Die Erwartung Als erstes erkläre ich den Grundbegriff Erwartung: „Die Erwartung [1]“ beziehungsweise unsere Erwartungen definiert jeder im Laufe seines Lebens selbst. Uns prägt zum einen unsere elterliche Erziehung sowie all das, was wir sehen und lernen. Diese Erfahrungen bestimmen unser soziales Handeln und unsere Erwartung von alltäglichen Verhaltensweisen oder Sozialstrukturen. Als Beispiel nehme ich die liebevollen Ratschläge meiner Mutter. Sie gab mir mit auf den Weg, Frauen immer mit Respekt zu behandeln. Daher öffne ich gerne die Tür für meine Lebensgefährtin oder helfe ihr in ihre Jacke. Ich mache das nicht, weil ich es muss, sondern weil meine Mutter mir diese Werte vermittelte und ich es außerdem gerne umsetze. In meinem Freundes- und Bekanntenkreis kenne ich allerdings nur wenige, denen diese Werte auch mit auf den Weg gegeben wurden. Sie sind eben anders aufgewachsen, sie erlebten ein anderes Zusammensein oder Zusammenleben, denn zwischenmenschliche Interaktionen sind in jeder Familie verschieden. Jeder Mensch bestimmt selbst, was seine eigene „Erwartung“ definiert. Die „sozialen Rollen“ unterscheiden zusätzlich die Erwartungen an verschiedene Gruppen, wie zum Beispiel an die der VerkäuferInnen. Hier kommt es darauf an, was wir über diese Berufsgruppe erlebt, gesehen und gelernt haben. Die sozialen Rollen sind Forschungsergebnisse aus der Soziologie und aus der Sozialpsychologie. Der US-­ amerikanische Anthropologe Ralph Linton beschreibt die sozialen Rollen auch als ein kulturelles Modell. Dieses kulturelle Modell beschreibt einen gegebenen Status in einer Gesellschaft oder einer Organisation, wie beispielsweise den der Mutter oder den eines Vorgesetzten. Das jeweilige kulturelle Modell von Linton bestimmt dann wiederum unsere Erwartung an Handlungsmuster, Werte und Verhaltensweisen dieser kulturellen Modelle. Deshalb haben wir konkrete Vorstellungen davon, wie eben Mütter oder Vorgesetzte sich benehmen sollten.

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Die Erwartungs-Erwartung Die zweite Form, die wir verstehen müssen, ist die sogenannte „Erwartungs-Erwartung [1]“. Bei dieser Art der Erwartung (nach dem Soziologen Niklas Luhmann) werden sogenannte „Soziale Systeme“ erforscht. Die Voraussetzung für ein soziales System ist, dass es immer aus mindestens zwei Akteuren besteht beziehungsweise aus zwei personalen Systemen. In diesem Beispiel geht es natürlich um die Rolle des „Kunden“ (System 1) und um die Rolle der „VerkäuferInnen“ (System 2). Das Erwarten von Erwartungen spielt bei jedem eine große Rolle und ist gerade in der Kommunikation zwischen Kunden und VerkäuferIn elementar. Um es verständlicher zu machen, beschreibe ich folgendes Beispiel einer „ErwartungsErwartung“: Kunde und VerkäuferIn treffen sich auf einer Verkaufsfläche oder auch im Eingangsbereich eines Geschäfts und begrüßen einander. Dies ist die Ausgangssituation. Aber wie kommt diese Begrüßung zustande? Der Kunde erwartet, dass die VerkäuferInnen ihn begrüßen. Die VerkäuferInnen wiederum erwarten, dass der Gruß erwidert wird. Der Kunde muss aber auch erwarten, dass die VerkäuferInnen erwarten, zurückgegrüßt zu werden, so wie die VerkäuferInnen erwarten müssen, dass der Kunde erwartet, zuerst begrüßt zu werden. Ohne Erwartungserwartungen des jeweils anderen bleiben die eigentlichen Erwartungen von Kunden und VerkäuferInnen unerfüllt und es kommt keine gute Kommunikation zustande. Erwartungserwartungen können pauschalisiert werden, zum Beispiel bei Höflichkeitsregeln. Es gehört zum generellen Anstand, dass die Frau vor dem Mann persönlich als erstes begrüßt wird. Hierzu möchte ich ein häufig erlebtes Beispiel beschreiben. Ein Ehepaar kommt zu einem mit einem Verkäufer verabredeten Termin, beispielsweise in eine Ausstellung. In der Regel prescht der Ehemann hier bei der Begrüßung vor und reicht dem Verkäufer oder der Verkäuferin zuerst die Hand. Die Ehefrau wird in den meisten Fällen dadurch erst als zweites begrüßt. Hier wird also eine eventuell vorhandene Erwartungs-­ Erwartung enttäuscht.

Die adaptive Erwartung Die dritte und letzte Form der Erwartung ist die sogenannte „adaptive Erwartung [1]“. Bei dieser Form der Erwartung geht es darum, dass der Kunde all seine bisherigen selbst gemachten Erfahrungen nutzt, um eine Erwartung zu bilden. Ein weiterer Teil dieser Erwartungsform ist die rationale Erwartung. Bei ihr geht es darum, alle verfügbaren Informationen einzubeziehen, damit eine bestimmte Erwartung entsteht. Das heißt es geht zum einen z. B. um meine Erfahrungen mit Einkäufen, durch die ich eine bestimmte Erwartungshaltung habe, und zum anderen um die Informationen, beispielsweise bei der Vorbesprechung zu einem Beratungstermin, die ich bekomme und durch die ich wiederum etwas Bestimmtes erwarte. Es ist also ein Zusammenspiel aus gemachten Erfahrungen und

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dem Sammeln von Informationen, irrelevant aus welchen Medien oder Kanälen diese Informationen stammen. Falsche Informationen können folglich auch dafür sorgen, dass der Kunde eine falsche Erwartungshaltung bildet. Darum ist eine gute Bedarfsanalyse ein essenziell wichtiger Teil im Verkaufsprozess. Mit der Bedarfsanalyse können Sie Erwartungen herausfinden, um diese dann auch nicht zu enttäuschen oder die Erwartung des Kunden gemeinsam mit ihm anzupassen. Wird eine Erwartung enttäuscht, dann wird sie in der Regel [1], laut den wissenschaftlichen Erkenntnissen, vom Kunden angepasst oder verändert. In wenigen Ausnahmen hält der Kunde trotz Richtigstellung von eventuellen Fehlinformationen seine Erwartung aufrecht. In diesem Fall spricht die Wissenschaft von der sogenannten Kontrafaktischen Stabilität. Im Volksmund können wir sagen, er ist unbelehrbar. Solche Fälle, in denen ein Freund, ein Kollege oder vielleicht auch ein Kunde unbelehrbar ist oder war, dürften die meisten von uns kennen.

Erwartungen des Kunden im Verkaufsgespräch Diese drei Formen machen also die Erwartung des Kunden aus. Aber was erwartet der Kunde heute von einem guten Verkaufsgespräch, dem Unternehmen oder speziell von Verkäufern? Hierzu gibt es eine in Deutschland durchgeführte repräsentative Umfrage [2], die sich genau dieser Frage gewidmet hat. Darin gaben 75 Prozent aller Befragten an, dass sie von Mitarbeitern im Verkauf eine freundliche, aufmerksame und präsente Art erwarten. Der Kunde möchte also, dass ihm Freundlichkeit entgegengebracht wird und dass die Verkäufer aufmerksam zuhören, bei dem was er angibt und sagt, zum Beispiel bei einer Bedarfsanalyse. Durch das eigene Aufschreiben von Notizen kann man dem Kunden zeigen, dass wirklich zugehört und seinem Gesagten eine Bedeutung beigemessen wird. Viele Fehler im Verkaufsprozess entstehen dadurch, dass eine schlechte Kommunikation mit dem Kunden stattfindet oder einfach Absprachen oder Inhalte der Beratung vergessen werden. Aber der Kunde erwartet natürlich auch während der Beratung eine mentale Präsenz des Verkäufers. Ich sehe häufig Beispiele, in denen sich Mitarbeiter auf einmal ablenken lassen oder ans Telefon gehen, vielleicht noch mit den Worten: „Das ist ein ganz wichtiges Gespräch mit einem anderen Kunden, da muss ich rangehen“. Dem Kunden wird dadurch jedoch signalisiert, dass der andere Kunde jetzt wichtiger ist als er. Wir enttäuschen also eventuell eine der Erwartungsformen, welche auch immer das sein könnte.

Vertrauen auslösen durch Ehrlichkeit und Authentizität Gleiches gilt für die Beratung auf einer Verkaufsfläche. Natürlich wird nicht jede Beratung ein Kauf. Aber auch wenn wir annehmen, dass der jetzige Kunde vermutlich nichts kaufen wird, sollten wir ihn niemals alleine stehenlassen und zum nächsten gehen. Denn damit

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vermitteln wir dasselbe wie beim Annehmen eines Telefonates: Desinteresse und dass der andere Kunde wichtiger ist. Die wenigsten machen das vermutlich absichtlich oder mit bösen Hintergedanken, aber dennoch tun es leider unbewusst die meisten. In besagter Studie gaben weitere 60  Prozent aller Befragten an, dass sie sich einen neutralen Berater wünschen, der ihnen das Gefühl vermittelt, das am besten geeignete Produkt zu bekommen oder ihnen gegebenenfalls von einem Kauf abrät. Wenn wir nun einmal zu dem Kapitel der Schublade des Verkäufers zurückgehen, dann wissen wir, dass die meisten Kunden in Deutschland das Gefühl haben, dass ihnen etwas aufgeschwatzt wird. Der Kunde wünscht sich also, dass die Berater oder VerkäuferInnen in Hinsicht auf ihre Produkte und die gesamte Beratung absolut neutral sind und er ehrlich beraten wird. Er glaubt jedoch, dass das eigentlich in der Mehrheit nicht der Fall ist. Wenn Sie also dem Kunden nicht das für ihn Passende präsentieren können, dann müssten Sie ehrlicherweise zugeben, dass sie nicht der richtige Partner oder Anbieter für ihn sind. Eventuell wird dadurch dennoch Ihre Ehrlichkeit weiterempfohlen oder bei Google bewertet. Denn letztendlich geht es dabei auch um die investierte Zeit sowohl des Kunden als auch des Verkäufers. Eine mögliche Aussage dazu wäre zum Beispiel: „Frau Meyer, ich würde Ihren Wunsch nur allzu gern erfüllen, aber leider habe ich nicht das richtige Produkt für Sie und ich möchte Ihnen auch nichts andrehen. Daher bin ich ehrlich, denn Ihre Zeit möchte ich natürlich auch nicht verschwenden. Sie ist immerhin unser kostbarstes Gut.“ Ob man im Anschluss als Alternative einen Netzwerkpartner oder gar Wettbewerber empfiehlt, lasse ich freigestellt. Um die Neutralität des Beraters zu verdeutlichen, ist eine Bedarfsanalyse immer das richtige Werkzeug. Sie signalisiert dem Kunden: „Hier geht es um Sie, um Ihren Wunsch und darum, was Sie mir sagen.“ Es geht nicht darum, einfach nur anzunehmen, was der Kunde eventuell braucht. Nein, wir müssen es zusammen mit dem Kunden herausfinden. Diese These bestätigt das nächste Ergebnis der Umfrage [2]. Denn 51 Prozent der Befragten wünschen sich, dass sich VerkäuferInnen schnell auf den Kunden einstellen und verstehen, was er wirklich sucht oder was am besten zu ihm passt. Der Kunde setzt also eine Bedarfsanalyse und eine auf ihn zugeschnittene Beratung voraus. Zuerst aber müssen wir lernen, den Kunden zu verstehen, um zu erfahren, was er wirklich sucht oder braucht. Ohne eine Bedarfsanalyse ist es wie eine Autofahrt mit verbundenen Augen. Es kann gut gehen, allerdings ist die Wahrscheinlichkeit eines Unfalls sehr hoch. Es ist wie eine blinde Beratung und die Chancen sind unter 20 Prozent, dass es zum Kaufabschluss kommt. Weitere 50 Prozent der Befragten sagten nämlich aus, dass sie sich eine adäquate Produktempfehlung wünschen. Dabei wird gleichzeitig erwartet, Alternativen erklärt und aufgezeigt zu bekommen, falls der eigentliche Wunsch nicht realisiert werden kann. Dafür setzen 48 Prozent der Befragten eine detaillierte Produktkenntnis für das vom Verkäufer empfohlene Produkt voraus. Wenn wir also mal eine Frage nicht beantworten können, sollten wir das offen zugeben, zum Beispiel mit den Worten: „Herr Meyer, wir sprechen ganz offen. Diese Frage kann ich leider aus dem Stegreif nicht beantworten. Da ich Ihnen aber keinen Quatsch erzählen möchte, würde ich diese Frage eben klären gehen, sofern das für Sie in Ordnung ist.“ Solch eine Reaktion wäre in jedem Fall ehrlich und absolut

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authentisch. Schwierig wird es aber natürlich, wenn Sie mehrere Fragen nicht beantworten können. Denn der Kunde setzt voraus, dass der Verkäufer ausreichende Kenntnisse über das Produktsortiment besitzt. Wie soll der Kunde Vertrauen zu VerkäuferInnen aufbauen, wenn die VerkäuferInnen keine Ahnung haben von dem, was sie verkaufen sollen. In der Studie äußerten zusätzlich 34 Prozent der Befragten den Wunsch, dass der Verkäufer ernsthaft an ihren Präferenzen interessiert sein sollte. Das bedeutet also auch hier wieder, dass der Kunde einen aufrichtigen und ehrlichen Verkäufer bevorzugt, der für den Kunden da ist und ihm deutlich das Gefühl vermittelt, auf seine Belange eingehen zu ­wollen. Wenn Sie nun also einen Termin mit einem Kunden wahrnehmen und Sie gehen an Ihr Handy, wenn dies klingelt, dann signalisieren Sie eher Desinteresse statt Interesse. Egal wie banal es zu sein scheint, der Kunde wünscht sich, von Ihnen gesehen und verstanden zu werden. Er wünscht sich ein gutes Bauchgefühl. Dieses stellt sich aber nicht ein, wenn ich mich als VerkäuferIn nicht bemühe, ihm dieses Gefühl auch vermitteln zu wollen. Neben z. B. Pünktlichkeit spielt hier auch das Einhalten von Zusagen eine Rolle. Eine Zusage zu vergessen bedeutet für den Kunden, dass er vergessen wurde und in der Folge, dass er sich auf Sie nicht verlassen kann. Wir denken häufig nicht mehr darüber nach, was unser Handeln eventuell für Konsequenzen auslöst. Aber warum sollte ich als Kunde bei einem Berater oder Verkäufer einen Auftrag abschließen, wenn Handy oder andere Kunden wichtiger sind als ich? Wir wissen ja bereits aus den wissenschaftlichen Quellen der vorangegangenen Kapitel, dass der günstigste Preis keine Garantie für einen Abschluss ist. Es ist das Gefühl, das den Kunden zum Kaufen anregt. Darum ist es wichtig, dass Sie Gefühle sehen und verstehen. Dafür werden wir später mit dem Mimikresonanz®-Modell arbeiten, damit Sie lernen, diesem Anspruch gerecht zu werden. Ein weiteres interessantes Ergebnis der Befragung ist, dass 22 Prozent der Teilnehmer es vorziehen würden, wenn VerkäuferInnen aktiv auf sie zukommen, sei es in der Ausstellung oder auf der Verkaufsfläche. Natürlich sollten wir dem Kunden immer genügend Zeit geben, erstmal in der neuen Umgebung anzukommen. Warum dies so wichtig ist, beschreibe ich in dem Punkt „Die ersten Kontakte“ im Kapitel der wichtigsten Verkaufsmomente. Aber welche Möglichkeiten gibt es noch, nach dem ersten Ankommen auf den Kunden zuzugehen? Da hätten wir zum Beispiel die Situation, dass wir für den Kunden bereits im Vorfeld ein Angebot erstellt haben, ein Abschluss aber noch nicht stattfand. Im besten Fall haben wir hier die weitere Kommunikation und das zukünftige Vorgehen bereits mit dem Kunden abgesprochen. Wenn nicht, sollten wir nach einer Woche anrufen, um erstens Interesse an dem Vorhaben und dem Kunden zu zeigen und zweitens, um eventuell neu aufgetretene Fragen zu klären, die dem Abschluss im Weg stehen könnten. Wenn wir nicht anrufen, wird ein anderer mit dem Kunden in Kontakt treten. Das Nachfassen der Angebote ist eine elementare Aufgabe der VerkäuferInnen. Oftmals wird diese Verantwortung jedoch meiner Erfahrung nach nicht ernst genommen. Viel zu oft musste ich die Aussage hören: „Der Kunde meldet sich schon, wenn er was will.“ Ja, wenn Sie großes Glück haben, dann tut er das vielleicht, sofern es keinen anderen Anbieter gibt. Aber das ist in der heutigen Zeit ja mehr als unwahrscheinlich. Wenn Sie daher also Pech haben, was eher der Fall sein wird, vergessen Sie das Nachfassen und der Kunde wird von einem Wettbewerber

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umfassender beraten und begleitet. Dieser bleibt am Kunden dran und klärt die eventuell offenen Fragen, die sich noch aus Ihrer eigenen Beratung ergeben haben. Schon sind Sie vom Kunden vergessen worden und ein anderer erfüllt jetzt seine Erwartungen, seine Bedürfnisse und seine Wünsche besser oder befriedigender. Aus der Praxis weiß ich, dass wenn ich mit Unternehmen den Verkaufsprozess verändere und wir einen festen Tag zum Nachfassen der Angebote einführen, dann ist dies im ersten Jahr der wesentliche Punkt, warum mehr Verträge zustande kommen. Eine lapi­ dare und selbstverständliche Maßnahme steigert also die Abschlussquote nachweislich. ­Ausreden wie „der Verkäufer habe so viel zu tun und käme nicht dazu“ kann ich da schlicht nicht nachvollziehen. Denn letztendlich entgeht den VerkäuferInnen ohne das Nachhaken eine simple Möglichkeit, die Umsätze zu erhöhen. Eine Abschlussquote von 100 Prozent werden Sie vermutlich nie erreichen, aber Sie sollten zumindest den Anspruch besitzen.

 roduktempfehlungen aus Ihren Erfahrungen oder denen P anderer Kunden Das letzte Ergebnis der Umfrage sagt aus, dass 17 Prozent aller Befragten sich von einem Verkäufer wünschen, dass er persönliche Erfahrung mit den Produkten gesammelt hat. Sofern dies nicht möglich ist, kann man hier auch auf Referenz-Kunden zurückkommen, um dem gerecht zu werden. Nehmen wir als Beispiel die Anschaffung eines Terrassendaches. Dabei geht es um bauliche Anschlüsse am Haus, Farben und die Montage, alles Aspekte, die eine wichtige Rolle für den Kunden spielen. Wenn wir nun einen Referenz-­ Kunden vorweisen, zu dem wir den neuen Kunden einladen dürfen, können diese sich ideal über die gemachten Erfahrungen austauschen. Natürlich lässt sich das nicht immer umsetzen, aber es ist eine mögliche Option, die Sie in Betracht ziehen und im Hinterkopf behalten sollten. Selbstverständlich könnten Sie den neuen Kunden bei so einem Besuch auch begleiten. Allerdings reden die Kunden offener miteinander, wenn die VerkäuferInnen nicht anwesend sind. So können eventuelle Bedenken oder auch Ängste diskutiert werden, die der neue Kunde mit Ihnen vielleicht noch nicht besprechen möchte. Am Ende wird jedoch die getroffene Kaufentscheidung definitiv ein Gesprächsthema sein und somit auch, warum diese für Sie positiv ausgefallen ist. In der Regel, weil alle Erwartungen erfüllt worden sind. Sollte es also zu einem Abschluss durch den Referenz-Kunden kommen, ist es das Mindeste, sich hinterher bei diesem zu bedanken, entweder durch einen Anruf oder durch persönliches Vorbeifahren. Der Kunde erwartet in der Regel kein Geschenk, aber er erwartet ein ehrliches und aufrichtiges Dankeschön. Und wie könnten Sie ihm dies besser zeigen als mit Ihrer kostbaren Zeit? Vielleicht hat Ihr Altkunde ja auch noch ein weiteres Anliegen, ein Produkt, was er tauschen oder erneuern möchte. Oder vielleicht teilt er Ihnen sogar mit, was eventuelle Sorgen oder Bedenken des neuen Kunden waren oder sind. Bei dem neuen Kunden sollten Sie nach dem Austausch ebenso in Erfahrung bringen, was seine Erkenntnisse aus dem Termin sind und was gegebenenfalls den Ausschlag für

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seine positive Kaufentscheidung gegeben hat. Im besten Fall besprechen Sie direkt einen neuen persönlichen Termin, um final alles Weitere zu klären, damit dem Vertragsabschluss nichts mehr im Wege steht. Solch eine Vorgehensweise kann bei einem Terrassendach funktionieren. Was aber machen Sie in einem Jeansladen? Da können Sie Neukunden schlecht zu möglichen Referenz-­ Kunden schicken und Sie können sich auch nicht jede Hose oder jeden Pullover selbst kaufen, um von persönlichen Erfahrungen zu berichten. Was Sie aber machen könnten, ist, neue Waren einfach in Ihrer Größe anzuprobieren, um so über die neu gewonnene Einsicht zu sprechen. Jetzt stellen Sie sich diese Situation vor: Sie gehen in einen Jeansladen, um eine qualitativ hochwertige Jeans oder Chinohose zu kaufen. Sie erwarten keine spannende Beratung oder Informationen, die Sie positiv überraschen könnten. Nun sagt der Verkäufer irgendwann bei der Anprobe: „Herr Meyer, ich weiß aus meiner persönlichen Erfahrung mit dieser Hose, dass sie eher enger geschnitten ist als man von einer Slim-Line Hose denken würde. Ich habe sie zwar nicht gekauft, allerdings probiere ich immer neue Ware an, um unseren Kunden auch sagen zu können, wie die Eigenschaften unserer einzelnen Kleidungsstücke tatsächlich sind.“ Eventuell steht der Kunde nun mit offenem Mund vor dem Verkäufer, weil er absolut perplex ist. Denn wer rechnet heute in der deutschen Service- und Verkaufswelt mit solch einem hohen Maß an Engagement in einem Jeansladen? Die wenigsten, vermute ich. Deshalb ist es auch nicht selbstverständlich, dass so etwas passiert. Aber das sollte es eigentlich sein. Denn es geht in einem guten Verkauf immer darum, dem Kunden die Produkte richtig zu erklären, zu zeigen und auch aus Erfahrungen sprechen zu können, die dann die ganze Beratung authentischer und persönlicher gestalten. Steht der Aufwand im Verhältnis? Steht er. Denn Sie könnten jetzt, wenn der Kunde eingekauft hat, fragen, ob er diese Beratung weiterempfehlen würde. Bejaht er dies, kann man nun die Frage nach einer Bewertung bei Google oder Facebook stellen. Wenn mir jemand einen solchen Verkäufer empfehlen würde, glauben Sie mir, dann wäre dies künftig der Laden, wo ich den Großteil meiner Kleidung kaufen würde. Glücklicherweise gibt es sogar solch einen Herrenausstatter in meiner Nähe. So kann das Kaufen einer Jeans oder eines Pullovers wieder zu einem angenehmen Erlebnis werden. Genau solche beispielhaften Erlebnisse machen den Spaßfaktor beim Kaufen von Waren aus. Verkaufen ist eben auch, dass man versucht, den Kunden zu begeistern, damit er wiederkommt und Sie auch weiterempfiehlt. Dabei ist völlig irrelevant, welche Produkte oder auch Dienstleistungen Sie verkaufen. Es kommt darauf an, wie Sie es anstellen und wie umfassend Sie die Vorstellungen der Kunden erfüllen oder vielleicht sogar übererfüllen. Wie viele Verkäufer haben Sie in Ihrem Leben kennengelernt, die Ihre Vorstellungen übererfüllt haben? Und wie oft haben Ihnen Ihre Kunden das Feedback gegeben, dass Sie alle ihre Erwartungen verwirklicht haben? Versuchen Sie in der Zukunft einfach mal, nach einem Abschluss mit dem Kunden diese Frage zu stellen: „Konnte ich allen Ihren Erwartungen gerecht werden?“ Diese Frage können Sie nach jeder Beratung einsetzen. Einigen Kunden wird vermutlich gar nicht bewusst sein, dass es vielleicht so ist, dass Sie allen ihren Anforderungen nachgekommen sind. Stellen wir diese Frage aber, denkt der Kunde

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darüber nach und bezieht diese bestätigten Erwartungen mit in seine Kaufentscheidung ein. Wie der Kunde seine Kaufentscheidung trifft und was er alles dafür tut, das lernen wir im nächsten Kapitel.

Literatur 1. Wikipedia (o.J.). Erwartung. https://de.wikipedia.org/wiki/Erwartung. zuletzt zugegriffen 06.10.2020 2. PWC in Statista (2019). Umfrage zu Erwartungen an Verkaufspersonal im Einzelhandel in Deutschland 2018 – Eigenschaft und Leistungen, die sich Konsumenten von Verkäufer/innen im Einzelhandel wünschen, in Deutschland im Jahr 2018. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/960394/umfrage/erwartungen-­an-­verkaufspersonal-­im-­einzelhandel-­in-­deutschland/. zuletzt zugegriffen 06.10.2020

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Wie Kunden ihre Kaufentscheidungen treffen

Inhaltsverzeichnis Wissenschaftliche Basis  Was sind repräsentative Umfragen?  Emotionen und Vertrauen sind ausschlaggebend für den Verkaufserfolg  Rationalität gilt in Verkauf und Vertrieb oft als unwichtig  Das Vertrauen ist das A und O  Rationale Beweggründe  Kunden brauchen eine individualisierte Beratung  Die Qualität der Produkte ist wichtig  Komfort bei der Beratung  Die große Produktauswahl  Kundenservice  Die Bedeutung des Preises  Fazit: Empathie, Emotionen und ethische Werte im Verkaufs- und Vertriebsprozess  Literatur 

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Wissenschaftliche Basis Bevor wir zu den psychologischen, neurobiologischen oder emotionalen Gründen kommen, warum und wie Kunden eine Kaufentscheidung treffen, möchte ich noch beschreiben, welche Faktoren die Kaufentscheidung von deutschen Kunden nach ihren eigenen Angaben beeinflussen. In diesem Kapitel werde ich mich auf insgesamt 14 verschiedene Quellen berufen. Zu oft musste ich leider Bücher lesen oder war auf Verkaufs- und Vertriebstrainings, in denen Fakten beschrieben worden sind, die weder ein repräsentatives Umfragefundament aufweisen konnten, noch eine wissenschaftliche Grundlage besaßen. Vielmehr musste ich lesen oder mir anhören, dass die Annahmen oder auch Thesen der © Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2021 J. Kettler, Mit Empathie verkaufen, Edition Sales Excellence, https://doi.org/10.1007/978-3-658-32419-3_4

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Autoren, Trainer und Berater auf Beobachtungen basierten, die sich wiederum nur auf wenige Beispiele beschränkten.

Was sind repräsentative Umfragen? Wir alle kennen das Sprichwort: „Traue keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast.“ Davon nehme ich Abstand. Es gibt Statistiken und Umfragen, die wenig qualitativ sind. Allerdings gibt es auch solche, die repräsentativ und auf einem hohen Niveau durchgeführt wurden. Was eine repräsentative Umfrage eigentlich ist und was genau die Kriterien dafür sind, das möchte ich Ihnen gerne erklären: Als repräsentative Umfrage definiert man Umfragen mit ca. 10.000 Teilnehmern. Nun fragen Sie sich vielleicht, wie man von nur 10.000 Teilnehmern Rückschlüsse auf die gesamte Bevölkerung ziehen kann. Hierfür wird der Mechanismus des Generalisierens genutzt. Bereits ab einer Gruppenanzahl von 500 Personen ist der Stichprobenfehler gering. Das bedeutet, dass die Menge der Abweichungen zu einer noch größeren Gruppe, beispielsweise 10.000, sehr klein ist. Umso weniger Befragte an einer Umfrage teilnehmen, desto größer ist die Abweichung zu der größeren, repräsentativen Gruppe. Die folgende Studie [1], auf die ich mich als erstes in diesem Kapitel beziehe, ist seit dem Jahr 2010 jährlich wiederholt worden. Sie nennt sich OC&C Einzelhandels-Index und ist eine internationale Studie zur Kundenwahrnehmung von führenden Handelsunternehmen. Sie zeigt auf, was für den Erfolg in der Branche wirklich zählt. Insgesamt wurden in den letzten neun Jahren über 290.000 Verbraucher für diese Einzelhandelsstudie befragt. Das sind im jährlichen Durchschnitt circa 32.000 Befragte. Das Fazit der Studie aus dem Jahr 2018 ist, dass Einzelhändler sich mehr denn je auf die emotionale Bindung konzentrieren und verstehen sollten, wie sie nicht nur die funktionalen, sondern auch die emotionalen Bedürfnisse ihrer Kunden bestmöglich erfüllen können. Diese Ergebnisse zeigen ganz klar auf, dass im Verkauf und Vertriebetwas verändert werden muss, wenn man verhindern möchte, dass der Kunde immer mehr zum Online-­ Wettbewerb abwandert. In der Studie [1] hat man zwischen rationalen und irrationalen Beweggründen von deutschen Kunden unterschieden. Beginnen werde ich nun mit den irrationalen Beweggründen.

 motionen und Vertrauen sind ausschlaggebend für E den Verkaufserfolg Die ausschlaggebenden Faktoren beim Kaufentscheid für Kunden sind laut der Studie [1]: emotionale Wärme, Markentreue und das feste Vertrauen, bei den VerkäuferInnen in guten Händen zu sein. Die Kunden suchen ganz gezielt nach Glücksmomenten und einem emotionalen Boost, so das Ergebnis dieser Studie [1]. Sie wollen emotional begeistert und vor allem verstanden werden. Die Zeiten von Hardselling-Methoden oder absurden

Rationalität gilt in Verkauf und Vertrieb oft als unwichtig

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und unglaubwürdigen Werbeversprechen sind veraltet und nicht mehr angebracht. Empathie, emotionale Intelligenz, Wertschätzung und Verständnis für den Kunden sind die Währung des 21. Jahrhunderts im Vertriebs- und Verkaufswesen. Zusätzlich dienen diese Werte als Unterscheidungsmerkmal gegenüber Ihren regionalen oder überregionalen Wettbewerbern. Die Studie [1] kommt auch zu dem Entschluss, dass die Bedeutung der emotionalen Bindung zum Kunden von Jahr zu Jahr wichtiger wird, um sich erfolgreich am Markt zu platzieren. Die Studienverfasser raten den EinzelhändlerInnen und den VerkäuferInnen, im Vorfeld mehr Vertrauen zum Kunden aufzubauen, besonders dahingehend, was die Erwartungen des Kunden betrifft. Die Erwartungen der deutschen Kunden an den Verkäufer und das Unternehmen haben wir deshalb bereits im vorherigen Kapitel behandelt.

Rationalität gilt in Verkauf und Vertrieb oft als unwichtig Die Studie [1] kommt weiterhin zu dem Ergebnis, dass die rationale Ansprache der Kunden weniger wirksam ist als je zuvor. Auch die Werbeaussagen, die beim Kunden bestimmte Erwartungen wecken, sollten authentisch und nachvollziehbar sein. Nehmen wir das Beispiel von Sonderpreisen. Ich nenne Ihnen drei Beispiele und am Ende entscheiden Sie bitte selbst, bei welchem Anbieter Sie Ihre Küche kaufen würden: • Werbeaussage eins: 45 Prozent auf frei geplante Küchen • Werbeaussage zwei: Kaufen Sie Ihre Küche zum Messe-Sonderpreis und planen Sie Ihre Küche einfach in Metern. • Werbeaussage drei: 60 Prozent auf frei geplante Küchen, ein Topfset gratis, das Spülbecken sowie die Montage umsonst und den Koch stellen wir Ihnen auch noch in die Küche  – Schluss damit, bei uns gibt es keine absurden Versprechen, dafür aber faire Preise! Alle drei Beispiele sind aktuelle Werbeslogans der Küchen- und Möbelbranche. Der Werbeslogan mit den 45 Prozent auf frei geplante Küchen ist vermutlich sogar der älteste und am meisten verwendete. Diese Werbung wurde schon vor über zehn Jahren regelmäßig von Möbelhäusern und auch Küchenstudios geschaltet. Auch die Macher des dritten Werbeslogans, der auf die Absurdität mancher Werbeaussagen hinweist, haben vorher mit 45 Prozent auf frei geplante Küchen geworben. Entscheiden Sie nun bitte selbst, welcher dieser drei Werbeslogans Sie am meisten anspricht. Mir persönlich gefällt die dritte Aussage am besten. Wenn ich diese Werbung höre, empfinde ich alle anderen Anzeigen, die ich im Küchenbereich lese oder höre, als unglaubwürdig. Außerdem werde ich bei dem Beispiel emotional angesprochen, denn diese Werbung bringt mich vor allem zum Schmunzeln. Seien wir ehrlich, welches Küchenstudio oder welches Möbelhaus in Deutschland kann es sich leisten, seine Küchen regelmäßig mit 45 Prozent Sondernachlass zu verkaufen? Keines. Warum habe ich dieses Beispiel gewählt? Ich war selbst vier Jahre lang im Küchenverkauf tätig und weiß, dass diese hor-

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renden Preisversprechen ausschließlich aus der Luft gegriffen sind. Als ich vor über zehn Jahren Küchen verkauft habe, sind die Kunden regelmäßig mit der Werbung in der Hand zu mir gekommen und haben sich eine Küche mit 45 Prozent Rabatt planen lassen. Der Preis beziehungsweise die Grundkalkulation waren dabei immer gleich.

Das Vertrauen ist das A und O Ein weiteres Ergebnis der Studie [1] ist, dass es ohne Vertrauen nicht mal zu einem ersten Kontakt zwischen Kunde und Verkäufer kommt. Der Werbeslogan eins mit den 45 Prozent auf frei geplante Küchen oder der Werbeslogan zwei mit den Messe-Sonderpreisen lassen den Kunden eher nicht vertrauen, sofern er zusätzlich die Werbung drei hört oder liest, in der auf die Absurdität der anderen Werbeaussagen hingewiesen wird. Wie würden Sie sich entscheiden, wenn Sie den Slogan mit dem Hinweis auf die Unglaubwürdigkeit der anderen beiden Werbeaussagen nicht kennen würden? Entweder würden Sie eine Küche mit 45  Prozent Sonderrabatt kaufen oder Sie würden sich für eine Küche zum Messe-­ Sonderpreis in Metern entscheiden. Vielleicht messen Sie der Werbung auch keine Bedeutung bei. Aus Erfahrung allerdings weiß ich, dass speziell im Küchenbereich viele Kunden auf solche Sonderaktionen warten.

Rationale Beweggründe Kommen wir nun zu den rationalen Beweggründen. An erster Stelle steht auch hier das Vertrauen [1]. Das bedeutet, dass der Kunde neben dem irrationalen Vertrauen und dem Wohlfühlfaktor beim Kauf auch rationales Vertrauen empfinden möchte. Der Kunde möchte also sein Vertrauen auch rational bestätigt wissen. Das können Sie erreichen, indem Sie dem Kunden zum Beispiel bei der Anzahlung eines Produktes durch eine Bankbürgschaft Sicherheit verschaffen. Ob der Kunde diese tatsächlich in Anspruch nimmt, mag individuell verschieden sein. Alleine das Angebot der Bankbürgschaft kann dem Kunden allerdings die Sorge nehmen, seine Anzahlung zu verlieren. Vielleicht möchte der Kunde auch Vertrauen aufbauen, indem er mit anderen Kunden von Ihnen über die gemachten Erfahrungen sprechen kann. Nennen wir es das analoge Bewertungsformat. Wenn Sie auf Referenzkunden zurückgreifen können (Sie erinnern sich an das Beispiel mit der Dachterrasse), dann nutzen Sie diese Möglichkeit auch. Haben Sie keine, dann versuchen Sie, sich welche aufzubauen. Wenn ich Firmen berate, dann begleite ich diese beispielsweise auch bei Neueröffnungen. Auf solchen Neueröffnungen beobachte ich immer wieder, dass sich Neukunden von Stammkunden beraten lassen, weil alle Mitarbeiter und die Inhaberfamilie gerade in Gesprächen mit Besuchern sind. Solche Stammkunden sind Gold wert. Kunden kaufen am schnellsten von Kunden. Wenn Sie es dann noch schaffen, dass Sie die gleichen Kundencharaktere zusammenbringen, dann ist es umso effizienter und vor allem schneller von Erfolg gekrönt. Und ich spreche hier nicht

Rationale Beweggründe

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nur aus wissenschaftlicher Sicht, sondern aus praktischen Erfahrungen, die ich in Zusammenarbeit mit vielen Unternehmen in den letzten zehn Jahren gemacht habe. Wie Sie die Kundencharaktere erkennen, dazu im nächsten Kapitel mehr. Kurzer Exkurs Online-Bewertungen Die Bewertungen Ihrer Firma im Internet darf man keineswegs außer Acht lassen. Die persönlichen Empfehlungen sind natürlich wichtig, aber auch Ihre Online-Bewertungen spielen eine große Rolle. Sie können sogar von existenzieller Bedeutung sein. Es gibt viele Beispiele, gerade im Gastronomiebereich, die Unternehmen die Existenz gekostet haben, weil es zu viele schlechte Bewertungen im Internet über sie gab. Ich gebe Ihnen ein kurzes Beispiel, damit Sie es nachempfinden können. Stellen Sie sich vor, Sie sind im Urlaub, beispielsweise an der Ost- oder Nordsee. Sie waren zuvor noch nie dort und wollen nun in einem Fischrestaurant mit Ihrer Begleitung zusammen essen. Sie googeln Fischrestaurant in Ihrer Nähe und bekommen zwei Vorschläge, jeweils mit einem Onlineprofil, in dem Sie Bewertungen einsehen können. Sie können sich entscheiden zwischen Restaurant A mit 4,1 Sternen bei 15 Rezensionen und Restaurant B mit 4,6 Sternen bei neun Rezensionen. Ohne diese Bewertungen inhaltlich gelesen zu haben, welches Restaurant würden Sie bevorzugen? Ich gehe davon aus, dass Sie sich wie ich für die 4,6 Sterne mit weniger Bewertungen entscheiden. In diesem Beispiel könnten sie rein subjektiv (gefühlt) kein Vertrauen zu Restaurant A mit 4,1 Sternen aufbauen. Sie können sich allerdings bei Restaurant B mit 4,6 Sternen schon im Vorfeld sicher fühlen. Sind Bewertungen im Internet über mich oder meine Firma daher nun wirklich wichtig und von Bedeutung für den Kunden? Ja, sind sie. Vor einigen Jahren waren sie das vermutlich nicht, heute im digitalen Zeitalter aber sind sie das A und O. Wenn Sie beispielsweise in der Versicherungsbranche tätig sind und ein eigenes Büro führen, dann treten Sie in einen Wettbewerb ein, so wie jeder andere in seiner Branche auch. Ob Sie Eis, Schuhe Bekleidung, Möbel, Dienstleistungen, Finanzprodukte, Versicherungen, Elektronikartikel oder Produkte rund ums Haus verkaufen, wie zum Beispiel Markisen oder Haustüren, Sie befinden sich in einem stetigen Wettbewerb. In einer Marktwirtschaft haben Sie auch gar keine andere Wahl. Der Wettbewerb bestimmt Angebot und Nachfrage und wird heutzutage nicht mehr nur analog, sondern vor allem auch digital und online ausgetragen. Darum ist es wichtig, dass Sie Ihre Bewertungsportale pflegen und Ihre zufriedenen Kunden darauf aufmerksam machen, dass diese dort die Möglichkeit haben, Sie zu bewerten. Den Unternehmen, die ich berate, gebe ich zum Beispiel immer den Tipp, jede Bewertung, die online von einem Kunden über sie getroffen wird, mit einer Spende für einen gemeinnützigen Zweck zu verbinden, beispielsweise für einen regionalen Kinder-Sportverein oder auch für Menschen mit Beeinträchtigungen. Sie können dem Kunden aber auch klassisch einen Gutschein oder ein anderes Versprechen für seine Bewertung geben. Wichtig ist dabei nur, dass Sie ihm verdeutlichen, dass Ihr „Dankeschön“ nicht an eine positive Bewertung gekoppelt ist und er völlig frei urteilen darf. Denn nur der Kunde kann und sollte entscheiden, wie er Sie bewertet. Bewertungszwang kann sonst wiederum zu einer negativen Bewertung führen. In einer Umfrage [3] mit über 1000 Kunden wurde herausgefunden, dass sich 76 Prozent der Teilnehmer bei ihrer Kaufentscheidung von Online-Bewertungen beeinflussen lassen. 14  Prozent der Kunden gaben an, dass Online-Bewertungen sie nur gering beeinflussen. Und gerade mal sechs Prozent machen ihren Kauf gar nicht von einer Online-Bewertung abhängig. Drei Prozent der Teilnehmer machten dazu keine Angabe. Eine andere Umfrage [4] ergab, dass 66  Prozent von über 2000 Teilnehmern für die Online-­ Informationssuche Google verwenden. Andere Bewertungsportale sind für den deutschen Kunden oftmals nicht transparent genug. Google hingegen ist für den Endverbraucher klar verständlich und leicht nachzuvollziehen. Auch ich verwende fast täglich Google, um Bewertungen von Unternehmen oder Hotels einzusehen, in denen ich tätig bin oder übernachte. Ist in dem Hotel kein Restaurant

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vorhanden, suche ich natürlich ein Restaurant in der Nähe und auch hier verwende ich wieder Google. Google hat es geschafft, sich in meinem und in Ihrem Alltag zu etablieren. Deshalb wird diese Suchmaschine auch in dem Alltag Ihres Kunden eine feste Größe sein. Die Plattform ciao [5] wollte von ihren Kunden wissen, ob sie schon mal aufgrund von ­Online-­Bewertungen ihre Kaufentscheidung verändert haben. 79 Prozent sagten Ja, 21 Prozent verneinten. Die Bedeutung Ihrer Online-Bewertung ist also existenziell. In den kommenden Jahren wird Ihr Internetauftritt wichtiger denn je, denn der Kunde bewertet auch immer mehr die einzelnen VerkäuferInnen von Unternehmen bzw. die BeraterInnen oder MaklerInnen von Finanzdienstleistern und Banken. Nicht nur in Deutschland, auch in Österreich sind Online-Bewertungen eine fundamentale Grundlage für viele UnternehmerInnen. Eine dort durchgeführte Umfrage [6] wollte herausfinden, wie wichtig Bewertungen in Online-Portalen sind, bevor der Kunde ein Produkt kauft. Stolze 60  Prozent der 1000 befragten Österreicher gaben an, dass die Online-Bewertungen eine wesentliche Rolle für ihre Kaufentscheidung spielen.

Kunden brauchen eine individualisierte Beratung Auf dem zweiten [1] Platz unserer Ausgangsstudie landete die individuelle und maßgeschneiderte Kundenberatung. Der Kunde möchte ein auf ihn abgestimmtes Produkt erhalten und somit eine individuelle Beratung, damit dieses Ziel erfüllt wird. Eine Bedarfsanalyse auszuführen, wird Ihnen mit hoher Wahrscheinlichkeit helfen, genau diesen Wunsch zu realisieren. Denn ohne eine Bedarfsanalyse kann man zwar einen Verkauf anstreben, allerdings ähnelt dieses Verkaufen dem, ein Flugzeug mit verbundenen Augen zu landen. Sie sehen nicht, was Sie tun und die Aussicht auf Erfolg ist dadurch relativ gering. Das ist wie mit dem Auto, mit dem Sie einen Unfall bauen, wenn Sie blind fahren. Diese Metapher hatte ich Ihnen bereits im vorherigen Kapitel mit auf den Weg gegeben. Ich möchte Ihnen dazu beispielhaft gern eine kurze Geschichte erzählen. Ein Geschäftspartner und ich haben einmal mit einer Key-Account-Managerin eines Unternehmens gesprochen, für das wir sogenannte Schlüsselkunden waren. Wir hatten also eine zentrale Bedeutung für das Unternehmen. Es ging darum, dass wir uns derzeit nicht gut aufgehoben fühlen. Wir haben mit besagter Key-Account-Managerin ca. 90 Minuten Zeit zusammen verbracht und ihr unsere Beweggründe dargelegt. Was mir dabei auffiel und mich verwunderte, war die Tatsache, dass sie sich während des gesamten Gesprächs keine Notizen machte. Stattdessen mussten wir sogar zwei Raucherpausen für diese Managerin einlegen. Am Ende des Gesprächs gab es viele Zusagen und große Versprechen. Umgesetzt wurde letztendlich nichts von dem, womit wir allerdings durch die Art und Weise der Gesprächsführung schon vorher gerechnet hatten. Hätte sie sich jedoch Notizen gemacht, hätte sie uns in dem Moment zumindest eine Wertschätzung gezeigt. Denn alles, was wir als Key-Account-Kunden sagen, sollte für das Unternehmen wichtig genug sein, dass es sich notiert wird. Vielleicht wären dann auch manche ihrer Versprechungen umgesetzt worden und sie hätte zumindest keine Punkte vergessen können. Eine Bedarfsanalyse durchzuführen oder auch sich Notizen zu machen, hilft zum einen, dem Kunden zu zeigen, dass Sie das, was er sagt, auch wertschätzen und für voll

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nehmen. Zum anderen können Sie nichts mehr übersehen, weil Sie immer die Möglichkeit haben, es noch mal nachzulesen. Wir alle kennen solche Personen, die auf Zahlen-­Daten-­ Fakten aus sind. Diese Kunden nehmen Ihre Notizen beispielsweise ganz genau wahr. Die meisten VerkäuferInnen, die ich am Anfang eines Coachings begleite, schreiben sich ­jedoch meistens nichts mit, geschweige denn, dass sie eine Bedarfsanalyse erstellen. Wenn ich mir Aufzeichnungen machen möchte, frage ich meinen Klienten immer, ob ihm das recht ist, dass ich mir seine Anmerkungen und Wünsche notiere. Denn dadurch mache ich ihn gleich darauf aufmerksam und er merkt, dass mein Fokus voll auf ihn gerichtet ist. Sollte dieser Kunde nun beim nächsten Mal mit einem Marktbegleiter sprechen, der sich keine Notizen macht, wird ihm das vielleicht bewusst, zumindest aber unbewusst auffallen. Es gibt dieses schöne Sprichwort: „Wer schreibt, der bleibt.“ Sich Notizen zu machen hilft daher auch, das Gesagte bewusster wahrzunehmen. So fällt es leichter, darüber noch mal nachzudenken, um so gegebenenfalls auf weitere Dinge eingehen zu können, die dem Kunden wichtig sein könnten. Oft höre ich von den VerkäuferInnen oder VertriebsmitarbeiterInnen, die ich begleite, dass sie sich nichts mitschreiben, weil sie immer alles im Kopf behalten. Wenn ich sie dann aber im Training oder Coaching frage, wie beispielsweise die Kinder hießen, deren Namen im letzten Kundentermin genannt wurden, dann bekomme ich oft als Antwort, dass es vergessen wurde. Dabei macht das so viel aus. Stellen Sie sich vor, Sie fragen Ihren Kunden beim nächsten Termin, wie es beispielsweise den Kindern Philip und Marie Elisabeth geht? Das wird Ihren Kunden sehr angenehm überraschen und eine Form der Wertschätzung bei ihm auslösen. Glauben Sie, dass Ihr Konkurrent solche Fragen stellt oder eine Bedarfsanalyse macht? Vermutlich nicht. Emotionale Intelligenz und Empathie sichert Ihnen einen großen Vorsprung, sofern Sie es auch ehrlich mit Ihrem Kunden meinen!

Die Qualität der Produkte ist wichtig Als drittes [1] benennen die Teilnehmer der Studie [1], dass ihnen die Qualität der Produkte wichtig ist. Aber was genau ist für den Kunden, den Sie gerade vor sich sehen, die richtige Qualität? Jeder möchte doch immer das Beste für sich selbst. Allerdings verfügt nicht jeder über das Budget für das Beste. Das ist leider so. Deshalb unterstützt Sie auch hier wieder die Bedarfsanalyse. Sie hilft, zu selektieren, welche Kunden zu Ihnen und der Qualität Ihrer Dienstleistung oder Ihrer Produkte passen. Was können Sie nun aber tun, wenn die Qualität für den Kunden, den Sie gerade beraten, nicht die richtige ist? Den Kunden einfach wegschicken? Ja! Vermutlich denken Sie jetzt, dass ich verrückt bin. Man kann doch keinen Kunden wegschicken. Doch, man kann. Es kommt nur darauf an, wie Sie es kommunizieren. Wenn der Kunde sich eine Qualität nicht leisten kann oder sich nicht leisten möchte, dann werden Sie ihn auch nicht bekehren können, egal was Sie versuchen. Auch hier habe ich aus meinen Beratungen extreme Beispiele, die zeigen, dass es gut ist, sich um die richtigen und nicht um die falschen Kunden

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zu kümmern. Ein Unternehmen aus Niedersachsen beispielsweise hat sich 2013 zu dieser Maßnahme entschieden, die Kunden höflich und nett darauf hinzuweisen, dass das Unternehmen nicht der richtige Partner ist, sofern es die Situation erforderte. Der Schlüssel dazu war eine Bedarfsanalyse. Dieses Unternehmen erstellte in einem Jahr ca. 800 Angebote weniger, erwirtschaftete im Gegenzug jedoch rund 850.000,00 Euro mehr Außenumsatz mit der gleichen Stärke der Verkaufsmannschaft. Wie haben sie das gemacht? Nun, den Kunden einfach nur wegzuschicken, funktioniert natürlich nicht. Sie brauchen für solche Fälle eine Exit-Strategie. Diese könnte sein, den Kunden darauf aufmerksam zu machen, dass Sie die Zeit des Kunden verschwenden und natürlich auch Ihre eigene. Denn ehrlich sollten Sie auf jeden Fall sein. Sprechen Sie die Wahrheit an, um ihr die emotionale „Würze“ zu nehmen. Wenn Sie es bedauern, dass Sie mit dem Kunden nicht zusammenkommen, dann sagen Sie es ihm. Es tue Ihnen aufrichtig leid, aber Sie seien leider nicht der richtige Ansprechpartner für ihn. Empfehlen Sie ihm eine andere Firma, sofern Ihnen eine einfällt. Dieser Rat erstaunt Sie eventuell, aber bedenken Sie bitte auch, dass dieser Kunde Familie, Freunde, Arbeitskollegen, Nachbarn und lockere Bekannte hat. All diese Gruppen könnten für Ihre Produkte und Dienstleistungen von Interesse sein. Wenn Sie dem Kunden emotional intelligent mitteilen, dass Sie nicht die beste Wahl für ihn darstellen und ihm mit einem anderen Vorschlag weiterhelfen, dann können Sie zum einen auf eine persönliche Weiterempfehlung hoffen und Sie können fragen, ob er Ihnen vielleicht eine Online-Bewertung schreibt. Stellen Sie sich bitte folgende Bewertung in Ihrem Profil vor: „Leider konnten wir mit dieser Firma nicht zusammenarbeiten. Das Unternehmen half uns aber trotzdem weiter, wodurch wir unser Wunschvorhaben doch noch umsetzen konnten. Vielen Dank für Ihre engagierte Art und Weise und Ihre Unterstützung!“ Auch das sind positive Bewertungen, die Ihnen helfen, sich im Internet erfolgreicher aufzustellen.

Komfort bei der Beratung An vierter [1] Stelle steht für die deutschen Kunden der Komfort. Komfort bei der Beratung? Können Sie sich darunter etwas vorstellen? Nun, wenn etwas komfortabel ist, dann ist es bequem. Und diese Bequemlichkeit wird meistens durch besondere technische Ausstattungen hervorgerufen, die einem vieles erleichtern. Komfort bei der Beratung kann deshalb unter anderem durch Virtual Reality hergestellt werden, denn das erleichtert das Vorstellungsvermögen. In einer Umfrage [7] eines E-Commerce-Unternehmens sollte zum Beispiel herausgefunden werden, inwieweit sich Kunden bei ihrer Planung beeinflussen lassen, wenn sie das Produkt oder die Dienstleistung vor dem Kauf virtuell erleben können. 59 Prozent der Befragten bestärkte es in ihrer Entscheidung. 55 Prozent gaben sogar an, dass sie einen Anbieter mit Virtual Reality einem anderen ohne Virtual Reality vorziehen würden. Noch sind diese imaginären Welten in vielen Bereichen kein Standard, im Küchenbereich aber wird dieses Tool schon seit vielen Jahren verwendet. Aktuell ziehen auch immer mehr Branchen nach, wie beispielsweise die Baubranche, die ihre

Komfort bei der Beratung

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Wintergärten virtuell erfahrbar macht. Viele Unternehmen schrecken anfangs vor den Investitionen in solche Zusatzmodule zurück. Ich kenne allerdings etliche Betriebe aus ver­ schiedenen Branchen, die damit sehr erfolgreich verkaufen. In wenigen Ausnahmefällen brauchen die Geschäfte mittlerweile nicht mal mehr Ausstellungen, sondern f­okussieren sich voll und ganz auf kleine Virtual-Reality-Studios für ihre Kunden. Das Konzept scheint sehr erfolgreich aufzugehen. Als Komfort sieht der Kunde es auch an, wenn die Toiletten sauber und einladend sind oder er mit Heiß- oder Kaltgetränken bewirtet wird. Ebenso werden ansprechend gestaltete Beratungstische und gemütliche Beratungsecken als komfortabel beurteilt. Allgemein ist eine Ausstellung, die sich nach dem neuesten Stand der Technik richtet, die modernsten Neuheiten präsentiert und dabei sauber sowie emotional attraktiv wirkt, ratsam. Hierbei lohnt es sich vor allem, den regionalen Wettbewerb zu kennen. Auch in der Versicherungsoder Beraterbranche ist es wichtig, wie Ihr Büro auf den Kunden wirkt und wie Ihre Sanitärräume ausgestattet sind. Nichts ist für einen Kunden schlimmer, als wenn er bei Ihnen die Emotion Ekel verspüren muss, die zum Beispiel durch unsaubere Toiletten und Bäder ausgelöst werden kann. Bei Erstgesprächen oder Entdeckertagen sehe ich in meiner Beraterfunktion oft zu wenig gereinigte Besprechungstische oder unhygienische sanitäre Anlagen. Besonders auf Glastischen sind oft Verunreinigungen der letzten zwölf oder 15 Besuche erkennbar. Hier empfindet vermutlich jeder Ekel. Würden Sie einen solchen Händler oder Dienstleister weiterempfehlen, bei dem Sie die Emotion Ekel verspürt haben? Ich vermute nicht. Dennoch erleben dies im Alltag traurigerweise viele Kunden. Nehmen wir beispielsweise die Toiletten in Baumärkten. Ich persönlich vermeide es tunlichst, auf diese Örtlichkeiten zu gehen. Manchmal aber ist man gezwungen, zum Beispiel, wenn man mit Kindern im Baumarkt ist und diese einmal müssen. Sollten Sie sich jetzt ertappt fühlen, weil Ihr Kunden-WC dem in einem Baumarkt ähnelt, dann versuchen Sie nun nachzuvollziehen, wie sich Ihr Kunde dort und in der Folge auch in Ihrem Geschäft fühlt. Wahrscheinlich nicht besonders gut. Zusammenfassend kann man also sagen, dass eine nach den aktuellen Standards ausgerichtete Ausstellung und ein zuvorkommendes Behandeln des Kunden als bedeutsamer Gast als Komfort beschrieben werden können. Machen Sie am besten mit einem ehrlichen Freund, dessen Kritik Sie akzeptieren, einen Test. Nehmen Sie ihn mit in Ihre Ausstellung, zu Ihrem Arbeitsplatz oder in Ihr Büro und zeigen Sie ihm oder ihr alles dort Befindliche. Nutzen Sie das Feedback, das Sie bekommen, denn es kann Ihnen nur helfen. Vielleicht lassen Sie auch den Kunden am Ende einer Beratung die Ausstellungsräume und die Sanitäreinrichtungen bewerten. Geben Sie ihm hier sogar die Möglichkeit, dies anonym zu tun, ist die Kritik meist noch ehrlicher. Wir dürfen nicht vergessen, dass der Kunde nicht nur Sie und Ihre Beratung weiterempfiehlt, sondern auch das ganze Drumherum. Es geht nicht darum, den Kunden zu sehr zu becircen. Es geht darum, Ihrem Kunden eine aufrichtige Wertschätzung entgegenzubringen. Eine Wertschätzung, eine Beratung sowie einen Kauf und Abschluss, den Ihr Kunde aus voller Überzeugung gern in seinem Umfeld bewirbt.

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Die große Produktauswahl Auf Platz fünf der Studie [1] folgt eine große Produktauswahl, die sich der Kunde rational gesehen wünscht. Dennoch müssen Sie nicht immer eine breite Palette an Waren in Ihrer Ausstellung vorrätig haben. Wichtig ist, dass Sie Ihrem Kunden viele Produkte liefern können, sobald es notwendig ist. Sie kennen mit großer Wahrscheinlichkeit das Sprichwort: „Man sieht den Wald vor lauter Bäumen nicht.“ Damit Ihr Kunde also die Lösung seines Problems vor lauter Angeboten nicht übersieht, können Sie ihn hierbei erneut durch eine Bedarfsanalyse unterstützen. Gerade bei Banken und in der Versicherungsbranche gibt es oft eine so große Vielfalt an möglichen Verträgen, dass eine Analyse der persönlichen Verhältnisse unumgänglich ist. Diese Bedarfsermittlungen erfassen allerdings keine emotionalen Beweggründe, obwohl es gilt, gerade diese herauszufinden. In vielen Dienstleistungsbereichen oder bei klassischen Produktverkäufen, unabhängig von welcher Branche, ob im Elektrogewerbe, im Handwerk, im Bauelemente-Handel oder in der Automobilindustrie, werden oftmals überhaupt keine Bedarfsanalysen vorgenommen. Im besten Fall gibt es lediglich vorgefertigte Standardfragen oder es wird einfach drauf los beraten. Damit sind wir wieder beim Sprichwort. Der Kunde sieht vor lauter Bäumen den Wald kaum. Denn oft zeigt der Verkäufer oder Berater dem Kunden einfach zu viele unterschiedliche Bäume. Mitarbeiter der Universität Yale führten dazu 2018 eine Studie durch. In dieser Studie wurden Probanden vor einen Bildschirm gesetzt, auf dem sie verpixelte Bilder sahen. 50 Prozent der Teilnehmer starteten bei 100 Prozent Verpixelung des Bildes. Nach und nach wurde dann die Unschärfe des Bildes in Zehn-Prozent-Schritten immer weiter herabgesetzt. Ab einer Verpixelungsrate von 20 Prozent erkannte diese Gruppe die Bilder. Sie sahen also 80 Prozent des Bildes. Die anderen 50 Prozent der Teilnehmer starteten bei 50 Prozent Verpixelungsrate. Diese Gruppe erkannte das Bild sofort. Das verdeutlicht, dass zu viele Informationen hinderlich sein können, um ein Ziel zu verfolgen. Sie müssen dem Kunden also den richtigen Input liefern, damit er den Durchblick behält. Dieser Input variiert allerdings je nach Persönlichkeit, mehr dazu im weiteren Unterkapitel. Das Preis-Leistungs-Verhältnis muss rational gesehen für Kunden in Deutschland auch stimmen. In der Rangfolge landete dieses Merkmal auf dem sechsten [1] Platz von besagter Studie [1]. Hier stellt sich erneut die Frage, welche Erwartungen der Kunde an das Preis-Leistungs-Verhältnis überhaupt hat. Wie zuvor beim dritten Punkt der Studie, in dem es um die Qualität der Produkte ging, kommt auch hier wieder unsere Allzweckwaffe, die Bedarfsanalyse zum Tragen. Mit ihr können Sie herausfinden, welches Budget der Kunde überhaupt investieren kann und vor allem möchte. Dadurch wiederum können Sie Rückschlüsse auf die Vorstellung des Preis-Leistungs-Verhältnisses des Kunden ziehen. Falls Sie sich unsicher sind, fragen Sie nach. Vielleicht ergeben sich aus der Frage auch weitere wichtige Gesprächsinhalte. Versuchen Sie, zwischen den Zeilen zu lesen, um gegebenenfalls auch wieder he­ rauszufinden, ob der Kunde zu Ihnen und der Qualität Ihrer Produkte oder Ihrer Dienstleistungen passt. Nicht jeder Kunde ist der richtige für Sie oder Ihr U ­ nternehmen. Trauen Sie sich, auch mal Nein zu sagen. Denken Sie an Ihre Zeit und an die Ihres Kunden.

Kundenservice

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Kundenservice Der Kundenservice kommt erst an siebter Stelle in dieser Studie [1]. Er umfasst zum Beispiel Ihre persönliche Erreichbarkeit und Ihre Öffnungszeiten. Ist Ihre Mailbox besprochen? Sind die Öffnungszeiten im Internet immer aktuell? Rufen Sie auch Telefonnummern zurück, die keine Nachricht hinterlassen haben? Sind Sie pünktlich bei Ihren Terminen und rufen Sie an, wenn Sie fünf Minuten zu spät kommen? Hören Sie dem Kunden aufmerksam zu und machen Sie sich Notizen? Suchen Sie gemeinsam mit dem Kunden die für ihn perfekte Lösung, die für ihn richtig ist und nicht die, von der Sie denken, dass sie richtig ist? Bieten Sie Ihrem Kunden bei fehlender Mobilität einen Abholservice an? Bedanken Sie sich bei Ihrem Kunden für den Einkauf bei Ihnen, vor allem aufrichtig und nicht als Floskel? Wenn Sie Produkte verkaufen, die eine Montage benötigen, sind die Montagezeiten für den Kunden akzeptabel, sodass er sich keinen Urlaub nehmen muss? Liefern Sie Ware aus und geben dem Kunden genaue Zeiten an und keine breiten Zeitfenster? Wenn Sie Ihren Kunden besuchen, fragen Sie ihn, ob Sie dort parken dürfen, wo Sie Ihr Fahrzeug abgestellt haben? Ich könnte viele weitere solcher Fragen stellen. Ich möchte darauf hinaus, dass Sie kritisch prüfen sollten, ob Sie im Sinne Ihrer Kunden handeln. Denn das ist Kundenservice: Verbraucherorientiert zu handeln und nicht so, wie es für mich als Verkäufer oder als Unternehmen gerade am besten passt. Eine Zusammenarbeit mit dem Kunden sollte immer auf Augenhöhe sein. Denn auch der Kundenservice, wie Flexibilität, Lösungskompetenz und Ideenentwicklung, wird weiterempfohlen. Wenn Sie beispielsweise Produkte verkaufen, die einen hohen Beratungsaufwand erfordern und dazu auch eine Ausstellung betreiben, dann sollten Sie diese Ausstellung auch samstags öffnen. Das ist zum einen für die Laufkundschaft nützlich, die sich gerne persönlich informieren möchte und zum anderen auch für Familien, die am Wochenende in der Regel mehr Zeit für ausführlichere Gespräche haben als unter der Woche. Eine interessante Umfrage [8] kam zu dem Ergebnis, dass über 50 Prozent der deutschen Familien größere Ausgaben mit allen Mitgliedern gemeinsam besprechen und planen. Demnach ist es auch durchaus ratsam, eine Kinderspielecke anzubieten. Denn Eltern können sich in der Regel besser konzentrieren, wenn ihre Kinder beschäftigt sind oder sie sie gut aufgehoben wissen. Im Jahr 2017 habe ich begonnen, eine Firma zum emotional intelligenten Verkaufsprozess zu beraten. Als ich meinen Entdeckertag abgeschlossen hatte, war das erste, was dringend verändert werden musste, der Platz für die Kinderspielecke. Denn diese befand sich unter einer Treppe, sodass die Kinder durch die Treppe durchgreifen oder auch Dinge auf die Treppenstufen legen konnten, was eine Gefahr für andere Kunden darstellte. Ebenso hätte Schmutz von den Schuhen der Personen, die die Treppe hochsteigen, auf die Kinder fallen können. Als ich den Geschäftsführer darauf ansprach, erkannte er sofort, dass Änderungen notwendig waren. Manchmal hilft es eben auch schon, nur mal mit offenen Augen durch die eigene Ausstellung zu gehen.

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Was definieren Sie als Kundenservice und welchen würden Sie auch weiterempfehlen? Und was umfasst Ihr tatsächlicher Kundenservice? Mit diesen Fragen beschäftigen sich meiner Erfahrung nach VerkäuferInnen häufig zu wenig. Wie soll der Kunde beispielsweise außergewöhnliche Services erkennen oder auch weiterempfehlen, wenn es ihm während des gesamten Verkaufsprozesses nicht mitgeteilt wird? In meinen Trainings stelle ich deshalb zu Beginn folgende Fragen: • • • • •

Nennen Sie bitte fünf Gründe, warum der Kunde in Ihrem Unternehmen kaufen soll! Nennen Sie bitte fünf Gründe, warum der Kunde bei Ihnen persönlich kaufen soll! Welche Top Fünf Services werden von Ihren Kunden empfohlen? Was sind Ihre fünf stärksten Alleinstellungsmerkmale im regionalen Markt? Was sind die fünf besten Servicemerkmale Ihrer Firma?

Die Teilnehmer schreiben ihre Antworten auf und stellen sie vor. Das Schwierige daran ist, dass sich nichts wiederholen darf. Ich stelle diese Fragen seit über sieben Jahren in meinen Trainings und noch nie konnte jemand die Aufgabe zu 100 Prozent erfüllen. Häufig fehlt einfach das Wissen, weil sich zu wenig mit der Kundenzufriedenheit, Marktbegleitern und dem eigenen Service auseinandergesetzt wird. Dabei ist es wichtig zu wissen, was Ihre Stärken sind. Ihre Stärken sollten Sie dem Kunden mitteilen, denn sonst wird er Ihre möglichen Alleinstellungsmerkmale nicht kennenlernen. Dabei meine ich keine Leistungen wie einwandfreie Montagen, Termineinhaltungen oder Kundenfreundlichkeit. Dies sind Eigenschaften, die ein Kunde voraussetzen darf und vor allem erwartet. Ich meine damit Besonderheiten, die einzig und allein Ihr Unternehmen oder Ihre Betriebsphilosophie kennzeichnen. Beantworten Sie gerne selbst für sich die oben formulierten fünf Fragen und denken Sie bitte daran, dass bestenfalls keine Wiederholungen vorkommen.

Die Bedeutung des Preises Man fand in einer Studie [1] heraus, dass anstelle des Preises und der Qualität immer mehr subjektive Gründe bei der Kaufentscheidung des Kunden eine Rolle spielen. Die subjektive Betrachtung ist die persönliche Sichtweise jedes Einzelnen, da man seine eigenen Gefühle und Erfahrungen in die Entscheidung mit einfließen lässt. Nehmen wir als Beispiel das Entgegennehmen eines Anrufes während eines Kundentermins. Für einige VerkäuferInnen ist dies subjektiv betrachtet in Ordnung, da sie bisher vielleicht noch keinen Kunden hatten, der sich darüber beschwert hat. Deshalb entscheiden sie subjektiv, das Telefonklingeln zu beantworten, Die andere Betrachtung bezieht sich auf die rein sachliche Ebene. Das bedeutet, es wird so neutral und wertfrei geurteilt, wie es maximal möglich ist. Das nennt man auch objektive Betrachtung. Objektiv betrachtet ist es unhöflich ans Telefon zu gehen, während Sie

Die Bedeutung des Preises

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in einem Kundentermin sind. Vielleicht ist Ihnen das auch bewusst, aber Ihre subjektive Betrachtungsweise hält Sie dennoch nicht davon ab, weil Sie bisher keine negativen Erfahrungen mit dieser Vorgehensweise gemacht haben. Sollte Sie irgendwann ein Kunde darauf ansprechen, dann ändern Sie möglicherweise Ihre Betrachtungsweise und somit Ihr Verhalten. Die jahrzehntelange Ansicht, dass der Preis entscheidend für den Kunden ist, ist somit hinfällig. Auch das Ergebnis der nächsten Umfrage belegt diese Auffassung. Folgende Hypothese wurde in dieser Umfrage [2] formuliert: „Wenn Sie in einem Unternehmen gut beraten worden sind, spielt der Preis eine untergeordnete Rolle und Sie kaufen dort.“ Dieser Aussage stimmten 43 Prozent der Teilnehmer voll und ganz zu. 27 Prozent stimmten dieser Aussage nicht zu. 30 Prozent machten keine Angaben. Das belegt einmal mehr, dass nicht der Preis entscheidend ist, sondern ob der Kunde sich emotional gut aufgehoben fühlt und ein gutes Bauchgefühl in Form von Vertrauen empfindet. Zum Schluss kommt die Studie [1] noch zu dem Ergebnis, dass der Kunde auch eine rationale Sicht auf den Preis besitzt. Diese befindet sich jedoch erst auf Platz acht der rationalen Wichtigkeiten für den Kunden. Auch wenn sich der Preis damit verhältnismäßig weit hinten befindet, wissen wir natürlich, dass er immer eine Rolle spielen wird. Da brauchen wir uns nichts vormachen. Die Frage ist nur, welchen Spielraum diese Rolle tatsächlich einnimmt. Dem Kunden in Deutschland sind demnach sieben andere Punkte wichtiger als das Kriterium des günstigen Preises. Diese sind: • Vertrauen • eine auf den Kunden zugeschnittene Beratung und daraus resultierend das richtige, für ihn passende Produkt • die Qualität der Produkte • der Komfort der Beratung und der Produkte • eine für den Kunden passende (große) Produktauswahl • ein vernünftiges Preis-Leistungs-Verhältnis (Fairness bei Preis und Leistung = Augenhöhe) • Wertschätzung durch Kundenservice sowie Erfüllung der Standarderwartungen Zu diesem Studienergebnis fällt mir folgendes Zitat von Hans Böck [15] ein: „Die Erinnerung an die schlechte Qualität währt wesentlich länger als die kurze Freude am günstigen Preis!“

Die Frage ist: Ist es preiswert oder den Preis wert? Sie verkaufen Produkte und Dienstleistungen, die den Preis wert sind, nicht aber preiswert. Finden Sie deshalb durch eine emotional intelligente Bedarfsanalyse den richtigen Kunden für Sie und Ihr Unternehmen. Wie genau Sie dies machen, erkläre und beschreibe ich im Zusammenhang mit den fünf wichtigen Verkaufsmomenten noch einmal ausführlich.

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4  Wie Kunden ihre Kaufentscheidungen treffen

 azit: Empathie, Emotionen und ethische Werte im VerkaufsF und Vertriebsprozess Das Gesamtergebnis der Studie [1] als Fazit lautet: „Emotionale Attraktivität für den Kunden bietet Ihrem Unternehmen einen erheblichen wirtschaftlichen Mehrwert!“

Auch andere Umfragen bestätigen dieses Ergebnis. In einer Umfrage [9] sollte dazu untersucht werden, wie wichtig es dem Verbraucher in Deutschland ist, sich bei der Kaufentscheidung von seinen Gefühlen leiten zu lassen. Es wurden insgesamt 2532 Menschen befragt. 95 Prozent der Befragten gaben an, dass sie sehr viel Wert darauf legen. In einer weiteren Umfrage [10] mit 1000 Teilnehmern wollte man herausfinden, ob ethische Kriterien einen festen Bestandteil bei Kaufentscheidungen bilden. 64  Prozent bejahten dies. 31 Prozent antworteten, dass es eher nicht zutrifft und für fünf Prozent spielte es gar keine Rolle. Ethik ist die wissenschaftliche Lehre vom guten Handeln. Die Mehrheit befürwortet demnach eine ehrenwerte Verhaltensweise. Welchen Einfluss haben gesellschaftliche Normen und Erwartungen auf Ihre Kaufentscheidung? Diese Frage wurde über 1000 Menschen in einer weiteren Umfrage [11] gestellt. Davon gaben 80 Prozent der Befragten an, dass sie sich von gesellschaftlichen Normen und Erwartungen bei ihrer Kaufentscheidung lenken lassen. 19 Prozent sagten aus, dass es sie nicht tangiert und ein Prozent erklärte, es nicht zu wissen. Was aber versteht man unter gesellschaftlichen Normen? Und sind diese Normen und Werte für jeden gleich in Deutschland? Gesellschaftliche Normen sind Verhaltensweisen, die in bestimmten Situationen von einem Menschen gefordert oder gar erwartet werden. Je nach Bedeutung des Kontextes kann man zwischen Muss-, Soll- und Kann-Normen unterscheiden. Diese Normen sind sowohl gesellschaftlich als auch kulturell bedingt. Daher sind die gesellschaftlichen Normen von Gesellschaft zu Gesellschaft verschieden. Ihrem Kunden geht es in erster Linie darum, verstanden und gesehen zu werden. Er möchte sich emotional gut aufgehoben fühlen und möchte Ihnen vertrauen können. Wie Sie es schaffen, von jedem Kunden das Vertrauen zu gewinnen, darum geht es in dem nächsten Unterkapitel. Kurzer Exkurs „Luxusprodukt“ In einer anderen Umfrage [12] mit über 1000 Befragten wollte man wissen, auf Basis welcher Aspekte sich Kunden für eine konkrete Luxusmarke entscheiden. Die Kunden sollten alle Aspekte auswählen, die für sie relevant sind. Ich wähle eine Marke … … die einen hohen Anspruch (z. B. an Qualität) hat: 51 % … die ich sympathisch finde: 47 % … die zu meiner Persönlichkeit passt: 44 % … die zu meinen Werten und meiner Lebenseinstellung passt: 33 % … die ich gut kenne: 30 % … mit einem guten Image: 29 % … mit langer Tradition/Historie: 23 %

Fazit: Empathie, Emotionen und ethische Werte im Verkaufs- und Vertriebsprozess

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… von der ich schon Produkte besitze: 23 % … die mir von Freunden/Bekannten empfohlen wird: 15 % … ich entscheide mich spontan für eine Marke: 12 % … die gut auf den Produkten sichtbar ist: 11 % … die alle gut kennen: 11 % … die von Stars und Persönlichkeiten empfohlen wird: 8 % … nichts davon: 2 % … sonstiges: 0 % Betrachten wir lediglich die Ergebnisse mit über 30 Prozent, können wir erkennen, dass neben der Qualität die wichtigsten Gründe für eine konkrete Marke emotionaler Natur sind. Man kann sie auch als irrationale Beweggründe bezeichnen. Wenn Sie Luxusmarken beziehungsweise Luxusartikel verkaufen, hilft Ihnen dieses Wissen sehr im Verkaufsprozess. Sprechen Sie mit Ihrem Kunden genau über diese Themen, fühlt er sich erstmal gut aufgehoben, denn Sie wissen, was Ihren Kunden bei der Markenauswahl bewegt. Neben der Qualität müssen Sie also herausfinden, welche Marke Ihr Kunde als sympathisch empfindet und welche Marke zu seiner Persönlichkeit passt. Außerdem sollten die Leitwerte der Marke zu der Lebenseinstellung Ihres Kunden passen. Die Macher der oben benannten Umfrage wollten auch wissen, aufgrund von welchen Aspekten Kunden ein konkretes persönliches Luxusprodukt bevorzugen. Die Kunden wurden wieder gebeten, alle für sie relevanten Kriterien auszuwählen. Qualität 74 % Design 67 % Marke 51 % Gutes Preis-Leistungs-Verhältnis 41 % Funktionalität 40 % Exklusivität 36 % Zeitlosigkeit 36 % Verfügbarkeit des Produkts z. B. im Laden 19 % Neuartigkeit 13 % Symbolik/Historie des Produkts 12 % Beliebtheit des Produkts 11 % Bestimmter/s Herstellungsort bzw. -land 9 % Geringe Verbreitung von Plagiaten dieses Produkts 7 % Nichts davon 2 % Sonstiges 0 % Sehen wir uns die Ergebnisse dieser Umfrage [13] und wieder nur die Punkte mit über 30 Prozent an, wird deutlich, welche Verkaufsaspekte Sie in jedem Fall in Ihre Beratung mit aufnehmen sollten, damit Sie Markenartikel und auch Luxusprodukte besser beziehungsweise zielführender verkaufen.

Bis hierhin haben wir nun alle notwendigen Kenntnisse für ein gutes Wissensfundament zusammengestellt. Nichts von dem, was ich beschrieben habe, ist meine persönliche, subjektive Ansicht. Es ist alles durch wissenschaftliche Quellen und repräsentative Umfragen belegt. Wir sind die rationalen und irrationalen Beweggründe von Kunden durchgegangen und haben die Erwartungen sowie die verschiedenen Formen der Erwartungshaltungen thematisiert. Nun wird es darum gehen, die emotionalen Beweggründe Ihrer Kunden zu verstehen und zu erkennen. Emotionen sind die Sprache unserer Bedürfnisse. In jeder Emotion steckt ein evolutionäres Verlangen, welches wir beim Kunden erfüllen

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4  Wie Kunden ihre Kaufentscheidungen treffen

müssen, um einen Verkaufserfolg zu erzielen. Lassen Sie uns im nächsten Kapitel genau herausfinden, was die unterschiedlichen Kundenpersönlichkeiten wirklich antreibt, ihren Kauf zu tätigen. Praxis-Tipp

Wussten Sie, dass die Finanzbranche die ist, der die Endverbraucher in Deutschland am wenigsten vertrauen? Das liegt daran, dass die Verbraucher annehmen, dass sie bewusst getäuscht und geschädigt werden [14]. Außerdem wollen Kunden in Deutschland sich am wenigsten mit Finanz- oder Versicherungsprodukten auseinandersetzen. Sollten Sie in dieser Branche arbeiten, sprechen Sie dies direkt an, um eventuelles Schubladendenken sofort aus dem Weg zu räumen. Ist Ihr Kunde gedanklich mit diesen Vorurteilen belastet und lösen Sie diese nicht bei ihm, laufen Sie Gefahr, den Kunden vielleicht nicht von einem Produkt oder Ihren Angeboten zu überzeugen, obwohl Sie es wirklich aufrichtig und ehrlich mit ihm meinen. ◄

Literatur 1. OCC (2018). OC&C-Studie: Die beliebtesten Händler in Deutschland. https://www.occstrategy. com/de/%C3%BCber-­occ/neuigkeiten-­und-­medien/article/id/2137/2018/11/occ-­studie-­die-­ beliebtesten-­h%C3%A4ndler-­in-­deutschland. Zuletzt zugegriffen 06.10.2020 2. Statista 2010. Stimmen Sie der Aussage zu, wenn ich in einem Geschäft gut beraten wurde, dann kaufe ich auch dort – der Preis spielt dann eine untergeordnete Rolle? https://de.statista.com/ statistik/daten/studie/165776/umfrage/kaufbereitschaft-­fuer-­consumer-­electronics-­bei-­guter-­ beratungsqualitaet/. Zuletzt zugegriffen am 10.10.2020 3. Statista 2019. Beeinflussen Online-Bewertungen Ihre Kaufentscheidungen? https://de.statista. com/statistik/daten/studie/670588/umfrage/umfrage-­i n-­o esterreich-­z um-­e influss-­v on-­ bewertungen-­auf-­die-­kaufentscheidung/. Zuletzt zugegriffen am 10.10.2020 4. Statista (2018). Global Consumer Survey (Deutschland: 23.11. bis 21.12.2017: 2068 Befragte: 18 bis 64 Jahre). https://de.statista.com/prognosen/999856/deutschland-informationsquellenfuer-neue-produkte. Zuletzt zugegriffen 01.02.2021 5. Statista (2010). Anteil der Nutzer von Ciao.de, die Kaufentscheidungen aufgrund von Kundenbewertungen treffen. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/169392/umfrage/einfluss-­von-­ kundenbewertungen-­auf-­kaufentscheidungen/. Zuletzt zugegriffen 06.10.2020 6. Statista 2019. Wie wichtig sind Ihnen die folgenden Dinge beim Kauf eines Produkts? https:// de.statista.com/statistik/daten/studie/937724/umfrage/ersetzbarkeit-­des-­einkaufserlebnisses-­ durch-­das-­internet-­in-­oesterreich/. Zuletzt zugegriffen am 10.10.2020 7. Statista 2017. Inwiefern beeinflusst Virtual Reality Sie beim Möbelkauf? https://de.statista.com/ statistik/daten/studie/873650/umfrage/virtual-­r eality-­a nwendung-­b eim-­m oebelkauf-­i n-­ deutschland/. Zuletzt zugegriffen. am 10.10.2020 8. Statista 2019. Bevölkerung in Deutschland nach Einstellung zur Aussage „Größere Kaufentscheidungen werden bei uns gemeinsam mit Familie/Partner getroffen“ von 2016 bis 2019. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/172167/umfrage/absprache-­g roesserer-­ kaufentscheidungen-­mit-­partner-­familie/. Zuletzt zugegriffen am 10.10.2020

Literatur

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9. Statista 2006. Wie wichtig finden Sie es, sich bei seinen Entscheidungen auch von seinen Gefühlen leiten zu lassen? https://de.statista.com/statistik/daten/studie/177147/umfrage/wichtigkeitder-­intuition-­zur-­entscheidungsfindung/. Zuletzt zugegriffen am 10.10.2020 10. Statista 2013. „Ethische Kriterien sind zu einem festen Bestandteil meiner Kaufentscheidung geworden.“ https://de.statista.com/statistik/daten/studie/202352/umfrage/kaufentscheidung-­aufgrund-­ ethischer-­kriterien/. Zuletzt zugegriffen am 10.10.2020 11. Statista 2018. Welchen Einfluss haben gesellschaftliche Normen und Erwartungen auf Ihre Kaufentscheidung? https://de.statista.com/prognosen/816925/umfrage-­in-­deutschland-­zumgesellschaftlichen-einfluss-­auf-­kaufentscheidungen. Zuletzt zugegriffen am 10.10.2020 12. Statista 2018. Auf Basis welcher Aspekte entscheiden Sie sich für eine konkrete Luxusmarke? Bitte wählen Sie alle Aspekte aus, die für Sie relevant sind. Ich wähle eine Marke, … https:// de.statista.com/prognosen/816952/umfrage-­in-­deutschland-­zu-­entscheidungskriterien-­fuer-­ eine-­luxusmarke. Zuletzt zugegriffen am 10.10.2020 13. Statista 2018. Aufgrund von welchen Aspekten entscheiden Sie sich für ein konkretes persönliches Luxusprodukt? Bitte wählen Sie alle aus, die für Sie relevant sind. https://de.statista.com/ prognosen/816933/umfrage-­in-­deutschland-­zu-­entscheidungskriterien-­fuer-­ein-­luxusprodukt. Zuletzt zugegriffen am 10.10.2020 14. infas (Institut für angewandte Sozialwissenschaft GmbH) 2013. Wie Verbraucher entscheiden. https://www.vzbv.de/sites/default/files/downloads/Verbraucher-­Entscheiden-­Studie-­infas-­ Verbrauchertag-­2013.pdf. Zuletzt zugegriffen am 10.10.2020 15. Böck, H (o.J.). Zitate von Hans Böck. https://www.zitate.eu/autor/hans-­boeck-­zitate/189859. Zuletzt zugegriffen 08.10.2020

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Die Handlungs- und Wahrnehmungspräferenzen nach Eilert

Inhaltsverzeichnis  inweise zu diesem und dem folgenden Kapitel  H Handlungs- und Wahrnehmungspräferenzen 

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Hinweise zu diesem und dem folgenden Kapitel Die Studien, die hier benannt werden, entstammen alle der Mimikresonanz®-Profibox des Körpersprache-Experten Dirk W. Eilert, Junfermann Verlag, Paderborn 2020. In der Mimikresonanz®-Profibox werden insgesamt über 1265 Studien beleuchtet. Das Ergebnis ist das Periodensystem der Körpersprache. Dirk W. Eilert hat es als erstes geschafft, ein System zu entwickeln, welches sämtliche Beobachtungskanäle der Körpersprache sowie psychologisches und neurobiologisches Wissen zusammenfasst, um somit wissenschaftlich fundierte und genaue Analysen über das menschliche Verhalten aufstellen zu können. Da es sich um menschliches Verhalten handelt werde ich die „Probanden“ sämtlicher wissenschaftlicher Studien in diesem Kapitel als Menschen und als Kunden bezeichnen.

Handlungs- und Wahrnehmungspräferenzen Bevor wir zu den neurobiologischen Grundmotiven sowie den Persönlichkeitseigenschaften kommen, sehen wir uns die Handlungs- und Wahrnehmungspräferenzen an. Denn diese sind grundlegend für das Wesen eines jeden Menschen. Bitte sehen Sie sich die Abb.  5.1 einmal genauer an und stellen Sie sich nun die unterschiedlichen Vorlieben

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2021 J. Kettler, Mit Empathie verkaufen, Edition Sales Excellence, https://doi.org/10.1007/978-3-658-32419-3_5

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5  Die Handlungs- und Wahrnehmungspräferenzen nach Eilert

Abb. 5.1  Die Wahrnehmungspräferenzen. (Quelle: Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020)

­ eniger als „entweder so oder so“ vor, sondern als eine Art vorrangiger Fokus, der auch w verschoben werden kann. Die vertikale Achse stellt dabei die grundsätzliche Handlungspräferenz dar. Das bedeutet, sie zeigt an, ob Ihr Kunde eher pro-aktiv vorgeht, sprich die Initiative ergreift, oder ob er eher reaktiv agiert, also das Handeln anderen überlässt und eher beobachtet und reflektiert. Je pro-aktiver der Kunde ist, desto energischer wird er Dinge in die Tat umsetzen. Je reaktiver er ist, desto mehr wird er abwägen und nachdenken, bevor er ein neues Vorhaben angeht. Konzentrieren wir uns nun auf die horizontale Achse, die die Wahrnehmungspräferenz abbildet: Stehen für Ihren Kunden eher andere Menschen und die Beziehungen zu diesen im Vordergrund oder geht es ihm mehr um die Sache an sich als um die Befindlichkeiten, die andere haben könnten? Kunden, die eher personenbezogen sind, werden emotional mit Ihnen in Kontakt treten wollen. Hier ist dann Ihr menschliches Einfühlungsvermögen gefragt. Bei denjenigen, die ihren Fokus mehr auf Objekte richten, können Sie sachlich und präzise mit Zahlen-Daten-Fakten argumentieren und das Emotionale außen vor lassen. Die Handlungs- und Wahrnehmungspräferenzen unterstützen Sie dabei, die Persönlichkeit Ihres Kunden schnell einzuschätzen. Dennoch ist natürlich jeder Mensch individuell und nicht auf solch ein Modell reduzierbar. Aber das Wissen um diese vier Ausprägungen kann Ihnen als Leitlinie dienen, anhand derer Sie den Grundtyp Ihres Gegenübers

Handlungs- und Wahrnehmungspräferenzen

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a­ usmachen können. Denken Sie dabei jedoch bitte nicht in Schwarz und Weiß, sondern daran, dass es dazwischen noch zahlreiche Grautöne gibt. Jeder Mensch handelt sowohl pro-aktiv als auch reaktiv und nimmt einerseits Menschen und andererseits Dinge wahr. Nur die Nuancen sind bei jedem unterschiedlich stark ausgeprägt. Deshalb sollten Sie immer versuchen, herauszufinden, welcher Farbton, sprich welches Persönlichkeitsfeld, bei Ihrem Kunden das vorherrschende ist. Praxis-Tipp

Im Folgenden beschreibe ich Ihnen, woran Sie im nonverbalen Verhalten die Handlungspräferenzen, pro-aktiv gegenüber reaktiv, Ihres Kunden erkennen können: • In der Körpersprache zeigt sich die Handlungspräferenz in der Gestik sowie der sprachlichen Ausdrucksweise Ihres Kunden. Ist Ihr Kunde eher der pro-aktive Typ, so wird er in seinem körpersprachlichen Standardverhalten, der sogenannten Baseline, mehr gestikulieren, während er redet. Die Sprechgeschwindigkeit ist dabei eher schnell und insgesamt verhält er sich deutlich dynamischer und rastloser, was zum Beispiel durch ungeduldiges Fingertrommeln oder unruhiges Hin- und Herrutschen auf dem Stuhl signalisiert wird. • Ist Ihr Kunde eher der reaktive Typ, so ist seine kognitive Ladung höher. Das heißt, er strengt sich mental mehr an und denkt konzentrierter nach. Dies wiederum zeigt sich in vermehrten Beruhigungsgesten und Sprechverzögerungen oder -pausen. Beruhigungsgesten sind Gesten wie zum Beispiel an der Nase kratzen, in den Nacken fassen oder mit dem Kugelschreiber spielen. Auf diese besondere Form der Gesten und weitere Stresssignale gehe ich im Kapitel der fünf wichtigsten Verkaufsmomente noch detaillierter ein. Die Wahrnehmungspräferenzen, also Objektbezug vs. Personenbezug, lassen sich nonverbal durch die Mimik und das sogenannte interpersonelle Bewegungsverhalten identifizieren, sprich dem räumlichen Umgang zweier Personen miteinander: • Ist der Personenbezug ausgeprägter, zeigt sich dies durch eine zugewandte und offene Mimik, zum Beispiel einem Lächeln sowie durch körpersprachliche Signale, die Zuwendung ausstrahlen, beispielsweise Nähe oder Blickkontakt suchen. • Dominiert der Objektbezug, ist die Mimik eher kontrolliert und konzentriert, was sich unter anderem durch zusammengezogene Augenbrauen ausdrücken kann. Außerdem verhalten sich objektbezogene Personen distanzierter oder wenden sich häufiger ab, da sie mehr auf die Aufgaben statt auf die Menschen fokussiert sind. Neben den Handlungs- und Wahrnehmungspräferenzen sollten Sie für eine umfassende Beurteilung Ihres Kunden auch die neurobiologischen Grundmotive sowie die aus der Persönlichkeitspsychologie als Big Five definierten Merkmale berücksichtigen. Zu den neurobiologischen Grundmotiven komme ich im nächsten Abschnitt. ◄

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Der Motivkompass® nach Eilert

Inhaltsverzeichnis  as ist der Motivkompass®?  W Die vier neurobiologischen Grundmotive und Hormone im Motivkompass®  Die einzelnen Motivfelder im Motivkompass®  Wie viele Kunden haben Sie wirklich verstanden?  Verstehen kommt immer vor verstanden werden  Grundsätze im Umgang mit dem Motivkompass® im Vertrieb und Verkauf 

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Was ist der Motivkompass®? Der Motivkompass® wurde von dem Experten für emotionale Intelligenz Dirk W. Eilert entwickelt. Er beschreibt ihn in seiner Mimikresonanz-Profibox wie folgt: „Motive sind Motor und Kompass unseres Handelns zugleich: Indem sie Emotionen aktivieren, sorgen sie für die Energie hinter unserem Verhalten. Gleichzeitig bestimmen sie auch, wie wir die Folgen unserer Handlungen bewerten. Unter einem Motiv oder auch Bedürfnis verstehen wir die Präferenz eines Menschen, nach einem bestimmten wertgela­ denen Zielzustand zu streben.“ Im Verkaufskontext bedeutet das, seinen Wunsch zu befriedigen. Dirk W. Eilert setzt Motive mit Werten gleich, wobei er die Motive als in ihrer Anwendung breiter definiert. „Mit ihnen bewerten wir nicht nur das eigene Verhalten, sondern auch das Verhalten anderer.“ Die Begriffe Motiv, Bedürfnis und Wert werden von Dirk W. Eilert synonym verwendet, jedoch von den neurobiologischen Grundmotiven ab-

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6  Der Motivkompass® nach Eilert

gegrenzt. Bei diesen Grundmotiven handelt es sich um „zentrale Motive menschlichen Handelns, die sich über Hormone und Neurotransmitter nachweisen lassen. Die For­ schung hat in diesem Zusammenhang vier Grundmotive identifiziert: Durchsetzung, Ord­ nung, Harmonie und Inspiration. Diese sind maßgeblich für ein tiefgreifendes Verständnis menschlichen Erlebens und Verhaltens. Eine dauerhafte Verletzung oder Nichtbefriedi­ gung eines oder mehrerer dieser Grundmotive führt dazu, dass die psychische Gesundheit und das Wohlbefinden leiden.“ Kurzum, der Kunde fühlt sich unwohl und nicht verstanden, wenn wir sein Grundmotiv nicht berücksichtigen. Daher ist es wichtig, durch eine emotional intelligente Bedarfsanalyse den tatsächlichen Bedarf beziehungsweise das grundlegende Bedürfnis hinter seinem Antrieb zu erkennen, damit Sie ihn zielgerichtet und individuell beraten können, er sich wohl fühlt und Ihnen vertraut. Alle Menschen weisen diese vier Grundmotive auf, allerdings sind sie bei jedem Menschen unterschiedlich gewichtet. Dirk W.  Eilert vergleicht dies mit einer Vier-­Zimmer-­ Wohnung. Im Laufe eines Tages bewegen Sie sich durch alle vier Zimmer. Gäbe es jedoch für jeden Raum eine Zeiterfassung, würden Sie am Ende eines Tages feststellen, dass Sie sich in einigen Räumen länger aufgehalten haben als in anderen. Daraus ergibt sich für jeden Ihrer Kunden ein individuelles Profil. Exakt so verhält es sich auch mit den vier neurobiologischen Grundmotiven. Wir haben zu allen Grundmotiven (Zimmern) einen Zugang. Jeder Mensch und auch jeder Kunde hat allerdings „bestimmte Motivpräferen­ zen“ (Lieblingsräume). Der Mimikresonanz-Motivkompass® nach Dirk W. Eilert ist daher ein wertvolles Analysetool für die tägliche Vertriebs- und Verkaufspraxis. Dieser Kompass, der die Bedürfnisse und Werte eines Menschen einordnet, ist ein wissenschaftlich fundiertes Werkzeug, mit dem Sie Emotions- und Motivprofile von Ihren Kunden oder auch von sich selbst oder Ihrer Familie erstellen können. Im Verkaufs- und Vertriebsalltag ist es wichtig zu wissen, wer Ihr Gegenüber ist und warum er so und nicht anders handelt. Mindestens genauso entscheidend ist es dabei, dass Sie sich bewusst sind, wie Sie selbst auf Ihr Gegenüber wirken. Die Bedeutung dieser sogenannten Wirkungskompetenz und des Selbst-Bewusstseins erläutere ich später noch ausführlicher. Dirk W. Eilert fügt in dem Motivkompass® die aktuellsten Erkenntnisse aus der Psychologie und aus der Neurobiologie zusammen, damit Sie eine saubere sowie wissenschaftlich fundierte Motiv- und Emotionsanalyse bei Ihrem Kunden durchführen können. Dieses Wissen können Sie neben dem Berufsleben natürlich auch im Privatleben nutzen, um hier ebenso harmonischer miteinander zu kommunizieren. Die Emotionen Ihres Kunden über die Körpersprache zu verstehen, ist der Schlüssel, um nachvollziehen zu können, wie Ihr Kunde Entscheidungen trifft. Bevor wir uns nun der Körpersprache und den Emotionen im Einzelnen widmen, lernen Sie einige Aspekte aus der Psychologie und Neurobiologie allgemein kennen, die Ihnen helfen werden, das Wissen aller Kapitel in diesem Buch miteinander zu verknüpfen. Wenn Sie das Buch ausgelesen haben, werden Sie Ihren Kunden vollumfassend verstehen können: emotional, psychologisch, neurobiologisch sowie körpersprachlich.

Die vier neurobiologischen Grundmotive und Hormone im Motivkompass®

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 ie vier neurobiologischen Grundmotive und Hormone D im Motivkompass® Im Motivkompass® werden vier Grundmotive beschrieben. Diese vier Grundmotive stehen in einer engen Verbindung mit unseren Hormonen und Neurotransmittern. Hormone sind körpereigene Botenstoffe, die den Stoffwechsel zahlreicher Organe im Körper steuern. Im Unterschied zu den Neurotransmittern verteilen sie sich über die Blutbahn in unserem Körper. Neurotransmitter hingegen werden über das Nervensystem weitergeleitet, sie geben also Reize von einer Nervenzelle auf eine andere weiter. Betrachten wir nun den Motivkompass®, sehen wir die drei Hormone Testosteron, Cortisol und Oxytocin sowie den Neurotransmitter Dopamin. Dopamin gilt auch als „GlücksBotenstoff“, deshalb spielt er eine entscheidende Rolle im Streben nach Inspiration und Leichtigkeit. Wenn dieses Grundmotiv (s. Abb.  6.1 links oben) erfüllt ist, spüren wir Freude und Interesse. Wird es nicht befriedigt, sind wir gelangweilt. Verstehen wir eine Sache nicht, ist unser Bedürfnis nach Ordnung und Stabilität verletzt (s. Abb. 6.1 rechts unten), was das Stresshormon „Cortisol“ in unserer Blutbahn ansteigen lässt. Darum ist es von essenzieller Bedeutung, dass Sie im Verkaufsprozess alle Bedenken und Fragen des Kunden klären, wenn Sie merken, dass dieser vornehmlich in diesem Motivfeld unterwegs ist. Tun Sie dies nicht, empfindet Ihr Kunde Stress und wird als Folge vermutlich nicht kaufen. Ist das Grundbedürfnis nach Ordnung hingegen erfüllt, verspürt der Kunde Sicherheit und Entspannung.

Abb. 6.1  Der Motivkompass. (Quelle: Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020)

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6  Der Motivkompass® nach Eilert

Das Grundmotiv „Durchsetzung und Einfluss“ (s. Abb. 6.1 rechts oben) wird im Wesentlichen durch das Dominanzhormon Testosteron angefeuert. Wird es gestört, spüren wir Ärger oder auch Verachtung. Können wir uns durchsetzen, also verwirklichen unser Grundbedürfnis, fühlen wir uns stolz. Hinter dem Bedürfnis nach Harmonie und Geborgenheit (s. Abb.  6.1 links unten) steht der Wunsch nach Bindung und Nähe. Dieses Grundmotiv wird deshalb durch das sogenannte „Kuschelhormon“ Oxytocin genährt. Bekommen wir diese Bindung und Nähe nicht, spüren wir Trauer. Schlägt uns jedoch Freundlichkeit und Wärme entgegen, fühlen wir die Emotion Liebe in verschiedenen Abstufungen. Dirk W. Eilert hat diese vier neurobiologischen Grundmotive grafisch als Motivkompass® zusammengefasst. Wie bei einem richtigen Kompass, mit dem Sie die Himmelsrichtungen bestimmen, können Sie sich mit dem Motivkompass® sicher durch die Welt der zwischenmenschlichen Beziehungen bewegen, ohne den Kurs zu verlieren. Die Benennung sowie die Anordnungen der Motivpole basieren auf den aktuellsten Erkenntnissen aus Neurowissenschaften und Psychologie zu den menschlichen Motivund Emotionssystemen. Die Motivpole, die sich jeweils gegenüberliegen, stellen gegensätzliche Energien dar. Auf der vertikalen Achse finden Sie hier Ruhe und Aktion. Auf der horizontalen Achse sind Genuss und Kontrolle die Antagonisten. Damit Sie im Verkaufsalltag ein Gefühl dafür bekommen, wie sich diese Grundmotive und Motivpole emotional im menschlichen Verhalten widerspiegeln, hat Dirk W.  Eilert den jeweiligen Feldern eine Auswahl an verschiedenen Bedürfnisbegriffen zugeordnet. Die genaue Platzierung dieser Begriffe entstand durch Studien, die die von Dirk W. Eilert geführte „Eilert-Akademie – The Science of Emotions“ 2016 und 2017 durchführte. Bei den Studien wurden insgesamt 217 Personen gefragt, wo sie diese verschiedenen Worte einordnen würden. Das Ergebnis sind 64 individuelle Ziele und Werte, die wiedergeben, wonach in den einzelnen Feldern jeweils gestrebt wird.

Die einzelnen Motivfelder im Motivkompass® Das rote Motivfeld – So erkennen Sie dieses vorherrschende Feld bei Ihrem Kunden (vgl. Abb. 6.2): • • • • •

Dieser Kunde wirkt selbstbewusst, konsequent und entschlossen. Er handelt stets zielorientiert und mag Herausforderungen. Oftmals hat er ganz genaue Vorstellungen von einem Produkt oder einem Wunsch. Er wirkt eher ungeduldig und ist kein guter Zuhörer. Er möchte häufig verschiedene Auswahlmöglichkeiten haben und am liebsten immer alles selbst entscheiden und bestimmen. • Seine Stärken sind, dass er durch ein dominantes Verhalten andere gut beeinflussen kann.

Die einzelnen Motivfelder im Motivkompass®

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Abb. 6.2  Motivfeld Durchsetzung und Einfluss. (Quelle: Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020)

• Für manche wirkt dieser Kunde manchmal etwas arrogant und auch sehr drängend im Verhalten gegenüber anderen. • Dieser Kunde stellt häufig „Was-Fragen“. Beispielsweise: Was kann das oder was bringt mir das? Im Umgang mit diesem Kunden empfehle ich Ihnen: • dass Sie sich eher auf Fakten konzentrieren und dabei sicher auftreten sowie ganz direkt mit ihm kommunizieren (klar und verständlich in den Aussagen) • dass Sie auf Ungeduld achten und unbedingt dem Tempo folgen, das der Kunde vorgibt • dass Sie bestenfalls in dem Termin sehr gut organisiert und vorbereitet sind und sachlich vorgehen • dass Sie ihm in aller Deutlichkeit Alternativen aufzeigen, sofern dies nötig ist Kaufargumente, die für diesen Kunden greifen können, sind beispielsweise: • • • •

ein Produkt des Weltmarktführers Markenprodukte allgemein ein einzigartiges Produkt, welches unvergleichbar ist und somit ein Unikat darstellt ein Luxusprodukt, womit er den Nachbarn neidisch machen kann, beispielsweise durch die höchste Qualität • optische Alleinstellungsmerkmale, die besonders hervorstechen • Produkte, die den Status erhöhen können

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6  Der Motivkompass® nach Eilert Praxis-Tipp

Durch das Harmonie- und Geborgenheitsfeld und das Durchsetzungs- und Einflussfeld verläuft die Achse des sozialen Status. Dieser Status gibt an, in welcher sozialen Position sich eine Person befindet. Da diese Achse neurobiologisch durch die Hormone Testosteron und Oxytocin geprägt ist, bestimmen diese beiden Gegenspieler, ob sich eine Person in den Hoch- oder Tiefstatus begibt und dementsprechend körpersprachlich dominiert oder sich unterordnet. Das bedeutet also, wenn Sie einem Kunden gegenübersitzen, der unter anderem im grünen Motivfeld zu Hause ist und Sie argumentieren zu schnell oder auch zu dominant, dann fühlt sich dieser Kunde extrem unwohl und wird dadurch vermutlich keinem Kaufabschluss zustimmen. Andersherum, wenn Sie sich selbst eher im grünen Feld wohlfühlen und Ihr Kunde sich im roten Bereich befindet, dann könnten Sie auf diesen Kunden zu langsam wirken. Daher ist zu empfehlen, dass Sie sich der Situation anpassen und auf die Empfehlungen zurückgreifen, die ich im Umgang mit den jeweiligen Kundenpersönlichkeiten aufgelistet habe. Um dieses Wissen effizient zu nutzen, sollten Sie also herausfinden, welche Motivationen bei Ihnen selbst als Verkäufer vorherrschen, denn dann können Sie besser einschätzen, wie Sie auf Ihren Kunden wirken. ◄ Das blaue Motivfeld  – So erkennen Sie dieses vorherrschende Feld bei Ihrem Kunden (vgl. Abb. 6.3): • Er tritt akkurat und fachlich kompetent auf = sachlich und unnahbar. • Der Kunde mit blauen Motivpräferenzen hat eine kompetente Ausstrahlung.

Abb. 6.3  Motivfeld Ordnung und Stabilität. (Quelle: Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020)

Die einzelnen Motivfelder im Motivkompass®

• • • • • • • •

• •

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Er besitzt genaue Vorstellungen, welche Kriterien ein Produkt erfüllen muss. Ein Kunde mit diesen Persönlichkeitsmerkmalen kann nachtragend sein. Hervorstechen kann die sehr detaillierte Art und Weise des Vorgehens des Kunden. Er sucht gezielt nach eventuellen Sparmöglichkeiten sowie Optionen, aus mehreren Produkten wählen zu können. Oftmals braucht er sehr viel Zeit, um eine Entscheidung zu treffen und überdenkt diese sehr gründlich und lange. Er stellt sehr tiefgehende Fragen und geht mit einer gründlichen Planung vor. Dieser Kunde ist für den Termin immer hervorragend vorbereitet = diszipliniert. Er zeigt wenige Emotionen und die erste Begegnung beziehungsweise das erste Treffen mit diesem Kunden wirkt generell schwierig und steif. Nach außen scheint es häufig so, als würde er über die Gefühle anderer hinweggehen. Die Fragen von diesem Kunden können kritisch, wenn nicht sogar rücksichtslos anmuten und er macht sich zu dem, was Sie sagen, eventuell eigene Notizen. Der Kunde stellt häufig „Wie-Fragen“. Zum Beispiel: Wie geht das oder wie ist die Produktbeschaffenheit aufgebaut? Im Umgang mit diesem Kunden empfehle ich Ihnen:

• eine hervorragende Terminvorbereitung, da dieser Kunde sehr schwierig zu handhaben und sehr detailliert in der eigenen Vorbereitung ist • Seien Sie eher langsam, nicht zu direkt und offen, versuchen Sie formeller beziehungsweise etwas distanzierter zu sein. • Stützen Sie Ihre Aussagen mit Beweisen und einer sehr guten Produktkenntnis. Ihre gute Produktkenntnis wird von diesem Kunden erwartet. • Sollten Sie auch hier Alternativen anbieten müssen, so zeigen Sie diese logisch auf. • Da der Kunde sich eventuell selbst Notizen macht, vergessen Sie keine Zahlen, Daten oder Fakten und auf gar keinen Fall eventuelle Preisaussagen. • Vermissen Sie keine Empathie, denn dies ist nicht unbedingt eine Stärke dieser Kunden. Kaufargumente, die für diesen Kunden greifen können, sind beispielsweise: • Zertifikate, die Ihre Aussagen stützen und belegen • Beschreiben Sie spezifische Produktmerkmale mit einem ausgezeichneten Wissen. • Erklären Sie ihm, warum Sie eine spezielle Marke empfehlen und erzählen Sie auch etwas über die Historie sowie den Markenwert, wie zum Beispiel Traditionalität, sofern es zutreffend ist. • Testergebnisse, die den Kunden zum Produkt Vertrauen aufbauen lassen • Erklären Sie ihm die Qualität und auch Beschaffenheit der hochwertigen Produkte, verwenden Sie hier Ihre umfassenden Produktkenntnisse während der Beratung. • Wenn Sie eine verlängerte Gewährleistung anbieten können, wäre dies beispielsweise für diesen Kunden ein starkes Kaufargument. • Sollten Sie die Möglichkeit haben, eine Preisgarantie herauszugeben, so hilft es diesem Kunden ebenfalls, sich schneller für Sie oder ein Produkt zu entscheiden.

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6  Der Motivkompass® nach Eilert

Abb. 6.4  Motivfeld Harmonie und Geborgenheit. (Quelle: Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020)

Das grüne Motivfeld  – So erkennen Sie dieses vorherrschende Feld bei Ihrem Kunden (vgl. Abb. 6.4): • Dieser Kunde wirkt oft nachdenklich und ist schnell misstrauisch. • Er bindet sich langfristig und baut tiefe sowie dauerhafte Beziehungen auf. • Er legt sehr viel Wert auf Produktempfehlungen von vertrauten Personen oder auch Organisationen und Institutionen. • Er wünscht sich eine kontinuierliche Begleitung, angemessene und ehrliche Produktvorschläge und Empfehlungen der VerkäuferInnen. • Bevor dieser Kunde Kaufabschlüsse tätigt, hält er immer Rücksprache mit Vertrauten, Freunden oder Familienangehörigen. • Er wirkt offen und auch sehr herzlich und man kann ihn als Naturtalent im Zuhören bezeichnen. • Dieser Kunde ist sehr mitfühlend und empathisch und wirkt stets freundlich. • Er gibt häufig nach und ist nicht sehr durchsetzungsstark. • Ein Kunde mit grünen Motiven stellt häufig „Warum-Fragen“. Zum Beispiel: Warum ist das so oder warum geht das nicht? Im Umgang mit diesem Kunden empfehle ich Ihnen: • dass Sie auch hier wieder dem Tempo des Kunden folgen, da dieser meist sehr langsam ist und auch Schwierigkeiten hat, sich anzupassen • Erwarten Sie keine überschwängliche Begeisterung für ein Thema oder ein Produkt, denn für diesen Kunden ist es meist schwierig, einen Verkauf abzuschließen. Er kann dies als Belastung empfinden.

Die einzelnen Motivfelder im Motivkompass®

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• Vermeiden Sie Begrifflichkeiten wie Probleme oder Schwierigkeiten, da dieser Kunde diese häufig persönlich nimmt. Sollten Sie jedoch vor Problemen stehen, nennen Sie es im besten Fall Herausforderungen, die Sie speziell für diesen einen Kunden lösen werden. • Lassen Sie sich viel Zeit mit diesem Kunden und zeigen Sie ihm Ihr aufrichtiges Inte­ resse an ihm oder seinen Wünschen. • Reden Sie langsam und seien Sie offen. Versuchen Sie, sich die Meinung des Kunden einzuholen. • Wenn dieser Kunde persönliche Vorteile hat, dann erklären Sie diese sehr deutlich und verständlich für ihn. Kaufargumente, die für diesen Kunden greifen können, sind beispielsweise: • • • •

Produkte, die eine sehr hohe Lebensdauer aufweisen nachhaltige Produkte, die die Umwelt weniger belasten Paketpreise, die dem Kunden einen Vorteil verschaffen Erfahrungswerte von anderen Kunden: Sollten Sie Referenzkunden haben, versuchen Sie, Ihren Referenzkunden und Ihren neuen Kunden zusammenzubringen. Ideal dabei wäre, wenn beide Kunden die gleichen Grundmotive aufweisen. • Wenn Ihre Produkte besonders hohen Service umfassen, stellen Sie dies gerne in den Fokus. • Da der Kunde an langfristigen Beziehungen interessiert ist, können Sie mit ihm gut im „After Sales“-Bereich arbeiten, damit Sie eine Vielzahl von Weiterempfehlungen durch diesen Kunden generieren. Das gelbe Motivfeld – So erkennen Sie dieses vorherrschende Feld bei Ihrem Kunden (vgl. Abb. 6.5):

Abb. 6.5  Motivfeld Inspiration und Leichtigkeit. (Quelle: Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020)

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• • • • • • • • • •

6  Der Motivkompass® nach Eilert

Dieser Kunde wirkt humorvoll und sehr kontaktfreudig und hat ein freundliches Wesen. Er baut schnell Beziehungen auf, ist sehr anpassungsfähig und auch phantasievoll. Der Kunde ist sehr geschickt im Präsentieren. Er ist schnell von einer Sache begeistert und mag vor allem Abwechslung. Dieser Kunde lässt sich aber auch leicht ablenken und verliert schnell das Interesse. Hat dieser Kunde ein Vertrauensverhältnis zum Verkäufer, vertraut er diesem und folgt der Produktauswahl beziehungsweise der Produktempfehlung des Verkäufers. Manchmal wirkt er nicht sehr selbstbewusst. Auf andere Personen kann er auch aufdringlich und lästig wirken. Planen und Organisieren zählt nicht zu seinen Stärken. Der gelbe Kunde stellt „Wer- und Was-Fragen“. Zum Beispiel: Wer hat das noch und was kann es Besonderes? Im Umgang mit diesem Kunden empfehle ich Ihnen:

• Zeigen Sie auch hier ein hohes Interesse an ihm als Menschen sowie an seinem Produktwunsch. • Seien Sie gerne gesellig und reden über den Kunden, zum Beispiel über Hobbys und Dinge, die der Kunde gerne macht. • Verlieren Sie sich keinesfalls in Einzelheiten oder Kleinigkeiten und quälen Sie ihn niemals mit zu vielen technischen Details. Dabei verliert er in der Regel das Interesse und es wird ihm zu langweilig. • Stellen Sie deutlich zukünftige Vorteile für das Leben heraus. • Bieten Sie ihm persönliche Anreize und auch besondere Angebote, die individuell auf ihn zugeschnitten sind, sofern möglich. • Seien Sie klar und direkt und konzentrieren Sie sich in Ihrer Gesprächsstrategie auf die Zukunft. • Erwarten Sie keine hohe Verlässlichkeit oder Disziplin. Überspitzt könnte man auch sagen, der Kunde mit gelben Grundmotiven ist der „Hans guck in die Luft“. Kaufargumente, die für diesen Kunden greifen können, sind beispielsweise: • Produkte, die eine hohe Lebensdauer aufweisen und energetisch wenig verbrauchen = Nachhaltigkeit • Stellen Sie besondere Designdetails in den Vordergrund. • Wenn Sie Top-Referenzen aufweisen können, dann zeigen Sie ihm diese, bestenfalls prominente Referenzen. • Markenprodukte • Machen Sie diesen Kunden zu einem weiterempfehlenden Kunden und locken Sie ihn mit interessanten Prämien.

Wie viele Kunden haben Sie wirklich verstanden?

• • • •

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optische Alleinstellungsmerkmale der Produkte technische Finessen modernste Produktreihen Auch hier besteht Interesse an Paketpreisen, die auf den Kunden zugeschnitten sind.

Praxis-Tipp

Durch das Ordnungsfeld und das ihm gegenüberliegende Inspirationsfeld verläuft die Achse des situativen Status. Dieser Status sagt aus, in welcher Situation sich eine Person befindet. Neurobiologisch wird diese Achse von dem Hormon Cortisol und dem Neurotransmitter Dopamin bestimmt. Cortisol sorgt dafür, dass Ihr Kunde eher Risiken und Unsicherheiten vermeidet, wohingegen Dopamin dazu führt, dass er sich auf Neues einlässt und nach Veränderungen strebt. Wenn Sie einen Kunden vor sich haben, der unter anderem ein blaues Motivfeld aufweist, dann seien Sie nicht zu inspirativ oder zu abwechslungsreich. Denn dieser Kunde legt mehr Wert auf Beständigkeit, auf Produktdetails, die Sicherheit vermitteln sowie auf eine detaillierte und ruhige Beratung. Bewegen Sie sich selbst unter anderem im blauen Motivfeld und haben vor sich einen Kunden mit gelben Interessen sitzen, dann quälen Sie ihn nicht mit Zahlen, Daten und Fakten. Denn dieser Kunde wünscht sich mehr Individualität, Entwicklung sowie Humor und Spaß. Dieser Kunde möchte also ein auf ihn zugeschnittenes Produkt, an dem er Freude haben kann. Der Kunde aus dem blauen Bereich hingegen möchte eher ein Produkt, was nützlich ist und eventuell auch sein Sicherheitsbedürfnis befriedigt. Sie sollten daher auch hier wieder wissen, zu welcher Kategorie Sie sich selbst zählen, um sich dementsprechend Ihrer Wirkung bewusst zu sein. ◄ In dem Kapitel „Die Verkaufspsychologie und die emotionale Verkaufsargumentation“ gehen wir tiefer darauf ein, wie Sie mit dem Motivkompass® zielgerichtet, werteorientiert sowie bedürfnisbefriedigend beraten und verkaufen.

Wie viele Kunden haben Sie wirklich verstanden? In Deutschland leben ca. 83  Millionen Menschen. Nicht alle von diesen 83  Millionen Menschen sind Ihre potenziellen Kunden. Aber haben Sie sich schon einmal gefragt, wie viele Kunden Sie im Schnitt in Ihrem Verkaufs- oder Vertriebsleben beraten? Machen wir an der Stelle ein Rechenbeispiel. Wenn Sie durchschnittlich die letzten zehn Jahre ca. 40 Wochen im Jahr gearbeitet haben, macht das ca. 400 Wochen insgesamt an Beratungs- und Verkaufszeit. Nehmen wir an, Sie haben in dieser Zeit pro Tag drei Verkaufsgespräche geführt. Wenn wir nun eine Fünf-Tage-Woche als Grundlage heranziehen, dann kommen Sie

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auf mindestens 6000 Kunden in den letzten zehn Jahren. Von wie vielen Ihrer vergangenen 6000 Kunden können Sie sagen, dass Sie sie wirklich bewusst verstanden haben und Sie genau wussten oder wissen, warum sie dann auch bei Ihnen gekauft haben. Was waren die emotionalen Gründe? Welche Werte haben Sie eventuell bei Ihren Kunden erfüllt? Welche Bedürfnisse haben Sie gedeckt? Diese Fragen können mir Verkäufer oder auch Vertriebsmitarbeiter in der Regel nicht beantworten. Die Aussage, die ich dann meistens höre, ist: „Es hat halt eben gepasst!“ Ich bin mir sicher, dass Sie bereits erfolgreich im Verkauf oder Vertrieb tätig sind oder es noch werden wollen. In diesem Kapitel geht es deshalb darum, bewusst zu erkennen, was Ihr Kunde emotional benötigt, welche Werte Sie erfüllen müssen und vor allem welche emotionalen Bedürfnisse Sie decken sollten, damit Ihr Kunde und Sie sagen können: „Es hat halt eben alles gepasst!“ Bevor wir uns daher der gesamten Körpersprache widmen, kommen wir erst einmal zu der wichtigen Voraussetzung, Verständnis aufbringen zu wollen.

Verstehen kommt immer vor verstanden werden Stellen Sie sich bitte vor, Sie haben einen Kunden, der sehr dominant in seinem Verhalten auftritt. Der Mann ist unter anderem im roten Motivfeld „Durchsetzung und Einfluss“ zu Hause. Er kommt gemeinsam mit seiner Frau herein und prescht vor, um Sie per Handschlag zu begrüßen. Ist es nun richtig, dem Mann als erstes die Hand zu geben? Oder wäre es angebracht, die Frau zuerst zu berücksichtigen? Ich empfehle Ihnen, der Frau zuerst die Hand zu reichen. Sie könnten dazu vielleicht folgende Aussage verwenden: „Entschuldigen Sie bitte, aber die Erziehung meiner Mutter, da kann ich nichts machen.“ Lächeln Sie ihn dabei an und gehen Sie dann an dem Herrn vorbei, um die Frau zuerst zu begrüßen. Danach schütteln Sie dem Mann die Hand. Dieses Verhalten ist oft neu und fällt angenehm auf. Wenn diese Aussage nicht zu Ihnen passt, verwenden Sie gerne eine andere, mit der Sie sich wohler fühlen. Aber seien Sie anders. Vor allem anders als alle anderen und dabei angenehm auffällig. Mit diesem Verhalten wird man Sie als höflichen und zuvorkommenden Verkäufer in Erinnerung behalten, wobei Sie das natürlich auch als Verkäuferin so handhaben können. Ich bin sehr dankbar, dass mir meine Mutter diese Werte vermittelte, denn dadurch führe ich diese Art der Begrüßung bereits seit über 20 Jahren aus, sowohl im Berufs- als auch im Privatleben. Oft ergibt sich durch dieses Verhalten auch ein erster angenehmer Smalltalk. Wenn man bedenkt, dass man nur wenige Millisekunden für seinen eigenen ersten Eindruck zur Verfügung hat, dann hilft es, den ersten persönlichen Kontakt so zu gestalten, dass er neu und zugleich erfrischend für den Kunden ist. In dem Kapitel „Die fünf wichtigsten Verkaufsmomente“ liefere ich Ihnen noch mehr solcher Beispiele. Kommen wir also zurück zu dem dominanten Charakter des Mannes. Wenn Sie jetzt wissen, welche Werte und auch Grundbedürfnisse Ihrem Kunden in dieser dann doch eher unangenehmen Situation wichtig sind, können Sie bewusst in den sozialen Tiefstatus gehen und beispielsweise folgende Aussage treffen: „Entschuldigen Sie bitte, das habe ich natürlich nie infrage gestellt.“ Dabei senken Sie leicht den Kopf, eben wie bei einer Ent-

Grundsätze im Umgang mit dem Motivkompass® im Vertrieb und Verkauf

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schuldigung, sodass Sie Ihren Tiefstatus auch körpersprachlich vermitteln. Durch dieses Benehmen befriedigen Sie einen der Grundwerte Ihres Kunden, nämlich den des sozialen Status. Übersetzt heißt das, dass wir verstanden haben, dass der Kunde hier der Häuptling in dem Gespräch sein möchte. Sie können in solchen Situationen nur erfolgreich sein, wenn Sie so schnell wie möglich erfassen, für welche Grundwerte Ihr Kunde steht. Warum das so wichtig ist, hat auch eine Studie herausgefunden. Im Motivfeld der Durchsetzung, zu dem auch der Wert Dominanz gehört, gibt es statuserhaltende und statuserhöhende Verhaltensweisen. Diese Verhaltensweisen fördern das Testosteron. Ist das Motivfeld der Durchsetzung aktiviert, reagiert Ihr Kunde, in dem Fall der Mann, aggressiver auf eventuelle Provokationen oder auch Bedrohungen, die seinen sozialen Status betreffen. In unserem Beispiel könnte so eine Reaktion ausgelöst werden, weil Sie die Frau als erstes begrüßt haben. Darum ist es so wichtig, dass Sie in diesem einen Moment in den sogenannten sozialen Tiefstatus gehen und sich bewusst entschuldigen, damit der Status des Mannes, seinem persönlichen Empfinden nach, nicht mehr bedroht ist. Dadurch signalisieren Sie ihm, dass Sie seinen Status anerkennen. Dieses Verhalten von Ihnen ist dann keine Schauspielerei, sondern eine emotional intelligente Gesprächsstrategie. Sie werden dem Werteverständnis Ihres Kunden gerecht, um alle seine Erwartungen auch zu erfüllen. Die mit diesem Beispiel beschriebene Aussage „Verstehen kommt immer vor ver­ standen werden“ ist unter anderem auch ein Grundsatz für die Arbeit mit dem Motivkompass® und der Mimikresonanz®-Methode. In dem Kapitel „Den Motivkompass® in Verkauf und Vertrieb richtig einsetzen“ finden Sie daher noch mehr beispielhafte Situationen dazu.

 rundsätze im Umgang mit dem Motivkompass® im Vertrieb G und Verkauf Grundsatz eins  Der Motivkompass bedient keine Vorurteile. In vielen Typologie-Modellen, die mir bekannt sind, werden Menschen beziehungsweise Kunden gern in Schubladen gesteckt. Wenn wir aber jemanden in ein bestimmtes Muster einsortieren, dann kann es passieren, dass wir aufgrund unserer vorgefertigten Meinung bestimmte Dinge nicht wahrnehmen, weil sie unbewusst nicht zu dem Bild passen, das wir im Kopf bereits entworfen haben. Man nennt dies auch Bestätigungsfehler. Richten wir nun die gesamte Gesprächs- und Verkaufsstrategie nach diesem Fehler aus, können wir fatal danebenliegen. So eine unbedachte Vorgehensweise kostet Sie im schlimmsten Fall den Auftrag und in der Folge die wertvollen Weiterempfehlungen. Neben dem Bestätigungsfehler existiert als Begriff aus der Sozialpsychologie auch noch der fundamentale Attributionsfehler. Er entsteht, wenn wir durch eine einzelne Situation Rückschlüsse auf die Persönlichkeit des Kunden ziehen. Unser eigenes Verhalten allerdings rechtfertigen wir immer mit den gegebenen Umständen. Das bedeutet, dass

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6  Der Motivkompass® nach Eilert

wenn wir selbst gestresst sind und dadurch auf irgendetwas gereizt reagieren, dann entschuldigen wir es mit eben dieser Stresssituation. Wenn wir aber auf jemanden anders treffen, der sich nervös verhält, dann denken wir, dass dieser Gegenüber wohl ein angespannter oder ungeduldiger Typ ist, ohne zu berücksichtigen, dass er vielleicht nur in diesem Moment so ist. Allein das Bewusstsein für diese beiden Fehler kann Ihnen in der Zukunft helfen, sie nicht zu begehen. Denken Sie dabei auch immer an die Vier-Zimmer-Wohnung mit den Lieblingsräumen. Jeder Kunde kann jedes Zimmer betreten, allerdings hat er in der Regel zwei Lieblingszimmer, in denen er sich am meisten aufhält. Grundsatz zwei  Der Motivkompass® hilft mir, den richtigen Kunden zu finden und auch dem falschen Kunden sagen zu können, emotional intelligent, dass wir leider nicht der richtige Partner für ihn oder sie sind. Sie haben in diesem Buch bereits erfahren, dass nicht jeder Kunde zu Ihnen oder Ihrem Unternehmen passt. Oftmals, weil das Budget eine erhebliche Rolle dabei spielt. Der Motivkompass® hilft Ihnen dabei, die Kunden emotional intelligent zu selektieren und nicht aus Ihrem Bauch heraus zu bewerten. Dadurch können Sie spezifischer in Ihrer Beratung und in Ihrem Verkaufsprozess werden. Er ist das wichtigste Werkzeug, das Sie für die emotional intelligente Bedarfsanalyse benötigen, die ich im Kapitel der fünf wichtigsten Verkaufsmomente weiter vertiefe. Wenn Sie nach solch einer Analyse zu dem Ergebnis kommen, dass Ihr Kunde woanders besser aufgehoben ist, dann ist das für Sie vermutlich im ersten Schritt schwer zu akzeptieren. Einen Kunden wegzuschicken fällt nie leicht. Zumindest ging es mir anfangs immer so. Man möchte am liebsten jeden Auftrag mitnehmen und auch die letzte Möglichkeit nutzen, einen Kunden umzustimmen, oder wie ich auch gerne sage, zu bekehren. Durch meine über 20-jährige Erfahrung aber weiß ich, dass die teuerste und zeitintensivste Tätigkeit in einem Unternehmen, welches etwas verkauft oder vertreibt, das Angebotswesen ist. Es weist die meisten Stellschrauben auf, um Ihnen mehr Zeit für mehr richtige Kunden zu organisieren oder auch mehr Zeit für Sie privat. Wenn ich durch meine Bedarfsanalyse also herausgefunden habe, dass der Kunde hauptsächlich für Harmonie und Geborgenheit steht, könnte ich ihm sagen: „Sehen Sie Frau oder Herr Meier, ich wäre sehr gerne der richtige Partner für Sie, aber leider kann ich Ihre Erwartungen an mich nicht erfüllen. Das bedauere ich sehr, aber ich möchte auch ehrlich zu Ihnen sein und denke, es ist das Beste, wenn wir unsere Zusammenarbeit an dieser Stelle nicht fortsetzen. So bleibt Ihnen und mir viel unnötige Zeit erspart und Sie können vielleicht ein anderes Unternehmen glücklich machen.“

Wie im Vorfeld geschrieben, ist dies eine mögliche Antwort für einen Kunden, der unter anderem im grünen Motivfeld zu Hause ist. Mit solch einer Aussage sind Sie nicht konfrontativ, sondern gehen auf das Verständnis und Mitgefühl des Kunden ein. Sie sagen, dass Sie nicht dessen Zeit verschwenden wollen und dass er jemanden anders glücklich

Grundsätze im Umgang mit dem Motivkompass® im Vertrieb und Verkauf

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machen kann. Hierbei sprechen Sie auch sein Mitgefühl und seine Empathie an. Wenn Sie also wissen, wer Ihr Gegenüber ist und für welche Werte und Bedürfnisse er steht, dann können und dürfen Sie ihm emotional intelligent mitteilen, dass Sie nicht der richtige Partner sind. Dabei bedenken Sie bitte immer die Möglichkeit, trotz alledem, eine Weiterempfehlung zu erhalten. Grundsatz drei  Keiner möchte uns etwas Böses. Jeder ist gut so wie er ist. Wir wollen niemanden verändern und wir wollen auch niemanden manipulieren. Wir wollen den Kunden verstehen. Mir persönlich hat die Arbeit mit Typologie-Modellen sehr dabei geholfen, den Kunden besser einzuschätzen und vor allem auch zu akzeptieren. Denn so wie ich bin, bin ich gut. So wie der Kunde ist, ist der Kunde gut. Wenn ich, so wie ich bin, akzeptiert werden möchte, dann muss ich das meinem Gegenüber auch zugestehen. Da ich als Verkäufer ein Dienstleister bin, weiß ich, dass ich mich in manchen Situationen an meinen Kunden anpassen muss. Nicht verstellen, aber stattdessen emotional intelligent vorgehen. Natürlich können Sie jetzt sagen: „Moment, der Kunde will doch etwas von mir.“ Da haben Sie zweifelsohne Recht. Allerdings wollen auch wir was von ihm, nämlich einen Auftrag. Und im Gegensatz zum Kunden genießen wir Verkäufer oder Vertriebsmitarbeiter nicht den Luxus, dass wir beliebig wählen können. Trotzdem sollten wir selektieren, wie bereits in Grundsatz zwei beschrieben. Denn das Ziel der Selektion ist, mehr richtige Kunden zu finden, umso mehr Zeit für den richtigen Kunden zu investieren. Das bedeutet in der Folge, mehr Kunden glücklich zu machen, um damit mehr Umsatz zu generieren. Sie müssen den Kunden so wie er ist tolerieren und auf ihn eingehen. Dabei müssen Sie auch verstehen, dass er sein grundsätzliches Verhalten nicht wegen Ihnen an den Tag legt. Sie kennen sicherlich das Sprichwort: „Er ist eben wie er ist.“ Genau dieses Sprichwort greift hier. Der Kunde ist so wie er ist und so wie er ist, ist er gut. Nichts von dem, was er tut, tut er aus Boshaftigkeit gegen Sie oder mich, sondern weil es in seiner Natur liegt. Mir persönlich hat diese Ansicht sehr geholfen, abends mit deutlich weniger Stress nach Hause zu kommen. Zu oft habe ich mich über Kunden aufgeregt, die nicht meinem persönlichen Werteverständnis entsprechend handelten. Sei es Respekt vor seinem Gegenüber, Menschlichkeit oder Loyalität. Regelmäßig habe ich mich auf Palmen treiben lassen von Kunden, die zu viele Zahlen, Daten, Fakten wissen wollten und ewig für ihre Entscheidungen gebraucht haben. Als ich begonnen habe, mit Typologie-Modellen zu arbeiten, habe ich meine Ansicht grundlegend überdacht und mein Vorgehen verändert. Denn nur ein Mensch, der sich verändern will, kann sich auch verändern. Sie oder ich werden keine Menschen verändern, denn man pflanzt ja auch keinen alten Baum um. Sie haben allerdings gegenüber Ihrem Kunden den Vorteil, dass Sie ihn deutlich besser verstehen als er Sie. Nutzen Sie dieses Werkzeug, den Motivkompass®, als Vorteil für sich und auch als Vorsprung im gesamten Verkaufsprozess. Akzeptieren und verstehen Sie Ihren Kunden, werden Sie erfolgreicher im Vertrieb und im Verkauf. Der Pharmakonzern Sanofi-Aventis hat 2018 zu diesem Thema eine Studie durchgeführt. Darin wurde eine Gruppe von Verkäufern in emotionaler Intelligenz geschult, eine

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Vergleichsgruppe hingegen erhielt dieses Training nicht. Die emotional intelligente Gruppe erzielte im Anschluss zwölf Prozent mehr Umsatz. Emotionale Intelligenz ist die Währung des 21. Jahrhunderts im Verkaufs- und Vertriebswesen und Ihr stärkstes Alleinstellungsmerkmal im Wettbewerb. Kurzer Exkurs „emotionale Intelligenz“ Emotionale Intelligenz ist ein von John D. Mayer (University of New Hampshire) und Peter Salovey (Yale University) im Jahr 1990 eingeführter Terminus. Er beschreibt die Fähigkeit, eigene und fremde Gefühle (korrekt) wahrzunehmen, zu verstehen und zu beeinflussen. Das Konzept der emotionalen Intelligenz beruht auf der Theorie der multiplen Intelligenzen von Howard Gardner, deren Kerngedanke bereits von Edward Lee Thorndike und David Wechsler als „soziale Intelligenz“ bezeichnet wurde. Diesen verdeutlichte Thorndike schon 1920 mit einem Beispiel, wonach der (fachlich) beste Mechaniker als Vorarbeiter scheitern wird, wenn es ihm an sozialer Intelligenz fehlt. Das Thema „emotionale Intelligenz“ ist somit auch ein Beitrag zur Diskussion der Frage, was Erfolg im Leben und im Beruf ausmacht. Zu dessen Popularisierung hat insbesondere der US-amerikanische Psychologe und Wissenschaftsjournalist Daniel Goleman mit seinem Buch „EQ – Emotionale Intelligenz“ (1995) beigetragen. Daniel Goleman kam außerdem, nachdem er hunderte Unternehmen durchleuchtete und unzählige Studien auswertete, zu folgendem Fazit: „Schafft die Führung ein positives Klima, dann kann das einen Unterschied von 20 bis 30 Prozent in den Geschäftsergebnissen ausmachen!“ Daniel Goleman ist einer der führenden Wissenschaftler auf diesem Gebiet.

Grundsatz vier  Jede Verhaltensweise hat zwei Seiten der Medaille. Wenn wir beispielsweise an einen Kunden denken, der zwar immer viele gute Ideen hat, aber keinen realen Bezug zum Preis und zu seinem Budget, dann ist dies typbedingt nicht schlecht zu bewerten. Es ist ein Verhalten aus seinem Schattenfeld heraus. Es gibt allerdings auch die Sonnenseiten. Diese wären folglich Ideen, die ebenfalls gut sind und zusätzlich einen realen Bezug zu seinem Budget aufweisen. Nehmen wir als Beispiel einen wettkampforientierten Menschen. Natürlich ist es gut, dass er auf der Sonnenseite gesehen ein Wettkampfmotiv besitzt. Sonst würde es auch klassischen Sport wie Fußball oder Tennis nicht geben. Es wird erst dann zu einem Motiv auf der Schattenseite, wenn während des Wettkampfs über Leichen gegangen und vielleicht anderen dabei geschadet wird, damit diese Personen nicht mehr am Wettkampf teilnehmen können. Grundsätzlich ist zu empfehlen, Kunden unvoreingenommen gegenüberzutreten und positiv zu denken. Alles andere könnte Ihr Kunde eventuell spüren und die Gefahr ist dann groß, dass Sie den fundamentalen Attributionsfehler begehen. Grundsatz fünf  Verstehen kommt immer vor verstanden werden. Der Motivkompass® hilft Ihnen dabei, Ihr Gegenüber so gut zu verstehen, dass Sie Ihre Beratung und Ihre Verkaufsstrategie danach ausrichten können, dass Sie immer in der Lage sind, kundenspezifisch zu argumentieren. Nicht so, wie Sie selbst fühlen oder denken, sondern so, wie Ihr Kunde fühlt und denkt. Sie haben beispielsweise einen Kunden, der Ihnen sagt, dass er wenig Zeit hat und eine sehr spezielle Vorstellung von seinem

Grundsätze im Umgang mit dem Motivkompass® im Vertrieb und Verkauf

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Produkt besitzt. Sie könnten jetzt ohne weiteres dem Kunden das Produkt zeigen und mit ihm darüber sprechen. So wie er Ihnen gegenübergetreten ist – er weiß, was er will und hat auch wenig Zeit – ist davon auszugehen, dass er unter anderem im roten Motivfeld der Durchsetzung und des Einflusses zu Hause ist. Wenn Sie nun ein Verkäufer sind, der sich unter anderem vermehrt in dem grünen Motivfeld der Harmonie und Geborgenheit bewegt, dann haben wir in dieser Beratungssituation zwei sehr unterschiedliche Typen. Da Sie jedoch den Kunden überzeugen möchten und nicht andersherum, sollten Sie es vermeiden, ihn in diesem Fall zum Beispiel mit technischen Details, Möglichkeiten und vielen weiteren Informationen zu überfrachten. Denn das wird einem „roten Typen“ nicht gefallen. Es geht im Grundsatz fünf deshalb darum, wirklich zu wissen, was der Kunde erfahren möchte und nicht um das, was ich denke, was ihn vielleicht interessiert. Mehr dazu im Kapitel „Den Motivkompass im Verkaufs- und Vertriebswesen richtig einsetzen“. Grundsatz sechs  Es geht nicht darum, den Kunden über den Tisch zu ziehen. Es geht darum, dem Kunden zu helfen, die für ihn richtigen Entscheidungen zu treffen, damit er sich gut aufgehoben fühlt und Sie dadurch zeit- und auch ressourcenoptimiert im Verkaufsprozess arbeiten können. Wie Sie aus dem Kap. 2 wissen, denkt der Kunde oftmals, dass der Verkäufer oder auch Vertriebsmitarbeiter ihm etwas aufschwatzen möchte. Mit diesem Grundsatz möchte ich deshalb herausstellen, dass genau das nicht gemeint ist. Sie sollen dem Kunden zur Seite stehen, die für ihn richtigen Argumente suchen und ihm individuell diese Argumente erklären. Es geht nicht um Manipulieren. Es geht um emotional intelligentes, empathisches und persönlichkeitsgerechtes Verkaufen. Grundsatz sieben  Ich muss mich auch selbst kennen. Die richtige Selbsteinschätzung ist von großer Bedeutung im Verkaufsprozess. Mal angenommen, Ihr Kunde bewegt sich am liebsten im roten Zimmer und Sie halten sich am meisten im grünen Zimmer auf. Dann besteht die Gefahr, dass Sie den Kunden so beraten wie es für Ihr persönliches Motivfeld richtig ist, nicht aber so, wie es für den Kunden in dem Moment richtig wäre. Es ist wichtig, dass Sie selbst detailliert einschätzen können, wie Sie auf Ihr Gegenüber wirken, um gegebenenfalls nicht Ihre persönlichen Werte in den Fokus der Beratung zu stellen, sondern immer die des Kunden. Verstehen bedeutet hierbei auch nicht immer unbedingt, dass man auch einverstanden ist. In der Praxis beobachte ich oft, dass VerkäuferInnen Kunden so beraten wie es für ihre Persönlichkeit geeignet wäre, nicht aber so, wie es zum Kunden passt. Vermeiden Sie solche Fehler im Verkaufsprozess und beraten Sie Ihren Kunden immer entsprechend seiner Persönlichkeitsmerkmale. Bleiben wir bei dem Beispiel, dass Ihr Kunde sich am liebsten im roten Motivzimmer aufhält und Sie sich am liebsten im grünen. Sie denken, weil es für Sie angenehm ist, hätte auch Ihr Kunde viel Zeit für den Verkaufsprozess, möchte sich alles lang und breit erklären lassen und nimmt Sie von Ihrer menschlichen Seite wahr und nicht in Ihrer Funktion als Verkäufer. Tatsächlich aber hat der Kunde im roten Motivzim-

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6  Der Motivkompass® nach Eilert

mer häufig wenig Zeit und auch oft nicht die Geduld für eine lange und breite Erklärung der Produkte. Außerdem ist der Kunde mehr auf die Sache fokussiert als auf Sie als Person. Daher ist die Beratung unter Berücksichtigung des grünen Motivzimmers in dem Moment für den Kunden falsch. Der Kunde fühlt sich dadurch nicht verstanden oder abgeholt, was im Umkehrschluss bedeutet, dass der Kunde bei Ihnen nicht kaufen wird. Der hier abgebildete QR-Code führt Sie zu einem Persönlichkeitstest, mit dem Sie Ihre Handlungs- und auch Wahrnehmungspräferenzen bestimmen können. Damit wissen Sie immer, wie Sie auf Ihren Kunden wirklich wirken (Abb. 6.6). Der Motivkompass® hilft Ihnen, erfolgreicher, ressourcenoptimierter und zielführender mit Ihren Kunden, Kollegen oder Freunden zu kommunizieren. Ressourcenoptimiert bedeutet dabei, dass man sich von seinem Gegenüber emotional nicht mehr so leicht aus der Ruhe bringen lässt und einem somit mehr Ressourcen, also mehr Energie, zur Verfügung stehen. Mit großer Wahrscheinlichkeit kennen Sie die Momente, in denen Sie ein Kollege, ein Freund oder auch ein Kunde aus der Ruhe bringt. In solchen Situationen ist man manchmal schlicht und einfach genervt. Der Motivkompass® unterstützt Sie darin, mehr Verständnis für Ihr Gegenüber aufzubringen und seine Persönlichkeit und Verhaltensweise anzunehmen. Abb. 6.6 Persönlichkeitstest – Erfahren Sie mehr über sich selbst und wie Ihr Kunde Sie wirklich sieht (Diesen Selbstest finden Sie auch in der Anlage dieses Buches)

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Den Kunden verstehen lernen: „Die Intuition“

Inhaltsverzeichnis Zauberei oder Wissenschaft?   as intuitive Handeln  D Das rationale Handeln  Warum die Intuition wichtig ist  Alle haben eine Intuition  Vertrauen entscheidet immer  Die Geschichte des Unbewussten/der Intuition  Die aktuelle Wissenschaft der Intuition  Das Bauchgefühl nach Gigerenzer [13]  Verlauf der Intuition im Gehirn  Wie kann das Wissen um die Intuition im Verkaufs- und Vertriebswesen helfen?  Fazit  Literatur 

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Zauberei oder Wissenschaft? Die Antwort liefere ich Ihnen schon vorab: In jedem Fall Wissenschaft! In großen Teilen unserer Gesellschaft ist es derzeit noch so, dass die Intuition eher in die Esoterik-­Schublade gesteckt wird. Sie wird oftmals missverstanden und als göttliche Eingebung oder als mystischer sechster Sinn beschrieben, da sie gegen die Gesetze der Logik verstoße. Dabei hat die Wissenschaft längst bewiesen, dass die Intuition nicht nur ein Impuls oder eine Laune ist, sondern vielmehr eigenen Regeln folgt. So sagt es zum Beispiel Professor Gerd Gigerenzer, einer der führenden Wissenschaftler in diesem Bereich. Für ihn ist Intuition ge-

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2021 J. Kettler, Mit Empathie verkaufen, Edition Sales Excellence, https://doi.org/10.1007/978-3-658-32419-3_7

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7  Den Kunden verstehen lernen: „Die Intuition“

fühltes Wissen und hat nichts mit Esoterik oder Zauberei zu tun. Laut dem Kogni­ tionspsychologen Professor Daniel Kahneman benutzen Menschen zwei Arten des Denkens: die erste Form arbeitet automatisch, mühelos, schnell = intuitiv (System 1). Die zweite Form ist zeitaufwendiger, langsamer und zuständig für das Logisch-Rationale (System 2). Je nachdem welches System wir anwenden, das Rationale oder das Intuitive, kommen verschiedene Nervennetzwerke in unserem Gehirn zum Einsatz. Die Intuition wenden wir unbewusst an, das logische Denken hingegen bewusst.

Das intuitive Handeln Auf der Abb. 7.1 sehen Sie einen Mann, der einen Ball fangen möchte. Wie würden Sie sich an seiner Stelle entscheiden, wann Sie loslaufen, um den Ball zu fangen? Berechnen Sie anhand einer mathematischen Formel, wann der richtige Zeitpunkt ist oder hören Sie auf Ihre Intuition und laufen einfach los, wenn Sie denken und fühlen, dass Sie jetzt loslaufen müssen, um den Ball auch zu fangen? Ihnen wird es da wie mir gehen. Sie berechnen keine mathematische Formel, sondern laufen einfach los. Das ist intuitives Handeln. Der Evolutionsbiologe Richard Dawkins schrieb: „Wenn ein Mensch einen Ball fangen möchte, verhält er sich so, als ob er eine Reihe von Differenzialgleichungen löst, um die Flugbahn des Balles vorauszusagen. Auf der unbewussten Ebene geschieht etwas, das funktionell den mathematischen Berechnungen entspricht.“

Abb. 7.1  Einen Ball zu fangen geht nur mit dem nach Daniel Kahneman nur mit „System 1“. (Quelle: Sales Emotion®)

Das rationale Handeln

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Das rationale Handeln Rationales Handeln hingegen ist beispielsweise wie eine Pro- und Contra-Liste. Die Pround Contra-Liste dient vor allem dazu, sich verschiedenste Argumente bewusst zu machen, sie zu visualisieren und sie sich damit buchstäblich vor Augen zu führen. Man kann diese Liste auch die Benjamin-Franklin-Liste nennen. Der Gründervater der Vereinigten Staaten von Amerika, nach dem diese Technik benannt worden ist, machte sich bereits Ende des 17. Jahrhunderts Gedanken zu eventuellen Wahl-Hemmungen und fand einen Weg, diese Vorbehalte zu überwinden. Seine Lösung ist sichtbar durch die Pro- und Contra-­Liste inspiriert. Benjamin Franklin schrieb am 8. April 1779 folgenden Brief an seinen Neffen: „Wenn Du zweifelst, notiere alle Gründe, pro und contra, in zwei nebeneinanderliegenden Spalten auf einem Blatt Papier, und nachdem Du sie zwei oder drei Tage betrachtet hast, führe eine Operation aus, die manchen algebraischen Aufgaben ähnelt. Prüfe, welche Gründe oder Motive in der einen Spalte denen in der anderen an Wichtigkeit entsprechen – eins zu eins, eins zu zwei, zwei zu drei oder wie auch immer. Und wenn du alle Gleichwertigkeiten auf beiden Seiten gestrichen hast, kannst du sehen, wo noch ein Rest bleibt. Dieser Art moralischer Algebra habe ich mich häufig in wichtigen und zweifelhaften Angelegenheiten bedient. Nebenbei bemerkt, wenn Du sie nicht lernst, wirst Du dich, fürchte ich, nie verheiraten. Dein Dich liebender Onkel, B. Franklin“

Die Pro- und Contra-Liste ist ein ideales Beispiel, um rationales Handeln zu erklären. Wir schreiben Dinge auf, um sie miteinander zu vergleichen, um zu sehen, was am Ende wirklich übrigbleibt. Diese Liste kann helfen, dass Ihr Kunde seine Kaufentscheidung schneller trifft. Praxis-Tipp

Wenn Sie das Gefühl oder den Eindruck haben, dass Ihr Kunde noch unschlüssig ist und Sie ihm helfen möchten, sich zu entscheiden, dann stellen Sie mit Ihrem Kunden gemeinsam eine Pro- und Contra-Liste auf. Schreiben Sie die Vorteile auf die linke Seite und die eventuellen Nachteile auf die rechte Seite. Suchen Sie gemeinsam mit Ihrem Kunden die Vorteile und achten Sie dabei darauf, dass Sie die Bedürfnisse und auch die Werte, die Ihren Kunden ausmachen, benennen und deren Befriedigung in die Pro-Liste eintragen. Während Sie diese Übersicht erstellen, ist es meist unvermeidlich, dass auch Dinge auf der rechten Seite, der Contra-Liste, eingetragen werden. Hier sollten Sie aufmerksam zuhören, welche Gegenargumente dort vom Kunden genannt werden. Aus meiner Erfahrung und auch aus den Praxisumsetzungen von tausenden Seminarteilnehmern weiß ich, dass meist nie mehr als zwei Argumente auf der rechten Seite aufgenommen werden, denn der Kunde möchte das Produkt in der Regel haben. Einwände können zum Beispiel der Preis oder auch eine lange Lieferzeit sein. Schauen wir uns diese beiden Faktoren einmal genauer an.

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7  Den Kunden verstehen lernen: „Die Intuition“

Der Preis: Im Kapitel der fünf wichtigsten Verkaufsmomente geht es im Detail um die emotional intelligente Bedarfsanalyse. In dieser Bedarfsanalyse fragen wir, emotional intelligent, auch den finanziellen Rahmen ab. Sofern möglich, halten Sie sich bitte stets an diesen vorgegebenen Rahmen. Hat Ihr Kunde Ihnen ein Budget genannt, so plant er eine Ausgabe für eine Produktanschaffung, welche er bereits innerlich abgenickt hat. Das bedeutet also, dass das Geld investieren auf der Contra-Seite nichts zu suchen hat, denn der Kunde hat es bereits innerlich akzeptiert und darauf können Sie ihn aufmerksam machen. Bitte freundlich, indem Sie zum Beispiel sagen: „Entschuldigen Sie bitte lieber Herr Meyer, ich möchte nicht forsch wirken, gleichzeitig möchte ich allerdings ansprechen, dass wir über Ihr Budget und somit über die Investitionssumme bereits gesprochen haben und Sie diese doch abgenickt haben, oder?“ Ein Kunde kann sich gegen vieles wehren, aber gegen seine eigene Aussage wird er es vermutlich nicht tun. Daher ist eine emotional intelligente Bedarfsanalyse, welche wir später behandeln werden, einer der wichtigsten Schritte im gesamten Verkaufsprozess. Der zweite Faktor ist die eventuell lange Lieferzeit: Achten Sie zum Beispiel darauf, was der Kunde für ein Auto fährt und fragen Sie ihn gerne, wie lange er nach der Bestellung auf sein Fahrzeug gewartet hat. Im Allgemeinen sind das mehrere Monate. Dies können Sie als Aufhänger nehmen, um den Kunden darauf aufmerksam zu machen, dass eine verlängerte Lieferzeit mit der Produktion und der damit verbundenen Qualität zusammenhängt. Wenn es auf Ihr Produkt zutrifft, heben Sie gerne hervor, dass es ein Unikat ist und von Hand hergestellt wird. Nennen Sie dem Kunden Argumente und belegen Sie diese im besten Fall mit Beweisen, damit der Kunde seinen möglichen Einwand auf der Contra-Seite verliert. Fragen Sie den Kunden auch, ob es ein Ereignis in der Zukunft gibt, für welches er das Produkt unbedingt braucht und finden Sie he­ raus, wo seine Toleranzschwelle liegt. Behandeln Sie den Einwand, um ihn zu beheben. Missverständnisse oder Einwände gibt es nur so lange, bis man darüber geredet hat und sie aus dem Weg räumt. Diese Liste hilft Ihnen dabei, die Vorteile deutlich zu benennen und den Kunden erneut in seiner Kaufabsicht zu bestätigen. Sie gibt Ihnen außerdem die Option, eventuelle Zweifel, die den Verkaufsabschluss beeinträchtigen können, zu finden und zu beseitigen. Unterstützen Sie den Kunden dabei, die für ihn richtigen Entscheidungen zu treffen und stehen Sie ihm beratend zur Seite. Wenn der Kunde keine Vetos hat und trotz alledem nicht bereit ist, einem Vertragsabschluss zuzustimmen, dann fragen Sie ihn, ob es eventuell an Ihnen persönlich liegt. Bitte verwenden Sie dabei in jedem Fall den Hinweis, dass Sie persönlich dem Wunsch des Kunden nicht im Wege stehen möchten und natürlich gerne einem anderen Kollegen oder auch Vorgesetzten Bescheid geben, damit der Kunde seinen Traum oder Wunsch erfüllen kann. In der Zeit, als ich hochwertige Küchen verkaufte, gab es einen Verkaufsleiter, der immer sagte: „Der teuerste Umsatz ist der, den du nicht machst.“ Das bedeutet, dass man den Auftrag für das Unternehmen holen muss und sich, wenn nötig, selbst aus dem Spiel nimmt, um diesem Ziel gerecht zu werden. Sie können die Beratung also an einen Kollegen oder auch Vorgesetzten abgeben, der den Auftrag mit dem

Warum die Intuition wichtig ist

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Kunden gemeinsam abschließt. Die Bearbeitung und alles um den Auftrag herum führen Sie dann weiter durch. Denn dadurch ist Ihre Provision, vorausgesetzt Sie bekommen eine, auch nicht gefährdet. Sowohl für Sie als auch für Ihr Unternehmen ist es das Beste, auf diese Frage zurückzugreifen, sofern Sie die Benjamin-Franklin-Liste verwenden und es keinen nachvollziehbaren Einwand gibt, der sonst den Verkaufsabschluss erschwert. Diese Frage kann entweder den Auftrag retten, wenn Sie sich gegen einen Kollegen austauschen, oder sie kann dem Kunden noch einmal zusätzlich bestätigen, dass Sie eben doch genau der richtige Partner für ihn sind. Lassen Sie den Kunden entscheiden und helfen Sie ihm bei seinem Entschluss. Sollten Sie die Pro- und Contra-Liste bei Ihrem Kunden anwenden wollen, so nennen Sie diese Liste bitte nicht so, denn diese Beschreibung hört sich nicht schön oder originell an. Fragen Sie Ihren Kunden stattdessen lieber, ob sie gemeinsam die sogenannte Benjamin-Franklin-Liste erstellen möchten. Die Geschichte dazu kennen Sie jetzt und Sie können sie Ihrem Kunden gern erzählen, sofern er sie noch nie gehört hat. In meinen Trainings gebe ich das Wissen der Pro- und Contra-Liste bereits seit acht Jahren weiter, denn sie ist eins von mehreren Abschlusswerkzeugen, wenn der Kunde sich noch nicht im Klaren ist, ob er eine positive Kaufentscheidung treffen soll. In dieser Situation sollten Sie keinen Druck aufbauen, sondern dem Kunden weiterhin beratend zur Seite stehen. Vergessen Sie bitte solche Aussagen, in denen es heißt, dass Beraten nichts mit Verkaufen zu tun hat. Ihre Aufgabe im Verkauf ist es, den Kunden ausführlich zu informieren und ihm bei seinem Vorhaben unter die Arme zu greifen. Die Beratung ist das A und O eines jeden Verkaufsprozesses und erfolgreichen Verkaufsabschlusses. Seien Sie für Ihren Kunden da, hören Sie ihm zu und unterstützen Sie ihn. Wie wir wissen ist genau dieses Verhalten das, was der Kunde von einem Verkäufer oder Vertriebsmitarbeiter wirklich erwartet und sich wünscht! ◄

Warum die Intuition wichtig ist Vorteile der Intuition sind, dass die Entscheidungen effizient, schnell sowie energiesparend getroffen werden. Intuition kann überlebenswichtig sein, wenn Sie beispielsweise vor der Frage stehen, ob Sie vor einem Bären weglaufen sollten oder lieber stehen bleiben. Oder ob Sie es schaffen, vom Boot zur Insel zu schwimmen, ohne dabei zu ertrinken. Auch bei der zwischenmenschlichen Kommunikation spielt die Intuition eine große Rolle. Der Neurobiologe und Psychotherapeut Professor Joachim Bauer von der Uniklinik Freiburg sagt: „Die Mimik, die Gestik, der Blick oder auch die Haltung des Gegenübers wird von unserem Gehirn analysiert, ohne dass der Mensch irgendetwas davon mitbekommt.“ Glücklicherweise laufen diese ganzen Prozesse unbewusst ab, denn würden wir über all das jedes Mal bewusst nachdenken, wäre unser Gehirn heillos überfordert. Um sein unbewusstes Repertoire zu erweitern, raten Wissenschaftler und Forscher dazu, unbekannte angenehme Bauchgefühle mit Logik zu prüfen. Gigerenzer und Kahneman empfehlen

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dieses Vorgehen, sofern eine vergleichbare oder ähnliche Entscheidung noch nie getroffen worden ist und man sich in einer Situation aufhält, welche gänzlich neu ist.

Alle haben eine Intuition Sie, Ihr Kunde und auch ich besitzen eine Intuition. Viele verlassen sich darauf, einige ignorieren es. Die Psychoanalytikerin Maja Storch schrieb dazu das Buch „Das Geheimnis kluger Entscheidungen“. Sie bezieht sich sowohl in ihrem Buch als auch in ihrer täglichen Arbeit unter anderem auf den Neurowissenschaftler António Damásio, der vor allem für seine Forschungen zum menschlichen Bewusstsein bekannt ist. Zu ihm erzähle ich Ihnen später mehr. Maja Storch sagt nun, dass in ihren Therapiesitzungen Akademiker, egal ob weiblich oder männlich, überrepräsentiert sind. Sie erklärt das damit, dass es umso schwieriger ist, eine Verbindung zwischen Gefühl und Vernunft herzustellen, je stärker man sich dem Verstand verpflichtet fühlt. Dabei ist es nicht nur für Akademiker, sondern für alle Menschen wichtig, diese Verbindung eingehen zu können. Jeden Tag treffen Sie und auch Ihre Kunden über 20.000 Entscheidungen. Stellen Sie sich vor, Sie müssten über jede einzelne dieser Entscheidungen bewusst nachdenken. Am Morgen, direkt nach dem Wecker-­Klingeln, beginnen Sie, logisch abzuwägen, ob Sie die Snooze-Taste jetzt noch drücken oder nicht, was dagegen und was dafür spricht. Anschließend zählen Sie beim Einkaufen genau die Personen in jeder Schlange ab, um festzulegen, an welcher Kasse Sie sich anstellen, Es würde nicht allzu lange dauern und Sie wären vermutlich bereits zur Mittagszeit wieder müde und ausgelaugt. Ihr System im Gehirn wäre, wie zuvor bereits beschrieben, völlig überfordert. Bleiben wir noch einmal bei dem Beispiel des morgendlichen Aufstehens. Hier überlegen Sie auch nicht, ob Sie zuerst mit dem linken oder mit dem rechten Fuß zum Kleiderschrank losgehen. Sie planen normalerweise auch nicht, welches Hosenbein oder welche Socke Sie als erstes anziehen. Es gibt immer Ausnahmen, dies belegt auch Maja Storch, aber vermutlich denken Sie darüber genauso wenig nach wie ich oder der größte Teil der Menschen. Eine berühmte Ausnahme wäre hier jedoch zum Beispiel die Figur Sheldon Cooper aus der Serie „The Big Bang Theory“, die durch ihre Hochbegabung auf solche Dinge achtet. In diesem Kapitel möchte ich Ihnen gerne näherbringen, wie das Bauchgefühl wissenschaftlich erklärt wird, wie es entsteht und auch, was es angenehm oder unangenehm beeinflusst. Am Ende dieses Kapitels beantworte ich Ihnen dazu auch die Frage, was das alles mit Verkaufen und Vertrieb zu tun hat. Vorher jedoch sollen Sie noch einige fundamentale Grundlagen kennenlernen, um ein Verständnis für die Intuition zu entwickeln, welches Sie wiederum benötigen, um erfolgreicher im Vertrieb und Verkauf zu werden. Bevor wir uns aber der Wissenschaft und der Geschichte des Unbewussten widmen, kommen wir noch einmal zurück auf das Vertrauen des Kunden.

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Vertrauen entscheidet immer In diesem Kapitel über die Intuition geht es auch um das Aufbauen von Vertrauen, welches nötig ist, damit Ihr Kunde Ihnen den Auftrag überhaupt erteilen kann. Sollte Ihr Kunde ein unangenehmes Bauchgefühl im Verkaufsprozess haben, ist es schwierig für ihn, sich auf Sie einzulassen. Das Wissen um dieses Bauchgefühl und wodurch es entsteht, ist daher wichtig, damit Sie auch Kleinigkeiten im Verkaufsalltag bedenken, die auf Ihren Kunden subjektiv empfunden angenehm oder unangenehm wirken können. Mit einem Gespür für diese Feinheiten können Sie Ihre Abschlussquote merkbar erhöhen. Solche alltäglichen Kleinigkeiten sind zum Beispiel, dass Sie fünf Minuten zu spät kommen, dass Sie nicht zur besprochenen Uhrzeit zurückrufen, dass Sie Anrufe ohne Nachricht nicht beantworten, dass Sie Zusagen eventuell vergessen oder nicht einhalten und, und, und. Manche Menschen kommen beispielsweise regelmäßig zu spät, weil sie das nicht als schlimm empfinden. Im Verkauf ist das jedoch mehr als unhöflich gegenüber dem Kunden. Wenn Sie bemerken, dass Sie sich verspäten werden, sollten Sie den Kunden in jedem Fall vorab darüber informieren, um ihm so Respekt zu zollen. Diese Art der Kommunikation signalisiert dem Kunden, dass Sie seine Zeit wertschätzen. Denn schließlich ist es nicht selbstverständlich, dass der Kunde zu Ihnen kommt. Die Auswahl in jeder Branche ist groß. Ich kann nachvollziehen, dass es im manchmal stressigen Arbeitsalltag schwer ist, sich auf diese Details zu konzentrieren. Aber genau diese Details sind es, die am Ende das gute Bauchgefühl des Kunden und seine Weiterempfehlungen ausmachen. Im Jahr 2011 nahm ich an einem Training des Business-Experten Ralf Strupat teil. Herr Strupat sagte: „Wir sind Wissensriesen, aber Umsetzungszwerge.“ Seien Sie anders, seien Sie ein Umsetzungsriese. Verinnerlichen Sie das Wissen aus diesem und dem Motivkompass®-Kapitel und machen Sie sich auf die Suche nach den Bedürfnissen und Werten Ihres Kunden, um diese zu erfüllen. Damit wirken Sie auf das gute Bauchgefühl des Kunden ein und als Konsequenz auf den Erfolg des Auftragsabschlusses. Das beste Beispiel dafür, dass das funktioniert, sind Sie selbst. Denken Sie bitte an eine Situation, in welcher Sie ein ungutes Bauchgefühl bei einem eventuellen Produkt- oder Dienstleistungskauf empfanden. Können Sie erklären, was genau das unangenehme Gefühl ausgelöst hat oder können Sie nur beschreiben, dass es sich einfach nicht gut oder richtig anfühlte? Der Mathematiker Blaise Pascal hat Mitte des 16. Jahrhunderts geschrieben: „Das Herz hat seine Gründe, die der Verstand nicht kennt.“ In manchen Situationen kann ich dieses Zitat nur bestätigen. Sie auch?

Die Geschichte des Unbewussten/der Intuition Das Unbewusste beziehungsweise die Intuition steht im alltäglichen Sprachgebrauch bei vielen hoch im Kurs. Meist wird es mit den Worten beschrieben „etwas im Hinterkopf haben“. Seit den achtziger Jahren allerdings wird umgangssprachlich „ich habe da so ein

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Bauchgefühl“ verwendet. Das Unbewusste und dessen Beschreibung in der Psychologie sind insgesamt jedoch schon älter als Sigmund Freud. Der Begriff „das Unbewusste“ hat eine sehr lange Geschichte und geht zurück auf namhafte Philosophen und Naturwissenschaftler Kihlstrom [1]. • Der Philosoph Thomas von Aquin, der von 1225–1274 lebte, schrieb: „Es gibt Vorgänge in der Seele, derer wir nicht unmittelbar gewahr sind.“ • Gottfried Wilhelm Leibniz, Philosoph der frühen Aufklärung, der in der Zeit von 1646–1716 lebte, mahnte: „Der Glaube, dass es in der Seele keine anderen Perzeptionen (sinnliche Wahrnehmungen) gibt, als die, die wir gewahr sind, ist eine Quelle großer Irrtümer.“ • 1869 veröffentlichte der Philosoph Eduard von Hartmann die viel geschätzte Philosophie des Unbewussten, nach der das Unbewusste sowohl Wille als auch Vorstellung zugleich ist. • Einer der bedeutendsten Physiker der Wissenschaftsgeschichte, Albert Einstein, formulierte in seiner Lebenszeit von 1879 bis 1955 folgendes: „Alles, was zählt, ist die Intuition. Der intuitive Geist ist ein Geschenk, der rationale Geist ein treuer Diener. Wir haben eine Gesellschaft erschaffen, die den Diener ehrt und das Geschenk vergessen hat.“ • Der berühmte Denker Friedrich Nietzsche, der in der Zeit von 1844–1900 lebte, übermittelte für die Nachwelt, „dass der Kampf der Motive etwas für uns völlig Unsichtbares und Unbewusstes sei.“ Nietzsche [2] 1881 Friedrich Nietzsches [2] Auffassung des Unbewussten kam der des Psychoanalysten Sigmund Freud wohl am nächsten. Freud definierte 1915 in seiner Theorie des Unbewuss­ ten verschiedene Phasen [3]. Die Phase des „Vorbewussten“ umfasst dabei die prozessualen Vorstufen der bewussten Wahrnehmung und wie sich diese dann im Bewusstsein darstellen. Weiter hat Freud „das dynamische Unbewusste“ beschrieben, welches vor allem die Verdrängung von emotionalen Erfahrungen beinhaltet. Freuds sogenannte Verdrängungslehre ging davon aus, dass traumatische Erfahrungen sich nicht aus dem Gedächtnis löschen lassen und deshalb ein ungutes Eigenleben im Unterbewusstsein führen. Das Unbewusste verknüpft sowohl Vergangenheit mit Gegenwart als auch die Fantasie mit der Realität [4]. Dass Sigmund Freud in seiner damaligen Theorie das Unbewusste betonte, wurde innerhalb der Wissenschaft zu Beginn des 19. Jahrhunderts als skandalös angesehen. Denn mit dieser Theorie verstieß Freud gegen die traditionelle abendländische Philosophie, die die menschliche Rationalität in den Mittelpunkt stellte. Sie bildete damals die Grundlage für das, was wir heute als Psychologie bezeichnen. Die physiologische Psychologie behauptete [5] sogar, das Unbewusste sei endgültig widerlegt. Die Wende kam dann jedoch, als die Wissenschaftler Bargh und Chardrand [6] auf das irrationale Wesen des Menschen hindeuteten und erklärten, dass der Mensch ausschließlich als rationales Wesen gesehen werde, sei eine problematische Anschauung. Im Jahr 2000 schließlich wurde das Buch „Ich fühle, also bin ich - Die Entschlüsselung des Bewusstseins“ von

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António Damásio veröffentlicht. António Damásio widerlegte damit die Theorie des Philosophen René Descartes, der 1641 das Zeitalter des Verstandes und der Rationalität einläutete. Descartes gilt als Begründer der modernen und frühzeitlichen Forschungen zu Rationalismus, dem bewussten Denken und Handeln. Von ihm stammt auch das Zitat: „Ich denke, also bin ich.“ Dieses Zitat griff António Damásio auf und wandelte es um in: „Ich fühle, also bin ich.“

Die aktuelle Wissenschaft der Intuition Damásio belegt durch zwei [8] Fallbeispiele, dass es das Unbewusste gibt. Fallbeispiel Nummer eins: Im Jahr 1848 wird der damals 25-jährige Vorarbeiter einer Eisenbahngesellschaft namens Phineas Gage Opfer eines schweren Unfalls. Nach einer Sprengung im Rahmen der Verlegung von Bahnschienen durch den amerikanischen Bundesstaat Vermont, bohrte sich eine circa sechs Kilogramm schwere, 1,10 Meter lange und drei Zentimeter dicke Eisenstange von unterhalb des linken Wangenknochens bis zu den vorderen Schädelknochen durch den kompletten Schädel von Gage. Mit der Eisenstange im Kopf wurde er zusätzlich noch circa 30 Meter weiter durch die Luft geschleudert. Dabei entstand eine circa vier bis fünf Zentimeter breite und kraterförmige Wunde. Trotz der Schwere des Unfalls war Gage die ganze Zeit über bei vollem Bewusstsein und konnte im Nachhinein den Hergang des Unfalls vollständig beschreiben. Innerhalb von zwei Monaten war Gage wieder genesen, lediglich der Verlust des linken Auges war irreversibel. Die Ärzte stellten damals keine Beeinträchtigung von Wahrnehmung, Gedächtnisleistung, Intelligenz, Sprachfähigkeit oder der Motorik fest. Gage war vor dem Unfall verantwortungsbewusst, besonnen, ausgeglichen und auch freundlich. Nach dem Unfall gab es jedoch einige auffällige Persönlichkeitsveränderungen bei ihm, wie zum Beispiel starke Ungeduld, Launenhaftigkeit, Wankelmütigkeit und respektloses Verhalten gegenüber anderen. Zusätzlich kam es zu einer starken Störung seiner Entscheidungsfähigkeit. Er fasste Entschlüsse, die entgegen seiner Interessen waren. Er konnte seine Zukunft nicht mehr planen und stürzte sowohl beruflich als auch sozial ab. Er verlor seinen Job und seine Familie, machte dubiose Geschäfte mit zwielichtigen Geschäftspartnern und lebte in der Obhut seiner Geschwister weiter. All dies geschah dadurch, dass das sogenannte Frontalhirn bei Gage zerstört wurde, dem Teil des Gehirns, das für vorausschauendes Handeln und die Regulation von Gefühlen benötigt wird. Fallbeispiel Nummer zwei: Der Neurowissenschaftler Damásio beschreibt den Fall Elliot als modernen Phineas Gage. Elliot war ein Patient von Damásio, dem aufgrund eines Tumors ein Teil des präfrontalen Cortex entfernt werden musste. Nach diesem Eingriff veränderte sich auch Elliots Persönlichkeit sehr stark. Zwar kam es bei ihm nicht zur Einschränkung von kognitiven, motorischen oder sensorischen Fähigkeiten, allerdings wies er eine signifikante Störung seiner Entscheidungsfähigkeit und einen massiven Mangel an Gefühlen auf. Bil-

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der oder Situationen, die Elliot einst erregt hatten, lösten nun keinerlei Reaktionen mehr bei ihm aus. Diese auffällige Korrelation zwischen Gefühlsarmut und der Entscheidungsfähigkeit führte Damásio zu der Theorie der somatischen Marker. Bevor wir uns dieser Theorie widmen, ist es noch wichtig zu erfahren, wo genau das Bewusstsein und das Unbewusste im Gehirn liegen. Für [9] Gerhard Roth, einem der renommiertesten Neurobiologen unserer Zeit, gibt es keinen Zweifel daran, dass allein der Assoziationskortex der Sitz des Bewusstseins ist. Der Assoziationskortex ist ein Teil des Großhirns und mit tiefer gelegenen Bereichen wie dem Thalamus und dem limbischen System verbunden. Der Thalamus ist dafür verantwortlich, Informationen, die mit Sinnen wahrgenommen werden, an andere Areale im Gehirn weiterzugeben. Das limbische System ist am Instinktverhalten, grundlegenden Emotionen und Impulsen wie Sexualtrieb, Zorn, Vergnügen und Überlebensdrang beteiligt. Zudem verknüpft es übergeordnete Bewusstseinszentren, die zum Beispiel die körperlichen Systeme (Bewegungen etc.) steuern [10]. Gerhard Roth ist seit 2001 überzeugt, dass das Unbewusste seinen Platz im limbischen System, insbesondere im Gyrus cinguli hat, also in dem Bereich des Stammhirns, welcher bei emotionalen Verarbeitungen eine starke Rolle spielt. Gerhard Roth hat zudem herausgefunden, dass das Unbewusste einige Millionen Informationen pro Sekunde verarbeiten kann. Das Bewusstsein allerdings nur 0,1 Prozent davon. Exkurs „somatische Marker“ [8] Das unbewusste Bewertungssystem ist evolutionär und auch viel älter als der Verstand. Das Unbewusste arbeitet rasend schnell. Es verarbeitet Informationen innerhalb von 200 Millisekunden und antwortet auf äußerliche Reize mit einer Körperreaktion oder auch einem Gefühl. Vielleicht kennen Sie das: Wenn Sie zum Beispiel eine E-Mail mit einer bestimmten Betreffzeile lesen, die von einer Person kommt, die Ihnen eventuell im Unternehmen hierarchisch übergeordnet ist, dann spüren Sie, dass Ihre Atmung schneller wird oder Sie andere körpersprachliche Stresssignale aussenden, wie Fingertrommeln oder mehrfaches auf den Kugelschreiber drücken. In Verbindung mit diesen körpersprachlichen Stresssignalen äußert sich auch ein leichtes diffuses Grummeln in Ihrem Bauch, was Sie als eher unangenehm empfinden [8]. Dieses Grummeln und dieses Gefühl in der Magengegend nennt der Hirnforscher António Damásio einen somatischen Marker. Er entsteht aus unserem „emotionalen Erfahrungsgedächtnis“ heraus, ein Begriff, den Damásio eingeführt hat. Das unangenehme Grummeln im Bauch ist somit ein negativer somatischer Marker. Aber es gibt natürlich auch positive somatische Marker, wie beispielsweise Herzklopfen. Da sich viele Menschen dieser somatischen Marker nicht bewusst sind, haben sie Schwierigkeiten damit, ihre eigenen Verhaltensweisen zu erklären und vor allem zu überdenken. Nehmen wir das Beispiel, dass Sie eine neue Person mit roten Haaren kennenlernen und dieser Person gegenüber bei der ersten Begegnung ein merkwürdiges Gefühl entwickeln. Erklären können Sie es nicht. Es kann vielleicht daran liegen, dass diese Person Sie an jemanden erinnert, mit dem Sie schlechte Erfahrungen gemacht haben. Psychoanalytisch nennt man dieses Phänomen „Übertragung“. Nur angenommen, Sie wurden als Kind von einem anderen Kind mit roten Haaren gehänselt und gemobbt. Dann kann es sein, dass dieser Reiz (durch die neue Person ausgelöst) eine körperliche oder gefühlte Reaktion in Gang setzt, die unbewusst durch die unschönen Erinnerungen aus Ihrer Kindheit entsteht. Sie können die Person, die Sie jetzt neu kennenlernen, auf Anhieb einfach nicht leiden. Wären Sie sich bewusst, dass diese Abneigung aus Ihrem somatischen Marker, also Ihrer emotionalen Erfahrung heraus resultiert, dann könnten Sie dieser neuen Person trotz Ihres schlechten Gefühls eine Chance geben. In der Psychoanalyse nennt

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Abb. 7.2  Die Verortung der Gefühle im Körper. (Quelle: Lauri Nummenmaa und Sales Emotion®) man das „die Übertragung zurücknehmen“. In der Hypothese [8] der somatischen Marker (SMH) geht man davon aus, dass sich emotionale Erfahrungen im Körperlichen wiederfinden und Urteile stark beeinflussen. In diesem Fall also das ungute Gefühl bei der rothaarigen Person und der Entschluss, sich mit dieser Person anzufreunden oder nicht. Damásio kommt zu dem Fazit, dass Emotionen und Gefühle bei Entscheidungen nötig sind, um aus vielen Möglichkeiten schnell eine Auswahl zu treffen. Gefühle stellen somit kein Hindernis dar, sondern sind ein wesentlicher Bestandteil der Vernunft. Welche Emotionen sich dabei in welcher Körperregion wiederfinden, wollten finnische Wissenschaftler 2013 herausfinden und kamen zu folgendem Ergebnis [11]: siehe Abb. 7.2., The Bodily Map of Emotions. Auf dieser Abbildung erkennen Sie, dass beispielsweise die Emotionen Angst, Ekel oder auch Sorge etwas in der Magengegend bewirken. Die rote Farbe verdeutlicht hier die unangenehmen somatischen Marker. Bei den Emotionen Liebe und Freude erkennen Sie anhand der hellen Schattierungen positive somatische Marker. Die finnischen Forscher arbeiteten mit 700 Testpersonen aus Finnland, Schweden und auch Taiwan. Ihnen ging es darum, zusätzlich Teilnehmer einer völlig anderen Sprache und Kultur als der finnischen beziehungsweise der schwedischen mit einzubeziehen, um zu einem sauberen Studienergebnis zu gelangen. Den Probanden der Studie [11] wurden unter anderem Filme gezeigt und Geschichten zu lesen gegeben, die Gefühle wecken sollten. Anschließend sollten die Probanden am Computer die Körperregionen farblich markieren, die während ihres Gemütszustandes betroffen waren. Dabei stellte sich nicht nur heraus, dass sämtliche Kulturen auf körperbezogene Beschreibungen eines Gefühls zurückgreifen, wie zum Beispiel das metaphorische

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„Ich habe Schmetterlinge im Bauch“, sondern es konnten auch bestimmte Emotionen klar definierten Bereichen im Körper zugeordnet werden. Die Emotionen Wut und Stolz beziehen sich zum Beispiel lediglich auf den oberen Bereich des Körpers. „Mit stolzgeschwellter Brust“ ist demnach nicht nur eine Formulierung, sondern körperlich wahrnehmbar. Wie Sie dem Bild entnehmen können, werden die oben beschriebenen Emotionen in völlig unterschiedlichen Bereichen des Körpers gespürt. Diese Studie [11] belegt, dass Sie sowohl angenehme als auch unangenehme Emotionen in der Bauchregion wahrnehmen können. Wenn Sie also beispielsweise die Emotionen Angst oder Ekel bei Ihrem Kunden im Verkaufsprozess nicht wahrnehmen und darüber hinweggehen, ist davon auszugehen, dass Ihr Kunde ein ungutes Bauchgefühl hat und dieses den Verkaufsabschluss massiv gefährdet. Über die Emotionen und wie Sie diese erkennen und behandeln, werden Sie im Kapitel der wichtigsten Verkaufsmomente noch einiges mehr erfahren.

2003 ([7]) kamen Schätzungen zu dem Ergebnis, dass bis zu 95 Prozent der menschlichen Entscheidungen unbewusst getroffen werden. Dies wurde von dem Neurologen und ehemaligen Direktor am Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig Ives von Cramon bestätigt. Er fand in seinen Forschungen heraus, dass über 90 Prozent unserer Entscheidungen auf Intuition gründen. Der Amsterdamer Psychologe Ap Dijksterhuis stellte wiederum 2004 fest, dass man langfristig durch eine schnelle Entscheidung glücklicher ist. In seiner Studie [12] mussten drei verschiedene Studentengruppen Kunstdrucke bewerten. Die erste Gruppe listete alles zu den Bildern akribisch auf, die zweite Gruppe entschied sich spontan und die dritte Gruppe sah die Poster nur kurz, wurde dann abgelenkt und musste sofort danach ihr Lieblingsbild auswählen. Einige Wochen später wurde dann bei den Studenten nachgefragt. Die Gruppe mit der Pro- und Contra-­ Liste, die sich alles akribisch notierte, war mehrheitlich unzufrieden mit ihrer Auswahl des Bildes. Die spontanen Entscheider waren glücklicher mit ihrem Urteil als die erste Gruppe. Am glücklichsten allerdings war die Gruppe, die abgelenkt worden ist und sich schnell festlegen musste. In dieser Gruppe übernahm das Unbewusste die Bewertung und weil dessen Rechenleistung offenbar größer ist, trafen sie die bessere Wahl. Das Bauchgefühl hilft demnach sehr, wenn schnelle Entscheidungen getroffen werden müssen. Wie schon bereits zuvor geschrieben, heißt das nicht, dass Sie sich immer nur auf Ihren Bauch verlassen sollen. Aber es verdeutlicht vielmehr, dass Sie Ihr intuitives Gefühl mit vorhandenen Informationen und Daten abgleichen sollten, um die beste Entscheidung zu treffen.

Das Bauchgefühl nach Gigerenzer [13] Der Psychologe Professor Gerd Gigerenzer ist einer der weltweit führenden Experten auf dem Gebiet der Intuition. Er hat 2007 in seinem Buch „Bauchentscheidungen“ geschrieben, dass Intuition gefühltes Wissen ist, • das rasch im Bewusstsein auftaucht, • dessen tiefere Gründe uns nie bewusst sind, • das unser Verhalten steuert.

Das Bauchgefühl nach Gigerenzer [13]

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In diesem Buch beschreibt er ferner folgendes Beispiel. Deutsche und amerikanische Studenten wurden gefragt, welche Stadt mehr Einwohner hat: Detroit oder Milwaukee. Die Amerikaner antworteten mit circa 40 Prozent korrekt, die deutsche Studentengruppe dagegen mit circa 90 Prozent. Aber warum ist das so? Man könnte denken, dass die deutsche Studentengruppe eventuell intelligenter sei als die amerikanische. Allerdings ist genau das Gegenteil der Fall, denn die Deutschen hatten teilweise noch nie etwas von Milwaukee gehört, von Detroit hingegen schon. Daher mussten sich die deutschen Studenten auf ihre Intuition statt auf ihr Wissen verlassen. Sie verwendeten dabei eine Faustregel, die als Rekognitionsheuristik bezeichnet wird. Die Faustregel zu diesem Beispiel lautet: Wenn man den Namen einer Stadt, aber nicht den der anderen Stadt kennt, dann schließt man daraus, dass die wiedererkannte Stadt mehr Einwohner hat. Die amerikanischen Studenten konnten diese Faustregel nicht anwenden, weil sie bereits von beiden Städten gehört hatten. Sie wussten demnach einfach zu viel. Die vielen Fakten beeinflussten ihr Urteil und hinderten sie daran, die richtige Antwort zu finden. Ein gewisses Maß an Unwissenheit kann also durchaus von großem Vorteil sein. Natürlich ist, wer sich alleine nur auf das Wiedererkennen von Namen verlässt, nicht gegen eventuelle Fehler geschützt. Japanische Touristen werden beispielsweise mit hoher Wahrscheinlichkeit schlussfolgern, dass Heidelberg größer als Bielefeld ist, weil sie von Bielefeld noch nie etwas gehört haben. Dabei ist es hier genau andersherum, denn Heidelberg ist natürlich kleiner als Bielefeld. Gigerenzer ist überzeugt davon, dass die Faustregeln in den meisten Fällen die richtigen Antworten bringen und zwar besser als ein hohes Maß an Wissen. Außerdem kommt er zu dem Schluss, dass große Teile unseres Gehirns unbewusst arbeiten, einschließlich der Großhirnrinde. Das, was in der Großhirnrinde gespeichert wird, ist die Grundlage von Intuition, so Gigerenzer. Die Großhirnrinde alleine nimmt im Übrigen knapp die Hälfte des gesamten Hirnvolumens ein. Gigerenzers Fazit lautet: „Intuition ist gefühltes Wissen, das man nicht begründen kann“. Er kommt außerdem zu dem Schluss, dass wir ohne die Intuition keine Vorstellung über die Zukunft entwickeln können und ohne diese Zukunftsvorstellungen könnten wir auch keine Entscheidungen treffen. Die Entscheidung aus dem Bauch heraus erfolgt daher nicht auf Basis von Hokuspokus, sondern auf der Grundlage vorhandener Erfahrungen, die in unserem Gehirn gespeichert sind und auf die wir in Bruchteilen von Millisekunden unbewusst zurückgreifen. Innerhalb von Sekundenbruchteilen aktiviert sich in uns gewissermaßen die Geschichte der Evolution. Ein Säugetier, das einem möglichen Feind begegnet, reagiert instinktiv und vor allem schnell. Die Frage, die sich dem Säugetier stellt, ist: Flucht oder Kampf? Von der nun richtigen Aktion hängt es ab, ob das jeweilige Tier seine Gene weitergeben kann oder nicht. Die Erfahrung aus jenen Zeiten, als der Mensch noch ein Tier war, überdauert in unserem Erbgut. Bis heute steht uns die unbewusste Entscheidungshilfe in bedrohlichen Situationen zur Verfügung, als Vermächtnis der Vergangenheit, das sich unserem Bewusstsein entzieht, eingebrannt in unser Gehirn. Heutzutage ist sich die Wissenschaft einig, dass die Intuition, das Unbewusste in jedem von uns steckt. Die alte Lehre, in der die Vernunft, also die Rationalität im Fokus war und

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den Ursprung von Handeln beschreibt, ist völlig veraltet und überholt. Folgende Missverständnisse, die es zur Intuition gibt, widerlegt Gigerenzer: • • • • • •

Die Intuition ist ein „sechster Sinn“. Intuition ist eine göttliche Eingebung. Frauen haben Intuition und Männer handeln immer rational. Intuition ist zweitklassig, nachdenken und abwägen ist immer besser. Komplexe Probleme erfordern komplexe Lösungen. Mehr Informationen und mehr Berechnungen sowie mehr Zeit sind besser. Der US-amerikanische Psychiater Eric Berne beschreibt Intuition wie folgt: „Eine Intuition ist Wissen, das auf Erfahrung beruht und durch direkten Kontakt mit dem Wahrgenommenen erworben wird, ohne dass der intuitiv Wahrnehmende sich oder anderen genau erklären kann, wie er zu der Schlussfolgerung gekommen ist“.

Verlauf der Intuition im Gehirn In unserem Kopf beziehungsweise in unserem Gehirn steckt heute der uralte Hirnstamm, welcher verantwortlich ist für lebenserhaltende Funktionen wie Atmung und Herzschlag. Das Kleinhirn koordiniert unter anderem die Körperbewegungen und das Vorderhirn plant, bewertet und entscheidet. Weiterhin besitzen wir die Großhirnrinde. Dieser äußeren Schicht des Gehirns verdanken wir die Eigenschaften, die uns zum Menschen machen. Eigenschaften wie zum Beispiel das logische Denken, Handeln, Sprechen, Fußballspielen oder Schuhe binden. Im Zusammenspiel von Gefühlen und all den über lange Zeit genetisch vererbten und individuell erworbenen Erfahrungen entsteht der Mix, den wir als Bauchgefühl titulieren. Somit verfügen wir über ein fast unerschöpfliches Reservoir an Wissen, das ständig und immerzu in unsere Denkprozesse und auch Entscheidungen einfließt, ohne dass wir uns dessen auch nur ansatzweise bewusst sind. In einem beeindruckenden und raffinierten Zusammenspiel verarbeitet das Gehirn die Informationen. In den Vorgang der Entscheidungsfindung sind evolutionär betrachtet die ältesten Teile des Gehirns ebenso verwickelt, wie der zuletzt dazugekommene, die Großhirnrinde. Sehen wir uns nun also an, wie die Intuition in unserem Gehirn abläuft. Denn diese intuitiven Prozesse passieren zum größten Teil völlig unbewusst. Im präfrontalen Cortex, einem Teil des Frontallappens der Großhirnrinde, werden Signale sowie gespeichertes Wissen und Gefühle mit rationalen Bewertungen verbunden und zu Entscheidungen weiterverarbeitet. In den nachfolgenden Schritten erkennen Sie, welche Bereiche im Gehirn wann aktiviert werden: • Schritt eins = Sehen: Ihr Kunde sieht einen Apfel. Dieser optische Reiz (was für ein schöner glänzender Apfel) wird über den Sehnerv zuerst in die primäre Sehrinde weitergeleitet. Den Sinn des Sehens nehmen wir hier beispielhaft. Wir könnten genauso

Wie kann das Wissen um die Intuition im Verkaufs- und Vertriebswesen helfen?











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gut Geschmack, Berührung oder das Hören für die Ausführung verwenden. Denn alle Sinne gehen, nachdem wir sie aufgefasst haben, in die Wahrnehmung über. In unserem Beispiel in die visuelle Wahrnehmung. Ausgenommen davon ist der Geruchssinn, dieser wird direkt im limbischen System verarbeitet. Schritt zwei = Wahrnehmen: In der primären Sehrinde wird nun das Bild vom Apfel nach Farben, Konturen, Texturen sowie Kontrasten zerlegt und weiter analysiert. Danach werden die Informationen in das Gefühls- und Erinnerungszentrum weitergeleitet. Komplexe Eigenschaften werden erst dann erkannt und wahrgenommen, wenn die Reize, die durch Sinne ausgelöst sind, weiter vom hinteren Bereich im Gehirn in Richtung der Stirn wandern. Zu der Wahrnehmung gehören die visuelle Verarbeitung, das Erkennen sowie das Raumgefühl. Schritt drei = Erinnern: Im Hippocampus werden die optischen Reize mit gespeichertem Wissen angereichert (Äpfel sind saftig und schmecken immer süß, oder: das ist das Produkt, welches wir im Internet gesehen haben). Der Hippocampus ist für unsere gesamten Erinnerungen verantwortlich. Einiges von dem, was wir erleben, verändert ­unsere Hirnzellen nachhaltig, sodass vom ursprünglich Erlebten die daraus resultierende neuronale Aktivität später wieder abrufbar ist. Erinnerungen sind mit Emotionen verbunden, die beim Abrufen wiederaufleben. So entstehen Erinnerungen, das Gedächtnis, dank dessen wir uns in unserem Verhalten von früheren Erfahrungen leiten lassen können. Schritt vier = Emotionen: Das limbische System, unser Emotionszentrum, gleicht die neuen Impulse mit emotionalen Erinnerungen ab. Eventuelle unangenehme Erlebnisse aus der Vergangenheit lösen zum Beispiel ablehnende Gefühle aus (grüne Äpfel schmecken generell sauer). Bei einer positiven Erinnerung (rote Äpfel schmecken lecker und süß) sorgt das Belohnungssystem hingegen für ein starkes Verlangen. Schritt drei und vier erfolgen zeitgleich. Der fünfte Schritt ist das Resultat aus Schritt drei und vier. Schritt fünf = Entscheiden: Im präfrontalen Cortex laufen die Informationen aus dem Emotionszentrum (Schritt drei) sowie das Wissen (Schritt vier) zusammen. Hier verknüpft unser Gehirn emotionale Erlebnisse mit rationalen Bewertungen aus dem Erinnerungszentrum, dem Hippocampus (Äpfel sind gut für mich und gesund) und formt sie in eine Entscheidung um. Den entscheidenden Ausschlag zu diesen Entscheidungen geben Gefühle (ich habe Lust auf diesen Apfel). Schritt sechs = Handeln: Sofern im präfrontalen Kortex eine Entscheidung getroffen worden ist, wird genau dieser Impuls an die motorische Rinde weitergeleitet. Hier wird der Befehl zum Handeln formuliert (jetzt nehme ich den Apfel in die Hand und esse ihn).

 ie kann das Wissen um die Intuition im Verkaufs- und W Vertriebswesen helfen? Das gute Bauchgefühl Ihres Kunden ist entscheidend für einen Verkaufsabschluss. Hat der Kunde kein gutes Bauchgefühl, wird er den Kauf bei Ihnen nicht abschließen wollen oder können. Die Frage ist: Wie vermeiden Sie ein ungutes Bauchgefühl und wie verstärken Sie

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das angenehme Bauchgefühl bei Ihrem Kunden? Wenn wir das Wissen aus dem Kapitel „Stecken Verkäufer wirklich in einer Schublade“ berücksichtigen, dann können wir erahnen, was Ihr Kunde zu Beginn der Beratung vermutlich von Ihnen und der Situation denkt. Durch dieses Wissen schaffen Sie es allerdings auch, sich schnell aus der Schublade, in der Sie stecken, zu befreien. Dazu fanden Sie auch einige Praxis-Tipps in dem besagten Kapitel. Dadurch, dass Sie nicht so handeln wie wahrscheinlich vom Kunden erwartet, überraschen Sie ihn. Nutzen Sie darum die Emotion Überraschung zu Ihrem Vorteil! Exkurs „Überraschung“ Überraschung ist eine Entscheidungsemotion. Eine Emotion, die aus einer Überraschung entstehen kann, ist zum Beispiel die Freude. Das Besondere an der Überraschungsemotion ist, dass sie eine Sonderstellung unter allen zwölf, von Dirk W. Eilert definierten Primäremotionen einnimmt. Denn die Emotionen, die nach der Überraschung auftreten, werden generell vom Menschen stärker wahrgenommen. Es gibt dafür unterschiedliche wissenschaftliche Ansätze, die das erklären. Einer davon ist, dass die Intensivierung zum Beispiel ein Ergebnis der gesteigerten Aufmerksamkeit sein könnte, die wir Informationen, Dingen oder Personen gegenüber schenken, die wir als überraschend wahrnehmen. Vielleicht können Sie sich auch an eine eigene Aussage erinnern, als Sie jemanden neu kennengelernt haben, wie zum Beispiel: „Ich dachte zuerst, dass er unfreundlich ist, dann wurde ich überrascht und es stellte sich heraus (dabei lächeln Sie), dass er oder sie doch echt nett war.“ Der Kunde könnte also dadurch, dass Sie seine unangenehmen Erwartungen nicht bestätigen und ihn durch Ihr Handeln und Verhalten überraschen, Ihnen gegenüber aufgeschlossener und auch aufmerksamer sein. Die Emotion Überraschung hat den weiteren Effekt, verstärkend und direkt auf neurobiologischer Ebene zu wirken: Wenn Sie etwas als überraschend wahrnehmen und die Überraschung als positiv empfinden, steigert dies den Anstieg des Neurotransmitters Dopamin in Ihrem Körper und somit reagiert Ihr Belohnungszentrum positiv. Die Freude wird dadurch stärker verspürt. Ein negativ behaftetes und überraschendes Ereignis nehmen wir emotional ebenfalls stärker wahr. So sorgen uns zum Beispiel die Nachrichten über einen Tornado der Stärke vier in Berlin mehr, als die Nachrichten über einen Tornado der Stärke vier in den USA.  Auch dies ist neurobiologisch nachvollziehbar: Wenn Sie etwas als unangenehm einordnen und es überraschend für Sie ist, so werden die Angst-­ Schaltkreise in der Amygdala aktiviert und auch verstärkt. Und ein Tornado in Berlin ist ungewöhnlicher als einer in den USA und von daher überraschend. Evolutionär hat Überraschung die folgende Funktion: Gewinnen von Informationen, um sich neu zu orientieren. Die Annäherungsmotivation, die bei dieser Primäremotion aktiviert wird, sorgt außerdem dafür, im wahrsten Sinne des Wortes wohlgemerkt, dass Ihr Kunde seine Augen Ihnen gegenüber öffnet, um die neuen und unerwarteten Eindrücke durch Ihr tatsächliches Handeln und Ihre Persönlichkeit zu erfassen und zu verarbeiten. Warum ich „im wahrsten Sinne des Wortes“ schreibe, erfahren Sie in dem Kapitel der fünf wichtigsten Verkaufsmomente, in dem ich die mimische Reaktion der Emotion Überraschung erkläre und zeige. Eines verrate ich allerdings vorab: Die Augen bei Ihren Kunden werden bei der Emotion Überraschung weit aufgerissen, er öffnet daher sprichwörtlich seine Augen Ihnen gegenüber. Überraschen Sie nun Ihren Kunden wie oben beschrieben, entsteht die Emotion Freude. Diese löst, wie wir aus der Bodily Map of Emotions wissen, ein gutes Bauchgefühl aus. Mit positiver Überraschung können Sie also das Bild, das Ihr Kunde eventuell von Ihnen hat, zu Ihrem Vorteil umwandeln.

Fazit

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Worauf es Kunden wirklich ankommt und was sie sich von Verkaufsmitarbeitern wünschen, das wissen Sie aus dem Kapitel „Was Kunden heute von persönlichen Verkaufsoder Beratungsgesprächen erwarten“. Durch dieses Kapitel können Sie nun nachvollziehen, was sich der Kunde erhofft beziehungsweise was ihm an Erfahrungen im Umgang mit dem Verkaufs- und Servicewesen in Deutschland fehlen könnte. Sie haben gelernt, welche Möglichkeiten es gibt, um die Erwartungen Ihres Kunden zu erfüllen, damit dieser sich bei Ihnen gut aufgehoben fühlt. Denken Sie hierbei auch an die drei verschiedenen Formen der Erwartungen. Durch das Kapitel „Was Kunden heute von persönlichen Verkaufs- oder Beratungsgesprächen erwarten“ besitzen Sie eine Vorstellung davon, welche Werte und Bedürfnisse es bei Ihrem Kunden zu entdecken und zu decken gilt (= (ent)decken), damit Sie ihn persönlichkeitsgerecht beraten können. Hierbei hilft Ihnen der Motivkompass®, der für Sie ein gutes Werkzeug ist, um fundiertes Vertrauen zu Ihrem Kunden aufzubauen. Nun haben Sie eine weitere Variable kennengelernt, die es im Verkaufsalltag zu berücksichtigen gilt: Die Intuition oder auch das Bauchgefühl.

Fazit Das Bauchgefühl entsteht durch Erinnerungen, Erfahrungen, Wissen, emotionale Beweggründe und ganz allgemein durch die Schule des Lebens. Man kann nie genau vorhersagen, ob der Kunde ein gutes oder ein schlechtes Bauchgefühl entwickeln wird. Sie können jedoch alles dafür tun, um sein Unterbewusstsein angenehm, fair sowie respektvoll und positiv zu beeinflussen. Denn Verstehen kommt immer vor verstanden werden. Welche Bedürfnisse will der Kunde mit dem neuen Produkt, der neuen Versicherung oder der Dienstleistung decken? Was hat seinen Wunsch danach ausgelöst? Wenn Sie wissen, wie Ihr Kunde tickt, was er benötigt, warum er es benötigt, auf was er Wert legt, welche Werte ihm wichtig sind, was er sich wünscht und was er sonst noch erwartet oder sich von Ihnen erhofft, dann haben Sie alles beisammen, was Sie brauchen, um ein positives Bauchgefühl bei Ihrem Kunden zu erzeugen und somit das Vertrauen herzustellen, was für jeden Verkaufsabschluss notwendig ist. Denn wie Sie bereits wissen, spielt das Vertrauen eine weitaus größere Rolle als der Preis. Die häufigsten Beweggründe für Kunden, ob sie kaufen oder nicht kaufen, sind emotionaler oder irrationaler Natur, das haben Sie im vorherigen Kapitel erfahren. Das wichtigste Alleinstellungsmerkmal sind demnach SIE. Das wichtigste Werkzeug allerdings, um emotionale Bedürfnisse wahrzunehmen, fehlt uns bis hierhin noch: die Mimik und somit der Schlüssel, um die Emotionen Ihres Kunden zu erkennen. Dazu kommen wir im Kapitel der fünf wichtigsten Verkaufsmomente. Vorher widmen wir uns aber noch der Verkaufspsychologie und der Bedeutung von einzelnen Wörtern.

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7  Den Kunden verstehen lernen: „Die Intuition“

Literatur 1. J. F. Kihlstrom (1987): The cognitive unconscious. Science, Vol 237, Issue 4821, 1445–1452 2. G. Gödde, (2009): Traditionslinien des „Unbewussten“ Gießen: Psychosozial Verlag. 3. J. Wadl (2009) Sigmund Freud Über das Unbewusste. http://www.psychoanalyse- salzburg.com/ sap_zeitung/pdf/Wadl.pdf. Zuletzt zugegriffen 01.09.2009 4. M. Altmeyer (2006): Die intersubjektive Wende der Psychoanalyse und das relationale Unbewusste. In: Michael B. Buchholz und GÜnter Gödde (Hrsg.): Macht und Dynamik des Unbewussten Bd. 3. Gießen (Psychosozial) 5. N. Birbaumer (1990) Physiologische Psychologie. Berlin/Heidelberg/New York: Springer 6. J. A. Bargh, & Chartrand, T. L. (1999). The unbearable automaticity of being. American Psychologist, 54(7), 462–479. 7. G. Zaltman (2003): How Customers Think: Essential Insights into the Mind of the Market. Harvard Business Review Press 8. A. R. Damásio (2000): Ich fühle, also bin ich. Die Entschlüsselung des Bewusstseins. List, München 2000 9. W. Mertens (2010): Zur Konzeption des Unbewussten.- Einige Überlegungen zu einer interdisziplinären Konzeption des Unbewussten. In: Kettner & Mertens 2010 10. G. Roth (2001a): Fühlen, Denken, Handeln. Wie das Gehirn unser Verhalten steuert. Frankfurt a. M: Suhrkamp 11. L. Nummenmaa, E. Glerean, R. Hari, J. K. Hietanen (2014): Bodily Maps of emotions. PNAS January 14, 2014 111 (2) 646–651; https://doi.org/10.1073/pnas.1321664111 12. A. Dijksterhuis (2004). Think Different: The Merits of Unconscious Thought in Preference Development and Decision Making. Journal of Personality and Social Psychology, 87(5), 586–598. https://doi.org/10.1037/0022-­3514.87.5.586 13. G. Gigerenzer (2007): Bauchentscheidungen: Die Intelligenz des Unbewussten und die Macht der Intuition. Goldmann, Leipzig 2007

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Die Verkaufspsychologie

Inhaltsverzeichnis  as Verkaufs- und Vertriebs-Chamäleon D Linguistische Genauigkeit hilft, Kaufinteresse zu erkennen Wie Sie die einzelnen Kunden und ihre Präferenzen anhand ihrer Satzstruktur erkennen Die eigenen Satzstrukturen kundengerecht anpassen Den Motivkompass® in Verkauf und Vertrieb zielgerichtet einsetzen Abschlussübung

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Das Verkaufs- und Vertriebs-Chamäleon Der US-Industrielle Henry Ford hat einmal gesagt: „Um Erfolg zu haben, musst du den Standpunkt des anderen annehmen und die Dinge mit seinen Augen betrachten.“ Das entspricht erneut der Maxime, die Sie bereits in den vorangegangenen Kapiteln gelernt haben: „Verstehen kommt vor verstanden werden.“ Den Standpunkt seines Kunden wahrzunehmen, anzuerkennen und dann auch anzunehmen, macht den Unterschied zwischen einem sehr erfolgreichen Verkäufer und einem eher durchschnittlichen oder schlechten aus. Dabei ist es wichtig, dass Sie sich in Ihrem Verkaufs- oder Vertriebsalltag nicht verstellen. Denn wenn Sie dies tun, wirken Sie auf Ihren Kunden nicht mehr authentisch. Sie registrieren es vermutlich auch, wenn sich jemand Ihnen gegenüber nicht echt verhält. Ihr Kunde merkt das auch. Versuchen Sie deshalb vielmehr, wie ein Verkaufs- oder Vertriebs-Chamäleon zu sein. Ein Chamäleon passt sich seiner Umgebung an, damit es erfolgreich überlebt. Sich anzupassen heißt nicht, sich zu verstellen, sich unterzuordnen oder zu schauspielern. Es bedeutet auch nicht, dass Sie mit allem einverstanden sind, was der Kunde sagt oder tut. Es dient jedoch dazu, auf

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2021 J. Kettler, Mit Empathie verkaufen, Edition Sales Excellence, https://doi.org/10.1007/978-3-658-32419-3_8

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8  Die Verkaufspsychologie

­ ugenhöhe und im Interesse des Kunden mit ihm zu kommunizieren, sodass Sie im VerA kauf oder Vertrieb erfolgreicher werden. Denn auch das Chamäleon nutzt seine Anpassungsfähigkeit übrigens nicht nur zur Tarnung, sondern hauptsächlich zur Kommunikation mit seinen Artgenossen, um Rivalen zu beeindrucken oder Weibchen anzulocken. Genau dies können Sie auch tun. Wenn Sie Ihren Kunden maximal zielgerichtet sowie persönlichkeitsgerecht beraten und dabei alle seine Bedürfnisse, Werte und Motive befriedigen, die den Kaufwunsch ausgelöst haben, wird der Erfolg nicht lange auf sich warten lassen. Nutzen Sie den Motivkompass® als zusätzliches Werkzeug für Ihren Werkzeugkoffer, den Sie über die Jahre schon gut gefüllt haben oder den Sie gerade mit neuen Tools erweitern. Nehmen wir beispielsweise den Kunden mit den roten Motivpräferenzen. Wenn Sie diesen Kunden mit viel Herzlichkeit und emotionaler Wärme beraten, dann wäre das für ihn die falsche Herangehensweise. Vielmehr sollten Sie bei diesem Kunden seiner Geschwindigkeit folgen. Den Kunden mit den blauen Ausprägungen hingegen sollten Sie nicht in aller Schnelligkeit und Kürze informieren, sondern sich Zeit lassen und Ihre Aussagen mit Beweisen untermauern. Auf den Kunden, der mehrheitlich im grünen Feld zuhause ist, sollten Sie niemals zu viel Druck ausüben, sondern viel Verständnis aufbringen, ihm Aufmerksamkeit schenken und ihm zuhören. Den Kunden im gelben Bereich sollten Sie niemals mit Zahlen, Daten oder Fakten quälen, es sei denn es sind Fakten über beeindruckende Referenzen oder prominente Kunden, die beispielsweise ein ähnliches Produkt gekauft haben. Dabei müssen Sie immer beachten, dass sich kein Kunde nur auf Antriebe aus einem Feld heraus reduzieren lässt. Denken Sie an die Vier-Zimmer-Wohnung, die Ihnen dabei helfen wird, den Kunden in dem für ihn richtigen Hauptzimmer zu beraten. Hören Sie genau zu, was er sagt und wie er es sagt, um zu analysieren, welches seine beiden Lieblingszimmer sind. Nicht ohne Grund sind wir mit zwei Ohren und nur einem Mund ausgestattet worden. Reden ist Silber, Zuhören ist Gold! Wie Sie anhand der Sprachmuster diese einzelnen Typen identifizieren können, erfahren Sie, nachdem wir uns noch die linguistische Genauigkeit und was diese beinhaltet ansehen.

Linguistische Genauigkeit hilft, Kaufinteresse zu erkennen Wie können Ihnen einzelne Wörter des Kunden dabei helfen, seine Persönlichkeit herauszufinden? Genau auf Worte zu hören und diese in ihrer Bedeutung auch wahrzunehmen, ist eine Herausforderung für jeden Verkaufs- oder Vertriebsmitarbeiter. Dennoch verraten sie viel darüber, was der Kunde wirklich möchte und was er genau vorhat. Wenn Sie beispielsweise vom Kunden hören: „Da wäre ich dabei“ oder „Da bin ich dabei“, so sind dies zwei völlig unterschiedliche Aussagen. Bei der Aussage „ich wäre dabei“ hat der Kunde noch einen Einwand, sonst würde er sagen „ich bin dabei“. Denn „ich bin dabei“ stellt einen Fakt dar, „ich wäre dabei“ hingegen suggeriert, dass der Kunde noch etwas infrage stellt, was für ihn bisher nicht klar ist. Wenn Ihr Kunde also diesen Konjunktiv nutzt, ist er noch nicht hundertprozentig bereit, einem Kaufabschluss zuzustimmen. Um das zu erkennen, müssen Sie das Wort allerdings erst einmal bewusst hören und wahrnehmen, um dann darauf reagieren zu können. Die Bedeutung einzelner Wörter

Wie Sie die einzelnen Kunden und ihre Präferenzen anhand ihrer Satzstruktur erkennen

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im Gespräch mit Ihrem Kunden ist also wichtig. Daher ist es essenziell, sich während einer Beratung Notizen des Gesagten zu machen, damit Sie später Gelegenheit haben, darüber nachzudenken. Das verschafft Ihnen einen enormen Vorteil in der Gesprächsführung. Weisen Sie den Kunden darauf hin, dass Sie sich einiges mitschreiben werden, damit er Sie unter Umständen nicht als unhöflich wahrnimmt, wenn Sie ihm mit gesenktem Kopf gegenübersitzen. Wie ich Ihnen bereits als Tipp mit auf den Weg gegeben habe, wird er dadurch vielmehr auf Ihr Engagement aufmerksam und weiß die Wertschätzung, die Sie ihm damit entgegenbringen, hoffentlich zu würdigen. Die Notizen helfen Ihnen zudem dabei, das Gespräch emotional intelligent zu führen. Denn eine mögliche Methode für eine emotional intelligente Gesprächsführung ist, dass Sie wichtige Aussagen Ihres Kunden wiederholen. Dadurch signalisieren Sie ihm, dass Sie verstanden haben, was ihm wichtig ist. Studien belegen, dass es Kunden gefällt, wenn ihr Wunsch wiederholt wird. Eine Studie kam zum Beispiel zu dem Ergebnis, dass ein Gast einem Kellner, der die Bestellung noch einmal zusammenfasst, im Durchschnitt 68 Prozent mehr Trinkgeld gibt als jemandem, der die Bestellung einfach nur aufnimmt. Wenn Sie Ihrem Kunden also bewusst und aufmerksam zuhören, können Sie nicht nur seine Wünsche ermitteln, sondern aus seiner Redensart auch noch einiges mehr herauslesen. Welche Zeitformen verwendet er zum Beispiel? Nutzt er die Vergangenheitsform bei der Formulierung seines Wunsches oder die zukunftsorientierte Form? Solche Kleinigkeiten verraten Ihnen auch etwas über seine tatsächlichen Kaufabsichten. Spricht er in der Vergangenheitsform, hat er entweder bereits einen Kauf woanders getätigt oder aber er hat innerlich schon mit dem Kauf abgeschlossen, weil es irgendeinen Grund gab oder gibt, warum er nicht mehr an einem tatsächlichen Kauf interessiert ist. Redet der Kunde jedoch in der Gegenwarts- oder auch in der Zukunftsform, ist davon auszugehen, dass ein konkreter Wunsch und eine Kaufabsicht dahinterstecken. Diese Feinheiten in den Gesprächen mit Ihrem Kunden können Sie nur hören und auch nur bewusst erfassen, wenn Sie jegliche Ablenkungen während des Gespräches oder der Beratung versuchen abzustellen und Sie sich ausreichend Zeit nehmen. Konzentrieren Sie sich voll und ganz auf den Kunden, auf das, was er sagt und auf das, wie er es sagt.

 ie Sie die einzelnen Kunden und ihre Präferenzen anhand ihrer W Satzstruktur erkennen Im Folgenden liste ich Ihnen auf, für welche Persönlichkeit welche Satzstrukturen charakteristisch sind. In dem Kapitel der fünf wichtigsten Verkaufsmomente werden Sie zusätzlich nachlesen können, welche Hinweise Ihnen auch die Körpersprache über die jeweiligen Motivationen Ihres Kunden liefern kann. Die pro-aktive Satzstruktur (Gelb/Rot): • kurze und sehr klare Sätze • Die Person spricht immer so, als hätte sie die Kontrolle über die gesamte Umgebung.

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• Die Satzstruktur ist sehr direkt, es wird nichts kompliziert umschrieben. • Im Extremfall redet ein pro-aktiver Kunde sprichwörtlich ohne Punkt und Komma und rollt wie eine Dampfwalze über alles hinweg. Die reaktive Satzstruktur (Blau/Grün): • Dieser Kunde verwendet lange und sehr verschachtelte Sätze. • Der Kunde spricht so, als würde er von der Welt kontrolliert werden und als würden ihm merkwürdige Dinge zustoßen. Er glaubt an Glück oder Schicksal. • Der reaktive Kunde verwendet häufig Wörter wie nachdenken, analysieren, verstehen und warten und stellt prinzipiell sehr viele Fragen. • Die konditionalen Formen dieses Kunden sind: würde, könnte und sollte (nichts Verbindliches). Die objektbezogene Satzstruktur (Rot/Blau): • spricht sehr viel über Prozesse, Systeme, Werkzeuge, Ideen, Aufgaben und Ziele • Der objektbezogene Kunde erwähnt nicht oft Menschen, außer in Form von unpersönlichen Pronomen wie beispielsweise „die“ oder „der“, „sie“ oder „man“. • Für ihn werden Personen zu Objekten oder Bestandteilen von Prozessen. • redet mehr von Zahlen, Daten und Fakten Die personenbezogene Satzstruktur (Grün/Gelb): • Der personenbezogene Kunde spricht sehr viel über Menschen und auch über Gefühle oder Emotionen. • Er nennt Menschen beim Namen und verwendet persönliche Pronomen (ich, du, er, sie, es, wir, ihr, Sie, sie). • In den Sätzen dieses Kunden kommen Personen vermehrt vor.

Die eigenen Satzstrukturen kundengerecht anpassen Wenn Sie die Handlungs- und Wahrnehmungspräferenzen Ihres Kunden bestimmt haben und verlässlich sagen können, ob es der pro-aktive, der reaktive, der objektbezogene oder der personenbezogene Typ ist, empfehle ich Ihnen, die gleich folgenden beispielhaften Sprachmuster anzuwenden. Wichtig bei allen Beispielen ist, dass sie zu Ihnen passen sollten und Sie sich bei ihrer Verwendung wohlfühlen. Nutzen Sie keine Sprachmuster, die Ihnen persönlich nicht gefallen. Denn sonst empfinden Sie Stress und diesen Stress spürt Ihr Kunde. Dadurch bekommt er den Eindruck, dass irgendetwas mit Ihnen nicht stimmt, was wiederum zu einem schlechten Bauchgefühl führt. Solche Situationen sollten Sie nach Möglichkeit vermeiden. Suchen Sie sich deshalb auch gerne eigene Sprachmuster, die für Sie und Ihre Produkte gut geeignet sind und schreiben Sie sich diese auf. Unter den jeweiligen Sprachmuster-­Vorschlägen finden Sie leere Kästen, in denen Sie Ihre eigenen Ideen ergänzen können. Bedenken Sie bitte

Die eigenen Satzstrukturen kundengerecht anpassen

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bei den Sprachmustern immer, dass manchmal auch zwei oder mehr Kunden vor Ihnen sitzen. Für eine Beratung sollten Sie deshalb immer verschiedene, mindestens aber vier Sprachmuster verinnerlicht haben, um auch auf dieses Wissen zurückgreifen zu können. Der Vorteil der hier aufgelisteten Sprachmuster ist, dass sie Ihnen die Identifizierung der verschiedenen Kundenpersönlichkeiten erleichtern. Versuchen Sie bitte auch dem jeweiligen Tempo beziehungsweise der Geschwindigkeit des Kunden zu folgen. Nicht Ihre Geschwindigkeit ist wichtig für den Verkaufsprozess, sondern die des Kunden. So werden Sie nie zu viel Druck ausüben oder Zeit verplempern. Sie schweifen weder ab, noch verwenden Sie vielleicht zu viele Informationen. Sie handeln stets zielgerichtet sowie kunden- und bedarfsgerecht. Sprachmuster für den pro-aktiv wirkenden Kunden (Gelb/Rot): • machen, erledigen, loslegen, zögern Sie nicht, nicht warten • Jetzt ist genau der richtige Zeitpunkt … • Umso schneller Sie damit loslegen, desto früher … • Legen wir direkt los … • Warum noch warten … • Sie können jederzeit …

Sprachmuster für den reaktiv wirkenden Kunden (Blau/Grün): • analysieren, berücksichtigen, warten, nachdenken, verstehen, zur Sicherheit • könnte, würde und sollte • Nachdem wir es gemeinsam analysiert haben … • Lassen Sie uns einmal gemeinsam darüber nachdenken … • Es wird Ihnen versinnbildlichen, warum … • … wenn Sie es sich dann überlegt haben, können wir … • Versuchen Sie gemeinsam mit dem Kunden Entscheidungen zu treffen.

Sprachmuster für den objektbezogenen Kunden (Rot/Blau): • Sprechen Sie im allerbesten Fall über Prozesse, Werkzeuge, Ideen, Systeme, Aufgaben oder Ziele. • Erwähnen Sie Menschen nach Möglichkeit nur selten oder gar nicht und wenn, dann in Form von unpersönlichen Pronomen wie zum Beispiel „sie“ oder „man“.

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• Wie würden Sie sich entscheiden … (den Kunden immer selbst entscheiden lassen) • Ist es für Sie in Ordnung, wenn wir so vorgehen …

Sprachmuster für den personenbezogenen Kunden (Grün/Gelb): • Bei diesem Kunden sprechen Sie bitte über Gefühle, Gedanken sowie Erlebnisse mit Menschen. • Nennen Sie Menschen oder Kunden beim Namen. • Sprechen Sie von „wir“ oder „uns“. • Lassen Sie uns gemeinsam das Richtige für Sie finden, mit dem Sie sich wohl fühlen … • Womit darf ich Sie sonst glücklich machen … • Was sagen Ihre Freunde oder Familienmitglieder denn dazu … Wenn Sie die Handlungs- und Wahrnehmungspräferenzen Ihres Kunden weitestgehend identifiziert haben, also pro- oder reaktiv oder mehr personen- oder objektbezogen, können Sie noch einen Blick auf die Motivationen richten, die sich nach dem Motivkompass® ergeben. Hierfür habe ich folgende Beispiele für Sie: Das rote Motivfeld: Da dieser Kunde das Bedürfnis nach „Selbstbestimmung“ hat, ist es bei ihm wichtig, dass Sie ihn nach seiner Meinung fragen und sich jede Entscheidung von ihm absegnen lassen. Beispielsweise könnten Sie sagen: „Hier habe ich ein paar Informationen für Sie zusammengetragen, damit Sie die Entscheidung treffen können.“ Versuchen Sie, die Wörter aus dem roten Motivfeld des Motivkompass® in Ihre Gespräche mit einzubinden. Das blaue Motivfeld: Verwenden Sie, sofern möglich, folgende Begriffe: Garantien, Qualität, Zahlen, Daten, Fakten sowie Sicherheit. Stellen Sie Funktionen in den Vordergrund und legen Sie dabei den Fokus immer auf die Sicherheit. Belegen Sie Ihre Aussagen mit konkreten Beweisen und legen Sie diese Beweise dem Kunden in jedem Fall vor. Wenn Sie Zugriff auf Expertenmeinungen haben, dann binden Sie diese in Ihre Beratung mit ein und überzeugen Sie ihn damit. Der Kunde mit blauen Motiven möchte immer alles verstehen und nachvollziehen können. Das grüne Motivfeld: Wenn Sie während Ihrer Beratung die Möglichkeit haben, Wörter wie Vertrauen und Sicherheit in Kombination anzuwenden, dann tun Sie dies bitte. Der Kunde redet und handelt etwas langsamer. Versuchen Sie sich daher diesem Tempo anzupassen und Fakten in seiner Geschwindigkeit zu erklären. Holen Sie sich die Bestätigung des Kunden ein, das hilft ihm, Entscheidungen zu treffen. Am besten helfen Sie ihm bei Entscheidungen auch, indem Sie ihm Bewertungen oder Meinungen anderer Kunden mitteilen. Anders als bei dem Kunden im roten Bereich legt dieser hier Wert darauf, Entscheidungen gemeinsam zu treffen.

Den Motivkompass® in Verkauf und Vertrieb zielgerichtet einsetzen

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Das gelbe Motivfeld: Dieser Kunde ist interessiert an neuen Trends oder auch an für ihn maßgeschneiderten Lösungen. Sollten Ihnen prominente Referenzen vorliegen, so verwenden Sie diese in jedem Fall. In den Mittelpunkt der Beratung können Sie, sofern möglich, maßgeschneiderte Produkte oder Unikate rücken. Der Kunde möchte viele Beispiele und Möglichkeiten genannt bekommen, aus denen er dann selbst auswählen kann, welche ihm am besten gefallen. Verwenden Sie Wörter in Bezug auf das Produkt wie „besonders“ oder „fortschrittlich“. Halten Sie Smalltalk mit ihm, denn dies fördert die Beziehung zu ihm. Tun Sie dies jedoch nur, wenn es sich für Sie gut anfühlt. Wenn Sie nicht gerne Smalltalk halten und dies aufgesetzt mit einem Kunden versuchen, der mehrheitlich gelbe Ausprägungen aufweist, so merkt er das und hat das Bauchgefühl, dass irgendetwas mit Ihnen nicht stimmt. Praxis-Tipp

Wenn Sie mögliche Referenzaussagen oder auch Referenzobjekte in Ihrer Beratung verwenden können, dann machen Sie das. Zudem bleiben Bilder und auch Geschichten besser und vor allem länger im Gedächtnis Ihres Kunden. Veranschaulichen Sie Ab­s­ traktes also gern bildhaft. Wenn Sie dann noch die Möglichkeit haben, Ihre Referenzen persönlichkeitsgerecht verwenden zu können, ist dies natürlich immer der Idealfall. Das bedeutet, dass Sie Referenzaussagen oder Referenzobjekte sammeln sollten, die sich jeweils für einen pro-aktiven, einen reaktiven, einen objektbezogenen und einen personenbezogenen Kunden eignen sowie jeweils auch für einen Kunden mit roten, gelben, grünen oder blauen Bedürfnissen. Wenn Sie dann Referenzgeber und Neukunde zusammenbringen, decken Sie so die gleichen Handlungs-, Wahrnehmungs- und Motivpräferenzen. Es ist dadurch perfekt auf den Kunden zugeschnitten. ◄

Den Motivkompass® in Verkauf und Vertrieb zielgerichtet einsetzen Der Motivkompass® ist ein hervorragendes Werkzeug für den Verkaufsalltag. Ich selbst arbeite täglich damit. Unabhängig davon, ob ich Verkaufsgespräche führe, Mitarbeiter für meine Klienten auswähle oder Seminare gebe, der Motivkompass® hilft mir immer, persönlichkeitsgerecht und damit emotional intelligent zu kommunizieren. Emotional intelligent bedeutet hierbei, dass ich Dinge und Inhalte so erkläre, wie es für den Kunden richtig ist und nicht wie ich vermute, wie es richtig sein könnte und dabei womöglich noch auf meine persönlichen Bedürfnisse, Werte und Motive zurückgreife. Ein Angler würde sagen: „Der Wurm muss dem Fisch schmecken und nicht dem Angler.“ Nehmen wir beispielsweise eine Internetseite und die dortige Produktbeschreibung. Wenn Sie ein Produkt vorstellen und dabei aus jedem Motivfeld ein Verkaufsargument nutzen, dann ist sichergestellt, dass für jeden Kunden, der Ihre Website besucht, was Geeignetes dabei ist. Insgesamt haben Sie 64 Begriffe im Motivkompass®, die Ihnen helfen, im Verkaufsprozess die Kaufmotive Ihres Kunden zu entdecken und zu decken = (ent)decken. Wie Sie diese Werte, Bedürfnisse und Motive aus dem Motivkompass® verwenden

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können, um erfolgreich mit dem Kunden zu kommunizieren, beschreibe ich Ihnen anhand von jeweils vier Beispielen. Werte und Bedürfnisse aus dem roten Motivfeld: Fortschritt Prestige Status Mut

das Neueste vom Neusten Kunde kennt noch niemanden, der solch ein Produkt besitzt (der erste sein) Luxus und „nice to have“ (er kann es sich leisten) sich etwas trauen, was so keiner hat (Risiken für z. B. finanziellen Erfolg eingehen)

Werte und Bedürfnisse aus dem blauen Motivfeld: Sicherheit Beschreiben Sie die Qualität oder die Details, die das Produkt sicher machen. Zuverlässigkeit Bestätigen Sie dem Kunden die Zuverlässigkeit aus zum Beispiel Testberichten, Expertenmeinungen oder von Erfahrungen Ihrer Kunden. Logik Treffen Sie mit dem Kunden „logische“ Entscheidungen und nennen Sie diese auch so (z. B. Können Sie es logisch nachvollziehen?). Präzision Wie wird das Produkt hergestellt? Ist es Handarbeit? Dann reden Sie darüber. (Wie wurde zum Beispiel das Finanzprodukt erarbeitet? Blaue Typen interessieren sich dafür.)

Werte und Bedürfnisse aus dem grünen Motivfeld: Hingabe/ Sinnlichkeit Wohlbefinden/ Gesundheit Familie

Partnerschaft

Beschreiben Sie dem Kunden das Produkt nicht nur, sondern lassen Sie ihn viel fühlen und mit seinen Sinnen wahrnehmen. Was kann Ihr Produkt, was das Wohlbefinden oder die Gesundheit beim Kunden steigert? Fragen Sie den Kunden, ob es das richtige für ihn und seine Familie ist und binden Sie diese möglichst mit ein oder sprechen Sie über die Familie des Kunden in Bezug auf Ihre Beratung. Ich würde mich sehr freuen, wenn ich für dieses Projekt der Partner an Ihrer Seite werden darf.

Werte und Bedürfnisse aus dem gelben Motivfeld: Glück Individualität Entwicklung Kreativität/ Flexibilität

Fühlen Sie sich glücklich mit dieser Produktauswahl? Dieses Produkt wird individuell auf Sie zugeschnitten und ist kein/e Produkt/ Lösung von der Stange. Dieses Produkt hat den höchsten technischen Stand und ist das aktuellste, was es derzeit auf dem Markt gibt. Für Sie habe ich da eine sehr kreative Lösung im Hinterkopf, die ich flexibel anpassen kann, je nachdem was sich in unserem Gespräch weiter ergibt.

Wenn Sie die einzelnen Motive, Werte und Bedürfnisse für Ihren Kunden nicht umschreiben wollen, dann binden Sie diese wortgenau in Ihre Beratung mit ein, wie zum Beispiel:

Abschlussübung

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Selbstbestimmung = Natürlich entscheiden Sie immer selbst, wie es weitergeht. Fortschritt = Es ist das Fortschrittlichste, was es derzeit auf dem Markt gibt. Ehre = Es wäre mir eine Ehre, Sie als Kunden zu gewinnen. Prestige = Es ist ein sehr prestigeträchtiges Produkt.

• Logik = Es ist ein logisch durchdachtes Produkt/Design oder eine logisch durchdachte Lösung. • Vernunft = Es ist eine vernünftige Entscheidung, wenn Sie dieses Produkt wählen. • Zuverlässigkeit = Das Produkt ist mit Abstand das Zuverlässigste in diesem Bereich. • Tradition = Das Unternehmen, das dieses Produkt herstellt, ist ein Traditionsbetrieb. • • • •

Bescheidenheit = Toll, wenn man bei seiner Produktauswahl Bescheidenheit zeigt. Familie = Schön, dass alle in Ihrer Familie bei diesem Wunsch mitentscheiden dürfen. Wohlbefinden = Ihr Wohlbefinden ist für uns das A und O. Herzlichkeit = Unser Kundenservice handelt aus Herzlichkeit, das unterscheidet uns von vielen anderen.

• • • •

Geselligkeit = Ich finde es schön, auch mal mit meinem Kunden gesellig sein zu dürfen. Glück = Fühlen Sie sich glücklich mit der Entscheidung, dann ist es die richtige. Entwicklung = Es ist faszinierend, wie viel Entwicklung in diesem Produkt steckt. Neugier = Was hat denn Ihre Neugier an diesem Produkt geweckt?

Bitte beachten Sie bei der Verwendung der Motive, Bedürfnisse und Werte, dass alle Ihre Produktbeschreibungen und Aussagen auch der Wahrheit entsprechen und nachvollziehbar sind. Es besteht immer die Möglichkeit, dass Ihr Kunde Sie zu Ihren Aussagen detaillierter befragt, weil er entweder interessiert oder vielleicht auch skeptisch ist. Sie sollten demnach in Ihren Geschichten immer bei der Wahrheit bleiben. Denn wenn Sie auf diese eventuell gelogenen Inhalte angesprochen werden, entwickeln Sie Stress, da Sie bei jeder Aussage auf der Hut sein müssen, nicht entlarvt zu werden. Und dass sich dieser Stress auf das Bauchgefühl Ihres Kunden auswirkt, das wissen Sie ja bereits. Außerdem verpassen Sie eventuell wichtige Inhalte oder auch körpersprachliche Signale, weil Sie sich nicht mehr voll und ganz auf die Situation und den Kunden konzentrieren können, sondern abgelenkt sind mit der weiteren Konstruktion Ihrer Lügengeschichte. Bleiben Sie daher immer authentisch und bei den Fakten, beraten Sie Kunden individuell und Ihrem Verkaufserfolg steht nichts im Wege.

Abschlussübung Die folgende Übung habe ich dafür entwickelt, dass Sie das Wissen und die Bedeutung der jeweiligen Motive, Werte und Bedürfnisse auch verinnerlichen und auf Ihr Produkt oder Ihre Dienstleistung ummünzen können. Versuchen Sie bitte, vier einzelne Ihrer Produktdetails in einen für die jeweilige Kundenpersönlichkeit passenden Produktnutzen umzuformulieren. Verwenden Sie die Werte, Bedürfnisse und Motive vom Motivkompass®,

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8  Die Verkaufspsychologie

brechen Sie diese auf Ihre Produktdetails herunter und überlegen Sie, wie Sie sie in Ihre Beratungen für die jeweiligen Produkte mit einfließen lassen können. Der pro-aktiv wirkende Kunde/Motivfelder: Rot und Gelb Ihr Produktdetail

Der Nutzen für den Kunden

Der objektbezogene Kunde/Motivfelder: Rot und Blau Ihr Produktdetail

Der Nutzen für den Kunden

Der reaktiv wirkende Kunde/Motivfelder: Blau und Grün Ihr Produktdetail

Der Nutzen für den Kunden

Der personenbezogene Kunde/Motivfelder: Grün und Gelb Ihr Produktdetail

Der Nutzen für den Kunden

Exkurs „emotionales Storytelling“ Storytelling ist eine Erzählart, die Wissen oder Informationen über Produkte nicht platt formuliert unter den Kunden bringt, sondern sie in das Erzählen einer Geschichte einbindet. Damit gelingt es VerkäuferInnen und VertriebsmitarbeiterInnen, ihren Kunden emotional zu packen und von einem Thema zu begeistern. Der Kunde wird direkt angesprochen, verinnerlicht die Informationen und wird im besten Fall zum Handeln angeregt. Emotionale Geschichten prägen sich bei ihm stärker ein und erzeugen immer eine Wirkung.

Abschlussübung

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Ebenso verhält es sich, wenn Sie gemeinsam mit dem Kunden eine Geschichte für ein Produkt entwickeln, die zu dem jeweiligen Kunden passt und die Motive, Bedürfnisse oder Werte vom Motivkompass® mit einbezieht. Dadurch, dass Sie diese Bedürfnisse, Werte und Motive Ihres Kunden in die Geschichte einbinden, schalten sich automatisch dessen Hormone mit ein. Ihr Kunde ist dadurch bei dem, was Sie erzählen, interessierter. Verwenden Sie Wörter oder auch Alleinstellungsmerkmale, die zielgerichtet auf den Kunden zugeschnitten sind, dann bleiben diese Alleinstellungsmerkmale Ihrer Produkte besser in seinem Gedächtnis. Denn Bilder und Geschichten gehen direkt ins Gehirn. Das gesamte Gehirn wird neuronal angesprochen und verändert sich manchmal auch, wenn wir das Beispiel von populären Filmen nehmen, wie zum Beispiel Dirty Dancing. Das zusätzliche Ergebnis dieses Films war, dass damals deutlich mehr getanzt wurde als vor dessen Veröffentlichung. Darum sollten Sie Bilder und Geschichten so oft wie möglich verwenden, damit sich Ihr Kunde besser an diese erinnert. Denn Bilder bleiben fünf bis sechs Mal stärker im Gedächtnis als nackte Texte. Wenn Sie eine emotionale Geschichte, zugeschnitten auf das Produkt und die Persönlichkeit Ihres Kunden erzählen, beachten Sie dabei stark seine Körpersprache und die Anzeichen für ein mögliches Interesse oder Desinteresse. In den fünf wichtigsten Verkaufsmomenten beschreibe ich diese Emotionen und wie Sie sie erkennen. Aus eigener Erfahrung wissen Sie sicherlich auch, dass man guten Geschichten nur schwer widerstehen kann und dem Geschichtenerzähler manchmal wortwörtlich an den Lippen hängt. Verkaufs- und VertriebsmitarbeiterInnen, die authentische Storys in ihren Verkaufsprozess einbeziehen, sind erfolgreicher. Wenn Sie wichtige Aussagen in Ihrer emotionalen Geschichte unterstreichen möchten, dann machen Sie nach diesen wichtigen Aussagen eine bewusste Pause. Diese kurze Pause unterstreicht das zuvor Erzählte. Wenn Sie drei bis viermal wichtige Wörter oder Alleinstellungsmerkmale wiederholen, bleiben diese natürlich auch besser im Gedächtnis. Wenn Sie dem Kunden etwas verdeutlichen möchten, dann überspitzen Sie gelegentlich auch eine Aussage. Weisen Sie ihn jedoch darauf hin, dass Sie diese Aussage überspitzt dargestellt haben zum besseren Verständnis. Die Frage bei überspitzten Aussagen ist nämlich, wie der Kunde sie tatsächlich wahrnimmt und auffasst. Versuchen Sie nach Möglichkeit, sich einfache Geschichten anzueignen und halten Sie diese nach Möglichkeit knapp, damit sie dem Kunden auch in Erinnerung bleiben. Sprichwörtlich könnte man sagen: „In der Kürze liegt die Würze.“ Mit dem emotionalen Storytelling wollen wir keine Kunden manipulieren. Wir möchten durch emotionale Geschichten versuchen, den Kunden zu bewegen und zu begeistern, ihn mitzureißen. Versuchen Sie daher, mit auf den jeweiligen Charakter zugeschnittenen Verkaufsgeschichten Ihren Kunden zusätzlich zu überzeugen und individuell abzuholen. Testen Sie die Geschichten gerne bei Freunden oder auch Arbeitskollegen, um Erfahrungen zu sammeln, wie diese bei Ihrem Gegenüber ankommen könnten. Denn auch hier ist wichtig, dass die Geschichten zu Ihrem Kunden passen und Sie Ihre eigene Wirkung auf den Kunden dabei berücksichtigen. Erzählen Sie emotionale Geschichten, die Sie auch selbst begeistern, dann wird Ihre Begeisterung automatisch auf den Kunden ­überspringen.

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Empathie und deren Bedeutung für das Verkauf und Vertrieb

Inhaltsverzeichnis Warum Empathie im Verkauf- und Vertrieb?  Macht Empathie die Vertriebsmitarbeiter und Verkäufer nicht zu weich?  Warum Empathie zu besseren Abschlussquoten und mehr Umsatz führt  Die zwei Arten der Empathie  Literatur 

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Warum Empathie im Verkauf- und Vertrieb? Was bedeutet Empathie im Verkaufs- und Vertriebswesen im 21. Jahrhundert und warum ist sie so wichtig? Nun, Empathie ist in diesen Bereichen deshalb so wichtig, weil große Online-Konzerne mittlerweile mit ihrem Service enorm aufholen und den stationären Handel immer mehr gefährden. Empathie differenziert Sie und Ihr Unternehmen und hilft Ihnen dabei, dass Sie sich gegenüber dem immer stärker werdenden Online-Handel behaupten und vor allem erfolgreich positionieren können. Sie sorgt in Ihrem Kundenbeziehungsmanagement dafür, dass Ihre Geschäftspartner und auch Endkunden Ihnen und Ihrem Unternehmen loyal gegenüber sind. Denn mangelt es Ihnen im Verkaufs- und Vertriebsalltag an Empathie gegenüber Ihren Mitarbeitern und Kunden, fehlt Ihnen ein enormer Wettbewerbsvorteil sowohl im stationären und regionalen Handel als auch im Online-Wettbewerb. Kunden, Kollegen und Geschäftspartner zu verstehen ist deshalb die Währung des 21. Jahrhunderts, um sich erfolgreich aufzustellen. Und sie ist das einzige Kriterium, das die analoge der digitalen Welt voraushat. Denn bisher können Algorithmen noch keine

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2021 J. Kettler, Mit Empathie verkaufen, Edition Sales Excellence, https://doi.org/10.1007/978-3-658-32419-3_9

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9  Empathie und deren Bedeutung für das Verkauf und Vertrieb

Emotionen verstehen oder Einwände emotional intelligent und empathisch behandeln. Dennoch gibt es inzwischen große Online-Händler, die die eigenen Servicelücken wie zum Beispiel automatisierte E-Mails oder lange Lieferzeiten mit neuem eigenem Personal schnell und einfach schließen, um dem Kunden den geforderten Service zu garantieren. Dabei werden die Mitarbeiter immer besser geschult und sind im Kundenumgang sehr professionell. Oftmals erwartet man diesen doch sehr guten Kundendienst im Online-­ Handel nicht, doch die Zeiten haben sich geändert und auch die Online-Händler wissen, dass sie ohne Service den Kunden verlieren. Sie hören auf ihre Kunden und was ihnen fehlt und dadurch wachsen sie kontinuierlich. Wie wir bereits aus den Kapiteln zuvor wissen, ist nicht etwa der günstige Preis Schuld daran, dass der Endkunde im Internet kauft. Es sind vielmehr unfreundliche und schlecht ausgebildete VerkäuferInnen und VertriebsmitarbeiterInnen, die hauptsächlich dafür verantwortlich sind, dass der Kunde nicht bereit ist, den Weg ins Geschäft auf sich zu nehmen. Das ist ein Fakt, der bereits durch repräsentative Umfragen in Deutschland und Österreich bestätigt worden ist. Gegenüber den immer größer werdenden Online-Händlern ist deshalb die einzige Lösung, dies zu ändern, die Empathie! Durch Empathie und die persönliche Beziehung zum Kunden können Sie sich stark abheben. Egal ob Sie dabei von Firma zu Endkunde verkaufen (B2C – Business to Consumer), oder ob Sie als Hersteller an Wiederverkäufer vertreiben (B2B – Business to Business), sich empathisch aufzustellen und dem Kunden einen menschlichen und persönlichen Kontakt zu garantieren, der auf Vertrauen, Respekt und Loyalität gründet, ist die einzige Möglichkeit, die Sie gegenüber immer größer werdenden Online-Händlern haben. Die Marke, der Preis und auch das Unternehmen sind zu 100  Prozent austauschbar und vergleichbar. Nicht vergleichbar oder austauschbar ist jedoch die gute und vertrauensvolle Beziehung, die der Kunde zu Ihnen als BeraterIn, VertriebsmitarbeiterIn oder VerkäuferIn hat. Ich begleite viele Verkäufer über mindestens zwölf Monate hinweg und bilde diese zum empathisch zertifizierten Verkäufer oder Vertriebler aus. Ein Feedback derer Kunden, was alle Verkäufer überdurchschnittlich häufig hören, ist folgende Aussage: „Sie haben uns von Beginn an wirklich verstanden.“ Verstehen kommt eben vor verstanden werden. Eine repräsentative Umfrage [2] in Deutschland wollte folgendes herausfinden: Welche Kompetenz ist Ihrer Meinung nach im Leben wichtiger: • Emotionale Intelligenz (EQ, Fähigkeiten im Umgang mit sich und seinen Mitmenschen) • Intelligenz (IQ, das intellektuelle Leistungsvermögen) Lediglich zwei Prozent der Befragten maßen dem IQ, welcher das intellektuelle Leistungsvermögen misst, eine größere Bedeutung im Leben bei. Für 64 Prozent der Befragten spielten die emotionale und die intellektuelle Intelligenz eine gleichwertige Rolle im Leben. Und 34  Prozent der Umfrageteilnehmer empfanden die emotionale Intelligenz als notwendiger. Die Empathie ist dabei das wichtigste Fundament für die emotionale Intelligenz. Sie ist also etwas, was sich zusammengerechnet 98  Prozent der Befragten dieser Umfrage wünschen.

Macht Empathie die Vertriebsmitarbeiter und Verkäufer nicht zu weich?

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In einer anderen Umfrage [3] kamen 64,4 Prozent der Befragten zu dem Ergebnis, dass der Mensch, subjektiv wahrgenommen, immer weniger wichtig wird. Die Umfrage schluss­ folgerte außerdem, je unbedeutender sich der Mensch in der Wahrnehmung fühlt, desto größer ist der Wunsch nach Empathie bei seinem Gegenüber. Empathie ist also nicht nur im Vertrieb und Verkauf essenziell. Nein, sie wird insgesamt immer unentbehrlicher und entscheidet künftig über Erfolg oder Nicht-Erfolg eines Unternehmens und dessen Mitarbeiter. Beide Umfragen bestätigen, dass emotionale Intelligenz und Empathie dringend nötig sind und immer ausschlaggebender werden. Eine Studie [4] aus Deutschland fand obendrein heraus: „Verkäufer, die ihrem Kunden weiterhin nah sein wollen, werden diese Nähe nicht mit Filialen herstellen, sondern damit, dass sie persönlich verfügbar sind, dass sie die Bedürfnisse ihres Kunden beobachten, analysieren und pro-aktiv erfüllen.“ Empathie und echtes persönliches Interesse sind für den Kunden die wichtigsten Faktoren im 21. Jahrhundert geworden, egal ob Sie dabei im Verkaufs- oder Vertriebswesen arbeiten.

 acht Empathie die Vertriebsmitarbeiter und Verkäufer nicht M zu weich? Bei meiner täglichen Arbeit werde ich häufig von Geschäftsführern oder auch Vertriebsleitern gefragt, ob Empathie die Mitarbeiter im Vertrieb oder Verkauf nicht zu weich mache. Diese Frage kann ich sehr gut nachvollziehen, denn die meisten Vertriebs- und Verkaufstrainings beinhalteten bisher Hardselling-Methoden oder Kundenmanipulationen. Hier dann Empathie zu trainieren, ist natürlich etwas völlig anderes. Wenn man sich jedoch die Inhalte von vielen Verkaufstrainern ansieht, korrelieren diese stark mit dem, was Kunden eben nicht mehr wollen, wenn sie sich mit VerkäuferInnen oder VertriebsmitarbeiterInnen auseinandersetzen. Man kann auch sagen, dass diese veralteten Trainingsinhalte wie Kundenmanipulationen und Hardselling dazu geführt haben, dass VerkäuferInnen heute in besagter Schublade stecken und es schwer haben, dort hinauszukommen (siehe dazu das Kapitel „Stecken Verkäufer wirklich in einer Schublade“). Seit über acht Jahren begleite ich VerkäuferInnen und VertriebsmitarbeiterInnen und habe den Fokus in meinen Trainings auf emotionale Intelligenz, Empathie und Körpersprachenerkennung gelegt. Und seit über acht Jahren werden die VertriebsmitarbeiterInnen und VerkäuferInnen erfolgreicher durch das, was sie aus den Trainings mitnehmen und in ihrem Arbeitsalltag anwenden. Empathie macht nicht weich, Empathie hilft maßgeblich dabei, dass Sie Ihren Kunden wirklich verstehen und ihm genau das verkaufen, was er braucht. Mir ist unerklärlich, warum Empathie im Vertrieb und Verkauf eher negativ wahrgenommen wird. Denn sie ist lediglich die Fähigkeit, beim Menschen beziehungsweise Ihrem Kunden Emotionen, die ihn bewegen, zu erkennen, um sie dann gegebenenfalls anzusprechen. Es geht bei der Empathie darum, eventuelle Einwände oder auch Motivationen Ihres Kunden zu sehen und richtig zu beurteilen. Es geht um Verständnis, wobei verstehen nicht immer einverstanden sein heißt.

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9  Empathie und deren Bedeutung für das Verkauf und Vertrieb

Eine Studie [1] hat ergeben, dass Empathie in der heutigen, sehr digitalisierten Gesellschaft immer mehr abnimmt und das ist verheerend, vor allem im Vertriebs- und Verkaufswesen, in dem es doch existenziell ist, sein Gegenüber und somit seinen Kunden richtig einschätzen zu können. Eine dieser Studien [1] kommt zusätzlich zu dem Ergebnis, dass über 40  Prozent der Emotionen im Gesicht der Menschen nicht wahrgenommen beziehungsweise nicht richtig erkannt werden. An diesem Punkt müssen Sie ehrlich zu sich selbst sein: Wie wollen Sie im Verkaufs- oder Vertriebswesen etwas verkaufen und erfolgreich sein, wenn Sie nicht wissen und auch nicht sehen, was der Kunde wirklich will oder auch nicht will? Empathie bedeutet eben auch, bei seinem Kunden Emotionen zu erkennen und diese Emotionen zu verstehen, denn die Emotionen, die der Kunde Ihnen gegenüber unfreiwillig zeigt, sind seine wahren und emotionalen Bedürfnisse, welche gestillt werden müssen. Hinzu kommt, dass Emotionen auch sogenannte mimische Warnsignale liefern, die Ihnen einen nonverbalen Einwand Ihres Kunden zeigen. Im Kapitel der wichtigsten Verkaufsmomente gehe ich darauf näher ein. Durch mehr Empathie in Ihrem Vertriebs- oder Verkaufsalltag werden Sie also erfolgreicher. Wenn Sie schon erfolgreich sind, kann Ihnen die Empathie helfen, noch weiter zu wachsen. Und wenn Sie schon empathisch sind, können Sie sich Ihrer Fähigkeiten vielleicht mehr bewusst werden und diese ausbauen, um nicht nur im Umgang mit dem Kunden, sondern auch zum Beispiel im kollegialen Umfeld angenehmer wahrgenommen zu werden. Empathie unterscheidet Sie im 21. Jahrhundert zu anderen und hilft Ihnen, sich persönlich als Alleinstellungsmerkmal bei Ihrem Kunden zu positionieren.

 arum Empathie zu besseren Abschlussquoten und mehr W Umsatz führt Unterschiedliche Studien belegen, dass sich durch emotionale Intelligenz und Empathie die Abschlussquoten erhöhen und der Umsatz signifikant steigt. Ich habe Ihnen bereits von der Studie erzählt, in der der Pharmakonzern Sanofi-Aventis Verkäufer in emotionaler Intelligenz geschult hat und deren Jahresumsatz um zwölf Prozent höher ausfiel als bei der Vergleichsgruppe ohne das EQ-Training. In zwei 2007 veröffentlichten Studien fanden Forscher einen weiteren signifikanten Zusammenhang zwischen der Emotionserkennungsfähigkeit und dem Verkaufserfolg. Studie eins [5] (mit 109 Versuchspersonen) zeigte, dass die Fähigkeit eines Verkäufers, die nonverbal ausgedrückten emotionalen Signale des Kunden richtig zu deuten, sich positiv auf das berufliche Einkommen auswirkt. In Studie [5] zwei (51 Probanden) fanden die Wissenschaftler heraus, dass Automobilverkäufer mit einer hohen Emotionserkennungsfähigkeit zwei Autos mehr im Monat verkauften als ihre Kollegen, die sich mit dem Entschlüsseln der emotionalen Signale schwerer taten. Von Januar 2019 bis Januar 2020 habe ich eine Fallstudie [6] durchgeführt, anhand derer ich ebenfalls feststellen konnte, dass das Erkennen von Emotionen beim Kunden sowie das Ansprechen dieser Emotionen dazu beitragen, mehr Verkaufserfolg zu generie-

Die zwei Arten der Empathie

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ren. Der Verkäufer, den ich über zwölf Monate begleitete, hat elf Prozent mehr Umsatz zum Vorjahr gemacht und eine 27  Prozent höhere Abschlussquote erzielt. In dieser ­Fallstudie habe ich außerdem herausfinden können, dass eine emotional intelligente Bedarfsanalyse dabei hilft, Kunden herauszufiltern, die keinen konkreten Kaufwunsch haben. Somit hatte der Verkäufer mehr Zeit für die richtigen Kunden. Außerdem erstellte er weniger Angebote als im Jahr zuvor und senkte dadurch ebenfalls Kosten für das Unternehmen. Denn jedes Angebot, welches nicht zu einem Auftrag führt, kostet das Unternehmen Zeit und Geld. Ich konnte belegen, dass die Investitionen der sechs Trainingstage sowie zwei Tage persönliches Coaching allein durch die Anzahl der geringeren Angebote amortisiert worden sind. Dabei wurde die signifikant höhere Abschlussquote sowie die Umsatzsteigerung nicht berücksichtigt. Empathie und emotionale Intelligenz hilft also eindeutig dabei, erfolgreicher im Vertrieb und Verkauf zu werden. Zusätzlich spielt sie eine erhebliche Rolle bei der Kundenbindung und Kundenzufriedenheit. Denn durch Empathie können Sie auch Kündigungsquoten senken, sofern Sie die Einwände Ihres Kunden erkennen und behandeln. Sie sehen außerdem, welche emotionale Wirkung Sie bei der Angebots- oder Lösungspräsentation erzeugen und können im Bedarfsfall immer gegensteuern. Darüber hinaus bemerken Sie auch deutlich besser, ob Ihr Kunde einen tatsächlichen Einwand hat oder nur einen eventuellen Vorwand äußert. Empathie ist darum der Schlüssel zum Verkaufs- und Vertriebserfolg. In Zeiten von Veränderungen entstehen entweder Gewinner oder Verlierer. Wer seine Zukunft aktiv gestaltet, gewinnt, wer abwartet, verliert. Empathie macht nicht weich, sondern stellt Sie gegenüber Ihren persönlichen Wettbewerbern heraus und hilft somit automatisch dabei, erfolgreicher im Vertrieb und im Verkauf zu werden.

Die zwei Arten der Empathie Um Empathie zu verstehen, ist es wichtig zu wissen, dass es zwei völlig voneinander unabhängige Arten der Empathie gibt, welche sich auch in unterschiedlichen Gehirnaktivitäten widerspiegeln ([7]). • Die kognitive Empathie: „Ich sehe, was du fühlst.“ Bei der kognitiven Empathie erkennen Sie, was in anderen Menschen vorgeht und wie sich diese fühlen. Sie sehen und verstehen zwar die Gefühle Ihres Gegenübers, fühlen jedoch nicht mit ihm mit. • Die affektive Empathie: „Ich fühle, was du fühlst“. Diese Form der Empathie beschreibt die Fähigkeit, die Gefühle Ihres Gegenübers zu erkennen, zu teilen und auch mitzuerleben. Die wichtigste Form der Empathie, um treffsicher nonverbale Signale Ihres Kunden zu entschlüsseln, ist die kognitive Empathie – und diese können Sie trainieren. In den zwei folgenden Kapiteln werden wir deshalb mit der Mimikresonanz®-Methode arbeiten. Mit dieser Methode können Sie nicht nur Ihre kognitive Empathie verbessern, sondern auch

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9  Empathie und deren Bedeutung für das Verkauf und Vertrieb

Ihre Menschenkenntnis erhöhen (siehe auch dazu das Kapitel: „Den Kunden verstehen lernen: Der Motivkompass® nach Eilert“) und Ihre eigene Wirkungskompetenz ausbauen. Die Empathie, die Menschenkenntnis und Ihre eigene Wirkungskompetenz sind die drei Schlüsselkomponenten des Mimikresonanz®-Konzepts. Sie sind die wichtigsten Teilbereiche der emotionalen Intelligenz und essenziell für eine erfolgreiche und zwischenmenschliche Kommunikation mit Ihrem Kunden. Sie stellen zudem die wichtigsten Werkzeuge dar, um sich optimal aufzustellen und zu positionieren. Ihre Emotions-Erkennungsfähigkeit

Mit diesem QR-Code können Sie Ihre kognitive Empathie, also Ihre Emotions-­ Erkennungsfähigkeit testen. Scannen Sie dazu einfach den QR-Code und folgen Sie den weiteren Anweisungen auf der Webseite. Der READ-Test nach Eilert misst die Fähigkeit einer Person, in kürzester Zeit Emotionen in der Mimik ihres Gegenübers wahrzunehmen und richtig zu interpretieren. Die durchschnittlichen Erkennungsraten von untrainierten Personen im READ-Test liegen bei 55  Prozent. Die Abkürzung READ steht dabei für Reliable Emotional Action Decoding, also das Entschlüsseln verlässlicher emotionaler Aktionen.

LINK: http://www.mimikresonanz24.com/de/research/cd7ab3f9f9f0cf5fc8dd9af2eb2531e8996826d5 ◄

Literatur 1. Eilert, D.  W., & Langwara, R. (2017). Reliable Emotional Action Decoding Test (READ-49): Testdokumentation; 2. Statista 2010. Welche Kompetenz ist Ihrer Meinung nach im Leben wichtiger? https://de.statista. com/statistik/daten/studie/77664/umfrage/meinung-­zur-­wichtigkeit-­unterschiedlicher-­arten-­von-­ intelligenz/. Zuletzt zugegriffen am 10.10.2020 3. Marketagent.com – Digitale Markt und Meinungsforschung/Empathie Report/Thomas Schwabl | Ulli Helm Wien, am 17. März 2016 / n=1003 Netto-Interviews (Kernzielgruppe), Random Selection nach Quoten/Studienleitung Mag. Ingrid Fischer 4. Jánszky, Sven Gábor (2013): Die Zukunft des Verkaufens. Trendstudie des 2b AHEAD Think­ Tanks. Leipzig. http://www.2bahead.com/trendstudien/zukunft_des_verkaufens. Veröffentlicht am: 21.01.2013

Literatur

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5. Byron, K. (2007): Nonverbal Emotion Recognition and Salespersons: Linking Ability to Perceived and Actual Success, Journal of Applied Social Psychology, 2007, 37, 11, pp. 2600–2619. 6. Kettler, J. (2020). Fallstudie für die Vergabe des Hochschulzertifikats: Mimik- Analyst nach Eilert (SHB): Die Bedeutung der sieben rein mimischen Primär- Emotionen zwischen Verkäufer und einem Kundenpaar im Verkaufsfall 7. Kanske, P., Böckler, A., Trautwein, F.-M., Parianen Lesemann, F. H., & Singer, T. (2016). Are Strong empathizers better mentalizers? Evidence for independence and interaction between the routes of social cognition. Social Cognitive And Affective Neuroscience, 11(9), 1383–1392.

Die Mimikresonanz®-Methode

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Inhaltsverzeichnis  inweise zu diesem Kapitel  H Was ist die Mimikresonanz®-Methodik?  Mimik gehört zur Körpersprache  Warum die Mimik eine so erhebliche Rolle bei der Erkennung von Emotionen spielt  Die mimischen Expressionsarten  Die Baseline  Die BIG-Regel  Die Mimikresonanz®-Grundsätze  Die Wissenschaft der Emotionen  Das Mimikresonanz®-Emotionsmodell  Die fünf wichtigsten wissenschaftlichen Erkenntnisse über Emotionen  Die zwölf Primäremotionen im Motivkompass®  Die Primäremotionen als Motivationssysteme  Literatur 

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Hinweise zu diesem Kapitel Die Studien und wissenschaftlichen Aussagen, die hier benannt und beschrieben werden, entstammen alle der Mimikresonanz®-Profibox von Dirk W.  Eilert, Junfermann Verlag, Paderborn 2020. In sämtlichen Studien in diesem Kapitel werden die Probanden Menschen und nicht Kunden genannt, wobei Sie vor Ihrem geistigen Auge immer den Kunden haben dürfen. Dirk W. Eilert ist Deutschlands renommiertester und anerkanntester Experte im Bereich Körpersprache und emotionale Intelligenz. Ich habe ihn persönlich im Jahr 2017 kennengelernt, als ich mich zum lizensierten Mimikresonanz®-Trainer und -Berater habe ausbilden lassen. Die Ausbildung zum Mimikresonanz®-Master-Trainer beinhaltet © Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2021 J. Kettler, Mit Empathie verkaufen, Edition Sales Excellence, https://doi.org/10.1007/978-3-658-32419-3_10

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weit mehr als 200 Stunden Weiterbildung. Ich bin Dirk W. Eilert sehr dankbar dafür, dass ich als erster Autor eines Fachratgebers für Vertriebs- und VerkaufsmitarbeiterInnen die Mimikresonanz®-Methodik in diesem Buch verwenden darf.

Was ist die Mimikresonanz®-Methodik? Das Mimikresonanz®-Konzept und die dazugehörige Methode wurde im Jahr 2011 von Dirk W. Eilert, aufbauend auf den neuesten Forschungsergebnissen aus Psychologie und Verhaltensforschung, entwickelt. Es wird ständig an den aktuellen Stand der Wissenschaft angepasst. Im Kern trainiert und vermittelt Mimikresonanz® die Fähigkeit, die Bedürfnisse und Emotionen von Menschen treffsicher in der Körpersprache zu erkennen, richtig zu interpretieren und darauf empathisch und effizient zu reagieren. Ziel ist es, dass sich Ihr Kunde mit Hilfe der Mimikresonanz®-Methode von Ihnen verstanden und sich emotional gut bei Ihnen aufgehoben fühlt. Die Kernkompetenz, die durch die Mimikresonanz®-Methode vermittelt wird, ist, nonverbale Signale präzise bei Ihrem Kunden zu erkennen und zu entschlüsseln. Denn die nonverbale Kommunikation ist eine der besterforschten Kommunikationsarten der Welt. Die Mimikresonanz®-Methode ist die wissenschaftlich aktuellste und korrekteste, welche es derzeit im Bereich der Körpersprachen- und Emotionsforschung gibt. Sie fasst das Wissen aus 1265 internationalen Studien zusammen. Es gibt weltweit keine vergleichbare Methode, daher verwende ich ausschließlich diese. Mimikresonanz® steigert nicht nur die Empathie, sondern zusätzlich auch die Menschenkenntnis und die eigene Wirkungskompetenz. Diese drei Schlüsselkompetenzen, die sich überlappen, sind Teilbereiche der emotionalen Intelligenz und essenziell für eine gelingende Bedürfniserkennung und zwischenmenschliche Kommunikation mit Kunden oder Klienten (Abb. 10.1). Was die drei Schlüsselkompetenzen im Einzelnen bedeuten: • Die Empathie: Diese Fähigkeit hilft Ihnen, bei Ihrem Kunden zu erkennen, welche Emotionen er zeigt und welche ihn bewegen. Hierbei spielt es keine Rolle, ob Sie eine hohe kognitive oder eine hohe affektive Empathie besitzen. Die kognitive Empathie (ich sehe, was du fühlst) trainieren wir in dem Kap. 12. • Die Menschenkenntnis: Wer Menschenkenntnis besitzt, ist in der Lage, sein Gegenüber aufgrund seines nonverbalen Verhaltens richtig einzuschätzen. Das Werkzeug dafür, den Motivkompass®, haben wir uns bereits angesehen. Er hilft Ihnen dabei, die verschiedenen Persönlichkeitstypen zu erkennen und optimal auf diese eingehen zu können. • Ihre Wirkungskompetenz: Sie haben die Möglichkeit (siehe auch Kap. 6), durch einen Persönlichkeitstest herauszufinden, wie Sie auf Ihren Kunden tatsächlich wirken. Für Ihre Wirkungskompetenz ist es wichtig, dass Sie Ihre eigenen Emotionen bewusst fühlen, um Sie nach außen hin kontrollieren zu können. Außerdem sollten Sie sich ­bewusst sein, was Sie direkt mit dem, was Sie sagen oder tun, bei Ihrem Kunden auslösen (hier überlappt sich Ihre Wirkungskompetenz mit Ihrer Empathie).

Mimik gehört zur Körpersprache

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Abb. 10.1  Schlüsselkompetenzen. (Quelle: Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020)

Mimik gehört zur Körpersprache Die Mimik des Menschen ist der am besten erforschte Bereich der gesamten Körpersprache [1]. Allerdings zeigen sich Emotionen nicht nur in der Mimik, sondern auf mehreren unterschiedlichen Kanälen wie beispielsweise der Gestik, der Körperhaltung, dem Gang, der Stimme sowie bei Berührungen. Charles Darwin, einer der bedeutendsten Naturwissenschaftler unserer Geschichte, hat dies ebenfalls herausgefunden. 1877 schrieb er in seinem Grundlagenwerk „Der Ausdruck der Gemütsbewegungen bei dem Menschen und den Tieren“: „Die Bewegungen der Mimik enthüllen die Gedanken und Absichten eines Menschen mehr als Worte.“ Charles Darwin war einer der ersten Forscher, der den nonverbalen Ausdruck von Emotionen bei Menschen und Tieren studiert hat, sowohl in der Mimik als auch in der gesamten Körpersprache. Neuere Studien bestätigen die Sichtweise, dass Emotionen multimodale Phänomene sind, also sich in verschiedenen Ebenen widerspiegeln. Aktuell gibt es circa 2859 Studien, die sich mit der Erforschung und Untersu-

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chung der menschlichen Mimik befasst haben. Im Bereich der Gestik existieren circa 1974 Studien. Über die Körperhaltung versuchten Wissenschaftler in circa 187 Studien etwas herauszufinden. Und am wenigsten Aufmerksamkeit bekam bisher das Fuß- und Beinverhalten. Dirk W. Eilert kommt in seiner Mimikresonanz®-Profibox zu dem Ergebnis [1], dass sich um kaum einen anderen Bereich der Körpersprache wie dem des Fuß- und Beinverhaltens so viele Mythen ranken. Er schreibt, dass verschiedene Buchautoren, darunter auch Verfasser von Bestsellern (z. B. [2]), in diesem Buch wird behauptet, dass die Füße der ehrlichste Teil des Körpers sind [1]. Bis heute gibt es jedoch keine Forschungsergebnisse, die diese Theorie bestätigen. An späterer Stelle komme ich dazu noch einmal auf das Fuß- und Beinverhalten Ihres Kunden zurück.

 arum die Mimik eine so erhebliche Rolle bei der Erkennung von W Emotionen spielt Die Mimik ist laut Dirk W. Eilert die Bühne der Emotionen und somit auch die Bühne der Bedürfnisse Ihres Kunden. Sie zeigt kulturübergreifend Emotionen an, die Aufschluss darüber geben können, wie sich Ihr Kunde gerade wirklich fühlt. Durch sie haben Sie einen großen Vorteil gegenüber Ihren Marktbegleitern oder Online-Händlern, denn Sie erkennen live und in Echtzeit die wahren Wünsche Ihres Kunden und können diese auch noch umgehend erfüllen. Wissenschaftlich belegt sind insgesamt zwölf Primäremotionen, die kulturübergreifend gleich sind. Sieben dieser Primäremotionen lassen sich allein in der Mimik des Menschen beobachten. Sie werden in der Forschung auch als Basisemotionen bezeichnet. Diese Basisemotionen sind: 1. Angst 2. Überraschung 3. Ärger 4. Ekel (physisch und psychisch) 5. Verachtung 6. Trauer 7. Freude In der Mimikresonanz®-Methode nennt man diese Emotionen die rein mimischen Primäremotionen (PFEs, Purely Facial Emotions). Um die fünf weiteren Primäremotionen zu erkennen, muss der Blick über die Mimik hinaus auf die anderen Beobachtungskanäle erweitert werden. Diese fünf weiteren Primäremotionen sind: Scham, Schuld, Liebe, Interesse und Stolz. Interessant ist dabei, dass sich die nonverbalen Ausdrücke von Freude, Stolz und Liebe allein durch den Kopfneigungswinkel unterscheiden. Darauf gehe ich später noch ausführlich ein.

Warum die Mimik eine so erhebliche Rolle bei der Erkennung von Emotionen spielt

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Die Mimik zeigt immer zuverlässig an, wie sich Ihr Kunde bzw. der Mensch fühlt. Das bedeutet, dass sich die in der Mimik gezeigten Emotionen mit dem subjektiven Erleben der Emotionen decken. Die Mimik wird außerdem dual gesteuert. Man kann bewusst lächeln oder auch die Augenbrauen zusammenziehen. Gleichzeitig bewegt sich die Mimik unbewusst, wenn man eine Emotion spürt. Denn die mimische Muskulatur ist nicht nur mit dem motorischen Zentrum im Gehirn verbunden, sondern zusätzlich auch direkt mit dem limbischen System. Das motorische Zentrum ist ein System, von dem aus willkürliche Bewegungen gesteuert und aus einfachen Bewegungsmustern komplexe Abfolgen zusammengestellt werden. Das  limbische System  hingegen ist ein sehr alter Teil des Gehirns, der sich aus mehreren Strukturen zusammensetzt. Es werden ihm Leistungen wie die Steuerung der Funktionen von Antrieb, Lernen, Gedächtnis, Emotionen sowie vegetative Regulation der Nahrungsaufnahme, Verdauung und Fortpflanzung zugeschrieben. Emotionen in der Mimik des Menschen lassen sich nahezu nicht unterdrücken. Das bedeutet, dass in der Mimik Ihres Kunden immer die Wahrheit über dessen Gefühlszustand zu erkennen ist. Das heißt, dass sowohl Gefühle als auch Handlungsabsichten durch Emotionsausdrücke sichtbar werden. Denn auch wenn ein Kunde eine Emotion verbergen will, wird ihm das nicht gelingen, da seine Mimik automatisch kurz zuckt (weniger als 500 Millisekunden). Diese unwillentlich auftretenden mimischen Gesichtsausdrücke werden in der Forschung Mikroexpressionen genannt. Sie können auch einen sogenannten SPOT anzeigen, einen eventuellen Hinweis auf eine Täuschung oder einen inneren Einwand. Gesichtsausdrücke, die länger als 500 Millisekunden zu sehen sind, nennt man Makroexpressionen. VerkäuferInnen und VertrieblerInnen, die nicht in Emotionserkennung trainiert sind, registrieren in der Mimik ihres Gegenübers nur ca. 60 Prozent der Emotionsausdrücke. Nicht untersucht worden ist, wie viele der Emotionen, die man wahrnimmt, auch im Gespräch aufgegriffen werden. Wann haben Sie das letzte Mal eine Emotion bei Ihrem Kunden angesprochen, die Sie in dessen Mimik sehen konnten? Diese Frage stelle ich allen meinen Seminarteilnehmern und interessant dabei ist, dass alle gleichermaßen antworten: „Ich kann mich nicht erinnern.“ Dabei ist es existentiell für VerkäuferInnen und VertriebsmitarbeiterInnen, die Mimik und somit die Emotionen des Kunden lesen zu können und diese auch zu thematisieren. Denn die Mimik und die restliche Körpersprache Ihres Kunden offenbart seine wahren Bedürfnisse. Auch wenn die primären Emotionen kulturübergreifend gleich sind, so gibt es dennoch einige Zweifler. Denn viele können sich nicht vorstellen, dass zum Beispiel auch die Einwohner Asiens oder Lateinamerikas die gleichen Gesichtsausdrücke zeigen, da wir Europäer diese kaum auseinanderhalten können. Die wenigsten vermögen einen Chinesen von einem Japaner zu unterscheiden oder einen Brasilianer von einem Argentinier. Zumindest geht es meinen Seminarteilnehmern häufig so, weshalb ich im Alltag oft mit diesen Zweifeln konfrontiert werde. Die Wissenschaft hat für dieses Phänomen darum einen Begriff eingeführt: den Cross-Race-Effekt. Dieser Effekt beschreibt, dass wir Gesichter anderer

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10  Die Mimikresonanz®-Methode

ethnischer Gruppen schlechter wiedererkennen als die Gesichter der eigenen ethnischen Gruppe. Dabei geht es nicht nur darum, dass wir die Gesichter anderer Ethnien schlechter auseinanderhalten können, sondern auch darum, dass es uns schwerer fällt, deren Emotionen zu lesen. Die Forscher kamen auch zu dem Ergebnis, dass der Cross-Race-Effekt abnimmt, wenn wir mehr Kontakt zu der jeweiligen ethnischen Gruppe haben. Zusammenfassend können wir daher Folgendes aus den wissenschaftlichen Quellen ableiten: • Mimik ist die Sprache, die wir auf der gesamten Welt und kulturübergreifend sprechen. Sie ist somit die älteste Sprache der Welt. • Die Mimik zeigt immer zuverlässig an, wie sich Ihr Kunde wirklich fühlt. Die gezeigte Emotion wird subjektiv von Ihrem Kunden erlebt. • Die Mimik Ihres Kunden wird dual gesteuert, was bedeutet, dass die Mimik automatisch reagiert, wenn eine Emotion gespürt wird, oder dass Ihr Kunde zum Beispiel auch bewusst lächeln oder die Augenbrauen zusammenziehen kann. • Der Kunde kann Ihnen kein Pokerface zeigen, denn Emotionen in der Mimik lassen sich nahezu nicht unterdrücken, da sie unabsichtlich auftreten. • Die Mimik Ihres Kunden ist schneller als dessen Verstand. Somit sehen Sie immer seine wahren Bedürfnisse. Wenn Ihr Kunde versucht, eine Emotion bewusst zu verbergen oder ihm diese Emotion gar nicht bewusst ist, so zeigt sich diese Emotion sehr kurz in der Mimik, weniger als eine halbe Sekunde lang. Diese sehr kurzen und unwillentlichen Emotionen können auch ein Hinweis auf eine mögliche Täuschung oder einen inneren Einwand Ihres Kunden sein. • Im Durchschnitt interpretiert jeder Mensch in Deutschland jeden zweiten Gesichtsausdruck falsch. Daher ist es für VerkäuferInnen oder auch VertriebsmitarbeiterInnen essenziell, das Erkennen von Emotionen im Gesicht ihres Kunden zu trainieren, sofern man erfolgreicher im Vertriebs- oder Verkaufswesen werden will. Forschungen haben ergeben, dass sich die mimischen Muskeln im Bereich der Augenbrauen am schwersten steuern und kontrollieren lassen. Die Muskeln im unteren Gesicht hingegen haben wir besser unter Kontrolle, da wir mit dem Mund motorisch anspruchsvolle Aufgaben vollbringen, wie zum Beispiel essen oder das Reden mit einer anderen Person. Neurowissenschaftliche Studien weisen zusätzlich darauf hin, dass das Gehirn so organisiert ist, dass das obere Gesicht stärker emotional und das untere Gesicht mehr willentlich gesteuert wird. Aus diesen Forschungen ergibt sich einer der wichtigsten Punkte für die Analyse Ihres Kunden: Bewegungen der Augenbrauen sind für das Entschlüsseln von Emotionen Ihres Kunden zuverlässiger als mimische Bewegungen im unteren Gesicht. In der Mimikresonanz®-Methode wird die Mimik in drei unterschiedliche Gesichtsbereiche kategorisiert, wie Sie auf der Abb. 10.2 erkennen können.

Die mimischen Expressionsarten

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Abb. 10.2  Die Gesichtsbereiche. (Quelle: Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020)

• Signale des oberen Gesichts, der Bereich von Stirn und Augenbrauen, lassen sich am schwersten kontrollieren. • Signale des mittleren Gesichts, der Bereich von Augen und Nase, helfen am stärksten dabei, den Unterschied zwischen Interesse und Ablehnung festzustellen. • Signale des unteren Gesichts, der Bereich von Mund und Kinn, müssen zwingend von allen Sprechbewegungen Ihres Kunden unterschieden werden. Diese Einteilung der Gesichtsbereiche dient dazu, dass Sie sich bei der mimischen Analyse Ihres Kunden besser orientieren können. Im Kapitel der fünf wichtigsten Verkaufsmomente lernen Sie, durch welche mimischen Signale in den jeweiligen Gesichtsbereichen man welche Emotionen erkennt.

Die mimischen Expressionsarten Nach dem aktuellsten wissenschaftlichen Stand lassen sich Gesichtsausdrücke durch zwei Kriterien unterscheiden: • A: nach der Dauer der Expression • B: nach Umfang und Intensität der Muskelaktivierung

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10  Die Mimikresonanz®-Methode

Tab. 10.1  Vier verschiedene Arten von emotionalen Gesichtsausdrücken (Quelle: Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020) Dauer der Expression Mikroexpression: Diese Expression wird unwillentlich und emotional über das limbische System ausgelöst und dauert weniger als eine halbe Sekunde. Muskelaktivierung Vollexpression: Diese Expressionsart beschreibt prototypische Gesichtsausdrücke einer Emotion, die sich in Vollausprägung zeigen. Subtile Expression: Diese Expressionsart beschreibt, wenn nur einzelne Muskeln aktiviert sind oder Muskeln nur schwach kontrahieren.

Mikro-Vollexpression: Diese Expression entsteht, wenn eine starke Emotion unterdrückt wird. Die aktuelle Forschung hat allerdings gezeigt, dass diese Expressionsart extrem selten auftritt. Subtile Mikroexpression: Diese Expression tritt auf, wenn eine sehr starke Emotion unterdrückt werden soll oder wenn diese noch nicht bewusst ist. Diese Art der Expression zeigt sich am häufigsten.

Makroexpression: Diese Expression kann willentlich über den primär-­ motorischen Cortex beeinflusst werden und zeigt sich mindestens eine halbe Sekunde bis maximal 4 Sekunden. Makro-Vollexpression: Diese Expression entsteht, wenn eine Emotion sehr intensiv erlebt wird und Ihr Kunde sie frei und offen zeigen möchte.

Subtile Makroexpression: Diese Expression zeigt sich, wenn eine Emotion nur sehr schwach ist oder wenn sie gerade beginnt.

Aufgrund dieser beiden Unterscheidungskriterien kann man vier verschiedene Arten von emotionalen Gesichtsausdrücken definieren. Wann und wie häufig diese auftreten, zeigt die folgende Mimikresonanz®-Expressionsmatrix auf (Tab. 10.1): Die aktuellsten Forschungen weisen darauf hin, dass Mikro-Vollexpressionen nur äußerst selten auftauchen, dafür aber die subtilen Mikroexpressionen am häufigsten vorkommen, wenn der Kunde sich einer Emotion noch nicht bewusst ist oder die Emotion nicht offen zeigen möchte.

Die Baseline Sie kennen sicherlich solche Kunden, die sehr viel und ausladend gestikulieren. Andere hingegen bewegen ihre Hände kaum oder nur unmerklich. Wiederum gibt es auch solche, die während des Sprechens ihre Augenbrauen zusammenziehen, um etwas zu betonen. Einige ziehen dabei sogar die Augenbrauen-Innenseiten hoch, wie zum Beispiel Barack Obama, was im Normalfall an sich untypisch für eine Betonung ist. Bei ihm zeigt es jedoch seine sogenannte „nonverbale Baseline“ an, also sein körpersprachliches Standardverhalten, das jeder Mensch und demzufolge jeder Kunde hat. Diese Baseline ist durch

Die Baseline

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viele Dinge geprägt. Dazu gehören unter anderem die Herkunftskultur sowie die Persönlichkeit eines Menschen. Erinnern wir uns an dieser Stelle zurück an das Kap.  5 Dort habe ich zum Beispiel pro-aktive und reaktive Kunden beschrieben, bei denen je nach Typ die Baseline komplett unterschiedlich sein kann. Dieses körpersprachliche Standardverhalten kann sich unabhängig vom Typ auch je nach Kontext und Situation verändern. Schauen wir uns zwei Beispiele an. In Beispiel eins sprechen Sie mit Ihren Freunden in einer privaten Atmosphäre. In Beispiel zwei sitzen Sie mit Ihrem Vorgesetzten in einem Team-Meeting zusammen. Ihre Baseline variiert in diesen beiden Situationen sehr stark, denn mit Ihren Freunden werden Sie vermutlich anders kommunizieren als mit Ihrem Chef. Sie haben jedoch in jeder Konstellation bestimmte Gewohnheiten. Vielleicht sitzen Sie zum Beispiel bei Ihren Freunden immer locker im Sessel, wohingegen Sie beim Chef auf eine aufrechte Körperhaltung achten. Wenn man Sie dann jedoch bei Ihrem Chef zusammengesunken sitzen sieht, wäre das eine Abweichung von Ihrer Baseline in dieser Situation und somit ein Zeichen dafür, dass etwas nicht stimmt. Um solche körpersprachlichen Veränderungen auch bei Ihrem Kunden feststellen zu können, müssen Sie also seine Baseline kennen. Diese können Sie zum Beispiel beim ersten Kontakt und einem kleinen Smalltalk sehr gut studieren, indem Sie darauf achten, welche ihm eigenen Besonderheiten in Mimik, Gestik oder Stimme er an den Tag legt. In der Mimikresonanz®-Methodik wird unter anderem mit verschiedenen Grundsätzen gearbeitet, auf die ich später eingehen werde. Einen dieser Grundsätze möchte ich jedoch vorab erläutern. Er lautet: „Ohne Baseline sind Sie blind.“ Sie können emotionale Zustände Ihres Kunden daher nur wahrnehmen, wenn Sie diesen Grundsatz stets befolgen. Denn nur die Abweichungen von der Baseline geben Aufschluss über emotionale Veränderungen. Die Baseline selbst verrät Ihnen etwas über die Persönlichkeit Ihres Kunden (siehe auch Kap. 6). Die Abweichungen lassen hingegen wichtige Schlüsse auf den inneren Zustand Ihres Kunden zu, über seine Emotionen, Denkprozesse oder darüber, ob er eventuell gerade lügt. Praxis-Tipp

Ein wesentlicher Faktor, der Sie daran hindern wird, sehr kurze Abweichungen von dem körpersprachlichen Standardverhalten Ihres Kunden wahrzunehmen, ist der sogenannte Attentional Blink, das sogenannte Aufmerksamkeitsblinzeln. Dabei handelt es sich um ein sehr kurzes Aufmerksamkeitsdefizit, das auftritt, wenn Sie visuelle Reize sehr schnell nacheinander präsentiert bekommen, zum Beispiel in Form von Mikroexpressionen oder gestischen Ausrutschern. Ihr Gehirn ist dann nicht in der Lage, weitere Reize zu verarbeiten, da der erste Reiz gewissermaßen zu viel Konzentration erfordert hat. Oftmals fällt Ihnen diese Wahrnehmungslücke überhaupt nicht auf und darum ist es umso wichtiger, das Erkennen von schnellen mimischen oder körpersprachlichen Veränderungen zu trainieren. Das können Sie beispielsweise mit dem zusätzlichen Mimikresonanz®-Online-Training, das Sie unter dem nachfolgenden QR-Code finden. In

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diesem Online-Training bekommen Sie über 400 verschiedene Übungen sowie diverses Videomaterial an die Hand, das Sie beim Lernen unterstützt. Nach Beendigung der Kurse können Sie sich auch ein Abschlusszertifikat ausstellen lassen, welches Ihre Emotionserkennungsfähigkeiten bestätigt.

Link zum Mimikresonanz-Online-Training: http://www.mimikresonanz24.com/de/ signup/5 Eine Studie aus dem Jahr 2016 [1] hat gezeigt, dass das Mimikresonanz®-Online-Training die Emotionserkennungsfähigkeit signifikant steigern kann und zwar innerhalb von nur zehn Tagen aktiven Trainings. Die insgesamt 55 Probanden übten innerhalb dieser Zeit nur zehn Minuten täglich und wiesen am Ende eine um 30 Prozent gesteigerte Emotionserkennungsfähigkeit auf. Neben dieser deutlichen Steigerung wählten die Teilnehmer die richtige Emotion auch deutlich schneller aus als zuvor. Sollten Sie einmal keinen Rechner für ein Online-Training parat haben, gibt es zusätzlich eine sehr bewährte und wissenschaftlich hervorragend untersuchte Übung, die Sie jederzeit im Alltag anwenden können und die Ihre Aufmerksamkeit und Konzentration verbessert. Diese Übung ist das achtsame Beobachten des eigenen Atems. Eine Studie aus dem Jahr 2016 hat ergeben, dass bereits 25 Minuten Atem-Meditation am Tag dazu beitragen, die kognitive Impulskontrolle und die kognitive Flexibilität zu steigern. Wenn jemand impulsiv ist, handelt er meist spontan ohne nachzudenken. Kognitive Impulskontrolle bedeutet daher, dass man in der Lage ist, seine unmittelbaren Reaktionen zu unterdrücken und sich nicht ablenken lässt. Wenn Sie beispielsweise mit Ihrem Kunden sprechen und Ihr Telefon klingelt, ist Ihr erster Impuls vermutlich, sofort ranzugehen. Wenn Sie sich aber unter Kontrolle haben, bleiben Sie mit der Aufmerksamkeit bei Ihrem Kunden. Wenn jemand wiederum flexibel ist, ist er in der Lage, sich an eine Situation anzupassen. Die kognitive Flexibilität bezeichnet daher das, was ich Ihnen bereits als Zitat von Henry Ford mit auf den Weg gegeben habe. Sie beschreibt die Fähigkeit, die Perspektive wechseln zu können und die Situation auch vom Standpunkt des anderen zu betrachten (zum Beispiel „Was würde der Kunde jetzt dazu sagen?“). Sie bildet daher eine wesentliche Grundlage für die Entwicklung der eigenen kognitiven Empathie und korreliert zudem mit der Kreativität eines Menschen. Eine weitere Studie des Max-Planck-Instituts für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig bestätigte, dass die Übung des achtsamen Atmens nicht nur die Aufmerksamkeit erhöht, sondern zusätzlich zu einem Wachstum im präfrontalen Cor-

Die Baseline

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tex führt. Der präfrontale Cortex ist ein Teil des Frontallappens der Großhirnrinde, der unter anderem situationsangemessenes Handeln steuert und Ihre Emotionen reguliert. Hier einige Anregungen, wie Sie diese Atemübung durchführen können: • Konzentrieren Sie sich mindestens 25 Minuten am Tag darauf, wie Sie ein- und wieder ausatmen. Spüren Sie, wie die Luft durch Ihre Nasenlöcher in den Körper gelangt, wie sie aus dem Mund oder der Nase wieder herausströmt und wie sich Ihr Bauch dabei hebt und senkt. Sie können dabei auch Ihre Umgebung beobachten, sollten aber immer ganz bei sich bleiben. • Wenn Sie bemerken, dass Ihre Gedanken dennoch abschweifen, bringen Sie sie einfach wieder zurück zu Ihrem Atem. Anfangs wird Ihnen das vielleicht öfter passieren, aber umso häufiger Sie diese Übung praktizieren, umso mehr werden Sie sich fokussieren können. • Versuchen Sie bei dieser Übung jeweils immer circa fünf Sekunden ein- und fünf Sekunden auszuatmen. Diese Form der Atemtechnik erhöht nachweislich Ihre sogenannte HRV, die Herzratenvariabilität. Sie bezeichnet die natürliche unregelmäßige Frequenz Ihres Herzschlags, der durch das Ein- und Ausatmen beeinflusst wird. Durch das tiefe Einatmen erhöhen Sie Ihren Herzschlag, durch das lange Ausatmen senken sie ihn. Die HRV gilt in der Medizin als zuverlässiger Parameter, um die Stressregulationsfähigkeit eines Menschen zu ermitteln. Da­rüber hinaus hängt eine hohe HRV mit einer stark verbesserten Emotionserkennungsfähigkeit zusammen. • Sie sollten diese Übung an einem Ort durchführen, an dem Sie entspannt sind und der Sie nicht allzu sehr ablenkt. Das kann zum Beispiel auch beim Autofahren sein, während Sie zu einem Kundentermin oder nach Hause fahren. Ich persönlich fahre sehr viel Auto und stehe dadurch auch sehr viel im Stau. Statt mich zu ärgern, nutze ich dann jedoch diesen Moment, um meine Atemtechnik zu verbessern, denn sie reguliert gleichzeitig mein Stresslevel. Sofern Sie Ihre Emotionserkennungsfähigkeit verbessern möchten, empfehle ich Ihnen aber, diese Atemübung in Ihrem morgendlichen Alltag zu kultivieren, damit Sie nicht auf einen Stau warten müssen oder irgendetwas anderes am Tag dazwischenkommt. Zusätzlich können Sie diese Art der Meditation immer einbauen, wenn etwas Wichtiges ansteht. Ich persönlich atme zum Beispiel grundsätzlich vor jedem Kundentermin zwei Minuten lang fünf Sekunden ein und fünf Sekunden wieder aus und konzentriere mich dabei auf meinen Atem. Der Vorteil in solch einer Situation besteht darin, dass ich dann ruhig und entspannt bin, wenn ich meinem Kunden gegenübertrete. Sicherlich kennen Sie auch dieses Gefühl (subjektiv wahrgenommen), dass sofort Unruhe in einem Raum entsteht, wenn eine fremde Person hereinkommt, ohne dass jemand etwas gesagt hat. Vermeiden Sie, dass Sie auf Ihr Gegenüber so wirken. Diese Achtsamkeitsatemübung erhöht Ihre Emotionserkennungsfähigkeit sowie die Fähigkeit, Mikroexpressionen in einer Geschwindigkeit von gerade mal 40 Millisekunden zu sehen. Außerdem hilft diese Übung dabei, die eigenen Emotionen besser regulieren zu können und Wahrnehmungsfehler zu minimieren, wie zum Beispiel den fundamentalen Attributionsfehler, den ich Ihnen bereits im Kap. 6 beschrieben habe. Er

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10  Die Mimikresonanz®-Methode

bezeichnet die Tendenz, das Verhalten eines Kunden mit dessen Persönlichkeit und unser eigenes Verhalten durch die jeweilige Situation zu erklären. ◄

Die BIG-Regel Das Fundament für eine verlässliche Analyse Ihres Kunden ist, dass Sie, wie vorab im Praxis-Tipp beschrieben, wache und trainierte Sinne haben. Die von Dirk W. Eilert eingeführte BIG-Regel stellt dabei eine Merkhilfe dar, mit der Sie im Rahmen eines Drei-­ Punkte-­Systems die Körpersprache Ihres Kunden achtsam und vor allem präzise analysieren können: 1. Beobachten: Welche konkreten nonverbalen Signale haben Sie bei Ihrem Kunden beobachten können, die von der Baseline abweichen? 2. Inneren Zustand Ihres Kunden erschließen: Worauf (zum Beispiel auf welche Emotionen) weisen die körpersprachlichen Signale hin? (erste Ebene der Interpretation) 3. Grund der Emotion erforschen/erfragen: Was ist der Grund für den inneren Zustand Ihres Kunden (warum wird die Emotion gezeigt)? (zweite Ebene der Interpretation) Für die Anwendung der BIG-Regel definiert Dirk W. Eilert drei wichtige Grundsätze, die Sie bei Ihren Analysen zwingend beachten müssen: 1. Trennen Sie Ihre Beobachtungen stets von Ihrer Interpretation. Das bedeutet, dass Ihnen nonverbale Signale stets nur Hinweise auf den Gemütszustand Ihres Gegenübers geben können. Sie sind aber kein verlässlicher Beweis dafür. Dieser Grundsatz ist deshalb so essenziell für Ihre Arbeit, weil wir oft zu wissen glauben, was in anderen Menschen vorgeht. Diesen Wahrnehmungsfehler nennt man in der Wissenschaft „die Beobachter-­Illusion der Transparenz“. 2. Ohne Baseline sind Sie blind. Diesen Grundsatz habe ich bereits beschrieben. Nur wenn Sie sich das körpersprachliche Standardverhalten Ihres Kunden eingeprägt haben, können Sie verlässlich analysieren und interpretieren. 3. Nonverbale Signale verraten Ihnen nie, warum ein Zustand (z. B. eine Emotion) auftritt. Der Grundsatz beschreibt, dass Ihnen die Körpersprache Ihres Kunden zwar Hinweise darauf geben kann, ob er zum Beispiel gerade Ärger oder Ekel empfindet (die erste Ebene der Interpretation), allerdings verrät sie Ihnen niemals, warum diese Emotionen auftreten und welche Bedürfnisse eventuell gerade verletzt oder nicht befriedigt sind. Darum müssen Sie mit Ihrer Gesprächsführung versuchen, den Kontext gemeinsam mit dem Kunden genau zu durchleuchten, damit Sie den Grund für das verletzte Bedürfnis herausfinden und es beheben können. Wie das beispielhaft in einem Verkaufsprozess funktionieren kann, beschreibe ich in dem Kapitel der fünf wichtigsten Verkaufsmomente.

Die Mimikresonanz®-Grundsätze

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Eine grundsätzlich übergeordnete Wahrnehmungsregel aus der Profibox von Dirk W.  Eilert lautet: Halten Sie nie nur nach Einzelsignalen Ausschau, sondern suchen Sie immer nach Signalclustern. In dem Kapitel der fünf wichtigsten Verkaufsmomente werde ich auf alle zwölf Primäremotionen detailliert eingehen und Ihnen erläutern, welche Emotion sich in welchem Körperbereich wie zeigt. Diese Körperbereiche, auch nonverbale Beobachtungskanäle genannt [1], sind im Überblick: • Die Mimik: Sie verrät hauptsächlich etwas über Emotionen und Persönlichkeit. • Die Kopfhaltung: Sie gibt Auskunft über den empfundenen sozialen Status und die Motivationsrichtung. • Die Gestik: Sie verdeutlicht die Denkprozesse Ihres Kunden, zeigt wichtige Aussagen an und gibt Hinweise auf die Persönlichkeit, wie zum Beispiel Extraversion. • Das Fuß- und Beinverhalten: Es verrät etwas über den empfundenen sozialen Status sowie das Arousal. Das Arousal ist der psychophysische Erregungszustand eines Menschen. Es offenbart also den Grad der Nervosität. • Die Psychophysiologie: Sie gibt ebenfalls Aufschluss über das Arousal und äußert sich in körperlichen Reaktionen, zum Beispiel durch Erröten. • Die Stimme: Sie verdeutlicht die Emotionen, die jemand empfindet und zeigt die ko­ gnitive Ladung Ihres Kunden an, sprich wie mental angespannt dieser gerade ist. Wenn Ihr Kunde nachdenkt, steigt beispielsweise die kognitive Ladung. Nach Signalclustern in der Körpersprache Ihres Kunden zu suchen, bedeutet, dass Sie mindestens auf zwei Beobachtungskanäle achten müssen, um den Zustand oder die Emotion zu identifizieren beziehungsweise zu codieren. Es gilt aber grundsätzlich: Umso mehr Signale Ihre Interpretation bestätigen, umso zuverlässiger ist Ihre Analyse.

Die Mimikresonanz®-Grundsätze Die folgenden Grundsätze sind wichtig, um erfolgreich mit der Mimikresonanz®-Methode arbeiten zu können. Sie helfen Ihnen dabei, die Körpersprache Ihres Kunden für eine erfolgreiche und vor allem abschlussorientierte Kommunikation einzusetzen. Diese Grundsätze sind nicht als Wahrheiten zu verstehen, sondern als roter Faden, mit dem Sie leichter körpersprachliche Signale wahrnehmen, codieren, verstehen und nutzen können. • Grundsatz Nummer eins: „Beobachtung und Interpretation müssen voneinander getrennt werden.“ Das bedeutet, dass man aufgrund von beobachteten Signalen nicht auf die inneren Prozesse einer Person Rückschlüsse ziehen kann. Dabei handelt es sich ausschließlich um Hinweise, nicht aber um Beweise (Bestandteil der BIG-Regel). • Grundsatz Nummer zwei: „Ohne Baseline sind Sie blind.“ Alle Menschen zeigen eine Vielzahl von bestimmten nonverbalen Gewohnheiten, die sogenannte Baseline. Nur wenn diese Baseline berücksichtigt und erkannt wird, können andere nonverbale

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10  Die Mimikresonanz®-Methode

Signale gesehen und auch korrekt interpretiert werden (Bestandteil der BIG Regel), siehe auch das Unterkapitel „Die Baseline“. Grundsatz Nummer drei: „Nonverbale Signale verraten nie, warum ein Zustand oder ein Gefühl auftritt.“ Das heißt, dass uns die Körpersprache zwar zeigt, dass ein Mensch beispielsweise angeekelt oder verärgert ist, wieso dieser Ekel oder Ärger aber ausgelöst wurde, verrät sie hingegen nicht (Bestandteil der BIG Regel). Grundsatz Nummer vier: „Nonverbale Signale werden immer im Bezug zum Kontext interpretiert.“ Nur wenn das Umfeld berücksichtigt wird, in dem beispielsweise das Gespräch mit einem Kunden stattfindet, kann das körpersprachliche Signal, zum Beispiel eine Emotion in der Mimik, voll verstanden werden. Grundsatz Nummer fünf: „Es muss auf universale Signale und idiosynkratische Zeichen gleichermaßen geachtet werden.“  Universale Signale sind solche, die jeder Mensch zeigt, zum Beispiel das Hochziehen der Augenbrauen bei Überraschung oder schnelleres Atmen bei Stress. Die idiosynkratischen Signale hingegen sind mehr oder weniger individuell. Grundsatz Nummer sechs: „Auch die Abwesenheit nonverbaler Signale gibt uns Informationen.“ Dieser Grundsatz sagt aus, dass es wichtig ist, in Gesprächen auch darauf zu achten, welche Signale nicht gezeigt werden. Beispielsweise kann die Abwesenheit von nonverbalen Zeichen für Freude im Verkaufsgespräch ein Hinweis darauf sein, dass Sie Ihren Kunden bisher nicht zufrieden gestimmt haben. Grundsatz Nummer sieben: „Verstehen kommt vor verstanden werden.“ Einer der wichtigsten Grundsätze verdeutlicht die Tatsache, dass jeder Mensch und demnach auch Ihr Kunde den Wunsch hat, verstanden zu werden. Das häufigste Problem in der Kommunikation, zum Beispiel zwischen Kunde und Verkäufer, besteht allerdings darin, dass beide Seiten erwarten, dass der jeweils andere den ersten Schritt macht. Dieses Verhalten führt in der Regel zu einer Sackgasse. Um aus dieser Sackgasse wieder he­ rauszukommen, muss der Anwender der Mimikresonanz®-Methode, also Sie, das Zepter in die Hand nehmen und zuerst versuchen, den Kunden zu verstehen, bevor er das andersherum erwartet. Erst wenn der Verkäufer den Kunden wirklich versteht, kann der Kunde typ- und bedarfsgerecht beraten werden. Grundsatz Nummer acht: „Verstehen heißt nicht einverstanden sein.“ Die beiden Aspekte „verstehen“ und „einverstanden sein“ werden sehr oft miteinander verwechselt. Sein Gegenüber zu verstehen bedeutet jedoch nicht zwangsläufig, dass wir auch seine Meinung teilen. Bei der Anwendung der Mimikresonanz®-Methode geht es deshalb darum, den Blickwinkel des anderen nachvollziehen zu können, um sachlich damit umzugehen. Grundsatz Nummer neun: „Wenn wir Emotionen ansprechen, beruhigen wir das emotionale Gehirn (Der Rumpelstilzchen-Effekt).“ Aktuelle Forschungen haben herausgefunden, dass die Aktivität im limbischen System hoch- und im präfrontalen Cortex herunterfährt, wenn wir emotional sehr erregt sind. Das bedeutet, dass die erhöhte limbische Aktivität die Arbeit unseres Großhirns blockiert, was fatal ist. Denn der prä­ frontale Cortex, welcher im Großhirn liegt, reguliert unter anderem unsere Emotionen

Die Wissenschaft der Emotionen

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und lässt uns situationsangemessen handeln. Sprechen wir jedoch eine Emotion an, so sorgt das dafür, dass die limbische Aktivität beruhigt wird und der präfrontale Cortex wieder ungestört arbeiten kann. Die manchmal blockierende Wirkung von Emotionen wird also dadurch aufgehoben, dass wir sie beim Namen nennen. Ebenso, wie es im Märchen die Müllerstochter mit Rumpelstilzchen getan hat. Wenn Sie diesen Grundsatz also bei Ihrem Kunden befolgen, wird er Ihnen schneller vertrauen, da er das subjektive Empfinden hat, dass Sie ihn verstehen. • Grundsatz Nummer zehn: „In jeder Emotion steckt die Kompetenz, ein wichtiges Bedürfnis zu erfüllen.“ Das heißt, dass es keine negativen Emotionen gibt, da jede einzelne Emotion eine wichtige Funktion für unser Leben besitzt. Jede Emotion setzt sich dabei aus einem spezifischen Emotionsdreiklang zusammen: dem Auslöser (Trigger), der Funktion und dem Bedürfnis. Wenn Sie also zum Beispiel kritisiert werden und sich darüber ärgern (Trigger), wird dieser Ärger dafür sorgen, dass Sie sich mehr anstrengen, um sich zu verbessern (Funktion), damit Ihr Kritiker Sie lobt oder zufrieden ist (Bedürfnis nach Ansehen). • Grundsatz Nummer elf: „Unangenehme Emotionen sind Hinweisschilder auf unerfüllte Bedürfnisse.“ Der vorher genannte und beschriebene Emotionsdreiklang (Auslöser – Funktion – Bedürfnis) zeigt dem Anwender der Mimikresonanz®-Methode, dass hinter jeder Emotion ein Bedürfnis steht. Unangenehme Emotionen, die Sie bei Ihrem Kunden wahrnehmen, sind deshalb immer ein Hinweis auf unerfüllte Bedürfnisse. Angenehme Emotionen dagegen zeigen Ihnen, dass das Anliegen des Kunden gelöst wurde.

Die Wissenschaft der Emotionen Emotionen sind die Sprache unserer aller Bedürfnisse. In der Psychologie werden sie zwar häufig in positive und auch negative eingeteilt, allerdings wird dabei ein sehr wichtiger Grundsatz vergessen: In jeder Emotion ruht die Kompetenz, ein für den Kunden wichtiges Bedürfnis zu erfüllen. Emotionen beschreiben wir deshalb nicht als positiv oder als negativ, da jede Einzelne eine wichtige Funktion für unser Leben hat. Sie unterstützen Sie zum Beispiel auch dabei, mit Ihrem Kunden auf der emotionalen Ja-Straße zu bleiben. Diese Erkenntnis hilft Ihnen im Verkaufsprozess dabei, unausgesprochene Einwände, die der Kunde durch Mikroexpressionen unbewusst zeigt, zu erkennen und zu verstehen, um sie dann gemeinsam mit dem Kunden aus dem Weg zu räumen, damit aus dem emotionalen und mimischen Nein ein Ja wird. Es gibt viele Forscher, die sich mit Emotionen und der dazugehörigen Körpersprache wissenschaftlich auseinandergesetzt haben. Zu den wohl bekanntesten darunter gehört der US-amerikanische Psychologe Paul Ekman. Er hat in seinen Arbeiten sieben, in ihrem mimischen Ausdruck kulturübergreifende Basisemotionen definiert: Angst, Überraschung, Ärger, Ekel, Verachtung, Trauer und Freude. Ein anderer US-amerikanischer Psychologe beschreibt hingegen zehn fundamentale Emotionen. Zusätzlich zu den sieben Basisemotionen von Ekman listet Carroll Izard noch Interesse, Schuld und Scham mit auf. Dacher

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Keltner ist ein weiterer Psychologie-Professor aus den USA. Für ihn gehören auch Stolz, Triumph, Liebe und Ehrfurcht zu den grundlegenden Emotionen. Anhand dieser Beispiele kann man sehr schnell erkennen, dass sich die Wissenschaft bis heute nicht einig ist, wie viele Emotionen es gibt und welche unser Erleben am meisten beeinflussen. Jeder der einzelnen Forscher hat andere Kriterien dafür definiert, wann eine Emotion als grundlegend gilt. Der in Europa führende Körpersprachenexperte Dirk W.  Eilert kam zu dem Ergebnis, dass sich ohne eine klare Übersicht nonverbale Signale nicht in nutzbare Strukturen bringen lassen. Darum hat er alle wissenschaftlichen Erkenntnisse der Emotionsforschungen weltweit für das eigens entwickelte Mimikresonanz®-Emotionsmodell kombiniert. Dirk W. Eilert ist es damit gelungen, alle wesentlichen und wissenschaftlichen Erkenntnisse der Emotionsforschung für die Praxis anwendbar zu machen.

Das Mimikresonanz®-Emotionsmodell Das Ziel dieses Emotionsmodells ist es, eine Übersicht über die Emotionen zu liefern, die maßgeblich unser menschliches Handeln bestimmen. Welche Emotionen motivieren uns intrinsisch, also von innen heraus, etwas zu tun? Zur Beantwortung dieser Frage sind drei wesentliche Kriterien herangezogen worden, die entscheidend dafür waren, ob eine Emotion in das Mimikresonanz®-Modell aufgenommen wurde oder nicht. Das erste Auswahlkriterium lautete, dass die Emotion menschliches Verhalten elementar beeinflussen muss. Für die anderen beiden Kriterien galt, dass die Emotionen sowohl kulturübergreifend empfunden als auch kulturübergreifend nonverbal ausgedrückt werden müssen. Basierend auf diesen drei Kriterien kam Dirk W. Eilert auf insgesamt zwölf menschliche Primäremotionen. Er bezeichnet sie als primär, weil sie psychische Vorgänge wie die Wahrnehmung, das Gedächtnis und Denken sowie unser Handeln grundlegend steuern. Sieben dieser zwölf Primäremotionen sind die von Paul Ekman definierten Basisemotionen. Da diese rein über die Mimik erkennbar sind, werden sie als „rein mimische Emotionen“ bezeichnet und tragen in der Mimikresonanz®-Methode den Namen Purely Facial Emotions (PFEs). In der weiteren Beschreibung der rein mimischen Emotionen nenne ich diese ebenfalls PFEs. Die zwölf primären Emotionen sind: Überraschung, Schuld, Angst, Trauer, Scham, Interesse, Liebe, Freude, Ärger, Ekel, Verachtung, und Stolz [1]. Die Emotion Schuld stellt die einzige Ausnahme dar, da sie zwar überall auf der Welt gleich erlebt wird, die Forschung bisher jedoch noch keinen kulturübergreifenden nonverbalen Ausdruck nachweisen konnte. Aufgrund der Dynamik der verschiedenen Primäremotionen kann man diese in eine Fußballaufstellung einordnen. Dirk W. Eilert schreibt, dass unser emotionales Leben in einer 4:3:3-Aufstellung gespielt wird [1]. Siehe dazu Abb.  10.3 Emotionsmodell: Die Aufstellung besteht aus vier defensiven Emotionen: Schuld, Angst, Trauer und Scham (in der Abbildung blau gekennzeichnet), aus drei kooperativen Emotionen: Inte­ resse, Liebe und Freude (grün dargestellt) sowie aus drei offensiven Emotionen: Ärger, Ekel und Verachtung (rot markiert). Die Emotionen Überraschung und Stolz nehmen da-

Das Mimikresonanz®-Emotionsmodell

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Abb. 10.3 Emotionsmodell. (Quelle: Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020)

bei auf dem Spielfeld eine besondere Position ein. Überraschung steht als neutrale Zwischenstation (Entscheidungsemotion) im Tor. Sie nimmt eine Sonderfunktion ein, weil sie die einzige Emotion ist, die nicht wertet. Stolz hingegen ist die einzige Primäremotion, die sowohl negativ als auch positiv gesehen werden kann. Positiver Stolz wird in der Forschung als authentischer Stolz bezeichnet. Die negative Variante ist der anmaßende Stolz. Der Stolz sitzt aus diesem Grund auf der Trainerbank. Die 4:3:3-Aufstellung hilft Ihnen dabei, die Emotionen Ihres Kunden schneller einzuschätzen. Sollten Sie sich in Gesprächen mit Ihrem Kunden unsicher sein, welche Emotion gerade gezeigt worden ist, dann können Sie sich an folgenden drei Fragen orientieren: 1 . Zieht der Kunde sich zurück oder ist er nach innen gekehrt? = defensive Emotion 2. Wirkt der Kunde eher offen oder annähernd? = kooperative Emotion 3. Zeigt sich Ihr Kunde angriffsbereit oder mehr abwehrend? = offensive Emotion In dem Kapitel der fünf wichtigsten Verkaufsmomente beschreibe ich jede einzelne der zwölf Primäremotionen in einer beispielhaften Verkaufssituation. Zusätzlich gehe ich auf den körperlichen Zustand „Schmerz“ ein, denn dieser Zustand ist ein starkes mimisches Wunschsignal im Verkaufsprozess, zählt aber nicht zu den Emotionen.

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Die fünf wichtigsten wissenschaftlichen Erkenntnisse über Emotionen Wer Emotionen verkaufen will, muss wissen, was Emotionen eigentlich sind. Wissenschaftlich werden sie wie folgt definiert: „Emotionen sind kurze, bio-psycho-soziale Reaktionen auf spezifische Ereignisse, die Konsequenzen für unser Wohlbefinden haben und meist eine sofortige Handlung erfordern.“ [1] Das bedeutet für Sie im Umkehrschluss, dass Sie die Emotionen, die Sie bei Ihrem Kunden sehen, schnellstmöglich mit einer Resonanzaussage ansprechen sollten. Wie beispielhafte Resonanzaussagen oder -fragen aussehen können, beschreibe ich ausführlich für jede einzelne Emotion in dem Kapitel der fünf wichtigsten Verkaufsmomente. Bevor wir uns aber diesem Kapitel widmen, ist es wichtig, dass Sie folgende wissenschaftliche Fakten über Emotionen kennen, um nachvollziehen zu können, wie essenziell sie für einen erfolgreichen Verkaufsprozess sind. Ich gebe an dieser Stelle das Wissen von Dirk W. Eilert aus der Mimikresonanz®-Profibox weiter: • Emotionen beeinflussen grundlegend das Verhalten Ihres Kunden. Sie dauern zwar nur kurz an, steuern dabei aber maßgeblich seine Entscheidungen und Handlungen. Selbst zufällige Emotionen, die mit der eigentlichen Situation nichts zu tun haben, wirken sehr stark auf ihn ein. Wenn es zum Beispiel unangenehm riecht und Sie sich ekeln, dann setzen Sie zum Beispiel den Preis für etwas, das Sie in diesem Moment verkaufen wollen, unbewusst deutlich niedriger an. Aus eigenem Interesse heraus sollten Sie deshalb dafür Sorge tragen, dass es in Ihren Verkaufsräumen immer angenehm riecht, sowohl für die Kunden als auch für Kollegen und Mitarbeiter. • Emotionen sind bio-psycho-soziale Reaktionen. Diese drei Faktoren lassen sich wie folgt erklären: Emotionen sind biologisch, weil sich durch sie das Gehirn verändern kann. Diese Veränderungen entstehen im limbischen System und im vegetativen Nervensystem. Sie sind auch psychologischer Natur, da sie kognitive Prozesse beinhalten. Wir nehmen durch sie entweder viel oder wenig wahr und nähern uns an etwas an oder vermeiden etwas (Annäherungs- oder Vermeidungsmotivation). Ebenso sind sie sozial, da sie eine maßgebliche Rolle im gesamten sozialen Miteinander spielen. Der zweite soziale Aspekt ist, dass wir sie über unsere Körpersprache und Mimik nach außen zeigen und sie so unserem sozialen Umfeld (unbewusst) mitteilen. • Emotionen sind viel mehr als nur ein Gefühl. Der renommierte Gehirnforscher António Damásio beschreibt ein Gefühl als das bewusste Empfinden einer Emotion im Körper. Das heißt, dass Emotionen gewissermaßen schneller sind als Gefühle. Es entsteht erst unbewusst die Emotion in uns und sobald wir diese benennen können, ist es das Gefühl. Ein Gefühl ist demnach die mentale Repräsentation der Emotion. • Emotionen werden durch einen jeweils einzigartigen Emotionsdreiklang charakterisiert: durch das Zusammenspiel von Trigger (Auslöser), Funktion und Bedürfnis. Das bedeutet, dass jede Emotion durch einen psychologischen Auslöser (Trigger) aktiviert wird, eine spezifische Funktion besitzt und der Erfüllung eines bestimmten Bedürfnis-

Die zwölf Primäremotionen im Motivkompass®

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ses dient. Den Dreiklang jeder einzelnen Emotion beschreibe ich in dem Kapitel der fünf wichtigsten Verkaufsmomente. • Emotionen sind sehr schnelle Informationsverarbeitungssysteme. Zusammenfassend kann man sagen, dass all diese wissenschaftlichen Fakten verdeutlichen, dass uns die Natur mit Emotionen ausgestattet hat, damit Sie, Ihr Kunde und auch ich sehr schnelle Entscheidungen treffen können. Emotionen ermöglichen es uns erst, mit minimalem mentalen Aufwand zu handeln und (überlebensnotwendige) Probleme zu lösen. Wenn wir sie nicht hätten, könnten wir beispielsweise nicht blitzschnell entscheiden, ob wir in einer Gefahrensituation weglaufen oder durch eigenes Handeln eingreifen sollten, um einen eventuellen Schaden zu reduzieren.

Die zwölf Primäremotionen im Motivkompass® Alle zwölf Primäremotionen (Angst, Trauer, Scham/Verlegenheit, Schuld, Freude, Liebe, Interesse, Ärger, Ekel, Verachtung, Überraschung und Stolz) lassen sich in ihrer spezifischen Dynamik und in ihrer spezifischen Funktion den vier neurobiologischen Grundmotiven zuordnen. Sie haben somit eine feste Position im Motivkompass®, siehe Abb. 10.4 Motivkompass®-Verlauf-Emotionen.

Abb. 10.4  Motivkompass-Verlauf-Emotionen. (Quelle: Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020)

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Dirk W. Eilert [1] schreibt in seiner Mimikresonanz®-Profibox: „Die Primäremotionen verstehen wir weniger als voneinander getrennte Zustände, sondern vielmehr als Emotionsfamilien, die fließend ineinander übergehen. (…) Ekel ist beispielsweise emotionsdynamisch und funktional betrachtet eng verwandt mit Verachtung. Beide können zum Beispiel in Situationen ausgelöst werden, in denen eine andere Person durch ihr Verhalten gegen unsere Moralvorstellungen verstößt. (…) Der Gehirnforscher Panksepp geht davon aus, dass die einzelnen Emotionssysteme neurologischen Schaltkreisen im Gehirn (neuronalen Netzwerken) entsprechen.“ (siehe dazu auch das Kap. 6).

Die drei selbstreflektiven Emotionen Scham/Verlegenheit, Schuld und Stolz sind im Motivkompass® nicht abgebildet. Dirk W. Eilert ordnet Scham dennoch dem Trauer-Feld zu, links unten neben der Ruhe-Achse. Schuld befindet sich für ihn im Feld von Liebe (knapp über der Oxytocin-Achse). Und die Emotion Stolz liegt im Feld von Ärger, rechts oben, dicht über der Testosteron-Achse. Kennen und verstehen Sie die Verbindung der Primäremotionen zu den vier neurobiologischen Grundmotiven, dann hilft Ihnen dieses Wissen, herauszufinden, warum eine Emotion bei Ihrem Kunden auftritt. Denken Sie dabei immer an den Grundsatz „Verstehen kommt vor verstanden werden“.

Die Primäremotionen als Motivationssysteme Der Motivkompass® ist mehr als nur eine Typologie, er ist ein Modell menschlicher Motivation. In diesem Kapitelpunkt veranschauliche ich Ihnen diese Tatsache noch einmal. Im Motivkompass® unterscheiden wir vier verschiedene Motivationssysteme: 1. Das Status-Motivationssystem: Dieses System unterstützt unser Durchsetzungsvermögen. Es wird durch die Primäremotionen Ärger, Verachtung und Stolz angetrieben. 2. Das Ordnungs-Motivationssystem: In diesem System sind die Primäremotionen Ekel und Angst dominierend. Durch sie scheuen wir uns vor Veränderungen oder lehnen es ab, unsere Umwelt genauer zu erkunden. Wir wollen den Status quo erhalten. 3. Das Bindungs-Motivationssystem: Dieses System definiert sich durch die Primäremotionen Liebe, Trauer sowie Schuld und Scham. Hier liegt der Fokus auf dem Zusammenhalt von Beziehungen oder Gruppen. 4. Das Belohnungs-Motivationssystem: Dieses System wird durch die Primäremotionen Freude und Interesse aktiviert. Es lässt uns stets nach Neuem suchen und Belohnungen anstreben. Diese Motivationssysteme sind deckungsgleich mit den vier neurobiologischen Grundmotiven. Weitere sehr wichtige Motivationssysteme sind auch: das psychische Immunsystem, das psychische Assimilationssystem, das psychische Sicherheitssystem sowie das psychische Aktionsausdauersystem. Diese vier weiteren Motivationssysteme bilden mit den vier vorherigen insgesamt acht zentrale Handlungsenergien ab [1]. Die Positionierung dieser zusätzlichen Systeme finden Sie auf der folgenden Abb. 10.5 „Die psychischen Motivationssysteme“:

Die Primäremotionen als Motivationssysteme

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Abb. 10.5  Die psychischen Motivationssysteme. (Quelle: Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020)

Die psychischen Motivationssysteme dienen ebenfalls dazu, Emotionen und somit Ihren Kunden besser zu verstehen. Durch dieses Wissen können Sie mit Ihren Resonanzaussagen auf die Emotionen, die der Kunde Ihnen zeigt, noch zielgerichteter und ressourcenoptimierter eingehen. Sie erkennen mögliche Einwände noch schneller und können diese Einwände somit effizienter aus dem Weg räumen. Außerdem sehen Sie, wann der Kunde zufrieden ist und Sie alle seine Bedürfnisse gestillt haben. • Das psychische Immunsystem: Die Primäremotionen Verachtung und Ekel tragen dazu bei, dass wir uns von Menschen oder Dingen, die uns nicht guttun, distanzieren oder uns von ihnen fernhalten. Verachtung und Ekel haben daher eine Distanzierungsenergie. • Das psychische Assimilationssystem: Dieses System steht dem psychischen Immunsystem gegenüber. Es wird von den Primäremotionen Freude und Liebe aktiviert, die dafür sorgen, dass wir uns gern neuen Gegebenheiten anpassen oder neue Gewohnheiten annehmen (assimilieren), zum Beispiel, wenn wir verliebt sind und plötzlich mehr Sport treiben, weil der andere dies auch tut. • Das psychische Sicherheitssystem: Dieses System ist durch die Primäremotionen Trauer und Angst geprägt. Diese helfen dabei, dass wir unser Bedürfnis nach Sicherheit

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10  Die Mimikresonanz®-Methode

und Stabilität in unserer Umgebung sowie in unseren Beziehungen befriedigen können. Die bewahrende Handlungsenergie sorgt dafür, dass wir Bestehendes und Bekanntes beibehalten möchten. • Das psychische Aktionsausdauersystem: Die Primäremotionen Interesse und Ärger aktivieren dieses System. Zusätzlich wird es maßgeblich von Stolz beeinflusst und ist dafür verantwortlich, dass wir ein Ziel dauerhaft und vor allem nachhaltig verfolgen. Wenn dieses Motivationssystem besonders stark ausgeprägt ist, äußert sich das in der Form von Grit. Grit beschreibt den Willen, das Erreichen eines Zieles mit großer Leidenschaft und beharrlichem Enthusiasmus über Jahre hinweg zu verfolgen. Eine weitere sehr wichtige Eigenschaft von Emotionen ist die kognitive Motivationsausrichtung. Diese Funktion bestimmt, worauf Wahrnehmung und Handlungen Ihres Kunden ausgerichtet sind: entweder auf die Annäherung an Ziele oder auf die Vermeidung von Herausforderungen. Daraus resultierend unterscheiden wir zwischen der Annäherungsund der Vermeidungsmotivation. Die Annäherungsmotivation wird durch die Aus­ schüttung des Neurotransmitters Dopamin aktiviert. Acetylcholin hingegen setzt neurobiologisch eine Vermeidungsmotivation in Gang, siehe auch Abb.  10.6 „Der Motivkompass® – Annäherungs- und Vermeidungsmotivation“. Die Annäherungsmotivation wird im linken Frontallappen des Großhirns verarbeitet und steht mit den angenehmen Emotionen in Verbindung. Die Vermeidungsmotivation entsteht im rechten Frontallappen und äußert sich durch unangenehme Emotionen. Die Annäherungsmotivation dient dem Streben nach Spaß und Belohnung und arbeitet dabei ebenso mit verhaltensaktivierenden Emotionen zusammen. Bei der Vermeidungsmotiva-

Abb. 10.6  Der Motivkompass® – Annäherungs- und Vermeidungsmotivation. (Quelle: Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020)

Die Primäremotionen als Motivationssysteme

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tion zieht man sich eher zurück, um eventuellen Risiken oder negativen Situationen zu entgehen. Hier kommen verhaltenshemmende Emotionen zum Einsatz. Sowohl die Annäherungs- als auch die Vermeidungsmotivation werden jeweils noch in zwei weitere Unterkategorien aufgeteilt, die dabei helfen, die innere Dynamik der Primäremotionen besser begreifen zu können. Die Differenzierung der Vermeidungsmotivation: Um zu verstehen, welche Formen der Vermeidungsmotivation es gibt, muss man die Frage stellen: Was wird wegbewegt? Bewegen Sie sich von etwas weg (flüchten) oder bewegen wir etwas wie einen Gegenstand von uns weg (wegschieben)? Während die Beschreibung „flüchten“ für die Emotionen Angst und Trauer typisch ist, hängt das Wegschieben eher mit den Emotionen Ekel und Verachtung sowie Scham und Verlegenheit zusammen. Wenn wir Ekel empfinden, dann schieben wir den als „verschmutzt“ empfundenen Gegenstand von uns weg. Bei Scham und Verlegenheit hingegen richtet sich die Vermeidungsmotivation gegen uns selbst. Scham sorgt unter anderem dafür, dass wir das eigene, als falsch bewertete ICH abstoßen. Bei Verlegenheit distanzieren wir das als falsch beurteilte Verhalten von uns. Die Differenzierung der Annäherungsmotivation: Die Frage, die wir hier stellen müssen, lautet: Wie bewegen Sie sich auf etwas zu? Nähern Sie sich an etwas an oder greifen Sie etwas an? Die Emotionen Freude, Interesse Liebe und auch Stolz sind typische annähernde Emotionen. Bei Stolz bewegen wir uns auf das eigene perfekte ICH zu. Zu den angreifenden Emotionen gehören Ärger und Schuld, wobei sich der Angriff bei Schuld gegen uns selbst richtet, zum Beispiel in Form von Gewissensbissen. Die nonverbalen Signale, die Sie in der folgenden Tabelle finden, zeigen entweder eine aktivierte Vermeidungs- oder eine aktivierte Annäherungsmotivation an. Bedenken Sie bitte auch hier wieder, dass Sie immer nach mehreren Signalen Ausschau halten und nicht nur nach einzelnen. Mimische Signale, die Emotionen anzeigen könnten, sind in dieser Tabelle nicht berücksichtigt (Tab. 10.2). Tab. 10.2  Die nonverbalen Signale (Quelle: Eilert, Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020) Beobachtungskanal Kopfhaltung Gestik

Vermeidungsmotivation Kopf wird nach hinten bewegt Kopf wird abgewendet Gesten, die etwas ausgrenzen Kopfschütteln Schulterzucken

Körperhaltung

Körper wird nach hinten bewegt

Psychophysiologie

Hände werden eher kalt elektrodermale Aktivität nimmt zu (schwitzen) nonverbales Distanzieren nonverbales Abwenden

Interpersonelles Bewegungsverhalten

Annäherungsmotivation Kopf wird nach vorne bewegt auf etwas zeigen Gesten, die etwas einbeziehen Kopfnicken Körper wird nach vorne bewegt Hände werden eher warm

nonverbales Annähern nonverbales Zuwenden

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10  Die Mimikresonanz®-Methode

Emotionen sind die Sprache unserer Bedürfnisse und die Mimik ist dabei die Bühne der Emotionen. Das Wissen, welches Sie durch dieses Kapitel erlangt haben, bildet zusammen mit allen anderen Kapiteln das Fundament für das übernächste Kap. 12. In diesem Kapitel durchleuchten wir detailliert alle zwölf Primäremotionen sowie zusätzlich den Zustand von Schmerz beispielhaft in verschiedenen Verkaufssituationen für diverse Branchen. Vorher möchte ich Ihnen aber noch einige andere Hinweise geben, die es gilt, vor dem Verkauf zu beachten.

Literatur 1. Eilert, D. W., (2020) Mimikresonanz®-Profibox, Paderborn 2020, Junfermann Verlag 2. Navarro, J., (2010). Menschen lesen: Ein FBI-Agent erklärt, wie man Körpersprache entschlüsselt. München. mvg Verlag

Was vor dem Verkauf noch wichtig ist

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Inhaltsverzeichnis Der erste Eindruck muss passen  Sind Sie der Richtige für den Kunden?  Woran kann ich erkennen, ob ich persönlich der richtige Partner für den Kunden bin?  Charisma  In Resonanz mit den Emotionen Ihres Kunden gehen  Verstehen, nicht durchschauen!  Kurzes Resümee  Literatur 

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Der erste Eindruck muss passen Wussten Sie, dass wir uns bereits nach 100 Millisekunden einen ersten Eindruck unseres Gegenübers verschaffen? In vielen Verkaufshandbüchern habe ich lesen müssen, dass der erste Eindruck erst nach drei bis sieben Sekunden entsteht. Wissenschaftlich betrachtet ist das falsch. Wir bilden uns sofort und in Bruchteilen von Sekunden, nämlich genaugenommen in einer Zehntelsekunde, die erste Meinung über unser Gegenüber. Eine interessante Studie, welche oft in dem Zusammenhang mit dem berühmten ersten Eindruck zitiert wird, ist die der Psychologen Alexander Todorov und Janine Willis von der Princeton University. Im Jahr 2006 zeigten sie 117 Probanden für circa 100 Millisekunden Fotos fremder Menschen. Im Anschluss mussten sich die Probanden entscheiden, wie die Personen auf den Bildern wirken: sympathisch, attraktiv, vertrauenswürdig, kompetent oder aggressiv. Obwohl 100 Millisekunden weniger als ein Wimpernschlag sind, trafen die Studienteilnehmer eine eindeutige Auswahl. Die Ergebnisse dieser Studie sind deshalb bemerkenswert, da sie verdeutlichen, dass man sich nach nur einer

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2021 J. Kettler, Mit Empathie verkaufen, Edition Sales Excellence, https://doi.org/10.1007/978-3-658-32419-3_11

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Zehntelsekunde eine Meinung über ein Gesicht gebildet hat. Die Wissenschaft hat also an dieser Stelle bestätigt, dass der erste Eindruck zählt. Ein weiteres verblüffendes Ergebnis der Studie ist, dass sich die Probanden ohne zu Zögern in der Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit einer Person festlegten. Sie brauchten hingegen etwas länger, um die Attraktivität einer Person zu bewerten. Wenn man diese Ergebnisse betrachtet, scheint es für den Menschen und demnach auch für Ihren Kunden evolutionär wichtiger zu sein, schnell einschätzen zu können, ob man einer vertrauenswürdigen Person gegenübersteht oder einer attraktiven. Eine weitere Studie aus dem Jahr 2007 manifestiert diese These, denn sie fand heraus, dass wir unser Gegenüber blitzschnell und zuallererst in („gefährlich“ oder „freundlich“ einordnen). Diese erste schnelle Einteilung in Freund oder Feind beinhaltet wieder die Frage nach der Glaubwürdigkeit einer Person. Kann man der Person wirklich vertrauen oder schwindelt sie uns an? Neben der Mimik spielen für diese Einschätzung zwei weitere Punkte eine wesentliche Rolle: Kongruenz und Expressivität. Eine nicht vertrauenswürdige Person wird weniger kongruent agieren, das heißt, dass es zwischen der Körpersprache und dem Gesagten Widersprüche gibt. Sagt die Person beispielsweise „ja“, aber schüttelt dabei ihren Kopf, ist das ein inkongruentes Muster. Expressivität bedeutet, dass ein Mensch umso kompetenter und professioneller wahrgenommen wird, je mehr Ausdruck er vor allem in der Mimik zeigt. Weist er zusätzlich noch weitere Signale auf, die auf das Durchsetzungsfeld hinweisen, zum Beispiel eine pro-aktive Körpersprache, beeinflusst das die Expressivität ebenfalls positiv. Die wichtigsten Fragen, die Sie sich vor einem ersten Kontakt mit einem neuen Kunden stellen müssen, sind also: Wie ist dessen Erwartungshaltung auf meine berufsspezifische Rolle? Und wie hinterlasse ich einen guten ersten Eindruck? Ich nenne Ihnen drei Beispiele, die ich beabsichtigt überspitzt formuliere. Wenn wir im beruflichen Kontext einen Bestatter kennenlernen müssen, erwarten wir nicht, dass er uns überschwänglich freundlich begrüßt, sondern vermuten, dass er sich eher etwas ruhiger und reaktiver verhält. Wenn wir in einem Szeneladen einkaufen, in dem laute Musik gespielt wird, dann gehen wir jedoch von einer sehr heiteren und lockeren Begrüßung aus. Wenn wir hingegen einen Bankberater treffen, stellen wir uns eher auf eine kontrollierte und leicht freundliche erste Begegnung ein. Unsere Erwartungshaltung passen wir also den jeweiligen Situationen und Menschen an (siehe dazu auch das Kapitel „Was Kunden heute von persönlichen Verkaufs- oder Beratungsgesprächen erwarten“). Versuchen Sie daher einfach, beim ersten Kontakt mit Ihrem neuen Kunden dessen Erwartungshaltung an Ihre spezifische Berufsgruppe zu erfüllen oder ihn sogar positiv zu überraschen. Denn so wird Ihnen auch ein guter erster Eindruck gelingen. Wenn Sie sich unsicher sind, wie die Erwartungshaltung an Ihre spezifische Branche ist, dann sprechen Sie Freunde, Bekannte, Arbeitskollegen oder auch Kunden an, fragen Sie diese danach und arbeiten Sie mit den Ergebnissen.

Sind Sie der Richtige für den Kunden?

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Sind Sie der Richtige für den Kunden? Die Frage ist nicht nur, ob der Kunde, der vor Ihnen steht, der Richtige für Sie und Ihr Unternehmen ist, die Frage ist auch, ob Sie persönlich der Richtige für den Kunden sind? Wenn Sie ein angestellter Vertriebsmitarbeiter oder Verkäufer sind, ist diese Frage für den unternehmerischen Erfolg wichtig. Denn Sie persönlich sind derjenige, der von dem Kunden das Vertrauen und somit auch den Auftrag bekommt. Allerdings könnten Sie auch dafür verantwortlich sein, wenn Sie und somit das Unternehmen, bei dem Sie angestellt sind, keinen Auftrag erhält. Jeder, der im Vertrieb oder im Verkauf arbeitet, kennt solche Situationen, wenn der sogenannte Nasenfaktor einfach nicht passt, man sich aber nicht traut, dieses Unbehagen zu äußern. Warum aber eigentlich nicht? Es ist sowohl für den Kunden als auch für Sie unangenehm, dieses Gespräch zu führen. Trotzdem haben Sie beide Hemmungen, das Gespräch aufzulösen. Hier müssen Sie als verantwortungsbewusster Vertriebs- oder Verkaufsmitarbeiter über Ihren persönlichen Schatten springen, im unternehmerischen Sinn denken und sich gegebenenfalls als Verkäufer oder als Vertriebsmitarbeiter austauschen. Würden Sie bei jemandem einen Kauf abschließen, den Sie auf den ersten Blick nicht leiden können und bei dem sich dieses Gefühl während des gesamten Verkaufsprozesses durchzieht? Vermutlich nicht, genauso wenig wie ich. In den Unternehmen, die ich berate, sehe ich immer wieder, dass Verkäufer ein Gespräch auf Biegen und Brechen durchziehen, auch wenn sie merken, dass besagter Nasenfaktor nicht passt. So hoffen sie, doch noch einen Auftrag zu bekommen, was in der Regel nicht passiert. Das Problem, das sich hier zeigt, entsteht jedoch nicht nur durch den Verkäufer, sondern auch durch schlechte Provisionsvereinbarungen. Diese sehen oft keine Provision für Verkäufer vor, die den Kunden in so einer Situation an andere Verkäufer abgeben. Dabei wäre es für jedes Unternehmen wertvoller, solche Provisionsvereinbarungen zu erstellen, um weniger Kunden zu verlieren. Auf diese Weise hätte jeder etwas davon. Um ein faires Modell zu gestalten, muss sich natürlich gemeinsam mit allen Verkaufs- oder Vertriebsmitarbeitern zusammengesetzt werden, denn prinzipiell könnte jeder von solch einem Modell profitieren. Die Voraussetzung ist allerdings, dass der Vertriebsmitarbeiter, der einen Kunden zugewiesen bekommt, auch bereit sein muss, etwas von seiner Provision an den Kollegen abzugeben, der ihm den Kunden überlassen hat. Denn warum sollte ein Verkäufer einen Kunden weiterreichen, wenn er auf Provision arbeitet und nichts dafür bekommt? Generell ist es so, dass ein Verkäufer und ein Kunde erst eine gewisse Zeit zusammen verbringen müssen, um zu merken, ob es zwischenmenschlich passt oder nicht. Es ist dabei durchaus einleuchtend, dass der Verkäufer oder der Vertriebsmitarbeiter, der ausschließlich auf Provision arbeitet, versucht, seine investierte Zeit in Form eines Auftrages auch bezahlt zu bekommen. Ob dieses Verhalten richtig oder falsch ist, liegt im Auge des Betrachters, aber es ist in jedem Fall menschlich nachvollziehbar.

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 oran kann ich erkennen, ob ich persönlich der richtige Partner für W den Kunden bin? Auch bei dieser Frage kommt uns erneut der Motivkompass® von Dirk W. Eilert zugute. Wenn wir jemanden neu kennenlernen, scannen wir unbewusst innerhalb von 100 Millisekunden vier übergeordnete Kategorien von sogenannten Interaktionsqualitäten ab. Diese vier Kategorien sind wieder auf die Felder des Motivkompass® übertragbar und lassen sich mit dem Akronym TEAM gut merken. Sie sind im Überblick: • Threat: Gibt es eine eventuelle Bedrohung? Offenheit vs. Verschlossenheit (Achse des situativen Status) • Equality (Gleichheit): Wer ist in welchem sozialen Status? Dominanz vs. Unterwerfung (Achse des sozialen Status) • Attraction: Wie stark ist die Anziehung auf sozialer Ebene? Die mögliche Anziehung unterteilt sich in zwei weitere Subkategorien, die im Verkaufsprozess entscheidend sind: Sympathie vs. Antipathie sowie Nähe vs. Distanz. • Matching: Wie passt man zusammen? Für eine längerfristige Kooperation ist dies die Gretchenfrage: Wie harmonieren Sie und Ihr Kunde? Ist die Beziehung stabil oder instabil? Erst im fortgeschrittenen Verlauf eines Gespräches zeigen sich die Antworten auf diese Fragen durch nonverbale Muster in der Beziehung (zum Beispiel viel Freude in der Mimik Ihres Kunden). Diese vier Kategorien der Interaktionsqualität ergeben die Mimikresonanz®-Interaktionsanalyse. Diese Analyse besteht aus den folgenden vier zentralen TEAM-Fragen: 1. 2. 3. 4.

Threat: Ist der Kunde Ihnen gegenüber offen? Equality: Akzeptiert Sie Ihr Kunde in Ihrem Status und in Ihrer Kompetenz? Attraction: Drückt Ihr Kunde Ihnen gegenüber Sympathie oder Nähe aus? Matching: Ist die Kommunikation zwischen Ihnen und Ihrem Kunden durch nonverbale Muster der Kooperation geprägt?

Können Sie alle diese vier Fragen mit einem deutlichen Ja beantworten, bedeutet dies, dass das psychische Assimilationssystem zwischen Ihnen und Ihrem Kunden vollständig aktiviert ist, Sie also bereit sind, sich aneinander anzugleichen, sich zu assimilieren. Die Aktivierung dieses Systems ist die Basis für ein nachhaltiges Kundengespräch. Die Mimikresonanz®-Interaktionsanalyse hilft Ihnen außerdem dabei, bei der Verständigung mit Ihrem Kunden zu erkennen, an welchen Punkten Sie noch arbeiten müssen, um die Kommunikationsqualität zwischen Ihnen und Ihrem Kunden zu erhöhen, siehe auch Abb. 11.1 Interaktionsanalyse. Müssen Sie alle vier TEAM-Fragen mit einem Nein beantworten, dann sollten Sie sich austauschen und damit im Firmen- sowie im Kundeninteresse handeln. Wenn Sie nur eine oder zwei der Fragen verneinen müssen, versuchen Sie, an diesen Fragen zu arbeiten, um

Woran kann ich erkennen, ob ich persönlich der richtige Partner für den Kunden bin?

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Abb. 11.1  Interaktionsanalyse. (Quelle: Eilert, Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020)

sie vielleicht doch noch bejahen zu können (zielgerichtet mit dem Motivkompass® auf den Kunden eingehen). Ist dies allerdings vergeblich, empfehle ich Ihnen auch hier wieder, einen anderen Verkäufer oder Vertriebsmitarbeiter mit ins Boot zu holen. Mit folgenden Aussagen könnten Sie dies beispielhaft ankündigen: • Liebe Frau/lieber Herr Meyer, ich vermute Sie teilen die Auffassung, dass der Funke zwischen uns einfach nicht überspringen will. Daher würde ich gerne einen Kollegen holen, mit dem Sie noch einmal von vorn beginnen können. • Liebe Frau/lieber Herr Meyer, ich habe das Gefühl, dass es zwischen uns menschlich nicht so gut harmoniert. Was auch nicht schlimm ist, denn nicht jeder muss mit jedem auskommen können. Darum würde ich gerne einen Kollegen holen, damit Sie Ihr Einkaufserlebnis auch zufriedenstellend beenden können. • Liebe Frau/lieber Herr Meyer, bevor Sie sich weiter mit mir herumquälen müssen, würde ich gerne einen Kollegen holen. Ist das für Sie in Ordnung? • Liebe Frau/lieber Herr Meyer, ich finde es wirklich schade, aber ich glaube, dass die Chemie zwischen uns leider nicht so ganz stimmt und darum würde ich gerne einen Kollegen holen, mit dem Sie vermutlich besser zusammenarbeiten können. Wenn es nicht passt, dann passt es nicht. Daran ist keiner schuld, Sie nicht, der Kunde nicht und auch sonst niemand. Versuchen Sie, mit dieser Situation professionell umzugehen und den Auftrag zumindest für das Unternehmen, in dem Sie angestellt sind, zu retten und dadurch auch den Kunden glücklich zu machen. Denn der Kunde wird Sie oder Ihr

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Unternehmen nach so einer qualitativ hochwertigen Vorgehensweise bestimmt weiterempfehlen, da dieses ehrliche und authentische Verhalten im Vertrieb und Verkauf bislang noch unüblich ist. Mit solch einem Auftreten sprechen Sie dem Kunden aus dem Herzen und er wird Ihnen dankbar sein, dass Sie diese für Sie beide unangenehme Situation aufgelöst haben.

Charisma In einer Studie kamen Forscher zu dem Ergebnis, dass Charisma die grundsätzliche Fähigkeit ist, mit anderen Menschen erfolgreich zu kommunizieren und sie positiv zu beeinflussen. Aber was macht Charisma eigentlich aus? Dieser Frage sind Wissenschaftler auf den Grund gegangen und haben dazu folgendes herausgefunden: Unabhängig von ihrer körperlichen Attraktivität wirken Menschen im ersten Eindruck bei einer persönlichen Begegnung sympathischer und insgesamt positiver auf ihr Gegenüber, sofern sie die folgenden drei Fähigkeiten aufweisen und beherrschen: 1. Emotionale Ausdrucksstärke: Sie können ihre eigenen Emotionen nonverbal prägnant ausdrücken. 2. Emotionale Ausdrucksflexibilität: Sie können ihre eigenen Emotionen nonverbal flexibel ausdrücken. 3. Nonverbale Wahrnehmungsfähigkeit: Sie können nonverbale Signale von ihrem Gegenüber treffsicher erkennen und intelligent ansprechen. Dieses Trio an Fähigkeiten beeinflusst zudem die Qualität einer zwischenmenschlichen Kommunikation, wie beispielsweise zwischen einem Kunden und Verkäufer, äußerst positiv. Charismatisch zu sein bedeutet demnach nicht nur, zu senden und nonverbal zu strahlen, es bedeutet ebenso, empathisch zu sein, seinem Gegenüber zuzuhören und auf ihn reagieren zu können, nonverbal oder auch mit Worten. Das macht Charisma aus. Dirk W. Eilert kommt in seiner Mimikresonanz®-Profibox zu dem Ergebnis, dass nach aktueller Studienlage, im Unterschied zur landläufigen Meinung, Charisma keine Persönlichkeitseigenschaft ist, sondern eine Fähigkeit, die durch gezieltes Training gelernt und entwickelt werden kann. Charisma ist also keine angeborene Fähigkeit, so wie es der Mythos beschreibt, sondern vielmehr eine Eigenschaft, die Sie sich durch intensives Training (zum Beispiel durch ein Sales-Code-Training mit den dazugehörigen Online-Übungen) aneignen können. (www.salescodetraining.de)

In Resonanz mit den Emotionen Ihres Kunden gehen Aus den vorherigen Kapiteln wissen wir, dass es Ihren Kunden beruhigt und es ihm unbewusst wichtig ist, wenn Sie ihn zum Beispiel auf unangenehme Emotionen wie Angst oder Trauer ansprechen, vorausgesetzt Sie tun dies empathisch und emotional intelligent. In der

In Resonanz mit den Emotionen Ihres Kunden gehen

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Wissenschaft heißt dieses Phänomen Rumpelstilzchen-Effekt. Wenn Sie diese Herangehensweise nutzen, wirken Sie sowohl sympathischer als auch charismatischer auf Ihren Kunden. Die Frage hierbei ist jedoch: Wie thematisieren Sie eine gesehene Emotion am besten? Sie können Ihrem Kunden ja schlecht sagen, dass Sie ein Fachbuch gelesen haben, in dem die Mimik erklärt wird, Sie gerade bei Ihrem Kunden die Emotion Angst gesehen haben und nun wissen möchten, was denn los sei. Das wäre sprichwörtlich mit der Tür ins Haus fallen und ist weder empathisch noch emotional intelligent. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass Ihr Kunde sich dadurch unwohl und unangenehm berührt fühlt. Darum verwenden wir in der Mimikresonanz®-Methode drei unterschiedliche Resonanzstufen, die Sie dazu nutzen können, die Emotionen bei Ihrem Gegenüber anzusprechen, verbal oder auch nonverbal. Mit diesen drei Resonanzstufen gelingt es Ihnen, mit Ihrem Kunden gemeinsam auf der emotionalen Ja-Straße zu bleiben und allgemein die Beziehungsqualität zwischen Ihnen beiden zu verbessern. Denken Sie bitte dabei an die BIG-Regel: • Wache Sinne sind eine Grundvoraussetzung (siehe auch Praxistipp in dem Kapitel „Die Mimikresonanz®-Methode“). • Beobachtung konkreter nonverbaler Signale; wenn möglich, mehrere Signale aus verschiedenen Körperbereichen • Inneren Zustand Ihres Kunden erschließe n, den Sie mit Hilfe Ihres Verständnisses über die einzelnen Emotionen nachvollziehen können (siehe Kapitel „Die fünf wichtigsten Verkaufsmomente“, die zwölf Primäremotionen und deren Trigger, Funktion und Bedürfnis). • Grund erforschen, warum die Emotion, die Ihr Kunde gerade gezeigt hat, aufgetreten ist und dafür eine Resonanzaussage einsetzen. • Am Ende nutzen Sie alle Erkenntnisse, welche Sie aus der Beobachtung, den Rückschlüssen auf den inneren Zustand Ihres Kunden sowie dem erforschten Grund gewonnen haben, um eine Lösung zu präsentieren. Folgende drei Resonanzstufen werden in der Mimikresonanz®-Methode verwendet [1]: Stufe 1 – die nonverbale Aufmerksamkeit: Wenn Sie Ihrem Kunden entweder mit einer empathischen Gesprächspause oder durch eine körpersprachliche Aufforderungsgeste (zum Beispiel ein Kopfnicken, das mit einem leichten Lächeln verbunden ist) signalisieren, dass Sie seine Emotion gerade wahrgenommen haben, so wird er in den meisten Fällen verbal antworten, was er gerade denkt oder fühlt. Diese Resonanzreaktion stärkt im Allgemeinen die Beziehungsbasis und Sie müssen hierfür lediglich die Emotion oder das nonverbale Zeichen bemerken. Auf dieser Stufe 1 zeigen sich die Expressionen meist länger als 500 Millisekunden, das heißt, dass diese recht lang gezeigte Emotion Ihrem Kunden meist auch bewusst ist. Anders ist das bei Mikroexpressionen, denn diese treten generell unwillentlich auf und sind Ihrem Kunden in der Regel nicht bewusst.

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Stufe 2 – die Spiegelaussage: Anders als bei der Stufe 1 gehen wir hier nicht nonverbal vor, sondern verbal. Wenn Sie eine Emotion in der Mimik Ihres Kunden erkannt haben, spiegeln Sie diese mit einer sogenannten Spiegelaussage. Wenn Sie zum Beispiel bemerken, dass Ihr Kunde den Kopf schüttelt, sagen Sie: „Sie schütteln gerade den Kopf.“ Gegenüber der Stufe 1 haben die Spiegelaussagen einen großen Vorteil, denn Sie bringen Ihren Kunden dazu, Ihnen innerlich zuzustimmen, wodurch Sie mit ihm gemeinsam auf der emotionalen Ja-Straße bleiben. Ihr Kunde fühlt sich verstanden. Beachten Sie dabei bitte, dass nicht jedes mimische Signal dafür geeignet ist, eine Spiegelaussage zu verwenden. Ihr Kunde würde sich vermutlich wundern, wenn Sie bei der Emotion Ärger sagen: „Sie ziehen gerade Ihre Augenbrauen zusammen.“ Berücksichtigen Sie bitte auch, dass Sie eine Spiegelaussage nur einsetzen sollten, wenn Sie auch darin geübt sind, mimische Zeichen zu erkennen. Wenn Ihr Kunde beispielsweise die Augenbrauen-Innenseiten schräg hochzieht und Sie ihn mit den Worten ansprechen: „Sie runzeln gerade die Stirn“, dann wäre dies ein Zeichen dafür, dass Sie ihn nicht verstanden haben. Denn die Mimik, die Ihr Kunde Ihnen vorher angezeigt hat, ist in dem Fall ein verlässliches Zeichen für die Emotion Trauer. Auf solche Emotionen können wir jedoch erfolgreicher und wertschätzender mit der dritten Stufe, der Interpretation, eingehen. Stufe 3 – die Interpretation: Bei der Stufe 3 bleiben wir ebenfalls bei einer verbalen Möglichkeit, die Emotionen Ihres Kunden anzusprechen. Da Sie hier interpretieren, sollten Sie Ihre Aussage allerdings in Form einer Ich-Wahrnehmung treffen. Wenn Sie zum Beispiel die Emotion Ärger sehen, könnten Sie folgende Formulierung verwenden: „Ich habe den Eindruck, Sie sind etwas ungehalten.“ Bei der Emotion Trauer wäre die Aussage denkbar: „Wenn ich es richtig wahrnehme, dann sind Sie enttäuscht.“ Dies sind nur zwei Beispiele. Bei den einzelnen Verkaufsmomenten werde ich jedoch die verschiedenen zwölf Primäremotionen insgesamt beschreiben und zu jeder Emotion auch mehrere Ideen vorschlagen, wie Sie auf diese angemessen reagieren könnten.

Verstehen, nicht durchschauen! Bei Ihrer Resonanz auf die Emotionen Ihres Kunden ist es von großer Bedeutung, dass Sie persönlich eine innere Haltung haben, die aussagt, dass Sie den Kunden verstanden und nicht durchschaut haben. Dies ist unter anderem wichtig, damit Ihre Formulierung auch die gewünschte emotionsregulierende Wirkung bei Ihrem Kunden erzeugt (Rumpelstil­ zchen-Effekt). Zwei weitere wesentliche Faktoren sind, dass Sie mit Ihrer Aussage erstens die richtige Emotionsfamilie benennen, zum Beispiel Ärger. Dafür ist entscheidend, dass Sie präzise in der Wahrnehmung von Emotionen geschult sind und die nonverbalen Core-Movements beachten und kennen [1]. Core-Movements bedeutet auf Deutsch übersetzt: Kernbewegungen. Diese Kernbewegungen in der Mimik Ihres Kunden kennzeichnen die jeweiligen Emotionsausdrücke der zwölf Primäremotionen und machen diese unverwechselbar. In den einzelnen Verkaufsmomenten werde ich diese charakteristischen

Verstehen, nicht durchschauen!

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Bewegungen ausführlich beschreiben und Ihnen zu jedem mimischen Ausdruck zusätzlich ein Bild liefern. Zweitens ist es erforderlich, dass Sie innerhalb der richtigen Emotionsfamilie auch die richtige Intensität des Gefühlszustandes Ihres Kunden wiedergeben. Hierbei kann Ihnen das Mimikresonanz®-Gefühlsrad helfen. Das Mimikresonanz®-Gefühlsrad wurde auf Grundlage einer von Dirk W. Eilert 2014 und 2016 durchgeführten Umfrage mit insgesamt 781 Personen erstellt. Es beschreibt die Intensität der zwölf Primäremotionen, sortiert von innen nach außen stärker werdend. Die einzige Primäremotion, die nicht darauf abgebildet ist, ist der Stolz, da es für diese Emotion sowohl positive als auch negative Begriffe gibt. Alle anderen Emotionen definieren wir als angenehm oder unangenehm. Wenn es um die Primäremotionen in den einzelnen Verkaufsmomenten geht, werde ich detaillierter auf die Ergebnisse dieser Umfrage eingehen, damit Sie die Möglichkeit haben, in Ihrer täglichen Verkaufs- oder Vertriebspraxis auch die richtigen Worte für das Ansprechen von Emotionen zu finden. Denn mit solchen wertschätzenden Resonanzaussagen kann es Ihnen gelingen, das jeweilige Bedürfnis, das eventuell verletzt worden ist, schnell zu erfüllen. Denken Sie dabei aber bitte immer an den Mimikresonanz®-Grundsatz „Verstehen heißt nicht einverstanden sein“. Dass Sie Ihren Kunden verstehen wollen, muss nicht zwangsweise bedeuten, dass Sie die Sichtweise Ihres Kunden auch gutheißen. Es geht nicht darum, Ihre eigene Meinung aufzugeben, sondern die Angelegenheit aus der Perspektive Ihres Kunden zu betrachten und so die Beziehungsqualität zwischen Ihnen und Ihrem Kunden zu erhöhen. Werden Sie durch das gewonnene Vertrauen zum unvergleichlichen Alleinstellungsmerkmal für Ihren Kunden. Wenn Sie bereits längere Zeit im Vertrieb oder im Verkaufswesen tätig sind, dann haben Sie von dem ein oder anderen Kunden vielleicht auch schon hören dürfen, dass Sie zwar teurer als alle anderen waren, aber man aufgrund des guten Gefühls trotzdem zu Ihnen zurückgekommen ist. An dieser Stelle erinnere ich noch mal an Henry Ford, der da sagte: „Das Geheimnis des Erfolges ist, den Standpunkt des anderen zu verstehen.“ Das Verständnis Ihres Kunden ist deshalb ein unschlagbarer Wettbewerbsvorteil, da Sie dadurch emotionale Bedürfnisse sowie individuelle Werte und Normen der jeweiligen verschiedenen Kundenpersönlichkeiten entdecken und immer sofort decken können (ent-decken). Das wiederum erzeugt Vertrauen und wenn Ihr Kunde Ihnen vertraut, kriegen Sie den Auftrag. Vorausgesetzt natürlich, er hat auch das passende Budget. In den fünf wichtigsten Verkaufsmomenten komme ich endlich zu der emotional intelligenten Bedarfsanalyse, mit der Sie alle angesprochenen Punkte umsetzen können. Diese Bedarfsanalyse können Sie in Ihren persönlichen Sprachgebrauch bringen, denn sie ist branchenübergreifend verwendbar. Der wichtigste Grund für mich persönlich, Emotionen bei einem Kunden anzusprechen, ist nicht nur der Rumpelstilzchen-Effekt oder dass ich dadurch charismatischer und sympathischer wirke, sondern auch der tiefe evolutionäre Zweck einer jeden Emotion. Denn durch Emotionen werden im Organismus Handlungen eingeleitet. Wenn Sie es schaffen, diese evolutionären Handlungen zu unterstützen oder auch zu verhindern, indem Sie beispielsweise angenehme Emotionen verstärken und unangenehme Emotionen auflösen, dann bauen Sie ein intensives Vertrauensverhältnis auf.

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Kurzes Resümee Bevor wir uns jetzt den einzelnen Verkaufsmomenten und damit dem wichtigsten Teil in diesem Buch widmen, lassen Sie uns ein kurzes Resümee ziehen über das, was wir bereits wissen. Wir wissen, mit welcher Grundeinstellung der Kunde zu Ihnen kommt, was er emotional sowie persönlich von einem Verkaufs- oder Beratungsgespräch erwartet und dass es verschiedene Formen von Erwartungshaltungen gibt, die Sie erfüllen müssen. Außerdem haben wir erkannt, dass emotionale Beweggründe die Hauptkriterien dafür sind, dass ein Kunde bei Ihnen kauft. Wir haben gelernt, den Kunden neurobiologisch, emotional und auch psychologisch zu verstehen und wissen, dass Intuition keine Zauberei ist, sondern ein bedeutender Bestandteil für den Kunden, um überhaupt einem positiven Kaufabschluss zustimmen zu können. Wir haben herausgefunden, wie wir uns wie ein Verkaufs- oder Vertriebs-Chamäleon anpassen, aber nicht verstellen und dass Empathie der Schlüssel ist, um im Vertrieb oder Verkauf erfolgreicher zu werden. Wir haben erfahren, dass wir auf mimische und auch andere körpersprachliche Signale zurückgreifen können, um die wahren Beweggründe des Kunden zu entdecken und zu decken, weil diese verlässlich und wissenschaftlich belegt sind. Emotionen sind die Sprache der Bedürfnisse Ihres Kunden und die Mimik ist dabei die Bühne der Emotionen. Das Besondere an diesem Wissen ist, dass es auf einem wissenschaftlichen Fundament aufgebaut ist, auf Tatsachen und verlässlichen Beweisen. Alles, was Sie hier lesen, spiegelt nicht alleine meine persönliche Meinung wider, sondern ist wissenschaftlich bestätigt. Es ist außerdem tausendfach in der Praxis erfolgreich getestet und umgesetzt worden. Studien weltweit haben belegt, dass Empathie und eine hohe emotionale Intelligenz signifikante Umsatzerhöhungen bringen können, vorausgesetzt, Sie setzen dieses Wissen auch authentisch ein. Wie Sie diese neuen Einsichten also nun in der Praxis anwenden können, beschreibe ich Ihnen in dem nächsten Kapitel „Die fünf wichtigsten Verkaufsmomente unter Berücksichtigung der Mimikresonanz®-Methodik“.

Literatur 1. Eilert, D. W., (2020) Mimikresonanz® Profi Box, Paderborn 2020, Junfermann Verlag

Die fünf wichtigsten Verkaufsmomente unter Berücksichtigung der Mimikresonanz®-Methodik

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Inhaltsverzeichnis  inweise zu diesem Kapitel  H Verkaufsmoment eins – Persönliche Kontakte  Situation A: Der erste angenehme persönliche Kontakt in Ihren Räumen  Situation B: Der erste angenehme persönliche Kontakt bei Ihrem Kunden  Situation C: Der erste unangenehme persönliche Kontakt in Ihrer Ausstellung  Situation D: Der erste unangenehme persönliche Kontakt bei Ihrem Kunden  Alles auf einen Blick: Die Primäremotion Überraschung  Alles auf einen Blick: Die Primäremotion Ärger  Alles auf einen Blick: Die Primäremotion Verachtung  Alles auf einen Blick: Die Primäremotion Freude  Verkaufsmoment zwei: Die Bedarfsanalyse  Einführung in die emotional intelligente Bedarfsanalyse (kurz: EQ-BDA)  Sinn und Zweck der emotional intelligenten Bedarfsanalyse  Die telefonische Voranalyse – welche Fragen warum gestellt werden (Beispiel Dienstleister oder Handwerker)  Die persönliche Bedarfsanalyse – welche Fragen warum gestellt werden sollten (Beispiel Dienstleister oder Handwerker)  Die emotional intelligente Bedarfsanalyse für den Vertrieb und Verkauf bei einem persönlichen Termin (branchenunabhängig)  Fazit zur emotional intelligenten Bedarfsanalyse  Alles auf einen Blick: Die Primäremotion Ekel  Alles auf einen Blick: Die Primäremotion Trauer  Alles auf einen Blick: Die Primäremotion Angst  Alles auf einen Blick: Die Primäremotion Stolz  Verkaufsmoment drei: Die Beratung des Produktes  Beratung für ein haptisches Produkt  Wenn Ihr Kunde das Produkt während der Beratung nicht anfassen kann  Alles auf einen Blick: Die Primäremotion Interesse 

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2021 J. Kettler, Mit Empathie verkaufen, Edition Sales Excellence, https://doi.org/10.1007/978-3-658-32419-3_12

 144  144  144  146  147  148  151  153  155  158  161  161  162  165  167  174  180  181  185  188  192  194  194  199  204

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Verkaufsmoment vier: Die Angebotspräsentation  Einführung  Die gemeinsame Erstellung des Angebots  Die Angebotspräsentation auf Termin  Alles auf einen Blick: Die Primäremotion Schuld  Alles auf einen Blick: Die Primäremotion Scham  Alles auf einen Blick: Die Primäremotion Verlegenheit  Der Verkaufsmoment fünf: Der Abschluss  Checkliste für das Lesen der Körpersprache im Vertrieb und Verkauf  Literatur 

 207  207  210  215  221  224  227  232  242  244

Hinweise zu diesem Kapitel Die zwölf Primäremotionen nach Eilert werden jeweils am Ende eines jeden Verkaufsmomentes beschrieben. Dadurch haben Sie sämtliche Fakten und alles Wissenswerte zu den jeweiligen Emotionen gebündelt in einer Übersicht. Diese Zusammenfassungen machen es Ihnen einfacher, das Wissen im Alltag anzuwenden, da Sie hier jederzeit gezielt nachschlagen können, wenn Sie beispielsweise üben wollen oder Ihnen einfach nur eine Information entfallen ist. Sämtliche Beschreibungen der Emotionen und alle wissenschaftlichen Erkenntnisse dazu entstammen der Mimikresonanz® Profibox von Dirk W. Eilert.

Verkaufsmoment eins – Persönliche Kontakte  ituation A: Der erste angenehme persönliche Kontakt S in Ihren Räumen Gehen wir für diesen ersten persönlichen Kontakt von dem Beispiel aus, dass Ihr Kunde zu Ihnen ins Büro oder auf Termin zu Ihnen in die Ausstellung kommt, um entweder ein Angebot oder einen Auftrag zu besprechen. In jedem Fall hat sich Ihr Kunde telefonisch vorher angekündigt und Sie haben diesen Termin gemeinsam vereinbart. Stellen Sie sich bitte weiterhin vor, dass Ihr Kunde zu diesem Zeitpunkt das erste Mal in Ihrer Ausstellung ist. Dabei spielt es keine Rolle, ob Sie ein Auto verkaufen, einen Wintergarten, eine Versicherungsleistung oder auch einen Kreditvertrag. In diesem ersten Kontakt geht es darum, anders als alle anderen Verkäufer, aber angenehm auffällig zu wirken. Dieser erste Kontakt entsteht jedoch nicht erst, wenn Sie den Kunden begrüßen, sondern bereits dann, wenn der Kunde Ihre Ausstellung, Ihr Büro oder Ihren Laden betritt. Den Firmen, die ich berate, empfehle ich immer, am Haupteingang eine Tafel aufzustellen. Dabei ist wichtig, dass diese Tafel eine klassische Tafel ist, auf einem Stativ steht und im Idealfall aus einem hochwertigen Holz hergestellt ist sowie eine edle Tafelplatte besitzt, damit es nicht ramschig wirkt. Ich betone diese Tafel deshalb so, weil es von großer Bedeutung ist, dass Sie hier keinen Monitor oder digitalen Aufsteller verwenden, sondern wirklich eine Ta-

Verkaufsmoment eins – Persönliche Kontakte

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fel. Diese Tafel platzieren Sie also am Eingang, wenn Sie Neukunden oder auch andere Kunden auf Termin erwarten, und schreiben dort deren Namen darauf. Dabei sind natürlich die DSGVO-­Richtlinien zu beachten, schreiben Sie daher bitte immer nur Frau, Herr oder Familie und den dazugehörigen Nachnamen auf die Tafel, denn damit ist diese Idee auch DSGVO-konform. Der Kunde, der zum ersten Mal zu Ihnen in die Ausstellung kommt, sieht nun diese Tafel mit seinem eigenen Namen darauf und wird in den meisten Fällen überrascht sein. Genau diese Überraschung wollen wir jetzt im ersten Kontakt mit dem Kunden positiv nutzen. Denn wie wir ja bereits wissen, ist die Überraschung eine besondere Emotion. Als Entscheidungsemotion verstärkt sie die nachfolgend auftretenden Emotionen wie Freude, Ärger oder Angst [1]. Die Wahrscheinlichkeit, dass Ihr Kunde hier überrascht reagiert, ist sehr groß. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass die Betriebe und auch Unternehmen, die solch eine Tafel am Eingangsbereich aufgestellt haben, sehr positive Rückmeldungen von ihren Kunden dazu bekommen und in der Regel auch darauf angesprochen werden. Wir gehen also von folgender Situation aus: Ihr Kunde kommt zu einem Termin zu Ihnen. Der Kunde war noch nie zuvor da und Sie haben die Tafel mit dem Namen vorbereitet. Der Kunde kommt hinein, ist überrascht und wird danach die Emotion Freude spüren. Diese Freude, die Ihr Kunde dann spürt, ist intensiver als eine Freude, die ohne Überraschung ausgelöst wird. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass Ihr Kunde, bevor er irgendjemanden gesehen hat, als erstes überrascht ist, danach eine intensivere Freude erlebt und dadurch einen ersten angenehmen Moment in Ihrem Eingangsbereich hat. Er fühlt sich zusätzlich wertgeschätzt, da Sie ihn zum einen a) persönlich und menschlich wahrnehmen und zum anderen b), sich jemand extra die Mühe gemacht hat, Zeit zu investieren, um zu der Tafel zu gehen und den Namen darauf zu schreiben. Diese Wertschätzung, die Sie dem Kunden unbewusst dadurch schenken, erreichen Sie nicht mit einem digitalen Monitor. Denn so etwas ist heutzutage nichts Besonderes mehr und wird auch häufig von den Kunden gar nicht mehr wahrgenommen, wie beispielsweise oft in Autohäusern. Es ist dabei natürlich immens wichtig, dass Sie den Namen auch richtig schreiben. Ein Name, der falsch geschrieben ist, wird jeden Kunden verärgern. In diesem Beispiel gehen wir jedoch davon aus, dass der Kunde sich freut und nicht ärgert. Dieses Signal nehmen Sie gerne zur Kenntnis, denn es ist entweder eine Bedürfnisbefriedigung, eine Wunscherfüllung oder eine Zielerreichung. Gehen Sie, nachdem Ihr Kunde den Eingangsbereich verlassen hat, auf ihn zu und begrüßen Sie ihn so, wie es seinem Typ entsprechend passt. Seien Sie dabei immer Sie selbst, denn so wirken Sie auf Ihren Kunden authentisch und natürlich. Wenn Sie bei der Begrüßung lächeln möchten, ist das von Vorteil, denn wie Sie bereits wissen, entscheidet unser Gehirn innerhalb von Bruchteilen einer Sekunde, ob Sie als Freund oder Feind wahrgenommen werden. Daher ist es ausschlaggebend, dass Sie mit Ihrer Mimik Kooperationsbereitschaft anzeigen, um so einen positiven ersten Eindruck zu hinterlassen, der, Sie erinnern sich, innerhalb von 100 Millisekunden entsteht. Die Freude, die Sie an dieser Stelle bewusst zeigen, ist die sogenannte Höflichkeitsfreude, welche in der Wissenschaft auch als soziales Lächeln beschrieben wird. Ein soziales Lächeln ist das Lächeln, welches wir bewusst aufsetzen, wenn unsere Umgebung von uns erwartet, dass jetzt gelacht oder gelächelt wird.

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12  Die fünf wichtigsten Verkaufsmomente unter Berücksichtigung der …

 ituation B: Der erste angenehme persönliche Kontakt bei S Ihrem Kunden Wenn Sie im Vertrieb oder im Verkauf tätig sind, dann wird es sich nicht vermeiden lassen, dass Sie auch Kundenbesuche im Außendienst absolvieren müssen. Wie können Sie Ihren Kunden nun hier überraschen und dafür sorgen, dass er die Emotion Freude spürt? Gehen wir für dieses Beispiel davon aus, dass Sie einen neuen Kunden zu Hause besuchen. Egal welches Produkt Sie verkaufen oder vertreiben, dieses Beispiel können Sie immer anwenden. Fahren Sie vorab in den Baumarkt oder zu einem Händler in Ihrer Region, der hochwertige Schuhüberzieher verkauft und versuchen Sie bei ihrer Auswahl darauf zu achten, dass diese Schuhüberzieher wirklich qualitativ überzeugend und auch mehrfach ver­ wendbar sind. Denn in der heutigen Wegwerfgesellschaft können Einweg-Schuhüberzieher einen schlechten Eindruck hinterlassen. Wenn Sie diese Schuhüberzieher dann erworben haben, sollten sie fester Bestandteil Ihrer Außendienst-Utensilien bleiben. Damit haben Sie nämlich ein Produkt zur Verfügung, das Sie vor jeglichen Unannehmlichkeiten bewahrt. Im Sommer kommen Sie nicht in die peinliche Situation, sich die Schuhe von den schwitzenden Füßen ziehen zu müssen. Sie vermeiden es, gegebenenfalls Dreck in die Räume zu bringen. Und Sie umgehen insgesamt das umständliche Schuhe an- und ausziehen bei der Begrüßung und bei der Verabschiedung. Sie kommen also beim Kunden an und steigen aus, gehen zur Tür und klingeln. Wenn es die Gegebenheiten zulassen, dann haben Sie die Schuhüberzieher am besten schon an bevor Sie klingeln. Dadurch ist das Überraschungsmoment am höchsten und die Freude, die danach kommt, somit am stärksten. Besteht diese Möglichkeit jedoch nicht, weil es zum Beispiel regnet oder schneit, dann streifen Sie die Schuhüberzieher erst in der Wohnung oder im Haus Ihres Kunden über, idealerweise auf der im Haus oder Wohnung platzierten Fußmatte im Eingangsbereich. Dadurch vermeiden Sie, dass Sie Ihren Kunden nach der Begrüßung fragen müssen, ob Sie Ihre Schuhe ausziehen sollen und haben zudem eine erste Gelegenheit, Ihre Wertschätzung zum Ausdruck zu bringen. Denn in der Regel wird Ihr Kunde Ihr Schuhwerk bemerken und könnte nun zum Beispiel sagen: „Das wäre doch nicht nötig gewesen.“, woraufhin Sie entgegnen können: „Herr Meier, hier geht es für mich um Respekt, denn ich möchte hier nichts verunreinigen und zum anderen weiß ich ja auch nicht, ob sich hier vielleicht Kinder aufhalten und auf dem Boden krabbeln oder Sie sich barfuß in Ihrem Heim fortbewegen, daher lasse ich den Schmutz lieber draußen.“ Achten Sie bei solchen Aussagen immer darauf, dass das, was Sie sagen, mindestens zwei unterschiedlichen und sich gegenüberstehenden Motivfeldern entspricht. In diesem Vorschlag wirken beispielsweise Respekt und Höflichkeit im roten und blauen Motivfeld. Dass Sie an andere in diesem Haushalt denken, die eventuell aufgrund Ihres Verhaltens leiden müssten, spricht das grüne Motivfeld an, da Sie Ihre eigene Bequemlichkeit hintanstellen und die anderen berücksichtigen. Mit der Idee des Schuhanziehers demonstrieren Sie außerdem Ihre Kreativität und Flexibilität und beziehen so auch das gelbe Motivfeld mit ein. Damit haben Sie also sowohl rote und blaue Motive befriedigt als auch grüne und

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gelbe. Sie haben in Kombination mit der Überraschung und der Freude einen hervorragenden ersten Eindruck schaffen können; einen Eindruck, den Ihr Kunde unbewusst vergleichen wird, wenn er auf Wettbewerber von Ihnen trifft. Somit haben Sie ihn insgesamt emotional angesprochen und Sie wissen ja bereits, dass solche emotionalen Erinnerungen im Hippocampus gespeichert werden. Das heißt also, dass sich Ihr Kunde, falls er noch weitere Termine bei sich zu Hause mit anderen MaklerInnen, VertreterInnen, BeraterInnen oder VerkäuferInnen hat, an Ihr Auftreten positiv erinnern und unbewusst bewerten wird. Ob er will oder nicht, er wird es automatisch tun. Bei der ersten Begrüßung ist es daher immer wichtig, sofern Sie dieses Wissen aus dem Motivkompass® anwenden möchten, dass Sie mindestens zwei Motive oder auch Werte aus den Motivfeldern verwenden, die sich gegenüberstehen, entweder auf der Achse des sozialen Status oder auf der Achse des situativen Status. So gewährleisten Sie, dass Sie in jedem Fall mit einem Motivfeld richtig liegen. Die Freude, die Sie damit bei Ihrem Kunden auslösen, nehmen Sie zur Kenntnis, sprechen diese aber nicht weiter an. Hauptsache ist, dass er es als Bereicherung empfindet, dass Sie da sind und dass die Emotion unterstützend verstärkt wurde, damit Sie einen perfekten ersten Eindruck bei ihm zu Hause hinterlassen. Genießen Sie die Positivität, die zwischen Ihnen entsteht und freuen Sie sich einfach mit. Diese authentische Freude überträgt sich auf Ihren Kunden.

 ituation C: Der erste unangenehme persönliche Kontakt S in Ihrer Ausstellung Gehen wir für dieses Beispiel davon aus, dass Sie den Namen auf der Tafel falsch geschrieben haben. Zum Zeitpunkt der Begrüßung wissen Sie dies allerdings nicht. Eine logische Schlussfolgerung wäre in diesem Fall, dass der Kunde nicht erfreut, sondern verärgert ist, weil Sie eventuell ein oder mehrere Werte des Motivkompasses® verletzt haben. Dies könnte im roten Feld zum Beispiel der Status sein, denn Sie haben IHREN oder SEINEN Namen falsch geschrieben und das fühlt sich für den Kunden so an, als ob Sie seinen sozialen Status nicht respektieren. Das blaue Motivfeld könnte beschädigt sein, weil Sie unhöflich gehandelt haben. Das grüne Motivfeld wäre betroffen, wenn Ihr Kunde großen Wert auf Zugehörigkeit legt. Und im gelben Motivfeld hätten Sie dem Kunden den Spaßfaktor genommen, den er sonst verspürt hätte. An dieser Stelle kennen wir die Gründe nicht, sehen aber die Emotion Ärger. Hierbei sollten Sie wieder bedenken, dass Sie nie wissen, warum eine Emotion auftaucht. Deshalb müssen Sie versuchen, den Grund, also den Auslöser der Emotion, herauszufinden, am besten mit einer Resonanzaussage. Diese könnte zum Beispiel lauten: „Hallo Herr Meyer, ich freue mich Sie zu sehen und hoffe sehr, dass ich Ihren Namen auch korrekt geschrieben habe, ansonsten würde ich im Erdboden versinken. Falls er nicht richtig ist, entschuldige mich in aller Form dafür.“ Die Wahrscheinlichkeit, dass der Kunde nach dieser Aussage noch ärgerlich ist, liegt bei 50 Prozent. In diesem Moment ist es also wichtig, den emotionalen Zustand des Kunden zu beruhigen und ihm zu signalisieren, dass Sie seine Emotion wahrgenommen haben.

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Gehen wir in diesem Beispiel weiter davon aus, dass Sie den Namen falsch geschrieben haben und der Kunde dies kritisiert, Sie berichtigt und dabei erneut die Emotion Ärger zeigt. In dem Fall sollten Sie diese Emotion im weiteren Gesprächsverlauf aufgreifen und ansprechen. Sie könnten hier zum Beispiel antworten: „Ich entschuldige mich in aller Form bei Ihnen für diesen Fehler, dadurch möchte ich in gar keinem Fall respektlos wirken. Mir ist durchaus bewusst, dass sich so etwas nicht gehört und ich Sie dadurch verärgert habe. Das tut mir sehr leid.“ Mit dieser Aussage beruhigen Sie das emotionale Gehirn Ihres Kunden. Denn Sie haben, wie bei dem Rumpelstilzchen-Effekt beschrieben, die Emotion benannt und ihr damit die Kraft genommen. An diesem Punkt sollten Sie sich entweder die Mühe machen, den Namen zu ändern oder ihn wegwischen. Die Variante, die vermutlich besser ankommt und wertschätzender ist, ist die, den Namen nun richtig zu schreiben. Korrigieren Sie dies ebenfalls in Ihren Unterlagen, sofern der Name dort auch falsch vermerkt ist. Machen Sie sich eine Notiz, dass der Name falsch an der Tafel stand und sagen Sie Ihrem Kunden, dass Sie sich nach dem Termin darum kümmern werden, dass der Fehler auch im Computer behoben wird. Damit signalisieren Sie Ihrem Kunden, dass Sie sich sehr wohl mit diesem Thema auseinandersetzen und Ihre Entschuldigung nicht nur eine Floskel ist.

 ituation D: Der erste unangenehme persönliche Kontakt bei S Ihrem Kunden Für dieses Beispiel kommen wir wieder zu Ihrem Kunden an die Haustür. Sie haben sich natürlich die Schuhüberzieher übergestülpt, haben geklingelt und die Dame des Hauses öffnet Ihnen die Tür. Sie freut sich herzlich, zumindest empfinden Sie das so, und bittet Sie hinein. Sie folgen dieser Bitte und gehen lächelnd in die Wohnung oder in das Haus der Kundin hinein. Kurz darauf kommt auch der Ehemann hinzu, der Sie mit einer sehr pro-­ aktiven Körpersprache und einem sehr festen Händedruck begrüßt und dabei die Emotion Verachtung zeigt. An dieser Stelle können wir erneut nur interpretieren, warum uns der Kunde diese Emotion zeigt. Entweder, weil Sie nicht seinen äußerlichen Erwartungen entsprechen, oder weil Sie wenige Momente zu spät sind. Es kann aber auch sein, dass für ihn die Chemie nicht stimmt oder er generell Vorbehalte gegenüber VertriebsmitarbeiterInnen oder VerkäuferInnen hat. Sie wissen es zu diesem Zeitpunkt nicht und daher empfehle ich Ihnen in solch einer Situation, keine Resonanzaussage zu treffen, sondern die Emotion weiterhin im Blick zu behalten. Wenn der Kunde jedes Mal Verachtung zeigt, während entweder Sie sprechen oder er Sie anspricht, dann kann er Sie offensichtlich auf den ersten Nasenfaktor hin nicht leiden. Das ist erst einmal nichts Schlimmes, kann aber schlimm werden. Achten Sie deshalb darauf, ob das häufige Auftreten der Emotion Verachtung, die sich durch einseitiges Mundwinkel-­Einpressen äußert, vielleicht auch zu seiner mimischen Baseline gehört. Wenn dem so ist, dann dürfen Sie diese Emotion nicht bewerten. Zeigt sie sich allerdings wie oben beschrieben immer wieder, während Sie gemeinsam miteinander reden, dann

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stellen Sie an diesem Punkt die Frage, ob es für den Kunden in Ordnung ist, wenn nicht Sie persönlich ihn weiterhin betreuen oder beraten, sondern nach diesem Termin ein anderer Kollege übernimmt. Gehen Sie dann in jedem Fall auf die Emotion ein, denn die Wahrscheinlichkeit ist sehr hoch, dass er Sie nicht akzeptiert, entweder in Ihrer Kompetenz oder in Ihrem gesellschaftlichen Status. Geht es um den Faktor Kompetenz, dann wird Ihnen der Kunde sagen, dass es okay ist. Geht es um den Faktor des gesellschaftlichen Status Ihres Berufes, so wird er vermutlich keinen großen Wert auf einen Wechsel legen. Versuchen Sie hier, den Wünschen des Kunden gerecht zu werden und achten Sie dabei bitte auch zwingend auf weitere Gesprächspartner und deren Reaktion. Denn die Beziehungsdynamik zwischen den jeweiligen Gesprächspartnern, die Ihnen gegenübersitzen, spielt ebenso eine Rolle. Ist es ein Ehepaar, so ist die Frage, wer mit seinem Verhalten dominanter auf Sie wirkt und damit vermutlich der Hauptentscheider in dieser Konstellation ist. Es besteht deshalb auch die Möglichkeit, dass die Frau, die Sie am Anfang so herzlich begrüßt hat, einschreitet und sagt: „Nein, das wäre sehr schade, ich würde mich freuen, wenn Sie als Berater an unserer Seite bleiben.“ Ist die Frau der dominierende Part, dann wird das auch in Ordnung gehen, wenn Sie die Beratung beziehungsweise den Verkaufsprozess weiterhin begleiten. Wenn die Frau jedoch eher nicht das Sagen hat, dann werden sie und ihr Mann im Anschluss Ihres Termins vermutlich darüber sprechen. Da es ja der erste Kontakt zu Ihren Kunden ist, gehe ich davon aus, dass eine weitere Nachbetreuung stattfinden wird, wie auch immer diese aussieht. Sie können zum Beispiel einen Tag später anrufen und am Telefon nachfühlen, wie genau der Wunsch der Kunden nun aussieht und wie sie sich bzgl. Ihrer Personalie entschieden haben. Egal wie der Entschluss ausfällt, versuchen Sie hier in jedem Fall den Kundenwünschen entgegenzukommen. Wie zuvor beschrieben bringt es nichts, wenn Ihr Kunde Ihren sozialen oder beruflichen Status nicht akzeptiert, denn er wird dann nicht bei Ihnen kaufen. Denken Sie hierbei an den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens, in dem Sie angestellt sind, denn demgegenüber haben Sie ebenfalls eine Verpflichtung zu erfüllen. Ihre Aufgabe ist es, für Umsatz zu sorgen und damit auch Arbeitsplätze zu sichern. Exkurs Geruchssinn Ist der Geruchssinn für einen Verkaufsprozess oder das Wissen darüber für mich als Verkäufer wichtig? JA. Denn der Geruchssinn beeinflusst unser Verhalten am direktesten. Die Informationen, die unsere Nase an das Gehirn weitergibt, werden schneller verarbeitet als alle anderen Sinneseindrücke, die wir sonst aufnehmen. Der Thalamus, der größte Teil unseres Zwischenhirns, ist normalerweise die erste Umschaltstation auf dem Weg zur Hirnrinde (Kortex) und damit zum bewussten Wahrnehmen. Beim Riechen ist es jedoch anders. Der vorher beschriebene Weg über die Hirnrinde wird von der Nase nahezu umgangen. Interessant dabei ist, dass die Informationen, die unsere Nase erfasst, direkt in das limbische System weitergeleitet werden und somit unmittelbar unser emotionales Gehirn beeinflussen. Erst danach gehen sie den Weg, den alle anderen Sinneseindrücke nehmen. Evolutionär ist es zum Beispiel so, dass wir an „vermutlich“ Verdorbenem zuerst einmal riechen und uns dann entscheiden, ob wir es wegschmeißen oder noch essen können. Wir überprüfen vorab also durch unsere Nase, ob gegebenenfalls eine Gefahr vorliegt, in diesem Fall eine Vergiftung – und fällen auf dem allerschnellsten Weg ein Urteil. Damit grenzt sich die Nase von allen anderen Sinnesorganen ab.

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Nehmen wir zum Vergleich das bereits einen Tag alte Hackfleisch vom Metzger vor Ort, das wir, bevor wir es anbraten wollen, noch einmal auf Frische kontrollieren, indem wir mit der Nase daran riechen. Das tun wir, weil es in der Regel so ist, dass Hackfleisch, das schon mindestens einen Tag im Kühlschrank lag, etwas grau wird. Wir können natürlich auch ein Stück Tofu vom Bioladen ohne Verpackungsmaterial nehmen, auf dem die Information des Mindesthaltbarkeitsdatums fehlt. Warum schreibe ich das? Haben Sie sich schon einmal die Frage gestellt, ob es in Ihrer Ausstellung gut riecht? Oder haben Sie sich schon mal Gedanken darüber gemacht, wie Ihr Parfüm auf Ihren Kunden wirken könnte? Ist Ihnen bewusst, was Sie mit angenehmen Gerüchen erreichen könnten? Aktuell gibt es leider keine wissenschaftliche Grundlagenforschung darüber, welcher Duft eventuell bei jedem Menschen gleichermaßen gut ankommt. Es gibt derzeit nur Präferenzen und Ideen von Experten, jedoch keine wissenschaftlichen Fakten. Daher ist es auch nicht möglich zu empfehlen, welche Düfte richtig auf Ihren Kunden wirken und welche nicht. Was wir jedoch wissen, ist, dass die Informationen aus dem, was wir riechen, im limbischen System verarbeitet werden und somit in unserem emotionalen Gehirn. Dieser Teil des Gehirns entscheidet in Bruchteilen einer Sekunde, ob wir den Geruch, den wir gerade wahrnehmen, mit etwas Anderem verbinden, was wir erlebt oder erfahren haben und er uns deshalb emotional aufwühlt oder nicht. Nehmen wir das Beispiel, dass Sie mit Freunden unterwegs sind. Es ist ein netter Abend im Sommer, der sich dem Ende neigt und Sie verabschieden sich und entscheiden, zu Fuß nach Hause zu gehen, weil es so eine schöne laue Nacht ist. Sie sind allein unterwegs und werden auf dem Heimweg überfallen. Der Verbrecher, der Sie angreift, trägt einen sehr markanten Duft, der Ihnen bekannt ist. Zu einem deutlich späteren Zeitpunkt sind Sie mit Ihren Freunden in einer Fußgängerzone zum Shoppen verabredet. Während Sie auf dem Weg zum vereinbarten Treffpunkt sind, läuft vor Ihnen ein junger Mann, der nach diesem Parfüm riecht, das auch der Verbrecher trug, der Sie überfallen hat. Sie treffen auf Ihre Freunde und sagen: „Der Typ, der eben vor mir gelaufen ist, hat genauso gerochen wie der Typ, der mich überfallen hat.“ Wir können uns auch noch einen wahrscheinlicheren Fall ansehen, zum Beispiel den Geruch im Zuhause unserer Großeltern. Dort ist es hoffentlich für Sie immer schön gewesen, bei mir zumindest war es glücklicherweise so. Wenn ich daher in eine Ausstellung komme, in der es genauso riecht wie bei meinen Großeltern, dann verknüpfe ich persönlich diesen Geruch mit etwas Vertrautem, jedoch nicht mit Innovationen oder mit Situationen, in denen ich etwas Neues erworben habe. Daher ist es immer wichtig, wie es in den Räumlichkeiten duftet. Um herauszufinden, welche Düfte Ihr Kunde gern mag, könnten Sie in Ihrer Bedarfsanalyse entweder bewusst danach fragen, oder Sie streuen es beiläufig bei einem Small Talk ein. Die ­Antworten sind jedoch Gold wert. Denn dadurch können Sie beispielsweise gezielt mit hochwertigen Ölen arbeiten und bei den nächsten Gesprächen Aroma Diffuser aufstellen. Ich selbst greife regelmäßig in meinen Räumlichkeiten auf diese Methode zurück und rate es daher auch meinen Klienten. Im Allgemeinen nutze ich dabei Duftöl-Mixe wie Grapefruit-Salbei oder Zitrusfrüchte, weil diese belebend wirken, die Stimmung heben und Kraft schenken. Was können wir jedoch in Hinblick auf das Parfüm tun, welches wir selbst tragen? Hier können Sie folgende Faustregel anwenden: Wenn Sie häufig, und damit meine ich in circa 90 Prozent Ihrer Kundentermine, positiv auf Ihr Parfüm angesprochen werden, dann nutzen Sie es auch weiterhin. Sollte Ihr Duft jedoch selten ein Thema sein, dann lassen Sie es idealerweise weg. Denn häufig meinen es VertreterInnen, MaklerInnen, BeraterInnen, Verkaufs- oder VertriebsmitarbeiterInnen gerade am Morgen etwas zu gut mit ihrem Parfüm und das kann unter Umständen aufdringlich wirken. Sie dürfen nicht vergessen, dass der Geruchssinn unser Verhalten auf dem direktesten Weg beeinflusst und somit für Sie als VerkäuferIn, neben Ihrer Empathie, Ihrer emotionalen Intelligenz sowie Ihrer fachlichen Kompetenz, eine zentrale Rolle spielt, da er sich im Gedächtnis Ihres Kunden manifestieren wird. Im besten Fall lösen Sie mit Ihrem Parfüm oder dem Geruch in Ihren Ausstellungsräumen bzw. im Büro die Emotion Freude aus. Im schlechtesten Fall findet Ihr Kunde es eklig. Be-

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denken Sie das bitte immer, wenn Sie Ihr Parfüm auftragen. Weniger kann manchmal viel mehr sein. Manche Kunden haben einen sehr ausgeprägten Geruchssinn und Sie wissen nie, auf welche Gerüche oder Parfüme er angenehm oder unangenehm berührt reagiert. Versuchen Sie deshalb möglichst, vor dem ersten Kontakt und Small Talk eine geruchsneutrale oder parfümfreie Entscheidung zu treffen oder setzen Sie auf bewährte Mischungen wie Grapefruit-Salbei und Zitrone. Wenn Sie danach etwas über seine Duftvorlieben herausgefunden haben, können Sie sich beim zweiten Kontakt bewusst darauf vorbereiten. Achten Sie bei der Ausführung jedoch darauf, dass Sie hochwertige Öle verwenden, denn sonst entsteht unter Umständen schnell ein ranziger Geruch. Es gibt auf diesem Gebiet bislang nur wenige Anbieter, die extrem hohe Qualitätsansprüche haben. Einer davon ist der Duftexperte Daniel Hogen, mit dem ich beispielsweise zusammenarbeite. Wenn Sie sich dazu entschließen, spezielle Öle einzusetzen, fragen Sie Ihren Kunden im Anschluss des Termins gern, welche Düfte er als angenehm oder unangenehm empfand und bauen Sie diese Methode aus. Das erste Zusammentreffen mit dem Kunden sollte in jedem Fall perfekt sein und mit allen Sinnen positiv aufgenommen werden, auch mit dem Geruchssinn. Sie haben nur 100 Millisekunden Zeit, um ein Gesamtbild von sich selbst zu präsentieren, welches Ihr Kunde entweder optisch, mimisch, nonverbal oder vom Geruch her bewertet. Nutzen Sie jegliches Wissen, um einen perfekten ersten Eindruck bei Ihrem Kunden zu hinterlassen.

Die einzelnen Emotionen im Überblick Nachfolgend finden Sie eine erste Übersicht über die bereits erwähnten Primäremotionen und woran Sie diese bei Ihrem Gegenüber nonverbal erkennen können. Das Wissen darüber hilft Ihnen, in den einzelnen Verkaufsmomenten angemessen auf Ihren Kunden zu reagieren.

Alles auf einen Blick: Die Primäremotion Überraschung Auf dem linken Bild sehen Sie einen neutralen Gesichtsausdruck und rechts die Primäremotion Überraschung. Alle nachfolgenden Beschreibungen sind wissenschaftlich belegt und entstammen der Mimikresonanz®-Profibox [1] (Abb. 12.1). Das ABC der Primäremotionen oder „Der Emotionsdreiklang“ A) Der Auslöser: „ etwas ist neu und völlig unerwartet“ Beispiel: Ihr Kunde kommt in die Ausstellung und sieht eine Kreidetafel mit seinem Namen darauf. Solch eine Tafel hat er absolut nicht erwartet. B) Die Funktion: „Gewinnen von zusätzlichen Informationen, um sich zu reorientieren“ C) Das Bedürfnis: „Orientierung“ Damit Sie sich ein umfassenderes Vokabular an Emotionsbegriffen aufbauen können, liste ich Ihnen hier einige zusätzliche Gefühlsbeschreibungen der Emotion auf, die dem Mimikresonanz®-Gefühlsrad entnommen sind. Die Fähigkeit, sich differenziert auszudrücken, hilft Ihnen dabei, die Emotionen bei Ihrem Kunden auch in der richtigen Intensität anzusprechen (von links nach rechts stärker werdend): verwundert, erstaunt, verblüfft, baff, überrascht, perplex, sprachlos, vom Blitz getroffen.

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Abb. 12.1  Gesichtsausdruck: neutral versus überrascht. (Quelle: Eilert, Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020)

Die Primäremotion Überraschung erkennen Sie an folgenden Bewegungen in der Mimik Ihres Kunden Die Augenbrauen werden beide hochgezogen, die oberen Augenlider werden ebenfalls hochgezogen und der Unterkiefer wird fallengelassen, meist mit offenem Mund (Tab. 12.1). Was Sie noch über die Emotion wissen sollten • Da es sich bei Überraschung um eine rein mimische Primäremotion (PFE) handelt, zeigen sich die Kern-Bewegungen ausschließlich im Gesicht eines Menschen. • Die drei beschriebenen Kernbewegungen müssen nicht immer gemeinsam auftreten. Entscheidend bei dieser Emotion ist das kurze Einfrieren der gesamten Körperbewegung* oder ein Spannungsabfall in der mimischen Muskulatur. Dieser sogenannte FreezeMoment wird auch als P300-Effekt bezeichnet: Sämtliche Aufmerksamkeit wird auf die Einordnung des unerwarteten Reizes gerichtet (Orientierungsreaktion), dadurch fällt die motorische Spannung für einen kurzen Augenblick ab. • Generell zeigt sich ein echter Ausdruck von Überraschung maximal ein bis zwei Sekunden. Wenn ein Kunde diese Emotion länger zeigt, ist sie in der Regel künstlich erzeugt. • Diese Emotion ist geprägt durch eine Annäherungsmotivation und sorgt dafür, dass sich bei Ihrem Kunden im wahrsten Sinne des Wortes die Augen öffnen, um die unerwarteten Eindrücke auch voll erfassen zu können und sie so zu verarbeiten. • Die Emotion Überraschung wird häufig mit der Emotion Angst verwechselt, da sich die mimischen Signale sehr ähneln.

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Tab. 12.1  Die nonverbalen Merkmale der Überraschung (Quelle: Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020) Ergänzende nonverbale Merkmale Mimik: schnelles Blinzeln, tritt meist nach der Überraschungsexpression auf Kopf- und Die Emotion Überraschung kann Bewegungen des Kopfes oder des Körperhaltung: Körpers nach vorne auslösen. Allerdings besteht auch die Möglichkeit, dass der Kopf oder der Körper sich leicht zurückbewegt, kombiniert mit dem Aufrichten des Körpers. Psychophysiologie: Es wird eingeatmet und anschließend wird der Atem kurz angehalten. Stimme: Die Tonlage ist aufgrund des gesteigerten Arousals eher höher. Zum Beispiel hören Sie „Ooooh“-Geräusche.

*Dieses Zeichen ist zuverlässig und reicht aus, um die beschriebene Primäremotion zu erkennen.

Alles auf einen Blick: Die Primäremotion Ärger Auf dem linken Bild sehen Sie wieder den neutralen Gesichtsausdruck, das rechte Bild zeigt die Primäremotion Ärger. Die folgenden Beschreibungen sind auch hier alle wis­ senschaftlich belegt und entstammen der Mimikresonanz®-Profibox [1] (Abb. 12.2). Das ABC der Primäremotionen oder „Der Emotionsdreiklang“ A) Der Auslöser: „Zielhindernis, Unrecht, Werteverletzung“ Beispiel: Sie haben einen Termin bei einem Kunden vor Ort. Sie kommen ca. 20 Minuten zu spät, ohne dies anzukündigen. Beim Eintreffen sagt Ihnen der Kunde, dass er noch einen Anschlusstermin hat und er hofft, diesen pünktlich wahrnehmen zu können. Dabei könnte er, da sein Ziel pünktlich zu sein durch Sie vielleicht gefährdet wurde, die Emotion Ärger zeigen. B) Die Funktion: „Zielhindernisse beseitigen“ C) Das Bedürfnis: „Selbstwirksamkeit“ Das Mimikresonanz®-Gefühlsrad liefert für die Emotion Ärger zusätzlich diese Vokabeln (von links nach rechts stärker werdend): frustriert, ungehalten, sauer, entrüstet, empört, aufgebracht, wütend und zornig. Die Primäremotion Ärger erkennen Sie an folgenden Bewegungen in der Mimik Ihres Kunden: Die Augenbrauen werden zusammengezogen und die Oberlider werden hochgezogen: diese beiden Komponenten zusammen ergeben „den stechenden Blick*“. Dieser Blick kann für sich genommen auch ein Hinweis auf einen bevorstehenden Angriff sein. Bei der reinen Emotion Ärger können die beiden Signale jedoch auch vereinzelt auftreten. Weitere Erkennungsmerkmale für Ärger sind ein Anspannen der unteren Augenlider sowie ein Zusammenpressen oder ebenfalls Anspannen der Lippen*.

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Abb. 12.2  Gesichtsausdruck: neutral versus verärgert. (Quelle: Eilert, Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020) Tab. 12.2  Die nonverbalen Merkmale von Ärger (Quelle: Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020) Ergänzende nonverbale Merkmale Mimik: aufgeblähte Nasenflügel, heruntergezogene Unterlippe, Unterkiefer ist nach vorne geschoben, Kiefer ist angespannt Kopfhaltung: Der Kopf bewegt sich nach vorne. Gestik: Die redebegleitenden Gesten nehmen zu, insbesondere Rhythmusgesten sowie Zeigegesten mit ausgestrecktem Zeigefinger. Fuß- und Der Gang wird schneller, die Schritte werden größer, der Armschwung Beinverhalten: und das Fußgewicht (stampfen) nehmen zu. Körperhaltung: Der Oberkörper wird nach vorne gelehnt, es zeigen sich eine hohe Muskelspannung im gesamten Körper, zum Beispiel in Form von geballten Fäusten, und deutlich kraftvollere Bewegungen. Psychophysiologie: Die Atmung ist beschleunigt oder teils auch angehalten, Die Herzfrequenz steigt an, Zittern, Erröten, erweiterte Pupillen. Stimme: allgemein ein härterer Tonfall; heißer Ärger: eine höhere, lautere und schnellere Stimme; kalter Ärger: eher tieferer und lauterer Tonfall sowie gleichbleibende Sprechgeschwindigkeit

*Dieses Zeichen ist zuverlässig und reicht aus, um die beschriebene Primäremotion zu erkennen (Tab. 12.2).

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Was Sie noch über die Emotion wissen sollten • Da es sich bei Ärger um eine rein mimische Primaremotion (PFE) handelt, zeigen sich die Kern-Bewegungen ausschließlich im Gesicht eines Menschen. • Aufgrund von sozialen Normen (Männer möchten gerne dominanter wirken) drücken Männer weitaus häufiger Ärger aus als Frauen. • Männer, die eher extravertiert sind, zeigen häufiger Ärger in ihrem nonverbalen Aus­druck. • Bei der Emotion Ärger ist die gesamte Handlungsenergie darauf gerichtet, das Zielhindernis zu beseitigen. • Die Emotion Ärger ist außerdem ein Warnsignal und sollte im Verkaufsprozess immer durch eine Resonanzaussage oder eine Frage beseitigt werden. Stellen Sie sich gern selbst die Frage, ob Sie mit dieser Emotion Lust hätten, einen Kaufabschluss zu tätigen. Vermutlich lautet die Antwort Nein, daher ist es für Ihr Verkaufsgespräch von Vorteil, wenn Sie diese Emotion auch bei Ihrem Kunden lösen. Tun Sie das nicht, lassen Sie einen eventuellen emotionalen Stressfaktor unberücksichtigt und der Kunde wird Ihren Kaufvertrag nicht unterschreiben. So könnten Sie Ihren Kunden auf die Emotion ansprechen • „Entschuldigen Sie bitte, ich habe den Eindruck, dass ich gerade etwas Falsches gesagt oder getan habe.“ • „Mir kommt es so vor, als ob ich etwas über das eigentliche Ziel hinausgeschossen bin.“ • „Ich habe das Gefühl, damit sind Sie nicht einverstanden.“ • „Kann es sein, dass ich Sie verärgert habe?“ • „Ich habe den Eindruck, Sie sind frustriert/verärgert/aufgebracht/etc. pp.“

Alles auf einen Blick: Die Primäremotion Verachtung Das linke Bild demonstriert die Emotion Verachtung, auf dem rechten Bild sehen Sie die Mischemotion Verachtung/Ekel. Alle anschließenden Ausführungen sind wissenschaftlich belegt und entstammen der Mimikresonanz®-Profibox [1] (Abb. 12.3). Das ABC der Primäremotionen oder „Der Emotionsdreiklang“ A) Der Auslöser: „unmoralische Handlung, mangelhafte Leistung“ Beispiel: Sie erzählen Ihrem Kunden einen Witz, der völlig unangebracht ist. Oder Sie kommen zu spät zum Kunden, ohne die Verspätung anzukündigen und entschuldigen sich dann bei der Ankunft nur ganz lapidar dafür. B) Die Funktion: „Überlegenheit wahren“ C) Das Bedürfnis: „Selbstbewusstsein“ (sich seiner selbst bewusst sein, zum Beispiel seiner Stärken als Verkäufer)

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Abb. 12.3  Gesichtsausdruck: Verachtung versus Verachtung/Ekel. (Quelle: Eilert, Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020)

Weitere Gefühlsbeschreibungen der Emotion nach dem Mimikresonanz®-Gefühlsrad (von links nach rechts stärker werdend): überlegen, missbilligend, hochmütig, spöttisch, geringschätzend, herablassend, missachtend und verhöhnend. Die Primäremotion Verachtung erkennen Sie an folgenden Bewegungen in der Mimik Ihres Kunden: Einseitiges Einpressen des Mundwinkels* (siehe linkes Bild). Zeitgleich kann der Blick von der verachteten Person abgewendet werden (der Volksmund sagt dazu auch: jemanden keines Blickes würdigen), häufig durch Augenrollen signalisiert. Allerdings reicht das einseitige Einpressen des Mundwinkels aus, um verlässlich die Emotion Verachtung zu identifizieren. Die Sonderformen von Verachtung • einseitiges Hochziehen der Oberlippe (siehe Bild rechts): Das Bild zeigt die Mischemotion bestehend aus Verachtung und Ekel an. Dieses emotionale Muster ist ein Beziehungskiller-­Signal. Wenn dieses Signal, wie in dem Beispiel des unangenehmen ersten persönlichen Kontaktes beim Kunden zu Hause, sehr häufig auftaucht während Sie mit dem Kunden reden oder er mit Ihnen redet, ist es zu empfehlen, dass Sie sich als Verkäufer oder Berater austauschen und einen Kollegen ins Spiel bringen, damit Sie den Auftrag zumindest noch für das Unternehmen gewinnen können und Sie somit Ihrer sozialen Verantwortung nachkommen. • Das einseitige Lächeln: Dieses mimische Signal drückt eine Überlegenheit aus. Der Fokus liegt hier nicht auf der sozialen Abwertung Ihres Gegenübers, sondern auf der eigenen Aufwertung. Dirk W.  Eilert bezeichnet diesen Ausdruck auch als „Böse-

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wichts“-Lächeln. Zu diesem Schluss ist er gekommen, weil sich in Kriminalfilmen häufig beobachten lässt, dass jemand etwas Böses im Schilde führt, wenn er einseitig lächelt. • Beide Mundwinkel werden beidseitig eingepresst und die Augenbrauen hochgezogen: Dies sind Anzeichen für die Emotion Verachtung mit einer leichten Ärger-Komponente, im Sinne von genervt sein (Tab. 12.3). Was Sie noch über die Emotion wissen sollten • Da es sich bei Verachtung um eine rein mimische Primäremotion (PFE) handelt, zeigen sich die Kern-Bewegungen ausschließlich im Gesicht eines Menschen. • Verachtung ist gekennzeichnet durch eine Vermeidungsmotivation. • Verachtung hemmt die eigene Empathie, sofern die Verachtung dysfunktional ist. Dysfunktionale Verachtung zeigt sich am häufigsten durch chronisches Lästern. • Verachtung bezieht sich stets auf eine Person und nie auf ein Objekt. • Verachten wir unser Gegenüber, fühlen wir uns ihm überlegen und besser als er. • Verachtung wird im Gegensatz zu Ekel als angenehm empfunden. • Männer zeigen mehr Verachtung als Frauen. So könnten Sie Ihren Kunden auf die Emotion ansprechen Generell gilt hier der Grundsatz: Nicht ansprechen, aber beobachten. Sollte die Emotion in zehn Minuten Gesprächszeit häufiger auftauchen, zusätzlich vielleicht noch zu Ärger oder Ekel, dann ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass der Nasenfaktor nicht stimmt. Ich empfehle Ihnen in diesem Fall wieder, sich als Verkäufer oder Berater auszutauschen, um den Erfolg des Auftrages für das Unternehmen nicht zu gefährden. Bitte gehen Sie am besten so vor, wie es in dem Beispiel des unangenehmen ersten Kontaktes bei dem Kunden zu Hause beschrieben ist. Tab. 12.3  Die nonverbalen Merkmale von Verachtung (Quelle: Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020) Ergänzende nonverbale Merkmale Mimik: Augenbraue einseitig hochgezogen Kopfhaltung: Der Kopf wird in den Nacken gelegt. Ist der Kopf hingegen gesenkt, richtet sich die Verachtung in der Regel gegen die eigene Person. Gestik: abwinkende Handbewegung als metaphorische Geste (Diese Gesten gehören zu den sogenannten Illustratoren. Sie sind redebegleitende Gesten, die das gesprochene Wort ersetzen.) oder Kopfschütteln als Emblem (Embleme sind körpersprachliche Ausdrücke, für die es eine direkte Übersetzung gibt. Sie können jedoch kulturell verschiedene Bedeutungen haben.) Körperhaltung: aufrechte Körperhaltung: Ist die Körperhaltung hingegen eingefallen, richtet sich die Verachtung in der Regel gegen die eigene Person. Stimme: eher tiefer; selbstgefällige „tsssss“-Geräusche mit der Zunge Interpersonelles nonverbales Abwenden Bewegungsverhalten:

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Alles auf einen Blick: Die Primäremotion Freude Auf dem linken Bild ist wieder der neutrale Gesichtsausdruck zu erkennen, auf dem rechten Bild sehen Sie die Primäremotion emotional ausgelöste Freude (Abb. 12.4).

Abb. 12.4  Gesichtsausdruck: neutral versus Freude. (Quelle: Eilert, Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020)

Abb. 12.5  Gesichtsausdruck: neutral versus dem Höflichkeitslächeln. (Quelle: Eilert, Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020)

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Von der emotional ausgelösten Freude ist die motorisch ausgelöste Freude oder auch die soziale Freude abzugrenzen, hier rechts neben dem neutralen Gesichtsausdruck abgebildet. Sie kann bewusst eingesetzt werden und wird deshalb auch gern als Höflichkeitslächeln bezeichnet. Die emotional ausgelöste Freude hingegen geschieht unbewusst und gilt deshalb als „echte Freude“. Es folgen erneut die wissenschaftlich belegten Beschreibungen aus der Mimikresonanz®-Profibox [1]. Das ABC der Primäremotionen oder „Der Emotionsdreiklang“ A) Der Auslöser: „Zielerreichung, Wunscherfüllung, Bedürfnisbefriedigung“ Beispiel: Ihr Kunde wartet mehrere Wochen oder Monate auf sein Produkt. Durch die Lieferung wird zum einen das Ziel erreicht, das Produkt endlich zu besitzen. Zeitgleich wird dadurch vielleicht ein langersehnter Wunsch erfüllt, wodurch zusätzlich ein Bedürfnis wie beispielsweise die Statuserhöhung befriedigt wird. B) Die Funktion: „Zukunftsmotivation, Kooperation“ C) Das Bedürfnis: „Leichtigkeit“ Weiteres Emotionsvokabular nach dem Mimikresonanz®-Gefühlsrad (von links nach rechts stärker werdend): befriedigt, amüsiert, erfreut, heiter, zufrieden, entzückt, begeistert und glücklich. Die Primäremotion Freude erkennen Sie an folgenden Bewegungen in der Mimik Ihres Kunden Die Augen lachen: Das ist insbesondere dadurch erkennbar, dass sich die Augendeckfalten absenken. Diese sind nicht zu verwechseln mit den Krähenfüßchen, die sich auch allein durch ein starkes Lächeln bilden können und damit kein zuverlässiges Zeichen für echte Freude sind. Lediglich das Absenken der Augendeckfalte zeigt die wahrhaft erlebte und emotional ausgelöste Freude. Außerdem kann zusätzlich ein Lächeln auftreten, welches dadurch gekennzeichnet ist, dass die beiden Mundwinkel beidseitig hochgezogen werden. Diese beiden Zeichen (abgesenkte Augendeckfalten und beidseitig hochgezogen Mund­ winkel) sind zuverlässig und reichen aus, um die beschriebene Primäremotion oder das soziale Lächeln zu erkennen (Tab. 12.4). Was Sie noch über die Emotion wissen sollten • Da es sich bei Freude um eine rein mimische Primaremotion (PFE) handelt, zeigen sich die Kern-Bewegungen ausschließlich im Gesicht eines Menschen. • Frauen zeigen nonverbal im Vergleich zu Männern nicht nur mehr Freude, sie lächeln auch deutlich häufiger und vor allem länger. • Menschen mit der Persönlichkeitseigenschaft Extraversion zeigen mehr Freude in ihrem nonverbalen Ausdruck. • Wenn wir die Emotion Freude empfinden, haben wir spürbar sowie messbar mehr Kraft.

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Tab. 12.4  Die nonverbalen Merkmale der Freude (Quelle: Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020) Ergänzende nonverbale Merkmale Kopfhaltung: Der Kopf bewegt sich nach vorne, um sich dem Ziel oder dem Objekt der Befriedigung anzunähern. Gestik: Die redebegleitenden Gesten nehmen zu. Es zeigen sich AntiGravitationsgesten, wie zum Beispiel das Anheben der Schultern beim Lachen. Fuß- und Beinverhalten: Der Gang wird schneller mit längeren und leichteren Schritten sowie größerem Armschwung. Körperhaltung: Die Körperhaltung ist aufrecht, der Oberkörper ist vorgelehnt. Psychophysiologie: Die Atmung ist beschleunigt, der Herzschlag ist erhöht. Typischerweise werden die Hände wärmer und die Pupillen erweitern sich. Stimme: Die Stimme wird höher und auch lauter sowie melodischer. Das Sprechtempo wird schneller.

• Die Emotion Freude ist allen voran eine Annäherungsmotivation. Je häufiger Ihr Kunde Freude mit Ihnen erlebt, desto mehr sucht er Ihre Nähe. • Die Emotion Freude steigert durch das Dopamin auch den Optimismus und sorgt dafür, dass zukünftige Risiken unterschätzt werden. So könnten Sie Ihren Kunden auf die Emotion ansprechen • „Gehe ich recht in der Annahme, dass Sie dabei sind?“ • „Ich denke, wir haben das richtige für Sie gefunden oder was meinen Sie?“ • „Ich habe das Gefühl, das ist es, oder?“ • „Schön zu sehen, dass Sie sich darüber freuen.“ Exkurs „Die Weiterempfehlungsfrage bei emotionaler Freude während der Beratung“ „Darf ich fragen, ob Sie bis hierhin zufrieden sind?“ Bei einem Ja des Kunden können Sie entgegnen: „Würden Sie uns dann auch weiterempfehlen?“ Wir Deutschen empfehlen unseren Freunden, Bekannten, Arbeitskollegen oder Nachbarn generell immer nur das Beste weiter. Warum wir das tun, liegt auf der Hand, denn wir wollen ja nicht, dass uns unsere Freunde empört zurechtweisen, wenn sie negative Erfahrungen mit unserer Empfehlung machen. Umso früher der Kunde also die Frage nach der Weiterempfehlung positiv beantwortet, umso besser ist es für Sie. Denn unbewusst sagt der Kunde damit, dass die Beratung, die er bis dahin von Ihnen bekommen hat, die Beste ist. Es ist also eine innerliche Zustimmung, dass er zufrieden ist. Die Frage nach der Weiterempfehlung stellen Sie jedoch bitte nur, wenn Sie vermehrt und mindestens fünfmal in einer Stunde die wahrhaft erlebte und emotional ausgelöste Freude bei Ihrem Kunden erkennen. Das allerdings ist eine große Herausforderung, da sich auch bei einem motorischen, also bewusst eingesetzten Lächeln wie bereits beschrieben die Krähenfüßchen bilden, die viele häufig als echte Freude fehlinterpretieren. Ich möchte Ihnen deshalb verdeutlichen, wie Sie die Krähenfüßchen von der sogenannten Augendeckfalte unterscheiden. Nehmen Sie bitte Ihren Zeigefinger und Ihren Daumen und bilden Sie beide Finger zu dem in unserer Kultur geltenden Emblem für „alles in Ordnung“. Formen Sie also mit dem Daumen

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und dem Zeigefinger ein O oder eine Null. Legen Sie dieses O oder diese Null nun auf Ihr linkes oder rechtes Auge, sodass Sie durch das Loch, das Ihre beiden Finger erzeugen, noch durchsehen können. Ihre Finger zeigen Ihnen jetzt den großen Augenringmuskel an, der kontrahiert, wenn die emotional ausgelöste Freude erlebt wird. Die Kontraktion des Augenringmuskels können Sie mit Ihren Fingern dadurch imitieren, dass Sie jetzt Daumen und Zeigefinger zusammendrücken. Ungefähr so müssen Sie sich die Muskelkontraktion vorstellen. Dadurch, dass sich der Muskel zusammenzieht, entsteht eine Absenkung der Augendeckfalte, wie Sie sie auf der Abb. 12.5 erkennen können. Exkurs Fuß- und Beinverhalten Wir haben bereits in dem vorherigen Kapitel erfahren, dass es um das Fuß- und Beinverhalten einen weitverbreiteten Mythos gibt, nämlich, dass sie der ehrlichste Teil des Körpers sind. Dirk W. Eilert hat in der Mimikresonanz®-Profibox bewiesen, dass diese Behauptung wissenschaftlich gesehen falsch ist. Allerdings gibt es zwei Signale, die wichtig sind und die das Fuß- und Beinverhalten Ihres Kunden betreffen: • Fuß- und Beinhaltungen zeigen hauptsächlich das subjektive Statusempfinden an. • Fuß- und Beinbewegungen zeigen primär das Arousal (den Erregungszustand) an. Die Füße und Beine markieren den sozialen Raumanspruch Ihres Kunden. Egal ob Ihr Kunde sitzt oder steht, der Öffnungsgrad seiner Beine zeigt an, wie viel Raum er sich in einer sozialen Situation nimmt. Das Fuß- und Beinverhalten ist somit ein Zeichen für das subjektiv wahrgenommene Statusempfinden Ihres Kunden. Wenn Ihr Kunde hingegen andauernd mit den Füßen wackelt und dies nicht zu seiner Baseline gehört, wäre dies ein Zeichen für erhöhten Stress, da es ein Indiz für ein hohes Arousal ist, also den psychophysischen Erregungszustand. Insgesamt konnten Dirk W. Eilert und sein Forschungsteam nur 31 wissenschaftliche Studien finden, die überhaupt etwas über das Fuß- und Beinverhalten des Menschen untersucht haben. Das Fuß- und Beinverhalten ist somit aktuell am wenigsten erforscht.

Verkaufsmoment zwei: Die Bedarfsanalyse  inführung in die emotional intelligente Bedarfsanalyse E (kurz: EQ-BDA) Eine Bedarfsanalyse zu machen, weckt Vertrauen (abgeleitet von Theodor Dierk Petzold, 2012, Vertrauensbuch, Verlag Gesunde Entwicklung. S. 15–25). Von mir selbst durchgeführte bundesweite Wettbewerbsanalysen für meine Klienten haben jedoch ergeben, dass in der Regel keine persönliche Bedarfsanalyse mit dem Endkunden durchgeführt wird. Mit persönlicher Bedarfsanalyse meine ich Fragen, die nicht nur unbedingt immer das Produkt betreffen, sondern auch die individuellen Präferenzen des Kunden. Geht man auf diese ein, ist davon auszugehen, dass diese Form der Bedarfsanalyse dem Kunden positiv auffällt. Wenn Sie Ihrem Kunden in einem persönlichen Gespräch, auf Mikroebene, das Gefühl geben können, dass Sie ihn verstehen, so sorgt dieses Gefühl dafür, dass Ihr Kunde eine vertrauensvolle Atmosphäre spürt und Ihnen glaubt. Vertrauen wiederum ist das Kit, das die Beziehung zwischen Verkäufer und Kunde zusammenhält und wachsen lässt. Da-

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her ist es maßgeblich für Ihren Verkaufserfolg, dass es Ihnen gelingt, durch Ihre Kommunikation mit dem Kunden seine Sichtweise zu erschließen, bevor Sie ihm Ihren Standpunkt beziehungsweise Ihr Angebot und Ihre Lösung präsentieren. Es ist zwar nicht wissenschaftlich bewiesen, aber wir Menschen wurden evolutionär vermutlich mit zwei Ohren und nur einem Mund ausgestattet, damit wir mehr zuhören als sprechen. Ich persönlich finde, dass dies ein Grundsatz für jeden Verkäufer sein sollte. Denn wenn Sie durch Fragen viel erfahren und auch sehen (in der Mimik), dann stehen Ihre Chancen gut bis ausgezeichnet, dass Sie gemeinsam mit dem Kunden eine partnerschaftliche Zusammenarbeit aushandeln können. Vorausgesetzt Sie nutzen diese Informationen, die Sie hören und sehen und gehen dadurch emotional und persönlichkeitsgerecht auf den Kunden ein. Denken Sie hierbei auch bereits bei der Bedarfsanalyse an das Priming für die Angebotsvorstellung. Das heißt, lenken Sie ihn unbewusst in die richtige Richtung. Mit der Bedarfsanalyse helfen Sie dann dem Kunden, die für ihn richtigen Entscheidungen zu treffen. Sie geben ihm damit das Gefühl, dass Sie zuhören und wahrnehmen, was genau das ist, was sich der Kunde wünscht (siehe auch das Kapitel: Was der Kunde heute von einem persönlichen Beratungs- oder Verkaufsgespräch erwartet).

Sinn und Zweck der emotional intelligenten Bedarfsanalyse Die Bedarfsanalyse soll Sie dabei unterstützen, schnell das Vertrauen vom Kunden zu gewinnen sowie Kunden zu selektieren, die keine konkrete Kaufabsicht verfolgen. Dabei dient diese Selektion dem zeitlichen Schutz sowohl von Ihnen persönlich als auch dem Ihres Kunden. Jährlich entstehen Unternehmen, zum Beispiel in der Bauelemente-­Bran­ che, mehrere Zehntausend Euro Schaden durch den sogenannten Beratungsdiebstahl von Endkunden. Bei diesem Beratungsdiebstahl wird die Beratung sowie das damit verbundene Know-how dann dafür verwendet, später bei Billiganbietern zu kaufen oder die Ware im Internet zu bestellen. Auch bei Versicherungskonzernen, Autohäusern, Küchenanbietern, Möbelfachgeschäften oder ähnlichen Dienstleistungsbranchen ist solch ein Verhalten von Kunden leider gang und gäbe. Deshalb ist es von Vorteil, wenn man von Beginn an im Verkaufsprozess versucht, sich vor solchen Kunden zu schützen und es dann emotional intelligent umsetzt, nicht respektlos oder ohne jegliche Wertschätzung dem Kunden gegenüber. Es gibt beim ersten Kontakt mit dem Kunden generell zwei mögliche Ausgangspositionen: a) der Verkäufer hat ein Produkt, welches sich der Kunde wünscht und auch leisten kann, oder b) der Verkäufer hat ein Produkt, welches sich der Kunde wünscht, aber nicht leisten kann. Durch die Bedarfsanalyse sollen die Kunden herausgefiltert werden, für die sich der zeitliche Aufwand des Angebotsprozesses wirtschaftlich lohnt. Denn diejenigen, die Beratungsdiebstahl begehen, kosten Zeit und Geld. Und damit meine ich ausschließlich solche Kunden, die das vorsätzlich tun und nicht diejenigen, die durch schlechten Service oder schlechte Verkäufer dazu gezwungen worden sind. Dieses Aussieben hat

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auch den weiteren Vorteil, dass die Zeit des Endkunden nicht für eine Fehlberatung verschwendet wird. Bei der Bedarfsanalyse gibt es zwei verschiedene Formen. Die erste ist die „telefonische Voranalyse“, welche verwendet werden kann, um einen Termin zwischen VerkäuferIn und Kunde zu vereinbaren. Diese Voranalyse wird in der Regel durch Mitarbeiter im Backoffice der Verkaufsabteilung durchgeführt, die damit die Termine für den Verkäufer vorbereiten. Allerdings steht es natürlich jedem Verkäufer oder Vertriebsmitarbeiter frei, diese auch selbst durchzuführen. Die zweite Form ist die persönliche Bedarfsanalyse, die der Verkäufer gemeinsam mit dem Kunden beim ersten persönlichen Kontakt (Termin) durchgeht. Eine emotional intelligente Bedarfsanalyse gibt es jedoch bisher in der Vertriebs- oder Verkaufsbranche nicht. Dabei ist es von großem Wert, eine solche mit dem Kunden umzusetzen und auf dessen verbale Reaktionen und mimischen Ausdrücke zu achten, um die Emotionen zu erkennen und gegebenenfalls emotional intelligent darauf zu reagieren. Wenn der Verkäufer Emotionen beim Kunden anspricht, dann fühlt dieser sich besser und das limbische System wird dadurch reguliert. Der Kunde fühlt sich gut aufgehoben und durchgehend verstanden. Diese Form der Bedarfsanalyse wird wie bereits beschrieben dabei helfen, dass er die richtige Entscheidung trifft und nicht eine, die er später eventuell bereut. Um dem Kunden das auch offenzulegen, dass Sie so vorgehen, müssen Sie mit ihm über diese Bedarfsanalyse sprechen und diese einleiten. Sagen Sie ihm einfach, warum Sie diese Bedarfsanalyse mit ihm machen möchten. Als Beispiel könnten Sie folgende Formulierung verwenden: „Schauen Sie Herr Meyer, mir ist wichtig, dass wir während der Beratung keine Entscheidungen treffen, die für Sie eventuell nicht die richtigen sind. Meine Aufgabe ist es, Ihnen dabei zu helfen, dass Sie die für Sie selbst beste Wahl fällen und dafür möchte ich Ihnen gerne einige Fragen stellen.“ Auch hier achten Sie bitte wieder darauf, dass Sie in Ihrer Gesprächsführung mindestens zwei Motivfelder aus dem Motivkompass aufgreifen, die sich gegenüberliegen. So erreichen Sie mit Ihren Fragen oder Ihrer Aussage immer, dass Sie mit mindestens einem Motivfeld richtig liegen und Sie somit das Bedürfnis oder die Werte Ihres Kunden befriedigen oder bestätigen. Dadurch fühlt er sich insgesamt wieder besser verstanden. Wenn Sie es schaffen, in der gesamten Beratung beziehungsweise in dem gesamten Verkaufsprozess mit Ihrem Kunden so vorzugehen, fühlt sich Ihr Kunde durchweg gut aufgehoben. Emotionen sind die Sprache der wahren Bedürfnisse des Kunden. Erkennen und entdecken Sie diese Bedürfnisse, ist die Auftragswahrscheinlichkeit höher und Sie können mehr Abschlüsse verbuchen. Zur Erinnerung folgende Umfragen: • Was entscheidet wirklich: Der Preis oder das Vertrauen zum Verkaufspersonal? 73 Prozent der deutschen Kunden sagen: „Wenn ich mich gut beraten fühle, spielt der Preis eine völlig untergeordnete Rolle!“ (Statista: TNS Infratest 2018) • Über 90 Prozent der deutschen Kunden sagen, dass es ihnen wichtig ist, sich von Emotionen leiten zu lassen, um so ihre Kaufentscheidungen zu treffen! (Statista: SHELL/ TNS Infratest 2019)

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• Was wünschen sich Kunden in Deutschland am meisten von VerkäuferInnen und BeraterInnen? Sie wünschen sich VerkäuferInnen, die aufmerksam, freundlich und für den Kunden da sind! (Statista: PWC Studie 2019) • Was ist dem Kunden in Deutschland wichtiger? Der IQ oder der EQ? Laut einer Studie der EARSandEYES GmbH aus dem Jahre 2019 (Statista2019) wird dem IQ nur gerade mal vier Prozent Bedeutung beigemessen. Ganze 96 Prozent hingegen sagen, der EQ oder die gleiche Verteilung des IQ und des EQ seien von Bedeutung! EQ schlägt also IQ. Fassen wir kurz zusammen. Durch eine Bedarfsanalyse erfüllen wir folgende Punkte: • Sie sind anders als alle anderen, allerdings angenehm auffällig (die sieben A’s der Bedarfsanalyse). • Der Kunde entwickelt Vertrauen, weil Sie zuhören und sich um seine Bedürfnisse kümmern. Sie zeigen Interesse, welches die Kunden wahrnehmen und unbewusst wertschätzen. • Sie vermitteln Kompetenz durch zum Beispiel das Aufschreiben eigener Notizen und Fragen, die anders sind als bei Ihren Marktbegleitern. • Ohne eine Bedarfsanalyse herrscht zu viel Unwissenheit über den Kunden und seine persönlichen Bedürfnisse und Werte oder seine Produktvorstellung und das Budget. Alles ist gleichermaßen wichtig, um einen erfolgreichen Verkaufsabschluss zu fokussieren. • Sie finden mit den Fragen der EQ-BDA die wahren Motive, die Ihren Kunden wirklich bewegen, um ihn so erfolgreich in den noch folgenden Verkaufsmomenten: der 3) Beratung des Produkts, der 4) Angebotspräsentation sowie dem 5) Abschluss individuell abzuholen. • Sie haben einen roten Faden für Ihren Verkaufsprozess oder auch für Ihre Beratungstätigkeiten. • Dadurch, dass Sie sich alles notieren und mitschreiben, können Sie nichts vergessen. • Sie selektieren die Kunden, die keine konkreten Kaufwünsche haben oder nicht zu Ihnen und Ihrem Unternehmen passen, aufgrund von zum Beispiel technischen Anforderungen, Budget oder persönlichen Dingen, die Sie bei der Bedarfsanalyse herausgefunden haben. • Kurzum: Sie gewinnen das Bauchgefühl des Kunden und somit sein Vertrauen und generieren dadurch mehr Zeit mit ihm. Der Harvard Business Manager© hat 2015 eine wichtige Umfrage veröffentlicht mit dem Titel „Warum die Verkäufer schlechter werden“. Sie wollten in ihrer Umfrage unter anderem wissen, was die Merkmale eines guten Erstbesuches sind und wo Kunden einen Verbesserungsbedarf sehen. Der Harvard Business Manager© kam zu folgenden Ergebnissen:

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1. 57 Prozent wünschten sich, dass ihr Gesprächspartner nur kundenrelevante Informationen und auch nur die zwingend notwendigen Unterlagen in die Beratung mit einbezieht. 2. 56 Prozent der Kunden gaben an, dass sie sich mehr gute Fragen sowie aufmerksameres Zuhören von VerkäuferInnen wünschen. 3. 52 Prozent sagten aus, dass sie gerne den potentiellen Nutzen besprechen und quantifizieren würden. 4. 51 Prozent antworteten damit, dass sie sich gut verstanden fühlen möchten. 5. 49 Prozent der befragten Kunden äußerten, dass sie sich mehr Fachkompetenz ihrer Gesprächspartner erhoffen. 6. 48 Prozent teilten mit, dass sie eine Zusammenfassung des Gespräches und der nächsten Schritte erwarten. 7. Speziell für den B2B-Vertrieb wünschten sich 63 Prozent der Unternehmen, dass ihre Verkäufer Kenntnisse über das Geschäft sowie deren Branche haben. Auf Grundlage dieser Antworten kommt die Umfrage zu dem Schluss, dass in allen diesen Aspekten ein erheblicher Verbesserungsbedarf besteht. Mit einer Bedarfsanalyse können Sie diese Aspekte berücksichtigen und die Wünsche und Erwartungen Ihres Kunden an den ersten Kontakt erfüllen. Ich komme aufgrund dieser und der davor benannten Umfragen, meiner Erfahrung und der wissenschaftlichen Ergebnisse zu dem Fazit, dass eine „emotional intelligente Bedarfsanalyse“ dabei hilft, die Kosten für Unternehmen und Angebote zu reduzieren, weil dadurch Kunden emphatisch selektiert und ihre emotionalen Bedürfnisse gedeckt werden. Nach dieser aufgestellten These wurde in einem Zeitraum von zwölf Monaten bei einem Verkäufer, den ich begleitet und gecoacht habe, vorgegangen und sie hat sich erfolgreich bestätigt [2]. Kommen wir nun zu den Unterschieden der telefonischen und der persönlichen Bedarfsanalysen und welche Ziele damit verfolgt werden sollten und können.

 ie telefonische Voranalyse – welche Fragen warum gestellt werden D (Beispiel Dienstleister oder Handwerker) Dürfen wir Ihre Kontaktdaten aufnehmen? Die Wettbewerbsanalysen meiner Klienten haben ergeben, dass die meisten Unternehmen sehr unhöflich nach den Kontaktdaten der Kunden fragen, sodass diese Frage beim ersten Kontakt mit dem Kunden positiv auffallen sollte. Wann können wir Sie am besten erreichen? Aus den Wettbewerbsanalysen wurde außerdem deutlich, dass diese Frage oft nicht gestellt wird, sondern von den meisten Unternehmen davon ausgegangen wird, dass zu den Öffnungszeiten kommuniziert wird und im Rahmen dieser Zeiten so, wie es dem Wiederverkäufer passt. Die meisten Händler haben Regelöffnungszeiten bis 17:00 oder 18:00 Uhr in der Woche. Es gibt nur wenige Ausnahmen, in denen zum Beispiel Bauelemente-­

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Händler auch am Wochenende geöffnet haben. Daher wird es den Kunden allgemein sehr schwer gemacht, zu Uhrzeiten zu kommunizieren, zu denen sie nicht selbst im Dienst sind. Auch in der Versicherungsbranche wird generell nicht am Wochenende gearbeitet. In der Bankenbranche wurde bisher noch nie an einem Samstag geöffnet. Wenn Sie Ihrem Kunden also diese Frage stellen und seine Antwort berücksichtigen, wird ihm dies angenehm auffallen. Möchten Sie einen Ansprechpartner von A bis Z oder wissen Sie schon ganz genau, was Sie wollen? Diese Frage dient der Terminvorbereitung in der Ausstellung oder in Ihrem Büro. Auch hier zeigen die Ergebnisse der Wettbewerbsanalysen, dass diese Frage oft missachtet wird und man sich so vom Wettbewerb distanzieren kann. Außerdem gibt Ihnen die Antwort des Kunden einen ersten Hinweis darauf, ob er sich eher im pro-aktiven oder im reaktiven Motivfeld aufhält. Die Frage folgt der Achse des sozialen Status (grün – rot). Dürfen wir für den Termin technische Details heraussuchen oder möchten Sie lieber inspirierende und schöne Referenzfotos sehen? (Möchten Sie die Einzelheiten und Details unserer Produkte kennenlernen oder möchten Sie lieber mit Kunden spre­ chen, denen wir schon flexibel und kreativ zu einer Lösung verholfen haben?) Diese Frage ist erneut auf die Terminvorbereitung in der Ausstellung oder in Ihrem Büro ausgerichtet. Da sie häufig ausgelassen wird, haben Sie mit ihr auch wieder die Möglichkeit, sich von Konkurrenten abzuheben. Ebenso informiert Sie diese Antwort des Kunden darüber, ob er eher einen Bezug zu Ordnung und Struktur aufweist (siehe Motivkompass®) oder mehr das Feld Inspiration und Leichtigkeit favorisiert. Dadurch können Sie ihn persönlichkeitsgerecht und seinen Erwartungen entsprechend beraten, um damit natürlich einem Abschluss des Auftrages nahe zu kommen. Diese Frage folgt der Achse des situativen Status. Wann passt es Ihnen denn am besten, uns in der Ausstellung/im Büro zu besuchen? Diese Frage wird gestellt, um in Erfahrung zu bringen, wie hoch das Interesse des Kunden wirklich ist. In den meisten Branchen ist es so, dass der Verkäufer in der Regel zuerst zum Kunden fährt und dann das Angebot per Post oder E-Mail an den Kunden versendet (Versicherungswesen, Handwerk, sonstige Dienstleister). Mit dieser Frage soll deshalb die erste Selektion betrieben werden. Erfahrungen vieler Unternehmen, die ich beraten habe, zeigen, dass so die Masse der Angebote minimiert werden kann. In einem konkreten Beispiel hat eine Firma in Niedersachsen ihren Verkaufsprozess so umgestellt, dass die Kunden zum Ersttermin immer in die Ausstellung kamen. Im Jahr 2012 hat diese Firma ca. 800 Angebote weniger geschrieben, dafür aber einen höheren Außenumsatz von ca. 750.000,00 € erreicht. Das Außergewöhnliche dabei ist, dass dieses Unternehmen dafür nicht einmal das Verkaufspersonal aufstocken musste. Ebenso wurden in besagter Firma telefonisch Fragen zum Produkt gestellt, zu den Maßen und Wohnverhältnissen sowie den Wünschen allgemein, um bereits im Vorfeld Kosten

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zu veranschlagen und den Termin mit dem Kunden optimal vorzubereiten. Durch die Antworten auf diese Fragen erhielt der Verkäufer Informationen zur weiteren Bearbeitung und vor allem auch zur Prüfung, ob es der richtige Kunde sein kann. Wenn sich der Verkäufer unsicher war, kontaktierte er den Kunden erneut, um weitere Fragen zu stellen und einen konkreten Bedarf herauszufinden oder um zu testen, ob vielleicht gar kein explizites Kaufinteresse besteht. So vermied er, dass sowohl der Kunde als auch er selbst Zeit umsonst investieren. War der Endkunde nicht bereit, zum ersten Termin in die Ausstellung zu kommen, wurde kein Termin vereinbart. Ausgenommen von dieser Regel sind Menschen mit körperlicher Beeinträchtigung sowie Kunden, die kein Fahrzeug haben oder aufgrund des Alters nicht mehr Auto fahren wollen. Diesen Kunden wurde ein Fahrdienst angeboten und die Kosten wurden in dem Fall von der Firma getragen. Nahmen die Kunden den Fahrdienst nicht an, so fuhr der Verkäufer zum Ersttermin zu ihnen nach Hause. In allen anderen Fällen jedoch wurde der Ersttermin in der Ausstellung wahrgenommen. Wenn der Kunde am Telefon diskutierte, dass er dies so nicht wolle, wurde in Kauf genommen, dass der Kunde nicht in die Ausstellung kommt. Diese Erfahrungen der Firma zeigen, dass mit diesem Vorgehen die Ernsthaftigkeit der Anfrage des Kunden konkretisiert wird.

 ie persönliche Bedarfsanalyse – welche Fragen warum gestellt D werden sollten (Beispiel Dienstleister oder Handwerker) Auf wessen Empfehlung hin besuchen Sie uns heute? Diese Frage soll dem Kunden aufzeigen, dass das Unternehmen weiterempfohlen wird. Außerdem kann diese Frage dabei unterstützen, dass der Kunde schnell Vertrauen zum Verkäufer aufbaut. Wenn der Kunde nicht auf Empfehlung da ist, wird ihm erklärt, dass diese Frage gestellt wird, weil viele Stammkunden ihre positiven Erfahrungen weitergeben und man sich immer gern dafür bedanken möchte, wenn jemand durch einen ­Tippgeber vor Ort ist. Mit dieser Aussage gibt man dem Kunden das Gefühl, dass er nicht nur als Kunde behandelt wird, sondern als Mensch, den Sie wertschätzen. Außerdem spart man sich die Werbewirksamkeitsfrage, denn in der Regel antwortet der Kunde, sofern er nicht weiterempfohlen worden ist, dass er zum Beispiel eine Anzeige in der Zeitung gesehen hat oder aufgrund der Websuche da ist. Ergebnisse der Wettbewerbsanalysen zeigen auch hier wieder, dass diese Frage nicht oft gestellt wird und man sie so als Alleinstellungsmerkmal für sich nutzen kann. Diese Frage ist neu und anders, und neu und anders weckt in der Regel Interesse beim Kunden. Eventuell schaffen Sie es auch, mit dieser Frage die Emotionen Überraschung oder Inte­ resse auszulösen. Beide Emotionen helfen Ihnen dabei, dass Ihr Kunde Ihnen gegenüber aufmerksamer ist. Allerdings ist es wichtig, dass die Aussagen über eventuelle Empfehlungsquoten der Wahrheit entsprechen. Seien Sie immer ehrlich zu Ihrem Kunden, dann haben Sie auch keinen Stress beziehungsweise weniger Stress, als wenn Sie lügen. Denn wenn Sie sich etwas ausdenken, sind Sie die ganze Zeit in Ihrer Lügengeschichte gefangen

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und müssen parallel, bei allem was Sie sagen, immer aufpassen, nicht erwischt zu werden. Das ist auf Dauer extrem anstrengend und auch mühselig, also bleiben Sie einfach bei der Wahrheit. Die Wahrheit ist fair, sie macht authentisch und ist stressfreier für alle Beteiligten, denn die Belastung, die Sie empfinden, würde Ihr Gegenüber wahrnehmen. Warum denken Sie, wurden wir weiterempfohlen? Wenn der Kunde weiterempfohlen wurde, ist es wichtig zu erfahren, was für die Empfehlung ausschlaggebend war. Generell wird einem Verkäufer dann erklärt, welche Gründe darüber hinaus eine Rolle gespielt haben, warum der Kunde nun da ist. Diese Gründe, die dem Kunden wichtig zu sein scheinen, rückt man bei der Bedarfsanalyse und bei der Beratung zusätzlich in den Fokus. Der Kunde bestätigt sich damit selbst, dass er bei Ihnen oder im Unternehmen gut aufgehoben ist. Darf ich Ihnen weitere Fragen zu Ihrem Vorhaben/Ihrem Wunsch/Ihrem Traum stellen? Mit dieser Frage holt man sich das Einverständnis für die weiteren Fragen der Bedarfsanalyse ein. Sie zeigt außerdem Höflichkeit und Respekt dem Kunden gegenüber. Eine der weiteren Fragen der Bedarfsanalyse wird die nach dem Budget sein, um festzustellen, ob die Vorstellung des Kunden mit Ihrem Angebot übereinkommen kann. Wenn der Kunde also mit dieser Einstiegsfrage einverstanden ist, stimmt er der späteren Frage nach dem Budget ebenfalls zu. Die Erfahrung zeigt, umso mehr der Kunde durch persönliche Fragen zu seinem Wunsch sensibilisiert wird, desto weniger denkt er, dass der Verkäufer nur sein Budget wissen will und mehr nicht. Der Verkäufer sollte dabei natürlich auch aufrichtig an dem Vorhaben interessiert sein. Wen dürfen wir in Ihre Planung noch mit einbinden? Bei der späteren Angebotspräsentation ist es wichtig, dass alle Entscheider am Tisch sitzen, um auch eine mögliche Auftragszusage von allen involvierten Personen zu b­ ekommen. Oft entscheiden nicht nur die Ehepaare bei solchen Käufen, sondern auch die Kinder, Eltern oder Schwiegereltern mit. Um eventuell auftauchende Fragen der Entscheider in jedem Fall zu beantworten, ist es daher von großer Bedeutung, dass vorab alle Fragen oder auch Einwände besprochen worden sind. Außerdem können Sie an dem Punkt erkennen, woran es vielleicht scheitern könnte oder was es noch braucht, um den Auftrag zu bekommen. Die Erfahrungen vieler Wiederverkäufer aus dem Handel zeigen, dass Angebote, die per Post oder per E-Mail versendet werden, eine deutlich schlechtere Auftragsquote haben als die, die persönlich gemacht worden sind. Die Begeisterung des Verkäufers für das Produkt, das Vertrauen sowie die persönliche Beziehung zum Verkäufer machen eben einen erheblichen Unterschied aus. Viele Einwände werden zwar innerhalb der Familie diskutiert oder besprochen, allerdings haben Sie in der Regel keine Gelegenheit, solchen Gesprächen beizusitzen, um diese Vorbehalte aus dem Weg zu räumen oder zu behandeln. Ihr Vorteil, sofern Sie das Wissen aus diesem Buch anwenden, ist jedoch, dass Sie alle wahren mimischen Einwände erkennen und gemeinsam mit Ihren Gesprächspartnern bei-

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seiteschaffen können. So decken Sie die Bedürfnisse aller, zumindest falls es möglich und umsetzbar ist, alles zu berücksichtigen. Wie lange beschäftigen Sie sich bereits mit diesem Wunsch? Die Frage zeigt auf, wie lange sich der Kunde schon konkret mit diesem Vorhaben auseinandersetzt und sie kann ein Indikator dafür sein, wie hoch seine Kaufabsichten aktuell sind. Bei Kunden, die gerade am Anfang ihrer Planung stehen, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass diese nicht direkt eine Kaufabsicht verfolgen und sich anderswo ebenfalls informieren und beraten lassen. Sollten Sie anhand der Antwort des Kunden jedoch erkennen, dass er sich bereits mehrere Monate versucht zu orientieren, kann es zum einen ein Hinweis darauf sein, dass er bisher niemanden gefunden hat, dem er vertraut, dass er noch kein gutes Gefühl bei einem Kauf hat oder dass er sich durch zahlreiche Vergleiche wirklich hundertprozentig sicher sein möchte. In solch einem Fall stellen Sie am besten die Frage: „Lieber Herr Meyer, können wir offen sprechen?“ Wir gehen davon aus, dass der Kunde Ja antwortet. „Mich interessiert nicht, wo Sie überall waren oder was dort für Preise aufgerufen worden sind, mich interessiert nur, was wir besser machen dürfen für Sie, damit Sie Ihr Vorhaben endlich umsetzen können.“ Der Kunde gibt in der Regel nun an, woran es bisher gescheitert ist und Sie können sich notieren, was er erwartet oder nicht erwartet. Greifen Sie in jedem Fall seine Aussagen auf, die mit mimischen Emotionen wie beispielsweise Ärger, Trauer oder auch Angst verbunden sind, um zu signalisieren, dass Sie sich um die emotionalen Bedürfnisse kümmern werden. Auch wenn der Kunde nur vergleichen möchte, setzen Sie die Bedarfsanalyse fort. Hierbei müssen Sie aber damit rechnen, dass ein Angebot womöglich erst zu einem deutlich späteren Zeitpunkt umgesetzt wird. Versuchen Sie deshalb, derjenige mit dem letzten Angebot zu sein, um so Ihre Auftragswahrscheinlichkeit zu erhöhen. Erfahrungen zeigen hier, dass wenn es dem Kunden ausschließlich um den Preis geht und Ihr Produkt zu den preisintensivsten auf dem Markt gehört, die Wahrscheinlichkeit sehr gering ist, einen Auftrag zu erhalten. Was ist Ihnen besonders wichtig bei der Umsetzung Ihres Vorhabens? Bei dieser Frage geht es um die wichtigsten Punkte des Kunden, welche immer erfüllt werden müssen. Oft sind es Dinge wie Verlässlichkeit oder Aufrichtigkeit, weil eventuell schon schlechte Erfahrungen mit anderen gemacht worden sind. In dem Fall ist es notwendig, eventuelle Bedenken oder Ängste des Kunden zu finden und zu lösen, damit am Ende keine Einwände mehr bestehen. Wie wichtig ist Ihnen dabei die Qualität der Produkte und der Montage? (wichtige Frage für zum Beispiel Handwerker) Erfahrungen zeigen, dass viele Betriebe im Bauelemente-Verkauf und -Vertrieb nicht mit eigenen Monteuren arbeiten, sondern mit Subunternehmern, die nicht unbedingt immer aus dem Handwerk kommen. Zum Beispiel werden auf dem deutschen Markt Terrassendächer angeboten, die zwar günstig sind, aber nicht den europäischen Verordnungen entsprechen. Bei Produktionen aus dem Ausland, beispielsweise Belgien, den Niederlanden,

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Asien, Russland oder Polen kommt es häufig vor, dass verschiedenste DIN-Normen nicht eingehalten werden. Aufgrund von fehlenden DIN-Normen kann jedoch der gesamte Versicherungsschutz der Gebäude erlöschen. Bei dieser Frage sollten Sie deshalb darauf eingehen, dass die Produkte, die Sie verkaufen, den höchsten Anforderungen der EU entsprechen, dass Sie immer eigene Monteure beschäftigen und alle mindestens Handwerksgesellen sind, wenn nicht sogar Handwerksmeister. In den meisten Fällen weiß der Endkunde nicht, dass fehlende DIN-Normen zu solchen Versicherungsdefiziten führen, damit können Sie ihn also beeindrucken und Ihre Ehrlichkeit hervorheben. Die Aussagen, die Sie hier treffen, sollten natürlich der Wahrheit entsprechen. Wann haben Sie die Fertigstellung eingeplant? Wann möchten Sie das Thema für sich abgeschlossen wissen? Ziel ist es hier, die zeitliche Abfolge zu planen und zu besprechen. Wenn Sie als Versicherungs- oder Immobilienmakler beruflich unterwegs sein sollten, geht es hier lediglich um die Frage des Zeitrahmens und ob der Kunde sich darüber bereits Gedanken gemacht hat. Das hilft Ihnen selbst bei der Planung, wann Sie mit einem eventuellen Kaufabschluss rechnen können. Ebenso können Sie hieran erneut das konkrete Interesse des Kunden erkennen oder auch herausfinden, dass noch gar kein Kaufinteresse besteht. Für Handwerksunternehmen oder andere Dienstleister rund ums Thema Haus gilt dabei: Wenn Ihr Kunde eine, wie leider oft, falsche Annahme über Lieferzeiten hat, so müssen Sie diese jetzt ansprechen, damit der Kunde am Ende nicht negativ überrascht wird und eventuelle Feiern oder ähnliches nicht stattfinden können, zum Beispiel Konfirmationen oder Geburtstagsfeiern. Signalisieren Sie dem Kunden einfach, dass Sie sich mehr Gedanken machen als vielleicht der mögliche Wettbewerber, ohne dies aber bewusst zu thematisieren. Damit wir das Angebot für Sie individuell und auf Ihre Wünsche zugeschnitten ausarbeiten können, möchten wir gerne erfahren, welche Investitionssumme Sie eingeplant haben? Das Budget ist das A und O. Sollte der Kunde eine völlig falsche Vorstellung über das zu investierende Budget haben, so muss dies ermittelt werden. Plant man ein Vorhaben, ohne das Budget zu besprechen, ist es eine Beratung ins Blaue. Über 65 Prozent der abgesagten Angebote bei den Firmen, für die ich zuständig bin, resultieren aus einem zu hohen Preis für den Endkunden. Die Zeit könnte gespart werden, wenn Sie diese Frage in Ihre Bedarfsanalyse einbauen. Ohne ein besprochenes Budget sollten Sie auch nicht mit der Beratung fortfahren. Um Ihrem Kunden die Bedeutung dessen klarzumachen, könnten Sie als Handwerker zum Beispiel sagen: „Wir entwerfen einen Anbau für Ihr Haus, aber auch ein Architekt kann ohne Budget nicht planen.“ In der Regel geht der Kunde auf die Frage nach dem Budget ein, denn realistisch betrachtet weiß er, dass ohne eine Preisvorstellung nichts vorbereitet werden kann. Sollte er jedoch überhaupt keine Idee haben, was sein Wunsch kostet, so können Sie eine ungefähre Investitionssumme nennen und dabei verstärkt auf seine Mimik achten. Dabei ist es nötig, folgende Emotionen zu erkennen, da sie Hinweise auf mögliche Einwände liefern:

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Ekel: Hier kann es sein, dass der Kunde bisher nicht verstanden hat, warum er so viel Geld investieren soll, oder aber er möchte es nicht. Eine Resonanzaussage könnte in dem Fall sein: „Ich habe den Eindruck, dass dies nicht Ihren Erwartungen entspricht“. Eine Fragestellung könnte so lauten: „Gibt es eventuell noch Fragen, die ich Ihnen beantworten darf, um die Investitionssumme für Sie nachvollziehbar zu machen?“ (Ekel ist ein starkes Einwandsignal und muss sofort besprochen werden, um den Verkaufsabschluss nicht zu gefährden.) Ärger: Für Ärger gilt das Gleiche wie für Ekel. Der Kunde hat auch hier nicht verstanden, warum er so viel Geld ausgeben soll und befürwortet einen niedrigeren Preis. Sie können deshalb hier ebenso die oben angegebene Resonanzaussage oder Frage verwenden. Trauer: Zeigt der Kunde Trauer, ist es möglich, dass er sich das Produkt zu dem Budget nicht leisten kann, sich aber schon vorgestellt hat, es zu besitzen. Eine Resonanzaussage könnte hier lauten: „Ich habe den Eindruck, dass dies nicht Ihren Erwartungen entspricht.“ Eine mögliche Frage wäre: „Habe ich denn schon erwähnt, dass Sie das Produkt auch wie beim Baukastenprinzip in verschiedenen Schritten realisieren können? Es muss nicht alles auf einmal umgesetzt werden. Wäre dies eine Option für Sie?“ Trauer ist ebenfalls ein Warnsignal und muss mit Ihrem Kunden besprochen und geklärt werden, um den Einwand zu beheben oder aber die Beratung abzubrechen, wenn es finanziell gar nicht realisierbar ist. Im Fall des Abbruchs sollte man dem Kunden eine Empfehlung aussprechen, wo er vielleicht für sein Budget ein geeignetes Produkt kaufen kann, damit er von Ihnen oder Ihrem Betrieb nicht enttäuscht ist. Angst: Bei Angst kann es sein, dass der Kunde vielleicht denkt, dass das angesprochene Budget zu hoch ist und er sprichwörtlich eventuell über den Tisch gezogen wird. Daher könnten Sie hier diese Resonanzaussage einsetzen: „Ich habe das Gefühl lieber Herr Meyer, dass Sie hinsichtlich des Budgets etwas beunruhigt sind. Habe ich bereits erwähnt, dass wir für alle unsere Produkte eine Bestpreisgarantie haben? So sind Sie immer auf der sicheren Seite, nicht zu viel für Ihren Wunsch zu investieren.“ Wenn Sie die Bestpreisgarantie wie folgt formulieren, ist es fast ausgeschlossen, dass überhaupt ein vergleichbares Angebot einer anderen Firma gemacht werden kann, um Ihren Preis zu unterbieten. Der Text für die Bestpreisgarantie muss daher lauten: „Ihnen liegt ein günstigeres Angebot eines …. Produktes mit identischem Leistungsumfang vor? Dann erhalten Sie nur bei uns bis zu 14 Tage nach Vertragsunterzeichnung 10 % Nachlass auf Ihren Auftrag. So erhalten Sie garantiert maximale Qualität zum optimalen Preis.“

Freude: Die Emotion Freude ist ein Wunschsignal und kann in dem Kontext bedeuten, dass das genannte Budget das des Kunden nicht übersteigt und man eine gemeinsame Kooperation anstreben kann, zumindest auf finanzieller Ebene. Eine mögliche Resonanzaussage wäre: „Lieber Herr Meyer, ich freue mich, wenn wir zusammenkommen und wir Ihnen Ihren Wunsch erfüllen können.“ Wenn Sie die Frage nach dem Budget nicht beantwortet bekommen, dann empfehle ich Ihnen folgende beispielhafte Aussage: „Lieber Herr Meyer, ich kann natürlich verstehen,

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dass Sie mir Ihr Budget nicht nennen möchten. Ich versichere Ihnen, dass ich nicht in Ihr Portemonnaie schauen möchte, sondern lediglich daran interessiert bin, für Sie persönlich und auch vollkommen individuell eine Lösung zu erarbeiten. Dafür benötige ich jedoch eine Angabe über Ihr Budget. Wenn Sie mir keinen Preisrahmen nennen, dann haben wir vermutlich nicht das Vertrauen, welches wir brauchen, um eine Partnerschaft einzugehen. Stimmen Sie dem zu?“ Jetzt ist wichtig, wie der Kunde sowohl verbal als auch körpersprachlich reagiert. Gehen Sie auf beides dementsprechend ein. In der Regel wird das Budget aber dann genannt. Sollte das jedoch nicht der Fall sein, dann bleibt Ihnen nur noch die Möglichkeit, eine ungefähre Preisangabe zu machen und darauf zu achten, dass Sie den geringeren Preis zuletzt nennen, nicht zuerst, und dass Sie auf die mimische Reaktion fokussiert sind. Denn die ist jetzt entscheidend. Wenn Sie mimische Warnsignale sehen wie zum Beispiel Ärger, Ekel, Ekel/Verachtung, Angst oder Trauer, müssen Sie mit einer Resonanzaussage wie oben beispielhaft beschrieben antworten. Alternativ können Sie auch sagen: „Kann es sein Herr Meyer, dass Ihnen dieser Preis nicht zusagt?“ Sie müssen es an der Stelle schaffen, zu selektieren und zu kontrollieren, ob Sie und der Kunde auch finanziell zusammenpassen oder ob Sie dem Kunden jemand anderes empfehlen. Wenn wir das alles so erfüllen und umsetzen wie besprochen, können Sie sich dann vorstellen, dass wir Partner werden? Dieser sogenannte Vorabschluss dient der weiteren Selektion von Kunden und dem He­ rausfinden, ob der Kunde auch mit Ihnen und oder Ihrem Betrieb zusammenarbeiten möchte. Es wird sich mit der Frage das Einverständnis eingeholt, dass man als Partner in der Zukunft kooperiert, wenn die Dinge, wie in der Bedarfsanalyse besprochen, umgesetzt werden können. Nachdem der Kunde zu dieser Frage Ja gesagt hat, entgegnen Sie am besten: „Okay, dann Hand darauf“ und strecken dem Kunden die Hand entgegen zum Besiegeln dieser Vereinbarung. Dieser Vorabschluss zeigt auch, ob der Kunde persönlich mit Ihnen auskommt oder nicht. Verneint der Kunde den Handschlag, gilt es, den Grund hierfür zu ermitteln. Sie sollten dann im Idealfall fragen, ob es an Ihnen persönlich liegt oder ob es etwas anderes gibt, was den Kunden stört. Denn das Ablehnen des Handschlags ist ein starker Einwand, der behoben werden muss, da sonst die Auftragswahrscheinlichkeit gering ist. Folgende Emotionen sind nun wieder von hoher Bedeutung für Sie, während der Kunde die Frage verneint: Ekel: Möglich ist bei dieser mimischen Reaktion, dass der Kunde nicht mit Ihnen zusammenarbeiten möchte. Es empfiehlt sich daher folgende Resonanzaussage: „Lieber Herr Meyer, mir kommt es so vor, dass ich persönlich Ihren Erwartungen nicht gerecht geworden bin.“ Eine Frage könnte lauten: „Darf ich Ihnen daher anbieten, einen Kollegen zu holen, mit dem Sie weiterarbeiten können, um Ihren Wunsch zu erfüllen? Oder liegt es an etwas anderem, dass Sie diese Partnerschaft nicht mit mir eingehen möchten?“ Ärger: Bei dieser mimischen Reaktion gilt das Gleiche wie für Ekel. Sie können die Ausführungen zu Ekel hier analog anwenden.

Verkaufsmoment zwei: Die Bedarfsanalyse

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Trauer: Hier kann es erneut sein, dass der Kunde sich das Produkt nicht leisten kann, obwohl er sich schon vorgestellt hat, es zu besitzen. Sie könnten darauf mit der Aussage reagieren: „Ich habe den Eindruck, dass dies nicht Ihren Erwartungen entspricht. Habe ich denn schon erwähnt, dass wir auch vergleichbare Produkte haben wie …? Wäre dies eine Möglichkeit für Sie, um eine gemeinsame Partnerschaft einzugehen?“ Angst: Wenn Angst bei der Frage nach der Partnerschaft zu sehen ist, können Sie die gleichen Rückschlüsse ziehen, die ich bereits bei der Frage nach der Investitionssumme angeführt habe. Der Kunde denkt womöglich, dass das besprochene Budget zu hoch ist und Sie ihn an der Nase herumführen. Berufen Sie sich daher hier wieder auf die Bestpreisgarantie und fragen Sie, ob diese Garantie eine Partnerschaft möglich macht. Verachtung: Diese Emotion kann entstehen, wenn der Kunde sich aufgrund des eigenen sozialen Status dagegen entscheidet, Ihnen die Hand zu geben. Eine Vermutung hierfür wäre, dass der Kunde sich für etwas Besseres hält. Eine mögliche Resonanzaussage kann daher sein: „Lieber Herr Meyer, ich habe den Eindruck, dass ich für diesen Handschlag der falsche Gegenüber bin.“ Eine Frage kann sein: „Darf ich Ihnen vorschlagen, dass ich meinen Vorgesetzten dazuhole und Sie diese Vereinbarung mit ihm treffen?“ Diese Resonanzaussagen und Fragen sind alle nur beispielhaft. Der Kontext bei Ihnen in der beruflichen Praxis kann ein ganz anderer sein, deshalb sehen Sie diese Resonanzaussagen und Fragen bitte nur als Verständnishilfen an. Bedenken Sie stets, dass Sie niemals wissen, warum eine Emotion auftaucht. Sie müssen den Grund der Emotion immer erst erforschen. Sofern der Kunde den Vorabschluss eingegangen ist, werden weitere Fragen gestellt. Geht er ihn nicht ein, wird die Beratung aus den dann erfahrenen Gründen abgebrochen oder verschoben. Wenn hier Gründe vorliegen, die die persönliche Beziehung zu Ihnen betreffen, dann tauschen Sie sich als Verkäufer aus. Wann darf ich Sie denn zu Hause beraten, um alle nötigen Informationen für Ihr Angebot aufzunehmen? (Alternativfrage für zum Beispiel Handwerker, Immobili­ enmakler oder Versicherungsvertreter) Diese Frage dient dem weiteren Ablauf. Aufgrund der hohen technischen Komplexität mancher Produkte oder Angebote muss vor Ort beim Kunden vorab geklärt werden, ob der Wunsch auch realisierbar ist. Wann können wir nach diesem Termin das Angebot hier in der Ausstellung/im Büro/ in der Kanzlei besprechen? (… und uns die Virtual-Reality-Planung ansehen? Al­ ternativfrage für Handwerker, Möbel- oder Küchenverkäufer, Architekten sowie Hausbauer und Immobilienmakler) Auch diese Frage ist für den weiteren Verlauf wichtig. Der Kunde erwartet in der Regel, das Angebot nach dem ersten Termin zugeschickt zu bekommen, daher wird die Frage so formuliert, dass der Kunde dann zum ersten Mal mit der Virtual-Reality-Planung konfrontiert wird und somit einen weiteren Grund hat, erneut in die Ausstellung zu kommen. Wenn die Möglichkeit besteht, Ihren Kunden unabhängig von Ihrer Branche zur Angebotsbesprechung in Ihre Räumlichkeiten einzuladen, dann sollten Sie dies probieren. Als

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12  Die fünf wichtigsten Verkaufsmomente unter Berücksichtigung der …

Faustregel sage ich immer, ein Angebot kann sich alleine nicht wehren. Helfen Sie deshalb Ihrem Kunden in einem persönlichen Termin dabei, das Angebot wirklich zu verstehen, um es dann auch wertschätzen zu können. Sie investieren viel Zeit und damit auch viel Geld in Ihre Angebote. Versuchen Sie daher, durch jede persönliche Besprechung der Angebote Ihre Auftragsquote zu erhöhen. Wenn der Kunde das Angebot bekommt und Sie können es nicht persönlich erklären, dann wird der Kunde alleine den Preis vergleichen, also Äpfel mit Birnen. Außerdem haben Sie bei der persönlichen Angebotspräsentation immer die Gelegenheit, mögliche Einwände zu erkennen und sofort zu beheben, so dass einem Verkaufsabschluss nichts im Wege stehen kann.

 ie emotional intelligente Bedarfsanalyse für den Vertrieb und D Verkauf bei einem persönlichen Termin (branchenunabhängig) Die bis hierhin erwähnten Beispiele lassen sich nicht immer eins zu eins auf jede Branche übertragen. Daher habe ich einen Fragenkatalog entworfen, der Ihnen branchenunabhängig helfen wird, eine emotional intelligente Bedarfsanalyse mit Ihrem Kunden umzusetzen. Sie dürfen bei diesen Fragen nie vergessen, dass sich daraus auch interessante Gespräche ergeben können. Dafür müssen Sie unter Umständen zwischen den Zeilen der Antworten Ihres Kunden lesen und gegebenenfalls auf die emotionalen und heißen Themen unmittelbar eingehen, zum Beispiel mit einer Resonanzaussage, die für Sie persönlich passt und sich gut anfühlt. Bei den gleich folgenden beispielhaften Fragen für eine emotional intelligente Bedarfsanalyse ist es wichtig, dass Sie diese Fragen in Ihren persönlichen Sprachgebrauch bringen, damit Sie auf Ihren Kunden nicht unnatürlich wirken. Denn wenn Sie Fragen verwenden, die Ihrem persönlichen und eigentlichen Sprachgebrauch nicht entsprechen, wird er das bemerken. Darum haben Sie unter jeder Frage der Bedarfsanalyse die Möglichkeit, sich eigene Notizen dazu zu machen. Für dieses Beispiel gehen wir von einer Bedarfsanalyse aus, die persönlich stattfindet. Mit dieser Form der Bedarfsanalyse wollen wir herausfinden, was der konkrete Bedarf Ihres Kunden ist und nicht nur der allgemeine. Zur Verdeutlichung habe ich folgende Situation für Sie ausgewählt: Ihr Kunde kommt zu Ihnen in Ihre Ausstellung und Sie verkaufen beispielhaft Wintergärten. Er gibt an, dass er sich ein Haus mit 140 m2 gekauft hat, zu viert in diesem Haus wohnt und sich mehr Platz wünscht. Der allgemeine Bedarf ist: Der Kunde braucht einen Wintergarten. Der konkrete Bedarf ist: Der Kunde braucht einen Wintergarten, weil er ein Haus gekauft hat, das zu klein ist für vier Personen und er jetzt mehr Lebensraum für die Familie benötigt, um dadurch vermutlich ruhigere und schönere Zeiten mit seinen Liebsten verbringen zu können. Dabei möchte er in einem mit Licht erfüllten Raum sitzen, um diese Momente auch zu genießen. Egal was Sie verkaufen, es ist immer das Wichtigste, den konkreten Bedarf von dem allgemeinen Bedarf Ihres Kunden zu unterscheiden, um so erfolgreich in die später folgenden drei Verkaufsmomente hineingehen zu können. Wenn Sie die emotionalen Beweggründe Ihres Kunden entdecken und decken und im Verkaufsprozess mit den für Ihren Kunden rich-

Verkaufsmoment zwei: Die Bedarfsanalyse

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tigen Werten und Bedürfnissen (Motivkompass®) argumentieren, werden Sie mehr Abschlüsse machen als zuvor. Studien sowie viele tausende Praxisumsetzungen belegen dies, wie Sie bereits in diesem Buch lesen konnten. Ihr Kunde und Sie haben nämlich das gleiche Ziel: Der Kunde will etwas kaufen und Sie wollen etwas verkaufen. Die Bedarfsanalyse hilft Ihnen dabei, dieses Ziel für beide gleichermaßen befriedigend zu erreichen. Ich habe in der untenstehenden Tabelle folgendes für Sie zusammengefasst: Formulierte Fragen für eine Bedarfsanalyse, branchenunabhängig, das Ziel oder den Nutzen, den wir aus der Antwort des Kunden ziehen wollen sowie zum Schluss ein mimisches Wunschsignal. (Die mimischen Warnsignale sind dabei immer: Ekel, Verachtung, Ärger, Trauer, Angst und die Mischemotion Verachtung/Ekel. Resonanzaussagen dafür finden Sie in dem Abschnitt „Die persönliche Bedarfsanalyse – warum welche Fragen gestellt werden“.) Bei allen Fragen müssen Sie darauf achten, dass Sie auch fragend wahrgenommen werden und es dem Kunden so vorkommt, als würde er Ihnen für jede Frage ein Einverständnis geben. Mit dieser Vorgehensweise stören Sie nie das rote Motivfeld und auch die anderen Motivfelder nehmen diese Herangehensweise angenehm auf. Überlegen Sie gern selbst, wie Sie solch ein Verhalten bei einer Beratung oder beim Kauf eines Produkts empfinden würden. Laut den Umfragen, die Sie aus dem Kapitel „Was der Kunde erwartet …“ kennen, wissen Sie, dass der Kunde genau diese Methode gut findet. Die Umfrage des Harvard Business Managers bestätigt dies zusätzlich. Der Kunde wünscht sich einen fragenden, zuhörenden, wertschätzenden, höflichen, authentischen und aufrichtigen Berater mit Empathie und emotionaler Intelligenz und keinen, der die Beratung eher als Kleinigkeit sieht und mehr auf Überzeugung und Druck setzt. Diese Zeiten sind vorbei, glücklicherweise wohlgemerkt, denn der Kunde wandert dahin ab, wo er verstanden und wahrgenommen wird. Dem Kunden zur Seite zu stehen und ihn dabei zu unterstützen, das für ihn passende Produkt zu finden, das ist Ihre Aufgabe und das, was sich Ihr Kunde sehnlich erhofft. Vergessen Sie bitte unbedingt die These aus Hardselling-Verkaufstrainings, dass Verkaufen wenig mit Beratung zu tun hat, denn alles im Verkaufsprozess ist von Ihrer Beratung geprägt. Nur leider hat die frühere Vorgehensweise dazu geführt, dass Sie zu Beginn bei Ihrem Kunden erstmal in einer Schublade stecken, aus der Sie allerdings auch hervorragend wieder he­ rauskommen, sofern Sie Ihren Fokus auf Ihre Menschlichkeit legen. Wenn Sie den Kunden verstehen, ihn wertschätzen und wahrnehmen, dann brauchen Sie keinen Druck in der Beratung und auch keine Überzeugungsleistung, denn Sie wissen genau, was er braucht. Sie müssen nur fragen und es herausfinden, mit zum Beispiel diesen Fragen (Tab. 12.5): Wenn Sie jedoch in einem Betrieb arbeiten, in dem Sie zum Beispiel Parfüms oder auch Kleidung verkaufen, dann muss die Bedarfsanalyse natürlich völlig anders und vor allem kürzer gestaltet werden. Hier könnten Sie zum Beispiel folgende Fragen verwenden, um dem Kunden das Gefühl zu geben, dass es hier nur um seinen Wunsch geht und nicht um das, was Sie persönlich denken. Diese Fragen könnten Sie Ihrem Kunden stellen: • Welcher Wunsch führt Sie heute zu uns oder womit darf ich Sie heute glücklich machen? • Ist das Produkt (Hose oder Parfüm) für einen privaten oder einen eher förmlichen Anlass?

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12  Die fünf wichtigsten Verkaufsmomente unter Berücksichtigung der …

Frage Auf wessen Empfehlung hin sind Sie heute hier?

Darf ich bitte für unsere Unterlagen Ihre Kontaktdaten aufnehmen?

Welche Erwartungen haben Sie an unseren heutigen Termin?

Wenn bei der oberen Frage nicht darüber gesprochen worden ist, stellen Sie bitte eine der folgenden Fragen: Welcher Wunsch, den ich erfüllen darf, hat Sie heute zu uns gebracht? / Um welches Produkt geht es Ihnen denn heute? / Mit welchem Produkt darf ich Sie glücklich machen? / Welches Produkt hat Ihr Interesse geweckt?

Tab. 12.5 (Fortsetzung)

Ziel / Nutzen Ziel ist es, den Kunden aufmerksam zu machen, denn diese Frage hat er in der Regel vorher noch nicht gehört. Eine zusätzliche Funktion besteht darin, dass Sie sich selbst Zeit verschaffen, um sich auf den Kunden einzustimmen und die Gesprächsführung an sich zu ziehen. Indem Ihr Kunde überrascht ist, nehmen Sie ihm vermutlich seine Vorbereitung des Gespräches und können dadurch mit Ihrem Gesprächsleitfaden besser fortfahren. Denken Sie daran, dass es in einem Gespräch immer nur einen Häuptling geben kann beziehungsweise einen, der das Gespräch führt. Im Verkaufsprozess sollten das immer Sie sein, denn Sie sind der Experte, den Ihr Kunde aufsucht. Nutzen Sie diesen Status. Heutzutage geht es leider verloren, dass sich Verkäufer die Zustimmung für die Daten Ihrer Kunden einholen. Häufig werden die Fragen so formuliert, dass es keine Bitte ist, sondern eine Aufforderung. Dabei gibt heutzutage niemand mehr gerne seine Kontaktdaten an Leute weiter, mit denen er weder befreundet noch beruflich in Kontakt ist. Darum ist es wichtig, hier Höflichkeit und Respekt zu beweisen und sich zu vergewissern, dass Ihr Kunde mit der Aufnahme seiner Daten einverstanden ist. Wenn wir die Erziehung unserer Eltern beachten, dann gehört es sich auch genau so, oder? Hier ist das Ziel, eventuelle Erwartungen herauszufinden, die vielleicht vorher beim Marktbegleiter oder Wettbewerber nicht erfüllt worden sind und Ihren Kunden darauf hinzuweisen, dass Sie sehr wohl an dessen Vorstellungen und seiner Zeitinvestition interessiert sind, da Sie ihn und seine Zeit wertschätzen.

Bei diesen Fragen wollen Sie natürlich, sofern noch nicht geschehen, über das Produkt sprechen, welches der Kunde entweder braucht, sich wünscht oder für sich persönlich vorstellt. Ziel ist es auch hier, immer darauf zu achten, welche Worte der Kunde verwendet, um ein Motivfeld zu erkennen, auf dem Sie Ihre weitere Beratung aufbauen können. Redet er zum Beispiel in Ich- oder in Wir-Form, nennt er Worte wie Familie und Fortschritt oder Spaß und Zuverlässigkeit? Verwenden Sie in Reaktion darauf Wörter sowie eventuelle Umschreibungen der Wörter aus dem Motivkompass® und gleichen Sie diese Daten mit dem ab, was der Kunde sagt. Dabei helfen Ihnen Notizen sehr.

Mimisches Wunschsignal Überraschung (sollte nicht angesprochen werden, die Emotion danach ist entscheidend für Ihre Resonanzaussage)

Überraschung (sollte nicht angesprochen werden, die Emotion danach ist entscheidend für Ihre Resonanzaussage)

*

Das Wunschsignal wäre hier natürlich die Emotion Freude (Bedürfnisbefriedigung, Wunscherfüllung machen diese Emotion aus). Wenn Ihr Kunde über seine Wünsche und Bedürfnisse spricht und die mögliche Erfüllung dieser, ist es von Vorteil, wenn sie mimisch Freude erkennen, da es ein Hinweis darauf ist, dass er aktiv daran interessiert ist, den Wunsch auch zu erfüllen.

Verkaufsmoment zwei: Die Bedarfsanalyse Was ist Ihr persönliches Ziel hinter diesem Wunsch?

Ich würde Ihnen gerne, um Ihren Wunsch besser verstehen zu können, weitere Fragen stellen. Ist das für Sie in Ordnung?

Darf ich fragen, wer noch alles mit entscheidet bei Ihrem Wunsch?

Wie lange beschäftigen Sie sich bereits mit Ihrem Wunsch?

Tab. 12.5 (Fortsetzung)

Bei der Frage geht es darum, wenn durch die Frage zuvor noch nicht geklärt, welches persönliche Ziel Ihr Kunde mit dem Produkt verfolgt. Denken Sie dabei daran, wenn Sie mehrere Gesprächspartner vor sich haben, dass Sie beiden die Frage stellen, denn die Antworten können bei beiden variieren und sich auch in den Werten und Bedürfnissen unterscheiden. Im weiteren Verkaufsprozess ist es dabei von großer Bedeutung, die Werte und Bedürfnisse all Ihrer Kunden zu kennen, damit Sie auch jeden individuell und seiner Persönlichkeit entsprechend beraten können, um hinterher keine Einwände bei dem Verkaufsmoment „Abschluss“ zu haben. Dies ist eine der wichtigsten Fragen der Bedarfsanalyse. Für viele liest sie sich erst einmal ganz lapidar, allerdings müssen Sie dabei beachten, dass Kunden sich gegen vieles wehren können, allerdings niemals gegen das, was sie selbst gesagt haben. Das Ziel dieser Frage ist, auf die kurz vor Ende kommende Budgetfrage vorzubereiten und sich vorab bereits das Okay dazu einzuholen. Denn das Budget ist in vielen Verkaufssituationen und Branchen das A und O. Darum ist es auch so wichtig, das richtige Budget vom Kunden zu erfahren, um ihn zielgerichtet beraten zu können. Ohne eine Budgetvorstellung ist dies schwierig und immer mit der Gefahr verbunden, zu hoch oder auch zu niedrig anzubieten. Sie müssen in dem Verkaufsmoment „Abschluss“ entweder alle Entscheider bereits abgeholt haben oder aber sie alle bei der Angebotspräsentation und der darauffolgenden Abschlussmethodik überzeugen. Wenn Sie nicht alle Entscheider kennen, ist es schwierig, den Kauf abzuschließen. Der Grund hierfür ist, dass eventuelle Einwände zwar in der Familie besprochen werden, oder unter den Entscheidern, Sie aber nichts davon mitbekommen und eventuell Fehlinformationen oder gar falsche Annahmen Ihrer Kunden nicht klarstellen können. Darum müssen Sie alle zuständigen Personen kennen und aktiv mit einbinden oder dafür sorgen, dass Sie, wie auch immer, mit allen persönlich sprechen können. Bei dieser Frage geht es darum, zu erfahren, wie lange der Kunde sich bereits informiert, um auch hier zu versuchen, das Kaufinteresse des Kunden entweder zu konkretisieren oder Indizien dafür zu finden, dass es kein konkreter Kaufwunsch ist, sondern es sich lediglich um Informationsgesuche aufgrund von Freizeitbeschäftigungen handelt. Wenn der Kunde zum Beispiel angibt, dass er entweder seit mehreren Wochen oder auch seit mehreren Monaten nach einem Partner sucht, dann sollten Sie an dieser Stelle folgende Frage stellen: „Lieber Herr Meyer, was haben denn meine Marktbegleiter falsch gemacht, dass Sie sich bereits so lange mit diesem Thema beschäftigen müssen? Was darf ich richtig machen?“ Sprechen Sie Ihren Kunden nicht darauf an, wo er war oder was er da eventuell investieren sollte, sondern halten Sie sich wirklich an diese Frage, damit Sie ihm signalisieren, dass es Ihnen um

177 Das Wunschsignal wäre hier ebenso wie bei der Frage zuvor die Emotion Freude. Die Vorteile der Emotion Freude sind hier deckungsgleich zu den davor beschriebenen.

*

Freude kann hier ein Wunschsignal sein, weil Sie das Bedürfnis nach Familie bei Ihrem Kunden befriedigen. Diese Frage kann allerdings auch das Bedürfnis nach Geselligkeit, nach Tradition oder Sorgfalt stillen.

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12  Die fünf wichtigsten Verkaufsmomente unter Berücksichtigung der …

Auf was legen Sie besonderen Wert, auf was dürfen wir den weiteren Fokus legen?

Wann möchten Sie Ihren Wunsch umgesetzt wissen?

Welches Budget haben Sie eingeplant? Welche Investitionssumme dürfen wir bei der Planung berücksichtigen? Was haben Sie sich vorgestellt für Ihren Wunsch zu investieren?

Tab. 12.5 (Fortsetzung)

seine persönlichen Belange geht und Sie wissen möchten, was Sie für ihn tun dürfen, um ihn im Umkehrschluss glücklich zu machen. Zusätzlich bekommen Sie durch diese Frage Informationen über Ihren Wettbewerber und auch Hinweise darauf, was Sie in Ihrem eigenen Verkaufsprozess unbedingt vermeiden sollten. Man kann auch sagen, Sie bekommen eine weitere Bedienungsanleitung an die Hand, wie Sie im besten Fall weiter verfahren und wie Sie vor allem nicht verfahren sollten. Sagt der Kunde, dass Sie der Erste sind und Sie ein Produkt verkaufen, das beratungsintensiv ist und generell von Kunden verglichen wird, dann versuchen Sie, den weiteren Verkaufsprozess so zu lenken, dass Sie auch der Letzte sind, mit dem Ihr Kunde zu diesem Thema spricht. Das können Sie zum Beispiel erreichen, indem Sie die Angebotsbesprechung weit nach hinten legen. Je nachdem welches Produkt Sie verkaufen oder vertreiben, ist es wichtig zu erfahren, auf was Ihr Kunde ganz besonderen Wert legt. Das kann zum Beispiel Zuverlässigkeit sein, was sich vielleicht dadurch äußert, dass der Kunde sagt, es wäre toll, wenn Sie Ihre Zusagen auch einhalten (was ein Indiz dafür sein kann, dass andere Marktbegleiter dies nicht getan haben). Auch hier bekommen Sie wichtige Hinweise vom Kunden, wie Sie weiter mit ihm umgehen sollten. Bei dieser Frage geht es um die zeitliche Abfolge und allgemein darum, ob sich der Kunde darüber überhaupt schon Gedanken gemacht hat. Hat er darüber noch nicht nachgedacht, kann das ein weiterer Hinweis darauf sein, dass es keine konkrete Kaufabsicht gibt. Bitte bedenken Sie immer, dass wir Indizien für beide Wahrscheinlichkeiten sammeln, auch für die Auftragswahrscheinlichkeit, darauf liegt natürlich der Fokus der Fragen. Bei dieser Frage ist auch wichtig zu erfahren, ob Sie eine eventuelle Zeitvorgabe Ihres Kunden einhalten müssen und ob Sie diese auch tatsächlich einhalten können. Hier erfahren Sie entweder, dass Sie viel Zeit haben oder der Schuh bei der zeitlichen Abfolge der Umsetzung des Wunsches bereits drückt. In beiden Fällen sprechen Sie mit Ihrem Kunden darüber. Bitte machen Sie keinen Druck, wenn die Lieferzeit eng wird. Kunden können denken, dass Sie dies nur sagen, um schneller den Auftrag zu bekommen und es als „Masche“ empfinden. Denken Sie wieder an die Schublade, in der Sie zu Beginn vermutlich stecken. Mit diesen Fragen können Sie herausfinden, ob Sie auf der finanziellen Ebene zusammenpassen oder nicht und in Erfahrung bringen, ob der Kunde sich eventuell ein Budget gesteckt hat. Daraus wiederum können Sie Schlussfolgerungen über die Zukunftsabsichten des Kunden ziehen.

*

*

Achten Sie bitte hier verstärkt auf mimische Warnsignale und gehen Sie umgehend auf diese ein.

Verkaufsmoment zwei: Die Bedarfsanalyse

Darf ich bitte erfahren, was Sie eingeplant haben, um Ihren Traum zu realisieren? Aus Erfahrung lieber Herr Meyer weiß ich, dass die Frage nach dem Budget oft unangenehm werden kann, deswegen möchte ich Ihnen gerne jetzt schon sagen, warum ich das Budget erfragen muss. Es geht mir lediglich darum, dass für Sie perfekte Angebot zu erstellen, damit wir eine vollkommen individuelle und auch perfekte und für Sie persönlich passende Lösung konstruieren/ kreieren können.

Herr Meyer, haben wir bis hierhin irgendetwas nicht bedacht?

Zum einen ist es wichtig, dass die Frage nach dem * Budget nicht das ist, was dem Kunden als Letztes in Erinnerung bleibt. Deshalb verdeutlicht die Frage, ob Sie noch irgendetwas nicht bedacht haben erneut, dass es Ihnen wichtig ist, worum es dem Kunden persönlich wirklich geht. Auch dies ist wieder eine sehr wertschätzende Form, die der Kunde unbewusst wahrnehmen wird. Zum anderen ermöglicht Ihnen diese Frage, sämtliche eventuellen Unklarheiten, die aufgrund der Bedarfsanalyse aufgetaucht sind, zu klären und somit zu beseitigen, bevor Sie mit der eigentlichen Produktberatung beginnen. An diesem Punkt der Bedarfsanalyse wiederholen Sie die Ergebnisse Ihrer Fragen in Kurzform. Das zeigt Ihrem Kunden, dass Sie sich Notizen gemacht haben, wodurch Sie strukturiert, zukunftsorientiert, zuverlässig sowie wertschätzend und statusanerkennend wirken. Sie handeln dadurch auffällig anders als Ihre Wettbewerber, wodurch Sie schneller das Vertrauen des Kunden gewinnen. Außerdem kamen Forscher zu dem Ergebnis, dass eine Wiederholung des Bedarfs oder der Bestellung auf Ihren Kunden positiv wirkt. Kurzum: Sie erfüllen alle Erwartungen und handeln zu 100 Prozent Motivkompass®-konform und damit kundenspezifisch.

Ganz zum Schluss der Bedarfsanalyse kommen wir zum Vorabschluss. Nachdem Sie alle Notizen mit Ihrem Kunden erneut durchgegangen sind, stellen Sie bitte folgende Frage: „Wenn wir das alles erfüllen lieber Herr Meyer, was wir bis hierhin besprochen haben, sind wir dann Partner?“. Achten Sie hierbei verstärkt auf die Mimik Ihres Kunden und auf eventuelle mimische Warnsignale wie Ekel, Trauer, Angst oder Verachtung. Sie

Tab. 12.5 (Fortsetzung)

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12  Die fünf wichtigsten Verkaufsmomente unter Berücksichtigung der …

geben entweder Aufschluss darüber, ob der Kunde es mit Ihnen persönlich umsetzen will oder ob irgendeine, nicht unbedingt Sie persönlich betreffende Emotion den Kunden daran hindert, Ja zu sagen. Gehen Sie dann auf das, was Ihr Kunde sagt oder zeigt, emotional intelligent ein in Form einer Resonanzaussage. Zusätzlich empfehle ich Ihnen folgenden Schritt: Wenn Ihr Kunde sagt „Ja wir sind dann Partner“, dann lassen Sie sich dieses mit einem Handschlag bestätigen und entgegnen Sie, während Sie dem Kunden die Hand hinhalten, folgendes: „Das freut mich sehr lieber Herr Meyer, darauf einen Handschlag. “Dieser Vorabschluss hilft Ihnen dabei, entweder die konkrete Kaufabsicht eines Kunden zu erkennen oder eventuelle Einwände, die dagegen sprechen, aufzudecken und vor allem dann zu beheben, damit den folgenden drei Verkaufsschritten und dem erfolgreichen Abschluss nichts im Weg steht. Lesen Sie auch dazu das Kapitel: „Der Handschlag“. Dieser Handschlag ist in Deutschland noch von Bedeutung, sowohl für den Kunden persönlich als auch rechtlich.

Tab. 12.5  Fragen für eine Bedarfsanalyse *Bei dieser Frage besteht die Wahrscheinlichkeit, dass Ihr Kunde zuerst Überraschung zeigt, weil er mit solch einer Frage zu diesem Zeitpunkt in keinem Fall gerechnet hat. Auch hier gilt es zu beachten, welche Emotionen danach zu sehen sind. Bei der sehr wertschätzenden Art der Formulierung der Fragen kann man davon ausgehen, dass wenn die Überraschung auftritt, die Emotion Freude danach erfolgt. Wenn nicht, gehen Sie bitte auf die anderen Emotionen des Kunden in Form einer Resonanzaussage ein. Bedenken Sie hier wieder, dass Sie nie wissen, warum eine Emotion auftaucht

• • • • •

Was möchten Sie mit dem Produkt (Hose oder Parfüm) persönlich erreichen? Wie möchten Sie sich fühlen, wenn Sie das Produkt anziehen (oder aufsprühen)? Was soll das Produkt (Hose oder Parfüm) nach außen hin repräsentieren? Wie möchten Sie persönlich mit dem Produkt (Hose oder Parfüm) nach außen hin wirken? Was sollten wir noch beachten bei dem Produkt, was Ihnen persönlich wichtig ist, ich aber bisher noch nicht erfragt habe? • Darf ich fragen, was Sie sich vorgestellt haben für Ihren Wunsch zu investieren? • Gibt es denn eventuell noch jemanden, der bei dem Wunsch mitentscheidet oder mitberücksichtigt werden sollte? (Augenzwinkern)

Fazit zur emotional intelligenten Bedarfsanalyse Diese Fragen der Bedarfsanalyse sind alle dafür geeignet, dass Sie sie auf sich persönlich oder Ihre Branche übertragen können. Ausschlaggebend ist, dass Sie überhaupt eine Bedarfsanalyse durchführen und dabei inhaltlich dieser emotional intelligenten Aufstellung folgen. Versuchen Sie, alle Fragen in Ihren persönlichen Sprachgebrauch zu bringen und testen Sie diese gerne bei Arbeitskollegen oder auch bei Freunden, Bekannten oder Verwandten. Diese Analyse wird Ihnen helfen, erfolgreicher im Vertrieb oder Verkauf zu werden. Die Fakten, die das bestätigen, habe ich ausführlich und zahlreich beschrieben. Fassen wir also noch einmal zusammen, welche Ziele Sie mit dieser Bedarfsanalyse erreichen:

Verkaufsmoment zwei: Die Bedarfsanalyse

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• Sie führen das Gespräch. • Sie verpassen keine wichtige Information und entdecken die emotionalen und echten Beweggründe Ihres Kunden. • Mit manchen Fragen stimmen Sie Ihren Kunden oder Ihren Klienten nachdenklich. (Bsp. Aspirin-Verkäufer: Etwas bereitet dem Kunden Kopfschmerzen und Sie präsentieren als Lösung die Aspirin® und einen Servicevorteil von Ihnen = die Kopfschmerzen im doppelten Sinne lindern.) • Sie nehmen dem Kunden eventuelle Sorgen und Befürchtungen und schaffen somit eine Atmosphäre, in der sich Ihr Kunde verstanden, gut aufgehoben und wohl fühlt. • Sie gewinnen eventuelle Informationen über Ihre Marktbegleiter und können so Ihre eigenen Alleinstellungsmerkmale (USP) hervorheben. • Dadurch, dass Sie selektieren, werden Sie künftig weniger Angebote schreiben und mehr Zeit für die richtigen Kunden investieren  – nämlich in die, die eine konkrete Kaufabsicht aufweisen. • Sie helfen Ihrem Kunden dabei, die für ihn richtigen Entscheidungen zu treffen. • Sie haben den konkreten Bedarf ermittelt und nicht nur den allgemeinen. • Sie haben durch Struktur, statusanerkennende Fragen, Zukunftsorientierung sowie Interesse und Zuverlässigkeit von sich persönlich überzeugen können. Dadurch haben Sie sich zu einem unvergleichbaren Alleinstellungsmerkmal für Ihren Kunden gemacht. Das Schwierigste wird für Sie sein, diese neuen Fragen in Ihren Vertriebs- oder Verkaufsalltag mit einzubinden. Alles in diesem Kapitel belegt und beweist Ihnen, dass diese Form der Bedarfsanalyse Sie erfolgreicher machen wird. Aber wie Henry Ford bereits sagte: „Wer immer tut was er schon kann, bleibt immer das, was er schon ist.“ Versuchen Sie deshalb anders zu sein als Ihre Marktbegleiter und Ihre Wettbewerber und tun Sie nicht nur das, was Sie bisher immer getan haben. Vorausgesetzt natürlich, Sie suchen Wege, um erfolgreicher im Vertriebs- oder Verkaufsprozess zu werden.

Alles auf einen Blick: Die Primäremotion Ekel Auf dem linken Bild sehen Sie den neutralen Gesichtsausdruck und auf dem rechten Bild die Primäremotion Ekel (physisch) (Abb. 12.6). Im Unterschied zur vorherigen Abbildung zeigt das rechte Bild hier die Primäremotion Ekel (psychisch). Diese wird auch als moralischer Ekel bezeichnet. Die folgenden Beschreibungen sind alle wissenschaftlich belegt und entstammen der Mimikresonanz®-Profibox [1]. Das ABC der Primäremotionen oder „Der Emotionsdreiklang“ Beispiel: In Ihrer Ausstellung haben Sie einen Glastisch, den Sie zur Besprechung mit Kunden verwenden. Auf diesem Glastisch sind allerdings Abdrücke von Fettfingern sichtbar, die Sie nach einem Termin nicht entfernt haben. Hier könnte Ihr Kunde physischen

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12  Die fünf wichtigsten Verkaufsmomente unter Berücksichtigung der …

Abb. 12.6  Gesichtsausdruck: neutral versus physischer Ekel. (Quelle: Eilert, Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag,ph Paderborn 2020)

Abb. 12.7 Gesichtsausdruck: neutral versus psychischer Ekel. (Quelle: Eilert, Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020)

Verkaufsmoment zwei: Die Bedarfsanalyse

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Ekel empfinden. Ein Beispiel für psychischen Ekel wäre, wenn Sie einen Kunden, dem statuserhöhende Merkmale von Produkten vollkommen egal sind, in der Richtung beraten. Denn dieser distanziert sich dann psychisch von Ihnen. A) Der Auslöser: „psychophysische Verunreinigung“ B) Die Funktion: „Bereinigung, indem man sich von der Verunreinigung entweder distanziert oder sie beseitigt“ C) Das Bedürfnis: „Reinheit des psychischen oder des physischen Zustandes“ Weitere Gefühlsbeschreibungen der Emotion nach dem Mimikresonanz®-Gefühlsrad (von links nach rechts stärker werdend): übersättigt, abgeneigt, widerwillig, ablehnend, abstoßend, angeekelt, verabscheuend und angewidert. Die Primäremotion Ekel erkennen Sie an folgenden Bewegungen in der Mimik Ihres Kunden Die Nase wird gerümpft*, siehe auch Abb. 12.7 (physischer Ekel). Zudem wird gleichzeitig die Oberlippe hochgezogen*, siehe auch Abb. 12.8 (psychischer Ekel) (Tab. 12.6). Was Sie noch über die Emotion wissen sollten • Bei der Emotion Ekel handelt es sich (unabhängig davon ob es physischer oder psychischer Ekel ist), um eine rein mimische Primäremotion (PFE), die durch die unterschiedlichen Bewegungen (siehe Abb. 12.7 und 12.8) in der Mimik gekennzeichnet ist.

Tab. 12.6  Nonverbale Merkmale von Ekel (Quelle: Eilert, Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020) Ergänzende nonverbale Merkmale Mimik: mögliches Rausstrecken der Zunge Kopfhaltung: Der Kopf wird nach hinten bewegt oder abgewendet. Gestik: eine abwehrende Handbewegung, welche als metaphorische Geste ein Wegwischen der „Verunreinigung“ darstellt Körperhaltung: Die Körperhaltung ist defensiv und zeigt sich zum Beispiel durch Arme verschränken oder Zurückweichen des gesamten Körpers. Psychophysiologie: Der physische Ekel wird häufig durch eine schaudernde Gänsehaut begleitet. Stimme: Sie können mögliche Geräusche hören wie: ääääääh, bääääääh oder iiiiiiiiih. Der physische und psychische Ekel zeigen sich am stärksten allerdings durch mimische Signale, wie Sie auf den Abb. 12.7 und 12.8 sehen können. Interpersonelles Bei Ekel, der sich gegen eine Person richtet, wird eine größere Bewegungsverhalten: Distanz aufgebaut zwischen dem, der Ekel empfindet und dem, der den Ekel auslöst. Ebenso kann ein nonverbales Abwenden auftreten.

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12  Die fünf wichtigsten Verkaufsmomente unter Berücksichtigung der …

• Evolutionär entwickelte sich die Emotion Ekel, damit wir uns von gefährlichen Umweltfaktoren, die Krankheiten auslösen könnten, fernhalten, zum Beispiel von verdorbenen Lebensmitteln oder unhygienischen Zuständen. Die physische Form des Ekels bezieht sich daher auf die körperliche Gesundheit. • Im Laufe der Geschichte bildete sich neben dem hygienischen Ekel allerdings noch eine zweite Form des Ekels heraus: der moralische Ekel. Dieser sogenannte psychische Ekel kann unter anderem durch moralisches Fehlverhalten oder interpersonelles Danebenbenehmen ausgelöst werden. Das heißt, dass wir uns von einem Menschen distanzieren wollen, der gegen unsere Moralvorstellungen oder unsere Prinzipien verstößt. Der interpersonelle psychische Ekel kann unter anderem dann entstehen, wenn es sich um einen unerwünschten Annäherungsversuch einer Person handelt, die wir nicht mögen oder wir direkten körperlichen Kontakt mit dieser Person haben. Sollten Sie beispielsweise bei der Bedarfsanalyse und der Budgetbesprechung die Emotion des psychischen Ekels erkennen, dann ist entweder davon auszugehen, dass es gegen die Moral oder aber gegen die Prinzipien Ihres Kunden verstößt, so viel Geld für eine Ware oder eine Dienstleistung zu investieren. Es kann ebenfalls ein Anzeichen dafür sein, dass Ihr Kunde noch nicht verstanden hat, warum er ein so hohes Budget aufwenden sollte und somit einen für ihn zu hoch empfundenen Preis entrichten muss. In jedem Fall rate ich Ihnen, die Emotion mit einer Resonanzaussage anzusprechen, um sie aus dem Weg zu räumen. • Die Primäremotion (PFE) Ekel hilft uns dabei, uns von Jeglichem fern zu halten, was unserer Psyche oder unserem Körper nicht guttut. Sie aktiviert immer eine Vermeidungsmotivation, weshalb es wichtig ist, im gesamten Verkaufsprozess darauf zu achten, wann und vor allem unter welchen Umständen Ihr Kunde die unterschiedlichen Formen des Ekels zeigt. Die Primäremotion Ekel ist, egal in welcher Form, eines der stärksten mimischen Warnsignale, das Sie beachten müssen, um einen Verkaufsabschluss nicht zu gefährden. Sie müssen stets dafür Sorge tragen, dass Sie entweder den Auslöser dieser Emotion selbst bestimmen und beseitigen oder dass Sie dem Kunden dabei helfen, der Ursache für den Ekel auf den Grund zu gehen. Zeigt der Kunde Ekel bei einem Handschlag mit Ihnen oder bei einem Annäherungsversuch Ihrerseits, dann richten Sie Ihren Fokus bitte verstärkt auf diese Emotion und wie häufig sie im Bezug mit Ihnen persönlich ausgelöst wird. Sollte sie erneut und wiederholt auftreten, empfehle ich Ihnen in so einer Situation wieder, sich als Berater oder Verkäufer schnellstmöglich auszutauschen, damit dem Verkaufsabschluss und somit dem Erfolg Ihres Unternehmens nichts im Wege steht. Bedenken Sie in allen Fällen immer, dass Sie nie wissen, warum eine Emotion auftaucht und Sie das Motiv dahinter stets durch eine Resonanzaussage oder eine empathische Frage in Erfahrung bringen sollten. So könnten Sie Ihren Kunden auf die Emotion ansprechen • „Entschuldigen Sie bitte, ich habe das Gefühl, dass Sie das anders sehen. Wollen wir darüber sprechen?“ • „Ich habe den Eindruck, Sie sind davon nicht überzeugt.“ • „Mir kommt es so vor, als seien Sie eher abgeneigt. Liege ich damit richtig?“

Verkaufsmoment zwei: Die Bedarfsanalyse

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• „Kann es vielleicht sein, dass bei uns der Nasenfaktor/die Chemie nicht stimmt?“ (wenn der Ekel Ihres Kunden durch Sie persönlich ausgelöst wird) • „Wäre es Ihnen recht, wenn ich einen Kollegen hole, der die Beratung für mich übernimmt?“ (wenn der Ekel Ihres Kunden durch Sie persönlich ausgelöst wird) • „Gehe ich recht in der Annahme, dass Sie sich davon eher distanzieren wollen?“ • „Ich habe das Gefühl, irgendetwas stimmt nicht für Sie.“ *Dieses Zeichen ist zuverlässig und reicht aus, um die beschriebene Primäremotion (PFE) zu erkennen.

Alles auf einen Blick: Die Primäremotion Trauer

Abb. 12.8  Gesichtsausdruck: neutral versus Trauer. (Quelle: Eilert, Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020)

Das linke Bild zeigt hier wieder den neutralen Gesichtsausdruck. Rechts sehen Sie die Primäremotion Trauer. Im Folgenden sind erneut alle wissenschaftlich belegten Ausführungen aus der Mimikresonanz®-Profibox [1] aufgelistet. Das ABC der Primäremotionen oder „Der Emotionsdreiklang“ A) Der Auslöser: „Verlust von etwas Wertvollem (dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um einen Gegenstand oder um eine geliebte Person handelt)“ Beispiel: Sie erläutern Ihrem Kunden, womit er preislich rechnen muss. Im Kopf hat sich Ihr Kunde vielleicht bereits vorgestellt, dieses Produkt zu besitzen. Durch Ihre

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12  Die fünf wichtigsten Verkaufsmomente unter Berücksichtigung der …

Preisinformation aber muss sich der Kunde von dem Wunsch trennen. Er verliert dadurch etwas, was für ihn in der Zukunft (gedanklich) wertvoll gewesen wäre. B) Die Funktion: „Hilferuf und Wiedererlangen der Ressourcen (Ressourcen, welche verloren gegangen sind)“ C) Das Bedürfnis: „Wertbewahrung“ Weitere Gefühlsbegriffe aus der Wortfamilie Trauer nach dem Mimikresonanz®-Gefühlsrad (von links nach rechts stärker werdend): bedrückt, betroffen, desillusioniert, enttäuscht, niedergeschlagen, resigniert, unglücklich und verzweifelt. Die Primäremotion Trauer erkennen Sie an folgenden Bewegungen in der Mimik Ihres Kunden Die Augenbraueninnenseiten werden schräg hochgezogen*. Der Blick kann zusätzlich nach unten gerichtet sein und die Mundwinkel sind heruntergezogen. Ebenso kann der Kinnbuckel angehoben sein. *Dieses Zeichen ist zuverlässig und reicht aus, um die beschriebene Primäremotion zu erkennen (Tab. 12.7). Was Sie noch über die Emotion wissen sollten • Da es sich bei Trauer um eine rein mimische Primaremotion (PFE) handelt, zeigen sich die Kern-Bewegungen ausschließlich im Gesicht eines Menschen. • Der allgemeine Auslöser beziehungsweise Trigger der Primäremotion Trauer ist vor allem der empfundene Verlust eines geliebten Menschen oder auch eines geliebten Objekts. Interessant dabei ist, dass Trauer auch durch eine enttäuschte Erwartung hervorTab. 12.7  Nonverbale Merkmale von Trauer (Quelle: Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020) Ergänzende nonverbale Merkmale Mimik: Die Augenoberlider sind gesenkt. Kopfhaltung: Der Kopf ist nach unten geneigt. Wir lassen sprichwörtlich den Kopf hängen. Gestik: Gesten, die redebegleitend auftreten, können bei Trauer aufgrund der niedrigen Muskelspannung abnehmen. Beim Weinen werden unter Umständen das Gesicht und vor allem die Augen durch die Hände verdeckt (Face-Cover). Fuß- und Der Gang wird langsamer und es werden kleinere Schritte gemacht, die Beinverhalten: Arme sind hängend und bewegen sich wenig. Körperhaltung: Die Körperhaltung wirkt insgesamt „eingefallen“ beziehungsweise schlaff. In der Fachsprache auch pro-gravitativ genannt, mit der Erdanziehung nach unten. Psychophysiologie: Der Kunde könnte seufzen oder auch schneller atmen. Stimme: Die Stimme weist einen eher weicheren Tonfall auf und die Sprechgeschwindigkeit nimmt eher ab.

Verkaufsmoment zwei: Die Bedarfsanalyse

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gerufen werden kann. Es spielt also für den Kunden keine Rolle, ob er sich vorgestellt hat, das Produkt zu besitzen, oder ob er es tatsächlich besessen hat. Befinden Sie sich beispielsweise mit Ihrem Kunden in der Bedarfsanalyse bei der Budgetbesprechung und Ihr Kunde zeigt dabei die Emotion Trauer, dann könnte es sein, dass er traurig ist, weil er sich das Produkt aufgrund des Preises nicht leisten kann, sich aber bereits ausgemalt hat, den Wunsch nach diesem Produkt erfüllt zu bekommen. Man könnte auch sagen, der Traum des Kunden ist geplatzt. • Es ist von großer Bedeutung, dass Sie die Emotion Trauer mit einer empathischen Resonanzaussage ansprechen. Neurologisch betrachtet sinkt bei Trauer das Hormon Oxytocin, welches für zwischenmenschliche Beziehungen wichtig ist. Indem Sie auf die Trauer empathisch eingehen, können Sie Ihrem Kunden helfen und ihm eventuell Wege aufzeigen, wie es doch noch möglich wäre, seinen Wunsch zu erfüllen, zum Beispiel durch ein Produkt, das in seinem Preisrahmen liegt oder durch ein Finanzierungssystem, das für ihn realisierbar ist. • Trauer hilft Ihnen im Verkaufsprozess dabei, entweder Ihre Zeit oder auch die Zeit Ihres Kunden nicht zu verschwenden. Denn durch diese Emotion können Sie erkennen, ob der Kunde sich zum Beispiel das Produkt oder auch die Dienstleistung wirklich leisten kann und ob die Zeit richtig eingesetzt wird. Wenn sich nach Ihrer Resonanzaussage herausstellt, dass die finanziellen Anforderungen für Ihren Kunden zu hoch sind, dann unterstützen Sie ihn dabei, eine alternative Lösung zu finden und machen Sie ihn zum Beispiel auf einen Netzwerkpartner oder andere Dienstleister aufmerksam, von denen Sie wissen, dass sie dem Budget des Kunden eher entsprechen. Die Kompetenz der Emotion liegt hier in dem „Hilferuf“. Durch Ihre Empfehlung helfen Sie Ihrem Kunden, sich dennoch seinen Wunsch zu erfüllen und als positive Folge wäre es möglich, dass der Kunde Ihr Handeln weiterempfiehlt. Denn er hat vermutlich viele Arbeitskollegen, Nachbarn, Freunde, Familienangehörige und Bekannte, denen er von Ihnen erzählen könnte. Er könnte zum Beispiel sagen: „Ich habe es mir dort zwar nicht leisten können, allerdings kann ich mir gut vorstellen, dass sie für dich dort genau die richtigen Produkte oder Dienstleistungen haben.“ So könnten Sie Ihren Kunden auf die Emotion ansprechen • „Es fühlt sich so an, als ob Sie etwas bedrückt.“ • „Es ist nur ein Gefühl, aber kann es sein, dass Sie das enttäuscht?“ • „Ich möchte Ihnen nicht zu nahetreten, aber liege ich richtig mit der Annahme, dass Sie das traurig macht?“ • „Ich möchte nicht zu forsch wirken, aber kann es vielleicht sein, dass wir mit diesem Budget etwas über das Ziel hinausschießen?“ (Diese Aussage könnten Sie verwenden, wenn die Emotion Trauer unmittelbar danach oder direkt bei der Budgetbesprechung bei Ihrem Kunden im Gesicht aufblitzt.) • „Gibt es bei dem, was wir eben besprochen haben, etwas, was Sie unglücklich macht?“

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Alles auf einen Blick: Die Primäremotion Angst Neben dem neutralen Gesichtsausdruck auf dem linken Bild ist rechts die Primäremotion Angst erkennbar. Die folgenden wissenschaftlich belegten Beschreibungen sind erneut alle der Mimikresonanz®-Profibox [1] entnommen (Abb. 12.9). Das ABC der Primäremotionen oder „Der Emotionsdreiklang“ A) Der Auslöser: „Bedrohungen des körperlichen oder des psychischen Wohlbefindens“ Beispiel: Sie möchten an ein Pärchen ein Auto verkaufen und nennen die Maximalgeschwindigkeit und die PS-Stärke des Autos. Dabei zeigt einer von beiden Angst, weil er sich eventuell durch diese Information in seinem zukünftigen Leben körperlich bedroht fühlt. Oder Sie erklären Ihren Kunden, dass durch dieses neue Fahrzeug bestimmt deren Nachbarn neidisch gucken werden. Dadurch könnte vielleicht einer der beiden psychische Angst empfinden, weil er sich vor schlechtem Gerede der Nachbarn fürchtet. 2. Die Funktion: „Die Bedrohungen vermeiden oder den erwarteten Schaden reduzieren.“ 3. Das Bedürfnis: „Sicherheit“ Mit diesen Worten können Sie ängstliche Zustände nach dem Mimikresonanz®-Gefühlsrad weiter umschreiben (von links nach rechts stärker werdend): unsicher, beunruhigt, besorgt, Bange, beklommen, erschrocken, verängstigt oder panisch.

Abb. 12.9  Gesichtsausdruck: neutral versus Angst. (Quelle: Eilert, Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020)

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Die Primäremotion Angst erkennen Sie an folgenden Bewegungen in der Mimik Ihres Kunden Die Augenbrauen sind beide hoch und zusammengezogen*. Dabei können zusätzlich die Augenoberlider hochgezogen sein, während zeitgleich die unteren Augenlider angespannt sind*. Zeigen sich diese beiden Signale im selben Augenblick, so gelten sie als zuverlässig für die Emotion Angst. Weiterhin ist auch ein seitliches Auseinanderziehen der Lippen möglich (Tab. 12.8). Was Sie noch über die Emotion wissen sollten • Der Mensch kann entweder in einer erlebten Situation Angst verspüren, zum Beispiel direkt vor einem Bungee Jump während des Stehens auf dem Podest oder auch schon bei dem Gedanken daran, einen Bungee Jump zu wagen. • Der Auslöser der Emotion Angst kann sowohl eine Bedrohung des körperlichen als auch des psychischen Wohles sein. • Angst muss nicht immer nur mich selbst betreffen, sie kann sich auch auf einen Menschen, ein Tier oder einen Gegenstand beziehen, welcher mir sehr am Herzen liegt. Tab. 12.8  Nonverbale Merkmale von Angst (Quelle: Eilert, Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020) Ergänzende nonverbale Merkmale Mimik: Die Nasenflügel blähen sich auf. Kopfhaltung: Der Kopf geht nach hinten (weicht zurück). Gestik: Aufgrund der körperlichen Erstarrung können eventuelle redebegleitende Gesten abnehmen und die Beruhigungsgesten zunehmen (siehe Exkurs Stresssignale). Fuß- und Beruhigungsgesten mit den Füßen oder Beinen können zunehmen. Bei Beinverhalten: starker Angst können sie aufgrund der möglichen Erstarrung jedoch auch abnehmen. Das Anziehen der Fußspitzen und das Strecken der Fußgelenke sind ebenfalls möglich, genauso wie ein schnellerer Gang (da vor der Angst geflüchtet werden soll). Körperhaltung: Die Körperhaltung wirkt eher geschlossen und der Körper geht im Allgemeinen nach hinten (bewegt sich zurück oder weicht zurück). Eine erhöhte Muskelanspannung bis hin zur Erstarrung ist möglich. Ebenso kann der Körper schwanken oder es können vermehrte Body-Shifts auftreten (zum Beispiel hin und her rutschen auf einem Platz beim Sitzen). Psychophysiologie: Die Atmung beschleunigt sich eventuell und auch die Herzfrequenz kann ansteigen. Möglich sind ebenso ein Zittern oder auch Erblassen des Körpers. Außerdem könnten die Hände kälter werden und sich eine schaudernde Gänsehaut bemerkbar machen. Der Körper kann anfangen zu schwitzen und vielleicht erweitern sich auch die Pupillen. Stimme: In den meisten Fällen wird die Stimme lauter und höher. Allerdings kann es auch passieren, dass die Stimme leiser und monotoner im Tonfall wird, je nachdem in welcher Situation der Mensch die Angst verspürt. Außerdem ist die Sprechgeschwindigkeit schneller und es treten mehr Sprechverzögerungen und Sprechfehler auf.

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• Die mögliche Abwesenheit von Informationen über ein Produkt, zum Beispiel bei der Altersvorsorge oder auch bei technischen Dingen wie einem Auto oder einem Wintergarten, kann die Emotion Angst bei Ihrem Kunden auslösen. Die fehlende Information sorgt in diesem Fall für Unsicherheit. Daher ist es wichtig, dass Sie die Angst ansprechen und sie Ihrem Kunden nehmen, um ihm so das Gefühl der Sicherheit z­ urückzugeben. Angst ist ein sehr starkes mimisches Einwandsignal. Durch eine empathische Resonanzaussage können Sie jedoch die Ursache für die Emotion herausfinden und so Ihrem Kunden helfen, wieder entschlossener und mutiger zu werden. • Neurobiologisch betrachtet wird durch die Emotion Angst das Hormon Cortisol bei Ihrem Kunden ausgeschüttet. Cortisol wird auch als Stresshormon bezeichnet und steht in enger Verbindung mit der Angst. • Ängstliche Kunden treffen eher konservative Entscheidungen, auch in Bezug auf finanzielle Investitionen. Zusätzlich sinkt die Risikobereitschaft. Eine interessante Studie kam zu dem Ergebnis, dass bei Menschen, die mehr Ärger als Angst verspüren, die Risikobereitschaft höher ist. Das heißt jedoch natürlich nicht, dass Sie Ihren Kunden bewusst verärgern sollten. • Angst löst ebenfalls eine Vermeidungsmotivation aus. Das bedeutet, dass dieses Einwandsignal den Verkaufsabschluss stark gefährden könnte, sofern Sie es nicht ansprechen und gemeinsam mit dem Kunden aus dem Weg räumen. • Die Emotion Angst wird häufig mit der Emotion Überraschung verwechselt, da sich die mimischen Signale sehr ähneln. So könnten Sie Ihren Kunden auf die Emotion ansprechen • „Ich habe den Eindruck, Sie besorgt etwas.“ • „Ich habe das Gefühl, etwas verunsichert Sie.“ • „Kann es sein, dass Sie das Thema verängstigt?“ • „Mir kommt es so vor, als ob meine Aussage Sie erschrocken hat.“ • „Besteht die Möglichkeit, dass ich Sie mit dem, was ich gerade gesagt habe, beunruhigt habe?“ *Dieses Zeichen ist zuverlässig und reicht aus, um die beschriebene Primäremotion zu erkennen. Praxis-Tipp

Wenn Sie ein Produkt oder eine Dienstleistung verkaufen oder vertreiben, die das Eigenheim des Kunden betreffen, dann könnte es sehr gut sein, dass der Kunde stolz auf sein Zuhause ist und dies auch körpersprachlich zeigt, während Sie mit ihm darüber sprechen. Ebenso ist es natürlich möglich, dass ihn sein Beruf oder seine Familie sehr stolz machen. In jedem Fall ist Stolz eine für den Kunden angenehme Emotion, die Sie ihm, sofern Sie möchten, bestätigen können. Die Frage dabei ist jedoch: Auf was ist der Kunde stolz? Darum ist es wichtig, dass Sie darauf achten, wann der Kunde den Stolz

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zeigt und worüber Sie währenddessen gerade sprechen. Überlegen Sie bitte einmal für sich persönlich, mit wem Sie sich über Emotionen oder auch Gefühle austauschen. Generell tun wir dies mit Menschen, die uns nahestehen und denen wir vertrauen. Darum kann es der Beziehung zwischen Ihnen und Ihrem Kunden dienlich sein, wenn Sie auch die angenehmen Emotionen ansprechen, die Sie bei Ihrem Kunden wahrnehmen. Solche positiven Reaktionen wirken motivierend auf Ihren Kunden und sorgen so dafür, dass er gern mit Ihnen zusammen ist. Nutzen Sie daher jede Emotion, die Sie erkennen, um das Verhältnis zu Ihrem Kunden zu verbessern. Wenn Ihr Kunde beispielsweise Stolz zeigt, während Sie über sein Eigenheim reden, könnten Sie folgende Resonanzaussagen oder Fragen verwenden: „Herr Meier, gehe ich recht in der Annahme, dass Sie auf Ihr Eigenheim stolz sind?“ „Herr Meier, ich habe das Gefühl, dass Sie sehr stolz auf Ihr Eigenheim sind.“ „Herr Meier, wir können ja offen sprechen, ich habe den Eindruck, dass Sie sehr stolz auf das sind, was Sie hier für sich und Ihre Familie aufgebaut haben.“ „Herr Meier, darf ich fragen, ob Sie stolz sind auf das, was Sie hier für sich und Ihre Familie Schönes erschaffen haben?“ ◄ Die Frage, die Sie sich bei Ihrer Reaktion auf die Emotion Stolz stellen müssen, ist, in welchem Motivfeld sich Ihr Kunde mehrheitlich bewegt. Wenn Sie einen Kunden vor sich sitzen haben, der eher grüne Motive aufweist, dann sollten Sie natürlich keine Formulierungen wählen, in denen Sie den Status des Kunden bestätigen. Denn im grünen Feld sind ihm eher Werte wie Familie oder Partnerschaft wichtig, das heißt diese sollten Sie dann auch in Ihrer Antwort herausstellen. Sollte Ihr Kunde eher rote Motive in sich tragen, sind statusanerkennende Resonanzaussagen oder Fragen von Vorteil. Versuchen Sie stets, eine Äußerung einzusetzen, mit der Sie den Kunden in seinen Motivfeldern abholen, denn so hat er noch stärker das Gefühl, dass Sie ihn verstehen. Ich gebe Ihnen einige Beispiele: rotes Motivfeld: „Herr Meier, auch wenn Sie dies vermutlich öfter hören, ich bin sehr beeindruckt, was Sie sich hier für ein tolles Reich geschaffen haben.“ blaues Motivfeld: „Herr Meier, wir können ja offen sprechen, ich bin fasziniert, wie durchdacht Ihr Eigenheim ist. Es ist bestimmt auch mit Sicherheit bringenden Details ausgestattet, oder?“ grünes Motivfeld: „Herr Meier, ein schönes und sehr gemütliches Zuhause haben Sie hier für sich und Ihre Familie erschaffen, wenn ich das sagen darf.“ gelbes Motivfeld: „Herr Meier, Ich muss ihnen sagen, die Kreativität und Individualität Ihres Eigenheims finde ich einfach nur toll und bestimmt sind Sie glücklich, hier zu leben, oder?“ Diese Aussagen, die ich hier beispielhaft formuliert habe, sind natürlich nur Ideen. Wenn Sie sie verwenden möchten, beachten Sie bitte stets, dass sie auch zu Ihnen und Ihrem persönlichen Sprachgebrauch passen sollten und dass das, was Sie ansprechen, von Ihnen auch so empfunden und gesehen wird. Sonst wirken Sie eventuell nicht authentisch und erzeugen eher Misstrauen anstatt Vertrauen, da der Kunde Ihnen nicht glaubt.

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Alles auf einen Blick: Die Primäremotion Stolz Links ist der neutrale Gesichtsausdruck abgebildet, rechts sehen Sie die Primäremotion Stolz. Die folgenden Beschreibungen sind alle wissenschaftlich belegt und entstammen der Mimikresonanz®-Profibox [1] (Abb. 12.10). Das ABC der Primäremotionen oder „Der Emotionsdreiklang“ A) Der Auslöser: „etwas erreichen, das von uns als gut bewertet wird“ Beispiel: Sie sind in Ihrem Vertriebsteam oder unter allen Verkäufern am Jahresende der, der die meisten Aufträge und somit den höchsten Umsatz verbuchen konnte. Zugleich haben Sie auch die beste Deckung erzielt. Dies macht Sie vermutlich stolz, denn Sie haben diesen Erfolg durch Ihr eigenes Handeln erreicht. 2. Die Funktion: „beharrliche Annäherung an die ideale Ich-Identität“. Diese Funktion könnte man auch so beschreiben, dass man sinngemäß mit einem möglichen zukünftigen Ich eine Beziehung eingeht [1]. 3. Das Bedürfnis: „Selbstwert“. Der Selbstwert ist die Beschreibung der eigenen Bewertung, die man an sich selbst vornimmt oder vorgenommen hat. Die Primäremotion Stolz erkennen Sie an folgenden Bewegungen in der Mimik Ihres Kunden Die Augen lachen* (siehe dazu auch die Emotion Freude); ein starkes oder auch ein leichtes Lächeln (Mundwinkel sind beidseitig hochgezogen), Der Kopf wird ca. 20° in den Nacken gelegt. Die Körperhaltung ist aufrecht mit einer herausgestreckten Brust.

Abb. 12.10  Gesichtsausdruck: neutral versus Stolz. (Quelle: Eilert, Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020)

Verkaufsmoment zwei: Die Bedarfsanalyse

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Stolz ist eine Primäremotion, die multimodal auftritt und somit in mindestens zwei nonverbalen Beobachtungskanälen. *Die Augenring-Kontraktion muss nicht immer bei Stolz gezeigt werden, allerdings macht es die Identifizierung dieser Emotion zuverlässiger. Ergänzende nonverbale Merkmale Gestik: Es wird eher raumeinnehmend gestikuliert. zum Beispiel werden die Hände in die Hüften gestemmt und die Ellenbogen dabei nach außen gestellt. Auch das Heben der Arme über den Kopf ist eine mögliche anti-gravitative Geste, d. h. gegen die Schwerkraft (typisch für „Ich habe gewonnen“ oder „Ich hab’s geschafft“). Fuß- und Die Beinhaltung wirkt eher dominant und wird zum Beispiel durch einen Beinverhalten: sehr breiten Stand angezeigt. Der Gang ist durch größere und somit raumeinnehmendere Schritte geprägt. Körperhaltung: Die Arme werden verschränkt. Stimme: Die Stimme wird eher tiefer. Quelle: Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020

Was Sie noch über die Emotion wissen sollten • Unter all den anderen Emotionen nimmt der Stolz eine Sonderfunktion ein, denn er ist die einzige Emotion, für die wir im Alltag sowohl positive als auch negative Formulierungen nutzen. Positive Umschreibungen sind zum Beispiel: souverän, würdevoll, selbstbewusst, selbstsicher, ehrenvoll, ruhmreich, triumphierend, erhaben oder siegreich. Negative Begriffe können sein: arrogant, protzig, überheblich, prahlerisch, aufgeblasen, hochnäsig, selbstgerecht, angeberisch oder eingebildet. Daran erkennen Sie, dass Stolz sowohl angenehm als auch unangenehm wirken kann. Auch in der Wissenschaft unterscheidet man zwei Arten des Stolzes: den authentischen Stolz auf der einen Seite und den anmaßenden Stolz auf der anderen Seite. Letzterer wird in der Forschung auch als hubristischer Stolz bezeichnet. Bei dem authentischen Stolz sind wir auf das stolz, was wir durch unser eigenes Handeln geschafft haben. Den hubristischen Stolz kann man so beschreiben, dass man sich dabei für etwas rühmt, was eigentlich andere erreicht haben, aber nicht ich selbst, ich es jedoch als meinen Erfolg verbuche. Ein Beispiel dafür wäre, wenn Sie als Führungskraft für etwas gelobt werden, was eigentlich Ihre Mitarbeiter geleistet haben. Oder wenn Sie damit prahlen, dass Sie reich sind, obwohl Sie nur aus einer vermögenden Familie stammen, aber nichts selbst für Ihren Reichtum getan haben. • Es herrscht der Mythos, dass Männer mehr Stolz empfinden als Frauen. Dies allerdings wurde in einer wissenschaftlichen Untersuchung widerlegt. Egal ob weiblich oder männlich, die primäre Emotion Stolz wird geschlechterneutral ähnlich häufig in der Körpersprache gezeigt.

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Verkaufsmoment drei: Die Beratung des Produktes Nach einer gelungenen und emotional intelligenten Bedarfsanalyse folgt der dritte Verkaufsmoment: die Beratung. Bei der Beratung des Produktes unterscheide ich dahingehend, ob Sie ein Produkt verkaufen möchten, das man anfassen kann, oder eines, welches es nur in einem theoretischen Modell gibt, also zum Beispiel entweder Möbelstücke oder Küchen oder Versicherungen und Finanzdienstleistungen. Um hier zu unterscheiden, beschreibe ich jeweils einen klassischen Vorgang für einen Beratungskontakt mit dem Kunden, in dem es um ein konkretes haptisches Produkt geht sowie eine Situation, in der es um den Kauf von etwas geht, was sich nur in der Vorstellungskraft des Kunden befindet.

Beratung für ein haptisches Produkt Wenn Sie ein Produkt verkaufen, das der Kunde anfassen kann, dann werden Sie, nachdem Sie die Bedarfsanalyse erfolgreich mit Ihrem Kunden durchgeführt haben, aufstehen, um ihm entweder verschiedene Modelle zu präsentieren, oder um ihm das Modell vorzustellen, von dem Sie aus der Bedarfsanalyse heraus vermuten, dass es genau das ist, welches er favorisiert. Dabei ist es wichtig, dass Sie genau auf seine Körpersprache achten, während Sie ihm das mögliche Produkt zeigen. Auch vor der Produktschau sollten Sie sich noch einmal das Wissen aus dem Motivkompass® in Erinnerung rufen und genau ­abwägen, welchem Motivfeld Ihr Kunde entsprechen und was ihm demnach am meisten gefallen könnte. Verdeutlichen Sie hier Ihre Kompetenz, indem Sie ihm zum Beispiel anbieten, ihm vor der Besichtigung der gesamten Ausstellung das Produkt vorzuführen, von dem Sie glauben, dass es seinen Geschmack am ehesten trifft. Damit machen Sie ihn darauf aufmerksam, dass Sie sich über ihn und seine Vorlieben bereits Gedanken gemacht haben. Natürlich ist Ihre Annahme nur eine Annahme, das heißt, dass Sie Ihren Kunden darauf auch hinweisen sollten, damit er am Ende nicht vielleicht enttäuscht ist. Sie könnten zum Beispiel sagen: „Lieber Herr Meier, das Produkt, welches ich Ihnen jetzt gerne zeigen würde, könnte meinem persönlichen Empfinden nach gut zu Ihnen passen. Es kann allerdings auch sein, dass ich absolut falsch liege. Sollte dem so sein, hoffe ich, dass Sie mir das nicht übelnehmen werden.“ Sofern diese Aussage zu Ihnen passt und Sie sie mit einem Lächeln sagen können, wäre dies eine mögliche Herangehensweise. Überlegen Sie sich dennoch auch gerne eigene Ideen, damit Sie in jedem Fall ideal auf alles vorbereitet sind. Wenn Sie dann gemeinsam mit Ihrem Kunden auf dem Weg zum Produkt sind, ist es in der Regel üblich, dass Sie vorgehen, da Ihr Kunde nicht weiß, wo es langgeht. Kündigen Sie ihm dies im Vorfeld an, damit es unter Umständen nicht unhöflich wirkt, wenn Sie ihm nicht den Vortritt lassen. Am Ziel angekommen, präsentieren Sie das Produkt mit einem kurzen Satz, aber Sie erklären es noch nicht ausführlich. Warten Sie vorher bitte in jedem Fall die nonverbale Antwort des Kunden ab. Sie können jetzt anhand seiner nonverbalen Sprache erkennen, ob es das richtige oder das falsche Produkt für ihn ist und ihm erneut beweisen, dass Sie ihn wirklich verstehen und wahrnehmen. Gehen wir zuerst davon aus,

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dass Ihr Kunde mimische Warnsignale zeigt wie: Ärger, Verachtung und Ekel. Wie Sie bereits wissen sind dies Emotionen, die Sie in jedem Fall ansprechen und auch beseitigen sollten, damit einem Verkaufsabschluss nichts im Wege steht. Wenn Sie sich unsicher sind, welche der drei Emotionen Sie gesehen haben, dann empfehle ich Ihnen für speziell diese drei Emotionen Ärger, Verachtung und Ekel folgende Allrounder-Aussagen: • • • • • • •

„Ich habe das Gefühl, etwas stimmt nicht für Sie.“ „Ich habe den Eindruck, das ist nicht okay für Sie.“ „Vielleicht liege ich falsch, aber kann es sein, dass das nicht die richtige Wahl ist?“ „Entschuldigen Sie, Sie sind davon nicht überzeugt, oder?“ „Gehe ich recht in der Annahme, dass wir etwas Anderes finden sollten?“ „Vermutlich ist es nicht das Richtige für Sie, oder?“ „Ich glaube, das ist nicht das Richtige, oder?“

Sollten Sie hierbei statt eines einzelnen Kunden ein Kundenpaar in der Beratung haben, wird es Ihnen schwerfallen, sich auf beide Kunden und deren nonverbale Signale gleichzeitig zu fokussieren. Darum empfehle ich Ihnen folgende Vorgehensweise. Identifizieren Sie bereits in der Bedarfsanalyse den für Sie relevanten Hauptentscheider in der Beziehung. Gehen wir für dieses Beispiel davon aus, dass die Frau diese Position innehat. Achten Sie daher bitte nun auf die nonverbalen Signale der Frau und reagieren Sie direkt im Anschluss mit einer der oben beschriebenen Resonanzaussagen oder Fragen oder wählen Sie eine eigene Formulierung. Hören Sie zu, was Ihnen gesagt wird, nicken Sie es ab und bedanken Sie sich für das Feedback, bevor Sie den zweiten Entscheider dieses Kundenpaares mit einbeziehen und die Frage stellen: „Und was halten Sie von diesem Produkt, lieber Herr Meyer?“. Auch hier beobachten Sie wieder die nonverbale Sprache und antworten bestenfalls mit einer Resonanzaussage oder einer empathischen Frage. Im Idealfall sind sich Frau und Mann einig in Bezug auf das Produkt. Sind sie dies jedoch nicht, dann müssen Sie alle gemeinsam das richtige Produkt finden, welches sowohl bei der Frau als auch bei dem Mann ein mimisches Wunschsignal wie zum Beispiel Freude, Interesse oder Liebe auslöst. Stellen Sie beiden Hauptentscheidern die Frage, was ihnen an dem gezeigten Produkt gefällt oder nicht gefällt. Indem Sie dies beide fragen, können Sie herausfinden, wo die stärksten Übereinstimmungen herrschen und worin die größten Unterschiede bestehen. Wenn Sie bereits gut in Mimikerkennung geschult sind, versuchen Sie, hierbei auch auf die Gestik Ihrer Kunden zu achten, denn sie kann Ihnen ebenfalls wertvolle Informationen liefern. Es kann zum Beispiel sein, dass Ihr Kunde eine Rhythmusgeste ausführt, während er Dinge beschreibt, die ihm gefallen. Was das bedeutet, lesen Sie im folgenden Exkurs. Exkurs redebegleitende Gesten (Illustratoren) In diesem Exkurs widmen wir uns den sogenannten redebegleitenden Gesten, der Zeigegeste sowie der Rhythmusgeste (Abb. 12.11). Die Zeigegeste: Die Zeigegeste wird mit den Fingerspitzen ausgeübt. Sowohl der linke als auch der rechte Zeigefinger können dabei zum Einsatz kommen. Die Fingerspitze zeigt dabei immer in eine bestimmte Richtung oder auch auf ein bestimmtes Produkt. Klassisch werden die Zeigefinger

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Abb. 12.11  Die Zeigegeste. (Quelle: Eilert, Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020)

dafür eingesetzt, um auf etwas Konkretes hinzudeuten, wohingegen die gesamte Hand eher dafür genutzt wird, um eine Richtung anzuzeigen, so das Ergebnis von Forschungen. Zeigt Ihr Kunde also auf ein Produkt in der Ausstellung mit dem Zeigefinger, dann sollten Sie in jedem Fall als nächstes auch zu diesem konkreten Produkt hingehen, denn Ihr Kunde gibt Ihnen damit die Richtung vor, traut sich aber unter Umständen nicht, selbst in diese Richtung loszugehen. Daher ist es wichtig, auf die nonverbalen Signale Ihres Kunden zu reagieren und ihm zu signalisieren, dass Sie es wahrgenommen haben, indem Sie vorausgehen. Denn auch damit geben Sie Ihrem Kunden das Gefühl, dass Sie ihn verstehen, was wiederum Ihre Beziehung zueinander zusätzlich verstärkt. Sollte Ihr Kunde hingegen mit dem Daumen nach hinten zeigen, können Sie davon ausgehen, dass Sie an dem Produkt, das ihn angesprochen hat, bereits vorbeigelaufen sind. Darum sollten Sie nun gezielt erfragen, um welches Produkt es sich handelt. Durch die Zeigegeste wird außerdem die Aufmerksamkeit anderer Menschen gelenkt. Das bedeutet, wenn Sie Ihren Kunden auf etwas Anderes aufmerksam machen möchten, verwenden Sie dafür gerne Ihren Zeigefinger, um ihm dies zu verdeutlichen. Forscher haben weiterhin herausgefunden, dass bei der Emotion Ärger die Zeigegeste vermehrt verwendet wird. Offenbart Ihr Kunde also mimisch die Emotion Ärger und verwendet dabei gleichzeitig die Zeigegeste, ist davon auszugehen, dass er sehr ungehalten und nicht einfach nur sauer ist (Abb. 12.12). Die Rhythmusgeste: Rhythmusgesten treten gemeinsam mit gesprochenen Worten auf. Man kann auch sagen, dass die Bewegungen im Rhythmus der gesprochenen Worte Ihres Kunden erfolgen. In den meisten Fällen zeigen sich Rhythmusgesten durch sehr einfache und meist wiederholende Bewegungen der Hände, indem Ihr Kunde beispielsweise die Hände auf und ab bewegt oder in wenigen Ausnahmen auch vor und zurück. Rhythmusgesten können außerdem mit dem Kopf oder auch der Mimik unterstrichen werden. Wenn Ihr Kunde zum Beispiel eine Rhythmusgeste ausführt und dabei gleichzeitig seine Augenbrauen anhebt, scheint ihm die Betonung dessen, was er sagt, sehr am Herzen zu liegen. Dieser Punkt ist gleichzeitig auch der Wichtigste, den Forscher für den Verkaufskontext herausgestellt haben: dass die Gesten anzeigen, welche Wörter oder auch Aussagen eine sehr große Bedeutung für den Kunden haben. Ihr Kunde unterstreicht förmlich die hohe Relevanz des Ausgesprochenen mit einer Rhythmusgeste. Zusätzlich zeigen sich diese Gesten häufiger bei Menschen, die sich durchsetzen möchten, um andere zu überzeugen, beispielsweise in Verkaufsgesprächen von Verkäufern oder auch bei Rednern.

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Abb. 12.12 Die Rhythmusgeste. (Quelle: Eilert, Mimikresonanz®Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020)

Wenn Ihr Kunde also eine Rhythmusgeste verwendet, ist dabei automatisch das Durchsetzungs-­ Motivfeld aktiviert. Neben der Geste an sich kann Ihnen auch die Haltung der Hand weitere Hinweise geben. Sollte Ihr Kunde beispielsweise einen Präzisionsgriff einsetzen, verdeutlicht dies ein Bedürfnis nach Genauigkeit. Dieses Bedürfnis können Sie erfüllen, indem Sie beispielsweise äußern: „Herr Meyer, ich komme Ihrem Wunsch nach Genauigkeit gerne nach.“ Der sogenannte Präzisionsgriff kann dabei aus zwei unterschiedlichen Formen bestehen: a) einer Kombination aus Daumen und Zeigefinger, die einen Ring bildet sowie b) einer Bündelung der Fingerspitzen. Interessanterweise verwenden zum Beispiel Süd-Italiener die Bündelung der Fingerspitzen dafür, um Ihrem Gesprächspartner zu signalisieren: „Komm auf den Punkt“. Beachten Sie auch bei den Gesten bitte wieder die nonverbale Baseline Ihres Kunden. Denn auch in diesem Beobachtungskanal weist jeder Mensch individuelle Eigenheiten auf. Sollten die redebegleitenden Gesten Ihres Kunden zunehmen, kann das ein Indiz dafür sein, dass er in das Gesprächsthema, die Situation oder die Beziehung zu seinem Gegenüber verstärkt emotional involviert ist.

Wenn der oder die Kunden Ihrer ersten Produktempfehlung nicht folgen wollen, so empfehle ich Ihnen, wie bereits beschrieben zu handeln und darauf einzugehen, was Ihr Kunde Ihnen sagt und vor allem mimisch sowie gestisch zeigt. Aus Erfahrung weiß ich, dass sich die meisten Kundenpaare darüber einig sind, was die Erwartungen an das Produkt betrifft. Nur in wenigen Ausnahmen haben sie untereinander noch nicht darüber gesprochen. Sollten Sie dennoch einmal diesen Fall haben, müssen Sie versuchen, beiden gerecht zu werden

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und eventuell auch zwischen beiden zu vermitteln. Sie dürfen nicht vergessen, dass Sie als Verkäufer und Berater als Experte vom Kunden wahrgenommen werden. Es könnte demnach sogar eine Erwartungshaltung des Kundenpaares sein, dass Sie zwischen beiden vermitteln. Sollte sich Ihr Kundenpaar uneinig sein, hören Sie sich beide Wünsche in Ruhe an und lassen Sie sie am besten viel anfassen und ausprobieren. Achten Sie dabei besonders wieder auf mimische Wunschsignale wie Freude, Interesse oder Liebe, denn diese Emotionen sind jetzt diejenigen, die Ihnen dabei helfen, die Produktauswahl zu konkretisieren. Wenn Sie bei Ihren Kunden eine dieser drei Emotionen in der Mimik und Körpersprache erkennen, dann sollten Sie darauf mit einer Resonanzaussage oder einer dezenten Frage eingehen. Denn dadurch signalisieren Sie erneut, dass Ihnen daran gelegen ist, beide zufriedenzustellen, was Ihnen beide mit mehr e­ ntgegengebrachtem Vertrauen danken werden. Wenn Sie die mimischen Signale für Freude, Liebe oder Interesse bei Ihren Kunden ausmachen, könnten Sie folgendes entgegnen: • „Entschuldigen Sie bitte, gehe ich recht in der Annahme, dass dieses Produkt Ihren Erwartungen entspricht?“ • „Kann es sein, dass wir gerade das Passende für Sie gefunden haben?“ • „Ich habe den Eindruck, das ist das richtige Produkt für Sie, oder?“ • „Entschuldigen Sie, wir haben ja bereits besprochen, dass wir offen miteinander umgehen. Ich habe das Gefühl, dass wir das richtige Produkt für Sie gerade gefunden haben.“ • „Darf ich um dieses Produkt eine rote Schleife wickeln, damit Sie es gleich mitnehmen können (Augenzwinkern)?“ Bedenken Sie bitte auch hier wieder bei allen Vorschlägen, dass die Wortwahl und auch die Art und Weise der Formulierung zu Ihnen persönlich passen muss. Wenn Sie sich mit keiner dieser oben beschriebenen Aussagen wohl fühlen, dann notieren Sie sich eigene Ideen, um im Verkaufsprozess selbst auf alles vorbereitet zu sein. Bevor wir uns gleich den weiteren Primäremotionen Liebe und Interesse widmen, machen wir noch einen kurzen Exkurs zum Tastsinn und anschließend werde ich Ihnen ein weiteres Fallbeispiel der Produktberatung für ein Finanz- oder Versicherungsprodukt beschreiben. Exkurs Tastsinn Wenn Sie ein Produkt verkaufen, das der Kunde anfassen kann, dann ist es wichtig, dass Sie ihn dieses einfach mal fühlen lassen. Vielleicht haben Sie auch schon mal von dem Sprichwort gehört: „Reden ist Silber, Zeigen ist Gold.“ In manchen Situationen ist es von Vorteil, wenn man, anstatt etwas zu sagen, einfach schweigt und den Kunden genießen lässt. Nur leider vergessen viele VerkäuferInnen oft, den Kunden das Produkt auch lange genug anfassen zu lassen und somit erlebbar und auch spürbar zu machen. Aber der Kunde kauft mit allen Sinnen; und der Tastsinn ist dabei ein Sinn unserer Haut, dem größten Organ des menschlichen Körpers. Dementsprechende Bedeutung sollte ihm auch zuteilwerden. In der Haut reagieren verschiedene Rezeptorzellen auf minimale Unterschiede, Berührungen oder Vibrationen. Diese Sinnesrezeptoren nehmen auch Hitze und Kälte auf und können dabei

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Schmerzempfindungen generieren. Über den gesamten Körper sind unterschiedlich viele dieser Tastrezeptoren verteilt, die meisten befinden sich jedoch in den Fingerspitzen und auf den Lippen, die wenigsten zum Beispiel auf dem Rücken. Mit Ihren Händen sind Sie deshalb blind in der Lage, Formen und Gewichte sowie Texturen von diversen Objekten wahrzunehmen und zu ertasten. Das wird weiterhin dadurch ermöglicht, dass die Tastrezeptoren verschiedene Informationen zu Oberflächeneigenschaften liefern. Einige Zellen reagieren dabei auf Druck oder Vibrationen, andere auf passiv erfolgende Berührungen. Die Informationen aus dem mit dem Tastsinn Erfühltem gelangen unmittelbar ins Gehirn und führen dabei zu einer dreidimensionalen Wahrnehmung des ertasteten Gegenstandes. Einige Rezeptoren gewöhnen sich meist sehr schnell an einen konstanten Reiz und hören dann auch schnell auf, diese Informationen aus der Berührung weiterzuleiten. Dieses Phänomen ist dafür verantwortlich, dass wir unsere Kleider auf der Haut in der Regel nicht spüren. Das alles bedeutet jedoch im Umkehrschluss: Umso mehr unterschiedliche Oberflächen, wie zum Beispiel Holz, Edelstahl oder Keramik Ihr Kunde durch den Tastsinn spürt, umso stärker wird der gefühlte Bezug zu dem Produkt und Ihr Kunde kann sich dadurch besser und vor allem schneller entscheiden. Lassen Sie Ihren Kunden deshalb mögliche Stoffe anfassen und spüren und beschreiben Sie die Stoff- oder Materialeigenschaften nicht einfach nur. Lassen Sie ihn das Produkt mit allen Sinnen erleben. Wenn Sie zum Beispiel eine hochwertige Oberfläche verkaufen möchten, dann rate ich Ihnen dazu, nicht allzu lange zu fachsimpeln, sondern dafür zu sorgen, dass der Kunde die Oberfläche schnellstmöglich berührt. Sollte das nicht möglich sein, nehmen Sie am besten Kontakt mit den Herstellern auf, damit diese Ihnen Oberflächenmuster zur Verfügung stellen. Denn Oberflächen nur zu erklären, gestaltet sich in der Praxis meist sehr schwierig. Es wird leichter und auch für den Kunden deutlich angenehmer, wenn Sie ihn selbst fühlen lassen und somit alle seine Sinne in den Verkaufsprozess mit einbeziehen. Denn auch die Dinge, die Ihr Kunde ertastet, beeinflussen die Kaufentscheidung beziehungsweise das Bauchgefühl des Kunden massiv.

 enn Ihr Kunde das Produkt während der Beratung nicht W anfassen kann In den meisten Fällen handelt es sich hierbei um eine Dienstleistung, ein Versicherungsoder ein Finanzprodukt. Das bedeutet, dass das Produkt, welches Sie verkaufen oder vertreiben, für den Kunden nur fiktiv vorstellbar und nicht haptisch greifbar ist. Um diese fehlende tastende Erfahrung zu kompensieren, können Sie zum Beispiel das emotionale Storytelling verwenden und dem Kunden das Produkt so gut wie möglich sinnbildlich vor Augen führen. Wenn Sie ein Produkt haben, das stark beratungsintensiv ist, dann müssen Sie darauf achten, dass das, was Sie zu den jeweiligen Produkteigenschaften sagen, auch zu dem jeweiligen Kunden und seiner Persönlichkeit passt und abwechslungsreich ist, damit ihm nicht langweilig wird. Denn die größte Gefahr, die hier lauert, ist, dass Sie sich in Zahlen-Daten-Fakten verlieren, die Ihren Kunden nicht mal ansatzweise interessieren geschweige denn, dass er sie versteht. Auch wenn Sie Finanzdienstleistungen oder Versicherungsprodukte vertreiben und verkaufen, können Sie dies auf einer emotionalen Ebene mit dem Kunden angehen. Die vorab geführte Bedarfsanalyse hilft Ihnen dabei, die Motivationen des Kunden auf dem Motivkompass® einzuordnen und somit die richtigen Bedürfnisse und auch Werte zu identifizieren, mit denen Sie nun die Produkteigenschaften erklären sollten. Das heißt, dass Sie die Produkteigenschaften herausstellen, die am besten

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mit den Werten und Bedürfnissen des Kunden korrelieren, damit er so das Gefühl hat, dass die Produkte genau dem entsprechen, was er sich wünscht oder auch vorstellt. Gehen wir für ein Beispiel davon aus, dass Sie eine Altersvorsorge verkaufen möchten. Aufgrund der Bedarfsanalyse haben Sie herausgefunden, dass Ihr Kunde sich am meisten darum sorgt, ob er im gehobenen Alter finanziell abgesichert ist. Bei der Frage „Auf was legen Sie besonderen Wert, auf was dürfen wir den weiteren Fokus legen?“ hat Ihr Kunde mit der Emotion Angst gesagt: „Für mich ist es am wichtigsten, im Alter abgesichert zu sein.“ Sie erinnern sich: Durch die Bedarfsanalyse sehen Sie die emotionalen und auch heißen Themen Ihrer Kunden mimisch und körpersprachlich. Gleichzeitig ermöglicht sie Ihnen auch, zu hören, worum es dem Kunden wirklich geht. Bei der Produktberatung ist es daher erforderlich, dass Sie auf diese Informationen zurückgreifen und das Produkt, das Sie für Ihren Kunden ausgewählt haben, auch anhand der Informationen aus der Bedarfsanalyse erklären und ihm verdeutlichen, warum gerade dieses Produkt gut zu ihm passt. Somit hat der Kunde zum einen das Gefühl, dass Sie ihm wirklich zugehört haben. Zum anderen baut er Vertrauen auf, da es ihm nicht so vorkommt, als würden Sie ihm irgendein beliebiges Produkt verkaufen wollen, sondern eines, welches exakt auf seine Bedürfnisse, Ziele und Wünsche zugeschnitten ist. Versuchen Sie also bei Ihren Beschreibungen der Produkte die Motivfeldpräferenzen Ihres Kunden zu beachten. Anhand der folgenden Beispiele möchte ich konkretisieren, was ich meine: • rotes Motivfeld: „Frau Meier, als wir vorhin über Ihren Wunsch gesprochen haben, sagten Sie mir, dass Sie sich Sorgen machen, im Alter finanziell abgesichert zu sein. Mit diesem Produkt, welches ich Ihnen jetzt gleich erklären möchte, decken wir in jedem Fall ab, dass Sie nicht nur finanziell abgesichert sind, sondern durch finanzielle Unabhängigkeit auch selbstbestimmt im Alter sein können und nichts auch nur ansatzweise Ihren aktuellen Status in wirtschaftlicher Hinsicht gefährden könnte.“ • blaues Motivfeld: „Frau Meier, bevor ich Ihnen jetzt gleich das Produkt erkläre, welches ich mit Logik, Vernunft und auch Sorgfalt für Sie ausgewählt habe, ist mir wichtig, dass Sie vor allen anderen Gründen, die für das Produkt sprechen, wissen, dass es das zuverlässigste Produkt ist, das die größte finanzielle Sicherheit abwirft, die maximal möglich ist. Denn mit diesem Produkt schaffen Sie es, im Alter eine konstante Beständigkeit auf finanzieller Ebene zu erreichen.“ • grünes Motivfeld: „Frau Meier, bevor ich Ihnen jetzt gleich das Produkt präsentiere, möchte ich mich im Voraus für die partnerschaftliche Art und Weise bedanken, mit der wir uns hier begegnen. Es gibt viele Eigenschaften des Produktes, die für sich sprechen. Der wichtigste Aspekt ist dabei jedoch, so denke ich zumindest, Ihre finanzielle Sicherheit, mit der Sie auch stets Ihre persönliche Gesundheit gewährleisten können. Außerdem können Sie durch das Produkt, welches ich Ihnen gleich vorstellen werde, völlig ohne Stress im Alter auch anderen Menschen noch eine Freude machen. Ich habe leider schon oft erleben müssen, dass Großeltern aufgrund der finanziell angespannten Situation und der schlechten staatlichen Rente ihren Enkeln nicht mehr das Geschenk machen können, welches sie gerne machen würden. Natürlich steht auch

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immer die persönliche Zeit mit Oma oder Opa im Vordergrund, aber man möchte seinen Enkeln oder Familienangehörigen ja auch mal etwas Gutes tun, sofern sie es denn verdient haben (Augenzwinkern). Das Produkt, welches ich für Sie ausgewählt habe, ist keines, mit dem Sie im Alter noch reicher werden als im Moment, sondern es ist ein Produkt, mit dem Sie bescheiden, aber auch sicher Ihren derzeitigen Lebensstandard halten, ohne dass Sie eventuelle Minijobs annehmen müssen. Für mich wäre es im Alter einfach nur wichtig, die gemeinsame Zeit mit meinem Partner zu genießen und auch wertzuschätzen. Korrigieren Sie mich allerdings gerne, sollte ich mit meiner Ansicht bis hierhin falsch liegen, denn mir ist sehr daran gelegen, dass wir partnerschaftlich an Ihrer Altersvorsorge arbeiten und Sie nicht das Gefühl haben, dass ich Ihnen irgendetwas aufschwatzen möchte.“ • gelbes Motivfeld: „Frau Meier, das Produkt, welches ich Ihnen gleich erklären möchte, deckt viele unterschiedliche Dinge ab, in jedem Fall auch die finanzielle Sicherheit, die Sie sich gewünscht haben. Wie wir vorhin bei der Besprechung Ihrer Wünsche festgestellt haben, ist Ihnen diese finanzielle Unabhängigkeit wichtig, um im Alter sowohl flexibel als auch individuell planen zu können. Ebenso wünschen Sie sich vermutlich, im gehobenen Alter auch verreisen und spontan entscheiden zu können, ob Sie sich schöne Dinge aneignen, die Sie glücklich machen, Ihre Lebenslust steigern und Ihnen einfach persönlich Spaß bringen. Gehen Sie bis hierhin mit dem, was ich gerade beschrieben habe, konform oder habe ich Sie falsch verstanden?“ Wenn Sie Ihrem Kunden das Produkt erklären oder solche Aussagen verwenden wie oben beschrieben, dann ist es natürlich wesentlich, auf die Mimik und die Körpersprache Ihres Kunden zu achten und gegebenenfalls auch auf mimische Warn- oder Wunschsignale in Form einer Resonanzaussage oder einer aufrichtigen Frage zu reagieren. Ich rufe Ihnen noch mal die Warnsignale in Erinnerung: Ärger, Ekel und Verachtung. Für den Fall, dass Sie diese noch nicht unterscheiden können, lauteten die Allrounder-Aussagen dazu: • „Entschuldigen Sie bitte, ich habe das Gefühl, dass dieses Produkt Ihren Erwartungen nicht gerecht wird.“ • „Ich habe den Eindruck, das ist nicht das richtige Produkt für Sie.“ • „Vielleicht liege ich falsch, aber kann es sein, dass etwas nicht stimmt für Sie?“ • „Entschuldigen Sie, Sie sind nicht von diesem Produkt überzeugt, oder?“ • „Gehe ich recht in der Annahme, dass wir etwas anderes finden sollten?“ • „Vermutlich ist es nicht das Richtige für Sie, oder?“ Die Resonanzaussagen und Fragen für die mimischen Wunschsignale wie Freude, Interesse oder Liebe klangen so: • „Entschuldigen Sie bitte, gehe ich recht in der Annahme, dass dieses Produkt Ihren Erwartungen gerecht wird?“ • „Ich vermute, dass wir das passende Produkt gerade für Sie entdeckt haben.“

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• „Ich habe den Eindruck, das ist das richtige Produkt für Sie, oder?“ • „Entschuldigen Sie, wir haben ja bereits besprochen, dass wir offen miteinander umgehen. Ich habe das Gefühl, dass wir jetzt schon das richtige Produkt für Sie gefunden haben, was meinen Sie?“ Bedenken Sie bitte immer, dass jede Aussage oder Frage auf eine gezeigte Emotion Ihres Kunden ihm das Gefühl gibt, dass Sie ihn wahrnehmen und auch verstehen. Dadurch wiederum, dass er fühlt und denkt, dass Sie ihn verstehen und wahrnehmen, vertieft sich die Beziehung zwischen Ihnen und der Kunde hat es leichter, Ihnen zu vertrauen, wodurch er seine Kaufentscheidung schneller treffen kann. Es ist im Großen und Ganzen egal, ob Sie ein Produkt verkaufen oder vertreiben, welches der Kunde anfassen oder eben nicht anfassen kann. Wichtig ist bei jeder Produktberatung nur, dass das Produkt und das, was Sie erklären, auf den Kunden zugeschnitten ist und somit auch individuell ankommt. Haben Sie ein Produkt, das Sie zeigen können, dann lassen Sie es Ihren Kunden mit allen Sinnen erleben. Haben Sie ein Produkt, welches Sie nur fiktiv für die Vorstellungskraft des Kunden beschreiben können, packen Sie es persönlichkeitsgerecht in eine emotionale Story, die Ihrem Kunden im Gedächtnis bleibt. Exkurs „Liebe“ Auf dem linken Bild ist der neutrale Gesichtsausdruck abgebildet, auf dem rechten Bild sehen Sie die Primäremotion Liebe (vgl. Abb. 12.13). Es ist sehr unwahrscheinlich, dass Sie die Emotion Liebe bei Ihrem Kunden in Bezug auf Ihre Beratung sehen werden. Dennoch soll sie der Vollständigkeit halber hier auch erwähnt werden, da

Abb. 12.13  Gesichtsausdruck: neutral versus verliebt. (Quelle: Eilert, Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020)

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sie zu den zwölf Primäremotionen nach Eilert gehört. Denn es kann natürlich auch sein, dass Sie mal ein Kundenpärchen vor sich haben, bei dem Sie körpersprachlich die Emotion Liebe erkennen. Ich zum Beispiel kann mich an viele Situationen in meiner Karriere erinnern, in denen Kundenpaare sehr harmonisch miteinander umgegangen sind und sich offenkundig geliebt haben. Weitere Gefühlsbeschreibungen der Emotion nach dem Mimikresonanz®-Gefühlsrad (von links nach rechts stärker werdend) sind: zugewandt, hingezogen, verliebt, herzenswarm, hingebungsvoll, verbunden, innig und liebend. Die Primäremotion Liebe erkennen Sie an folgenden Bewegungen in der Mimik Ihres Kunden [1]: Die Augen lachen* (siehe dazu auch die Emotion Freude).; ein starkes oder auch ein leichtes Lächeln (Mundwinkel sind beidseitig hochgezogen). Der Kopf ist seitlich geneigt. Liebe ist eine primäre Emotion, welche multimodal auftritt und somit in mindestens zwei nonverbalen Beobachtungskanälen. *Die Augenring-Kontraktion muss nicht immer bei Liebe gezeigt werden, allerdings macht es die Identifizierung dieser Emotion zuverlässiger (Tab. 12.9). Was Sie noch über die Emotion wissen sollten • Im Volksmund sagt man schnell: „Ich habe mich total in dieses Handy verliebt.“ Wissenschaftlich betrachtet ist eine solche Aussage jedoch nicht belegbar. Denn Forscher haben herausgefunden, dass die Annäherungsmotivation, die von der Emotion Liebe ausgeht, lediglich der Annäherung an ein anderes Lebewesen dient. Daher ist es wissenschaftlich betrachtet ausgeschlossen, dass sich ein Kunde wirklich in ein Produkt verliebt. Wenn ein Kunde also sagt, er fühle sich zu einem Produkt hingezogen, dann verwechseln Sie dies bitte keineswegs mit der Emotion Liebe. Allerdings können Sie davon ausgehen, sollte Ihr Kunde eine solche Formulierung wählen, dass es das Produkt ist, was Ihr Kunde in dem Moment wirklich haben will. Bestätigen Sie dem Kunden dabei in jedem Fall wieder mit einer positiven Aussage oder Frage, dass Sie ihn verstehen und wahrnehmen. Zum Beispiel: „Ich habe das Gefühl, das ist das richtige Produkt für Sie, oder?“ • Liebe macht blind. Diesen Satz werden Sie auch schon einige Male gehört haben – und an ihm ist tatsächlich etwas dran. Forscher konnten feststellen, dass Sie, wenn Sie verliebt sind, zwar nicht blind werden, aber Emotionen wie Ekel und Verachtung nahezu stillgelegt sind, sowohl bei der romantischen als auch der elterlichen Liebe. • Die Wissenschaft unterscheidet drei verschiedene Formen von Liebe: romantische, elterliche und freundschaftliche Liebe. • Sie werden diesen mimischen Ausdruck vermutlich häufiger bei Kundenpaaren erkennen. • Auch wenn Sie Liebe nicht mit Ihrer Beratung in Verbindung bringen können, so ist es dennoch ein mimisches Wunschsignal, da sich Ihr Kunde entweder bei dem, was er gerade sagt oder bei dem, was er gerade sieht, wohlfühlt, was auch immer der Auslöser dafür ist. Tab. 12.9  Nonverbale Merkmale von Liebe (Quelle: Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020) Ergänzende nonverbale Merkmale Kopfhaltung: Der Kopf bewegt sich nach vorne. Gestik: Der Kopf nickt vermehrt. Körperhaltung: Die Körperhaltung wird offen und der Oberkörper ist meist nach vorne gelehnt in Richtung einer anderen Person. Stimme: Der Tonfall wird weicher. Interpersonelles Körpersprachliche Signale wie zum Beispiel die Suche nach Bewegungsverhalten: mehr Blickkontakt nehmen zu. Der Körper wendet sich einer anderen Person zu. Es werden mehr Berührungen gemacht.

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• Es kann natürlich sein, dass Ihr Kunde oder Ihre Kundin sich bei einer langfristigen und zeitintensiven Planung eines Wunsches zu Ihnen persönlich hingezogen fühlen könnte. Wie Sie mit dieser Information umgehen, das entscheiden Sie persönlich. Moralisch ist es auf jeden Fall absolut verwerflich, Gefühle eines Kunden dahingehend auszunutzen. Auch hier haben Sie gegenüber dem Kunden und auch dem Unternehmen, in dem Sie angestellt sind, eine soziale Verpflichtung. Zwar kann sich ein Kunde oder eine Kundin in Sie verlieben, allerdings kann das auch erhebliche Nachteile für den weiteren Verkaufsprozess mit sich bringen. Sollte sich Ihr Kunde oder Ihre Kundin klar darüber werden, dass er oder sie sich in Sie verliebt hat, dann könnte das bedeuten, dass Ihr Kunde dieser eventuell für ihn oder sie peinlichen Situation aus dem Weg gehen möchte und demnach keinem Kaufabschluss mit Ihnen zustimmen wird. Daher ist es wichtig, sollte dieser Fall eintreten, dass Sie sich als Verkäufer oder Berater sofort austauschen, um sowohl dem Verkaufsabschluss für Ihr ­Unternehmen als auch dem positiven Kaufabschluss für den Kunden nicht im Wege zu stehen.

Alles auf einen Blick: Die Primäremotion Interesse Neben dem neutralen Gesichtsausdruck links zeigt das rechte Bild die Primäremotion Interesse. Es folgen erneut die wissenschaftlich belegten Ausführungen aus der Mimikresonanz®-Profibox [1] (Abb. 12.14). Das ABC der Primäremotionen oder „Der Emotionsdreiklang“ Beispiel: Stellen Sie sich vor, Sie stellen Ihrem Kunden ein neues Handy vor. Der Kunde kennt, so denkt er, alle Funktionen. Er sagt Ihnen, dass er gern viele Fotos macht und Sie

Abb. 12.14  Gesichtsausdruck: neutral versus interessiert. (Quelle: Eilert, Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020)

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erklären ihm nun eine Neuheit gegenüber dem Vorreiter des Handys, welches Sie jetzt verkaufen wollen. Die Wahrscheinlichkeit ist dann sehr hoch, dass die Emotion Interesse bei Ihrem Kunden auftaucht. Darum ist es auch so wichtig, Ihrem Kunden genau zuzuhören, damit Sie solche Emotionen bei ihm auslösen können. A) Der Auslöser: „etwas ist neu und verständlich“ B) Die Funktion: „Exploration (Erkunden)“ C) Das Bedürfnis: „kreative Entwicklung“ Zur Wortfamilie von Interesse passen nach dem Mimikresonanz®-Gefühlsrad folgende weitere Begriffe (von links nach rechts stärker werdend): beteiligt, erwartungsvoll, aufmerksam, gespannt, interessiert, neugierig, wissbegierig und gefesselt. Die Primäremotion Interesse erkennen Sie an folgenden Bewegungen in der Mimik Ihres Kunden Die Augenbrauen sind leicht hochgezogen während die Augen auf ein Objekt fixiert sind. Es treten dabei kaum flüchtige Blicke auf. Zeitgleich sind die oberen Augenlider leicht hochgezogen und der Kopf bewegt sich nach vorne. Bei der Bewegung wird der Kopf eher ruhig gehalten. Interesse ist erneut eine Primäremotion, die multimodal auftritt und somit in mindestens zwei nonverbalen Beobachtungskanälen. Sie ähnelt sehr der Primäremotion Überraschung. Die Unterschiede finden Sie unten in der Tabelle bei den ergänzenden nonverbalen Merkmalen (Tab. 12.10).

Tab. 12.10  Nonverbale Merkmale von Interesse (Quelle: Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020) Ergänzende nonverbale Merkmale Mimik:

Kopfhaltung:

Gestik: Körperhaltung: Psychophysiologie: Stimme:

Die Blinzelrate nimmt ab und die Lippen können geschürzt sein*. Der Unterkiefer wird fallengelassen und der Mund ist dabei geöffnet. Bei interessiertem Zuhören wird der Kopf seitlich geneigt (verwechseln Sie dies bitte nicht mit der Emotion Liebe). Die redebegleitenden Gesten nehmen eher zu. Die Körperhaltung Ihres Kunden ist aufrecht und nach vorne gelehnt. Die Muskelanspannung ist dabei erhöht. Die Pupillen des Kunden erweitern sich. Die Tonhöhen können wechseln und wirken dadurch melodischer. Dabei nimmt die Sprechgeschwindigkeit zu.

*Wenn Ihr Kunde Ihnen zuhört und dabei die Lippen schürzt, kann es sich auch um ein nonverbales Einwandsignal handeln. Er oder sie zeigt Ihnen dadurch, dass es einen Einwand gibt, der besprochen werden sollte, um ihn aus dem Weg zu räumen. Mehr über die nonverbalen Einwandsignale lesen Sie in dem Kapitel „Sales-Signs“

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Dirk W. Eilert merkt in der Mimikresonanz®-Profibox an: „Interesse ist in seinem nonverbalen Ausdruck nicht nur multimodal, sondern vor allem auch dynamisch. Das heißt, um Interesse treffsicher zu erkennen, ist es wichtig, die körpersprachliche Bewegungsfolge zu beachten, zum Beispiel die Fixierung des Blicks.“ Was Sie noch über die Emotion wissen sollten • Der Auslöser der Emotion Interesse ist, dass etwas neu und vor allem verständlich für Ihren Kunden ist. Interesse könnte daher zum Beispiel dadurch entstehen, wenn Sie Ihrem Kunden etwas für ihn Neues zeigen oder auch erklären, was für ihn sofort Sinn ergibt. • Es gibt verschiedene Aspekte, die Interesse bei Ihrem Kunden erzeugen können. Zum Beispiel: –– Ihr Kunde kennt die Neuigkeit zwar, jedoch noch nicht vollständig, sodass Sie seinen Horizont erweitern. –– Durch Ihre Aussagen in der Beratung korrigieren Sie eventuell falsches Wissen, das Ihr Kunde durch schlechte Beratung eines Marktbegleiters oder durch Fehlinformationen im Internet erworben hat. Achten Sie in solch einem Fall darauf, dass Sie nicht überheblich erscheinen, denn diese Eigenschaft mögen Menschen nicht. Verwenden Sie eine Aussage wie zum Beispiel: „Entschuldigen Sie bitte Frau Meyer, ich möchte meinen Marktbegleiter in keinem Fall schlecht machen, mir ist aber wichtig, dass wir diese Beratung mit den richtigen Informationen beenden, darum würde ich gerne folgendes aufklären …“ –– Sie wecken außerdem Interesse bei Ihrem Kunden, wenn Sie persönlich vielschichtig wirken. –– Ebenso wird Ihr Kunde interessiert sein, wenn Sie es schaffen, durch zum Beispiel die Bedarfsanalyse eine Ungewissheit in Bezug auf das Ende der Beratung und dessen Ergebnis zu konstruieren und einen Spannungsbogen entwerfen. Ganz nach dem Motto: Vorfreude ist die schönste Freude. • Um das Interesse Ihres Kunden aufrecht zu erhalten, muss es für den Kunden immer verständlich sein. Die Verständlichkeit unterscheidet Interesse von Verwirrung. Wenn zum Beispiel Informationen über ein Produkt für einen Kunden völlig neu und fremd sind, aber nicht nachvollziehbar, dann verliert er schnell das Interesse oder ist im schlim­ meren Fall verwirrt. • Im Alltag wird die Emotion Freude häufig mit Interesse verwechselt. Im Verkaufsprozess ist es darum wichtig, dass Sie Freude von Interesse unterscheiden können. Zwar können Sie Freude und Interesse mit einer ähnlichen Allrounder-Aussage bei Ihrem Kunden ansprechen, allerdings wäre es besser, die Emotionen immer konkret zu benennen, um so kompetenter zu wirken. Die Emotion Freude motiviert Sie zum Beispiel, etwas zu tun, wobei Sie aus Erfahrung wissen, dass es Sie erneut erfreuen wird, wenn Sie es tun. Das kann beispielsweise die Verwendung eines Parfüms sein, welches bei Ihnen Freude auslöst. Die Emotion Interesse wiederum lässt Sie auch mal ein neues Parfüm ausprobieren.

Verkaufsmoment vier: Die Angebotspräsentation

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• Einer der wichtigsten Aspekte bei der Emotion Interesse ist, dass sie eine Annäherungsmotivation auslöst und stark mit dem Neurotransmitter Dopamin zusammenhängt. Dadurch begünstigt sie die Suche nach Neuem. Daher ist es auch hier wieder bedeutend, sämtliche Produkteigenschaften der Persönlichkeit Ihres Kunden entsprechend zu erklären und zu kommunizieren, damit ihm bei Ihren Ausführungen nicht langweilig wird und Sie dadurch mit Ihrer Beratung die Emotion Interesse bei ihm auslösen. • Interesse ist immer eins der wichtigsten mimischen Wunschsignale im gesamten Verkaufsprozess. Wenn Sie Interesse bei Ihrem Kunden sehen, dann sprechen Sie es in jedem Fall durch eine aufrichtige Resonanzaussage oder Frage an, um ihm erneut das Gefühl zu geben, dass Sie ihn „gesehen“ haben. So könnten Sie Ihren Kunden auf die Emotion ansprechen • „Gehe ich recht in der Annahme, dass ich mit meinen Ausführungen Ihr Interesse geweckt habe?“ • „Ich habe das Gefühl, dass Sie schon ganz gespannt darauf sind wie es weitergeht.“ • „Kann es sein, dass ich Sie mit meinen Beschreibungen neugierig gemacht habe?“ • „Frau Meier, wir können ja offen sprechen, ehrlich gesagt habe ich das Gefühl, dass Sie ganz gefesselt sind von dem, was ich gerade erzählt habe.“

Verkaufsmoment vier: Die Angebotspräsentation Einführung Bei der Angebotspräsentation ist es sowohl üblich, mit dem Kunden gemeinsam das Angebot zu erstellen, als auch mit dem Kunden einen weiteren nächsten Termin zu planen, um ihm das Angebot dann zu präsentieren. Zweites ist oft der Fall bei technisch sehr beratungsintensiven Produkten, bei denen Sie für die Ausarbeitung des Angebots einige Zeit benötigen. Bei der ersten Variante gehe ich davon aus, dass Sie die Bedarfsanalyse und die Produktberatung bereits umgesetzt und auch das Produkt ausgewählt haben, mit dem Sie jetzt das Angebot planen möchten. Die Frage, die Sie sich nun vor der Angebotspräsentation immer stellen sollten ist, ob Ihr Angebot gerechtfertigt und den Preis wert ist. Wenn Sie diese Frage mit einem Ja beantworten können, dann gibt es keinen Grund, warum Sie Ihr Angebot nicht selbstbewusst präsentieren sollten. Der Kunde merkt es, wenn Sie Angst vor einem zu hohen Preis haben oder sich unsicher bei der Vorstellung sind. Das hat zur Folge, dass Ihr Kunde Ihnen eventuell in Bezug auf Ihr Angebot nicht vertraut. Denn jegliche Abweichungen vom Normalverhalten, wie zum Beispiel plötzlich auftretende Unsicherheit oder Stress, können Ihrem Kunden auffallen und somit sein Bauchgefühl negativ beeinflussen. Deshalb sollten Sie sicher zu Ihrer Auswahl stehen. Wenn Sie das Angebot authentisch und selbstbewusst vorführen, dann folgt Ihnen der Kunde auch. Sie brauchen einen hohen Preis auch darum nicht zu fürchten, weil Sie ja bereits in der Bedarfsanalyse herausgefunden haben, dass das Budget des Kunden passt – vorausgesetzt Sie bleiben bei

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der Angebotspräsentation auch in diesem Budgetrahmen. Wenn das nicht machbar ist, dann weisen Sie Ihren Kunden zu Beginn Ihrer Ausführungen darauf hin, dass diese Erwartung nicht mehr eingehalten werden kann. Die Wahrscheinlichkeit, dass Sie dann direkt danach zu einem Abschluss kommen, ist zwar geringer, allerdings nicht unmöglich. Von Vorteil ist es jedoch, wenn Sie sowohl bei der Angebotserstellung als auch bei der Angebotspräsentation im Preisrahmen des Kunden sind und auch bleiben. Eventuelle Mehrwerte wie Sonderausstattung oder weitere produktspezifische und technische Details haben mit dem Basispreis des Produkts nichts zu tun und sind daher am Ende des Angebots hinzuzufügen. Beide Angebotsvarianten müssen aber natürlich genau das enthalten, was Sie auch persönlich mit Ihrem Kunden in der Bedarfsanalyse besprochen haben. Vergessen Sie bitte niemals die Erwartungshaltung Ihres Kunden und dass Sie diese nicht enttäuschen sollten. Versuchen Sie stattdessen stets, den Erwartungen gerecht zu werden, damit es zu einem erfolgreichen Verkaufsabschluss kommt. Bei sämtlichen Angebotspräsentationen sollten Sie dabei zwingend auf mimische Einwandsignale achten. Die stärksten mimischen Einwandsignale ergeben sich aus den Emotionen Ekel, Ärger und Verachtung. Außerdem gibt es mimische Warnsignale wie Angst und Trauer. Forscher fanden zudem einen Gesichtsausdruck, der kulturübergreifend auf der gesamten Welt als sogenanntes „Nein-Gesicht“ betitelt wird. Exkurs „Der Nein-Code – Wenn die Mimik Ihres Kunden Nein sagt (the Not-Face)“ Im Verkaufs- oder Vertriebswesen ist es wichtiger denn je zu erkennen, wann der Kunde zufrieden oder glücklich ist. Ebenso bedeutend ist es auch zu wissen und vor allem zu sehen, wann und wie die Mimik Ihres Kunden „NEIN“ sagt bzw. zeigt. Denn dadurch können Sie feststellen, ob Ihr Kunde nonverbal sagt, dass er unzufrieden ist! Wenn man sich die Emotionen ansieht, deren Bestandteile das „Not-Face“ hat, versteht man schnell, warum das Entdecken von diesen nonverbalen Signalen für Sie im Vertriebs- oder Verkaufsalltag so essenziell ist. Das sogenannte „Not-Face“ hat den Ursprung in drei Emotionen: Ärger und Verachtung. Würden Sie mit einer dieser drei Emotionen eine positive Kaufentscheidung treffen können? Wir machen den Test. Gehen Sie bitte einmal gedanklich in eine Situation in Ihrem Leben, in der Sie sich geärgert haben. Fühlen Sie sich anschließend in diesen Moment einmal hinein. Hätten Sie Lust, mit diesem Gefühl, dieser gespürten Emotion eine Kaufentscheidung zu treffen? Ausgelöst wird die Emotion Ärger durch ein Zielhindernis, das heißt etwas beeinträchtigt den Kunden, sein Ziel zu erreichen. Ebenso kann ein gefühltes Unrecht oder gar eine Werteverletzung die Emotion Ärger zur Folge haben. So oder so ist diese Emotion ein mimisches Warnsignal und wir müssen im Verkauf oder Vertrieb darauf reagieren, unabhängig von der Branche, in der Sie arbeiten. Der Abschluss kann sonst dadurch, dass Sie nicht auf diesen unausgesprochenen Einwand reagieren, massiv gefährdet sein. Nun gehen Sie bitte in eine Situation in Ihrem Leben, in der Sie Ekel gespürt haben, zum Beispiel Ekel vor etwas Physischem wie einer schlechten Wurst im Kühlschrank, die schon etwas grünen Schimmel angesetzt hat. Oder versetzen Sie sich in eine Situation, in der Sie psychischen Ekel erlebt haben, zum Beispiel in Form von etwas moralisch Verwerflichem wie der Handlung eines anderen, die Sie ethisch fragwürdig fanden. Fühlen Sie bitte auch hier in sich hinein und stellen sich dabei die Frage, ob Sie mit diesem Gefühl eine positive Kaufentscheidung treffen würden. Vermutlich nicht. Deshalb ist auch diese Emotion ein mimisches Warnsignal, das Ihnen im Verkaufs- oder Vertriebsalltag dabei hilft, mit dem Kunden die richtige Richtung beizubehalten, die Richtung des gemeinsamen Abschlusses.

Verkaufsmoment vier: Die Angebotspräsentation

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Diese ersten beiden Emotionen konnten Sie sicher leicht nachempfinden. Denn wir alle hatten schon Situationen, in denen wir uns mal mehr oder mal weniger geärgert oder Ekel gespürt haben, sowohl physischen als auch psychischen. Wie Sie bereits wissen, unterscheiden wir ja hier in diese zwei unterschiedlichen Formen. Zur Erinnerung verdeutliche ich noch mal den Unterschied: „Der psychische Ekel schützt unser Gehirn vor Verunreinigung und der physische Ekel schützt unseren Körper vor Verunreinigung.“ Nun kommen wir zu der Emotion Verachtung. Vielleicht kennen Sie dieses Gefühl, das auftritt, wenn man mit einem guten Freund oder auch einer kleinen Gruppe gemeinsam über jemand anderen leicht herzieht. Das kann mal weniger oder mal mehr intensiv sein. Aber wir alle tun es hin und wieder, wir lästern ab und zu. Wir fühlen uns dem anderen gegenüber dadurch überlegen oder denken, dass wir etwas Besseres sind, warum auch immer. Es gibt sicher die ein oder andere Reality-­ Show im Fernsehen, bei der Sie diese Emotion schon mal gespürt haben. Verachtung wird entweder durch eine unmoralische Handlung meines Gegenübers ausgelöst oder durch das Kommentieren einer mangelhaften Leistung einer anderen Person. Versuchen Sie nun bitte, sich in beide Fälle einmal hineinzudenken und nachzuvollziehen, wie Sie sich dabei fühlen. Würden Sie sich mit dieser Emotion bzw. diesem Gefühl für einen Kauf entscheiden? Nein. Darum zählt auch diese Emotion zu den mimischen Warnsignalen. Vermutlich wird es Ihnen so gehen wie mir. Mit allen drei dieser Emotionen kann ich keine positive Kaufentscheidung treffen! Denn sie hinterlassen einen unguten Beigeschmack und beeinträchtigen zusätzlich das Bauchgefühl. Und über das Bauchgefühl wissen Sie ja bereits, dass wir damit über 90  Prozent aller Entscheidungen treffen [3]. Das heißt in der Folge, dass Ihr Kunde keinen Auftrag bei Ihnen unterschreibt, wenn er diese drei Emotionen spürt. Darum ist es existenziell für Sie als VerkäuferIn oder VertrieblerIn, diese mimischen Zeichen bzw. diese Mikroexpressionen (schnelle unwillentlich auftretende Gesichtsausdrücke) bei Ihrem Kunden zu sehen und auch zu verstehen, um dann emotional intelligent damit umzugehen. Denn das eine ist das Erkennen dieser mimischen Warnsignale, das andere ist, wie ich den Kunden auf das anspreche, was ich in seinem Gesicht sehe. Sie können ja nicht sagen: „Lieber Herr Meier, ich habe neulich ein Buch über Körpersprache gelesen, Sie zeigen gerade das „Not-Face“, was ist denn bitte los?“ Das wäre keine ideale Herangehensweise, denn Ihr Kunde oder Ihr Gegenüber könnte sich dadurch entblößt fühlen. Und das wäre vielleicht noch schlimmer für ihn als eine der drei Emotionen alleine. Die Kombination aus diesen drei Emotionen nennen die Forscher wie bereits erwähnt „the Not-­ Face“. Es wurde im März 2016 von Wissenschaftlern der Ohio-Universität in den USA entdeckt und wird seitdem auf der ganzen Welt und kulturübergreifend als Ausdruck eines negativen Gedankens im Sinne der Verneinung, also als Einwandsignal des Menschen verstanden. Dieser unausgesprochene Einwand, das mimische Warnsignal „the Not-Face“ zeigt sich ca. 170 Millisekunden in der Mimik Ihres Kunden oder der Ihres Gesprächspartners. Zum Vergleich: Ein Augenblinzeln dauert ca. 200 bis 300 Millisekunden. Nun ist es noch wichtig zu wissen, wie das „Not-Face“ zu entschlüsseln ist. Das ist glücklicherweise gar nicht so schwer. Das erste Zeichen ist das Zusammenziehen der Augenbrauen. Das zweite Zeichen ist ein angehobener Kinnbuckel. Beim dritten Signal kann sowohl ein Mundwinkel als auch beide Mundwinkel eingepresst werden. Ebenso kann stattdessen auch ein Zusammenpressen der Lippen auftreten (Abb. 12.15). Egal ob Sie im Vertrieb oder im Einzelhandel arbeiten, es ist in jeglichen „Sales-Bereichen“ wichtig zu erkennen, ob der Kunde mimisch Nein sagt. Denn er zeigt Ihnen damit ein starkes ­Warnsignal, das den Vertragsabschluss oder den Kauf bei Ihnen stark gefährdet, sofern Sie den Ausdruck übersehen und nicht darauf eingehen. Probieren Sie es gerne einmal aus, das „Not-Face“ selbst mimisch darzustellen. Dazu brauchen Sie nur einen Spiegel und etwas Geduld. In dem Kapitel „Sales-Signs“ werden Sie auch noch eine detaillierte Übersicht über sämtliche mimischen Warn-, Einwand- und Wunschsignale erhalten.

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12  Die fünf wichtigsten Verkaufsmomente unter Berücksichtigung der …

Abb. 12.15  Das mimische Nein. (Quelle: Eilert, Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020)

Wenn Sie während der Angebotspräsentation das so genannte Nein-Gesicht bei Ihrem Kunden sehen, dann empfehle ich Ihnen folgende beispielhafte Allrounder-Aussagen oder Fragen: „Ich habe den Eindruck, irgendetwas beschäftigt Sie.“ „Ich habe das Gefühl, etwas stimmt nicht für Sie.“ „Kann es sein, dass ich etwas falsch gemacht habe?“ „Ich habe den Eindruck, das ist nicht okay für Sie.“ „Vielleicht liege ich falsch, aber kann es sein, dass etwas für Sie nicht in Ordnung ist?“ „Entschuldigen Sie, Sie sind davon nicht überzeugt, richtig?“ „Vermutlich ist es nicht das Richtige für Sie, oder?“

Die gemeinsame Erstellung des Angebots Bevor Sie sich mit Ihrem Kunden nun zur Planung hinsetzen, fragen Sie ihn gerne noch einmal, ob er eventuell noch etwas trinken oder sich die Beine vertreten möchte. Beide Grundbedürfnisse, die Sie dadurch abfragen, können dann zeitnah noch befriedigt oder gestillt werden. Die Ausarbeitung der Planung dauert nun mindestens 30 bis 45 Minuten, wenn nicht sogar länger. Sollte der Kunde starken Durst haben oder auch die Toilette besuchen müssen, wird sich die Planung für ihn deutlich länger anfühlen und er ist somit auch während der danach erfolgenden Angebotspräsentation nicht locker. Sorgen Sie also in jedem Fall dafür, dass Ihr Kunde entspannt sein kann.

Verkaufsmoment vier: Die Angebotspräsentation

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Beginnen sollten Sie vor der Planung mit der Frage, ob sich bezüglich der gemachten Bedarfsanalyse und der möglichen Partnerschaft bis hierhin etwas verändert hat. Denn dadurch haben Sie noch einmal die Chance, eventuelle mimische Einwandsignale zu erkennen und gegebenenfalls mit einer geeigneten Reaktion aus dem Weg zu räumen und Sie lassen sich damit erneut bestätigen, dass Sie der richtige Partner sind. Erinnern Sie sich gerne an den Exkurs des Primings, nichts anderes tun Sie hier. Der Kunde bestärkt sich erneut selbst darin, dass Sie die richtige Wahl sind bei der Erfüllung aller besprochenen Details aus der Bedarfsanalyse. Der Vorteil bei dieser Variante der Angebotspräsentation, bei der Sie den Kunden in Ihre Planung mit einbeziehen, ist, dass er bei der Entstehung des Wunsches live dabei sein kann. Sollten Sie eine offene Kalkulation während der Planung haben, ist das Angebot für Ihren Kunden zusätzlich „durchsichtig“ und „klar“. Er erfährt, wie sich der Preis am Ende der Planung zusammensetzt und ist dadurch bei der darauffolgenden Angebotspräsentation bereits dafür sensibilisiert. Auch hier greift die Priming-­Methode. Durch dieses Vorgehen baut der Kunde in der Regel ein noch größeres Vertrauen gegenüber dem Preis des Angebots auf und bekommt so das Bedürfnis der Klarheit erfüllt. Binden Sie daher Ihren Kunden aktiv in die Planung mit ein und stellen Sie ihm Fragen, wie er sich was vorgestellt hat. Zum Schluss lassen Sie den Preis kurz aufblitzen, sodass Ihr Kunde ihn kurz sehen und auch realisieren kann. Dieses Verhalten hat den Vorteil, dass Ihr Kunde Ihnen auch zuhören wird, wenn Sie im Anschluss das Angebot präsentieren. Denn sollten Sie dem Kunden den Preis nicht so offen zeigen, brennt er natürlich während der gesamten Angebotspräsentation darauf, ihn endlich zu erfahren. Eine rein natürliche und menschliche Reaktion, die es jedoch erschwert, dass der Kunde während Ihrer Ausführungen voll und ganz bei Ihnen ist. Wenn nun die gemeinsame Planung mit Ihrem Kunden abgeschlossen ist und Sie den Preis kurz haben aufblitzen lassen, sollten Sie dem Kunden ankündigen, dass Sie das Angebot, die Investitionsaufstellung oder im allerbesten Fall die Auftragsbestätigung ausdrucken gehen. Wenn Sie das Wort Auftragsbestätigung verwenden, wirkt das in jedem Fall authentisch, da Sie die Bedarfsanalyse erfolgreich in die Planung umgesetzt haben, im Optimalfall im Budgetrahmen geblieben sind und sich somit als der richtige Partner qualifiziert haben. Erinnern Sie sich an den gemachten Vorabschluss, dieser hilft Ihnen jetzt, schnellstmöglich zum Abschluss zu kommen. Gehen Sie nun in ein anderes Büro oder zumindest in einen anderen Raum und lassen Sie den Kunden oder das Kundenpärchen alleine. Geben Sie Ihren Kunden diese Zeit bitte ganz bewusst. Ob Sie das Angebot an Ihrem Platz ausdrucken können oder nicht ist dabei völlig irrelevant, denn es geht hauptsächlich darum, dass Sie Ihrem Kunden oder Kundenpaar die Gelegenheit bieten, über alles in Ruhe nachzudenken oder sich gemeinsam zu besprechen und abzustimmen, ob dem Auftrag zugestimmt werden soll. Wenn Sie das Angebot sofort ausdrucken und im Anschluss präsentieren, nehmen Sie Ihren Kunden diese Möglichkeit, denn sie werden sich, wenn Sie dabei sitzen, nicht darüber austauschen ob sie jetzt unterschreiben oder nicht, ob das Budget nun wirklich passt oder nicht oder ob Sie der richtige Verkäufer sind oder nicht. Das alles besprechen Ihre Kunden gerne unter vier Augen und darum sollten Sie ihnen mindestens fünf Minuten Zeit ohne Sie einräumen.

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Wenn Sie ihnen diese Zeit gewährt haben und an Ihren Arbeitsplatz zurückkommen, fragen Sie erneut, ob jemand das stille Örtchen besuchen oder noch etwas trinken möchte. Sorgen Sie stets dafür, dass sämtliche Grundbedürfnisse gestillt sind und dass Ihre Kunden sich voll und ganz auf die Angebotspräsentation einlassen können, ohne dabei eventuellen körperlichen Stress zu empfinden. Das Besondere bei dieser Form der Angebotspräsentation ist, dass Sie direkt zum Abschluss kommen können, ohne dabei über den Preis zu reden. Gehen Sie daher bitte wie folgt vor: 1. Drehen Sie das Angebot in Richtung Ihrer Kunden, sodass sie alles lesen und erkennen können, was dort beschrieben und geschrieben steht. 2. Im allerbesten Fall haben Sie nicht mehr als elf Positionen, aber auch nicht weniger. Elf Positionen sind das Minimum, das Sie benötigen, um Ihre Kunden in die emotionale Ja-Schiene (Priming) zu bringen. 3. Starten Sie bei der ersten Position, erklären Sie diese und fragen Sie im Anschluss: „Ist es so, wie wir das besprochen haben?“ 4. Das Vorgehen aus dem Punkt drei wiederholen Sie bei allen zehn weiteren Positionen in Ihrem Angebot beziehungsweise der Investitionsaufstellung. Verwenden Sie dabei in jedem Fall unterschiedliche Aussagen und wiederholen Sie nicht immer nur die in Punkt drei angegebene Frage. Nutzen Sie zum Beispiel auch Formulierungen wie: a. Sagt Ihnen das ebenfalls zu? b. Ist das so, wie Sie sich das vorgestellt haben? c. So hatten wir das besprochen, richtig? d. Das passt so, oder? e. Können Sie dem auch so folgen? f. Auch das hatten wir ja so besprochen, korrekt? g. Diesen Wunsch hatten Sie ebenfalls geäußert, richtig? h. Spricht gegen den Punkt etwas oder passt das auch für Sie? i. Ich sehe Ihr Nicken, also ist diese Position auch in Ihrem Interesse? j. Stimmen Sie dem zu, dass wir das so besprochen haben? k. So wie ich es mir notiert habe, passt dieser Ansatz auch für Sie, oder? 5. Wenn Sie alle Positionen besprochen und die Kunden überall genickt haben, so haben sie jegliche Positionen in Ihrer Investitionsplanung innerlich bestätigt. Sie sind nun in der emotionalen Ja-Schiene und wenn alles stimmt, greift Ihr Vorgehen und der Abschluss steht kurz bevor. 6. Nehmen Sie jetzt bitte einen Stift zur Hand und bereiten Sie sich innerlich auf folgende Aussage vor: „Ich freue mich sehr, dass wir es jetzt am Ende der Investitionsplanung geschafft haben, voll und ganz in Ihrem Budget zu bleiben. Somit steht Ihrem Traum oder Ihrem Wunsch auch nichts mehr im Weg. Das Allerbeste dabei ist, Familie Meier, dass wir über Rabatt gar nicht diskutieren oder feilschen müssen, ganz im Gegenteil, denn Sie können sich Ihren Rabatt selbst aussuchen. Es kommt darauf an, welche der folgenden Skontovarianten Sie nutzen möchten. Zum einen haben wir die Variante mit 1 %, bei der Sie 50 % anzahlen können. Bei der zweiten Variante mit 2 % zahlen Sie

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75 % an. Und als dritte und letzte Variante gibt es mit 3 % die Möglichkeit, 90 % anzuzahlen. Entscheiden Sie einfach selbst.“ 7. Legen Sie nun den Kugelschreiber oder den Füller in Richtung der Kunden, ziehen Sie Ihre Hände zurück, gucken Sie freundlich und nicken Sie dabei. MEHR NICHT! Jetzt gilt es durchzuhalten, denn Ihre Kunden sind jetzt dran. In Bruchteilen von Sekunden werden sich Ihre Kunden nun unbewusst entscheiden, ob sie unterschreiben oder nicht. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie unterschreiben, ist jedoch hoch, denn sie erinnern sich jetzt unbewusst an folgendes: 1 . Sie haben als Verkäufer Ihre Kunden voll und ganz verstanden. 2. Sie haben auf sämtliche mimischen Warn- und Wunschsignale passend reagiert. 3. Ihre Kunden fühlen sich wohl und der Nasenfaktor zwischen Ihnen stimmt. (Vo­ raussetzung) 4. Sie sind mit der Investitionsplanung im Rahmen des vorgegebenen Budgets geblieben. 5. Die Kunden erinnern sich daran, dass Sie entweder per Handschlag vereinbart haben, dass Sie Partner werden oder dass sie es Ihnen mündlich bestätigt haben, sofern Sie die Bedürfnisse aus der Bedarfsanalyse heraus auch befriedigt und so gedeckt haben, wie es abgesprochen war. Die Wahrscheinlichkeit, dass Ihre Kunden jetzt noch Nein sagen, ist sehr gering. Denn Sie haben alle Bedürfnisse gestillt, haben Vertrauen aufgebaut, Sie sind im Budgetrahmen geblieben und die Kunden haben Ihnen bestätigt, dass Sie Partner werden, wenn Sie alle besprochenen Details aus der Bedarfsanalyse umsetzen können. Diese ganzen Informationen scannen Ihre Kunden in kürzester Zeit unterbewusst ab und Ihre Aufgabe dabei ist lediglich, freundlich zu gucken und zu nicken bis zu dem Moment, in dem Ihre Kunden wieder aktiv werden. Im unwahrscheinlichen Fall, dass Ihre Kunden jetzt nicht unterschreiben, werden wir gleich unter dem fünften Verkaufsmoment verschiedene Abschlusstechniken durchgehen. Bevor wir uns der Angebotspräsentation, bei der Ihre Kunden zu einem erneuten Termin zu Ihnen in die Ausstellung kommen, widmen, gebe ich Ihnen noch interessante Informationen zu Spiegelneuronen und dem peripheren Sehen mit auf den Weg. Exkurs „Spiegelneuronen“ In meinem Beispiel der Angebotspräsentation habe ich unter Schritt sieben angeführt, dass Sie dem Kunden den Stift hinlegen und dabei freundlich gucken und nicken sollen. Warum lege ich darauf so großen Wert? Nun, die Antwort ist ganz einfach. Auch damit beeinflussen Sie den Kunden unterbewusst, denn hier greift die Technik der Spiegelneuronen. Spiegelneuronen sind Nervenzellen, die sich im präfrontalen Cortex des Gehirns befinden. Sie sind diejenigen Zellen, die uns überhaupt erst zu einem sozialen und mitfühlenden Wesen machen. Ohne sie könnten wir bei einem traurigen Film nicht weinen und würden nicht zurücklächeln, wenn uns jemand anlächelt. Diese Nervenzellen reagieren nämlich genau so, als ob wir das Gesehene selbst ausgeführt hätten. In der Fachsprache heißt das, es werden die gleichen Aktivitätsmuster angesprochen, wenn man eine Handlung beobachtet, wie wenn man diese Handlung selbst durchführen würde. Dadurch können Sie folgende Effekte auf Spiegelneuronen zurückführen:

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• Das von Ihrem Gegenüber beobachtete Verhalten wird intuitiv (unbewusst) nachgeahmt. • Emotionen, die Ihr Gegenüber in Ihrer Mimik wahrnimmt, werden automatisch nachempfunden. • In der Psychologie beschreibt man den Rapport. Rapport ist das Phänomen, dass wenn zwei Menschen eine emotionale Verbindung haben, Sie automatisch die Körpersprache Ihres Gegenübers nachahmen, zum Beispiel durch das Annehmen einer ähnlichen Sitzposition. Spiegelneuronen bilden daher die Grundlage für Empathie. Wenn Sie also zu Ihrem Kunden eine gute Beziehung aufgebaut haben, wird er Ihnen körpersprachlich folgen und Ihr Verhalten unbewusst nachahmen. Das bedeutet, wenn Sie das Angebot zu Ihrem Kunden umdrehen, ihn freundlich ansehen und dabei nicken, wird Ihr Kunde ebenfalls aufgrund der Spiegelneuronen dazu animiert, freundlich zu gucken und zu nicken. Spiegelneuronen helfen Ihnen also dabei, dass Ihr Kunde das Angebot schneller unterschreibt. Zusätzlich unterstützen sie Sie bei Ihrem ersten Kontakt mit dem Kunden. Lächeln Sie ihn bei der ersten Begrüßung nämlich freundlich an, können Sie davon ausgehen, dass er zurücklächelt. Denn mit Ihrem Lächeln aktivieren Sie auch wieder seine Spiegelneuronen. Gehen Sie also stets freundlich mit Ihrem Kunden um, dann steckt Ihre positive und begeisternde Art ihn definitiv an. Man kann also sagen, dass die stärkste Waffe, die Sie im Verkaufs- oder auch Vertriebswesen besitzen, Ihr Lächeln ist. Exkurs „peripheres Sehen“ Die Mimik Ihres Kunden ist der Bereich, den Sie beim gemeinsamen Aufeinandertreffen am stärksten im Fokus haben sollten. Nichtsdestotrotz spricht nicht nur die Mimik Ihres Kunden zu Ihnen, sondern seine gesamte Körpersprache. Daher ist es wichtig, dass Sie peripher sehen können. Man nennt das auch den „peripheren Blick“. Was dieser bedeutet, möchte ich Ihnen am Beispiel des Smartphones veranschaulichen. Vermutlich kennen Sie auch diese Situationen, in denen Sie neugierig und interessiert etwas auf Ihrem Smartphone lesen oder ansehen. Dabei sitzen Sie beispielsweise in einem leeren Bus. An einer Haltestelle steigt nun ein weiterer Fahrgast ein und in Ihrem rechten oder linken Blickwinkel nehmen Sie die Bewegung des Fahrgastes wahr, sehen kurz hoch und widmen sich danach wieder Ihrem Smartphone. Diese Bewegungen, die Sie aus dem Augenwinkel registriert haben, obwohl Sie auf einen Text oder ein Video auf Ihrem Smartphone konzen­ triert waren, das ist das sogenannte periphere Sehen. Sie fokussieren dabei also nicht irgendein Objekt, sondern erfassen das gesamte Umfeld. Das periphere Sehen entstand evolutionär, weil der Mensch damals bei der Jagd wachsam sein und unter Umständen blitzschnell reagieren musste. Hätte er seine Beute nur fixiert, ohne die umliegenden Begebenheiten zu beachten, wären wir wahrscheinlich ausgestorben. Deshalb ist der periphere Blick auch heute noch in vielen Lebenslagen von großer Bedeutung. Nehmen wir beispielsweise Kampfsportler, die stets mit Angriffen durch Fäuste oder Füße rechnen müssen. Sie brauchen ein gutes peripheres Sehvermögen, um mögliche Gefahren durch Hände oder Beine abwehren zu können. Auch beim Fußball spielt das periphere Sehen eine große Rolle. Wenn Fußballer in einem hitzigen Zweikampf sind, müssen sie dennoch den Überblick über das gesamte Spielfeld behalten, um zum Beispiel einen zielgerichteten Pass zu schießen. Und selbstverständlich ist auch im Verkauf ein peripherer Blick enorm wichtig. Denn auch wenn Sie den Fokus auf die Mimik Ihres Kunden legen, sollten Sie in Ihrem peripherem Blickfeld die restlichen nonverbalen Signale registrieren und erkennen können, wie zum Beispiel Beruhigungsgesten, um so Ihren Kunden ganzheitlich wahrzunehmen. Es ist auch gar nicht so schwer, das periphere Sehen zu trainieren. Gucken Sie sich beispielsweise im Internet ein Video von einer belebten Straße an. Suchen Sie sich bitte in der Mitte des Videos einen Fixpunkt, den Sie beobachten. Versuchen Sie nun, die Autos zu zählen, die von oben links, unten links, oben rechts und unten rechts in das Bild hineinfahren. Dabei zählen Sie die Autos jedoch nicht erst, wenn diese Ihren Fixpunkt schon erreicht haben, sondern bereits, wenn sie am

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Bildschirmrand auftauchen. Es geht bei dieser Übung darum, dass Sie trainieren, Ihr Wahrnehmungsumfeld zu erweitern. Eine analoge Variante ohne Rechner ist die sogenannte Daumenübung. Stellen Sie sich dafür aufrecht hin, strecken Sie beide Arme nach vorne aus und halten Sie den Daumen aufrecht, wie der „Like“-Daumen bei Facebook. Dann fangen Sie langsam an, beide Arme nach links und rechts auseinander zu bewegen, richten Ihren Blick jedoch weiter geradeaus. In Ihrem Augenwinkel versuchen Sie allerdings, beide Daumen solange wie möglich zu sehen. Am Anfang werden Sie Ihre Arme vermutlich nicht so weit auseinanderführen können, ohne den Blick auf den Daumen zu verlieren. Wenn Sie das aber regelmäßig üben, verbessert sich schon bald Ihr peripheres Sehen und Sie erfassen mehr um sich herum, zum Beispiel auch sämtliche Körpersprachesignale Ihres Kunden. Neben der ganzheitlichen Wahrnehmung des einzelnen Kunden ist der periphere Blick im Verkaufsprozess auch essenziell, wenn Sie es mit mehreren Entscheidern zu tun haben und sich auf zwei oder mehr Personen konzentrieren müssen. Denn damit können Sie auch mögliche Stresssignale eines Partners bemerken oder Ihr Gespür für das zwischenmenschliche Verhalten derjenigen Personen schärfen. Aufgrund dessen, dass wir heutzutage viel vor dem Fernseher sitzen, auf das Smartphone blicken oder auch am Computer oder Laptop arbeiten, verschlechtern wir unser peripheres Sehen leider. Darum ist es wichtig, dass Sie Ihr peripheres Sehen trainieren, um so neben der Mimik Ihres Kunden auch seine restlichen körpersprachlichen Signale zu identifizieren. Ich empfehle Ihnen, eine der beiden vorgestellten Übungen mindestens einmal am Tag durchzugehen, um schnelle Erfolge zu erzielen. Zusätzlich können Sie natürlich auch allgemein in Ihrem Alltag regelmäßig versuchen, Ihr gesamtes Umfeld zu erfassen, zum Beispiel beim Einkaufen, wenn Sie durch einen Park laufen oder wenn Sie im nächsten Team-Meeting sitzen.

Die Angebotspräsentation auf Termin Bereiten Sie den Termin in Ihrer Ausstellung oder in Ihrem Büro vor, indem Sie beispielsweise den Kunden erneut auf einer Tafel begrüßen, Sie kalte oder auch warme Getränke vorbereiten und sich der Kunde so herzlich willkommen fühlen kann. Seien Sie pünktlich zu Ihrem Termin und lassen Sie Ihren Kunden keinesfalls warten, denn das wäre nicht nur unhöflich, sondern auch respektlos ihm gegenüber. Bedenken Sie bitte immer, dass jedes noch so kleinste Detail eine entscheidende Rolle dafür spielt, ob sich Ihr Kunde unbewusst wohlfühlt oder nicht. Wenn Sie Ihren Kunden nun pünktlich begrüßt haben, sollte auch hier die erste Frage wieder sein, ob sich irgendetwas zu Ihrem vorherigen Termin geändert hat. Diese Frage ist an diesem Punkt bedeutend, da Ihr Kunde in der Zwischenzeit vielleicht bei einem anderen Marktbegleiter ein Angebot bekommen und dies eventuell sogar schon unterschrieben hat. Das wissen Sie nicht. Die Emotionen, die Ihnen jetzt Rückschluss darauf geben könnten, dass irgendetwas nicht stimmt, sind zum Beispiel Scham, Verlegenheit oder Schuld. Am Ende dieses Kapitels werde ich Ihnen diese Emotionen noch ausführlich beschreiben, denn sie sind im Zusammenhang mit der Frage nach einer Veränderung ein nützliches Werkzeug für Sie, um auf mögliche Einwände oder Informationen zu stoßen, die einen Vertragsabschluss nach der Angebotspräsentation gefährden könnten. Achten Sie daher hier bitte wieder auf sämtliche mimischen Warnsignale.

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Hat der Kunde bereits woanders einen Auftrag unterschrieben und möchte von Ihnen lediglich noch den Preis erfahren, kann er sich schuldig oder verlegen fühlen oder sich schämen, da ihn vermutlich ein schlechtes Gewissen plagt. Sie können also mit ziemlicher Sicherheit davon ausgehen, dass etwas nicht in Ordnung ist, wenn Sie eine dieser drei Emotionen sehen. Um hinter den Grund dafür zu kommen und auszuschließen, dass irgendetwas den Verkaufsabschluss beeinträchtigt, empfehle ich Ihnen zum Beispiel diese Aussage: „Lieber Herr Meier, hat sich irgendetwas gegenüber unserem letzten Termin verändert, was unsere gemeinsame Partnerschaft in Bezug auf Ihren Wunsch gefährden könnte?“ Da Ihr Kunde bei der Bedarfsanalyse zugesichert hat, dass Sie Partner werden, wenn Sie alle besprochenen Details erfüllen, kann Ihnen seine mimische Reaktion nun weitere Hinweise auf Ungereimtheiten liefern. Sagt er zum Beispiel Nein und führt mit seinem Kopf eine Ja-Bewegung in Form eines minimalen Nickens aus, so passt die Körpersprache nicht zu dem Gesagten. Denn bei einem Nein muss natürlich auch der Kopf verneinend geschüttelt werden. Falls Sie nun also erkennen, dass Ihr Kunde Ihnen etwas verschweigt, könnten Sie mit folgenden beispielhaften Resonanzaussagen oder Fragen arbeiten, um dies anzusprechen: • „Herr Meier, ich habe den Eindruck, dass irgendetwas nicht stimmt.“ • „Herr Meier, wir können ja offen sprechen, ich habe das Gefühl, dass sich doch irgendetwas für Sie verändert hat. Wollen wir darüber sprechen?“ • „Herr Meier, mich beschleicht das Gefühl, dass irgendetwas für Sie in Bezug auf unsere Partnerschaft und hinsichtlich Ihres Wunsches nicht mehr passt.“ • „Herr Meier, kann es eventuell sein, dass sich irgendetwas verändert hat, worüber wir vielleicht sprechen sollten?“ Geben Sie Ihrem Kunden durch Ihr Entgegenkommen die Gelegenheit, offen und ehrlich mit Ihnen umzugehen. Es kann natürlich sein, dass Ihr Kunde schon woanders unterschrieben hat, aber es wäre ebenso denkbar, dass sich seine finanzielle Lage verändert hat und Sie nun mit der Beratung von vorn beginnen müssen. Sollte letzteres der Fall sein, könnte sich neben Schuld, Scham und Verlegenheit auch die Emotion Trauer zeigen, da Ihr Kunde sich vielleicht schon innerlich darauf eingestellt hat, seinen Wunsch nicht mehr umsetzen zu können und somit das bereits vorgestellte Produkt zu verlieren. Weitere Indikatoren, die dafür sprechen, dass Ihr Kunde Stress empfindet, sind sogenannte körpersprachliche Stresssignale. Exkurs „Stresssignale“ Stresssignale können sich bei Ihrem Kunden zum Beispiel durch nonverbale Beruhigungsgesten zeigen oder auch durch die Erhöhung der Blinzelrate. Dabei ist natürlich wieder wichtig zu beachten, wie die körpersprachliche Baseline Ihres Kunden ist und inwieweit er nun davon abrückt. Beruhigungsgesten sind schnell zu identifizierende Gesten, die Stress signalisieren und Ihrem Kunden dazu dienen, den eigenen mentalen und emotionalen Zustand zu entspannen. Folgendes sollten Sie dabei über Beruhigungsgesten wissen:

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• Beruhigungsgesten helfen Ihrem Kunden dabei, sich mit unangenehmen Gefühlen auseinanderzusetzen. Unangenehme Emotionen können Hinweise auf unerfüllte Bedürfnisse sein. • Die eigentlichen Berührungen bei den Beruhigungsgesten spielen dabei die wichtigste Rolle, denn die Berührung beruhigt. • Beruhigungsgesten werden in drei Formen unterschieden, welche sich danach richten, was Ihr Kunde berührt: –– Selbst-Berührungsgesten: Ihr Kunde berührt sich selbst, zum Beispiel Ohrläppchen reiben. –– Objekt-Berührungsgesten: Ihr Kunde berührt irgendein Objekt seiner Wahl, zum Beispiel mit dem Kugelschreiber spielen. –– Fremd-Berührungsgesten: Ihr Kunde berührt eine andere Person, zum Beispiel Fussel absammeln auf dem Pullover des Partners. • Klassischerweise werden sämtliche Beruhigungsgesten absolut unbewusst ausgeführt, dabei ist es für den Kunden eigentlich nicht schwierig, diese Gesten zu kontrollieren, sofern er da­ rauf achtet. • Hinter den Beruhigungsgesten versteckt sich keine kommunikative Absicht. Worauf weisen Beruhigungsgesten hin? • Bei unangenehmen Emotionen und bei allgemeinem emotionalen Stress nehmen Beruhigungsgesten zu, sowohl bei Menschen als auch bei Primaten, wie zum Beispiel Schimpansen. • Beruhigungsgesten können ein Indiz dafür sein, dass ein Grundmotiv aus dem Motivkompass® verletzt ist. • Wenn Ihr Kunde sich langweilt, treten aufgrund dessen ebenso mehr Beruhigungsgesten auf. • Sollte Ihr Kunde eine hohe kognitive Ladung haben, also angespannt sein, so zeigt er oder sie vermehrt Beruhigungsgesten. • Kunden, die weniger aktiv, sondern eher reaktiv agieren und sich in den Motivfeldern „Harmonie und Geborgenheit“ oder „Ordnung und Stabilität“ bewegen, verwenden deutlich mehr Beruhigungsgesten. • Kunden, die eher introvertiert sind, zeigen in ihrer Mimik häufiger Angst in zum Beispiel zwischenmenschlichen Situationen, bei denen sie völlig Fremden begegnen. In solchen Momenten sieht man bei ihnen ebenfalls vermehrt Beruhigungsgesten. • Kunden, die eher schüchtern und zurückhaltend in ihrer Persönlichkeit sind, nutzen in der Regel wenig redebegleitende Gesten und stattdessen häufiger Beruhigungsgesten. • Forscher können den weitverbreiteten Mythos, dass Menschen sich beim Lügen an die Nase fassen, also eine Beruhigungsgeste ausüben, nicht bestätigen. Sie haben allerdings herausgefunden, dass Beruhigungsgesten sowohl zu- als auch abnehmen können, wenn ein Mensch lügt. Die drei möglichen Beruhigungsgesten Die Selbst-Berührungsgeste erkennen Sie wie folgt • In den meisten Fällen wird die Selbst-Berührung mit der linken Hand ausgeführt. • Auch sehr kleine Selbst-Berührungsgesten können auftreten, zum Beispiel das „Pulen“ an den Fingern. Diese Gesten werden dann immer und immer wieder wiederholt. • Weitere Beispiele für Selbst-Berührungsgesten sind: –– am Hals, im Nacken oder im Gesicht kratzen oder sich einfach nur dort berühren –– den Bart oder die Haare um die Finger zwirbeln –– die Lippen einsaugen, sich auf die Lippen beißen oder sich die Lippen lecken –– das Ohrläppchen mit Daumen und Zeigefinger kneten –– mit den Handinnenflächen über die Oberschenkel streichen

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–– Eine Sonderform ist das sogenannte Face-Cover, bei dem der Kunde mit seiner Hand das Gesicht bedeckt. Dieses Face-Cover tritt häufig auf, wenn das Arousal Ihres Kunden hoch ist oder er die Situation als sehr emotional empfindet. Ebenso können Sie es auch zum Beispiel bei Scham oder Rührung beobachten. Was diese Bewegungen bedeuten können: • Wenn Ihr Kunde emotionalen Stress hat, so zeigt er Selbst-Berührungsgesten häufiger. Dieser emotionale Stress steht für unangenehme Emotionen. • Forscher fanden außerdem heraus, dass bei den Emotionen Scham, Verlegenheit und Angst die Selbst-Berührungsgesten zunehmen. • Wenn sich Ihr Kunde beispielsweise mit dem Zeigefinger im Gesicht berührt, weist dies auf eine hohe kognitive Ladung hin und darauf, dass er nachdenkt. • Kunden, die eher introvertiert sind, zeigen, wenn sie zum Beispiel mit anderen Menschen sprechen, mehr Selbst-Berührungsgesten. Diese Stresssignale verraten Ihnen also auch, wo Sie Ihre Kunden auf dem Motivkompass® einordnen können und sie unterstützen Sie bei Ihrer ersten Analyse. Vermeiden Sie hierbei aber unbedingt die Gefahr, dass Sie, sobald Sie ein Motivfeld Ihres Kunden ausgemacht haben, in diesem Motivfeld verharren und nicht mehr offen für Veränderungen sind. Denn Ihr Kunde kann später auch noch andere Motivfelder aufzeigen. Zwei klassische Beruhigungsgesten sehen Sie auf den Abb. 12.16. Auf der Abb. 12.16 (links) sehen Sie die typische Beruhigungsgeste, wenn sich jemand bei emotionalem Stress ins Gesicht fasst. Auf der Abb. 12.16 (rechts) erkennen Sie, wie mit Zeigefinger und Daumen das Ohrläppchen zur Beruhigung des Stressempfindens massiert wird. Berücksichtigen Sie bei Ihrer Analyse von körpersprachlichen Stresssignalen jedoch auch wieder die Baseline Ihres Kunden. Denn ohne die Kenntnis über diese Baseline können Sie keine verlässliche Aussage treffen.

Abb. 12.16  Beruhigungsgesten. (Quelle: Eilert, Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020)

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Die Objekt-Berührungsgeste erkennen Sie wie folgt • Bei dieser Art der gestischen Beruhigung wird irgendein Objekt berührt und dies meist mit wiederholenden Bewegungen (zum Beispiel das mehrfache Drücken eines Kugelschreibers). • Die Berührungsgesten in Verbindung mit einem Objekt werden meistens mit der dominanten Hand ausgeführt, was bedeutet, dass Rechtshänder das Objekt mit rechts berühren und Linkshänder das Objekt mit links. • Weitere Beispiele für Objekt-Berührungsgesten könnten sein: –– Herumspielen mit der Uhr, der Brille oder auch mit Schmuck am Körper wie dem Ring oder der Halskette: Es kann irgendein Gegenstand dafür verwendet werden, der sich in unmittelbarer Greifnähe Ihres Kunden befindet. Beispielsweise könnte dies auch etwas sein, was Sie an Ihrem Beratungsplatz oder Ihrem Arbeitsplatz liegen haben und was sich der Kunde leicht nehmen kann, ohne dabei bewusst etwas zu entwenden wie ein Flaschenöffner, ein Lineal oder auch ein Stift aus Ihrer Stifte-Box. –– Sollte Ihr Kunde auf einmal sein Handy herausholen und sich damit ablenken und zum Beispiel wiederholt E-Mails oder Nachrichten herunterladen, kann dies ebenfalls eine Objekt-­ Berührungsgeste sein. Vorausgesetzt, dieses Verhalten weicht von der körpersprachlichen Baseline Ihres Kunden ab und ist in diesem Moment an sich unangebracht. –– Es könnte ebenfalls vorkommen, dass Ihr Kunde wiederholt zum Wasserglas greift, um etwas zu trinken. –– Ein weiteres Beispiel ist die Kleidung. Richtet sich Ihr Kunde irgendein modisches Accessoire, begradigt sein Einstecktuch oder streicht sich das Hemd oder die Bluse glatt, dient ihm das erneut zur Beruhigung. Was diese Bewegungen bedeuten können: • Auch hier werden die gestischen Bewegungen vermehrt durch emotionalen Stress in Form von unangenehmen Emotionen ausgelöst, wie beispielsweise durch Angst. • Sollte sich Ihr Kunde in dem Gespräch mit Ihnen langweilen, könnte ebenfalls eine Objekt-­ Berührungsgeste auftreten. Ihr Kunde sucht sich mit seinen Händen quasi eine Beschäftigung, damit sein menschliches und biologisches Bedürfnis nach Anregung befriedigt wird. Achten Sie daher stark auf solche Gesten, die mit einem Objekt ausgeführt werden, denn Sie sollten Ihren Kunden zu keiner Zeit langweilen. Es ist ausgeschlossen, dass Ihr Kunde ein Produkt kauft, welches ihn langweilt. Außerdem ist es unwahrscheinlich, dass aufgrund der Langeweile Ihres Kunden die wichtigen Informationen, die Sie aufzeigen, bei ihm überhaupt ankommen. • Objekt-Berührungsgesten können ebenfalls ein Zeichen dafür sein, dass Ihr Kunde nachdenkt und eine hohe kognitive Ladung aufweist, also eine geistige Belastung. • Kunden, die eher introvertiert sind, zeigen, wenn sie zum Beispiel mit anderen Menschen sprechen, sowohl mehr Selbst- (s. oben) als auch mehr Objekt-Berührungsgesten. • Kunden, die das Durchsetzungs-Motivfeld präferieren, verwenden in ihrem körpersprachlichen Standardverhalten tendenziell weniger Objekt-Berührungsgesten. • Kunden, die eher schüchtern und zurückhaltend in ihrer Persönlichkeit sind, berühren dagegen häufiger Objekte, um sich zu beruhigen. Auf der Abb. 12.17 (links) erkennen Sie eine sehr klassische Objekt-Berührungsgeste, ausgeführt mit einem Bleistift. Auf der Abb. 12.17 (rechts) erkennen Sie das beispielhafte Glattstreichen der Bluse. Beide Objekt-Berührungsgesten fallen stark auf, sofern sie von der körpersprachlichen Baseline Ihres Kunden abweichen.

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Abb. 12.17  Objekt- und Selbstberührungsgesten. (Quelle: Eilert, Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020) Neben den Selbst- und Objekt-Berührungsgesten unterscheiden wir als dritte Form die Fremd-­ Berührungsgeste. Diese erkennen Sie daran, dass Ihr Kunde beispielsweise seine Begleitung berührt, indem er nach der Hand fasst oder unter dem Tisch seinen Fuß in die Richtung des anderen schiebt. Bei Personen, die einem nicht sehr nahestehen, kann es auch vorkommen, dass wir die Hand auf die Schulter des anderen legen oder ihn am Unterarm greifen. Diese Fremd-Berührungsgesten dienen ebenfalls der Beruhigung oder dem Überspielen einer unangenehm empfundenen Situation. Stresssignale lassen sich also zum einen durch diese drei Arten der Beruhigungsgesten erkennen. Zum anderen können zusätzlich folgende Kriterien auftreten: • Die Blinzelrate Ihres Kunden erhöht sich, das heißt es wird mehrmals schnell hintereinander geblinzelt. • In der Körperhaltung nehmen sogenannte Body-Shifts zu. Dabei verändert der Körper seine Haltung durch kleine Hin- und Herbewegungen wie zum Beispiel unruhiges Rutschen auf dem Sitzplatz. • Es kommen sämtliche nonverbalen Beruhigungsgesten verstärkt vor. • Ihr Kunde könnte beginnen zu stottern oder vermehrt Wortwiederholungen und „äh’s“ verwenden. Um zu erkennen, ob sich Ihr Kunde wohlfühlt oder ihn emotionaler Stress bedrückt, müssen alle Signale vom körpersprachlichen Standardverhalten abweichen. Werden diese Signale zusätzlich durch die Mimik betont, sind Sie immer ein Hinweis auf unangenehme Emotionen. Versuchen Sie daher, auch diese körpersprachlichen Reaktionen Ihres Kunden in Form von empathischen Aussagen oder Fragen anzusprechen, wie zum Beispiel: • „Lieber Herr Meier, ich habe das Gefühl, dass Sie gerade irgendetwas stresst.“ • „Lieber Herr Meier, kann es sein, dass Sie sich durch irgendetwas gestresst fühlen?“

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• „Lieber Herr Meier, wir haben ja vereinbart, dass wir offen sprechen können. Ich habe den Eindruck, dass ich Sie mit irgendeiner meiner Aussagen oder Handlungen womöglich durcheinandergebracht habe.“ • „Lieber Herr Meier, kann es sein, dass Sie dieses Produkt oder auch meine Ausführungen langweilen? Ich stelle diese Frage nicht, weil ich Ihnen das krumm nehmen würde, sondern weil ich Sie natürlich keineswegs langweilen möchte.“ Treten Sie, wie auch bei den Emotionen, die Sie in der Mimik erkennen, in einen Dialog mit Ihrem Kunden. Denken Sie dabei immer daran, welche Motivfeld-Präferenzen er aufweist und passen Sie Ihre Aussage bestmöglich an dessen Lieblingszimmer aus dem Motivkompass® an. Das wichtigste Kriterium bei all Ihren Beobachtungen von Emotionen oder körpersprachlichen Stresssignalen ist die Baseline Ihres Kunden. Diesen Grundsatz wiederhole ich bewusst sehr häufig, damit er sich einprägt. Denn Sie dürfen nie vergessen, dass jeder, der sein Gegenüber verlässlich in der Mimik und Körpersprache lesen möchte, ohne die Baseline blind ist und somit auch keine verlässliche Analyse erstellen kann.

Kommen wir zurück zu der Angebotspräsentation auf Termin und der Frage nach der Veränderung an Ihren Kunden. Für den Fall, dass die Körpersprache zu der Antwort Ihres Kunden passt, er oder sie Ihnen erneut bestätigt, dass sich nichts geändert hat und bei Realisierung der besprochenen Details nichts gegen eine Partnerschaft spricht, so wiederholen Sie bitte die zuvor beschriebenen Punkte eins bis sieben aus dem Unterkapitel der gemeinsamen Erstellung des Angebots. Ziel ist es, dass sich Ihr Kunde durch das Priming und dieses Vorgehen erneut vergewissert, dass er bei Ihnen in guten Händen ist, Ihnen vertraut und Sie ihn persönlich verstehen. Er nickt damit innerlich den Auftrag ab. Dieser Ablauf der Angebotspräsentation ist branchenunabhängig möglich. Ob Sie ein Angebot als Handwerker präsentieren, als Versicherungsvertreter, als Bankberater, als Autohändler oder als Möbel- und Küchenverkäufer, diese Methode hilft Ihnen automatisch und ohne den Preis zu nennen dabei, zu einem Abschluss zu kommen. Für den ungewöhnlichen Fall, dass Ihr Kunde jetzt Nein sagt, stellen wir uns im nächsten Unterkapitel die Frage, warum er das tut. Bevor es soweit ist, sehen wir uns jedoch zuerst noch die Emotionen Schuld, Verlegenheit und Scham im Detail an.

Alles auf einen Blick: Die Primäremotion Schuld Auf dem linken Bild ist der neutrale Gesichtsausdruck abgebildet, auf dem rechten Bild sehen Sie die Primäremotion Schuld. Die folgenden Beschreibungen sind alle wissenschaftlich belegt und entstammen der Mimikresonanz®-Profibox [1] (Abb. 12.18). Das ABC der Primäremotionen oder „Der Emotionsdreiklang“ A) Der Auslöser: „wertinkongruentes Verhalten, durch das eine andere Person zu Schaden kommt“ Beispiel: Stellen Sie sich vor, Sie und Ihr Kunde haben eine gute Beziehung zuei­ nander aufgebaut. Sie haben viel Zeit investiert und auch Ihrem Kunden ist dies bewusst. Nun muss er Ihnen allerdings mitteilen, dass er bereits woanders gekauft hat.

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Abb. 12.18  Gesichtsausdruck: neutral versus schuldig. (Quelle: Eilert, Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020

Sofern er Sie persönlich mag, könnte nun die Emotion Schuld dadurch ausgelöst werden, dass er weiß, dass Sie auf Provision arbeiten und er Ihre Zeit verschwendet hat, wodurch Sie weniger Zeit für einen echten Interessenten hatten. Er denkt, dass er Ihnen geschadet hat und fühlt sich schuldig. B) Die Funktion: „Barriere gegen Regelverstöße, Beschwichtigung, Motivation zur Schadensbehebung“ C) Das Bedürfnis: „Authentizität“ Weitere Gefühlsbeschreibungen der Emotion nach dem Mimikresonanz®-Gefühlsrad (von links nach rechts stärker werdend): reumütig, sündig fühlen, schlechtes Gewissen, Gewissensbisse haben, schuldbewusst, bereuen, schuldbeladen und schuldig fühlen. Die Primäremotion Schuld erkennen Sie an folgenden Bewegungen in der Mimik Ihres Kunden Die Augenbrauen-Innenseiten werden schräg hoch gezogen* und der Blick ist dabei grundsätzlich nach unten gerichtet (beachten Sie bitte zusätzlich das interpersonelle Bewegungsverhalten, siehe unten in der Tabelle). Dabei werden außerdem beide Mundwinkel heruntergezogen. Der Kinnbuckel wird angehoben und der Kopf ist zur Brust hin gesenkt. Allgemein wirkt die Körperhaltung eher eingefallen.

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Schuld ist eine primäre Emotion, welche multimodal auftritt und somit in mindestens zwei nonverbalen Beobachtungskanälen [1]. *Wenn die Augenbrauen-Innenseiten schräg hochgezogen sind, ist dies ein zuverlässiges Zeichen für die Emotion Trauer. Nur in Verbindung mit den anderen beschriebenen Signalen ist es verlässlich für die Emotion Schuld (Tab. 12.11). Was Sie noch über die Emotion wissen sollten • Diese Emotion wird weltweit und auch kulturübergreifend erlebt. Der Forschung ist es allerdings bisher noch nicht gelungen, auch einen kulturübergreifenden nonverbalen Ausdruck für die Emotion Schuld zu identifizieren. • Die aktuellen Forschungen haben bislang ergeben, dass die Emotion Schuld in ihren mimischen Signalen der Emotion Trauer am meisten ähnelt. • Wissenschaftler konnten zudem feststellen, dass Frauen mehr dazu neigen, Schuld zu zeigen als Männer. Wenn Ihre Angebotspräsentation daher zeitlich später stattfindet als die Produktpräsentation und Sie Ihrem Kunden wie im vorherigen Unterkapitel beschrieben die Frage stellen, ob sich irgendetwas verändert hat oder etwas die mögliche Partnerschaft beeinträchtigen kann, dann sollten Sie für den Fall, dass Sie ein Pärchen vor sich sitzen haben, verstärkt auf die Frau und deren Mimik und Körpersprache achten. • Interessanterweise wird die Emotion Schuld auch dann ausgelöst, wenn wir uns nur vorstellen, dass wir jemandem durch unser falsches Verhalten schaden und diese Person dadurch emotional leiden muss. Daher kann es helfen, wenn Sie dem Kunden sagen, dass Sie zum Beispiel traurig wären, falls die Partnerschaft nicht wie geplant eingegangen werden kann. Diese Aussage muss natürlich auch der Wahrheit entsprechen, also Sie müssen wirklich traurig darüber sein. Tab. 12.11  Nonverbale Merkmale von Schuld (Quelle: Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020) Ergänzende nonverbale Merkmale Gestik: Gestisch geht man mit der Gravitation mit. Im Volksmund sagt man auch, man lässt den Kopf hängen (Pro-Gravitationsgeste). Fuß- und Beinverhalten: Dadurch, dass Schuld durch Pro-Gravitation gekennzeichnet ist, geht man eher kleinere Schritte und lässt dabei die Arme hängen, die sich beim Gehen sehr wenig bewegen. Körperhaltung: Die Körperhaltung wirkt eher schlaff und die Bewegungen erscheinen eher kraftlos. Stimme: Die Stimme ist eher tiefer und leiser, die Sprechgeschwindigkeit verlangsamt sich. Interpersonelles Die Emotion Schuld hilft uns dabei, etwas wieder in Ordnung zu Bewegungsverhalten: bringen. Darum wird der geschädigten Person wiederholt ein prüfender Blick zugeworfen, um zu kontrollieren, ob alles wieder gut ist. Dabei tritt klassisch der Gesichtsausdruck auf, den Sie auf der Abb. 14.1 sehen können.

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12  Die fünf wichtigsten Verkaufsmomente unter Berücksichtigung der …

• Wenn wir uns unrecht benommen haben, so tritt neben der Emotion Schuld häufig auch die Emotion Scham in der Mimik mit auf. Schuld beurteilt dabei unser falsches ­Verhalten und Scham zeigt eine negative Bewertung unseres Ich’s an (man kann sich selbst in dem Moment nicht leiden). • Um die Emotion Schuld zu empfinden, braucht man Empathie. Bei Scham benötigt man diese nicht. So könnten Sie Ihren Kunden auf die Emotion ansprechen • „Herr Meier, ich habe das Gefühl, dass irgendetwas nicht stimmt. Wollen wir darüber sprechen?“ • „Herr Meier, kann es sein, dass sich irgendetwas zu unserem vorherigen Termin verändert hat, worüber wir reden sollten?“ • „Herr Meier, möglicherweise hat sich doch etwas zu unserem vorherigen Termin verändert. Ist diese Annahme richtig?“ • „Herr Meier, wir können ja offen miteinander sprechen. Ich habe den Eindruck, es liegt Ihnen etwas auf dem Herzen, was wir klären sollten.“ • „Herr Meier, mich beschleicht das Gefühl, dass es etwas gibt, worüber Sie mit mir reden möchten.“ Für den ungewöhnlichen Fall, dass Sie bei Ihren Fragen nach der Veränderung und der Partnerschaft die Emotion Schuld in der Mimik Ihres Kunden sehen, haben Sie mit diesen beispielhaften Resonanzaussagen und Fragen die Möglichkeit, ihn darauf anzusprechen und ihm so die Gelegenheit zu geben, die Wahrheit zu sagen, sodass er sich nicht mehr schuldig fühlen muss. Unabhängig davon, ob er vorher gelogen oder vielleicht schon bei einem anderen Anbieter unterschrieben hat, wird er Ihnen für dieses Entgegenkommen sehr dankbar sein, denn niemand hat gern ein schlechtes Gewissen. Ich erinnere Sie daran, dass wir nie wissen, warum eine Emotion auftaucht und mit einer empathischen Reaktion gelingt es Ihnen vielleicht, den Grund dahinter zu erfahren.

Alles auf einen Blick: Die Primäremotion Scham Links sehen Sie den neutralen Gesichtsausdruck. Das rechte Bild zeigt die Primäremotion Scham. Es folgen wieder alle wissenschaftlich belegten Informationen aus der Mimikresonanz®-Profibox [1] (Abb. 12.19). Das ABC der Primäremotionen oder „Der Emotionsdreiklang“ A) Der Auslöser: „Bedrohung der sozialen Identität durch eine akute oder auch mögliche negative Bewertung“ Beispiel: Sie und Ihr Kunde sind in einem Abschlussgespräch. Sie haben mit dem Kunden vorab gemeinsam eine Bedarfsanalyse erstellt und Ihr Kunde hat Ihnen in dieser Bedarfsanalyse auch zugesagt, Partner zu werden, sofern Sie alles erfüllen, was Sie

Verkaufsmoment vier: Die Angebotspräsentation

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Abb. 12.19  Gesichtsausdruck: neutral versus Scham. (Quelle: Eilert, Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020)

besprochen haben. Nach der Bedarfsanalyse kommt es zu einem erneuten Termin: der Angebotspräsentation. Am Ende der Angebotspräsentation offenbart Ihnen Ihr Kunde jedoch, dass er bereits woanders unterschrieben hat. Dabei zeigt er körpersprachlich die Emotion Scham. Im Gegensatz zur Schuld geht es hierbei nicht darum, dass er sich schuldig fühlt, weil er Ihnen einen Schaden zugefügt hat, sondern es geht um ihn selbst. Er schämt sich, weil er Sie persönlich mag und nun befürchtet, Sie könnten nichts mehr von ihm halten. B) Die Funktion: „Barriere gegen Regelverstöße, Beschwichtigung“ C) Das Bedürfnis: „Bescheidenheit“ Um Scham zu beschreiben, eignen sich nach dem Mimikresonanz®-Gefühlsrad diese weiteren Begriffe (von links nach rechts stärker werdend): verlegen sein, ertappt fühlen, sich genieren, unangenehm berührt, beschämt sein, peinlich, schämen und im Boden versinken. Die Primäremotion Scham erkennen Sie an folgenden Bewegungen in der Mimik Ihres Kunden Die Augenbrauen-Innenseiten werden schräg hochgezogen* und der Blick wird nach unten gerichtet. Der Kopf wird dabei zur Brust gesenkt und die Körperhaltung wirkt eher eingefallen.

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12  Die fünf wichtigsten Verkaufsmomente unter Berücksichtigung der …

Scham ist eine primäre Emotion, welche multimodal auftritt und somit in mindestens zwei nonverbalen Beobachtungskanälen. *Wenn die Augenbrauen-Innenseiten schräg hochgezogen sind, ist dies ein zuverlässiges Zeichen für die Emotion Trauer. Nur in Verbindung mit den anderen beschriebenen Signalen ist es verlässlich für die Emotion Scham. Scham unterscheidet sich gegenüber Schuld ausschließlich durch das interpersonelle Bewegungsverhalten, siehe Details bei der Emotion Schuld unter dem Tabellenpunkt „Interpersonelles Bewegungsverhalten“ (Tab. 12.12). Was Sie noch über die Emotion wissen sollten • Forscher haben herausgefunden, dass Frauen mehr dazu neigen, Scham zu zeigen als Männer. • Entscheidend für die Emotion Scham ist, dass wir anhand von moralischen Standards und Werten über uns und unser Handeln nachdenken und im Anschluss auch über uns selbst urteilen. • Scham löst in jedem Fall eine Vermeidungsmotivation aus. Sprichwörtlich könnte man sagen, dass wir uns am liebsten einigeln wollen. • Ein Auslöser der Emotion Scham kann auch sein, dass wir von uns selbst enttäuscht sind aufgrund einer Aussage oder eines Verhaltens. Wenn Sie also wie im Beispiel der Schuld wieder Ihre Frage nach der Veränderung und der Partnerschaft stellen und Ihr Kunde beteuert, dass nichts eine mögliche Partnerschaft behindert, dabei jedoch die Tab. 12.12  Nonverbale Merkmale von Scham (Quelle: Eilert, Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020) Ergänzende nonverbale Merkmale Mimik: Man beißt sich auf die Lippen. Gestik: Bei der Gestik herrschen Selbst-Berührungsgesten vor. Typisch ist zusätzlich das sogenannte Face-Cover, bei dem mindestens die Augen verdeckt werden. Außerdem verhält sich der gesamte Körper pro-gravitativ. Fuß- und Beinverhalten: Dadurch, dass Scham durch Pro-Gravitation gekennzeichnet ist, geht man eher kleinere Schritte und lässt dabei die Arme hängen, die sich sehr wenig bewegen. Körperhaltung: Scham löst eine Vermeidungsmotivation aus. Umgangssprachlich sagt man auch, man zieht den Kopf ein, um sich zu verstecken. Zusätzlich ist die Körpermitte eher geschlossen. Psychophysiologie: Man errötet. Stimme: Die Stimme wird leiser und der Tonfall wird weicher. Es tauchen mehr Sprechverzögerungen und Sprechfehler auf (die Person, die Scham fühlt, spricht allgemein wenig, daher sind die Zeichen in der Mimik und Körpersprache wichtiger). Interpersonelles Der Blick wird generell abgewendet und ein Blickkontakt wird Bewegungsverhalten: ebenfalls vermieden. Auch dreht sich der gesamte Körper eher weg.

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Emotion Scham zeigt, so passt die Körpersprache nicht zu dem, was er Ihnen gerade gesagt hat. Darum wäre es auch hier wichtig, eine Aussage zu formulieren, die den Kunden nicht bloßstellt. Denn Scham ist eine sehr starke Emotion, auf die man am besten sehr vorsichtig eingeht. • Scham sorgt auch dafür, dass das Stresshormon Cortisol sehr stark ansteigt, was ebenfalls ein wichtiger Grund ist, diese Emotion bei Ihrem Kunden anzusprechen. Damit helfen Sie ihm, sich Ihnen gegenüber zu öffnen, wodurch die Scham reguliert werden kann (Rumpelstilzchen-Effekt). So könnten Sie Ihren Kunden auf die Emotion ansprechen: • „Herr Meier, ich habe den Eindruck, dass Sie etwas beschäftigt. Wollen wir darüber reden?“ • „Herr Meier, ich werde das Gefühl nicht los, dass irgendetwas für Sie nicht stimmt.“ • „Herr Meier, kann es sein, dass Sie irgendetwas Unangenehmes bewegt?“ • „Herr Meier, ohne Ihnen zu nahe treten zu wollen, so möchte ich Ihnen dennoch die Frage stellen, ob irgendetwas gerade nicht in Ordnung ist für Sie.“ • Herr Meier, gibt es etwas, was Sie gerade als unangenehm empfinden?“ Mit einer empathischen Resonanzaussage oder Frage auf die gezeigte Emotion unterstützen Sie Ihren Kunden dabei, dass er Ihnen anvertraut, wo der Schuh drückt und sich dadurch anschließend nicht mehr schämt. Was auch immer der Auslöser der Scham ist, es ist etwas, was den Kunden peinlich berührt und worüber er im Normalfall nicht persönlich mit Ihnen sprechen möchte, da Sie sich dafür einfach zu wenig kennen. Sollte er sich also dennoch Ihnen gegenüber öffnen, steigert das Ihre Beziehungsqualität.

Alles auf einen Blick: Die Primäremotion Verlegenheit Auf dem linken Bild ist erneut der neutrale Gesichtsausdruck dargestellt. Das rechte Bild verdeutlicht die Primäremotion Verlegenheit. Die Mimikresonanz®-Profibox [1] listet folgende wissenschaftlich belegten Ausführungen dazu auf (Abb. 12.20). Das ABC der Primäremotionen oder „Der Emotionsdreiklang“ A) Der Auslöser: „Bedrohung der sozialen Identität durch eine akute oder auch mögliche negative Bewertung“ Beispiel: Sie und ein Kundenpärchen haben gemeinsam einen Termin zum Abschlussgespräch. Da Ihre Kunden an unterschiedlichen Standorten arbeiten und Sie sich alle drei direkt nach der Arbeit verabreden, kommen die beiden mit unterschiedlichen Autos. Nehmen wir für dieses Beispiel an, dass die Frau pünktlich ist und der Mann sich mehr als 30 Minuten verspätet. Nun könnte es sein, dass zum einen der Mann Verlegenheit zeigt, wenn er sich bei seinem Eintreffen entschuldigt. Zum ande-

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Abb. 12.20  Gesichtsausdruck: neutral versus Verlegenheit. (Quelle: Eilert, Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020)

ren könnte auch die Frau verlegen sein, wenn Sie sie im Vorfeld darauf ansprechen, wo ihr Mann denn bleibt, da ihr das vermutlich unangenehm ist. B) Die Funktion: „Barriere gegen Regelverstöße, Beschwichtigung“ C) Das Bedürfnis: „Bescheidenheit“ Die Primäremotion Verlegenheit erkennen Sie an folgenden Bewegungen in der Mimik Ihres Kunden Die Mundwinkel werden angehoben und die Lippen werden dabei gepresst. Zusätzlich wird ein Lächeln unterdrückt und der Blick wird dabei meistens nach links unten gerichtet. Außerdem wird der Kopf zur Brust gesenkt und häufig nach links abgewendet. Verlegenheit ist eine primäre Emotion, welche multimodal auftritt und somit in mindestens zwei nonverbalen Beobachtungskanälen [1] (Tab. 12.13). Was Sie noch über die Emotion wissen sollten • Forscher haben herausgefunden, dass Frauen mehr dazu neigen, Verlegenheit zu zeigen als Männer. • Im Alltag können die Menschen Verlegenheit und Scham schwer auseinanderhalten. Allerdings gibt es fünf wichtige Punkte, die sich als Unterscheidungsmerkmale heranziehen lassen: 1. Bei der Emotion Verlegenheit geht es im Wesentlichen mehr darum, dass ein falsches Verhalten im Mittelpunkt steht, Sie also verlegen sind, weil Sie etwas falsch

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Tab. 12.13  Nonverbale Merkmale von Verlegenheit (Quelle: Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020) Ergänzende nonverbale Merkmale Mimik: Man beißt sich auf die Lippen. Verlegenheit unterscheidet sich dabei durch „zwei sehr wichtige Kriterien von einem zum Beispiel amüsierten Lächeln: a) die Augen lachen nicht mit und b) der Blick wird vor dem Höhepunkt des Lächelns abgewendet [1] Gestik: Bei der Gestik herrschen Selbst-Berührungsgesten vor. Ebenso wie bei Scham ist auch hier das sogenannte Face-Cover typisch, bei dem mindestens die Augen verdeckt werden. Außerdem können die Schultern hochgezogen werden. Körperhaltung: Verlegenheit löst immer eine Vermeidungsmotivation aus. Umgangssprachlich sagt man auch, dass man sich verstecken will. Zusätzlich ist die Körpermitte eher geschlossen und die Körperhaltung ist meistens gebeugt sowie angespannt. Psychophysiologie: Man errötet. Stimme: Die Stimme wird leiser und der Tonfall wird weicher. Es tauchen mehr Sprechverzögerungen und Sprechfehler auf, wobei eine verlegene Person insgesamt eher wenig spricht, daher sind die Zeichen in der Mimik und Körpersprache entscheidender. Interpersonelles Der Blick wird generell abgewendet und ein Blickkontakt wird vermieden. Bewegungsverhal- Ebenso dreht sich der gesamte Körper eher weg. ten:

gemacht haben. Bei der Emotion Scham dagegen bewerten Sie sich selbst negativ, Sie schämen sich also für Ihre Person. 2. Verlegenheit tritt zudem bei eher lapidaren Fehlern auf, zum Beispiel, wenn Sie in einem Restaurant nach einem guten Essen aus Versehen rülpsen. Scham hingegen wird durch gröbere Verstöße gegen die Norm oder allgemein geltende Standards ausgelöst, zum Beispiel, wenn Sie die Erwartungen einer geliebten Person enttäuschen oder aber beim Fälschen von Zeugnisdaten erwischt werden. 3. Verlegen sind wir in der Regel nur, wenn andere Personen anwesend sind. Schämen können wir uns allerdings auch alleine. 4. Scham lässt uns zurück in die Vergangenheit blicken, während Verlegenheit aus dem jetzigen Moment heraus motiviert ist. Das heißt, Sie fühlen sich in einer Situation genau zu einem gewissen Zeitpunkt verlegen (Bsp. Rülpsen), schämen sich aber für ein Verhalten, das auch länger zurückliegen kann. 5. Verlegenheit wird insgesamt längst nicht so intensiv empfunden wie Scham. Als mögliche Resonanzaussagen oder Fragen können Sie für Verlegenheit entweder die gleichen verwenden wie für Scham. Oder Sie überspielen eine Situation ganz bewusst oder machen einen kleinen Scherz daraus, wie im Beispiel Rülpsen, damit Ihr Kunde nicht mehr verlegen sein muss. Was auch immer der Auslöser der Emotion ist, Ihr Kunde ist vermutlich unangenehm berührt, daher sollten Sie ihm empathisch angemessen aus der

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Patsche helfen. Anders als bei der Emotion Scham ist sein Empfinden hier jedoch weniger bedeutungsschwer, sodass die Situation für alle Beteiligten insgesamt leichter wirkt. Wenn Sie sie dementsprechend locker auflösen, regulieren Sie damit ebenfalls das limbische System und nehmen so Ihrem Kunden die Angespanntheit. Praxistipps für Angebotsabgaben

Sollte Ihr Kunde an einem Termin nicht interessiert und Sie dadurch gezwungen sein, ein Angebot nicht persönlich besprechen zu können, dann empfehle ich Ihnen hier, völlig anders zu handeln als es Ihr Kunde erwartet und vor allem auch ganz entgegengesetzt zu dem, was Ihr regionaler Wettbewerber tut. Warum das so wichtig ist, ist einfach zu erklären: „Ein Angebot kann nie für sich alleine sprechen!“ Es bedarf immer Ihrer Erklärung. Sie müssen deshalb in diesem Kontext versuchen, dass Sie zumindest der Letzte sind, mit dem sich der Kunde über Ihr Angebot austauscht  – und das im besten Fall in einem persönlichen Termin, damit Sie Ihren Kunden sehen und auch ALLE seine möglichen Einwände identifizieren können, um sie zu beseitigen. Ich rate Ihnen daher davon ab, Angebote digital per E-Mail oder auch auf dem klassischen Postweg zu versenden und empfehle Ihnen, sich die Mühe zu machen, zu Ihrem Kunden hinzufahren und einen kleinen Kinderschuh dabei zu haben, in den Sie Ihr Angebot in einer Rolle zusammen mit einem kleinen Memo hineinlegen. Diesen Kinderschuh platzieren Sie nach Möglichkeit vor der Haustür und fahren danach umgehend wieder weiter. Sie fahren aus dem Grund, weil Sie keinen Termin haben und eventuell, wenn Sie klingeln, als sehr aufdringlich oder erdrückend wahrgenommen werden könnten. Die Methode, die ich Ihnen hier schildere, ist anders als alles, was Ihr Kunde bis dahin von Ihnen kannte und vermutlich auch völlig ungewöhnlich im Vergleich zum regionalen Markt. Sie ist eine hohe Form der Wertschätzung, die Sie Ihrem Kunden gegenüber zum Ausdruck bringen und mit der Sie zusätzlich ein hohes Maß an Interesse an Ihrem Kunden sowie an der gemeinsamen Umsetzung eines Vorhabens zeigen. Auf das Memo könnten Sie zum Beispiel folgenden Text schreiben: „Liebe Frau und lieber Herr Meier, wie bekomme ich einen Fuß in Ihre Tür (Zwinkersmiley)?“. Schreiben Sie dazu ruhig Ihre Handynummer auf, um für Ihren Kunden dann auch schnellstmöglich erreichbar zu sein, damit Sie über Ihr Angebot sprechen können. In der Praxis haben schon viele Verkäufer aus meinen Seminaren diese Idee adaptiert und erfolgreich umgesetzt. Erfolgreich umgesetzt heißt in dem Fall, dass aufgrund dieser Aktion zusätzliche Aufträge generiert werden konnten. Ein angenehmer Nebeneffekt an solchen neuen Vorgehensweisen ist, dass Ihr Kunde mit Freunden, Bekannten, Arbeitskollegen und vielleicht auch Familienmitgliedern über diese Aktion sprechen und die Besonderheit dessen erkennen wird. Dementsprechend wertgeschätzt wird er sich fühlen und Sie erreichen somit in jedem Fall, dass er sich bei Ihnen meldet, sobald er dieses Angebot erhalten hat. Achten Sie bitte darauf, wenn Sie solch einen Kinderschuh mit einer Papierrolle und einem Memo vor der Haustür Ihres Kunden platzieren, dass es eventuell regnen könnte und der Schuh im besten Fall geschützt stehen sollte, zum Beispiel unter einem Vordach. Sollte das nicht möglich sein und das Wetter einen eher unbeständigen

Verkaufsmoment vier: Die Angebotspräsentation

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Eindruck machen, dann verschieben Sie Ihre Aktion auf einen trockenen Tag. Denn es wäre mehr als schade, wenn diese besondere Maßnahme sprichwörtlich ins Wasser fällt. Alternativ könnten Sie das Angebot auch unter einen Carport stellen, aber nur, sofern dieses Carport nicht durch einen weiteren Zaun abgetrennt ist (Abb. 12.21). Wenn Sie die Zeit nicht investieren möchten, dann kann ich das gut nachvollziehen, allerdings heben Sie sich dadurch auch nicht von Ihrem Wettbewerb ab. Sollten Sie dennoch zum Beispiel aufgrund der Entfernung ein Angebot oder eine Investitionsplanung per Post versenden müssen, so empfehle ich Ihnen, dem Anschreiben ein gutes Stück Schokolade beizulegen, ebenfalls mit einem kleinen Memo beklebt, auf dem stehen könnte: „Wie darf ich Ihnen Ihre Investitionsplanung versüßen?“. Es ist wichtig, dass Sie sich von der Masse Ihrer Wettbewerber in irgendeiner Hinsicht abgrenzen und Sie gegenüber Ihrem Kunden Wertschätzung und Interesse bekunden und ihm durch solche Aktionen zeigen, dass Sie anders sind als der Standard. Dadurch machen Sie sich bei Ihrem Kunden interessant und haben so verstärkt die Chance, dass Sie entweder der Letzte oder einer der Letzten sind, mit denen Ihr Kunde über die möglichen Investitionen spricht. Sie müssen lediglich versuchen, in einem abschließenden Gespräch alle Einwände zu erkennen und zu lösen, um einen erfolgreichen Verkaufsabschluss mit Ihrem Kunden zu gewährleisten. ◄ Abb. 12.21  Quelle: Sales Emotion® Praxisbilder

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12  Die fünf wichtigsten Verkaufsmomente unter Berücksichtigung der …

Der Verkaufsmoment fünf: Der Abschluss Es gibt an dieser Stelle nur sechs Möglichkeiten, warum der Kunde das Angebot jetzt nicht direkt unterschreibt. Für alle dieser sechs Möglichkeiten habe ich verschiedene Werkzeuge ausgearbeitet, die mehrere 1000 Klienten und Teilnehmer von mir bereits erfolgreich in der Praxis umsetzen (dieses Buch schreibe ich nach mehr als 20 Jahren eigenen Erfahrungen im Vertriebs- und Verkaufswesen und nach acht Jahren als Trainer und Berater). Die Frage bei allem was Sie tun, ist immer, welche meiner empfohlenen Methoden am besten zu Ihnen passen, damit Sie sich bei der Verwendung dieser Werkzeuge auch maximal wohlfühlen und sich nicht verstellen müssen. Alles andere bemerkt Ihr Kunde, denn Sie wirken nicht mehr authentisch und er oder sie bekommt ein schlechtes Bauchgefühl. Nutzen Sie daher bitte ausschließlich die Tools, die Ihnen selbst zusagen, damit Sie auch das bestmögliche Ergebnis erreichen können. Im allerbesten Fall spezifizieren Sie meine Ideen für sich persönlich und bringen alles in Ihren allgemeinen Sprachgebrauch. Die erste der sechs Möglichkeiten, warum der Kunde jetzt nicht bei Ihnen kaufen sollte, ist der Nasenfaktor. Die zweite Rolle spielt der Preis. Bei ihm müssen Sie herausfinden, ob er als ein Einwand oder ein Vorwand herangezogen wird. Denn in der Bedarfsanalyse haben Sie eigentlich das Budget mit Ihrem Kunden besprochen und einen sogenannten „Vorabschluss“ mit ihm gemacht. Daher ist es unwahrscheinlich, dass es am Preis liegt. Aus den Studien am Anfang wissen wir auch, dass die Bedeutung des Preises eine untergeordnete Rolle spielt, sofern sich der Kunde mit seinem Verkäufer wohlfühlt und das Gefühl hat, dass er verstanden wird. Allerdings hört man in der Praxis häufig Aussagen wie: „Ist ja doch ein ganz schöner Schluck aus der Kanne.“ Vor solchen Floskeln der Kunden ist man natürlich nie sicher. Auch die dritte Möglichkeit, warum der Kunde jetzt Nein sagen könnte, steht in Verbindung zum Preis, denn es wäre denkbar, dass er sagt: „Ich würde da gerne eine Nacht drüber schlafen, das mache ich bei solchen preisintensiven Entscheidungen immer.“ Der vierte Grund, warum der Kunde nicht unterschreibt, ist entweder, dass er Angst hat, bei Ihnen zu viel zu bezahlen oder dass er es noch anstrebt, Vergleichsangebote von Ihren regionalen oder überregionalen Marktbegleitern erstellen zu lassen. Die fünfte Option ist, dass Ihr Kunde einfach ein Typ sein kann, der gerne über Preise verhandelt. Auch für diesen Typen habe ich eine emotional intelligente Gesprächsführung erarbeitet, die Ihnen dabei hilft, ihn zu überzeugen, den von Ihnen gemachten Preis zu investieren, sofern dieser ehrlich und fair von Ihnen kalkuliert worden ist. Beachten Sie dabei immer den Budgetrahmen des Kunden. Empfinden Sie selbst den Preis als zu hoch, weil er es aufgrund einer absurden Kalkulation auch ist, so spürt Ihr Kunde, dass irgendetwas nicht stimmt, kann es allerdings nicht bewusst einordnen. Aufgrund dessen verschlechtert sich jedoch sein Bauchgefühl. Aus der Erfahrung heraus empfehle ich Ihnen, folgenden Fehler nicht zu begehen: Wenn Sie dem Kunden in der Angebotspräsentation den Preis zeigen, dann sollte er keinesfalls überrascht sein, es sei denn es ist ein Preis, der niedriger ist als Sie in der Bedarfsanalyse gemeinsam mit dem Kunden vereinbart haben.

Der Verkaufsmoment fünf: Der Abschluss

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Nur so können Sie sicherstellen, dass die Emotion Freude in der Mimik Ihres Kunden auftaucht. Außerdem ist es ratsam, im Budget zu bleiben, weil Sie sonst eventuell die Emotion Trauer bei Ihrem Kunden auslösen könnten. Trauer kann natürlich auch als ein Kaufsignal gesehen werden, wenn der Kunde das Produkt bereits gedanklich bei Ihnen erworben hat. Sollte er sich allerdings das Produkt zu dem höheren Preis nicht leisten können, dann verliert er in dem Fall etwas für ihn sehr Wertvolles. Da er diesen Preis womöglich nicht erwartet hat, besteht außerdem die Gefahr, dass er eventuell Verachtung zeigt, weil er Ihr Handeln als unmoralisch empfindet. Verachtung ist immer ein starkes Warnsignal im gesamten Verkaufsprozess, denn Ihr Kunde verdeutlicht damit, dass er sich gegebenenfalls über den Tisch gezogen fühlen könnte, weil er denkt, dass der Preis viel zu hoch sei. Auch die Emotion Ärger kann an dieser Stelle ein absolutes Killersignal werden, denn das Ziel, das der Kunde vor Augen hatte, nämlich dieses Produkt zu besitzen, kann er nun nicht mehr erreichen. Daher ist es zwingend erforderlich, während der Bedarfsanalyse über das Budget zu sprechen und im Budget zu bleiben, damit der Kunde nicht unangenehm überrascht wird. Sollte in der Bedarfsanalyse herauskommen, dass Ihr Produkt nicht zu den preislichen Vorstellungen Ihres Kunden passt, so sagen Sie Ihrem Kunden das und empfehlen eventuell einen Marktbegleiter oder einen Netzwerkpartner, der den Wunsch erfüllen kann. Alternativ könnten Sie den Preis reduzieren oder ein preisattraktiveres Produkt vorschlagen, welches Sie in Ihrem Portfolio besitzen. Haben Sie jedoch keine Alternative, so machen Sie das dem Kunden empathisch und nett deutlich. Der Kunde hat ein Budget im Kopf und somit auch auf der Bank und Sie werden ihn nicht bekehren können. Akzeptieren Sie das und gehen Sie im Verkaufsprozess nicht mit ihm weiter, wenn Sie preislich nicht zusammenkommen können. Die sechste und auch letzte Möglichkeit betrifft Kunden, die einfach keine Kaufentscheidung treffen können. Bei diesen Kunden ist es Ihre Aufgabe, ihnen bei der Entscheidungsfindung zu helfen, ohne dabei Druck auszuüben. Kommen wir nun zu den sechs unterschiedlichen Möglichkeiten im Detail: Der Nasenfaktor passt doch nicht: Gehen wir hier von dem Beispiel aus, dass Sie dem Kunden das Angebot präsentiert haben und er alles abgenickt hat. Nachdem Sie ihm den Kugelschreiber hingelegt haben, sieht Sie der Mann jedoch an und zeigt Verachtung, Ekel oder Ärger. Nun können Sie davon ausgehen, dass irgendetwas nicht stimmt für ihn. Was das ist, müssen Sie mit einer emotional intelligenten Frage oder Resonanzaussage herausfinden. Die Frage dabei ist aber, ob dieser Ekel, die Verachtung oder auch der Ärger gegen Sie persönlich gerichtet ist oder gegen etwas anderes. Um auszuschließen oder herauszufinden, ob es um Sie persönlich als Berater geht, empfehle ich Ihnen folgende Frage: „Herr Meier, kann es sein, dass Sie das Angebot nicht unterschreiben möchten, weil Sie mich eventuell nicht leiden können? Das wäre auf gar keinen Fall schlimm Herr Meier, denn mir ist nur wichtig, dass Sie hier glücklich hinausgehen und Ihren Wunsch umgesetzt wissen. Deswegen frage ich Sie: Soll ich lieber einen Kollegen holen, der mit Ihnen alles Weitere bespricht?“ Wenn Ihr Kunde dann bestätigt, dass es an Ihnen liegt, dann müssen Sie das anerkennen und sich sofort als Verkäufer oder Berater austauschen, um den Verkaufserfolg für das Unternehmen nicht zu gefährden. Sollte er hingegen sagen, dass das

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12  Die fünf wichtigsten Verkaufsmomente unter Berücksichtigung der …

absoluter Quatsch ist und dass es überhaupt nicht an Ihnen persönlich liegt, er jedoch keine Erklärung dafür liefert, warum er nicht unterschreibt, dann empfehle ich Ihnen da­ raufhin folgende beispielhafte Frage, bezogen auf die eventuell drei vorher ausgelösten Emotionen Verachtung, Ekel oder Ärger: „Herr Meier, gibt es denn etwas anderes, was Sie stört oder womit Sie nicht einverstanden sind, weswegen Sie das Angebot nicht unterschreiben möchten?“ Entweder sagt er Ihnen nun ehrlich woran es liegt und Sie können den Einwand behandeln oder es ist vielleicht auch nur eine Kleinigkeit, die er falsch ­verstanden hat. Vielleicht haben Sie für ihn persönlich zu viel Druck gemacht oder dergleichen, worüber Sie dann in jedem Fall mit ihm sprechen sollten, denn das liegt nicht in Ihrem Interesse. Der Kunde darf und soll bei Ihnen alles selbst entscheiden, denn Ihre Aufgabe ist es, dem Kunden dabei zu helfen, die richtigen Entscheidungen zu treffen und das können Sie ihm in diesem Kontext auch genau so sagen. Wichtig ist, dass Sie es ehrlich meinen, um so authentisch wie nur möglich bei dieser Aussage herüberzukommen. Denn wenn Sie Ihrem Kunden etwas vormachen, wird er es auch als gespielt wahrnehmen und dadurch verschlechtert sich natürlich Ihre Verkaufschance. Falls es allerdings nicht der Nasenfaktor ist, könnte Ihr Kunde auch sagen, dass er immer eine Nacht über solche Entscheidungen schläft. Der „Ich muss immer eine Nacht darüber schlafen“-Typ: Gehen wir für diesen Typen ganz kurz zurück zum Kapitel der Erwartungen. Wenn Ihr Kunde von seinen Eltern gelehrt bekommen hat, über hohe finanzielle Investitionen eine Nacht darüber zu schlafen, dann hat er diese Faustregel eventuell für sein Leben adaptiert und verhält sich nun nach diesem eigenen konstruierten Glaubenssatz. In solch einem Fall müssen Sie dieses Prinzip zwingend akzeptieren und keinen zusätzlichen Druck machen wie es viele andere „Hardseller“ tun würden. Denn dieser absolut unnötige Druck könnte im schlimmsten Fall das Gegenteil bewirken, nämlich, dass sich das Bauchgefühl des Kunden verschlechtert und er immer weiter von der Kaufentscheidung bei Ihnen abrückt. Bringen Sie Ihrem Kunden stattdessen Verständnis entgegen und zeigen Sie ihm, dass Sie seinen Grundsatz respektieren. Nehmen Sie seinen Entschluss, eine Nacht darüber schlafen zu wollen, an. Vielleicht sind Sie ja auch selbst ein Typ, der gern über wichtige Entscheidungen schläft, dann erzählen Sie dem Kunden von Ihrer Gemeinsamkeit, denn Gemeinsamkeiten schaffen Vertrauen. Außerdem können Sie seine Schlafregel auch positiv nutzen. Denn Sie können mit ihm für die Tage danach, nachdem er seine Bedenkzeit bekommen hat, einen verbindlichen Terminausmachen, wann Sie wieder miteinander sprechen, wer wen wann anruft oder wer wen wann besucht. Haben Sie diese Verbindlichkeit vorher nicht geschaffen, könnte es eventuell als unhöflich oder drängend aufgefasst werden, wenn Sie einen oder zwei Tage später nach der Angebotspräsentation ungefragt und unangekündigt bei dem Kunden vor der Tür stehen oder anrufen. Beides sind Eingriffe in die Privatsphäre Ihres Kunden und diese müssen Sie respektieren und akzeptieren. Heutzutage hat keiner mehr auf Verkäufer Lust, die ständig anrufen und nach der Erfüllung des Angebots oder der Investitionsplanung förmlich betteln. Seien Sie deshalb emotional intelligent und besprechen Sie mit dem Kunden einen Termin, um diese vorher beschriebene und eher unangenehm wirkende Situation ausschließen zu können. Verwenden Sie dafür vielleicht das „Eine-Nacht-drüber-­

Der Verkaufsmoment fünf: Der Abschluss

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schlafen-Kissen“, das Sie in der Abb. 12.22 sehen. Auch dieses Kissen nutzen viele meiner Klienten und Seminarteilnehmer erfolgreich im Verkaufsprozess. Denn der Lacher, das garantiere ich Ihnen, ist auf jeden Fall da. Ich bin mir sicher, dass Ihr Kunde noch nie ein Kissen mit so einem Schriftzug darauf in der Hand hatte. Kündigen Sie dieses Kissen deshalb bitte nicht an und gehen Sie wie folgt vor. Sie könnten sagen: „Lieber Herr Meier, ich hole schnell ein Kuvert für Ihre Investitionsplanung und bin gleich wieder zurück bei Ihnen.“ Anschließend bringen Sie zusätzlich zum Kuvert auch das Kissen mit, das Sie Ihrem Kunden spontan überreichen. Dabei könnten Sie folgendes sagen: „Herr Meier, aus Erfahrung wissen wir, dass es viele Menschen gibt, die über so hohe Investitionen schlafen möchten und das akzeptieren wir selbstverständlich. Darum haben wir für solche Fälle das „Eine-Nacht-drüber-schlafen-Kissen“, das ich Ihnen gerne mit nach Hause geben möchte. Natürlich dürfen Sie es im Anschluss auch behalten.“ Vermutlich wird Ihr Kunde jetzt die Emotion Überraschung zeigen und die Frage ist: Welche Emotion folgt danach? Die Wahrscheinlichkeit ist enorm hoch, dass Sie weder Angst noch Ärger sehen, sondern wahre Freude, welche am Abschluss Ihres Kontaktes genau zum richtigen Zeitpunkt kommt, um positiv in Erinnerung zu bleiben. Sie haben also mit der Tafel den ersten perfekten Kontakt geschaffen und erreichen nun mit der Emotion Freude die perfekte Verabschiedung. Besprechen Sie im Anschluss sofort eine Verbindlichkeit wie zum Beispiel: „Herr Meier, ist es für Sie in Ordnung, wenn ich Sie morgen gegen 18:00 Uhr noch einmal anrufe, falls noch Fragen zu Ihrer Investitionsplanung aufgetaucht sind?“ In der Regel wird der Kunde einverstanden sein, dass Sie sich erneut bei ihm melden. Sollte er die Frage jedoch verneinen, so bitten Sie ihn um einen verbindlichen Termin, zu dem er Sie anruft und sagen im Anschluss: „Und sollte unser Telefonat aus irgendeinem Grund untergehen, lieber Herr Meier, dann würde ich mich einfach von meiner Seite aus noch einmal bei Ihnen in Erinnerung bringen.“ Dabei gucken Sie wieder freundlich und nicken einfach, während Sie den Kunden verabschieden.

Abb. 12.22 Das Eine-Nacht-Drüber-Schlafen-Müssen-Kissen. (Quelle Sales Emotion® Praxisbilder)

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Der „Angst über den Tisch gezogen zu werden“-Typ: Nachdem Sie Ihrem Kunden das Angebot präsentiert und ihm den Kugelschreiber dazugelegt haben, Sie ihn freundlich angucken und dabei nicken, zeigt er plötzlich die Emotion Angst. Ihre Aufgabe ist es nun, herauszufinden, woher diese Angst resultiert. Hat er eventuell Angst, einen zu hohen Preis zu bezahlen oder möchte er sich noch nicht festlegen, weil er noch auf Angebote von Ihren Marktbegleitern wartet? Wir können hier erst einmal nur interpretieren und wissen nicht mit Sicherheit, was diese Emotion ausgelöst hat. Darum sollten Sie diese Emotion in jedem Fall durch eine einfühlsame Frage ansprechen. Beispielsweise könnten Sie mit folgenden Worten versuchen, ihm die Angst zu nehmen: „Liebe Frau Meier oder lieber Herr Meier, ich habe das Gefühl, dass Sie noch irgendetwas besorgt. Habe ich Ihnen eigentlich schon von unserer Bestpreisgarantie erzählt? Bei der Bestpreisgarantie geht es darum, dass Sie noch insgesamt 14 Tage Zeit haben, sich weitere Vergleichsangebote einzuholen. Und sollte irgendein Angebot mit einem identischen Leistungsumfang günstiger sein als wir, so bekommen Sie auf diesen Preis noch mal zusätzlich 10 % Rabatt. Denn wir wissen, dass wir faire Preise haben und das bestätigen wir Ihnen mit dieser Preisgarantie.“ Wenn Sie Ihrem Kunden eine Bestpreisgarantie geben, dann müssen Sie immer diesen Satz dabei verwenden, sowohl mündlich als auch schriftlich im Vertrag: „Ihnen liegt ein günstigeres Angebot eines Marktbegleiters mit identischem Leistungsumfang vor? Dann erhalten Sie bei uns bis zu 14 Tage nach der Vertragsunterzeichnung 10 % Nachlass zusätzlich auf Ihren Auftrag. So erhalten Sie garantiert maximale Qualität zum optimalen Preis.“ Wenn Sie das auf diese Weise formulieren, ist die Wahrscheinlichkeit verschwindend gering, dass Ihr Angebot so verglichen werden kann. Denn bei identischem Leistungsumfang müsste jeder einzelne Millimeter, jede einzelne spezifische Dienstleistung, jede Farbe oder auch jede Ausstattung des Angebots komplett identisch sein und das ist nahezu unmöglich. Durch dieses Vorgehen bekommen Sie also entweder die Chance darauf, den Auftrag jetzt doch noch abzuschließen oder Sie schaffen es, wenn Ihr Kunde ein günstigeres Angebot eines Marktbegleiters erhält, dass er zum Schluss doch noch zu Ihnen kommt und Sie das Angebot des Marktbegleiters mit dem Ihrer Investitionsplanung vergleichen können. Dabei könnten Sie auf eventuelle Äpfel- und Birnen-Problematiken hinweisen. Denn häufig ist es so, dass Kunden in Bezug auf Vergleichsangebote gerne Äpfel mit Birnen vergleichen, aber nicht Äpfel mit Äpfeln. Auch hier sorgen Sie vor und helfen dem Kunden dabei, die für ihn richtige Entscheidung zu treffen. Eventuell ist sein Sicherheitsbedürfnis jetzt wieder voll und ganz befriedigt, er fordert die Bestpreisgarantie ein und unterschreibt Ihnen den Auftrag. Der „Preis ist auf einmal doch zu hoch“-Typ: Für dieses Beispiel gehen wir davon aus, dass der Kunde Ihnen jetzt sagt: „Um ganz ehrlich zu sein, das ist doch ein ordentlicher Schluck aus der Kanne und mir ehrlich gesagt auch zu teuer.“ Die Frage ist nun, ob er dies als Einwand oder als Vorwand meint. Um das herauszufinden, können Sie ihm ebenfalls die Bestpreisgarantie anbieten. Und wenn ihm der Preis dann trotzdem noch zu hoch ist, dann stellen Sie ihm gerne die Frage: „Herr Meier, wir können ja offen sprechen, was ich übrigens sehr schätze. Deshalb möchte ich Sie gerne fragen, was ich eventuell falsch gemacht habe, denn wir haben ja über Ihr Budget gesprochen und ich bin absolut im Budget geblie-

Der Verkaufsmoment fünf: Der Abschluss

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ben. Was also kann ich tun, damit Sie die Investition als angemessen empfinden?“ In der Verkaufsbranche hält sich gern der Spruch, dass man erst dann verkauft, wenn der Kunde Nein sagt. Allerdings halte ich persönlich wenig von solchen Hardselling-­Floskeln und empfehle Ihnen folgendes Vorgehen. Fragen Sie Ihren Kunden zum Beispiel: • • • • • • • •

inwieweit sich sein Budget verändert hat und ob Sie die Planung anpassen dürfen ob sich vielleicht seine persönliche finanzielle Situation verändert hat was er aktuell bereit ist, für diesen Wunsch zu investieren warum Sie darüber nicht schon bei der Budgetbesprechung ehrlich miteinander gesprochen haben ob Sie den Nutzen des Produktes noch einmal erneut erklären dürfen (wenn ja, beachten Sie wieder die richtigen Motivfelder Ihres Kunden) ob er andere preislich attraktivere oder ähnliche Produkte für einen Vergleich herangezogen hat ob er eventuell noch auf ein Angebot wartet was ihn daran hindert, jetzt zu unterschreiben

Nun müssen Sie eine Antwort von Ihrem Kunden erhalten, damit es im Verkaufsprozess weiter vorangeht. Wenn Ihr Kunde denkt, dass der Preis, den er bei Ihnen zahlen soll, zu hoch ist, dann muss er ihn mit irgendetwas verglichen haben und Sie sollten unbedingt herausfinden, was das ist. Entweder bekommen Sie die möglichen Einwände jetzt noch einmal erklärt, worauf Sie dann eingehen können, um den Verkaufsabschluss doch noch positiv zu gestalten. Oder aber Sie müssen jetzt mit Ihrem Kunden verhandeln, weil es einfach in ihrem Kunden drin steckt zu verhandeln. Wenn ihr Kunde beispielsweise erzählt, dass er bei einem Marktbegleiter war, der mehrere oder auch Tausende Euros Nachlass nach dem Angebotspreis gab, dann sollten Sie Ihn auch einmal fragen, was der Marktbegleiter getan hätte, wenn man zu dem Preis der zuerst genannt worden ist unterschrieben hätte. Wenn der Kunde jetzt ehrlich ist, wird er sagen, dass der Marktbegleiter ihre Kunden preislich gesehen über den Tisch gezogen hätte. Denn die Wahrscheinlichkeit ist sehr gering, dass der Marktbegleiter nachdem der Kunde unterschrieben hat anruft und sagt: „entschuldigen Sie bitte vielmals, ich habe mich bei ihrem Angebot verrechnet, es ist viel zu hoch und wir müssen den Preis nach unten anpassen“. Solche Preisnachlässe sind heutzutage einfach vollkommen unrealistisch und auch wenig vertrauenserweckend. Der „Ich muss immer verhandeln“-Typ: Im Idealfall haben Sie bei der Angebotspräsentation bereits versucht, durch die möglichen Skonto-Modelle, aus denen Ihr Kunde wählen konnte, automatisch zum Abschluss zu kommen. Dabei haben Sie optimalerweise folgendes formuliert: „Lieber Herr Meier, wissen Sie was das Allerbeste ist? Über Rabatte müssen wir uns gar nicht unterhalten, denn Sie können sich Ihren Preisnachlass selbst aussuchen, je nachdem welches Skontomodell Sie bevorzugen.“ Wenn Ihr Kunde dann immer noch sagt „Na ja, aber an dem Preis wird doch sicherlich noch was gehen, oder?“, dann müssen Sie auf diese Frage natürlich intelligent reagieren. Stellen Sie daher folgende Gegenfrage: „Herr Meier, wir sprechen die ganze Zeit über schon sehr offen miteinander und ich begrüße das sehr. Darum möchte ich Sie nun gern fragen, ob Sie sich von mir nicht absolut getäuscht vorkommen wür-

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12  Die fünf wichtigsten Verkaufsmomente unter Berücksichtigung der …

den, wenn ich jetzt noch mehrere 100 oder 1000 € vom Preis heruntergehen würde? Denn seien wir hier ehrlich zueinander: Wenn ich Ihnen jetzt 1000 € Nachlass geben könnte und das auch mache, dann ist die Frage, was gewesen wäre, wenn Sie den Auftrag sofort unterschrieben hätten? Dann hätte ich Sie doch vermutlich mit dem Preis in die Irre geführt, oder? Ich habe von Beginn an fair und offen gerechnet (Sie waren ja dabei – sofern der Kunde bei der Planung dabei war).“ Manchmal muss man Kunden einfach auf völlig absurde Preisvorstellungen hinweisen. Denn wenn Ihr Kunde bei einem Marktbegleiter ist und dieser nach einer Angebotspräsentation noch einmal mehrere 100 oder 1000 € vom Investitionspreis heruntergeht, dann ist das einfach unseriös. Sie könnten hier deshalb auch ehrlicherweise entgegnen: „Herr Meier, wenn Sie bei mir oder auch bei anderen Firmen den ersten Preis akzeptieren und dafür unterschreiben, meinen Sie, dass irgendein Unternehmen Sie daraufhin noch mal anruft und sagt, Mensch Herr Meier, wir haben uns beim Preis völlig verrechnet, Sie haben 1000 € zu viel bezahlt. Vermutlich nicht, oder?“ Bleiben Sie also bei Ihrem Preis. Ihre Investitionsplanung ist immer den Preis wert, solange Sie ehrlich und fair kalkulieren und rechnen. Der Preis spielt, wenn der Kunde Ihnen vertraut, sowieso eine völlig untergeordnete Rolle, das wissen wir ja bereits aus den vorherigen Kapiteln. Nichtsdestotrotz könnten Sie noch hinzufügen: „Außerdem, Herr Meier, haben wir doch einen Rabatt für Sie. Den müssen Sie sich allerdings selbst aussuchen, denn ich kann Ihnen nur einen Rabatt gewähren, wenn Sie mir eine Gegenleistung erbringen. Natürlich werden Ihre Anzahlungen mit einer Bankbürgschaft abgesichert, wenn Sie das wünschen.“ Sollte Ihr Kunde jetzt immer noch nicht unterschreiben wollen, dann erkennen Sie das an und machen Sie mit ihm einen fixen Termin aus, wann Sie sich wieder melden dürfen, um über den Abschluss der Investitionsplanung zu sprechen. Vergessen Sie auf gar keinen Fall diese Verbindlichkeit herzustellen. Allerdings gibt es ja auch noch den Kunden, der sich leider immer nur schwer entscheiden kann und dabei ebenfalls Ihre Hilfe braucht. Der „Ich kann mich einfach nicht entscheiden“-Typ: Bei diesem Typen hilft Ihnen die sogenannte Benjamin-Franklin-Liste, oder auch Pro- und Contra-Liste genannt. Diese Liste habe ich Ihnen bereits vorgestellt, damit Ihr Wissen darüber nun zum Einsatz kommen kann. Den Kunden lapidar zu fragen, ob er mit Ihnen eine Pro- und Contra-Liste ­erstellen möchte, wäre ziemlich langweilig und auch ehrlich gesagt ein bisschen abgedroschen. Erzählen Sie Ihrem Kunden deshalb jetzt die Geschichte der Benjamin-Franklin-Liste, wie es dazu kam und dass es die erste geschichtliche Aufzeichnung über eine Pro- und Contra-Liste ist. Fragen Sie ihn dann, ob Sie nicht auch so eine Liste anlegen möchten mit den Gründen, die für und gegen das Produkt sprechen. Dabei werden Sie zum einen Einwände erkennen oder auch Einwände hören. Sie erfahren, was bis hierhin nicht stimmt und was Sie eventuell überhört oder vielleicht in der Mimik Ihres Kunden übersehen haben. Mit der Benjamin-Franklin-Liste können Sie also auch die letzten Zweifel Ihres Kunden besprechen und vor allem beseitigen, damit ein erfolgreicher Verkaufsabschluss in greifbare Nähe rückt. Ein Problem auf der Contra-Seite könnte zum Beispiel der Preis sein. Wenn dieser als Minuspunkt zur Sprache kommt, wird es wieder interessant, welche Emotionen Ihr Kunde dabei zeigt. Ist es die Emotion Verachtung, dann ist es eine unmoralische Handlung und somit ein unmoralischer Preis für den Kunden, also müssen Sie Akzeptanz dafür schaffen. Erklären Sie beispielsweise erneut persönlichkeitsgerecht die Eigenschaften, die das Pro-

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dukt erfüllt und stellen Sie diese den Wünschen gegenüber, die der Kunde hat. Wenn Ihr Produkt den Vorteil hat, dass es den Alltag verschönert, erleichtert oder auch kreativer gestaltet, so werfen Sie diese Information zusätzlich ein, um dem Kunden den Preis verständlich zu machen. Eine weitere Möglichkeit ist, wenn der Preis auf der Contra-Seite steht, dass Sie bei Ihrem Kunden moralischen Ekel (psychischen Ekel) sehen. Auch hier ist davon auszugehen, dass der Preis und die eventuelle Höhe gegen seine Moralvorstellungen verstoßen. Deshalb müssen Sie ihm hier ebenfalls helfen, den Preis zu verstehen, damit ein Verkaufsabschluss gelingt. Es ist natürlich klar, dass Sie den Kaufabschluss machen möchten, allerdings steht für Ihren Kunden im Vordergrund, dass er sich den Wunsch erfüllen möchte, weil irgendeine Emotion und irgendein Bedürfnis durch dieses Produkt befriedigt werden sollen. Erklären Sie Ihrem Kunden deshalb einfach erneut, welche Bedürfnisse und auch Emotionen durch das Produkt gedeckt werden. Seien Sie ein Aspirin®-Verkäufer: Machen Sie Kopfschmerzen und seien Sie mit Ihren Lösungen die Tablette, die die Kopfschmerzen lindert. Oftmals muss der Kunde einfach nur noch mal zusätzlich hören und bestätigt bekommen, dass es okay ist, wenn er sich ein solches Produkt leistet. Die Benjamin-Franklin-Liste zeigt dem Kunden dabei deutlich auf, dass die Vorteile überwiegen. Wenn Ihr Produkt und eine eventuelle Montage beispielsweise Schmutz verursachen und der Kunde solche Einwände auf die Contra-Seite schreibt, dann nutzen Sie den Service, den Sie haben und erklären Sie ihm, dass nach einer Montage die Baustelle stets sauber verlassen wird. Denn es ist nicht zwingend davon auszugehen, dass Ihr Kunde das auch weiß. Es kann zum Beispiel sein, dass Sie entweder vergessen haben diese Information zu erzählen oder der Kunde diese Information überhört hat. Daher nutzen Sie die Benjamin-Franklin-Liste, um erfolgreich alle Vorbehalte Ihres Kunden zu beheben, damit einem erfolgreichen Verkaufsabschluss jetzt absolut nichts mehr im Wege steht. Achten Sie bei allen Contra-Punkten auf die jeweilige Emotion. Gehen Sie immer sowohl auf die unangenehmen als auch auf die angenehmen Emotionen mit einer Resonanzaussage oder einer Frage ein, also auch auf diejenigen auf der Pro-Seite. Eine positive Reaktion könnte zum Beispiel so formuliert werden: „Lieber Herr Meier, ich sehe, dass Sie sich freuen, also ist dies ein Punkt, der Ihnen sehr wichtig ist, oder?“ Bestätigen Sie dem Kunden auch die angenehmen Emotionen und bestärken Sie ihn dadurch darin, dass seine Investition in das Produkt genau die richtige Wahl ist. Im folgenden Exkurs über Schmerz gehen wir nun das letzte mimische Wunsch- oder Warnsignal im Verkaufsprozess durch. Exkurs „Das Gefühl von Schmerz beim Preis“ Links sehen Sie den neutralen Gesichtsausdruck, auf dem rechten Bild ist die Primäremotion Schmerz abgebildet. Die folgenden Beschreibungen sind alle wissenschaftlich belegt und entstammen der Mimikresonanz®-Profibox [1] (Abb. 12.23). Der Emotionsdreiklang ist bei Schmerz nicht vorhanden, denn Schmerz ist keine Emotion, sondern ein körperlicher Zustand. Schmerz erkennen Sie an folgenden Bewegungen in der Mimik Ihres Kunden Das Gefühl von Schmerz ist hauptsächlich anhand von Bewegungen in der Mimik erkennbar. Daher ist es zu empfehlen, bei Preisbesprechungen jeglicher Art stark ins Gesicht des Gesprächspartners zu sehen und dabei verstärkt auf das Gefühl von Schmerz zu achten. Zur schnelleren und auch leichteren Einprägung dieses Gesichtsausdruckes wurden die Hauptbewegungen in vier unterschiedliche Cluster zusammengefasst (Tab. 12.14):

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12  Die fünf wichtigsten Verkaufsmomente unter Berücksichtigung der …

Abb. 12.23  Gesichtsausdruck: neutral versus schmerzhaft. (Quelle: Eilert, Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020) 1. Das Zusammenziehen der Augenbrauen 2. Die Augenring-Muskelkontraktion: das Anspannen der Augenlider und/oder das Anheben der Wangenpartie 3. Die Augen werden geschlossen. 4. Die Oberlippenheber-Kontraktion tritt auf durch das Rümpfen der Nase und/oder das Hochziehen der Oberlippe.

Tab. 12.14  Nonverbale Merkmale von Schmerz (Quelle: Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020)

Ergänzende nonverbale Merkmale Mimik: Die Lippen können zusätzlich auseinandergezogen werden. Gestik: Die Beruhigungsgesten, egal in welcher Form, können zunehmen. Körperhaltung: Die Muskelanspannung in der Körperhaltung nimmt in der Regel zu. Psychophysiologie: Wenn ein starker Schmerz empfunden wird, kann man zusätzlich schwitzen oder auch weinen.

Der Verkaufsmoment fünf: Der Abschluss

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Was Sie noch über Schmerz wissen sollten • Forscher haben herausgefunden, dass Sie die vier Hauptbewegungen der Schmerz-Expression deutlich besser erkennen können, wenn Sie diese in einem Wahrnehmungstraining trainieren. Ich empfehle Ihnen daher eine Übung mit einem Spiegel. Stellen Sie sich vor den Spiegel und konzentrieren Sie sich bitte auf Ihre eigene Mimik. Versuchen Sie, Ihre Augenbrauen zusammenzuziehen, die Augenlider anzuspannen oder Ihre Wangenpartie anzuheben, schließen Sie Ihre Augen und rümpfen Sie Ihre Nase oder ziehen Sie Ihre Oberlippe hoch. Diese Kombination aus den möglichen Signalen ergibt das Gefühl von Schmerz. Alternativ könnten Sie sich auch eine Situation vorstellen, in der Sie selbst Schmerz erlebt haben, wie beispielsweise den Moment, wenn Sie sich mit Ihrem Zeh am Bettpfosten stoßen. Trainieren Sie Ihre Wahrnehmung für die Kernbewegungen von Schmerz zwingend. Denn dieses mögliche Einwandsignal sollten Sie bei Ihrem Kunden immer erkennen, um darauf einzugehen und den Schmerz zu beseitigen. • Forscher konnten außerdem feststellen, dass Preisinformationen im Gehirn im Bereich des Schmerzes verarbeitet werden. Wenn Sie daher mit Ihrem Kunden über den Preis reden, unabhängig davon an welchem Punkt in Ihrem Beratungs- oder Verkaufsgespräch Sie sich gerade befinden, und Ihr Kunde zeigt die Expressionen von Schmerz, dann ist es zwar ein mimisches Warnsignal, kann aber auch positiv gedeutet werden. Denn die Warnung besteht darin, dass Ihr Kunde den zuvor besprochenen Preis als zu hoch empfindet und sich gerade innerlich von diesem Preis distanziert. Das Positive daran ist jedoch, dass er diesen sogenannten psychologischen Schmerz nur spürt, weil er bereits eine Beziehung zu dem Produkt aufgebaut hat, denn diese Art von Schmerz entwickelt man nur bei Dingen, die einem etwas bedeuten. Im Umkehrschluss heißt das also, dass der Kunde ein Interesse daran hat, mit Ihnen zusammenzuarbeiten und das Produkt zu kaufen, denn sonst würde er diese Expression von Schmerz nicht zeigen. In der Regel möchte sich der Kunde dann einfach noch einmal besprechen und einen Preis finden, bei dem Sie sich beide gut fühlen. Denken Sie hier wieder an den Typen, der immer verhandeln muss, den ich Ihnen zuvor beschrieben habe und reagieren Sie auf eine Schmerzexpression immer mit einer Resonanzaussage oder einer aufrichtigen Frage. Gemäß dem Rumpelstilzchen-Effekt regulieren Sie auf diese Weise wirkungsvoll sein Schmerzempfinden, indem Sie den Schmerz ansprechen. Helfen Sie Ihrem Kunden also mit Ihrer Frage oder Aussage dabei, den Schmerz zu lindern. • Schmerz tritt körperlich vor allem bei einer Verletzung auf. Psychologisch wird er durch intensive Trauer, soziale Ablehnung oder auch beispielsweise durch starken Neid ausgelöst. So könnten Sie Ihren Kunden bei Schmerz in Bezug auf den Preis ansprechen • • • •

„Herr Meier, mir erscheint es so, als würden Sie den Preis als zu hoch bewerten.“ „Herr Meier, kann es eventuell sein, dass Ihnen der Preis noch nicht zusagt?“ „Herr Meier, mir kommt es so vor, als würden Sie den Preis als zu hoch ansehen.“ „Herr Meier, ich sage es am besten ganz direkt, ich habe das Gefühl, dass Ihnen der Preis zu hoch ist.“

Konstruieren Sie sich auch für Schmerzexpressionen eigene empathische Fragen oder Aussagen, die zu Ihnen persönlich passen, inhaltlich aber immer darauf abzielen, die angezeigten Emotionen oder das Gefühl anzusprechen. Gerade bei Schmerz ist es wichtig, über den Schmerz zu sprechen, damit er bestenfalls gelindert werden kann und Sie Ihren Verkaufsabschluss erfolgreich zu Ende bringen können.

Wesentlich ist, dass Sie bei der Anwendung dieser Abschlusstechniken das Angebot vorher so vorgestellt haben wie im Verkaufsmoment vier „Die Angebotspräsentation“ beschrieben, Sie auch zuvor den Verkaufsmoment drei „Die Beratung des Produkts“ e­ rfolgreich

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12  Die fünf wichtigsten Verkaufsmomente unter Berücksichtigung der …

umsetzen konnten und der Verkaufsmoment zwei „Die Bedarfsanalyse“ durchgeführt worden ist. Wenn Sie diese drei Schritte unter Berücksichtigung der Mimikresonanz®-Methodik miteinander kombinieren, dann wird sich Ihre Abschlussquote signifikant erhöhen.

Checkliste für das Lesen der Körpersprache im Vertrieb und Verkauf Für den Alltag macht es Sinn, dass Sie sich mindestens eine Checkliste erarbeiten oder auch diese hier folgende beispielhafte Checkliste verwenden. Nachdem Sie das Buch gelesen und vielleicht auch das Online-Training für die Emotions-Erkennungsfähigkeit absolviert haben, empfehle ich Ihnen, Ihre Fähigkeiten bei zum Beispiel TV-Interviews oder Talkshows zu testen und weiter zu trainieren. Zeichnen Sie Talkshows oder Fernsehinterviews auf oder nutzen Sie die diversen Mediatheken, damit Sie vor- und zurückspulen und gegebenenfalls das Video anhalten können, um Ihre Checkliste durchzugehen und zu kontrollieren. Wenn Sie einen TV-Auftritt von einem Prominenten analysieren wollen, dann sollten Sie sich vorher ein Bild von seinem nonverbalen Standardverhalten, also seiner Baseline machen. Schauen Sie sich also mehrere Videos von ihm in verschiedenen Situationen an, um zu ermitteln, was seine Baseline auszeichnet. Denn Sie erinnern sich an den Grundsatz: Ohne Baseline sind Sie blind. Das heißt ohne sie können Sie keine schlüssige Analyse der Körpersprache vornehmen. Neben der Baseline müssen Sie bei jeder gezeigten Emotion oder jedem körpersprachlichen Signal auch den Kontext des Gespräches bedenken und ob es für diesen Moment eine zu erwartende Mimik oder zu erwartende nonverbale Reaktionen gibt. Daraus können Sie dann schließen, ob sich diese Person entgegen den Erwartungen verhält oder nicht. Zusätzlich sollten Sie für sämtliche Kanäle und deren Signale jeweils beachten, zu welchem genauen Zeitpunkt sie auftreten (Tab. 12.15). Umso mehr Sie mit TV-Shows oder auch Fernseh-Interviews trainieren, umso verlässlicher wird Ihre Analyse und somit auch Ihr intuitives Handeln in Bezug auf die Emotionen Ihres Kunden. Freuen Sie sich darauf, bei Ihren Analysen, von denen nichts abhängt, Fehler zu begehen. Denn durch Fehler lernt man dazu. Beispielsweise werden in den ersten Schulklassen in Neuseeland Radiergummis aus der Federmappe entfernt, weil Fehler zu begehen nichts ist, für das man sich schämen müsste. Die Lehrer in Neuseeland sagen dann zu ihren Schützlingen, wenn sie einen Fehler machen: „Und wieder wächst dein Gehirn ein bisschen.“ Wenn Sie keine Fehler machen, können Sie sich auch nicht weiterentwickeln und ein Meister ist bisher, auch in Bezug auf Körpersprache und emotionale Intelligenz, noch nicht vom Himmel gefallen. Es gehört allerdings regelmäßiges Training dazu und auch Mut, das neuerlangte Wissen in der Praxis anzuwenden. Probieren Sie es aus und Sie werden schnell Erfolge erleben. Der häufigste Satz, den meine Teilnehmer am Ende des Verkaufsprozesses mit ihren Kunden hören ist, dass der maßgebliche Grund für deren Kaufentscheidung war, dass sie sich wirklich verstanden gefühlt haben. Denn verstehen kommt immer vor verstanden werden. Berücksichtigen Sie zusätzlich auch immer, wie Sie selbst auf Ihren Kunden wirken. ­Denken Sie an das Verkaufschamäleon, welches sich, um zu überleben, farblich zwar anpasst, sich dabei allerdings nicht verstellt und am Ende immer wieder seine Standardfarbe annimmt.

Checkliste für das Lesen der Körpersprache im Vertrieb und Verkauf

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Tab. 12.15  Checkliste für das Lesen der Körpersprache im Vertrieb und Verkauf Kanal Mimik

Veränderungen Ihre Notizen Was passiert im oberen Bereich des Gesichtes (Stirn und Augenbrauen)? Was passiert im mittleren Bereich des Gesichtes (Augen und Nase)? Was passiert im unteren Bereich des Gesichtes (Mund und Kinn)? Erhöht sich die Blinzelrate bei Ihrem Gegenüber oder nimmt sie ab? Kopf Ist der Kopf eher nach links oder nach rechts geneigt? Hat sich der Kopf nach vorne oder nach hinten bewegt? Wird der Kopf geschüttelt oder nickt Ihr Gegenüber? Gestik Welche Selbst-Berührungsgesten zeigt Ihr Gegenüber? Welche Objekt-Berührungsgesten zeigt Ihr Gegenüber? Treten redebegleitende Gesten auf und wenn ja, welche? Wird die Gestik eher mit der Gravitation ausgeführt (Pro-­Gravitation)? Wird die Gestik entgegen der Gravitation ausgeführt (Anti-­Gravitation)? Wird die Gestik super-gravitativ ausgeführt (z. B. mit den Füßen in den Boden stampfen bei Ärger)? Wirkt die Körperhaltung eher geöffnet oder geschlossen? Körperhaltung Bei der Körperhaltung Lehnt sich Ihr Gegenüber vor oder zurück? beachten Sie bitte Nimmt die Körperspannung zu oder ab? immer, zu welchem Wechselt Ihr Gegenüber häufig seine Körperposition? Zeitpunkt genau sich eine Veränderung in der Körpersprache Ihres Gegenübers zeigt. Psychophysiologie Verändert sich die Atmung Ihres Gegenübers in Form einer schnelleren Atmung? Schluckt Ihr Gegenüber vermehrt? Errötet Ihr Gegenüber eventuell? Zeigt Ihr Gegenüber Anzeichen für eine erhöhte Schweißbildung? Stimme Spricht Ihr Gegenüber schneller und/oder lauter? In welcher Form verändert sich die Tonhöhe bei Ihrem Gegenüber? Nehmen Füllwörter, Wortwiederholungen und Stottern zu oder ab? Interpersonelles Wie und auch wann verändert sich die räumliche Distanz Bewegungsverhalten zwischen den zu analysierenden Personen? Nehmen Blickkontakte oder Berührungen ab oder zu? Verändert jemand sein Standardverhalten bei Begrüßungen gegenüber einer anderen Person?

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12  Die fünf wichtigsten Verkaufsmomente unter Berücksichtigung der …

Literatur 1. Eilert, D. W., (2020) Mimikresonanz®-Profibox, Paderborn 2020, Junfermann Verlag 2. Kettler, J. (2020). Fallstudie für die Vergabe des Hochschulzertifikats: Mimik-Analyst nach Eilert (SHB) Die Bedeutung der sieben rein mimischen Primär-Emotionen zwischen Verkäufer und einem Kundenpaar im Verkaufsfall 3. G. Gigerenzer (2007): Bauchentscheidungen: Die Intelligenz des Unbewussten und die Macht der Intuition. Goldmann, Leipzig 2007

Sales-Signs: Die mimischen Warn-, Einwand& Wunschsignale

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Inhaltsverzeichnis Einführung   ie Sales-Signs (Tab. 13.1 und 13.2)  D Der Sales-Code (Die Verkaufsmimik)  Den Kunden im Herzen berühren  Lietratur 

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Einführung Die Körpersprache und die Mimik Ihres Kunden lesen zu können, hilft Ihnen dabei, dem Kunden immer das Gefühl zu geben, dass Sie ihn wirklich verstehen, sofern Sie sich trauen, die wahrgenommenen Emotionen auch anzusprechen. Dadurch schaffen Sie ein besonderes Vertrauensverhältnis, das Ihr Kunde zwar mehr oder weniger unbewusst wahrnimmt, es aber positiv wirken wird. Haben Sie schon einmal versucht, Ihr gutes Bauchgefühl zu vergleichen? Auch für den Kunden gestaltet sich das schwierig. Deshalb ist Menschen  – und somit Kunden  – zu verstehen, das Mittel der Wahl, um erfolgreich in Vertrieb und Verkauf zu sein. Empathie, ob die affektive oder die kognitive Empathie, differenziert Sie persönlich von Ihren regionalen Marktbegleitern und macht Sie unvergleichlich, einzigartig. Diese Eigenschaft ist der Grund, warum der Kunde unbedingt bei Ihnen kaufen möchte und nicht woanders. Denn das Produkt, welches Sie vertreiben, bekommt er mit Sicherheit auch in anderen Unternehmen, das heißt es ist austauschbar. Sie als Mensch, dem der Kunde vertraut und bei dem er sich wohl fühlt, sind hingegen nicht austauschbar, zumindest nicht so leicht wie der Rest.

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2021 J. Kettler, Mit Empathie verkaufen, Edition Sales Excellence, https://doi.org/10.1007/978-3-658-32419-3_13

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13  Sales-Signs: Die mimischen Warn-, Einwand- & Wunschsignale

Emotionen haben einen tiefen evolutionären Zweck und dieser evolutionäre Zweck besteht darin, eine Handlung einzuleiten ([1], S. 68). Diese Handlung kann positiver oder negativer Art sein, in der Fachsprache auch als Vermeidungs- und Annäherungsmotivation bezeichnet. Grundsätzlich weisen unangenehme Emotionen bei Ihrem Kunden darauf hin, dass Bedürfnisse unerfüllt sind und somit die Wahrscheinlichkeit groß ist, dass etwas vermieden werden soll, also eine Vermeidungsmotivation ausgelöst wird. Dirk W. Eilert beschreibt diese mimischen Warnsignale auch als emotionale Leitplanken ([2], S. 200). Sie dienen dazu, nicht von der Fahrbahn abzukommen, sodass Sie dementsprechend mit Ihrem Kunden weiter geradeaus fahren und auf der Ja-Straße bleiben, also auf der Straße, die Richtung Auftrag verläuft. Damit das gelingt, müssen Sie selbst kleinste mimische Details erkennen, die ein Warn- oder Einwandsignal darstellen können. Selbstverständlich gibt es im gesamten Verkaufsprozess auch die mimischen Wunschsi­ gnale, die ich Ihnen ebenfalls in der nachstehenden Tabelle aufliste. Bedenken Sie aber bitte bei allen Signalen wie immer die Baseline Ihres Kunden sowie den Gesprächskontext. Sämtliche Inhalte der nun folgenden Tabelle habe ich der Mimikresonanz®-Profibox entnommen, auch alle hierfür verwendeten Studien entstammen der Mimikresonanz®-Profibox.

Die Sales-Signs (Tab. 13.1 und 13.2) Mit dieser Tabelle haben Sie nun zusammengefasst eine Übersicht über alle nonverbalen Ausdrücke, die Ihnen als Warn-, Einwand- oder Wunschsignal wichtige Hinweise liefern können. Vielleicht ist Ihnen aufgefallen, dass dabei die Position des Armeverschränkens nicht aufgeführt ist. Diese möchte ich Ihnen gerne jetzt am Schluss erläutern. Dirk W. Eilert kam in seiner Mimikresonanz®-Profibox über Körpersprache zu dem Ergebnis, dass Arme verschränken nicht immer Ablehnung bedeutet [3]. Gehen wir für dieses Beispiel gedanklich in einen Biergarten. Klassisch sitzen wir dort auf Bänken, auf denen wir unsere Arme nicht wie beispielsweise auf einem Stuhl ablegen können. Also verschränken wir unsere Arme, um einfach bequemer sitzen zu können. Neben diesem Faktor Bequemlichkeit kann das Armeverschränken auch Abschottung bedeuten, was wiederum sowohl als unangenehmes, aber auch als angenehmes Zeichen interpretiert werden kann. Wenn wir beispielsweise Ekel oder auch Skepsis spüren, wäre es möglich, dass wir zusätzlich dabei die Arme verschränken, wodurch wir uns abschotten (im negativen Sinn). Es kann aber auch ein Hinweis darauf sein, sofern man sich in einem entsprechenden Gesprächskontext befindet, dass der Kunde Ihnen konzentrierter zuhört. Untersuchungen haben diesbezüglich ergeben, dass wir länger an einer Aufgabe dranbleiben, wenn wir die Arme verschränken und uns dadurch im positiven Sinn von äußeren Einflüssen abschotten. Daran erkennen Sie also, dass dieses Zeichen nicht immer nur als Ablehnung zu verstehen ist, sondern auch das komplette Gegenteil bedeuten kann. Mit diesem Wissen und mit der Übersicht der Sales-Signs insgesamt werden Sie in Zukunft sehen können, was Ihre Kunden vielleicht nicht sagen wollen.

Übersetzt! a Bedeutet auf der gesamten Welt Ja [3].

a

Bedeutet in den meisten Kulturen weltweit Nein [3].

Kann ein Anzeichen für eine Annäherungsmotivation sein.

Kann ein Anzeichen für eine Vermeidungsmotivation sein.

Grundsätzlich ist dies ein Zeichen für eine Vermeidungsmotivation.

Sales-Sign Nicken des Kopfes

Schütteln des Kopfes

Der Kopf bewegt sich nach vorne.

Der Kopf wird nach hinten bewegt.

Der Kopf wird durch eine Drehung entweder nach links oder nach rechts abgewendet.

Tab 13.1  Die Sales Signs

(Fortsetzung)

Tipps und Allgemeines Das Nicken des Kopfes darf nicht immer grundsätzlich als Ja angesehen werden, denn es kann auch andere Bedeutungen haben wie zum Beispiel: Bestätigung, Ermutigung, Verständnis, Zustimmung, faktische Bejahung [3]. Wunsch- oder Warnsignal, Dieses Signal tritt ebenfalls auf, wenn ein Mensch je nach Kontext des etwas bewertet, sowohl positiv als auch negativ [3]. Gesprächs Wenn das Kopfschütteln nur sehr leicht von Ihrem Kunden beim Sprechen ausgeführt wird und er z. B. eine Ja-Aussage macht, aber dabei den Kopf schüttelt, ist es ein Hinweis darauf, dass eine Inkongruenz vorherrscht. Das, was der Kunde sagt, passt nicht zu seiner Körpersprache [3]. Wunsch- oder Warnsignal; Kann zusammen mit den Emotionen Freude, Liebe, Interesse oder Ärger auftreten. Dabei bewegt sich der als Warnsignal nur in Kopf in die Richtung, in der das emotiosauslösende Verbindung mit der Ereignis stattfindet. Emotion Ärger Diese Bewegung kann in Verbindung mit den In erster Linie ist es ein Emotionen Angst und Ekel auftreten [3] und Warnsignal, kann signalisiert in der Regel ein aktiviertes Ordnungsallerdings zum Motivfeld. Sie kann aber auch in Verbindung mit der Wunschsignal werden, sofern der Kunde sich im Emotion Mitgefühl ausgelöst werden [3], achten Sie also auch hier auf den Gesprächskontext. Gesprächskontext von etwas distanziert. Warnsignal Der Kopf wird zur Seite abgewendet, wenn der Kunde etwas ablehnt und die Emotion Ekel verspürt [3].

Warn- oder Wunschsignal Wunsch- oder Warnsignal, je nach Kontext des Gesprächs

Die Sales-Signs (Tab. 13.1 und 13.2) 247

Übersetzt! Tritt dieses Zeichen alleine auf, ist es in der Regel verlässlich für die Emotion Trauer [3].

Wenn nur das Hochziehen der Augenbrauen auftritt, ist es ein Zeichen für die Emotion Interesse [3].

Dieses Signal kann entweder Verwirrung anzeigen [3] oder ein Zeichen für eine mögliche Skepsis sein [3].

Ein verlässliches Signal für die Emotion Angst [3]

Kann ein Hinweis auf Ärger sein [3] oder auf Verwirrung [3].

Sales-Sign Die Augenbrauen-­ Innenseiten werden schräg hochgezogen.

Die Augenbrauen werden hochgezogen, dies führt zu einer runden Bogenform der Augenbrauen.

Es wird nur einseitig die Augenbraue hochgezogen.

Die Augenbrauen werden hoch und zusammengezogen.

Die Augenbrauen werden zusammengezogen.

Tab 13.1 (Fortsetzung) Tipps und Allgemeines Achten Sie hierbei verstärkt darauf, ob Ihr Kunde evtl. etwas mit dieser mimischen Bewegung betont. Wenn dem so ist, kann dies nicht als zuverlässiges Signal für Trauer dienen.

Sprechen Sie auch diese Emotion mit einer Resonanzaussage an, damit der Kunde sich bewusst wird, dass das Produkt sein Interesse geweckt hat. Dadurch geben Sie dem Kunden auch wieder das Gefühl, dass Sie ihn verstehen, was in jeglicher Hinsicht beziehungsfördernd ist. Warn- und Einwandsignal In Kombination mit zum Beispiel dem Zurückgehen des Kopfes oder einem Rollen der Augen ist dies ein Zeichen für Verachtung [3], daher sollten Sie dieses „Killer“-Signal in einer Resonanzaussage aufgreifen und den Einwand behandeln. Warn- oder Angst löst bei Ihrem Kunden zusätzlich Cortisol aus, Einwandsignal das als Stresshormon nicht von Vorteil im Verkaufsprozess ist. Daher sprechen Sie auch diese Emotion zwingend bei Ihrem Kunden an. Warnsignal Achten Sie hier besonders auf das mimische Standardverhalten Ihres Kunden, denn gegebenenfalls kann Ihr Kunde diesen Ausdruck auch verwenden, wenn er angestrengt zuhört.

Warn- oder Wunschsignal Je nach Kontext des Gespräches kann es ein Warn-oder ein Wunschsignal sein (vgl. Bedarfsanalyse). Wunschsignal

248 13  Sales-Signs: Die mimischen Warn-, Einwand- & Wunschsignale

Das Zwinkern dient einzig und alleine Wunschsignal als Kommunikationssignal [3].

Warnsignal Kann ein Zeichen von entweder leichter Trauer [3] oder Langeweile [3] sein. Ebenso kann es Erschöpfung oder Müdigkeit [3] ausdrücken.

Die Augenlider senken sich.

(Fortsetzung)

Angst löst bei Ihrem Kunden Cortisol aus, das als Stresshormon nicht von Vorteil im Verkaufsprozess ist. Daher sprechen Sie auch diese Emotion zwingend bei Ihrem Kunden an, passend zum Kontext des Gespräches. Sprechen Sie diese Emotion mit einer Resonanzaussage an. Sie geben dem Kunden hier wieder das Gefühl, dass Sie ihn verstehen, wodurch sich Ihre Beziehung verbessert. Zwinkern kann unter anderem durch Folgendes ausgelöst werden: als Witz-­Signal; bei Interesse; als Ausdruck von Nähe in Form von Sympathie, Freundschaft oder Intimität; oder als KomplizenSignal, im Sinne von „wir verstehen uns“ [3]. Hier empfehle ich Ihnen, eine Resonanzaussage zu treffen, die ich als Allrounder-Aussage bezeichne: „Lieber Kunde, ich habe den Eindruck, dass etwas nicht stimmt für Sie. Können wir darüber sprechen?“ Vielleicht ist Ihr Kunde aber auch nur müde aufgrund einer kurzen Nacht.

Warnsignal

Mit dem Auge zwinkern

Regulieren Sie diese Emotion durch eine Resonanzaussage passend zum Kontext des Gespräches.

Tipps und Allgemeines Regulieren Sie diese Emotion durch eine Resonanzaussage passend zum Kontext des Gespräches.

Warn- oder Einwandsignal

In Verbindung mit einem Lachen ist es Wunschsignal immer ein zuverlässiges Zeichen für die Emotion Freude [3].

Kann ein Anzeichen für eine sehr leichte Ärger-­Emotion sein [3]. Außerdem kann dieses Zeichen bei Verwirrung auftreten [3]. Diese Signale sind zuverlässige Zeichen für die Emotion Angst [3].

Übersetzt! Warn- oder Wunschsignal Warnsignal Im Volksmund bekannt unter dem Begriff „der stechende Blick“. Dieser Ausdruck ist ein zuverlässiges Zeichen für die Emotion Ärger [3].

Die Augen lachen. (vgl. der Salescode oder die Emotion Freude)

Die Oberlider werden hochgezogen und spannen sich an.

Sales-Sign Die Augenbrauen werden zusammengezogen und gleichzeitig wird auch das obere Augenlid hochgezogen. Die Augenlider werden angespannt.

Tab 13.1 (Fortsetzung)

Die Sales-Signs (Tab. 13.1 und 13.2) 249

Übersetzt! Das Rümpfen der Nase kann ein Zeichen für entweder Ekel sein [3] oder auch Skepsis ausdrücken [3].

(Fortsetzung)

Warn- oder Wunschsignal Tipps und Allgemeines Warn- oder Wenn dieses Signal allein auftritt, rate ich Ihnen Einwandsignal auch hier zu einer Allrounder-­Aussage wie zum Beispiel: „Lieber Kunde, ich habe den Eindruck, das entspricht nicht Ihren Vorstellungen.“ Diese Zeichen sollten Sie nicht mit einer direkten Das entweder einseitige Wenn dieses Signal allein zu sehen ist, Wunschsignal Aussage ansprechen, sondern eher mit einer oder beidseitige Anheben handelt es sich um eine soziale Freude, mimischen Spiegel-Aussage antworten. Durch der Mundwinkel die aufgrund einer ebenso ein Lächeln mit den Mundwinkeln und einem zwischenmenschlichen Interaktion zeitgleichen Nicken signalisieren Sie, dass Sie den auftritt [3]. Außerdem kann es bei Kunden wahrgenommen haben. einem symmetrischen Anheben der Mundwinkel ein Zeichen für Zufriedenheit sein [3]. Warn- und Einwandsignal Nutzen Sie hierfür wieder eine Allrounder-­Aussage Einseitiges oder Das beidseitige Hochziehen der wie zum Beispiel: „Lieber Kunde, ich habe den beidseitiges Hochziehen Oberlippe ist ein verlässliches Zeichen Eindruck, dass Sie sich davon eher distanzieren der Oberlippe für Ekel oder Ablehnung, vor allem möchten.“ Eine weitere Aussage könnte sein: auf psychischer Ebene. Dies bedeutet, „Lieber Kunde, ich habe den Eindruck, das ist nicht dass es entweder ein moralischer Ekel das Richtige für Sie.“ oder auch ein interpersoneller Ekel sein kann. Es wird also entweder eine Handlung oder die persönliche Einstellung einer Person abgelehnt [3]. Das einseitige Hochziehen der Oberlippe ist eine Mischemotion aus Ekel und Verachtung [3] und somit ein absolutes „Killer“-Signal (siehe auch Emotion Verachtung/Ekel).

Sales-Sign Das Rümpfen der Nase

Tab 13.1 (Fortsetzung)

250 13  Sales-Signs: Die mimischen Warn-, Einwand- & Wunschsignale

Der Kinnbuckel wird angehoben.

Zeichen für Trauer [3] Sollte der Kinnbuckel zittern, ist dies ein Hinweis auf Trauer, wobei die Person meist anfängt zu weinen [3].

Übersetzt! Einseitig ist es ein Hinweis auf die Emotion Verachtung [3], bei beidseitigem Einpressen der Mundwinkel signalisiert Ihr Kunde, dass er genervt ist [3], weil jemand eine Handlung vollzogen hat, die ihn stört. Die Mundwinkel werden Kann ein Zeichen für eine leichte heruntergezogen. Trauer sein und ausdrücken, dass man zum einen betroffen oder auch enttäuscht ist [3].

Sales-Sign Einseitiges oder zweiseitiges Einpressen der Mundwinkel

Warnsignal

Warnsignal

(Fortsetzung)

Helfen Sie Ihrem Kunden durch eine empathische Resonanzaussage, die Trauer zu lösen. Dabei könnte die Aussage wie folgt formuliert werden: „Lieber Kunde, ich habe den Eindruck, etwas bedrückt Sie.“ Beachten Sie unbedingt, dass sich vom Mundwinkel ausgehend eine Falte zeigen kann, die sich zum unteren Rand des Kiefers entlang zieht und die typisch für die Mimik ist. Man nennt diese Falte auch die Marionetten-Falte [3], wie beispielsweise bei Angela Merkel. Helfen Sie Ihrem Kunden auch hier durch eine empathische Resonanzaussage, seine Trauer zu bewältigen. Dabei könnte die Aussage wie folgt formuliert werden: „Lieber Kunde, ich habe den Eindruck, etwas macht Sie traurig.“

Warn- oder Wunschsignal Tipps und Allgemeines Warn- und Einwandsignal Folgende Allrounder-Aussage wäre hier denkbar: „Kann es sein, dass Sie irgendetwas stört?“

Die Sales-Signs (Tab. 13.1 und 13.2) 251

Übersetzt! Warn- oder Wunschsignal Signalisiert gedankliche Einwandsignal (stark) Unschlüssigkeit. Diese Unschlüssigkeit kann dabei in drei weitere Aspekte unterschieden werden [3]: ich weiß nicht, ich bin nicht sicher (dabei müssen die Augenbrauen zusätzlich angehoben sein) oder ich denke darüber nach im Sinne von „da bin ich eher unsicher und durchdenke dies im Moment“ (dabei müssen die Augenbrauen zusammengezogen und die Augenlider angespannt sein, der Blick geht dabei ins Leere). Außerdem kann dieser Ausdruck auch Verneinung oder Ungläubigkeit ausdrücken [3]. Dieser gesamte Gesichtsausdruck wird auch als b „Facial-Shrug“ bezeichnet [3].

Tipps und Allgemeines Hierzu empfehle ich Ihnen eine Aussage, die sehr allgemein gehalten ist und Hilfe und Verständnis signalisiert: „Lieber Kunde, ich habe den Eindruck, dass Sie unsicher sind, was unsere Absprache betrifft. Wie kann ich Ihnen behilflich sein und Ihnen die Unsicherheit nehmen?“

a

Dass wir mit einem Nicken ein Ja ausdrücken und mit einem Kopfschütteln ein Nein gilt fast weltweit. In der Wissenschaft nennt man dies auch Nick-Schüttel-System. In Bulgarien ist das uns bekannte Nick-Schüttel-System jedoch genau andersherum: Das Nicken bedeutet Nein und den Kopf schütteln bedeutet Ja. Aktuell hat die Wissenschaft noch nicht herausfinden können, warum sich diese Besonderheit in Bulgarien entwickelt hat [3]. b Der Facial-Shrug ist ein Signal, das im gesamten Körper einen Ausdruck zutage bringt, der aussagt „ich bin unsicher“. Umgangssprachlich wird es auch als das „Achselzucken der Mimik“ bezeichnet. Ein britischer Forscher [3] kommt in seinen Untersuchungen zu dem Schluss, dass das Achselzucken aus verschiedenen Elementen besteht: Die Schultern werden für einen kurzen Moment hochgezogen, dabei werden die Hände nach außen gedreht, sodass die Handflächen nach oben gerichtet sind, der Kopf wird ganz leicht zur Seite geneigt, es werden die Mundwinkel heruntergezogen sowie der Kinnbuckel angehoben und die Augenbrauen werden hochgezogen. Sehen Sie dazu für den körpersprachlichen Ausdruck bitte die folgende Abb. 13.1.

Sales-Sign Die Mundwinkel werden sehr stark heruntergezogen und gleichzeitig hebt sich der Kinnbuckel.

Tab 13.1 (Fortsetzung)

252 13  Sales-Signs: Die mimischen Warn-, Einwand- & Wunschsignale

Die Sales-Signs (Tab. 13.1 und 13.2)

253

Abb. 13.1  Der Facial Shrug ist ein Signal, das im gesamten Körper einen Ausdruck zutage bringt, der aussagt „ich bin unsicher“. (Foto: Sales Emotion®)

Die Lippen werden gepresst.

Warnsignal Dieses Zeichen kann auf einen leichten Ärger hinweisen [3], ist aber ohne zusätzliche Signale, die die Emotion Ärger bestätigen, nicht zuverlässig. Außerdem kann diese Bewegung mehrfach im mimischen Standardverhalten Ihres Kunden auftreten, was eine erhöhte gedankliche Anstrengung [3] signalisiert. Die Lippen werden angespannt, Ein zuverlässiges Zeichen für Ärger [3] im Warnsignal (stark) Sinne von Wut oder Zorn, also einer sehr aber nicht gepresst. Dabei werden die Lippen nach innen starken Ärger-Emotion [3] gerollt, sodass Ober- und Unterlippe manchmal sogar ganz verschwinden. Die Lippen werden geschürzt, Dieses Signal ist ein Zeichen für Interesse Wunsch- oder man kann auch sagen „zu [3]. Wenn es auftritt, wenn Ihnen Ihr Kunde Einwandsignal einem Kussmund geformt“. zuhört, dann kann es ein Hinweis darauf sein, dass Ihr Kunde einen gedanklichen Einwand hat [3]. Zusätzlich kann es bedeuten, dass ihr Kunde gerade etwas innerlich abwägt oder darüber nachdenkt [3]. Die Lippen werden seitlich Dies kann ein Zeichen für Angst sein [3]. Warnsignal auseinandergezogen.

(Fortsetzung)

Da es sich um eine leichte Angst handeln kann, könnten Sie hier sagen: „Lieber Kunde, ich habe den Eindruck, dass Sie gerade etwas besorgt. Ist dem so?“

Wenn Sie den Eindruck haben, dass Ihr Kunde hier leichten Ärger zeigt, empfehle ich Ihnen eine Aussage wie zum Beispiel: „Lieber Kunde, kann es sein, dass ich Sie verärgert habe?“ Sollte Ihr Kunde verneinen, rate ich Ihnen zu der Antwort: „Entschuldigen Sie, irgendwie kam es mir so vor.“ Versuchen Sie hier auf jeden Fall, die Emotion des Kunden in Form einer Resonanzaussage zu regulieren, wie zum Beispiel: „Lieber Kunde, ich habe den Eindruck, dass ich Sie soeben verärgert habe, dies war nicht meine Absicht.“ Hier empfehle ich Ihnen folgende Resonanzaussage: „Lieber Kunde, haben Sie eventuell noch Einwände oder darf ich Ihnen weitere Informationen geben, die für Ihre Entscheidung wichtig wären?“

Tab. 13.2  Die Sales-Signs. (Quelle: Eilert, Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020)

254 13  Sales-Signs: Die mimischen Warn-, Einwand- & Wunschsignale

Dieses Signal ist allgemein ein Hinweis auf Warnsignal emotionalen Stress Ihres Kunden [3].

Der Kiefer wird angespannt, wobei die Zähne aufeinander gedrückt werden. Sämtliche Bewegungen der Zunge im Mund

Diese Bewegungen sind Beruhigungsgesten Warnsignal und können ein starkes Stressempfinden bedeuten [3]. Eine Besonderheit gibt es, wenn die Zunge lediglich gegen die Lippen gedrückt wird. Dies ist ein Zeichen für Konzentration oder für einen inneren Dialog [3].

Dieses Zeichen kann ein Signal für Ärger sein [3]. Im Gespräch kann es auch ein Hinweis darauf sein, dass Ihr Kunde den Konflikt sucht [3].

Der Unterkiefer wird vorgeschoben.

Wunschsignal bei Interesse. Überraschung ist eine neutrale Emotion, daher ist wichtig, welche Emotionen danach auftreten. Warnsignal

Dieses Signal ist ein Hinweis auf die Emotion Interesse [3]. Wenn dabei die Körperbewegung für circa ein bis zwei Sekunden einfriert, handelt es sich um Überraschung [3].

Der Unterkiefer wird fallengelassen, wodurch sich der Mund öffnet.

Tab 13.2 (Fortsetzung)

(Fortsetzung)

Sollten Sie diesen Ausdruck bei Ihrem Kunden erkennen, wäre folgende Aussage hilfreich: „Lieber Kunde, kann es sein, dass ich Sie eben gerade etwas verärgert habe? Wenn dem so ist, möchte ich mich entschuldigen, das war natürlich nicht meine Absicht.“ Fragen Sie Ihren Kunden zum Beispiel: „Lieber Kunde, gibt es irgendetwas, was Sie gerade stresst?“ Stellen Sie Ihrem Kunden hier die gleiche Frage: „Lieber Kunde, gibt es irgendetwas, was Sie gerade stresst?“

Bei Interesse rate ich Ihnen zu folgender Aussage: „Lieber Kunde, ich habe den Eindruck, dass ich damit den Nagel auf den Kopf getroffen habe.“

Die Sales-Signs (Tab. 13.1 und 13.2) 255

Der Körper wird nach hinten bewegt.

Der Körper wird nach vorne gelehnt.

Es wird sich auf die Lippe gebissen.

Warnsignal Diese Bewegung weist auf eine Vermeidungsmotivation hin in Kombination mit den Emotionen Angst und Ekel [3].

Warnsignal Dieses Signal ist ebenfalls ein Hinweis darauf, dass der Kunde gestresst ist, denn es handelt sich um eine Beruhigungsgeste [3]. Außerdem könnte es bedeuten, dass Ihr Kunde konzentriert ist. Wenn es sich allerdings asymmetrisch zeigt, der Kunde sich also z. B. nur links auf die Lippe beißt, kann es auch Sorge signalisieren [3]. Wunsch- oder Dies ist ein Anzeichen für eine Annäherungsmotivation wie beispielsweise Warnsignal bei den Emotionen Freude, Interesse, Ärger, aber auch bei Liebe und Zuneigung [3]. Hierbei gilt es, dass Sie bitte zusätzlich die Mimik Ihres Kunden deuten. Egal welche Emotionen Sie dabei identifizieren, sprechen Sie diese bei Ihrem Kunden an. Denn auch wenn Sie angenehme Emotionen hervorheben, bekommt Ihr Kunde das Gefühl, dass Sie ihn wahrnehmen und auch wirklich verstehen. Dieses Verhalten ist in jedem Fall hilfreich für den Beziehungsaufbau zum Kunden. Auch hier beachten Sie bitte zusätzlich die Mimik. Sprechen Sie sowohl Angst als auch Ekel bitte mit einer Resonanzaussage an, damit Ihr Kunde die Emotionen schneller regulieren kann.

Wenn Sie sich bei der Bedeutung unsicher sind, stellen Sie folgende Frage, um dieses Verhalten aufzunehmen: „Lieber Kunde, kann es sein, dass es irgendetwas gibt, was Sie im Moment beschäftigt?“

256 13  Sales-Signs: Die mimischen Warn-, Einwand- & Wunschsignale

Der Sales-Code (Die Verkaufsmimik)

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Der Sales-Code (Die Verkaufsmimik) Auf dem linken Foto ist eine junge Frau abgebildet, die „herzlich“ lacht. Das ist im Verkauf oder Vertrieb genau die Reaktion, die wir bei unserem Kunden oder Klienten sehen wollen und müssen, wenn wir alles richtigmachen und den Auftrag bekommen. Wahre Freude (Abb. 13.2). Das linke Bild zeigt hier also die limbisch ausgelöste Freude. Wie bereits erwähnt, unterscheidet man wissenschaftlich in zwei verschiedene Formen der Freude: der limbisch ausgelösten Freude und der motorisch ausgelösten Freude, auch „das Höflichkeitslächeln“ genannt. Die limbisch ausgelöste Freude wird direkt von unserem Gehirn an unsere Muskulatur im Gesicht weitergegeben, ohne dass wir sie bewusst steuern können. Dabei kontrahiert der Augenringmuskel (musculus orbicularis oculi) und es entsteht eine sogenannte Mikroexpression. Mikroexpressionen sind sehr schnelle, unwillentliche und emotional ausgelöste Gesichtsausdrücke. Bei der motorisch ausgelösten Freude hingegen (rechtes Bild) ziehen wir in der Regel die Mundwinkel bewusst nach oben und kneifen manchmal zusätzlich leicht die Augen zusammen. Wir lächeln höflich, weil es unsere Umgebung in dem Moment von uns erwartet. Das könnte zum Beispiel die Situation sein, wenn wir einen Witz erzählt bekommen, den wir nicht sonderlich komisch finden. Dann lächeln wir aus Höflichkeit, um den Erzählenden, weil wir ihn mögen, nicht bloßzustellen. Anders ist es, wenn jemand einen wirklich sehr lustigen Witz erzählt, dann können einem schon mal die Tränen dabei in die Augen schießen. Das sind die zwei unterschiedlichen Arten der Emotion Freude: die e­ motional ausgelöste Freude und das bewusst gezeigte Höflich-

Abb. 13.2 Gesichtsausdruck: wahre Freude versus Höflichkeitslachen. (Quelle: Mimikresonanz®-Profibox, Junfermann Verlag, Paderborn 2020)

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13  Sales-Signs: Die mimischen Warn-, Einwand- & Wunschsignale

keitslächeln. Im Verkauf oder Vertrieb gilt es, die emotionale Freude bei Ihrem Kunden zu erzeugen. Aber wofür ist die Emotion Freude eigentlich da und warum ist sie so wichtig im Verkaufs- und Vertriebswesen? Laut wissenschaftlichen Ergebnissen wird die emotionale Freude entweder durch eine Zielerreichung, eine Wunscherfüllung oder eine Bedürfnisbefriedigung ausgelöst. Egal in welchem Kontext Sie sich im Verkaufsprozess befinden, diese Emotion sollte und muss das Ziel von Ihnen sein. Denn darum geht es im Verkaufs- und Vertriebswesen: Zielerreichung, Wunscherfüllung, Bedürfnisbefriedigung = Auftrag! Die Wissenschaft hat weiterhin herausgefunden, dass Emotionen immer aus einem Dreiklang bestehen, dem Auslöser, auch Trigger genannt, der Funktion und dem Bedürfnis. Das haben Sie bereits in den „fünf wichtigsten Verkaufsmomenten“ gelernt. Die Funktion der Emotion Freude ist dabei: Zukunftsmotivation und Kooperation. Durch Freude signalisiert uns also der Kunde, dass er in Zukunft mit uns arbeiten will und zwar möglichst auf Augenhöhe, nämlich kooperativ. Deshalb nenne ich die Freude den Sales-Code. Das Bedürfnis hinter dieser Emotion ist: Leichtigkeit. Und auch das kennen Sie. Wenn Sie wirklich fröhlich und glücklich sind, dann fühlt es sich frei und leicht an, einfach zufrieden und rundum sorglos. Schaffen Sie es im Verkaufs- oder im Vertriebswesen, bei Ihrem Kunden oder Partner dieses Wunschsignal im Vergabegespräch zu sehen, dann ist der Auftrag sicher.

Den Kunden im Herzen berühren Alles, was Sie bis hierhin als neues Wissen erworben haben, basiert auf einem wissenschaftlichen Fundament. Somit könnten wir die Sales-Signs (die Verkaufszeichen) auch die Sales-Science (die Verkaufswissenschaft) nennen, aus der wir den Sales-Code entwickeln, um einen Kunden erfolgreich glücklich zu machen und somit im Herzen zu berühren. Dieses Verständnis und diese Wertschätzung dankt Ihnen Ihr Kunde im Sales-Prozess mit einem Auftrag! Den Kunden wirklich zu erkennen und sich anpassen zu können wie ein Verkaufschamäleon, das macht am Ende des Verkaufs, also des Sales-Prozesses den Unterschied aus zwischen Gewinn oder Verlust eines Auftrages. Dabei muss sich niemand verstellen, denn es liegt zum größten Teil an Ihnen. Sie haben es selbst in der Hand wie Sie künftig mit Ihrem Kunden umgehen möchten, um ihm zu zeigen, dass er nicht selbstverständlich ist und Sie ihn mit Verständnis, Respekt und Aufmerksamkeit würdigen. Denn verstehen kommt immer vor verstanden werden. Den Kunden im Herzen berühren heißt, den Kunden zu verstehen und wirklich glücklich zu machen!

Lietratur 1. Damasio, A. R. (2005a). Der Spinoza-Effekt: Wie Gefühle unser Leben bestimmen. Berlin: List. 2. Eilert, D. W. (2013). Mimikresonanz. Gefühle sehen. Menschen verstehen. Paderborn: Junferman. 3. Eilert, D. W., (2020) Mimikresonanz®-Profibox, Paderborn 2020, Junfermann Verlag

Der Handschlag

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Inhaltsverzeichnis Die deutsche Hanse und die norddeutsche Kaufmannsehre 

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Die Frage, die mir im Alltag häufig begegnet, ist, ob ein Vertrag per Handschlag auch Gültigkeit hat. Ja, hat er. Er hat in jedem Fall eine rechtliche Verbindlichkeit. Es kommt jedoch darauf an, ob dieser Handschlag auch unter Zeugen geschehen ist, denn etwas anderes zu belegen ist meist schwierig und somit würde Aussage gegen Aussage stehen. Sind aber Zeugen anwesend, ist der Handschlag rechtlich, um beispielsweise einen Kaufvertrag abzuschließen, bindend. Vielleicht kennen Sie solche Sätze wie: „Genau so machen wir das, da gebe ich Ihnen die Hand drauf.“ Und wenn wir uns darüber einmal Gedanken machen, dann erkennen wir, dass wir häufig, bevor wir einen Vertrag bei zum Beispiel der Bank, dem Gebrauchtwagenhändler, einem Handwerker oder auch beim Pferdekauf abschließen, die Hand darauf geben. Wir bestätigen unserem Vertragspartner, dass wir bereit sind, einen Vertrag einzugehen: symbolisiert durch einen Handschlag. Die Arbeitsgemeinschaft „Internationales Wirtschaftsrecht“ führt an, dass theoretisch jeder Vertrag per Handschlag geschlossen werden kann. Ausgenommen sind lediglich Kaufverträge, bei denen ein Notar eingebunden werden muss, beispielsweise bei einem Haus oder einem Grundstück. In sämtlichen anderen Bereichen ist der Vertrag per Handschlag rechtlich ebenso bindend wie ein schriftlicher Vertrag und kann sogar eingeklagt werden. Allerdings brauchen Sie vor Gericht dann Zeugen, die den Vertragsabschluss in Form des Handschlags bestätigen. Wenn dabei keine mündlichen Absprachen getroffen wurden, dann gelten gesetzliche Vorgaben, die zum Beispiel Details für die Vertragsdurchführung, die Haftung der Vertragsparteien oder sogar für Vertragsverletzungen und eventuelle Kündigungen

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2021 J. Kettler, Mit Empathie verkaufen, Edition Sales Excellence, https://doi.org/10.1007/978-3-658-32419-3_14

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14  Der Handschlag

oder Rücktritte vom Vertrag regeln. Aber wo kommt eigentlich der Vertragsabschluss per Handschlag her? Die Antwort erfahren Sie im nächsten Abschnitt „Die deutsche Hanse“.

Die deutsche Hanse und die norddeutsche Kaufmannsehre Ich darf von mir behaupten, dass ich Verkäufer mit Leib und Seele bin. Meine Freunde, meine Familie, aber auch alle meine Klienten bestätigen mir das. Ich liebe es zu verkaufen und Menschen glücklich zu machen. Meine erste Ausbildung absolvierte ich im Einzelhandel. Allerdings habe ich weder in der Schule noch in meinem Unterricht in der Berufsschule etwas über die deutsche Hanse gelernt, einem in der deutschen Geschichte einmaligen Zusammenschluss von Kaufleuten. Mich hat jedoch diese Geschichte der deutschen Hanse immer interessiert, denn sie galt für lange Zeit als das stärkste Bündnis zu der damaligen Zeit und dient heute als Vorbild für die europäische Region. Die Hanse wurde damals aus der Stadt Lübeck heraus geleitet. Lübeck wurde durch den Handel mit Salz aus Lüneburg reich und Johann Wittenberg, geboren im 13. Jahrhundert als Sohn eines Kaufmannes, übernahm als Bürgermeister von Lübeck die Geschäfte der deutschen Hanse. Die Hanse wurde mit dem Urgedanken gegründet, die damaligen Handelsflotten vor Überfällen zu schützen. Sie war also in erster Linie eine Zweckgemeinschaft. Heinrich der Löwe (Herzog von Sachsen) hat im zwölften Jahrhundert den Kaufleuten vieler Hanse-Städte aus dem damaligen Deutschland weitgehende Rechte und Freiheiten eingeräumt. Lübeck genoss also viele Sonderrechte gegenüber Städten, die nicht als Hanse-Stadt deklariert waren. Lübeck besaß damals den ersten Hafen an der Ostsee mit eigenen Rechten und galt aufgrund dessen als Supermacht. Die Hanse war ein Imperium von Kaufleuten, das mit weit mehr als 200 weiteren Städten Beziehungen einging und erfolgreiche Geschäfte führte. Lübeck wurde dadurch zur reichsten Stadt Deutschlands. Zu der damaligen Zeit wurde auch der Begriff „steinreich“ geprägt. Jemand war steinreich, wenn er sich Häuser aus Steinen bauen konnte (zwölftes Jahrhundert). Selbst Könige wurden damals durch die deutsche Hanse zu Fall gebracht, zum Beispiel der Dänen-König Waldemar IV., der im 13. Jahrhundert regierte. Der Bürgermeister von Lübeck und seine Gefolgsleute besaßen sogar Mitbestimmungsrecht als im Anschluss ein neuer dänischer König gewählt wurde. Mit dem Vertrag von Stralsund wurde dann Frieden zwischen Dänemark und der deutschen Hanse geschlossen. Es ist geschichtlich eine der ersten Aufzeichnungen, in der Bürger über einen König gesiegt haben. Selbst Kaiser Karl IV. sprach die Lübecker Kaufleute mit „Ihr Herren“ an. So etwas hatte es bis dato noch nie gegeben. Das Fundament für sämtliche Geschäfte der deutschen Hanse war dabei der folgende Grundsatz: „Ehre in Gelofen“. Dieser Grundsatz regelte, dass die Geschäfte aufgrund der Ehre und der Glaubwürdigkeit der Kaufleute gemacht werden konnten. Die Hansen gingen dadurch als ehrenhafte Dynastie in die geschichtlichen Aufzeichnungen ein. Auf Wucher beispielsweise stand die Todesstrafe. Wucher hatte weder etwas mit Ehre noch etwas mit Glaubwürdigkeit zu tun, aber auf diesen Werten basierte der gesamte Handel. Man

Die deutsche Hanse und die norddeutsche Kaufmannsehre

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kennt dies heute auch als „norddeutsche Kaufmannsehre“. Damals wurden alle Abschlüsse gemeinsam betrunken, indem man auf die Kaufmannsehre anstoß und sich dabei die Hand gab. Ehrenwerte Kaufmänner haben aufgrund der Todesstrafe nie ihr Wort gebrochen. Zwar gilt heute in Deutschland die Todesstrafe bei Nicht-Erfüllung eines Vertrages nicht mehr, allerdings ist dieser Handschlag wie am Anfang dieses Kapitels beschrieben rechtlich bindend. Die Geschichte dazu dient auch wieder Ihrem Vorabschluss bei der Bedarfsanalyse. Denn Ihr Kunde weiß vermutlich nicht, dass ein Handschlag rechtlich bindend ist und dass er geschichtlich etwas zu sagen hat. Hierbei geht es um Ehre und auch um Glaubwürdigkeit. Ob Sie Ihrem Kunden von dieser Geschichte erzählen, das entscheiden Sie selbst. Ich beispielsweise rede gerne über diese Geschichte und auch über die deutsche Hanse. Denn sie inspiriert mich, den Kunden immer in den besten Absichten zu begleiten. Damals war dies selbstverständlich, heute jedoch müssen viele Kunden anderes auf dem Markt erleben. Ich möchte Ihnen hiermit zusätzlich aufzeigen, dass der Handschlag beim Vorabschluss mit Ihrem Kunden eine starke Bedeutung haben kann, sofern Sie ihn einfordern. Sie sehen dann, ob Ihr Kunde wirklich mit Ihnen zusammenarbeiten möchte, wenn Sie all dessen Wünsche erfüllen. Natürlich wird es auch hier immer Ausnahmen geben, die die Regel bestätigen. Versuchen Sie es selbst. Ich wünsche Ihnen viel Freude dabei, dieses Wissen und vielleicht auch vieles Weitere aus diesem Buch in Ihrem Alltag anzuwenden. Dabei bedenken Sie natürlich immer, dass alles was Sie machen zu Ihnen persönlich passen muss, damit Sie auch authentisch bleiben und sich nicht verändern müssen.

Der Verkauf und Vertrieb heute und morgen

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Inhaltsverzeichnis Heute  Morgen 

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Heute Im Vertrieb und Verkauf wird sich in den nächsten fünf bis zehn Jahren Grundlegendes verändern. Der stationäre Handel und auch Firmen, die ihre Dienstleistungen oder Produkte an andere Firmen verkaufen, werden erfahren, dass Empathie, Verständnis und der emotional intelligente Umgang miteinander das ist, was bei einer guten Geschäftsbeziehung zählt. Viele Unternehmen verfahren aktuell schon nach diesem Konzept. Ein weltweit agierender Konzern hat sich zum Beispiel zum Ziel gesetzt, das freundlichste und kundenorientierteste Unternehmen zu werden, das es gibt. Wenn der stationäre Handel solche Maßnahmen daher nicht für sich adaptiert, steht er in Zukunft vor großen Herausforderungen, denn der Kunde wandert dann ab. Es existieren zahlreiche Unternehmen und auch VerkäuferInnen und VertriebsmitarbeiterInnen, die Kunden als selbstverständlich ansehen und vergessen haben, dass der Kunde letztendlich der ist, der alle Gehälter bezahlt. Er bildet das Fundament eines jeden erfolgreichen Unternehmens. Viele VerkäuferInnen besitzen heutzutage jedoch immer noch veraltete Glaubenssätze, die teilweise auch noch nie richtig waren, die dazu führen, dass der Endverbraucher mehr und mehr im Internet kauft. Die nachfolgenden 16 Thesen sind entweder aus wissenschaftlicher oder aus moralischer Sicht inkorrekt und falsch. Deshalb möchte ich die größten Irrtümer, die mir im

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2021 J. Kettler, Mit Empathie verkaufen, Edition Sales Excellence, https://doi.org/10.1007/978-3-658-32419-3_15

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15  Der Verkauf und Vertrieb heute und morgen

Alltag mit Verkaufs- und VertriebsmitarbeiterInnen auffallen, hier zum Schluss noch richtigstellen. Ich nenne diese Meinungen und Auffassungen „veraltete und unmoralische Verkaufsthesen“: 1. „Den Kunden sollte man immer etwas warten lassen.“ In vielen Verkaufstrainings, an denen ich selbst teilgenommen habe und auch bei einigen Marktbegleitern, die ich mir natürlich in meiner Branche ansehe, lese und höre ich immer noch, dass man den Kunden warten lassen sollte, um seine durchsetzungsstarke Position zu demonstrieren. Wenn man das jedoch macht, denkt der Kunde, der wahrscheinlich pünktlich sein wird, dass Sie unhöflich sind und damit verstoßen Sie dann vermutlich gegen gewisse Erwartungshaltungen von ihm. Daher ist es sowohl wissenschaftlich als auch moralisch inkorrekt. 2. „Künstliche Verknappung“ Einige Branchenkollegen scheinen zudem immer noch zu denken, dass Endkunden und Verbraucher dumm sind. Aber das waren sie noch nie, sie haben sich lediglich von Werbung leiten lassen. Heute sind Endkunden allerdings, was Werbung angeht, deutlich sensibler und hinterfragen auch viel mehr. Wenn Sie also ein Produkt verkaufen, wie man das zum Beispiel in einem Restaurant mit einem Tagesgericht tut, dann kann das ein Fall von authentischer Verknappung sein. Wenn Sie Ihrem Kunden allerdings suggerieren wollen, dass wenn er unter den ersten 100 Kunden ist, er einen enormen Vorteil dadurch erlangt, dann ist nicht davon auszugehen, dass diese unauthentische und künstlich herbeigeführte Verknappung Ihren Sinn erfüllt. Denn die Frage dabei ist, ob die Verknappung glaubhaft belegbar ist und ob sie unter Umständen auch bewiesen werden kann. Oder bekommt auch der 100., der 200. und auch der 1000. diesen enormen Vorteil? Vermutlich ja, sofern er ihn dann einfordert. Nur sehr wenige Unternehmen und Berater auf der Welt würden das einem Kunden ausschlagen, denn sie wollen ja nicht ihren Verkaufsabschluss gefährden. Eine Aktion zeitlich zu befristen ist natürlich eine Möglichkeit einer künstlichen Verknappung. Sie kann auch funktionieren, aber vermutlich nur, sofern sie nicht dem Beispiel Baumarkt folgen, der als letzte Werbung im Radio folgendes mitteilte: „20 Prozent auf alles, heute auch auf Tiernahrung“. 3. „Der Kunde will immer Sonderpreise.“ Wie Sie aus den vorangegangenen Kapiteln wissen, spielt der Preis für den Kunden eine völlig untergeordnete Rolle, sofern er verstanden wird, dem Wunsch des Kunden entspricht und dieser nicht das Gefühl hat, dass er etwas aufgeschwatzt bekommt. Wenn Sie einen Rabatt geben, dann muss auch dieser authentisch und vor allem realistisch sein. Realistisch bedeutet, dass Ihr Kunde eine Gegenleistung für den Rabatt bringen muss, denn sonst hätten Sie den Rabatt ja mit eingerechnet, oder? Der Kunde könnte das auf jeden Fall denken. Daher arbeiten Sie mit den Skontomodellen, wie zum Beispiel bei den Abschlusstechniken beschrieben. Wenn Sie Ihrem Kunden am Ende mehrere 100 oder auch 1000 Euro zusätzlichen Rabatt einräumen, dann ist das keinesfalls glaubwürdig und der Kunde könnte sich dabei über den Tisch gezogen

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fühlen. So ein Vorgehen wird natürlich weder weiterempfohlen noch schafft es Vertrauen, welches der Kunde allerdings braucht, um einem Kauf auch zuzustimmen. Ich habe mehrere Jahre in der Küchen- und Möbelbranche gearbeitet und am meisten taten mir immer die Kollegen leid, die in der Nacht die Preisschilder austauschen mussten, wenn es hieß „20 Prozent auf Möbel und 45 Prozent auf frei geplante Küchen“. Glauben Sie mir, kein Unternehmen der Welt kann entweder 20- oder 45-Prozent-­ Rabatte anbieten, es sei denn, diese Nachlässe sind eingerechnet, was mittlerweile aber auch der Kunde weiß. Solche Preisversprechen sind daher völlig unrealistisch und auch nicht authentisch. 4. „Der Preis entscheidet.“ Dies ist nicht nur ein Mythos, sondern eine mittlerweile völlig falsche Ansicht. Die These ist nicht mehr aktuell, wird allerdings immer noch von vielen Kollegen in meiner Branche aufgestellt. Der Preis entscheidet jedoch nicht, wie wir bereits aus den vorangegangenen Kapiteln wissen. Es zählen Empathie und Verständnis für den Kunden. Das wird zum einen vom Kunden gewünscht und zum anderen sind das schon immer die stärksten Unterscheidungskriterien im Verkaufs- und Vertriebswesen gewesen. Der Preis muss eben fair sein und ins Budget des Kunden passen. 5. „Der Kunde muss streng geführt werden.“ Leider muss ich häufig lesen und auch in Podcasts oder Videos hören, dass „jeder Kunde unbedingt geführt werden muss“. Auch das ist absoluter Quatsch. Es hängt immer stark davon ab, welche Persönlichkeit Ihr Kunde aufweist und ob er eher im Durchsetzungsmotivfeld oder im Harmonie- und Geborgenheits-Feld zuhause ist. So oder so erwartet Ihr Kunde dann immer noch eine Beratung, in der er der Häuptling sein kann (rotes Feld) oder in der Sie absolut partnerschaftlich (grünes Feld) zusammenarbeiten. In keinem Fall möchte der Kunde geführt werden, sondern er will verstanden werden. Daher ist auch diese These sowohl wissenschaftlich als auch moralisch inkorrekt. 6. „Beratung hat nichts mit Verkaufen zu tun.“ Beratung hat nichts mit Verkaufen zu tun? Dieses ganze Buch und sein Inhalt widerlegen diese These. Der Kunde erwartet von Ihnen als VerkäuferIn oder VertriebsmitarbeiterIn, dass Sie ihm beratend zur Seite stehen und ihm dabei helfen, die für ihn richtigen Entscheidungen zu treffen und nicht die, von denen Sie persönlich vermuten, dass sie seinen Vorstellungen entsprechen. Ihre Aufgabe ist es, dem Kunden als Partner zur Seite zu stehen und ihn in den Punkten zu beraten, in denen er sich wünscht, beraten zu werden und dies auch erwartet. Auch diese These ist somit in wissenschaftlicher und moralischer Hinsicht falsch. 7. „Der Kunde muss auch manchmal zu seinem Glück gezwungen werden.“ Diesen Satz höre oder lese ich in den sozialen Medien oder in Büchern häufiger. Der Kunde muss allerdings niemals zu seinem Glück gezwungen werden, wenn ich ihn wirklich verstehe und ihn mit meiner individualisierten Beratung bei seiner Entscheidungsfindung unterstütze. Ich muss den Kunden also nicht zu seinem Glück zwingen,

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15  Der Verkauf und Vertrieb heute und morgen

denn ich darf ihm mit meinen Ratschlägen, die ich ihm zielgerichtet für seine Person und seinen Bedarf gebe, helfen, glücklich zu werden. 8. „Man darf den Kunden auch ungefragt kontaktieren.“ Das ist ebenfalls eine Aussage, die auf vielen unterschiedlichen Kanälen gestreut wird. Aufgrund von DSGVO-Richtlinien ist dieser Ansatz allerdings gesetzlich gesehen schon falsch, ganz zu schweigen vom moralischen Aspekt. Unabhängig davon ist dieses Vorgehen maximal unhöflich und vor allem respektlos. Wenn Sie Ihren Kunden nicht um Einverständnis gebeten haben, dann haben Sie sowohl ethisch als auch rechtlich gesehen keine Berechtigung, den Kunden zu kontaktieren. Anders verhält es sich, wenn Sie Ihren Kunden fragen und dieser zustimmt. Ich persönlich kenne niemanden, der sich über eine unangekündigte Kaltakquise oder auch einen unangekündigten Anruf in Bezug auf ein gemachtes Angebot freut. Das kann natürlich individuell verschieden sein, aber geht man nach Umfragen und Statistiken sowie dem gesunden Menschenverstand, dann empfiehlt es sich, den Kunden um Erlaubnis zu bitten. Auch bei telefonischer Akquise besteht die Möglichkeit, sich vorab die Zustimmung von einem potenziellen Interessenten zu holen. Wenn man in telefonischen oder auch E-Mail-Akquisen so vorgehen würde, dann wäre die Qualität aus den daraus resultierenden Gesprächen deutlich hochwertiger. Die Zeiten der Kaltakquise sind nun mal vorbei, es sei denn, man handelt emotional intelligent und zielgruppenspezifisch. 9. „Man kann immer zusätzliche Mehrwerte verkaufen, die on top kommen.“ Auch diese Information begegnet mir oft, sie ist jedoch grundlegend falsch, sofern ich keine Bedarfsanalyse gemacht habe und nicht das Budget des Kunden kenne. Und das ist unabhängig von der Branche! Im Handel gilt generell, dass Sie versuchen müssen, im vom Kunden vorgegebenen Budgetrahmen zu bleiben. Das kann für viele Unternehmen, die im täglichen Geschäft mit Endkunden zu tun haben, jedoch manchmal zur Herausforderung werden. Denn der Kunde kommt zwar häufig mit einer realistischen, aber auch manchmal mit einer sehr unrealistischen Preisvorstellung zu einer Beratung. Man kann also nicht immer zusätzliche Mehrwerte verkaufen, denn jeder Verkäufer und Vertriebsmitarbeiter muss sich in erster Linie erst einmal dem Budgetrahmen des Kunden anpassen. Sollte man, sofern überhaupt möglich, diesen Rahmen einhalten oder sogar darunter bleiben, müsste man den Kunden erst einmal fragen, ob er an möglichen weiteren Investitionen interessiert ist. Denn einfach davon auszugehen, zeugt nicht von viel Respekt. Ganz im Gegenteil ist diese Methode der eigentliche Grund dafür, warum viele Menschen Vorurteile gegenüber VerkäuferInnen haben und sich laut einer bereits von mir zitierten Umfrage wünschen, dass ihre Anliegen überhaupt wahrgenommen werden. Dieser Wunsch der deutschen Kunden war in besagter Umfrage sogar auf Platz eins. Daher gilt es, den Kunden und auch sein Budget ernst zu nehmen. 10. „Verkaufen fängt dann an, wenn der Kunde Nein sagt.“ Das ist eine der vermutlich hartnäckigsten Thesen, die mir immer wieder über den Weg läuft. Da Verkaufen aber immer Beratung ist und es darum geht, das Bauchgefühl des Kunden zu gewinnen, fängt Verkaufen bereits beim ersten Kontakt an und der hat

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eine maximale Dauer von circa 100 Millisekunden. Wie Sie auch aus den vorangegangenen Kapiteln wissen, haben Sie nur diese circa 100 Millisekunden Zeit, um nonverbal einen positiven ersten Eindruck zu hinterlassen. Dabei sind viele Dinge wichtig: die unterschiedlichen Erwartungshaltungen Ihres Kunden, dessen Persönlichkeit oder auch wie Sie zum Beispiel dem Kunden begegnen, ob mit einem Lächeln oder einem ärgerlichen Blick, weil Sie gerade aus einem unangenehmen Mitarbeitergespräch mit Ihrem Chef herauskommen. Verkaufen fängt also dann an, wenn der Kunde Sie das erste Mal sieht, in den ersten 100 Millisekunden des ersten Kontaktes, der mit Ihnen persönlich stattfindet. Wenn der Kunde Nein sagt, dann hat das vermutlich einen Grund. Welcher das ist, das wissen Sie nicht. Sie können es aber in Erfahrung bringen. Dann jedoch noch mehr Druck zu machen oder dem Kunden völlig unrealistische Preise anzubieten, wäre genau der falsche Ansatz. Damit würden Sie das Nein des Kunden nur noch zusätzlich verstärken. Statt Druck auszuüben sollten Sie versuchen, die Einwände, die gegen Sie und Ihre Investitionsplanung bestehen, zu finden und aufzulösen. Aber auch das hat mit Beratung zu tun, denn es kann sowohl sein, dass Ihr Kunde etwas überhört hat, was Sie bereits erzählt haben oder aber er hat Sie vielleicht falsch verstanden. Sie wissen es nicht. Aber Sie wissen nun, dass Verkaufen beim ersten nonverbalen Kontakt anfängt. 1 1. „Eine Nacht darüber schlafen ist zweifeln.“ Bei manchen dieser Thesen ist für mich nicht nachvollziehbar, wie sie entstehen. Denn wissenschaftlich belegbar sind sie nicht, sie entstammen größtenteils einfach persönlichen Meinungen. Eine Nacht über Entscheidungen zu schlafen kann für Ihren Kunden ein eigens konzipierter Glaubenssatz sein, den ihm beispielsweise seine Eltern vorgelebt haben. Dann ist dies kein Vorwand oder ein Zeichen von Unsicherheit, sondern hat ganz einfach mit seiner Erziehung und der Bildung seiner eigenen Prinzipien zu tun. Solche über die Jahre manifestierten Grundsätze können Sie nicht einfach so in Frage stellen und den Kunden dann auch noch mit aggressiven Gesprächstechniken unter Druck setzen. Das bewirkt genau das Gegenteil. Die „Eine-Nacht-darüber-­ schlafen-Typen“ sind letztendlich auch nur Menschen, die für sich mit einer Entscheidung einfach besser umgehen können, wenn sie eine Nacht darüber schlafen. Wenn Ihr Kunde so denkt und diesen Glaubenssatz verinnerlicht hat, dann bleibt Ihnen nichts anderes übrig, als das zu akzeptieren und eventuell mit dem „Eine-Nacht-­ darüber-­schlafen-Kissen“ zu arbeiten, um ihm so verstärkt das Gefühl zu geben, dass Sie ihn respektieren und auch verstehen. Denn wenn Ihr Kunde auf dem Markt vergleicht und es dort andere Verkäufer gibt, die seine Entscheidung nicht ernst nehmen, dann liegt das positive Bauchgefühl ganz klar auf Ihrer Seite. Dieses Buch unterstützt Sie deshalb dabei, herauszufinden, ob es sich hierbei um einen Vorwand, einen Einwand oder wirklich einen Glaubenssatz handelt. Denn in der vorherigen Gesprächsführung sollten Sie anhand der Emotionen in der Mimik des Kunden gesehen haben, wo Einwände liegen und im Optimalfall haben Sie diese bereits behoben. Zeigt sich nun wahre Freude bei seinem Wunsch, eine Nacht über die Entscheidung zu schlafen,

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dann nehmen Sie diesen Glaubenssatz hin, holen das Kissen und vereinbaren eine Verbindlichkeit für den nächsten Tag. 12. „Verschränkte Arme bedeuten Ablehnung.“ Diesen Mythos konnten wir bereits widerlegen. Nichtsdestotrotz wird er in vielen Fachwerken, die mit Vertrieb oder Verkauf zu tun haben, immer noch geschrieben, darunter auch Bestseller. Darum ist es mir an dieser Stelle wichtig noch einmal zu betonen, dass verschränkte Arme je nach Kontext entweder Abschottung bedeuten können  – das ist ein Unterschied zu Ablehnung  – oder sie vielleicht zum körpersprachlichen Standardverhalten Ihres Kunden gehören, weil es für ihn eine angenehme Körperhaltung ist. Ebenso kann diese Körperhaltung signalisieren, dass Ihr Kunde Ihnen konzentriert zuhört. Interpretieren Sie dieses Verhalten Ihres Kunden falsch und versuchen beispielsweise, Ihre Aussage zu verteidigen, weil Sie Ablehnung vermuten, dann kann sich das negativ auf das Gespür Ihres Kunden auswirken. 1 3. „Kunden vergleichen immer.“ Diese These stimmt, sofern sich der Kunde nicht abgeholt fühlt, Ihnen nicht vertraut, er das Gefühl hat, dass Sie ihm etwas aufschwatzen, ihn nicht ernst nehmen oder ihn nicht wertschätzen, wenn Sie ihm nicht richtig zuhören oder ihn ständig unterbrechen. Es gibt viele Gründe dafür, warum sich der Kunde eventuell alternative Angebote einholt. Dass allerdings fast jeder Kunde vergleicht, ist einfach nicht korrekt. Die meisten tun das hauptsächlich deshalb, weil sie sich einfach nicht verstanden fühlen oder ihnen der Verkäufer zu unfreundlich war. Das sorgt dafür, dass der Kunde unter Umständen im Internet kauft und nicht im stationären Handel. Zu berücksichtigen ist auch hier jedoch wieder der Typ des Kunden. Es gibt diejenigen, die einem Verkaufsabschluss sofort zustimmen, wenn sie entsprechend gut behandelt werden. Aber es gibt auch solche, die aus der Gewohnheit heraus mehrere Optionen prüfen. Meist sind das Kunden, die eher rational denken und handeln. Bei diesen Typen können Sie dann allerdings wieder das Werkzeug der Bestpreisgarantie einsetzen, um dem möglichen Sicherheitsbedürfnis gerecht zu werden. In den meisten Fällen sind also die psychologischen Beweggründe ausschlaggebend dafür, warum Ihr Kunde vergleicht. Hierbei alle über einen Kamm zu scheren, halte ich darum ethisch und auch wissenschaftlich betrachtet für fragwürdig. 1 4. „Der Kunde hat nur sieben Bedürfnisse.“ Wenn wir uns allein nur den Motivkompass® ansehen, sehen wir, dass weit mehr als nur sieben Bedürfnisse existieren. Jeder Kunde weist in der Regel mindestens zwei Motivpräferenzen auf. Hinzu kommen die Vorlieben des Partners, da Kaufentscheidungen häufig gemeinsam getroffen werden. Hat also jeder beispielsweise zwei Bedürfnisse pro Motivfeld, sind wir bereits bei über sieben. Wissenschaftlich gesehen ist diese Aussage deshalb nicht haltbar. In den vorangegangenen Kapiteln, wie zum Beispiel in der „Verkaufspsychologie“, habe ich Ihnen diverse Bedürfnisse aufgelistet, die für das Handeln Ihres Kunden und dementsprechend für seine Entscheidungen verantwortlich sein können. Allein die reine Anzahl der möglichen Bedürfnisse widerlegt diese These.

Morgen

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15. „Der Kunde kauft das, was ich ihm sage.“ Wenn der Kunde nicht das Gefühl hat, dass Sie ihn verstehen und es ehrlich mit ihm meinen, dann kauft er bei Ihnen gar nichts. Natürlich folgt er Empfehlungen von Verkäufern oder Beratern, denen er vertraut und bei denen er das Gefühl der Wertschätzung erfährt. Erfolgreiche Verkäufer schaffen genau das. Diejenigen hingegen, die glauben, der Kunde kauft schon das, was ich ihm sage, erleben häufig das Gegenteil, sofern sie mit aggressiven Methoden im Verkaufsprozess vorgehen und eventuelle Einwände oder auch Fragen schnell abbügeln. Denn Kunden kaufen da, wo sie sich wohlfühlen. Vertraut Ihnen der Kunde, dann kauft er auch das, was Sie ihm aufgrund der Bedarfsanalyse und eines empathischen Verkaufsprozesses am Ende empfehlen. Er entscheidet jedoch immer selbst, was er kauft und wann er es wirklich kauft. Ein Verkäufer gibt stets nur Ratschläge und Hilfestellungen bei der Auswahl. 16. „Verkaufen ist überzeugen.“ Verkaufen hat wenig mit überzeugen zu tun, sondern viel mit Verständnis! Wenn ich weiß: • • • •

was mein Kunde sich wirklich wünscht, welchen Nutzen er sich rational und irrational vorstellt, welche emotionalen Bedürfnisse das Produkt stillen soll, für welche Werte mein Kunde steht,

dann muss ich nicht mehr überzeugen. Ich muss dem Kunden lediglich zur Seite stehen und ihm dabei helfen, die für ihn ausschlaggebenden Beweggründe zu finden, damit er sich richtig entscheidet. Habe ich diese gefunden, dann muss ich nichts verkaufen oder überzeugen, denn dann kauft der Kunde von ganz allein. Indem Sie Einwände erkennen und beheben und Ihren Kunden emotional, psychologisch und neurobiologisch verstehen, begeben Sie sich in eine Position, in der Sie niemandem mehr etwas aufzwängen müssen. Wenn Sie Ihren Kunden mit allen Mitteln überzeugen müssen, dann haben Sie etwas falsch gemacht. Denken Sie wieder daran, dass sich der Kunde in Deutschland allgemein in den Beratungen so fühlt, dass ihm etwas aufgeschwatzt werden soll. Dieses Gefühl kommt auch dann zustande, wenn ein Verkäufer energisch überzeugen muss. Verstehen Sie Ihren Kunden also wirklich, dann müssen Sie nicht überzeugen. Der Kunde wird dann von ganz allein kaufen, weil Sie alle seine Bedürfnisse befriedigen und er Ihnen vertraut! Mehr braucht es nicht. Gleiches gilt für den Satz: „Verkaufen ist Manipulation.“

Morgen Jeder Berater, jeder Verkäufer, jeder Einzelhandelskollege und jeder einzelne Vertriebsmitarbeiter kann etwas verändern, wenn er empathisch und emotional intelligent verkaufen lernt. Eine der wichtigsten Studien aus diesem Buch und dem Kapitel „Wie der Kunde

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seine Kaufentscheidung trifft“ mit über 290.000 befragten Verbrauchern hat ergeben, dass sich der Einzelhandel oder der Handel allgemein auf die emotionale Bindung konzentrieren und sich mit den funktionalen und emotionalen Bedürfnissen des Kunden befassen sollte, um sie dann auch zu erfüllen. Diese Ergebnisse zeigen ganz deutlich, dass sich im stationären Handel, aber auch im gesamten Vertrieb einiges tun muss, damit der Kunde nicht noch mehr ins Internet abwandert. Denn ob Sie in einer Bank arbeiten, bei einem Finanzdienstleister, bei einer Versicherung, einem Möbelhaus, einem Küchenstudio, einem Autohändler, einem Supermarkt oder in einer anderen Branche, in der Sie etwas verkaufen, letztendlich geht es nur darum, den Kunden von heute und auch morgen zu verstehen, ihn wertzuschätzen, zu respektieren und mit ihm partnerschaftlich im gesamten Verkaufsprozess umzugehen. Tun Sie das nicht, wird er sich seine Produkte im Internet bestellen. Beispiele dafür gibt es genug. Sorgen Sie deshalb dafür, dass Sie persönlich zum unvergleichbaren Alleinstellungsmerkmal werden und nutzen Sie die effizienteste Vorgehensweise, die es im 21. Jahrhundert gibt, nämlich die emotional intelligente und empathische Verkaufsstrategie, in der es darum geht, den Kunden wirklich glücklich zu machen und ihn damit im Herzen zu berühren. Das erfolgreichste Verkaufsgeheimnis sind demnach Sie selbst.

Danke

Auf dem Lebensweg eines jeden Menschen gibt es Personen, denen man viel zu verdanken hat. Oft spricht man es nicht aus, dabei ist Dankbarkeit eine der gesündesten Emotionen, die es gibt. Sie kann unser Wohlbefinden steigern und unsere seelischen Abwehrkräfte stärken, sie lindert Stress und erdet uns. Auch das habe ich von Dirk W. Eilert gelernt und freue mich deshalb sehr, hier aufrichtig dafür Danke zu sagen. Dieses Buch wäre ohne Dich, lieber Dirk, nicht möglich gewesen. Durch Dich konnte ich in diesem Buch die wissenschaftlich aktuellste und vor allem einwandfreiste Methodik über Körpersprache und Emotionen verwenden: die Mimikresonanz®-Methode. Darüber hinaus, lieber Dirk, durfte ich für dieses Buch mit dem Motivkompass® arbeiten, der nicht einfach nur ein Typologie-Modell ist, sondern ein Abbild menschlicher Motivationen. Außerdem bin ich sehr glücklich darüber, dass Du in Bezug auf Emotionen, Körpersprache sowie der emotionalen Intelligenz ein Mentor und Vorbild für mich geworden bist. Außerdem möchte ich der lieben Juliane Braun danken, die maßgeblich an dem Format des Buches beteiligt ist. In den letzten 20 Jahren habe ich viele Mentoren kennenlernen dürfen, die mir dabei geholfen haben, menschlich, verkäuferisch und auch vertrieblich erfolgreich zu sein. Das Fundament für meine verkäuferischen Fähigkeiten habe ich Herrn Herbert Schulz zu verdanken, der mir in meiner ersten Lehre zum Kaufmann im Einzelhandel erklärt hat, dass Verkäufer Menschen glücklich machen und mir beigebracht hat, was Ethik, Moral und Respekt im Umgang mit dem Kunden bedeuten und dass sie das Fundament für jede Beratung sein sollten. Nach meiner Ausbildung durfte ich durch Bernd Eder und Horst Gebers viel Neues lernen, unter anderem wie man erfolgreich und vor allem durch Strategie in einem Verkaufsprozess einen Unterschied ausmacht zwischen etwas verkaufen müssen oder etwas kaufen lassen. In dieser Zeit habe ich mein Interesse für emotionales Verkaufen entdeckt und bin dafür auch heute noch sehr dankbar.

© Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2021 J. Kettler, Mit Empathie verkaufen, Edition Sales Excellence, https://doi.org/10.1007/978-3-658-32419-3

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Danke

Ohne Frau Renate Sigwart wäre ich zudem heute nicht an dem Punkt, an dem ich mich befinde und hier vor allem auch nicht so erfolgreich. Für all das, was Sie für mich getan haben Frau Sigwart, möchte ich Ihnen von Herzen danken. Ohne Ihre Unterstützung wäre mein beruflicher Werdegang nicht so produktiv verlaufen. Bei Ihnen durfte ich vieles über Struktur und Planung lernen, was mir auch heute in meinem täglichen Leben immer noch hilft. Außerdem haben Sie für mich folgenden Grundsatz maßgeblich geprägt: „Ein Wort ist ein Wort.“ Danke dafür! Die letzten zehn Jahre meines beruflichen Werdegangs spielte vor allem Stephan Hettlich eine große Rolle für mich. Danke Stephan, dass Du mich unter Deine Fittiche genommen hast und mir sowohl bei meiner beruflichen als auch charakterlichen Weiterentwicklung zur Seite standest mit all Deiner empathischen Kritik. Ohne Dich, lieber Stephan, wäre ich nie in die Trainer- und Coach-Branche gekommen. Danke dafür! Außerdem möchte ich Herbert Holtgreife danken, der für mich sowohl ein Mentor als auch Ideengeber war und mir ebenfalls in den letzten zehn Jahren mit einer hohen Form der Wertschätzung Kritik gab, die mich beruflich erfolgreich voranbrachte. Von Dir, lieber Herbert, habe ich viel lernen dürfen in Bezug auf Verkaufen und menschlicher Weiterentwicklung, aber auch was es heißt, einfach weiterzumachen, auch wenn es unbequem wird. Ebenso möchte ich dem Sohn von Herbert danken, Stefan Holtgreife, denn ohne seine Unterstützung hätte ich mich nie selbstständig gemacht. Vielen Dank für den Anschub in die richtige Richtung und auch für Deine persönliche Unterstützung, die ich in vielerlei Hinsicht erfahren durfte! Martin Willuweit möchte ich Danke sagen für seine sehr empathische und aufrichtige Führung und die wertschätzende Kritik, die mich in meiner beruflichen Laufbahn der letzten zehn Jahre geprägt hat. In den vergangenen Jahren hat obendrein niemand mein Verständnis für Loyalität und Partnerschaft so geprägt wie Maik Schmidt. Danke lieber Maik, dass auch Du mich mit Deinem Feedback dabei unterstützt hast, menschlich und beruflich erfolgreicher werden zu dürfen. Zuletzt möchte ich meinem Freund Mario Schmidt danken. Ohne Dich, lieber Mario, wäre so vieles, nicht möglich gewesen. Ich bin voller Dankbarkeit dafür, dass ich all diese außergewöhnlichen Menschen in meinem beruflichen Werdegang kennenlernen durfte und bin sehr stolz darauf, dass ich sie an meiner Seite wissen durfte oder immer noch wissen darf.

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Persönlichkeitstest  – Erfahren Sie mehr über sich selbst und wie Ihr Kunde Sie wirklich sieht

© Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2021 J. Kettler, Mit Empathie verkaufen, Edition Sales Excellence, https://doi.org/10.1007/978-3-658-32419-3

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