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German Pages 392 [394] Year 2013
Edition ∂
Mauerwerk Atlas
PFEIFER RAMCKE
ACHTZIGER ZILCH
Mauerwerk Atlas PFEIFER RAMCKE
ACHTZIGER ZILCH
Institut für internationale Architektur-Dokumentation GmbH, München
Autoren: Günter Pfeifer, Prof., Freier Architekt Fachgebiet Entwerfen und Baukonstruktion I, Technische Universität Darmstadt Rolf Ramcke, Prof. Dipl.-Ing., Architekt Fachgebiet Planungstheorie und Gebäudekunde, Humboldt-Universität zu Berlin Joachim Achtziger, Dr.-Ing. Forschungsinstitut für Wärmeschutz e.V. München Konrad Zilch, Prof. Dr.-Ing. Martin Schätz, Dr.-Ing., Lehrstuhl für Massivbau, Technische Universität München Mitarbeiter: Mareike Dinnendahl, Dipl.-Ing., Christina Radlbeck, Dipl.-Ing., Herausgeber: Institut für internationale Architektur-Dokumentation GmbH, München in Verbindung mit Deutsche Gesellschaft für Mauerwerksbau e.V. Bonn Redaktion und Lektorat: Andreas Gabriel, Dipl.-Ing.; Christian Schittich, Dipl.-Ing.; Redaktionelle Mitarbeit: Sabine Drey, Dipl.-Ing.; Cornelia Hilpert M.A.; Johanna Reichel-Vossen, Dipl.-Ing.; Heike Werner, Dipl.-Ing.; Zeichnungen: Marion Griese, Dipl.-Ing.; Kathrin Draeger, Dipl.-Ing.; Martin Hämmel; Oliver Katzauer, Dipl.-Ing.; Emese Köszegi, Dipl.-Ing.; Nicola Kollmann, Dipl.-Ing.; Peter Lingenfelser, Dipl.-Ing.; Isabel Mayer
© 2001 Institut für internationale Architektur-Dokumentation GmbH, München Gedruckt auf säurefreiem Papier, hergestellt aus chlorfrei gebleichtem Zellstoff. Alle Rechte vorbehalten, einschließlich das des auszugsweisen Abdrucks, der Übersetzung, der fotomechanischen Wiedergabe und der Mikrokopie. Die Übernahme des Inhalts und die Darstellung, ganz oder teilweise, in Datenbanken und Expertensystemen ist untersagt. DTP & Produktion: Peter Gensmantel, Cornelia Kohn, Andrea Linke Reproduktion: Karl Dörfel Reproduktions-GmbH, München Druck und Bindung/ Gesamtherstellung: Kösel, Kempten (www.KoeselBuch.de) Printed in Germany Auslieferung: Institut für internationale Architektur-Dokumentation GmbH, Sonnenstraße 17, 80331 München Telefon: (0 89) 3816 20-0, Telefax: (0 89) 39 86 70, Internet: www.detail.de
Inhalt
Vorwort
6
Teil 1 · Mauerwerk in der Architektur Rolf Ramcke
8
Was ist Mauerwerk? Positionen der Geschichte Gestaltung Gegenwart und Zukunft des Mauerwerks
9 10 30 51
Teil 2 · Grundlagen
54
Material Konrad Zilch, Martin Schätz
55
Mauersteine Natursteine Mauermörtel Putze
55 63 64 67
Verbände Konrad Zilch, Martin Schätz mit Christina Radlbeck
72
Allgemeines Formate und Sonderbauteile Maßordnung und Steinformat Verbandsregeln Mauerverbände
72 72 76 78 79
Tragwerk Konrad Zilch, Martin Schätz
92
Tragverhalten von Mauerwerk Grundlagen der Bemessung Verformung und Rissbildung Natursteinmauerwerk Bewehrtes Mauerwerk Mauerwerk aus Fertigbauteilen Mauerwerkbau in Erdbebengebieten
92 96 105 112 113 119 121
Mauerwerkkonstruktionen Konrad Zilch, Martin Schätz
122
Außenwände Innenwände Pfeiler und freistehende Mauern Haustrennwände Kelleraußenwände Natursteinmauerwerk Wandöffnungen Gewölbe und Kappen Einzellasten und Teilflächenpressungen Wandanschlüsse
122 129 132 133 133 135 137 139 141 141
Ausführung von Mauerwerk Konrad Zilch, Martin Schätz
144
Mauermörtel auf der Baustelle Feuchteschutz der Mauersteine Mauern bei Frost Eignungs- und Güteprüfung Stoß- und Lagerfugen Anschlüsse von Querwänden Schlitze und Aussparungen Sichtmauerwerk Verfugung Fugenteilung Ausführung von Plansteinmauerwerk Befestigungstechnik im Mauerwerk Rationalisierungsmaßnahmen
144 145 145 145 146 146 148 149 150 151 153 153 155
Bauphysik Joachim Achtziger
160
Wärmeschutz Klimabedingter Feuchteschutz Schallschutz Brandschutz Bauphysikalische Kenngrößen
160 179 186 196 202
Teil 3 · Konstruktionen im Detail Günter Pfeifer, Rolf Ramcke
204
Flachdach Flachgeneigtes Dach Geneigtes Dach Deckenanschluss Öffnungen Balkone Terrassenanschluss Sockel Treppen Rücksprung Eckausbildung Freistehende Mauern
212 214 215 221 222 228 230 231 232 232 234 234
Teil 4 · Gebaute Beispiele im Detail Günter Pfeifer
236
Gebaute Beispiele im Detail Übersicht Beispiele 1 bis 34
237
Anhang Normen Literatur Sachregister Namensregister Bildnachweis
384 385 388 392 392
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Vorwort
»Der Backstein ist ein anderer Lehrmeister. Wie geistvoll ist schon das kleine, handliche, für jeden Zweck brauchbare Format. Welche Logik zeigt sein Verbandsgefüge. Welche Lebendigkeit sein Fugenspiel. Welchen Reichtum besitzt noch die einfachste Wandfläche. Aber welche Zucht verlangt dieses Material« Ludwig Mies van der Rohe
Der Mauerwerk Atlas, der vor über fünfzehn Jahren zum ersten Mal erschien, hatte sich sofort als Standardwerk etabliert, in dem alle Fragen und Probleme des Mauerwerkbaus behandelt wurden. Sein großer Erfolg ist an seinen immer wieder notwendig gewordenen Neuauflagen – insgesamt fünf – erkennbar. Die Neuauflagen wurden zwar der jeweils neuen technischen Entwicklung angepasst, jedoch sind die Veränderungen der Normen und Richtlinien der Bautechnik, ebenso wie die der architektonischen Entwicklung und der ästhetischen Bewertungen in diesem langen Zeitraum so groß geworden, dass eine vollkommene Neufassung des Werkes erforderlich wurde, in der die Autoren den gegenwärtigen Stand des Bauens mit Mauerwerk darstellen, belegen und beurteilen. Vieles spricht dafür, dass der Mauerwerkbau zukünftig im Baugeschehen stärker beachtet wird. Diese Technik war im ausgehenden 20. Jahrhundert zwar in ihrer Verbreitung keineswegs zurückgegangen, trat aber in der Beachtung und Bewertung hinter den eleganten Konstruktionen aus Metall, Natursteintafeln und Glas zurück. Heute spüren wir ein Bedürfnis nach einer Architektur, die der anonym gesteuerten Herstellungstechnik eine Bauweise persönlicher Prägung entgegensetzt, wie es der Mauerwerkbau kann. Erfordernisse der Energiehaltung, die eine immer grössere Bedeutung für das Bauen haben, können im Mauerwerkbau lebensge-
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recht erfüllt werden. In seiner unendlichen Vielgestalt zeigt sich Geist und Witz einer uralten, aber nie veralteten Disziplin. Die umwälzenden technischen Erfindungen des 19. Jahrhunderts, welche Konstruktionen aus Beton, Stahlbeton, Stahl, Glas und vielen anderen Materialien ermöglichten, haben ebenso die Herstellung und Verarbeitung der Mauerwerkmaterialien grundsätzlich verändert. Was Bauen seither bedeutet, musste in kurzen Abständen jeweils neu definiert und gelernt werden. In dieser Entwicklung ist der Mauerwerkbau, wie alle anderen Bauweisen den technischen Bedingungen in einer ihm entsprechenden Weise gefolgt, und beweist so seinen einmaligen faszinierenden Charakter. Die Wahrnehmung und ästhetische Bewältigung hat dieser Entwicklung nicht immer entsprochen und zeigt Defizite, die den Gestaltern und Betrachtern, nicht aber dem Mauerwerkbau anzulasten sind. Der hier vorliegende neue Mauerwerk Atlas gibt der aktuellen Entwicklung auf diesem Gebiet einen neuen, angemessenen Ausdruck als Fachbuch für Planer, Lehrende und Lernende, als Nachschlagewerk für alle heutigen Fragen des Mauerwerkbaus, auch als Anregung für eigenes Entwerfen mit Mauerwerk, einem Material, das sofort technisches Vertrauen einflößt, das in seiner spezifischen Beschränkung Widerstände und Entwurfsgrenzen schnell aufzeigt und dadurch den einzigartigen Reiz ausübt, dieser Entwurfsnot künstlerische Kraft abzugewinnen. Die Einfachheit des Mauerwerkmaterials lässt den Betrachter den Entwurfsvorgang gleichsam miterleben und bezieht ihn so in die Gestaltung – schauend und kontrollierend – mit ein. Diesem Zwang zur Klarheit entspringt eine Lebendigkeit, die uns an Gebäuden aus Mauerwerk immer wieder bezaubert.
Die Autoren
Teil 1 · Mauerwerk in der Architektur
Was ist Mauerwerk?
Positionen der Geschichte Mauerwerkmaterial • Mauerwerk aus Lehmziegeln • Die einigende Kraft des Bauens • Der plastische Geist griechischer und römischer Baukunst • Technische Entwicklung in der römischen Antike • Technische Entwicklung im Mittelalter € Geometrie und Systematik des Mittelalters • Die Welt als System der Repräsentation €Die funktionale Methode • Technische Entwicklung im 19. Jahrhundert • Die technische Ästhetik des Backsteins • Historische Dogmatik • Der Weg zum Jugendstil • USA im 19. Jahrhundert • Handlungsorientiertes Bauen • Ausdruckskraft im Raumkontinuum • Systemrationalität und Strukturanalyse
Gestaltung Grundfragen • Herstellung • Formate • Farben und Oberflächen • Der Verband • Natursteine • Die Fuge • Mauerwerkgliederung • Wölbungen • Öffnungen und Überdeckungen • Säulen und Pfeiler • Sockel und Anläufe • Abschlüsse und Anschlüsse • Sohlbänke € Fachwerk • Freistehende Mauern
Gegenwart und Zukunft des Mauerwerks
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Mauerwerk in der Architektur Rolf Ramcke
Was ist Mauerwerk?
für heutiges Bauen, sondern erlauben Rückschlüsse auf unsere eigene Wahrnehmung. Diese Rückschlüsse wiederum können unseren gegenwärtigen Blick verändern und so einen Beitrag zu aktuellen Gestaltungsfragen des Mauerwerkbaus liefern.
Das Einfache des Bauens: schichten und fügen, sehen wir nicht mehr sehr häufig an der Baustelle. Beherrscht wird das Bild von der Montage, der Zusammensetzung oder Aufstellung von Bauteilen. Tatsächlich beherrscht Montage unser tägliches Leben. Selbst den Charakter eines Menschen, seine Natur, nennt Robert Musil eine Montage. Was wir als Natur erleben, ist nur naturalisiert. Die Fiktion des Unberührten löst sich bei näherer Prüfung auf. Diese inneren und äußeren Bedingungen unseres täglichen Lebens werden nicht sehr häufig bedacht. Es sind eher Katastrophenbilder – ein Autounfall, eine Gebäudehülle nach einer Explosion – die den Blick hinter die Kulissen vorgetäuschter Stabilität ermöglichen. Die Kulisse hat lediglich die Aufgabe, Stabilität bildhaft darzustellen, ohne selbst stabil zu sein. Wir nehmen trotzdem weiter die täglichen Montagen der Architektur als Bilder zutraulich in uns auf, weil wir in einer Welt aus Bildern leben. Das Bild ist höher als sein Gegenstand. Deswegen ist der Betrachtende und seine Schau-Fähigkeit so wichtig. Er muss die Täuschung ent-täuschen und aus der Enttäuschung die Angemessenheit des Bildes beurteilen. Schauen bildet so das Geschaute. Auf diese Weise verändert sich im Schauen Gebildetes. Das Bild unserer höchst kunstvoll montierten Welt lässt sich bei näherer Betrachtung als ein Beziehungsgeflecht seiner Bestandteile untereinander erkennen. Bauen ist heute der gezielte, möglichst präzis geplante Eingriff in diese eigentlich unüberschaubaren gegenseitigen Abhängigkeiten, um sie im begrenzten Planungsumfang verfügbar zu machen und der Absicht zu unterwerfen. Ungewollte Auswirkungen sind dabei mit zu bedenken. In solcher Auffassung des Bauens ist der Materialeinsatz ein der Verfügbarkeit unterworfener austauschbarer Teilaspekt der Planung. Die mitformende gestaltende Kraft des Materialwiderstandes wird durch Substitution elimi-
In dieser Absicht soll jeweils die Frage gestellt werden, was Mauerwerk ist.
1.1.1
niert. Im Sinne dieser virtualen Gestaltung erhält Baumaterial eine synthetisierende Beliebigkeit. Widerstand wird nicht geduldet. Schichten und Fügen: das Einfache des Bauens, erweist sich jedoch als widerständig. Einfach ist nicht gefällig. Charakteristisch für das Einfache ist, dass es in Erstaunen versetzt, weil es Elementares birgt und sichtbar werden lässt. Mauern ist eine Tätigkeit, die ihr Ergebnis selbst verbirgt. Eine Mauer ist undurchdringlich, ihr Inneres unzugänglich. Durch das Fügen und Schichten kann ihre Oberfläche diese Tätigkeit auf außerordentlich vielfältige Weise bildlich ablesbar werden lassen, als ob die Bildfläche versprechen will, Einblick in die innere planmäßige Gestaltung zu eröffnen. Der Betrachter ist immer auf Spurensuche. Absichtlich und unabsichtlich hinterlassene Spuren auf der Oberfläche des Mauerwerks sind Anzeichen seiner selbst, Hinterlassenschaften seiner massiven Dichte. Man hat es zutreffend als Mimesis, als Gebärden- und Mienenspiel bezeichnet. Die deutende Schau des Betrachters entschlüsselt zu jeder Zeit neu und erschließt sich damit die eigene Geschichte. Auch nicht betrachterbezogene Oberflächen, die eher hermetisch sind, zeigen sich und sind deutbar. Im Folgenden werden Positionen aus der Geschichte des Mauerwerkbaus entwickelt und dargestellt. Sie sind keineswegs beispielhaft
Damit einher geht die Frage nach Authentizität. Täuschungen, ja selbst Fälschungen können legale Mittel der Gestaltung sein. Der Wahrnehmende wird damit gezielt angesprochen. Seine Person prägt die Wahrnehmung. Eine Phänomenologie der Wahrnehmung würde zu der Frage führen, was an der Täuschung getäuscht, was an der Fälschung eigentlich gefälscht ist. Die Frage nach Echtheit, Glaubwürdigkeit ist eine Frage der Bilddeutung und der Entdeckung. Eine weitere Fragestellung ergibt sich aus der Tatsache, dass technische Bauentwicklung und Wahrnehmung sich auseinanderentwickelt haben. Eine Parallelität oder gar Kongruenz zwischen ihnen kann man heute nicht feststellen. Was zum Beispiel Aufschichten von Steinen als halbsteinige Vorhangfassade oder als Verbundmauerwerk gestalterisch bedeutet, ist bisher für den Wahrnehmungsanspruch selten überzeugend unterschieden worden. Wodurch entsteht dieses Defizit? Ist es ein Theoriedefizit? Schließlich ist noch auf einen Konflikt einzugehen, der sich kürzlich in der Auseinandersetzung über die Stadtbildentwicklung Berlins zeigte oder im heutigen Streit zwischen tektonischer und geometrisierender Architekturauffassung deutlich wird. Die aus morphologischer Betrachtungsweise entstammende Forderung, ein Gebäude müsse einen Charakter haben, in dem sich seine Bestimmung ausdrückt, scheint einer weiteren Forderung zu widersprechen, eine Fassade müsse die Funktionen des Gebäudes spiegeln, die Fassade sei also als Abbild innerer Beziehungen aufzufassen. Ist Mauerwerk Ausdruckskraft, wirkungsbezogene Ausbildung des Gebäudecharakters? Oder soll Mauerwerk hinweisendes Abbild innerer Vorgänge, statischer, bauphysikalischer oder handlungsbezogener Vorgänge sein? Was ist Mauerwerk also?
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Mauerwerk in der Architektur
Positionen der Geschichte Als die Menschen sesshaft wurden, begannen sie damit, Mauern aufzuschichten, um feste, selbst geschaffene Sicherheit, dauerhafte gegründete Orte, unterscheidende Identität, Anfang und Ende festzulegen. Solche Überlegungen münden nicht notwendigerweise in Verwurzelungs- und Bodenständigkeitsmetaphern. Es sind elementar menschliche Bedürfnisse, dem Gestaltlosen Gestalt abzugewinnen, Fremdartigkeit im Geist umzuformen, Unheimlichkeit heimisch zu machen, der Übermacht der bedrängenden Natur eigene Ordnung entgegenzusetzen, um unförmiges Draußen in geformtes Innen zu verwandeln. Die nach innen, in den geistigen Bearbeitungsbereich geholte unzugängliche Materialität des Mauerwerks findet ihren Ausdruck in der Gestaltung der mauerhaften Gewichtigkeit, der Schwere. Die Geschichte des Mauerwerks ist die jeweils neu interpretierende Bearbeitung dieses Problems im Entwurf. Wollten wir nun diese Geschichte gewordenen Entwürfe in ihrer materiell-historischen Folge darstellen, um so unseren gegenwärtigen kulturellen Zustand daraus herzuleiten und zu begründen, oder wollten wir gar versuchen, eine Kausalität, einen Sinnzusammenhang der historischen Phänomene untereinander und auf uns bezogen zu erkennen, wären hierin gleich zwei bedenkliche Missverständnisse enthalten. Zunächst erblicken wir die gebaute Vergangenheit aus der Perspektive unseres heutigen Verständnisses, das die Erscheinungen der Vergangenheit aus neuen Zusammenhängen heraus versteht. Außerdem sind wir nicht nur distanzierte Beobachter, sondern gleichzeitig Beteiligte und können unserer eigenen Geschichtlichkeit nicht entrinnen. Wir kommen bei dieser Betrachtungsweise immer zu spät. Jede Zeit entdeckt die Geschichte jeweils neu. Sie entsteht erst in uns. Sodann ergibt Baugeschichte keinen kontinuierlichen Zusammenhang, sondern ist Geschichte von Ereignissen, die nachträglich das, was vor ihnen war, verändern, deuten, in Zusammenhänge bringen, pointiert gesagt, den historischen Ablauf umkehren: Ereignisse schaffen Vergangenheit oder verändern sie. Darum soll im Folgenden kein historischer Ablauf oder gar Fortschritt, sondern eine möglichst klärende Beschreibung bestimmter Positionen sowie die Veränderung der Produktionsund Herstellungstechniken vorgeführt werden.
1.1.2
ren Schichten des Nilschlamms in Ägypten aus der Zeit um 14 000 v. Chr.. Die Kenntnis des Haltbarmachens von Lehmziegeln durch Brennen kann man ungefähr um 5000 v. Chr. ansetzen. Zur selben Zeit wurden auch schon Natursteine im Steinbruch gewonnen und bearbeitet. Mit der Erfindung der Bronze um circa 2500 v. Chr. konnten Werksteine in zunehmendem Maße mit hoher Präzision bearbeitet werden. Zu dieser Zeit hatte der gebrannte Ziegel schon eine lange Entwicklung hinter sich. In den Flussgebieten des Nils, des Euphrat und Tigris und des Indus, sind frühe Hochkulturen, die den gebrannten und ungebrannten Ziegel verwendeten, nachgewiesen und erforscht worden. Im Land zwischen Euphrat und Tigris, Mesopotamien, baute man um 3000 v. Chr. mit verschiedenfarbigen, auch glasierten Ziegeln. Die ältesten Pyramidenbauten am Nil waren großteils aus gebrannten Ziegeln errichtet. Das Grab des Menis, um 3000 v. Chr., bestand aus ungebrannten Lehmziegeln. Am unteren Indus gab es um 2500 v. Chr. große Stadtkulturen wie Mohenjo-daro und Harappa mit bis zu fünfgeschossigen Häusern aus gebrannten Ziegeln. Sie hatten hohen zivilisatorischen Komfort. In diesen – als früheste nachgewiesenen – Kulturen, ebenso wie in den Baukulturen Asiens und auf den Kontinenten Amerikas wurden gleichzeitig Naturstein, Backstein und Lehmziegel verbaut. Das ist bis heute so geblieben. Gegenwärtig lebt ein großer Teil der Weltbevölkerung in Bauten aus Lehm in verschiedenen Bearbeitungsformen. Mauerwerk aus Lehmziegeln
Mauerwerkmaterial
Mit dem Aufschichten der Mauern wird die Herstellung eigener Baumaterialien entwickelt: Mörtel als Bindemittel und Stein. Bitumen (»Erdpech«) als Bindemittel oder als Zusatzstoff zum Mörtel lässt sich in Mesopotamien in vorgeschichtlicher Zeit sehr früh nachweisen. Handgeformte Lehmziegel findet man in unte-
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Lehm ist ein Gemenge aus Ton und Quarzsanden. Die Tonanteile darin bestehen aus feinsten Plättchen erudierten Urgesteins, wie Granit, Gneis oder Feldspat. Durch die plättchenhafte, kristalline Form kleben die Tonteilchen fest aneinander. Bei Befeuchtung wird das Wasser an die Plättchen angelagert, es umhüllt sie, sodass der Ton quillt und schmierig wird.
Reine Tone, die durch Anschwemmen überall auf der Erde vorkommen, sind als Baustoff ungeeignet, da sie nicht maßhaltig sind, sondern nach nasser Bearbeitung beim Trocknen schwinden und reißen. Sie müssen mit quarzhaltigen Sanden und anderen Zuschlagstoffen gemischt werden. Häufig wird – seit 16 000 Jahren – als Zuschlagstoff Stroh oder Häcksel verwendet. Dadurch wird die geringe Zugfestigkeit des Lehms verbessert und ein gleichmäßigeres Austrocknen des Lehms bewirkt. Die sandigen Füllstoffe übernehmen eine stützende und tragende Funktion. Der so entstandene Lehm ist in feuchtem Zustand bearbeitbar. Beim Austrocknen umhüllen die Tonbestandteile die gröberen Sandkörner fest, sodass der Schwund geringer und gleichmäßiger ist und ein stabiler Aufbau entsteht. Durch Winderosion entstandene Lehme sind meist schon im natürlichen Vorkommen besser durchmischt und nicht so »fett« (tonhaltig). Lehm bindet also beim Trocknen nicht ab, wie hydraulische Kalke oder Zemente, sondern härtet nur aus. Der Vorgang ist umkehrbar. Sobald Feuchtigkeit in Bauteile eindringt, verlieren sie Härte und Zusammenhalt. Dieser Wasserempfindlichkeit, besser Regenempfindlichkeit, begegnet man auf vielfältige Weise. Dass es sich im Wesentlichen um einen Schutz gegen Auswitterung durch Wind und Regen handelt, erkennt man daran, dass Bauernhäuser in der norddeutschen Tiefebene bis ins 20. Jahrhundert hinein Stampflehm-Estriche in den Wohnbereichen und in der Tenne hatten, die auf einer Packlage aus groben Steinen gegen aufsteigende Bodenfeuchtigkeit unempfindlich sind, denn Ton ist in gelagertem Zustand sogar wasserdicht. Es zeigt sich außerdem, daß das Bauen mit Lehm nicht nur in warmen, niederschlagsarmen Zonen in der Nähe des Äquators heimisch war und ist, sondern dass die Materialeigenschaften der günstigen Verarbeitbarkeit, der sehr guten Wärmedämmungs- und Speichereigenschaft in dieser Massivbauweise sowie eine Herstellungstechnik mit sehr geringem Energieaufwand auch in den Klimazonen von Berghochländern oder Niederungen Nordeuropas erkannt wurden und Bestand hatten. Hinzu kommen der sehr gute Lärmschutz durch hohes Eigengewicht und geringe Eigenresonanz sowie die Feuerbeständigkeit. Lehmmaterial hat außerdem die Fähigkeit, Luftfeuchtigkeit aufzunehmen, zu speichern und wieder abzugeben. Diese eigentlich vorteilhafte Eigenschaft kann in feuchten Klimabereichen auch zu ungesundem Wohnklima führen. Die Gebäudesockel sind zum Spritzwasserschutz und gegen Auswaschungsgefahr in Bodennähe häufig aus Naturstein. Die Mauern selbst schützte man schon in den frühen Kulturen Mesopotamiens mit Schilfmatten, die vor die Außenflächen gehängt wurden, mit Bitumen-Beimischungen oder dadurch, dass man
Positionen der Geschichte
massive Lehmziegelmauern außen mit gebrannten Ziegeln verkleidete. Auch durch die Ausbildung des Lehm-Mörtel-Bewurfs, der in weichen Ausrundungen eine Attika bildet, die mit Steinen abgedeckt wird, oder die nach oben spitz ausläuft und dem ablaufenden Regenwasser möglichst wenig Widerstand entgegensetzt, wird der Materialverlust verringert. Das bedeutet jedoch ständige Pflege und Aufmerksamkeit. (Abb.1.1.4) Eine einfache Weise, sich vor Regen zu schützen, ist, unter überhängenden Felsen zu bauen, wie es Bauten im Südwesten Nordamerikas ebenso wie in Afrika, Mali, zeigen. (Abb.1.1.2) Dass Dächer mit weiten Auskragungen auch einen Regenschutz für Lehmwände bilden, versteht sich. Ähnliche klimatische Verhältnisse und Baustoffe führen offenbar seit Jahrtausenden rund um die Erde zu ähnlichen Architekturformen. Das darf allerdings nicht als Kulturregel gelten, denn die städtischen Lehmbauten im Jemen sind unter gleichen äußeren Bedingungen völlig anders als die zuvor gezeigten in Mali. (Abb.1.1.3 und 1.1.4)
1.1.3
Das Bauen mit Mauerwerk aus Lehmziegeln ist – neben der handgeformten Wulstbauweise und der Stampflehmtechnik mit Gleitschalung – die seit Anbeginn auf der Erde weitest verbreitete Technik. Die Mauerstärken schwanken hierbei zwischen 40–65 cm. Es gibt, wie später beschrieben, außer den orthogonalen Ziegeln mit Zirkaregelgrößen von 10 ≈ 20 ≈40 cm auch eine Reihe anderer muschelartiger oder rautenförmiger Ziegelformate, die durch Verklammerung ihre Standfestigkeit erhöhen. Die Lehmziegelbauweise ist für mehrgeschossige Gebäude geeignet. Die geschilderten bautechnischen Grenzen leiten zu einer Architektur, die innerhalb dieser Vorgaben eine erstaunliche plastische Vielfalt zeigen. Das Material kann mit den Händen geformt und bearbeitet werden und lässt die Möglichkeit skulpturaler Gestaltung von teilweise großartiger Ausdruckskraft zu. Architektur aus ungebrannten Ziegeln ist in der Geschichte der Hochkulturen – meist unbeachtet – gebaut worden. Selbst die chinesische Mauer ist in großen Teilen aus Lehm hergestellt, der noch heute stabil ist. Auch in Zeiten, die wir mit der pharaonischen Monumentalarchitektur aus Naturstein verbinden, lebten in Ägypten fast alle Menschen in Häusern aus ungebrannten Lehmziegeln. Auch Rom hat sich von einer Stadt aus Lehm zu einer Stadt aus Marmor (genauer gesagt Marmorverkleidung) entwickelt. 1.1.1 1.1.2 1.1.3 1.1.4
Tunnelgang in das Stadion von Olympia, Griechenland, 300 v.Chr, Pueblo in der Mesa Verde, USA Lehmbauten im Jemen Lehmbauten in Mali 1.1.4
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Mauerwerk in der Architektur
Die einigende Kraft des Bauens
Ziegel zu brennen und im Brand farbig zu glasieren und mit solchen glasierten Ziegeln Mauern zu verkleiden, gelang erstmalig in den städtisch geprägten Kulturen der Sumerer und Babylonier. Es war eine lange Entwicklung, die rund 3500 v. Chr. begann und deren in ausgegrabenen Teilen noch heute zu bewunderndes Glanzstück das Ischtartor von Babylon ist (Abb. 1.1.5). Es wurde unter Nebukadnezar II. um 600 v. Chr. errichtet. Die Anlage des Ischtartors war Prozessionsstraße und Verteidigungsvorwerk zugleich. Es war mit mehr als fünfhundert Tierreliefs an Front und Seiten ausgestattet. Sie waren als Ziegelreliefs im Verband vermauert. Größe, Pracht und Kunstfertigkeit der im Mauerverband einzeln ausgeformten Löwen, Stiere und Fabelwesen an der Prozessionsstraße des Ischtartors zeigen eine meisterhafte Reliefgestaltung. Solche Ziegelreliefs
gab es schon am Innintempel in Uruk. Dort grub man hervorragend erhaltene Nischenfiguren aus der Zeit um 1400 v. Chr. aus. (Abb.1.1.7) Die bedeutendsten Bauwerke der sumerischen und babylonischen Kulturen waren riesige Tempeltürme, Zikkurate, die, als Stufenpyramiden gebaut, an der höchsten Stelle einen Tempel trugen, zu dem ein oder mehrere durchlaufende Treppen führten. Jede größere Stadt hatte ihre Zikkurat. Die älteren waren aus ungebrannten Lehmziegeln erbaut und wurden vermutlich später mit gebrannten Ziegeln ummantelt. Die bekanntesten sind die Zikkurat von Ur (2300 v. Chr.) (Abb. 1.1.6) und der Turm zu Babel. Er wurde mehrfach zerstört und wieder aufgebaut. Der letzte und größte hatte eine Fundamentbreite von 90 m und eine ebenso große Höhe. Man hat errechnet, dass er aus 85 Millionen Ziegeln erbaut wurde. Zur obersten Plattform, auf der ein zweigeschossiger Tempel
stand, führte eine gewaltige Treppe. Der Turm stand in einer Tempelanlage am Ufer des Euphrat. Dass alle Teile der Türme hinweisende Bedeutung hatten, wissen wir durch Funde beschrifteter und gebrannter Tonplatten. Ebenso kennen wir dadurch die liturgischen Riten ziemlich genau. Wichtig für die hier auszuführenden Zusammenhänge ist, dass vor allem der Bau der Zikkurate als kulturstiftende, einigende Leistung begonnen wurde. »... lasst uns ein Denkmal bauen, damit wir uns nicht über die ganze Erde zerstreuen.« (1. Mose 11). Die babylonische Kultur zerfiel erst, als die Zikkurat, die 1800 Jahre lang immer wieder nach Zerstörungen aufgebaut wurde, als Zeichen einigender Kraft des gemeinsamen Bauens ihre Wirksamkeit verloren hatte. In der Metapher der einigenden Sprache und der babylonischen Sprachverwirrung hat sich die europäische Geistesgeschichte immer wieder hiermit beschäftigt. So schildert Franz Kafka in seiner
1.1.5
12
Positionen der Geschichte
Erzählung »Das Stadtwappen«, dass Bauen als einigende Tätigkeit die Einigkeit untergräbt, und dass sich aus baulicher Perfektion die Sehnsucht nach Zerstörung entwickelt. Die Entwicklung der Baukunst verdankt dem Zweistromland eine Erfindung von größter Tragweite: die Wölbtechnik. Die Ausgrabungen in Ur, am Unterlauf des Euphrat, förderten sumerische Königsgräber zutage, die um circa 3500 bis 3400 v. Chr. in Ziegeln gewölbt wurden. Die Wendung der frühsumerischen Kultur zum gebrannten, dauerhaften Ziegel, zum Gewölbebau und zur Erfindung der Keilschrift ist eine geistige Befreiung von einmaligem Rang in der Geschichte der Menschen. Dies war der Sieg über die Erdkräfte, die dem unbearbeiteten Stein verhaftet schienen. In Nordeuropa versuchte man zu dieser Zeit durch Auftürmen riesiger Findlinge auf Hügelgräbern und durch Einritzen von Zeichen, diese Gewalt zu bannen. Steine galten als heilig und als Zentren magischer Kräfte. Durch die Bearbeitung überwand man diese und machte den Stein als Baumaterial zum Träger eigener Gedanken und Vorstellungen. Die Vergänglichkeit der Bauten aus getrocknetem Ton hatte trotz aller Bemühungen immer wieder den natürlichen Verfall und das Vergessen selbst riesiger Architekturen vorgeführt. Das beherrschende Lebensgefühl war, diesem Schicksal ausgeliefert zu sein. Demgegenüber wurde durch diese beiden bautechnischen Errungenschaften, zusammen mit der Erfindung der Keilschrift, das Bedürfnis nach Dauer befriedigt. Die Herrschaft über die dingliche Welt hatte begonnen. Seit wir mit anderen Baumaterialien (Eisen, Glas, Beton) zu konstruieren gewohnt sind, wächst der Sinn für die Kraft des bearbeiteten Steins. Die seit Jahrtausenden fast als natürlich empfundene Bauweise ist heute nicht nur Zeugnis vergangener Zustände oder selbstverständliche Gegebenheit, sondern kann als zentrale kulturelle Auseinandersetzung, als menschliche Handlung bemerkt werden. In der Zikkurat, im Turmbau vereinigt sich die unglaubliche Anstrengung, durch die gemeinsame Tat verbindende Ordnung zu schaffen, sich durch ein Denkmal gegen Zerstreuung zu sichern, Himmel und Erde durch eine Treppe zu verbinden: durch die selbstbestimmende Kraft der eigenen Kontingenz Dauer entgegenzusetzen. Das steigert sich bis zur Paradoxie, wenn – wie in der pharaonischen Kultur Ägyptens – aus dem Steinbruch gewonnenes Material dem gebrannten Ziegel nachgebildet wird, wie um dem emanzipatorischen Wert des selbstgemachten Steins zu huldigen.
1.1.5 1.1.6 1.1.7
1.1.6
Ischtar–Tor von Babylon, um 570 v.Chr. Zikkurat des Urnammu in Ur, um 2100 v.Chr. Teil der Wandverkleidung des Innin–Tempels in Uruk, um 1430 v.Chr. 1.1.7
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Mauerwerk in der Architektur
Der plastische Geist griechischer und römischer Baukunst
Auf vielen Wegen, Handels-, Kriegs- und Wanderzügen gelangte das bautechnische Wissen der mesopotamischen, ägyptischen und indischen Bautechniken nach Griechenland, das wir als Ursprungsland europäischer Bauentwicklung betrachten. Gefügtes Mauerwerk aus gebrannten und ungebrannten Ziegeln und Naturstein war für die meisten Bauaufgaben – auch bedeutende, wie die Stadtmauer von Athen (Abb.1.1.9), Königspaläste und sogar das Innere von Tempeln – das normale Baumaterial. Auch Wölbtechniken waren verbreitet. Der Mauerwerkbau ist hier jedoch in seinen besten Leistungen eine Gebäudeskulptur aus feinst bearbeitetem Werkstein. Die Körperhaftigkeit griechischer Tempelbauten leitet sich ab vom Verständnis der Darstellung des menschlichen Organismus in Skulptur und Drama, als eines von pulsierenden Flüssigkeiten in Spannung gehaltenen, schwellenden Körpers. Dieser Gedanke überträgt sich auf die Tempel der klassisch-hellenischen Zeit. In subtiler Weise wurden Werksteine mit kalkulierten minimalen Maßabweichungen versehen. (Abb.1.1.8) Diese »Belebung« des Steins und des Gefüges war über Jahrtausende ein Geheimnis. Die Entasis, die Säulenneigung und die Kurvatur der Sockelfläche kennt man aus Beschreibungen seit Anfang des 19. Jahrhunderts. Schinkel nannte diese optischen Korrekturen »irrationale Schwellungen«. Man findet in seinen Bauten solche Neigungen, Krümmungen, Böschungen, die so sanft sind, dass man vielfach lange braucht, sie zu entdecken. Aber auch in unentdecktem Zustand kann man sich ihrer Wirkung nicht entziehen. Die hellenischen Bauten, vor allem auch ihr isodomes Quadermauerwerk (Abb.1.1.10), zeigen vollendete technische Beherrschung der Aufgabe, die sich den Anspruch stellt, jeden Stein, jedes Gefüge als Individuum zu verlebendigen, sodass ein Bauwerk aus sich selbst heraus den Maßstab bildet. Viollet-le-Duc formuliert dieses antike Gestaltungsgesetz antithetisch, indem er feststellt, dass beim Wachsen der realen Größe eines Tempels der Mensch kleiner wird, während das reale Wachsen einer mittelalterlichen Kathedrale den Menschen lässt, wie er ist. Das Bauwerk wächst unabhängig. Die Bemerkung von Viollet-le-Duc zeigt an, dass die Eigengesetzlichkeit hellenischer Bauten wirkungsbezogen ist, wie eine antike Statue. Ihre ablesbare, im Betrachter nachvollziehbare Darstellung ihrer Eigentümlichkeit verweist auf sich selbst zurück. Außen ist Innen, und dieses Innen erinnert an unser eigenes Wesen. In unserer Schaulust bildet sich das Geschaute aus. Indem man
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1.1.8
Weltkenntnis, Herkunft, Bezüge, Einflüsse festzustellen oder zu ermitteln, macht für den gebildeten Betrachter den Reiz römischer Baukunst aus. Für die Beurteilung ihrer Leistung bringt das noch nicht viel. Man kann der grandiosen technischen und gestalterischen Ingenieurleistung besser gerecht werden, indem man sich ihr eher bautechnisch, baukundlich nähert. Eine solche Baukunde hat Vitruv im 1. Jahrhundert nach Christus in zehn Büchern verfasst. Sie ist ein systematisches Lehrkompendium, das alles enthält, was beim Bauen von der Materialwahl, der Materialherstellung bis zum Entwurf und der
Verwirklichung unterschiedlicher Bauaufgaben notwendig ist. Auch polemische Angriffe gegen Verunstaltung, fachliche Unfähigkeit von Architekten und Bauunternehmern sind formuliert. Vitruv beabsichtigte, eine bauliche Fachsprache zu gründen und zu vereinheitlichen. Auf seine grundlegenden Gedanken wird seit zwei Jahrtausenden immer wieder zurückgegriffen. So verweist er ebenso, wie auf die vom menschlichen Körper abgeleiteten Maße, auf die Regel, dass ein Bauwerk ein inneres Maßsystem haben müsse, das aus ihm selbst heraus zu entwickeln ist, damit die Bauglieder sich in den Maßen aufeinander beziehen. Eine außerordentlich beherzigenswerte Forderung, die sich in unserer heutigen, durch und durch äußerlich genormten Welt, die vor allem Maßvereinheitlichung berücksichtigt und Gefahr läuft, die inneren Bezüge eines Gebäudes zu vergessen, dringend zu betonen ist.
1.1.9
1.1.10
schaut, werden die Dinge als eigene Zeichnung ins Leben gerufen. Mit dem Begriff der Schau wird das Prinzip des Gestaltens deutlich: als erinnern, innewerden, wissen machen, das nicht Kenntnis der Welt, sondern Selbstkenntnis erfordert und voraussetzt.
Positionen der Geschichte
Technische Entwicklung in der römischen Antike
Grundlage für die Entwicklung und hohe Qualität der baulichen Ingenieurkunst der Römer war die Rationalisierung und Kommerzialisierung der Bauleistung. Es entwickelte sich eine systematische Trennung zwischen Konstruktionsmaterial und Verkleidungsmaterial. Dies hatte große organisatorische Vorteile. Noch bis zur augusteischen Zeit (um Christi Geburt) bestand Rom zum großen Teil aus Gebäuden, die aus ungebrannten Lehmziegeln hergestellt waren. Man verputzte sie oder verkleidete sie mit keramischen Platten. Der gebrannte Ziegel wurde preisgünstiges, industriell hergestelltes Konstruktionsmaterial, zeigte sich aber wenig als Sichtmauerwerk. Der Aufbau der Ziegelindustrie war hochgradig differenziert: Es gab staatliche Ziegeleien, die Legionen in den Provinzen betrieben eigene Ziegeleien, mit denen sie den öffentlichen und privaten Bedarf belieferten. Daneben existierten private Ziegelhersteller, die zumeist an den Baustellen Feldfabriken errichteten. Über die Herstellungsverfahren, die Vielfalt und Qualität der Erzeugnisse haben wir eine ziemlich genaue Kenntnis durch Ausgrabungen ganzer Ziegeleien und ihrer Fabrikationsgeräte. Zum Beispiel wurde in Rehlingen bei Trier 1999 einer der größten Ziegelbrennöfen aus dem 3./ 4. Jahrhundert n. Chr. entdeckt. Der Brennofen allein hat Ausmaße von 8 ≈13 m. Der Ziegel römischer Bauten im Einflussbereich dieser Kultur hatte Seitenlängen zwischen 20 und 80 cm und Dicken zwischen 2 und 10 cm. Er war rechteckig, quadratisch oder diagonal geteilt, also dreieckig, um das Material sparsamer zu verwerten und eine bessere Verzahnung von Verschalung und Verfüllung zu erreichen. Vielfach wurde es auch in Binderschichten zwischen Natursteinmauerwerk vermauert. Die Lagerfugen waren bis zu 3 cm dick. Stoßfugen wurden möglichst knapp bemessen. Die Wirkung dieses, meist unsichtbar bleibenden Mauerwerks, das erst durch den Verfall römischer Bauten zutage trat, ist von einer kraftvollen, lagerhaft-straffen Stabilität, die noch durch die fast unsichtbaren Stoßfugen verstärkt wird. Wölbungen waren aus diesem Ziegelmaterial leicht herzustellen, da durch die dünnen Ziegelplatten die keiligen Fugen nie zu weit auseinander klafften. Daneben fanden auch keilförmige Ziegel Verwendung. Häufig wurden Überdeckungen von Öffnungen in mehreren Bögen übereinander gemauert. (Abb.1.1.12, 1.1.13)
1.1.8 1.1.9 1.1.10 1.1.11 1.1.12
1.1.11
Poseidon-Tempel, Paestum, 460–450 v.Chr. Stadtmauer von Athen am Karameikos, Zustand um 1900, Lehmziegel auf Natursteinsockel antikes isodomes Quadermauerwerk am Niketempel, Athen, 421 v.Chr. römische Mauerwerkarten nach Rondelet Kaisertherme, Trier, beg. 293 n.Chr., Hauptapsis 1.1.12
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Mauerwerk in der Architektur
Das Mauerwerk bestand in der Regel aus Außenschalen, die mit edlen Materialien oder auch Putz verkleidet und gestaltet wurden. Zwischen diesen Außenschalen vermauerte man grobe Bruchsteine oder man füllte die Hohlräume mit einer durch Trass gebundenen Masse aus Kies und Gesteinsbrocken aus, die in regelmäßigen Abständen mit drei bis vier Schichten Ziegelmauerwerk durchgebunden wurden (Vitruv: griechische Bauweise) oder einfach ohne Binderschichten (Vitruv: römische Bauweise) verfüllt wurden. Die Füllmasse (opus caementitium) entspricht unserem heutigen Beton. Opus caementitium verwendete man auch ohne Mauerwerkschale als Unterkonstruktion von Großbauten, wie Arenen, in Verschalung als Mauer oder auch in tragfähigen Wölbungen. Ein Beispiel solcher Ziegelkonstruktionen mit Verfüllungen aus opus caementitium ist die Ringmauerkonstruktion des Pantheon (120–125 n. Chr.).
In der Wölbtechnik zeigte die römische Baukunst hohe konstruktive Fertigkeiten. Sie wurde im oströmischen Reich weiterentwickelt und verfeinert. So hatte die Kuppel der Hagia Sophia in Byzanz, 532–37 n. Chr. gebaut und eine der berühmtesten Mauerwerkkuppeln, eine Spannweite von ca. 35 m. Dieses Wissen ging mit dem Niedergang des römischen Reiches im Westen verloren. Dies zeigt sich am Kaiserdom in Speyer, der als erster vollständig überwölbter Kirchenraum nördlich der Alpen, ca. 1000 Jahre nach dem Pantheon (Spannweite ca. 40 m) errichtet wurde. Er sollte mit einer Spannweite von knapp 14 m überwölbt werden. Selbst das war zu dieser Zeit ein Wagnis, das erst nach misslungenen Versuchen und nachträglichen Konstruktionsänderungen gelang. Ein weiteres Feld römischer Ingenieurleistungen ist der Wasser- und Brückenbau aus Stein. Das Aquädukt in Segovia, um 100 n. Chr.
errichtet, ist Teil einer 17 km langen Wasserleitung, die in 119 Bögen, zum Teil zweigeschossig, über ein Tal zur Oberstadt von Segovia führt. Hier wird ein unverkleidetes Mauerwerk gezeigt, das aus riesigen Granitquadern besteht, die ohne Mörtel und Verklammerungen zusammengefügt sind. (Abb.1.1.14) Die Übernahme der griechischen Götterwelt, ihrer Philosophie, die Kopie und Vervielfältigung griechischer Kunstwerke und Architekturformen sind allgemeine Kennzeichen römischantiker Kultur. Darüberhinaus ist römische Architektur auch durch massenhafte Verwendung von Verkleidungselementen charakterisiert. Durch die organisatorische Trennung der Konstruktionen in Bauteile mit festgelegten Aufgaben entwickelt sich eine Baukunst mit hoher konstruktiver Kompetenz. Die Parallelen zu den oft schematischen Repetitionen der heutigen Bekleidungs- und Verkleidungsarchitektur sind offensichtlich und bedenkenswert.
1.1.13
16
Positionen der Geschichte
Im hochkultivierten Rahmen dieser auf Intelligenz basierenden römischen Baukunst wirkt das Grabmal des Theoderich in Ravenna (erstes Viertel 6. Jahrhundert), das mit einem Monolith von gewaltigen Ausmaßen abgedeckt ist, atavistisch. Nachdem das beschriebene technische und organisatorische Wissen und die tradierte Erfahrung in Europa in den Jahrhunderten nach dem Zerfall des römischen Reiches fast völlig verschwunden war, gelangte zur Zeit der Karolinger (seit 800 n. Chr.) und zur Zeit der Ottonen (seit 950 n. Chr.) jeweils ein schmaler Einfluss oberitalienischer, byzantinischer oder arabischer Baukenntnisse in Länder nördlich der Alpen. Technische Entwicklung im Mittelalter
In diesem Rahmen können nicht alle Probleme des mittelalterlichen Baubetriebs beschrieben werden, etwa die unendlichen Mühen des Transports, der Mörtelherstellung oder der Steingewinnung, der Steinbearbeitung oder der Ziegelherstellung. Diese dauerte von der Materialgewinnung über Lagerung, Durchfrieren im Winter, Formung, Trockenzeit, Brennen und Aussonderung von rund vierzig Prozent Ausschuss mehrere Jahre. Es bedurfte also einer weit vorausschauenden Planung und Materialbilanz, anders als beim Naturstein. Bei der Herstellung von Natursteinmauerwerk gab es entscheidende Entwicklungen vom 10. bis zum 13. Jahrhundert, die darauf hinaus liefen, die Arbeitszeit zu senken und die Arbeitsschritte in der Herstellung zeitsparender zu verzahnen. Das Ziel wurde durch Rationalisierung und Serienfertigung erreicht. In der frühesten Form der Steingewinnung wurden größtmögliche Steinblöcke gebrochen und zu Werksteinen bearbeitet. Solche Steine mussten im Mauerwerk angepasst werden. Steinmetz-, Transport- und Maurerarbeiten mussten gemeinsam ausgeführt werden, dadurch war das Bautempo gering. Auch Vorarbeit im Winter brachte keine Beschleunigung beim Versetzen. Durchgehende Lagerfugen waren nicht möglich. Das Mauerwerk des nördlichen Westturmes von St. Cyriakus in Gernrode aus dem 10. Jahrhundert zeigt diese Arbeitsweise (Abb.1.1.16). Das direkt anschließende Mauerwerk des Westchores aus dem 12. Jahrhundert lässt gezielte, organisierte Arbeit erkennen. Bruch und Zubereitung auf Vorrat bringen wesentliche Beschleunigung beim Versetzen. Der Mauerwerksverband in der Kathedrale von Chartres (Abb.1.1.15) ist in Horizontalbauweise mit Einbindungen im Fugenschnitt hergestellt. 1.1.13 1.1.14 1.1.15 1.1.16
1.1.14
Chartres
St. Denis
1.1.15
römisches Mauerwerk, Kaiserthermen Trier römisches Aquädukt in Segovia, ca. 100 n.Chr. Mauerwerkverband der Kathedralen von Chartres und St. Denis Stiftskirche St. Cyriakus, Gernrode, 10. und 12. Jahrhundert n.Chr. 1.1.16
17
Mauerwerk in der Architektur
1.1.17 1.1.18 1.1.19 1.1.20 1.1.21 1.1.22 1.1.23
1.1.17
Mauerwerk und Wandvorlagen müssen in einem Arbeitsgang ausgeführt werden. Bauvorbereitung und Lagerung waren zwar möglich, aber umständlich. Das Langhaus von St. Denis zeigt Wandvorlagen, die unabhängig gefertigt, gelagert und versetzt werden konnten. Das Mauerwerk zwischen den Vorlagen wurde in großer Stückzahl nach Vorfertigung in Skelettbauweise eingesetzt. Durch geschicktere Anordnung des Fugenschnitts wurden die nach Schablonen gefertigten Formsteine genormt und die Sortenzahl verringert. Schließlich war man bestrebt, Werksteinformen zu finden, bei denen der Abhau minimiert wurde, um Arbeitszeit, Transport und Schuttabfall gering zu halten. Das große Bautempo in der Erstellung der Kirchenbauwerke des 13. Jahrhunderts wäre
1.1.18
18
ohne diese außergewöhnliche Entwicklung nicht möglich gewesen. Der planerische und arbeitsorganisatorische Rang entspricht dem der Gestaltung. Geometrie und Systematik des Mittelalters
Kubisch-elementar zeigen frühromanische Kirchen Schwere und Kraft des Mauerwerks und des umschlossenen Raumvolumens. Burgund hatte sich in dieser Zeit durch die kluniazensische Bewegung zum Zentrum für den Kirchenbau in Europa entwickelt. Der Jurakalk Burgunds wird zu Bruchstein verarbeitet, der in St. Martin (Abb.1.1.17) eine verblüffend einfache Kapitellform markiert, die rein geometrisch den Übergang vom quadratischen Querschnitt des Arkadenbogens zur
1.1.19
St. Martin, Chapaise, Burgund, 1030/1040 n.Chr. St. Philibert, Tournus, Burgund, 1020 n. Chr. St. Etienne, Nevers, 1063–1097 n. Chr. Marienkirche, Stralsund, erste Hälfte 15. Jahrhundert Veitsdom, Prag, 1344–1385 n. Chr., Triforiengalerie St. Nikolai, Stralsund, Südturm, zweite Hälfte 13. Jahrhundert Maßwerk der Katharinenkirche Brandenburg, 1401 n.Chr.
Säule bildet. Gerade durch seine splittrige Rauheit erhält der Stein eine besonders plastische Skulptur und trägt – wie selbstverständlich – auch noch die Halbsäulenvorlage. St. Philibert zeigt in der Michaelskapelle dasselbe Kapitellmotiv zwanzig Jahre früher in einfacherer, noch elementarerer Geometrie (Abb. 1.1.18). Die urtümliche, dichte, schwere, fast noch magisch durchwirkende Kraft der Mauer spricht unmittelbar, ohne intellektuellen Übersetzungsbedarf an. Aus der elementargeometrischen Gliederung des Raumes und der systematischen Organisation des Grundrisses entwickelte sich in den folgenden Jahrhunderten eine Auffassung von Mauerwerk, die zum Ziel hatte, die Mauer zu entmaterialisieren. Die Bauformen widersprechen dem eigenen Volumen, der eigenen Schwere, um dadurch über sich hinaus zu weisen. Ihre dingliche Mächtigkeit hat stellvertretende Bedeutung. Dazu gehört auch, dass sie ihre Daseinsberechtigung auch ohne den Betrachter haben. Sie verlangen keine optisch-räumliche Gegenüberstellung, kein Erfassen, sondern Identifikation mit einem als Mauer vorgeführten spekulativen Bedeutungsgefüge, das den Anspruch erhebt auf einen intellektuellen Überbau, eine allegorisierende Deutung. Thema ist – völlig entgegengesetzt zur sinnlich-räumlichen Steinhaftigkeit etwa von St. Martin im Burgund (Abb. 1.1.17) – gerade die Zähmung dieser Urkraft des Steins, die Überführung und Einordnung in ein transzendierendes Bedeutungsgefüge. Der Betrachter hat dieses Bedeutungsgefüge der Mauer wiederzuerkennen. Er muss also schon einen Begriff oder eine Idee dieser Bedeutung in sich haben und sich durch Nachvollziehen der »Mauerwerkgedanken« in dieses intellektualisierte Gefüge einordnen. An ihn wird ein hoher Denkanspruch gestellt, der durch die Empfindung bei der Identifikation mit der Mauer ausgelöst wird. In dieser Zeit der Gotik ist das Mauerwerk, vor allem in Kirchen, durch und durch systematisch, ein ausgeklügeltes geometrisches Spiel und ein Zahlenspiel, bei dem jeder kleinste Teil schon zweckhaft das Ganze vergegenwärtigen soll. Es ist ein im eigentlichen Sinn funktionales Gefüge, in dem alle Teile sich wechselseitig verursachen, bedingen, begründen und befolgen. Solche Mauerwerksysteme bilden keine Räume, sondern stellen eine eigene unabhängige transzendentale Welt dar, die von Ener-
Positionen der Geschichte
1.1.20
gieströmen erfüllt ist. Raum konstituiert sich nur innerhalb der Wand, die diaphan, durchscheinend ausgebildet ist und sich durch ihre Gliederung eine eigene Begrenzung schafft. Eine beispielhafte Vorstellung dieser Mauerwerkauffassung findet sich in der Triforiengalerie des Prager Veitsdoms (Abb.1.1.21). Peter Parler lässt die Triforiumsarkaden an den jeweils benachbarten Dienstbündeln ausschwingen und zurückschwingen. Diese Bewegung wird von den Obergadenfenstern übernommen. Die Wandebene gerät dadurch in eine Schwingung, die vom inneren Wandvolumen, das die Wand sich begrenzend selbst schafft, auf die angrenzenden systemlosen Ränder übergreift und die wandinnere Energie außen vibrierend zeigt. Solche artifiziellen Mauerwerkkonzepte hängen nicht von der Gestal-
tungsfähigkeit des Materials ab, sie sind, in Backsteinform übersetzt, von gleicher Wirksamkeit. Die Fenstergliederung des Südturms von St. Nicolai (Abb.1.1.22) beantwortet geradezu schulmäßig die Frage, was gotisches Mauerwerk ist: Durch vierfaches Zurückspringen wird die in der Tiefe des Mauerwerks wirkende Energie vorgeführt. Die geputzten Maßwerkfelder sind – wie die gesamte Tiefengliederung – Bilder der Diaphanie des Innenraums. Das membranhaft gespannte Maßwerk am Nord- und Südgiebel der Katharinenkirche in Brandenburg (Abb. 1.1.23) ist eine der reichsten und kostbarsten Fassaden der hansischen Gotik. Vor allem der Nordgiebel an der Fronleichnamskapelle zeigt eine Selbstdarstellung, die mit der baulichen Aufgabe nicht begründbar ist, sondern nur der Paradoxie dient, mit
höchstem materiellem Aufwand Materialminimierung zu betreiben, um das geistige, verweisende Ziel herauszuarbeiten. Im späteren Verlauf der gotischen Mauerwerkentwicklung werden in manieristischer Distanz die im Mauerwerk dargestellten Kraftverläufe von der Fläche gelöst, sodass Gewölberippen frei durch den Raum verlaufen und wieder in die Fläche zurückkehren. Oder es treten aus einer Fläche, die kittartig-weich gestaltet ist, scharfkantige, nervige Profilierungen, die von der inneren Dynamik gewissermaßen berichten. Auch können durch Gewölberippen dargestellte Kraftverläufe den Kämpferpunkt verpassen und daneben auftreffen. Mit dem verspielten Manierismus des 16. Jahrhunderts verebbt eine immateriell-vergeistigte Auffassung von Mauerwerk.
1.1.21
1.1.22
1.1.23
19
Mauerwerk in der Architektur
Die Welt als System der Repräsentation
Der Palazzo Pitti in Florenz (1457), wie alle florentiner Stadtpaläste dieser Zeit verteidigungsfähig gebaut, hat ein Sockelgeschoss aus barbarisch, gewalttätig anmutenden Rustikaquadern von überdimensionalen Ausmaßen. In seinen zurückgesetzten Fugen kann geradezu ein Mensch liegen. So grob behauenes, fast noch naturhaftes Steinmaterial galt bis dahin als weniger kunstvolle Verteidigungsarchitektur. Seine Verwendung hatte nichts mit dem elementar kubischen Aufbau romanischer Architektur zu tun, sondern sollte nur grob sein, um Gewalt, Macht der Natur des Steins, fast wie seine alte Magie beim nordischen Hügelgrab, als Gestaltungsmittel einzusetzen. Dabei geht es nicht um Macht des Geistes oder religiöse Heilsmacht, sondern um blutige politische Macht und Geldmacht. Praktische Verteidigungsaufgaben hatte die Überdimensionierung nicht, denn es handelt sich um eine Verblendung, die mit der Hintermauerung im Verband steht. Die als Motiv neu eingeführte Rustika begleitet die Architekturgeschichte in immer wieder abgewandelter Form – neuerdings auch als Zitat – bis heute. Daneben ist in der Architektur der Renaissance die Betonung der Mauerwerkecke zu beachten. Die Ecke, in der sich zwei Mauern vereinigen, wurde im Werksteinbau durch Wahl größerer, tiefer einbindender Formate, im Backsteinbau vielfach durch gestreuten oder durchgehenden Einsatz von im Verband vermauerten Werksteinen statisch verstärkt. Diese Verstärkung durch Herausrücken der Ecksteine oder durch eine Wandvorlage optisch zu betonen, zeigt an, dass hier eine – aus der Besinnung auf die Antike stammende – neue Auffassung entstanden ist. Mit ihr setzen sich Bauwerke und Umgebung: Körper und Raum gegeneinander ab. War in der mittelalterlichen gotischen Architektur der Schlussstein sinnbildliche Vollendung
des schlüssigen Systems von Mauer und Gewölbe – seine Bedeutung war so entscheidend, dass er in der Spätgotik in freiplastischer Manier unter den Gewölbescheitel gesetzt wurde – so wird nun die räumliche Begrenzung der Körper nach unten, zur Seite und nach oben betont. Dadurch werden die Bedingungen des Raumes, nämlich oben / unten, rechts / links, vorn / hinten thematisiert. Nun konnten perspektivische Folgen entstehen, während gotische Mauern nicht als Raumumgrenzungen, sondern als ins Leere gestellte, materialisierte Energiesysteme angelegt waren. Das Voreinander und Nebeneinander in der perspektivischen Raumfolge erfordert die geis-tige Leistung des Betrachters, die reinigende künstlerische Wirkung des Blicks. Sie gilt es mit baulichen Mitteln zu unterstützen. Durch die Perspektive wird die Welt zu einem System der Repräsentation. Sie will den Blick klärend, reinigend konditionieren. Die Materialcharakteristik des unbearbeiteten Steines auf eine bearbeitete Mauer zu übertragen, als ob sie unbearbeitet sei, wie am Palazzo Pitti abzulesen, ist ein Gedanke, der für die Architekturentwicklung der Neuzeit zu einem dauerhaft bestimmenden Element wird. Palladios Übertragung der griechischen Tempelfront auf die Fassaden seiner venezianischen Kirchen formt sie zu reliefartig hintereinandergestaffelten Fassadenbildern aus (Abb.1.1.24). Der Architekt macht die Fassade zu einem differenzierten Abbild durch Übertragung, Abwandlung, Vervielfältigung der Ausgangsfigur des Tempels. Paraphrasierendes Denken und Entwerfen, angewandt auf die Materialeigenschaften, erzeugt erst architektonische Qualität. Bossierte Quader aus verputztem Ziegelmauerwerk nachzubauen ist ein gewolltes Täuschungsmanöver zur Bereicherung der Augenlust (Abb. 1.1.26). Putz statt Stein, Stuckgewölbe statt Steingewölbe, Farbe statt Relief – allgemein gesagt, der
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1.1.26
20
1.1.24
Weg über die Täuschung und Enttäuschung – erbringt ein vielschichtiges Erlebnis des Betrachters. Materialien für kunstvolle Zwecke zu entleihen, zu verborgen, das eigentlich Falsche überzeugend geistvoll zu berichtigen, bezaubert den Betrachter und vervielfältigt und verändert auf diesem Weg über den Bildbezug in der Architektur den Wirklichkeitsbezug. Die Frage, was Mauerwerk ist, wird als überraschender, interpretierbarer Vorschlag zur Wirklichkeitsveränderung beantwortet. Die Welt wird so zur Bühne, alles in ihr zum Ereignis. Das Beispiel der, mit wenigen Vor- und Rücksprüngen unglaublich reich gestalteten Putzfassade der Wiener Hofbibliothek (Abb.1.1.27) kann als exemplarisches Beispiel plastischer Putzgestaltung dienen. Die Fassade hat nur wenige Natursteinteile. Ihr diszipliniertes Konzept erreicht seine raffinierte Wirkung durch den barocken Kunstgriff der Verschränkung. So wird der mit horizontalen Nuten rustizierte Sockel im Mittelrisalit mit einem Anlauf mächtiger wirksam, als der Anlauf an den Eckrisaliten, der nur noch als zarte, schräge Kante in einer vertikalen Fläche vorspringt. Durch Hochführung der vorspringenden Rustika in den Flächen zwischen den Risaliten kehrt sich hier die Plastizität des Reliefs um: die Fenstergewände springen zurück. Der ordnende Blick des Betrachters wird verwirrt. Dasselbe geschieht mit den über zwei Geschosse geöffneten Hauptfenstern der Risalite. Ein wie nachträglich vorgesetztes Gesimsband zwischen dem ersten und zweiten Hauptgeschoss, das sich hinter die Pilastervorlagen aber vor die Rustikaflächen legt, nimmt die Öffnungen in das Fassadenrelief zurück. Wieder Verwirrung des Auges! In der Vertikalgliederung wird dieselbe verschränkende Blickführung dadurch erreicht, dass der bogenförmige Abschluss der Hauptfenster im zweiten Hauptgeschoss sich im bogenförmigen Tympanon der Nebenfenster des ersten Hauptgeschosses wiederholt. Die verblüffende Tiefenstaffelung
Positionen der Geschichte
der Fassade spielt sich auf Ebenen ab, die jeweils nur wenige Zentimeter untereinander abweichen. Ein Raffinement von seltener Schönheit, gefertigt aus einfachem Putz. Es beruht auf der künstlerischen Forderung, dass die Eigenschaften eines anderen Materials geborgt werden müssen, um Lüge als kunstvolle Wahrheit zu enthüllen. Eine Wirkung, die nur gelingt, wenn das immer neu abzuwägende Verhältnis zwischen Vertrautheit und Befremdung stimmt. Der Gedanke, dass Entwerfen immer ein Übersetzungsvorgang ist, der in der Materialisierung der Entwurfsidee geleistet wird, begründet die überwältigendsten Raumerfindungen des 18. Jahrhunderts. Der nachvollziehende Betrachter, der sich auf diese Beziehungsvorgänge einlässt, wird kalkulierter Teil dieses Inszenierungsablaufs. Er muss sich durch eigene geistreiche Entwürfe, Interpretationen, bewähren. Hier ist schon der Gedanke verborgen, sich mit dem Handlungsablauf selbst zu beschäftigen. Oder um im Bild der Welt als Bühne zu bleiben: die Handelnden erkennen sich als Handelnde. Im Verlauf der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wird dieser Gedanke zum beherrschenden Thema und Ausgangspunkt für eine Aufhebung und Umwälzung aller bisher anerkannten Gesetze des Bauens. Die funktionale Methode
Die erfahrene Erfahrung, sich selbst als handelnd zu erkennen, thematisiert Herkunft und Zukunft und bildet ein historisches Bewusstsein im doppelten Sinn, dass das gebildete Bewusst-sein des Historischen sich zugleich selbst als etwas Historisches begreift. Diese Denkweise der Aufklärung zersprengt so den Zusammenhang und zergliedert folgerichtig die Baugeschichte in ablesbare unterschiedliche Zeitabschnitte. Zunächst in einer nur nach äußeren Merkmalen gegliederten Betrachtungsweise. Diese als Stilkompendium katalogisierten Ergebnisse führen im weiteren Geschichtsverlauf zu Gedanken über die stilistischen Bedingungen selbst sowie zum Bedürfnis, sich in diesem zu ordnenden Zusammenhang eine eigene Stilposition zu verschaffen, was wiederum Gedanken über den »Stil an sich« herausfordert. Dieser Ansatz wird daraufhin als zu äußerlich erkannt. Das Bauen zergliedert sich in seine weiteren Bedingungen: die maßlichen, räumlichen, physikalischen, konstruktiven und produktiven Bedingungen. Im selben Sinn verselbständigten sich durch zergliedernde Betrachtungsweise die einzelnen Bestandteile des Mauerwerks, entsprechend seinen materiellen Aufgaben: Tragen, Dämmen, Sperren, Verkleiden. Seine immateriellen Aufgaben fließen in die Analyse nicht ein. Diesem verwissenschaftlichten Ansatz, treffender gesagt, der funktionalistischen Methode, ist das Bauen seither unterworfen und Verän-
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derungen entstanden und entstehen nun auf der Grundlage von Ideen, die durch Nachdenken über das eigene Denken oder durch plötzliches Erschrecken hierüber das Verselbständigungssystem auf eine neue Ebene heben. Eine weitere Entwicklungslinie entstand aus demselben Ansatz des 18. Jahrhunderts, der auch ein Nachdenken über die Handlungen der Lebewesen, in erster Linie des Menschen hervorrief. Handlungen, Handlungsabläufe, Handlungsbeziehungen zu Menschen (Gesellschaft), zu Gegenständen (Arbeit) wurden bestimmend für das Bauen. Die Forderung, dass Bauformen sich nach den Erfordernissen der Handlungen des Menschen zu richten haben, ist eine Zweckanforderung, die sich aber nur auf die bauliche Verwirklichung von Einzelzwecken beziehen kann. Sie ist von der vorgenannten funktionalistischen Methode zu unterscheiden, obwohl sie sich gern mit ihr verbindet und verfilzt. Auch unter dem Einfluss dieses Gedankens verändert sich unser Verständnis davon, was Mauerwerk ist: es ist in
diesem Sinn Hülle für Handlungsabläufe. Wie weit sich die sogenannte Revolutionsarchitektur schon im 18. Jahrhundert in distanzierthistorischem Bewusstsein vom Vergangenen befreit hat, zeigt die utopische Zeichnung des Architekten Etienne Boullée (Abb.1.1.28). Wie aus einem Auge blickt der puppenhaft-kleine griechische Tempel in das Auge des Betrachters. Er ist ein Bild im Bild der Utopie. Das System der Repräsentation ist gesprengt! Die in einem Maßstabswechsel gemauerte Pyramide (eine Schichthöhe ist fast eine Menschengröße) abstrahiert den Tempel, das heißt sondert ihn ab: verselbständigt ihn. Er wird zum historischen Versatzteil.
1.1.24 1.1.25 1.1.26 1.1.27 1.1.28
Il Redentore, Venedig, beg. 1577, Architekt: Andrea Palladio Palazzo Pitti, Florenz, beg. 1540 Schloss Güstrow, 16. Jahrhundert Hofbibliothek Wien, 1721–26, Architekt: Johann Bernhard Fischer von Erlach Étienne–Louis Boullée, Entwurf
1.1.28
21
Mauerwerk in der Architektur
Technische Entwicklung im 19. Jahrhundert
Eine umgreifende Veränderung im Baugeschehen entsteht im Verlauf des 19. Jahrhunderts durch ein Ergebnis der Denkansätze des 18. Jahrhunderts: die technisch-maschinelle Entwicklung. Die Herstellung der Mauersteine wird durch zwei Erfindungen revolutioniert. 1854 erfindet der Berliner Fabrikant Carl Schlickeysen die Strangpresse, die aus einem schneckenförmigen Pressgang und einem austauschbaren Mundstück besteht, durch das vorgemischtes Tonmaterial extrudiert und mit einem Draht in Teile zertrennt wird. Der Arbeitsprozess der Ziegelherstellung lässt sich damit von der Materialgewinnung bis zum Brennvorgang in einen kontinuierlichen Arbeitsgang verwandeln, der sich in allen Einzelschritten kontrollieren, steuern und automatisieren lässt. Die Überlegungen hierzu existieren schon länger. Seit Anfang des 17. Jahrhunderts waren in England solche Versuche unternommen worden. Bis zur Erfindung Schlickeysens wurden Mauersteine mit der Hand in verschiedenen Streich- und Formverfahren hergestellt. Durch diese Herstellungsweise waren die Gefahr von Schwund und Rissbildung, ebenso wie der Energiebedarf und die Produktionszeit, erheblich größer gewesen. Wenige Jahre später, im Jahre 1858, erfand der Berliner Friedrich Hoffmann den Ringofen, durch den das Brennen des Steins schneller, wirtschaftlicher und energiesparender möglich wurde. In England war schon weit früher ein Taktverfahren beim Brennen eingeführt worden. Das heißt, dass zwei oder mehr Brennöfen im Wechsel von außen
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22
beheizt wurden und nach Beendigung und Abkühlung der Steine im Takt geleert und wieder beschickt wurden. Die Neuheit der Hoffmannschen Erfindung bestand darin, aus dem Taktverfahren ein kontinuierliches Verfahren durch kreisförmige Anordnung von mindestens zwölf Brennkammern zu entwickeln, und den Befeuerungsvorgang von außen nach innen zu verlegen (Abb.1.1.29). Die Kammern sind untereinander durch Eisenschieber getrennt. Ist eine Kammer mit Rohlingen beschickt, wird von oben durch einen Schacht ein Schürapparat gesetzt und Brennmaterial eingeführt. Dabei dienen die Steine als Heizrost. Nach Beendigung des Brennvorgangs wird der Schürapparat umgesetzt und die Eisenschieber in Richtung der nächsten Kammer geöffnet, geschlossen und so fort. Ringöfen können kontinuierlich jahrzehntelang in Betrieb bleiben. Sie wurden Sparöfen genannt, weil beim Heizen der Brennkammer die Nachbarkammern schon vorgewärmt wurden. Dieser Effekt wurde durch den Einbau von Ventilatoren noch gesteigert, um dadurch die Leistungsfähigkeit trotz Ein-sparung von Energie und Brennmaterial zu erhöhen. Die Erfindung steigerte die Produktionskapazität einer Ziegelei um das Fünffache. Eine Schwachstelle im Arbeitsablauf war die Beschickung und Entleerung der Brennkammern per Hand. Durch die Einführung des Tunnelofens, der schon zehn Jahre nach Hoffmanns Erfindung, jedoch zunächst sehr zögernd in Gebrauch genommen wurde, konnte auch dieser Arbeitsgang automatisiert werden. Einige Ringöfen sind heute noch in Betrieb. Man kann mit ihnen ein lebhafteres Brandbild und durch Maßabweichungen erkennbare Herstellungsspuren erreichen. Beim Tunnelofen wird das Brenngut durch einen vierzig bis fünfzig Meter langen Brenntunnel gefahren, der seitlich und oben befeuert wird. Durch Zuführung des für das Brennen erforderlichen Sauerstoffs im Gegenstrom werden die gebrannten Steine gekühlt, sodass sie am Ende des Tunnels verladefähig sind. Ein Tunnelofen verzwölffacht heute die Kapazität einer vergleichbaren Ziegelei im Manufakturbetrieb. Durch die Vollautomatisierung vermeidet er die vorher notwendige schwere körperliche Arbeit. Berlin, von dem schon Mark Twain (in »The Innocents Abroad«) bewundernd schreibt, dass es ganz aus Stein gebaut sei, widerstandsfähig gegen Feuersbrünste, benötigte in seiner rasanten Aufbauphase der Gründerzeit schon 1871 550 Millionen Ziegel, die auf Lastkähnen aus den umliegenden Ziegeleien herangebracht wurden. Im Jahre 1905 waren es 1,775 Milliarden Ziegel. Die Zikkurat von Babylon bestand aus 85 Millionen Ziegeln. Die Leistungsfähigkeit der entstandenen Bauindustrie steigerte sich durch Produktion von Fertigteilen im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts. Nicht nur elementierte Stahlkonstruktionen wie Paxtons Kristallpalast oder der Eiffel-
turm sind zu nennen. Neben Bausätzen für Balkonbrüstungen, gusseisernen Brunnenschalen, Erkern aus Zinkblech und Stuckfertigteilen für den Innenausbau wurden in Firmenkatalogen ganze Bausätze für keramische Fertigteile des Mauerwerks angeboten: Stützen, Stürze, Konsolen, Aufsätze usw., die wie überdimensionale Steinbaukästen Lilienthals aussahen und zum Spiel mit Mauerwerkformen und -verbrämungen und vor allem zum Kauf reizen sollten. Zur gleichen Zeit, als die Schlickeysenschen und Hoffmannschen Erfindungen die Ziegelherstellung revolutionierten, wurden die ersten Hebelpressen für ein Material in Betrieb genommen, das zur Herstellung von Mauerwerk immer schon gehörte: Mörtel aus Sand und Kalk. Versuche, aus Mörtelmaterial Steine herzustellen, oder es als Füllmaterial für Schalenmauern zu verwenden, sind seit Römerzeiten nachgewiesen. Zur Erzielung brauchbarer Druckfestigkeiten waren jedoch zwei Voraussetzungen zu erfüllen: das Material zu pressen, um ihm größere Dichte und Feste zu geben, sowie Beschleunigung des Abbindevorganges, der normalerweise zwei Jahre dauert. Die Experimente zu einer praktisch brauchbaren Abbindebeschleunigung dauerte noch dreißig Jahre. 1880 wurde ein Patent zur Dampfhärtung angemeldet. 1894 wurde die erste industriell brauchbare automatisierte Revolverpresse zur Produktion von Kalksandsteinen in Neumünster aufgestellt. Von hier aus verbreitete sich das Baumaterial sehr schnell in ganz Europa. Der Kalksandstein ähnelt im Aufbau dem Naturstein und wurde zunächst auch werksteinmäßig bearbeitet. Die sehr preisgünstigen Steine fertigte man in der ersten Entwicklungszeit in Feldfabriken an der Baustelle. Die Steine wurden sofort in öffentlichen und privaten Bauten sowie für Industriebauten im großen Umfang eingesetzt. Dazu trug auch bei, dass sich die Hersteller bereits um 1900 in einem Verband organisierten und sich schon 1902 zu Gütesicherungsnormen verpflichteten, die Vorbild für die Backsteinnormung wurden. Um zu demonstrieren, dass der Stein auch für Sichtmauerwerk geeignet ist, wurden schon kurz nach der Jahrhundertwende Bauten in roh belassenem Kalksandsteinmauerwerk errichtet. Als Stein für Sichtmauerwerk im großen Umfang wurde der Kalksandstein jedoch erst in den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts »entdeckt«. Der ästhetische Reiz des Materials besteht in seiner Mischung aus strengem technischem Charakter und natürlicher Kornstruktur, wodurch es sich unverwechselbar von allen anderen Steinmaterialien unterscheidet.
1.1.29 1.1.30 1.1.31
Hoffmannscher Ringofen, patentiert 1858 Matthäuskirche, Berlin, 1844–46, Architekt: Friedrich August Stüler Jugendstil-Fenster in Nancy
Positionen der Geschichte
einem ebenso glühenden wie unerbittlichen inneren Auftrag. Im Vergleich hierzu hätte es wohl keine Renaissance (keinen Bramante, Palladio, Alberti, Raffael, Michelangelo ...) gegeben, wenn zur Zeit der Wiederentdeckung der Antike ein derartiger Dogmatismus geherrscht hätte. Die baulichen Ergebnisse der Schulen des 19. Jahrhunderts zeugen von großem historischem Wissen, sind aber meist von einer phantasielosen Trockenheit bei hervorragender Detailbearbeitung des Mauerwerks. Der Weg zum Jugendstil
1.1.30 Die technische Ästhetik des Backsteins
Historistische Dogmatik
Die Qualitätsverbesserung des Steinmaterials war schon in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts betrieben worden. Beispielhaft ist dies an den Bemühungen KarlFriedrich Schinkels zu erkennen. Er wandte sich, nachdem ihn auf einer Englandreise (1826) die Industriebauten aus rohem Ziegel beeindruckt hatten, einer Bauweise zu, in der die Charakteristik der Baumaterialien die Architektur bestimmten. Aus dem Charakter des Backsteins als »einem einzigen Material« entwickelte er eine bis ins 20. Jahrhundert wirkende technizistische Konzeption, die er auch theoretisch in seinem »Architektonischen Lehrbuch« darstellte. Eine Reihe seiner Schüler entwickelte diese Bauweise fort, in der das Baumaterial die Entwurfsüberlegungen bestimmte (Abb.1.1.30). Bezeichnend ist, dass auch Gebäude, die stilistische Verkleidungen gewissermaßen wie ein Furnier aufgelegt bekamen, wie das 1836 gebaute Parlamentsgebäude in London, als Gesamtsilhouette betrachtet eine Strenge und Klarheit zeigen, die einem Schinkelschen Backsteingebäude vergleichbar ist.
Die naiv-äußerliche Anwendung historischer Stile entwickelte sich im Verlauf des Jahrhunderts zu vertiefter struktureller Durchdringung derselben. Die Befähigung in der Architektur beschränkte sich auf die Verfügbarkeit von historischem Wissen, sodass Architekturtheoretiker sich in ihren Konzepten zunehmend bekämpften. Es entwickelten sich »gotische« und »klassische« Schulen. Die Dogmatiker entwickelten ihre Meinungen gegenläufig zum sich entfaltenden Funktionalismus, obwohl sie auf denselben Denkansätzen beruhten. So hatten sich in der Architekturentwicklung Europas in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts Fronten gebildet. Die Auffassungen waren so verfestigt, dass sich historistische Schulen (Bauhütten) bildeten, mit Glaubenssätzen, zu denen sich Architekten bekannten und bekehren ließen. Allein im deutschsprachigen Raum gab es neun Schulen: die Nürnberger, Kölner, Kasseler, Hannoveraner, Wiener, Aachener, Berliner, Münchener, Karlsruher Schule. Sie verbreiteten ihre Kanzelmeinungen über das, was beispielsweise die wiederentdeckte christlich-germanische Gotik sei, mit
Der Stil war also vom Zusammenhang des Bauens abgelöst worden und hatte sich als Einzelteil verselbständigt. Das führte dazu, dies als äußerlich bestimmendes Merkmal zu thematisieren und dann wieder mit sonstigen Bestandteilen des Bauens zu verknüpfen, also den Weg von außen zurück nach innen zu gehen. Dies gelang in einer kurzen Phase von zwanzig Jahren an der Wende zum 20. Jahrhundert und war verbunden mit den Namen weniger Architekten und Städte wie Wien, Paris, Brüssel, Glasgow. Es verbanden sich synthetisch Ornament und Konstruktion zu einer hitzig-fiebrigen, zum Teil schwülstigen Synthese, die das Lebensgefühl des fin du siècle treffend ablesbar machte. Charakteristisch für den synthetischen Ansatzversuch ist, dass nicht etwa tektonische oder raumgestaltende Architekturkräfte, sondern ornamentale Absichten die Architekturteile verformten und verbogen (Abb.1.1.31). Dieser Stil, der unter verschiedenen Bezeichnungen, in Deutschland unter dem Namen Jugendstil, kurz aufblühte, war per se nur Durchgangsstation, denn er erzwang, weiter über die Bedingungen nachzudenken, die das Denken in Stilen überhaupt ermöglichen. Er war insofern Teil des Historismus und schloss ihn in heftigem Aufbäumen ab.
1.1.31
23
Mauerwerk in der Architektur
1.1.33
1.1.34
USA im 19. Jahrhundert
1.1.32 Handlungsorientiertes Bauen
Die amerikanische Architekturentwicklung hatte sich im Verlauf des 19. Jahrhunderts, vor allem in den industriellen Zentren, von der europäischen Tradition gelöst. Ein derartig konsequent ohne dekorativen Fassadenschmuck, nur nach den Bedingungen der Konstruktion und der Nutzung entwickeltes Mauerwerkgebäude wie das 1890/91 entstandene Monadnok-Building in Chicago (Abb. 1.1.32) wäre in Europa frühestens zwanzig Jahre später denkbar gewesen. Mauerwerk war bis in die zwanziger Jahre des 20. Jahrhunderts für den Bau von Wolkenkratzern in Chicago, New York und anderen Städten der USA übliches Material. Es wurde verstärkt durch Eisengerüste, eine Bauweise, die nach Europa zurückkehrte. Viele größere Mauerwerkbauten der zwanziger Jahre, z. B. das Chilehaus in Hamburg (Fritz Höger, 1923–24), das Lagerhaus der Gutehoffnungshütte in Oberhausen (Peter Behrens, 1921–25) hatten ummauerte Stahlkerne (Abb.1.1.33). Bekanntester Wegbereiter eines konsequent die Denktradition des 18. Jahrhunderts verwirklichenden Bauens war in den USA Robert Louis Sullivan. Sein Ausspruch »form follows function« ist eines der am meisten missverstandenen und aus dem Missverständnis heraus banalisierten Zitate. Gemeint war, dass Funktionen ihre Formen suchen. Er erläuterte es an der Eiche, bei der jeder Teil – Stamm, Äste, Blätter, Blüten, Früchte – ganz Eiche ist und bezog dies auf das Hochhaus: »Es muss hoch sein, jeder Zoll an ihm muss hoch sein. Die Kraft und Gewalt der Höhe müssen in ihm sein ... .« Funktionalität ist organische Ausdruckskraft, nicht geistlose Zweckerfüllung.
Gleichzeitig mit einer Abwendung von den als Heuchelei empfundenen Stilmaskeraden des Historismus wächst, aus der englischen arts and crafts-Bewegung und einer neu sich bildenden Hinwendung zur Natur und den sozialen Problemen des Wohnens und Arbeitens sowie zum Bauvorgang ein Architekturverständnis, das sich den einfachen Handlungsabläufen der baulichen Herstellung und Nutzung zuwendet. Um die Jahrhundertwende sammelt sich diese Strömung im Werkbund. In Österreich haben sich die Wiener Werkstätten gleiche Ziele gesetzt. Im baumoralischen Anspruch steht der Werkbund den Bauhütten des 19. Jahrhunderts nicht nach. Der Wiener Architekt Adolf Loos hatte sich vorgenommen, erst einmal ohne ornamentale Verbrämung auszukommen. In den Obergeschossen des Geschäftshauses am Michaelerplatz in Wien wollte er die Fenster ohne Umrahmungen bauen. Er vertrat dies mit wütender Energie und hohem bauethischem Anspruch und erregte dadurch einen öffentlichen Skandal. Gleichzeitig gelang Walter Gropius in einer kleinen Stadt Norddeutschlands mit dem Faguswerk eine Pioniertat in danach selten wieder erreichter architektonischer Vollendung (Abb.1.1.35). Die maßliche Abstimmung der Fassade ist subtil und ausdifferenziert. (Gropius hatte zunächst nur den Auftrag zur Fassadengestaltung.) Die Eckfelder der Glasfassade sind gegenüber den Zwischenfeldern um wenige Zentimeter verbreitert. Ebenso sind die oberen Fensterfelder wenige Zentimeter höher als die unteren. Das Gebäude ist ein reiner Mauerwerkbau. Die Pfeiler sind um eine Steinlänge nach oben zurückgeböscht. Die Anzahl der Schichten des durch Schichtenrücksprünge rustizierten Mauerwerks am Eingangsrisalit
wechselt zwischen den zurückspringenden Schichten. Diese Rücksprünge sind auf die Glasfassade abgestimmt. Das Entwurfskonzept – das auch noch eine geistreiche Auseinandersetzung mit der Behrensschen AEG-Turbinenhalle in Berlin beinhaltet – ist insgesamt und in allen Details bis zur Wahl des Ziegelmaterials und der Ziegelfarbe, des Verbandes und der Steinqualität auf Fragilität angelegt, die durch Gestaltungsmerkmale erzeugt wird, welche in sich widersprüchlich wirken. Augenfälligstes Einzelmerkmal ist die fehlende Eckstütze in der Glaswand sowie die doppelwertig angelegte bauliche Antwort auf die Frage, ob die Vorhangfassade trägt oder vom Backsteingesims(!) getragen wird. Dabei sind die zurückgeböschten Pfeiler das unauffälligste und zugleich wirksamste Element des ästhetischen Wagnisses. Mit diesem Entwurf beginnt eine neue Phase der Architekturentwicklung und eine wiederum vorher nicht gefundene Antwort auf die Frage, was Mauerwerk ist. Es ist hier die Auseinandersetzung mit Stütze und Last. Mauerwerk wird aber relativierend eingesetzt. Es definiert nicht mehr Tragen oder Getragenwerden, Außen und Innen, sondern gewinnt seine tektonische und räumliche Ausdruckskraft durch die Möglichkeit der Vertauschung. In der Entwicklung vom Palazzo Pitti über die Hofbibliothek zum Faguswerk, ist diese Veränderung an der Rustikabehandlung des Faguswerkes ablesbar (die wiederum eine Interpretation der Behrensschen Rustika am AEG-Turbinengebäude darstellt). Der Gropiussche Entwurf zeigt sich unabhängig und überlegen gegenüber den engen kunstgewerblichen Moralglaubenssätzen von Wahrheit, Ehrlichkeit, Gerechtigkeit, Aufrichtigkeit, Anstand, Sauberkeit, Treue. Diese Grundsätze waren einmal polemische Kampfaufrufe der Kunst gegen die maskenhaft ge-wordenen
24
Positionen der Geschichte
1.1.32 1.1.33 1.1.34 1.1.35
Monadnock Building, Chicago, 1890/91, Architekten: Burnham and Root Stadtbibliothek Hannover, 1929, Architekt: Karl Elkart, Baustellenaufnahme wie Abb. 1.1.33, nach Fertigstellung Faguswerk, Alfeld, 1911, Architekten: Walter Gropius und Adolf Meyer
Bedeutungsarrangements historistischer Katalogarchitektur. Gegenüber deren leerer Pose waren sie so sinnvoll wie der moralische Aufstand der Impressionisten gegen den Pomp der Salonmalerei, die sich – wie die Architektur – zu staatstragender Hilfskunst hatte benutzen lassen. Diese rückwärtsgewandten Kampfansagen der baumoralischen Grundsätze des ausgehenden 19. Jahrhunderts werden noch heute repetiert, weil man sie, ohne anstrengende Sachverhaltsprüfung, bequem und gedankenlos verwenden kann. Sie können so zu einem vergleichbar zu bekämpfenden Gegenbild werden. Gropius hat sie als beherzigenswerte Appelle beachtet und als Grundsätze des Bauhauses übernommen. Er war sich jedoch (wie Mies van der Rohe) immer der Überlegenheit und Überzeugungskraft des Entwurfs bewusst. Die reinigende Absicht des Bauhauses zeigt sich vielmehr darin, Architektur von ihrem Charakter eines Mittels zu lösen, Gefühle und Stimmungen zu wecken und zu steuern. Das Bauhaus sucht die Unmittelbarkeit in der sozialen Aufgabe des Bauens in Arbeit und Gesellschaft, also im Bereich des handelnden Menschen und glaubt an die Möglichkeit unmittelbarer Überführung in bauliche Formen ohne bekleidende Stile. Dabei vertieft es sich unbewusst so in die ästhetischen Grundgegebenheiten der Architektur, dass daraus eine gemeinsame unverwechselbare Eigenart der Bauergebnisse wird. Um im Bild zu bleiben: das gewollt »nackte Reale« wird ungewollt zu einer Bekleidung, als ob es nackt sei. Die Ablehnung des Historismus entstand aus demselben Gedankenansatz, der den Historismus hervorgebracht hatte. 1.1.35
25
Mauerwerk in der Architektur
Ausdruckskraft im Raumkontinuum
Gleichzeitig war neben dem eher bürgerlich auftretenden Bauhütten- und Werkbundgedanken eine entschiedene Hinwendung zu den seelischen schöpferischen Gefühlskräften des Menschen entstanden. In der Zuwendung und Besinnung auf naturhafte ursprüngliche Elemente stießen diese Neigungen auf weite Zustimmung. Sie steuerten aber bedenklich weit in Richtung auf kosmische Beschwörungen und Aufspüren der Mächte des Bodens und der Elemente. Die Mischung aus zivilisationsverweigernder Rückwendung zu Naturmythen und Begeisterung für utopische Zukunftskonzepte in kristalliner Idealität setzte aber Entwurfskräfte frei, die den wilden, gewalttätigen und geistvollen Zugriff des Künstlers nach vorn brachten. Die den Betrachter bestürzende anstößige Ereignishaftigkeit des Faguswerkes und die skandalöse Wirkung der Architektur von Loos hatten die Bauten Antonio Gaudís nicht. Sie waren sofort populär. Fachlich gesehen sind sie eine Mischung aus klarem präzisem, statisch-konstruktivem Denken und einer Umsetzung in mauerhafte Urgewalt, die verblüfft, die Grundlagen der Tektonik aufzeigt und an den equilibristischen Bau der Schollen der Erdkruste denken lässt (Abb.1.1.37). Aus dieser Perspektive sind das Bauhaus, das sich nach außen auf Sozialbeziehungen und
Arbeit orientiert, ebenso wie der nach innen orientierte Expressionismus folgerichtige Weiterentwicklungen auf der Grundlage der funktionalen Methode. Ihr gemeinsames Interesse an Material – Konstruktion – Herstellung steht unter dem vorrangigen Grundgedanken der Handlungsorientierung: alle Bauaufgaben, Bauziele werden auf den Menschen projiziert. Ein weiterer prägender Einfluss auf die Baukonzeptionen der kommenden Jahrzehnte geht von der holländischen Kunstbewegung De Stijl aus, deren Gründer Theo van Doesburg den Mauern Ausdruck offener Räume, einen schwebenden Aspekt abgewinnen will, in dem auch Zeit als Bewegung bildnerisch verarbeitet wird. Gerrit Rietveld verwirklichte solche Gedanken (Abb. 1.1.36). Mies van der Rohes Auffassung von Mauerwerk ist ebenso durch diese Architekturbewegung geprägt worden. In seinen Wohnhäusern aus den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts wird eine offene fließende Raumauffassung deutlich (Abb.1.1.38). Die raumgreifende Bewegung der Mauern und Öffnungen wird durch ihn zu einem Grundthema der Architektur des 20. Jahrhunderts. Die Amsterdamer Schule mit den Architekten Michel de Klerk, Piet Kramer und anderen setzten zu dieser Zeit die mehr aus der bildenden Kunst entlehnten Ideen in plastisch modelliertes Mauerwerk um, das mit wellenförmig oder senkrecht verlaufenden Lagerfugen und
1.1.37
26
1.1.36
aufgefalteten Öffnungen zwar seine Lagerhaftigkeit relativiert aber gerade so das ursprünglich räumlich-mauerhafte hervorhebt (Abb. 1.1.40). Ein in der Mauerwerkgeschichte immer wieder aufzufindender Doppelaspekt, dass Mauerwerk zugleich Masse und Fläche ist, thematisierte van Doesburg, indem er die Farbe als flächiges, alles überziehendes Gestaltungsmittel, als Bestimmungselement neben den Elementen Masse und Raum betonte. Auch Fritz Schumacher, der in den ersten drei Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts bauend und schreibend die Entwicklung des Mauerwerkbaus prägte, betonte an Beispielen aus der Backsteingotik die Bedeutung der Fläche und das schwierige Verhältnis von Farbe und plastischer Gliederung. In diesen – zunächst überraschend wirkenden – Hinweisen auf die Flächigkeit wird das auch bei Gropius beobachtete relativierende Verhältnis von Stützen und Tragen sowie Außen und Innen als neue Auffassung erkennbar. Baumasse ist Bild der Baumasse, vereinigt also Flächigkeit und kubische Form in sich. Die raumgreifenden Bewegungsgedanken vergegenwärtigen sich im Bild. Der ästhetische Einfluss der Photographie und vor allem des Films wird erkennbar. Die neuen Gesetze der Kinematographie zeigen ihre Wirkung, die sich im Laufe des Jahrhunderts verstärken wird. De Stijl und die Amsterdamer Schule waren im Unterschied zum deutschen Expressionismus, der auf innere Dynamik der seelischen Kräfte gegründet war, zwar intellektueller, gleichzeitig aber auch geometrisch-kosmisch orientiert. Die Auseinandersetzung mit den Problemen der Industrie und ihren gesellschaftlichen Folgen betrieben beide. Nach dem Ersten Weltkrieg setzte infolge der Wohnungsnot in den Niederlanden und Deutschland ein Bauboom ein, der die praktische Umsetzung der vorher theoretisch-spekulativen Entwicklungen ermöglichte. Bevorzugtes Baumaterial war roter Backstein und Klinker, dessen durch Sinterung des Tons erreichte Witterungsbeständigkeit zu einer expressiven Mauerausbildung mit Vor- und
Positionen der Geschichte
1.1.38
Rücksprüngen von Steinen und Schichten verführte. Auf andere Weise als bei der Amsterdamer Schule beruht die Wirkung der Bauten von Fritz Schumacher und Fritz Höger auf der rhythmischen Gestaltung der Mauerwerkoberflächen. Schumacher sieht im Backsteinmaterial eine einzigartige Disziplinierungschance für den Entwurf im Sinne der Konzentration auf Gebäudezweck sowie Einheit von Material und Form. In Analogie zur Musik sollen die Mauerwerkverbände und Steinversprünge die funktionellen Beziehungen der Mauern unterstreichen und illustrieren. Ein Meister dieser Illustrationskunst aus Klin-
kermaterial ist Fritz Höger. Er verwandelt das Außenbild eines Gebäudes durch Vor- und Rücksprünge, übereck gestellte Steine und geistvolle Variationen der Mauerwerkverbände in ein Gewebe, das in sich rhythmisch pulsiert. Das Oberflächenbild nur in seiner Bedeutung als dynamischer Auswirkung funktioneller Innenbezüge anzusehen, ist die konsequente Fortsetzung der fragmentierenden Gebäudeanalyse. Die konstruktiven Möglichkeiten erweiterten sich durch Aussteifung des Mauerwerks mit einer ummantelten Stahlkonstruktion, wobei allerdings der Massivitätscharakter des Mauerwerks erhalten blieb.
1.1.39
1.1.36 1.1.37 1.1.38 1.1.39 1.1.40
Haus Schröder, 1924, Architekten: Gerrit Rietveld und Trus Schröder-Schrader Kapellenkrypta Santa Coloma, 1898–1914, Architekt: Antonio Gaudí Ludwig Mies van der Rohe, Studie für ein Landhaus aus Backstein, 1923 Schwefelsäurefabrik in Luban, 1911–1912, Architekt: Hans Poelzig Wohnkomplex De Dageraad, Amsterdam, 1921–1923, Architekt: Pieter Lodewijk Kramer
1.1.40
27
Mauerwerk in der Architektur
1.1.41 1.1.42 1.1.43 1.1.44
Indian Institute of Management, Ahmedabad, Indien, 1962–1974, Architekt: Louis I. Kahn »Morris Gift Shop«, San Francisco, USA, 1948–1949, Architekt: Frank Lloyd Wright St. Peter-Kirche, Klippan, 1963–66, Architekt: Sigurd Lewerentz Rathaus Säynätsalo, 1949–1952, Architekt: Alvar Aalto
Auf archaisch anmutende Weise sind die späteren Backsteinbauten von Lewerentz gestaltet (Abb. 1.1.43). Das scheinbar einfache Zusammenwirken weniger Materialien ist der direkte Ausdruck komplexer struktureller Analyse. Die Gebäude gewinnen eine abstrakte innere Spannung dadurch, dass in paradoxer Weise die Materialhaftigkeit intensiviert und entmaterialisiert wird und das Mauerwerk so auf seine Grundbedingungen reduziert erscheint. 1.1.41 Systemrationalität und Strukturanalyse
Die Baukunst hat sich auf der schon geschilderten parallelen Grundlage von Bauhaus und Expressionismus in den nächsten Generationen zu hervorragenden Leistungen entwickelt, mit denen die geschilderten grundlegenden Theorien des 18. Jahrhunderts nicht verlassen wurden. Frank Lloyd Wrights Architektur ist bei aller artistischer Wandlungsfähigkeit immer das Ergebnis der Arbeit mit primär geometrischen Formen. In seinem zum Spätwerk gehörenden »Morris Gift Shop« in San Francisco (1948–49) werden eine zum Kreis tendierende und eine linear dynamische Entwurfsmatrize überlagert (Abb. 1.1.42). Das Mauerwerk aus römischen Ziegeln, das Wright schon für das WindsorHaus (1893) und für das Robie-Haus (1909) verwendete, unterstützt die geometrisch-dynamische Grundauffassung. Die Bauten Alvar Aaltos führen den Formenkanon des Bauhauses fort (Abb.1.1.44). Die Gliederung des Baukörpers ist dabei originärer Ausdruck des Grundrisses, der wiederum die Handlungsabläufe im Gebäudeinneren abzeichnet. Die Architekturentwicklung der folgenden Jahrzehnte zergliedert die Stadt in die Einzelteile Wohnung – Arbeit – Erholung – Verkehr. Um die Mitte des Jahrhunderts setzt sich eine abstrakte, auf Leistungsfähigkeit hin entwickelte Ordnung durch, die das Problem der Zweckhaftigkeit des Bauens bearbeitet. Der systemtheoretische Ansatz, nach der Funktion der Zwecke zu fragen, und als selbstreferentielles System handlungsstrategische Alternativen zu
erzeugen, mündet in einer strukturalistischen Betrachtungsweise, die für die Entwicklung des Mauerwerkbaus Folgen hatte. Der Grundgedanke der Verselbständigung der Einzelteile hat sich als Struktursystem wiederum verselbständigt. Bei Herman Hertzberger ordnen sich Gebäude zwar nach den Anforderungen der Nutzung, diese sind aber im strukturellen Schema des Gebäudes gefangen. Ein demonstratives Spiel mit den strukturellen Bedingungen des Bauens, vor allem mit Druckund Zugkräften, bestimmt die Architektursprache von Louis Kahn. Ein Segmentbogen aus Mauerwerk am indischen Institut für Management in Ahmedabad (Abb. 1.1.41), dessen Schub sichtbar mit einem Betonzuganker zwischen den Kämpferpunkten aufgefangen wird, oder kreisförmig verlaufende Mauern, die durch sphärische Bögen aufgeschnitten werden, wie bei den Regierungsbauten in Dakka in Bangladesh (siehe Abb. 1.1.116), führen dem Betrachter elementare Spannungsbedingungen des Mauerwerks vor; und zwar geradezu unabhängig von der jeweiligen Bauaufgabe. Kahn fasst Mauerwerk als geschichtsunabhängig auf und sieht in dieser Grundgegebenheit die Wahrheit des Bauens. Dies ist ein neu und anders definierter Wahrheitsanspruch als der rückwärtsgewandte moralische Impetus von Bauhütten und Werkbund. Er beinhaltet auch den Anspruch, Spuren der Herstellung nicht zu tilgen, wie es in der Baugeschichte ungeschriebene Regel war, sondern diese zu zeigen. Kahns strukturalistischer Ansatz ähnelt hierin dem Bauen Le Corbusiers. Beide Architekten zeigen die einfachen und dadurch elementaren Bedingungen des Bauens.
1.1.42
1.1.43
28
Positionen der Geschichte
Die heute gültigen Planungsgesetze und Bauverordnungen sind dauerhafte Zeichen der analytischen Verselbständigung einzelner Lebenszusammenhänge. An der Wende zum 21. Jahrhundert verselbständigt sich der Teilanspruch des Umweltschutzes, der schon durch die Wortwahl (Umwelt, nicht etwa Welt) seine separierende Funktion ausdrückt, und eröffnet neue Gestaltungsansätze in einer zunehmend sich in Teile zerdenkenden Planungswelt. Es fehlte in den letzten Jahrzehnten nicht an Versuchen, zu vereinigenden Bauüberlegungen zu kommen. Postmoderne oder Dekonstruktivismus sind aus der Literaturwissenschaft und Philosophie entlehnte Begriffe, denen eine architekturprägende Bedeutung untergelegt werden sollte. Was etwa aus Paul de Mans textuellen Konzepten für eigene architektonische Postulate zu entwickeln sind, lässt sich nicht nachvollziehen. Auch der Begriff des architektonischen Minimalismus – aus der Bildenden Kunst entnommen – gibt einer dem Denken Mies van der Rohes verpflichteten Entwurfsauffassung lediglich einen neuen Namen. Diese theoretischen Adaptionsversuche mit literarisch fassbaren Schlagworten verharren in der historistischen Tradition und zeigen keine Spuren der Veränderung im Mauerwerkbau. Heute bleibt das Bedürfnis, sich eingehender und weniger im »festgerannten Schema« (Ernst Bloch) der schal gewordenen werkbündischen Floskeln mit dem Problem moderner Inkrustationen auseinanderzusetzen, um in Kenntnis unserer Lage die Frage beantworten zu können, was Mauerwerk ist. Es ist in Erinnerung zu bringen, dass die funktionale Methode zu Rationalisierungen in allen Bereichen menschlicher Tätigkeiten führt. Die zur Erhöhung der Leistungsfähigkeit entwickelten neuen Konstruktionsformen mit Materialien wie Stahl und Stahlbeton setzten Mauerwerk im Verlaufe des 20. Jahrhunderts zunehmend als Verkleidungs- und Ausfachungsmaterial ein. Zudem führten dieselben Entwicklungen beim Mauerwerk selbst dazu, den Wandaufbau in Einzelzwecke aufzugliedern, um auf diese Weise Materialeinsatz und Konstruktionsaufwand zu verringern. Diese Entwicklung ließ bis auf geringe Ausnahmen den homogenen Mauerwerkaufbau nicht mehr zu. Das hat zu großer Verunsicherung in der Gestaltung geführt. Meist wird ebenso tapfer wie gedankenlos der kunstgewerbliche Grundsatz aufgesagt, eine – heute meist vorgehängte – Mauerwerkverkleidung müsse zeigen, dass sie eine solche ist. Begründet wird es mit der biederen Berufung auf Ehrlichkeit und so fort, eine ebenso bequeme, wie bigotte Haltung. Die Ausgangssituation hat sich nicht verändert. Nur die Voraussetzungen sind anders. Aber auch das ist keine Neuigkeit. Entwerfen hört an dieser Stelle nicht auf, sondern beginnt hier erst. 1.1.44
29
Mauerwerk in der Architektur
Gestaltung Grundfragen
Das Entwerfen entfernt sich zunehmend von der Verwirklichung aufgezeichneter Gedanken und Einfälle, systematischer Konzepte und Detailfestlegungen. Die Trennung zwischen der abstrakten Welt der Zeichnungen, Zahlen, Maße und dem Geschehen danach bis hin zur Baustelle, ist schon seit langem beklagt worden. Sie ist inzwischen so groß, dass der Berufsstand in Gefahr ist, zum Designer degradiert zu werden. Darin mag mancher einen Vorteil, eine Entlastung sehen. Die Trennung verändert jedoch die gebauten Ergebnisse auf eine gleichmachende, verflachende Weise, so dass bei vielen das Bedürfnis wächst, die unmittelbare Beziehung zur Baustelle wieder aufzunehmen, zu den konkreten materialen Problemen des Bauens zurückzukehren, um Authentizität des Entwurfs, verantwortliche Gestaltungskompetenz zu erlangen. Dazu ist der Stein – der Naturstein, Betonstein, Kalksandstein und vor allem der Backstein – eine wirksame Hilfe. Die permanente Substitution der Dinge im Fortschritt der heutigen Architekturentwicklung, die dauernde Beschäftigung mit Äquivalenzen im Material, in der Konstruktion, führt dazu, sich an die mitformende gegenständliche Kraft des Materialwiderstandes zu erinnern. Um es im Fachjargon auszudrücken: wer mit Mauerwerk arbeitet, steht immer mit einem Fuß auf der Baustelle. Er nimmt die Unzugänglichkeit des Materials wahr, empfindet und gestaltet die steinerne Schwere. In ihr liegt eine spezifische Altersfähigkeit, die sich darin ausdrückt, dass beim unvermeidlichen Auseinanderbewegen zwischen Materialität und Zweckerfüllung, zwischen Stofflichkeit und Handlichkeit mit der Zeit eine zweckfremde Gegenständlichkeit wächst und einen materialen Überschuss bildet. Die Starrheit des Steinmaterials, der eingeengte Gestaltungsspielraum durch Steinmodule, Schichthöhen, Spannweiten der Überdeckungen, bringt den Entwerfer in eine dauernde Gestaltungsnot. Es ist ein Kampf mit den Zwängen des Materials, den Beschränkungen bei der Erfüllung der konstruktiven Zwecke, der Nutzungszwecke, der Herstellungsanforderungen und vielem mehr. Alle, die sich über Entwurfsarbeit unter diesen Bedingungen geäußert haben, rühmen die unendlichen Möglichkeiten der Gestaltung, die aus dieser Not erwachsen. Das künstlerische Geheimnis liegt in der überlegenen Bewältigung dieser Zwänge sowie in der erzieherischen Kraft zur Einfachheit, die dem geformten Steinmaterial eigen ist. Die Grenzen des Materials sind bestimmendes ästhetisches Kriterium. Der jahrtausendealte Erfolg des Mauersteins liegt in der Möglichkeit der verblüffend
30
1.1.45
einfachen Bewältigung einer ganzen Reihe von Einzelproblemen. Einen Mauerstein als Fertigteil zu bezeichnen, wäre danach zu wenig. Allein seine Handlichkeit und der Variationsreichtum seines Einsatzes gehen darüber hinaus. Er ist ein konvivialer Bestandteil unseres Lebens, so, wie es einfache Geräte oder Werkzeuge sind. Sein typologischer Charakter hat sich in uns stabil gegen Missbrauch gefestigt.
1.1.46
dargelegt. Die Weise, in der die Beziehung entsteht, ist der Entwurf. Er muss die Beziehungskette zwischen Entwerfer und Betrachter neu herstellen. Andererseits ist es die Erfindungsgabe des Betrachters, die über Sehen – Erkennen – Schlüsse ziehen das Bauwerk erst herstellt. Ein Beispiel von äußerstem gestalterischen Raffinement ist der Gedanke von Jean Nouvel, das Fassadenbild, das selbst ja Abbild ist, wiederum abzubilden und es drucktechnisch auf die Fassade zu übertragen, das Abbild zu einem Bild des Abbildes zu machen, das wiederum Abbild eines Bildes ist. Hier verliert sich Tektonik in sich selbst.
Schließlich sei noch ein Verhältnis zwischen Gestaltung und Betrachtung vorgestellt, das im Mauerwerkbau besonders deutlich wird: Sehen heißt immer entschlüsseln, Zusammenhänge erkennen, deuten. Wir können nur sehen, weil wir dies seit Geburt lernen, üben, routiniert anwenden, ohne dass es uns bewusst wird. Wollen wir sehend ein Gebäude oder Architekturteil erfassen, verstehen, wird in uns das ganze Repertoire der Entschlüsselung in Gang gesetzt. In Anwendung unseres Wissensstandes »im Lichte der Theorie«, wie Karl Popper es nennt, lernen wir bei der Betrachtung aus der Oberfläche das Dahinterliegende, an der Hülle den Kern zu erkennen. Diese Verbindung ist hoch komplex. In ihr vereinigt sich der Sehende und das Gesehene zu einem Ereignis. Das Verbergen und Entbergen von Zusammenhängen zwischen außen und innen: das Sichtbarmachen des Unsichtbaren, macht das betrachtete Objekt zum Spiegel des Betrachters. Wie der Betrachter ein Gebäude entschlüsselt, so entbirgt er sich selbst.
Herstellung
In der Gestaltung der Wandoberfläche, die kaum als Materie zu fassen ist, in ihren strukturellen, plastischen, materialen, farblichen, haptischen Eigenschaften findet sich je eine andere – eben gestaltete – Beziehung, Verbindung zum Wandkörper. Die Oberfläche zeigt diese Eigenschaften in immer neuer Verbindung oder verweist in der raffiniertesten Form bildhaft auf sich selbst, wie schon im geschichtlichen Teil
Die Herstellung des Mauersteins hat sich, durch die technische Entwicklung bedingt, entscheidend verändert. Trotzdem kann er ohne großen Aufwand noch immer jederzeit per Hand gefertigt werden. (Abb. 1.1.45–47) Inzwischen ist, wie schon beschrieben, die Steinherstellung von der Materialgewinnung einschließlich Brand in den Industrieländern ein vollautomatisierter Arbeitsprozess.
Mauerwerk zu entwerfen und zu bauen bedeutet nicht, diesem intellektuell-ästhetischen Kalkül auszuweichen, denn es prägt heute nicht nur Architektur, Design und bildende Kunst, sondern es bedeutet, dem Gedanken nachzugehen, dass die Oberfläche, die Außenwelt des Mauerwerks selbst eine Innenwelt hat, die ihre Faszination auf den Betrachter überträgt, sodass er Schlüssigkeit, Tektonik, Bildhaftigkeit, Mimesis (»als ob«) in sich nachvollziehen kann. Mauerwerkbau ist, wie wenige andere Bauweisen geeignet, diesen Anspruch zu erfüllen, nicht zuletzt, weil er eine Kraft hat, die zur Einfachheit zwingt.
Gestaltung
1.1.47 Formate
Die Formate und Formen des Lehmziegels sind sehr variationsreich. Es gibt muschelförmige, unregelmäßig begrenzte Stampfziegel, die bei der Vermauerung ineinander gepasst werden. Sie sind dabei immer so groß, dass sie mit einer Hand zu fassen sind. Herstellung und Verarbeitung von getrockneten Lehmziegeln ist die älteste, noch heute in aller Welt geübte Bauweise. Dem Problem der Regenempfindlichkeit begegnet man unterschiedlich. In den frühen Kulturen Mesopotamiens (4000–2000 v. Chr.) hängte man an gebrannten Keramikstäben Schilfmatten, Gewebe oder Häute vermutlich zum Regenschutz gegen die Wände. Auch benutzte man Lehmziegel als Hintermauerung mit Außenschalen aus gebrannten Steinen. In Nordeuropa wurden Lehmwände unter weit ausladende Dächer gesetzt und außen mit einer Kalkschlämme versehen, die jährlich erneuert wurde. Eine Behandlungsweise, die auch in Asien üblich war. In Afrika (Mali) benutzt man die konstruktiven Hölzer der Dekken und Aussteifungen, die nach außen als Gerüst durch die Mauer gesteckt werden, um Auswaschungen schnell ausbessern zu können. (siehe Abb. 1.1.4) Die Regel, dass ein Mauerstein in Größe und Format noch mit der Hand getragen und versetzt werden kann, galt bis in jüngste Zeit auch für Ziegel, Kalksandstein und Betonstein. Eine historische Ausnahme sind die römischen Ziegel, die, wie bereits im Geschichtsteil beschrieben, als flache Platten hergestellt wurden und in Schichten, abwechselnd rechtwinklig und über die Diagonale geteilt, zu versetzen waren. In Katalonien haben sich die römischen Ziegelplatten als Mauerwerkmaterial noch erhalten. Neben den römischen/katalanischen Ziegeln mag es noch einige Sonderformate von regionaler Bedeutung geben, die sich jedoch nicht
grundsätzlich voneinander unterscheiden, sondern der genannten Hauptanforderung entsprechen, mit der Hand versetzt werden zu können. Wir sind es gewöhnt, an einem Gebäude nur ein Steinformat zu verbauen. Das war in der Vergangenheit nicht zwingend. Die Gebäude an der Place des Vosges in Paris, 1612 gebaut, haben an den Platzfassaden Mauern aus großen, monumental wirkenden Ziegeln. Die Kreuzgratgewölbe der den Platz umgebenden Kolonnaden sind, dem Maßstab des Raumes und der kleinteiligen Gewölbezwickel angemessen, aus wesentlich kleineren Formaten aufgemauert. Abgesehen von Steinen in Großformaten, aus denen sich keine befriedigenden Sichtmauerwerkflächen herstellen lassen, ist die Auswahl unter den heute üblichen Formaten beschränkt. Dagegen werden von der Industrie Unmengen von Formziegeln angeboten und offenbar auch verbaut. Mauerwerk mit Formsteinen aufbessern zu wollen ist jedoch ein Irrweg. Farben und Oberflächen
Es gibt aber ein unüberschaubares Angebot an Farben und Oberflächenbearbeitungen. Die Ziegelfarben werden durch die Tonzusammensetzung sowie durch Art und Temperatur des Brennvorganges beeinflusst. Vorherrschend sind zwei Farbskalen: die Rotskala, die vom dunklen Violett über alle Rottöne bis ins Orange reicht und die Gelbskala, die vom dunklen Lederbraun über Braunrot, Braungelb, Ocker bis ins helle Gelbrosa, Siena, Beige, ins Gelb wechselt. Es gibt aber auch fast alle anderen Farben. Vom Schwarz über alle Graustufen, Blau bis Weiß. Daneben ist die Oberflächenbeschaffenheit des Steins wirksam. Es gibt die genarbte Oberfläche des Handstrichsteines, die verschiedensten horizontalen und vertikalen Riefungen und Narbungen,
die vom Mundstück der Strangpresse herrühren, Sinterungen des Brandes und plastische Brandspuren, Schlackespuren, fliesenglatte Oberflächen und Besandungen in verschiedenen Farbtönen. Billige Steine erhalten häufig, damit sie edlen Oberflächen teurerer Steine ähneln, eine Narbungsimitation. Entscheidend für die Wahl des Steines ist das Zusammenwirken von Farbe und Oberflächenbeschaffenheit mit der Fugenfarbe, der Fugenoberfläche und der Fugenausbildung, wie später ausgeführt wird. Die architektonische Gestaltungsqualität kann man, wenn kubische, plastische, rhythmische Gliederung der Bauteile und des Baukörpers zu beurteilen sind, auch erkennen, ohne dass das Material bei der Beurteilung beachtet werden müsste. Im Gegenteil, es wird sogar das Urteil störend beeinflussen. Nicht so bei einem Bauwerk aus Backstein. Es ist hier unlösbar aus dem gestalteten Material herausgebildet. Man kann es sich unabhängig nicht vorstellen, es ist so nicht vorhanden. Wer in diesem Material entwirft, muss sich, wenn er etwas Gutes erreichen will, von vornherein auf das Material einlassen. Weniger prägnant äußert sich der Charakter des Mauerwerks, wenn die Oberfläche farblich behandelt wird. Ein weißer oder roter Farbanstrich mildert die Ausprägung ohne dass sie verloren geht. In geringerem Maße gelten diese Regeln auch für den Kalksandstein, obwohl seine Farbskala praktisch auf die Materialfarbe mit einigen Grautonvarianten begrenzt ist. Durch Annäherung an Farbtöne des Betons und im Zusammenwirken mit ihm ist ein subtiles Farbchangement erreichbar, das die viel gescholtene Kälte des Sichtbetons in fast samtene Wärme verkehren kann. Dieses Changement, ein wechselnder atmosphärischer Schleier, setzt sich vor den Augen des Betrachters aus einer Reihe von Elementen zusammen: es sind die Oberfläche des Steins, seine durch das Feuer entstandenen Farben, der Glanz, Schlackeneinsprengungen, Blasen, Risse, Riefungen. Weiterhin die Fuge, ihre Breite, Farbe, Oberfläche, ihr Relief, sodann der Verband, seine horizontalen, vertikalen und diagonalen Bezüge und Verschränkungen, die sichtbaren Zeichen seiner unsichtbaren Taten.
1.1.45 Grabmodell Ziegelherstellung, Ägyptische Holzplastik, um 2000 v. Chr., Staatl. Museen, Berlin 1.1.46 Ziegelproduktion in Pakistan, 1999 1.1.47 Baustelle in Mali, 1999
31
Mauerwerk in der Architektur
Der Verband
Binderverband
1.1.48
Blockverband
1.1.49
Kreuzverband
1.1.50
gotischer Verband
1.1.51
gotischer Verband – Variante
1.1.52
märkischer Verband
1.1.53
32
Der Verband ist bei der Errichtung von Mauerwerk das bedeutendste Gestaltungsmittel in zweierlei Hinsicht: zunächst hat er kein Vorbild in der Natur, sondern entspringt einem geistigen Kalkül. Er ist ein System von Regeln zur Herstellung einer zwar ablesbaren, aber zum größten Teil unsichtbaren Figuration und verweist beim Betrachten immer hierauf. Sodann hat er zwar heute die Aufgabe, die Standfestigkeit einer Mauer zu gewährleisten, ist aber über diesen Zweck hinaus in seinen Ursprüngen Darstellung einer Weltordnung, eine Fessel, ein Zwang durch ein System. Auch hierauf verweist das Wort. Auf den aufmerksamen Betrachter eines überzeugend gefügten Mauerwerkverbandes überträgt sich diese fesselnde Spannung. Die besondere Schönheit des Mauerwerks der Zisterzienser ist bekannt und immer wieder gerühmt worden. Dieser Orden sah es als seine Aufgabe an, durch dienende Tätigkeiten den Heilsplan des christlichen Glaubens zu erfüllen. Das Errichten einer Mauer wurde – wie heute noch – nach einer zugrunde liegenden Vorstellung, dem Verband, zusammengefügt. Anstelle des profanen, funktionellen Charakters tritt die hinweisende, abbildende Bedeutung als dienender Teil eines in sich schlüssigen geometrischen Planes des Universums. Hier liegt der Kern des Vorgangs: das Sichtbarwerden des Unsichtbaren. Dies wirkt auch heute noch, wenn Fachkundige sinnend vor einem Gebäude in wohlgefügtem Verband stehen und den anspruchsvollen Rapport nachzuvollziehen versuchen. Eine Aufgabe, die erstaunlich viel systematisches Denken, räumliches Vorstellungsvermögen, Konzentration, Phantasie und Erfahrung erfordert. Dabei ist die Natürlichkeit und Einfachheit, die Überschaubarkeit auch ohne die genannten Verweise aus sich selbst heraus überzeugend. Schon aus
1.1.54
kleinen Bewegungen, Vor- und Rücksprüngen von 1 bis 2 cm entstehen entscheidende architektonische Wirkungen, da das Auge in Ziegeleinheiten misst und in diesen engen Grenzen der Ausdrucksfähigkeit, im Widerstand, ein reiches Erfindungsreservoir vorhanden ist, das die ästhetische Reizbarkeit auf besondere Weise hervorruft. Im Folgenden sollen aus der großen Zahl der heute üblichen Verbände die meistverbreiteten gezeigt und erläutert werden, denn sie weisen charakteristische Wirkungsunterschiede auf, die für die Entwurfsqualität bedeutungsvoll sind, da ein sorgfältig geplantes Gebäude für jede Blickentfernung ein optisches Angebot hat. Der Fernmaßstab sollte sich über alle Zwischenstufen bis zum Nahmaßstab, in dem Materialcharakter, Oberflächenbeschaffenheit und Verband im Vordergrund stehen, schlüssig und gegenseitig ergänzend und begründend wiederfinden. In jedem Fall muss ein Verband bei Einhaltung distinktiver Präzision in beiläufiger, unauffälliger Selbstverständlichkeit wirken. Binderverband (Abb. 1.1.48) Der Binderverband wird häufig auch Kopfverband genannt, da er nur die Steinköpfe zeigt. Er ist in statischer Hinsicht als eher schlecht anzusehen, da in Längsrichtung der Mauer die Lastverteilung beeinträchtigt ist. Er wird für gebogene Wände und Rundungen wegen seiner Anpassungsfähigkeit angewendet. Eine weitere Verwendung findet der Verband seit je durch seine besondere Eignung für Muster aus polychromen oder glasierten Ziegeln. Geschlossene Mauerwerkflächen (wie an der Marienkirche in Stralsund, Abb. 1.1.56) können durch Rautengliederungen bereichert werden. Das Sichtmauerwerk ist als Inkrustation in die Hintermauerung eingebunden worden. In der Gründerzeit, Ende des 19. Jahrhunderts, war der Kopfverband weit verbreitet. Allerdings hatte seine Verwendung Sparsamkeitsgründe. Die sichtbare Außenfläche bestand aus viertelund halbsteinigen, häufig sogar aus viertelund achtelsteinigen Vorsatzplatten aus präzise stranggepressten Plättchen, ähnlich den heutigen Spaltplatten. So war es möglich, mit billigen Mitteln den Eindruck eines teuren, edlen Sichtmauerwerks zu simulieren. Der erzielte Eindruck ist eine aufdringlich-perfekte, spannungslose Fläche. Dagegen thematisiert das Faguswerk in Alfeld, von 1911 bis in die zwanziger Jahre hinein von Walter Gropius und Adolf Meyer entworfen und gebaut (siehe Abb. 1.1.35), auf subtile Weise Widersprüche. Es ist ein Mauerwerkgebäude, obwohl die Vorhangfassade aus Glas dies offenbar negieren will. Es paraphrasiert die Monumentalität der Behrens’schen Turbinenhalle bis zur Parodie. Gropius widerspricht dem »natürlichen« Verhältnis von Stütze und Last, wie Julius Posener treffend beschreibt und versetzt dem Betrachter einen Schock. Dies auch mit der Wahl des wenig tragfähigen
Gestaltung
Binderverbandes, um z. B. an der Stelle höchster Lastanspannung, dem Auftreffen der geneigten Mauerwerkstütze auf den Tympanon, höchste Fragilität zu erzeugen. Der kubisch aufgefasste Baublock der Architekten Kahlfeldt (siehe »gebaute Beispiele im Detail«, Beispiel 20) soll im Unterschied zu den Skelettbauten des Hofes, die im Blockverband verkleidet sind, ungerichtet wirken. Zur Erzielung solch kühler Neutralität ist die halbsteinige Mauerwerkverkleidung im Binderverband aufgeführt. Sie lebt vor allem durch die Feuerspuren auf dem märkischen Ziegel. Blockverband (Abb. 1.1.49) Der Blockverband ist der nüchternste, kraftvollste Mauerwerkverband, dem Könner allerdings gerade wegen seines einfachen Aufbaus erstaunliche Wirkungen abgewinnen. Der außerordentlich knapp und nüchtern entworfene Baukörper der Katholischen Kirche in Güstrow von Paul Korff-Laage, im Blockverband gemauert (Abb. 1.1.57), hat eine großartige Lichtdramaturgie: Ein großes Westfenster erleuchtet den Kirchenraum, zwei Chorfenster von Norden und Süden her den Altar. Nur ein schmaler Schlitz zwischen dem Pfeiler und der dahinter liegenden Wand belichtet den Eingangsraum der Kirche. Die ehemalige Provinzialbank Pommern in Stralsund (Abb. 1.1.54) erhält durch den Blockverband mit nur 1 cm tiefen Vor- und Rücksprüngen zwischen den Läufer- und Binderschichten fast aufwandlos ein monumental lagerhaftes Bild des Baukörpers. Der Blockverband der Mauerwerkfläche am Lagergebäude der Firma Meyer von Hans Poelzig (Abb. 1.1.55) wird durch zwei knappe, gestaffelt voreinander liegende Wandvorlagen gegliedert, deren senkrechte Kanten eine vier Schichten hohe, sägeschnittförmige Abtreppung im Regelverband erhalten. Die Fensterbreiten verringern sich unmerklich von Geschoss zu Geschoss. Zum Gesims hin verdichten sich die Abtreppungen. Sie schließen das Gebäude nach oben ab und halten es gleichzeitig offen. Mit sparsamer, überlegter Disziplin wird hier eine Oberfläche von vibrierender Spannung geschaffen.
1.1.55
Kreuzverband (Abb. 1.1.50) Der Kreuzverband entwickelt seine technische Qualität erst ab Mauerwerktiefen von 36,5 cm, da dann sowohlder Längsverband als auch der Querverband versetzt angeordnet werden, wodurch das Fugenbild auf beiden Außenseiten um eine Schicht wechselt. Durch das Verschieben der Läuferschicht um jeweils eine halbe Steinlänge legt sich über die Außenfläche ein rautenförmiges Muster, das je nach Lichteinfall und Deutlichkeit der Fugenausbildung stärker empfunden wird. Diese diagonale Verschränkung mit ihren wechselnden atmosphärischen Stimmungen – die sich vor allem bei in Farbe und Glanz changierenden Backsteinen bildet – hat besonders Fritz Höger variantenreich (durch Vor- und Zurücksetzen einzelner Köpfe) gestalterisch beherrscht.
Gotischer Verband (Abb. 1.1.51 und 1.1.52) Der gotische Verband wird auch (vor allem im anglo-amerikanischen Raum) flämischer Verband genannt. Beide oben gezeichneten Ausführungsformen werden schon in der norddeutschen Backsteingotik verwendet. Neben dem märkischen Verband sind die meisten Monumentalbauten dieser Zeit im gotischen Verband errichtet. Die dogmatische Strenge, mit der wir gewohnt sind, Verbände an einem Gebäude durchzuhalten, gab es damals allerdings noch nicht. Häufig wechselten sich märkischer Verband und gotischer Verband an verschiedenen Bauteilen ab. Das mag aus der langen Herstellungsdauer, die über Generationen und sogar Jahrhunderte ging, zu erklären sein. Auch die Unregelmäßigkeit der handgestrichenen Klosterformate erforderte einen Wechsel des Ver-
1.1.56
1.1.57
1.1.54 Ehemalige Provinzialbank Pommern, Stralsund 1930, Architekt: Adolf Theßmacher 1.1.55 Lagergebäude der Firma Meyer, Hannover 1921/22, Architekt: Hans Poelzig 1.1.56 Marienkirche, Stralsund, 15. Jh., Detail der Westfassade 1.1.57 Katholische Kirche, Güstrow 1929, Architekt: Paul Korff-Laage
33
Mauerwerk in der Architektur
märkischer Verband – Variante
1.1.58
schlesischer Verband
1.1.59
schlesischer Verband – Variante
flämischer Verband
1.1.60
1.1.61
amerikanischer Verband
1.1.62
Läuferverband – halbsteinige Überdeckung
1.1.63
34
1.1.64
bandes. Vor- und Rücksprünge und Durchbrechungen an einer Kirchhofsmauer in Prag zeigen beispielhaft die großen Variationsmöglichkeiten dieses Verbands (siehe Abb. 1.1.115). Die großflächige Seitenwand des Kirchenschiffs der Herz-Jesu-Kirche in Prag von Josef Pleçnik (Abb. 1.1.64) ist mit blauvioletten Klinkern im gotischen Verband verkleidet. Plastisch herausragende Betonsteine im unendlichen Rapport legen einen zweiten Maßstab auf die Fläche, die nach oben hin blütenförmig aufgeklappt ist, wodurch die superponierten Betonsteine vom Relief ins Räumliche wechseln. Ein Entwurf von seltenem Esprit. Mies van der Rohe bevorzugte bei seinen Backsteinwohnhäusern der zwanziger Jahre aus Gründen der Maßstäblichkeit Dünnformate. In einem seiner schönsten, dem Landhaus Wolf in Guben an der Neiße, sind die sorgfältig proportionierten großflächigen Backsteinmauern im gotischen Verband ausgeführt (Abb. 1.1.67). Die spannungsvolle Textur, nach oben jeweils mit Grenadierschichten im Verband abgeschlossen, wird durch Öffnungen ohne Sturzausbildung geradezu schmerzlich aufgeschnitten. Für naive Backsteinpuristen sicher ein Greuel. Märkischer Verband (Abb. 1.1.53 und 1.1.58) Der märkische Verband, in England Mönchsverband oder Yorkshire-Verband genannt, ist ebenso wie der gotische Verband sehr alt und beherrscht mit ihm zusammen das Bild der mittelalterlichen Bauten Nordeuropas. Die älteste Backsteinkirche, die Klosterkirche Jerichow (1114), ist weitgehend im märkischen Verband aufgeführt. Oberitalienische Einflüsse in vielen Details könnten auch auf die lombardische Herkunft des Verbandes hindeuten. Der märkische Verband zeigt keine so ausgeprägte flächige Spannung wie der gotische. Durch die Verdoppelung des Läuferanteils in jeder Schicht wird die Spannung gemildert,
sodass ein eher behäbig gelagerter Gesamteindruck vorherrscht. An der Kirche am Hohenzollernplatz in Berlin von 1929 zeigt Fritz Höger seine Meisterschaft der Klinkerbehandlung (Abb. 1.1.65). Sanft schimmern vergoldete Köpfe im braun-dunklen Steingewebe des Langhauses. Trotz expressiver Aneinanderreihung senkrechter Mauerglieder bleibt der Baukörper in geschlossenem diszipliniertem Zusammenhang. Schlesischer Verband (Abb. 1.1.59 und 1.1.60) Eine sehr kunstvolle Variante des schlesischen Verbandes, in England flämischer Gartenmauerverband genannt, der dem flämischen Verband in seiner verschränkten Diagonalgliederung ähnelt, hat in jeder Schicht einen Kopf im Wechsel mit drei Läufern und einen Rapport von zwölf Schichten. Flämischer Verband (Abb. 1.1.61) Der flämische Verband wird im anglo-amerikanischen Bereich holländischer Verband oder englischer Kreuzverband genannt. Er lebt durch eine lockere, scheinbar unsystematische Diagonalverschränkung von jeweils fünf abgetreppten Köpfen. So entsteht ein irritierendes spannungsvolles Bild, das sich auf großen Flächen am besten entwickelt (Abb. 1.1.66). Amerikanischer Verband (Abb. 1.1.62) Der amerikanische Verband, auch englischer Gartenmauerverband genannt, ist ein modifizierter Blockverband, der zwischen zwei Binderschichten drei oder meist fünf Läuferschichten in halbsteiniger Überdeckung anordnet. Er ist in Europa fast unbekannt. Auch die klassische Backsteinarchitektur an der Ostküste der Vereinigten Staaten, etwa in Boston, New York oder Philadelphia, ebenso wie die bekannten Gebäude von Thomas Jefferson in Monticello, Virginia, sind nicht in diesem Verband aufgeführt, sondern zeigen die vorbeschriebenen
Gestaltung
1.1.64 Herz-Jesu-Kirche, Prag, 1921–1932, Architekt: Josef Pleçnik. 1.1.65 Kirche Hohenzollernplatz, Berlin 1929, Architekt: Fritz Höger 1.1.66 Flämischer Verband am Deutschen Technikmuseum, Berlin, 2000, Architekt: Titz, Wolff, Breune 1.1.67 Landhaus Wolf, Guben 1925/26, Architekt: Ludwig Mies van der Rohe
1.1.65
1.1.66
Verbände. Er ist wegen des hohen Läuferschichtenanteils weniger stabil. Seinem simplen auf den flüchtigen Blick schon überschaubaren Bild fehlt die anspruchsvolle Kultiviertheit der »europäischen« Verbände.
oder durchgebunden und bildete einen unlösbaren Zusammenhang: das Mauerwerkgefüge. Durch die Entwicklung der Bauphysik, die wissenschaftlichen Untersuchungen des Wandaufbaus, haben sich seine Teile je nach Aufgabenstellung verselbständigt. Die hauptsächlichen Zwecke sind: Tragen, Dämmen, Sperren, Verkleiden. Sie bilden nun jeweils selbständige Wandschichten. Diese zunächst einfache Überlegung hat erhebliche ästhetische Auswirkungen zur Folge gehabt. Das scheint auf den ersten Blick erstaunlich, zumal die grundsätzlichen theoretischen Probleme dieses neuen Wandaufbaukonzeptes – wie im Geschichtsteil dargestellt – schon immer auf sehr unterschiedliche Weise in den Bauepochen bedacht wurden. Mauerwerk wird in diesem bauphysikali-
Läuferverbände Im Mauerwerk unterscheiden wir schon immer zwischen außen sichtbarem wetterbeständigem und ansehnlichem Schichtaufbau und dahinterliegendem Material, das aus Hinterfüllung (bei Schalenmauerwerk), ungebrannten Ziegeln, Hintermauerungsziegeln, Naturstein, Beton, Stahlbeton, Stahlkernen usw. besteht. Bis in die jüngste Zeit jedoch war dieses Sichtmauerwerk in den inneren Bereich der Mauer eingebunden
schen Zweckzusammenhang des mehrschaligen Wandaufbaus als Verkleidung getrennt »vorgehängt« und zwar zumeist aus Sparsamkeitsgründen halbsteinig. Da die rückwärtige Verbindung durch Drahtanker und geschossweise Abfangungen mit Tragewinkeln erfolgt, reduziert sich das technische Problem dieser Verkleidung auf Einbindung der Längskräfte. Wie schon einleitend geschildert, ist es ein weitverbreitetes unbedachtes Missverständnis, die Darstellungsaufgabe hierauf allein beschränkt zu sehen. Läuferverband – halbsteinige Überdeckung (Abb. 1.1.63) Der Läuferverband mit halbsteiniger Überdekkung ist als vorgehängte Ziegel- oder Kalksandsteinverkleidung sehr beliebt und verbreitet. Wegen seines spannungslosen Gleichmaßes wirkt er jedoch vor allem in großen Flächen banal und langweilig. Seine Auswahl damit zu begründen, er sei ehrlich, nüchtern, funktional, legt einen ungenauen Blick für die Gestaltungsqualität einer Mauerwerkoberfläche bloß. Ehrlichkeit, Wahrhaftigkeit ist als abstrakter Wert nicht fassbar, sondern muss sich konkret enthüllen und ist als Grundlage eines ästhetischen Urteils zu oberflächlich. Es reflektiert nicht, in welch vielfältiger Weise das urteilende Erfassen optischer Phänomene geschieht. Immer ist es geprägt von bewussten und unbewussten Konzepten des Wahrnehmenden, unter denen die Moral nur eine nachgeordnete Rolle spielen kann. Es kann auch Entwurfswahrheit oder Gestaltungswahrheit gegen statische oder technische Wahrheit in unauflöslichem Widerspruch stehen. Welche der beiden ist dann gültig? So kann der Wahrheitsanspruch lediglich als Rechtfertigungsversuch gelten. Niemals jedoch kann er an die elementare Kraft einer ästhetischen Überzeugung heranreichen. Die Gestaltungswahrheit als kunstvolle Lüge ist neben anderen Wirkungskräften in der Baugeschichte immer stärker gewesen. Das Gesagte gilt ebenso für die funktionale Rechtfertigung, da Funktionalität aus seiner Herkunft ein ästhetischer Gattungsbegriff ist, sich also kategorisch einzuordnen hat. Läuferverband – viertelsteinige Überdeckung (Abb. 1.1.68) Der einfache, viertelsteinig überdeckte Läuferverband zeigt zwanglos mehrere,
1.1.67
35
Mauerwerk in der Architektur
Läuferverband – viertelsteinige Überdeckung
1.1.68
Läuferverband – Variante
1.1.69
Läuferverband – Variante
1.1.70
Läuferverband – Variante
1.1.71
1.1.73
sich variierende Figurationen, die den senkrechten Fugenablauf rhythmisieren, den Blick weiterleiten und die optische Phantasie beflügeln. Man kann ein repetierendes Reimschema – etwa Terzinen – unterlegen und erkennt anstrengungslos Überlegung und Witz. Eine Variation des obigen Verbandes setzt dem horizontalen Gewicht der überwiegenden Läuferschichten eine vertikale und diagonale »Verknotung« (Abb. 1.1.69) entgegen. Die vertikale Gliederung des Verbandes in Abb. 1.1.70 hat den rhythmischen Ablauf des Viervierteltaktes, mit abgestuft betonten und unbetonten Taktschlägen. Die in Abb. 1.1.71 gezeigte halbsteinige Verblendung eines Brückenwiderlagers wird mit nuanciert-dunkleren Köpfen optisch am Untergrund befestigt. Der unendliche Rapport der Läufer wird durch den kontrapunktischen Raster der Köpfe zu einer endlich definierten Fläche. Der Reiz entsteht durch taktvolle Unauffälligkeit in der Farbabweichung zwischen Läufern und Köpfen. Dem Betrachter wird ein changierendes Bild zwischen Verwirrung und Entwirrung geboten. Ein meisterliches Kabinettstück! Es hat sich in der Fachsprache eingebürgert, die hier dargestellten Verbände als »Zierverbände« zu bezeichnen. Das ist falsch. Verbände als Zierde, als Dekoration aufzufassen, widerspricht dem tektonischen Gehalt dieser Verbände. Über diese Aufgabe hinaus gibt
1.1.72
36
es aber tatsächlich seit Anbeginn des Mauerwerkbaus im Verband gemauerte Verzierungen in unendlicher Vielfalt. Eine Möglichkeit, den Verband reicher auszugestalten, ist die Verwendung farbiger oder farbig glasierter Ziegelmusterung in der Fläche. Die runden Chorpfeiler des Hauptschiffes der Sankt Gotthardkirche in Brandenburg (Abb. 1.1.72) zeigen spiralig versetzte, grün glasierte Köpfe im gotischen Verband. Hinter den eingebundenen Diensten läuft die spiralige Farbgliederung bis zum Kapitell weiter. Die expressionistische Architektur der zwanziger Jahre des 20. Jahrhunderts arbeitete in der Regel mit reliefartig vor- und zurückspringenden Verbänden aus Klinkermaterial. Eine weitere Möglichkeit der Ausgestaltung eines Mauerwerkverbandes als »Zierverband« ist, Steine nicht als Binder und Läufer zu versetzen, sondern in verschiedener Weise hochkant und übereck. Diese Gestaltungsmittel sind in der Baugeschichte unendlich variationsreich angewendet worden. Vor allem im 19. Jahrhundert wurden sie zum Schmuck von Ortgängen und Giebeln überall benutzt. Der Taubenturm in Varangeville-sur-Mer, Normandie (Abb. 1.1.73), zeigt den spielerischen Reichtum an Materialien, Farben und Relief in ringförmigen Bändern, die sich am Gesims in der plastischen Behandlung steigern, während die Farbigkeit im gleichen Maße zurückgenommen ist. Der Verband wird zum Ornament.
Gestaltung
Natursteine
Aus Natursteinen sind in allen Hochkulturen der Erde großartige Bauwerke entstanden. Heute wird dies Steinmaterial fast nur zu Plattenverkleidungen benutzt und spielt – außer für Reparaturen an alten Gebäuden und historischen Rekonstruktionen – zur Errichtung von Mauern fast keine Rolle mehr. Trotzdem sind einige Gestaltungshinweise anzumerken. Es gibt drei Gruppen von Natursteinen, die im Hochbau verwendet werden: Urgesteine (Tiefen- und Ergussgesteine) wie Granit, Porphyr, Diorit, Diabas, Basalt. Sie haben einen richtungslosen kristallinen Aufbau. Sie sind sehr hart, haben eine hohe Druckfestigkeit und sind schwer zu bearbeiten. Schichtengesteine (in kieseliger, kalkiger oder toniger Bindung) wie Sandsteine, Kalksteine, Muschelkalke, Kalksinter, Jurakalke, Marmor, Quarzite, Schiefer. Sie haben eine aus der geologischen Herkunft als Sediment abgesetzte mineraliengeschichtete Struktur, die in manchen Fällen, z.B. beim Schiefer, weiterem geologischen Druck ausgesetzt war. Bei der Bearbeitung und dem Fügen von Mauern ist ihr geschichteter Aufbau zu berücksichtigen. Umwandlungsgesteine (Konglomerate) wie Tuffe, Nagelfluh. Sie haben einen amorphen, richtungslosen Charakter, der sie für viele Anwendungen brauchbar macht. Natursteine sind entsprechend ihrer geologischen Herkunft zu verarbeiten und zu vermauern. Hierfür sollen einige Beispiele angeführt werden. Kristalline Tiefengesteine wie der Granit ergeben im Mauerwerk ein blockhaft gedrungenes Bild (Abb. 1.1.74). Eine besondere geologische Form ist der Findling, ein Granit, der durch Bewegungen der Gletscher der letzten Eiszeit rundgeschliffen und dabei über weite Strecken fortbewegt wurde. Der Findling wurde in früheren Zeiten unbearbeitet als Fun-
dament benutzt sowie für Wehrmauern, wie hier in Rheinsberg verwendet (Abb. 1.1.75). Es bedarf großen Geschicks, aus diesen gerundeten Steinen hohe Mauern zu errichten. Wenn der Findling werkgerecht gespalten wird, lässt sich daraus ein kraftvolles Zyklopenmauerwerk mit ausgezwickten Fugen herstellen (Abb. 1.1.76). Als Gegenbeispiel zum richtungslosen kristallinen Urgestein ist der äußerst spaltfähige Schiefer in seiner extrem lagerhaften Charakteristik zu verwenden. Wegen seiner natürlichen horizontalen Auflageflächen kann Schiefer für Trockenmauern ohne Vermörtelung standfest, auch ohne Anlauf senkrecht verarbeitet werden (Abb. 1.1.77). Aus den dargestellten, stark differierenden Verarbeitungsansprüchen haben sich Regeln für die Herstellung von Mauern entwickelt, die seit der zeichnerischen Darstellung und den Erläuterungen Vitruvs aus dem 1. Jahrhundert n. Chr. tradiert werden, und deren unausgesprochene Grundregel besagt, dass ein Natursteinmauerwerk umso kunstvoller ist, je mehr die Herstellungsspuren getilgt sind. Die Wertschätzung, beginnend beim groben Bruchsteinmauerwerk, gipfelte in der fugenlos polierten Fläche. Selbst als im 18. Jahrhundert das Interesse des Bauens sich auf die Tätigkeiten des Menschen richtete, und diese in wachsendem Maße zum gestalterischen Thema der Architektur wurden, dauerte es noch rund hundertfünfzig Jahre, bis dieser Gedanke selbstreflexivisch auf das Bauen übersprang. Wie ein Stein gehoben, versetzt, verklammert wurde, blieb in der fertigen Mauer möglichst verborgen. Erst Le Corbusier richtete energisch den Blick des Betrachters auf Anzeichen des Bauvorgangs, der Arbeit. Herstellung der Werksteine und Verarbeitung bis zu den schwierigsten Architekturteilen war und ist eine hohe Kulturleistung. Dabei kommt der Ausbildung der Fugen, dem Fugenschnitt, die entscheidende Bedeutung zu. Lagerfugen dürfen danach nur
1.1.68 Läuferverband, viertelsteinige Überdeckung 1.1.69 Läuferverband mit Einsprengungen des märkischen Verbandes I 1.1.70 Läuferverband mit Einsprengungen des märkischen Verbandes II 1.1.71 Verbandsbild eines Brückenwiderlagers in Hannover, 1995–96, Architekt: Kai-Michael Koch 1.1.72 Chorpfeiler der St. Gotthard Kirche, Brandenburg 1.1.73 Taubenturm, Varangeville-sur-Mer, Normandie Manoir d’Ango 1.1.74 Romanisches Portal der Sankt Gotthard Kirche, Brandenburg, 12. Jh. 1.1.75 Mittelalterliche Stadtmauer am Schloss Rheinsberg 1.1.76 Klostermauer, Chorin, 1827 1.1.77 Trockenmauer aus Schiefer, Pyrenäen
1.1.75
1.1.76
1.1.77
1.1.74
37
Mauerwerk in der Architektur
senkrecht zur auftretenden Druckbelastung angeordnet werden, Stoßfugen der Werksteine niemals in Winkeln, Kehlen oder Ecken des zu errichtenden Baukörpers vorhanden sein, sondern an unauffälligen orthogonalen Stellen. Sie sind gradflächig auszubilden. Die Fugenschnittauffassung will mit Werkzeugen bearbeitete Werkstücke umformen und im Mauerwerk kunstvoll wieder vereinigen (Abb. 1.1.78). Sie unterscheidet sich grundsätzlich von den Verbandsregeln des Ziegels. Lediglich plastische Terrakottareliefs werden nach Werksteinregeln unterteilt. Zu den erstaunlichen und erschreckenden Tatsachen gehört es, dass die Kenntnis der Werksteinbearbeitung nach Jahrtausenden der Anwendung innerhalb von zwei Generationen im Planungsbereich fast völlig verlorengegangen ist. So wird beispielsweise die Standfuge von Werksteingewänden heute vielfach (horribile dictu) in der Fensterbankschräge angelegt. Natursteinoberflächen können je nach Härte und Beschaffenheit vom bruchrauen Zustand über Sägen, Bossen, Spitzen, Stocken, Kröneln, Scharrieren, Glätten, Schleifen bis zum Polieren bearbeitet werden. Fast alle diese Bearbeitungsstufen können heute maschinell ausgeführt werden. 1.1.78 Die Fuge
Die Fuge charakterisiert das Mauerwerk, sie lässt die intelligente und künstlerische Leistung bei der Herstellung, beim »Fügen« dauerhaft erkennbar werden. Schon im Althochdeutschen bezeichnete »Fuge« sowohl die Stelle eingreifender Verbindung, wie auch die Schicklichkeit und Kunstfertigkeit der Herstellung und hat sich aus der handwerklichen Tätigkeit in vielen Abwandlungen auf alle Lebensbereiche übertragen. In der Fuge zeigt sich die Verbindung: der Verband. An ihr entzündeten sich zu allen Zeiten architekturtheoretische Auseinandersetzungen wie z. B. die Metapher »Fugenkleid« aus der Semper’schen Verkleidungssymbolik. An der Fugenausbildung wird immer die architektonische Haltung ablesbar. Ihr kommt deshalb besondere gestalterische Bedeutung zu. Im Sichtmauerwerk aus Ziegeln, Kalksandstein und Betonsteinen wird die ästhetische und technische Bedeutung der Fuge häufig unterschätzt. Sie steigert sich gegenüber dem
1.1.79
38
Naturstein noch beträchtlich. Die Fugen überziehen die Fläche wie ein dichtes Gewebe und verleihen ihr den Maßstab. Die Stärke der Fuge ist beim Mauerstein abhängig vom Steinformat. Durch Betonung oder Zurücknahme der Fuge hat der Planer die Möglichkeit, den Farbton, die Lebendigkeit, den Charakter der Fläche bis zur völligen Verkehrung der Wirkung zu verändern. Das Repertoire der Farbgebung reicht von reinem Schwarz über Dunkelblau, Rot, gebrochene Grautöne, Gelb bis zu reinem Weiß. Als Faustregel kann gelten, dass der Farbton des Steines umso leuchtender hervortritt, je dunkler die Fuge ausgebildet ist. Die reinweiße Fuge wirkt zumeist plump und entfärbend. Sie drängt sich nach vorn und verletzt eine weitere Regel, dass nämlich das Fugenbild niemals zur Hauptsache werden darf, sondern immer unauffällig die gestalterische Absicht zu unterstützen hat. Die Möglichkeiten, durch Einfärbung des Mörtels – beispielsweise eine Horizontalbetonung des Mauerwerks zu erreichen, indem die Stoßfugen in Steinfarben eingefärbt sind oder zusammengerückt werden, während die Lagerfuge normal ausgebildet ist – sind in den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts in vielfältiger Weise genutzt worden. Heute sind sie fast vergessen. Die besten Farbwirkungen der Fugen sind erreicht, wenn in der Gesamtwirkung der Fläche ein selbständiger Farbton nicht erkennbar wird, sondern erst bei kritischer Kontrolle überraschend zutage tritt. Lebendigkeit und in den besten Fällen irisierende Spannung entsteht aber nicht allein durch die Farbabstimmung zwischen Stein und
Fuge. Ebenso wirksam ist der Maßstab, der durch das Fugennetz geprägt wird. Er wird durch die Abstimmung zwischen Größe des Steines und Breite der Fuge außerdem beeinflusst. Das Steinformat muss deshalb hier kurz erörtert werden: Bei den heute gebräuchlichen Formaten, dem Normalformat oder dem Dünnformat ist das Verhältnis von Fuge und Stein harmonisch. Schon bei Sichtmauerwerk aus 2 DF-Formaten gerät der Fugenanteil aus dem Gleichgewicht. Das ist einer der Gründe, weswegen 2 DF-Mauerwerk ästhetisch nie ganz befriedigt. In der Vergangenheit gab es eine Vielzahl großer und kleiner Steinformate, die aus technischen Gründen, der Qualität des Tons, der Herstellung und des Brandes oder aus Gründen der Anwendungsart ihre Berechtigung hatten, immer aber im Bereich der Handlichkeit verblieben. Die mittelalterlichen Monumentalbauten der hansischen Gotik waren im Klosterformat mit einer Fugenbreite von ca. 1,5 cm errichtet. Maßgebend war hier die größere Elastizität des reinen Kalkmörtels mit groben Sandzuschlagstoffen gegenüber dem spröden Stein. Gleichzeitig wird die geringere Tragfähigkeit des Mörtels berücksichtigt. Aber auch die farbliche und tektonische Gesamtwirkung der flächig angelegten Mauern sowie die Maßstäblichkeit des Fugennetzes verbindet sich mit den großen Steinformaten. Als Regel kann gelten, dass der Maßstab des Gebäudes und seine Untergliederungen in einem bestimmten beabsichtigten Verhältnis zum Maßstab der Fügung stehen sollten. Kleine Formate, wie das holländische oder das Oldenburger Format, verführen vielfach – vor allem, wenn es sich um edle holländische
Gestaltung
Handstrichsteine handelt – zu einer dekorativen Fugenauffassung mit Breiten von 1,5 bis zu 2 cm. Der tektonische Zusammenhang geht verloren. Die Steine schwimmen in der Fugenmasse, weil sie nicht im Mauerwerkzusammenhang, sondern als einzelne Pretiosen wirken sollen. Die Herstellung der Fugenoberfläche ist wichtig für die Haltbarkeit und für die Wirkung der Fuge. Das Fugenmaterial ist fast immer weniger haltbar als der angrenzende Stein. Die einfachste dauerhafteste und preisgünstigste Fuge entsteht beim »Fugenglattstrich«, das heißt, bei vollfugigem Aufführen des Mauerwerks und bündigem Beschneiden der Fuge mit der Kelle. Eine Nachbearbeitung der Fuge mit Fugeisen, besser mit einem Schlauchstück oder mit einem Holzspan, dient nur dazu, die Oberfläche dem Rauheitsgrad des Steines anzupassen. In solchem Fall muss der gesamte Mauermörtel in der gewünschten Fugenfarbe angemacht werden. Meist jedoch wird die Fuge beim Aufführen der Mauer ein bis zwei Zentimeter tief ausgekratzt und nachträglich verfugt. Auf diese Weise ist es genauer möglich, die beabsichtigte optische Wirkung zu erzielen. So ist beispielsweise eine unterschiedliche farbliche Behandlung der Fuge möglich, das Vor- und Zurücksetzen der Fuge, die plastische Behandlung der Fuge, das Einritzen der Fuge oder das Ausdrücken der Fuge mit Kieseln, Porzellan, oder Ähnlichem. Vor allem durch das Zurücksetzen der Fuge bei hartgebrannten Steinen erscheint die Mauerfläche durch die Schattenlinien ausdrucksvoller. Hierbei sind einige Regeln einzuhalten. So sollte der Rauheitsgrad der Fuge dem Rauheitsgrad der Steinoberfläche entsprechen. Ebenso sollte die Härte der Fuge der Härte des Steins entsprechen. Ein weicher Vormauerstein sollte mit reinem Kalkmörtel und silikathaltigen scharfkantigen Zuschlagstoffen ausgeführt werden. Abbildung 1.1.79 zeigt ein sorgfältig gemauertes, schon durch Bewitterung abgeschliffenes Zinnenmauerwerk. Gut erkennbar sind die kalkgebundenen scharf -kantigen Sande. Stein: Katalanisches Mauerwerk aus Ziegelplatten 20 ≈ 42 ≈ 4, ähnlich römischen Ziegeln, wie sie auch Antonio Gaudí bei seinen Bauten in Barcelona verwendete.
1.1.80
1.1.81
Ein gesinterter Stein benötigt Zementzusätze. Die Oberfläche der Fuge darf niemals mit dem Fugeisen »gebügelt« werden, weil dies die Bindemittel außen verdichtet und durch feine Rissbildung mit Kapillarwirkung das Regenwasser nach innen zieht. Die in den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts gefürchtete »Klinkerkrankheit« (innere Durchnässung des Mauerwerks) entstand zum Teil durch solch falsche Fugenausbildung. Ein unregelmäßiger Stein, z. B. ein Handstrichstein, sollte möglichst bündig gefugt werden. Vier historische Beispiele sollen unterschiedliche Fugenauffassungen verdeutlichen: Das Mauerwerk der Friedrichswerderschen Kirche (Abb. 1.1.80) ist membranhaft gespannt. Aus ihm treten die Fugen wie in übergroßer Spannung halbrund heraus, gleich Adern aus einem anämisch-dünnhäutigen Körper. Die Münchner Schule zur Zeit Ludwigs I. war Vorbild für eine Mauerwerkbehandlung, die elegant und kunstvoll die Fugen auf ein millimeterdünnes Minimum reduzierte. Dies wird erreicht durch Verblendziegel, die
entweder keilförmig zum Mauerinneren hin schmaler werden oder durch Ausbildung einer ca. 2 cm breiten Auflagerfläche der Lager- und Stoßfuge, hinter welcher der Stein in Breite und Höhe reduziert ist. Wie am Salinenadministrationsgebäude von Friedrich Gärtner in München wird auch an Bauten seiner Schüler (Abb. 1.1.81) das Fugengewebe oft fast unsichtbar. Für den Innenwinkel am vorspringenden Pilaster sind besondere Formsteine angefertigt. Der Reiz liegt im bezaubernden Farbspiel der planen, zart gespannten Ziegelflächen. Die weltberühmte Vorhangfassade des Faguswerks ist Teil einer Gruppe von Mauerwerkbauten, die auf faszinierende Weise Zerbrechlichkeit und äußerste Anspannung thematisieren. Das reine Bindermauerwerk aus Steinen III. Wahl zeigt sorgfältige Fugung durch Unterschneidung am Steinrand und stäbchendünner Mörtelausformung in ausbalancierter Grazie (Abb. 1.1.82). In optischer und ästhetischer Hinsicht sind die Klinkerflächen Högers virtuos ausgebildet. Für
1.1.82
1.1.83
1.1.78 Notre-Dame de l’Epine, Champagne, 1400 –1527 n. Chr. 1.1.79 Freistehendes Zinnenmauerwerk einer Festung, Collioure, Pyrenäen, Ende 17. Jahrhundert 1.1.80 Friedrichswerdersche Kirche, Berlin, 1824, Architekt: Friedrich Schinkel 1.1.81 Kunstmuseum Hannover, 1852–56, Architekt: Conrad Wilhelm Hase 1.1.82 Faguswerk, Alfeld, 1911, Architekten: Walter Gropius und Adolf Meyer 1.1.83 Wohnhaus Madsack, Hannover, 1927, Architekt: Fritz Höger
39
Mauerwerk in der Architektur
Mauerwerkgliederung
Im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts war über lange Zeit ein Streit entbrannt, ob der Mauerwerkbau flächig oder plastisch zu gliedern sei. Es bildeten sich Schulen heraus, die mit theoretisch nachvollziehbaren Argumenten und Belegen aus der Baugeschichte ihren dogmatischen Anspruch jeweils zu verteidigen wussten. Aus der zeitlichen Distanz wird diese Auseinandersetzung nicht mehr ganz verständlich, denn für beide Entwurfsauffassungen gibt es überzeugende Beispiele.
1.1.84
das kubisch geformte Wohnhaus bilden die winkelförmig vorstehenden Lagerfugen die einzige, aber konsequent entwickelte Gliederung (Abb. 1.1.83). Mit dem einfachen Mittel der expressiven Fugengliederung entsteht eine zurückhaltende seriöse Gesamtwirkung des Hauses. Fuge im Natursteinmauerwerk Das antike – vor allem griechische – Quadermauerwerk zeigt eine Präzision in der Fugenausbildung, die über das notwendige Maß hinaus geht und in der Kunstfertigkeit sich zum Denkmalhaften verselbständigt. Die ästhetische Absicht ist, über die perfekte technische »Befugnis« auf den Eigenwert des Mauerwerks als gestaltetes Volumen, als eine von Menschenhand wiedervereinigte Natur, sichtbar zu verweisen (Abb. 1.1.84). Dabei wird die Widersprüchlichkeit deutlich, dass die Spannung des Mauerwerkbildes und der Steinbearbeitung umso größer ist, je feiner und unauffälliger das Fugenbild angelegt ist. Ein solcher Genuss an der organisierenden Kraft der Steinbehandlung ist heute kaum noch möglich, da Naturstein äußerst selten als Mauerwerk, sondern zumeist in Plattenteilung mit offenen Schlitzen vor die Wand gehängt wird. Dabei verliert sich auch der stoffliche Reiz des Materials. Ohne die Gewichtigkeit der Fügung wird auch dem Stein seine Echtheit, Selbstheit genommen. Er kann zur Naturtapete verkommen.
So war es im nordeuropäischen Raum wegen des harten Klimas üblich, Außenwände aus Mauerwerk flächig mit außenbündigen Fenstern anzulegen. Rahmenholz und Flügel des Fensters stehen bündig in der Außenfläche. Die Flügel sind nach außen zu öffnen. Der kräftige Wind drückt sie fest in den Falz. Die Anmut holländischer oder dänischer Wohnhäuser aus Sichtmauerwerk beruht auf der kleinteiligen Textur mit immer außenbündigen Fenstern. Auch anspruchsvolle Bürgerhäuser, etwa in Lübeck oder Danzig, waren überwiegend sparsam flächig gegliedert.
ken, vertikal zu gliedern. Auch hierfür gibt es überzeugend gebaute Beweise, ebenso wie Gegenbeweise. Zwei Beispiele, die auch die vorbesprochenen Lehrmeinungen wechselseitig belegen und widerlegen könnten, zeigen Abb. 1.1.85 und Abb. 1.1.86. Das eine Gebäude ist ebenso überzeugend wie differenziert plastisch durchgliedert, während das andere mit gleicher Überzeugungskraft absolut flächig gespannt wirkt. Gemeinsam ist beiden die rhythmische Dreiergliederung sowie die additive Fassadenentwicklung, die nur mit sparsamen Mitteln rechts und links zusammengefasst wird. Besonders gekonnt ist am Betriebsgebäude in Neukölln der knappe Sockel und die fünf Geschosse hohen halbsteinigen Fenstersprossen aus Klinker, die – vorn bündig – einen vollen Stein tief freistehen.
Ein weiteres Mauerwerkdogma besagt, Mauerwerkflächen seien wegen der Möglichkeit, nur geringe Spannweiten werkgerecht zu überdek-
Dass solche Glaubenssätze geradezu den Widerspruch herausfordern, dass Entwerfen mehr ist, als ihre Erfüllung, dass nämlich gute Architektur sich nicht in so enge, vordergründige Regeln fassen lässt, zeigt Mies van der Rohe (Abb. 1.1.88). Er negiert Fensterstürze und Spannweiten im Mauerwerk pointiert und setzt der theoretisch verengten Auffassung der Puristen die »auch in der Baukunst alles gern zu Prosa machen möchten« (Goethe) eine kontrapunktische Auffassung entgegen. Mauerwerkflächen schneidet er auf, um ihr gefügtes Spiel in einen neuen Entwurfszusammenhang zu stellen: der fluktuierenden Ambivalenz von Außen und Innen. Mit diesem Gedanken wird die Statik als ein Entwurfsbestandteil betrachtet, auf den gewissermaßen optisch verwiesen wird, um aus der Negation den höher bewerteten Raumzusammenhang zu entwickeln und als Widerspruch vorzuführen.
1.1.85
1.1.86
Daneben haben aber plastisch-kubische Gliederungen eine ebenso lange, bis heute fortgesetzte Tradition. Die Westfassade des Choriner Klosters (Abb. 1.1.87) ist der eindrucksvollste historische Beleg für die kubische Auffassung im Mauerwerkbau. Weil die Ordensregeln jeden Überfluss verbieten, zeigt sich gerade in der asketischen Zurückhaltung die geistige Kraft des Entwurfs.
1.1.84 Stadtbefestigung von Messéne, Griechenland, 4. Jh. v. Chr. 1.1.85 Höhere Webeschule, Berlin, 1909–1914, Architekt: Ludwig Hoffmann 1.1.86 Bewag-Stützpunkt, Berlin-Neukölln, 1926–1927, Architekt: Hans Heinrich Müller 1.1.87 Westfassade der Klosterkirche Chorin, 13. Jahrhundert, Giebel des Südschiffs
40
Gestaltung
1.1.87
41
Mauerwerk in der Architektur
1.1.88 Wölbungen
Mit Mauersteinen kann man zwar Öffnungen horizontal oder fast horizontal überbrücken, nicht jedoch Flächen. Eine simple Form, Dekken zu schließen, ist das Scheingewölbe. Hierbei werden Steine stufenförmig ausgekragt und bis zum oberen Abschluss aufgeschichtet. In Süditalien wird diese Bauweise bis heute geübt. Viel kunstvoller wird das Überdeckungsproblem gelöst, wenn Steine bogenförmig so angeordnet werden, dass sie zwar aus ihrer Lage herab stürzen könnten, aber dadurch, dass sie von anderen, ebenso stürzenden Steinen gehalten werden, in ihrer Lage verharren. Dieser dramatische Vorgang, ein Kampf, drückt sich in der Bausprache aus: der Auflagepunkt des Gewölbes ist der Kämpferpunkt, der letzte entscheidende Stein, der den haltenden Schub des Gewölbes erzeugt, ist der Schlussstein.
Die schon im Geschichtsteil gezeigten Leistungen sind zum Teil ein atemberaubendes Ringen mit der Schwere. Ein berühmtes Beispiel hierfür ist Balthasar Neumanns beinahe horizontale Überwölbung des Treppenhauses in der Würzburger Residenz. Die historischen Bücher über Wölbtechniken füllen Regale. Echte Mauerwerkwölbungen werden heute, außer bei Rekonstruktionen, nicht mehr gebaut. Eine sehr wirtschaftliche Wölbetechnik aus dem 19. Jahrhundert, die sogenannte Preußische Kappe, bei der zwischen Stahlträgern segmentförmig gewölbte Flächen gespannt werden, wird noch gelegentlich verwendet. Preußische Kappen haben einen enormen horizontalen Schub in Wölbrichtung, der durch horizontal gemauerte Randstücke oder durch außen vor die Mauer gestellte Strebepfeiler oder (wie bei den katalanischen Gewölben in den Jaoul-Häusern von Le Corbusier, Abb. 1.1.89) durch Zugbänder
aufgefangen werden muss. Vom gestalterischen Standpunkt her ist es bedauerlich, dass die Wölbtechnik keine Anwendung mehr findet, denn sie ist der anspruchsvolle Höhepunkt der Mauerwerkkunst. Öffnungen und Überdeckungen
Wer gelesen hat, wie Rat Krespel sein Haus baute und die Mauerdurchbrüche herstellte, wird bei aller Skurrilität der E.T.A. Hoffmann’schen Erzählung die Planungsprobleme, die dabei zu beachten sind, verstehen: Das Verhältnis zwischen Mauer und Öffnung, die Gestaltung eines Mauerdurchbruchs beantwortete zu allen Zeiten die Frage, was eine Mauer ist, wie der Entwerfer, wie eine Zeit das Verhältnis von Außen und Innen, Trennung und Verbindung, Körperlichkeit und Raum, Schutz und Gefahr, letztlich die Welt sieht. Ein barockes »oeil de boeuf« sagt im Unterschied zu einer diaphanen Maßwerkrosette Entscheidendes über die Mauerwerkauffassung aus. Die technischen Probleme der Überdeckung von Öffnungen sind dieselben, wie beim Gewölbebau. Kleine Fenster lassen sich noch durch auskragende Steine überdecken, wie die vier folgenden Beispiele zeigen. Abb. 1.1.90 zeigt ein aus Klosterformaten im Verband zusammengesetztes Fenster mit hochkant gestellten Steinen als Gewände. Verblüffend einfach und selbstverständlich. Das Fenster in Abb. 1.1.91 steht im Verband und wird mit zwei auskragenden Läufern überdeckt, die einen Läufer als Schlussstein tragen, der sich in Schrägfugen statisch verspannt. Eine Idee von genialer Überzeugungskraft. Das Fenster in Abb. 1.1.92 steht im Verband und hat eine halbkreisförmige Überdeckung
1.1.89
42
Gestaltung
aus Läufern, die sich als senkrechtes Gewände fortsetzen, das wiederum mit dem Verband verzahnt ist. Die Überdeckung mit abgetreppt auskragenden Bindern der im Kreuzverband gemauerten Wand in Abb. 1.1.93 hat eine unauffällige Selbstverständlichkeit. Solche Abtreppungen wurden konstruktiv für Fensterüberdeckungen bis zur doppelten Breite des gezeigten Beispiels (ca. 75 cm) vielfach gebaut. Bei breiteren Fensteröffnungen können in Wölbtechnik beträchtliche Spannweiten erreicht werden. Meist wird jedoch aus Gründen der einfacheren Herstellung Mauerwerk nur als Verkleidung von Bögen aus anderen, tragfähigeren Materialien verwendet. Hierbei verwendete Sturzsteine klaffen jedoch an der Wölbungsoberseite weit auseinander. Deshalb empfiehlt sich, zwei oder mehrere Bögen unabhängig voneinander übereinander zu vermauern. Eine Technik, die schon im römischen Mauerwerk angewendet wurde (siehe auch Abb. 1.1.13). Im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts, in der Gründerzeit, setzte sich für die massenhaft vergrößerte Zahl von Bauaufgaben der sehr tragfähige Segmentbogen durch. In der Wiederholung am selben Gebäude wirkt der Segmentbogen meist fade und unentschieden. Deshalb hat sich die fast horizontale Überdeckung mit dem sogenannten scheitrechten Bogen durchgesetzt. (Abb. 1.1.55 und Abb. 1.1.94) Als Bauform war der scheitrechte Bogen schon seit Jahrhunderten bekannt und wurde für Überdeckungen in Bürgerhäusern Nordeuropas regelmäßig verwendet. Er ist in Spannweiten bis zu 2,5 m in der Vergangenheit ohne technische Hilfsmittel gebaut worden. Allerdings sind für seine Herstellung einige Voraussetzungen erforderlich: Er sollte immer sorgfältig vollfugig gemauert sein. Ein Stich von mehreren Millimetern sollte ihn – optisch kaum merklich – verspannen. Man hat diesen Stich früher durch Auftragen einer feinen Sandschicht auf das Lehrgerüst hergestellt. Außerdem sollte er – vor allem in einer halbsteinigen Mauerschale – keine größere Spannweite als 2 m haben.
1.1.90
1.1.91
1.1.92
1.1.93
1.1.94
1.1.95
1.1.88 Haus Esters und Haus Lange, Krefeld 1928–30, Architekt: Ludwig Mies van der Rohe 1.1.89 Ziegelgewölbe der Jaoul-Häuser, Le Corbusier Neuilly-sur-Seine, 1952–1956 1.1.90 Kloster Chorin, 13. Jahrhundert, sechsteiliges Fenster am Brauhaus 1.1.91 wie Abb.1.1.90, Fenster am Brauhaus 1.1.92 wie Abb.1.1.90, Fenster an der Westfassade 1.1.93 Fenster in einer Scheune, Hannover, 19. Jahrhundert 1.1.94 Marstall, Neustrelitz, 1870, Architekt: Friedrich Wilhelm Buttel 1.1.95 Faguswerk Alfeld, Schmiede, 1911–14, Architekten: Walter Gropius und Adolf Meyer
43
Mauerwerk in der Architektur
1.1.96
Die scheitrechten Bögen des außerordentlich sorgfältigen Mauerwerks der Schmiede des Faguswerks (Abb. 1.1.95) wurden aus dem stranggepressten Material durch Nachbearbeitung zu individuellen Formsteinen verarbeitet, die im Sturzverband auf fünf Schichthöhen eingepasst sind. Auch in Zeiten, die unter dem Einfluss des Werkbundes standen, nach dessen Glaubenssätzen Mauerwerkbau nur mit materialeigenen Mitteln hergestellt werden durfte, haben führende Architekten wie Fritz Schumacher und Fritz Höger keineswegs auf technische Hilfsmittel bei der Bewältigung der Überdeckungsprobleme verzichtet. Am Eingangsbau der Kunstgewerbeschule (Abb. 1.1.96) sind die horizontal gebogenen scheitrechten Bögen aus Formsteinen an Stahlträger der Unterkonstruktion gehängt, was ihre ästhetische Qualität keineswegs beeinträchtigt, da der Betrachter den gesamten Mauerwerkring unterhalb des Kuppeldaches als tragenden Ring erkennt. Unter der überzeugenden Entwurfsidee ordnen sich alle
1.1.98
44
Teile mühelos ein. In die Fenster eingestellte Zargen, sogenannte Fensterstöcke, die bei größeren Abmessungen mit Mittelstützen und Kämpferhölzern kreuzweise ausgesteift waren, überbrückten im hansischen Bereich der Nordund Ostsee Gebäudeöffnungen. Dabei dienten die Fensterstöcke gleichzeitig als Lehrgerüst. In den Niederlanden wird noch heute Mauerwerk häufig so aufgeführt. Abschließend sollen zwei Beispiele spezifische Werksteinüberdeckungsprobleme erläutern: Die Öffnungsgewände aus Jurakalk in Abb. 1.1.98 sind oben mit Kragsteinen zur Öffnungsseite hin ausgebildet, sodass der Werksteinbalken darüber rechts und links zu je einem Drittel aufliegt. Die Profilierungen der Kragsteine sind in ihren Abmessungen so auf die Balkenbreite bezogen, dass die Öffnung sich mit einem zwanglosen charmanten Ornament schließt. Das Gemeindehaus ist sorgfältig mit gleich hoch geschichtetem kieselig gebundenem Sandstein gefügt. Die Ausbildung des Fensters in Abb. 1.1.99 ist ein Schulbeispiel für richtige
1.1.99
1.1.97
Werksteinbehandlung. Der die Öffnung oben abschließende Sandsteinbalken wird durch den darüberliegenden Sturzstein entlastet. Die Fuge zwischen Sturzstein und Balken ist zur Vermeidung der Lastübertragung unvermörtelt offen. Aus dem selben Grunde ist die Fuge zwischen dem Fensterbankbalken und dem darunterliegenden Werkstein offen, damit die Fensterbank nicht infolge der Belastung durch das Gewicht der Laibungen in den eingespannten Standfugen nach oben gebogen wird und bricht. Säulen und Pfeiler
Säulen aus Mauerwerk zu errichten, war neben Wölbungen immer eine hohe Kunst. An ihr bewies sich das Können des Architekten. Es sei an die Monumentalordnung von Claude Perrault an der Ostfassade des Louvre erinnert. Sie konnte nur durch den als sensationell empfundenen Einsatz eines Eisenkerns tragen. Proportionsüberlegungen der Säulenordnung füllten seit Vitruv Musterbücher in fast jeder Architektengeneration. Der verwirrende, aber
1.1.100
Gestaltung
von struktureller Logik geprägte Aufbau gotischer Bündelpfeiler war von kaum nachvollziehbarer Kunstfertigkeit in der Herstellung. In der heutigen Entwurfspraxis spielen gemauerte Säulen keine Rolle mehr. Bei frei stehenden Pfeilern aus Mauerwerk sollte im Zusammenhang mit dem Mauerwerkverband des Gebäudes beachtet werden, dass 24 cm starke Pfeiler nur im Pfeilerverband, also mit halbsteiniger Überdeckung gebaut werden können. Bei 36,5 cm starken Pfeilern besteht die Wahl zwischen der halbsteinigen Überdekkung und dem viertelsteinigen Verband, der einen hohen Anteil geschlagener Steine hat. Dieser Pfeiler ist außerdem nicht mit Rollschichten oder Grenadierschichten maßlich in Übereinstimmung zu bringen. Um die durchlaufende Grenadierschicht auch als Pfeilerabschluss zu ermöglichen, ist in Abb. 1.1. 97 der Maßrest als Schlitz zurückgesetzt und mit orangener Leuchtfarbe betont. Sockel und Anläufe
Sockel haben die praktische Aufgabe, eine Mauer gegen Durchfeuchtung, Spritzwasser, Vermoosung, Verschmutzung zu schützen. Sie grenzen das Bauwerk zum Boden hin ab und betonen die Standfestigkeit des Fundaments. Bis ins 18. Jahrhundert hinein glaubte man an unterbürtige, unheimliche Kräfte des Bodens, an Erdstrahlen und Erdgeister. Deshalb wurden Sockelmauern vielfach mit Ritzzeichnungen versehen, vermutlich zum Bannen solcher Geister. Um die darüber liegenden Geschosse bedeutender, hoheitsvoller erscheinen zu lassen, wurden Burgen, Schlösser und Paläste vielfach mit geschosshohen Sockeln aus rustiziertem Mauerwerk gebaut oder mit einer Wandschräge, einem Anlauf betont. Er hatte auch die Aufgabe, die schwere Mauerhaftigkeit gegenüber den oben liegenden Wohngeschossen zu betonen. Das Motiv des Anlaufs hat sich bis ins 20. Jahrhundert erhalten. Peter Behrens benutzte es an einer Reihe seiner Bauten.
1.1.96
Eingangsbau der Kunstgewerbeschule, Hamburg, 1911–13, Architekt: Fritz Schumacher 1.1.97 Clubhaus Anderten, Hannover, 1991, Architekt: Rolf Ramcke 1.1.98 Stall am Château de Nieuil, Perigord, Frankreich, 17./18. Jahrhundert 1.1.99 Gemeindehaus Buchau, Oberfranken, 1879 1.1.100 Abspannwerk Berlin-Neukölln, 1927, Architekt: Hans Heinrich Müller 1.1.101 Gleichrichterwerk, Berlin-Zehlendorf, 1928, Architekt: Hans Heinrich Müller 1.1.101
45
Mauerwerk in der Architektur
Die Monumentalbauten der hansischen Gotik zeigen die Verwendung des Sockelmotivs nur sehr sparsam. Die aus grob bearbeiteten Findlingen gefügten Granitsockel waren höchstens 30 bis 50 cm hoch. Viele große und kleine Gebäude wuchsen ohne Sockel aus dem Boden. Während Putzbauten als Spritzwasserschutz einen wasserdichten Sockel von mindestens 30 cm Höhe benötigen, stehen Gebäude aus Sichtmauerwerk am selbstverständlichsten ohne Sockel oder nur mit einer Andeutung, z. B. als Rollschicht, oder Grenadierschicht, wie es ein bündig in die Straßenfront gestelltes Betriebsgebäude (Abb. 1.1.100) zeigt: Eine Rollschicht springt um eine halbe Schichtstärke vor und trägt damit das fünfstöckige Gebäude.
1.1.102 Abschlüsse und Anschlüsse
Flachdachabschlüsse Durch die Richtlinien des Dachdeckerhandwerks, nach denen waagerechte Kanten der Mauerkrone mindestens 5 cm hoch zu überdecken sind, werden die Proportionszusammenhänge des Sichtmauerwerks empfindlich gestört, weil dies ein Maß ist, das sich optisch nirgends einordnen lässt. Viele ältere Gebäude werden bei Reparaturen des Dachrandes durch die Plumpheit des oberen Abschlusses verdorben. Dabei ist das Argument falsch, Regenwasser werde hinter der Abdeckung durch Wind hochgedrückt und durchnässe die Wand. Es ist vielmehr so, dass durch den Unterdruck der windabgewandten Hohlräume innerhalb der Blechabdeckung das Regenwasser geradezu hochgezogen wird. Dies ist jedoch leicht durch Abkleben der oberen Mauerflächen mit Bitumen- oder PVC-Bahnen zu verhindern. Damit kann die Abdeckung auf das optisch ideale Maß von 1 bis 1,5 cm beschränkt bleiben. Es genügt sogar, den oberen Abschluss, wenn er aus hartgebrannten Steinen, aus Kalksandsteinen oder aus Betonsteinen besteht, nur mit einer mauerbündigen Schweißbahn abzukleben. Voraussetzung ist dabei eine vollfugige Vermauerung sowie sorgfältige Verklebung der gesamten waagerechten Mauerfläche. Der ganze Profilierungs- und Ornamentierungsreichtum der Gesimsausbildung gehört der Vergangenheit an. Die mächtigen Auskragungen sind auf ein knappes Maß reduziert. Die nüchterne Fassade des Betriebsgebäu-des in Abb. 1.1.101 zeigt einen märkischen Verband. Die geschlossenen Flächen werden durch Übereck-Erker untergliedert, die von 1.1.104
46
1.1.103
stufenförmig auskragenden Schichten getragen werden. Das Gebäude wird mit schachbrettartig versetzten, in Abtreppung auskragenden Bindern nach oben abgeschlossen. Wenige aufwandslose Mittel führen zu einer kaum zu vermutenden kraftvollen Wirkung. Die einzige Stelle, an der die sonst völlig planen Mauerflächen sich räumlich entwickeln, ist dieses obere Abschlussgesims. Das schichtenweise sich vergrößernde Maß der Auskragung führt zu einem natürlich empfundenen oberen Abschluss des Mauerwerks. Mit diesem Kunstgriff beendet sich die Mauer gewissermaßen von selbst. Sie kann so nicht weiter wachsen. Über einer Ecke der umlaufenden Mauern eines Werkhofes stehen auf auskragenden Stützen Dach und Attika des Pumpwerks in Abb. 1.1.102. Die Gesimsuntersichten sind, wie die Stürze im Verband in die Deckenschalung hinein gemauert. Die bündige Grenadierschicht der Sohlbank verläuft als Abdeckung der Außenmauer weiter. Die durchgehende Mauerwerkgliederung mit zurückspringenden Schichten am Faguswerk (Abb. 1.1.104) bildet auch das obere Abschlussmotiv, bei dem lediglich die Rollschicht um das Maß des Rücksprungs vorsteht und durch die Verdoppelung des Rücksprungs die Schattenwirkung verstärkt wird. Allerdings bedurfte diese Konstruktion an den Ecken einer Unterstützung mit einem Flacheisen. Bei allen Beispielen ist der Zinkblechabschluss als Rolle ausgebildet (ein auf der Abkantbank einfach herzustellender stabiler Blechrand). Einen hervorragend gelungenen oberen Abschluss hat die geputzte Attika am Pavil-
Gestaltung
lon der Universitätsmensa in Eichstätt (Abb. 1.1.105). Die messerscharf wirkende Kante besteht aus verzinktem Eisenblech, das mit einem Überstand von 2 cm auf die Maueroberfläche geschraubt ist. Die Blechstöße haben mit Blech unterlegte Bewegungsfugen. Ortgänge Der Übergang zwischen Dach und Mauer am Ortgang des Steildaches verführt immer wieder zu abenteuerlichen Entwurfslösungen. Die Erinnerung an die historischen Formen, etwa des Schwarzwaldhauses oder alpenländischer Bauformen mögen dabei inspirieren. Es muss herausgestellt werden, dass die Qualität des Mauerwerkbaus auf Einfachheit beruht. Zwei Beispiele sollen hierfür stehen: Mauer und Dach in Abb. 1.1.106 bestehen aus demselben Kalkstein. Die Dachplatten
schieben sich oben und seitlich unter die auskragenden Steine der darüberstehenden Turmmauer. Der Ortgang zeigt unverhüllt den Dachaufbau über der gut geschichteten Werksteinmauer. Die Dachschräge in Abb. 1.1.103 ist mit einem Verband senkrecht zum Ortgang sorgfältig aufgemauert. Die Dachziegel sind in Mörtel aufgelegt und kragen nur knapp über die Giebelmauer. Steildachanschlüsse Zum Thema der Anschlüsse des Steildaches gehören die Anschlüsse zwischen Schornstein und Dach. Dass Schornsteinanschlüsse und Dachanschlüsse an Mauern mit Zinkblech zu verwahren sind, ist eine ebenso unangefochtene, wie falsche Behauptung. Bevor es Zinkblech gab, baute man mit Konstruktionen, die technisch ebenbürtig und gestalterisch weit überlegen waren. 1.1.105
Der Schornsteinanschluss wurde meist durch Unterschieben des Dachziegels unter den auskragenden Schornsteinkopf seitlich und unten hergestellt (Siehe auch »Konstruktionen im Detail«, Abb. 3.10.2). Die Fuge wurde mit faserbewehrtem Mörtel ausgedrückt. Dieser Anschluss ist leicht auszuführen. Er ist in vielen Beispielen seit Jahrzehnten ohne Ausbesserung in einwandfreiem Zustand.
1.1.102 Pumpwerk, Hannover, 1996/97, Architekt: Rolf Ramcke 1.1.103 Gut Közal, Köln, 19. Jahrhundert 1.1.104 Faguswerk, Alfeld, 1911, Architekten: Walter Gropius und Adolf Meyer 1.1.105 Mensa Eichstätt, 1988, Architekt: Karljosef Schattner 1.1.106 Ehemalige Prioritätskirche Ougy, Burgund, erste Hälfte 12. Jahrhundert. 1.1.106
47
Mauerwerk in der Architektur
1.1.107
1.1.108
Sohlbänke
Die Wasserführung an der Fassade war vor der Erfindung des Zinkblechs ein großes Problem, dessen Lösung viel Erfahrung, Geschick und Phantasie erforderte. Mittelalterliche Bauten spielten geradezu mit dem Wasser, vor allem gotische Kirchen zeigen vielfach verschlungene Wasserrinnen auf Strebebögen, mit Kanalführungen durch Pfeilervorlagen, Umlenkungen in und auf denen das Wasser in Schrägen schließlich in die Körper der Drôlerien gelangt und aus ihren Mäulern weit vom Gebäude weg gespieen wird. Zur Wasserabführung vom Fenster, von den Laibungsflächen und der äußeren Fensterbankfläche dienen Sohlbänke. Sie sind ein eher unauffälliges Mauerdetail. Obwohl man vermuten sollte, dass die Lösung des Wasserabführungsproblems geringe Schwierigkeiten macht, zeigt die Baupraxis doch vielfach Mängel. An der Ausbildung der
Sohlbänke kann man ziemlich sicher die Detailqualität der Planung erkennen. Das kürzlich renovierte Gebäude aus dem Biedermeier in Abb. 1.1.109 zeigt, dass auch Putzflächen ohne Blechabdeckung haltbar ausgeführt werden können. Allerdings ist eine Pflege und Erneuerung des Anstrichs der Bankfläche in Zwei- bis Dreijahresabständen nötig. Eine geringe Mühe in Anbetracht der klaren und nicht durch Blechverkleidung gestörten Putzprofilierungen. Kalksandstein ist hart und schmutzabweisend. Deshalb kann er auf eine Abtropfkante verzichten, sodass die Sohlbank aus Beton bündig eingesetzt werden kann (Abb. 1.1.110). Wenn sie – wie hier – dieselbe Oberflächendichte und dasselbe Maß wie der anschließende Stein hat, fügt sie sich unauffällig in die Fläche. Die seitlichen Stoßfugen sind vermörtelt und
reißen bei normalen Spannweiten nicht auf. Das Beispiel in Abb. 1.1.111 zeigt die Bewältigung der drei kritischen Anschlusspunkte. Die geputzte Laibung ist unterschnitten, damit das ablaufende Wasser nicht in die Fuge zwischen Bank und Laibung eindringen kann. Die Bank selbst ist aus verzinktem Stahlblech gefertigt und hat eine zurückgesetzte Abtropfkante aus einem angenieteten Stahlwinkel. Die rückwärtige Aufkantung fasst unter das Rahmenprofil des Fensters. Im Mauerwerkbau aus gebrannten Ziegeln ist die bewährteste Sohlbankausbildung eine Rollschicht, die unter das Fensterholz fasst und, leicht geneigt, 1 bis 2 cm vor die Maueraußenkante vorspringt. Wichtig ist hierbei die vollfugige Vermauerung und sorgfältige Verfugung der Rollschicht. (Siehe auch »Konstruktionen im Detail«, S. 224, 226)
1.1.109
1.1.110
1.1.111
48
Gestaltung
Fachwerk
Bei der vielseitigen Anwendungsfähigkeit des Mauersteins darf seine Einsatzmöglichkeit zum Füllen von Flächen zwischen anderen Konstruktionen aus Holz, Stahl und Stahlbeton nicht vergessen werden. Hier trägt er nicht, sondern wird getragen. Eine der weitest verbreiteten Verbindungen in der Vergangenheit war der Holzfachwerkbau mit Ausfachungen aus Mauerwerk. Wegen seiner wirtschaftlichen Bauweise wurde er überall angewendet. Seine Charakteristik als Füllmaterial zeigt der Stein in variationsreichen Schmuckverbänden bei zumeist halbsteiniger Mauerstärke. Ausfachungen und Fenster sind, wie bei dem niederdeutschen Speicher aus dem 18. Jahrhundert in Abb. 1.1.107, immer außenbündig ausgeführt, um Wind und Wetter wenig Angriffsflächen zu bieten. Dass Mauersteine sich auch mit Stahlfachwerkkonstruktionen verbinden und dadurch ein ganz neues straffes technisches Aussehen erhalten, zeigen die Industriebauten des 20. Jahrhunderts, vor allem in den Gebieten der Schwerindustrie Eisen und Kohle. Frühe Beispiele sind der Wasserturm in Posen von Poelzig, sowie Industriebauten von Hertlein und Behrens. Große Anlagen der Schwerindustrie im Ruhrgebiet, wie die Gebäude der Zeche Zollverein (Abb. 1.1.112) machten sich die wirtschaftlichen Vorteile und Stabilität dieser Leichtbauweise zunutze und gaben damit der Landschaft eine neuartige nervige Prägung. Wegen der Wärmedämmprobleme der Stahlkonstruktion ist diese Bauweise im Industriebau nicht mehr üblich. Die Bauten auf dem Campus des Illinois Institute of Technology von Mies van der Rohe (Abb. 1.1.108) sind auf Maß, Zahl und Proportion reduziert. Stahlfachwerk und Ziegelausfachungen im Blockverband haben eine elementare Einfachheit, in der jeder kleinste Teil wichtig und bestimmend ist. Dadurch erhält das Gesamtbild einen allgemeingültigen Charakter, der nicht imitierbar ist.
1.1.107 Fachwerk eines Wollspeichers, Güstrow, 18. Jh 1.1.108 Illinois Institute of Technology, Chicago, 1952, Architekt: Ludwig Mies van der Rohe 1.1.109 Bürgerhaus, Brandenburg, erstes Viertel des 19. Jahrhunderts 1.1.110 Kindergarten, Hannover, 1967, Architekt: Rolf Ramcke 1.1.111 Mensa Eichstätt, 1988, Architekt: Karljosef Schattner 1.1.112 Zeche Zollverein, Essen, Südeingang 12/1/2, 1928 –1932. Architekten: Fritz Schupp und Martin Kremmer 1.1.112
49
Mauerwerk in der Architektur
Freistehende Mauern
1.1.113
Außenmauern haben ihre eigenen Bauregeln. Sie müssen, abgesehen von ihrer Begrenzungsaufgabe, nur sich selbst vor dem Verfall schützen. Die Mauern gegen aufsteigende Bodenfeuchte zu schützen ist nicht schwer, darf aber nicht vergessen werden. Wichtiger ist der Schutz gegen Frost und Regen. Frostschutz wird erreicht durch sorgfältige Auswahl frostbeständiger Steine. Dies gilt vor allem für gebrannte Ziegel. Kalksandsteine und Betonsteine haben ausreichende Frostbeständigkeit. Ebenso wichtig ist die vollfugige Vermauerung, denn Hohlräume im Mauerwerk füllen sich bei freistehenden Mauern leichter mit Wasser, das zu Frostaufsprengungen führt. Geputzte Mauern brauchen eine Abdeckung, die mit Abtropfkanten seitlich übersteht. Bei Mauern aus Sichtmauerwerk wird diese Anforderung häufig übertrieben. Es muss immer eine fachgerecht ausgeführte Fugenoberfläche, nicht gebügelt, erreicht werden. Die sehr alte, mächtige Mauer, in Abb. 1.1.113 die als Flutschutz für die Kirche dient, widersteht dem Seeklima der Nordsee ohne besondere Abdeckung. Regen und stürmische Winde der Pyrenäen haben Steine und Fugen der Mauerkrone in Abb. 1.1.114 abgeschliffen, aber nicht zerstört. Das durchbrochene Sichtmauerwerk, in Abb. 1.1.115 in gotischem Verband gemauert, bleibt ohne Abdeckung, während die geputzten Pfeiler durch ein überkragendes Pagodendach geschützt sind.
1.1.114
Die Stützmauer in Abb. 1.1.117 am Überschwemmungsgebiet der Leine ist aus Oldenburger Klinkern errichtet. Der Rahmen aus Stützen und Sturz am Mauerende fasst die wechselnden Bilder der Leineaue als Fenster.
1.1.113 Kirchhofsmauer in Katwijk, Niederlande 1.1.114 Wehrgangsbegrenzungsmauer im Fort Collioure, Frankreich, 18. Jahrhundert 1.1.115 Kirchenmauer, Prag, zwanziger Jahre des 20. Jahrhunderts 1.1.116 Parlamentariergebäude, Dacca, Bangladesh, 1962–74, Architekt: Louis I. Kahn 1.1.117 Stützmauer am Leineufer, Hannover, 1993, Architekt: Rolf Ramcke 1.1.115
50
Gestaltung
Gegenwart und Zukunft des Mauerwerks
Betrachtet man die reliefartig ausgebildeten Mauern aus mehreren Jahrtausenden, erstaunt die technische Kontinuität einer Bauweise, die im einfachen Schichten und Fügen heute immer noch das ausdrückt, was Bauen bislang bedeutete. Der hergestellte Stein erfüllt seine dienenden, ebenso wie seine gestaltenden Aufgaben weiterhin auf dieselbe Weise. Mauerwerk besitzt zum Beispiel mit seiner hohen Wärmespeicherfähigkeit eine Eigenschaft, die dem reinen Wärmedurchlasswiderstand überlegen ist. Ein noch so hoch konditioniertes Wärmedämmmaterial kann die Vorteile der Wärmespeicherung nicht kompensieren. Der Gedankenansatz, den Wärmedurchgang durch Dämmung zu verlangsamen, kann allein kein tragfähiges Konzept zur Energieerhaltung sein. Als umhülltes Material übernahm Mauerwerk seit je alle statischen und bauphysikalischen Aufgaben. In verputzter Form bildete es Kassetten und bossierte Quader oder ließ sublime künstlerische Wirkungen an der Wiener Hofbibliothek entstehen. Hätte Erich Mendelssohn den Einsteinturm aufmauern lassen, statt ihn in Mischbauweise mit Einsatz von Beton herzustellen, wären ihm Bauschäden erspart geblieben. Naturstein oder gebrannte Ziegel bilden bei allen unterschiedlichen Ausformungen des Mauerinneren die umhüllende Schale. Sie diente zum Beispiel in der Oldenburger Bauweise als Wind- und Schlagregenschutz in Form einer Vormauerung, die mit Luftabstand vor die eigentliche Mauer gesetzt wurde, lange vor entsprechenden Forderungen der Bauphysik. Wie mannigfaltig sich die Mauerwerkbauweise den im Verlauf der Baugeschichte immer wieder neuen Ansprüchen angepasst und Missbräuchen widersetzt hat, ohne ihren Charakter
1.1.116
in Frage stellen zu lassen, fordert höchste Bewunderung ab. Was hat sich davon in der zeitgenössischen Architekturdebatte noch erhalten? Dass Inkrustationen eigene Gestaltungskräfte in sich entwickeln, ist eine Tatsache der Baugeschichte. Sie wurde in der Endzeit des Historismus jedoch vehement bestritten, weil Inkrustation zu routiniertem Dekor degeneriert war. Unbeachtet blieb dabei die immer schon existierende Umhüllungsaufgabe, deren ästhetische Probleme als eigenständige Gestaltungsaufgabe zu vergleichbaren Lösungsformen führte. Deswegen wird heute immer noch für die Umhüllung die Metapher der Verkleidung, also des Kleides angewendet, ein Begriff, welcher der Verkleidungssymbolik Gottfried Sempers entstammt. Er sieht ein Bauwerk als ungestaltete Masse an, der im Entwurf symbolische, hinweisende Gestaltungsmerkmale übergeworfen werden. Diese Auffassung zeigt historistische Charakteristik. Sie bildet zwar einen Entwicklungsschritt auf dem Weg von der Betrachtung der äußeren Merkmale zu den inneren Zusammenhängen, aber schon in der symbolistischen Grundauffassung zielt sie verengt auf Bedeutung. Die handlungsbezogenen Probleme des Entwerfens, die seit dem Beginn des 20. Jahr-
hunderts die Architekturentwicklung prägten, sind mit dieser Theorie nicht bearbeitbar. Unter den gültigen Prämissen dieser neuen Ausrichtung des Bauens sind Hülle und Kern, Haut und Gerüst ein innerlich untrennbares Ganzes, das auch gestalterisch eine Gesamtaufgabe bildet. Unter der Hülle, der Oberfläche erscheint aber nicht, wie es der Gestaltungswunsch war, der Reinbau, das Nackte-Reale, sondern wiederum eine Oberfläche mit allen bekannten Charakteristiken, denen man glaubte, entflohen zu sein. Daneben ergibt sich aus der handlungsbezogenen Ausrichtung des Bauens ein gedankliches Dilemma. Handlungen als flüchtige Zeitabläufe lassen sich nicht in dauerhafte gebaute Substanz verwandeln. Der Ausweg wird seit je über den Zweck der Handlung versucht. Zwecke sollen der Handlung Dauerhaftigkeit verleihen. Dies misslingt jedoch, weil auch Zwecke sich verändern. Im Verlauf des 20. Jahrhunderts wurde der Zweckbegriff deshalb systemtheoretisch in eine dauerhafte Systemrationalität transponiert. Der Zweck wird in handlungsstrategische Äquivalenzen eingebunden, indem nach der Funktion der Zwecke gefragt wird. Dagegen zeigt die Erfahrung, dass historische Gebäude, die nicht einer konsequenten Zweck-
1.1.117
51
Mauerwerk in der Architektur
1.1.118 Museum Römischer Kunst, Merida, Spanien, 1985, Architekt: José Rafael Moneo
Wir finden in dieser Verfremdungstechnik eine Betrachtungsweise, die durch einen Blick von außen, aus einer Perspektive entsteht, mit der vertraut scheinende Zusammenhänge verletzt und zerrissen werden. Wie wenn man etwa kulturelle Entwicklungen aus wirtschaftlichen Bedingungen erklärt und dadurch eine neue Betrachtungsart in Gang setzt. Der in die Dingwelt gebannte Geist wird befreit, verwandelt und zu neuem Leben erweckt. So haben seit dem Anfang des 20. Jahrhunderts das Innen und Außen, das Lasten und Tragen und damit unsere Auffassung von Mauerwerk durch räumliche Relativierungen prägende Veränderungen erfahren, denen wir in unserer Wahrnehmung gerecht werden müssen. Die Analogie zum Körper des Menschen, die bis dahin unsere Gefühlslage unbewusst bestimmte, ging verloren. Die Lebensbedingung der Haut, nämlich trennende Grenze zwischen Außen und Innen zu sein, ist seither für das Bauen keine brauchbare Metaphorik mehr.
1.1.118
rationalität folgen, einen materialen Überschuss behalten und alterungsfähig sind. Es können sich gewissermaßen Zwecke einnisten, wenn das ehemals geplante Gerüst funktionaler Zweckbeziehungen längst nicht mehr trägt. Diese Gebäude haben aus ihrer Mauerhaftigkeit heraus einen materialen Widerstand. Die empfundene Unzugänglichkeit erzeugt Fremdheit, die sich in der Benutzung zu Vertrautheit verwandeln kann. Solche Bauwerke können zu Orten werden. Auch ein aus Rationalisierungsgründen als vorgehängte Schale konzipiertes Mauerwerk hat eine, aus dem jeweiligen Entwurfsergebnis ablesbare Beziehung zum Gebäude, die sich nicht in vorgetäuschten Symptomen einer fiktiven Gebäudefunktion oder Tektonik erschöpfen darf. Die Forderung nach Ehrlichkeit, nach unverhüllter Darstellung des Gebäudezwecks hat Architekten dazu verführt, Gebäude mit Funktionsdarstellungen in der Fassade zu schmücken und zu bereichern, ohne dass diese Funktionen tatsächlich vorhanden sind. So lässt sich beispielsweise ein mehrgeschossiges Wohnhaus als Saalbau darstellen, indem die Fensterfronten über zwei bis drei Geschos-
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se zusammengefasst werden. Erst der genaue Blick erkennt die Unterteilungen und deckt die Scheinfunktionalität auf. Noch leichter fällt es, Gebäudetektonik zu simulieren. Gebäude mit einem Dekorationsmix aus funktionalen und tektonischen Versatzstücken haben die Unverbindlichkeit kinohafter Inszenierungen, die sich durch Anwendung architektonischer Illusionen noch vervollständigt. Dies alles weicht den gestalterischen Aufgaben und ihren veränderten Problemstellungen aus, die Novalis erkennt, wenn er »das Äußre ... ein in Geheimnißzustand erhobenes Innres« nennt. Der aufgeklärte Betrachter, der sich längst über die Zusammenhänge verständigt glaubt und kein Geheimnis in ihnen anerkennt, wird erstaunt, befremdet und zugleich gereizt, sich aus den alltäglichen Wahrnehmungen loszureißen. Die bildliche Verwandlung der Dinge – das Innere wird das Äußere als Geheimnis – ist ästhetischer Wirkungsgrund. So gesehen ist der anfangs genannte Widerspruch zwischen Wirkungsästhetik und funktionaler Spiegelung nicht mehr vorhanden. Es ist die Außenwelt der Innenwelt. Dies zeigt treffend die Stelle des gestaltenden Schauens.
Die sich abzeichnende Gefahr besteht darin, dass nicht mehr Reales bildhaft erscheint, sondern die Bildhaftigkeit sich ohne dinglichen Bezug verselbständigt. Mauerwerk erscheint nicht mehr in seiner Undurchdringlichkeit, sondern wird in unverbindlicher vordergründiger Attitüde als montierte Gewichtigkeit vorgeführt. Das Bedürfnis nach Echtheit, Glaubwürdigkeit, Zuverlässigkeit ist auf diese Weise untergraben. Es lässt sich nicht durch Bauweisen wiederherstellen, denen man das Heimweh nach vergangenen Zeiten ansieht, noch lässt es sich durch eine Entwurfsauffassung überbrücken, die ironische Distanz an Bauformen ablesbar werden lässt. In Bauten der Gotik empfinden wir massive hängende Gewichtigkeit gerade durch die antithetische Steinbehandlung. In der Renaissance ist die Wucht des Mauerwerks der Palazzi dem Unvereinbaren abgerungen. Im Barock entstand Schwere im Bedeutungskreislauf. In ihm wird Stein auf immaterielle Weise mehr als er vorher war. Alle drei Beispiele zeigen auf, dass Authentizität kein Problem des Materials, des Baumaterials, des Steins ist, sondern im Gegenteil eine geistige Leistung, die materielle Gegebenheiten als Herausforderung annimmt und verwandelt. Das Kapitel »Gebaute Beispiele im Detail« zeigt in einer Auswahl aktueller Beispiele dasselbe, nämlich dass die gestalterische Prägung, der Entwurf das Wesen des Mauerwerkbaus ausmacht.
Teil 2 · Grundlagen
Material Mauersteine Mauerziegel • Kalksandsteine • Porenbetonsteine • Beton- und Leichtbetonsteine • Hüttensteine • Bezeichnung der Mauersteine • Neue Steinarten • Prüfung der mechanischen Eigenschaften Natursteine Mauermörtel Herstellung und Lieferformen • Mörtelarten • Eigenschaften und Anforderungen • Mörtel für Natursteinmauerwerk • Neue Mörtel Putze Putzmörtel • Beschichtungsstoffe • Putzanwendungen • Putzsysteme mit Anforderung • Putzausführung
Verbände Allgemeines Formate und Sonderbauteile Historische Formate • Standardformate • Großformatige Elemente • Sonderformate und Sonderbauteile Maßordnung und Steinformat Maßordnung im Hochbau • Modulordnung im Bauwesen • Maßtoleranzen und zulässige Maßabweichungen Verbandsregeln Mauerverbände Mauermittenverbände • Endverbände • Pfeilerverbände
Tragwerk Tragverhalten von Mauerwerk Druckbeanspruchung • Zug- und Biegezugbeanspruchung • Schubbeanspruchung Grundlagen der Bemessung Entwicklung der europäischen und nationalen Normen • Berechnungsverfahren • Sicherheitskonzept • Ermittlung der Schnittgrößen aus Lasten • Räumliche Steifigkeit • Nachweis bei zentrischem und exzentrischem Druck • Nachweis der Knicksicherheit • Nachweis auf Zug und Biegezug • Nachweis auf Schub Verformung und Rissbildung Formänderungen von Mauerwerk • Risse im Mauerwerk • Ursachen und Vermeidung von Rissbildungen im Mauerwerk
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Natursteinmauerwerk Bemessung • Konsolidierung von Natursteinmauerwerk Bewehrtes Mauerwerk Baustoffe für bewehrtes Mauerwerk • Korrosionsschutz der Bewehrung • Statisch bewehrtes Mauerwerk • Konstruktiv bewehrtes Mauerwerk • Flachstürze • Vorgespanntes Mauerwerk Mauerwerk aus Fertigbauteilen Baustoffe • Herstellung • Bemessung • Transport und Montagesicherheit Mauerwerkbau in Erdbebengebieten
Mauerwerkkonstruktionen Außenwände Einschalige Außenwände • Zweischalige Außenwände • Nichttragende Außenwände • Giebelwände Innenwände Tragende Innenwände • Nichttragende Innenwände Pfeiler und freistehende Mauern Pfeiler • Freistehende Mauern Haustrennwände Kelleraußenwände Standsicherheit • Bauwerksabdichtung Natursteinmauerwerk Wandöffnungen Gewölbewirkung über Wandöffnungen • Stürze als Balken • Flachstürze mit Übermauerung • Stürze und Bögen Gewölbe und Kappen Gewölbe • Kappen zwischen Trägern Einzellasten und Teilflächenpressungen Wandanschlüsse Anschluss der Wände an Decken und Dachstuhl • Ringanker und Ringbalken
Ausführung von Mauerwerk Mauermörtel auf der Baustelle Herstellung • Verarbeitung Feuchteschutz der Mauersteine Mauern bei Frost Eignungs- und Güteprüfung Qualitätssicherung von Rezeptmauerwerk (RM) • Qualitätssicherung von Mauerwerk nach Eignungsprüfung (EM)
Stoß- und Lagerfugen Vermauerung mit Stoßfugenvermörtelung Vermauerung ohne Stoßfugenvermörtelung Anschlüsse von Querwänden Einbindungen • Stumpfstoßtechnik Schlitze und Aussparungen Sichtmauerwerk Ausführungsgrundsätze • Reinigung von Sichtmauerwerk Verfugung Fugenglattstrich bzw. Fugenverstrich • Nachträgliche Verfugung Fugenteilung Arten von Fugen • Fugenverschluss • Fugenabstände und Fugenbreiten Ausführung von Plansteinmauerwerk Befestigungstechnik im Mauerwerk Dübelverankerung • Nagelverankerung Rationalisierungsmaßnahmen Kosten- und flächensparendes Bauen • Rationelles Mauern • Großformatige Mauersteine • Bausatzmauerwerk
Bauphysik Wärmeschutz Wärmeübertragung • Wärmeleitfähigkeit • Luftschichten • Bemessungswerte • Aussenwände • Fenster • Transparente Wärmedämmung • Solare Gewinne • Wärmespeicherung • Wärmebrücken • Luftdichtheit • Energieeinsparverordnung Rechenverfahren • Thermische Behaglichkeit • Wärmeschutz im Sommer Klimabedingter Feuchteschutz Luftfeuchte • Hygroskopische Feuchte • Kapillarleitung • Dampfdiffusion • Tauwasserberechnung • Feuchteverhalten von Mauerwerkarten • Wasserdampfkonvektion Schlagregenschutz Schallschutz Definitionen • Anforderungen • Innenlärm • Außenlärm • Einschalige Wände • Zweischalige Haustrennwände • Flankierende Bauteile • Außenwände Brandschutz Baustoffklassen • Feuerwiderstandsklassen • Wandarten • Wandfunktionen • Anforderungen • Brandwände • Komplextrennwände • Klassifizierung bewährter Bauteile • Außenwände mit Wärmedämmung Kenngrössen
Material Konrad Zilch, Martin Schätz
Mauerwerk ist als Verbundwerkstoff zu betrachten, der aus Mauersteinen und Mauermörtel erstellt wird. Die dabei erforderlichen Mindestanforderungen an die mechanischen Eigenschaften, die Qualität sowie die Güteüberwachung der Baustoffe Stein und Mörtel sind in zahlreichen Baustoffnormen geregelt. Die Güteüberwachung wird in die werkseigene Produktionskontrolle (Eigenüberwachung) und die Fremdüberwachung unterteilt. Die werkseigene Produktionskontrolle wird von den Baustoffherstellern eigenständig nach festgelegten Zeit- oder Chargenabständen durchgeführt. Die Fremdüberwachung geschieht durch eine anerkannte Überwachungs- und Zertifizierungsstelle, die regelmäßig ohne Ankündigung die Überwachung der Produktion vornimmt. Wandbaustoffprodukte, die aufgrund ihrer technologischen Neuwertigkeit noch nicht allgemein gebräuchlich und bewährt oder die aufgrund besonderer Eigenschaften nicht standardisierbar sind, werden durch allgemeine, zeitlich befristete bauaufsichtliche Zulassungen geregelt. Die Erteilung dieser erfolgt dabei durch das Deutsche Institut für Bautechnik (DIBt) in Berlin. Die Qualitätssicherung dieser Baustoffe ist wiederum durch die werkseigene Produktionskontrolle und die Fremdüberwachung zu gewährleisten.
Mauersteine Mauersteine werden nach künstlich hergestellten Steinen und Natursteinen unterschieden. Die künstlich hergestellten Mauersteine können aufgrund ihrer Ausgangsstoffe in Mauerziegel, Kalksandsteine, Porenbetonsteine, Normalbeton- und Leichtbetonsteine sowie Hüttensteine eingeteilt werden. Zu den Natursteinen, die derzeit vorrangig bei der Instandsetzung von Natursteinmauerwerk, selten aber bei Neubauten eingesetzt werden, sind alle in der Natur vorkommenden Gesteinsarten hinzuzuzählen, die über eine ausreichende Mindestdruckfestigkeit verfügen und keine Struktur- und Verwitterungsschäden aufweisen. Während die Natursteine nur in der Mauerwerkbemessungsnorm DIN 1053-1 geregelt sind, werden die Anforderungen an die künstlich hergestellten Mauersteine – abhängig von ihren Ausgangsmaterialien – in verschiedenen Baustoffnormen beschrieben.
Die künstlich hergestellten Mauersteine unterscheiden sich bzgl. der Geometrie sowohl in der Größe bzw. den Abmessungen als auch im Lochanteil, Lochbild (Lochanordnung) und in der Lochform (kreis-, rechteck-, kammer- und schlitzförmige Löcher). Des Weiteren weisen sie Unterschiede in den Festigkeiten, im Verformungsverhalten, in den bauphysikalischen Eigenschaften und der Oberflächenbeschaffenheit auf. Die verschiedenen Eigenschaften entstehen durch Unterschiede des Ausgangsmaterials oder des Produktionsvorgangs. Geometrisch werden die künstlichen Mauersteine in Steine, Blöcke sowie Elemente eingeteilt. Ausgehend von der Lochung werden sie in Vollsteine bzw. Blocksteine (bis 15% Lochanteil) und in Lochsteine (Hochlochsteine, Hohlblocksteine und Langlochsteine) unterschieden. Mit den Lochungen wird entweder eine bessere Handhabung der Mauersteine (Grifflöcher, Grifftaschen) bei der Vermauerung oder eine Verbesserung der bauphysikalischen Eigenschaften erzielt. Schließlich können künstliche Steine noch abhängig von der Vermörtelungsart in der Lagerfuge (Dünnbettmauerwerk oder Mittel- bzw. Dickbettmauerwerk) und der Art der Ausbildung der Stoßfuge (Vermauerung mit oder ohne Stoßfugenvermörtelung) unterschieden werden. Mauersteine für Dünnbettmauerwerk werden als Plansteine bzw. Planelemente bezeichnet. Sie unterscheiden sich von den Normalsteinen bzw. Normalelementen dahingehend, dass an die zulässigen Maßabweichungen für die Abmessungen in Steinhöhe und Steinlänge höhere Anforderungen gestellt werden. Die Stoßfugenflächen der Mauersteine können so ausgebildet sein, dass bei der Vermauerung entweder die gesamte bzw. nur die teilweise Stoßfläche (Mörteltasche) im Dickbett- oder Dünnbettverfahren vermörtelt werden muss oder dass die Steine nur noch »knirsch« aneinandergestoßen werden. Diese Art der Stoßflächenausbildung wird aus bauphysikalischen Gründen und aus Gründen der Rationalisierung zunehmend verwendet. Im Mauerwerkbau hängt die Auswahl des Mauersteins vorrangig von den statischen und bauphysikalischen Anforderungen an die jeweils zu erstellende Wandfläche ab. Das Kriterium für die statische Anforderung ist die Festigkeit der Mauersteine, der bauphysikalische Aspekt wird von der Trockenrohdichte beeinflusst. Mauersteine mit hohen Festigkeiten
haben eine hohe Trockenrohdichte und somit auch gute Schallschutzeigenschaften. Mauersteine mit guten Wärmedämmeigenschaften besitzen hingegen eine niedrige Trockenrohdichte und meistens auch eine geringe Druckfestigkeit. Weitere Aspekte für die Wahl des Mauersteins sind die Resistenz gegen FrostTauwechsel und gegen die kapillare Wasseraufnahmefähigkeit sowie wirtschaftliche Aspekte wie z. B. Baustoffkosten und eine rationelle Verarbeitbarkeit. Der Frost-Tauwechselwiderstand und die kapillare Wasseraufnahmefähigkeit sind vorrangig bei Vormauersteinen, die als Sichtmauerwerk oder Verblendschalen Frost und Schlagregen ausgesetzt sind, die maßgebenden Anforderungskriterien. Wärmeleitfähigkeitswerte für die wichtigsten Mauersteinmaterialien werden in Abhängigkeit von der Rohdichte in EN 1745 angegeben. Die Tabellenwerte sind statistische Auswertungen einer Vielzahl von Messergebnissen aus mehreren europäischen Ländern. Als Beispiel für die verschiedenen Mauerwerkmaterialien zeigt Bild 2.1.1 die Auswertung für 446 Einzelmessungen an Porenbetonproben mit Mittelwert und beidseitigen Toleranzgrenzen. Die Tabellenwerte geben die Wärmeleitfähigkeit für den trockenen Zustand als Mittelwert und als obere Toleranzgrenze mit 90% Sicherheit bei einer 90%-igen Aussagewahrscheinlichkeit an. Diese Werte dienen als Ausgangsbasis für die Berechnung von Wärmeleitfähigkeitswerten für Mauerwerkkonstruktionen. Der sogenannte Bemessungswert der Wärmeleitfähigkeit für die Berechnung des Wärmeschutzes von Baukonstruktionen wird für den nationalen deutschen Bereich auf der Basis der Ausgleichsfeuchte im Klima 23 0°C / 80% RH festgelegt. Mauerziegel
Mauerziegel sind in den Teilen 1 bis 5 der DIN 105 genormt. Zukünftig wird die DIN 105 um den Teil 6 zur Regelung von Planziegeln erweitert. Gebrannte Ziegel gibt es nachweislich seit ca. 5000 Jahren. In Mohenjo-Daro am Indus, im heutigen Pakistan, wurden diese anstelle der bis dahin luftgetrockneten Steine in großen Mengen zum Bau von Wänden, Decken sowie für den Kanalbau hergestellt [59]. Mauerziegel sind somit die ältesten und bekanntesten künstlichen Mauersteine. Sie werden aus den natürlichen Rohstoffen Ton und Lehm sowie deren Mischungen hergestellt. Die Rohstoffe
55
Material
2.1.1
Wärmeleitfähigkeit von Porenbeton in Abhängigkeit von der Rohdichte
• –––––– ––– –––
n = 446 average regression line 90% fractile 10% fractile
funktion of average regression line: Lbd = a + b • rho a = 0,006075275 b = 0,000234896
2.1.2 Verfügbare Druckfestigkeitsklassen, Rohdichteklassen und Steinformate Ziegelart Kurzbezeichnung Rohdichteklasse Hochlochziegel HLzA 1,2–1,6 DIN 105, Teil 1 HLzB Vormauerhochlochziegel VHLzA 1,4–1,6 DIN 105, Teil 1 VHLzB Vollziegel Mz 1,6–2,0 (2,2) Vormauervollziegel VMz DIN 105, Teil 1 Hochlochklinker KHLzA ≥ 1,9 DIN 105, Teil 1 KHLzB Vollklinker KMz ≥ 1,9 DIN 105, Teil 1 Leichthochlochziegel HLzA 0,7–1,0 DIN 105, Teil 2 HLzB HLzW Mauertafelziegel HLzT 0,8–1,0 DIN 105, Teil 2 Vollziegel Mz / VMz 1,2–2,2 Hochlochziegel HLz / VHLz Vollklinker KMz Hochlochklinker KHLz DIN 105, Teil 3 Vollklinker KK 1,6–2,2 Keramikhochlochklinker KHK DIN 105, Teil 4
56
Festigkeitsklasse 4–28
Formate NF–16 DF
12–28
NF–3 DF
12–28
NF–5 DF
28
NF–3 DF
28
NF, DF
4–12
2 DF–16 DF
6–28
8 DF–24 DF
36–60
NF–5 DF
60
NF–2 DF
werden über Beschicker der Aufbereitung zugeführt, dadurch wird das beste Mischgut erzielt. Bei der Beschickung werden des Weiteren häufig Zusatzstoffe wie z. B. Sägemehl oder Polystyrolkugeln beigemischt, die während des Brennvorgangs rückstandslos verglühen und unzählige kleine Poren zurücklassen. Dieser Porosierungsvorgang setzt die Rohdichte und somit das Gewicht der Mauerziegel herab. Dadurch wird die Wärmeleitfähigkeit der Ziegel vermindert und folglich das Wärmedämmverhalten verbessert. Während der Aufbereitung wird das Mischgut durch Walzwerke (Kollergang) sowohl zerdrückt als auch zerrissen. Dies ist erforderlich, da die Rohstoffe häufig mit Steinen, Schiefer oder Holz durchsetzt sind, deren Einfluss durch das Zerdrücken unbedeutend wird. Außerdem wird ein Homogenisieren des Mischguts bewirkt. Den Abschluss der Aufbereitung bildet das Mauken oder Sumpfen. Dabei wird durch Hinzufügen von Wasser die Plastizität sowie die Bindefähigkeit und damit insgesamt die Qualität des Tons verbessert. Der aufbereitete Ton wird einer Schneckenpresse zugeführt, an deren Ende sich auswechselbare Mundstücke befinden. Mit einem Druck von ca. 13 bar wird das evakuierte und mittels Dampf auf 30 bis 40 °C erwärmte Mischgut durch das Mundstück getrieben. Der dadurch geformte endlose Strang wird mittels Abschneidebügel mit Stahldrähten in einzelne Rohlinge geschnitten. Die formstabilen Rohlinge werden bei Temperaturen bis ca. 100 °C getrocknet. Dabei wird dem Ton das Anmachwasser der Aufbereitung entzogen. Dieser Vorgang ist nötig, um beim Brennen ein Zertreiben des Tons infolge Dampfentwicklung zu vermeiden. Nach der 90 Minuten bis 190 Stunden andauernden Trocknungsphase werden die Rohlinge bei Temperaturen zwischen 900 und 1100 °C gebrannt. Dabei werden die feinen Rohstoffpartikel durch Silikatisierung irreversibel zu einem festen Körper verbunden. Der Ton verliert zudem das chemisch gebundene Wasser. Nach 10 bis 48 Stunden verlässt der gebrannte Ziegel den Ofen. Er besitzt nun seine endgültigen Eigenschaften und ist nach dem Abkühlen sofort verwendungsfähig (Abb. 2.1.3). Die Farbe der Ziegel hängt vorrangig vom Gehalt an Metalloxiden in den Ausgangsstoffen sowie von der die Rohlinge während des Brennvorgangs umgebenden Luft ab. Rote Ziegel entstehen bei einem bestimmten Gehalt an Eisenoxiden sowie bei einer sauerstoffreichen Ofenatmosphäre. Geringer Eisenoxidgehalt führt zu einer Gelbfärbung des Ziegels, sauerstoffarme Ofenatmosphäre zu einer dunkleren Färbung [39], [71], [207] und [216]. Die genormten Mauerziegelarten sind in 2.1.4 aufgelistet. Diese Ziegel müssen mit Ausnahme der Form- und Handformziegel quaderförmig sein. Die Stirnflächen von Ziegeln der Formate ≥ 8 DF dürfen mit Mörteltaschen versehen werden. Zur besseren Putzhaftung sind an den
Mauersteine
Seitenflächen Rillen oder Ähnliches zulässig. Bei Leichtlanglochziegel und Leichtlanglochziegelplatten dürfen zusätzlich Vertiefungen in den Lagerflächen zur Aufnahme von Bewehrung vorgesehen werden. Nicht genormte Mauerziegel sind im Abschnitt »Neue Steinarten« [81] erläutert. Vollziegel dürfen einen Lochanteil senkrecht zur Lagerfuge von maximal 15% aufweisen. Hochloch- und Leichthochlochziegel sind senkrecht zur Lagerfläche gelochte Ziegel. Der Gesamtlochquerschnitt von Ziegeln nach DIN 105, Teil 1 und Teil 2 liegt zwischen 15% und 50% der Lagerfläche. Bei Hochlochziegeln nach DIN 105, Teil 3 ist der Lochquerschnitt auf 15% bis maximal 35% der Lagerfläche begrenzt. Hochlochziegel nach Teil 1 und Teil 3 haben eine Rohdichte größer 1,0 kg/dm3, Leichthochlochziegel nach Teil 2 müssen eine Rohdichte kleiner 1,0 kg/dm3 aufweisen. Diese Ziegel zeichnen sich durch erhöhte Wärmedämmeigenschaften aus und eignen sich somit besonders für die Herstellung von Außenwänden. Mauertafel- und Mauertafelleichtziegel sind großformatige Hochlochziegel mit Lochbildern, die nach der Vermauerung durchgehende senkrechte Kanäle ergeben. Diese werden mit Bewehrung versehen und mit Mörtel vergossen. Sie werden zur Herstellung von Mauertafeln nach DIN 1053, Teil 4 verwendet. Vormauervoll-, Vormauerhochloch- und Vormauerleichthochlochziegel sind Ziegel, die sich durch Frostbeständigkeit auszeichnen. Diese wird durch Prüfung nach DIN 52 252, Teil 1 nachgewiesen. Die Oberflächen der Ziegel dürfen strukturiert sein. Vollklinker und Hochlochklinker sind frostbeständige Ziegel, die oberflächig gesintert sind und eine mittlere Scherbenrohdichte von mindestens 1,90 kg/dm3 aufweisen. Der Massenanteil der Wasseraufnahme beträgt maximal 7%. Die Oberflächen dürfen strukturiert sein. Klinker nach DIN 105, Teil 1 müssen mindestens die Druckfestigkeitsklasse 28 erreichen, Klinker nach DIN 105, Teil 3 mindestens die Druckfestigkeitsklasse 36. Aufgrund der hohen Druckfestigkeit eignen sich diese Ziegel besonders für hochbeanspruchtes Mauerwerk. Keramikvoll- und Keramikhochlochklinker sind Ziegel, die aus hochwertigen, dichtbrennenden Tonen hergestellt werden. Sie sind frostbeständig und haben einen Massenanteil der Wasseraufnahme von maximal 6%. Keramikvollklinker haben maximal 15% Lochanteil senkrecht zur Lagerfläche, Keramikhochlochklinker einen Lochanteil von größer 15% und maximal 35%. Keramikklinker müssen eine
mittlere Scherbenrohdichte von mindestens 2,00 kg/dm3 aufweisen und mindestens die Druckfestigkeitsklasse 60 erreichen. Die Ritzhärte der Ziegeloberfläche muss nach Mohs mindestens 5 betragen, zusätzlich müssen Keramikklinker gegen Flusssäure beständig sein. Aufgrund dieser Anforderungen werden Keramikklinker vor allem bei der Erstellung von Fassaden verwendet, sowie überall dort, wo eine hohe Widerstandsfähigkeit gegenüber aggressiven Stoffen und mechanischen Oberflächenbeanspruchungen gefordert wird.
2.1.3
Herstellung von Mauerziegeln
Porosierungsstoffe
Tone
Wasser
Abbauen/ Homogenisieren
Beschicken Walzen/Mischen Strangpressen Abschneiden Trocknen
Leichtlanglochziegel und Leichtlanglochziegelplatten werden vorwiegend zur Erstellung von Innenwänden verwendet. Dabei dürfen Leichtlanglochziegel für tragendes und nichttragendes Mauerwerk, Leichtlanglochziegelplatten nur für nichttragende Wände verwendet werden. Das Lochbild dieser Mauerziegelart verläuft parallel zur Lagefuge. Ihre Rohdichte ist auf maximal 1,0 kg/dm3 begrenzt. Formziegel und Handformziegel sind Ziegel mit unregelmäßiger Oberfläche, deren Gestalt von der prismatischen Form geringfügig abweichen darf. Die verfügbaren Formate sowie die Rohdichteund Druckfestigkeitsklassen sind für jede Ziegelart in Tabelle 2.1.2 aufgeführt. Die Wärmeleitfähigkeit des Ziegelmaterials in Abhängigkeit von der Rohdichte wird in Tabelle 2.1.5 angegeben. Dabei handelt es sich um Mittelwerte, 90% Fraktile und Bemessungswerte auf der Basis der 90% Fraktile und einer Ausgleichsfeuchte im Klima 23 °C / 90% rel. Luftfeuchte. Die Spaltzugfestigkeit βSZ von Mauerziegeln liegt zwischen 2 und 9% der Druckfestigkeit, die Zugfestigkeit βZ in Steinlänge liegt bei Vollziegeln zwischen 1 und 8%, bei Hochlochziegeln zwischen 1 und 4% und bei Leichthochlochziegeln zwischen 0,2 und 1% der Druckfestigkeit [189]. Mauerziegel können bis zu 0,3 quellen und bis zu 0,2 schwinden. Die Endkriechzahl ϕ∞ erreicht Werte zwischen 0,5 und 1,5 [57], [180], [182], [185]. Kalksandsteine
Kalksandsteine sind derzeit in der DIN 106 genormt. Die ungebrannten, bindemittelgebundenen Steine werden nach einem Verfahren hergestellt, das in Deutschland von Michaelis entwickelt und 1880 patentiert wurde. Dabei wird ein Gemisch aus erdfeuchtem Kalk und Sand in gesättigter Dampfdruckatmosphäre gehärtet, woraus druckfeste und sehr widerstandsfähige Verbindungen entstehen. Der Ausgangsstoff Sand soll DIN 4226, Teil 1 oder Teil 2 entsprechen. Im Allgemeinen ist Quarzsand der Körnung 0–4 mm zu verwenden, des Weiteren dürfen Farb- und Wirkstoffe hinzugemischt werden, soweit hierdurch die Eigenschaften der Kalksandsteine nicht negativ
Brennen Qualitätskontrolle Verpacken Lagern Transport
2.1.4 genormte Mauerziegelarten DIN 105, Mz Vollziegel Teil 1 HLz Hochlochziegel HLzT Mauertafelziegel VMz Vormauervollziegel VHLz Vormauerhochlochziegel KMz Vollklinker KHLz Hochlochklinker Formziegel Handformziegel DIN 105, HLz Leichthochlochziegel Teil 2 HLzT Mauertafelleichtziegel VHLz Vormauerleichthochlochziegel Formleichtziegel DIN 105, Mz Vollziegel Teil 3 HLz Hochlochziegel HLzT Mauertafelziegel VMz Vormauervollziegel VHLz Vormauerhochlochziegel KMz Vollklinker KHLz Hochlochklinker Formziegel DIN 105, KK Keramikvollklinker Teil 4 KHK Keramikhochlochklinker Keramikformklinker DIN 105, LLz Leichtlanglochziegel Teil 5 LLp Leichtlanglochziegelplatten
2.1.5
Wärmeleitfähigkeit von Ziegelscherben in Abhängigkeit von der Rohdichte. Trockenwerte für 50% und 90% Fraktile und Bemessungswerte für Klimabedingungen Ψ23,80 und 90% Fraktile.
Feuchtegehalt Ψ23,80 = 0,012 Feuchtekorrekturfaktor fΨ =10 Rohdichte kg/m3
Wärmeleitfähigkeit λ in W/(m•K) trocken
1000 1200 1400 1600 1800 2000
p = 50% 0,184 0,260 0,336 0,412 0,488 0,564
feucht
p = 90% 0,254 0,329 0,405 0,481 0,557 1,634
Ψ23,80 p = 90% 0,287 0,371 0,456 0,542 1,628 1,715
57
Material
2.1.6
Herstellung von Kalksandsteinen Sande
Kalk (Branntkalk)
Wasser
Abbauen Aufbereiten/ Homogenisieren In Silos oder auf Freigelände lagern
In Silos lagern
Dosieren Mischen Löschen Nachmischen Pressen Stapeln Härten Verpacken Lagern Transport
2.1.7 genormte Kalksandsteinarten DIN 106, KS Voll- und Blockstein Teil 1 KS L Loch- und Hohlblockstein KS (P) Planstein KS L (P) KS-R Nut-Feder-System für Voll- und KS L-R Blockstein, Loch- und HohlblockKS-R (P) stein und Planstein KS L-R (P) KS P Bauplatten DIN 106, KS Vm Vormauerstein, Vollstein Teil 2 KS Vm L Vormauerstein, Lochstein KS Vb Verblender, Vollstein KS Vb L Verblender, Lochstein
2.1.8
Wärmeleitfähigkeit von Kalksandstein in Abhängigkeit von der Rohdichte. Trockenwerte für 50% und 90% Fraktile und Bemessungswerte für Klimabedingungen Ψ23,80 und 90% Fraktile.
Feuchtegehalt Ψ23,80 = 0,024 Feuchtekorrekturfaktor fΨ =10 Rohdichte kg/m3
Wärmeleitfähigkeit λ in W/(m•K) trocken feucht
1000 1200 1400 1600 1800 2000
p = 50% 0,237 0,297 0,402 0,551 0,745 0,983
2.1.9
p = 90% 0,299 0,359 0,565 0,613 0,805 1,045
Ψ23,80 p = 90% 0,380 0,456 0,590 0,779 1,024 1,328
Rohdichteklassen und Steinfestigkeitsklassen von Kalksandsteinen Steinart Rohdichteklasse Festigkeitsklasse KS, KS (P) 1,6 – 2,2 4–60 KS-R, KS-R (P) KS L, KS L (P) 0,6 –1,6 4–60 KS L-R, KS L-R (P) KS Vm, KS Vm L 1,0 – 2,2 12–60 KS Vb, KS Vb L 1,0 – 2,2 20–60
58
beeinflusst werden. Als Bindemittel bei der Produktion von Kalksandsteinen wird im Regelfall Branntkalk mit einem CaO-Gehalt von über 90% verwendet. Dieser wird beim Brennen von Kalkstein bei etwa 900 °C gewonnen. Anschließend wird der gebrannte Kalk zu Weißfeinkalk gemahlen. Vor der Wasserzugabe wird der Branntkalk mit dem Sand im Verhältnis 1 zu 12 intensiv gemischt. In Reaktionsbehältern wird das erdfeuchte Gemisch zwischengelagert. Dabei löscht der Branntkalk in einem exothermen Vorgang zum eigentlichen Bindemittel Kalkhydrat ab. Nach der vollständigen Beendigung des Ablöschvorgangs und der damit verbundenen Volumenvergrößerung des Mischgutes wird dieses in Formkästen gefüllt, durch Pressen verdichtet und zu Steinrohlingen geformt. Beim abschließenden vier- bis achtstündigem Härten der Rohlinge in Härtekesseln (Autoklaven) bei Temperaturen von 160 bis 200 °C erfolgt die Festigkeitsbildung der Kalksandsteine durch die Reaktion des Kalkhydrates mit dem Siliciumoxid (SiO2) des Quarzsandes. Nach dem Abkühlen der Steine auf Umgebungstemperatur sind diese gebrauchsfertig. Eine weitere Nachhärtung der Steine erfolgt nicht mehr (Abb. 2.1.6) [96], [174]. Die genormten und derzeit verfügbaren Kalksandsteinarten sind in 2.1.7 aufgelistet. Nicht genormte Kalksandsteinarten sind im Abschnitt »Neue Steinarten« [81] aufgeführt. KS-Vollsteine sind Mauersteine mit einer Steinhöhe ≤ 113 mm, deren Querschnitt durch die Lochung senkrecht zur Lagerfläche bis zu 15% gemindert sein darf. KS-Lochsteine sind, abgesehen von durchgehenden Grifföffnungen, fünfseitig geschlossene Mauersteine mit einer Steinhöhe ≤ 113 mm, deren Querschnitt senkrecht zur Lagerfläche mehr als 15% Lochanteil aufweisen darf. KS-Blocksteine sind, abgesehen von durchgehenden Öffnungen, fünfseitig geschlossene Mauersteine mit Steinhöhen > 113 mm, deren Querschnitt senkrecht zur Lagerfläche bis zu 15% gemindert sein darf. KS-Hohlblocksteine sind, abgesehen von durchgehenden Grifföffnungen, fünfseitig geschlossene Mauersteine mit einer Steinhöhe > 113 mm, deren Querschnitt senkrecht zur Lagerfläche mehr als 15% Lochanteil aufweisen darf. KS-Plansteine sind Voll-, Loch-, Block- und Hohlblocksteine, die in Dünnbettmörtel zu versetzen sind. Es werden folglich erhöhte Anforderungen an die zulässigen Abweichungen für die Steinhöhe gestellt.
KS-R-Steine sind Steine mit Nut-Feder-System und Griffhilfen. Diese sind nach ergonomischen Erkenntnissen ausgebildet und vereinfachen somit die Handhabung der Steine beim Vermauern. Die Stoßfugen werden bei Mauerwerk mit diesen Steinen unvermörtelt ausgeführt. Die KS-R-Steine gibt es als Voll-, Loch-, Block-, Hohlblockund Plansteine. KS-Bauplatten sind Vollsteine für nichttragendes Mauerwerk mit d < 11,5 cm. Die Bauplatten werden mit Dünnbettmörtel und umlaufendem Nut-FederSystem versetzt. Die Stoßfugen werden grundsätzlich vermörtelt. KS-Vormauersteine, KS-Verblender sind für witterungsbeanspruchtes Sichtmauerwerk bestimmt. Sie werden sowohl für tragendes als auch für nichttragendes Mauerwerk verwendet, ihre Oberfläche kann glatt oder strukturiert sein. KS-Vormauersteine sind frostbeständige Steine (25-facher Frost-Tauwechsel) der Festigkeitsklasse ≥ 12. KS-Verblender sind frostbeständige Steine (50-facher Frost-Tauwechsel) der Festigkeitsklasse ≥ 20. Zusätzlich zu diesen Anforderungen müssen diese KSSteine geringere Maßabweichungen aufweisen und werkseitig frei von schädlichen Einflüssen oder Stoffen sein, die später zu Abblätterungen, Gefügestörungen, Ausblühungen oder Verfärbungen führen können [25], [91], [143]. Bei KS-Voll- und Lochsteinen sowie den KSVormauersteinen und Verblendern werden als Steinformate NF sowie DF bis 6 DF hergestellt, bei den KS-Plansteinen sind die gängigen Steinformate 4 DF bis 20 DF. Bei den KS-R-Steinen sind vorzugsweise die Steinformate 4 DF bis 12 DF verfügbar. Die KS-Bauplatten werden mit einer Wandstärke von 7,0 cm als KSP7-Platte bezeichnet (siehe Kapitel »Verbände«). In Abhängigkeit von der Materialrohdichte gibt 2.1.8 Wärmeleitfähigkeitswerte für verschiedene statistische Aussagen und Feuchtegehalte des Kalksandsteins an. Kalksandsteine sind in Druckfestigkeitsklassen von 4 bis 60 und in Steinrohdichteklassen von 0,6 bis 2,2 eingeteilt. Voll- und Blocksteine sind dabei den Rohdichteklassen ≥ 1,6, Loch- und Hohlblocksteine den Rohdichteklassen ≤ 1,6 zuzuordnen. In der Praxis werden die Druckfestigkeitsklassen 12, 20 und 28 am häufigsten verwendet (Abb. 2.1.9). Für die Frostbeständigkeit von KS-Vormauersteinen und KS-Verblendern muss neben dem schadlosen Überstehen der vorgeschriebenen Anzahl an Frost-Tauwechseln auch die Minderung der Druckfestigkeit bezogen auf die ursprüngliche Festigkeit geringer als 20% sein. Die Spaltzugfestigkeit βSZ von Kalksandsteinen liegt zwischen 3 und 10% der Druckfestigkeit, die Zugfestigkeit βZ in Steinlänge zwischen
Mauersteine
3 und 8% der Druckfestigkeit [189]. Die Schwinddehnung εh∞ von Kalksandsteinen liegt im Bereich von –0,1 bis –0,3 , die Endkriechzahl ϕ∞ erreicht Werte zwischen 1,0 und 2,0 [57], [180], [182], [185]. Porenbetonsteine
Porenbetonsteine sind in den Baustoffnormen DIN 4165 und DIN 4166 geregelt. Die Entwicklung des Porenbetons beruht auf einem 1889 an Hoffmann erteilten Patent, das die Reaktion von verdünnter Salzsäure mit Kalksteinmehl beschreibt, um Zement- und Gipsmörtel mit Luftporen herzustellen. Im Jahre 1914 entwikkelten Aylsworth und Dyer ein Verfahren, bei dem Kalk, Wasser und Metallpulver (Aluminium oder Zink) reagieren. Dabei wird gasförmiger Wasserstoff frei, der den Mörtel auftreibt. Eriksson produzierte in den Jahren 1924 bis 1927 erstmals Porenbeton, indem er das Verfahren von Aylsworth/Dyer mit der Dampfdruckhärtung kombinierte. Eine Mischung aus Quarzsand und Kalk wird unter Zusatz eines Metallpulvers zum Aufquellen gebracht. Nach dem Abbinden wird diese durch die Einwirkung hochgespannten Wasserdampfes gehärtet. Für die Serienfertigung von Porenbetonsteinen wurde 1945 ein Verfahren entwickelt, bei dem das standfeste Material vor der Dampfhärtung mittels straff gespannter Stahldrähte zugeschnitten wird. Die Ausgangsstoffe für die Herstellung von Porenbetonsteinen sind heutzutage quarzhaltiger Sand, Bindemittel, Treibmittel, Wasser und ggf. Zusatzstoffe. Der Sand muss weitgehend frei von Verunreinigungen sein und den Anforderungen der DIN 4226, Teil 1 oder Teil 2 genügen. Außer quarzhaltigem Sand können auch Flugaschen eingesetzt werden. Der Sand wird in großen Mühlen zementfein oder zu Schlämmen gemahlen. Als Bindemittel wird gemahlener Branntkalk (siehe »Kalksandsteine«) und/oder Zement verwendet. Zusätzlich können geringe Anteile von Gips oder Anhydrit beigemengt werden. Aluminium wird in Form von Pulver oder feinteiliger Paste als Treibmittel eingesetzt. Die anteilsmäßige Zusammensetzung der Mischung ist von den gewünschten Eigenschaften des Porenbetons und dem Produktionsverfahren abhängig. Die Ausgangsstoffe werden dosiert und zu einer wässrigen Suspension gemischt. Neben den Primärrohstoffen enthält die Mischung auch wiederverwertbaren Porenbeton aus der Produktion und sortenreines, feingemahlenes Recyclingmaterial. Nach dem Auffüllen der Gießformen mit der Rohstoffmischung löscht das Wasser den Kalk unter Wärmeentwicklung ab. Das Aluminium reagiert mit dem Calciumhydroxid, wobei Wasserstoffgas frei wird. Dieses bildet die Poren und entweicht unmittelbar danach rückstandslos aus dem aufgetriebenen Porenbeton. Die Makroporen erreichen einen Durchmesser von ca. 0,5 bis 1,5 mm. Der nach dem Auftreiben standfeste Rohblock wird vor dem Dampfhär-
ten in einer Schneideanlage sowohl horizontal als auch vertikal zu Steinen geschnitten. In Härtekesseln (Autoklaven) werden die Steine für ca. 6 bis 12 h einer Sattdampfatmosphäre von 190 °C bei einem Druck von 12 bar ausgesetzt. Dabei reagiert das Siliciumoxid des gemahlenen Quarzsands unter Beteiligung von Calciumhydroxid und Wasser. Es bildet sich hochdruckfester Porenbeton aus Calcium-Silikathydrat, das dem in der Natur vorkommenden Mineral Tobermorit entspricht. Nach dem Abkühlen besitzen Porenbetonsteine ihre Endeigenschaften (Abb. 2.1.10) [27], [75]. In 2.1.11 sind die genormten und derzeit verfügbaren Porenbetonsteine aufgelistet. Nicht genormte Porenbetonsteine sind im Abschnitt Neue Steinarten [81] aufgeführt. Porenbetonplansteine, -blocksteine sind großformatige, quaderförmige Vollsteine. Die Stirnflächen der Steine dürfen entweder mit Mörteltaschen oder mit Nut-Feder-System versehen werden. Blocksteine werden mit Normaloder Leichtmauermörtel vermauert, die Maßtoleranz der Steinhöhe darf dabei maximal ± 3,0 mm betragen. Die Plansteine werden hingegen in Dünnbettmörtel verlegt, die zulässige Maßtoleranz der Steinhöhe beträgt hierbei ± 1,0 mm. Porenbetonplanbauplatten, -bauplatten werden für nichttragende Wände und Wärmedämmmaßnahmen eingesetzt. Sie werden entweder in Normal- oder Leichtmauermörtel (Bauplatten) oder in Dünnbettmörtel (Planbauplatten) versetzt. Die Stirnflächen dürfen ebenflächig, mit Aussparungen wie z. B. Mörteltaschen und/oder mit Nut-Feder-Ausbildung versehen werden. Nut-Feder-Ausbildungen dürfen auch in der Lagerfugenfläche vorgenommen werden. Die Maßgenauigkeitsanforderungen entsprechen denen für Porenbetonblock- und Plansteine. Aufgrund der Funktion der Bauplatten als nichttragende Wände gibt es für diese keine Einteilung in Festigkeitsklassen. Die Größe von Porenbetonsteinen und -bauplatten ist durch die Angabe von Länge • Breite • Höhe festgelegt. Die maximal üblichen Abmessungen für Porenbetonsteine betragen derzeit 615 • 365 • 240 mm, bei Bauplatten hingegen 615 • 150 • 240 mm. Die Rohdichte von Porenbetonsteinen liegt zwischen 0,30 und 1,00 kg/dm3, die entsprechende Einteilung in Rohdichteklassen erfolgt von 0,35 bis 0,70 in Stufen von 0,05 und von 0,70 bis 1,00 in Stufen von 0,10. Die Rohdichte, die vom Porenvolumen und vom Feststoffgehalt abhängig ist, wird während der Herstellung stufenlos durch die Dosierung von Treib- und Bindemittel gesteuert. Beispielsweise ist für einen Porenbeton mit einer Rohdichte von 0,50 kg/ dm3 ein Feststoffanteil von 20% und ein Porenvolumen von 80% erforderlich. Die von der Rohdichte abhängige Wärmeleitfähigkeit zeigt 2.1.12. Dabei spielt das Format keine Rolle.
2.1.10
Herstellung von Porenbetonsteinen
Sande
Kalk
Zement
Porenbildner
Dosieren
Wasser
Mischen Gießen Treiben Schneiden Dampfhärten Qualitätskontrolle Verpacken Lagern Transport
2.1.11 genormte Porenbetonsteinarten DIN 4165 PB PP DIN 4166 Ppl PPpl
2.1.12
Blockstein Planstein Bauplatte Planbauplatte
Wärmeleitfähigkeit von Porenbeton in Abhängigkeit von der Rohdichte. Trockenwerte für 50% und 90% Fraktile und Bemessungswert für Klimabedingung u23,80 und 90% Fraktile
Feuchtegehalt u23,80 = 0,045 Feuchtekorrekturfaktor fu = 4 Rohdichte kg/m3
Wärmeleitfähigkeit λ in W/(m•K) Trockenwert
300 400 500 600 700 800 900
p = 50% 0,077 0,100 0,124 0,147 0,171 0,194 0,218
Bemessungswert
p = 90% 0,089 0,113 0,136 0,160 0,183 0,207 0,230
u = 0,045 p = 90% 0,11 0,14 0,16 0,19 0,22 0,25 0,28
59
Material
2.1.13
Rohdichteklassen und Steinfestigkeitsklassen von Porenbetonsteinen Steinart Rohdichteklasse Festigkeitsklasse PB, PP 0,35 – 0,50 2 0,50 – 0,80 4 0,65 – 0,80 6 0,80 – 1,00 8 Ppl, PPpl 0,35 – 1,00 –
2.1.14 genormte Beton- und Leichtbetonsteinarten DIN 18 148 Hpl Hohlwandplatten aus Leichtbeton DIN 18 151 Hbl Hohlblöcke aus Leichtbeton DIN 18 152 V Vollsteine aus Leichtbeton Vbl Vollblöcke aus Leichtbeton Vbl S Vollblöcke aus Leichtbeton mit
DIN 18 153
DIN 18 162
2.1.15
Schlitzen Vbl S-W Vollblöcke aus Leichtbeton mit Schlitzen und bes. Wärmedämmeigenschaften Hbn Hohlblöcke aus Beton Vbn Vollblöcke aus Beton Vn Vollsteine aus Beton Tbn T-Hohlblöcke Vm Vormauersteine aus Beton Vmb Vormauerblöcke aus Beton Wpl Wandbauplatten aus Leichtbeton, unbewehrt
Wärmeleitfähigkeit von Bimsbeton in Abhängigkeit von der Rohdichte. Trockenwerte für 50% und 90% Fraktile und Bemessungswerte für Klimabedingungen Ψ23,80 und 90% Fraktile.
Feuchtegehalt Ψ23,80 = 0,035 Feuchtekorrekturfaktor fΨ = 4 Rohdichte kg/m3
Wärmeleitfähigkeit λ in W/(m•K) Trockenwert
p = 50% 0,114 0,135 0,160 0,190 0,223 0,260
500 600 700 800 900 1000
2.1.16
Bemessungswert
p = 90% 0,138 0,158 0,183 0,212 0,245 0,282
Ψ = 0,035 p = 90% 0,16 0,18 0,21 0,24 0,28 0,33
Wärmeleitfähigkeit von Blähbeton in Abhängigkeit von der Rohdichte. Trockenwerte für 50% und 90% Fraktile und Bemessungswerte für Klimabedingungen Ψ23,80 und 90% Fraktile.
Feuchtegehalt Ψ23,80 = 0,03 Feuchtekorrekturfaktor fΨ = 2,6 Rohdichte kg/m3
Wärmeleitfähigkeit λ in W/(m•K) Trockenwert
400 500 600 700 800 900 1000
60
p = 50% 0,099 0,137 0,176 0,214 0,252 0,290 0,328
Bemessungswert
p = 90% 0,117 0,155 0,193 0,231 0,269 0,308 0,346
u = 0,03 p = 90% 0,13 0,17 0,21 0,25 0,30 0,35 0,39
Porenbetonsteine nach DIN 4165 sind in Druckfestigkeitsklassen von 2 bis 8 eingeteilt, Porenbetonbauplatten nach DIN 4166 werden aufgrund ihrer Verwendung bei nichttragenden Wänden nicht in Festigkeitsklassen eingeteilt (Abb. 2.1.13) [211]. Die Spaltzugfestigkeit βSZ von Porenbetonsteinen liegt zwischen 5 und 14% der Druckfestigkeit [189], die Biegezugfestigkeit βBZ von Bauplatten erreicht Werte zwischen 0,5 und 2,0 N/mm 2. Der Elastizitätsmodul von Porenbetonsteinen ist abhängig von der jeweiligen Rohdichte und liegt zwischen 1.200 und 2.500 N/mm 2. Die Feuchtedehnung εh∞ schwankt von 0,1 (Quellen) bis – 0,3 (Schwinden). Die Endkriechzahl ϕ∞ liegt zwischen 1,0 und 2,5 und erreicht somit ähnliche Werte wie bei Kalksandsteinen [180]. Beton- und Leichtbetonsteine
Die Anforderungen an Betonsteine sind in der DIN 18 153 geregelt, die Anforderungen an Leichtbetonsteine in der DIN 18 151 und 18 152 und die Anforderungen an Wandplatten aus Leichtbeton in der DIN 18 148 bzw. 18 162. Während Betonsteine aus gefügedichtem Normalbeton mit mineralischen Zuschlägen nach DIN 4226, Teil 1 oder Teil 2 und Bindemitteln wie z. B. Zement nach DIN 1164 oder Steinkohleflugasche nach DIN EN 450 als Ausgangsstoffe hergestellt werden, dürfen bei der Produktion von Leichtbetonsteinen neben den hydraulischen Bindemitteln nur Leichtzuschläge mit porigem Gefüge nach DIN 4226, Teil 2 (Naturbims, Hüttenbims, Lavaschlacke, Tuff, Blähton, Blähschiefer, gesinterte Steinkohleflugasche oder Ziegelsplitt) verwendet werden. Zumischungen von Zuschlägen mit dichtem Gefüge nach DIN 4226, Teil 1 sind bis zu einem Volumenanteil von maximal 15% des verdichteten Betons zulässig. Diese Regelung spielt in der Praxis jedoch nur eine untergeordnete Rolle. Für Vollblöcke aus Leichtbeton mit Schlitzen und besonderen Wärmeeigenschaften ist zur Erzielung der Wärmedämmwirkung als Zuschlag ausschließlich Naturbims oder Blähton oder ein Gemisch aus beiden zulässig. Als Zusatzstoffe dürfen nur Baukalk nach DIN 1060, Teil 1, Gesteinsmehl nach DIN 4226, Teil 1, Trass nach DIN 51 043 und Betonzusatzstoffe nach DIN 1045 eingesetzt werden. Die Herstellung von Beton- und Leichtbetonsteinen erfolgt nach dem selben Prinzip. Die dosierten Ausgangsstoffe Bindemittel, Zuschläge und Wasser werden gründlich gemischt. Die Formgebung der Beton- und Leichtbetonsteine erfolgt auf modernen Brett- und Bodenfertigern. Hierbei gelangt die Mischung über Füllkästen in Vibrations-Steinformmaschinen. Durch Auflast und Vibration wird das Mischgut so verdichtet, dass nach der Entformung die frischen, fertig geformten Steine – »Grünlinge« genannt – auf dem Unterlagsbrett formstabil stehen. Nach einer Nachbehandlung der Steine durch Abgleichbürsten zur Entfernung von
losen Teilchen und Grate werden sie, gegen Witterungseinflüsse geschützt, in Hochregalen zur Vorhärtung eingelagert. Für die Vorhärtung wird in der warmen Jahreszeit die Umgebungswärme genutzt, in der kühlen Jahreszeit die Abbindewärme des Zements. Es wird keine zusätzliche Wärme zugeführt. Nach dem Vorhärteprozess, der abhängig von der Witterung zwischen 24 Stunden und drei Tagen dauert, werden die Steine gewendet und zu Steinpaketen mit Hohlkammern nach unten gestapelt. Somit liegen die Steine zur Verarbeitung auf der Baustelle schon in der richtigen Lage. Die Endhärtung bis zum Erreichen der erforderlichen Nennfestigkeit erfolgt im Freilager [8], [19]. Die verschiedenen genormten Mauersteinarten aus Beton und Leichtbeton sind in 2.1.14 tabellarisiert. Nicht genormte Beton- und Leichtbetonsteine sind im Abschnitt Neue Steinarten [81] aufgeführt. Hohlwand- und Wandbauplatten aus Leichtbeton sind geeignet für die Erstellung nichttragender Wände nach DIN 4103. Die Stoß- und Lagerfugen werden glatt oder mit Nuten bzw. mit NutFeder-System ausgebildet. Die Rohdichte der Platten beträgt 0,8 bis 1,4 kg/dm3. Wandbauplatten müssen eine mittlere Biegezugfestigkeit von mindestens 1,0 N/mm2 aufnehmen, Hohlwandplatten müssen nach 28 Tagen eine mittlere Mindestdruckfestigkeit von 2,5 N/mm2 aufweisen. Hohlblöcke aus Leichtbeton sind großformatige Mauersteine mit Kammern senkrecht zur Lagerfuge. Sie werden für tragendes und nichttragendes Mauerwerk nach DIN 1053 verwendet. Als Steinabmessungen sind die Steinformate 8 DF bis 24 DF für Wanddicken von 17,5 bis 49 cm als Ein- bis Sechskammersteine genormt. Die Länge und Breite der Steine ist auf 490 mm, die Höhe auf 238 mm begrenzt. Vollsteine, Vollblöcke, Vollblöcke S und Vollblöcke S-W aus Leichtbeton sind Mauersteine für tragendes und nichttragendes Mauerwerk nach DIN 1053 mit Leichtzuschlägen nach DIN 4226, Teil 2. Für Vollblöcke S-W sind als Zuschläge ausschließlich Naturbims, Blähton oder ein Gemisch aus beiden zulässig. Vollsteine sind Mauersteine ohne Kammern mit einer maximalen Steinhöhe von 115 mm, Vollblöcke hingegen haben eine maximale Steinhöhe von 238 mm. Vollblöcke S sind Vollblöcke mit Schlitzen, Vollblöcke S-W haben zusätzlich zu den Schlitzen besondere Wärmedämmeigenschaften. Die Schlitze von Vbl S-W müssen stets mit einer Abdeckung abgeschlossen sein. Bei Vollsteinen sind Grifflöcher, bei Vollblöcken Griffhilfen zulässig. Die Vorzugsformate von Vollsteinen sind die Formate von DF bis 10 DF, wobei auch die Zwischenformate 1,7 DF, 3,1 DF und 6,8 DF
Mauersteine
üblich sind. Die großformatigen Vollblöcke werden in den Vorzugsformaten von 8 DF bis 24 DF für Wanddicken von 17,5 bis 49 cm hergestellt. Dabei sind die Länge und Breite auf 490 mm und die Höhe auf 238 mm begrenzt. Die Wärmeleitfähigkeit von Leichtbetonsteinen wird durch die Art des Zuschlags beeinflusst. Wie 2.1.15 und 2.1.16 zeigen, erhält man mit Bimszuschlägen gegenüber Blähtonzuschlägen geringfügig günstigere Werte. Mauersteine aus Beton (Normalbeton) werden für tragendes und nichttragendes Mauerwerk nach DIN 1053 angewendet. Hohlblöcke sind großformatige Mauersteine von 8 DF bis 20 DF mit Kammern senkrecht zur Lagerfläche und einer Höhe von vorzugsweise 238 mm. Vollblöcke sind Mauersteine ohne Kammern mit einer Höhe von 175 oder 238 mm und einer maximalen Länge und Breite von 490 mm. Die Querschnittsfläche darf durch Grifflöcher bis zu 15% abgemindert werden. Sie werden in Formaten von 8 DF bis 24 DF für Wanddicken von 17,5 bis 49 cm hergestellt. Vollsteine entsprechen Vollblöcken, ihre Steinhöhe ist jedoch auf 115 mm begrenzt. Sie werden in den Vorzugsformaten DF bis 10 DF produziert. Vormauerblöcke sind Mauersteine mit oben abgedeckten Kammern und ebener bzw. werksteinmäßig bearbeiteter Sichtfläche. Die Steinhöhe liegt zwischen 175 und 238 mm. Vormauersteine sind Mauersteine mit ebener, bruchrauer oder werksteinmäßig bearbeiteter Sichtflächen. Die Steine sind ohne Kammern jedoch mit Grifflöchern ausgebildet. Die Steinhöhe liegt zwischen 52 und 238 mm. Vormauerblöcke und -steine sind für witterungsbeanspruchtes Mauerwerk bestimmt. Die Stirnflächen von Hohlblöcken, Vollblöcken und Vollsteinen aus Leichtbeton sowie Mauersteinen aus Normalbeton können ebenflächig, mit einseitiger oder beidseitiger Stirnseitennut oder mit Nut-Feder-System ausgebildet werden. Die Einteilung der Leichtbeton- und Betonsteine in die gängigen Rohdichte- und Steinfestigkeitsklassen ist in 2.1.17 zusammengestellt. Die Spaltzugfestigkeit βSZ von Beton- und Leichtbetonsteinen liegt zwischen 7 und 18% der Druckfestigkeit, die Zugfestigkeit βZ in Richtung Steinlänge zwischen 4 und 21% der Druckfestigkeit. Leichtbetonsteine schwinden zwischen 0,2 und 0,5, Betonsteine zwischen 0,1 und 0,3. Das Kriechverhalten von Beton- und Leichtbetonsteinen ist dem von Porenbetonsteinen ähnlich, die Endkriechzahl ϕ∞ erreicht Werte zwischen 1,5 und 2,5 [57], [180], [182].
Rohlinge in Stahlschalungen geformt und durch Pressen oder Rütteln verdichtet. Die formstabilen »Grünlinge« werden nach dem Ausschalen an der Luft oder auch unter Dampf bzw. unter kohlensäurehaltigen Gasen gehärtet. Die in der DIN 398 genormten Hüttensteine sind in 2.1.18 aufgelistet.
2.1.17
Rohdichteklassen und Steinfestigkeitsklassen von Beton- und Leichtbetonsteinen Steinart Rohdichteklasse Festigkeitsklasse Hbl 0,5–1,4 2–8 V, Vbl, Vbl S 0,5–2,0 2 – 12 Vbl S-W 0,5–0,8 2 – 12 Hbn 0,9–2,0 2 – 12 Vbn, Vn 1,4–2,4 4 – 28 Vm, Vmb 1,6–2,4 6 – 48
Hüttenvollsteine sind Mauersteine, deren Querschnitt bis zu 25% durch Lochung senkrecht zur Lagerfläche vermindert werden darf. Bis zum Format 2 DF können und ab 2 DF müssen Vollsteine mit Grifföffnungen hergestellt werden. Die gängigen Formate für Hüttenvollsteine reichen von DF bis 5 DF. Hüttenlochsteine sind fünfseitig geschlossene Mauersteine mit einem Lochanteil senkrecht zur Lagerfläche von mehr als 25%. Die Löcher müssen in mindestens drei Reihen über die Lagerfläche gleichmäßig verteilt sein. Die Anordnung von Grifföffnungen entspricht der von Hüttenvollsteinen. Derzeit werden die Formate 2 DF bis 5 DF hergestellt. Hüttenhohlblocksteine sind großformatige fünfseitig geschlossene Mauersteine mit Hohlräumen senkrecht zur Lagerfläche. Die Hohlräume sind bei einer Steinbreite von 300 mm in mindestens fünf, bei einer Steinbreite von 240 mm in mindestens vier und bei einer Steinbreite von 175 mm in mindestens drei Reihen gleichmäßig über Länge und Breite verteilt anzuordnen. Aufgrund der Größe der Hohlblöcke sollten Grifftaschen angeordnet werden. Die Abmessungen der großformatigen Steine erfolgt durch die Angabe der Wanddicke 30 (= 300 mm), 24 (= 240 mm) bzw. 17,5 (= 175 mm) und der Steinhöhe (a = 238 mm, b = 175 mm). Daraus ergeben sich die Formate 30 a, 30 b, 24 a, 24 b und 17,5. Hüttensteine werden in die Rohdichteklassen 1,0 bis 2,0 mit Abstufungen von 0,2 sowie in die Festigkeitsklassen 6, 12, 20 und 28 eingestuft. Um Hüttensteine als Vormauersteine verwenden zu können, müssen sie mindestens die Festigkeitsklasse 12 erreichen (Abb. 2.1.19). Mangels statistisch ausreichender Messwerte für die Wärmeleitfähigkeit können keine Mittelwerte und 90% Fraktil-Werte angegeben werden. Die Wärmeleitfähigkeitswerte nach 2.1.20 verstehen sich als auf der sicheren Seite liegende Werte für alle Arten von Zuschlagstoffen.
Hüttensteine
Bezeichnung der Mauersteine
Hüttensteine sind in der Norm DIN 398 geregelt. Sie werden aus künstlich gewonnenen Zuschlägen, zumeist granulierte Hochofenschlacken, und hydraulischen Bindemitteln wie z. B. Zement oder Kalk hergestellt. Nach dem Dosieren und Mischen mit Wasser werden die
Mauerziegel, Kalksandsteine, Leichtbetonsteine und Normalbetonsteine werden in der Reihenfolge DIN-Hauptnummer, Kurzbezeichnung, Druckfestigkeitsklasse, Rohdichteklasse und Format-Kurzzeichen bezeichnet, z. B. DIN 105 Mz 12–1, 8–2 DF
2.1.18 genormte Hüttensteinarten DIN 398 HSV Hüttenvollsteine HSL Hüttenlochsteine HHbl Hüttenhohlblocksteine
2.1.19
Rohdichteklassen und Steinfestigkeitsklassen von Hüttensteinen Steinart Rohdichteklasse Festigkeitsklasse HSV 1,6–2,0 12 – 28 HSL 1,2–1,6 6 – 12 HHbl 1,0–1,6 6 – 12
2.1.20
Wärmeleitfähigkeit von Beton mit beliebigen Zuschlagstoffen in Abhängigkeit von der Rohdichte. Feuchtegehalt Ψ23,80 = 0,05 Feuchtekorrekturfaktor fΨ = 4 Rohdichte kg/m3
Wärmeleitfähigkeit λ in W/(m•K) Trockenwert
500 600 700 800 900 1000 1200 1400 1600
0,24 0,27 0,30 0,33 0,37 0,41 0,52 0,66 0,83
Bemessungswert Ψ = 0,05 0,29 0,33 0,37 0,40 0,45 0,50 0,63 0,81 1,01
61
Material
2.1.21
Formfaktor für die Druckfestigkeitseinstufung von Mauersteinen
βst = βPR • f βPR: Prüfwert f: Formfaktor h < 175 mm 175 mm ≤ h < 238 mm h ≥ 238 mm Bei Steinfestigkeitskl. 2
–> f = 1,0 –> f = 1,1 –> f = 1,2 –> f = 1,0
DIN 106 KS 12–1, 6–2 DF DIN 18 151 3 K Hbl 2–0, 7–20 DF DIN 18 152 V 6–1, 2–2 DF DIN 18 153 Vn 12–1, 8–6 DF Wenn bei gleichen Format-Kurzzeichen unterschiedliche Steinbreiten möglich sind, ist hinter dem Format-Kurzzeichen zusätzlich die Steinbreite in Millimeter anzufügen, z. B. DIN 105 HLzW 6–0, 7–10 DF (300) DIN 18 152 Vbl S 2–0, 7–16 DF (240) Hüttensteine werden in der Reihenfolge Kurzbezeichnung, Rohdichte, Druckfestigkeitsklasse, Format-Kurzzeichen und DIN-Hauptnummer bezeichnet, z. B. HSL 1,6–15–2 DF DIN 398. Porenbetonsteine in der Reihenfolge DIN-Hauptnummer, Kurzbezeichnung, Druckfestigkeitsklasse, Rohdichteklasse und Maße durch Angabe von Länge • Breite • Höhe in Millimeter, z. B. DIN 4165 PP 2–0,4–499 • 300 • 249 Neue Steinarten
Zusammenhang zwischen der Zugfestigkeit βZ in Steinlängsrichtung und der Druckfestigkeit βST [3] Mauersteinart βZ N/mm2 Kalksandsteine 0,051 · βST Mauerziegel 0,026 · βST Leichtbetonsteine 0,086 · βST Porenbetonsteine: Festigkeitsklasse 2 0,182 · βST Festigkeitsklassen 4, 6, 8 0,092 · βST 2.1.22
62
Unter neue Steinarten fallen diejenigen Mauersteine, die durch die Anforderungen der entsprechenden Mauersteinnormen nicht erfasst werden. Für diese Steine sind allgemeine bauaufsichtliche Zulassungen erforderlich, die vom Deutschen Institut für Bautechnik (DIBt) erteilt werden. Die Gründe für die Abweichungen der Mauersteine von den genormten Anforderungen können folgendermaßen zusammengefasst werden: • Von der Mauersteinindustrie werden von den Normen abweichende Abmessungen und Formen für die Steine entwickelt. Ursachen dafür sind das Bestreben, wärmetechnisch optimierte Steinformen zu entwikkeln (z. B. Steine mit integrierter Wärmedämmung, kleine Mörteltaschen bzw. Nut-FederVerzahnung im Stoßfugenbereich) sowie verbesserte Herstellungsverfahren und veränderte Bauweisen (z. B. Ziegelplansteine im Dünnbettmauerwerk, Trockenmauerwerk, Verfüllmauersteine). • Normabweichende Abmessungen können auch durch Vorgaben für rationelleres Bauen und dem damit bedingten Herstellen großformatiger Steine notwendig werden (z. B. Kalksandstein- und Porenbetonplanelemente). • Im Vergleich zu den genormten Festigkeitsklassen werden andere Festigkeiten erzielt. Dies ist häufig mit geänderten Rohdichten verbunden. • Schließlich werden durch die Zulassungen auch regional verfügbare Steine erfasst, die z. B. aus Tradition andere Abmessungen haben und somit zu anderen Wanddicken als in der DIN 1053 geregelt führen (Steine im Dezimetersystem). Die neuen Steinarten mit den zugehörigen Zulassungen werden je nach Mauerwerkbauweise zugeordnet zu Mauerwerk im Dickbett-, Mittelbett- oder Dünnbettverfahren, zu Mauer-
werk mit Vermörtelung durch Gießmörtel, zu vorgefertigte Wandtafeln, zu SchalungssteinMauerwerkbauart und zu Trockenmauerwerk aus künstlichen Steinen. Innerhalb dieser Bauweisenzuordnung werden die Zulassungen nach Baustoffen gruppiert. Eine Zusammenstellung der derzeit erteilten Zulassungen ist in [79] und [84] aufgeführt. Prüfung der mechanischen Eigenschaften von Mauersteinen
Die Prüfung der mechanischen Eigenschaften ist maßgebend für die Klassifizierung und Kennzeichnung der Mauersteine. Außerdem ist sie Grundlage für die Mauerwerkbemessung, die Analyse von Schadensfällen sowie für die Erforschung und Weiterentwicklung des Tragverhaltens von Mauerwerk. Es ist zu unterscheiden zwischen Prüfungen von Eigenschaften, die im Rahmen von Normen- und Zulassungsprüfungen oder einer Zustimmungsprüfung im Einzelfall zu ermitteln sind, und Prüfungen von Eigenschaften, die außerhalb der Normen zusätzlich ermittelt werden können. Für diese Prüfungen gibt es im Regelfall keine einheitlichen Prüfverfahren. Im Folgenden werden die wesentlichen genormten und nicht genormten Eigenschaftsprüfungen erläutert. Druckfestigkeit βST Die Prüfung der Druckfestigkeit ist in den einzelnen Mauersteinnormen verankert. Sie erfolgt im Regelfall an sechs Prüfkörpern. Mauersteine mit kleinen Steinhöhen (DF, NF) werden dabei in der Höhe halbiert und gegenläufig aufeinander liegend zu einem Probekörper gemauert. Bei allen anderen Steinhöhen gilt ein Mauerstein als Probekörper. Die in den Lagerflächen mit Zementmörtel oder Gips abgeglichenen Probekörper werden senkrecht zur Lagerfuge bis zum Bruch belastet. Der aus der Höchstlast und der Lagerfläche ermittelte Prüfwert βPR ist mit dem Formfaktor f (Abb. 2.1.21) zu multiplizieren. In Abhängigkeit von der Steinhöhe wird damit der querdehnungsbehindernde Einfluss der Lasteinleitungsplatte berücksichtigt. Für die Einteilung der Mauersteindruckfestigkeiten in Festigkeitsklassen müssen die Prüfergebnisse den in den jeweiligen Mauersteinnormen verankerten Anforderungen an Mittelwert und kleinsten Einzelwert genügen. Die Nennfestigkeit (Druckfestigkeitsklasse) entspricht dabei dem 5%-Quantil der Druckfestigkeit der Steine. Sie ist dem kleinsten zulässigen Einzelwert gleichzusetzen. Mit den derzeitig erzielbaren Streuungen bzgl. der Ausgangsstoffe, dem Produktionsablauf etc. ist das 5%-Quantil ca. 20% kleiner als der Mittelwert. Steinrohdichte, Trockenrohdichte ρST Die genormte Steinrohdichteprüfung ist im Regelfall an sechs Probekörpern durchzufüh-
Natursteine
ren. Dazu ist die Trockenmasse md der bei 105 °C bis zur Massekonstanz getrockneten Mauersteine zu ermitteln. Die Steinrohdichte wird aus der Trockenmasse geteilt durch das Steinvolumen einschließlich vorhandener Lochkanäle, Grifflöcher und Mörteltaschen bestimmt. Für die Einteilung in eine Steinrohdichteklasse muss der Mittelwert der Prüfergebnisse zwischen den in den jeweiligen Mauersteinnormen angegebenen Grenzen liegen. Einzelergebnisse dürfen die Klassengrenzen um nicht mehr als 0,1 kg/dm3 unter- bzw. überschreiten. Scherbenrohdichte ρsch Eine Anforderung besteht für Mauerziegel nach DIN 105, Teil 1 bis 4 und für wärmedämmende Leichtbetonsteine beim Nachweis der Wärmeleitfähigkeit. Die Prüfung wird wiederum an sechs Probekörpern durchgeführt. Die Scherbenrohdichte wird aus dem Quotienten der bei 105 °C ermittelten Trockenmasse und dem Scherbenvolumen errechnet. Das Scherbenvolumen setzt sich aus dem äußeren Volumen abzüglich Kubaturen für Lochkanäle, Mörteltaschen und Griffhilfen zusammen. Dieses ist dabei durch Unterwasserwägung, bei Vollklinkern ohne Löcher durch Abzug der Volumen für die Lochungen zu bestimmen. Als Anforderung müssen die mittlere Scherbenrohdichte sowie der kleinste Einzelwert der Prüfung unterste Grenzwerte überschreiten. Frostbeständigkeit Die Prüfung ist nur für Vormauersteine und Klinker maßgebend. Die Frostbeständigkeit wird dabei an wassergetränkten Steinen durchgeführt, die einem mehrmaligen FrostTauwechsel ausgesetzt werden. Steine gelten als frostbeständig, wenn sie nach den FrostTauwechseln keine wesentlichen Schäden wie z. B. Aufbauchungen der Seitenflächen, größere Kavernen und Absplitterungen oder deutliche Minderung der Kantenfestigkeit aufweisen. Gehalt an treibenden Einflüssen und an ausblühenden Salzen Anforderungen hierfür sind nur für Mauerziegel maßgebend. Diese müssen frei von schädlichen, treibenden Einflüssen wie z. B. Kalk sein, die die Verwendbarkeit der Steine beeinträchtigen können. Überprüft wird dies mit dem sog. Dampftest, bei dem keine Gefügezerstörungen bzw. nur eine geringe Anzahl an Absprengungen auftreten dürfen. Mauerziegel müssen des Weiteren frei von schädlichen Salzen sein, die ebenso zur Gefügezerstörung des Steins oder des Putzes führen können. Vormauerziegel und Klinker müssen zusätzlich frei von Salzen sein, die zu Ausblühungen führen und somit das Aussehen des Sichtmauerwerks dauernd beeinträchtigen. Bei der Prüfung der schädlichen Salze darf bei Mauerziegel der Massenanteil an Magnesiumsulfat 0,12% und bei Vormauerziegel bzw. Klinker der Massenanteil an Natrium- und Kaliumsulfat sowie der gleichzei-
tig ausgewiesene Anteil an Magnesiumsulfat jeweils 0,08% nicht übersteigen. Druckfestigkeit in Richtung Steinlänge βD,l bzw. Steinbreite βD,b Kenntnisse über die Druckfestigkeit in Steinlängs- bzw. Steinquerrichtung sind vor allem bei Teilflächenbelastung senkrecht zur Wandebene, bei Horizontalschub in Wandebene sowie bei Biegung (Biegedruckzone) und Gewölbewirkung erforderlich. Prüfverfahren und vorhandene Versuchsergebnisse sind in [58], [190] und [191] erfasst. Zugfestigkeit βZ Die Zugfestigkeit der Mauersteine in Steinlängs- und Steinquerrichtung ist bei der Druckbeanspruchung von Mauerwerk senkrecht zur Lagerfuge im Regelfall der maßgebende Parameter für die Druckfestigkeit des zu bemessenden Bauteils. Darüber hinaus ist sie auch bei der Zug-, Biegezug- und Schubtragfähigkeit von Mauerwerk von Bedeutung. Da aber die Prüfung der Zugfestigkeit relativ aufwändig ist und die Ergebnisse zudem kaum wiederholbar und somit nicht aussagesicher sind, ist sie bisher nicht in eine Prüfnorm aufgenommen worden. Ein näherungsweiser Zusammenhang zwischen der Zugfestigkeit in Steinlängsrichtung und der Druckfestigkeit senkrecht zur Lagerfuge ist in 2.1.22 dargestellt [189]. Querdehnungsmodul Eq Der Querdehnungsmodul wird aus dem Quotienten aus 1/3 der Druckfestigkeit der Steine senkrecht zur Lagerfuge und der zugehörigen, in Richtung der Steinlänge oder -breite gemessenen Querdehnung εq,l bzw. εq,b ermittelt. Der Querdehnungsmodul sowohl vom Mauerstein als auch des Mörtels beeinflusst die Druckfestigkeit des Mauerwerk. Günstig ist ein gegenüber dem Querdehnungsmodul des Mörtels gleich großer oder etwas kleinerer Steinquerdehnungsmodul. Die Ermittlung erfolgt an in der Lagerfläche verklebten Mauersteinen. Das Prüfverfahren ist derzeit nicht genormt, Anhaltswerte für den Querdehnungsmodul von Mauersteinen sind in [180] zu finden. Prüfung der wärmeschutztechnischen Eigenschaften Bei Verwendung allgemein anerkannter Bemessungswerte der Wärmeleitfähigkeit (Tabellenwerte) sind keine Überprüfungen der gelieferten Leistung erforderlich. Ein davon abweichender, günstigerer Bemessungswert für genormte Mauersteine oder Mauersteine im Rahmen bauaufsichtlicher Zulassungen kann durch Messung des Steins oder Messung des Steinmaterials mit anschließender Berechnung des Steins unter Berücksichtigung der Hohlräume bestimmt werden [3]. Die Prüfung erfolgt im Plattengerät nach DIN EN 12 664 und die Umrechnung auf
Referenz- und Bemessungsbedingungen nach DIN EN ISO 10 456.
Natursteine Natursteine können Eruptivgesteine (Magmatite), Ablagerungsgesteine (Sedimente) und Umwandlungsgesteine (Metamorphite) sein. Untergruppen der Eruptivgesteine sind Tiefengesteine, Ergussgesteine und Ganggesteine (z. B. Granit, Diorit, Gabbro, Basalt und Tuff). Die Ablagerungsgesteine werden in klastische Sedimente, Ausfällungsgesteine und biogene Sedimente (z. B. Sandstein, Grauwacke, Kalkstein, Dolomit und Kieselschiefer) unterteilt. Die Umwandlungsgesteine werden nach Druck und Temperatur bei der Entstehung untergruppiert. Beispiele hierzu sind kristalliner Schiefer, Gneis und Marmor. Um Natursteine als Mauersteine verwenden zu dürfen, müssen sie handwerklich oder maschinell bearbeitet werden. Dabei können sie nach der Bearbeitbarkeit – von schwer bis leicht – in helle Hartgesteine (z. B. Granit, Gneis, Rhyolith), in dunkle Hartgesteine (z. B. Diorit, Gabbro, Lamprophyr) und in Weichgesteine (z. B. Sandstein, Kalkstein, Tuff) eingeteilt werden. Die Stufen der Bearbeitung erstrecken sich vom leicht bearbeiteten Bruchstein ohne gleichmäßige Geometrieform über den rechtwinklig geformten Haustein mit unbearbeiteter Oberfläche bis zum rechtwinkligen Werkstein mit ebener Oberfläche. Die aus den Steingeometrien herstellbaren Mauerwerkverbände sind unter »Mauerwerkkonstruktionen« beschrieben. Für Natursteinmauerwerk dürfen nur gesunde Steine ohne Struktur- und Verwitterungsschäden verwendet werden. Für Sichtmauerwerk müssen sie ausreichend resistent gegen Witterungseinflüsse wie z. B. Frost-Tauwechsel, Temperatur- und Feuchtewechsel sein. Hierfür ist vor allem Schiefer hervorragend geeignet, da er eine lange Haltbarkeit, eine hohe Frostbeständigkeit und eine geringe Wasseraufnahmefähigkeit aufweist. Die Länge der Natursteine soll das Vier- bis Fünffache der Steinhöhe nicht über- und die einfache Steinhöhe nicht unterschreiten. Je nach Gesteinsart müssen die Natursteine eine bestimmte Mindestdruckfestigkeit aufweisen, um in Natursteinmauerwerk nach DIN 1053-1 eingebaut werden zu dürfen. Die Druckfestigkeit βD wird dabei nach DIN EN 1926 bestimmt. Für die Verwendung von Natursteinen vor allem im Bereich der Sanierung und Erhaltung von historischen Bauwerken sind neben der Bestimmung der Druckfestigkeit auch Kenntnisse über die Biegezugfestigkeit βBZ nach DIN EN 12372, den Druckelastizitätsmodul ED, das Schwind- und Quellverhalten, die Wasseraufnahme unter Atmosphärendruck, die Verwitterungsbeständigkeit mittels Sättigungsbeiwert S und die Frostbeständigkeit erforderlich. In
63
Material
2.1.23 Materialkennwerte von Natursteinen [3] βBZ ED• 103 Naturstein βD N/mm2 N/mm2 N/mm2 Granit, 160 – 240 10–20 40–60 Syenit Diorit, 170 – 300 10–22 100–120 Gabbro Porphyre 180 – 300 15–20 20–160 Basalt 250 – 400 15–25 50–100 Basaltlava 80 – 150 8–12 – Diabas 180 – 250 15–25 60–120 Quarzit, 150 – 300 13–25 50–80 Grauwacke quarzitischer 120 – 200 12–20 20–70 Sandstein sonstige 30 – 180 3–15 5–30 Sandsteine Dolomite, 80 – 180 6–15 60–90 dichte Kalksteine, Marmor sonstige 20 – 90 5–8 40–70 Kalksteine Travertin 20 – 60 4–10 20–60 vulkanische 5 – 25 1–4 4–10 Tuffsteine Gneise, 160 – 280 13–25 30–80 Granulit Serpentin 140 – 250 25–35 –
εs, εq 0– 0,2 0–0,2 0–0,2 0,4 0,4 0–0,2 0–0,1 0,3–0,7 0,3–0,7 –
0,1–0,2 – 0,2–0,6 – 0,1–0,2
2.1.24 Wärmeleitfähigkeit von Natursteinen Material Rohdichte Wärmeleitfähigkeit kg/m3 W/(m • K) Basalt 2700 – 3000 3,5 Gneis 2400 – 2700 3,5 Granit 2500 – 2700 2,8 Marmor 2800 3,5 Schiefer 2000 – 2800 2,2 Sandstein 2600 2,3 Kalkstein 1600 0,85 1800 1,1 2000 1,4 2200 1,7 2600 2,3
64
2.1.23 sind die wichtigsten Materialkennwerte von Natursteinen zusammengestellt [180]. Natursteinaußenwände weisen nur eine geringe Dämmwirkung auf und müssen meist zusätzlich wärmegedämmt werden. Die Wärmeleitfähigkeitswerte des Natursteins nach 2.1.24 sind dabei von untergeordneter Bedeutung.
Mauermörtel Mauermörtel ist ein Gemisch aus Sand, Bindemittel(n) und Wasser, ggf. auch Zusatzstoffen und Zusatzmitteln. Das Größtkorn des Sandes beträgt 4 mm, für Dünnbettmörtel 1 mm. Für Mauerwerk nach DIN 1053 darf nur Mauermörtel verwendet werden, der den Bedingungen des Anhangs A von DIN 1053-1 entspricht. Der Sand muss nach DIN 4226 aus natürlichen oder künstlichen, dichten oder porigen, mineralischen Stoffen in gebrochener oder ungebrochener Form bestehen. Er sollte gemischtkörnig sein und darf keine den Mörtel oder das Mauerwerk schädigenden Bestandteile wie z. B. größere Mengen Abschlemmbares aus Ton oder organische Stoffe enthalten. Als Bindemittel wird üblicherweise Kalk nach DIN 1060, Teil 1, Zement nach DIN 1164, Teil 1 und/oder Putzund Mauerbinder nach DIN 4211 verwendet, andere Bindemittel bedürfen einer bauaufsichtlichen Zulassung. Als Kalk wird Luftkalk, Wasserkalk, hydraulischer und hochhydraulischer Kalk, als Zement Portland-, Portlandhütten-, Hochofen- und Portlandpuzzolanzement eingesetzt. Zusatzstoffe sind fein aufgeteilte Zusätze, die die Mörteleigenschaften (Haftverbund zum Mauerstein, Verarbeitbarkeit, Frostwiderstand) günstig beeinflussen und in größeren Mengen zugegeben werden. Als Zusatzstoffe dürfen nur Baukalke nach DIN 1060, Teil 1, Gesteinsmehle nach DIN 4226, Teil 1, Trass nach DIN 51 043, Betonzusatzstoffe mit Prüfzeichen sowie Pigmente verwendet werden. Zusatzmittel sind z. B. Luftporenbildner, Verflüssiger, Dichtungsmittel, Erstarrungsbeschleuniger, Verzögerer und Haftverbesserer. Sie verändern die Mörteleigenschaften durch chemische und physikalische Vorgänge und dürfen nur in geringen Mengen zugegeben werden. Ferner dürfen sie nicht zu Schäden am Mörtel oder am Mauerwerk führen sowie die Korrosion der Bewehrung und Verankerungen beschleunigen. Die Wirkungsweise von Zusatzmitteln ist vor ihrer Verwendung stets durch eine Eignungsprüfung festzustellen. Mauermörtel kann hinsichtlich seiner Festigkeit, seiner verwendeten Zuschläge und der daraus resultierenden bauphysikalischen Eigenschaften sowie hinsichtlich seines Einsatzbereiches im Mauerwerk und seiner Herstellungs- und Lieferform unterschieden werden. Herstellung und Lieferformen
Mauermörtel kann sowohl auf der Baustelle
(Baustellenmörtel) als auch in einem Mörtelwerk (Werkmörtel) hergestellt werden. Die Ausgangsstoffe für Baustellenmörtel sind trocken und witterungsgeschützt zu lagern. Der Baustellenmörtel wird entweder maschinell oder mit der Hand gemischt. Die Maschinenmischung erfolgt dabei nach Gewichts- oder Raumteilen, die Handmischung ist nur in Ausnahmefällen sinnvoll, wenn sehr geringe Mörtelmengen benötigt werden. Die Vermischung der Ausgangsstoffe erfolgt solange, bis ein gleichmäßiges Gemisch entstanden ist und der Mörtel eine verarbeitungsgerechte Konsistenz aufweist und sich vollfugig vermauern lässt. In der Regel können auf der Baustelle nur »Rezeptmörtel« hergestellt werden, dabei sind die in 2.1.25 angegebenen Mischungsverhältnisse einzuhalten. Bei »Rezeptmörtel« wird ohne Überwachung davon ausgegangen, dass der Mörtel die erforderlichen Anforderungen erfüllt. Folglich sind bei Abweichungen vom Rezept (z. B. durch andere Mischungsverhältnisse oder Zugabe von Zusatzstoffen oder -mitteln) Eignungsprüfungen für den Baustellenmörtel erforderlich. Bei im Werk oder unter werksmäßigen Bedingungen hergestelltem Mörtel erfolgt dessen Zusammensetzung zielsicherer und gleichmäßiger als dies auf der Baustelle möglich ist. Darüber hinaus unterliegt Werkmörtel während der Produktion einer ständigen Überwachung nach DIN 18 557, wodurch eine Kontinuität der Eigenschaftswerte und eine gezielte Optimierung des Mörtels für den jeweiligen Anwendungsfall gewährleistet wird. Dies hat zur Folge, dass der Werkmörtelanteil heute bei über 90% liegt. Auf der Baustelle dürfen dem Werkmörtel nur die erforderliche Wassermenge und – bei Werk-Vormörtel – die erforderliche Zementmenge zugegeben werden, jedoch keine Zuschläge, Zusatzstoffe und Zusatzmittel. Folgende Lieferformen sind bei Werkmörtel möglich [3]: Werk-Trockenmörtel ist ein fertiges Gemisch der Ausgangsstoffe, das im Silo oder in Säcken mit Folieneinlage geliefert wird. Das Mischgut muss auf der Baustelle in einem Mischer durch Zugabe von Wasser aufbereitet werden, um somit eine verarbeitbare Konsistenz zu erreichen. Werk-Frischmörtel wird gebrauchsfertig in verarbeitbarer Konsistenz geliefert (»kellenfertiger Mörtel«). Durch Verzögerer bleibt er in der Regel 36 Stunden verarbeitbar, eine längere oder kürzere Verarbeitbarkeitszeit muss auf dem Lieferschein angegeben werden. Werk-Vormörtel ist vor allem in Norddeutschland verbreitet und ist ein Gemisch aus Sand und Kalk sowie ggf. weiteren Zusätzen. In einem Mischer wird der Werk-Vormörtel unter Zugabe von Zement und Wasser aufbereitet.
Mauermörtel
Mehrkammer-Silomörtel beschreibt einen Mörtel, bei dem die Ausgangsstoffe in einem Silo in getrennten Kammern gelagert werden. Sie werden unter Wasserzugabe dosiert und gemischt, so dass am Mischerauslauf des Silos verarbeitungsfähiger Mörtel entnommen werden kann. Mehrkammer-Silomörtel muss mit fest einprogrammiertem, baustellenseitig nicht veränderbarem Mischungsverhältnis ausgeliefert werden. Mörtelarten
Mauermörtel wird hinsichtlich der Dicke der Mörtelfuge, dem Grenzwert der Trockenrohdichte und den damit verbundenen bauphysikalischen Eigenschaften sowie hinsichtlich der verwendeten Ausgangsstoffe in folgende Mörtelarten eingeteilt: Normalmörtel (NM) sind Baustellen- oder Werkmörtel mit Zuschlag dichten Gefüges nach DIN 4226, Teil 1 und einer Trockenrohdichte ρD ≥ 1,5 kg/dm3. Mit Sand als Zuschlag können Normalmörtel als »Rezeptmörtel« (ohne Zusätze) nach 2.1.25 hergestellt werden. Wegen der ausreichenden Erfahrung mit diesem Mörtel als »Rezeptmörtel« sind weniger Anforderungen zu prüfen. Normalmörtel werden nach steigender Mindestdruckfestigkeit in die Gruppen I, II, IIa, III und IIIa eingeteilt. Für die Gruppen III und IIIa ist als Bindemittel nur Zement zu verwenden. Die erforderliche Festigkeit für Mörtel der Gruppe IIIa wird durch die Verwendung geeigneter Sande erreicht. Die Dicke der Lagerfuge beträgt bei Normalmörtel 12 mm. Dies erlaubt eine Steinhöhentoleranz von ± 5 mm bei Mauerziegel und ± 4 mm bei allen anderen Mauersteinen. Die Anwendungsempfehlungen sowie -grenzen von Normalmörtel nach DIN 1053, Teil 1 sind in 2.1.26 aufgeführt. Leichtmörtel (LM) sind Werk-Trocken- oder Werk-Frischmörtel, die eine Trockenrohdichte ρD < 1,5 kg/dm3 aufweisen. Diese wird in der Regel durch Verwendung von Leichtzuschlag (z. B. Blähton, Blähschiefer, Naturbims, Perlite, Blähglas, Kesselsande) erreicht. Die Zusammensetzung ist mittels Eignungsprüfung festzulegen. Leichtmörtel wird nach dem Rechenwert der Wärmeleitfähigkeit λR in die Gruppe LM 21 (λR = 0,21 W/(m · K)) bzw. LM 36 (λR = 0,36 W/ (m · K)) eingestuft. Die beiden Gruppen unterscheiden sich zusätzlich nach der Trockenrohdichte (ρD ≤ 0,7 kg/dm3 bzw. ρD ≤ 1,0 kg/dm3) und dem Querdehnungsmodul (Eq > 7.500 N/mm2 bzw. Eq > 15.000 N/mm2). Die Anforderungen an die erforderliche Dicke der Lagerfuge sowie die zulässige Höhentoleranz der Mauersteine entsprechen denen von Normalmörtel. Die Anwendungsempfehlungen sowie -grenzen sind in 2.1.26 aufgelistet.
2.1.25 Rezeptmörtel (Normalmörtel), Mischungsverhältnisse für Normalmörtel in Raumteilen Mörtelgruppe Luftkalk Hydraulischer Hydraulischer Zement MG Kalkteig Kalkhydrat Kalk (HL2) Kalk (HL5), Putz- und Mauerbinder (MC5) I 1 – – – – – 1 – – – – – 1 – – – – – 1 – II 1,5 – – – 1 – 2 – – 1 – – 2 – 1 – – – 1 – IIa – 1 – – 1 – – – 2 1 III – – – – 1 IIIa – – – – 1
Sand aus natürlichem Gestein
4 3 3 4,5 8 8 8 3 6 8 4 4
2.1.26 Anwendungsempfehlungen und unzulässige Anwendungen von Mauermörtel Bauteil Normalmörtel Leichtmörtel Dünnbettmörtel MG I II / III / IIa IIIa Außenwände einschalig ohne Wetterschutz + – 0 (Sichtmauerwerk) mit Wetterschutz - bis + 0 bis + 0 bis + (z.B. Putz) zweischalig Außenschale + – 0 (Verblendschale) Innenschale + + + – bis + 0 bis + Innenwände schalldämmend + + + 0 + wärmedämmend 0 bis – + + hochfest + – + Gewölbe N3) N N Kellermauerwerk N3) > 2 Vollgeschosse N N Wanddicke < 240 mm 1) Nichttragende Außenschale von zweischaligen Außenwänden • Verblendschale N N2) N • geputzte Vormauerschale N N2) Sichtmauerwerk, außen mit Fugenglattstrich N N ungünstige Witterungsbedingungen N (Nässe, niedrige Temperaturen) Mauersteine mit einer Höhentoleranz ≥ 1,0 mm N Mauerwerk nach Eignungsprüfung N 1) Bei zweischaligen Wänden mit oder ohne durchgehende Luftschicht gilt als Wanddicke die Dicke der Innenschale 2) Außer nachträglichem Verfugen und für bewehrte Mauerwerkbereiche 3) Anwendung erlaubt für die Instandsetzung von Natursteinmauerwerk aus MG I + empfehlenswert, 0 möglich, – nicht empfehlenswert, N unzulässige Anwendung
65
Material
2.1.27 Anforderungen an Mauermörtel (ohne Rezeptmörtel) nach DIN 1053-1 im Prüfalter von 28 d Prüfgröße KurzEigNormalmörtel Leichtzeichen nungsmörtel Prüfnormen Güte- I II IIa III IIIa LM 21 LM 36 prüfung Mörtelzusammen– EP muss ermittelt werden setzung Druckfestigkeit βD EP – ≥ 3,52) ≥ 72) ≥ 142) ≥ 252) ≥ 72) ≥ 72) DIN 18 555 Teil 3 N/mm2 GP – ≥ 2,5 ≥5 ≥ 10 ≥ 20 ≥5 ≥5 Druckfestigkeit Fuge βDF EP – ≥ 1,25 ≥ 2,5 ≥ 5,0 ≥ 10,0 ≥ 2,5 ≥ 2,5 Vorl. Richtlinie 3) N/mm2 EP – ≥ 2,5 ≥ 5,0 ≥ 10,0 ≥ 20,0 ≥ 5,0 ≥ 5,0 Druckfestigkeit bei βDf EP – – – – – – – Feuchtlagerung N/mm2 GP (DIN 18 555 Teil 3) Haftscherfestigkeit βHS EP – ≥ 0,10 ≥ 0,20 ≥ 0,25 ≥ 0,30 ≥ 0,20 ≥ 0,20 DIN 18 555 Teil 5 Trockenrohdichte ρd EP ≥ 1,5 ≥ 1,5 ≥ 1,5 ≥ 1,5 ≥ 1,5 ≤ 0,7 ≤ 1,0 DIN 18 555 Teil 3 kg/dm3 GP – max. Abweichung + 10% vom Ist-Wert Querdehnungsmodul Eq EP – – – – – > 7500 >15000 4) 4) DIN 18 555 Teil 4 N/mm2 GP – – – – – Längsdehnungsmod. EI EP – – – – – > 2000 > 3000 DIN 18 555 Teil 4 N/mm2 GP – – – – – – – Wärmeleitfähigkeit λ10, tr EP – – – – – ≤ 0,185) ≤ 0,275) DIN 18 555 Teil 1 W/(m • K) Verarbeitbarkeitszeit tv EP – – – – – – – DIN 18 555 Teil 8 h Korrigierbarkeitszeit tk EP – – – – – – – DIN 18 555 Teil 8 min 1) Für diese gelten die Anforderungen als erfüllt 2) Richtwert für Werkmörtel 3) Anforderungen für Würfeldruckverfahren (obere Zeile) und Plattendruckverfahren (untere Zeile); es kann ein Prüfverfahren gewählt werden 4) Trockenrohdichte als Ersatzprüfung 5) Gilt als erfüllt bei Einhalten der Grenzwerte für ρ in GP d
2.1.28 Erforderliche Eignungsprüfung von Mauermörtel Eignungsprüfung ist erforderlich bei Bestimmung der Mörtelzusammensetzung, außer Rezeptmörtel Normalmörtel der Gruppe IIIa, auch bei Rezeptmörtel Nachweis der Brauchbarkeit des Zuschlages Verwendung von mehr als 15 Vol-% Zusatzstoff, bezogen auf Sandanteil Verwendung von Zusatzstoffen und Zusatzmitteln Bauwerken mit mehr als sechs gemauerten Vollgeschossen Wesentlicher Änderung der Mörtelausgangsstoffe oder -zusammensetzung
2.1.29 Empfohlene Mörtelzusammensetzungen für Natursteinmauerwerk Anwendung Mörtelgruppe Trasszement Kalkhydrat Versetzen von Natursteinen
Mauerwerk aus Natursteinen
Ausfugen von Natursteinmauerwerk
66
II II IIa IIa II II IIa IIa III IIa
– 1 – 1 – – – 1 1 –
– 2 – 1 – 1 – 2 – –
Mörtel NM ≈ ≈ ≈ ≈ ≈ ≈ ≈
Dünn bettmörtel
≥ 142) ≥ 10 – – ≥ 70% vom IstWert βD ≥ 0,5 –
– – – – – – ≥4 ≥7
LM ≈
DM ≈
≈
≈
≈ ≈ ≈
≈ ≈ ≈
Trass-Kalk, hydr. Kalk – 3 – – – 3 – – – 1
Zuschlag in mm – 8 (0/4) – 6 (0/4) – 8 (0/4) – 8 (0/4) 4 (0/4) 2,5 (0/4)
Dünnbettmörtel (DM) sind Werk-Trockenmörtel, bestehend aus Zuschlag dichten Gefüges nach DIN 4226, Teil 1, Normzement und Zusätzen. Die Zusammensetzung basiert auf entsprechenden Eignungsprüfungen. Dünnbettmörtel werden für die Vermauerung von Plansteinen mit zulässigen Steinhöhentoleranzen von ± 1 mm verwendet (siehe Kapitel »Verbände«). Aufgrund der Lagerfugendicke von 1 bis 3 mm ist das Größtkorn der Zuschläge auf 1,0 mm beschränkt. Die Trockenrohdichte ρD erreicht im Regelfall Werte über 1,5 kg/dm3. Dünnbettmörtel werden der Gruppe III zugeordnet, die Anwendungsbereiche sind in 2.1.26 zusammengefasst. Mittelbettmörtel (MM) sind derzeit in DIN 1053 noch nicht genormt, jedoch sind bereits bauaufsichtliche Zulassungen erteilt worden. Die bisher zugelassenen Mittelbettmörtel entsprechen von der Zusammensetzung her den Normal- und Leichtmörteln. Sie werden in der Regel unter Faserzusatz als Werk-Trockenmörtel hergestellt und müssen Anforderungen an die Raumbeständigkeit, die Druckfestigkeit (βD ≥ 5 N/mm2), die Trockenrohdichte (ρD ≤ 1,0 kg/dm3) und die Haftscherfestigkeit (βHS ≥ 0,20 N/mm2) erfüllen. Der Unterschied zu den Normal- und Leichtmörteln liegt in der Lagerfugendicke, die baupraktisch mit 5 bis 7 mm wesentlich geringer ist als bei Normal- bzw. Leichtmörteln. Mitteldicke Stoßfugen und folglich geänderte Längenmaße der Mauersteine gibt es jedoch nicht. Das Vermauern im Mittelbettverfahren setzt Steinabmessungen mit einer Höhentoleranz von ± 2 mm voraus, um somit das Auftreten von Spannungsspitzen und damit verbunden eine wesentlich geringere Tragfähigkeit des Mauerwerks zu vermeiden. Hintergrund der derzeitigen Entwicklung von Mittelbettmörtel ist, dass durch eine Verminderung der Lagerfugendicke bei Steinen mit geringer Querzugfestigkeit die Druckfestigkeit des Mauerwerks erhöht werden kann. Dies trifft vor allem bei Hochlochziegeln zu, bei denen zusätzlich nur mit hohem technischen und finanziellen Aufwand (z.B. Schleifen) die erforderliche Planebenheit und Maßhaltigkeit für Dünnbettmauerwerk erreicht wird. Um diesen Aufwand zu minimieren, jedoch gleichzeitig eine Erhöhung der Mauerwerkdruckfestigkeit zu erzielen, wird derzeit als Kompromiss der Mittelbettmörtel entwickelt. Die gezielte, sichere Ausführung von Mittelbettlagerfugen erfordert die Verwendung spezieller Geräte und Verarbeitungstechniken [3; 89]. Vormauermörtel (VM) Der Begriff Vormauermörtel ist in der DIN 1053 nicht genormt. Da dieser Mörtel in Verbindung mit Vormauersteinen verwendet wird, wird er von den Mörtelherstellern als Vormauermörtel bezeichnet. Er ist speziell auf Verblendmauerwerk und dessen Anforderungen hinsichtlich Witterungsschutz und optischer Gestaltung
Putze
abgestimmt. Vormauermörtel ist stets ein Werkmörtel, der bei Verblendmauerwerk die Anforderungen an die Mörtelgruppen II oder IIa, bei einschaligem Verblendmauerwerk die Anforderungen an die Mörtelgruppen II bis IIIa und als Fugenmörtel für nachträgliches Verfugen die Anforderungen an die Mörtelgruppen III und IIIa erfüllen muss (siehe Kapitel »Ausführung von Mauerwerk«). Mörteleigenschaften und Mörtelanforderungen
Die Mörtelkennwerte und die Anforderungen an Mauermörtel sind in DIN 1053-1, Anhang A enthalten. Für die Überwachung sind zusätzlich die Normen DIN 18 555 und DIN 18 557 zu beachten. Die wichtigsten Kennwerte des Mauermörtels sind die Druckfestigkeit βD, die Haftscherfestigkeit βHS, die Trockenrohdichte ρD, der Quer- und Längsdehnungsmodul Eq bzw. El und bei Dünnbettmörtel zusätzlich die Verarbeitungs- und Korrigierbarkeitszeit tv bzw. tk. Die Anforderungen dafür sind in 2.1.27, die Erfordernisse für eine Eignungsprüfung des Mörtels sind in 2.1.28 zusammengestellt. Die Druckfestigkeit βD des Mauermörtels ist ein maßgebender Parameter für die Druckfestigkeit des Mauerwerks. Neben der Druckfestigkeit ist bei Normal- und Leichtmörtel auch die Fugendruckfestigkeit βD,F in der Lagerfuge nach der DIN 18 555, Teil 9 zu bestimmen. Durch diese Prüfung am Kalksand-Referenzstein, der hinsichtlich seines Saugverhaltens und seiner Oberflächenbeschaffenheit als besonders ungünstig eingestuft wird, soll bei der Druckfestigkeitsbestimmung des Mörtels der Einfluss des Stein-Mörtel-Kontakts und das damit bedingte Wasserabsaugverhalten des Mauersteins berücksichtigt werden. Die Haftscherfestigkeit βHS ist sowohl bei Normalmörtel – mit Ausnahme des Rezeptmörtels – als auch bei Leicht- und Dünnbettmörtel zu ermitteln. Zur Herstellung der Verbundkörper dürfen grundsätzlich alle Mauersteine der Formate DF, NF und 2 DF verwendet werden. Da bei Kalksandsteinen jedoch die ungünstigsten Prüfergebnisse erzielt werden, wird im Regelfall die Haftscherfestigkeit an einem Kalksandstein als Referenzstein (DIN 106 – KS 12-2,0NF) durchgeführt. Die Haftscherfestigkeit ist maßgebend für die Zug-, Biegezug- und Schubfestigkeit sowie für die Dauerhaftigkeit (Dichtigkeit vor Schlagregen) des Mauerwerks. Die Trockenrohdichte ρD ist bei Leichtmörtel zu bestimmen. Sie dient der Abgrenzung von Normal und Leichtmörtel sowie der Eingruppierung in LM 21 bzw. LM 36. Die Trockenrohdichte ist zur Beurteilung der bauphysikalischen Eigenschaften sowie zur Festlegung des Eigengewichts des Mauerwerks erforderlich. Da sich Leichtmörtel im Mauerwerk unter Lasteinwirkung infolge der Leichtzuschläge in Querrichtung relativ stark verformen und somit die Druckfestigkeit des Mauerwerks maßgeblich beeinflussen, ist als Kenngröße für dieses Querdehnungsverhalten der Querdehnungs-
modul Eq zu bestimmen. Er ist der Sekantenmodul aus 1/3 der Mörtelfestigkeit und der zugehörigen Querdehnung, ermittelt an Mörtelprismen mit einer Grundfläche von100 • 100 mm bzw. 95 • 95 mm und einer Höhe von 200 mm. Zusätzlich zum Querdehnungsmodul wird bei der Prüfung der Längsdehnungsmodul El mitbestimmt. Je kleiner der Wert für Eq, desto größer ist die Querverformbarkeit des Leichtmörtels und desto geringer ist die Mauerwerkdruckfestigkeit. Ausschließlich bei Dünnbettmörteln ist die Verarbeitungszeit tv und die Korrigierbarkeitszeit tk zu bestimmen. Eine Verarbeitungszeit von min. 4 h ist erforderlich, da die im Regelfall angemischten Mörtelmengen aufgrund der geringen Lagerfugendicke nur sehr langsam verarbeitet werden können. Eine Korrigierbarkeitszeit von mindestens 7 Min. ist erforderlich, um den bereits aufgesetzten Stein noch in seiner Lage korrigieren zu können. Mörtel für Natursteinmauerwerk
In der Regel sind Normalmörtel der Gruppen II und IIa nach DIN 105-31, Anhang A oder trasshaltige Kalk- bzw. Trass-Zement-Kalkmörtel zu empfehlen, jedoch kann es auch erforderlich sein, spezielle Mörtelrezepturen für Natursteinmauerwerk zu entwickeln [105]. Besonders bestimmte Marmorarten können gegen Verfärbung durch Kalk empfindlich sein. Dem Mörtel darf in diesen Fällen kein Kalk zugefügt werden, vielmehr sind spezielle Trass- und Schnellzemente zu verwenden. In 2.1.29 sind empfohlene Mörtelzusammensetzungen für Natursteinmauerwerk aufgeführt. Neue Mörtel
Neue Mauermörtel werden derzeit in den Bereichen Mittelbett- und Leichtmörtel entwickelt. Beide Mörtelarten zielen dabei auf eine Optimierung der bauphysikalischen Eigenschaften (Wärmeschutzverhalten) durch die Verwendung besonderer Leichtzuschläge. Die neu entwickelten Leichtmörtel unterliegen derzeit noch bauaufsichtlichen Zulassungen, da an die speziellen Leichtzuschläge besondere, nicht genormte Anforderungen (Zusammensetzung, Vorgaben zum Mischen mit anderen Zuschlägen, Gesundheitsschutz bei der Verwendung von Reststoffen) gestellt werden, um nach DIN 1053, Teil 1 als Leichtmörtel mit den entsprechenden Eigenschaften klassifiziert werden zu können. Solche zulassungsbedürftigen Leichtzuschläge sind z. B. Blähglimmer, Blähperlite, Kraftwerkskessel-Rostasche, Schaumglas und Polystyrolperlen. Die neu entwickelten Leichtmörtel sind in [79] zusammengestellt.
Putze Putz ist ein an Wänden und Decken ein- oder mehrlagig in bestimmter Dicke aufgetragener Belag, der seine endgültigen Eigenschaften
erst durch Verfestigung am Baukörper erreicht. Grundbegriffe und Anforderungen an Putze sind in der Normenreihe DIN 18 550, Teil 1 bis 4 enthalten (Abb. 2.1.30). Die Aufgaben von Putzen können unterteilt werden in die Oberflächengestaltung von Bauwerken sowie in die Erfüllung von bauphysikalischen Eigenschaften. Bei der Oberflächengestaltung dienen Putze der Schaffung von ebenen und fluchtgerechten Flächen als Sichtflächen (z. B. Strukturierung, Farbgebung) oder als Untergrund für Anstriche, Tapeten und Beschichtungen. Bauphysikalische Aufgaben sind der Witterungsund Feuchteschutz (Regenschutz) durch wasserhemmende und wasserabweisende Putze, der Wärmeschutz durch Leicht- oder Wärmedämmputze, die Verbesserung des Schall- und Brandschutzes (Putz als Brandschutzbekleidung) sowie die Schaffung eines Speichers zur vorübergehenden Aufnahme von überhöhter Raumfeuchte (Innenwand- und Deckenputze in Feuchträumen). Zusätzlich können Putze Anforderungen an die mechanische Beanspruchbarkeit bzw. Abriebfestigkeit (Sockelputz, Kellerwandputz) und an eine erhöhte Strahlungsabsorption erfüllen. Bei Putzen ist zu unterscheiden zwischen Putzen mit mineralischen Bindemitteln, für deren Herstellung Putzmörtel verwendet werden, und solchen mit organischen Bindemitteln (Kunstharzputze), die aus Beschichtungsstoffen hergestellt werden. Putzmörtel
Putzmörtel ist ein Gemisch aus einem oder mehreren Bindemitteln, Zuschlag mit einem überwiegenden Kornanteil zwischen 0,25 und 4 mm und Wasser sowie gegebenenfalls auch Zusätzen. In Sonderfällen kann bei Mörtel für Oberputz der Kornanteil größer 4 mm überwiegen. Bei Mörteln aus Baugipsen und Anhydritbindern kann der Zuschlag entfallen. Putzmörtel werden in die Putzmörtelgruppen P I bis P V eingeteilt. Dabei kommen als Bindemittel neben Kalk und Zement auch Gips und Anhydrit zur Verwendung. Die Putzmörtelgruppen P I bis P III entsprechen hinsichtlich der Zusammensetzung den Mauermörtelgruppen MG I bis MG III. Wenn Putzmörtel nach den Mischungsverhältnissen der DIN 18 550, Teil 2, Tabelle 3 hergestellt werden, können sie wie Rezeptmörtel behandelt werden. Sie erfüllen dann im Regelfall die Anforderungen der DIN 18 550, Teil 2, Tabelle 2 (Abb. 2.1.31) und können somit für die in den Tabellen 3 bis 6 der DIN 18 550, Teil 1 angegebenen Putzsysteme verwendet werden. Bei einer von der Rezeptmischung abweichenden Zusammensetzung sind Eignungsprüfungen erforderlich. Putzmörtel werden nach dem Zustand in Frischoder Festmörtel und nach dem Herstellort in Baustellen- oder Werkmörtel unterschieden. Beschichtungsstoffe
Beschichtungsstoffe bestehen aus organischen
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Material
2.1.30 Grundbegriffe der Putztechnologie Fachbegriff Erläuterung Putzsystem Die Lagen eines Putzes, die in ihrer Gesamtheit und in Wechselwirkung mit dem Putzgrund die Anforderungen an den Putz erfüllen. Auch einlagiger Putz kann als Putzsystem bezeichnet werden. Putzlagen Putz, der in einem Arbeitsgang durch einen oder mehrere Anwürfe des gleichen Mörtels entsteht. Untere Lagen werden »Unterputz«, die oberste Lage »Oberputz« genannt. Putzschicht Eine Putzlage kann »mehrschichtig« aufgetragen werden. Dies erfolgt »frisch in frisch« und in der Regel gerüstelagenweise. Unterputz Untere Lagen eines mehrlagigen Putzsystems Oberputz Oberste Lage eines Putzsystems Ausgleichsputz Putzlage, die bei dünnlagigen Oberputzen (z.B. Münchner Rauputz, Reibeputz, Kornputz) vor Aufbringen des Oberputzes auf den Unterputz aufgetragen wird. Wasserhemmende Putzsysteme gelten als wasserhemmend, wenn der Wasseraufnahmekoeffizient Putzsysteme kleiner als 2,0 kg/(m2 · h0,5) ist. Wasserabweisende Putzsysteme aus mineralischen Putzen gelten als wasserabweisend, Putzsysteme wenn bei der Prüfung nach 28 Tagen der Wasseraufnahmekoeffizient kleiner oder gleich 1,0 kg/(m2 • h0,5) ist.
2.1.31 Mörtelgruppen für Putzmörtel und Beschichtungsstoffe Putzmörtelgruppe, Art der Bindemittel Beschichtungsstoff-Typen bzw. Mörtelart PI a Luftkalke b Wasserkalke c Hydraulische Kalke P II a Hydraulische Kalke, Putze & Mauerbinder b Kalk-Zement P III a Zement und Kalkhydratzusatz b Zement P IV a Gipsmörtel b Gipssandmörtel c Gipskalkmörtel d Kalkgipsmörtel PV a Anhydritmörtel b Anhydritkalkmörtel P Org 1 Beschichtungsstoffe mit organischen Bindemitteln für Innen- und Außenputze P Org 2 Beschichtungsstoffe mit organischen Bindemitteln für Innenputze
2.1.32
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17
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βD, mittel nach 28 d [N/mm2] keine Anforderung keine Anforderung 1,0 2,5 2,5 10,0 10,0 2,0 2,0 2,0 keine Anforderung 2,0 2,0 keine Anforderung keine Anforderung
Beispiele für Außenputzsysteme nach DIN 18 550, Teil 1 Anforderung bzw. Putzmörtelgruppe bzw. Beschichtungsstoff für Putzanwendung Unterputz Oberputz wasserhemmend PI PI – PIc – P II P II PI P II P II wasserabweisend PIc PI P II PI – PIc – P II P II P II erhöhte Festigkeit – P II P II P II P II P Org 1 Kellerwandaußenputz – P III Außensockelputz – P III (wasserabweisend) P III P III P III P Org 1
Bindemitteln in Form von Dispersionen oder Lösungen und Füllstoffen / Zuschlägen mit überwiegendem Kornanteil > 0,25 mm. Beschichtungsstoffe werden in P Org 1 und P Org 2 unterschieden (Abb. 2.1.31). Putzanwendungen, Putzsysteme mit Anforderungen
Die verschiedenen Putze werden vorrangig nach ihrem Aufbringort am Bauwerk und der damit verbundenen Beanspruchungsart sowie nach den an die Putze gestellten Anforderungen klassifiziert. Häufig werden dabei zur Erzielung der an den Putz gestellten Anforderungen Putzsysteme verwendet, die aus mehreren Lagen verbunden mit evtl. verschiedenen Putzmörtelgruppen und/oder Beschichtungsstoffen aufgebaut sind. Außenputze sind auf die Außenflächen von Bauwerken aufgebrachte Putze. Sie werden aufgeteilt in Außenwandputz auf über dem Sockel liegenden Flächen, in Kellerwandaußenputz im Bereich der Erdanschüttung, in Außensockelputz im Bereich oberhalb der Anschüttung und in Außendeckenputz auf der Witterung ausgesetzten Deckenunterseiten. Aufgrund seiner Hauptaufgabe, den Putzgrund dauerhaft vor Umwelt- und Witterungseinflüssen zu schützen, ist der Außenputz ein wichtiger Bestandteil der Außenwand. Der Putz soll der Einwirkung von Feuchtigkeit, besser noch der Einwirkung von Wasser aus Regen bzw. Schlagregen und der damit verbundenen Durchfeuchtung des Putzes widerstehen, um bauphysikalische Eigenschaftsverschlechterungen des Wandkörpers zu vermeiden. Dafür muss der Außenputz wasserhemmende oder sogar wasserabweisende Eigenschaften aufweisen. Andererseits soll der Außenputz eine möglichst hohe Wasserdampfdurchlässigkeit besitzen, um eine Feuchtigkeitserhöhung in der Wand durch innere Kondensation zu vermeiden. Zusätzliche Funktionen des Außenputzes sind die optische Gestaltung der Fassade (Oberflächenstrukturierung, Farbgebung) sowie die Verbesserung des Wärmeschutzes. Dazu wird der Putz als Wärmedämmputz oder als Wärmedämm-Verbundsystem ausgeführt. Außenputze, die als Träger von organischen Beschichtungen dienen oder die stärker mechanisch beansprucht werden (Druckbeanspruchung, Abrieb), müssen eine Mindestdruckfestigkeit von 2,5 N/mm2 aufweisen. Außerdem ist auf die mechanische Verträglichkeit (Festigkeit, Steifigkeit) mit dem Putzgrund zu achten. Kellerwandaußenputze werden im Bereich der Erdanschüttung zur Aufnahme der vertikalen Abdichtung ausgeführt. Sie müssen als Träger von Beschichtungen aus Mörteln mit hydraulischen Bindemitteln hergestellt werden. Diese Putze müssen eine Mindestdruckfestigkeit von 10 N/mm2 erreichen, dies wird bei Verwendung von Putzen der Mörtelgruppe P III
Putze
gewährleistet. Bei Mauerwerk aus Steinen der Druckfestigkeitsklasse 6 und niedriger darf jedoch aufgrund der Verträglichkeit zwischen Putz und Putzgrund die Mörtelfestigkeit 10 N/ mm2 nicht wesentlich übersteigen. Außensockelputze werden oberhalb der Erdanschüttung bis in eine Höhe von mindestens 30 cm über Geländeoberkante ausgeführt. Sie müssen ausreichend fest, wenig wassersaugend sowie widerstandsfähig gegen Einwirkung von Feuchtigkeit (Spritzwasser und Schnee) und Frost sein. Bei der Verwendung von Putzmörtel mit mineralischen Bindemitteln müssen diese eine Mindestdruckfestigkeit von 10 N/mm2 aufweisen, bei Putzgrund auf Mauerwerk aus Steinen der Druckfestigkeitsklasse 6 oder geringer darf auch Mörtel mit hydraulischen Bindemitteln mit einer Mindestdruckfestigkeit von 5 N/mm2 sowie wasserabweisenden Eigenschaften verwendet werden. Die für die jeweiligen Anforderungen an die Außenputze möglichen Putzsysteme sind in 2.1.32 zusammengestellt. Innenputze sind auf Innenflächen aufgebrachte Putze. Sie werden unterschieden in Innenwand- bzw. Innendeckenputze für Räume üblicher Luftfeuchte einschließlich der häuslichen Küchen und Bäder sowie in Innenwand- bzw. Innendeckenputze für Feuchträume. Innenputze dienen zum einen der Herstellung von ebenen und fluchtgerechten Flächen, zum anderen sind sie ein Speicher zur vorübergehenden Aufnahme von überhöhter Raumfeuchte. Letztendlich tragen Innenputze auch zur Verbesserung des Schall- und Brandschutzes bei. Wenn Innenputze als Träger von Anstrichen und Tapeten verwendet und somit auf diese zusätzliche Spannungen übertragen werden, müssen die Putzmörtel eine Mindestdruckfestigkeit von 1,0 N/mm2 aufweisen. Für Innenwandflächen, die mechanischen Beanspruchungen ausgesetzt sind (z. B. in Treppenhäusern und Fluren von öffentlichen Gebäuden und Schulen), sind Putze mit erhöhter Abriebfestigkeit erforderlich. Die Anforderungen an die Abriebfestigkeit des Oberputzes werden von Putzmörteln der Gruppen P II bis P V erfüllt. Für Innenwand- und Innendeckenputze, die gegen langzeitig einwirkende Feuchtigkeit beständig sein müssen (z. B. bei gewerblich bzw. öffentlich genutzten Bädern, Duschen und Küchen), dürfen keine Putzmörtel mit Baugips und/oder Anhydritbinder als Bindemittel verwendet werden. Putze, die als Ansetzoder Verlegefläche für keramische Verkleidungen (Fliesen) dienen, müssen eine Mindestdruckfestigkeit von 2,5 N/mm2 aufweisen und dürfen nicht gefilzt oder geglättet werden. Putzsysteme für Innenputze sind in 2.1.33 zusammengestellt. Leichtputze sind in ihrer Festigkeit und Verformungsfähigkeit
auf ein Mauerwerk mit hoher Wärmedämmung und geringer Festigkeit abgestimmt. Im Gegensatz zu anderen Putzmörteln ist die Festigkeit der Leichtputze sowohl nach unten (≥ 2,5 N/ mm2) als auch nach oben begrenzt (≤ 5,0 N/ mm2). Leichtputze weisen ein besonders hohes »Entkopplungsmaß« auf; d.h. sie entkoppeln den Oberputz vom Untergrund und liefern damit einen entscheidenden Beitrag zur Vermeidung von Rissen. Sie können als Oberputz und Unterputz eingesetzt werden. Leichtputzmörtel zur Verwendung als Oberputz dürfen keine organischen Zuschläge enthalten. Putzsysteme für Außenputze mit Leichtputz müssen wasserabweisend sein [3]. Wärmedämmputze, Wärmedämmputzsysteme werden zur wärmeschutztechnischen Verbesserung von einschaligen Außenwänden bei Neubauten sowie bei der Sanierung von Altbauten eingesetzt. Aufgrund der geringen Anforderungen an den Putzgrund werden sie des Weiteren zum Ausgleich größerer Unebenheiten der Außenwand sowie bei weniger festem Putzgrund wie z. B. Leichtmauerwerk eingesetzt. Wärmedämmputze werden aus Werkmörteln mit Zuschlägen niedriger Rohdichte hergestellt. Sie werden als solche bezeichnet, wenn der Rechenwert der Wärmeleitfähigkeit λR ≤ 0,2 W/(m · K) ist. Dies ist im Regelfall mit einer Trockenrohdichte des erhärteten Mörtels von ρtr ≤ 0,6 kg/dm3 erfüllt. Wärmedämmputzsysteme sind aus einem 20 bis 100 mm dicken Wärmedämmunterputz mit Zuschlag aus expandiertem Polystyrol (EPS) und einem darauf abgestimmten wasserabweisenden Oberputz aus mineralischen Bindemitteln und mineralischem Zuschlag mit einer Dicke von 8 bis 15 mm zusammengesetzt. Bei dünnlagigen Oberputzen wird vor dessen Aufbringen ein Ausgleichsputz von mindestens 6 mm aufgetragen. Nach dem Fertigstellen des Wärmedämmunterputzes und vor dem Aufbringen des Oberputzes ist eine Mindestzeitspanne von 7 d, bei größeren Dicken des Unterputzes ist eine Mindestzeitspanne von 1 d je 10 mm Dicke abzuwarten. Bei ungünstigen Witterungsbedingungen (hohe Luftfeuchte und niedrige Temperaturen) sind diese Zeiten zu verlängern. Neben den in der DIN 18 550, Teil 3 genormten Putzsystemen mit Polystyrolzuschlägen gibt es auch Wärmedämmputzsysteme, die auf anorganischen Leichtzuschlägen basieren und durch bauaufsichtliche Brauchbarkeitsnachweise zugelassen sind. Wärmedämmputzsysteme sind aufgrund der geringen Festigkeit für gering und stark belastete Außenwandsockelbereiche ungeeignet. Sie werden in die Wärmeleitfähigkeitsgruppen 060, 070, 080, 090 und 100 eingestuft, wobei die Wärmeleitfähigkeitsgruppe 070 am häufigsten verwendet wird (070 stellt den Rechenwert der Wärmeleitfähigkeit λR = 0,070 W/(m · K) dar).
Wärmedämm-Verbundsysteme (WDVS) bestehen vorrangig aus den drei Schichten Klebemörtel, Wärmedämmung (Polystyrol-Hartschaum oder Mineralwolle) und Putz, welcher sich aus Armierungs- und Oberputz zusammensetzt. Je nach Aufbau und Untergrund können WDVS auf den Untergrund geklebt, gedübelt oder mittels Schienen befestigt werden. Als Mörtel (Klebemörtel, Armierungs- und Oberputz) werden dispersionsgebundene, silikatgebundene oder auch zementgebundene Mörtel eingesetzt. WDVS werden derzeit noch in bauaufsichtlichen Zulassungen geregelt. Wärmedämm-Verbundsysteme werden sowohl bei Neubauten aus einschaligem Mauerwerk als auch zur nachträglichen Verbesserung der wärmeschutztechnischen Eigenschaften von Altbaumauerwerk eingesetzt. Sanierputze dienen zum Verputzen feuchter und/oder salzhaltiger Mauerwerke. Ausblühungen werden dadurch vermieden, dass baustoffschädigende Salze im Putz eingelagert und somit von der Putzoberfläche ferngehalten werden. Eine hohe Wasserdampfdurchlässigkeit des Putzes bewirkt gleichzeitig günstige Austrocknungsbedingungen für das Mauerwerk. Für Sanierputze werden Putzmörtel verwendet, die im erhärteten Zustand eine hohe Porosität und Wasserdampfdurchlässigkeit bei gleichzeitig stark verminderter Kapillarität aufweisen. Sanierputze werden überwiegend bei der Bauwerkssanierung (Altbauten, historische Bauten) eingesetzt. Sie sind derzeit normentechnisch nicht erfasst, werden jedoch ausführlich in [165] geregelt. Putzausführung
Putzgrund, Putzträger, Putzbewehrung Der Putzgrund muss einen festen und dauerhaften Verbund zum Putz gewährleisten. Die Beschaffenheit des Putzgrundes ist deshalb für die Eigenschaften des Putzes von wesentlicher Bedeutung. Ist der Putzgrund ausreichend fest, genügend gleichmäßig, eben, nicht zu glatt, nicht zu saugfähig, sauber, trocken und frostfrei, so ist eine Vorbehandlung des Putzgrundes nicht erforderlich. Die erste Putzlage kann dann direkt auf den Putzgrund aufgebracht werden. Sind die Anforderungen an den Putzgrund nicht gegeben, muss dieser vorbehandelt werden. Dazu gehören Vornässen des Putzgrundes, ein voll deckender oder nicht voll deckender (warzenförmiger) Spritzbewurf, Putzhaftbrücken und Grundierungen auf Basis organischer Bindemittel sowie das Korrigieren von Fehlstellen im Mauerwerk. Stark saugender Putzgrund ist vorzunässen oder mit einem voll deckenden Spritzbewurf zu versehen. Bei Putzgrund aus unterschiedlichen Baustoffen wird ebenso ein voll deckender Spritzbewurf angewendet. Dieser entsteht durch Anwurf eines Mörtels mit möglichst grobkörnigem Zuschlag in einer Dicke, die den Putzgrund völlig bedeckt.
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Material
Der nicht voll deckende Spritzbewurf verbessert die Putzhaftung bei schwach saugendem Putzgrund. Dabei wird auf den Putzgrund nur soviel Mörtel mit grobkörnigem Zuschlag aufgebracht, dass dieser noch durchscheint. Die Oberfläche des Spritzbewurfes wird sowohl beim voll deckenden als auch beim nicht voll deckenden Spritzbewurf nicht bearbeitet. Das Korrigieren von Fehlstellen im Mauerwerk ist vor allem bei knirsch gestoßenen Stoßfugen mit Fugenöffnungen von mehr als 5 mm sowie zum Schließen von Leitungsschlitzen erforderlich. Die Fehlstellen sind dabei flächenbündig zu verschließen. Dies gilt auch für Nut- und Federflächen bzw. Mörteltaschen an Gebäudeecken und Laibungen, sowie bei Gerüstlöchern und entfernten Außenscherben von Mauerziegeln. Die Fehlstellen müssen dabei mindestens vier Wochen vor dem Verputzen verschlossen werden. Im Regelfall kommt dafür Leichtmörtel zur Anwendung [164]. Putzträger werden flächig ausgeführt und dienen ebenso der Verbesserung der Putzhaftung auf dem Putzgrund. Sie werden bei ungeeignetem oder fehlendem durchgehenden Untergrund (z. B. Holz- oder Stahlkonstruktion) als Ersatzputzgrund eingesetzt. Dabei erfolgt eine weitgehende Entkopplung des Putzes von der tragenden Konstruktion. Werden einzelne Bauteile, die als Putzgrund ungeeignet sind, mit einem Putzträger überspannt, so muss dieser allseitig mindestens 100 mm auf den umgebenden geeigneten Putzgrund übergreifen und befestigt werden. Als Putzträger können metallische Putzträger, Gipskarton-Putzträgerplatten, Holzwolle-Leichtbauplatten, MehrschichtLeichtbauplatten, Ziegeldrahtgewebe und Rohrmatten verwendet werden. Putzträger müssen die auf die Putzschale wirkenden Lasten aus Eigengewicht, Winddruck und Windsog in die tragende Konstruktion ableiten können. Putzbewehrungen aus Metall, mineralischen Fasern und Kunststofffasern sind Einlagen im Putz, die die Putzhaftung und die Rissbildung in den Zugzonen verbessern. Dies setzt jedoch eine Abstimmung der Steifigkeit und Festigkeit der Bewehrung auf die Putzeigenschaften und einen sachgerechten Einbau der Bewehrung voraus. Dazu gehört die Minimierung der Verbindungen der Putzbewehrung mit dem Putzgrund, um nicht unnötig Spannungen vom Putzgrund auf die Bewehrung zu übertragen, sowie eine Stoßüberlappung von mindestens 100 mm (Abb. 2.1.35). Abgestimmter Putzaufbau Putze können ein- oder mehrlagig aufgebracht werden. Eine Putzlage ist dabei eine in einem Arbeitsgang durch einen oder mehrere Anwürfe des gleichen Mörtels bzw. durch Auftragen des Beschichtungsstoffes ausgeführte Putzschicht. Der Spritzbewurf ist als Vorbereitung des Putzgrundes keine Putzlage. Die Summe der Lagen eines Putzes, die in ihrer Gesamtheit mit dem Putzgrund die Anforderungen an den
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Putz erfüllen, werden als Putzsystem bezeichnet. Auch einlagiger Putz kann folglich als Putzsystem bezeichnet werden. Die unteren Lagen eines Putzsystems werden Unterputz, die oberste Lage wird Oberputz genannt. Die thermische Beanspruchung einer Außenwand nimmt von außen nach innen ab. Der Oberputz ist folglich den größten Formänderungen aus Temperatur ausgesetzt und muss somit eine große Elastizität haben. Dementsprechend sollen die Putzlagen von innen nach außen elastischer werden, dies wird durch die Putzregel »weich auf hart« ausgedrückt. Die in der DIN 18 550, Teil 1 genannten Putzsysteme bauen auf dieser Regel auf. Um jedoch bei Wärmedämmputzen und Wärmedämm-Verbundsystemen die wärmeschutztechnischen Vorteile und Eigenschaften zu gewährleisten, muss bei diesen Putzsystemen die Putzregel umgekehrt werden. Auf weiche Unterputze bzw. weiche Wärmedämmplatten folgt ein harter, wasserabweisender Oberputz. Dies macht jedoch eine Entkopplung der Schichten durch eine Zwischenschicht erforderlich, um das Rissrisiko zu minimieren [218]. Bei Leichtputzen wird ebenso der Oberputz vom Untergrund durch eine möglichst weiche Zwischenschicht entkoppelt. Der Grund dafür sind die wärmedämmenden Eigenschaften der Mauersteine, die nur durch eine Verminderung der Trockenrohdichte und einer damit bedingten Erhöhung der Verformbarkeit der Steine erzielt werden können. Im Sinne eines abgestimmten Putzaufbaus brauchen diese Steine einen verformungsweichen Unterputz, um wiederum die Rissbildung zu reduzieren. Putzdicke Die Putzdicken sind in Abhängigkeit von der Mörtelart und dem Verwendungszweck in der DIN 18 550, Teil 2 verankert (Abb. 2.1.34). Um den allgemeinen Anforderungen zu genügen, muss die mittlere Putzdicke außen 20 mm und innen 15 mm betragen, bei einlagigen Innenputzen aus Werk-Trockenmörtel sind 10 mm ausreichend. Die zulässige Mindestdicke an einzelnen Stellen darf dabei 5 mm nicht unterschreiten. »Dünnputze«, wie sie teilweise im Innenbereich Verwendung finden, entsprechen aufgrund ihrer geringen Dicke nicht den Anforderungen der DIN 18 550. Putzweise Als Putzweise wird die Ausführung des Oberputzes hinsichtlich der Oberflächenbearbeitung und der dadurch entstehenden Oberflächenstruktur bezeichnet. Gefilzter oder geglätteter Putz erhält seine Oberfläche durch Bearbeitung mit Filzscheibe bzw. Glättkelle (Traufel). Bei fein geriebenen, gefilzten oder geglätteten Putzen besteht die Gefahr, dass beim Verreiben eine Bindemittelanreicherung an der Oberfläche entsteht, welche die Bildung von Schwindrissen fördert und bei Luftkalkmörteln das
Erhärten der tieferen Schichten hemmt. Geriebener Putz oder Reibeputz wird je nach Art des verwendeten Werkzeugs (Holzscheibe, Traufel) als Münchner Rauputz, Rillenputz, Wurmputz, Madenputz, Rindenputz oder Altdeutscher Putz bezeichnet. Kellenwurfputz erhält seine Struktur durch das Anwerfen des Mörtels. Im Regelfall wird dafür ein Zuschlag grober Körnung bis etwa 10 mm verwendet. Kellenstrichputz wird je nach Auftrag mittels Kelle oder Traufel fächer- oder schuppenförmig verstrichen. Spritzputz wird durch zwei- oder mehrlagiges Aufsprenkeln eines feinkörnigen, dünnflüssigen Mörtels mittels Spritzputzgerät hergestellt. Kratzputz wird durch Kratzen mit einem Nagelbrett, einem Sägeblatt oder einer Ziehklinge hergestellt. Hierdurch wird die bindemittel- und folglich spannungsreiche Oberfläche des aufgetragenen Oberputzes entfernt. Durch das hervorstehende Korn entsteht die charakteristische Putzstruktur. Der richtige Zeitverlauf des Kratzens richtet sich nach dem Erhärtungsverlauf des Putzes. Er ist dann erreicht, wenn das Korn beim Kratzen herausspringt, aber am Nagelbrett nicht hängen bleibt. Kratzputz ist nicht zu bemängeln, wenn sich einzelne Körner beim Abreiben mit der Hand lösen lassen. Waschputz erhält seine Struktur durch Abwaschen der an der Oberfläche befindlichen, noch nicht erhärteten Bindemittelschlämme. Er erfordert ausgewählte Zuschläge grober Körnung sowie einen Unterputz, der der Mörtelgruppe III entspricht. Ausführung, Nachbehandlung Um Putzschäden (Risse, Ablösen des Oberputzes etc.) zu vermeiden, sind beim Putzen die Witterungseinflüsse zu berücksichtigen. Bei Frost darf ein Außenputz nur aufgebracht werden, wenn die Putzfläche gegenüber dem Einfluss der Außentemperatur vollständig abgeschlossen ist und der somit geschützte Raum bis zum ausreichenden Erhärten des Putzes beheizt wird. Ferner sind Außenputzflächen vor Regeneinwirkung sowie zu schnellem Wasserentzug infolge starken Sonnenscheins, Wind oder Zugluft zu schützen. Innenputzarbeiten dürfen nur bei Innenraumtemperaturen von mehr als + 5 °C durchgeführt werden. Bei mehrlagigen Putzsystemen muss zwischen dem Auftragen der einzelnen Putzschichten eine ausreichend lange Zeitspanne vorgesehen werden. Die Folgelage darf erst aufgebracht werden, wenn die vorhergehende Lage trag- und haftfähig sowie ausreichend trocken ist. Eine ausreichende Trocknungszeit ist erforderlich, um der vorgehenden Lage Zeit zum Abklingen des unvermeidlichen Schwindvorganges zu gewährleisten. Wird die Folgelage vor dem Abklingen des Schwindens aufgebracht, führt dies zu einer übermäßigen Beanspruchung und folglich zur Rissbildung der Folgelage. Dies ergab somit die bauprakti-
Putze
schen Regeln »1 Tag Standzeit je mm Unterputzdicke« für den Regelfall und »1 Tag Standzeit je 10 mm Unterputzdicke, mindestens jedoch 7 Tage« für Wärmedämmputzsysteme. Auf einen Spritzbewurf darf die erste Putzlage erst nach ausreichender Erhärtung des Mörtels, frühestens jedoch nach 12 h aufgetragen werden. Vor dem Auftragen der Folgelage ist die vorhergehende Lage gegebenenfalls aufzurauen und vorzunässen. Eine Nachbehandlung der Putze ist vor allem bei Putzmörteln der Gruppen P I, P II und P III durchzuführen. Dabei sind die Putze vor zu schneller Austrocknung zu schützen und ggf. feucht zu halten. Putzrisssicherheit Putze, vor allem Außenputze, schwinden durch Wasserabgabe. Dieses Schwinden wird nach ausreichender Anfangsfestigkeit des Putzes durch den in der Regel nicht bzw. nicht in gleicher Weise schwindenden Putzgrund behindert. Die folglich entstehenden Zugspannungen im Putz führen bei Überschreitung der geringen Putzzugfestigkeit zu Rissen. Bei zusätzlicher Ausdehnung des Mauerwerk (z. B. infolge Temperatur, chemischem Quellen von Mauerziegeln) und gleichzeitigem Schwinden des Putzes vergrößert sich die Rissgefahr. Eine Rissbildung in Putzen kann jedoch auch auf Mängel im Putzgrund (ungleichmäßiger Putzgrund mit Materialwechsel, Schwachstellen im Putzgrund, unterschiedliches Verformungsverhalten des Putzgrundes) und auf Mängel in der Putzausführung (ungenügende Vor- und Nachbehandlung, zu kleine Standzeiten, zu dicker Putzauftrag je Putzlage, falsch abgestimmter Putzaufbau, wechselnde Putzdicken) zurückgeführt werden. Grundsätzlich ist eine völlig rissfreie Oberfläche nicht oder nur mit großem Aufwand herstellbar. Es ist somit das Ziel, durch einen abgestimmten Putzaufbau (Putzregeln) sowie eine korrekte Putzausführung die Bildung von breiten Rissen mit großem Abstand zu vermeiden, da sonst Feuchtigkeit in den Putz und von dort aus evtl. in den Putzgrund eindringen und zu Schäden (Abplatzungen durch Frosteinwirkung, Verschlechterung der bauphysikalischen Eigenschaften des Mauerwerks) führen kann. Im begrenzten Umfang vorhandene fein verteilte, schmale Haarrisse bis zu etwa 0,2 mm Rissbreite sind hingegen nicht schädlich, da sie die Funktionsfähigkeit des Putzes nicht beeinträchtigen. Es ist zwar über die Risse unter Umständen eine verstärkte Wasseraufnahme möglich, das eingedrungene Wasser kann jedoch über Verdunstung schnell wieder abtrocknen. Überdies haben fein verteilte Haarrisse im Oberputz von Wärmedämm-Verbundsystemen keinen Einfluss auf die Dämmstofffeuchte und somit auf die Wärmedämmeigenschaften des WDVS, da die gebräuchlichen Dämmstoffe (PolystyrolHartschaumplatten und Mineralwolleplatten) weder hygroskopisch noch kapillaraktiv sind.
2.1.33
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18
Beispiele für Innenputzsysteme nach DIN 18 550, Teil 1 Anforderung bzw. Putzmörtelgruppe bzw. Beschichtungsstoff für Putzanwendung Unterputz Oberputz nur geringe Beanspruchung P I a, b P I a, b P II P I a, b; P IV d P IV P I a, b; P IV d übliche Beanspruchung PIc PIc (schließt geringe Beanspruchung mit ein) – P II P II P I c; P II; P IV a, b, c; P V; P Org 1; P Org 2 – P III P III P I c; P II; P III; P Org 1; P Org 2 – P IV a, b, c P IV a, b, c P IV a, b, c; P Org 1; P Org 2 PV P V; P Org 1; P Org 2 – P Org 1; P Org 2 Feuchträume PI PI (hierzu zählen nicht häusliche – P II Küchen und Bäder) P II P I; P II; P Org 1 – P III P III P II; P III; P Org 1 – P Org 1
2.1.34 Erforderliche Putzdicken Putzsystem Außenputz (bei mehrlagigem Außenputz Dicke des Systems aus Unter- und Oberputz) Einlagiger wasserabweisender Außenputz aus Werkmörtel Innenputz (bei mehrlagigem Innenputz Dicke des Systems aus Unter- und Oberputz) Einlagiger Innenputz aus Werk-Trockenmörtel Wärmedämmputzsystem Unterputz Oberputz Ausgleichsputz (falls erforderlich)
Mittlere Putzdicke ≥ 20 mm ≥ 15 mm ≥ 15 mm ≥ 10 mm ≥ 20 mm, ≤ 100 mm π 10 mm ≥ 6 mm
2.1.35 Mängel im Putzgrund, Maßnahmen zur Behebung der Mängel Mängelfälle Maßnahmen Putzgrund mit Bereichen geringer Festigkeit, Steifigkeit Putzträger, Putzbewehrung mit ausreichender Überdeckung größere Risse Risse verschließen oder mit Bewehrung/ Putzträger überbrücken breite Fugen mit Öffnungsbreiten > 5 mm Vermörtelung der Fugen mit Mörtel nach DIN 1053-1 unebener Putzgrund, Vertiefungen, Erhöhungen Ausgleichsputz Materialwechsel Spritzbewurf, Putzträger ungleichmäßige, geringe Rauheit des Putzgrundes Spritzbewurf ungleichmäßige Saugfähigkeit des Putzgrundes Vornässen Verschmutzungen des Putzgrundes, Staub, Lockerteile Reinigen des Putzgrundes, Lockerteile entfernen und lokal im Putzgrund Ausgleichsputz aufbringen durchfeuchteter, gefrorener Putzgrund Austrocknen, Putzfläche gegenüber Einfluss der Außenbedingungen abschirmen, geschützten Raum beheizen Formänderungen des Putzgrundes lange Standzeit des Putzgrundes vor Putzauftrag (Schwinden, Quellen, Kriechen) schädliche Reaktionen zwischen Putzgrund und Putz auf reaktionsfähige Stoffe abgestimmte Putzzusammensetzung
71
Verbände
Verbände Konrad Zilch, Martin Schätz mit Christina Radlbeck
2.2.1 Historische Formate Bezeichnung des historischen Formats Reichsformat Reichsformat abgewandelt Oldenburger Format Holländisches Format Hamburger Format Waalformat Vechtformat Altbayerische Formate
Allgemeines Länge l [mm] 250 250 220 200 215 220 220 215 215 295 320 340 320
Breite b [mm] 120 115 105 100 105 105 105 105 105 145 155 165 120
Höhe h [mm] 65 65 52 40 40 55 65 54 42 65 70 70 50
Als Verbände werden die möglichen schichtweisen Überbindungsformen von Mauersteinen einer Wandkonstruktion bezeichnet. Aufgabe des Verbandes ist es, sowohl die Festigkeit des Mauerwerks als auch dessen Widerstandsfähigkeit gegen Rissbildung und Witterungseinflüsse zu erhöhen. Zusätzlich verteilt der Verband die Lasten und Kräfte gleichmäßig im Mauerkörper. Die gleichmäßige Lastverteilung sowie der Maßausgleich sind dabei Aufgaben des Mörtels.
Formate und Sonderbauteile
Standardformate
Die verschiedenen Abmessungen der Mauersteine in Deutschland sind heute nahezu ausschließlich auf die »oktametrische« Maßordnung nach DIN 4172 abgestimmt (siehe »Zusammenhang zwischen Maßordnung und Steinformat«). Angepasst an das Maß 1/8 m = 12,5 cm dienen dabei als Grundmodule für die Steinabmessungen das Dünnformat DF mit 240 • 115 • 52 mm und das Normalformat NF mit 240 • 115 • 71 mm. Diese beiden Formate werden auch als Kleinformate bezeichnet. Alle größeren Steinabmessungen werden aus diesen Grundmodulen unter Berücksichtigung der Fugendicke zusammengesetzt. Dabei ist zu beachten, dass je nach Zusammensetzung der
Historische Formate
2.2.2 Abmessungen der Standardformate DF bis 20 DF SteinformatLänge Breite Höhe bezeichnung l b h [mm] [mm] [mm] DF 240 115 52 NF 240 115 71 2 DF = 1,5 NF 240 115 113 3 DF = 2,5 NF 240 175 113 3,20 DF 145 300 113 3,75 DF 300 (308) 175 113 4 DF 240 (248) 115 238 (249) 4 DF 240 (248) 240 113 (124) 5 DF 300 (308) 115 238 (249) 5 DF 300 (308) 240 113 (124) 6 DF 365 (373) 115 238 (249) 6 DF 365 (373) 240 113 (124) 6 DF 490 (498) 175 113 (124) 7,5 DF 300 (308) 175 238 (249) 8 DF 240 (248) 240 238 (249) 8 DF 490 (498) 115 238 (249) 8 DF 490 (498) 240 113 (124) 9 DF 365 (373) 175 238 (249) 10 DF 240 (248) 300 238 (249) 12 DF 365 (373) 240 238 (249) 12 DF 490 (498) 175 238 (249) 14 DF 240 (248) 425 238 (249) 15 DF 365 (373) 300 238 (249) 16 DF 490 (498) 240 238 (249) 20 DF 490 (498) 300 238 (249)
72
Als Ausgangsmaß für die Einführung zweckmäßiger Steingrößen diente die Spannweite der Hand. Diese beträgt durchschnittlich 12 cm und bestimmte die Breite der Mauersteine. Im Jahre 1852 definierte der deutsche Zollverein das sogenannte Reichsformat mit 250 mm Länge und 120 mm Breite. Die Höhe wurde mit 65 mm so festgelegt, dass die runde Zahl von 400 Ziegeln einschließlich des unvermeidbaren Bruches genau 1 m3 Mauerwerk ergab. Dieses Ziegelmaß hat jedoch den baupraktischen Nachteil, dass 2 Schichten und 1 Fuge nicht mit der hochgestellten Ziegelbreite aufgehen. Der obere Abschlussstein muss daher stets flach geschrotet werden, was zeitraubend und schwierig ist. Einen ästhetischen Nachteil stellt das Kopfmaß dar. Mit 130 mm (Ziegelbreite + Fuge) lässt sich dieses im Dezimalsystem schlecht verwenden und ergibt eine ungünstig merkbare Zahlenreihe. Bei unverputzt bleibendem Mauerwerk erscheint das Reichsformat für seine Länge zu hoch und kann daher für eine ornamentale Durchbildung von Mauerflächen nicht benutzt werden. Beim Badischen Ziegelformat mit 270 • 130 • 65 mm und dem bayerischen »Königsstein« mit 290 • 140 • 65 mm errechnet sich die Höhe aus (Steinbreite – 1 x Lagerfuge) / 2. Addiert man zu den Ziegelmaßen jeweils eine Fuge von 10 mm (280 • 140 • 70 mm und 300 • 150 • 75 mm), so wird mit dem Verhältnis 4:2:1 von Länge zu Breite zu Höhe eine allseitige Verwendung der Mauersteine möglich. Weitere historische Ziegelformate sind in 2.2.1 aufgeführt. Heute werden die historischen Formate nur noch in Sonderfällen hergestellt.
2.2.3
Teilformate mit Kennzeichnung der Steine in Schichtenplänen
Formate und Sonderbauteile
Grundmodule mit einer Formatbezeichnung verschiedene Mauersteinabmessungen hinsichtlich Steinlänge, -breite und -höhe beschrieben werden können (Abb. Bild 2.2.4). In 2.2.2 sind den Formaten DF bis 20 DF die möglichen Mauersteinabmessungen zugeordnet. Die in Klammern angegebenen Längenmaße gelten für Mauersteine ohne Stoßfugenvermörtelung (knirsch vermauert) oder mit Stoßfugenverzahnung (Nut-Feder-System), die in Klammern angegebenen Höhenmaße für Plansteine zur Erstellung von Mauerwerk im Dünnbettverfahren. Die Formate 2 DF und 3 DF werden als Mittelformate, die Formate ab 3,2 DF bis 20 DF als Großformate bezeichnet. Neben der Festlegung der Steinabmessungen aus dem Vielfachen des Dünn- und Normalformats gibt es auch Teilformate aus der Unterteilung eines ganzen Steins in einen Dreiviertelstein, Halben Stein oder »Halber«, Viertelstein und in das Riemchen (Abb. 2.2.3). Als Ergänzungssteine zu den Standardformaten liegt der Vorteil dieser Teilformate in der besseren Anpassungsfähigkeit an besondere Mauerwerkbauteilabmessungen und der damit verbundenen Vermeidung einer kostenintensiven Bearbeitung der Steine (Schlagen bzw. Sägen der Steine). 2.2.4
Großformatige Elemente
Aufgrund der Notwendigkeit, Mauerwerk rationell und kostengünstig zu erstellen, werden seit einigen Jahren größere Steinformate verwendet (siehe auch Kapitel »Rationalisierungsmaßnahmen«). Durch die großformatigen Elemente werden deutlich günstigere Arbeitszeitwerte für Mauerwerk erzielt als bei der Verwendung von kleinund mittelformatigen Steinen. Vor allem die Kalksandstein- und Porenbetonindustrie haben die Entwicklung der großformatigen Elemente forciert. In Verbindung mit hochdämmenden Mauersteinmaterialien stellt die Mörtelfuge auch bei Verwendung von Leichtmörteln einen Bereich höheren Wärmedurchgangs dar. Durch großformatige Elemente wird gegenüber den Standardformaten eine wärmeschutztechnische Verbesserung erzielt. Das KS-Quadro-System besteht aus Vollsteinen, die im 12,5 cm Raster mit mechanischen Hilfen versetzt werden. Die Steine werden in Wanddicken von 115 mm bis 365 mm, in Längen von 248 mm bis 498 mm sowie in einer Höhe von 498 mm oder 623 mm hergestellt.
Die KS-Planelemente (KS-PE) wurden für den kompletten Wandbausatz entwickelt. Bei nichttragenden Innenwänden ist die Wanddicke 100 mm, ansonsten kann sie 115 mm bis 300 mm betragen. Mit einer Länge von 998 mm und Höhen von 498 mm oder 623 mm sind die Planelemente ebenso auf die »oktametrische« Maßordnung abgestimmt. Porenbetonsteine bzw. -plansteine und Porenbetonbauplatten bzw. -planbauplatten weisen bei unterschiedlichen Dicken von 175 mm bis 365 mm (Steine) bzw. von 50 mm bis 150 mm (Platten) maximale Länge • HöheAbmessungen von 615 (624) • 240 (249) mm auf. Die Angaben in den Klammern gelten für Plansteine und Planbauplatten. Porenbetonplanelemente sind mit den maximalen Länge • Breite • HöheAbmessungen von 999 • 365 • 623 mm ähnlich dimensioniert wie die KS-Planelemente. Hohlwand- und Wandbauplatten aus Leichtbeton (Hpl, Wpl) werden in den Länge • Breite • Höhe-Abmessungen von 490 • 95 bzw. 100 • 240 mm und 990 • 50 bis 70 • 320 mm hergestellt.
Steinformate aus der Multiplikation von Dünnformaten nach [83]
73
Verbände
2.2.5
Sonderformate und Sonderbauteile
Im Bereich der Mauerziegel sind nur die zur Herstellung von Mauertafeln verwendeten Mauertafel- und Mauertafelleichtziegel (HLzT) als großformatige Steine zu bezeichnen. Die maximalen Abmessungen betragen hierbei 24 DF (497 • 365 • 238 mm). Dieses Steinformat ist auch das größte übliche Format für Hohlblöcke aus Leichtbeton (Hbl), für Vollblöcke aus Leichtbeton (Vbl) und für Vollblöcke aus Beton (Vbn). Sonderformate, Sonderbauteile
Unabhängig vom Steinmaterial werden von allen Mauersteinindustrien Sonderformate und -bauteile hergestellt. Dadurch wird eine Komplettierung der Wandsysteme ermöglicht. Dies führt zu einer Rationalisierung des Bauablaufs der Mauerwerkkonstruktionen und ermöglicht neben gleichbleibenden bauphysikalischen Eigenschaften auch einen gleichmäßigen Putzgrund. Formsteine sind von der kubischen Geometrie abweichende Steine, die zur Ausführungsvereinfachung spezieller Mauerwerkdetails entwickelt werden. Abgerundete Endsteine, Radialziegel nach DIN 1057-1 und Steine mit Eckausrundung werden für rundes Mauerwerk hergestellt. Winkelsteine mit einer vom 90°-Winkel zur Wandfläche abweichenden schrägen Stoßfugenfläche werden für eine Vereinfachung des Anschlusses von Erkervorbauten verwendet. Steine mit einer angeschrägten Stirnseite werden bei schrägen Fensterlaibungen, Anschlagsteine mit oder ohne Anschrägung werden für eine einfache Einbindung von Fenster- und Türöffnungen eingesetzt. Die Abmessungen der Formsteine entsprechen weitgehend den »oktametrischen« Rastermaßen, dadurch wird eine Einbindung der Elemente in den Mauerwerkverband ermöglicht (Abb. 2.2.5 und 2.2.6). Verschiebeziegel sind zweigeteilte Ziegel, die in Wandlängsrichtung aufgrund einer versetzten Längssteganordnung ineinander verschieblich sind. Sie ersetzen jedes Ergänzungsformat von ca. 10 bis 25 cm und vermeiden somit den Aufwand des Teilens großformatiger Steine. Verschiebeziegel können im laufenden Mauerwerk, in Ecken und Laibungen eingesetzt werden (Abb. 2.2.5). Verschiebeziegel dürfen nur bei Mauerwerk aus Hochlochziegeln oder Leichthochlochziegeln nach DIN 105-1, DIN 105-2 oder nach Zulassung verwendet werden. Als Bemessungswert der Wärmeleitfähigkeit gilt der Wandwert. Die tatsächliche Wärmeleitfähigkeit des Verschiebeziegels braucht nicht berücksichtigt zu werden. Allerdings dürfen diese Längenergänzungssteine ausschließlich bei Wänden mit λR > 0,18 W/(m•K) verwendet werden. 74
Formate und Sonderbausteine
Verblendschalen, Blenden werden vorrangig für die Verkleidung von Brüstungen und Stahlbetonquerschnitten wie z.B. Deckenauflager und Ringanker eingesetzt. Dadurch wird für die gesamte Wandfläche ein einheitlicher Putzgrund erzielt. Von den Längenabmessungen sind die Blenden an das 1/8 m-Rastermaß angepasst, von den Höhenund Dickenabmessungen an die Abmessungen der zu verkleidenden Bauteile. Akustiksteine, Schallschlucksteine werden zur Lärmabsorbierung sowohl im Freien z. B. bei Lärmschutzwänden an Straßen als auch in Räumen z.B. Bahnhöfen, Maschinenhallen und Sportbauten eingesetzt. Akustiksteine weisen eine durchgehende horizontale oder schräg nach unten verlaufende Lochung senkrecht zur Wandebene auf. Die Abmessungen sind an die »oktametrische« Maßordnung angepasst, die Steine werden in Breiten von 52 bis 140 mm hergestellt. Lärmabsorbierende Akustikwände werden wie Sichtmauerwerkwände aufgebaut. Eine verbesserte Lärmabsorbierung wird dabei durch den Einbau einer Schallschluckmatte mit Luftschicht erreicht (Abb. 2.2.5). Schalungssteine, Verfüllsteine sind großformatige Ziegel- oder Leichtbetonsteine mit großen Mörtelkammern, die nach dem lageweisen oder stockwerkshohen Aufmauern im Verband mit schwerem Mörtel oder Ortbeton verfüllt werden. Die Steine übernehmen somit die Funktion einer verlorenen Schalung. Durch die Verfüllung eignet sich dieser Stein besonders für die Erstellung von Schallschutzmauerwerk. Die Steinabmessungen ermöglichen Wanddicken von 115 mm bis 365 mm, die maximale Steinlänge beträgt 1000 mm (Abb. 2.2.6). Für den Außenwandbereich gibt es Systeme, bei denen der Schalungsstein mit einer integrierten Wärmedämmstoffschicht auf die Baustelle kommt. Der Wärmedämmstoff liegt innerhalb der äußeren Steinschale. Damit ist der Stein mit integrierter Dämmung bezüglich einer Tauwasserbildung durch Wasserdampfdiffusion als unbedenklich einzustufen. U-Schalen werden als Schalungssteine zur Herstellung von horizontal bewehrtem Mauerwerk, von Ringanker, Ringbalken, Fenster- und Türstürzen sowie von senkrechten Schlitzen, Stützen und von Gurtwicklerkästen verwendet. Die Steinabmessungen sind an die »oktametrische« Maßordnung angepasst, es können maximale Wanddicken von 365 mm erzielt werden. Ziegel-U-Schalen werden ab Breiten von 300 mm auch mit integriertem Hartschaumkern zur Verbesserung der Wärmedämmung hergestellt. U-Schalen werden für verputztes Mauerwerk und für Sichtmauerwerk mit gleicher Farbgebung und Strukturierung wie die verwendeten
Vormauersteine Verblender oder Klinker verwendet (Abb. 2.2.6).
2.2.6
Sonderformate und Sonderbauteile
Flachstürze sind vorgefertigte, im Regelfall mit Betonstahl bewehrte Zuggurte für die Überdeckung von Tür- und Fensteröffnungen sowie Heizkörpernischen. Als verlorene Schalung werden U-Formsteine aus dem selben Material wie die umgebende Mauerwerkwand gewählt. Dadurch wird ein einheitlicher Putzgrund ermöglicht. Flachstürze erlangen ihre Tragfähigkeit im Zusammenwirken mit der Druckzone aus dem darüberliegenden Mauerwerk oder Beton des Ringbalkens oder der Decke. Sie werden im Raster von 25 cm bis zu einer maximalen Länge von 300 cm hergestellt. Mit Sturzbreiten von 115 mm bis 175 mm können Öffnungen bis 490 mm Wanddicke überdeckt werden. Die Sturzhöhen betragen 71 mm bzw. 113 mm, somit sind Flachstürze in das 1/8 m-Rastermaß der Wandkonstruktion eingebunden (Abb. 2.2.6). L-Schalen dienen der Vereinfachung der Deckenummauerung und beschleunigen somit den Baufortschritt. Die Steinabmessungen entsprechen denen der U-Schalen. Mit diesem Randschalungsstein können bei einem Höhenausgleich von 60 bis 80 mm Deckenhöhen bis 180 mm eingeschalt werden. Durch einen integrierten Hartschaumkern werden die Wärmedämmeigenschaften des Mauerwerks im Bereich des Wandauflagers verbessert (Bild 2.2.6). Schacht- und Elektroinstallationssteine in den gängigen »oktametrischen« Abmessungen vereinfachen die Herstellung von vertikalen und horizontalen Installationsschlitzen. Die Schachtsteine ermöglichen durch ihre Integration in das Verbandmauerwerk senkrechte Schächte bis zu einem Durchmesser von 145 mm ohne dass ein umständliches Ummauern der Aussparung erfolgen muss. In die so entstehenden Schächte können neben Leerrohren auch Stahlarmierungen für die Ausführung von bewehrtem Mauerwerk eingebaut werden. Durch die Elektroinstallationssteine kann auf ein nachträgliches Stemmen und Fräsen von Schlitzen für die Leerrohre der Installationsleitungen und auf ein Bohren von Aussparungen für Dosen und Schalter verzichtet werden (Abb. 2.2.6). Rollladenkästen aus Ziegel, Beton oder Leichtbeton sind selbsttragende oder statisch mitwirkende vorgefertigte Bauelemente mit integrierten Einbauteilen für den Rolladen sowie z. T. mit eingebauter Wärmedämmung. Rollladenkästen werden in Breiten von 300 bis 490 mm und in Längen bis 650 cm bei einem Rastermaß von 25 cm hergestellt. Neben den Standardformen sind auch Eckkästen mit ein bis vier Ecken
75
Verbände
2.2.7
Zusammenhang zwischen Richtmaß und Nennmaß
sowie Rundbogenkästen möglich. Durch die Verwendung von Rollladenkästen im gleichen Material wie das umgebende Mauerwerk wird ein gleichmäßiger Putzgrund geschaffen. Als Zubehör werden Rollladen-Gurtwickler hergestellt, die durch die Normmaße in den Mauerwerkverband eingemauert werden. Dadurch wird der Einbau des Gurtwicklers ohne zusätzliche Stemmarbeiten ermöglicht. Der Nachweis des ausreichenden Wärmeschutzes von Rollladenkästen erfolgt nach den Vorgaben der Bauregelliste experimentell durch Laborversuch oder durch Berechnung. Besondere Beachtung ist der Luftdichtheit zum Innenraum hin zu widmen (Abb. 2.2.6).
Zusammenhang zwischen Maßordnung und Steinformat
2.2.8
Um die Planung und Bauausführung von Mauerwerkkonstruktionen zu vereinfachen, wird dieser eine Maßordnung zugrunde gelegt. Darin werden Bauteilmaße festgelegt, die auf einer Grundmaßeinheit sowie auf Kombinationen dieser basieren. Durch die Einhaltung der Maßordnung werden maßliche Abstimmungen zwischen Bauteilen wie Wände, Versprünge, Türen, Fenster usw. ermöglicht. Diese machen das Längenausgleichen von Wänden durch das Aneinanderfügen von gestückelten Mauersteinen überflüssig und vereinfachen den Einbau von industriell nach Maßordnung gefertigten Einbauteilen, wie zum Beispiel Türen und Fenster. Zusätzlich wird durch die Einhaltung der Maßordnung eine Austauschbarkeit und Kompatibilität von Produkten und Bausystemen verschiedener Hersteller sowie eine hohe Wirtschaftlichkeit durch hohe Produktstückzahlen bei gleichzeitiger Minimierung des Sortiments erzielt. In Deutschland können derzeit zwei verschiedene Maßordnungen angewendet werden: DIN 4172: Maßordnung im Hochbau DIN 18 000: Modulordnung im Bauwesen
Vertikale Baurichtmaße und Steinhöhen
Maßordnung im Hochbau
Steinhöhe (mm)
NM
NM
NM
DM
NM
DM
DM
52
71
113
123
238
248
499
Lagerfugendicke (mm)
10,5
12,3
12
1–3
12
1–3
1–3
Schichthöhe (mm)
62,5
83,3
125
125
250
250
500
DF
NF
1,5 NF
= 2DF
4 DF
Format-Beispiel NM = Normalmörtel DM = Dünnbettmörtel
76
Planelement
Die DIN 4172 »Maßordnung im Hochbau« wurde 1955 eingeführt. Die Grundmaßeinheit sämtlicher Mauermaße basiert dabei auf dem Oktametersystem von 1/8 m = 12,5 cm. Dieser Grundmodul dient zur geometrischen Bestimmung von Baurichtmaßen, welche zunächst als theoretische Maße geradzahlige Vielfache des Moduls sind. Als Raster- oder Achsmaß sind die Baurichtmaße somit die Grundlage für die in der Praxis vorkommenden Baumaße. Das Nennmaß ist das Maß, das die Bauteile und Bauelemente haben müssen und das in die Bauzeichnungen eingetragen wird (Rohbaumaße). Es setzt sich aus den Baurichtmaßen unter Berücksichtigung der zugehörigen Fugenzahl zusammen. Hinsichtlich der Rohbaumaße ist zwischen dem Außenmaß mit Abzug der Fuge vom Richtmaß, dem Öffnungs-
Zusammenhang zwischen Maßordnung und Steinformat
maß mit Addition der Fuge zum Richtmaß und dem Vorsprungsmaß, bei dem die Fuge unberücksichtigt bleibt, zu unterscheiden (Abb. 2.2.7). Die Höhenmaße der Bauteile sind ebenfalls auf das Oktametersystem abgestimmt (Abb. 2.2.8). Im traditionellen Mauerwerkverband mit einer Stoßfugendicke von 10 mm und einer Lagerfugendicke von 12 mm ergibt sich das Grundmodul somit aus 11,5 + 1 cm in der Länge und 11,3 + 1,2 cm in der Höhe. Der Zusammenhang zwischen Richtmaß und Nennmaß ist demnach folgender: Rohbaumaß Außenmaß (A) Öffnungsmaß (Ö) Vorsprungsmaß (V) Höhenmaß (H)
Baurichtmaß x*12,5 x*12,5 x*12,5 x*12,5
Nennmaß x*12,5 – 1 x*12,5 + 1 x*12,5 x*12,5 –1,2
Da die oktametrische Maßordnung trotz neuerer Entwicklungen im Mauerwerkbau unberührt blieb, ergeben sich aus verbesserten Fugenausführungen neue Steinabmessungen, nicht aber neue Rohbaumaße. So führt der Wegfall der Stoßfugenvermörtelung bei Planbzw. Nut- und Federsteinen zu einer Verlängerung des Mauersteines von 24 cm auf z.B. 24,7 cm, die Anwendung von Dünnbettmörtel in den Lagerfugen zu einer Erhöhung von 23,8 cm auf bis zu 24,9 cm. Aus Gründen der Rationalisierung sind auf die Maßordnung auch die Vorzugsgrößen der Öffnungen von Türen in DIN 18 100 abgestimmt. Dabei sind folgende Toleranzen anzunehmen: für die Breite ± 10 mm nach oben + 10 mm nach unten – 5 mm Diese Angaben sind in Bild 2.2.9 verdeutlicht. Die Nennmaße beziehen sich auf die Höhe OFF, dies muß vom Planer in den Ausführungsbezeichnungen bzw. in der Ausschreibung berücksichtigt werden. Modulordnung im Bauwesen
Vor allem im Ausland werden Grundlängeneinheiten für Bauteile und Bauwerke auf metrischer Basis dimensioniert. Um diese internationalen Vereinbarungen übernehmen zu können, wurde die DIN 18 000 Modulordnung im Bauwesen eingeführt. Der Grundwert als kleinste Planungseinheit dieser dezimetrischen Modulordnung ist der Grundmodul M = 100 mm = 10 cm. Weitere Grundlagen der maßlichen Ordnung sind die Multimodule 3 M = 300 mm, 6 M = 600 mm und 12 M = 1200 mm als ausgewählte Vielfache des Grundmoduls, die Submodule als ganzzahlige Teile des Grundmoduls, und die Ergänzungsmaße 25, 50 und 75 mm, die kleiner sind als der Grundmodul, sich aber kombiniert zu Modularmaßen ergänzen. Bei handwerklichen Bauausführungen wie z. B. dem Mauerwerkbau sind vor allem diejenigen Vorzugszahlen und Multimodule interessant, die ebenfalls Elemente der Maß-
ordnung nach DIN 4172 sind, z. B. 5 • 3 M = 15 M = 150 cm = 12 • 12,5 cm und folglich 15 M, 30 M, 45 M im Grundriss und 5 M, 10 M, 15 M usw. im Aufriss. Da aber materialbezogen gegenüber der oktametrischen Maßordnung keine Verbesserung zu erzielen ist, hat sich die Modulordnung bisher nicht durchgesetzt.
2.2.9
Bezug von Baurichtmaß bei Wandöffnungen
Maßtoleranzen und zulässige Maßabweichungen
Bauteile und Bauwerke weisen aufgrund von Ungenauigkeiten bei der Herstellung und Montage immer Abweichungen von den in der Planung festgelegten Längen-, Höhen- und Winkelmassen auf. Dies gilt insbesondere für den Mauerwerkbau, der im Gegensatz zur indust-riellen Produktion im Werk, von Hand vor Ort errichtet wird. Die Fehler hierbei sind vornehmlich Längenabweichungen, Abweichungen aus der Flucht, Abweichungen aus dem Lot und Abweichungen von der Ebenheit einer Fläche. Maßabweichungen werden vielfach in Kauf genommen, weil erhöhte Anforderungen in der Regel mit erheblich höherem technischen Mehraufwand und damit auch höheren Herstellungskosten verbunden wären [141]. Die zulässigen Werte für die Abweichungen (Toleranzen) vom Planungsmaß sind in den Normen DIN 18 201 und DIN 18 202 festgelegt. In DIN 18 201 werden die Maßtoleranzen begrifflich definiert (Abb. 2.2.10): Das Nennmaß ist ein Maß, das zur Kennzeichnung von Größe, Gestalt und Lage eines Bauteils oder Bauwerks angegeben und in Zeichnungen eingetragen wird. Das Istmaß ist ein durch Messung festgestelltes Maß. Das Istabmaß ist die Differenz zwischen Istund Nennmaß. Das Größtmaß ist das größte, das Kleinstmaß ist das kleinste zulässige Maß. Das Grenzabmaß ist die Differenz zwischen Größtmaß und Nennmaß oder Kleinstmaß und Nennmaß. Die Maßtoleranz ist die Differenz zwischen Größtmaß und Kleinstmaß. Die Ebenheitstoleranz ist der Bereich für die zulässige Abweichung einer Fläche von der Ebene. In DIN 18 202 sind die zulässigen Toleranzen (Grenzabmaße, Winkeltoleranzen und Ebenheitstoleranzen) für Bauwerke im Hochbau festgelegt. Die Grenzabmaße gelten für Längen, Breiten, Höhen, Achs- und Rastermaße sowie für Öffnungen (Abb. 2.2.11). Sie stellen die im Rahmen üblicher Sorgfalt zu erreichende Genauigkeit dar. Höhere Anforderungen an die Genauigkeit müssen gesondert in den Leistungsverzeichnissen und Vertragsunterlagen vereinbart werden. Die zulässigen Maßabweichungen werden im Mauerwerkbau durch eine Begrenzung der materialbezogenen Maßabweichungen der Mauersteine eingehalten. Die zulässigen Werte dafür sind in den einzelnen Mauersteinnormen
2.2.10
Definition der Begriffe für Maßtoleranzen
2.2.11 Zulässige Grenzabmaße nach DIN 18 202 Bezug Grenzabmaße in mm bei Nennmaßen in m bis 3 über 3 über 6 über bis 6 bis 15 15 bis 30 Maße im Grundriss, ± 12 ± 16 ± 20 ± 24 z. B. Längen, Breiten, Achs- und Rastermaße Maße im Aufriss, ± 16 ± 16 ± 20 ± 30 z. B. Geschosshöhen, Podesthöhen, Abstände von Aufstandsflächen und Konsolen Lichte Maße im ± 16 ± 20 ± 24 ± 30 Grundriss, z. B. Maße zwischen Stützen und Pfeilern Lichte Maße im ± 20 ± 20 ± 30 – Aufriss, z. B. unter Decken und Unterzügen Öffnungen, z. B. ± 12 ± 16 – – für Fenster, Türen und Einbauelemente Öffnungen wie vor, ± 10 ± 12 – – jedoch mit oberflächenfertigen Laibungen
über 30 ± 30
± 30
–
–
–
–
77
Verbände
2.2.12
Anwendung der Überbinde-Regel in Wandlängsrichtung
verankert (Abb. 2.2.13 und 2.2.14). Darüber hinaus können im traditionellen Mauerwerkverband mit den Mörtelfugen ca. 2 bis 3 mm ausgeglichen werden. Pro 1 m Wandlänge ergibt dies ca. einen Zentimeter möglichen Ausgleichs. Aus optischen Gründen empfiehlt es sich die Stoßfugen zu »drücken«, dabei sollte aus Gründen der Dichtheit eine Stoßfugendicke von 8 mm nicht unterschritten werden. Bei Mittel- oder Dünnbettmauerwerk sowie bei unvermörtelten Stoßfugen und bei Trockenmauerwerk ist dieser Maßausgleich in den Fugen nicht mehr bzw. nur noch bedingt möglich. Hierfür sind in den Mauersteinnormen engere Grenzen festgelegt.
Verbandsregeln Unter Mauerverband versteht man die regelgebundene, waage- und fluchtrechte Aneinanderreihung und Lotrechtschichtung von Steinen zu Mauerwerk. Nach der Art der Schichtung der Mauersteine wird für das tragende
Mauerwerk in Läuferschicht, Binderschicht, Rollschicht sowie Grenadierschicht unterschieden. Bei der Läuferschicht sind die Mauersteine mit der Längsseite, bei der Binderschicht mit der Schmalseite in der Wandebene angeordnet. Bei der Rollschicht werden die Lagerfugenflächen der Steine in Wandebene aneinandergereiht, sie ist somit als Sonderform der Binderschicht zu betrachten. Die Grenadierschicht wird aus einer um 90° in die Vertikale gedrehten Rollschicht erstellt. Untergeordnete Zierschichten sind die Schränkschicht, die Stromschicht und die Zahnschicht (Abb. 2.2.15). Die Aufgabe des Mauerverbandes ist es, die auf dem Mauerwerk wirkenden Lasten gleichmäßig im Mauerkörper zu verteilen. Dazu müssen die Stoß- und Lagerfugen übereinander liegender Schichten um das Überbindemaß »ü« gegeneinander versetzt werden. Nach DIN 1053-1, Abschnitt 9.3 muss das Überbindemaß ü ≥ 0,4 • h ≥ 4,5 cm sein, wobei h die Steinhöhe (Sollmaß) ist. Diese Anforderung gilt
2.2.13 Zulässige Maßabweichungen der Kalksand-, Porenbeton-, Beton-, Leichtbeton- und Hüttensteine vom Sollmaß [mm] Kalksandstein Porenbetonsteine Beton-, Leichtbetonsteine Bezeichnung KS KS (P) KS Vm KS Vb KS-Plan- PB PP Hbl, Hbn V, Vn Vm der Steinarten KS L KS L (P) elemente Ppl PPpl Vbl, Vbn Vmb VbL S, Steinformat ≤ NF > NF ≤ NF > NF Tbn ≤ NF Länge, Breite • Einzelwert ±3 ±3 ±3 ±3 ±3 ±2 ±3 ±3 ± 1,5 ±3 ±3 ±3 • Mittelwert ±2 ±2 ±2 ±3 ±3 ±1 ±2 Höhe • Einzelwert ±3 ±4 ±1 ±3 ±4 ±2 ±1 ±3 ±1 ±4 ±3 ±2 π Mittelwert ±2 ±3 ±2 ±3 ±1 1) L = Länge der Hüttensteine ≤ NF 2) B = Breite der Hüttensteine ≤ NF, H = Höhe der Hüttensteine ≤ NF
Hüttensteine HSV HHbl HSL > NF
≤ NF L1)
> NF
±3
±4 ±3 B, H 2) ±3 ±2
±4 ±3
±3
2.2.14 Zulässige Maßabweichungen und Maßspannen1) von Mauerziegeln DIN 105, Teil 1 DIN 105, Teil 3 DIN 105, Teil 4 DIN 105, Teil 5 DIN 105, Teil 2 Leichtlanglochziegel Nennmaß Kleinst- GrößtMaßKleinst- GrößtMaßKleinst- GrößtMaßKleinst- GrößtMaßmaß maß spanne maß maß spanne maß maß spanne maß maß spanne [mm] [mm] [mm] [mm] [mm] [mm] [mm] [mm] [mm] [mm] [mm] [mm] [mm] Länge, Breite 90 85 95 5 – – – – – – – – – 115 110 120 6 112 118 5 112 118 4 110 120 6 145 139 148 7 141 148 6 – – – – – – 150 – – – – – – – – – – – – 175 168 178 8 170 178 7 – – – 168 178 8 240 230 245 10 233 245 10 235 245 8 230 245 10 247 2) – – – – – – – – – 300 290 308 12 293 308 12 290 308 12 2) 307 – – – – – – 365 355 373 12 355 373 12 2 372 ) – – – – – – 425 415 434 12 – – – 432 2) – – – – – – 490 480 498 12 480 498 15 497 2) Höhe 52 / 66 3) 50 54 3 50 54 3 50 54 2 – – – 71 / 82 3) 68 74 4 69 73 3 69 73 3 68 74 4 113 / 123 3) 108 118 4 110 116 4 110 116 4 108 118 4 155 / 166 3) 150 160 5 – – – – – – 175 170 180 5 – – – – – – 198 3) – – – – – – – – – 3) 238 / 248 233 243 6 233 243 6 233 243 6 1) Maßspanne ist die zulässige Differenz zwischen dem Maß der größten und kleinsten Ziegel innerhalb der Lieferung für ein Bauwerk 2) Längennennmaß für Planziegel nach DIN 105, Teil 6 3) Höhennennmaß für Planziegel nach DIN 105, Teil 6
78
±4 ±3
DIN 105, Teil 6 Kleinstmaß [mm] 85 110 139 145 168 230 237 290 297 355 362 415 422 480 487 65 81 122 165 174 197 247
Größtmaß [mm] 95 120 148 155 178 245 252 308 315 373 380 434 441 498 505 67 83 125 167 176 200 250
Maßspanne [mm] 5 6 7 7 8 10 10 12 12 12 12 12 12 12 12 2 2 2 2 2 2 2
Mauerverbände
für den Mauerverband sowohl in Wandlängsrichtung als auch in Richtung der Wanddicke (Abb. 2.2.12). Mit den vorgegebenen Mindestanforderungen an das Überbindemaß wird ein zu leichtes Lösen des Mauerverbandes und folglich ein Herabsetzen der Zug- und Schubfestigkeit des Mauerwerks verhindert. Zur Verbesserung der Verbandwirkung ist folglich eine größtmögliche, d. h. mittige Überbindung optimal. Das Überbindemaß legt des Weiteren fest, wie weit die Stoßfuge einer einbindenden oder durchbindenden Wand von der Innenecke bei Ecken, Kreuzungen und Stößen entfernt liegen muss. Von einer Innenecke darf dabei in jeder Schicht nur eine Stoßfuge ausgehen, d.h. Stoßfugen übereinander liegender Schichten müssen versetzt sein (Abb. 2.2.16). Folgende weitere Verbandsregeln sind zu beachten: • Steine einer Schicht sollen die gleiche Höhe haben, um zu verhindern, dass das Wandbauteil infolge einer variierenden Zahl von Lagerfugen ein unterschiedliches Verformungsverhalten aufweist und dass sich folglich Wandbereiche mit einer höheren Lagerfugenzahl aufgrund der größeren Deformierbarkeit unter Auflast der Belastung entziehen. An Wandenden und unter Stürzen ist jedoch eine zusätzliche Lagerfuge in jeder zweiten Schicht zum Längen- und Höhenausgleich zulässig, wenn die Aufstandsfläche der Steine mind. 115 mm lang ist und Steine und Mörtel mindestens die gleiche Festigkeit wie das umgebende Mauerwerk aufweisen (Abb. 2.2.17). • Werden in einer Schicht mehrere Steine zur Herstellung einer zusammengesetzten Wanddicke nebeneinander vermauert, so ist die Überbinde-Regel in Richtung der Wanddicke zu beachten und es darf die Steinhöhe nicht größer als die Steinbreite sein. Dies gilt sinngemäß auch bei Pfeilern und kurzen Wänden. Dadurch wird eine ausreichende Zahl von Überbindungen in Querrichtung sichergestellt und das Aufspalten der Wand infolge Spaltzugwirkung durch Ausweichen der Lagerfuge bei Auflast vermieden. Eine Ausnahme sind Steine mit einer Aufstandsbreite von mind. 115 mm. Hierfür darf die Steinhöhe maximal 240 mm betragen (Abb. 2.2.18). • Bei gleichzeitiger Verarbeitung verschieden hoher Steine in durchgehender und aussteifender Wand sind die Schichthöhen genau einzuhalten, um das Einbinden der Steine zu ermöglichen. Bei den bekannten und praktizierten Verbänden (Schulverbänden) sind die Anforderungen an die Überbinde-Regel erfüllt. Zusätzlich sind bei diesen Schulverbänden, die aufgrund ihrer konsequenten Ausbildung ein ästhetischeres Fugenbild des Mauerkörpers ermöglichen als bei einem mit der Überbinde-Regel (Mindest-
überbindemaß) hergestellten Mauerkörper, folgende ergänzende Verbandsregeln zu beachten [32; 141; 161]: • Jede Schicht muss waagerecht liegen und durch das ganze Mauerwerk hindurchgehen. • Einschalige Außenwände aus Sichtmauerwerk müssen mindestens zwei Steinreihen aufweisen. • Binderschichten zeigen in ihrer Ansichtsfläche nur Köpfe. An Mauerenden beginnt jede Läuferschicht mit so viel 3/4-Steinen, als die Mauerdicke Köpfe zählt (bei Blocksteinen sind Ergänzungsformate zu verwenden). • An Mauerecken, Mauerkreuzungen und Mauerstößen laufen die Läuferschichten stets durch, während die Binderschichten anschließen. • Es sind möglichst viele ganze Steine zu verwenden, damit sich der Fugenanteil vermindert und dadurch das Überbindemaß und die Mauerwerkdruckfestigkeit erhöht wird. • Gleichlaufende (parallele) Mauern sollen in gleicher Schichtenfolge angelegt werden.
2.2.15 Schichten im Mauerwerk mit Anwendung im Mauerverband
Mauerverbände Grundsätzlich wird je nach Mauerwerkbauteil zwischen Mauermittenverbänden, Endverbänden und Pfeilerverbänden unterschieden. Mauermittenverbände
Diese Art des Verbandes liegt zwischen zwei Ecken oder Anschlüssen vor. Es werden vier Verbandsformen (Schulverbände) unterschieden, welche durch einen gesetzmäßigen Wechsel von Läufer- bzw. Binderschichten gekennzeichnet sind. Läuferverband oder Schornsteinverband Alle Schichten sind aus Läufern, die von Schicht zu Schicht um eine halbe Steinlänge (mittiger Verband) oder 1/3 bis 1/4 der Steinlänge (schleppender Verband) gegeneinander versetzt sind. Aufgrund des großen Überbindemaßes ergibt sich ein Verband mit guter Druckund Zugfestigkeit des Mauerwerks. Der Läuferverband kommt bei 1/2 Stein dicken Wänden wie z. B. dünnen Innenwänden, als Verblendschale bei zweischaligem Sichtmauerwerk und bei Schornsteinen (Schornsteinverband) zur Ausführung. Aus Rationalisierungsgründen wird er zusätzlich auch bei großformatigen Mauersteinen angewandt. Dabei entsprechen die Steinbreiten den Wanddicken. Somit kann mit den großformatigen Steinen in Verbindung mit dem Läuferverband 1 Stein dickes Mauerwerk (Einsteinmauerwerk) von 24, 30, 36,5 und 49 cm Wanddicke hergestellt werden. Binderverband oder Kopfverband Dieser Verband ist nur für 1 Stein dicke Wände geeignet und besteht in allen Schichten aus Bindern, die von Schicht zu Schicht um eine halbe Steinbreite (Kopfbreite) versetzt sind.
79
Verbände
2.2.16
Überbindemaß bei Grundrissen von Ecken, einbindender und durchbindender Wand
1. Schicht
2.2.17
Ungünstige Verbandausführung aufgrund einer unterschiedlichen Lagerfugenzahl innerhalb einer Schicht – unzulässig, da starke Stauchung durch Häufung von Lagerfugen. Zusätzliche Lagerfuge an Wandenden und unter Stürzen in jeder zweiten Schicht zulässig.
2.2.18
Unzulässige Verbandausführung aufgrund des Verhältnisses Steinhöhe zu Steinbreite > 1. Fuge nicht voll vermörtelbar, Spaltzugwirkung durch Ausweichen der Fuge – h > b unzulässig (Ausnahme für b ≥ 115 mm und h ≤ 240 mm)
2. Schicht
ü
ü
2.2.19
Verbandausbildung von stumpfwinkligen Mauerecken
ü
ü
ü
ü
Binderverbände haben wegen der geringeren Überdeckung eine reduzierte Tragfähigkeit gegenüber Läuferverbänden. Da dies bei der Bemessung von Mauerwerk nicht berücksichtigt wird, sollte diese Verbandart bei hoch belasteten Wänden vermieden werden. Außerdem neigt der Binderverband wegen seiner steilen Abtreppung von 1/4 Steinlänge zu Schrägrissen. Die Anwendung des Binderverbandes erfolgt beim einschaligen Sichtmauerwerk, bei Rundmauerwerk mit engem Radius sowie bei großformatigen Steinen als Einsteinmauerwerk mit Wanddicken von 24 bis 49 cm. Blockverband Das Mauerwerk besteht abwechselnd aus einer Läuferschicht und einer Binderschicht. Die Stoßfugen der Läufer- und Binderschichten liegen senkrecht übereinander. Die Überbindung beträgt 1/4 Steinlänge. Wegen der flachen Abtreppung, das heißt abwechselnd 1/4 Steinlänge und 3/4 Steinlänge, ergibt sich ein besonders guter Längsverband. Diese Verbandart wird für Wanddicken größer 240 mm angewandt. Kreuzverband Bei diesem Verband wechseln die Binderund Läuferschichten regelmäßig ab. Die Läuferschichten sind jedoch gegeneinander so versetzt, dass sie sich erst nach jeweils vier Schichten wiederholen. Die erste und zweite Schicht werden wie der Blockverband angelegt, die dritte Schicht wie die erste Schicht. Am Mauerende folgt in der vierten Schicht (Läuferschicht) auf den Anfänger (3/4-Läufer) ein Kopf, dann erst die Läufer. Die Stoßfugen der Binderschichten liegen also übereinander, während die Stoßfugen der Läuferschichten um eine halbe Steinlänge versetzt sind. Hieraus ergibt sich das für den Kreuzverband charakteristische Flächenbild. Die Abtreppung
80
Fugenteilung geht in der Binderschicht von der äußeren Ecke aus (keine geschnittenen Sichtflächen)
Fugenteilung geht in der Binderschicht von der inneren Ecke aus (Sichtflächen teilweise geschnitten bzw. Formsteine erforderlich)
erfolgt in 1/4 Steinlängen. Der Kreuzverband ist empfindlich gegen Schrägrisse. Die Gefahr von Längsrissen hingegen ist aufgrund der guten Verzahnung relativ gering. Sowohl beim Blockverband als auch beim Kreuzverband spricht man im Gegensatz zum Einsteinmauerwerk von Verbandsmauerwerk, da in jeder Schicht bzw. jeder zweiten Schicht mehrere Steine nebeneinander liegen.
Dadurch sind die Sichtflächen teilweise geschnitten (Abb. 2.2.19) [141].
Endverbände
Mauernischen und -schlitze sind Aussparungen im Mauerwerk. Da sie die Wanddicke schwächen, sind sie bei der Bemessung von tragenden Wänden zu berücksichtigen. Nischen dürfen nicht aus einer Tragwand herausgebrochen werden. Sie sind verbandsgerecht zu mauern und werden zum Einbau von Heizkörpern, Wandschränken etc. angeordnet. Bei kleineren erforderlichen Abmessungen wie zum Beispiel Heizungs-, Be- und Entwässerungsrohren ist Fräsern und Schlitzen erlaubt. Bei Mauernischen und -schlitzen muss die verbleibende durchgehende Wand (»Schildmauer«) mindestens 1/2 Stein dick bleiben.
werden bei Mauerenden, Ecken, Anschlüssen und Wandkreuzungen sowie bei Mauervorlagen und Mauernischen ausgebildet. Es wird empfohlen, die Ausführung von Kreuzungen, Einbindungen, Ecken etc. vor Baubeginn festzulegen. Damit können fachgerechte Verbände gewährleistet und das Anpassen der Steine durch Schlagen oder Schneiden vermieden werden. Besonders bei Verwendung von mittel- und großformatigen Steinen ist dies wichtig, da mit größer werdendem Steinformat die Anpassungsmöglichkeiten der Steine abnehmen. Spitzwinklige Mauerecken werden dadurch ausgeführt, indem die äußere Läuferreihe der einen Mauer bis zur Ecke durchgeführt wird. Die andere Mauer wird als Binderschicht bis an diese Läuferreihe geführt. Der Läuferdreiviertelstein an der Spitze muss so geschnitten sein, dass seine äußere Längsseite um 1/4 Stein länger ist als die abgeschrägte Schmalseite. Stumpfwinklige Mauerecken gestalten den Verband nach der Größe des Eckwinkels. Bei Winkeln > 135° geht die Fugeneinteilung in der Binderschicht von der äußeren Ecke aus. Somit entstehen keine geschnittenen Sichtflächen. Bei Winkeln ≤ 135° geht die Fugenteilung in der Binderschicht von der inneren Ecke aus.
Mauervorlagen sind Vorsprünge, die zur Aussteifung durchgehender Mauern oder zur Aufnahme größerer Einzellasten aus Unterzügen etc. dienen. Bei Mauervorlagen kragen die Binder aus, während die Läufer stumpf vor der Wand liegen.
Pfeilerverbände
Quadratische Pfeiler haben in jeder Schicht den gleichen Verband, der jeweils um 90° versetzt wird. Quadratische 1 Stein dicke Pfeiler bestehen nur aus ganzen Steinen, beim 1 1/2 Stein dicken quadratischen Pfeiler bestehen die einzelnen Schichten aus sechs 3/4 Steinen. Die 2 und 3 Stein dicken quadratischen Pfeiler ergeben bei Einhaltung der Verbandsregeln durch die große Anzahl an 3/4-Steinen sehr viel Steinverschleiß. Bei rechteckigen Pfeilern betrachtet man die beiden schmalen Seiten als Mauerenden, legt an diesen so viele 3/4-Steine an, wie die Schmalseite Köpfe zählt und füllt den verbleibenden Zwischenraum mit ganzen oder halben Steinen aus.
Grundlagen
Verbandsformen
Außenecke
Einbindung Querwand
Läuferverband Wanddicke (1/2 Stein) 11,5 cm
Binderverband Wanddicke (1 Stein) 24 cm
Anschluß Läuferverband an Binderverband
81
Verbände
Durchdringung
82
Außenecke, stumpfwinklig
Außenecke, spitzwinklig
Grundlagen
Blockverband
Endverband
Außenecke
Einbindung Querwand
83
Durchdringung
84
Außenecke, stumpfwinklig
Außenecke, spitzwinklig
Wandvorlagen
dargestellt für Kreuzverband – im Blockverband ebenso herstellbar
12,5/24 cm
12,5 /49 cm
25 /49 cm
12,5/24 cm
12,5 /49 cm
25 /49 cm
12,5 /49 cm
25/49 cm
85
Grundlagen
Kreuzverband
Endverband
86
Außenecke
Einbindung Querwand
Durchdringung
Außenecke, stumpfwinklig
Außenecke, spitzwinklig
Verbände
Wandnischen
dargestellt für Kreuzverband – im Blockverband ebenso herstellbar
12,5 / 13,5 cm
12,5 / 21 cm
12,5 / 26 cm
25 / 51 cm
Pfeilerverbände
24 / 24 cm
36,5 / 36,5 cm
49 / 49 cm
24/ 36,5 cm
36,5/ 49 cm
49 / 61,5 cm
Grundlagen
Großformatige Mauersteine
Endverband
Außenecke gleiche Wanddicken
Außenecke verschiedene Wanddicken
12 DF / 24 cm Wanddicke
12 DF / 24 cm
12 DF / 36,5 cm und 12 DF / 24 cm
20 DF / 30 cm Wanddicke
20 DF / 30 cm
12 DF / 36,5 cm und 20 DF / 30 cm
12 DF / 36,5 cm Wanddicke
12 DF / 36,5 cm
16 DF / 49 cm und 12 DF / 36,5 cm
16 DF / 49 cm Wanddicke
16 DF / 49 cm
Einbindung Querwand, 24 cm dick
Einbindung Querwand, 30 cm dick
Einbindung Querwand, 36,5 cm dick
12 DF / 24 cm
12 DF / 24 cm und 20 DF / 30 cm
12 DF / 24 cm und 12 DF / 36,5 cm
12 DF / 24 cm und 16 DF / 49 cm
20 DF / 30 cm
20 DF / 30 cm und 12 DF / 36,5 cm
20 DF / 30 cm und 16 DF / 49 cm
12 DF / 36,5 cm
12 DF / 36,5 cm und 16 DF / 49 cm
Verbände
Durchdringung gleiche Wanddicken
Durchdringung verschiedene Wanddicken
Durchdringung verschiedene Wanddicken
12 DF / 24 cm
20 DF / 30 cm
16 DF / 24 cm und 20 DF / 30 cm
12 DF / 36,5 cm
12 DF / 24 cm und 12 DF / 36,5 cm
16 DF / 49 cm
12 DF / 24 cm und 16 DF / 49 cm
20 DF / 30 cm und 12 DF / 36,5 cm
12 DF / 36,5 cm und 16 DF / 49 cm
Tragwerk
Tragwerk Konrad Zilch, Martin Schätz
2.3.1
Spannungszustand von Mauerwerk unter Druckbeanspruchung
Einachsige Druckbeanspruchung von Mauerstein und Mörtel
Unbehinderte Querverformung des Mauersteins und des Mörtels im freigeschnittenen System
Spannungszustand im Verbundkörper infolge Behinderung des Querverformungsunterschieds zwischen Mauerstein und Mörtel durch den Verbund
Isometrische Darstellung des dreiaxialen Spannungszustandes im Mauerstein und Mörtel
Tragverhalten von Mauerwerk Mauerwerkwände werden durch Lasten in ihrer Ebene als Scheibe und senkrecht zu ihrer Ebene als Platte beansprucht. Lasten in Mauerwerkebene können Vertikallasten wie z. B. Eigengewicht oder Verkehrslasten und Horizontallasten wie z. B. Lotabweichungen oder Windlasten bei Aussteifungswänden sein. Als Platte können Mauerwerkwände durch senkrecht zu ihrer Ebene wirkende Lasten wie z. B. Wind- oder Erddruck auf Außenwände belastet werden. Folglich wird Mauerwerk auf Druck, Schub, Zug bzw. Biegezug und Kombinationen daraus beansprucht. Da die Drucktragfähigkeit von Mauerwerk im Vergleich zur Zug- bzw. Biegezugtragfähigkeit wesentlich höher ist, wird es vorrangig für druckbeanspruchte Bauteile eingesetzt. Aufgrund der unterschiedlichen Geometrie und Werkstoffeigenschaften von Mauerstein und Mauermörtel (Steinform, Steinabmessungen, Steinlochung, Verhältnis Steinhöhe zu Lagerfugendicke, Festigkeiten und E-Moduli der Ausgangsmaterialien etc.) ist Mauerwerk ein anisotroper Verbundwerkstoff. Daher ist bei der Beschreibung des Tragverhaltens von Mauerwerk immer die gegenseitige Beeinflussung von Mauerstein und Mauermörtel zu berücksichtigen. Das Zusammenwirken von Mauerwerk wird dabei erst durch den Mauerwerk-verband ermöglicht. Durch diesen werden sowohl Horizontalkräfte zwischen Stein und Mörtel mittels Haftung und/oder Reibung übertragen als auch Vertikalkräfte gleichmäßig über die Bauteilhöhe weitergeleitet. Die gleichmäßige Lastverteilung wird zusätzlich durch den Mörtel in den Lagerfugen erzielt, da dieser die Maßabweichungen der Mauersteine ausgleicht und somit Spannungsspitzen vermeidet. Grundsätzlich gibt es als mögliche Bruchart von Mauerwerk das Versagen der Mauersteine, das Versagen des Mauermörtels und das Versagen des Verbundes zwischen Stein und Mörtel. Die Festigkeit von Mauerwerk wird sowohl von den Stein- als auch den Mörteleigenschaften bestimmt. Steinfestigkeit, Steingeometrie, Maßgenauigkeit, Lochanteil und Lochanordnung sowie Saugfähigkeit und Feuchtigkeit der Steine sind ebenso maßgebend wie Mörtelfestigkeit, Fugendicke, Art der Fugenvermörtelung, Wasserrückhaltevermögen und Plastizität des
Mörtels. Weitere Merkmale für die Festigkeit von Mauerwerk sind die Beanspruchungsart und -geschwindigkeit, die Verbandsausführung und die Herstellungssorgfalt (Ausführungsgenauigkeit, Nachbehandlung etc.) [10]. Druckbeanspruchung
Spannungszustand, Bruchmechanismus und Einflüsse auf die Mauerwerkdruckfestigkeit Bei einem vertikal zur Lagerfuge auf Druck belasteten Mauerwerkkörper bauen sich Druckspannungen in Richtung der Belastung auf. Da bei den üblichen Mauerstein-MörtelKombinationen der Mauermörtel eine größere Querverformbarkeit aufweist als der Mauerstein, ist dieser bestrebt, sich in Querrichtung stärker zu verformen als der Stein. Durch den Verbund zwischen Mauerstein und Mörtel wird der Querverformungsunterschied behindert, folglich entstehen im Stein Querzugspannungen und im Mörtel Querdruckspannungen. Dadurch kommt es zu einem dreiaxialen Spannungszustand im Stein und Mörtel. Eine weitere Erhöhung der vertikalen Auflast führt zur Überschreitung der Querzugfestigkeit der Steine. Dies hat die Ausbildung von vertikalen Rissen in den Steinen und bei zunehmender Lasterhöhung schließlich das Versagen des Mauerwerkkörpers zur Folge. Durch unvollständig vermörtelte Lagerfugen und dadurch sich ausbildende Spannungsspitzen kann das Versagen des Mauerwerks bereits bei geringeren Auflasten eintreten (Abb. 2.3.1) [77]. Das wesentliche Kriterium für die Druckfestigkeit des Mauerwerks ist somit die Steinquerzugfestigkeit und die infolge der Querzugbean-spruchung des Steins herabgesetzte vertikale Steindruckfestigkeit. Die geringe Mörteldruckfestigkeit ist nicht maßgebend, da sie durch den dreiaxialen Spannungszustand erhöht wird. Da jedoch die Steinquerzugfestigkeit experimentell nur schwer bestimmbar und reproduzierbar ist, werden Stein- und Mörteldruckfestigkeit als Kenngrößen zur Beschreibung der Mauerwerkdruckfestigkeit verwendet. Mit größer werdender Steindruckfestigkeit nimmt die Mauerwerkdruckfestigkeit unterlinear zu. Mit zunehmender Mörteldruckfestigkeit nimmt die Mauerwerkdruckfestigkeit ebenso zu. Bei hochfesten Steinen ist der Anstieg größer als bei Steinen mit geringer Druckfestigkeit. Die Fugenausbildung beeinflusst die Mauerwerkdruckfestigkeit dahingehend, dass eine größere Fugendicke aufgrund des stärkeren
Tragverhalten von Mauerwerk Tragwerk 053
Einflusses der Querverformbarkeit des Mörtels zu einer geringeren Mauerwerkdruckfestigkeit führt. Folglich werden mit Mittelbettmörtel (Fugendicke 5–7 mm) und Dünnbettmörtel (Fugendicke 1–3 mm) wesentlich höhere Druckfestigkeiten erzielt als mit Dickbettmörtel (Normalmörtel mit Fugendicken von ca.12 mm). Bei Dünnbettmörtel, der bezüglich der Mörteldruckfestigkeit mit Normalmörtel der Mörtelgruppe III vergleichbar ist, wird die gegenüber mit diesem Mörtel erzielbare höhere Mauerwerkdruckfestigkeit zusätzlich noch durch die exakte Maßgenauigkeit der Steine und durch die hohe Haftfestigkeit zwischen Stein und Mörtel ermöglicht. Leichtmörtel hingegen reduziert die Mauerwerkdruckfestigkeit. Er weist gegenüber Normalmörtel bei gleicher Druckfestigkeit aufgrund der verwendeten Leichtzuschläge eine höhere Querverformbarkeit auf und erhöht daher die Querzugwirkung auf den Stein. Dieser ungünstige Einfluss des Leichtmörtels auf die Mauerwerkdruckfestigkeit nimmt mit größerer Steindruckfestigkeit zu, weil sich dann der Querdehnungsunterschied zwischen Stein und Leichtmörtel erhöht. Daher ist es erforderlich, die Verformungseigenschaften von Mauerstein und Mörtel aufeinander abzustimmen, um die höchste und wirtschaftlichste Tragfähigkeit des Mauerwerks zu erzielen. Kombinationen von hochfesten Steinen mit Mörtel niedriger Güte und von Steinen geringer Festigkeit mit Mörteln hoher Güte sind nicht sinnvoll. Saugfähigkeit und der Feuchtgehalt der Mauersteine beim Vermauern können die Mauerwerkdruckfestigkeit erheblich beeinflussen. Durch zu starkes Saugen der Steine wird dem Mörtel das für den Abbindprozess erforderliche Wasser entzogen und somit die Mörteldruckfestigkeit und die Haftfestigkeit zwischen Stein und Mörtel vermindert. Beides reduziert die Mauerwerkdruckfestigkeit. Durch einen hohen Feuchtgehalt der Steine verbleibt im Mörtel zu viel Wasser, die Mörteldruckfestigkeit und folglich auch die Mauerwerkdruckfestigkeit wird wiederum vermindert. Bei Mauerziegeln wird die größte Mauerwerkdruckfestigkeit mit trokken vermauerten Steinen erzielt, bei bindemittelgebundenen Mauersteinen mit feuchten Steinen [133]. Unter lang andauernder Druckbelastung ist die Mauerwerkdruckfestigkeit geringer als bei kurzzeitiger Belastung. Ursache dafür ist die Ausbildung von Mikrorissen, die im Verbundgefüge des Mauermörtels infolge Kriechverformung unter Dauerlast entstehen und damit die Mörtelfestigkeit herabsetzen. Die Dauerstandfestigkeit beträgt etwa 80 bis 90% der Kurzzeitfestigkeit. Eine zyklische Druckbeanspruchung von Mauerwerk führt ebenso zu einer Reduzierung der Mauerwerkdruckfestigkeit. Dies ist darauf zurückzuführen, dass sich bei wiederholter Beund Entlastung die durch die Querverformung des Mörtels im Stein hervorgerufenen Querzug-
spannungen nicht mehr vollständig abbauen und sich dadurch akkumulieren. Dieser Vorgang führt schließlich zu einem vorzeitigen Versagen des Mauerwerks.
2.3.2
Spannungszustand und Versagensfälle bei Zugbeanspruchung senkrecht zur Lagerfuge
Zug- und Biegezugbeanspruchung
Die Zugbeanspruchung von Mauerwerk senkrecht und parallel zur Lagerfuge ist vor allem bei Bauteilen ohne ausgeprägte Auflast von Bedeutung. In diesen Bauteilen können durch behinderte Formänderungen (Schwinden, Abkühlen) Zugspannungen entstehen, die durch die fehlende Auflast nicht »überdrückt« werden und somit bei Überschreitung der Zugfestigkeit des Mauerwerks Risse verursachen. Biegezugbeanspruchungen treten vor allem bei einer horizontalen Belastung des Mauerwerks z. B. bei auf Erddruck beanspruchten Kellerwänden unter Terrassen, Ausfachungswänden, Verblendschalen und freistehenden Wänden auf.
Versagen der Kontaktfuge zwischen Stein und Mörtel
Zug- und Biegezugbeanspruchung senkrecht zur Lagerfuge Die vom Mauerwerk übertragbaren Zug- und Biegezugspannungen senkrecht zur Lagerfuge sind sehr gering. Sie werden vorrangig von der Haftzugfestigkeit zwischen Mauerstein und Mörtel beeinflusst. Das Versagen tritt dabei überwiegend in der Kontaktfuge zwischen Stein und Mörtel auf. Ein Zugversagen der Steine wird nur bei einer hohen Haftzugfestigkeit (z.B. Dünnbettmörtel) und einer gleichzeitig geringen Steinzugfestigkeit in Richtung Steinhöhe maßgebend (Abb. 2.3.2). Die Haftzugfestigkeit, die sehr starken Streuungen unterliegt, wird sowohl von den Steineigenschaften (z. B. Oberflächenbeschaffenheit, Wasseraufnahmefähigkeit und Feuchtigkeitsgehalt) als auch von den Mörteleigenschaften (z. B. Zusammensetzung, Sandanteil, Wassergehalt und Wasserrückhaltevermögen) und der Mauerwerkausführung (z. B. Erschütterung während des Abbindprozesses und Nachbehandlung) beeinflusst. Zugbeanspruchung parallel zur Lagerfuge Bei einer Zugbeanspruchung des Mauerwerks parallel zur Lagerfuge werden die Zugspannungen nicht über die Stoßfugen sondern mittels Scherfestigkeit über die Lagerfugen von einem Stein zum nächsten weitergeleitet (Abb. 2.3.3). Ursache dafür ist, dass im Stoßfugenbereich keine oder nur sehr geringe und vor allem mit einer großen Streuung behaftete Zugkräfte übertragen werden können. Dies trifft vor allem für unvermörtelte Stoßfugen (Nut- und Federsystem) oder nur teilweise vermörtelte Stoßfugen (Knirschverlegung mit verfüllter Mörteltasche) zu. Aber auch bei mit Normal- oder Leichtmörtel voll vermörtelten Stoßfugen ist davon auszugehen, dass aufgrund mangelhafter Ausführung sowie Mörtelschwindens und dem damit
Zugversagen der Steine
2.3.3
Kräftefluss im Mauerwerk bei Zugbeanspruchung parallel zur Lagerfuge
93
Tragwerk Tragwerk 053
2.3.4
Spannungszustand und Versagensfälle bei Zugbeanspruchung parallel zur Lagerfuge
Versagen der Lagerfuge: 2 • τR • ü = 2 • hSt • σz
Zugversagen der Steine: hSt • β Z,St = 2 • hSt • σz
2.3.5
2.3.6
94
Übergang von Fugenversagen auf Steinversagen in Abhängigkeit von der vertikalen Auflast
Versagensformen einer Mauerwerkwand unter zweiachsiger Scheibenbeanspruchung
bedingten Ablösen des Mörtels vom Stein die Haftzugfestigkeit im Stoßfugenbereich so gering ist, dass Zugkräfte nicht übertragen werden können. Nur bei mit Dünnbettmörtel voll verfüllten Stoßfugen ist von einer gewissen Haftzugfestigkeit im Stoßfugenbereich auszugehen. Infolge des bestehenden Kraftflusses kann das Mauerwerk durch Überschreiten der Scherfestigkeit in den Lagerfugen zwischen Stein und Mörtel oder durch Überschreiten der Steinzugfestigkeit parallel zur Lagerfuge versagen (Abb. 2.3.4). Das Versagen der Lagerfuge entspricht einem Gleiten der Lagerfuge, bei dem der Verband des Mauerwerks aufgrund eines zahnförmigen Bruchrisses durch Stoß- und Lagerfugen zerstört wird. Die Scherfestigkeit zwischen Stein und Lagerfuge wird durch die Adhäsion zwischen Stein und Mörtel bzw. durch die Kohäsion im Mörtelfugenbereich und den Reibungsanteil in Abhängigkeit von der Druckspannung senkrecht zur Lagerfuge bestimmt. Adhäsion und Kohäsion werden als Haftscherfestigkeit bezeichnet. Diese unterliegt ähnlich der Haftzugfestigkeit material- und herstellungsbedingten Parametern (z. B. Steinoberfläche, Lochbild, Mörtelzusammensetzung, Ausführung und Nachbehandlung des Mauerwerks), wobei der Kontaktzone zwischen Stein und Mörtel die entscheidende Bedeutung zukommt. Generell steigt die Haftscherfestigkeit mit zunehmender Mörteldruckfestigkeit an, wobei je nach Steinart aufgrund der unterschiedlichen Oberflächenbeschaffenheit Unterschiede in den Adhäsionseigenschaften auftreten können. Vor allem Hochlochziegel weisen wegen der günstigen Adhäsionsbedingungen große Haftscherfestigkeiten auf, Kalksand- und Porenbetonsteine hingegen geringere [47]. Die Höhe des Reibungsanteils an der Scherfestigkeit hängt neben dem Reibungsbeiwert vor allem von der vertikalen Auflast senkrecht zur Lagerfuge ab. Er steigt proportional mit der Auflast an. Wird dieser Anteil in den Lagerfugen aufgrund hoher Auflast nicht überschritten und weisen die Steine eine geringe Zugfestigkeit auf, so tritt das Versagen durch vertikales Zerreißen der Steine ein (Abb. 2.3.4 und 2.3.5), wobei die Haftzugfestigkeit in der Stoßfuge vernachlässigt wird. Der Bruch tritt ein, wenn die aus zwei Schichten wirkende Zugspannung σZ die Zugfestigkeit eines Steins überschreitet. Der Übergang von der einen zur anderen Bruchart wird zusätzlich durch die Art des Mauerwerkverbandes und durch das Verhältnis Überbindelänge zu Steinhöhe beeinflusst. Die Steinzugfestigkeit der einzelnen Mauersteinarten und Steinsorten ist je nach Anteil und Form der Lochung sowie in Abhängigkeit von der Zugfestigkeit des Steinmaterials verschieden groß.
Biegezugbeanspruchung parallel zur Lagerfuge Bei der Biegebeanspruchung parallel zur Lagerfuge entstehen sowohl Zug- als auch Druckspannungen in Richtung der Lagerfuge. Bei Mauerwerk aus unvermörtelten oder unvollständig ausgeführten Stoßfugen können weder Zug- noch Druckspannungen über die Stoßfuge übertragen werden. Die Spannungen müssen analog einer reinen Zugbeanspruchung über die aufnehmbaren Scherspannungen in der Lagerfuge übertragen werden. Bei vermörtelten Stoßfugen können in der Stoßfuge Biegedruckspannungen übertragen werden. Beim Versagen des Verbandes wird durch das Biegemoment eine Verdrehung des Steins hervorgerufen, die neben der Haftscherfestigkeit der Lagerfuge zusätzlich den Scherwiderstand in der Stoßfuge aktiviert. Tritt kein Versagen der Lagerfuge auf, kann sich über die gesamte Bauteilhöhe eine Druckzone einstellen, während die Zugspannung nur in jeder zweiten Steinschicht aufgenommen wird. Aufgrund der Spannungsverteilung gemäß der Geometrie eines Plattenbalkens ergibt sich dadurch im Vergleich mit unvermörtelten Stoßfugen eine rechnerische Erhöhung der Biegebeanspruchbarkeit des Mauerwerkkörpers [122]. Die Größe der Biegezugfestigkeit hängt neben der Scherfestigkeit zwischen Stein und Mörtel vorrangig von der Steinbiegzugfestigkeit und der Steindruckfestigkeit in Wandlängsrichtung ab. Die Steinlängsdruckfestigkeit kann vor allem bei Blocksteinen mit hohem Lochanteil sehr klein sein, so dass in diesen Fällen das Steinversagen maßgebend für die Biegezugfestigkeit des Mauerwerks ist. Schubbeanspruchung
Mauerwerkwände können durch horizontale Lasten wie z. B. Wind, Erddruck und Erdbeben sowohl in Wandebene auf Scheibenschub als auch senkrecht zur Wandebene auf Plattenschub beansprucht werden. Die Scheibenschubtragfähigkeit von Mauerwerk ist dabei vor allem für die Aussteifung von Bauwerken von Bedeutung. Spannungszustand und Versagensarten bei Scheibenschub Bei Scheibenschub ergibt sich die Beanspruchung der Mauerwerkwand aus den zuvor genannten Horizontallasten und zusätzlich aus Vertikallasten in Wandebene. Diese zweiach sige Scheibenbeanspruchung wird vereinfachend durch eine über die Wandlänge verteilte Vertikallast und einer resultierenden Horizontallast am Wandkopf dargestellt. Dabei treten folgende Versagensarten auf: Reibungsversagen mit einem horizontalen Abscheren entlang einer Lagerfuge, Zugversagen der unteren Lagerfuge durch Momentenbeanspruchung, Druckversagen des Mauerwerks am Wandfuß infolge Überschreiten der Steinquerzugfestigkeit (siehe »Druckbean-
Tragverhalten von Mauerwerk Tragwerk 053
spruchung«) und Schubversagen (Abb. 2.3.6). Beim Schubversagen führt die Kombination aus Hauptdruck- und Hauptzugspannungen zu diagonalen Rissen in der Wand. Diese Versagensform kann in ein Versagen der Lagerfuge und in Steinzugversagen unterteilt werden. Bei geringer vertikaler Auflast und geringer Haftscherfestigkeit bilden sich diagonale Risse entlang der Stoß- und Lagerfuge aus (Treppenriss). Bei großer vertikaler Auflast und Steinen geringer Zugfestigkeit verlaufen die diagonalen Risse durch die Steine und entlang der Stoßfuge. Letzteres kann als sprödes Versagen bezeichnet werden und bewirkt ein deutliches Herabsetzen der Mauerwerksteifigkeit. Das Fugenversagen ist hingegen ein duktiles Versagen, da auch nach der Ausbildung des Treppenrisses noch Horizontalkräfte über Reibung übertragen werden. Diese Eigenschaft wird vor allem bei der Erdbebenbemessung von Mauerwerkwänden ausgenutzt [47]. Schubbruchtheorie von Mann/Müller für Scheibenschub Bei der Bruchtheorie von Mann/Müller für scheibenbeanspruchtes Mauerwerk wird davon ausgegangen, dass in den Stoßfugen keine bzw. nur geringe, jedoch vernachlässigbare Schubspannungen übertragen werden können. Vorrangige Ursache dafür ist, dass in den Stoßfugen aufgrund der fehlenden horizontalen Druckspannungen keine Schubspannungen aus Reibung aktiviert werden können. Zusätzlich werden planmäßig vermörtelte Stoßfugen häufig nicht vollfugig ausgeführt, wodurch es zu Randablösungen des Mörtels vom Mauerstein infolge Mörtelschwindens kommen kann. Dadurch wird die Verbundfestigkeit zwischen Stein und Mörtel so stark herabgesetzt, dass keine wesentlichen Schubspannungen übertragen werden können. Dieser Zusammenhang wird bei einer planmäßig teilvermörtelten oder unvermörtelten Stoßfugenausbildung (Nut- und Federsystem) verstärkt. Bei letzterer kann die Schubspannungsübertragung aufgrund des knirschen bzw. kontaktfreien Aneinanderreihens der Steinflächen sogar bis auf Null reduziert sein. Durch die fehlende Schubspannungsübertragung in den Stoßfugen muss ein Stein zur Erzielung des Gleichgewichts am Mauerwerkelement in vertikaler Richtung die Schubspannungen aus zwei Schichten aufnehmen (Abb. 2.3.7). Darüber hinaus erzeugen die in den Lagerfugen wirkenden Schubspannungen ein Drehmoment am Einzelstein. Zur Erzielung des Momentengleichgewichts wird der Normalspannungsverlauf an Ober- und Unterseite des Steins umverteilt. Die Druckspannungsverteilung, die im Modellansatz vereinfacht durch einen abgetreppten Verlauf dargestellt ist, wurde durch Versuche nachgewiesen [127; 136] (Abb. 2.3.7). Mit diesem Modellansatz stellten Mann/Müller eine Brucheinhüllende (Abb. 2.3.8) für die auf-
nehmbare Schubspannung in Abhängigkeit von der Größe der vertikalen Normalspannung auf. Oberhalb dieser Kurve tritt ein Versagen ein. Die vier zugehörigen Versagensarten sind folgende (2.3.9): 1. Haftzugversagen zwischen Mauerstein und Lagerfugenmörtel: Sind die Druckspannungen senkrecht zur Lagerfuge infolge geringer Auflast sehr klein, wird die kleinere Normalspannung im Bereich des Einzelsteins zur Zugspannung. Bei Überschreiten der Haftzugfestigkeit β HZ tritt ein Klaffen in der Lagerfuge ein. 2. Fugenversagen: Ein Reibungsversagen der Lagerfuge stellt sich ein, wenn die Scherfestigkeit als Summe aus Haftscherfestigkeit βHS und Reibungswiderstand μ · σ2 im Bereich der geringer belasteten Steinhälfte überschritten wird. Dieses Versagen tritt bei geringer Auflast σ x und bei Steinen mit guter Zugfestigkeit auf und führt zu einem treppenförmig verlaufenden diagonalen Riss entlang der Stoß- und Lagerfugen. 3. Steinzugversagen: Dieses Versagen tritt bei größerer vertikaler Auflast und bei Steinen mit geringerer Zugfestigkeit auf. Dabei wird die Scherbeanspruchbarkeit in der Lagerfuge aufgrund des erhöhten Reibungswiderstandes vergrößert. Infolge der fehlenden Übertragung von vertikalen Schubspannungen in den Stoßfugen müssen die Steine Schubkräfte aus zwei Schichten übertragen. Dies führt zusammen mit den lotrechten Druckspannungen zu schiefen Hauptzugspannungen im Stein. Bei Überschreitung der Steinzugfestigkeit bilden sich leicht geneigte Risse durch die Steine, diese setzen sich in den Stoßfugen fort. 4. Druckversagen des Mauerwerks: Bei sehr hoher vertikaler Auflast versagt das Mauerwerk infolge schiefer Hauptdruckspannungen, wenn die größere auf den Einzelstein wirkende Normalspannung die Druckfestigkeit β MW des Mauerwerks übersteigt. Die Scheibenschubfestigkeit von Mauerwerk hängt demnach vor allem von der Größe der vertikalen Auflast, den aufnehmbaren Scherfestigkeiten in den Lagerfugen (Haftscherfestigkeit und Reibungsanteil), der Zugfestigkeit der Steine und der Druckfestigkeit des Mauerwerks ab. Zusätzlich sind noch die Ausführungsqualität und die Verbandsart zu berücksichtigen. Das von Mann/Müller entwickelte Modell bezieht sich auf den Läuferverband mit ungefähr halber Steinlänge als Überbindelänge. Bei Verbandsarten mit geringerer Schubfläche (z. B. Blockverband) gilt der Modellansatz nur näherungsweise [126; 127; 187]. Spannungszustand bei Plattenschub Wirkt eine Mauerwerkwand als Platte, z. B. unter Erddruck oder Wind senkrecht zur Wandebene, treten ebenfalls Schubspannungen auf. Beim Plattenschub ist jedoch nicht von einem Zerreißen der Steine auszugehen, sondern nur
2.3.7
Spannungsverteilung nach Mann/Müller bei Scheibenschubbeanspruchung
·—·—=
y x
2.3.8
Brucheinhüllende mit Versagensfällen nach Mann/ Müller
2.3.9
Versagensarten im Mauerwerk bei Scheibenschubbeanspruchung
Haftzugversagen
Fugenversagen
Steinzugversagen
Druckversagen des Mauerwerks
95
Tragwerk Tragwerk 053
von einem Reibungsversagen der Lagerfuge bei Überschreiten der Scherfestigkeit, die sich wie beim Scheibenschub aus den Anteilen Haftscherfestigkeit und Reibungswiderstand zusammensetzt. Dabei ist zu beachten, dass der klaffende Bereich der Lagerfuge nicht angesetzt werden darf, da hier die Haftscherfestigkeit auf Null absinkt.
Grundlagen der Bemessung Entwicklung der europäischen und nationalen Normen
Die Normungsentwicklung im Mauerwerkbau wird von deutscher Seite derzeit in zwei Richtungen verfolgt. Zum einen wird das europäische Regelwerk Eurocode 6 aktualisiert und überarbeitet, zum anderen wird auch die nationale Norm DIN 1053 weiterentwickelt. Der Eurocode EC 6 ist im Juni 1994 in seinem grundlegenden Teil 1-1: Allgemeine Regeln – Regeln für bewehrtes und unbewehrtes Mauerwerk beschlossen worden. Nach einer redaktionellen Überarbeitung, der Übersetzung sowie der Ausarbeitung des Nationalen Anwendungsdokumentes – NAD – wurde der EC 6 als Vornorm DIN V 1996-1-1, Ausgabe Dezember 1996 zur Erprobung in einigen Bundesländern bauaufsichtlich eingeführt. Seither darf Mauerwerk in diesen Bundesländern wahlweise nach DIN 1053-1 oder nach dem durch das NAD ergänzte Regelwerk DIN V 1996-1-1 ausgeführt werden. Diese gilt solange, wie die Erprobungsphase für den EC 6 dauert. Nach Umfrage von 1997 und 1998 unter den Mitgliedsländern bzgl. des weiteren Vorgehens mit den europäischen Vornormen entschieden sich die Mehrzahl der Teilnehmerländer für eine Aktualisierung des EC 6, um diesen dann als endgültige europäische Norm einzuführen. Dies bedeutet, dass nach der Einführung von EC 6 und einer gewissen Überlappungszeit die nationale Norm zurückgezogen wird und danach nur noch der EC 6 gültig ist. Da nach ersten Erkenntnissen die Bemessung nach EC 6, Teil 1-1 sehr kompliziert ist, wird derzeit noch ein vereinfachtes Berechnungsverfahren als EC 6, Teil 3: Vereinfachte und einfache Regeln für Mauerwerktragwerke erarbeitet. Dieses Berechnungsverfahren basiert im Wesentlichen auf dem vereinfachten Verfahren der DIN 1053-1. Obwohl der EC 6, Teil 1-1 bis 2002 als europäische Norm und zusammen mit Teil 3 bis 2004 als deutsche Ausgaben der europäischen Normen vorliegen sollen, ist dieser Zeitplan eher als Wunschvorstellung denn als Realisierung zu betrachten. Da sich die Arbeit an den europäischen Normen schon so lange hinzieht, ist in den letzten Jahren eine gewisse Resignation zu beachten. Folglich ist derzeit noch nicht absehbar, wann die europäischen Regelwerke die nationalen Normen ersetzen werden.
96
Dieser immer länger dauernden Entwicklung des Eurocode-Programms wurde auf nationaler Ebene dadurch begegnet, dass die DIN 1053 regelmäßig in wichtigen Abschnitten überarbeitet und den neuen Erkenntnissen angepasst wurde. Mit der zuletzt durchgeführten Überarbeitung der DIN 1053, Teil 1 und Teil 2, Ausgabe November 1996, wurde eine bessere Einteilung der einzelnen Normen bewirkt. Bisher war das genauere Berechnungsverfahren in DIN 1053, Teil 2: Mauerwerk nach Eignungsprüfung enthalten, obwohl es auch für Rezeptmauerwerk gültig war. Die damit in der Praxis aufgetretenen Missverständnisse wurden durch die folgende Neueinteilung beseitigt: DIN 1053-1 ist die grundlegende Norm für die Berechnung und Ausführung von Mauerwerk. Sie gilt sowohl für Rezeptmauerwerk (RM) als auch für Mauerwerk nach Eignungsprüfung (EM) und enthält sowohl das vereinfachte als auch das genauere Berechnungsverfahren. DIN 1053-2 regelt nur noch die Einstufung von Mauerwerk in Festigkeitsklassen aufgrund von Eignungsprüfungen und ist somit eine reine Prüfnorm ohne Hinweise für die Berechnung und Ausführung. Ursprünglich sollte dieser Entwicklungsstand der DIN 1053 solange beibehalten werden, bis diese Norm durch den Eurocode EC 6 ersetzt wird. Das bedeutet, dass grundsätzliche Neuerungen wie das neue Sicherheitskonzept mit Teilsicherheitsbeiwerten, die Übernahme des parabelförmigen bzw. parabelrechteckförmigen Spannungsverlaufes anstelle der linearen Spannungsverteilung oder ein genauerer Nachweis der Knicksicherheit erst mit dem EC 6 eingeführt werden sollten. Da aber vor allem der Stahlbetonbau nicht länger auf die Einführung des Eurocode-Programms warten konnte, wurde die Entwicklung der neuen Normengeneration, die DIN-100-Reihe, beschlossen. Diese werden derzeit auf der Grundlage der Prinzipien der bestehenden Fassungen der Eurocodes erarbeitet und sollen zur Überbrückung oder als Ersatz für das Eurocode-Programm eingeführt werden. Diese Entscheidung zwingt den Mauerwerkbau, die DIN 1053 ebenfalls an die grundlegenden Neuerungen der europäischen Normenentwürfe anzupassen, da es nicht sinnvoll erscheint, beim statischen Nachweis eines Bauwerkes die einzelnen Bauteile nach verschiedenen Sicherheitskonzepten und Berechnungsverfahren zu bemessen. Derzeit liegt nur ein Manuskript der neuen DIN 1053-100 vor, welches in nächster Zukunft in eine Mauerwerknorm weiterentwickelt wird [24; 88; 101; 120; 121; 123]. Da für unbewehrtes Mauerwerk in Deutschland derzeit einheitlich DIN 1053-1 und DIN 1053-2, Ausgabe jeweils November 1996, gültig ist, wird in den folgenden Abschnitten nur auf diese beiden Normen Bezug genommen.
Berechnungsverfahren
Vereinfachtes Berechnungsverfahren Unter bestimmten Voraussetzungen dürfen Mauerwerkbauteile nach DIN 1053-1, Abschnitt 6 nach dem vereinfachten Berechnungsverfahren bemessen werden. Vereinfacht bedeutet hier, dass die Rechenannahmen und die Bemessung selbst einfacher sind als nach dem genaueren Verfahren. Dies wird durch eine einfachere Handhabung der Bemessungsgleichungen ermöglicht, bei denen der Sicherheitsabstand nicht explizit ausgedrückt, sondern bereits in den zulässigen Spannungen eingearbeitet ist. Zusätzlich brauchen bestimmte, den Nachweis verkomplizierende Beanspruchungen auf den Mauerwerkkörper, z. B. Biegemomente aus Deckeneinspannung, ungewollte Exzentrizitäten beim Knicknachweis oder Wind auf Außenwänden, bei der Bemessung nicht berücksichtigt werden, da sie bereits durch den Sicherheitsabstand, eine Abminderung der zulässigen Spannungen oder konstruktive Grenzen und Regeln erfasst sind. Die Anwendung des vereinfachten Verfahrens bedingt jedoch das Einhalten bestimmter Grenzen, um zu gewährleisten, dass das Bemessungsergebnis in jedem Fall auf der sicheren Seite liegt, aber gleichzeitig nicht zu unwirtschaftlich ist, folglich nicht zu weit vom Ergebnis einer genaueren Bemessung abweicht (Abb. 2.3.10). Genaueres Berechnungsverfahren Sind die Anwendungsgrenzen für das vereinfachte Berechnungsverfahren nicht erfüllt, oder soll die Standsicherheit eines ganzen Bauwerkes, einzelner Geschosse oder Bauteile genauer nachgewiesen werden, muss das genauere Berechnungsverfahren nach DIN 1053-1, Abschnitt 7 angewandt werden. Dabei dürfen beim Nachweis einzelner Bauteile oder Geschosse mit dem genaueren Berechnungsverfahren die übrigen Bauteile – sofern sie die Anwendungsgrenzen erfüllen – mit dem vereinfachten und dadurch kürzeren Verfahren berechnet werden. Das genauere Berechnungsverfahren ist schließlich notwendig, um die Regeln des vereinfachten Verfahrens abzuleiten und um zu gewährleisten, dass die Sicherheit der vereinfacht nachgewiesenen Bauteile nicht unter derjenigen liegt, die eine genaue Berechnung ergeben würde. Sicherheitskonzept
Nachweis der Standsicherheit Der Nachweis der Standsicherheit kann in der DIN 1053 entweder über zulässige Spannungen im Gebrauchszustand oder über die Traglast im Bruchzustand erfolgen. In der neuen Normengeneration Eurocode EC 6 und DIN 1053-100 wird der Nachweis über das Teilsicherheitsverfahren geführt. Im vereinfachten Berechnungsverfahren nach
Grundlagen der Bemessung Tragwerk 053
DIN 1053-1 ist der Nachweis der Standsicherheit mit der Bedingung vorh. σ ≤ zul. σ erfüllt. Die vorhandenen Spannungen sind dabei für den Gebrauchszustand als Nachweisebene zu ermitteln, die in der DIN 1053-1 definierten zulässigen Spannungen enthalten bereits den erforderlichen Sicherheitsabstand gegenüber dem Tragwiderstand. Im genaueren Berechnungsverfahren ist mit der Bedingung γ · S ≤ Rk (fk) nachzuweisen, dass die γ-fachen Gebrauchslasten im Bruchzustand als Nachweisebene von den Rechenwerten der Festigkeit aufgenommen werden können. Bei der zukünftigen Normengeneration werden Teilsicherheitsbeiwerte auf der Last- und Tragwiderstandsseite eingeführt, um die Gegebenheiten genauer erfassen zu können. Dabei werden mit der nachzuweisenden Bedingung Sd (γf · S) ≤ Rd (fk / γM) die einwirkenden Gebrauchslasten durch Teilsicherheitsbeiwerte auf einen Bemessungswert Sd der Einwirkungen erhöht und der Tragwiderstand durch den Teilsicherheitsbeiwert γM für die Baustoffeigenschaft auf den Bemessungswert Rd des Materialwiderstands reduziert. Die Nachweisebene liegt somit zwischen der Lastund der Tragwiderstandsseite (Abb. 2.3.11). Sicherheitsbeiwerte Die Sicherheitsbeiwerte für das genauere Berechnungsverfahren basieren auf einem festgelegten und bewährten Sicherheitsabstand von ≈ 3,0 zwischen dem Rechenwert βR und dem Mittelwert der im Labor im Kurzzeitversuch bestimmten Mauerwerkdruckfestigkeit. Der Rechenwert βR ist dabei als 5%-Fraktilwert definiert und berücksichtigt zusätzlich den Einfluss der Dauerstandfestigkeit mit 85% der Kurzzeitfestigkeit. Mit dem Verhältnis Fraktilwert zu Mittelwert von etwa 0,80 wird somit der Sicherheitsbeiwert von Wänden unter Dauerbelastung zu γW = 3,0 · 0,85 · 0,80 = 2,04 ≈ 2,0 bestimmt. Neben Wänden mit mehr als 1000 cm2 Querschnittsfläche gilt dieser Sicherheitsbeiwert auch für »kurze Wände« oder Pfeiler mit einer Querschnittsfläche von weniger als 1000 cm2, die entweder aus einem oder mehreren ungetrennten Steinen oder aus getrennten Steinen mit einem Lochanteil von weniger als 35% bestehen und keine Aussparungen bzw. Schlitze enthalten. Für alle anderen »kurzen Wände« oder Pfeiler, die also aus getrennten Steinen mit Lochanteil größer 35% oder aus Querschnitten mit Schlitzen bzw. Aussparungen bestehen, ist der erhöhte Sicherheitsbeiwert γP = 2,5 anzusetzen. Die Trennung der Sicherheitsbeiwerte für Wände und »kurze Wände« bzw. Pfeiler in Abhängigkeit von der Querschnittsfläche wurde festgelegt, da sich Unregelmäßigkeiten bei kleineren Querschnitten (z. B. halbierte Stei-
2.3.10 Voraussetzungen für die Anwendung des vereinfachten Berechnungsverfahrens Bauteil Wanddicke lichte Verkehrslast Geschosszahl/ Aussteifende Geschosshöhe der Decke Gebäudehöhe Querwände d hs p3) Abstand eq [cm] [m] [kN/m2] [m] [m] nicht 1 Innenwände ≥ 11,5 ≤ 2,75 ≤ 5,0 ≤ 201) < 24,0 erforderlich 2 ≥ 24,0 keine Einschränkung 2) 3 Einschalige ≥ 11,5 ≤ 2,75 Außenwände < 17,5 4 ≥ 17,5 ≤ 201) < 24,0 5 ≥ 24,0 ≤ 12 • d 6 Tragschalen ≥ 11,5 ≤ 2,75 ≤ 3,0 ein≤ 2 Volleη ≤ 4,5 zweischaliger < 17,5 schließlich geschosse Randabstand Außenwände Trennwand+ ausgebautes von einer und zuschlag Dachgeschoss Öffnung zweischalige e ≤ 2,0 7 Haustrennwände ≥ 17,5 ≤ 5,0 ≤ 201) nicht < 24,0 erforderlich 8 ≥ 24,0 ≤ 12 • d 1) Bei geneigten Dächern Mittel zwischen First- und Traufhöhe. 2) Nur für eingeschossige Garagen und vergleichbare Bauwerke, die nicht dem dauernden Aufenthalt von Menschen dienen. 3) Deckenstützweite l ≤ 6,0 m, sofern nicht die Biegemomente aus Deckendrehwinkel durch konstruktive Maßnahmen begrenzt werden (z.B. Zentrierleiste). Bei zweiachsig gespannten Decken ist für l die kürzere der beiden Stützweiten anzusetzen.
2.3.11
Sicherheitskonzepte nach DIN 1053 und EC 6
NWE ... Nachweisebene
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Tragwerk Tragwerk 053
ne, Fehlen der verstärkten Randbereiche von getrennten Steinen mit hohem Lochanteil, Schlitze etc.) stärker auswirken als bei größeren Querschnitten und somit zu einer größeren Versagensgefahr führen. Dieser wird durch den erhöhten Sicherheitsbeiwert γP entgegengewirkt. Im vereinfachten Berechnungsverfahren ist der Sicherheitsabstand nicht explizit durch einen Sicherheitsbeiwert dargestellt, sondern in den zulässigen Spannungen implizit enthalten (siehe »Nachweis bei zentrischem und exzentrischem Druck«). Ermittlung der Schnittgrößen aus Lasten
Eine Wand kann durch vertikale Lasten aus Eigengewicht, Deckenlasten und Dachlasten belastet werden. Die horizontale Belastung einer Wand resultiert aus der Windeinwirkung, der Schrägstellung des Gebäudes, dem Erddruck sowie aus sonstigen, zum Teil außergewöhnlichen Lasten wie Erdbeben- oder Anpralllasten. Alle diese Lasten sind über den Mauerwerkkörper in die darunterliegenden Geschosse bzw. in den Baugrund weiterzuleiten. Hinsichtlich der aus den Lasten resultierenden Schnittgrößen werden nachfolgend die Besonderheiten für den Mauerwerkbau erläutert. Auflagerkräfte aus Decken Bei durchlaufenden, einachsig gespannten Deckenplattensystemen und Balken sind die Auflagerkräfte auf die Wandkonstruktion wie folgt zu ermitteln: • Endauflagerkräfte ohne Berücksichtigung der Durchlaufwirkung • Auflagerkräfte der ersten Innenwand (Innenstütze) neben dem Endauflager stets unter Berücksichtigung der Durchlaufwirkung • Auflagerkräfte der übrigen Innenwände (Innenstützen) nur dann unter Berücksichtigung der Durchlaufwirkung, wenn das Verhältnis benachbarter Stützweiten kleiner 0,7 ist. Ansonsten dürfen die Auflagerkräfte ohne Durchlaufwirkung unter der Annahme berechnet werden, dass die Tragwerke über allen Innenstützen gestoßen und frei drehbar gelagert sind. Bei tragenden Wänden unter einachsig gespannten Decken, die parallel zur Deckenspannrichtung verlaufen, sind Lasten aus einem Deckenstreifen angemessener Breite anzusetzen, um eine mögliche Lastabtragung der Decke in Querrichtung zu erfassen. In der Regel ist davon auszugehen, dass die Wand von einem ein Meter breiten Deckenlaststreifen beeinflusst wird. Die Auflagerkräfte von zweiachsig gespannten Decken werden aus den Einflussflächen der Decke bestimmt. Diese hängen von der Auflagerungsart – freier Rand, gelenkig gelagert oder eingespannt – der Decke ab und sind in der DIN 1045, Abb. 46 dargestellt.
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Momente aus Wand-Decken-Knoten Da Wände und Decken in den Knotenpunkten aufgrund »Überdrückung« biegesteife Ecken ausbilden, stellen sie im Regelfall ein hochgradig statisch unbestimmtes Rahmensystem dar. Die genaue Berechnung der Rahmensysteme ist wegen des hohen Rechenaufwandes nur in Ausnahmefällen gerechtfertigt. Zusätzlich führt eine übertrieben genaue Berechnung wegen der vielen mechanischen und baustofftechnologischen Ungenauigkeiten im System zu keinen wesentlich exakteren Ergebnissen. Ungenauigkeiten verursachen vor allem die Erfassung der Steifigkeit der Decke im Übergang von Zustand I auf Zustand II, die Bestimmung der Steifigkeit der Wand bedingt durch den streuenden Wandelastizitätsmodul und durch gerissene Zonen in der Wand, der Einfluss der Querwände auf die Aussteifung der Wand sowie das Kriechverhalten der Wand und der Decke, das durch die Kriechbeiwerte nur in weiten Grenzen beschrieben werden kann. Beim vereinfachten Berechnungsverfahren brauchen die Deckeneinspannung und die sich daraus ergebenden Biegemomente nicht explizit berechnet werden, da ihr Einfluss durch die Begrenzung der Stützweiten und durch die Reduzierung der zulässigen Spannung mit dem Faktor k3 berücksichtigt wird (siehe »Nachweis bei zentrischem und exzentrischem Druck«). Beim genaueren Berechnungsverfahren hingegen ist der Einfluss der Decken-Auflagerdrehwinkel auf die Ausmitte der Lasteintragung in die Wände zu berücksichtigen. Dies kann bei Deckenverkehrslasten p ≤ 5,0 kN/m2 durch eine vereinfachte Berechnung der Knotenmomente, ansonsten durch eine Rahmenrechnung erfolgen. Die vereinfachte Berechnung der Knotenmomente vermindert den Rechenaufwand, indem das Deckeneinspannmoment vereinfacht durch ein exzentrisches Ansetzen der Auflagerkraft A der Decke ermittelt wird. Bei Dachdecken muss das Einspannmoment AD • eD voll in den Wandkopf eingeleitet werden. Bei Zwischengeschossen verteilt sich das Einspannmoment AZ • eZ annähernd je zur Hälfte auf Wandkopf und Wandfuß, die Normalkräfte No aus darüber befindlichen Geschossen werden zentrisch angesetzt. Als Werte für die Exzentrizität eD und eZ sind bei Innenwänden 5% der Differenz der benachbarten Deckenspannweiten und bei Außenwänden 5% der benachbarten Deckenspannweite anzunehmen. Bei zweiachsig gespannten Decken mit Spannweitenverhältnissen bis 1:2 darf als Spannweite zur Ermittlung der Exzentrizität eD bzw. e Z der Wert aus 2/3 der kürzeren Seite eingesetzt werden. Die Ermittlung des Knotenmomentes darf bei einer Rahmenrechnung an einem Teilsystem um den betrachteten Knoten unter Abschätzung der Momenten-Nullpunkte in den aufgehenden Wänden, im Regelfall in halber Geschosshöhe, erfolgen. Die Biegesteifigkeiten
der Wände und Decken dürfen vereinfacht am ungerissenen Querschnitt und mit elastischem Materialverhalten bestimmt werden. Der E-Modul von Mauerwerk darf dabei zu Emw = 3000 • σ0 angesetzt werden. Da die Knotenmomente in der Regel für das Gleichgewicht der Tragelemente nicht erforderlich und deshalb nur Zwängungsmomente sind, erscheint es sinnvoll, bei ihrer Berechnung die Verkehrslasten nicht feldweise unterschiedlich und somit ungünstigst anzusetzen, sondern durch halbe Verkehrslasten als ständige Lasten zu ersetzen. Außerdem darf das ermittelte Knotenmoment in den Fällen, in denen es nicht zur Entlastung der angrenzenden Dekkenfelder herangezogen wird, beim Nachweis der Wand auf 2/3 seines Wertes reduziert werden. Grund hierfür ist, dass der Knoten im Bruchzustand aufgrund Rissbildung im Mauerwerk keine starre Einspannung darstellt, so dass die Rahmenrechnung auf der Grundlage starrer Knoten zu große Einspannmomente liefert [121]. Unabhängig von der Berechnungsart des Knotenmomentes ist am Wandkopf bzw. Wandfuß eine evtl. rechnerische Exzentrizität e > d/3 aus resultierender Decken- und darüber befindlicher Geschosslast sowie infolge des Knotenmomentes auf ein Drittel der Wanddicke zu beschränken. In diesem Fall sind konstruktive Maßnahmen (z.B. Fugenausbildung, Zentrierleiste, Kantennut etc.) erforderlich, um Rissschäden im Mauerwerk und Putz zu vermeiden. Windlasten Die Windlasten rechtwinklig zur Wandebene dürfen beim Nachweis der Standsicherheit mit dem vereinfachten Berechnungsverfahren vernachlässigt werden, wenn eine ausreichende horizontale Halterung der Wände z. B. durch Decken mit Scheibenwirkung oder statisch nachgewiesenen Ringbalken gewährleistet ist. Beim genaueren Rechenverfahren dürfen die Windlasten rechtwinklig zur Wandebene im Regelfall bis zu einer Höhe von 20 m über Gelände vernachlässigt werden, wenn die Wanddicken d ≥ 240 mm und die lichten Geschosshöhen hS ≤ 3,0 m sind. Die Lastabtragung des Windes in Wandebene ist bei beiden Berechnungsverfahren durch die räumliche Steifigkeit des Gebäudes sicherzustellen. Räumliche Steifigkeit
Gebäudeaussteifung Die Aufgaben der Gebäudeaussteifung sind die Aufnahme und Weiterleitung von Horizontalkräften (z. B. aus Wind, horizontaler Lotabweichung, Erddruck, Erdbeben, schwingende Massen etc.) in den Baugrund sowie die Begrenzung der horizontalen Verformungen. Dazu müssen sowohl die Stabilität des Gesamtgebäudes als auch die Standsicherheit der einzelnen Mauerwerkwände gewährleistet sein. Bei Bauwerken, die aus mehreren, durch
Grundlagen der Bemessung Tragwerk 053
2.3.12
Anordnung von vertikalen Scheiben
2.3.13
Ermittlung der einwirkenden Scheibenkräfte infolge Horizontallast
Fugen abgegrenzten Bauteilen bestehen, muss jedes Bauteil für sich standsicher und ausgesteift sein. Dies gilt z. B. auch für Reihenmittelhäuser, die für den Fall »alleinstehendes Haus« mit Windbelastung senkrecht zur Giebelwand standsicher sein müssen. Aufgrund der Bedeutung der Gesamtstabilität ist diese bei der Konstruktion des Tragwerks als erstes zu prüfen und sicherzustellen. Eine ausgesteifte Konstruktion wird durch zwei Elemente erzielt: horizontale Scheiben nehmen die horizontalen Lasten auf, vertikale Scheiben stützen die horizontalen und tragen somit Horizontal- als auch Vertikalkräfte in den Baugrund ab. Horizontale Scheiben werden entweder durch Geschossdecken, horizontale Fachwerke oder – bei geringer Spannweite zwischen den vertikalen Scheiben – durch auf Biegung und Schub bemessene Ringbalken ausgebildet. Geschossdecken können z.B. als Stahlbetondecken mit durchgehender Bewehrung oder Fertigteildecken mit Schubverbund zwischen den Fertigteilen und umschließenden Ringanker ausgeführt werden. Auch Holzbalkendekken können durch aufgenagelte Diagonalen oder schubsteif ausgeführten Dielenboden in Verbindung mit umlaufenden Ringankern zu
liegenden Scheiben ausgebildet werden. Vertikale Scheiben werden durch Fachwerke, Rahmenkonstruktionen oder besser durch Massivscheiben aus Stahlbeton oder Mauerwerk erzielt. Ist es in Ausnahmefällen nicht möglich, die Scheiben ungeschwächt bis in den Baugrund zu führen, (z. B. infolge Öffnungen) sind Abfangungen notwendig, bei denen jedoch auf einen eindeutigen Kraftfluss, auf eine konsequente Ableitung der Biegemomente und Querkräfte und auf eine ausreichende Steifigkeit der Konstruktion zu achten ist. Voraussetzung für die Wirksamkeit der Aussteifung ist die druck-, zug- und schubfeste Verbindung der horizontalen und vertikalen Scheiben. Dabei schaffen erst drei Wandscheiben zusammen mit einer Deckenscheibe bei richtiger Anordnung eine raumstabile Zelle und somit ein stabiles Gleichgewicht. Die Wirkungslinien der Wandscheiben dürfen sich nicht in einem Punkt schneiden, da sonst kein Gleichgewicht gegen Verdrehen um diesen Punkt möglich ist. Der Hebelarm zwischen den Scheiben sollte möglichst groß sein, um die Kräfte für die Aufnahme von Torsionsmomenten zu minimieren. Zusätzlich sollten die Wandscheiben möglichst gleichmäßig verteilt und zentrisch angeordnet werden, da bei exzentrischer
Anordnung die Momente aus den Horizontalkräften und die daraus resultierenden Verdrehungen unnötig groß werden. Durch eine zwängungsfreie Anordnung der vertikalen Scheiben werden die Längenänderungen der Decken infolge Schwinden und Temperaturänderung nicht behindert, die Rissbildung in den Wänden aus diesen Zwängungen wird vermieden (Abb. 2.3.12). Die Ermittlung der auf die einzelnen vertikalen Scheiben einwirkenden Horizontalkräfte erfolgt über das Kräfte- und Momentengleichgewicht. Bei nur einer Scheibe in Lastrichtung müssen die beiden Scheiben in der anderen Lastrichtung das Gleichgewicht gegen Verdrehen herstellen. Bei zwei Scheiben in einer Lastrichtung erfolgt die Berechnung der Scheibenkräfte aus den Gleichgewichtsbedingungen eines statisch bestimmten Systems. Bei mehr als zwei vertikalen Scheiben in einer Lastrichtung handelt es sich um ein statisch unbestimmtes System, in dem die Scheiben wie Federn wirken. Die Federsteifigkeit c ergibt sich dabei bei hohen, biegeweichen Scheiben aus der Biegesteifigkeit EI, bei gedrungenen Scheiben aus der Schubsteifigkeit GA. Bei gleichem Material – gleicher Elastizitäts- und Schubmodul – der Scheiben werden die Lasten im ersten Fall pro-
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Tragwerk Tragwerk 053
2.3.14
Anforderungen an aussteifende Wände
portional zu den Trägheitsmomenten, im zweiten Fall proportional zu den Querschnittsflächen der Scheiben verteilt, wobei zusätzlich das Gleichgewicht gegen Verdrehen zu beachten ist. Dabei wird vorausgesetzt, dass die Deckenscheibe unendlich steif ist und alle aussteifenden Bauteile wie auch das Bauwerk dieselbe Verformung erfahren (Abb. 2.3.13). Nach DIN 1053-1 darf bei beiden Berechnungsverfahren auf einen rechnerischen Nachweis der Gebäudeaussteifung verzichtet werden, wenn die Geschossdecken als steife Scheibe ausgebildet sind und wenn in Längsund Querrichtung des Gebäudes eine ausreichende Anzahl von genügend langen aussteifenden Wänden vorhanden ist, die ohne Schwächungen (z. B. Aussparungen, Öffnungen) und Versprünge bis auf die Fundamente führen. Ist die räumliche Steifigkeit eines Bauwerks von vornherein nicht erkennbar, so sind beim entsprechenden Nachweis auch horizontale Kräfte aus Schrägstellung des Gebäudes zu berücksichtigen. Aussteifung von Wänden Da eine Wand aufgrund ihrer geringen Dicke im Verhältnis zur Wandhöhe und -länge nur als zweidimensionales Bauteil zu betrachten ist, neigt sie zum seitlichen Kippen. Um dies zu verhindern und zusätzlich im Zusammenwirken mit den Geschossdecken die erforderliche Gebäudeaussteifung zu gewährleisten, ist es notwendig, die Wand zu stabilisieren und somit horizontal zu halten. Dies kann durch die horizontalen Scheiben (z. B. Massivdecke, Ringbalken) und zusätzlich durch aussteifende Wände oder durch Aussteifungspfeiler erfolgen. Um Wände als aussteifende Wände betrachten zu können, müssen sie eine ausreichende Steifigkeit aufweisen und die auszusteifende Wand unverschieblich und rechtwinklig halten. Die ausreichende Steifigkeit wird durch eine erforderliche Wandlänge von mindestens 1/5 der lichten Geschosshöhe hs und einer erforderlichen Wanddicke von 1/3 der Dicke der auszusteifenden Wand, mindestens jedoch 11,5 cm gewährleistet. Ist die aussteifende Wand durch Öffnungen unterbrochen, ist die erforderliche Wandlänge mindestens 1/5 der mittleren lichten Öffnungshöhe. Die Halterung der auszusteifenden Wand durch die aussteifende Wand kann durch gleichzeitiges Hochmauern der Wände im guten Verband, durch beidseitige Anordnung von Querwänden (aussteifende Wände) mit stumpf gestoßenen Druckkontakt oder durch eine zug- und druckfeste Verbindung mittels Flachstahlprofile, Maueranker u. ä. erfolgen. Beim gleichzeitigen Hochmauern im Verband darf bei einseitig angeordneten Querwänden nur dann von einer ausreichenden Halterung der auszusteifenden Wand ausgegangen werden, wenn ein annähernd gleiches Verformungsverhalten der beiden Wandbaustoffe, insbesondere ein ähnliches Schwindverhalten
100
zu erwarten ist. Dadurch soll ein Abreißen der Wände infolge unterschiedlicher Längsverformungen und dem damit bedingten möglichen Überschreiten der Schubfestigkeit der Verbindung vermieden werden. Beidseitig angeordnete Wände dürfen bis zu einem gegenseitigen Versatz von der dreifachen Dicke der auszusteifenden Wände als durchgehende Querwände betrachtet werden (Abb. 2.3.14). Aussteifungspfeiler können bei langen tragenden Wänden angeordnet werden, wenn keine aussteifenden Querwände möglich sind. Diese können durch vertikal bewehrtes Mauerwerk aus Formsteinen (z. B. U-Schalen), durch bewehrte Stahlbetonstützen oder durch Stahlprofile ausgeführt werden. Es ist dabei zu beachten, dass die Biegesteifigkeit der Aussteifungspfeiler mindestens ebenso groß sein muss wie sie sich aus den Mindestabmessungen für aussteifende Wände ergeben würde. Darüber hinaus ist zu erwähnen, dass ein Aussteifungspfeiler immer nur eine Ersatzkonstruktion für aussteifende Wände sein kann, die unter Umständen beträchtliche Probleme hinsichtlich der Bauausführung der Wand (z. B. unterbrochener Wandherstellungsprozess, Anschluss der Wand an den Aussteifungspfeiler, nachträgliches Vergießen der Verbindung) und der mechanischen und bauphysikalischen Eigenschaften (unterschiedliches Verformungsund Rissverhalten bei Belastung, Wärme- und Schallbrücken) mit sich bringen kann. Halterung von Wänden Je nach Anzahl der rechtwinklig zur Wandebene unverschieblich gehaltenen Ränder werden zwei-, drei- und vierseitig gehaltene sowie freistehende Wände unterschieden. Freistehende Wände mit nur einer Halterung am Wandfuß werden nur für untergeordnete Zwecke (z. B. freistehende Mauern) verwendet, da ihre Knicklänge zu groß ist und die Gefahr des Kippens unter Horizontallasten aus Wind bzw. Anprall besteht. Meistens werden die Wände zweiseitig durch die obere und untere horizontale Scheibe am Wandkopf und Wandfuß gehalten. Die Lasten werden dann in vertikaler Richtung einachsig abgetragen. Wird die Tragwand zusätzlich seitlich durch aussteifende Wände oder Aussteifungspfeiler gehalten, spricht man von drei- bzw. vierseitig gehaltenen Wänden. Hierbei kann sich eine zweiachsige Lastabtragung einstellen. Diese Wirkung geht verloren, wenn die aussteifenden Wände bestimmte Abstände überschreiten. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass die horizontale Lastabtragung Biegemomente in Querrichtung erfordert, die das unbewehrte Mauerwerk nur in begrenztem Umfang aufnehmen kann. Um diese Bedingungen bei der Bemessung zu erfassen, ist in der DIN 1053-1 der Abstand b der aussteifenden Wände bei vierseitiger Halterung auf den Wert b ≤ 30 • d und bei dreiseitiger Halterung auf b ≤ 15 • d
Grundlagen der Bemessung Tragwerk 053
begrenzt, d ist dabei die Wanddicke der auszusteifenden Wand. Bei Überschreitung der Grenzwerte sind die Wände wie zweiseitig gehalten zu betrachten. Öffnungen in der auszusteifenden Wand können die zweiachsige Lastabtragung ebenso beeinträchtigen. Diese Wände werden in zwei- und dreiseitig gehaltene Wandabschnitte unterteilt (Abb. 2.3.15). Knicklänge von Wänden Die Art der Halterung der zu bemessenden Wand wird beim Drucknachweis über eine Abminderung der Wandknicklänge berücksichtigt. Einseitig gehaltene Wände sind freistehende, am Wandfuß voll eingespannte Wände mit Knicklänge nach Euler-Fall I. Für den Grenzfall No = 0 (z.B. Gartenmauer) ergibt sich hk = 1,15 • hs. Wegen der großen Knicklänge sollten jedoch derartig weiche Systeme möglichst vermieden werden. Bei zweiseitig gehaltenen Wänden kann vereinfachend stets der Euler-Fall II mit der lichten Geschosshöhe hs als Knicklänge angewandt werden. Diese Knicklänge gilt aufgrund der fehlenden Einspannwirkung vor allem bei Holzbalkendecken. Bei Massivdecken und anderen flächig aufgelagerten Plattendecken mit ausreichender Auflagertiefe darf die günstig wirkende elastische Einspannwirkung des Wand-Decken-Knotens durch Abminderung der Knicklänge auf h k = β • h s berücksichtigt werden. In Abhängigkeit vom Verhältnis der Biegesteifigkeiten von Decke und Wand liegt die Knicklänge zwischen den Grenzwerten des Euler-Falls II (β = 1,0) und IV (β = 0,5). Bei üblichen Konstruktionen ist man mit einer Abminderung der Knicklänge auf h k = 0,75 • h s auf der sicheren Seite. Bei drei- und vierseitig gehaltenen Wänden darf der günstige Einfluss der Halterung wiederum durch Abminderung der Knicklänge auf h k = β • h s berücksichtigt werden (Abb. 2.3.16). Nachweis bei zentrischem und exzentrischem Druck
Nach DIN 1053-1 wird bei zentrischer Druckbeanspruchung eine gleichmäßige Spannungsverteilung im Querschnitt angesetzt. Bei exzentrischer Druckbeanspruchung wird eine lineare Spannungsverteilung unter Ausschluss der Zugspannungen angenommen. Diese Spannungsverteilung basiert auf der Annahme des Ebenbleibens des Querschnitts (Bernoulli-Hypothese) und der direkten Proportionalität zwischen Spannung und Dehnung (Hooke’sches Gesetz). Ab einer Exzentrizität e > d/6 entstehen somit klaffende Fugen. Um auch in diesem Fall eine 1,5-fache Kippsicherheit um die Kante zu gewährleisten, ist die Grenze der zulässigen Exzentrizität auf e = d/3 festgelegt, das entspricht einer zulässigen klaffenden Fuge bis zur Wandmitte. Für die Spannungsberechnung sind unter der Annahme einer linearen Spannungsverteilung folglich
zwei Bereiche zu unterscheiden: der ungerissene Querschnitt für 0 ≤ e ≤ d / 6 und der gerissene Querschnitt für d / 6 < e ≤ d/3. Die Gleichungen zur Bestimmung der Randspannungen sind in Bild 2.3.17 dargestellt. Beim vereinfachten Berechnungsverfahren wird der Druckspannungsnachweis im Gebrauchszustand mit σconst = N / A ≤ zul σD = k • σ0 geführt. Die Annahme einer konstanten Spannungsverteilung über den Querschnitt ist im Regelfall möglich, da beim vereinfachten Verfahren lineare Spannungsverteilungen infolge planmäßiger Exzentrizitäten aus z. B. Deckeneinspannmomenten oder Wind auf Außenwänden bzw. infolge ungewollter Exzentrizitäten beim Knicknachweis nicht berücksichtigt werden brauchen. Sie sind im Sicherheitsabstand, der den zulässigen Spannungen über die Abminderungsfaktoren ki zugrunde liegt, oder durch konstruktive Regeln und Grenzen berücksichtigt. Der Grundwert σ0 [MN/m2] der zulässigen Druckspannung als Rechenfestigkeit für das Mauerwerk kann dabei entweder aus den Tabellen für Rezeptmauerwerk oder den Ergebnissen einer Eignungsprüfung entnommen werden (siehe »Rechenfestigkeit des Mauerwerks«). Der Abminderungsfaktor k wird bei Wänden als Zwischenauflager aus k = k1 • k2 und bei Wänden als einseitiges Endauflager aus k = k1 • k2 oder k1 • k3 ermittelt, der kleinere Wert ist maßgebend. Der Faktor k1 berücksichtigt die unterschiedlichen Sicherheitsbeiwerte bei Wänden und »kurzen Wänden«. k1 = 1,0 gilt für Wände und »kurze Wände« oder Pfeiler mit einer Querschnittsfläche von weniger als 1000 cm2, die entweder aus einem oder mehreren ungetrennten Steinen oder aus getrennten Steinen mit einem Lochanteil von weniger als 35% bestehen und keine Aussparungen bzw. Schlitze enthalten. Für alle anderen »kurzen Wände« oder Pfeiler ist k1 = 0,8 anzusetzen. Gemauerte Querschnitte, deren Flächen kleiner als 400 cm2 sind, dürfen als tragende Bauteile nicht angesetzt werden. Der Faktor k2 berücksichtigt die Traglastminderung bei Knickgefahr. Mit dem Faktor k3 wird die Traglastminderung durch den Deckendrehwinkel bei Endauflagern erfasst. Bei Zwischengeschossdecken gilt k3 = 1,0 für l ≤ 4,20 m k3 = 1,7 – l/6 für 4,20 m < l ≤ 6,00 m mit l als Deckenstützweite in Metern. Bei Decken über dem obersten Geschoss gilt k3 = 0,5 für alle Werte von l. Wird die Traglastminderung infolge Deckendrehwinkel durch konstruktive Maßnahmen (z. B. Zentrierleisten) vermieden, so ist k3 = 1,0 zu setzen. Beim Spannungsnachweis nach dem genaueren Berechnungsverfahren ist im Bruchzustand die mittlere Druckspannung γ • σconst = γ • N/A ≤ β R
2.3.15
Halterung von Wänden
101
Tragwerk Tragwerk 053
2.3.16
und die Randdruckspannung γ • σmax = γ • σRand ≤ 1,33 • βR einzuhalten. Der Wert βR [MN/m2] für die Rechenfestigkeit des Mauerwerks kann dabei entweder aus einer Umrechnung der tabellarisierten Grundwerte σ0 für Rezeptmauerwerk oder aus den Ergebnissen einer Eignungsprüfung bestimmt werden (siehe »Rechenfestigkeit des Mauerwerks«).
Knicklängen von Wänden in Abhängigkeit von der Halterung
Einseitig gehaltene Wand
Zweiseitig gehaltene Wand
hK = hS (im Allgemeinen) hK = β • hS (genauere Berechnung) mit: EbIb β = 1–0,15 • E I
mw mw
1 1 • hs • I + l ≥ 0,75 1 2
Emw, Eb = E-Modul des Mauerwerks bzw. des Betons Imw, Ib = Flächenmoment 2. Grades der Mauerwerkwand bzw. der Betondecke l1, l2 = Angrenzende Deckenstützweiten; bei Außenwänden gilt 1 =0 l2 Dreiseitig gehaltene Wand Vierseitig gehaltene Wand hK =
1 β • hs • β • hs ≥ 0,3 • hs 1 + 3b
(
)
für hS ≤ b: hK =
1 β • hs • β • hs 1+ b
(
)
für hS > b: hK = b 2
b = Abstand des freien Randes von der Mitte der aussteifenden Wand bzw. Mittenabstand der aussteifenden Wände β = wie bei zweiseitig gehaltenen Wänden
Rezeptmauerwerk (RM) Rezeptmauerwerk ist Mauerwerk, dessen Grundwerte der zulässigen Druckspannungen σ0 in Abhängigkeit von Steinfestigkeitsklassen, Mörtelarten und Mörtelgruppen festgelegt und dementsprechend tabellarisiert werden (Abb. 2.3.19). Darin sind nicht sinnvolle SteinMörtel-Kombinationen (siehe »Einflüsse auf die Mauerwerkdruckfestigkeit«) unberücksichtigt, zusätzlich ist die maximal zulässige Grundspannung auf 5,0 MN/m2 beschränkt. Die Festlegung der σ0-Werte basiert dabei auf der gleichzeitigen Erfassung aller genormten Mauersteine ohne Unterscheidung nach Steinart, Steinsorte und Lochbild. Diese fehlende Unterscheidung ist nur möglich, wenn für die Definition des einzelnen σ0-Wertes die jeweils ungünstigste Stein-Mörtel-Kombination herangezogen wird. Dies hat zur Folge, dass für andere Stein-Mörtel-Kombinationen zum Teil hohe Druckfestigkeitsreserven ungenützt bleiben. Mauerwerk nach Eignungsprüfung (EM) Bei Mauerwerk nach Eignungsprüfung wird die Mauerwerkdruckfestigkeit einer bestimmten Stein-Mörtel-Kombination durch Versuche nach DIN 1053-2 ermittelt (Eignungsprüfung) und daraus anschließend über einen Umrechnungsfaktor der Grundwert σ0 der zulässigen Druckspannung bzw. der Rechenwert βR der Druckfestigkeit abgeleitet. Da durch die Eignungsprüfung die gegenüber dem σ0-Wert des Rezeptmauerwerks evtl. vorhandene hohe Druckfestigkeitsreserve ermittelt und bei der Bemessung genutzt werden kann, ist die Anwendung von Mauerwerk nach Eignungsprüfung vor allem für diejenigen Stein-MörtelKombinationen wirtschaftlich interessant, für die erfahrungsgemäß höhere σ0-Werte als für Rezeptmauerwerk zu erwarten sind (Abb. 2.3.18) Rechenfestigkeit des Mauerwerks Mit dem Grundwert σ0 als Rechenfestigkeit für das Mauerwerk wird die Bemessung nach dem vereinfachten Verfahren durchgeführt. Dabei bezieht sich der σ0-Wert auf eine Mauerwerkschlankheit von λ = 10 sowie auf das Gebrauchslastniveau. Der Grundwert σ0 wird bei Rezeptmauerwerk Tabelle 2.3.19 entnommen. Bei Mauerwerk nach Eignungsprüfung erfolgt die Festlegung des Grundwertes σ0 unter Bezug auf die Nennfestigkeit des Mauerwerks βM [MN/m 2] nach DIN 1053-2 wie folgt:
102
Grundlagen der Bemessung Tragwerk 053
σ0 = 0,35 • βM für 1,0 ≤ βM ≤ 9,0 σ0 = 0,32 • βM für 11,0 ≤ βM ≤ 13,0 σ0 = 0,30 • βM für 16,0 ≤ βM ≤ 25,0 Dabei ist zu beachten, dass die Einstufung nur um maximal 50% höher erfolgen darf, als sie sich für das entsprechende Rezeptmauerwerk nach DIN 1053-1 ergeben würde. Wird die Bemessung nach dem genaueren Verfahren durchgeführt, ist der Rechenwert βR der Druckfestigkeit anzusetzen. Dieser bezieht sich auf die theoretische Schlankheit Null des Mauerwerks sowie auf den Bruchzustand. Der Rechenwert kann entweder aus den σ0-Werten über βR = 2,0 • 1,333 · σ0 = 2,67 • σ0 oder aus der Nennfestigkeit βM von Mauerwerk nach Eignungsprüfung bestimmt werden. Bei der Festlegung aus den σ0-Werten entspricht der Faktor 1,333 der Knickabminderung infolge der für σ0 gültigen Schlankheit λ = h/d = 10 gegenüber der theoretischen Schlankheit Null bei βR; der Faktor 2,0 bedeutet den Sicherheitsbeiwert γW für Wände und somit die Angleichung des Sicherheitsniveaus zwischen Gebrauchs- und Bruchzustand. Bei der Bestimmung von βR aus der Nennfestigkeit βM ist der Einfluss aus lang einwirkender Last gegenüber dem Kurzzeitversuch mit 0,85 zu berücksichtigen, des Weiteren wird die Umrechnung der Schlankheit vom RilemKörper zur theoretischen Schlankheit Null über den Faktor 1,1 erfasst. Für Mauerwerk mit Festigkeiten βM ≥ 11,0 MN/m2 ist aufgrund der wenig vorhandenen Erfahrung ein zusätzlicher Sicherheitsfaktor von 10 bis 15% zu berücksichtigen. Die Bestimmung des Rechenwertes βR aus der Eignungsprüfung erfolgt somit zu [121]: βR = 0,93 • βM für 1,0 ≤ βM ≤ 9,0 N/mm2 βR = 0,85 • βM für 11,0 ≤ βM ≤ 13,0 N/mm2 βR = 0,80 • βM für 16,0 ≤ βM ≤ 25,0 N/mm2 Nachweis der Knicksicherheit
Beim vereinfachten Berechnungsverfahren ist der Nachweis der Knicksicherheit infolge ungewollter Ausmitte und Verformung nach Theorie II. Ordnung über den Abminderungsfaktor k2 in den zulässigen Druckspannungen zul σD berücksichtigt, das heißt, dass dieser Nachweis nicht mehr explizit geführt werden muss. Dabei wird vorausgesetzt, dass in halber Geschosshöhe nur Biegemomente aus Knotenmomenten am Wandkopf und Wandfuß sowie aus Windbelastung auftreten. Bei größeren horizontalen Lasten ist der Knicksicherheitsnachweis und folglich auch der Druckspannungsnachweis nach dem genaueren Berechnungsverfahren zu führen. Da die Grundwerte σ0 auf eine Schlankheit hk /d = 10 bezogen sind, ist die Abminderung erst für größere Schlankheiten erforderlich. Als Grenzwert für die durch k2 erfasste Knicksicherheit ist die Schlankheit hk /d = 25 festgelegt. Beim genaueren Berechnungsverfahren müssen die Ausmitten f1 aus Imperfektion der
2.3.17
Spannungsverteilung infolge zentrisch und exzentrisch wirkender Normalkraft
2.3.18 Einstufung von Mauerwerk nach Eignungsprüfung (EM) nach DIN 1053-2 MauerwerkNennfestigkeit Mindestdruckfestigkeit festigkeitsklasse des Mauerwerks kleinster Einzelwert M βM1) βMN N/mm2 N/mm2 1 1,0 1,0 1,2 1,2 1,2 1,4 1,4 1,4 1,7 1,7 1,7 2 2,0 2,0 2,5 2,5 2,5 3 3,0 3,0 3,5 3,5 3,5 4 4,0 4,0 4,5 4,5 4,5 5 5,0 5,0 5,5 5,5 5,5 6 6,0 6,0 7 7,0 7,0 9 9,0 9,0 11 11,0 11,0 13 13,0 13,0 16 16,0 16,0 20 20,0 20,0 25 25,0 25,0 1) Der Nennfestigkeit liegt das 5%-Quantil der Grundgesamtheit zugrunde
Mindestdruckfestigkeit Mittelwert βMS N/mm2 1,2 1,4 1,6 2,0 2,4 2,9 3,5 4,1 4,7 5,3 5,9 6,5 7,0 8,2 10,6 12,9 15,3 18,8 23,5 29,4
2.3.19 Grundwerte σ0 der zulässigen Druckspannung für Mauerwerk nach DIN 1053-1 SteinNormalmörtel Dünnbett- Leichtmörtel festigkeits- Mörtelgruppe mörtel2) klasse I II IIa III IIIa LM 21 LM 36 MN/m2 MN/m2 MN/m2 MN/m2 MN/m2 MN/m2 MN/m2 MN/m2 – – 0,6 0,53) 0,5 3)5) 2 0,3 0,5 0,5 1) 4 0,4 0,7 0,8 0,9 – 1,1 0,74) 0,8 6) 6 0,5 0,9 1,0 1,2 – 1,5 0,7 0,9 8 0,6 1,0 1,2 1,4 – 2,0 0,8 1,0 12 0,8 1,2 1,6 1,8 1,9 2,2 0,9 1,1 20 1,0 1,6 1,9 2,4 3,0 3,2 0,9 1,1 28 – 1,8 2,3 3,0 3,5 3,7 0,9 1,1 36 – – – 3,5 4,0 – – – 48 – – – 4,0 4,5 – – – 60 – – – 4,5 5,0 – – – 1) σ = 0,6 MN/m2 bei Außenwänden mit Dicken ≥ 300 mm. Diese Erhöhung gilt jedoch nicht für den Nachweis 0 der Auflagerpressung. 2) Verwendung nur bei Porenbeton-Plansteinen nach DIN 4165 und bei Kalksand-Plansteinen. Die Werte für die übrigen Mauersteinsorten sind in den jeweiligen allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassungen geregelt. Die Werte gelten für Vollsteine. Für Kalksand-Lochsteine und Kalksand-Hohlblocksteine nach DIN 106 Teil 1 gelten die entsprechenden Werte für Normalmörtel Mörtelgruppe III bis Steinfestigkeitsklasse 20. 3) Für Mauerwerk mit Mauerziegeln nach DIN 105 Teil 1 bis Teil 4 gilt σ = 0,4 MN/m2. 0 4) Für Kalksandsteine nach DIN 106 Teil 1 der Rohdichteklasse ≥ 0,9 und für Mauerziegel nach 2 DIN 105 Teil 1 bis Teil 4 gilt σ0 = 0,5 MN/m . 5) σ = 0,6 MN/m2 bei Außenwänden mit Dicken ≥ 300 mm. Diese Erhöhung gilt jedoch nicht für den Fall der 0 Fußnote 3) und nicht für den Nachweis der Auflagerpressung. 6) Für Mauerwerk mit den in Fußnote 4) genannten Mauersteinen gilt σ = 0,7 MN/m2. 0
103
Tragwerk Tragwerk 053
2.3.20
Schubspannungsverteilung in Mauerwerkscheiben
Wandherstellung und f 2 aus Theorie II. Ordnung im Einzelnen ermittelt und zur planmäßigen, von der Last abhängenden Exzentrizität e = Moment/Normalkraft in halber Geschosshöhe hinzu addiert werden. Der Wert für e ergibt sich dabei aus den Biegemomenten in halber Geschosshöhe infolge Wind, Erddruck und Deckeneinspannung. Da die Bestimmung der zusätzlichen Ausmitten aufgrund möglicher klaffender Fugen und dadurch bedingter veränderlicher Querschnittssteifigkeiten kompliziert ist, darf vereinfacht für die zusätzliche Exzentrizität f = f1 + f2 = hk/d · (1 + m)/1800 · h k angesetzt werden. Hierin ist hk die Knicklänge der Wand und m = 6 · e/d die bezogene planmäßige Exzentrizität in halber Geschosshöhe. Schlankheiten hk /d > 25 sind unzulässig. In der Vereinfachung sind die ungewollte Ausmitte aus Imperfektion mit f1 = hk /300 und ein Zuschlag für den Kriecheinfluss enthalten. Die Gesamtexzentrizität in halber Geschosshöhe wird aus der planmäßigen Exzentrizität e und der zusätzlichen Exzentrizität f zu em = e + f. berechnet. Mit der Gesamtexzentrizität em und der vertikalen Auflast N wird die lineare Spannungsverteilung über die Wanddicke in halber Geschosshöhe ermittelt und der Nachweis für zentrischen bzw. exzentrischen Druck nach dem genaueren Berechnungsverfahren geführt. Nachweis auf Zug und Biegezug
Nachweis senkrecht zur Lagerfuge Die Zugfestigkeit des Mauerwerks senkrecht zur Lagerfuge darf beim Standsicherheitsnachweis für tragende Wände nicht angesetzt werden. Sie ist sehr gering und unterliegt vor allem starken Streuungen. Zwar kann bei Laborver-
104
suchen eine gewisse Zugfestigkeit in den Lagerfugen nachgewiesen werden, diese ist jedoch nicht auf Baustellenbedingungen (Ausführungsqualität, Nachbehandlung des Mauerwerks, Feuchtigkeit der Steine usw.) übertragbar. Bei Ausfachungswänden hingegen, die nur Windlasten, jedoch keine vertikalen Lasten abzutragen haben, wurden Konstruktionsregeln entworfen, die gewisse Zugfestigkeiten in den Lagerfugen voraussetzen (siehe »Nichttragende Wände«). Der Grund dafür ist, dass ein Versagen dieser Wände im Gegensatz zu tragenden Wänden nicht zu einem Einsturz bzw. gesamten Stabilitätsverlust des ganzen Tragwerks führen würde. Nachweis parallel zur Lagerfuge Parallel zur Lagerfuge ist von geringen Zugfestigkeiten des Mauerwerks auszugehen, so dass in horizontaler Tragrichtung Zug- bzw. Biegezugspannungen vom Mauerwerk aufgenommen werden können. Die Spannungsverteilung wird dabei nach der Technischen Biegelehre linear angesetzt. Sowohl für das vereinfachte als auch das genauere Berechnungsverfahren ist der Nachweis im Gebrauchszustand mit vorh σ = N/A + M/W ≤ zul σz zu führen. Die zulässig ansetzbare Zugfestigkeit parallel zur Lagerfuge wird in der DIN 1053-1 durch die Haftscherfestigkeit, den Reibungsanteil über die vorhandene Auflast und den Reibungsbeiwert, das Verhältnis Überbindemaß zu Steinhöhe und den Rechenwert der Steinzugfestigkeit ausgedrückt. Nachweis auf Schub
Der Nachweis der Schubspannung ist im Regelfall nur dann erforderlich, wenn die räumliche Steifigkeit nicht gegeben ist (siehe
»Räumliche Steifigkeit«). Dies trifft vor allem bei hohen Bauwerken und bei wenig vorhandenen Aussteifungswänden zu. Die Schubspannungsverteilung wird nach der Technischen Biegelehre oder nach der Scheibentheorie ermittelt. Dabei ist zu beachten, dass gerissene Querschnittsflächen infolge klaffender Fugen nicht angesetzt werden dürfen, da Schubspannungen über einen Riss hinweg nicht übertragbar sind (Abb. 2.3.20). Für Rechteckquerschnitte (keine zusammengesetzten Querschnitte) gilt vorh τ = c • Q/A wobei A die ungerissene Querschnittsfläche und c der Faktor zur Berücksichtigung der Verteilung der Schubspannung über den Querschnitt ist. Bei hohen, somit balkenförmigen Wänden mit H ≥ 2 • L ist die Schubspannungsverteilung über den Querschnitt parabolisch mit c = 1,5, für annähernd quadratische Wände mit H ≤ L verläuft die Schubspannung fast konstant, der Wert für c wird zu 1,0 angesetzt. Dazwischen darf linear interpoliert werden. Bei Plattenschub ist aufgrund der geringen Wanddickenabmessung wiederum von einem Balkenbauteil mit c = 1,5 auszugehen. Für beide Berechnungsverfahren ist der Nachweis auf Schub im Gebrauchszustand mit vorh τ ≤ zul τ zu führen. Da die vom Mauerwerk aufnehmbare Schubfestigkeit auch von der gleichzeitig wirkenden, im Regelfall über den Querschnitt nicht konstanten Normalspannung σ abhängt, müssten eigentlich mehrere Punkte des Querschnitts betrachtet werden, um auch die ungünstigste Stelle zu erfassen. Vereinfachend braucht jedoch bei Rechteckquerschnitten nur die Stelle der maximalen Schubspannung
Verformung und Rissbildung Tragwerk 053
nachgewiesen werden, da dies ausreichend genau ist. Bei zusammengesetzten Querschnitten (z.B. T- und Å-Form) ist der Schubnachweis zusätzlich am Anschnitt der Teilquerschnitte zu führen, um die Spannungsausbreitung in die Gurte zu gewährleisten. Bei der Bestimmung der Rechenschubfestigkeit zul τ wird zwischen Scheibenschub und Plattenschub unterschieden. Rechenfestigkeit bei Scheibenschub Nach DIN 1053-1 sind sowohl beim vereinfachten als auch beim genaueren Berechnungsverfahren jeweils zwei Nachweise zu führen. Der Erste bezieht sich auf das Fugenversagen in der Lagerfuge, der Zweite auf das Steinzugversagen. Das Haftzugversagen zwischen Mauerstein und Lagerfugenmörtel infolge geringer vertikaler Auflast wird durch den Nachweis der Scherfestigkeit (Fugenversagen) mit berücksichtigt. Das Druckversagen des Mauerwerks wird im Allgemeinen durch den Nachweis bei zentrischer oder exzentrischer Druckbeanspruchung erfasst. Diese Überlegung beruht auf der Tatsache, dass dieser Versagensfall nur im Ausnahmefall maßgebend wird, da die Maximalwerte aus Schub und Vertikalspannung in der Regel nicht im gleichen Lastfall und nicht an der gleichen Stelle auftreten. Um beim Nachweis auf Fugenversagen vereinfacht mit der gleichzeitig aus Auflast konstant wirkenden Druckspannung σ rechnen zu können, wurde ein abgeminderter Reibungsb– definiert. Mit der damit gemittelten eiwert μ – · σ in der Lagerfuge wird Reibungsspannung μ der Modellannahme von Mann/Müller Rechnung getragen, dass die gleichzeitig wirkende Druckspannung am Einzelstein einen abgetreppten Verlauf hat. Beim vereinfachten Berechnungsverfahren wird der Nachweis für das Steinzugversagen gegenüber dem genaueren Berechnungsverfahren dadurch vereinfacht, dass – auf der sicheren Seite liegend – nur ein konstanter Wert max τ für den Bruchmechanismus des Steinzugversagens angesetzt wird. Dieser Rechenwert wird analog der Steinzugfestigkeit βRZ in Abhängigkeit von der Steindruckfestigkeit βNst und dem Lochbild der Steine bestimmt (Abb. 2.3.21). Rechenfestigkeit bei Plattenschub Da bei Plattenschub nur der Nachweis des Fugenversagens berücksichtigt werden muss (siehe »Spannungszustand bei Plattenschub«), wird in DIN 1053-1 die Rechenfestigkeit für das genauere Berechnungsverfahren zu zul τ ≤ 1/γ • (βRHS + μ • σ) und für das vereinfachte Berechnungsverfahren zu zul τ ≤ σ0HS + 0,3 σDm definiert.
Verformung und Rissbildung Aufgrund der fortschreitenden Weiterentwicklung im Mauerwerkbau hinsichtlich der Bauweise (Mischbauweise mit Baustoffen unterschiedlichen Verformungsverhaltens), der Reduzierung der Bauteilabmessungen (schlankere Wände zur Erhöhung der Nutzfläche) und der genaueren Modellierung des Tragverhaltens von Mauerwerk (starke Ausnutzung des Materials) muss bei der Bemessung neben der Untersuchung der Tragfähigkeit zunehmend auch die Baustoffverformung und die Gefahr der Rissbildung unter Gebrauchslast berücksichtigt werden. Eine Nichtbeachtung des unterschiedlichen Verformungsverhaltens der Baustoffe bzw. Bauteile kann bei Überschreitung der Baustofffestigkeiten zu Rissen führen, die in der Regel nicht die Standsicherheit, jedoch die Gebrauchstauglichkeit des Bauwerks (Wärme-, Schall- und Feuchteschutz, Ästhetik) beeinträchtigen. Diese Risse lassen sich vermeiden, wenn bereits in der Planungsphase das Verformungsverhalten der Baustoffe bzw. Bauteile berücksichtigt wird und daraus die entsprechenden Folgerungen für die Konstruktion abgeleitet werden. Zur Beurteilung des Verformungsverhaltens und somit auch der Risssicherheit stehen geeignete Näherungsverfahren sowie ausreichend Kenntnisse über die Verformungskennwerte zur Verfügung [184].
2.3.21
2.3.22 Formänderung von Mauerwerk
Dehnung
lastabhängig
Formänderungen von Mauerwerk
Mauerwerk weist analog zum Beton die gleichen Formänderungsarten auf. Zusätzlich kann bei Mauerziegeln noch das nicht umkehrbare chemische Quellen auftreten. Eine Übersicht über mögliche Formänderungen des Mauerwerks ist in 2.3.22 zusammengestellt. Lastabhängige Formänderungen entstehen durch Eigenlasten, andere ständige Lasten und Verkehrslasten. Die sich daraus einstellenden Dehnungen können in Dehnungen infolge kurzzeitiger Lasteinwirkung und in Dehnungen infolge langzeitiger Lasteinwirkung unterteilt werden. Die bei kurzzeitiger Lasteinwirkung auftretende Dehnung wird als elastische Dehnung εel bezeichnet. Mit der vorhandenen Spannung vorh σ und dem Elastizitätsmodul des Mauerwerks E mw ergibt sich die elastische Dehnung zu εel = vorh σ/ E mw [mm/m bzw. ∏]. Der E-Modul Emw ist als Sekantenmodul bei 1/3 der Höchstdruckspannung mit zugehöriger Gesamtdehnung gesε aus einmaliger Belastung zu E mw = max σ/(3 • gesε) definiert (Abb. 2.3.23). Aufgrund der einmaligen Belastung enthält der E-Modul E mw somit einen geringen Anteil an bleibender Dehnung und ist deshalb etwas kleiner als der E-Modul nur aus elastischer Dehnung. Der E-Modul hängt von der Druck-
σ-τ-Diagramm als mehrteilige Hüllkurve der Schubtragfähigkeit nach DIN 1053-1 für das vereinfachte und das genauere Berechnungsverfahren
kurzzeitig
langzeitig
elastisch + sofort bleibend
bleibend + verzögert elastisch
εel =
vorh σ E
εk = ϕ • εel
lastunabhängig
Wärmedehnung
Feuchtedehnung
Schwinden Quellen chem. Quellen εT = ΔT • αT
εh
2.3.23 Definition des E-Moduls von Mauerwerk
105
Tragwerk Tragwerk 053
2.3.24
Rissbildung durch Randschwinden von Stein und Mörtel
2.3.25
Zusammenhang zwischen Schwinddehnung εs und Feuchtegehalt hv (Prinzipskizze)
Zusammenhang zwischen Emw und βmw bzw. βSt [18; 19; 21; 22] MauerMauermörtel Gleichung Streustein bereich Kalksand- Normalmörtel Emw = 600 • βmw ± 50% stein Dünnbettmörtel LeichtLeichtmörtel Emw = 1240 • βmw0,77 ± 20% betonNormalmörtel Emw = 1040 • βmw ± 20% stein PorenNormalmörtel Emw = 520 • βmw ± 50% betonEmw = 570 • βSt0,69 ± 50% stein DünnbettEmw = 540 • βmw ± 20% mörtel Emw = 320 • βSt ± 20% LeichtLeichtmörtel Emw = 1480 • βmw ± 50% hochloch- Normalmörtel Emw = 1200 • βmw ± 50% ziegel DünnbettEmw = 1330 • βmw ± 50% mörtel Emw = 420 • βSt ± 50% 2.3.26
2.3.27 Elastizitätsmodul E mw nach DIN 1053-1 Mauerstein
Rechenwert
Wertebereich
Mauerziegel
3500 • σ0
3000–4000 • σ0
Kalksandstein
3000 • σ0
2500–4000 • σ0
Leichtbetonstein
5000 • σ0
4000–5500 • σ0
Betonstein
7500 • σ0
6500–8500 • σ0
Porenbetonstein
2500 • σ0
2000–3000 • σ0
106
festigkeit der Steine und des Mörtels, von der Steinart und Steinsorte und von der Mörtelart ab. In der Regel wird er durch Versuche am Rilem-Körper nach DIN 18 554-1 bestimmt. Für Näherungsrechnungen kann E mw = 1000 · β mw angenommen werden, wobei ein Schwankungsbereich von 500 · β mw ≤ E mw ≤ 1500 · β mw zu berücksichtigen ist. βmw ist die Mauerwerkdruckfestigkeit aus der Eignungsprüfung nach DIN 1053-2. Alternativ sind in DIN 1053-1, Tab. 2 für die einzelnen Mauersteinarten in Abhängigkeit vom Grundwert τ0 der zulässigen Druckspannung Rechenwerte für den E-Modul angegeben (siehe »Formänderungswerte«). Die Bedeutung der elastischen Dehnung εel für die Beurteilung der Risssicherheit von Mauerwerk ist allgemein gering, da εel vergleichsweise klein ist und während des Bauablaufes rissunschädlich auftritt. Für die Risssicherheitsbetrachtung wird εel in der Regel vernachlässigt. Die Verkürzung in Lastrichtung infolge langzeitiger Lasteinwirkung wird als Kriechen bezeichnet. Die Kriechdehnung ist zu εk,t = ϕt · εel [mm/m bzw. ∏] definiert. Die Kriechzahl ϕ ist im Bereich der Gebrauchsspannung näherungsweise konstant und damit spannungsunabhängig. Die Kriechdehnungen sind überwiegend irreversibel, sie nehmen anfangs stark, mit zunehmender Zeit immer weniger zu. Die Endkriechdehnung εk∞ bzw. Endkriechzahl ϕ∞ sind durch rechnerische Extrapolation von experimentell ermittelten Kriechdehnungsverläufen zu bestimmen. Unter annähernd gleichbleibenden Umweltbedingungen ist das Kriechen nach ca. 3 bis 5 Jahren abgeschlossen. Wesentliche Einflüsse auf den zeitlichen Verlauf bzw. den Endwert des Kriechens haben die Mauerwerkart, die Anfangsfeuchte des Bauteils, die Bauteilgröße, die Kriechspannung, wenn sie über der Gebrauchsspannung liegt, und der Anteil von Mauerstein zu Mauermörtel. Das Belastungsalter hat nur einen geringen Einfluss, da sich die Mauerwerkeigenschaften nach Belastungsbeginn im Allgemeinen nur noch geringfügig ändern. Die Rechenwerte für die Endkriechzahl ϕ∞ von Mauerwerk sind in der DIN 1053-1, Tab. 2 aufgeführt (siehe »Formänderungs-werte«). Sie sind nur steinbezogen angegeben, da sich aus den bisher vorliegenden Versuchsergebnissen ein erheblicher und quantifizierbarer Einfluss von Mörtelart und -festigkeit nicht ableiten lässt. Das Kriechen ist im Allgemeinen für die Risssicherheit von Mauerwerk bedeutungsvoll. Es kann sowohl spannungsvermindernd als auch spannungserhöhend wirken. Lastunabhängige Formänderungen werden in Wärmedehnung εT und in Feuchtedehnung εh unterteilt. Die Feuchtedehnung ist dabei der Oberbegriff für alle durch Feuchte-
einwirkung bedingten Formänderungen infolge chemischer und physikalischer Vorgänge. Als Wärmedehnung εT wird die Längenänderung infolge Wärmeeinwirkung bzw. Temperaturänderung bezeichnet. Sie wird aus der Temperaturänderung Δ T und dem stoffspezifischen Wärmedehnungskoeffizient αT zu εT = Δ T · α T [mm/m bzw. ∏] bestimmt. Der Koeffizient αT muss aus Versuchen bestimmt werden, er kann im Temperaturbereich von – 20 °C bis + 80 °C als konstant angenommen werden. Der Wert für αT hängt von der Art der Mauersteine und des Mauermörtels sowie vom Feuchtegehalt des Mauerwerkbauteils ab. Dabei vergrößert sich der Wert für α T mit zunehmendem Feuchtegehalt. Der Wertebereich und der Rechenwert für den Wärmedehnungskoeffizient sind steinbezogen in DIN 1053-1, Tab. 2 zusammengestellt (siehe »Formänderungswerte«). Die Wärmedehnung hat aufgrund der im Allgemeinen hohen Wärmedämmung der Wandbauteile nur eine untergeordnete Bedeutung für die Beurteilung der Risssicherheit von Mauerwerk. Die möglichen Feuchtedehnungen infolge physikalischer Vorgänge werden als Schwinden und Quellen bezeichnet. Schwinden ist dabei die Längenabnahme durch Feuchteverlust bzw. Austrocknung, als Quellen wird die Längenzunahme infolge Feuchteaufnahme bezeichnet. Beide Vorgänge sind teilweise umkehrbar. Die Endwerte für das Schwinden εs∞ und Quellen εq∞ werden aus Versuchsergebnissen rechnerisch durch Extrapolation bestimmt. In ausreichender Näherung genügt dabei die Prüfung von Mauersteinen ohne Berücksichtigung des Mauermörtels. Die Größe des Schwindens wird durch die Steinart, in geringem Maße auch durch die Mörtelart, durch den Umfang der Vorbehandlung der Steine vor dem Vermauern und damit verbunden ihrem Einbaufeuchtegehalt und durch die Austrocknungsbedingung (relative Luftfeuchte, Luftbewegung) und damit verbunden dem Endfeuchtegehalt des Bauteils beeinflusst. Mit zunehmendem Anfangs- und abnehmendem Endfeuchtegehalt sowie mit abnehmender relativer Luftfeuchte vergrößert sich das Schwinden. Der zeitliche Verlauf des Schwindvorgangs wird durch rasch austrocknende Steine, geringere relative Luftfeuchte, stärkere Luftbewegungen und dünne Bauteile beschleunigt. Durch zu schnelles und oberflächennahes Austrocknen im Stein- und Fugenbereich kann es im Extremfall zu Anrissen zwischen Mauerstein und Fugenmörtel (Aufreißen der Fuge) kommen (Abb. 2.3.24). Das Schwinden ist bei annähernd konstantem Klima nach etwa 3 bis 5 Jahren weitgehend beendet. Durch behindertes Schwinden entstehen Zugspannungen. Diese sind wegen der geringen Zugfestigkeit der Mauerwerkbaustoffe besonders rissgefährlich. Deshalb ist das Schwinden für die Rissgefährdung wesentlich bedeutungsvoller als das Quellen, zumal die durch behin-
Verformung und Rissbildung Tragwerk 053
dertes Quellen entstehenden Druckspannungen im Allgemeinen vom Mauerwerk wegen deren hohen Druckfestigkeit ohne Rissbildung aufgenommen werden können. Zur Beurteilung der Risssicherheit infolge Schwindens ist der Zusammenhang zwischen Schwinden und Feuchtegehalt von Nutzen (Abb. 2.3.25). Aus diesem kann die Schwinddehnung für verschiedene Ausgangs- und Gleichgewichtsfeuchten bestimmt werden, zusätzlich lassen sich daraus Schlussfolgerungen zur Reduzierung des Schwindens ziehen wie z. B. die Verringerung der Herstellfeuchte der Mauersteine oder die Vermeidung einer übermäßigen Durchfeuchtung der Mauersteine vor dem Vermauern. Als chemisches Quellen εcq wird die Volumenvergrößerung infolge molekularer Wasserbindung (Chemisorption) bezeichnet. Es kann nur bei Mauerziegeln auftreten und beginnt unmittelbar nach Beendigung des Brennvorgangs. Die Umkehrbarkeit dieses Vorgangs ist erst bei sehr hohen Temperaturen von etwa 650 °C möglich. Die Größe des chemischen Quellens hängt ab von der stofflichen Zusammensetzung der Ziegel und vom im Mauerwerk vorhandenen Anteil von Mauerziegel zu Mörtel. Durch erhöhten Kalkgehalt kann das chemische Quellen bzgl. schnellerer Verlauf und kleinerem Endwert günstig beeinflusst werden. Ebenso wird das chemische Quellen des Mauerwerks mit zunehmendem Mörtelanteil und dem damit bedingten Mörtelschwinden verringert. Der Quellvorgang kann sehr schnell, aber auch sehr langsam über einen Zeitraum von mehreren Jahren ablaufen. Dabei können die Brennbedingungen der Mauerziegel sowohl eine beschleunigende als auch eine verringernde Wirkung haben. Wenn das chemische Quellen sehr schnell auftritt und beendet ist, hat diese Art der Feuchtedehnung keine baupraktische Bedeutung, weil dann kein oder nur noch ein geringes, verformungsbehindertes Nachquellen der Mauerziegel im Mauerwerk zu erwarten ist. Kritisch und gefährlich wird das chemische Quellen, wenn es über den Zeitraum der Wandherstellung hinaus anhält. Dann kann es vor allem in Verbindung mit sich verkürzenden Bauteilen rissfördernd wirken. In DIN 1053-1, Tab. 2 sind mauersteinbezogen Rechenwerte und Wertebereiche für das Schwinden und das chemische Quellen zusammengestellt (siehe »Formänderungswerte«). Formänderungswerte Die Formänderungswerte von Mauerwerk werden alljährlich im Mauerwerk-Kalender vervollständigt und aktualisiert [181]. Dabei werden Endwerte, Rechenwerte und Wertebereiche unter Angabe von Kleinst- und Größtwerten sowie statistischer Kenngrößen (Mittelwerte, Fraktilwerte, Versuchsanzahl etc.) tabellarisch aufgeführt. Im Folgenden sind die Werte für den Druckelastizitätsmodul Emw, die Endkriechzahl ϕ∞, den Wärmedehnungskoeffi-
Elastizitätsmodul E mw von Mauerwerk in 103 N/mm2 bei Druckbeanspruchung senkrecht zur Lagerfuge [19; 20; 21; 22] Mauersteine Mauermörtel Festigkeits- Normalmörtel, Gruppe LeichtDünnbettSteinsorte DIN klasse II IIa III IIIa mörtel mörtel HLz 105 4 – – – – 2,5 4,0 6 – – – – 4,0 4,5 8 – – – – 5,0 5,5 12 3,5 5,0 6,0 8,0 6,5 – 20 5,0 6,5 8,5 11,0 – – 28 6,5 8,5 10,5 13,5 – – 36 – – 12,5 16,0 – – 48 – – 15,0 19,0 – – 60 – – 18,0 22,5 – – Leicht105-2 4 2,0 2,5 3,0 4,5 3,0 3,5 hochloch- und Zu6 2,5 3,5 4,5 6,0 4,0 4,5 ziegel lassung 8 3,0 4,0 5,5 7,5 5,0 5,5 12 4,5 6,0 8,0 10 6,5 7,5 20 7,0 9,0 12,0 15 9,0 – KS 106 4 1,9 2,2 2,5 2,9 – – 6 2,6 3,0 3,4 4 – – 8 3,2 3,7 4,2 4,9 – – 12 4,3 5,0 5,7 6,6 – 8,0 20 6,3 7,2 8,4 9,7 – 10,0 28 8,1 9,3 10,7 12,4 – – 36 9,7 11,2 12,9 15 – – 48 12,0 13,9 16,0 18,5 – – 60 14,2 16,4 18,9 21,8 – – KS L 106 12 3,2 3,7 4,2 4,9 – – 20 5,0 5,8 6,6 7,7 – – 28 6,1 7,0 8,0 9,3 – – Hbl 18 151 2 2,2 2,2 2,3 – 2,2 2,0 4 3,5 3,6 3,8 – 3,0 – 6 4,6 4,8 5,0 – 3,6 – 8 5,6 5,9 6,1 – 4,1 – V, Vbl 18 152 2 2,2 2,4 2,5 – 2,0 2,0 4 3,7 3,9 4,1 – 3,0 3,5 6 4,9 5,2 5,6 – 3,7 5,0 8 6,0 6,4 6,8 – 4,3 – Hbn 18 153 4 4,5 5,8 7,6 – – – 6 5,8 7,5 9,8 – – – 8 6,9 9,0 11,7 15,2 – – 12 8,8 11,5 15,0 19,5 – – PB, PP 4165 2 – – 1,1 – – 1,0 4 – – 1,8 – – 1,8 6 – – 2,4 – – 2,5 8 – – 3,0 – – 3,1 2.3.28
2.3.29 Endwerte der Feuchtedehnung εh∞, Endkriechzahl ϕ∞ und Wärmedämmungskoeffizient ϕ∞ Mauersteine εh∞1) DIN
Rechenwert mm/m 0 – 0,2 – 0,4
Wertebereich2) mm/m + 0,3 bis – 0,23) – 0,1 bis – 0,3 – 0,2 bis – 0,5
Rechenwert mm/m 1,0 1,5 2,0
Wertebereich mm/m 0,5 bis 1,5 1,0 bis 2,0 1,5 bis 2,5
Mauerziegel 105 Kalksandstein 106 Leichtbeton18 151 stein 18 152 Betonstein 18 153 – 0,2 – 0,1 bis – 0,3 1,0 – Porenbetonstein 4165 – 0,2 + 0,1 bis – 0,3 1,5 1,0 bis 2,5 1) Vorzeichen minus: Schwinden, Vorzeichen plus: Quellen, bei Mauerziegel: chemisches Quellen 2) Bereich üblicher Werte 3) Für Mauerwerk aus kleinformatigen Mauersteinen (≤ 2 DF), sonst -0,1 4) Für Leichtbetonsteine mit überwiegend Blähton als Zuschlag
αT [18; 23; 24; 25] αT Rechenwert 10-6/K 6 8 10; 8 4)
Wertebereich 10-6/K 5 bis 7 7 bis 9 8 bis 12
10 8
8 bis 12 7 bis 9
107
Tragwerk Tragwerk 053
2.3.30
Eigenspannungen über Wanddicke infolge unterschiedlichem Austrocknen; Zwangsspannungen [17]
zienten α T und die Feuchtedehnung εh im Überblick zusammengestellt. In 2.3.28 sind basierend auf den neuesten Auswertungen die E-Modulwerte E mw für Mauerwerk aus Normal-, Leicht- und Dünnbettmörtel angegeben. Aus den Auswertungen ergeben sich die in 2.3.26 dargestellten Zusammenhänge zwischen dem E-Modul E mw und der Mauerwerkdruckfestigkeit β mw nach Eignungsprüfung bzw. der Steindruckfestigkeit βSt. In 2.3.27 sind die E-Modulwerte E mw in Abhängigkeit vom Grundwert σ0 der zulässigen Druckspannung aufgeführt. Diese Werte entsprechen denen von DIN 1053-1, Tab. 2. Die rechnerischen Endwerte für Feuchtedehnung ε h∞ (Schwinden, Quellen, chemisches Quellen) und Kriechen ϕ∞ sowie die Wärmedehnungskoeffizienten α T sind in 2.3.29 als Rechenwerte angegeben. Sie sind repräsentative »mittlere« Werte. Die zusätzlich aufgeführten Wertebereiche geben mögliche Grenzwerte an. Diese Rechenwerte und Wertebereiche sind auch in DIN 1053-1, Tab. 2 übernommen worden. Sie gelten für Mauerwerk aus Normalmörtel. Näherungsweise können sie auch für Mauerwerk mit Leicht- und Dünnbettmörtel sowie für Mauerwerk mit zugelassenen Steinen (z.B. großformatige Steine) angenommen werden. Die ε h∞-Werte und α T-Werte können sowohl in Richtung senkrecht als auch in Richtung parallel zu den Lagerfugen angesetzt werden. Die ϕ∞-Werte gelten hingegen nur für Druckbeanspruchung senkrecht zu den Lagerfugen. Risse im Mauerwerk
2.3.31
108
Schrägrisse in Innenwänden durch stärkere Verkürzung der Innenwand gegenüber der Außenwand
Formänderungen, die sich ohne Behinderung einstellen können, rufen keine Spannung hervor. Ein homogener, reibungsfrei gelagerter Körper, der einer gleichmäßigen Dehnung unterworfen ist, kann sich völlig spannungsfrei verformen. In der Praxis wird sich jedoch ein Mauerwerkbauteil in der Regel nicht behinderungsfrei verformen können, weil es mit Nachbarbauteilen verbunden ist. Verformen sich die beiden miteinander verbundenen Bauteile aufgrund z. B. verschieden großer bzw. zeitlich versetzter Formänderungen unterschiedlich groß, so entstehen Spannungen. Wenn die Verformungen durch äußere Kräfte (Zwang) behindert werden, wird die dadurch verursachte Spannung als äußere bzw. Zwangsspannung bezeichnet. Spannungen in einem Bauteil können jedoch auch ohne Einwirkung äußerer Kräfte entstehen, z. B. wenn sich das Bauteil unterschiedlich erwärmt oder wenn es ungleichmäßig austrocknet – außen stärker als im Kern. Die dadurch entstehenden Spannungen werden dann als Eigenspannungen bezeichnet. Beim Mauerwerk tritt dieser Fall z. B. ein, wenn Steine mit hoher Einbaufeuchte vermauert werden und anschließend austrocknen. Durch die ungleiche Austrocknung über den Querschnitt
entstehen Eigenspannungen, und zwar Zugspannungen in den äußeren, stärker austrocknenden Bereichen und Druckspannungen im Kernbereich (Abb. 2.3.30). Die Größe der entstehenden Spannungen wird im Wesentlichen beeinflusst durch die Größe der Formänderungen, den Behinderungs- und Einspannungsgrad, die Steifigkeitsverhältnisse der miteinander verbundenen Bauteile und durch die Größe der Relaxation, einem zeitabhängigen Abbau der Anfangsspannung bei konstanter Dehnung. Dieser Spannungsabbau ist vor allem bei langsam ablaufenden Formänderungsvorgängen (Schwinden, langzeitige Temperaturänderung, Kriechen) zu erwarten. Wenn die Spannungen die Festigkeit bzw. die vorhandenen Dehnungen die Bruchdehnung überschreiten, entstehen Risse. Kritisch und besonders rissgefährlich sind Zugspannungen sowie Scher- bzw. Schubspannungen, weil die Zug- und Schubfestigkeiten von Mauerwerk vergleichsweise gering sind [184]. Grundlegende Rissformen im Mauerwerk können vertikale Risse, horizontale Risse und diagonal verlaufende Risse sein. Die vertikalen Risse verlaufen entweder abwechselnd durch die Stoßfugen und Mauersteine oder als verzahnte vertikale Risse entlang der Stoß- und Lagerfugen. Horizontale Risse treten aufgrund der geringen Haftzugfestigkeit zwischen Mauerstein und Mörtel meistens in der Lagerfuge auf. Nur bei Dünnbettmörtel und gleichzeitiger Verwendung von Steinen mit geringerer vertikaler Zugfestigkeit als der Haftzugfestigkeit verlaufen die horizontalen Risse durch die Mauersteine. Die diagonalen Risse verlaufen im Regelfall stufenförmig entlang der Stoß- und Lagerfugen. Bei geringer Steinzugfestigkeit und guter Scherfestigkeit zwischen Stein und Mörtel können Risse jedoch auch entlang der Stoßfuge und durch die Mauersteine hindurch auftreten (Abb. 2.3.32). Bedeutung von Rissen Risse sind in vielen Fällen unter wirtschaftlichen Aspekten nicht vollständig vermeidbar. Dies ist auch nicht notwendig, solange sie keine Mängel bzw. Schäden im Bauwerk bzw. Bauteil verursachen. Die Bedeutung der Risse wird somit durch die Auswirkung auf die Standsicherheit, Gebrauchstauglichkeit und Ästhetik des einzelnen Bauteils bestimmt und von der Lage, der Breite, der Tiefe und Länge der einzelnen Risse sowie dem Umfang der Rissbildung insgesamt beeinflusst. Während größere Risse die bauphysikalischen Eigenschaften von Außenbauteilen (Feuchte-, Wärme- und Schallschutz) und Innenbauteilen (Schallschutz) deutlich verschlechtern können, wirken sich einzelne Haarrisse mit einer Rissweite von etwa bis zu 0,2 mm weder auf die Funktionsfähigkeit von Bauteilen noch auf deren Ästhetik ungünstig aus. Das Ausmaß der bauphysikalischen Eigenschaftsverschlechterung hängt von der Größe und Anzahl der Risse sowie
Verformung und Rissbildung Tragwerk 053
deren Wirksamkeit im Bauteil (Risslage, Risstiefe, Bauteillage) ab. Die ästhetische Auswirkung von Rissen wird durch Größe und Umfang der Rissbildung, der Oberflächengestaltung bzw. -struktur und dem Abstand des Betrachters von der Wandfläche bestimmt. So können Risse mit relativ kleiner Breite bei Innenwänden von Sichtmauerwerk einen ästhetischen Mangel darstellen, während sie auf stark strukturierten, nicht zugänglichen Außenwandoberflächen das Erscheinungsbild nicht beeinträchtigen. Die Bedeutung von Rissen ist folglich stets Bauteil bezogen hinsichtlich ihrer Auswirkung zu sehen. Dabei sollten jedoch stets solche Risse vermieden werden, die die Gebrauchstauglichkeit nennenswert beeinträchtigen [184].
2.3.32
Grundlegende Rissformen in einer Mauerwerkwand
2.3.33
Risse im Bereich der Öffnungen
2.3.34
Risse in Verblendschalen infolge Schwinden
Ursachen und Vermeidung von Rissbildungen im Mauerwerk
Da derzeit eine Vielzahl der für die Rissbildung entscheidenden Einflussgrößen nur ungenügend genau quantifizierbar ist, ist die rechnerische Beurteilung der Rissgefährdung bzw. der Risssicherheit von Mauerwerk nur sehr eingeschränkt und angenähert möglich. Jedoch können mit einem gewissen Verständnis für die Zusammenhänge der Rissbildung häufig auftretende Rissschäden in den einzelnen Mauerwerkkonstruktionen vermieden werden. Risse in Verblendschalen infolge Schwinden und ggf. Abkühlung Diese vertikal nicht bzw. nicht planmäßig belasteten Bauteile versuchen sich durch Schwinden und/oder Temperaturabnahme zu verkürzen. Die Verformung wird durch die Verbindung mit anderen Bauteilen behindert. Dadurch entstehen Zugspannungen, die wegen der fehlenden vertikalen Auflast nicht durch Druckspannungen überdrückt werden. Sie wirken sich deshalb in voller Höhe auf die Risssicherheit aus. Die Risse verlaufen wegen der nahezu horizontal gerichteten Zugspannung in vertikaler Richtung. Eine Rissvermeidung kann erzielt werden durch eine geringere Formänderung des Mauerwerks (Mauersteine mit günstiger Schwinddehnung, günstige Herstellbedingungen der Wände), durch geringere Verformungsbehinderungen im Auflagerbereich (Zwischenlagen aus Pappe oder Folie), durch Anordnung von Dehnungsfugen und durch konstruktive Bewehrung in den Lagerfugen zur Rissverteilung bzw. Rissbreitenbeschränkung [186] (Abb. 2.3.34).
2.3.35
Horizontalrisse in Außenwänden durch stärkere Verkürzung der Außenwand gegenüber der Innenwand
Risse in Brüstungsbereichen entstehen durch zu große horizontale Zugspannungen am oberen Rand von Brüstungen infolge eines »Spreizen« der vertikalen Drucktrajektorien unterhalb der Öffnung sowie infolge exzentrisch eingeleiteter Sturzauflagerkräfte. Zusätzlich treten im Brüstungsbereich wegen der Querschnittsverringerung infolge der Öff-
109
Tragwerk Tragwerk 053
2.3.36
Risse in Mauerwerkaußenwänden unter massiven Decken
nung häufig erhöhte Schwindzugspannung auf, die die Rissgefährdung in diesem Bereich verstärken. Die Rissbildung kann durch eine Trennung der Brüstung von der seitlichen Wand bzw. den seitlichen Pfeilern durch ein- oder beidseitige Dehnfugen vermieden werden. Zusätzlich im oberen Randbereich der Brüstung angeordnete Fugenbewehrung führt zu einer feineren Rissverteilung und einer Rissbreitenbeschränkung (2.3.33). Schrägrisse in einer mit der Außenwand verbundenen Innenwand Zwischen miteinander verbundenen Innenund Außenwänden können vertikale Verformungsunterschiede durch unterschiedliche Belastung oder unterschiedliche Verformungseigenschaften des jeweiligen Mauerwerks entstehen. In der Regel ist jedoch aufgrund der Verbindung der beiden Wände eine unabhängige und unbehinderte Verformung nicht möglich. Die behinderte Formänderung zwischen Innen- und Außenwand führt zu Zug- und Schubspannungen in derjenigen Wand, die sich gegenüber der angebundenen Wand verkürzen will. Bei stark schwindenden und kriechenden Innenwänden sowie Außenwänden, die wenig schwinden bzw. sogar quellen, wenig kriechen und sich möglicherweise infolge Temperaturerhöhung ausdehnen, führt der Verformungsunterschied zwischen Innenund Außenwand zu Rissen in der Innenwand. Diese verlaufen von der Außenwand schräg nach innen ansteigend. Die größten Risse treten in den Innenwänden des obersten Geschosses auf, in den unteren Geschossen sind aufgrund der zunehmenden Auflast keine Risse vorhanden (Abb. 2.3.31). Mischmauerwerk mit Außenwänden aus Leichtziegeln und Innenwänden aus Kalksand- bzw.
Leichtbetonsteinen stellen eine erhöhte Rissgefahr dar. Die Rissbildung kann durch verformungsverträgliche Mauerwerkbaustoffe, durch ein günstiges Steifigkeitsverhältnis der Wände (steife Innenwände, weiche Außenwände), durch eine größere Belastung der rissgefährdeten Wand sowie durch eine Verbindung der Wände mittels Stumpfstoßtechnik reduziert werden. Vor allem mit der Stumpfstoßtechnik kann die spannungserzeugende Verformungsbehinderung zwischen Außen- und Innenwand erheblich vermindert werden. Horizontalrisse in einer mit der Innenwand verbundenen Außenwand Wiederum ausgehend von einer verformungsbehinderten Verbindung von Innen- und Außenwand ist es nun die Innenwand, die wenig schwindet bzw. evtl. sogar quillt und wenig kriecht. Die Außenwand dagegen schwindet sehr ausgeprägt und verkürzt sich durch Abkühlung zusätzlich. Durch die starke Verkürzung der Außenwand kommt es zu einer Lastumlagerung auf die Innenwand. Die Außenwand »hängt« sich an der Innenwand auf. Wird dabei in der Außenwand die Haftzugfestigkeit in der Lagerfuge zwischen Stein und Mörtel oder die Zugfestigkeit der Mauersteine überschritten, so entstehen horizontal verlaufende Risse. Diese sind im Anbindungsbereich der Innenwand fein verteilt, mit größer werdendem Abstand wird ihre Anzahl geringer, die Rissbreite jedoch größer. Vorzugsweise treten sie in geschwächten Querschnittsteilen, vor allem im Bereich von Öffnungen, auf (Abb. 2.3.35). Mischmauerwerk mit Außenwänden aus Leichtbeton- oder Porenbetonsteinen und Innenwänden aus Mauerziegeln erhöhen die Rissgefährdung. Durch verformungs-
verträgliche Mauerwerkbaustoffe, ein günstiges Steifigkeitsverhältnis der Wände (weiche Innenwände, steife Außenwände), eine hohe Belastung der rissgefährdeten Außenwand sowie durch die Anwendung der Stumpfstoßtechnik kann die Rissgefahr reduziert werden. Risse in Mauerwerkaußenwänden unter massiven Dachdecken Durch unterschiedliche Formänderungen der Dachdecke und der darunter liegenden Mauerwerkwände bzw. Geschossdecke entstehen Zwängungen, die Risse in den Mauerwerkwänden hervorrufen können. Unterschiedliche Formänderungen entstehen im Wesentlichen durch das Schwinden des Deckenbetons, durch evtl. zusätzliches Quellen des Mauerwerks sowie durch Wärmedehnungsunterschiede. Größere Temperaturunterschiede sind jedoch bei den heute sehr gut wärmegedämmten Dachdecken nur noch im Bauzustand bis zum Aufbringen der Wärmedämmung zu erwarten. Bei Verkürzung der Dachdecke gegenüber den Mauerwerkaußenwänden infolge Schwinden entstehen Horizontalkräfte im Auflagerbereich Dachdecke-Mauerwerkwandkopf, die Schubspannungen im Mauerwerk verursachen und zu horizontal verlaufenden Rissen führen. Bei guter Verbindung von Dachdecke und Mauerwerk treten diese Risse meist erst in der zweiten oder dritten Lagerfuge unter der Dachdecke auf. Bei Verlängerung der Dachdecke gegenüber der Außenwand infolge Erwärmung ergeben sich schräge Hauptzugspannungen im Mauerwerk, die wegen der geringen Mauerwerkzugfestigkeit erhöhte Rissgefahr bedeuten. Vor allem im Bauzustand ist diese Gefährdung zu berücksichtigen (Abb. 2.3.36).
2.3.37 Risse in Mauerwerkaußenwänden zwischen Massivdecken
Verkürzung der Decken gegenüber der Wand
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Verkürzung der Wand gegenüber den Decken
Verformung und Rissbildung Tragwerk 053
Durch eine hohe Wärmedämmung der Dachdecke zur Vermeidung einer temperaturbedingten Verformung sowie durch die Anordnung einer verschiebbaren Lagerung zwischen Dachdecke und Wand kann die Rissgefahr in diesem Bereich vermieden werden [151; 152]. Risse in Mauerwerkaußenwänden zwischen Massivdecken Zu große horizontale Verformungsunterschiede zwischen sich gleich groß verformenden Massivdecken und den dazwischen befindlichen Wänden führen aufgrund der Verformungsbehinderung der Wand am Wandkopf und -fuß zu Rissen im Mauerwerk. Beim Verformungsfall Verkürzen der Decken gegenüber der Wand infolge Schwinden der Decke und evtl. gleichzeitigem Verlängern der Wand infolge Erwärmung oder chemisches Quellen treten im Außenwandeckbereich horizontale Risse in halber Geschosshöhe auf, die von den Ecken in beiden Außenwandbereichen auf Null auslaufen. Vermieden werden kann diese Rissbildung entweder durch Trennung von Mauerwerk und Decke im Eckbereich durch Fugenausbildung mit anschließendem unsichtbar machen durch konstruktive Maßnahmen (z. B. Abdeckung) oder durch eine Verankerung der Decke im Gebäudeeckbereich mit der unteren Decke durch Stahlbetonzugstützen. Beim Verformungsfall Verkürzen der Wand gegenüber den Decken bilden sich vertikale Risse über die Geschosshöhe aus. Diese können durch vertikale Dehnungsfugen in der Wand im Abstand von ca. dem Zweifachen der Wandhöhe vermieden werden (Abb. 2.3.37). Horizontale Risse in Mauerwerkaußenwänden infolge Deckendurchbiegung Vertikale Deckenbelastungen sowie Schwinden und Kriechen verursachen die Durchbiegungen von bindemittelgebundenen Massivdekken. Eine entsprechend große Durchbiegung kann ein Abheben und Verdrehen der Decke mit nachfolgender exzentrischer Belastung des Mauerwerks zur Folge haben. Bei Überschreiten der vertikalen Mauerwerkzugfestigkeit und gleichzeitig fehlender vertikaler Wandauflast treten je nach Verbindung zwischen Decke und Mauerwerk an der Außenseite der Wand horizontale Risse unmittelbar unterhalb der Decke oder auch erst in darunter liegenden Mauerwerkschichten auf. Wegen der meist fehlenden Auflast besteht die Rissgefahr vor allem bei Dachdecken und obersten Geschossdecken. Im Gebäudeeckbereich kann sich dieses horizontale Rissbild auch aufgrund der Abhebewirkung von drillsteifen Deckenplatten einstellen. Die Rissbreiten nehmen von der Gebäudeecke zu beiden Wandmitten hin ab. Eine Rissvermeidung kann durch eine Verringerung der Deckendurchbiegung (geringe Deckenbiegeschlankheit, Verringerung von Schwinden und Kriechen), eine große Einbindetiefe der Decke in die Mauerwerk-
wand, durch eine günstige konstruktive Ausbildung des Deckenauflagerbereiches durch Zentrierung der Lasteinleitung sowie durch eine Trennung von Mauerwerk und Decke oder durch eine Verankerung der Decke mit der darunter liegenden Decke über ein vertikales Zugband bewirkt werden (Abb. 2.3.38).
2.3.38
Horizontalrisse in Mauerwerkaußenwänden infolge Deckendurchbiegung
Risse in Mauerwerkaußenwänden infolge Schwindverkürzungen von Ringbalken Risse im Mauerwerk infolge Formänderung des Ringbalkens werden aufgrund der guten Wärmedämmung dieses Bauteils weniger durch Temperaturänderung als vielmehr durch das stärkere Schwinden das Balkens gegenüber dem darunter befindlichen Mauerwerk verursacht. Die durch das Schwinden des Ringbalkens entstehenden Formänderungen führen zu Schubspannungen im Mauerwerk und bei Überschreitung der geringen Schubfestigkeit des Mauerwerks zu Horizontalrissen, die sich aufgrund der zweiseitigen Verkürzung der Balken meistens in den Wandecken auszubilden beginnen. Da der Querschnitt des Ringbalkens jedoch kleiner ist als der einer Stahlbetondekke, sind die Auswirkungen meist nicht so deutlich. Risse in leichten Trennwänden In leichten Trennwänden können Risse infolge Schwinden des Mauerwerks in horizontaler Richtung sowie infolge Durchbiegung von Geschossdecken entstehen. Einer zu großen Durchbiegung der unteren Geschossdecke können die steifen Trennwände nicht folgen, durch Rissbildung passen sie sich den jeweiligen Randbedingungen an. Im unteren Auflagerbereich bilden sich horizontale Risse zwischen Wand und Decke (Abriss) aus, in der Mauerwerkwand vertikale und schräge Risse. Die Rissbildung kann durch eine Minimierung der Deckendurchbiegung (Begrenzung der Biegeschlankheit, Verringerung von Schwinden und Kriechen), durch eine Trennung des Trennwandfußes von der Geschossdecke zur Erzwingung und Fixierung des horizontalen Abrisses, durch eine ausreichende Verformungsmöglichkeit am Wandkopf zur Vermeidung einer unplanmäßigen Belastung der Trennwand durch die obere Geschossdecke und durch eine vor allem im unteren Wandabschnitt angeordnete Lagerfugenbewehrung reduziert werden (Abb. 2.3.39).
Rissbildung im Eckbereich
2.3.39
Rissbildung in leichten Trennwänden infolge Durchbiegung der Geschossdecke
Schrägrisse in Ausfachungsmauerwerk Bei Ausfachungsmauerwerk innerhalb von Stahlbetonrahmen können bei fester Verbindung zwischen Rahmen und Mauerwerk durch eine unterschiedliche Verformung der Bauteile (Schwinden, chemisches Quellen des Mauerwerks, Erwärmung bzw. Abkühlung des Rahmens) Schrägrisse entstehen. Eine ausreichende Verformungsmöglichkeit zwischen Mauerwerk und Stahlbetonrahmen durch Trennung der Bauteile vermeidet die Rissbildung.
111
Tragwerk Tragwerk 053
2.3.40
2.3.41
Anforderungen an Stoß- und Lagerfugen in Natursteinmauerwerk
Geometrische Parameter zur Beschreibung der Ausführungsqualität von Natursteinmauerwerk
Natursteinmauerwerk Bei der Bemessung von Natursteinmauerwerk ist grundlegend zwischen einem Neubau und einer Instandsetzung bzw. Nachrechnung von bestehendem Natursteinmauerwerk zu unterscheiden. Hinsichtlich einer Nachrechnung von Natursteinmauerwerk ist häufig festzustellen, dass sich bestehende Bauteile nach den gültigen Regelwerken oft nicht nachweisen lassen. Ursache dafür ist, dass das Wissen über das Trag- und Bruchverhalten von Natursteinmauerwerk heute immer noch sehr gering ist und folglich die Angaben über die zulässigen Bemessungskenngrößen weit auf der sicheren Seite liegen. Ein Beispiel dafür ist die Beschränkung der Schlankheit von Natursteinmauerwerk auf hk /d ≤ 20 nach DIN 1053-1. Zahlreiche spätgotische Kirchenbauwerke wurden jedoch mit Schlankheiten bis zu hk /d = 34 errichtet. Dies hat zur Folge, dass bei der Sicherheitsanalyse von bestehenden Natursteinbauwerken über die Bemessungsregeln hinaus weitergehende ingenieurmäßige Überlegungen hinsichtlich des Tragsystems und Tragverhaltens der bestehenden Konstruktion und der aktivierbaren Tragreserven notwendig sind. Bemessung
Die Bemessung von Natursteinmauerwerk ist derzeit in der DIN 1053-1, Abschnitt 12 geregelt. Demnach darf für Natursteinmauerwerk nur »gesundes« Gestein verwendet werden. Ungeschützt der Witterung ausgesetztes Mauerwerk muss witterungsbeständig sein. Geschichtete Natursteine sind im Bauwerk so einzubauen, wie es ihrer natürlichen Schichtung entspricht, wobei die Kraftrichtung immer rechtwinklig zur Schichtung liegen soll. Die Steinlänge soll die einfache Steinhöhe nicht unterschreiten und das vier- bis fünffache der Steinhöhe nicht überschreiten. Als Mörtel dürfen nur Normalmörtel der Mörtelgruppen I, II, IIa und III verwendet werden. Die Mindestwanddicke von tragenden Wänden beträgt 24 cm, als Mindestquerschnittsfläche sind 1000 cm 2 erforderlich.
2.3.42
Anhaltswerte zur Güteklasseeinstufung von Natursteinmauerwerk in Anlehnung an 2.3.41 Güte- GrundFugenNeigung der Überklasse einstufung höhe/ Lagerfuge tragungsSteinlänge tan α faktor h/l η N1 Bruchstein- ≤ 0,25 ≤ 0,30 ≥ 0,5 mauerwerk N2 Hammer≤ 0,20 ≤ 0,15 ≥ 0,65 rechtes Schichtenmauerwerk N3 Schichten- ≤ 0,13 ≤ 0,10 ≥ 0,75 mauerwerk N4 Quader≤ 0,07 ≤ 0,05 ≥ 0,85 mauerwerk
112
Verbandsregeln Die verschiedenen Arten von Natursteinmauerwerk (z. B. Trockenmauerwerk, Zyklopenmauerwerk, Bruchsteinmauerwerk, Schichtenmauerwerk) sind im Kapitel Mauerwerkkonstruktionen ausführlich beschrieben. Für alle Formen des Natursteinmauerwerks gelten folgende Regeln, um einen handwerksgerechten Verband zu ermöglichen: • An der Vorder- und Rückfläche dürfen maximal drei Fugen zusammenstoßen. • Eine Stoßfuge darf durch maximal zwei Schichten hindurchgehen (Abb. 2.3.40). • Auf zwei Läufer kommt mindestens ein Binder oder Binder- und Läuferschicht wechseln sich ab.
• Die Dicke (Tiefe) der Binder muss etwa das 1,5-fache der Schichthöhe, mindestens jedoch 300 mm betragen. Die Dicke (Tiefe) der Läufer ist etwa gleich der Schichthöhe. • Die Überbindung der Stoßfugen muss bei Schichtenmauerwerk mindestens 100 mm, bei Quadermauerwerk mindestens 150 mm lang sein. • An Ecken sollen die größten Steine – gegebenenfalls in Höhe von zwei Schichten – eingebaut werden. Wenn sich Hohlräume im Inneren des Mauerwerks nicht vermeiden lassen, sind diese mit von Mörtel umhüllten Steinstücken zu verfüllen. Wird kein Fugenglattstrich ausgeführt, sind die Sichtflächen nachträglich zu verfugen. Dabei muss die Verfugung bei einer der Witterung ausgesetzten Wandfläche lückenlos sein und eine Fugentiefe mindestens gleich der Fugendicke haben. Empfohlen wird jedoch eine Tiefe von zweimal der Fugendicke, mindestens jedoch 20 mm. Einstufung in Güteklassen Die Druckbeanspruchbarkeit des Mauerwerks hängt neben der Steindruckfestigkeit im Wesentlichen von der Fugendicke im Verhältnis zur Steinhöhe, der Neigung der Lagerfuge und den spannungsübertragenden Flächen zwischen zwei übereinander liegenden Natursteinen (Verbandausführung) ab. Diese geometrischen Parameter beschreiben somit die Ausführungsqualität des Natursteinmauerwerks (Abb. 2.3.41). In DIN 1053-1, Tabelle 13 (Abb. 2.3.42) sind Anhaltswerte als Mittelwerte für die geometrischen Parameter vorgegeben, mit denen das Natursteinmauerwerk in die Güteklassen N1 bis N4 eingestuft wird. In der Regel entsprechen die in 2.3.42 angegebenen Ausführungsarten von Natursteinmauerwerk den zugeordneten Güteklassen N1 bis N4. Die Einstufung des Natursteinmauerwerks in Güteklassen ist die Grundlage für die Festlegung der Grundwerte σ0 der zulässigen Spannungen. Druckfestigkeit von Natursteinen Die Druckfestigkeit von Gestein, das für tragende Bauteile verwendet wird, muss mindestens 20 N/mm2 betragen. Abweichend davon ist für Mauerwerk der Güteklasse N4 auch Gestein mit einer Mindestdruckfestigkeit von 5 N/mm2 bzw. 10 N/mm2 zulässig. Die Bestimmung der Steindruckfestigkeit βSt erfolgt durch Versuche nach DIN EN 1926. »Gesunde« natürliche Steine können auch ohne Druckfestigkeitsprüfung verwendet werden, wenn sie eindeutig den in DIN 1053-1, Tabelle 12 (Abb. 2.3.45) aufgeführten Gesteinsarten zugeordnet werden können. Für die Steindruckfestigkeit βSt sind dann die in 2.3.45 angegebenen Erfahrungswerte für die Mindestdruckfestigkeit anzusetzen.
Bewehrtes Mauerwerk Tragwerk 053
Konsolidierung von Natursteinmauerwerk
Das Ziel der Konsolidierung ist die Wiederherstellung bzw. das Sichern der Tragfähigkeit und Dauerhaftigkeit von Natursteinmauerwerk. Dies setzt eine sehr sorgfältige Vorgehensweise unter Einbezug der entsprechenden Fachleute voraus [29; 30; 35]. Neben der teilweisen Ergänzung oder Neuerstellung von Bauteilen werden im Wesentlichen folgende Maßnahmen zur Konsolidierung angewendet. Verfugen von Natursteinmauerwerk wird durchgeführt, um die Lastabtragung bzw. Tragfähigkeit des Mauerwerks zu sichern und einen Wassereintritt in das Mauerwerk zu verhindern. Um Lastkonzentrationen zu vermeiden, sollte das Verfugungsmaterial keine wesentlich höhere Festigkeit haben als der vorhandene Mörtel. Des Weiteren sollte das Material schwindarm sein, ähnliche Verformungseigenschaften (E-Modul, Temperaturdehnungskoeffizient α T ) wie das Gestein haben und einen guten Haftverbund mit dem Naturstein eingehen. Bei Feucht-Trockenwechsel darf das Verfugungsmaterial nicht ausblühen, ebenso muss es eine hohe Frostwiderstandsfähigkeit aufweisen. Die Verfugung darf nicht zu einer wasserdichten Schale führen, um den Aufbau eines hydrostatischen Drucks infolge des ins Innere der Wand eingedrungenen und aufgestauten Wassers zu vermeiden. Vernadeln von Natursteinmauerwerk Nadelanker werden als Querbewehrung vor allem in Schalenmauerwerk eingebaut, um einen tragfähigen Verbund zwischen den einzelnen Mauerwerkschalen herzustellen (Abb. 2.3.43). Dadurch können Zug- und Schubkräfte übertragen werden. Als Nadelanker werden Beton-, Spann- oder Edelstahlstäbe mit Durchmessern von in der Regel 12 bis 16 mm und einer rauen Oberfläche zur Erzielung einer guten Haftung und somit Kraftübertragung verwendet. Ihr Einbau erfolgt über Bohrungen und einem anschließenden Verpressen der Kanäle und Leerräume zwischen den Mauerwerkschalen. Verspannen von Natursteinmauerwerk mit Ankern Ein Verspannen von Mauerwerk mit Ankern wird zur Aufnahme von nicht ausgeglichenen Horizontalkräften (z. B. aus Gewölben) und folglich zur Vermeidung zu großer Verformungen und Rissbildungen ausgeführt. Zur Aufnahme der erforderlichen Zugkräfte können nur hochwertige Spann- oder Edelstahlstäbe verwendet werden. Um eine konzentrierte Lasteinleitung in das Natursteinmauerwerk und somit eine Zerstörung des Mauerwerkgefüges im Bereich der Verankerung zu vermeiden, werden die Zugstäbe mit Stahlbeton oder Vernadelungen und lastverteilenden Ankerplatten im Mauerwerk verankert (Abb. 2.3.44). Bei der Anordnung der Spannanker ist neben einer
zuverlässigen Verankerung auch auf einen ausreichenden Korrosionsschutz und eine architektonisch angemessene Führung der Zugglieder – z. B. offen den Raum überspannend, über abgehängte Deckenräume versteckt etc. – zu achten. Hohlraumverpressung von Natursteinmauerwerk Eine Injektion von Verpressmaterial in Hohlräume innerhalb des Wandquerschnitts wird zur Erhöhung der Tragfähigkeit des Natursteinmauerwerks durchgeführt. Dabei ist zu beachten, dass die Festigkeit des Verpressmaterials nicht wesentlich höher ist als das umgebende Mauerwerk, um eine ungünstige Lastkonzentration zu vermeiden. Als Verpressmaterial wird entweder Kunstharz (Epoxydharz) oder eine Zementsuspension mit Feinsand verwendet. Eine Kunstharzverpressung ist aufgrund der hohen Materialkosten nur bei kleinen Hohlräumen wirtschaftlich. Die Zementsuspension ist ein durch Propellermischer »hochaufgeschlagenes« Wasser-Zementgemisch, das wesentlich pump- und verpressfähiger ist als normaler Zementmörtel. Zusätzlich vermischt es sich kaum mit Wasser. Bei gipshaltigem Mauerwerk ist die Gefahr von Treiberscheinungen zu vermeiden, indem Zement mit hohem Sulfatwiderstand verwendet wird.
2.3.43
Vernadelung von Schalenmauerwerk in Wandquerrichtung
2.3.44
Schematische Darstellung des Einbaus eines Verspannankers mit zweiseitigen Kopfplatten
Bewehrtes Mauerwerk Mauerwerk kann ähnlich wie Beton hohe Druck-, aber nur geringe Zugkräfte aufnehmen. Durch Einlegen von Bewehrungsstahl kann die Zugfestigkeit jedoch vergrößert werden. Bewehrtes Mauerwerk beschreibt somit eine Bauweise, die aus der Kombination des herkömmlichen, traditionellen Mauerwerks und einer vertikal oder horizontal eingelegten Bewehrung resultiert. Neben der Verwendung zur konstruktiven Risssicherung von Mauerwerk wird es auch ausgeführt, um statisch wirksam die Biegetragfähigkeit von Mauerwerk zu erhöhen. Dabei nimmt die Bewehrung die Zugkraft und das Mauerwerk die Druckkraft auf. Eine horizontale Lagerfugenbewehrung eignet sich beispielsweise dazu, Beanspruchungen senkrecht zur Wandebene infolge Wind oder Erddruck auch bei geringer oder fehlender Auflast abzutragen (z. B. unter Terrasse befindliches Kelleraußenmauerwerk mit Erddruckbeanspruchungen). Auch Ringanker können mit einer Lagerfugenbewehrung ausgeführt werden. Anstatt einer Lagerfugenbewehrung können mit einer vertikal angeordneten Bewehrung auch Zugspannungen senkrecht zur Lagerfuge aufgenommen werden. Die vertikale Bewehrung erfordert jedoch speziell geformte Steine mit Aussparungen, in denen die Bewehrung geführt werden kann. Durch die Bewehrung wird des Weiteren die Duktilität des Mauerwerks und somit die
1 2 3 4 5 6 7 8
Verblendmauerwerk Hinterfüllung (Beton) Kopfplatte Verpresskanal Spannmutter Verspannanker Verpressmörtel Schalenfüllung
2.3.45
Erfahrungswerte für die Mindestdruckfestigkeit der Gesteinsarten Gesteinsarten Mindestdruckfestigkeit MN/m2 Kalkstein, Travertin, 20 vulkanische Tuffsteine Weiche Sandsteine (mit 30 tonigem Bindemittel) und dergleichen Dichte (feste) Kalksteine 50 und Dolomite (einschließlich Marmor), Basaltlava und dergleichen Quarzitische Sandsteine 80 (mit kieseligem Bindemittel), Grauwacke und dergleichen Granit, Syenit, Diorit, 120 Quarzporphyr, Melaphyr, Diabas und dergleichen
113
Tragwerk Tragwerk 053
2.3.46
Bewehrungssysteme für statisch in Rechnung gestelltes bewehrtes Mauerwerk nach DIN 1053-3 [32] System Bezeichnung Anwendungs(Schemaskizze) bereich nach Zulassungsbescheid1) MurforBewehrungselemente mit Duplexbeschichtung
statistisch in Rechnung gestellte Bewehrung
MurforBewehrungselemente aus nichtrostendem Stahl
statistisch in Rechnung gestellte Bewehrung
ELMCO-Ripp- Bewehrung Bewehrungs- von Stürzen system in Verblendschalen
MOSOLochband
1) siehe
2.3.47
Bewehrung von Stürzen in Verblendschalen
auch Bestimmungen im Zulassungsbescheid
Bewehrungssysteme ohne bauaufsichtliche Zulassung [32] ProduktBeschreibung name Brictec Leiterförmiges, ungeripptes Bewehrungselement aus Edelstahl. Längsstäbe ds = 3,65 mm, Elementbreite 28 mm. Gedacht für den Einsatz im Sturzbereich von Verblendschalen zusammen mit speziellem Abfangprofil; Zulassung beantragt. FIXOVER Leiterförmiges, abgeflachtes, ungeripptes Bewehrungssystem aus Edelstahl, Querschnitt der Längsstäbe entspricht ds = 4,0 mm. Elementlänge 2700 mm, wird in verschiedenen Breiten angeboten. Einsatz – laut Produktinfo – als statisch in Rechnung gestellte Bewehrung 1) sowie konstruktive Bewehrung. GRIPPRIPP Bewehrungsgewebe aus Aramid-Fasern mit einer Maschenweite von 15 • 15 mm, wird in verschiedenen Breiten angeboten. Einsatz – laut Produktinfo – als statisch in Rechnung gestellte Bewehrung 1) sowie konstruktive Bewehrung. Murinox Bewehrungssystem aus zwei Längsstäben mit Noppen, Verbindung der Längsstäbe durch schräg verlaufende Drähte. Unterschiedliche Querschnitte und Breiten. Gedacht für den Einsatz als statisch in Rechnung gestellte Bewehrung sowie konstruktive Bewehrung: Zulassung beantragt. 1) ohne entsprechende bauaufsichtliche Zulassung nicht erlaubt!
114
Risssicherheit verbessert, indem das Verformungsvermögen des Bauteils vergrößert wird. Dies führt zu einem späteren Auftreten von Rissen und zusätzlich zu einem feiner verteilten Rissbild mit geringeren Rissweiten. Schließlich vergrößert die Bewehrung das Dämpfungsvermögen des Mauerwerks. Dadurch bekommt es eine höhere Widerstandsfähigkeit gegenüber stoßartigen, horizontalen Belastungen wie z. B. Erdbebenlasten. Dies führt zu einer wesentlichen Verbesserung der Sicherheitsreserven von Mauerwerkkonstruktionen bei diesen außergewöhnlichen Lasteinwirkungen. Es ist jedoch anzumerken, dass bewehrtes Mauerwerk für die Standsicherheit von Bauwerken bei Erdbeben alleine nicht ausreichend ist. Zusätzlich sind eine Reihe von konstruktiven Randbedingungen einzuhalten. In den erdbebengefährdeten Gebieten Südeuropas, Amerikas und Japans ist das bewehrte Mauerwerk wesentlich weiter verbreitet als in Deutschland, wo es im Wesentlichen auf den Bereich der Risssicherung beschränkt ist. Dennoch wurde im Februar 1990 mit der DIN 1053-3 – Bewehrtes Mauerwerk – ein in sich geschlossenes Regelwerk für diese Bauweise eingeführt. Diese Norm gilt für tragende Bauteile aus bewehrtem Mauerwerk und bewehrte Mauerwerkbereiche. Bereich bedeutet dabei, dass auch in einzelnen Abschnitten eines Gebäudes oder Bauteils, in den aus statischen Gründen eine Bewehrung erforderlich ist, diese Bauweise eingesetzt werden darf, ohne dass die übrigen Bereiche nach DIN 1053-3 bemessen und ausgeführt werden müssen. Bei der Verwendung von konstruktiver Bewehrung, z. B. zur Rissverteilung bzw. Rissbreitenbeschränkung, handelt es sich nicht um bewehrtes Mauerwerk im Sinne von DIN 1053-3, da die Bewehrung rechnerisch nicht berücksichtigt wird. Es wird jedoch empfohlen, auch für konstruktive Bewehrung die Anforderungen der Norm, vor allem hinsichtlich des Korrosionsschutzes der Bewehrung, zu beachten. Einen besonderen Fall stellt die Bemessung und Ausführung von Stürzen aus bewehrtem Mauerwerk dar. Diese können aufgrund der langjährigen positiven Erfahrung mit den Richtlinien für die Bemessung und Ausführung von Flachstürzen [35] wahlweise sowohl damit als auch nach der DIN 1053-3 bemessen werden. Dies ist möglich, da die Richtlinien mit den Regeln der DIN 1053-3 annähernd übereinstimmen. Der Unterschied der beiden Bemessungsvorschriften besteht jedoch in der Ausführung der Flachstürze. Während sich die Richtlinien auf Stürze beziehen, die aus einem vorgefertigten Zuggurt – dem Flachsturz – und einer Druckzone aus Mauerwerk und/oder Beton bestehen, wird nach DIN 1053-3 der Zuggurt aus Mauersteinen (z.B. Schalungssteinen), Bewehrung und Mauermörtel oder Beton vor Ort hergestellt – eine Vorfertigung ist hier nicht vorgesehen.
Baustoffe für bewehrtes Mauerwerk
Mauersteine Es dürfen nur genormte Steine sowie Formsteine verwendet werden, deren Lochanteil ≤ 35% ist und deren Stege bei eckiger Lochung in Wandlängsrichtung nicht gegeneinander versetzt sind. Zusätzlich dürfen nach Zulassung Hochlochziegel mit bis zu 50% Lochanteil verwendet werden, wenn die Stege dieser Ziegel in Wandlängsrichtung nicht versetzt sind und die Steine parallel zur Lagerfuge eine Mindestdruckfestigkeit von β Dl, St ≥ 3,5 N/mm 2 aufweisen. Diese Anforderungen sind notwendig, um eine ausreichende Drucktragfähigkeit in Richtung der Wandachse zu gewährleisten. Bei Ringankern darf jedoch auf diese Anforderungen aufgrund der Wirkung als Zugbauteil verzichtet werden. Formsteine müssen abgesehen von Form und Massen in ihren Eigenschaften den entsprechenden Mauersteinnormen genügen. Bei Formsteinen für vertikale Bewehrung wird zwischen »kleinen« und »großen« Aussparungen unterschieden. Kleine Aussparungen müssen in jeder Richtung ein Mindestmaß von 60 mm, große Aussparungen in jeder Richtung ein Mindestmaß von 135 mm aufweisen. Bei Formsteinen für horizontale Bewehrung darf die Höhe der Aussparung wegen des hinzukommenden Lagerfugenmörtels auf 45 mm reduziert werden. Für bewehrtes Mauerwerk geeignete Mauersteine müssen durch die zusätzliche Bezeichnung BM (Bewehrtes Mauerwerk) auf dem Lieferschein gekennzeichnet werden. Mauermörtel Bei den die Bewehrung umgebenden Mörteln dürfen nur Normalmörtel der Mörtelgruppen III und IIIa, d. h. Zementmörtel mit Zuschlägen mit dichtem Gefüge, verwendet werden. Diese Einschränkung basiert ausschließlich auf der Erzielung einer ausreichenden Verankerung der Bewehrung und nicht auf der Gewährleistung eines ausreichenden Korrosionsschutzes. Der Einsatz von Normalmörtel der Mörtelgruppe IIa und von Leichtmörtel LM 36 ist zwar technisch grundsätzlich möglich, bedarf derzeit jedoch noch in jedem Fall der bauaufsichtlichen Zustimmung. In den Bauteilbereichen, in denen keine Bewehrung eingelegt wird, dürfen alle Mauermörtel nach DIN 1053-1 mit Ausnahme von Normalmörtel der Mörtelgruppe I verwendet werden. Beton zum Verfüllen von Aussparungen und Formsteinen Werden die für die Bewehrung vorgesehenen Aussparungen und Formsteine mit Beton verfüllt, ist mindestens die Betonfestigkeitsklasse B 15 nach DIN 1045 zu verwenden, soweit nicht hinsichtlich des Korrosionsschutzes der Bewehrung eine höhere Festigkeitsklasse erforderlich ist. Das Größtkorn der Sieblinie darf 8 mm nicht überschreiten.
Bewehrtes Mauerwerk Tragwerk 053
Bewehrung, Bewehrungssysteme Aus Gründen der Verankerung und Rissbreitenbeschränkung dürfen nach DIN 1053-3 nur gerippte Betonstähle nach DIN 488-1 verwendet werden. Glatte und profilierte Stäbe müssen jeweils Endhaken haben, ihre Anwendung bedarf jedoch einer bauaufsichtlichen Zustimmung. Der Mindestdurchmesser für Einzelstabbewehrung ist auf d s = 6 mm festgelegt. Stäbe mit dünneren Durchmessern dürfen nur in Bewehrungssystemen mit bauaufsichtlicher Zustimmung verwendet werden. Die maximal möglichen Stabdurchmesser differenzieren je nach Anwendungsfall und wurden so festgelegt, dass eine ausreichende Ummantelung der Bewehrung mit Mörtel gewährleistet ist (siehe »Statisch bewehrtes Mauerwerk«). Bei Bewehrungssystemen handelt es sich um Bewehrungselemente, die in der Ausführung von den gerippten Einzelbetonstabstählen nach DIN 488-1 abweichen (z. B. kleinere Durchmesser, glatte oder profilierte Oberfläche, matten- oder fachwerkartiger Bewehrungstyp, vom Stahl abweichende Materialien). Für lastabtragendes bewehrtes Mauerwerk unterliegen diese Bewehrungssysteme bauaufsichtlichen Zulassungen, für die Anwendung als konstruktiv bewehrtes Mauerwerk ist dies nicht erforderlich, da es für konstruktiv bewehrtes Mauerwerk derzeit keine Anforderungen gibt und somit grundlegend jede Form der Bewehrung verwendet werden kann. Die Bewehrungssysteme mit bauaufsichtlicher Zulassung sind in 2.3.46, die Bewehrungssysteme ohne bauaufsichtliche Zulassung in 2.3.47 zusammengefasst. Eine ausführliche Beschreibung der Systeme ist in [60] zu finden. Korrosionsschutz der Bewehrung
Bei Untersuchungen an Mauerwerkbauteilen wurde festgestellt, dass der eingebaute Mörtel wesentlich schneller karbonatisiert als Beton. Die Ursachen dafür liegen in einem durch einen höheren Wasserbindemittelwert (w/zWert) bedingten größeren Porenvolumen, das eine hohe Durchlässigkeit bewirkt, in einer im Vergleich zum Beton geringeren Verdichtung des Mörtels und in einer fehlenden Nachbehandlung. Dies führt zu einer offenporigen Struktur des Mörtels. Der hohe w/z-Wert stellt sich dabei aufgrund einer plastischen bis weichen bzw. fließfähigen Mörtelkonsistenz ein, die aus Verarbeitungsgründen erforderlich ist. Durch die Karbonatisierung geht der alkalische Schutz des Mörtels für die Bewehrung verloren. Die Korrosion der Bewehrung kann dann bei Vorhandensein von Feuchtigkeit und Sauerstoff stattfinden. Aus diesem Grund darf eine ungeschützte Bewehrung nur in Mörtelfugen von solchen Bauteilen eingebaut werden, die einem dauernd trockenen Raumklima ausgesetzt sind, z. B. Innenwänden von Wohngebäuden. In
allen anderen Fällen ist der Stahl entweder in Beton einzubetten – dann sind die Regeln des Korrosionsschutzes für den Stahlbetonbau zu beachten – oder er ist durch besondere Maßnahmen gegen Korrosion zu schützen. Diese können sein die Verzinkung der Bewehrung und/oder organische Schutzschichten. Die Zinkschicht kann entweder elektrolytisch oder als Feuerverzinkung durch Tauchen in ein Zinkbad aufgebracht werden. Die Feuerverzinkung wird im Regelfall beim Verzinken von Bewehrungsstahl angewandt. Dabei entsteht jedoch eine sehr spröde Eisenzinklegierungsschicht, die beim Biegen des Bewehrungsstahls abplatzen kann. Die verzinkte Bewehrung darf somit nach dem Verzinken nicht mehr gebogen werden und ist vor dem Einbau auf Beschädigung zu untersuchen. Da eine feuerverzinkte Bewehrung gegen Sulfat und Chlorid nicht beständig ist, muss bei ihrer Anwendung der Gehalt an diesen zinkaggressiven Bestandteilen im Mörtel und Mauerstein gemäß DIN 4226 begrenzt werden. Bei äußerer Einwirkung von Sulfaten und Chloriden ist eine feuerverzinkte Bewehrung unzulässig. Als organische Schutzschichten kommen überwiegend epoxydharzgebundene Systeme zum Einsatz. Es werden auch Bewehrungen mit Duplex-Systemen angeboten, bei denen der Korrosionsschutz durch Verzinken des Stahls mit anschließender EpoxydharzBeschichtung erreicht wird. Diese Systeme benötigen eine bauaufsichtliche Zulassung. Der Vorteil einer sachgemäßen EpoxydharzBeschichtung gegenüber einer verzinkten Bewehrung liegt in einem auch bei Vorhandensein aggressiver Ionen dauerhaften Korrosionsschutz. Zusätzlich kann zur Erzielung der Korrosionsbeständigkeit die Bewehrung auch aus Edelstahl oder alternativen Materialien wie z. B. Glas-, Kohlenstoff- und Aramid-Fasern sein. Edelstähle sind mit sehr hohen Kosten verbunden, die etwa das Dreifache der einer verzinkten Bewehrung betragen. Sie sind jedoch ein sicherer Schutz vor Korrosion auch gegenüber aggressiven Umgebungsbedingungen. Fasern werden in der Regel als Verbundwerkstoff verwendet, das heißt, sie sind in eine Matrix eingebunden. Bis zum Bruch weisen sie ein ausgesprochen lineares Lastverformungsverhalten auf, ihre Festigkeit liegt deutlich über der von Stahl. Der E-Modul von Glas- und Aramidfasern erreicht nur etwa 40% des E-Moduls von Stahl, die Kohlenstoff-Faser hingegen einen vergleichbaren E-Modul. Die Anwendung steckt insgesamt jedoch noch in der Entwicklung, dabei muss vor allem das Langzeitverhalten der Werkstoffe in Beton und Mörtel untersucht werden.
2.3.48
Bewehrungsführung mit Mindestabmessungen in Millimeter nach DIN 1053-3
horizontale Bewehrung
vertikale Bewehrung
Statisch bewehrtes Mauerwerk
Bewehrungsführung und Konstruktion Die Konstruktion bzw. Herstellung von bewehrtem Mauerwerk muss sich eng an die
115
Tragwerk Tragwerk 053
2.3.49
Anforderungen und Einschränkung bei der Ausführung von bewehrtem Mauerwerk nach DIN 1053-3 Horizontale Bewehrung Vertikale Bewehrung in der in in Formsteinen in Formsteinen mit großer Lagerfuge Formsteinen mit kleiner Aussparung oder in Aussparung ummauerten Aussparungen Füllmaterial Mörtel der Mörtel der Beton Mörtel der Mörtel der Beton ≥ B 15 Gruppe III Gruppe III ≥ B 15 Gruppe III Gruppe III oder IIIa oder IIIa oder IIIa oder IIIa Verfüllen der – in jeder mindestens nach jedem vertikalen Steinlage Meter Wandhöhe Aussparungen maximaler 8 14 14 14 14 nach DIN 488 Stabdurchmesser Teil 1 Überdeckung zur Wand- allseitig nach allseitig mindestens das 2fache des nach oberfläche mind. das DIN 1045 Stabdurchmessers; zur WandDIN 1045 ≥ 30 mm 2fache des oberfläche ≥ 30 mm Stabdurchmessers: zur Wandoberfläche ≥ 30 mm Korro- bei dauernd keine besonderen Anforderungen keine besonderen Anforderungen sions- trockenem schutz Raumklima in allen Feuerverzinken oder nach Feuerverzinken oder nach anderen andere dauerhafte DIN 1045 andere dauerhafte DIN 1045 Fällen Maßnahmen1) Maßnahmen1) Mindestdicke des 115 bewehrten Mauerwerks in mm 1) Die Brauchbarkeit ist z. B. durch eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung nachzuweisen
Ausführung von herkömmlichem Mauerwerk orientieren, um eine ausreichende Wirtschaftlichkeit dieser Bauweise zu erzielen. Dazu ist zunächst die Bewehrungsführung genauer zu betrachten. Nach DIN 1053-3 kann eine horizontale Bewehrung in der Lagerfuge, in Formsteinen oder in trogförmigen Formsteinen eingebaut werden. Die vertikale Bewehrung kann in Formsteinen mit kleiner Aussparung, in Formsteinen mit großer Aussparung und in ummauerten Aussparungen geführt werden. Bei durchgehenden, ummauerten Aussparungen sind die Mauerschalen durch Anker (z. B. Drahtanker) zu verbinden. In 2.3.48 sind die möglichen Bewehrungsführungen dargestellt. Die Bilder enthalten zusätzlich Angaben zu den jeweils verwendeten Baustoffen (Mörtel, Beton) sowie zur Bewehrung. Im Hinblick auf eine möglichst einfache Handhabung sind Mauersteine mit seitlich offenen Aussparungen solchen mit geschlossenen Aussparungen vorzuziehen, da Steine mit seitlich offenen Aussparungen direkt von der Seite um die Bewehrung angeordnet werden können, während Steine mit geschlossenen Aussparungen stets auf die vertikale Bewehrung aufgefädelt werden müssen. Bei entsprechender Länge der Bewehrungsstäbe erhöht dies den Arbeitsaufwand. Die Größe der Aussparung hat Einfluss auf das Einbringen des Füllmörtels. Bei kleinen Aussparungen mit einer Seitenlänge zwischen 60 und 135 mm muss das Verfüllen und Verdichten der Aussparung lagenweise erfolgen, bei großen Aussparungen mit einer Seitenlänge ≥ 135 mm mindestens nach jedem Meter Wandhöhe.
116
Hinsichtlich der Konstruktion und Ausführung sind folgende weitere Anforderungen zu beachten: • Die Mindestwanddicke für bewehrtes Mauerwerk muss ≥ 115 mm sein. • Lagerfugen sind stets vollfugig zu mauern. Stoßfugen sind bei horizontaler Spannrichtung und Bewehrungsführung ebenso vollfugig auszuführen. Bei vertikaler Spannrichtung und Bewehrungsführung sind knirsch gestoßene Steine mit unvermörtelter Stoßfuge zulässig. • Lagerfugen mit Bewehrung dürfen bis zu 20 mm dick sein, um eine gute Einbettung der Bewehrung zu ermöglichen. Als Richtmaß für die Lagerfugendicke gilt der zweifache Stabdurchmesser. • In Lagerfugen dürfen Stäbe bis 8 mm, in Aussparungen bis 14 mm Durchmesser verwendet werden. Die Begrenzung ist durch die mögliche Verankerungswirkung im Mörtel festgelegt. Durchmesser größer 14 mm sind nur in mit Beton verfüllten Aussparungen zulässig. • Bei ungeschützter Bewehrung in mit Beton verfüllten Aussparungen sind bzgl. der Betondeckung die Mindestwerte des Stahlbetonbaus einzuhalten. • Der Abstand zwischen Stahl- und Wandaußenfläche muss mindestens 30 mm betragen, um eine ausreichend sichere Verankerung zu gewährleisten. • Die Mörteldeckung in Formsteinen muss allseitig mindestens das Zweifache des Stabdurchmessers betragen. • Die Feldbewehrung ist ungestaffelt
über die volle Stützlänge zu führen. • Beim Kreuzen dürfen Bewehrungsstäbe nur bis 5 mm Durchmesser haben, sonst sind an den Kreuzungsstellen besondere Maßnahmen (z. B. Formsteine) notwendig. • In horizontal bewehrten Wänden sind mindestens 4 Bewehrungsstäbe je Meter Wandhöhe einzulegen, mindestens jede zweite Fuge ist zu bewehren. In 2.3.49 sind die Anforderungen und Einschränkungen bei der Ausführung von bewehrtem Mauerwerk im Überblick zusammengestellt. Bemessung von bewehrtem Mauerwerk nach DIN 1053-3 Die Bemessung für Biegung und Biegung mit Längskraft von bewehrtem Mauerwerk erfolgt in Anlehnung an die Stahlbetonbemessung nach DIN 1045. Die in der Biegezugzone angeordnete Bewehrung nimmt die Zugspannungen auf, die mit den Druckspannungen in der Biegedruckzone im Gleichgewicht stehen. Als Spannungsverteilung wird in der Druckzone ein Parabel-Rechteckdiagramm angenommen, eine evtl. vorhandene Zugfestigkeit des Mauerwerks wird nicht berücksichtigt. Im Gegensatz zur Stahlbetonbemessung darf als maximale Stauchung des Mauerwerks εmw ≤ 2,0∏ angesetzt werden, als maximale Dehnung der Bewehrung εs ≤ 5,0∏. Die Biegeschlankheit l/d von biegebeanspruchten Bauteilen darf nicht größer als 20 sein, um die Durchbiegung zu begrenzen. Bei wandartigen Trägern muss die statische Nutzhöhe h ≤ 0,5 • l (l = Stützweite) sein, ansonsten ist eine Scheibenberechnung erforderlich. Der Bemessungsquerschnitt ist das tragende Mauerwerk einschl. mit Mörtel oder Beton verfüllten Aussparungen. Der Rechenwert βR zur Bestimmung der aufnehmbaren Biegedruckkraft von bewehrtem Mauerwerk ist nach DIN 1053-1 oder DIN 1053-2 zu bestimmen. In Lochrichtung ist βR anzusetzen, senkrecht zur Lochrichtung (in Wandlängsrichtung) wird bei gelochten Vollsteinen sowie bei Lochsteinen der Rechenwert βR aufgrund der Anisotropie und somit der wesentlich geringeren Druckfestigkeit in diese Richtung auf die Hälfte reduziert. Bei Vollsteinen hingegen wird der Rechenwert βR nicht reduziert. Bei verfüllten Aussparungen ist für den Gesamtquerschnitt der kleinste Rechenwert – βR von Mauerwerk oder von der Verfüllung – anzusetzen: • Verfüllung mit MG III: βR = 4,5 N/mm2 • Verfüllung mit MG IIIa: βR = 10,5 N/mm2 • Verfüllung mit Beton: βR nach DIN 1045 Beton, der sich oberhalb des Mauerwerks befindet, darf mit angesetzt werden, für den Nachweis ist jedoch immer der kleinere βR-Wert maßgebend. Hingegen darf ein über dem Beton aufgehendes Mauerwerk für die Druckaufnahme nicht angesetzt werden. Hilfsmittel für die Biegebemessung von bewehrtem Mauerwerk unter Berücksichtigung
Bewehrtes Mauerwerk Tragwerk 053
der aufgeführten Anforderungen sind in [40] und [128] angegeben. Die Verankerung der Bewehrung ist nach DIN 1045 nachzuweisen. Abweichend davon gelten für im Mörtel verlegte Bewehrungsstäbe die in 2.3.50 angegebenen zulässigen Grundwerte der Verbundspannung zul τ1. Bei der Bemessung von bewehrtem Mauerwerk infolge Querkraft ist zwischen der Belastung in Richtung der Wandebene (Scheibenschub) und der Belastung senkrecht zur Wandebene (Plattenschub) zu unterscheiden. Die vorhandene Schubspannung wird zu vorh τ = Qs / (b · z) bestimmt. Hierbei ist Qs die maßgebende Querkraft, die bei direkter Lagerung im Abstand 0,5 · h (Nutzhöhe des Trägers) von der Auflagerkante bestimmt werden darf, und z der innere Hebelarm. Bei Scheibenschub mit überdrücktem Querschnitt genügt es, die Stelle der maximalen Schubspannung zu untersuchen, hingegen bei gerissenen Querschnitten der Nachweis in Höhe der Nulllinie im Zustand II zu führen ist. In beiden Fällen ist nachzuweisen, dass die vorhandene Schubspannung vorh τ ≤ zul τ ist. Der Wert für zul τ wird nach dem genaueren Berechnungsverfahren nach DIN 1053-1 bestimmt. Die rechnerische Normalspannung σ in der Lagerfugenebene darf dabei auf der sicheren Seite liegend aus der Auflagerkraft FA, der Querschnittsbreite b und der Stützweite l des Wandträgers zu σ = FA / (b · l) abgeschätzt werden. Beim Plattenschub erfolgt der Nachweis in Anlehnung an den Stahlbetonbau, jedoch ist hierbei nur der Schubbereich 1 zulässig. Demnach ist nachzuweisen, dass vorh τ ≤ τ011 = 0,015 · βR erfüllt ist. Die Wirkung einer Schubbewehrung darf nicht in Ansatz gebracht werden. Der Wert für βR wird nach DIN 1053-1 oder DIN 1053-2 bestimmt und kann auch bei gelochten Vollsteinen und Lochsteinen unabhängig von der Beanspruchungsrichtung in voller Höhe angesetzt werden. Der Nachweis der Knicksicherheit ist nur bei Druckbauteilen zu berücksichtigen. Die Schlankheit λ = h k/d wird dabei nach dem vereinfachten oder genaueren Berechnungsverfahren der DIN 1053-1 bestimmt. Für Schlankheiten λ ≤ 5,75 ist aufgrund des gedrungenen Bauteils kein Knicknachweis erforderlich. Der Spannungsnachweis erfolgt im mittleren Drittel der Knicklänge ohne Berücksichtigung einer Zusatzausmitte. Für Druckbauteile mit mäßigen Schlankheiten (5,75 < λ ≤ 20) ist der Einfluss der Knickgefahr aus ungewollter Ausmitte und aus Stabauslenkung nach Theorie II. Ordnung durch die zusätzliche Ausmitte f = h k/46 – d/6 beim Spannungsnachweis im mittleren Drittel der Knicklänge zu berücksichtigen. Für Druckbauteile mit großen Schlankheiten (20
< λ ≤ 25) ist der Knicknachweis nach DIN 1045 zu führen. Schlankheiten von λ > 25 sind unzulässig. Mindestbewehrung Zur Vermeidung breiter Risse müssen Mindestwerte des Bewehrungsgrades eingehalten werden. Für reine Lastbeanspruchung sind die erforderlichen Mindestbewehrungen – bezogen auf den Gesamtquerschnitt – in 2.3.51 angegeben. Konstruktiv bewehrtes Mauerwerk
Konstruktive Bewehrung im Mauerwerkbau dient ausschließlich der Rissbreitenbeschränkung und hat im Gegensatz zum Stahlbetonbau keine tragende bzw. statische Funktion. In der DIN 1053-3 wird deshalb auf diese Art der Bewehrung bislang nicht eingegangen. Es ist wichtig anzumerken, dass eine Rissfreiheit im Mauerwerk nur durch in ausreichend geringen Abständen angeordneten und entsprechend bemessenen Dehnungsfugen erreicht werden kann. Im Gegensatz dazu vermeidet eine konstruktive Bewehrung die Rissbildung im Mauerwerk nicht. Ihre Aufgabe ist vielmehr die Verteilung der auftretenden Zwangsverformungen auf mehrere Risse und somit die Beschränkung der Rissbreiten. Diese ist nicht aus Gründen der Standsicherheit, sondern vor allem zur Gewährleistung der Gebrauchstauglichkeit (z. B. Wärme-, Feuchte-, Lärmschutz, Frostwiderstand) und Ästhetik der Mauerwerkbauteile erforderlich. Der Einfluss der Risse auf die Korrosion der Bewehrung kann wegen der erforderlichen Korrosionsschutzmaßnahmen vernachlässigt werden. Bei Mauerwerkbauteilen im Außenbereich wird die Dauerhaftigkeit hinsichtlich Feuchte- und Wärmeschutz im Allgemeinen bis Rissbreiten von w ≤ 0,20 mm nicht beeinflusst, obgleich bei Schlagregenbeanspruchung bereits bei sehr geringen Rissbreiten von w 0,6% μQ = 0,2 μH In durchgehenden, 0,1% ummauerten Aussparungen 2.3.52
0,2 μH
Anwendungsbeispiele für konstruktiv bewehrtes Mauerwerk
117
Tragwerk Tragwerk 053
2.3.53
Querschnitte von Flachstürzen mit Zuggurten aus trogförmigen Mauersteinen; Tragwirkung eines Flachsturzes
Erscheinungsbild des einzelnen Bauteils sind (z. B. bei Sichtmauerwerk oder Ausstellungsflächen) und ob Haarrisse – vor allem in Abhängigkeit von der Oberflächenstruktur – akzeptiert werden können [60]. Anwendungsmöglichkeiten von konstruktiv bewehrtem Mauerwerk Eine Rissbreitenbeschränkung infolge Zwangsbeanspruchung (Schwinden, Temperaturbeanspruchung, Deckendurchbiegung, Setzungsunterschiede etc.) kann praktisch nur durch den Einbau der konstruktiven Bewehrung in den Lagerfugen des Mauerwerks erzielt werden. Dadurch können überwiegend horizontale oder schwach geneigte Zwangsspannungen aufgenommen werden. Die Anordnung einer Lagerfugenbewehrung erscheint überall dort sinnvoll, wo das Auftreten von Rissen möglich, jedoch nicht sicher vorhersehbar ist. Dadurch können eventuelle Schäden und damit verbunden kostspielige Sanierungsmaßnahmen von vornherein vermieden werden. Zugleich wird das Erscheinungsbild durch ein ggf. überflüssiges Anordnen von Dehnungsfugen nicht unnötig beeinträchtigt. Typische Anwendungsfälle sind die Eckbereiche von Tür- und Fensteröffnungen sowie von Höhenversprüngen, die Lasteinleitungsbereiche von Einzellasten und die nichttragenden Trennwände in Verbindung mit Deckendurchbiegungen (siehe »Risse in leichten Trennwänden«). Ursachen für die Rissbildung in den Eckbereichen sind vor allem die Umlenkungen der vertikalen Druckspannungen, die erhöhten Schwindspannungen infolge der Querschnittsverringerung im Bereich der Öffnungen und Versprünge sowie Kerbspannungen in den Ecken [177]. Im Bereich der Lasteinleitung von Einzellasten kommt es zu erhöhten Querzugspannungen parallel zur Lagerfuge, die von der konstruktiven Bewehrung aufgenommen werden muss (Abb. 2.3.52). Eine weitere Anwendungsmöglichkeit für konstruktive Lagerfugenbewehrung sind Verblendschalen und Ausfachungswände. Damit können in diesen Bauteilen Rissschäden durch eine Verformungsbehinderung zwischen Verblendschalen bzw. Ausfachungswänden und den tragenden Bauteilen infolge Schwindund/oder Temperaturunterschieden sowie einer evtl. zusätzlichen seitlichen Halterung bzw. Haftungsanbindung am Wandfuß vermieden werden. Konstruktive Mindestbewehrung bei Zwangsbeanspruchung Die Mindestbewehrung im Mauerwerk muss so gewählt werden, dass bei Auftreten eines Risses die Zugspannungen von der Bewehrung ohne Erreichen der Streckgrenze des Betonstahls aufgenommen werden können, um klaffende Risse im Mauerwerk zu vermeiden und zusätzlich die Rissbreite auf ein aus Gesichtspunkten der Gebrauchstaug-
118
lichkeit und Ästhetik erforderliches Maß zu reduzieren. In DIN 1053-3 wird bei Zwangsbeanspruchungen mit Gefahr von sehr breiten Rissen ein Bewehrungsgehalt von mindestens 0,2% des Gesamtquerschnitts in Richtung des Zwangs empfohlen. Meyer [135] empfiehlt aufgrund neuerer Untersuchungsergebnisse folgende Richtwerte für Mindestbewehrungsgehalte zur Beschränkung der Rissbreite: • zentrischer Zwang: μs,min = 0,25% • Biegezwang, Stoßfugen vermörtelt: μs,min = 0,15% • Biegezwang, Stoßfugen unvermörtelt: μs,min = 0,10% Die angegebenen Bewehrungsgehalte sind auf den Gesamtquerschnitt in Richtung des Zwangs bezogen und berücksichtigen die ungünstigsten Stein-Mörtel-Kombinationen. In einigen Fällen liegen sie somit auf der sicheren Seite. Genauere Berechnungsansätze für den Bewehrungsgehalt sind in [135] aufgeführt. Flachstürze
Flachstürze sind auf Biegung beanspruchte Bauteile und dienen der Überbrückung von Öffnungen im Tür- und Fensterbereich. Sie können sowohl nach DIN 1053-3 als auch den Richtlinien für die Bemessung und Ausführung von Flachstürzen [35] bemessen und ausgeführt werden. Flachstürze bestehen aus einem vorgefertigten oder vor Ort gefertigten, bewehrten Zuggurt und erlangen ihre Tragfähigkeit im Zusammenwirken mit einer über dem Zuggurt befindlichen Druckzone aus Mauerwerk oder Beton oder beidem. Der vorgefertigte Zuggurt kann aus trogförmigen Mauersteinen (Formsteinen) entsprechend dem Material des darüber liegenden Mauerwerks und einbetonierter Zugbewehrung oder aus Normal- bzw. Leichtbeton mit eingebauter Bewehrung hergestellt werden. Der vor Ort gefertigte Zuggurt wird im Regelfall aus scheitrecht gestellten Steinen (Grenadiersturz) mit in einer entsprechenden Lochung geführten Bewehrung hergestellt. In der Praxis hat sich jedoch vor allem aus bauphysikalischen und baubetrieblichen Gründen (z. B. Vermeidung von Wärmebrücken infolge Verwendung einheitlicher Wandbaustoffe, schneller Bauablauf durch Vorfertigung und einfache Montage, einheitlicher Putzgrund) der vorgefertigte Flachsturz aus Formsteinen durchgesetzt (Abb. 2.3.53). Der Zuggurt ist in der Regel schlaff bewehrt, kann aber auch vorgespannt werden. Die Tragwirkung eines Flachsturzes entspricht dem Druckbogen-Zugbandmodell, das heißt, dass die im Sturz auftretenden Zugkräfte in den Zug-
Mauerwerk aus Fertigbauteilen Tragwerk 053
gurt geleitet werden, während die Druckzone bzw. das Sprengwerk durch das aufgemauerte Mauerwerk ausgebildet wird. Wenn die Druckzone aus Mauerwerk und darüber angeordnetem Beton besteht, darf eventuell vorhandenes Mauerwerk oberhalb des Betons für die Druckaufnahme nicht angesetzt werden. Bei der Ableitung der Belastung in das Auflager beansprucht die geneigte Druckstrebe das Mauerwerk auf Abscheren. Je nach Neigung der Druckstrebe ist somit Fugenversagen in der Lagerfuge oder Steinversagen möglich. Hilfsmittel für die Bemessung und Ausführung von Flachstürzen sind in [128] und [145] aufgeführt. Vorgespanntes Mauerwerk
Eine Weiterentwicklung des bewehrten Mauerwerks ist das vorgespannte Mauerwerk. Anwendungsgebiete von vorgespanntem Mauerwerk sind die Vorspannung sowohl von historischem Mauerwerk als auch von Ingenieurmauerwerk. Beim erst genannten wird die Vorspannung bei der Sicherung historischer Gebäude zur Sanierung rissbedingter Schäden angewandt, wenn Injektion und Vernadelung eine Konsolidierung des Mauerwerks nicht gewährleisten (siehe »Konsolidierung von Natursteinmauerwerk«). Dabei wird bei vertikal oder schräg verlaufenden Rissen eine Vorspannung durch horizontal verlaufende Spannglieder erzielt. Klaffende Lagerfugen infolge exzentrisch wirkender Lasten können durch vertikal angeordnete Spannglieder nachträglich wieder geschlossen werden. Bei Ingenieurmauerwerk wird das Vorspannsystem unmittelbar mit der Errichtung der Wände eingebaut. Dabei werden die Spannglieder im Abstand von 1,0 m bis 2,5 m in vertikale Lochkanäle der Wand integriert. Für die Ausbildung der Lochkanäle sind spezielle Mauersteine oder die Verwendung von Hohlblocksteinen bzw. Kammersteinen erforderlich. Als Spannverfahren kann Vorspannung ohne Verbund oder mit nachträglichem Verbund angewandt werden. Bei Vorspannen ohne Verbund ist die Zugänglichkeit des Spanngliedes zur Kontrolle, zum Nachspannen oder zum Auswechseln gegeben. Der Korrosionsschutz der Spannglieder wird durch Fett in Verbindung mit einer PE-Ummantelung (z. B. Monolitze) gewährleistet. Beim Vorspannen mit nachträglichem Verbund wird der Korrosionsschutz durch den in die Bohrlöcher injizierten und erhärteten Einpressmörtel hergestellt. Durch den nachträglichen Verbund wird eine schubfeste Verbindung von Mauerwerk und Spannglied ermöglicht. Diese gewährleistet eine gleichmäßige Einleitung der Vorspannkraft in das Mauerwerk und verhindert ein schlagartiges Versagen der Endverankerung. Die Anwendung der Vorspannung von Ingenieurmauerwerk ist dann angebracht, wenn Mauerwerk vertikal gering belastet wird und gleich-
zeitig horizontale Belastungen in und senkrecht zur Wandebene aus z. B. Erddruck, Wind oder Erdbeben auf die Wände einwirken können. Die Vorspannung ersetzt die fehlende vertikale Auflast und bewirkt somit eine wesentliche Erhöhung der Biege- und Schubtragfähigkeit sowie eine verbesserte Risssicherheit der Wand. Diese Bauweise kann bei Aussteifungsund Giebelwänden, bei Ausfachungswänden von Skelettbauten und bei Kellermauerwerk angewendet werden. Bei Bauten in Erdbebengebieten trägt vorgespanntes Mauerwerk zur Erhöhung der Steifigkeit der Mauerwerkkonstruktion bei. Bei Fertigbauteilen aus Mauerwerk kann diese Bauweise vor allem zur Verbesserung der Montage- und Transportzustände sowie zur Anwendung von Trockenmauerwerk genutzt werden. Vorgespanntes Mauerwerk wird bereits seit ca. 1960 in England eingesetzt, die Bemessung ist im British Standard BS 5628-2 geregelt. Inzwischen liegen auch in der Schweiz Erfahrungen mit dieser Bauweise vor, welche in der SIA V 177 »Mauerwerk« eingebunden wurden. Vorgespanntes Mauerwerk kann auch nach Eurocode EC 6 bemessen werden. Die Regelungen sind an den British Standard und an Eurocode EC 2 angelehnt. In der deutschen Richtlinie zur Anwendung von EC 6 (NAD) sind die entsprechenden Abschnitte für vorgespanntes Mauerwerk nicht berücksichtigt. Ebenso sind in den deutschen Mauerwerknormen keine Bemessungsregeln für vorgespanntes Mauerwerk enthalten. In Deutschland liegt somit kein anerkanntes technisches Regelwerk für die Bemessung und Ausführung vorgespannten Mauerwerks vor. Darüber hinaus gibt es gegenwärtig auch keine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung für die Anwendung dieser Bauweise. Ursache dafür ist die fehlende Erfahrung sowohl in experimenteller als auch in baupraktischer Hinsicht im Umgang mit vorgespanntem Mauerwerk [56; 65; 158].
Mauerwerk aus Fertigbauteilen Die werkseitige Vorfertigung von Mauerwerk in Form von Fertigbauteilen ist eine technisch hochwertige Bauweise, die in den letzten Jahren deutlich weiterentwickelt wurde, damit der traditionelle Mauerwerkbau mit anderen Bauarten weiterhin konkurrenzfähig bleibt. Fertigbauteile aus Mauerwerk können überall dort eingesetzt werden, wo sonst üblicherweise konventioneller Mauerwerkbau betrieben wird. Für die Anwendung von Fertigbauteilen aus Mauerwerk sprechen vor allem wirtschaftliche Vorteile. Diese sind die rationelle und kostengünstige Werksfertigung, die Bauzeitverkürzung infolge der exakten Zeitplanung der Vorfertigung, Lieferung und Montage und des damit bedingten schnellen Baufortschritts, die günstige Baustellensituation mit einer minima-
len Baustelleneinrichtung sowie einer kurzen Lärm- und Schmutzbelastung, die Witterungsunabhängigkeit bei der Herstellung der Wandbauteile und schließlich die Festpreisgarantie. Aufgrund der Werksfertigung wird zusätzlich zum einen ein qualitativ hochwertiges Produkt mit geringer Anfälligkeit für Baumängel ermöglicht, zum anderen wird auf die Baustelle im Regelfall ein ausgetrocknetes Mauerwerk geliefert, das somit nach Bauende nicht mehr »trokken« geheizt werden muss. Den positiven Aspekten stehen jedoch auch Nachteile gegenüber, wie die Forderung nach einer genauen Vorplanung oder schwerem Hebezeug für die Montage und den Problemen bei nachträglich gewünschten Änderungen. Insgesamt ist die Bauweise mit Fertigbauteilen aus Mauerwerk somit nur dann sinnvoll, wenn sie gegenüber konventionell auf der Baustelle errichtetem Mauerwerk qualitativ hochwertiger und kostengünstiger ist. Dies bedingt eine Verbesserung und – verbunden mit den hohen Lohnkosten – eine Erhöhung der Produktionsleistung im Werk, die in der Praxis zunehmend durch eine Teil- bzw. Vollautomatisierung (z. B. Mauerroboter) erzielt werden. Fertigbauteile aus Mauerwerk werden nach DIN 1053-4 geregelt. Die Norm gilt für vorwiegend geschosshohe, raumbreite Fertigbauteile und daraus errichtete Bauten. Sie enthält neben konstruktiven Hinweisen vor allem Regelungen für den Standsicherheitsnachweis im Transport-, Montage- und Endzustand sowie detaillierte Anforderungen an Transport und Montage der Bauteile, um Vorschädigungen dieser zu vermeiden und die Arbeitssicherheit zu gewährleisten. Fertigbauteile aus Mauerwerk können als Mauertafel, Vergusstafel und als Verbundtafel hergestellt werden. Mauertafeln sind aus Mauersteinen und Mauermörtel im Verbund als Einsteinmauerwerk stehend hergestellte Tafeln. Vergusstafeln sind aus Ziegeln nach DIN 4159 und Beton in liegenden Schalungen vorgefertigte Tafeln. Zur Aufnahme von Zugspannungen dienen Bewehrungsstäbe, die in Rippen oder in Aussparungen der Ziegel angeordnet und in Beton eingebettet sind. Vergusstafeln können als Hochlochtafeln oder Rippentafeln ausgeführt werden. Hochlochtafeln werden mit Ziegeln für vollvermörtelbare Stoßfugen, Rippentafeln mit Ziegeln für teilvermörtelbare Stoßfugen hergestellt. Verbundtafeln werden liegend aus Hohlziegeln nach DIN 278 mit profilierten Außenwandungen hergestellt, die durch senkrecht verlaufende, bewehrte Betonrippen und -scheiben verbunden sind (2.3.54) [18]. Baustoffe
Mauersteine Für Mauertafeln dürfen alle in DIN 1053-1 genannten Mauersteine verwendet werden. Für Vergusstafeln werden Ziegel für vorgefertigte Wandtafeln nach DIN 4159 verwendet.
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Tragwerk Tragwerk 053
2.3.54
Darstellung von Mauertafel, Vergusstafel (Hochlochtafel) und Verbundtafel
Hierbei ist zwischen teilvermörtelbaren und vollvermörtelbaren Ziegeln zu unterscheiden. Der Unterschied der beiden Ziegelformen liegt in der Stoßfugenaussparung in Steinlängsrichtung. Diese legt den rechnerisch ansetzbaren Querschnitt beim Standsicherheitsnachweis der Vergusstafeln fest (siehe »Bemessung von Vergusstafeln«). Für Verbundtafeln sind profilierte Hohlziegel nach DIN 278 zu verwenden. Beton und Mörtel Für die Verguss- und Verbundtafeln ist Beton oder Leichtbeton zu verwenden. Für die Herstellung von Mauertafeln und für die lotrechten Stoßfugen zum Verbinden zweier einzelner Mauertafeln dürfen mit Ausnahme von Normalmörteln der Mörtelgruppen I und II alle Mauermörtel nach DIN 1053-1 verwendet werden. Herstellung
Verguss- und Verbundtafeln werden liegend, zum Teil in Formkästen hergestellt. Für Mauertafeln ist die stehende Herstellung vorgeschrieben. Hierbei sind auch die Regelungen der DIN 1053-1 zu beachten. Für die Herstellung der Fertigbauteile müssen überdachte Flächen vorhanden sein, die Umgebungstemperatur muss mindestens + 5 °C betragen. Auch während der Lagerung der Fertigbauteile müssen bis zur ausreichenden Erhärtung die Bedingungen so sein, dass weder der Haftverbund zwischen Mauermörtel bzw. Beton und Mauerstein noch das Gefüge des Mauermörtels selbst negativ beeinflusst oder zerstört wird. Die einzuhaltenden Herstellungs- und Transportbedingungen sind erforderlich, um neben der Tragfähigkeit auch eine ausreichende Transport- und Montagesicherheit der Bauteile zu gewährleisten. Bemessung
Die Bemessung erfolgt für Mauer- und Vergusstafeln auf der Grundlage der DIN 1053-1, zusätzliche Regelungen sind in DIN 1053-4 verankert. Verbundtafeln werden wie ein Stahlbetonbauteil nach DIN 1045 bemessen. Berechnungsgrundlagen Fertigbauteile aus Mauerwerk sind vorwiegend geschosshoch und müssen an ihrer Ober- und Unterseite durch Ringbalken oder statisch gleichwertige Maßnahmen, z. B. aussteifende Deckenscheiben, gehalten werden. Die Mindestbreite der Bauteile muss 1,25 m betragen. Für Mauer- und Vergusstafeln ist die Mindestbauteil- und somit Wanddicke 115 mm, für Verbundtafeln gilt DIN 1045. Hinsichtlich der Ermittlung der Schnittgrößen infolge von Lasten (Auflagerkräfte aus Decken, Knoten- und Wandmomente), des Einflusses von Zwängungen, des Nachweises der räumlichen Steifigkeit, der Ermittlung der Knicklänge
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von Wänden und der Berücksichtigung von Öffnungen in Wänden werden die Regelungen der DIN 1053-1 übernommen. Dies gilt ebenso für die Annahmen für aussteifende Wände. Zusätzlich ist zu beachten, dass bei einseitig angeordneten Querwänden eine unverschiebliche Halterung nur angenommen werden darf, wenn eine zug- und druckfeste Verbindung zwischen der auszusteifenden Wand und der aussteifenden Wand hergestellt wird. Als dreioder vierseitig gehalten gelten nur Wände, die aus raumbreiten Fertigbauteilen gebildet werden. Für diesen Fall sind die vertikalen Wandenden schubfest anzuschließen und die Anschlüsse nachzuweisen. Wände, die aus mehreren Mauertafeln zu einer raumbreiten Wand zusammengefügt sind, gelten stets als zweiseitig gehalten. Bemessung von Mauertafeln Der Nachweis der Mauertafeln auf Druck und Schub erfolgt nach DIN 1053-1. Für das Zusammenwirken mehrerer, in einer Ebene hintereinander angeordneter Mauertafeln ist zusätzlich der Schubnachweis in den lotrechten Fugen zwischen den Wandelementen zu führen. Als zulässige Schubspannung zul τv in den lotrechten Stoßfugen darf für Mörtel MG IIa, LM 21 und LM 36 der Wert 0,09 MN/m2 und für Mörtel MG III, MG IIIa und DM der Wert 0,11 MN/m2 angesetzt werden. Als Schubfläche ist der Querschnitt von Tafelhöhe und Breite des Füllkanals anzunehmen, d. h. bei voller Vermörtelung über die Stoßfugenbreite die Wanddikke. Die zulässige Schubspannung in den vertikalen Tafelstößen darf nicht höher in Rechnung gestellt werden als die zulässige Schubspannung in der Mauertafel selbst. Bei einer Beanspruchung der Mauertafeln rechtwinklig zur Wandebene dürfen Biegezugspannungen bei Wänden, die aus mehreren Mauertafeln zu einer raumbreiten Wandscheibe zusammengefügt sind, nicht in Rechnung gestellt werden. Für diese Belastung darf nur eine Tragwirkung rechtwinklig zu den Lagerfugen unter Ausschluss von Biegezugspannungen (vertikaler Druckbogen mit klaffender Fuge) angenommen werden. Bei raumbreiten Mauertafeln dürfen Biegezugspannungen ausschließlich parallel zur Lagerfuge nach DIN 1053-1 angesetzt werden. Für die Bemessung und Ausführung von bewehrten Mauertafeln ist DIN 1053-3 zu beachten. Bemessung von Vergusstafeln Die Bemessung von Mauerwerk aus Vergusstafeln hängt von der Größe der Ausmitte der Normalkraft ab. Für eine geringe Ausmitte (e/d ≤ 0,33) erfolgt die Bemessung auf Druck nach DIN 1053-1 mit den in 2.3.55 angegebenen Grundwerten σo der zulässigen Druckspannungen in Abhängigkeit von der Stein- und Betonfestigkeitsklasse. Als rechnerischer Querschnitt gilt bei Hochlochtafeln der Vollquerschnitt, bei Rippentafeln
Mauerwerkbau in Erdbebengebieten Tragwerk 053
Grundwerte σ0 der zulässigen Druckspannungen für Vergusstafeln Festigkeitsklasse Grundwerte σ0 des der zul. Druckspannungen des rechnerischen Querschnitts Betons Ziegels NM/m2 Leicht6 1,2 beton 8 1,4 LB 10 12 1,7 Normal6 1,2/1,2 beton 8 1,6/1,7 B 15/ 12 2,0/2,2 B 25 18 3,0/3,3 24 3,5/4,4 Normal30 4,7 beton 36 5,0 B 35 2.3.55
die vermörtelte Druckzone der Betonrippe zuzüglich der an diese angrenzenden Ziegelwandungen bis zu einer Breite von je 12,5 mm (Abb. 2.3.56). Für eine große Ausmitte (e/d > 0,33) erfolgt der Nachweis auf Druck und Schub nach DIN 1045. Im Querschnitt auftretende Zugspannungen sind dabei durch Bewehrung aufzunehmen, die parallel zur Richtung der Lochkanäle zu führen sind. Die Tafeln sind als einachsig gespannt zu betrachten. Es dürfen nur Ziegel der Festigkeitsklassen 18 und 24 in Verbindung mit den Betongüten nach 2.3.55 verwendet werden. Größere Schlankheiten als s k /d = 20 sind unzulässig. Beim Nachweis auf Schub darf unabhängig von der Betonfestigkeitsklasse die zulässige Schubspannung zul τ = 0,005 · βNSt angesetzt werden. βNSt ist dabei die Festigkeitsklasse des Ziegels. Der Wert für die zulässige Schubspannung gilt auch in den lotrechten Fugen zwischen den Vergusstafeln. Bei reiner Biegung gelten die Regelungen für Ziegeldecken nach DIN 1045 bzw. DIN 1045-100. Bemessung von Verbundtafeln Die Bemessung und Ausführung von Verbundtafeln erfolgt nach DIN 1045, hierbei darf nur der Betonquerschnitt rechnerisch in Ansatz gebracht werden. Erdbebennachweis Da Gebäude aus Mauerwerkfertigbauteilen in DIN 4149-1 nicht geregelt sind, wird in DIN 1053-4 auf den Erdbebennachweis eingegangen. Für Mauer-, Verbund- und Vergusstafeln gelten in den Erdbebenzonen 1 bis 4 die Regelungen von DIN 4149-1. Zusätzlich wird für die auf Schubbeanspruchung empfindlicheren Vergusstafeln in den Erdbebenzonen 3 und 4 stets ein rechnerischer Nachweis gefordert. Transport- und Montagesicherheit
Fertigbauteile aus Mauerwerk müssen so ausgebildet sein, dass Vorschädigungen bei sachgerechtem Transport und korrekter
2.3.56 Rechnerischer Querschnitt (schraffierte Fläche) bei Vergusstafeln
Montage ausgeschlossen sind. Die Anforderungen an die Lastfälle Transport und Montage sind erfüllt, wenn die Fertigbauteile nach DIN 1053-4 hergestellt sind, die Regeln für Sicherheit und Gesundheitsschutz beim Bauen mit Fertigteilen aus Mauerwerk [48] eingehalten sind und die Bauteile mit einer korrekten Transportaufhängung versetzt werden. Als Transportaufhängung können Aufhängebewehrungen in vertikalen Vergusskanälen, Aufhängungen mit Tragbolzen oder Aufhängungen mit Hebebändern verwendet werden. In allen Fällen ist die Tragfähigkeit der Aufhängung und die Lasteinleitung der Tragkräfte in das Fertigbauteil nachzuweisen. Für montagebedingte Zwischenzustände müssen im oberen Drittel der Fertigbauteile mindestens an zwei Stellen Abstützungen zur Sicherung gegen Umsturz angebracht werden.
Mauerwerkbau in Erdbebengebieten Das Verhalten von gemauerten Wänden unter Erdbebenbelastung ist von grundsätzlicher Bedeutung für das Bauen in Erdbebengebieten. Bei den meisten Bauwerken dienen die Mauerwerkwände neben der Abtragung von vertikalen Lasten auch der räumlichen Aussteifung des gesamten Gebäudes. Ihre Standsicherheit entscheidet somit im Erdbebenfall, ob ein Gebäude einstürzt oder erhalten bleibt. Die Bemessung von Mauerwerk unter seismischer Einwirkung erfolgt in Deutschland derzeit nach DIN 4149-1 in Verbindung mit den Normen DIN 1053, Teil 1 bis 4. Zukünftig wird der Eurocode EC 8 in Verbindung mit dem zugehörigen Nationalen Anwendungsdokument die DIN 4149-1 ersetzen [169]. Neben einer ausreichenden Dimensionierung der Wände für die horizontale Erdbebenlast ist es von entscheidender Bedeutung, dass das Gebäude erdbebengerecht konstruiert wird. Die wichtigsten Grundregeln beim Entwurf des Gebäudes sind die Minimierung der Baumassen, um die einwirkenden Horizontalkräfte infolge Beschleunigung zu verringern. Des Weiteren müssen die
Geschossdecken und Fundamente möglichst ohne Höhenversatz zu Scheiben ausgebildet werden, damit die Horizontalkräfte gleichmäßig auf die aussteifenden Wände verteilt werden und die Wände am Kopf und Fuß ausreichend gehalten sind. Hierzu ist auf eine ausreichende Einbindung der Decken in das Mauerwerk und auf die korrekte Auflagerausbildung des Deckensystems zu achten. Ist die Ausbildung von horizontalen Scheiben nicht möglich, müssen biegesteife Ringbalken zur Halterung der Wände am Wandkopf und -fuß ausgebildet werden. Die aussteifenden Mauerwerkkörper müssen gleichmäßig verteilt werden, damit der Schwerpunkt der Massen mit dem Schwerpunkt der Aussteifungen möglichst gut übereinstimmt, so dass eine zusätzliche Belastung der Wände aus Torsion vermieden wird. Schließlich sollten die Mauerwerkscheiben gleichmäßig bis auf die Fundamente geführt werden. Abfangungen und größere Aussparungen bewirken Umlenkungen des Kraftflusses und können weiche Geschosse erzeugen, die unter dynamischen Beanspruchungen besonders anfällig sind. Zur Erhöhung des duktilen Formänderungsvermögens von Mauerwerk ist die Ausführung von bewehrtem Mauerwerk zu empfehlen. Vor allem im Bereich von Wandanschlüssen und Öffnungen tragen horizontal und vertikal bewehrtes Mauerwerk zur Stabilisierung der Konstruktion wesentlich bei. Bei Ausfachungsmauerwerk ist zwischen der mittragenden und der nicht mittragenden Ausfachung zu unterscheiden. Bei der mittragenden Ausfachung müssen die Anschlusselemente die Übertragung der horizontalen Lasten auch nach mehreren Lastzyklen gewährleisten. Die Wand ist für die wirkende Druck- und Schubbeanspruchung zu dimensionieren. Bei nicht mittragenden Ausfachungen muss die Stabilität senkrecht zur Wandebene, jedoch auch die freie Verformbarkeit des Rahmentragwerkes gewährleistet sein. Weiterführende Grundlagen hinsichtlich der Bemessung und Konstruktion von Mauerwerk unter seismischen Einwirkungen sind in [69; 125; 159; 220] zu finden.
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Mauerwerkkonstruktionen
Mauerwerkkonstruktionen Konrad Zilch, Martin Schätz
Wandkonstruktionen haben neben raumabschließenden und ästhetisch-gestalterischen Funktionen vor allem statische und bauphysikalische Aufgaben zu erfüllen. In statischer Hinsicht wird zwischen tragenden, aussteifenden und nichttragenden Wänden unterschieden: Tragende Wände nehmen vertikale und horizontale Lasten auf und leiten sie in den Baugrund weiter. Aussteifende Wände gewährleisten sowohl die Tragfähigkeit des Gebäudes als auch die Knickaussteifung tragender Wände. Sie gelten daher stets auch als tragende Wände. Nichttragende Wände werden überwiegend durch ihre Eigenlast beansprucht und haben lediglich raumabschließende Funktion. Sie werden nicht zum Nachweis der Gebäudeaussteifung bzw. der Knickaussteifung tragender Wände herangezogen. Allerdings müssen nichttragende Wände die auf ihre Fläche wirkenden Horizontallasten auf tragende Bauteile abtragen können. Die bauphysikalischen Aufgaben der Wand sind der Wärmeschutz (Wärmedämmung und Wärmespeicherung), der Schallschutz, der Brandschutz sowie der Schutz gegen Schlagregen. Sonderanforderungen an die Konstruktion können der Schutz gegen drückendes und nicht drückendes Wasser (z. B. bei Kellerwänden) sowie die Schusssicherheit einer Außenwand bei bestimmten Gebäuden (z.B. Banken, Militäreinrichtungen) sein. Die vielen Anforderungen an die Wandkonstruktion können zu Zielkonflikten führen, die nur durch ein sorgfältiges Auswählen der Konstruktion und der Wandbaustoffe gelöst werden können. Vereinfachend ergeben sich dabei folgende Kriterien für die Wahl der Mauerwerkart: Für Sichtmauerwerk ist sowohl die Oberflächengestaltung, als auch die Steinfestigkeit bzw. Frostsicherheit und Unempfindlichkeit gegen mechanische Beschädigung und Durchfeuchtung maßgebend. Außenmauerwerk hingegen wird vorwiegend durch den Wärmeschutz bestimmt, während sich Innenmauerwerk durch Schallschutz und Tragfähigkeit auszeichnet. Bei der Auswahl der Wandart und -baustoffe sind zusätzlich die Aspekte Gewicht, Rationalisierungsmöglichkeiten auf der Baustelle und Kosten für Material und Wandherstellung zu berücksichtigen [32; 71; 91; 141; 161].
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Außenwände Außenwände sollen so beschaffen sein, dass sie Schlagregenbeanspruchungen standhalten. Diese Forderung ist zwingend für alle Gebäude, die dem dauernden Aufenthalt von Menschen dienen. Bei Außenwänden wird zwischen einschaligen und zweischaligen Wänden unterschieden. Bei einschaligen Wänden besteht das Mauerwerk nur aus einer Wand, bei zweischaligen Wänden werden zwei Wände im Abstand von bis zu 150 mm nebeneinander hergestellt und mit Drahtankern miteinander verbunden. In der Regel wird dabei nur die innere Wand zur Lastabtragung herangezogen. Unter dem Aspekt des Wärmeschutzes wird bei Außenwänden zwischen ein- und zwei- oder mehrschichtigen Wandaufbauten unterschieden. Bei einschichtigen Wänden besteht das Mauerwerk wie bei einschaligen Wänden nur aus einer Wand, die als tragende Wand gleichzeitig den erforderlichen Wärmeschutz erbringt. Bei zwei- oder mehrschichtigen Wandaufbauten übernimmt das Mauerwerk neben der Tragfunktion nur einen Teil des Wärmeschutzes. Die übrigen Schichten werden aus Baustoffen ausgebildet, die in der Regel ausschließlich zum Wärmeschutz beitragen (z.B. einschalige Außenwand mit Wärmedämmputzsystem). Einschalige Außenwände
Die Ausbildung einschaliger Außenwände wird heute weitgehend vom Wärmeschutz bestimmt. Dabei beträgt nach DIN 1053-1 die Mindestwanddicke einschaliger Außenwände 11,5 cm. Die am Markt üblichen Wandkonstruktionen sind in 2.4.1 dargestellt. Unter dem Einfluss der Wärmeschutzanforderungen wurden unterschiedliche Lösungen zur Erfüllung der Anforderungen entwickelt. So wird die einschalige monolithische Außenwand mit einer stetigen Verbesserung der Wärmedämmwerte des Mauersteins und des Mauermörtels nach wie vor ihre Anwendungsgebiete finden. Die Verwendung von Dämmputzen kann die Verbreitung des monolithischen Mauerwerks zusätzlich absichern. Durch eine zusätzliche Dämmschicht auf dem tragenden Mauerwerk können im Außenwandbereich praktisch alle Anforderungen erfüllt werden. Lediglich bei Vorhangfassaden sind die zusätzlichen Wärmeverluste über Verbindungsanker zwischen Innen- und Außenschale zu beachten.
Verputzte einschalige Außenwände werden ohne zusätzliche Wärmedämmschichten hergestellt und nur mit einem Innen- und einem wasserabweisenden Außenputz versehen. Dadurch wird ein Eindringen der Feuchtigkeit in das Mauerwerk und das Auffrieren des Mauerwerks begrenzt und die Verwendung von nicht frostwiderstandsfähigen Mauersteinen ermöglicht. Um die hohen Anforderungen an den Wärmeschutz zu erfüllen und gleichzeitig unvertretbar große Wanddicken zu vermeiden, die zwar bauphysikalisch problemlos, aber in der Regel zu teuer bzgl. Herstellung und Flächenbedarf sind, werden nur noch Steine mit sehr guten Wärmedämmeigenschaften (z. B. porosierte Leichtziegel, Porenbeton, Leichtbeton-Hohlblocksteine, Ausbildung von Löchern, Kammern und Schlitzen, Vermauerung ohne Stoßfugenvermörtelung) in Verbindung mit Wärmedämmputzen bzw. Wärmedämmputzsystemen verwendet. Eine einfache Übersicht in 2.4.2 zeigt, welche Wärmedurchgangskoeffizienten für 30 und 36,5 cm dickes Mauerwerk erreichbar sind. Eine weitere Zeile weist auf die Verbesserung des Wärmeschutzes durch die Verwendung von Wärmedämmputzen hin. Durch den Gebrauch von Dünnbett- und Leichtmörtel anstatt Normalmörtel wird zusammen mit großformatigen Mauersteinen und einer Vermauerung ohne Stoßfugenvermörtelung die Wärmebrückenwirkung der Mörtelfugen zusätzlich vermindert. In 2.4.3 wird der Einfluss der Steinlänge und der Stoßfugenausbildung sowie der Lagerfugendicke für Normalmörtel, LM 36 und LM 21 dargestellt. Eine Mittelbettfuge aus LM 36 ist praktisch identisch mit der Dünnbettfuge. Unabhängig von der Wärmeleitfähigkeit des Mauersteins stellt die Verwendung von Leichtmörtel oder Dünnbettmörtel eine deutliche Verbesserung des Wärmeschutzes dar. Bei Wänden mit Normalmörtel wirken sich die Dicke der Lagerfuge und die Steinlänge bei vermörtelten Stoßfugen deutlich auf die Wärmeleitfähigkeit des Mauerwerks aus. Die Unterschiede innerhalb der Leichtmörtel und Dünnbettmörtel bewegen sich lediglich in der Größenordnung der Breite einer Wärmeleitfähigkeitsklasse. Sie können jedoch von Bedeutung sein, wenn zur Festlegung von Rechenwerten das zu bewertende Mess- oder Rechenergebnis für das Mauerwerk am Klassengrenzwert liegt [1, S. 116].
Außenwände
Einschalige Außenwände mit Wärmedämmverbundsystem werden aus Steinen mit relativ schlechten Wärmedämmeigenschaften sowie ausschließlich statisch-konstruktiven Anforderungen und einer zusätzlich an der Außenwandfläche aufgebrachten wärmedämmenden Beschichtung hergestellt. Dieses Wandsystem wird sowohl bei Neubauten als auch zur nachträglichen Verbesserung der wärmeschutztechnischen Eigenschaften von Altbaumauerwerk eingesetzt. Die Beschichtung besteht aus den drei Schichten Klebemörtel, Wärmedämmung (Polystyrol-Hartschaum oder Mineralfaserplatten) und Putz, welcher sich aus Armierungsund Oberputz zusammensetzt. Eine zusätzliche Befestigung am Untergrund erfolgt durch Dübel oder Schienensysteme. Die wärmebrückenbedingten Wärmeverluste über diese mechanischen Befestigungen werden durch Zuschläge auf den Wärmedurchgangskoeffizienten berücksichtigt oder sind bei thermisch optimierten Dübeln zu vernachlässigen. Da das Wärmedämmverbundsystem die Aufgaben des Wärmeschutzes voll übernimmt, wird dieser Wandaufbau häufig als »Thermohaut« bezeichnet und bei Mauerwerk verwendet, das von sich aus nur relativ wenig Wärmeschutz gleichzeitig jedoch hohe Druckfestigkeit aufweist (z.B. Kalksandsteinmauerwerk). Durch diese Wandzusammensetzung ergeben sich relativ geringe Wanddicken, die sich auf den insgesamt umbauten Raum sehr vorteilhaft auswirken. Dieser Wandaufbau ist im Prinzip eine Verbesserung des Wärmedämmputzsystems, da anstelle des Putzes Wärmedämmschichten mit einem besseren Wärmedämmvermögen verwendet werden. Da bei Wärmedämmverbundsystemen die Forderung einer abnehmenden Festigkeit der Schichten von innen nach außen nicht erfüllt ist, sind zur Beherrschung der daraus folgenden Auswirkungen (siehe »Putze«) die in den drei Schichten verwendeten Baustoffe aufeinander abzustimmen. Dies wird durch die Verwendung kompletter Systeme gewährleistet. Weiterhin ist die Empfindlichkeit dieser Wandkonstruktion gegenüber mechanischer Beschädigung zu beachten. Außerdem können zusätzlich aufgebrachte weiche Schalen die Schallschutzeigenschaften des Mauerwerks ungünstig beeinflussen.
2.4.1 Ausführung einschaliger Außenwände
verputzte einschalige Außenwand
einschalige Außenwand mit Wärmedämmverbundsystem
einschalige Außenwand mit Vorhangfassade
einschalige Außenwand mit Innendämmung
einschaliges Sichtmauerwerk mit 2 cm Schalenfuge
2.4.2 Wärmedurchgangskoeffizienten von einschaligem Mauerwerk Wanddicke Putzart Außenputz Bemessungswert der Wärmeleitfähigkeit des Mauerwerks in W/(m • K) cm 0,1 0,11 0,12 0,13 0,14 0,16 30 LP 2 0,31 0,34 0,36 0,39 0,41 0,47 WDP 4 0,27 0,29 0,31 0,33 0,34 0,38 36,6 LP 2 0,26 0,28 0,3 0,33 0,35 0,39 WDP 4 0,23 0,24 0,26 0,28 0,3 0,33 Außen: 2 cm Leichtputz (LP) bzw. 4 cm Wärmedämmputz Innen: 1 cm Kalkgipsputz
2.4.3
0,18 0,52 0,41 0,44 0,36
Wärmeleitfähigkeit von Mauerwerk in Abhängigkeit von der Wärmeleitfähigkeit des Mauersteins, der Mörtelart, der Lagenfugendicke und der Steinlänge
123
Mauerwerkkonstruktionen
2.4.4
Schnitt durch 37,5 cm dickes einschaliges Verblendmauerwerk (Prinzipskizze)
2.4.5 Ausführung zweischaliger Außenwände
Bei Verwendung normal- oder schwerentflammbarer Wärmedämmstoffe sind die Anforderungen des Brandschutzes zu beachten. Einschalige Außenwände mit Vorhangfassade Sollen Außenwände aus nicht frostbeständigen Steinen unverputzt bleiben, kann der Schutz der Außenwand gegen Witterung und Beschädigung durch eine auf die Außenseite aufgebrachte wetterfeste Fassadenbekleidung oder Verblendung erzielt werden. Dabei kann die Vorhangfassade direkt an der Außenwand oder über eine angebrachte Außendämmung befestigt werden, die durch die hinterlüftete Vorhangfassade geschützt wird. Durch die mechanische Abfangung der Vorhangschale entstehen zusätzliche Wärmeverluste, die erhebliche Ausmaße annehmen können. Einschalige Außenwände mit Innendämmung Bei einer einschaligen Außenwand kann die Wärmedämmwirkung auch durch Anbringen einer Innendämmung aus Polystyrol-Hartschaum- oder Mineralfaserplatten verbessert werden. Dieser Wandaufbau ist vor allem bei der Sanierung von Altbauten mit erhaltenswerten Fassaden sowie bei Räumen in Neubauten geeignet, die nur zeitweilig beheizt werden sollen (z. B. Versammlungsräume). Innengedämmte Räume können durch den Wegfall der Wärmespeicherwirkung der Außenwände schnell aufgeheizt werden und speichern weniger Wärmeenergie nach Beendigung der Beheizung. Auf Tauwasserprobleme im Innern der Wand ist bei saugfähigem Mauerwerk vor allem im Anschlussbereich von Decken und Trennwänden zu achten. Ebenso kann der Schallschutz durch Flankenübertragung zu Nachbarräumen durch ungeeignete Innendämmsysteme beeinträchtigt werden. Unverputzte einschalige Außenwände (einschaliges Verblendmauerwerk) Die Entscheidung für unverputzte Außenwände, dies bedeutet, dass das Mauerwerk in der Fassade sichtbar bleibt (Sichtmauerwerk, Verblendmauerwerk), hängt einerseits von dem gewünschten Aussehen, andererseits aber auch von den örtlichen Gewohnheiten und Erfahrungen ab. Für die Verwendung von Verblendmauerwerk – im einschaligen und im zweischaligen Wandaufbau – sprechen vor allem die geringen Wartungskosten. Einschaliges Sichtmauerwerk besteht aus einer äußeren Schale aus frostbeständigen, meist kleinformatigen Vormauersteinen oder Klinker bzw. KS-Verblender und einer Hintermauerung aus im Regelfall nicht frostbeständigen Mauersteinen. Unterschiedliche Steinarten in der Hintermauerung und im Sichtmauerwerk sollten wegen der evtl. voneinander abweichenden Verformungseigenschaften der verschiedenen Steinarten und der damit bedingten Rissge-
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fährdung in der Wand vermieden werden. Beide Schalen werden im Verband hochgemauert und gehören zum tragenden Querschnitt. Für die zulässige Beanspruchung ist die im Querschnitt verwendete niedrigste Steinfestigkeitsklasse maßgebend. Bei einschaligem Sichtmauerwerk wird von einer Durchfeuchtung und Frostgefährdung nur der außen liegenden Mauersteine ausgegangen. Um eine Durchfeuchtung des Hintermauerwerks zu vermeiden, können bei hoher Wetterbeanspruchung in jeder Mauerschicht mindestens zwei Steinreihen gleicher Höhe angeordnet werden, zwischen denen eine über die Wandhöhe – wenn auch schichtweise seitlich versetzte – 2 cm dicke Längsfuge verläuft. Diese muss hohlraumfrei mit Dichtungsmörtel verfüllt oder besser schichtenweise mit flüssigem Dichtungsmörtel vergossen werden. Durch die Abweichung der Längsfugendicke von 1 cm auf 2 cm, wodurch eine Vollvermörtelung dieser gewährleistet werden soll, ergeben sich Wanddicken von 31 cm als Mindestwanddicke sowie von 37,5 cm und 50 cm. Die Mindestwanddicke von 31 cm ergibt sich daraus, dass bei einem 24 cm dicken Mauerwerk nur in jeder zweiten Schicht eine Längsfuge ausgebildet werden könnte, wodurch eine über die Wandhöhe durchgehende Durchfeuchtungssperre nicht gegeben wäre (Abb. 2.4.4). Die Fugen der Sichtfläche sollen – soweit kein Fugenglattstrich ausgeführt wird – mindestens 15 mm ausgekratzt und anschließend sachgemäß ausgefugt werden. Aus optischen Gründen hat die nachträgliche Verfugung den Vorteil, dass durch Farbzusätze zum Fugenmörtel das Aussehen der Fugen variiert werden kann (siehe »Verfugung«). Mit einschaligem Sichtmauerwerk lassen sich für Außenwände die Anforderungen an den Wärmeschutz kaum erfüllen. Sichtmauerwerk wird daher heute fast ausschließlich als zweischaliges Mauerwerk ausgeführt. Zweischalige Außenwände
Zweischaliges Mauerwerk wird bei Außenwänden aus Gründen des Wärmeschutzes zunehmend angewendet. Die verschiedenen Funktionen einer Wand werden hier bewusst getrennt und den einzelnen Schichten der Wand separat zugeordnet. Die Innenschale (Hintermauerschale) übernimmt den dichten Raumabschluss und die Abtragung der Vertikal- und Horizontallasten. Die Außenschale (Verblendschale oder geputzte Vormauerschale) bestimmt den optischen Eindruck und dient als Wetterschutz sowie als Schutz vor mechanischer Beschädigung. Eine evtl. Wärmedämmung wird an der Außenseite der Innenschale vollflächig und dicht befestigt. Für die Außenschale sind ausblühungsfreie, frostfeste Vormauersteine als Vollsteine zu verwenden. Lochsteine sind wegen der möglichen stärkeren Durchfeuchtung – insbesondere
Außenwände
bei Ausführungsfehlern bei der Verfugung – weniger geeignet. Entsprechend dem Wandaufbau wird nach zweischaligen Außenwänden mit Luftschicht, mit Luftschicht und Wärmedämmung, mit Kerndämmung und mit Putzschicht unterschieden (Abb. 2.4.5). Bei der Bemessung ist als Wanddicke nur die Dicke der tragenden Innenschale anzusetzen, wobei ihre Mindestdicke 11,5 cm betragen muss. Bei der Berechnung der Innenschale nach dem vereinfachten Verfahren genügt die Dicke von 11,5 cm nur für Gebäude mit höchstens zwei Vollgeschossen zuzüglich einem ausgebauten Dachgeschoss. Außerdem müssen dann aussteifende Querwände angeordnet werden. Die Mindestdicke der Außenschale beträgt aus Gründen der Standsicherheit beim Aufmauern 9 cm. Auflagerung und Abfangung der Außenschale Um das Gewicht der Außenschale von der Tragwand aufnehmen zu können, sind Auflager- bzw. Abfangkonstruktionen erforderlich. Die Auflagerung der Außenschale soll über die ganze Länge vollflächig erfolgen (z.B. auf Sockelvorsprüngen der Geschossdecke, auf angedübelte oder einbetonierte Profilstahlauflagen). Bei unterbrochener Auflagerung (z.B. auf Einzelkonsolanker) muss in der Abfangebene jeder Stein beidseitig gelagert sein (Abb. 2.4.6). Durch die als Metallwinkel ausgeführte Abfangung entsteht eine linienförmige Wärmebrücke, die für eine Ausführung nach 2.4.6 einen zusätzlichen längenbezogenen Verlustwärmestrom von 0,15 W/(m•K) ausmacht [A. 2]. Für eine Abfangung über zwei Geschosse ergibt das eine Erhöhung der Wärmeverluste gegenüber der ungestörten Wand um ΔU = 0,025 W/(m2K). Für die mechanische Höhe der Außenschale von 12 m ist der Einfluss der Abfangung vernachlässigbar. Abfangkonstruktionen, die nach dem Einbau nicht mehr kontrollierbar sind, müssen dauerhaft gegen Korrosion geschützt sein. Außenschalen von 11,5 cm Dicke haben sich in der Praxis bewährt. Diese brauchen wegen der großen Standfestigkeit nur in Höhenabständen von etwa 12 m abgefangen zu werden. Bei Abfangungen in jedem zweiten Geschoss darf die 11,5 cm dicke Außenschale bis zu einem Drittel ihrer Dicke über das Auflager vorstehen. Außenschalen von weniger als 11,5 cm Dicke dürfen wegen der eingeschränkten Widerstandsfähigkeit gegenüber Windbeanspruchungen nicht höher als 20 m über Gelände geführt werden und sind in Höhenabständen von etwa 6,0 m abzufangen. Bei Gebäuden bis zu zwei Vollgeschossen darf ein Giebeldreieck bis 4 m Höhe ohne zusätzliche Abfangung ausgeführt werden. Wird eine 11,5 cm dicke Schale nicht mit Fugenglattstrich ausgeführt, ist die Schwächung durch das Auskratzen der Fugen nach dem Aufmauern zu beachten.
Verankerung der Außenschale Die Vorsatzschale ist durch Verankerung (Drahtanker) mit der tragenden Innenschale gegen Umkippen, Knicken und Beulen infolge ungleichmäßiger Temperaturänderung zu sichern. Außerdem dient die Verankerung der Weiterleitung der Windbeanspruchung. Da der Wind sowohl Druck- als auch Zugkräfte erzeugt, müssen die Anker druck- und zugfest angeschlossen werden. Die Drahtanker müssen aus nichtrostendem Stahl nach DIN 17 440 ausgeführt werden. Ihre Form und Abmessungen müssen 2.4.7 entsprechen. Wenn die Verbände der Tragwand und der Verblendschale aufeinander abgestimmt sind, werden Drahtanker in Z-Form verwendet, andernfalls ist die L-Form besser geeignet, da diese entsprechend abgebogen werden. Liegen die Lagerfugen der beiden Wände nicht in einer Ebene oder wird eine Verblendung erst später angebracht, werden Drahtanker zum nachträglichen Eindübeln in das Innenschalenmauerwerk verwendet. Der Einsatz dieser Dübelanker ist auch beim Einbau einer zusätzlichen Wärmedämmschale zu empfehlen, um die Dämmschicht vollflächig auf die Außenseite der Innenschale anpressen zu können. Der vertikale Abstand der Drahtanker soll höchstens 50 cm, der horizontale Abstand höchstens 75 cm betragen. An allen freien Rändern von Öffnungen und Gebäudeecken sowie entlang von Dehnungsfugen und an den oberen Enden der Außenschalen sind zusätzlich zu den Angaben von 2.4.8 drei Drahtanker je Meter Randlänge anzuordnen. Bei gekrümmten Mauerwerkschalen oder bei Mauerschalen mit Vorsprüngen sind Art, Anordnung und Anzahl der Anker unter Berücksichtigung der Verformung aus z.B. Wind und/oder Temperatur festzulegen. Den Einfluss der Drahtanker auf den Wärmedurchgang zeigt 2.4.10 für einige typische Wandausführungen. Bei zweischaligen Wänden mit Luftschicht wirken sich die Drahtanker praktisch nicht als Wärmebrücken aus. Die Verwendung zusätzlicher Dämmschichten im Wandzwischenraum erhöht den Wärmedurchgang bei optimaler 15,0 cm dicker Kerndämmung und 5 mm dicken Drahtankern um maximal 5%. Diese Einflüsse sind vernachlässigbar. Nach DIN 4108-2 muß daher für übliche Verbindungsmittel, wie z. B. Drahtanker, für den Mindestwärmeschutz kein Nachweis der Wärmebrückenwirkung geführt werden. Für in Leichtmörtel eingebettete Drahtanker ist immer ein Mörtel LM 36 erforderlich. Andere Verankerungsarten der Drahtanker sind zulässig, wenn diese Verankerungsart eine Zug- bzw. Druckkraft von mindestens 1,0 kN bei 1,0 mm Schlupf je Drahtanker aufnehmen kann. Die Anzahl der Drahtanker sind zu erhöhen, wenn einer dieser Werte nicht gewährleistet ist. Andere Ankerformen (z. B. Flachstahlanker) und Dübel im Mauerwerk sind zulässig,
2.4.6
Konstruktionsmöglichkeiten von Außenschalungsabfangungen
125
Mauerwerkkonstruktionen
2.4.7
Drahtanker für zweischaliges Außenmauerwerk
2.4.8
Mindestanzahl und Durchmesser von Drahtankern je m 2 Wandfläche Drahtanker; MindestDurchmesser anzahl in mm mindestens, sofern 5 3 nicht die beiden folgenden Zeilen maßgebend sind Wandbereich höher 5 4 als 12 m über Gelände oder Abstand der 7 4 Mauerwerkoder 5 5 schalen über 70 bis 120 mm Bei zweischaligen Außenwänden mit Putzschicht genügt grundsätzlich eine Drahtankerdicke von 3 mm
2.4.9
126
Fußpunktausführung bei zweischaligem Verblendmauerwerk
wenn deren Brauchbarkeit durch eine bauaufsichtliche Zulassung nachgewiesen ist. Die Verankerungen sind so auszuführen, dass sie keine Feuchte von der Außen- zur Innenschale leiten können. Dies wird durch eine horizontale Lage der Anker und durch Aufschieben einer Kunststoffscheibe (Tropfscheibe) erzielt. Durch die Tropfscheibe gelangt das eingedrungene Wasser nicht in die Wärmedämmung bzw. Tragschale, sondern wird zuvor abgeleitet. Zusätzliche konstruktive Anforderungen Die Innenschale und die Geschossdecken sind an den Fußpunkten der Zwischenräume der Wandschalen gegen Feuchtigkeit zu schützen, die durch die Verblendschale eingedrungen ist und am Fußpunkt nach außen geleitet wird. Die Abdichtung ist dabei im Bereich des Zwischenraums mit Gefälle nach außen und im Bereich der Außenschale horizontal zu verlegen. Die Aufstandsfläche muss so beschaffen sein, dass ein Abrutschen der Außenschale nicht eintreten kann. Dazu ist die erste Ankerlage so tief wie möglich anzuordnen, und die Dichtungsbahn für die untere Sperrschicht muss DIN 18 195-4 entsprechen. Sie ist bis zur Vorderkante der Außenschale zu verlegen und an der Innenschale über eine Unterfütterung mindestens 150 mm hoch zu führen und zu befestigen (Abb. 2.4.9). Öffnungen von Türen, Fenstern etc. werden in der Außenschale entweder wie Abfangungen (z.B. Konsolanker oder Profilstahlauflagen), als bewehrtes Mauerwerk oder wie Stürze ausgeführt. Letztere können mit Schalungssteinen bzw. in Form von scheitrechten oder Rundbögen konstruiert werden. Hinsichtlich der Anordnung von Dehnungsfugen siehe »Fugenteilung«. Zweischalige Außenwände mit Luftschicht Bei dieser Wandkonstruktion darf im Gegensatz zu Vorhangfassaden die Luftschicht zwischen den Mauerwerkschalen und die Vormauerschale zur Wärmeschutzwirkung angerechnet werden, da die offenen vertikalen Fugen in der Außenschale nicht als Lüftungsöffnungen angesehen werden. Das in die Zwischenschicht eingedrungene Schlagregenoder Kondenswasser kann problemlos abfließen oder abtrocknen, ohne dass das Hintermauerwerk durchfeuchtet wird. Zusätzlich dient die Luftschicht der schnelleren Austrocknung der Verblendschale. Der Wärmeschutz wird überwiegend durch das Hintermauerwerk erbracht, wodurch diese Konstruktion in bauphysikalischer Hinsicht nur in Verbindung mit sehr gut dämmenden Innenschalen wirtschaftlich wird. Die Luftschichtdicke soll mindestens 60 mm betragen. Der Mindestabstand basiert auf der Überlegung, dass bei zu geringem Schalenabstand eine wirkungsvolle Zirkulation der Luftschicht nicht zu erwarten ist. Die Dicke der
Luftschicht darf bis auf 40 mm vermindert werden, wenn der Fugenmörtel mindestens an einer Hohlraumseite abgestrichen wird und die Luftschicht dabei durch Mörtelbrücken nicht unterbrochen wird. Der Höchstabstand der beiden Schalen ergibt sich aus der Tragfähigkeit der Drahtanker bei Druckbeanspruchung und darf höchstens 150 mm betragen. Zur Zirkulation der Luftschicht sollen an allen oberen Abschlüssen und an den unteren Auflagerungen – auch an den Zwischenauflagerungen bei Abfangungen – Be- bzw. Entlüftungsöffnungen (z. B. offene Stoßfugen) angeordnet werden, wobei die unteren Öffnungen auch zur Entwässerung dienen. Dies gilt auch für Brüstungsbereiche der Außenschale. Die Lüftungsöffnungen sollen auf 20 m 2 Wandfläche – Fenster und Türen mit eingerechnet – eine Fläche von etwa 7 500 mm 2 haben. Bei einer Belüftung über offene Stoßfugen bedeutet der angegebene Zahlenwert, dass bei einem eingeschossigen Gebäude und einer Verblendschale aus Steinen im Dünnformat etwa jede zweite Stoßfuge am Fuß und unterm Dach bzw. der Unterkante der Abfangkonstruktion der Verblendschale offengelassen werden muss. Um am Wandfuß eine Durchfeuchtung des Mauerwerks unterhalb der offen gelassenen Stoßfugen zu vermeiden, ist dort auf eine exakte Anordnung der Abdichtung zu achten. Da es in Teilbereichen der Fußpunkte auch zu Wasseransammlungen kommen kann, ist die Innenschale gegen aufsteigende Feuchtigkeit durch Hochziehen der Abdichtung zu schützen. Im Sockelbereich müssen Öffnungen mindestens 10 cm über dem Geländeanschnitt liegen. Zweischalige Außenwände mit Luftschicht und Wärmedämmung Bei dieser Wandkonstruktion sind die Aufgaben der einzelnen Bauteilschichten unter optimalen bauphysikalischen Voraussetzungen klar abgesetzt. Auf die Außenseite der innenliegenden tragenden Wand wird eine Wärmedämmung aufgebracht, zwischen dieser und der Außenschale verbleibt ein hinterlüfteter Abstand. In der Luftschicht kann Kondenswasser und an der Rückseite der Vorsatzschale austretendes Schlagregenwasser ohne Durchnässung der Wärmedämmung abgeleitet werden. Die Verblendschale schützt somit die Wärmedämmschicht vor direkter Witterungseinwirkung sowie vor Stoßbeanspruchung und sonstigen Beschädigungen. Werden für die Wärmedämmschicht dampfdurchlässige Dämmstoffe eingesetzt, so kann durch den zirkulierenden Luftstrom nicht nur die äußere Schale ausgetrocknet, sondern auch das Dämm-Material trocken gehalten und Kondensfeuchte abgeführt werden. Der Höchstabstand zwischen Innen- und Außenschale beträgt 15 cm (siehe »Zweischalige Außenwände mit Luftschicht«). Bei gut wärmendem Hintermauerwerk muss dieser nicht ausgenutzt werden. Er erhält aber
Außenwände
seine Bedeutung, wenn für die Innenschale vor allem diejenigen Arten von Mauerwerk verwendet werden, die hohe Druckfestigkeiten bei gleichzeitig geringer Wärmeschutzfunktion aufweisen. Dann übernimmt die Wärmedämmung allein die Aufgaben des Wärmeschutzes. Dadurch kann der Nachteil der aufgrund der Wärmedämmung und Luftschicht erforderlichen Gesamtdicke der Wandkonstruktion abgeschwächt werden. Ein weiterer Nachteil ist der hohe Herstellungsaufwand für diese Außenwandkonstruktion. Der Mindestabstand für die Luftschichtdicke beträgt 4 cm. Bei Ausnutzung des Höchstabstandes zwischen den beiden Schalen von 15 cm verbleiben somit 11 cm, die mit Dämmstoff ausgefüllt werden können. Aufgrund der Unebenheiten an den Flächen der beiden Wandschalen ist es jedoch zweckmäßig, bei der Planung ein angemessenes Toleranzmaß zu berücksichtigen. Als Dämmmaterial sind Wärmedämmplatten zu empfehlen. Diese sind dicht gestoßen zu verlegen und in geeigneter Weise zu befestigen (z.B. durch Klemmplatten auf Drahtankern, durch Tellerdübel etc.). Dämmmatten hingegen neigen zu nachträglichem Aufquellen bzw. Ausweiten und vermindern somit die Dicke des Luftspaltes. Sie sollten deshalb für diese Wandkonstruktion nicht verwendet werden. Die Ausführungen am Wandkopf und Wandfuß müssen bzgl. Öffnungen für die Luftschicht sowie bzgl. der Abdichtungen den zweischaligen Außenwänden mit Luftschicht entsprechen. Zweischalige Außenwände mit Kerndämmung Bei Außenwänden, bei denen zur Erhöhung des Wärmeschutzes der Hohlraum zwischen den Schalen ganz mit Dämm-Material gefüllt wird oder bei denen die Gesamtwanddicke um den Luftspalt reduziert werden soll, wird die zweischalige Wandkonstruktion mit Kerndämmung ausgeführt. Dabei werden zur Erhöhung der Widerstandsfähigkeit gegenüber Schlagregenbeanspruchung mindestens 11,5 cm dicke Außenschalen aus frostbeständigen Steinen mit einem lichten Abstand von höchstens 15,0 cm vor der tragenden Innenschale verwendet. Glasierte Steine oder Steine mit Oberflächenbeschichtungen müssen eine erhöhte Frostwiderstandsfähigkeit aufweisen. Die Wärmedämmung wird ohne Luftschicht zwischen den Schalen eingebaut. Als Baustoff dürfen hierfür Platten, Matten, Granulate und Schüttungen aus Dämmstoffen, die dauerhaft wasserabweisend (»hydrophobierend«) sind, sowie Ortschäume verwendet werden, z.B. Polystyrol- oder Polyurethan-Hartschaumplatten, Mineralwolle, Blähperlite-Schüttungen oder Polyurethan- bzw. Harnstoff-FormaldehydharzOrtschäume. Die Brauchbarkeit dieser Stoffe musste bisher durch eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung nachgewiesen werden. Zukünftig werden die Anforderungen an diese
2.4.10
Einfluss von Verbindungsankern auf den Wärmedurchgangskoeffizienten von zweischaligem Mauerwerk
Innenschale Wärmedämmung Luftschicht Außenschale Drahtanker U ΔUf Uc Prozentuale Erhöhung
175 mm λ = 0,36 – 60 mm 115 mm λ = 0,81 5 je m 2 3 mm Ø 1,023 0,003 1,026 0,3%
175 mm λ = 0,56 100 mm λ = 0,040 40 mm 115 mm λ = 0,81 5 je m 2 5 mm Ø 0,303 0,009 0,312 3,0%
175 mm λ = 0,56 120 mm λ = 0,040 – 115 mm λ = 0,81 5 je m 2 4 mm Ø 0,276 0,006 0,282 2,20%
2.4.11 Zulässige Größtwerte von Ausfachungsflächen nichttragender Außenwänden ohne rechnerischen Nachweis Wanddicke Zulässiger Größtwert der Ausfachungsfläche bei einer Höhe über Gelände von 0 bis 8 m 8 bis 20 m 20 bis 100 m ε = 1,0 ε ≥ 2,01) ε = 1,0 ε ≥ 2,01) ε = 1,0 ε ≥ 2,01) cm m2 m2 m2 m2 m2 m2 11,5 12,0 8,0 8,0 5,0 6,0 4,0 11,52) 16,0 10,6 10,6 6,7 8,0 5,3 17,5 20,0 14,0 13,0 9,0 9,0 6,0 24,0 36,0 25,0 23,0 16,0 16,0 12,0 ≥ 30 50,0 33,0 35,0 23,0 25,0 17,0 Hierbei ist ε das Verhältnis der größeren zur kleineren Seite der Ausfachungsfläche. Bei Seitenverhältnissen 1,0 < ε 10 cm auch bei Verwendung von MG II oder IIa. Werden für diese Steinarten bei Wanddicken ≤ 10 cm MG II oder IIa verwendet, so gelten die halben Werte Grenzabmessungen für dreiseitig gehaltene Wände ohne Auflast1 (der obere Rand ist frei) d [cm] max. Wandlänge [m] bei Wandhöhe [m] in Einbaubereich1(oberer Wert) Einbaubereich 2 (unterer Wert) h [m] 5
2,0 2,25 2,5 3,0 3,5 4,0 4,5 3,0 3,5 4 5 6 – – 1,5 2,0 2,5 – – – – 6 5,0 5,5 6,0 7,0 8,0 9,0 – 2,5 2,5 3,0 3,5 4,0 – – 7 7,0 7,5 8,0 9,0 10,0 10,0 10,0 3,5 3,5 4,0 4,5 5,0 6,0 7,0 9 8,0 8,5 9,0 10,0 10,0 12,0 12,0 4,0 4,0 5,0 6,0 7,0 8,0 9,0 10 10,0 10,0 10,0 12,0 12,0 12,0 12,0 5,0 5,0 6,0 7,0 8,0 9,0 10,0 11,5 11,5 8,0 9,0 10,0 10,0 12,0 12,0 6,0 6,0 7,0 8,0 9,0 10,0 10,0 12 8,0 9,0 10,0 12,0 12,0 12,0 12,0 6,0 6,0 7,0 8,0 9,0 10,0 10,0 17,5 keine Längenbegrenzung 8,0 9,0 10,0 12,0 12,0 12,0 12,0 1) Die angegebenen Grenzlängen gelten bei Verwendung von Steinen aus Ziegel oder Leichtbeton mit Normalmörtel sowie Porenbeton-Blocksteinen oder Kalksandsteinen mit Dünnbettmörteln oder Mörteln der Mörtelgruppe III. Bei Verwendung von Steinen aus Porenbeton und Kalksandsteinen mit Normalmörtel sind die maximalen Wandlängen wie folgt zu reduzieren. a) bei 5,6 und 7 cm dicken Wänden auf 40% b) bei 9 und 10 cm dicken Wänden auf 50% c) bei 11,5 und 12 cm dicken Wänden im Einbaubereich 2 auf 50% (keine Abminderung im Einbaubereich 1) Bei Verwendung der Mörtelgruppe III sind die Steine vorzunässen
131
Mauerwerkkonstruktionen
2.4.17
Ausbildung gleitender Anschlüsse
* Nichtbrennbare Baustoffe bei Anforderung an den Brandschutz
von l i = 7,00 m ist die schadensfreie Lastabtragung der nichttragenden Trennwand als Gewölbe möglich, wenn die Empfehlungen eingehalten sind und die Aufnahme des Horizontalschubes an den seitlichen Begrenzungen der Wand gewährleistet ist. Bei größeren Stützweiten müssen zusätzliche Maßnahmen zu den zuvor aufgeführten Empfehlungen ergriffen werden, z. B. Trennung des Wandfusses von der Decke durch besandete Pappe, Bewehrung der rissgefährdeten Bereiche der Trennwand. Ausführung der Anschlüsse an angrenzende tragende Bauteile Die Verbindungen müssen den mögl. Einfluss der Formänderungen angrenzender Bauteile auf die inneren Trennwände berücksichtigen. Nach DIN 4103-1 ist die Brauchbarkeit der Anschlüsse sicherzustellen. Sofern sie nach 2.4.17 bzw. 2.4.18 ausgeführt werden, ist ein Nachweis in der Regel nicht erforderlich. Starre Anschlüsse werden durch Verzahnung, durch Ausfüllen mit Mörtel oder durch gleichwertige Maßnahmen – Anker, Dübel oder einbindende Stahleinlagen – hergestellt. Sie werden für Wände verwendet, bei denen keine oder nur geringe Zwängungskräfte aus den angrenzenden Bauteilen auf die Wand zu erwarten sind. Starre seitliche Anschlüsse bleiben im Regelfall auf den Wohnungsbau (Wandlänge l ≤ 5,0 m) beschränkt. Ein starrer Deckenanschluss kann durch Anmörteln hergestellt werden. Durch Zwischenlegen eines Hartschaumstreifens wird einerseits der Einfluss aus der Verformung der angrenzenden Tragkonstruktion verringert, andererseits aber die Übertragung von Horizontalkräften aufgrund des Zusammenpressens des Hartschaumstreifens durch die Dekkenverformung gewährleistet. Gleitende Anschlüsse sind insbesondere dann anzuwenden, wenn eine Rissgefährdung aus unplanmäßigen Krafteinleitungen in die nichttragenden inneren Trennwände infolge Verformung der angrenzenden Bauteile verhindert werden soll. Gleitende Anschlüsse werden durch Anordnung von Profilen, Nuten und zweiteiligen Ankersystemen aus nichtrostendem Stahl, eventuell bei gleichzeitigem Einlegen einer Gleitfolie hergestellt. Zur Verbesserung des Brand- und auch des Schallschutzes ist die Fuge mit Mineralwolle auszufüllen (siehe »Nichttragende Außenwände«).
Pfeiler und freistehende Mauern Pfeiler
Pfeiler sind Bauteile, deren Querschnittsfläche kleiner als 1000 cm 2 ist. Als tragendes Bauteil müssen Pfeiler eine Mindestquerschnittsflä-
132
che von 400 cm2 aufweisen. Die Mindestmaße tragender Pfeiler betragen somit 11,5 cm • 36,5 cm bzw. 17,5 cm • 24 cm. Pfeiler haben ein geringes Flächenträgheitsmoment und folglich eine geringe Steifigkeit EI. Bei der Verteilung von Horizontallasten entfallen auf diese Bauteile vernachlässigbar geringe Anteile. Sie werden daher rechnerisch nicht zur Abtragung der Horizontallasten herangezogen. Die Belastung der Pfeiler erfolgt also nur durch vertikale Normalkräfte. Die Nachweisführung bei zentrischer oder exzentrischer Druckbeanspruchung kann sowohl mit dem vereinfachten als auch dem genaueren Berechnungsverfahren erfolgen. Beim vereinfachten Verfahren wird der Abminderungsfaktor k1 = 1,0 und beim genaueren Verfahren der Sicherheitsbeiwert γW = 2,0 angesetzt. Der Pfeiler besteht dabei aus einem oder mehreren ungetrennten Steinen oder aus getrennten Steinen mit einem Lochanteil von weniger als 35% und wird nicht durch Schlitze oder Aussparungen geschwächt. Für alle anderen Fälle wird der Sicherheitsbeiwert auf γP = 2,5 erhöht. Der Abminderungsfaktor ist folglich zu k1 = 2,0 / 2,5 = 0,8 definiert. Durch den Einbau von getrennten Steinen bzw. von getrennten Steinen mit einem Lochanteil ≥ 35% werden die Pfeiler anfälliger gegenüber Unregelmäßigkeiten und Fehlstellen bei der Herstellung. Diese können nicht wie bei Wänden durch benachbarte Querschnittsteile ausgeglichen werden und müssen aufgrund der höheren statistischen Versagenswahrscheinlichkeit über einen erhöhten Sicherheitsbeiwert berücksichtigt werden. Freistehende Mauern
Bei der freistehenden Mauerwerkwand liegt das Problem in der einseitigen Halterung, wodurch die vertikale Spannrichtung des Systems bereits vorgegeben wird. Ausnahmen ergeben sich, wenn durch geeignete Maßnahmen, wie z. B. die Anordnung von Stahlbetonstützen, Pfeilervorlagen oder Querwände in ausreichend kleinen Abständen, eine horizontale Lastabtragung über Gewölbewirkung oder bewehrtes Mauerwerk erreicht wird. Sind diese Maßnahmen nicht vorgesehen, so ist die zulässige Höhe der Mauerwerkwand unter der Bedingung, dass der Querschnitt höchstens bis zur Schwerachse klaffen darf, sehr schnell begrenzt. Mauersteine für freistehende Wände müssen, sofern sie nicht verputzt werden, frostbeständig sein. Freistehende Mauern sind grundsätzlich vollfugig und in regelgerechtem Verband zu mauern. Die Gründung sollte bis in eine frostfreie Tiefe geführt werden. Oberhalb des Erdreiches ist eine waagrechte Sperrschicht aus Sperrmörtel oder Dichtungsschlämme einzubauen, um die freistehende Mauer gegen aufsteigende Feuchte und Spritzwasser zu schützen. Erdbe-
Kelleraußenwände
rührte, vertikale Mauerwerkflächen sind ebenfalls gegen Bodenfeuchtigkeit zu sperren. Die Längen einzelner Mauerabschnitte sollten 6 bis 8 m nicht überschreiten. Größere Längen sind durch Dehnfugen zu trennen. Für die Aufgliederung einer langen Wandflucht bieten sich mehrere Gestaltungsmöglichkeiten (Abb. 2.4.19). Die Mauerkrone muss so abgedeckt werden, dass Wasser nicht eindringen kann, sondern vielmehr in einem ausreichenden Abstand von der Wand abtropft. Rollschichten als Abdeckung müssen möglichst aus Vollsteinen und mit einer sorgfältigen Vermörtelung und Fugenausbildung hergestellt werden. Die unter der Rollschicht liegende Fuge ist zu dichten. Wegen der vielen Fugen ist diese Art der Mauerkronenausbildung nur bedingt geeignet. Des Weiteren können als Abdeckung auch Dachziegel, Wellfirst- bzw. Wellpulthauben aus Faserzement oder speziell entwickelte Mauerabdecksteine verwendet werden. Schließlich können auch Beton-Fertigplatten, die in Sperrmörtel oder auf Sperrbahnen verlegt werden und bei denen die Fugen dauerplatisch zu schließen sind, sowie aufgenagelte oder aufgeschraubte Blechabdeckungen aus verzinktem Stahl, Kupfer oder Aluminium eingesetzt werden.
Haustrennwände Aus Schallschutzgründen sollen die Trennwände bei aneinandergereihten Wohngebäuden (Reihenhäuser, Doppelhäuser) zweischalig mit vom Dach bis zum Fundament durchgehender Trennfuge ausgeführt werden. Werden die Außenwände zweischalig errichtet, muss die Trennfuge auch durch die Außenschale hindurch geführt werden, um Schallbrücken zu vermeiden. Die Mindestdicke der Einzelschale beträgt nach DIN 1053-1 11,5 cm. Bei einer flächenbezogenen Masse der Trennschale von mehr als 100 kg/m 2 (ggf. einschl. Putz) muss die Fugenbreite mindestens 5 cm betragen, bei einer flächenbezogenen Masse von mehr als 150 kg/m 2 (ggf. einschl. Putz) mindestens 3 cm, besser jedoch auch hier 5 cm. Zur Erzielung des Schallschutzes muss der Fugenhohlraum nach DIN 4109 mit dicht gestoßenen, vollflächig verlegten Mineralfaserplatten nach DIN 18165-2 (Trittschallplatten) ausgefüllt werden. Geschlossenporige Hartschaumplatten oder Holzfaserplatten sind für den Schallschutz ungeeignet. Die Dämmplatten müssen immer über die zuletzt hochgezogene Wand hinausragen, um ein Hineinfallen von Mörtel und Steinbrocken in den Fugenhohlraum und somit die Ausbildung von Schallbrücken zwischen den Schalen zu vermeiden. Ein zweilagiges Verlegen der Dämmplatten mit versetzten Fugen ist zur Verbesserung des Schallschutzes zu empfehlen. Da die Trennfuge auch durch die Decke hindurchgehen muss, sind die Dämmplatten beim Betonieren der Decke über die Deckendicke hoch zu führen, durch
darübergehängte Bleche oder Dachbahnen zu schützen und gegen den einseitigen Betondruck zusätzlich zu stützen. Bei einer flächenbezogenen Masse einer Einzelschale von mindestens 200 kg/m 2 dürfen die Trennfugen offen bleiben. Dabei ist besonders darauf zu achten, dass keine Schallbrücken durch hereinfallenden Mörtel oder Steinsplitter entstehen. Bei Mauerwerk mit Dünnbettmörtel stellt sich dieses Problem weniger, wenn der Mörtel mit Mörtelschlitten aufgetragen wird. Ansonsten kann das Hineinfallen von Mörtel bzw. Beton – beim Schütten der Decke – in die offene Fuge durch hochziehbare Füllkörper oder Fugenlehren, die nachträglich wieder ausgebaut werden müssen, verhindert werden.
2.4.18
Ausbildung starrer Anschlüsse
2.4.19
Gliederung langer freistehender Mauern (Draufsicht)
Kelleraußenwände Keller dienen nicht mehr untergeordneten Zwecken wie z. B. der Lagerung von Nahrungsroh- oder Brennstoffen, sondern bieten Platz für vielfältige Aktivitäten, z. B. Hausarbeitsraum, Hobbyraum und Werkstatt, Spiel-, Gäste- und Arbeitszimmer u. ä. Sie stellen eine vergleichsweise preisgünstige Variante zur Erweiterung der Nutz- und Wohnfläche dar. Gleichzeitig entsprechen sie der Idee des verdichteten, flächensparenden Bauens [8]. Bei normal beheizten Kellerräumen wird bei nicht ausreichendem Wärmeschutz durch das Mauerwerk die Anbringung einer zusätzlichen Wärmedämmung erforderlich. Hierzu empfiehlt sich eine außenliegende Wärmedämmung (Perimeterdämmung) aus genormten Dämmstoffen, deren zusätzliche Aufgaben im Verhalten gegen Wasser, Frost und Erddruck durch eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung abgesichert sein müssen bzw. in DIN 4108-4 beschrieben werden. Für die Perimeterdämmung geeignete Produkte sind Polystyrol-Extruderschaumplatten, Schaumglasplatten und Polystyrol-Partikelschaumplatten mit einer Mindestrohdichte von 30 kg/m 3. Kelleraußenwände werden sowohl durch lotrechte Lasten in Wandebene als auch durch waagrechte Lasten infolge z. B. Erddruck rechtwinklig zur Wandebene belastet. Als Belastung aus Erddruck wird meistens der aktive Erddruck angesetzt, sofern die Wände nicht wesentlich dicker sind als statisch erforderlich und das Verfüllungsmaterial nur bis zu mitteldichter Lagerung verdichtet wird. Bei stärkerer Verdichtung ist ein erhöhter Erddruck, z.B. der Erdruhedruck anzusetzen. Durch die Erddruckbeanspruchung entstehen in der Wand Biegemomente, die für die Bemessung der Wand in der Regel von entscheidendem Einfluss sind. Standsicherheit gemauerter Kelleraußenwände
Vertikale einachsige Lastabtragung Wird die Kellerwand am Wandkopf und Wandfuß gehalten, kann eine vertikale Lastabtragung durch einen einachsigen Träger auf zwei Stüt-
133
Mauerwerkkonstruktionen
2.4.20
2.4.21
Lastannahmen für Kellerwände ohne rechnerischen Nachweis
min N0 für Kellerwände ohne rechnerischen Nachweis
Wanddicke d
min N0 in kN/m bei einer Höhe der Anschüttung he von
mm 1,0 m 1,5 m 2,0 m 240 6 20 45 300 3 15 30 365 0 10 25 490 0 5 15 Zwischenwerte sind geradlinig zu interpolieren
2.4.22
2,5 m 75 50 40 30
Bauwerksabdichtung von Kellerwänden für den Lastfall nichtdrückendes Wasser
zen mit klaffender Fuge bis maximal der halben Wanddicke angenommen werden. Die senkrecht zur Lagerfuge auftretenden Zugspannungen dürfen nicht angesetzt werden (siehe »Nachweis auf Zug und Biegezug«). Sie werden durch vertikale Auflasten überdrückt. In DIN 1053-1 sind zwei Verfahren aufgeführt, bei deren Anwendung der Nachweis auf Erddruck entfallen darf. Beide Verfahren müssen folgenden Randbedingungen genügen (Abb. 2.4.20): • Lichte Höhe der Kellerwand hs ≤ 2,60 m, Wanddicke d ≥ 240 mm. • Die Kellerdecke wirkt als Scheibe und kann die aus dem Erddruck entstehenden Kräfte aufnehmen. • Im Einflussbereich des Erddrucks auf die Kellerwand beträgt die Verkehrslast auf der Geländeoberfläche nicht mehr als 5 kN/m 2, gleichzeitig steigt die Geländeoberfläche nicht an und die Anschütthöhe he ist nicht größer als die lichte Kellerwandhöhe hs. Beim ersten Verfahren ist das maßgebliche Kriterium die ständige Auflast N0 am Wandkopf der Kellerwand unterhalb der Kellerdecke, die innerhalb folgender Grenzen liegen muss: max N0 ≥ N0 ≥ min N0 Die Einhaltung der zulässigen Kantenpressung wird dabei mit dem Kriterium max N0 = 0,45 • d • σ0 überprüft. Hierin bedeuten d die Wanddicke und σ0 der Grundwert der zulässigen Druckspannungen. Die Mindestauflasten min N0 sind in DIN 10531, Tabelle 8 aufgeführt (Abb. 2.4.21). Sie gewährleisten die Einhaltung der zulässigen Exzentrizität der Kellerwand infolge Normalkraft und Biegemoment aus Erddruck. Das zweite Verfahren basiert auf den Erkenntnissen von Mann/Bernhardt [9] und ermöglicht den Nachweis mit etwas geringeren Auflasten. Die Wandlängskraft N1 aus ständiger Last in halber Anschütthöhe muss innerhalb folgender Grenzen liegen: d • βR / (3 • γ) ≥ N1 ≥ min N mit min N = (ρe • hs • he2) / (20 • d) βR Rechenwert der Druckfestigkeit des Mauerwerks γ Sicherheitsbeiwert ρe Rohdichte der Anschüttung [kN/m3] Liegen die vertikalen Auflasten N0 und N1 nicht innerhalb der vorgegebenen Grenzen, muss die Kellerwand nach dem genaueren Berechnungsverfahren unter Berücksichtigung des Erddrucks bemessen werden. Hierbei ist neben dem Druckspannungsnachweis auch der Nachweis des Plattenschubes infolge Querkraft aus Erddruck zu führen. Um die zulässigen oberen und unteren Grenzwerte herauf- bzw. herabzusetzen, ist als Alternative dazu die Wanddicke zu erhöhen, die gemauerte Kellerwandhöhe infolge einer aus der Bodenplatte nach oben geführten biegesteifen Stahlbetonaufkantung zu verringern oder eine
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Stein-Mörtel-Kombination mit größeren Druckfestigkeiten zu wählen. Dies wird auch dann erforderlich, wenn die Bemessung mit dem genaueren Berechnungsverfahren unter Berücksichtigung des Erddrucks nicht möglich ist. Schließlich kann zur Erhöhung der Tragfähigkeit der Kelleraußenwand eine zweiachsige oder horizontale Lastabtragung angesetzt werden oder die Wand wird als bewehrtes Mauerwerk ausgeführt [154]. Zweiachsige Lastabtragung Der Standsicherheitsnachweis kann unter der Annahme einer zweiachsigen Lastabtragung geführt werden, wenn die dem Erddruck ausgesetzte Kelleraußenwand im lichten Abstand b ≤ 2 · hs durch Querwände oder statisch nachgewiesene Bauteile, z. B. Pfeilervorlagen oder Aussteifungsstützen aus bewehrten und ausbetonierten U-Schalen, gehalten ist. Die erforderlichen Auflasten dürfen dann entsprechend DIN 1053-1 wie folgt reduziert werden, wobei Zwischenwerte linear zu interpolieren sind: • für b ≤ hs: N0 ≥ 0,5 • min N0 einachsig N1 ≥ 0,5 • min Neinachsig • für b ≥ 2 • hs: N0 ≥ min N0 einachsig N1 ≥ min Neinachsig Horizontale Lastabtragung Bei geringen Abständen von aussteifenden Elementen ist es möglich die horizontalen Lasten aus Erddruck über Biegezugspannungen parallel zur Lagerfuge in die aussteifenden Auflager abzutragen. Aufgrund der geringen Biegezugtragfähigkeit von Mauerwerk parallel zur Lagerfuge sind dieser Form der horizontalen Lastabtragung jedoch enge Grenzen gesetzt, vor allem wenn aus Gründen der Nutzflächenmaximierung auf eine geringe Wanddikke zu achten ist. Sind die vertikalen Auflasten infolge z. B. großer Fensteröffnungen oder parallel zur Kellerwand gespannter Geschossdecken sehr gering, oder sind Kellerwandabschnitte oben nicht gehalten, z. B. Brüstungen unter großen Kellerfenstern, kann als statisches System ein horizontaler Stützlinienbogen (»Druckbogen«) angesetzt werden. Dabei muss jedoch die Kelleraußenwand in genügend engen Abständen in Querrichtung gehalten werden, um die Gewölbeausbildung und die Aufnahme des Horizontalschubes zu gewährleisten. Bei einem Zwischenauflager zweier Druckbögen mit etwa gleich großer Stützweite und Belastung hebt sich der Gewölbeschub in Wandebene gegenseitig auf, lediglich die Druckbogenkomponente senkrecht zur Wand muss vom Auflager aufgenommen werden. Beim Endauflager ist die Aufnahme des Horizontalschubes statisch nachzuweisen. Als Bauweise genügt dafür im Regelfall die Ausführung eines vertikal bewehrten Mauerwerks mit bewehrten und ausbetonierten Formsteinen.
Natursteinmauerwerk
Um einen ausreichenden Bogenstich als Voraussetzung für die Bogentragwirkung zu erhalten, muss die Kellerwand möglichst dick sein. Zusätzlich darf in Bogenmitte eine rechnerisch klaffende Fuge bis zur halben Wanddicke angesetzt werden. Die Stoßfugen müssen zur Übertragung der Druckkräfte voll vermörtelt sein. Als Rechenwert für die Mauerwerkfestigkeit der Kellerwand senkrecht zur Stoßfuge ist in Anlehnung an DIN 1053-3 bei Vollsteinen der Rechenwert βR und bei gelochten Vollsteinen und Lochsteinen der halbierte Rechenwert βR der Druckfestigkeit senkrecht zur Lagerfuge anzusetzen. Bewehrtes Mauerwerk Bewehrte Kelleraußenwände werden sinnvoll, wenn die Auflasten so gering sind, dass bei vertikaler bzw. zweiachsiger Lastabtragung die Fuge über die Schwerachse hinaus aufklafft, oder wenn eine horizontale Lastabtragung über Biegezugspannung parallel zur Lagerfuge bzw. über eine horizontale Gewölbetragwirkung zu unwirtschaftlich großen Wanddicken führt. Im Regelfall wird die Bewehrung horizontal in den Lagerfugen geführt. In Verbindung mit Formsteinen ist jedoch auch eine vertikale Bewehrungsführung möglich. Für die Bemessung und Ausführung von bewehrten Kelleraußenwänden siehe »Bewehrtes Mauerwerk«. Bauwerksabdichtung
Kelleraußenwände unterliegen aufgrund des sie berührenden Erdreiches besonderen Dauerbelastungen. Bei einer hochwertigen Nutzung des Kellers als erweiterte Wohn- oder Nutzfläche sind die Außenwände gegen Feuchtigkeit dauerhaft zu schützen. Der gemauerte Keller erfüllt zusammen mit den üblichen Abdichtungssystemen ohne erhöhten Aufwand die Anforderungen an die Bemessung und Ausführung für die Lastfälle Bodenfeuchtigkeit nach DIN 18195-4, nichtdrückendes Wasser nach DIN 18195-5 und drückendes Wasser nach DIN 18195-6 mit »schwacher Beanspruchung«, dem vorübergehend stauenden Sickerwasser. Für den Lastfall drückendes Wasser mit »starker Beanspruchung«, dem Grund- oder Schichtenwasser, wird der Keller aus Gründen der Abdichtung weiterhin überwiegend in WU-Beton (weiße Wanne) ausgeführt. Als Abdichtungssysteme für Kelleraußenwände eignen sich vor allem Bitumen- und Polymerbitumenbahnen, kaltselbstklebende Bitumen-Dichtungsbahnen und kunststoffmodifizierte Bitumen-Dickbeschichtungen. Letztere decken den überwiegenden Anteil der Abdichtungsverfahren im Wohnungsbau ab und stellen die wirtschaftlichste Lösung dar [93]. Horizontale Abdichtung Bei den Lastfällen Bodenfeuchtigkeit und nichtdrückendes Wasser wird die horizontale Abdichtung in Form einer vollflächigen Versiegelung auf die Bodenplatte aufgebracht. Sie
wird am Wandfuß der Außenwände unter der ersten Steinlage nach außen geführt und an die vertikale Wandabdichtung überlappend angeschlossen. Dabei ist auf einen ausreichenden Überstand der Bodenplatte zum Anschluss der horizontalen und vertikalen Abdichtung zu achten. Durch die Anordnung der Abdichtung unterhalb der ersten Steinlage liegt bereits der gesamte Aufbau des Bodens, beispielsweise als schwimmender Estrich, im trockenen Bereich. Eine weitere Horizontalabdichtung der Wände erübrigt sich somit. Als Abdichtungen werden überwiegend bahnenförmige Dichtstoffe eingesetzt, da sie gegenüber mechanischer Beanspruchung beim nachträglichen Aufbringen von Estrich und Bodenaufbau robuster sind als Beschichtungen (Abb. 2.4.22). Beim Lastfall vorübergehend stauendes Sikkerwasser wird zunächst eine Sauberkeitsschicht aufgebracht, auf die eine mindestens 0,2 mm dicke PE-Folie als Trennlage und darauf ein Schutzestrich gegen mechanische Zerstörung folgt. Darauf wird dann die Bodenplatte betoniert (Prinzip »schwarze Wanne«) (Abb. 2.4.23). Vertikale Abdichtung Für die vertikale Abdichtung der Wände eignen sich Dichtbahnen, die aufgeklebt werden, oder kalt zu verarbeitende Dichtmassen – kunststoffmodifizierte Bitumen-Dickbeschichtungen (KMB) –, die verspachtelt oder aufgespritzt werden. Bei Bahnenabdichtungen richtet sich die Zahl der Schichten nach der gewählten Bahnart. Dickbeschichtungen können ein- oder zweikomponentige Dichtsysteme sein und werden grundsätzlich in zwei Arbeitsgängen aufgetragen. Besondere Sorgfalt erfordert der Anschluss an die horizontale Abdichtung. Der Übergang Wand/Fundament ist mit einer Hohlkehle (Radius mindestens 4 cm) auszurunden. Die Überlappung soll mindestens 10 cm betragen und als rückläufiger Stoß ausgebildet werden. Mechanische Schutzschicht Sie schützt die vertikale Abdichtung der Kellerwände gegen mechanische Beschädigungen beim Verfüllen der Baugrube und der anschließenden Verdichtung. Geeignet sind hierfür z. B. Kunststoff-Noppenbahnen, Dämmstoffplatten oder Dränageplatten aus haufwerksporigem, bitumengebundenem Polystyrol. Durch ihren Einbau wird die dauerhafte Funktionsfähigkeit des vertikalen Abdichtungssystems gewährleistet. Schutzvlies Durch den zusätzlichen Einbau eines Schutzvlieses als Trenn- bzw. Gleitschicht zwischen Abdichtung und Schutzschicht wird verhindert, dass die Belastungen aus der Setzung der Baugrubenverfüllung auf die Dichtung übertragen werden und diese abscheren.
Durchführungen Die Hausanschlussleitungen (z. B. Abwasserkanäle, Frischwasserleitungen, Stromzuführungen etc.) müssen feuchtesicher an die Dichtung angeschlossen werden. Zusätzlich müssen die Durchdringungen Bauwerkssetzungen unbeschadet aufnehmen können. Bauwerksfugen Die Abdichtung muss den Bereich von Bauwerksbewegungsfugen sicher überbrücken. Eingelegte Fugenbänder sind dauerhaft an die Abdichtungen anzuschließen. Übergang/Sockel Im Bereich des Sockels ist es aus optischen und technischen Gründen unerwünscht, die vertikalen Abdichtungen über die Geländeoberkante hoch zu führen. Der Sockelbereich muss bis ca. 20 cm über Geländeoberkante abgedichtet und gegen Spritzwasser geschützt werden. Für die Sichtflächen werden dafür Dichtschlämme oder geeignete Sockelputze verwendet, die mit einer Überlappung von mindestens 10 cm an die vertikale Abdichtung anzuschließen sind. Bei zweischaligem Mauerwerk wird die Dichtung auf der Außenseite der Innenschale hochgeführt.
Natursteinmauerwerk Natursteinmauerwerk kann je nach Bearbeitungsgrad und der sich daraus ergebenden Geometrie der Natursteine in Trockenmauerwerk, Zyklopen- und Bruchsteinmauerwerk, verschiedene Formen des Schichtenmauerwerks, Quadermauerwerk und Verblend- bzw. Mischmauerwerk eingeteilt werden. Trockenmauerwerk wird aus Bruchsteinen ohne Mörtel hergestellt. Die Steine sind unter geringer Bearbeitung in richtigem Verband so aneinanderzufügen, dass möglichst enge Fugen und kleine Hohlräume verbleiben. In die Hohlräume müssen kleinere Steine so eingekeilt werden, dass Spannung zwischen den Mauersteinen entsteht. Dadurch bleibt der Mauerkörper stabil und formbeständig. Trockenmauern werden als Schwergewichtsmauern (Stützmauern) verwendet. Als Raumgewicht ist für den Standsicherheitsnachweis die Hälfte der Rohdichte des verwendeten Natursteins anzunehmen. Bei Stützmauern lässt man die Natursteine gegen das abzustützende Erdreich anlaufen, um eine höhere Standfestigkeit der Mauer zu erzielen. Die größten und am ehesten rechtekkigen Steine werden zur Einfassung der Mauer an den Ecken, Wandenden und für den Sockel verwendet (Abb. 2.4.24).
135
Mauerwerkkonstruktionen
2.4.24 Trockenmauerwerk
2.4.25 Zyklopen- oder Findlingsmauerwerk
2.4.26 Bruchsteinmauerwerk
2.4.27
Hammerrechtes Schichtenmauerwerk
2.4.28 Unregelmäßiges Schichtenmauerwerk
2.4.29
Regelmäßiges Schichtenmauerwerk
2.4.31
h
2.4.30 Quadermauerwerk
136
Mischmauerwerk mit hinterem Wandteil aus künstlichen Steinen oder aus Beton
Zyklopen- oder Findlingsmauerwerk wird aus unbearbeiteten Feldsteinen hergestellt. Die rundliche Form der Steine ergibt ein sehr unregelmäßiges Fugenbild. Die Mauerstruktur neigt somit stark zum Schieben und weist trotz der harten Steine keine nennenswerte Druckfestigkeit auf. Um den Mauerwerkverband zu sichern, sind die Fugen sorgfältig mit Mörtel und Steinstücken zu füllen. Zusätzlich werden die Ecken mit regelmäßig geformten Steinen ausgeführt und die durch Binder zusammengehaltenen Schichten in Abschnitten von ca. 1,0 m Höhe waagrecht abgeglichen (Abb. 2.4.25). Bruchsteinmauerwerk Die in Steinbrüchen gewonnenen 15 bis 30 cm hohen Bruchsteine werden nur wenig in den Lagerflächen bearbeitet. Es werden Natursteine verschiedener Größe in lagerhaften Schichten in Mörtel verlegt. Bruchsteinmauerwerk ist in seiner ganzen Dicke (≥ 500 mm) und in vertikalen Abständen von höchstens 1,50 m horizontal auszugleichen. Das selbe gilt für den Einbau einer Feuchtigkeitssperrschicht, die ca. 15 cm über der Geländeoberkante anzuordnen ist. Für Ecken und Sockelschichten sind zur Sicherung des Mauerwerkverbands die großen Steine zu verwenden. Als Mörtel wird je nach Steinmaterial Normalmörtel der Gruppe II oder IIa eingesetzt. Bruchsteinmauerwerk wird heute nur noch bei untergeordneten Kellerwänden, freistehenden Einfriedungsmauern und bei Stützmauern in Weinbergen eingesetzt. (Abb. 2.4.26). Hammerrechtes Schichtenmauerwerk Die Steine der Sichtfläche erhalten auf mindestens 120 mm Wandtiefe bearbeitete Lager- und Stoßfugen, die ungefähr rechtwinklig zueinander stehen. Hinter dieser bearbeiteten Wandtiefe sind die Natursteine wenig oder gar nicht bearbeitet. Die Schichthöhe darf innerhalb einer Schicht und in den verschiedenen Schichten wechseln, jedoch ist das Mauerwerk in seiner ganzen Dicke in vertikalen Abständen von höchstens 1,50 m horizontal abzugleichen. Hinsichtlich der Mörtelwahl und der evtl. Anordnung einer horizontalen Sperrschicht siehe Ausführungen für das Bruchsteinmauerwerk (Abb. 2.4.27). Unregelmäßiges Schichtenmauerwerk Die Steine der Sichtfläche erhalten auf mindestens 150 mm Wandtiefe bearbeitete Lagerund Stoßfugen, die zueinander und zur Oberfläche senkrecht stehen. Die Stoß- und Lagerfugen dürfen nicht dikker als 30 mm sein. Die Schichthöhe darf innerhalb einer Schicht und in den verschiedenen Schichten in mäßigen Grenzen wechseln, jedoch ist das Mauerwerk in seiner ganzen Dicke in vertikalen Abständen von maximal 1,50 m horizontal abzugleichen (Abb. 2.4.28).
Wandöffnungen
Regelmäßiges Schichtenmauerwerk Die Natursteine sind wie bei unregelmäßigem Schichtenmauerwerk zu bearbeiten. Innerhalb einer Schicht darf jedoch die Steinhöhe nicht wechseln. Zusätzlich ist jede Schicht in der Höhe auszugleichen (Abb. 2.4.29). Bei Gewölben, Kuppeln und dergleichen müssen die Lagerfugen über die ganze Gewölbedicke hindurchgehen. Die Schichtsteine sind daher auf ihrer ganzen Tiefe in den Lagerfugen zu bearbeiten, während bei den Stoßfugen eine Bearbeitungstiefe von 150 mm ausreichend ist. Quadermauerwerk Die Steine für Quadermauerwerk sind genau nach den angegebenen Maßen und in den Stoß- und Lagerfugen in ganzer Tiefe zu bearbeiten. Die Leitsätze für den Verband des Quadermauerwerks sind grundlegend die gleichen wie für Mauerwerk aus künstlichen Steinen, es können folglich sämtliche Verbandsformen aus Läufern und Binder hergestellt werden. Die Fugendicke kann 4 bis 30 mm betragen, dünnere Fugen als 4 mm lassen sich nur schwer mit Mörtel ausgießen bzw. verfugen. Ein Versetzen der Quader ohne Mörtel setzt eben geschliffene Lagerflächen voraus und wird heute kaum noch ausgeführt (Abb. 2.4.30). Verblendmauerwerk (Mischmauerwerk) besteht aus einer Natursteinverblendung in Form von regelmäßigem Schichten- oder Quadermauerwerk und einer Hintermauerung aus künstlichen Steinen (Mischmauerwerk). Anstelle der Hintermauerung kann der hintere Wandteil auch aus Beton hergestellt werden (Abb. 2.4.31). Das Verblendmauerwerk darf zum tragenden Querschnitt gerechnet werden, wenn • die Verblendung gleichzeitig mit der Hintermauerung im Verband hergestellt wird. • die Verblendung mit der Hintermauerung durch mindestens 30% Bindersteine verzahnt wird. • die Binder des Verblendmauerwerks mindestens 24 cm tief sind und mindestens 10 cm in die Hintermauerung eingreifen. • die Dicke von Verblendplatten gleich oder größer 1/3 ihrer Höhe bzw. mindestens 11,5 cm ist. • bei einer Hintermauerung aus künstlichen Steinen mindestens jede dritte Natursteinschicht nur aus Bindern besteht. Die Dicke der gesamten MischMauerwerkkonstruktion richtet sich nach der statischen Bemessung, jedoch wird sie aus Gründen der Herstellung kaum geringer als 500 mm sein. Für einen hinteren Wandteil aus Beton gelten die beschriebenen Bedingungen sinngemäß. Hierbei wird beim Aufmauern der Verblendschale der Beton lagenweise eingebracht und verdichtet. Dadurch wird eine Hohlraumbildung unter den Bindersteinen vermieden. Für die Ermittlung der zulässigen Beanspruchung des Bauteils ist das Material mit der
niedrigsten zulässigen Beanspruchung für den gesamten Querschnitt maßgebend. Verblendmauerwerk, das nicht die zuvor beschriebenen Bedingungen erfüllt, darf nicht zum tragenden Querschnitt mit angerechnet werden. Geschichtete Steine dürfen dann auch gegen ihre Schichtung (Lagerung) vermauert werden, wenn sie parallel zur Schichtung eine Mindestdruckfestigkeit von 20 MN/m2 aufweisen. Nichttragendes Verblendmauerwerk ist wie die nichttragende Außenschale bei zweischaligen Außenwänden zu verankern und abzufangen. Bei Pfeilern dürfen Plattenverkleidungen nicht zum tragenden Querschnitt angerechnet werden.
2.4.32
Gewölbewirkung über Wandöffnung
2.4.33
Einwirkende Lasten über Wandöffnungen bei Gewölbewirkung
Wandöffnungen Wandöffnungen für Fenster, Türen und größere Wandaussparungen z. B. für Lüftungskanäle und Lichtschächte werden durch Stürze oder Bögen (gemauerte »Stürze«) überdeckt. Gewölbewirkung über Wandöffnungen
Bei der Dimensionierung einer Sturz- oder Bogenkonstruktion kann von einer Gewölbewirkung der über der Wandöffnung liegenden Wandbereiche ausgegangen werden, wenn neben und oberhalb der Sturz- oder Bogenkonstruktion und der zugehörigen Lastfläche keine störenden Öffnungen sind und der Gewölbeschub (horizontale Auflagerkräfte) seitlich der Wandöffnung aufgenommen wird. Die Sturz- oder Bogenkonstruktion trägt somit nur die Last unterhalb des gedachten Gewölbes ab (Abb. 2.4.32). Diese wird durch die Lastfläche des Wandteils berücksichtigt, das durch ein gleichseitiges Dreieck über der Sturz- oder Bogenkonstruktion umschlossen wird. Gleichmäßig verteilte Deckenlasten oberhalb des Belastungsdreiecks bleiben bei der Bemessung der Wandöffnungskonstruktion unberücksichtigt. Deckenlasten, die innerhalb des Belastungsdreiecks als gleichmäßig verteilte Last auf das Mauerwerk wirken (z. B. bei Deckenplatten und Balkendecken mit Balkenabständen ≤ 1,25 m), sind nur auf der Strecke, die innerhalb des Dreiecks liegt, anzusetzen. Für Einzellasten, z. B. von Unterzügen, die innerhalb oder in der Nähe des Lastdreiecks liegen, darf eine Lastverteilung von 60° angenommen werden. Liegen Einzellasten außerhalb des Lastdreiecks, so brauchen sie nur berücksichtigt werden, wenn sie noch innerhalb der Stützweite des Sturzes oder Bogens und unterhalb einer Horizontalen angreifen, die 250 mm über der Dreiecksspitze liegt. Zusätzlich ist die Eigenlast der Wand unterhalb der Einzellast zu berücksichtigen (Abb. 2.4.33). Kann sich eine Gewölbewirkung oberhalb der über der Lastfläche der Wandöffnung liegenden Wandbereiche nicht ausbilden, muss auf die Sturz- oder Bogenkonstruktion die gesamte Belastung über der Öffnung angesetzt werden.
137
Mauerwerkkonstruktionen
2.4.34
Konstruktionsmöglichkeiten für Stahlbetonstürze
2.4.35
Konstruktionsmöglichkeiten für Flachstürze
2.4.36
Abfangung einer Grenadierschicht
Stürze als Balken
Bei Balken aus z.B. Holz, Stahlprofilen oder Stahlbetonquerschnitten werden die Auflasten über die Biegetragwirkung in die seitlichen Auflager weitergeleitet. Die Balken müssen somit auf Biegung und Querkraft bemessen werden. Mit Stahlprofilen kann zwar aufgrund der hochwertigen Materialeigenschaften ein im Regelfall kleiner Balkenquerschnitt erzielt werden, aus Gründen des Brandschutzes müssen die Profile jedoch mit Beton ummantelt und aus bauphysikalischen Gründen mit Wärmedämmung versehen werden. In Verbindung mit Stahlbetondecken oder bei besonderer Beanspruchung bilden Stahlbetonstürze die Regelausführung. Sie können als Fertigteile eingebaut werden oder vor Ort mit der Stahlbetondecke hergestellt werden. Aus Gründen des Wärmeschutzes muss die Stirnseite des Stahlbetonsturzes immer mit Wärmedämmung ummantelt werden. Dadurch wird jedoch einerseits der wirksame Sturzquerschnitt reduziert und andererseits ein im Vergleich zur umgebenden Wandfläche unterschiedlicher Putzgrund geschaffen. Trotz Überspannen der Wärmedämmung mit Putzträger führt dies häufig zu Rissbildungen im Außenputz sowie zu farblichen Markierungen. Zur Vermeidung dieser Probleme erscheint es sinnvoller, anstatt der Stahlbetonstürze U-Schalungssteine der jeweiligen Mauersteinart als verlorene Schalung zu verwenden, in die der vorgefertigte oder örtlich betonierte Stahlbetonsturz integriert ist. Diese Konstruktion kann auch in Verbindung mit einem an die Decke angeschlossenen Stahlbetonsturz eingesetzt werden. Ein aus U-Schalen hergestelltes Sturzfertigteil bildet hierbei beim Betonieren des Stahlbetonsturzes eine seitliche Abschalung mit Wärmedämmung. Aufgrund der geringeren statisch wirksamen Breite des Sturzes muss dieser dabei ggf. als Überzug ausgebildet werden. Auch für Sichtmauerwerk gibt es den jeweiligen Steinformaten bzw. Schichthöhen angepasste Schalensteine, die zu Stürzen vorgefertigt werden und für vor Ort hergestellte Stahlbetonstürze als seitliche Abschalung verwendet werden (Abb. 2.4.34). Flachstürze mit Übermauerung
1 2 3 4 5
Sicherheitsdübel Winkelkonsole V4A-Anker 6 mm Trageisen (V4A-Stange Ø 10 mm) durchgehende Bohrung oder Griffloch
138
Flachstürze bestehen aus einem vorgefertigten, bewehrten Zuggurt und erlangen im Zusammenwirken mit einer Druckzone, mit Beton oder beiden (z. B. Mauerwerk und Dekkenauflager bzw. Ringbalken) die volle Tragfähigkeit. Der Zuggurt kann aus Beton oder ausbetonierten Schalen aus Ziegel, Leichtbeton, Kalksandstein und dergleichen, in die die Bewehrung eingelegt ist, vorgefertigt sein. Flachstürze können eine schlaffe oder vorgespannte Bewehrung haben. Im Gegensatz zu Stürzen aus Balken tragen Flachstürze in Ver-
bindung mit der Übermauerung die Auflasten nach dem Druckbogen-Zugbandmodell als ein in sich geschlossenes System ab. Der Flachsturz, der die Zugkräfte aus dem Druckbogen aufnimmt, ersetzt somit die sonst erforderlichen seitlichen Auflager für den Horizontalschub. Flachstürze haben den Vorteil, dass mit geringem Aufwand Öffnungen mit dem gleichen Baustoff überdeckt werden können, aus dem die übrige Wand besteht. Dadurch können Risse und Putzschäden vermieden werden. Durch die Anpassung der Flachsturzabmessungen an das Rastermaß der umgebenden Wand wird diese Konstruktion ohne Ausgleichsmaßnahmen bzw. Verschnitt der die Wandöffnung umgebenden Mauersteine in das Mauerwerk integriert. Dadurch wird ein wirtschaftlicher und rationeller Bauablauf ermöglicht. Weitere Informationen siehe »Bewehrtes Mauerwerk« sowie »Richtlinien für die Bemessung und Ausführung von Flachstürzen« [35] (Abb. 2.4.35). Gemauerte Stürze und Mauerwerkbögen
Bei Sichtmauerwerk können vorgefertigte oder vor Ort hergestellte Stürze aus horizontal bewehrtem Mauerwerk angewandt werden. Das Tragverhalten entspricht dabei dem Druckbogen-Zugbandmodell der Flachstürze mit Übermauerung. Die horizontale Bewehrung wird – angepasst an den Verband des Sichtmauerwerks – entweder in trogförmigen Formsteinen oder in scheitrecht aufgestellten U-Schalen bzw. Lochsteinen mit durchgehender Bohrung eingebaut. Die Bemessung und Ausführung erfolgt nach DIN 1053-3. Siehe hierzu auch »Bewehrtes Mauerwerk«. Bei zweischaligem Sichtmauerwerk kann die Vorsatzschale im Bereich der Wandöffnung durch Sockelvorsprünge der Geschossdecke oder angedübelte bzw. einbetonierte Profilstahlauflagen (z. B. Stahlwinkel oder Einzelkonsolanker) abgefangen werden. Aus architektonischen Gründen kann auch ein scheitrechter Sturz ausgeführt werden, wobei die Grenadierschicht mit Hilfe von Winkelkonsolen und durchgesteckten Halteeisen gesichert wird. Durch die schub- und zugfeste Verbindung mit einem dahinter liegenden Stahlbetonbalken erhält dieser vorgeblendete »Scheinsturz« keine tragende Funktion (Abb. 2.4.36). Gemauerte Stürze als Mauerwerkbögen werden vorrangig bei der Altbausanierung aber auch als Wiederentdeckung alter Bauformen und Gestaltungsmöglichkeiten in Verbindung mit Sichtmauerwerk ausgeführt. Wegen des hohen Arbeitsaufwandes werden sie in vielen Fällen als Fertigteil hergestellt und im Ganzen auf die vorbereiteten Widerlager gesetzt. Bogenkonstruktionen dürfen bei günstigem Stichverhältnis und überwiegend ständig wirkender Last – d. h. der Anteil der ständigen Lasten ist erheblich größer als der Anteil der veränderlichen Lasten – nach dem Stützlinien-
Gewölbe und Kappen
2.4.37 Rundbogen/ Spitzbogen nach [162]
2.4.38
Scheitrechter Bogen/ Segmentbogen nach [162]
Die mögliche Stützweite (S) ist abhängig von Bogenform, Bogendrucke und Auflasten. Die Widerlagerbreite (W) ist abhängig von der Stützweite, die angegebenen Werte zur Widerlagerbreite gelten ohne wesentliche Auflast. Alle Angaben sind Richtwerte, die bei genauer Untersuchung überschritten werden können. In nichttragenden Verblendschalen können scheitrechte Bögen ohne Nachweis bis ca. 1,75 m Stützweite ausgeführt werden.
verfahren berechnet werden. Dies bedeutet, dass in der Konstruktion nur Längsdruckkräfte und keine Querkräfte bzw. Biegemomente auftreten, falls die Bogenachse mit der Stützlinie übereinstimmt. Dieser Idealfall ist jedoch in der Praxis kaum realisierbar, da in der Regel infolge veränderlicher Lasten mehrere Lastfälle und somit verschiedene Stützlinien beim Entwurf der Bogenkonstruktion zu berücksichtigen sind. Damit im Bogenquerschnitt dennoch ausschließlich Druckspannungen ohne klaffende Fuge auftreten, ist die Geometrie der Bogenkonstruktion so zu wählen, dass die Stützlinien für alle möglichen Lastfälle im Kern des Bogenquerschnitts liegen. Mit Hilfe der Stützlinien kann somit abhängig von den Lasten eine für Mauerwerk, das rechnerisch keine Zugfestigkeit aufweist, geeignete und wirtschaftliche Bogenform konstruiert werden. Als statisches System wird dabei bei der Ermittlung der Stützlinien von einem Dreigelenkbogen ausgegangen, bei dem die Gelenke an den Kämpferpunkten sowie am Scheitel des Bogens angesetzt werden. Bei größeren Stützweiten und stark wechselnden Lasten ist die Berechnung des Bogens nach der Elastizitätstheorie durchzuführen. Bei der Bogenkonstruktion ist auch auf die Aufnahme des Gewölbeschubs in den Auflagern zu achten. Flach gekrümmte Bögen mit kleinen Stichhöhen erzeugen einen größeren Horizontalschub als stark gekrümmte Bögen mit großen Stichhöhen. Der Horizontalschub muss dabei unabhängig von der Bogenkrümmung ohne horizontale Verschiebungen aufgenommen werden, da der Bogen selbst bei nur kleinen Auflagerverschiebungen wegen der daraus folgenden Verminderung des Stichs eine erhebliche Vergrößerung der Beanspruchung erfährt.
Rundbögen und Spitzbögen Der Radius entspricht beim Rundbogen der halben Öffnungsbreite, beim Spitzbogen der vollen Öffnungsbreite, ausgehend vom jeweilig gegenüberliegenden Widerlager. Die Widerlager für Rund- und Spitzbögen liegen im Regelfall waagrecht in Kämpferhöhe. Die Bögen werden meistens mit keilförmigen Lagerfugen ausgeführt. Die Fugendicke darf an der Laibung (untere Fläche des Bogens bzw. innere Wandung) nicht kleiner als 5 mm, am Rücken (obere Fläche des Bogens) nicht größer als 20 mm werden. Für stark gekrümmte Bögen sind unter Umständen spezielle Keilsteine erforderlich. Bei Kleinformaten werden die Lagerfugen an der Rückseite umso breiter, je dicker der Bogen ist. Daher werden dicke Bögen auch in einzelnen, übereinander liegenden Ringen eingewölbt. Die Bögen werden stets aus einer ungeraden Anzahl von Steinen hergestellt, so dass im Scheitel keine Fuge, sondern ein Schlussstein liegt. Die Lagerfugen müssen senkrecht zur Stützlinie angeordnet werden und durch die ganze Tiefe des Bogens verlaufen. Der Verband der Mauerbögen ist grundsätzlich nach den Verbandsregeln für Pfeilermauerwerk auszuführen [32; 141; 161] (Abb. 2.4.37). Scheitrechte Bögen und Flachbögen (Segmentbögen) erhalten schräge Widerlager, die nach dem Bogenmittelpunkt gerichtet sind. Auch die Lagerfugen laufen auf diesen Punkt zu. Der Stich scheitrechter Bögen beträgt maximal 1/50 der Öffnungsbreite, der Stich von Flachbögen (Segmentbögen) maximal 1/12 der Öffnungsbreite. Ein scheitrechter Bogen ohne Stich vermag ebenso als Druckbogen zu tragen, wenn die Grenadierschicht noch geringfü-
gig aus der Senkrechten abweicht und in leicht geneigte Widerlager eingekeilt wird. Der Bogensturz wird aus einer ungeraden Zahl von Schichten hergestellt, dies kann ein Einrücken der Widerlager um eine halbe Schichtbreite auf das seitliche Mauerwerk erforderlich machen. Der Scheitelrücken sollte immer in einer Lagerfuge des darüber aufgehenden Mauerwerks enden, um zu große Ausgleichsschichten über dem Bogen oder unschöne Zwickel über dem Widerlager zu vermeiden. Die Anforderung an die Fugendicke und die Verbandsausführung entsprechen denen für Rund- und Spitzbögen (Abb. 2.4.38).
Gewölbe und Kappen Gewölbe
sind raumüberdeckende, einspännige oder auch in zwei Richtungen bogenförmig oder sphärisch gekrümmte Deckenkonstruktionen aus Mauerwerk. Die Gewölbeformen lassen sich im Wesentlichen auf die beiden Grundformen Tonnengewölbe mit zylindrischer Wölbfläche oder Kuppelgewölbe mit kugelförmiger Wölbfläche zurückführen. Zylindrische Wölbflächen haben neben dem Tonnengewölbe die preußischen Kappengewölbe, das Klostergewölbe, das Muldengewölbe bzw. die Spiegelgewölbe und das Kreuzgewölbe. Das Kuppelgewölbe ist eine sphärische Gewölbeform, deren Laibungsflächen in der Regel den Teil einer Kugelfläche bilden (Abb. 2.4.39). Gewölbe werden bei kleineren Stützweiten oder günstigem Stichverhältnis (f/l > 1/10) und überwiegend ständiger Last nach dem Stützlinienverfahren geformt und berechnet. Dabei werden sie aus keilförmigen Steinen errichtet, die sich gegeneinander und gegen unver-
139
Mauerwerkkonstruktionen
2.4.39
Gewölbeformen aus Mauerwerk
schiebliche Widerlager so abstützen, dass sie nur auf Druck beansprucht sind. Der Gewölbeschub kann neben Widerlagern auch durch Zugbänder aufgenommen werden. Gewölbe mit großen Stützweiten und stark wechselnder Last sind nach der Elastizitätstheorie zu berechnen. Gewölbte Kappen zwischen Trägern
2.4.40
Konstruktionsanforderungen an gewölbte Kappen
2.4.41
Aufnahmen des Gewölbeschubes bei durchlaufenden Kappengewölben
140
Die Kappen sind der obere Teil eines Gewölbes, die zwischen Stahlträgern als vertikale Auflager hergestellt werden (Abb. 2.4.40). Als statisches System für die Ermittlung der vertikalen und horizontalen Auflagerkräfte von Kappen wird zweckmäßigerweise ein Dreigelenkbogen mit Mittelgelenk im Stich gewählt. Bei vorwiegend ruhender Verkehrslast nach DIN 1055-3 ist für Kappen mit einer erfahrungsgemäß ausreichenden Dicke und mit einem Trägerabstand von maximal etwa 2,50 m kein statischer Nachweis erforderlich. Bei der Konstruktion von Kappengewölben ist zu beachten, dass die Mindestdicke der Kappen 11,5 cm betragen muss, dass die Kappen im Kuff- oder Schwalbenschwanzverband zu mauern sind und dass die Stichhöhe der Kappen mindestens 1/10 der Kappenstützweite betragen muss. Das Einrüsten von parallel laufenden Kappen soll ebenso wie das Mauern gleichzeitig erfolgen, damit der durch die Kappengewölbe entstehende Horizontalschub auf die Endfelder der durchlaufenden Kappenreihe beschränkt wird. Zur Übertragung des Horizontalschubes aus den Endfeldern durchlaufender Kappengewölbe in die seitlichen Wandscheiben können Zuganker eingebaut werden. Diese sind in den Endfeldern parallel zur Spannrichtung der Kappen an den Trägerenden und im Abstand höchstens gleich dem Trägerabstand des Endfeldes, mindestens jedoch in den Drittelspunkten anzuordnen. Um die sich aus Zugankern bildende Endscheibe als ausreichendes Widerlager (starre horizontale Scheibe) zur seitlichen Ableitung des Horizontalschubes betrachten zu können, muss sie mindestens so breit sein wie 1/3 ihrer Länge. Die Anker müssen dabei länger als die Mindestbreite der Scheibe sein. Bei schlanken Endfeldern kann es somit erforderlich sein, die Zuganker über mehrere Felder zu führen (Abb. 2.4.41). Die Endfelder als Ganzes müssen seitliche Auflager erhalten, die in der Lage sind, den Horizontalschub der Mittelfelder auch dann aufzunehmen, wenn die Endfelder unbelastet sind. Die Auflager dürfen durch Vormauerung, dauernde Auflast, Verankerung oder andere geeignete Maßnahmen gesichert werden. Über den Kellern von Gebäuden mit vorwiegend ruhender Verkehrslast von maximal 2,0 kN/m2 darf ohne statischen Nachweis davon ausgegangen werden, dass der Horizontalschub von Kappen bis 1,3 m Stützweite durch mindestens 2 m lange, 24 cm dicke und höchstens 6,0 m voneinander entfernte Quer-
Wandanschlüsse
wände aufgenommen wird. Die Querwände müssen dabei gleichzeitig mit den Auflagerwänden der Endfelder im Verband hochgemauert oder – bei Loch- bzw. stehender Verzahnung – kraftschlüssig verbunden werden (Abb. 2.4.42).
Einzellasten und Teilflächenpressungen Mauerwerk kann durch Einzellasten aus der Auflagerkraft von Unterzügen (z.B. Fensterstürzen), Balken (z.B. Balkendecken) oder Stützen (z.B. Fensterpfeilern oder Dachpfosten) belastet werden. Sie erzeugen vertikale Spannungskonzentrationen auf den gedrückten Teilflächen und horizontale Spaltzugkräfte im Bereich der Kraftausbreitung. Die Spaltzugkräfte können durch die Zugfestigkeit des Mauerwerkverbandes, durch Bewehrung oder durch Stahlbetonkonstruktionen aufgenommen werden. Bei großen Einzellasten wird stets unter der Einzellast ein lastverteilendes Element in den Mauerwerkkörper integriert. Dies kann sein ein Lastverteilungsbalken aus Stahl bzw. Stahlbeton – hierbei wird häufig der vorgesehene Stahlbeton-Ringanker oder der massive Auflager-Deckenstreifen herangezogen – oder ein unter der Einzellast in den Verband eingebundenes Mauerwerk höherer Festigkeit. In beiden Fällen ist eine mögliche Rissgefährdung im Mauerwerk infolge Zwängungen aus Materialwechsel zu berücksichtigen (Abb. 2.4.43). Innerhalb des mit Mauerwerk höherer Festigkeit verstärkten Wandbereiches darf die Lastverteilung unter 60° angenommen werden. Die erforderliche Festigkeit für dieses Mauerwerk ergibt sich aus der Aufnehmbarkeit der Teilflächenpressung unter der Einzellast. Die erforderliche Höhe der Wandverstärkung unterliegt der Bedingung, dass das Mauerwerk geringerer Festigkeit unter der Wandverstärkung die auftretenden Spannungen aus der Einzellast infolge einer Lastverteilung unter 60° aufnehmen können muss. Die zulässige Spannung von Mauerwerk ist unter der Teilflächenpressung größer als für die normalen Wandbereiche, da die aus der Lastverteilung unter 60° entstehenden schrägen Druckstreben im Lastangriffspunkt der Einzellast einen zweiachsigen Druckzustand erzeugen, der die Tragfähigkeit des Mauerwerks lokal erhöht. Allerdings entstehen aus den geneigten Druckstreben in den unteren Schichten der Wand auch horizontale Zugstreben, die durch den Mauerwerkverband, durch horizontal eingelegte Bewehrung oder durch die als Zugband wirkende Geschossdecke aufgenommen werden müssen. Bei Einzellasten, die am Rand der Wand wirken, erzeugt die geneigte Druckstrebe zur Erzielung des Kräftegleichgewichts am Wandkopf eine horizontale Zugkraft. Diese Zugkraft führt zu vertikalen Rissen, also zum Abreißen
des Auflagermauerwerks, wenn sie durch den Mauerwerkverband, das Zugband der Stahlbetondecke bzw. des Ringankers oder durch horizontale Bewehrung im Mauerwerk nicht aufgenommen wird. Beim Nachweis der Einzellast bzw. Lastausbreitung nach DIN 1053-1 wird die Randlage der Einzellast durch die geometrischen Abmessungen des Lastangriffspunktes erfasst (Abb. 2.4.43). Teilflächenpressungen rechtwinklig zur Wandebene z. B. aus horizontaler Anpralllast dürfen nach dem genaueren Berechnungsverfahren der DIN 1053-1 den Wert 0,5 • βR und nach dem vereinfachten Berechnungsverfahren den Wert 0,5 • 2,67 • σ0 = 1,33 • σ0 nicht überschreiten. Bei horizontalen Einzellasten senkrecht zur Wandebene von F ≥ 3 kN ist zusätzlich die Schubspannung in den Lagerfugen der belasteten Einzelsteine nachzuweisen. Bei Loch- und Kammersteinen ist z.B. durch Unterlagsplatten zu gewährleisten, dass die Horizontallast auf mindestens zwei Stege übertragen wird. Dadurch soll eine Überbeanspruchung der Mauersteinwandung vermieden werden.
2.4.42
Aufnahme des Gewölbeschubes ohne statischen Nachweis bei durchlaufenden Kappengewölben über dem Keller
2.4.43
Lastverteilung unter Einzellast
Wandanschlüsse Um die horizontale Halterung tragender und aussteifender Wände zu gewährleisten, müssen sie kraftschlüssig an die Decken und den Dachstuhl angeschlossen werden. Dies kann entweder durch Zuganker oder durch Haftung und Reibung erfolgen. Um zusätzlich die räumliche Steifigkeit eines Gebäudes zu erzielen, sind in allen Außen- und Querwänden, die als vertikale Scheiben der Abtragung horizontaler Lasten (z.B. Wind) dienen, Ringanker zu legen. Dies setzt eine horizontale Scheibentragwirkung der Decken voraus. Wenn Decken ohne Scheibenwirkung (z. B. Holzbalkendecken) oder aus Gründen der unbehinderten Verformbarkeit mit Gleitlagern (z. B. Dachdecke) auf den aussteifenden Wänden aufliegen, ist die horizontale Aussteifung der Wände und somit die Aussteifung des Gebäudes durch Ringbalken oder statisch gleichwertige Maßnahmen zu gewährleisten. Anschluss der Wände an die Decken und den Dachstuhl
Die Notwendigkeit, Wände und Decken miteinander kraftschlüssig zu verbinden, besteht grundsätzlich für alle Wände, also auch für Innenwände oder Trennwände zu benachbarten Gebäuden, soweit die Decken zur seitlichen Halterung der Wände gedacht sind. Anschluss durch Zuganker Zuganker (bei Holzbalkendecken Anker mit Splinten) sind stets in belasteten Wandbereichen und nicht in unbelasteten Brüstungsbereichen anzuordnen. Durch die Auflast ist die Wand erst in der Lage, die Ankerkräfte aufzunehmen und den Kraftschluss mit der
141
Mauerwerkkonstruktionen
2.4.44
Halterungsmöglichkeiten von Giebelwänden
Halterung über ausgesteiften Dachstuhl
Decke zu gewährleisten. Bei fehlender Auflast sind erforderlichenfalls Ringanker anzuordnen. Zur Begrenzung der von der Verankerung aufnehmbaren Kräfte darf der Abstand der Zuganker im Allgemeinen 2,0 m nicht überschreiten. Der Ankerabstand darf in Ausnahmefällen höchstens 4,0 m betragen, wenn aus konstruktiven Gründen keine andere Lösung möglich ist. Bei Wänden, die parallel zur Deckenspannrichtung verlaufen, müssen die Maueranker mindestens einen 1,0 m breiten Deckenstreifen und mindestens zwei Deckenrippen oder zwei Balken, bei Holzbalkendecken drei Balken, erfassen oder in Querrippen eingreifen. Diese Lastverteilung auf mehrere Rippen bzw. Balken ist erforderlich, da ansonsten beim Auftreten der Halterungskräfte die Balken auf seitliche Biegung überbeansprucht werden (Abb. 2.4.46). Über Innenwänden gestoßene Balken, die mit den Umfassungswänden verankert sind, sind am Stoß zugfest zu verbinden. Dies ist erforderlich, um gegenüberliegende Außenwände miteinander zu verbinden und somit erst einen wirksamen Anschluss der Außenwände an die Decken zu gewährleisten. Giebelwände können mit Zugankern an den ausgesteiften Dachstuhl angebunden werden oder sie werden durch Querwände bzw. konstruktive Maßnahmen (z. B. in Decke eingespannte Stahlbetonstützen, gemauerte Pfeilervorlagen) standfest gehalten (Abb. 2.4.44).
Halterung über eingespannte Pfeilervorlage
Anschluss durch Haftung und Reibung Eine gesicherte Halterung von Wänden durch Haftung und Reibung ist bei Massivdecken gegeben, wenn die Auflagertiefe der Decke mindestens 10 cm beträgt. Auf die Anordnung von Zugankern kann dann verzichtet werden. Beim Anschluss durch Haftung und Reibung ist davon auszugehen, dass ein ausreichender Kraftschluss allein bereits durch Haftung zustande kommt, der gegebenenfalls durch Reibung aus Auflast verstärkt wird, deren Vorhandensein jedoch nicht als unbedingt erforderlich gehalten wird. Hiervon kann auch beim Anschluss von Wänden an Ringbalken ausgegangen werden.
2.4.45
Ringanker und Ringbalken
142
Lastverteilung eines Ringankers bei Gebäudeaussteifung mit Deckenscheiben
Ringanker und Ringbalken sind in Wandebene liegende stabförmige Bauglieder. Ringanker nehmen innerhalb der Wandscheibe Zugkräfte auf, die infolge äußerer Lasten oder Verformungsunterschieden entstehen, und erhöhen damit die Stabilität der Wände und des ganzen Gebäudes. Ringbalken übernehmen ebenfalls die Aufgaben von Ringankern, wenn sie als geschlossener Ring um das Gebäude herumgeführt werden. Darüber hinaus nehmen sie noch aufgrund der Bewehrungsanordnung Biegemomente aus rechtwinklig zur Wandebene wirkenden Lasten auf.
Ringanker übernehmen in ihrer Wirkungsweise als Zugglieder das Zusammenhalten des Baukörpers. Sie sind bei Gebäuden, die mehr als zwei Vollgeschosse haben oder länger als 18 m sind, auf allen für die Aussteifung des Baukörpers vorgesehenen Elementen (Außenwände, zweischalige Trennwände, Querwände etc.) in jeder Deckenlage oder unmittelbar darunter anzuordnen. Dabei dürfen Ringanker nur dann unterbrochen werden, wenn ihre Wirkungsweise von anderen Bauteilen, wie z. B. Fensterstürzen oder Podesten im Falle durchgehender Treppenhausfenster, sichergestellt ist. Das Zusammenhalten des Baukörpers durch Ringanker ist auch bei Wänden mit vielen oder besonders großen Öffnungen erforderlich; dies besonders dann, wenn die Summe der Öffnungsbreiten 60% der Wandlänge oder bei Fensterbreiten von mehr als 2/3 der Geschosshöhe 40% der Wandlänge übersteigt. Als weitere Aufgaben übernehmen Ringanker die Zugbandwirkung aus dem Druckbogen der horizontalen Deckenscheibe, die Zugbandwirkung für die vertikale Mauerwerkscheibe sowie die Aufnahme von Zugspannungen im Mauerwerk als Folge auftretender Verformungsunterschiede aus Temperaturänderung, Schwinden oder Setzungsunterschieden des Baugrundes [54] (Abb. 2.4.45). Ringanker dürfen aus Holz, Stahl, bewehrtem Mauerwerk oder Stahlbeton ausgeführt werden. Sie sind unter Gebrauchslast auf eine Zugkraft von 30 kN zu bemessen. Dieser Wert entspricht den zu erwartenden Kräften bei üblichen Gebäudeabmessungen. Sie sind für größere Zugkräfte zu bemessen, wenn eine Berechnung für die Wandscheibe, Deckenscheibe oder Verformungsdifferenz zu größeren Werten führt. Bei Ringankern aus bewehrtem Mauerwerk ist bzgl. Korrosionsschutz, Bewehrungsanordnung und Mörtel- bzw. Betonüberdeckung DIN 1053-3 zu beachten. Ringanker aus Stahlbeton sind mit mindestens zwei durchlaufenden, diagonal angeordneten Betonstählen nach DIN 1045 mit 10 mm Durchmesser zu bewehren. Die Bewehrungsstöße sind nach DIN 1045 auszubilden und möglichst gegeneinander zu versetzen. Bei Ringankern aus bewehrtem Mauerwerk oder Stahlbeton darf auf die erforderliche Bewehrung eine parallel zu ihnen liegende durchlaufende und nicht ausgenutzte Bewehrung mit vollem Querschnitt angerechnet werden, wenn sie in Decken oder Fensterstürzen im Abstand von höchstens 50 cm von der Mittelebene der Wand bzw. der Decke liegen (Abb. 2.4.47). Schäden im Mauerwerk infolge Ringanker können aus den unterschiedlichen Materialien für das Mauerwerk und die Ringanker entstehen. Vor allem verstärkte Temperaturverformungen der Ringanker allgemein sowie das Schwinden von Stahlbeton-Ringankern im Besonderen können zu Rissen im Mauerwerk führen. Die Temperaturverformun-
Wandanschlüsse
gen können durch eine ausreichende Wärmedämmung, das Schwinden durch spätes Ausschalen und Nachbehandeln der Ringbalken minimiert werden. Zur Rissesicherung im Außenputz ist ein Stahlbeton-Ringanker durch Gewebe zu bewehren, oder der Ringanker ist alternativ aus U-Schalen des gleichen Materials und somit des gleichen Putzgrundes wie das umgebende Mauerwerk herzustellen. Dadurch oder durch die Anwendung von bewehrtem Mauerwerk als Ringanker lassen sich die Nachteile des Materialwechsels insgesamt vermeiden. Ringbalken werden nicht nur durch Zugkräfte, sondern auch durch Biegemomente aus horizontalen Kräften beansprucht. Ringbalken sind dann erforderlich, wenn Geschossdecken ohne Scheibenwirkung, z.B. Holzbalkendecken, oder Decken mit darunter angeordneter Gleitschicht die Aussteifung der Wand in Geschosshöhe nicht ermöglichen. Der Ringanker wird zum Ringbalken und übernimmt die Aufgabe der Aussteifung. Er überträgt als horizontal biegesteifer Balken die anfallenden Horizontallasten aus Wind, Umlenkkräften, Erdbeben usw. auf die aussteifenden Querwände (Abb. 2.4.48). Der Ringbalken und die Anschlüsse an die aussteifenden Wände sind für eine horizontale Last von 1/100 der vertikalen Last der Wände und für die anteiligen Windlasten zu bemessen. Bei Ringbalken unter Gleitschichten sind außerdem Zugkräfte aus den verbleibenden Reibungskräften der Decke zu berücksichtigen. Die Aufnahme der Auflagerkräfte der Ringbalken in die aussteifenden Querwände ist nachzuweisen, die Weiterleitung der Kräfte bis zu den Fundamenten ist zu verfolgen. Falls ein Ringbalken nicht gleichzeitig Ringankerfunktionen erfüllt, braucht er nur soweit geführt werden, bis er seine Auflagerkräfte weitergeleitet hat. Ringbalken können in Holz, Stahl oder Stahlbeton ausgeführt werden. Sie müssen dabei so biegesteif sein, dass in dem gehaltenen Mauerwerk keine Risse durch Formänderungen entstehen. Diese Anforderung führt u.U. zu einer Begrenzung der möglichen Spannweite des Balkens. StahlbetonRingbalken werden verbügelt und mit mindestens einem Bewehrungsstab je Ecke des Balkens bewehrt. Hinsichtlich der Problematik der Rissgefährdung im Mauerwerk durch einen Materialwechsel zwischen Wand und Balken sind Ringbalken wie Ringanker zu behandeln. Dies gilt ebenso für die Verwendung von U-Schalen zur Erzielung eines gleichmäßigen Putzgrundes.
2.4.46
Verankerung von Zugankern im Mauerwerk
Verankerung im Mauerwerk in Deckenspannrichtung
Verankerung im Mauerwerk senkrecht zur Deckenspannrichtung
2.4.47 Ausführungsbeispiele für Ringanker mit Anrechenbarkeit parallel liegender Bewehrung
Ortbetondecke mit Ringanker–Bewehrung
Ringanker aus vorgefertigten U–Schalen
Holzbalkendecke mit Stahlbeton–Ringanker
Fertigteildecke mit Stahlbeton–Ringanker
bewehrtes Mauerwerk als Ringanker
maximaler Abstand anrechenbarer parallel liegender Bewehrung
2.4.48 Wirkungsweise eines Ringbalkens
143
Ausführung von Mauerwerk
Ausführung von Mauerwerk Konrad Zilch, Martin Schätz
Die Tragfähigkeit und Gebrauchstauglichkeit von Mauerwerk wird maßgeblich von ihrer Ausführungsqualität bestimmt, insbesondere, da hier alle statisch und bauphysikalisch wichtigen Aufgaben im Gegensatz zum Stahlbeton-, Holz- oder Stahlbau von einem einzigen Baustoff erfüllt werden. Daher gibt es für die Ausführung von Mauerwerk einen eigenen Abschnitt in der Bemessungsnorm DIN 1053-1. Durch diesen soll neben der Erfüllung der zuvor genannten Aufgaben auch das Erscheinungsbild und die Ästhetik von Mauerwerkkonstruktionen gewährleistet werden. Zusätzlich sollen Ausführungsregelungen einer Beeinträchtigung der Mauerwerkqualität infolge des wachsenden Drucks von Kosten- und Arbeitszeitreduzierung sowie stetig sinkendem Ausbildungsniveau auf den Baustellen entgegenwirken. Die Vorgaben für eine sorgfältige Planung und Ausführung von Mauerwerk dienen somit einer möglichst mängelfreien praktischen Umsetzung. Schließlich können Rationalisierungsmaßnahmen wie z.B. Bauen mit großformatigen Steinen, Bauen mit Trocken- oder Bausatzmauerwerk etc. nur dann zu einer Erhöhung der Wirtschaftlichkeit des Mauerwerkbaus führen, wenn dafür besondere Anforderungen an die Ausführungsqualität des Wandkörpers gestellt werden.
Herstellung und Verarbeitung des Mauermörtels auf der Baustelle Herstellung
Bei der Herstellung des Mörtels auf der Baustelle sind Bindemittel, Zusatzstoffe und Zusatzmittel trocken und witterungsgeschützt aufzubewahren. Der Zuschlag muss sauber gelagert werden, damit er nicht durch schädliche Bestandteile wie Salze, Lehm, organische Substanzen oder großkörnige Steine verunreinigt wird. Für das Abmessen der Mörtelbestandteile sind Waagen oder Zumessbehälter wie z. B. Behälter oder Mischkästen mit volumetrischer Einteilung, jedoch keine Schaufeln zu verwenden, um eine gleichmäßige Mörtelzusammensetzung zu gewährleisten. Bei Kleinmengen erfolgt das Mischen in der Mörtelwanne manuell mit einer Sandschaufel oder – vor allem bei Dünnbettmörtel – mit Bohrmaschine und Rührquirl. Im Regelfall wird jedoch ein elektrischer Freifallmischer
144
entsprechender Größe verwendet. Dabei ist eine Mischanweisung deutlich sichtbar am Mischer anzubringen. Die Ausgangsstoffe sind solange zu mischen, bis das Gemisch vergleichmäßigt ist und eine verarbeitungsgerechte Konsistenz aufweist. Aus Rationalisierungsgründen sowie zur Erhöhung der gleichmäßigen Mörtelqualität bzgl. Konsistenz, Verarbeitbarkeit, Festigkeit etc. erlangen werkseitig gemischte Mörtel zunehmend Bedeutung. Dabei wird je nach Lieferform zwischen Werk-Trockenmörtel, Werk-Vormörtel und Werk-Frischmörtel (einschließlich Mehrkammer-Silomörtel) unterschieden. Auf der Baustelle dürfen dem Werk-Vormörtel und dem MehrkammerSilomörtel nur die erforderliche Wassermenge und dem Werk-Vormörtel nur die erforderliche Wasser- und Zementmenge zugegeben werden. Werkmörtel dürfen jedoch keine Zuschläge und Zusätze (Zusatzstoffe und Zusatzmittel) zugefügt werden. Werk-Vormörtel und Werk-Trockenmörtel sind auf der Baustelle in einem Mischer aufzubereiten, WerkFrischmörtel ist gebrauchsfertig in verarbeitbarer Konsistenz zu liefern (siehe »Mauermörtel«). Mauermörtel unterschiedlicher Art und Gruppen dürfen auf einer Baustelle nur dann gemeinsam hergestellt und verwendet werden, wenn eine Verwechslung der Mörtel ausgeschlossen werden kann. Vor allem bei Normalmörtel der Mörtelgruppen II und IIa ist dies zu beachten, da sie sich optisch sehr ähnlich sind. Mörtel enthalten in der Regel Zement als Bindemittel, der mit Wasser bzw. Feuchtigkeit alkalisch reagiert. Haut und Augen sind deshalb zu schützen. Bei Hautkontakt ist diese mit Wasser abzuspülen, bei Augenkontakt sollte ein Arzt aufgesucht werden. Verarbeitung
Für das Vermauern klein- und mittelformatiger Steine bleibt die Maurerkelle das geeignete Werkzeug. Die Dreieckskelle hat eine günstige Schwerpunktlage und beansprucht das Handgelenk des Maurers weniger als die Viereckskelle (Spatel). Deren Vorteile sind jedoch das Aufbringen und gleichmäßigere Verteilen größerer Mörtelmengen als mit der Dreieckskelle. Für das wirtschaftliche Vermauern großformatiger Steine sowie für Einsteinmauerwerk
wurde von der Mauerstein- und Mörtelindustrie der sogenannte Mörtelschlitten entwickelt, der an die Wandbreite angepasst über die Lagerfuge gezogen wird und dabei über eine schlitzartige Öffnung eine gleichmäßige Mörtelmenge auf die Lagerfuge abgibt. Dies ermöglicht in einem Arbeitsgang eine vollflächige, bis zu 10 m lange Fuge konstanter Fugendicke. Bei Dünnbettmörtel werden sogenannte Zahnkellen oder Mörtelwalzen verwendet, die ein gleichmäßiges Aufziehen des Mörtels von nur 1 mm Dicke gewährleisten. Häufig wird der Mauerstein auch nur in den Mörtel eingetaucht und im Verband platziert. Bei stark saugenden Mauersteinen wird dem Frischmörtel vergleichsweise viel Wasser entzogen, wodurch der Erhärtungsprozess des Mörtels, für den eine bestimmte Mindestwassermenge erforderlich ist, u. U. nur unvollständig abläuft. Dadurch »verbrennt« der Mörtel und es stellt sich nur noch ein schlechter Verbund zwischen Mauerstein und Mörtel ein. Verhindert werden kann dies, indem stark saugende Steine ausreichend vorgenässt werden oder aber das Wasserrückhaltevermögen des Mörtels durch Zugabe von Zusatzmitteln verbessert wird. Bei Werkmörteln sind die Empfehlungen der Mörtelhersteller zu beachten. Zusätzlich wird durch das Vornässen bzw. die Verwendung von Zusatzmitteln das Herauslösen von wasserlöslichen Salzen aus den Bindemitteln des Mörtels verringert bzw. vermieden. Bei Verdunstung des Wassers bewirken die Salze an der Steinoberfläche Ausblühungen, die zwar unschädlich jedoch ästhetisch unschön sind und deswegen durch wiederholtes Abbürsten der Steinoberfläche entfernt werden müssen (siehe »Ausführung und Reinigung von Sichtmauerwerk«). Da Mörtel während der Erhärtung aufgrund des Wasserentzuges durch die Mauersteine immer erschwerten Bedingungen ausgesetzt sind, kommt jede Maßnahme zur Vor- und Nachbehandlung von Mauerwerk wie z.B. Vornässen der Steine, Schutz des frischen Mauerwerks vor Regen, starker Sonneneinstrahlung und frühzeitigem Austrocknen durch Abdeckung mit Folie oder Nachbehandlung des Mauerwerks durch Besprühen mit Wasser, der Qualität des Mörtels und damit des Mauerwerks positiv zugute. Dies gilt besonders für die ersten 3–4 Tage nach der Vermauerung [164].
Eignungs- und Güteprüfung
2.5.1
Ausbildung von Stoßfugen
Feuchteschutz der Mauersteine Mauersteine werden im Regelfall auf folienverpackten Paletten geliefert und sind somit bis zum Vermauern vor Durchnässen geschützt. Da durchnässte Steine eine nur ungenügende Mörtelhaftung bewirken und darüber hinaus einen hohen Energiebedarf für das Trocknen des Rohbaus zur Folge haben, müssen bei lang anhaltenden Regenfällen sowohl die unvermauerten Mauersteine als auch einzelne Bauteilbereiche wie Wände, Brüstungen und offene Aussparungen an ihren Oberseiten sowie seitlich heruntergezogen mit Planen oder Folien abgedeckt werden. Diese sind mit Nagelbrettern oder schweren Baustellenmaterialien vor Windsogwirkungen zu sichern. Zusätzlich sind an Dachrinnen bei noch fehlenden Regenfallrohren provisorische Ableitungen anzubringen, um ein örtliches Durchnässen der Mauersteine bzw. des Mauerwerks zu vermeiden. Bei Einhaltung dieser Empfehlungen sind keine Schäden am Mauerwerk, wie z.B. Schwindrisse, Ausblühungen oder reduzierte Verbundfestigkeiten, zu erwarten [175].
Mauern bei Frost Bei Frost darf Mauerwerk nur unter besonderen Schutzmaßnahmen ausgeführt werden. Hierzu gehören für den Temperaturbereich von + 5 °C bis 0 °C das wärmedämmende Abdecken des Mörtelzuschlags und für den Temperaturbereich von 0 °C bis – 5 °C zusätzlich das wärmedämmende Abdecken unvermauerter Steine, das Erwärmen des Anmachwassers und des Zuschlags sowie das Mauern unter Zelten bzw. Winterbauhallen. Bei weiter abnehmenden Temperaturen verlangsamt sich die Festigkeitsentwicklung des Mörtels und kommt bei ca. – 10 °C praktisch zum Stillstand. Bei diesen Temperaturen sollte das Mauern tunlichst vermieden werden. In allen Temperaturbereichen dürfen gefrorene Baustoffe nicht verwendet werden. Des Weiteren muss das frisch erstellte Mauerwerk, insbesondere feingliedrige Bauteile und Pfeiler, durch Abdecken mit einer Dämmmatte vor Frost und Niederschlägen geschützt werden. Unterbleiben solche Maßnahmen, darf auf dann gefrorenem Mauerwerk nicht weiter gemauert werden. Teile von Mauerwerk, die durch Frost geschädigt sind, müssen vor dem Weiterbau entfernt
werden. In keinem Fall dürfen Frostschutzmittel und Tausalze verwendet werden, da es hierdurch an den Mauersteinen zu Ausblühungen (z.B. Salzablagerungen) und Schäden (z.B. Abplatzungen durch Salzkristallbildung) kommen kann [54; 164; 214].
Eignungs- und Güteprüfung Nach DIN 1053 ist ein Nachweis über die Eigenschaften der Baustoffe zu führen. Dieser wird mit der Eignungs- und Güteprüfung erfüllt. Bei der Eignungsprüfung wird festgestellt, ob bestimmte Ausgangsstoffe in Art und Menge zur Herstellung eines Baustoffes mit definierten Eigenschaften z. B. Festigkeit, Rohdichte etc. geeignet sind. Die Eignungsprüfung wird vor der eigentlichen Produktion des Baustoffes bzw. Ausführung des Mauerwerks durchgeführt. Mit der Güteprüfung wird an Stichproben an dem für den Einbau vorgesehenen Baustoff parallel zur Bauausführung kontrolliert und nachgewiesen, dass die für den Einsatz vorgesehenen Baustoffeigenschaften erreicht wurden. Die Qualitätssicherung von Mauersteinen erfolgt im Rahmen der werkseigenen Produktionskontrolle und einer regelmäßigen Fremdüberwachung. Die Anforderungen dafür sind in den einzelnen Mauersteinnormen festgelegt. Die werkseigene Produktionskontrolle ist dabei die vom Mauersteinhersteller vorzunehmende kontinuierliche Überwachung der Produktion, um damit zu gewährleisten, dass die hergestellten Mauersteine den maßgebenden technischen Regeln entsprechen. Im Rahmen der Fremdüberwachung werden die werkseigene Produktionskontrolle sowie die dafür erforderlichen personellen und gerätemäßigen Voraussetzungen von einer anerkannten Überwachungsstelle überprüft. Bei Mörteln ist eine Eignungsprüfung nach DIN 1053-1, Anhang A. 5 nur dann erforderlich, wenn die Brauchbarkeit des Zuschlags nachzuweisen ist oder wenn Zusatzstoffe und Zusatzmittel verwendet werden. Ferner ist die Eignungsprüfung bei Werkmörtel einschließlich Leicht- und Dünnbettmörtel sowie als Vorprüfung bei Bauwerken mit mehr als sechs gemauerten Vollgeschossen durchzuführen (Abb. 2.1.28). Die Güteprüfung des Mörtels auf der Baustelle ist vom bauausführenden Unternehmer im Rah-
men der Kontrollen und Güteprüfungen für Rezeptmauerwerk (RM) bzw. Mauerwerk nach Eignungsprüfung (EM) eigenverantwortlich durchzuführen. Qualitätssicherung von Rezeptmauerwerk (RM)
Für das Rezeptmauerwerk sind keine Eignungs- und Güteprüfungen erforderlich, da dieses Mauerwerk basierend auf langjährigen Erfahrungen »rezeptmäßig« aus genormten Mauersteinen und Mauermörteln hergestellt wird. Hinsichtlich der für RM verwendeten Mauersteine muss der bauausführende Unternehmer die Übereinstimmung der Angaben auf dem Lieferschein bzw. Beipackzettel mit den bauaufsichtlichen Unterlagen kontrollieren. Hinsichtlich des verwendeten Mauermörtels ist bei Baustellenmörtel während der Bauausführung regelmäßig die Einhaltung des Mischungsverhältnisses nach DIN 1053-1, Tabelle A.1 (Abb. 2.1.25) oder nach Eignungsprüfung zu kontrollieren. Bei Werkmörteln sind die Angaben des Lieferscheins bzw. Verpakkungsaufdrucks bzgl. Mörtelart und Mörtelgruppe mit den bautechnischen Unterlagen und die Sortennummer und das Lieferwerk mit der Bestellung zu vergleichen. Bei Mörteln der Gruppe IIIa ist an je drei Prismen aus drei verschiedenen Mischungen je Geschoss, jedoch mindestens je 10 m3 Mörtel, die Mörteldruckfestigkeit nach DIN 18 555-3 zu bestimmen und mit den Anforderungen der DIN 1053-1, Tabelle A.2 zu überprüfen. Bei Gebäuden mit mehr als sechs gemauerten Vollgeschossen ist die geschossweise Güteprüfung, mindestens aber je 20 m3 Mörtel, auch bei Normalmörtel der Gruppen II, IIa und III sowie bei Leicht- und Dünnbettmörtel durchzuführen. Dadurch wird den erhöhten Anforderungen an die Tragfähigkeit des Mauerwerks und somit an die erforderliche Gleichmäßigkeit der Mörteleigenschaften in den unteren Geschossen Rechnung getragen. Da die erhöhten Anforderungen bei den obersten drei Geschossen nicht mehr erforderlich sind, darf dort auf diese Erweiterung der Güteprüfung verzichtet werden. Qualitätssicherung von Mauerwerk nach Eignungsprüfung (EM)
Für Mauerwerk nach Eignungsprüfung sind zur Festlegung der Mauerwerkfestigkeitsklasse Eignungsprüfungen nach DIN 1053-2 notwendig. Dabei erfolgt die Einstufung der
145
Ausführung von Mauerwerk
Stoß- und Lagerfugen
2.5.2 Stumpfstoß
Mauerwerkfestigkeitsklasse über eine Druckfestigkeitsbestimmung des Mauerwerks an Prüfkörpern nach DIN 18 554-1 und der Ausstellung eines Einstufungsscheins. Dieser muss der Baustelle vor Beginn der Baumaßnahme mit EM-Mauerwerk zur Verfügung gestellt werden. Die Eignungsprüfung muss von einer dafür amtlich anerkannten Materialprüfstelle durchgeführt werden. Sie ist zu wiederholen, wenn für das EM-Mauerwerk Steine mit einem anderen Lochbild verwendet werden bzw. wenn durch Veränderungen in der Rohstoffzusammensetzung oder im Produktionsverfahren für die Steine Einflüsse auf die Mauerwerkfestigkeit des EM-Mauerwerks zu erwarten sind. Eine Güteprüfung des Mauerwerks nach Eignungsprüfung ist nicht erforderlich. Für die Ausführung des EM-Mauerwerks auf der Baustelle ist zur Kontrolle der Ausgangsstoffe jeder Mauersteinlieferung ein Beipackzettel beizufügen, aus dem neben der Norm-Bezeichnung des Steines einschließlich der EM-Kennzeichnung die Steindruckfestigkeit nach Einstufungsschein, die Mörtelart und -gruppe, die Mauerwerkfestigkeitsklasse, die Einstufungsschein-Nr. und die ausstellende Prüfstelle ersichtlich sind. Der Lieferschein und der Beipackzettel sind mit den bautechnischen Unterlagen auf Übereinstimmung zu kontrollieren. Hinsichtlich des verwendeten Mörtels ist bei Baustellenmörtel während der Bauausführung regelmäßig die Einhaltung des Mischungsverhältnisses nach dem Einstufungsschein zu kontrollieren. Bei Werkmörtel sind die Angaben des Lieferscheins bzgl. der Mörtelart und -gruppe, des Herstellerwerkes und der Sorten-Nr. mit den Angaben im Einstufungsschein auf Übereinstimmung zu vergleichen. Bei allen Mörteln ist wie bei der Qualitätssicherung von Rezeptmauerwerk die Mörteldruckfestigkeit nach DIN 18555-3 zu bestimmen und mit den Anforderungen der DIN 1053-1, Tabellen A. 2, A. 3 und A.4 zu überprüfen. Diese Kontrollen sind für jeweils 10 m3 verarbeiteten Mörtels, mindestens aber je Geschoss vorzunehmen.
146
Fugen im Mauerwerk müssen vor allem die Kraftübertragung von Stein zu Stein gewährleisten und für eine gleichmäßige Belastung der Steine sorgen. Darüber hinaus dienen sie auch dem Ausgleich der Steintoleranzen und haben im Hinblick auf die Bauphysik und die Schlagregen- und Risssicherheit des Außenputzes große Bedeutung. Die Lagerfugen sind stets vollflächig zu vermörteln, da sie eine statisch wichtige Funktion für das Tragverhalten von Mauerwerk übernehmen, z.B. gleichmäßige Übertragung von vertikalen Druckspannungen sowie von Zug- und Schubspannungen durch Haftung und Reibung. Hohlräume in den Lagerfugen und unterschiedliche Fugendicken bewirken Spannungskonzentrationen, die zu verminderter Traglast und erhöhter Rissgefahr führen. Die Dicke der Lagerfugen beeinflusst über das Querdehnverhalten die Querzugbeanspruchung der Steine und ist somit mit entscheidend für die Drucktragfähigkeit des Mauerwerks. Dicke Lagerfugen sind deswegen statisch ungünstiger, andererseits ist eine Mindestdicke für den Toleranzausgleich der Steine und der Ausführung erforderlich. Die Dicke der Lagerfugen beträgt bei Normalund Leichtmörtel etwa 12 mm, bei Mittelbettmörtel zwischen 5 und 7 mm und bei Dünnbettmörtel in Verbindung mit Plansteinen zwischen 1 und 3 mm. Die Stoßfugen haben eine wesentlich unbedeutendere statische Funktion als die Lagerfugen, da sie sich nicht an der Aufnahme von Zugund Schubspannungen beteiligen. Deshalb ist es zulässig, die Stoßfugen vollständig vermörtelt, teilvermörtel oder unvermörtelt auszuführen. Es ist jedoch zu beachten, dass die Risssicherheit bei teil- oder unvermörtelten Stoßfugen erkennbar abnimmt, da sich die Steine gegenseitig nicht mehr in dem Maße abstützen können wie dies bei vollständig vermörtelten Stoßfugen der Fall ist (Abb. 2.5.1).
gen, so dass sichtbare Stoßfugen mit Dicken entsprechend der bei vollflächiger Vermörtelung der Stoßfugen entstehen, oder die Steine werden knirsch verlegt und die Mörteltaschen später verfüllt. Bei der knirschen Verlegung der Steine werden diese so dicht aneinander gereiht, wie es die herstellungsbedingten Unebenheiten der Stoßfugenflächen ermöglichen. Der Abstand der Steine soll dabei im Allgemeinen nicht mehr als 5 mm betragen. Wird dieses Maß überschritten, so sind die Fugen zusätzlich beidseitig an der Wandoberfläche mit Mörtel zu verfüllen, um einen gleichmäßig ebenen Putzgrund sicherzustellen. Vermauerung ohne Stoßfugenvermörtelung
Die unvermörtelte Stoßfuge gewinnt wegen des verringerten Arbeits- und Mörtelbedarfs zunehmend an Bedeutung. Dabei sind jedoch geeignete Maßnahmen zur Einhaltung der Anforderungen an die Bauteile bzgl. des Schlagregenschutzes (z. B. Außenputz, Bekleidung), Wärmeschutzes (z. B. ausreichende Wanddicke, zusätzliche Wärmedämmschichten), Schallschutzes (Flächengewicht durch schwere Steine) und Brandschutzes besonders zu beachten. Mauerwerk ohne Stoßfugenvermörtelung wird entweder aus stumpf gestoßenen Steinen oder aus Steinen mit Nut- und Federsystem erstellt. Hierbei werden die Steine knirsch bzw. ineinander verzahnt versetzt. Durch diese Vermauerungsart wird ein optimal homogenes Mauerwerk erreicht. Bei Stoßfugenbreiten größer 5 mm müssen die Fugen beim Mauern beidseitig an der Wandoberfläche mit Mörtel verschlossen werden, um einen ebenen Putzgrund herzustellen. Hinsichtlich der statischen Bemessung von Mauerwerk mit unvermörtelten Stoßfugen ist zu beachten, dass beim Schubnachweis die zulässig abgeminderte Haftscherfestigkeit σ 0HS zu halbieren ist, und dass bei Kellerwänden der Erddruck nur einachsig, in vertikaler Richtung abgetragen werden darf.
Vermauerung mit Stoßfugenvermörtelung
Anschlüsse von Querwänden
Die Vermörtelung der Stoßfugen ist erforderlich bei der Ausführung von bewehrtem Mauerwerk, von einschaligem Mauerwerk ohne Putz, bei dem Wind- und Schlagregendichtigkeit gefordert ist, in der Druckzone von Flachstürzen sowie bei Kelleraußenwänden in Abhängigkeit von der Lastabtragung. Die Stoßfugen gelten dabei als vermörtelt, wenn mindestens die halbe Wanddicke vermörtelt ist. Die Ausbildung der Stoßfugenvermörtelung hängt von der Steinform ab. Eine vollflächige Vermörtelung der Stoßfuge wird hauptsächlich bei klein- und mittelformatigen Mauersteinen ausgeführt. Die Dicke der Stoßfugen soll dann bei Normal- und Leichtmörtel 10 mm und bei Dünnbettmörtel 1 bis 3 mm betragen. Bei Mauersteinen mit Mörteltaschen wird der Mörtel entweder auf die Steinflanken aufgetra-
Bei der Bauausführung ist darauf zu achten, dass die bei der statischen Bemessung einer Wand angenommenen unverschieblich gehaltenen Bauteilränder (zwei-, drei- oder vierseitige Halterung) bauseits auch ausgeführt werden. Eine unverschiebliche Halterung der auszusteifenden Wand ist nur dann gewährleistet, wenn die auszusteifende Wand und die aussteifende Wand aus Baustoffen annähernd gleichen Verformungsverhaltens bestehen, die Wände zug- und druckfest miteinander verbunden sind, und wenn ein Abreißen der Wände infolge stark unterschiedlicher Verformung nicht zu erwarten ist (siehe »Aussteifung von Wänden«). Eine zug- und druckfeste Verbindung kann durch ein gleichzeitiges Hochführen der
Anschlüsse von Querwänden
Wände im Verband (Einbindung) oder durch die Ausführung des Wandanschlusses in Stumpfstoßtechnik erzielt werden.
2.5.3
Ausbildung von Wandeinbindungen
2.5.4
Stumpfstoßtechnik und verschiedene Ankertypen
Einbindungen
Als vollwertige Einbindung bereits auch für den Bauzustand gelten nur die liegende Verzahnung (Abtreppung) und die stehende Verzahnung als Wandvorlage mit einer Wandlänge von mindestens 1/5 der Wandhöhe (Abb. 2.5.3). Für beide Einbindungsformen ist auf der Baustelle ein hoher Platzbedarf erforderlich, der aus arbeitstechnischen Gründen, z.B. um das Aufstellen von Gerüsten zu erleichtern oder um die Verkehrswege auf der Geschossdecke freizuhalten, häufig nicht zur Verfügung gestellt werden kann. Zur Verbesserung des Bauablaufes kann deswegen als statisch gleichwertige Maßnahme die Loch- oder Stockverzahnung ausgeführt werden (Abb. 2.5.3). Bei diesen Einbindeformen werden die Wand und Querwand nicht gleichzeitig hochgeführt, die Halterung und Aussteifung wird folglich erst zu einem späteren Zeitpunkt erzielt. Der zug- und druckfeste Anschluss entsteht durch die Übertragung der Druckkraft über die jeweilige Einbindung und der Zugkraft mit Hilfe von Bewehrung. Diese ist mit ausreichender Einbindelänge in den Lagerfugen einzubauen und vor Korrosion zu schützen. Wird auf eine Zugkraftübertragung verzichtet, sind diese beiden Einbindungen nur als druckfeste Anschlüsse zu betrachten. Stumpfstoßtechnik
Mit der Stumpfstoßtechnik können die Einbindungen vereinfacht werden. Dabei werden die Wände ohne Einhaltung der Verbandsregeln gegeneinander gestoßen. Somit können sie zeitlich versetzt hergestellt werden (2.5.2). Die zugfeste Verbindung wird durch in die Lagerfugen eingelegte Anker erzielt, die statisch nachzuweisen sind. Bei einer zeitlich versetzten Herstellung der Wände und Querwände werden die Anker bis zum Gegenmauern der Querwände nach oben oder unten gebogen, um Verletzungen vorzubeugen (Abb. 2.5.4). Die Stumpfstoßtechnik darf nur bei Innenwänden angewendet werden, während die Außenecken der Wände grundsätzlich durch Verzahnungen einzubinden sind. Damit die Stumpfstöße ausreichend druckkraftschlüssig und genügend dicht gegen den Durchtritt von Luftschall sind, werden sie in jeder Schicht vollfugig vermörtelt. Die Anker sind nach DIN 1045, Abschnitt 19.8.3 so zu bemessen, dass in den Drittelspunkten der Wandhöhe jeweils 1/100 der vertikalen Last der tragenden Wand übertragen wird. Unter diesen Voraussetzungen können die ausgesteiften Wände als drei- oder vierseitig gehalten nachgewiesen werden. Zur Vermeidung einer Anhäufung von Ankerblechen
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Ausführung von Mauerwerk
2.5.5 1 Wanddicke
Ohne Nachweise zulässige Schlitze und Aussparungen in tragenden Wänden (Maße in mm) 2 3 Horizontal und schräge Schlitze1) nachträglich hergestellt
4 5 6 Vertikale Schlitze und Aussparungen nachträglich hergestellt
7 8 9 10 Vertikale Schlitze und Aussparungen in gemauertem Verband Mindestabstand der
Schlitze und Aussparungen Abstand der Breite5) Restwandvon unter≤ 1,25 m lang2) Schlitze und dicke Öffnungen einander Tiefe Aussparungen von Öffnungen ≥ 115 – – ≤ 10 ≤ 100 ≥ 115 – – ≥ 2fache ≥ Schlitz≥ 175 0 ≤ 25 ≤ 30 ≤ 100 ≥ 115 ≤ 260 ≥ 115 Schlitzbreite breite ≥ 240 ≤ 15 ≤ 25 ≤ 30 ≤ 150 ≥ 115 ≤ 385 ≥ 115 bzw. ≥ 240 ≥ 300 ≤ 20 ≤ 30 ≤ 30 ≤ 200 ≥ 115 ≤ 385 ≥ 175 ≥ 365 ≤ 20 ≤ 30 ≤ 30 ≤ 200 ≥ 115 ≤ 385 ≥ 240 1) Horizontale und schräge Schlitze sind nur zulässig in einem Bereich < 0,4 m ober- oder unterhalb der Rohdecke sowie jeweils an einer Wandseite. Sie sind nicht zulässig bei Langlochziegeln. 2) Mindestabstand in Längsrichtung von Öffnungen ≥ 490 mm, vom nächsten Horizontalschlitz zweifache Schlitzlänge. 3) Die Tiefe darf um 10 mm erhöht werden, wenn Werkzeuge verwendet werden, mit denen die Tiefe genau eingehalten werden kann, z.B. Mauerfräsen, Mauernutsägen etc. Bei Verwendung solcher Werkzeuge dürfen auch in Wänden ≥ 240 mm gegenüberliegende Schlitze mit jeweils 10 mm Tiefe ausgeführt werden. 4) Schlitze, die bis maximal 1 m über den Fußboden reichen, dürfen bei Wanddicken ≥ 240 mm bis 80 mm Tiefe und 120 mm Breite ausgeführt werden. 5) Die Gesamtbreite von Schlitzen nach Spalte 5 und Spalte 7 darf je 2 m Wandlänge die Maße in Spalte 7 nicht überschreiten. Bei geringeren Wandlängen als 2 m sind die Werte in Spalte 7 proportional zur Wandlänge zu verringern. Schlitzlänge unbeschränkt Tiefe3)
Tiefe4)
in den Drittelspunkten dürfen diese auch über die Geschosshöhe verteilt werden, z.B. auf jede oder jede zweite Lagerfuge. Bei nur zweiseitig gehaltenen Wänden wird empfohlen, die Querwände konstruktiv mit Ankern anzuschließen. Beim statischen Nachweis der Wände dürfen für diese trotz eingelegter Anker nur Rechteckquerschnitte und nicht zusammengesetzte Querschnitte angesetzt werden. Als Anker haben sich vor allem gelochte Flachanker aus nichtrostendem Stahl (EdelstahlFlachanker) mit den Abmessungen 300 • 22 • 0,75 mm oder paarweise eingelegte V4ADrahtanker bewährt, die z. B. auch für zweischalige Wände verwendet werden. Die Anwendung der Stumpfstoßtechnik hat mehrere wesentliche Vorteile für den Arbeitsablauf und das spätere Verhalten der Wände: • Die Wände können einzeln ohne störende Verzahnungen in einem Arbeitsgang hochgemauert werden. Durch den Wegfall der Verzahnungen verringert sich der Arbeitszeitbedarf erheblich. Zusätzlich wird durch die glatten Wandflächen und fehlenden Einbindungen das Aufstellen und Versetzen von Arbeitsgerüsten und Bühnen wesentlich erleichtert. • Durch den glatten Wandanschluss sind weniger Ergänzungssteine erforderlich und es entstehen keine Verbandsprobleme an Mauerkreuzungen und -stößen. • Die beiden zusammenstoßenden Wände können ohne Einbindeprobleme mit unterschiedlichen Schichthöhen gemauert werden, d. h. Wände aus Steinen mit unterschiedlichen Höhen und Formaten, jedoch angepasst an das Oktametersystem sind problemlos kombinierbar. • Durch den Stumpfstoß können keine Wärmebrücken mehr aus der Einbindung von Innenwänden höherer Rohdichte mit Außenwänden niedrigerer Rohdichte entstehen.
148
Einzelschlitzbreite5)
• Bei unterschiedlichen Steinarten in den beiden Wänden sind die Auswirkungen von Langzeitverformungen weniger kritisch, da durch die Anker eine gewisse vertikale Verformungsmöglichkeit bei gleichzeitigem druck- und zugfestem Anschluss der Wände bestehen bleibt [71; 211; 214].
Schlitze und Aussparungen Schlitze und Aussparungen werden für alle Arten von Installationen verwendet, z.B. bei Heizungs-, Wasser-, Abwasser- und Elektroleitungen sowie für die Be- und Entlüftung. Wegen ihrer Bedeutung für die Standsicherheit der Wände sollten frühzeitig Schlitzpläne erstellt werden, die bei der statischen Nachweisführung der Mauerwerkwände zu berücksichtigen sind, oder es sollte zumindest die Anordnung der Schlitze und Aussparungen vor der Bauausführung in statischer Hinsicht überprüft werden. Planmäßig im Verband gemauerte oder durch U-Schalen bzw. Schacht- und Elektroinstallationssteine (siehe »Sonderformate, Sonderbauteile«) hergestellte Schlitze und Aussparungen sollten in den Ausführungsplänen berücksichtigt werden. Sie sind im Regelfall exakter und weniger zeit- und kostenintensiv als nachträglich gefräste oder gar gestemmte Schlitze. Beim Fräsen und Stemmen ist darauf zu achten, dass die planmäßigen Abmessungen der Schlitze nicht überschritten werden. Schlitze und Aussparungen können die Tragfähigkeit von Wänden erheblich reduzieren, da dadurch neben der Querschnittsfläche vor allem auch die Biegesteifigkeit der Wand verringert und die Exzentrizität in der Restfläche verändert wird. Vertikal verlaufende Schlitze wirken sich bei einachsig gespannten Wänden nur über die Verringerung der Querschnittsfläche aus. Ihr
Einfluss auf die Tragfähigkeit der Wand ist somit nur von untergeordneter Bedeutung. Bei zweiachsig gespannten Wänden hingegen, deren Tragfähigkeitserhöhung auf Queraussteifung und somit auf horizontale Biegemomente beruht, können vertikale Schlitze die horizontale Spannrichtung sehr stark beeinflussen. Ihr Einfluss wird bei der Festlegung einer drei- oder vierseitigen Halterung einer Wand dadurch berücksichtigt, dass im Bereich vertikaler Schlitze nur die Restwanddicke angesetzt werden darf oder an dieser Stelle ein freier Rand anzunehmen ist. Von einem freien Rand ist auch dann auszugehen, wenn die Restwanddicke kleiner als die halbe Wanddicke oder kleiner als 11,5 cm ist. Horizontal verlaufende Schlitze sind möglichst zu vermeiden, da sie über ihre Länge die Querschnittsfläche und somit die Biegesteifigkeit verringern und gleichzeitig in der Restfläche die Exzentrizität ungünstig erhöhen. Um den Aufwand der statischen Nachweise zu verringern, sind in der DIN 1053-1, Tabelle 10 diejenigen Grenzabmessungen für Schlitze und Aussparungen angegeben, bei deren Einhaltung die Auswirkung auf die Tragfähigkeit der Wand so gering ist, dass sie bei der Bemessung des Mauerwerks unberücksichtigt bleiben können (Abb. 2.5.5 und 2.5.6). Zusätzlich kann bei vertikalen Schlitzen und Aussparungen auch dann der Nachweis entfallen, wenn die Querschnittsschwächung – bezogen auf ein Meter Wandlänge – nicht mehr als 6% beträgt und die Wand nicht dreioder vierseitig gehalten gerechnet wird. Hierbei müssen eine Restwanddicke nach DIN 1053-1, Tabelle 10, Spalte 8 und ein Mindestabstand nach Spalte 9 eingehalten werden (Abb. 2.5.5). Weichen die Abmessungen der Schlitze und Aussparungen von den Tabellenwerten bzw. der Zusatzregelung für vertikale Schlitze ab, sind sie bei der Bemessung des Mauerwerks zu berücksichtigen.
Ausführung und Reinigung von Sichtmauerwerk
Da die Regelungen der Tabelle 10 trotz der grafischen Darstellung in 2.5.6 für den Praktiker sehr unanschaulich sind, sollten folgende Empfehlungen bei der Bauausführung beachtet werden: • Schlitze und Aussparungen sollten einen möglichst großen Abstand von hochbelasteten Mauerwerkbereichen wie z.B. Auflagerbereiche unter Stürzen und Öffnungen haben. Sie sollten nicht in Pfeilern und Schornsteinwangen angeordnet werden. • Um den Querschnitt so wenig wie möglich zu schwächen, sollte die Tiefe der Schlitze und Aussparungen so gering wie möglich sein, maximal 30 mm. • Horizontale Schlitze sollten nur dicht unter der Decke oder über dem Fußboden angebracht werden, da in diesen Bereichen der Einfluss auf das Tragverhalten der Wand (Knicksicherheit) am geringsten ist. • Wände unter 175 mm Wanddicke sollten möglichst nicht geschlitzt werden. • Da Schlitze und Aussparungen neben dem Tragverhalten auch die Schall- und Wärmeschutzeigenschaften der Wand erheblich verschlechtern, sind statt dessen möglichst »Vorwand-Installationen« zu bevorzugen. Dabei werden alle Rohrleitungen vor den Wänden oder in Installationsschächten eingebaut. Beim Innenausbau werden die Installationen ausgemauert, erhalten eine Vor- oder Ausmauerung, oder werden verkleidet.
Ausführung und Reinigung von Sichtmauerwerk Bei der Planung und Ausführung von Sichtund Verblendmauerwerk müssen bestimmte Ausführungsregeln beachtet werden, um die Ästhetik, Gebrauchstauglichkeit und Dauerhaftigkeit des Mauerwerks zu gewährleisten. Dies gilt vor allem bei Außenwänden in Sichtmauerwerk, die häufigem Schlagregen ausgesetzt sind. Hierbei wird vor allem die Gefahr der Wanddurchfeuchtung häufig unterschätzt, die auf einen falschen Wandaufbau, konstruktive Fehler, Mängel in der Ausführung oder auf eine falsche Baustoffwahl zurückzuführen ist, und deren Schäden nur durch eine Sanierung des Sichtmauerwerks beseitigt werden können. Ausführungsgrundsätze
Sicht- und Verblendmauerwerk sollte nur von freistehenden Gerüsten aus – ohne Gerüstsicherungslöcher – hochgemauert werden, da deren nachträgliche fachgerechte Schließung problematisch ist. Bei längeren Arbeitsunterbrechungen und bei Regen ist die oberste Mauerwerkschicht durch Abdeckungen zu schützen. Bei Regen sollte das Mauern möglichst ver-mieden werden, bei Frost darf ab bestimmten Temperaturen nicht gemauert werden (siehe »Mauern bei Frost«).
Da schon eine sehr geringe Unregelmäßigkeit, z.B. eine außermittige Lage der Stoßfugen ober- und unterhalb eines Binders vom Betrachter als unangenehm empfunden wird und der Betrachtungsabstand bei Sichtmauerwerk meist sehr gering ist, muss besonders sorgfältig gemauert werden. Hierzu gehört auch die Einlotung von Stoßfugen oder Bindern, die nach dem Verband übereinander liegen sollen, da sich Abweichungen von wenigen Millimetern über die volle Wandhöhe beträchtlich aufsummieren können. Zur Erzielung eines gleichmäßigen Farbspiels in der Sichtmauerwerkfläche müssen sämtliche für den Bau oder für zusammenhängende Abschnitte benötigten Mauersteine zusammen von einem Herstellerwerk bestellt und aus mehreren Paketen quergemischt werden. Gegebenenfalls ist auf der Baustelle eine Musterwand zur Beurteilung des Steinmaterials (gleichbleibende Farbgebung und Maßgenauigkeit), des Verbandes, der Fugenausbildung etc. zu erstellen. Steine für Sichtmauerwerk müssen auf Paletten, in Paketen oder Behältern vorsichtig transportiert und gestapelt werden, um Kantenabplatzungen zu vermeiden. Darüber hinaus sind sie gegen Witterungseinflüsse, Verschmutzungen und Beschädigungen zu schützen. Beschädigte Steine sind entweder auszusortieren oder so zu verarbeiten, dass die beschädigte Stelle nicht sichtbar ist. Eine wichtige Voraussetzung für ein dauerhaftes Sichtmauerwerk ist die materialgerechte Verarbeitung der Verblendsteine. Sie muss an die unterschiedliche Porosität der verschiedenen Materialien angepasst sein. Saugende Steine müssen vor ihrer Verarbeitung vorgenässt werden, damit sie dem Mauermörtel nicht zu viel Anmachwasser entziehen. Der Grenzwert dafür liegt bei 15 g/(dm 2 • min). Bei einer geringeren Wasseraufnahme ist Vornässen nicht erforderlich. Wird auf ein erforderliches Vornässen verzichtet, können sich Absetzrisse zwischen Stein und Mörtel (Schrumpfrisse) oder ausgetrocknete Haftzonen im Mörtel bilden, die bei Schlagregen das rasche Eindringen von Wasser ins Sichtmauerwerk begünstigen. Wenig saugende Mauersteine müssen dagegen im trockenen Zustand vermauert werden. Dabei ist unter Umständen die Plastizität des Mauermörtels herabzusetzen, um ein Schwimmen aufgrund des geringen Saugvermögens der Steine zu vermeiden. Zur Herstellung von vollflächigen und hohlraumfreien Fugen sind die Steinflanken volldeckend mit Mörtel zu versehen und der Stein dann unter Ausquetschen von Überschussmörtel an den bereits vermauerten Nachbarstein anzudrücken. Eventuell erforderliche Längsfugen bleiben dabei zunächst frei. Sie werden nach jeder erstellten Steinlage mit Gießmörtel verfüllt [162]. Frische Fugen sind mindestens drei bis fünf
2.5.6
Grafische Darstellung der ohne rechnerischen Nachweis zulässigen Schlitze und Aussparungen in tragenden Wänden (Maße in mm)
d
Nachträglich hergestellte horizontale und schräge Schlitze Wanddicke Schlitzlänge unbeschränkt ≤ 1,25 m lang2) d Tiefe3) Tiefe3) ≥ 115 – – ≥ 175 0 ≤ 25 ≥ 240 ≤ 15 ≤ 25 ≥ 300 ≤ 20 ≤ 30 ≥ 365 ≤ 20 ≤ 30 2) Mindestabstand in Längsrichtung von Öffnungen ≥ 490 mm, vom nächsten Horizontalschlitz zweifache Schlitzlänge. 3) Die Tiefe darf um 10 mm erhöht werden, wenn Werkzeuge verwendet werden, mit denen die Tiefe genau eingehalten werden kann, z. B. Mauerfräsen, Mauernutsägen etc. Bei Verwendung solcher Werkzeuge dürfen auch in Wänden ≥ 240 mm gegenüberliegende Schlitze mit jeweils 10 mm Tiefe ausgeführt werden.
d Nachträglich hergestellte vertikale Schlitze und Aussparungen Wanddicke Tiefe 4) Einzel Abstand der Schlitze schlitzund Aussparungen d breite von Öffnungen ≥ 115 ≤ 10 ≤ 100 ≥ 115 ≥ 175 ≤ 30 ≤ 100 ≥ 115 ≥ 240 ≤ 30 ≤ 150 ≥ 115 ≥ 300 ≤ 30 ≤ 200 ≥ 115 ≥ 365 ≤ 30 ≤ 200 ≥ 115 4) Schlitze, die bis maximal 1 m über den Fußboden reichen, dürfen bei Wanddicken ≥ 240 mm bis 80 mm Tiefe und 120 mm Breite ausgeführt werden.
149
Ausführung von Mauerwerk
2.5.7
Ausführung des Fugenglattstrichs / Fugenverstrich
Tage lang nachzubehandeln (siehe »Herstellung und Verarbeitung des Mauermörtels auf der Baustelle«). Hinsichtlich der Anforderungen an das Verfugen siehe Kapitel »Verfugung«. Reinigung von Sichtmauerwerk
Für eine effektive Reinigung von Sichtmauerwerk muss zuerst nach den verschiedenen Verschmutzungsarten unterschieden werden. Die häufigste und zugleich am einfachsten zu entfernende Verunreinigung ist die durch Mörtel und Bindemittel während der Herstellung. Nach Fertigstellung des Sichtmauerwerks können Ausblühungen sowie Auslaugungen infolge Kalk entstehen. Schließlich kann das Sichtmauerwerk mit zunehmender Lebensdauer durch atmosphärische Verschmutzungen verunreinigt werden. Der Verunreinigung des Sichtmauerwerks während des Bauzustandes kann am Einfachsten durch die sofortige Beseitigung der noch frischen Mörtelreste bzw. Zementspritzer parallel zur Erstellung des Mauerwerks oder benachbarter Bauteile entgegengewirkt werden. Die Reinigung erfolgt dabei mittels Wasser, Bürste und Schwamm. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch die Vermeidung von Verschmutzungen: Mörtelbehälter sollten in genügendem Abstand von der Fassade aufgestellt werden, frisches Mauerwerk ist durch Folienabdeckung vor Mörteloder Zementspritzern während des Betonierens oder Putzens von Decken etc. zu schützen. Ausblühungen bilden sich häufig dann, wenn größere Wassermengen in das Mauerwerk gelangen (z.B. Anmachwasser des Mörtels, schadhafte oder unzweckmäßig ausgebildete Dachtraufen, undichte Mauerkronen etc.) und dort ausblühfähige Stoffe aus dem Mörtel und den Mauersteinen lösen, z.B. Calciumhydroxid, Natrium- und Magnesiumsulfat, Chloride und Nitrate. Durch die Saugfähigkeit der Steine werden die gelösten Stoffe an die Steinoberfläche transportiert und an der Stelle abgeschieden, an der das Wasser bevorzugt verdunstet, z.B. an vorspringenden Pfeilern und Gebäudekanten infolge erhöhter Windgeschwindigkeiten. Ausblühungen, die während des Mauerns durch Lösung von ausblühfähigen Stoffen im Mörtel
150
entstehen (Calciumcarbonat), können durch Vornässen und somit Reduzierung der Saugfähigkeit der Mauersteine vermieden werden. Unter Witterungseinwirkung verschwinden die meisten Ausblühungen wieder nach verhältnismäßig kurzer Zeit. Ansonsten ist die wirksamste Methode zur Entfernung das trockene Reinigen mit Spatel, geeigneten Holzbrettchen und Wurzelbürste. In besonderen Fällen können auch Sandstrahlverfahren, bei denen jedoch u.U. die Oberfläche des Sichtmauerwerks stark beansprucht wird, oder das nasse Reinigen mit Reinigungsmittel angewandt werden. Hierbei muss das Mauerwerk von unten nach oben vorgenässt werden, ehe die Reinigungsmittel gemäß Herstelleranleitung verdünnt oder unverdünnt aufgetragen werden können. Diese Verfahren gelten insbesondere bei alten Kalkauslaugungen und -aussinterungen, wie z.B. von Calciumcarbonat. Bei Ziegelmauerwerk haben sich vor allem Reinigungsmittel auf Basis von Salz-, Phosphor- und Ameisensäure als sehr wirkungsvoll bewährt. Unmittelbar nach der Reinigung ist die gelöste Verschmutzung unter fließendem Wasserstrahl abzuspülen, um ein erneutes Aufsaugen der Lösung vom trocknenden Mauerwerk zu vermeiden. Langjährige atmosphärische Verschmutzungen von Sichtmauerwerk sollten nur durch spezialisierte Reinigungsfirmen beseitigt werden. Dabei ist es unbedingt erforderlich, dass vorab ein Reinigungstest durchgeführt wird, um das am besten geeignete Reinigungsverfahren zu bestimmen, mit dem eine nachhaltige Wirkung ohne nennenswerte Schädigung der Mauerwerkoberfläche erzielt wird. Als Reinigungsverfahren haben sich das Kaltwasser- und Heißwasserhochdruckstrahlen, das Wasserstrahlen mit Strahlmittelzusätzen, das Pressluft-Wasserstrahlen mit Strahlmittelzusätzen sowie chemische Reinigungsverfahren mit Auftragen von Netzmitteln, sauren oder basischen Reinigern und anschließendem Nachwaschen bewährt. Bei der Auswahl des Reinigungsverfahrens sind neben der Wirksamkeit auch die Anforderungen des Arbeitsschutzes und der Entsorgung des Reinigungswassers zu berücksichtigen [52; 175]. Ein besonderes Problem stellt heutzutage die
häufige Fassadenverschmutzung infolge Graffiti dar. Diese können zwar in der Regel durch Wasserstrahlen mit Strahlmittelzusatz entfernt werden, bei weicheren Oberflächen muss dabei jedoch eine Oberflächenschädigung in Kauf genommen werden. Alternativ zum mechanischen Reinigen haben sich auch spezielle Graffiti-Reiniger auf der Basis von γ-Butyrolacton bewährt. Dieses speziell kunststofflösende Produkt wird mit einem pH-Wert zwischen 5,5 und 6 auf das Sichtmauerwerk aufgetragen und anschließend mit Kaltwasser ohne Schädigung der Oberfläche abgewaschen.
Verfugung Bei Sicht- und Verblendmauerwerk hat das Verfugen eine besondere Bedeutung. Zum einen dient es der Schlagregendichtigkeit des Mauerwerks, zum anderen dem gewünschten Aussehen. Bei schlagregenbeanspruchtem Sichtmauerwerk ist die Zusammensetzung des Fugenmörtels sowie die Tiefe, Gleichmäßigkeit und Lage der Fugenoberflächen und die Art des Einbringens von entscheidender Bedeutung für die Wetterdichtigkeit der Außenwand. Eine wirksame Verfugung sollte deswegen möglichst bündig mit der Sichtfläche liegen und wasserabweisend sein. Das Aussehen der Fugen prägt aufgrund des feinmaschigen Netzes, mit dem die Wandfläche überzogen wird, den Charakter und Gesamtfarbton der Sichtfläche des Mauerwerks entscheidend mit. Die Verfugung kann »frisch in frisch« durch Mauern und Fugen in einem Arbeitsgang (Fugenglattstrich bzw. Fugenverstrich) oder als nachträgliche Verfugung vorgenommen werden [162; 164]. Fugenglattstrich bzw. Fugenverstrich
Beim Fugenglattstrich sind die Sichtfugen des Mauerwerks vollfugig herzustellen. Der herausquellende Mörtel wird mit der Kelle abgeschnitten. Nach dem Ansteifen des Mörtels werden die Fugen mit einem Holzspan, einem Fugeneisen oder einem Kunststoffschlauch (Durchmesser ca. 1,5 bis 2-fache Fugenbreite) bis etwa 2 mm hinter der Stein-
Fugenteilung
2.5.8
Ausführen der nachträglichen Verfugung
kante zurückgetrieben und mechanisch verdichtet und geglättet. Um eine gleichmäßige Farbgebung der Fuge zu erzielen, muss das Glätten immer zum richtigen Zeitpunkt und von der zuerst gemauerten Lage aus erfolgen (Abb. 2.5.7). Der Vorteil des Fugenglattstrichs ist, dass er sofort im Anschluss an die Vermauerung erfolgt und dass eine homogene, gut verdichtete Fuge ausgebildet wird, die in ihrer ganzen Tiefe »aus einem Guss« ist. Diese Verfugungstechnik kann jedoch nur dann ordnungsgemäß ausgeführt werden, wenn Lager- und Stoßfugen vollflächig mit Mörtel gefüllt sind, um beim Glätten der Fugen nicht nachbessern zu müssen. Dies setzt ein sorgsames Mauern voraus. Der Nachteil, dass beim Mauern Verschmutzungen der Verblendung vermieden werden müssen, weil eine nachträgliche Reinigung der Fassade u.U. zu Bindemittelauswaschungen in den Fugen führen würde, kann durch die Verwendung eines Mörtels mit gutem Zusammenhangs- und Wasserrückhaltevermögen vermindert werden. Beim unvermeidbaren Hervorquellen des Mörtels aus den Fugen wird dadurch deren Herablaufen entlang der Steine verhindert. Nachträgliche Verfugung
Beim nachträglichen Verfugen sind die Fugen der Sichtflächen sofort nach dem Vermauern 15 bis 20 mm tief, jedoch nicht bis zur ersten Lochreihe der Steine, mit einer schwach konischen Hartholzleiste auszukratzen. Das Mauern der Verblendung mit zurückliegendem Mauermörtel, wodurch das spätere Auskratzen der Fugen erspart werden soll, ist keine sachgemäße Vorbereitung des äußeren Fugengrundes und daher nicht zulässig. Unsachgemäß ist es ebenso, wenn der Mauermörtel in den Fugen nur im mittleren Teil V-förmig, halbrund oder schräg ausgekratzt wird, weil dann der Fugenmörtel keine ausreichende Anschlusshaftung an den Steinen und den Mauermörtel erlangt und somit seinen Anteil zur Schlagregendichtigkeit des Mauerwerks nicht erfüllt. Nach dem Auskratzen sind die Fassadenflächen einschließlich der Fugen von losen Mörtelteilen mit Wasser und Bürste, u.U.
auch durch Zusatz von Reinigungsmitteln, zu säubern. Vor dem Verfugen ist die Fassade von unten nach oben bis zur Wassersättigung vorzunässen. Anschließend wird der maschinell gemischte, plastische Fugenmörtel in zwei Arbeitsgängen in die Fugen eingedrückt und gut verdichtet und überstehender Mörtel entfernt. Beim ersten Arbeitsgang werden erst die Stoß-, dann die Lagerfuge, beim zweiten Arbeitsgang erst die Lager-, dann die Stoßfuge verdichtet (Abb. 2.5.8). Die frische Verfugung ist vor frühzeitiger Austrocknung durch Zugluft, Sonneneinstrahlung etc. mit geeigneten Maßnahmen, z.B. Besprühung mit Wasser, Abdecken mit Folien, zu schützen und nachzubehandeln. Der Fugenmörtel soll in seiner Zusammensetzung weitgehend dem Mauermörtel entsprechen, dabei ist vorzugsweise Mörtel der Mörtelgruppe IIa, III und IIIa zu verwenden. Die Nachteile des nachträglichen Verfugens sind, dass diese Verfugungsart zu nicht vollfugigem Mauern verleitet und dass eine unterschiedliche Zusammensetzung zwischen Mauer- und Fugenmörtel sowie eine zu trockene Konsistenz des Fugenmörtels zur Herabsetzung des Haftverbundes zwischen Fugenmörtel und Mauermörtel bzw. Steinen führt. Beide Nachteile haben eine Herabsetzung der Dichtheit des Sichtmauerwerks gegenüber Schlagregen und folglich eine Verminderung der Dauerhaftigkeit der Wandkonstruktion zur Folge. Aus diesem Grund sollte das nachträg-liche Verfugen nur dann angewandt werden, wenn mit der Verfugung ein besonderer Effekt (z.B. Farbgebung) erzielt werden soll oder wenn die Oberfläche des Steines einen Fugenglattstrich nicht zuläßt. Bei der Verwendung farbiger Fugenmörtel ist zu beachten, dass ein zu hoher Farbzusatz die Schwindrissbildung des Mörtels erhöht und dessen Dichtigkeit und Festigkeit herabsetzt. Außerdem muss der Farbzusatz mit Kalk und Zement verträglich sein und darf keine Ausblühungen verursachen.
Fugenteilung Bauteile sind durch Belastungen, wie z.B. Temperatureinwirkung, Kriechen und Schwinden Formänderungen ausgesetzt. Wenn diese behindert werden, entstehen Zwangsspannungen, die zur Rissbildung im Bauwerk führen können. Um die Rissbildung zu vermeiden, sind vom Planer als vorbeugende Maßnahme gezielt Bewegungsfugen vorzusehen. Die Fugen müssen neben der Verformungsaufnahme den Ausgleich der Herstellungs- und Montagetoleranzen gewährleisten und gleichzeitig den bauphysikalischen Anforderungen (Wärme-, Witterungs-, Schall- und Brandschutz) genügen. Dazu müssen sie ausreichend breit dimensioniert und mit geeigneten Materialien gedichtet werden. Da die Fugen die Mauerwerkkonstruktion optisch beeinflussen, sind sie bei der Planung als Gestaltungselement zu berücksichtigen. Ihre Anordnung sollte jedoch aufgrund des hohen Herstellungs- und Wartungsaufwands nur dort erfolgen, wo sie unbedingt erforderlich ist. Dabei ist auf eine klare und geradlinige Fugenführung zu achten, da verspringende und inkonsequent geführte Fugen kompliziert und möglicherweise nur bedingt wirksam sind. Arten von Fugen
Fugen werden in Bewegungsfugen, starre Fugen und Scheinfugen unterteilt. Zu den Bewegungsfugen gehören die Setzfugen und Dehnfugen. Setzfugen (z.B. Gebäudetrennfugen) werden bei zu erwartenden stark unterschiedlichen Setzungen zwischen zwei oder mehreren Gebäudeteilen über die volle Gebäudehöhe einschließlich Trennung der Fundamente angeordnet. Dabei ist zu beachten, dass die Gebäudeteile für sich eigenständig räumlich ausgesteift sein müssen. Die Gefahr der unterschiedlichen Setzungen ist gegeben bei verschieden großen Bodenpressungen der Gebäudeteile auf setzungsempfindlichen Böden oder bei unter den Gebäudeteilen wechselnden Bodenarten. Dehnfugen (z. B. senkrechte und waagrechte Fugen in Verblendschalen) sind bei großen Bauteillängen anzuordnen, die unterschiedliche Formänderungen aus Schwinden und
151
Ausführung von Mauerwerk
2.5.9
Mögliche Ausbildung von Fugenverschlüssen in Bewegungsfugen
Temperaturänderungen erfahren. Sie werden im Regelfall bis Oberkante Fundament geführt, da diese Art der Verformung den Fundamenten weniger schadet und ungeteilte Fundamente ausgleichend gegenüber Setzungen wirken. Starre Fugen (z. B. Montagefugen, Arbeitsfugen oder Konstruktionsfugen zwischen Fertigteilen) ergeben sich entweder aus der Konstruktion oder aus dem Bauablauf. Derartige Fugen können gleichzeitig Bewegungsfugen sein und sind dann wie diese konstruktiv auszubilden und zu dichten. Scheinfugen werden nur aus optischen Gründen hergestellt und haben keine Aufgaben hinsichtlich des Ausgleiches von Formänderungen oder Toleranzen zu übernehmen. Fugenverschluss
Für die Fugenabdichtung (Fugenverschluss) haben sich Fugendichtungsmassen, Dichtungsbänder und Abdeckprofile bewährt [9] (Abb. 2.5.9). Fugendichtungsmassen Der Fugenverschluss wird hierbei durch dauerelastische und dauerelasto-plastische Einund Zweikomponentenmassen, z. B. Polysulfide, Siliconkautschuk, Polyurethane und Acryldispersionen, erzielt. Diese Materialien sind einerseits dauerelastisch, verformen sich jedoch andererseits unter langzeitiger Belastung plastisch und bauen dadurch Spannungen innerhalb der Fugen ab. Sie sind in verschiedenen Farbtönen erhältlich und haben eine Lebenserwartung von 15 bis 20 Jahren. Alle Dichtungsmassen müssen bei Temperaturen über + 5 °C und bei trockener Witterung verarbeitet werden. Dabei muss das Mauerwerk beidseitig der Fugen vollfugig vermörtelt sein, die Fugen selbst müssen frei von Staub, Mörtelresten, Ölen und Fetten sein, um eine optimale Haftung zwischen Dichtungsmasse und Mauerwerk zu erzielen und langfristig Abrisse zu vermeiden. Um die Dichtungsmasse mit einem ausreichenden Anpressdruck in die Fuge einbringen zu können und ihr gleichzeitig eine geeignete Form zu geben, wird hinter die Dichtungsmasse eine Hinterfüllung aus rundem weichelastischem Schaumstoff eingebaut. Diese sog. Schaumstoffschnur muss einen Durchmesser von ca. dem 1,5-fachen der Fugenbreite haben, mit der Fugendichtungsmasse verträglich sein und darf kein Wasser aufsaugen. Nach dem Einpressen der Fugendichtungsmasse mittels Hand- oder Druckluftpistole werden die Fugen im Allgemeinen nachträglich leicht konkav ausgebildet. Dichtungsbänder Bei der Verwendung von Dichtungsbändern wird der Fugenverschluss durch Profile aus offenporigem Kunstschaum erzielt, der mit Spezial-Bitumen bzw. Polyacrylat imprägniert ist. Die Bänder bleiben somit dauerelastisch,
152
werden nicht rissig und spröde und sind gegen UV-Strahlen und Laugen beständig. Die Dichtungsbänder werden zusammengedrückt in die Fugen eingebracht und ausgerichtet. Da sie bestrebt sind, ihre ursprüngliche Abmessung wiederzuerlangen, ist sofort eine ausreichende Haftung und Abdichtung an den Fugenflanken vorhanden. Dabei wird auch jede Unebenheit der Fugenflanken ausgeglichen. Auf ein Drittel komprimierte Dichtungsbänder dichten die Fuge staub- und luftdicht ab, mit auf ein Fünftel komprimierten Bändern wird Wasserdichtigkeit in den Fugen erzielt. Abdeckprofile Für den Fugenverschluss werden die Abdeckprofile in die Fuge eingeklemmt oder eingeklebt. Bei eingeklebten Abdeckungen muss der vorgegebene Pressdruck genügen, um ein Herausfallen des Profils bei Vergrößerung der Fuge infolge z. B. Temperaturabnahme zu vermeiden. Bei eingeklemmten Profilen ist die Haftfestigkeit des Klebers auf dem Untergrund entscheidend. Zu deren Verbesserung sind entweder die Fugenränder sorgfältig mit einem Voranstrich zu versehen oder – bei stark saugenden Fugenrändern – mit Epoxidharzlösung zu versiegeln. Offene Fugen Vertikale Bewegungsfugen in Sichtmauerwerk können ohne Fugenverschluss bei Gebäuden in Gegenden mit geringer Schlagregenbeanspruchung ausgeführt werden, wenn die Hintermauerung und evtl. Dämmschichten gegen Feuchteübertritte dauerhaft geschützt sind, z. B. durch eine Luftschicht, eine Putzschicht oder Abdeckfolien. Voraussetzung ist eine Vorsatzschalendicke von mindestens 90 mm und eine Fugenbreite von maximal 15 mm. Fugenabstände und Fugenbreiten
Die Bemessung der Fugen, d. h. die Festlegung der Fugenabstände und Fugenbreiten, erfolgt durch den Tragwerksplaner und ist von zahlreichen Einflussfaktoren abhängig: dem konstruktiven Konzept des jeweiligen Bauwerkes, den Bauwerksabmessungen, der Steifigkeit der Konstruktion gegenüber Längenänderungen, der Anordnung der aussteifenden Elemente, den Temperaturänderungen, der Ausführung der Außenwanddämmung, dem Schwind- und Kriechverhalten der Wände und Decken, den zu erwartenden Setzungsbewegungen etc. Verblendschalen unterliegen wegen der hohen Temperaturbeanspruchung größeren Längenänderungen als das Hintermauerwerk. Hinzu kommen unterschiedliche Formänderungen der Schalen durch unterschiedliche Materialeigenschaften und unterschiedliche Belastungen des Vor- und Hintermauerwerks. Hinsichtlich der Ausbildung von Dehnungsfugen bei Verblendschalen sind folgende Konstruktions-
Befestigungstechnik im Mauerwerk
regeln als Anhaltswerte zu betrachten: • Senkrechte Dehnungsfugen sind an den Gebäudeecken erforderlich, zusätzlich bei langen Wänden im Abstand von maximal 6,0 m bei Leichtbetonsteinen, von maximal 8,0 m bei Kalksandsteinen und von 10 bis 16 m bei Mauerziegeln. Die unterschiedlichen Werte stellen dabei keine Qualitätsunterschiede dar, sondern ergeben sich aus den verschiedenen Verformungseigenschaften der Verblendmaterialien. Wird eine Fassadenfläche ohne Fuge um die Gebäudeecke geführt, so soll kein Schenkel über 5,0 m lang sein. Bei abgefangenen Stürzen über großen Fenster- und Türöffnungen werden die Dehnungsfugen in der Verlängerung der Fensterbzw. Türlaibungen nach oben und unten angeordnet. • Horizontale Dehnungsfugen sind erforderlich unter Attiken und Dachüberständen, unter Balkonplatten und Trägern, unter Balken und Pfetten, unter Fenster- und Sohlbänken und unter Abfangungen von Außenschalen bei mehr als 6,0 m Höhe, wenn die Dicke der Vorsatzschale kleiner 11,5 cm ist, und bei mehr als 12,0 m Höhe, wenn die Dicke der Vorsatzschale größer oder gleich 11,5 cm ist. Die Fugenbreite ergibt sich aus der zu erwartenden Formänderung der Bauteile und der Verformbarkeit des zum Fugenverschluss verwendeten Materials. Sie wird in der Regel das Fünf- bis Siebenfache der in der Fuge aufzunehmenden Längenübertragung betragen. Üblicherweise werden Fugenbreiten von 15 bis 25 mm gewählt und die Fugenabstände entsprechend angepasst. Größere Fugenbreiten lassen sich nur schwer verschließen.
Ausführung von Plansteinmauerwerk Beim Mauern mit Normal- oder Leichtmörtel kann ein gewisser Lage- und Höhenausgleich der Steine durch eine Veränderung der Lagerfugendicke erfolgen. Im Gegensatz dazu ist bei Plansteinmauerwerk mit Dünnbettmörtel und Fugendicken von 1 bis 3 mm nur noch ein minimaler Lage- und Höhenausgleich der Steine möglich. Dies hat zur Folge, dass das Anlegen der ersten Steinschicht mit größter Sorgfalt erfolgen muss, da diese gleichzeitig Ausgleichsschicht zum Höhenausgleich und zur Planebenheit in Längs- und Querrichtung ist. Die erste Steinschicht wird auf eine Mörtelausgleichsschicht aus Normalmörtel der Mörtelgruppe III gesetzt und waagrecht ausgerichtet. Häufig werden dafür neben den eigentlichen Plansteinen auch klein- und mittelformatige Steine oder sog. Kimmsteine in Höhen von 5,0 bis 12,5 cm und Längen bis 50 cm verwendet. Nach dem Erhärten der Ausgleichsschicht
werden ab der zweiten Schicht die Plansteine mit dem zugehörigen Dünnbettmörtel verarbeitet. Dabei werden vor dem Aufbringen des Dünnbettmörtels die Lagerflächen der Plansteine abgefegt, um eine staubfreie und glatte Lagerfläche zu erhalten und die Haftfestigkeit zwischen Stein und Mörtel zu gewährleisten. Das Aufbringen des Dünnbettmörtels auf die Lagerfuge erfolgt entweder über ein ca. 5,0 mm tiefes Eintauchen der Plansteine in den Mörtel, über eine Plansteinkelle oder über eine Mörtelwalze bzw. einen Mörtelschlitten, der die auf die Lagerfläche verteilte Mörtelmenge gleichmäßig dosiert. Dabei entspricht die Breite der Kelle bzw. Walze oder des Schlittens der Dicke des Mauerwerks. Bei Verwendung einer Plansteinkelle wird der Dünnbettmörtel nur zwei bis drei Steine im voraus auf die Lagerfläche aufgebracht, bei Mörtelwalze und Mörtelschlitten aus Gründen der Rationalisierung des Mauerns die gesamte Wandlänge. Zusätzlich kann mit der Mörtelwalze zwischen zwei je ca. 1,0 mm dicken Dünnbettmörtelschichten ein Glasvlies eingebracht werden, womit infolge der hohen Reißfestigkeit des Glasvlieses eine Steigerung der Mauerwerkdruckfestigkeit und der Haftscherfestigkeit zwischen Planstein und Mörtel erzielt wird. Nach dem Verlegen des Plansteins wird dieser planeben und kantengenau ausgerichtet und mit dem Gummihammer festgeklopft. Eventuell herausquellender Dünnbettmörtel wird nach dem Ansteifen mit einem Metallspachtel abgezogen. Gleichzeitig werden die Fehlstellen, z. B. offene Stoß- und Lagerfugen bzw. Kantenabplatzungen, verspachtelt. Gelegentlich sollte unmittelbar nach dem Versetzen eines Steines dieser wieder abgenommen werden, um zu prüfen, ob eine vollflächige Vermörtelung mit dem jeweiligen Mörtelauftragverfahren erzielt wird.
2.5.10
Beispiele für bauaufsichtlich zugelassene Kunststoffdübel und Injektionsdübel (15)
Befestigungstechnik im Mauerwerk Für die Befestigung von Anschlusskonstruktionen sowie von Bauelementen und Einbauteilen aller Art werden Dübel, Schraubnägel oder Nägel verwendet. Sie werden auf Zug, Druck, Querkraft, Schrägzug und Biegung beansprucht. Für die Beurteilung der Verbindung bestehen weder Normen noch Richtlinien. Bei tragenden Konstruktionen dürfen deswegen nur Dübel angewendet werden, die einer bauaufsichtlichen Zulassung unterliegen. Für untergeordnete Zwecke können auch andere Befestigungsmittel (Dübel und Nägel ohne Zulassung) verwendet werden. Diese dürfen jedoch nicht für die Verankerung von Konstruktionen in der Zugzone von Dach- und Deckenplatten und auch nicht für die Verankerung von vorgehängten Fassaden und Wärmedämmverbundsystemen eingesetzt werden [43; 49; 78; 109; 110].
153
Ausführung von Mauerwerk
2.5.11
Wirkungsweise von Dübeln [13]
Dübelverankerung
Dübel sind Befestigungselemente, die in gebohrten Hohlräumen fester Baustoffe eingesetzt und verankert werden. Sie dienen vor allem der Befestigung von Ausbauteilen, werden aber auch zur Verankerung von tragenden Bauteilen verwendet. Für alle Anwendungsfälle sind die Dübelverbindungen ingenieurmäßig zu planen und zu bemessen. Dübel können nach unterschiedlichen Gesichtspunkten eingeteilt werden. Üblich ist eine Unterscheidung nach Verankerung der Dübel im Bohrloch durch Hinterschnitt, mechanische Spreizung, Reibung, Vermörtelung und Adhäsion und nach dem Dübelwerkstoff. Zur Befestigung im Mauerwerk sind bisher nur Kunststoffdübel als Spreizdübel und Injektionsdübel als eingemörtelte Dübel zugelassen (Abb. 2.5.10). Darüber hinaus gibt es noch Spezialdübel für die Befestigung von Wärmedämmverbundsystemen und zur Verankerung von Drahtankern für zweischaliges Mauerwerk und Vormauerschalen. Diese Dübelsysteme basieren wiederum auf dem Kunststoffspreizdübel und dem Injektionsdübel. Schließlich wird mit speziellen Porenbetondübeln die Befestigung von Bauelementen etc. auch in diesem sehr weichen Baustoff ermöglicht. Kunststoffdübel werden für Befestigungen in Beton sowie in Mauerwerk aus Voll- und Lochsteinen eingesetzt und normalerweise in Durchsteckmontage montiert. Sie bestehen aus einer Kunststoffhülse mit Drehsicherung und zugehöriger Schraube bzw. Nagel. Auf der Kunststoffhülse ist die erforderliche Mindestverankerungstiefe markiert. Ein Kragen am oberen Ende der Hülse verhindert bei der Montage ein Tieferrutschen der Dübelhülse im Bohrloch. Die Geometrie und Länge der Schraube bzw. des Nagels sind auf die Innengeometrie und
154
Länge der Dübelhülse abgestimmt, so dass der Dübel nach dem Eindrehen der Schraube bzw. Einschlagen des Nagels optimal verspreizt ist. Kunststoffdübel mit Nagel als Verspreizungselement dürfen jedoch nur für Befestigungen von Fassaden in Beton und Vollsteinen eingesetzt werden. Kunststoffdübel dürfen nicht für reine Zugkräfte, sondern nur für Schrägzug unter einem Winkel von mindestens 10° verwendet werden. In Vollbaustoffen übertragen sie die Zugkräfte über Reibschluss. Dabei wird das Spreizteil des Dübels an die Bohrlochwandung gepresst und somit die Reibung aktiviert. In Hohlsteinen werden die Zugkräfte zusätzlich über Formschluss durch Anpassung der Dübelgeometrie an die Form des Untergrundes übertragen (Abb. 2.5.11). Injektionsdübel werden in Vorsteckmontage gesetzt und sind bisher nur für Befestigungen in Hohlmauerwerk zugelassen. Ihre Wirkungsweise beruht auf einem Stoffschluss zwischen Dübel- bzw. Ankerhülse und Verankerungsgrund. Der Verbund wird dabei durch Injektionsmörtel auf Schnellzement- oder Kunstharzbasis erzielt. Zusätzlich werden Zugkräfte bei in Hohlräumen gesetzten Injektionsdübeln über eine mechanische Verzahnung (Formschluss) des in den angeschnittenen Hohlraum gepressten Injektionsmörtel übertragen (Abb. 2.5.11). Beim Schnellzement wird der Mörtel mit einer vorgegebenen Menge Wasser angerührt und mit einer Handpumpe in den Hohlraum eingepresst. Dies bewirkt eine weitgehende Ausfüllung der im Mauerwerk angeschnittenen Hohlräume. Durch Dübel, die mit einem Netz aus Polyamid umgeben sind, wird durch dessen Verfüllung die erforderliche Mörtelmenge minimiert. Injektionsdübel auf Kunstharzbasis bestehen aus einer Siebhülse, einer Gewin-
destange mit Mutter und Zentrierring bzw. einer Blechhülse mit Innengewinde sowie dem Kunstharzmörtel. Die getrennten Komponenten Harz und Härter werden durch ein Mischrohr gepresst und durchmischt in die Siebhülse injiziert. Anschließend wird die Gewindestange oder die Innengewindehülse in die Siebhülse eingedrückt. Bei Verankerungen des Dübels in Mauersteinstegen ist das Bohrloch sorgfältig von Bohrstaub durch Ausbürsten und Ausblasen zu reinigen, um eine ausreichende Übertragung der Zugkräfte durch Verbund zu gewährleisten. Porenbetondübel Für Porenbeton sind Kunststoffspreizdübel und Injektionsdübel mit zylindrischem Bohrloch nicht geeignet, da dieser Baustoff sehr weich ist, durch Spreizkräfte zerstört wird und auch keine größeren Verbundkräfte aufnehmen kann. Daher wurden für Verankerungen in Porenbeton Spezialdübel entwickelt, die entweder in konisch hinterschnittenen Bohrlöchern weitgehend spreizdruckfrei oder durch Injektion verankert werden bzw. die so ausgebildet sind, dass durch eine geeignete Oberflächenausbildung und teilweiser Verdichtung des Porenbetons auch geringe Spreizkräfte übertragen werden können (Abb. 2.5.12). Bei schweren Lasten oder dynamischen Beanspruchungen ist die Befestigung von Bauelementen etc. unter Umständen als Durchsteckmontage mittels Gewindebolzen auszuführen. Das Porenbetonbauteil wird dabei im Bolzendurchmesser durch- und auf der Gegenseite aufgebohrt. Das zu befestigende Bauelement wird über den durchgehenden und auf der Gegenseite in der Aufbohrung verschraubten Gewindebolzen an den Porenbeton gepresst. Zur Lastverteilung werden beidseitig großflächige Scheiben bzw. Ankerplatten auf den Bolzen aufgesteckt.
Rationalisierungsmaßnahmen
Montage von Dübelverankerungen Bei der Dübelmontage ist vor allem dem Bohrverfahren besondere Beachtung zu schenken, da ein unsachgemäßes Bohren zu große Bohrlöcher zur Folge hat und folglich die Auszugsfestigkeit der Dübelverankerung rapide abfällt. Für die Dübelmontage im Mauerwerkbau ist zwischen dem Drehbohren, dem Schlagbohren mit Drehen und einer großen Zahl leichter Schläge und dem Hammerbohren mit Drehen und einer kleineren Zahl von Schlägen mit hoher Schlagenergie zu unterscheiden. Bei Vollsteinen mit dichtem Gefüge ist das Schlagund Hammerbohren möglich, bei Lochsteinen, Porenbetonsteinen und Mauersteinen mit geringer Festigkeit hingegen darf nur das Drehbohren angewandt werden, damit das Bohrloch nicht zu groß wird und durch die Bohrenergie die Wandungen und Stege in den Lochsteinen nicht ausbrechen. Um einen optimalen Bohrfortschritt bei reinem Drehbetrieb zu erreichen, ist es empfehlenswert, normale Hartmetallbohrer, die auf Dreh- und Schlaggang ausgelegt sind, ähnlich einem Stahlbohrer in Drehrichtung scharf anzuschleifen. Die Bohrlochtiefe muss bis auf wenige Ausnahmen um min. 10 mm größer sein als die Verankerungstiefe. Dadurch ist für evtl. vorhandenes Bohrmehl oder für die aus der Dübelspitze austretende Schraube Platz vorhanden und somit die Funktionssicherheit des Dübels gewährleistet. Bei Bohrlöchern im Vollquerschnitt ist während und nach dem Bohren das Bohrmehl zu entfernen, um eine Verminderung der Reibschlussoder Stoffschlusswirkung zu vermeiden und die Tragfähigkeit der Dübelverankerung zu gewährleisten. Bei der Befestigung der Anschlusskonstruktionen, Bauelemente etc. ist zwischen der Vorsteckmontage, der Durchsteckmontage und der Abstandsmontage zu unterscheiden. Bei der Vorsteckmontage schließt der Dübel meist bündig mit der Wandoberfläche ab. Das Bohrloch im Verankerungsgrund ist größer als das Montageloch im anzuschließenden Bauteil. Nach dem Übertragen der Lochabstände des anzuschließenden Bauteils auf den Verankerungsgrund werden die Bohrlöcher erstellt, die Dübel gesetzt und der Montagegegenstand angeschraubt. Die Durchsteckmontage eignet sich besonders bei mehr als zwei Dübeln pro Montagegegenstand und bei Serienmontagen. Die Löcher im anzuschließenden Bauteil werden dabei als Bohrlehre benutzt, wobei der Bohrlochdurchmesser im anzuschließenden Bauteil mindestens gleich groß sein muss wie im Verankerungsgrund. Durch die Verwendung des anzuschließenden Bauteils als Bohrlehre wird eine Montageerleichterung und eine gute Passgenauigkeit der Dübellöcher erreicht. Nach dem Bohren werden die Dübel durch den Montagegegenstand ins Bohrloch gesteckt und dieser dann angeschraubt.
Bei der Abstandsmontage wird das anzuschließende Bauteil in einem bestimmten Abstand zur Verankerungsoberfläche zugund druckfest fixiert. Dazu werden Injektionsdübel mit metrischem Innengewinde zur Aufnahme von Schrauben oder Gewindestangen mit Kontermuttern verwendet. Versagensarten von Dübelverankerungen Dübelverankerungen können infolge Überbeanspruchung von Ankerpunkten, falscher Montage der Dübel und nicht ausreichend tragfähigem Verankerungsgrund versagen. Kunststoffdübel versagen bei Herausziehen aus dem Ankergrund, der hierbei nicht wesentlich zerstört wird. Beim Herausziehen des Dübels versagt der Reib- oder Stoffschluss durch zu hohe Last, beim Stahlbruch ist die Schraubenfestigkeit für die angehängte Last zu gering. Injektionsdübel versagen im Regelfall durch den Ausbruch des Mauersteinmaterials. Ein Bruch des Verankerungsgrundes tritt bei zu hohen Zuglasten, zu geringer Festigkeit des Ankergrundes oder zu geringer Setztiefe des Dübels ein. Das Spalten eines Wandkörpers wird durch zu geringe Bauteilabmessungen oder Rand- und Achsabstände und zu große Spreizdrücke verursacht.
2.5.12
Beispiele für Porenbetondübel
Durchsteckmontage zur Befestigung besonders schwerer oder dynamischer Lasten
Nagelverankerung
Nägel und Schraubnägel werden nur für untergeordnete Konstruktionen mit niedrigen Verankerungslasten und dabei vorrangig bei Mauerwerk aus Porenbeton eingesetzt. Durch das unmittelbare Eintreiben der Nägel und Schraubnägel in den Porenbeton werden leichte Ausbauteile, wie z. B. Lattungen für Holzbekleidungen, befestigt. Vorzugsweise werden dafür konische, verzinkte Vierkantnägel von 60 bis 180 mm Länge und mit rauher Oberfläche verwendet. Es ist dabei darauf zu achten, dass die Nägel wechselseitig schräg eingetrieben werden. Andere Nagelverankerungen sind der Spiralnagel, der Porenbeton-Nagel-Anker und der Porenbeton-Schlagdübel. Beim Spiralnagel erfolgt die Verankerung durch Reibschluss und Verspreizung, beim Nagel-Anker und Schlagdübel durch Formschluss (Abb. 2.5.13).
2.5.13
Nagelverankerung im Porenbetonmauerwerk
Rationalisierungsmaßnahmen Kosten- und flächensparendes Bauen
Infolge eines stetigen Anstieges der Baukosten gewinnt die Kosten- und Flächenoptimierung im Wohnungsbau zunehmend an Bedeutung. Die Einsparpotentiale für die Flächenoptimierung sind vor allem im verstärkten Ausschöpfen der von den Normen und Regelwerken abgesicherten und somit bewährten Optimierungsmöglichkeiten des Tragwerkes zu suchen. Diese müssen bereits in der Planungsphase von Bauvorhaben berücksichtigt werden.
155
Ausführung von Mauerwerk
2.5.14
Arbeitszeitrichtwerte in h/m 3
Eine grundlegende Tragwerksoptimierung ist die gleichmäßige Anordnung aussteifender Wände. Dadurch wird eine sehr gute Gebäudeaussteifung bei gleichzeitiger Minimierung der Wanddicken der aussteifenden Wände erzielt. Zusätzlich können die Stützweiten der Geschossdecken vereinheitlicht werden, wodurch die Deckendicken und die dafür erforderlichen Bewehrungsmengen minimiert werden. Eine weitere Maßnahme zur Kosten- und Flächenoptimierung ist die Reduzierung der Wanddicken tragender Wände auf das statische und bauphysikalische Mindestmaß durch die Anwendung genauerer Berechnungsverfahren. Die Mindestwanddicke bei tragenden Innen- und Außenwänden sowie bei der Tragschale zweischaliger Außenwände beträgt nach DIN 1053-1 11,5 cm. Bei einschaligen Außenwänden mit Wärmedämmsystem ist aus bauphysikalischen Gründen (Wärme- und Schallschutz) jedoch eine Mindestwanddicke von 17,5 cm zu empfehlen. Raumtrennwände können ab einer Wanddicke von 11,5 cm ebenso tragend bemessen werden. Der Wohnflächengewinn von Mauerwerk mit diesen geringen Wanddicken beträgt ca. 5 bis 7% gegenüber Mauerwerk mit den üblichen Wanddicken von 24,0 bis 36,5 cm. Zusätzlich wird eine gewisse Reduzierung des Materialbedarfs für Steine und Mörtel erzielt. Des Weiteren ist dünnes Mauerwerk verformungswilliger und daher weniger rissanfällig als dickeres und statisch geringer beanspruchtes Mauerwerk. Durch Einsatz von Spachtelputz lässt sich im Vergleich zu 15 bis 20 mm »Normalputz« je nach Raumgröße nochmals ein Wohnflächengewinn von ca. 2% erreichen. Um jedoch Mauerwerk mit großen Schlankheiten ausführen zu können, sind Mauersteine hoher Druckfestigkeit und Rohdichte sowie hochwertige Mauermörtel (MG III; MG IIIa, DM) erforderlich. Kostenoptimiertes Herstellen von Mauerwerk wird weniger durch eine Tragwerksoptimierung als durch eine rationelle Bauausführung, den Einsatz großformatiger Mauersteine sowie durch spezielle Bauweisen (z. B. Elementbauweise) erreicht [139; 140]. Rationelles Mauern
Ziel des rationellen Mauerns ist es, die Arbeitsschritte des Maurers bei der Herstellung einer Wand zu minimieren und gleichzeitig die Ergonomie des Arbeitsablaufes besser an den Maurer anzupassen. Beim Mauern von Hand ist die Handhabung der Steine von entscheidender Bedeutung. Dazu wurden z. B. von der Kalksandsteinindustrie speziell für die schweren Blocksteine Griffhilfen mit Griffleiste und Daumenloch entwickelt, die ein optimales Greifen der Steine mit den Fingern ermöglichen. Dadurch wird der übliche Klemmgriff, bei dem das Gewicht der Steine nur durch Reibung der Finger an der Steinoberfläche gehalten wird, vermieden. Für
156
Mauerhöhen von mehr als 1,0 m werden außerdem Blöcke mit an der Stirnseite befindlichen Untergriffhilfen verwendet. Ab einem bestimmten Gewicht der Steine werden Versetzgeräte zur Reduzierung der körperlichen Beanspruchung beim Handhaben dieser Mauersteine sowie zur gleichzeitigen Verbesserung der Arbeitszeitwerte eingesetzt (siehe »Großformatige Mauersteine«). Weitere Rationalisierungsmaßnahmen beim Mauern sind die Anwendung von Mauerwerk ohne Stoßfugenvermörtelung (siehe »Vermauerung ohne Stoßfugenvermörtelung«), von Dünnbettmauerwerk und die Einbindung von Wänden mit Querwänden in Stumpfstoßtechnik (siehe »Stumpfstoßtechnik«). Beim Vermauern ohne Stoßfugenvermörtelung werden die Mauersteine im Nut-Feder-System so ausgebildet, dass sie mörtelfrei verzahnt werden können. Ein Verkanten des Steins wird dabei durch das vertikale Einführen des Steins entlang der Verzahnung vermieden. Zusätzlich wird dadurch die Erstellung einer ebenen Wandfläche erleichtert. Bei der Herstellung von Mauerwerk mit herkömmlicher 10 bis 12 mm dicker Stoßund Lagerfuge ist der Maurer bis zu 55% der Zeit mit dem Mörtel beschäftigt. Durch die Anwendung des Dünnbettverfahrens mit NutFeder-System der Steine erreicht man zum einen eine Reduzierung des Mörtelverbrauchs von 50 ltr./m3 bei der Dickfuge auf 5 ltr./m3 bei der Dünnbettfuge. Zum anderen kann infolge gleichmäßigen Mörtelauftrags mittels Mörtelschlitten bzw. Plansteinkelle und infolge Reihenverlegung der Steine ein Zeitvorteil von bis zu 25% erzielt werden. Dabei arbeiten zwei Maurer zusammen, wobei der eine den Dünnbettmörtel mit Hilfe des Mörtelschlittens bzw. der Plansteinkelle über die Wandlänge verteilt, und der andere die Steine in das so vorbereitete Mörtelbett in Reihe verlegt [75]. Zur weiteren Rationalisierung der Mauerarbeiten werden verschiedene Sondersteine und Sonderbauteile von der Mauersteinindustrie angeboten (siehe »Sonderformate, Sonderbauteile«). Ziel ist dabei insbesondere die Einbindung statisch erforderlicher Ergänzungen durch Stahl und Beton in ein möglichst homogenes Mauerwerk bei gleichzeitiger Reduzierung des für die Einbindung erforderlichen Arbeitsaufwandes. Materialbedarf und erforderliche Arbeitszeitwerte lassen sich theoretisch ermitteln, wobei die Werte in der Praxis jedoch erheblichen Schwankungen unterliegen. Entscheidend ist hierfür die Organisation auf der Baustelle. Für den erforderlichen Steinbedarf ist z.B. wichtig, ob die Steine durch Schlagen oder Sägen bearbeitet und abgelängt werden. Der Mörtelbedarf ist z. B. bei Mauerwerk ohne Stoßfugenvermörtelung ca. 25 bis 30% niedriger als bei Mauerwerk mit Stoßfugenvermörtelung. Für die Arbeitszeit sind umfangreiche Richtwerte in den ARH-Tabellen des Bundesausschus-
Rationalisierungsmaßnahmen
ses Leistungslohn veröffentlicht. Sie schließen Nebenarbeiten wie Einweisung, Herstellen des Mörtels, Umsetzen von Gerüsten, Einmessen und Anlegen von Öffnungen, Reinigungen des Arbeitsplatzes etc. mit ein. Aus den Richtwerten ist der deutliche Einfluss der Steingröße, des Mauerns von Hand oder mit Versetzgerät sowie der Anwendung von Dünnbettmörtel bzw. des Wegfalls der Stoßfugenvermörtelung erkennbar (Abb. 2.5.14). Der reduzierte Arbeitsaufwand großformatiger Steine gegenüber Kleinformaten ist neben der Steingröße auch auf die Reihenverlegung in Dünnbettmörtel mit entsprechender Versetztechnik zurückzuführen. Der ökonomische Vorteil wird dabei umso größer, je präziser die Steine gefertigt sind, da mit abnehmender Maßabweichung das Mörtelbett auf ein Minimum reduziert wird und Material- und Zeitersparnis die Folgen sind. Gleichzeitig wird die Wand homogener mit allen Vorteilen in statischer und bauphysikalischer Hinsicht. Ablauf- und Baustellenorganisation Rationeller Mauerwerkbau betrifft auch eine sorgfältig geplante Ablauf- und Baustellenorganisation, um damit unnötig erschwerende Randbedingungen für die Erstellung von Mauerwerk zu vermeiden. Hierzu gehören der richtige Personaleinsatz, die Materialauswahl, die rechtzeitige Organisation und räumlich passende Lagerung des Materials, die Vorbereitungen für eine optimale Materialverarbeitung (Verwendung von Werkmörtel, Vorbehandeln der Mauersteine etc.) und der richtige Einsatz von Hilfsmitteln für das Mauern (z.B. Steinversetzgeräte, Arbeitsgerüste, Mörtelschlitten etc). Vor allem beim Einsatz von großformatigen Mauersteinen und den damit verbundenen reduzierten Arbeitszeiten je m2 Wand haben Störungen des Baustellenablaufs stärkere Auswirkungen auf den Grad der Rationalisierung als bei der Verarbeitung von kleinformatigen Steinen. Die rechtzeitige, in ausreichender Menge und örtlich auf der Decke richtige Bereitstellung von Mauersteinen und Mörtel ist besonders wichtig, um bei der Verarbeitung unnötige Wege und Körperdrehungen der Maurer zu vermeiden. Ähnliches gilt auch für den Einsatz von Versetzgeräten. Um hierbei optimale Versetzzeiten zu erreichen, ist bei der Anlieferung der Mauersteine darauf zu achten, dass die Steinstapel an der Verarbeitungsstelle lückenlos aneinandergereiht werden. Dadurch wird sichergestellt, dass mit der vorgewählten Greifzangeneinstellung die optimale Anzahl Steine je Greifvorgang versetzt wird. Zuviel vorhandene Baustoffe innerhalb des Hausgrundrisses können jedoch auch von Nachteil sein, weil dadurch evtl. die Verkehrswege zum Versetzen von Arbeitsgerüsten oder zum Verfahren von Versetzgeräten behindert werden. Zur Erzielung gleichmäßiger Arbeitsrhythmen sollte der Abstand zwischen den Maurern ca. 2,5 bis 3,0 m betragen. Bei einer Mauer-
länge je Maurer von 3,0 m liegt die Maurerleistung um ein Viertel höher als bei 2,0 m Mauerlänge, da der Arbeitsrhythmus nicht so häufig unterbrochen wird. Bei Verwendung von Mörtelschlitten können die Abstände der Maurer und auch der Mörtelkübel noch erhöht werden, da mit einer Füllung größere Wandlängen mit gleichmäßigem Mörtelauftrag versehen werden als mit der Mauerkelle. Durch die damit bedingte Verminderung der Arbeitswege und Körperdrehungen der Maurer wird deren Arbeitsrhythmus weiter vergleichmäßigt. Arbeitsgerüste Die Arbeitshöhe ist von entscheidender Bedeutung für die Arbeitsleistung, die Ermüdung und die Erhaltung der Gesundheit des Maurers, dies gilt besonders beim Vermauern großformatiger Steine. Bei Arbeitshöhen zwischen 60 und 80 cm ist der Zeit- und Arbeitsaufwand für das Verlegen eines Steines am geringsten. Durch variable Gerüsthöhen sollte versucht werden, diese optimale Arbeitshöhe für die gesamte Arbeit einzuhalten. Hierzu können moderne Stahlgerüste eingesetzt werden, die das Einhängen der Gerüstböden in Höhenabständen von 50 cm ermöglichen. Zusätzlich werden auf der Wandseite Verbreiterungskonsolen jeweils 50 cm tiefer eingehängt, um überflüssiges Bücken zu vermeiden. Mit stufenlos höhenverstellbaren Kurbelböcken und Kurbelgerüsten wird das Arbeiten des Maurers in der nach seiner Körpergröße günstigsten Arbeitshöhe ermöglicht und somit die ergonomische Leistungsfähigkeit des Maurers erheblich verbessert. Bei der Maurerbühne (Maurerlift, Maurerelevator) mit oder ohne integriertem Hebezeug wird im Gegensatz zu Kurbelgerüsten die Standfläche größer ausgelegt, wodurch mit einer Bühne Mauerlängen bis 4,0 m erstellt werden können. Zusätzlich kann dieses Gerüst als eine Einheit auf eigenem Fahrwerk verschoben oder mit dem Kran an einem neuen Standort gehoben werden, was unter dem wirtschaftlichen Aspekt einen großen Vorteil darstellt. Mit einem zusätzlich integrierten Hebezeug lassen sich auch größere Steinformate schnell, genau und ermüdungsarm vermauern. Mauerlehren Besonders aufwändige Arbeiten sind das Aufmauern der Mauerecken und der Fensterund Türanschläge infolge der damit verbundenen erheblichen Lot- und Einmessarbeit. Durch den Einsatz von wiederverwendbaren Eck- und Öffnungslehren, die sowohl die Lotrechte als auch die Sollhöhe der Steinlagen kennzeichnen, können diese Arbeiten vereinfacht werden. Das Vorziehen der Ecken und Abtreppungen entfällt gänzlich. Besonders beim Anlegen der ersten Schicht, bei der die Unebenheiten der Decke ausgeglichen werden müssen und die Grundlage für die Genauigkeit
der darüberliegenden Schichten geschaffen wird, wird mit den Mauerlehren ein vor allem bei den nächsten Steinlagen erkennbarer Rationalisierungseffekt erzielt. Eine Erhöhung der Wirtschaftlichkeit wird auch besonders dann erreicht, wenn Fenster und Türen als vorgefertigte Teile eingebaut oder zumindest die Öffnungs- und Fensterzargen als Öffnungslehren aufgestellt und in einem Arbeitsgang ummauert bzw. überdeckt werden. Rationelles Verarbeiten großformatiger Mauersteine
Als großformatige Steine und Elemente werden solche mit Längen ab 498 bis 998 mm und Höhen ab 373 bis 623 mm bezeichnet. Die Längen- und Höhenabmessungen ergeben sich aus der Anwendung des Dünnbettmörtelverfahrens mit Lager- und Stoßfugendicken von 1 bis 3 mm. Die Stoßfugen werden zur weiteren Kostenminimierung häufig nur im Nut-Feder-System knirsch gestoßen (siehe »Großformatige Elemente«). Die Rationalisierungsmöglichkeiten infolge großformatiger Mauersteine bestehen in der hohen Verlegeleistung mit Versetzgerät und Zwei-Mann-Kolonne, in der Anwendung des Dünnbettmörtelverfahrens und aufgrund der einfachen und damit maßgenauen Verlegung der Steine in der Reduzierung der Folgearbeiten. Durch die rationelle Verlegung können mit einem Arbeitsgang bis zu 1,25 laufende Meter Mauerwerk in Schichthöhen von 37,5 bis 75,0 mm erstellt werden. Dies entspricht einer Leistung von bis zu ca. 0,94 m2 fertiges Mauerwerk je Arbeitsschritt. Dies lohnt sich besonders bei wenig gegliederten Mauerwerkflächen. Bei stärker gegliedertem Mauerwerk wird der Rationalisierungseffekt durch ergänzende Formate, Passsteine oder spezielle Zuschnitte gewährleistet. Mit der Zwei-Mann-Kolonne wird die Maurertätigkeit dadurch rationalisiert, dass ein Mann das Versetzgerät bedient und nur für die Arbeitsvorbereitung (Mörtel- und Steinnachschub, Stein aufnehmen und an den Verlegeort befördern) zuständig ist, während der andere Mann mauert, d. h. die Mörtelschicht mit Mörtelschlitten und dgl. aufzieht und die Elemente versetzt und ausrichtet. Somit können Arbeitszeitrichtwerte von ca. 0,33 h/m 2 für volles Mauerwerk und 0,42 h/m 2 für gegliedertes Mauerwerk erzielt werden. Um die körperliche Belastung des Maurerpersonals in Grenzen zu halten, wurde als Folge der großformatigen Mauersteine das zulässige Steingewicht – einschließlich baupraktischer Feuchte – für das Vermauern der Steine von Hand nach oben beschränkt. Diese Gewichtsobergrenzen sind im Merkblatt der BauBerufsgenossenschaften über das Handhaben von Mauersteinen [132] verbindlich festgelegt und basieren auf umfangreichen ergonomischen Untersuchungen. Im Merkblatt wird zwischen Einhandsteinen und Zweihandsteinen unterschieden.
157
Ausführung von Mauerwerk
2.5.15
Verlegepläne für Bausatzmauerwerk
2.5.16
Einhandsteine sind Mauersteine, die mit einer Hand ergriffen und ohne körperliche Überbeanspruchung vermauert werden können. Das zulässige Steingewicht darf bei einer Greifspanne bis 70 mm maximal 7,5 kg und bei einer Greifspanne bis 115 mm maximal 6,0 kg betragen. Zweihandsteine sind Mauersteine, bei denen die Grenzwerte für Einhandsteine überschritten sind und deren Verarbeitungsgewicht auf maximal 25 kg begrenzt ist. Sie müssen mit Griffhilfen versehen oder aber so gestaltet sein, dass sie mit dafür geeigneten Greifwerkzeugen beidhändig gegriffen und von Hand versetzt werden können. Steine mit einem größeren Verarbeitungsgewicht sind mit Versetzgeräten zu verarbeiten. Steinversetzgeräte Ab Steinformaten größer 16 DF bei 240 mm dicken Wänden und 10 DF bei 365 mm dicken Wänden bzw. ab einem Verarbeitungsgewicht der Steine größer 25 kg ist der Einsatz von Hebeeinrichtungen bzw. Steinversetzgeräten erforderlich. Dafür wird zunehmend ein auf der jeweiligen Geschossdecke verfahrbarer Minikran mit einer Tragfähigkeit bis zu 300 kg eingesetzt. Je nach Steingröße können mit jedem Hub bis zu fünf großformatige Steine als lange Steinstange mit einer Greifzange gegriffen und vermauert werden, d. h. mit zwei Hüben entstehen ca. 1 m2 Wandfläche. Für den Einsatz von Versetzgeräten sind im Regelfall die zuvor beschriebenen Zwei-Mann-Kolonnen erforderlich, wobei die körperliche Belastung der einzelnen Maurer trotz der geringen Personalzahl und gleichzeitig hoher Arbeitsleistung durch das Versetzgerät enorm verringert wird. Das Arbeiten mit Versetzgerät und der damit verbundene Einsatz von Zwei-Mann-Teams trägt nur dann zur Rationalisierung des Mauerns bei, wenn wegen des gleichzeitigen Greifens mehrerer Steine zu einer Steinstange die Stoßfugen
158
unvermörtelt im Nut-Feder-System ausgebildet werden, wenn die Maurerkolonnen auf dieses System sowie aufeinander eingespielt sind und wenn eine lückenlose Transportkette von der Produktion bis zur Verwendungsstelle gewährleistet ist. So sollten die Steinpakete in ausgerichteten Reihen aufgestellt sein, wobei die verzahnten Stirnseiten dicht ineinandergreifen müssen, um das Anheben der Steinstangen durch die Greifzange zu ermöglichen. Die kürzesten Taktzeiten werden erzielt, wenn die Steinpakete zwischen Versetzgerät und Maurer abgestellt werden. Dabei ist jedoch zu beachten, dass durch das konzentrierte Anordnen der Steinpakete und des Versetzgerätes hohe Belastungen für die Geschossdecke entstehen können, die u. U. von Montageunterstützungen unter der Decke abzufangen sind. Um das Versetzgerät optimal bewegen zu können, ist eine ausreichende Verkehrsfläche notwendig. Diese wird durch den Einsatz der Stumpfstoßtechnik gewährleistet, da damit die Querwände ohne platzraubende Einbindungen (abtreppende Verzahnung, stehende Verzahnung mit Vorlage) zu einem späteren Zeitpunkt hergestellt werden können. Teilen von großformatigen Mauersteinen Die Herstellung fachgerechter Mauerwerkverbände sowie die Anpassung an vorgegebene Wand- und Pfeilerlängen erfordern das Teilen, Ablängen und Abschrägen der großformatigen Steine. Während das Teilen bei kleinformatigen Steinen mit dem Maurerhammer vorgenommen wird, ist dieses Vorgehen bei großformatigen Steinen nicht handwerksgerecht, da dabei unnötiger Bruch entsteht, der nicht weiter verarbeitet werden kann. Darüber hinaus führt das Teilen mit Hammer oder Axt zu einem ungenauen Ablängen. Dies hat bei Mauerwerk aus großformatigen Steinen und den daraus bedingten geringen Ausgleichs-
Systemwände in Elementbauweise
möglichkeiten in Wandlängsrichtung infolge geringer Stoßfugenanzahl und häufig angewandter Vermauerung ohne Stoßfugenvermörtelung einen unsachgemäßen Mauerwerkverband zur Folge, wodurch die Tragfähigkeit des Mauerwerks eingeschränkt wird. Großformatige Steine müssen folglich durch Spalten mit einem Spaltmesser bzw. SteinSpaltgerät oder – vor allem bei Dünnbettmauerwerk – besser durch Sägen exakt geteilt werden. Hierzu können Handsägen mit Widiablatt oder Trennmaschinen in Form von mit Diamant besetzten Trennscheiben, Bandsägen oder Kettensägen benutzt werden. Mit Hilfe von Anschlaghilfen und Sägewinkel werden dabei saubere Schnittkanten erzeugt. Trennscheiben haben in der Regel eine längere Standzeit als Band- oder Kettensägen. Bausatzmauerwerk
Die Idee des Bausatzmauerwerks wurde von der Kalksandstein- und Porenbetonindustrie entwickelt. Der Rationalisierungsgewinn beim Bausatzmauerwerk liegt darin, dass die großformatigen Mauersteine für jede Wand als werkseitig konfektionierter Wandbausatz einschließlich aller Pass- und Ergänzungssteine sowie der EDV-Verlegepläne zu einem Festpreis auf die Baustelle geliefert werden (Abb. 2.5.15). Zusätzlich werden vom Mauersteinhersteller Dünnbettmörtel, Versetzgeräte und Zubehör zur Verfügung gestellt. Um die Zahl der vorgeschnittenen Pass- und Ergänzungssteine und somit die Materialkosten zu minimieren, ist der Entwurf der Wände (Wandabmessungen, Anordnung und Abmessungen der Öffnungen) auf das Bausystem bzw. die großformatigen Steine abzustimmen. Vorteilhaft ist dabei wenig gegliedertes Mauerwerk in Schottenbauweise. Durch die Verlegepläne und Verlegeanweisungen wird das Verarbeiten der als Wandbausatz
Rationalisierungsmaßnahmen
2.5.17
Giebelwand als Ziegel-Mauertafel
gelieferten Mauersteine vereinfacht und beschleunigt. Dies führt zu einer erheblichen Reduzierung der Lohnkosten, wozu auch die gelieferten Ergänzungssteine beitragen. Zusätzlich wird durch diese ein Verschnitt der Steine auf der Baustelle und deren kostenintensive Abfallbeseitigung vermieden. Das einfache Vermauern der Wandbausätze kann auch von ungeübten Heimwerkern in »do-ityourself-Bauweise« durchgeführt werden, wodurch zusätzlich die Lohnkosten minimiert werden. Trockenmauerwerk wird durch Versetzen von Steinen im Verband ohne Mauermörtel in den Stoß- und Lagerfugen errichtet. Voraussetzung dafür ist, dass die Steine einen sehr hohen Qualitätsstandard hinsichtlich geringer Abweichungen vom HöhenSollmaß und hinsichtlich planebener und planparalleler Lagerfugen aufweisen. Durch das Versetzen der Steine ohne Mörtel in den Stoßund Lagerfugen wird eine weitere Rationalisierung bei der Mauerwerkherstellung erreicht, da die Arbeitsschritte für den Mörtelnachschub, das Aufziehen des Mörtels und das Beseitigen von Mörtelresten nach dem Steinsetzen entfallen. Dadurch wird die Ergonomie des Mauerns (Zahl der Bück- und Drehbewegungen) verbessert und somit der Arbeitsrhythmus des Maurers vergleichmäßigt. Dies führt zu einer Reduzierung der erforderlichen Arbeitszeit je m2 Wandfläche. Zusätzlich werden durch das Wegfallen von Dünnbettmörtel neben den Lohnkosten auch die Materialkosten reduziert. Da mit Trockenmauerwerk in der Baupraxis bisher sehr wenig Erfahrungen gemacht wurden, wird die Anwendung dieser Bauweise derzeit noch über allgemeine bauaufsichtliche Zulassungen geregelt. Dabei ist der Anwendungsbereich von Trockenmauerwerk auf Gebäude mit bis zu drei Geschossen bzw.
2.5.18
Ziegel-Fassadenelement System Schätz-Preton
einer Gebäudehöhe über Oberkante Gelände von maximal 10 m, auf lichte Geschosshöhen bis 2,75 m und auf Deckenstützweiten von maximal 6,0 m beschränkt. Trockenmauerwerk darf außerdem nicht bei bewehrtem Mauerwerk, bei Gewölbe, Bogen und gewölbten Kappen sowie bei Schornsteinmauerwerk ausgeführt werden. Das Trockenmauerwerk muss auf seine gesamte Länge durch Decken belastet werden, wobei die Deckenauflagertiefe bei nur einseitig durch Decken belasteten Wänden mindestens die halbe Wanddicke bzw. 12 cm betragen muss. Die Decken (auch Dachdekken) sind als steife Scheibe auszubilden, Ersatzmaßnahmen dafür (z. B. statisch nachgewiesene Ringbalken) sind unzulässig. Die Standsicherheit von Trockenmauerwerk ist durch verschiedene Bauteilprüfungen sowie besondere statische Berechnungsansätze hinsichtlich Knicklängen, Verbände etc. nachzuweisen [79]. Elementbauweise Die Vorzüge und Wirtschaftlichkeit der Elementbauweise liegen in der rationellen Vorfertigung der Wandelemente unter industriellen, optimalen Bedingungen im Werk, der schnellen Montage mittels Kran und der anschließenden einfachen kraftschlüssigen Verbindung der Elemente auf der Baustelle zu einer durchgehend zusammenhängenden Wandfläche bzw. Gebäudestruktur. Die Elemente werden im Werk geschosshoch als Mauertafel, Vergusstafel oder Verbundtafel (siehe »Fertigbauteile aus Mauerwerk«) mit Integration aller Öffnungen und Installationskanäle hergestellt. Für den Transport und die Montage werden sie horizontal und vertikal bewehrt. Die industrielle Vorfertigung ermöglicht durch den computerunterstützten Einsatz von Maschinen (z. B. Mauerroboter) eine hohe Wandproduktionsleistung pro Tag
bei gleichbleibend guter Mauerwerkqualität und geringen Lohnkosten. Die Lieferung der Elemente »just in time« und deren schnelle und wirtschaftliche Montage bewirken auf der Baustelle einen schnellen Baufortschritt bei gleichzeitig geringem Personalbedarf. Dabei ist für die reibungslose Montage eine gute Montagevorbereitung (Einweisung des Personals, Festlegung des Montageablaufes, Vorbereitung des Kranstandplatzes und der Hilfsabstützungen etc.) sowie meistens der Einsatz eines Autokrans erforderlich. Ab Kellerhöhe kann mit dieser Bauweise der Rohbau eines Einfamilienhauses in nur drei bis fünf Tagen hergestellt werden. Dabei ist nur eine geringe Baustelleneinrichtung erforderlich, gleichzeitig wird die Umweltbelastung infolge Lärm und Baustellenschmutz minimiert. Eine weitere Kosteneinsparung wird durch die Lieferung weitgehend trockener, da im Werk vorgefertigter, Bauteile und dem damit bedingten Wegfallen des Energieverbrauchs für das Trockenheizen des Gebäudes erzielt (Abb. 2.5.16 und 2.5.17). Neben der Anwendungsmöglichkeit für tragendes, einschaliges Mauerwerk wird die Elementbauweise zunehmend auch bei vorgehängten, gemauerten Fassaden eingesetzt. Hierbei werden die bis zu 8,0 m langen und bis zu 3,6 m hohen Fassadenelemente rationell und unabhängig von Witterungseinflüssen im Werk nach den Richtlinien für bewehrtes Mauerwerk mit frostbeständigen Vormauersteinen, Verblender oder Klinker hergestellt. Durch die Werksfertigung wird eine gleichmäßige und qualitativ hochwertige Herstellung der Vorsatzschalen bzgl. Fugenbild, Steinund Mörtelfarben, vollfugiges und hohlraumfreies Mauern, gleichmäßige Verfugung etc. gewährleistet. Zusätzlich können in die Fassadenelemente Jalousetten, Rolläden, Stürze und Bögen sowie besondere Strukturen integriert werden (Abb. 2.5.18).
159
Bauphysik
Bauphysik
R si
Wärmeübergangswiderstände in m 2 • K/W Richtung des Wärmestroms Aufwärts Horizontal Abwärts 0,10 0,13 0,17
R se
0,04
2.6.1
0,04
0,04
Wärmeschutz Der Wärmeschutz im Hochbau soll die Gesundheit der Bewohner und Nutzer der Gebäude durch ein hygienisches und behagliches Raumklima gewährleisten sowie den Schutz der Baukonstruktion vor klimabedingten Feuchteeinwirkungen und deren Folgeschäden sichern. Der Energiebedarf für die Heizung im Winter und Maßnahmen für erträgliche Raumklimaverhältnisse im Sommer ohne Verwendung raumlufttechnischer Anlagen zur Kühlung sind zusammen mit den notwendigen Wärmeschutz- und Energieeinsparmaßnahmen zu optimieren. Baulicher Wärmeschutz ist heute nicht allein ein Mittel des Energiesparens, sondern ein wichtiger Teilbereich des Umweltschutzes. Damit kommt der Reduzierung des Schadstoffausstoßes bei der Gebäudeheizung eine wichtige Rolle zu. Neben der für den Nutzer zunehmend wichtiger werdenden Einsparung von Heizkosten werden auch die immer wertvoller werdenden Energieund Brennstoffressourcen geschont. Die Bauproduktenrichtlinie [13] als wichtigste Maßnahme zur Schaffung des europäischen Binnenmarktes im Bauwesen trägt der Bedeutung des Wärmeschutzes Rechnung und definiert als eine von sechs wesentlichen Anforderungen das Gebiet »Energieeinsparung und Wärmeschutz«. Insgesamt steht den durch die europäische Normung verursachten Kosten und Umstellungsproblemen ein größerer Nutzen gegenüber. Dieser wirkt sich aus durch: • die Harmonisierung der Märkte • einheitliche Rahmenbedingungen innerhalb der EU • europäische Lieferbedingungen und Beschaffenheit • einheitliche Bewertungs- und Prüfstandards • einheitliche Qualitätsstandards, die europaweit bekannt sind. Bei unterschiedlichem Anforderungsniveau in den Ländern können diese nach abgestuften Leistungsklassen bewertet werden. Ziel des Grundlagendokuments »Energieeinsparung und Wärmeschutz« ist, dass unter Berücksichtigung des Standortes der Energieverbrauch bei der Nutzung eines Bauwerks und seiner technischen Anlagen gering gehalten und ein ausreichender Wärmekomfort der Bewohner gewährleistet wird. Dabei werden im wesentlichen folgende Faktoren erfasst und normativ beschrieben:
160
• Standort, Ausrichtung und Form des Bauwerks • physikalische Eigenschaften der Materialien und Bauteile für den Baukörper • Bemessung der Systeme für die technische Ausrüstung • Leistungsmerkmale der Bauteile dieser Systeme • Verhalten der Gebäudenutzer. Die Verknüpfung von Entwurfs- und Bemessungsnormen, Normen mit allgemein anerkannten Bemessungswerten, Messnormen für Bauteile und Baustoffe sowie Produktnormen ist stark vereinfacht und pauschaliert in 2.6.2 dargestellt. Die energetische Qualität eines Gebäudes wird nach einer Bemessungsnorm berechnet. Weitere Regelungen sind erforderlich für die Beurteilung des thermischen Verhaltens von Gebäudeabschnitten, wie an das Erdreich grenzende Räume, Dachräume oder Gebäudeteile mit niedrigeren Temperaturen sowie Normen für die Festlegung der thermischen Qualität von Bauteilen und deren instationäres Verhalten bei Aufheiz- und Auskühlvorgängen. Zur Berechnung der Transmissionswärmeverluste der Gebäudehülle und gegebener Wärmegewinne dienen Tabellenwerte oder nach festgelegten Regeln aufbereitete Messwerte für Bauteile. Daneben können Bauteile nach ihren Bestandteilen, unter Zugrundelegung der Produkteigenschaften der verwendeten Materialien, bewertet werden. Damit steht für die Leistungsbeschreibung eines Gebäudes ein komplettes und in sich schlüssiges Normenkonzept von der Produkteigenschaft bis zum Endenergiebedarf zur Verfügung. Als nationales Umsetzungsdokument und zur Festschreibung nationaler Anforderungen bleibt DIN 4108 nach wie vor erhalten. Erste nationale Maßnahmen zur Energieeinsparung bei der Heizung von Gebäuden wurden im Rahmen des 1976 erlassenen Energieeinsparungsgesetzes durch die Wärmeschutzverordnung 1977 und die folgenden Novellierungen mit der 2. Verordnung 1982 sowie der 3. Verordnung 1995 durchgesetzt. Mit der Energieeinsparverordnung 2001 werden weitere 30% Einsparungspotential bei der Gebäudeheizung erreichbar sein. Dabei wird zur baulichen Gestaltung, der Einbeziehung der Heizungstechnik und der Bewertung des Energieträgers ein komplettes energetisches Planungskonzept zur Verfügung stehen.
Wärmeschutz
Wärmeübertragung, wärmeschutztechnische Kenngrößen, Begriffe
Die Wärmeübertragung kann in Form von Wärmeleitung bei festen, flüssigen und gasförmigen Medien und Wärmestrahlung in transparenten Stoffen und Vakuum erfolgen. Bei Baustoffen wird die Wärmeübertragung durch die Eigenschaft Wärmeleitfähigkeit ausgedrückt. Die Wärmeleitfähigkeit λ gibt an, welcher Wärmestrom in W in einer Stunde durch 1 m2 einer 1 m dicken Schicht hindurchgeht, wenn das Temperaturgefälle in Richtung des Wärmestroms 1 K (1 Kelvin) beträgt. Je kleiner die Wärmeleitfähigkeit, desto besser die Wärmedämmung bei gleicher Dicke eines Baustoffs. Das Wärmedämmvermögen eines Bauteils wird durch den Wärmedurchlasswiderstand R gekennzeichnet. Zu seiner Ermittlung ist die Dicke der betreffenden Schicht (in Meter) durch die stoffbezogene Wärmeleitfähigkeit λ in W/(m⋅K) zu dividieren. Bei mehrschichtigen Bauteilen ist für jede Schicht nach diesem Rechenverfahren der Einzelwert festzustellen. Die Summe aller Einzelwerte ergibt dann den Wärmedurchlasswiderstand R für das gesamte Bauteil. Je größer R, desto besser die Wärmedämmung. Zur Bestimmung des Wärmedurchgangs durch ein Bauteil muss dann noch der innere und äußere Wärmeübergangswiderstand Rsi und Rse bekannt sein. Der Wärmeübergangswiderstand ist der Widerstand der Luftgrenzschicht gegen den Übergang von Wärme aus der Innenluft zum Bauteil und von diesem zur Außenluft. Die Wärmeübergangswiderstände sind entsprechend der Bauteillage (vertikal, horizontal) und der äußeren Anströmung (freie Anströmung, hinterlüftet, nicht hinterlüftet) in der Regel nach 2.6.1 normiert. Sie sind für einen Emissionsgrad der Oberflächen von ε = 0,9 und eine Windgeschwindigkeit ν = 4 m/s an der äußeren Oberfläche ermittelt worden. Die Summe aller Widerstände, die Wärmedurchlasswiderstände der Bauteilschichten und die Wärmeübergangswiderstände der Luftschichten ergibt den Wärmedurchgangswiderstand RT, den das gesamte Bauteil dem Wärmestrom entgegensetzt. Mit dem Kehrwert des Wärmedurchgangswiderstandes erhält man den Wärmedurchgangskoeffizienten U als kennzeichnende Bauteilgröße für den baulichen Wärmeschutz. Der U-Wert ist von grundlegender Bedeutung für die Berechnung des Heizwärmebedarfs eines Gebäudes. Je kleiner der U-Wert, desto besser die Wärmedämmung. Die Berechnung des Wärmedurchlass-widerstandes ein- und mehrschichtiger Bauteile sowie des Wärmedurchgangskoeffizienten ist in 2.6.3 schematisch dargestellt. Die Be-rechnung des U-Wertes für Bauteile aus mehreren, nebeneinanderliegenden Bereichen mit unterschiedlichen Wärmeleitfähigkeiten wird unter »Wärmebrücken« behandelt. Die rechnerische Erfassung der Wärmeübertragung und der Temperaturverteilung in Bauteilen ist als zeit-
2.6.2
Schematische Darstellung der Verknüpfung von Material, Bauteil und Bemessungsnormen zur energetischen Beurteilung von Gebäuden
2.6.3
Berechnung des Wärmedurchlasswiderstandes und des Wärmedurchgangskoeffizienten ein- und mehrschaliger Mauerwerkkonstruktionen
161
Bauphysik
2.6.4
Wärmeleitfähigkeit von trockenen Blähton- und Blähschieferbetonproben ohne und mit verschiedenen Quarzsandzusätzen in Volumenanteilen der Gesamtzuschläge (%) in Abhängigkeit von der Rohdichte (Mitteltemperatur 10°C) nach W. Schüle, Giesecke und Reichardt [195]
und geometrieabhängiges Problem relativ schwierig. Aus Vereinfachungsgründen wird daher von stationären, d. h. zu beiden Seiten des Bauteils konstanten Temperaturen sowie von einem eindimensionalen Wärmestrom in Richtung der Bauteildicke ausgegangen. Diese Betrachtung ist im Allgemeinen für Winterverhältnisse mit dauernd beheizten Räumen und konstant niedrigen Temperaturen auf der Außenseite sowie zur Berechnung eines gemittelten Wärmeverlustes über einen längeren Zeitraum ausreichend genau. Durch ein Außenbauteil mit der Fläche A, an dessen einer Seite Innenluft mit der Temperatur ϑi und an dessen anderer Seite Außenluft mit der Temperatur ϑe angrenzt, fließt im Beharrungszustand der Wärmestrom Φ = U • A (ϑi – ϑe)
2.6.5
Größenordnung der Wärmeleitfähigkeit der festen Bestandteile von Bau- und Wärmedämmstoffen in W/(m⋅k) nach J. S. Cammerer [29] Anorganische Baustoffe kristallin senkrecht zur Kristallachse 4,7 bis 7,0 parallel zur Kristallachse bis 14 Quarzit 6 Kalkstein, Marmor, Granit, 1,6 bis 4,0 Basalt, Feldspat, Sandstein amorph erstarrte Schmelzen wie Hochofenschlacke und Gläser 0,7 bis 1,2 Natürliche organische Stoffe 0,3 bis 0,4 Kunststoffe 0,16 bis 0,35
2.6.6
Wärmeschutztechnische Größen, Symbole und Einheiten Physikalische Größe Symbol Einheit Temperatur ϑ °C Wärmeleitfähigkeit λ W/(m • K) Wärmedurchlasswiederstand R m2K/W innerer Wärmeübergangswiderstand Rsi m2K/W äußerer Wärmeübergangswiderstand Rse m2K/W Wärmedurchgangswiderstand RT m2K/W Wärmedurchgangskoeffizient U W/(m2•K) Wärmestrom φ W Wärmestromdichte q W/m2 spezifische Wärmekapazität c J/(kg • K) Rohdichte ρ kg/m3 Dicke d m Fläche A m2 Volumen V m3 Masse m kg
Damit ist der Wärmedurchgangskoeffizient U maßgebend für den Transmissionswärmeverlust des Bauteils. Die graphische Darstellung des U-Wertes in 2.6.8 zeigt allerdings, dass ab bestimmten Bauteildicken ohnehin nur noch geringe Verbesserungen möglich sind. Dieses nichtlineare Verhalten führt dazu, dass mit extremer Dämmung steigenden Kosten immer geringere Energiespareffekte gegenüberstehen. Die für die wärmeschutztechnische Beurteilung der Gebäudehülle erforderlichen Größen, Symbole und Formelzeichen sind in 2.6.6 zusammengestellt. Weitere Angaben enthalten DIN EN ISO 7345 und die jeweiligen Teile von DIN 4108. Wärmeleitfähigkeit von Baustoffen
2.6.7
Wärmeleitfähigkeit von Baustoffen
Baustoffe sind, mit Ausnahme sehr dichter Gesteine, mehr oder weniger poröse Körper. Sie enthalten luftgefüllte Hohlräume unterschiedlicher Größe und Anordnung, die den Wärmetransport wesentlich beeinflussen können. Die Wärmeleitfähigkeit eines Mauerwerkbaustoffes ist abhängig von • der Wärmeleitfähigkeit der festen Bestandteile • der Porosität oder Rohdichte • der Art, Größe und Anordnung der Poren • den Strahlungseigenschaften der Begrenzungswände der Hohlräume • der Temperatur • dem Wasser- oder Feuchtegehalt. Da die Wärmeleitfähigkeit der betrachteten Stoffe innerhalb ihres Anwendungsbereichs von der Temperatur abhängig ist, werden im baulichen Bereich alle Wärmeleitfähigkeitswerte zur eindeutigen Vergleichbarkeit auf eine Mitteltemperatur von 10 °C bezogen. Ebenso erfolgt, aus gleichem Grund, die Angabe von Stoffwerten für den trockenen Zustand des Materials, ohne zunächst die Zunahme der Wärmeleitfähigkeit durch Feuchtigkeit zu berücksichtigen. Einen Überblick über die Größenordnung der Wärmeleitfähigkeit von Feststoffen, aus denen Bau- und Wärmedämmstof-
162
Wärmeschutz
fe bestehen zeigt 2.6.5. Stoffe mit überwiegend kristallinen Komponenten weisen eine höhere Wärmeleitfähigkeit auf, als solche mit glasigen oder kalkhaltigen Anteilen. Beimengungen von Quarzsand bei Beton oder Mörteln wirken sich somit merkbar ungünstig auf die Wärmeleitfähigkeit aus. Messwerte für Betone unterschiedlicher Quarzgehalte sind in 2.6.4 dargestellt. Durch die Verwendung quarzhaltiger Zuschläge kann für Beton pauschal von einer Verschlechterung der Dämmwirkung in Höhe von 20% ausgegangen werden. Die kennzeichnende Einflussgröße auf die Wärmeleitfähigkeit von Bau- und Dämmstoffen ist jedoch die Rohdichte. Diesen Zusammenhang zeigt in 2.6.7 die Auswertung von über tausend Messergebnissen im Rahmen eines europäischen Forschungsvorhabens. Baustoffe in ausgeführten Bauten, insbesondere in Außenbauteilen von Gebäuden, weisen einen mehr oder weniger großen Wassergehalt auf. Er wird wegen seiner, im allgemeinen relativ geringen Größe, als Feuchtigkeitsgehalt, Feuchtegehalt oder Stofffeuchte bezeichnet. Je nach der porösen Struktur und der Größe des Feuchtegehalts kann das Wasser größere und kleinere Poren ganz oder teilweise ausfüllen oder nur an den Porenwänden oder in Porenwinkeln haften. Feuchte Baustoffe weisen gegenüber dem trockenen Zustand eine höhere Wärmeleitfähigkeit auf, die stoffbezogen vom Feuchtegehalt abhängt. 2.6.9 zeigt für verschiedene Baustoffe die Wärmeleitfähigkeit als Funktion des Feuchtegehalts, wobei dieser alternativ volumen- bzw. massebezogen angegeben werden kann. Ist die Wärmeleitfähigkeit im trockenen Zustand und der Feuchtegehalt des Baustoffs bekannt, so wird die Wärmeleitfähigkeit im feuchten Zustand nach DIN EN ISO 10456 bestimmt nach λu,ψ = λ10,tr • Fm Fm = efu(u2 – u1) Fm = efψ(ψ2 – ψ1) Dabei ist: fu bzw. fψ der Umrechnungsfaktor für den masse- bzw. volumenbezogenen Feuchtegehalt u1 bzw. ψ1 der Feuchtegehalt 0 des trockenen Stoffs u2 bzw. ψ2 der masse- bzw. volumenbezogene Feuchtegehalt. Die praxisüblichen Feuchtegehalte u und ψ sowie Umrechnungsfaktoren für den Feuchtegehalt werden entsprechend 2.6.10 in DIN EN 12 524 angegeben. Die standardisierten Feuchtegehalte u (massebezogen) und ψ (volumenbezogen) beziehen sich auf den Ausgleichsfeuchtegehalt des entsprechenden Materials im Klima 23 °C / 50% relative Luftfeuchte bzw. 23 °C / 80% relative Luftfeuchte. Die Feuchtegehalte im gewünschten Bezugs-
klima und die Umrechnungsfaktoren für den Einfluss des Feuchtegehalts auf die Wärmeleitfähigkeit können auch individuell für bestimmte Baustoffe experimentell mit dem Ziel bestimmt werden, günstigere Wärmeleitfähigkeitswerte im baupraktischen Zustand zu erzielen. Für die einheitliche Kennzeichnung der Eigenschaften von Baustoffen, für den Handel über die Landesgrenzen hinaus, wurde der Begriff des Nennwertes eingeführt. Der Nennwert der Wärmeleitfähigkeit ist der erwartete Wert einer wärmeschutztechnischen Eigenschaft eines Baustoffes oder -produktes, bewertet durch Messdaten bei Referenzbedingungen für Temperatur und Feuchte nach 2.6.11, angegeben für festgelegte Fraktile und Vertrauensbereich und entsprechend einer unter normalen Bedingungen erwarteten Nutzungsdauer. Unter den Begriff der Nutzungsdauer gehört auch das Alterungsverhalten von Produkten, wie z.B. Wärmedämmstoffe mit hochmolekularen Treibgasen, die mit der Zeit einen Gasaustausch mit der Umgebungsluft erfahren oder das Setzungsverhalten loser Wärmedämmstoffe in Hohlräumen. Für Mauerwerkprodukte sind nur die Materialstreuung und der Einfluss der Feuchte relevant. Der Bemessungswert der Wärmeleitfähigkeit ist der Wert einer wärmetechnischen Eigenschaft eines Baustoffes oder -produktes unter bestimmten äußeren und inneren Bedingungen, die in Gebäuden als typisches Verhalten des Stoffes oder Produktes als Bestandteil eines Bauteils angesehen werden können. Bemessungswerte werden durch den Anwender / Planer, Baubehörden oder nationale Festlegungen ermittelt, entsprechend der geplanten Anwendung des Produktes, der Umweltbzw. Klimabedingungen sowie gemäß dem Zweck der Berechnung wie beispielsweise: • Energieverbrauch • Planung von Heizungs- und Kühlanlagen • Oberflächentemperatur-Berechnung • Übereinstimmung mit nationalen Bauvorschriften • Untersuchung der instationären thermischen Bedingungen in Gebäuden.
2.6.8
Wärmedurchgangskoeffizienten U in Abhängigkeit von ihrem Wärmedurchlasswiderstand R
2.6.9 Wärmeleitfähigkeit von Baustoffen in Abhängigkeit vom Feuchtegehalt (volumenbezogen und massebezogen) volumenbezogen massebezogen
Wärmeschutztechnische Bemessungswerte können aus den Nennwerten mittels der in DIN EN ISO 10456 angegebenen Umrechnungsfaktoren abgeleitet werden. Das ist gewöhnlich bei Wärmedämmstoffen der Fall. Bemessungswerte für Mauerwerkstoffe werden aus der Wärmeleitfähigkeit im trockenen Zustand abgeleitet. Wärmeschutz von Luftschichten
Bei Luftschichten in Bauteilen erfolgt der Wärmetransport durch Wärmeleitung, Konvektion und Strahlung. Die verschiedenen Wärmetransportmechanismen bewirken, dass bei Luftschichten der Wärmedurchlasswiderstand R mit zunehmender Dicke nicht wie bei festen Stoffen stetig
163
Bauphysik
2.6.10 Feuchtetechnische Eigenschaften von Mauerwerksmaterialien Material Rohdichte Feuchtegehalt bei Feuchtegehalt bei 23 °C, 50% RH 23 °C, 80% RH
Vollziegel (Gebrannter Ton) Kalksandstein Bimsbeton Normalbeton Betonsteine Styroporbeton Blähtonbeton Beton mit überwiegend Blähtonzuschlägen Beton mit Hochofenschlackezuschlägen Porenbeton Beton mit anderen Leichtzuschlägen Mörtel (Mauer- und Putzmörtel)
ρ u kg/m3 kg/kg 1000–2400
ψ m3/m3 0,007
900–2200 500–1300 1600–2400
0,012 0,02 0,025
500–800 400–700 800–1700
u kg/kg
ψ m3/m3 0,012
Umrechnungsfaktor für Feuchtegehalt fu –
0,024 0,035 0,04
0,015
10 4 4
0,025
5
0,02 0,02
0,03 0,03
2,6 4
1100–1700 0,02
0,04
4
300–1000
250–2000
0,026
0,045
fψ – 10
4
0,03
0,05
4
0,04
0,06
4
2.6.11 Referenzbedingungen nach DIN EN ISO 10 456 Eigenschaft Randbedingung I (10 °C) II (23 °C) a b c Referenztemperatur 10 °C 10 °C 23 °C Feuchte udry u 23,50 udry Alterung gealtert gealtert gealtert udry ist ein niedriger Feuchtegehalt, der durch Trocknung erreicht wird. u23,50 ist ein Feuchtegehalt, der sich im Gleichgewicht bei 23 °C Lufttemperatur und einer relativen Luftfeuchte von 50% einstellt.
d 23 °C u23,50 gealtert
2.6.12 Wärmedurchlasswiderstand R von ruhenden Luftschichten – Oberflächen mit hohem Emissionsgrad Dicke der Luftschicht Richtung des Wärmestroms mm R in m 2 • K/W Aufwärts Horizontal Abwärts 0 0,00 0,00 0,00 5 0,11 0,11 0,11 7 0,13 0,13 0,13 10 0,15 0,15 0,15 15 0,16 0,17 0,17 25 0,16 0,18 0,19 50 0,16 0,18 0,21 100 0,16 0,18 0,22 300 0,16 0,18 0,23 Anmerkung: Zwischenwerte können mittels linearer Interpolation ermittelt werden.
2.6.13
Wärmedurchlasswiderstände von ruhenden Luftschichten, schwach belüfteten Luftschichten und von stark belüfteten Luftschichten werden nach DIN EN ISO 6946 definiert
zunimmt, sondern einen Höchstwert erreicht und dann konstant bleibt. Wärmedurchlasswiderstände von Luftschichten nach 2.6.12 werden in DIN EN ISO 6946 angegeben und dürfen beim Nachweis des Wärmeschutzes nur dann mitgerechnet werden, wenn sie gegen die Außenluft abgeschlossen sind. Hierzu gehören auch Luftschichten bei zweischaligem Mauerwerk nach DIN 1053, da die Öffnungsquerschnitte in der Vormauerung zu klein sind, um einen Luftaustausch mit der Außenluft zu bewirken. Inwieweit eine Luftschicht mit kleinen Öffnungen zur Außenumgebung noch als ruhende Luftschicht zu betrachten ist und mit welchen Dämmwerten schwach bzw. stark belüftete Luftschichten zu bewerten sind, ist in 2.6.13 schematisch dargestellt. Kleine oder unterteilte Luftspalte entsprechend 2.6.14, wie sie bei Lochsteinen, Hochlochziegeln und Griffhilfen anzutreffen sind, bedürfen einer besonderen Betrachtung. Hier hat die Lochgeometrie mit dem Verhältnis Spaltbreite zu Spaltdicke einen Einfluss auf die äquivalente Wärmeleitfähigkeit des Hohlraums. Wärmedurchlasswiderstände von Luftspalten beliebiger Abmessungen können nach DIN EN ISO 6946 berechnet werden. Der Wärmedurchlasswiderstand einer Luftkammer ergibt sich nach: Rg =
1 ha + 1/2Ehro (1+d2/b2 - d/b)
Dabei sind: Rg der Wärmedurchlasswiderstand des Luftraums; d die Dicke des Luftraums; b die Breite des Luftraums; E der Strahlungsaustauschgrad; hro der Wärmeübergangskoeffizient durch Strahlung für einen schwarzen Körper ha ergibt sich wie folgt: • für Wärmestrom horizontal: ha ist der größere Wert von 1,25 W/(m2 • K) und 0,025/d W/(m2 • K); • für Wärmestrom aufwärts: ha ist der größere Wert von 1,95 W/(m2 • K) und 0,025/d W/(m2 • K); • für Wärmestrom abwärts: ha ist der größere Wert von 0,12 d–0,44 W/(m2 • K) und 0,025/d W/(m2 • K), wobei d die Dicke des Luftraumes (in Wärmestromrichtung) ist. Die wärmetechnische Optimierung von Lochsteinen hängt von der Lochverteilung und den Lochquerschnitten ab. Bei einer vergleichenden Betrachtung von Lochmustern müssen der Lochanteil und die Wärmeleitfähigkeit des Feststoffs konstant gehalten werden. In 2.6.15 wird für verschiedene Lochbilder von Mauerziegeln mit 40% Lochanteil der erzielte Wärmeschutz qualitativ dargestellt [46]. Dabei sind die Querschnittsmuster von 01 beginnend bis 18 nach fallender Wärmeleitfähigkeit geordnet. Bei Leichtbetonsteinen hängt bei gleicher Steinrohdichte die Wärmeleitfähigkeit des Steins ent-
164
Wärmeschutz
scheidend vom Lochanteil und der Anordnung der Hohlkammern ab. Die unter Annahme einer Steinrohdichte von 600 kg/m3 nach EN 1745 berechneten Wärmeleitfähigkeitswerte für Mauerwerk aus 3- und 4-Kammer-Hohlblocksteinen sowie einem Schlitzstein zeigt 2.6.16. Die angegebenen Werte gelten für Steine aus Blähtonbeton und Leichtmauermörtel LM 36.
2.6.14
Kleine oder unterteilte unbelüftete Lufträume (Luftspalte)
2.6.15
Variationen von Ziegelquerschnittsgeometrien bei konstantem Lochanteil und konstanter Gesamtstegdicke (Wärmestromrichtung horizontal) [2]
Festlegung von Bemessungswerten der Wärmeleitfähigkeit
Der Bemessungswert der Wärmeleitfähigkeit für die Berechnung des Wärmeschutzes von Baukonstruktionen wird für den nationalen deutschen Bereich auf der Basis des praktischen Feuchtegehalts bzw. der Ausgleichsfeuchte im Klima 23 °C / 80% RH festgelegt. Dazu muss der praktische Feuchtegehalt bzw. der Bezugsfeuchtegehalt des Baustoffs bekannt sein. Unter praktischem Feuchtegehalt versteht man eine Wassermenge im Baustoff, die sich im Laufe der Zeit in genügend ausgetrockneten Bauten einstellt. Als Ursache kommt die Wasseraufnahme aus der Luft (Hygroskopizität) und Tauwasserbildung an Oberflächen sowie im Innern von Bauteilen in Frage. Vom praktischen Feuchtegehalt damit ausgeschlossen sind noch nicht ausgetrocknete Baufeuchte und Durchfeuchtungen als Folge von Niederschlägen, aufsteigende Feuchtigkeit sowie Bauschäden. Der praktische Feuchtegehalt wird als relative Summenhäufigkeit einer Vielzahl von Untersuchungen an möglichst vielen Bauten festgelegt. Den typischen Verlauf für einen Baustoff zeigt 2.6.17. Als Beispiel für den Austrocknungsverlauf von Außenbauteilen können nach 2.6.21 Messergebnisse an Porenbetonwänden und -dächern dienen [104]. Beidseitig verdunstungsfähige Außenwände mit ausreichendem Regenschutz trocknen rascher aus. Unter unterschiedlichen Verhältnissen beträgt die Trocknungsdauer etwa zwei Jahre. Da der Austrocknungsverlauf durch die Witterung, den Wohnbetrieb, die Bauqualität sowie die Orientierung der Wände stark beeinflusst wird und die Feuchtebestimmung durch Bohrprobenentnahme sehr aufwändig ist, wird neuerdings die Feuchtecharakteristik eines Baustoffs durch seine hygroskopische Gleichgewichtsfeuchte in einem definierten Klima herangezogen (2.6.18). Als gleichwertig zu den Praxisuntersuchungen hat sich die Feuchtigkeitsaufnahme bei 23 °C und 80% relativer Luftfeuchte bewährt. Man spricht dann vom Bezugsfeuchtegehalt, wie er sich auch in europäischen Regelwerken eingebürgert hat (siehe auch 2.6.10, Spalte 5 und 6). Der Wassergehalt eines Baustoffs wird entweder als die in der Masseneinheit des Stoffes enthaltene Wassermenge, bezogen auf die Trockenmasse als »massebezogener Wassergehalt« u in kg/kg, oder als das in der Volumeneinheit des Stoffes enthaltene Wasservolumen, bezogen auf das Stoffvolumen als »volumenbezogener Wassergehalt« ψ in m3/m3, angegeben.
Raute, versetzt
Kreisloch, parallel
Ellipse, parallel
Sechseck, versetzt
Deltalochung
Rechteck, p + Grifflöcher
Ellipse, versetzt
Rechteck, parallel
Rechteck, v + Gl
Rechteck, T-Ziegel versetzt/»Standard«
Unterbrochene Außenstege
K-Ziegel
GotikZiegel
MäanderZiegel
FederZiegel
FeinkeramikZiegel »B«
2.6.16
ZaunZiegel
Einfluss der Lochung auf die Wärmeleitfähigkeit von Leichtbetonsteinen Steinrohdichte 600 kg/m 3
A Steinformat
A B C
B Lochanteil % 35 35 12
Betonrohdichte kg/m3 929 923 680
C Wärmeleitfähigkeit Mauerwerk W/(m • k) 0,27 0,25 0,18
165
Bauphysik
2.6.17
Verlauf der Summenhäufigkeit des bei 88 Probeentnahmen ermittelten Feuchtigkeitsgehaltes von Bimsbaustoffen in Außenwänden
2.6.18
Volumenbezogener Wassergehalt in Abhängigkeit von der relativen Luftfeuchte bei Absorption und Desorption eines Kalksandsteins, Rohdichte 1720 kg/m 3 (nach Künzel)
2.6.19
Sorptionsfeuchte (Gleichgewichtsfeuchte) von Porenbeton bei 20°C und 80% r.F., bezogen auf das Volumen (ψ) bzw. die Masse (u) des Materials in Abhängigkeit von der Rohdichte
2.6.20
Prozentuale Zunahme der Wärmeleitfähigkeit von Porenbeton in Abhängigkeit von λ10,tr, bezogen auf Vol-% bzw. 1 Masse-% nach [6]
Bei Baustoffen empfiehlt sich die massebezogene Angabe des Feuchtegehalts, da dieser über den gesamten Rohdichtebereich konstant ist. Als Beispiel zeigt 2.6.19 Versuchsergebnisse der Sorptionsfeuchte von Porenbeton im Klima 23 °C / 80% rel. Luftfeuchte und 2.6.20 die daraus abgeleitete Abhängigkeit der Wärmeleitfähigkeit vom Feuchtegehalt. Der Bezug auf den massebezogenen Feuchtegehalt erlaubt die Verwendung eines von der Materialrohdichte bzw. der Wärmeleitfähigkeit unabhängigen Zuschlagswertes für den Einfluss der Feuchte auf die Wärmeleitfähigkeit. Der Anwender benötigt für wärmeschutztechnische Berechnungen die Angabe eines Bemessungswertes der Wärmeleitfähigkeit für eine bestimmte Ausführung von Mauerwerk. Darin sind Steinart, -ausbildung und -rohdichte sowie die Mörtelart integriert. Die wärmeschutztechnischen Eigenschaften von Mauerwerkarten können aus Tabellen nach EN 1745 bestimmt oder durch Messung an Wandprobekörpern bzw. Berechnung unter Zugrundelegung der Materialkennwerte ermittelt werden [3]. Zur Berücksichtigung des Feuchteeinflusses auf die Wärmeleitfähigkeit gelten im nationalen Bereich die Bezugsfeuchtegehalte und Feuchtekorrekturwerte Fm in 2.6.23 . Günstigere nicht in der Tabelle enthaltene Werte können experimentell nachgewiesen werden. Wärmeschutz von Außenwänden
2.6.21
Zeitlicher Verlauf der Austrocknung von Porenbeton-Außenbauteilen (Außenwände und Flachdächer) [3]
2.6.22
Hinterlüftete Natursteinfassade und leichte Vorhangfassade; Erhöhung des Wärmedurchgangskoeffizienten der Wand in Abhängigkeit von der Ankerzahl und dem Ankerwerkstoff
Der Wärmedurchlasswiderstand R einschaliger verputzter Außenwände, einschaliger Außenwände mit außen- oder innenliegenden Wärmedämmschichten oder zweischaliger Wände ohne oder mit Zusatzdämmung wird einfach durch Addition der R-Werte der Einzelschichten berechnet. Als Beispiel zeigt 2.6.24 eine Wand aus verputztem einschaligem Mauerwerk mit Wärmedämmverbundsystem. Bei mechanischer Befestigung der Dämmstoffplatten treten, abhängig von der Befestigungsart, zusätzliche Wärmeverluste auf. Auf der Basis von experimentellen Untersuchungen und numerischen Parameterbetrachtungen [6; 205] kann der Wärmedurchgang einschließlich Wärmebrückenwirkung bei einem Bauteil in einem vereinfachten Abschätzverfahren wie folgt dargestellt werden: • durch die additive Zunahme ΔU des Wärmedurchgangskoeffizienten U für den ungestörten Bereich Uc = U + ΔU • durch die prozentuale Zunahme des Wärmedurchgangskoeffizienten U
Der Anfangsverlauf des angegebenen Bereiches stammt von Messungen an Außenwänden auf dem Versuchsgelände Holzkirchen (untere Begrenzung; beidseitig verdunstungsfähige Außenwand; obere Begrenzung: außenseitig dicht abgesperrte Außenwand, nur nach innen verdunstungsfähig). Punkte: Messwerte von Gebäuden in der Praxis Außenwände Flachdächer
166
Uc = U(1+ Z ) 100 • durch die additive Zunahme des Leitwertes eines Bauteils mittels eines punktbezogenen Wärmedurchgangskoeffizienten χ L = ΣUi Ai + Σχj
Wärmeschutz
Das erstgenannte Verfahren mit einem Zuschlagswert ΔU findet in der europäischen Normung EN 6946 erstmals seine Anwendung. Für verschiedene Dübelarten zur Befestigung von Wärmedämmverbundsystemen gelten die in 2.6.25 zusammengestellten Korrekturwerte. Ein Untergrund aus Mauerwerk verhält sich geringfügig besser als eine Betonunterkonstruktion. Die Art des Außenputzes hat praktisch keinen Einfluss. Die Wärmeleitfähigkeit des Dämmstoffs und dessen Dicke sind bei additiver Bezugnahme ΔU auf den zusätzlichen Verlustwärmedurchgang ohne Einfluss. Die pro Dübel angegebenen ΔU Werte lassen sich für den Anwendungsfall einfach aufaddieren, da sich der Dübel im ungünstigsten Fall nur in einem Radius von maximal 250 mm um seine Achse auswirkt. Einflüsse von ΔU < 0,002 können vernachlässigt werden, da der zusätzliche Wärmeverlust unter 3% liegt. Für mechanische Befestigungssysteme mit Kunststoffschienen ist der Einfluss der Wärmebrücke mit 1% vernachlässigbar. Wird der Kunststoff durch Aluminium-Halteleisten ersetzt, ergibt sich ein beachtlicher Zuschlag von ΔU = 0,05 W/(m 2 ⋅ K) bei 500 mm Schienenabstand in horizontaler Befestigung auf dem tragenden Untergrund. Bei der wärmegedämmten Wand mit einer hinterlüfteten äußeren Bekleidung aus verschiedenen Werkstoffen wirkt sich die am Wanduntergrund befestigte Aufhängung der Bekleidung als Wärmebrücke aus, die von folgenden Einflüssen abhängig ist:
2.6.23
Feuchtegehalte und Umrechnungsfaktoren für den Feuchtegehalt nach prEN 12524, Tabelle 2 und Feuchtekorrektur Fm nach prEN 10456
Stoff
Feuchtegehalt bei 23 °C, 80% rel. Luftfeuchte kg/kg m3/m3
Umrechnungsfaktor für den Feuchtegehalt
FeuchtekorrekturFaktor
fu
fΨ
Fm
Porenbeton Leichtbeton aus Naturbims Leichtbeton aus Blähton Ziegel Kalksandstein Mörtel
0,045 -
0,035
4 -
4
1,2 1,15
0,03
-
2,6
-
1,08
-
0,012 0,024 0,06
-
10 10 4
1,13 1,27 1,27
2.6.24
Berechnungsbeispiel für eine Außenwand aus verputztem einschaligem Mauerwerk Schichten
Schichtdicke m 0,015 0,175
λR W/(m • K) 0,35 0,99
R m2 • K/W 0,04 0,18
Innenputz 6 Mauerwerk aus 5 Kalksandstein Klebemasse 4 – – – Polystyrol3 0,120 0,040 3,00 hartschaum Strukturputz 1 – – – Wärmedurchlasswiderstand R = Σ d/λR = 3,22 Wärmedurchgangskoeffizient U = 1/(0,13 + 3,22 + 0,04) = 0,30 W/(m2 • K)
• Material der Aufhängung • Anzahl der Anker je Flächeneinheit • Stoffart der Innenwand als Befestigung. Unterkonstruktionen aus Holz mit Vertikal- und Horizontallattung zur Aufnahme der Wärmedämmung und der Bekleidung wirken sich relativ gering auf den Wärmedurchgang aus. Der Wärmeschutz derartiger Konstruktionen lässt sich nach DIN EN ISO 6946 berechnen. Einen besonders ungünstigen Fall mit relativ zahlreichen Tragankern stellt die hinterlüftete Fassade mit Bekleidungen aus Naturwerkstein dar. Die Naturwerksteinplatten werden in der Regel durch im Untergrund befestigte Trage- bzw. Halteanker gehalten. Die absolute Erhöhung des Wärmedurchgangskoeffizienten durch die Anker ist unabhängig von der Dämmstoffdicke. Die Gesteinsart hat grundsätzlich keinen Einfluss auf den Wärmedurchgang. Dagegen bringt der Austausch der inneren Tragschicht aus Beton gegen ein Mauerwerk aus Mauersteinen eine Reduzierung des Ankereinflusses um 40%. Zwischen der absoluten Zunahme des Wärmedurchgangs und der Anzahl der Anker pro Flächeneinheit besteht nach 2.6.22 ein linearer Zusammenhang. Der Einfluss der Wärmebrücken ist bei Verwendung von Edelstahlankern um die Hälfte niedriger. Werden die Natursteinfassaden
2.6.25 Wärmeverluste über verschiedene Dübelarten Dübelart Fassadendübel mit Teller, Stahlschraube mit nicht geschütztem Schraubenkopf Fassadendübel mit galvanisch verzinkter Stahlschraube mit Kunststoff-Umspritzung Fassadendübel mit A4-Edelstahlschraube mit KunststoffUmspritzung Fassadendübel, thermisch getrennt
Dübeldurchmesser mm 8
Δk pro Dübel W/m2 • K 0,006
10 8
0,008 0,004
8
0,002
6,5
0,002
2.6.26 Richtwerte für den Gesamtenergiedurchlassgrad transparenter Bauteile nach DIN 4108-6 Transparentes Bauteil Gesamtenergiedurchlassgrad g{ Einfachverglasung Doppelverglasung Wärmeschutzverglasung, doppelverglast mit selektiver Beschichtung Dreifachverglasung, normal Dreifachverglasung, mit 2fach selektiver Beschichtung Sonnenschutzverglasung Transparente Wärmedämmung
0,87 0,76 0,50 bis 0,70 0,60 bis 0,70 0,35 bis 0,50 0,20 bis 0,50 gTI
Transparente Wärmedämmung Wärmedämmung, 100 mm bis 120 mm; 0,8 W/(m2•K) ≤ Ue ≤ 0,9 W/m2•K) Absorbierende opake Wärmedämmschicht mit einfacher Glasabdeckung, 100 mm
0,35 bis 0,60
etwa 0,10
167
Bauphysik
2.6.27
Bereiche üblicher Wärmedurchgangskoeffizienten U für verschiedene Außenwände in Mauerwerkausführung
durch leichte hinterlüftete Bekleidungen mit anderen Befestigungen am Untergrund ersetzt, so ergeben sich erstaunlicherweise die gleichen Ankereinflüsse. Eine deutliche Reduzierung der Wärmebrücken lässt sich durch Kunststoffunterlagen (»Thermostop«) zwischen Konsole und Mauerwerk erreichen. Kaltseitig an den Konsolen angebrachte thermische Trennungen wirken sich kaum aus. Als wichtiges Planungsinstrument steht heute die Richtlinie »Bestimmung der wärmetechnischen Einflüsse von Wärmebrücken bei vorgehängten hinterlüfteten Fassaden« zur Verfügung [163]. In Abhängigkeit von der Konstruktion des Abhängesystems und vom Wärmedurchlasswiderstand der Tragkonstruktion (Einfluss der Querleitung) wird der punktuelle Wärmebrückenverlustkoeffizient (auch punktbezogener Wärmedurchgangskoeffizient) χ in W/K oder der Wärmebrückenzuschlag ΔU in W/ (m2 • K) angegeben. Den Einfluss der thermischen Trennung zeigt 2.6.28, eine thermisch günstige Abhängekonstruktion 2.6.29. Zusammenfassend gibt 2.6.27 eine Übersicht über die Wärmedurchgangskoeffizienten unterschiedlicher Wandkonstruktionen. Fenster
Das Fenster als »Wärmeloch« in der Gebäudehülle gehört der Vergangenheit an. Die technologische Entwicklung von Wärmeschutzverglasungen setzte bei der energetischen Beurteilung von beheizten Gebäuden eindeutige Akzente. Durch Reduzierung der Transmissionswärmeverluste bei gleichzeitiger Erhaltung eines ausreichenden Gesamtenergiedurchlassgrades für die passive Nutzung der Solarenergie tragen Fenster während der Heizperiode zum Wärmegewinn bei. Den Fensterflächen sind allerdings aus Gründen des sommerlichen Wärmeschutzes, mit der Gefahr unbehaglich hoher Raumtemperaturen, gewisse Grenzen gesetzt. Der Wärmedurchgangskoeffizient UW eines Fensters ist abhängig von: • dem Scheibenabstand • der Anzahl der Scheiben • der Emissivität der Glasoberflächen zum Luftzwischenraum • der Gasfüllung des Hohlraumes zwischen den Scheiben • dem Randverbund von Isolierglas • dem Rahmenmaterial. Dieser Wärmedurchgangskoeffizient UW kann in Abhängigkeit von der Verglasung (Ug) und der Art und Ausführung des Rahmens (UF) Tabellen nach DIN EN ISO 10077-1 (2.6.30) für konstante Rahmenanteile von 20% bzw. 30% entnommen oder durch einfache flächenanteilige Bewertung der U-Werte für Verglasung und Rahmen einschließlich eines umfangbezogenen Zuschlags für den Glasverbund berechnet werden. Holz- und Kunststoffrahmen bieten von Haus aus guten Wärmeschutz, bei Metallrahmen müssen Innen- und Außenseite sorgfäl-
168
tig getrennt sein (thermische Trennung). Die Zunahme des Scheibenzwischenraums liefert nur bis zu einer von der Glasart abhängigen Dicke eine Verbesserung des Ug- Wertes (für Luft etwa 20 mm). Bei Überschreitung dieser Dicke werden durch Konvektion die Wärmedämmeigenschaften nicht weiter verbessert. Durch die Verwendung von Edelgasen (Argon, Krypton, Xenon) macht man sich deren geringere Wärmeleitfähigkeit als die von Luft zu Nutze. Der vom Emissionsverhalten der Glasoberflächen gekennzeichnete Wärmetransport durch Strahlung lässt sich durch geeignete Beschichtungen drastisch reduzieren (Low-ESchichten). Die Entwicklung von Low-E-Verglasungen begann mit gesputterten, später mit pyrolytischen Schichten und Luftfüllung des Scheibenzwischenraums. Damit erhielt man Ug-Werte um 1,8 W/(m2 • K). Heute erreichen Doppelverglasungen mit Magnetronschichten und Edelgasfüllungen einen Ug-Wert um 1,1 W/ (m2 • K). Moderne Dreischeibensysteme, basierend auf Silberschichten und Edelgasfüllungen liegen bereits bei Spitzenwerten zwischen 0,7 und 0,4 W/(m2 • K). Die Durchlässigkeit der Fenster für Sonnenstrahlung wird durch den Gesamtenergiedurchlassgrad g bewertet. Er entspricht dem prozentualen Anteil der auftreffenden Strahlungsenergie, die durch die Verglasung in das Gebäudeinnere gelangt. Da die verglasten Flächen in der Regel nicht senkrecht zur Sonnenstrahlung angeordnet sind und so durch die hervorgerufene Reflexion an der Scheibe ein Teil der solaren Energie verloren geht, wird der Gesamtenergiedurchlassgrad um 15% reduziert. Desweiteren müssen bei der Berechnung solarer Wärmegewinne permanente Verschattungen wie Gebäudeeinflüsse, Bäume, Nachbarbebauung und Fensterrahmen sowie der Ausnutzungsgrad der gelieferten Solarenergie berücksichtigt werden. Liegen für den Gesamtenergiedurchlassgrad keine Einzelfestlegungen aufgrund von Messwerten vor, können die in 2.6.26 angegebenen Bemessungswerte verwendet werden. Diese Werte decken bezüglich der solaren Gewinne in der Heizperiode den unteren, also ungünstigeren Bereich der Durchlässigkeit von Wärmeschutzverglasungen ab. In 2.6.31 wird die Wärmebilanz zweier Fenster mit Zwei- bzw. Dreifachverglasung während der Heizperiode in einem Referenzklima (10 °C Heizgrenztemperatur, Gradtagzahlfaktor 2900) den Wärmeverlusten einer gut dämmenden Außenwand gegenübergestellt. Die Ug-Werte werden durch beschichtete Gläser und Gasfüllungen in den Scheibenzwischenräumen erreicht. Es zeigt sich, dass die Zweifachverglasung mit einer Kombination aus zwar höherem Ug-Wert aber günstigerem Gesamtenergiedurchlassgrad auf der Südseite Vorteile, bei anderen Orientierungen leichte Nachteile gegenüber der Dreifachverglasung aufweist. Letztere wird auch unter Berücksichtigung des wesentlich höheren Scheibenge-
Wärmeschutz
wichts eine geringere Verbreitung finden. Bei der Suche nach Lösungen mit weiter verringerten Wärmedurchgangskoeffizienten sind unter bestimmten Voraussetzungen Verbundund Kastenfenster gute Alternativen. Bei den heute üblichen höher gedämmten Außenwandkonstruktionen ist auf die baukonstruktive Ausführung des Wandaufbaus im Anschlussbereich zum Fenster sowie auf die Lage des Fensters im Baukörper besonderes Augenmerk zu richten. Konstruktions- oder Ausführungsfehler können die Wärmeverluste erheblich beeinflussen. Verschiedene Fensteranordnungen in monolithischen, außen-, kern- und innengedämmten Mauerwerkkonstruktionen sind bezüglich ihrer Wärmeverluste über Fensterlaibung und Mauerwerk untersucht worden [45]. Nach 2.6.32 ergibt sich für die unterschiedlichen Mauerwerkkonstruktionen die jeweils günstigste Anordnung des Fensters im Baukörper. Detaillierte Planungs- und Ausführungsbeispiele für Fensterbrüstungen, -laibungen und -stürze für monolithisches, außengedämmtes und kerngedämmtes Mauerwerk enthält DIN 4108 Beiblatt 2. Einen Auszug für die Fenstereinbindung bei kerngedämmtem Mauerwerk zeigt 2.6.33.
2.6.28
Wärmebrücken bei vorgehängten, hinterlüfteten Fassaden. Einfluss der thermischen Trennung zwischen Alu-Konsole und Verankerungsgrund
2.6.29
Wärmebrücken bei vorgehängten, hinterlüfteten Fassaden. Thermisch günstiges Schienensystem aus Chrom-Nickel-Stahl
Transparente Wärmedämmung
Im Vergleich zu einer normalen, außen aufgebrachten, opaken Wärmedämmung wird bei der TWD die Sonneneinstrahlung durch das Dämmmaterial hindurchgelassen. An der tragenden Wand wird die Sonne absorbiert und in Wärme umgewandelt. Da die TWD als Wärmedämmung funktioniert, wird der Wärmeabfluss nach außen stark behindert, ein Großteil der Sonnenenergie wird als Wärme dem Raum hinter der TWD-Wand zugeleitet. Bei einer üblichen, opaken Wärmedämmung wird – wie im Bild 2.6.34 ersichtlich – die Sonneneinstrahlung an der äußeren Oberfläche in Wärme umgesetzt und von dort zum Großteil an die Umgebung wieder abgegeben. Nur ein verschwindend kleiner Teil der absorbierten Sonneneinstrahlung wird zum Innenraum durch die Wandkonstruktion übertragen. Die in der kalten Jahreszeit gewünschte passive Solarenergienutzung kann in der Übergangszeit und in den Sommermonaten zu unerwünschter Wärmelieferung führen. Die Absorberoberfläche einer TWD-Wand wird bei Sonneneinstrahlung um so heißer, je geringer ihre Wärmeleitfähigkeit und Speicherfähigkeit ist. Dies bedeutet, dass bei sehr leichtem Mauerwerk Spitzentemperaturen von 100 °C und darüber zu erwarten sind. Bei sehr schwerem Mauerwerk steigen die Maximaltemperaturen an der Absorberoberfläche hinter der TWDWand auf Werte um 70 °C. Für diese Fälle muss die transparente Wärmedämmung mit einem Sonnenschutz versehen werden. Die Wärmegewinne einer TWD-Wand sind um so höher, je intensiver die Sonne auf die Fassade
2.6.30 Wärmedurchgangskoeffizienten für Fenster nach DIN EN ISO 10077-1 Art der Ug Uf Verglasung W/m2•K) W/m2•K) Flächenanteil des Rahmens 30% 1,0 1,4 1,8 2,2 2,6 3,0 3,4 3,8 7,0 Einscheiben5,7 4,3 4,5 4,5 4,6 4,8 4,9 5 5,1 6,1 verglasung Zweischeiben3,3 2,7 2,8 2,9 3,1 3,2 3,4 3,5 3,6 4,4 Isolierverglasung 3,1 2,6 2,7 2,8 2,9 3,1 3,2 3,3 3,5 4,3 2,9 2,4 2,5 2,7 2,8 3,0 3,1 3,2 3,3 4,1 2,7 2,3 2,4 2,5 2,6 2,8 2,9 3,1 3,2 4,0 2,5 2,2 2,3 2,4 2,6 2,7 2,8 3,0 3,1 3,9 2,3 2,1 2,2 2,3 2,4 2,6 2,7 2,8 2,9 3,8 2,1 1,9 2 2,2 2,3 2,4 2,6 2,7 2,8 3,6 1,9 1,8 1,9 2,0 2,1 2,3 2,4 2,5 2,7 3,5 1,7 1,6 1,8 1,9 2,0 2,2 2,3 2,4 2,5 3,3 1,5 1,5 1,6 1,7 1,9 2,0 2,1 2,3 2,4 3,2 1,3 1,4 1,5 1,6 1,7 1,9 2,0 2,1 2,2 3,1 1,1 1,2 1,3 1,5 1,6 1,7 1,9 2,0 2,1 2,9 Dreischeiben2,3 2,0 2,1 2,2 2,4 2,5 2,7 2,8 2,9 3,7 Isolierverglasung 2,1 1,9 2,0 2,1 2,2 2,4 2,5 2,6 2,8 3,6 1,9 1,7 1,8 2,0 2,1 2,3 2,4 2,5 2,6 3,4 1,7 1,6 1,7 1,8 1,9 2,1 2,2 2,4 2,5 3,3 1,5 1,5 1,6 1,7 1,9 2,0 2,1 2,3 2,4 3,2 1,3 1,4 1,5 1,6 1,7 1,9 2,0 2,1 2,2 3,1 1,1 1,2 1,3 1,5 1,6 1,7 1,9 2,0 2,1 2,9 0,9 1,1 1,2 1,3 1,4 1,6 1,7 1,8 2,0 2,8 0,7 0,9 1,1 1,2 1,3 1,5 1,6 1,7 1,8 2,6 0,5 0,8 0,9 1,0 1,2 1,3 1,4 1,6 1,7 2,5 Anmerkung: Die Berechnung erfolgte mit ψ-Werten aus Anhang E. Werte für Fenster, deren Flächenanteil nicht 30% entspricht, sind mit den Gleichungen des Hauptteils dieser Norm zu ermitteln.
169
Bauphysik
2.6.31
Wärmebilanz von Fenstern über eine Heizperiode für einen Referenzstandort in Deutschland
g
g
2.6.32
Anordnung der Fenster im Baukörper bei unterschiedlichen Wandaufbauten + Wärmefluss über Fensterlaibung klein – Wärmefluss über Fensterlaibung groß
scheinen kann. Dies bedeutet, dass bei einer Südorientierung die größten Energiegewinne bei einer Orientierung nach Norden die geringsten Energiegewinne zu verzeichnen sind. Bei Nordorientierung überwiegen die Wärmeverluste in der Heizperiode. Ost- und westorientierte TWD-Flächen haben eine ausgeglichene Energiebilanz. Bei südorientierten TWD-Flächen sind während der Heizperiode deutliche Gewinne zu verzeichnen. Die Energiegewinne einer TWD-Wand werden durch die Dicke des Mauerwerks nur unwesentlich beeinflusst. Für die Planung von TWD-Gebäuden ist es trotzdem wichtig, über die Dicke des Mauerwerks hinter der TWD nachzudenken. Sie beeinflusst die zeitliche Phasenverschiebung zwischen der maximalen Sonneneinstrahlung und der Wärmelieferung an den Raum. Fast unabhängig vom Material der Wand beträgt die Phasenverschiebung bei 17,5 cm dicken Wänden etwa 4 Stunden, bei 24 cm dicken Wänden etwa 6 Stunden und bei 30 cm dicken Wänden etwa 8 Stunden. Der Zeitpunkt der Wärmelieferung in den Raum beeinflusst somit entscheidend die Behaglichkeit. Die thermische und energetische Wirkung und der Einfluss von Klima, Stoffwerten und konstruktiven Aufbauten wurden in einem vom BMFT geförderten Vorhaben untersucht [63]. Da mit der transparenten Wärmedämmung häufig nicht nutzbare Wärmeüberschüsse erzielt werden, können mit nur teilflächiger Dämmung die Kosten-Nutzenrelationen im Einzelfall stark beeinflusst werden. Der Flächenanteil einer transparenten Wärmedämmung an der gesamten Dämmfläche liegt typischerweise zwischen 10% und 30%. Bei der Wahl der Flächen spielen gestalterische Aspekte, die Fassadenorientierung, die vorgesehene Raumnutzung sowie das Platzangebot der Fassade eine Rolle. Unter den verschiedensten konstruktiven Möglichkeiten hat sich ein Solarenergiesystem als besonders praktikabel erwiesen, das aus einer lichtdurchlässigen Schicht aus Polycarbonat in Kapillarstruktur und einer Endbeschichtung aus einem Glasputz besteht [204]. Ein wesentlicher Vorteil des Systems liegt darin, dass im Sommer ein großer Teil der solaren Einstrahlung bereits an der Oberfläche des Glasputzes reflektiert wird und auf in der Regel kostenintensive und störanfällige Verschattungsanlagen verzichtet werden kann. Solare Gewinne opaker Außenwände
Außenbauteile absorbieren die direkte oder diffuse Sonneneinstrahlung. Dadurch erwärmen sich zunächst die äußeren Bauteilschichten. Die Wärme wird ins Bauteilinnere geleitet. Dieser Vorgang vermindert den Wärmedurchgang durch das Außenbauteil. Der Wärmegewinn durch Strahlung hängt vom Strahlungsangebot und damit von der Orientierung der Bauteilflächen, ihrer Verschattung, von der Farbgebung der Außenoberfläche und vom äußeren
170
Wärmeschutz
Wärmeübergangskoeffizienten ab. Die durch Strahlungsabsorption nichttransparenter Außenwände erreichbare Minderung der Transmissionswärmeverluste ist dem U-Wert der Außenwände proportional. Dies ist praktisch unabhängig davon, ob es sich um einoder mehrschichtige Konstruktionen handelt und ferner unabhängig davon, wie bei Mehrschichtkonstruktionen die Schichtfolge ausgebildet ist. Die jährlichen solaren Nettowärmegewinne von opaken Teilen der Gebäudehülle ohne transparente Dämmschicht machen einen kleinen Teil der gesamten solaren Wärmegewinne aus und werden teilweise durch Strahlungswärmeverluste des Gebäudes an den unbedeckten Himmel kompensiert. Sie können daher meist vernachlässigt werden. Tabelle 2.6.35 enthält Solargewinnfaktoren für übliche Außenwände. Der Wärmedurchgangskoeffizient einer Außenwand reduziert sich durch den Strahlungseinfluss bei durchschnittlichen Klimaverhältnissen nur um 2 bis 12%. Zu ähnlichen Ergebnissen kommt eine rechnerbegleitende experimentelle Studie der Außenstelle Holzkirchen des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik für Gebäude mit monolithischen und mehrschaligen Außenwänden [198]. Wärmespeicherung
Beim Aufheizen und Auskühlen eines Raumes, bei Sonnenzustrahlung, schnellen Änderungen der Lufttemperaturen zu beiden Seiten von Bauteilen treten Temperaturänderungen und Änderungen von Wärmeströmen auf, die durch den Wärmedurchlasswiderstand R oder den Wärmedurchgangskoeffizienten U nicht erfasst werden können. In diesen Fällen spielt das Wärmespeichervermögen der Stoffe und Bauteile im Zusammenhang mit der Zeit die entscheidende Rolle. Für die rechnerische Behandlung mit numerischen Methoden werden Größen benötigt, die aus der spezifischen Wärmekapazität, der Wärmeleitfähigkeit, der Rohdichte und der Dicke der betreffenden Stoffe gebildet werden. Das Wärmespeichervermögen Qs, d. h. die in 1 m2 eines plattenförmigen Bauteils der Dicke d in m aus einem Stoff der Rohdichte ρ in kg/ m3 gespeicherte Wärmemenge in J/(m 2 ⋅ K) bei 1 K Übertemperatur, ergibt sich bei homogenem Aufbau zu Qs = c ⋅ ρ ⋅ d Die Ausbreitung eines Temperaturfeldes in einem Stoff wird durch dessen Temperaturleitfähigkeit a in m 2/s beschrieben. Mit zunehmendem a-Wert pflanzt sich die Temperaturänderung in einem Stoff schneller fort. Die Temperaturleitfähigkeit a ergibt sich aus der Wärmeleitfähigkeit λ, der spezifischen Wärmekapazität c und der Rohdichte ρ des betreffenden Stoffes zu λ a= ρ⋅c
Die Temperaturleitfähigkeit von Baustoffen liegt je nach Rohdichte im Bereich von 0,4 bis 1 • 10 –6 m2/s, beträgt bei Holz etwa 0,2 • 10 –6 m2/s und hat für Stahl einen Wert von 2,0 • 10 –6 m2/s. Für die Beurteilung des Verhaltens von Stoffen bei kurzzeitigen Wärmeströmungsvorgängen wie das Aufheizen und Auskühlen von Wänden ist der Wärmeeindringkoeffizient der beteiligten Stoffe die bestimmende Größe. Der Wärmeeindringkoeffizient b ergibt sich aus der Wärmeleitfähigkeit λ, der spezifischen Wärmekapazität c und der Rohdichte ρ des betreffenden Stoffes zu
2.6.33
Günstiger wärmebrückenreduzierender Fenstereinbau nach DIN 4108 Beiblatt 2, zweischaliges Mauerwerk mit Kerndämmung
2.6.34
Wirkungsweise der transparenten Wärmedämmung im Vergleich mit einer opaken Wärmedämmung
b=√λ • ρ • c In Tabelle 2.6.36 sind die b-Werte einiger Baustoffe zusammengestellt. In 2.6.37 wird für zwei unterschiedliche Wandaufbauten mit annähernd gleichem Wärmedurchlasswiderstand das Aufheiz- und Auskühlverhalten bei einer jeweiligen Änderung der Raumlufttemperatur um 15 K dargestellt. Rasches Aufheizen der Wände ist vom Standpunkt der Behaglichkeit aus, bei kurzzeitigem Heizbetrieb, erwünscht. Das leichtere Bauteil hat aber auch ein schnelles Abkühlen nach Abstellen der Heizung zur Folge. Messtechnische Untersuchungen des Einflusses der Wärmespeicherfähigkeit führen einheitlich zu dem Ergebnis, dass der Einfluss der Wärmespeicherfähigkeit, besonders der Außenwände, auf den Heizenergieverbrauch von Gebäuden relativ klein ist. Die theoretischen Untersuchungen führen zu der gleichen Aussage [74]. Die Frage, ob unter dem Aspekt der Energieeinsparung die Wärmespeicherfähigkeit oder die Wärmedämmung von Außenbauteilen wichtiger ist, lässt sich damit klar beantworten: Es kommt eindeutig auf die Wärmedämmung an. Die Aussagekraft des Wärmedurchgangskoeffizienten als Grundlage bei der Berechnung der Transmissionswärmeverluste durch Außenwände ist unbestreitbar. Untersuchungen an Gebäuden mit verschiedensten Außenwänden in Mauerwerkausführung haben gezeigt, dass sich trotz stark schwankender Außenklimaverhältnisse nach spätestens einer Woche quasi-stationäre Wärmeströme einstellen und der U-Wert die Wärmeverluste durch die nichttransparenten Umhüllungsflächen eines Gebäudes zutreffend beschreibt [2]. Schwere und damit speicherfähige Bauteile wirken sich jedoch insofern positiv auf das Raumklima aus als sie beim Lüften oder nach Abstellen der Heizung langsamer auskühlen und dadurch die Raumlufttemperatur länger im behaglichen Bereich halten. Die verlorene Wärmemenge durch Lüftung und Transmission bleibt jedoch dieselbe wie bei leichterer Konstruktionsart. Hinsichtlich der Wirkung der Wärmespeicherfähigkeit auf den Jahresheizwärmebedarf ist grundsätzlich zwischen zwei gegenläufigen Phänomenen zu unterscheiden. Die aus den
171
Bauphysik
2.6.35
Solargewinnfaktoren für übliche Außenwände unter durchschnittlichen Klimabedingungen [213] Orientierung übliche Außenwand Farbe hell Farbe dunkel Süd 0,04 0,12 Ost, West 0,03 0,07 Nord 0,02 0,06 2.6.36 Wärmeeindringkoeffizient einiger Baustoffe Baustoff Wärmeeindringkoeffizient J/s 0,5 • m 2 • K Normalbeton je nach Rohdichte 1600 bis 2400 Leichtbeton je nach Rohdichte 250 bis 1600 Ziegel 1000 bis 1300 Holz 500 bis 650 Schaumkunststoffe 30 bis 45
2.6.37
Zeitlicher Verlauf der raumseitigen Oberflächentemperatur ϑ0i verschiedener Außenwände mit annähernd gleichem Wärmedurchlasswiderstand, abhängig von der Zeit nach Erhöhen bzw. Senken der Raumlufttemperatur ϑLi um 15 K (°C) [62]
internen Wärmequellen und der Sonneneinstrahlung resultierenden Wärmegewinne können von der Schwerbauart besser genutzt werden, als von der Leichtbauart, weil bei der Schwerbauart eine Überheizung der Räume wesentlich geringer ausfällt. Dieser Effekt wird mit einem höheren Ausnutzungsgrad der Wärmegewinne honoriert. Demgegenüber verhält sich die Leichtbauart bei einer Nachtabsenkung günstiger als die Schwerbauart, weil die Raumlufttemperaturen schneller absinken können und somit die Wärmeverluste kleiner sind. Allgemeingültige Aussagen, welche Bauart bezüglich des Heizenergieverbrauchs günstiger ist, sind wegen der gegenläufigen Auswirkungen bei Nachtabsenkung und Überheizung nicht möglich. In der warmen Jahreszeit hat die Wärmespeicherfähigkeit der Innenbauteile eines Gebäudes einen ausgleichenden Einfluss auf den Verlauf der Raumlufttemperatur. Wenn die von der Sonne eingetragene Wärme in den Bauteilen gespeichert und erst dann an die Raumluft abgegeben wird, wenn außen bereits kühlere Temperaturen herrschen, entsteht im Sommer ein angenehmes, ausgeglichenes Raumklima. DIN EN 13786 legt Kenngrößen fest, die mit dem dynamisch-thermischen Verhalten von kompletten Bauteilen in Beziehung stehen und gibt Verfahren für ihre Berechnung an. Die in dieser Norm definierten Kenngrößen können als Produktspezifikationen von Bauteilen oder die Berechnung • der Innentemperatur in einem Raum • der täglichen Spitzenleistung und des Energiebedarfs zum Heizen oder Kühlen • der Wirkungen von intermittierendem Heizen oder Kühlen verwendet werden. Wärmebrücken
λ
172
Schwachstellen im Wärmeschutz der Gebäudehülle, über die im Vergleich zu den ungestörten, benachbarten Bauteilbereichen zusätzliche Wärmeverluste und tiefere raumseitige Oberflächentemperaturen auftreten, werden als Wärmebrücken bezeichnet. Wärmebrücken können aufgrund ihrer Entstehung in verschiedene Typen gegliedert werden: • Geometrische Wärmebrücken entstehen, wenn die wärmeaufnehmende und wärmeabgebende Bauteiloberfläche verschieden groß ist. Das klassische Beispiel für die geometrische Wärmebrücke ist die Kante von Außenwänden. • Materialbedingte Wärmebrücken sind abhängig von der Gebäudekonstruktion durch Anordnung und Kombination von Bauteilen mit Baustoffen unterschiedlicher Wärmeleitfähigkeit. Typische Wärmebrücken dieser Art sind Deckenauflager, Attikaausbildungen, Balkonplatten oder Stützen in Außenwänden. • Konstruktionsbedingte Wärmebrücken können in Bauteilen durch mechanische Verbindungsteile entstehen, welche die Wärmedämmstoffschicht durchdringen oder umlau-
fen. Dazu gehören z. B. Anker in Beton-Sandwichwänden und mehrschaligen Wänden sowie alle Konstruktionen des Metall und Holzbaus. Maßnahmen zur Verhinderung oder Reduzierung von Wärmebrücken sind allein schon zur Vermeidung von Tauwasser auf inneren Bauteiloberflächen erforderlich und werden in der Regel auch getroffen. Die verbleibende energetische Schwachstelle mit erhöhten Wärmeverlusten wurde jedoch bei der Beurteilung des Wärmeschutzes und Heizwärmebedarfs von Gebäuden meist nicht berücksichtigt. Zu einem gewissen Teil werden die zusätzlichen Wärmeverluste durch Wärmebrücken allerdings dadurch wieder ausgeglichen, dass die Transmissionswärmeverluste eines Gebäudes unter Bezug auf die äußere physikalisch zu große Oberfläche berechnet werden, was insbesondere bei dicken, monolithischen Mauerwerkkonstruktionen zum Tragen kommt. Mit zunehmendem Anforderungsniveau an den Wärmeschutz der Gebäudehülle wirken sich bei sinkenden Wärmedurchgangskoeffizienten U die Wärmebrücken relativ stärker aus. Daher müssen im Planungsprozess bei der Berechnung des Heizwärmebedarfs die erhöhten Wärmeverluste mit einbezogen werden. Dies kann auf unterschiedliche Art erfolgen. Baulich bedingte Wärmebrücken wie Kanten, Ecken, Deckenauflager, Balkonplatten u. ä. lassen sich nur mit Hilfe von Computerverfahren genau berechnen. Für den Gebäudeentwurf und die energetische Beurteilung der Gebäudehülle muss die Auswirkung von Wärmebrücken ohne großen Rechenaufwand abzuschätzen sein. Mit Hilfe von Korrekturwerten zur Berücksichtigung linienförmiger und punktförmiger Wärmebrücken ergibt sich nach DIN EN ISO 14683 der thermische Leitwert der Gebäudehülle zu L = ΣU i • A i + ΣΨK • IK + Σχ j Dabei ist: L der thermische Leitwert in W/K U i der Wärmedurchgangskoeffizient des Bauteils i der Gebäudehülle in W/(m2 • K) A i die Fläche, für die Ui gilt ΨK der längenbezogene Wärmedurchgangskoeffizient der Wärmebrücke k in W/mK IK die Länge, auf die sich ΨK bezieht χj der punktbezogene Wärmedurchgangskoeffizient der Wärmebrücke j in W/K Der längenbezogene Wärmedurchgangskoeffizient Ψ wird in der Regel sog. Wärmebrückenkatalogen entnommen. Den darin enthaltenen Beispielen von Baudetails liegen im Wesentlichen feste Parameter zugrunde (z. B. Abmessungen und Baustoffe) und sind daher weniger flexibel als Berechnungen. Nicht selten entsprechen die Beispiele in einem Katalog nicht exakt dem jeweils vorliegenden Bauteil, das zu beurteilen ist. Somit führt die Anwendung von Ψ- Werten aus Katalogen für aktuelle Details zu
Wärmeschutz
Unsicherheiten. Dennoch kann der Ψ-Wert aus dem Katalog angewendet werden, sofern die Abmessungen und die wärmetechnischen Eigenschaften des Katalogbeispiels ähnlich jenen des aktuellen Details sind oder das Katalog-Beispiel wärmetechnisch ungünstiger ist als das aktuelle Detail. Die Ψ-Werte in einem Wärmebrückenkatalog müssen aus numerischen Berechnungen nach DIN EN 10211-2 abgeleitet worden sein. Wärmebrückenkataloge bieten vom Keller bis zum Dach geordnete Detaillösungen nach 2.6.38 für Wand-, Fenster-, Decken- und Balkonanschlüsse. Planungs- und Ausführungsbeispiele für Wärmebrückendetails enthält das Beiblatt 2 zu DIN 4108. Für den Mauerwerkbau sind darin Anschlussdetails für monolithische, außengedämmte und kerngedämmte Außenwände enthalten. In Bild 2.6.39 werden die Anschlussdetails der Bodenplatte, der Kellerdecke, der Geschossdecke und des Flachdachs mit Attika für eine 36,5 cm dicke monolithische Mauerwerk-Außenwand gezeigt. Eine aus dem Baukörper herausragende Balkonplatte wirkt, wegen der außenseitigen Flächenvergrößerung, wie eine Kühlrippe. Nach 2.6.40 kann der Balkonanschluss von der Deckenplatte thermisch getrennt werden. Die Wärmedämmschicht wird nur noch punktförmig von Zugund Druckstählen durchbrochen. Damit reduziert sich der längenbezogene Wärmedurchgangskoeffizient Ψ auf die Hälfte der Verluste einer durchbetonierten Balkonplatte. Eine vorgehängte Stahlkonstruktion, die über einen Zugstab mit der Geschossdecke verbunden ist, weist ähnliche Reduzierungen der Wärmebrückenverluste auf. Die ober- und unterseitige Wärmedämmung der auskragenden Balkonplatte hat praktisch keinen nennenswerten Erfolg. Bezüglich der Wärmebrückenauswirkung verschiedenster konstruktiver Lösungen von Balkonanschlüssen besteht kein Unterschied zwischen einschaligen Wänden, Wänden mit Wärmedämmverbundsystemen und mehrschaligen Außenwänden. Wärmebrücken können in ihrem thermischen Einflussbereich zu deutlich niedrigeren raumseitigen Oberflächentemperaturen und zu Tauwasserniederschlag und eventuell zur folgenden Schimmelbildung führen. Die Angabe raumseitiger Oberflächentemperaturen in °C bedingt einschränkend die zusätzliche Festlegung der Außen- und Innenlufttemperatur. Da je nach Nutzung und meteorologischen Gegebenheiten sehr unterschiedliche Randbedingungen zu wählen sind, wird nach DIN EN ISO 10211-2 die Oberflächentemperatur in dimensionsloser Form entsprechend folgender Definition benutzt: fRsi = (ϑsi – ϑe) / (ϑi – ϑe) Dabei ist: fRsi der Temperaturfaktor am Ort der Wärmebrücke
ϑsi die raumseitige Oberflächentemperatur ϑi die Innenlufttemperatur ϑe die Außenlufttemperatur Zur Vermeidung von Schimmelpilzbildung muss nach DIN 4108-2 unter Annahme einer Raumlufttemperatur von 20 °C und 50% relativer Luftfeuchte bei einer unter mittleren meteorologischen Randbedingungen in Deutschland häufig genug auftretenden Außenlufttemperatur von – 5 °C die Mindestanforderung fRsi ≥ 0,70 erfüllt werden. In diesem Zusammenhang musste der Mindestwert des Wärmedurchlasswiderstands von Außenwänden von R = 0,55 auf R = 1,2 m 2K/W erhöht werden, um unter Annahme eines inneren Wärmeübergangswiderstands von Rsi = 0,25 auch in den Kanten von Außenwänden nach 2.6.41 den Temperaturfaktor 0,70 einzuhalten. Für die genannten Randbedingungen bedeutet dies die Einhaltung einer raumseitigen Oberflächentemperatur von ϑsi ≥ 12,6 °C. Als einfaches Kriterium zur Vermeidung von Schimmelpilzbildung wird für den Planer und Betreiber eines Gebäudes in der Regel die Feststellung in DIN 4108-2 sein, dass alle konstruktiven, formbedingten und stoffbedingten Wärmebrücken, die beispielhaft in DIN 4108 Beiblatt 2 aufgeführt werden, als ausreichend wärmegedämmt anzusehen sind. Bei Wärmebrücken in Bauteilen, die an das Erdreich oder an unbeheizte Kellerräume und Pufferzonen grenzen, muss von den in 2.6.42 angegebenen Randbedingungen ausgegangen werden. Die Erfassung von Wärmebrücken kann durch versuchstechnische oder analytische Verfahren erfolgen. Die einfachste Methode ist die Bestimmung der inneren Oberflächentemperaturen im Bereich der Wärmebrücken durch punktuelles Messen und Bezugnahme auf die Temperaturrandbedingungen zu beiden Seiten des Außenbauteils. Beim thermografischen Verfahren wird mit der Infrarotkamera ein Wärmebild der äußeren Gebäudeansicht oder von Innenflächen einzelner Räume aufgenommen. Das Verfahren liefert wichtige Informationen über den qualitativen Zustand der Wärmedämmung. Mängel bei der Bauausführung oder Erfolge einer energetischen Sanierung können anschaulich dargestellt werden. Quantitative Aussagen über die Höhe von Wärmeverlusten sind mit Hilfe der Infrarotthermografie allerdings nicht möglich. Temperaturverteilung und Wärmedurchgang können für originalgetreue Bauteile im Laborversuch nach DIN EN ISO 8990 bestimmt werden, indem das Bauteil als Trennwand zwischen zwei Räumen, unterschiedlicher Temperatur, eingebaut wird. Zur rechnerischen Erfassung der Effekte mehrdimensionaler Wärmebrücken erfolgt die Berechnung von Temperaturfeld und Wärmestrom über die numerische Lösung der dreidimensionalen Wärmeleitungsgleichung. Soweit es für den Einzelfall ausreichend ist, wird die Berechnung für zweidimensionale ebene Verhältnisse
2.6.38
Darstellungsübersicht fürAngaben zu Ψ-Werten und f-Werten am Beispiel des Wärmebrücken-Atlas (Hauser)
2.6.39
Anschlussdetails für eine einschalige Außenwand nach Beiblatt 2 zu DIN 4108
173
Bauphysik
2.6.40
Thermische Verbesserung von Balkonplatten-anschlüssen
ausgeführt und bei eindeutig dreidimensionalen Temperatur- und Wärmestromfeldern auf räumliche Strukturen ausgedehnt. Luftdichtheit
Mit zunehmenden Wärmeschutzanforderungen bekommt die Luftdichtheit der Gebäudehülle eine wachsende Bedeutung. Ein hohes Maß an Dichtheit ist erforderlich, um die angestrebte Reduzierung des Heizwärmebedarfs auch tatsächlich zu erreichen und Bauschäden, sowie Komforteinbußen zu vermeiden. Bei unkontrollierten Leckagen des Gebäudes laufen alle weiteren Maßnahmen für einen erhöhten Wärmeschutz ins Leere. Teiloptimierungen, wie die Minimierung von U-Werten ohne die Berücksichtigung von Luftundichtheiten sind daher aus baupraktischer Sicht wirkungslos. Die Dichtheit eines Bauwerks muss unabhängig vom Austausch der Raumluft gegen die Außenluft gesehen werden. Dieser Luftwechsel ist zur Aufrechterhaltung eines hygienischen Raumklimas erforderlich und wird bei der Berechnung des Heizwärmebedarfs bei den Lüftungswärmeverlusten mit einer vorgegebenen Luftwechselzahl berücksichtigt. Der Luftaustausch erfolgt bei freier Lüftung über das Öffnen von Fenstern oder durch mechanisch betriebene Lüftungsanlagen. Undichtheiten in den Außenbauteilen stellen also zusätzliche unkontrollierte Lüftungswärmeverluste dar, die zu vermeiden oder zumindest nach dem Stand der Technik zu minimieren sind. Luftdurchlässigkeiten in der Gebäudehülle haben meist mehrere unerwünschte Einflüsse zur Folge: 2.6.41
Temperaturfaktor in einer Außenwandkante als Funktion des Wärmedurchlasswiderstands der Außenwand für zwei unterschiedliche Wärmeübergangskoeffizienten
• Zugerscheinungen beeinträchtigen das Behaglichkeitsempfinden der Bewohner. • Tauwasserschäden können infolge Wasserdampfkonvektion der feuchten Raumluft zu kalten Außenbereichen raumabschließender Bauteile entstehen. • Der Schallschutz vor Außenlärm wird beeinträchtigt. • Die Energieverluste nehmen einen nicht unerheblichen Teil der Gesamtenergieverluste eines Gebäudes ein. Die Luftdichtheit von Gebäuden sowie einzelner Wohneinheiten oder Räume innerhalb eines fertiggestellten Gebäudes wird nach DIN EN ISO 9972 (Blower Door) bestimmt. Die internationale Norm legt die Anwendung mechanischer Über- oder Unterdruckbeaufschlagung von Gebäuden fest. Die Luftdichtheit wird in der Regel durch den verbleibenden Luftwechsel des Gebäudes oder von Gebäudeteilen bei einer Druckdifferenz von 50 Pa (n50-Wert) definiert. Die Dichtheit kann aufgrund der in 2.6.44 angegebenen n50- Luftwechselraten beurteilt werden. In DIN 4108-7 werden erstmals Grenzwerte für die Luftwechselrate festgeschrieben. Für Gebäude mit natürlicher Lüftung wird der n50-Wert auf 3,0 h–1 beschränkt, für Gebäude
174
mit raumlufttechnischen Anlagen auf 1,0 h –1. Ergänzend zu den Angaben der Norm ist es im letzten Fall, unter Berücksichtigung von baupraktischen Toleranzen als ausreichend anzusehen, wenn der auf das Raumluftvolumen bezogene, gemessene Luftvolumenstrom bei einer Druckdifferenz von 50 Pa den in der Norm genannten Grenzwert um bis zu 0,5 h–1 überschreitet. Erwartungsgemäß weisen in Mauerwerkkonstruktion erstellte Gebäude in der Regel eine größere Dichtheit auf, als leichte Bauarten. Allerdings sind auch beim Mauerwerk Durchdringungen des Innenputzes, Fensteranschlüsse, Vorwandinstallationen und Dachanschlüsse zu beachten. Als wichtiges Hilfsmittel für den Planer enthält DIN 4108-7 Planungs- und Ausführungsempfehlungen und zeigt, wie in 2.6.43 dargestellt, Ausführungsbeispiele für Überlappungen, Anschlüsse, Durchdringungen und Stöße in der Dichtheitsebene. Anforderungen an den Wärmeschutz
Die in CEN/TC 89 »Wärmeschutz von Gebäuden und Bauteilen« erarbeiteten Bemessungs-, Berechnungs- und Messnormen bilden die Grundlage für die nationalen Umsetzungsdokumente der Normenreihe DIN 4108 »Wärmeschutz und Energieeinsparung in Gebäuden«. Die Art und Höhe der Festlegung eines Anforderungsniveaus liegt nach wie vor im nationalen Ermessen der einzelnen Länder. Für die Einhaltung von Mindestanforderungen und die Bemessung energiesparender Maßnahmen müssen folgende Teile der DIN 4108 beachtet werden: Teil 2: Mindestanforderungen an den Wärmeschutz Teil 4: Wärme- und feuchteschutztechnische Kennwerte Teil 6: Berechnung des Jahresheizwärmeund des Jahresheizenergiebedarfs Teil 7: Luftdichtheit von Bauteilen und Anschlüssen – Planungs- und Ausführungsempfehlungen sowie -beispiele Beiblatt 2: Wärmebrücken; Planungs- und Ausführungsbeispiele. DIN 4108-2 legt die Mindestanforderungen an die Wärmedämmung von Bauteilen und bei Wärmebrücken in der Gebäudehülle fest und gibt wärmeschutztechnische Hinweise für die Planung und Ausführung von Aufenthaltsräumen in Hochbauten, die ihrer Bestimmung nach auf übliche Innentemperaturen (≥ 19 °C) beheizt werden. Unter Mindestwärmeschutz versteht man eine Maßnahme, die an jeder Stelle der Innenoberfläche der Gebäudehülle, bei ausreichender Beheizung und Lüftung unter Zugrundelegung üblicher Nutzung ein hygienisches Raumklima sicherstellt, so dass Tauwasserfreiheit im Ganzen und in Ecken gegeben ist. Außerdem wird damit das Risiko der Schimmelbildung verringert. Wesentliche Änderungen der Ausgabe 2000 gegenüber der
Wärmeschutz
Ausgabe 81 sind praktisch die Verdoppelung des Mindestwertes für den Wärmedurchlasswiderstand der Außenwände von R ≥ 0,55 auf R ≥ 1,2 m 2 ⋅ K/W, die eingehendere Behandlung von Wärmebrücken, die Maßnahmen zur Vermeidung von Schimmelpilzbildung und die vereinfachte Beurteilung des Mindestwärmeschutzes schwerer und leichter Bauteile. Man unterscheidet nur noch Bauteile mit einer flächenbezogenen Gesamtmasse von mindestens 100 kg/m3 und Bauteile mit geringerer Gesamtmasse ohne Berücksichtigung der Lage von Dämmschichten mit ihrer Auswirkung auf Aufheiz- und Auskühlvorgänge. Die Kompensation geringerer Speichermasse durch höhere Wärmedämmung wird einfach dadurch gelöst, dass für Bauteile unter 100 kg/m3 erhöhte Anforderungen mit R ≥ 1,75 m2 K/W gelten, was dem früheren Höchstwert für leichte Bauteile entspricht. Bei Rahmen- und Skelettbauarten gilt der Wert nur für den Gefachbereich. In diesen Fällen ist für das gesamte Bauteil zusätzlich im Mittel R ≥ 1,0 m 2 K/W einzuhalten. Auf weitere Details wurde bereits bei der Beschreibung von Wärmebrücken und der Luftdichtheit eingegangen. Energieeinsparverordnung
Zahlenmäßige Festlegungen von Anforderungen an den energiesparenden Wärmeschutz sind Gegenstand öffentlich-rechtlicher Regelungen zum energiesparenden Bauen. Die Festlegung des Jahresheizenergiebedarfs in der Energieeinsparverordnung entspricht einer durch das Grundlagendokument Nr. 6 »Energieeinsparung und Wärmeschutz« vorgegebenen Leistungsstufe für unterschiedliche Verfahren zur Energieeinsparung. Für die technische Umsetzung dient die europäische Norm DIN EN 832. Dieser Standard bezieht sich dabei auf eine Reihe weiterer erforderlicher Bemessungsnormen, wie die Berechnung des spezifischen Wärmeverlustkoeffizienten, die Wärmeübertragung an das Erdreich, die dynamisch- thermischen Kenngrößen und die Behandlung von Wärmebrücken. Eingangsdaten für die Bemessungsnormen sind u.a. Produktmerkmale, wie z.B. die Wärmeleitfähigkeit von Dämmstoffen und Mauerwerkkonstruktionen. Die logische Verknüpfung der verschiedenen Bemessungs-, Produkt- und Messnormen wird in 2.6.45 veranschaulicht. Darüberhinaus müssen noch zur Konkretisierung der europäischen Rechenverfahren nationale Randbedingungen, wie z.B. Klimadaten, solare Gewinne, interne Wärmequellen und Luftwechsel in DIN 4108-6 sowie Regelungen zur Erfassung der gesamten Wärmeverluste des Heizsystems und des Wärmebedarfs für die Warmwasserversorgung nach DIN 4701-10 festgelegt werden. Da es erfahrungsgemäß oft zu unsauberen Bezeichnungen und Verwechslungen bei der Beschreibung wärmeschutztechnischer und energetischer Eigenschaften kommt, sollen
die folgenden Definitionen für eine Klarstellung der Begriffe sorgen: • Heizwärmebedarf: Rechnerisch ermittelte Energie, die dem Heizsystem des Gebäudes zugeführt werden muss, um den Heizwärmebedarf abdecken zu können. • Heizenergiebedarf: Rechnerisch ermittelte Energie, die dem Heizsystem des Gebäudes zugeführt werden muss, um den Heizwärmebedarf abdecken zu können. • Heizenergieverbrauch: Über einen bestimmten Zeitraum gemessener Wert an Heizenergie (Menge eines Energieträgers), der zur Aufrechterhaltung einer bestimmten Temperatur einer Zone erforderlich ist. • Endenergiebedarf: Energiemenge, die zur Deckung des Jahresheizenergiebedarfs und des Wärmebedarfs für die Warmwasserbereitung benötigt wird, ermittelt an der Systemgrenze des betrachteten Gebäudes. • Primärenergiebedarf: Energiemenge, die zur Deckung des Endenergiebedarfs benötigt wird, unter Berücksichtigung der zusätzlichen Energiemenge, die durch vorgelagerte Prozessketten außerhalb der Systemgrenze »Gebäude« bei der Gewinnung, Umwandlung und Verteilung der jeweils eingesetzten Brennstoffe entstehen. Während bisher Anforderungen an den Heizwärmebedarf gestellt wurden, wird das neue Anforderungsniveau an den Heizenergiebedarf, d. h. die bewertete Primärenergie gekoppelt werden, um die Effizienz der Anlagentechnik und der eingesetzten Energieträger einzubeziehen. Das bedeutet, dass der Bilanzrahmen, der bisher am Heizkörper endete, sich nunmehr bis zum Kraftwerk oder der Gas- bzw. Öllieferung erstreckt. Die Energieeinsparverordnung enthält als Kernelemente die Verschärfung der Anforderungen an das energiesparende Bauen, mit dem Ziel einer Verbrauchssenkung um durchschnittlich 30% bei Neubauten und, für den Gebäudebestand, die Anpassung der bisherigen Wärmeschutz- sowie anlagentechnischen Anforderungen und Nachrüstungspflichten an den technischen Fortschritt zu erfüllen. Im Geltungsbereich werden, wie bisher in der Wärmeschutzverordnung, die Gebäude mit normalen Innentemperaturen (mindestens 19 °C) aufgeführt und die Gebäude mit niedrigen Innentemperaturen unverändert definiert. Als Anforderung für Gebäude mit normalen Innentemperaturen sind nach 2.6.46 Höchstwerte des Jahres- Primärenergiebedarfs, in Abhängigkeit von der Gebäudeform A/Ve, einzuhalten. Mit der Festlegung auf die Primärenergie soll ein klarer Bezug zum politischen Ziel der CO2 -Reduktion geschaffen und Wettbewerbsverzerrungen für konkurrierende Energiesysteme vermieden werden. Dagegen ist die berechnete Endenergie eine wertvolle Information für den Nutzer als normierte Vorhersage für den zu erwartenden Verbrauch und gleichzeitig die Kenngröße in einem gebäudespezifi-
2.6.42
Temperaturrandbedingungen nach DIN 4108-2 zur Wärmebrückenberechnung Gebäudeteil bzw. Umgebung Temperatur 1) θ °C Keller 10 Erdreich 5 Unbeheizte Pufferzone 10 Unbeheizter Dachraum –5
2.6.43 Abdichtungsbeispiele nach DIN 4108-7
2.6.44
Angaben zu Luftwechselzahlen bei der Dichtheitsprüfung
Richtwerte Dichtheit des Gebäudes sehr dicht mittel weniger dicht Grenzwerte Gebäude mit natürlicher Lüftung Abluftanlagen
Luftwechsel bei 50 Pa [h-1] MehrfamilienEinfamilienhaus haus 0,5 – 2,0 1,0 – 3,0 2,0 – 4,0 3,0 – 8,0 4,0 – 10,0 8,0 – 20,0 Luftwechsel/h n50 ≤ 3 n50 ≤ 1,5
175
061 Grundlagen Bauphysik
2.6.45
schen Energiebedarfsausweis. Durch die zusätzliche Nebenanforderung an den maximalen Jahres-Heizwärmebedarf soll sichergestellt werden, dass der bisherige Wärmedämmstandard der Gebäudehülle nicht unterschritten wird. Anforderungen an die Dichtheit außenliegender Fenster und Fenstertüren bleiben unverändert. Die Dichtheit der Gebäudehülle wird durch den Hinweis auf das geeignete Messverfahren und die bei einer Überprüfung zulässigen Leckagen näher präzisiert. Zur Sicherstellung eines energiesparenden sommerlichen Wärmeschutzes wird die bisherige Regelung entsprechend der technischen Fortentwicklung verbessert und verschärft. Für Gebäude, die nutzungsbedingt eine besondere Ausführung der Fassade und eine sommerliche Kühlung erfordern, erfolgt eine Begrenzung der Kühlleistung. Die energetischen Mindestanforderungen für die Inbetriebnahme von Heizkesseln, Verteilungseinrichtungen und Warmwasseranlagen wurden im Wesentlichen aus der Heizanlagen-Verordnung übernommen. Für Gebäude mit niedrigen Innentemperaturen wird nach wie vor nur der Jahrestransmissionswärmebedarf begrenzt, weil für diese Gebäude der Luftwechsel und interne Wärmequellen nutzungsbedingt stark schwanken können. Für die Änderung von bestehenden Gebäuden wurden die bisherigen Regelungen mit Anforderungen an die Wärmedurchgangskoeffizienten einzelner Bauteile nach 2.6.47 fortgeschrieben. Damit entsprechende energetische Nachbesserungen im Gebäudebestand ein breiteres Anwendungsfeld finden, wurden engere Vorgaben für durchzuführende Wärmeschutzmaßnahmen im Falle einer Renovierung geschaffen. Unter Einhaltung vorgegebener Fristen müssen bei heizungstechnischen Anlagen bestehender Gebäude die Wärmeverteilungsleitungen mit einer Wärmedämmung versehen werden und Heizkessel dem Anforderungsstandard für Neubauten entsprechen.
Gliederung der TC 89 Normungsarbeiten und Verknüpfung einzelner Normen Energieeinsparverordnung Entwurfs- und Bemessungsnormen Gebäude EN 832 Wärmetechnisches Verhalten von Gebäuden Berechnung des Heizenergiebedarfs pr EN ISO 13789 Spezif. Transmissionswärmeverlustkoeffizient EN ISO 13370 Wärmeübertragung über das Erdreich pr EN 13786 Dynamisch thermische Eigenschaften von Bauteilen EN ISO 10211-1 & EN ISO 10211-2 Wärmebrücken Produkte, Produktmerkmale
Materialien
Bauteile
Tabellierte Bemessungswerte
Tabellierte Bemessungswerte
Umrechnung in Bezugs- und Bemessungswerte
Berechnungsverfahren Umrechnung in Bezugs- und Bemessungswerte
Messverfahren
Messverfahren 2.6.46 Anforderung: Primärenergiebedarf
Kessel
Rechenverfahren
2.6.47 Energieeinsparverordnung, Maßnahmen im Bestand Bauteil
Außenwände (Innendämmung, Gefacherneuerung) Außenwände Fenster Decken, Dächer, Dachschrägen (Steildach) Decken, Dächer, Dachschrägen (Flachdach) Decken und Wände gegen unbeheizte Räume bzw. Erdreich (Dämmung auf der Kaltseite) Decken und Wände gegen unbeheizte Räume bzw. Erdreich (Dämmung auf der Warmseite)
176
U-Wert W/(m 2 • k) EnEV 0,45 0,35 1,70 0,30 0,25 0,40 0,50
Zur Berechnung des Heizwärme- und Heizenergiebedarfs ist die europäische Norm DIN EN 832 in Verbindung mit der nationalen Umsetzungsnorm DIN 4108-6 und DIN 4701-10 anzuwenden. Das Berechnungsverfahren nach EN 832 basiert auf einer stationären Energiebilanz, die jedoch innere und äußere Temperaturveränderungen sowie den dynamischen Effekt von inneren und solaren Wärmegewinnen berücksichtigt. Die Berechnung des Jahres-Heizenergiebedarfs erfolgt entsprechend 2.6.48 durch Bilanzierung der beteiligten Verlust- und Gewinngrößen. Der Heizenergiebedarf bezieht neben dem, vom Gebäude abhängigen Heizwärmebedarf, auch noch die technischen Verluste des Heizungssystems, die Energieaufwendungen für Warmwasser und eventuelle Gewinne durch regenerative Syste-
Wärmeschutz
me mit ein. Die Verluste der Anlagentechnik können nach DIN 4701-10 durch Aufwandszahlen für Wärmeübergabe, Verteilung, Speicherung, Erzeugung und Primärenergieumwandlung für den Einzelfall nach vorliegender Planung für die technische Anlage genau berechnet oder alternativ durch eine, auf die Primärenergie bezogene, Aufwandszahl ep für die gesamte Anlagentechnik beschrieben werden. Für die Ermittlung des Heizwärmebedarfs werden zwei Methoden angeboten. Für das einfachere, auch als Handrechenverfahren noch beherrschbare und auf Wohngebäude beschränkte, Periodenbilanzverfahren gilt allgemein Qh = Ql, HP – ηHP • Qg, HP Dabei ist: Qh der Heizwärmebedarf für die Heizperiode Ql, HP die Wärmeverluste während der Heizperiode Qg, HP die Wärmegewinne (interne, solare) während der Heizperiode ηHP der Ausnutzungsgrad. Das genauere Monatsbilanzierungsverfahren erlaubt die Berücksichtigung weiterer Einflussgrößen auf den Heizenergiebedarf und eröffnet größere Spielräume für die Planung. Der Jahresheizwärmebedarf Qh ergibt sich durch Aufsummierung der einzelnen Monatsbilanzen, sofern sich positive Werte für jeden Monat ergeben nach
und
Qh = ΣQH,M pos Qh,M = QI,M – ηM • Qg, M
Die zur Anwendung beider Rechenverfahren erforderlichen Randbedingungen für die Heizgradtagzahl, das mittlere Strahlungsangebot und den mittleren monatlichen Außentemperaturen und solaren Strahlungsintensitäten enthält DIN 4108-6. Zur Realisierung wärmeschutztechnischer Nachweise nach öffentlichrechtlichen Anforderungen müssen zusätzlich die in DIN 4108-6 beschriebenen Randbedingungen zur Anwendung gelangen. Die Vorteile des Monatsbilanzverfahrens liegen darin, dass Einflüsse leichter bzw. schwerer Bauarten auf den Ausnutzungsgrad der Wärmegewinne und die Wirkung der Nachtabsenkung sowie solare Gewinne über Glasvorbauten, opake Bauteile und transparente Wärmedämmung berücksichtigt werden können. Entscheidenden Einfluss auf die Wärmeverluste hat die Luftwechselrate von n = 0,7 h –1 bei freier Lüftung und deren Reduzierung auf n = 0,6 h –1, falls eine Luftdichtheitsprüfung durchgeführt wird und bei dieser Prüfung die Bedingung n50 < 3 h –1 erfüllt wird. Eine weitere Reduzierung der Lüftungsverluste lässt sich durch Verwendung von Zu- und Abluftanlagen mit Wärmerückgewinnung erreichen.
Beim Heizperiodenverfahren wird der Wärmebrückeneinfluss durch einen pauschalen Zuschlag auf den spezifischen Transmissionswärmeverlust HT ermittelt: HWB = ΔUWB • A Bei wärmetechnisch mit DIN 4108 Beiblatt 2 vergleichbaren Konstruktionen kann ΔUWB = 0,05 W/(m2 • K) eingesetzt werden. Das Monatsbilanzverfahren erlaubt zusätzlich die Berechnung der Wärmebrückenverluste mit Hilfe längenbezogener Wärmedurchgangskoeffizienten (ψ -Werte). Mittels, aus umfangreichen und rechneraufwändigen europäischen Normen, abgeleiteter pauschalisierter Reduktionsverfahren oder Korrekturwerten, wird zusätzlich die Möglichkeit für ein schnelles Umsetzen der DIN EN 832 ermöglicht. Diese Vereinfachung wirkt sich insbesondere bei der Angabe von TemperaturKorrekturfaktoren für Flächen des beheizten Kellers aus. Berechnungen für einzelne Gebäudetypen bestätigen, dass bei verbessertem Standard der Heizungsanlage (Niedertemperaturkessel, Brennwerttechnik), nachgewiesener Dichtheit des Gebäudes, Nachtabsenkung, optimierten Zweifachverglasungen und hohem Dämmniveau in Dach- und Kellerflächen einschalige Mauerwerkkonstruktionen nach wie vor ausgeführt werden können. Der Wärmedurchgangskoeffizient der Außenwand sollte dabei U = 0,40 W/(m 2 • K) nicht überschreiten. Zweischaliges Mauerwerk mit zusätzlichen Wärmedämmschichten, einschalige Wände mit Wärmedämmverbundsystemen oder wärmegedämmte Konstruktionen mit hinterlüfteten Vorsatzschalen unterliegen ohnehin keinen Anwendungsproblemen. Alle wesentlichen Energiebedarfsanteile eines Gebäudes werden zu folgenden Zwecken durch einen Energiebedarfsausweis erfasst: • Information des Nutzers über den zu erwartenden Energieverbrauch, • Verbesserung der Transparenz im Wohnungs- und Immobilienmarkt, im Hinblick auf die energetische Qualität von Gebäuden, • Unterstützung des Vollzugs der Verordnung, indem der Nutzer in die Lage versetzt wird, energierelevante Merkmale seines Gebäudes überschlägig zu überprüfen und Auffälligkeiten nachzugehen. Eine einfache Zusammenfassung zeigt, dass der Heizenergiebedarf eines Gebäudes von vier Einflussgrößen bestimmt wird: • Klima: Standort des Gebäudes, Außentemperatur, Sonneneinstrahlung • Gebäude: Gebäudeform, Gebäudevolumen, Grundrissgestaltung, Orientierung, Ausbildung der Außenbauteile, Bauart • Heizungsanlage: Wärmeerzeugung, Regelung, Verteilung, Warmwasserbereitung • Nutzung: Raumtemperatur, Luftwechsel, Nutzbare Abwärme
Thermische Behaglichkeit
Die thermische Behaglichkeit in einem beheizten Raum hängt im Wesentlichen von den Oberflächentemperaturen der Raumumschließungsflächen und von der Raumlufttemperatur ab. Weiter spielen die Luftgeschwindigkeit, die Luftfeuchte, die Aktivität des Menschen und seine Bekleidung eine Rolle. Die Behaglichkeitsbereiche der einzelnen Faktoren sind miteinander verknüpft. Raumluftund Oberflächentemperatur beeinflussen nach 2.6.49 das Temperaturempfinden des Menschen in der Weise, dass innerhalb bestimmter Grenzen eine niedrigere Temperatur der Luft durch eine höhere Temperatur der Oberfläche ausgeglichen werden kann. Für den anzustrebenden Wert der Luftfeuchte gibt es mit der Lufttemperatur einen Zusammenhang, der sich nach 2.6.50 ebenfalls als Behaglichkeitsbereich darstellen lässt. Das Behaglichkeitsempfinden des Menschen muss individuell unterschiedlich bewertet werden. Ausgehend von grundsätzlich physikalischen Vorgängen wie Strahlungsaustausch, Wärmeleitung und Verdunstung sowie von allgemein gültigen Erfahrungen herrscht ein günstiges Raumklima, wenn folgende Faktoren gegeben sind: • die Außenbauteile durch einen guten Wärmeschutz eine Oberflächentemperatur auf der Raumseite von etwa 18 °C aufweisen • die Differenz zwischen der Raumluft- und Oberflächentemperatur der raumbildenden Bauteile nicht größer als 2 K ist • das Verhältnis zwischen Lufttemperatur und relativer Luftfeuchte bei entsprechender Zuordnung im Bereich von ϑ = 18 bis 24 °C und ϕ = 40 bis 60% zu finden ist • die Luftbewegung im Raum eine Luftgeschwindigkeit von 0,10 bis 0,20 m/s nicht überschreitet. Wärmeschutz im Sommer
Bei Gebäuden mit Wohnungen oder Einzelbüros und Gebäuden mit vergleichbarer Nutzung sind in der Regel raumlufttechnische Anlagen zur Kühlung bei ausreichenden baulichen Maßnahmen nicht erforderlich. Der sommerliche Wärmeschutz ist im Wesentlichen abhängig vom Gesamtenergiedurchlassgrad der transparenten Außenbauteile, ihrer Orientierung nach der Himmelsrichtung und ihrer Neigung bei Fenstern in Dachflächen. Weitere Faktoren sind die Lüftungsmöglichkeit der Räume, die Wärmespeicherfähigkeit, insbesondere der innenliegenden Bauteile sowie die Wärmeleiteigenschaften der nichttransparenten Außenbauteile unter instationären Randbedingungen. Ein wirksamer Sonnenschutz transparenter Außenbauteile kann baulich durch auskragende Dächer oder Balkone, durch außen- oder innenliegende Sonnenschutzvorrichtungen oder mit Hilfe von Sonnenschutzgläsern erreicht werden. Zweck der Begrenzung solarer Wärmeeinträge im
177
Bauphysik
2.6.48
EN 832 – Wärmetechnisches Verhalten von Gebäuden – Berechnung des Heizenergiebedarfs Q (Endenergie) und des Primärenergiebedarfs QP Wohngebäude
Q Heizenergiebedarf Qr Wärmegewinn aus Umwelt (erneuerbare Energien) Qh Heizwärmebedarf Qw Wärmebedarf für Warmwasserbereitung Qt Verluste der Anlagetechnik Qp Primärenergiebedarf ep primärenergiebezogene Gesamtanlagenaufwandszahl
2.6.49
Zusammenhang zwischen Raumlufttemperatur und Oberflächentemperatur für das Behaglichkeitsempfinden des Menschen [15]
Sommer ist die Sicherstellung behaglicher Raumtemperaturen, d. h. die Vermeidung der Überschreitung bestimmter Grenz-Raumtemperaturen an mehr als 10% der Aufenthaltszeit. Um in den wärmeren Klimaregionen, einschließlich möglicher Sonnenschutzvorkehrungen, die Temperaturbegrenzungen einhalten zu können, sind folgende Festlegungen getroffen worden: • Sommer-Klimaregion A; sommerliche Gebiete 25 °C • Sommer-Klimaregion B; gemäßigte Gebiete 26 °C • Sommer-Klimaregion C; sommerheiße Gebiete 27 °C Für den Nachweis der Begrenzung ist der festgelegte Grenzwert des dimensionslosen Sonneneintragskennwertes Smax einzuhalten, der sich aus dem Gesamtenergiedurchlassgrad der Verglasung g, dem Fensterflächenanteil f an einer Fassadenseite und dem Abminderungsfaktor Fc des Sonnenschutzes sowie dem Fensterrahmenanteil FF zusammensetzt. Smax ≥ S = f • g • Fc (1 – FF)/0,7 Der Grenzwert ergibt sich aus einem Basiswert S0 für die zuständige Sommer-Klimaregion sowie aus baulichen und nutzerbedingten Korrekturen nach 2.6.51. Smax ≥ S 0 + Σ i ΔS i
12
2.6.50
Zusammenhang zwischen Raumlufttemperatur und relativer Luftfeuchte für das Behaglichkeitsempfinden des Menschen [16]
2.6.51 Korrekturwerte Δs für den Basiskennwert S0 des Sonneneintrags Zu berücksichtigende Einflussgröße i Leichte Bauart: Holzständerkonstruktionen, leichte Trennwände, untergehängte Decken Extrem leichte Bauart: vorwiegend Innendämmung, große Halle, kaum Innenbauteile Sonnenschutzverglasung1) mit g < 0,4 Erhöhte Nachtlüftung (nachts n ≥ 1,5 1/h während der zweiten Nachthälfte) Fensterflächenanteil an der Fassade: > 65% Nordorientierte Räume (NW - N - NO) Geneigte Fensterausrichtung (Neigung von 0° bis 60° gegenüber der Horizontalen)
178
ΔSi – 0,03 – 0,10 + 0,04 + 0,03 – 0,04 + 0,10 – 0,06
Für die Bemessungswerte S0 gilt: Sommer-Klimaregion A S0 = 0,18 Sommer-Klimaregion B S0 = 0,14 Sommer-Klimaregion C S0 = 0,10 Nach DIN 4108-2 wird als Mindestanforderung an den sommerlichen Wärmeschutz nur der Basiswert S0 = 0,18 für die sommerlichen Gebiete angenommen. Liegt der Fensterflächenanteil bei West- über Süd- bis Ost-Orientierung nicht über 20%, bei Nordostüber Nord- bis Nordwest nicht über 30% und bei geneigten Fenstern nicht über 15%, kann auf einen Nachweis verzichtet werden. Im differenzierten Verfahren nach DIN 4108-6 ist der festgelegte Grenzwert der sog. normierten, nicht nutzbaren Wärmeeinträge, die auch als Übertemperaturgradstunden interpretiert werden können, einzuhalten. Mit Hilfe des Berechnungsverfahrens ist eine detaillierte Berücksichtigung verschiedener Einflussfaktoren, wie z. B. der internen Wärmelasten, der Fassadenorientierung, der Luftwechselrate etc. möglich. Das differenzierte Verfahren eignet sich besonders für Gebäude mit höheren internen Lasten bzw. erhöhter passiver Solarenergienutzung. Gebäude mit Raumkühlung sind in einer ersten Stufe grundsätzlich so auszuführen, dass die Vorgaben des sommerlichen Wärmeschutzes eingehalten werden und die Restwärme durch raumlufttechnische Anlagen abgeführt wird. (2.6.36)
Klimabedingter Feuchteschutz
Klimabedingter Feuchteschutz Die Einwirkung von Feuchtigkeit durch Bauund Wohnfeuchte, Tauwasserbildung und Regen ist nach wie vor ein Problem beim Bauen. Daher müssen Maßnahmen ergriffen werden, die Feuchtigkeit jedweder Art fernhalten oder auf ein unschädliches Minimum reduzieren. Mangelhafter Feuchteschutz reduziert den Wärmeschutz und kann zu Folgeschäden des Mauerwerks durch Korrosion, Frost, Schimmelbildung und Ausblühungen führen. In 2.6.52 ist die Feuchtebeanspruchung eines Gebäudes schematisch zusammengefasst. Von außen wirken ein: • Regen, Schnee, feuchte Außenluft • Bodenfeuchte, Sickerwasser, Stauwasser, Grundwasser Von innen wirken ein: • Neubaufeuchte • Wasser, das in Feuchträumen anfällt • Wasserdampf durch Haushalt, Pflanzen und Körperpflege und die Feuchtigkeitsabgabe der Hausbewohner • Tauwasser auf den Innenoberflächen von Bauteilen oder im Innern der Bauteile. Die für feuchteschutztechnische Beurteilungen relevanten physikalischen Größen, Symbole und Einheiten sind in 2.6.53 zusammengestellt. Luftfeuchte
Die atmosphärische Luft enthält immer aus der Verdunstung von Wasser entstandenen Wasserdampf. Luft kann, in Abhängigkeit von der Temperatur, nur bestimmte Mengen als Wasserdampf annehmen (2.6.54). Mit steigender Temperatur nimmt das Aufnahmevermögen der Luft für Wasserdampf zu. Beim Abkühlen feuchter Luft wird der Sättigungswert oder Taupunkt erreicht. Dem Sättigungsgehalt an Wasserdampf in der Luft entspricht ein temperaturabhängiger Sättigungsdampfdruck. Er steigt ebenfalls mit zunehmender Temperatur in gleichem Maße wie die maximal aufnehmbare Wasserdampfmenge an. In der Mehrzahl der Fälle enthält die Luft geringere Mengen Wasserdampf als es der Sättigungsgehalt zulässt. Zur Kennzeichnung des Wassergehalts der Luft dient die relative Luftfeuchte φ. Sie ist das Verhältnis aus tatsächlich vorhandener Wasserdampfmenge W zur Sättigungsmenge Ws bzw. aus dem herrschenden Wasserdampfteildruck p (Partialdruck) und dem Sättigungsdruck ps mit φ = W/Ws = p/ps Für wasserdampfgesättigte Luft ist φ = 1,0 oder 100%. Beim Erwärmen feuchter Luft in einem Raum ohne weiterer Luftzu- oder abfuhr sinkt die relative Luftfeuchte, da bei konstanter Wasserdampfmenge die mögliche Sättigungsmenge ansteigt. Im umgekehrten Fall beim Abküh-
len feuchter Luft wird sich die relative Luftfeuchte so lange erhöhen, bis der Wert von 100%, also die Sättigung erreicht ist. Bei weiterer Abkühlung muss sich Wasser aus der Luft abscheiden, da dann die Luft bei der betreffenden Temperatur die in ihr enthaltene Wassermenge nicht mehr in Dampfform halten kann. Es entsteht in gasförmiger Atmosphäre Nebel oder auf festen Oberflächen Tauwasser. Die Temperatur, bei der dieser Vorgang eintritt, wird als Taupunkttemperatur oder Taupunkt der Luft bezeichnet. Bauliche Maßnahmen zur Vermeidung einer Taupunktunterschreitung auf inneren Oberflächen werden im Abschnitt »Wärmeschutz« im Zusammenhang mit Wärmebrücken behandelt.
2.6.52
Feuchtebeanspruchung von Außenbauteilen
Hygroskopische Feuchte
Poröse Körper nehmen in Abhängigkeit von ihren physikalischen und chemischen Eigenschaften Feuchtigkeit in Form von Wasserdampf aus der sie umgebenden Luft auf. In Abhängigkeit von der relativen Luftfeuchte können sich durch Adsorption Wassermoleküle an den Stoffoberflächen in ein- oder mehrlagiger Schicht anlagern. Bei kapillar-porösen Stoffen ist die Wasseranlagerung auch an inneren Oberflächen möglich. Taut der in den kapillaren Hohlräumen aufgenommene Wasserdampf, dann bewegt sich das Wasser entsprechend den Gesetzen der Kapillarphysik. Dieser Vorgang wird als Kapillarkondensation bezeichnet. Beide beschriebenen Mechanismen werden unter dem Begriff »Sorption« zusammengefasst. Die hygroskopischen Eigenschaften von Baustoffen werden durch die Sorptionsisothermen beschrieben. Sorptionsisothermen geben nach 2.6.55 Auskunft über die sich jeweils in Abhängigkeit von der relativen Luftfeuchte einstellende Stofffeuchtigkeit. Die Temperatur der Umgebungsluft hat dabei einen geringen Einfluss. Der sich, bei üblichen Umgebungsbedingungen, einstellende hygroskopische Wassergehalt ist von Bedeutung zur Beurteilung der bei einem Stoff in der Praxis anzufindenden Feuchteverhältnisse. Unter Festlegung der klimatischen Randbedingungen mit 23 °C und 80% relativer Luftfeuchte gelten die in Tabelle 2.6.23 angegebenen hygroskopischen Gleichgewichtsfeuchten für verschiedene wandbildende Baustoffe. Neben den sich im stationären Zustand einstellenden Endwerten der Sorptionsfeuchte interessiert auch das instationäre Verhalten von Oberflächenschichten als Pufferzonen bei schwankenden Raumluftfeuchten. Dabei hat Künzel [62] nachgewiesen, dass es bei kurzfristigen Feuchteänderungen insbesondere auf die Eigenschaften der äußersten Oberflächenschicht ankommt und dass der, unter einem Putz oder Tapete liegende, Wandbildner keinen Einfluss mehr hat. Auf der anderen Seite haben Einrichtungsgegenstände mit hohem Textilanteil wie Polstermöbel, Teppiche, Vorhänge etc. ein hohes Sorptionsvermögen, so
2.6.53
Feuchteschutztechnische Größen, Symbole und Einheiten Physikalische Größe Symbol Einheit Wasserdampfteildruck p Pa Relative Luftfeuchte Ø 1 massebezogener Feuchtegehalt u kg/kg Wasserdampf-Diffusionskoeffizient D m2/h Wasserdampf-Diffusionsstromg kg/(m2•h) dichte Wasserdampf-Diffusionsdurchlasswiderstand Z m2 • h • Pa/kg Wasserdampf-Diffusionsleitkoeffizient δ kg/(m • h • Pa) Wasserdampf-Diffusionswiderstandszahl μ 1 Wasseraufnahmekoeffizient w kg/(m2•h•0,5) Wasserdampf-diffusionsäquivalente Luftschichtdicke sd m Flächenbezogene Tauwassermasse mW,T kg/m2 Flächenbezogene Verdunstungsmasse mW,V kg/m2
2.6.54
Wassersättigungs- oder Taupunktkurve
2,3 g/m
179
Bauphysik
2.6.55
Bereiche von Sorptionskurven
dass in Wohn- und Schlafräumen keine besonderen Feuchteschwankungen zu erwarten sind und das Sorptionsverhalten von Baustoffen ohne Bedeutung ist. Kapillarleitung
A B
Ziegel, Gips Normalbeton, Leichtbeton, Porenbeton, Kalksandstein C Holz, organische Faserstoffe
2.6.56
1 2 3 4 5
Kapillare Wasseraufnahme verschiedener Baustoffe in Abhängigkeit von der Quadratwurzel der Zeit (nach Künzel)
Gips 1390 kg/m3 Vollziegel 1730 kg/m3 Porenbeton 640 kg/m3 Kalksandstein 1780 kg/m3 Bimsbeton 880 kg/m3
In mit Wasser gefüllten Poren und röhrchenartigen Materialstrukturen von Baustoffen wirken sich durch die Oberflächenspannung des Wassers in Abhängigkeit vom konkaven Krümmungsradius der Menisken und der Benetzbarkeit des Feststoffs kapillare Zugkräfte aus. Die kapillare Saugkraft kann sich je nach Feuchtebeanspruchung und sich damit ausbildender Feuchtigkeitsbewegung positiv oder negativ auf die Baukonstruktion auswirken. Eine Wasseraufnahme und kapillare Weiterleitung durch Schlagregen oder Bodenfeuchte muss vermieden werden. Andererseits unterstützt die Kapillarität eines Baustoffs den Transport von Wasser im Inneren von Bauteilen an die Oberfläche mit der Möglichkeit des Verdunstens. Dadurch wird die Austrocknung baufeuchten Mauerwerks beschleunigt und bei Tauwasserbildung innerhalb des Mauerwerks durch Wasserdampfdiffusion kann die Tauwassermenge durch Kapillarität reduziert und die Austrocknungsmöglichkeit erhöht werden. Zur Kennzeichnung der Wasseraufnahme eines kapillarporösen Stoffes eignet sich ein nach DIN EN ISO 15148 genormter Versuch, bei dem eine Probenoberfläche in Wasser eingetaucht und die Massenzunahme als Funktion der Saugzeit bestimmt wird. Dabei erfolgt nach 2.6.56 die Wasseraufnahme linear mit der Quadratwurzel der Eintauchzeit. Die Steigung der Geraden entspricht dem stoffspezifischen Wasseraufnahmekoeffizienten nach W = w · √t Dabei ist: W die pro Flächeneinheit aufgenommene Wassermenge in kg/m2 t die Saugzeit in h w der Wasseraufnahmekoeffizient in kg/m2⋅h-0,5 In 2.6.58 werden für typische wandbildende Baustoffe w-Werte angegeben.
2.6.57
180
Wasserdampfdurchgang durch ein Außenbauteil ∂ Temperaturverlauf ρ Kurve des Wasserdampfteildrucks
Wasserdampfdiffusion
Luft stellt sich physikalisch als Gasgemisch dar, in dem sich die Stickstoff-, Sauerstoff- und Wasserdampfmoleküle unabhängig voneinander bewegen. Jedes Einzelgas übt eine Teildruck aus, den es bei der gleichen Temperatur ohne die Anwesenheit der anderen Gase hätte. Vorhandene Feuchteunterschiede in zwei Lufträumen werden durch Wasserdampfdiffusion in Richtung des Potentialgefälles ausgeglichen. Die Diffusion darf nicht mit einer Strömung verwechselt werden, die aufgrund eines Gesamtdruckunterschiedes erfolgt. Bei Diffusionsvorgängen herrscht in der Regel beiderseits einer Trennschicht gleicher Gesamt-
druck. Außenbauteile von beheizten Räumen unterliegen Wasserdampfdiffusionsvorgängen, weil sie Lufträume mit unterschiedlichen Temperaturen und Luftfeuchtegehalten trennen. Für ein einschichtiges Bauteil lässt sich der Diffusionsvorgang ohne Tauwasserausfall einfach nach 2.6.57 darstellen. Die Wasserdampf-Diffusionsstromdichte g in kg/(m2•h), durch ein Bauteil im stationären Zustand, wird mit nachfolgender Gleichung berechnet. Dazu müssen die Wasserdampfteildrücke pi und pe in Pa zu beiden Seiten des Bauteils und der Wasserdampf-Diffusionsdurchlasswiderstand Z des Bauteils bekannt sein. Für eine Bezugstemperatur von 10 °C lässt sich Z berechnen zu Z = 1,5 ⋅ 106 ⋅ μ ⋅ d Somit ist die Diffusionsstromdichte der allgemein verwendeten Diffusionswiderstandszahl und der Dicke des Baustoffs indirekt proportional. Die dimensionslose Stoffeigenschaft μ gibt an, um wievielmal größer der Diffusionswiderstand eines Stoffes gegenüber dem ruhender Luft ist. Der μ-Wert von Luft ist daher 1. Da zur Berechnung des Diffusionsdurchlasswiderstandes eines Bauteils oder einer Bauteilschicht selbstverständlich die Dicke von Bedeutung ist, hat sich in der Praxis die diffusionsäquivalente Luftschichtdicke sd = μ ⋅ d eingeführt. Die Einheit wird in m angegeben. Sie charakterisiert in manchen Fällen die Diffusionseigenschaften von Baustoffschichten besser als der μ-Wert allein. Das gilt vor allem für dünne Schichten und Sperrschichten (2.6.59). Die diffusionsäquivalenten Luftschichtdicken dünner Schichten werden neuerdings nach DIN 4108-3 folgendermaßen definiert: – diffusionsoffene Schicht mit sd ≤ 0,5 m – diffusionshemmende Schicht mit 0,5 m > sd < 1500 m – diffusionsdichte Schicht mit sd > 1500 m. Wasserdampfdiffusionswiderstandszahlen von Baustoffen und Mauerwerk werden in DIN 4108-4 und DIN EN 12524 angegeben. Bei Nennung von 2 Werten in DIN 4108-4 soll der Streubereich für eine Material- oder Mauerwerkart erfasst werden. Bei der Diffusionsberechnung ist für die Tauperiode jeweils der ungünstigere Wert der Wasserdampfdiffusionswiderstandszahl zu benützen. Das heißt, bei Auftreten von Tauwasser innerhalb einer Bauart sind auf der inneren (warmen) Seite der Tauwasserebene oder des Tauwasserbereichs die kleineren μ-Werte in die Berechnung der Tauwassermenge einzusetzen und auf der äußeren (kalten) Seite die größeren μ-Werte. Bei der Berechnung der Verdunstungsmöglichkeiten sind allerdings die für die Berechnung der Tauwassermasse verwendeten Werte beizubehalten.
Klimabedingter Feuchteschutz
Tabelle 2.6.60 gibt einen Überblick der in DIN 4108-4 für Mauerwerk und Putze angegebenen Wasserdampfdiffusionswiderstandszahlen. Dagegen unterscheidet die europäische Norm DIN EN 12524 zwischen Wasserdampfdiffusionswiderstandszahlen, die nach dem Trocken- und Feuchtbereichverfahren nach DIN EN ISO 12572 bestimmt wurden. Im ersten Fall ist beim Versuch das Material weitgehend trocken, denn die Luftfeuchten beiderseits der Probe betragen ca. 0% und 50%, im zweiten Fall jedoch etwa 50% und 95%, so dass sich bei hygroskopischen Stoffen ein dafür zutreffender Feuchtegehalt einstellt und durch Sorbatwassertransport den μ-Wert beeinflusst (2.6.61). Entsprechende Angaben für Baustoffe sind 2.6.62 zu entnehmen. Man erkennt, dass sich im Feuchtbereich mit größerem Sorbatwasserstrom kleinere μ-Werte ergeben als im Trokkenbereich.
2.6.58 Wasseraufnahmekoeffizienten von Baustoffen (nach Künzel) Material Rohdichte
Berechnung der Tauwassermenge im Innern von Bauteilen
2.6.59 Wasserdampfdiffusionsäquivalente Luftschichtdicken nach DIN EN 12524 von dünnen Schichten Produkt/Stoff Wasserdampfdiffusionsäquivalente Luftschichtdicke Sd m Polyethylen 0,15 mm 50 Polyethylen 0,25 mm 100 Polyesterfolie 0,2 mm 50 PVC-Folie 30 Aluminium-Folie 0,05 mm 1500 PE-Folie (gestapelt) 0,15 mm 8 Bitumenpapier 0,1 mm 2 Aluminiumverbundfolie 0,4 mm 10 Unterdeck- und Unterspannbahn für Wände 0,2 Beschichtungsstoff 0,1 Glanzlack 3 Vinyltapete 2 Anmerkung: Die wasserdampfäquivalente Luftschichtdicke eines Produktes wird als Dicke einer unbewegten Luftschicht mit dem gleichen Wasserdampfdurchlasswiderstand wie das Produkt angegeben. Die Dicke des Produktes in der Tabelle wird normalerweise nicht gemessen und kann auf dünne Produkte mit einem Wasserdampfdurchlasswiderstand bezogen werden. Die Tabelle gibt Dicken-Nennwerte als Hilfe zur Identifizierung des Produktes an.
Die Menge eines Tauwasserausfalls im Innern eines Bauteils und die Möglichkeit einer Austrocknung kann aufgrund der Annahmen für die klimatischen Randbedingungen und des breiten Streubereichs der Stoffkennwerte nur abgeschätzt und nicht genau berechnet werden. Auch nachträgliche Berechnungen, im Rahmen von Schadensbeurteilungen, sind mit Unsicherheiten behaftet. Die Wasserdampfdiffusionswiderstandszahl, als wichtigste Stoffeigenschaft, kann in der Praxis durch Nutzungseffekte stark variieren und bei hygroskopischen Stoffen wird die Wasserdampfdiffusion durch Sorptionsvorgänge und Strömungen von Adsorbatfilmen überlagert. Für die Untersuchung einer möglichen Durchfeuchtung von Bauteilen durch eine Tauwasserbildung, die sich als Differenz zwischen der anfallenden und austrocknenden Wassermenge ergibt, sind mehrere Verfahren mit unterschiedlichem Genauigkeitsanspruch bekannt. Normativ geregelt ist das sog. Glaserverfahren. Dabei handelt es sich, unter Voraussetzung eines stationären Zustandes des Temperaturfeldes und des Dampfteildruckgefälles, um ein einfaches graphisches Verfahren zur Abschätzung einer eventuellen Feuchtigkeitsausscheidung im Wandquerschnitt und deren mögliche Austrocknung. Mit konstanten Klimarandbedingungen für die Tauperiode über 2 Wintermonate und die Verdunstungsperiode über 3 Sommermonate spricht man auch vom Blockverfahren. In 2.6.63 wird schematisch ein einfaches Diffusionsdiagramm mit einer Tauwasserebene zwischen Schicht 2 und 3 dargestellt, wie es beispielsweise auf ein zweischaliges Mauerwerk mit Kerndämmung anwendbar wäre. Es muss jedoch wegen der in der Baupraxis oft auftretenden Missverständnisse betont werden, dass es sich bei dem DIN-Verfahren um die
Ziegel
Kalksandstein, Normal/Leichtbeton
2.6.60 Stoff
Vollziegel Vollziegel Hochlochziegel Hochlochziegel Kalksandvollstein Kalksandvollstein Kalksandvollstein Bimsbeton Bimsbeton Porenbeton Porenbeton Porenbeton Normalbeton Normalbeton
Wasseraufnahmekoeffizient kg/m 2•h 0,5 25 2,9 8,3 8,9 7,7 5,5 3,2 2,9 1,9 4,0 4,2 4,6 1,8 1,1
kg/m 3 1750 2175 1155 1140 1635 1760 1920 845 1085 535 600 630 2290 2410
Richtwerte von Diffusionswiderstandszahlen nach DIN 4108-4. Unterer und oberer Grenzwert der Materialstreuung. Richtwert der Wasserdampfdiffusionswiderstandszahl m
Putze Putzmörtel aus Kalk, Kalkzement und hydraulischem Kalk Putzmörtel aus Kalkgips, Gips, Anhydrit und Kalkhydrit Leichtputze Gipsputz Wärmedämmputz Kunstharzputz Mauerwerk aus Vollklinker, Hochlochklinker, Keramikklinker Vollziegel, Hochlochziegel, Leichthochlochziegel Kalksandstein, Rohdichte 1,0 bis 1,4 Kalksandstein, Rohdichte 1,6 bis 2,2 Hüttensteine Porenbetonsteine Leichtbetonsteine
15/35 10 15/20 10 5/20 50/200 50/100 5/10 5/10 15/25 70/100 5/10 5/10
181
Bauphysik
2.6.61
Schematische Darstellung der Diffusionsrichtung bei Messung der Wasserdampfdurchlässigkeit im Trocken- und Feuchtbereich und Angabe des Wassergehalts in den Proben und Sorbatwassertransport bei einem hygroskopischen Stoff mit der angegebenen Sorptionskurve (nach Künzel)
2.6.62
Wasserdampfdiffusionswiderstandszahlen für den Trocken- und Feuchtbereich nach DIN EN 12524 Stoff WasserdampfDiffusionswiderstandszahl μ trocken feucht Putzmörtel 20 10 Ziegel 16 10 Kalksandstein 20 15 Beton mit Blähtonzuschlägen 6 4 Beton mit Leichtzuschlägen 15 10 Porenbeton 10 6
2.6.63
182
Wasserdampfdiffusion mit Tauwasserausfall in einer Ebene des Bauteils
Abschätzung eines Tauwasserausfalls und seiner möglichen Austrocknung sowie um die allerdings über Jahrzehnte bewährte Prüfung der Unbedenklichkeit eines Bauteils unter Normbedingungen handelt. Die klimatischen Randbedingungen und das Berechnungsverfahren werden ausgiebig in DIN 4108-3 beschrieben. Als Grundanforderung gilt, dass die Tauwasserbildung im Innern von Bauteilen, die durch Erhöhung der Stoff-Feuchte von Bauund Dämmstoffen zu Schädigungen oder Beeinträchtigungen der Funktionssicherheit führt, zu vermeiden ist. Dies ist in der Regel der Fall, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind: • Die Baustoffe, die mit dem Tauwasser in Berührung kommen, dürfen nicht geschädigt werden (z. B. durch Korrosion, Pilzbefall). • Das während der Tauperiode im Innern des Bauteils anfallende Wasser muss während der Verdunstungsperiode wieder an die Umgebung abgegeben werden können. • Bei Dach- und Wandkonstruktionen darf eine flächenbezogene Tauwassermenge von insgesamt 1,0 kg/m2 nicht überschritten werden. • Tritt Tauwasser an Berührungsflächen von kapillar nicht wasseraufnahmefähigen Schichten auf, wird die zulässige Tauwassermasse auf 0,5 kg/m2 reduziert. Festlegungen für Holzbauteile erfolgen in DIN 68800-2. • Bei Holz ist eine Erhöhung des massebezogenen Feuchtegehalts u um mehr als 5%, bei Holzwerkstoffen um mehr als 3% unzulässig. Holzwolle-Leichtbauplatten und MehrschichtLeichtbauplatten nach DIN 1101 sind hiervon ausgenommen.
ge zunächst ohne Tauwasserbildung zur hygroskopischen Aufladung im Innern des Bauteils benutzt. Wird der Wasserdampfsättigungsdruck schließlich erreicht, bildet sich zwar Tauwasser, aber gleichzeitig setzt eine kapillare Entspannung ein. Die Bilanz aus Dampf- und Kapillarwasserströmen führt gegenüber dem reinen Diffusionsverfahren zu einer reduzierten Feuchteaufladung. Während der warmen Jahreszeit findet zunächst eine Entspannung durch Wasserdampf- und Kapillarwassertransport statt, bis das Tauwasser ausgetrocknet ist. Schließlich erfolgt eine weitere Austrocknung bis zur hygroskopischen Gleichgewichtsfeuchte mit der angrenzenden Luft. Den Feuchtetransport in Bauteilen, unter Berücksichtigung der Sorptions-, Diffusionsund Kapillaritätseffekte unter instationären Klimarandbedingungen, beschreibt das Kießl-Verfahren [94]. Das zugehörige PC-Programm »WUFI« [219] berücksichtigt als Randbedingungen die Temperatur und relative Feuchte der Innen- und Außenluft sowie die Regenlast und den Strahlungseintrag in Abhängigkeit von Neigung und Orientierung des Bauteils. Diese Angaben können aus gemessenen Wetterdaten oder aus Testreferenzjahren gewonnen werden. Als Materialdaten gehen Porosität, spezifische Wärmekapazität, Wärmeleitfähigkeit, Diffusionswiderstandszahl, Feuchtespeicherfunktion und Flüssigtransportkoeffizient in die Berechnung ein. Das Rechenprogramm ermittelt dann die zeitliche Entwicklung des Temperatur- und des Feuchtefeldes im Bauteil. Feuchteverhalten von Mauerwerkarten
Im Gegensatz zur DIN-Methode berücksichtigt das Jenisch-Verfahren die Temperaturverhältnisse am Standort des Gebäudes [90]. Dabei wird unter Verwendung des Jahresmittelwertes und der Häufigkeit des Tagesmittels der Außenlufttemperatur für bestimmte Klimazonen festgestellt, ob die während eines Jahres im Bauteil ausfallende Tauwassermasse wieder austrocknet. Bei geringfügig größerem Rechenaufwand als beim DIN-Verfahren liefert die Berechnung genauere Jahresbilanzen zum Tauwasserausfall und zur möglichen Austrocknung. Das COND-Verfahren [72] ermöglicht die Feuchteprofilbestimmung in mehrschichtigen Umfassungskonstruktionen auf der Grundlage des gekoppelten Wärme-, Wasserdampf- und Kapillarwassertransportes und bildet somit eine solide Basis für eine aus hygrischer Sicht richtige und differenzierte bauphysikalische Planung. Ausgehend von einem, ähnlich der DIN 4108-3, einfachen Block-Klima für Winter und Sommer wird neben der Wasserdampfdiffusion aber auch die Kapillarität und die Hygroskopizität der Baustoffe berücksichtigt. Bei Einsetzen der kalten Jahreszeit wird die Differenz aus ein- und ausdiffundierender Wasserdampfmen-
DIN 4108-3 beschreibt Bauteile, die entsprechend vorliegender Erfahrungen als unbedenklich, bezüglich einer Durchfeuchtung, bezeichnet werden können und für die kein rechnerischer Tauwasser-Nachweis erforderlich ist. Voraussetzung ist ein ausreichender Mindestwärmeschutz nach DIN 4108-2 und normale Raumklimaverhältnisse. Eine Übersicht der gegenüber Tauwasser im Innern unbedenklichen Außenwandkonstruktionen gibt 2.6.64. Zur näheren Beschreibung der Mauerwerkausführung gilt: • Einschaliges Mauerwerk nach DIN 1053-1 und Wände aus Porenbeton nach DIN 4223 mit Innenputz und folgenden Außenschichten: – Putz nach DIN 18550-1 – angemörtelte oder angemauerte Bekleidungen nach DIN 18515-1 und DIN 18515-2 bei einem Fugenanteil von mindestens 5% – hinterlüftete Außenwandbekleidung nach DIN 18516-1 mit und ohne Wärmedämmung – Außendämmung nach DIN 1102 oder nach DIN 18550-3 oder durch ein zugelassenes Wärmedämmverbundsystem.
Klimabedingter Feuchteschutz
• Zweischaliges Mauerwerk nach DIN 1053-1, auch mit Kerndämmung • Wände aus Mauerwerk mit Innendämmung und folgenden Einschränkungen: – Innendämmung mit einem Wärmedurchlasswiderstand der Wärmedämmschicht R ≤ 1,0 m 2·K/W sowie einem Wert der wasserdampfdiffusionsäquivalenten Luftschichtdicke der Wärmedämmschicht mit Innenputz bzw. Innenbekleidung sdi > 0,5 m – Innendämmung aus verputzten bzw. bekleideten Holzwolle-Leichtbauplatten nach DIN 1101 mit R ≤ 0,5 m 2·K/W ohne weitere Anforderung an den sdi-Wert.
2.6.64
Mauerwerk-Außenwände, für die kein rechnerischer Tauwasser-Nachweis erforderlich ist
Einschalige Wände; monolithisch, mit hinterlüfteter Bekleidung; mit Wärmedämmver- Einschalige Wand mit Innendämmung bundsystem
• Kelleraußenwände aus einschaligem Mauerwerk nach DIN 1053-1 oder Beton nach DIN 1045 mit außenliegender Wärmedämmung. Zweischalige Wände; mit Luftschicht, mit Kerndämmung
Diese normativen Regelungen basieren auf langjährigen Erfahrungen und liegen in der Regel auf der sicheren Seite. Weichen bauliche Maßnahmen von den katalogisierten Ausführungen ab, müssen sie nicht unmittelbar zum Versagen der Konstruktion führen. Einige ausgewählte Untersuchungen an Außenwänden zeigen die Funktionstüchtigkeit von Fassadenbekleidungen mit eingeschränkter Hinterlüftung, die Verwendbarkeit beliebiger Baustoffkombinationen für zweischaliges Mauerwerk mit Kerndämmung und die feuchteschutztechnische Problemlosigkeit der Innendämmung. Die durch eine Außenbekleidung geschützte Wand, mit oder ohne zusätzliche Wärmedämmung, ist eine bewährte Wandkonstruktion. Der Feuchtetransport von der Wand nach außen erfolgt entsprechend 2.6.65 durch Hinterlüftung der Bekleidung in Verbindung mit Tauwasserbildung an der Innenfläche der Bekleidung und Abtropfen des Tauwassers. Abhängig vom Grad der Hinterlüftung kommt der eine oder andere Mechanismus stärker zur Auswirkung. Bei schuppenförmigen kleinformatigen Elementen findet ein nicht unerheblicher Feuchteaustausch auch über die Undichtheiten in der Bekleidung statt [131]. Wenn deshalb eine Bekleidung nicht nach DIN 18516 belüftet ist, muss dies keinen Mangel darstellen, wenn das Tauwasser auf der Rückseite der Bekleidung ablaufen und nicht zu einer Schädigung der Tragkonstruktion führen kann [130]. Bei zweischaligem Mauerwerk mit Kerndämmung können Wärmedämmstoffe beliebiger Wasserdampfdurchlässigkeit mit allen relevanten Baustoffen für die Innenschale und Außenschalen aus Vormauerziegeln oder Kalksandvormauersteinen kombiniert werden [5]. Bei der Diffusionsberechnung nach DIN 4108-3 liegt die Tauwassermenge nach Bild 2.6.66 auch für den ungünstigsten Fall einer diffusionsoffenen Wärmedämmung (z. B. Mineralwolle, lose Dämmstoffe) und einer dünnen Innenwandschale unter der höchst zulässigen Tauwassermasse von 1000 g/m2. Lediglich im
Falle einer Außenschale aus Klinkern wird nach 2.6.67 bei diffusionsoffenen Dämmstoffen rein rechnerisch die Forderung, dass das während der Tauperiode im Innern des Bauteils anfallende Wasser in der Verdunstungsperiode wieder an die Umgebung abgegeben werden muss (mWT : mWV ≤ 1), nicht erfüllt. Unter Berücksichtigung von Laborversuchen an Wandprobekörpern im Forschungsinstitut für Wärmeschutz e.V. München, weiteren Praxisuntersuchungen [53] und der Feststellung, dass anfallendes Tauwasser nur einen Bruchteil des durchtretenden Schlagregens ausmacht, kann zweischaliges Mauerwerk mit Kerndämmung auch bei Verwendung von Klinkern als unbedenklich, bezüglich einer Tauwasserbildung im Innern, angesehen werden. Zur praktischen Untersuchung der Tauwasserbildung im Innern von Bauteilen mit Innendämmung wurden übliche Mauerwerkarten mit unterschiedlichen Innendämmungen im Laborversuch den klimatischen Randbedingungen der DIN 4108-3 ausgesetzt [4]. Mauerwerkkonstruktionen mit Steinen aus haufwerkporigem Leichtbeton, Kalksandsteinen und Ziegeln mit diffusionsdurchlässigen Dämmstoffen wie Mineralfasern, auch ohne Dampfsperrschicht, sind gegenüber einer Durchfeuchtung im Winter unbedenklich. Die Wärmedämmung bleibt während der Tauperiode trocken. Die Zunahme des Wassergehalts des Mauerwerks liegt allerdings über dem Grenzwert von 1,0 kg/m2 nach
Kellerwand mit Perimeterdämmung
DIN 4108-3. Die erforderliche Austrocknung während der Verdunstungsperiode ist gegeben. Theoretische Untersuchungen für konstantes Innenklima und praxisbezogenes Außenklima [95] bestätigen diese Annahme für bestimmte Mauerwerkarten. Sie ergeben wie beim Laborversuch höhere Feuchtigkeitsschwankungen im Mauerwerk gegenüber der Verwendung dichterer Dämmstoffe oder Dampfsperren. Stoßfugen im Bereich der raumseitigen Abdeckung in Verbindung mit Hartschäumen oder Mineralfaserplatten, mit im Stoßbereich unterbrochenen Dampfsperren, wirken sich nicht messbar auf den Wassergehalt des Mauerwerks aus. Untersuchungen an ausgeführten Bauten bestätigen die Labormessungen. Kapillaraktive Dämmstoffe wie Calciumsilikat werden neuerdings als Innendämmung von Gebäuden mit erhaltenswerter Fassade favorisiert [73]. Bereits mit einer Dicke von 40 mm lässt sich der häufig im Altbau vorliegende Wärmedurchgangskoeffizient halbieren. Mit einer Diffusionswiderstandszahl μ = 5 bleibt die Konstruktion diffusionsoffen. Mögliches Tauwasser hinter der Dämmschicht wird durch die hohe kapillare Saugfähigkeit verteilt und entspannt, so dass keine diffusionshemmenden Schichten erforderlich sind. Calciumsilikat ist außerdem durch seinen pH-Wert schimmelresistent und wirkt durch seine Hygroskopizität raumklimaregelnd, d. h. Feuchtelastspitzen im Raum werden weggepuffert.
183
Bauphysik
2.6.65
Schematische Darstellung der Feuchteabfuhr bei Außenwänden mit Bekleidungen. Bei idealer Hinterlüftung (ϑa = ϑz) wird die Wandfeuchte mit der Luft abgeführt (rechtes Bild). Bei geringer oder fehlender Hinterlüftung (ϑa < ϑz) wird ausdiffundierende Wandfeuchte z.T. kondensieren und ablaufen (linkes Bild) [7]
i
Wasserdampfkonvektion
Wände und Dächer müssen luftdicht sein, um eine Durchströmung und Mitführung von Raumluftfeuchte, die zur Tauwasserbildung in der Konstruktion führen kann, zu unterbinden. Auf die Luftdichtheit von Anschlüssen und Durchdringungen sowie bei Installationen ist besonders zu achten. Auch Querströmungen in Belüftungsschichten innerhalb einer Konstruktion zwischen unterschiedlich beheizten Räumen sind zu vermeiden. Sichtmauerwerk und Holzfachwerk sowie Mauerwerk nach DIN 1053-1 allein sind nicht luftdicht. Diese Wandbauarten müssen auf einer Seite eine Putzschicht nach DIN 18550-2 haben oder es sind sonstige luftdichte Maßnahmen zu treffen. Putze nach DIN 18550-2 bzw. 18558 gelten als Luftdichtheitsschicht. Schlagregenschutz
2.6.66
Tauwassermassen mWT in Abhängigkeit von der diffusionsäquivalenten Luftschichtdicke der Innenschale. Wärmedämmschicht: Mineralfaserplatten Außenschale: Vormauerziegel
Schlagregenbeanspruchungen von Wänden entstehen bei Regen und gleichzeitiger Windanströmung auf die Fassade. Das auftretende Regenwasser kann durch kapillare Saugwirkung der Oberfläche in die Wand aufgenommen werden oder infolge des Staudrucks über Risse, Spalten oder fehlerhafte Abdichtungen in die Konstruktion eindringen. Die erforderliche Abgabe des aufgenommenen Wassers an das Außenklima muss gewährleistet sein. Der Schlagregenschutz einer Wand zur Begrenzung der kapillaren Wasseraufnahme und zur Sicherstellung der Verdunstungsmöglichkeiten kann durch konstruktive Maßnahmen (z. B. Außenwandbekleidung, zweischaliges Mauerwerk) oder durch Putze bzw. Beschichtungen erzielt werden. Die zu treffenden Maßnahmen richten sich nach der Intensität der Schlagregenbeanspruchung, die durch Windanfall und Niederschlag sowie die örtliche Lage und die Gebäudeart bestimmt wird. Dementsprechend werden in DIN 4108-3 zur Beurteilung des Verhaltens von Außenwänden bei Schlagregen drei Beanspruchungsgruppen definiert. Einen Überblick über die Niederschlagsverhältnisse im Bundesgebiet gibt die Regenkarte. Sie liefert allerdings nur den Einstieg in die Schlagregenbeurteilung, da auch die örtlichen Begebenheiten der Höhenlage und die Gebäudeform (Dachüberstand, Gebäudehöhe) berücksichtigt werden müssen (2.6.68). Deshalb sind die Beanspruchungsgruppen mit entsprechenden Erläuterungen definiert: Beanspruchungsgruppe I – geringe Schlagregenbeanspruchung In der Regel gilt diese Beanspruchungsgruppe für Gebiete mit Jahresniederschlagsmengen unter 600 mm sowie für besonders windgeschützte Lagen, auch in Gebieten mit größeren Niederschlagsmengen.
184
Beanspruchungsgruppe II – mittlere Schlagregenbeanspruchung In der Regel gilt diese Beanspruchungsgruppe für Gebiete mit Jahresniederschlagsmengen von 600 mm bis 800 mm oder für windgeschützte Lagen, auch in Gebieten mit größeren Niederschlagsmengen sowie für Hochhäuser oder für Häuser in exponierter Lage in Gebieten, die aufgrund der regionalen Regen- und Windverhältnisse einer geringeren Schlagregenbeanspruchung zuzuordnen wären. Beanspruchungsgruppe III – starke Schlagregenbeanspruchung In der Regel gilt diese Beanspruchungsgruppe für Gebiete mit Jahresniederschlagsmengen über 800 mm oder für windreiche Gebiete auch mit geringen Niederschlagsmengen (z. B. Küstengebiete, Mittel- und Hochgebirgslagen, Alpenvorland) sowie für Hochhäuser oder für Häuser in exponierter Lage in Gebieten, die aufgrund regionaler Regen- und Windverhältnisse einer mittleren Schlagregenbeanspruchung zuzuordnen wären. Bei Außenwänden mit einem Regenschutz durch Außenputze oder Beschichtungen wird die Wasseraufnahme während der Beregnung durch den Wasseraufnahmekoeffizient w und die Wasserabgabe in den Trocknungsperioden durch die diffusionsäquivalente Luftschichtdikke sd der regenschützenden Schicht beurteilt [106]. Der Wasseraufnahmekoeffizient soll einen gewissen Wert nicht überschreiten, auch wenn die Austrocknung langfristig gesichert ist, um eine kurzfristige Feuchtigkeitserhöhung bei Regen zu begrenzen. Die Abgabe des bei Schlagregen in das Bauteil eingedrungenen Wassers erfolgt in der Trockenperiode umso schneller, je niedriger die diffusionsäquivalente Luftschichtdicke sd der Oberflächenschicht ist. Eine solche Oberflächenschicht soll also im Hinblick auf den Regenschutz wasserhemmend oder wasserabweisend sein, jedoch gleichzeitig möglichst durchlässig für Wasserdampf bleiben, um eingedrungene Feuchtigkeit rasch abgeben zu können. Die Anforderungen an den Regenschutz von Putzen und Beschichtungen wird in DIN 4108-3 entsprechend Tabelle 2.6.69 definiert. Bei zweischaligem Verblendmauerwerk mit Luftschicht oder Mauerwerk mit hinterlüfteten Bekleidungen bleibt der Regenschutz auf die äußere Schale beschränkt. Wind- und Wärmeschutz werden von der inneren Wandschale übernommen. Wird bei zweischaligem Mauerwerk der Hohlraum zwischen beiden Schalen voll gedämmt, darf das eingebrachte Kerndämmmaterial die Schlagregensicherheit nicht beeinträchtigen und Feuchtigkeit darf nicht über den Dämmstoff zur Innenschale geleitet werden. Die Kerndämmstoffe müssen genormt sein oder bedürfen eines Brauchbarkeitsnachweises, der den bauaufsichtlichen Vorschriften entspricht. Lose Dämmstoffe und Mineralfaserplatten müssen hydrophobe Eigenschaften zur
Klimabedingter Feuchteschutz
Wasserabweisung besitzen. Bei Schaumkunststoffen genügt die Verlegung mit einem überlappenden Stufenfalz, um den Wasserablauf zum Fußpunkt sicherzustellen. Werden geschüttete Kerndämmmaterialien eingesetzt, müssen vor den Öffnungen am Fuß der Außenschale Rieselsperren angebracht werden. Wie beim zweischaligen Mauerwerk mit Luftschicht sind am Sockel und über allen Öffnungen die Sickerwassersperrschicht und Öffnungen für den Ablauf von durch die Außenschale eingedrungenem Schlagregen vorzusehen. Bei Wärmedämm-Verbundsystemen stellt sich die Frage, ob bei Putzrissen der Schlagregenschutz gefährdet und als Folge der, hauptsächlich durch die äußere Wärmedämmschicht, zu erbringende Wärmeschutz beeinträchtigt wird. Wie Risse im Außenputz zu bewerten sind, konnte durch Untersuchungen an natürlich bewitterten Außenwänden in der Freiland-Versuchsstelle Holzkirchen des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik beobachtet werden [14]. Nach dreijähriger Bewitterung konnte für Putze auf Polystyrol- und Polyurethan-Hartschaumplatten sowie hydrophobierten Mineralfaserplatten verallgemeinernd festgestellt werden, dass Risse in einer Breite von ca. 0,2 mm die Funktion des Putzes als Regenschutz nicht wesentlich beeinträchtigen, wenn der Putzgrund nicht kapillarleitend oder wenn er wasserhemmend ist. Als einfache Planungshilfe nennt DIN 4108-3 Beispiele für die Zuordnung von genormten Wandbauarten in die drei Beanspruchungsgruppen (2.6.70). Damit wird aber nicht ausgeschlossen, dass andere Bauausführungen mit gesicherter praktischer Erfahrung zur Anwendung kommen.
2.6.67
Austrocknungsmöglichkeit in Abhängigkeit von der diffusionsäquivalenten Luftschichtdicke des Dämmstoffs bei Verwendung von Außenschalen aus Vormauerziegeln und Klinkern
2.6.68
Zuordnung in SchlagregenBeanspruchungsgruppen nach Lage eines Gebäudes und Gebäudeform
2.6.69 Anforderungen nach DIN 4108-3 an den Regenschutz von Putzen und Beschichtungen RegenschutzWasseraufnahmeDiffusionsäquivalente anforderungen koeffizient Luftschichtdicke w sd kg/(m 2 • h 0,5) m wasserhemmend 0,5 < w < 2,0 – wasserabweisend w ≤ 0,5 ≤ 2,0
Produkt w • sd kg/(m • h0,5) – ≤ 2,0
2.6.70 Beispiele nach DIN 4108-3 für die Zuordnung von genormten Wandbauarten und Beanspruchungsgruppen Beanspruchungsgruppe I Beanspruchungsgruppe II Beanspruchungsgruppe III geringe Schlagregenmittlere Schlagregenstarke Schlagregenbeanspruchung beanspruchung beanspruchung Außenputz ohne besondere Wasserhemmender Wasserabweisender AußenAnforderungen an den Außenputz putz nach DIN 18550-1 bis DIN 18550-4 Schlagregenschutz nach DIN 18550-1 auf oder Kunstharzputz nach DIN 18550 nach DIN 18550-1 auf auf • Außenwänden aus Mauerwerk, Wandbauplatten, Beton u.ä.; • Holzwolle-Leichtbauplatten (mit Fugenbewehrung) • Mehrschicht-Leichtbau• Außenwänden aus Mauerwerk, Wandbauplatten, Beton u.ä. platten (mit ganzflächiger • Holzwolle-Leichtbauplatten und Mehrschicht-Leichtbauplatten Bewehrung) nach DIN 1101, ausgeführt nach DIN 1102 nach DIN 1101, ausgeführt nach DIN 1102 Einschaliges Sichtmauerwerk Einschaliges Sichtmauerwerk Zweischaliges Verblendmauernach DIN 1053-1, 31 cm dick nach DIN 1053-1, 37,5 cm dick werk nach DIN 1053-1 mit Luftschicht (mit Innenputz) (mit Innenputz) und Wärmedämmung oder mit Kerndämmung (mit Innenputz) Außenwände mit im Dickbett oder Dünnbett angemörtelten Außenwände mit im Dickbett Fliesen oder Platten nach DIN 18515-1 oder Dünnbett angemörtelten Fliesen oder Platten nach DIN 18515-1 mit wasserabweisendem Ansetzmörtel Außenwände mit gefügedichter Betonaußenschicht nach DIN 1045 und E DIN 1045-1 sowie DIN 4219-1 und 4219-2 Wände mit hinterlüfteten Außenwandbekleidungen nach DIN 18516-1, DIN 18516-3 und DIN 18516-41 Wände mit Außendämmung durch ein Wärmedämmputzsystem nach DIN 18550-3 oder durch ein zugelassenes Wärmedämmverbundsystem Außenwände in Holzbauart mit Wetterschutz nach 8.2 von DIN 68800-2: 1996-05 1) Offene Fugen zwischen den Bekleidungsplatten beeinträchtigen den Regenschutz nicht.
185
Bauphysik
2.6.71
Schallschutz
Schallpegel verschiedener Verursacher
Im gesamten Bauwesen kommt dem Schallschutz eine wachsende Bedeutung zu. Dies betrifft vornehmlich Fragen der Gesundheit und des Wohlbefindens von Menschen. Besonders wichtig ist der Schallschutz im Wohnungsbau, da die Wohnung dem Menschen sowohl zur Entspannung und zum Ausruhen dient, als auch den eigenen häuslichen Bereich gegenüber den Nachbarn abschirmen soll. Um eine zweckentsprechende Nutzung der Räume zu ermöglichen, ist auch bei Schulen, Krankenhäusern und Bürobauten der Schallschutz eine unverzichtbare bauliche Maßnahme. Der Schallschutz im Hochbau beginnt mit der Planung. So sind schutzbedürftige Räume wie Schlaf- und Wohnzimmer im Grundriss so anzuordnen, dass sie vom Außenlärm möglichst wenig betroffen sind und Räume gleichartiger Nutzung sollten sinnvollerweise zusammengelegt werden. Neben einer genauen Planung können Schallschutzmaßnahmen nur bei sehr sorgfältiger Ausführung Erfolg haben. Schon geringfügige Ausführungsfehler können z. B. zu Schallbrücken für den Körperschall führen und damit die gesamte Maßnahme praktisch nutzlos machen. Eine nachträgliche Behebung solcher Fehler ist in vielen Fällen nicht mehr möglich oder mit erheblichen Kosten verbunden. Begriffe und Definitionen
Der bauliche Schallschutz beinhaltet den Schutz vor Schall, der auf unterschiedliche Arten, nach 2.6.72, weitergeleitet wird:
2.6.72
Luftschall – Körperschall
Luftschallanregung
2.6.73 Frequenzbereiche
186
Körperschallanregung
• Luftschall ist der Schall, der sich in dem gasförmigen Medium Luft ausbreitet. Beim Auftreffen auf feste Körper wird ein Teil des Luftschalls reflektiert, ein Teil absorbiert bzw. im Bauteil abgebaut. • Körperschall ist Schall, der sich in festen Materialien ausbreitet. Im Bauwesen sind es häufig Geräusche, die in Installationen entstehen und über die Baukonstruktion weitergeleitet werden. • Trittschall als Sonderform des Körperschalls entsteht beim Begehen von Geschossdecken. Als Schall bezeichnet man mechanische Schwingungen eines elastischen Mediums, deren Frequenzen mit 16 bis 20 000 Hz (Hertz) im Hörbereich des menschlichen Ohres liegen. Als Frequenz f wird die Zahl der Schwingungen pro Sekunde definiert. Mit zunehmender Frequenz nimmt die Tonhöhe zu. Eine Verdoppelung der Frequenz entspricht einer Oktave. In der Bauakustik betrachtet man vorwiegend einen Bereich von 5 Oktaven, nämlich den Bereich von 100 Hz bis 3150 Hz (2.6.73). Der durch die periodische Schallschwingung erzeugte Wechseldruck in Luft oder Flüssigkeiten wird als Schalldruck p definiert. Der Schall-
Schallschutz
druck überlagert den sich im jeweiligen Medium einstellenden statischen Druck und kann mittels Mikrofonen gemessen werden. Der Schalldruckpegel L, auch kurz Schallpegel genannt, dient zur Beschreibung von Schallereignissen in der Bauakustik. Da das menschliche Ohr in der Lage ist, einen 6 Zehnerpotenzen umfassenden Bereich wahrzunehmen, kann der Schalldruckpegel erst durch die logarithmische Darstellung übersichtlich beschrieben werden. Er ist der zehnfache Logarithmus vom Verhältnis des Quadrats des jeweiligen Schalldrucks p zum Quadrat des festgelegten Bezugsschalldrucks po mit L = 10 lg (p2/po2) Die Einheit des Schalldrucks bzw. der Schallpegel-Differenz ist das Dezibel (dB). Der bewertete Schallpegel wird, nach der für das menschliche Gehörempfinden annähernd vergleichbaren Lautstärkeskala (sog. A-Frequenzbewertungskurve), mit der Bewertungskurve A (dBA) angegeben. Ein Geräusch wird vom Menschen bei Erhöhung um 10 dB als doppelt so laut empfunden. Der Schallpegel reicht im Allgemeinen von der Hörgrenze 0 dB(A) zur Schmerzgrenze. In 2.6.71 werden einige Schallpegel aufgeführt. Schallschutz bedeutet also den Schallpegel von auftretenden Schallquellen, sofern diese nicht selbst vermindert werden können, auf ein erträgliches Maß zu dämmen. Mit dem Schalldämm-Maß R wird die Luftschalldämmung von Bauteilen beschrieben. Das Schalldämm-Maß R wird aus der Schallpegeldifferenz zwischen zwei Räumen (Sende- und Empfangsraum) unter Berücksichtigung der Absorptionsfläche A des Empfangsraums und der Prüffläche des Bauteils S berechnet: R = L1 – L2 + 10 lg (S/A) Das bewertete Schalldämm-Maß RW ist eine Einzahlangabe zur einfachen Kennzeichnung von Bauteilen. Nach 2.6.74 wird über den gemessenen Frequenzverlauf M eine Bezugskurve B, die mit ihrem Verlauf der Empfindlichkeit des menschlichen Ohres Rechnung trägt, so lange in Schritten von 1 dB nach unten verschoben, bis die mittlere Unterschreitung U der verschobenen Bezugskurve unter die Messkurve maximal 2 dB beträgt. Als Einzahlangabe wird das Schalldämm-Maß der verschobenen Bezugskurve bei 500 Hz herangezogen. Für die Praxis wird das bewertete SchalldämmMaß unter Berücksichtigung der Schallübertragung durch flankierende Bauteile angegeben (2.6.75). Die Flankenübertragung ist ein Teil der Luftschallübertragung zwischen zwei benachbarten Räumen, der nicht direkt über das trennende Bauteil, sondern durch Nebenwegübertragung über angrenzende Bauteile erfolgt. Trittschall ist durch Begehen oder ähnlicher
Anregung von Böden, Decken oder Treppen erzeugter Körperschall, der teilweise direkt als Luftschall in den darunterliegenden Raum abgestrahlt wird oder sich in flankierenden Bauteilen, in Form von Körperschallwellen, fortpflanzt. Die Trittschalldämmung wird meist durch einen zweischaligen Aufbau, in Form einer schwimmenden Fußboden-Unterkonstruktion auf der Rohdecke, verbessert. Schwimmender Estrich ist eine begehbare Tragschicht, die von der Rohdecke durch eine elastische Dämmschicht allseitig von den Wänden, auch Türzargen und Rohrdurchführungen getrennt ist.
2.6.74
Beispiel der Mittelwert-Bildung mit Hilfe der Bewertungskurve
2.6.75
Wege der Luftschallübertragung
Anforderungen
Der Schallschutz muss nach den baurechtlichen Vorschriften bestimmten Mindestanforderungen genügen. Die DIN 4109 enthält Anforderungen an den Luft- und Trittschallschutz zwischen einzelnen Nutzungseinheiten in Gebäuden sowie unter dem Begriff Lärmschutz Anforderungen an den Schutz gegen Außenlärm. Dabei ist zu beachten, dass die Anforderungen nur an die schalltechnische Qualität der trennenden Bauteile zwischen fremden Wohnungen oder Büros gestellt werden. Innerhalb des eigenen Wohn- und Arbeitsbereiches bestehen keine Mindestanforderungen an den Schallschutz. Bauaufsichtlich eingeführt ist auch das Beiblatt 1 zu DIN 4109 mit Ausführungsbeispielen und Rechenverfahren. Im bauaufsichtlich nicht eingeführten Beiblatt 2 der 4109 sind Empfehlungen für einen erhöhten Schallschutz und Vorschläge für den eigenen Wohn- und Arbeitsbereich enthalten, die einer besonderen Vereinbarung zwischen Bauherrn und Architekten bedürfen. Unter dem Gesichtspunkt eines zunehmenden Qualitätsbewusstseins des Nutzers sollte der Planer unter Beachtung technischer und ökonomischer Aspekte prüfen, ob die erhöhten Schallschutzmaßnahmen des Beiblattes 2 umsetzbar sind. Eine geraffte Übersicht zum Inhalt von DIN 4109 und der Beiblätter gibt 2.6.76. Die europäische Normung erfolgt in dem Technischen Komitee CEN/TC 126 »Akustische Eigenschaften von Bauprodukten und von Gebäuden«. Die europäische Normung befasst sich im Wesentlichen mit der Harmonisierung von Prüfmethoden (im Labor und am Bauwerk), der Auswertung der Prüfergebnisse und der Erarbeitung von Rechenverfahren für die Ermittlung akustischer Eigenschaften von Gebäuden aus den Bauteileigenschaften. Die hierfür von CEN erarbeiteten Normen werden unmittelbar Einfluss auf die Regelungen der DIN 4109 haben. Das deutsche bauakustische Normungskonzept muss einer grundlegenden Überarbeitung unterzogen werden. Die zuständigen Arbeitskreise des DIN sind zur Zeit mit der Ausarbeitung eines Normungskonzeptes unter Einbeziehung der harmonisierten Regelwerke befasst. Hiervon betroffen ist neben der Überarbeitung der DIN 4109 auch das Beiblatt 1 zu DIN 4109.
2.6.76
Anforderungen und Empfehlungen für den Schallschutz Bezeichnung BauaufInhalt sichtlich eingeführt DIN 4109 ja Schutz von Aufenthaltsräumen gegen • Geräusche aus fremden Räumen • Geräusche aus haustechnischen Anlagen und aus Betrieben im selben Gebäude • Außenlärm und Lärm aus Gewerbe- und Industriebetrieben Beiblatt 1 zu ja Ausführungsbeispiele DIN 4109 und Rechenverfahren Beiblatt 2 zu nein Hinweise für Planung und DIN 4109 Ausführung sowie Empfehlungen für einen erhöhten Schallschutz
187
Bauphysik
2.6.77
Luftschalldämmung von Wänden und Türen gegen Schallübertragung aus einem fremden Wohn- oder Arbeitsbereich Bauteil Anforderungen Empfehlung nach DIN 41091) für einen erhöhten Schallschutz nach Beiblatt 22) erf. R‘w erf. R‘w dB dB 1. Geschosshäuser mit Wohnungen und Arbeitsräumen Wohnungstrennwände und Wände zwischen fremden Arbeitsräumen 53 ≥ 55 Treppenraumwände und Wände neben Hausfluren 523) ≥ 55 Wände neben Durchfahrten, Einfahrten von Sammelgaragen u.ä. 55 – Wände von Spiel- oder ähnlichen Gemeinschaftsräumen 55 – Türen, • die von Hausfluren oder Treppenräumen in Flure und Dielen von 27 ≥ 37 Wohnungen und Wohnheimen oder von Arbeitsräumen führen, • die von Hausfluren oder Treppenräumen unmittelbar in 37 – Aufenthaltsräume – außer Flure und Dielen – von Wohnungen führen. 2. Einfamilien-Doppelhäuser und -Reihenhäuser Haustrennwände 57 ≥ 67 3. Beherbergungsstätten Wände zwischen • Übernachtungsräumen 47 ≥ 52 • Fluren und Übernachtungsräumen 47 ≥ 52 Türen • zwischen Fluren und Übernachtungsräumen 32 ≥ 37 4. Krankenanstalten, Sanatorien Wände zwischen 47 ≥ 52 • Krankenräumen • Fluren und Krankenräumen • Untersuchungs- bzw. Sprechzimmern • Fluren und Untersuchungs- bzw. Sprechzimmern – • Krankenräumen und Arbeits- und Pflegeräumen Wände zwischen • Operations- bzw. Behandlungsräumen 42 – • Fluren und Operations- bzw. Behandlungsräumen Wände zwischen 37 – • Räumen der Intensivpflege • Fluren und Räumen der Intensivpflege Türen zwischen • Untersuchungs- bzw. Sprechzimmern 37 – • Fluren und Untersuchungs- bzw. Sprechzimmern • Fluren und Krankenräumen 32 ≥ 37 • Operations- bzw. Behandlungsräumen – • Fluren und Operations- bzw. Behandlungsräumen 5. Schulen und vergleichbare Unterrichtsbauten Wände zwischen 47 – • Unterrichtsräumen oder ähnlichen Räumen • zwischen Unterrichtsräumen oder ähnlichen Räumen und Fluren Wände zwischen 52 – • Unterrichtsräumen oder ähnlichen Räumen und Treppenräumen Wände zwischen 55 – • Unterrichtsräumen oder ähnlichen Räumen und »besonders lauten« Räumen (z. B. Sporthallen, Musikräumen, Werkräumen) Türen zwischen 32 – • Unterrichtsräumen oder ähnlichen Räumen und Fluren 1) Auszug aus Tabelle 3 der DIN 4109 2) Auszug aus Tabelle 2 des Beiblatts 2 zu DIN 4109 3) Für Wände mit Türen gilt: R’w (Wand) = Rw (Tür) + 15 dB; Wandbreite ≤ 30 cm bleiben dabei unberücksichtigt.
188
Die durchzuführenden Arbeiten beinhalten im Wesentlichen folgende Bereiche: • Überarbeitung der DIN 4109 unter Beibehaltung des Anforderungsniveaus, • Erarbeitung eines Bauteilkataloges, • Einbindung des harmonisierten Rechenverfahrens in das deutsche bauakustische Konzept einschließlich der Erarbeitung von Handlungsanleitungen. Die erforderlichen Arbeiten werden die Bereiche Massivbau, Skelettbau, Holzbau, Elemente (Fenster, Türen u. a.) und haustechnische Anlagen betreffen. National liegt für die Übergangszeit das Regelwerk Beiblatt 3 zu DIN 4109 für die Umrechnung des im Prüfstand ohne Flankenübertragung ermittelten Schalldämm-Maßes RW in einen Wert R'W vor, das für das deutsche System zur Zeit noch erforderlich ist. Auch die umgekehrte Berechnung d. h., von R'W nach RW ist in dem Papier enthalten. Die Höhe der Anforderungen an den baulichen Schallschutz ist nicht von der europäischen Normung betroffen. Die Festlegung von Anforderungswerten verbleibt ausdrücklich in nationaler Hoheit und kann deshalb den jeweiligen nationalen Traditionen und Bauentwicklungen angepasst werden. Auf der Anforderungsebene ist demnach die DIN 4109 durch die europäische Entwicklung nicht in Frage gestellt. Schallschutz gegen Innenlärm
Die Anforderungen der DIN 4109 und die Empfehlungen des Beiblattes 2 zur DIN 4109 für einzelne ausgewählte Wände zum Schutz von Aufenthaltsräumen gegen die Schallübertragung aus einem fremden Wohn- oder Arbeitsbereich sind der Tabelle 2.6.77 zu entnehmen. Auch innerhalb des eigenen Wohn- und Arbeitsbereiches ist der Schallschutz für die Bewohner durch unterschiedliche Nutzung in einzelnen Räumen, unterschiedliche Arbeitsund Ruhezeiten sowie einer erhöhten Schutzbedürftigkeit von Bedeutung. Das Beiblatt 2 zu DIN 4109 enthält dafür Empfehlungen für normalen und erhöhten Schallschutz. Tabelle 2.6.79 gibt einen Überblick der entsprechenden Vorschläge für Wohn-, Büro- und Verwaltungsgebäude. Zum Schutz gegen Geräusche aus haustechnischen Anlagen und Betrieben werden in DIN 4109 Werte für die zulässigen Schallpegel in schutzbedürftigen Räumen festgelegt. Um diese Werte einhalten zu können, werden Anforderungen an die Luft- und Trittschalldämmung von Bauteilen zwischen »besonders lauten« und schutzbedürftigen Räumen gestellt (2.6.80). Unter letzteren versteht man Wohnräume, Schlafräume, Bettenräume in Krankenhäusern und Sanatorien, Unterrichtsräume in Schulen und Hochschulen sowie Büroräume. »Besonders laute« Räume sind:
Schallschutz
• Räume mit »besonders lauten« haustechnischen Anlagen oder Anlageteilen, wenn der maximale Schalldruckpegel des Luftschalls in diesen Räumen häufig mehr als 75 dB(A) beträgt; • Aufstellräume für Auffangbehälter von Müllabwurfanlagen und deren Zugangsflure zu den Räumen vom Freien; • Betriebsräume von Handwerks- und Gewerbebetrieben einschließlich Verkaufsstätten, wenn der maximale Schalldruckpegel des Luftschalls in diesen Räumen häufig mehr als 75 dB(A) beträgt; • Gasträume, z. B. von Gaststätten, Cafés, Imbissstuben; • Räume von Kegelbahnen; • Küchenräume von Beherbergungsstätten, Krankenhäusern, Sanatorien, Gaststätten; außer Betracht bleiben Kleinküchen, Aufbereitungsküchen sowie Mischküchen; • Theaterräume; • Sporthallen; • Musik- und Werkräume. In vielen Fällen ist zusätzlich eine Körperschalldämmung von Maschinen, Geräten und Rohrleitungen gegenüber den Gebäudedecken und -wänden erforderlich. Sie kann zahlenmäßig nicht angegeben werden, weil sie von der individuellen und sehr unterschiedlichen Größe der Körperschallerzeugung der Maschinen und Geräte abhängt. Allgemeine Planungshinweise gibt Beiblatt 2 zu DIN 4109. Zur Einhaltung der zulässigen Schallpegel von Geräuschen aus Wasserinstallationen, einschließlich Abwasserleitungen, wird an die Schalldämmung von Installationswänden keine Anforderung hinsichtlich des bewerteten Schalldämm-Maßes gestellt, wenn die flächenbezogene Masse der Wand mindestens 220 kg/m2 beträgt. Wände mit einer geringeren flächenbezogenen Masse als 220 kg/m2 müssen durch eine Eignungsprüfung nachweisen, dass sie sich nicht ungünstiger verhalten. Eine starke Abstrahlung der Installationswand kann durch Montage einer biegeweichen Vorsatzschale aus Mineralfaser- und Gipskartonplatten auf der Seite des schutzbedürftigen Raumes wirkungsvoll gemindert werden. Besondere Vorteile bieten auch moderne Systeme der Vorwand-Installation, die mit raumhoher Vormauerung oder Verkleidungen schalltechnisch sehr gute Lösungsmöglichkeiten bieten. Schallschutz gegen Außenlärm
Für die Festlegung der erforderlichen Luftschalldämmung von Außenbauteilen gegenüber Außenlärm werden verschiedene Lärmpegelbereiche zugrundegelegt, denen die jeweils vorhandenen oder zu erwartenden »maßgeblichen Außenlärmpegel« zuzuordnen sind. Nach 2.6.81 werden je nach Raumnutzung unterschiedliche Anforderungen an Bettenräume in Krankenanstalten und Sanatorien, Aufenthaltsräume in Wohnungen, Übernachtungsräume in
2.6.78
Das bewertete Schalldämm-Maß R'W nach dem Massegesetz
2.6.79 Vorschläge für den Schallschutz im eigenen Wohn- und Arbeitsbereich nach Beiblatt 2 zu DIN 4109 Bauteile Vorschläge für normalen erhöhten Schallschutz Schallschutz erf. R’w erf. R’w dB dB Wohngebäude Wände ohne Türen zwischen »lauten« 40 ≥ 47 und »leisen« Räumen unterschiedlicher Nutzung, z.B. zwischen Wohn- und Kinderschlafzimmer Büro- und Verwaltungsgebäude Wände zwischen Räumen mit üblicher Bürotätigkeit 37 ≥ 42 Wände zwischen Fluren und Räumen 37 ≥ 42 nach Zeile 2 Wände von Räumen für konzentrierte 45 ≥ 52 geistige Tätigkeit oder zur Behandlung vertraulicher Angelegenheiten, z.B. zwischen Direktions- und Vorzimmer Wände zwischen Fluren und Räumen 45 ≥ 52 nach Zeile 4 Türen in Wänden nach Zeile 2 und 3 27 ≥ 32 Türen in Wänden nach Zeile 4 und 5 37 –
2.6.80
Anforderungen an die Luftschalldämmung von Wänden und Decken zwischen besonders lauten und schutzbedürftigen Räumen Art der Räume Bewertetes Schalldämm-Maß erf. R’w dB Schallpegel Schallpegel LAF = LAF = 75 bis 80 dB(A) 81 bis 85 dB(A) Räume mit »besonders lauten« 57 62 haustechnischen Anlagen oder Anlageteilen Betriebsräume von Handwerks- und 57 62 Gewerbebetrieben; Verkaufsstätten Küchenräume der Küchenanlagen von Beherbergungsstätten, 55 Krankenhäusern, Sanatorien, Gaststätten, Imbissbuden und dergleichen Küchenräume wie vor, jedoch auch 57 nach 22.00 Uhr in Betrieb Gasträume, nur bis 22.00 Uhr in Betrieb 55 Gasträume (maximaler Schallpegel 62 LAF ≤ 85 dB(A), auch nach 22.00 Uhr in Betrieb) Räume von Kegelbahnen 67 Gasträume (maximaler Schallpegel 85 dB(A) ≤ LAF ≤ 95 dB(A) 72 z.B. mit elektroakustischen Anlagen) Anmerkung: LAF = Zeitabhängiger Schallpegel, der mit der Frequenzbewertung A und der Zeitbewertung F (engl.: fast) als Funktion der Zeit gemessen wird.
189
Bauphysik
2.6.81
Lärmpegelbereiche und einzuhaltendes Schalldämm-Maß R'W,res.
Lärmpegelbereich
Maßerf. R’W, res des Außenbauteils geblicher Außenin dB lärmpegel Betten- Aufenthalts- BürodB(A) räume räume ect. räume1) I ≤ 55 35 30 – II 56 – 60 35 30 30 III 61 – 65 40 35 30 IV 66 – 70 45 40 35 V 71 – 75 50 45 40 2) VI 76 – 80 50 45 2) 2) VII > 80 50 1) An Außenbauteile von Räumen, bei denen der eindringende Außenlärm aufgrund der in den Räumen ausgeübten Tätigkeit nur einen untergeordneten Beitrag zum Innenraumpegel leistet, werden keine Anforderungen gestellt. 2) Die Anforderungen sind hier aufgrund der örtlichen Gegebenheiten festzulegen.
2.6.82
Bewertetes Schalldämm-Maß von Trennwänden in unverputztem Zustand nach Gösele R’w [dB] unverputzt verputzt 240 mm Hochlochziegel 50 53 250 mm Schüttbeton 11 53 240 mm Hohlblocksteine aus Bimsbeton 16 49 200 mm Porenbetonplatten, geschosshoch 45 47
2.6.83
Unterschiedliche Schalldämmung von HochlochZiegelwänden bei etwa gleicher flächenbezogener Masse aber unterschiedlicher Lochung nach J. Lang
Hotels und Unterrichtsräume sowie Büroräume gestellt. Da die raumabschließenden Außenbauteile meist aus mehreren Teilflächen unterschiedlicher Schalldämmung bestehen, gelten die Anforderungen an das aus den einzelnen Schalldämm-Maßen der Teilflächen berechnete resultierende Schalldämm-Maß R'W, res . Die erforderlichen Schalldämm-Maße sind in Abhängigkeit vom Verhältnis der gesamten Außenfläche eines Raumes zur Grundfläche des Raumes zu erhöhen oder zu reduzieren. So können mit einer üblichen Raumhöhe von 2,5 m bereits bei einer Raumtiefe von 3 m die Anforderungen aus 2.6.81 übernommen und bei größeren Raumtiefen Minderungen bis – 3 dB in Anspruch genommen werden. Für Räume in Wohngebäuden mit üblicher Raumhöhe von 2,5 m und Raumtiefe von mindestens 4,5 m sowie 10 % bis 60 % Fensterflächenanteil gelten, ohne rechnerischen Aufwand, die Anforderungen an das resultierende Schalldämm-Maß als erfüllt, wenn die in DIN 4109, in Abhängigkeit vom Fensterflächenanteil, tabellarisch einzeln angegebenen Schalldämm-Maße für die Wand und das Fenster eingehalten werden. Bei der Anordnung von Lüftungseinrichtungen und Rolladenkästen ist deren Schalldämm-Maß und die zugehörige Bezugsfläche bei der Berechnung des resultierenden SchalldämmMaßes zu berücksichtigen. Zur vorübergehenden Lüftung vorgesehene Einrichtungen (z. B. Lüftungsflügel und -klappen) werden im geschlossenen Zustand, zur dauernden Lüftung vorgesehene Einrichtungen (z. B. schallgedämpfte Lüftungsöffnungen) im Betriebszustand bewertet. Die Ermittlung des maßgeblichen Außenlärmpegels erfolgt für die verschiedenen Lärmquellen nach angepassten Mess- und Beurteilungsverfahren. Für Straßenverkehrslärm hält die DIN 4109 ein Nomogramm bereit, in dem Mittelungspegel, in Abhängigkeit von der Verkehrsbelastung und der Entfernung des Gebäudes von der Straßenmitte, abgegriffen werden können. Spezielle Nachweise für Straßenverkehrsfälle, in denen das Nomogramm nicht anwendbar ist, für Schienen- und Wasserverkehr erfolgen nach DIN 18005 Teil 2. Für Luftverkehr, d. h. für Flugplätze sind Lärmschutzbereiche nach dem »Gesetz zum Schutz gegen Fluglärm« festgesetzt. Innerhalb dieser Schutzzonen gelten die Regelungen dieses Gesetzes oder weitergehende landesrechtliche Vorschriften. Für Gewerbe- und Industrieanlagen wird als maßgeblicher Außenlärmpegel der nach TA Lärm im Bebauungsplan für die jeweilige Gebietskategorie angegebene Tag-Immissionswert eingesetzt. Schalldämmung einschaliger Wände
Die Schalldämmung von dicken, einschaligen, homogenen Wänden hängt in erster Linie von ihrer flächenbezogenen Masse ab. Die im Mit-
190
tel sich ergebende Abhängigkeit des bewerteten Schalldämm-Maßes R'W von der flächenbezogenen Masse zeigt 2.6.78. Voraussetzung für den Zusammenhang zwischen Luftschalldämmung und flächenbezogener Masse einschaliger Wände sind ein geschlossenes Gefüge und ein fugendichter Aufbau. Ist diese Voraussetzung nicht erfüllt, sind die Wände zumindest einseitig durch einen vollflächig haftenden Putz bzw. durch eine entsprechende Beschichtung gegen unmittelbaren Schalldurchgang abzudichten [62]. Einen Begriff über die Größenordnung der Unterschiede im bewerteten Schalldämm-Maß für unverputzte und verputzte Wände gibt 2.6.82. Die in 2.6.78 dargestellte Kurve gilt nicht für leichte Bauteile unter 85 kg/ m2 und kann nach DIN 4109 oberhalb von 630 kg/m3 flächenbezogener Masse nur noch zur Beschreibung des Verhaltens zweischaliger Wände mit durchgehender Trennfuge herangezogen werden, da in diesem Bereich eine Begrenzung der erreichbaren Schalldämmung durch die flankierenden Bauteile eintritt. Die angegebenen Schalldämmwerte werden nur erreicht, wenn die mittlere flächenbezogene Masse der flankierenden Bauteile mit etwa 300 kg/m3 angenommen werden kann. Neben der allgemeinen Massenabhängigkeit der Schalldämmung spielt in gewissem Maße das verwendete Material durch die innere Dämpfung (Materialdämpfung) eine Rolle. Man versteht darunter die Eigenschaft eines Materials, bei jeder Schwingung einen Teil der Schwingungsenergie in Wärme umzuwandeln und damit der Schwingung Energie zu entziehen. Untersuchungen im Fraunhofer Institut für Bauphysik haben gezeigt, dass durch diese Materialdämpfung für verputzte Wände aus Porenbeton und Leichtbeton mit Zuschlägen aus Bims oder Blähton mit Steinrohdichte ≤ 800 kg/m3 bei einer flächenbezogenen Masse bis 250 kg/m2 das bewertete Schalldämm-Maß um 2 dB höher angesetzt werden kann. Schalltechnische Untersuchungen am Institut für Massivbau an der TU Braunschweig haben auch für verputzte Wände aus Kalksandsteinen der Rohdichteklasse ≤ 800 kg/m3 diesen Bonus von 2 dB festgestellt. Bereits vor längerer Zeit hat J. Lang [107] darauf hingewiesen, dass Ziegelwände mit vergleichbarer Masse, aber unterschiedlicher Lochung, bewertete Schalldämm-Maße mit Unterschieden bis zu 10 dB aufweisen (Abb. 2.6.83). Eine Erklärung dafür fand Gösele durch den Effekt der Dickenresonanzen [62]. Die gemessenen Abweichungen waren auf die Ausbildung der Stege der Steine zurückzuführen. Im einen Fall gehen die Stege gerade durch den Stein und dienen der Aussteifung, im anderen Fall sind sie gegeneinander versetzt und wirken wie hintereinander geschaltete Federn. Neuere Untersuchungen zeigen, dass die Schalldämmung von Lochsteinwänden nicht nur vom Lochbild der Steine, sondern von zahlreichen weiteren Einflussgrößen,
Schallschutz
wie der Art der Vermörtelung, der Putzdicke und dem Steinformat abhängt [176]. Bild 2.6.84 zeigt die Differenz des gemessenen und berechneten Schalldämm-Maßes für Lochsteinwände unterschiedlicher flächenbezogener Massen und unterschiedlicher Lochflächenanteile. Die Auswirkungen der verschiedenen Einflussgrößen auf die Schalldämmung sind in Tabelle 2.6.85 als Übersicht zusammengestellt. Positiv wirken sich aus: • härtere Mörtel • dicke Putzschichten • geringe Steinlängen • grob strukturierte Löcher mit breiten Stegen. Die mit Lochsteinen verbundenen Probleme traten bei Ziegelsteinen, Kalksand- und Betonsteinen auf und sind nach den vorliegenden Untersuchungen nicht an ein bestimmtes Baumaterial gebunden. Eine Übersicht zu Rechenwerten der bewerteten Schalldämm-Maße für beidseits verputztes Mauerwerk mit Normal- und mit Leichtmörtel enthält Tabelle 2.6.87. Bei Wänden aus Leichtoder Porenbetonplatten sowie aus Plansteinen im Dünnbettmörtel ist bei einer Rohdichte über 1000 kg/m3 diese um 100 kg/m3 und unter 1000 kg/m3 um 50 kg/m3 abzumindern. Eine weitere Möglichkeit, auch zur nachträglichen Verbesserung der Schalldämmung von Innenwänden, besteht in der Kombination der massiven Wandschale mit einer auf der Senderseite der trennenden Wand aufgebrachten biegeweichen Vorsatzschale. Nach 2.6.88 wird abhängig von der Verbindung mit der biegesteifen Wand zwischen zwei Gruppen unterschieden. Bei Vorsatzschalen der Gruppe A wird die Vorsatzschale über eine Unterkonstruktion an der schweren Schale befestigt, bei Gruppe B sind die Vorsatzschalen freistehend vor der schweren Schale angebracht oder federnd mit Mineralfaserplatten im Klebeverfahren am Untergrund verbunden. In 2.6.86 werden bewertete Schalldämm-Maße für Massivwände mit einseitiger Vorsatzschale angegeben. Werden dagegen, zum Beispiel aus Gründen der Wärmedämmung, an einschaligen biegesteifen Wänden Dämmplatten hoher dynamischer Steifigkeit vollflächig oder punktweise angesetzt, so kann sich die Schalldämmung verschlechtern, wenn die Dämmplatten durch Putz abgedeckt werden. Zweischalige Haustrennwände
Haustrennwände aus zwei schweren, biegesteifen Schalen mit durchgehender Trennfuge bewirken eine erhebliche Reduzierung der Schallübertragung zwischen benachbarten Wohnungen. Das Schalldämm-Maß zweischaliger Haustrennwände mit durchgehender Fuge wird aus der flächenbezogenen Masse beider Wände, einschließlich der Putzlagen, analog zu einschaligen Bauteilen ermittelt. Die Direktschallübertragung (ohne Flankenübertragung) einer Doppelwand aus massiven Schalen liegt
2.6.84
Differenz zwischen dem gemessenen und dem nach DIN 4109, Beiblatt 1 berechneten Wert des bewerteten Schalldämm-Maßes in Abhängigkeit von Lochflächenanteil für verschiedene Lochsteinwände nach Scholl
2.6.85
Einfluss der Steingeometrie und der Vermauerung auf die Schalldämmung von Lochsteinwänden nach Scholl
Einflussgröße
ΔRmax in dB
Lochbild 10–15 dB Mörtelart ca. 5 dB Breite der Lagerfugen ca. 5 dB Putzdicke 5–10 dB Steinformat ca. 5 dB Angegeben ist die maximale Änderung der Schalldämmung ΔRmax die bei Veränderung der jeweiligen Einflüsse bei gleichbleibender Wandmasse in den vorliegenden Messdaten aufgetreten ist.
2.6.86
Bewertete Schalldämm-Maße R’W von einschaligen biegesteifen Wänden mit einer biegeweichen Vorsatzschale; Rechenwerte nach Beiblatt 1 DIN 9109. Flächenbezogene Bewertetes Schalldämm-Maß R’W1) Masse der ohne mit Vorsatzschale mit Vorsatzschale Massivwand Vorsatzschale Gruppe A Gruppe B kg/m2 dB dB dB 100 37 48 49 200 45 49 50 300 47 53 54 400 52 55 56 500 55 57 58 1) Gültig für flankierende Bauteile mit einer mittleren flächenbezogenen Masse m’ ,Mittel von 300 gk/m2. Bei »fester« L Verbindung der beiden Schalen verringern sich die Werte um 1dB.
2.6.87
Bewertete Schalldämm-Maße R’W von beidseits geputzten Wänden in Abhängigkeit von der Steinrohdichteklasse und der Wanddicke RohWandBewertetes RohWandBewertetes dichtedicke Schalldämm-Maß 1)2) dichtedicke Schalldämm-Maß 1)2) klasse cm R’W (dB) klasse cm R’W (dB) NormalLeichtNormalLeichtmörtel mörtel mörtel mörtel 3) 0,5 17,5 40 39 1,0 17,5 45 24,0 43 42 24,0 48 30,0 45 44 30,0 51 36,5 47 45 36,5 53 3) 0,6 17,5 41 40 1,2 17,5 47 24,0 44 43 24,0 50 30,0 46 45 30,0 52 36,5 48 47 36,5 54 3) 0,7 17,5 43 42 1,4 17,5 48 24,0 45 45 24,0 52 30,0 47 47 30,0 54 36,5 50 49 36,5 56 3) 0,8 17,5 44 43 1,6 17,5 50 24,0 46 46 24,0 53 30,0 49 48 30,0 55 36,5 51 50 36,5 57 3) 0,9 17,5 45 44 1,8 17,5 51 24,0 48 47 24,0 54 30,0 50 49 30,0 57 36,5 52 51 36,5 59 1) Gültig für flankierende Bauteile mit einem mittleren Flächengewicht von ca. 300 kg/m2 2) Für die Putzschichten sind zusammen 40 kg/m2 berücksichtigt 3) Diese Rohdichten werden im Allgemeinen nicht mit Leichtmörtel kombiniert
191
Bauphysik
2.6.88 Schalltechnisch günstige Vorsatzschalen nach Beiblatt 1 zu DIN 4109 Gruppe1) Wandausbildung B (Ohne bzw. federnde Verbindung der Schalen)
Beschreibung Vorsatzschale aus Holzwolle-Leichtbauplatten nach DIN 1101, Dicke ≥ 25 mm, verputzt, Holzstiele (Ständer) mit Abstand ≥ 20 mm vor schwerer Schale freistehend, Ausführung nach DIN 1102
Vorsatzschale aus Gipskartonplatten nach DIN 10180, Dicke 12,5 mm oder 15 mm, Ausführung nach DIN 18181 (z.Z. Entwurf), oder aus Spanplatten nach DIN 68763, Dicke 10 mm bis 16 mm, Holzstiele (Ständer) mit Abstand ≥ 20 mm vor schwerer Schale freistehend2), mit Hohlraumfüllung3) zwischen den Holzstielen
Vorsatzschale aus Holzwolle-Leichtbauplatten nach DIN 1101, Dicke ≥ 50 mm, verputzt, freistehend mit Abstand von 30 mm bis 50 mm vor schwerer Schale, Ausführung nach DIN 1102, bei Ausfüllung des Hohlraumes nach Fußnote 3 ist ein Abstand von 20 mm ausreichend
Vorsatzschale aus Gipskartonplatten nach DIN 181810, Dicke 123,5 mm oder 15 mm und Faserdämmplatten4), Ausführung nach DIN 18181 (z.Z. Entwurf), an schwerer Schale streifen- oder punktförmig angesetzt A (Mit Verbindung der Schalen)
Vorsatzschale aus Holzwolle-Leichtbauplatten nach DIN 1101, Dicke ≥ 25 mm, verputzt, Holzstiele (Ständer) an schwerer Schale befestigt, Ausführung nach DIN 1102
Vorsatzschale aus Gipskartonplatten nach DIN 18180, Dicke 12,5 mm oder 15 mm, Ausführung nach 18181 (z.Z. Entwurf), oder aus Spanplatten nach DIN 68763, Dicke 10 mm bis 16 mm, mit Hohlraumausfüllung3), Holzstiele (Ständer) an schwerer Schale befestigt2).
1)
In einem Wand-Prüfstand ohne Flankenübertragung (Prüfstand DIN 52210-P-W) wird das bewertete Schalldämm-Maß Rw,P einer einschaligen, biegesteifen Wand durch Vorsatzschalen der Zeilen 1 bis 4 um mindestens 15 dB, der Zeilen 5 und 6 um mindestens 10 dB verbessert. 2) Bei diesen Beispielen können auch Ständer aus C-Wandprofilen aus Stahlblech nach DIN 18182 Teil 1 verwendet werden. 3) Faserdämmstoffe nach DIN 18165 Teil 1, Nenndicke 20 mm ≥ 60 mm, längenbezogener Strömungswiderstand Ξ ≥ 5 kN • s/m4. 4) Faserdämmstoffe nach DIN 18165 Teil 1, Anwendungstyp WV-s. Nenndicke ≥ 40 mm, s’ ≥ MN/m3.
2.6.89
Beispiele für zweischalige Wände aus zwei in Normalmörtel gemauerten Schalen mit durchgehender Gebäude-Trennfuge in Abhängigkeit der Rohdichteklassen nach DIN 4109 Beiblatt 1 Bewertetes Rohdichteklasse der Steine und Mindestwanddicke der Schalen bei zweischaligem Mauerwerk Schalldämm-Maß Beidseitiges Beidseitig Beidseitig R’W,R Sichtmauerwerk je 10 mm Putz P IV je 15 mm Putz P I, P II dB (Kalkgips- oder Gipsputz) oder P III 2 • 10 kg/m2 (Kalk-, Kalkzement- oder Zementputz) (2 • 25 kg/m2) SteinMindestdicke SteinMindestdicke SteinMindestdicke Rohdichteder Schalen ohne Putz Rohdichteklasse der Schalen ohne Putz Rohdichteklasse der Schalen ohne Putz klasse mm mm mm 57 0,6 2 • 240 0,61) 2 • 240 0,72) 2 • 175 0,9 2 • 175 0,82) 2 • 175 0,94) 2 • 150 1 2 • 150 1,03) 2 • 150 1,24) 2 • 115 1,4 2 • 115 1,45) 2 • 115 – – 6) 6) 62 0,6 2 • 240 0,6 2 • 240 0,5 2 • 240 0,9 175 + 240 0,87) 2 • 175 0,87) 2 • 175 7) 7) 0,9 2 • 175 1,0 2 • 150 0,9 2 • 150 1,4 2 • 115 1,4 2 • 115 1,2 2 • 115 67 1 2 • 240 1,08) 2 • 240 0,98) 2 • 240 1,2 175 + 240 1,2 175 + 240 1,2 175 + 240 1,4 2 • 175 1,4 2 • 175 1,4 2 + 175 1,8 115 + 175 1,8 115 + 175 1,6 115 + 175 2,2 2 • 115 2,2 2 • 115 2 2 • 115 1) Bei Schalenabstand ≥ 50 mm und Gewicht jeder einzelnen Schale ≥ 100 gk/m2 kann die Stein-Rohdichteklasse um 0,2 niedriger sein. 2) Bei Schalenabstand ≥ 50 mm und Gewicht jeder einzelnen Schale ≥ 100 gk/m2 kann die Stein-Rohdichteklasse um 0,3 niedriger sein. 3) Bei Schalenabstand ≥ 50 mm und Gewicht jeder einzelnen Schale ≥ 100 kg/m2 kann die Stein-Rohdichteklasse um 0,4 niedriger sein. 4) Bei Schalenabstand ≥ 50 mm und Gewicht jeder einzelnen Schale ≥ 100 gk/m2 kann die Stein-Rohdichteklasse um 0,5 niedriger sein. 5) Bei Schalenabstand ≥ 50 mm und Gewicht jeder einzelnen Schale ≥ 100 gk/m2 kann die Stein-Rohdichteklasse um 0,6 niedriger sein. 6) Bei Schalen aus Gasbetonsteinen oder -platten nach DIN 4165 oder DIN 4166 sowie aus Leichtbeton-Steinen mit Blähton als Zuschlag nach DIN 18151 oder DIN 18152 und einem Schalenabstand ≥ 50 mm und Gewicht jeder einzelnen Schale von 100 kg/m2 kann die Stein-Rohdichteklasse um 0,1 niedriger sein. 7) Bei Schalen aus Gasbetonsteinen oder -platten nach DIN 4165 oder DIN 4166 sowie aus Leichtbeton-Steinen mit Blähton als Zuschlag nach DIN 18151 oder DIN 18152 und einem Schalenabstand ≥ 50 mm und Gewicht jeder einzelnen Schale von ≥ 100 kg/m2 kann die Stein-Rohdichteklasse um 0,2 niedriger sein. 8) Bei Schalen aus Gasbetonsteinen oder -platten nach DIN 4165 oder DIN 4166 sowie aus Leichtbeton-Steinen mit Blähton als Zuschlag nach DIN 18151 oder DIN 18152 kann die Stein-Rohdichteklasse um 0,2 niedriger sein.
192
Schallschutz
um 12 dB höher als für eine einschalige Massivwand gleicher Masse zu erwarten wäre. Die Fuge ist nach 2.6.90 von Oberkante Fundament lückenlos bis zur Dachhaut durchzuführen. Bei getrennten Fundamenten in Kellerräumen lassen sich weitere Verbesserungen erzielen, die allerdings aus Gründen der Gebäudeabdichtung zu den Ausnahmen zählen werden. Der Bonus von 12 dB darf nur angerechnet werden, wenn folgende konstruktiven Maßnahmen durchgeführt werden: • Die flächenbezogene Masse der Einzelschalen muss mindestens 150 kg/m2 und der Abstand zwischen den Schalen 30 mm betragen. • Bei einer Trennfuge von 50 mm oder mehr genügt eine flächenbezogene Masse der Einzelschalen von 100 kg/m2. • Der Fugenhohlraum muss vollflächig mit dicht gestoßenen weichfedernden Platten, wie z. B. Mineralfaser-Trittschalldämmplatten, ausgefüllt sein. • Auf das Einlegen der Faserplatten kann verzichtet werden, wenn die flächenbezogene Masse der Einzelschalen ≥ 200 kg/m2 beträgt. Die Fuge zwischen den Schalen sollte nicht zu dünn gewählt werden. Einerseits entstehen dann sehr schnell Schallbrücken, andererseits liegen die, hinsichtlich der Schalldämmung, optimalen Schalenabstände über den Mindestwerten der Norm. Eine zweischalige massive Haustrennwand kann die Mindestanforderungen nach DIN 4109 mit R'W = 57 dB bereits erfüllen, wenn die Schalen jeweils 115 mm dick sind, die Steinrohdichteklasse 1,4 ausgeführt wird und insgesamt 20 kg/m2 Putz aufgetragen werden. Für die Einhaltung der Empfehlung eines erhöhten Schallschutzes mit mindestens 67 dB muss z. B. bei gleicher Steinrohdichteklasse von 1,4 die Dicke der Wandschalen auf 175 mm erhöht werden. In 2.6.89 werden entsprechend Beiblatt 1 zu DIN 4109 für verschiedene Wandaufbauten bewertete SchalldämmMaße angegeben, die auf Basis der Massenabhängigkeit von R'W und des Zuschlags von 12 dB berechnet wurden. Flankierende Bauteile
Die Luftschalldämmung zwischen Räumen hängt nicht nur von der Ausbildung der Trennwände ab, sondern auch von der Ausführung der flankierenden Bauteile und der Verbindung zwischen Trennwand und flankierendem Bauteil. Die im Beiblatt 1 zu DIN 4109 angegebenen Werte der Schalldämmung für Trennbauteile gelten im Zusammenhang mit flankierenden Bauteilen unter folgenden Voraussetzungen: • die mittlere flächenbezogene Masse R'L,mittel der biegesteifen flankierenden Bauteile beträgt etwa 300 kg/m2;
• sofern die flächenbezogene Masse des trennenden Bauteils mehr als 150 kg/m2 beträgt, muss eine biegefeste Anbindung der flankierenden Bauteile gesichert sein; • die flankierenden Bauteile sind von einem Raum zum anderen durchlaufend und • die Anschlüsse des trennenden Bauteils an die flankierenden Bauteile müssen dicht sein. Weicht die mittlere flächenbezogene Masse der flankierenden Bauteile von etwa 300 kg/m2 ab, so ist nach 2.6.94, nach einem Bonus-/ Malussystem, das angegebene SchalldämmMaß des Trennbauteils zu korrigieren. Der Einfluss der Korrekturwerte KL.1 ist verhältnismäßig klein. Dagegen hat die Anbindung der Trennwand zu massiven flankierenden Bauteilen einen erheblichen Einfluss (2.6.91). Das ist der Fall, wenn eine leichte wärmedämmende Außenwand ohne feste Verbindung vor einer schweren Wohnungstrennwand vorbeigeführt wird. Bei nicht verzahnten, sondern nur stumpf gestoßenen Wänden, deren Verbindung abgerissen und nachträglich dauerelastisch versiegelt worden war, konnten durch Messungen des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik Verschlechterungen des Schalldämm-Maßes bis zu 10 dB festgestellt werden. Die feste Verbindung flankierender, massiver Bauteile mit der Trennwand oder -decke ist, sofern diese schwer ausgebildet sind, anzustreben. Das Beispiel 2.6.91 zeigt die Einbindung der Wohnungstrennwand in eine Außenwand mit Schlitz und in Stumpfstoßausführung. Der gegenseitige Anschluss von gemauerten Wänden mit Stumpfstoß ist gegenüber Verzahnungen und Schlitzen als gleichwertige, bauakustische und biegesteife Anbindung im Sinne von DIN 4109 anzusehen, wenn die Stumpfstoßfuge zwischen den Wänden voll vermörtelt ist. Dies gilt sowohl für vollfugig ausgeführtes Mauerwerk, als auch für Mauerwerk ohne Stoßfugenvermörtelung. Die Einlage von Edelstahlankern kann für zusätzliche Sicherheit sorgen. Ein weiterer typischer Fall erhöhter SchallLängsleitung tritt auf, wenn eine Außenwand nach 2.6.93 zur Verbesserung des Wärmeschutzes auf der Innenseite mit einer steifen verkleideten (Putz- oder Gipskartonplatten) Dämmschicht aus Hartschaum oder HolzwolleLeichtbauplatten versehen wird [5]. Die durch den Resonanzeffekt bewirkte Erhöhung der Längsleitung liegt im Mittel bei etwa 10 dB. Dadurch können die Anforderungen an Wohnungstrennwände und -decken nicht mehr erfüllt werden.
2.6.90
Gebäudefugen ohne oder mit Fundamenttrennung und Trennfuge im Bereich des Daches
2.6.91
Längsleitung über flankierende Bauteile. Einbindung einer Wohnungstrennwand in eine Außenwand mit Schlitz und Stumpfstoß
auf Dauer sichere Lösung
Außenwände
Fassaden setzen sich in der Regel aus Wänden und Fenstern bzw. Türen zusammen. Das resultierende bewertete Schalldämm-Maß kann nach DIN 4109 unter Berücksichtigung der Gesamtfläche und der Flächenanteile der Einzelbauteile und deren bewerteter Schalldämm-
193
Bauphysik
2.6.92
Beispiele für das bewertete Schalldämm-Maß
R'W für verschiedene Außenwandkonstruktionen
2.6.93
Beispiel für die schalltechnisch schädliche Verkleidung einer Außenwand mit steifen Wärmedämmplatten auf der Innenseite nach Gösele
2.6.94
Korrekturwerte KL,1 nach DIN 4109 für das bewertete Schalldämm-Maß R’W,R biegesteifer Wände bei flankierenden Bauteilen der mittleren flächenbezogenen Masse m’L,Mittel
Art des trennenden Bauteils
KL,1 in dB für mittlere flächenbezogene Massen m’L, Mittel in kg/m2
Einschalige, biegesteife Wände und Decken Einschalige, biegesteife Wände mit biegeweichen Vorsatzschalen
194
400 0
350 0
300 0
250 0
200 -1
150 -1
100 -1
+2
+1
0
-1
-2
-3
-4
Maße berechnet oder einfacher, wie das Beispiel 2.6.95 zeigt, mit Hilfe tabellierter Werte bemessen werden. Die bewerteten Schalldämm-Maße der Fenster sind den Prüfzeugnissen der Hersteller zu entnehmen. Richtwerte für häufig vorkommende Fenster mit Wärmeschutzverglasung enthält Beiblatt 1 zu DIN 4109. Die bewerteten Schalldämm-Maße von Außenwänden aus Mauerwerk sind von deren konstruktiver Ausbildung nach 2.6.92 abhängig. Bei einschaligen Außenwänden dominiert zunächst der Wärmeschutz, welcher Wandbaustoffe geringer Rohdichte erforderlich macht. Bei Wanddicken von 300 mm bis 365 mm und Steinrohdichten von 500 kg/m3 bis 800 kg/m3 liegen die zu erwartenden Schalldämm-Maße je nach Masse des Außenbauteils zwischen 45 und 51 dB. Wird auf der Wand außenseitig eine verputzte Wärmedämmschicht aufgebracht, ist bereits früh erkannt worden, dass Putzschichten auf Holzwolle-Leichtbauplatten die Schalldämmung einer Wand verschlechtern [61]. Spätere Untersuchungen bestätigen für Dämmstoffe mit hoher dynamischer Steifigkeit (üblicher Polystyrol-Partikelschaum) diesen Trend, während bei Dämmstoffen mit geringer Steifigkeit (Mineralwolle) je nach Putzgewicht und Material der Massivwand sowohl Verminderungen, als auch Verbesserungen auftraten [166]. Neuere Untersuchungen erfolgten an 14 verschiedenen Wärmedämm-Verbundsystemen auf einer Wand aus Kalksand-Lochsteinen [147]. Bei Dämmstoffen mit niedriger dynamischer Steifigkeit (Mineralfaserplatten mit liegenden Fasern oder elastifizierte Polystyrol-Hartschaumplatten) und Außenputzen mit hoher flächenbezogener Masse wurden Verbesserungen des bewerteten Schalldämm-Maßes bis zu 4 dB festgestellt. Bei nicht elastifizierten Polystyrol-Hartschaumplatten ergab sich eine Verschlechterung von –1 bis – 3 dB, bei Mineralwolle mit stehender Faser (Lamellenplatten) von – 5 dB. Bei einer Montage mittels Profilschienen bietet sich die Möglichkeit, auch mit dünnen Putzschichten eine Verbesserung um 2 dB zu erreichen. Grundsätzlich kann durch die Außenwand mit WDVS ein sehr hoher Schallschutz gegen Außenlärm erreicht werden, da die tragende Wand keine wärmedämmende Funktion übernehmen muss und daher entsprechend schwer ausgeführt werden kann. Das bewertete Schalldämm-Maß einer 17,5 cm dicken KS-Außenwand mit Wärmedämm-Verbundsystem liegt je nach Ausführung zwischen 47 und 51 dB. Nach Beiblatt 1 zu DIN 4109 darf beim Nachweis des Schallschutzes gegen Außenlärm eine verbessernde Wirkung der hinterlüfteten Fassade nicht berücksichtigt werden. Es wird nur die flächenbezogene Masse der inneren Wand angerechnet. Massive Außenwände können jedoch mit derzeit handelsüblichen hinterlüftbaren Fassaden wesentlich höhere bewertete Schalldämm-Maße erzielen [167]. Abhän-
Schallschutz
gig von der Fugenausbildung, der Dämmstoffart und der Unterkonstruktion lässt sich die Schalldämmung von massiven Außenwänden mit hinterlüfteten Fassaden um bis zu ΔRW = 15 dB bei sorgfältiger Beachtung aller bauakustischen Randbedingungen steigern. Bei zweischaligen Außenwänden wird das bewertete Schalldämm-Maß aus der Summe der flächenbezogenen Massen beider Schalen ermittelt. Für die zweischalige Ausführung darf auf den so ermittelten Wert folgender Zuschlag erhoben werden: • 5 dB, wenn die flächenbezogene Masse der anschließenden Innenwände nicht mehr als 50% der inneren Schale der Außenwand beträgt; • 8 dB, wenn die flächenbezogene Masse der anschließenden Innenwände mehr als 50% der inneren Schale der Außenwand beträgt. Für zweischaliges Mauerwerk mit Luftschicht oder Wärmedämmstoffen im Schalenzwischenraum ist bei üblicher Ausführung ein bewertetes Schalldämm-Maß von 55 bis 66 dB erzielbar. Untersuchungsergebnisse an Kalksandsteinwänden zeigen bei gleichem Wandaufbau die Auswirkung einer verbleibenden Luftschicht und der Dämmstoffart [92]. Bei einer Wärmedämmung mit Polystyrol-Hartschaumplatten wirkt sich eine verbleibende Luftschicht mit 40 mm gegenüber der Kerndämmung um 2 dB günstiger aus. Bei Kerndämmungen erbringen Mineralfaserplatten oder Hyperlite-Schüttungen einen Vorteil von 2 dB gegenüber harten Schaumkunststoffplatten.
2.6.95
Resultierendes Schalldämm-Maß R’w,, R, res in dB in Abhängigkeit vom Schalldämm-Maß der Wand, dem Schalldämm-Maß des Fensters und dessen Flächenanteil in %. Wand: 50 dB Fenster: 35 dB bei 25% Fensterflächenanteil Fassade: 40 dB
SchalldämmMaß der Wand
Schalldämm-Maß des Fensters Rw, R in dB bei einem Fensterflächenanteil in % 30dB 32 dB 35 dB 25% 30% 40% 50% 25% 30% 40% 50% 25% 30% 45 35 34 33 32 37 36 35 34 39 39 50 35 35 33 33 37 37 35 34 40 39 55 35 35 33 33 37 37 35 34 40 40 a) Standardausführungen SchallSchalldämm-Maß des Fensters Rw, R in dB bei einem Fensterflächenanteil in % dämm-Maß 37 dB 40 dB 42 dB 45 dB der Wand 25% 30% 40% 50% 25% 30% 40% 50% 25% 30% 40% 50% 25% 30% 50 42 42 41 40 45 44 43 43 46 46 45 44 48 48 60 43 42 41 40 46 45 44 43 48 47 46 45 51 50 65 43 42 41 40 46 45 44 43 48 47 46 45 51 50 b) hochschalldämmende Außenwände und Fenster
40% 38 38 38
50% 37 37 37
40% 47 49 49
50% 47 48 48
195
Bauphysik
2.6.96 Baustoffklassen nach DIN 4102-1 Baustoffklasse Bauaufsichtliche Benennung A nichtbrennbare Baustoffe A1 A2 B brennbare Baustoffe B1 schwerentflammbare Baustoffe B2 normalentflammbare Baustoffe B3 leichtentflammbare Baustoffe
2.6.97 Feuerwiderstandsklasse F nach DIN 4102 Teil 1 FeuerwiderstandsFeuerwiderstandsklasse dauer in Minuten F 30 ≥ 30 F 60 ≥ 60 F 90 ≥ 90 F 120 ≥ 120 F 180 ≥ 180
2.6.98 Sinngemäße Vergleichbarkeit der nationalen Baustoffklassen mit zukünftigen europäischen Klassen Brandsituation Produktleistung Europäische DIN 4102 Baustoffklasse Baustoffklasse Vollbrand in Kein Beitrag zum Brand A A1 einem Raum Sehr begrenzter Brand B A2 Brennender Begrenzter Beitrag zum Brand C B1 Gegenstand Hinnehmbarer Beitrag zum Brand D B1 Kleiner Flammenangriff Hinnehmbares Brandverhalten E B2 auf die begrenzte Fläche eines Produktes Keine Leistung festgestellt F B3
2.6.99
Ermittlung der Feuerwiderstandsklasse, Schema nach Kordina/Meyer Ottens
Brandschutz Die übergeordneten Aufgaben des Brandschutzes bestehen darin, der Entstehung von Bränden und ihrer Ausbreitung vorzubeugen, im Brandfall die Möglichkeit einer Rettung von Personen, Tieren und Sachgütern zu gewährleisten und die Voraussetzung für eine wirksame Brandbekämpfung zu schaffen. Die in jedem Fall einzuhaltenden Forderungen der Bauaufsicht können durch Forderungen der Sachversicherer ergänzt werden. Die Erfüllung dieser Forderung ist nicht zwingend, führt jedoch im Wirtschaftsbau zu deutlichen Prämienrabatten. Neben den aktiven Brandschutzmaßnahmen wie z. B. Sprinkleranlagen und Feuermeldeeinrichtungen liegt der Schwerpunkt im Bereich baulicher Maßnahmen zur Einhaltung eines vorbeugenden Brandschutzes. Dazu gehört die Gewährleistung einer ausreichenden Feuerwiderstandsdauer der Bauteile, die Verwendung von Baustoffen, die im Brandfall keine übermäßige Entwicklung von Rauch und toxischen Gasen erzeugen oder diese ganz ausschließen sowie die Verminderung der Brandgefahr durch planerische Maßnahmen. Letztere erfordern die Anordnung von Brandabschnitten, die Sicherung von Fluchtund Rettungswegen und Abzugsmöglichkeiten für Rauch und Hitze. Die bauaufsichtlichen Anforderungen bezüglich des Brandschutzes sind in den Landesbauordnungen definiert und durch Verordnungen, Verwaltungsvorschriften und Richtlinien ergänzt. Die für den Brandschutz zuständige Norm ist die DIN 4102 mit 18 Teilen. Die DIN 4102 enthält sowohl Prüfnormen zur Untersuchung und Beurteilung des Brandverhaltens als auch Angaben zum Brandschutznachweis für klassifizierte Baustoffe und Bauteile. Baustoffklassen
Brandbeanspruchung
ETK
Temperaturverteilung im Bauteil
Baustoff-Verhalten Hochtemperaturbzw. Abbrandverhalten der Baustoffe z. B. von Beton, Stahl, Mauerwerk, Holz
Bauteil-Verhalten Abmessungen Schlankheit Konstruktionsart statisches System Spannungen
Feuerwiderstandsdauer
Feuerwiderstandsklasse + Klasse der verwendeten Baustoffe = Benennung
196
Das Brandverhalten der Baustoffe wird nach DIN 4102-1 beurteilt und klassifiziert. Die Baustoffe werden nach ihrer Brennbarkeit in die Baustoffklasse A (nicht brennbar) oder B (brennbar) entsprechend 2.6.96 eingestuft. Beurteilungskriterium nichtbrennbarer Baustoffe der Klasse A1 ist das Verhalten im Entstehungsbrand. Werden bei Baustoffen der Klasse A2 brennbare Bestandteile verwendet, wird auch die Flammausbreitung, die Brandgasdichte und deren Toxizität bewertet. Damit soll sichergestellt werden, dass trotz brennbarer Bestandteile das Gesamtverhalten mit dem der rein anorganischen A1-Baustoffe verglichen werden kann. Die brennbaren Baustoffe werden hinsichtlich der Entflammbarkeit und der Flammausbreitungsgeschwindigkeit beurteilt. Da Baustoffe der Klasse B 3 – leichtentflammbar – an der Entstehung eines Brandes primär mitwirken können, ist ihre Verwendung nach Musterbauordnung verboten. Die Prüfung nach B 2 stellt die Beanspruchung durch eine kleine,
Brandschutz
definierte Flamme dar, die Prüfung nach B1 modellhaft den Brand eines Gegenstandes im Raum (z.B. Papierkorb in einer Raumecke). Bei den bauaufsichtlichen Anforderungen spielt das Brandverhalten der Baustoffe in zweifacher Hinsicht eine Rolle. Zum einen werden Anforderungen an den Baustoff als Oberfläche von Bauteilen (z.B. Wand- und Deckenverkleidungen) gestellt, zum anderen als konstruktiver Bestandteil eines Bauteiles. Feuerbeständige Bauteile müssen z.B. in den wesentlichen Teilen aus nichtbrennbaren Baustoffen bestehen. Die Euroklassen zum Brandverhalten von Bauprodukten sind nunmehr vom Ständigen Ausschuss für das Bauwesen angenommen worden. Die Veröffentlichung wird erst nach Abschluss der Normung der zugehörigen Prüfverfahren erfolgen. Eine mögliche Vergleichbarkeit der europäischen und nationalen Baustoffklassen könnte den Angaben in 2.6.98 entsprechen.
2.6.100 Einheitstemperaturkurve
Feuerwiderstandsklassen
Für die Sicherheit eines Bauwerks im Brandfall ist aber nicht nur die Brennbarkeit der Baustoffe, sondern insbesondere die Feuerwiderstandsdauer der Bauteile maßgebend. Die Feuerwiderstandsklasse eines Bauteils ist definiert als die Mindestdauer in Minuten, während der ein Bauteil bei der Brandprüfung bestimmten Anforderungen standhält. Im Brandversuch wird der Prüfkörper nach einem genau definierten Temperaturverlauf, der international genormten Einheitstemperaturkurve (ETK) beflammt (2.6.100) und nach folgenden wesentlichen Prüfkriterien beurteilt: • Erhalt der Tragfähigkeit; unter Last bei tragenden Bauteilen oder unter Eigenlast bei nichttragenden Bauteilen; • Einhalten einer maximal zulässigen Durchbiegungsgeschwindigkeit bei statisch bestimmt gelagerten Bauteilen; • Wahrung des Raumabschlusses bei Wänden, damit keine entzündbaren Gase austreten und keine Risse entstehen, die eine Entzündung möglich machen. Auf der dem Feuer abgekehrten Seite darf die Temperaturerhöhung im Mittel 140 °C und an einzelnen Messstellen 180 °C nicht überschreiten. Wie aus 2.6.99 hervorgeht, wird die Feuerwiderstandsdauer wesentlich vom Baustoffverhalten und von bauteilspezifischen Einflüssen bestimmt. Bei Mauerwerk tritt das Versagen durch die Querschnittsminderung infolge der temperaturabhängigen Zermürbung der Mauersteine und der Dehydration des Mörtels ein. Aufgrund der Feuerwiderstandsdauer werden Bauteile in die in Tabelle 2.6.97 dargestellten Feuerwiderstandsklassen eingestuft. In Einzelfällen können Bauteilklassifizierungen mit Baustoffanforderungen bezüglich der Baustoffklasse nach 2.6.101 gekoppelt werden. Die Feuerwiderstandsklassen werden abhän-
2.6.101
Benennung von Feuerwiderstandsklassen in Verbindung mit den verwendeten Baustoffen nach DIN 4102 Teil 2 FeuerwiderBaustoffklassen nach DIN 4102 Teil 1 Benennung2) Kurzstandsklasse der in den geprüften Bauteilen bezeichnung nach Tabelle verwendeten Baustoffe für 2.2.3-2 wesentliche übrige BestandTeile1) teile die nicht unter den Begriff1) fallen Bauteile der F 30 B B Feuerwiderstandsklasse F30 F 30-B A B Feuerwiderstandsklasse F 30 F 30-AB und in den wesentlichen Teilen 1) aus nichtbrennbaren Baustoffen A A Feuerwiderstandsklasse F 30 F 30-A und aus nichtbrennbaren Baustoffen F 60 B B Feuerwiderstandsklasse F 60 F 60-B A B Feuerwiderstandsklasse F 60 F 60-AB und in den wesentlichen Teilen aus nichtbrennbaren Baustoffen1) A A Feuerwiderstandsklasse F 60 und F 60-A aus nichtbrennbaren Baustoffen F 90 B B Feuerwiderstandsklasse F 90 F 90-B A B Feuerwiderstandsklasse F 90 F 90-AB und in wesentlichen Teilen aus nichtbrennbaren Baustoffen1) A A Feuerwiderstandsklasse F 90 und F 90-A aus nichtbrennbaren Baustoffen F 120 B B Feuerwiderstandsklasse F 120 F 120-B A B Feuerwiderstandsklasse F 120 und F 120-AB in den wesentlichen Teilen aus nichtbrennbaren Baustoffen1) A A Feuerwiderstandsklasse F 120 und F 120-A aus nichtbrennbaren Baustoffen F 180 B B Feuerwiderstandsklasse F 180 F 180-B A B Feuerwiderstandsklasse F 180 und F 180-AB in den wesentlichen Teilen aus 1) nichtbrennbaren Baustoffen A A Feuerwiderstandsklasse F 180 und F 180-A aus nichtbrennbaren Baustoffen 1) Zu den wesentlichen Teilen gehören: a) alle tragenden oder aussteifenden Teile, bei nichttragenden Bauteilen auch die Bauteile, die deren Standsicherheit bewirken (z. B. Rahmenkonstruktionen von nichttragenden Wänden). b) bei raumabschließenden Bauteilen eine in Bauteilebene durchgehende Schicht, die bei der Prüfung nach dieser Norm nicht zerstört werden darf. Bei Decken muss diese Schicht eine Gesamtdicke von mindestens 50 mm besitzen; Hohlräume im Inneren dieser Schicht sind zulässig. Bei der Beurteilung des Brandverhaltens der Baustoffe können Oberflächendeckschichten oder andere Oberflächenbehandlungen außer Betracht bleiben. 2) Diese Benennung betrifft nur die Feuerwiderstandsfähigkeit des Bauteils; die bauaufsichtlichen Anforderungen an Baustoffe für den Ausbau, die in Verbindung mit dem Bauteil stehen, werden hiervon nicht berührt.
197
Bauphysik
2.6.102 Bauteil
Kurzbuchstabe zur Bauteilkennzeichnung bei Angabe der Feuerwiderstandsklasse Buchstabe zur Kennzeichnung der Feuerwiderstandsklasse Wände, Decken, Stützen, Unterzüge F Außenwände W Feuerschutzabschlüsse, z. B. auch Feuerschutztüren T Lüftungsleitungen, Absperrvorrichtungen (Brandschutzklappen) L/K Verglasungen G
2.6.103
Wandarten; Grundrissbeispiele für Wohnungsbau und Industriebau nach Hahn
gig vom Bauteil mit unterschiedlichen Buchstaben gekennzeichnet, die in 2.6.102 zusammengestellt sind. Wandarten, Wandfunktionen
Nach der Funktion der Wände wird aus der Sicht des Brandschutzes zwischen nichttragenden und tragenden sowie raumabschließenden und nichtraumabschließenden Wänden unterschieden. In 2.6.103 werden diese Begriffe an Praxisbeispielen verdeutlicht [68]. Als nichttragende Wände gelten scheibenartige Bauteile, die auch im Brandfall überwiegend durch ihre Eigenlast beansprucht werden und nicht der Knickaussteifung tragender Wände dienen. Sie müssen aber auf ihre Fläche wirkende Windlasten auf tragende Bauteile abtragen. Tragende Wände sind überwiegend auf Druck beanspruchte scheibenartige Bauteile zur Aufnahme lotrechter Lasten sowie horizontaler Lasten. Aussteifende Wände sind hinsichtlich des Brandschutzes wie tragende Wände zu beurteilen. Als raumabschließende Wände gelten z. B. Wände in Rettungswegen, Treppenraumwände, Wohnungstrennwände und Brandwände. Sie dienen der Verhinderung der Brandübertragung von einem Raum zum anderen und werden deshalb nur einseitig vom Brand beansprucht. Raumabschließende Wände können tragende oder nichttragende Wände sein. Nichtraumabschließende Wände werden im Brandfall zwei-, drei- oder vierseitig vom Brand beansprucht. Anforderungen
2.6.104
Übersicht über die bauaufsichtlichen Brandschutzvorschriften Landesbauordnung
Bauliche Anlagen normaler Art und Nutzung
Bauliche Anlagen besonderer Art und Nutzung
Durchführungsverordnung Ausführungsbestimmungen
Sonderverordnungen Richtlinien
Wohngebäude und vergleichbare Gebäude
Versammlungsstätten, Garagen, Geschäfts-, Kranken-, Hochhäuser, Schulen, Industriegebäude
Brandschutz-Forderung
Technische Baubestimmungen
DIN 4102 DIN 18081 DIN 18230
198
Einführungserlasse
Verwaltungsvorschriften
Richtlinien für die Verwendung brennbarer Baustoffe
Die Grundlagen bauaufsichtlicher Brandschutzanforderungen sind in den jeweils gültigen Landesbauordnungen und den dazugehörigen Verordnungen sowie technischen Baubestimmungen und den Verwaltungsvorschriften enthalten. Die Übersicht 2.6.104 erläutert die Zusammenhänge und ihre gegenseitige Einflussnahme. Alle Landesbauordnungen, die entsprechenden Durchführungsverordnungen bzw. die Verwaltungsvorschriften unterscheiden zwischen Gebäuden normaler Art und Nutzung, wie z. B. Wohngebäude und Gebäuden besonderer Art und Nutzung, wie z.B. Versammlungsstätten, Krankenhäuser oder Industriebauten. Im Bereich der Gebäude normaler Art und Nutzung wird nach Gebäudearten unterschieden. Die Einstufung in Gebäudeklassen nach 2.6.105 erfolgt in Abhängigkeit von der Anleiterbarkeit bei einem Feuerwehreinsatz und hängt damit im Wesentlichen von der Gebäudehöhe ab. Die baulichen Anlagen besonderer Art oder Nutzung werden in den Bauordnungen nur im Grundsatz behandelt. Die Landesbauordnungen werden durch Sonderverordnungen und Richtlinien ergänzt, die die jeweils besonderen Gegebenheiten bei Hochhäusern, Versamm-
Brandschutz
lungsstätten, Gaststätten, Krankenhäusern, Geschäftshäusern, Schulen und Industriebauten berücksichtigen. Die Verbindung der teilweise in den Landesbauordnungen umschrieben ausgedrückten Anforderungen mit der abstrakten Klassifizierung nach DIN 4102-2 und Folgenormen erfolgt auf der Basis der in einigen Landesbauordnungen vorgenommenen Definitionen bzw. nach der Bauregelliste. Die Verknüpfung des Baurechts mit DIN 4102 ist in 2.6.106 aufgeführt. Der wesentlichste Bestandteil des Brandsicherheitskonzeptes der Bauordnung liegt im Abschottungsprinzip. Ein Brand soll auf möglichst kleinem Raum beschränkt bleiben. Der erste »Brandabschnitt« ist die Nutzungseinheit, im Wohnungsbau also die Wohnung selbst, die durch Geschossdecke, Wohnungstrennwand und Treppenraumwand begrenzt wird. Zumindest soll der Brand nicht auf Nachbargebäude übergreifen, was durch relativ hohe Anforderungen an die Brandwände erreicht werden kann. Bei großen Gebäuden verlangen darüber hinaus auch die Landesbauordnungen die Unterteilung des Gebäudes in Brandabschnitte. Das Abschottungsprinzip kann allerdings nur dann voll wirksam werden, wenn auch die für die Nutzung notwendigen Öffnungen dementsprechend geschlossen werden. Das gilt z. B. für Durchführungen von elektrischen Leitungen und Rohrleitungen sowie Öffnungen wie Klappen, Türen und Tore. In 2.6.107 sind einige wesentliche Brandschutzanforderungen für Bauteile in Wohngebäuden tabellarisch aufgestellt. Da sich zwischen den Bundesländern für Einzelbereiche geringe Anforderungsunterschiede ergeben können, soll hier beispielhaft die Landesbauordnung von Nordrhein-Westfalen herangezogen werden, die auch von den neuen Bundesländern einheitlich übernommen wurde. Freistehende Wohngebäude mit einer Wohneinheit werden in der Tabelle nicht aufgeführt, da für die betreffende Gebäudeklasse 1 keine Anforderungen an die Feuerwiderstandsklasse von Bauteilen gestellt werden. Es gilt allerdings die Grundanforderung, dass mindestens normal entflammbare Baustoffe eingesetzt werden dürfen. Bei Wänden mit außen- oder innenliegender Wärmedämmschicht und zweischaligem Mauerwerk mit zusätzlicher Wärmedämmung zwischen den Mauerwerkschalen muss somit der verwendete Wärmedämmstoff die Baustoffklasse B2 erfüllen. Brandwände
Brandwände nach DIN 4102 Teil 3 müssen folgende erhöhte Anforderungen erfüllen: • Sie müssen aus Baustoffen der Baustoffklasse A nach DIN 4102 Teil 1 bestehen. • Sie müssen mindestens die Anforderungen der Feuerwiderstandsklasse F 90 nach DIN 4102 Teil 2 erfüllen; tragende Wände müssen diese Anforderung bei mittiger und bei ausmittiger Belastung erfüllen.
2.6.105
Einteilung der Gebäude nach den Bauordnungen in fünf Gebäudeklassen
≤ ≤
2.6.106 Benennung nach DIN 4102 und nach Baurecht Benennung nach DIN 4102 Kurzbeschreibung Feuerwiderstandsklasse F 30 Feuerwiderstandsklasse F 30 und in den wesentlichen Teilen aus nichtbrennbaren Baustoffen Feuerwiderstandsklasse F 30 und aus nichtbrennbaren Baustoffen Feuerwiderstandsklasse F 90 und in den wesentlichen Teilen aus nichtbrennbaren Baustoffen Feuerwiderstandsklasse F 90 und aus nichtbrennbaren Baustoffen
F 30-B F 30-AB
F 30-A F 90-AB
F 90-A
Bauaufsichtliche Benennung feuerhemmend feuerhemmend und in den tragenden Teilen aus nichtbrennbaren Baustoffen feuerhemmend und aus nichtbrennbaren Baustoffen feuerbeständig
feuerbeständig und aus nichtbrennbaren Baustoffen
2.6.107
Zusammenstellung der wichtigsten Anforderungen an den baulichen Brandschutz für Bauteile des üblichen Hochbaus am Beispiel der Landesbauordnung von Nordrhein-Westfalen Gebäudeklasse 2 3 4 Art des Wohngebäude Gebäude Sonstige Gebäudes Gebäude mit geringer Höhe (OKF ≤ 7 m) außer ≤ 2 WE ≥ 3 WE Hochhäusern 1) 1) Tragende Wände Dach 0 0 01) Sonstige F 30-B F 30-AB2) F 90-AB Keller F 30-AB F 90-AB F 90-AB Nichttragende Außenwände 0 0 A o. F 30-B Außenwand 0 0 B1 Bekleidung B 2 -------> geeignete Maßnahmen Gebäudeabschlusswände F 90-AB BW BW (F 30-B) + F 90-AB (F90-B) Decken Dach 01) 01) 01) Sonstige F 30-B F 30-AB3) F 90-AB Keller F 30-B F 90-AB F 90-AB Gebäudetrennwände – F 90-AB BW BW 40 m-Gebäudeabschnitte F 90-AB WohnungsDach F 30-B F 30-B F 30-B trennwände Sonstige F 30-B F 60-AB F 90-AB Treppenraum Dach 0 0 0 Decke 0 F 30-AB F 90-AB Wände 0 F 90-AB Bauart BW Bekleidung 0 A A Treppen tragende Teile 0 0 F 90-A Allgemein Wände – F 30-B F 30-AB zugängliche F 30-AB Flure als Rettungswege Bekleidung – 0 A Offene Gänge Wände, Decken – 0 F 90-AB vor Außenwänden Bekleidung – 0 A 1) Bei giebelständigen Gebäuden – Dach von innen F30-B 2) Bei Gebäuden mit ≤ 2 Geschossen über OKT F30-B 3) Bei Gebäuden mit ≤ 2 Geschossen über OKT F30-B Bei Gebäuden mit ≥ 3 Geschossen über OKT F30-B/A
199
Bauphysik
2.6.108 Brandschutztechnische Anforderungen im Bereich von Brandwänden Bauteile Anforderungen Brandwände F 90-A + Stoßbeanspruchung 3 • 3000 Nm Tragende und aussteifende Bauteile F 90 Anzahl von Öffnungen unbegrenzt Verschluss von Öffnungen T 90-Türen (selbstschließende Abschlüsse) F 90-Brandschutzverglasungen S 90-Kabelabschottungen R 90-Rohrabschottungen Anordnung von Brandwänden an der Nachbargrenze Die jeweilige Landesbauordnung zwischen aneinandergereihten Gebäuden ist zu beachten innerhalb ausgedehnter Gebäude in Abhängigkeit von der Gebäudehöhe und der Dacheindeckung: ≤ 3 Vollgeschosse bis unter die Dachhaut > 3 Vollgeschosse mindestens 30 cm über Dach weiche Bedachung mindestens 50 cm über Dach Bauteile dürfen soweit eingreifen, wenn der Restquerschnitt der Wände F 90 dicht und standsicher bleibt.
2.6.109 Bauteil
Brandschutzanforderungen für vorgehängte hinterlüftete Fassaden Erforderliche Baustoffklasse nach DIN 4102 n ≤ 2 Vollgeschosse n > 2 Vollgeschosse, Hochhäuser < Hochhäuser Bekleidung B2 B1 A Unterkonstruktion B2 B 2 1)2) A Wärmedämmung B2 B1 A 3) Verankerungsmittel A 4) A 4) A 4) 1 ) Gegen die Verwendung von B 2-Baustoffen für stabförmige Unterkonstruktionen bestehen keine Bedenken, wenn Zwischenraum-Bekleidungs-Dämmung nicht > 4 cm und Fenster- und Türlaibungen mit A-Baustoffen abgeschottet sind. 2) Nach der BAYBO ist die Holzunterkonstruktion bis 30 m Gebäudehöhe einsetzbar. 3) Gilt nicht für Halteelement von Dämmschichten. 4) Gilt nicht für bauaufsichtlich zugelassene Dübelsysteme.
2.6.110
nach DIN 4102 Teil 4, Tabelle 45) 1- und 2-schalige Brandwände. Zulässige Schlankheit, Mindestwanddicke und Mindestachsabstand (1-seitige Brandbeanspruchung). Die Klammerwerte ( ) gelten für Wände mit Putz. Bemessung nach DIN 1053 Teil 1 und Teil 2 mit der zulässigen Schlankheit hS /d. Die Exzentrizität e darf d/ 3 nicht überschreiten. Wandart Mauerwerk unverputzt verputzt Mindestdicke d in mm bei 1-schaliger 2-schaliger6) Ausführung Wände aus Mauerwerk3) nach DIN 1053 Teil 1 und Teil 2 unter Verwendung von Normalmörtel der Mörtelgruppe II, Iia oder III, Iia Steine nach DIN 105 Teil 1 der Rohdichteklasse ≥ 1,4 240 2 • 175 ≥ 1,0 300 2 • 200 (240) (2 • 175) 3) DIN 105 Teil 2 der Rohdichteklasse ≥ 0,8 365 2 • 240 3) (300) (2 • 175) Steine nach DIN 106 Teil 11) und DIN 106 Teil 1 A11) ≥ 1,8 2402) 2 • 1755) sowie Teil 2 der Rohdichteklasse ≥ 1,4 240 2 • 175 ≥ 0,9 300 2 • 200 (300) (2 • 175) = 0,8 300 2 • 240 (2 • 175) Steine nach DIN 4165 der Rohdichteklasse ≥ 0,6 300 2 • 240 4) ≥ 0,6 240 (2 • 175) ≥ 0,56) 300 2 • 240 Steine nach DIN 18 151, DIN 18 152, DIN 18 153 der ≥ 0,8 240 2 • 175 Rohdichteklasse (175) (2 • 175) ≥ 0,6 300 2 • 240 (240) (2 • 175) 1) Auch mit Dünnbettmörtel 2) Bei Verwendung von Dünnbettmörtel und Plansteinen d = 175 mm. 3) Bei Verwendung von Leichtmauermörtel; Ausnutzungsfaktor xxa ≤ 0,6. 4) Bei Verwendung von Dünnbettmörtel und Plansteinen mit Vermörtelung der Stoß- und Lagerfugen. 5) Bei Verwendung von Dünnbettmörtel und Plansteinen d = 150 mm. 6) Bei Verwendung von Dünnbettmörtel und Plansteinen mit Nut und Feder nur bei Vermörtelung der Stoß- und Lagerfugen.
200
• Brandwände müssen unter einer dreimaligen Stoßbeanspruchung mit dem 200 kg Bleischrotsack standsicher und raumabschließend bleiben. Für Brandwände ist jedoch nicht nur entscheidend, dass sie den Prüfanforderungen entsprechen, sondern dass sie in der Praxis richtig angeordnet und ausgeführt werden. In 2.6.108 werden die brandschutztechnischen Anforderungen im Bereich von Brandwänden zusammengestellt. Angaben über zulässige Schlankheit und Mindestdicke von Brandwänden und deren Bauteilanschlüsse enthält DIN 4102 Teil 4. Komplextrennwände
Auf Komplextrennwände wird lediglich in DIN 4102 Teil 3 mit einer Fußnote hingewiesen, da es sich um einen versicherungstechnischen Begriff handelt. Bei den Bestimmungen der Sachversicherer mit Begrenzung der Öffnungen ist im Wesentlichen zu beachten, dass die Feuerwiderstandsklasse F180 gefordert wird. Komplexwände müssen unversetzt durch alle Geschosse gehen. Bauteile dürfen in diese Wände weder eingreifen noch diese überbrücken. Klassifizierung bewährter Bauteile
DIN 4102 Teil 4 enthält Angaben über Baustoffe, Bauteile und Sonderbauteile, die nach ihrem Brandverhalten auf der Grundlage von Prüfungen klassifiziert wurden. Für die in der Norm erfassten Produkte ist der Nachweis über das Brandverhalten erbracht. Die brandschutztechnische Zuordnung der Wände erfolgt nach: • Wandbaustoff • Wanddicke • Art des Brandangriffes (von mehreren oder nur von einer Seite) • Ausnutzung der Tragfähigkeit der Wand. Bei nicht vollständiger Auslastung ist ein Bauteil im Brandfall tragfähiger als bei 100% Auslastung. In der Norm unterscheidet man deshalb zwischen den Ausnutzungsfaktoren α2 = 1,0 (100% Ausnutzung), α2 = 0,6 (60% Ausnutzung) und α2 = 0,2 (20% Ausnutzung). Die Einstufung von Wänden, Flachstürzen und ausbetonierten U-Schalen ist DIN 4102 Teil 4 Tabelle 38 bis 42 zu entnehmen. Die Angaben in den Tabellen gelten für Mauerwerk nach DIN 1053. Putze, auf der dem Feuer zugewandten Seite, verbessern die Feuerwiderstandsdauer. Die Klammerwerte der Tabellen für die Wanddicken beziehen sich auf verputzte Wände, da bestimmte Putze das Brandverhalten von Mauerwerkwänden positiv beeinflussen. Bei zweischaligen Wänden ist Putz nur auf den Außenseiten der Wände erforderlich. Die Tabellen gelten für alle Stoßfugenausbildungen nach DIN 1053 Teil 1, also für vollständig vermörtelte Stoßfugen, für unterbrochene Stoßfugen in Form einer Mörteltasche und für unvermörtelte Stoßfugen (Verzahnung bzw.
Brandschutz
Nut und Feder). Lochungen von Steinen oder Wandbauplatten dürfen nicht senkrecht zur Wandebene verlaufen. Mit Mauerwerk können die Anforderungen an den baulichen Brandschutz, in aller Regel, bereits in den aus statischen oder sonstigen bauphysikalischen Gründen erforderlichen Wanddicken problemlos erfüllt werden. Unter diesem Aspekt lassen sich die umfangreichen Tabellen der DIN 4102 Teil 4 durch die Festlegung auf die Feuerwiderstandsklasse F90 und den Ausnutzungsgrad von 100% wesentlich reduzieren. Die Tabellen 2.6.111 bis 2.6.113 geben für Mauerwerk aus genormten Steinen die Mindestdicken an, die zum Erreichen der Feuerwiderstandsklasse F90 erforderlich sind. Brandwände müssen neben der Feuerwiderstandsklasse hinsichtlich Schlankheit und Wanddicke die in der Tabelle 2.6.110 angegebenen Bedingungen erfüllen. Bekleidungen dürfen nicht zur Reduzierung der angegebenen Wanddicken zum Ansatz gebracht werden. Geringere Dicken gegenüber DIN 4102-4 sind für Brandwände aus Ziegeln, Kalksand-
steinen, Porenbeton und Leichtbeton durch Prüfungen nach DIN 4102-3 nachgewiesen worden [7; 76; 134; 209]. Umfangreiche Informationen zum Brandschutz im Mauerwerkbau mit Praxisbeispielen enthält [67].
Einschalige Außenwände mit außenliegender verputzter Wärmedämmschicht (Wärmedämmverbundsystem) werden brandschutztechnisch je nach verwendeter Dämmstoffart unterschiedlich bewertet. Wärmedämmverbundsysteme mit Dämmstoffen aus schwer entflammbarem PolystyrolPartikelschaum (Baustoffklasse B1), mit einer maximalen Dicke von 100 mm nach allgemeiner bauaufsichtlicher Zulassung, dürfen auf Mauerwerk bis zur Hochhausgrenze eingesetzt werden. Wärmedämmverbundsysteme mit mineralischen Dämmstoffen, wie z. B. Mineralwolleprodukte der Baustoffklasse A1 oder A2, werden bei der Einstufung der Wände wie eine Putzschicht angesetzt. Die Außenwand ist brandschutztechnisch gleichwertig zu einer
verputzten Wand ohne Wärmedämmung. Wärmedämmverbundsysteme mit Dämmstoffen der Baustoffklasse B 2 dürfen nur bei Gebäuden bis zu zwei Vollgeschossen verwendet werden. Die von der Gebäudehöhe abhängigen Brandschutzanforderungen für vorgehängte hinterlüftete Fassaden sind bezüglich der erforderlichen Baustoffklasse der Fassadenbauteile in 2.6.109 zusammengestellt. Die durch Versuche in Frage gestellten Brandschutzanforderungen an hinterlüftete Außenwandbekleidungen sind weiterhin gültig [22]. Für zweischaliges Mauerwerk mit Luftschicht und Wärmedämmung oder Kerndämmung können bis zur Hochhausgrenze Wärmedämmstoffe der Baustoffklasse B2 verwendet werden. Bei Gebäuden mittlerer Höhe (7 bis 22 m) müssen davon abweichend durchgehende Schichten in Bauteilen F30-AB und F90 A-B aus Baustoffen der Klasse A bestehen. Im Falle einer Innendämmung sind für Gebäude bis 22 m normal entflammbare Wärmedämmstoffe der Baustoffklasse B2 zulässig. Für Rettungswege gelten Sonderregelungen.
2.6.111 (nach DIN 4102 Teil 4, Tabelle 39) Tragende, raumabschließende Wände aus Mauerwerk, Klammerwerte ( ) beidseitig geputzt. Ausnutzungsfaktor α2 = 1,0 Konstruktionsmerkmale Mindestdicke d in mm für Feuerwiderstandsklasse F90
2.6.112
2.6.113
Wände Porenbeton Blocksteine und Plansteine DIN 4165 175 Rohdichteklasse ≥ 0,5 (150) unter Verwendung von 1)2) Leichtbeton Hohlblöcke DIN 18151 Vollsteine und Vollblöcke DIN 18152 175 Mauersteine aus Beton DIN 18153 (140) Rohdichteklasse ≥ 0,6 1)3) unter Verwendung von Mauerziegel Voll- und Hochlochziegel DIN 105 175 Teil 1 unter Verwendung von 1) (115) Mauerziegel Leicht- und Hochlochziegel DIN 105 Teil 2 Rohdichteklasse ≥ 0,8 unter Verwendung von 1)3) Lochung A und B
(115)
Leichthochlochziegel W (240) Kalksandsteine 115 Voll-, Loch-, Block-, Hohlblock(115) und Plansteine DIN 106 Teil 1 und DIN 106 Teil A1 Vormauersteine und Verblender DIN 106 Teil 2 unter Verwendung von1)2)4) 1) Normalmörtel 2) Dünnbettmörtel 3) Leichtmörtel 4) Bei 3,0 < vorh. σ ≤ 4,5 N/mm2 gelten die Werte nur für Mauerwerk aus Voll-, Block- und Plansteinen.
Außenwände mit Wärmedämmung
(nach DIN 4102 Teil 4, Tabelle 40) Mindestdicke d tragender, nichtraumabschließender Wände aus Mauerwerk (mehrseitige Beanspruchung), Klammerwerte ( ) beidseitig geputzt, Ausnutzungsfaktor α2 = 1,0 Konstruktionsmerkmale Mindestdicke d in mm für Feuerwiderstandsklasse F 90
Porenbeton Blocksteine und Plansteine DIN 4165 Rohdichteklasse ≥ 0,5 unter Verwendung von 1)2) Leichtbeton Hohlblöcke DIN 18151 Vollsteine und Vollblöcke DIN 18152 Mauersteine aus Beton DIN 18153 Rohdichteklasse ≥ 0,6 unter Verwendung von 1)3) Mauerziegel Voll- und Hochlochziegel DIN 105 Teil 1 unter Verwendung von 1) Mauerziegel Leichthochlochziegel DIN 105 Teil 2 Rohdichteklasse ≥ 0,8 unter Verwendung von 1)3) Lochung A und B
240 (175)
240 (175)
240 (115)
(115)
Leichthochlochziegel W Ausnutzungsfaktor α2 = 1,0 (240) Kalksandsteine Voll-, Loch-, Block-, Hohlblock- und Plansteine DIN 106 Teil 1 und 140 DIN 106 Teil 1 A1 (115) Vormauersteine und Verblender DIN 106 Teil 2 unter Verwendung von 1)2) 1) Normalmörtel 2) Dünnbettmörtel 3) Leichtmörtel 4) Bei 3,0 < vorh. σ ≤ 4,5 N/mm2 gelten die Werte nur für Mauerwerk aus Voll-, Block- und Plansteinen.
(nach DIN 4102 Teil 4, Tabelle 38) nichttragende, raumabschließende Wände aus Mauerwerk oder Wandbauplatten, Klammerwerte ( ) beidseitig geputzt. Konstruktionsmerkmale Mindestdicke für die Feuerwiderstandsklasse F90
Wände mm Porenbeton 1001) Blocksteine und Plansteine DIN 4165 (75) Bauplatten und Planbauplatten DIN 4166 Leichtbeton 95 Hohlwandplatten DIN 18148 (70) Hohlblöcke DIN 18151 Vollsteine und Vollblöcke DIN 18152 Wandbauplatten DIN 18162 Mauersteine aus Beton DIN 18153 Mauerziegel 115 Voll- und Hochlochziegel DIN 105 (100) Teil 1 Leichthochlochziegel DIN 105 Teil 2 hochfeste Ziegel und Klinker DIN 105 Teil 3 Keramikklinker DIN 105 Teil 4 Kalksandsteine 115 Voll-, Loch-, Block-, Hohlblock- und (100) Plansteine DIN 106 Teil 1 und DIN 106 Teil 1 A1 Vormauersteine und Verblender DIN 106 Teil 2 1) Bei Verwendung von Dünnbettmörteln: d ≥ 50 mm.
201
Kenngrößen
Bauphysikalische Kenngrößen Symbol
Bezeichnung
Einheit
A
Fläche Feuchtekorrekturfaktor Abminderungsfaktor für Sonnenschutz spezifischer Transmissionswärmeverlust thermischer Leitwert Wärme, Wärmemenge Jahresheizenergiebedarf Jahresheizwärmebedarf Wärmegewinne Wärmeverluste Primärenergiebedarf Energiebedarf aus regenerativer Quelle gesamter Wärmeverlust durch das Heizsystem Energiebedarf für Wasseraufbereitung Wärmedurchlaßwiderstand innerer, äußerer Wärmeübergangswiderstand Wärmedurchgangswiderstand Sonneneintragskennwert Wärmedurchgangskoeffizient Wärmedurchgangskoeffizient Festerrahmen Wärmedurchgangskoeffizient Verglasung Wärmedurchgangskoeffizient Fenster Volumen Wasserdampf-Diffusionswiderstand Temperaturleitfähigkeit Wärmeeindringkoeffizient spezifische Wärmekapazität Dicke Aufwandzahl, primärenergiebezogen Temperaturfaktor solarer Gesamtenergiedurchlaßgrad Wasserdampf-Diffusionsstromdichte Wärmeübergangskoeffizient Masse flächenbezogene Tauwassermasse flächenbezogene Verdunstungsmasse Luftwechselrate Wasserdampfteildruck, Wasserdampfsättigungsdruck Wasserdampfteildruck, raum-/außenseitig Wärmestromdichte
m2 – – W/K W/K J oder W • s kWh/a kWh/a kWh/a kWh/a kWh/a kWh/a kWh/a kWh/a m2 • K/W m2 • K/W m2 • K/W – W/(m2 • K) W/(m2 • K) W/(m2 • K) W/(m2 • K) m3 m2 • h • Pa/kg m2/s J/(m2 • K • s0,5) J/(kg • K) m – – – kg/(m2 • h) W/(m2 • k) kg kg/m2 kg/m2 h–1 Pa Pa W/m2
Wasserdampf-diffusionsäquivalente Luftschichtdicke Zeitspanne massebezogener Feuchtegehalt Wasseraufnahmekoeffizient Ausnutzungsgrad Temperatur Lufttemperatur innen, außen innere Oberflächentemperatur Wärmeleitfähigkeit Wasserdampf-Diffusionswiderstandszahl Rohdichte
m d kg/kg kg/(m2 • h0,5) – °C °C °C W/(m • K)
Wärmestrom relative Luftfeuchte punktbezogener Wärmedurchgangskoeffizient längenbezogener Wärmedurchgangskoeffizient volumenbezogener Feuchtegehalt Schallintensität Schalldruckpegel, Schallpegel Schalldämm-Maß bewertetes Schalldämm-Maß Frequenz Schalldruck
W – W/K W/(M • K) m3/m3
Fm FC HT L Q Q Qh Qg Ql Qp Qr Qt Qw R Rsi, Rse RT S U (alte Bezeichnung: »k-Wert«) Uf Ug Uw V Z a b c d e, ep fRsi g g h m mW,T mW,V n p, ps pi, pe q sd t u w η (Eta) ϑ (Theta) ϑi, ϑe ϑsi λ (Lambda) μ (My) ρ (Rho) φ (Phi) φ χ (Chi) ψ (Psi) ψ J L R RW f p
202
m kg/m3
W/m2 dB dB dB Hz Pa
W K J a s h P kg d °C dB Hz
Meter Watt Kelvin Joule Jahr Sekunde Stunde Pascal Kilogramm Tag Grad Celsius Dezibel Hertz
Konstruktionen im Detail Mauerwerkatlas
Teil 3 · Konstruktionen im Detail
Inhaltsübersicht
Vorbemerkung
Flachdach Attika Warmdach
Geneigtes Dach Traufe Ortgang ohne Überstand Ortgang mit Überstand Ortgang mit Attika Staffelung Schornstein
Der Mauerwerkbau ist in Mitteleuropa nach wie vor die am meisten verbreitete Bauweise, vor allem im Wohnungsbau. Mit seinen vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten und seinen variantenreichen Konstruktionsarten hat er nichts an Aktualität eingebüßt. Im Gegenteil: Bedingt durch seine guten bauphysikalischen Eigenschaften hat sich das Vokabular des architektonischen Ausdrucks vergrößert. Die nachfolgenden »Konstruktionen im Detail« zeigen die vielfältigen Anwendungen von Mauerwerk. Für die Details wurden drei unterschiedliche Wandaufbauten gewählt:
Deckenanschluss
¤das einschalige Mauerwerk mit Putz
Öffnungen Fenster ohne Anschlag Fenster Anschlag innen Fenster Anschlag außen Tür ohne Anschlag Tür mit Anschlag
¤das zweischalige Sichtmauerwerk mit Hinterlüftung, Dämmung und tragender Innenschale
Terrassenanschluss
In einer schematischen Detailübersicht sind die wichtigsten Gebäudepunkte in den drei Konstruktionsarten dargestellt. Die grau hinterlegten Details sind im Maßstab 1:10 im folgenden Detailkatalog enthalten. Im Vordergrund der Detailüberlegungen standen handwerkliche Solidität und gestalterische Klarheit. Energieeffizientes Bauen bedingt durch immer bessere und stärkere Dimensionierung der Dämmung andere Wandkonstruktionen. Deshalb wurde die immer mehr verbreitete Anwendung der Kerndämmung in Verbindung mit einer selbständigen äußeren Wandschale von 24 cm Stärke in den Detailkatalog aufgenommen. Sie gewährleistet im Mauerwerkbau einen sicheren bauphysikalischen Wandaufbau, der in der Gestaltung der eigentlichen Mauerschale alle Freiheiten des Sichtmauerwerks zulässt.
Flachgeneigtes Dach Attika Kaltdach
Balkone Sockel Treppen Sonderdetails
204
¤das zweischalige Sichtmauerwerk mit Kerndämmung
Bei den Dachaufbauten sind diffusionsdichte Schichten, wo erforderlich, angegeben. In den übrigen Fällen enthalten die Details raumseitig diffusionshemmende Folien. Bei ausreichend diffusionsoffenen Unterspannbahnen kann auf eine raumseitige Bahn auch ganz verzichtet werden, wenn die unterhalb der Wärmedämmschicht liegenden Bauteilschichten, wie z. B. Spanplatten und Gipskartonplatten ausreichend diffusionshemmend sind. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass die erforderliche Luftdichtheit gewährleistet bleiben muss. Alle gezeigten Detailpunkte beziehen sich nicht auf konkrete Bauaufgaben, sondern sollen im Zusammenhang mit den erläuternden Texten auf Problempunkte aufmerksam machen und Lösungsansätze aufzeigen. Im Einzelfall ist die Eignung für die jeweiligen klimatischen Verhältnisse zu überprüfen. Ausführungen, die sich lediglich in den verschiedenen Wandaufbauten unterscheiden sind in der Detailübersicht schematisch dargestellt.
KonstruktionenÜbersicht im Detail
3.1.
Flachdach
3.2.
Attika Warmdach mit Blechabdeckung
3.3
Flachdach
Flachdach
Attika Warmdach mit Stahlprofil
Attika Warmdach mit Betonabdeckung
einschaliges Mauerwerk/Putz 36,5 cm Mauerwerk
3.1.1
3.2.1
3.3.1
3.1.2
3.2.2
3.3.2
3.1.3
3.2.3
3.3.3
zweischaliges Sichtmauerwerk 11,5 cm Vorsatzschale 5,5 cm Hinterlüftung 8,0 cm Dämmung 24,0 cm Innenschale
zweischaliges Sichtmauerwerk mit Kerndämmung 24,0 cm Außenschale 13,5 cm Dämmung 17,5 cm Innenschale
205
Konstruktionen Konstruktionenim imDetail Detail
3.4
Flachgeneigtes Dach
3.5
Geneigtes Dach
3.6
Traufe
Attika Kaltdach mit Blechabdeckung
Geneigtes Dach
Ortgang ohne Dachüberstand
einschaliges Mauerwerk/Putz 36,5 cm Mauerwerk
3.4.1
3.5.1
3.6.1
zweischaliges Sichtmauerwerk 11,5 cm Vorsatzschale 5,5 cm Hinterlüftung 8,0 cm Dämmung 24,0 cm Innenschale
1.4.2.3 3.4.2
3.5.2
3.6.2 3.6.2
3.4.3
3.5.3
3.6.3
zweischaliges Sichtmauerwerk mit Kerndämmung 24,0 cm Außenschale 13,5 cm Dämmung 17,5 cm Innenschale
206
Übersicht
3.7
Geneigtes Dach
Ortgang mit Dachüberstand
3.8
3.9
Geneigtes Dach
Geneigtes Dach
3.10
Schornstein
Staffelung
Ortgang mit gemauerter Attika
Geneigtes Dach
3.7.1
3.8.1
3.9.1
3.7.2
3.8.2
3.9.2
3.7.3
3.8.3
3.9.3
3.10.1 3.10.1
207
Konstruktionen Konstruktionenim imDetail Detail
3.11
Deckenanschluss
3.12
Öffnungen
3.13
Fenstersturz ohne Anschlag
Öffnungen Fenstersturz ohne Anschlag mit Rollladen
einschaliges Mauerwerk/Putz 36,5 cm Mauerwerk
3.11.1
3.12.1
3.13.1
3.11.2
3.12.2
3.13.2
3.11.3
3.12.3
3.13.3
zweischaliges Sichtmauerwerk 11,5 cm Vorsatzschale 5,5 cm Hinterlüftung 8,0 cm Dämmung 24,0 cm Innenschale
zweischaliges Sichtmauerwerk mit Kerndämmung 24,0 cm Außenschale 13,5 cm Dämmung 17,5 cm Innenschale
208
KonstruktionenÜbersicht im Detail
3.14
Öffnungen
3.15
Fenster Anschlag innen
Öffnungen
3.16
Fenster mit umlaufender Blechzarge
Öffnungen
3.17
Tür ohne Anschlag
Öffnungen Tür mit Anschlag
3.14.1
3.15.1
3.16.1
3.17.1
3.14.2
3.15.2
3.16.2
3.17.2
3.14.3
3.15.3
3.16.3
3.17.3
209
Konstruktionen Konstruktionenim imDetail Detail
3.18
Öffnungen
3.19
Balkone
3.20
Terrassenanschluss
Terrassentüre außen
einschaliges Mauerwerk/Putz 36,5 cm Mauerwerk
3.18.1
3.19.1
3.20.1
3.18.2
3.19.2
3.20.2
3.19.3
3.20.3
zweischaliges Sichtmauerwerk 11,5 cm Vorsatzschale 5,5 cm Hinterlüftung 8,0 cm Dämmung 24,0 cm Innenschale
zweischaliges Sichtmauerwerk mit Kerndämmung 24,0 cm Außenschale 13,5 cm Dämmung 17,5 cm Innenschale
3.18.3
210
KonstruktionenÜbersicht im Detail
3.21
3.22
Sockel
Treppen Innentreppe Hauseingang Kellerabgang
gemauerter Keller Sockelanschluss
3.23
Sonderdetails Rücksprung Eckausbildung Freistehende Mauern
3.21.1
3.22.1
3.22.2
3.21.2
3.21.3
3.23.1
3.22.3
3.23.2
3.23.3
211
Konstruktionen im Detail
11
12
Flachdach
Attika Warmdach
1
6
9
3.1.2 Attika mit Blechabdeckung auf zweischaligem Mauerwerk 3.2.2 Attika mit Steinabdeckung auf zweischaligem Mauerwerk 3.3.1 Attika mit Stahlprofil auf einschaligem Mauerwerk 3.3.2 Attika mit Stahlprofil auf zweischaligem Mauerwerk
10
3 4
6 2
14
Die gebräuchlichste Abdeckung der Mauerwerkwand ist die Blechabdeckung aus Kupfer, Titanzink oder verzinktem Eisenblech. Diese wird in der Regel auf einer ausreichend bemessenen Holzbohle befestigt. Die Holzbohle sollte nur auf dem tragenden Wandbauteil befestigt sein und die Vorsatzschale des Sichtmauerwerkes nicht belasten. Das Gefälle der Abdeckung sollte zur Dachfläche hin erfolgen. Gestalterisch relevant ist vor allem die Höhe der äußeren, als oberster Fassadenabschluss sichtbaren Blechabkantung. Es ist auch eine besondere Ausformung mit Rollrand möglich, die jedoch von den Vorgaben der DIN abweicht.
8
7
17
3.1.2
19
Der obere Abschluss der Wand mit einem Fertigteil zeichnet einen deutlichen, oft auch andersfarbigen Rand. Das aufgelegte Fertigteil bietet vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten in Ausbildung und Materialauswahl, vom einfachen Betonfertigteil bis zum bearbeiteten Naturstein. Beim Abdecken der zweischaligen Wand ist darauf zu achten, dass das Fertigteil nur mit der tragenden 24 cm starken Wand fest verbunden ist. Das Auflager auf der Vorsatzschale muss beweglich gehalten werden (Gleitfolie). Das Gefälle des Fertigteiles geht sinnvollerweise nach innen. Die Dilatationsfugen zwischen den einzelnen Fertigteilen müssen so ausgebildet sein, dass kein Wasser ins Mauerwerk eindringen kann und entsprechend sorgfältig ausgeführt werden. Sinnvoll ist ein Stufenfalz oder eine feuchtigkeitsdichte Unterlage. Zur Reduzierung von Wärmebrücken empfiehlt es sich, die Attika mit Steinen möglichst geringer Rohdichte (Wärmeleitfähigkeit) aufzumauern.
16
2 6
9
10
7
8
3 4
6
14 17
Zur dargestellten Ausführung der Ringanker siehe auch »Teil 2 – Grundlagen«, S. 142 ff. 1
3.2.2
212
Flachdach
Mit einem Stahlprofil wird der Flachdachrand an einem Mauerwerkgebäude besonders herausgearbeitet. Der obere Abschluss erhält eine Profilierung und kann sich in der Farbwahl besonders von der darunterliegenden Wand absetzen. Dieses Detail ist jedoch nicht ohne Tücken. Am oberen Ende einer einschaligen, verputzten Wand kann die Befestigung des Profiles direkt am Mauerwerk erfolgen. Allerdings ist darauf zu achten, dass das Stahlprofil Dilatationsfugen besitzt und die Bewegung an den Verankerungen aufgenommen werden kann. Die Bewegungsfuge zwischen Stahlprofil und einem oberen Putzabschlussprofil muss als Wartungsfuge dauerelastisch versiegelt werden, um das Eindringen von Feuchtigkeit ins Mauerwerk zu verhindern. Eine Abdeckung des Stahlprofiles muss unbedingt erfolgen, um Wassereintritt an der Dilatationsfuge zu vermeiden. Die vorgeschlagene Ausführung mit einer UV-beständigen Folie und einer Anpressleiste auf dem Stahlprofil stellt besondere Anforderungen an die Abdichtung. Dabei ist darauf zu achten, dass der Anschluss mit der Pressleiste mit großer Sorgfalt ausgeführt wird. Der Attika-Abschluss an einem Sichtmauerwerkgebäude mit einem Stahlprofil ist sorgfältig an den zweischaligen Wandaufbau anzupassen (3.3.2). Zunächst muss darauf geachtet werden, dass die Befestigung des Stahlprofils an der Tragwand genaue Justiermöglichkeiten einräumt (Langloch) und das Profil die Dilatationen aufnehmen kann. Eine direkte Verbindung mit der Vorsatzschale muss vermieden werden. Die Ausbildung dieser Fuge muss wasserdicht erfolgen, d.h. dass der obere Abschluss der Vorsatzschale mit einer wasserdichten Bahn sorgfältig abgeklebt wird und die Fuge zum Profil beweglich gehalten werden muss. Für die Abdeckung des Profils gilt das gleiche wie bei Detail 3.3.1 beschrieben. Das Detail kann auch statt einer UV-beständigen Folie mit einer zusätzlichen Blechabdekkung erheblich aufwändiger ausgeführt werden. (siehe »Gebaute Beispiele im Detail« Beispiel 12)
15
13
6
9
10
14
5
6
14
7
8
1
17
3.3.1
15
6
10
13
3 4
6 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17
Mauerwerk – tragende Konstruktion Vormauerung Hinterlüftung Maueranker Außenputz Wärmedämmung Stahlbetondecke Dachbahn, diffusionsdicht Dachabdichtung Kiesschüttung Abdeckblech Holzbohle Stahlprofil Gleitfolie UV-beständige Dachdichtungsbahn Klemmprofil Ringanker/-bewehrung
2
14
7
8
17
1
3.3.2
213
Konstruktionen im Detail
11
Flachgeneigtes Dach Attika Kaltdach 21
9
22
14
7
3.4.2 Attika Kaltdach auf zweischaligem Mauerwerk 3.4.3 Attika Kaltdach auf kerngedämmtem Mauerwerk
2 3 4
6
Beim Anschluss einer nichttragenden Vorsatzschale mit Attika an ein Kaltdach ist eine ausreichende Entlüftungsöffnung sowohl für die Hinterlüftung der Vorsatzschale als auch für den Dachaufbau herzustellen. Es ist jedoch darauf zu achten, dass die letzte Verankerung der Vorsatzschale mit dem Tragwerk so nahe wie möglich an der Oberkante der Vormauerung angebracht wird. Das gezeigte Detail gilt für kurze Gefällestrecken. Bei höheren Dachrändern muss die Attika zweischalig ausgebildet werden, um die Vormauerschale verankern zu können.
17
1
3.4.2
11
21
9
Die Attika einer kerngedämmten Außenwand gleicht Detail 3.4.2. Eine Stabilisierung der Außenschale ist hier nicht erforderlich. Der erforderliche Lüftungsquerschnitt des Kaltdaches ergibt sich aus der Dachneigung. Eine Deckung mit Blechbahnen und Doppelstehfalz ist ab einer Neigung von 7° möglich. Um eine höhere Sicherheit vor Flugschnee zu erreichen, ist die Blechabdeckung aufwändiger ausgeführt.
22
2
14
7
17
1 6
3.4.3
214
1 2 3 4 5 6 7 8 9 11 14 17 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 37
Mauerwerk – tragende Konstruktion Vormauerung Hinterlüftung Maueranker Außenputz Wärmedämmung Stahlbetondecke Dachbahn, diffusionsdicht Dachabdichtung Abdeckblech Gleitfolie Ringanker/-bewehrung Holzkonstruktion des Kaltdaches Deckung Blechbahnen mit Stehfalz Sparren Regenrinne Dachziegel Unterdeckbahn, diffusionsoffen Schwelle/Fußpfette Holzverschalung Dachbahn, diffusionshemmend Dachlattung Pressleiste Insektenschutz
Geneigtes Dach
Geneigtes Dach – Traufe 3.5.1 Traufe bei einschaligem Mauerwerk 3.5.2 Traufe bei zweischaligem Mauerwerk 30
26 25
29
Die Ausbildung der Traufe erfolgt beim einschaligen, verputzten Mauerwerk mit einer äußeren Vormauerung vor Ringanker und Fußpfette. Bei einem Dachüberstand muss der Putzabschluss um die Sparrenköpfe erfolgen. Bei höher gezogenem Ortgang der Giebelmauer ist auf die Einführung der Ortgangrinne in die Traufrinne zu achten. (Siehe Detail 3.8.1 und 3.8.3) Auf der Innenseite ist darauf zu achten, dass der Anschluss der diffusionshemmenden Bahn winddicht an das aufgehende Mauerwerk erfolgt. Im gezeigten Beispiel ist hierfür eine Pressleiste vorgeschlagen.
28 31 37 27
17
23
24
6 5
1
3.5.1
Die Fußpfette der Dachkonstruktion im Detail 3.5.2 liegt auf der Außenseite der Tragwand auf. Die Vormauerung auf der Innenseite dient als Putzträger. Auf einen winddichten Anschluss der diffusionshemmenden Bahn (hier eingeputzt) wird hingewiesen. Über der Vormauerschale muss noch ein ausreichender Sparrenquerschnitt für die Befestigung der Dachschalung vorhanden sein. Die Entlüftung der Vormauerschale erfolgt an der Traufe. Der Entlüftungsquerschnitt ist gegen Insekten zu schützen. Bei seitlich höher gezogenem Ortgang der Giebelmauer gilt für die Ortgangrinne das gleiche wie vorgenannt. Da die Vormauerschale den eigentlichen Wetterschutz bildet, kann auf einen Dachüberstand verzichtet werden.
30
26
25 23
37 29 28
37
8 27
24
17 2 3 4
6
1
3.5.2
215
Konstruktionen im Detail
25
23
30
26
Geneigtes Dach – Ortgang 3.6.1 einschaliges Mauerwerk mit eingemörteltem Ziegel 3.6.2 zweischaliges Mauerwerk mit Ortgangziegel 3.6.3 kerngedämmtes Mauerwerk mit Blechprofil 3.7.1 einschaliges Mauerwerk mit Zahnleiste und Dachüberstand 1
31
29
28
5
Der direkt an einen in Mörtel verlegten Schlussziegel angearbeitete Außenputz ist ein inzwischen weniger gebräuchliches Detail. Es ist jedoch nach wie vor ein typisches Mauerdetail und muss lediglich mit handwerklicher Sorgfalt ausgeführt werden. Dabei ist es wichtig, den Schlussziegel satt in Mörtel (Mörtelgruppe II) zu verlegen und die Dachunterdeckbahn mit diesem zu fixieren. An der Außenseite werden die einzelnen Ziegelsteine mit dem Mörtel sauber ausgestrichen, um dem Außenputz einen soliden Untergrund zu bieten. Detail 3.6.1 bezieht sich auf Bauten mit geringer Geschosszahl und kommt ohne Ringanker aus. 3.6.1 30
3
23
25
26
Ein fast bündiger Abschluss einer zweischaligen Mauerwerkwand kann mit einem Ortgangziegel erfolgen. Für die obere Reihe der Vormauerung sind verschiedene Varianten vorstellbar (vgl. Detail 3.8.3) Sollte die oberste Steinreihe mit schrägem Anschnitt ausgeführt werden, kann dieser teilweise vom Ortgangziegel abgedeckt werden. Dabei muss allerdings die Entlüftungsmöglichkeit der Vorsatzschale erhalten bleiben. Die Befestigung der äußeren Dachlattung kann auf der auskragenden Schalung erfolgen. Dieses Detail kann in ähnlicher Weise bei einschaligen, verputzten Mauerwerkwänden eingesetzt werden.
2 3
4
31
28
29
17
6
1
3.6.2
216
Geneigtes Dach
23
17
25
31
30
26
28
29
2 6
Ein präziser Abschluss eines ziegelgedeckten Dachrandes, der die Ziegelenden verdeckt, lässt sich aus abgekanteten Blechen herstellen. Diese werden als kleine Rinne ausgebildet, in die die letzte Ziegelreihe mündet. Der Blechrand leistet ebenfalls die Abdeckung der oberen, entsprechend der Dachneigung geschnittenen Vormauersteinreihe. Hierzu muss in entsprechendem Abstand zum Mauerwerk eine Tropfkante ausgebildet werden. Die Blechrinne muss an der Traufe in die Ebene des Einlaufbleches der Entwässerungsrinne integriert werden. 3.6.3 30
Der gebräuchlichste Ortgangabschluss mit einer hölzernen Zahnleiste kann mit unterschiedlichen Dachüberständen ausgeführt werden. Bei größerem Dachüberstand muss für eine solide Unterkonstruktion (Stichgebälk) gesorgt werden. Die Unterschalung (bei kleinem Dachüberstand genügt ein Brett) kann an der Stichlattung befestigt werden. Sie wird erst nach dem Aufbringen des Außenputzes eingepasst. Detail 3.7.1 bezieht sich auf Bauten mit geringer Geschosszahl und kommt ohne Ringanker aus.
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25
26
81
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29
5
1
1 2 3 4 5 6 8 11 17 23 25 26 28 29 30 31
Mauerwerk – tragende Konstruktion Vormauerung Hinterlüftung Maueranker Außenputz Wärmedämmung Dachbahn, diffusionsdicht Abdeckblech Ringanker/-bewehrung Sparren Dachziegel Unterdeckbahn, diffusionsoffen Holzschalung Dachbahn, diffusionshemmend Dachlattung Pressleiste
3.7.1
217
Konstruktionen im Detail
12
Geneigtes Dach – Ortgang 11
24
6
23
31
1
26
25
28
3.8.1 einschaliges Mauerwerk mit gemauerter Attika und Blechabdeckung 3.8.3 zweischaliges Mauerwerk mit gemauerter Attika
30
Die gemauerte Attika mit einer innenliegenden Entwässerungsrinne ist für den glatten Dachrand ein bewährtes Gestaltungsmittel. Die Abdeckung der verputzten Wand kann in Blech (oder mit Betonfertigteilen oder Natursteinabdeckungen) ausgeführt werden. Der Dachrand sollte mindestens 17,5 cm stark gemauert werden. Die hinter der gemauerten Brüstung liegende Rinne muss in das Einlaufblech der Entwässerungsrinne an der Traufseite integriert werden (siehe Detail 3.5.1).
29
5
3.8.1
Der Wandabschluss mit einer gemauerten Rolloder Grenadierschicht lässt sich in dieser Form nur mit einer 24 cm starken SichtmauerwerkAußenschale verwirklichen. Dabei sollten die Steinschichten unterhalb der Grenadierschicht soweit verkürzt werden, dass die innenliegende Blechrinne mit dem Überhangblech von der Grenadierschicht überdeckt wird. Bei sorgfältig ausgeführter vollfugiger Aufmauerung (ggf. mit wasserabweisendem Mörtel) ist keine weitere Abdeckung erforderlich. Die Anpassung an die Dachschrägen erfolgt grundsätzlich in den Mauerwerkschichten unterhalb der Roll- oder Grenadierschicht.
32 24
6
23
17
31
26
25
6
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29
2 6
1
3.8.3
218
Geneigtes Dach
Geneigtes Dach – Staffelung 3.9.1 Staffelung bei einschaligem Mauerwerk 3.9.2 Staffelung bei zweischaligem Mauerwerk
1 5
25
Die Details 3.9.1 und 3.9.2 zeigen Anschlusspunkte zwischen Gebäuden mit unterschiedlicher Geschosszahl sowie bei Gebäudeversätzen. Die Anschlüsse Wand – Dach sind immer mit besonderer Sorgfalt zu behandeln. Die Lage der Anschlussziegel muss mit dem unteren Ende des Daches abgestimmt werden. An der abgestaffelten Fassade sollte der Anfang der Regenrinne und des Einlaufbleches mit dem Wandanschluss eine durchgehende Linie bilden. Die Rinne muss an der verputzten Wand mit dem unteren Putzabschluss enden. Der Putz ist mit einer Putzabschluss-Schiene von der Regenrinne zu trennen und im Dachanschlussbereich als Sockelputz (Mörtelgruppe II) auszuführen. Der Wandaufbau ist so zu wählen, dass der durchgehende Wandschlitz für die Regenrinne die Statik nicht beeinträchtigt. Bei Detail 3.9.2 muss die Vorsatzschale auf eine durchgehende Konsole aufgestellt werden. Dabei kann die Vorsatzschale der Dachneigung gleichmäßig folgen. Hier empfiehlt es sich, die untere Schicht als Rollschicht oder ganze Steinschicht auszuführen und die angeschnittenen Steine in die darüberliegen-de Schicht zu legen. Für Detail 3.9.3 (siehe Detailübersicht, S. 207) gelten diese Hinweise analog. Dabei könnte der untere Anschluss hinter dem Rinnenblech auch betoniert werden.
Mauerwerk – tragende Konstruktion Vormauerung Maueranker Außenputz Wärmedämmung Stahlbetondecke Dachbahn, diffusionsdicht Abdeckblech Holzbohle Klemmprofil Ringanker/-bewehrung Sparren Regenrinne Dachziegel Unterdeckbahn, diffusionsoffen Holzschalung Dachbahn, diffusionshemmend Dachlattung Quetschleiste Kappleiste Abfangung, Stahlprofil
23
26
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7
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6
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3.9.1
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3 2
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1 2 4 5 6 7 8 11 12 16 17 23 24 25 26 28 29 30 31 32 33
30
7
24
25
31
26
28
29
3.9.2
219
Konstruktionen im Detail
Geneigtes Dach – Schornsteinkopf 38
3.10.1 Schornsteinkopf mit Blechverwahrung 3.10.2 eingemörtelter Dachziegel
Schornsteinköpfe auf geneigten Hausdächern sind grundsätzlich gegen Wasser zum Hausdach zu verwahren. Schornsteine stehen idealerweise am Dachfirst, weil damit vermieden wird, dass an einer Seite eine Kehle ausgebildet werden muss. Dieser Fall wird in Detail 3.10.1 gezeigt. Durch die in der Holzdachkonstruktion ausgewechselte Öffnung wird der Kamin mit Schamotteinnenrohr, Dämmung und Mantelstein hochgeführt. Der Mantelstein ist auch mit einem Kragplattenstein für die Vormauerungen lieferbar. Dann kann die Vormauerung auch nur bis unterhalb der Auswechslung geführt werden. Um Blech und Unterdeckbahnen besser an die Vormauerung anschließen zu können, sollten die entsprechenden Steinschichten ca. 3–4 cm dünner geschnitten werden. In der entstehenden Mauernische kann umlaufend die Unterdeckung sowie die Blechabdeckung mit Überhangblech befestigt und abgedichtet werden. Ein Betonfertigteil deckt den Kaminkopf mit dem Ende der Kaminöffnung und des Mantelsteines ab.
34 35
32
30 26 36 25
Bei einer Vormauerung des Schornsteinkopfes mit 24 cm starkem Mauerwerk können bei entsprechenden klimatischen Verhältnissen die Dachziegel auch in einer Aussparung ringsum eingemörtelt werden. Hierbei empfiehlt sich eine faserbewehrte Vermörtelung. Die 24 cm starke Vormauerung kann durch den ringförmig angelegten Verband ohne Schwierigkeiten auf dem 11,5 cm starken darunterliegenden Mauerwerk aufgelagert werden.
31 6 29 28
3.10.1
36 26 30 25
31 6 29
3.10.2
220
28
Deckenanschluss
Deckenanschluss 3.11.1 Anschluss Stahlbetondecke an einschaliges Mauerwerk 3.11.2 Anschluss Holzbalkendecke an zweischaliges Mauerwerk 3.11.3 Anschluss Stahlbetondecke an kerngedämmtes Mauerwerk
1 5
39
40
6
Grundsätzlich sind die Deckenanschlusspunkte so auszuführen, dass eine ausreichende thermische Trennung gewährleistet ist. Beim einschaligen verputzten Mauerwerk (3.11.1) sollte der äußere Abschluss vor der Deckenstirn auf jeden Fall im gleichen Material wie die gesamte Wandkonstruktion erfolgen. Damit wird ein gleichmäßiger Untergrund für den Putzauftrag hergestellt. Ein Streifen aus kompressiblem Werkstoff an der Innenseite des Deckenauflagers schützt die Mauersteinlage unterhalb der Decke vor Kantenpressung.
7
41
3.11.1
1 4 40
39 2
Bei der zweischaligen Wand ist die thermische Trennung (3.11.2) von selbst gegeben. Das Detail gilt analog auch für sichtbares Mauerwerk der inneren Tragschale. Bei der Ausführung mit einer Geschossdecke in Holzkonstruktion ist das Auflager der Holzbalken auf einer Trennfolie zum Mauerwerk hin herzustellen. Außerdem müssen vor den Balkenköpfen Lüftersteine vermauert werden.
3 6
43
42 17
3.11.2
1 2 3 4 5 6 7 8 17 25 26 28 29 30 31 32 34 35 36 38 39 40 41 42 43
Mauerwerk – tragende Konstruktion Vormauerung Hinterlüftung Maueranker Außenputz Wärmedämmung Stahlbetondecke Dachbahn, diffusionsdicht Ringanker/-bewehrung Dachziegel Unterdeckbahn, diffusionsoffen Holzschalung Dachbahn, diffusionshemmend Dachlattung Quetschleiste Kappleiste Schamotterohr Mantelstein Auswechslung Kaminkopfabdeckung, Betonfertigteil Trittschalldämmung schwimmender Estrich Kunststoffstreifen, kompressibel Deckenbalken Lüfterstein
2
1
6
39
41
40
7
3.11.3
221
Konstruktionen im Detail
Öffnungen Fenster ohne Anschlag 3.12.1 Fenstersturz im einschaligen Mauerwerk 3.12.2 Fenstersturz im zweischaligen Mauerwerk mit Jalousie 3.12.3 Fenstersturz im kerngedämmten Mauerwerk mit Rollladenkasten 3.13.2 Fenstersturz im zweischaligen Mauerwerk mit Rollladenkasten
1 5
39
40
45
7
6
53
3.12.1
Beim zweischaligen Mauerwerk (3.12.2) kann in den Zwischenraum zwischen Tragmauerwerk und Vormauerschale eine SonnenschutzJalousie eingebaut werden. Dabei muss auf eine ausreichende Dämmung des Betonsturzes geachtet werden. Die Dämmung sollte durch eine Blechabdeckung geschützt sein. Der Jalousie-Antrieb sollte bei dieser Ausführungsart auf jeden Fall motorisch sein. Der Sturz der Vormauerschale kann bei Spannweiten bis zu 2 m als scheitrechter Sturz gemauert werden, bei größeren Spannweiten kann er mit Stahlprofilen unterstützt werden.
1 2 3
39
4
40
6
46 50 7 51 53
3.12.2
222
Die Ausbildung von Fensterstürzen ohne Anschlag ist grundsätzlich möglich, man muss aber auf eine solide Abdichtung der umlaufenden Anschlussfugen zwischen Fensterkonstruktion und Rohbau achten. Von der Baustoffindustrie werden unterschiedliche Fertigstürze angeboten. Bei allen Ausführungen ist darauf zu achten, dass eine ausreichend bemessene Dämmung eingelegt ist. Das Detail 3.12.1 zeigt eine ausbetonierte und bewehrte Sturzschale mit eingearbeiteter Dämmung. Dabei muss die Sturzschale aus porosiertem Ziegelstein hergestellt sein. Eine anschlagslose Detailausbildung wird mit weiterer Verschärfung der Wärmeschutzanforderungen zunehmend problematisch werden.
1 2 3 4 5 6 7 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53
Mauerwerk – tragende Konstruktion Vormauerung Hinterlüftung Maueranker Außenputz Wärmedämmung Stahlbetondecke Trittschalldämmung schwimmender Estrich Kunststoffstreifen, kompressibel Deckenbalken Lüfterstein offene Stoßfuge Sturz, Leichtziegel-U-Schale Sturz, gemauert Flachsturz Sturz, Betonfertigteil Fertigsturz Jalousie Holzzarge Rollladen mit Kastenprofil Holzfenster
Öffnungen
1
2
39
6
Beim Fenstersturz ohne Anschlag im Mauerwerk mit Kerndämmung (3.12.3) sollte das Fenster in der Ebene der Dämmung angeordnet werden. Der innere Fenstersturz kann als Fertigteil-Flachsturz hergestellt werden. Besondere Beachtung muss einem sorgfältigen Anschluss an die Dämmung im Anschlagbereich geschenkt werden. Die im Detail dargestellte Lösung setzt voraus, dass nach der Montage des Blendrahmens der Zwischenraum zwischen Kerndämmung und Fensterprofil nachgedämmt (PU-Schaum) und die Öffnung mit einer umlaufenden Profilleiste geschlossen wird. Die Laibung ist mit Gipskartonplatten bekleidet.
40
7
41
47
46
53
3.12.3
Von der Industrie werden Rollladenkastenelemente angeboten, die alle Anforderungen an die Dämmung erfüllen. Für einschaliges Mauerwerk wird ein Putzträger als äußerer Abschluss des Rollladenkastens angeboten. Die Rollladenkästen sind passend zu allen gängigen Wandstärken auf dem Markt. Die Ausführung eines Rollladenkastens im zweischaligen Mauerwerk ist hinter der Vormauerschale vorzunehmen. Das gezeigte Detail geht hier von einem sichtbar belassenen Betonsturz aus, der seitlich in das Mauerwerk einbindet. Die Hinterlüftung der Vormauerschale muss oberhalb des Rollladenkastens vorgenommen werden. Eine Feuchtigkeitsisolierung im Bereich der Luftschicht muss vorgesehen werden.
2
1
3 39
4
40
6
44 7
48
52
3.13.2
223
Konstruktionen im Detail
1
39
40
Öffnungen Fenster mit Innenanschlag
5
3.14.1 Innenanschlag im einschaligen Mauerwerk 3.14.2 Innenanschlag im zweischaligen Mauerwerk
6
7
47
Fenster mit innenliegenden Anschlägen sind einfacher und solider abzudichten. Die Dichtungsfugen können verdeckt, also nicht in der Ansicht liegend, ausgeführt werden. Die Profile der Blendrahmen müssen entsprechend verstärkt werden, wenn man von außen eine gleichmäßig umlaufende Ansichtsfläche erhalten will. Die Sturzausbildung in Detail 3.14.1 kann je nach Öffnungsgröße mit einem Flachsturz ausgebildet werden. Auf eine ausreichende Dämmung zwischen Sturzvormauerung und innerem Betonsturz ist zu achten. Die im Detail vorgeschlagene innere Holzlaibung deckt auf der Fensterinnenseite die Wärmedämmung ab. Die äußere Fensterbank, hier als Blechbank dargestellt, kann auch als Werkstein- oder Natursteinfensterbank ausgeführt werden.
51
53
3.14.1
2
seitlicher Anschluss Blechfensterbank
1 39
3
40
44
Im zweischaligen Mauerwerk (3.14. 2) wird das Fenster wie bei Detail 3.14.1 angebracht. Der Sturz kann bei entsprechender Öffnungsbreite als scheitrechter Sturz gemauert werden. Öffnungen ab 2,00 m benötigen eine zusätzliche Unterstützung mit Stahlprofilen. Für die Belüftung der Vormauerschale muss oberhalb des Sturzsteines gesorgt werden. Die Fensterbank ist in Detail 3.14.2 als Betonfertigteil dargestellt. Sie kann auch als Rollschicht ausgeführt werden.
46 7 51 53
seitlicher Anschluss Fertigteil
6
3.14.2
224
Öffnungen
1
Öffnungen Fenster mit umlaufender Blechzarge
5
3.15.1 Blechzarge im einschaligen Mauerwerk mit Außenanschlag 3.15.2 Blechzarge im zweischaligen Mauerwerk ohne Anschlag
6
39
40
47
Außen angeschlagene und nach außen zu öffnende Fenster sind in nördlichen Gegenden Europas üblich und sinnvoll. Für einen ausreichenden Schutz gegen Schlagregen vor allem des oberen Anschlages muss gesorgt werden. Detail 3.15.1 zeigt eine umlaufende Stahlblechzarge, die gleichzeitig die Fensterbank bildet. Beim einschaligen Mauerwerk ist darauf zu achten, dass das Fenster in der Dämmebene der Sturzdämmung liegt. Die sorgfältige Ausbildung des Putzanschlusses an die Blechzarge mit Putzabschluss-Schiene und dauerelastischer Fugenausbildung ist wichtig.
54
7
53
3.15.1
Die Blechzarge beim zweischaligen Mauerwerk (3.15.2.) erfüllt die gleichen Anforderungen wie bei Detail 3.15.1. Detail 3.15.2 zeigt eine Ausführung ohne inneren Mauerwerkanschlag. Die Blechzarge übernimmt bei entsprechendem Überstand an der Außenkante der Vormauerung auch hier die Funktion der Fensterbank.
1 2
39
40
3 4
44 33 7 51 53 1 2 3 4 5 6 7 39 40 41 42 43 44 46 47 51 53 54
Mauerwerk – tragende Konstruktion Vormauerung Hinterlüftung Maueranker Außenputz Wärmedämmung Stahlbetondecke Trittschalldämmung schwimmender Estrich Kunststoffstreifen, kompressibel Deckenbalken Lüfterstein offene Stoßfuge Sturz, gemauert Flachsturz Holzzarge Holzfenster Zarge, Stahlblech
54 6
3.15.2
225
Konstruktionen im Detail
2
Öffnungen Türöffnungen
1
44 4
3.16.2 Türöffnung im zweischaligen Mauerwerk ohne Anschlag 3.17.1 Türöffnung im einschaligen Mauerwerk mit Außenanschlag 3.17.2 Türöffnung im zweischaligen Mauerwerk mit Innenanschlag 3.18.2 Terrassentüre im zweischaligen Mauerwerk
3 46
6
55 57
39
40
3.16.2
Für den Türanschlag mit nach außen aufschlagender Türe (3.17.1) ist der Regenschutz des oberen Anschlags (wie bei Detail 3.15.1.und 3.15.2) sicherzustellen. Die umlaufende Blechzarge übernimmt diese Funktion und bildet am Fußpunkt Schwelle und Türanschlag. Aufgrund dessen sollte ihre Stärke trittstabil gewählt werden. Bei zweischaligem Mauerwerk ist die Blechzarge von der Vormauerschale abgetrennt auszuführen. Dabei kann dann ein Spalt für die Belüftung der Vormauerschale ausgebildet werden.
5 6 49 54
47 51
56
57
39
40
6
7
3.17.1
226
Für Türöffnungen ohne Anschlag gelten ähnliche Bedingungen wie bei Fenstern ohne Anschlag. Wegen des Bodenanschlusses im Bereich der zweischaligen Außenwand hat die Tür ihren Standort bevorzugt an der Außenseite der Tragwand. Den Abschluss des Bodenaufbaus bildet ein Stahlprofil, das gleichzeitig den unteren Türanschlag herstellt. Die Rollschicht der Schwelle benötigt ein eigenes Auflager. Die Dämmebene wird durch eine auf der Außenseite in der Laibung umlaufende Holzzarge abgedeckt. Der Sturz kann bei üblichen Türbreiten als gemauerter scheitrechter Sturz ausgeführt werden. Die Belüftung der Vormauerschale erfolgt darüber. Die Folie als Feuchtigkeitssperre oberhalb der Zarge muss unterhalb der Belüftung in die Vormauerschale geführt werden.
Öffnungen
1 2 3 4 5 6 7 14 17 19 39 40 41 42 43 44 46 47 49 51 54 55 56 57 58 60 64
Mauerwerk – tragende Konstruktion Vormauerung Hinterlüftung Maueranker Außenputz Wärmedämmung Stahlbetondecke Gleitfolie Ringanker/-bewehrung Betonfertigteil Trittschalldämmung schwimmender Estrich Kunststoffstreifen, kompressibel Deckenbalken Lüfterstein offene Stoßfuge Sturz, gemauert Flachsturz Fertigsturz Holzzarge Zarge, Stahlblech Holztüre mit Wetterschenkel Holztüre nach außen aufschlagend Türanschlag, Stahlprofil Terrassenbelag Holzfenstertüre Entwässerungsrinne mit Gitterrost
1 3 2 39
4
40
44 6 46 7
55
Das Detail 3.17.2 zeigt einen gemauerten 24 cm starken Sturz. Die gemauerte Laibung bleibt sichtbar. Die Türe ist hinter Laibung und Sturz innen angeschlagen. Bei dieser Ausführung ist darauf zu achten, dass der Sturz ausreichend gedämmt ist und eine Feuchtigkeitssperre eingebaut wird.
3.17.2
Terrassenanschlüsse am Übergang zum Innenraum können grundsätzlich mit Stufen gelöst werden. Detail 3.18.2 zeigt dagegen den höhengleichen Übergang von innen nach außen mit einem entsprechenden Absatz in der Geschossdecke. Gezeigt wird nur der Übergang an der Öffnung. Die Vormauerschale der zweischaligen Wand wird auf einer durchgehenden Konsole oberhalb der Dachdämmung gelagert. Der Übergang von der Türöffnung zur Terrasse wird mit einer Wasserrinne mit Gitterrost ausgeführt, die an das Entwässerungssystem angeschlossen wird.
60
9
Bei einschaligem Mauerwerk mit verputzter Oberfläche, wie in der Detailübersicht in Abb. 3.18.1, S. 210 schematisch dargestellt, kann die Wand auf der Decke aufgestellt werden. Bei kerngedämmtem Aufbau wird die 24 cm starke Außenschale wiederum auf einer durchgehenden Konsole gelagert (siehe Detailübersicht Abb. 3.18.3).
10
58
64
39
40
33
3.18.2
7
8
33
227
Konstruktionen im Detail
Balkone 1
3.19.1 Balkonplatte durchlaufend 3.19.2 Balkonplatte thermisch getrennt
5
39
40
61
59
14 62
7
17
3.19.1a
1
60
5
39
40
61
59 62
7
47 17
3.19.1b
228
Balkone, deren Tragkonstruktion mit der Geschossdecke zusammenhängt, sind grundsätzlich problematisch. Bauphysikalisch besser ist es, die Balkonkonstruktionen als selbständige, unabhängige Konstruktion vor die Außenwand zu stellen. Bei einschaligem Mauerwerk wird die Deckenkonstruktion jedoch oftmals nach außen durchlaufend ausgeführt. Dabei muss die Innenseite der Decke ausreichend gedämmt werden (3.19.1a). Die Dämmung muss zur Reduzierung der Wärmebrückenverluste in einer ausreichenden Breite (min. 50 cm) entlang der gesamten Längsseite des Deckendurchgangs ausgeführt werden. Es ist allerdings zu beachten, dass hierdurch die Oberflächentemperaturen an der Kante zwischen Decke und Wand gegenüber einer nicht gedämmten Decke um etwa 2 °K abgesenkt werden. Eine deutliche Verbesserung erreicht man hier, wenn die Wärmedämmung 2 cm tief in das Außenmauerwerk hineinreicht. Ähnlich positive Effekte ergeben sich durch einen etwa 10 cm breiten Dämmstreifen, der unter der Decke vertikal im Mauerwerk eingelegt wird. Wegen der unterschiedlichen Verformungen sollte die Decke gleitend auf das Mauerwerk aufgelegt werden. Im Öffnungsbereich (3.19.1b) ist analog zu verfahren. Dabei sollte der äußere Sturz ebenfalls aus Mauerwerk hergestellt werden um einen gleichmäßigen Putzgrund zu erhalten. Auf eine ausreichende Dämmung des Sturzes ist zu achten. Eine kleine Stufe von innen nach außen ist bei dieser Ausführung unvermeidbar und nur bei größerem Aufwand (Ausgleich durch Deckenstärke) zu vermeiden. Es ist darauf zu achten, dass die Feuchtigkeitsisolierung des Balkonbelages seitlich bis Unterkante des Putzabschlusses hochgezogen wird. Diese wird mit einem Sockel aus dem Material des Balkonbelages abgedeckt.
Balkone
Eine bessere Ausführung der Balkonanschlüsse bietet die konsequente thermische Trennung im Deckenbereich (3.19.2a). Der Vorteil dieser Konstruktion liegt unter anderem auch in der Möglichkeit, den Balkon als Fertigteil mit einer fertigen Oberfläche auszubilden. Bei zweischaligem Mauerwerk sollte die Deckenstärke der Balkonplatte mit dem Steinmaß koordiniert werden. Die Vormauerschale ist mittels durchgehender Konsole getrennt vom Balkon zu lagern. Auch die Steinlage unterhalb der Balkonplatte ist ohne kraftschlüssige Verbindung auszuführen. Im Öffnungsbereich (3.19.2b) ist der gemauerte Sturz ebenfalls von der Balkonplatte zu trennen. Der äußere Sturz wird durch ein seitlich in die Vormauerschale einbindendes Stahlprofil abgefangen. Zur Vermeidung von Kältebrücken steht die Fensterkonstruktion sinnvollerweise immer in der Dämmebene. Das im Detail 3.19.2b dargestellte Abdeckblech sollte in feuerverzinktem Stahlblech in ausreichender Stärke (4 mm) ausgeführt werden. Unter dieser Abdeckung muss die Balkonplatte mit dem unteren Blendrahmen mittels einer Folie dicht abgeklebt werden. Das dargestellte Detail bildet eine deutliche Höhendifferenz aus und ist daher für eine behindertengerechte Ausführung nicht geeignet.
2 1
3 4 6
39
44
59
33
63
44
41
40
7
3.19.2a
60
39
1 2 3 4 5 6 7 14 17 33 34 35 36 37 38 39 40 41 44 59 60 61 62
Mauerwerk – tragende Konstruktion Vormauerung Hinterlüftung Maueranker Außenputz Wärmedämmung Stahlbetondecke Gleitfolie Ringanker/-bewehrung Abfangung, Stahlprofil Schamotterohr Mantelstein Auswechslung Insektenschutz Kaminkopfabdeckung, Betonfertigteil Trittschalldämmung schwimmender Estrich Kunststoffstreifen, kompressibel offene Stoßfuge Stahlbeton-Balkonplatte Holzfenstertüre Balkonbelag Wärmedämmung in Schalung eingelegt 63 Bewehrungsanschluss, thermisch getrennt
59
40
82
63
33
7
51
3.19.2b
229
Konstruktionen im Detail
Terrassenanschluss Außenseite der Terrasse
19
3.20.2 Gemauerte Brüstung auf zweischaligem Mauerwerk 3.20.3 Außengeländer an kerngedämmtem Mauerwerk
32
58
6
9
2 6
14
7
8
44 3
1
4
17
3.20.2
6
9
58
10
Der Terrassenrand nach Detail 3.20.3 erfordert ein solides Anarbeiten der Randanschlüsse der Dachisolierung an das aufgehende Mauerwerk und die Mauerkrone oberhalb der Terrassendecke. Die Terrassenplatten müssen auf der Brüstung höhengleich zu den Platten auf der Terrassenfläche verlegt werden. Die Abschlussplatten auf der Brüstung müssen ausreichend befestigt werden.
2 6 14
7
8
17 1
3.20.3
230
Der äußere Terrassenanschluss bei zweischaligem Mauerwerk kann im Prinzip analog zur Flachdach-Attika ausgebildet werden. Das Geländer oder die Brüstung der Terrasse in Detail 3.20.2 besteht aus Mauerwerk, da eine Geländerbefestigung wie in Detail 3.20.3 dargestellt, in der Vormauerschale nicht möglich ist. Die gemauerte Brüstung sollte eine Mindeststärke von 17,5 cm – besser 24 cm aufweisen. Die Abdeckung kann in Betonfertigteilen, Naturstein oder auch als Grenadierschicht ausgeführt werden (siehe Detail 3.8.3, S. 218). Die gemauerte Brüstung sollte nicht kraftschlüssig mit der Vormauerung verbunden werden. Der Übergang ist als »Sollbruchstelle« dauerelastisch zu versiegeln. Will man aus gestalterischen Gründen auf die spezielle Fugenausbildung verzichten, bleibt nichts anderes, als die gesamte Brüstung als zweischalige Konstruktion auszubilden (ähnlich wie in Detail 3.2.2, S. 212 gezeigt). Die Stirnseite der Decke muss nach außen eine ausreichende Dämmung zur Vormauerschale aufweisen. Die Belüftung der Vormauerschale endet dann unterhalb der Dämmung der Deckenstirn. Die Abdichtung muss an der Brüstung mindestens 15 cm über die wasserführende Schicht (hier Kiesbelag) hochgeführt werden. Die umlaufende Blechkante mit der Befestigung und dem Überhangblech kann auch mit etwas höherem Aufwand und gestalterisch besser mit einem Rücksprung im Mauerwerk, analog zu Detail 3.8.3, gestalterisch besser ausgebildet werden.
Terrassenanschluss • Sockel
1
Sockel
5
3.21.1 Gemauerter Keller 3.21.2 Sockelanschluss bei zweischaligem Mauerwerk
69
39
40
6
6
6
Grundsätzlich gelten bei gemauerten Kellern die nach DIN 18195 Teil 5 festgelegten Schutzmaßnahmen für nichtdrückendes Wasser – das bei den meisten Bauvorhaben vorkommt, etwa durch geklebte Sperrschichten aus Bitumenbahnen oder Kunststoffbahnen oder durch Bitumendickbeschichtung (siehe auch »Teil 2 – Grundlagen«, S.133–135). Die horizontale Sperrschicht muss zuverlässig an die vertikale angeschlossen werden. Zur Sicherheit kann nach der 2. Mauerwerkschicht eine waagrechte zweite Sperrschicht eingearbeitet werden. Im Erdreich und auf den Sperrschichten dürfen nur Verputze mit reinem Zementmörtel Mörtelgruppe II verwendet werden. Im Sockelbereich ist der Zementmörtelverputz mind. 15 cm über das Erdreich hochzuführen. Der Übergang zum Kalkzementmörtelverputz ist mit einer Trennung durch Kellenschnitt durchzuführen. Bei der zweischaligen Wandkonstruktion ist die Sperrschicht über den Fundamentfuß bis über die 2. Mauerwerkschicht hochzuführen. Die Vormauerschale kann dann auf den Fundamentfuß aufgestellt werden. Die untere Steinschicht der Vormauerung muss eine Abführung von Feuchtigkeit ermöglichen. Die Belüftung der Vormauerschale wird in der 3. Schicht über dem Erdreich angeordnet, unterhalb der offenen Stoßfugen ist eine horizontale Sperrschicht anzuordnen.
68
73
70 67
3.21.1
2
1
4 6 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 13 14 17 58 65 66 67 68 69 70 71 73
40
67
73
3
Mauerwerk – tragende Konstruktion Vormauerung Hinterlüftung Maueranker Außenputz Wärmedämmung Stahlbetondecke Dachbahn, diffusionsdicht Dachabdichtung Kiesschüttung Stahlprofil Gleitfolie Ringanker/-bewehrung Terrassenbelag Abdichtung Schutzmatte Horizontale Abdichtung / Sperrschicht Verputz Zementmörtel Verputz Kalkzementmörtel Hohlkehle Betonfundament Bodenplatte Stahlbeton
6 44
67 67
44 70 65 71
3.21.2
231
Konstruktionen im Detail
Treppen 3.22.1 Innentreppe 3.22.2 Hauseingangstreppe 3.22.3 Treppe Kellerabgang
74
75
3.22.1
Die gemauerte Treppe am Hauseingang kann als massiver Block ausgeführt werden. Der Treppenblock wird vollständig in die Laibungstiefe der Eingangstür gestellt. Die Podestgrößen sind von der Art der Hauseingangstür und der Gestaltung des Einganges abhängig. Beim dargestellten Beispiel handelt es sich um ein kurzes Treppenpodest von nur 49 cm Tiefe vor einer nach innen aufschlagenden Hauseingangstür. Eine ausreichend bemessene Fundamentierung des Treppenblockes, ggf. unabhängig von der Tragkonstruktion des Untergeschosses, ist notwendig. Der innere Bodenbelag schließt mit einem Stahlprofil ab, das gleichzeitig als Anschlagprofil für die Türe dient.
55 57 74
39
40
7
3.22.2
232
Gemauerte Treppen im Gebäudeinneren lassen sich je nach Steigungsverhältnis aus verschiedenen Kombinationen von Steinformaten konstruieren. Grundsätzlich können als Unterkonstruktionen tragende Mauerwerkwände mit Stichbögen, Stahlbetonfertigteile oder Stahlbetontreppen verwendet werden. Darauf werden die Treppen-stufen aufgebaut. Im gezeigten Detail 3.22.1 ist die Treppe aus liegendem DF und DF als Rollschicht gebildet. Das Beispiel zeigt Fertigteil-Betonstufen, die seitlich ohne Schallschutzmaßnahmen eingebunden sind. Bei Schallschutzanforderungen empfiehlt sich ein durchgehender Stahlbetontreppenlauf mit schallgedämmter Auflagerung.
1 2 3 4 6 7 39 40 44 55 57 74 75 76 77 78
Mauerwerk – tragende Konstruktion Vormauerung Hinterlüftung Maueranker Wärmedämmung Stahlbetondecke Trittschalldämmung schwimmender Estrich offene Stoßfuge Holztüre mit Wetterschenkel Türanschlag, Stahlprofil Rollschicht Stahlbeton-Blockstufen Treppenlauf, Stahlbeton Isolierstein Mauersteinlage im Verband in Schalung eingelegt
Treppen • Rücksprung
Die gemauerte außenliegende Kellertreppe in Detail 3.22.3 ist mit einem Stahlbetonlauf konstruiert. Dieser wird gegen Erdreich betoniert, als vom Treppenantritt bis zur Treppensohle freitragende Laufplatte. Normalerweise sind die Kellerwände und die Wand des Treppenabganges zum Erdreich von der Treppenkonstruktion unabhängig konstruiert. Die Kelleraußenwand ist im gezeigten Beispiel eine im Blockverband gemauerte, mindestens 24 cm dicke Wand. Die Vormauerung an der gegenüberliegenden, dem Erdreich zugewandten Betonwand kann analog ausgeführt werden. Die Treppe liegt dann frei zwischen den beiden Wänden. Die seitlichen Fugen können offen ausgeführt werden.
74
76
3.22.3
Rücksprung 3.23.1 Rücksprung mit gemauerter Untersicht
Der gemauerte Gebäuderücksprung ist im Mauerwerkbau nicht unbekannt. Höger und Schumacher haben dieses Gebäudeelement immer wieder angewendet. In den Beispielen des modernen Mauerwerkbaus tritt dieses Detail an Rücksprüngen, Geschossversätzen, Arkaden und Durchfahrten bzw. -gängen wieder verstärkt auf. In die Schalung der Betondecke wird eine 1-Stein starke Schale im Verband gemauert, die mit Halteankern in die Stahlbetondecke rückverankert ist. Die Decke wird nach der Mauereinlage bewehrt und betoniert. Zur Vermeidung von Kältebrücken ist es erforderlich, die 1. Steinlage des tragenden Mauerwerks oberhalb der Decke mit Isoliersteinen auszuführen. Die Feuchtigkeitssperre im Luftzwischenraum der Vorsatzschale wird oberhalb der Decke nach außen geführt.
4 3
1
2 44
77
39
40
6
3.23.1 78
7
233
Konstruktionen im Detail
Eckausbildung 4
3.23.2 Horizontalschnitt Außenecke in zweischaligem Mauerwerk
1
2 3
Die Anordnung von Bewegungsfugen an horizontalen Gebäudeecken ist nur für die 11,5 cm starke Vormauerschale relevant. Die üblicherweise vorgenommene Trennung der Vormauerschale an der Ecke zeigt die dünne Vormauerung und offenbart damit die oft tapetenhaft wirkende Verkleidung.
6
3.23.2 Die Ecke kann jedoch auch im Verband gemauert werden. Die Bewegungsfuge kann im Verlauf der Wand angelegt werden. Dabei ist darauf zu achten, dass die Fuge nicht weiter als der halbe in der Wandfläche erforderliche maximale Fugenabstand von der Ecke entfernt liegt. Damit kann die Fugenausbildung gestalterisch in die Wandausbildung mit einbezogen werden. Die Fuge kann senkrecht oder in einer stehenden Verzahnung ausgeführt werden.
79
4 1
2 3
Im Gegensatz dazu verdeutlicht die Ausbildung einer negativen Ecke mittels eines Stahlprofilabschlusses die Vorsatzschale gestalterisch. Das Stahlprofil muss sorgfältig auf der Ecke der Tragwand befestigt werden.
6
80
Freistehende Mauern 3.23.3 Abdeckung von freistehenden Mauern 19
Die Abdeckung von freistehenden Mauern im Sichtmauerwerk erfolgt mauerwerkgerecht mit einem Betonfertigteil, einer Rollschicht, oder einer Grenadierschicht. Bei sorgfältig ausgeführter vollfugiger Aufmauerung (ggf. mit wasserabweisendem Mörtel) ist keine weitere Abdeckung erforderlich. Abdeckungsarten mit Blech analog zu Abdeckungen der gemauerten Attika (siehe Detail 3.1.1) sind nach Auffassung der Verfasser nicht mauerwerkgerecht.
3.23.3
234
1 2 3 4 6 19 79 80
Mauerwerk – tragende Konstruktion Vormauerung Hinterlüftung Maueranker Wärmedämmung Betonfertigteil Bewegungsfuge Eckprofil, Stahlwinkel
Teil 4 · Gebaute Beispiele im Detail Günter Pfeifer
Die nachfolgend dokumentierten Gebäudebeispiele zeigen die vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten von Mauerwerk. Moderner Mauerwerksbau hat viele Facetten. Dies spiegelt sich nicht nur in der Gestaltung der Vormauerschalen und in einem veränderten architektonischen Ausdruck wider, sondern auch in der konstruktiven Behandlung vom schlanken Tragwerk bis hin zur dicken Massivwand, die unter Gesichtspunkten der Energieeffizienz eingesetzt wird. Bei der Auswahl der Beispiele wurde den verschiedenen Materialien für die Außenschale – Putz, Ziegel, Kalksandstein, Betonstein und Naturstein – ebenso Platz gegeben wie den daraus resultierenden unterschiedlichen Wandaufbauten. Leitgedanken der Auswahl waren jedoch in erster Linie die gestalterischen und architektonischen Qualitäten der Gebäude. Die vorgestellten Beispiele befinden sich an unterschiedlichen Standorten mit unterschiedlichen Bedingungen hinsichtlich Klima, Baurecht und technischer Vorschriften. Ebenso sind Beispiele aus Zeiten anderer Wärmeschutzverordnungen aufgenommen. Aus diesem Grund können die dokumentierten Details nicht uneingeschränkt übernommen werden, sondern müssen den Anforderungen der jeweiligen Situationen angepasst werden. Aus den Planungsunterlagen der gezeigten Beispiele wurden die technisch und gestalterisch typischen Details ausgewählt und zeichnerisch aufbereitet. Um die Zusammenhänge erkennbar zu machen, wurden auch grundsätzliche Informationen wie Lageplan, Grundrisse, Schnitte und allgemeine textliche Erläuterungen beigefügt.
236
Architekt (en)
Gebäude
Außenwand
Material
1
238
Walter Stolz, Rosenheim
Wohnhaus in der Hallertau, D
einschalig, verputzt
Leichtziegel
2
242
Hartwig N. Schneider, Stuttgart
Wohnanlage in Ludwigsburg, D
einschalig, verputzt
Leichtziegel
3
246
Rolf Ramcke, Hannover
Klärwerk in Hannover, D
einschalig
Ziegel
4
250
Burkard, Meyer + Partner, Baden
Schulhaus in Gebenstorf, CH
einschalig
Ziegel + Leichtziegel im Verband
5
256
Günter Pfeifer, Lörrach
Wohnhaus in Bad Säckingen, D
zweischalig, hinterlüftet
Kalksandstein / Kalksandstein
6
258
Frederiksen + Knudsen, Kopenhagen
Wohnhaus in Hellerup, DK
zweischalig, kerngedämmt
Ziegel / Ziegel
7
262
Heinz Bienefeld, Swisttal-Ollheim
Wohnhaus in Brühl, D
einschalig
Ziegel + Leichtziegel im Verband
8
267
Günter Pfeifer, Lörrach
Wohnanlage in Lörrach, D
zweischalig, hinterlüftet
Betonstein / Kalksandstein
9
272
Claus + Kaan, Amsterdam
Wohnanlage in Groningen, NL
zweischalig, hinterlüftet
Ziegel / Kalksandstein
10
276
Heide + Beckerath, Berlin
Zwei Wohnhäuser in Berlin, D
zweischalig, hinterlüftet
Ziegel / Kalksandstein
11
278
Hans Kollhoff, Berlin
Wohnanlage in Amsterdam, NL
zweischalig, hinterlüftet
Ziegel/ Kalksandstein
12
284
Schattner, Schmitz, Eichstätt
Schlosserweiterung bei Beilngries, D
zweischalig, hinterlüftet
Betonstein / Stahlbeton
13
288
Rudolf Hierl, München
Jugendgästehaus in Dachau, D
zweischalig, hinterlüftet
Betonstein / Stahlbeton
14
293
Schunck–Ullrich–Krausen, München
Schule in München, D
zweischalig, hinterlüftet
Betonstein / Stahlbeton
15
298
Lederer, Ragnarsdóttir, Oei, Stuttgart/Karlsruhe
Schule in Ostfildern, D
zweischalig, hinterlüftet
Ziegel / Stahlbeton
16
304
Ernst Gisel, Zürich
Rathaus in Fellbach, D
zweischalig, hinterlüftet
Ziegel / Stahlbeton
17
308
Hillebrandt + Schulz, Köln
Bürogebäude in Lünen, D
zweischalig, hinterlüftet
Ziegel / Porenbeton
18
311
Heinz Mohl, Karlsruhe
Rechenzentrum in Karlsruhe, D
zweischalig, hinterlüftet
Betonstein / Betonstein
19
314
Haessig + Partner, Zürich
Wohn- und Institutsgebäude in Zürich, CH
zweischalig, kerngedämmt
Kalksandstein / Stahlbeton
20
318
Petra und Paul Kahlfeldt, Berlin
Wohn- und Gewerbebauten in Berlin, D
zweischalig, kerngedämmt
Ziegel / Stahlbeton
21
322
Lederer, Ragnarsdóttir, Oei, Stuttgart/Karlsruhe
Verwaltungsgebäude in Stuttgart, D
zweischalig, hinterlüftet
Ziegel / Stahlbeton
22
328
Maccreanor, Lavington, London
Geschäftshaus in London, GB
Skelettkonstruktion
Stahlbetonfertigteile, ziegelverblendet
23
331
Hegger, Hegger, Schleiff, Kassel
Gründerzentrum in Hamm, D
zweischalig, hinterlüftet
Recyclingziegel / Kalksandstein
24
334
Atelier Zeinstra, van der Pol, Amsterdam
Wohnanlage in Amsterdam, NL
zweischalig, hinterlüftet
Ziegelausfachung / Holzleichtbau
25
338
Lundgaard + Tranberg, Kopenhagen
Wohnsiedlung in Rungsted, DK
zweischalig, kerngedämmt
Ziegel / Betonfertigteile
26
342
Jesús María Aparicio Guisado, Madrid
Appartementhaus in Salamanca, E
zweischalig, kerngedämmt
Ziegel / Langlochziegel
27
346
Baumschlager + Eberle, Lochau
Gemeindezentrum in Lochau, A
zweischalig, hinterlüftet
Ziegel / Betonskelett
28
352
Hahn, Helten, Aachen
Gemeindezentrum in Neu-Anspach, D
zweischalig, hinterlüftet
Betonstein / Stahlbeton
29
357
Raffaele Cavadini, Locarno
Gemeindebauten in Iragna, CH
zweischalig, kerngedämmt
Naturstein / Ziegel
30
360
Kaag und Schwarz, Stuttgart
Bankerweiterung in Schönaich, D
zweischalig, hinterlüftet
Naturstein / Stahlbeton
31
364
de Blacam + Meagher, Dublin
Bibliothek in Cork, IRL
zweischalig, hinterlüftet
Ziegel / Betonstein
32
369
Adalberto Dias, Porto
Fakultätsgebäude in Aveiro, P
zweischalig, hinterlüftet
Ziegel / Stahlbeton
33
374
Eckert Negwer Sommer Suselbeek, Berlin
Bürogebäude in Essen, D
zweischalig, kerngedämmt
Ziegel / Kalksandstein
34
378
Fink + Jocher, München
Wohnanlage in Hannover, D
zweischalig, hinterlüftet
Ziegel / Stahlbeton
Nummer
Seite
Gebaute Beispiele im Detail – Übersicht
237
Beispiel 1
Wohnhaus in der Hallertau 1999 Architekten: Walter Stolz, Rosenheim Mitarbeiter: Georg Trengler, Elisabeth Mehrl (Farbgestaltung), Hofberg Tragwerksplanung: Bauer Ingenieure, Landshut
Das Grundstück liegt in einer Neubausiedlung mit heterogener Einfamilienhausbebauung am Rande einer niederbayerischen Kleinstadt. Wohnhaus und Garage sind im oberen Teil des flach geneigten Hanges angeordnet. Zusammen mit der dazwischen liegenden Mauer bilden sie zur Straße einen räumlichen Abschluss und umfassen einen nach Westen offenen Gartenhof mit Blick talwärts zur Stadt. An der fast vollständig geschlossenen Nordseite des Hauptgebäudes befindet sich ein gläserner Vorbau, der als Klimapuffer und als Windfang für den Hauseingang dient. Im offenen Grundriss des Erdgeschosses ist der Wohnraum als Reaktion auf die Topographie des Gartens um einige Stufen abgesenkt. Durch sorgfältige Materialwahl und einfache, präzise Details stellt das Gebäude einen Bezug zwischen zeitgenössischer Architektur und regionaler Bautradition her. Es ist aus 36,5 cm dickem Leichtziegelmauerwerk konstruiert. Der dreilagige Kalkputz wurde mit sienaroter Farbe gestrichen. Die Fenster sitzen mit knappen Laibungen fast bündig in der Außenfassade. Mittels Blendschutzjalousien auf der Innenseite lässt sich der Sonneneinfall regulieren. Die naturgrauen Betondachsteine enden an Traufe und Ortgang ohne Dachüberstand, nur mit Blechabschlüssen. Das Satteldach ruht auf zwei Holzleimbindern. Zwischen diesen Mittelpfetten ist der First teilweise verglast. In der Decke über dem Erdgeschoss taucht die Dachstruktur nochmals auf: zwei längs gespannte Stahlträger verkürzen die Spannweite der Holzbalkendecke.
238
b
a a
b
Wohnhaus in der Hallertau
Lageplan Maßstab 1:1000 Obergeschoss Erdgeschoss Schnitte Maßstab 1:250
A
aa
bb
239
Beispiel 1
Schnitte Ortgang Maßstab 1:20 9
c
1
1
c 12 13 11 10 2
14
2
1 15
2 3
3
3
4 4
4
5
16
6
7 8
18
A
240
Dachaufbau: Betondachsteine naturgrau Lattung und Konterlattung Unterdeckbahn, diffusionsoffen Holzfaserdämmplatten 22+40 mm Sparren 80/176 mm, dazwischen Wärmedämmung 100 + 60 mm Dampfsperre Schalung, Fichte 16 mm Ringanker Stahlbeton 240/300 mm Leichtziegel, Zahnziegel Großblock 8–0,8–12 DF Kalkputz, dreilagig
17
5 Stahlprofil ∑ 60/190/10 mm mit aufgeschweißtem Dollen 6 Holzbalken 60/190 mm 7 Wandheizung 8 Glasfasergewebe 9 Wärmeschutzverglasung 2≈ ESG 10 Lochblech Titanzink 11 Fußpfette 60/160 mm 12 Winkel ∑ 90/90/7 mm beidseits des Sparrens 13 ESG 8 mm 14 Edelstahlprofil ∑ 25/25/3 mm 15 Holz-Aluminium-Fenster 16 Jalousette 17 Ziegelfertigsturz 18 Entwässerungsrinne 19 Furniersperrholzplatte 30 mm 20 Ortgangverblechung Titanzink 21 Ziegel-U-Schale
Wohnhaus in der Hallertau
19
1
20
21
cc
Horizontalschnitte Kamin Obergeschoss • Erdgeschoss Maßstab 1:50 22 Sitzbank 23 Schamotte-Steine scharfkantig gepresst, 70 mm 24 Holzbrandofen 25 2 Winkel 60/190/10 mm als Auflager für Deckenbalken
22
23
24
25
241
Beispiel 2
Wohnanlage in Ludwigsburg 1998 Architekten: Hartwig N. Schneider mit Gabriele Mayer, Stuttgart Projektarchitekten: Andreas Gabriel, Ingo Pelchen Mitarbeiter: Franz Lutz
Am östlichen Innenstadtrand von Ludwigsburg liegt dieser Wohnkomplex mit seinen insgesamt sechzig Mietwohnungen, die auf die einzelnen dreigeschossigen Baukörper nach unterschiedlichen Typen verteilt sind. An einem über 80 m langen, nach Süden ausgerichteten Riegel sind zur Straße hin drei L-förmig abgewinkelte Gebäudeteile aufgereiht, deren Kopffassaden den Straßenraum gliedern. In den Zwischenräumen befinden sich die Zufahrten zu den Tiefgaragen und Freitreppen zu den darüberliegenden begrünten Höfen. Die Gebäudestruktur folgt der Topographie mit leichten Höhenversätzen von Baukörper zu Baukörper. Unterschiedlich ausgebildete Treppenhäuser und ein Laubengang erschließen variantenreich die Wohnungen. Alle Einheiten sind nach mindestens zwei Seiten belichtet und sind entweder einem der halböffentlichen Höfe oder dem Garten im Süden zugeordnet. Eine weitere Differenzierung erfolgt durch die unterschiedliche Ausbildung der Fassaden: Bandfenster mit Holzschiebeläden wechseln sich mit rhythmisch angeordneten Fensteröffnungen ab, die zedernholzbekleideten Fronten der Erschließungselemente stehen im Kontrast zu den dunklen Putzflächen. Die Konstruktion der Wohnhäuser besteht großteils aus 30 cm starkem, porosiertem Ziegelmauerwerk, das mit einem durchgefärbten mineralischen Putz versehen ist. Die Putzflächen sind sorgfältig an die angrenzenden Bauteile, wie Fenster und Sockel angeschlossen. Das Mauerwerk der langen, zum Garten hin gelegenen Südfassade wurde mit Elementen aus Zedernholz bekleidet. Als Schiebeläden vor den raumhohen Fenstertüren dienen ebensolche Elemente. Die Balkone sind thermisch getrennt als Betonfertigteile vorgehängt.
242
b
a
a
b
Wohnanlage in Ludwigsburg
A Lageplan Maßstab 1:2500
aa
2. Obergeschoss €Erdgeschoss Ansicht Nord €Schnitt Maßstab 1:750
243
Beispiel 2
A
1 2
3 4 9 5
11
15
6
7 9 c
c 8
10
11
12
14 13
244
11
2
2
cc
Wohnanlage in Ludwigsburg
B
B
16
bb 17 Vertikalschnitt Westfassade Horizontalschnitt Schiebeverglasung Putzbau Maßstab 1:20 Schnitt Maßstab 1:500 Vertikalschnitt Südfassade Maßstab 1:20 1 2 3
Führungsschiene Aluminium mit Bürsten ESG, rückseitig emailliert 8 mm Laufschuh, Aluminium mit Führungsrolle 4 Laufschiene Aluminium 5 Wandaufbau: Außenputz, mineralisch 20 mm Leichtziegel Hlz 300 mm Innenputz 15 mm 6 Leichtziegel-U-Schale 300 mm 7 Aluminiumprofil fi 100/50/5 mm 8 Außenfensterbank Aluminium 9 Holz-Aluminium-Fenster mit Isolierverglasung 10 Innenfensterbank Betonwerkstein 11 ESG 8 mm 12 Stahlprofil, verzinkt ¡ 60/20/3 mm
13 Wärmedämmelement, tragend 14 Bodenaufbau: Bodenbelag 5 mm Zementestrich 50 mm Trennlage PE-Folie, 0,2 mm Trittschalldämmung 20 mm Wärmedämmung 60 mm Stahlbetondecke 180 mm 15 Aluminiumprofil ∑ 60/30/5 mm 16 Attikabekleidung Holzfaserplatte, zementgebunden 14 mm 17 obere Führungsschiene Schiebeladen 18 untere Führungsschiene 19 Schiebeladen, Zedernholz 58 mm 20 Wandaufbau: Innenputz 15 mm, Leichtziegel Hlz 240 mm Wärmedämmung Mineralwolle 80 mm Schutzvlies Zedernholzbekleidung, elementiert 58 mm 21 Abschlussholz 220/48 mm 22 Betonfertigteil, pigmentiert 23 Geländer Stahlprofile, verzinkt, farbbeschichtet
18
19
20
23
22
21
245
Beispiel 3
Rechen- und Sandfanggebäude des Klärwerks in Hannover 1994
Architekt: Rolf Ramcke, Hochbauamt der Landeshauptstadt Hannover Tragwerksplanung: Schülke & Gerke, Erich Schülke, Hannover
Am erhöhten Uferrand der Leine liegend, wirkt das technische Gebäude prägnant und bestimmend für das Erholungsgebiet der Leine-Aue. Das Betriebs- und Maschinengebäude dient der mechanischen Vorklärung des städtischen Abwassers. Dem Verfahrensablauf folgend – der Absonderung von festen Materialien mittels Grob- und Feinrechen und dem anschließenden Sondern der Schlämme über Sandfangstraßen sowie dem Sammeln der mineralischen Sinkstoffe zur Weiterverarbeitung in der Kläranlage – ist das Gebäude in zwei Hallen unterteilt, durch die das Abwasser in offenen Rinnen geführt wird. Die unbeheizten Betriebsräume haben eine konstante Raumtemperatur von 12 °C bei einer relativen Luftfeuchte von ca. 90%. Zu den extremen bauphysikalischen Bedingungen kommen noch die Belastungen durch die aggressiven Gase aus dem Abwasser. Taupunktunterschreitungen sind in dieser Situation unvermeidlich, weshalb sämtliche Wände als massives Sichtmauerwerk aus Klinkervollsteinen errichtet wurden. Die klar gegliederte Gesamtanlage mit den im Außenbereich auf den Hauptbau abgestimmten Mauern und Treppen lebt von der Verwendung der farblich changierenden Bockhorner Klinkersteine, die in unregelmäßigem Verband gemauert sind. Die wenigen formalen Eingriffe beschränken sich auf die Gliederung der senkrechten Fenster, die mit ca. 1 cm starken profilierten Pfeilervorlagen ausgebildet sind. Die Dachränder werden zur Gliederung der Wandflächen mit dem gleichen Profil abgeschlossen. Alle Fensteröffnungen wurden mit Glasbausteinen geschlossen. Die Südostecke ist durch Stromschichten im 45°-Winkel besonders hervorgehoben. Die ruhigen Baukörper mit den langen Mauern und den wenigen Ziselierungen der Ränder und Abdeckungen stellen eine einfache und eindringliche Industriearchitektur dar.
246
1 2
5
aa
A
3
5
bb
4
Schnitt Rechengebäude Schnitt Sandfang Maßstab 1:250
4
Ansicht Süd Grundriss Maßstab 1:750
Rechen- und Sandfanggebäude des Klärwerks in Hannover
1 2 3 4 5 6
Rechengebäude Rechencontainer Sandklassierer Sandfangstraße I, bzw. II Regenwasserrückhaltebecken Eingangspumpwerk I
b
a
b
a
b
a
3
2 6
4 4 1 B b
a 5
247
Beispiel 3
6
Vertikalschnitt Nordfassade Horizontalschnitt Fenster Ansicht • Vertikalschnitt Tür Maßstab 1: 20
A
1 2 3 4
Blechabdeckung Klinker NF Wärmedämmung 40 mm Dachaufbau: Kies 50 mm Dachabdichtung, dreilagig Wärmedämmung mit 1,5% Gefälle, 150–270 mm Dampfsperre
5
6
Dampfdruckausgleichsschicht Leichtbetonplatten 200 mm Bodenaufbau: Betonwerkstein 50 mm Mörtelbett 30 mm Trennlage PE-Folie Edelstahlprofil ‰ 80
B
1 4
2 3
5
248
Rechen- und Sandfanggebäude des Klärwerks Hannover
249
Beispiel 4
Schulhaus in Gebenstorf, Schweiz 1997 Architekten: Urs Burkard, Adrian Meyer und Partner, Baden Mitarbeiter: Daniel Krieg, Adrian Streich Tragwerksplanung: Gerber + Partner, Windisch
Die Erweiterung der Schulanlage besteht aus zwei Baukörpern: einem dreigeschossigen, nach Süden orientierten Klassentrakt und einem zweigeschossigen, nach Osten gerichteten Bau mit Lehrerzimmer und Bibliothek sowie der Schulküche im Obergeschoss. Die Fassade auf der Nordseite der winkelförmigen Anlage fasst den Schulhof ein und ist geschosshoch verglast. Sie gibt den Blick auf die Treppenräume und auf die Innenwände mit den Fensterdurchdringungen der Unterrichtsräume frei. Die Gebäude, die auch in ihren Proportionen an Backsteine erinnern, sind vollständig in Mauerwerk ausgeführt: einschaliges, 61 cm starkes Außenmauerwerk, das innen verkleidet ist und 25 cm dickes Innenmauerwerk, das jeweils einseitig als Sichtmauerwerk ausgeführt wurde. Die Spannung, die aus der Schwere der Backsteinvolumina und der Leichtigkeit der verglasten Raumschichten entsteht, wird zum prägenden architektonischen Ausdruck. Die 32 cm starken Stahlbetondecken sind aufgrund der freien Auskragung vorgespannt. Sie unterstützen mit ihrer guten Speicherfähigkeit das einfache Energiekonzept des Gebäudes. Der einschalige Wandaufbau erfolgt in einem exakt vorgegebenen zweischichtigen Verbund. Harttonsteine an der Außenseite mit einer Rohdichte von 1,8 kg/dm3 werden mit porosierten Steinen, die eine Rohdichte von 1,4 kg/dm3 haben kombiniert. Innerhalb des Mauerwerkverbandes greift jede vierte Klinkerschicht tiefer in die Außenwand ein. Mit diesem Aufbau wird ein U-Wert von 0,34 W/m 2 K erreicht, der innerhalb der gesetzlich geforderten, objektspezifischen Anforderungen liegt. Die Vorzüge dieses Systems werden formal folgerichtig herausgearbeitet. Die Südfassade mit hohen, einfachen Fensterschlitzen und tiefen Laibungen benötigt keinen Sonnenschutz. Die an die Flure angrenzenden Wände der Klassenzimmer sind ebenfalls mit Fensteröffnungen versehen und ermöglichen auch während des Unterrichts den Blick auf das Geschehen in den Räumen. Sowohl im Hinblick auf die präzise Umsetzung der Gebäudekonzeption, als auch durch die überzeugende Ausführung der Konstruktion und Detailausbildung weist die Schule neue Wege innerhalb des Mauerwerkbaus.
250
Lageplan Maßstab 1:1000 2. Obergeschoss 1. Obergeschoss Erdgeschoss Maßstab 1:400 1 Bibliothek
2 Lehrerzimmer 3 Halle 4 Garderobe 5 Werken 6 Textiles Werken
7 8 9 10
Schulküche Essen Klassenzimmer Gruppenraum
Schulhaus in Gebenstorf, Schweiz
9
10
9
10
9
8
9
10
9
10
7
9
2 b 3 a a
5
6
5
4
1
b
251
Beispiel 4
aa
252
Schulhaus in Gebenstorf, Schweiz
1
2
5 3
4
A
B
C
bb
Schnitt Ansicht Süd-Ost Maßstab 1:400 Schnitt Maßstab 1:200 Schnitt Attika Maßstab 1:10
1 2 3 4 5
Abdeckung Aluminiumblech 2 mm Spanplatte im Gefälle, wasserfest 18 mm Rollschicht aus Vormauerziegel-Formsteinen Wärmedämmung, Hartschaum 30 mm Dachaufbau: Kies 60 mm Abdichtung Bitumenbahn, zweilagig Wärmedämmung Hartschaum 100 mm Dampfsperre Stahlbetondecke 320 – 440 mm
253
Beispiel 4
A
6
4
7
1
3
8 5
2
254
9
Schulhaus in Gebenstorf, Schweiz
B
C
10
Vertikalschnitte Maßstab 1:20 1
Wandaufbau: Vormauerziegel im Verband mit Leichtziegeln 610 mm MDF-Platte auf Holzunterkonstruktion 2 Sockelaufbau: Vormauerziegel 250 mm Stahlbetonwand 250 mm Wärmedämmung 80 mm MDF-Platte auf Holzunterkonstruktion 3 Bodenaufbau: Linoleumbelag, schwarz Zementestrich, schwimmend 100 mm Wärmedämmung 80 mm Stahlbetondecke 250 mm Gipskartonplatte, gelocht auf Holzunterkonstruktion 4 Sturzelement aus Vormauerziegeln 5 Kunststeinfensterbank, ziegelrot eingefärbt 6 Bodenaufbau: Linoleumbelag, schwarz Zementestrich 45 mm Trennlage PE-Folie Stahlbetondecke, vorgespannt 320 mm 7 Holzfenster mit Isolierverglasung 8 Verglasung VSG, sandmattiert 9 Isolierverglasung 10 Innenwandaufbau: Ziegel 250 mm MDF-Platte auf Holzunterkonstruktion
3
255
Beispiel 5
Wohnhaus in Bad Säckingen 1978 Architekt: Günter Pfeifer, Lörrach Mitarbeiter: Rolf Bühler Tragwerksplanung: Jürgen Bähr, Schopfheim
b
c
a
a
A
b
Das Haus steht auf der Nordwestseite eines ehemaligen Villengrundstücks, wo es früher das Pendant zu einer zwischenzeitlich abgerissenen Villa aus der »Bauhauszeit« bildete. Die Bauherren besitzen eine umfangreiche Sammlung zeitgenössischer Malerei. Um den Bildern einen angemessenen Platz mit differenzierter Belichtung zu schaffen, sind die Innenräume in unterschiedlichen Höhen ausgeführt. Die Form des Hauses basiert auf einem quadratischen Grundriss, der im Obergeschoss auf zwei Seiten eine große Dachterrasse mit einschließt. Die Garage und eine Pergola, die auf den Eingang verweist, bilden einen kleinen Spielhof, der vor den Kinderzimmern liegt. Das Gebäude ist auf einem Raster von 1,25 m aufgebaut. Das innen und außen sichtbare Kalksandsteinmauerwerk wurde weiß geschlämmt, nachdem die Fugenbearbeitung im gleichen Arbeitsgang mit der Vermauerung ausgeführt worden war. Nur zwei unterschiedliche Fenstergrößen mit Jalousien hinter den scheitrechten Stürzen bestimmen das einfache Erscheinungsbild des Hauses. Die aus heutiger Sicht bauphysikalisch nicht mehr zeitgemäße Detailausbildung hat dem Haus – dank der großflächigen Niedrigtemperaturheizung im Erdgeschoss – nicht geschadet.
256
Bsp5_Buntz_1.1
c
Wohnhaus in Bad Säckingen
Axonometrie ohne Maßstab
A 1
Grundrisse Schnitte Maßstab 1:400
2
aa
3
4
bb
5 6
cc
Fassadenschnitt Maßstab 1:10 1 2 3 4
5 6
Bsp5_Buntz_2.2
7 8
9
Abdeckung Titanzinkblech Grenadierschicht Kalksandstein 2 DF Titanzinkblech Dachaufbau: Kies Dachabdichtung Wärmedämmung 80 mm Dampfsperre Stahlbetondecke 180 mm Stahlprofil, verzinkt, ∑ 90/75/7 mm Holzfenster, Red-Cedar mit Isolierverglasung Jalousie Wandaufbau: Kalksandstein 2 DF, unverputzt mit Schlämmanstrich 115 mm Hinterlüftung 15 mm Wärmedämmung, Mineralfaser 50 mm Kalksandstein 2 DF, 240 mm mit Schlämmanstrich Bodenaufbau: Ziegelfliesen in Dünnbettmörtel 18 mm Heizestrich 70 mm Wärmedämmung 40 mm Abdichtung Stahlbetondecke 100 mm
7
8
9
257
Beispiel 6
Wohnhaus in Hellerup, Dänemark A B
1995 Architekten: Frederiksen & Knudsen, Kopenhagen Mitarbeiter: Ulrik Schwanenflügel, Carsten Nøhr Larsen Tragwerksplanung: Kurt Thybo, Hellerup
aa
Das dreigeschossige Wohnhaus besticht durch die besondere Lage im Straßenraum, den mit Mauern umsäumten Vorplatz, die großzügige Eingangssituation und die klaren Kanten des Gebäudes. Um eine alte Buche zu erhalten, die die Atmosphäre des Ortes bestimmt, wurde das Gebäude im hinteren Bereich des Grundstücks platziert. Die einfache Grundrissstruktur ergibt sich durch eine klare Nord-Süd-Zonierung der Nutzungsbereiche. Durch den halbgeschossigen Gebäudeversatz zum Gelände liegt der Eingang auf der Ebene der Kinderzimmer. Der halb im Garten eingegrabene Freibereich im Süden ist der Küche und dem Essplatz vorbehalten. Gewohnt wird großzügig im Dachgeschoss in einem südorientierten Kaminraum mit Blick zum Öresund. In diesem Geschoss befinden sich noch ein Arbeitsraum und das Elternschlafzimmer. Erst auf den zweiten Blick wird der konstruktive Kniff des Gebäudes deutlich. Die Außenwände des Hauses sind in zweischaligem Mauerwerk von je 11 cm mit einer Kerndämmung von 13 cm ausgeführt, während die einschalige tragende Querwand 17 cm stark ist. Für die Deckenkonstruktion wurden Betonfertigteile verwendet, das Dachtragwerk ist aus Holz. Größere Spannweiten, wie bei den Fensteröffnungen im Süden, wurden mit zusätzlichen Stahlkonstruktionen überbrückt. Die anderen Öffnungen sind klein gehalten und entsprechen den konstruktiven Notwendigkeiten des 11 cm starken Mauerwerks. Die unorthodoxe Fassadengestaltung erklärt sich daraus, dass die Anordnung der Fenster nach der innenräumlichen Wirkung und bestimmten malerischen Ausblicken gewählt wurde. Auch im Inneren bleibt das weiß geschlämmte Mauerwerk, mit Ausnahme des blauen Treppenhauses sichtbar. Hier wird gezeigt, dass bei sorgfältiger Planung, besonders hinsichtlich der sonst üblichen Installationen in den Wänden, sowie exakter statischer Berechnung, die Zukunft des Mauerwerks auch in einer »Verschlankung« der Konstruktion liegen kann.
258
Lageplan Maßstab 1:750 Schnitte Obergeschoss Erdgeschoss Untergeschoss Maßstab 1:200
Wohnhaus in Hellerup, Dänemark
10
bb
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
3
Windfang Diele Zimmer Bad Küche Esszimmer Gästezimmer Weinkeller Wohnraum Schlafzimmer
9
b
a
1 3 4 2
3
b
3
a
8 7
6
5
259
Beispiel 6
A
1 2
3 1
2
4
5
6
Schnitt Südfassade Horizontalschnitt Eckverglasung Schnitt Nordfassade Maßstab 1:20
7 8 9
17
10
11
15 12
16
13 14
260
Wohnhaus in Hellerup, Dänemark
2 18
B 1
19
20 21 22
23 24
25 26
27 28
29
30
31
32
33
34
1 2 3 4
5 6 7 8 9 10 11
12 13
Abdeckung Zinkblech Furnierschichtholz 16 mm Fensterrahmen, Stahlprofil ¡ 50/100/3,2 mm Fußbodenaufbau: Holzdielen 20 mm Unterkonstruktion Kantholz 50/50 mm Niveauausgleich Kantholz Leichtbetondecke 180 mm Stütze, Stahlprofil Ø 115 mm Holz-/Aluminium-Fenster mit Isolierverglasung Knickarmmarkise Schiebetürbeschlag Schiebetür Betonplatten Fußbodenaufbau: Natursteinfliesen in unterschiedlichen Längen 20 mm Mörtelbett 30 mm Stahlbeton 100 mm Mineralwolle, druckfest 75 mm Kies 200 mm Bitumenbahn, aufgeschweisst Leichtbetonstein
14 15 16 17 18
19
20 21 22 23 24 25
Isolierverglasung, außenbündig Putz, armiert Eckstütze Stahlprofil | 60/60/4 mm Absturzsicherung, am Blendrahmen montiert Dachaufbau: Dachabdichtung Furnierschichtholz, wasserfest 21 mm Aufrippung Sparren 75/200 mm Wärmedämmung Mineralwolle 180 mm Dampfsperre Lattung 50/50 mm Gipskarton 2≈ 13 mm Wandaufbau: Ziegel mit Schlämmanstrich 115 mm Wärmedämmung 110 mm Ziegel mit Schlämmanstrich 115 mm Stahlprofil ∑ 100/150/10 mm Stahlprofil ∑ 75/100/9 mm Abdeckung, Aluminiumblech 2 mm Aluminiumblechbekleidung Stahlprofil ‰ 220 mm Stahlprofil, weiß beschichtet ∑ 50/30/4 mm
26 27 28 29 30 31 32 33 34
Glastür Windfang Eingangstüre Holzdielen, Yatoba Leichtbetondecke 180 mm Spanplatte 20 mm Fußmatte Stahlrost Stahlprofil ∑ 80/80 mm Stahlbetonwand 135 mm
261
Beispiel 7
Wohnhaus in Brühl 1997 Architekt: Heinz Bienefeld, Swisttal-Ollheim Tragwerksplanung: R. Mertens, Köln
Ein großer, gestufter Kubus aus Backstein wird nach Osten hin umhüllt von einem gläsernen Volumen, das sich mit dem Dach schützend um den festen Mauerwerkteil legt. Heinz Bienefelds 1997 fertiggestelltes Wohnhaus ist auch sein Vermächtnis geworden – die Urform des Hauses, in dem die Erfahrungen und Reflexionen des Architekten ihre Niederschrift gefunden haben. Die gestufte Form des gemauerten Gebäudeteils, neben der sich die große Halle bis unter das Dach emporschwingt, gewährt im Inneren von Geschoss zu Geschoss unterschiedliche Perspektiven. Immer wieder richtet sich der Blick auch auf den massiven Baukörper. Die Größe der Vorhalle wird durch den dramatischen Wechsel von geschlossenen, relativ kleinen Zimmern zum Großraum geradezu körperlich erfahrbar. Diese Erfahrbarkeit spiegelt sich im Erscheinungsbild des Baukörpers: in der unmittelbaren Lesbarkeit von Innen und Außen. Die Inszenierung lenkt den Blick auf das Wesentliche, auf die Tiefe der Raumerfahrung und der Raumempfindung. Die beiden Längsseiten des Hauses haben sehr unterschiedliche Charaktere. Im Südwesten liegt die streng gegliederte Backsteinfassade mit nur kleinen Differenzierungen der Öffnungsgrößen. Diese fast 50 cm starke Wand mit dem abgelösten Dach und den mehrschichtigen Sturzausbildungen wird als Masse physisch spürbar. Im Gegensatz dazu steht die Nordostfassade mit ihrer gläsernen Leichtigkeit, auf der paradoxerweise das große, ziegelgedeckte Dach ruht, das den Eindruck von Schwere vermittelt. Die Glasfassade ist jedoch lediglich die »zweite Haut« als Zugeständnis an die klimatischen Bedingungen, denn hinter ihr, im Inneren, liegt die Außenwand des massiven Baukörpers mit der »Freitreppe« ins obere Geschoss und der kaskadenförmigen Profilierung des Backsteinbaues. »Die Oberflächenwirkung ist ein Teil der Baukunst....« (Heinz Bienefeld) – mit diesem Gebäude und den präzisen Details hat er bewiesen, dass dies immer noch gilt.
262
Lageplan Maßstab 1:2000 Ansicht Süd-West Dachgeschoss Obergeschoss Erdgeschoss Untergeschoss Maßstab 1: 250 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11
Eltern Bad Kind Küche Wohnen Arbeiten Eingangshalle Gäste-WC Hobbyraum Werkraum Sauna
Wohnhaus in Brühl
1
3
2
2
3
3
b
4
5
6
a
a 7
8
b
9
10
11
263
Beispiel 7
Längsschnitt Eingangshalle Ansicht Nord-West Querschnitt Maßstab 1:200
aa
Bsp6_Biene_3.1 264
Wohnhaus in Brühl
bb
265
Beispiel 7
c cc
1
3
2
d
d
5
4
c Fenstertür Ansicht • Vertikalschnitt Horizontalschnitt Maßstab 1:20 6 7
6
2
1 2
3 3
4 5 8
dd
266
Scheitrechter Sturz, Stichhöhe 15 mm Stahlfenstertür, verzinkt, eisenglimmerlackiert, mit Isolierverglasung Stütze, Stahlprofil, verzinkt, eisenglimmerlackiert, fi 120/40/8 mm Austrittsstufe, Stahlbetonfertigteil Bodenaufbau: Ziegelstreifen im Mörtelbett 60 mm
7
8
Heizestrich 60 mm Wärmedämmung 80 mm Trennlage Stahlbetondecke 200 mm Stahlprofil fi 40/35 mm eingelassen in Stahlhohlprofil 50/25 mm Befestigungslasche, Flachstahl gekantet, Länge 200 mm Wandaufbau: Klinker Taunusstein NF, 115 mm wilder Verband mit Lagerfugen 20 mm Mörtelfuge 20 mm Leichtziegel Kalkputz 25 mm Kalkschlämmanstrich mit Marmormehl
Wohnanlage in Lörrach
Wohnanlage in Lörrach 1993 Architekt: Günter Pfeifer in Partnerschaft mit Roland Mayer, Lörrach Mitarbeiter: Peter Bährle, Hermann Vester, Elke Hudetz Tragwerksplanung: Greschik und Falk, Lörrach
Das Wohnhaus liegt an der Zufahrtsstraße in einen Ortsteil der Grenzstadt Lörrach. Die dadurch entstehende städtebauliche Eingangssituation und der dreieckige Grundstückszuschnitt – bedingt durch die Lage an einer Straßengabelung – führten zu der markanten Form des Halbrundes mit dem einseitig angesetzten geraden Flügel. Der geometrischen Erscheinung entsprechend, ist das Gebäude in zwei Teile gegliedert. Zum einen gibt es den Bereich der Rundung in dem sieben Wohneinheiten Platz finden. Diese sind radial angeordnet, so dass Wohnräume und Balkone nach Westen orientiert sind, während die Erschließung über den halbkreisförmigen Hof im Osten erfolgt. Zum anderen gibt es den geraden Gebäuderiegel mit weiteren fünf Wohneinheiten. Zwar handelt es sich bei den Grundrissen grundsätzlich um den gleichen Typus, jedoch sind sie hier nord-süd-orientiert, d.h. sie werden durch einen Laubengang auf der Nordseite erschlossen und der Wohnbereich mit Balkon liegt auf der Südseite. Ebenso wechselt die Lage der Gartenhöfe. An der Schnittstelle der beiden Einheiten liegt ein offener Durchgang, der das Hanggeschoss und die darin befindlichen Garagen mit dem Hof verbindet. Dieses Element ist Eingang und Verbindung in einem und zeigt die Umkehrung der Schnittfigur auf anschauliche, räumliche Weise. Auch die unterschiedliche Behandlung der Außenwände verdeutlicht die wechselnde Ausrichtung und dient damit der Verständigung über die innere Zonierung des Hauses: Auf der dreigeschossigen Südseite kamen verputzte 30 cm starke Leichtziegel zum Einsatz und auf der zweigeschossigen Eingangsseite im Norden eine Betonsteinvormauerung mit Hinterlüftung, Dämmung und einer Kalksandstein-Tragschale von 17,5 cm. In den 24 cm starken Abtrennungen der Gartenhöfe findet sich das Sichtmauerwerk der Erschließungszone wieder.
1. Obergeschoss • Erdgeschoss Maßstab 1:600
a
b b
a
267
Beispiel 8
Schnitte Maßstab 1:200 Ansicht • Schnitt Betonsteinfassade Maßstab 1:50
1 2 3
Betonsturz Holzfenster mit Isolierverglasung Wandaufbau: Betonsteine im Läuferverband 90 mm Luftschicht 40 mm Wärmedämmung 60 mm Kalksandstein 175 mm Kalkzementputz 15 mm
268
aa
Wohnanlage in Lörrach
A
B
bb
c
1
2
3
d
d
cc c
269
Beispiel 8
A 7 9 3
dd
2
4
8
5
6
1
10
e
ee
e
11 11 1
12
13
14 15
16
270
Wohnanlage in Lörrach
1 2 3 4 5 6
7 8
9
Fensterbank Titanzinkblech Briefkasten Eingangstür Türschwelle, Stahlblech, verzinkt 5 mm Deckleiste Wandaufbau: Betonsteine 90 mm Luftschicht 40 mm Wärmedämmung 60 mm Kalksandstein 175 mm Kalkzementputz 15 mm Attikaabdeckung, Titanzinkblech Aufbau Attika: Außenputz 20 mm Wärmedämmung, Hartschaum 35 mm Stahlbetonwand Wärmedämmung, Hartschaum 25 mm Abdichtung Dachaufbau: Kies 50 mm Dachabdichtung
10 11 12
13
14 15 16
Wärmedämmung, Hartschaum 100 mm Dampfsperre Stahlbetondecke 180 cm Kalkzementputz 15 mm Wärmedämmung 25 mm Holzfenster mit Isolierverglasung Wandaufbau: Außenputz 20 mm Leichtziegel 300 mm Kalkzementputz 15 mm Bodenaufbau: Linoleum Estrich 45 mm Trennlage Wärmedämmung 30 mm Stahlbetondecke 200 mm Kalkzementputz 15 mm Stahlbetonsturz, Fertigteil Jalousie Bodenaufbau: Linoleum Estrich 55 mm
17
18 19 20
21 22
Trennlage Wärmedämmung 60 mm Abdichtung, Bitumenbahn Stahlbetondecke 200 mm Sauberkeitsschicht Wandaufbau: Außenputz 20 mm Wärmedämmung, Hartschaum 50 mm Stahlbetonwand 240 m Kalkzementputz 15 mm Titanzinkblech Titanzinkblech, folienkaschiert Aufbau Pultdach: Dachabdichtung Holzschalung 24 mm Sparrenlage 120/180 mm Wärmedämmung 120 mm Holzlattung 25 mm Gipskartonplatte 15 mm Rolladenkasten 100/100 mm Stahlprofil ∑ 120/80/8 mm
B
7
Horizontalschnitte Betonsteinfassade • Putzfassade Vertikalschnitte Maßstab 1:20
9
11 17 18 19
20
10 21
22
11 12
6
18
271
Beispiel 9
Wohnanlage in Groningen, Niederlande 1993 Architekten: Felix Claus, Kees Kaan, Amsterdam Mitarbeiter: Andrew Dawes Tragwerksplanung: Ingenieurbüro Wassenaar, Haren Die städtebauliche Ausformung der gesamten Anlage orientiert sich an den umliegenden Straßen und Wegen und umschließt großzügig einen V-förmigen, nach Westen offenen Park. Auf der Südwestseite befinden sich Reihenhäuser mit Innenhöfen; an der Nordostseite bilden drei Häuserblocks mit Geschosswohnungen den Rücken der Anlage, der durch die dazwischen liegenden Erschließungs- und Spielgassen aufgelockert wird. Die Wohnungen sind auf der Südseite zum Park mit durchgehenden Verglasungen und schlanken Balkonen ausgestattet. Zur Straße hin sind die Laubengänge ab dem 1. Obergeschoss großzügig verglast. Die schlanken, tiefen Grundrisse haben zwei südwestorientierte tiefe Räume, die als Wohn-, Schlaf- oder Arbeitszimmer genutzt werden können. Zum Laubengang hin liegen die Küche und ein weiteres Zimmer. Die Hofhäuser an der Südseite des Geländes sind in Sechser-Clustern angeordnet und durch schmale Erschließungsgassen voneinander getrennt. Die Tragkonstruktion besteht aus zweischaligen Wänden in Mauerwerk mit vorgefertigten Betondecken. Die Außenflächen in rotem Sichtmauerwerk, auf der Seite der Gassen, und die senkrechte Holzverschalung, zum Garten und zur Giebelseite, sind geschickt zueinander in Beziehung gesetzt. Die fast quadratischen Grundrisse gliedern sich im Erdgeschoss in einen Eingangsbereich mit einer doppelt gewendelten Treppe ins Obergeschoss, die drei Zimmer und ein kleines separates WC und Bad erschließt. Im Erdgeschoss befinden sich eine Küche und ein Wohn- und Essplatz. Die Grundrisse ermöglichen eine nachträgliche Trennung von Erd- und Obergeschoss in separate Wohneinheiten. Die Geschossbauten sind auf ähnliche Weise differenziert: auf der Parkseite geschosshohe Schiebefenster vor Glasfassaden, die Giebelseiten backsteinverkleidet. Zur Straße hin ist das Erdgeschoss als Sockel ebenfalls in rotem Stein gehalten. Das konsequent durchgeführte zweischalige Mauerwerk mit Wärmedämmung und Hinterlüftung ist im Läuferverband ausgebildet, der auch an den Stürzen liegend durchläuft. Die Fenster liegen in der Ebene von Wärmedämmung und Luftzwischenraum mit hölzernen Blendrahmen und eingesetzten Flügeln. Im Bereich der Eingänge sind sie farbig abgesetzt und mit wenigen Elementen aus Stahlbeton gegliedert.
272
2
2
2 1
3 3 3 3
Wohnanlage in Groningen, Niederlande
Lageplan Maßstab 1:2000 Altenwohnungen Ansicht West €Erdgeschoss Maßstab 1:250
1 2 3
bestehende Kirche 48 Altenwohnungen 24 Hofhäuser
273
Beispiel 9
1 A
11
12
2
13 3
4
14
5
15
6
b
b 16
7
8
9
4
10
2
A
Hofhäuser Schnitt € Erdgeschoss Maßstab 1:250 Schnitte Maßstab 1:20
B
1
aa
a
274
a
Furniersperrholzplatte mit Dachabdichtung, Bitumenbahn 2 offene Stoßfuge 3 Wandaufbau: Vormauerziegel 102 mm Hinterlüftung 28 mm Wärmedämmung 60 mm Kalksandstein 100 mm Putz 15 mm 4 Feuchtigkeitssperre 5 Stahlprofil ∑ 80/80/8 mm 6 Holzfenster mit Isolierverglasung 7 Fensterbank, Aluminiumblech 8 Sitzbank, Betonfertigteil 9 Konsolwinkel, Stahlblech ∑ 500/80 mm 10 Lüftungsrohr, Gitter in Fassade 11 Dachabdichtung Bitumenbahn, einlagig
Wohnanlage in Groningen, Niederlande
1 B
13
17
18
19
12 13 14 15 16 17
Wärmedämmung 80–60 mm Stahlbetondecke 150 mm bewehrtes Ziegelmauerwerk Stahlbetonfertigteil Fensterbank Betonwerkstein Holzfenster mit Außenzarge und Isolierverglasung
18 Wandaufbau: Profilbretter, Western Red Cedar 19 mm Kantholzprofil 28/46 mm mit Lüftungsaussparungen Ständer Kantholzprofil 44/63 mm Wärmedämmung 60 mm Kalksandstein 100 mm, Putz 15 mm
19 20 21 22
Abdeckplatte Betonwerkstein Dehnungsfuge 2–3 mm Türelement Stahlbetonfertigteil mit Einbauleuchte 23 Wärmedämmung 60 mm
23
3
6
21
22
20
4
275
Beispiel 10
Zwei Wohnhäuser in Berlin 1997 Architekten: Tim Heide und Verena von Beckerath, Berlin Mitarbeiter: Rainer Schmitz (Projektleitung), Heike Lauterbach, Wolfgang Rehn Bauleitung: Wolfgang Gärsch, Berlin Tragwerksplanung: Jörg Wiese, Berlin
a
In Anlehnung an innerstädtische Wohngebiete aus den achtziger Jahren wurden nach der deutschen Wiedervereinigung auch Siedlungen am nordöstlichen Stadtrand Berlins weiterentwickelt und nachverdichtet. Neue urbane Bebauungsstrukturen sollten dem großen Bedarf an Wohnfläche gerecht werden. Innerhalb eines Generalplanes entstanden diese beiden Punkthäuser. In den viergeschossigen, nicht unterkellerten Gebäuden liegen pro Etage zwei Drei-Zimmerwohnungen, im Erdgeschoss zwei kleinere Wohnungen, die Platz für einige Zusatzräume lassen. Der einfache Zweispännertyp wurde im Rahmen der Richtlinien des öffentlich geförderten Wohnungsbaues entwickelt. Das Treppenhaus und die Abstellräume, die die Kellerräume ersetzen, bilden eine Mittelspange. Diese Struktur ermöglicht eine schlanke Grundrisstypologie und das sogenannte »Durchwohnen«. Die großzügige Diele lässt sich individuell nutzen und durch eine Schiebetür auch unterteilen. Bäder und Küche liegen – natürlich belichtet und belüftet – an den Außenwänden. Wände aus Kalksandsteinmauerwerk mit Stahlbetondecken und -unterzügen bilden die Tragwerkkonstruktion. Die hinterlüftete Verblendschale besteht aus blau-braunen, bis zur Sinterung hart gebrannten Klinkern und legt sich um drei Seiten des Kubus. Auf der Gartenseite sind alle Geschosse mit Balkonen über die ganze Hausbreite versehen. Die gemauerten Fassaden sind einheitlich ruhig und gleichmäßig gestaltet. Die raumhohen Holzfenstertüren wurden in der Ebene der Wärmedämmung platziert und mit einem Schiebeladen aus Edelstahllochblech und einem verzinkten Stahlgeländer kombiniert. Der Laden liegt bündig zur Fassadenebene und lässt sich in eine flache Mauernische schieben, die dadurch entsteht, dass in diesem Bereich die vordere Mauerschale in den Luftzwischenraum gerückt wurde.
276
a
Zwei Wohnhäuser in Berlin
1
A
2 15 16 17
3
4 5 6 7 8 A
9 10 aa 11 4 Fassadendetails Horizontalschnitt • Vertikalschnitt Maßstab 1:20
Erdgeschoss • Obergeschoss Schnitt Maßstab 1:400
1 2 3
4 5 6
Abdeckung Titanzinkblech Ankerschiene Wandaufbau: Vorsatzschale, Klinker 115 mm Hinterlüftung 40 mm Dämmung Mineralwolle 60 mm bzw. Perimeterdämmung 60 mm im Bereich der Schiebeelemente Kalksandstein 175 mm, Putz 15 mm offene Stoßfuge Stahlprofil verzinkt, ∑ 80/130/10 mm Laufschiene rostfrei für Doppelrollenlaufwagen
7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17
Stahlprofil verzinkt, ∑ 30/30/3 mm Stahlprofil verzinkt, ∑ 20/30/3 mm Edelstahllanglochblech 1 mm, Rand ungelocht Brüstungselement aus Stahlprofilen, verzinkt 10/40 mm Führungsschiene Kunststoff-Profil Abfangkonsole an Ankerschiene Perimeterdämmung Hartschaum 60 mm Stahlbetonbodenplatte Dachabdichtung Bitumenbahn Holzschalung 28 mm Sparren 100/160 mm
5
b
bb
3
10
9
b
12 13
14
277
Beispiel 11
Wohnanlage in Amsterdam 1994 Architekten: Hans Kollhoff, Berlin mit Christian Rapp, Berlin/Amsterdam Tragwerksplanung: Konstruktions-Büro Heijckmann, Amsterdam
Der große Gebäudekomplex auf einer früheren Hafen- und Industrieinsel in der Nähe des Amsterdamer Zentrums ist Teil einer städtebaulichen Neuordnung, innerhalb derer einzelne Gebäudegroßformen unterschiedlich auf die Bedingungen des Ortes, die bestehenden Gebäude und die Lage am Wasser, eingehen. Die Grundform des vier- bis neungeschossigen Baus reagiert auf einen Altbau an der Südseite des Grundstücks. Die über 300 Wohnungen werden mit einem Geflecht von Treppenhäusern, unterschiedlichen Laubengängen und Einzeltreppen erschlossen. Die sehr tiefen Wohnungen sind meist zweiseitig belichtet, wenn sie nicht an den teils sehr langen Erschließungsgängen liegen. Der gesamte Gebäudekomplex wurde in einer zweischaligen Sichtmauerwerkkonstruktion mit 10 cm starken, hart gebrannten Klinkern ausgeführt. Der durchgängig halbsteinversetzte Läuferverband wurde auch für das einschalige 24 cm dicke Sichtmauerwerk an den Laubengängen und den Balkonbrüstungen verwendet. In diesem Falle wurden zwei 11,5 cm starke Steinschichten hintereinander gemauert und die unteren Abschlüsse der Balkone und Loggien an die Fensterstürze angepasst. Damit erhält das gesamte Gebäude eine gleichmäßige Steintextur, die die ruhige Großform des Komplexes unterstützt. Die Dachränder sind mit gekanteten Aluminiumblechen abgeschlossen und die Entwässerungselemente wurden innenliegend geführt. Die Holzfenster sind in die Dämmebene zurückgesetzt während die mit Stahlprofilen gerahmte Verglasung der Loggien in einer Stahlzarge mit umlaufender Lüftungsfuge bündig in der Fläche der Mauerwerkfassade liegt. Durch den Klappmechanismus der Fenster, die sich nach außen öffnen lassen, entsteht ein abwechslungsreiches Fassadenbild, das die mächtige Großplastik lebendig gestaltet.
278
a
a
C
Wohnanlage in Amsterdam
A 1 D C B 2 3
6
7
aa
4 8 9 5 10
A
Ansicht Nord 4. Obergeschoss €Erdgeschoss Maßstab 1:1250 Schnitt Maßstab 1: 400 Schnitte Dachanschluss Maßstab 1:10
1 2 3 4
5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18
19
20
Abdeckung Aluminiumblech Flachstahl, verzinkt 2/20 mm offene Stoßfuge Wandaufbau: blaubunter Klinker, hart gebrannt 100 mm Hinterlüftung 35 mm Wärmedämmung Steinwolle 65 mm Kalksandstein 150 mm Verfugung, 5 mm zurückliegend Banddeckung Aluminiumblech mit Doppelstegfalz Hafte Furniersperrholzplatte 10 mm Dampfbremse 0,15 mm Wärmedämmung Mineralwolle 80 mm Abdeckung Aluminiumblech Kastenrinne Aluminiumblech Furniersperrholzplatte 18 mm Holzbohle 71 ≈ 146 mm Flachstahl 6 ≈ 40 mm, verzinkt Kalksandstein 150 mm Wärmedämmung Steinwolle 40 mm Deckenaufbau: Zementestrich 50 mm Stahlbetondecke 180 mm Wärmedämmung, Mehrschichtleichtbau-Platte, mit Putz 60 mm Fallrohr DN 125
11 12
13
14 17 15
18
16
20
19
B
279
Beispiel 11
C
1
2
3
4
5
6 7
8
12
13 11 9
10
280
Wohnanlage in Amsterdam
Vertikalschnitt Außenwand Horizontalschnitte Gebäudekanten mit Stahlfenster 76,58° – 144,92° – 158,38° Ansicht Stahlfenster Horizontalschnitt Stahlfenster Maßstab 1:20
1
2 3 4 5
6 7 8 9 10 11 12 13
Wandaufbau blaubunter Klinker, hart gebrannt 208 mm Verfugung 5 mm zurückliegend offene Stoßfuge Fallrohr DN 125 Bodenaufbau: Zementgefälleestrich, beschichtet Stahlbetondecke 180 mm mit Aussparung für Entwässerung Stahlwinkel Abdeckung Titanzinkblech kompressibles Dichtungsband Stahlfenster, pulverbeschichtet, ESG 4 mm Stahlprofil ∑ 150/150/15 mm mit Gleitlager Stahlprofil ∑ 40/20/4 mm Stahlprofil fi 40/20/4 mm Stahlprofil ∑ 2≈ 40/20/4 mm
281
Beispiel 11
D
Schnitt Nordfassade Maßstab 1:20 1
1 2 3 4
5 2
6 7
8 3 9
4
b
b 5 6
7
8
9
5 5
bb
282
7
6
Abfangung, Stahlwinkel Abdeckung Balkonbrüstung, Naturstein Dolomit, verankert Balkonbrüstung, Klinker 208 mm Balkonbodenplatte, Stahlbetonfertigteil mit Gefälle 1,5% thermisch getrennt Holzfenster, Red-Cedar-Holz mit Isolierverglasung Fensterbank außen, Naturstein Dolomit Wandaufbau: Klinker 100 mm Hinterlüftung 35 mm Wärmedämmung Steinwolle 65 mm Kalksandstein-Plansteine 100 mm Wärmedämmung Leichtbauplatte mit Putz 180 mm Bodenaufbau Loggia: Natursteinbelag Dolomit 20 mm im Dickbettmörtel Bitumenbahn zweilagig Wärmedämmung 50 mm Stahlbetondecke 180 mm
Wohnanlage in Amsterdam
283
Beispiel 12
Erweiterung Schloss Hirschberg bei Beilngries 1992 Architekten: Karljosef Schattner und Karl-Heinz Schmitz, Eichstätt Tragwerksplanung: Sailer, Stepan, Bloos, München
Die symmetrische Schlossanlage aus dem 18. Jahrhundert ist auf einer schmalen Anhöhe errichtet und bot daher wenig Spielraum für die Erweiterung, die das grundlegend restaurierte und als Exerzitien- und Bildungshaus für die Kirche genutzte Schloss benötigte. Neben umfangreichen Umbaumaßnahmen entstand ein neuer Gebäudetrakt, der Küche, Speisesäle und Lagerräume aufnimmt. Der neue Baukörper liegt vor dem Südflügel des Schlosses und ist teilweise in den Bergrücken hineingebaut. Eine Reihe hoher Betonpfeiler stützt den schlanken langen Baukörper auf den Hang und unterstreicht damit den Kontrast zum streng gegliederten Putzbau des Schlosses. Die Materialien Sichtbeton und Betonsteine für die hinterlüftete Vorsatzschale unterstreichen die Eigenständigkeit des neuen Bauteiles. Eine lange, schmale Halle in StahlGlas-Konstruktion löst den Baukörper vom Atbau ab. Die Vorsatzschale wird deutlich von der übrigen Konstruktion abgesetzt: Sie ist hinterlüftet und deshalb mit einem Abstand von 4 cm vor die Stahlbetonwand und die Pfeilerebene gesetzt. In den Ecken begrenzen grau beschichtete Stahlwinkel die Vormauerung, der elegante obere Abschluss wird ebenfalls durch ein Stahlprofil gebildet. Auch die tiefliegenden, senkrechten Fensterschlitze werden von einer umlaufenden, leicht vorstehenden grauen Stahlzarge eingerahmt, was den Eindruck sehr präzis gesetzter Öffnungen vermittelt. Die stählerne Außentreppe ist besonders filigran konstruiert, um die sorgfältige Balance zwischen Anpassung und Selbstständigkeit nicht zu stören. All diese klaren, einfachen Detailausbildungen verleihen dem angefügten Gebäude eine Leichtigkeit und selbstverständliche Sprache, die sich erkennbar von der des Schlosses abhebt.
284
Erweiterung Schloss Hirschberg bei Beilngries
aa
1 2 3 4
Lageplan Maßstab 1:2000 Schnitt Maßstab 1:250 Erdgeschoss Maßstab 1:500
Barocker Eingangstrakt Glashalle Küche Speisesäle
1 a
2
3
4
A
B a
285
Beispiel 12
AA
1
2
286
Erweiterung Schloss Hirschberg bei Beilngries
B
2
10
b
b
11
Vertikalschnitt Außenwand Maßstab 1:20 Ansicht Süd Maßstab 1:250 Axonometrie ohne Maßstab Attikadetail Maßstab 1:5 Ansicht • Vertikalschnitt • Horizontalschnitt • Fenster Maßstab 1:20
1 2
Stahlprofil ‰ 280 Außenwandaufbau: Betonstein 200/200/90 mm Hinterlüftung 40 mm Wärmedämmung 60 mm Stahlbeton 160 mm 3 Stahlprofil ∑ 100/65/9 4 Schraubverbindung M12 5 Stahlprofil ‰ 140 6 Stahlprofil } 50 7 Abdeckung Stahlblech, verzinkt 2 mm 8 Holzbohle 60/100 mm 9 Wärmedämmung 60 mm 10 Stahlbetonsturz 11 Fenster, Stahlprofilrahmen mit Isolierverglasung in Stahlblechzarge 12 Winkelkonsolanker, Stahlprofil ∑
12
A
6 1
7
3 4 5
8 9 2
2 bb
11
287
Beispiel 13
Jugendgästehaus in Dachau 1998 Architekt: Rudolf Hierl, München Mitarbeiter: Peter Hofmann (Projektleitung), Dominik Fischer, Maleen Fromm, Nadja Herrmann, Michaela Oswald, Jeannette Quecke, Ulrike Rechler, Bernhard Schambeck, Oliver Schubert, Tanja Wienecke Tragwerksplanung: Hans Tischner, Dachau
Das Gästehaus, vom Deutschen Jugendherbergswerk bewirtschaftet, ist mehr als eine Jugendherberge. In der Nähe des ehemaligen Konzentrations- und Vernichtungslagers gelegen, ist es Begegnungsstätte und Ort für die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus. Die architektonische Gestalt soll neben der Funktionalität auch dieser besonderen Aufgabe Rechnung tragen. Auf dem Gelände befinden sich das Hauptgebäude, der sogenannte Raum der Stille und das Personalgebäude. Sie begrenzen einen ruhigen Innenhof, der als Garten und gestalteter Kunstraum geeignet ist, den Ernst begreiflich und spürbar zu machen, der diesen Ort prägt. Auf den Außenraum reagiert die zurückhaltende Architektur, die sich bei den Materialien auf Holz und Sichtmauerwerk aus hellen Betonsteinen beschränkt. Die Struktur der Gebäude betont das liegende Format. Das betrifft sowohl die Großform als auch die Fassadengliederung. Der Hauptbau mit seinen großen Flächen kommt mit zwei Geschossen aus. Er benötigt dafür eine Grundrissabmessung von 24,5 m auf 60 m, organisiert als zweihüftige Anlage mit zentraler Halle. Die Unterschiedlichkeit der verwendeten Materialien wird konstruktiv inszeniert. So stehen auf der Westseite des Gebäudes die im Erdgeschoss ausgebildeten hölzernen Nischen für Fenster und Sonnenschutzlamellen dem Obergeschoss mit der steinernen Sturz- und Brüstungsausbildung in Betonsteinmauerwerk widersprüchlich gegenüber. Das Steinerne auf dem Hölzernen bedeutet eine Umkehr des Gewohnten, wirkt wie eine andere Wirklichkeit, die die Wahrnehmung des Betrachters herausfordert. So kann auf gestalterischem Wege der Hinweis auf die Besonderheit des Ortes transportiert werden. Die Wandkonstruktion ist gängig – zweischaliges, hinterlüftetes Sichtmauerwerk auf Einzelkonsolankern – weist jedoch Besonderheiten in der Detaillierung auf, die die ruhige Einheit des Läuferverbandes betonen und bewahren. Dazu zählen die um 15 mm zurückversetzten Mörtelfugen und die im Verband ausgeführten Dehnfugen.
288
a
2 4 6 b
7
3
b
8
5
A
8 5
1
C
5
9
D B a
Jugendgästehaus in Dachau
aa
A
bb
Erdgeschoss Obergeschoss Schnitte Maßstab 1:600
1 2 3 4 5 6 7 8 9
Raum der Stille Personalgebäude Halle Speisesaal Seminarraum Cafeteria Rezeption Verwaltung Bibliothek
289
Beispiel 13
4 Schnitt Ostfassade Maßstab 1:20
3
A 2
1
1 Dachaufbau Vordach: Stehfalzdeckung, Titanzinkblech 0,7 mm Glasvliesbitumenbahn Holzschalung 24 mm Aufschieblinge NH, im Gefälle Bitumenschweißbahn, einlagig bituminöser Voranstrich Stahlbetonfertigteil 2 Dämmkeil mit Folienblech 45° 3 Kies 40/50 mm 4 Dachaufbau Flachdach: Vegetationsschicht 80 mm Filtervlies 5 mm Drainageschicht 40 mm Dachabdichtung, PVC 2 mm Wärmedämmung, Hartschaum 140 mm Bitumenschweißbahn, 1-lagig bituminöser Voranstrich Stahlbetondecke 180 mm 5 Laibungsbrett, Lärche lasiert 20 mm 6 Holzfenster, Lärche lasiert Isolierverglasung 7 Rolloverwahrung Stahlprofil fi 70/60/1 mm 8 Wandaufbau: Betonstein, hydrophobiert 90 mm Hinterlüftung 60 mm Wärmedämmung, Mineralfaserplatte 80 mm Stahlbetonwand 160 mm 9 Fugen, hydrophobiert, zurückversetzt 15 mm Lagerfugen teilweise bewehrt 10 Aufhängung Mauerwerk Einzelkonsolanker 11 Stahlprofil ∑ 85/85/10 mm 12 Insektenschutzgitter Aluminium-Lochblech 13 Mehrschichtholzplatte, furniert 16 mm 14 Holzfenster, Eiche lasiert mit Isolierverglasung 15 Terrassenaufbau : Betonwerkstein 20 mm Estrich, bewehrt 60 mm Trennlage PE-Folie 0,2 mm Wärmedämmung, Hartschaum 80 mm Schweißbahn, zweilagig bituminöser Voranstrich Gefälleestrich 1,5% Stahlbetondecke 120 mm 16 Gitterrost, verzinkt 40/3 mm 17 Stahlprofil ∑ 60/60/8 mm 18 Stahlbeton, wasserundurchlässig 300 mm 19 Sockel: Stahlbetonfertigteil 60 mm Wärmedämmung, Hartschaum 60 mm Bitumenschweißbahn Stahlbetonwand 150 mm 20 Betonfertigteil 21 Wandaufbau Holzständerwand: Mehrschichtholzplatte 16 mm Lattung 30/50 mm Winddichtung 0,2 mm Spanplatte 19 mm Holzständer 60/140 mm Wärmedämmung 140 mm Dampfsperre, Aluminiumfolie Spanplatte, Ahorn furniert 20 mm
290
5
7
6
10 11 12
13
14
15
16 17
18
19
Jugendgästehaus in Dachau
20
4
8
9
27
B
21 22
23
12
24
25 Vertikalschnitt Attika Horizontalschnitte Maßstab 1:20
22 2-ScheibenSicherheitsverglasung, VSG 6 mm, außen ESG 8 mm 23 Stahlbetonfertigteil,150/180 mm 24 Wärmedämmung Hartschaum 60 mm 25 Innenwand Ziegel, beidseitig verputzt 115 mm
26 Laibungsbrett abnehmbar, Furniersperrholz 136/15 mm 27 Innenputz 20 mm 28 Einbauschrank 29 Wandaufbau Seitenwand: Mehrschichtholzplatte 20 mm Windsperre 0,2 mm Holzständer 100/120 mm Wärmedämmung, Mineralfaserplatte 100 mm Dampfsperre, PE-Folie 0,4 mm Mehrschichtholzplatte 20 mm, mit Holzrahmen verschraubt und verleimt
26
30 Wandaufbau: Holzschalung 20 mm Holzlattung 20 mm Windsperre Holzständer 80/120 mm Wärmedämmung, Mineralfaserplatte 120 mm Dampfsperre PE-Folie 0,4 mm Mehrschichtholzplatte 30 mm
8 27
9
C
28
22
D
29
30
291
Beispiel 13
292
Schule in München
Schule in München 1999 Architekten: Schunck-Ullrich-Krausen, München Projektpartner: Norbert Krausen Projektleiter: Martin Kerling Mitarbeiter: Robert Kellner, Martina Wulf Tragwerksplanung: Sailer, Stepan und Partner, München
Lageplan Maßstab 1:4000
Das großzügige Ensemble der Grundschule liegt auf einem Grundstück in der Peripherie Münchens. Es ist im Süden durch einen begrünten Lärmschutzwall von der angrenzenden Bahnlinie abgeschirmt und im Osten und Nordwesten von Wohnbauten umgeben. Die Konfiguration aus locker platzierten niedrigen Gebäudestangen definiert Höfe und kleine Plätze, gliedert so den Außenraum und verzahnt ihn mit dem Baukörper. Seine Qualität offenbart sich auch im Inneren, in den hellen Gängen und Fluren, die übersichtlich alles ordnen und die Landschaft einbeziehen, genauso wie in der sorgfältigen Planung und Ausführung aller konstruktiven Details. Die unterschiedlichen Fassaden sind Teil eines Energiekonzeptes: Während die nach Süden ausgerichteten Klassenzimmer geschosshoch verglast sind – dies führt zu entsprechenden solaren Gewinnen – sind die übrigen Fassaden zum großen Teil in einer hochgedämmten Massivkonstruktion ausgeführt. Deren Erscheinungsbild wird geprägt durch eine hinterlüftete Vormauerschale aus Betonsteinen (29/19/9 cm) im Drittelsverband. Die Baumaterialien werden überwiegend unbehandelt verwendet. Im Inneren kontrastieren die rohen Betonsteine mit den wenigen Holzflächen und einigen farbigen Elementen, die wohlüberlegt und angenehm zurückhaltend eingesetzt sind. Außen stehen die Betonflächen, der Betonstein, der verzinkte Stahl und die hell eloxierten Aluminiumprofile der Fenster im Dialog mit dem Grün der Landschaft. Dem Schulgebäude gelingt mit reduzierten architektonischen Mitteln der Eindruck einer spielerischen und liebenswürdigen Heiterkeit. Die Bausteine des Hauses in ihrer unbehandelten Verwendung machen das Haus »be-greifbar«.
293
Beispiel 14
2
2
2
9
2
2
10
2
8
a
b
6
5
2
10
4
2
3
c
3 1
b
3
2
2
2
2
c a
294
7
3 1 2 3 4 5
Pausenhalle Klassenraum Tagesheim Mehrzweckraum Musikraum
6 7 8 9 10
Werken Turnhalle Luftraum Lehrerzimmer Verwaltung
Schule in München
Obergeschoss €Erdgeschoss Maßstab 1:1000
Isometrie Baukörperfügung Isometrie Fassade ohne Maßstab
295
Beispiel 14
A A 1
aa
1
Dachaufbau Pultdach: Aluminiumwellblech 55/177 mm Lattung, Konterlattung 50 mm Dachabdichtung Bitumenbahn 3 mm Holzschalung 24 mm Hinterlüftung 80 mm Wärmedämmung, Mineralfaser 160 mm Dampfsperre, PE-Folie Holzschalung 28 mm Pfette BSH 8/14 mm Stahlträger ÅPE 270 mm
2
3
Dachaufbau Flachdach: Vegetationsschicht 100 mm Drainmatte mit Vlies 20 mm Bautenschutzmatte 15 mm Kunststoffdichtungsbahn, wurzelfest, 5 mm PU-Hartschaumdämmung 120 mm Dampfsperre 10 mm Stahlbetondecke 200 mm Oberseite im Gefälle 2% Innenwand Betonsteine weiß 290/190/190 mm
2
3
4
7
5
6
296
Schule in München
Schnitt Halle Maßstab 1:400 Schnitt Obergaden-Innenwand Schnitt Außenwand Maßstab 1:20 Schnitt Klassentrakt Schnitt Turnhalle Maßstab 1:400 1
8
9
10
12
11 4
5 6
4
7
13
8 9
14
10 11 12
15 13 14
16
17
15 16 17
Bodenaufbau: Linoleum 5 mm Zementestrich, armiert 55 mm Trennlage PE-Folie Trittschalldämmung 10 mm Abdichtungsbahn auf Bodenplatte, Stahlbeton 200 mm Wärmedämmung Hartschaumplatten 100 mm Bodenaufbau: Natursteinplatten 25 mm im Dünnbett verlegt Estrich 65 mm Trennlage PE-Folie Trittschalldämmung 10 mm Stahlbetondecke 200 mm Mehrschichtleichtbauplatte, mineralisch 50 mm Regenrinne Aluminiumblech Pfosten-Riegel-Fassade, Furnierschichtholz, Birke Ansichtsbreite farblos beschichtet, 50 mm Isolierverglasung, Deckprofile Aluminium, natur eloxiert Stütze Stahlprofil Ø 82,5/3,6 mm Aluminiumblech, natureloxiert Riegel Furnierschichtholz, Birke 530/50 mm Stahlbetondecke 350 mm Wandaufbau: Vorsatzschale Betonsteine, weiß im Drittelsverband ausgeführt, 290/190/90 mm Luftschicht 50 mm Dämmung Mineralfaser 60 mm Stahlbetonwand 240 mm Innenputz 15 mm offene Stoßfuge Träger, Betonfertigteil 90/300/2585 mm Konsole Stahlbeton 210/250/250 mm
bb
cc
297
Beispiel 15
Schule in Ostfildern 1999 Architekten: Arno Lederer, Jórunn Ragnarsdóttir, Marc Oei, Stuttgart/ Karlsruhe Mitarbeiter: Judith Haas (Projektleitung), Alexander Mayer-Steudte (Projektleitung), Ulrike Hautau, Cornelia Hund Tragwerksplanung: Müller + Müller, Ostfildern
Der Scharnhauser Park ist ein ehemaliges Kasernengelände, auf dessen Areal ein neuer Stadtteil entsteht. Im Nordosten wird die Stadtkante von einem großen Bogen bestimmt, der sich durch die Führung der neuen Stadtbahnlinie ergibt. An dieser Stelle entstand das Schulgebäude. Der aus einem Wettbewerb hervorgegangene Entwurf bezieht die Bogenform in die Außenanlagen des Schulgebäudes ein und legt den Hochbauten klar das Raster des Bebauungsplanes zugrunde. Das im Süden drei- und im Norden zweigeschossige Schulgebäude wird über die Längsachse als einfaches zweibündiges System erschlossen. Der Erschließungsraum ist mit einläufigen Treppen aus Sichtbeton und runden Lichtöffnungen differenziert gegliedert. Das helle oberste Geschoss profitiert von den Oberlichtöffnungen des nach innen geneigten V-förmigen Daches, das ebenso wie die Treppen der Längsachse folgt. Die Fensteröffnungen in den Klassenräumen sind nur so groß bemessen, wie sie zur ausreichenden Belichtung benötigt werden. Das ist einerseits ein Beitrag zum kostensparenden und energieeffizienten Bauen, andererseits führt diese strikte, einfache Gestaltungsregel zu einer klar definierten Schnittstelle zwischen innen und außen. Aus Kostengründen wählte man einen preiswerten Ringofenziegel, der nicht ganz scharfkantig ausgeführt wird und in den Farben hellbraun bis hellrot changiert. Beim Mauern wurde darauf Wert gelegt, dass die Fugen breit ausfallen und in einem Arbeitsgang gemauert und verfugt wurde. Der sandfarbene Mörtel wurde absichtlich fast laienhaft »verschmiert«, wodurch eine raue und grobe Oberfläche entstand. Diese Materialität wurde auch im Inneren im Bereich der Flure eingesetzt. Lediglich bei den Eingängen in die Klassenräume wurden die Oberflächen etwas verfeinert. Zwischen Schulgebäude und Turnhalle liegt ein großzügiger Schulhof, der dem Gelände folgend als Landschaftstreppe ausgebildet ist. So entstand eine atmosphärisch dichte Stimmung, die unter anderem auch in der Homogenität des Materials begründet ist.
298
b
a
a
b
Schule in Ostfildern
Lageplan Maßstab 1:2500 Obergeschoss €Erdgeschoss Ansicht Ost Schnitt Schulgebäude Maßstab 1:800 aa
299
Beispiel 15
A
Vertikalschnitt Maßstab 1:20 Schnitt Schulgebäude Maßstab 1: 400 Horizontalschnitt Shed Maßstab 1: 20 1
3
2
4
5
6
7 8
9
10 11
12 13
14 16
15
17 18
300
Schule in Ostfildern
A
bb
1
2
3 4 5 6 7 8 9 10 11 12
13 14 15 16 17 18
Dachaufbau: Blechstehfalz Titanzink 0,7 mm Holzschalung 24 mm Konterlattung 80/80 mm bzw. Hinterlüftung 80 mm Sparren 120/200 mm bzw. Wärmedämmung Mineralfaserplatten 200 mm Pfette 200/200 mm OSB-Platte 24–32mm Dampfsperre, PE-Folie 0,4 mm Gipskartonplatte 12,5 mm Dachaufbau: Extensive Begrünung, Vegetationsschicht mind. 120 mm Schutz- und Speichermatte Dachabdichtungsbahn Bitumen, zweilagig, oberste Lage wurzelfest Wärmedämmung 190 mm Dampfsperre Stahlbetondecke 260 mm Attikaabdeckung Titanzinkblech 0,7 mm Holzbohle Wärmedämmung Mineralfaser 60 mm offene Stoßfuge Sonnenschutz-Jalousie Aluminium natur 50 mm Konsolwinkel, Edelstahlprofil ∑ Aluminiumfenster mit Isolierverglasung Fensterbank MDF-Platte, lackiert Fensterbank, Aluminium gekantet, Vorderseite abgerundet 3 mm Wandaufbau: Vormauerziegel 115 mm Hinterlüftung 45 mm Wärmedämmung Mineralfaser 80 mm Stahlbetonwand 250 mm Innenputz 15 mm Dehnungsfuge Perimeterdämmung 120 mm Feuchtigkeitssperre Eichenparkett 20 mm Auflagerkonsole, Edelstahlblech Perimeterdämmung 80 mm
9
3
5
3 4
3
12
301
Beispiel 15
B
Schnitt Sporthalle Maßstab 1:400 Schnitt Ostfassade Sporthalle Maßstab 1: 20
302
Schule in Ostfildern
B
4 3
5
6 7 2
1
1 8
9
Dachaufbau: Kunststoffsportplatzbelag 30 mm Trennschicht, Glasvlies einlagig Stahlbetonplatte 75 mm Drainschicht aus geschlossenzelligem PE-Schaum 20 mm Dachabdichtung, Bitumenschweißbahn, zweilagig, obere Lage wurzelfest Wärmedämmung, PU-Hartschaum 80 mm Bitumenschweißbahn, diffusionsdicht Stahlbetondecke 18 cm 2 Abdeckblech Edelstahl 3 mm 3 Holzbohle 4 Attikaabdeckung Titanzink 1,5 mm 5 Auflager-Konsolwinkel ∑ 6 frostfester Vormauerziegel 115 mm 7 Stahlbetonwand 250 mm 8 frostfester Vormauerziegel 240 mm 9 Profilbauglas 10 Abdeckblech Edelstahl 3 mm
11 Wärmedämmung Mineralfaser 60 mm 12 Abdichtung Bitumenschweißbahn, zweilagig 13 Perimeterdämmung 60 mm 14 Betonsockel 15 Geländeanschluss mit Flächendrainage Geotextil zur Abdeckung Kies Schutzlage für Abdichtung Abdichtung Bitumenbahn, zweilagig, obere Lage wurzelfest Wärmedämmung, Schaumglas 100 mm Dampfsperre Stahlbetondecke 250 mm 16 Wandaufbau: Drainplatte mit Kaschierung 60 mm Schutzvlies Perimeterdämmung 80 mm Bitumenanstrich Stahlbetonwand 300 mm
10 11 12 13 14
15
16
303
Beispiel 16
Rathaus in Fellbach 1987 Architekt: Ernst Gisel, Zürich Mitarbeiter: Othmar Brügger, Heinrich Gerster, Harry Moor, Heinz Schmid, Leo Schweitzer Bauleitung : Peter Zimmermann, Filderstadt Tragwerksplanung: Heinrich Bechert, Fellbach
»Architektur, die Stadt erzeugt« – unter diesem Gesichtspunkt könnte man die Arbeit Ernst Gisels in Fellbach betrachten. Die prosperierende Gemeinde Fellbach mit einer stark anwachsenden Bevölkerung und den üblichen, auch in anderen Städten bekannten Auswüchsen der 50er und 60er Jahre suchte eine Mitte. Die Umgebung der Lutherkirche, einst von einer festen Ringmauer umsäumt, bot genügend Operationsfeld, um 1979 einen Wettbewerb für diese Ortsmitte auszuschreiben. Die Aufgabe bestand darin, »zusammen mit einem Marktplatz nicht nur ein Behördenzentrum, sondern einen von den Bürgern benützten lebendigen Bereich zu schaffen«. Die Jury entschied sich für den Beitrag Gisels wegen seiner »wohltuenden Selbstverständlichkeit«. Gut strukturiert, klar gegliedert, entschieden in der Form, konnte Gisels Entwurf städtebaulich die außen-, wie innenräumlichen Aufgaben hervorragend lösen. So konnte die äußere Kontur die städtebauliche Situation klären und ordnen. Die Struktur der inneren Höfe mit den kleinen Gassen und dem Rathausplatz bietet selbst hohe urbane Qualität. Die Materialwahl fiel wie selbstverständlich auf eine zweischalige Mauerwerkkonstruktion, die eine 24 cm starke tragende Außenschale aufweist, allerdings entsprechen die Dämmstärken nicht mehr den heutigen Vorschriften. Das Gebäude schöpft die Vorteile einer selbsttragenden Mauerwerkschale vollständig aus: Ausbildung von Lisenen, Vorsprüngen und Stützen in echtem Verband und robuste Details an den Fenstergewänden sind ebenso möglich wie gemauerte Treppen und Rundbögen. Das Mauerwerk wird im Bereich der Fensterbänke und der Stürze sowie im deutlich abgesetzten Sockel mit Naturstein ergänzt. In den Zeiten der blühenden Postmoderne entworfen, entstand ohne aufgesetzte Zitate ein authentischer Ort, der wegen seiner räumlichen Qualität im Inneren und Äußeren, seiner Materialgerechtigkeit und der Liebe zum Detail nichts an Aktualität eingebüßt hat.
304
Lageplan Maßstab 1:1500 Schnitt • Erdgeschoss Maßstab 1:750
5 4
3
2 1
Rathaus in Fellbach
1 2 3 4 5 6 7
8 9 10 11 12 13 14
Rathausplatz Gartenhof Marktplatz Lutherkirche Kirchhof Haupteingang Foyer
Trauzimmer Diensträume Verwaltungsabteilungen Information Restaurant Cafe am Markt Laden
A
aa
a
13
11
3
10 9
14
2
8
7
6
1 14
b
b
9 10
12
10 14 10 a
305
Beispiel 16
bb
Schnitt Maßstab 1: 750 Fassade Teilansicht • Schnitt Maßstab 1:20
1
2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15
16 17 18 19 20
21 22 23 24 25
306
Kaltdachaufbau, Dachneigung 5,4°: Doppelstehfalzdach Kupferblech 0,7 mm, Bandbreite 670 mm Unterdeckbahn Holzschalung 24 mm Sparren 160/80 mm Hinterlüftung Wärmedämmung, Mineralfaser 100 mm Kassettendecke, Stahlbeton mit Weißzement Blende, Kupferblech 0,7 mm Abschlussleiste 60/40 mm Untere Blende, Kupferblech 0,7 mm auf Bitumenpappe Abdeckung Kupferblech 0,7 mm Randpfette 120/120 mm Grenadierschicht Klinker NF Stahlbeton-Überzug Lisenenabdeckung Naturstein Lodrino-Gneis Wärmedämmung, Mineralfaser 50 mm Feuchtigkeitssperre Befestigungsplatte Stahlblech verzinkt, 140/5 mm Fenstersturz Naturstein Lodrino-Gneis Abdeckung Sonnenschutz, Kupferblech 1,5 mm Abschlussblende als Revisionsdeckel, Kupferblech 1,5 mm, montiert mit Hülsen und Edelstahlschrauben Holzfenster mit Isolierverglasung Stütze Ø 300 mm Wasserrinne Fensterbank Naturstein Lodrino-Gneis Wandaufbau: gelber Klinker NF im Blockverband 240 mm Hinterlüftung 42 mm Wärmedämmung, Mineralfaser 50 mm Brüstung in Ortbeton 100 mm Brüstungsverkleidung Stahlblech Kassettendecke, Stahlbeton mit Weißzement Führungsseil für Sonnenschutz Fensterbank Kupferblech 1,5 mm Stahlprofil verzinkt, ∑ 55/75/5 mm Sockelverkleidung Maggia-Granit, Sichtflächen gespalten 50 mm
Rathaus in Fellbach
1
A
2 3 4 5 7
6
8
9
10 13
11 12
14 15
16
17
18 19
20
21
22
24
23
25
307
Beispiel 17
Bürogebäude in Lünen 1995 Architekten: Hillebrandt + Schulz, Köln Tragwerksplanung: Kleinwechter, Dortmund
Das Bürogebäude liegt in einem neu erschlossenen Gewerbegebiet in Lünen am nordöstlichen Rand des Ruhrgebietes. In der Gestaltungssatzung der Bauverwaltung war eine »Verklinkerung der Straßenfassade« vorgegeben. Auf der leichten Erhebung des Baugrundstücks entwickelten die Architekten ein langgestrecktes Gebäude, für das die Vorgabe »Klinker« Programm wurde: ein subtil gestaltetes, klares Gebäude, das durch die besondere Ausformung der Gebäudeöffnungen eine hohe Qualität in der Lichtführung erreicht. Jede Seite des Baukörpers reagiert anders auf die Umgebung. An der Nordwestecke schieben sich die Verglasungen, eingefasst von stählernen Laibungen, deutlich aus dem Gebäudekubus. An der Südfassade sind die über zwei Geschosse zusammengefassten Fensterbänder mit vorstehenden Klinkern gerahmt. Die kleine Treppenhaushalle erhält eine Wandverdickung, in der eine große Fensteröffnung mit schräg angeschnittenen Laibungen das Licht und den Ausblick besonders inszeniert. Die differenzierte Gebäudegestalt wird begleitet von sorgfältig ausgebildeten Fensterdetails und in regelmäßigem Takt angeordneten Oberlichtkonchen in der Dachebene. Die Haupttragkonstruktion besteht aus 30 cm starkem Leichtbetonmauerwerk, das mit Gipsputz versehen und teilweise mit mehrlagigem Kalkputz veredelt ist. Im Bereich der Fensteröffnungen werden die Stürze durch eine mit Polystyrol gedämmte Ortbetonkonstruktion gebildet. Die in wildem Verband von dünnformatigen Wittmunder Torfbrandziegeln ausgeführte 11,5 cm starke Vormauerung steht mit einer Luftschicht von 5 cm vor der Hauptkonstruktion. Vor dem Besprechungsraum im Erdgeschoss liegt ein abgestuftes Wasserbecken aus Klinker, das mit dem bewegten Lichtspiel auf seiner Oberfläche die Atmosphäre des Inneren stimmungsvoll widerspiegelt. Als einheitliches Material vermag der Klinker den Gebäudekubus und die ihn umgebenden Außenräume mit den Parkplätzen und Eingangsstufen zu einem Ganzen zusammenzufassen und Großzügigkeit als ein subtiles Mittel der Repräsentation zu vermitteln.
308
a A
B
C
b
b
a
Bürogebäude in Lünen
A
1 2
3
4
Obergeschoss • Erdgeschoss Maßstab 1:500 Schnitte Maßstab 1:250 Schnitt Außenwand Süden Maßstab 1:20 A
1 2 3 4
aa
5
B
Ziegelrahmen in Trasszement Stahlprofil ∑150/150/12 mm Stahlfenster mit Isolierverglasung Paneelaufbau: Zementputz, fensterbündig, mit Anstrich 15 mm Wärmedämmung, Mehrschichtleichtbauplatte 50 mm Wandaufbau: Ziegelverblendung, Wittmunder TorfbrandZiegel DF 115 mm Hinterlüftung 50 mm Leichtbetonmauerwerk, gespachtelt 300 mm
5
C C
bb
309
Beispiel 17
Schnitt Außenwand Osten Schnitt Außenwand Westen Maßstab 1:20 1
2 3 4
5 6 7
Wandaufbau: Zementputz, armiert veredelt mit mehrlagigem, farbigem Kalkglattputz Wärmedämmung, Mehrschichtleichtbauplatte 50 mm Stahlbetonsturz 250 mm Innenputz mit Anstrich 15 mm Stahlfenster mit Kippflügel, Isolierverglasung Bitumenabdichtung Bodenaufbau: Teppichbelag Estrich 60 mm Wärmedämmung 80 mm Feuchtigkeitssperre Stahlbetonplatte 160 mm Stahlfenster in FlachstahlLaibung Holz-Laibung, kaschiert mit Dampfsperre Wärmedämmung Hartschaum 50 + 30 mm
B
C
6
1
5
7 2
4
3
310
Rechenzentrum in Karlsruhe
Rechenzentrum in Karlsruhe 1992 Architekt: Heinz Mohl, Karlsruhe Projektleitung: Peter Litzlbauer Mitarbeiter: M. Bertram, K. Böhm, H. Döbbeling, G. Döring, N. Fostiropoulos, St. Hirschfeld, R. Preißer, S. Özcam, J. Schneider, M. Wagner, I. Walser, Th. Weiler Bauleitung: Stieff + Trunzler, Karlsruhe Tragwerksplanung: Ingenieurgruppe Bauen, Karlsruhe Lageplan Maßstab 1:2000
Die fächerförmige, auf den Schlossplatz bezogene Stadtstruktur von Karlsruhe ist geprägt vom spätbarocken, bzw. klassizistischen Idealplan. Innerhalb des historischen Zirkels ist jede Neuplanung in Form und Proportion den Gesetzen dieser übergeordneten Geometrie unterworfen. Der Respekt vor dem Ort schließt dabei moderne Konstruktionen und Materialien nicht aus, wie am Beispiel des Rechenzentrums deutlich wird. Das markante Gebäude aus Sichtmauerwerk befindet sich in unmittelbarer Nähe der bekannten, von Friedrich Weinbrenner geplanten Stadtkirche. In Geschosszahl und Traufhöhe orientiert sich der Entwurf an den Nachbarhäusern. Auch die kräftigen Dachaufbauten und Gebäudeeinschnitte der Umgebung nimmt der Neubau maßstabsgerecht auf und interpretiert sie auf neue Weise. Das Haupttragwerk der Konstruktion besteht aus einem Stahlbetonskelett, das mit Betonsteinen ausgefacht ist. Im Brüstungsbereich und teilweise auch an den Innenwänden wurden die Steine sichtbar belassen. Auch die 9 cm starke, hinterlüftete Vormauerschale der Außenhaut besteht aus Betonsteinen. Durch das durchgängige Verbandsbild weist die Fassade eine ebenmäßige Steinstruktur auf. Lediglich die Stürze der Fenster, Türen und Öffnungen werden durch eine Steinlage im Hochformat betont. Die komplexen Details an den Fügungspunkten sind exakt und im Einklang mit dem Fugenbild durchgearbeitet. Das gilt für die über die Fassade auskragenden Vordächer, die bündig mit der Fassade liegenden Dachgauben sowie für die Betonfertigteile der Abdeckungen und Tragelemente. Die zurückhaltende Farbigkeit der verwendeten Grauschattierungen – vom hellgrauen Betonstein bis zu den anthrazitfarbenen Fenstern – bindet dieses Bauwerk in den Kontext der Stadt ein, ohne seinen eigenständigen Charakter zu verleugnen.
311
Beispiel 18
A
Vertikalschnitt Fassade Maßstab 1:100 Isometrie Traufgesims ohne Maßstab
312
Rechenzentrum in Karlsruhe
A 12
13
2
1
2
4
2
3
5 Fassadenschnitt Maßstab 1:20 1 2 3 4 5
6 7 8
9
10 11
12 13 14
Betonstein, weiß 290/90/190 mm Stahlbetonfertigteil Einlauftopf Regenrinne, mit Notüberlauf Isolierverglasung auf Stahlunterkonstruktion Edelstahl-Maueranker mit Krallenplatten und Abtropfscheiben Betonstein-Sturz 90 mm Abfangkonsole, Stahlprofil ∑ Aluminium-Fenster, farbbeschichtet mit Isolierverglasung Wandaufbau: Betonsteine, weiß 290/90/190 mm Hinterlüftung 50 mm Wärmedämmung, Mineralfaser 60 mm Betonsteine 240 mm als Ausfachungen im Stahlbetonskelett offene Stoßfuge Feuchtigkeitssperre Dichtung Bitumenbahn auf Edelstahlblech als Auflager Dachabdichtung Bitumenbahn, zweilagig Wärmedämmung, druckfest Stahlbetonkonstruktion, tragend
6 7
8
9
10 11
14
313
Beispiel 19
Wohn- und Institutsgebäude in Zürich 1993 Architekten: Haessig + Partner, Zürich Felix B. Haessig, Peter C. Haessig, Bruno Clausen Tragwerksplanung: Schubiger AG, Zürich
aa
Eine lockere Häuserzeile bildet den nordwestlichen Rand des Züricher Spitalgeländes. In einer Lücke entstanden die zwei neuen, zueinander leicht abgewinkelt stehenden Baukörper – einer mit Wohnnutzung, einer für den Laborbetrieb. Beide orientieren sich hinsichtlich ihrer Geometrie und Ausrichtung an vorhandenen Raumkanten im Quartier. Verbunden sind sie durch den gläsernen Erschließungsbereich. Die Architektursprache der unterschiedlichen Elemente ist verwandt, aber entsprechend der verschiedenen Nutzungen leicht differenziert. In Baumasse und Maßstab nehmen sie die regelmäßige städtebauliche Struktur des Bestandes auf. Analog zu den angrenzenden Bauten ist eine Sockelzone ausgebildet, die auf die vorhandene Topografie reagieren kann. Der mit Granitplatten verkleidete Sockel fasst die Baukörper an der Basis zusammen, entsprechend schaffen die großen Dachauskragungen einen gemeinsamen oberen Abschluss. Zur Differenzierung ist das westliche Dachgeschoss zurückgesetzt und mit einer Aluminium-Wellplattenverkleidung versehen. Die übrigen Fassaden sind größtenteils mit einer 12 cm starken Vorsatzschale aus Kalksandstein verblendet, die im Läuferverband ausgeführt wurde. Zwischen dem Verblendmauerwerk und der Stahlbetonkonstruktion des Gebäudes liegen die Hinterlüftung und die 10 cm starke Wärmedämmung. Fensterstürze, -pfeiler und -bänke wurden als Stahlbetonfertigteile mit vorgeblendeten 3 cm starken Kalksandstein-Riemchen hergestellt. Das gesamte Mauerwerk ist durchgängig mit grauem Zementmörtel ausgefugt, sodass auch an den Schnittstellen zwischen den vorgefertigten und gemauerten Wänden das nahtlose Bild einer Mauerwerkstruktur erzielt wird. Auch im Inneren des Gebäudes wurde vorgefertigtes Sichtmauerwerk mit der gleichen Präzision wie im Außenbereich eingesetzt.
a
C A
B
a
314
Wohn- und Institutsgebäude in Zürich
Schnitt 1. Obergeschoss • Erdgeschoss Ansicht Nord-West Maßstab 1:400
315
Beispiel 19
A
Horizontalschnitt Fenster Vertikalschnitt Westfassade Horizontalschnitt Sockel am Eingang Horizontalschnitt Regelgeschoss am Eingang Vertikalschnitt Treppenraumwand Maßstab 1:20
6
5
7
9
1
bb
2
8
3
4
1
2
1
2 3
4
5 6
7 8
9
10 11 12 13
316
Aluminiumfenster, eisenglimmerlackiert mit Isolierverglasung Fenstersims, Kalksandstein-Element Stahlbetonpfeiler mit KalksandsteinVerblendung Wandaufbau: Kalksandstein 120 mm Hinterlüftung 40 mm Wärmedämmung, Mineralwolle 100 mm Stahlprofil ∑ 100/30/3,5 mm Dachaufbau: Doppelstehfalz-Deckung, Titanzinkblech 0,7 mm Unterdeckbahn Holzbohlen 100/40 mm auf Schwertflansch geschraubt Stahlprofil ∑ 30/30/4 mm Aluminium-Wellbandverkleidung , walzblank 18/76 mm Deckenaufbau: Stahlträger ÅPE 240 Wärmedämmung, Mineralwolle 140 mm Hohlraum Dampfsperre Gipskartonplatten 18 mm Sonnenschutz Stoffstores Stahlbetonsturz mit Kalksandsteinverblendung Stahlprofil ∑ 120/60/12 mm Konsole Edelstahl
10 11
1
b
b
14 12 13
Wohn- und Institutsgebäude in Zürich
B
C
18
21
22
23
19 20 15
15
16
16
17 4
15
20
14 Bodenaufbau: Linoleum 5 mm Zementestrich 95 mm Trittschalldämmung 10 mm Stahlbetondecke 280 mm 15 Kalksandstein, unverputzt 120 mm 16 Aluminium-Profil, einbrennlackiert mit Isolierverglasung 17 Wandaufbau Sockelgeschoss: Granitplatten 40 mm Halte- und Tragankerkonsolen aus Edelstahl Wärmedämmung 100 mm Stahlbeton 180 mm 18 Stahlträger HEA 140 19 Stahlprofil Ø 101,6/5 mm mit Kopf- und Fußplatte 140/140/10 mm 20 Glas-Beton-Element 21 Winkelblech Kupfer, verzinkt 22 Betonplatte 40 mm 23 Dachaufbau: Extensivbegrünung Dachabdichtung Bitumenbahn, 3-lagig Holzbohlen, Fichte 40 mm Holzbalken, konisch, 10/14–18 cm Stahlträger ÅPE 240 Wärmedämmung, Mineralwolle 140 mm abgehängte Decke
18
19
14
11
317
Beispiel 20
Wohn- und Gewerbebauten in Berlin 1996 Architekten: Petra und Paul Kahlfeldt, Berlin Mitarbeiter: Anja Herold, Christoph Haag, Yves Minssart, Michael Fuchs, Jörn Pötting, Thomas Kälber, Conor Moran, Frauke Hellweg, Martin Oestlund Tragwerksplanung: Ingenieurbüro Fink, Berlin
Das Ensemble von Wohn- und Gewerbebauten »Engelhardt Hof« liegt in einem dicht bebauten innerstädtischen Quartier in unmittelbarer Nähe des Charlottenburger Schlosses. Die umgebenden Bauten stammen aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und überstanden den Krieg nahezu unversehrt. Das Baugrundstück innerhalb des Blocks gehörte bis Mitte der 80er Jahre einer Brauerei. Nach Einstellung der Produktion blieben nur das ursprüngliche Verwaltungsgebäude und ein Lagerhaus erhalten. Die Neubebauung gliedert sich in drei Teile. Ein Kopfbau mit Büros bildet an der nordwestlichen Ecke einen Übergang von den umgebenden Wohnhäusern zum Innenhof, ein U-förmiger Gewerbebau schließt an die Brandwände an, und ein Wohngebäude nimmt die historische Blockrandbebauung auf und fasst so den Hof nach Süden hin. Gemeinsames Gestaltungsmerkmal aller Gebäude ist das Mauerwerk aus hellgelbem Klinker. Die Außenwände bestehen aus zweischaligem, kerngedämmtem Mauerwerk. Die unterschiedliche Ausbildung der Fassaden, entsprechend den Nutzungen, differenziert das Erscheinungsbild. Der Kopfbau besitzt eine Vorsatzschale im Binderverband, mit einer eingesetzten Glas-StahlFassade, die vom öffentlichen Straßenraum in den Hof leitet. Deren äußere Festverglasung schützt die feingliedrigen, dahinter liegenden Holzfenster vor Witterungseinflüssen und bietet Schall- und Wärmeschutz. Über die Öffnungsflügel der inneren Fassade sind die Büroräume natürlich zu belüften. Die Mauerwerkkonstruktion des Gewerbebaus im Hof ist dagegen fast skelettartig aufgelöst und mit großzügiger Verglasung in Holzrahmen ausgefacht. An diesen Fassaden wird die Vormauerschale in Stützen- und Sturzelemente aufgelöst und ist im Blockverband ausgeführt. Die zum begrünten Innenbereich gelegene Seite des Wohngebäudes ist mit durchlaufenden Balkonen ausgestattet, großflächig verglast und mit schmalen, verklinkerten Stützen vertikal gegliedert. Zur Straße hin sind Kastendoppelfenster in die verputzte Fassade eingesetzt.
318
A
B
a
a
Lageplan Maßstab 1:4000 Obergeschoss • Erdgeschoss Maßstab 1:1000 Schnitt Maßstab 1:500
Wohn- und Gewerbebauten in Berlin
319
Beispiel 20
A
1 2
4
6
5
7
3 10
8
aa
9
Schnitt Balkon Doppelverglasung Kopfbau Horizontalschnitt • Vertikalschnitt Maßstab 1:20
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11
12 13
320
Betonfertigteil 1203 mm Wärmedämmung 100 mm Holzfenster, dreiteilig, mit Isolierverglasung Trennwand Acrylglas Regenfallrohr Ø 70 mm Stahlprofil | 30/30 mm Stahlprofil | 20 mm Stahlprofil ¡ 120/10 mm Ankerplatte 150/100/10 mm Rost, gusseisern, zur Abdeckung der Entwässerungsrinne Wandaufbau: Klinker 115 mm Wärmedämmung 100 mm Dampfsperre Stahlbetonwand 240 mm Attikaabdeckung Zinkblech Holzbohle 40/300 mm
14 Beton 200/200 mm als Zinne im Abstand von 900 mm 15 Abdichtung Bitumenbahn 16 Dachabdichtung, Bitumenbahn, dreilagig 17 Wärmedämmung 140 mm 18 Dampfsperre 19 Stahlbetondecke 200 mm 20 Entwässerungsrinne 21 Betonaufkantung 200 mm 22 Wärmedämmung 2 ≈ 30 mm 23 Stahlkonsole zur Auflagerung der Vormauerschale 24 Jalousie 25 2≈ Stahlprofil ¡ mit Einfachver glasung 26 Belüftung 27 Holzfenster mit Isolierverglasung 28 Stahlbetonstütze 240/240 mm
Wohn- und Gewerbebauten in Berlin
13 12
B 14 15
16 21 22 20
23
17
18
24
19
25
27 26
b
28
22 27
b
25
27
11
bb
25
321
Beispiel 21
Verwaltungsgebäude in Stuttgart 1998 Architekten: Arno Lederer, Jorunn Ragnarsdóttir, Marc Oei, Stuttgart/ Karlsruhe Mitarbeiter: Marko García-Barth, Sabine Birk, Andy Brauneis, Oliver Cyrus, Roland Göppel, Alf Hoinkis, Thilo Holzer, Marc Losch, Alexander Mayer-Steudte, Boris Miklautsch, Dorothee Strauss Tragwerksplanung: IBA – Acatürk + Kiesel, Stuttgart
Der Neubau erweitert die Hauptverwaltung eines Energieversorgers, die in den siebziger Jahren errichtet wurde. Dieser Bau der Architekten Kammerer, Belz, Kucher + Partner war Ausdruck einer technisch orientierten Architektur, die ganz auf fortschrittliche Materialien setzte. Sein tragendes Skelett ist mit Glas und dunkel eloxierten Aluminiumplatten verkleidet. Belüftung und Klimatisierung erfolgen mechanisch. Im Gegensatz dazu erarbeiteten die Architekten des Erweiterungsbaues ein passives, ökologisches Energiekonzept. Durch die große Gebäudemasse der mehrschaligen Außenhaut, mit Ziegelvormauerung und Stahlbeton-Tragwerk, wird zum einen eine hohe thermische Trägheit erreicht, zum anderen bildet die doppelte Verglasung einen Wärmepuffer zwischen Innen und Außen. Wegen der städtebaulichen Enge sind die Büroräume konsequent auf den wenigen gut belichteten Seiten untergebracht. Die speziell entwickelten Kastenfenster garantieren, neben dem zusätzlichen Wärmeschutz, den erwünschten Schallschutz und eine natürliche Belüftung. Das gesamte Gebäude ist mit einem hinterlüfteten Verblendschalenmauerwerk aus 11,5 cm starken anthrazitfarbenen Ziegeln (KMz 28/1,8 NF) verkleidet. Im Sockelbereich wurden besonders widerstandsfähige Steine eingesetzt und im Bereich der Eingangstüren sogar runde Formsteine. Das Mauerwerk im Läuferverband ist geschossweise auf höhenjustierbaren Edelstahlkonsolen gelagert. Der Schalenabstand beträgt 12,5 cm mit 8 cm Wärmedämmung und 4,5 cm Luftschicht. Die Wände wurden in einem zweiten Arbeitsgang mit eingefärbtem Mörtel verfugt, dabei sind die Horizontalfugen weiß, die Vertikalfugen schwarz ausgebildet. Die dunkelgrauen Ziegeloberflächen mit dem leicht metallischen Schimmer und der zweifarbigen Ausfugung verleihen dem Bau einen ganz besonderen Charakter, der zudem eine harmonische Einheit mit dem Altbau bildet.
322
Lageplan Maßstab 1: 2000 Schnitte • 2. Obergeschoss Maßstab 1:1000
1
1 2
Neubau Altbau
2
Verwaltungsgebäude in Stuttgart
aa
bb
b
c
a
a
cc b
c
Bsp21_Lederer_2.1
323
Beispiel 21
1
2
324
2
Verwaltungsgebäude in Stuttgart
4
5
3
6
7
dd
8
Schnitt Gewölbe Restaurant Maßstab 1:100 Vertikalschnitt €Horizontalschnitt Eingang Maßstab 1:50
4 5 6
1
2 3
Dachaufbau Gewölbe mit Intensiv-Begrünung: Vegetations- und Drainschicht 200 mm Schutz- und Filtervlies Schutzmatte, Gummigranulat Dachabdichtung, zweilagig Wärmedämmung Schaumglas 100 mm Dichtungsbahn als Noteindeckung Magerbeton 150 mm Ziegel 240 mm Stütze, tragend Klinker 490/490 mm Leuchtkörper als oberer Abschluss Windfang: 2≈ Glas, sandgestrahlt Leuchtstoffröhren
7
8 9
Stahlprofil ∑ als Abfangkonsole für Ziegelvormauerschale Vordach mit Entwässerungsrinne, Stahlbeton als Ortbeton Wandaufbau: Klinker 115 mm Hinterlüftung 45 mm Wärmedämmung, Mineralwolle 80 mm Stahlbetonwand 250 mm Innenputz 15 mm Bodenaufbau: eingelassene Fußmatte in Stahlblechwanne mit Entwässerung, rutschfest beschichtet Wärmedämmung 60 mm Stahlbetondecke 250 mm Stahlbetonwand 300 mm Windfangelement: Türen mit Stahlrahmen und Türflügel aus Stahl mit Holzbeplankung und Glaselement
6
d d
9
325
Beispiel 21
3
2
4
5 6
1
7
10
e
e
8
9
Schnitt Büroflur Horizontalschnitt Büronische Vertikalschnitt Fassade Horizontalschnitt Kastenfenster Maßstab 1:20
10 9
11
7
1
2 3 4 5
6 7 8
326
Akustikdeckenelemente: MDF-Schlitzplatte mit Flies kaschiert, aushängbar, Schaumstoff als Absorber Kompaktleuchtstofflampe Gipskartonplatte 12,5 mm Lautsprecher Furniersperrholzplatte Buche, demontierbar als Revisionsöffnung Betonsturz Klinker, gelb 115 mm Hohlraumboden mit Teppichbelag, Revisionsöffnungen im Türbereich
12
14
13
ee
Verwaltungsgebäude in Stuttgart
15
16 17
18 19 20
9 Zuluft Quelllüftung 10 »Apothekerschränke« ausziehbar, Furniersperrholz, Buche 11 Betonstütze 12 Türelement, buchefurniert mit seitlicher Verglasung 13 offenes Regal 14 Edelstahlprofil mit Langfeldleuchte
15 Attikaabdeckung Stahlblech, beschichtet 4 mm 16 Wandaufbau: Klinker 115 mm Hinterlüftung 45 mm Wärmedämmung, Mineralwolle 80 mm Stahlbetonwand 250 mm 17 Abdeckblech, Aluminium schwarz, pulverbeschichtet 2 mm 18 Lamellenstores
19 Lamellenverglasung ESG 10 mm 20 Aluminiumprofil 21 Isolierverglasung 22 Fensterrahmen Furniersperrholz, Buche 23 Antriebsmotor 24 Sideboard Furniersperrholz, Buche
f
f 21
22
23
17
24
8 11 21
17
20
19
16
ff
327
Beispiel 22
Geschäftshaus in London 1998 Architekten: Maccreanor Lavington Architekten, London Mitarbeiter: Tim Anstey, Marie Brunborg, Alexis Burrus, Nichola Dunlop, Jeremy King, Richard Lavington, Gerard Maccreanor, Aidan Williams Tragwerksplanung: Andrew Greig, Graham Ling, London
Das Geschäftshaus befindet sich an der Südwestecke des Hoxton Square. Es ist in einen bestehenden Häuserblock eingebettet und tritt nur an drei Seiten in Erscheinung: im Osten direkt am Platz, im Norden im Blockinnenhof und im Westen schmalseitig zur Coronet Street. Der Grundriss ist geschickt zwischen den drei Belichtungsmöglichkeiten und dem zusätzlichen kleinen Lichthof, auf der Südseite des Grundstückes, organisiert. Die für eine Ladennutzung vorgesehene Erdgeschosszone ist bis zur Hälfte abgesenkt und nimmt die unterschiedlichen Höhen der Straßenanschlüsse auf. Das darüberliegende erhöhte Geschoss gleicht die topographischen Unterschiede aus und besitzt deshalb eine besondere Fassadenstruktur. Vor die Stahlbetonkonstruktion wurden 32,5 cm starke Stützen und Fensterstürze mit Verblendungen aus dunklen Ziegelsteinen als Fertigteilfassadenelemente eingehängt. Die Ziegel wurden dabei zum Teil im Produktionsprozess der Fertigteile als Halbschalen ausgebildet. Ergänzungen an den Stürzen über dem Erdgeschoss und an einigen Wandteilen wurden mit vorgehängten halbsteindicken Vorsatzschalen, und im Bereich der Attika mit 24 cm starken tragenden Ziegelwänden, ausgeführt. Die thermische Trennung ist konsequent zwischen Fertigteilfassade und Gebäudetragkonstruktion untergebracht. Die Stürze über den Fensteröffnungen gliedern den halbsteinversetzten Läuferverband in der Horizontalen. Durch die Betonung der durchlaufend erscheinenden Stützen mit den dazwischen liegenden Fensterstürzen wird der Montage-Charakter der Verkleidung deutlich. Die Materialwahl und die sorgfältige Ausbildung der zurückhaltenden Details runden das architektonische Erscheinungsbild ab.
328
a
a
Geschäftshaus in London
2. Obergeschoss • 1. Obergeschoss Erdgeschoss • Schnitt Maßstab 1:400 Lageplan Maßstab 1:2500
A
aa
329
Beispiel 22
Axonometrie Fassadenstruktur ohne Maßstab
1
A 6 7
Fassadenschnitt Maßstab 1:20
2
5 4 3 8 1
1
2 3 4
5
6 7 8
9 10
11
12
13 14 15 16
17 18
Fertigteilstütze Stahlbeton, ziegelverblendet Positionierungs-/ Fixierungsbolzen Edelstahlkonsole mit Langloch-Aussparungen Edelstahlprofil, in Fertigteil einbetoniert Edelstahlkonsole, in Fertigteil einbetoniert Attikaabdeckung Betonfertigteil Abdichtungs-/ Entwässerungsblech Träger Stahlbetonfertigteil, ziegelverblendet 325/450 mm Ortbetondecke 350 mm Flachstahl, verzinkt 200/8 mm, als tragender Riegel an Stahlfenster, Rahmen verzinkt und pulverbeschichtet mit Isolierverglasung 24 mm Flachstahl, verzinkt 150/8 mm, als tragender Pfosten Brüstungsgeländer aus Flachstahlprofilen verzinkt und pulverbeschichtet Bodenkanalheizung Gitterrost Stahl, verzinkt Aluminiumblech 4 mm Schiebetüren in Stahlprofilrahmen, verzinkt und pulverbeschichtet mit Isolierverglasung Winkelkonsolanker, Edelstahl Ziegelsteine mit Edelstahlhängesystem
9
10 11
12
13 14 15
16
17 18
330
Gründerzentrum in Hamm
Gründerzentrum in Hamm 1998 Architekten: Hegger Hegger Schleiff, Kassel Projektleitung: Gerhard Greiner Mitarbeiter: Achim Dahl, Berit Schaal, Tobias Schaffrin Tragwerksplanung: Reinhold Meyer, Kassel Haustechnikplanung: Hausladen, Kirchheim b. München
Auf einer der unzähligen Industriebrachen, die heute neuen Nutzungen zugeführt werden, entstand das Gründerzentrum – eine Starthilfeeinrichtung für ökologisch orientierte Handwerks- und Dienstleistungsunternehmen des Baugewerbes. Die Anlage besteht aus einem viergeschossigen Bürogebäude und einer Reihe zweigeschossiger Hallen, die sich um einen Hof gruppieren. Durch deren flexible Teilbarkeit können sie bis zu 24 Betriebe aufnehmen. Der viergeschossige, einhüftig organisierte Bürotrakt besteht aus einer 24 cm starken Kalksandstein-Mauerwerkkonstruktion mit Beton-vergossenen Brettstapelverbunddekken. Die hinterlüftete Außenschale wurde aus recycelten Abbruchziegeln hergestellt. Zur Betonung der Fensterbänder wurden die auf einem Stahlwinkel gelagerten Stürze als liegende Läuferschicht ausgebildet. Sie sind in der Ebene der Wärmedämmung angeordnet und die Anschlüsse der Trennwände zeichnen sich durch eine Verkleidung mit Holzpaneelen ab. Der Sonnenschutz sitzt sichtbar unter den Stürzen vor dem Fensterprofil. Die Werkhallen sind in Stahlskelettkonstruktion errichtet, die ebenfalls mit recycelten Ziegeln ausgefacht ist. Die Tonnen der Dachkonstruktion bestehen aus gebogenen Brettschichthölzern mit dazwischen liegender Dämmung und einer extensiven Begrünung als oberste Schicht. Das ökologisch orientierte Projekt wurde hinsichtlich der Energiebilanz (Verbrauchswerte sowie Primärenergieaufwand bei der Baumaterialherstellung) untersucht und optimiert. Das führte unter anderem zum Einsatz eines viergeschossigen Luftkollektors auf der komplett geschlossenen Südostfassade. Ein Erdkanal sorgt für eine Vorkühlung der Luft im Sommer. Dank der Verwendung der Recycling-Vormauerziegel mit ihren lebendigen Farben und Unregelmäßigkeiten, wird dem Orte mit Hilfe dieses Gebäudes seine Identität und Erinnerung an die ehemalige örtliche Zeche zurückgegeben.
Schnitte € Erdgeschoss Maßstab 1:1000
aa
bb
b
a
a
b
331
Beispiel 23
4 6
5
1
2
3
332
Hallenfassade Schnitt • Ansicht Maßstab 1:50
Schnitt Bürogebäude Maßstab 1:250 Fassadenschnitt Maßstab 1:20
Gründerzentrum in Hamm
A
5 7
16
8 9
10
1
A
2 3
4 5 6
7 8 9
Pfosten-Riegelfassade, BSH Abdeckleisten, Eiche geölt Stahlprofilträger mit Konsolen Recycling-Ziegel 240 mm Stahlbetonbodenplatte, wasserundurchlässig 250 mm Lichtkuppel Attikaabdeckung Zinkblech Dachaufbau: Vegetationsschicht 50 mm Wurzelschutzfolie Abdichtung Sperrholzplatte 22 mm Wärmedämmung 240 mm BSH-Träger 160/240 mm, Tonnensegment Dampfsperre Sperrholzplatte 22 mm offene Stoßfuge Winkelkonsolanker Acrylglas-Schale für Aluminium-Sonnenschutz
10 Holzfenster, grau lasiert mit Isolierverglasung 11 Fensterbank Zinkblech 12 Wandaufbau: Recyclingziegel 217/100/66 mm Hinterlüftung 50 mm Windsperre Dämmung 90 mm Kalksandstein 240 mm Innenputz 15 mm 13 Hintermörtelung 50 mm 14 Wärmedämmung Schaumglas 80 mm 15 Beton, wasserundurchlässig 220 mm 16 Dachaufbau: Extensivbegrünung Wurzelschutzfolie Abdichtung Dämmung 100 mm Dampfsperre Holz-StahlbetonVerbunddecke 260 mm 17 Fensterbank Furnierschichtholzplatte, Birke 30 mm
11
17
12
13
14 15
333
Beispiel 24
Wohnanlage in Amsterdam 1998 Architekten: Atelier Zeinstra, van der Pol, Amsterdam Projektarchitekt: Herman Zeinstra Mitarbeiter: Harriet Dil, Martin Fredriks, Sjoerd Landmann, Mechthild Stuhlmacher Tragwerksplanung: Bouwstart, Amsterdam
Die beiden Halbinseln Sporenborg und Borneo im östlichen Hafengebiet von Amsterdam wurden 1987 als neues zentrumsnahes Wohngebiet erschlossen. Ihre Häfen waren schon lange nicht mehr in Gebrauch und sie wurden von Hausbesetzern und Künstlern bewohnt. Eine Sanierung war seit den 70er Jahren überfällig. Der Masterplan schreibt rigoros eine dreigeschossige Teppichbebauung vor, die durch parallele Straßen im Abstand von 30–40 m erschlossen wird. Die Bebauung enthält eine Vielzahl von Wohnungstypen, die allerdings durch strenge Regeln beschnitten werden. So muss das Erdgeschoss 3,5 m hoch sein, um alternative Nutzungen zu ermöglichen und die Häuser haben die gesamte Parzelle inklusive Parkplatz und Außenräumen zu besetzen; die Fassaden müssen einheitlich mit der gleichen Backsteinsorte verkleidet werden. Die »back to back« Wohnungen haben keine einzelnen Carports in den Häusern, sondern eine Garage im Blockinneren. Die knappen Grundrisse mit einer Breite von 4,20 m und einer Tiefe von 14,50 m werden durch einen Patio belichtet, im zweiten Obergeschoss befinden sich ein Schlafzimmer, ein kleines Bad, sowie eine Dachterrasse. Die geringen Spannweiten ermöglichen quergespannte Stahlbetondecken von 19 cm Stärke, die auf den betonierten 23 cm dicken Schottenwänden aufliegen. Die Außenwände der Süd- und Nordseiten sind folgerichtig als Holzkonstruktion in Leichtbauweise ausgeführt. Die Vorgabe, Backsteine zu verwenden, wurde dennoch erfüllt, indem das Skelett aus brettschichtverleimten Trägern und Stützen mit 11 cm starken Klinkern ausgefacht wurde. Auf der Südseite sind die Lüftungsflügel seitlich in einen Gebäuderücksprung gelegt. Die Festverglasungen sind bündig zu den Holzträgern platziert. Das elegante Zusammenspiel von Backstein, Holz und Glas verleiht den Häusern ihren besonderen Charakter. aa
334
Wohnanlage in Amsterdam
A
B
bb
1 2 3
Lageplan Maßstab 1:7500 Schnitte Erdgeschoss • 1. Obergeschoss • 2. Obergeschoss Maßstab 1:200
Eingang Abstellraum Garage
4 5 6
Wohnen Küche Patio
7 8 9
Schlafen Bad Terrasse
b
2
7
4
2
8
a
a
6
5
9
3
6
9
5
8 2
4
1
b
7
C
335
Beispiel 24
A
Fassadenschnitte Horizontalschnitt Fassadenrücksprung Maßstab 1:20
B
1
3 1
2
24
23
4
22
21 2 3 4 5 6
25 26
5 6
7 11
7
8 9 10
14
11 12
27
8 9
28 13 14 15 16 17 18 19
10 29 11
13
12
20 Folie, wasserabweisend 21 Abdeckung Stahlblech, gekantet 22 Aufkantung Gasbeton 100 mm 23 Dachabdichtungsbahn, zweilagig 24 Wärmedämmung, Hartschaumplatte mit Gefälle 25 Stahlblechkonsole, alle 1000 mm 26 Stahlprofil ∑ 100/120/10 mm 27 Abdeckung Bleiblech 28 Stahlprofil ∑ 90/90/10mm 29 Befestigungsbolzen 30 Leimholz, imprägniert 353/110 mm 31 Wandaufbau: Sichtmauerwerk, Vormauerziegel 100 mm Hinterlüftung 45 mm Wärmedämmung, Mineralwolle 75 mm Stahlbeton 230 mm 32 Stütze, Leimholz 316/110 mm 33 Aufbau Öffnungsflügel: Profilbretter 20 mm Luftschicht 15 mm Kaschierung, wasserabweisend, diffusionsoffen Wärmedämmung, Hartschaumplatten 70 mm Dampfsperre Furnierschichtholzplatte 12 mm
Attikaabschluss: Aluminiumprofil Ø 40 mm, beschichtet Furnierschichtholzplatte 18 mm Faserzementplatte 16 mm offene Stoßfuge Kaschierung, wasserabweisend Wärmedämmung, Mineralwolle 75 mm Wandaufbau: Vormauerziegel 100 mm Hinterlüftung 48 mm Kaschierung, wasserabweisend, diffusionsoffen Pfosten-Riegel-Konstruktion aus Kantholz 38/119 mm Wärmedämmung, Glaswolle 120 mm Dampfsperre, PE-Folie Gipskartonplatte 12,5 mm Schwellholz mit Nut Wärmedämmung, Mineralwolle 80 mm Befestigungsanker Stahlprofil ∑, einbetoniert Stahlbetondecke 190 mm Stahlprofil ∑ 140/40/8, an Decke befestigt Bodenaufbau 50 mm Furnierschichtholzplatte 12 mm Abfangung Stahlprofil ∑ Furnierschichtholzplatte 15 mm Beton-Rippendecke Betonfertigteil 30 mm Wärmedämmung Hartschaumplatte 50 mm
4
30 14 11
15
17 16 33
31
18 19 20
32
336
C
Wohnanlage in Amsterdam
337
Beispiel 25
Wohnsiedlung in Rungsted, Dänemark 1999 Architekten: Boje Lundgaard & Lene Tranberg, Kopenhagen Mitarbeiter: Henrik Schmidt, Niels Friis, Sören Aabling, Merete Adler Tragwerksplanung: Birch & Krogboe, Kopenhagen
Der Bel Colle Park liegt bei der Stadt Hörsholm nahe dem Öresund in einer hügeligen Landschaft mit großem, altem Baumbestand und ist dort eines der begehrtesten Wohngebiete. Die Gruppe der neun zweigeschossigen Doppelhäuser ist der Topographie des Grundstückes entsprechend angeordnet: Das Gelände fällt in südöstlicher Richtung ab und bildet dabei eine leichte Mulde. Die Gebäude sind im höher gelegenen Bereich aufgereiht und dabei sorgsam zwischen den vorhandenen Bäumen platziert. Sie werden im Norden von einer sichelförmigen, dem Geländeverlauf folgenden, privaten Stichstraße erschlossen. Zwei Haustypen werden angeboten: Doppelhäuser mit oder ohne Erker. Ein weiterer Unterschied liegt in der Ausformung der Fenster sowie in einer geringfügigen Abwandlung der Wohnräume, die zu einer leicht differierenden Flächenzahl führt. Die Häuser sind mittig geteilt, die Grundrisse gespiegelt. Varianten der Zimmernutzungen beschränken sich auf das Obergeschoss. Die tragenden Außen- und Innenwände der Gebäude bestehen aus 12 cm starken Betonfertigteilen, die nicht tragenden Wände aus Gasbetonplatten. Betonhohldielen bilden die Decke über dem Erdgeschoss, eine Holzkonstruktion die geneigte Dachdecke. Die tragende Schicht der Außenwände wird von einer 15 cm dicken Kerndämmung umhüllt, während die 11,5 cm starke Vorsatzschale aus Sichtmauerwerk im Läuferverband gemauert und flächen-eben verfugt ist. Die Fenster sind außen bündig in das Mauerwerk eingesetzt. Zum Teil sind sie fest verglast, zum Teil schlagen sie nach außen auf. Die auskragenden Erker werden mit Stahlstützen und -unterzügen abgefangen. Die Gebäude aus hellem Sichtmauerwerk, mit ihren großen Dachüberständen und den einfachen Holzdetails stehen in harmonischem Einklang mit der umgebenden Natur.
338
Wohnsiedlung in Rungsted, Dänemark
Lageplan Maßstab 1:2000 Typ 1 Obergeschoss Erdgeschoss Typ 2 Obergeschoss Erdgeschoss Maßstab 1:250
a
b
a
b
339
Beispiel 25
3
A
4 5 1 2 6
aa 7
8
B A
bb
9 19
18
10
16
13 14 15
340
17
Wohnsiedlung in Rungsted, Dänemark
B
3
1 2
4
Schnitte Maßstab 1:250 Schnitt Nordfassade Schnitt Südfassade Maßstab 1:20
5
6
1 2 3
7
8
4 5 6 7 8
19
Kantholz 45/95 mm Holzbohle 35/240 mm Dachaufbau: Stehfalzdeckung, Zinkblech Unterdeckbahn Furniersperrholzplatte 16 mm Sparren 220 mm, dazwischen Wärmedämmung 200 mm Dampfsperre Schalung 20 mm Lattung 20 mm Gipskartonplatte 13 mm Kantholz 50/50 mm Furniersperrholzplatte, wasserfest 12 mm Zinkblech Einfachverglasung, feststehend Hartholzrahmen, geölt mit Isolierverglasung
9 10
11 12 13 14 15 16 17
18 19
Wärmedämmung, Hartschaumplatte 30 mm Wandaufbau: Vormauerziegel 115 mm Wärmedämmung 150 mm Dampfsperre Stahlbeton 120 mm Feuchtigkeitssperre Ziegelflachsturz Außenputz 20 mm Leichtziegel 150/90 mm Leichtziegel 190/400 mm Holzprofil, Eiche Bodenaufbau: Parkett auf Unterkonstruktion Feuchtigkeitssperre Stahlbetonplatte Gipskartonplatte 13 mm Fensterbank MDF-Platte 30 mm
9
10
11
18
12
8
16
17
13 14 15
341
Beispiel 26
Appartementhaus in Salamanca, Spanien 1998 Architekt: Jesús María Aparicio Guisado, Madrid Mitarbeiter: Luis Ignacio Aguirre López, Daniel Huertas Nadal, Héctor Fernández Elorza, Carlos Pesqueira Calvo Tragwerksplanung : Valeriano de Diego
Das Appartementhaus liegt in der Vorortsiedlung »Santa Marta de Tormes« der spanischen Universitätsstadt Salamanca. Inmitten der typischen Wohnblockarchitektur hebt es sich auffallend von seiner Umgebung ab. Es handelt sich um einen scharfkantigen, fünfgeschossigen Gebäuderiegel, der an einer Seite an den benachbarten Bau anschließt. Vier aus rotem Backstein gemauerte Geschosse ruhen auf einem rau geschalten Betonsockel. Der Mittelteil ist geprägt von den ruhigen Proportionen der Fenster. Die langen Fensterbänder an den Seiten sind am freistehenden Rand des Gebäudes um die Ecke geführt und enden auf dessen Schmalseite. Der Vierspänner mit dem langgezogenen Treppenhaus beinhaltet gut organisierte und strukturierte Wohnungsgrundrisse mit jeweils drei fast gleich großen Individualräumen und einem großzügigen Wohnbereich mit Küche, Bad, Abstellräumen und Schranknischen. Die Eingangsbereiche sind knapp bemessen, aber funktional und gut proportioniert. Auffallend an der äußeren Erscheinung ist die Ausbildung des Attikageschosses, das sich mit zwei betonumrahmten Fassadenöffnungen deutlich von den anderen Geschossen abhebt und so eine von den Regelgeschossen abweichende Nutzung signalisiert. Hier erhielten zwei Wohnungen durch das Zurückversetzen der begrenzenden Wand eine zusätzliche Außenzone, in der Platz für einen Dachgarten und sogar für jeweils ein kleines Schwimmbecken ist. Durch die umlaufenden Mauerwerkwände entsteht ein sehr geschützter hofartiger Bereich. Die großformatigen Öffnungen in diesen Wänden erlauben Ausblicke in die Umgebung. Die Qualität des Wohnhauses liegt in solchen sorgfältig formulierten, besonderen räumlichen Situationen. Deren Wirkung wird durch die Verwendung von wenigen, aufeinander abgestimmten Materialien und einfachen konstruktiven Details unterstützt.
342
a
b
c
d
a
b
c
d
Appartementhaus in Salamanca, Spanien
Attikageschoss Regelgeschoss Schnitte Attikageschoss Maßstab 1:400 Lageplan Maßstab 1:3000
aa
bb
cc
dd
343
Beispiel 26
344
Appartementhaus in Salamanca, Spanien
Schnitt Westfassade Maßstab 1:20
1
2
3 4
5
6
7 1
2 3
4
Aufbau Umkehrdach: Kies Wärmedämmung Hartschaum 40 mm Dachabdichtung Gefälleestrich 140/80 mm Stahlbetondecke 240 mm Putz 15 mm Festverglasung, VSG 12 mm Bodenaufbau Attikageschoss: Natursteinplatten 600/300/20 mm Mörtelbett 20 mm Sand 20 mm Ausgleichsmörtel 10 mm Stahlbetonfertigteilplatten 45 mm Aufständerung Stahlbetondecke 240 mm Putz 20 mm Aufbau Terrassendach: Natursteinplatten 600/300/30 mm Aufständerung, Betonfertigteile Wärmedämmung Hartschaum 30 mm Blähton max. 55 mm auf Abdichtung Gefälleestrich, max. 120 mm Stahlbetondecke 240 mm
Putz 20 mm 5 Brüstung VSG 12 mm 6 Laibung Sichtbeton 7 Wandaufbau: Ziegel, bündige Mörtelfugen 115 m Putzschicht, wasserabweisend 15 mm Wärmedämmung Glaswolle 60 mm Luftschicht 70 mm Langlochziegel 70 mm Putz 20 mm 8 Rolladenkasten 9 Aluminiumfenster, einbrennlackiert mit Isolierverglasung 10 Wandaufbau im Brüstungsbereich: Ziegel, bündige Mörtelfugen 115 mm Putzschicht, wasserabweisend 15 mm Wärmedämmung, Glaswolle 60 mm Langlochziegel 70 mm Putz 20 mm 11 Bodenaufbau Regelgeschoss: Natursteinplatten 600/300/20 mm Mörtelbett 20 mm Sand 20 mm Stahlbetondecke 240 mm
8
9
10
11
345
Beispiel 27
Gemeindezentrum in Lochau, Österreich 1998 Architekten: Baumschlager & Eberle Karl Baumschlager, Dietmar Eberle, Lochau Projektleitung: Rainer Huchler Tragwerksplanung: Ernst Mader, Bregenz
Die Ortsmitte der ländlich geprägten Vorarlberger Gemeinde Lochau wird durch eine vielbefahrene Durchfahrtsstraße für den Grenzverkehr geprägt. An dieser liegen die Kirche, das Gemeindeamt, einige Gasthäuser und der neue Solitär des Pfarrheims. Dieser klärt auf einfache Art die räumlichen Bezüge sowohl zur Kirche, als auch zu den umliegenden Häusern. Das Zentrum des Ortes erfährt dadurch eine städtebauliche und strukturelle Stärkung. Der strenge Baukörper löst funktionale und formale Probleme innerhalb seiner einfachen Struktur. Mittels zweier Arkaden wird zum einen der Höhenversatz zum Kirchplatz bewältigt, zum anderen der Bezug zum Straßenraum bzw. öffentlichen Platz hergestellt. Auf Straßenniveau liegt hinter der Arkade ein Ladengeschoss, ein Geschoss darüber öffnet sich der große Gemeindesaal zum Pfarrplatz. Er kann mittels einer verglasten Schiebewand in zwei Bereiche unterteilt werden. Die Fassaden des Gebäudes sind glatt, ohne Rücksprünge und Kanten, mit außenbündigen Fenstern. Sie vermitteln den Eindruck einer sich homogen um das Gebäude legenden Hülle. Plastizität und Tiefe entsteht allein durch die Arkaden. Die Tragkonstruktion des Gebäudes besteht aus einem Stahlbetonskelett mit Decken aus Betonhohldielen. Zur Ausfachung des Skeletts – sein Stützraster beträgt 3,00 m – dienen Holzständerwände. Dadurch bedingt muss die äußere, 12 cm starke Vorsatzschale als freitragende Mauerscheibe über alle Geschosse geführt werden. Über Edelstahl-Anker ist sie mit dem Betonskelett verbunden. Alle Stürze sind mit Edelstahlwinkeln abgefangen, sodass die Läuferschicht der Vormauerziegel und damit die Struktur der Hülle durchgehend beibehalten werden kann. Im Arkadenbereich verjüngt sich die Ziegelschale auf eine 2,5 cm dicke Verblendung des Betonsturzes mit Riemchen. Diese Sturzverkleidung, die sich farblich geringfügig abhebt, ist konsequent auch um die Gebäudeecken geführt.
346
E
10
Lageplan Maßstab 1: 2000 2. Obergeschoss 1. Obergeschoss Erdgeschoss Ansicht Nord Ansicht Süd Maßstab 1:400
3
9
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
8 C 7
6
1
F
2
D 5
a
A
B 2
3
4
1
b
b
a
Arkaden Eingang Jugendraum Weltladen Pfarrhof Foyer Saal Küche Pfarrsekretariat Chorraum
Gemeindezentrum in Lochau, Österreich
347
Beispiel 27
aa
348
bb
Gemeindezentrum in Lochau, Österreich
C
3 Schnitte Maßstab 1:400 Horizontalschnitte Anschluss Tür – Pfeiler Vertikalschnitt Anschluss Pfeiler – Festverglasung Maßstab 1: 20 1
2 3 4 5
Wandaufbau: Klinker an Betonskelett verankert 127 mm Hinterlüftung 40 mm Wärmedämmung Mineralwolle 160 mm Betonskelettkonstruktion Betonträger/ Betonstützen 200 mm Wärmedämmung 15 mm Gipskartonplatte 12,5 mm Dampfsperre Gipskartonplatte 12,5 mm mit Spachtelung und Anstrich Wärmedämmung Hartschaum 100 mm Silikonfuge Holzfenster Öffnungsflügel, Eiche mit Dreifachisolierverglasung Bodenaufbau: Eichenriemen 100 mm
6 7
8
9
auf Polsterhölzern 60/80 mm mit Wärmedämmung, Mineralwolle 80 mm Betonhohldielen mit Spachtelung und Anstrich 360 mm Lüftungsschlitz Klinker 115 mm mit horizontaler Armierung jede 4.-5. Schar Aufbau Holzständerwand: Hartfaserplatte 5 mm Holzständer 120/60 mm mit Wärmedämmung, Mineralwolle 120 mm Holzplatte OSB 18 mm Installationsebene mit Wärmedämmung, Mineralwolle 50 mm, Gipskartonplatte 12,5 mm Dampfsperre Gipskartonplatte 12,5 mm mit Spachtelung und Anstrich Edelstahlprofil Z mit Langlöchern
4
5
6
1
1
2
7
A
B
8
1
2
9
349
Beispiel 27
350
Gemeindezentrum in Lochau, Österreich
D 2
1
3
4
Fassadenschnitt Arkade Horizontalschnitt Fenster Horizontalschnitt Festverglasung Maßstab 1:20
1 2 3
Attikaabdeckung Edelstahlblech Mehrschichtholzplatte 25 mm Dachaufbau: Kies 50 mm Dachabdichtung Wärmedämmung Hartschaum 200 mm Dampfsperre Gefälleestrich Betonhohldielendecke mit Spachtelung und Anstrich 360 mm
4 5 6 7 8
Betonaufkantung Sturz, Betonfertigteil mit Klinkerverblendung 25 mm Betonstütze 230/250 mm mit Klinkerverblendung Wärmedämmung, Hartschaum 120 mm Stahlbetonwand, wasserundurchlässig 250 mm
E 5
6
F
7 8
6
351
Beispiel 28
Kirche und Gemeindezentrum in Neu-Anspach 1998 Architekten: Hahn Helten Architekten, Aachen Mitarbeiter: Harald Schäfer (Projektleitung), Bettina Noppeney, Jutta Pieper, Dirk Lenzner, Bettina Horn, Gregor Dewey Tragwerksplanung: Stöffler-Abraham-Fäth, Darmstadt Das neue Gemeindezentrum mit Kirche und Pfarrsaal liegt im direkten Umfeld des Marktplatzes. Die kubische Großform des Solitärs fügt sich in die heterogene Architektur des Ortskerns maßstäblich ein. Durch die Gestalt und Ausformung des Sakralbaus wird auf unaufdringliche Weise kontemplative Stille inszeniert. Der verglaste Eingangsbereich verbindet die zwei ungefähr gleich großen Kuben: der introvertierte Kirchenraum auf der einen Seite, das Pfarrzentrum mit Verwaltung, Begegnungsräumen und Wohnung auf der anderen. Die innere Organisation wird durch das großzügige Foyer bestimmt. Eine verglaste Trennwand mit großen, gläsernen Schiebewänden zum Sakralraum und die gemeinsame Dachkonstruktion schaffen eine optische Verknüpfung. Bei geöffneten Schiebewänden dient das Foyer als Erweiterung des Kirchenraumes. Neben der plastischen Gliederung der Großform sind die beiden Gebäudeteile durch das Fassadenmaterial und die Öffnungen differenziert. Grundlage der gesamten Gebäudestruktur sind die tragenden Stahlbetonwände. Sie ermöglichen eine freie Platzierung unterschiedlichster Öffnungen für Fenster und Loggien. In der Fassadenausbildung unterscheiden sich die Baukörper: den fast komplett geschlossenen Flächen des Sakralbaus stehen sorgfältig bearbeitete Putzflächen mit exakt gesetzten Fenstern gegenüber. Hinter den verputzten Flächen verbirgt sich eine Thermohaut mit mineralischem Faserdämmstoff. Attikaabschlüsse und Fensterlaibungen schließen mit schmalen Aluminiumblechen an. Der Kirchenbau ist zweischalig, mit hinterlüftetem Mauerwerk konstruiert. Für die Vormauerschale wurden Blocksteine aus norwegischem Weißbeton eingesetzt. Ein wesentlicher Reiz dieser feinen Materialdifferenzierung liegt in der Behandlung des weißen Mauerwerks. Der gleichmäßige Läuferverband wird durch die besondere, graphische Anordnung der notwendigen Dehnfugen rhythmisiert. Der Verband setzt hier jeweils neu an. Die Eckverbindungen können im Verband gemauert werden, so dass der Eindruck einer fortlaufenden Außenhaut entsteht.
352
aa
C
Kirche und Gemeindezentrum in Neu-Anspach
A
B
Schnitt Obergeschoss Erdgeschoss Maßstab 1:500 Schnitt Maßstab 1:200
1 2 3 4 5 6 7
Foyer Sakralraum Sakramentskapelle Pfarrsaal Pfarrbüro Sitzungsraum Wohnung
bb
353
Beispiel 28
Vertikalschnitt Dach Vertikalschnitt Fassade Sakralraum Horizontalschnitt Fensterschlitz Maßstab 1:20
A
354
Kirche und Gemeindezentrum in Neu-Anspach
1
2
3
c
6
5
c 5
4
cc
1 2
3 4
B
2
Attikaabdeckung Zinkblech 0,8 mm Wandaufbau: Betonstein Weißbeton 90 mm Hinterlüftung 60 mm Wärmedämmung Mineralfaser 80 mm Stahlbeton 250 mm Luftschicht 95 mm Betonstein Weißbeton 115 mm Winkelkonsolanker, Edelstahl 8 mm Aluminiumfenster eisenglimmerbeschichtet mit Isolierverglasung, innere Scheibe VSG 8 mm, sandgestrahlt
4
5
6
Aluminiumblech gekantet, eisenglimmerbeschichtet 3 mm Bodenaufbau: Natursteinplatten 20 mm Mörtelbett 20 mm Zementestrich 50 mm Trennlage PE-Folie 0,2 mm Trittschalldämmung Hartschaum 60 mm, Stahlbetondecke 200 mm Wärmedämmung 50 mm
355
Beispiel 28
4
Horizontalschnitt • Vertikalschnitt Eckfenster Sakralraum Maßstab 1:20
5 1 2 3
Edelstahlwinkel 8 mm Aluminiumblech, gekantet, eisenglimmerbeschichtet 3 mm Aluminiumfenster eisenglimmerbeschichtet mit Isolierverglasung, innere Scheibe VSG 8 mm, sandgestrahlt
dd
6
Lüftungsgitter Aluminiumprofile eisenglimmerbeschichtet 50/15/2 mm Frischluftkanal: Stahlblech, verzinkt 500/300 mm Wandaufbau: Außenputz, mineralisch 15 mm Wärmedämmung 120 mm Stahlbetonwand 240 mm Innenputz 15 mm
C
1 2
3
d
d
4
3
6
356
1
2
5
Gemeindebauten in Iragna, Schweiz
Gemeindebauten in Iragna, Schweiz 1995 Architekt: Raffaele Cavadini, Locarno Mitarbeiter: Fabio Trisconi, Silvana Marzari Tragwerksplanung: Giorgio Masotti, Bellinzona (Rathaus), Paolo Regolati, Minusio (Kapelle), Walter Perlini, Lodrino (Platzgestaltung)
In einem Tessiner Ort zwischen St. Gotthard und Bellinzona, einem traditionellen Granitabbaugebiet, entstand mit mehreren neuen Gebäuden eine den heutigen Anforderungen entsprechende Infrastruktur, die die alte, intakte Dorfstruktur respektvoll ergänzt. Nacheinander wurden vom gleichen Architekten die Aussegnungshalle, das Rathaus und die Platzgestaltung im Süden von Iragna realisiert. Die Verwendung des ortstypischen Steines mit seiner kräftigen Textur zeigt die Verbundenheit der Neubauten mit der Geschichte des Dorfes. Mit einfachen Gebäudegeometrien gehen sie auf die Typologie des Ortes ein, obwohl sich die Baukörper selbstbewusst und zeitgemäß mit der Umgebung auseinandersetzen. Die Betonung der konstruktiven Elemente, wie die Ausbildung des Sockels in Sichtbeton oder das Zeigen der Deckenvorderkanten, dient als Stilmittel dieser architektonischen Verbindung von Tradition und Moderne. Auf diese Art werden große Fensterbänder am Rathaus möglich, ebenso große Flächen aus Glasbausteinen. Mit den Vormauerungen aus Naturstein schaffen die Gebäude ohne Anbiederung einen Bezug zur Authentizität des Ortes. Die zweischaligen Außenwände bestehen aus gemauerten Gneisquadern, Dämmung und verputztem Ziegelmauerwerk. Das hammergerechte Naturstein-Mauerwerk in römischem Verband ist mit Zementmörtel und einem verzinkten Armierungsgitter vor die 8 cm starke Dämmung gesetzt. Die als Auflager nach außen durchgeführten Decken sind auf der Innenseite mit Dämmstreifen versehen (eine Konstruktion, die nördlich der Alpen aufgrund des Klimas und der strengen Normen, kaum umsetzbar ist). So ist es möglich, die gemauerte Steinwand nicht als bloße Hülle sondern auch im statischen Zusammenhang zu zeigen.
2
1 3
Lageplan Maßstab 1:3000 1 Piazza della Posta Vecchia 2 Aussegnungshalle 3 Rathaus
357
Beispiel 29
b a
A a
b
Rathaus 2. Obergeschoss 1. Obergeschoss Erdgeschoss Ansicht Nord Schnitte Maßstab 1:400 Vertikalschnitt Nordfassade Maßstab 1:20 1 Dachaufbau: Kies 60 mm Schutzvlies Abdichtung und Wärmedämmung aus Kunststoffortschaum 80 mm Stahlbetondecke 200 mm Gipsputz 15 mm 2 Abdeckung Kupferblech 0,2 mm 3 MDF-Platte 15 mm 4 Wandaufbau: Naturstein Gneis 200–500/100–170/100–250 mm Zementmörtel mit verzinktem Armierungsgitter Wärmedämmung Ortschaum 80 mm Ziegel 150 mm Gipsputz 15 mm 5 Bodenaufbau: Holzparkett 10 mm Zementestrich 70 mm Trennlage Trittschalldämmung 20 mm Stahlbetondecke 220 mm Gipsputz 15 mm 6 Sichtbetonoberfläche 7 Wärmedämmung Hartschaum 30 mm 8 Fensterbank Betonwerkstein 40 mm 9 Stütze Stahlprofil Ø 200/5,6 mm 10 Glasbausteine 200/200/80 mm 11 Stahlprofil fi 120/80/5 mm 12 Betonfertigteilschwelle 13 Granitplatten 40 mm auf Sand, bzw. Zementbett
358
Gemeindebauten in Iragna, Schweiz
2
3
A 1
4
5
6 7
aa
bb
8
6
9
10
11 12 13
cc
359
Beispiel 30
Erweiterungsbau einer Bank in Schönaich 1999 Architekten: Kaag und Schwarz, Stuttgart Werner Kaag, Rudolf Schwarz Mitarbeiter: Thorsten Kock, Almut Schwabe, Horst Fischer, Marcus Lembach Tragwerksplanung: Merkt und Le, Böblingen
Die Besonderheit dieses Anbaus an ein bestehendes Bankgebäude liegt in der ungewöhnlichen Konstruktion der Naturstein-Fassade. Sie ist aus 11,5 cm starken Gauinger TravertinSteinen gemauert. Im Gegensatz zur gängigen Technik, möglichst dünne Tafeln vorzublenden, gibt es für diese materialgerechte und konstruktiv klare Form der Anwendung zur Zeit nur wenige Beispiele. Die Proportionen des Erweiterungsbaus leiten sich aus den vorhandenen städtebaulichen Fügungen und Kanten ab. Er setzt sich aus einem steinernen Kubus und dem gläsernen Verbindungstrakt zusammen, der die vertikale und horizontale Erschließung enthält. Die neuen Fassaden fassen den zur Straße gelegenen Vorbereich und ordnen ihn dadurch dem Komplex eindeutig zu. Die Tragkonstruktion besteht aus Stahlbetonwänden in einer Stärke von 20 cm und Flachdecken, die als Speichermasse genutzt werden können. Als äußerste Schicht des gedämmten und hinterlüfteten Außenwandaufbaus wurden große Natursteinblöcke mit feinen Fugen im Läuferverband gemauert. Nach oben hin nimmt die Größe der Steinformate ab. Vor allem im Attikabereich sind die Steine flacher und schmaler. Das hat zum einen den wirtschaftlichen Vorteil des geringeren Verschnitts, zum anderen unterstützt es die natürliche und lebhafte Wirkung der gestockten Steinoberflächen. Tür- und Fensterstürze werden jeweils von einem einzigen Stein gebildet. Der Entlastungssturz darüber ist leicht gekrümmt ausgeführt, was ihn als statisches Element sichtbar macht und beispielhaft die Fügungsprinzipien einer gemauerten Steinfassade zeigt.
360
B A
aa
a
a
Erweiterungsbau einer Bank in Schönaich
4
1
5
2
Schnitt • 2.Obergeschoss Maßstab 1:500 Horizontalschnitt Tür Sitzungssaal – Innenwand im 2. Obergeschoss Vertikalschnitt Glasdach Halle – Attika Maßstab 1:10
1
2
3
Wandaufbau außen: Gauinger Travertin aufgemauert, Oberfläche gestockt 115 mm Hinterlüftung 20 mm Wärmedämmung, Mineralwolle 100 mm Stahlbeton 200 mm Gauinger Travertin aufgemauert, Oberfläche gestockt 115 mm, Türsturz zur statischen Entlastung mit Stichbogen versehen Mörtelfuge 20 mm
4 5 6
Stahlbetonwand Stahl-Glasfassade aus geschweißtem Flachstahl mit Isolierverglasung Bodenaufbau Halle Erdgeschoss: Naturstein, tauerngrün 20 mm Mörtelbett 20 mm Anhydritestrich mit Fußbodenheizung 60 mm Wärme- und Trittschalldämmung 50 mm
A
1
5
2 3 4
6
361
Beispiel 30
B 1
8
2 Horizontalschnitte • Vertikalschnitt Westfassade Maßstab 1:10
3 b
b
4 c bb
2
3
c
6 5
2
bcc
1 2
3
4
5
Attikaabdeckung Gauinger Travertin, Oberfläche geglättet Sturz der obersten Fensterreihe mit Stichbogen versehen, Gauinger Travertin, aufgemauert, Oberfläche gestockt 115 mm Öffnungsflügel zur Nachtlüftung, individuell zu öffnen, 10 mm ESG + 18 mm SZR mit Sonnenschutz-Lichtumlenkraster +10 mm ESG in Aluminiumprofilen, schwarz eloxiert, im Erdgeschoss mit Einbruchschutzgitter Aluminium-Drehflügel, schwarz eloxiert 8 mm + 16 mm SZR + 12 mm VSG
362
4
5 6
7 8
2
Führungsschiene Sonnenschutzrollo Festverglasung in Aluminiumprofilen 8 mm + 16 mm SZR + 12 mm VSG Bodenkanal für Konvektor Dachaufbau: Extensive Begrünung/Kies 100 mm Wurzelschutzfolie Filtervlies Abdichtung Bitumenbahn, zweilagig, obere Lage beschiefert Wärmedämmung Hartschaum 140 mm Dampfsperre Stahlbetondecke 250 mm mit Voranstrich Innenputz 15 mm
7
Erweiterungsbau einer Bank in Schönaich
363
Beispiel 31
Bibliothek des Technologischen Instituts in Cork, Irland B
1996 Architekten: Shane de Blacam & John Meagher mit Boyd Barrett, Murphy O'Connor, Dublin Tragwerksplanung: Horgan Lynch and Partners, Cork
aa
bb
Das Bibliotheksgebäude ist Teil der städtebaulichen Gesamtplanung für das Technologische Institut. Die Form des Baukörpers mit der geschwungenen Wand im Süden erklärt sich aus der Geometrie der Gesamtanlage. Das Gebäude ist in Süd-Nordrichtung in strenge Raumsequenzen gegliedert, die sich, ausgehend von der zweigeschossigen Lesehalle, zu lebendigen Raumdurchdringungen mit Treppen und Galerien entwickeln. Im großen Lesesaal und auf den Galerien finden bis zu 500 Studierende Platz und in den Regalen können ca. 70.000 Bücher, Zeitschriften und Videofilme untergebracht werden. Räume für Seminargruppen und die Bibliotheksverwaltung fügen sich ebenfalls in die lineare Struktur ein. Die unterschiedlichen Gebäudehöhen und die damit verbundene wechselnde Belichtungsanordnung steigern die räumliche Inszenierung. Das Gebäude wurde mit traditionellen Baustoffen der Gegend errichtet: Ziegel und Kalkstein, sowie Eiche für Fensterrahmen, Paneele und Möbel. Die im Wechsel mit den Ziegeln verwendeten Betonsteine erzeugen prägnante Muster an Wänden und Stützen. Für die Stützen und Bögen der vor Ort errichteten Stahlbetonkonstruktion wurden Ziegelverkleidungen in die Schalung eingelegt. Die zweischalige Außenwandkonstruktion, deren Luftzwischenraum eine Tiefe von bis zu 55 cm aufweist, bietet zahlreiche Möglichkeiten für Vor- und Rücksprünge und Nischen, die für Möbeleinbauten genutzt werden. Die geschwungene, bis auf wenige Fenster geschlossene Südwand steht im Kontrast zum lichtdurchfluteten und differenziert gestalteten Innenraum der Bibliothek.
364
Lageplan Maßstab 1:5000 Schnitte Erdgeschoss • 1.Obergeschoss Maßstab 1:500 1 2 3 4 5 6 7 8
Eingangshalle Information Lesesaal Buchmagazine Bibliothekare Anlieferung Zeitschriften-Galerie Seminarräume 6
a
c
4
5
b
b 2
3
A
c
a
1
Bibliothek des Technologischen Instituts in Cork, Irland
8
7
365
Beispiel 31
cc
Schnitt Maßstab 1:250 Ansicht €Horizontalschnitt €Vertikalschnitt Fassade Maßstab 1:20 1 2 3
Attika-Abdeckung, Kalksteinplatte 20/450 mm Abtropfblech Edelstahl, gekantet Dachaufbau: Gussasphalt 20 mm auf Trennlage Wärmedämmung 60 mm Dampfsperre Ortbeton bewehrt 150 mm Betonfertigteildecke 75 mm
4 Querschotten aus Betonsteinmauerwerk 5 Wandaufbau: Ziegel 100 mm Luftschicht 310 mm Wärmedämmung 50 mm Betonstein 100 mm 6 Bodenaufbau Galerie: Kokosfaserteppich Ortbeton 150 mm Betonfertigteildecke 75 mm 7 Einbau-Bücherregal MDF-Platte, beschichtet 8 Betonfertigteil-Rahmen, umlaufend 9 Lochblech-Element zur permanenten Belüftung 10 Laibungsbrett, Eichenholz umlaufend 150/25 mm 11 Holzfenster, Eiche mit Isolierverglasung
12 13 14 15
Abdichtung Bitumenbahn Fenstersturz, Kalksteinblock 65 mm Dachschieferplatten, mehrlagig Dachschieferplatten, zweilagig, im Gefällle verlegt 16 Bodenaufbau: Kokosfaserteppich Ortbetonplatte 150 mm Trennlage Hartschaumdämmung 50 mm Zement-Glattstrich Schotterbett 17 Magerbeton-Verfüllung 18 Außenbelag, Kalkstein-Pflaster
A
11
10
4
8
12 dd
366
15
5
Bibliothek des Technologischen Instituts in Cork, Irland
B
1
2 3
4
5
6
7
8 12 13
9 10
11 d
d 14 15
8
16 17
18
367
Beispiel 31
368
Fakultätsgebäude für Maschinenbau der Universität von Aveiro, Portugal
Fakultätsgebäude für Maschinenbau der Universität von Aveiro, Portugal 1996 Architekten: Adalberto Dias, Porto Mitarbeiter: A. Teixeira, C. Veloso, J. Eusébio, V. Gama, J. Miguelote, N. Rocha Tragwerksplanung: A. Dinis
Für alle seit 1985 errichteten Gebäude des neuen Campus der Universität von Aveiro war ein Generalplan festgeschrieben. Eine der wesentlichen Entscheidungen war es, die Wahl der Architekten möglichst auf die Mitglieder der »Schule von Porto« zu beschränken, um den Gebäuden trotz unterschiedlicher Architekten einen inneren architektonischen Zusammenhalt zu geben. Diese Strategie bewirkte, dass der Campus nun einer Werkschau der wichtigsten Architekten Portos gleicht. Das von Adalberto Dias gestaltete Gebäude der Fakultät für Maschinenbau steht in unmittelbarer Nähe zu den Bauten für Geologie (Eduardo Souto de Moura) und Mathematik (Carlos Prata). Durch die vorgegebene kammartige räumliche Anordnung der Gebäude lag eine kategorische Lösung der Bauaufgabe nahe. Hinter der fast gänzlich geschlossenen Südwestfassade liegt die Erschließungszone mit den eingestellten Geschosstreppen, die durch einen Oberlichtschlitz belichtet werden. Das Tragwerk des Gebäudes besteht aus einer Betonkonstruktion in Kombination mit Stahlträgern und -stützen für die Wände und die Decken, die in den Hörsälen teils große Spannweiten überbrücken. Die Außenwände sind mit einer gemauerten Vorsatzschale aus ca. 7 cm hohen Klinkerschichten versehen, die gleichmäßig im halbsteinversetzten Läuferverband angeordnet sind. Um die Radikalität des Konzeptes zu betonen, wird das Außenmauerwerk mit einer Längsprofilierung strukturiert. Dazu ist jede zweite Läuferschicht um 3 cm zurückgesetzt. Die Mauerziegel wurden hierfür auf 8 cm Breite zurechtgesägt. Stahlprofile am Übergang von Mauerwerk zur Glasfassade und als Abschluss des Dachrandes betonen das liegende Format des Baukörpers. Entlang des Oberlichtschlitzes ist die Außenwand auf der Innenseite ebenfalls mit einer Vormauerung verkleidet, die durch das dramatische Streiflicht von oben und die Unregelmäßigkeiten der Vermauerung eine lebendige Textur erhält.
d
a
b
c
c B
A
d
a
b
3. Obergeschoss 2. Obergeschoss Erdgeschoss Maßstab 1:750
369
Beispiel 32
aa
Ansicht Süd-West Schnitte Maßstab 1:500 Vertikalschnitt Fassade Maßstab 1:20
1 2
3 4 5
6
370
Ziegel Hlz Abdeckung Zinkblech auf Korkplatte Stahlprofil ‰180 Stahlprofil Ø 75 mm Brüstungsabdeckung Zinkblech auf Kork Stahlprofil ‰160
7
8 9
Brüstung: Ziegel Hinterlüftung 12 mm Wärmedämmung, Hartschaum 40 mm Stahlbeton 195 mm Ziegel Hlz Kunstharzputz 30 mm Stahlfenster mit Isolierverglasung Fensterbank Naturstein
10 Bodenaufbau: Natursteinplatten 40 mm Ausgleichsmörtel Wärmedämmung, Hartschaum 30 mm Abdichtung Gefälleestrich Wärmedämmung, Hartschaum 50 mm Stahlbeton 180 mm
Fakultätsgebäude für Maschinenbau der Universität von Aveiro, Portugal
A
A 11
2
1
bb 3 11 Dachaufbau: Betonsteinplatten 40 mm Ausgleichsschicht Wärmedämmung, Hartschaum 30 mm Dachabdichtung Gefälleestrich Stahlbetondecke 180 mm Kunstharzputz 40 mm 12 Holz-Stahlfenster
13 14 15 16
Kunstharzputz 50 mm Ziegel Hlz Innenputz 20 mm Bodenaufbau: Steinplattenbelag im Mörtelbett 20 mm Estrich 40 mm Stahlbeton 180 mm Holzunterkonstruktion 40 mm Kunstharzputz 40 mm
12 4
5
13 6
7
14 10
8 9
15 16
371
Beispiel 32
cc
B
dd
372
Fakultätsgebäude für Maschinenbau der Universität von Aveiro, Portugal
B
Schnitte Ansicht Nord-Ost Maßstab 1:500 Fassadenschnitt Maßstab 1:20 17 Wandaufbau: Ziegel im Läuferverband 110/80 mm Hinterlüftung 12 mm Wärmedämmung, Hartschaum 40 mm Stahlbeton 195 mm Ziegel im Läuferverband 115 mm 18 Stahlfenstertür
19 Sockel: Ziegel Hintermörtelung 50 mm Stahlbeton 195 mm 20 Verglasung VSG, liegend im Stahlrahmen 21 Stahlprofil ∑ 60/70/8 mm 22 Führungsschiene für Revisionswagen 23 Gipskartonplatte
20
21
17
22
23
18
9
19
373
Beispiel 33
Bürogebäude in Essen 1996 Architekten: Detlef Sommer in Eckert Negwer Sommer Suselbeek, Berlin Mitarbeiter: Marc Jordi Bauleitung: Helmut Heimeshoff, Essen Tragwerksplanung: A. Bruns, B. Szafranski, Berlin
Das Bürogebäude am Standort der Zeche Christine bindet die ehemals räumlich getrennte Verwaltung direkt an die bestehende Produktionshalle an. Das kleine Grundstück machte ein viergeschossiges Gebäude erforderlich. Dieses enthält einfache Grundrisse mit sechs Büroräumen pro Etage sowie die dazugehörigen vertikalen und horizontalen Erschließungselemente und Sanitärkerne. Die Räume sind entlang eines einfachen Mittelflurs angeordnet. Das leicht versetzte Gebäudevolumen erzeugt eine spannungsvolle räumliche Wirkung. Geschosshohe schmale Fensterformate lösen die einfachen Kuben auf, während die Pfeiler die Fassade rhythmisch gliedern. Der Mauerwerkbau vermittelt fast den Eindruck eines Skelettbaus, die geschickte Balance zwischen Pfeiler und Öffnung manifestiert jedoch die Qualität des Gebäudekonzeptes. Folgerichtig wurde auf sorgfältige Ausbildung der Öffnungen besonderer Wert gelegt. Die Vormauerschale besteht aus Wittmunder Torfbrandklinkern im Oldenburger Format, die vor einer Kerndämmung und der Tragkonstruktion aus Kalksandsteinmauerwerk sitzen. Die Laibungen der Öffnungen sind mit einem einStein-tiefen Verband um die Ecke geführt. Die Sohlbänke bestehen aus Rollschichten, die Stürze aus Stahlbeton mit Klinkerverblendung. Die Öffnungsnische mit den innen angeschlagenen, festverglasten Fenstern mit hölzerner Laibung und hölzernem Lüftungsflügel bildet einen deutlichen Kontrast zu den Pfeilern, um deren Wirkung Geltung zu verschaffen. Der geschlossene Öffnungsflügel – welche Ironie – bildet durch den Ebenenversatz einen eigenen Pfeiler in der Öffnung und macht damit die architektonische Inszenierung perfekt. Im Innenraum sind die tragenden Flurwände aus dem gleichen Material wie die Vormauerung der Außenwände. Sie zeigen das einfache konstruktive System: Die sichtbar belassenen Ortbetondecken spannen zwischen Außenwand und Flurwand. Auf so spannende, einfache und subtile Weise ist Mauerwerkarchitektur zeitgemäß.
374
Lageplan Maßstab 1:1250 Ostansicht 3. Obergeschoss Erdgeschoss Maßstab 1:250
Bürogebäude in Essen
3
3
4
5
1 2 3 4 5 6
a
Windfang Empfangshalle Büro Küche Besprechung bestehendes Gebäude
3
3
b
2
3
4 1 6 3
a
3
3
b
375
Beispiel 33
A
aa
376
bb
Bürogebäude in Essen
8
Schnitte Maßstab 1:250 Ansicht • Horizontalschnitt Fenster Fassadenschnitt Maßstab 1:20
9 1
2 3 4 5 6 7
Dachaufbau: Kies 50 mm Dachabdichtung, Bitumenbahn dreilagig Wärmedämmung, Hartschaumplatten mit Gefälle 300–120 mm Stahlbetondecke, Unterseite Sichtbeton, schalungsrau 220 mm Furniersperrholz, 25/450 mm Kantholz 70/220 mm Abdeckung Zinkblech, vorbewittert, 1 mm Attikaabdeckung Zinkblech, vorbewittert, auf Trennlage V 13, 1 mm Betonaufkantung Attika 160/400 mm Holzfenster, Meranti lasiert, festverglast, Isolierverglasung mit VSG
10 11 12 13 14 15
Bodenaufbau: Teppichbelag 13 mm Estrich 60 mm Trennlage Trittschalldämmung 17 mm Stahlbetondecke, Unterseite Sichtbeton, schalungsrau 220 mm Sohlbank als Rollschicht, Wittmunder Torfbrandklinker, Oldenburger Format 52/105/220 mm Wärmedämmung Mineralfaser, 110 mm Stahlbetonsturz, klinkerverblendet Holzleiste, umlaufend, 15/125 mm Konvektor mit Abdeckrost Öffnungsflügel mit Holzfüllung, Meranti lasiert Wandaufbau: Sichtmauerwerk, Wittmunder Torfbrandklinker Oldenburger Format 52/105/220 mm Wärmedämmung, Mineralfaser 110 mm Kalksandstein-Mauerwerk 240 mm Gipsputz 15 mm
A
f 21
22
23
24
8 12
14
7
15
377
Beispiel 34
Wohnanlage in Hannover 1999 Architekten: Fink + Jocher, München Mitarbeiter: Ivan Grafl, Ulrike Wietzorrek, Rüdiger Krisch Tragwerksplanung: Bergmann + Partner, Hannover
Am nordwestlichen Rand der im Rahmen der Expo 2000 entstandenen Siedlung bildet der Stadtbaustein mit 87 Wohnungen, Gemeinschaftseinrichtungen und Läden den Auftakt zum neuen Stadtteil Kronsberg in Hannover. Die zwei Hauptfassaden des Hauses sind unterschiedlich ausgebildet: eine Backsteinfassade mit Torfbrandklinkern und raumhohen französischen Fenstern mit Klappläden zur Stadt hin und eine Holzfassade hinter durchlaufenden, tiefliegenden Loggien zum Innenhof. Die plastische Ausbildung des Blockrandes mit gleich großen Fensterelementen, die sich rhythmisiert, mit leichten Versätzen über die Fassade verteilen, verleiht dem Block einerseits Festigkeit und zugleich Lebendigkeit. Eine große Vielfalt möglicher Wohnungstypen, vom einfachen Grundriss mit Diele bis hin zum Loft bietet unterschiedlichste Möglichkeiten bei gleichbleibender Grundstruktur. Das gesamte Tragwerk des Hauses wurde in Stahlbeton vorgefertigt: Eine kurze Bauzeit und niedrige Baukosten waren die Folge. Die Vorsatzschale aus 11,5 cm starken Klinkern mit einem 1 cm breiten Fingerspalt liegt vor einer 12 cm starken Wärmedämmung. Die Attika ist mit kräftigen Betonfertigteilen abgedeckt. Die ebenfalls vorgefertigten Fensterstürze sind mit Ziegeln im Läuferverband verblendet und erhielten somit die gleiche Tiefe und Oberfläche wie die 24 cm starken Laibungen. In den Laibungen sitzen hölzerne Klappläden, welche die Ausdruckskraft des Gebäudes verstärken. Die Fensterbänke aus Betonfertigteilen runden das homogene Erscheinungsbild der Anlage ab. Die Hoffassaden mit ihren tiefen Loggien sind mit Birkensperrholzplatten verkleidet. Die Loggien verleihen der Anlage einen hohen Wohnwert und bilden den Übergang zum begrünten Innenhof, der im Kontrast zur städtischen Umgebung des Gebäudes steht.
378
Wohnanlage in Hannover
Lageplan Maßstab 1:3000 Ansicht Nord-West • Regelgeschoss Maßstab 1:1000 Grundrisstypologie Maßstab 1:500
Grundstruktur
Diele
a
Durchwohnen
Allraum
a
Einstellung
Loft
A
379
Beispiel 34
A
1 2 3
4
aa 5 Schnitt Maßstab 1:250 Horizontalschnitt Anschluss Klinkerfassade an Holzplattenfassade Horizontalschnitt Wohnungsfenster Horizontalschnitt Treppenhausfenster Vertikalschnitt Straßenfassade Maßstab 1:20
1 2 3 4 5
6
7 8 9 10
11 12 13 14 15
16 17
18 19 20 21 22
380
Sperrholzplatte, Birke beidseitig phenolharzbeschichtet 18 mm Laibungsbrett 40/200 mm Holzfenstertür mit Isolierverglasung Unterkonstruktion, Kantholz 40/40 mm Wandaufbau: Torfbrandklinker NF 115 mm Hinterlüftung 10 mm Wärmedämmung, Mineralfaser 120 mm Stahlbeton 180 mm vierteiliger Klappladen aus Dreischichtholzplatten mit Umleimer wetterfest verleimt, oben und unten geführt 2≈ 15 mm, Flachstahlgeländer, verzinkt, eisenglimmerbeschichtet, 35/8 mm, Fensterbank, Stahlbetonfertigteil Überstand mit Tropfnase 50 mm Holzfenster, zweiflügelig mit Isolierverglasung horizontales Holzwendefenster mit Isolierverglasung, Brüstung festverglast, Innenscheibe VSG Gipskartonplatte 12,5 mm Wärmedämmung 80 mm Ringanker Porenbeton-U-Schale Putz 25 mm Terrassenaufbau: Gehwegplatten im Kiesbett Trittschalldämmbahn 15 mm Dachabdichtung Wärmedämmung 200 mm Dampfsperre Stahlbetondecke 220 mm Blechabdeckung Attika/Brüstung: Torfbrandklinker im Läuferverband NF 115 mm Hinterlüftung 10 mm Wärmedämmung Mineralfaser 120 mm Porenbeton 175 mm offene Stoßfuge Wärmedämmung, Hartschaum 60 mm horizontale Fräsung mit Gefälle nach außen Lüftungselement Stahlprofil ∑ als Auflager für Fensterbank
Wohnanlage in Hannover
9
7
bb
5
6
8 13
14 11
17 15
12
cc
10
16
5 18 19
6
b
b 20
21
9
7
8 22
23
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Beispiel 34
Schnitt Maßstab 1:20
1
4
1
2 3 11
12 16
10 15
c
13
14
c 17
19 1 2
5
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6
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9 19
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Attikaabdeckung, Stahlbetonfertigteil Stahlbetonsturz mit Ziegelverblendung Abdeckblech, Titanzink 1 mm Dachaufbau mit Extensivbegrünung: Vegetationsschicht Filterschicht Drainageschicht 120 mm Dachabdichtung Wärmedämmung 200 mm Abdichtung Stahlbetondecke 220 mm Wandaufbau: Torfbrandklinker NF 115 mm Hinterlüftung 10 mm Wärmedämmung, Mineralfaser 120 mm
6 7
8 9 10
11 12 13 14
Stahlbetonwand 180 mm Leuchte 450/100/100 mm Holzrahmentür mit innenliegendem Stahlrahmen und Isolierverglasung Stoßblech, Edelstahl gebürstet, 1 mm Stahlbeton, wasserundurchlässig 250 mm horizontales Holzwendefenster mit Isolierverglasung, Brüstung festverglast, Innenscheibe VSG Wärmedämmung 80 mm Gipskartonplatte 12,5 mm Holzbohle 180/70 mm Furnierschichtholzplatte mit Vollholzanleimer, 28 mm
15 Terrassenaufbau: Gehwegplatten im Kiesbett Trittschalldämmbahn 15 mm Dachabdichtung Wärmedämmung 200 mm Abdichtung Stahlbetondecke 220 mm 16 Balkonüberdachung Stahlbetonfertigteil 17 Wandaufbau: Sperrholzplatte, Birke phenolharzbeschichtet, 18 mm Hinterlüftung 40 mm Wärmedämmung, Mineralfaser, 120 mm Stahlbetonwand 180 mm 18 Abtretmatte in Stahlwinkelrahmen 19 Stahlbetondecke 220 mm
Wohnanlage in Hannover
383
Richtlinien und Normen für den Mauerwerkbau
Gesetze, Verordnungen, Richtlinien und Normen
DIN 18 555-3
Stoffnormen für Mauersteine DIN 105-1 Mauerziegel: Vollziegel und Hochlochziegel. August 1989 DIN 105-2 Mauerziegel: Leichthochlochziegel. August 1989 DIN 105-3 Mauerziegel: Hochfeste Ziegel und hochfeste Klinker. Mai 1984 DIN 105-4 Mauerziegel: Keramikklinker. Mai 1984 DIN 105-5 Mauerziegel: Leichtlanglochziegel und Leichtlangloch-Ziegelplatten. Mai 1984 DIN 105-6 Mauerziegel: Planziegel. (Entwurf) August 1999 DIN 106-1 Kalksandsteine: Vollsteine, Lochsteine, Blocksteine, Hohlblocksteine. September 1980 DIN 106-2 Kalksandsteine: Vormauersteine und Verblender. November 1980 DIN 278 Tonhohlplatten (Hourdis) und Hohlplatten. Statisch beansprucht. September 1978 DIN 398 Hüttensteine: Vollsteine, Lochsteine, Hohlblocksteine. Juni 1976 DIN 4159 Ziegel für Decken und Vergusstafeln. Statisch mitwirkend. April 1999 DIN 4165 Porenbeton-Blocksteine und PorenbetonPlansteine. November 1996 DIN 4166 Porenbeton-Bauplatten und PorenbetonPlanbauplatten. Oktober 1997 DIN 18 148 Hohlwandplatten aus Leichtbeton. Dezember 1998 DIN 18 151 Hohlblöcke aus Leichtbeton. September 1987 DIN 18 152 Vollsteine und Vollblöcke aus Leichtbeton. April 1987 DIN 18 153 Mauersteine aus Beton (Normalbeton). September 1989 DIN 18 162 Wandbauplatten aus Leichtbeton, unbewehrt. Dezember 1998 DIN 18 554-1 Prüfung von Mauerwerk. Ermittlung der Druckfestigkeit und des Elastizitätsmoduls. Dezember 1985 DIN 52 252-1 Prüfung der Frostwiderstandsfähigkeit von Vormauerziegeln und Klinkern. Allseitige Befrostung von Einzelziegeln. Dezember 1986 DIN EN 1926 Prüfverfahren für Naturstein: Bestimmung der Druckfestigkeit. Deutsche Fassung EN 1926: 1999. Mai 1999 DIN EN 12372 Prüfverfahren für Naturstein: Bestimmung der Biegefestigkeit unter Mittellinienlast. Deutsche Fassung EN 12372: 1999. Juni 1999
DIN 18 555-4
Stoffnormen für Mauermörtel, Putzmörtel, Bindemittel DIN 1060-1 Baukalk: Definitionen, Anforderungen, Überwachung. März 1995 DIN 1164-1 Zement: Teil 1: Zusammensetzung, Anforderungen. Änderungen. Oktober 1994 DIN 4211 Putz- und Mauerbinder: Anforderungen, Überwachung. März 1995 DIN 18 550-1 Putz: Begriffe und Anforderungen. Januar 1985 DIN 18 550-2 Putz: Putze aus Mörteln mit mineralischen Bindemitteln: Ausführung. Januar 1985 DIN 18 550-3 Putz: Wärmedämmputzsysteme aus Mörteln mit mineralischen Bindemitteln und expandiertem Polystyrol (EPS) als Zuschlag. März 1991 DIN 18 550-4 Putz: Leichtputze: Ausführung. August 1993 DIN 18 555-1 Prüfung von Mörteln mit mineralischen Bindemitteln: Allgemeines, Probenahme, Prüfmörtel. September 1982
384
DIN 18 555-5
DIN 18 555-8
DIN 18 555-9
DIN 18 557 DIN 18 558
Prüfung von Mörteln mit mineralischen Bindemitteln: Festmörtel: Bestimmung der Biegezugfestigkeit, Druckfestigkeit und Rohdichte. September 1982 Prüfung von Mörteln mit mineralischen Bindemitteln: Festmörtel: Bestimmung der Längs- und Querdehnung sowie von Verformungskenngrößen von Mauermörteln im statischen Druckversuch. März 1986 Prüfung von Mörteln mit mineralischen Bindemitteln: Festmörtel: Bestimmung der Haftscherfestigkeit von Mauermörteln. März 1986 Prüfung von Mörteln mit mineralischen Bindemitteln: Frischmörtel: Bestimmung der Verarbeitbarkeitszeit und der Korrigierbarkeitszeit von Dünnbettmörteln für Mauerwerk. November 1987 Prüfung von Mörteln mit mineralischen Bindemitteln – Festmörtel – Teil 9: Bestimmung der Fugendruckfestigkeit. September 1999 Werkmörtel: Herstellung, Überwachung und Lieferung. November 1997 Kunstharzputze: Begriffe, Anforderungen, Ausführung. Januar 1985
Anwendungsnormen DIN 1045 Beton und Stahlbeton: Bemessung und Ausführung. Juli 1988 DIN 1045-100 Beton und Stahlbeton. Teil 100: Ziegeldecken. Normvorlage Januar 1997 DIN 1053-1 Mauerwerk: Teil 1: Berechnung und Ausführung. November 1996 DIN 1053-2 Mauerwerk: Teil 2: Mauerwerksfestigkeitsklassen aufgrund von Eignungsprüfungen. November 1996 DIN 1053-3 Mauerwerk: Teil 3: Bewehrtes Mauerwerk. Berechnung und Ausführung. Februar 1990 DIN 1053-4 Mauerwerk: Teil 4: Fertigbauteile. August 1999 DIN 1055-3 Lastannahmen für Bauten: Verkehrslasten. Juni 1971 DIN 1055-3 Einwirkungen auf Tragwerke – Teil 3: (Entwurf) Eigen- und Nutzlasten für Hochbauten. März 2000 DIN 4103-1 Nichttragende innere Trennwände: Anforderungen, Nachweise. Juli 1984 DIN 4149-1 Bauten in deutschen Erdbebengebieten. Lastannahmen, Bemessung und Ausführung üblicher Hochbauten. April 1981 DIN V ENV 1996-1-1 Eurocode 6: Bemessung und Konstruktion von Mauerwerksbauten – Teil 1-1: Allgemeine Regeln – Regeln für bewehrtes und unbewehrtes Mauerwerk. Juni 1995 Verbände DIN 1057-1
DIN 4172 DIN 18 000 DIN 18 100
DIN 18 201
DIN 18 202
Baustoffe für freistehende Schornsteine: Radialziegel. Anforderungen, Prüfung, Überwachung. Juli 1985 Maßordnung im Hochbau. Juli 1955 Modulordnung im Bauwesen. Mai 1984 Türen: Wandöffnungen für Türen. Maße entsprechend DIN 4172. Oktober 1983 Toleranzen im Bauwesen. Begriffe, Grundsätze, Anwendung, Prüfung. Dezember 1984 Toleranzen im Hochbau. Bauwerke. Mai 1986
Wärmeschutz DIN 18 165-1 Faserdämmstoffe für das Bauwesen. Dämmstoffe für die Wärmedämmung. Juli 1991
DIN EN 1745
Mauerwerk und Mauerwerksprodukte – Verfahren zur Ermittlung von Wärmeschutzrechenwerten DIN EN 12664 Wärmeschutztechnisches Verhalten von Baustoffen und Bauprodukten – Bestimmung des Wärmedurchlasswiderstandes nach dem Verfahren mit dem Plattengerät und dem Wärmestrommessplattengerät – Trockene und feuchte Produkte mit mittlerem und niedrigem Wärmedurchlasswiderstand DIN EN ISO Baustoffe und -produkte – Verfahren zur 10456 Bestimmung der wärmeschutztechnischen Nenn- und Bemessungswerte Feuchteschutz DIN 1101 Holzwolle-Leichtbauplatten und Mehrschicht-Leichtbauplatten als Dämmstoffe für das Bauwesen – Anforderungen, Prüfung DIN 1102 Holzwolle-Leichtbauplatten und Mehrschicht-Leichtbauplatten nach DIN 1101 als Dämmstoffe für das Bauwesen – Verwendung, Verarbeitung DIN 4108-3 Wärmeschutz und Energie-Einsparung in Gebäuden; Teil 3: Klimabedingter Feuchteschutz – Anforderungen, Berechnungsverfahren und Hinweise für Planung und Ausführung DIN 4108-4 Wärmeschutz und Energie-Einsparung in Gebäuden; Teil 4: Stoffkennwerte DIN 4223 Bewehrte Dach- und Deckenplatten aus dampfgehärtetem Gas- und Schaumbeton – Richtlinien für Bemessung, Herstellung, Verwendung und Prüfung DIN 18515-1 Außenwandbekleidungen; Anmauerung auf Aufstandsflächen; Grundsätze für Planung und Ausführung DIN 18516-1 Außenwandbekleidungen, hinterlüftet; Anforderungen, Prüfgrundsätze DIN 18550-1 Putz, Begriffe und Anforderungen DIN 18550-2 Putz; Putze aus Mörteln mit mineralischen Bindemitteln, Ausführung DIN 18550-3 Putz-Wärmedämmputzsysteme aus Mörteln mit mineralischen Bindemitteln und expandiertem Polystyrol als Zuschlag DIN 18558 Kunstharzputze – Begriffe, Anforderungen, Ausführung DIN 68800-2 Holzschutz – Teil 2: Vorbeugende bauliche Maßnahmen im Hochbau DIN EN 12524 Baustoffe und Produkte; Wärme- und feuchteschutztechnische Eigenschaften – Tabellierte Bemessungswerte DIN EN ISO Wärme- und feuchtetechnisches Verhal12572 ten von Baustoffen und Bauprodukten – Bestimmung der Wasserdampfdurchlässigkeit DIN EN ISO Baustoffe; Bestimmung von Wasserauf15148 nahmekoeffizienten Schallschutz DIN 4109 DIN 4109
Beiblatt 1 zu DIN 4109 Beiblatt 2 zu DIN 4109
Beiblatt 3 zu DIN 4109
Schallschutz im Hochbau. Anforderungen und Nachweise. November 1989 Berichtigung 1. Berichtigungen zu DIN 4109/11.89, DIN 4109 Bbl 1/11.89 und DIN 4109 Bbl 2/11.89. August 1992 Schallschutz im Hochbau. Ausführungsbeispiele und Rechenverfahren. November 1989 Schallschutz im Hochbau: Hinweise für Planung und Ausführung. Vorschläge für einen erhöhten Schallschutz. Empfehlungen für den Schallschutz im eigenen Wohn- oder Arbeitsbereich. November 1989 Schallschutz im Hochbau – Berechnung von R'w, R für den Nachweis der Eignung nach DIN 4109 aus Werten des im Labor ermittelten Schalldämm-Maßes R'w. Juni 1996
Weiterführende Literatur
DIN 4109/A1 (Entwurf) DIN 18005 Teil 1 Brandschutz DIN 4102 DIN 4102-1 DIN 4102-2 DIN 4102-3
DIN 4102-4
Schallschutz im Hochbau – Anforderungen und Nachweise. Änderung A1. April 1998 Schallschutz im Städtebau; Berechnungsverfahren
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Sachregister
Sachregister Abbindebeschleunigung ∫ 22 Abdeckblech ∫ 213, 214, 217, 219, 229, 260, 303, 327, 377 Abdeckprofil ∫ 152 Abschlüsse ∫ 46 Abtropfkante ∫ 48, 50 Akustikstein ∫ 74, 75 Amerikanischer Verband ∫ 34 Amsterdamer Schule ∫ 26, 27 Anforderungen an den Luft- und Trittschallschutz ∫ 187 Anforderungen an Mauermörtel ∫ 66, 67 Ankerverbindung ∫ 100 Anlauf ∫ 20, 37, 45 Anschluss durch Haftung und Reibung ∫ 142 Anschluss durch Zuganker ∫ 141 Anschlüsse von Ausfachungen ∫ 128 Anwendungen von Mauermörtel ∫ 65 Anwendungsempfehlung ∫ 64, 65 Arbeitsgerüst ∫ 148, 156, 157 Arbeitszeitwert ∫ 73, 156 Arten von Fugen ∫ 54, 151 arts and crafts-Bewegung ∫ 24 Attika Kaltdach ∫ 204, 206, 214 Attika Warmdach ∫ 204, 205, 212 Attika ∫ 11, 46, 172, 204–207, 212, 214, 218, 234, 248, 253, 271, 286, 327, 328, 377, 378, 380, 382 Attikaabschluss ∫ 213 Aufheizverhalten ∫ 171 Auflagerkräfte ∫ 98, 109, 120, 129, 137, 140, 143 Auflagerung und Abfangung der Außenschale ∫ 125 Aufwandszahlen ∫ 177 ausblühende Salze ∫ 62 Ausgleichsfeuchtegehalt ∫ 163 Auskragungen ∫ 11, 46, 314 Auskühlverhalten ∫ 171 Ausnutzungsgrad ∫ 168, 172, 177, 201 Außendämmung ∫ 124, 182, 185 Außenfläche ∫ 10, 32, 33, 40, 68, 190, 272 Außenlärm ∫ 54, 174, 186,187, 190, 194, 195 Außenlärmpegel ∫ 188, 190 Außenputz ∫ 68, 69, 71, 146, 167, 184, 194 Außenputzsysteme ∫ 68 Außenwände mit Wärmedämmung ∫ 201 aussteifende Wand ∫ 100, 146 Aussteifung von Wänden ∫ 100, 146 Auswaschungsgefahr ∫ 10 Auswitterung ∫ 10 Backstein ∫ 10, 19, 20, 22–24, 26–28, 30, 31, 33–35, 250, 262, 334, 342, 378 Backsteinbau ∫ 20, 28, 262 Backsteinnormung ∫ 22 Balkenköpfe ∫ 221 Balkon ∫ 177, 204, 210, 226–229, 242, 272, 276, 278, 318 Balkonplatte ∫ 152, 172, 173, 174, 228, 229 Bauhaus ∫ 25, 26, 28 Bauhütte ∫ 23, 24, 26, 28 Bauproduktenrichtlinie ∫ 160 Baurichtmaß ∫ 76, 77 Bausatzmauerwerk ∫ 54, 144, 158 Baustoffe für bewehrtes Mauerwerk ∫ 54, 114 Baustoffklasse ∫ 54, 196, 197, 199–201, Bauverordnung ∫ 29 Bauwerksabdichtung ∫ 54, 134 Bauwerksfugen ∫ 135 Befestigungstechnik ∫ 54, 153 Behaglichkeit ∫ 54, 170, 171, 174, 177, 178 Belüftung ∫ 224, 228, 230, 320, 322 Bemessung von bewehrtem Mauerwerk ∫ 116, 117 Bemessung von Natursteinmauerwerk ∫ 112 Bemessungswert der Wärmeleitfähigkeit ∫ 55, 74, 123, 163, 165 Betonfertigteil ∫ 212, 218, 220–222, 224, 227, 229, 230, 234, 237, 242, 245, 297, 311, 330, 338, 345 Betonstein ∫ 30, 34, 38, 46, 50, 54, 55, 59, 60–62, 73, 75, 78, 94, 106, 107, 110, 236, 237, 267, 268, 271, 284, 287, 288, 290, 293, 296, 297, 311, 313, 355, 364, 366, 371
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Betonsturz ∫ 224, 268, 326, 346 bewehrtes Mauerwerk ∫ 54, 100, 113–117, 121, 126, 132, 134, 135, 138,143, 159 Anwendungsbeispiele ∫ 117, 118 Bewehrung ∫ 54, 56, 64, 69–71, 99, 108, 110, 111, 113, 114, 115, 116, 117, 118, 121, 132, 134, 135, 138, 141, 142, 143, 146, 156, 185, 213, 214, 217, 219, 221, 227, 229, 231 Bewehrungsführung und Konstruktion ∫ 115 Bewehrungssysteme ∫ 114, 115 Bezeichnung der Mauersteine ∫ 54, 61 Bezugsfeuchtegehalt ∫ 165, 166 Biegezugbeanspruchung parallel zur Lagerfuge ∫ 94 Binderschicht ∫ 15, 16, 33, 34, 78– 80 Binderverband ∫ 32, 79, 80, 318 Bitumen ∫ 10, 46, 129, 134, 135, 152, 181, 213, 231, 253, 271, 277, 282, 290, 296, 303, 306, 310, 313, 317, 320, 366 Bitumen-Beimischung ∫ 10 Bitumendickbeschichtung ∫ 231 bituminöse Sperrbahnen ∫ 231 Blechabdeckung ∫ 46, 48, 132, 205, 212–214, 216, 218, 220, 222, 260 Blechzarge ∫ 209, 224–226 Blende ∫ 75 Blendrahmen ∫ 224, 229 Blockverband ∫ 32–34, 49, 80, 95, 232, 306 Blower-Door-Test ∫ 174 Bodenanschluss ∫ 226 Bodenfeuchte ∫ 50, 179, 180 Bodenfeuchtigkeit ∫ 10, 133, 135 bossierte Quader ∫ 20 Brandabschnitt ∫ 196, 199 Brandschutz ∫ 54, 67, 69, 122, 124, 129, 132, 138, 146, 151, 195–201 Brandwand ∫ 54, 198, 199, 200, 201, 318 Brennofen ∫ 15 Bronze ∫ 10 brucheinhüllend ∫ 94, 95 Bruchmechanismus ∫ 92, 105 Bruchstein ∫ 15, 18, 37, 63, 112, 135, 136 Bruchsteinmauerwerk ∫ 37, 112, 135, 136 Chemisches Quellen ∫ 71, 105, 107, 108, 111 chinesische Mauer ∫ 11 Choriner Kloster ∫ 37, 40, 41, 43 Dachfirst ∫ 220 Dachrand ∫ 46, 216–218, 278, 369 Dachüberstand ∫ 184, 206, 207, 215– 217,238 Dämmebene ∫ 225, 226, 229 Dampfhärtung ∫ 22, 59 De Stijl ∫ 26 Deckenanschluss ∫ 132, 204, 208, 220, 221 Dekonstruktivismus ∫ 29 Dichtungsband ∫ 152 diffusionsäquivalente Luftschichtdicke ∫ 180, 181, 184 Diffusionsdiagramm ∫ 181 Diffusionswiderstandszahl ∫ 180–183 Dilatationsfuge ∫ 212, 213 DIN 1053-1 55 ∫ 63, 64, 66, 67, 71, 78, 96, 97, 100, 102, 103, 104, 105, 106, 108, 112, 114, 116, 117, 119, 120, 122, 128, 129, 130, 133, 134, 141, 144, 145, 146, 148, 156, 182, 183, 184, 185 DIN 1053-100 ∫ 96 DIN 1053-2 96 ∫ 102, 103, 106, 116, 117, 145 DIN V 1996-1-1 ∫ 96 DIN-100 ∫ 96 Dreiviertelstein ∫ 73, 80 Druckfestigkeit von Naturstein ∫ 112 Druckfestigkeit ∫ 22, 37, 55-64, 66–69, 72, 92–95, 97, 102–108, 112–114, 116, 123, 127, 134, 136, 137, 145, 146, 153, 156 Druckfestigkeitsklasse ∫ 56–58, 60-62, 69, 127 Druckversagen ∫ 94, 95, 104 Dübelverankerung ∫ 54, 154, 155 Dünnbettmörtel ∫ 58, 59, 64–68, 76, 77, 93, 94, 106, 108, 122, 128, 130, 131, 144–146, 153, 156–158, 190, 200, 201 Durchfeuchtung ∫ 45, 165, 181–183 Durchführung ∫ 135, 187, 198 Ebenheitstoleranz ∫ 77 Eckausbildung ∫ 204, 211, 234
Eiffelturm ∫ 22 Eigengewicht ∫ 10, 66, 70, 92, 98, 129, 130 Eigenresonanz ∫ 10 Eigenspannung ∫ 108 Eignungs- und Güteprüfung ∫ 54, 145 Eignungsprüfung von Mauermörtel ∫ 66 Eignungsprüfung ∫ 54, 64-67, 96, 101–103, 106, 108, 145, 146, 189 Einbindung ∫ 18, 35, 54, 74, 80, 121, 146–148, 156, 158, 168, 188, 193 eingemörtelter Dachziegel ∫ 220 Einlaufblech ∫ 217–219 einschalige Außenwände∫ 54, 79, 122–124, 173, 201 mit Innendämmung ∫ 124 mit Vorhangfassade ∫ 124 mit Wärmedämmverbundsystem ∫ 123 Einsteinturm ∫ 51 Einzellasten und Teilflächenpressungen ∫ 54, 141 Elastizitätsmodul ∫ 60, 63, 98, 105-107 Elektroinstallationssteine ∫ 75, 148 Elementbauweise ∫ 156, 158, 159 E-Modul von Mauerwerk ∫ 105 Endenergiebedarf ∫ 160, 175 Endverband ∫ 54, 79, 80 Energiebedarfsausweis ∫ 176, 177 Energieeinsparverordnung ∫ 54, 160, 174–176 Energieerhaltung ∫ 51 Entasis ∫ 14 Entwässerungsrinne ∫ 217, 218, 227, 240, 320, 325 Entwässerungssystem ∫ 227 Entwicklung der Normen ∫ 54, 96 Erdpech ∫ 10 Erdreich ∫ 132, 135, 160, 173, 175, 176, 231, 233 erhöhter Schallschutz ∫ 187–189, 193 Eurocode EC 6 ∫ 96, 119 Euroklassen zum Brandverhalten ∫ 197 Expressionismus ∫ 26, 28 Fachwerk ∫ 8, 48, 49, 99, 129 Faguswerk ∫ 24–26, 32, 39, 43, 44, 46, 47 Farben und Oberflächen ∫ 8, 31 Farbgebung ∫ 38, 67, 68, 75, 149–151, 170 faserbewehrter Mörtel ∫ 47, 220 Feldfabrik ∫ 15, 22 Feldspat ∫ 10, 162 Fensterbank ∫ 44, 224, 282, 306, 333,341, 358, 370, 380 Fensterstöcke ∫ 44 Fenstersturz ∫ 208, 222, 223, 306, 366 Fertigteil ∫ 22, 30, 98, 121, 138, 152, 212, 222, 124, 229, 271, 328, 330, 366 Feuchtegehalt ∫ 57, 58, 59, 60, 61, 67, 106, 107, 162–167, 179, 180 Feuchtekorrekturwerte ∫ 166 Feuchteschutz ∫ 54, 67, 105, 144, 174, 178, 179, 181, 183, 185 Feuerbeständigkeit ∫ 10 Feuerwiderstandsdauer ∫ 196, 197, 200 Feuerwiderstandsklassen ∫ 54, 196, 197 Findling ∫ 13, 37, 45 Flachdach ∫ 46, 166, 173, 176, 204, 206, 212, 213, 230, 290, 296 Flachdachabschlüsse ∫ 46 Flachdachattika ∫ 230 Flachsturz ∫ 54, 75, 114, 118, 119, 138, 222–227 Flämischer Verband ∫ 33–35 Flankenübertragung ∫ 124, 187, 188, 192, 193 Flankierende Bauteile ∫ 54, 187, 188, 192, 193 Formänderung ∫ 54, 70, 71, 93, 105, 106–111, 121, 129, 132, 143, 151–153 Formänderungswert ∫ 106, 107 Formate ∫ 8, 20, 30, 31, 38, 54, 56, 57, 60, 61, 67, 72, 73, 75, 148, 157 Formfaktor ∫ 62 Formstein ∫ 18, 31, 39, 57, 44, 74, 75, 80, 100, 114, 116–118, 134, 135, 138, 253, 322 Formsteine – abgerundete Endsteine ∫ 74 Formsteine – Radialsteine ∫ 74 Formsteine – Winkelsteine ∫ 74 Formsteine für schräge Fensterlaibung ∫ 74 freistehende Mauer ∫ 8, 50, 54, 100, 132, 234 Friedrichswerdersche Kirche ∫ 39
Sachregister
Frostaufsprengungen ∫ 50 Frostbeständigkeit ∫ 50, 57, 58, 62, 63 Frostschutz ∫ 50 frühromanische Kirchen ∫ 18 Fuge ∫ 37, 38, 146, 149, 150–153, 185, 192, 193, 212, 213, 233, 234, 290, 298, 360 Fugenabstände und Fugenbreiten ∫ 54, 152 Fugendichtungsmassen ∫ 152 Fugenverstrich ∫ 54, 150 Fugenglattstrich ∫ 39, 54, 65, 112, 124, 125, 150, 151 Fugenmaterial ∫ 39 Fugenoberfläche ∫ 31, 39, 50, 150, Fugenschnitt ∫ 18, 37, 38 Fugenversagen ∫ 94, 95, 105, 119 Fugenverschluss ∫ 54, 152, 153 Fundamentbreite ∫ 12 Fundamentfuss ∫ 231 Fußpfette ∫ 214, 215, 240 Gebäudeaussteifung ∫ 98, 100, 122, 129, 142, 156 Gebäudeecken ∫ 70, 125, 152, 234, 236 Gebäudeinnere ∫ 28, 168, 232 Gebäudeklassen ∫ 198, 199 Gebäuderücksprung ∫ 233 Gebäudesockel ∫ 10 Gebäudeversatz ∫ 219, 258 gebrannte Ziegel ∫ 10, 14, 50, 51, 55, 56 Gebrauchslast ∫ 97, 102, 105, 142 gefilzter Putz ∫ 68, 70 Geländerbefestigung ∫ 230 gemauerter Sturz ∫ 138 genaueres Berechnungsverfahren ∫ 96, 97, 98, 101–105, 117, 118, 129, 132, 134, 141, 156 genaueres Verfahren ∫ 96, 103, 132, Geneigtes Dach – Traufe ∫ 204, 206, 214, 215 genormte Betonsteinarten ∫ 59, 60 genormte Hüttensteinarten ∫ 61 genormte Kalksandsteinarten ∫ 58 genormte Leichtbetonsteinart ∫ 60 genormte Mauerziegelarten ∫ 57 genormte Porenbetonsteinarten ∫ 59 Geräusche aus haustechnischen Anlagen ∫ 187 geriebener Putz ∫ 70 Gesamtenergiedurchlassgrad ∫ 167, 168, 177, 178 Geschossdecke ∫ 98, 100, 110, 111, 121, 125, 126, 134, 138, 141, 143, 147, 156, 158, 172, 186, 199, 221, 227, 228 Gewölbe und Kappen ∫ 54, 139, 140 Gewölbebau ∫ 12, 42 Gewölberippen ∫ 19 Gewölbewirkung über Wandöffnungen ∫ 54, 137 Giebelmauer ∫ 47, 215 Giebelwand ∫ 54, 98, 119, 129, 142, 158 Gitterrost ∫ 227, 330 glasierte Ziegel ∫ 10, 12, 32, 36 Gleitfolie ∫ 132, 212, 124, 226, 228, 230 Gleitschalung ∫ 11 Gneis ∫ 10, 63, 64 Gotik ∫ 18–20, 23, 26, 33, 38, 45, 52, 165 gotischer Verband ∫ 32, 33 gotisches Mauerwerk ∫ 19 Granit ∫ 10, 16, 36, 37, 45, 63, 64, 113, 162, 306, 314, 317, 357, 358 Grenadierschicht ∫ 34, 45, 46, 78, 138, 139, 218, 230, 234, 257, 306 Grenzabmaß ∫ 77 Grenzabmessung ∫ 131, 148 Grenzabmessungen für nichttragende innere Trennwände ∫ 131 griechische Bauweise ∫ 16 Größtmaß ∫ 77 Grundwert ∫ 77, 101–103, 106, 108, 112, 116, 117, 120, 121, 134 Güteklasse ∫ 112 Gütesicherungsnormen ∫ 22 Häcksel ∫ 10 Haftzugversagen ∫ 95, 105 Halber Stein ∫ 72, 73 Halterung von Wänden ∫ 100, 101, 142 hammerrechtes Schichtenmauerwerk ∫ 136 Handstrichstein ∫ 31, 38, 39 hansische Gotik ∫ 19, 38, 44, 45
Hauseingang ∫ 211, 232, 238 Hauseingangstreppe ∫ 232 Haustrennwand ∫ 54, 97, 132, 188, 192 Hebelpresse ∫ 22 Heizenergiebedarf ∫ 174–178 Heizenergieverbrauch ∫ 171, 172, 175 Herstellung von Kalksandsteinen ∫ 58 Herstellung von Mauerziegeln ∫ 57 Herstellung von Porenbetonsteinen ∫ 59 Hintermauerung ∫ 20, 31, 32, 124, 128, 136, 137, 152 historische Dogmatik ∫ 8, 23 historische Formate ∫ 54, 72 Historismus ∫ 23–25, 51 historistische Schulen ∫ 23 Hochlochklinker ∫ 56, 57, 181 Hochlochtafeln mit vollvermörtelbaren Ziegeln ∫ 121 Hochlochziegel ∫ 56, 57, 66, 74, 94, 114, 164, 181, 190, 200, 201 Höhere Webeschule, Berlin ∫ 40 Hohlblöcke aus Leichtbeton ∫ 60, 74 Hohlraumverpressung von Natursteinmauerwerk ∫ 113 Hohlwandplatte ∫ 60, 201 Holzbohle ∫ 178, 212, 213, 218, 287, 303, 316, 320 Holzfachwerkbau ∫ 49 Holzlaibung ∫ 224 horizontale Abdichtung ∫ 134, 135, 231 horizontale Bewehrung ∫ 114, 115, 116, 138, 141 horizontale Lastabtragung ∫ 100, 132, 134, 135 Horizontallast ∫ 92, 94, 99, 100, 122, 124, 130, 132, 141, 143 Horizontalrisse ∫ 108–111 Hüllkurve der Schubtragfähigkeit ∫ 105 Hüttenhohlblockstein ∫ 61 Hüttenlochstein ∫ 61 Hüttenstein 55, 60, 61, 62, 78, 181 Hüttenvollstein ∫ 61 hydraulische Kalke ∫ 10, 68 hygroskopische Feuchte ∫ 54, 179 Illinois Institute of Technology, Chicago ∫ 49 Indian Institute of Management, Ahmedabad, Indien∫50 Infrarotkamera ∫ 173 Infrarotthermografie ∫ 173 Injektionsdübel ∫ 153–155 Inkrustation ∫ 28, 32, 51 Innendämmung ∫ 123, 124,176, 178, 182, 183, 201 Innenlärm ∫ 54, 188 Innenputz ∫ 68–71, 167, 174, 182, 183, 185, 297, 310, 325, 333, 345, 356, 370 Innenputzsystem ∫ 71 Innentreppe ∫ 211, 232 Ischtartor ∫ 12 isodomes Quadermauerwerk ∫ 14, 15, 40 Istmaß ∫ 77 Jahresheizenergiebedarf ∫ 174, 175 Jalousie-Antrieb ∫ 222 Jaoul-Häuser ∫ 42, 43 Jugendstil ∫ 8, 23 Jurakalk ∫ 18, 37, 44 Justiermöglichkeit ∫ 213 Kalksandstein ∫ 22, 30, 31, 35, 38, 46, 48, 50, 54, 57–62, 66, 73, 78, 103, 106, 107, 122, 131, 138, 152, 156, 158, 164, 166, 167, 180–183, 190, 194, 200, 201 Kalkstein 37, 47, 58, 59, 63, 64, 113, 162, 364 Kältebrücke ∫ 229, 233 Kämpferpunkt ∫ 19, 28, 42, 139 Kapillarität ∫ 69, 180, 182 Kapillarkondensation ∫ 179 Kapillarleitung ∫ 54, 180 Kapillarwirkung ∫ 39 Karolinger ∫ 16 Katalanisches Mauerwerk ∫ 39 Kellenwurfputz ∫ 70 Kelleraußenwände ∫ 54, 131, 133, 134, 135, 146, 182, 233 Kellertreppe ∫ 233 Keramikhochlochklinker ∫ 56, 57 Keramikvollklinker ∫ 56, 57 Kerndämmung ∫ 125–128, 171, 180, 182, 183, 185, 194, 201, 204, 206, 208, 210, 214, 223, 258, 338, 374
kerngedämmte Außenwand ∫ 173, 214, 314 Klassifizierung bewährter Bauteile ∫ 54, 200 Kleinstmaß ∫ 77 Klinker ∫ 26, 27, 34, 36, 39, 40, 50, 56, 57, 63, 75, 124, 159, 181, 183, 185, 201, 246, 248, 250, 266, 276, 278, 279, 281, 282, 306, 308, 318, 326, 334, 349, 351, 369, 374, 377, 378, 380, 381, 382 Klinkerkrankheit ∫ 39 Kloster Chorin ∫ 43 Klosterformate ∫ 33, 42 Kluftverband ∫ 140 Knicklänge von Wänden ∫ 100, 101, 104, 120 Knicksicherheit ∫ 96, 103, 117, 149 Komplextrennwände ∫ 54, 200 Konsole ∫ 22, 77,168, 169, 219, 227, 229, 297, 333 Konsolidierung von Natursteinmauerwerk ∫ 113, 119 Konstruktions- und Ausführungsregeln ∫ 131 konstruktiv bewehrtes Mauerwerk ∫ 54, 115, 117 Kopfverband ∫ 32, 79 Körperschall ∫ 186, 187, 189 Körperschalldämmung ∫ 189 Korrosionsschutz der Bewehrung ∫ 54, 115 kosten- und flächensparendes Bauen ∫ 54, 155 Kräftefluss im Mauerwerk ∫ 93 Kragplattenstein ∫ 220 Kragsteine ∫ 44 Kratzputz ∫ 70 Kreuzverband ∫ 32, 33, 34, 43, 80 Kristallpalast ∫ 22 KS-Bauplatten ∫ 58 KS-Blockstein ∫ 58 KS-Hohlblockstein ∫ 58 KS-Lochstein ∫ 58 KS-Planelement ∫ 73 KS-Planstein ∫ 58 KS-Quadro-System ∫ 73 KS-R-Stein ∫ 58 KS-Verblender ∫ 58, 124 KS-Vollstein ∫ 58 KS-Vormauerstein ∫ 58 Kugelabschnitt ∫ 17 Kunstgewerbeschule ∫ 44, 45 Kunststoffbahnen ∫ 231 Kunststoffdübel ∫ 153–155 Kuppel ∫ 16, 44, 137, 139 Kurvatur der Sockelfläche ∫ 14 Lagerfuge ∫ 14, 16, 26, 37, 38, 40, 54, 55, 57, 59, 60, 62, 63, 65–67, 72, 76–80, 92–96, 104, 105, 107, 108–114, 116–120, 122, 125, 129, 130, 134–137, 139, 141, 144, 146–148, 151, 153, 156, 159, 200, 266, 290 Laibung ∫ 44, 48, 70, 74, 77, 139, 153, 169, 170, 200, 223, 224, 232, 238, 250, 290, 308, 310, 345, 352, 366, 378, 380 Laibungstiefe ∫ 232 Lärmschutz ∫ 10, 74, 75, 117, 187, 190, 293 lastabhängige Formänderung ∫ 105 lastunabhängige Förmänderung ∫ 106 Läuferschicht ∫ 33–36, 78–80, 112, 331, 346, 369 Läuferverband – halbsteinige Überdeckung ∫ 34, 35 Läuferverband – viertelsteinige Überdeckung ∫ 35–37 Läuferverband ∫ 34–37, 79, 95, 178, 268, 278, 288, 314, 322, 338, 352, 360 Laufplatte ∫ 233 Lehm ∫ 8, 10–12, 15, 31, 55, 144 Lehmbau ∫ 10, 11, 31 Lehm-Mörtel-Bewurf ∫ 10 Lehmziegel ∫ 8, 10–12, 15, 31 Lehmziegelmauern ∫ 10 Lehrgerüst ∫ 43, 44 Leichtbetonstein ∫ 54, 55, 60–62, 75, 78, 106, 107, 110, 153, 164, 165, 181 Leichthochlochziegel ∫ 56, 57, 74, 181, 200, 201 Leichtlanglochziegel ∫ 57, 78 Leichtlanglochziegelplatte ∫ 57 Leichtmörtel ∫ 64–67, 70, 73, 93, 103, 106, 114, 122, 125, 129, 146, 153, 191, 200, 201 Leichtputz ∫ 68–70, 123, 181 liegende Verzahnung ∫ 147 Lochmuster ∫ 164 Lochstein ∫ 55, 58, 61, 103, 116, 117, 124, 135, 138, 154, 155, 164, 191, 194
389
Sachregister
Lochzahnung ∫ 147 Louvre ∫ 44 Luftdichtheit ∫ 54, 76, 174, 177, 184, 204 Luftfeuchte ∫ 10, 54, 57, 69, 106, 163–167, 173, 177–181, 184, 246 Luftschall ∫ 147, 186–190, 193 Lüftungsquerschnitt ∫ 214, 215 Lüftungswärmeverlust ∫ 174 L-Schalen ∫ 75 Manierismus ∫ 19 Mantelstein ∫ 220, 228 Märkischer Verband ∫ 32–34 Marmor ∫ 10, 11, 37, 63, 64, 67, 113, 162 Marmorverkleidung ∫ 11 Massivbauweise ∫ 10 Maßordnung ∫ 54, 72, 73, 75, 76, 77 Maßsystem ∫ 14 Maßtoleranzen ∫ 54, 59, 77 Maßvereinheitlichung ∫ 14 Maßwerkrosette ∫ 42 Materialbilanz ∫ 16 Materialkennwerte von Natursteinen ∫ 64 Mauerkrone ∫ 46, 50, 132, 150, 230 Mauerlehre ∫ 157 Mauermittenverbände ∫ 54, 79 Mauermörtel ∫ 38, 54, 55, 59, 63–67, 92, 93, 106, 107, 114, 119, 120, 122, 128, 144, 145, 149, 150, 151, 159, 165, 200 Mauernische ∫ 80, 220, 276 Mauerschlitz ∫ 80 Mauerstärke ∫ 11, 49 Mauersteine aus Beton ∫ 60, 61, 200, 201 Mauertafel ∫ 56, 74, 119, 120, 159 Mauertafelleichtziegel ∫ 57, 74 Mauertafelziegel ∫ 56, 57 Mauerverband ∫ 12, 34, 54, 78, 79 Mauervorlage ∫ 80 Mauerwerk aus Fertigbauteilen ∫ 54, 119 Mauerwerk aus Lehmziegeln ∫ 8, 10, 11 Mauerwerk nach Eignungsprüfung ∫ 65, 96, 102, 103, 145 Mauerwerkgliederung ∫ 8, 40 Mauerwerkbau in Erdbebengebieten ∫ 54, 121 Mauerwerkdruckfestigkeit ∫ 66, 67, 79, 92, 93, 97, 102, 106, 108, 153 Mauerwerkfestigkeitsklasse ∫ 103, 145, 146, Mauerwerkkuppel ∫ 16 Mauerwerkmaterial ∫ 10, 31, 55, 164 Mauerwerkrippe ∫ 16 Mauerwerkschale ∫ 16, 113, 125, 126, 199, 304 Mauerwerkverband ∫ 18, 27, 33, 45, 63, 74, 76–78, 92, 94, 136, 140, 141, 158 mechanische Schutzschicht ∫ 135 Mehrkammer-Silomörtel ∫ 65, 144 Mesopotamien ∫ 10, 31 Mindestanforderungen an die Wärmedämmung ∫ 174 Mindestbewehrung von Zwangsbeanspruchung ∫ 118 Mindestbewehrung ∫ 117, 118 Mindestdruckfestigkeit kleinster Einzelwert ∫ 103 Mindestdruckfestigkeit Mittelwert ∫ 103 Mindestwärmeschutz ∫ 125, 174, 175, 182 Minimalismus ∫ 29 Mischmauerwerk ∫ 137 Mittelbettmörtel ∫ 66, 67, 93, 146 Modulordnung ∫ 54, 76, 77 Monatsbilanzierungsverfahren ∫ 177 Mörtelzusammensetzungen für Natursteinmauerwerk ∫ 66, 67 Münchner Schule ∫ 39 Nachtabsenkung ∫ 172, 177 nachträgliche Verfugung ∫ 54, 124, 150, 151 Nachweis auf Schub ∫ 54, 104, 121 Nachweis auf Zug und Biegezug ∫ 54, 104, 134 Nachweis parallel zur Lagerfuge ∫ 104 Nachweis senkrecht zur Lagerfuge ∫ 104 Nagelverankerung ∫ 54, 155 Nationales Anwendungsdokument ∫ 96, 121 Naturstein ∫ 8, 10, 11, 14, 17, 20, 22, 35–37, 40, 51, 54, 55, 61, 63–67, 112, 113, 118, 133–137, 166, 167, 212, 224, 230, 236, 237, 282, 297, 304, 345, 355, 358, 360
390
Natursteinabdeckung ∫ 218 Natursteinmauerwerk ∫ 15, 17, 37, 40, 44, 54, 55, 63, 65, 66, 112, 113, 118, 133, 135, 358 Nennfestigkeit des Mauerwerks ∫ 102, 103 Nennmaß ∫ 76, 77, 78 Nennwert der Wärmeleitfähigkeit ∫ 163 nichtdrückendes Wasser ∫ 231, 134, 135 nichttragende Außenwände ∫ 54, 128, 129, 130, 199 nichttragende Innenwände ∫ 130 nichttragende Wände ∫ 57, 59, 104, 122, 198 Normalmörtel ∫ 64–67, 76, 92, 93, 103, 106, 107, 108, 112, 114, 120, 122, 129, 131, 136, 144, 145, 153, 192, 200, 201 Offene Fugen ∫ 133, 152, 185 Oldenburger Bauweise ∫ 51 Oldenburger Klinker ∫ 50 opus caementitum ∫ 16 Ortgang ∫ 46, 47, 204–207, 215–218, 238, 240 Ottonen ∫ 16 Packlage ∫ 10 Pendentif ∫ 17 Perimeterdämmung ∫ 133, 183, 277, 301, 303 Periodenbilanzverfahren ∫ 177 Pfeiler ∫ 8, 24, 33, 36, 37, 42, 44, 45, 48, 50, 54, 77, 79, 80, 96, 97, 100, 101, 110, 129, 132, 134, 137, 139, 141, 142, 145, 149, 150, 158, 246, 284, 314, 349, 374 Pfeilerverband ∫ 45, 54, 79, 80 Phasenverschiebung ∫ 170 Place des Vosges ∫ 31 Plansteinmauerwerk ∫ 54, 153 Planungsgesetze ∫ 29 Podestgröße ∫ 232 Porenbetonblockstein ∫ 59 Porenbetondübel ∫ 154, 155 Porenbetonplanbauplatte ∫ 59 Porenbetonplanelemente ∫ 62, 73 Porenbetonplanstein ∫ 59, 73 Porenbetonstein ∫ 55, 59–62, 73, 78, 94, 106, 107, 110, 131, 154, 181 Postmoderne ∫ 29 praktischer Feuchtegehalt ∫ 165 Preußische Kappe ∫ 42 Primärenergiebedarf ∫ 175, 176, 178 Prioritätskirche Ougy ∫ 47 Pumpwerk, Hannover ∫ 46, 47 punktbezogener Wärmedurchgangskoeffizient ∫ 168 punktueller Wärmebrückenverlustkoeffizient ∫ 168 Putzabschluss-Schiene ∫ 219, 225 Putzaufbau ∫ 70, 71 Putzausführung ∫ 54, 70, 71 Putzbewehrung ∫ 69–71 Putzdicke ∫ 70, 71,191 Putzgestaltung ∫ 20 Putzgrund ∫ 68–71, 74–76, 118, 138, 143, 146, 185, 228 Putzrisssicherheit ∫ 70 Putztechnologie ∫ 68 Putzträger ∫ 69–71, 138, 214, 223 Pyramide ∫ 10, 12, 21 Quadermauerwerk ∫ 14, 15, 40, 112, 135–137 quarzhaltiger Sand ∫ 59 Quarzsand ∫ 10, 57–59, 162, 163 Quattrocento ∫ 19 Querdehnungsmodul ∫ 63, 65–67 Querverformung ∫ 92, 93 Randschwinden ∫ 106 Rationalisierungsmaßnahme ∫ 54, 73, 144, 153, 155, 156, 157, 159 rationelles Mauern ∫ 54, 156, 157 raumabschließende Wände ∫ 198, 201 räumliche Steifigkeit ∫ 54, 98, 100, 104, 141 Rechenfestigkeit bei Plattenschub ∫ 105 Rechenfestigkeit bei Scheibenschub ∫ 105 Rechenfestigkeit des Mauerwerks ∫ 101, 102 regelmäßiges Schichtenmauerwerk ∫ 136, 137 Regenempfindlichkeit ∫ 10, 31 Regenschutz∫10, 31, 51, 54, 67, 146, 165, 184–185, 226 Reibungsversagen ∫ 94, 95 relative Luftfeuchte ∫ 106, 163, 179 Revolutionsarchitektur ∫ 21 Revolverpresse ∫ 22
Rezeptmauerwerk ∫ 54, 96, 101–103, 145, 146 Rezeptmörtel ∫ 64–67 Richtmaß ∫ 76, 77, 116 Riemchen ∫ 73, 314, 346 Ringanker∫54, 75, 99, 113, 114, 141–143, 212, 214–218, 220, 226, 228, 230, 240 Ringbalken ∫ 54, 75, 98–100, 111,120, 121, 129, 138, 141–143 Ringofen ∫ 22, 298 Rippentafeln mit teilvermörtelbaren Ziegeln ∫ 119, 121 Risse, Bedeutung und Form∫ 108, 109 Rissbildung ∫ 22, 39, 54, 70, 72, 98, 99, 105–113, 117, 118, 138, 151 Risse im Bereich der Öffnungen ∫ 109 Risse in Brüstungsbereichen ∫ 109 Risse in leichten Trennwänden ∫ 111, 118 Risse in Mauerwerksaußenwänden ∫ 110, 111 Risse in Verblendschalen ∫ 108, 109 Rohdichte ∫ 55–70, 103, 133–135, 145, 148, 156, 162–166, 171, 172, 181, 190–194, 200, 201, 212, 250, Rohdichteklasse ∫ 56, 58–63, 103, 190, 192, 193, 200, 201 Rollladenkasten ∫ 75, 76, 223 Rollschicht ∫ 45, 46, 48, 78,133, 219, 224, 226, 232, 234, 253, 374, 377 römische Ziegel ∫ 15, 28, 30, 31, 38 Rundbögen und Spitzbögen ∫ 139 Rustika ∫ 20, 24, 45 Salinenadministrationsgebäude ∫ 39 sandiger Füllstoff ∫ 10 Sanierputz ∫ 69 Sankt Gotthardskirche in Brandenburg ∫ 36 Säulen ∫ 8, 44 Säulenneigung ∫ 14 Schachtstein ∫ 75 Schalldämm-Maß ∫190, 191, 194, 195 Schalldämmung einschaliger Wände ∫ 190 Schalldruck ∫ 186–189 Schallschutz ∫ 54, 55, 75, 108, 122, 124, 132, 133, 146, 156, 174, 186–195, 187, 189, 191, 193, 195, 232, 322 Schalungsstein ∫ 62, 74, 75, 114, 126, 138 Schamotteinnenrohr ∫ 220 Scheibenbeanspruchung ∫ 94 Scheibenkräfte ∫ 99 Scheinfunktionalität ∫ 52 Scheingewölbe ∫ 42 scheitrechter Bogen ∫ 43, 139 scheitrechter Sturz ∫ 138, 224, 226, 266 Scherbenrohdichte ∫ 57, 62, 63 Schichtengesteine ∫ 36 Schilfmatte ∫ 10, 30 Schimmelbildung ∫ 172–175, 179 Schlagregenschutz ∫ 51, 54, 146, 184, 185 Schlesischer Verband ∫ 34 Schlitze und Aussparungen ∫ 54, 148, 149 Schlussstein ∫ 20, 42, 72, 139 Schlussziegel ∫ 216 Schornstein ∫ 47, 79, 204, 207, 220 Schrägrisse ∫ 108, 110, 111 Schränkschicht ∫ 78, 79 Schub ∫ 28, 42, 54, 63, 66, 79, 92, 94–100, 104, 105, 108, 110–112, 116, 117, 120, 121, 132, 134, 137–141 Schubbeanspruchung ∫ 54, 94, 95, 121 Schubbruchtheorie ∫ 94 Schubspannungsverteilung ∫ 104 Schubversagen ∫ 95 Schutzvlies ∫ 135, 245, 303, 358 Schwalbenschwanzverband ∫ 140 Schweißbahn ∫ 46, 290, 303 Schwinden ∫ 10, 57, 60, 61, 70, 71, 93, 95, 99, 105–111, 118, 131, 142, 143, 151, 168 Segmentbogen ∫ 16, 28, 42, 43, 139 Serienfertigung ∫ 16, 58 Sicherheitsbeiwert ∫ 96–98, 101, 103, 132, 134 Sicherheitskonzept ∫ 54, 96, 97, 198 Sichtmauerwerk ∫15, 22, 31, 32, 35, 38, 40, 46, 50, 54, 55, 58, 63, 65, 75, 79, 80, 109, 118, 122–124, 129, 138, 144, 147–152, 184, 185, 192, 204–206, 208, 210, 212, 213, 218, 234, 237, 246, 250, 267, 272, 278, 288, 311, 314, 341
Sachregister
Skelettbauweise ∫ 18 Sockel ∫ 8, 20, 40, 44, 46, 68, 135, 184, 204, 210, 228, 230, 231, 242 Sohlbank ∫ 46, 48, 374, 376 solare Gewinne ∫ 54, 170, 175, 177 solare Wärmegewinne ∫ 168, 176 Solargewinnfaktoren ∫ 170, 172 Sonneneintragskennwert ∫ 178 Sonnenschutz ∫ 167, 169, 177, 178, 222, 288, 306, 310, 316, 331, 333 Sonnenschutz-Jalousie ∫ 222, 301 Sorption ∫ 179–182 Sorptionsfeuchte ∫ 166, 179 Sorptionsisothermen ∫ 179 Spannungsverteilung ∫ 94–96, 101, 103, 104, 116 Spannungszustand bei Plattenschub ∫ 95, 105 Spannungszustand bei Scheibenschub ∫ 94 Spannungszustand parallel zur Lagerfuge ∫ 94 Spannungszustand ∫ 92–95, 105 Sparrenköpfe ∫ 215 Spätgotik ∫ 20 Speichereigenschaft ∫ 10 Sperrschicht ∫ 126, 132, 136, 180, 230, 231 spitzwinklige Mauerecken ∫ 80 Spritzputz ∫ 70 Spritzwasser ∫ 10, 45, 46, 69, 132, 135 Staffelung ∫ 204, 207, 219 Stahlblechzarge ∫ 225 Stahlfachwerk ∫ 49 Stahlprofilabschluss ∫ 234 Stampflehm-Estrich ∫ 10 Stampflehmtechnik ∫ 11 Standardformate ∫ 54, 72, 73 Standfuge ∫ 38, 44 Standsicherheit ∫ 54, 96–98, 104, 105, 108, 114, 117, 119–121, 125, 130, 133–135, 148, 159, 197 stehende Verzahnung ∫ 147, 158 Steildachanschlüsse ∫ 47 Steinfestigkeitsklasse ∫ 58, 60, 61, 102, 103, 124 Steinformat ∫ 31, 38, 54, 56, 58, 60, 72–76, 78, 80, 138, 157, 158, 165, 191, 232, 360 Steinformatbezeichnung ∫ 72 Steingewölbe ∫ 20 Steinhöhe ∫ 55, 58–63, 65, 66, 76, 78–80, 92–94, 104, 112, 137 Steinrohdichte ∫ 58, 62, 63, 164, 165, 190, 191, 193, 194 Steinversetzgerät ∫ 157, 158 Steinzugversagen ∫ 95, 105 Stichlattung ∫ 217 Stockverzahnung ∫ 147 Stoß- und Lagerfuge ∫ 54, 60, 78, 94, 95, 108, 112, 136, 146, 153, 159, 200 Stoßfuge ∫ 15, 38, 39, 48, 55, 58, 62, 66, 70, 73, 74, 76, 78, 80, 93–95, 108, 112, 116, 118–120, 122, 126, 128, 135–137, 145, 146, 149, 151, 156–158, 183, 193, 200, 201, 231, 274, 297, 301, 313, 333, 336, 380 Stoßfugenvermörtelung ∫ 54, 55, 73, 77, 122, 146, 156–158, 193 Strahlungsabsorption ∫ 67, 170 Strangpresse ∫ 22, 31, 57 Stroh ∫ 10 Stromschicht ∫ 78 Stuckgewölbe ∫ 20 Stumpfstoß ∫ 100, 110, 146–148, 193 Stumpfstoßtechnik ∫ 54, 110, 146–148, 156, 158 stumpfwinklige Mauerecke ∫ 80 Sturzschale ∫ 222 Sturzstein ∫ 43, 44, 224 Sturzvormauerung ∫ 224 Stützmauer ∫ 50, 135, 136 Systemrationalität ∫ 28, 51 Taupunkt ∫ 179, 246 Tauwasserniederschlag ∫ 173 Teilformat ∫ 72, 73 Tempeltürme ∫ 12 Temperaturleitfähigkeit 171 Terrasse ∫ 93, 113, 230, 227, 335 Terrassenanschluss ∫ 205, 210, 227, 230, 231 thermische Trennung ∫ 168, 220, 221, 229, 282, 328
thermischer Leitwert ∫ 172 Ton ∫ 10, 12, 22, 26, 31, 38, 55–57, 62, 64, 65, 164 Tonplatte ∫ 12 tragende Innenwände ∫ 54, 129, 130 tragende Wände ∫ 104, 122, 198, 199 Tragkonstruktion ∫ 129, 131, 132, 168, 183, 228, 232, 258, 346, 360, 374 Tragwiderstand ∫ 97 transparente Wärmedämmung ∫ 167, 169, 177 Transport- und Montagesicherheit ∫ 120, 121 Trass ∫ 14, 60, 64, 66, 67 Traufe ∫ 204, 206, 215, 217, 238, 279 treibende Einflüsse ∫ 63 Treppe Kellerabgang ∫ 232 Treppe ∫ 12, 13, 42, 69, 95, 142, 187, 188, 198, 199, 205, 211, 232, 233, 242, 246, 250, 258, 262, 272, 276, 278, 284, 298, 304, 308, 342, 364, 369 Treppenpodest ∫ 232 Treppensohle ∫ 233 Trittschall ∫ 186, 187, 189, 193, 220, 222, 224, 226, 228, 232, 245, 297, 355, 358, 377, 380, 382 Trittschallplatten ∫ 133 Trockenmauerwerk ∫ 37, 62, 78, 112, 119, 135, 136, 158, 159 Trockenrohdichte ∫ 55, 62, 65–67, 69, 70 Tunnelofen ∫ 22 Türanschlag ∫ 226, 232 Türöffnung ∫ 74, 129, 153, 226, 227 Türschwelle ∫ 226, 271 Überbindemaß ∫ 78–80, 104 Überbinde-Regel ∫ 78, 79 Überdeckungen ∫ 8, 15, 30, 34–37, 42, 44, 45, 71, 75, 80, 116 Überhangblech ∫ 218, 220, 230 Umrechnungsfaktoren für den Feuchtegehalt ∫ 163, 167 Umwandlungsgesteine ∫ 36, 63 Umweltschutz ∫ 29, 160 ungebrannte Lehmziegel ∫ 10, 12, 15 ungebrannte Ziegel ∫ 10, 11, 14 unregelmäßiges Schichtenmauerwerk ∫ 136 unverputzte einschalige Außenwände ∫ 124 Urgestein ∫ 10, 36, 37 Ursachen und Vermeidung von Rissbildungen ∫ 109 U-Schalen ∫ 75, 100, 134, 138, 142, 143, 148, 200 Verankerung der Außenschale ∫ 125 Verband ∫ 8, 12, 20, 22, 31, 32–36, 38, 42, 43, 45, 50, 72, 75, 79, 80, 94, 100, 112, 124, 132, 135, 137–139, 141, 144, 147–149, 159, 220, 233, 234, 246, 250, 266, 288, 304, 308, 318, 152, 357, 374 Verbandsregeln ∫ 38, 54, 78, 79, 80, 112, 139, 147 Verblendmauerwerk ∫ 66, 67, 113, 124, 126, 128, 136, 149, 150, 184, 276, 314 Verblendschalen ∫ 55, 74, 93, 109, 114, 118, 139, 151, 152 Verblendung ∫ 20, 36, 124, 125, 136, 150 Verbundtafeln ∫ 119–121 vereinfachtes Berechnungsverfahren ∫ 96–98, 100, 101, 102–105, 117, 132, 141 vereinfachtes Verfahren ∫ 96, 101, 102, 125, 132 Verfugen von Natursteinmauerwerk ∫ 113 Verfüllstein ∫ 75 Vergusstafel ∫ 119–121, 159 Verkleidungssymbolik ∫ 38, 51 Vernadeln von Natursteinmauerwerk ∫ 113 verputzte einschalige Außenwände ∫ 122 Versagensarten ∫ 93–95, 119, 155 Verschiebeziegel ∫ 74 Verspannen von Natursteinmauerwerk ∫ 113 vertikale Abdichtung ∫ 135 vertikale Bewehrung ∫ 113–116, 135 vertikale einachsige Lastabtragung ∫ 133 vertikale Scheibe ∫ 99, 141 Viertelstein ∫ 72, 73 Vollblöcke ∫ 60, 61, 74, 201 Vollklinker ∫ 56, 57, 63, 181 Vollstein ∫ 55, 58–61, 73, 103, 116, 117, 124, 133, 135, 154, 200, 201 Vollziegel ∫ 56, 57, 164, 180, 181 vorgespanntes Mauerwerk ∫ 118, 119 Vorhangfassade ∫ 9, 24, 32, 39, 122–124, 126, 166
Vormauerhochlochziegel ∫ 56, 57 Vormauerleichthochlochziegel ∫ 57 Vormauermörtel ∫ 66, 67 Vormauervollziegel ∫ 56, 57 Wandanschluss ∫ 54, 121, 141, 143, 147, 148, 219 Wandbauplatte ∫ 60, 73, 130, 185, 200, 201 Wärmebrücke ∫ 54, 118, 122, 123, 125, 148, 161, 166–169, 171–177, 179, 212, 228 Wärmebrückenwirkung ∫ 122, 125, 166 Wärmedämmputz ∫ 67–71, 122, 123, 181, 185 Wärmedämmputzsystem ∫ 69, 71, 122, 185 Wärmedämmung ∫ 10, 54, 62, 69, 75, 106, 107, 110, 111, 122–129, 133, 138, 143, 161, 167, 169–177, 182, 183, 185, 191, 195, 199, 200, 201, 327 Wärmedämmverbundsystem ∫ 68, 69, 70, 123, 153, 154, 166, 167, 173, 177, 182–185, 185, 194, 195, 201 Wärmedurchgang ∫ 51, 73, 125, 161, 166, 167, 170, 173 Wärmedurchgangskoeffizient ∫ 122, 123, 127, 161–163, 166–169, 171–173, 176, 177, 183 längenbezogener ∫172, 173, 177 Wärmedurchgangswiderstand ∫ 161, 162 Wärmedurchlasswiderstand ∫ 51, 161, 163, 164, 166–168, 171–175, 183 Wärmeeindringkoeffizient ∫ 171, 172 Wärmeleitfähigkeit ∫ 54, 55–59, 61, 123, 161 Wärmeleitfähigkeit von Natursteinen ∫ 64 Wärmeleitfähigkeitswert ∫ 55, 58, 61, 63, 64, 65 , 69 162, 163, 165 Wärmeschutz von Luftschichten ∫ 163 Wärmeschutz ∫ 54, 55, 63, 67–70, 73, 76, 117, 122–127, 133, 138, 146, 149, 159–169, 170–179, 182–185, 193, 194, 222, 236, 318, 322 Wärmespeicherfähigkeit ∫ 50, 171, 172, 177 Wärmespeicherung ∫ 51, 54, 122, 171 Wärmeübergangswiderstand ∫ 161, 162, 173 Wärmeübertragung ∫ 54, 161, 175, 176 Wasseraufnahmekoeffizient ∫ 68, 179, 180, 181, 184 Wasserdampfdiffusion ∫ 75, 180–183 Wasserdampfdiffusionswiderstandszahlen ∫ 180–182 Wasserdampfkonvektion ∫ 54, 174,184 Wasserempfindlichkeit ∫ 10 Wasserrinne ∫ 48, 226, 306 Werkbund ∫ 24, 26, 28, 44 Werk-Frischmörtel ∫ 64, 65, 144 Werkstein ∫ 10, 14, 17, 18, 20, 22, 37, 38, 44, 47, 61, 63, 167, 224, 358 Werksteinbau ∫ 20 Werksteinmauer ∫ 47 Werk-Trockenmörtel ∫ 64, 66, 70, 71, 144 Werk-Vormörtel ∫ 64, 144 Wiener Hofbibliothek ∫ 20, 51 Wiener Werkstätten ∫ 24 Windlasten ∫ 92, 98, 104, 129, 130, 143, 198 Wölbtechniken ∫ 14, 42 Wölbungen ∫ 8, 14, 16, 42, 44 Zahnleiste ∫ 216, 217 Zahnschicht ∫ 78 Zarge ∫ 44, 157, 187, 209, 222, 224–226, 278, 284 Zementmörtelverputz ∫ 231 Ziegelbrennofen ∫ 15 Ziegelei ∫ 14, 15, 22, 32 Ziegelformate ∫ 11, 72 Ziegelindustrie ∫ 15, 222 Ziegelrelief ∫ 12 Zierverbände ∫ 36 Zikkurat ∫ 12, 13, 22 Zinkblechabschluss ∫ 46 Zirkaregelgrößen ∫ 10 Zug- und Biegezugbeanspruchung ∫ 54, 93, 94 senkrecht zur Lagerfuge ∫ 93, 104, Zugbeanspruchung parallel zur Lagerfuge ∫ 93, 94 Zugfestigkeit ∫ 10, 57, 58, 60–63, 66, 71, 79, 92–95, 104–106, 108, 110, 111, 113, 116, 129,139, 141 Zugversagen ∫ 93–95, 105 zulässige Maßabweichung ∫ 77, 78 Zwangsspannung ∫ 108, 118, 151 Zweckbegriff ∫ 51 zweiachsige Lastabtragung ∫ 100, 101, 134 zweischalige Außenwände ∫ 126–128 Zyklopen- und Findlingsmauerwerk ∫ 37, 112, 135, 136
391
Namensregister/Danksagung/Bildnachweis/Bildtafeln
Namensregister Aalto, Alvar ∫ 28 Alberti, Leon Battista ∫ 23 Alberts, Andrew ∫ 276 Aparicio Guisado, Jesús María ∫ 342 Baumschlager, Carlo ∫ 346 Bienefeld, Heinz ∫ 262 Behrens, Peter ∫ 24, 32, 45, 49 Beckerath, Verena von ∫ 276 Bloch, Ernst ∫ 28 Boullée, Etienne-Louis ∫ 21 Bramante, Donato ∫ 23 Burkard, Urs ∫ 250 Buttel, Friedrich Wilhelm ∫ 43 Cavadini, Raffaele ∫ 357 Claus, Felix ∫ 272 Clausen, Bruno ∫ 314 de Blacam, Shane ∫ 364 de Klerk, Michel ∫ 26 de Mans, Paul ∫ 28 Dias, Adalberto ∫ 369 Eberle, Dietmar ∫ 346 Eckert, Dieter∫ 374 Fink, Dieter ∫ 378 Fischer von Erlach, Johann Bernhard ∫ 21 Frederiksen, Bo ∫ 258 Gisel, Ernst ∫ 304 Gärtner, Friedrich von ∫ 39 Gaudí, Antoni ∫ 26, 27, 38 Goethe, Johann Wolfgang von ∫ 40 Gropius, Walter ∫ 24–26, 32, 39, 43, 47 Hahn, Ulrich ∫ 352 Haessig, Felix B. ∫ 314 Haessig, Peter C. ∫ 314 Hase, Conrad Wilhelm ∫ 39 Hegger, Manfred ∫ 331 Hegger-Luhnen, Doris∫ 331 Heide, Tim ∫ 276 Helten, Günter ∫ 352 Hertlein, Hans ∫ 49 Hertzberger, Herman ∫ 28 Hierl, Rudolf ∫ 288 Hillebrandt, Annette ∫ 308 Hoffmann, E.T.A. ∫ 42 Hoffmann, Friedrich ∫ 22, 58 Hoffmann, Ludwig ∫ 40 Höger, Fritz ∫ 24, 26, 27, 33–35, 38, 39, 44, 233 Jefferson, Thomas ∫ 34 Jocher, Thomas ∫ 378 Kaag, Werner∫ 360 Kaan, Kees ∫ 272 Kafka, Franz ∫ 12 Kahlfeldt, Paul ∫ 33, 237, 318 Kahlfeldt, Petra ∫ 33, 237, 318 Kahn, Louis I. ∫ 28, 50 Knudsen, Jan ∫ 258 Koch, Kai-Michael ∫ 37 Kollhoff, Hans ∫ 278 Korff-Lage, Paul ∫ 33 Kramer, Piet ∫ 26, 27 Krausen, Norbert ∫ 293 Kremmer, Martin ∫ 49 Lavington, Richard ∫ 328 Le Corbusier ∫ 28, 37, 42, 43 Lederer, Arno ∫ 298, 322 Lewerentz, Sigurd ∫ 28 Lilienthal, Gustav ∫ 22 Loos, Adolf ∫ 24, 26 Lundgaard, Boje ∫ 338 Maccreanor, Gerard ∫ 328 Mayer, Roland ∫ 267 Meagher, John ∫ 364 Mendelssohn, Erich ∫ 51 Meyer, Adolf ∫ 25, 32, 39, 43, 47 Meyer, Adrian ∫ 250 Meyer, Gabriele ∫ 242 Michelangelo ∫ 23 Mies van der Rohe, Ludwig ∫ 25–27, 28, 34, 35, 40, 43 Mohl, Heinz ∫ 311 Müller, Hans Heinrich ∫ 40 Nebukadnezar II. ∫ 12 Negwer, Hubertus ∫ 374
392
Neumann, Johann Balthasar ∫ 42 Novalis ∫ 52 Oei, Marc ∫ 298, 322 Palladio, Andrea ∫ 20, 21, 23 Parler, Peter ∫ 18 Perrault, Claude ∫ 44 Pfeifer, Günter ∫ 256, 267 Pleçnik, Josef ∫ 34, 35 Poelzig, Hans ∫ 27, 33, 48 Popper, Karl ∫ 30 Posener, Julius ∫ 32 Raffael ∫ 23 Ragnarsdóttir, Jórunn ∫ 298, 322 Ramcke, Rolf ∫ 8, 44, 47, 48, 50, 246 Rietveld, Gerrit ∫ 26, 27 Schattner, Karljosef ∫ 47, 49, 237, 284, 287 Schinkel, Karl Friedrich ∫ 14, 23, 39 Schleiff, Günter ∫ 331 Schlickeysen, Carl ∫ 22 Schmitz, Karl-Heinz∫ 284 Schneider, Hartwig N. ∫ 242 Schulz, Gernot ∫ 308 Schumacher, Fritz ∫ 26, 27, 44, 45, 233 Schunck, Eberhard ∫ 293 Schupp, Fritz ∫ 49 Schwarz, Rudolf ∫ 360 Semper, Gottfried ∫ 38, 51 Sommer, Detlef ∫ 374 Stolz, Walter ∫ 238 Stüler, Friedrch August ∫ 22 Sullivan, Robert Louis ∫ 24 Suselbeek, Wouter ∫ 374 Theoderich ∫ 16 Titz, Wolff, Breune ∫ 35 Tranberg, Lene ∫ 338 Twain, Mark ∫ 22 Ulrich, Dieter∫ 293 van der Pol, Lisbeth ∫ 334 van Doesburg, Theo ∫ 26 Viollet-le-Duc, Eugène ∫ 14, 15 Vitruv ∫ 14, 16, 37, 44 Wright, Frank Lloyd ∫ 28 Zeinstra, Herman∫ 334
Bildnachweis Teil 1 · Mauerwerk in der Architektur Atelier Kinold; München: 1.1.44 Bildarchiv Foto Marburg: 1.1.21 Bildarchiv Monheim; Meerbusch: 1.1.12 Blaser, Werner; Basel: 1.1.32, 1.1.37, 1.1.78, 1.1.108 Budeit, Hans Joachim; Dortmund: 1.1.17–19, 1.1.22, 1.1.87, 1.1.106 Bürkle, Christoph; CH-Sulgen: 1.1.88 Casals, Lluís; Barcelona: 1.1.118 Citterio, Antonio: 1.1.116 Conrad, Dietrich; Dresden: 1.1.16 Derwig, Jan; Amsterdam: 1.1.40 Deutsches Archäologisches Institut Athen: 1.1.9 Enders, Ulrike; Hannover: 1.1.3, 1.1.4, 1.1.46, 1.1.47 Fondation Le Corbusier/ © VG Bild-Kunst; Bonn: 1.1.89 Frahm, Klaus/artur; Köln: 1.1.35 Funk, Susanne; München: 1.1.56 Gabriel, Andreas; München: 1.1.1, 1.1.84 Götz, Roman von/Bildarchiv Monheim; Meerbusch: 1.1.20 Hammel/van der Voort/Bildarchiv Monheim; Meerbusch: 1.1.24 Helle, Jochen/artur; Köln: 1.1.112 Hirmer Fotoarchiv München: 1.1.5, 1.1.6 Hochbauamt der Stadt Hannover: 1.1.34 Kahlfeldt Architekten; Berlin: 1.1.101 Kaltenbach, Frank; München: 1.1.8 Kleiner, S.: Wiener Ansichten, Teil III, Taf. 18: 1.1.27 Monheim, Florian/ Bildarchiv Monheim; Meerbusch: 1.1.13, 1.1.73 Müller, Bernd; Hannover: 1.1.64 Landesarchiv Berlin: 1.1.30 Lessing, Erich/Archiv für Kunst und Geschichte Berlin: 1.1.10, 1.1.25 Oudsten, Frank den; Amsterdam: 1.1.36 Pehnt, Wolfgang; Köln: 1.1.31 Petersen, Knud; Berlin: 1.1.86
Plunger, Max; S-Saltsjö Durnas: 1.1.43 Ramcke, Rolf; Hannover: 1.1.23, 1.1.26, 1.1.54, 1.1.57, 1.1.65, 1.1.66, 1.1.72,1.1.74–77, 1.1.79, 1.1.80–1.1.83, 1.1.85, 1.1.90–95, 1.1.97–100, 1.1.102–105, 1.1.107, 1.1.109–111, 1.1.113-115 Schittich, Christian; München: 1.1.2, 1.1.14, 1.1.42 Schumacher, Fritz; Hamburg: 1.1.96 Seewald, Heike; Hemmingen: 1.1.55, 1.1.117 Staatliche Museen zu Berlin, Preußischer Kulturbesitz/ Ägyptisches Museum und Papyrussammlung: 1.1.45 Staatliche Museen zu Berlin, Preußischer Kulturbesitz/ Vorderasiatisches Museum/J. Liepe: 1.1.7 Stadtbüchereien Hannover: 1.1.33 Technische Universität Berlin, Plansammlung: 1.1.39 Werner, Heike; München: 1.1.41 Teil 2 · Grundlagen Foto Kalksandstein-Information; Hannover: S. 146 Ziegel Klimaton; Brunnthal: S. 158, 159 links Preton; Schweiz: S. 159 rechts Teil 4 · Gebaute Beispiele im Detail Binet, Hélène; London: S. 328–330 Blonk, Arthur/arcasa; NL-Wanneperveen: S. 272–275 Büttner, Dominic; Zürich: S. 278, 280, 281, 283 Cook, Peter/View; London: S. 365, 367, 368 Ferreira Alves, Luís Seixas; Porto: S. 369–373 Frederiksen, Jens; Kopenhagen: S. 258–261 Gabriel, Andreas; München: S. 288 Gahl, Christian; Berlin: S. 276, 277 Giovanelli, Francesca; CH-Weiningen: S. 267–271 Gisel, Georg; Zürich: S. 304, 306 Halbe, Roland; Stuttgart: S. 242, 245, Halbe, Roland/artur; Köln: S. 298–303, 322, 323, 325 Henz, Hannes; Zürich: S. 305 Hueber, Eduard/archphoto; New York: S. 347–351 Job, Roman; München: S. 238, 239 Kaltenbach, Frank; München: S. 362 Kandzia, Christian; Esslingen: S. 244 Kinold, Klaus; München: S. 262-266, 284–286, 289, 292–297, 311–313, 315–317 Kramer, Luuk; Amsterdam: S. 334, 335, 337 Kubitza, Manuel; Köln: S. 308–310 Lindhe, Jens; Kopenhagen: S. 338–341 Lürman, Wolfgang; München: S. 291 Müller, Stefan; Berlin: S. 319–321 von Quast, Siegfried; Murnau: S. 247, 249 Richter, Ralph/architekturphoto; Düsseldorf: S. 324, 326, 327 Roth, Lukas; Köln: S. 243, 378-383 Schlötzer, Gerhard; Bamberg: S. 241 Schmitz, Arjen; Maastricht: S. 352–356 Schuster, Oliver; Stuttgart: S. 360, 361, 363 Seewald, Heike; Hemmingen: S. 246, 248 Simonetti, Filippo; I-Brunate: S. 357–359 Sorgedrager, Bart; Amsterdam: 374–376 Suzuki, Hisao; Premià de Dalt/Barcelona: S. 342–345 Willebrand, Jens; Köln: S. 331–333 Willig, Hajo; Hamburg: S. 256, 257 Zimmermann, Reinhard; Zürich: S. 250, 252, 253 Ganzseitige Bildtafeln Seite 7 Schmuckmauerwerk am Samanidenmausoleum in Buchara, Usbekistan, 10. Jh. Foto: Christian Schittich; München Seite 53 Shedhallendächer der Wollweberei Aymerich, Amati i Jover« in Terrassa, Spanien, 1907 Foto: Manfred Hamm; Berlin Seite 203 Haus Kühnen, Kevelaer, Architekt: Heinz Bienefeld, 1988; Foto: Klaus Kinold; München Seite 235 Wohnanlage in Amsterdam, Architekten: Zeinstra, van der Pol; Amsterdam, 1998 Foto: Luuk Kramer; Amsterdam
Danksagung Für die Anregungen und Hinweise zu vorliegendem Werk dankt die Redaktion folgenden Personen: Prof. Dr.-Ing. Walter Haas, München Dipl.-Ing. Edgar Haupt, Odental Dipl-Ing. Christine Peter, München Dipl-Ing. Christian Peter, München Prof. Dr.-Ing. Jürgen J. Rasch, Karlsruhe Prof. Eberhard Schunck, München