Lothar von Arnauld de la Perière: Erfolgreichster U-Bootkommandant der Seekriegsgeschichte – ein vergessener „Kriegsheld“? 3515112561, 9783515112567

Lothar von Arnauld de la Perière war gemessen an versenkter Tonnage der erfolgreichste U-Bootkommandant nicht nur des Er

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German Pages 205 [210] Year 2016

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Table of contents :
INHALT
VORWORT UND DANKSAGUNGEN
1 EINLEITUNG
2 DIE DEUTSCHE U-BOOTWAFFE: ENTSTEHUNG UND KRIEGSEINSATZ BIS ENDE 1915
TIRPITZSCHE FLOTTENPOLITIK UND ENTSTEHUNGDER DEUTSCHEN U-BOOTWAFFE
DER KRIEGSEINSATZ DER DEUTSCHEN U-BOOTWAFFE BIS ENDE 1915
3 LOTHAR VON ARNAULD DE LA PERIÈRE – HERKUNFT UND BIOGRAPHIE BIS ENDE 1915
HERKUNFT DER FAMILIE ARNAULD DE LA PER(R)IÈRE
LOTHAR VON ARNAULD DE LA PERIÈRE – DIE FRÜHEN JAHRE
4 ERFOLGREICHSTER U-BOOTKOMMANDANT DES KAISERS: 1916–1918
DIE WAFFE: S. M. U 35
DAS KRIEGSJAHR 1916
DAS KRIEGSJAHR 1917
DAS KRIEGSJAHR 1918
5 ZWISCHEN KONTERREVOLUTION UND REPUBLIK
IN DER MARINEBRIGADE LOEWENFELD
IM DIENSTE DER REICHSMARINE: 1920–1930
6 LETZTE JAHRE
TÜRKEIAUFENTHALT
KRIEGSMARINE UND TOD
7 BEWERTUNG DER PERSÖNLICHKEIT LOTHAR V. ARNAULDS
EINSTELLUNG DES KAISERLICHEN SEEOFFIZIERS
URTEIL DER ZEITGENOSSEN UND VERHALTEN ALS U-BOOTKOMMANDANT
ROLLE IN FREIKORPS, REICHS- UND KRIEGSMARINE
8 EPILOG: EIN VERGESSENER KRIEGSHELD?
ANHANG I: KARTEN
ANHANG II: ABBILDUNGEN
ANHANG III: RISSDARSTELLUNGEN
ANHANG IV: TABELLARISCHE DARSTELLUNGEN DER VERSENKUNGSERFOLGE LOTHAR V. ARNAULDS
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
QUELLEN- UND LITERATURVERZEICHNIS
PERSONENREGISTER
ORTSREGISTER
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Lothar von Arnauld de la Perière: Erfolgreichster U-Bootkommandant der Seekriegsgeschichte – ein vergessener „Kriegsheld“?
 3515112561, 9783515112567

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hi s t ori a a lt e r a

3

clemens bogedain

Lothar von Arnauld de la Perière Erfolgreichster U-Bootkommandant der Seekriegsgeschichte – ein vergessener „Kriegsheld“? Geschichte Franz Steiner Verlag

clemens bogedain Lothar von Arnauld de la Perière

hi s t ori a a lt e r a Alternative Sichtweisen auf die deutsche und europäische Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts Herausgegeben von Hermann Joseph Hiery

Band 3

clemens bogedain

Lothar von Arnauld de la Perière Erfolgreichster U-Bootkommandant der Seekriegsgeschichte – ein vergessener „Kriegsheld“?

Franz Steiner Verlag

Umschlagabbildung: Privatarchiv Arnauld, Graphische Bearbeitung: Jürgen Bogedain Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar. Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig und strafbar. © Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2016 Druck: Hubert & Co., Göttingen Gedruckt auf säurefreiem, alterungsbeständigem Papier. Printed in Germany. ISBN 978-3-515-11256-7 (Print) ISBN 978-3-515-11276-5 (E-Book)

Meinen Eltern, Großeltern und meinem Urgroßvater

Vorschläge zur Veröffentlichung in der Reihe werden jederzeit entgegengenommen. Interessenten wenden sich an Prof. Dr. Hermann J. Hiery Lehrstuhl für Neueste Geschichte Universität Bayreuth Universitätsstraße 30 95440 Bayreuth E-Mail: [email protected]

VORWORT UND DANKSAGUNGEN Jede Epoche hat ihren Zeitgeist, ein ihr ureigenes Empfinden der Realität, eigene Blickwinkel auf die Vergangenheit und Erwartungen an die Zukunft. Dieser Zeitgeist trägt dasselbe Moment in sich wie die Zeit selbst: er ist historisch einmalig und unwiederbringbar. Er definiert sich in Abhängigkeit von Erfahrungen aus der Vergangenheit und Ereignissen der Gegenwart und ist prägendes Moment in Kunst und Kultur. Von ihm bedingt sind die gesamten Wert- und Moralvorstellungen, Tugenden und Ideale eines Zeitalters. Nach ihm werden sowohl die Verdienste von Zeitgenossen als auch von Protagonisten der Vergangenheit bemessen. Er ist Teil der Geschichte, Teil dessen, was geschehen ist. Dies gilt auch für das Verständnis und den Umgang mit den Begriffen „Heldentum“ im Allgemeinen und militärischem „Heldentum“ im Besonderen: Treffend fing die Verfilmung von Remarques „Im Westen nichts Neues“ aus dem Jahr 1930 den Zeitgeist der Jahre 1914–1918 ein, als der bebrillte Klassenlehrer, mit beiden Händen auf das Pult gestützt, seinen Schützlingen mit funkelnden Augen und bebender Stimme Horaz rezitierte: Dulce et decorum est pro patria mori. (Süß und ehrenvoll ist es, für das Vaterland zu sterben) Die Niederlage von 1918 tat dieser Einstellung keinen Abbruch, im Gegenteil: Der Versailler Vertrag und die politisch und wirtschaftlich instabilen Verhältnisse der Weimarer Republik brachten eine Regierung an die Macht, welche „Heldentum“ und „Heldentod“ zum höchsten Verdienst stilisierten, das ein Mann seinem Volk und Land gegenüber erbringen kann. Entsprechend gingen in zwei Weltkriegen – ganz im Sinne dieses Ausspruchs – Millionen deutscher Männer – zu großen Teilen freiwillig – in den Tod (wobei freilich die Millionen ziviler Opfer nicht unerwähnt bleiben sollen). Infolge dieser Erfahrungen ist der soldatische „Held“ im heutigen Zeitgeist ein Anachronismus. Er findet sich in der Vorstellung vieler Deutscher irgendwo zwischen der griechischen Mythologie, verblassten Ölgemälden, alten Schwarzweißfotografien und US-amerikanischen Filmproduktionen, in denen ein älterer Herr vor einem Grabmal salutierend seinen gefallenen Kameraden gedenkt, während die Kamera langsam auf das flatternde Sternenbanner schwenkt. Wertschätzung gegenüber militärischen Verdiensten ist dem Großteil der modernen Deutschen fremd, ja man wehrt sich regelrecht gegen jede positive Hervorhebung des Militärs. Assoziationen mit der exzessiven Heldenverehrung des Dritten Reiches scheinen auch siebzig Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges nach wie vor fest im kollektiven Gedächtnis verankert zu sein. Ähnlich verhält es sich in der historischen Forschung: Die heutige Militärhistorik nimmt – und auch dies ist nicht zuletzt dem Zeitgeist geschuldet – bevorzugt andere Bereiche in den Fokus:

10

Vorwort und Danksagungen

Untersuchungen zu einzelnen Militärs beschränken sich dabei zumeist auf die Jahre nach 1933, und dort entweder auf hohe Entscheidungsträger, Protagonisten des (militärischen) Widerstandes gegen Hitler oder Personen, die sich in besonders infamer Weise im Zusammenhang mit den mannigfaltigen Grausamkeiten des nationalsozialistischen Regimes hervortaten. Nichtsdestoweniger gibt es auch vor 1933 noch viele „weißen Flecken“ im Who’s who der deutschen Militärgeschichte. Einer von ihnen ist der – gemessen an versenkter Tonnage – erfolgreichste U-Bootkommandant der Seekriegsgeschichte, Lothar von Arnauld de la Perière. Von einigen Biogrammen und populärwissenschaftlichen Untersuchungen abgesehen, taucht sein Name bis dato lediglich am Rande der historischen Forschung auf, so zum Beispiel im Zusammenhang mit Wilhelm Canaris, den Arnauld 1916 mit seinem Boot vom Spionageeinsatz in Spanien abholte. Diese Lücke zu schließen ist das Ziel der nachfolgenden Betrachtungen. Die Quellenlage war dabei als eher ungünstig einzustufen, was vor allem daran liegt, dass ein privater Nachlass Arnaulds nicht vorhanden ist und die einschlägigen Personalakten der Kaiserlichen bzw. der Reichs- und Kriegsmarine infolge der Kriegswirren 1945 verloren gingen. So war ich für die Darstellung von Arnaulds Werdegang vor und nach dem Ersten Weltkrieg, von wenigen handschriftlichen bzw. dienstlichen Hinterlassenschaften abgesehen, größtenteils auf Sekundärquellen bzw. Sekundärliteratur angewiesen. Hinzu kamen eine Reihe kurzer Beiträge sowohl Arnaulds selbst als auch anderer ehemaliger Besatzungsmitglieder der von ihm kommandierten Boote U 35 und U 139 „Kapitänleutnant Schwieger“ in diversen Zeitschriften, Zeitungen und Anthologien. Für die Rekonstruktion der Kriegsereignisse konnte ich auf die nahezu vollständig erhaltenen Kriegstagebücher von U 35 und U 139 sowie einschlägige Meldungen in nationalen und internationalen Presseorganen zurückgreifen. Insgesamt konnte so ein halbwegs geschlossenes Bild Lothar v. Arnaulds gezeichnet werden, welches zugleich auch als Beispiel für die Entwicklung deutscher Militäreliten zwischen wilhelminischer Marine und Zweitem Weltkrieg gelesen werden kann. Die vorliegende Arbeit entstand im Jahr 2012 am Lehrstuhl für Neueste Geschichte der Universität Bayreuth (Prof. Dr. Hermann J. Hiery). Dabei standen mir zahlreiche Personen mit Rat und Tat, Inspiration oder einfach durch mentale Unterstützung zur Seite. Ich möchte daher dieses Vorwort nutzen, um zumindest einigen von ihnen meinen Dank auszusprechen. Zunächst bedanke ich mich recht herzlich bei Herrn Professor Dr. Hermann J. Hiery. Er regte nicht nur das Thema dieser Arbeit an und eröffnete mir die Möglichkeit, diese zu publizieren, sondern unterstützte mich während des gesamten Entstehungsprozesses mit Anregungen und Ratschlägen. Herrn Professor Dr. Ralf Behrwald danke ich für die Anfertigung des Zweitgutachtens. Daneben gilt mein Dank auch dem Personal der Universitätsbibliothek Bayreuth, das mir oftmals über das zu erwartende Maß hinaus behilflich war. Mein besonderer Dank gilt Herrn Yves Dufeil für die Zurverfügungstellung seines umfangreichen Privatarchivs, zu dem er mir Zugang gewährte, ohne dass wir uns je zuvor persönlich getroffen hätten und Herrn Professor Dr. Andreas von Arn-

Vorwort und Danksagungen

11

auld, der den Kontakt herstellte. Herrn Tim v. Arnauld de la Perrière danke ich für die Erteilung der Abdruckerlaubnis; auch Herrn Professor Dieter Schenk, dem Verlag Bernard & Graefe sowie der deutschen Marine-Offizier-Vereinigung e.V. danke ich für die jeweils erteilten Abdruckgenehmigungen. Daneben danke ich dem Bundesarchiv Koblenz sowie dem Bundesarchiv – Abteilung Militärarchiv Freiburg i. Br., dem Deutschen U-Bootmuseum Cuxhaven sowie dem Wehrgeschichtlichen Ausbildungszentrum der Marineschule Flensburg-Mürwik, die mir ebenfalls ihre Archivbestände zur Verfügung stellten. Weiterhin möchte ich meinem Patenonkel, Herrn Jürgen Bogedain, der viel Zeit und Mühe in den Satz dieser Arbeit investierte, meinen herzlichsten Dank aussprechen. Gleichsam danke ich Frau Gabi Krampf, Universität Bayreuth, für die Vervollständigung und Fertigstellung des Satzes. Mein herzlichster Dank gilt auch Theresa Klinger, die mich während des gesamten Entstehungsprozesses in vielfältiger Weise unterstützte. Bei Frau Ute Narr und Herrn Robert Schmidtchen bedanke ich mich für die Korrekturarbeit. Schließlich und insbesondere möchte ich meinen Eltern Bernd Bogedain und Monika Singer sowie meinen Großeltern Klemens und Gerda Bogedain für das nicht in Worte zu fassende Maß an Unterstützung danken, welches meinen bisherigen Werdegang im Allgemeinen und die Entstehung dieser Arbeit im Besonderen überhaupt erst ermöglichten. Ihnen sei daher, wie auch meinem verstorbenen Urgroßvater Emil Bogedain, der mein Interesse an der Geschichte bereits in frühen Jahren weckte, diese Arbeit gewidmet. Bayreuth, im April 2016

Clemens Bogedain

INHALT Vorwort und Danksagungen

9

1

Einleitung

17

2

Die deutsche U-Bootwaffe: Entstehung und Kriegseinsatz bis Ende 1915

21

Tirpitzsche Flottenpolitik und Entstehung der deutschen U-Bootwaffe

21

Der Kriegseinsatz der deutschen U-Bootwaffe bis Ende 1915

26

3

1. Erster Feindkontakt

26

2. Britische Blockade, U-Bootkrieg und Völkerrecht

28

a) Das Recht der Konterbande

29

b) Prisenordnung und Prisenverfahren

30

c) Die britische Seeblockade ab dem 2. November 1914

31

3. Der Handelskrieg mit U-Booten: Die erste Phase

31

4. Die zweite Phase bis Ende 1915

34

5. Kriegsschauplatz Mittelmeer: Frühjahr bis Herbst 1915

35

6. Alliierte Gegenmaßnahmen

36

7. Die gescheiterte Offensive: Das Mittelmeer als einziger U-Bootkriegsschauplatz

38

Lothar von Arnauld de la Perière – Herkunft und Biographie bis Ende 1915 39 Herkunft der Familie Arnauld de la Per(r)ière

39

Lothar von Arnauld de la Perière – die frühen Jahre

41

1. Ausbildung und Verwendung bis Kriegsausbruch

41

2. Vom Kriegsausbruch bis zum Dienstantritt auf U 35

43

Inhalt

14

4

Erfolgreichster U-Bootkommandant des Kaisers: 1916–1918

47

Die Waffe: S. M. U 35

47

Das Kriegsjahr 1916

48

1. Erste Erfahrungen

48

2. Im östlichen Mittelmeer

51

3. Im westlichen Mittelmeer

54

a) Sendbooten des Kaisers

54

b) Verdächtige Kisten

56

c) Vierundzwanzig Stunden Spanien

58

d) Rückmarsch

61

e) Nachspiel

63

4. Rekordfahrt

66

5. Sondermission Canaris

74

Das Kriegsjahr 1917

80

1. Die Erklärung des uneingeschränkten U-Bootkriegs

80

2. Januarunternehmung

81

3. Wieder vor Cartagena

83

a) Kurs West

84

b) Agenten und Kisten von Bord

86

c) Weiterfahrt und Rückmarsch

87

d) Explosive Puzzlespiele, „Zoologische Gärten“ und Diplomatie

89

4. Gibraltar-Durchbruch

92

5. Alliierte Reaktionen auf den uneingeschränkten U-Bootkrieg

95

6. Veränderte Verhältnisse

97

7. Bis zum Jahreswechsel 1917/1918 Das Kriegsjahr 1918

100 102

1. Der Matrosenaufstand von Cattaro

102

2. Letzte Unternehmung mit U 35

103

3. Kommandant von S. M. U 139 „Kapitänleutnant Schwieger“

106

Inhalt

5

4. Die endgültige Wende im U-Bootkrieg

107

5. Arnaulds letzte Feindfahrt

109

6. Das Ende

112

Zwischen Konterrevolution und Republik

115

In der Marinebrigade Loewenfeld

115

1. Neuorientierung

115

2. Sturmbataillon Arnauld de la Perière

117

a) Oberschlesien: Erster Polnischer Aufstand

119

b) Kapp-Putsch

120

c) Märzrevolution: Gegen die Rote Ruhr-Armee

124

Im Dienste der Reichsmarine: 1920–1930

6

7

8

15

129

1. Erste Verwendungen und Kriegsverbrecherprozess

129

2. Die Weltreise mit der Emden

130

3. Zweite Emden-Unternehmung und Abschied

132

Letzte Jahre

135

Türkeiaufenthalt

135

Kriegsmarine und Tod

136

Bewertung der Persönlichkeit Lothar v. Arnaulds

139

Einstellung des kaiserlichen Seeoffiziers

139

Urteil der Zeitgenossen und Verhalten als U-Bootkommandant

140

Rolle in Freikorps, Reichs- und Kriegsmarine

142

Epilog: Ein vergessener Kriegsheld?

145

Inhalt

16

Anhang I:

Karten

151

Anhang II:

Abbildungen

159

Anhang III: Rissdarstellungen

175

Anhang IV: Tabellarische Darstellungen der Versenkungserfolge Lothar v. Arnaulds

177

Abkürzungsverzeichnis

182

Quellen- und Literaturverzeichnis

183

Personenregister

203

Ortsregister

204

1 EINLEITUNG Der Erste Weltkrieg war nicht nur das „prägende Ereignis“1 und die „Urkatastrophe“2 des 20. Jahrhunderts“, sondern auch in vielerlei Hinsicht eine völlig neue Art von militärischem Konflikt. Nicht nur erforderte der rasch einsetzende Stellungskrieg eine Änderung der bisherigen Kampfweise, er brachte auch eine Reihe technischer Neuentwicklungen mit sich, welche die Kriegführung bis heute prägen sollten.3 Mit der Erfindung des Panzerkampfwagens entstand eine völlig neue Waffengattung, während neue Nahkampfwaffen wie die Maschinenpistole oder die Handgranate bis heute zur Grundausrüstung der Infanterie gehören. Auch der Einsatz von Giftgas war ein Novum des Ersten Weltkrieges.4 Doch nicht nur zu Lande brachte der „Große Krieg“5 Neuerungen mit sich: Zum ersten Mal in der Militärgeschichte wurde auch der Luftraum zum Kriegsschauplatz. So wuchsen auch Flugzeuge und Zeppeline, zunächst nur zur Aufklärung eingesetzt, alsbald zu einer eigenständigen Waffengattung heran.6 Zur See hingegen waren es vor allem U-Boote, die ihren ersten umfassenden Kriegseinsatz erlebten.7 Dies galt insbesondere für die deutsche U-Bootwaffe, welche schnell zu Deutschlands Hauptwaffe im Seekrieg avancieren sollte. Dennoch waren die Folgen dieser Neuerungen auf den Kriegsschauplätzen höchst unterschiedlich. Während Trommelfeuer, Maschinengewehre und Giftgas zu Lande ein anonymisiertes Massensterben in den Schützengräben nach sich zogen, kam es zu Wasser und in der Luft zu einer Individualisierung der Kämpfe. 1 2 3 4 5 6

7

Hirschfeld, S. 9 Kennan, S. 12; Schulin, S. 3 ff.; Mommsen, S. 14. Bihl, S. 180 ff. nennt hier u. a. die gesteigerte Bedeutung (schwerer) Artillerie und der Pioniertruppe sowie den flächendeckenden Einsatz des Maschinengewehrs. Zur Entwicklung des Panzerkampfwagens im Ersten Weltkrieg siehe Kershaw, S. 5 ff.; zur deutschen Panzerwaffe im Besonderen siehe Raths, S. 24 ff. sowie Nehring, S. 15–37. Zum Gaskrieg siehe Martinetz, S. 9 ff. Zum Begriff des „Great War“ siehe Stevenson, S. 12 f. Zum Luftkrieg im Ersten Weltkrieg generell: Murray, S. 26 ff.; Bihl, S. 115 ff.; zum strategischen Luftkrieg gegen Deutschland: Blank, S. 2 ff. (m. w. N.); zum strategischen Bombenkrieg gegen Großbritannien siehe Murray, S. 72 f.; Apostolo, S. 14 ff., 38 ff.; Stevenson, S. 383 sowie Morrow, S. 116 f. Der Begriff „U-Boot“ ist hier missverständlich, da es sich bei den im Ersten Weltkrieg eingesetzten Booten um reine Tauchboote, d. h. Fahrzeuge, die normalerweise über Wasser fahren und tauchen, um einen Angriff durchzuführen oder sich dem Gegner zu entziehen, handelte. Unterseeboote im wörtlichen Sinne, d. h. Boote, welche während des kompletten Einsatzes unter Wasser bleiben konnten gibt es de facto erst seit der Entwicklung des Atomantriebs, vgl. Rössler, S. 8. In der vorliegenden Arbeit werden – entsprechend der landläufigen Praxis – die Begriffe „U-“ und „Tauchboot“ synonym gebraucht. Die erste Nation, die ein Tauchboot zu militärischen Zwecken einsetzte waren die Konföderierten Staaten von Amerika 1863 mit der CSS Hunley, siehe dazu: McPherson, S. 302 sowie Chaffin, S. 121 ff.

18

1 Einleitung

Kampfpiloten und U-Bootkommandanten, deren militärische Erfolge mittels Abschusszahlen und versenkter feindlicher Tonnage relativ genau messbar waren, wurden zu einem neuen Typus des Soldaten, dem so genannten „Ass“. Erstmals für den französischen Piloten Adolphe Pégoud gebraucht, steht die Bezeichnung seitdem für besonders erfolgreiche Akteure des Luft- und U-Bootkrieges.8 Männer wie v. Richthofen, Immelmann oder Boelcke sind bis heute nicht nur regelmäßig Gegenstand von Wissenschaft und Film, sondern wurden zu einem Teil deutscher Militärtradition.9 Hingegen fand eine entsprechende Auseinandersetzung mit den U-Boot-„Assen“ der Kaiserlichen Marine bis heute kaum statt. Dies ist auch insofern bemerkenswert, als dass das Wirken der erfolgreichsten U-Bootkommandanten des Zweiten Weltkriegs relativ umfassend dokumentiert ist.10 Ein Teil dieser Lücke soll mit der vorliegenden Arbeit geschlossen werden, welche den erfolgreichsten U-Bootkommandanten der Seekriegsgeschichte, das so genannte „Ass unter den Assen“11 des U-Bootkrieges, Lothar von Arnauld de la Perière, zum Gegenstand hat. 8

9

10

11

Die Bezeichnung ging angeblich auf den Flugzeugwart Pégouds zurück, der diesen als L’«as des as» bezeichnete (Vgl. Le Matin vom 24.10.1920, S. 2); siehe ferner das kurz nach Kriegsende erschienene Buch von Bonnefon „Le Premier „As“ Pégoud“ (Paris 1918). Der Terminus fand jedoch auch für deutsche Piloten Verwendung: So bezeichnete z. B. die Zeitung Le Gaulois Manfred v. Richthofen und nach dessen Tod Heinrich Bangartz als „L’«as des as» allemand“ (Le Gaulois vom 21.05.1918, S. 2). Die drei Genannten wurden jeweils Namensgeber verschiedener Traditionsverbände der Luftwaffe der Wehrmacht sowie der Luftwaffe der Bundeswehr. Im Einzelnen: Luftwaffe (Wehrmacht): Jagdgeschwader (JG) 2 „Richthofen“, Sturzkampfgeschwader (StG) (ab 1943 Schlachtgeschwader [SG] 2) „Immelmann“ sowie Kampfgeschwader (KG) 27 „Boelcke“; siehe dazu: Dierich, S. 38 f., 211 ff. sowie S. 113 ff.; Luftwaffe (Bundeswehr): Jagdgeschwader 71 „Richthofen“, Aufklärungsgeschwader (AG) 51 „Immelmann“ sowie Jagdbombergeschwader (JaboG) 31 „Boelcke“; siehe dazu: Vetter/Vetter, S. 39 f.; 65 f. sowie S. 92 f. Beispielsweise entstanden über den U-Bootkommandanten Günther Prien (1908–1941) bereits 1958 ein Antikriegsfilm mit dem Titel „U 47 – Kapitänleutnant Prien“ (siehe Lexikon des internationalen Films, Band T-U, S. 5888) sowie das Buch „Der Stier von Scapa Flow“ von Wolfgang Frank (Oldenburg und Hamburg 1958); bereits 1952 erschien „So war der U-BootKrieg“, ein Überblickswerk von Harald Busch (Bielefeld, 1952). Beispiele späterer Literatur sind biographische Werke wie „Otto Kretschmer. Der erfolgreichste U-Boot-Kommandant des Zweiten Weltkrieges 1939-1945“ von Bodo Herzog (Norderstedt 2001), „Der U-Boot-Kommandant Wolfgang Lüth“ von Jordan Vause (Stuttgart 1999 [Annapolis 1990]) sowie Sammelbände wie „Die Ritterkreuzträger der U-Boot-Waffe von September 1939 bis Mai 1945“ von Rainer Busch (Hamburg, 2003) oder „Der U-Boot-Krieg 1939–1945. Band 1: Die deutschen U-Boot-Kommandanten“ von Rainer Busch und Hans-Joachim Röll (Hamburg 1996) u. v. m. Zu nennen ist auch der von Lothar-Günther Buchheim verfasste und 1981 von Wolfgang Petersen verfilmte Roman „Das Boot“ (München 1977); zum Film siehe Lexikon des internationalen Films, Band A-C, S. 600. Darüber hinaus findet sich eine große Menge an Trivialliteratur, u. a. aus der Reihe der „Landser“ – Hefte, z. B. Karl Alman, „Kapitänleutnant Joachim Schepke – U-Boots-Jagd vor Englands Küste“ (Landser-Ritterkreuzträger Band 15, Rastatt um 1960). In der zeitgenössischen Literatur findet sich diese Titulierung v. Arnaulds etwa in der französischen Zeitung La Croix vom 25./26.06.1933, S. 6 („Retour dans le passé“) sowie bei Möller, S. 23 und Thomas, Ritter, S. 125 sowie ders., Raiders, S. 125 (bei letzterem auf Englisch: „UBoat Ace of Aces“).

1 Einleitung

19

Obwohl die deutsche U-Bootwaffe noch keine zehn Jahre alt war, als sie im August 1914 erstmals „gegen Engeland“12 fuhr, sollte sie zu einer der bedeutendsten Waffen des Ersten Weltkrieges werden. Es waren einzig die U-Boote, die es vermochten, „die britischen Inseln an ihrer verwundbarsten Stelle“, den „lebenswichtigen Seeverbindungen“ zu treffen.13 In einem ersten Schritt sollen daher Entstehung und Einsatz der deutschen U-Bootwaffe in den ersten beiden Kriegsjahren betrachtet werden. Indes beschränkte sich der U-Bootkrieg jedoch keineswegs auf den Atlantik und die Gewässer um die britischen Inseln – vielmehr war es das Mittelmeer, in dem die deutschen U-Boote ab Ende 1915 ihre größten Erfolge errangen. Das erfolgreichste dieser Boote war S. M. U 35, welches unter dem Kommando des Kapitänleutnants v. Arnauld de la Perière 196 feindliche Schiffe mit einem Schiffsraum von beinahe einer halben Million Bruttoregistertonnen (BRT) versenkte.14 Dementsprechend wird der Kriegseinsatz v. Arnaulds im Mittelpunkt der nachfolgenden Untersuchung stehen, wenngleich es im Sinne einer umfassenden Darstellung nötig ist, diesen auch im Kontext des allgemeinen (U-Boot-) Kriegsgeschehens zu betrachten. Zuvor soll jedoch auf die Herkunft v. Arnaulds, dessen Name bereits seine französische Abstammung erahnen lässt, eingegangen werden. Neben seinen Vorfahren selbst sind hier vor allem die Umstände von Interesse, welche die Familie nach Deutschland und v. Arnauld in die Dienste der Kaiserlichen Marine brachten. Nach Kriegsende schloss sich Kapitänleutnant v. Arnauld de la Perière der III. Marinebrigade unter Wilfried v. Loewenfeld an und kämpfte als Befehlshaber des nach ihm benannten Sturmbataillons in Berlin, Oberschlesien und an der Ruhr – ein Umstand, dessen persönliche und politische Hintergründe ebenso zu beleuchten sein werden wie die weitere Rolle Arnaulds in der Reichsmarine, sein verhältnismäßig frühes Ausscheiden aus dem Dienst 1930 sowie die Jahre bis zu seinem Unfalltod als Vizeadmiral und „Admiral Westfrankreich“ im Jahre 1941. Aus diesen Betrachtungen ergibt sich gleichsam ein Ansatz zu dem Versuch einer abschließenden Gesamtwürdigung Lothar von Arnauld de la Perières, wobei insbesondere nach den Gründen gefragt werden muss, die dazu führten, dass das „Ass der Asse“ des U-Bootkriegs – ganz im Gegensatz zu seinen fliegerischen Pendants – heute nahezu in Vergessenheit geraten ist.

12

13

14

So der Kehrreim des bereits 1910 von Hermann Löns verfassten „Engelland-„ oder „Matrosenliedes“, welches sich – in verschiedenen Vertonungen – unter deutschen (Marine-) Soldaten beider Weltkriege großer Beliebtheit erfreute. Abgedruckt und kommentiert bei Dupke, S. 166 ff. Schröder, S. 51 ff., 413 f.; Aufschlussreich insofern auch ein Auszug aus den Kriegserinnerungen Lloyd Georges’, in welchem er die kriegsentscheidende Bedeutung der Abwehr der UBootangriffe unterstreicht: „The greatest Allied triumph (…) was the gradual beating off of the submarine attack. This was the real decision of the war“ (Lloyd George, S. 1194). S. M. = „Seiner Majestät“; Zu allen im Folgenden genannten militärischen Rängen und Dienstgraden vgl. die bei Friedag, S. 261 ff. zu findenden vergleichenden Übersichten zu Heer und Flotte.

2 DIE DEUTSCHE U-BOOTWAFFE: ENTSTEHUNG UND KRIEGSEINSATZ BIS ENDE 1915 „Bitter Not ist uns eine starke deutsche Flotte“ Kaiser Wilhelm II., 1899.1 TIRPITZSCHE FLOTTENPOLITIK UND ENTSTEHUNG DER DEUTSCHEN U-BOOTWAFFE Das Deutsche Reich war nicht nur im Hinblick auf seine nationalstaatliche Entstehung und Kolonialpolitik eine „verspätete Nation“2, sondern auch im Bereich des U-Bootbaus.3 Während die Seestreitkräfte Spaniens, Frankreichs und der Vereinigten Staaten bereits seit Mitte der 1880er Jahre Tauchboote unterhielten, wurde das erste U-Boot der Kaiserlichen Marine, U 1, erst im Jahr 1906 fertig gestellt.4 Dies ist nicht verwunderlich, sahen Kaiser Wilhelm II. und sein Staatssekretär im Reichsmarineamt, Alfred von Tirpitz, doch einzig eine Flotte von Großkampfschiffen als geeignet an, um Deutschland seine „gleichberechtigte Stellung in der Welt“ zu verschaffen.5 Durch eine Schlachtflotte, die „nicht größer und nicht kleiner ge1 2

3 4

5

Aus einem Trinkspruch Wilhelms II. vom 18.10.1899 im Rathaus der Freien Stadt Hamburg anlässlich des Stapellaufs des Linienschiffes Kaiser Karl der Große; abgedruckt in Johann, S. 82 ff. Titel und Kernthese („deutscher Sonderweg“) der bekannten geistesgeschichtlichen Studie von Hellmuth Plessner, „Die verspätete Nation. Über die politische Verführbarkeit bürgerlichen Geistes“ (Stuttgart 1959, ursprünglich Zürich 1935); siehe dazu insbesondere Wehler, Geschichte, S. 17 f., der den Ersten Weltkrieg u. a. auf die Eigenschaft des erst 1871 entstandenen deutschen Kaiserreiches als „Alternativprogramm zur westlichen Idee einer demokratisch verfassten Gesellschaft“ zurückführt, sowie Kundrus, S. 9, die aufgrund des Umstandes, dass Deutschland erst sehr spät in den Besitz von Kolonien gelangt ist, den (wohl einzig) „symbolischen Wert (…) (der) Kolonien als Verkörperung deutschen Ansehens“ unterstreicht. Detailliert mit der Geschichte des U-Bootbaus beschäftigt sich etwa Lawrenz, „Die Entstehungsgeschichte der U-Boote“, München 1968 sowie Gunton, S. 9 ff. Herzog, U-Boote, S. 11; Rössler, Marine, S. 9 f.; der., Geschichte, S. 28 ff.; Dudszus/Köpcke, S. 288; Schröder, S. 29. Zur Entwicklungsgeschichte des U-Bootes in Deutschland siehe Rössler, Geschichte, S. 14 ff. sowie Herzog, U-Boote, S. 34 ff. (m. w. N.); die technischen Daten von U 1 finden sich bei Herzog, U-Boote, S. 47 sowie nebst Fotografien des Bootes bei Möller/ Brack, S. 18 f. Großbritannien nahm den U-Bootbau erst 1900 auf – bis dahin hatte man UBoote dort für „heimtückisch, unehrlich und verdammt un-englisch“ (Admiral A. Wilson) gehalten, zitiert nach: Mirow, S. 126. So Tirpitz noch 1916 in einem Brief an den Großadmiral a. D. Hans v. Koester (BA-MA, NL Tirpitz, K 62). Einen umfassenden Überblick zur deutschen Flottenrüstung nach dem „Tirpitzplan“ liefern sowohl Berghahn („Der Tirpitz-Plan. Genesis und Verfall einer innenpolitischen Krisenstrategie unter Wilhelm II.“ [Düsseldorf 1971]) als auch Epkenhans („Die wilhelmini-

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2 Die deutsche U-Bootwaffe: Entstehung und Kriegseinsatz bis Ende 1915

halten werden sollte, als nötig wäre, um auch der größten Seemacht den Angriff auf uns als ein gewagtes Unternehmen erscheinen zu lassen“, erhoffte man sich, Großbritannien im Kriegsfall in ein Bündnis mit Deutschland oder zumindest zur Neutralität zu zwingen.6 Die technisch noch unausgereiften U-Boote hielt Tirpitz für diesen Zweck für ungeeignet7, so dass es erst der Intervention des Reichstages sowie einflussreicher Persönlichkeiten wie des Generalinspekteurs der Marine und Bruders des Kaisers, Prinz Heinrich von Preußen, bedurfte, um den Bau des ersten deutschen U-Bootes gegen den Widerstand des Reichsmarineamtes durchzusetzen.8 Ausschlaggebend war hierbei vor allem der Hinweis auf den Ausbau der britischen U-Bootflotte seit der Jahrhundertwende.9 Im übrigen Europa rief die Hartnäckigkeit der deutschen Flottenrüstung jedoch allgemeines Misstrauen hervor, welches sich im Falle Großbritanniens bis hin zu der Befürchtung steigerte, die eigene maritime Stellung zu verlieren.10 Obwohl

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sche Flottenrüstung 1908–1914“ [München 1991]). Zum Verhältnis Wilhelms II. zur Flotte vgl. etwa Clark, S. 181 ff. Tirpitz, S. 106; aus dieser, als „Risikotheorie“ bekannten Überlegung entspringt auch der bekannte Begriff der „Risikoflotte“; dazu und zu den zugrunde liegenden strategischen und taktischen Überlegungen, die letztlich dazu führten, dass man den Bau einer Schlachtflotte gegenüber einer (u. a. vom damaligen Reichskanzler v. Caprivi favorisierten) Kreuzerflotte vorzog, siehe Tirpitz, S. 49 ff. sowie die umfassenden Betrachtungen von Berghahn, S. 45 ff. und 173 ff.; Hobson, S. 136 f. und 231 ff.; ferner Wegener, S. 236 ff.; Zur deutschen Flottenrüstung und Rüstungspolitik insgesamt siehe: Berghahn, S. 205 ff.; Rohwer, Kriegsschiffbau, S. 211 ff. sowie Witt, S. 146 ff. Tirpitz, S. 118; auch der mit dem Bau von U 1 beauftragte Marineingenieur Gustav Berling sagte in einer rückschauenden Betrachtung: „Zuerst war ich ganz niedergeschlagen, denn ich hatte bisher das U-Bootswesen für großen Unsinn gehalten. Manche Freunde rieten mir von dieser Aufgabe ab, aus der nie etwas Gescheites werden könnte“ (zitiert nach: Wiedemeyer, S. 4; zur Person Berlings siehe ebd., S. 39); dazu und insbesondere zu den konkreten technischen Unausgegorenheiten im Bereich der U-Boottechnik um die Jahrhundertwende siehe Rössler, Marine, S. 10 f.; ders., Geschichte, S. 28 f. sowie Herzog, U-Boote, S. 11 f. Im Reichstag wurden bereits 1904 und 1905 Unterseebootsanfragen gestellt, während Prinz Heinrich 1905 beim RMA die Bereitstellung von Mitteln für den U-Bootbau angeregte; vgl. Galster, deutsche Flotte, S. 100 sowie Eschenburg, S. 97; Schröder, S. 29 und Rössler, Geschichte, S. 28. Der Einsatz Prinz Heinrichs für die U-Boote ist wohl eher auf dessen allgemeine Technikbegeisterung als auf militärische Beweggründe zurückzuführen. So erfand der Prinz als begeisterter Autofahrer nicht nur den Scheibenwischer für den Pkw (ein Auszug aus der Patentschrift findet sich bei Arnauld G./Essers, S. 49), sondern förderte auch das sich noch in den Anfängen befindende deutsche Flugwesen, indem er etwa zu einer „Nationalflugspende“ aufrief und Flugwettbewerbe wie -wissenschaften förderte; siehe dazu Arnauld G./Essers, S. 46 ff. und S. 55 ff. sowie Eschenburg, S. 92 f. und 106 f. Vgl. oben, Fn. 7; Großbritannien gebot im Jahr 1910 bereits über 57 U-Boote, während Deutschland bis dahin lediglich drei Boote in Dienst gestellt hatte, vgl. Kaulisch, S. 369. Schröder, S. 22; Hobson, S. 352 f.; aufschlussreich insoweit auch eine Äußerung des britischen Außenministers Edward Gray aus dem Jahre 1906, welches den Umfang der britisch-deutschen Rivalität im Flottenbau gut erkennen lässt: „Unser Schiffbauprogramm hängt jetzt hauptsächlich von Deutschland ab. Wir haben nicht die Absicht, unsere maritime Stellung zu verlieren (…). Und so wird der Wettbewerb zwischen Deutschland und uns weitergehen, bis einer von uns bankrott ist (…).“, zitiert nach Dülffer, Regeln, S. 287; siehe dazu auch Schröder, S. 22 und Ferguson, S. 122 ff.; einen umfassenden Überblick zum deutsch – britischen Verhältnis im Vor-

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die deutsche Flottenpolitik nicht der maßgebliche Grund war, der „England in die Arme Frankreichs trieb“11, so trug diese jedoch entscheidend zu der sich bereits seit der Jahrhundertwende abzeichnenden Annäherung der beiden Mächte bei, die 1904 in der Entente cordiale gipfelte. 1907 im Vertrag von Sankt Petersburg um das zaristische Russland erweitert (Triple Entente), waren die Fronten des künftigen Krieges so bereits vorgezeichnet.12 Mit der Hochrüstung der deutschen Flotte änderte sich auch die britische Strategie für einen Krieg mit dem Reich: Sollte die deutsche Hochseeflotte bisher mittels eines direkten Vorgehens der britischen Seestreitkräfte gegen die deutschen Häfen gelähmt und gegebenenfalls vernichtet werden, plante man nunmehr eine „weite“ Blockade in Gestalt einer Sperrung der Nordseeausgänge. Auf diese Weise beabsichtigte man sowohl einer direkten Seeschlacht auszuweichen als auch das auf Importe angewiesene Deutschland aus großer Distanz von allen Seeverbindungen abzuschneiden und damit wirtschaftlich in die Knie zu zwingen.13 Begünstigt wurde dieses Vorhaben durch die geographische Lage der britischen Inseln, welche es der Royal Navy ohne weiteres ermöglichte, die deutsche Bucht und die Ausgänge der Nordsee in den Atlantik für jedweden Seeverkehr zu sperren.14 Diese Planungen führten nicht nur bisherigen Tirpitzschen Hoffnungen, die britische Flotte zu einer Entscheidungsschlacht stellen zu können, ad absurdum, sondern stellten auch die gesamte bisherige, einseitig auf den Schlacht-

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feld des Ersten Weltkrieges liefert Robert K. Massie mit seinem Werk „Schalen des Zorns. Großbritannien, Deutschland und das Heraufziehen des Ersten Weltkrieges, Frankfurt am Main 1993. So das zeitgenössische Urteil des SPD-Politikers Eduard Bernstein in seiner Schrift „Die Wahrheit über die Einkreisung Deutschlands“ (Berlin 1919), S. 12 f.; De facto war die „Einkreisung“ Deutschlands zwar Folge, nicht aber ursprüngliches Ziel der Ententes, vgl. Monger, S. 141 f. sowie Epkenhans, S. 23 f. Zur Entstehung der Ententes siehe die umfassende Darstellung von George Monger, „Ursachen und Entstehung der englisch-französisch-russischen Entente 1900–1907“ (London 1963), hier insbesondere S. 129 ff. Gooch, S. 278 ff. liefert einen Gesamtüberblick zu den britischen Kriegsplänen für den Fall eines deutsch-französischen Krieges. Ders., S. 281 erläutert auch die infolge der Entente ausgearbeitete britisch-französische Strategie für den Fall eines Krieges mit Deutschland. Eine umfassende Darstellung der Entstehung und des Wandels der britischen Blockadepläne liefert Vincent, S. 27 ff.; maßgeblichen Einfluss auf die Genese der Blockadepläne hatte der damalige Erste Seelord und spätere Premierminister Winston Churchill – dieser behauptet in seinen Erinnerungen, die Hinwendung zur Strategie der Fernblockade wäre der U-Bootgefahr vor deutschen Küsten geschuldet gewesen (Churchill, Bd. II, S. 151); dies ist jedoch fraglich, da man vor Kriegsausbruch dem U-Boot als Waffe nur eine geringe Bedeutung zumaß, vgl. Vincent, S. 33; vgl. dazu ferner Schröder, S. 25 f.; Williamson, S. 240 f. Ein historisches Beispiel einer „engen“ Blockade ist der so genannte „Anakondaplan“, mit dem die Union die Häfen der Konföderation im Amerikanischen Bürgerkrieg direkt blockierte; siehe dazu McPherson, S. 323 ff.; 358 ff. Die strategische Bedeutung der Insellage Großbritanniens erkannte bereits der als „Clausewitz der See“ bezeichnete US-amerikanische Admiral Mahan (1840–1914), vgl. Mahan, S. 34: „If, in addition to facility of offence, Nature has so placed a country that (…) it controls one of the great thoroughfares of the world’s traffic, it is evident that the strategic value of its position is very high“; dazu Schröder, S. 26 sowie Hobson, S. 318.

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schiffbau ausgerichtete Seekriegsrüstung in Frage.15 Die Folge war eine hitzige Debatte über Sinn und Unsinn der deutschen Flottenrüstung, die so weit ging, dass etwa Vizeadmiral a. D. Karl Galster im Jahre 1907 der deutschen Schlachtflotte jedweden militärischen Nutzen absprach. Stattdessen forderte er in verschiedenen Zeitungsartikeln eine Seekriegführung mittels so genannter „Kleinkampfmittel“: Dabei sollten Kreuzer den deutschen Seehandel sichern, während den U-Booten als Offensivwaffe die Aufgabe zufiel, den britischen Seehandel zu stören und die feindliche Flotte zu attackieren.16 Konsequenterweise forderte Galster, dass „Unterseebootsflottillen für Deutschland eine Hauptwaffe“17 und nicht etwa bloßes „Anhängsel der Schlachtflotte“18 sein sollten. Tirpitz hingegen verweigerte sich jeder Alternative zum Flottenkampf – wäre dies doch einem Eingeständnis des Versagens der eigenen Flottenpolitik gleichgekommen.19 Stattdessen stellte er seinerseits das U-Boot als aussichtslose Waffe dar, „an deren Entwicklungsmöglichkeit kein deutscher Marineoffizier glaube“.20 Dennoch blieb die Debatte nicht folgenlos: Zwar fand keine grundlegende Änderung des seestrategischen Konzepts statt, doch wurde das U-Boot fortan in den Planungen der Marineführung als Kampfmittel berücksichtigt. Insbesondere erwog der Chef des Admiralstabes, Admiral v. Heeringen, den Einsatz der U-Boote gegen feindliche Blockade- und Handelsschiffe sowie gegen mögliche Truppentransporte 15 16

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Vgl. Bihl, S. 496 sowie Schröder, S. 26. Galster, Seekriegs-Rüstung, S. 7 ff.; die Schrift Galsters führte in Presse und Reichstag zu hitzigen Debatten über die Rüstungspolitik. Die von ihm propagierte Seekriegführung mittels sog. „Kleinkampfmittel“ (Kreuzer, Torpedoboote, U-Boote) schien nicht nur aus den oben dargelegten strategischen Gründen attraktiv, sondern auch „da sie (…) entschieden billiger war als der finanziell uferlos werdende Schlachtflottenbau“ und „aufgrund ihres defensiven Grundzuges für England kein Stein des Anstoßes sein konnte“; vgl. Hobson, S. 284. Zur Person Galsters und dessen Positionen in der Rüstungsdebatte siehe die umfassende Betrachtung von Klaus Franken, „Vizeadmiral Karl Galster. Ein Kritiker des Schlachtflottenbaus der Kaiserlichen Marine“ (Bochum 2011), S. 53 ff. (m. w. N.). Weitere Befürworter des U-Bootbaus waren etwa Kapitänleutnant Franz Rust („Marinesorgen. Revision des Flottenprogramms“, Berlin 1904) und Vizeadmiral Georg v. Schleinitz (ders., S. 132–149). Umfassend zur Debatte über die Flottenrüstung und insbesondere zu den Reaktionen auf Galsters Konzept siehe Franken, S. 65 ff.; Epkenhans, S. 85 ff. sowie Deist, S. 255 f. Galster, Widerlegt?, in: Weserzeitung Nr. 22644 (vor dem 08.12.1909) sowie ders., Zur Flottenfrage, in: Der Tag vom 08.12.1909; diese beiden sowie der in Fn. 18 angeführte Artikel sind zitiert nach Franken, S. 60 ff. Galster, Der Große Kriegswert der Unterseeboote, in: Berliner Tageblatt vom 05.11.1909 (MA). Vgl. Galster, deutsche Flotte, S. 98 ff. sowie Michaelis, S. 407; Rössler, S. 32 und Schröder, S. 30. Zitiert nach Galster, deutsche Flotte, S. 98. Tirpitz stellt dies in seinen „Erinnerungen“, S. 118, so dar, als habe er es lediglich „abgelehnt, für Uboote Geld wegzuwerfen, solange sie nur in Küstengewässern fahren, also uns nichts nutzen konnten“ und behauptet, dass er, nachdem der Bau hochseefähiger U-Boote möglich war, „der erste (gewesen wäre), der sie in großem Stil förderte (…)“. Ähnliches behauptet Bauer, S. 14. Dagegen spricht neben der oben dargelegten Haltung Tirpitz’ auch der Umstand, dass im Krieg selbst hochseeuntaugliche Boote Erfolge erzielten, vgl. etwa Galster, deutsche Flotte, S. 100, der an gleicher Stelle noch weitere stichhaltige Argumente gegen die Tirpitzsche Behauptung anführt.

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im Ärmelkanal.21 Wichtigstes praktisches Resultat dieser Überlegungen war jedoch die Anhebung der Ausgaben für die U-Bootwaffe im Marinetat von 1,5 Millionen Mark im Jahre 1905 auf 20 Millionen im Jahr 1912.22 Im Vergleich zu den Ausgaben für die Hochseeflotte stellte dies zwar einen verschwindend geringen Betrag dar, doch waren es diese Gelder, welchen die deutsche U-Bootwaffe als solche ihre Existenz verdankte. Ausgehend von U 1 wurden bis Juli 1914 28 Unterseeboote in Dienst gestellt.23 Aufgegliedert in zwei U-Bootflottillen zu je zwei Halbflottillen unterstanden sie ab August 1914 dem „Führer der U-Boote“ (FdU), Korvettenkapitän Hermann Bauer.24 Zu Kriegsbeginn lagen jedoch drei der 28 Boote zur Instandsetzung in der Werft, während sich die Besatzung von U 24 und U 25 noch in der Ausbildung befand. Weitere 16 Boote befanden sich im Bau, so dass Deutschland zu Kriegsbeginn lediglich über 23 „Frontboote“ verfügte, die in Helgoland vor Anker lagen.25

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Siehe die Niederschrift eines Immediatvortrages v. Heeringens bei Wilhelm II. vom 09.09.1912, abgedruckt bei Kaulisch, S. 373 f., der in seinem Beitrag „Zur Klärung der Einsatzmöglichkeiten der U-Boote in der deutschen Marine am Vorabend des ersten Weltkrieges“ zugleich eine umfassende Darstellung der deutschen Vorkriegsplanungen zur zukünftigen Verwendung der U-Boote liefert (ders., S. 369 ff.); vgl. auch Schröder, S. 31 f. Marinearchiv, Handelskrieg Bd. I, S. 152. Umfassend zur Bau- und Entwicklungsgeschichte der deutschen U-Boote ab U 1: Rössler, Geschichte, S. 33 ff.; Eine genaue Auflistung nach Stapellauf- und Indienststellungsdatum sowie Indienststellungskommandanten und späterer Erfolge im Seekrieg findet sich bei Herzog, U-Boote, S. 67. Bauer (dessen Namensgleichheit mit dem Erfinder des Brandtauchers, Wilhelm Bauer, reiner Zufall war) war zugleich auch Chef der I. U-Bootflottille; diese umfasste im August 1914 die Boote U 5 bis U 18, während sich die II. U-Bootflottille (Korvettenkapitän Otto Feldmann) noch im Aufbau befand. Die zu Kriegsausbruch bereits veralteten U 1 bis U 4 wurden bald der U-Bootschule Eckernförde überstellt. Zu beachten ist ferner, dass Bauers Position als FdU keineswegs die Kommandogewalt über alle U-Boote umfasste; vielmehr unterstanden ihm neben dem größten deutschen U-Bootverband in Gestalt der I. U-Bootflottille lediglich die in der Nordsee stehenden Boote. Die in der Ostsee stationierten U-Boote wurden vom dortigen Marineoberbefehlshaber Prinz Heinrich v. Preußen befehligt, während die in den nach Kriegsausbruch hinzugekommenen Seekriegsgebieten operierenden U-Boote wiederum anderen Befehlsstellen unterstanden. So lag die Kommandogewalt der in den Gewässern um Flandern eingesetzten Boote dem dortigen Marinekorps, während die im Mittelmeer operierenden Boote (zu welchen auch U 35 unter v. Arnauld gehören sollte) direkt dem Admiralstab unterstanden. Diese Uneinheitlichkeit in der Führungsstruktur führte dazu, dass es zu keinem Zeitpunkt des Krieges eine koordinierte Gesamtkriegführung mit U-Booten gab; auch sind diese Verhältnisse spiegelbildlich für die verworrene Organisationsstruktur der Kaiserlichen Marine insgesamt, seitdem sich Wilhelm II. 1899 deren Führung selbst vorbehalten hatte. Siehe dazu insbesondere Schröder, S. 44 ff.; umfassend zur Gliederung der U-Bootwaffe: Herzog, U-Boote, S. 136 ff. sowie zur Organisation der Kaiserlichen Marine im Allgemeinen: Ehrensberger, S. 15 ff. und Beckmann, S. 8 f. Vgl. Schröder, S. 33 und Tarrant, S. 7; von den im Bau befindlichen U-Booten standen zwei, U 29 und U 30, kurz vor der Fertigstellung, während sich weitere vierzehn Boote (U 31 bis U 41 und U 42 bis U 45) im Bau befanden, vgl. Tarrant, S. 7. Zu beachten ist dabei, dass U 29 bis U 41 gemäß den vertraglich vereinbarten Lieferfristen zu Kriegsbeginn bereits hätten in Dienst sein müssen, wie Rössler, Geschichte, S. 54, unterstreicht.

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DER KRIEGSEINSATZ DER DEUTSCHEN U-BOOTWAFFE BIS ENDE 1915 „Wenn der Engländer sich wirklich auf die weite Blockade mit konsequenter Zurückhaltung seiner Schlachtflotte verlegt, kann die Rolle unserer schönen Hochseeflotte im Kriege eine sehr traurige werden. Dann werden es die U-Boote schaffen müssen.“ Admiralstabschef August v. Heeringen, 1912.26 Als Lothar v. Arnauld de la Perière am 18. November 1915 Waldemar Kophamel als Kommandant von U 35 ablöste, standen die U-Boote bereits über ein Jahr im Einsatz.27 In dieser Phase wurden sowohl strategische wie auch politische Weichen gestellt, die für den weiteren Verlauf des (U-Boot-)Krieges von entscheidender Bedeutung sein sollten. Vor diesem Hintergrund zeichnet der folgende Abschnitt die für den U-Bootkrieg relevanten Ereignisse vom August 1914 bis zum Ende des Jahres 1915 nach. 1. Erster Feindkontakt Die britische Kriegserklärung am 4. August 1914 setzte den Hoffnungen, das Inselreich mittels einer starken Schlachtflotte zur Neutralität oder gar zu einem Bündnis zwingen zu können, ein jähes Ende. Wider Erwarten machte Großbritannien keinerlei Anstalten, mit seiner Flotte offensiv zu werden – und so lag auch die Hochseeflotte untätig vor der deutschen Nordseeküste. Während dies auf Seiten der Royal Navy der erste Schritt hin zur Fernblockade war, war die deutsche Passivität Ergebnis des Versäumnisses der Führung, brauchbare Alternativen für den (absehbaren) Fall eines Scheiterns des Tirpitzschen Konzepts zu erarbeiten.28 Damit war der Fall, den v. Heeringen bereits 1912 befürchtet hatte, eingetreten: Nunmehr waren es die U-Boote, die „es schaffen mussten“. Und so liefen bereits am 5. August zehn Boote der I. U-Boot-Flottille mit dem Befehl aus, die Position der britischen Flotte aufzuklären.“29 Obwohl von amtlicher Seite als „glänzender Beweis für (den) Offensivgeist unserer Flotte“30 gefeiert, waren die tatsächlichen Ergebnisse dieser ersten Feindfahrt enttäuschend: Bei keinerlei Aufklärungs- oder Versenkungserfolgen gingen zwei eigene U-Boote verloren.31 Im Reichsmarineamt schien man bereits 26 27 28 29 30 31

Zitiert nach: Rahn, Probleme, S. 345. Vgl. Herzog/Schomaekers, S. 151 f. Ausführlich dazu: Schröder, S. 34 ff. Zum Verlauf der Operation im Einzelnen: ders., S. 23 ff. So das amtliche Kriegsbulletin (AKB) vom 12.08.1914, zitiert nach: Schröder, S. 52. Vgl. Marinearchiv, Nordsee Bd. I, S. 74 sowie das amtliche Kriegsbulletin vom 18.08.1914, abgedruckt in: Depeschen, Bd. I, S. 49; zur Enttäuschung bei der U-Bootwaffe selbst vgl. die Erinnerungen des Kommandanten von U 3, Max Valentiner, „Der Schrecken der Meere. Meine

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von der Kriegsuntauglichkeit des U-Bootes überzeugt32, als im September die ersten großen Erfolge vermeldet werden konnten. Am 5. September versenkte U 21 unter Leutnant z. S. Hersing den britischen Kreuzer Pathfinder, während U 9 unter Otto Weddingen am 22. September gleich drei englische Panzerkreuzer mit einer Gesamttonnage von 36.600 t vernichtete.33 In der Admiralität war man erleichtert, dass „endlich mal die Marine mit einem größeren Erfolg herausgekommen“34 war, während die Erfolge Weddingens in der Heimat den Auftakt einer nationalen UBoot-Euphorie bildeten. Als erster Seeoffizier des Krieges mit dem Pour le mérite ausgezeichnet, stieg der Kapitänleutnant infolgedessen, ähnlich wie später v. Richthofen, zum Volkshelden und „Symbol einer jungen Waffe“ auf.35 Zwar konnten die U-Boote bis in den Sommer 1915 hinein weiterhin Erfolge gegen feindliche Kriegsschiffe verbuchen36 – unmittelbare strategische Vorteile zugunsten Deutschlands ergaben sich hieraus jedoch nicht. So konnte weder ein „Kräfteausgleich“ zwischen Hochseeflotte und Royal Navy im Atlantik erzielt

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U-Bootabenteuer“ (Zürich 1931), S. 43 f.; während U 15 vom britischen Kreuzer Birmingham gerammt und dadurch versenkt wurde, sind die Umstände des Verlustes von U 13 unklar; vgl. Schröder, S. 52 sowie Tarrant, S. 9. Man hatte bereits die Auflösung der U-Bootinspektion und der U-Boot-Schule beschlossen; vgl. Michelsen, S. 42 f. Zur Versenkung der Pathfinder vgl. die AKB vom 08. und 23.09.1914, abgedruckt in: Depeschen, Bd. I, S. 81 f. und S. 113; zur Versenkung der drei Panzerkreuzer Aboukir, Hogue und Cressy siehe die AKB vom 23. und 26.09.1914, abgedruckt in: Depeschen Bd. I, S. 112, 124; ausführlich zu den Versenkungen: Marinearchiv, Nordsee Bd. II, S. 49 ff. sowie Tarrant, S. 10 und Schröder, S. 59 f.; ein Überblick zu Weddingens Kriegseinsatz findet sich bei Herzog/ Schomaekers, S. 263 ff. So Admiralstabschef Hugo v. Pohl in einem Brief an seine Frau vom 23.09.1914; siehe Pohl, S. 72. Vgl. Busche, S. 12: „Die Einfahrt des zurückkehrenden U-Boots in Wilhelmshaven glich einem Triumphzug. Als die U 9 nach Kiel kam, war die ganze Stadt festlich geflaggt. In den Schulen fiel der Unterricht aus, statt dessen wurden auf Anordnung der Schulbehörden Feiern abgehalten“ sowie Schröder, S. 61: „Während des gesamten Krieges schmückte das Konterfei Weddingens Propagandapostkarten (…); Straßen und Plätze wurden nach ihm benannt (…) und in zahlreichen Büchern, Schriften und Gedichten wurde seine Leistung glorifiziert“; beispielhaft seien hier die bereits 1915 (sic!) erschienenen Bücher von Heinrich Richter („Otto Weddigen, Ein Lebensbild“, Bielefeld et al. 1915), Hermann Kirchhoff („Otto Weddingen und seine Waffe“, Berlin 1915) sowie von Weddingens Namensvetter und entferntem Verwandten, dem Literaturwissenschaftler Dr. Otto Weddingen („Unser Seeheld Weddigen“, Berlin 1915). Zur Verleihung des Pour le mérite an Weddingen siehe AKB vom 25.10.1914 in: Depeschen Bd. I, S. 184. Im Oktober 1914 versenkte U 27 bei Borkum Riff das britische U-Boot E 3 und nahe Calais den Flugzeugträger Hermes, während U 9 mit der Versenkung des Kreuzers Hawke an seine Erfolge im vorhergehenden Monat anknüpfen konnte; das Kanonenboot Niger fiel im November dem deutschen U 12 zum Opfer und vor Plymouth sank im Januar 1915 das Schlachtschiff Formidable nach einem Angriff durch U 24, vgl. AKB vom 16. , 19., 23. und 24.10.1914., vom 12.11.1914 sowie vom 01. und 03.01.1915, in: Depeschen Bd I, S. 165 f., 168, 180 f., 220, 321, 325; siehe dazu Tarrant, S. 10 f. sowie Schröder, S. 62 f. In der Ostsee versenkte U 26 den russischen Panzerkreuzer Pallada, vgl. AKB vom 13. und 16.10.1914, in: Depeschen Bd. I, S. 158, 164.; dazu auch Schröder, S. 63 f. sowie Rohwer, U-Boot-Krieg, S. 932 und Herzog/ Schomaekers, S. 290 ff.

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werden noch hatten die Versenkungen strategische Auswirkungen auf die deutsche Landkriegführung im Westen.37 In völliger Verkennung der Lage und entgegen der Forderungen lokaler Befehlshaber38 hatten Kaiser und Marineführung, nach wie vor in ungebrochener Erwartung einer großen Seeschlacht, angeordnet, Flotte wie U-Bootwaffe „in ihrem Bestand (zu) erhalten“ und so de facto jedwede größere U-Bootoperation untersagt.39 Damit verzichtete man, abgesehen von einigen wenig erfolgreichen Einzelmissionen40, gerade dort auf einen umfassenden U-Booteinsatz, wo ein solcher am dringendsten geboten und wohl auch am aussichtsreichsten gewesen wäre: Gegen die für den Feind überlebenswichtigen Nachschublinien über den Kanal. Die wenigen Versuche, die man hier unternahm, führten einzig zu einer Alarmierung der Briten, die ab Oktober 1914 ihrerseits Minenfelder östlich der Straße von Dover anlegten, um deutschen U-Booten die Kanalpassage unmöglich zu machen.41 Obwohl man noch weit von einer tatsächlichen Sperrung des Kanals entfernt war, zeigten die Maßnahmen Wirkung: Am 8. Oktober 1914 teilte der FdU dem Chef der Hochseestreitkräfte, Admiral v. Ingenohl, mit, dass er jede weitere U-Bootoperation im Kanal ablehne, zumal „in Zukunft mit großer Wahrscheinlichkeit mit Bootsverlusten durch Minen“ zu rechnen sei.42 Darüber hinaus forderte er als „Vergeltungsmaßregel“ für die „völkerrechtswidrige Sperrung des Kanals“ und „Ersatz für die bisherigen Kanalunternehmen“ die Eröffnung des Handelskrieges mit U-Booten „an allen englischen Küsten“.43 Diese Forderung sollte einen Prozess in Gang setzen, der für den weiteren Verlauf des Krieges von entscheidender Bedeutung war. 2. Britische Blockade, U-Bootkrieg und Völkerrecht Obwohl man sowohl im Kommando der Hochseeflotte wie auch im Admiralstab der Ansicht war, dass „der Kampf mit U-Booten gegen den englischen Handel (…) 37 38

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Marinearchiv, Handelskrieg Bd. I, S. 5. So setzte sich der Marinebefehlshaber in Flandern, Admiral v. Schröder, für den Einsatz von Kreuzern gegen die Kanaltransporte ein, während Konteradmiral Hipper, der kommandierende Admiral der Aufklärungsstreitkräfte, den Einsatz von Schlachtkreuzern gegen die alliierten Seeverbindungen im Atlantik forderte; siehe Schröder, S. 66; Rahn, Kriegführung, S. 102 A 14. Vgl. die Befehle Kaiser Wilhelms II. vom 25.09. und vom 02.10.1914, abgedruckt in Marinearchiv, Nordsee Bd. II, S. 96 f. sowie S. 92. Ende September 1914 sandte der FdU U 18, Anfang Oktober U 20 und U 8 in den Kanal. Zu Versenkungen kam es hierbei nicht. Jedoch schafften es die Boote, einige Verwirrung auf britischer Seite zu stiften, so dass ein Geleitzug, welcher ein 25.000 Mann starkes kanadisches Expeditionskorps nach Boulogne einschiffen sollte, nach Plymouth umgeleitet wurde. Vgl. Marinearchiv, Nordsee Bd. II, S. 153 ff.; Bauer, S. 65 f. und Churchill, Bd. II, S. 304. Zu den deutschen Unternehmungen im Kanal bis November 1914 sowie zu den britischen Minensperren siehe Bauer, S. 58 ff.; dazu auch Schröder, S. 66 f. und S. 118. Bauer, S. 118. Siehe den „Bericht des Führers der U-Boote vom 08.10.1914 an das Kommando der Hochseestreitkräfte, betreffend Handelskrieg mit U-Booten als Vergeltung gegen Sperrung des Englischen Kanals mit Minen“, abgedruckt in: Marinearchiv, Handelskrieg Bd. I, S. 177 f. (Anlage 1).

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den Feind an seiner empfindlichsten Stelle fasst“44 und unter Umständen sogar „England zum Frieden zwingen könnte“45, lehnte man den Vorstoß des FdU mit der Begründung ab, dass die bisherigen britischen Maßnahmen „diese scharfe Verletzung des Völkerrechts nicht rechtfertigen“46. Die Bedenken des Admiralstabs betrafen vornehmlich zwei Problemkreise: Die generelle Zulässigkeit der Versenkung neutraler Schiffe einerseits sowie die vorwarnungslose Torpedierung von Handelsschiffen („uneingeschränkter U-Bootkrieg“) andererseits.47 Da sich die Folgen dieser völkerrechtlichen Fragen direkt auf die Kampfführung der U-Boote auswirkten und somit auch einen wichtigen Maßstab für eine Beurteilung des Verhaltens v. Arnaulds als U-Bootkommandant darstellen, werden sie im Folgenden kurz dargelegt. a) Das Recht der Konterbande48 Bereits die Pariser Seerechtsdeklaration von 185649 legte fest, dass feindliche Ladung an Bord neutraler Schiffe mit Ausnahme der Kriegskonterbande (auch: Bannware), d. h. Gütern, welche direkt oder indirekt der Kriegführung dienen, geschützt sei. Diese Regelung fand ihre Konkretisierung in der Londoner Seerechtsdeklaration von 190950 (LD), zu deren Signatarstaaten unter anderem Großbritannien, die USA, Japan und das Deutsche Reich zählten. Demnach wurde zwischen absoluter und relativer Konterbande unterschieden. Während Kriegsgerät jeder Form abso44

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So das „Schreiben des Kommandos der Hochseestreitkräfte vom 10. Oktober 1914 an den Chef des Admiralstabs im Hauptquartier und an den Admiralstab in Berlin, enthaltend Stellungnahme zum Bericht des Führers der U-Boote vom 8. Oktober“, in: Marinearchiv, Handelskrieg Bd. I, S. 179 f. Bereits 1908 hatte Admiral v. Schleinitz (s. o. Fn. 16) als einer der ersten darauf aufmerksam gemacht, dass „England schon bei einigermaßen erheblicher Störung seines Seehandels ein verlorenes Land ist“; siehe Schleinitz, S. 141. So die Antwort des Chefs des Admiralstabs vom 24.10.1914, in: Marinearchiv, Handelskrieg Bd. I, S. 183. Siehe sowohl die „Meldung des Admiralstabs vom 12. Oktober 1914 an den Chef des Admiralstabs. Stellungnahme zum Schreiben des Kommandos der Hochseestreitkräfte vom 10. Oktober“, abgedruckt in: Marinearchiv, Handelskrieg Bd. I, S. 181 (Anlage 3) sowie abermals das Antwortschreiben v. Pohls (Fn.45). Die Legalität der warnungslosen Versenkung feindlicher Kriegsschiffe stand hingegen außer Frage: „The attack upon warships, however grievous in loss of life, was considered fair war“ (Churchill, Bd. II, S. 359). Zu den beiden folgenden Abschnitten siehe Schröder, S. 79 ff., Langenberg, S. 43 f. sowie Fuß, S. 2 f. „Déclaration concernant le droit maritime européen en temps de guerre“ (Erklärung vom 16. April 1856 betreffend das europäische Seerecht in Kriegszeiten); der französische Originaltext ist abrufbar unter ; die dazugehörige deutsche Übersetzung findet sich unter (beides aus der Sammlung des internationalen Rechts der Schweizerischen Eidgenossenschaft). „Declaration concerning the Laws of Naval War, 208 Consol. T. S. 338 (1909)“; abrufbar auf Englisch unter ; eine deutsche Übersetzung findet sich unter .

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lute Konterbande darstellte und als solche der Beschlagnahme unterlag, durften neutrale Handelsschiffe mit relativer Konterbande (worunter insbesondere Nahrung fällt) ungehindert feindliche Häfen anlaufen, solange die Ware ausschließlich für die Zivilbevölkerung des Feindstaates bestimmt war. b) Prisenordnung und Prisenverfahren Darüber hinaus bildete die Londoner Deklaration die Grundlage der nationalen Prisenordnungen51, welche in erster Linie das als „Prisenverfahren“ bezeichnete Recht von Schiffen kriegführender Staaten regeln, Handelsschiffe anzuhalten, zu kontrollieren und nach Konterbande zu durchsuchen. Wurde im Rahmen einer solchen Untersuchung absolute Bannware an Bord eines feindlichen Handelsschiffes gefunden, so durfte dieses versenkt werden. Neutrale Schiffe hingegen mussten beschlagnahmt und von einer Prisenmannschaft in einen Hafen gebracht werden, damit dort ein Prisengericht über die Rechtmäßigkeit der Konfiszierung entscheiden konnte.52 Versenkt werden durfte ein neutrales Schiff nur, wenn ein ordnungsgemäßes Prisenverfahren „das Kriegsschiff einer Gefahr aussetzen oder den Erfolg der Operationen, worin es derzeit begriffen ist, beeinträchtigen könnte“ (Art. 49 LD). Unabhängig davon, ob es sich um ein neutrales oder feindliches Handelsschiff handelte, war eine Versenkung darüber hinaus erst dann gestattet, wenn sämtliche „an Bord befindliche Personen in Sicherheit gebracht“ wurden (Art. 50 LD sowie Art. 116 der deutschen Prisenordnung). Diese ursprünglich für den Kreuzerkrieg aufgestellten Regelungen führten bei U-Booten zwangsläufig zu Problemen. Zum einen waren die U-Boote allein aufgrund der engen Platzverhältnisse an Bord nicht in der Lage, die Besatzung eines versenkten Schiffes aufzunehmen, so dass in der Regel nur eine Evakuierung der Besatzung in die Rettungsboote möglich war.53 Zum anderen waren die U-Boote gezwungen, während des gesamten Prisenverfahrens an der Wasseroberfläche zu bleiben. Während sich die Mannschaften zu versenkender Boote durch die Vorgaben der Prisenordnung somit stets zumindest in relativer Sicherheit befanden, waren die kaum gepanzerten U-Boote in diesem Zeitraum höchst verwundbar.54 Eine weitere Konsequenz der Prisenordnung war, dass das U-Boot auf die Ausnutzung des Überraschungsmoments in Gestalt einer vorwarnungslosen Versenkung und somit auf seinen größten Vorteil verzichten musste.55 Dennoch fußten diese 51 52 53 54 55

Siehe die deutsche Prisenordnung vom 30. September 1909 in: RGBl. 1914, S. 281 bis 287. Vgl. auch Seekriegsrecht Bd. I, S. 22 ff., 101, 149, 152, 164, 368 und Seekriegsrecht Bd. II, S. 787 und S. 815 sowie Hirschmann, passim. Nota bene: feindliche Handelsschiffe durften nach entsprechender Vorwarnung ohne weiteres versenkt werden. Dass U-Bootkommandanten dennoch die Besatzungen neutraler oder sogar feindlicher Schiffe ohne Rücksicht auf die eigene Sicherheit an Bord genommen haben, wird im Falle Arnaulds an späterer Stelle noch gezeigt werden. Vgl. Galster, deutsche Flotte, S. 130. Vgl. Persius, „Das Unterseeboot als Handelszerstörer“, in: Berliner Tageblatt vom 02.01.1915 (abgedruckt in Marinearchiv, Handelskrieg Bd. I, S. 246 ff.); dazu Mirow, S. 129 f.

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Regelungen auf geltendem Völkerrecht und galten so – trotz verschiedenster anders lautender Theorien der damaligen Zeit – auch für den U-Bootkrieg.56 c) Die britische Seeblockade ab dem 2. November 1914 Im November 1914 sollte die deutsche Marineführung ihren casus belli für die Eröffnung des U-Boot-Handelskrieges erhalten: Am 2. November hatte die britische Admiralität die Nordsee zum Seekriegsgebiet erklärt und verkündet, dass in diesem Gebiet nunmehr „jede Art von Handelsschifffahrt (…) durch Minen (…) und Kriegsschiffe (…) schwersten Gefahren ausgesetzt“57 sei. Diese Maßnahme stellte einen klaren Bruch des Völkerrechts dar, welches einzig eine Blockade der „feindlichen und vom Feinde besetzten Häfen“ (Art. 1 LD) im Sinne einer Blockade „an Ort und Stelle“ und nicht etwa eines gesamten Seegebietes gestattete. Darüber hinaus erklärte die britische Order in Council vom 29. Oktober 1914 auch solche Waren, die bisher als relative Konterbande galten, zu absoluten Banngütern. Somit erstreckte sich die britische Blockade, entgegen den ausdrücklichen Regelungen der Londoner Deklaration (Art. 24 LD), auch auf Rohstoffe und – was sich im weiteren Kriegsverlauf als besonders fatal erweisen sollte – auf Nahrungsmittel.58 3. Der Handelskrieg mit U-Booten: Die erste Phase Die erste Reaktion auf die Blockade seitens der Marineführung war ein Schreiben des Admiralstabschefs an Reichskanzler v. Bethmann Hollweg, in welchem dieser erneut forderte, den „Handelskrieg mit U-Booten als Vergeltungsmaßnahme gegen England und Frankreich zu eröffnen“59. Beabsichtigt war dabei die Kriegführung gegen sämtliche (sic!) an der Versorgung Großbritanniens beteiligten Handelsschiffe. Dieser Vorstoß bildete den Auftakt einer langen Auseinandersetzung 56

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Zu den verschiedenen Theorien siehe Krüger, S. 40 ff. sowie „Die völkerrechtliche Stellung der U-Boote“, in: Vossische Zeitung vom 16.10.1916 (MA), S. 7; insbesondere wurde vertreten, dass die Ausweitung des U-Bootkrieges auf die Handelsschifffahrt Konsequenz der völkerrechtswidrigen Blockade Großbritanniens sei und als solche einzig der Wiederherstellung der Freiheit der Meere diene. Auch wurde der Standpunkt vertreten, dass die Regeln der Seekriegführung aus der Zeit vor den U-Booten stammten und somit für diese keine Geltung besäßen. „Bekanntmachung der Britischen Admiralität vom 2. November 1914 über die Erklärung der Nordsee zum britischen Seekriegsgebiet“; deutsche Übersetzung abgedruckt in: Marinearchiv, Handelskrieg Bd. I, S. 184 f.; siehe dazu Karte 1 im Anhang, S. 151. Schröder, S. 71; Eine Übersetzung der britischen Order of Council findet sich in Marinearchiv, Handelskrieg Bd. I, S. 188 f.; Ausführlich zur britischen Blockade und ihren Folgen: Vincent, S. 39 ff. sowie Fuß, S. 4 ff. Vgl. das „Schreiben des Chefs des Admiralstabes vom 7. November 1914 an den Reichskanzler. Vorschlag, einen Handelskrieg mit U-Booten als Vergeltungsmaßnahme gegen England und Frankreich zu eröffnen“, in: Marinearchiv, Handelskrieg Bd. I, S. 196 f. (Anlage 11). Bereits der Umstand, dass v. Pohl beim Reichskanzler nachfragte, zeigt die politische und völkerrechtliche Brisanz des U-Bootkrieges.

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zwischen Admiralstab und politischer Führung über das Für und Wider des uneingeschränkten U-Boot-Handelskrieges. Während der Kanzler befürchtete, dass eine „unterschiedslose Kriegführung gegen Feinde und Neutrale“60 letztere, allen voran die USA und Italien, in das Lager der Entente treiben könnte, forderten die Befürworter um Großadmiral Tirpitz einen Angriff auf die gesamte Handelsschifffahrt als „Lebensnerv Englands“, um so der britischen „Aushungerung Deutschlands“61 ein Ende zu bereiten.62 Schließlich kam es zu einer Art Kompromisslösung: Am 4. Februar 1915 gab die deutsche Regierung der Weltöffentlichkeit bekannt, dass sie ab dem 18. Februar „die Gewässer rings um Großbritannien (…) als Kriegsschauplatz“ betrachte und warne, dass es „angesichts des Missbrauchs neutraler Flaggen (durch Großbritannien) und der Zufälligkeiten des Krieges“ nicht zu vermeiden sein werde, dass auch neutrale Schiffe „einem auf feindliche Schiffe berechneten Angriff zum Opfer fallen“.63 Das Kalkül, mittels dieser „Kriegsgebietserklärung“ neutrale Schiffe von einem Anlaufen Großbritanniens abzuschrecken, ging jedoch nicht auf: Infolge des unmissverständlichen Protests der USA, Deutschland für etwaige Schiffsverluste „streng verantwortlich“ zu machen, wurden die deutschen UBootkommandanten angewiesen, alle neutralen Schiffe zu schonen.64 Im Ergebnis wurde die Verantwortung so auf den einzelnen U-Bootkommandanten abgewälzt. Tatsächlich begann der großsprecherisch angekündigte Handelskrieg deutscher U-Boote „überhastet, leichtfertig und als völlige Missgeburt“65: So waren zu Beginn der Offensive lediglich 20 Boote einsatzbereit, von denen bis Ende April täglich nur etwa fünf im direkten Einsatz standen. Die übrigen befanden sich auf dem Hin- und Rückmarsch oder lagen nach beendetem Einsatz zur Überholung in der Werft. Dies spiegelte sich entsprechend im Erfolg der U-Boote wieder, die bis Ende März lediglich 27 Schiffe versenkten, während über 5600 in britischen Häfen ein- und ausliefen.66 – Ergebnisse, die alles andere als geeignet waren, um die 60 61 62

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Schröder, S. 95; Compton-Hall, S. 193. So der Berliner Lokalanzeiger vom 15.01.1915; diese und weitere Pressestimmen, die sich für die Aufnahme des Handelskrieges aussprechen, sind in Marinearchiv, Handelskrieg Bd. I, S. 243 ff. abgedruckt. Eine umfassende Darstellung des politisch-militärischen Tauziehens um die Eröffnung des UBoot-Handelskrieges, welches hier aus Platzgründen nicht dargestellt werden kann, liefert Schröder, S. 85 ff. und 95 ff. sowie Mirow, S. 130 ff. Zu beachten sind ferner die in Marinearchiv, Handelkrieg Bd. I, S. 217 ff. abgedruckten Dokumente. So der Wortlaut der „Denkschrift der Kaiserlich Deutschen Regierung über Gegenmaßnahmen zur Unterbindung des neutralen Seehandels mit Deutschland“ vom 4. Februar 1915, in: Marinearchiv, Handelskrieg Bd. I, S. 87 ff. Eine Karte des „Kriegsgebietes“ findet sich im Anhang, S. 152 (Karte 2). Der Vorwurf des Missbrauchs neutraler Flaggen durch Großbritannien war zutreffend, zumal die britische Admiralität dies am 31.01.1915 explizit angeordnet hatte, vgl. Bailey/Ryan, S. 47. Vgl. die amerikanische Antwortnote vom 12.02.1915, in: Marinearchiv, Handelskrieg Bd. I, S. 107 ff.; auch die Regierungen Italiens, Spaniens, der Niederlande sowie der skandinavischen Staaten ließen Protestnoten überreichen; vgl. die Abdrucke in Marinearchiv, Handelskrieg Bd. I, S. 260 ff.; die Anweisungen und Befehle an die U-Bootkommandanten finden sich in Marinearchiv, Handelskrieg Bd. I, S. 129 f. und S. 138 f. Mirow, S. 132; vgl. dazu Marinearchiv, Handelskrieg Bd. II, S. 1 ff. Vgl. dazu Schröder, S. 111 ff. sowie Mirow, S. 132. Gegenüber dem Vorkriegsbestand der bri-

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U-Boote ernstlich zum „Schreckgespenst für (…) Britenland“67 werden zu lassen. Stattdessen schienen sich die Befürchtungen des Kanzlers zu bewahrheiten: Am 7. Mai 1915 versenkte ein deutsches U-Boot südlich von Irland den bewaffneten britischen Passagierdampfer Lusitania, wobei 1201 Menschen ums Leben kamen, darunter 128 amerikanische Staatsbürger.68 In dem darauf folgenden scharfen Notenwechsel zwischen Berlin und Washington drohte die US-Regierung, jedweden weiteren Verlust an amerikanischen Menschenleben als „vorsätzlich unfreundlichen Akt“ zu betrachten.69 Dies führte auf deutscher Seite zu einer weiteren Einschränkung des U-Bootkrieges, indem die U-Bootkommandanten angewiesen wurden, im Zweifel lieber „ein feindliches Handelsschiff durchzulassen, als ein neutrales zu versenken“70. In einem geheimen Zusatzbefehl wurde ferner die Versenkung sämtlicher großer Passagierdampfer untersagt.71 De facto wurde die warnungslose Versenkung gegnerischer Schiffe, bisher ohnehin die Ausnahme, seit Mai 1915 kaum noch praktiziert72: Ab diesem Zeitpunkt waren sämtliche Boote mit Deckgeschützen der Kaliber 3,7 bis 8,8 cm ausgerüstet, die sich im Einsatz als effizienter erwiesen als die sechs bis zehn mitgeführten Torpedos.73 So führten die deutschen U-Bootkommandanten, weniger aus politischem Feingefühl denn aus militärischer Zweckmäßigkeit, fortan nahezu ausschließlich Krieg nach der Prisenordnung, was Ende Juli 1915 selbst die US-Regierung anerkannte.74 Überraschenderweise waren

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tischen Handelsflotte bedeutete dies einen Verlust von lediglich 4 %, vgl. Terraine, S. 24 ff. So Kirchhoff in seinem zeitgenössischen Werk über Otto Weddingen (siehe oben, Fn. 35), S. 9. Tatsächlich handelte es sich bei der Lusitania, deren Rumpf mit Panzerplatten verstärkt und die mit zwölf verborgenen 15cm-Geschützen bewaffnet war, nicht etwa – wie lange Zeit von den Briten behauptet – um ein unbewaffnetes Passagierschiff, sondern vielmehr um einen bewaffneten Hilfskreuzer. Während ihrer letzten Fahrt transportierte das Schiff neben 1257 Passagieren auch 10,5 Tonnen Sprengstoff, was einen klaren Bruch des amerikanischen Neutralitätsgesetzes darstellte. Einer stark umstrittenen These zufolge (welche jedoch durch die neuesten Untersuchungen gestützt wird) wurde die Lusitania von der britischen Admiralität unter Churchill sogar gezielt dem Risiko der Versenkung ausgesetzt, um so einen Kriegseintritt der USA zu provozieren; in jedem Fall jedoch wurden die sonst üblichen Vorsichtsmaßnahmen zumindest grob fahrlässig unterlassen; vgl. Schröder, S. 126 ff. (m. w. N.). Ausführlich zum genauen Vorgang des Geschehens: ders., S. 131 ff sowie Compton-Hall, S. 197 ff. und Tarrant, S. 20 f. So die dritte der sog. „Lusitania-Noten“ vom 23.07.1915, abgedruckt in: Marinearchiv, Handelskrieg Bd. II, S. 178 ff. Zu den politischen wie militärischen Folgen des „Lusitania-Falles“: Schröder, S. 135 ff.; Coletta, S. 31 ff. So der Befehl Wilhelms II. vom 01.06.1915, abgedruckt in: Marinearchiv, Handelskrieg Bd. II, S. 102; zur persönlichen Einstellung Wilhelms II. zum U-Bootkrieg siehe Clark, S. 298 ff. Siehe das Telegramm Wilhelms II. vom 30.08.1915 an den Admiralstab, abgedruckt in: Marinearchiv, Handelskrieg Bd. II, S. 283; dazu ferner Schröder, S. 141 und Mirow, S. 134. Vgl. die tabellarische, nach Art der Versenkung (Prisenordnung/ohne Warnung) aufgeschlüsselte Darstellung der U-Booterfolge von Ende April bis September 1915 bei Schröder, S. 147. Eine umfassende tabellarische Darstellung der Bewaffnung sämtlicher Anfang 1915 vorhandenen deutschen U-Boote findet sich in Marinearchiv, Handelskrieg Bd. I, S. 158 ff.; zur Bewaffnung der U-Boote siehe auch Rössler, Marine, S. 28 f. Marinearchiv, Handelskrieg Bd. II, S. 182 f.; So ließ die US-Regierung in ihrer o. g. Note (Fn. 69) verlauten, dass „es möglich und ausführbar ist, die Operationen der Unterseeboote (…) in wesentlicher Übereinstimmung mit den Gebräuchen einer geordneten Kriegführung zu halten“.

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sie damit derart erfolgreich, dass sich die Versenkungszahlen im zweiten Quartal des Jahres 1915 gegenüber den Monaten Januar bis März vervierfachten. Dieser Trend setzte sich im dritten Quartal fort.75 4. Die zweite Phase bis Ende 1915 Angesichts dieser Entwicklung blieb die britische Marineführung nicht tatenlos. So verlor die deutsche U-Bootwaffe bis Ende 1915 14 U-Boote, davon zehn durch Feindeinwirkung.76 Neben den regulären Seestreitkräften und bewaffneten Handelsschiffen stellten die britischen U-Bootfallen, Mystery-ships oder auch Q-ships genannt, die größte Gefahr für die deutschen Boote dar.77 Es handelte sich dabei um als neutrale Segler, Dampfschiffe oder Fischkutter getarnte britische Hilfskreuzer. Manche verfügten über so genannte Panic-Parties, die, kaum war ein U-Boot in Sicht, anfingen, Rettungsboote zu Wasser zu lassen, Papiere über Bord zu werfen und hektisch an Deck hin- und her zu rennen. Auf diese Weise wurden U-Boote gezielt angelockt. Näherte sich ein Boot in der Absicht, die vermeintlich leichte Beute zu durchsuchen oder zu versenken, wurde es von bisher versteckt gehaltenen, großkalibrigen Deckgeschützen aus nächster Nähe unter Feuer genommen.78 Das schwach gepanzerte und überdies überraschte U-Boot hatte kaum eine Chance: So gingen sechs der zehn U-Bootverluste auf die Rechnung von Q-Schiffen. Obwohl auch diese Art der Kriegführung eindeutig gegen geltendes Recht verstieß und die Briten regelmäßig die amerikanische Flagge zur Tarnung ihrer U-Bootfallen missbrauchten, schalteten sich die USA hier nicht ein: „England is fighting our fight“ war die Maxime des US-Präsidenten Wilson.79 Stattdessen sollte ein erneuter Zwischenfall das vorläufige Ende des U-Bootkrieges im Atlantik besiegeln: Am 19. August 1915 versenkte U 24 den britischen Fracht- und Passagierdampfer Arabic, wobei erneut zwei US-Amerikaner ums Leben kamen.80 Eine „Flut von Schmäh- und Drohbriefen“81 ergoss sich über die deutsche Botschaft in Washington und auch für Kanzler v. Bethmann Hollweg war der Zustand, dass ein Kriegseintritt der USA nunmehr vom Verhalten eines einzel-

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Siehe die umfassenden tabellarischen Darstellungen bei Herzog, U-Boote, S. 110 ff. Vgl. Michelsen, S. 187 ff.; dazu Herzog, U-Boote, S. 88 ff. sowie Grant, Warfare, S. 51 ff. und Kemp, S. 9 ff. Vgl. Arnauld, Kampf, S. 90; Beispielhaft hierfür die Schilderung der Versenkung von U 27 durch das Q-Schiff Baralong am 19.08.1915 in Marinearchiv, Handelskrieg Bd. II, S. 250 ff.; dazu ferner Galster, deutsche Flotte, S. 132 sowie Schröder, S. 166. Galster, deutsche Flotte, S. 146; Schröder, S. 166 ff., Langenberg, S. 44 f.; umfassend zum Einsatz der U-Bootfallen: Botting, S. 39 ff.; Compton-Hall, S. 202 ff. sowie Gunton, S. 32 f. und Hough, S. 303 f Zitiert nach: Schröder, S. 157; zum Flaggenmissbrauch ders., S. 204. Ausführlich zum „Arabic-Fall“: Marinearchiv, Handelskrieg Bd. II, S. 268 ff.; Schröder, S. 171 ff.; Tarrant, S. 21 f. So der deutsche Botschafter Bernstorff in einem Schreiben an v. Bethmann Hollweg vom 25.08.1915, in: AA, Ver. St. v. Amerika Nr. 16, Bd. 35.

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nen U-Bootkommandanten abhängen konnte, schlichtweg unhaltbar.82 Schließlich ordnete der Kaiser Ende August an, dass Passagierschiffe jeder Größe nur noch nach Warnung und Rettung sämtlicher an Bord befindlicher Personen versenkt werden durften.83 Der Bruch mit den USA „müsse unbedingt vermieden werden“, so Wilhelm II.84 Am 18. September erließ der Admiralstabschef einen Geheimbefehl, der den U-Bootkrieg an der britischen Westküste und im Kanal bis auf weiteres einstellte.85 Zwar sollte in der übrigen Nordsee weiterhin „Handelskrieg nach Prisenordnung“ geführt werden, doch verzichteten auch die dort zuständigen Stellen – namentlich das Flottenkommando sowie das Marinekorps Flandern – auf weitere Operationen gegen die gegnerische Versorgungsschifffahrt, so dass die U-Boote während des Winters 1915/16 einzig zu Vorpostendiensten, zum Minenkrieg sowie zu Aufklärungseinsätzen eingesetzt wurden.86 Bis dahin hatten die deutschen Boote 640 Handelsschiffe mit 1.189.031 BRT versenkt.87 5. Kriegsschauplatz Mittelmeer: Frühjahr bis Herbst 1915 Als Folge der diplomatischen Auseinandersetzungen mit den USA, welche den UBootkrieg mehr und mehr zum Politikum werden ließen, regte der Admiralstab Ende August 1915 die Intensivierung des U-Bootkrieges im Mittelmeer an.88 In diesen von amerikanischen Handels- und Passagierschiffen kaum befahrenen Gewässern war nicht nur das Risiko politischer Verwicklungen geringer, auch stand den UBooten hier mit den größtenteils französischen und italienischen Kriegsschiffen ein wesentlich unerfahrenerer Gegner gegenüber. Bereits seit Frühjahr 1915 operierten acht deutsche U-Boote im Mittelmeer, die sowohl von Konstantinopel als auch von den österreichisch-ungarischen Stützpunkten Cattaro (Kotor in Montenegro) und Pola (Pula in Kroatien) aus das verbündete Osmanische Reich in den Kämpfen um die Dardanellen und im Schwarzen Meer unterstützten.89 Italien, obwohl im Dreibund mit Deutschland und Österreich-Ungarn alliiert, hatte am 23. Mai 1915 Österreich, nicht aber Deutschland, den Krieg erklärt. Infolgedessen kämpften die 82 83 84 85 86 87 88 89

Schröder, S. 172 f. Vgl. das Telegramm des Kaisers an den Admiralstab vom 30.08.1915, in: Marinearchiv, Handelskrieg Bd.II, S. 283. Siehe den Bericht des Diplomaten Carl v. Treutler an das Auswärtige Amt vom 14.09.1915, in: AA, Weltkrieg Nr. 18a, Bd. 12. Siehe den Befehl des Admiralstabschefs vom 18.09.1915, in: Marinearchiv, Handelskrieg Bd. II, S. 286 f. Vgl. Schröder, S. 180 ff. Vgl. die tabellarische Darstellung bei Schröder, S. 430. Siehe den Befehl vom 30.08.1915 in: Marinearchiv, Handelskrieg Bd. II, S. 283. Eine umfassende Darstellung des Seekriegs im Mittelmeer liefert Halpern „The Naval War in the Mediterranean“ (London 1987). So versenkte U 21 im Mai 1915 die britischen Schlachtschiffe Triumph und Majestic, was die britischen Seeverbände zur Einstellung des Küstenbombardements zwang und damit maßgeblich zum Rückzug der Alliierten von der Halbinsel Gallipoli beitrug; Siehe dazu Prior, S. 146 ff.; Marinearchiv, türkische Gewässer Bd. I, S. 145 ff.; Halpern, Naval war, S. 47 ff. und 107 ff. sowie Schröder, S. 64 f.

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im Mittelmeer stationierten deutschen Boote bis zur Kriegserklärung Italiens an Deutschland am 27. August 1916 unter österreich-ungarischer Flagge oder wurden formell an die k. u. k-Kriegsmarine überstellt.90 Dies hatte den nicht zu unterschätzenden Vorteil, dass die Verantwortung für die Versenkung von Schiffen mit USamerikanischen Passagieren oder Besatzungsmitgliedern allein bei Wien lag.91 Die Pläne des Admiralstabs sahen insbesondere eine Verschärfung des U-Booteinsatzes gegen die britische Versorgungsschifffahrt vor, welche nicht nur kriegswichtige Rohstoffe wie Benzin, Mangan oder Kautschuk, sondern auch Truppen aus Indien und dem Nahen Osten sowie Australien und Neuseeland über den Suezkanal nach Großbritannien und Frankreich transportierte.92 Eine Kriegsgebietserklärung hielt man dabei nicht für erforderlich, da man davon ausging, dass sich in diesen Gewässern ohnehin kaum neutrale Handelsschiffe bewegen würden.93 Ende August 1915 trafen U 34 und U 35, das künftige Boot v. Arnaulds, in Cattaro ein. Zusammen mit U 33 und U 39, die bis Ende September hinzukommen sollten, bildeten sie die Deutsche U-Boot Halbflottille Pola, welche bis November 1915 zur U-Flottille Pola ausgebaut werden sollte.94 Die neu eingetroffenen Boote machten sich noch im gleichen Monat erstmals bemerkbar, und obwohl sie lediglich fünf Gegner versenkten, markierte dies den Auftakt einer Reihe großer Erfolge. So wurden im Oktober, dem eigentlichen Beginn der U-Bootoffensive im Mittelmeer, bereits 18 Schiffe mit 63.848 BRT versenkt. Im November erhöhten sich die Erfolge auf 44 vernichtete Schiffe mit einer Gesamttonnage von 152.882 BRT bei weiterhin steigender Tendenz.95 6. Alliierte Gegenmaßnahmen Das Mittelmeer erwies sich jedoch nicht nur aufgrund der Unerfahrenheit der Gegner als ideales Operationsgebiet für U-Boote: Bessere Wetterbedingungen, der rege feindliche Schiffsverkehr und die im Vergleich zum Atlantik „engen“ räumlichen Verhältnisse machten es den U-Booten leicht, geeignete Ziele zu finden. Die Tätigkeit der Boote wurde zudem durch einen eklatanten Mangel an Begleitfahrzeugen und geeigneten Schiffen zur U-Bootbekämpfung auf alliierter Seite nachhaltig be-

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Langenberg, S. 45; Stevenson, S. 143 ff.; Halpern, Naval war, S. 193 f. sowie Rohwer, U-BootKrieg, S. 932. So übernahm Österreich-Ungarn die volle Verantwortung für die Versenkung des italienischen Passagierdampfers Ancona durch U 38 (Max Valentiner) am 07.11.1915, bei der u. a. ca. 20 US-Amerikaner ums Leben kamen. Siehe dazu Marinearchiv, Handelskrieg Bd. III, S. 26 ff. sowie Halpern, History, S. 384 f. Halpern, Naval war, S. 151; zu den U-Booteinsätzen bis August 1915: Marinearchiv, Handelskrieg Bd. II, S. 195 ff. Halpern, Naval war, S. 156 f.; ders., Otranto, S. 11. Marinearchiv, Handelskrieg Bd. II, S. 195 ff. (mit Anfahrtsrouten); Compton-Hall, S. 207; Halpern, Naval war, S. 152 ff.; zur Kriegsgliederung der Halbflottille Pola siehe Marinearchiv, Handelskrieg Bd. III, S. 10 f. Vgl. die tabellarische Darstellung bei Halpern, Naval war, S. 194.

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günstigt.96 So berichtete der erste Kommandant von U 35, Waldemar Kophamel, noch im September 1915, dass im ägäischen Meer und auf den Anmarschstraßen der gegnerischen Handelsschifffahrt nahezu „keinerlei feindlicher Bewachungsdienst“ vorhanden war.97 Angesichts der zunehmenden Erfolge der U-Boote im Mittelmeer und der offensichtlichen Unzulänglichkeit der bisherigen Gegenmaßnahmen trafen sich Vertreter Frankreichs, Großbritanniens und Italiens im Dezember 1915 zu einer Marinekonferenz in Paris.98 Man beschloss, das Mittelmeer in 18 Zonen zu unterteilen, die jeweils durch eigens abgestellte Zerstörer- und U-Bootjägerpatrouillen gesichert wurden. Dabei unterstanden vier Zonen der Royal Navy (Straße von Gibraltar, Malta und die Südküste Siziliens, die Dardanellen und die Ägäis sowie die ägyptische Küste), vier der italienischen (die italienischen Küstengewässer und die Küste der italienischen Kolonie Libyen) und zehn der französischen Marine (insbesondere das westliche Mittelmeer sowie die ionische See).99 Ein weiteres wichtiges Ergebnis der Konferenz war die Einigung auf allgemeine und unmissverständliche Alarmsignale, mittels derer von U-Booten attackierte Schiffe die Hilfe der nächsten Patrouille anfordern oder diese zumindest über den Standort des U-Bootes informieren konnten.100 Dies erklärt die oftmals kurze Zeit, in der sich deutsche Boote nach der Versenkung eines Schiffes bereits mit gegnerischen U-Bootjägern oder Zerstörern konfrontiert sahen.101 Die Zonenaufteilung erwies sich jedoch v. a. im Hinblick auf sich überschneidende Kommandostrukturen als unpraktisch, so dass in einer zweiten, im März 1916 auf Malta abgehaltenen Konferenz die Zahl der Seezonen auf elf reduziert wurde. Eine wirkliche Koordination der Abwehrmaßnahmen wurde jedoch durch andauernde Kompetenzstreitigkeiten und Organisationsdefizite zwischen Briten, Italienern und Franzosen vereitelt.102 Im Ergebnis war es jedoch vor allem die im Hinblick auf die Größe der zu bewachenden Seezonen nach wie vor zu geringe Anzahl an Patrouillen- und Begleitfahrzeugen, welche eine effektive U-Bootabwehr während des Jahres 1916 verhinderte. Dies ist umso bedeutsamer, als dass das Mittelmeer aufgrund der folgenden Ereignisse bald der einzige U-Bootkriegsschauplatz des Jahres 1916 wurde.

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Vgl. Halpern, Otranto, S. 11 sowie Koburger, S. 85 f. So Waldemar Kophamel in seinem Schlussbericht, zitiert nach: Marinearchiv, Handelskrieg Bd. II, S. 202 f. Zu den ersten Feindfahrten von U 34 und U 35 siehe ebd., S. 201 ff. Eine tabellarische Aufstellung der alliierten U-Bootjagdverbände im Mittelmeer findet sich bei Halpern, Naval war, S. 228. 98 Zum Folgenden siehe Halpern, Naval war, S. 228 ff. sowie Tarrant, S. 27. 99 Eine Karte der Patrouillenzonen findet sich in Halpern, History, S. 473. 100 Die Signale lauteten entweder dreimal „SOS-SOS-SOS-SSSS“, gefolgt von den Standortkoordinaten und dem Namen angegriffenen Schiffes, oder „ALLO“, gefolgt von den Standortkoordinaten, vgl. Halpern, Naval war, S. 233. 101 Dies zeigen auch die folgenden Untersuchungen bzgl. der Operationen Arnaulds. 102 So weigerte sich das italienische Oberkommando, seine Schiffe einer zentralen alliierten Kommandogewalt zu unterstellen. Der britische Vizeadmiral Kenneth Dewar schrieb dazu im Jahr 1939: „The Adriatic theatre remains an object-lesson in the weakness of naval and military alliances.“ (Dewar, S. 202) dazu ferner Halpern, Naval war, S. 232 ff.; ders., Otranto, S. 11 und History, S. 386 f.; Coletta, S. 100 ff. sowie Tarrant, S. 27.

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2 Die deutsche U-Bootwaffe: Entstehung und Kriegseinsatz bis Ende 1915

7. Die gescheiterte Offensive: Das Mittelmeer als einziger U-Bootkriegsschauplatz Auch um die Jahreswende 1915/16 dauerte das innenpolitische Tauziehen um die Eröffnung des uneingeschränkten U-Bootkrieges mit unverminderter Härte an. So forderten Marineführung und Oberste Heeresleitung eine neue, uneingeschränkte U-Bootoffensive in der Nordsee und im Atlantik, während die Reichsleitung ihrerseits auf die nach wie vor gegebene Gefahr eines Kriegseintritts der USA verwies.103 Die schließlich erzielte Kompromisslösung sah eine Offensive dergestalt vor, dass unbewaffnete feindliche Handelsschiffe nur innerhalb des „Seekriegsgebiet(es) um Großbritannien und Irland“104 vorwarnungslos versenkt werden durften, während Passagierschiffe weiterhin unbedingt zu schonen waren. Nachdem die Offensive Ende Februar erfolgreich angelaufen war, kam es abermals zu einem Zwischenfall. Am 24. März 1916 torpedierte U 29 die französische Kanalfähre Sussex, wobei etwa 50 Personen, unter ihnen auch eine Reihe US-Amerikaner, verletzt wurden.105 Die amerikanische Regierung legte in bis dato ungekannter Schärfe Protest ein. Sie forderte Deutschland nicht nur zur umgehenden Rückkehr zum Prisenverfahren auf, sondern drohte andernfalls sogar mit dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen.106 Infolgedessen erging am 24. April 1916 der Befehl, dass der UBootkrieg in den britischen Gewässern fortan einzig nach der Prisenordnung zu führen sei.107 Kurz darauf wurden sämtliche im Rahmen der Offensive eingesetzten U-Boote in ihre Basen zurückbeordert, da man in den zuständigen Kommandostellen der Meinung war, ein U-Boothandelskrieg nach der Prisenordnung sei undurchführbar.108 Sieht man also von der nur knapp zwei Monate währenden Offensive gegen Großbritannien ab, wurde im Jahr 1916 nur im Mittelmeer ein durchgängiger U-Bootkrieg gegen die feindliche Versorgungsschifffahrt geführt. Vor diesem Hintergrund übernahm Lothar v. Arnauld de la Perière am 15. November 1915 das Kommando über U 35. Ehe jedoch der Kriegseinsatz v. Arnaulds untersucht wird, sollen im Folgenden familiärer Hintergrund und Werdegang dieses „deutsche(n) Offizier(s) mit dem französischen Namen“109 näher beleuchtet werden.

103 Ausführlich dazu: Schröder, S. 189 ff.; Tarrant, S. 25 f. 104 Marinearchiv, Handelskrieg Bd. III, S. 99. 105 Vgl. das AKB vom 25.03.1916, in: Depeschen Bd. IV, S. 1299; dazu Hough, S. 176; Schröder, S. 211. 106 Vgl. die US-amerikanische Note vom 20.04.1916, in: Seekriegsrecht Bd. II, S. 735 ff. 107 Siehe Marinearchiv, Handelskrieg Bd. III, S. 140. 108 Vgl. Scheer, S. 193 f.; Diese mit den Realitäten nicht zu vereinbarende Entscheidung – von den 68 gegnerischen Schiffen, die während der Offensive versenkt worden waren, wurden nur acht (sic!) durch „uneingeschränkte U-Bootkriegführung“, d. h. vorwarnungsloses Torpedieren versenkt – ist einzig mit dem Starrsinn des damaligen Chefs der Hochseeflotte, Admiral Scheer, sowie des Befehlshabers des Marinekorps Flandern, v. Schröder, zu erklären. Siehe dazu Marinearchiv, Handelskrieg Bd. III, S. 106 ff; Schröder, S. 219 ff. sowie Hough, S. 177. 109 Thomas, Ritter, S. 126.

3 LOTHAR VON ARNAULD DE LA PERIÈRE – HERKUNFT UND BIOGRAPHIE BIS ENDE 1915 „Es ist seltsam, was der Krieg für Possen mit Namen und Rassen trieb. Amerikas größter Luftheld hörte auf den guten deutschen Namen Rickenbacher1 und Deutschlands erfolgreichster U-Boot-Held hatte den typisch französischen Namen v. Arnauld de la Perière.“2 Lowell Thomas, 1928. HERKUNFT DER FAMILIE ARNAULD DE LA PER(R)IÈRE3 Die Stammreihe der Familie Arnauld beginnt um 1480 mit Henri Arnauld, Gouverneur von Herment, einer kleinen Stadt nahe Clermont-Ferrand in der Auvergne. Über die Jahrzehnte entstanden daraus mehrere Linien, aus deren Reihen eine Vielzahl von Advokaten, Jansenisten4 und Diplomaten hervorging. Die Linie derer de la Perrière findet erstmals im Jahre 1543 Erwähnung. Sie brachte eine Reihe von Soldaten, unter anderem Infanterie- und Dragoneroffiziere, hervor, ehe JeanGabriel Arnauld, Seigneur de la Perrière und Souslieutenant (Unterleutnant) im Artilleriebataillon de la Motte, infolge eines „unglücklich (verlaufenen) Duells“ mit seinem militärischen Vorgesetzten, einem (angeblichen) Abkömmling des Hauses Bourbon im Jahre 1756 nach Preußen floh.5 Ihm drohte die Inhaftierung, da das 1 2

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Edward Rickenbacher stammte aus einer schweizerischen Einwandererfamilie. Er änderte seinen Namen während des Ersten Weltkrieges in das „amerikanischere“ „Rickenbacker“, vgl. Lewis, S. 76 ff. Thomas, Ritter, S. 127. Ein weiteres Beispiel für diese treffende Aussage findet sich zu Beginn des Zweiten Weltkriegs: am 28.09.1939 unterzeichnete der Kommandant von Warschau, General Julius v. Rommel (polnisch: Juliusz Rómmel), gegenüber dem Befehlshaber der 8. deutschen Armee, General Johannes Blaskowitz die Kapitulation der polnischen Hauptstadt. Hier trug der Deutsche einen polnischen, der Pole einen deutschen Familiennamen. Siehe dazu Jaenecke, S. 99. Zum folgenden Abschnitt siehe Desgranges, S. 308 ff.; zu Johann Gabriel v. Arnauld vgl. insbesondere König, S. 75; Lamarque/Fririon, S. 218; Naumann, S. 353; Schöning, S. 138; sowie Zedlitz-Neukirch, S. 137; zu August Ferdinand v. Arnauld siehe Priesdorff, Bd. 5, S. 575; Scharnhorst, S. 386 sowie Schöning, S. 322. Zum Jansenismus siehe Maire, passim; im Hinblick auf das Geschlecht Arnauld: Sedgwick, passim. Desgranges, S. 327: „Il quitta la France en 1757 à la suite, croit-on, d’un duel malheureux“ (wörtliche Übersetzung: „Er verließ Frankreich im Jahr 1753 wie man annimmt infolge eines unglücklichen Duells“). Die genauen Umstände sind nicht mehr zu klären, jedoch ist anzunehmen, dass Jean-Gabriel Arnauld seinen Kontrahenten tötete. Dass es sich dabei um den „Herzog von Bourbon“ handelte, behaupten Thomas, Raiders, S. 127; Grey, S. 82; Herzog, Arnauld, S. 104 sowie ein Artikel über v. Arnauld in der südafrikanischen Cape Times vom 28.11.1938,

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3 Lothar von Arnauld de la Perière – Herkunft und Biographie bis Ende 1915

Duell als Symbol aristokratischer Unabhängigkeit gegenüber der Krone seit Ludwig XIII. durch eine Reihe königlicher Edikte mit Strafe bedroht war.6 Entgegen verschiedentlich anzutreffender Behauptungen7 handelte es sich bei der Familie v. Arnauld de la Perière somit keineswegs um Hugenotten, die aufgrund religiöser Repression nach Preußen geflohen sind. Dies erscheint insbesondere deshalb unwahrscheinlich, da die große Emigration calvinistischer Protestanten bereits unmittelbar nach dem im Jahre 1685 von König Ludwig XIV. erlassenen Edikt von Fontainebleau stattfand, welches seinerseits das Toleranzedikt von Nantes aus dem Jahre 1598 außer Kraft setzte und den Hugenotten so jedwede Bürgerrechte entzog.8 Auch der Umstand, dass in der Auvergne zu keinem Zeitpunkt ein nennenswerter hugenottischer Bevölkerungsanteil vorhanden war, spricht für diese Annahme.9 Dass Jean-Gabriel Arnauld Preußen zum Ziel seiner Flucht erwählte, lag vermutlich nicht nur an der Frankophilie Friedrichs II.10 und der bis zum Ausbruch des Siebenjährigen Krieges bestehenden preußisch-französischen Allianz, sondern vielmehr daran, dass damals kaum eine europäische Armee derartige Karrieremöglichkeiten versprach wie die Preußische. Aufgrund der geringen Einwohnerzahl des Königreichs war das friderizianische Heer auf ausländische Soldaten besonders angewiesen.11 Dies bewies sich im Falle Arnaulds auf eindrucksvolle Weise: 1757 im Range eines Hauptmanns in die Armee Friedrichs des Großen eingetreten, kämpfte er während des Siebenjährigen Krieges im Freibataillon Graf von Hordt12, mit dem er unter anderem an der Belagerung der schlesischen Festung Schweidnitz13 teilnahm. Für seine Verdienste von Friedrich II. in den (preußischen) Adelsstand erhoben14, wurde er nach Verwendung in verschiedenen höheren Kommandostellen

6 7 8 9 10 11 12

13 14

S. 2 („Ace of U-Boat Raiders – Admiral von Arnauld in Cape Town“). Aufgrund des Umstandes, dass es sich bei den Bourbonen um das französische Königshaus handelte, wäre anzunehmen, dass dieser Umstand auch in anderen Quellen genannt wird. Jedoch findet sich in der genealogischen Literatur über die Familie v. Arnauld de la Perière (v. a. Desgranges, S. 327; Kneschke, S. 106 und Hueck, S. 120 sowie den oben in Fn. 3 Genannten) keinerlei Bezugnahme auf den angeblichen Kontrahenten, weshalb die Herkunftsangabe als ungesichert zu betrachten ist. Vgl. Lynn, S. 256 f. sowie Cuénin, S. 9 ff., 219 ff. und 311 ff. Dies behauptet beispielsweise die französische Zeitung La Croix vom 09.01.1917 („Honneur au »Rigel«“), S. 5 sowie Thomazi, S. 169; Gunton, S. 104; Treue, S. 27 sowie Herzog, As, S. 8. Vgl. Duchhardt, S. 29 ff; Gresch, S. 53 ff. sowie Dölemeyer, S. 22 ff. und S. 50 ff. Zur regionalen Verteilung der Hugenotten in Frankreich siehe die graphische Darstellung bei Gresch, S. 35. Externbrink, S. 154 bezeichnet Friedrich II. zu Recht als „durch und durch französisch denkende(n) und fühlende(n) Monarch(en)“. Vgl. Duffy, S. 78 sowie Hinze, S. 189 ff. Benannt nach seinem Kommandeur Graf Johann Ludwig v. Hordt (1719-1798), zur Person siehe Priesdorff, Bd. 5, S. 15; „Freibataillone“ oder „Frei-Infanterie“ waren in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts selbständige, unabhängig von den in starrer Lineartaktik kämpfenden regulären Truppen eingesetzte leichte Verbände; insofern ist „frei“ nicht unbedingt i. S. v. „freiwillig“, sondern von ungebunden im Hinblick auf die sonst üblichen starren Formationen zu verstehen; vgl. Militärgeschichtliches Institut, S. 216 f. Dazu Preußische Armee/Großer Generalstab, S. 169 ff., insbesondere S. 174 ff; ferner Szabo, S. 397 ff. Die Familie nannte sich fortan „von Arnauld de la Perière“ (mit nur noch zwei „r“); Jean-Gab-

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1791 im Range eines Generalmajors verabschiedet und starb 1807 in Neidenburg/ Ostpreußen. Johann Gabriel v. Arnauld war dreimal verheiratet, dabei entsprangen der ersten und zweiten Ehe jeweils fünf, während aus der dritten Ehe weitere vier Kinder hervorgingen. Das zweite Kind aus dieser dritten Ehe war der spätere Großvater Lothar v. Arnaulds. Bekannt wurde jedoch insbesondere der zweite Sohn aus zweiter Ehe, August Ferdinand v. Arnauld de la Perière, der, 1793 geboren, als Hauptmann an den Befreiungskriegen teilnahm, wo er den Pour le mérite mit Eichenlaub erhielt. Auch er stieg bis zum Generalleutnant auf und verstarb 1863. LOTHAR VON ARNAULD DE LA PERIÈRE – DIE FRÜHEN JAHRE Über die frühen Jahre Lothar v. Arnaulds ist nur wenig überliefert, da seine Personalakte wie auch die Masse der privaten Aufzeichnungen als in den Wirren der letzten Kriegswochen des Zweiten Weltkrieges verschollen gilt.15 Im nachfolgenden Abschnitt wird daher der Zeitraum bis Kriegsausbruch anhand der wenigen noch vorhandenen Archivdokumente und privaten Aufzeichnungen rekonstruiert.16 1. Ausbildung und Verwendung bis Kriegsausbruch Lothar Eugen Georg von Arnauld de la Perière kam am 18. März 1886 in Posen als zweiter Sohn17 des Geheimen Rechnungsrates am Rechnungshof des Deutschen Reiches, Eugen v. Arnauld und seiner Frau Bertha (geb. Müller) zur Welt. Bereits in frühen Jahren wurde ihm klar, dass „die Offizierslaufbahn (…) den von der Natur für ihn vorgesehenen Beruf“ darstellte, und so besuchte er von 1896 bis 1903 die Kadettenanstalten in Wahlstatt und Groß-Lichterfelde.18 Am 1. April 1903 trat der

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riel v. Arnauld nannte sich bereits seit Dienstantritt in der preußischen Armee „Johann Gabriel“. Vgl. das Antwortschreiben des Bundesarchivs/Militärarchivs vom 15.06.1961 auf eine Anfrage Bodo Herzogs vom 09.06.1961, in: BA/MA, Pers 6/2226, Bl. 10 f. Zum folgenden Abschnitt siehe insbesondere: BA/MA, Pers 6/2226. Die hier genannten Daten und Fakten sind – sofern nicht besonders gekennzeichnet – den wenigen noch im Bundesarchiv-Militärarchiv enthaltenen Dokumenten zu Lothar v. Arnauld entnommen. Als weitere Quellen dienen datierte Fotografien sowie abfotografierte handschriftliche Postkarten, die Lothar v. Arnauld in den Jahren 1905 bis 1914 an seine Eltern in Potsdam und seinen jüngeren Bruder Hellmut in Berlin schickte. Diese Unterlagen wurden dem Autor von Herrn Yves Dufeil (siehe Quellen- und Literaturverzeichnis) freundlicherweise zur Verfügung gestellt. Tabellarische Lebensläufe Arnaulds finden sich darüber hinaus u.a. in Herzog, U-Boote, S. 151 f. und ders., Biographie, S. 125 ff. Der um ein Jahr ältere Bruder Lothar v. Arnaulds, Günther, starb im Alter von vier Monaten, während sein zwei Jahre jüngerer Bruder Friedrich im Zweiten Weltkrieg bis zum Generalleutnant aufsteigen sollte (siehe unten, Fn. 27). Arnaulds jüngster Bruder Hellmut (geb. 1891) fiel bereits am 22. August 1914 als Leutnant im Grenadier-Regiment König Wilhelm I. (2. Westpreußisches) Nr. 7 bei Virton in Belgien, vgl. Desgranges, S. 330 f. Thomas, Ritter, S. 127; Zur Kadettenausbildung in der Kaiserlichen Marine siehe Herwig, Elite, S. 37 ff.

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junge Kadett schließlich in die Kaiserliche Marine (Crew 03) ein, wo er an der Marineschule in Kiel zunächst die infanteristische Grundausbildung durchlief. Danach folgte eine Ausbildungsfahrt auf dem Segelschulschiff Stein, die v. Arnauld bis nach Westindien brachte. Am 15. April 1904 zum Fähnrich z. S. befördert, absolvierte der Offiziersanwärter bis Herbst 1905 verschiedene Spezialkurse (Torpedo- und Artilleriewaffe) an der Marineschule Kiel, ehe er auf das Linienschiff Kurfürst Friedrich Wilhelm versetzt wurde.19 Ende September 1906 erhielt v. Arnauld sein Patent als Leutnant z. S. und kaum einen Monat später wurde er erstmals ausgezeichnet, nachdem er einem bei schwerer See über Bord gegangenen Mann nachgesprungen war, wobei er selbst nur mit knapper Not gerettet werden konnte. Hierfür erhielt er auf Vorschlag des Chefs der Hochseeflotte, Prinz Heinrich von Preußen, den Kronenorden IV. Klasse.20 Nach einer weiteren Ausbildungsfahrt auf der Stein im Mittelmeer und zwei dreimonatigen Probefahrtskommandos auf den Linienschiffen Schlesien und Schleswig-Holstein, wobei er mit letzterer an den Kaisermanövern des Jahres 1908 in der Ostsee teilnahm, erfolgte am 27. März 1909 die Beförderung zum Oberleutnant z. S.21 Kurz darauf wurde er zur II. Torpedoboots-Division (II. Schulflottille) in Wilhelmshaven versetzt, wo er als Kompanie- und Wachoffizier auf den Torpedobooten V 155 und V 161 sowie auf dem Fischereischutzboot D 8 eingesetzt war. Seinen Dienst versah er dabei jedoch größtenteils an Land, worüber sich der junge Offizier, ebenso wie über die schlechtere Bezahlung, in einer Postkarte an seine Eltern beklagte.22 Dies erklärt sich dadurch, dass Landdienste im Seeoffizierskorps der Kaiserlichen Marine weniger angesehen waren, während ihre gesellschaftliche Stellung die Offiziere zum Pflegen eines „noblen Lebensstils“ verpflichtete, der mit entsprechenden Ausgaben verbunden war.23 Am 1. April 1911 wurde Oberleutnant z. S. v. Arnauld de la Perière Torpedooffizier auf dem Kleinen Kreuzer Emden (I), der als Teil des ostasiatischen Kreuzergeschwaders in Tsingtau, der Hauptstadt des deutschen Pachtgebietes Kiautschou, stationiert war.24 Mit der Emden, die im Krieg zum erfolgreichsten deutschen Kreuzer in überseeischen Gewässern avancieren sollte, war er in den folgenden beiden Jahren in Japan, auf dem Jangtsekiang, in den deutschen Südseeschutzgebieten sowie in Nanking und Shanghai. 1913 nach Deutschland zurückberufen, stand v. Arnauld zunächst zur Verfügung der II. Marine-Inspektion, ehe er im Herbst desselben 19 20 21

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Dies geht auch aus einer Postkarte v. Arnaulds vom 31.12.1905 aus Kiel (mit umseitiger Abbildung der Kurfürst Friedrich Wilhelm) an seine Eltern in Potsdam hervor (Privatarchiv Dufeil). Möller, S. 23. Beim Kronenorden handelte es sich um einen allgemeinen preußischen Verdienstorden, der 1861 von Wilhelm I. anlässlich seiner Krönung zum König von Preußen gestiftet wurde; siehe dazu Gritzner, S. 374 ff. Vgl. die Postkarten v. Arnaulds vom 01.03.1908 aus Vigo sowie vom 17.09.1908 aus Kiel (mit umseitiger Abbildung der Schleswig Holstein) an seine Eltern in Potsdam. Ferner eine Postkarte von den Kaisermanövern 1908 in der Ostsee an seinen Bruder Hellmut in der Hauptkadettenanstalt Groß-Lichterfelde (jeweils Privatarchiv Dufeil). Vgl. Postkarte v. Arnaulds vom 03.09.1909 aus Saßnitz an seine Eltern in Potsdam (mit umseitiger Abbildung des Torpedobootes V 155; Privatarchiv Dufeil) Vgl. Herwig, Elite, S. 75. Vgl. eine Postkarte Arnaulds vom 18.03.1912 aus Tsingtau an seine Eltern (siehe Abb.1, Anhang S. 159; Privatarchiv Dufeil).

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Jahres Adjutant des Admiralstabschefs v. Pohl in Berlin wurde – eine hohe Ehre für einen jungen Offizier. Zugleich wurde er Kompanieführer auf der Kaiserlichen Jachtstation in Potsdam.25 Ende Juni 1914 wohnte er in dieser Funktion der Einweihung der neuen Schleuse des Kaiser-Wilhelm-Kanals in Kiel durch Wilhelm II. bei, ehe er Anfang Juli zu Sprachstudien nach Großbritannien ging.26 Jedoch sollte ihn nur wenige Wochen später der drohende Kriegsausbruch zur Rückkehr in die Heimat zwingen. 2. Vom Kriegsausbruch bis zum Dienstantritt auf U 35 Zurück in Deutschland meldete sich Oberleutnant v. Arnauld – ebenso wie sein jüngerer Bruder Friedrich27 – freiwillig zur noch jungen Marineflieger-Truppe. Wie viele andere vom „Augusterlebnis“ erfasst, wollte er „heraus (…) und zwar bald“, da er befürchtete, ansonsten „womöglich noch zu spät“ zu kommen.28 Doch im Gegensatz zu seinem Bruder wurde er aufgrund des hohen Andranges von Frei25 26

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So Haiungs, S. 77. Vgl. eine Postkarte v. Arnaulds vom 30.06.1914 aus Kiel an seine Eltern in Potsdam (Privatarchiv Dufeil). Dass ihm diese kaum vier Wochen währenden Studien später einen Vorteil hinsichtlich des sprachlichen Verständnisses gegnerischer Funksprüche und Dokumente respektive beim Verhör gefangener Offiziere brachten, wie Compton-Hall, S. 217 behauptet, ist nicht nachweisbar, darf jedoch zumindest bezweifelt werden. Friedrich v. Arnauld de la Perière (1888–1969) wurde im Dezember 1914 Leiter der Seeflugstation Flandern I in Zeebrügge; geriet Ende 1915 in französische Kriegsgefangenschaft, aus der er 1920 heimkehrte. Angeblich warf er am 24.12.1914 die erste Fliegerbombe auf England (vgl. „Ein bisschen Frieden mitten im Gemetzel“, abrufbar unter ). In die Reichsmarine übernommen, stieg er bis zu seiner Verabschiedung 1930 zum Fregattenkapitän auf. Von 1930 bis 1934 Beamter des Völkerbundes in Genf; danach Übernahme in die Luftwaffe als Oberstleutnant und Kommandant des Flugplatzes Brandis bei Leipzig; ab 1937 Abteilungschef im Nachschubamt des Reichsluftfahrtministeriums; 1939–1941 Kommandeur der Luftzeuggruppe 17 (Wien); ab September 1943 in der Führerreserve der Luftwaffe; 1944 als Generalleutnant verabschiedet; vgl. BA/MA, MSG 109/42. So formuliert es v. Arnauld in seinem autobiographischen Erlebnisbericht „Aus 3 Jahren UBoot-Krieg“, der in dem von Werner v. Langsdorff unter dem Titel „U-Boote am Feind“ (Bertelsmann Verlag, Gütersloh 1937) herausgegebenen Sammelband erschien (S. 53). Neben dem „Bericht“ v. Arnaulds beinhaltet das Buch eine Reihe weiterer, in ähnlichem Stil gehaltener Erlebnisberichte ehemaliger deutscher U-Bootkommandanten, Wachoffiziere, Matrosen und Maschinisten. Insbesondere finden sich darin die Berichte zweier ehemaliger Wachoffiziere von U 35, Erwin de Terra und Sigismund Prinz v. Preußen sowie diejenigen der Matrosen August Haiungs, Josef Eichberger, Emil Ruf und Fritz Werschkull. Der Bericht v. Arnaulds selbst erschien 1938 abermals in leicht veränderter, eher auf jugendliche Leser zugeschnittener Form in der Romanhefte-Serie „Spannende Geschichten“ (1935–1941, Bertelsmann Verlag Gütersloh) unter dem Titel „‘U 35’ auf Jagd“. Die Berichte sind jedoch mit Vorsicht zu betrachten, da nicht auszuschließen ist, dass die nachträglich getroffenen Aussagen v. Arnaulds – wie auch die der anderen Besatzungsmitglieder – (auch) der Selbstdarstellung dienen. Die daraus verwendeten Stellen wurden vom Autor – soweit möglich – durch einen Abgleich mit den Kriegstagebüchern von U 35 verifiziert. Zum „Augusterlebnis“ siehe die umfassende Darstellung von Jeffrey Verhey: Der Geist von 1914 und die Erfindung der Volksgemeinschaft (Hamburg 2000).

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willigen für diese Waffengattung abgelehnt und verblieb stattdessen als Adjutant Admiral v. Pohls im Großen Hauptquartier – in den Augen des ehrgeizigen Offiziers eine „zwar ehrenvolle aber (…) in keiner Weise befriedigende Stellung“.29 Tatsächlich handelte es sich dabei um einen Posten, der unter jungen Marineoffizieren heißbegehrt war.30 Das Hauptquartier wechselte im August 1914 von Berlin zunächst nach Koblenz und wurde im September nach Luxemburg und schließlich nach Charleville-Mézières verlegt.31 Als ständiger Begleiter des Admiralstabschefs befand sich v. Arnauld während dieser Zeit in unmittelbarer Nähe der höchsten politischen und militärischen Entscheidungsträger. So lernte er nicht nur Kaiser Wilhelm II., den österreichischen Thronfolger Erzherzog Karl und Prinz Waldemar v. Preußen, sondern auch eine Reihe hochrangiger Militärs, darunter etwa den „Sieger von Lüttich“, General v. Emmich, sowie den Befehlshaber des Marinekorps Flandern, Admiral v. Schröder, persönlich kennen.32 Dabei wurde der Offizier aus nächster Nähe Zeuge der Auseinandersetzungen um die Eröffnung des U-Boothandelskrieges.33 Am 17. November 1914 erhielt v. Arnauld zusammen mit dem gesamten Großen Hauptquartier das Eiserne Kreuz II. Klasse. Nur einen Monat später folgte die Beförderung zum Kapitänleutnant. Nachdem Admiral v. Pohl am 2. Februar 1915 als Admiralstabschef abgelöst worden war, diente v. Arnauld noch weitere zwei Monate unter dessen Nachfolger, Admiral Bachmann, ehe er am 1. April 1915 auf eigenes Bemühen hin zur U-Bootwaffe versetzt wurde. An der U-Boot-Schule Eckernförde wurde der Kapitänleutnant auf den alten, zu Schulzwecken eingesetzten Booten U 1 und U 3 zum U-Bootkommandanten ausgebildet.34 Da nach Abschluss der Ausbildung noch kein Boot für den frischgebackenen Kommandanten zur Verfügung stand, kam er zunächst abermals als Adjutant Admiral Bachmanns ins Große Hauptquartier, welches in der Zwischenzeit zur Leitung der Offensive gegen Russland im schlesischen Schloss Pleß untergebracht war.35 Vom 29 30 31 32

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Möller, S. 23; Arnauld, S. 53. Siehe dazu auch Abb. 2 im Anhang, S. 159. Vgl. Herwig, Elite, S. 82. Pöhlmann in: Hirschfeld, S. 544. Siehe dazu die von Michael Epkenhans edierten Tagebücher des ebenfalls im Großen Hauptquartier tätigen Admirals Albert Hopman („Das ereignisreiche Leben eines ›Wilhelminers‹. Tagebücher, Briefe, Aufzeichnungen 1901 bis 1920“, München 2004), in denen v. Arnauld verschiedentlich erwähnt wird (S. 456, 462, 465, 476, 486, 502, 507, 510 f., 524, 544, 549 f., 555, 558, 571, 576, 580, 592, 879, 903, 951 und 962). Siehe dazu oben, S. 28 ff. sowie Hopman, S. 571 ff. und Pohl, S. 100 ff. Siehe dazu auch eine Postkarte v. Arnaulds vom 23.08.1915 an seine Eltern in Potsdam, in der Arnauld das umseitig abgebildete U 3 als seinen „stolzen Untersatz“ bezeichnet. Pöhlmann in: Hirschfeld, S. 544; Siehe dazu auch Herzog, As, S. 8; zu beachten ist hierbei, dass die „Deutsche Militärzeitschrift“, aus welcher der hier zitierte Artikel über v. Arnauld stammt (Heft Nr. 23 [2000], S. 8–11), von der Bundesregierung seit 2006 als dem „rechtsextremen Spektrum zuzuordnen“ eingeschätzt wird und daher angeordnet wurde, dass „der Bezug der Zeitschrift für alle Bibliotheken und Fachinformationsstellen im Fachinformationswesen der Bundeswehr einzustellen ist“ (Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Inge Höger, Petra Pau, Paul Schäfer (Köln) und der Fraktion Die Linke: Kontakte zwischen Bundeswehr und Anzeigenkunden der im rechtsextremistischen Spektrum angesiedelten Deutschen Militärzeitschrift. Bundestagsdrucksache 16/9550). Der Artikel wird hier dennoch verwendet, da er nach Auffassung des Autors keine rechtsextremen oder inhalt-

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1. Oktober bis Anfang November war v. Arnauld zur Information bei der III. UHalbflottille in Emden, wo die letzten Weichen für seine Frontverwendung gestellt wurden. Mitte November wurde mit U 35, das als Teil der U-Flottille Pola in der Adria stationiert war, endlich ein Frontboot für ihn frei.36 Unter Korvettenkapitän Kophamel, der fortan das Kommando über die Flottille führen sollte, hatte U 35 bis dahin bereits 35 Schiffe mit insgesamt 89.192 BRT versenkt.37 Dass einem gänzlich unerfahrenen Kommandanten ein bisher so erfolgreiches Boot anvertraut wurde, ist durchaus als Privileg zu betrachten.38 Obwohl v. Arnauld das Kommando über U 35 bereits am 18. November 1915 übernommen hatte, sollte es bis zum Januar 1916 dauern, ehe er erstmals aktiv in das Kriegsgeschehen eingriff. Bis dahin lag das Boot zur Instandsetzung in Pola in der Werft, wo u. a. das auf der letzten Feindfahrt unter Kophamel durch Rohrkrepierer beschädigte 7,5 cm-Geschütz durch eine 8,8 cm Deckkanone ersetzt wurde.39

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lich falsche Aussagen beinhaltet und der Autor, Bodo Herzog, zahlreiche wissenschaftlich anerkannte Werke zur Geschichte des U-Bootkrieges im Allgemeinen verfasst hat (u. a. zitiert in Schröder, „Die U-Boote des Kaisers“ und in Auszügen nebst schriftlichen Anfragen bzgl. der Personalakte v. Arnaulds auch in BA/MA, Pers 6/ 2226 enthalten) und insofern als seriös einzustufen ist. Siehe dazu oben, S. 26 und S. 35 f.; zu den Operationen von U 35 unter Kophamel siehe Herzog, Welt, passim. Herzog, U-Boote, S. 146. Vgl. Compton-Hall, S. 217, der so weit geht zu behaupten, dass Arnauld aufgrund seiner vormaligen Stellung als Adjutant des Admiralstabschefs auch hinsichtlich Nachschub und Ersatz bevorzugt wurde. Dies ist jedoch nicht nachweisbar. Siehe Kriegstagebuch (KTB)-Einträge vom 06. und 20.11.1915 in BA/MA, RM 97/764 und RM 97/765.

4 ERFOLGREICHSTER U-BOOTKOMMANDANT DES KAISERS: 1916–1918 In den knapp zwei Jahren, in denen Kapitänleutnant v. Arnauld als Kommandant der Boote U 35 und U 139 „Kapitänleutnant Schwieger“ gegen die britische Versorgungsschifffahrt operierte, vernichtete er auf fünfzehn Feindfahrten 194 Handelsschiffe mit 453.718 BRT sowie zwei Kanonenboote mit zusammen 2.500 BRT – ein in der Seekriegsgeschichte einmaliges Versenkungsergebnis. Im Folgenden werden die Operationen anhand der Kriegstagebücher der Boote1, diverser Pressemeldungen sowie verschiedener Berichte, Erzählungen und privater Aufzeichnungen des Kommandanten und anderer Besatzungsmitglieder nachgezeichnet. Zum Verständnis des Gesamtzusammenhanges und vieler Einzelereignisse ist es dabei unverzichtbar, auch das allgemeine (U-Boot-) Kriegsgeschehen im Blick zu behalten. Zunächst soll jedoch auf U 35 als eigentliche Waffe v. Arnaulds eingegangen werden. DIE WAFFE: S. M. U 352 Bei U 35 handelte es sich um ein von der Krupp-Germaniawerft in Kiel gebautes Zweihüllenboot der UA-Klasse, welches am 3. November 1914 in Dienst gestellt worden war. Am 29. März 1912 in Auftrag gegeben, sollte es ursprünglich bis zum 1. März 1914 ausgeliefert werden. Verspätungen beim Bau der Zweitakt-Dieselmotoren sorgten jedoch dafür, dass U 35 erst am 18. April 1914 vom Stapel lief und, nachdem der Kriegsausbruch den geplanten Verkauf des Bootes nach Griechenland verhinderte, am 1. November desselben Jahres in Dienst gestellt wurde. Die Besatzung bestand neben dem Kommandanten selbst aus drei Offizieren (darunter ein Ingenieur) sowie 31 Unteroffizieren und Mannschaften. Bei einer Länge von 64,70 m und einer Breite von 6,32 m hatte es einen Tiefgang von 3,56 m. Zwei Dieselmoto-

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BA/MA, RM 97/765 sowie BA/MA, RM 97/766. Alle anderweitig verwendeten Quellen und Werke sind – ebenso wie wörtliche Zitate aus den Kriegstagebüchern – jeweils gesondert gekennzeichnet. Die Tonnageangaben der versenkten Schiffe sind – da es sich bei den KTB-Angaben i. d. R. um Schätzwerte handelt – Herzog, U-Boote, S. 146 ff. entnommen. Zu den folgenden Betrachtungen zu U 35 selbst siehe Rössler, S. 53 und Herzog, U-Boote, S. 47 sowie die Rissdarstellung von U 35 im Anhang, S. 175 (Darstellung 1). Zu beachten ist ferner das Werk „In der Alarmkoje von U-35“ des leitenden Ingenieurs (L. I.) von U 35, Marine-Oberingenieur Hans Fechter (Berlin 1918), der auf den S. 33–47 eine detaillierte Innenbeschreibung des Bootes liefert. Ein ausführlicher Lebenslauf Fechters findet sich in Herzog, UBoote, S. 165 ff. Abbildungen von U 35 selbst sowie der Mannschaft finden sich im Anhang, Abb. 3 und 4, S. 160.

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ren mit je 925 PS ermöglichten eine maximale Geschwindigkeit von 16,4 Knoten3 über Wasser, während zwei Elektromotoren von je 600 PS das Boot auf eine Unterwasserhöchstgeschwindigkeit von 9,7 Knoten brachten. Die Reichweite betrug 8.790 Seemeilen über Wasser, während das Boot in getauchtem Zustand maximal 80 Seemeilen zurücklegen konnte, ehe die Batterien an der Wasseroberfläche erneut aufgeladen werden mussten. Die maximale Tauchtiefe betrug 50 m. Die (Primär-) Bewaffnung bestand aus sechs bis zehn 50 cm-Torpedos, die sowohl aus einem Paar von Bug- wie auch aus den beiden Heckrohren abgefeuert werden konnten. Darüber hinaus verfügte das Boot standardmäßig über eine 7,5 cm L/18 Deckkanone, die im Jahre 1915 durch ein 8,8 cm L/30 Geschütz ersetzt wurde. Dieses wurde Ende 1916 seinerseits gegen eine 10,5 cm L/45 Kanone ausgetauscht. Letztere ermöglichte es, verdächtige Schiffe bereits aus großer Distanz unter Feuer zu nehmen und so entweder zur Aufgabe oder zur Gegenwehr zu veranlassen. Auf diese Weise wurde das Risiko für das eigene Boot, unerwartet einer U-Bootsfalle zum Opfer zu fallen, minimiert. DAS KRIEGSJAHR 19164 Wie oben bereits dargestellt waren die mediterranen Gewässer das einzige Seekriegsgebiet, in dem deutsche U-Boote während des Jahres 1916 durchgehend Handelskrieg führten. Die dortigen Boote unterstanden dem direkten Befehl des Admiralstabs und dieser sah – ganz im Gegensatz zu den Befehlshabern im Atlantik – keine Veranlassung, den U-Bootkrieg aufgrund der befohlenen Beschränkungen einzustellen.5 1. Erste Erfahrungen6 „Nur vorsichtig. Es kommt bei der ersten Fahrt nicht darauf an, dass Sie was erreichen, sondern dass Sie das Boot zurückbringen“ – mit diesen Worten verabschiedete Flottillenchef Kophamel am 11. Januar 1916 den frischgebackenen Kommandanten zu seiner ersten Feindfahrt.7 Als Operationsgebiet war U 35 das Seegebiet zwischen Malta und Kreta zugewiesen. Knapp eine Woche später, am 16. Januar 1916, gelang mit dem britischen Dampfer Sutherland (3.600 BRT) der erste Versenkungserfolg durch Geschützfeuer. Arnaulds Taktik bestand dabei darin, das anvisierte Fahrzeug 3 4 5 6 7

1 Knoten = 1 Seemeile/h = 1,852 km/h ≈ 0,514444 m/s. Wie sich weiter unten zeigen wird, wurde der Einbau einer 10,5 cm Seekanone erst nach wiederholtem Drängen Arnaulds bewilligt. Vgl. dazu auch Marinearchiv, Handelskrieg Bd. III, S. 38. Vgl. Schröder, S. 231. Zum Folgenden siehe das KTB der Unternehmung vom 11.01. bis 25.01.1916, in: BA/MA, RM 97/765. Zu sämtlichen Feindfahrten Arnaulds auf U 35 siehe die bei Halpern, History, S. 453 abgedruckte Mittelmeerkarte. Arnauld, Kampf, S. 84. Ähnlich: ders., U-Boot-Krieg, S. 54.

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aus einer Entfernung von sechs- bis dreitausend Metern durch einen Schuss vor den Bug zum Stoppen zu veranlassen, ehe es durch Signal zum Schicken eines Bootes aufgefordert wurde. Stellte sich nach Befragung des Kapitäns und Durchsicht der Schiffspapiere heraus, dass es sich um ein feindliches Schiff oder einen Neutralen mit Bannware handelte, wurde dasselbe nach Evakuierung der Besatzung mittels einiger gezielter Schüsse in die Wasserlinie versenkt.8 Diese Vorgehensweise perfektionierte die Besatzung von U 35 mit zunehmender Dauer des Krieges. Während der Verfolgung eines zweiten, unmittelbar nach Versenkung der Sutherland gesichteten Dampfers kam es zu einem Ereignis, welches für den Kapitänleutnant Feuertaufe und „erste und wichtigste Kriegserfahrung“9 zugleich werden sollte und in diesem Zusammenhang auch der Erläuterung des allgemeinen Vorgehens v. Arnaulds als U-Bootkommandant dient: Die Konfrontation mit der englischen U-Bootfalle Margit, welche als holländischer Frachter „Melanie“ getarnt im Mittelmeer operierte. Gemäß dem üblichen Prisenverfahren stoppte U 35 das vermeintlich neutrale Schiff und forderte es durch Signal zum Entsenden eines Bootes auf. Als das abgesetzte Boot – nichts anderes als die Panic-Party des Engländers10 – in die entgegengesetzte Richtung davonfuhr, wurde Arnauld misstrauisch. Er ließ tauchen, um den angeblichen Frachter zunächst eingehender zu betrachten und nach verdächtigen Aufbauten und Klappen Ausschau zu halten, hinter denen sich getarnte Geschütze verbergen konnten. Nachdem ihm nichts Derartiges aufgefallen war, entschloss sich der deutsche Kommandant zum Auftauchen, wählte seine Position vorsichtshalber jedoch so, dass sich das ausgesetzte Beiboot zwischen dem verdächtigen Frachter und U 35 befinden würde. Auf diese Weise würde der vermeintliche Holländer beim Beschuss des deutschen U-Bootes seine eigenen Leute gefährden. Der Kapitänleutnant sollte Recht behalten. Kaum dass das deutsche U-Boot aufgetaucht war, eröffnete der Frachter aus zwei Geschützen und einem Maschinengewehr das Feuer, so dass U 35 sich gerade noch unter die Wasseroberfläche retten konnte, während in nächster Nähe bereits die feindlichen Geschosse einschlugen. Zwar versuchte Arnauld einen Gegenangriff, doch gingen beide auf das Q-Schiff abgefeuerte Torpedos fehl, so dass sich der Kommandant schließlich zum Ablaufen entschied.11 Auf seiner ersten Feindfahrt versenkte v. Arnauld noch 8

9 10 11

Beispielhaft für Arnaulds genaues Vorgehen bei der Vernichtung eines Schiffes durch Geschützfeuer ist die Versenkung des bewaffneten britischen Dampfers Parkgate am 4. April 1917, welche in dem im Jahre 1917 im Auftrag des Bild- und Filmamtes (Bufa) an Bord von U 35 gedrehten (Propaganda-) Film „Der magische Gürtel“, Minuten 02:32 bis 09:40, zu sehen ist. Dieses bemerkenswerte zeitgenössische Filmdokument ist abrufbar unter . Siehe dazu auch Oppelt, S. 257 ff. sowie Smither, S. 266. Herzog/Schomaekers, S. 55 behaupten, dass ein weiterer Dokumentarfilm mit dem Titel „90.000 Tonnen in 29 Tagen“ über die Rekordfahrt von U 35 zwischen dem 26.07. und 20.08.1916 gedreht wurde. Dies ist jedoch nicht nachweisbar, zumal sich auch in dem von Roger Smither herausgegebenen Filmkatalog des Imperial War Museums London, in dem nahezu alle während des Ersten Weltkrieges entstandenen Filmdokumente verzeichnet sind, kein diesbezüglicher Nachweis findet. Arnauld, U-Boot-Krieg, S. 57. Siehe dazu oben, S. 34. Die geschilderten Ereignisse werden sowohl von Arnauld, in U-Boot-Krieg, S. 54 ff.; Schiffe,

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zwei weitere Dampfer durch Geschützfeuer, ehe die Operation aufgrund technischer Probleme vorzeitig abgebrochen werden musste. Am 25. Januar 1916 lief U 35 schließlich wieder in Cattaro ein. Der Schock der ersten Feindfahrt wurde Arnauld zur „ernsten Lehre für die Zukunft“. Fortan begegnete er Schiffen von unklarer Nationalität mit äußerster Vorsicht und brach ein Gefecht eher ab, als sein Boot bei zu starker oder unerwarteter Gegenwehr einem unangemessenen Risiko auszusetzen.12 Diese Vorgehensweise sollte U 35 noch mehrmals vor der Versenkung bewahren. Jedoch führte die völkerrechtswidrige Kriegführung der britischen Q-Schiffe nicht etwa dazu, dass v. Arnauld sich seinerseits weniger streng an die Vorgaben der Prisenordnung hielt. Im Gegenteil, wann immer es die Umstände zuließen, versenkte er seine Gegner mittels Geschützfeuer oder Sprengladungen. Der Kapitänleutnant hatte dazu eigens einen bewährten Richtkanonier der Hochseeflotte angefordert.13 Nach Kriegsende erklärte er sein Vorgehen folgendermaßen: „Mich interessierten die Einschränkungen über das Torpedieren weniger, da ich selbst da, wo es erlaubt war, selten ein Schiff torpedierte. Ich zog es stets vor, meine Opfer zu warnen und sie durch Geschützfeuer oder Sprengpatronen zu erledigen. Auf diese Weise sparte ich erstens Torpedos und konnte zweitens die Rettungsboote ansprechen und mir die Schiffspapiere, Namen und Größe des Schiffes geben lassen.“14

Hauptgrund hierfür war die in der Kaiserlichen Marine übliche Praxis, dass einem U-Bootkommandanten eine Versenkung erst dann anerkannt wurde, wenn er zumindest den Namen des Schiffes benennen konnte. Darüber hinaus ermöglichte die Verwendung des Deckgeschützes, für das im Gegensatz zu der geringen Anzahl der mitgeführten Torpedos ausreichend Munition vorhanden war, längere Unternehmungen.15 Arnauld folgte insofern der Maxime seines Vorgängers Kophamel, dass „mit einem Torpedo (…) nur ein Schiff versenkt werden (kann), während fünfzig bis hundert Schuss Artillerie verteilt werden können“.16 Im Ergebnis sollte er von 196 vernichteten Schiffen lediglich 35 (≈ 18 %) durch Torpedoeinsatz versenken.17 Auch der Umstand, dass die technisch noch unausgereiften Torpedos im Gegensatz zur „klassischen“ Seekanone eine relativ unzuverlässige Waffe darstellten, mag hierzu beigetragen haben.18 Indes wurde Arnauld der „seltene Gebrauch von der

12 13 14 15 16 17 18

S. 147 f. und Kampf, S. 89 f. als auch von Fechter, U 35, S. 76 ff. in vergleichbarer Weise wiedergegeben und auch von britischen Berichten bestätigt, vgl. Gray, Warriors, S. 84 ff. Gerade letzteres ist als Zeichen der Authentizität von Arnaulds Berichten zu werten. Arnauld, Kampf, S. 90 sowie ders., U-Boot-Krieg, S. 56. Siehe dazu unten sowie Schröder, S. 232. Vgl. Gray, Warriors, S. 83; Koerver, S. 223; Tarrant, S. 36 sowie Gibson/Prendergast, S. 130. Arnauld, Schiffe, S. 149. Arnauld, Schiffe, S. 149; dazu auch Langenberg, S. 46. Zitiert nach: Herzog, Welt, S. 18. Die Berechnung nahm der Autor auf Grundlage der anhand der Kriegstagebücher erstellten tabellarischen Darstellungen der Versenkungserfolge v. Arnaulds vor (vgl. Tabellen 1 und 2, Anhang S. 177 ff. und S. 181). Arnauld bemängelte beispielsweise im Anhang „Zusammenstellung, Erfahrungen“ zum KTB der Unternehmung vom 23.03. bis 08.04.1916 (BA/MA, RM 97/765) den Umstand, dass die Tiefeneinstellung eines Torpedos nicht mehr verändert werden konnte, sowie dieser einmal im

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Unsichtbarkeit seines Tauchbootes“ ebenso wie die Tatsache, dass er „seine Opfer selten ungewarnt torpedierte“ nach Kriegsende selbst von ehemaligen Gegnern hoch angerechnet, obschon die Gründe für diese Vorgehensweise – wie oben dargestellt – eher pragmatischer denn humanitärer Natur waren.19 2. Im östlichen Mittelmeer20 Nach einer zweitägigen Operation in der Adria, die am 18. Februar 1916 aufgrund schlechten Wetters und dementsprechend geringer Erfolgsaussichten abgebrochen worden war, lief U 35 nur zwei Tage später zu seiner zweiten Fernunternehmung ins östliche Mittelmeer aus. Knapp eine Woche später, am Nachmittag des 26. Februar, torpedierte U 35 südlich von Kap Matapan den französischen Hilfskreuzer Provence II (13.753 BRT), der 1700 französische Soldaten in das seit Oktober 1915 von den Alliierten besetzte Thessaloniki bringen sollte. Das Schiff sank binnen zehn Minuten, wobei rund 1000 französische Soldaten den Tod fanden.21 Bereits am 23. Februar hatte v. Arnauld einen Angriff auf die ebenfalls als Truppentransporter eingesetzte Olympic, dem Schwesterschiff der Titanic, aufgrund schlechter Sichtverhältnisse abbrechen müssen. Die Vernichtung des französischen Hilfskreu-

19 20 21

Rohr war. Im Anhang der KTB der Unternehmung vom 06. bis 27.02.1917 (BA/MA, RM 97/766) bezeichnete er die Torpedos vom Typ A/08 als „für den heutigen U-Bootskrieg vollkommen ungenügend“. Insofern ist die Behauptung Compton-Halls (ders., S. 217), Arnauld habe nur deshalb selten Torpedos eingesetzt, da der Torpedoschuss „nicht seine Stärke“ war, fragwürdig – zumal der Kapitänleutnant ja auch ausgebildeter Torpedooffizier war (siehe oben, S. 42). Arnauld, U-Boot-Krieg, S. 54. Vgl. Arnauld/Thomas, S. 167 sowie Compton-Hall, S. 217. Zum Folgenden siehe die Kriegstagebücher der Unternehmungen vom 16.02. bis 18.02., vom 20.02. bis 04.03. sowie vom 20.03. bis 08.04.1916, in: in: BA/MA, RM 97/765. Zur Versenkung der Provence II vgl. auch das AKB vom 01.03.1916, in: Depeschen Bd. IV, S. 1249. Die französische Seite hielt den Untergang des Transporters zunächst für einen Unfall, da ein an Bord befindliches Mitglied des französischen Parlaments aussagte, dass weder vor der Explosion noch während das Schiff sank ein Periskop gesehen wurde. Auch wurde keine Torpedolaufbahn bemerkt und im Explosionsmoment selbst auch keine Wasserfontäne gesehen, wie sie für eine Minen- oder Torpedoexplosion typisch gewesen wäre (zur Veranschaulichung siehe Abb. 8, Anhang, S. 162), vgl. Le Gaulois vom 01.03.1916, S. 1 („Perte du croiseur-auxiliarie «Provence-II»“). Laut Le Gaulois vom 08.04.1916, S. 2 („Les Héros de la «ProvenceII»“) handelte es sich bei den Soldaten um Angehörige des 3e Régiment Colonial sowie des 372ème Régiment Principalement. Die Zeitung La Croix vom 02.03.1916, S. 2 („Comment la «Provence-II» a été coulée“) mutmaßt darüber hinaus, dass es sich durchaus um einen U-BootAngriff gehandelt haben könnte und unterstellt, die Deutschen hätten U-Boote ohne Seerohr. Von diesen „wilden Gerüchte in der französischen Presse“ spricht auch der Leitende Ingenieur von U 35, vgl. Fechter, U 35, S. 93. Die seekriegsrechtliche Rechtmäßigkeit der Versenkung des bewaffneten Hilfskreuzers Provence II wird dabei an keiner Stelle in Frage gestellt. Siehe dazu ferner Halpern, Naval war, S. 242 f. Die Angaben über die Opferzahlen schwanken: während Gray, Warriors, S. 86 und Río Pellón, S. 71 von 990 Toten sprechen, nennt Halpern, S. 243 „fast 1000“. Thomazi, S. 169 f. geht von über 1000 Opfern aus. Fechter, U 35, S. 93 spricht gar von 3.400 Toten. Eine Zahl von ca. 1000 Opfern ist als gesichert zu betrachten.

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zers zeigt das militärische Potential des U-Bootkrieges auf eindrucksvolle, wenn auch tragische Weise: Wofür U 35 einige Minuten brauchte, bedeutete selbst in der „Blutmühle“ Verdun mehrere Tage harter Kämpfe.22 Angesichts der verstärkten Präsenz alliierter Bewachungsfahrzeuge infolge der Versenkung der Provence II fasste Arnauld den Entschluss, sein Operationsgebiet nach Süden auszuweiten. Auch dies stellt ein weiteres Charakteristikum seiner Art der Kriegführung dar: Ähnlich einem Scharfschützen, der nach wenigen Schuss die Stellung wechselt, um eine Entdeckung zu vermeiden, änderte v. Arnauld beim geringsten Anzeichen einer Alarmierung des Gegners sein Operationsgebiet. Regelmäßig umging er so die eingeleiteten Gegenmaßnahmen, welche vom britischen Geheimdienst speziell auf die einzelnen U-Bootkommandanten abgestimmt wurden.23 In den folgenden Tagen kreuzte U 35 vor der Hafenstadt Port Said am Nordende des Suezkanals und stand damit mitten in der Anmarschroute der britischen Handelsschifffahrt. Nachdem am 28. Februar der britische Frachtdampfer Masunda (4952 BRT) durch Geschützfeuer versenkt wurde, brach der Kommandant das Gefecht mit einem hinzugekommenen bewaffneten Dampfer wegen zu starker Gegenwehr ab. Am Nachmittag des folgenden Tages kam es zum Gefecht mit dem britischen U-Bootjäger Primula. Das kreuzerähnliche Schiff „war gut armiert, hatte Wasserbomben (und) dazu wenig Tiefgang“ und sollte die „härteste Nuss“ werden, die Arnauld „je zu knacken“ haben würde.24 Der erste Torpedo traf den U-Bootjäger im Bug. Der Brite hielt sich jedoch trotz eines zerstörten Vorschiffes über Wasser, indem er mit äußerster Kraft im Kreis fuhr. Dabei schoss er aus vollen Rohren, sowie sich auch nur das Seerohr von U 35 zeigte. In einem vierstündigen Gefecht konnte U 35 zwei Rammversuchen der Primula nur knapp ausweichen, während diese ihrerseits zwei Torpedos geschickt ausmanövrierte. Erst der vierte Torpedo brachte den U-Bootjäger zum Sinken.25 Da U 35 nur noch einen einzigen Torpedo übrig hatte, entschloss sich der Kommandant zum Abbruch der Operation, in der Hoffnung, „auf dem Rückmarsch den Rest der Munition anbringen“ zu können.26 Angesichts des im Vergleich zur Größe des Schiffes unverhältnismäßig hohen Torpedoverbrauches hoffte Arnauld, in Zukunft „mit keinen Primolas (sic) mehr etwas zu tun (zu) haben“.27 Am 4. März lief U 35, „mit Hurrahs (sic) begrüßt“, in Cattaro ein.28 In seinem Abschlussbericht wies der Kommandant auf die verstärkte 22 23

24 25 26 27 28

Vgl. etwa Werth, S. 139, 231. Vgl. Bywater, S. 214 f.: „Es war auch sehr wichtig, die persönlichen Eigenschaften der einzelnen Kommandanten kennenzulernen. Nicht zwei von ihnen besaßen die gleiche Gewandtheit oder denselben Mut. Jeder hatte seine eigene Taktik, und unsere Gegenmaßnahmen richteten sich ganz genau nach den Eigenschaften der Leute. Ein Kommandant, der als gefährlich und intelligent bekannt war, wurde vom ersten Augenblick an (…) mit der größten Sorgfalt beobachtet. (…) Kapitänleutnant Arnauld de la Perière war der erfolgreichste aller U-Bootführer“. Arnauld, U-Boot-Krieg, S. 57 sowie ders., Schiffe, S. 153. Siehe dazu auch die öffentliche Bekanntgabe der Versenkung im AKB vom 03.04.1916, in: Depeschen Bd. IV, S. 1254. Die wörtlichen Zitate entstammen dem KTB-Eintrag vom Abend des 29.02.1916, in: BA/MA, RM 97/765. Arnauld, Schiffe S. 154 Vgl. KTB-Eintrag vom 04.03.1916, in: BA/MA, RM 97/765.

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Bewaffnung gegnerischer Handelsschiffe hin und beantragte, wie bereits nach der ersten Feindfahrt, die Ausrüstung seines Bootes mit einer weitreichenderen 10,5 cm Seekanone.29 Nach knapp zehntägiger Werftliegezeit begann am 16. März v. Arnaulds vierte Feindfahrt. Operationsgebiet waren diesmal die Anmarschstraßen der gegnerischen Handelsschifffahrt im ägäischen Meer und die Handelswege in Richtung Suezkanal. Am 20. März durchbrach U 35 bei Nacht die als „Otranto-Sperre“ bekannte Blockadelinie auf Höhe der Meerenge zwischen Albanien und der Südspitze Italiens. Die Anfang 1916 errichtete Sperre war zwar durch permanente Patrouillen alliierter und italienischer Kriegsschiffe stark bewacht, stellte jedoch zu keinem Zeitpunkt ein ernsthaftes Hindernis für U-Boote dar.30 Am 23. März gelang Arnauld die Versenkung des bewaffneten britischen Transporters Minneapolis (13.543 BRT).31 Den herbeieilenden feindlichen U-Bootjägern nach Südosten ausweichend, wurde U 35 am nächsten Tag von einem größeren Bewachungsfahrzeug ausgemacht und gemeldet. Obwohl Arnauld umgehend tauchen ließ, war binnen kürzester Zeit ein U-Bootjäger der Primula-Klasse vor Ort, der sich jedoch nach kurzem Signalaustausch mit dem Bewacher wieder entfernte. Wenig später kamen zwei hintereinander fahrende Dampfer in Sicht. Arnauld setzte zunächst einen Angriff auf den vorderen Dampfer an, stellte dann jedoch durch das Periskop fest, dass das zweite Schiff, das „mit seiner mächtigen, gedrungenen Form (…) ohne Ladebäume (…) mehr einem Seeschlepper als einem Handelsschiff“32 glich, ihn bemerkt zu haben schien und infolgedessen abdrehte. Die Erinnerung an seine erste Feindfahrt und die Erfahrung mit der Primula ließ v. Arnauld misstrauisch werden – er brach den Angriff ab. Auch diesmal sollte ihn sein Instinkt nicht täuschen.33 Die beiden vermeintlichen Handelsschiffe begannen das Gebiet nach U 35 abzusuchen. Die große Dichte an Bewachungsfahrzeugen und das schnelle Erscheinen des U-Bootjägers ließ für Arnauld nur eine Schlussfolgerung zu, nämlich dass er „durch die Versenkung des Transporters (…) den gesamten (auf Kreta stationierten) U-Abwehrapparat“ auf sich gezogen hatte. Infolgedessen entschloss er sich nach Südosten abzulaufen und abermals den Verkehr vor Port Said zu stören.34 Ohne auf nennenswerte Ziele zu treffen, kreuzte das Boot mehrere Tage vor der Mündung des Suezkanals, ehe Motorschäden und eine drastische Verschlechterung des Wetters U 35 zum Rückmarsch zwangen. Am 8. April 1916 machte das Boot schließlich wieder in Cattaro fest. In den folgenden zwei Monaten lag das Boot zu Wartungsarbeiten in Pola, während der Großteil der Besatzung auf Heimaturlaub fuhr.35 Zusammen mit den 29 30 31 32 33 34 35

Siehe dazu bereits oben, S. 48. Halpern, Naval war, S. 244; ders., History, S. 387; eine Detailkarte der Otranto-Sperre findet sich in Gibson/Prendergast, S. 264. Detailliert zu den Abwehrmaßnahmen: Arnauld, U 35, S. 16. Siehe auch AKB vom 26.03.1916, in: Depeschen Bd. IV, S. 1302. KTB-Eintrag vom 24.03.1916, in: BA/MA, RM 97/765. Arnauld, U-Boot-Krieg, S. 56. Wörtlich spricht Arnauld von seinem „Riecher“. KTB- Eintrag vom 24.03.1916, in: BA/MA, RM 97/765. Vgl. die KTB-Einträge vom 09.04. bis 30.04.1916, in: BA/MA, RM 97/765.

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Besatzungen anderer in der Werft liegender Boote verlebte der Rest der Mannschaft von U 35, darunter auch der Kommandant selbst, einen „Sommer von märchenhafter Schöne (…) mit verhältnismäßig wenig Dienst“ an der Adria. Man genoss das Badeleben und mitunter wurde auch „eine richtiggehende Bowle angesetzt und ausgebechert“, wie der damalige Wachoffizier von U 73 und spätere Kirchenpräsident Martin Niemöller, der mit seinem Boot ebenfalls im Mittelmeer stationiert war, schrieb.36 3. Im westlichen Mittelmeer37 Im Frühjahr und Sommer 1916 waren es allein den Erfolgen der MittelmeerU-Boote zuzuschreiben, dass die Versenkungsziffern trotz der Einstellung des U-Boothandelskrieges in den Gewässern um Großbritannien relativ konstant blieben.38 Die Aktivitäten der deutschen Boote hatten die Briten im März sogar dazu veranlasst, die aus Australien und dem Fernen Osten kommenden Handelsschiffe um das Kap der Guten Hoffnung herum umzuleiten, was zu erheblichen Zeitverzögerungen führte.39 Einzig die aus Indien kommenden Schiffe nahmen nach wie vor die Route durch das Rote Meer und den Suezkanal.40 Bis in den Sommer 1916 hinein stiegen die Versenkungserfolge der Mittelmeer-U-Boote kontinuierlich an, wovon vor allem die britische und italienische Handelsmarine betroffen war. Zwischen Januar und August 1916 hatte sich die versenkte Tonnage von 32.438 auf rund 130.000 BRT nahezu vervierfacht.41 Maßgeblichen Anteil hieran hatte eine Handvoll besonders erfolgreicher U-Bootkommandanten. So versenkte U 39 unter Walter Forstmann allein 43 Gegner mit 114.355 BRT, während U 38 unter Max Valentiner 25 Schiffe mit insgesamt 50.600 BRT vernichtete.42 Diese Zahlen sollten jedoch von Lothar v. Arnauld noch übertroffen werden. a) Sendbooten des Kaisers U 35 stach in den Abendstunden des 6. Juni zu seiner fünften Feindfahrt in See. Neben dem Befehl zum Handelskrieg im westlichen Mittelmeer hatte man Arnauld diesmal mit einem strengster Geheimhaltung unterliegenden Sonderauftrag betraut: Auf Geheiß des Auswärtigen Amtes und des Admiralstabes sollte U 35 ein 36 37 38 39 40 41 42

Mit expliziter Erwähnung Arnaulds und der Mannschaft von U 35: Niemöller, S. 25 f. Zum Folgenden siehe das KTB der Unternehmung vom 06.06. bis 03.07.1916, in: BA/MA, RM 97/765. Schröder, S. 231; siehe dazu die tabellarische Darstellung der Versenkungsergebnisse in Marinearchiv, Handelskrieg Bd. III, S. 388 ff. sowie Marinearchiv, Handelskrieg Bd. V, S. 362 f. Potter, S. 429. Die Hintergründe dieser Entscheidung erläutert Halpern, Naval war, S. 237 f. Vgl. Halpern, Naval war, S. 238. Siehe Schröder, S. 231 sowie Marinearchiv, Handelskrieg Bd. V, S. 362 f. Schröder, S. 232 sowie Marinearchiv, Handelskrieg Bd. III, S. 34 f.,40,42,155 ff. und 159. Zu Forstmann siehe Herzog/Schomaekers, S. 60 ff., zu Valentiner ders., S. 88 ff. sowie Valentiner, S. 90 ff.

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kaiserliches Handschreiben an den spanischen König Alfons XIII. sowie „35 Kisten (mit) Chinin und anderen hochwertigen Medikamenten“ nach Cartagena an der spanischen Ostküste überbringen.43 In dem Schreiben dankte Wilhelm II. dem spanischen Monarchen für die gute Behandlung der seit Anfang 1916 auf Fernando Pó internierten deutschen Kamerun-Kämpfer, für die auch die Medikamente bestimmt waren.44 Zugleich sollte mittels einer derart „kühnen Aktion“ die öffentliche Meinung in Spanien positiv zugunsten des Reiches beeinflusst werden. Insbesondere hoffte man, auf diese Weise die Position der dortigen germanophilen Kreise stärken zu können, um so „dem zunehmend ententefreundlichen Kurs der (spanischen) Regierung (…) entgegenzusteuern“.45 Die iberische Halbinsel war für Deutschland insbesondere wegen ihrer geographischen Lage zwischen Mittelmeer und Atlantik von strategischer Relevanz, während das inmitten der Feindmächte Großbritannien, Frankreich, Italien und Portugal gelegene Spanien sowohl als Drehscheibe geheimdienstlicher Aktivitäten wie auch als diplomatische Verbindungsstelle nach Übersee von Bedeutung war.46 Schließlich sollte im Hinblick auf zukünftige U-Bootoperationen im Mittelmeer erprobt werden, „wie sich die Alliierten einem neutralen Land gegenüber verhalten würden, wenn dieses einem der damaligen Weltmeinung nach außerhalb jeden Völkerrechts stehenden U-Boot den normalen völkerrechtlichen Schutz gewähren würde“.47 Am 9. Juni durchbrach U 35 die Otranto-Sperre und versenkte am 13. Juni zwei italienische Segler und einen Dampfer (insgesamt 620 BRT) durch Geschützfeuer. Da sich Deutschland nach wie vor nicht im Krieg mit Italien befand, operierte U 35 im westlichen Mittelmeer „wegen des starken italienischen Verkehrs (…) nur unter österreichischer Flagge“.48 Am Folgetag fielen dem Boot drei weitere italienische Segler sowie ein Dampfer mit insgesamt 881 BRT zum Opfer. Die Erfolge hielten auch in den nächsten sechs Tagen an, so dass U 35 bis zum 19. Juni 1916 weitere siebzehn Schiffe vernichtete, darunter neun italienische und einen französischen Segler sowie vier britische und jeweils einen französischen, italienischen und norwegischen Dampfer (Gesamttonnage 22261 BRT). Nur zwei der Dampfer wurden torpediert, nachdem die gegnerischen Schiffe in beiden Fällen einwandfrei als bewaffnet identifiziert worden waren.49 Alle anderen Versenkungen erfolgten 43 44

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Arnauld, U-Boot-Krieg, S. 63. Das Schreiben findet sich in AA, R 12012, Spanien Nr. 61 geh., Bd. 1, Staatssekretär an Treutler, 4.5.1916; AA, R 22333, Akten des AA im GHQ, Spanien Nr. 38, Bd. ½, Jagow an Treutler, 4.5.1916. Zu den Kämpfen um das deutsche Schutzgebiet Kamerun siehe Graichen/Gründer, S. 342 ff.; zur Internierung siehe Golf Dornseif, „Kameruns Schutztruppe in spanischer Internierung“, abrufbar unter . Albes, S. 234 f. Vgl. Carden, S. 2 f., der mit seinem Buch „German Policy Toward Neutral Spain, 1914-1918“ (New York und London, 1987) eine umfassende Darstellung der deutschen Spanien-Politik während des Ersten Weltkrieges liefert. Arnauld, U-Boot-Krieg, S. 64; ders., U 35, S. 11. Siehe dazu auch oben, Kap. 2/Fn. 56. Vgl. Anlage 5 („Zusammenstellung der Kriegshandlungen“) zum KTB der Unternehmung vom 06.06. bis 03.07.1916, Unterpunkt 2, in: BA/MA, RM 97/765 sowie oben, S. 35 f. Siehe KTB-Einträge vom 18.06.1916 in: BA/MA, RM 97/765.

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nach ordnungsgemäßer Durchführung des Prisenverfahrens durch Artillerie oder Sprengladungen, die auf dem Schiffsboden angebracht wurden.50 b) Verdächtige Kisten51 In der Morgendämmerung des 21. Juni 1916 lief U 35 schließlich in Cartagena ein. Nach geltendem Seekriegsrecht verblieben ihm in dem neutralen spanischen Hafen genau 24 Stunden – andernfalls drohten Boot und Mannschaft die Internierung.52 Unmittelbar nach dem Festmachen wurden die Kisten zusammen mit „Pakete(n) mit Schriftsachen“ mit der „Weisung für sichere Weiterbeförderung Sorge zu tragen, falls das Boot vor Eintreffen eines Vertreters der Botschaft den Hafen verlassen müsste“ an Bord des seit Kriegsbeginn in Cartagena internierten deutschen Dampfers Roma gebracht.53 Das Schiff war eine der „deutschen Nachrichtenstellen im Ausland (…) über die vieles lief“.54 Um was es sich bei den „Schriftsachen“ handelte, ist nicht mit letzter Sicherheit zu klären, doch waren es vor allem die angeblichen Medikamentenkisten, die zu fieberhaften Aktivitäten des britischen Geheimdienstes führten.55 Dieser hatte am 7. Juni ein alarmierendes Telegramm der deutschen Botschaft in Madrid an das Auswärtige Amt in Berlin abgefangen. Darin schlug die deutsche Vertretung angesichts der deutschen Kriegserklärung an Portugal vom 9. März 191656 vor, portugiesische Flüsse in Grenznähe mit Cholerabakterien zu infizieren. Auf diese Weise sollte nicht nur die spanisch-portugiesische Grenze gesperrt, sondern auch die Kommunikation zwischen Portugal und der Entente behindert werden. Dabei 50 51 52 53 54 55

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Vgl. Anlage 5 („Zusammenstellung der Kriegshandlungen“) zum KTB der Unternehmung vom 06.06. bis 03.07.1916, Unterpunkt 2, in: BA/MA, RM 97/765. Zum Folgenden siehe insbesondere den Abschlussbericht v. Arnaulds zum Aufenthalt in Cartagena (Anlage 4 zum KTB der Unternehmung vom 06.06. bis 03.07.1916), in: BA/MA, RM 97/765 sowie die Aufzeichnungen von Fechter, U 35, S. 96 ff. und de Terra, U 35, S. 50. Vgl. Art. 12 und Art. 24 des XIII. Haager Abkommens betreffend die Rechte und Pflichten der Neutralen im Falle eines Seekrieges, in: RGBl. 1910 II, S. 343. Vgl. den Abschlussbericht v. Arnaulds (Fn. 51), S. 1. Fechter, Canaris, S. 694. Fechter, Canaris, S. 693 und Müller, S. 62 geben an, dass die Schriftsachen u. a. einen neuen Funkschlüssel beinhalteten, da der alte „hoffnungslos kompromittiert war“. Grant, Intelligence, S. 139 bestreitet dies. Rivière, S. 74 behauptet hingegen, die Dokumente umfassten Unterlagen zu einem Vorhaben, den früheren Sultan von Marokko, Mulai Abd al-Hafiz, den man aufgrund von Kontakten zu deutschen Diplomaten des Intrigierens gegen spanisch-französische Interessen in Marokko verdächtigte und in Spanien interniert hatte, zu befreien; siehe dazu auch Harris, S. 158 f. Diese Vermutung hat ihre Ursache wahrscheinlich darin, dass die deutschen Mittelmeer-U-Boote auch Sonderaufträge „im Rahmen der psychologischen Kriegsführung“ ausführten. Hauptziel dieser Einsätze war Nordafrika, „dessen unruhige Stämme und Bewohner es gegen die Kolonialherren aufzuputschen galt“, vgl. Höhne, S. 46 und James W., S. 104 f. Welche dieser Behauptungen zutrifft, ist nicht mehr zu klären. Portugal hatte am 23.02.1916 auf britischen Druck hin sämtliche in portugiesischen Häfen liegenden deutschen Schiffe beschlagnahmt. Daraufhin erklärte Deutschland Portugal am 09.03.1916 den Krieg; vgl. dazu Stevenson, S. 146 sowie das AKB vom 09.03.1916 in Depeschen Bd. IV, S. 1267.

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berief man sich auf den deutschen Makrobiologen und Schlafkrankheitsforscher Dr. Friedrich Karl Kleine, der als ehemaliger Chefarzt der deutschen Schutztruppe von Kamerun in Madrid interniert war.57 Kleine, zugleich Spezialist für Malaria, Cholera und Pneumonie, beurteilte den Plan als problemlos durchführbar. Das einzige, was dafür nötig wäre, so die Botschaft weiter, seien zwei Glasphiolen reiner Bakterienkulturen. Diese sollten geschickt werden, sowie sich die nächste günstige Gelegenheit ergab.58 Zwar lehnte das Auswärtige Amt den Vorschlag in einem ebenfalls abgefangenen Telegramm aufgrund des völkerrechtlichen Verbotes biologischer Kriegführung gegen menschliche Ziele umgehend und entschieden ab59, doch hatten die Briten noch aus einem anderen Grund Anlass zur Sorge: Bereits seit Kriegsbeginn gab es in der Sektion Politik Berlin des Generalstabs, dem für „Unternehmungen und Anschläge im Ausland“ zuständigen Teil des als Abteilung IIIb bezeichneten militärischen Nachrichtendienstes der deutschen Armee, Pläne, die Belieferung der Gegner mit kriegswichtigen Militärpferden und Maultieren sowie Schlachtvieh und Futtergetreide aus dem (neutralen) Ausland durch biologischer Sabotageakte zu stören.60 Hierfür sollten Milzbrand- und Rotzerreger mittels Beimengung in Futterbestände verbreitet werden, wobei als Ziele insbesondere die USA, Argentinien, Rumänien und Spanien in Betracht kamen. Auf Anweisung von Rudolf Nadolny, Legationssekretär im Auswärtigen Amt, Hauptmann d. R. und Leiter der Sektion Politik, liefen entsprechende Vorbereitungen in Spanien spätestens ab Oktober 1915.61 Hierbei bereitete jedoch vor allem der Transport der Erreger über Frankreich und die Schweiz Schwierigkeiten.62 Trotz wechselnder Tarnung der Mittel, unter anderem als Seifenstücke oder Pferdemedizin (sic!), wurden immer wieder Lieferungen konfisziert. Erst am 23. Juni 1916 – zwei Tage nach dem Besuch von U 35 in Cartagena – kabelte der deutsche Botschafter in Spanien, Prinz Ratibor, ein unmissverständliches „Kulturen sind geglückt“ nach Ber57 58 59

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Zur Person siehe Olpp, S. 198 f. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang auch, dass Kleine in seiner Autobiographie („Ein deutscher Tropenarzt“, Hannover 1949) die Jahre 1916 bis 1921 völlig ausspart. Vgl. den Wortlaut des Telegramms in NA, HW 7/1, dort Fußnote auf S. 44 f.; Rivière, S. 105 nennt als Absender den deutschen Marineattaché Korvettenkapitän a. D. Hans v. Krohn. Vgl. das Telegramm des Auswärtigen Amtes an die deutsche Botschaft in Madrid vom 08.06.1916, in: NA, HW 7/1, Fußnote auf S. 45; dazu und zum Folgenden auch Geißler, der in seinem Werk „Biologische Waffen – nicht in Hitlers Arsenalen“ (Münster 1999) die deutsche biologische Kriegführung im Ersten Weltkrieg umfassend darstellt; hier insbesondere S. 65; das Verbot biologischer Kriegführung ergab sich aus den Haager Konventionen von 1899 und 1907. Siehe Geißler, S. 52 f., 58 und 63 ff.; Wheelis, Warfare, S. 17 f. sowie ders., Sabotage, S. 35 ff. Zur Abteilung III b siehe Pöhlmann, Intelligence, S. 25 ff. sowie Frey, S. 135 ff. Geißler, S. 54 und S. 58; Rotz und Milzbrand sind bakterielle Infektionskrankheiten, die v. a. vor der Einführung von Antibiotika- und Chemotherapie geeignet waren, erhebliche Verluste zu verursachen und so die auf Zugtiere für die Artillerie sowie Last- und Reittiere angewiesenen Kampfverbände empfindlich zu schwächen, vgl. Wese, S. 119 ff. Interessanterweise lässt Nadolny in seinen Erinnerungen („Mein Beitrag“, Wiesbaden 1955) die Operationen der Sektion Politik in Spanien und Argentinien im Gegensatz zu Tätigkeiten in den USA, Georgien, Indien, Afghanistan oder Russland gänzlich unerwähnt, vgl. Nadolny, S. 39 ff. Vgl. etwa ein Telegramm Nadolnys an die Botschaft in Madrid vom 27.10.1915, in: AA, R 21240, S. 42.

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lin.63 Beinhalteten also wie vom britischen Geheimdienst vermutet64, die eiligst von Bord des deutschen Bootes geschafften Kisten die entscheidende Lieferung? Auszuschließen ist dies nicht, doch gibt es auch noch eine zweite Möglichkeit, die angesichts des vorrangig propagandistischen Zwecks des U-Bootbesuches in Cartagena als wahrscheinlicher einzustufen ist. Etwa zur gleichen Zeit war ein Dr. Hermann Wuppermann von der Materialien-Verwaltung der Sektion Politik Berlin unter dem Decknamen „Arnold“ in Madrid eingetroffen.65 Dieser sollte anschließend nach Argentinien weiterreisen, wo er für Großbritannien und Frankreich bestimmte Futtermittellieferungen „unbrauchbar (…) machen“ sollte.66 Denkbar wäre also auch, dass Wuppermann die Kulturen nach Spanien brachte. In jedem Fall traf er Anfang September in Buenos Aires ein.67 Letztlich muss die Frage nach der Herkunft der Bakterienkulturen jedoch offenbleiben. Dennoch sollte dies nicht der letzte geheimnisvolle Einsatz von U 35 in diesem Zusammenhang bleiben. c) Vierundzwanzig Stunden Spanien Das britische Vizekonsulat in Cartagena telegrafierte mehrere Berichte über den Aufenthalt des deutschen Bootes und die entsprechenden Reaktionen des Konsuls vor Ort an die Botschaft des Vereinigten Königsreichs in Madrid.68 Diese unterscheiden sich nur marginal vom Abschlussbericht des deutschen Kommandanten, fließen jedoch, wo dies nicht der Fall ist, in die nachfolgende Darstellung ein.69 Nach Ausladen der Kisten wurde von der Roma Proviant, Frischwasser und Schmieröl übernommen, so dass das Boot „klar zum Auslaufen (war) bevor sein Einlaufen (…) überhaupt bemerkt“ wurde. Anschließend meldete Kapitänleutnant v. Arnauld der kaiserlichen Botschaft über Funk seine Ankunft, ließ die spanische Flagge mit 21 Schuss salutieren, was von den Küstenbatterien ebenso beantwortet wurde, und empfing den deutschen Konsul Dr. Tell an Bord, wo man die anstehenden Besuche bei den Honoratioren der Stadt besprach.70 Den kurz darauf eingetroffenen Adjutanten des Hafenkommandanten bat Arnauld darum, U 35 an 63 64 65 66 67 68 69 70

Max v. Ratibor und Corvey, Prinz zu Hohenlohe-Schillingfürst (1856-1924), Kaiserlich deutscher Diplomat, zur Person siehe Degner, S. 339; Siehe das Telegramm des Botschafters an die Sektion Generalstab Politik vom 23.06.1916, in: AA, R 21240, S. 114. Gray, Warriors, S. 87 (der hierfür leider keine Quellen nennt) und Bisher, S. 95; ähnlich auch Beesly, S. 201. Siehe ein Telegramm Nadolnys an den Militärattaché bei der Kaiserlichen Botschaft in Madrid vom 09.06.1916, in: AA, R 21240, S. 104. Siehe ein Telegramm des Militärattachés aus Madrid an die Sektion Generalstab Politik vom 22.12.1915, in: AA, R 16435. Argentinien verkaufte allein in den Jahren 1915 und 1916 ca. drei Millionen Tonnen Futtermittel nach Frankreich und Großbritannien, vgl. Geißler, S. 72. Siehe ein Telegramm des Kaiserlichen Marineattachés aus Madrid an die Sektion Generalstab Politik vom 18.10.1916, in: AA, R 21241, S. 12. NA, ADM 137/4142. Vgl. Fn. 51; darüber hinaus wird der Besuch in Cartagena auch in Arnauld, U-Boot-Krieg, S. 63 ff.; ders., U 35, S. 11 f. sowie von Fechter, U 35, S. 95 ff. (in anekdotenhafter, durchaus lesenswerter Weise) beschrieben. Vgl. dazu auch Albes, S. 236.

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die Seite des spanischen Kreuzers Cataluña zu verlegen, da man es längsseits der Roma „von der Stadt aus kaum sehen könne“. Um den optischen Eindruck des Bootes zu verstärken, hatte der Kapitänleutnant die Bootsnummer in Übergröße an den Turm anbringen und die Reichskriegsflagge setzten lassen.71 Bereits hier zeigt sich, dass der Besuch in Cartagena, wie der spanische Ministerpräsident Graf Romanones dem britischen Botschafter (der umgehend Protest gegen den Aufenthalt eines deutschen U-Bootes in einem spanischen Hafen eingelegt hatte) gegenüber äußerte, nicht zuletzt auch einen „coup de théatre“ zur Demonstration deutscher „Seegeltung“ darstellte.72 An Bord der Cataluña fand der deutsche Kommandant eine „sehr herzliche und kameradschaftliche Aufnahme“ und erhielt während des anschließenden Gespräches die Genehmigung, längsseits des Kreuzers festzumachen. U 35 fuhr daraufhin durch den inneren Hafen, wo es „von der versammelten Volksmenge“, die sich an den Docks, auf Balkonen und im Hafen liegenden Schiffen drängte, „lebhaft begrüßt“ wurde.73 Ein von den spanischen Behörden eigens aufgebotener Bewachungsdienst aus Polizeibooten sollte nicht nur die Schaulustigen zurückhalten, sondern diente auch dem Schutz vor Sabotage. Nach dem Festmachen erwiesen Arnauld und der deutsche Konsul den örtlichen Behördenspitzen, u. a. dem Bürgermeister sowie dem Stadt- und Hafenkommandanten, ihre Referenz. Dabei wurden dem deutschen Kapitänleutnant und seinem Boot „jede Unterstützung angeboten“, was dieser jedoch mit Verweis auf die baldige Rückfahrt gen Pola dankend ablehnte.74 Dennoch wollte man es „nicht lediglich beim Zeigen der Flagge bewenden (…) lassen“: Nachdem die Würdenträger die Besuche erwidert hatten, gestattete der Kommandant auch den Offizieren der spanischen Marine und der in Cartagena garnisonierten Regimenter sowie den Angehörigen der deutschen Kolonie die Besichtigung seines Bootes. An Bord wurden die Gäste mit Portwein und Keksen bewirtet.75 Die örtlichen Behörden und Militärs behandelten die deutschen U-Bootleute mit großem Zuvorkommen, während die Bevölkerung „voller ungeheuchelter Freude über den Besuch eines deutschen Kriegsschiffes“ und „Begeisterung für die deutsche Sache“ war, was sie in Form von Ergebenheitsadressen, „Vive el Kaiser“Rufen und „große(n) Mengen an Liebesgaben“ zum Ausdruck brachte.76 Auch viele spanische Abendzeitungen vom 21. Juni berichteten mit großem Pathos von der An71 72 73 74

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Dazu Fechter, S. 99, de Terra, U 35, S.50 sowie den KTB-Eintrag vom 22.06.1916, in: BA/MA, RM 97/765. Sehr gut zeigt dies auch das zu Propagandazwecken aufgenommene Foto, auf dem U 35 längsseits der Cataluña abgebildet ist, siehe Anhang, S. 161, Abb. 5. Vgl. das Telegramm des britischen Vizekonsulats an die Botschaft in Madrid vom 21.06.1916, in: NA, ADM 137/4142; dazu Müller, S. 63. Abschlussbericht v. Arnaulds (Fn. 51), S. 2; dies bestätigt auch ein spanisches Telegramm aus Cartagena an die „Madrid press“, welches dem Telegramm des britischen Vizekonsuls (Fn. 72) angehängt war. Abschlussbericht v. Arnaulds (Fn. 51), S. 2; hier findet sich am Rand des Berichts die handschriftliche Bemerkung „Das hätte er nicht sagen sollen“, die vermutlich von der Flottille in Pola oder dem Admiralstab stammt. Diese Stellen sahen in Arnaulds Worten u. U. eine unnötige Preisgabe von Informationen. Fechter, U 35, S. 101. Vgl. den Abschlussbericht v. Arnaulds (Fn. 51), S. 3 f. sowie Fechter, U 35, S. 104 ff.; eine

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kunft des deutschen Bootes.77 Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang auch der Umstand, dass am Tag vor dem Einlaufen von U 35 der französische Hilfskreuzer Colibri den Hafen besucht hatte, wovon weder die Bevölkerung noch die Presse besondere Notiz nahmen.78 Zwar war das neutrale Spanien in Sympathisanten beider Lager gespalten, doch neigten insbesondere Armee und Marine in hohem Maße der deutschen Seite zu.79 Insofern ist es nicht verwunderlich, dass dem deutschen U-Boot und seiner Besatzung in der Hafen- und Garnisonsstadt Cartagena ein derartiger Empfang bereitet wurde. Der Umstand, dass bis dahin die wenigsten Spanier überhaupt ein Tauchboot gesehen haben, mag hierzu ein Übriges getan haben.80 Um 23 Uhr traf der Abgesandte der deutschen Botschaft, Marineattaché v. Krohn, ein, der das kaiserliche Handschreiben entgegennahm.81 Ihm gegenüber regte Arnauld an, „den Besuch eines U-Bootes nach angemessener Zeit wiederholen zu lassen“, auch da „mit Sicherheit damit gerechnet werden (kann), dass einer Ergänzung von Vorräten keine Schwierigkeiten in den Weg gelegt werden“ würden. Dass sich der Kapitänleutnant in diesem Punkt massiv täuschen sollte, wird an späterer Stelle noch gezeigt werden. Vor der Abreise nahm U 35 noch neun Mann von der Roma und der Caesar, dem zweiten in Cartagena internierten deutschen Handelsschiff, an Bord, die „von Cattaro in die Heimat gesandt bzw. der Flotte überwiesen werden“ sollten.82 Darüber hinaus vermerkte der deutsche

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Ergebenheitsadresse „hervorragender Bürger Cartagenas“ lag ursprünglich dem KTB bei, ist jedoch leider nicht mehr erhalten. Siehe etwa El Porvenir vom 21.06.1916, S. 1 („El Submarino alemán U 35, en Cartagena“), die martialisch von den deutschen U-Bootmännern spricht, die, bevor sie „in diesen friedlichen Hafen gekommen sind, tagelang unter Wasser bei der Verteidigung ihres Vaterlandes dem Tod ins Auge blickten“. Die Madrider La Tribuna, S. 2 schrieb („La intrepidez de unos marinos. Un submarino alemán en Cartagena“): „Das U-Boot ist der einzige König der Meere, und das deutsche U-Boot, das eine Besatzung hat, deren Männer das Leben verachten und täglich im Dienste ihres Vaterlandes riskieren, kann niemals entthront werden“. Ähnlich gehaltene Berichte finden sich in der La Tierra, S. 1 („Llegada al puerto de un submarino alemán“) und dem El Eco de Cartagena, S. 1 („El submarino alemán „U 35“ en Cartagena“) vom gleichen Tag. Die Zeitungsartikel liegen z. T. dem Kriegstagebuch von U 35 bei, BA/MA, RM 97/765. Selbst Entente-freundliche Blätter wie die El Liberal zollten U 35 ihre Anerkennung: „Gott möge für eine gute Reise Sorge tragen; denn obgleich sie schlichtweg Piraten sind – sie haben Mut.“ (zitiert nach Soldevilla, S. 226). Die pro-deutschen Reaktionen werden von der französischen Zeitung Le Temps vom 23.06.1916 („Un sous-marin allemand dans le eaux espagnoles“, S. 1) bestätigt. Dies belegt, dass es sich bei den Berichten Arnaulds und Fechters nicht um Übertreibungen handelt. Dazu auch Río Pellón, S. 114 ff.; Albes, S. 237. Vgl. Fechter, U 35, S. 97 sowie den Abschlussbericht v. Arnaulds (Fn. 51), S. 4. Papleux, S. 31; aufschlussreich insofern auch ein Bericht des britischen Spionagechefs in Spanien, Captain F. Touhy, der sich beklagte, dass König Alfons XIII. „von einer völlig prodeutschen Hofclique (…) und von einem ebenso gesinnten Generalstab umgeben“ sei, vgl. Diplomatist, S. 55. Albes, S. 236. Unterstellt man, dass die o. g. Erreger von U 35 überbracht wurden, so läge die Vermutung nahe, dass v. Krohn dieselben zusammen mit dem Brief nach Madrid brachte. Abschlussbericht v. Arnaulds (Fn. 51), S. 5 f. Dabei handelte es sich um drei Maschinisten bzw. Ingenieure, den ersten Offizier der Roma sowie einen Steward. Warum Arnauld ausgerechnet diese fünf Männer mitnehmen sollte, lässt sich nicht mehr klären. Jedoch war dies auch dem

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Kommandant in seinem Bericht abschließend, dass „die Mitnahme des Kapitänleutnants Canaris (…) leider nicht möglich war“. Der spätere Leiter des Amtes Ausland/Abwehr der Wehrmacht operierte seit Ende November 1915 als Agent unter dem Decknamen „Reed Rosas“ in Spanien, wo er den Auftrag hatte, ein Versorgungssystem für die im westlichen Mittelmeer operierenden U-Boote sowie ein entsprechendes Netz von Informanten zur Meldung feindlicher Schiffsbewegungen aufzubauen.83 Während Arnauld angibt, dass Canaris’ Anreise bereits angekündigt war und dieser schlichtweg nicht mehr rechtzeitig eintraf, wird an anderer Stelle vermutet, dass sich der Agent zwar in Cartagena aufhielt, seinen Vorgesetzten die Mitnahme jedoch zu gefährlich erschien, zumal „die Deutschen unter Beobachtung feindlicher Agenten standen“.84 In jedem Fall verließ das U-Boot um drei Uhr morgens den Hafen von Cartagena, der immer noch voller Menschen war, die aufgrund der bereits vor der spanischen Hoheitsgrenze wartenden Zerstörer einen „spannenden Kampf erwarteten“.85 Jedoch sollten sie enttäuscht werden: Arnauld ließ die an Deck angetretene Mannschaft noch ein dreifaches „Hurra“ auf Spanien ausbringen ehe U 35 kurz nach Verlassen des Hafens abtauchte um sich so den Scheinwerfern der feindlichen Schiffe zu entziehen. Der Sonderauftrag war erfüllt. d) Rückmarsch Am Nachmittag des 22. Juni 1916 stoppte U 35 unweit von Cartagena den italienischen Viermaster Gabriele. Um den offensichtlichen Erfolg seines Besuches nicht durch die Versenkung eines Schiffes in unmittelbarer Nähe spanischer Hoheitsgewässer zu gefährden, entließ Arnauld den Italiener nach Durchsicht der Schiffspapiere.86 Die ausgestiegene Besatzung, die ihr Schiff bereits in den Fluten des Mittelmeeres versinken sah, quittierte die unerwartete Entscheidung des Deutschen mit einem dreifachen „Vivat“. Tags darauf traf das Boot auf den französischen Dampfer Herault (2298 BRT). Dieser versuchte zunächst, den Deutschen zu entkommen, doch schließlich zwang auch ihn ein Geschütztreffer zum Setzen der weißen Fahne. Der ausgebooteten Besatzung, in deren Reihen sich auch zwei durch den Geschosstreffer verwundete Seeleute befanden, ließ Arnauld Verbandszeug zukommen, ehe die Herault mittels Artilleriefeuer endgültig zum Sinken gebracht wurde. Zuvor war das Heckgeschütz des Dampfers, der von Sète nach Oran unterwegs war, an Bord des deutschen Bootes gebracht worden. Nachdem

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britischen Vizekonsulat nicht verborgen geblieben, welches vom Koch der Roma mit Informationen versorgt wurde, vgl. das Telegramm des Vizekonsulats an die Botschaft in Madrid vom 14.07.1916, in: NA, ADM 137/4142. Siehe dazu auch Río Pellón, S. 140. Zur Tätigkeit Canaris’ in Spanien siehe Höhne, S. 46 ff.; Müller, S. 58 ff. sowie Río Pellón, S. 165 ff. Wann und wie der Befehl zur Mitnahme von Canaris erging, geht weder aus dem KTB noch aus anderen Aufzeichnungen hervor. Vgl. den Abschlussbericht v. Arnaulds (Fn. 51), S. 6 sowie Müller, S. 63. Arnauld, U 35, S. 12. Vgl. den Abschlussbericht v. Arnaulds (Fn. 51), S. 5 sowie den KTB-Eintrag vom 22.06.1916, in: BA/MA, RM 97/765. Im KTB findet sich neben dem entsprechenden Eintrag ein wohl von der Flottille handschriftlich notiertes „gut!“.

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am Abend desselben Tages die Versenkung einer italienischen Dreimastbark gelang, kreuzte U 35 am 24. Juni vor Barcelona. In Sichtweite der Stadt wurden am Vormittag zwei italienische Dreimaster sowie der französische Schoner Checcina mit insgesamt 2812 BRT vernichtet. Arnauld konnte dabei nicht ahnen, dass die Tatsache, dass er den Franzosen unter deutscher, die italienischen Segler jedoch unter österreichischer Kriegsflagge versenkt hatte, nicht nur von der französischen Presse als „Piraterie teutonne“ verurteilt werden87, sondern auch zu einem kurzen diplomatischen Zwischenspiel führen sollte: Anfang August fragte die italienische Regierung in Berlin an, ob das deutsche U-Boot, welches die Checcina zum Sinken gebracht hatte, auch die beiden italienischen Dreimastbarken versenkt habe, zumal es doch sehr unwahrscheinlich sei, dass ein österreichisches und ein deutsches UBoot am gleichen Tag in denselben Gewässern operieren würden. In diesem Falle, so die italienische note verbale, verlange Italien Schadensersatz von der deutschen Regierung. Der Admiralstab stritt dies schlichtweg ab und ließ mitteilen, dass es sich nicht um ein deutsches Boot gehandelt habe. Die italienische Kriegserklärung Ende August 1916 führte schließlich dazu, dass die ganze Sache hinfällig wurde.88 In den späten Nachmittagsstunden des 24. Juni fiel U 35 noch der japanische Dampfer Dayetsu Maru (3184 BRT) und der Engländer Canford Chine (2398 BRT) zum Opfer. In der Nacht ging Arnauld auf Ostkurs, um am Folgetag auf der von den französischen Mittelmeerhäfen nach Süden führenden Dampferroute zu operieren. Nach der Versenkung eines französischen und eines italienischen Dampfers (Gesamttonnage 7550 BRT), wobei abermals eine 4,7 cm Seekanone erbeutet werden konnte, musste die Verfolgung zweier weiterer Schiffe abgebrochen werden. In einem Fall war die Geschwindigkeit, im anderen Fall das Abwehrfeuer des Gegners dem deutschen Boot überlegen. Auch während der nächsten zwei Tage kreuzte U 35 auf dem Dampferweg. Am 27. Juni wurden abermals drei italienische und ein britischer Dampfer mit insgesamt 10.519 BRT vernichtet. Da U 35 nur noch über fünf Granaten für das Deckgeschütz verfügte, wurden drei der Gegner durch Öffnung der Bodenventile und der Vierte durch Torpedoschuss versenkt. Dennoch war der Kommandant entschlossen, auf der Heimreise auch seine „letzte Munition anzubringen“.89 Drei Granaten treffen am Morgen des 29. Juni die italienische Dreimastbark Giuseppina (214 BRT), die vierte stoppt den britischen Dampfer Teano (1907 BRT), ehe dieser durch Ventilöffnung zum Sinken gebracht wird.90 Die letzte Granate traf gegen neun Uhr sieben Seemeilen vor Marritimo die italienische Schonerbark Carlo Alberto (312 BRT). Am 3. Juli 1916 lief das Boot schließlich wieder 87 88 89 90

Mit expliziter Bezugnahme auf v. Arnauld und U 35: „La Piraterie teutonne“, in: Le Gaulois vom 15.07.1916, S. 2. Zu diesem Zwischenfall siehe Halpern, Naval war, S. 251 f. mit Bezugnahme auf eine Korrespondenz zwischen dem Admiralstab und dem Auswärtigen Amt vom 07.08.1916. KTB-Eintrag vom 25.06.1916, in: BA/MA, RM 97/765 sowie Neumann, S. 3. Das genaue Vorgehen beim Versenken eines Schiffes durch Öffnung der Bodenventile wird bei Fechter, U 35, S. 120 ff. detailliert beschrieben. Eine ausführliche Darstellung der Versenkung der Teano liefert Fechter, U 35, S. 115 ff., der fälschlicherweise angibt, dass jene Granate, die den Dampfer zum Stoppen veranlasst hatte, die letzte gewesen sei.

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in Cattaro ein.91 Drei „Hurras“ der im Hafen liegenden Schiffe markieren das Ende der fünften Feindfahrt Lothar von Arnaulds. Unter seinem Kommando hatte U 35 zwischen dem 6. Juni und 3. Juli nicht weniger als 40 Schiffe mit 56.818 BRT versenkt. e) Nachspiel Die Fahrt nach Cartagena sollte jedoch in verschiedener Hinsicht noch länger nachwirken – nicht nur für Arnauld persönlich, sondern auch auf diplomatischer Ebene. Den Kapitänleutnant, bisher nur ein U-Bootkommandant unter vielen, machte der Besuch in Spanien bei Freund und Feind schlagartig bekannt. Erstmals berichtete die britische Nachrichtenagentur Reuters am 22. Juni 1916 über den Besuch eines deutschen U-Bootes in Cartagena, während das Wolff’sche Telegraphische Büro tags darauf Entsprechendes in Deutschland vermeldete.92 Im Folgenden berichteten nahezu alle größeren deutschen Zeitungen – mitunter in farbenreicher Ausschmückung – ausführlich von dem „Husarenstück“ des U-Bootes U 35, welches als würdig erachtet wurde, „in den Ruhmesblättern unserer Marine verzeichnet“ zu werden – nicht ohne dabei auch auf dessen Kommandanten einzugehen.93 Arnaulds Konterfei erschien dabei erstmals auf dem Titelblatt der Deutschen Kriegs-Zeitung.94 Auch die Presse der Entente und der Vereinigten Staaten (sic!) berichtete über die Operation, wobei es französische Zeitungen waren, die den Kapitänleutnant erstmals explizit erwähnten.95 Die Urteile hier fielen freilich durchweg negativ aus und 91 92

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Siehe dazu auch die Meldung des Chefs des Admiralstabs der Marine vom 05.07.1916: „‚U 35‘ von Cartagena glücklich zurückgekehrt“, in: Depeschen Bd. IV, S. 1515. Mit Bezugnahme auf die Reuters-Meldung vom 22.06.1916: „Ein U-Boot als kaiserlicher Kurier“, in: Vossische Zeitung (MA), S. 3 sowie „Ein deutsches U-Boot in Cartagena“, in: Darmstädter Zeitung vom 23.06.1916, S. 2 das AKB vom 23.06.1916 („Ein deutsches Unterseeboot in Cartagena“) in: Depeschen Bd. IV, S. 1493. Siehe etwa „U 35 in Cartagena“, in: Vossische Zeitung (MA), S. 3 und „Ein deutsches Tauchboot in Cartagena“, in: Frankfurter Zeitung, S. 2 beide vom 23.06.1916; „Kapitänleutnant von Arnauld de la Periere (sic)“, in: Vossische Zeitung (AA), S. 2; „Das deutsche U-Boot in Cartagena“, in: Darmstädter Zeitung, S. 2; „Der U-Bootbesuch in Cartagena“, in: Bonner Zeitung, S. 1 sowie „Das deutsche U-Boot in Spanien“, in: Freiburger Zeitung (1. MA), S. 2, alle jeweils vom 24.06.1916; „Ein deutsches Unterseeboot in Cartagena“, in: Kölnische Zeitung vom 04.07.1916 (2. MA), S. 1 f.; „U 35 aus Cartagena ruhmvoll zurückgekehrt“, in: Kölnische Zeitung vom 06.07.1916 (2. MA), S. 1 sowie „‚U 35‘ aus Spanien zurückgekehrt“, in: Mecklenburger Nachrichten vom 07.07.1916, S. 1. Deutsche Kriegs-Zeitung vom 09.07.1916 (Titelseite). Siehe dazu auch Abb. 10 im Anhang, S. 163. Siehe „Purpose of U 35’s visit to spanish port”, in: The Times vom 26.06.1916; „U-Boat raises new point“, in: The New York Times vom 25.06.1916; „Un sous-marin allemand visite un port espagnol“, in: Le Temps vom 24.06.1916, S. 2 sowie „Un Sous-Marin Allemand dans un port Espagnol“, in: L’Echo de Paris vom 23.06.1916, S. 4. In den Zeitungen La Croix, S. 8 („Un sous-marin allemand à Carthagene“), Le Gaulois („Etrange incident“, S. 2) und L’Echo de Paris („Un Sous-Marin Allemand dans un port Espagnol“, S. 4), alle jeweils vom 23.06.1916, wird Arnauld namentlich genannt. L’Echo de Paris beruft sich dabei auf einen Artikel aus dem britischen Daily Telegraph, in dem Arnauld ebenfalls erwähnt wird.

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reichten in der Breite ihrer Anschuldigungen von Unverfrorenheit über Piraterie bis hin zum Verbrechertum.96 In Deutschland hingegen berichteten im darauffolgenden Halbjahr verschiedene Zeitschriften im pathetischen Stil zeitgenössischer Kriegspropaganda über Lothar v. Arnauld und die Spanienfahrt von U 35. Einer dieser Artikel endet mit den Worten „In der Geschichte der deutschen Marine ist der Name U 35 und seines Kommandanten mit unvergänglichen Lettern eingeschrieben.“97

während ein anderer mit der martialischen Feststellung schließt, dass „‚U 35‘ und der Name seines Kommandanten, des Kapitänleutnants v. Arnauld de la Perière (…) ebenso die Verkörperung deutschen Wagemutes und deutscher Kühnheit (sind) wie „Emden“ – v. Müller, „Möwe“ (sic) – Graf zu Dohna und so viele andere.“98

Im Jahre 1917 fand die Cartagena-Operation schließlich Eingang in die Kriegslyrik, als Josef Winckler99 in seinem Gedichtband „Ozean – Des deutschen Volkes Meeresgesang“ (Jena 1917) ein Lothar v. Arnauld gewidmetes Gedicht mit dem Titel „U 35“ veröffentlichte, in dem es mit Bezug auf den deutschen U-Bootkommandanten unter anderem heißt: „Ruhig steht der Kapitän, auf den Degen gestützt, Das Eiserne Kreuz am Herzen blitzt. Schon naht der Hafenkommandant. Der Kapitän, an der Mütze die Hand: „Herr Kommandant – ich bitt’ Sofort Extrazug Madrid! Bringe Botschaft meines Kaiserlichen Herrn Ihrem König.“ Schweigen nah und fern. Der Kommandant, zaudernd, traut nicht dem Ohr. Heller schmettert des Deutschen Stimme hervor: „Herr Kommandant, In 24 Stunden muss ich von Land!“100

Wenn auch keine Straßen und Plätze nach ihm benannt wurden, so hatte Lothar von Arnauld dennoch nationale wie internationale Bekanntheit erlangt. Wieso diese Le Gaulois vom 23.06.1916, S. 2 (Fn. 95) schreibt von „sans-gêne“ und am 15.07.1916 von der „Piraterie teutonne“ (S. 2), während L’Echo de Paris, S. 4 von „Les méfaits de l’«U 35»“ sprach. Mit diesen Vorwürfen setzt sich u. a. die Vossische Zeitung vom 12.07.1916 (MiA), S. 1 auseinander („Der Seekrieg“). 97 Siehe Anonymus, Husarenstück, S. 130. Auch in Anonymus, Arnauld, S. 368 wird in knapper Form über den Cartagena-Aufenthalt berichtet. 98 Siehe „U 35“, in: Illustrirte Zeitung Nr. 3823 (1916), S. 454. Die Emden (I) unter Kapitän z. S. Karl v. Müller war der erfolgreichste deutsche Kreuzer und Handelsstörer in Übersee, vgl. Mirow, S. 51 ff. Ihre Geschichte wurde wiederholt verfilmt (zuletzt 2012 von Berengar Pfahl unter dem Titel „Die Männer der Emden“). Die Möve unter Korvettenkapitän Nikolaus Graf zu Dohna-Schlodien war der erfolgreichste Handelsstörer „nicht nur des Seekrieges 19141918, sondern der Weltgeschichte“, vgl. Mirow, S. 55 sowie Schäffer, S. 73 ff. 99 Josef Winckler (1881–1966), westfälischer Schriftsteller („Der tolle Bomberg“; „Doctor Eisenbart“), verfasste während des Krieges eine Reihe „den Krieg bejahender“, propagandistischer Gedichtbände (sog. „Kriegsgaben“); siehe dazu: Menne, S. 36 ff. 100 „U 35“, in: Winckler, S. 109 ff. 96

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kaum über den Krieg hinaus andauerte, wird an späterer Stelle zu untersuchen sein. Indes nutzte auch die deutsche Propaganda in Spanien, für die der Besuch des deutschen Bootes in erster Linie gedacht war, die Episode aus. Wie Marineattaché v. Krohn berichtete, war das Eintreffen von U 35 in spanischen Regierungskreisen „wie eine Bombe eingeschlagen“, während die nicht zu übersehende prodeutsche Stimmung der Regierung klar gemacht habe, dass „ein Heraustreten aus der Neutralität zugunsten der Entente Revolution und damit Bürgerkrieg bedeuten würde“.101 Darüber hinaus versuchte die Kaiserliche Botschaft in Madrid aus der vorübergehenden deutschfreundlichen Begeisterung nachhaltig propagandistisches Kapital zu schlagen, indem sie sämtlichen deutschen Konsulaten Fotografien, die U 35 an der Seite des spanischen Kreuzers Cataluña zeigten, zusammen mit der Anweisung zukommen ließ, diese an öffentlichen Orten aushängen zu lassen. In Verbindung mit einer entsprechenden Einflussnahme auf die Lokalpresse sollte der Öffentlichkeit so suggeriert werden, dass deutsche U-Boote „die gegebene Schutzwaffe“ für die spanische Küste darstellten.102 Auf politisch-diplomatischer Ebene zog der Besuch eines deutschen U-Bootes im neutralen Spanien ungleich weitere Kreise, so dass sich die Euphorie der deutschen Botschaft ebenso wie die Hoffnungen Arnaulds, dass „einer Ergänzung von Vorräten (in spanischen Häfen) keine Schwierigkeiten in den Weg gelegt“103 würden, alsbald verflüchtigten sollten. Den Anfang hierzu machte die alliierte bzw. internationale Presse, die den Vorwurf erhob, deutsche U-Boote würden spanische Häfen als Versorgungsbasen nutzen (angesichts der Tatsache, dass U 35 eine Reihe von Versorgungsgütern von der Roma erhalten hatte, war dies nicht allzu weit von der Wahrheit entfernt).104 Die mitunter empörten Anschuldigungen, die den Spaniern vorwarfen, „durch Snobismus, durch Eifersucht gegen den Viererverband oder ganz einfach durch natürliche Dummheit dem Kaiser und seiner Armee unaufhörlich Weihrauch (zu) streuen“, wurden von den Regierungen Großbritanniens und Frankreichs bereitwillig aufgegriffen.105 Sie ließen der spanischen Regierung in der ersten Juliwoche 1916 mehrere Protestnoten überreichen, in welchen sie Entschädigungen für diejenigen alliierten Schiffsverluste forderten, die von U 35 nach seinem Aufenthalt in Cartagena verursacht worden waren.106 Auch die Regierungen Italiens und Portugals ließen entsprechende Noten überreichen. Ferner wurden für den Fall, dass ein deutsches U-Boot abermals einen spanischen Hafen anlaufen

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AA, R 12012, Spanien Nr. 61, Bd. 7, Krohn an Chef des Admiralstabes der Marine, 22.08.1916. Zitiert nach Albes, S. 238. Die entsprechende Fotografie findet sich im Anhang, S. 161, Abb. 5. Abschlussbericht v. Arnaulds (Fn. 51), S. 5. Siehe etwa „Purpose of U 35’s visit to spanish port“ in: The Times vom 26.06.1916; „U-35 sinks enemy’s ships“, in: New York Times am 28.06.1916 sowie zwei in Río Pellón, S. 120 abgedruckte Artikel aus dem spanischen El Liberal ohne Datum, die in gekürzter Form auch in der Le Gaulois vom 25.06.1916, S. 4 („Le sous-marin allemand à Carthagène“) veröffentlicht wurden. 105 So die französische Zeitung Progrès de Lyon, zitiert nach: Schäffer, S. 92. 106 Diese Forderung ging auf den französischen Admiral Degouy zurück, welcher der spanischen Regierung vorwarf, die deutsche U-Bootkriegsführung zu unterstützen, vgl. „U-35 sinks enemy’s ships“ (Fn. 104).

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sollte, Repressalien bis hin zur Möglichkeit einer Blockade angedroht.107 Die Ententemächte vertraten die Position, dass U-Boote, die sich aufgrund ihrer Tauchfähigkeit jederzeit „unsichtbar“ machen könnten, nicht die gleichen internationalen Rechte zum Aufenthalt in neutralen Häfen genössen wie einfache Kriegsschiffe und U 35 insofern die spanische Neutralität verletzt habe.108 Gegen diese Ansicht sprach zwar, dass zum Zeitpunkt der Ratifizierung des entsprechenden Haager Abkommens im Jahre 1907 das U-Boot als Kriegswaffe de jure noch gar nicht existent war, doch veranlasste der politische Druck seitens der Entente Spanien schließlich zum Einlenken. Der König legte dem deutschen Marineattaché nahe, vorerst kein weiteres Boot in einen spanischen Hafen einlaufen zu lassen.109 Der Entente genügte dies jedoch nicht. Sie verstärkte langfristig den diplomatischen Druck auf Spanien, welches sich angesichts der nach dem Kriegseintritt Portugals und Rumäniens sowie der italienischen Kriegserklärung an Deutschland vom 28. August gestärkten Position der Alliierten im Juli 1917 schließlich gezwungen sah, U-Booten den Eintritt in spanische Hoheitsgewässer generell zu untersagen.110 Politisch gesehen war diese U 35-Episode somit allenfalls ein kurzfristiger Propagandaerfolg.111 Wie weiter unten gezeigt werden wird, ging die spanische Entscheidung jedoch auch auf einen weiteren Einsatz von U 35 in spanischen Gewässern zurück. 4. Rekordfahrt112 Nach drei Wochen der Instandsetzung trat U 35 am 26. Juli 1916 seine sechste Feindfahrt ins westliche Mittelmeer an. Mit 54 versenkten Schiffen sollte diese Mission nicht nur als erfolgreichste Einzeloperation eines U-Bootes in die Seekriegsgeschichte eingehen, sondern auch maßgeblich zu Arnaulds Rang als erfolgreichstem U-Bootkommandanten beider Weltkriege beitragen. Am 27. Juni durchbrach das Boot die Otranto-Sperre und nahm Kurs auf Sizilien und den MaltaKanal. In den Abendstunden des folgenden Tages stoppte v. Arnauld den mit Stückgütern aus Kalkutta beladenen italienischen Dampfer Dandolo (4.977 BRT) und nahm diesen nach Evakuierung der Besatzung unter Geschützfeuer.113 Während er 107 Eine umfassende Darstellung der Geschehnisse liefert Río Pellón, S. 125 ff. (m. w. N.), wo auch die wechselseitigen diplomatischen Noten abgedruckt sind. Siehe ferner auch Carden, S. 123 ff.; Albes, S. 239 f. und Vézinet, S. 115 f. 108 AA, R 12012, Spanien Nr. 61 Bd. 1, Ratibor an Auswärtiges Amt, 14.07.1917 und 17.07.1917. Siehe dazu auch Carden, S. 124; Río Pellón, S. 144 sowie Albes, S. 240. 109 Vgl. abermals die in Fn. 108 genannten Telegramme Prinz Ratibors an das Auswärtige Amt. 110 Siehe etwa „Vierverbandsdruck auf Spanien“, in: Vossische Zeitung vom 07.09.1916 (MA), S. 1; ausführlich zu diesem Prozess: Carden, S. 130 ff. und S. 198 ff. sowie Río Pellón, S. 151 ff., jeweils m. w. N. 111 Albes, S. 241. 112 Zum Folgenden siehe das KTB der Unternehmung vom 26.07. bis 20.08.1916, in: BA/MA, RM 97/766. Eine detaillierte Darstellung der nachfolgenden Operation findet sich auch bei Herzog/Schomaekers, S. 44 ff.; eine Wegekarte der Feindfahrt mit eingezeichneten Versenkungen findet sich im Anhang, S. 153 (Karte 3). 113 Siehe dazu auch Abb. 6 und 7 im Anhang, S. 161 f.

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mithilfe seines Doppelglases das Feuer leitete, entdeckte der Kommandant auf dem Sonnendeck des Dampfers einen Affen, der „vor Begeisterung über die unerwartete Gelegenheit, sich (an den auf den Abendbrottischen zurückgelassenen Speisen) nach Herzenslust zu delektieren, einen Freudentanz aufführte“.114 Er befahl einem Wachoffizier, mit dem Dingi115 zu dem sinkenden Dampfer hinüberzufahren und den Affen, der sich später als Meerkatze entpuppte, zu retten. „Fips“, wie die Besatzung das Tier schließlich taufte, wurde für ein Jahr der „verzogene und verwöhnte Liebling an Bord“ ehe man ihn dem Berliner Zoo übergab, wo ein Schild am Käfig darauf hinwies, dass er ein Geschenk der Besatzung von U 35 war.116 Und obschon „Fips“ seinen ehemaligen Kommandanten bei einem Zoobesuch nach dem Kriege nicht wieder erkannte, zeugen die teilweise ein ganzes Kapitel umfassenden Anekdoten, die Arnauld und Oberingenieur Fechter dem Affen in ihren Erinnerungen widmeten, von der Zuneigung, welche die Mannschaft von U 35 ihrem Maskottchen entgegenbrachte.117 Nachdem man im Malta-Kanal vor allem auf neutralen Schiffsverkehr getroffen war, den man ungehindert passieren ließ, wurde am 30. Juli in der Straße von Sizilien ein tunesischer Segler (111 BRT) durch Artilleriefeuer vernichtet. Einige Stunden später sichtete U 35 den britischen Dampfer Ethelbrytha (3084 BRT), dessen Besatzung unmittelbar nach Eröffnung des Feuers in die Boote ging. Als sich das U-Boot den Rettungsbooten näherte, stellte sich heraus, dass eines der Boote vollgeschlagen war und die fünfzehnköpfige Besatzung bis zum Bauch im Wasser stand, während zwei Mann bereits außerbords am Boot hingen. Zugleich machte man in etwa 6000 m Entfernung ein yachtähnliches Fahrzeug auf parallelem Kurs aus. Arnauld ordnete zunächst an, die Besatzung des vollgelaufenen Bootes zu retten – auch auf die Gefahr hin, im Falle eines Angriffs durch das unbekannte Schiff unter ihnen wegtauchen zu müssen. Man brachte sie zu dem sinkenden Dampfer zurück, wo sie zwei neue Rettungsboote zu Wasser lassen konnten. Nach dem Untergang der Ethelbrytha wurde ein weiterer Dampfer attackiert. Als dieser jedoch das Feuer erwiderte, ließ v. Arnauld abdrehen, da er eine Fortsetzung des Gefechts angesichts der geringen Größe des Ziels für nicht lohnenswert erachtete. Stattdessen hielt das deutsche Boot auf einen inzwischen in Sicht gekommenen, weiteren Dampfer zu und zwang diesen zum Anhalten. Nachdem der Besatzung 20 Minuten Zeit gegeben worden war, das Schiff zu verlassen, wurde dieses versenkt. Offenbar stand U 35 inmitten einer gegnerischen Transportroute, denn unmittelbar darauf kam ein weiteres Schiff in Sicht, das sich jedoch nach kurzer Zeit als Lazarettschiff entpuppte, so dass Arnauld abermals einen Zielwechsel vornahm und noch in Sichtweite des Lazarettschiffes den englischen Dampfer Britannic (3487 BRT) durch Artilleriefeuer zum Sinken brachte. In der Nacht wich das Boot drei abgeblende114 Arnauld, Schiffe, S. 150. 115 Kleines, von einer einzelnen Person bedienbares Beiboot. 116 Arnauld, Schiffe, S. 150 ff.; Fechter, U 35, S. 141. Weitere im Berliner Zoo ausgestellte „Kriegstiere“, waren bspw. „Schützengraben-Wildschweine“ und „Unterstand-Füchse“, vgl. Schäffer, S. 89. 117 Vgl. Arnauld, Schiffe, S. 149-153; ders., U-Boot-Krieg, S. 66-68 und U 35, S. 13 sowie Fechter, U 35, S. 131-141.

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ten Fahrzeugen aus. Da der Kommandant annahm, es handle sich um feindliche U-Bootjäger auf der Suche nach U 35, ordnete er einen Standortwechsel auf die Linie Marittimo-Spartivento an. Am folgenden Tag, dem 31. Juli 1916, gelangen mit der Versenkung von drei Dampfern und zwei Seglern mit einer Gesamttonnage von 3110 BRT weitere Erfolge. Drei durch Granatsplitter verwundete Besatzungsmitglieder der italienischen Citta di Messina ließ der Kapitänleutnant versorgen. Am 1. August operierte U 35 im stark befahrenen Kanal de la Galite. Nachdem ein Angriff auf zwei Dampfer aufgrund überraschender Gegenwehr abgebrochen werden musste, wurde in den Mittagsstunden ein weiterer Dampfer durch Geschützfeuer zum Anhalten gezwungen. Da zwei als Fischdampfer getarnte Begleitfahrzeuge sowie ein hinzugekommener Zerstörer versuchten, Arnauld durch Artilleriebeschuss an der Durchführung des Prisenverfahrens zu hindern, wurde der Dampfer, die britische Heighington (2800 BRT), schließlich durch Unterwassertorpedoschuss versenkt. Angesichts der geringen Ausbeute und der starken gegnerischen Bewachung, die ein „ersprießliches Arbeiten über Wasser“118 immer gefährlicher machte, gab Arnauld Order zum Weitermarsch in den Golf von Lyon. Nachdem ein in den Morgenstunden des 2. August angehaltener griechischer Schoner nach Überprüfung entlassen wurde, vernichtete U 35 nur wenig später eine italienische Schonerbark sowie einen französischen Schoner durch den Einsatz von Sprengpatronen. Als das Beiboot Schiffs- und Ladepapiere überbrachte, saß „auf all ihrer Habe thronend, im spitzenbesetzten Morgenrock und aufgespannten grünseidenen Sonnenschirm, barfuss die Frau des Kapitäns; eine sehr hübsche, stattliche Erscheinung, der diese Vorgänge sichtliches Vergnügen bereiteten“. Dieser Kriegstagebucheintrag wurde in der maschinengeschriebenen Abschrift, die dem Kaiser zur Kenntnisnahme übersandt wurde, weggelassen. „Dürfte wohl kaum in ein Kriegstagebuch gehören“ stand im Originaltagebuch, welches zunächst von der Flottille in Pola gegengelesen wurde, ehe es zum Admiralstab nach Berlin ging.119 Dennoch zeigt dieser Vorgang, dass sich Arnauld trotz aller widrigen Umstände des U-Bootkrieges seine menschliche Seite bewahren konnte. Am 3. August fiel dem deutschen U-Boot der griechische Dampfer Tricoupis (2378 BRT) zum Opfer – auch hier erhielt die Besatzung eine halbe Stunde zum Räumen ihres Schiffes. Am folgenden Tag wurde vor Marseille zunächst ein englischer Dampfer durch Artilleriebeschuss versenkt, ehe das mit Geschützen bewaffnete italienische Handelsschiff Siena (4372 BRT) in Sicht kam. Da ein Abtauchen nicht mehr möglich war, ließ v. Arnauld dem Italiener einen Warnschuss vor den Bug setzen, der infolgedessen das Feuer erwiderte. Daraufhin wurde der Dampfer „innerhalb weniger Minuten so zusammengeschossen, dass er lichterloh brennend mit hoher Fahrt und anscheinend klemmendem Ruder wilde Kreise“ fuhr. Während sich die Besatzung in vier eilig ins Wasser geworfene Boote rettete und das nunmehr „führerlos gewordene Schiff als brennende Fackel unter enormer Rauchabwicklung“120 davon trieb, kam mit dem englischen Dampfer Tottenham (3106 BRT) auch schon das nächste Ziel in Sicht. Nachdem dieser durch Geschützfeuer vernichtet worden und auch die 118 Siehe KTB-Eintrag vom 01.08.1916, in: BA/MA, RM 97/766. 119 Vgl. Herzog, As, S. 10. 120 Siehe KTB-Eintrag vom 04.08.1916, in: BA/MA, RM 97/766.

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Siena gesunken war (wovon an späterer Stelle abermals die Rede sein wird), wurde ein weiterer italienischer Dampfer gesichtet, angehalten und versenkt. Infolge der reichhaltigen Beute entschied sich Arnauld in südwestlicher Richtung gen spanischer Küste zu fahren, wo er den Hauptteil des feindlichen Verkehrs vermutete. Gegen Mittag des 5. August konnte trotz widriger Wetterbedingungen der britische Kohlendampfer Mount Coniston (3018 BRT) durch Artilleriefeuer versenkt werden. Die Mannschaft des kurz darauf angehaltenen griechischen Handelsschiffes Archilleus versuchte, U 35 durch andauerndes Mützeschwenken und Hochrufe auf Österreich – Ungarn (Arnauld operierte nach wie vor größtenteils unter der k. u. k.Kriegsflagge) dazu zu bewegen, von ihrem Schiff abzulassen. Als nach Durchsicht der Schiffspapiere festgestellt wurde, dass der Grieche von einer französischen Firma gechartert worden war, versank auch er in den Fluten des Mittelmeeres. Am Abend wurde das deutsche Boot während der Verfolgung eines weiteren Schiffes von zwei Bewachungsdampfern und einer U-Boot-Falle überrascht, unter Wasser gezwungen und bis zum Einbruch der Dunkelheit gejagt. Infolgedessen entschied sich Arnauld am folgenden Tag durch Passieren der Signalstation Port Mahon auf Menorca Südkurs vorzutäuschen, ehe er am Abend wieder Kurs auf die spanische Südostküste nahm. Am Vormittag des 7. August stoppte U 35 drei im Verband fahrende Transportdampfer, darunter zwei Briten und einen Neutralen. Die etwa fünf Seemeilen entfernten Bewachungsfahrzeuge bemerkten den Vorgang und strebten mit äußerster Fahrt auf die Stelle zu, an der ihre Schützlinge von dem U-Boot bedrängt wurden. Der deutsche Kommandant ließ sich hiervon jedoch nicht irritieren und versenkte nach Kontrolle der Papiere und Evakuierung der Besatzungen beide Briten (Gesamttonnage 6683 BRT) aufgrund der gebotenen Eile durch Torpedoschuss. Den inzwischen bedrohlich nahe gekommenen Bewachungsfahrzeugen machte Arnauld das Feuern unmöglich, indem er, wie bereits bei seiner ersten Konfrontation mit einem Q-Schiff, zwischen die Rettungsboote fuhr und dort schließlich abtauchte. Da nunmehr sämtliche U-Bootjäger in den südspanischen Gewässern alarmiert waren, befahl der Kommandant abermals Kurswechsel gen Golf von Lyon. Dabei wird im Kriegstagebuch erstmals die Zusammenfassung des gegnerischen Schiffsverkehrs in Konvois vermerkt. Dies ist insofern bemerkenswert, als dass das Konvoisystem noch im Juni 1916 von höheren alliierten Kommandostellen als eine die Versorgungsschifffahrt verlangsamende und damit das Versenkungsrisiko erhöhende Maßnahme abgetan wurde.121 Am 8. August erreichte U 35 bei schlechtem Wetter den Golf von Lyon und vernichtete während des Tages ein italienisches und ein britisches Schiff durch Sprengpatronen bzw. Geschützfeuer. Ein im nächtlichen Mondschein gesichteter großer Dampfer (10.000-20.000 BRT) mit Kurs auf Marseille wurde trotz günstiger Angriffsposition verschont, da Arnauld nicht sicher war, ob er einen Passagierdampfer vor sich hatte. Diese Vorsicht war nicht nur den bisherigen Ereignissen im U-Bootkrieg geschuldet – vielmehr hatte der Admiralstab Mitte Juni 1916 in einem Befehl explizit angemahnt, dass „Irrtümer über 121 So beispielsweise die Argumentation der französischen Kommandobehörden, vgl. Halpern, Naval War, S. 257 f.

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den Charakter der angetroffenen Fahrzeuge nicht vorkommen dürfen und die Kommandanten vorkommendenfalls persönlich zur Verantwortung gezogen werden“.122 Als der 9. August heraufdämmerte, wurde südlich von Sète der spanische Dampfer Ganekogorta Mendi (3061 BRT) angehalten, der Kohlen aus England nach Savona transportierte. Der Kapitän versuchte die Deutschen durch Anbieten von Zigaretten und Schmeicheleien vom Versenken seines Schiffes abzuhalten. Er erwähnte sogar – ohne zu wissen, dass er dasselbe Boot vor sich hatte – den Besuch von U 35 in Cartagena. Es half jedoch alles nichts und sein Dampfer wurde 20 Minuten später durch Öffnung der Bodenventile versenkt. Das Angebot, die Rettungsboote in die Nähe der Küste zu schleppen, lehnte der spanische Kapitän aus Furcht vor etwaigen Minensperren ab. Am Abend wurden bei der Versenkung des italienischen Frachters Sebastiano (3995 BRT) vier Säcke Weizenmehl erbeutet. Dieses nutzte der Smutje von U 35 fortan, um „an besonderen Festtagen (…) Streuselkuchen oder auch gelegentlich Sandtorte“ für die Besatzung zu backen, wie Arnauld in seinen Aufzeichnungen berichtet.123 Das letzte Opfer dieses Tages wurde der britische Dampfer Antiope (2973 BRT), der gegen 21.30 Uhr in den Fluten des Mittelmeeres versank. Der deutsche Kommandant dürfte reichlich überrascht gewesen sein, als ihm der Dampferkapitän seine Anerkennung für die „prompte Arbeit“ aussprach und „um ein Andenken an diesen, für ihn so ereignisreichen Abend“ bat. Er erhielt ein signiertes Ullstein-Buch mit der Unterschrift eines Mitgliedes der U-Bootbesatzung.124 Nachdem U 35 nach der Versenkung des japanischen Dampfers Temmei Maru (3360 BRT) am nächsten Tag über zwei Stunden von einem herbeigeeilten Zerstörer mit Wasserbomben verfolgt worden war, änderte v. Arnauld den Standort auf die Linie San Sebastian – Hyerische Inseln. In diesem nahezu täglichen Standortwechsel ist wohl der eigentliche Grund dafür zu sehen, dass das deutsche Boot „trotz der sofort einsetzenden Gegenwehr wochenlang mit Erfolg operieren konnte“.125 Am 11. August vernichtete U 35 den spanischen Dampfer Pagasarri (3287 BRT), der mit Kohlen für Genua beladen war, und überschritt am Folgetag mit der Versenkung eines französischen Schiffes und dreier Italiener mit insgesamt 6776 BRT die Marke von 30 Versenkungserfolgen. Während dieser Operation, die sich nur knapp sechs Seemeilen vor der Küste der französischen Riviera abspielte, wurde das deutsche Boot von Cannes aus mit Schrapnells beschossen und von einem angreifenden Flugzeug zum Tauchen gezwungen. Doch erst nachdem zwei Zerstörer die Versenkung eines weiteren Dampfers in letzter Minute verhinderten, entschloss sich v. Arnauld angesichts der sich zunehmend verstärkenden Abwehrmaßnahmen zum Ablaufen und nahm Kurs auf den Golf von Genua. Dort konnte 122 Den entsprechenden Funkspruch hatte U 35 am 17.06.1916 erhalten, er liegt dem Kriegstagebuch der Unternehmung nach Cartagena (BA/MA, RM 97/765) bei; siehe auch Marinearchiv, Handelskrieg Bd. III, S. 158. 123 Arnauld, U 35, S. 14. 124 Siehe KTB-Eintrag vom 09.08.1916, in: BA/MA, RM 97/766. Arnauld stellt hier besonders heraus, dass es sich bei der Unterschrift „nicht um die meinige“ handelte. 125 Vgl. den „Bericht des Kommandanten“, Punkt 1 lit. b) im Anhang des KTB der Unternehmung vom 26.07. bis 20.08. 1916, in: BA/MA, RM 97/766. Ähnlich auch Schröder, S. 232 f.

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U 35 am kommenden Tag, dem 13. August, mit der Versenkung dreier italienischer Segler und eines dänischen Dampfers, der mit Kohlen für Genua beladen war, nahtlos an die Erfolge der vorhergehenden Tage anknüpfen. Im Dunst lag die italienische Küste mit den Städten Savona und Genua vor den Augen der U-Bootbesatzung. Allen Erwartungen zum Trotz zeigte sich jedoch bis in die Abendstunden keinerlei Schiffsverkehr. Es ist anzunehmen, dass die Italiener aufgrund der U-Bootsgefahr sämtliche Schiffe in den Häfen zurückhielten. Für einen längeren Aufenthalt in diesem Seegebiet reichten jedoch weder Zeit noch Brennstoff, so dass Arnauld Befehl zum Rückmarsch gab. Auf dem Weg durch das Tyrrhenische Meer sollten die Nachschubwege nach Neapel gestört werden. Am 14. August versenkte U 35 im Dreieck Korsika – Capraia – Elba innerhalb von acht Stunden zehn Segler und einen Dampfer mit insgesamt 2888 BRT direkt unter den Augen der italienischen bzw. französischen Signalstationen. Das deutsche Boot war gerade dabei, zwei weitere Segler anzuhalten, als aus Richtung Elba kommend plötzlich zwei U-Bootjäger auftauchten. Die niedrigen Motorboote hielten mit äußerster Kraft auf U 35 zu und eröffneten nahezu gleichzeitig das Feuer. Sofort wurde Alarmtauchen befohlen. Zwei inzwischen herangekommene Zerstörer126 zwangen das deutsche Boot für den Rest des Nachmittages unter Wasser, so dass Arnauld beschloss, nach Südosten in Richtung der Linie Straße von Bonifacio – Neapel abzulaufen. Als U 35 in den Morgenstunden des 15. August gerade dabei war, einen kleinen italienischen Frachtdampfer anzuhalten, näherte sich von Westen ein weiterer Dampfer von etwa 2000 BRT, der weder eine Flagge noch sonstige Abzeichen führte. Arnauld ordnete einen Zielwechsel an und ließ aus 6000 Metern Entfernung das Feuer auf das verdächtige Schiff eröffnen, das kurz darauf zwei Beiboote zu Wasser ließ. Sicherheitshalber feuerte das deutsche Boot weiter, als das unbekannte Schiff plötzlich seinerseits aus vier großkalibrigen Breitseitgeschützen ein gut liegendes Feuer eröffnete. Rings um U 35 ließen Einschläge große Wasserfontänen in die Höhe schnellen; ein Schrapnell platzte direkt über dem Boot, dem es abermals in letzter Sekunde gelang, auf Tiefe zu gehen. Als U 35 auf neun Meter Tiefe gesunken war vernahm die Besatzung zwei Aufschläge direkt am Turm, doch auch diesmal war das Boot „glücklich herunter (gekommen und war) unbeschadet“.127 Zwar setzten die Deutschen umgehend zum Gegenangriff an, doch das gegnerische Schiff – die italienische U-Bootfalle Citta di Sassari – lief mit hoher Geschwindigkeit ab und entzog sich so einem Torpedoangriff. Bereits zum zweiten Male hatte Arnaulds ausgeprägter Instinkt U 35 vor der Versenkung durch eine feindliche U-Bootfalle bewahrt. Das italienische Q-Schiff sollte seinerseits über ein Jahr später von U 65 unter Kapitänleutnant v. Fischel vernichtet werden.128 Nach dem Auftauchen versenkte das deutsche Boot den zuvor angehaltenen italienischen Dampfer Augusta (523 BRT), dem im Laufe des Tages noch zwei weitere Italiener mit insgesamt 427 BRT folgten. Am Morgen des 16. August stand U 35 im Süd-Tyrrhenischen Meer und nahm nach der Vernichtung eines italienischen Seglers Kurs auf die Linie Kap Bon – Pan126 Herzog/Schomaekers, S. 53 spricht hier fälschlicherweise von elf feindlichen U-Jägern. 127 KTB-Eintrag vom 15.08.1916, in: BA/MA, RM 97/766. 128 Vgl. Marinearchiv, Handelskrieg Bd. III, S. 163 sowie Herzog/Schomaekers, S. 53.

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telleria. In den frühen Morgenstunden des 17. August tauchte das Boot in der Straße von Sizilien vor zwei abgeblendeten Kriegsschiffen, die in „unberechenbare(n) Zickzack-Kurse(n)“ ostwärts fuhren.129 In spitzem Winkel gelang es Arnauld, einen Torpedo auf den französischen Panzerkreuzer Ernest Renard abzufeuern, doch verfehlte „das Geschoss“ sein Ziel. Kaum hatten die Gegner den Angriff bemerkt, liefen sie mit hoher Geschwindigkeit nach Westen ab. Um halb zehn passierte U 35 die Signalstation von Pantelleria, auf der das U-Boot-Warnsignal weithin sichtbar im Wind wehte, wich einem französischen Fischdampfer aus und traf etwa sieben Seemeilen weiter östlich auf zwei hintereinander fahrende, bewaffnete britische Dampfer. In einem längeren Feuergefecht erhielt der vordere, die Swedish Prince (3712 BRT), zwei Treffer, stoppte und ließ nach einigen weiteren Schüssen die Rettungsboote zu Wasser. Der zweite Dampfer, die Astraca, versuchte indessen aus 7500 m Entfernung das deutsche Boot mittels gut liegenden Feuers aus zwei 7 cmGeschützen von der Swedish Prince fern zu halten. Durch Fahrt- und Kursänderung gelang es v. Arnauld, dem gegnerischen Beschuss auszuweichen und die Astraca langsam abzudrängen. Nachdem Kapitän, Geschützführer und 1. Maschinist des getroffenen Briten gefangen genommen worden waren, wurde das bereits schwer getroffene Schiff durch Geschützfeuer versenkt. Dem erneut eintreffenden PrimulaKreuzer wich U 35 über Wasser aus und auch zwei bewaffnete Fischdampfer, die von Pantelleria aus auf das U-Boot angesetzt worden waren, vermochte man abzuschütteln. Am 18. August wurde mit dem italienischen Postdampfer Erix (923 BRT) der letzte von insgesamt 54 Gegnern, die U 35 auf seiner Rekordfahrt zum Opfer fielen, versenkt. Am 20. August durchbrach das Boot die Otranto-Sperre, wo es aufgrund der inzwischen verstärkten Bewachung wiederholt unter Wasser gehen musste. Schließlich lief es um 15. 30 Uhr nachmittags durch die Südpassage in die Bocche di Cattaro ein, wo es wenig später, von den „Hurras“ der im Hafen liegenden Schiffe begrüßt, längsseits des österreichischen Stützpunktschiffes Gäa festmachte. Das deutsche Boot hatte in 25-tägiger Fahrt all seine Torpedos ebenso wie 389 8,8 cm Granaten verschossen und überdies sämtliche Sprengmittel verbraucht.130 Unter den 54 vernichteten Einheiten befanden sich neun Neutrale, 29 Dampfer und 25 Segelschiffe mit insgesamt 90.150 BRT, was über 40 % der U-Boot-Beute der Monate Juli und August im Mittelmeer und ein Drittel der in diesem Zeitraum weltweit erzielten U-Bootserfolge ausmachte.131 Dabei wurde kein einziger Gegner 129 KTB-Eintrag vom 16.08.1916, in: BA/MA, RM 97/766. 130 Vgl. die Torpedo- und Artillerieverbrauchsnachweisung im Anhang zum KTB der Unternehmung vom 26.07. bis 20.08.1916, in: BA/MA, RM 97/766. Was den Verbrauch an Artilleriemunition angeht, kursieren in der Sekundärliteratur die unterschiedlichsten Angaben. Während Herzog/Schomaekers, S. 55 angibt, dass „alle 520“ Granaten verschossen worden wären, sprechen etwa Tarrant, S. 36 und Gray, Killing Time, S. 210 von 900 verbrauchten Geschossen, während Gröner, S. 31 angibt, dass standardmäßig nur eine Dotation von 200 Granaten mitgeführt wurde. Wie diese Zahlen zustande gekommen sind, ist nicht zu klären. Im Falle von Tarrant und Gray liegt jedoch nahe, dass einer die Zahlen einfach vom jeweils anderen übernommen hat. 131 Halpern, Naval war, S. 250. In den Monaten Juli und August versenkten deutsche U-Boote im Mittelmeer insgesamt 110 Schiffe mit 215.800 BRT. Arnaulds Anteil hieran betrug rund 42 %.

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durch Torpedoschuss versenkt. Das amtliche Seekriegswerk schließt seinen Bericht mit den Worten: „Als Kapitänleutnant v. Arnauld am 20.08. (…) in Cattaro einlief, (…) hatte er die ertragreichste Unternehmung vollendet, die jemals (…) von einem U-Boot im Handelskrieg ausgeführt worden ist“.132 Bis heute ist die Rekordfahrt von U 35 die erfolgreichste U-Boot-Einzeloperation der Seekriegsgeschichte.133 Arnauld selbst drückte es später ausgesprochen bescheiden aus und schilderte den schon beinahe „routinemäßigen Ablauf der Versenkungen“: „Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die bedeutsamsten Ereignisse gleichzeitig die am wenigsten aufregenden waren. So war meine Rekordfahrt zum Beispiel ganz zahm und langweilig. (…) Wir versenkten 54 Schiffe, – eine Höchstleistung für eine Fahrt. (…) Als „U 35“ in den Kriegshafen von Pola einlief, wurde der ganze Hafen wild. Trotzdem hatten wir keinerlei besondere Abenteuer erlebt. Alles hatte sich routinemäßig abgespielt. Wir hielten die Schiffe an. Die Besatzung ging in die Boote. Wir prüften die Schiffspapiere, gaben den Leuten Segelanweisungen zum nächsten Land und versenkten sodann die eroberte Prise.“134

Das eigentliche Verdienst hingegen schrieb der Kommandant seinen Männern zu: „Dank einer eingefahrenen, prächtigen Besatzung war es mir möglich, auf sechs zum Teil längeren Unternehmungen bis zum Herbst 1916 etwa 260 000 Tonnen Handelsschiffsraum zu versenken.“135

Eine Abschrift des Kriegstagebuches der Operation ging an den Admiralstabschef v. Holtzendorff in Berlin, der es im Oktober 1916 dem Kaiser persönlich „alleruntertänigst unterbreitet(e)“. Dabei wies der Admiral darauf hin, dass zusammen mit den von U 35 versenkten Schiffen über 50.000 t für Italien bestimmter Kohle vernichtet wurden, was „einen weiteren Anstieg des ohnehin bereits hohen Kohlenpreises in Italien nach sich ziehen und insofern den Druck auf die italienische (Kriegs-) Wirtschaft erhöhen dürfte“.136 Über den Chef des Marine-Kabinetts Admiral v. Müller kehrte die Abschrift Ende Oktober mit zahlreichen Anmerkungen versehen an den Admiralstab zurück. In einem beiliegenden Schreiben v. Müllers hieß es: „Seine Majestät haben mit dem größten Interesse Kenntnis genommen“ – neben seiner Unterschrift hatte Wilhelm II. ein handschriftliches „Bravo!“ unter den letzten Kriegstagebuchseintrag Arnaulds gesetzt.137 Der Kapitänleutnant sollte hiervon jedoch erst nach Abschluss der nächsten Feindfahrt erfahren. Indes veranlasste der große Erfolg der U-Flotille Pola – seit Kriegsbeginn waren über eine

132 133 134 135 136 137

Der Anteil an den Gesamterfolgen (273.873 BRT) erfolgte anhand der Tabelle in Marinearchiv, Handelskrieg Bd. V, S. 362 f. Marinearchiv, Handelskrieg Bd. III, S. 163. Bei der erfolgreichsten U-Boot-Operation des Zweiten Weltkrieges versenkte U 107 unter Kapitänleutnant Günter Hessler vierzehn Schiffe mit insgesamt 86.699 BRT, vgl. Herzog/Schomaekers, S. 56 sowie S. 392 ff. Arnauld, Schiffe, S. 153; vgl. auch Schröder, S. 233. Zitiert nach: Schäffer, S. 88. So ein Telegramm Holtzendorffs an Wilhelm II. vom 28.08.1916, zitiert nach: Halpern, Naval war, S. 251. Siehe KTB-Eintrag vom 20.08.1916 sowie die dem Kriegstagebuch beiliegenden Notizen und Befehle der Admirale v. Holtzendorff und v. Müller, in: BA/MA, RM 97/766.

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Million Bruttotregistertonnen an Schiffsraum versenkt worden – den Admiralstab weitere Boote ins Mittelmeer zu entsenden.138 5. Sondermission Canaris139 Nach knapp dreiwöchigen Instandsetzungsarbeiten begann am 14. September 1916 die siebte Feindfahrt Arnaulds, welche zugleich die letzte Operation von U 35 im Kriegsjahr 1916 darstellte. Sie sollte das deutsche Boot abermals ins westliche Mittelmeer in die Nähe Cartagenas bringen. Nachdem die Mitnahme Wilhelm Canaris’ im Rahmen des Spanienaufenthaltes von U 35 nicht möglich gewesen war und auch das bereits im Juli mit einem entsprechenden Auftrag betraute U 34 keinen Erfolg hatte, sollte nunmehr ein dritter Anlauf die sichere Heimkehr des deutschen Agenten gewährleisten. Zwischen dem 30. September und dem 2. Oktober sollte Canaris von einem Fischerboot in der Bucht von Cartagena abgeholt werden. Nach dem Durchbruch durch die Otranto-Sperre, die inzwischen auch durch Flugzeuge gesichert wurde, stand U 35 am 17. September auf Höhe der Dampferroute MaltaKythira. Gegen Mittag wurde ein Dampfer durch Artilleriefeuer attackiert, der sich jedoch mit drei Bordgeschützen verbissen zur Wehr setzte, so dass Arnauld den Angriff abbrechen ließ. Einen leeren holländischen Dampfer und ein Lazarettschiff ließ man befehlsgemäß passieren. Im Malta-Kanal musste am Folgetag ein Gefecht mit einem Handelsschiff abermals wegen starken Abwehrfeuers abgebrochen werden. Zwei herbeigeeilte Zerstörer drückten U 35 schließlich bis Einbruch der Dunkelheit unter Wasser. Wie schon auf der vorhergehenden Feindfahrt zeigte sich auch während dieser Operation, dass die seit März 1916 forcierte alliierte Abwehr auf den Dampferwegen inzwischen „fühlbar geworden“ war und regelmäßig bereits nach kurzer Tätigkeit eines U-Bootes „in verschärftem Maße einsetzte“.140 Erst gegen Mittag des 19. September konnten die Verfolger endgültig abgeschüttelt werden; bis zum Abend gelang die Versenkung zweier italienischer Segler (Gesamttonnage 1520 BRT). Bei verschlechterten Wetterverhältnissen traf U 35 am 20. September westlich der Galite-Durchfahrt auf regen Dampferverkehr, der von Torpedobooten gesichert wurde. Unter Wasser pirschte sich das deutsche Boot bis auf 1800 m Entfernung an einen der größeren Dampfer heran. Der abgefeuerte Torpedo verfehlte jedoch sein Ziel. Während sich die Wetterverhältnisse zunehmend verschlechterten, marschierte U 35 weiter westwärts und stand am 22. September nördlich von Algier, von wo aus Arnauld Kurs auf die Durchfahrt Mallorca-Ibiza nehmen ließ. Nach Versenkung zweier Italiener mit insgesamt 3859 BRT stand das Boot am 23. September südlich der Balearen. Gegen Mittag wurde der Widerstand des armierten britische Dampfer Charterhouse (3021 BRT) nach kurzem Artillerieduell gebrochen. Neben einem 7,6 cm Deckgeschütz wurden dabei Geheimdo138 Halpern, Naval war, S. 251. Es waren dies U 32, U 63, U 64 und U 65. 139 Zum Folgenden siehe das KTB der Unternehmung vom 14.09. bis 09.10.1916 sowie insbesondere die Berichte Arnaulds und Canaris’ über dessen Abholung (Anlagen 2 und 7 zum KTB), in: BA/MA, RM 97/766. 140 Marinearchiv, Handelskrieg Bd. III, S. 163; ausführlich dazu Tarrant, S. 36 f.

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kumente erbeutet, aus denen die gegnerischen Dampferrouten nördlich der Balearen hervorgingen. Hier operierte das Boot bis zum 26. September, wobei zwei italienische, ein norwegisches und vier britische Schiffe mit insgesamt 23.860 BRT versenkt wurden. Zwei der Briten, die armierten Dampfer Bronwen und Roddam, konnten dabei erst nach längeren Feuergefechten zur Aufgabe gezwungen werden. In beiden Fällen wurde je ein fabrikneues Schiffsgeschütz des Kalibers 7,6 cm erbeutet und Kapitän sowie Geschützbedienung gefangen genommen. Während italienische Dampfer in aller Regel unbewaffnet fuhren, waren ihre britischen Pendants ab Herbst 1916 nahezu durchgehend mit Geschützen der Kaliber 7,6 bis 12 cm armiert.141 Am 27. September stand U 35 wieder südlich Mallorca, wo am späten Vormittag eine Rauchwolke gesichtet wurde, die sich wenig später als ein weiterer bewaffneter Dampfer entpuppte. Er wurde ohne Gegenwehr versenkt, wobei dem Kapitän „klar gemacht (wurde), dass er der Gefangennahme nur deshalb entgehe, weil er nicht gefeuert habe“.142 Wenig später wurde der gleichfalls armierte Dampfer Secondo (3912 BRT) durch Torpedobugschuss vernichtet. Das letzte Opfer des Tages war der mit Kohlen für La Spezia beladene Norweger Vindeggen (2610 BRT). Auch hier erhielt die Besatzung ausreichend Zeit zur Räumung des Schiffes. Da der Termin für den Sonderauftrag nahte, ließ Arnauld Kurs auf Cartagena nehmen. Nachdem am 29. September der italienische Dampfer Venus (3976 BRT) versenkt worden war, lag U 35 in der kommenden Nacht auf der vereinbarten Trefflinie in der Salitrona-Bucht bei Kap Tinoso, südlich von Cartagena. Von Canaris war jedoch nichts zu sehen. Erfolglos kreuzte das Boot während des gesamten 30. September vor Cartagena. Arnauld konnte nicht wissen, dass der spanische Fischer, der Canaris von Cartagena aus zum vereinbarten Treffpunkt bringen sollte, aus Angst vor einer Verhaftung im letzten Moment einen Rückzieher gemacht hatte.143 In der Nacht zum 1. Oktober tastete sich U 35 erneut die Salitrona-Bucht vor, die diesmal voller spanischer Sardinenfischer war. Die kleinen Boote führten am Bug eine helle Laterne, deren Schein auf das Wasser gerichtet war, um Sardinen anzulocken. Es war unmöglich, in diesem „ständigen Auf und Ab der Lichter“ das vereinbarte Erkennungssignal auszumachen.144 Gegen drei Uhr wurde plötzlich der Turm eines feindlichen U-Bootes gesichtet, der unweit von U 35 aus dem Meer auftauchte. Noch bevor dessen Besatzung die Deutschen hätte sehen können, ließ Arnauld tauchen. Das Unternehmen war verraten worden, ehe es überhaupt begonnen hatte, und nun versuchte die Gegenseite, den Deutschen bei der Abholung des „gefährlichsten deutschen Agenten in Spanien“ zuvorzukommen.145 Gegen vier Uhr nachts wagte sich der Kommandant schließlich wieder an die Wasseroberfläche – von dem geg141 Vgl. den „Bericht des Kommandanten“ (Anlage 1 zum KTB der Unternehmung vom 14.09. bis 09.10.1916), S. 1, in: BA/MA, RM 97/766. Zur Bewaffnung der britischen Handelsschiffe siehe Tarrant, S. 37. 142 KTB-Eintrag vom 27.09.1916, in: BA/MA, RM 97/766. 143 Siehe Canaris’ Bericht (Fn. 139), S. 1. Dazu auch Müller, S. 65; Höhne, S. 52 sowie Río Pellón, S. 171 ff. 144 Siehe Arnaulds Bericht (Fn. 139), S. 1 sowie Fechter, Canaris, S. 690. 145 Fechter, Canaris, S. 691; Höhne, S. 51; Das feindliche U-Boot hatte explizite Anweisung, Arnauld „zu versenken, wenn er über Wasser die Personen übernimmt“, vgl. den Bericht des französischen Kommandanten Pradeau, zitiert nach: Herzog, Canaris, S. 23.

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nerischen U-Boot war zu diesem Zeitpunkt nichts mehr zu sehen. Dafür bemerkte er einen Segler mit Topplaterne, bei dem er dreimal das vereinbarte Erkennungssignal beobachtete. U 35 blieb zwei Stunden lang ca. 300 Meter von dem Boot entfernt liegen und erwiderte zehn Mal das Erkennungssignal – ohne Reaktion. Das Topplicht ging schließlich aus. Es war tatsächlich Canaris’ Boot, doch hatten sich weder Canaris noch Arnauld selbst näher an den jeweils anderen herangewagt. Berechtigterweise, bestand doch offensichtlich die Gefahr, sich an die falsche Seite zu verraten. In der Morgendämmerung lief der Segler ins offene Meer hinaus. U 35 folgte ihm, musste jedoch abermals abtauchen, nachdem die Silhouette des feindlichen U-Bootes am Horizont ausgemacht wurde. Getaucht näherte sich das Boot der Trefflinie, wo zwei verdächtige Fischdampfer ausgemacht wurden. Mit erhöhter Fahrt ließ Arnauld auf den Segler zuhalten, der plötzlich das Erkennungssignal – einen roten Wimpel vor weißem Segel – setzte. Man musste an Bord das Periskop des deutschen U-Bootes gesehen haben. Umgehend tauchte Arnauld auf, nahm Canaris und seine zwei Begleiter, Leutnant z. S. Sievers und Offiziersstellvertreter Badewitz, an Bord und tauchte wieder ab.146 Das Ganze ereignete sich innerhalb von nur drei bis vier Minuten direkt unter den Augen der Dampfer und des feindlichen U-Bootes. Dessen Untätigkeit war einzig dem Umstand zu verdanken, dass U 35 direkt vor der aufgehenden Sonne stand, welche den französischen Kommandanten im entscheidenden Moment blendete.147 Treffend vermerkte Arnauld in seinem Abschlussbericht: „Die Unternehmung hätte bei weniger Glück (…) auch anders ablaufen können (…) Canaris hätte leicht ins falsche U-Boot einsteigen können“.148 Dass U 35 während dieser Unternehmung nicht nur Canaris und seine Begleiter ein-, sondern auch etwas an der Küste ausgeladen habe, wie verschiedentlich behauptet, ist hingegen nicht nachweisbar.149 Die ursprüngliche Absicht des Kommandanten, nach Abschluss der Sonderaufgabe nochmals bei den Balearen als dem „aussichtsreichsten Gebiet“ zu operieren, musste wegen Störungen der Backbord-Ölmaschine aufgegeben werden. Stattdessen entschied sich Arnauld den Rückmarsch anzutreten, in der Hoffnung auf der Transportroute Cap Cherchel – Dragonera „noch etwas zu erreichen“.150 Am Vormittag des 2. Oktober attackierte U 35 südlich der Balearen das französische Kanonenboot Rigel (1250 BRT), welches seinerseits Jagd auf die „pirates

146 Reinhold Badewitz war Besatzungsmitglied der Möve (s. o., Fn. 98) und war als Angehöriger des Prisenkommandos des im Februar 1916 aufgebrachten britischen Frachter Westburne in Spanien interniert worden. Berthold Sievers war Adjutant des Marineattachés v. Krohn (s. o., S. 60, 65). Ausführlich dazu: Río Pellón, S. 170. Siehe dazu Abb. 9 (Anhang, S. 163), auf der Arnauld mit Canaris, Sievers und Badewitz auf U 35 zu sehen ist. 147 So der Bericht des Kommandanten des französischen U-Bootes Opale, Pradeau, vgl. Pradeau, S. 31. Dieser gibt entgegen der Annahme Arnaulds an, dass an der Operation mit der Topaze noch ein weiteres französisches U-Boot beteiligt war. Siehe dazu auch Herzog, Canaris, S. 24 sowie Waller, S. 4. 148 Vgl. Arnaulds Bericht (Fn. 139), S. 4. 149 Eine derartige Mutmaßung (abermals im Zusammenhang mit Krankheitserregern) findet sich etwa bei Geißler, S. 74 und Beesly, S. 201. 150 Vgl. KTB-Eintrag vom 01.10.1916, in: BA/MA, RM 97/766.

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boches“151 im Mittelmeer machte. Nachdem ein Torpedo den Franzosen in den Bug getroffen hatte, lief dieser mit erhöhter Geschwindigkeit in nordöstliche Richtung ab.152 Arnauld, der realisierte, dass ihm das Kanonenboot trotz Torpedotreffers an Geschwindigkeit überlegen war, wollte jedoch nicht aufgeben. Er kalkulierte, dass der Franzose Algier als nächstgelegenen feindlichen Kriegshafen anlaufen würde und nur nach Norden fuhr, um sich den Blicken des deutschen Bootes zu entziehen. Entsprechend ließ der Kommandant auf Ostkurs gehen und sollte Recht behalten: Eine knappe Stunde später meldete die Turmwache, dass die Rigel, mittlerweile in Begleitung zweier bewaffneter Fischdampfer, wieder in Sicht gekommen war. Um 15.15 Uhr verließ der zweite Torpedo das Rohr und traf die Steuerbordseite des Kanonenbootes, dessen Untergang nunmehr sicher war. Das wütende Artilleriefeuer der armierten Dampfer und die Wasserbomben zweier herbeigeeilter Zerstörer drückten U 35 bis zum Abend unter Wasser. Nachdem das Boot durchgelüftet war, ließ Arnauld Kurs auf die Südspitze Siziliens nehmen, um dort den Dampferverkehr auf der Route Marseille-Bizerta zu stören. Am folgenden Tag wurde der griechische Dampfer Samos (1186 BRT) mit Zement für Algier und am Morgen des 3. Oktober der Norweger Birk (715 BRT) mit Gerste und Kork für Marseille versenkt. Gegen 18.00 Uhr desselben Tages kam mit dem französischen Truppentransporter Gallia (14.900 BRT) ein besonders lohnenswertes Ziel in Sicht.153 Das Schiff transportierte 2350 Menschen, darunter 1650 französische und 350 serbische Soldaten sowie militärisches Gerät von Toulon nach Saloniki. Die Aussichten auf einen Treffer waren denkbar gering: U 35 hatte nur noch einen einzigen Torpedo und die Gallia war nicht nur sehr schnell, sondern fuhr auch permanent im Zick-Zack. Entgegen aller Erwartungen gelang es v. Arnauld jedoch nach mehreren Anläufen, in beinahe spitzem Winkel einen Volltreffer in den mit Munition beladenen Frachtraum zu erzielen.154 Nach einer wuchtigen Explosion begann der mächtige Transporter zunächst langsam, dann immer schneller zu sinken. Durch das Sehrohr beobachtete der U-Bootkommandant die tragische Szenerie: Auf den überfüllten Decks des Schiffes herrschte Panik, Rettungsboote wurden überhastet heruntergeworfen und schlugen kenternd auf dem Wasser auf. Hunderte von Soldaten sprangen über Bord – das Meer war ein „furchtbares Durcheinander von gekenterten, überfüllten und sinkenden Rettungsbooten und mit den Wellen ringenden Menschen“. Einzeln rief der Kommandant die Mitglieder seiner Besatzung ans Periskop. Die Männer, die sich noch „neugierig und hastig“ ans Sehrohr gedrängt hatten, wurden blass, als sie „die grausige Szene (…) an der Oberfläche“ sahen.155 Ein Matrose schrieb später 151 Vgl. den Artikel „Honneur au Rigel“, in: La Croix vom 09.01.1917, S. 5. „Boche“ war bzw. ist im Französischen eine herabsetzende Bezeichnung für Deutsche, vgl. dazu Gipper, S. 191. Zur Brandmarkung deutscher U-Boote als „Piraten“ siehe bereits oben, S. 62. 152 Zum Folgenden auch: „Wie wir den kleinen französischen Kreuzer ‚Rigel‘ kriegten“, in: Fechter, U 35, S. 125 ff. 153 Zum Folgenden siehe auch Arnauld, Schiffe, S. 154 ff.; ders., U 35, S. 8 ff. und U-Boot-Krieg, S. 60 ff. sowie Fechter, U 35, S. 84 ff. 154 Vgl. die offizielle Bekanntgabe des französischen Marineministeriums, abgedruckt etwa in La Croix, S. 1 („Le paquebot «Gallia» torpillé“) sowie in Le Gaulois, S. 1 („Le croiseur auxiliaire «Gallia» coulé en Méditerranée“), jeweils vom 10.10.1916. 155 Arnauld, U-Boot-Krieg, S. 62; ders., Schiffe, S. 155. Fechter, U 35, S. 87 schreibt hingegen:

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in die Heimat, es war, als würde man „durch ein Guckloch in die Hölle blicken“.156 Ein einziger Torpedo hatte eine der größten Katastrophen der französischen Marinegeschichte herbeigeführt, bei der mindestens 600 Menschen den Tod fanden – obschon auch diese Versenkung seekriegsrechtlich korrekt war.157 Arnauld selbst schrieb nach dem Krieg, dass der Untergang der Gallia mit „all seinen Schrecken nie aus (…) (seiner) Erinnerung verschwinden“ würde.158 U 35 lief getaucht ab, da man nicht annahm, dass ein derart großes Schiff gänzlich ohne Bewachung fuhr – ein fataler Fehler der französischen Marineführung, der geradezu beispielhaft für die bereits genannten Organisationsdefizite seitens der Alliierten ist.159 Erst die Versenkung der Gallia führte auf französischer Seite zu einer intensiveren Bewachung der Transportrouten im Falle großer Truppenverschiebungen zur See.160 Indes versenkte Arnauld auf dem Rückmarsch noch zwei weitere Dampfer mit insgesamt 5291 BRT, ehe U 35 am Nachmittag des 9. Oktober 1916 in Cattaro einlief. Auf dieser Operation konnten 22 Gegner, darunter ein Kriegsschiff, mit insgesamt 67.852 BRT zum Sinken gebracht werden. Damit stand der Kapitänleutnant mit 124 versenkten Schiffen und 265.332 BRT an vernichteter Tonnage erstmals an der Spitze aller deutschen U-Bootkommandanten.161 Ein Platz, den er nicht mehr verlieren sollte.

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„Einer nach dem andern von unseren Leuten drängt sich an das Sehrohr, kehrt mit strahlendem (sic!) Gesicht zurück und berichtet dort leise seinen Kameraden das Gesehene“. Angesichts der Katastrophe scheint Arnaulds Bericht, der mit dem Satz schließt, dass „die Freude über unseren Erfolg“ erst nach dem Einlaufen in Cattaro einsetzte (vgl. Arnauld, U-Boot-Krieg, S. 63) wahrscheinlicher. Auch die Sekundärliteratur folgt Arnaulds Schilderung, siehe etwa Grey, Killing Time, S. 211 sowie Gibson/Prendergast, S. 132. Zitiert nach: Grey, Warriors, S. 88. Auch hier divergieren die Schätzungen. Arnauld selbst gibt eine Zahl von 1850 Opfern an (ders., Schiffe, S. 154). Hillion, S. 24 spricht von 1740 Toten und Gunton, S. 104 sowie Thomazi, S. 178 geben eine Zahl von „über 1000“ Opfern an. Auch der deutsche Admiralstab sprach im AKB vom 13.10.1916 von „etwa 1000“ Umgekommenen, vgl. Depeschen Bd. V, S. 1749. Gray, Killing Time, S. 211, Halpern, Naval war, S. 258 sowie Gibson/Prendergast, S. 132 gehen von lediglich ca. 600 Toten aus. Angesichts der Tatsache, dass die französische Presse bereits am 10. Oktober von 1362 Geretteten sprach (vgl. die in Fn. 154 genannten Artikel), ist eine Opferzahl zwischen 600 und 1000 am wahrscheinlichsten. Nach der La Croix (Fn. 154) waren die an Bord befindlichen Einheiten das 35 e régiment d’infanterie, das 55 e, 59 e und 113 e régiment d’infanterie territoriale sowie die 15 e escadron du train. Arnauld, Schiffe, S. 153 sowie ähnlich ders., U-Boot-Krieg, S. 62. Vgl. oben S. 36 f. Infolge der Versenkung der Gallia wurde auf französischer Seite eine Untersuchungskommission eingesetzt (vgl. „Le torpillage de «Gallia». Questions au senat et à la chambre“, in: La Croix vom 12.10.1916, S. 7). Die zentralen Fehler lagen insbesondere darin, dass die Gallia allein fuhr und im betreffenden Seegebiet zu diesem Zeitpunkt keine Patrouille zugegen war. Ferner war nur eine Stunde vor ihrem Auslaufen der Kreuzer Guichen ebenfalls gen Salonika ausgelaufen. Dass man beide Schiffe nicht hatte zusammen fahren lassen, war ein weiterer gravierender Fehler der französischen Kommandobehörden, vgl. Thomazi, S. 179. Vgl. Halpern, Naval war, S. 258. Es folgten U 39 (Kptlt. Forstmann): 64 Schiffe (168.478 BRT), U 38 (Kptlt. Valentiner): 51 Schiffe (110.188 BRT), U 34 (Kptlt. Rücker): 54 Schiffe (102.918 BRT) und U 73 (Kptlt. Sieß): 10 Schiffe (73.1157 BRT), alle Zahlen nach: de Terra, U 35, S. 50. Vgl. dazu auch Anonymus, Leistungen, S. 465.

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Für diese Leistung erhielt Lothar v. Arnauld am 11. Oktober 1916 als dritter Kommandant der Flottille Pola und fünfter U-Bootkommandant überhaupt die höchste preußische Tapferkeitsauszeichnung, den Pour le mérite. Zuvor war ihm bereits das Eiserne Kreuz I. Klasse (Verleihungsdatum unbekannt) sowie der Königliche Hausorden von Hohenzollern mit Schwertern (11. September 1916) verliehen worden.162 Deutsche Zeitungen berichteten am 17. Oktober unter Titeln wie „Ein Held des U-Boot-Krieges“ oder „Ein Held aus hundert Schlachten“ u. a. folgendermaßen über die Verleihung: „Mit allgemeiner Genugtuung wird die Verleihung des höchsten Kriegsordens, des Pour le mérite, an den Kapitänleutnant v. Arnault de la Perrière (sic) begrüßt werden. Kapitänleutnant v. A. kann wohl als unser erfolgreichster Führer im Kreuzerkrieg mit Unterseebooten angesehen werden. Er (…) war derjenige schneidige Kommandant, der in Cartagena die deutsche Kriegsflagge zum ersten Male seit Beginn des Weltkrieges in spanischen Gewässern zeigte und zu Ehren brachte. (…) Kapitänleutnant von Arnauld hat als Siegespreis vier feindliche Geschütze eingebracht. Gerade diese Tatsache wirft ein besonders glänzendes Licht auf die Umsicht und Kühnheit des Führers, denn ein U-Boot ist wahrlich nicht so gebaut, um feindliche bewaffnete Schiffe zu erobern. (…) Der Gesamtwert der von „U 35“ vernichteten Schiffe und ihrer Ladungen beträgt 450 Millionen Mark. Vivant sequentis! (sic)“163

Innerhalb von nur einem dreiviertel Jahr hatte der Kapitänleutnant die höchsten Auszeichnungen erhalten, die das kaiserliche Deutschland an einen Offizier seines Ranges zu vergeben hatte.164 Die Verleihung des Pour le mérite, zu dem bis Kriegsende noch eine Reihe weiterer Auszeichnungen hinzukommen sollte, steigerte als „äußerlicher Ausdruck der (…) Anerkennung des Obersten Kriegsherrn“ den Bekanntheitsgrad Arnaulds nachhaltig.165 Zum zweiten Mal erschien sein Bildnis in

162 Vgl. BA/MA, Pers 2226, Blatt 28; ferner Herzog, As, S. 9; ders., U-Boote, S. 152 sowie de Terra, U 35, S. 50. 163 Vgl. „Ein Held aus hundert Schlachten“, in: Vossische Zeitung vom 18.10.1916 (MA), S. 1; Anonymus, Held, S. 360 f. sowie „Ein Held des U-Boot-Krieges“, in: Kölnische Zeitung vom 19.10.1916 (1. MA), S. 1. Ähnlich auch das AKB vom 17.10.1916, in: Depeschen Bd. V, S. 1758 sowie „Kapitänleutnant de la Perière“, in: Bonner Zeitung vom 19.10.1916, S. 1 (die jedoch den Gesamtwert der versenkten Tonnage auf 45 Millionen Mark beziffert); ferner „Das erfolgreiche ‚U-Boot 35‘“, in: Darmstädter Zeitung vom 19.10.1916, S. 2, worin Arnauld „hervorragender Schneid“ und ein „ausgezeichnetes Ergebnis“ attestiert wird, sowie unter „Die Ereignisse zur See“, in: Deutsche Kriegszeitung vom 29.10.1916, S. 6. 164 Höhere Orden wie etwa das Großkreuz zum Eisernen Kreuz oder das Eichenlaub zum Pour le mérite wurden nur für Taten verliehen, die für den Gesamtverlauf des Krieges von Bedeutung waren (bspw. gewonnene Schlachten). 165 Vgl. „Ein Held des U-Boot-Krieges“, in: Kölnische Zeitung vom 19.10.1916 (1. MA), S. 1. Gemäß Herzog, U-Boote, S. 152 erhielt v. Arnauld bis Kriegsende noch folgende Auszeichnungen: das U-Boots-Kriegsabzeichen (1918), das Hamburgische Hanseatenkreuz, das Ritterkreuz des Österreichisch-kaiserlichen Leopold-Ordens mit Kriegsdekoration, den Orden der Eisernen Krone III. Klasse mit Kriegsdekoration, das K. u. K. Militär-Verdienstkreuz III. Klasse mit Kriegsdekoration sowie die osmanische Silberne Liakat-Medaille mit Schwertern und den Eisernen Halbmond. Leider gibt der Autor jedoch weder Quellen noch das Verleihungsdatum bzw. den genauen Verleihungsgrund an. Bis auf den Eisernen Halbmond sind jedoch alle Auszeichnungen anhand eines Fotos nachweisbar, welches Arnauld Anfang der 1930er Jahre als

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diversen Zeitungen und fortan auch auf Propagandapostkarten.166 Damit war Lothar v. Arnauld in die erste Riege deutscher „Kriegshelden“ aufgerückt und stand nunmehr auf einer Stufe mit Weddingen, Boelcke oder Immelmann. Fortan fiel sein Name regelmäßig in der deutschen Presse, etwa wenn bei Auszeichnungen auf „andere erfolgreiche U-Boot-Kommandanten“ verwiesen wurde.167 DAS KRIEGSJAHR 1917 Die letzten beiden Monate des Kriegsjahres 1916 lag U 35 zur Generalüberholung in Pola, wo u. a. die Bewaffnung des Bootes um die von Arnauld schon seit langem geforderte 10,5 cm Seekanone erweitert wurde, so dass U 35 nunmehr über zwei Deckgeschütze verfügte.168 Nach Abschluss der Instandsetzungsarbeiten lief das Boot den österreichisch-ungarischen U-Bootstützpunkt Brioni (heute Brijuni, Kroatien) an, wo die Mannschaft „in denkbar bestem Einvernehmen“ mit den dort stationierten österreichischen U-Bootmännern die Weihnachtstage verbrachte.169 1. Die Erklärung des uneingeschränkten U-Bootkriegs In der Zwischenzeit war in den Gewässern um die britischen Inseln bereits im Oktober 1916 der U-Bootkrieg nach Prisenordnung wieder aufgenommen worden. Die strategisch ergebnislose Seeschlacht im Skagerrak vom Mai 1916 hatte die deutsche Führung erkennen lassen, dass der U-Boothandelskrieg das einzig erfolgversprechende Mittel zur Beendigung der britischen Seeblockade darstellte.170 Zwar wurden im Rahmen dieser Neuauflage des „eingeschränkten“ U-Bootkrieges im Atlantik bis Ende des Jahres Versenkungserfolge von monatlich bis zu 212.000 BRT erzielt, doch reichte dies bei weitem nicht aus, um eine hinreichende strategische oder gar kriegsentscheidende Wirkung gegen Großbritannien zu erzielen.171 Infolgedessen sah man in der Obersten Heeresleitung die Wiederaufnahme

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Kapitän z. S. zeigt, vgl. Anhang S. 168, Abb. 19. Zu den österreichischen Auszeichnungen siehe Gritzner, S. 272 ff. Siehe beispielsweise die Abbildungen Arnaulds in Zeitbilder (Beilage zur Vossischen Zeitung) Nr. 85 vom 22.10.1916, S. 2 sowie in der Illustrirten Zeitung Nr. 3829 (1916), S. 676. Die Postkarten sind im Anhang, S. 163 f. abgebildet (Abb. 10 bis 12). So etwa bei der Bekanntgabe der Auszeichnung Max Valentiners mit dem Pour le mérite („Der Pour le mérite für Kapitän Valentiner“), in: Vossische Zeitung vom 27.12.1916, S. 1. Vgl. KTB-Eintrag vom 26.12.1916, in: BA/MA, RM 97/766 sowie Herzog, Leistungsvergleiche, S. 88. Siehe das private Tagebuch des auf U 35 Dienst tuenden Bootsmannsmaats Kurt Timm (Laufzeit 01.01.1917 bis 02.10.1917; im Folgenden zitiert: DUBM, Timm), S. 5. Vgl. Mirow, S. 138 f.; ausführlich zur Skagerrakschlacht: Hough, S. 211 ff. Halpern, History, S. 336; Die Versenkungszahlen finden sich in Marinearchiv, Handelskrieg Bd. V, S. 362. Die Mittelmeer-U-Boote versenkten von Oktober bis Dezember weitere 349.018 BRT, vgl. Halpern, Naval war, S. 253.

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des uneingeschränkten U-Bootkriegs auf kurz oder lang als unumgänglich an.172 Dazu kam, dass die alliierte Zurückweisung der Friedensnote der Mittelmächte vom 12. Dezember 1916, der deutsche Sieg in Rumänien sowie die Stabilisierung der Westfront nach der Somme- und der Ostfront nach der Brussilow-Offensive die innenpolitischen Kräfteverhältnisse deutlich zugunsten der Befürworter des uneingeschränkten U-Boothandelskriegs verschoben hatten.173 Am 22. Dezember 1916 erklärte der Admiralstab in einem Memorandum, dass der uneingeschränkte UBootkrieg aufgrund der „Verminderung des Weltfrachtraums, wozu die U-Boote im Mittelmeer (…) unausgesetzt beigetragen haben“ sowie der „Missernte des Jahres 1916 in den Ländern, welche für die Versorgung Englands in Betracht kamen“ Großbritannien innerhalb von „fünf Monaten (…) zum Frieden zwingen“ könne.174 Die hierfür errechnete notwendige Versenkungsquote von monatlich 600.000 BRT erschien angesichts der angewachsenen Zahl der zur Verfügung stehenden U-Boote durchaus erreichbar. Da man davon ausging, dass amerikanische Truppen in dieser kurzen Zeitspanne ohnehin nicht in nennenswerter Zahl in Erscheinung treten könnten, war man auch bereit, den Bruch mit den Vereinigten Staaten in Kauf zu nehmen.175 Am 1. Februar 1917 eröffnete Deutschland mit insgesamt 105 Booten – davon zehn im Mittelmeer – den uneingeschränkten U-Bootkrieg.176 Neben der Nordsee und der Westansteuerung wurde dabei auch das Mittelmeer zum Sperrgebiet erklärt. Wie auch im Atlantik gab es jedoch auch hier als „neutrale Zonen“ bezeichnete Korridore für die neutrale Schifffahrt, innerhalb derer nur nach den Vorgaben der Prisenordnung operiert werden durfte. Gleiches galt aus Rücksicht auf das neutrale Spanien auch für das westliche Mittelmeer und die Balearen. Der Angriff auf Lazarettschiffe blieb indes gänzlich verboten.177 2. Januarunternehmung178 Bereits einen Monat zuvor, am Neujahrstag des Jahres 1917, war U 35 von Brioni zu seiner achten Feindfahrt unter Kapitänleutnant v. Arnauld ausgelaufen. Als Kurzunternehmung angesetzt, sollte das Boot nicht länger als vierzehn Tage im östlichen Mittelmeer zwischen Malta und Kythira operieren. Hintergrund dieses 172 Siehe dazu Ludendorff, S. 245 ff. 173 Vgl. Stevenson, S. 315 ff.; Halpern, History, S. 336 f.; sowie Mirow, S. 139. Die Alliierten hatten die deutsche Friedensnote, die weder Kriegsziele nannte noch irgendwelche Konditionen spezifizierte, als unseriöses, bloßes Kriegsmanöver abgelehnt, vgl. Cartarius, S. 208. 174 Zitiert nach: Marinearchiv, Handelkrieg Bd. III, S. 369 f. Eine englische Übersetzung des deutschen Originals ist abrufbar unter . 175 Mirow, S. 139; Halpern, History, S. 338. 176 Siehe etwa „Der uneingeschränkte U-Boot-Krieg verkündet“, in: Vossische Zeitung vom 01.02.1917 (MA), S. 1 ff. Zur Kriegsgliederung der deutschen U-Boote im Februar 1917 siehe Marinearchiv, Handelskrieg Bd. IV, S. 6 ff. 177 Hough, S. 302; Halpern, History, S. 338 und Naval war, S. 307 f., 315. Zu den Sperrzonen und Korridoren siehe Karte 4 im Anhang, S. 154. 178 Zum Folgenden siehe das KTB der Unternehmung vom 01.01. bis 13.01.1917, in: BA/MA, RM 97/766 sowie DUBM, Timm, S. 5–12.

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Befehls war der Umstand, dass für Anfang Februar bereits die nächste Sondermission vor der spanischen Küste angesetzt war. Bei bestem Wetter passierte U 35 am 3. Januar die nur schwach gesicherte Otranto-Straße und stand zwei Tage später im Operationsgebiet. Nachdem am Vormittag neun feindlichen Bewachungsfahrzeugen ausgewichen werden konnte, kam es gegen 15.00 Uhr zum Gefecht mit dem bewaffneten britischen Dampfer Lesbian (2555 BRT). Hier zeigte sich erstmals der Vorteil der 10,5 cm Seekanone. Ihre größere Reichweite gestattete es, bewaffnete Dampfer unter Feuer zu nehmen, ohne sich gleichzeitig dem Wirkungsbereich ihrer Abwehrwaffen aussetzen zu müssen. Andererseits bedeutete dies auch längere Feuergefechte und damit einen gesteigerten Munitionsverbrauch: So konnte die Lesbian erst nach einstündigem Feuergefecht zur Aufgabe bewogen werden. In den Augen des umsichtigen Arnauld war dies jedoch ein durchaus hinnehmbarer Nachteil.179 Nachdem die Besatzung das Schiff verlassen hatte, ließ er den leichtverwundeten britischen Kapitän gefangen nehmen und den Dampfer durch Sprengpatronen versenken. Nur eine Stunde später folgte mit dem italienischen Segler Salvatore Padre (200 BRT) ein weiterer Versenkungserfolg. Bei zunehmend schwerer See entdeckte die Turmwache am Mittag des 6. Januars eine Rauchwolke, die sich wenig später als ein weiterer bewaffneter Dampfer entpuppte. Er wurde durch Torpedoschuss vernichtet. Am 7. Januar kam es abermals zum Artillerieduell mit einem bewaffneten britischen Dampfer. In einem anderthalbstündigen Verfolgungsgefecht gelang es der Geschützbedienung von U 35 zwei Treffer anzubringen, die den Dampfer zum Stoppen veranlassten. Auch diesmal wurde der Kapitän gefangen genommen, während v. Arnauld zwei schwerverwundete Besatzungsmitglieder nach besten Möglichkeiten versorgen ließ. Für den ersten Offizier und einen Steward des Dampfers kam jedoch jede Hilfe zu spät. Der Hauptgrund für die Zunahme der Gegenwehr britischer Dampfer lag darin, dass den Kapitänen der Verlust ihres Patents angedroht worden war, sollten sie ihr Schiff frühzeitig aufgeben. Die gestiegene Zahl im Seegefecht verwundeter Matrosen war nach Aussage der gefangenen Dampferkapitäne hingegen dem Umstand geschuldet, dass sich die Qualität der Besatzungen verschlechtert habe, da auf britischer Seite „aus Mangel an Personal Schwarze und Neutrale aushelfen“ mussten, „auf die besonders im Gefecht kein Verlass“ war.180 Dass der Kapitänleutnant die Versorgung bezwungener Gegner, die ihm soeben noch nach dem Leben getrachtet hatten, mit einem lapidaren „Verbandszeug mitgegeben“ im Kriegstagebuch notierte, zeigt, wie selbstverständlich ein solches Verhalten für Arnauld war.181 Diese immer wiederkehrenden Gesten von Humanität und Anstand gegenüber einem unterlegenen Gegner zeichnen den deutschen Kommandanten, auch gegenüber manchem seiner Kameraden auf ande-

179 Siehe dazu auch die Zusammenstellung der Ereignisse im Anhang des KTBs der Unternehmung vom 01.01. bis 13.01.1917, in: BA/MA, RM 97/766, Punkt B) 3.) (S. 1 f. der Zusammenstellung). 180 Siehe Zusammenstellung der Ereignisse (Fn. 179), Punkt B) 3.) (S. 2 der Zusammenstellung). Siehe dazu auch „Die Bewaffnung der englischen Handelsschiffe“, in: Vossische Zeitung vom 11.01.1917 (MA), S. 2. 181 Vgl. DUBM, Timm, S. 9 sowie KTB-Eintrag vom 07.01.1917, in: BA/MA, RM 97/766.

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ren Booten, besonders aus.182 Hiervon wird an späterer Stelle abermals die Rede sein. Südöstlich von Malta wurden am Morgen des Folgetages zwei weitere britische Schiffe, die Andoni (3188 BRT) und die Lynfield, durch Torpedo bzw. Sprengpatronen versenkt. Dabei konnten Seekarten der aktuellen britischen Dampferroute zwischen Malta und Kap Bon erbeutet werden. Bei zunehmend schlechtem Wetter attackierte U 35 am 9. Januar im sizilianischen Meer den Briten Neucaria. Da sich das Boot bei der zunehmend stürmischen See kaum auf Angriffstiefe halten ließ, war der effektive Einsatz von Torpedos nahezu unmöglich, so dass Arnauld den Angriff schließlich abbrechen ließ. In der Hoffnung auf besseres Wetter ordnete der Kommandant anhand des erbeuteten Kartenmaterials Kurs auf die Dampferroute nordöstlich von Malta an. Hier konnte insbesondere in der Nacht vom 10. auf den 11. Januar reger Dampferverkehr mit massiver Zerstörerbegleitung festgestellt werden. Da das schlechte Wetter jedoch weiterhin jedwede Angriffsoperationen unmöglich machte, entschloss sich der Kommandant, auch angesichts der Tatsache, dass bereits der nächste Sonderauftrag bevorstand, zum Rückmarsch. Am 13. Januar lief U 35 schließlich wieder in Cattaro ein. Zwei Tage später berichteten deutsche Zeitungen über die Erfolge des Bootes, welches „von dem Kapitänleutnant von Arnauld (befehligt wurde), dessen hervorragende Leistungen als U-Boot-Kommandant erst kürzlich gewürdigt worden sind“.183 3. Wieder vor Cartagena184 Nachdem die Besatzung am 27. Januar zusammen mit den Besatzungen der übrigen in Cattaro vor Anker liegenden Booten der U-Flottille Pola den Geburtstag Kaiser Wilhelms II. gefeiert hatte, lief U 35 am 6. Februar 1917 mit dem Befehl zu „Verhinderung der Schifffahrt im Sperrgebiet“ sowie einem erneuten Sonderauftrag aus. Bereits am 4. Februar waren 40 Säcke mit insgesamt sechs Tonnen Sprengstoff, verpackt in 902 (sic!) Päckchen, an Bord gebracht und in mehreren Lagen auf dem Boden des Bootes verstaut worden. Gemäß des Sonderbefehls sollten sie in einer abgelegenen Bucht vor Cartagena „in einer Wassertiefe von nicht mehr als 15 m 182 Ähnlich auch Grey, Killing Time, S. 210 sowie Koerver, S. 223. 183 Vgl. „Der U-Bootkrieg“, in: Vossische Zeitung vom 15.01.1917 (MA), S. 4 sowie Anonymus, Leistungen, S. 466. 184 Zum Folgenden siehe das KTB der Unternehmung vom 06.02. bis 27.02.1917, in: BA/MA, RM 97/766 sowie DUBM, Timm, S. 12–23 und das mit dem KTB nahezu deckungsgleiche privatpersönliche Kriegstagebuch des Wach- und Artillerieoffiziers von U 35 und späteren Kommandanten von UC 54 und UC 27, Oberleutnant z. S. Otto Loycke (Laufzeit Februar 1917 bis November 1918), in: BA/MA, N 852/88. Letzteres wird in den Beständen des Bundesarchivs/Militärarchivs irrtümlicherweise als das „Handschriftlich verfasste private Kriegstagebuch des UBoot- Kommandanten Arnauld de la Perière aus der Zeit des Ersten Weltkrieges“ geführt. Die Durchsicht der Aufzeichnungen ergab jedoch, dass zum einen aufgrund eigenhändiger Unterschriften Loyckes wie auch aufgrund der Tatsache, dass selbiger das Tagebuch als Wachoffizier auf UC 54 und UC 27 weiterführte, nur Loycke als Autor in Frage kommt. Vgl. dazu auch Anonymus, KTB, S. 72 ff.

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unbemerkt versenkt werden, so dass ein Heben vom Segelboot aus leicht möglich ist“.185 Zugleich sollten zwei deutsche Spione, Oberleutnant z. S. Kallen und Leutnant z. S. Fricke, an Land gesetzt werden. Damit kam man einer Forderung des Marineattachés v. Krohn nach, der im Dezember 1916 um die Übersendung von Agenten und Sprengmitteln via U-Boot gebeten hatte.186 Die Explosivstoffe sollten durch besagte Agenten nach Nord- und Südamerika weitertransportiert werden, um dort vor Anker liegende deutsche Dampfer im Falle der Beschlagnahme durch die Entente unbrauchbar zu machen.187 Wie noch gezeigt werden wird, spielt im Zusammenhang mit dieser Episode auch die nach wie vor ungeklärte Frage des Transports biologischer Kampfstoffe in Gestalt von Krankheitserregern durch U 35 eine wichtige Rolle. a) Kurs West Bei heftigen Windböen nahm das deutsche Boot Kurs auf die Otranto-Sperre, die am Morgen des 8. Februar mit äußerster Fahrt durchbrochen werden sollte. Wellen schlugen in schneller Folge von vorn über den Turm bis aufs Achterdeck. Gegen halb neun erscholl plötzlich der Ruf „Mann über Bord!“. Die seemännische Nr. 1, Obermaat Max Skwara, war über Bord gespült worden. Zwar ließ Arnauld umgehend beidrehen und eine Rettungsboje auswerfen, doch als U 35 wieder an der Unglücksstelle ankam, war der Maat bereits verschwunden. Wahrscheinlich hatte ihn das schwere Öl- und Lederzeug, welches er gegen Nässe und Kälte am Leib trug, unter Wasser gezogen. Einzig der an der Wasseroberfläche treibende Südwester188 konnte geborgen werden. Bis kurz nach Mittag blieb das Boot an der Unfallstelle, dann ließ der Kommandant die Fahrt fortsetzen. Der Tod des Kameraden wurde „von der ganzen Besatzung (…) bedauert“, zumal der Maat „der humorvollste von allen“ gewesen war.189 Nachdem die Otranto-Sperre ohne Zwischenfälle passiert worden war, stand U 35 am folgenden Tag im ionischen Meer, wo ein Angriff auf einen Dampfer mit Kreuzergeleit aufgrund eines Tiefenruderversagers abgebrochen werden musste. Bei zunehmend schlechtem Wetter und schwerem Seegang ließ der Kommandant Kurs auf die Straße von Sizilien nehmen. In den Mittagsstunden des 10. Februar konnte das 185 Anlage 1 („Bericht über die Ausführung der Sonderaufgabe“) zum KTB der Unternehmung vom 06.02. bis 27.02.1917, in: BA/MA, RM 97/766, S. 1. 186 Vgl. Rivière, S. 107. 187 Siehe ein Schreiben des Chefs des Admiralstabs der Marine an den Marineattaché in Madrid vom 07.03.1917, in: AA, R 22333 sowie Rivière, S. 108. Grant, Intelligence, S. 140 stellt die (ungenaue) Behauptung auf, der Sprengstoff sei zum Einsatz gegen andere neutrale Staaten bestimmt gewesen. Yardley, S. 107 gibt an, dass es auch Pläne gab, Sprengstoff vor den Küsten der neutralen USA zu versenken, um dort Sabotageakte durchzuführen. 188 Aus Öltuch gefertigte wasserdichte Kopfbedeckung für Seefahrer; nicht zu verwechseln mit dem oftmals ebenso bezeichneten Schutztruppenhut. 189 DUBM, Timm, S. 14, Eintrag vom 08.02.1917; KTB-Eintrag sowie Tagebucheintrag (TE) Loycke jeweils vom 08.02.1917, in: BA/MA, N 852/88. De Terra, U 35, S. 112 datiert dies fälschlicherweise auf Januar 1918.

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Boot nur durch ein Schnelltauchmanöver einem Zerstörer entkommen, der plötzlich aus einer Gewitterwolke aufgetaucht war. Der Gegner hatte U 35 gesehen und warf Wasserbomben, die in nächster Nähe des deutschen Bootes detonierten, jedoch ohne Schaden anzurichten. Nachdem es gelungen war, den Zerstörer abzuschütteln, kamen wenig später zwei bewaffnete Dampfer in Sicht. Der Kapitänleutnant entschloss sich zum Torpedoangriff, doch ging der abgefeuerte Torpedo auch diesmal fehl: Er war aufgrund des heftigen Seeganges unter dem anvisierten Ziel hindurchgelaufen. Die schwere See und das anhaltende schlechte Wetter sorgten dafür, dass U 35 kaum noch Fahrt über Grund machte und quer zur See nach Norden fahren musste, um überhaupt voranzukommen. In der Hoffnung auf Wetterbesserung ließ er anschließend Kurs auf die Linie Cagliari – Marittimo nehmen. Die Ereignisse dieser ersten drei Operationstage zeigen nicht nur, in welchem Maße der Erfolg der vergleichsweise primitiven U-Boote des Ersten Weltkriegs von stabilen Witterungsverhältnissen abhängig war, sondern auch, welche Gefahren das Wetter für die U-Bootsbesatzungen selbst darstellte. Neben U 35 verloren zwischen Oktober 1916 und Februar 1917 sechs weitere Boote insgesamt acht Besatzungsmitglieder. Dass deutsche U-Boote häufig Besatzungen versenkter Gegner an Bord nahmen, ist nicht zuletzt auch dem Umstand geschuldet, dass sie die widrigen Wetterbedingungen am eigenen Leib erfuhren.190 Westlich von Sizilien wurde am Nachmittag des 11. Februar trotz heftiger See ein Dampfer unter Beschuss genommen, doch auch dieser Angriff wurde durch einen herbeigeeilten Zerstörer unterbunden. Erst in der Nacht zum 12. Februar gelang mit dem italienischen Schoner Assunta (98 BRT) der erste Erfolg der Unternehmung. Tags darauf wurde der US-amerikanische Segler Lyman M. Law (1300 BRT) durch Sprengpatrone und Feuer vernichtet. Obwohl der Amerikaner im Sperrgebiet angetroffen wurde, verfuhr Arnauld ihm gegenüber nach den Vorgaben der Prisenordnung. Dies und die für einen einfachen Segler ungewöhnlich umfassende Dokumentierung im Kriegstagebuch legt die Vermutung nahe, dass der Kapitänleutnant unbedingt vermeiden wollte, die Verantwortung für einen weiteren diplomatischen Zwischenfall zu tragen – insbesondere da die Kriegserklärung Amerikas nach der Erklärung des uneingeschränkten U-Bootkrieges und dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen durch die USA am 3. Februar 1917 wie ein Damoklesschwert über den Mittelmächten schwebte.191 In diesem Zusammenhang ist ferner bemerkenswert, dass Arnauld trotz des seit über einem halben Jahr herrschenden Kriegszustandes zwischen Italien und dem Deutschen Reich beim Vorgehen gegen die Lyman M. Law die österreich-ungarische Kriegsflagge hatte setzen lassen. Hintergrund für dieses Vorgehen war der Umstand, dass der deutsche Admiralstab und das k. u. k. Außenministerium nach der italienischen Kriegserklärung an Deutschland vereinbart hatten, dass die deutschen Mittelmeer-U-Boote weiterhin ab und an die österreich-ungarische Flagge führen sollten. Auf diese Weise sollte sowohl eine erhöhte Präsenz der k. u. k. Kriegsmarine im Mittelmeer suggeriert als auch die 190 Vgl. Schröder, S. 243 sowie Marinearchiv, Handelskrieg Bd. III, S. 266. 191 Vgl. KTB-Eintrag vom 12.02.1917, in: BA/MA, RM 97/766 sowie „Amerika bricht die diplomatischen Beziehungen zum Deutschen Reiche ab“, in: Vossische Zeitung vom 05.02.1917 (MoA), S. 1 f.

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genaue Anzahl der deutschen Boote in diesen Gewässern verschleiert werden.192 Am 13. Februar wurde südlich Ibiza ein weiterer Dampfer gesichtet. Arnauld ließ aus 2000 m Entfernung einen Warnschuss abgeben, doch das 2000-Tonnen-Schiff zeigte keinerlei Reaktion – im Gegenteil: Es änderte seinen Kurs und hielt direkt auf U 35 zu. Kaum hatte der deutsche Kommandant seiner Geschützbedienung den Feuerbefehl erteilt ließ der Dampfer sein Inkognito fallen und eröffnete seinerseits das Feuer. Arnauld erkannte, dass ihm der Gegner zwar nicht an Feuerkraft, wohl aber an Geschwindigkeit weit überlegen war, brach den Angriff ab und ließ tauchen. Auch diesem Q-Schiff war man entkommen. Innerhalb der nächsten 24 Stunden fielen U 35 noch ein italienischer Dampfer sowie je ein britischer und russischer Segler mit einer Gesamttonnage von 4505 BRT zum Opfer. Am Abend des 14. Februar ließ Arnauld schließlich Kurs auf Cartagena nehmen. Bis zum Mondaufgang um 2.15 Uhr am Morgen des 15. Februar 1917 sollte der Sonderauftrag abgeschlossen sein. b) Agenten und Kisten von Bord Von Kap Palos aus steuerte Arnauld die westlich von Cartagena gelegene Salitrona Bucht an. Auf dem Marsch ließ der Kommandant die geladenen Kisten an Deck bringen und von der Mannschaft in insgesamt 20 Säcke verstauen. Das Leuchtfeuer von Kap Tinosa war deutlich am Horizont zu sehen, als U 35 gegen 22.30 Uhr schließlich in die Bucht einlief. Bei dunkler, ruhiger Nacht wurden mit dem Lot zwei Stellen von geeigneter Tiefe ermittelt, ehe man mit den Vorbereitungen begann.193 Insbesondere die Verankerung musste fest genug sein, um ein an Land treiben auch bei schwerstem Wetter auszuschließen. Ferner durften die vom Anker hochstehenden Säcke wegen des Wasserdrucks nicht tiefer als 15 m, andererseits jedoch auch nicht zu flach stehen, da man sie sonst von den Bergen, welche die Bucht umgaben, aus hätte sehen können.194 Um das Auffinden der Kisten zu ermöglichen, erhielt der Anker eine Boje sowie eine Flaggleine, die bis zum Ufer gezogen und dort vergraben wurde. Danach wurden die Säcke mit Seilen an Anker und Ankerkette befestigt und über Bord geworfen, ehe der Anker seinerseits abgefiert wurde. In der Zwischenzeit hatten die Agenten das Ufer erkundet und berichtet, dass „die Verhältnisse äußerst günstig waren“. Insbesondere das „Vergraben der (…) Sachen (sowie die) unauffällige Beobachtung der Bucht waren möglich“. Anschließend wurde Leutnant Fricke an Land gesetzt, der ein Dingi zum späteren Heben der Säcke in einer nahegelegenen Höhle versteckte. Um zwei Uhr morgens war die Operation schließlich abgeschlossen. Eine Stunde später setzte Arnauld 192 Siehe Halpern, Naval war, S. 252 mit Bezugnahme auf einen entsprechenden Notenaustausch zwischen der österreich-ungarischen Botschaft in Berlin, dem Auswärtigen Amt und Admiralstabschef Holtzendorff. 193 Vgl. DUBM, Timm, S. 16. 194 Siehe den Abschlussbericht v. Arnaulds über die Ausführung der Sonderaufgabe (Anlage 1 zum KTB der Unternehmung vom 06.02. bis 27.02.1917), S. 2, in: BA/MA, RM 97/766 sowie den entsprechenden Bericht Loyckes in BA/MA, N 852/88.

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Oberleutnant Kallen in der Bucht von Escombrera ab. Knapp drei Stunden Fußweg vom Bahnhof in Cartagena entfernt, sollte der Agent so auf schnellstem Wege zum deutschen Verbindungsmann in La Union gelangen und so das umgehende Heben der Säcke gewährleisten. Damit war der Sonderauftrag erfüllt. c) Weiterfahrt und Rückmarsch Bei stiller und diesiger See stand U 35 am Morgen des 15. Februar auf der Verbindungslinie Kap Gata – Kap Palos. Hier konnte zwar starker feindlicher Schiffsverkehr beobachtet werden, doch fuhren die Dampfer durchgehend knapp unter Land und somit in spanischen Hoheitsgewässern, so dass ein Angriff nicht in Frage kam. Das einzige Schiff, das angehalten werden konnte, stellte sich als Chilene ohne Bannware heraus und musste folglich entlassen werden. In der Morgendämmerung des 16. Februar konnte östlich von Alicante der italienische Dampfer Prudenza (3307 BRT) nach kurzem Schusswechsel zum Sinken gebracht werden. Nachdem eine knappe halbe Stunde später ein spanischer Dampfer ergebnislos kontrolliert worden war, wurde 15 Seemeilen vor Alicante ein weiterer Dampfer angegriffen. Er erwiderte das Feuer aus einer 7,6 cm Seekanone. Zwar konnte U 35 in dem einstündigen Feuergefecht, das folgen sollte, drei Treffer anbringen, doch war das deutsche Boot durch das gut liegende Abwehrfeuer des Gegners schließlich so stark gefährdet, dass Arnauld den Angriff abbrechen ließ. Am Nachmittag wurde der Italiener Oriana (3132 BRT) nach kurzem Feuergefecht versenkt. Da sich der deutsche Kommandant inzwischen sicher war, die Aufmerksamkeit feindlicher U-Jäger auf sich gezogen zu haben, steuerte er in der Nacht die Transporterroute zwischen Mallorca und Ibiza an. Zwar konnte hier am 17. Februar nördlich der Balearen ein weiterer italienischer Segler aufgebracht werden, doch konnte ansonsten keinerlei Verkehr festgestellt werden. Infolgedessen lief U 35 den Golf von San Jorge vor Tarragona an. Als der Morgen des 18. Februar heraufdämmerte, wurde hier der schwedische Dampfer Skogland (3264 BRT) durch Warnschuss angehalten und versenkt. Gegen Mittag gelang die Versenkung eines weiteren Italieners. Zwei unmittelbar danach herbeigeeilten Zerstörern konnte sich das deutsche Boot durch Tauchmanöver entziehen. Da der Feind alarmiert war, vermutete Arnauld, dass der gegnerische Transportverkehr nunmehr weiter in See, vielleicht längs der Balearen, umgeleitet werden würde. Aufgrund dieser Annahme und der sich zusehends verringernden Brennstoffreserven ordnete der Kommandant Heimatkurs an. Nachdem es in den Morgenstunden des 23. Februar östlich Kap Bon zu einer Begegnung mit dem deutschen Minen-U-Boot UC 37 gekommen war, versenkte U 35 keine halbe Stunde später den von einem Zerstörer und einem bewaffneten Fischdampfer begleiteten britischen Dampfer Longhirst (3053 BRT) durch Torpedoschuss. Südlich Kap Bon kam gegen 18.00 Uhr ein Konvoi aus zwei Dampfern in Begleitung zweier bewaffneter französischer Fischdampfer in Sicht. Ein Torpedo traf einen der Dampfer. Fünf Minuten später erschütterten die Explosionen dreier Wasserbomben U 35, das unter Wasser ablief. Später wurde festgestellt, dass der Torpedo den französischen Dampfer Montviso lediglich beschädigte. Am 24. Feb-

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ruar wurde nach längerem Verfolgungsgefecht der griechische Dampfer Prikonisos (3537 BRT) durch Granatfeuer zum Sinken gebracht. Durch einen Treffer wurden vier Männer der Dampferbesatzung getötet und drei weitere verwundet. Arnauld ließ sie verbinden und nahm den am schwersten Verwundeten, einen „ganz junge(n) Bursche(n) mit Granatsplitter in der linken Gesichtshälfte“ an Bord von U 35 (sic!).195 Angesichts der engen Platzverhältnisse an Bord der damaligen U-Boote, in denen „jede Stelle (…) ausgenutzt“ werden musste „wie in einem vollgepackten Möbelwagen“196, zeigt auch diese Geste die Menschlichkeit Arnaulds inmitten der Härte des nunmehr uneingeschränkten U-Bootkrieges. So human der Kapitänleutnant jedoch gegenüber Verwundeten war, so korrekt und zugleich unerbittlich war er, wenn es um die Erfüllung seiner militärischen Pflichten und Befehle ging. Dies wird anhand der nur wenig später erfolgten Versenkung des britischen Truppentransporters Dorothy (3806 BRT) besonders deutlich: Nachdem der abgefeuerte Torpedo sein Ziel mittschiffs getroffen hatte, retteten sich die 500 an Bord befindlichen französischen Soldaten in Rettungsbooten und auf Flößen. Als ein hinzugekommener amerikanischer Viermaster jedoch „Mine (machte), die Boote aufzunehmen“, wurde diesem verboten „irgendetwas zur Rettung feindlicher Soldaten zu unternehmen“.197 Arnauld hatte dabei das Seekriegsrecht auf seiner Seite, zumal es dem Segler aus den nach wie vor neutralen USA nicht gestattet war, durch die Rettung alliierter Soldaten zugunsten der Entente in die Kampfhandlungen einzugreifen. Während die französische Presse der Versenkung der Dorothy zwei Tage später lediglich eine einzeilige Meldung widmete, gaben deutsche Zeitungen an, dass ein Teil der Truppen ertrunken sei.198 Kaum hatte U 35 den amerikanischen Segler entlassen, kam ein Bewachungskreuzer in Sicht, dem die Notlage der Dorothy funktelegraphisch gemeldet worden war. Umgehend ließ Arnauld zum Angriff ansetzen, doch der abgefeuerte Torpedo verfehlte sein Ziel. Stattdessen belegte das Torpedokanonenboot das deutsche UBoot seinerseits mit Wasserbomben. Kurz darauf gab es eine „furchtbare Erschütterung im Boot. (…) Überall kam im ersten Moment Wasser herein“. Anzeigegläser und Glühbirnen zerplatzen, Hebel fielen ab und Aggregate aus. Eine gespenstische Ruhe machte sich breit, jeden Augenblick wurde mit einem weiteren Wassereinbruch gerechnet – doch das Boot blieb dicht.199 Arnauld lief ab und erreichte am 27. Februar Cattaro. Dank der „vorbildlichen Kriegführung (…), die schon die früheren Unternehmungen des Kommandanten auszeichnete“, so die Beurteilung des Admiralstabs, war U 35 ein weiteres Mal davongekommen.200 Auf dieser Unternehmung wurden 14 Schiffe mit insgesamt 28.328 BRT versenkt. 195 Vgl. DUBM, Timm, S. 21 sowie den KTB-Eintrag vom 24.02.1917, in: BA/MA, RM 97/766. 196 Fechter, U 35, S. 34. 197 KTB-Eintrag vom 24.02.1917, in: BA/MA, RM 97/766. DUBM, Timm, S. 21 f. bestätigt die Rettung der Soldaten auf Flößen. 198 Vgl. beispielhaft für viele: „La Piraterie teutonne – Les navires coulés“, in: Le Gaulois vom 26.02.1917, S. 1 sowie „Vier Transportdampfer versenkt“, in: Vossische Zeitung vom 02.03.1917 (MA), S. 1. 199 Vgl. KTB-Eintrag vom 24.02.1917 (Fn. 197) sowie DUBM, Timm, S. 22 und Ruf, S. 300. 200 So das Urteil der U-Flottille Pola, in: BA/MA, RM 97/766.

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d) Explosive Puzzlespiele, „Zoologische Gärten“ und Diplomatie Ähnlich der ersten Cartagena-Operation sollte auch diese Unternehmung ein Nachspiel auf verschiedenen Ebenen nach sich ziehen. Deutschen Zeitungsmeldungen zufolge wurde am 18. Februar, vier Tage nach der nächtlichen Aktion von U 35, am Strand der Salitrona-Bucht ein Ausländer (bei dem es sich um niemanden geringeren als Leutnant Fricke handelte)201 von den spanischen Zollbehörden festgenommen. Aufgrund seiner Behauptung, amerikanischer Staatsbürger zu sein, wurde er alsbald wieder freigelassen. Spanische Fischer, die in der genannten Bucht arbeiteten, berichteten indes, unweit des Ufers eine Boje gesehen zu haben, die derart stark befestigt war, dass sie selbige nicht zu heben vermochten. Auch, so die Fischer weiter, habe der Ausländer, der gut spanisch spreche, versucht, sie daran zu hindern. Nachdem die spanischen Marinebehörden die Boje mittels Tauchern hatten heben lassen, entdeckten sie daran befestigte „Päckchen, in denen sich Kästchen mit Briefen für die deutschen Konsulate verschiedener spanischer Städte“ befanden. Der ganze Fund wurde ins Arsenal von Cartagena gebracht und dort von Artillerieoffizieren untersucht, während der Fremdling sowie der Kapitän der Roma, der vorübergehend die Amtsgeschäfte des deutschen Konsuls in Cartagena führte und in Kontakt zu dem ominösen Ausländer gestanden haben soll, verhaftet wurden. Daraufhin, so die Zeitungen weiter, seien drei Deutsche aus Cartagena verschwunden.202 Einer von ihnen – Oberleutnant Kallen (der zweite von U 35 abgesetzte Agent) – wurde wenig später in Madrid gefasst, nachdem er dort „den Besuch verschiedener deutscher Persönlichkeiten“ empfangen hatte.203 Kallen hatte, so Arnauld in seinem nach Bekanntwerden des Scheiterns der Geheimoperation verfassten Nachtrag zu seinem „Bericht über die Sonderaufgabe“, den „sogenannten »zoologischen Garten« in den Hosentaschen“ mit sich genommen.204 War es im Zusammenhang mit dem ersten Cartagena-Aufenthalt noch unklar, ob U 35 bakteriologische Kampfstoffe transportierte, so tat sie es diesmal mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit.205 Ob es Kallen gelungen war, sich „vor seiner Verhaftung der beiden Säckchen zu entledigen“, war dem Kapitänleut201 Rivière, S. 107; Río Pellón, S. 304. Siehe auch oben, S. 86. 202 Siehe „Der Roman von Cartagena“, in: Vossische Zeitung vom 14.03.1917 (MA), S. 7 sowie „Der Zwischenfall von Cartagena“, in: Darmstädter Zeitung vom 15.03.1917, S. 5. Vgl. dazu auch – mit Bezugnahme auf einen entsprechenden Artikel in der Norddeutschen Allgemeinen Zeitung vom 14.03.1917 – Gießler, S. 74 f.; ähnlich berichteten auch französische Zeitungen, siehe etwa „Les sous-marins allemands sur les côtes d’Espagne“, in: Le Gaulois vom 22.02.1917, S. 3. Die anderen beiden „Verschwundenen“ waren Wilhelm Groß, der Kontaktmann Kallens in La Union (s. o., S. 87), sowie ein weiterer Gehilfe, vgl. Río Pellón, S. 306 f. Zur Roma siehe oben, S. 56. 203 Vgl. „L’incident de Carthagène“, in: Le Gaulois vom 23.02.1917, S. 2 (hier wurde noch behauptet, Kallen sei in Madrid gefasst worden) sowie „L’incident de Carthagène“, in: Le Gaulois vom 24.02.1917, S. 2, wo angegeben wird, dass der Oberleutnant im Madrider Vorort El Escorial gefasst wurde. Siehe dazu auch Río Pellón, S. 306 f. 204 Nachtrag zum Abschlussbericht v. Arnaulds über die Ausführung der Sonderaufgabe (Anlage 1 zum KTB der Unternehmung vom 06.02. bis 27.02.1917), in: BA/MA, RM 97/766. 205 Dies behauptet auch Beesly, S. 201 – wenn auch ohne entsprechende Belege.

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nant indes nicht bekannt.206 Die diesbezüglichen Annahmen gehen nicht nur weit auseinander, sondern sind mitunter auch widersprüchlich, was in erster Linie auf die vage Quellenlage zurückzuführen ist.207 Verschiedentlich wird behauptet, dass die Erreger – angeblich in Form von zwölf Päckchen mit entsprechend präparierten Zuckerwürfeln – bereits in Cartagena zusammen mit den übrigen gehobenen Kisten von den spanischen Behörden, welche den diesbezüglichen Hinweis vom britischen Marinegeheimdienst erhalten hatten, beschlagnahmt worden waren. Eines der Päckchen soll daraufhin in britische Hände gelangt und dem spanischen König präsentiert worden sein, was zur Abberufung des auf deutscher Seite für die Operation verantwortlichen Marineattachés v. Krohn geführt habe. Dieser soll vor seiner Abreise alle noch in seinem Besitz befindlichen Erreger aus früheren Lieferungen seiner französischen (sic!) Mätresse übergeben haben. Diese schmuggelte die Kulturen wiederum an Bord eines spanischen Dampfers nach Argentinien, wo sie selbige dem deutschen Agenten Dr. Wuppermann aushändigte. Wuppermann alias „Arnold“ soll damit zwei Schifftransporte mit jeweils 200 für die Truppen der Entente bestimmten Maultieren vergiftet haben.208 Diese Theorien widersprechen sich insofern, als dass die erwähnte Untersuchung der gehobenen Kisten in Cartagena lediglich ergab, dass die von Arnauld als „S-Stoffe“ bezeichneten Päckchen „Sprengstoffe und aus Deutschland an die Deutsche Botschaft (sic), an Konsularvertreter und an Private gerichtete Korrespondenzen enthielten. Die Explosivstoffe waren als Puzzle-Spiele adjustiert und mit spanischer Adresse versehen. Ebenso waren „Conservenbüchsen (sic) spanischer Provenienz dazu verwendet“ worden.209 Keine Rede also von Zuckerwürfeln mit eingebetteten Ampullen. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass ein derartiger Fund von der alliierten Presse bereitwillig aufgegriffen worden wäre, was jedoch zu keinem Zeitpunkt der Fall war. Insbesondere erscheint es jedoch unwahrscheinlich, dass derart delikates Material tatsächlich einfach vor der Küste zurückgelassen wurde – und das auch noch in einer solch wasserempfindlichen Ummantelung wie Zuckerwürfeln. Demnach ist es wahrscheinlicher, dass die Bakterienkulturen tatsächlich von Oberleutnant Kallen mitgenommen und entweder auf der Flucht entsorgt oder in Madrid an eine Kontaktperson übergeben wurden. In letzterem Fall bleibt jedoch nach wie vor unklar, ob die von U 35 überbrachten Kulturen letztendlich tatsächlich nach Südamerika gelangten. 206 Nachtrag zum Abschlussbericht Arnaulds (Fn. 204). 207 Insbesondere auf deutscher Seite sind alle diesbezüglichen Aufzeichnungen „zur Zeit des Ausbruchs der Revolution (1918) im Keller des Generalstabsgebäudes (…) durch Feuer vernichtet“ worden, vgl. Gießler, S. 59 m. w. N. 208 Vgl. Beesly, S. 201 f.; Wheelis, Sabotage, S. 54; James W., S. 162 sowie Río Pellón, S. 336 f. Zu Wuppermann bereits oben, S. 58. 209 Siehe eine Notiz der österreichisch-ungarischen Botschaft vom 03.03.1917, in: AA, R 21241, S. 59 sowie Carden, S. 169. Eine genaue Auflistung des Inhaltes, der u. a. auch mechanische und chemische Zünder umfasste, liefert Río Pellón, 314. Eine entsprechende Liste findet sich auch in „L’affaire de Carthagène“, in: La Croix vom 09.03.1917, S. 4 sowie in „El misterio de los explosivos de Cartagena: Detalles precisos e hipótesis lógicas – Lo que huberian podido destruir“, in: El Liberal vom 24.02.1917, S. 2.Weitere spanische Pressestimmen liefert Río Pellón, S. 316 ff.

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Darüber hinaus sind auch die Angaben über den Erfolg der bakteriologischen Operationen in Südamerika hochgradig widersprüchlich. Wuppermann selbst soll am 10. Februar 1918 nach Berlin telegraphiert haben, dass er den Export von Reitund Lasttieren aus Argentinien nach Frankreich völlig unterbinden konnte, während an anderer Stelle angegeben wird, dass in den deutschen Unterlagen schon ab Mitte 1916 keinerlei Hinweise auf biologische Sabotageakte in Südamerika mehr zu finden seien.210 Britische und amerikanische Quellen behaupten indes, dass es aufgrund der durchschlagenden Arbeit der britischen Gegenspionage zur Kontaminierung lediglich eines Transports mit 200 Tieren kam, Wuppermann jedoch noch am 11. Februar und 14. März 1918 vom Generalstab in Berlin angehalten worden sei, „seine erfolgreichen Aktivitäten gegen Viehbestände“ bzw. seine Aktivitäten „mit den Kulturen“ fortzusetzen.211 Zumindest berichteten britische Zeitungen im März 1918, dass „Agenten des deutschen Geheimdienstes (…) heimlich Rotz (…) in Argentinien eingeschleppt“ hätten und „aus diesem Land (nach Großbritannien) eingeführte Maultiere daran erkrankt“ gewesen wären. Eine Untersuchung soll ergeben haben, dass „die Krankheit künstlich durch Inokulation erzeugt worden war“.212 Unabhängig von der Korrektheit dieser Angaben ist Wuppermanns Erfolgsmeldung dennoch mit Skepsis zu betrachten. Gegen ihren Wahrheitsgehalt spricht neben dem offensichtlichen Eigeninteresse des Agenten vor allem der Umstand, dass Bakterienkulturen, die von Deutschland über Cartagena nach Spanien und von dort wiederum nach Argentinien verschifft wurden, bis zu ihrem „Einsatz“ mehrere Monate alt und aller Wahrscheinlichkeit nach bereits unbrauchbar waren. Da Wuppermann selbst nicht in der Lage war, entsprechende Kulturen herzustellen (er forderte aufgrund dessen noch im Januar 1917 professionelle Hilfe aus Berlin an) und der Transportweg über Spanien seit Ende Juni desselben Jahres gesperrt war (siehe unten), scheinen die Umstände im Ergebnis gegen einen derart umfassenden Erfolg des deutschen Sabotageprogrammes zu sprechen.213 Entsprechende Forschungsergebnisse fehlen jedoch bis heute214, was Raum für mitunter skurrile Spekulationen schuf. Stellenweise wurde vermutet, dass der Ausbruch der Spanischen Grippe in den Vereinigten Staaten im Frühjahr 1918 von Krankheitserregern ausging, die Wuppermann aus Deutschland erhalten und durch einen weiteren Agenten in die USA einschleppen lassen habe.215 Daneben gab es Gerüchte, dass die Epidemie durch spanische Fischkonserven verursacht worden wäre, die viel210 Vgl. Wheelis, Sabotage, S. 55 sowie Gießler, S. 79. 211 Wheelis, S. 55; James R., S. 181. Vgl. ferner ein Telegramm des Generalstabs an den Militärattaché Madrid vom 11.02.1918, in: NAS (US National Archives Suitland), Record Group 76, Box 3, Exhibit 320, no. 178 (zitiert nach Wheelis, Sabotage, S. 54 und Hall, S. 86) sowie ein Telegramm des Generalstabs an den Marineattaché in Buenos Aires vom 14.03.1918, zitiert nach: Hall, S. 86. 212 Vgl. „German delivery. Argentine mules inoculated with glanders“, in: Daily Mail vom 16.03.1918, S. 2. 213 Siehe ein Telegramm der deutschen Botschaft in Madrid an das Auswärtige Amt (Abteilung Großer Generalstab Politik) vom 06.01.1917, in: AA, R 21241, S. 36. Dazu auch Wheelis, Sabotage, S. 55. 214 Vgl. Wheelis, Sabotage, S. 55; ders., Warfare, S. 18 sowie Gießler, S. 79. 215 Vgl. Hall, S. 87 f.

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leicht sogar aus jenen Beständen stammten, die U 35 vor der spanischen Küste versenkt hatte (tatsächlich war eines der ersten Todesopfer ein amerikanischer Armeekoch). Natürlich sind all dies blanke Mutmaßungen, fußend auf dem ungeklärten Ursprung der Epidemie.216 Dennoch bekräftigen sie den Eindruck der dritten Sondermission von U 35 als einer „affaire mystérieuse“.217 Einzig auf politisch-diplomatischer Ebene hatte die Operation tatsächlich messbare Folgen, die sich in einem wechselseitigen Notenaustausch zwischen Berlin und Madrid niederschlugen. In dessen Rahmen konnte die spanische Regierung zwar davon überzeugt werden, dass die Sprengstofflieferungen nicht zur „Verwendung gegen spanisches Eigentum und spanische Interessen verwendet werden sollte(n)“, doch war die zweite „Cartagena-Affäre“ ein weiterer entscheidender Anlass für das am 30. Juni 1917 erlassene Dekret, in dem Spanien den U-Booten sämtlicher kriegführender Staaten die Passage spanischer Gewässer sowie das Anlaufen spanischer Häfen untersagte.218 4. Gibraltar-Durchbruch219 Mit dem Befehl, U-Bootkrieg im westlichen Mittelmeer zwischen Südspanien und der afrikanischen Küste zu führen, lief U 35 nach den üblichen Instandsetzungsarbeiten am 31. März 1917 zu seiner zehnten Feindfahrt unter Kapitänleutnant Lothar v. Arnauld aus. Dem Kommandanten war es dabei freigestellt, auch westlich der Meerenge von Gibraltar und somit im Atlantik zu operieren. An Bord befand sich diesmal ein Kinooperateur des Königlichen Bild- und Filmamtes, der die Operation mit der Filmkamera begleitete.220 Bereits kurz nach dem Auslaufen entging das deutsche Boot abermals der Versenkung, als der Torpedo eines feindlichen UBootes in knapp 100 m Entfernung am Heck von U 35 vorbeischoss. Nach Passage der Otranto-Straße und einem fehlgeschlagenen Angriff auf einen Dampfer unbekannter Nationalität versenkte U 35 in den frühen Morgenstunden des 3. April den britischen Dampfer Ardgask (4542 BRT) mittels Torpedobeschuss. Am 4. April attackierte das Boot den Dampfer Parkgate (3232 BRT), der erst nach längerem Feuergefecht zum Stoppen gezwungen werden konnte. Als U 35 längsseits der zu Wasser gelassenen Rettungsboote ging, erklärte der Chief Officer der Parkgate dem deutschen Kommandanten, dass sich noch sieben Mann der Besatzung, darunter der leicht verwundete Kapitän, an Bord des sinkenden Schiffes befänden, da ihr 216 Koerver, S. 591. Wissenschaftlich erwiesen ist einzig der Umstand, dass die ersten Erkrankungen im amerikanischen Mittelwesten auftraten, siehe Phillips/Killingray, S. 5. 217 Vgl. „L’affaire de Carthagène“ (mit Bezugnahme auf einen Artikel aus dem spanischen El Liberal), in: Le Gaulois vom 28.02.1917, S. 4. 218 Dazu umfassend: Carden, S. 169 ff. Ein Abdruck des Dekrets findet sich bei Purlitz, S. 1309. Ferner oben, S. 65 f. 219 Zum Folgenden siehe das KTB der Unternehmung vom 31.03. bis 10.05.1917, in: BA/MA, RM 97/766 und insbesondere den Film „Der magische Gürtel“ (s.o., Fn. 8) sowie ferner DUBM, Timm, S. 24 f. und das mit dem KTB nahezu deckungsgleiche privatpersönliche KTB Loyckes, in: BA/MA, N 852/88. 220 DUBM, Timm, S. 24 sowie oben, Fn. 219 und 8.

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Rettungsboot beim Aussteigen gekentert sei. Arnauld gestattete den Briten, die Männer von Bord zu holen, behielt jedoch den Offizier und den Funker der Parkgate als Faustpfand auf U 35, bis die Aktion abgeschlossen war. Der Kapitän wurde anschließend „gänzlich betrunken“ gefangen genommen. „Das würden Sie auch getan haben“, erklärte er gegenüber seinem Bezwinger, „wenn Sie stundenlang von einem U-Boot-Teufel gejagt worden wären und ihnen die Granaten um die Ohren gespritzt wären“. Vor seiner Übergabe an die Behörden in Cattaro schrieb eben jener Kapitän Arnauld einen Anerkennungsbrief, in welchem er dem deutschen Kommandanten für die „zuvorkommende Behandlung“ dankte, die er an Bord von U 35 erfahren hatte.221 Am 5. April wurde mit dem amerikanischen Segler Marguerite (1553 BRT), der sich außerhalb der neutralen Zone befand, ein weiterer Versenkungserfolg erzielt. Nachdem am Folgetag schlechtes Wetter jede erfolgreiche Operation verhinderte, traf das deutsche Boot in den Morgenstunden des 7. April südlich von Sardinien auf einen Dampfer mit Westkurs. Er wurde in einem vierstündigen Feuergefecht, in dem 139 (sic!) Granaten verschossen wurden, niedergekämpft und schließlich – Arnauld ging davon aus, dass sich bereits feindliche Zerstörer im Anmarsch befanden – durch Torpedoschuss vernichtet. Nach zwei abgebrochenen Angriffsoperationen gegen feindliche Dampfer vor der afrikanischen Küste erfuhr Arnauld am Abend des 9. April von der Kriegserklärung der Vereinigten Staaten. Die USA hatten dem Deutschen Reich am 4. April den Krieg erklärt, wofür die bereits aufgezeigten diplomatischen Verwicklungen infolge der deutschen U-Bootoperationen einen zentralen Grund darstellten.222 Bis zum 12. April gelang vor der südspanischen Küste die Versenkung eines britischen Schoners sowie eines griechischen Seglers, der Kohlen für Lyon transportierte (Gesamttonnage 3089 BRT). Ein Dampfer, der Lebensmittel für das neutrale Griechenland transportierte, wurde hingegen entlassen. Die erleichterte Besatzung des Griechen holte „beim Passieren Kaiser- und Hindenburglichter heraus und brachte Hochrufe“ auf das deutsche Boot aus.223 Indes hatte sich v. Arnauld entschlossen, in der Nacht zum 13. April die Straße von Gibraltar zu passieren und in den Atlantik vorzustoßen. Obwohl die Briten die Durchfahrt „mit Netzen, Minen und patrouillierenden Zerstören“ stark gesichert hatten, gelang dem deutschen Boot der Durchbruch. Arnauld hielt sich dabei dicht an der afrikanischen Küste, um den Lichtkegeln der britischen Scheinwerfer zu entkommen, mittels derer „die ganze Breite der Wasserstraße (…) abgesucht“ wurde.224 Am Morgen des 13. April hatte U 35 die Meerenge hinter sich gelassen und brachte gegen 8.30 Uhr den bewaffneten italienischen Dampfer Stromboli (5466 BRT) nach kurzem Feuergefecht zum Sinken. Ihm folgten bis zum Abend noch zwei weitere Frachtschiffe mit insgesamt 6667 BRT. Bis zum 18. April gelang 221 Arnauld/Thomas, S. 165 f. (mit Abdruck des Anerkennungsschreibens). 222 Vgl. Marinearchiv, Handelskrieg Bd. IV, S. 211 ff. Ein weiterer Grund für den Kriegseintritt war etwa die von den USA abgefangene „Zimmermann-Depesche“, die ein deutsch-mexikanisches Bündnis für den Fall eines Kriegseintritts der Vereinigten Staaten zum Ziel hatte. Siehe dazu auch Stevenson, S. 373 ff. 223 KTB-Eintrag vom 11.04.1917, in: BA/MA, RM 97/766. 224 Arnauld/Thomas, S. 162.

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die Versenkung weiterer sechs Dampfer, darunter fünf Briten und ein Grieche, mit insgesamt 21.435 BRT. Bei starkem Wind und hoher Dünung traf in den Morgenstunden des 19. April ein Torpedo den britischen Dampfer Sowwell (3781 BRT). Innerhalb von nur zwei Minuten versank das Schiff in den Fluten des Atlantiks. Zehn Männer, die sich rechtzeitig von Bord retten konnten, ließ Arnauld auffischen und an Bord nehmen. Er beabsichtigte, sie bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit entweder am spanischen Festland abzusetzen oder einem neutralen Schiff zu übergeben. Nach Einbruch der Dunkelheit setzte U 35 zum Unterwasser-Torpedoangriff auf einen weiteren Dampfer an. Als der Kommandant durch das Periskop erkannte, dass das Schiff unbewaffnet war, ließ er den Angriff abbrechen. Für den Rest der Nacht hielt das Boot unbemerkt Fühlung mit seinem potentiellen Opfer. Als der Morgen des 20. April heraufdämmerte, schlugen die Deutschen zu: Der Dampfer, die britische Lowdale (2660 BRT), drehte nach einem kurzen Verfolgungsgefecht bei und ließ die Boote zu Wasser. U 35 ging längsseits und Arnauld übergab den ausgestiegenen Briten ihre Landsleute von der Sowwell, ehe er die Fahrt fortsetzte. Innerhalb der nächsten fünf Tage konnten noch fünf weitere Schiffe mit insgesamt 12.299 BRT versenkt werden, ehe Munitionsmangel U 35 zum Rückmarsch zwang. Mit äußerster Fahrt, die große Überwassergeschwindigkeit des U-Bootes ausnutzend, durchbrach Arnauld in der Nacht zum 26. April die Meerenge von Gibraltar. Die britischen Suchscheinwerfer erwiesen sich diesmal als unerwartete Unterstützung, da sich die Silhouetten der patrouillierenden Zerstörer in ihren Lichtkegeln gut abzeichneten und dem deutschen Boot so ein gezieltes Ausweichen ermöglicht wurde.225 Ohne dass es auf dem Rückmarsch zu größeren Vorkommnissen gekommen war, erreichte U 35 am 6. Mai 1917 Cattaro. Auf dieser Feindfahrt wurden 23 Schiffe mit 67.989 BRT versenkt. Auch das Kriegstagebuch dieser Unternehmung wurde dem Kaiser vorgelegt, der seine Anerkennung abermals mit einem handschriftlichen „Bravo!“ zum Ausdruck brachte. Da der Kapitänleutnant mit dem Pour le mérite bereits die höchste militärische Auszeichnung seines Landes innehatte, erhielt er als weitere Auszeichnung ein Bildnis Wilhelms. II mit persönlicher Widmung.226 Während die deutsche Presse abermals von den Erfolgen Arnaulds berichtete, gelangte der an Bord von U 35 gedrehte Film im April 1918 ins Große Hauptquartier, damit „S. M. der Kaiser und seine Umgebung, ebenso wie die Truppen an der Front etwas von dem zu sehen bekämen“, was die U-Boote „auf See trieben“. Der Film fiel schließlich auf ungeklärte Weise in britische Hände und wurde so auch dem internationalen Publikum bekannt.227 225 Eine detaillierte Schilderung des Durchbruchs findet sich in Arnauld/Thomas, S. 162 f. 226 Vgl. Thomas, Ritter, S. 127 sowie Herzog, As, S. 9. Leider ergibt sich aus den Unterlagen nicht, wann genau Arnauld das Bild erhielt und ebenso wenig, welchen Inhalt die Widmung hatte. Den Umständen nach ist jedoch anzunehmen, dass er es erhielt, nachdem Wilhelm II. das Kriegstagebuch vorgelegt wurde. 227 Siehe etwa „Seit 1. Februar 2¾ Millionen Handelsschiff-Tonnen“, in: Vossische Zeitung vom 20.05.1917 (MA), S. 1. Arnauld gibt in ders./Thomas, S. 164 an, der Film sei bereits im April 1917 dem Hauptquartier übersendet worden. Dies widerspricht nicht nur seinen eigenen Schilderungen auf vorangehenden und nachfolgenden Seiten, sondern wird auch vom Film selbst widerlegt, in welchem bei 39:48 ein auf den Mai 1917 datierter Funkspruch Arnaulds an den

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5. Alliierte Reaktionen auf den uneingeschränkten U-Bootkrieg Nach Abschluss der zehnten Feindfahrt unter Kapitänleutnant v. Arnauld lag U 35 bis zum August zu Instandsetzungsarbeiten in der Werft. In der Zwischenzeit hatte der uneingeschränkte U-Bootkrieg den Zenit seiner Wirksamkeit erreicht. Von Februar bis einschließlich Juli 1917 vernichteten deutsche Boote durchschnittlich 635.000 BRT monatlich und übertrafen damit sogar die Vorgaben des Admiralstabs.228 „Die Deutschen werden gewinnen, wenn wir diesen Verlusten nicht ein Ende machen – und zwar bald“, fasste der Erste Lord der Admiralität, Admiral Jellicoe, die Lage Großbritanniens im April 1917 zusammen. Die britischen Lebensmittelreserven reichten zu diesem Zeitpunkt nur noch für sechs Wochen.229 Der Bericht, den die britische Admiralität dem frisch eingetroffenen designierten Oberbefehlshaber aller amerikanischen Marineverbände in Europa, Admiral Sims, zukommen ließ, enthüllte „die erschütternde Tatsache, dass Deutschland auf dem besten Wege war, den Krieg nicht nur zu gewinnen, sondern so schnell zu gewinnen, dass das britische Weltreich sich in längstens 4 bis 5 Monaten bedingungslos ergeben musste“.230 Angesichts dieser bedrohlichen Lage musste Großbritannien den deutschen U-Booten Einhalt gebieten, wollte es nicht den Krieg verlieren. Nachdem die bisherigen Mittel zur U-Boot-Bekämpfung – Minensperren, Q-Schiffe, leichte Seestreitkräfte und die Bewaffnung der Handelsschiffe – keinen durchschlagenden Erfolg gebracht hatten, entschied man sich im April 1917 zur probeweisen Zusammenstellung von Konvois im Atlantik. Diese Maßnahme hatte man letztmalig im Januar 1917 u. a. mit der Begründung abgelehnt, dass eine derartige Konzentration von Schiffen die Angriffsaussichten deutscher Boote eher erhöhen denn verringern würde.231 Im Mittelmeer wurden Ende Mai die ersten Konvois formiert, und mit der Einrichtung einer zentralen alliierten Kommandobehörde auf Malta unter britischem Befehl, der auch eine Stelle für U-Bootbekämpfung beigeordnet war, gelang die Beilegung der Zuständigkeitsstreitigkeiten. Darüber hinaus wurde auch das starre Prinzip der Seezonen und fixen Patrouillen- und Dampferrouten abgeschafft.232 Zwar dauerte es bis in den Oktober 1917, ehe die entsprechende Umgruppierung und Verstärkung der alliierten Begleitfahrzeuge abgeschlossen war und das Konvoi-System flächendeckend angewandt werden konnte, die ersten Erfolg machten sich jedoch bereits vorher bemerkbar: So fiel im Atlantik die Zahl der pro U-Boot versenkten Schiffe von 10,6 im April auf 4,9 im Juli – Tendenz sinkend. Entgegen der früheren Annahmen der alliierten Kommandobehörden stellte sich heraus, dass die Verlustrate bei Konvois zwölfmal niedriger war als bei

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Admiralstab zu sehen ist. Insofern muss Arnauld hier ein Fehler unterlaufen sein. Siehe dazu auch Schäffler, S. 93 f. Zahlen nach Marinearchiv, Handelskrieg Bd. V, S. 364 f. sowie Mirow, S. 141 und Halpern, Naval war, S. 312. Zitiert nach Mirow, S. 142. Sims, S. 6. Mirow, S. 143; siehe dazu auch oben, S. 69. Ausführlich zu den Auseinandersetzungen um geeignete Maßnahmen zur U-Bootbekämpfung auf britischer Seite: Carson, passim sowie Hough, S. 305 ff. und Potter, S. 436 ff. Vgl. Halpern, Naval war, S. 349 und 369 sowie ders., History, S. 391 ff.

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Einzelfahrern, da das Geleit die deutschen Boote auf Distanz hielt und ihnen so die Möglichkeit nahm, tagsüber ungehindert über Wasser anzugreifen.233 Unter Wasser waren die U-Boote jedoch langsamer, was sie verstärkt den Wasserbomben der Eskorten aussetzte, deren Anzahl, bedingt durch den Kriegseintritt der USA, stetig zunahm.234 Infolgedessen stiegen die U-Bootsverluste in der zweiten Hälfte des Jahres 1917 auf durchschnittlich 7,4 Boote pro Monat – eine Zahl die nur um 1,4 unter der Indienststellungsrate von 8,8 neuen Booten monatlich lag.235 Obwohl Großbritannien durch das Konvoi-System das Schlimmste vermeiden konnte, war die U-Bootgefahr jedoch keineswegs gebannt. Die deutsche Reaktion auf die Geleitzüge äußerte sich in einem verstärkten Vorgehen gegen Einzelfahrer. Gezielt nutzten die U-Boote des Kaisers die Schwachstellen des alliierten Geleitsystems. Insbesondere im Atlantik waren dies die Küstengewässer. Hier waren die Handelsschiffe, die entweder bestimmte Seehäfen ansteuerten, um sich dort zu einem Geleitzug zu formieren, oder nach Zerstreuung eines für Großbritannien bestimmten Konvois ihren Zielhäfen zustrebten, noch einzeln unterwegs. Die Briten hatten es versäumt, auch in Küstennähe „sich ineinander verzahnende Küsten-Geleitzüge“ einzurichten.236 Im Mittelmeer wurden die deutschen Operationen durch den Umstand begünstigt, dass der neu ernannte alliierte Oberbefehlshaber GoughCalthorpe, der im Konvoi-System vornehmlich eine Defensivwaffe sah, die nach wie vor knappen Geleitsicherungskräfte im Mittelmeer weiterhin aufsplitterte. So verstärkte er insbesondere die Sicherung der Otranto-Sperre, obwohl sich diese objektiv längst als nutzlos erwiesen hatte.237 In der Folge waren so nur 35 % der alliierten Versorgungsschifffahrt im Mittelmeer in Geleitzügen zusammengefasst, die überdies auch nur von leichten Fahrzeugen wie Sloops und bewaffneten Trawlern begleitet wurden. Die übrigen 65 % der Handelsschiffe operierten weiterhin als Einzelfahrer und waren somit leichte Beute für deutsche U-Boote.238 Im Durchschnitt versenkten diese von August bis Dezember 1917 monatlich 401.976 BRT, wobei es sich bei der absoluten Masse der vernichteten Schiffe um Einzelfahrer handelte.239 Um die Prophezeiung des Admiralstabs, durch den uneingeschränkten U-Bootkrieg noch 1917 den deutschen Sieg herbeiführen zu können, zu erfüllen, genügte dies jedoch nicht mehr. Auch v. Arnauld bekam zu spüren, dass sich die Vorzeichen, unter denen die deutschen U-Boote operierten, merklich geändert hatten. Dabei stellen dessen Feindfahrten im Oktober und Dezember 1917 zugleich ein gutes Beispiel sowohl für die zunehmende Wirksamkeit als auch die bereits genannten Schwächen der alliierten Gegenmaßnahmen respektive des Konvoi-Systems dar. Vgl. Potter, S. 438, Mirow, S. 145 und mit Bezug auf U 35 de Terra, Nachtgefecht, S. 248. Langenberg, S. 46. Vgl. Marinearchiv, Handelskrieg Bd. IV, S. 504 f. sowie Tarrant, S. 59. Tarrant, S. 55 f.; Potter, S. 438 f. Die Behauptung Grays in Warriors, S. 217, die Verstärkung der Otranto-Sperre habe zum Rückgang der U-Bootserfolge beigetragen, ist schlichtweg falsch. Hier ging während des gesamten Krieges nur ein einziges U-Boot verloren, vgl. Potter, S. 440. 238 Tarrant, S. 64; Halpern, Naval war, S. 390 ff., 408 f. sowie Potter, S. 440 und Gray, Killing time, S. 216 f. 239 Vgl. Tarrant, S. 64 ff. 233 234 235 236 237

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6. Veränderte Verhältnisse240 Bis in den August 1917 lag U 35 zur Generalüberholung in der Werft in Pola, wo es auch einen italienischen Luftangriff unbeschadet überstand.241 Nach Artillerieund Torpedoübungen in der Adria lief das Boot am 7. August wieder zur Feindfahrt aus, musste die Operation jedoch nach wenigen Tagen aufgrund eines Maschinenschadens abbrechen und in die Werft zurückkehren. Erst am 2. Oktober war U 35 wieder klar zur Feindfahrt und verließ Pola mit Befehl zur U-Bootkriegführung im westlichen Mittelmeer und vor der nordafrikanischen Küste. Auch diesmal war dem Kommandanten der Durchbruch in den Atlantik freigestellt. Auf dieser Unternehmung fuhr erstmals Prinz Sigismund v. Preußen, der Sohn des Großadmirals und Marinebefehlshabers der Ostsee, Prinz Heinrich v. Preußen, als Wachoffizier auf U 35 mit. Es war in der Kaiserlichen Marine ein übliches Verfahren, spätere U-Bootkommandanten als Teil ihrer Ausbildung zunächst als Wachoffiziere auf Frontbooten einzusetzen, damit sie dort erste Erfahrungen sammeln konnten.242 Im Falle Prinz Sigismunds hatte Arnauld sogar explizit die Anweisung erhalten, „ihn gehörig heranzunehmen und dafür zu sorgen, dass er so viel U-Boot-Erfahrung sammelte, als irgend möglich“.243 In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass Arnauld selbst niemals als Wachoffizier eingesetzt, sondern direkt und ohne jedwede Fronterfahrung mit dem Kommando von U 35 betraut wurde, was seine Leistungen als Kommandant umso bemerkenswerter erscheinen lässt.244 Nachdem die Otranto-Straße ohne Zwischenfälle passiert worden war, nahm das deutsche Boot am 5. Oktober Wartestellung vor Korfu ein. Hier wurden binnen kürzester Zeit sechs feindliche Torpedoboote und sechs Zerstörer gesichtet – ein erstes Vorzeichen für die sich auch im Mittelmeer ändernden Verhältnisse. U 35 gelang es ungesehen zu passieren: „Die Kerls mussten wohl geschlafen haben“, notierte Bootsmaat Timm in sein Tagebuch.245 In der folgenden Woche gingen mehrere Torpedoangriffe auf im Verband fahrende gegnerische Dampfer fehl. Dabei verhinderten die stets dicht folgenden Geleitfahrzeuge jeweils einen zweiten Anlauf. Erst am 13. Oktober gelang mit der Torpedierung des britischen Einzelfahrers Alavi (3627 BRT) der erste Erfolg der Unternehmung. Nur wenig später trafen zwei weitere Torpedos die gleichsam im Verband fahrenden, armierten italienischen Dampfer Lilla (2819 BRT) und Doris (3979 BRT). Ihnen folgte am 240 Zum Folgenden siehe insbesondere die KTB der Unternehmungen vom 07.08. bis 12.08. sowie vom 02.10. bis 06.11.1917, in: BA/MA, RM 97/767, die entsprechenden Aufzeichnungen Loyckes in BA/MA, N 852/88 sowie DUBM, Timm, S. 29 f. und Ruf, S. 300 f. 241 Vgl. Ruf, S. 300 sowie „Ereignisse zur See“, in: Wiener Allgemeine Zeitung vom 04.08.1917, S. 6. 242 Siehe dazu Arnauld, U-Boot-Krieg, S. 57; Arnauld G./Essers, S. 99 f.; Eschenburg, S. 57 f. Beispielsweise befehligte der ehemalige Wachoffizier von U 35, Oberleutnant z. S. Obermüller, seit Frühjahr 1917 das ebenfalls im Mittelmeer operierende UB 43, während Leutnant Launburg UB 52 kommandierte, vgl. Marinearchiv, Handelskrieg Bd. IV, S. 174, 181 sowie Thomas, War, S. 201. 243 Arnauld/Thomas, S. 157. 244 Herzog, Arnauld, S. 104. 245 DUBM, Timm, S. 30.

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14. Oktober mit dem bewaffneten Griechen Despina G. Michalinos (2851 BRT) ein weiterer Einzelfahrer. Angesichts der verstärkt auftretenden Bewachungsfahrzeuge hatte v. Arnauld seine Taktik des Überwasser-Artillerieangriffs bei Tage weitestgehend aufgeben müssen. Stattdessen verlagerte er sich auf nächtliche Feuerüberfälle aus nächster Nähe. Entscheidend war dabei die durch überraschendes Schnellfeuer auf die Brücke des Gegners angerichtete Verwirrung, die regelmäßig dazu führte, dass „die Besatzung sofort die Rettungsboote fierte, sich schnellstens in Sicherheit brachte und den Dampfer aufgab. Daran, das eigene Geschütz zu besetzen, dachte (dabei) niemand“. Auf diese Weise konnte der Kapitänleutnant trotz der für die U-Boote zusehends widrigeren Rahmenbedingungen die Initiative bewahren.246 Dass ein derartiges Vorgehen aufgrund möglicher Irrtümer über die Art des anvisierten Zieles mitunter risikoreich sein konnte, zeigt eine Operation Arnaulds vor Kap Gata: Hier näherte sich U 35 am 15. Oktober kurz nach Mitternacht einem abgeblendeten Dampfer. Auf 1000 Meter Entfernung gab der Kommandant den Feuerbefehl, die Granaten trafen auch, doch nach der Schrecksekunde rauschte die Antwort in Gestalt einer ganzen Salve von Geschossen über das deutsche Boot hinweg. Der Kapitänleutnant reagierte sofort: „Alarm, auf Tauchstationen, – alle Mann einsteigen, schnell, schnell! Hart Backbord! Steuerbord Maschinen äußerste Kraft voraus: Backbord Maschine äußerste Kraft zurück!!“. Der vermeintliche Dampfer, der sich als schwer bewaffneter britischer Hilfskreuzer entpuppte, hielt mit äußerster Kraft auf U 35 zu, doch das Boot machte keine Anstalten abzutauchen, vielmehr bekam es nur Schlagseite und selbst das Öffnen der Bodenventile brachte keine Abhilfe. Im letzten Augenblick kam der Zentralmaat dahinter, dass er vergessen hatte, zwei Tauchklappen zu öffnen und das Boot schoss mit drei Tonnen Untertrieb regelrecht in die Tiefe. Der Kommandant setzte seinerseits einen Torpedoangriff auf den Kreuzer an, der jedoch mit Höchstfahrt aus dem Angriffsbereich des UBootes entkam. „Nun legen Sie mal die Platte aufs Grammophon: Hurra, wir leben noch!“, sagte Arnauld lächelnd zu seinem Wachoffizier.247 U 35 war wieder einmal davongekommen. Dieses Ereignis zeigt deutlich, wie das Fehlverhalten nur eines Mannes ein ganzes Boot gefährden konnte. Arnauld ließ den Maat nach der Rückkehr des Bootes sofort versetzen. „Er sorgte für uns in allen Dingen, verlangte aber natürlich unbedingte Pflichterfüllung“, schrieb ein Matrose nach dem Krieg über seinen ehemaligen Kommandanten.248 Am 16. Oktober griff das deutsche Boot einen Geleitzug an, doch erwiesen sich die beiden abgefeuerten Geschosse als Torpedoversager. Der Kommandant ließ daraufhin Gibraltar und den Atlantik ansteuern, in der Hoffnung, dort seine Artilleriemunition gegen einzeln fahrende Dampfer anbringen zu können. Die Meerenge wurde in der Nacht zum 17. Oktober ohne Zwischenfälle passiert. In den Morgen246 Vgl. de Terra, Nachtgefecht, S. 248 sowie den Abschlussbericht Arnaulds zur Unternehmung vom 02.10. bis 06.11.1917, S. 2, in: BA/MA, RM 97/767. 247 Vgl. de Terra, Nachgefecht, S. 251 ff. sowie den KTB-Eintrag vom 15.10.1917, in: BA/MA, RM 97/767. „Hurra, wir leben noch!“ ist eine Revue des deutschen Komponisten Victor Hollaender (1866-1940) aus dem Jahr 1910. 248 Ruf, S. 299.

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stunden kamen mehrere Rauchwolken in Sicht, die sich als ein weiterer Konvoi von 17 Schiffen entpuppten. Um eventuelle U-Bootangriffe zu erschweren, fuhr der gesamte Verband im Zick-Zack. Nach nur kurzer Verfolgung wurde U 35 entdeckt und durch zwei Zerstörer über Nacht abgedrängt. Am darauffolgenden Morgen versenkte Arnauld den italienischen Einzelfahrer Lorenzo (2496 BRT), musste jedoch den Angriff auf einen weiteren Dampfer aufgrund des plötzlichen Auftretens eines Zerstörers abbrechen. Bis zum 25. Oktober fielen U 35 vor Madeira und der westafrikanischen Küste der bewaffnete japanische Dampfer Ikoma Maru sowie der amerikanische Segler Fannie Prescott zum Opfer (Gesamttonnage 3452 BRT). Drei Tage später operierte das Boot abermals gegen einen Geleitzug, wurde jedoch erneut durch die begleitenden Zerstörer unter Wasser gedrückt und abgedrängt. Auch hier zeigte das Geleitsystem seine volle Wirkung. Der knapp werdende Brennstoffvorrat veranlasste Arnauld schließlich den Rückmarsch anzutreten. „Die zwölftägige Kreuzfahrt im Atlantik hat den Erwartungen, (…) gegen einzeln fahrende Dampfer (vorgehen zu können), nicht entsprochen“, notierte der Kapitänleutnant resigniert ins Kriegstagebuch.249 In der Straße von Gibraltar wurde am Morgen des 29. Oktober der britische Transporter Namur (6701 BRT) durch Torpedoschuss versenkt, den begleitenden Zerstörern konnte U 35 getaucht entkommen. Ihm folgte zwei Tage später vor der algerischen Küste der Dampfer Cambric (3403 BRT). Dabei wurden vier überlebende Besatzungsmitglieder gerettet. Das Boot setzte seinen Marsch fort und vernichtete am 2. November 1917 südlich von Sardinien noch zwei italienische Segler mit insgesamt 241 BRT, ehe es schließlich am 6. November in die Straße von Otranto einlief. Hier kam es zu einem besonderen Ereignis, welches „in der Seekriegsgeschichte einzig dastehen dürfte“, wie Prinz Sigismund später schrieb.250 Um 8.40 Uhr morgens erblickten der Prinz und Oberleutnant de Terra vom Turm aus in nur 80 Metern Entfernung das Periskop eines U-Bootes und kurz darauf den für einen Torpedo typischen Ausstoß-Strudel. Das Geschoss war exzellent gezielt und raste mittschiffs auf U 35 zu. Obwohl die beiden Wachoffiziere bereits ein Wendemanöver eingeleitet hatten, blieb dem Boot keine Zeit mehr zum Ausweichen. Wenige Meter vor dem Boot schoss der Torpedo jedoch aus dem Wasser heraus, sprang zwischen Deckgeschütz und Wellenbrecher über U 35 hinweg, verbog das Steuerbord-Geschützgeländer, riss einen Stahlstander ab, berührte das Zentral-Sehrohr und klatschte auf der anderen Seite wieder ins Wasser.251 Ursächlich hierfür war die vermutlich zu geringe Tiefeneinstellung des Geschosses. Der Lärm hatte indes auch den Kommandanten geweckt, der unter Deck „im Hinüberschlummern 249 Vgl. KTB-Eintrag vom 28.10.1917, in: BA/MA, RM 97/767. 250 Zum Folgenden siehe Preußen, Mittelmeer, S. 280 ff.; ders., U-Boot, S. 291 ff.; Arnauld/Thomas, S. 157 ff.; de Terra, U 35, S. 111 sowie Thomas, War, S. 201 und den KTB-Eintrag vom 06.11.1917, in: BA/MA, RM 97/767. Ferner auch Eschenburg, S. 57 f.; Arnauld G./Essers, S. 100 sowie Herzog, Geschichte, S. 247 ff. 251 Die Angaben sind mitunter widersprüchlich, so werden stellenweise die Oberleutnants Launburg und Prinz Sigismund, anderenorts Oberleutnant de Terra als Wachhabende genannt. Auch die genauen Entfernungen des Austritts des Torpedos aus dem Wasser schwanken zwischen zwei und zwölf Metern. Vorliegend wurden die Angaben aus dem KTB und ansonsten die in der Mehrheit der in Fn. 250 aufgeführten Quellen genannten Daten übernommen.

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lag“. Arnauld kam gerade rechtzeitig auf den Turm, um die Laufbahn eines zweiten Torpedos zu sehen, der direkt auf U 35 zuschoss. Dieser war jedoch zu tief eingestellt und lief unter dem deutschen Boot hindurch. Nun drehte sich das Boot endlich, nahm an Fahrt auf und wich so einem dritten Torpedo aus. Ein viertes Geschoss erreichte U 35 gar nicht erst, sondern erledigte sich vorher als harmloser Kreisläufer. In welch geringer Entfernung sich das feindliche U-Boot, die Faraday, zuletzt befand, zeigte sich erst beim Wendemanöver, als das Sehrohr des Gegners beinahe gerammt wurde.252 Die Deutschen feuerten noch einige Granaten aus dem Deckgeschütz in seine Richtung, doch das Periskop war kurze Zeit später verschwunden. Erleichtert setzte man die Heimreise fort und erreichte am Abend Cattaro. Als sich Arnauld beim Flottillenchef zurückmeldete, wollte dieser die Geschichte nicht glauben und erst eine Besichtigung der Schäden auf dem Deck von U 35 vermochte ihn davon zu überzeugen, dass der Bericht des Kapitänleutnants stimmen musste. Arnaulds Boot wurde in den folgenden Tagen „zur Pilgerstätte. Von allen U-Booten und den österreich-ungarischen Schiffen kamen sie in hellen Scharen, um sich das Geländer anzusehen (…) Jeder (…) war sich darüber klar: Da hatte der liebe Gott mal wieder höchsteigenhändig am Ruder gestanden oder, wie andere sagten, seinen breiten Daumen dazwischen gehalten.“253 Auch Großadmiral Prinz Heinrich schrieb im Hinblick auf die ereignisreiche erste Feindfahrt seines Sohnes, dass wohl einzig „Gottes Hand (…) ihn (…) beschützt“ habe.254 Auf dieser Operation, welche die Wirksamkeit der intensivierten alliierten UBootabwehr und deren Auswirkung insbesondere auf die Angriffsmöglichkeiten deutscher U-Boote gut dokumentiert, versenkte U 35 elf Schiffe mit insgesamt 29.570 BRT. Verglichen mit den um ein Vielfaches höheren Erfolgen des Vorjahres zeigen auch diese Zahlen, dass sich das Blatt im U-Bootkrieg zu wenden begann. 7. Bis zum Jahreswechsel 1917/1918255 Nach Reparatur der Beschädigungen lief U 35 am 8. Dezember zu seiner dreizehnten Feindfahrt unter Kapitänleutnant v. Arnauld aus, welche zugleich die letzte Unternehmung des Bootes im Kriegsjahr 1917 sein sollte. Abermals führte es der Operationsbefehl ins westliche Mittelmeer, vor die nordafrikanische bzw. südspanische Küste, und auch diesmal war es dem Kommandanten freigestellt, in atlantische Gewässer vorzustoßen. Am 9. Dezember lief das Boot durch die Otranto-Straße mit Kurs Korfu-Malta ins ionische Meer ein, wo es am Folgetag den mit Flugzeugteilen beladenen britischen Transporter Persier (3874 BRT) versenkte. Bei sich zuse252 Ein Auszug aus dem KTB der Faraday unter Kapitänleutnant Bugard findet sich in Herzog, Geschichte, S. 248. 253 So der Bericht Arnaulds zu diesem Vorfall, zitiert nach: Herzog, Geschichte, S. 248 sowie Arnauld/Thomas, S. 161. 254 Siehe einen Brief des Prinzen an einen Freund vom November 1917, abgedruckt in Arnauld G./ Essers, S. 99 f. 255 Zum Folgenden siehe das KTB der Unternehmung vom 08. bis 31.12.1917, in: BA/MA, RM 97/767 sowie die entsprechenden Aufzeichnungen Loyckes in BA/MA, N 852/88.

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hends verschlechterndem Wetter stand U 35 in der Nacht zum 16. Dezember vor Kap Sigli an der algerischen Küste, als kurz nacheinander zwei Geleitzüge in Sicht kamen. Während es beim ersten nicht gelang, eine geeignete Schussposition einzunehmen, ging ein auf einen Dampfer des zweiten Konvois abgefeuerter Torpedo fehl. Zwar hielt Arnauld auch am Folgetag mit den potentiellen Zielen Fühlung, kam jedoch aufgrund der widrigen Wetterverhältnisse abermals nicht zum Schuss und brach die Verfolgung nördlich von Kap Bengut ab. Durch aufgefangene Morsesignale wurde der Kommandant jedoch bereits am 20. Dezember auf den nächsten Geleitzug aufmerksam. Da Art und Anzahl der Schiffe aufgrund Regens und stürmischer See nicht genau feststellbar waren, stieß Arnauld mitten in den Konvoi hinein und schnitt zwei Dampfer vom Rest des Geleitzuges und der Bewachung ab. Nacheinander wurden die Briten Fiscus und Waverly (insgesamt 7713 BRT) durch Torpedotreffer zum Sinken gebracht, ehe die Verfolgung der verbliebenen Schiffe aufgenommen wurde. Im Morgengrauen wurden die übrigen drei Dampfer eingeholt. Ein zweistündiges Artilleriegefecht musste schließlich abgebrochen werden, da die Geschützbedienung zum Teil bis zur Hüfte im Wasser stand und Mühe hatte, nicht über Bord gespült zu werden.256 Auch war ein dauerhaftes Feuer aufgrund nässebedingter Munitionsversager nicht möglich. Zwar gelang es noch, einen der Dampfer durch Beschuss abzudrängen, doch der geplante Torpedoangriff wurde von der schweren See verhindert. In der Nacht zum 23. Dezember attackierte U 35 einen Einzelfahrer. Nachdem der abgefeuerte Torpedo sein Ziel nicht traf, andererseits aber auch nicht bemerkt worden war, folgte Arnauld seinem Ziel bis zum Morgengrauen. Nach einem kurzen Feuerüberfall gab der Italiener auf.257 Der in den Booten treibenden Besatzung gab man Segelanweisungen zur Küste, ehe die Fahrt fortgesetzt wurde. An Heiligabend des Jahres 1917 stand U 35 vor Oran, wo gegen Mittag ein Konvoi in Sicht kam, an den Arnauld versuchte, Anschluss zu gewinnen. Während das Boot dem Geleitzug nachpflügte, saß man unter Deck zur Bordweihnachtsfeier zusammen. Bis zum Abend hatte U 35 aufgeschlossen und versenkte gegen 22.00 Uhr den ersten Dampfer durch Torpedotreffer – die Zeiten, in denen man an Weihnachten die Waffen ruhen ließ, waren im Jahre 1917 längst vorbei. Nachdem das deutsche Boot über Nacht Fühlung zum Geleit halten konnte, traf in der Nacht zum 25. Dezember bei stürmischem Wetter und verregneter See ein weiterer Torpedo den britischen Dampfer Argo (3071 BRT). Dessen Versenkung folgte in den Morgenstunden mit dem britischen Kohlendampfer Cliftondale und dem Norweger Nordpol (Gesamttonnage 5861 BRT) die des übrigen Geleitzuges. Nachdem U 35 nunmehr nur noch einen Torpedo übrig hatte und die Wetterverhältnisse den ohnehin schon erschwerten Artillerieeinsatz gänzlich unmöglich machten, entschloss sich v. Arnauld zum Rückmarsch. Am Silvestermorgen lief das Boot wieder in Cattaro ein. Auf der letzten Unternehmung des Jahres 1917 hatte U 35 acht Gegner mit insgesamt 28.175 BRT versenkt und dabei über 10.000 t Kohlen vernichtet, die für die alliierten Truppen in Nahost bestimmt waren. 256 Siehe dazu auch die umfassende Schilderung des Matrosen Werschkull, der Mitglied der Geschützbedienung war: Werschkull, S. 255 ff. 257 Zu diesem Gefecht auch Werschkull, S. 256 f.

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Gemäß der Beurteilung des Admiralstabs zeigte die Operation, deren Kriegstagebuch abermals vom Kaiser mit Lob bedacht wurde, dass „auch bei den heutigen schwierigen Verhältnissen (und) trotz ungünstiger Jahreszeit noch ausgezeichnete Ergebnisse erreicht werden können, wenn mit Erfahrung sich Tatkraft und Wagemut in einem Maße paaren, wie es bei U 35 der Fall ist, dessen Kommandant alle Vorteile und Waffen jeder Zeit restlos ausnutzt“.258 Unter Schlagzeilen wie „Neue große Beute im Mittelmeer“ druckten deutsche Zeitungen den offiziellen Bericht des Chefs des Admiralstabs der Marine vom 10. Januar 1918, in dem Arnauld eine Beteiligung an den jüngsten U-Bootserfolgen „in hervorragendem Maße“ attestiert wurde. Die Blätter fügten hinzu, dass diese Leistungen ein „neues Ruhmesblatt in der Reihe der Erfolge des Kapitänleutnants“ darstellten. Insbesondere die Vernichtung solcher Mengen von Kohle träfe „besonders Italien und die englischen Eroberungspläne in Syrien und Mesopotamien“, so die Zeitungen weiter.259 Lothar v. Arnauld hatte im Jahr 1917 62 Schiffe mit insgesamt 170.672 BRT versenkt und stand damit nach wie vor an der Spitze aller U-Boot-Kommandanten. DAS KRIEGSJAHR 1918 Zu Beginn des Jahres 1918 schienen die Briten zwar das Schlimmste überstanden zu haben, doch hatten „die deutschen U-Boote trotz der Rückschläge noch immer die Kraft, 1918 den Sieg zu erringen“.260 Seit Februar 1917 waren 2.909.155 BRT an alliiertem Schiffsraum verloren gegangen, während im selben Zeitraum lediglich 917.000 BRT an Neubauten vom Stapel liefen. Unter Abzug der beschädigten Schiffe verblieben den Briten zur Versorgung ihres Mutterlandes lediglich 5.467.845 BRT. Bedenkt man, dass britischen Schätzungen zufolge 4.812.000 BRT das absolute Minimum an Schiffsraum für die Aufrechterhaltung der Lebensmittelversorgung darstellten, blieb Großbritannien ein Tonnageüberschuss von lediglich 664.845 BRT. 1. Der Matrosenaufstand von Cattaro261 Am 1. Februar 1918, U 35 war nach Abschluss der Instandsetzungsarbeiten von Torpedoübungen in der Adria zurückgekehrt, brach im Flottenstützpunkt Cattaro 258 Beurteilung des Admiralstabs zum KTB der Unternehmung vom 08. bis 31.12.1917, in: BA/ MA, RM 97/767. 259 Siehe etwa „14 Dampfer mit 36.000 B. R. T. versenkt“, in: Freiburger Zeitung vom 11.01.1918 (AA), S. 1 sowie „Der Seekrieg“, in: Bonner Zeitung vom 12.01.1918, S. 1. und „Neue große Beute im Mittelmeer“ in einem Zeitungsausschnitt, der den Aufzeichnungen Loyckes beiliegt (TE vom 31.12.1917), in: BA/MA, N 852/88. 260 Tarrant, S. 59; vgl. dazu auch Marinearchiv, Handelskrieg Bd. IV, S. 530 ff. 261 Zum Folgenden siehe das KTB von U 35 (Laufzeit vom 01.bis 10.02.1918), in: BA/MA, RM 97/767 sowie de Terra, U 35, S. 112 und Ruf, S. 302. Zum Matrosenaufstand von Cattaro allgemein: Halpern, Naval war, S. 448 f.; Bihl, S. 213; Rauchensteiner, S. 81; Stevenson, S. 461 sowie Plaschka, passim.

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ein Matrosenaufstand aus. Große Teile der k. u. k. Kriegsmarine lagen dort, ähnlich der deutschen Hochseeflotte in Kiel und Wilhelmshaven, seit Jahren untätig vor Anker. Die lange Liegezeit führte zusammen mit schlechter Versorgung und Schikane der Mannschaften durch die Offiziere zur Revolte. Ausgehend vom Panzerkreuzer Sankt Georg sprang der Aufstand auf das Depotschiff Gäa und den Panzerkreuzer Kaiser Karl VI. über. Die etwa 6000 Aufständischen entwaffneten die Offiziere, bildeten Soldatenräte und zwangen schließlich nahezu alle Kreuzer, Zerstörer und Torpedoboote zum Setzen der roten Fahne. Sie forderten einen sofortigen Friedensschluss, Abrüstung, das Selbstbestimmungsrecht der Völker, loyale Antworten der Wiener Regierung auf die Friedensvorschläge des US-Präsidenten, die Demokratisierung der Regierung, mehr Urlaub, bessere Verpflegung sowie die Aufhebung der Briefzensur. Kurz nach Ausbruch des Aufstandes legten alle seeklaren deutschen U-Boote von ihren Versorgungsschiffen ab und sammelten sich in der inneren Bucht von Cattaro. Dazu kamen diejenigen österreichischen Schiffe, welche nicht der Revolte anheimgefallen waren, darunter Torpedoboote und der vom späteren ungarischen Reichsverweser Miklós Horthy kommandierte Kleine Kreuzer Novara. Flottillenchef Ackermann gab seinen Booten den Befehl, eine Sperrlinie vor dem Hafen zu bilden und jedes aufständische Schiff, welches den Hafen verlassen wolle, zu torpedieren. U 35 lag zwei Tage in gefechtsbereitem Zustand in der Bucht, während die Küstenbatterien an Land begannen, die von den Revolutionären besetzten Schiffe unter Feuer zu nehmen. Die Revolte brach am 3. Februar schließlich zusammen, nachdem es den Aufständischen nicht gelungen war, die Unterstützung der in Cattaro garnisonierten Truppen zu gewinnen und drei Schlachtschiffe der k. u. k. Kriegsmarine zur Unterstützung der loyalen Seestreitkräfte aus Pola eingetroffen waren. Vier Rädelsführer wurden standrechtlich erschossen, 36 weitere zu Haftstrafen verurteilt und 800 Mann, deren Loyalität man für fragwürdig hielt, strafversetzt. Arnauld konnte nicht wissen, dass er Zeuge eines Vorfalles geworden war, der sich Monate später in Kiel wiederholen und das Ende des Krieges wie auch der Monarchie besiegeln sollte. 2. Letzte Unternehmung mit U 35262 Doch zunächst ging der U-Bootkrieg mit unverminderter Härte weiter. Am 10. Februar lief v. Arnauld zu seiner letzten Feindfahrt auf U 35 aus. Der künftige Kommandant, Kapitänleutnant Ernst v. Voigt, fuhr auf dieser Unternehmung bereits „zur Information“ mit. Als Operationsgebiet war dem Boot das sizilianische Meer und die Nordafrikanische Küste östlich 6° Ost zugewiesen. Am 12. Februar lag das Boot vor der kalabrischen Küste in Wartestellung und nahm von dort aus Kurs auf die Gewässer östlich Maltas. Dabei wurde bemerkt, dass U 35 eine starke Ölspur hinter sich herzog. Während der Verfolgung eines Dampfers kam es am Folgetag 262 Zum Folgenden siehe das KTB der Unternehmung vom 10.02. bis 13.03.1918, in: BA/MA, RM 97/767; die entsprechenden Aufzeichnungen Loyckes in BA/MA, N 852/88 sowie Ruf, S. 302.

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an Bord zu einem Batteriebrand, der mit Frischwasser gelöscht werden konnte. Schließlich konnte auch die Ursache des Ölverlustes festgestellt werden: Eine Leitung im Tauchtank war gerissen, konnte jedoch in über dreistündiger Arbeit wieder repariert werden. Bei sich zunehmend verschlechterndem Wetter stand das Boot am 17. Februar südlich von Sardinien, ohne dort auch nur einen einzigen gegnerischen Dampfer anzutreffen. Der Kommandant steuerte daraufhin die afrikanische Küste an. Zwei Tage später kam es abermals zu einem Batteriebrand. „So unangenehm und bedenklich die Havarie auch ist“, notierte Arnauld ins Kriegstagebuch, werde er die Unternehmung dennoch weiter fortführen, dabei jedoch lange, die Batterie strapazierende Tauchfahrten vermeiden und nur über Wasser angreifen.263 Nachdem auch vor der Küste Nordafrikas keinerlei Dampferverkehr festgestellt werden konnte, beschloss der Kapitänleutnant das befohlene Operationsgebiet zu verlassen und stattdessen Kurs auf Südfrankreich und die spanische Ostküste zu nehmen, die er vom Golf von Lyon aus nach Süden bis zur Küste Nordafrikas abzufahren gedachte. An der spanischen Küste, im Golf von San Jorge, konnte am 23. Februar mit dem portugiesischen Segler Humberto (274 BRT) der erste Versenkungserfolg der Operation erzielt werden. Erst am 25. Februar, dem 15. Tag der Unternehmung, kamen vor Oran die ersten feindlichen Dampfer in Sicht. Arnauld setzte zur Verfolgung an, musste sein Unterfangen jedoch nach Ausfall beider Ölmaschinen aufgeben. Die Reparatur nahm den ganzen Tag in Anspruch. In der Nacht zum 26. Februar sichtete die Turmwache einen weiteren Geleitzug. Nachdem der erste Torpedoschuss fehlgegangen war, traf in der Morgendämmerung ein zweiter den britischen Dampfer Pytheas (2690 BRT), der binnen kürzester Zeit in den Fluten des Mittelmeeres versank. Während des gesamten 26. Februar verfolgte v. Arnauld den Konvoi und obwohl es gelang, ihn einzuholen, verfehlte auch der nächste Torpedo sein Ziel. Doch der Kapitänleutnant gab nicht auf. Am Morgen des Folgetages steuerte er den Geleitzug von vorne an und feuerte zwei Torpedos auf zwei sich überlappende Dampfer ab. Kurz darauf wurde ein dritter Dampfer attackiert. Arnauld konnte noch feststellen, dass zwei der Torpedos ihr Ziel gefunden hatten, ehe U 35 durch die Bewachungsfahrzeuge unter Wasser gedrückt wurde. Die von den Zerstörern geworfenen Wasserbomben blieben jedoch wirkungslos. Nach dem Krieg stellte sich heraus, dass die Torpedos die beiden britischen Dampfer Kerman und Marconi jedoch lediglich beschädigt hatten. Nach Reparatur weiterer kleinerer Motorschäden kreuzte das Boot bis zum 2. März ergebnislos vor Oran und ging dann auf Ostkurs. Erst vier Tage später, am Morgen des 6. März, kam U 35 wieder zum Zug, als es den japanischen Dampfer Daiten Maru (4555 BRT) aus einem Geleitzug von acht Schiffen herausschoss. Nur einen Tag später gelang mit dem spanischen Dampfer Begona IV (1850 BRT) seit längerem wieder einmal eine Versenkung durch Artilleriefeuer. Nachdem das Schiff gesunken und die Besatzung mit Segelanweisungen entlassen worden war, fischte man eine Kuh aus dem Wasser, die inmitten der Trümmer schwamm. Es dauerte nicht lange und es „gab Rinderbraten nach wochenlangem Dörrfleisch“ – ein selte-

263 KTB-Eintrag vom 19.02.1918, in: BA/MA, RM 97/767.

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ner Glücksmoment während einer vom Pech verfolgten Operation.264 Den letzten Erfolg der Unternehmung bildete der britische Dampfer Silverdale (3835 BRT), der am 9. März 1918 ebenfalls aus einem Konvoi herausgeschossen wurde. Anschließend zwang der beinahe schon akute Ölmangel das Boot zum Rückmarsch. Am 13. März lief es wieder in Cattaro ein. Auf seiner letzten Feindfahrt auf U 35 konnte Arnauld lediglich fünf Gegner mit insgesamt 13.204 BRT versenken. Der Admiralstab rügte in seiner Beurteilung, dass „der Kommandant mit zu großer Unruhe darauf bedacht“ gewesen wäre, „einen vollen Erfolg auf seiner letzten Unternehmung mit U 35 zu erzielen“ und erfolgreicher gewesen wäre, wenn er „in dem befohlenen Operationsgebiet ausdauernder gewesen wäre“. Ansonsten schloss sich der Admiralstab jedoch der Beurteilung der Flottille an, die v. Arnauld angesichts einer „vom Glück wenig begünstigte(n), durch zahlreiche Maschinenhavarien stark beeinträchtigte(n) Unternehmung“ dennoch einen „vollen Erfolg“ bescheinigte, der „allein dem vorbildlichen Schneid und der zähen Energie des Kommandanten sowie seiner vortrefflichen Bootsbesatzung“ zu verdanken sei.265 Am 15. März gab der Chef des Admiralstabs in einer separaten Meldung offiziell bekannt, dass U 35 unter seinem „bewährten Kommandanten“ und „unserem (…) erfolgreichsten U-Boot-Führer“ Arnauld de la Perière „in 2 ¼ jähriger Tätigkeit im Mittelmeer (…) rund eine halbe Million Brutto-Registertonnen versenkt hat“.266 Wilhelm II. persönlich sprach dem Kapitänleutnant „und der gesamten Besatzung seine Anerkennung und seinen Dank für die vorbildlichen Leistungen aus, die die tapfere Besatzung unter der ruhmreichen Führung ihres vorbildlichen Kommandanten erzielt hatte“ – eine für einen Offizier der Kaiserlichen Marine nicht mehr zu übertreffende Ehrung.267 Kurz darauf druckte die Münchner Zeitschrift Jugend, welche der Kunstrichtung des Jugendstils ihren Namen gab, ein von einem unbekannten Künstler gemaltes Portrait Arnaulds auf der Titelseite.268 Ferner erschien sein Bildnis im neuesten Band der offiziellen Sammlung amtlicher Kriegs-Depeschen.269 Welche Anerkennung vor allem letzteres bedeutete, zeigt allein die Tatsache, dass darin neben den Abbildungen von Regenten und kommandierenden Generälen der Mittelmächte nur selten Bildnisse von Offizieren unter Generalsrang zu sehen waren. Diejenigen, die zu sehen waren,

264 Haiungs, S. 68. 265 Siehe die Beurteilungen des Admiralstabs und der Flottille zum KTB der Unternehmung vom 10.02. bis 13.03.1918, in: BA/MA, RM 97/767. 266 Siehe das AKB vom 15.03.1918, in: Depeschen Bd. VII, S. 2656 sowie „18 000 Tonnen versenkt“, in: Vossische Zeitung (MA), S. 1; „Ein erfolgreicher U-Bootkommandant“, in: Freiburger Zeitung (1. MA), S. 1 sowie „Der U-Boot-Krieg“, in: Bonner Zeitung, S. 1 (alle vom 17.03.1918); ferner auch „27 000 Tonnen versenkt“, in: Darmstädter Zeitung vom 16.03.1918, S. 1 sowie einen den Erinnerungen Fechters beiliegenden Zeitungsausschnitt vom 11.04.1918 mit dem Titel „Über 600.000 Tonnen von U 35 versenkt!“. 267 Siehe „Kaiserliche Anerkennung für »U 35«“, in: Vossische Zeitung vom 11.04.1918, S. 2 sowie „Ein U-Bootsheld“, in einem Zeitungsausschnitt, der den Aufzeichnungen Loyckes beiliegt (TE vom 17.03.1918), in: BA/MA, N 852/88. 268 Jugend Nr. 17/1918, Titelseite. Ein Abdruck des Gemäldes findet sich am Anfang des Buches. 269 Siehe Depeschen Bd. VII, nach S. 2720, dazu Abb. 12, Anhang S. 164.

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gehörten wie Weddingen, Hersing, v. Richthofen oder Boelcke zweifelsohne zu den großen „Kriegshelden“ des Reiches.270 Am 17. März 1918 übergab der Kapitänleutnant das Kommando über U 35 an Ernst v. Voigt. „Viele Worte wurden nicht gewechselt“, schrieb Arnauld nach dem Krieg, „aber manchen von uns harten Seeleuten wurde das Auge nass“.271 3. Kommandant von S. M. U 139 „Kapitänleutnant Schwieger“272 Nachdem Lothar v. Arnauld an Auszeichnungen alles erhalten hatte, „was zu vergeben war“, wurde er im Mai 1918 durch persönliches Handschreiben des Kaisers zum Kommandanten des neuen U-Kreuzers U 139 „Kapitänleutnant Schwieger“ ernannt.273 Benannt nach dem 1917 gefallenen U-Bootkommandanten Walther Schwieger, der nicht nur im Mai 1915 die Lusitania versenkt hatte, sondern auch ein persönlicher Freund Arnaulds war, war U 139 das erste Boot seines Typs. Anfang Dezember 1917 vom Stapel gelaufen, sollten die großen U-Kreuzer nicht nur in der Lage sein, gegen kleinere Kriegsschiffe und schwerer bewaffnete Handelsschiffe Kreuzerkrieg zu führen, sondern den U-Bootkrieg direkt vor die amerikanische Küste tragen. Hierfür wiesen die U-Kreuzer einerseits Panzerplatten an vitalen Stellen wie etwa dem Kommandoturm oder dem Druckkörper auf und verfügten darüber hinaus über eine wesentlich schwerere und umfassendere Bewaffnung als die einfachen U-Boote. Dabei waren die Druckkörper selbst aus speziellem Stahl gefertigt und ermöglichten so eine Tauchtiefe von 75 m. Die Artilleriebewaffnung von U 139 bestand aus zwei 15-cm-L/45-Utof Seekanonen mit ca. 1000 Schuss Munition sowie 19 Torpedos, die aus vier 50-cm-Bug- und zwei Heckrohren abgefeuert werden konnten. Der Bootskörper maß 92 x 9,12 m, wies eine Wasserverdrängung von rund 2000 t auf und verfügte über zwei 1650-PS-GW-Zweitaktdiesel, die ihm eine Überwassergeschwindigkeit von bis zu 15,3 kn ermöglichten. Indes brachten zwei 900-PS-AEG-E-Motoren das Boot auf eine Höchstgeschwindigkeit von 7,6 kn in getauchtem Zustand. Die maximale Reichweite betrug 12.000 Seemeilen über und 90 unter Wasser, während die Vorräte für bis zu viermonatige Unternehmungen ausreichten. Die Besatzung von U 139 bestand aus acht Offizieren und 100 Mann, darunter einem rund 20 Mann starken Prisenkommando.274 270 Siehe Depeschen Bd. II, nach S. 672 (Weddingen, dazu oben, S. 27); Bd. III, nach S. 992 (Hersing, dazu oben, S. 26 f.) Bd. V, nach S. 1952 (Boelcke); Bd. VI, nach S. 2240 (v. Richthofen) nach S. 2272 (Graf zu Dohna-Schlodien, dazu auch oben, Fn. 98). 271 Arnauld, U-Boot-Krieg, S. 59. U 35 ging danach nur noch einmal auf Feindfahrt, wurde im Oktober 1918 nach Kiel zurückverlegt, im November an Großbritannien ausgeliefert und 1919/20 in Blyth abgebrochen, vgl. Herzog, U-Boote, S. 150 sowie Möller/Brack, S. 31. 272 Zum Folgenden siehe insbesondere das KTB von U 139 „Kapitänleutnant Schwieger“ (Laufzeit 18.05. bis 14.11.1918) aus den Beständen des DUBM; Arnauld, U-Boot-Krieg, S. 58 ff. und ders., Kampf, S. 327 ff. 273 Auch hier sind die Daten widersprüchlich. Schäffler, S. 95 nennt etwa den März 1918 als Zeitpunkt der Ernennung. Hier wird den persönlichen Angaben Arnaulds in ders., U-Boot-Krieg, S. 58 gefolgt, der den Mai 1918 angibt. 274 Angaben nach Möller/Brack, S. 48 und Rössler, Kreuzer, S. 70 ff.; ferner Anonymus, Schiff,

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Insgesamt handelte es sich bei den neuen U-Kreuzern, dem „»dernier cri« deutscher Ingenieurskunst“, mit ihren zwei Decks und dem geräumigen Inneren mehr um „ein richtiges Kriegsschiff“ denn um ein Tauchboot im klassischen Sinne.275 Am 18. Mai 1918 wurde U 139 schließlich auf der Germaniawerft in Kiel offiziell in Dienst gestellt.276 Die folgenden zwei Monate verbrachte der technisch noch unausgereifte Kreuzer vor allem zu Tauch-, Artillerie- und Torpedoübungen in der Kieler Bucht. Auf der Germania- sowie der Kaiserlichen Werft Kiel wurden letzte Restarbeiten am Boot sowie verschiedenste Messungen durchgeführt, ehe U 139 am 22. Juli 1918 gen Ostsee auslief. In der Danziger Bucht wurden abermals Tauchübungen und verschiedenste Manöver geübt und nach kleineren Reparaturen in der Kaiserlichen Werft Danzig ging es über Saßnitz und Warnemünde, wo der Kreuzer von Kronprinzessin Cecilie, der Ehefrau von Kronprinz Wilhelm von Preußen, besichtigt wurde, zurück nach Kiel.277 Weitere Übungen und Reparaturen dauerten bis in den September 1918 hinein. Die Maschinen sowie „die schiffbauliche Ausführung des Kreuzers ließ(en) sehr zu wünschen übrig, so dass der Kreuzer vom technischen Standpunkte aus als nicht befriedigend bezeichnet werden muss, was bei der sehr leistungsfähigen Besatzung besonders bedauerlich ist“, so die Stellungnahme des Flottillenchefs des U-Kreuzer-Verbandes, Fregattenkapitän v. Koch im Kriegstagebuch von U 139.278 4. Die endgültige Wende im U-Bootkrieg Indes ging der uneingeschränkte U-Bootkrieg auf allen Meeren weiter. Die Alliierten begnügten sich jedoch nicht mit dem immer durchschlagenderen Erfolg des Geleitsystems. Wie der Oberbefehlshaber im Mittelmeer war man auch in der britischen Admiralität der Ansicht, dass nur gezielte Offensivmaßnahmen die UBootgefahr endgültig brechen konnten.279 Jedoch brachten weder eine amphibische Operation gegen die deutschen U-Boot-Basen in Flandern im April 1918 noch die mit großem Aufwand ausgelegten bzw. erweiterten Minensperren im Kanal, zwischen den Orkney-Inseln und Norwegen (Northern Barrage) sowie in der OtrantoStraße den gewünschten Erfolg. Durch letztere gingen bis Kriegsende nahezu keinerlei deutsche Boote verloren.280 Auch die von den USA in den Atlantik und ins Mittelmeer entsandten U-Jagd-Gruppen waren zunächst wenig erfolgreich.281

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S. 220 f.; Compton-Hall, S. 284 f. sowie Arnauld, U-Boot-Krieg, S. 58 f. Siehe dazu auch die Rissdarstellung im Anhang, S. 176 (Darstellung 2). Arnauld, Kampf, S. 328. Siehe dazu Abb. 13 (Anhang, S. 165). Zum Folgenden siehe die KTB-Einträge vom 18.05. bis 10.09.1918, in: DUBM, U 139. Dies ergibt sich aus einer Fotografie aus dem Privatarchiv Dufeil, auf welcher die Kronprinzessin an Bord von U 139 in Warnemünde zu sehen ist, siehe Abb. 14, Anhang S. 165. „Stellungnahme des Verbandskommandos“ nach dem KTB-Eintrag vom 10.09.1918, in: DUBM, U 139. Siehe dazu auch Marinearchiv, Handelskrieg Bd. V, S. 232, 261. Tarrant, S. 61; Mirow, S. 146. Halpern, History, S. 405 ff., 438 ff.; Tarrant, S. 61 ff.; Schröder, S. 387 ff. sowie Mirow, S. 147 f. Halpern, History, S. 398 f.

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Kriegsentscheidend war vielmehr die zunehmende Intensivierung und Perfektionierung des Konvoi-Systems. Zwischen Januar und April 1918 sank der Durchschnitt der von deutschen U-Booten monatlich versenkten (britischen) Tonnage auf 204.392 BRT. Angesichts der alliierten Neubauten in Höhe von 320.000 BRT im gleichen Zeitraum verringerte sich diese Zahl effektiv auf 124.392 BRT vernichteten Schiffsraums, was weniger als einem Viertel der Forderung des Admiralstabs entsprach.282 Den endgültigen Todesstoß für die deutschen Siegeshoffnungen zur See stellte jedoch die Einrichtung der Küsten-Geleitzüge ab Juni 1918 dar, deren Sicherung durch 564 Flugzeuge des Royal Naval Air Service unterstützt wurde. Dies zwang die deutschen U-Boote, ihre Unternehmungen von den Küstengewässern wieder in die Westansteuerung und damit außerhalb des Wirkungsbereichs der gegnerischen Luftaufklärung zu verlegen, was nicht nur längere Anmarschwege, sondern auch eine erhebliche Erschwernis beim Auffinden geeigneter Ziele bedeutete.283 Letzteres wurde v. a. durch die Erfolge der britischen Funkaufklärung zusätzlich behindert, welche die Positionen der U-Boote an die Konvois übermittelte.284 Der mit der Entwicklung immer stärkerer Wasserbomben und Horchgeräten einhergehende Anstieg an U-Bootsverlusten verhinderte zudem eine numerische Zunahme der Frontboote, so dass der Rückgang ihrer Wirksamkeit auch nicht durch ein entsprechendes Mehr an Booten ausgeglichen werden konnte.285 Zwischen April und Oktober 1918 überstieg die neuregistrierte Tonnage auf alliierter Seite die durch U-Boote verursachten Verluste um 202.933 BRT, während auf deutscher Seite 45 U-Boote verloren gingen. Im Ergebnis hatte die deutsche Marineleitung schlichtweg zu wenig Boote, um zugleich gegen die britische Versorgungsschifffahrt und die Truppentransporte zu operieren, die verstärkt ab März 1918 von den USA aus nach Frankreich abgingen. Bis Kriegsende landeten ca. zwei Millionen amerikanischer Soldaten auf dem Festland, wobei lediglich ein einziges beladenes Transportschiff mit 56 GIs verlorenging.286 Damit war eingetreten, was nach den Voraussagen des deutschen Admiralstabes niemals hätte eintreten dürfen: Eine massive Verstärkung des Heeres der Entente durch US-amerikanische Truppenverbände, die in ihrer Gesamtzahl noch weit über das von der OHL befürchtete Maß hinausging.287

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Vgl. Tarrant, S. 68 sowie Marinearchiv, Handelskrieg Bd. V, S. 360 f. Tarrant, S. 69; Potter, S. 440 sowie Schröder, S. 389 f. Halpern, History, S. 361, siehe dazu Beesly, passim. Tarrant, S. 68; Mirow, S. 147; Schröder, S. 386 sowie Stevenson, S. 535. Tarrant, S. 70; Potter, S. 442. Ludendorff, S. 430; Lutz, S. 60 ff.

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5. Arnaulds letzte Feindfahrt288 Der einzige Versuch, den man auf deutscher Seite machte, um den amerikanischen Transporten Einhalt zu gebieten, war die Entsendung der ersten einsatzfähigen UKreuzer vor die amerikanische Ostküste zwischen April und Oktober 1918. Sie operierten im Seegebiet zwischen Kap Hatteras (North Carolina) und Neufundland, wo sie sowohl Jagd auf Einzelfahrer machten als auch die Gewässer vor den Versammlungshäfen der transatlantischen Konvois verminten.289 Auch der Kapitänleutnant Schwieger, die am 11. September 1918 zu ihrer ersten und einzigen Feindfahrt auslief war befohlen, Handelskrieg an der amerikanischen Küste nördlich von Kap Hatteras zu führen, wobei auf dem Rückmarsch bei günstigen Wetterbedingungen ein Operieren vor Halifax empfohlen wurde. Nach stürmischer Anfahrt von Kiel passierte U 139 die Northern Barrage und geriet westlich der Hebriden in einen schweren Sturm, in dessen Folge der Kreuzer zu kentern drohte. Um das Boot zu stabilisieren ließ Arnauld die Tauchtanks ausblasen, welche mit zusätzlichem Treibstoff gefüllt waren und als Reservetanks dienten. Zwar konnte so eine Havarie verhindert werden, jedoch machte der Brennstoffverlust eine zwei- bis dreiwöchige Operation vor der amerikanischen Küste nunmehr unmöglich, so dass der Kommandant mit funktelegraphischem Einverständnis des Admiralstabs beschloss, das Operationsgebiet in die Gewässer zwischen den Azoren und den kanarischen Inseln zu verlagern. Am 1. Oktober stand U 139 nahe Kap Finisterre vor der Nordküste Spaniens. Gegen zehn Uhr vormittags wurde ein großer Konvoi gesichtet. Es handelte sich um einen Geleitzug von zehn Dampfern, die von zwei Hilfskreuzern sowie einem „ganzen Schwarm von seitlich fahrenden kleineren Wachtschiffen“ begleitet wurden.290 Nachdem ein abgefeuerter Torpedo sein Ziel verfehlt hatte, tauchte Arnauld mitten im Konvoi auf und eröffnete aus beiden 15-cm-Seekanonen aus nächster Nähe das Feuer auf die überraschten Handelsschiffe. Es dauerte nicht lange, bis sowohl die Dampfer als auch die Begleitschiffe den Beschuss erwiderten. Doch während die Granaten der bewaffneten Transporter weit ab vom Ziel lagen, kamen die Geschosse eines Hilfskreuzers bedrohlich nahe, so dass der Kommandant gezwungen war, ein Schnelltauchmanöver einzuleiten. U 139 verschwand gerade noch rechtzeitig in den Fluten des Atlantiks, um einer neben dem Turm einschla288 Zum Folgenden siehe den dem KTB von U 139 beiliegenden Operationsbefehl sowie einen Kurzbericht v. Arnaulds über den Verlauf der Unternehmung und die Angaben in Rössler, Kreuzer, S. 124 ff., die dem Autor zufolge weitgehend auf den Angaben des Leitenden Ingenieurs Fechter basieren. Das eigentliche Kriegstagebuch sowie sämtliche weitere Unterlagen wurden vom Verbandskommando in Saßnitz vernichtet, nachdem behauptet worden war, dass die britische Marine beabsichtige den Hafen zu besetzen, vgl. geheime Notiz vom 16.11.1918, in: DUBM, U 139. Siehe ferner eine Korrespondenz zwischen Vizeadmiral v. Mantey (MarineArchiv Berlin) und Peter Ernst Eiffe aus Hamburg zwischen dem 06. und 16.12.1927, ebenfalls in DUBM, U 139. Weiterhin Arnauld, Kampf, S. 329 ff.; ders., U-Boot-Krieg, S. 59 ff. sowie Eichberger, S. 272 ff. und die Wegekarte der Operation im Anhang, S. 155 (Karte 5). 289 Siehe dazu ausführlich Rössler, Kreuzer, S. 77 ff.; Halpern, History, S. 428 ff. sowie Marinearchiv, Handelskrieg Bd. V, S. 232 ff. 290 Arnauld, Kampf, S. 329.

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gende Salve zu entkommen. Kurz darauf folgten Wasserbomben, doch der Kreuzer war bereits zu tief als dass diese einen ernsthaften Schaden hätten anrichten können. Der Kapitänleutnant setzte den Angriff fort. Dabei hatte er das Glück, dass die Hilfskreuzer wesentlich langsamer als U 139 waren, so dass er diese überholen und sich außerhalb ihrer Reichweite in Schussposition bringen konnte. Die Granaten der weitreichenden 15-cm-Geschütze trafen den britischen Dampfer Bylands (3309 BRT) sowie den Italiener Manin (2614 BRT), ehe das Feuer eines Hilfskreuzers Arnauld abermals zum Tauchen zwang. Bis in die Abendstunden blieb U 139 getaucht und der Kommandant beobachtete die Szenerie an der Oberfläche durch das Periskop: Während der erste Dampfer sank, schien die Manin nur beschädigt worden zu sein, da ein anderes Schiff des Konvois damit beschäftigt war, sie in Schlepptau zu nehmen. Nach mehreren Anläufen stand U 139 in geeigneter Schussposition und feuerte aus kürzester Entfernung einen Torpedo in Richtung der Silhouette des havarierten Schiffes. Nach kurzer Zeit verriet ein Krachen, dass das Geschoss sein Ziel getroffen hatte. Nur eine Minute später erhielt der U-Kreuzer einen schweren Stoß, die Lichter verloschen und Wasser stürzte in den Turm. Der getroffene Dampfer sank – wohl aufgrund der bereits durch den Artilleriebeschuss erlittenen Beschädigungen – derart schnell, dass er noch im Versinken mit dem naheliegenden U-Kreuzer kollidierte, dessen Turmluk aufriss und ihn mit sich in die Tiefe zog. Zwar konnte das Luk gegen das hereinschießende Wasser wieder geschlossen werden, doch drang durch aufgesprungene Nieten weiterhin Wasser in die Zentrale des Bootes. Nur durch das Ausblasen sämtlicher Presslufttanks und voller Rückwärtsfahrt gelang es Arnauld, U 139 von dem Dampferwrack zu lösen. Durch die Pumpen konnte der Wassereinbruch reguliert werden, bis man außer Sicht der Begleitfahrzeuge des Konvois war.291 Die Kapitänleutnant Schwieger hatte jedoch empfindliche Schäden davongetragen: Die drei Periskope waren abgebogen, die Aufbauten zerstört und das Oberdeck beschädigt. Nur aufgrund des Umstandes, dass am 2. Oktober ein portugiesischer Segler aufgebracht wurde, der Zement geladen hatte, mit dem man das Boot wieder notdürftig wasserdicht machen konnte, ermöglichte es, dass U 139 tauchfähig blieb.292 Trotz der Beschädigungen entschied sich v. Arnauld die Unternehmung fortzusetzen.293 Funktelegraphisch erhielt der Kreuzer Nachrichten über die „trost291 Arnauld, Draufgänger, S. 333 behauptet hingegen, es seien „klaffende Risse“ in der Turmdecke aufgetreten. Die Berichte Fechters (abgedruckt in: Rössler, Kreuzer, S. 127) sowie Eichberger, S. 273. widerlegen dies ebenso wie die kommenden Ereignisse, zumal man „klaffende Risse“ kaum mit Zement hätte kitten können (s. u.). An dieser Stelle sind Arnaulds Schilderungen, die sonst stets im Einklang mit dem KTB sowie übrigen Berichten standen, erstmalig übertrieben. 292 Der Bericht Fechters in Rössler, Kreuzer, S. 128 besagt hingegen, der Zement sei erst von der Augusto de Castillo (s. u.) erbeutet worden. Dagegen spricht neben den Berichten Arnaulds (ders., Draufgänger, S. 335 und Kampf, S. 92) auch der Umstand, dass es wahrscheinlicher war, dass ein Handelsschiff Zement mit sich führte als ein Kanonenboot. Auch in Bock/Walter (s. u.) wird diesbzgl. nichts erwähnt. 293 Auch hier sind die Berichte widersprüchlich: Arnauld, Draufgänger, S. 335 gibt an, dass er sich trotz der Beschädigungen entschloss, „die Reise fortzusetzen“, während Fechter in Rössler, Kreuzer, S. 128 behauptet, Arnauld hätte den Rückmarsch antreten lassen. Fechters Angaben können allein aufgrund des Umstandes nicht stimmen, dass sich der Vorfall mit dem sinkenden

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lose“ Lage an den Fronten. „Aber gerade weil es denen zu Hause schlecht ging“, so schrieb Arnauld nach dem Kriege, „mussten wir durchhalten“.294 Am 14. Oktober, knapp einen Monat vor Kriegsende, sollte Lothar v. Arnauld mit U 139 sein letztes Gefecht führen.295 In den frühen Morgenstunden wurde der große Dampfer San Miguel in Begleitung des portugiesischen Kanonenbootes Augusto de Castillo (485 BRT) gesichtet. Umgehend eröffnete der deutsche U-Kreuzer das Feuer auf den Dampfer, während das Geleitboot das Feuer erwiderte. Als die deutschen Granaten in dichter Folge beim Dampfer einschlugen, nahm das Kanonenboot direkten Kurs auf U 139, um so das Feuer der weit überlegenen deutschen Geschütze auf sich zu lenken und seinem Schützling das Entkommen zu ermöglichen. Erst nach zwei Stunden ließ der Kommandant der Augusto de Castillo die Flagge seines Schiffes als Zeichen der Aufgabe auf Halbmast setzen. Noch ehe dies auf deutscher Seite erkannt wurde, traf eine weitere Salve das portugiesische Kanonenboot und tötete dessen Kommandanten. Vierzehn Mann der vierzigköpfigen Besatzung waren gefallen und die meisten übrigen verwundet, als sie sich schließlich ergaben. Arnauld ließ sie gefangen nehmen, versorgen und an Bord von U 139 bringen. Portugiesischen Berichten zufolge sollen zuvor die toten Seeleute und ihr Kommandant, den man mit der portugiesischen Flagge bedeckt hatte, zusammen mit ihrem Boot versenkt worden sein.296 Nach dem Krieg schrieb Arnauld, er habe „niemals ein mutigeres Drauflosgehen gesehen“ als das des von vornherein hoffnungslos unterlegenen Kanonenbootes.297 Die Portugiesen unterstrichen ihrerseits das korrekte Verhalten der Deutschen, welche die Gefangenen Tage später einem neutralen Dampfer übergaben. Nach ihrer Heimkehr nach Portugal wurden die Überlebenden mit einer Parade geehrt, was seinen Grund wohl darin hatte, dass die portugiesische Marine sich zwar bereits seit März 1916 im Krieg befand, bis dahin jedoch kaum Erfolge vorweisen konnte.298 Arnauld schreibt weiter, er habe nach dem Kriege einen Offizier der Augusto de Castillo getroffen, und von diesem erfahren, dass sich an Bord des entkommenen Dampfers eine Anzahl amerikanischer Generäle befunden hätte, die – angeblich

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Dampfer vor Kap Finisterre an der Nordwestküste Spaniens ereignete, während Arnaulds letztes Gefecht (s. u.) bei den wesentlich weiter westlich gelegenen Azoren stattfand, was im Hinblick auf den angeblich angetretenen Rückmarsch keinen Sinn ergeben hätte. Arnauld, Draufgänger, S. 335; ders., U-Boot-Krieg, S. 64 f. Zum Folgenden siehe insbesondere Alfred Bock/ Rolf Walter: „Von Arnauld’s letztes Gefecht“, ein unveröffentlichter, dreiseitiger Artikel aus den Beständen des DUBM, in dem besagte Autoren das letzte Gefecht von U 139 auf Grundlage von Berichten der Verwandten des Kommandanten der Augusto de Castillo sowie einem zeitgenössischen portugiesischen Zeitungsartikel rekonstruieren. Ferner auch Arnauld, Draufgänger, S. 335 f. und ders., U-Boot-Krieg, S. 65. DUBM, Bock/Walter, S. 3. Zur Waffenwirkung der Geschütze von U 139 an Bord der Augusto de Castillo siehe Abb. 15, Anhang S. 166. Arnauld, Draufgänger, S. 335. Dies geht laut DUBM, Bock/Walter, S. 2 f. aus einer nicht näher spezifizierten portugiesischen Fernsehdokumentation hervor, in der die Parade nebst einem Interview mit einem Zeugen des Gefechts zu sehen ist. Darin werden auch Szenen aus einem Film gezeigt, der angeblich von Kapitänleutnant Pistor, dem Artillerieoffizier von U 139, während des Gefechts gedreht wurde. In DUBM, Bock/Walter, S. 3 finden sich auch Bilder der beteiligten Schiffe sowie Arnaulds und des portugiesischen Kommandanten, José Botelho de Carvalho Araujo.

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aufgrund des kurz bevorstehenden alliierten Sieges – auf dem Weg zurück in die Vereinigten Staaten gewesen seien.299 Dies ist jedoch nicht mehr verifizierbar. 6. Das Ende Nachdem durch den Sieg über das zaristische Russland im Februar 1918 beträchtliche deutsche Truppenverbände von der Ost- für die Westfront freigeworden waren, hatte man seitens der OHL den Entschluss gefasst, Deutschlands „letzte Karte“ auszuspielen.300 Mit dem Unternehmen „Michael“, einer Großoffensive gigantischen Ausmaßes, sollte Ende März 1918 der endgültige deutsche Sieg erzwungen werden. Doch der entscheidende Durchbruch scheiterte und die Operation verbrauchte die letzten deutschen Reserven an Menschen und Material.301 Dafür setzte im Juli 1918 eine Welle alliierter Gegenoffensiven ein, denen die physisch wie psychisch überforderten deutschen Truppen nicht mehr standzuhalten vermochten. Eine maßgebliche Rolle spielte hierbei die zahlenmäßige Überlegenheit der Alliierten, bedingt durch das millionenstarke amerikanische Expeditionskorps, welches allein durch seine Zahl die OHL wie auch die deutschen Soldaten davon überzeugte, dass der Krieg für sie nicht mehr zu gewinnen war.302 Ende September erkannte die OHL, dass jede weitere alliierte Angriffsoperation größeren Ausmaßes den augenblicklichen Zusammenbruch der deutschen Front bedeuten könnte und forderte die sofortige Aufnahme von Friedensverhandlungen. Diese Notwendigkeit wurde durch das Ausscheiden sämtlicher Verbündeter Deutschlands aus dem Krieg umso dringender, sollte das totale Chaos vermieden werden.303 In der Folge wandte sich die Reichsregierung mit dem Ersuchen nach Abschluss eines sofortigen Waffenstillstandes am 5. Oktober an Präsident Wilson. Dieser war lediglich dann zu Konzessionen bereit, wenn die „illegalen und inhumanen Praktiken“ des Versenkens von Passagierschiffen ein Ende hätten (noch am 10. Oktober hatte das deutsche UB 123 den britischen Passagierdampfer Leinster versenkt, wobei 450 Menschen ums Leben kamen).304 Infolgedessen erging am 21. Oktober, U 139 stand zu diesem Zeitpunkt bei den Azoren, folgender allgemeiner Funkbefehl des Admiralstabs: „Sofort Rückmarsch antreten. Wegen im Gange befindlicher Verhandlungen jegliche Art von Handelskrieg verboten. Auf der Rückfahrt befindliche U-Boote feindliche Kriegsschiffe nur bei Tage angreifen.“305

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Arnauld, Draufgänger, S. 336. Herwig, War, S. 392. Zu Planung und Verlauf der Unternehmung siehe u. a. Stevenson, S. 476 ff. Vgl. Ludendorff, S. 154, 512; dazu Stevenson, S. 523. Es sei dem Leser an dieser Stelle abermals ins Gedächtnis gerufen, dass das amerikanische Expeditionsheer einzig aufgrund des uneingeschränkten U-Boot-Krieges auf europäischem Boden stand. 303 Stevenson, S. 553; Mommsen, S. 147. 304 Vgl. Marinearchiv, Handelskrieg Bd. V, S. 341 sowie Stevenson, S. 559 und Schröder, S. 395 f. 305 Zitiert nach: Marinearchiv, Handelskrieg Bd. V, S. 338; vgl. dazu auch Marinearchiv, Nordsee Bd. VII, S. 335 ff.

Das Kriegsjahr 1918

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Nachdem er mit der Kapitänleutnant Schwieger drei Dampfer und zwei Segler mit insgesamt 7036 BRT versenkt hatte, ging Arnauld ein letztes Mal auf Heimatkurs. Am 26. Oktober meldete der Kreuzer funktelegraphisch Position in der Höhe der Südküste Irlands. In der Zwischenzeit kam es an der Heimatfront zu dramatischen Entwicklungen. Ausgangspunkt war der Plan der Admiralität, die deutsche Hochseeflotte zu einem letzten Verzweiflungsschlag gegen Großbritannien in Marsch zu setzen: Es sei für deutsche Matrosen und Seeoffiziere besser, „in unsterblichem Ruhm auf dem Meeresgrund“ zu liegen als die Schmach der Niederlage und Internierung ertragen zu müssen.306 Die Matrosen dachten jedoch nicht daran, sich im letzten Augenblick nur um der Ehre wegen sinnlos opfern zu lassen und meuterten. Bereits am 7. November waren u. a. Kiel, Wilhelmshaven, Hamburg und Bremen in der Hand der Aufständischen. In der kriegsmüden Bevölkerung stießen sie auf wenig Widerstand, was nicht zuletzt auch auf den Unmut über die schlechte Versorgungslage infolge der alliierten Blockade zurückzuführen war.307 Besonders hervorzuheben ist jedoch, dass die Besatzungen der U-Boote sich ohne Ausnahme der Revolte verweigerten und loyal blieben.308 Dies ist in erster Linie auf den Umstand zurückzuführen, dass es sich bei U-Bootsbesatzungen um kleine, aufeinander eingeschworene Schicksalsgemeinschaften handelte, die einander seit Jahren kannten und verbunden waren. Die Lebensbedingungen auf Schlachtschiffen glichen hingegen eher jenen in großen Fabriken: Die Männer verrichteten schwere, immer wiederkehrende Arbeiten, die Verpflegung war schlecht und eintönig, sie lebten getrennt von ihren Offizieren, die besseres Essen erhielten und sich weder um ihre Leute kümmerten noch persönlichen Kontakt mit ihnen unterhielten.309 Am 11. November, dem Tag des Waffenstillstandes, erhielt U 139 den Funkspruch: „FT-Station mit Offizieren besetzen“, danach „Schiffe mit roter Flagge abschießen“, unterzeichnet vom Befehlshaber der U-Boote, Kommodore Michelsen, und schließlich: „Arbeiterund Soldatenrat in Kiel!“310

Daraufhin steuerte Arnauld den Ostseehafen Saßnitz auf Rügen an. Doch auch hier herrschte allgemeine Verwirrung, die in Gerüchten gipfelte, die britische Marine wolle den Hafen besetzen.311 Daraufhin verlegte U 139 befehlsgemäß nach Kiel. Als es am 14. November dort einlief, wehte dort bereits seit zehn Tagen „die rote Flagge der Revolution“, welche sich in der Zwischenzeit in ganz Deutschland ausgebreitet hatte.312 Die Monarchie war beseitigt und durch einen „Rat der Volksbeauftragten“ ersetzt worden, während überall im Reich Arbeiter- und Soldatenräte die Kontrolle übernommen hatten.313 306 Vgl. Deist, Politik, S. 537 ff.; Ausführlich Stevenson, S. 581 f.; Tarrant, S. 72 f. sowie Herwig, Elite, S. 188 ff. 307 Zum Gang der Revolution siehe Kluge, S. 35 ff. und S. 63 ff. sowie Stevenson, S. 581 ff. 308 Noske, S. 45; ähnlich auch Tarrant, S. 73 und Müller, S. 81 f. 309 Vgl. Stevenson, S. 581 f. 310 So der Wortlaut von Fechters Bericht, zitiert nach: Rössler, Kreuzer, S. 129. 311 Vgl. oben, Fn. 288. 312 Arnauld, Draufgänger, S. 336. 313 Mommsen, S. 149; zum genauen Vorgang: Winkler, S. 27 ff. und Kluge, S. 82 ff.

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Gemäß Art. XXII der „Bestimmungen hinsichtlich der Seemacht“ des Waffenstillstandsvertrages von Compiègne waren die deutschen U-Boote „mit ihrer vollständigen Bewaffnung und Ausrüstung in den von den Alliierten (…) bezeichneten Häfen auszuliefern“. Für U-Boote war dies Harwich an der englischen Südostküste.314 Wie viele andere Kommandanten empfand auch v. Arnauld die Auslieferung seines Bootes als Schmach und übertrug die Erledigung dieser ehrenrührigen Formalität einem seiner Offiziere. Im revolutionären Kiel selbst hatte sich die Lage dank der Harmonisierungspolitik des Gouverneurs Gustav Noske (dem späteren Reichswehrminister) inzwischen beruhigt. Man hatte erkannt, dass „ein heilloses Durcheinander entstehen müsse, wenn die eingearbeiteten und sachkundigen Leute von den Geschäften weggingen“ und begann, die militärischen Kommandostrukturen wiederherzustellen.315 Noch eine Woche zuvor waren drei Marineoffiziere, darunter der Stadtkommandant von Kiel, von meuternden Matrosen getötet worden.316 Obwohl dies die einzigen Fälle ihrer Art blieben, fürchteten wohl gerade die heimkehrenden, mit der Situation noch unvertrauten Offiziere Repressalien durch die zahlenmäßig überlegenen Revolutionäre.317 Entsprechend zog sich v. Arnauld zivile Kleidung an, ehe er zum letzten Mal von Bord seines Bootes ging.318

314 Die Waffenstillstandsbedingungen finden sich in ihrer endgültigen Form in Kommission, Bd. I, S. 23 ff. Zur Auslieferung der U-Boote siehe auch Rössler, Kreuzer, S. 180. 315 Noske, S. 18. Siehe dazu Wette, S. 245 f. 316 Horn, S. 245. Die anderen beiden Offiziere, Bruno Heinemann und Wolfgang Zenker, wurden getötet, als sie versuchten, das Niederholen der Kriegsflagge und das Aufziehen der roten Fahne an Bord des Linienschiffes König zu verhindern. Nach ihnen wurden später die Zerstörer Z 8 und Z 9 der Kriegsmarine benannt, vgl. Lohmann, S. 88. 317 Herwig, Elite, S. 199; Wette, S. 244. 318 Gray, Warriors, S. 93. Gray gibt in diesem Zusammenhang an, Arnauld hätte bei Kriegsende den Rang eines Fregattenkapitäns innegehabt. Da dies den Rang des Korvettenkapitäns übersprungen hätte und Arnauld überdies erst am 01.04.1922 zum Korvetten- und am 01.11.1928 zum Fregattenkapitän aufstieg (vgl. BA/MA, Pers 6/226, Bl. 2), ist diese Behauptung unzutreffend und wahrscheinlich auf eine falsche Datumsangabe oder unzureichende Kenntnisse bzgl. des deutschen Ranggefüges zurückzuführen.

5 ZWISCHEN KONTERREVOLUTION UND REPUBLIK Das Leben Lothar v. Arnaulds nach Kriegsende ist leider ähnlich spärlich dokumentiert wie sein Werdegang bis Kriegsbeginn und wird im folgenden Abschnitt anhand der diesbezüglich vorhandenen Archivbestände und Sekundärquellen nachgezeichnet. IN DER MARINEBRIGADE LOEWENFELD Nachdem sie den Umsturz größtenteils mit Ohnmacht verfolgen musste, erlangte die Mehrheit der Marineoffiziere bereits in den ersten Monaten nach der Revolution wieder Zugang zu ihren alten Machtbefugnissen. Zusammen mit der Masse des Offizierskorps der ehemaligen Kaiserlichen Marine wurde Lothar v. Arnauld dem Kommando des „Befehlshabers der Sicherung der Ostsee“ unterstellt, wo er mit dem Befehl über die in Kiel liegende III. Minensuchhalbflottille betraut wurde.1 Was er in dieser Funktion in der ersten Zeit nach dem Waffenstillstand unternahm, ist nicht genau zu ermitteln. Es liegt jedoch nahe, dass es ihm, dem Seeoffizier aristokratischer Herkunft und Ritter des Ordens Pour le mérite, ähnlich ging wie dem ehemaligen Kommandant von UB 116, der sich in einer vergleichbaren Situation befand. Martin Niemöller kam sich „gleich in den ersten Kieler Tagen“ angesichts der angespannten, „völlig verpesteten Atmosphäre“, in der er erschüttert mit ansehen musste, wie „selbst ältere aktive Offiziere mit einemmal (sic) verbrannten, was sie gestern noch angebetet hatten“, in seinem „eigenen Vaterland wie ein Fremder vor“. Und ähnlich wie Niemöller suchte wohl auch v. Arnauld einen „Kristallisationspunkt, wo sich national denkende Männer fanden“ um in dem von ihnen so empfundenen „Unglück zusammenzustehen und Hand anzulegen“, in der „leise(n) Hoffnung, dass sehr bald vielleicht ein zweiter Umsturz die Schande des 9. November wieder abwaschen würde“.2 1. Neuorientierung Ein solcher Ort war das Restaurant „Hindenburg“ in Kiel, wo „Mittag für Mittag eine größere Anzahl von Seeoffizieren zusammenkam“.3 In diesem Umfeld lernte Arnauld den Korvettenkapitän Wilfried v. Loewenfeld kennen, der im Krieg zuletzt als Erster Generalstabsoffizier der Seekriegsleitung gedient hatte und seit dem 1 2 3

Wette, S. 246 f.; Güth, S. 18 f.; Hildebrand/Henriot, S. 25. Niemöller, S. 142 und S. 139. Niemöller, S. 146; dazu auch Kameradschaft, S. 4 f.

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5 Zwischen Konterrevolution und Republik

17. November 1918 zur Ostseestation Kiel kommandiert war.4 In dieser Funktion stand er seitdem mit einer Anzahl von gleichgesinnten Offizieren, Deckoffizieren, Unteroffizieren und Mannschaften aus Marine und Heer in Kontakt und war zugleich treibende Kraft in der „Seeoffizier-Vereinigung Ostsee“ (SOVO).5 Dabei handelte es sich um einen vom Kieler Stationskommando unterstützten, konspirativen Kreis von Seeoffizieren, dessen Hauptantrieb die Wiederherstellung der alten Ordnung in der Marine und der Schutz der Offiziere vor der Willkür der Revolutionäre war.6 Der SOVO gehörten bald nahezu „alle Seeoffiziere des Standortes“ an, darunter zahlreiche frühere U-Bootkommandanten, so auch Lothar v. Arnauld.7 Darüber hinaus stand Loewenfeld nicht nur in Verbindung zu Gouverneur Noske, sondern unterhielt auch Kontakte zu anderen reaktionären Kräften, insbesondere der Garde-Kavallerie-Schützendivision (GKSD) in Berlin.8 Als der Kieler Soldatenrat forderte, eine „revolutionstreue Sicherheitstruppe“ aufzustellen, setzte der Gouverneur, welchem es zunächst darum ging, „wieder Disziplin herzustellen und mäßigend auf die verfeindeten Gruppen einzuwirken“, diesem Ansinnen die Bildung eines eigenen mobilen Verbandes aus ehemaligen Berufssoldaten entgegen und legte damit den Grundstein für die erste von drei Marinebrigaden.9 Spätestens die Weihnachtskämpfe zwischen Regierungstruppen und der revolutionären Volksmarinedivision in Berlin zeigten, dass die Regierung der Volksbeauftragten einer Streit- und Ordnungsmacht bedurfte, die nicht so zersplittert war wie der Großteil der sogenannten Arbeiterwehren und -milizen, die oftmals willkürlich eigene politische Ziele verfolgten.10 Noske, der wenig später als Volksbeauftragter für Heer und Marine selbst in die Regierung eintrat, war entschlossen, den bürgerkriegsartigen Zuständen ein Ende zu bereiten, selbst wenn dies vorübergehend mit weiterem Blutvergießen verbunden sein sollte.11 Waren Freikorpsverbände bisher nur zum Schutz der Ostgrenzen und des Ruhrgebietes sowie zur Sicherung des Rückzuges des Ostheeres aufgestellt worden, forcierte er nunmehr die Mobilisierung neuer paramilitärischer Verbände zum Einsatz gegen linksradikale Unruhen im Inneren. In der Folge entstand aus der Kieler Haustruppe Noskes die I. Marinebrigade, welche auch als „Eiserne (Marine-) Brigade“ bekannt wurde, sowie eine Reihe weiterer Freikorps, die im Volksmund mitunter schlicht „Noskegarden“ genannt wurden.12 In Berlin, das in diesen Tagen einem „brodelnden Hexenkessel“ glich, in dem „Ge4 5 6 7 8 9 10 11 12

Vgl. Müller, S. 83; Höhne, S. 62; Niemöller, S. 149 berichtet von einem Gespräch zwischen Loewenfeld, Arnauld und ihm selbst. Vgl. Niemöller, S. 146 sowie Kameradschaft, S. 4 f. und Loewenfeld, in: BA/MA, RM 122/116, Bl. 107 ff. Vgl. Höhne, S. 61 f. sowie Müller, S. 83. Loewenfeld, in: BA/MA, RM 122/116, Bl. 110. Loewenfeld, in: BA/MA, RM 122/116, Bl. 115 ff. sowie Wette, S. 252. Müller, S. 82; Wette, S. 246 sowie Noske, S. 52. Vgl. Koch, S. 40 ff.; dazu Winkler, S. 53 f. sowie Güth, S. 20 f.; zu den Weihnachtskämpfen v. a. Kluge, S. 262 ff. Noske, S. 63; dazu Wette, S. 281 ff. und Winkler, S. 58. Vgl. eine Broschüre Ernst Heilmanns aus dem Jahr 1919 mit dem Titel „Die Noskegarde“ (Berlin, o. J. [1919]). Dazu Koch, S. 48 f; Wette, S. 235 ff., 291; Dülffer, Marine, S. 347 f.; allgemein zu den Freikorps: Schulze, S. 24 ff.

In der Marinebrigade Loewenfeld

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walten und Ideen durcheinanderquirlten“13, eskalierte die Lage zwischen Regierung und Revolutionären abermals. Anfang Januar kam es zum sogenannten „Spartakusaufstand“, der von in und um Berlin liegenden sowie eilig zusammengezogenen Freikorpsverbänden blutig niedergeschlagen wurde.14 Nach Beendigung des Aufstandes wurden im Laufe des Januar 28 weitere Freikorps aufgestellt und auch Loewenfeld, als dessen Verbindungsmann nach Berlin Wilhelm Canaris fungierte, erhielt am 3. Februar die von Noske unterzeichnete Vollmacht zur Aufstellung eines Freikorps. Zur Keimzelle des Verbandes wurden dabei die Seeoffiziere der SOVO, darunter auch Lothar v. Arnauld.15 Loewenfeld machte keinen Hehl aus der antirepublikanischen Gesinnung seiner Truppe, die den Ehrgeiz hatte, eine „Truppe von 1914“ zu sein: „Die Marine war Keimzelle (…) der Novemberrevolution. Diese Schmach wieder gut zu machen, strengten sich (in der III. Marinebrigade) noch mehr als anderswo national denkende Angehörige der alten kaiserlichen Marine aller Dienstgrade an“.16 2. Sturmbataillon Arnauld de la Perière 17 Mit der Unterstützung der Marinestation Ostsee begann am 18. Februar die Aufstellung der Brigade Loewenfeld. Bis zum 10. April umfasste sie 1600 Mann, die im Laufe der Zeit auf 2500, anderen Angaben zufolge sogar auf 4000 Mann anwuchsen. Es handelte sich dabei größtenteils um ehemaliges U-Bootpersonal, welches in dem Ruf stand, der Revolution indifferent bis ablehnend gegenüberzustehen.18 Dazu kamen ehemalige Angehörige des Kleinen Kreuzers Breslau, auf dem Loewenfeld vor dem Krieg als Erster Offizier gedient hatte, zahlreiche See-, Armeeund Ingenieuroffiziere, Deck- und Unteroffiziere sowie Heeresmannschaften und ungediente Freiwillige.19 Die Mannschaften gliederten sich in zwei Regimenter zu je zwei Bataillonen, die jeweils von ehemaligen U-Bootkommandanten geführt wurden.20 Hinzu kamen ein Vorratszug, eine Nachrichten-, Kraftfahr-, Artillerieund Fliegerabteilung (sic!) sowie ein Pionierbataillon. 13 14 15 16 17

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Kessler, S. 95. Dazu ausführlich Darstellungen, Bd. VI, S. 57 ff. sowie Koch, S. 79 ff.; Wette, S. 289 ff. und Winkler, S. 57 ff. Vgl. Loewenfeld, S. 150; dazu Wette, S. 255 f.; Dülffer, Marine, S. 352. Zu Canaris’ Rolle bei der Aufstellung des Freikorps: Müller, S. 84 ff. sowie Höhne, S. 62 ff. Loewenfeld, S. 149. Die nachfolgenden Daten sind v. a. v. Loewenfelds Bericht „Das Freikorps von Loewenfeld. 3. Marinebrigade“ (in: Roden [Hrsg.], „Deutsche Soldaten“ (Leipzig-Berlin 1935, S. 149 ff.) sowie dem von der Kameradschaft der 3. Marinebrigade verfassten Werk „Die 3. Marinebrigade v. Loewenfeld 1919/1920“ (Plön am See 1963) entnommen. Vgl. Rahn, Marine, S. 30; Dülffer, Marine, S. 341; ders., Weimar, S. 31; Sorge, S. 5 sowie bereits oben, S. 115 f. Dülffer, Marine, S. 352.; Höhne, S. 70. Zur sozialen Zusammensetzung der Freikorps siehe Sprenger, S. 49 ff. Es waren dies Hermann v. Fischel und Rolf Carls, Darstellungen, Bd. IX, S. 206; dies ergibt sich ferner aus einem Foto, das Arnauld zusammen mit den Genannten und weiteren Brigade-

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Arnauld selbst erhielt das Kommando über das Sturmbataillon der Brigade, dessen Personal nahezu ausschließlich aus Offizieren, Fähnrichen und Unteroffizieren bestand. Dabei ist aus naheliegenden Gründen davon auszugehen, dass nicht wenige ehemalige Besatzungsmitglieder von U 139 weiterhin unter ihrem früheren Kommandanten dienten. Belegt ist dies mit Oberleutnant z. S. Loycke zumindest für einen der Wachoffiziere.21 Der Verband nannte sich fortan Sturmbataillon Arnauld de la Perière und führte als Feldzeichen die ehemalige Kriegsflagge von U 139. Er gliederte sich in zwei Infanterie-, eine Maschinengewehr- sowie eine mit gepanzerten LKWs ausgestattete Begleitwaffenkompanie. Hinzu kam eine Batterie leichter Feldhaubitzen.22 Nach der infanteristischen Grundausbildung wurde die Brigade auf die Volksbeauftragten und damit die Republik vereidigt.23 Es mag bereits einiges aussagen, dass man die Vereidigung unter einem Bildnis Wilhelms II. abhielt, welches mit weißen Astern dekoriert war.24 Ende April 1919 verlegte man das noch im Aufbau befindliche Marinefreikorps auf den Truppenübungsplatz Jüterbog und unterstellte es der GKSD. Von dort wurden die „Loewenfelder“ nach Berlin beordert, wo sie angesichts des bevorstehenden 1. Mai die Sicherung des Reichswehrministeriums übernahmen. Das Sturmbataillon stellte dabei die persönliche Wache des mittlerweile zum Reichswehrminister ernannten Gustav Noske.25 So ablehnend die Freikorps der „Novemberregierung“ an sich gegenüberstanden, umso mehr schätzten sie den Minister, der „als Oberbefehlshaber endlich durchgreifen ließ“ und die Truppen überdies gut versorgte.26 Ein ehemaliges Mitglied des Sturmbataillons beschrieb die Haltung der Truppe treffend mit den Worten: „Wenn wir auch damals naturgemäß keine überzeugten Republikaner waren, sondern die monarchistische Erziehung von Kindesbeinen an unsere Auffassungen (…) bestimmte – wir hätten niemandem raten mögen, dem Minister Noske (zu) nahezutreten“.27 Im Grunde war es einzig die Person Noskes, welche die Freikorps an die Regierung band. Wie fragil diese Loyalität war, zeigte sich in einer Besprechung zwischen Noske und den Spitzen von Reichswehr und Freikorps am 19. Juni, in der die Militärs verdeutlichten, dass sie die „Schmachparagraphen“ des Friedensvertrags von Versailles unter keinen Umständen akzeptie-

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offizieren zeigt, siehe Abb. 16 (Anhang S. 166). Eine vollständige Darstellung der Gliederung der III. Marinebrigade findet sich in Kameradschaft, S. 11. Vgl. oben, S. 113 sowie Loewenfeld, S. 150; Kameradschaft, S. 2; Schmidt-Pauli, S. 191 f. sowie Düllfer, Marine, S. 35. Für Loycke belegt dies eine Verleihungsurkunde über das Schlesische Bewährungsabzeichen an denselben vom 28.12.1919, unterschrieben von Loewenfeld. Eine Kopie dieser Urkunde erhielt der Autor dankenswerterweise vom DUBM. Vgl. Anonymus, Parade, S. 407 sowie Darstellungen, Bd. IX, S. 206 und Glombowski, S. 16. Dass auch Arnauld auf die Volksbeauftragten vereidigt wurde, ergibt sich aus Niemöller, S. 149, der angibt seine „Freikorpspläne“ aufgegeben zu haben, als er im Gespräch mit Loewenfeld und Arnauld von der Vereidigung erfuhr. Zur Vereidigung der Freikorps ferner Koch, S. 58 f. und Schüddekopf, S. 57 ff. So die Aussage des Brigadeangehörigen und späteren Admirals Paul Zieb, zitiert nach: Carsten, S. 138. Weiße Astern stehen im Volksglauben für Untreue oder Trauer. So der spätere Admiral Siegfried Sorge, der Angehöriger des Sturmbataillons war, S. 6. Weiterhin Loewenfeld, S. 151. Vgl. Schulze, S. 205 ff. Sorge, S. 6.

In der Marinebrigade Loewenfeld

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ren konnten.28 Als die Nationalversammlung vier Tage später den Vertrag dennoch ohne Vorbehalte und Änderungen ratifizierte (wozu sie gezwungen war, wollte sie eine Wiederaufnahme der Feindseligkeiten verhindern), kam es zu einem ersten, ernsthaften Bruch zwischen der Regierung und den Freiwilligenverbänden. „Unerträglich“, so v. Loewenfeld, „einer Regierung zu dienen, welche die Kriegsschuld anerkennen, die sogenannten Kriegsverbrecher (…) ausliefern, die im (Berliner) Zeughaus hängenden Kriegstrophäen zurückgeben und der würdelosen Entwaffnung Deutschlands zustimmen würde“. Der Korvettenkapitän entsandte daraufhin einen Stoßtrupp aus Männern des Sturmbataillons ins Zeughaus und ließ die dort eingelagerten Beutefahnen herausholen. Während einige der Trophäen im Besitz der Brigade verblieben, wurde der Großteil wenig später unter „nationale(n) Ansprachen an die Massen – gegen Weimar“ und den Klängen des Deutschlandliedes am Reiterstandbild Friedrichs des Großen verbrannt.29 Noch blieben solche Handlungen jedoch rein symbolischer Natur. a) Oberschlesien: Erster Polnischer Aufstand Obwohl Deutschland am 28. Juni in Paris den Friedensvertrag von Versailles unterzeichnet hatte, blieben die deutschen Grenzen weiterhin bedroht. Das von Polen begehrte Oberschlesien mit seinem wirtschaftlich bedeutsamen Industriegebiet wurde im Versailler Vertrag zwar zum Abstimmungsgebiet erklärt, doch Polen, das sich aufgrund der deutschen Bevölkerungsmehrheit diesbezüglich wenig Hoffnungen auf einen Sieg machen konnte, beabsichtigte ein fait accompli zu schaffen.30 Bereits seit Wochen war es dort sowohl zu Streiks, hervorgerufen durch die Agitation deutscher Spartakisten, als auch zu Aktivitäten polnischer Nationalisten und Insurgenten gekommen. Vor allem letztere machten die Lage durch Brückensprengungen und Übergriffe auf die deutsche Landbevölkerung immer brenzliger, so dass man am 4. August 1919 die Marinebrigade Loewenfeld zur Verstärkung des Generalkommandos VI nach Breslau entsandte.31 Der 117. Infanteriedivision unterstellt, 28 29 30 31

Vgl. die Liste der „politischen Forderungen des Offizierskorps an den Reichswehrminister vom 24. Juni 1919“, abgedruckt in: Schüddekopf, S. 95; dazu auch Wette, S. 470 ff., 476; zur Ratifizierung des Friedensvertrages siehe Winkler, S. 91 ff. Loewenfeld, S. 152. Ausführlich zu den Hintergründen auf polnischer Seite: Roos, S. 90 f. sowie Jaenecke, S. 73 ff. Allgemein zu den zu den Aufständen in Oberschlesien: Hoefer sowie Sauer, Oberschlesien, passim. Vgl. Koch, S. 249 f.; Oertzen, S. 385 f. sowie Kameradschaft, S. 9. Nakata, S. 85 stellt die Lage so dar, als wäre die deutsche Seite bemüht gewesen, einen Aufstand der Polen zu provozieren, indem man polnische Reservistenvereine verbot. Diese These ist jedoch zumindest fragwürdig, da die Reservistenvereine einerseits eine der Hauptstützen der Polska Organizacja Wojskowa (POW, wörtlich: Polnische Militärorganisation), dem schlagkräftigsten polnischen Militärverband, waren, der später auch den Aufstand entfesselte (vgl. Koch, S. 249; Jaenecke, S. 79; Thoms/Pochanke, S. 41 sowie Roos, S. 91 und Hoefer, S. 33 f., 44 f.), und sich Nakatas Behauptungen andererseits einzig auf polnische bzw. ehemals ostdeutsche Autoren stützen, deren Neutralität bezweifelt werden darf.

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rückte das Sturmbataillon Arnauld de la Perière am 8. August in Hindenburg O. S. ein, wo es gegen marodierende polnische Banden vorging. Unter den ersten eigenen Verlusten gelang es, die Ordnung wiederherzustellen.32 Dieser Zustand war jedoch nur von kurzer Dauer, denn am 19. August brach aus besagten Gründen der Erste Polnische Aufstand aus, in dessen Verlauf die Polen versuchten, zentrale Städte Oberschlesiens unter ihre Kontrolle zu bringen.33 Die Marinebrigade Loewenfeld kämpfte in und um Zaborze, einem Vorort von Hindenburg, wobei insbesondere „das Sturmbataillon (…) in harte Kämpfe verwickelt“ war.34 Am 22. August waren die Deutschen schließlich wieder Herren der Lage.35 Mit dem Inkrafttreten des Versailler Vertrages am 10. Januar 1920 mussten alle deutschen Verbände Oberschlesien räumen, das bis zum Abschluss der Volksabstimmung von alliierten Einheiten verwaltet wurde.36 Am 31. Januar 1920 verließ auch die III. Marinebrigade Oberschlesien, wo sie seit dem Aufstand Grenzschutzaufgaben wahrgenommen hatte. Sie wurde anschließend in Breslau und Oels einquartiert. b) Kapp-Putsch Zu Beginn des Jahres 1920 war die Stimmung in den Freikorps verbittert. Am 10. Januar war der Versailler Vertrag in Kraft getreten und einen knappen Monat später forderten die Siegermächte auf Grundlage der Artikel 227 bis 230 die Auslieferung von fast 900 deutschen „Kriegsverbrechern“, die man vor alliierte Tribunale zu stellen beabsichtigte. Aufgelistet in alphabetischer Reihenfolge umfasste die Liste Soldaten aller Dienstgrade, unter ihnen nahezu die gesamte ehemalige OHL, hinter deren Namen jeweils in Klammern der die Auslieferung begehrende Staat genannt wurde.37 Lothar v. Arnauld rangierte dabei an dreizehnter Stelle. Die italienische Regierung warf ihm vor, ein italienisches Handelsschiff vor Eintritt des Kriegszustandes zwischen Deutschland und Italien und zwei weitere in spanischen Hoheitsgewässern versenkt zu haben.38 Überdies bezichtigte sie ihn der „Grausamkeit bei der Torpedierung“ verschiedenster Schiffe, darunter der Siena, der Doris 32 33 34 35

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Ausführlich dazu Schmidt-Pauli, S. 226 ff.; Oertzen, S. 136; Glombowski, S. 17 ff. sowie Hoefer, S. 36 f. Vgl. Nakata, S. 86 Kameradschaft, S. 10. Vgl. die Rede des Reichskanzlers Bauer in der Nationalversammlung am 19.08.1919 über den polnischen Putsch in Oberschlesien, abgedruckt in: Michaelis/Schraepler, Bd. IV, Nr. 823, S. 43. Siehe dazu auch Koch, S. 251; Roos, S. 91 sowie Hoefer, S. 41. Jaenecke, S. 79 behauptet hingegen fälschlicherweise, dass es französische und italienische Verbände gewesen seien, welche die Lage bereinigten. Koch, S. 255; Nakata, S. 86 Die Note ist abgedruckt in Michaelis/Schraepler, Bd. IV, Nr. 813, S. 25 f. Ein Abdruck der Liste selbst findet sich in der Vossischen Zeitung vom 05.02.1920 (MA), S. 4 („Die vorläufige Auslieferungsliste“). Ausführlich zur Verfolgung deutscher „Kriegsverbrecher“ nach dem Ersten Weltkrieg: Hankel, Die Leipziger Prozesse, Hamburg 2003 (siehe hier S. 30) sowie Wiggenhorn, Verliererjustiz, Baden-Baden 2005 (hier S. 57). Vgl. Hankel, S. 57 sowie Kaul, S. 29.

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sowie der Citta di Messina.39 Wie substanzarm die Vorwürfe mitunter waren, zeigt sich allein daran, dass Arnauld nach der seekriegsrechtlich nicht zu beanstandenden Versenkung der Citta di Messina verwundete italienische Seeleute versorgte (wozu er keineswegs verpflichtet gewesen wäre).40 Das Verfahren gegen den ehemaligen Kommandanten von U 35 wird jedoch an späterer Stelle thematisiert werden. Die Reaktion der Öffentlichkeit wie auch des deutschen Militärs war indessen einhellig: In ganz Deutschland kam es zu tausenden Protestkundgebungen und einzig die Standhaftigkeit der Reichsregierung, die jedwede Auslieferung rundheraus ablehnte und den Siegermächten die Aburteilung der „Kriegsverbrecher“ durch nationale Gerichte abrang, verhinderte einen spontanen Staatsstreich, „an dem sich zweifellos eine Anzahl führender Militärs in der Erregung des Augenblicks beteiligt hätte“.41 Doch die Sympathien, die sich die Regierung auf diese Weise unter den Militärs und Freikorps erkaufte, waren nur von kurzer Dauer. Hatten die Alliierten bzgl. der „Kriegsverbrecher“ nachgegeben, so waren sie in einem anderen Punkt umso entschlossener: Der Frage der Truppenreduzierung des Heeres auf 100.000 und der Marine auf 15.000 Mann. Als Noske infolgedessen am 29. Februar 1920 die Auflösung der II. und III. Marinebrigade anordnete, da diese nicht in die Reichsmarine eingegliedert waren, sondern dem ansonsten aus Heeresverbänden bestehenden Reichswehrgruppenkommando I unterstanden, kam es zum Eklat.42 Der Befehlshaber des Verbandes, General v. Lüttwitz, der „die Freikorps im Ganzen und die Marinebrigaden im Besonderen als seine Hausmacht betrachtete“, lehnte jede weitere Reduzierung des Militärs ab und verlangte von Reichspräsident Ebert ultimativ die Rücknahme dieser Verfügung, was schlussendlich zu seiner Entlassung am 10. März führte.43 Für Lüttwitz, der sich bereits seit 1919 mit Putschgedanken trug, war dies der sprichwörtliche Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte.44 Nachdem er der Brigade Ehrhardt den Befehl gegeben hatte, am 13. März Berlin zu besetzen, mobilisierte er die Verschwörergruppe der „Nationalen Vereinigung“ um den ostpreußischen Generallandschaftsdirektor Kapp, welche die neue Regierung stellen sollte.45 In der Nacht zum 13. März rückte die II. Marinebrigade in Berlin ein. Nachdem sich die Militärs unter dem viel zitierten (und so wahrscheinlich nie 39

40 41

42 43 44 45

Siehe die „Liste des personnes désignées par les Puissances Alliées pour être livrées par l’Allemagne en exécution des articles 228 à 230 du Traitè de Versailles et du Protocole du 28 juin 1919“, S. 139, in: LABW, M 635/2 Bü 839. Über die genannten Schiffe hinaus werden die Lilla, die Teti, die Emilio G. sowie die Generale Ameglio genannt. Siehe dazu oben, S. 68 f. Siehe Michaelis/Schraepler, Bd. IV, Nr. 809, 810, 811, 814, 815, S. 13 ff. sowie Noske, S. 202 und „Die Reichsregierung über die Auslieferungsliste“, in: Vossische Zeitung vom 05.02.1920 (AA), S. 1. Dazu Schulze, S. 247 f.; Dülffer, Marine, S. 360 sowie Hankel, S. 42 ff., Willis, S. 120 und Wiggenhorn, S. 57 ff. Vgl. Wette, S. 628; Thoms/Pochanke, S. 46; Koch, S. 187 sowie Schulze, S. 263. Wette, S. 628; Thoms/Pochanke, S. 46; Carsten, S. 87 ff. Carsten, S. 54 und S. 88 m. w. N.; zu den Plänen Kapps siehe Koch, S. 189 f. Haffner, S. 179; Carsten, S. 88; Koch, S. 191 f. Die „Nationale Vereinigung“, eine Dachorganisation „gutgesinnte(r), aktionsbereite(r) nationale(r) Offiziere“ hatte sich zur Vorbereitung eines Staatsstreichs im Spätsommer 1919 aus dem Umfeld der Garde-Kavallerie-Schützendivision gebildet, vgl. Meinl, S. 28; Sprenger, S. 44 sowie Schulze, S. 253.

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geäußerten) Ausspruch „Reichswehr schießt nicht auf Reichswehr“ geweigert hatten, die Hauptstadt gegen die Aufständischen zu verteidigen, setzte sich die Regierung um Reichskanzler Bauer zum Erhalt der eigenen Handlungsfreiheit nach Dresden ab. Bereits am Vormittag hatte sie einen Aufruf zum Generalstreik verbreiten lassen, welcher die Unterschriften des Reichspräsidenten sowie sämtlicher SPDMinister trug.46 In der Zwischenzeit hatten die Putschisten die strategisch wichtigsten Punkte besetzt, während Kapp in die Reichskanzlei einzog und Lüttwitz zum Reichswehrminister und Oberbefehlshaber des Heeres ernannte. Zwar war Berlin nunmehr in Händen der Aufständischen, doch um die Macht im Reich an sich zu reißen, waren diese auf die Kooperation der lokalen Militärbefehlshaber angewiesen. Nachdem sich die Marine, nach wie vor von dem Willen beseelt, die „Schande“ von 1918 auszuwetzen, umgehend dem Kommando der neuen Regierung unterstellt hatte, schlossen sich auch die ostelbischen Heereskommandos der Revolte an. In Breslau erklärte sich Wehrkreiskommandant Graf Schmettow für den Putsch, nachdem die Gewerkschaften, die vom Vorstand der MSPD telefonisch über die Situation informiert worden waren, zum Generalstreik aufgerufen hatten.47 Nachdem bereits am Mittag der Straßenbahnverkehr zum Erliegen gekommen war, rückte die Marinebrigade Loewenfeld zusammen mit dem Freikorps Aulock und anderen lokalen Freiwilligenverbänden in die schlesische Provinzhauptstadt ein.48 Sie war „zweifellos nicht als neutral anzusehen, sondern marschierte unter Vorantragen der alten Kriegsflagge in dem Gefühl in Breslau ein, dass nun der neue »nationale« Staat errichtet und die Revolution von 1918 damit überwunden würde“.49 Loewenfeld telegraphierte seinen „herzlichsten Glückwunsch zum Erfolg“ nach Berlin, obwohl die Brigade „nicht offen zur Unterstützung des Umsturzes sondern zur »Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung« (…) auf Anordnung der Kommandantur Breslau“ in die schlesische Metropole eingerückt war.50 Die Freikorps besetzten umgehend den Bahnhof, das Hauptpostamt und das Rathaus und verhafteten auf Anordnung des designierten Innenministers der Kapp-Regierung, Traugott v. Jagow, den sozialdemokratischen Oberpräsidenten Philipp (an dessen Stelle der deutschnationale Abgeordnete v. Kessel-Oberglauche trat) sowie eine Reihe anderer hoher Beamter des „Weimarer Systems“.51 Der infolgedessen aufflammende Widerstand der Breslauer Arbeiterschaft wurde schnell und mit „schonungsloser Gründlichkeit“ niedergeschlagen.52 Während Loewenfeld selbst in diesem Zusammenhang für sich in Anspruch nimmt, „den Umsturz der schlesischen Hauptstadt 46 47 48 49 50 51 52

Noske, S. 203 ff.; ausführlich dazu und zum Kapp-Putsch insgesamt: Winkler, S. 109 ff. (bzgl. des Zitats: S. 121); Haffner, S. 179 ff.; Carsten, S. 89 ff.; Wette, S. 637 ff.; Waite, S. 140 ff. sowie Schulze, S. 269 ff. Davies/Moorhouse, S. 408; Volkmann, S. 368. Oertzen, S. 378. Das Freikorps Aulock, benannt nach seinem Kommandeur Hubertus v. Aulock, wurde am 10.12.1918 in Oelde (Hannover) aufgestellt und in Oberschlesien sowie im Ruhrkampf eingesetzt, vgl. Thoms/Pochanke, S. 87. So die Erinnerungen Sorges: Zeugenschrifttum Nr. 1785: Institut für Zeitgeschichte München, zitiert nach: Carsten, S. 95 und Dülffer, Weimar, S. 33. Carsten, S. 94 f. Brammer, S. 40 f. (mit Abdruck eines Aufrufs v. Kessels an die Bevölkerung Schlesiens) Davies/Moorhouse, S. 408; Schulze, S. 279; Oertzen, S. 378 sowie Schmidt-Pauli, S. 246 f.

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zum Bolschewismus“ verhindert zu haben, leugnen andere brigadenahe Quellen gänzlich jedwede Beteiligung am Kapp-Putsch.53 General Lequis, v. Lüttwitz’ Vorgänger als Befehlshaber der Heerestruppen im Raum Berlin, schrieb einen Monat nach dem Putsch an den Reichswehrminister, dass sich „die Masse der Freikorps (…) in Breslau auf das wüsteste und roheste (…) benommen“ hätte, was zu einer „großen Erbitterung gegen die Reichswehr bis weit in die rechten Kreise“ (sic!) führte.54 Dabei wurden der Brigade Loewenfeld „Gewalttaten, Misshandlungen und Morde zur Last gelegt“, darunter die Tötung des jüdischen Herausgebers der Schlesischen Arbeiter-Zeitung, dem lokalen USPD-Organ, Bernhard Schottländer.55 Ob und inwieweit Lothar v. Arnauld an diesen Vorgängen beteiligt war, ist nicht mehr feststellbar, zumal die gesamten Vorgänge sehr undurchsichtig sind. So zeigte sich im Nachhinein, dass für einen Großteil der Untaten, darunter die Ermordung Schottländers, Männer des Freikorps Aulock und nicht etwa Soldaten der Loewenfeld-Brigade verantwortlich waren.56 Im Gegensatz zu ihren Kameraden östlich von Oder und Neiße versagte die Reichswehrführung in den übrigen Teilen Deutschlands der Regierung Kapp die Gefolgschaft, während der Generalstreik, der sich mittlerweile über nahezu ganz Deutschland ausgebreitet hatte, das endgültige Ende des Umsturzversuches herbeiführte. Am 17. März gab Kapp auf und floh nach Schweden. Die Freikorps räumten Berlin und Breslau, wobei dem Verband Aulocks auf seinem Rückzug abermals 18 Menschen zum Opfer fielen.57

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56 57

So Loewenfeld, S. 155 sowie Kameradschaft, S. 12 Brief Arnold Lequis’ an den Reichswehrminister vom 22.04.1920, abgedruckt in Schüddekopf, Nr. 46, S. 108 f. Reichskanzlei, Akten betr. Reichsmarine, Band I: R 43 I 601, Bundesarchiv Koblenz, zitiert nach: Carsten, S. 95; ferner Gumbel, S. 56; zur Ermordung des Herausgebers der Schlesischen Arbeiter-Zeitung, Bernhard Schottländer, vgl. „15 000 Mark Belohnung!“, in: Schlesische Arbeiter-Zeitung vom 21.03.1920, S. 1, worin angegeben wird, dass Schottländer von „drei Offiziere(n) der 3. Marine-Brigade“ zum angeblichen Transport nach Glatz abgeholt wurde, wo er jedoch nie ankam. Man fand seine Leiche erst am 23.06., nachdem sie nahe Breslau am Ufer der Oder angeschwemmt wurde, vgl. „Bernhard Schottlaender zum Gedächtnis“, in: Schlesische Arbeiter-Zeitung vom 26.06.1920, S. 1. Siehe dazu auch Davies/Moorhouse, S. 409 und Rahden, S. 323 f. Vgl. Gumbel, S. 56; im Fall Schottländer erging Haftbefehl gegen Korpskommandeur v. Aulock sowie gegen den späteren Befehlshaber der Kosakenverbände der Wehrmacht, Helmuth v. Pannwitz, vgl. Sauer, Reichswehr, S. 34. Siehe dazu auch Lucas, Bd. 2, S. 143 f. Siehe „Das Blutbad in der Schweidnitzer Straße“, in: Schlesische Arbeiter-Zeitung vom 21.03.1920, S. 4 sowie Davies/Moorhouse, S. 409. Zum Scheitern des Kapp-Putsches siehe Schulze, S. 275 ff. sowie Winkler, S. 193 ff.

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c) Märzrevolution: Gegen die Rote Ruhr-Armee58 Der Generalstreik als solcher war ein janusköpfiger Vorgang: Er vereitelte zwar den Staatsstreich der Reaktion, diente jedoch zugleich den Kräften der Revolution als Vorwand, ihrerseits nach der Macht zu greifen. Wie Lüttwitz hegte auch die KPD im „roten“ Ruhrgebiet bereits seit Mai 1919 Pläne für den Umsturz.59 Im Geheimen wurden Vorbereitungen für die Aufstellung einer „Roten Armee“ vorangetrieben, die „endlich die Revolutionierung Deutschlands in die Wege leiten“ sollte, auf welche „die Linksradikalen seit den Novembertagen 1918 vergeblich gehofft hatten“60. Bereits am 14. März waren die ersten der sog. „Arbeiterbataillone“ oder „Roten Garden“ einsatzbereit, die innerhalb weniger Tage zu einer Roten Armee von 80.000 Mann anwuchsen.61 Die wenigen im Ruhrgebiet stehenden Regierungstruppen wurden durch diese Übermacht binnen kürzester Zeit aufgerieben oder hatten, nicht selten unter Zurücklassung ihres gesamten Geräts, panikartig die Flucht ergriffen. Die Arbeiterverbände agierten dabei nicht minder brutal als die Freikorps andernorts noch einige Tage zuvor, so dass die Kämpfe mitunter zur „schieren Menschenschlächterei“ ausarteten.62 Bis zum 21. März hatte die von geschulten Militärs geführte Rote Ruhrarmee sämtliche Reichswehr- und Freikorpsverbände aus dem Revier vertrieben, Hagen, Wetter, Dortmund, Remscheid, Düsseldorf sowie Essen unter ihre Kontrolle gebracht und stieß auf Wesel und Münster vor. Doch vor Wesel, das von Freikorpsverbänden verteidigt wurde, blieb der Angriff stecken und bis zum 25. März war die Rote Armee über die Lippe zurückgedrängt worden. In der Zwischenzeit hatten sich auch Regierung und Armeeführung von ihrem Schock erholt und man begann, Truppen zur Niederschlagung des Aufstandes zusammenzuziehen. Da jedoch die regulären Einheiten zur Niederwerfung eines Aufruhres dieser Größenordnung schlichtweg nicht ausreichten, war man ironischerweise gezwungen, auf ebenjene Verbände zurückzugreifen, die vor kurzem noch für Kapp und gegen die Regierung Partei ergriffen hatten. Und so rollte in der letzten Märzwoche mit den Marinebrigaden Ehrhardt und Loewenfeld, dem Freikorps Aulock und anderen paramilitärischen Einheiten „die Auslese der gesamten deutschen Freikorpsbewegung, die alles andere als verfassungstreu“, dafür

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Zum Folgenden ausführlich George Eliasberg, „Der Ruhrkrieg von 1920“ (Bonn-Bad Godesberg 1974) sowie (wenn auch extrem einseitig) Erhard Lucas, „Märzrevolution im Ruhrgebiet. Vom Generalstreik gegen den Militärputsch zum bewaffneten Arbeiteraufstand März-April 1920“ (drei Bde., Frankfurt/Main 1970–1978). Siehe ferner Schulze, S. 304 ff.; Koch, S. 202 ff.; Waite, S. 176 ff. sowie Thoms/Pochanke, S. 50 ff. Koch, S. 202; Waite, S. 172 sowie Oertzen, S. 391; ähnlich auch Schulze, S. 305 f. Thoms/Pochanke, S. 47. Dazu auch Lucas, Bd. 1, S. 119 ff. Schulze, S. 306 ff.; Koch, S. 203; Thoms/Pochanke, S. 50; Jones, S. 176. Die zahlenmäße Größe der Armee ist umstritten. Sie schwankt zwischen 50.000 und 120.000 Kämpfern. Vgl. die Schilderungen bei Koch, S. 206 ff.; Schulze, S. 307 f.; Oertzen, S. 402 ff. und Thoms/ Pochanke, S. 50 f. Bezeichnend für das Ausmaß des Chaos ist der Umstand, dass selbst linke Organe wie der Vorwärts oder der Spartakus indirekt ein Eingreifen der Regierung forderten, vgl. Spartakus Nr. 58 vom 29.03.1920, zitiert nach: Schulze, S. 316 sowie Vorwärts vom 31.03.1920, zitiert nach: Koch, S. 213.

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aber „intakt und kampfkräftig wie nie zuvor“ war, in Richtung Ruhrgebiet.63 Die mittlerweile auf 8000 Mann angewachsene III. Marinebrigade erreichte das Revier in 18 Zügen, deren Waggons „sinnige Kraftsprüche auf die verächtliche Reichsregierung, schwarz-weiß-rote Fahnen und Hakenkreuze schmückten“. Die Truppen selbst trugen dabei „auf dem Stahlhelm eine weißes Hakenkreuz auf schwarzem Untergrund“.64 Die Swastika ist in diesem Zusammenhang jedoch nicht als nationalsozialistisches Symbol, sondern vielmehr als „Zeichen, unter dem sich (…) die Reaktion auf den Bolschewismus sammelte“ zu verstehen.65 Am 26. März traf der Verband nördlich der Lippe in der Gegend um Coesfeld ein, wo er der 3. Kavalleriedivision unterstellt wurde. Zwei Tage später setzte die Brigade über die Lippe, deren Brücken von Aufständischen gesprengt worden waren, und bildete mehrere Brückenköpfe bei Schermbeck und Dorsten, nördlich von Bottrop, die sie gegen wiederholte Angriffe verteidigen konnte.66 Währenddessen versuchte die Regierung durch Verhandlungen, welche sich bis zum 30. März hinzogen, eine friedliche Beilegung der Revolte zu erreichen. Im Ergebnis erreichte sie jedoch das Gegenteil, zumal sich die Radikalen auf kommunistischer Seite nicht an den Unterredungen beteiligten und sich demnach auch nicht an die erzielten Übereinkünfte gebunden fühlten.67 Vielmehr verdrängten sie die gemäßigten Kräfte aus der roten Kampfleitung, indem sie deren Teilnahme an den Verhandlungen als Verrat brandmarkten. In der Folge radikalisierten sich auch die roten Truppen und verwandelten sich zusehends in eine „blindwütige Soldateska“68. Nachdem eine Untersuchungskommission des Reichstages das Ruhrgebiet besucht und festgestellt hatte, dass dort „der blutigste Terror“ herrsche, gab man weitere Vermittlungsversuche auf.69 Am 2. April rückten Freikorps und Reichswehreinheiten schließlich gegen die Rote Armee vor. Sie hatten ihren Aufmarsch nördlich und östlich des Ruhrgebietes bereits vor Tagen abgeschlossen und mussten während der ergebnislosen Verhandlungen tatenlos mitansehen, wie sich die Aufständischen reorganisierten und ihre Positionen festigten, während „immer dringendere Hilferufe aus der drangsalierten Revierbevölkerung“, die unter den anarchiegleichen Zuständen zu leiden hatte, nach außen drangen.70 Die Stimmung unter der Truppe war dementsprechend gereizt, was die ohnehin starke Abscheu, welche die Freikorps im Allgemeinen und 63 64 65 66 67 68 69

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Schulze, S. 309. Vgl. Darstellungen, Bd. IX, S. 164 und S. 259 sowie Bose, S. 394. Jäger, S. 129; ähnlich: Rabbow, S. 111. Loewenfeld, S. 156, Kameradschaft, S. 12 Ausführlich dazu Lucas, Bd. 3, S. 35 ff.; Winkler, S. 132 ff.; Koch, S. 211 f. sowie Schulze, S. 311 f. Koch, S. 212. Reichskanzlei, Aufstandsbewegungen und ihre Unterdrückung Jan.-Dez. 1920, Telegramm an Regierung vom 02.04.1920, in: BAK, R 43 I/2699, zitiert nach: Koch, S. 213 sowie das Protokoll einer Besprechung mit einer Deputation von Angehörigen aller Parteien aus dem Ruhrgebiet und der dort augenblicklich kämpfenden Reichswehrformation vom 08.04.1920, in: BAK, R 43 I/2716, Bl. 77-82. Siehe etwa „Notschreie der Bevölkerung“, in: Vossische Zeitung vom 03.04.1920 (MA), S. 1. Dazu ferner Schulze, S. 314; Koch, S. 212 f. und Winkler, S. 132 f. Zum Aufmarsch der Freikorps siehe Karte 6, Anhang S. 156.

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die Marinebrigaden im Besonderen den Kräften der extremen Linken entgegenbrachten, nur noch weiter anwachsen ließ. Diese Haltung verschlimmerte sich mit dem Fortgang der Kämpfe, bei denen selbst abgebrühte Freikorpskämpfer auf ein bis dato unbekanntes „Ausmaß an Brutalität und Grausamkeit“ trafen. Dies führte schließlich zu einer „Explosion, die grenzenlosen Hass, (…) Verachtung und Rachedurst freisetzte“.71 Keine der beiden Seiten machte noch Gefangene, Verwundete wurden rücksichtslos erschossen und mitunter reichte den Regierungseinheiten der bloße Verdacht einer Beteiligung am Aufstand, um Zivilisten festzunehmen, zu misshandeln oder gar zu erschießen.72 Die Brigade Loewenfeld hatte sich in zwei Abteilungen gespalten und während die eine auf Gladbeck vorging, marschierte die andere mit dem Sturmbataillon Arnauld de la Perière an der Spitze über Kirchhellen nach Bottrop.73 Am Morgen des 3. April um 8.30 Uhr erreichte sie den Bottroper Vorort Eigen und nahm wenig später den Bahnhof Bottrop-Nord ein, wobei drei Mann der Bahnhofswache kurzerhand erschossen wurden. Nach der Durchführung von Hausdurchsuchungen wurden drei weitere Arbeiter aus fragwürdigen Gründen exekutiert. Während eine der Hinrichtungen durch einen Kapitänleutnant Mayrhofer angeordnet wurde, sind im Falle der anderen beiden die Verantwortlichen nicht mehr zu ermitteln.74 Am nördlichen Stadtrand geriet das Sturmbataillon in schwere Straßenkämpfe, wobei es den Rotgardisten gelang, einen Panzerwagen und zwei gepanzerte LKWs der Loewenfelder auszuschalten. Der Angriff blieb schließlich im kommunistischen Abwehrfeuer stecken, so dass die bereits eroberten Stellungen wieder geräumt werden mussten. Die Lage war derart brenzlig, dass Brigadekommandeur v. Loewenfeld eigens aus Gladbeck herbeieilte und das Kommando übernahm. Er ließ eine Batterie leichter Feldhaubitzen in Stellung bringen und die Widerstandsherde unter gezieltes Artilleriefeuer nehmen. Während des Nachmittags erhielten beide Seiten Verstärkung und ein weiteres Bataillon der Marinebrigade, das in Gladbeck nicht mehr benötigt wurde, ging mit Artillerieunterstützung von Osten gegen die Stadt vor.75 Jedoch blieb auch dieser Angriff liegen, so dass sich die Marinebrigade gegen 18.00 Uhr schließlich aus der Stadt zurückzog. Stattdessen ließ Loewenfeld Bottrop von 19.30 bis 22 Uhr unter massives Artilleriefeuer nehmen. Am Ende des Tages hatte die Brigade 21 Gefallene zu beklagen, während in Bottrop 56 Personen, darunter mindestens zwei Zivilisten, ihr Leben ließen. In der Nacht zum 4. April räumten die Rotgardisten die von Freikorpsverbänden mittlerweile nahezu eingeschlossene Stadt. Noch am selben Tag konnten Verbände der Sicherheitspolizei, welche 71 72 73 74 75

Koch, S. 213 f.; Schulze, S. 315. Vgl. Koch, S. 214; Schulze, S. 315 f. (jeweils m. w. N.) sowie Jones, S. 182. Zum Folgenden siehe Loewenfeld, S. 156 f.; Kameradschaft, S. 14 f.; Bose, S. 397 ff. sowie Lucas, Bd. 3, S. 315 ff. Lucas, Bd. 3, S. 315; Gumbel, S. 56. Aus Herzog, U-Boote, S. 305 ergibt sich einzig, dass es sich bei Mayrhofer nicht um einen ehemaligen U-Bootkommandanten handelte. Die unterstützende Batterie wurde dabei von Albert Leo Schlageter geführt, der 1923 wegen aktiven Widerstandes gegen die Ruhrbesetzung von einem französischen Militärgericht zum Tode verurteilt und hingerichtet wurde. Er wurde posthum zur nationalen Märtyrerfigur, wobei er als Mitglied einer nationalsozialistischen Tarnorganisation insbesondere von der späteren NS-Propaganda vereinnahmt wurde, vgl. dazu Zwicker, S. 56 f., 87 ff.

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ebenfalls an den Kämpfen beteiligt gewesen waren, in Bottrop einrücken. Zwei Tage später folgten ihnen Teile der III. Marinebrigade, die umgehend das Kriegsrecht über die Stadt verhängten, obwohl die Reichsregierung bereits am 4. April zur Vermeidung weiteren Blutvergießens die Abschaffung der militärischen Standgerichte verfügt hatte.76 Dies war insofern keine Ausnahme, als dass an der Ruhr noch über Monate militärische Sondergerichte tätig waren, welche insbesondere von den lokalen Regierungsbehörden als „wesentlich zur Schaffung geordneter Zustände“ und unerlässlich zur „Herausholung der Waffen aus dem ganzen Unruhegebiet“ angesehen wurden.77 Das Sturmbataillon bildete ein Standgericht unter Vorsitz des bereits erwähnten Kapitänleutnants Mayrhofer und verhängte mindestens vierzehn Todesurteile gegen vermeintliche Rotgardisten, von denen nachweislich drei von Arnauld mit dem Vermerk „Ist sofort zu vollstrecken“ gegengezeichnet wurden (zu beachten ist hierbei allerdings, dass die Sofortvollstreckung das bei Standgerichten übliche Verfahren darstellt).78 Ob und inwieweit die Urteile gerechtfertigt waren, ist indes nicht mehr zu ermitteln. Es liegt jedoch auf der Hand, dass die Gerichte selbst alles andere als objektiv, geschweige denn neutral waren.79 Während Teile des Verbandes weiterhin in Bottrop verblieben, rückte das Gros der Brigade Loewenfeld am 7. April zusammen mit anderen Freikorps in Essen ein. Zuvor war es nur noch in den Vororten zu vereinzelten Gefechten gekommen. Auch hier folgten Hausdurchsuchungen, Verhaftungen und standrechtliche Exekutionen Aufständischer. Bis zum 7. Mai lag der Verband innerhalb und nördlich des Industriegebietes, ehe er nach Paderborn abzog, wo die endgültige Auflösung der III. Marinebrigade erfolgen sollte. Innerhalb dieses Monats verhängten Reichswehr und Freikorps, darunter auch die Brigade Loewenfeld, im gesamten Ruhrgebiet unzählige, juristisch zum Teil höchst fragwürdige Standgerichtsurteile gegen frühere Rotgardisten (oder Männer, die man dafür hielt), die in aller Regel auf Tod durch Erschießen lauteten. Freikorpsnahe Quellen schrieben dazu lapidar, dass es „bei der allgemeinen Erbitterung gegen die Roten (…) bei dem Vorrücken der Reichswehr unvermeidbar war, (…) dass auch einmal ein Unschuldiger der Tod fand“.80 Daneben kam es zu Gefangenenmisshandlungen, mitunter brutalen Hausdurchsuchungen und antisemitischer Hetze.81 Von den Standgerichten selbst abgesehen handelte 76 77 78

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Winkler, S. 134; ein Abdruck der entsprechenden Verordnung findet sich bei Severing, S. 216. So ein Telegramm des Oberpräsidenten von Westfalen, Würmeling, an Reichskanzler Müller vom 09.04.1920, in: BAK, R 43 I/2716, Bl. 44-46. Lucas, Bd. 3, S. 366 f.; Eliasberg, S.244 sowie Darstellungen, Bd. IX, S. 213. Die Gegenzeichnung Arnaulds ergibt sich aus den Urteilen, die in der von Jörg Wingold von der DKP Bottrop herausgegebenen Broschüre „Loewenfeld – Wer war das?“ abgedruckt und aus BA/MA, R 122 (Landstreitkräfte der Reichsmarine) entnommen sind. Vgl. Severing, S. 215 f. Dazu auch Bucksteeg, S. 55 Spethmann, S. 203. Siehe dazu Lucas, Bd. 3, S. 354 ff. Mit expliziter Nennung der Loewenfeld-Brigade: S. 357, 360 f. (Antisemitismus), S. 362 f. (Hausdurchsuchungen), S. 365 (die einzige dokumentierte Vergewaltigung während des militärischen Einmarsches ins Ruhrgebiet, begangen durch einen Loewenfeld-Sergeanten), S. 365 ff. (Standgerichte). Zu beachten ist hierbei jedoch, dass sich in den Nachwehen des Putsches linke bis linksradikale Presseorgane sowie ehemalige KPDFunktionäre auf der einen und freikorpsnahe Autoren auf der anderen Seite gegenseitig Gräu-

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es sich bei den Tätern in der Regel um Mannschafts- und Unteroffiziersdienstgrade.82 Auch hier ist die genaue Rolle v. Arnaulds nicht mehr zu ermitteln; einzig im Falle der Exekution eines Bergarbeiters ist zumindest seine Kenntnis nachweisbar.83 Festzuhalten ist jedoch, dass eine Reihe der oben genannten Vorkommnisse später zur Anklage gebracht wurden, Arnaulds Name in diesem Zusammenhang jedoch an keiner Stelle erwähnt wird.84 Am 31. Mai 1920, dem Jahrestag der Skagerrakschlacht, wurde die III. Marinebrigade Loewenfeld auf dem Truppenübungsplatz Senne bei Paderborn aufgelöst. Dies geschah in geordneter Weise, zumal Loewenfeld selbst den Einsatz im Innern stets nur als eine vorübergehende Aufgabe betrachtet hatte, nach deren Erledigung er wieder ein Seekommando anstrebte.85 Während des Ruhrkrieges hatte die Brigade 37 Tote zu beklagen; ihre Rolle in diesem Konflikt ist bis heute mäßig erforscht und politisch umstritten.86

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elpropaganda vorwarfen, so dass die genaue Zuordnung von Opfern und Tätern oftmals als ungesichert zu betrachten ist, vgl. Severing, S. 212 f. sowie Spethmann, S. 210 ff. Lucas’ Darstellungen fallen dabei (erschienen im Verlag „Roter Stern“, Frankfurt/Main) extrem einseitig zugunsten der Aufständischen aus. So werden die Untaten der Freikorps sehr detailliert dargestellt, während die Verbrechen der Rotgardisten nahezu gänzlich verschwiegen werden. Auch greift er i. d. R. vorbehaltlos auf die genannten linkslastigen Quellen zurück. Vgl. Gumbel, S. 59 ff. Siehe das bei Spethmann, S. 215 f. abgedruckte und auf den 05.06.1920 datierte Dokument, in dem Arnauld (nicht namentlich genannt, doch ergibt sich dies aus der Unterschrift „Kapitänleutnant und Batl.-Kommandeur Sturmbataillon 3. Marine-Brigade“) bestätigt, dass die Erschießung des Bergmannes Franz Stabla nicht aufgrund privater Zwistigkeiten zwischen diesem und der Leitung seiner Zeche erfolgte. Das Dokument zeigt auch, dass es im Rahmen der Nachwehen des Ruhrkampfes nicht auszuschließen ist, dass durch Denunziationen private Rechnungen beglichen wurden. So kam es etwa zum Verfahren gegen den der Vergewaltigung bezichtigten Sergeanten, vgl. Gumbel, S. 59 ff. Vgl. Dülffer, Weimar, S. 32. Bis heute gibt es in Bottrop-Kirchhellen einen Gedenkstein für die Gefallenen der Brigade (siehe dazu Kameradschaft, S. 15 und S. 17) sowie eine „Loewenfeldstraße“ für deren Umbenennung sich seit mehreren Jahren linke bzw. linksextreme Parteien wie die DKP, Die Linke sowie Bündnis 90/die Grünen einsetzen. Im November 2010 stimmte jedoch eine Mehrheit der Einwohner gegen eine Umbenennung, 2011 wurde ein Hinweisschild hinzugefügt, vgl. Anonymus, „Ein Name, ein Antrag, viele Fragen“, abrufbar unter sowie Anonymus, „31. März: Die DKP und die Partei Die Linke erinnern an Kämpfer gegen Kapp-Putsch“, abrufbar unter und Anonymus, „In mahnender Erinnerung“, abrufbar unter: . Siehe dazu auch Wingold, passim.

Im Dienste der Reichsmarine: 1920–1930

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IM DIENSTE DER REICHSMARINE: 1920–193087 Nach Auflösung der Brigade verblieb das Gros der ehemaligen „Loewenfelder“ in Staatsdiensten: 87 Mann gingen zum Reichsheer, 536 zur Sicherheitspolizei und 2500 wurden in die Reichsmarine eingegliedert.88 Sie stellten damit ein Sechstel der insgesamt zugelassenen Personalstärke von 15.000 Mann. Der Großteil wurde zunächst zu Landtruppenteilen zusammengefasst, um auf diese Weise wieder einen „Stamm von jüngeren Offizieren und Mannschaften zu schaffen“.89 1. Erste Verwendungen und Kriegsverbrecherprozess So wurde auch Lothar v. Arnauld mit seinem gesamten Bataillon in die Marine übernommen, welches im November 1920 als II. (Ausbildungs-) Abteilung der Schiffsstammdivision der Ostsee in Stralsund angegliedert wurde.90 Im Frühjahr 1921 heiratete Arnauld Marta v. Heintze, geborene Kaubes aus Mönchengladbach. In der Kaiserlichen Marine war es üblich gewesen, dass heiratswillige Seeoffiziere zunächst die Genehmigung des Kaisers, den sog. „Allerhöchsten Konsens“ einholten.91 Da dies nunmehr nicht mehr möglich war richtete der Kapitänleutnant einen entsprechenden Brief an Großadmiral Tirpitz, in dem er u. a. schrieb, dass mit der Heirat ein „langgehegter Herzenswunsch in Erfüllung“ gehe, „dessen Verwirklichung durch einen langjährigen Scheidungsprozess bis jetzt hinausgeschoben wurde“.92 Am 1. April 1922 zum Korvettenkapitän befördert, blieb Arnauld noch zwei weitere Jahre in Stralsund, ehe er 1924 Navigationsoffizier auf dem Linienschiff Hannover wurde. In der Zwischenzeit war auch das Verfahren gegen Arnauld wegen angeblicher Kriegsverbrechen mit Beschluss vom 24. April 1923 eingestellt worden. Die Ermittlungen hatten ergeben, dass „der Beschuldigte weder Grausamkeiten noch andere strafbare Handlungen verübt habe“.93 Hintergrund war neben der Tatsache, dass Arnauld die vorgeworfenen Vergehen nicht oder nicht mit letzter Bestimmt87 88

89 90 91 92 93

Zum Folgenden siehe insbesondere BA/MA, Pers 6/ 2226 sowie Herzog, U-Boote, S. 152 sowie ders., Biographie, S. 128 f. und ders., Arnauld, S. 104 f. Die genaue Zahl der in die Reichsmarine übernommenen „Loewenfelder“ schwankt zwischen 2100 (Loewenfeld, S. 157) und „fast 3000“ (Kameradschaft, S. 19). Hier wird die von Düllfer, Weimar, S. 60 und Schulze, S. 321 genannte Zahl von 2500 Mann übernommen. Die Masse der ausgeschiedenen Freikorpskämpfer schloss sich dem Freikorps „Heinz“ um den ehemaligen Brigadeangehörigen Unteroffizier Heinz Hauenstein an und nahm während des 3. Oberschlesischen Aufstandes (02./03.05.–05.07.1921) an den Kämpfen um den Annaberg teil, vgl. Kameradschaft, S. 19. Dülffer, Weimar, S. 60. Vgl. auch ein Schreiben Arnaulds an Großadmiral Tirpitz vom 28.04.1921, in: BA/MA, N 253, Bl. 92. Andere Quellen bezeichnen das Bataillon auch als „Kleinen Kreuzerstamm Hamburg“, vgl. Spethmann, S. 216. Dazu ausführlich: Herwig, Elite, S. 67 ff. Schreiben Arnaulds an Großadmiral Tirpitz (Fn. 90), Bl. 92. Beschluss des Reichsgerichts vom 24.04.1923, zitiert nach: Herzog, As, S. 11.

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heit nachgewiesen werden konnten94, vor allem der Umstand, dass die Alliierten (darunter insbesondere Großbritannien) in der Zwischenzeit erkannt hatten, dass „der U-Boot-Handelskrieg und die warnungslose Versenkung von Handelsschiffen (…) von großem Vorteil für die Festigung der eigenen Seemachtsposition“ sein konnten.95 Dieses Mittel wollte man sich im Hinblick auf künftige Konflikte nicht selbst abschneiden, indem man gegenüber Deutschland auf eine unnachgiebige Strafverfolgung drängte. Dazu kam, dass die Verteidigung im Rahmen der „Leipziger Prozesse“ immer wieder auch alliierte Verfehlungen wie den Einsatz der QSchiffe oder den Missbrauch neutraler Flaggen zur Sprache brachte. In der Folge beschränkte man die Strafverfolgung schließlich auf jene Fälle, in denen man deutschen U-Bootoffizieren besondere Grausamkeiten handfest nachweisen konnte.96 Dennoch stellte das Reichsgericht, das in dieser Sache überdies geradezu offensichtlich parteiisch war, die Masse der Verfahren ein oder sprach die Angeklagten frei. Dies galt selbst für Fälle wie den des ehemaligen Kommandanten von U 86, Helmut Brümmer-Patzig, der nach der Versenkung eines Lazarettschiffes auf die Überlebenden hatte schießen lassen, um die Zeugen seiner Tat zu beseitigen.97 2. Die Weltreise mit der Emden Ab Oktober 1925 diente Lothar v. Arnauld als Navigationsoffizier auf dem Linienschiff Elsass bei den Seestreitkräften der Ostsee, ehe er 1926 als Admiralstabsoffizier an die Marinestation der Nordsee in Wilhelmshaven kommandiert wurde. Am 1. November 1928 erfolgte die Beförderung zum Fregattenkapitän. Kurz darauf trat er mit der Emden (III) sein erstes Kommando auf einer Überwassereinheit an.98 Unter großen Entbehrungen während der Inflation gebaut, war die Emden die erste Neukonstruktion der Reichsmarine und damit das erste „eigene“ Kriegsschiff der Weimarer Republik. Der Leichte Kreuzer war am 7. Januar vom Stapel gelaufen und am 15. Oktober 1925 in Dienst gestellt worden. Die Emden, benannt nach dem erfolgreichsten Kreuzer der Kaiserlichen Marine in überseeischen Gewässern, 94

95 96 97 98

Dies ergab auch die vom Autor vorgenommene Überprüfung der Kriegstagebücher von U 35 hinsichtlich der genannten Vorwürfe: die Emilio G., die Generale Ameglio sowie die Citta di Messina wurden am 31.07.1916 nach ordnungsgemäßer Evakuierung (und z. T. Versorgung) der Besatzung versenkt. Gleiches gilt für die Versenkung der Siena und der Teti am 04.08.1916 (siehe dazu oben, S. 68 f. und S. 120 f. sowie die KTB-Einträge vom 31.07. und 04.08.1916 in: BA/MA, RM 97/766). Die Doris und die Lilla wurden zwar unweit der spanischen Hoheitsgrenze (4 sm vor der Küste) versenkt, doch ist hier nicht mit letzter Bestimmtheit zu klären, ob die Schiffe noch in oder bereits außerhalb der Hoheitsgewässer attackiert wurden, vgl. dazu die KTB-Einträge vom 13. und 14.10.1917, in: BA/MA, RM 97/767. Darüber hinaus setzte Arnauld in Gebieten mit starkem italienischen Schiffsverkehr bis zur italienischen Kriegserklärung am 27.08.1916 regelmäßig die k. u. k.-Kriegsflagge, siehe dazu auch oben, S. 35 f., 55, 62, 69 sowie S. 85. Hankel, S. 417 m. w. N. Vgl. Hankel, S. 418 ff. Siehe dazu Hankel, S. 500 ff. sowie Willis, S. 137 f. und Wiggehorn, S. 256 ff. Im Folgenden schlicht „Emden“. Zum Folgenden: Koop, S. 53 ff., 76 f. sowie Abb. 17, Anhang S. 167.

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diente fortan als Schulschiff.99 In dieser Funktion unternahm sie vom 14. November 1926 bis zum 14. März 1928 ihre erste Auslandsreise. Diese Unternehmungen dienten jedoch nicht nur der Ausbildung der an Bord befindlichen Kadetten, sondern auch dazu, „alte Beziehungen wieder zu erneuern, neue zu knüpfen, die deutsche Flagge wieder zu zeigen“ und „um Vertrauen zu werben“.100 Auf Befehl des nunmehrigen Reichspräsidenten v. Hindenburg begann die zweite Auslandsreise des Kreuzers – zugleich die erste unter Arnaulds Kommando – am 5. Dezember 1928.101 Zunächst wurde Cartagena (sic!) in Spanien angelaufen, wo man eine Gedenkfeier am Grabe des spanischen U-Boot-Pioniers Isaac Peral abhielt. Nach der Hessen im Jahr 1926 war die Emden das zweite deutsche Kriegsschiff, dessen Besatzung einen Kranz am Grab des Ingenieurs niederlegte.102 Von dort aus führte die Reise über Italien und Griechenland durch den Suezkanal nach Aden, Mombasa und Niederländisch-Indien. Weiter ging es über Australien nach Wellington in Neuseeland, wo „dem Schiff und seiner Besatzung ein glänzender Empfang bereitet wurde“, bei dem der neuseeländische Premierminister Ward „die warmen Gefühle der neuseeländischen Bevölkerung für Deutschland betonte“.103 Hieran zeigt sich der nicht zu unterschätzende diplomatische Effekt derartiger Reisen. Von Neuseeland aus führte der Kurs über die Fidschi-Inseln weiter nach Samoa und Honolulu auf Hawaii.104 Nach einem Besuch im kalifornischen San Diego ging die Reise über Mexiko weiter nach Costa Rica, wo Arnauld in Punta Arenas mit seinem ehemaligen Wachoffizier Prinz Sigismund v. Preußen zusammentraf, der dort mittlerweile eine Großbienenzucht unterhielt.105 Nach Passage des Panamakanals lief die Emden Kolumbien an. Im Hafen von Puerto Colombia kam es dabei am 13. Oktober zu einem Zwischenfall, der, wie sich später noch herausstellen wird, das mutmaßliche Ende von Arnaulds Karriere in der Reichsmarine besiegelte. Die diesbezüglichen Berichte sind jedoch hochgradig widersprüchlich: Kommunistische Organe behaupteten, als der Vorgang Ende Dezember publik wurde, es wäre auf der Emden zu einer Meuterei gekommen, bei der Matrosen die Rote Fahne gesetzt und die 99 Zur Emden (I) siehe bereits oben, S. 42 und S. 64. 100 Koop, S. 60; ähnlich auch Rahn, Marine, S. 164 f. 101 Siehe den Befehl Hindenburgs vom 16.11.1928, in: Privatarchiv Dufeil. Der genaue Reiseweg ist anhand des Schiffsbefehlsbuches der Emden (WAZ, Emden, passim), einer bei Koop, S. 77 abgedruckten maschinengeschriebenen Auflistung der Reiseziele sowie einer Karte der Reiseroute im Anhang, S. 157 (Karte 7) nachvollziehbar. 102 Siehe dazu Bordgemeinschaft der Emdenfahrer: „Am Grab des spanischen Ingenieurs Isaac Peral“, abrufbar unter . Isaac Peral hatte 1888 ein nach ihm benanntes U-Boot gebaut und demonstrierte im Rahmen eines Flottenmanövers als erster das enorme taktische Potential dieser Waffe, vgl. Márquez, S. 46. 103 Siehe „Vom Besuch der «Emden» in Neuseeland, in: Luxemburger Illustrierte Nr. 17/1929 (10.09.1929). Siehe dazu Abb. Nr. 18 im Anhang, S. 167. 104 Interessant sind in diesem Zusammenhang Fotografien aus dem Privatarchiv Dufeil, welche Lothar v. Arnauld und den 1. Offizier der Emden, Korvettenkapitän Faber (dessen Identität sich aus einer im Privatarchiv Dufeil befindlichen Kopie einer Liste der Offiziere der Emden ergibt) mit landestypischen Blumengirlanden um den Hals zeigen, vgl. Abb. 20 im Anhang, S. 168. 105 Vgl. Brief Arnaulds an Tirpitz (Fn. 90), Bl. 95.

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Internationale gesungen hätten.106 Die offizielle Stellungnahme des Reichswehrministeriums, welche auf den Ergebnissen einer unmittelbar nach Einlaufen der Emden eingesetzten Untersuchungskommission beruht, gab hingegen an, dass „einige Matrosen, die dienstfrei waren, erheblich viel Flaschenbier getrunken, (…) im Anschluss daran (…) die Internationale gesungen und bei Anbruch der Dunkelheit ein rotes Taschentuch gehisst“ hätten.107 Andere Quellen wiederum sprechen von einem roten Damenunterhöschen, einem roten Putzlumpen oder einer Rolle roten Toilettenpapiers.108 Der genaue Tathergang ist nicht mehr zu klären, doch sollen angeblich Teile der Besatzung der Meinung gewesen sein, man müsse, da man sich nunmehr im Atlantik und damit auf der Rückreise befand, den Heimatwimpel setzen. Tatsächlich sollte dies jedoch erst bei Einfahrt in den englischen Kanal geschehen.109 In jedem Fall kam es nach der Rückkehr der Emden am 13. Dezember zu einem militärgerichtlichen Verfahren gegen die betreffenden Matrosen, in welchem festgestellt wurde, dass es sich nicht um eine Meuterei, sondern lediglich um eine „Ausschreitung in Trunkenheit“ gehandelt habe. Das Gericht verurteilte die Beschuldigten entsprechend auch nur wegen „Ungebühr“ und „Ungehorsams gegen das Verbot des Reichswehrministers, parteipolitische Lieder zu singen“, zu fünf Wochen verschärften Arrests.110 Obwohl Lothar v. Arnauld bei den Vorfällen selbst nicht zugegen war, übernahm er die volle Verantwortung für die Ereignisse.111 3. Zweite Emden-Unternehmung und Abschied Indes versuchte die KPD, welche die Ursache der „Meuterei“ in angeblichen körperlichen und seelischen Misshandlungen der Mannschaft durch die Offiziere sah, aus den Vorfällen auf der Emden politisches Kapital zu schlagen und forderte ihrerseits im Rahmen einer Reichstagsinterpellation die Bestrafung der „schuldigen Offiziere“ und die „sofortige Rehabilitierung der verurteilten Matrosen“. 112 Dennoch schien es, als würde Arnaulds Karriere von der Affäre nicht beeinträchtigt. Er blieb 106 Siehe „Rote Fahnen auf Kreuzer Emden“, in: Die Rote Fahne vom 29.12.1929, S. 1 sowie „Emden-Meuterei zugegeben“, in: Die Rote Fahne vom 31.12.1929, S. 2. 107 Vgl. die Wiedergaben der Stellungnahme im Sozialdemokratischen Pressedienst vom 30.12.1929, S. 6; im Lübecker Volksboten vom 31.12.1929, S. 2 („Was ging auf der ‚Emden‘ vor?“); in der Vossischen Zeitung vom 31.12.1929 (MA), S. 2 („Die ‚Emden-Meuterei‘“) sowie in der Danziger Volksstimme, ebenfalls vom 31.12.1929, S. 1 („Weil sie die ‚Internationale‘ sangen“). 108 Vgl. Koop (leider ohne weitere Nachweise), S. 77 sowie Herzog, Biographie, S. 128. 109 Vgl. Koop, S. 76 f. 110 Vgl. Danziger Volksstimme (Fn. 107), S. 2. 111 Koop, S. 77 und Herzog, As, S. 9. Letzterer sieht die Hauptverantwortung beim „überforderten I. Offizier“. 112 Siehe Verhandlungen, Nr. 1564 sowie „Die KPD für die meuternden Matrosen“, in: Die Rote Fahne vom 01.01.1930, S. 3. In der Folge sprach sogar die Kommunistische Partei Frankreichs ihre Anerkennung für die „Aktion der roten Matrosen der »Emden«“ aus und versprach, die Vorfälle „allen französischen Matrosen zur Kenntnis“ zu bringen, vgl. „Rot Front den roten Matrosen!“, in: Die Rote Fahne vom 03.01.1930, S. 3.

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Kommandant der Emden, die bereits am 13. Januar 1930 zu ihrer nächsten Reise aufbrach. Ihre Route führte sie diesmal in die Karibik und an die Ostküste der USA, wobei u. a. Madeira, Jamaika und New Orleans angelaufen wurden. Als Korvettenkapitän v. Arnauld dem umstrittenen Gouverneur von Louisiana, Huey „Kingfish“ Long, am 4. März (Mardi Gras) seine protokollarische Aufwartung machen wollte, empfing ihn dieser in Bademantel und Pyjama, was einen handfesten politischen Skandal heraufbeschwor.113 Auf die deutsche Beschwerde hin machte Gouverneur Long einen Entschuldigungsbesuch auf der Emden, den er sarkastisch mit den Worten kommentierte, er wolle „doch nicht schuld sein am Krieg zwischen Deutschland und Louisiana“.114 Am 13. Mai lief der Kreuzer schließlich wieder in Wilhelmshaven ein. Zurück in der Heimat zeigte sich jedoch schnell, dass die Vorfälle während der letzten Weltreise der Emden auf Seiten der Marineleitung keineswegs in Vergessenheit geraten waren. Es dürfte wohl das rote Tuch gewesen sein, welches die von den Ereignissen des Jahres 1918 nach wie vor traumatisierte Marineführung dazu bewog, Arnauld als Kommandant des Schulkreuzers abzulösen und ihn unter Beförderung zum Kapitän z. S. auf den Posten des Vorsitzenden des Erprobungsausschusses für Schiffsneubauten in Wilhelmshaven abzuschieben. Dabei ist nicht auszuschließen, dass die öffentliche Berichterstattung und insbesondere die kommunistische Propaganda die Entscheidung der Marineführung dahingehend beeinflusste, dass diese sich genötigt sah, ein Exempel zu statuieren. Am 30. September 1931 nahm Lothar v. Arnauld de la Perière nach über fünfundzwanzig Jahren Dienst seinen Abschied aus der Reichsmarine.115 Über seine Motive kann nur spekuliert werden, doch liegt die Vermutung nahe, dass er sich letztendlich nicht damit abfinden konnte, von seinen Vorgesetzten auf eine Art „Abstellgleis“ geschoben worden zu sein.116

113 Siehe dazu „Undressed Governor“, in: TIME Magazine (US-Ausgabe) vom Juni 1930 sowie Cohn, S. 479 f. 114 Zitiert nach: Anonymus, Beil, S. 29. 115 Herzog, As, S. 9 sowie ders., Biographie, S. 128 und U-Boote, S. 152 behaupten, ebenso wie Koop, S. 77, dass Arnauld aufgrund der o. g. Ereignisse verabschiedet wurde, was im zivilen Sprachgebrauch so viel wie „entlassen“ bedeutet. Aus Arnaulds Personalakte geht jedoch hervor, dass ihm „der Abschied bewilligt“ wurde, vgl. BA/MA, Pers 6/2226, Bl. 4. Selbiges schreibt auch Herzog, Arnauld, S. 104 der sich insofern selbst widerspricht. 116 Vgl. Koop, S. 77, ähnlich auch Herzog, Biographie, S. 128 sowie ders., As, S. 9.

6 LETZTE JAHRE Die letzten zehn Jahre seines Lebens verbrachte Arnauld größtenteils im Ausland. Erst Anfang 1939 kehrte er nach Deutschland zurück. Zu Kriegsbeginn reaktiviert, diente er in verschiedenen höheren Kommandostellen, ehe er auf einer Dienstreise im Februar 1941 tödlich verunglückte. Dies ist Gegenstand des folgenden Kapitels. TÜRKEIAUFENTHALT Nur kurze Zeit nach seinem Abschied aus der Reichsmarine trat v. Arnauld in die Dienste der türkischen Marine und wurde Lehrer an der Marineakademie in Istanbul. Dies war im Grunde genommen nichts Ungewöhnliches, zumal die Entwaffnung Deutschlands infolge des Versailler Vertrages viele deutsche Offiziere dazu zwang, „ihre Dienste anderen Staaten zur Verfügung zu stellen. So gingen deutsche Offiziere in die Türkei und unterrichteten an der Kriegsschule in Jildiz. Deutsche Seeoffiziere betätigten sich in entsprechender Weise“, wie Rudolf Nadolny schrieb, der nach seiner Tätigkeit als Nachrichtenoffizier als Gesandter in Persien gedient hatte.1 Die nunmehr republikanische Türkei begann unter Atatürk bereits Mitte der 1920er Jahre mit dem Wiederaufbau ihrer Seestreitkräfte, wobei insbesondere UBoote als kostengünstige Alternative zu schweren Überwassereinheiten angeschafft werden sollten.2 Nachdem Großbritannien und Frankreich aufgrund des britischtürkischen Konflikts um Mossul als potentielle Lieferanten weggefallen waren und italienische U-Boote aufgrund ihres veralteten Designs nicht in Frage kamen, fiel die Wahl auf eine niederländische Werft, die U-Boote nach deutschem Design anbot. Dies war kein Zufall, zumal besagte Werft von drei deutschen Werfteignern errichtet worden war, deren Tätigkeit von einem außerplanmäßigen Geheimfonds der Reichsmarine finanziert wurde.3 Auf diese Weise konnte Deutschland nicht nur die Restriktionen des Versailler Vertrages umgehen, sondern sein technisches „Know-how“ in Sachen U-Bootsbau auf dem aktuellen Stand halten. Die türkische Wahl hingegen war insbesondere dem Umstand geschuldet, dass zwei der drei mit der Auswahl der U-Boote betrauten Offiziere im Weltkrieg auf deutschen Booten ausgebildet worden waren. So ist es auch nicht verwunderlich, dass die Türkei ab 1926 begann, gezielt deutsche Seeoffiziere als „Marineberater“ anzuwerben.4 Im 1 2 3

4

Nadolny, S. 104 f. Hierzu und zum Folgenden Güvenç, S. 3 ff. sowie Güvenç/Barlas, S. 1 ff. Die niederländische Werft trug den Namen „Ingenieurskantoor voor Scheepsbouw“; die drei dahinterstehenden deutschen Werften waren die Krupp Germaniawerft (Kiel), die A. G. Weser (Bremen) sowie die Vulkanwerft (Hamburg), vgl. Güvenç/Barlas, S. 12 sowie Wallner, S. 25; Carsten, S. 263 ff. und Herwig, Innovation, S. 231 ff. Güvenç, S. 5 sowie Güvenç/Barlas, S. 12 f.

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6 Letzte Jahre

Jahre 1930 wurde schließlich die Marineakademie Istanbul gegründet, an der deutsche Lehrer die erste Generation türkischer Marinestabsoffiziere ausbildeten.5 Hier wurde auch Lothar v. Arnauld tätig, der die jungen Offiziere in den Fächern Strategie, Taktik und Kriegsgeschichte unterwies.6 Während seiner Zeit in der Türkei kehrte er jedoch mindestens zweimal nach Deutschland zurück, einmal im Oktober 1933 und einmal im Sommer 1937.7 In seiner Funktion als ehemaliger Kommandeur des Sturmbataillons der III. Marinebrigade übergab Arnauld am 3. Oktober 1933 in Berlin jene Kriegstrophäen, die im Juni 1919 nicht den Flammen zum Opfer gefallen waren, an Hermann Göring.8 Ob er hierfür eigens aus Istanbul angereist war oder sich ohnehin im Rahmen eines Urlaubes in Deutschland aufhielt (sein Elternhaus stand in Potsdam), ist nicht mehr zu klären. In jedem Fall bleibt dies der einzige nachweisbare Vorkriegskontakt zwischen Lothar v. Arnauld und einem hochrangigen Vertreter des nationalsozialistischen Deutschlands. Im Februar 1939 kehrte Arnauld, inzwischen zum chargierten Konteradmiral a. D. ernannt, schließlich wieder nach Deutschland zurück.9 KRIEGSMARINE UND TOD10 Anfang 1939 führte das Oberkommando der Wehrmacht als Mobilisierungsmaßnahme die Möglichkeit ein, alle ehemaligen Offiziere der Streitkräfte des Kaiserreichs sowie der Weimarer Republik „zur Verfügung“ (z. V.) zu stellen, d. h. besagte Offiziere ohne zeitliche Befristung dem Beurlaubtenstand zuzuführen, so dass man sie im Bedarfsfall jederzeit einberufen konnte.11 Entsprechend wurde auch Lothar v. Arnauld, dem anlässlich der Tannenberg-Ehrung mit Erlass vom 19. August 1939 der Charakter eines Vizeadmirals z. V. verliehen worden war, mit Kriegsbeginn am 1. September 1939 reaktiviert.12 Kurz darauf ernannte man ihn zum Marinebevollmächtigten im „heimgeholten“ Danzig.13 Nach Abschluss des Westfeldzuges, in dessen Rahmen v. Arnauld als Marinebefehlshaber im Raum Belgien-Niederlande eingesetzt war, erhielt der Vizeadmiral die Spange zum Eisernen Kreuz II. Klasse sowie das Patent zum Konteradmiral a. D. Von Juni bis Dezember 1940 bekleidete 5 6 7 8 9

10 11 12 13

Ausführlich dazu: Güvenç/Barlas, S. 18 f. Vgl. Büyüktugrul, S. 18 sowie Herzog, As, S. 9. Letzteres ergibt sich aus einem Brief Arnaulds an den vormaligen Kommandanten der Emden und späteren Leiter der Kriegsmarine-Dienststelle in Königsberg, Kapitän z. S. Lohmann vom 21.07.1937 (WAZ, Lohmann). Loewenfeld, S. 152; Möller, S. 25. Siehe dazu oben, S. 119. Vgl. „Ace of U-Boat Raiders – Admiral von Arnauld in Cape Town“, in: Cape Times vom 28.11.1938, S. 2. „Chargierte“ oder auch „Charakter“-Ränge waren unbesoldete Ehrentitel ohne entsprechende Kommandogewalt. Den vollwertigen Admiralsrang erhielt man erst mit dem entsprechenden Patent. Zum Folgenden siehe insbesondere BA/MA, Pers 6/ 2226 sowie Herzog, U-Boote, S. 152 sowie ders., Biographie, S. 128 f. und ders., Arnauld, S. 104 f. Vgl. Steinkamp, S. 11 f. Vgl. BA/MA, Pers 6/2226, Bl. 19. Siehe dazu Abb. 21 und 22 (Anhang, S. 169) die Arnauld an der Seite Hitlers in Danzig zeigen.

Kriegsmarine und Tod

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er den Posten des Marinebefehlshabers in der Bretagne, wo er u. a. mit dem Oberbefehlshaber der Kriegsmarine, Großadmiral Raeder, sowie den Generalfeldmarschällen v. Kluge und v. Reichenau zusammenkam.14 Ab Januar 1941 Marinebefehlshaber Westfrankreich, erhielt Arnauld am 1. Februar das Patent zum Vizeadmiral a. D. Knapp drei Wochen später, am 24. Februar 1941, stürzte die Maschine, die ihn zur Übernahme des Kommandos als Admiral Südost nach Rom bringen sollte, kurz nach dem Start vom Pariser Flugplatz Le Bourget aus ungeklärter Ursache ab. Lothar v. Arnauld de la Perière fand dabei im Alter von 54 Jahren den Tod.15 Die militärische Trauerfeier fand am 2. März 1941 in Paris statt. Der mit der Reichskriegsflagge bedeckte Sarg des verunglückten Vizeadmirals wurde auf einer von einem Halbkettenfahrzeug gezogenen Lafette zur Madeleine gebracht, wo die Totenmesse stattfand. Ein Ehrenbataillon mit Musik- und Spielmannszug war auf dem von Schaulustigen umringten Vorplatz aufmarschiert. Unter den Teilnehmern selbst befanden sich neben Arnaulds Bruder Friedrich der Militärbefehlshaber Frankreich, General Otto v. Stülpnagel, der Stadtkommandant von Paris, Generalleutnant Schaumburg, die Vertreter der Oberbefehlshaber von Luftwaffe und Kriegsmarine sowie eine Reihe weiterer hochrangiger Militärs und Diplomaten bis hin zu Vertretern der Vichy-Regierung.16 Die Totenrede hielt der Kommandierende Admiral Frankreich, Karlgeorg Schuster. Er schloss seinen Abriss über das Leben des Verstorbenen mit zeitgenössischem Pathos: „Wir scheiden von Vizeadmiral v. Arnauld de la Perière im Gedenken an das Wort der Edda: „Besitz stirbt, Sippen sterben, du selbst stirbst wie sie; eins weiß ich, das ewig lebt: der Toten Tatenruhm.“17

Die Trauerfeier schloss mit dem Lied Ich hatt’ einen Kameraden, dem der Salut des Ehrenbataillons folgte. Anschließend wurden die sterblichen Überreste Lothar v. Arnaulds nach Berlin überführt, wo sie im Beisein des Oberbefehlshabers der Kriegsmarine auf dem Invalidenfriedhof unweit der Gräber Schlieffens und Scharnhorsts beigesetzt wurden.18 In seinem Nachruf schrieb Großadmiral Raeder: „Die Kriegsmarine verliert mit ihm einen der hervorragendsten Seeoffiziere, der als der im U-Boot-Handelskrieg erfolgreichste Kommandant des Weltkrieges bei Freund und Feind ehrenvollen Ruf genoss und seinen ruhmvollen Namen in das Buch der Seekriegsgeschichte mit 14 15 16

17 18

Siehe dazu Abb. 23 bis 25 im Anhang, S. 170 f., auf welchen Arnauld mit den Genannten zu sehen ist. Vgl. die Liste „Flugzeugunfälle und Verluste bei den Verbänden“ vom 26.02.1941, S. 2, in: BA/ MA, RL 2 III. Die genaue Todesursache ist unbekannt; da die drei Besatzungsmitglieder der Junkers W 34 laut o. g. Liste jedoch überlebten, ist Genickbruch o. ä. zu vermuten. Vgl. „Einsatzfreudig und kämpferisch. Trauerfeier für Vizeadmiral von Arnauld de la Perrière in Paris“, in: Gegen England. Deutsche Marine vom März 1941 (Zeitungsausschnitt aus dem Privatarchiv Dufeil) sowie „Les obsèques à Paris du vice-admiral Lothar v. Arnauld de la Perière, commandant les forces navales en territorie occupé”, in: Le Petit Parisien vom 01.03.1941, S. 1 und S. 3 sowie „Les obsèques à Paris du vice-admiral Lothar v. Arnauld de la Perière, commandant en chef des forces navales en territorie occupé ont été célébrées à la Madeleine“, in: Le Matin vom 01.03.1941, S. 1. Dazu auch Abb. 26 bis 28 im Anhang, S. 171 f. Zitiert nach: Le Petit Parisien, S. 3 sowie Gegen England. Deutsche Marine (vgl. jeweils Fn. 16). Siehe dazu Abb. 29 im Anhang, S. 173 sowie Thoms, Abschnitt „Karte und Legende“, S. 3.

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6 Letzte Jahre eisernen Lettern eingetragen hat. (…) Voll Trauer senkt die Kriegsmarine die Flagge an der Bahre dieser überragenden Persönlichkeit, dieses tapferen Offiziers und Kameraden“.19

Im Namen der früheren Besatzungen von U 35 und U 139 „Kapitänleutnant Schwieger“ veröffentlichte Arnaulds ehemaliger Wachoffizier de Terra einen Nachruf, in dem es hieß: „Der erfolgreichste U-Bootskommandant des Weltkrieges ist von uns gegangen. Uns (…) wird dieser Kommandant unvergesslich bleiben. Sein Wille, sein Mut, seine Einsatzbereitschaft hat den beiden Booten, deren Kommandant er war, die größten Erfolge gebracht. Ueber seinen Tod hinaus wird er uns Vorbild bleiben eines Pflichtbewusstseins, das auch in den schwierigsten Lagen uns aufrichtete und mitriss. (…) Wir haben „unseren“ Kommandanten verloren“.20

Auch die Offiziere der S.M.S. Emden, auf der Arnauld von 1911 bis 1913 diente, ehrten ihren früheren Mannschaftskameraden mit einer Todesanzeige: „(…) Für uns alte „Emden“-Offiziere ist mit ihm der frische, fröhliche und unternehmungslustige Bordkamerad aus sonniger Zeit im Fernen Osten dahingegangen, ein treuer Kamerad der bis zuletzt zu uns gehalten hat“.21

Auf diese Nachrufe wird an späterer Stelle, wenn es das Urteil der Zeitgenossen über Lothar v. Arnauld eingehender betrachtet wird, nochmals zurückzukommen sein.

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Siehe „Von Arnauld de la Perière tödlich verunglückt“, in: Westfälische Tageszeitung vom 26.02.1941 (der entsprechende Zeitungsausschnitt entstammt dem Archiv des Wehrgeschichtlichen Ausbildungszentrums der Marineschule Mürwik, weshalb keine Seitenzahl angegeben werden kann). Die Anzeige ist bei Herzog, As, S. 11 abgedruckt. Die vom damaligen Kommandanten der S.M.S. Emden, Heinrich Karl v. Restorff, unterschriebene Traueranzeige entstammt dem Privatarchiv Dufeil.

7 BEWERTUNG DER PERSÖNLICHKEIT LOTHAR V. ARNAULDS Im vorletzten Kapitel dieser Betrachtungen soll versucht werden, in einer Gesamtschau der bisherigen Erkenntnisse Persönlichkeit, Charakter sowie politische Gesinnung Lothar v. Arnaulds zu beleuchten. Abermals wird dies durch einen Mangel an geeigneten Quellen erschwert, so dass sich die Darstellungen vornehmlich auf die obigen Ausführungen sowie wenige belegte Äußerungen Arnaulds und Aussagen von Zeitzeugen stützen. Grundlage bildet dabei der Wertekanon des deutschen Seeoffizierskorps, den auch Lothar v. Arnauld, der von seinem zehnten Lebensjahr an vom preußisch-deutschen Militär geprägt worden war, geteilt haben dürfte. EINSTELLUNG DES KAISERLICHEN SEEOFFIZIERS1 Als Aristokrat und Seeoffizier hatte Arnauld im Kaiserreich zum „ersten Stand“ der Gesellschaft gehört. Von Grund auf monarchistisch erzogen, war der deutsche Seeoffizier sowohl an Bord seines Schiffes wie auch im Ausland „Repräsentant Seiner Majestät des Kaisers“.2 Entsprechend zeichnete sich das Seeoffizierskorps insbesondere durch einen extrem ausgeprägten Ehrbegriff aus, der sich aus dem Bewusstsein speiste, „dem Stande anzugehören, dem die Verteidigung von Thron und Vaterland anvertraut ist“.3 Auch in ihrer Personalpolitik handelte die Marine nach diesem Credo indem sie „nur Gentlemen zu Offizieren“ nahm.4 Um die „Geschlossenheit in der Wehrmacht nicht zu gefährden“, war dem Seeoffizierskorps die Beschäftigung mit politischen Fragen streng untersagt, was eine nahezu gänzliche Unkenntnis hinsichtlich des politischen Zeitgeschehens nach sich zog.5 In der Praxis führte dies dazu, dass die Masse der Seeoffiziere „die Sozialdemokratische Partei mit Umsturz“ und „Dinge wie das allgemeine Wahlrecht in Preußen, De1 2 3

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Zum Folgenden siehe Herwig, Elite, S. 59 ff. Lavarrenz, S. 423 ff. So die Worte eines von Wilhelm II. auf das Seeoffizierskorps ausgedehnten Befehls seines Großvaters. Wortwörtlich lautete dieser: „Ich erwarte daher von dem gesamten Offizierskorps meines Heeres, dass ihm, wie bisher so auch in Zukunft, die Ehre das höchste Kleinod sein wird (…) Sie verlangt, dass auch in dem äußeren Leben des Offiziers sich die Würde ausdrücke, die aus dem Bewusstsein hervorgeht, dem Stande anzugehören, dem die Verteidigung von Thron und Vaterland anvertraut ist (…) Der Offizier soll bestrebt sein, nur diejenigen Kreise für seinen Umgang zu wählen, in denen gute Sitte herrschend ist, und darf am wenigsten an öffentlichen Orten aus dem Auge lassen, dass er nicht bloß als gebildeter Mann, sondern auch als Träger der Ehre und der gesteigerten Pflichten seines Standes auftritt“ (zitiert nach Herwig, Elite, S. 70). Tirpitz, S. 3 und S. 19 f. Herwig, Elite, S. 56.

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7 Bewertung der Persönlichkeit Lothar v. Arnaulds

mokratie oder Kapitalismus“ mit sozialistischer Verschwörung gleichsetzte.6 Diese antisozialistische Haltung wurde von Kaiser und Marineleitung durch eine Reihe von Verboten zementiert, wobei schon „der leiseste Verdacht sozialdemokratischer Neigungen die Laufbahn eines Seeoffiziers beenden oder doch erheblich stören“ konnte. Für die an späterer Stelle folgende Beurteilung von Arnaulds Verhalten als Freikorpsoffizier ist vor allem der Umstand entscheidend, dass das Seeoffizierskorps keinerlei Unterschied machte zwischen „revolutionärer“ und „sozialdemokratischer“ Betätigung, sondern in der Sozialdemokratie per se ein „Krebsgeschwür (sah), das das Reich zu verderben drohte“.7 Im Ergebnis erwies sich jedoch insbesondere das gänzliche Heraushalten der Politik aus den Streitkräften als gravierende Fehlentscheidung. So war der deutsche (See-) Offizier im Jahre 1918 schlichtweg nicht darauf vorbereitet, „politischer Propaganda und Unruhe oder gar einer Revolution zu begegnen“.8 URTEIL DER ZEITGENOSSEN UND VERHALTEN ALS U-BOOTKOMMANDANT Anknüpfend an die am Ende des vorhergehenden Kapitels aufgeführten Nachrufe, soll jedoch zunächst das Urteil der Kameraden und Zeitgenossen dargestellt und ausgewertet werden. Da es sich zumeist um Aussagen ehemaliger Angehöriger der von Arnauld kommandierten Boote handelt, wird im Anschluss auf jene Persönlichkeitsmerkmale eingegangen, die man aus Arnaulds Verhalten als U-Bootkommandant schlussfolgern kann. Eine vollumfängliche Wiedergabe verdient zunächst die Aussage des späteren Admirals Karl-Otto Gutjahr, der als Wachoffizier an Bord von U 139 „Kapitänleutnant Schwieger“ diente: „Nach der Beisetzungsfeier standen – die große Trauergemeinde hatte sich bereits verlaufen – ohne Abrede und Kenntnis voneinander zu haben, am Grabe seine ehemaligen Offiziere Pistor, de Terra, Fechter und ich. Warum ich dies erwähne? Nur als kleines Zeichen dafür, wie groß die Verehrung der damaligen Untergebenen für ihren Kommandanten noch nach über zwei Jahrzehnten vielfältigen persönlichen Erlebens war, obwohl sie selbst während dieser Zeit nur noch lose Fühlung untereinander gehabt hatten (…) Lothar v. Arnauld de la Perière war das Ideal eines Soldaten im Grundsätzlichen – und des Seeoffiziers im Besonderen. Ich sage das heute noch als 65jähriger und nach 32 aktiven Dienstjahren, in denen ich viele soldatische Vorbilder bei Vorgesetzen, Gleichrangigen und Untergebenen erlebt habe“.9

Doch nicht nur diese Aussage verdeutlicht das hohe Maß an Wertschätzung, welches Arnauld von seinen früheren Untergebenen entgegengebracht wurde: Der erwähnte Kapitänleutnant Pistor berichtete etwa von einem Brief, welchen er angesichts des Todes Lothar v. Arnaulds vom früheren 1. Geschützführer der „Kapitänleutnant Schwieger“ erhielt. Darin schrieb der einstige Artillerist, dass ihn der Tod seines alten Kommandanten „vielleicht tiefer getroffen habe, als der Verlust einer seiner 6 7 8 9

Herwig, Elite, S. 62. Herwig, Elite, S. 78. Herwig, Elite, S. 56. Zitiert nach: Herzog, Arnauld, S. 105.

Urteil der Zeitgenossen und Verhalten als U-Bootkommandant

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drei Söhne an der Front“.10 Josef Eichberger, unter Arnauld Heizer auf U 139, beschreibt seinen ehemaligen Vorgesetzten indes als einen „Gentleman im wahrsten Sinne des Wortes“. „Nie“, so fährt der Matrose fort, „hörte ich von ihm ein böses Wort. Wir alle liebten und verehrten ihn“.11 Ähnlich prägnant äußerte sich auch Prinz Sigismund v. Preußen, der es schlicht als ein „großes Glück und eine Ehre“ bezeichnete, dass er „unter (einem) solchen Kommandanten fahren“ durfte.12 Zwar war sich Arnauld, wie Niemöller schrieb, „seiner Fähigkeit und seines Wertes wie seiner Verdienste sehr wohl bewusst“ und legte infolgedessen auch bei seiner Besatzung einen strengen Maßstab an. Hier sei an die Episode erinnert, in welcher er einen Zentralmaat infolge grob fahrlässigen Fehlverhaltens umgehend versetzen ließ. Dennoch, so Niemöller weiter, konnte „man auch als wesentlich Jüngerer mit ihm sprechen, ohne abzublitzen“.13 Angesichts obiger Aussagen dürfte die in der britischen Literatur vereinzelt anzutreffende Behauptung, Arnauld hätte eine Art aristokratische Reserviertheit oder Dünkelhaftigkeit gegenüber seiner Besatzung gehegt, zweifelsohne widerlegt sein.14 Auch konnte kein einziger Hinweis gefunden werden, der die Einschätzung des U-Bootkommandanten Arnauld als „Gentleman“ trüben könnte. Insoweit wird auf die obige Darstellung des Kriegseinsatzes Lothar v. Arnaulds verwiesen. Insbesondere möge man sich an dieser Stelle die zahlreichen Fälle in Erinnerung rufen, in welchen der damalige Kapitänleutnant den Besatzungen versenkter Schiffe Hilfe verschiedenster Art zukommen ließ.15 Wie an früherer Stelle bereits angesprochen, unterstreichen sogar britische Quellen das hohe Maß an Korrektheit, Rücksichtnahme und „Ritterlichkeit“, welches Arnauld gegenüber seinen Gegnern an den Tag legte. So berichtete beispielsweise Admiral William James, der während des Krieges als stellvertretender Chef der als Room 40 bekannten Dechiffrierabteilung des britischen Marinenachrichtendienstes eingesetzt war, von einem Fall, in welchem Lothar v. Arnauld Teile der Besatzung eines versenkten Schiffes an Bord seines Bootes nahm und einen Funkspruch über ihren Verbleib nach Belfast absetzte.16 Vor allem letzteres fand aus naheliegenden Gründen keine Erwähnung in den Kriegstagebüchern von U 35 bzw. U 139. Selbst französische Quellen kamen nicht umhin, Arnauld zumindest ein hohes Maß an Kühnheit zu attestieren.17 Rückblickend auf seinen Kriegseinsatz kann Lothar v. Arnauld demnach mit Recht als äußerst pflichtbewusster, korrekter und zugleich fairer Offizier bezeichnet werden, der seiner Mannschaft nichts abverlangte, was er nicht auch selbst zu leisten bereit war.

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Zitiert nach: Herzog, Arnauld, S. 105 f. Eichberger, S. 272. Preußen, Mittelmeer, S. 280. Zitate nach: Herzog, As, S. 10. Zur Episode mit dem Zentralmaat siehe oben, S. 98. Eine entsprechende Behauptung findet sich etwa bei Compton-Hall, S. 217. Siehe dazu etwa oben, S. 66 ff., 82, 88, 93 und 111. James W., S. 116. Ähnlich auch Koerver, S. 223 sowie Compton-Hall, S. 217 und Gray, Killing Time, S. 217. Siehe Thomazi, S. 178.

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7 Bewertung der Persönlichkeit Lothar v. Arnaulds

ROLLE IN FREIKORPS, REICHS- UND KRIEGSMARINE Kritischer ist hingegen Arnaulds Rolle als Kommandeur des Sturmbataillons der III. Marinebrigade zu sehen. Der Kapitänleutnant machte von vornherein keinen Hehl daraus, dass es ihm darum ging, „den roten Sumpf trockenzulegen“, während er die Rote Fahne stets nur als „roten Lappen der Revolte“ bezeichnete.18 Es liegt auf der Hand, dass aus Arnauld hier der kaiserliche Seeoffizier sprach. Das Seeoffizierskorps der Kaiserlichen Marine konnte allein schon seiner „ganzen Erziehung nach kein Verständnis für die neue (demokratische) Zeit“ haben und aufgrund seiner antisozialistischen Haltung der Revolution mit nichts anderem als Abscheu begegnen.19 Aus dieser Erziehung speiste sich, verbunden mit dem Bestreben, die Schande der Matrosenrevolte von 1918 wettzumachen, die nationale und antikommunistische Gesinnung der Marinebrigaden, die jedweden rechtskonservativen Kräften näher standen als der „Erfüllungspolitik“ der demokratischen Mehrheitsparteien.20 Arnauld stellte diesbezüglich sicher keine Ausnahme dar. Die spärliche Quellenlage macht es jedoch weitestgehend unmöglich, seine konkrete Rolle während der mitunter bedenklichen Operationen der Loewenfeld-Brigade zu ermitteln. Nachweisbar ist in diesem Zusammenhang einzig die Anordnung der sofortigen Vollstreckung dreier, durch das Standgericht des Sturmbataillons Arnauld de la Perière verhängter Todesurteile Anfang April 1920 im Ruhrgebiet.21 Formaljuristisch waren sowohl die Urteile selbst wie auch ihre Vollstreckung rechtswidrig, da die Reichsregierung bereits Tage zuvor das Standrecht im Ruhrgebiet aufgehoben hatte. De facto blieb es jedoch auch in den darauffolgenden Monaten in Kraft. Der Umstand, dass andere genauso handelten, soll das Verhalten Arnaulds jedoch keinesfalls rechtfertigen. Er hätte die Urteilsvollstreckung zumindest aussetzen können. In jedem Fall wurde der damalige Kapitänleutnant für diese Anordnung nicht belangt und selbst wenn, so wäre er spätestens durch eine Amnestie vom August 1920 von der Strafverfolgung befreit worden.22 Trotz seiner Freikorpstätigkeit war Arnauld jedoch zu keinem Zeitpunkt politischer Aktivist, sondern lediglich ein ehemals kaiserlicher Seeoffizier, der es als seine Pflicht ansah, sein Vaterland vor dem als Nemesis alles Deutschen empfundenen Kommunismus zu bewahren. Mit dem Übertritt in die Reichsmarine mäßigten sich diese Ansichten bei einem Großteil der früheren Brigademitglieder.23 So sprach auch Lothar v. Arnauld Anfang 1921 in einem Brief an Tirpitz zwar immer noch vom „geplagten Deutschland“, räumte jedoch ein, dass ihm die Arbeit in der Marine „eine gewisse Befriedigung“ brächte, wenngleich auch „jedes größere Ziel“ fehle.24 Nachdem sich die Weimarer Republik konsolidiert hatte, war man auch in der Reichsmarine zu der Erkenntnis gelangt, 18 19 20 21 22 23 24

Zitiert nach: Jones, S. 32; ferner Arnauld, U-Boot-Krieg, S. 65 und ders., Kampf, S. 92. Herwig, Elite, S. 203. Vgl. Rahn, Marine, S. 30 sowie Dülffer, Marine, S. 360. Siehe oben, S. 124 ff. Bucksteeg, S. 56 Carsten, S. 139. Vgl. Schreiben Arnaulds an Großadmiral Tirpitz vom 28.04.1921 (Kap. 5/Fn. 90), Bl. 92.

Rolle in Freikorps, Reichs- und Kriegsmarine

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dass selbst eine sozialdemokratische Regierung „im Vergleich zu Generalstreik und (…) Aufstand“ immer noch das kleinere Übel darstellte.25 Man hatte sich mit den Verhältnissen abgefunden und kultivierte fortan wieder das Ideal vom „unpolitischen Soldaten“.26 Zu einer Identifikation mit dem demokratischen Staatssystem kam es dabei jedoch nicht. Vielmehr orientierte man sich an einer abstrakten Staatsidee, einem „Vaterland“, das sich stark nach der „Vorweltkriegsordnung“ richtete und von dem „die Weimarer Republik als Parteienstaat diffamierend abgesetzt wurde“.27 Anlässlich der Eröffnung der Genfer Abrüstungskonferenz am 2. Februar 1932 schrieb Arnauld, der Staat ruhe „auf den Opfern und den Waffen“.28 Dies kann zumindest als Hinweis darauf verstanden werden, dass ihm ein anderes Deutschland vorschwebte als die schwach gerüstete und instabile Republik von Weimar. Zwar war auch bei Arnauld mit den Jahren die Akzeptanz des Weimarer Systems gestiegen29, doch blieb er bis zu seinem Tode das, wozu er in der ersten Hälfte seines Lebens geformt worden war: ein Seeoffizier des kaiserlichen Deutschlands. In seiner Kajüte auf der Emden hingen die Bilder Tirpitz’ und Hindenburgs zwischen der Reichskriegsflagge und dem Typenschild von U 35 und auch sein Haus war „das reinste Museum von U-Boot-Erinnerungen“.30 Auch sein Verhalten nach dem Zwischenfall auf der Emden31 spricht für diese These: Arnauld fühlte sich, wenn auch nicht mehr als „Repräsentant seiner Majestät“, für die Vorgänge an Bord „seines“ Schiffes verantwortlich, wenngleich diese aus heutiger Perspektive kaum mehr waren als ein unüberlegter Scherz einiger betrunkener Matrosen.32 Dennoch nahm er infolge seiner Ablösung als Kommandant der Emden seinen Abschied. Ob der Grund hierfür in gekränktem Stolz oder in der Tatsache zu sehen ist, dass er es mit seinem Ehrenkodex schlichtweg nicht vereinbaren konnte, dass sein Name mit einem zumindest entfernt an die Ereignisse vom November 1918 erinnernden Vorfall auf einem deutschen Kriegsschiff in Verbindung gebracht wurde, kann an dieser Stelle nur vermutet werden. Im Hinblick auf die herausgearbeiteten Persönlichkeitsmerkmale Lothar v. Arnaulds erscheint beides gleichermaßen denkbar. Eine Nähe Arnaulds zum Nationalsozialismus ist an keiner Stelle nachweisbar. Zwar schloss er Briefe in den 1920er Jahren nachweislich mit der Floskel „mit deutschem Gruß“, doch war diese Formulierung in national denkenden Kreisen bereits seit dem Ersten Weltkrieg verbreitet.33 Auch aus dem Kontext ergeben sich 25 26 27 28 29 30 31 32 33

Dülffer, Weimar, S. 34. Vgl. Sorge, S. 33; Rahn, Marine, S. 90 f. sowie Dülffer, Weimar, S. 65. Dülffer, Marine, S. 372. Vgl. eine handschriftliche Widmung Arnaulds in einem nicht zu ermittelnden Buch, die als Kopie in den Akten des DUBM vorhanden ist. Vgl. DUBM, Arnauld. Vgl. einen Brief Arnaulds an Tirpitz vom 12.09.1929, in welchem er anlässlich des Besuchs der Emden in Neuseeland freudig von einem „vollkommenen Stimmungsumschwung zu unseren (sic!) Gunsten“ sprach, in: BA/MA, N 253, Bl. 94. Dazu ferner Sorge, S. 34. Dies geht aus einem Brief Arnaulds an Tirpitz (Fn. 29), Bl. 94 (Bilder) sowie einer Fotografie von Arnaulds Kajüte aus dem Privatarchiv Dufeil (Reichskriegsflagge und Typenschild) und Thomas, Ritter, S. 128 (Arnaulds Wohnhaus) hervor. Siehe oben, S. 131 f. Vgl. Koop, S. 77. Siehe einen Brief Arnaulds an einen Herrn Beeg vom 18.04.1929, in: Privatarchiv Dufeil. Zum

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7 Bewertung der Persönlichkeit Lothar v. Arnaulds

keinerlei Bezüge in dieser Hinsicht. Wie die obigen Ausführungen gezeigt haben, galt seine Loyalität nach dem Ende der Monarchie in erster Linie dem „Vaterland“ und nicht einer bestimmten Staatsform. Dies änderte sich auch nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten nicht. Als Offizier der Kriegsmarine diente er Hitler, der nunmehr den Staat verkörperte. Als Mensch hingegen blieb er bis zu seinem Tode der Seeoffizier der Jahre 1914–1918.

„deutschen Gruß“ in den 1920er Jahren siehe Allert, S. 47. Ein weiteres Beispiel für eine derartige Floskel findet sich in einem bei Schüddekopf, S. 142 f. abgedruckten Brief aus dem Jahr 1923, in welchem ein Reichswehr-Oberst die Floskel „mit treudeutschem Gruß“ verwendet.

8 EPILOG: EIN VERGESSENER KRIEGSHELD? Am Ende der Betrachtungen bleibt noch ein Frage zu klären: Wieso ist Lothar v. Arnauld, der als erfolgreichster U-Bootkommandant des Kaisers von Zeitgenossen als „Held“ gefeiert wurde, heute nahezu vollkommen unbekannt? Um hierauf eine umfassende Antwort geben zu können, muss man sich zunächst dem Begriff des „Helden“ selbst zuwenden. Konversationslexika des 19. Jahrhunderts definieren den „Helden“ als jemanden, der „aufgrund der ihm zugeschriebenen Leistungen für das Gemeinwesen verehrt wurde“.1 Das Kriterium der „Leistungen für das Gemeinwesen“ wiederum bemisst sich nach dem im Zeitpunkt der Entstehung des Heldenmythos gesellschaftlich vorherrschenden Wertekanon. Wandeln sich diese Rahmenbedingungen, verändert sich auch das Verständnis des „Heldentums“ in entsprechender Weise. In Deutschland haben insbesondere die Erfahrungen aus Krieg und Nationalsozialismus, in dem alles Militärische eine mitunter pseudoreligiöse Überhöhung erfuhr, zu einem tiefgreifenden Prestigeverlust des Soldatentums und seiner Ideale geführt.2 Militärischem „Heldentum“ begegnet man heute eher mit einer „nüchternen Skepsis“3 denn mit Bewunderung oder gar Verehrung. Insofern ist es nur logisch, dass auch die Erinnerung an einstige „Helden“ im kollektiven Gedächtnis zusehends verblasst. Ausnahmen bilden hier höchstens noch Namen wie Richthofen oder Rommel, die sich nach wie vor einer gewissen medialen Präsenz erfreuen. Aus dieser Erkenntnis ist zu schließen, dass die Gründe für die langfristige Bekanntheit oder Unbekanntheit eines „Helden“ in der Zeit vor 1945 zu suchen sind. In den vorliegenden Betrachtungen wurde dargelegt, inwieweit Arnauld während des Ersten Weltkrieges zum „Helden“ stilisiert wurde.4 Zu klären ist demnach, weshalb sich dieses Bild nicht gehalten hat und was die Gründe dafür sind, dass Lothar v. Arnauld de la Perière in Vergessenheit geriet. Vergleicht man Arnauld mit anderen „Helden“ wie Weddingen oder v. Richthofen, so ist der grundsätzliche Unterschied zunächst einmal der, dass letztere den Krieg nicht überlebten. Dies ist insofern bedeutsam, als dass bei sogenannten „Opferhelden“ zu den militärischen Erfolgen das entscheidende Element der Tragik 1 2

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Meyer, S. 722 f. Vgl. Schilling, S. 25 sowie Busche, S. 23. Man denke in diesem Zusammenhang nur daran, wie lange es gedauert hat, ehe die Bundesregierung den Afghanistaneinsatz überhaupt als „Krieg“ bezeichnete. Ähnliches gilt für den Terminus der „Gefallenen“ für im Einsatz umgekommene Bundeswehrsoldaten. Seit dem ersten Kampfeinsatz der Bundeswehr im Jahre 1999 benötigte es knapp zehn Jahre und eine Petition an den Bundestag, bis mit dem „Ehrenkreuz der Bundeswehr für Tapferkeit“ eine Auszeichnung geschaffen wurde, um „ganz besonders herausragende tapfere Leistungen“ von Bundeswehrsoldaten im Einsatz zu honorieren. Vgl. dazu BMVg, S. 4 ff. Vgl. Hans-Ulrich Wehler, „Im Gruselkabinett deutscher »Helden«“, abrufbar unter . Siehe dazu oben, S. 63 ff., 79 f. und S. 105 f.

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hinzukam. Erst beides zusammen hob Weddingen und Richthofen „gegenüber anderen gefallenen Soldaten einerseits und den Überlebenden andererseits hervor“. Nur das ultimative Opfer in Gestalt des „Heldentodes“ verlieh die „höheren Weihen“: So prophezeihten deutsche Zeitungen nach Weddingens Tod unter anderem, dass dieser „mit Schill, Friesen und Körner (…) im Gedächtnis von 100 Millionen Deutschen, diesseits und jenseits des Meeres, unsterblich weiterleben“5 würde, während man Boelcke mit dem „gehörnte(n) Siegfried“6 verglich. Diese mythologisierende Heldenverehrung in Gestalt von Vergleichen mit großen „Helden“ vergangener Tage oder deutschen Sagengestalten blieb allein Gefallenen vorbehalten.7 In der Folge erschienen allein bis Kriegsende sieben Weddingen- und sechs Boelcke-Biographien.8 Somit ist anzunehmen, dass der niedrige Bekanntheitsgrad Arnaulds zumindest teilweise schlicht auf den Umstand zurückzuführen ist, dass er den Krieg überlebte und ihm diese Formen posthumer Überhöhung verwehrt blieben. Auf einen weiteren Grund für die Präferenz gefallener „Helden“ stößt man, wenn man sich vergegenwärtigt, dass insbesondere Richthofen sowohl von der Weimarer Republik als auch von den Nationalsozialisten vereinnahmt wurde:9 Tote „Helden“ lassen sich aufgrund der Tatsache, dass sie keinen Widerspruch mehr erheben können, leichter instrumentalisieren als lebende. Ein rein auf den UBootkrieg bezogener Faktor ist hingegen der Umstand, dass Weddingen derjenige war, der dem Kaiserreich mit der Versenkung der drei englischen Panzerkreuzer am 22. September 1914 den ersten Seesieg und der Welt den entscheidenden Beweis für den militärischen Wert des U-Bootes lieferte.10 Die infolgedessen einsetzende Euphorie in der deutschen Bevölkerung, die durch die Flottenpropaganda der Vorkriegsjahre eine große Marinebegeisterung entwickelt hatte, sicherte Weddingen einen Platz im kollektiven Gedächtnis der Nation. Gemessen an versenkter Tonnage mag Lothar v. Arnauld zwar der erfolgreichste U-Bootkommandant des Weltkrieges gewesen sein, doch ergibt sich im Vergleich zu Weddingen ein entscheiden-

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„Getreu bis in den Tod“, in: Hannoverscher Kurier vom 11.04.1915, tägliche Unterhaltungsbeilage Nr. 31713. „Hauptmann Boelcke †“, in: Vossische Zeitung vom 30.10.1916 (MoA), S. 1. Vgl. Schilling, S. 29 ff. Drei der Weddingen-Biographien wurden bereits oben genannt (Kap.2/Fn. 35), dazu kamen noch: Rudolf Eggstein, „Seeheld Otto Weddingen“ (Leipzig 1915); Josef Karlmann Brechenmacher, „Seeheld Weddingen und der Unterseebootkrieg“ (Donauwörth 1915) sowie Otto Witt, „Otto Weddingen. Der deutsche Seeheld“ (Berlin 1915); dazu auch Busche, S. 26 f. und Schilling, S. 274 ff. Zu Boelcke: August Apke, „Boelcke, der Held der Lüfte“ (Chemnitz 1916); Josef Karlmann Brechenmacher, „Der Meisterflieger Bölcke und seine Genossen im Luftkampfe“ (Donauwörth 1918); Oskar Bruessau, „Ein Boelcke will ich werden“(Leipzig-Hamburg 1916); Rudolf Oskar Gottschalk, „Boelcke †. Deutschlands Fliegerheld“ (Leipzig 1916); Anton Luebcke, „Hauptmann Boelcke“ (Warendorf 1916) sowie Rolf Sommer, „Fliegerhauptmann Oswald Boelcke“ (Potsdam 1917). Beider Bildnis findet sich ferner in einer vom Wolffschen Telegraphischen Büro 1916 herausgegebenen Broschüre mit dem Titel „Deutsche Führer und Helden des Weltkrieges (Berlin 1916), S. 61 (Weddingen) und S. 63 (Boelcke). Schilling, S. 291 ff.; 342 ff.; Castan, S. 274, 279 ff. Schilling, S. 30; Dazu auch oben, S. 26. Zur Skepsis bzgl. des militärischen Nutzens von UBooten siehe oben, S. 23 ff.

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der Unterschied: Arnauld operierte nahezu ausschließlich gegen Handelsschiffe.11 Zwar war der U-Boot-Handelskrieg aufgrund der im Kriegsverlauf zunehmenden Bewaffnung der Transporter sowie der U-Bootfallen, Patrouillen und Eskorten keinesfalls ungefährlich, doch war die Versenkung von Handelsschiffen, selbst wenn es noch so viele waren, nicht annähernd so dramatisch wie die Vernichtung von Kriegsschiffen. Schlagzeilen wie „Tauchboot mit 26 Mann (gegen) drei englische Stahlkolosse mit 2600 Mann!“ lassen erkennen, dass das Duell U-Boot gegen Panzerkreuzer auf damalige Beobachter wie ein epischer Kampf David gegen Goliath gewirkt haben muss.12 Die Versenkung von Handelsschiffen, damals oft noch Segler, erschien daneben wenig spektakulär. De facto hatten die völlig unvorbereiteten und überdies veralteten Panzerkreuzer zwar keinerlei Chance gegen die Unterwasserangriffe Weddingens, doch in der kollektiven Wahrnehmung begründete seine Tat „Seeheldentum“.13 Auch Arnauld schien sich dieses Unterschiedes bewusst gewesen zu sein, als er nach dem Krieg schrieb: „(…) Zwar wären uns Kriegsschiffe lieber gewesen. Sie fuhren aber spärlich. Und es war besonderes Glück, wenn man auf eins stieß. Unendlich viel wichtiger für den Kriegserfolg war aber die Vernichtung der für den Feind fahrenden Tonnage. Das war uns allen klar.“14

Die Erinnerungskultur in der Weimarer Republik wie im Dritten Reich war in dieser Hinsicht jedoch unerbittlich. Zwar stößt man in einem Zigarettenalbum mit dem Titel „Deutsche Helden“ aus dem Jahr 1933 auf Arnaulds Bildnis15, doch ansonsten wird der erfolgreichste U-Bootkommandant des Weltkrieges an kaum einer Stelle erwähnt. Selbst in Schulbüchern mittlerer und höherer Lehranstalten, die mitunter explizit die „Deutsche(n) U-Boote im Weltkrieg“ oder „Führer und Helden“ zum Gegenstand haben, findet man zwar Richthofen, Weddingen oder Hersing, nicht jedoch Lothar v. Arnauld.16 Vor allem Lehrwerke aus der Zeit der Republik von Weimar verzichten dabei mitunter gänzlich auf eine Individualisierung von „Helden“ und beschränken sich auf die Nennung der entscheidenden Oberbefehlshaber.17 11 12 13 14 15 16

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Statistisch gesehen waren 99 % der von Arnauld versenkten Boote Handelsschiffe (66 % Dampfer und 33 % Segler). Siehe dazu Tabelle 3 im Anhang, S. 181. Brechenmacher, Weddingen, S. 13. Vgl. Schilling, S. 266 f. Arnauld, U-Boot-Krieg, S. 58. Siehe „Lothar von Arnauld de le Perriére, Fregattenkapitän“, in: Cigarettenfabrik Kyriazi (Hrsg.): Deutsche Helden (Kairo-Hamburg 1933), Bild 223, S. 53. Vgl. Anhang, Abb. 30, S. 173. Vgl. Usadel, passim (u. a. Hersing); Reppich, S. 40 ff. (Richthofen und Weddingen); Reiniger, S. 338 (Weddingen) Seeger, S. 220 (Weddingen); Neubauer, S. 115 (Weddingen); Bär, S. 182 (Weddingen), S. 205 (Immelmann, Boelcke, Richthofen), S. 289 f. (v. Müller, Graf Dohna, Graf Luckner); Gehl, Stichworte, S. 181 (Weddingen); ders., Mittelstufe, S. 57 (Immelmann, Boelcke und Richthofen); Rude, S. 121 (Immelmann); zu Hersing bzw. v. Müller und Graf zu Dohna-Schlodien siehe auch oben, S. 27 sowie Kap. 4/Fn. 98. Siehe etwa Gehl, Oberstufe, S. 128 ff. (Hindenburg und Ludendorff); Schnabel, S. 164 f. (Hindenburg, Ludendorff und Graf Spee); Pinnow, S. 137 ff. (dieselben); Philip/Neumann, S. 292 f. (dieselben); Schnabel, S. 115 ff. (Moltke, Hindenburg, Ludendorff, Liman v. Sanders u. a.); Reimann, S. 134 ff. (Hindenburg); Schmitthenner/Fliedner, S. 162 ff. (Hindenburg, Ludendorff, Falkenhayn, Scheer).

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Wenn Arnaulds Name einmal auftaucht, so geschieht dies bestenfalls am Rande. Charakteristisch hierfür ist die nachfolgende Bildunterschrift aus dem Zigarettenalbum „Ruhmestaten der deutschen Marine“: „U 35, das unter Klt. v. Arnauld erfolgreich Handelskrieg im Mittelmeer führte, machte mit einem englischen Torpedo eine merkwürdige Bekanntschaft. Das Torpedo sauste über U 35 hinweg und drückte glücklicherweise nur das Geländer des U-Bootes ein.“18

Hier fand man offenbar andere Vorfälle spektakulärer als die Person Arnaulds oder seine Erfolge im Handelskrieg, die nur in einem Nebensatz genannt werden. Doch auch abgesehen von U-Bootkommandanten wie Weddingen und Hersing lag, sofern man Feldherren und Admirale ausklammert, der Schwerpunkt der Erinnerungsliteratur bei solchen Protagonisten, deren Einsätze ein möglichst hohes Maß an „spektakulärem“ Heldentum verhießen. Neben Kampffliegern waren dies vor allem Kommandanten von Handelsstörern, die im Pazifik Kreuzerkrieg führten. Die Operationen dieser „Piraten des Kaisers“19 fernab der Heimat verhießen Abenteuer und Romantik zugleich. So finden sich in genanntem Album neben dem obligatorischen Konterfei Weddingens Bildnisse von Fregattenkapitän v. Müller von der Emden (I) und Felix Graf v. Luckners, dem Kommandanten der Seeadler.20 Gerade letzterer demonstrierte in beeindruckender Weise einen weiteren Faktor, der bei Arnauld nahezu gänzlich fehlte: erfolgreiche Selbstvermarktung. Im Gegensatz zu Richthofen, der bereits 1917 seine Autobiographie „Der Rote Kampfflieger“ veröffentlichte und Luckner, der nach Kriegsende eine rege Publikations- und Vortragstätigkeit entwickelte und dessen Leben in den 1970ern sogar als Vorlage für eine Abenteuerserie diente, bediente sich Arnauld derartiger Mittel so gut wie gar nicht. Aus seiner Hand erschienen lediglich fünf verhältnismäßig kurze Beiträge in verschiedenen Anthologien sowie eine Erzählung in der Art eines Groschenromans, doch erreichte nichts davon auch nur annähernd die Auflagenzahlen der Bücher Richthofens und Luckners.21 Schließlich könnte auch Arnaulds Name selbst eine Rolle im Hinblick auf seinen geringen Bekanntheitsgrad gespielt haben – weniger wegen dessen französischer Herkunft, sondern vielmehr aufgrund der einfachen Tatsache, dass er weniger eingänglich ist wie „Richthofen“, „Weddingen“ oder „Graf Luckner“. Daran vermochte der Umstand, dass die Kriegsmarine im November 1941 einer U-Bootgruppe im Mittelmeer den Namen Arnauld verlieh, nichts zu ändern.22 Auch starb er zu früh, um als „Negativheld“, etwa in Verbindung mit dem „Verheizen“ deutscher U-Bootbesatzungen durch Dönitz Bekanntheit zu erlangen, der seine U-Bootmänner angesichts der alliierten Landung in der Normandie wis18 19 20 21 22

Mahalesi, S. 32, ähnlich auch S. 34 f. Zu dem Vorfall selbst siehe oben, S. 99 f. So der Titel eines Buches von Walter („Piraten des Kaisers: Deutsche Handelsstörer 1914– 1918, Stuttgart 1996). Zu Weddingen siehe Mahalesi, S. 10 f.; zu Müller ebenfalls Mahalesi, S. 10 f. sowie Vogel, S. 5 ff. und oben, Kap.4/Fn. 98. Zu Graf Luckner siehe Mahalesi, S. 24 f. und S. 32 f. sowie Busche, S. 132 ff. Siehe dazu Schilling, S. 289; Busche, S. 133 f., 144 f.; Schneider/Wagener, S. 12 f. Zu den Beiträgen Arnaulds siehe Quellen- und Literaturverzeichnis, S. 186. Vgl. Blair, Abschnitt „The Crisis in the Mediterranean“, S. 3 sowie Thoms, Nr. 9 und Herzog, U-Boote, S. 152.

8 Epilog: Ein vergessener Kriegsheld?

149

sen ließ, dass „das Boot, das dem Feinde (…) Verluste beibringt,(…) seine Aufgabe erfüllt und sein Dasein gerechtfertigt“ hat – „auch wenn es dabei bleibt“.23 Im Lichte der gewonnenen Erkenntnisse soll am Ende dieser Arbeit nochmals zum „Menschen“ Arnauld zurückgekehrt werden. Lothar v. Arnauld war nie jemand, der sich in den Vordergrund drängte. Er war kein Selbstdarsteller oder Karrierist – vielmehr tat er schlicht das, was als U-Bootkommandant seine Pflicht war: Er versenkte Schiffe. Dass dies keine ruhmverheißenden Panzerkreuzer waren, lag nicht in seiner Hand. Die Entscheidung, wie er „seinen“ U-Bootkrieg führte, hingegen schon. Und dies geschah trotz eines Gegners, der im Seekrieg oftmals keine Tricks und Täuschungen scheute, mit Anstand. Vielleicht wird es der Person Lothar v. Arnauld de la Perières deshalb sogar gerechter, dass er nicht zum „Roten Baron“ der Meere avancierte, sondern das Schicksal Millionen anderer Soldaten teilt, die schlicht ihre Pflicht taten.

23

Zitiert nach: Williams, S. 283.

ANHANG I: KARTEN Karte 1: Britische Blockadezone und Minensperren

Quelle: Joachim Schröder, Die U-Boote des Kaisers, Bernard & Graefe Verlag, Koblenz/Bonn 2003, S. 453.

152

Anhang I Karte 2: Deutsches U-Boot-Kriegsgebiet nach der Erklärung vom 4. Februar 1915

Quelle: Joachim Schröder, Die U-Boote des Kaisers, Bernard & Graefe Verlag, Koblenz/Bonn 2003, S. 454.

Karten Karte 3: Die Unternehmung von U 35 vom 26. Juli bis 20.August 1916 (erfolgreichste U-Bootoperation der Seekriegsgeschichte)

Quelle: Herzog, U-Boote, S. 148.

153

154

Anhang I Karte 4: Sperrzonen und neutrale Korridore nach der Erklärung des uneingeschränkten U-Bootkrieges (2. Februar 1917)

Quelle: Marinearchiv, Handelskrieg Bd. IV, Karte XV.

Karten Karte 5: Lothar v. Arnaulds letzte Feindfahrt (11. September bis 14. November 1918)

Quelle: Privatarchiv Dufeil („Einsatzfahrt U 139 b“).

155

156

Anhang I Karte 6: Aufmarsch der Freikorps an der Ruhr, März 1920

Quelle: Schmidt-Pauli, S. 271.

Karten Karte 7: Weltreise der Emden vom 5. Dezember 1928 bis zum 13. Dezember 1929

Quelle: Privatarchiv Dufeil („Emden 13“).

157

ANHANG II: ABBILDUNGEN

Abb. 1: Lothar v. Arnauld (2. v. r.) als Leutnant z. S. in Tsingtau (18. März 1912).

Abb. 2: Lothar v. Arnauld (Mitte) im Großen Hauptquartier zusammen mit Großadmiral Tirpitz (2. v. r.) und Admiral Gustav Bachmann (2. v. l.), 1915.

160

Anhang II

Abb. 3: U 35 (Originalunterschrift: „U 35 in Brioni an der Boje“), 1916/1917.

Abb. 4: Die Besatzung von U 35 an Deck. Dabei in der zweiten Reihe stehend: Leutnant z. S. Launburg (4. v. l.), Kapitänleutnant v. Arnauld de la Perière (Mitte, 5. v. l.), Leutnant z. S. Obermüller (5. v. r.) und Marineoberingenieur Fechter (4. v. r.).

Abbildungen

161

Abb. 5: U 35 in Cartagena an der Seite des spanischen Kreuzers Cataluña, 21. Juni 1916.

Abb. 6: Originalunterschrift: „Ital. Dampfer Dandolo, 4977 t Stückgüter von Kalkutta nach Genua, 28.7.1916“. (Man beachte das anvisierende Deckgeschütz in der Abbildung unten mittig).

162

Anhang II

Abb. 7: Augenblicke später. Originalunterschrift: „Granattreffer“.

Abb. 8: Torpedierung des britischen Dampfers Maplewood, 5. April 1917.

Abbildungen

163

Abb. 9: Nach der Abholung von Canaris. Von l. n. r: Arnauld, Canaris, Sievers, Badewitz, unbekannt, Oktober 1916.

Abb. 10: Signierte Propagandapostkarte mit dem Konterfei Lothar v. Arnaulds, noch vor Verleihung des Pour le mérite, 1916 (entspricht dem Titelblatt der Deutschen Kriegs-Zeitung vom 9. Juli 1916).

164

Anhang II

Abb. 11: Propagandapostkarte Lothar v. Arnaulds, nach Verleihung des Pour le mérite, ca. 1917.

Abb. 12: Propagandapostkarte Lothar v. Arnaulds, aufgenommen nach Abschluss der Feindfahrt vom 1. bis 13. Januar 1917 (entspricht dem Bildnis Arnaulds in der offiziellen Sammlung amtlicher Kriegs-Depeschen [Depeschen Bd. VII, nach S. 2720]).

Abbildungen

165

Abb. 13: U 139 „Kapitänleutnant Schwieger“, 1918. Man beachte die Größe der Geschütze im Vergleich zu den danebenstehenden Besatzungsmitgliedern.

Abb. 14: Besuch von Kronprinzessin Cecilie (Mitte) auf U 139 in Warnemünde, 1918.

166

Anhang II

Abb. 15: Waffenwirkung der 15cm-Deckgeschütze von U 139 am Bug der Augusto de Castillo.

Abb. 16: Lothar v. Arnauld zusammen mit Offizieren der Marinebrigade Loewenfeld (v. l. n. r.: KptLt. Siegfried Claassen, KptLt. Rolf Carls, Major Bruns, Major Kloebe, KKpt. Hans Kolbe, KptLt. Lothar v. Arnauld, KptLt. Hermann v. Fischel).

Abbildungen

167

Abb. 17: Der Leichte Kreuzer Emden (III).

Abb. 18: Lothar v. Arnauld mit dem neuseeländischen Premierminister Sir Joseph Ward an Bord der Emden, 6. Juli 1929.

168

Anhang II

Abb. 19: Arnauld in Paradeuniform mit all seinen Auszeichnungen, 1929/1930.

Abb. 20: Lothar v. Arnauld (r.) mit KKpt. Faber, dem 1. Offizier der Emden beim Abschied von Honolulu, 23. August 1929.

Abbildungen

169

Abb. 21: Arnauld (vorne links in Admiralsuniform) mit Adolf Hitler im „heimgeholten“ Danzig, 19. September 1939. Vorne rechts im dunklen Mantel Albert Forster (Gauleiter von Danzig); rechts neben Hitler General Blaskowitz; rechts von Arnauld mittig im Hintergrund Generalmajor Erwin Rommel (zum damailigen Zeitpunkt Kommandant des „Führerhauptquartiers“).

Abb. 22: Arnauld (links neben Hitler im Hintergrund) mit Adolf Hitler auf der Westerplatte nahe Danzig, 19. September 1939. Links im Vordergrund Gauleiter Forster.

170

Anhang II

Abb. 23: Arnauld (1. v. l.) mit Großadmiral Raeder (2. v. l.) in Brest, 1940. (Raeder verabschiedet sich hier von KKpt. und SA-Obergruppenführer Dietrich v. Jagow).

Abb. 24: Vizeadmiral v. Arnauld mit Generalfeldmarschall v. Reichenau, Brest 1940.

Abbildungen

171

Abb. 25: Arnauld (1. v. r.) mit Generalfeldmarschall v. Kluge (2. v. r.), Cherbourg, Juni 1940.

Abb. 26: Trauerfeier für Lothar v. Arnauld. Ehrenbataillon vor der Madeleine in Paris, 2. März 1941.

172

Anhang II

Abb. 27: Das Halbkettenfahrzeug mit dem von der Reichskriegsflagge bedeckten Sarg. Auf der Fahne liegen Dolch und Mütze Arnaulds.

Abb. 28: Trauerfeier auf dem Invalidenfriedhof in Berlin, 4. April 1941. Am Grab Großadmiral Raeder mit zum letzten Gruß erhobenem Großadmiralstab.

Abbildungen

Abb. 29: Das Grab Lothar v. Arnaulds auf dem Berliner Invalidenfriedhof heute.

Abb. 30: Sammelbild Arnaulds aus dem Zigarettenalbum „Deutsche Helden“ (Cigarettenfabrik Kyriazi, Kairo-Hamburg 1933, Bild 223, S. 53).

173

ANHANG III: RISSDARSTELLUNGEN Darstellung 1: S. M. U 35

Quelle: Möller/Brack, S. 30.

176

Anhang III

Darstellung 2: S. M. U 139 „Kapitänleutnant Schwieger“

Quelle: Anonymus, Schiff, S. 211.

ANHANG IV: TABELLARISCHE DARSTELLUNGEN DER VERSENKUNGSERFOLGE LOTHAR V. ARNAULDS Tabelle 1: Gesamtübersicht Schiff SUTHERLAND MARERE TREMATON LA PROVENCE GIAVA MASUNDA PRIMULA MINNEAPOLIS MOTIA MARIA D-TORRE DEL GRECO SAN FRANCESCO DI PAOLA ANTONIA V GIOSUE SAN FRANCESCO TAVOLARA ADELINA ANETTE AUDACE S. MARIA SARDINIA DOLMETTA M ERA EUFRASIA GAFFA RONDINE POVIGA AQUILA BEACHY OLGA RONA FRANCE ET RUSSIE MARIO C. GIUSEPPINA HERAULT CANFORD CHINE CHECCHINA DAIYETSU MARU SAN FRANCSECO SATURNINA FANNY CLARA FOURNEL MONGIBELLO PINO ROMA WINDERMERE CARLO ALBERTO GIUSEPPINA TEANO

3

4 1

40

Nationalität GBR GBR GBR FRA ITA GBR GBR GBR ITA ITA ITA ITA ITA ITA ITA ITA ITA ITA ITA GBR ITA ITA ITA GBR ITA ITA NOR GBR FRA GBR FRA ITA ITA FRA GBR FRA JAP ITA ITA ITA FRA ITA ITA ITA GBR ITA ITA GBR

Schiffstyp D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D

BRT Tag Monat Jahr 3542 17 1 1916 6443 18 1 1916 4198 20 1 1916 14183

Versenkt durch G G G

13753 2755 4952 1250 22586

26 27 28 29

2 2 2 2

1916 1916 1916 1916

T G G T

13543 13543

23

3

1916

T

500 277 43 132 20 28 701 170 112 143 515 1119 48 1077 71 3922 112 3360 2192 4718 2964 1312 329 398 1872 2299 2398 184 3184 1060 1568 5503 2047 4059 1677 2491 2292 312 214 1907 56818

13 13 13 14 14 14 14 15 15 15 15 15 16 16 16 16 16 17 18 18 18 18 19 19 23 23 24 24 24 24 24 25 25 27 27 27 27 29 29 29

6 6 6 6 6 6 6 6 6 6 6 6 6 6 6 6 6 6 6 6 6 6 6 6 6 6 6 6 6 6 6 6 6 6 6 6 6 6 6 6

1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916

G G G Verbrannt Stemmeisen G G G G SP G G G G SP G G G G T T G SP Verbrannt G G G SP G G G G G T Ventilöffnung Ventilöffnung Ventilöffnung G G Ventilöffnung

Legende: D = Dampfer; S = Segler; KB = Kanonenboot; G = Geschützfeuer; SP = Sprengpatrone(n); T = Torpedo; G/SP = Geschütz und Sprengpatrone(n).

178 DANDOLO BRITANNIC ETHELBRYHTA GIUSEPPE MARTA KATHOLM CITTA DI MESSINA EINAR EMILIO G. ERLING GENERALE AMEGLIO HEIGHINGTON EUGENIA NEPTUNE TRICOUPIS FAVONIAN SIENA TETI TOTTENHAM ACHILLEUS MOUNT CONISTON NEWBURN TRIDENT IMPERIAL SPEME ANTIOPE GANEKOGORTA MENDI SEBASTIANO TEMMEI MARU PAGASARRI GINA NEREUS REGINA PACIS SAINT GAETAN BALMORAL EURASIA FRANCESCO SAVERIO IVAR EMILIA FRANCESCA HENRIETTE B. IDA LAVINIA LOUIS B. PANSANIA ROSARIO SAN FRANCESCO DI PAOLO SAN GIOVANNI BATISTA SAN GIUSEPPE PATRIARCA AUGUSTA CANDIDA ALTIERI VERGINE DI POMPEI MADRE SWEDISH PRINCE ERIX

Anhang IV

54

ITA GBR GBR TUN DAN ITA NOR ITA NOR ITA GBR ITA FRA GRE GBR ITA ITA GBR GRE GBR GBR GBR GBR ITA GBR SPA ITA JAP SPA ITA ITA ITA FRA ITA ITA ITA DAN ITA ITA ITA ITA ITA ITA ITA ITA ITA ITA ITA ITA ITA ITA ITA GBR ITA

D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D

4977 3487 3084 111 1324 2464 135 166 122 222 2800 550 151 2387 3049 4372 2868 3106 843 3018 3554 3129 3818 1229 2973 3061 3995 3360 3287 443 3980 2228 125 2542 1898 214 2139 319 161 176 242 243 212 107 188 112 1066 62 523 282 145 665 3712 923 90350

28 30 30 30 30 31 31 31 31 31 1 2 2 3 4 4 4 4 5 5 7 7 8 8 9 9 9 10 11 12 12 12 12 13 13 13 13 14 14 14 14 14 14 14 14 14 14 14 15 15 15 16 17 19

7 7 7 7 7 7 7 7 7 7 8 8 8 8 8 8 8 8 8 8 8 8 8 8 8 8 8 8 8 8 8 8 8 8 8 8 8 8 8 8 8 8 8 8 8 8 8 8 8 8 8 8 8 8

1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916

G G G G G Ventilöffnung G SP G SP T Verbrannt SP Ventilöffnung G G Ventilöffnung G G G T T G SP G Ventilöffnung G G G SP G G G G G SP G G G SP G G G G G G G G G SP SP G G G

179

Tabellarische Darstellungen der Versenkungserfolge Lothar v. Arnaulds DORIDE TERESA GARIBALDI GIOVANNI ZAMBELLI CHARTERHOUSE BRONWEN BUFJORD NICOLO BENPARK NEWBY RODDAM STRATHE RALLAS SECONDO VINDEGGEN VENUS RIGEL SAMOS BIRK GALLIA AURORA VERA LESBIAN SALVATORE PADRE HUDWORTH MOHACSFIELD ANDONI LYNFIELD ASSUNTA LYMAN M. LAW PERCY ROY MERY OCEANIA BURANDA ORIANA PRUDENZA PIER ACCAVAN UBERT GIUSEPPE GUIDO T SKOGLAND LONGHIRST MONT VISO DOROTHY PRIKONISOS

22

6

14

ITA ITA ITA ITA GBR GBR NOR ITA ITA GBR GBR GBR GBR GBR NOR ITA FRA GRE NOR FRA ITA SWE GBR ITA GBR GBR GBR GBR ITA USA GBR RUS ITA GBR ITA ITA ITA ITA ITA SWE GBR FRA GBR GRE

D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D KB KB S S S S S S S S S S S S S S S S S S S S S S

1250 270 5185 2485 3021 4250 2284 5475 3842 2168 3218 2623 1752 3912 2610 4051 1250 1186 715 14966 2806 2308 67852

19 19 22 22 23 24 24 24 25 26 26 26 27 27 27 29 2 3 4 4 5 5

9 9 9 9 9 9 9 9 9 9 9 9 9 9 9 9 10 10 10 10 10 10

1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916

G SP G SP G SP/G G G G G G G G T G G T SP SP/G T G SP

2555 200 3966 3678 3188 3023 16610

5 5 6 7 8 8

1 1 1 1 1 1

1917 1917 1917 1917 1917 1917

SP SP/G T G T SP

132 1300 110 178 4217 3651 3132 3307 112 1856 324 3264 3053 4820 3806 3537 28328

11 12 13 14 14 16 16 16 17 18 18 18 23 23 24 24

2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2

1917 1917 1917 1917 1917 1917 1917 1917 1917 1917 1917 1917 1917 1917 1917 1917

SP SP/G SP G SP nur beschädigt G SP G G G G T nur beschädigt T G

180 ARDGASK MARGUERITE PARKGATE MAPLEWOOD MISS MORRIS INDIA GIUSEPPE ACCAME ODYSSEUS STROMBOLI PATAGONIER PANAGHIS DRAKATOS BRISBANE RIVER CORFU FERNMOOR TREKIEVE SOWWELL LEASOWE CASTLE LOWDALE NENTMOOR BANDIERA E MORO BIEN AIME PROF. LUIGI NORDSÖEN TORVORE TRIANA WILHELM KRAG ALAVI DESPINA G.MICHALINOS DORIS LILLA CITY OF BELFAST (HMS) LORENZO IKOMA MARU FANNIE PRESCOTT NAMUR CAMBRIC MARIA DI PORTO SALVO SAN FRANCESCO DI PAOLA G. PERSIER FISCUS WAVERLEY PIETRO TURNBRIDGE ARGO CLIFTONDALE NORDPOL HUMBERTO PYTHEAS KERMAN MARCONI DAITEN MARU BEGONA No.4 SILVERDALE

Anhang IV

23

11

8

5

GBR USA GBR GBR GBR GRE ITA GRE ITA GBR GRE GBR GBR GBR GBR GBR GBR GBR GBR ITA ITA DAN NOR SPA NOR GBR GRE ITA ITA GBR ITA JAP USA GBR GBR ITA ITA GBR GBR GBR ITA GBR GBR GBR NOR POR NOR GBR GBR JAP SPA GBR

S S S S S S S S S S S S S S S S S S S S S S S S S S S S S S S S S S S S S S S S S

4542 1553 3232 3239 156 2933 3830 3463 5466 3832 2734 4989 3695 3098 3087 3781 9737 2260 3535 2086 265 1055 1667 748 3715 67989

3 4 4 7 11 12 13 13 13 14 15 17 17 17 18 19 20 20 20 23 24 24 24 24 24

4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4

1917 1917 1917 1917 1917 1917 1917 1917 1917 1917 1917 1917 1917 1917 1917 1917 1917 1917 1917 1917 1917 1917 1917 1917 1917

T SP SP/G T SP SP G SP SP G SP SP SP SP T T nur beschädigt G G SP SP SP SP nur beschädigt G

3627 2851 3979 2819 1055 2498 3048 404 6694 3403 91 223 29570

13 13 13 13 15 18 19 25 29 31 2 2

10 10 10 10 10 10 10 10 10 10 11 11

1917 1917 1917 1917 1917 1917 1917 1917 1917 1917 1917 1917

SP/G T T T nur beschädigt SP/G SP/G SP/G T T G G

3874 4782 3853 3860 2874 3071 3811 2053 28175

10 20 20 23 24 25 25 25

12 12 12 12 12 12 12 12

1917 1917 1917 1917 1917 1917 1917 1917

T T T G T T T T

274 2690 4397 7402 4555 1850 3835 13204

23 26 27 27 6 7 9

2 2 2 2 3 3 3

1918 1918 1918 1918 1918 1918 1918

SP T nur beschädigt nur beschädigt T G T

181

Tabellarische Darstellungen der Versenkungserfolge Lothar v. Arnaulds

Mit U 139 ESPANA BYLANDS MANIN AUGUSTO DE CASTILHO RIO CAVADO

G 100 G 51% 100

51%

5

SPA GBR ITA POR POR

114 3309 2691 487 301 7008

22 1 1 14 2

9 10 10 10 10

1918 1918 1918 1918 1918

unbekannt G T G unbekannt

Tabelle 2: Tabelle 2: Gesamtzahl versenkter Schiffe Versenkungsweise nach Anteilen an der Versenkungsweise nach Anteilen an der Gesamtzahl versenkter SchiffeUnbekannt SP T G/ SP Ventilöffnung Verbrennen Stemmeisen 37 SP 19% 37 19%

Dampfer 129 Dampfer 66% 129 66%

36 T 18% 36 18%

G/ 9SP 5% 9 5%

8 Ventilöffnung 4% 8 4%

3 Verbrennen 1,5% 3 1,5%

Tabelle 3: Tabelle 3:nach Typ Versenkte Schiffe Versenkte Schiffe Segler nach Typ 65 Segler 33% 65 33%

1 Stemmeisen 0,5% 1 0,5%

2 Unbekannt 1% 2 1%

Kanonenboote 2 Kanonenboote 1% 2 1%

Quelle: Erstellt durch den Verfasser anhand der Kriegstagebücher von U 35 und U 139.

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS AA

Abendausgabe

AKB

Amtliches Kriegs-Bulletin

Bd.

Band

BRT

Bruttoregistertonnen

d. R.

der Reserve (im Zusammenhang mit militärischen Rängen)

DUBM

Deutsches U-Boot-Museum (Cuxhaven)

FdU

Führer der U-Boote

Fn.

Fußnote

k. u. k.

kaiserlich und königlich

KKpt.

Korvettenkapitän

kn

Knoten

KptLt.

Kapitänleutnant

KTB

Kriegstagebuch

MA

Morgenausgabe

MiA

Mittagsausgabe

MoA

Montagsausgabe

m. w. N.

mit weiteren Nachweisen

S. M.

Seine(r) Majestät

TE

Tagebucheintrag

z. S.

zur See (bei militärischen Rängen Leutnant,Oberleutnant und Kapitän

z. V.

zur Verwendung (im Zusammenhang mit militärischen Rängen)

QUELLEN- UND LITERATURVERZEICHNIS A) Archivquellen I.

Politisches Archiv des Auswärtigen Amtes, Bonn (zitiert: AA)

1.

Abteilung IA, Vereinigte Staaten von Amerika: Ver. St. v. Amerika Nr.16:

2.

Abteilung IA, Weltkrieg: WK Nr. 18 a: R 16435: R 21240 (S. 42): R 21240 (S. 104): R 21240 (S. 114): R 21241 (S. 12): R 21241 (S. 36): R 21241 (S. 54): R 21241 (S. 59):

3.

Versenkung der Lusitania, Arabic und anderer Schiffe, auf denen sich amerikanische Bürger befanden. Stellung der Regierung der Vereinigten Staaten zur U-Bootkriegführung, Band 12. Militärattaché Madrid, Telegramm an Auswärtiges Amt. Für Stellvertr. Generalstab, Politik. Entzifferung. 22.12.1915. Nadolny, [R.], Telegramm in Ziffern an die Kaiserliche Botschaft in Madrid. Für Militärattaché [über Auswärtiges Amt], 27.10.1915. Nadolny, [R.], Telegramm in Ziffern an den Militärattaché bei der Kaiserlichen Botschaft in Madrid [über Auswärtiges Amt (Chiffrierbüro)]. 9.6.1916. Ratibor, Der Kaiserliche Botschafter an Generalstab Politik [über Auswärtiges Amt]. Entzifferung. 23.6.1916. Anonymus, Telegramm des K. Militärattachés an Auswärtiges Amt [für Generalstab Politik]. Entzifferung. 18.10.1916. Kaiserlicher Geschäftsträger, Telegramm an Auswärtiges Amt [für Großer Generalstab Politik]. Entzifferung. 6.1.1917. Ratibor, Telegramm des K. Botschafters an Auswärtiges Amt. Entzifferung. 28.2.1917. Anonymus, Notiz der K. u. K. Österreichisch-Ungarischen Botschaft. 3.3.1917.

Abteilung IA, Spanien: R 12000: R 12012:

4.

Beziehungen der Vereinigten Staaten von Nordamerika zu Deutschland, Band 35.

Nr. 61, Die politischen Beziehungen zwischen Spanien und Deutschland, Band 7. Nr. 61 geh., Die Beziehungen zwischen Spanien und Deutschland, Band 1.

Akten des Auswärtigen Amtes im Großen Hauptquartier: R 22333:

Spanien Nr. 38, Spanien: Allgemeine Lage, Band 1/2.

184

Quellen- und Literaturverzeichnis

II. Bundesarchiv – Militärarchiv, Freiburg i. Br. (zitiert: BA/MA) 1. 2. 3.

MSG 109/42: N 253: N 852/88:

4.

PERS 6/2226 :

5. 6. 7. 8. 9. 10.

RM 97/763: RM 97/764: RM 97/765: RM 97/766: RM 97/767: RM 122/116:

General der Luftwaffe Friedrich von Arnauld de la Periére. Nachlass Alfred v. Tirpitz. Nachlass Jochen Brennecke: Handschriftlich verfasstes privates Kriegstagebuch des UBoot-Kommandanten Arnauld de la Perière aus der Zeit des Ersten Weltkrieges, Laufzeit 1917–1918. Arnauld de la Perière, Lothar von. 5. RL 2 III: Generalquartiermeister beim Generalstab der Luftwaffe. Kriegstagebuch U 35, Laufzeit: 12. Jan.–15. Apr. 1915. Kriegstagebuch U 35, Laufzeit: 16. Apr.–17. Nov. 1915. Kriegstagebuch U 35, Laufzeit: 18. Nov.1915–26. Juli 1916. Kriegstagebuch U 35, Laufzeit: 26. Juli 1916–31. Juli 1917. Kriegstagebuch U 35, Laufzeit: 1. Aug. 1917–9. Okt. 1918. Aufzeichnung Wilfried von Loewenfeld (1934): „Wie die 3. (Freiwillige) Marinebrigade von Loewenfeld entstand“.

III. Bundesarchiv Koblenz (zitiert: BAK) R 43 I/2716

Polizei (1919–1945), Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, Ruhrgebiet Bd. 3.

IV. Landesarchiv Baden-Württemberg, Hauptstaatsarchiv Stuttgart, Stuttgart (zitiert: LABW) M 635/2 Bü 839

Liste des personnes désignées par les Puissances Alliées pour être livrées par l‘Allemagne en exécution des articles 228 à 230 du Traitè de Versailles et du Protocole du 28 juin 1919.

V.

The National Archives, Kew, Richmond, Surrey, United Kingdom (zitiert: NA)

1. 2.

ADM 137/4142: HW 7/1:

Assessments of results of attacks on German Submarines 1914–1915. Contribution to the History of German Naval Warfare, 1914–1918: volume one, The Fleet in Action, written by Birch and Clarke, Chapters I–X.

VI. Deutsches U-Boot-Museum – Archiv für internationale Unterwasserfahrt, Cuxhaven-Altenbruch Aus dem Bestand „U-Boote Kaiserliche Marine/ S. M. U-Boot U-35“: 1. Privates Kriegstagebuch des Obersteuermaats Kurt Timm, Laufzeit 01.01.1917 bis 02.10.1917 (zitiert: DUBM, Timm). 2. Kriegstagebuch „U 139 Kaptlt. Schwieger“. Kaptlt. v. Arnauld, Laufzeit vom 14.05. bis 14.11.1918 (zitiert: DUBM, U 139). 3. Alfred Bock/ Rolf Walter: Von Arnauld’s letztes Gefecht (zitiert: DUBM, Bock/Walter). 4. Kopie des Besitzzeugnisses Otto Loyckes über das Schlesische Bewährungsabzeichen (Schlesischer Adler) II. Stufe vom 28. Dezember 1919.

Private Quellen

185

5. Kopie einer handschriftlichen Widmung Arnaulds aus einem nicht mehr zu ermittelnden Buch vom 02.02.1932 (zitiert: DUBM, Arnauld). VII.

Archiv des Wehrgeschichtlichen Ausbildungszentrums der Marineschule Mürwik, Flensburg (zitiert: WAZ) 1. Schiffsbefehlsbuch des Leichten Kreuzers Emden, Laufzeit 05.12.1928 bis 01.02.1929 (zitiert: WAZ, Emden). 2. Brief Lothar v. Arnaulds an den Leiter der Kriegsmarine-Dienststelle Königsberg (Pr.) vom 21.07.1937 (zitiert WAZ, Lohmann). 3. „von Arnauld de la Perière tödlich verunglückt“. Zeitungsausschnitt aus der Westfälischen Tageszeitung (Münster) vom 26.03.1941.

B) Private Quellen Privatarchiv von Herrn Yves Dufeil, 28 Avenue Nelson Mandela, F-83130 La Garde. Die nachfolgend genannten Quellen lagen dem Autor in digitalisierter Form vor. Bei den Fotografien wird zusätzlich der Name der Datei genannt: I. II. III. IV. V. VI. VII. VIII. IX. X. XI.

XII. XIII.

Postkarte Lothar v. Arnaulds vom 31.12.1905 aus Kiel an seine Eltern in Potsdam. Postkarte Lothar v. Arnaulds vom 01.03.1908 aus Vigo an seine Eltern in Potsdam. Postkarte Lothar v. Arnaulds vom 17.09.1908 aus Kiel an seine Eltern in Potsdam. Postkarte Lothar v. Arnaulds von den Kaisermanövern 1908 (Datum unleserlich, nach dem 17.09.1908) in der Ostsee an seinen Bruder Hellmut in der Hauptkadettenanstalt Groß-Lichterfelde. Postkarte Lothar v. Arnaulds vom 03.09.1909 aus Saßnitz an seine Eltern in Potsdam. Postkarte Lothar v. Arnaulds vom 18.03.1912 aus Tsingtau an seine Eltern in Potsdam. Postkarte Lothar v. Arnaulds vom 30.06.1914 aus Kiel anlässlich der Eröffnung der Schleuse des Kaiser-Wilhelm-Kanals an seine Eltern in Potsdam. Postkarte Lothar v. Arnaulds vom 23.08.1915 (Absendeort unbekannt) an seine Eltern in Postdam. Kopie des Reisebefehls des Reichspräsidenten v. Hindenburg für die Emden vom 16.11.1928. Kopie einer Liste der Offiziere des Leichten Kreuzers Emden. „Einsatzfreudig und kämpferisch. Trauerfeier für Vizeadmiral von Arnauld de la Perrière in Paris“, Ausschnitt aus Gegen England. Deutsche Marine, Frontzeitung in der Bretagne und Normandie, hrsg. vom Oberkommando der Marine, Ausgabe vom März 1941. Traueranzeige der ehemaligen Offiziere der SMS Emden, unterzeichnet vom früheren Kommandanten Karl Heinrich v. Restorff. Fotografie von Arnaulds Kajüte an Bord der Emden („Emden 95“). XIV. Brief Arnaulds an einen Herrn Beeg vom 18.04.1929.

186

Quellen- und Literaturverzeichnis

C) Gedruckte Quellen I.

Erinnerungen und Korrespondenzen

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Gedruckte Quellen

187

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188

Quellen- und Literaturverzeichnis

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Gedruckte Quellen

189

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BÄR, Adolf (Hrsg.): Methodisches Handbuch der Deutschen Geschichte. Teil IX, 1. Abteilung: Der Weltkrieg 1914 zu Lande, zur See, in den Schutzgebieten, Berlin 1921. GEHL, Walther: Geschichte für höhere Schulen. Oberstufe: Ein Hilfsbuch zu geschichtlichem Denken und Sehen. 4. Heft: Neueste Zeit, Breslau 1925 (zitiert: Gehl, Oberstufe). ders.: Geschichte für höhere Schulen. Mittelstufe: Ein Hilfsbuch zu geschichtlicher Anschauung. 4. Heft: Neueste Zeit (1813–1925), Breslau 1926 (zitiert: Gehl, Mittelstufe). NEUBAUER, Friedrich: Grundzüge der Geschichte für höhere Lehranstalten, 8. Teil: Vom Wiener Kongress bis zur Gegenwart, 6. Auflage, Halle/Saale 1929. PHILIP, Hans/ NEUMANN, Richard: Bausteine für den Geschichtsunterricht. Ein Arbeits- und Tatsachenbuch, Band III: Neue und neueste Zeit, Mittel- und Oberstufe, Leipzig 1924. PINNOW, Hermann: Geschichte des deutschen Volkes für die Mittelklassen höherer Lehranstalten, Band II: Von 1648 bis zur Gegenwart, Leipzig-Berlin 1923. REIMANN, Arnold (Hrsg.): Geschichtswerk für höhere Schulen. I. Teil: Unterstufe: Das Heldenbuch, München-Berlin 1926. REINIGER, Max: Der Geschichtsunterricht. Handbuch für den arbeits- und erlebnisbetonten Unterricht in deutscher Volks- und Kulturgeschichte. Dritter Teil: Deutschlands Einigung – Deutsches Schicksal – Deutsche Gegenwart, 9. Auflage, Langensalza 1928. RUDE, Adolf: Quellen- und Lesebuch für den Geschichtsunterricht. Heft 3, 8./9. Auflage, Osterwieck-Leipzig 1927. SCHNABEL, Franz: Geschichte der neuesten Zeit, 9. Auflage, Leipzig-Berlin 1929. 2.

Drittes Reich

GEHL, Walther: Deutsche Geschichte in Stichworten, Heft 4: Von 1871 bis 1940, Breslau 1938 (zitiert: Gehl, Stichworte). REPPICH, Hans: Volk und Reich der Deutschen. Geschichtsbuch für Oberschulen und Gymnasien, Klasse 1: Von Führern und Helden, Frankfurt/Main 1941. SCHMITTHENNER, Paul/ FLIEDNER, Friedrich: Führer und Völker. Geschichtsbuch für höhere Schulen. Klasse 8: Von Bismarck zum Großdeutschen Reich, Bielefeld - Leipzig 1941. SEEGER, Hans: Das zweite Reich der Deutschen. Die Einkreisung Deutschlands und der Weltkrieg 1890–1918, in: Göbel, Herbert (Hrsg.): Dürrs Deutsche Geschichte, Heft 13/14, Leipzig 1936. USADEL, Georg (Hrsg.): Deutsches Ahnenerbe. Lesestoffe für den Deutsch- und Geschichtsunterricht: Deutsche U-Boote im Weltkrieg, Leipzig – Berlin 1936.

190

Quellen- und Literaturverzeichnis

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2.

Frankreich La Croix (Paris), 1916–1917. L’Echo de Paris (Paris), 1916. Le Gaulois (Paris), 1916–1918. Le Matin (Paris), 1920–1941. Le Petit Parisien (Paris), 1941. Le Temps (Paris), 1916.

3.

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4.

Luxemburg Luxemburger Illustrierte (Luxemburg), 1929. Österreich-Ungarn Wiener Allgemeine Zeitung (Wien), 1917.

5. 6.

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Die Wirren in der Reichshauptstadt Deutschland 1918–1920. Errettung des Ruhrgebiets 1918–1920.

und

im

nördlichen

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Von Kriegsbeginn bis Anfang September 1914. Von Anfang September bis November 1914. Vom Sommer 1917 bis zum Kriegsende 1918.

Der Handelskrieg mit U-Booten. Bearbeitet von Arno Spindler (zitiert: Marinearchiv, Handelkrieg Bd.): Band I Band II Band III Band IV Band V

Vorgeschichte, Berlin 1932. Februar bis September 1915, Berlin 1933. Oktober 1915 bis Januar 1917, Berlin 1934. Februar bis Dezember 1917, Berlin 1941. Januar bis November 1918, Frankfurt/Main 1966.

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Der Waffenstillstandsvertrag von Compiègne und seine Verlängerung nebst den finanziellen Bestimmungen.

SEEKRIEGSRECHT IM WELTKRIEGE. Sammlung diplomatischer Noten und anderer Urkunden. Zusammengesetzt im Auftrage des Staatssekretärs des Reichs-Marine-Amts, Berlin 1916 (zitiert: Seekriegsrecht, Bd.). Band I Band II

Urkunden 1 bis 226. Urkunden 227 bis 368.

VERHANDLUNGEN DES REICHSTAGS, IV. Wahlperiode 1928, Berlin 1928 (zitiert: Verhandlungen). Band 439

Anlagen Nr. 1551 bis 1625 zu den Stenographischen Berichten.

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ABBILDUNGSVERZEICHNIS Einband Privatarchiv Arnauld – Graphische Bearbeitung: Jürgen Bogedain Titelblatt (S. 7) 1. Gemälde Lothar v. Arnauld: Titelblatt der Zeitschrift „Jugend“ Nr. 17/1918. 2. Unterschrift Lothar v. Arnauld de la Perière: Widmung in Langsdorff, Werner von (Hrsg.): UBoote am Feind. 45 deutsche U-Boot-Fahrer erzählen, Gütersloh 1937. Anhang II: Abbildungen (S. 159 ff.) Bei digitalisierten Fotografien findet sich in Klammern der Originalname der Datei; bei online verfügbaren gemeinfreien Abbildungen ist entsprechend der jeweilige Link angegeben. 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14.

Abb. 1 Abb. 2 Abb. 3 Abb. 4 Abb. 5 Abb. 6 Abb. 7 Abb. 8 Abb. 9 Abb. 10 Abb. 11 Abb. 12 Abb. 13 Abb. 14

Privatarchiv Arnauld/Dufeil Privatarchiv Arnauld/Dufeil Privatarchiv Arnauld/Dufeil Privatarchiv Arnauld/Dufeil Privatarchiv Arnauld/Dufeil Privatarchiv Arnauld/Dufeil Privatarchiv Arnauld/Dufeil Bundesarchiv Privatarchiv Arnauld/Dufeil Privatarchiv Arnauld/Dufeil Privatarchiv Arnauld/Dufeil Privatarchiv Arnauld/Dufeil Privatarchiv Arnauld/Dufeil Privatarchiv Arnauld/Dufeil

(„1912 Tsingtau ro“). („1915 Reichsmarineamt“). („u 35 brioni“). („1916 cattaro“). (Carthagene 2“). („19160728 Dandolo (R Berger)“). („19160728 Dandolo 2 (R Berger)“). Bild Nr. 102-00159. („1916 U35 v Arnauld Canaris“). („KL v arnauld3“). („1917 A.de la Perriere“). („KL LvA“). („U139[1]“). („Kronprinzessin at Warnemünde“).

202

Quellen- und Literaturverzeichnis

15. Abb. 15 16. Abb. 16 17. Abb. 17 18. 19. 20. 21. 22. 22. 23. 24.

Abb. 18 Abb. 19 Abb. 20 Abb. 21 Abb. 22 Abb. 23 Abb. 24 Abb. 25

25. 26. 27. 28. 29.

Abb. 26 Abb. 27 Abb. 28 Abb. 29 Abb. 30

Privatarchiv Arnauld/Dufeil („image 22b“). Privatarchiv Arnauld/Dufeil („1920 Marinebrigade Loewenfeld“). https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Light_Cruiser_Emden_off_the_US_ West_Coast_1930.jpg Privatarchiv Arnauld/Dufeil („Emden 72“). Privatarchiv Arnauld/Dufeil („1936 ca KzS“). Privatarchiv Arnauld/Dufeil („Honolulu1-23aug“). Privatarchiv Dieter Schenk Bayerische Staatsbibliothek München/Bildarchiv Privatarchiv Arnauld/Dufeil („1940 Lothar von Arnauld“). Privatarchiv Arnauld/Dufeil („VA v.Arnauld Brest 9-1940b“). Privatarchiv Arnauld/Dufeil („Treffen des Marinebefehshabers mit General v. Kluge in Cherbourg-Juni 1940“). Privatarchiv Arnauld/Dufeil („1941 Madeleine3“). Privatarchiv Arnauld/Dufeil („1941 Madeleine4“). Privatarchiv Arnauld/Dufeil („19410304 Invalidenfriedhof“). Privatarchiv Arnauld/Dufeil („dsc_0072“). Cigarettenfabrik Kyriazi (Hrsg.): Deutsche Helden (Kairo – Hamburg 1933), Bild 223, S. 53.

Trotz sorgfältiger Recherche konnten nicht alle Rechteinhaber der verwendeten Fotografien und Abbildungen ermittelt werden. Sollte das Urheberrecht Dritter berührt sein, so bitte ich um Benachrichtung nebst Nachweis der Inhaberschaft.

PERSONENREGISTER Ackermann, Rudolf 103 Alfons XIII. (Spanien) 55, 64, 66, 90 f. Arnauld, Henri 39 Arnauld de la Perière, August Ferdinand von 41 Arnauld de la Perière, Bertha von (Mutter) 41 Arnauld de la Perière, Friedrich von (Bruder) 43, 137 Arnauld de la Per(r)ière, Jean Gabriel (Johann Gabriel von) 39 ff. Arnauld de la Perière, Eugen Georg von (Vater) 41 Atatürk, Mustafa Kemal 136 Aulock, Hubertus von 122 f. Bachmann, Gustav 44 Badewitz, Reinhold 76 Bauer, Gustav (Reichskanzler) 122 Bauer, Hermann (Offizier) 25 Bethmann Hollweg, Theobald von 31 f., 34 Boelcke, Oswald 18, 80, 106, 146 Brümmer-Patzig, Helmut 130 Canaris, Wilhelm 10, 61, 74 ff., 117 De Terra, Erwin 99, 138, 140 Dohna-Schlodien, Nikolaus Graf zu 64 Dönitz, Karl 149 Ebert, Friedrich 121 f. Eichberger, Josef 141 Emmich, Otto von 44 Fechter, Hans 67, 140 Fischel, Hermann von 71 Forstmann, Walter 54 Fricke, Karl 84, 86, 89 Friedrich II. (Preußen) 40 f., 119 Friesen, Friedrich 146 Galster, Karl 23 f. Göring, Hermann 136 Gough-Calthorpe, Sir Somerset 96 Gutjahr, Karl-Otto 140 Heeringen, August von 24, 26 Heintze, Marta von 129 Hersing, Otto 27, 106, 147 f. Hindenburg, Paul von 131, 143 Hitler, Adolf 10, 144 Holtzendorff, Henning von 73 Hordt, Johann Ludwig Graf von 40 Horthy, Miklós 103 Immelmann, Max 18, 80

Ingenohl, Friedrich von 28 Jagow, Traugott von 122 James, William 141 Jellicoe, John 1. Earl Jellicoe 95 Kallen, Wilhelm 84, 87, 89 f. Kapp, Wolfgang 120 ff. Karl I. (Österreich-Ungarn) 44 Kessel-Oberglauche, Kurt von 122 Kleine, Friedrich Karl 57 Kluge, Günther von 137 Koch, Gottlieb von 107 Kophamel, Waldemar 26, 37, 45, 48, 50 Körner, Theodor 146 Krohn, Hans von 60, 65 f., 84, 90 Lequis, Arnold 123 Loewenfeld, Wilfried von 19, 115 ff., 123, 126, 128 Long, Huey Pierce 133 Luckner, Felix Graf von 148 Ludwig XIII. (Frankreich) 40 Ludwig XIV. (Frankreich) 40 Lüttwitz, Walther von 121 ff. Mecklenburg-Schwerin, Cecilie Herzogin zu 107 Michelsen, Andreas 113 Mayrhofer, Richard 126 f. Müller, Georg Alexander von 73 Müller, Karl von 64, 148 Nadolny, Rudolf 57, 135 Niemöller, Martin 54, 115, 141 Noske, Gustav 114, 116 ff., 121 Pégoud, Adolphe 18 Peral, Isaac 131 Philipp, Felix 122 Pistor, Kurt 140 Pohl, Hugo von 43 f. Preußen, Heinrich Prinz von 22, 42, 97, 100 Preußen, Sigismund Prinz von 97, 99, 131, 141 Preußen, Waldemar Prinz von 44 Preußen, Wilhelm Prinz von 107 Ratibor und Corvey, Max von 57 Raeder, Erich 137 Reichenau, Walter von 137 Rickenbacker, Edward 39 Richthofen, Manfred von 18, 27, 106, 145 ff.

204

Ortsregister

Romanones, Álvaro Figueroa Torres Conde de 59 Rommel, Erwin 145 Scharnhorst, Gerhard von 137 Schaumburg, Ernst 137 Schill, Ferdinand von 146 Schlieffen, Alfred von 137 Schmettow, Eberhard Graf von 122 Schottländer, Bernhard 123 Schröder, Ludwig von 44 Schuster, Karlgeorg 137 Schwieger, Walther 106 Sievers, Berthold 76 Sims, William 95 Skwara, Max 84

Stülpnagel, Otto von 137 Tell, Martin 58 f. Thomas, Lowell 39 Timm, Kurt 97 Tirpitz, Alfred von 21 ff., 26, 32, 129, 142 f. Valentiner, Max 54 Voigt, Ernst von 103, 106 Ward, Sir Joseph 131 Weddingen, Otto 27, 80, 106, 145 ff. Wilhelm II. (Deutsches Reich) 21 f., 28, 35, 43 f., 55, 65, 68, 73, 83, 94, 102, 105 f., 118, 140, 145 Wilson, Woodrow 34, 103, 112 Winckler, Josef 64 Wuppermann, Hermann 58, 90 f.

ORTSREGISTER Aden 131 Algier 74, 77 Alicante 87 Barcelona 62 Berlin 19, 33, 43 f., 56 ff., 62, 67 f., 73, 91 f., 116 ff., 121 ff., 136 f. Bizerta 77 Bottrop 125 ff. Bremen 113 Breslau 119 f., 122 f. Brioni 80 f. Buenos Aires 58 Cagliari 85 Cannes 70 Cartagena 55 ff., 63 ff., 70, 74 f., 79, 83, 86 f., 89 ff., 131 Cattaro 35 f., 50, 52 f., 60, 63, 72 f., 78, 83, 88, 93 f., 100 ff., 105 Charleville-Mézières 44 Clermont-Ferrand 39 Coesfeld 125 Danzig 107, 136 Dorsten 125 Dortmund 124 Dover 28 Dresden 122 Düsseldorf 124 Eigen 126 Emden 45 Escombrera 87 Essen 124, 127

Genf 143 Genua 70 f. Gibraltar 37, 92 f., 98 f. Gladbeck 126 Groß-Lichterfelde 41 Hagen 124 Halifax 109 Hamburg 113 Harwich 114 Helgoland 25 Herment 39 Hindenburg O.S. 120 Honolulu 131 Istanbul (Konstantinopel) 35, 135 f. Jildiz 135 Jüterbog 118 Kalkutta 66 Kiel 42 f., 47, 103, 107, 109, 113 ff. Kirchhellen 126 Koblenz 44 La Spezia 75 Le Bourget 137 Lüttich 44 Luxemburg 44 Lyon 68 f., 93, 104 Madrid 56 ff., 65, 89 f., 92 Marittimo 68, 85 Marseille 68 f., 77 Mombasa 131 Mönchengladbach 129 Mossul 135

Ortsregister Münster 124 Nanking 42 Neapel 71 Neidenburg 41 New Orleans 133 Oels 120 Oran 61, 101, 104 Otranto 53, 55, 66, 72, 74, 82, 84, 92, 96 f., 99 f., 107 Paderborn 127 f. Paris 29, 37, 119, 137 Pleß 44 Pola 35, 45, 53, 59, 68, 73, 79 f., 83, 97, 103 Port Mahon 69 Port Said 52 f. Posen 41 Potsdam 43, 136 Puerto Colombia 131 Punta Arenas 131 Remscheid 124 Rom 137 San Diego 131 San Jorge 87, 104 San Sebastian 70

Sankt Petersburg 23 Saßnitz 107, 113 Savona 70 f. Schermbeck 125 Schweidnitz 40 Sète 61, 70 Shanghai 42 Senne 128 Spartivento 68 Stralsund 129 Tarragona 87 Thessaloniki 51, 77 Toulon 77 Tsingtau 42 Verdun 52 Wahlstatt 41 Warnemünde 107 Washington D.C. 33 f. Wellington 131 Wesel 124 Wetter 124 Wien 36, 103 Wilhelmshaven 42, 103, 113, 130, 133 Zaborze 120

205

Lexikon zur Überseegeschichte Herausgegeben von Hermann Joseph Hiery für die Gesellschaft für Überseegeschichte

unter mitarbeit von Markus A. Denzel, Thomas Fischer, Gita Dharampal-Frick, Horst Gründer, Mark Häberlein, Achim von Oppen, Horst Pietschmann, Claudia Schnurmann, Bernhard Streck, Wilfried Wagner, Hermann Wellenreuther und Michael Zeuske

Das Lexikon zur Überseegeschichte ist das Standardwerk zur außereuropäischen Geschichte in deutscher Sprache. Verfaßt von den maßgeblichen deutschen Experten – Historikern, Ethnologen, Linguisten, Religionswissenschaftlern – zu außereuropäischen Kulturen und Völkern und ihrer Geschichte enthält es rund 2000 Stichwörter (Abidjan bis Zyklische Zeitvorstellung) zu allen Bereichen Afrikas, Amerikas, Asiens, Australiens und der Südsee. Auf dem neuesten Stand der Forschung werden auch komplexe historische und politische Zusammenhänge übersichtlich und verständlich dargestellt. Die ausführlichen Lebensbeschreibungen wichtiger Frauen und Männer enthalten zusätzliche Informationen, die in keinem anderen Lexikon zu finden sind. Dazu kommt ein Anhang über Geld und Geldwirtschaft sowie Maße und Gewichte weltweit. Auf 900 Druckseiten ist das Lexikon zur Überseegeschichte ein einzigartiges Werk, das im deutschen Sprachraum, ja darüber hinaus, nichts Vergleichbares kennt. Wer sich in Zukunft über die Geschichte außereuropäischer Kulturen informieren will, besitzt im Lexikon zur Überseegeschichte ein zuverlässiges Hilfsmittel.

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Bewältigung, Auswirkungen und Nachwirkungen des Bombenkrieges in Berlin und London 1940–1955 Zerstörung und Wiederaufbau zweier europäischer Hauptstädte

Historia altera - band 1 Wie war es möglich, dass die Städte Berlin und London trotz regelmäßiger und mitunter schwerer Bombardierung während des II. Weltkrieges ihre Funktion als wirtschaftliche, politische und kulturelle Zentren aufrechterhalten konnten? Martina Metzger zeigt die Zusammenhänge zwischen der Wirksamkeit der Gegenmaßnahmen und dem Ausmaß an Zerstörungen und menschlichem Leid auf. Dabei geht es ihr insbesondere um die Sofortmaßnahmen unmittelbar nach den Angriffen (1940–1945), die der Rettung von Menschenleben und der Aufrechterhaltung von materiellen Lebensgrundlagen dienten. Darüber hinaus dokumentiert sie den Einfluss der Entscheidungen, Prioritäten und Schwerpunktsetzungen der Verantwortungsträger mit ihren unterschiedlichen politisch-ideologischen Ausrichtungen auf die langfristigen Ergebnisse des Wiederaufbaus bis 1955. Die Berücksichtigung von Kriegs- und Nachkriegszeit veranschaulicht den Entwicklungsprozess der Bewältigung von Bombenkriegsfolgen unter verschiedenen Rahmenbedingungen. Neben den offiziellen Bewältigungsstrategien kommunaler und staatlicher Institutionen spielen auch die individuellen Überlebensstrategien einzelner Bewohner eine entscheidende Rolle.

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Susanne Fischer

Diktatur und (Doppel-)Moral? Einblicke in das Sexual- und Familienleben der deutschen Herrschaftselite zu Zeiten des Nationalsozialismus und des SED-Regimes

Historia altera - Band 2 Inwieweit unterschieden oder ähnelten sich Nationalsozialismus und SED-Regime im Hinblick auf die von ihnen vermittelten Moralvorstellungen über Ehe und Familie? Welche Forderungen in Bezug auf das sexuelle Verhalten ihrer Bürger hatten die höchsten Repräsentanten und wie verhielt sich der oberste Machtzirkel in seiner eigenen Lebensweise dazu? Acht kurze Biographien geben einen Einblick in das Privatleben von Joseph und Magda Goebbels, Heinrich Himmler und Ernst Röhm auf nationalsozialistischer Seite sowie in das Leben des Ehepaares Honecker, von Walter Ulbricht und Max Fechner als politische Hauptakteure des SED-Staates. Trotz der unterschiedlich ausgerichteten Regime sind letztlich doch zahlreiche Gemeinsamkeiten oder gar Kontinuitäten über die viel bemühte „Stunde Null“ hinaus auszumachen: so zum Beispiel in der Geburtenförderung, der Abkanzelung von Homosexualität als „gegen das gesunde Volksempfinden“ gerichtet oder der Vorgabe der Partei für die politische Elite, im Zweifelsfall die Pflicht über das persönliche Glück zu stellen. Nähe zum Machtzentrum bedeutete auch, dass Eingriffe in das eigene Liebesleben zugunsten der Partei jederzeit möglich waren.

324 Seiten mit 7 Abbildungen und 4 Tabellen 978-3-515-10938-3 kart. 978-3-515-10939-0 e-Book

aus dem inHalt Vergleichende Diktaturforschung | Theorie und Methodik | Die propagierten Moralvorstellungen bezüglich Ehe, Familie und Homosexualität | Die Lebenswelt der nationalsozialistischen Herrschaftselite | Die Lebenswelt der DDR-Herrschaftselite | Die Perzeption der Moral und des Privatlebens der Elite | Schlussbetrachtung | Quellen- und Literaturverzeichnis

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Lothar von Arnauld de la Perière war –

man über v. Arnauld nicht im Ansatz

gemessen an versenkter Tonnage – der

behaupten.

erfolgreichste U-Bootkommandant

Clemens Bogedain zeichnet das Leben

nicht nur des Ersten Weltkrieges,

des späteren Admirals von seinen An-

sondern der gesamten Seekriegsge-

fängen als junger Offizier in Fernost bis

schichte. Dennoch ist er heute außer-

zu seinem Unfalltod im Jahr 1941 nach

halb von Fachkreisen nahezu unbe-

und zeigt, weshalb v. Arnauld heute

kannt. Im Gegensatz dazu erfreut sich

nahezu in Vergessenheit geraten ist.

sein fliegerisches Pendant, der „Rote

Eingebettet in den zeitgenössischen

Baron“ Manfred v. Richthofen, bis heute

militärisch-politischen Kontext entsteht

einer vergleichsweise breiten medialen

so – trotz schwieriger Quellenlage –

Präsenz im In- und Ausland. Über ihn

ein geschlossenes Gesamtbild, welches

erschienen zahllose Bücher, mehrere

zugleich als Beispiel für die Entwick-

Filme erzählen sein Leben, und das Bild

lung deutscher Militäreliten zwischen

seines roten Fokker-Dreideckers ist na-

wilhelminischer Marine und Zweitem

hezu jedermann geläufig. All dies kann

Weltkrieg gelesen werden kann.

www.steiner-verlag.de Franz Steiner Verlag

ISBN 978-3-515-11256-7