Metrologische Untersuchungen an bronzezeitlichen Schwertbruchstücken 3895901555

In: Ordo et mensura VIII / Internationaler Interdisziplinärer Kongreß für Historische Metrologie vom 19. bis 21. Septemb

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German Pages [14] Year 2004

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Metrologische Untersuchungen an bronzezeitlichen Schwertbruchstücken
 3895901555

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Metrologische Untersuchungen an bronzezeitlichen Schwertbruchstücken Von Wolfgang Schmid Umengräberfelder von z. T. erheblichen Ausmaßen kennzeichnen die Spät­ bronzezeit (Umenfelderzeit, 13.-8. Jh. v. Chr.) in weiten Teilen Europas. Im Zuge komplexer Grabriten wurden nicht nur die Leichname der Verstorbenen einem Transformationsprozeß durch Verbrennen unterzogen; dasselbe gilt zu einem erheblichen Teil auch für die Grabbeigaben. Auf das Auslesen des Lei­ chenbrandes aus der Scheiterhaufenasche folgte dessen Bestattung in einer Urne oder die flächige Ausstreuung am Boden der Grabgrube. Ein Teil der Beigaben wurde in der Regel aus rituellen Gründen durch Verbiegen, Zerbrechen oder durch beides für profane Zwecke unbrauchbar gemacht, gelegentlich ebenfalls dem reinigenden Feuer des Scheiterhaufens ausgesetzt und damit in religiösem Sinne in eine höhere, dem irdischen Alltag entrückte Ebene transformiert. In den reicher ausgestatteten Gräbern, die häufig auch ein rituell zerbrochenes Bronze­ schwert enthalten, spiegelt sich wohl die Aristokratie umenfelderzeitlicher Ge­ meinschaften1. Dass Schwertträger innerhalb der Gräberfelder eine herausragende Stellung einnehmen, die sich mitunter auch geometrisch-metrologisch manifestiert, wurde am Gräberfeld von Unterhaching, Kr. München, verschiedentlich aufzuzeigen versucht2. Es ist deshalb von Interesse, ob sich die anhand der geometrischen Strukturen der Grabpositionen um die Waffenträger herausgearbeiteten spätbron­ zezeitlichen Maßvorstellungen auch in den Abmessungen der in die Gräber ge­ langten Schwerter selbst wiederfinden lassen und inwiefern diese beim rituellen Zerbrechen eine Rolle gespielt haben könnten. Da Maßangaben von Kleinfunden in der archäologischen Fachliteratur nicht immer exakt sind und sich damit für metrologische Auswertungen kaum eignen, wurde Wert darauf gelegt, die Origi­ nale selbst nochmals genau zu vermessen. Einige ausgewählte Schwerter der Archäologischen Staatssammlung in München - sie weisen definierte, in sehr 1 Ch. Clausing, Untersuchungen zur Sozialstruktur in der Umenfelderzeit Mitteleuropas. In: Eliten in der Bronzezeit. Monogr. RGZM 43, Bd. 2 (Mainz 1999), 319 ff. 2 W. Schmid, Metrologische Untersuchungen zum Beziehungsgeflecht der Gräberellipsen im spätbronzezeitlichen Umengräberfeld von Unterhaching, Kr. München. In: F. Huber/R. C. A. Rottländer (Hrsg.), ORDO ET MENSURA VII (St. Katharinen 2002) 98 ff. mit weiteren Literaturangaben.

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guter Näherung rechtwinklig zu den Schneiden verlaufende Brüche der Klinge auf - sollten erste Hinweise im Sinne der Fragestellung geben, die allerdings aufgrund ihrer geringen Anzahl gegenwärtig nicht als repräsentativ gewertet werden können. In allen untersuchten Fällen handelt es sich um bronzene VollgrifTschwerter aus südbayerischen Fundorten3. Sie stellen das Gros spätbronze­ zeitlicher Grabschwerter. Griffzungen- und Griffangelschwerter sind in Südbayem dagegen relativ selten als Grabbeigabe anzutreffen und weisen i. a. unregel­ mäßige Brüche auf4*. Als ausgesprochene Zeremonialwaffen eignen sich Voll­ griffschwerter ohnehin nur bedingt zum Kampf, weswegen sich die Frage von Abnutzung und Nachschleifen und damit eine gebrauchsbedingte Verkürzung der ursprünglichen Länge hier weniger stellt3.

Das Vollgriffschwert aus dem Unterhachinger Urnengräberfeld In Grab 13 des Umengräberfeldes von Unterhaching, Kr. München, ist ein stark verbogenes und in zwei Teile zerbrochenes sog. "Vielwulstschwert" der älteren Umenfelderzeit (12. Jh. v. Chr.) enthalten (Abb. 1). Das genannte Grab zeichnet sich einerseits durch seine Lage auf der großen Achse der Gräberellipse E) aus, liegt aber andererseits auch auf der Bahn von Gräberellipse E3.6 Aus den Bestimmungsgrößen der Unterhachinger Gräberellipsen konnten mit pes und palmipes Romanus (pR und ppR) wichtige Teilmaße des sog. "römischen Maß­ systems" als Konstruktionsgrundlagen errechnet und duodezimale Zahlenvorstel­ lungen wahrscheinlich gemacht werden7. Die Ausmessung der Bruchstücke an3 Zusammenfassend vorgelegt von: I. v. Quillfeldt, Die Vollgriffschwerter in Süddeutsch­ land. PBF IV 11 (Stuttgart 1995). 4 Dies gilt etwa für das Griffangelschwert aus Grab 30 (P. Schauer, Die Schwerter in Süddeutschland, Österreich und der Schweiz I. PBF IV 2 (München 1971) 83 Nr. 280 Taf. 41,280) und das Griffzungenschwert aus Grab 92 der Unterhachinger Umengräberfeldes (ebd. 158 Nr. 466 Taf. 68,466). 3 Eine diesbezügliche Untersuchung liegt für Schwerter des Nordischen Kreises vor: K. Kristiansen, Krieger und Häuptlinge in der Bronzezeit Dänemarks. Ein Beitrag zur Ge­ schichte des bronzezeitlichen Schwertes. Jahrb. RGZM 31, 1984, 187 ff. 6 Schmid (Anm. 2) 106 Abb. 2. Ob es Zufall ist, daß die Form der ovalen Knaufscheibe des Schwertes derjenigen der zugehörigen Gräberellipse Et ähnelt, sei dahingestellt. Aus den Knaufscheibenabmessungen von 40,5 x 31,5 mm errechnet sich eine numerische Exzentrizität e von 0,63 (zum Vergleich: £| = 0,6645 = 2:3). 7 W. Schmid, Güte und Empfindlichkeit von optimierten Ellipseneinpassungen am Beispiel des spätbronzezeitlichen Umengräberfeldes von Unterhaching, Kr. München. In: R. C. A. Rottländer (Hrsg.), ORDO ET MENSURA VI (St. Katharinen 2000) 286 f. Tab. 2-3.

28 hand einer Zeichnung des Schwertes in Originalgröße8 fuhrt auf die Werte:

Loberteii— L| ~ 139 mm, LKiingenfragment ~ L2 ~ 414,5 mm, Summe - 553,5 mm

Unschwer ist zu erkennen, dass das Römische Maßsystem (1 pR = 296,2 mm; 1 ppR = 370,03 mm) und seine Unterteilungen in diesen Abmessungen nicht enthalten sein kann. Zur Ermittlung möglicher Maßeinheiten soll deshalb getestet werden, ob die beiden Teillängen in einem markanten Zahlenverhältnis zueinan­ der stehen. Man erhält: -L =------------- = 0,3353 « ¿2 414,5 mm 3

Das sehr präzise Zahlenverhältnis von 1 : 3 läßt vermuten, dass das Schwert unter Berücksichtigung metrologischer Gesichtspunkte definiert zerbrochen worden sein könnte. Deshalb werden beide Teillängen durch Verwendung des Divisionsalgorithmus ausgewertet, wobei die Länge des kürzeren Fragmentes durch Vielfache von 1, diejenige des längeren durch Vielfache von 3 geteilt wird und die Resultate in jedem Teilungsschritt arithmetisch gemittelt werden9. Im 5. Divisionsschritt erhält man den Wert 27,7 mm, der im kürzeren Fragment damit 5-fach, im längeren (3 x 5) = 15-fach und im ganzen Schwert 5+15 = 20-fach enthalten ist. Dieser Wert stimmt mit einer Abweichung von nur 0,36% mit der 27,77 mm messenden Unze des pes Drusianus (pD) von 333,2 mm Länge über­ ein10, wodurch die Länge des Schwertoberteils als 5 Unzen, die des Klingen­ fragments als 15 Unzen oder 1 palmipes Drusianus und die des ganzen Schwer­ tes somit als 20 Unzen zum pD aufgefasst werden kann. Mag auch diese Inter­ pretation aufgrund mehrerer möglicher Lösungen des Divisionsalgorithmus will­ kürlich erscheinen, so spricht neben der Präzision des Bezuges beider Teillängen zur Unze des pD auch die Länge des Vollgriffes von 110,5 mm mit sehr genau 4 Unzen oder % pD für deren Richtigkeit. 8 Mit einem präzise eingestellten Stechzirkel wurde der genau abgenommene Umriß des gebogenen Klingenfragmentes auf der l:l-Zeichnung mit einer Schrittweite von 5 mm mehrfach abgetastet und die Ergebnisse arithmetisch gemittelt. 9 Zum Verfahren der Maßermittlung mit Hilfe des Divisionsalgorithmus: W. Schmid, Metrologische Untersuchungen an einer Gruppe rechteckiger Hausgrundrisse der spät­ bronzezeitlichen Pfahlbaustation von Greifensee-Böschen, Kt. Zürich. Nachrichtenbl. Arbeitskreis Unterwasserarch. (NAU) 9, 2002, 111 ff. 10 Tabelle von antiken Längen und ihren Unterteilungen bei R. C. A. Rottländer, Eine neu aufgefundene antike Maßeinheit auf dem metrologischen Relief von Salamis. Jahresh. österr. Arch. Inst. 61,1991, 66.

29 Statt einer mit der Konstruktion der Unterhachinger Gräberellipsen überein­ stimmenden Maßeinheit wurde mit dem pes Drusianus im Schwert aus Grab 13 ein weiteres, in der Antike weit verbreitetes Maß aufgespürt. Mag dies auch erstaunlich erscheinen, so kann neuerdings eine Parallele für einen identischen Zusammenhang aus der Siedlungsarchäologie genannt werden11. Auf die bereits durch Hyginus Gromaticus in trajanischer Zeit bezeugte enge Verflechtung bei­ der Maßsysteme wird in der metrologischen Fachliteratur immer wieder verwie­ sen12. Die detaillierte Besprechung weiterer, den pes Drusianus enthaltender bronzezeitlicher Vollgriffschwerter muss an anderer Stelle erfolgen.

Die beiden Vollgriffschwerter von Rohrdorf-Geiging, Kr. Rosenheim Beide nun vorzustellenden Vollgriffschwerter stammen ohne Fundzusam­ menhang aus einem seit Jahrzehnten durch Überpflügen in Mitleidenschaft gezo­ genen Umengräberfeld bei Geiging und datieren ins 12. Jh. v. Chr. (Ha Al). Beim 1922 gefundenen Exemplar handelt es sich um ein alt in vier Teile zerbro­ chenes Dreiwulstschwert13 mit umgebogener Spitze (Abb. 2). Bei der metrologi­ schen Analyse zeigte es sich, daß dieses Spitzenfragment möglicherweise unbe­ absichtigt beim Verbiegen genau im Knick der Biegung abgebrochen ist, da die Länge von Spitzen- und unterem Klingenfragment nicht mit ganzzahligen Viel­ fachen von möglichen Maßen der beiden oberen Bruchstücke zur Deckung ge­ bracht werden konnte. Im einzelnen betragen die Teillängen:

11 Gemeint sind die Befunde der Pfahlbaustation von Greifensee-Böschen, Kt. Zürich. Sowohl in den Haussubstruktionen in Blockbautechnik als auch in den Längen der Pfahl­ schuhe sind offenbar pes Romanus, pes Drusianus und palmipes Romanus enthalten. W. Schmid, Wurden Spätbronzezeitliche Pfahlschuhe nach Maß gefertigt? Das Beispiel Grei­ fensee-Böschen, Kt. Zürich. Arch. Korrbl. 33, 2003, H. 3, 345 ff.; W. Schmid, Wie beein­ flussen Dokumentationsgenauigkeit und Mittelwertschwankung das metrologische Resul­ tat? Weitere Untersuchungen zur Metrologie der Holzbefunde von Greifensee-Böschen, Kt. Zürich. Nachrichtenbi. Arbeitskreis Unterwasserarch. (NAU) 10, 2003, 111 ff. sowie Schmid 2002 (Anm. 9). 12 D. Ahrens, Angewandte Metrologie in Geschichte und Gegenwart. In: G. Gaffga (Hrsg.), Trierer Museums-Seminare (Trier 1993) 37. 13 Typ Illertissen, v. Quillfeldt 1995 (Anm. 3) 160 f. Nr. 155 Taf. 53,155.

30 mm

Loberteil

L|

118

l^KJmgenfr. 1

L2

161,5 ikUH

Summe

706

mm

Ein Divisionstest mit den bislang herausgearbeiteten bronzezeitlichen Einhei­ ten (pR und pD) sowie deren Unterteilungen ergab für die drei Bruchstücke kein befriedigendes Resultat. Deshalb wird auch hier der Weg der Quotientenbildung von Teillängen zum Aufspüren einfacher Zahlenverhältnisse beschritten. Folgen­ de Kombination ist bemerkenswert: ------i— =----------- = 0,2007 * ¿2 + ¿3 588mm 5

Wieder läßt sich der Divisionsalgorithmus ansetzen, diesmal mit den Diviso­ ren 1 und 5 für Zähler und Nenner, der erneut im 5. Teilungsschritt mit 23,56 mm ein Maß im Bereich antiker Unzenlängen liefert. Als Interpretationen bieten sich die Unze zum Fußi6 der Neuen Elle30 (Code J130/10) von 23,43 mm bzw. die Unze zum Fuß|6 der Großen Ptolemäischen Elle30 (Code El30/l6) von 23,69 mm Länge an*13 14. Überprüft man die Teillängen für beide Varianten auf Ganzzahligkeit, erhält man: L| Li = 4,98 uncEi = 5,04 uncji L L:2 = 6,82 uncE| = 6,89 uncji Li = 18.00 uncri = 18.20 uncn Summe = 29,80 uncE| = 30,13 uncji Im Falle von E130/i6 sind die Teillängen und damit auch die Gesamtlänge stets etwas kleiner (oder gleich) einem ganzzahligen Vielfachen der Unze, im Falle von J130/16 kehren sich diese Verhältnisse bis auf die Länge L2 ins Gegenteil. Da die jetzige Länge von Bronzeschwertem abnutzungs- und korrosionsbedingt regelhaft etwas kleiner als die ursprünglich intendierte Länge sein dürfte, ist der ersten Variante (Unze zu El30/10) der Vorzug zu geben. Diese Unze und das zu­ gehörige Fußmaß von 284,3 mm Länge steht im bronzezeitlichen Fundgut Süd­ deutschlands nicht vereinzelt da15.

14Rottländer 1991 (Anm. 10) 66. 13 Der Schifferstadter Goldblechkegel wurde vor seiner Umarbeitung wahrscheinlich nach diesem Maß gefertigt. W. Schmid, Die bronzezeitlichen Goldblechkegel Mitteleuropas metrologisch betrachtet. In: H. Witthöft (Hrsg.), ACTA METROLOGIAE HISTORICAE V (St. Katharinen 1999) 468 Tab. 2; 472 Abb. 4-5.

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Ein weiteres, in Klingenmitte in zwei Teile zerbrochenes Vollgriffschwert des Geiginger Gräberfeldes (Abb. 3) spricht für die Richtigkeit dieser Interpretati­ on16. Die Klingenlänge von 566 mm entspricht in guter Näherung 2 Fuß von 284,3 mm Länge (23,9 uncEi); jedes Klingenfragment ist demnach einen Fuß Eljo/16 lang- Dazu kommt der etwa 5 Unzen (4,98 unc) lange Vollgriff, so dass das Schwert insgesamt auf 24 + 5 = 29 Unzen des genannten Fußmaßes El30/i6 ausgelegt worden sein dürfte.

Das Vollgriffschwert von Bad Reichenhall-Karlstein Der 1899 geborgene und ins 11. vorchristliche Jahrhundert (Stufe Ha A2) da­ tierende Grabfund von Karlstein enthält u. a. ein in zwei Teile zerbrochenes Dreiwulstschwert17 mit alt abgebrochener und fehlender Spitze (Abb. 4). Die beiden 295 mm und 371 mm langen Bruchstücke lassen sich zwanglos mit anti­ ken Längenmaßen in Beziehung setzen. Das 295 mm messende Fragment dürfte als ein 1 pes Romanus, die 371 mm des zweiten Bruchstückes als ein palmipes Romanus aufzufassen sein. In palmae ausgedrückt ist das Grifffragment damit 4 palmae, das Klingenfragment 5 palmae lang. In der Summe ergibt dies 9 palmae oder 2 pedes Drusiani, womit die bereits anderwärts aufgezeigte enge Verflech­ tung von pes Romanus und pes Drusianus am selben Befund1819 auch hier deutlich wird. In Unzen umgerechnet erhält man 12 + 15 = 27 Unzen. Die ursprüngliche Gesamtlänge ist damit mit mindestens 28 Unzen zum pR zu veranschlagen.

Das Vollgriffschwert von Bergkirchen-Feldgeding, Kr. Dachau

Aus Grab 4 des Umengräberfeldes von Feldgeding stammt ein sorgfältig in vier Teile gebrochenes und nahezu rechtwinklig umgebogenes spätumenfelderzeitliches Vollgriffschwert des 9. Jahrhunderts v. Chr. (Stufe Ha B2/3; Abb. 5)”. Die durch mehrere Messungen und anschließende Mittelwertbildung sehr genau ermittelten Teillängen (letzte Dezimale unsicher) betragen: 16 gefunden 1979; Typ Gundelsheim; v. Quilifeldt 1995 (Anm. 3) 150 Nr. 145 Taf. 49,145. 17 Typ Aldrans nach H. Müller-Karpe, v. Quilifeldt 1995 (Anm. 3) 173 Nr. 167 Taf. 58,167. 18 Schmid 2002 (Anm. 9); ders. 2003 (Anm. 11) sowie die oben erläuterten Verhältnisse bzgl. des Vielwulstschwertes von Grab 13 des Unterhachinger Umengräberfeldes. 19 Typ Mörigen, Var. III. v. Quilifeldt 1995 (Anm. 3) 240 Nr. 278 Taf. 99,278.

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= L^ 174,1 mm = 7,05 unCpR = 6,27 uncpD LKiingenfr. i = L2 =167,7 mm = 6,79 uncpR = 6,04 uncpD LKiingenfr. 2 = L3 =166,0 mm = 6,73 uncpR = 5,98 uncpD LKiingenfr. i = La =222.0 mm = 8.99 uncpR = 7,99uncrn Summe 729,8 mm = 29,56 uncpR = 26,28 uncpD Lobeneil

Testet man diese Längen durch Division mit der Unze zum pR von 24,68 mm bzw. der Unze zum pD von 27,78 mm Länge auf Ganzzahligkeit, stellt man fest, dass das Oberteil wie auch das Spitzenfragment in Vielfachen der Unze zum pR gut aufgeht, die beiden mittleren Klingenbruchstücke dagegen sehr gut zur Unze zum pD passen. Hinzu kommt die 99,9 mm messende und somit als annähernd 4 Unzen zum pR interpretierbare Länge des Vollgriffs, pes Romanus und pes Drusianus treten hier am selben Schwert offenbar gemeinsam auf. Die Gesamtlänge der beiden mittleren Klingenbruchstücke beläuft sich bemerkenswerterweise auf 2x6 uncpD = 2 x 0,5 pD = 1 pD. Die Länge des Spitzenfragments beträgt mit 9 Unzen des pR genau einen dodrans (3 palmae = ’/« Fuß)20 bzw. % des pD. Damit ist die Koinzidenzstelle des römischen mit dem drusianischen Maßsystem (9 uncpR = 8 unCpo)21 in diesem Bruchstück realisiert. Bedingt durch die Mischung von Teilmaßen des pR wie des pD an unterschiedlichen Schwertfragmenten läßt sich die Gesamtlänge des Schwertes in keinem der beiden Maßsysteme als ganz­ zahliger Unzenwert angeben. Rechnet man die 12 Unzen des pD durch Multipli­ kation mit 9/8 ins römische System um, erhält man 13,5 Unzen des pR. Damit ergibt sich die Gesamtlänge des Schwertes idealisiert zu 7 + 13,5 + 9 = 29,5 uncPR. Das Schwert könnte ursprünglich ca. eine halbe Unze zum pR (12,34 cm) länger gewesen sein und, wie beim oben besprochenen Schwert von RohrdorfGeiging (Abb. 2), 30 Unzen eines Fußmaßes betragen haben. Stark abgerundete Spitzen sind bei spätumenfelderzeitlichen Vollgriffschwertem sehr häufig, was aber nicht besagen muss, dass sie sämtlich bereits im gussffischen Zustand vor­ handen waren. Andererseits liegen filr eine Halbierung der Unze ebenfalls bron­ zezeitliche Hinweise vor22. 20 Zur Bedeutung des dodrans im antiken Meßwesen: F. Huber, Das antike Maßsystem und seine Bedeutung für Komposition, Konstruktion und Proportionswesen in der Kunst vom Frühchristentum bis zur Renaissance. In: D. Ahrens/R. Rottländer (Hrsg.), ORDO ET MENSURA II (St. Katharinen 1993) 195 ff. 21 Ahrens 1993 (Anm. 12) 37. 22 z. B. die Zierpunzen des Schifferstadter Goldblechkegels, die nach der halben Unze 'zum Fuß El30/16 gefertigt worden sein dürften. Schmid 1999 (Anm. 15) 472 Abb. 4.

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Zusammenfassung Anhand der besprochenen, wenigen Grabschwerter schälen sich für die etwa ein halbes Jahrtausend umfassende süddeutsche Umenfelderzeit ansatzweise metrologische Tendenzen heraus, die durch eine vergrößerte Materialbasis erhär­ tet und abgesichert werden müßten. Es scheint, als hätten drei wohlbekannte antike Maßeinheiten, nämlich der pes Romanus (Code C), der pes Drusianus (Code G) und der Fuß zur in 30 digiti geteilten Großen Ptolemäischen Elle (Code El30/16) bei den Schwertern in den süddeutschen Umenfeldem des 12. bis 9./8. Jahrhunderts v. Chr. eine bedeutende Rolle gespielt. Diese Einheiten wurden wahrscheinlich gleichzeitig z. T. wechselweise fiir unterschiedliche Zwecke verwendet und lassen sich bei der Anlage der Gräber23 (pes Romanns), bei der Errichtung von Siedlungen24 (pes Romanus und pes Drusianus) sowie in der zeitgenössischen Sachkultur, wie eben dargestellt, wahrscheinlich machen. Die Unterteilung des Fußmaßes wurde offenbar stets in Unzen vorgenommen. Die vorwiegende Verwendung des pes Drusianus sowie des Fußes El30/16 in der älterumenfelderzeitlichen Sachkultur scheint durch den zunehmenden Gebrauch des pes Romanus in der mittleren und späten Umenfelderzeit mehr und mehr in den Hintergrund gedrängt worden zu sein25. Die Ursachen hierfür in der Dynamik des Kulturgefüges der späten Bronzezeit in Mitteleuropa im Einzelnen herauszu­ arbeiten, dürfte eine wissenschaftliche Herausforderung hohen Ranges darstellen. Handelsbeziehungen zur den ostmediterranen und vorderasiatischen Hochkultu­ ren haben dabei vermutlich stets den Ausschlag gegeben.

23 Schmid 2002 (Anm. 2). 24 W. Schmid, Überlegungen zum Baumaß der spätbronzezeitlichen Pfahlbaustation von Greifensee-Böschen, Kt. Zürich anhand der quadratischen Bauten. Nachrichtenbl. Ar­ beitskreis Unterwasserarch. (NAU) 7, 2000, 89 ff.; ders. 2002 (Anm. 9). 25 Bei den Goldblechkegeln zeigte sich eine analoge Tendenz. Der pes Romanus trat erst bei den späturnenfelderzeitlichen Exemplaren von Ezelsdorf und Berlin klar in Erschei­ nung und löste den Fuß El j0/i6 ab- Schmid 1999 (Anm. 15).

34

139 rnm 5,01 inCpD

V ▲

414,5 mm

14,93 unCpD

Abb. 1: Unterhaching, Kr. München, Grab 13: Vielwulstschwert, 12. Jh. v. Chr. (nach v. Quillfeldt (Anm. 3) Taf. 42,127).

,S

35

118 mm

4,98 uncHiQQ/u)

T

161,5 mm

6,82 uncEiQon«)

706 mm

29,80 uncsipo/ii)

426,5 mm

18,00 uncEi(jo/u)

X

Abb. 2: Rohrdorf-Geiging, Kr. Rosenheim, Grab von 1922: Dreiwulstschwert, Typ Illertissen, 12. Jh. v. Chr. (nach v. Quillfeldt (Anm. 3) Taf. 53,155).

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Abb. 3: Rohrdorf-Geiging, Kr. Rosenheim, Grab von 1979: Dreiwulstschwert, Typ Gundelsheim, 12. Jh. v. Chr. (nach v. Quillfeldt (Anm. 3) Taf. 49,145).

37

Abb. 4: Bad Reichenhall-Karlstein, Kr. Berchtesgadener Land: Dreiwulst­ schwert, Typ Aldrans, 11. Jh. v. Chr. (nach v. Quillfeldt (Anm. 3) Taf. 58,167).

38

222,0 mm 8,99 unCpR

LZ

ir

Abb. 5: Bergkirchen-Feldgeding, Kr. Dachau, Grab 4: Vollgriffschwert, Typ Mörigen, Var. III, 9. Jh. v. Chr. (nach v. Quillfeldt (Anm. 3) Taf. 99,278).

ORDO ET MENSURA VIII Herausgegeben von Florian Huber und Rolf C. A. Rottländer

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