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German Pages 99 [100] Year 1933
LOGIK YON FRIEDRICH BRUNSTÄD
E R S T E R ABSCHNITT.
DIE ENTSTEHUNG DER LOGIK: DIE ONTOLOGISCHE LOGIK. Logik ist die R i c h t u n g auf den Logos, die B e m ü h u n g u m den Logos. W a s dieser Logos eigentlich u n d in seiner W a h r h e i t ist, d a r a u f hinzuf ü h r e n ist die A u f g a b e des Versuches einer problemgeschichtlichen D a r stellung der logischen B e s t r e b u n g e n unseres K u l t u r k r e i s e s in i h r e n t y p i s c h e n Gestalten. F ü r den A n f a n g m a g die W o r t b e d e u t u n g ausreichen. Logos ist die sinnvolle R e d e , die e t w a s h e r a u s h e b t u n d bezeichn e t , in sich o r d n e t u n d darin m i t t e i l b a r m a c h t . Logos als solche Mitteilung ist Aussage, E r f a s s u n g u n d G e s t a l t u n g eines Sachverhaltes, einer Wirklichkeit, u n d Anrede, also P e r s o n v e r h ä l t n i s zugleich, A n r e d e d u r c h Aussage u n d Aussage, die in A n s p r u c h n i m m t . E r vollzieht eine Verbindlichkeit, eine Gültigkeit, die V e r b u n d e n h e i t s t i f t e t . E r v e r b i n d e t u n d beteiligt in solcher Gültigkeit, die das Ausgesagte u n d den Anger e d e t e n b e t r i f f t . Die F u n k t i o n des Logos ist das voeiv, die H a l t u n g i n solcher F u n k t i o n die νάηϋις, die Gestalt, die sich d a r a u s ergibt, d a s νόημα, d a s Vermögen, die F ä h i g k e i t zu solcher F u n k t i o n der νοϋς. W i r h a b e n d a f ü r das deutsche „ D e n k e n " m i t seinen Ableitungen u n d „ V e r n u n f t " , w e n n das W o r t in s t r e n g e m Sinne a l s . V e r n e h m e n r e c h t vers t a n d e n wird. Logik h a t es m i t d e m Logos zu t u n , m i t d e m , was die V e r n u n f t v e r n i m m t , w o d u r c h sie „ v e r n e h m e n " ist. Das P r o b l e m der Logik u n d d a m i t sie selbst e n t s t e h t z u n ä c h s t a m e r k e n n e n d e n V e r h a l t e n zur Wirklichkeit, a n der Wissenschaft, weil in F o r m d e r wissenschaftlichen „ O b j e k t i v i t ä t " zuerst Gültigkeitsanforder u n g e n als solche sich a u f d r ä n g e n . Logik e n t s t e h t als Besinnung der W i s s e n s c h a f t auf die A r t ihrer eigenen Gültigkeit. Aber gerade diese B e s i n n u n g k a n n ü b e r die W i s s e n s c h a f t h i n a u s f ü h r e n , in die G r ü n d e , aus d e n e n sie ihre eigene Gültigkeit herleitet. So verschieden diese F r a g e n a c h der Gültigkeit gestellt u n d b e a n t w o r t e t wird, so verschieden wird a u c h die Logik als A u f g a b e u n d G e s t a l t u n g sein. Das P r o b l e m der Logik f ü h r t in letzte Selbsterkenntnis u n d K r i t i k der W i s s e n s c h a f t hinein, d a h i n , wo die E n t s c h e i d u n g s f r a g e menschlicher E x i s t e n z , der Personwirklichkeit ü b e r h a u p t gestellt wird. Die Logik e n t s t e h t i m Z u s a m m e n h a n g e der griechischen Wissens c h a f t n a c h i h r e m U r s p r u n g u n d ihrer einheitlichen B e g r ü n d u n g i n der Philosophie, i m Z u s a m m e n h a n g e des d o r t w i r k s a m e n E r k e n n t n i s -
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u n d Wahrheitsbegriffes. Weil dieser Erkenntnis- u n d Wahrheitsbegriff ontologisch u n d metaphysisch ist, d a r u m ist auch die Logik in ihrer ersten Gestalt ontologische oder metaphysische Logik. Ontologie ist Rede oder Lehre von d e m Seienden, Sv, ens, res, Ding sind die sprachlichen Entsprechungen. Unser urtümliches Innesein von Wirklichkeit ist E r f a h r u n g von Widerstand. Wir spüren die Wirklichkeit als etwas, das unabhängig von uns ist u n d uns entgegensteht. Wirklichkeit ist d e m g e m ä ß Gegenstand, Ding, etwas Für-sich-bestehendes, Beharrendes, etwas Subsistierendes, eine Substanz. So drängt sich der Dingbegriff aus urtümlicher Wirklichkeitserfahrung auf. Wirklichkeit ist Realität, das Wirkliche sind τά Stτα, die Dinge, οϋαία das, was alle SvTa zu ΰντα m a c h t , die Dinghaftigkeit, die Substanz, das Sein in allem Seienden, das 8ντως Sv, das seiende Sein, auch das Wesen genannt. Das Seiende, Beharrende ist das An-sich, das Absolute, das Losgelöste, unabhängig f ü r sich Bestehende. D a m i t wird auch von vorneherein das Prinzip der I d e n t i t ä t , der Selbigkeit nahegelegt, Einheit wird als Identit ä t , als Selbigkeit gedacht. „ O b j e k t i v i t ä t " , Gültigkeit ist Gegenständlichkeit, ist die Richtung auf das Seiende als solches. D a ß m a n f ü r Gültigkeit Objektivität sagt, d a ß objektiv gleichbedeutend wird mit wahr, ist die Folge dieses ganzen Ansatzes. Erkennen, Wahrheit ist irgendwie geartete Beziehung auf ein Seiendes, eine Gegenständlichkeit. J e folgerichtiger der Begriff der I d e n t i t ä t oder der Selbigkeit u n d der daraus abgeleitete der Gleichheit ausgedacht wird, desto klarer wird diese Beziehung Wiedergabe, Übereinstimmung, Abbildung eines Seienden, einer Gegenständlichkeit. Gültiges oder wahres Erkennen ist das, was ein Seiendes, ein An-sich so wiedergibt, was mit einem Seienden übereinstimmt. 1. D I E V O R S O K R A T I K E R . Die griechische Philosophie u n d Wissenschaft ist das Gewahrwerden dieses Urphänomens von Wirklichkeitserfahrung und das folgerichtige Durchdenken des damit gegebenen Ansatzes zum Grundbegriff der Substanz, der oiaCa. Das Erkennen strebt in der Fülle und Vielheit, in der Mannigfaltigkeit u n d dem Wandel, in allem Wechsel, i m E n t s t e h e n u n d Vergehen des Gegebenen nach Gliederung, Ordnung, Bestimmtheit, Zusammenhang, festem Anhalt. E s entsteht die Frage nach der Einheit in der Vielheit, nach dem Beharrenden i m Wechsel. Sie t r i f f t zusammen m i t dem, was die Wissenschaft ü b e r h a u p t ausmacht, dem Willen zur „ O b j e k t i v i t ä t " . F ü r beide Anliegen bietet sich jener aus urtümlicher Wirklichkeitserfahrung entstehende Dingbegriff d a r : Das Ding als Beziehungspunkt, Träger mannigfacher Eigenschaften, als Substrat mannigfacher Zustände, als Ursache mannigfacher Wirkungsweisen, als Beharrendes i m Wechsel, als Ansichseiendes, als Ding an sich, als absolute Substanz. Die Zusammengehörigkeit der Wahrnehmungsgebilde wird
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so e r f a ß t ; als auf Dinge bezogen u n d in ihnen zusammengefaßt wird die Fülle des Gegebenen gesondert u n d festgehalten und als zu einem Ansichseienden gehörig objektiviert, als unabhängig von der einzelnen W a h r n e h m u n g . Substanz in diesem Sinne ist Körperlichkeit, Materialität. Denn Körper ist Masse, Masse ist Widerständigkeit. I m Dingbegriff steckt j a gerade diese Urerfahrung von Widerstand. I n dem Ansätze ist wie selbstverständlich diese Unterstellung einer körperlichen Substanz enthalten. So e n t s t e h t der Grundgedanke der jonischen Naturphilosophie von dem Urding (άρχή), dem Urseienden, dem Urstoff. Alles Geschehen u n d alles Gegebene ist Gestaltwandel dieses Urstoffes, den er aus sich selbst hervorbringt. Tiefere Ahnung bricht daraus bei Heraklit hervor, indem er ein Ansichseiendes, Beharrendes bestreitet, zwar einen Urstoff lehrt, aber einen solchen, der rastlose Bewegung ist. Das Ding ist hier Verb i n d u n g von Bestimmtheiten i m Werden, das Gesetz des Werdens. E s ist nicht dem Wandel entnommen, sondern den Wandel durchgreifend, ihn b i n d e n d u n d begründend, n a c h Notwendigkeit verknüpfend. E s gibt kein isoliertes, identisches Beharren. D a m i t ist eigentlich der Ansatz i n sich aufgehoben. So b e g r ü n d e t sich auch die charakteristische Lehre v o m Gegensatz als dem Unterschied in der Einheit u n d der Einheit i m Unterschied. Es wäre falsch, diese Lehre im Sinne der späteren coincidentia oppositorum zu verstehen, die eigentlich wieder Neutralisierung, Indifferenz, d. h. I d e n t i t ä t wäre. Das Entgegengesetzte wird gerade i n seiner Gegensätzlichkeit hier verbunden. Der Terminus Logos t r i t t hier zuérst auf als Gesetz, Ordnung, als das Verbindende, daher auch als das, was das Denken als Verbindlichkeit gestaltet, was gemeinsam ist. Der Pythagoraeische Gedanke von dem Seienden als Zahl, so mannigfaches bei der Bildung dieser Lehre mitgewirkt haben mag, d ü r f t e entscheidend b e s t i m m t sein durch den freilich nicht als solchen herausgehobenen Beweggrund : das Ding ist Einheit in der Vielheit, in der Mannigfaltigkeit, das ist das Charakteristische der Zahl, also ist die Zahl das Seiende, das Ding die Zahl. E s wird die Zahl verdinglicht, die „ D i n g e " bestehen aus Zahlen. Auch hier t r i t t folgerichtig eine Erkenntnis der gegensätzlichen S t r u k t u r der Wirklichkeit auf, i m ersten Anzeichen wohl auch das Grundverhältnis von F o r m u n d Materie (πέρας-&πειρον)· Die Eleaten formen den Ansatz m i t Strenge und Folgerichtigkeit aus, eben als I d e n t i t ä t , als unterschiedsloses Sein, als unveränderliches Beh a r r e n . Das Seiende ist, das Nichtseiende ist nicht. Das Seiende ist I d e n t i t ä t , das Nichtseiende ist der Unterschied. Hier setzt sich der Wille zur O b j e k t i v i t ä t durch in der Weise, in der er durch die ganze Voraussetzung bestimmt war : die ansichseiende I d e n t i t ä t , die unabhängig, u n b e r ü h r t von aller Vielheit, allem Wandel, aller Mannigfaltigkeit ist, was sie ist, ist das wahre Sein, die Wahrheit. Wenn das Denken Wahrheit
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haben soll, muß es identisch mit diesem Sein sein, als Behauptung solchen Seins. Die Identität ist als für sich bestehend, isoliert Beharrendes gerade das absondernde Festhalten, der Unterschied. Wenn die Verneinung die Aussage des bloßen unbestimmten Unterschiedes ist, dann ist dieses unterstellte identische Sein eigentlich das Nichts, die negative Identität, in der alle Mannigfaltigkeit, alle Vielheit verneint ist. In den berühmten zenonischen Beweisen gegen die Bewegung usw. ist die Anwendung dieses Prinzips der Identität als das Festhalten eines jeglichen Zeitabschnittes in seiner Sonderung offenkundig. Das Argument Zenos ist gerade die Sonderung in lauter fixierte, isolierte Momente. In dieser Wendung des eleatischen Gedankens setzt die Elementenlehre und Atomistik ein. W a r bisher das Ding, das Seiende als Träger, als ϋποχείμενον, als Substrat gefaßt, so wird es nun Element, ατοιχείον, entweder in der Form mehrerer qualitativ verschiedener Urstoffe, die sich verbinden und trennen, oder in Form verselbständigter Eigenschaften, Qualitäten, aus denen sich das Gegebene zusammensetzen soll, oder unter Hereinnahme des Trägergedankens in Form letzter unauflöslicher unveränderlicher Teile, die qualitätslos sind, weil j a das Ding der Träger hinter den Eigenschaften ist. Die Atomistik ist die folgerichtige Gestaltung des Dingbegriffes. Die Identität des Seins ist die homogene Materie in allen A t o m e n ; das Fürsichbestehende, Beharrende, dies, daß die Identität eine negative ist, führt zur Zersplitterung in starre, spröde Urdinge; der leere Raum, in dem die Atome sind, ist jenes Nichts als Medium des identischen Fürsichbestehens. Die Veränderung ist ein schwieriges Problem, in dem sich die Frage nach der Einheit in der Vielheit besonders zuspitzt. Was sich verändert, ist sowohl dasselbe wie nicht dasselbe. Wäre es nur dasselbe, so gäbe es keine Veränderung. Wäre es nur nicht dasselbe, so wären zwei Verschiedene gegeben, aber eben nicht etwas, das sich verändert. Die Eleaten mit ihrer Identität müssen alle Veränderung leugnen. Der große Gedanke der Elementenlehre ist, es gibt keine Veränderung, kein Ding, das sich verändert, es gibt nur unveränderliche identische Dinge, Veränderung ist vielmehr Verbindung und Trennung solcher Elemente durch räumliche Bewegung, in der sich das Ding selbst nicht verändert. Die offene Frage freilich bleibt: woher Bewegung, die Ortsveränderung ist, woher die ursprüngliche Anordnung der Elemente, woher Änderung des Bewegungszustandes, die zu Trennung und Verbindung führt. Schon im ontologischen Ansatz wird ein Ding an sich von der Mannigfaltigkeit seiner Eigenschaften, Zustände und Wirkungsweisen unterschieden, Wesen und Erscheinung. Durch Heraklit und vollends durch die Eleaten und Atomistiker wird daraus die Trennung zweier Welten, eines an sich seienden Wesens und einer Schein- oder Erscheinungswelt. Hinter, jenseits der Welt des Gegebenen, der Erscheinungen ist das ΰντως Sv. Die Ontologie wird Metaphysik. Metaphysik ist das Denken der
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Wirklichkeit als einer solchen absoluten Dinghaftigkeit oder R e a l i t ä t . I h r Grundbegriff ist der der Substanz oder des Absoluten, des Transzendenten, eben der Dinge, des Wesens hinter, jenseits der Eigenschaften u n d Erscheinungen. Die Arten der Metaphysik ergeben sich daraus, wie m a n meint, diese ansichseiende Realität bestimmen zu können. Der Ansatz eines solchen ansichseienden Absoluten ist aller Metaphysik gemeinsam. A u f h e b u n g dieses Ansatzes bedeutet A u f h e b u n g der m e t a physischen Denkweise ü b e r h a u p t . Entsprechend den zwei Welten, die m a n so voneinander a b h e b t , unterscheidet m a n auch zwei Vermögen i m Menschen, Denken oder V e r n u n f t u n d W a h r n e h m u n g oder Sinnlichkeit, u n d diese Unterscheidung wird durch die der beiden Welten b e s t i m m t , mit denen diese Vermögen es zu t u n haben. Denken ist die R i c h t u n g auf die I d e n t i t ä t des Ansich, w ä h r e n d sich die W a h r n e h m u n g a n die Vielheit, Mannigfaltigkeit u n d den Wechsel des Gegebenen verliert. Ist das identische An-sich die W a h r heit, so k o m m t d e m Denken Wahrheit zu, die Sinnlichkeit dagegen ist T ä u s c h u n g durch die Scheinwelt. I n d e m die F u n k t i o n des Denkens als R i c h t u n g auf das identische Sein bezeichnet wird, ist der Keim der Logik gegeben, mit dem Satz der I d e n t i t ä t , wie er das eleatische Denken leitet etwa in der F o r m „das Seiende ist, das Nichtseiende ist n i c h t " . Der Wille zur Wahrheit, zur Objektivität h e f t e t sich d a r a n , drückt sich n a c h d e m Ansatz, von d e m m a n ausgeht, darin aus. W o m i t m a n solch ein identisches absolutes Sein unterstellt, das ist wahr, gültig, wesenhaft. W a h r u n d falsch wird so unterschieden. D a m i t entsteht in primitiver Gestalt auch das, was seither Dialektik genannt worden ist, die Anwend u n g dieses Denkprinzipes auf mancherlei A n n a h m e n u n d Aussagen, in denen sich das Wirklichkeitsverhältnis der Menschen n a c h ihrem Verflochtensein in ihre Umwelt b e k u n d e t . Diese A n n a h m e n u n d Aussagen werden von dem Prinzip aus kritisiert, als Schein u n d U n h a l t b a r keit dargetan. Die „Zenonischen Beweise" in der Durchsetzung des eleatischen Grundgedankens sind d a f ü r das Vorbild. Diese D u r c h f ü h r u n g richtet sich gegen entgegengesetzte Meinungen anderer, erfolgt in Unterredung u n d Auseinandersetzung. Dialektik ist also die D u r c h f ü h r u n g des „logischen", denkerischen Prinzipes von der I d e n t i t ä t mit all d e m Negativen, das wie aufgezeigt darin enthalten ist. Sobald dieser negative Zug stärker h e r v o r t r i t t , wie e t w a bei Zeno die Seinsidentität zur Beh a u p t u n g bloß diskreter isolierter Fixierung f ü h r t , wird aus der Dialektik die Erietik, die lediglich Auflösung von A n n a h m e n u n d Verwirrung bewirkt, indem sie Widersprüche aufzeigt, gleichzeitiges J a u n d Nein, gleichzeitige Aussage v o n Bestimmungen, die im Verhältnis der Negation zueinander stehen. Die gegensätzliche S t r u k t u r der Wirklichkeit, deren Gewahrwerden die Größe Heraklits u n d der Pythagoraeer war u n d die aus aller u n m i t t e l b a r e n Gegebenheit menschlichen Lebens sich aufd r ä n g t , bietet dazu reichlich Anlaß. Gegensätze nach dem Prinzip der
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Identität, das auf Unterschiedelosigkeit führt, negativ zu Widersprüchen zuzuspitzen, ist dieser Weg der Dialektik und Eristik. So wirkt sich der von den Eleaten folgerichtig bestimmte ontologische Ansatz aus, vollends in einer Zeit, in der feste Formen und geprägte Gestaltungen, tragende, haltende Bindungen in Wachstums- und Reifungsvorgängen gesprengt werden und sich auflösen, in der alle unmittelbare Wirklichkeit des Lebens in Notwendigkeit des Werdens fraglich wird. Die sich entfaltende Wissenschaft, das „Denken" ist selbst, solch ein reifwerdendes Leben, solch ein Durchbruch dessen, was herangewachsen ist, durch die Formen, in denen es herangewachsen ist. Dieser Lebenszustand ist der geschichtliche Ort der Sophistik, deren Erscheinung hier nur nach Seiten des Erkenntnisprobleme und der darin einsetzenden logischen Antriebe zu kennzeichnen ist. Die Sophistik macht in der Lebenswende, in der sie steht, die Anwendimg des ontologischen Ansatzes auf das Erkenntnisproblem als solches. Wenn man das, was sich hier in urtümlicher Gestaltung anbahnt, auf eine den sich immer wiederholenden Vorgang erfassende Formel bringen würde, so wäre zu sagen: Wer immer Erkennen und Wahrheit in das Abbilden, Wiedergeben einer absoluten Realität setzt, wie es mit dem ontologischen Ansatz geschieht, der macht sich eben damit Erkennen und Wahrheit unmöglich. Die Anwendung des ontologischen Ansatzes auf das Erkenntnisproblem ergibt die Gegenüberstellung von Subjekt und Objekt als von Dingen. Die Objektdinge üben Wirkungen auf das Subjektding aus, Eindrücke, die im Subjekt zu Vorstellungen führen. Wir erkennen, wenn wir diese Vorstellungen auf ihre Ursachen zurückbeziehen und darin das Seiende, das Objekt wiedergeben oder abbilden. Das Wirkende überträgt seine Art in der Wirkung auf das, worauf es wirkt. So wird Gleichartigkeit von Ursache und Wirkung unterstellt. Das Prinzip der Identität tritt als die Annahme solcher Gleichheit auf. Daß Gleiches durch Gleiches erkannt werde, gehört zu den ältesten Aussagen über den Erkenntnisvorgang. Das Subjekt kann die Wirkung des Objektes übernehmen, sofern es ihm gleichartig ist. Daß das Subjekt, die „Seele" ein Stück Urstoff, Ursubstanz ist, wird in den mannigfachsten Formen fast überall unterstellt, wo immer man einen solchen Urstoff annimmt. Gelegentlich tritt wohl auch da, wo man zur Erkenntnis des Gegensatzes vordringt, die Meinung auf, die Erkenntnis erfolge nicht durch Gleichheit, sondern durch den Gegensatz. Aber solche Gedanken treten zurück hinter dem andern der Abbildung und Wiedergabe durch Gleichheit. Nun zeigt sich aber, daß dasselbe Objektding, das man nach dem ontologischen Ansatz annimmt, auf verschiedene Subjektdinge verschiedene Wirkungen ausübt, in verschiedenen Subjekten verschiedene Eindrücke und Vorstellungen entstehen läßt, was in der Verschiedenheit der Meinungen und Aussagen gewissermaßen greifbar wird. Es drängt sich die Überlegung auf, die Wirkungen der Dinge auf unsere Vorstellungen
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sind n i c h t n u r v o n d e m Dinge a n sieb, abhängig, sondern a u c h v o n d e r Beschaffenheit der S u b j e k t e . Dieselbe Ursächlichkeit auf verschiedene Dinge a u s g e ü b t , h a t sehr verschiedene W i r k u n g e n . Wir k ö n n e n , ist zu folgern, die Dinge n i c h t e r k e n n e n , wie sie a n sich sind, sondern wie sie u n s erscheinen in i h r e n d u r c h die Beschaffenheit des S u b j e k t e s m i t b e s t i m m t e n W i r k u n g e n : der P h ä n o m e n a l i s m u s . Weil O b j e k t u n d S u b j e k t wie zwei Dinge e i n a n d e r gegenüberstehen, ist die W i r k u n g ein „ o b j e k t i v e r " Vorgang, u n d es ergibt sich, d a ß jedes so sein m u ß , wie es jeglichem scheint. D e r Mensch, das S u b j e k t , ist das M a ß aller Dinge, in d e m Maße, wie die S u b j e k t e verschieden sind, ist a u c h die W i r k u n g des Dinges auf sie verschieden. F ü r das S u b j e k t ergibt sich eine verzweifelte Zwangslage : I s t es m i t seiner Beschaffenheit d a , so k a n n es d a s D i n g an sich n i c h t e r k e n n e n , eben weil es selbst d a i s t ; w ü r d e es sich sozusagen beseitigen, v o n sich a b s e h e n , so k a n n es n i c h t e r k e n n e n , weil es· n i c h t d a ist, das Ding bliebe in seiner t r a n s z e n d e n t e n N a c k t h e i t a u c h u n e r k a n n t . D a s Ding an sich als solches bleibt u n e r r e i c h b a r . W i r k ö n n e n das Abbild in u n s nie m i t d e m U r b i l d vergleichen, h ö c h s t e n s die Abbilder, die in den E i n d r ü c k e n e n t s t e h e n , u n t e r e i n a n d e r . W i r sind auf das Gegebene unserer Vorstellungen e i n g e s c h r ä n k t : der Positivismus. W i r k ö n n e n alles n u r aus der B e d i n g t h e i t unserer A r t u n d Lage erfassen,, wie es eben Jeglichem s c h e i n t : der Relativismus. U n d w e n n wir also d a s D i n g n i c h t e r k e n n e n k ö n n e n , wie es a n sich ist, sondern n u r wie es e r scheint, so k ö n n e n wir es i m Sinne des ganzen Ansatzes ü b e r h a u p t n i c h t e r k e n n e n . Das E n d e ist der Agnostizismus, die Skepsis auf p h ä n o m e n a listischer, positivistischer, relativistischer Grundlage. A u c h nihilistische A n s ä t z e d e u t e n sich an, in der Weise der eleatischen Folgerung, d a ß d a s negativ-identische Sein das N i c h t s ist oder d a ß m a n sich zu d e m u n e r r e i c h b a r e n Ding, z u m A b s o l u t e n n u r d u r c h l a u t e r Verneinungen des Gegebenen a b s t ö ß t , oder in d e r Weise des s p ä t e r e n „ s u b j e k t i v e n Idealism u s " , der ü b e r die U n e r k e n n b a r k e i t des Dinges a n sich a u c h sein Dasein b e s t r e i t e t , mindestens insoweit, als d a r ü b e r n i c h t s a u s g e m a c h t w e r d e n k a n n . E s k o m m t das wunderliche Ergebnis z u s t a n d e , d a ß m a n m i t d e m ontologischen A n s a t z das D i n g a n sich in der Gegenüberstellung v o n O b j e k t u n d S u b j e k t u n t e r s t e l l t , u m es d a n n wegen seiner Unerreichbarkeit in dieser Gegenüberstellung gar zu beseitigen. Die U n t e r s t e l l u n g wird zur Voraussetzung der V e r n e i n u n g u n d die V e r n e i n u n g das E r gebnis der U n t e r s t e l l u n g . Die dialektischen u n d eristischen V o r f o r m e n der Logik entwickeln sich auf diesem B o d e n n a t ü r l i c h erst r e c h t weiter. Sie werden aufgen o m m e n in der v o n den Sophisten eingeleiteten Theorie u n d Praxis d e r R e d e k u n s t . Die U n t e r s u c h u n g u n d G e s t a l t u n g der S p r a c h e , die ersten g r a m m a t i s c h e n Versuche f ü h r e n n ä h e r a n das logische P r o b l e m h e r a n .
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2. S O K R A T E S . D I E P S E U D O S O K R A T I K E R . P L A T O . Wie auch i m m e r das Bild des Sokrates in der Auffassung u n d Darstellung der J a h r h u n d e r t e sich gewandelt haben m a g u n d wie auch immer es sich in seiner geschichtlichen Konkretheit f ü r neue Erschließung der Quellen bestimmen mag, wenn manches, was „der Herren eigener Geist" ist, daraus verschwindet, das eine steht in allem f e s t : Hier erhebt sich ein Wahrheitswille gegen die skeptischen, auflösenden u n d zersetzenden, letztlich nihilistischen Folgerungen der Sophistik, ein Wille, der auf W a h r h e i t nicht verzichten k a n n , weil er von ihr nicht lassen darf, weil er aus ihr lebt. W a h r h e i t wird ethische, das Personsein des Menschen selbst betreffende Forderung, φιλοσοφία entsteht als der hingebende, suchende, ringende Wille, welcher der Liebe, ihrer Verbindlichkeit, Unwiderstehlichkeit u n d Lebensmacht vergleichbar ist. Dem Sokrates wendet sich sogar die Skepsis positiv als die Strenge der Wahrheitsforderung, die sich nicht mit irgendwelchen Halbheiten u n d Vorläufigkeiten begnügen k a n n , die Strenge, an der gemessen alles erst einmal fraglich wird, durch die der Skeptiker eigentlich der lebendigste Zeuge der Wahrheit ist, das „Nichtwissen" wird zur Bezeugung des Willens zum wahren u n d strengen Wissen. So m ü h t sich Sokrates u m Bestand, Ordnung, Gestalt, u m Bewahren u n d Bewähren, Bilden u n d Ausrüsten. Das W a h r e v e r b ü r g t den Bestand u n d bringt zurecht, ist das Förderliche u n d das Rechte, das Gute, das Bessernde. Sokrates wehrt sich gegen die sophistischen Folgerungen, er geht aber nicht auf die Voraussetzungen zurück, aus denen sich diese Folgerungen ergeben, u m sie zu prüfen und zu fragen, was sie eigentlich besagen, woher sie s t a m m e n , ob sie notwendig u n d h a l t b a r sind, sondern er sucht einen Ausweg. Den ontologischen Ansatz behält Sokrates ungeprüft bei, er ist ihm selbstverständlich, so selbstverständlich, daß er als solch ein Ansatz ü b e r h a u p t nicht beachtet wird. Den Ausweg meint er im begrifflichen Wissen, in der Begriffsbildung zu finden. E r entdeckt das logische U r p h ä n o m e n der Evidenz, die eigentümliche Selbstgewißheit des Subjektes geht i h m auf. Das γνβιϋ-ι atavió ν darf wohl auch als ein erster Hinweis auf das Selbstverständnis des Menschen als Person gedeutet werden. Das Drängen auf Begrifflichkeit ist die tiefe A h n u n g einer neuen anderen Objektivitätstheorie über den ontologischen Ansatz hinaus. Als Begrifflichkeit wird die Frage nach dem Logos neu gestellt. Der Grundgedanke des Sokrates, aus seiner geschichtlichen Gestalt herausgehoben, d ü r f t e etwa so zu formulieren sein: Wenn die Verschiedenheit der Subjekte der Grund d a f ü r ist, d a ß das An-sichseiende in ihnen so verschieden sich darstellt, wie es in ihren Eindrücken, Meinungen, Urteilen erscheint, dann m u ß m a n versuchen, in der Verschiedenheit Gemeinsames zu finden, Übereinstimmung zu bewirken, u m das Ansich zu fassen. Diese Übereinstimmung wird im διαλογισμός,
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im διαλέγεσϋ-αι,
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in der Unterredung erarbeitet, indem man heranfuhrt an das, was in den mancherlei Meinungen und Urteilen gemeinsam ist, weil es in allen möglichen Abwandlungen der Sache, von der geredet wird, vorkommt, das χοινόν, wodurch die Sache ist, was sie ist. Das ergibt die Dialektik als die Aufbrechung eines verhärteten Zustandes gleichsam durch das Gegeneinanderstoßen, um das Gemeinsame herauszulösen. Es tritt darin die tiefe Ahnung hervor, daß aller Gegensatz zu seiner Möglichkeit eine Einheit voraussetzt, daß das bloß Verschiedene, Disparate nicht gegensätzlich ist, daß es erst widersprechend wird, wenn es einheitlich bezogen wird. In dem Widerstreit der verschiedenen Meinungen, die zusammenstoßen, bildet sich Gegensatz, Gegensatz aber führt auf das Gemeinsame, wodurch er möglich ist, in Wendung zu dem gemeinten Gegenstand, den die Verschiedenheit und der Gegensatz betrifft. Die Bestimmung des Gemeinsamen ist das δρίζεα&αι τό χαϋόλον. Das χαϋ-όλον ist das χοινόν, welches das χαϋ'αύτό ist. Das gemeinsame An-sich ist das χαϋ-όλον. Wie das das Pferd-an-sich ist, was in allen Pferden vorkommt, wodurch sie Pferde sind, was nicht fehlen kann, ohne daß das gemeinte Gebilde aufhört, ein Pferd zu sein, so ist das κοινό ν überhaupt das χαϋ'αύτό und darin ist es das χαϋόλου. Man kann auch sagen, weil das χοινόν das χαϋ-όλον ist, darum ist es das An-sich, das χαϋ'αύτό. In dem, was als Gemeinsames einer Sache in allen Abwandlungen, auch in den verschiedenen Meinungen und Urteilen, die solche Abwandlungen sind, herausgestellt werden kann, ist das An-sich. Die Begriffsbildung faßt das An-sich, das verlorenzugehen drohte. Das ist der sokratische Ausweg. Der ontologische Ansatz bleibt bestehen. Die Gültigkeit des Begriffs, der eigentümliche Zustand der Evidenz, mit dem Begrifflichkeit auftritt und Menschen zur Übereinstimmung bringt, ist der gemeinte, wir sagen heute, der intentionale Gegenstand, der das An-sich ist. Der Begriff ist gültig, weil er auf dieses An-sich geht und es im Gemeinsamen faßt. Begriffe werden gebildet eben durch Aussonderung des Gemeinsamen. Auch darin stellt sich alsbald der alte Ding- und Substanzbegriff wieder her. An verschiedenen Dingen werden gemeinsame Eigenschaften aufgesucht, die dann das An-sich dieser Dinge sind, die oiaCa zu den ΰντα. Das χοινόν wird γένος, Gattung mit „Umfang". Wie die Eigenschaften an dem Trägerding sozusagen haften, von ihm getragen werden, so trägt das γένος an sich, in sich die Mannigfaltigkeit der Gestaltungen, die es umfaßt. Das χοινόν wird είδος als das, was das Ding zu dem macht, was es ist, als Form oder Gestalt. Diese Fortbildung dürfte von Vornherein in dem sokratischen Vorgeben angelegt gewesen sein, wie sie auch in der Praxis des sokratischen Verfahrens, soweit wir sie erschließen können, schon erkennbar wird. Die sog. Pseudosokratiker, soweit sie Anteil an der Herausbildung der Logik haben, die Megariker und Antisthenes deuten den sokratischen (ènaxnxoì
λόγοι)
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LOGIK
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Begriff i m Sinne der eleatischen I d e n t i t ä t . Das Gemeinsame, welches das An-sich ist, ist die beharrende Inhaltlichkeit oder Gegenständlichkeit (νοητά αώματα), ein Seiendes als Element, das als einfache Qualität in der Zusammengesetztheit des Gegebenen enthalten ist. Der Begriff ist die Aussonderung u n d das Festhalten dieses Identischen. Alle Aussagen können d a r u m n u r I d e n t i t ä t meinen. Die Sätze oder Urteile sagen solche I d e n t i t ä t aus, ein Identisches in Subjekt u n d P r ä d i k a t . D a das Identische das Seiende ist, t r i t t auch die Meinung auf, die Kopula sei Existenzaussage. I n der Sprache der späteren Logik würde das bedeuten, es gibt n u r identische oder analytische Urteile, Feststellung von mindestens teilweiser I d e n t i t ä t zwischen Subjekt u n d P r ä d i k a t . Es k a n n v o n j e d e m n u r das ausgesagt werden, was es an sich ist : £p έφ'ένός, υίχείος λόγος, λόγος έστίν
δ τό τί ήν i¡ εστι δήλων.
Alle B e g r i f f s b e s t i m m u n g ist die A n -
gabe der Zusammensetzung eines Gebildes aus einfachen identischen E l e m e n t e n . Vom Einfachen gibt es d a r u m keine Definition. Die Aussage setzt im P r ä d i k a t ein einfaches E l e m e n t an dem zusammengesetzten Subjekt heraus. Urteil ist Identitätsfeststellung oder Vergleichung überh a u p t . Das Denken ist diese Analyse, diese Auflösung in einfache Bestandteile, ein Zerlegen u n d Sortieren der Elemente, aus denen sich das Gegebene zusammensetzt. Ein Begriff, der verschiedene Dinge zusammenf a ß t , sagt Ähnlichkeit aus und Ähnlichkeit ist teilweise I d e n t i t ä t . E s ergeben sich unvermeidlich dieselben Folgerungen wie schon bei Zeno. Die Fixierung eines Jeglichen in seiner abgesonderten I d e n t i t ä t , das ist Begriffsbildung, f ü h r t auf die B e h a u p t u n g des u n b e s t i m m t e n Unterschiedes, einer auseinanderfallenden Verschiedenheit dieser Fixierten. Das Denken ist analysierende Reflexion, der alles u n t e r der H a n d zerr i n n t . Die auflösenden, skeptischen, nihilistischen Bestrebungen sind wieder da u n d mit ihnen die negative Dialektik, die Eristik in voller Blüte. Charakteristisch f ü r das Auseinanderfallen in hoffnungslose Verschiedenheit ist der Satz μή είναι άντιλέγειν, es gibt i m Grunde keinen Widerspruch, weil immer Verschiedenes gemeint ist u n d jedes n u r f ü r sich ist u n d bleibt. Das Abgleiten in die Sophistik ist u n a u f h a l t sam u n d vollständig. Eine letztlich nihilistische Skepsis stellt sich wieder her. Darin kündigt sich der Fehler im ontologischen Ansatz an, den Sok r a t e s als völlig selbstverständlich beibehalten h a t t e . Weil sie mit ihrem Abgleiten zur Sophistik in typischer u n d symptomatischer Weise die Auswirkung dieses Fehlers bekunden, behalten die logischen Lehren der Pseudosokratiker bleibende Bedeutung. Ihre Motive kehren b e d e u t s a m in der Geschichte wieder. Der Ausweg des Sokrates f ü h r t eben doch nicht z u m Ziele, sondern n u r wieder vor dieselbe W a n d zurück, es m u ß der R ü c k g a n g auf die ontologische Voraussetzung selbst angetreten werden, u m sie zu prüfen. Zunächst ist dieses alles n u r Nebenspiel. Die Triebkraft der sokratischen A h n u n g v o m begrifflichen Wissen, des sokratischen Wahrheits-
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SOKRATES.
DIE PSEUD OS OKRA TIKER.
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willens wird in der platonischen Ideenielire nach ihrer inneren F r u c h t barkeit ausgestaltet, freilich gerade v o n dem ontologischen A n s a t z aus. So entsteht anstatt einer nicht-realistischen, nicht-ontologischen, also idealistischen oder kritischen Objektivitätstheorie, auf die jene A h n u n g hinwies, der sog. o b j e k t i v e Idealismus. Der o b j e k t i v e Idealismus ist idealistische Bestrebung auf realistisch-ontologischer Grundlage und darum in realistisch-ontologischer Yerbildung. Seine E n t s t e h u n g ist etwa in folgendem Schlüsse darzustellen: I m begrifflichen Wissen haben wir die Wahrheit, das, worin die S u b j e k t e in begrifflicher Klarheit sich verbinden, ist die Wahrheit, — das ist die idealistische A h n u n g des Sokrates, die i m kritischen Idealismus a u f ihren Grund zurückgeführt und ausgestaltet wird. Wahrheit ist Übereinstimmung mit einer ansich-seienden Realität, Wiedergabe, A b b i l d u n g eines absolut Realen, — das ist die ungeprüfte, selbstverständliche, nicht einmal als solche beachtete, ohne weiteres unterstellte ontologische Voraussetzung. A l s o ist das im Begriffe Gedachte das absolut Reale, wir haben deswegen i m Begriffe die Wahrheit, weil das im Begriffe Gemeinte und Gedachte das absolut Reale ist. Das führt zu der Hypostasierung der Idee, z u m Begriffsrealismus, wie man unmißverständlich statt objektiver Idealismus sagen könnte oder sollte. Das begrifflich Gedachte wird als die Idee eine an-sich-seiende Wesenheit in einer metaphysischen Hinter- oder Überwelt. E s ergibt sich eine Metaphysik immaterieller Substanzen i n einem κόσμος νοητός. D a s ist der χωρισμός der Idee, den Aristoteles so grundsätzlich b e k ä m p f t . U n d wenn in neueren Zeiten die B e h a u p t u n g aufgestellt werden konnte, Aristoteles h a b e gewissermaßen Plato falsch verstanden und mit der platonischen Ideenlehre sei doch nur die Gültigkeit unabhängig v o n aller Mannigfaltigkeit und allem Wechsel des Gegebenen gemeint, P l a t o habe dafür nur kein besonderes W o r t g e h a b t , so ist dem entgegenzuhalten, eben dies, d a ß Gültigkeit gleich Gegenständlichkeit gesetzt wird, sei das πρ&τον ψεϋδος und P l a t o habe f ü r Geltung kein anderes W o r t als das Sein, eben weil er a m ontologischen A n s a t z selbstverständlich festhält. Aristoteles dürfte Plato wohl richtiger verstanden haben als seine neukantischen Ausleger, die übrigens ebenso wenig wie schließlich auch Aristoteles über den im A n s a t z steckenden Fehler hinauskommen. Die Hypostasierung der Idee ist wohl ihre intentionale Gegenständlichkeit, aber darin auch unvermeidlicherweise ihre Verdinglichung als losgelöste, absolute Substanz, gegen die sich Aristoteles wendet, ohne daß er das Ü b e l aus der Wurzel zu beheben vermöchte. In der platonischen Ideenlehre erneuert sich zusammengefaßt die gesamte vorsokratische Metaphysik. Sie ist echteste metaphysische Zweiweltenlehre in dieser völligen Trennung des mundus intelligibilis v o m mundus sensibilis, in dem χωρισμός, der Transzendenz der Idee und in entsprechender Sonderung der darauf gerichteten V e r m ö g e n
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LOGIK
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„ V e r n u n f t " u n d „Sinnlichkeit", der έπιατήμη, der es u m das ΰντως δν der Idee geht, u m das Wesenhafte, u n d der όόξα, welche es mit der Wandelbarkeit u n d Mannigfaltigkeit der Erscheinung zu t u n h a t u n d d a r u m das „ W e s e n " nicht erfaßt. Das Wesen ist ontologisch die an-sichseiende Idee. Der eleatische Gedanke v o m reinen identischen Sein wird darin aufgenommen bis zur Annäherung a n die Megariker. Mit starker Betonung h a t P l a t o diese I d e n t i t ä t ausgesprochen: αύτό χα&αϋτό με&'αύτοϋ μονοειόές άεί ΰν. Nur mit Mühe h a t er sich den eleatischen Folgerungen der Pseudosokratiker entzogen, u n d der Schwierigkeiten, die aus diesem Gedanken des reinen identischen Seins entstehen müssen, ist er nicht Herr geworden. Die Parallele oder gar Analogie der Ideenlehre zu der Atomistik Demokrits ist mit Recht hervorgehoben worden, das W o r t von den νοητά οώματα bezeichnet sie hinlänglich, wie umgekehrt die Bezeichnung der Atome als οχήματα. F ü r die Erscheinungsoder Sinnenwelt n i m m t P l a t o heraklitische Lehren auf. Sein Begriff v o m Substrat der Erscheinungswelt, f ü r das sich später die Bezeichnung ϋλη darbietet, bewahrt den jonischen Grundgedanken, u n d d a ß es auch das μή ίίν genannt wird, verbindet mit den Eleaten und den Atomikern, d a ß es ϋάτερον genannt wird oder ύποόοχή, deutet auf die Pythagoraeer (πέρας·&πειρον). Vollends wo Plato sich vor das Problem von Einheit u n d Vielheit i m Verhältnis der Ideen zur Erscheinungswelt u n d auch i m Verhältnis der Ideen zueinander gestellt sieht, geht er auf die Zahlenlehre der Pythagoraeer zurück u n d versucht von der Zahl her zu sagen u n d zu begründen, was der eleatischen Folgerung widerstrebt. Die Idee ist das vielem Gleichnamigen Gemeinsame, die Heraushebung gemeinsamer Eigenschaften, ein Ausgesagtes (χατηγυρούμενον) zu einem Substrat (ύποχε(μενορ), ein τοιοϋτο zu einem τόδε oder τοϋτο. Aber das Gemeinsame ist das An-sich, das χα&αϋτό, so wie es schon bei der E r l ä u t e r u n g des sokratischen Grundgedankens angegeben war. Die dem Begriffe eigentümliche „Notwendigkeit", die in der Evidenz a u f t r i t t , ist die u n a u f h e b b a r e Gegenständlichkeit des Ansich, das Wesen. Weil dieses Wesen existiert, im eigentlichsten Sinne des Wortes, d a r u m h a t der Begriff diese eigentümliche Notwendigkeit. Durch die Ineinssetzung des χοινόν mit dem χαίϊ'αύτό wird jenes, wie wir schon bei Sokrates darlegten, das χα&όλον, das Allgemeine, das n u n , eben wie das Ding die Eigenschaften t r ä g t und umschließt, die Mannigfaltigkeit des Gegebenen in bestimmter Gliederung an sich h a t u n d u m f a ß t . Daraus entsteht die Lehre v o m Umfang der Begriffe. Der U m f a n g ist der Ausdruck f ü r die notwendige Einheit des Begriffs, sofern diese auf Gegenständlichkeit zurückgeführt wird. Das Verhältnis von Ding u n d Eigenschaften kehrt wieder in der Bestimmung des Allgemeinen als G a t t u n g mit Arten, i m Subsumtionsverhältnisse. Plato h a t dieses Grundverhältnis der Begrifflichkeit, die Subsumtion so entdeckt und fixiert. Als Methode der Begriffsbildung werden entsprechend angegeben die συναγωγή,
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SOKRATES. DIE PSEUD OS OKRA TIKER. PLATO.
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die Zusammenführung als Heraushebung des Gemeinsamen und die διαίρεσις, die Einteilung als Auffindung des artbildenden Unterschiedes an dem Gemeinsamen, auf Grund des Gemeinsamen. Die Frage des Verhältnisses der Begriffe und Ideen untereinander ist damit gestellt, in Form ihrer κοινωνία, der Vereinbarkeit und Unverträglichkeit. Die Vereinbarkeit wird begründet auf gleiche Inhaltlichkeit. Vereinbar sind die Ideen, die ein solches Gemeinsames enthalten, an dem dann der Unterschied und die Mannigfaltigkeit stattfindet. Darin bildet sich der Entwurf eines Systems von Begriffen in Über- und Unterordnung, in Vereinbarkeit und Ausschließlichkeit, die vielberufene Begriffspyramide mit der obersten Idee etwa des reinen Seins, das als letztes oder höchstes Gemeinsames in allen Begriffen und allen darin gemeinten Gegenständlichkeiten enthalten ist. Erkenntnis ist die Einordnung eines zu bildenden Begriffes in dieses System, die wissenschaftliche Ableitung des Begriffes ist die Anweisung eines τόπος, einer Stelle in diesem Aufbau. Ein Begriff wird bestimmt und erklärt durch die Angabe dieses seines Ortes. Die wissenschaftliche Erkenntnis wird in solcher Begriffsbildung Klassifikation. Die Schwierigkeit liegt für Plato darin, daß die bloße Identität der Idee innerhalb der im geläufigen Wortgebrauch unterstellten unbestimmten Vielheit der Ideen mit solcher Ordnung nicht recht übereinkommt. Es ist auch Anderssein unter den Ideen, d. h. ein gewisses Nicht-sein, unbestimmter Unterschied. Das Problem von Einheit und Vielheit entsteht nicht nur im Verhältnis der Idee zur Erscheinungswelt, sondern innerhalb der Ideenwelt selbst. Für beide Dimensionen des Problems versucht sich Plato wie gesagt mit der Eigentümlichkeit der Zahl, Einheit in der Vielheit zu sein, zu helfen : der Gedanke der Idealzahl im Unterschied von dem Mathematischen, das ein Mittleres zwischen Idee und Erscheinungswelt sein soll. Zu wirklicher Klarheit ist das alles nicht gekommen. Die κοινωνία der Ideen ist doch schließlich nur die Gemeinsamkeit eines letzten Teilinhaltes. Auch im Verhältnis der Ideen zur Erscheinungswelt ist der ontologische Grundgedanke bestimmend. Das Prinzip der Selbständigkeit der Erscheinungswelt gegenüber dem Ιίντως Sv der Ideen, das doch übrigens alle eigentliche Wirklichkeit sein soll, ist die unbestimmte Vielheit der Dinge, die gemeinsame Eigenschaften haben. In der Idee wird eben dieses Gemeinsame abgesondert. Es tritt an der unbestimmten Unterschiedenheit (μή ΰν) der Dinge auf, formt gewissermaßen diesen Stoff, der für Aufnahme solcher Gestaltung empfänglich ist (¿χμα/elov, ϋποδοχή). Auch dieses Verhältnis wird auf Gleichheit gestellt, auf Abbildung, παραϋ-είγματαείδωλα, μίμηαις. Die Idee als σύνοψις gemeinsamer Merkmale oder Eigenschaften haftet an dem Dingträger als Substrat, παρουσία der Idee oder μέ&εξις des Substrates. Von der Idee wird in der Folge auch, weil das Erscheinungsding ist, was es ist, durch die Idee, die es abbildet, Wirksamkeit ausgesagt im Sinne des substantialistischen
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LOGIK
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Wirkungsbegriffes, der durch die ganze Denkweise nahegelegt i s t : das D i n g ist Ur-sache f ü r seine Eigenschaften u n d Erscheinungen, der Ges t a l t w a n d e l die Hervorbringung des Urdinges, der Ur-sache, der άρχτό &μα νπάρχειν τε χαΐ
άννπό&ετος μή υπάρ-
χει ν άδύνατον τω αύτω και χατά τό αυτό.*) Der Satz wird a u c h in ontol o g i s c h e r F o r m a u s g e s a g t : άδύνατον
γαρ
δντινοϋν
ταύτον
νπολαμβάνειν
είναι xaì μή είναι.*) W e n n m a n bedenkt, aus welchem G r u n d e der Satz v o m W i d e r s p r u c h geleugnet war, Widerspruch gäbe es n i c h t , weil nie dasselbe gemeint u n d alles n u r verschieden wäre, d a n n wird der Sinn der Aufstellung dieses Satzes ganz deutlich. E r b e s a g t die Unterstellung eines Gegenstandes, d u r c h Beziehung auf d e n z u s a m m e n g e b r a c h t wird, was m a n n i g f a c h u n d verschieden ist. Der Satz ist der ontologische G r u n d satz v o n der Gegenständlichkeit ü b e r h a u p t . D a r u m h a t seine B e h a n d l u n g die Stelle in der Metaphysik. Der Satz der I d e n t i t ä t ist i n diesem Satze v o m W i d e r s p r u c h m i t der U n t e r s t e l l u n g des ansichseienden Gegenstandes e n t h a l t e n , in der F e s t h a l t u n g eines j e d e n f ü r sich. Auch das p r i n c i p i u m exclusi tertii, der Satz v o m ausgeschlossenen D r i t t e n wird als eine E r l ä u t e r u n g des Satzes v o m W i d e r s p r u c h aufgestellt. E s gibt kein Mittleres (μεταξύ) zwischen einem u n d einem a n d e r e n , das bloße V e r n e i n u n g des einen ist, kein Mittleres zwischen B e j a h u n g u n d Verneinung. V o n zwei widersprechenden Urteilen, v o n denen das eine die N e g a t i o n des a n d e r n ist, können n i c h t beide w a h r u n d n i c h t beide falsch sein. D a s letzte der später sog. Denkgesetze, der Satz v o m Grunde, ist das P r i n z i p der Syllogistik ü b e r h a u p t , seine F a s s u n g : mit dem G r u n d ist die Folge gesetzt u n d umgekehrt m i t der Verneinung der Folge ist a u c h der G r u n d verneint, aus dem sich die Folge mit Schlußnotwendig*) „ E s ist ausgeschlossen, daß ein a n d dasselbe Prädikat einem und demselben Subjekte zugleich u n d in derselben Beziehung zukomme u n d auch nicht zukomme." 2 ) „ E s ist ausgeschlossen, daß irgend j e m a n d annehme, eines u n d dasselbe sei u n d sei auch n i c h t . "
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ARISTOTELES
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keit ergibt. Auch der Satz vom Grunde ist Ausdruck der Gegenständlichkeit, als welche die notwendige Gültigkeit hier gedacht wird. Diese προτάσεις άμεσοι, diese obersten Gründe des Seins und Erkennens sind weder beweisbar, also durch Apodeiktik herzuleiten, sie sind Voraussetzung alles Beweises, noch sind sie, auch wenn sie durch έπαγωγή aufzuweisen sind, ein Wahrscheinlichkeitsergebnis von Induktion. Sie sind unmittelbar und schlechthin wahr und gewiß. Aristoteles, kommt nicht umhin, auch seinerseits ein Vermögen intellektueller Anschauung anzunehmen, wenn er auch die platonische άνάμνηΟις-Ιι^Ιιτβ bestreitet. Er nennt dies Vermögen den νοϋς. Bezeichnend ist, daß der voi>ς sich zu den νοητά ebenso verhalten soll wie die αία·ί)ηύις zu den αίαΟητά.
D e r νοϋς i s t P r i n z i p d e s E r k e n n e n s (άρχή έπιΟτήμης),
weil e r
die obersten Gründe des Seins erfaßt. Schließlich setzt auch alle Begriffsbildung intuitives Denken, das in dem Wesentlichen des Begriffs auf den Gegenstand als solchen geht, die „Wesensschau" voraus, die zu aller Ontologie gehört. Daß in der dunklen Lehre vom νοϋς ποιητικός, vom schöpferischen Denken auch noch etwas von jenem anderen Antriebdes Aristoteles, von jenem Umdenken sich verbirgt, also etwas, was noch eine andere Ausdeutung zuläßt, das soll darum nicht bestritten werdenAber diese Ausdeutung bleibt doch wieder in der allgemeinen Annahme stecken, in die der νοϋς einbezogen wird, auch wenn er dadurch eigentlich νοϋς παϋ-ητιχός würde, daß das Erkennende der Möglichkeit nach (δυνάμει) ist, was der Gegenstand ένεργε(α ist, aus dessen Einwirkung; dann jene Möglichkeit zur Erkenntnis aktualisiert wird. Darin besteht hier die Identität von Sein und Denken. Die ontologische Logik ist das Selbstverständnis des objektiven Idealismus, des Begriffsrealismus, λόγος ist der Wesensbegriff, das begriffliche Wesen, der intentionale Gegenstand, der in der Aussage gemeint ist, die „Sache" und ihre ansichseiende innere BestimmtheitEtwas ist logisch besagt dann, es ergibt sich aus dem begrifflichen Wesen,, aus der Sache, um die es geht, ist nicht unsachlich, sondern aus der Wesenhaftigkeit abgeleitet. Das Schicksal des objektiven Idealismus ist auch das Schicksal der ontologischen Logik. L i t e r a t u r z u m e r s t e n und z w e i t e n A b s c h n i t t : D r o b i s c h , M. "W., Neue Darstellung der Logik, 51887. — M a i e r , H., Die Syllogistik des Aristoteles, 1896/1900. — P r a n t l , C., Geschichte der Logik im Abendlande, 1855—-66, Neudruck 1927. — T r e n d e l e n b u r g , F. Α., Elementa logices. Aristotelicae, "1892. — U e b e r w e g , Fr., System der Logik, 51882.
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LOGIK
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ZWEITER ABSCHNITT.
DIE ÜBERLIEFERUNG DER LOGIK: DIE FORMALE LOGIK. 1. D I E B I L D U N G D E R
ÜBERLIEFERUNG.
Die Überlieferung der Logik u n d ihre Gestaltung zur formalen Logik e n t s t e h t in der Kommentierung u n d schulmäßigen, lehrbuchhaften Verarbeitung der logischen Schriften des Aristoteles. Die Grundzüge seines logischen E n t w u r f e s erscheinen so u n a n t a s t b a r , d a ß sie n u r wiedergegeben werden, wobei sie immer mehr aus ihrer wissenschaftlichen Motivation gelöst und als etwas f ü r sich Gültiges angesehen werden. E s wird n u r abgerundet, ergänzt, ausgeführt u n d vor allem vereinfacht. Diese B e h a n d l u n g der Logik geht einher mit der zunehmenden Auflösung, dem A b b a u des objektiven Idealismus. Der realistisch ontologische Untersatz in dem Schlüsse, welcher den Ursprung des objektiven Idealismus darstellen sollte, gewinnt die Vorherrschaft u n d d r ä n g t entsprechend den idealistischen Obersatz zurück. Daraus folgt f ü r die Logik die W a n d l u n g von der ontologischen Logik zur formalen. Die nacharistotelische griechische, hellenistische Philosophie geht auf die vorsokratische Metaphysik mit ihren phänomenalistischen, positivistischen u n d skeptischen Folgerungen zurück, in A n k n ü p f u n g an die pseudosokratischen Schulen. Aristoteles h a t t e den Umkreis des objekt i v e n Idealismus ausgemessen u n d ausgefüllt u n d seine K r ä f t e a n den prinzipiellen Problemen erschöpft. Wenn schon i h m der Durchbruch z u m kritischen Idealismus nicht gelang, so war er innerhalb der Bedingungen des a n t i k e n Denkens ü b e r h a u p t unmöglich. E s bleibt n u r schulmäßiges Beharren oder Rückbildung, u n d da der bloßen Schultradition die lebendigen K r ä f t e der Erneuerung fehlen, fällt sie selbst der Rückbildung anheim. Zwar die Nachwirkungen des objektiven Idealismus bleiben. Seine großen beherrschenden Gestalten u n d seine Erkenntnisse sind aus der geistigen Geschichte u n d Überlieferung der Antike nicht wegzudenken. Auch über die fortbestehenden Schulen der Akademie u n d des Lykeion und die aus ihrer Tradition immer wieder hervorgehenden Einflüsse hinaus bleiben die objektiv-idealistischen Antriebe u n d Gedanken wirksam. Aber sie werden doch in die Rückbildung z u m reinen Realismus hineingezogen. Die akademische Schule selbst lenkt später in diese Linie ein, auch in der aristotelischen. Schule wird schon f r ü h dergleichen erkennbar (Strato von Lampsacus), schließlich m ü n d e n beide Schulen in den traditionalistischen Eklektizismus. Man m u ß v o n einer Auflösung des objektiven Idealismus auf Grund seiner Zwiespältigkeit u n d in Ausscheidung der eigentlich idealistischen Motive sprechen. Von einem A b b a u ist auch insofern zu reden, als die Philosophie sich v o n der eigentlich wissenschaftlichen Wirklichkeitsforschung zurückzieht,
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DIE BILDUNG
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ÜBERLIEFERUNG
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diese den entstehenden Einzelwissenschaften überläßt und selbst zur Weltanschauungslehre und Lebensphilosophie wird. Die geistige Führung in diesem Geschehen wird man den Stoikern zuerkennen müssen. Jedenfalls vollzieht sich bei ihnen die Umwandlung der ontologischen in die formale Logik, auf die es hier ankommt. Die Stoiker lehren wie die jonische Naturphilosophie einen Urstoff, eine Weltsubstanz, aus der alles entsteht und deren Gestaltwandel das Weltgeschehen ist. In der Bezeichnung dieses Urstofifes als Feuer nehmen sie insbesondere heraklitische Gedanken auf. Dieser feurige Kraftstoff wird auch πνεϋμα genannt. Wie es dem realistischen Ansatz folgerichtig entspricht, ist diese Philosophie wieder Materialismus. Aber es ist gewissermaßen eine spiritualistisch verdünnte oder verfeinerte Materie, die man meint. Zwar wird ausdrücklich erklärt, alles Wirkliche sei körperlich, aber darin bezeugt sich nur das Substanzdenken überhaupt und damit verknüpfen sich dynamistische Vorstellungen, die auch in der mit einer platonischen Aussage übereinstimmenden Kennzeichnung des Wirklichen als dessen, was des Wirkens und Leidens fähig sei, erkennbar werden. Es ist eben ein Kraftfluidum nach Art etwa einer elektrodynamischen Erklärung der „Materie". Daß man diesen Kraftstoff „Geist" nennt, soll den Unterschied des Urstoffs gegenüber aller abgeleiteten Körperlichkeit bezeichnen. Wenn man bedenkt, daß die Bezeichnung des Geistes als immaterieller Substanz eigentlich eine contradictio in adjecto ist, ein hölzernes Eisen, daß Substanz immer irgendwie Körperlichkeit einschließt, dann wird verständlich, wie man den „Geist" für eine höhere Art von Körperlichkeit ansehen kann. Das πνεύμα ist Yernunftsubstanz, substantielle Vernunft. Wieder tritt der Gedanke auf, daß unsere „Seele", unser „Geist" ein Teil dieser Ursubstanz ist. Die Identität vom Denken und Sein ist diese „substantielle" Teilhaftigkeit. Im übrigen sind die Stoiker Phänomenalisten. Unsere Vorstellungen sind Eindrücke der Dinge. Das Gleichnis vom Siegelring und Wachs, von der Seele als der unbeschriebenen Tafel wird gern gebraucht. Den skeptischen Folgerungen des Phänomenalismus sucht man dadurch zu entgehen, daß man auf die Gleichheit der Menschennatur hinweist, die bei aller Verschiedenheit der Eindrücke doch ein Gemeinsames verbürgt. Und da die Menschennatur teilhaft der Vernunftsubstanz, des Urseins ist, so ist in diesem Gemeinsamen, das sich aus der gleichen Menschennatur ergibt, auch die Übereinstimmung mit dem Seienden verbürgt, das όμολογουμένως r f j ψύΰει, die Übereinstimmung mit der φύΰις, dem Ursein, der „Natur", auf welche die stoische Lebensweisung überhaupt gerichtet ist. Die Stoiker suchen nach einem Kriterium, woran diese Übereinstimmung mit dem Seienden erkannt werden kann. Sie meinen es in der φαντασία
χατ,αληητιχή,
der begrifflichen Vorstellung zu finden. Die
Übersetzung und Deutung dieses Terminus ist schwierig und dunkel. Ηuidb. d. Phil. I. A 3
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Das καταλαμβάνει besagt ein Ergreifen. Es kann sich also um eine Vorstellung handeln, in der das Subjekt „ergriffen", „beeindruckt" wird, so daß ein von außen, vom Seienden her geschehendes Eindringen nicht abgestritten werden kann. Es kann sich aber auch um eine Vor· Stellung handeln, durch die in der Mannigfaltigkeit und Verschiedenheit der Eindrücke das Seiende „gefaßt", „aufgefaßt" wird, indem die Eindrücke verglichen, bearbeitet, geordnet und darin gegenständlich bezogen werden. Die beiden Deutungen schließen sich nicht aus, sondern gehen darin zusammen, daß es sich um eine von Nötigung begleitete Vorstellung handelt. Diese Nötigung wäre das Wirklichkeitskriterium, und zwar sowohl als die Unwiderstehlichkeit, mit der sich die Wahrnehmung aufdrängt, wie als die Unausweichlichkeit, welche der evidenten Folgerung eignet, in der sich die Vergleichung und Ordnung der Eindrücke vollzieht. Der Vorgang des Erkennens wäre demnach, daß die von der Wahrnehmung dargebotenen Inhalte durch Ordnung des Denkens gegenständlich bezogen werden. Die gegenständliche Beziehung ist die Aussage, der λόγος, und das Gedachte ist dann das λεχτόν. Wie eine Flüssigkeit in einem Gefäße gefaßt und aufbewahrt wird, so die Inhalte durch das Denken und die Aussage. So ist das Denken Form, „formal". Die Stoiker vergleichen mit der Schale des Eies oder mit der Mauer einer Stadt oder eines Gartens. Das Seiende strömt mit diesen Inhalten in das leere Gefäß des Subjektes ein und wird in der Form dieses Gefäßes aufbewahrt. Da diese Form aus der Menschennatur entsteht, die in Übereinstimmung mit dem Urseienden ist, so ist diese formale Bearbeitung zugleich die gegenständliche Beziehung der Inhalte. Was gedacht wird, wird durch die Wahrnehmung dargeboten, wie es gedacht wird, ist durch die Art der Menschennatur bestimmt. Da diese in Übereinstimmung mit dem Seienden ist, wird in diesem Wie das Seiende gefaßt. Der Begriff ist nicht mehr das Wesen, das letztlich Gegenstand intellektueller Anschauung ist, sondern das Ergebnis der Vergleichung, Ordnung und Bearbeitung der durch die Wahrnehmung vermittelten Vorstellungsinhalte. Seine „Gültigkeit" ist die Nötigung, mit welcher die Wahrnehmung auftritt, die Darbietung seines Inhaltes durch die Wahrnehmung, die Nachprüfung an der Wahrnehmung und die formgerechte Herleitung. Das Erbe der pseudosokratischen Schulen ist ebenso unverkennbar wie die Nachwirkung des objektiven Idealismus, die zugleich seine Abwandlung und Auflösung ist. So geht die ontologische Logik in die formale über. Der neue Formbegriff ist durch sein Korrelat Inhalt bestimmt. Das Korrelat zur Form ist nicht mehr der Stoff, der durch die Form gebildet, gestaltet und konstituiert wird, sondern der Inhalt, der in der Form gefaßt und bewahrt wird. Die einzelnen Lehren der Stoiker sind von hierher zu deuten. Ihre Kategorienlehre ist rein realistisch. Sie vereinfachen die aristotelische Reihe in einer Weise, für die sich ein Vorbild bei Aristoteles finden läßt.
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DIE BILDUNG
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Insbesondere a b e r sind die K a t e g o r i e n hier n i c h t m e h r n e b e n e i n a n d e r a u f g e z ä h l t e Seinsarten, s o n d e r n die F o r t b e s t i m m u n g des Seienden dergestalt, d a ß j e d e K a t e g o r i e die v o r h e r g e h e n d e v o r a u s s e t z t u n d n u r a n dieser s t a t t f i n d e t . J e d e s Seiende ( f f v ) oder E t w a s ( τ ΐ ) ist z u n ä c h s t ΰποχείμενον S u b s t r a t , T r ä g e r . A n diesem ist das ποιόν die inhaltliche B e s t i m m t h e i t , die E i g e n s c h a f t . Das ποιόν wird geradezu f ü r das aristotelische είδος gesetzt. E i n e A b w a n d l u n g des ποιόν des A t t r i b u t e s ist d a s πώς έχον, d e r modus, d e m aristotelischen ανμβεβηχός e n t s p r e c h e n d . E i n so B e s t i m m t e s schließlich ist m i t a n d e r e m zu vergleichen u n d zu b e z i e h e n : πρός τι πώς ί'χον. A u c h hier finden wir den A u f b a u Ding-, Eigenschafts-, Zustande-, Relationsbegriffe. Der realistische G r u n d g e d a n k e t r i t t deutlich h e r v o r . Die K a t e g o r i e n sind eine E n t f a l t u n g des Dingverhältnisses. Die Lehre v o n den xoivctì tvvoiai ist die A u s g e s t a l t u n g der B e h a u p t u n g v o n der gleichen M e n s c h e n n a t u r . D u r c h T e i l h a f t i g k e i t a n der Verratio ergeben sich in allen Menschen n u n f t s u b s t a n z , d u r c h naturalis diese B e s t i m m u n g e n , die als προλήψεις, als V o r w e g n a h m e n oder formale V o r a u s s e t z u n g e n die Fassungsmöglichkeit f ü r die I n h a l t e darstellen. Die xoivai ϊννοιαι, notiones communes werden s p ä t e r a u c h innatae, eingeboren g e n a n n t , weil sie m i t der M e n s c h e n n a t u r selbst gegeben sind. Sie e n t s p r e c h e n den προτάσεις άμεσοι des Aristoteles. W a s bei Aristoteles oberster G r u n d des Seins u n d D e n k e n s w a r , wird hier F o r m u n d Gebilde der M e n s c h e n n a t u r , die d a n n freilich als t e i l h a f t i g der V e r n u n f t s u b s t a n z in Ü b e r e i n s t i m m u n g m i t dein Urseienden ist u n d deswegen die v o m Seienden h e r k o m m e n d e n E i n d r ü c k e fassen k a n n . D e r Begriff ist Ausgesagtes, Hervorgehobenes, gemeinsame Eigens c h a f t , festgestellte Ähnlichkeit, die als partielle I d e n t i t ä t g e d a c h t wird. Die A n k n ü p f u n g a n aristotelische W e n d u n g e n ist leicht herzustellen. Wie Aristoteles e r k l ä r e n die Stoiker n u r das Einzelding f ü r das R e a l e u n d Substantielle. Das Allgemeine ist bloße Aussage. Sie gehen d a r a u f z u r ü c k , d a ß ein allgemeiner Begriff f ü r das Gleichnamige gesucht w i r d , f ü r verschiedene Dinge, die gleich b e n a n n t sind. D e r Begriff ist Zeichen, N a m e , ΰνομα f ü r ähnliche Einzeldinge, die so vergleichend z u s a m m e n g e f a ß t werden. D a s Zeichen h a t eine Beziehung auf das, w o v o n es Zeichen i s t , r e p r ä s e n t i e r t das Bezeichnete, ist seine W i e d e r g a b e , z u m a l w e n n die Zeichenhaftigkeit auf Ähnlichkeit oder inhaltlicher I d e n t i t ä t b e r u h t . D a s Zeichen weist freilich a u c h ü b e r sich h i n a u s , ist n i c h t die Sache selbst, sondern e t w a s Vorläufiges, Unzulängliches, Uneigentliches, das a b e r gerade in dieser seiner Mangelhaftigkeit auf die Sache selbst hinweist. Die Sache wird d u r c h die Bezeichnung so b e s t i m m t , d a ß sie w i e d e r e r k e n n b a r wird. D e r Begriff h a t diese F u n k t i o n der Bezeichnung, w o d u r c h die I n h a l t e vergleichend geordnet u n d a u f d e n G e g e n s t a n d bezogen werden, v o n d e m der Begriff Zeichen ist. Die Stoiker h a b e n es daher m i t dieser Dreiheit v o n Sache, Begriff u n d W o r t zu t u n . Der BeΛ 3·
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griff ist die Bezeichnung der gemeinten Sache durch ein Wort, einen Namen, λεχτόν, das Ausgesagte in diesem Sinne. Die Sprache ist geradezu die eigentümliche Sphäre des Begriffs, der sonst heimatlos wäre, da er j a nichts Reales mehr ist. λόγος ist die bezeichnende Erfassung einer Inhaltlichkeit, die sie vergleichend einordnet [χατάληψις). Logik — der N a m e selbst d ü r f t e in der stoischen Schule e n t s t a n d e n sein — ist die Zusammenfassung aller auf die Form der Aussage, der Rede u n d des begrifflichen Denkens bezüglichen Untersuchungen. F ü r das Urteil ergibt sich aus der stoischen Lehre von der begrifflichen Vorstellung noch eine wichtige Wendung. Das Urteil wird άξίωμα genannt. Das besagt eine Stellungnahme, Würdigung, Anerkennung. Das Urteil ist nicht bloße Vorstellungsverbindung, sondern gültige Setzung, eben das Bilden der φαντααία χαταληπτιχή. Das Urteil wäre danach die primäre logische Funktion. B e j a h u n g u n d Verneinung ist d a n n nicht bloße V e r k n ü p f u n g u n d Trennung, sondern Annahme oder Ablehnung, Z u s t i m m u n g oder Verwerfung. Das Urteil wird σνγχατάϋ-βαις. Freilich haben sich solche Gedanken gegenüber d e m Verständnis des Urteils als Umfangssubsumtion nicht durchgesetzt. Die Syllogistik h a t sie wieder zurückgedrängt. Sie herrscht vollends in der formalen Logik u n d durch sie das Umfangsverhältnis. Der U m f a n g ist genau, was die Form in der formalen Logik sein soll, er u m f a ß t , er n i m m t den I n h a l t auf, bewahrt ihn, ordnet ihn ein. Am U m f a n g h a t die formale Logik geradezu ihr Prinzip gewonnen. D a r u m werden die Ansätze in der Urteilslehre nicht weiter verfolgt, δο wohlbegründet i m Ganzen der stoischen Philosophie sie sind. Die Formalistik des Umfanges verdrängt sie. Wer immer eine F o r m als solche losgelöst, „ f o r m a l " behandelt, wird unvermeidlich auch formalistisch. So t r i t t auch bei den Stoikern diese Neigung zur Formalistik sogleich auf, die kennzeichnend f ü r die formale Logik ü b e r h a u p t bleibt u n d sie zur bloßen Technik werden l ä ß t . Umfangsprinzip u n d Formalismus fordern sich geradezu. Immerhin haben die Stoiker mit dieser ihrer Technik die Lehre v o m hypothetischen u n d disjunktiven Urteil voll entwickelt u n d auch die Lehre von dem hypothetischen u n d disjunktiven Schluß endgültig der Logik eingefügt. Der Begriffsrealismus ist aufgegeben. Der objektive Idealismus ist in Phänomenalismus zurückverwandelt. Den drohenden skeptischen Folgerungen entweicht m a n durch die metaphysische Annahme der Vernunftsubstanz, der I d e n t i t ä t von Denken u n d Sein in der Teilhaftigkeit der Menschennatur an dieser Vernunftsubstanz, der naturalis ratio u n d ihren notiones communes, welche das Gemeinsame u n d die gegenständliche Beziehung in den mannigfachen Eindrücken sicherstellen. Der ontologische Wahrheitsbegriff ist nicht aufgegeben, es wird aus i h m n u r das idealistische Motiv ausgeschieden, das in der Ontologie zum Begriffsrealismus verbildet war. Die Forderung einer ontologischen Logik gegenüber einer bloß formalen kann daher die Vorbereitung der erneuten
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Geltendmachung des idealistischen Motivs sein, das eben nur in dieser Weise zunächst aufgetreten war. Im übrigen ist, was den Wahrheits- und Erkenntnisbegriff angeht, kein Unterschied zwischen ontologischer und formaler Logik. Der Begriffsrealismus stellt sich gegenüber dem stoischen Phänomenalismus in der Antike noch einmal wieder her im Neuplatonismus. Der Neuplatonismus setzt die stoische Linie des Substanzmonismus fort mit seinem Prinzip des Einen (ε'ν) und Ersten (πρώτον), von dem freilich gesagt wird, daß es ein ènέχεινον της oûrsCaç sei. Es ist die absolute Transzendenz und das transzendente Absolute, die schlechthinige Identität des Seins im eleatischen Sinne, darum auch negativ, Grund und Abgrund zugleich, das Jenseits aller Dinge und Dinghaftigkeit, nur in Verneinung des Gegebenen und Konkreten zu erreichen, im Sichabstoßen, im Absprung, in der Ekstase, in dem Heraustreten aus aller Wirklichkeit. Die skeptisch-nihilistischen Strebungen sind hier völlig aufgefangen. Durch die Nichtigkeit alles Gegebenen und Wirklichen, alles Wollens und alles Meinens strebt man zum Absoluten. Dieses ist „zweitloses", unterschiedsloses Sein, eben ein indifferentes Absolutes und die absolute Indifferenz, als der stärkste Ausdruck der ontologiechen Identität, ενωσις, ίίπλωσις ist das Ziel des Denkens und Lebens, Identitätsphilosophie als Mystik. Wie sich diese letzte große Gestalt des antiken Denkens durch die ganze Lebensbewegung vermittelt, ist hier nicht zu verfolgen. Alles Platonische ist in dieser letzten großen Zusammenfassung der Antike bewahrt. Dem εν und πρ&τον am nächsten in der Stufung und Schichtung, die dem Ursein nächste Seinsschicht ist der ροϋς und die in ihm enthaltenen νοητά, die Ideen. Das Einzelding ist fern und abseitig in der Reihe der Wesen, dem Unwesentlichen angehörend, dem Nichtsein anheimgegeben, dem Wesenswidrigen verfallend. Höhere Realität, größere Nähe zum absoluten Urgrund haben die Ideen als intelligible Wesenheiten in der Schicht des νοϋς. Das Einzelne ist nur Abschattung. Yon dieser Grundanschauung gehen Rückwirkungen auf die logische Tradition im Sinne des Begriffsrealismus, der Hypostasierung des Allgemeinen aus. Der νοϋς ist der Ort und die Welt der reinen Formen als Wesenheiten an sich. Logik ist die Richtung auf diese Setzungen des νοϋς, die für sich unabhängig sind von allem Wandel und Vergehen. Logik wird geradezu Eidetik, Richtung auf diese είδη, deren Abschattung nur im Wirklichen anzutreffen ist. Der Askese und Ekstase, die im Schauen der είδη endet, muß auch ein Erkenntnisvorgang entsprechen, der sich von allem Konkreten abwendet und löst zur reinen Form hin. Die Abstraktion erhält das große Pathos dieser Abwendung, die Reflexion das der Zurückwendung zu dem Ureinen, dem die abgesonderten Formen am nächsten sind. Das Abstrakte ist das höhere eigentliche Sein, der höhere Seinsgrad. Auch hier ergibt sich also, wenn auch in anderer Weise, in der Art des platonischen χωρισμός der Gedanke der losgelösten Form.
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Die K o m m e n t i e r u n g u n d k o m p e n d i e n h a f t e B e a r b e i t u n g der logischen S c h r i f t e n des Aristoteles s t e h t u n t e r stoischem u n d n e u p l a t o n i s c h e m Einflüsse. F ü r das eigentliche Anliegen des Aristoteles gegenüber P l a t o f e h l t oder schwindet wenigstens das V e r s t ä n d n i s . Aristoteles wird schlechtweg f ü r den P l a t o n i k e r g e n o m m e n , der er schließlich a u c h geblieben ist, oder seine Gegensätzlichkeit gegen P l a t o wird i m Sinne der stoischen E r k e n n t n i s l e h r e g e d e u t e t , was n i c h t d u r c h a u s u n m ö g l i c h ist. Die lange R e i h e der K o m m e n t a t o r e n geht v o n d e n ä l t e s t e n Schülern des Aristoteles h e r a b bis in den A u s g a n g der a n t i k e n Philosophie u n d i n S p u r e n n o c h d a r ü b e r hinaus. D u r c h die V e r m i t t l u n g der R h e t o r i k u n d der f ü r sie b e n ö t i g t e n „ D i a l e k t i k " geht die logische T r a d i t i o n in die römische B i l d u n g ü b e r (Varrò, Cicero). Die lateinische Schulsprache der Logik e n t s t e h t . Aus d e m U n t e r r i c h t s b e d ü r f n i s gehen die logischen S c h u l b ü c h e r h e r v o r , welche den L e h r b e s t a n d der f o r m a l e n Logik festh a l t e n wollen, v o n Apuleius über Victorinus, A u g u s t i n , P s e u d o - A u g u s t i n u n d Marcianus Capeila (artes liberales) bis a u f B o e t h i u s u n d Cassiodorus. D u r c h die Schriftstellerei des B o e t h i u s wird besonders die Εισαγωγή elς τάς Αριστοτέλους κατηγορίας des Plotinschülers P o r p h y r i u s geschichtlich w i r k s a m . Die mittelalterliche Scholastik ist z u n ä c h s t a u f die beiden e r s t e n S t ü c k e des O r g a n o n b e s c h r ä n k t , sie l e r n t das Ganze, insbesondere die A n a l y t i k e n erst i m L a u f e der zweiten H ä l f t e des zwölften J a h r h u n d e r t s k e n n e n . A r a b i s c h e u n d byzantinische Einflüsse v e r m i t t e l n , f ö r d e r n u n d b e s t i m m e n diese K e n n t n i s (Psellus, 2ύνοψις εις τήρ ΐΛριατοτίλονς λογιχήρ έπιατήμην). Die wirksamste Z u s a m m e n f a s s u n g der g e s a m t e n formallogischen T r a d i t i o n gibt die Schrift des P e t r u s H i s p a n u s , des spät e r e n P a p s t e s J o h a n n X X I . F ü r reichlich drei J a h r h u n d e r t e ist diese Schrift d a s S c h u l b u c h der Logik geworden. U n d w e n n d a n n i m m e r wieder, z u n ä c h s t i n der Renaissance (von P e t r u s R a m u s an) diese U b e r lieferung v e r e i n f a c h e n d u n d ergänzend, v e r d e u t l i c h e n d u n d zurechtr ü c k e n d u m g r u p p i e r t w o r d e n ist, i m großen u n d ganzen s t e h t n u n fest, was als eiserner B e s t a n d weiter d u r c h die J a h r h u n d e r t e g e h t . Die Ü b e r lieferung der Logik ist gebildet. D e r vielberufene Universalienstreit, der Streit u m die m e t a p h y s i s c h e R e a l i t ä t d e r Allgemeinbegriffe b e t r i f f t das eigentliche T h e m a des objekt i v e n I d e a l i s m u s , aber die Scholastik v e r m a g es doch n i c h t w a h r h a f t a u f z u n e h m e n u n d w e i t e r z u f ü h r e n , sie geht doch n u r die gegebenen Möglichkeiten d u r c h bis zur Auflösung des o b j e k t i v e n Idealismus hin. Der ältere „ R e a l i s m u s " des Anselm v o n C a n t e r b u r y , Wilhelm v o n C h a m p e a u x usw. ist d u r c h den N e u p i a t o n i s m u s b e s t i m m t , wie er d e m Mittelalter d u r c h J o h a n n e s Scotus E r u g e n a besondere v e r m i t t e l t war. Die „ U n i v e r s a l i e n " sind res, S u b s t a n z . U n d zwar h a b e n sie ein volleres stärkeres Sein, eine h ö h e r e R e a l i t ä t , j e allgemeiner sie sind. Die logische Über- u n d U n t e r o r d n u n g in der B e g r i f f s p y r a m i d e ist eine Folge v o n
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Seinsschichten oder Seinsgraden, von Steigerung und A b Schwächung, von Mehrung und Minderung des Seins. Je näher das Allgemeinste dem Ureinen ist, desto ursprünglicheres und gleichsam intensiveres Sein kommt ihm zu. Die Universalien sind das Frühere, das Besondere und Einzelne wird durch sie gestaltet auch im Sinne der Hervorbringung (egressus). Das Allgemeine ist j a Ur-Sache. Es ist das An-sich, das Besondere und Individuelle ist Akzidenz an diesem An-sich. Der ältere Nominalismus (Roscellin) geht davon aus, daß das Allgemeine Prädikat ist, die Substanz aber nie Prädikat sein kann und also die Universalien nicht Substanzen, nicht res sein können. Das Allgemeine ist das, was v o n Mehreren als ein Merkmal, als eine Bezeichnung mit Hilfe des Wortes ausgesagt wird, also nur nomen oder flatus vocis. Das wahrhaft Wirkliche ist allein das Einzelding. Die Einzeldinge werden höchstens nach Ähnlichkeit oder menschlicher Zweckmäßigkeit durch gemeinsame Namen zusammengefaßt. Die alte Frage von χα&'αύτό und χοινόν ist wieder d a : Ist das Allgemeine das An-sich und Träger des Besonderen, das an ihm Akzidenz oder Zustand ist, oder ist es gemeinsame Eigenschaft, wenn auch eine solche, die für das Ding, das dann ihr Träger ist, „wesentlich" ist (consimilitudo), nicht nur Name, sondern Name als Bezeichnung einer realen Gemeinsamkeit oder auch nur Gleichheit (indifferenter). Abaelards Vermittlung, die hier anknüpfen kann, der Konzeptualismus und Sermonismus dürfte den stoischen Weg gehen, wenigstens deuten die Bezeichnungen und Termini darauf hin: conceptus = χατάληψις, sermo = λεχτόν. Das Allgemeine als solche begriffliche Aussage hebt Gleichheit oder Ähnlichkeit (conformitas) heraus, die an der Realität besteht und hier zu erklären ist aus dem Urbild der Dinge im göttlichen νοϋς. Die Universalien sind ante rem i m göttlichen Intellekt, sie sind in re als Gleichheit, die aus gemeinsamem Urbilde stammt (das in re kann auch im Sinne der platonischen naqovaCa gedacht werden), sie sind post rem als conceptus und sermo. Diese auch von den Arabern herkommende Ausgleichsformel wird von der Hochscholastik nur bestätigt. Die Hochscholastik scheut vor den pantheistischen Konsequenzen der neuplatonischen Seinslehre, auf die Abaelard recht dringlich hingewiesen hatte und die sich inzwischen nur zu deutlich abzeichneten, zurück, und sie kennt den ganzen Aristoteles, nicht nur das Organon, sondern die übrigen Teile des Systems, insbesondere die Metaphysik. Sie konnte also ganz anders als die Früheren auf das eigentlich Aristotelische eingehen. Sie bleibt jedoch gehemmt durch den neuplatonischen Rest des Enthaltenseins der Universalien ante rem im göttlichen Intellekt, um dessentwillen das in re gar zu leicht im platonischen Sinne als bloßes Abbild, als Parusie oder methexis erscheint. Das aristotelische Anliegen kommt also zwar wieder heraus, aber nicht einmal so weit wie bei Aristoteles selbst, geschweige denn über diesen hinaus. Das verhindert schon das Festhalten
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a m ontologisch-realistischen W a h r h e i t s - u n d E r k e n n t n i s b e g r i f f , der n a c h wie v o r völlig selbstverständlich ist. U n d d a n n bleibt n u r der W e g zur V e r h ä r t u n g des o b j e k t i v e n Idealismus platonischer A r t oder zu seiner A u f l ö s u n g i m Sinne der stoischen E r k e n n t n i s l e h r e . Die H o c h s c h o l a s t i k wird bei allem Eingehen a u f Aristoteles u n d allem B e k e n n t n i s zu i h m m e h r zur p l a t o n i s c h e n H a l t u n g neigen. Die Spätscholastik ist den W e g der A u f l ö s u n g des o b j e k t i v e n Idealismus gegangen. Die F r a g e , an der es zur E n t s c h e i d u n g k o m m t , ist g u t aristotelisch die n a c h d e m principium individuationis. Ist das die Materie oder ist es die F o r m , w e n n doch das Einzelne n u r οϋΰία sein soll d u r c h das Allgemeine, das in i h m i s t . D u r c h die U n t e r s c h e i d u n g v o n existentia u n d essentia, die übrigens auf die platonisch-aristotelische v o n τοϋτο, τύδε u n d τοιοϋτο, τοιόνδε, des „ D a ß " u n d „ W a s " h i n a u s k o m m t , wird ein Teil der V e r w i r r u n g u n d Amphibolie beseitigt, i n d e m i n n e r h a l b der S u b s t a n z S u b s t r a t v o n Wesen (essentia als Ü b e r s e t z u n g v o n oftaCa) geschieden wird. U n d w e n n es a u c h einerseits (Thomas) reine F o r m e n (formae separatae et subsistentes) geben soll, die in sich i n d i v i d u a l i t ä t s bildend sind, z u m Unterschied v o n den i n h ä r e n t e n F o r m e n , die n u r in der Materie „ i n d i v i d u i e r t " werden als bloße Washeit (quidditas), also als Inbegriff gemeinsamer u n d d a r i n w e s e n h a f t e r E i g e n s c h a f t e n , welche das Ding zu d e m m a c h e n , was es i s t ; u n d w e n n a u c h andererseits ( D u n s Scotus) der G e d a n k e der E i n z e l f o r m (haecceitas) gebildet wird in g r ö ß t e r A n n ä h e r u n g a n den aristotelischen U m d e n k u n g s a n t r i e b , so k o m m t m a n doch wie Aristoteles von d e r Materie als Individualitionsprinzip n i c h t los, m a n m ü ß t e d e n n die existentia zu einem M e r k m a l der essentia m a c h e n , wozu g e m ä ß der neuplatonisch-realistischen R e d e v o n Seinsg r a d e n , v o n d e m Sein als einer E i g e n s c h a f t , die ein Mehr oder Minder z u l ä ß t , Neigung b e s t e h t . F ü r das ens realissimum soll o h n e h i n gelten, d a ß die essentia die existentia einschließt u n d d a r u m a u c h f ü r die m i t i h m besonders v e r b u n d e n e n formae separatae, die reinen Intelligenzen der Engel. E n t w e d e r ist also das I n d i v i d u u m infima species, die d u r c h das M e r k m a l der existentia vollständig d e t e r m i n i e r t e u n d inhaltlich bes t i m m t e essentia oder das I n d i v i d u u m gilt als zufällig gerade a u c h in seiner haecceitas, die Einzelform f ü r u n a b l e i t b a r u n d unauflöslich, f ü r „ u n a u s s a g b a r " (ineffabile), d . h. n i c h t allgemein, in gemeinsamen Merkm a l e n f a ß b a r . D a f ü r sagt m a n n u n k o n t i n g e n t , was schließlich n u r Übersetzung v o n σνμβεβηχός ist. Man versieht freilich dies K o n t i n g e n t e m i t allen A k z e n t e n des eigentlich Wirklichen, i n d e m m a n die aristotelische Lehre v o n d e m Einzelnen als eigentlicher oiaCa d a r a u f a n w e n d e t . M a n flüchtet in diesen u n a b l e i t b a r e n T a t b e s t a n d des Individuellen u n d weicht d a m i t vor d e m P r o b l e m zurück, das m a n n u r als solches s t e h e n l ä ß t u n d d a m i t fixiert. Also entweder R ü c k w e g z u m realistischen P i a t o n i s m u s — das Individuelle ist infima species — oder Ausweichen zur Stoa hin, das Individuelle ist das allein Reale, das Allgemeine n u r P r ä d i k a t , Aus-
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sage an und von diesem Realen, das als unaufhebbarer Tatbestand gegeben ist. Die unaufhebbare Tatsächlichkeit ist die Nötigung, welche die Wahrnehmung begleitet. Das Denken vermag an den Wahrnehmungstatsachen Gemeinsamkeiten festzustellen, kann vergleichen und darin die inhaltliche Mannigfaltigkeit auf das Gegenständliche beziehen, ohne mit solcher Aussage das Wirkliche erschöpfen oder ableiten zu können. Der Nominalismus der Spätscholastik geht diesen Weg der Auflösung des objektiven Idealismus. Die Universalien sind termini, bestimmende abgrenzende Zeichen, Prädikate, durch welche das Wirkliche in seinem „ W a s " erkenntlich, erkennbar gemacht und erfaßt wird. Damit verbindet sich die Lehre von der Supposition, die am einfachsten vielleicht an der Algebra erläutert wird. Wie hier ein Buchstabe für eine bestimmte Größe gesetzt wird, deren einzelne „Werte" dann beliebig eingesetzt werden können, wie dieser Buchstabe eine Mannigfaltigkeit von Bestimmtheiten vertritt, so auch der terminus, das Universale, eine Menge von Arten oder Einzeldingen, deren besondere Bestimmtheiten in die mit dem Zeichen gemachte Aussage eingesetzt werden können. Eine ausgesprochen phänomenalistische Erkenntnislehre stellt sich wieder her. Das erkennende Subjekt steht den Dingen gegenüber. Das Denken ist ein innersubjektiver Vorgang auf Grund der Eindrücke, welche die Dinge im Subjekte bewirken und in welchen die unaufhebbare und unableitbare Tatsächlichkeit, das Kontingente, uns Zukommende und Anrührende des Realen und Existenten gegeben ist. Der objektive Idealismus zerbricht im Mittelalter an der Aufgabe, die Verkündigung der christlichen Kirche zu einer Lehre zu gestalten. Es wird einerseits der reine Realismus, Realismus nun nicht im mittelalterlichen Sinne verstanden, sondern im Sinne des ontologischen Erkenntnis- und Wahrheitsbegriffs, die Metaphysik frei. Auch der Phänomenalismus bis in alle seine positivistischen und skeptischen Folgerungen hinein bleibt Metaphysik, weil er ein Ding an sich unterstellt, auch wenn er die Möglichkeit der Erkenntnis dieses Ansich verneint und schließlich sogar in der aufgezeigten Weise des subjektiven Idealismus sein Dasein bestreitet. Andererseits wird im reformatorischen Verständnisse das Evangelium von der griechischen Metaphysik befreit. Es stellt sich das natürliche Verhalten des Menschen zur Wirklichkeit wieder her, der realistische ErkenntnisbegrifF und das realistische Wirklichkeitsdenken. Die vorkantische Philosophie gleicht prinzipiell, so verändert die geschichtliche Umgebung und Gestaltung sein mag, der vorsokratischen. Die Frage ist, ob, wenn das sokratische Problem bei Kant sich noch einmal stellt, in der Kritik der Vernunft statt des objektiven Idealismus die andere neue Objektivitätstheorie zustande kommt. Die Frage ist, ob von dem reformatorischen Verständnis des Evangeliums Antriebe ausgehen, welche zu dem Durchbruch führen, der Aristoteles nicht gelungen war, zur Beseitigung des ontologisch-metaphysischen Ansatzes,
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z u m Umdenken, welches das „ n a t ü r l i c h e " Verhalten des Menschen zur Wirklichkeit a u f h e b t u n d umwandelt. D a n n wird das logische Problem neu gestellt u n d eine Neubegründung der Logik möglich u n d notwendig. Der Ausgang der Scholastik t r i f f t mit der stoischen Erkenntnislehre zusammen. Die formale Logik ist das Ergebnis u n d der E r t r a g der schulmäßigen, scholastischen Gestaltung der Überlieferung. 2. D E R B E S T A N D D E R Ü B E R L I E F E R U N G , D I E L E H R E D E R FORMALEN LOGIK. Logik ist die Lehre von den Normen u n d Formen des „ D e n k e n s " . Insofern das Denken auf Wahrheit gerichtet ist, ist es E r k e n n e n , u n d soweit es diese Absicht erreicht, Wissen. Normen u n d Formen des Denkens ergeben sich aus der naturalis ratio, der „ v e r n ü n f t i g e n " Menschenn a t u r im Sinne der xoival ivvoiai. Diese vernünftige Menschennatur ist zwar in sich höchst problematisch. Die formale Logik unterstellt sie als das „ D e n k e n " selbst, welches ein Vorgang im Subjekte ist. Die Frage der objektiven Gültigkeit dieser Formen wird immer wieder gestellt werden müssen. Die A n t w o r t ist zunächst die ontologische, die Behaupt u n g einer Übereinstimmung mit dem Ansichseienden auf Grund einer substantiellen I d e n t i t ä t , mindestens in der phänomenalistisch abgewandelten Weise, daß die Ordnung und das Verhältnis der termini, auch wenn sie als Zeichen unzulänglich sind, mit der Ordnung der Sachen selbst übereinstimme. Die Ordnung ist gegenständliche Beziehung, weil sie auf den Ding- u n d Substanzbegriff ausgerichtet ist u n d die Eindrücke in ihrer u n a u f h e b b a r e n Tatsächlichkeit betrifft. Die Einteilung dieser Logik steht seit P e t r u s R a m u s einigermaßen f e s t : Begriff, Urteil, Schluß, dem grammatischen Wort, Satz u n d Satzgefüge entsprechend, d a n n weiter Definition, Einteilung, Beweis, dieser als Deduktion, I n d u k t i o n , Analogie u n d Wahrscheinlichkeit. Die Lehre v o m Begriff, Urteil u n d Schluß als den logischen Elementen heißt Elementarlehre, wofür auch der aristotelische Ausdruck der Analytik mit Grund v e r w a n d t wird, weil es sich u m die Auflösung des Denkvorganges u n d der Denkgebilde in die Elemente handelt. Das Übrige wird, weil es darin u m die Verwendung dieser Elemente, u m das Verfahren mit ihnen geht, Methodenlehre genannt, wofür auch der aristotelische Ausdruck Dialektik gebraucht wird, wiederum mit g u t e m Grunde, weil es u m die Bildung u n d Bestimmung der Begriffe im sokratischen Sinne der Dialektik, u m A u f b a u des Begriffssystems, u m Demonstration, Argumentation u n d Beschaffung von Beweismitteln geht. Dem so eingeteilten Ganzen ist eine E r ö r t e r u n g über die Denkprinzipien oder logischen Grundsätze vorauszuschicken, sofern m a n es nicht vorzieht, diese erst bei der Lehre vom Schluß darzulegen. Als l o g i s c h e G r u n d s ä t z e werden folgende aufgeführt: 1. Das principium identitatis, der Satz der Identität, mit der Formel: A ist A, jedes ist, was es ist. Es ist das
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Prinzip der Setzung, des ansichseienden Beharrens, als Norm die Forderung, jegliches als sich gleichbleibend festzuhalten. Dazu gehört 2. das principium convenientiae, der Satz der Vergleichung nach der Formel AB ist Β oder AC ist BC. Es ist der Satz von der relativen oder partiellen Identität, als welche die Ähnlichkeit verstanden wird, die zur Vergleichung f ü h r t , der Satz der Verknüpfung oder Ineinssetzung nach identischem Inhalt. Als Norm besagt er die Forderung, Zusammengehörigkeit auf partielle I d e n t i t ä t zurückzuführen. Ferner gehört hierher 3. das principium identitatis indiscemibilium nach der Formel: A ist nicht non-Α, der Satz des unbestimmten Unterschiedes, der m i t dem der Identität zusammenfällt. Jegliches, das mit sich identisch ist, ist von jedem Anderen unterschieden. Was von einem anderen nicht unterschieden ist, ist mit i h m 10 identisch. 4. Das principium contradictions, der Satz des Widerspruchs, verbietet, Bestimmungen, die im Verhältnis oder richtiger in der Verhältnislosigkeit des unbestimmten Unterschiedes, der Negation zueinander stehen, in eins zu setzen, zugleich in derselben Beziehung demselben beizulegen, die aristotelische Formel. Sie wird abgelöst durch die von K a n t vertretene: keinem Subjekt kommt ein Prädikat zu, das i h m widerspricht, d. h. es verneint. Der Satz v o m Widerspruch gilt als das formale Kriterium der Wahrheit überhaupt. 5. Das principium exclusi tertii, der Satz vom ausgeschlossenen Dritten. E r besagt, d a ß es zwischen A und non-Α kein Drittes oder Mittleres gibt und daß zwei 20 Urteile, die einander widersprechen, nicht beide wahr und nicht beide falsch sein können. Daraus folgt, ohne weiteres 6. der Satz von der doppelten Verneinung: duplex negatio affirmai, auf den auch das principium identitatis indiscemibilium h i n f ü h r t ; was nicht unterschieden von einem Etwas, nicht die Verneinung von etwas als Ausdruck des unbestimmten Unterschiedes ist, das ist m i t ihm identisch. Schließlich 7. das principium rationis determinantis sive sufficientis, der Satz vom zureichenden Grunde, m i t der Formel: jedes wahre Urteil h a t einen Grund oder m i t dem Grunde ist die Folge gesetzt, mit der Verneinung der Folge ist der Grund aufgehoben. Dieser Satz ist vom Syllogismus hergenommen u n d ist auch der Anlaß, die logischen Grundsätze im Zusammenhang der Schlußlehre darzustellen. Der Schluß30 satz ist die Folge, die Prämissen, insonderheit der Mittelbegriff ist der Grund. Grund ist, was die Ineinssetzung, die Verbindung, die Aussage im Urteil herbeiführt. Solange Ursache substantialistisch gefaßt wird als Ur-sache, kann auch zwischen ratio u n d causa nicht streng unterschieden werden. Dann ist causa eben die Sache als ratio, als Grund für die Verbindung von Subjekt u n d Prädikat. Wird Urteil und Schluß als Aussage inhaltlicher Identität gefaßt, so geht der Satz vom Grunde in den der Ident i t ä t über und zwar in die Abwandlung des Identitätssatzes, in das principium convenientiae. Alle Zusammengehörigkeit soll dann auf Vergleichung u n d inhaltliche I d e n t i t ä t zurückgeführt werden. 40
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Der B e g r i f f (notio oder conceptus) entsteht durch Zusammenfassung gemeinsamer Eigenschaften ähnlicher Dinge unter Absehen von ihren Verschiedenheiten. Begriffsbildung ist Abstraktion als Komparation oder Vergleichung, als Reflexion oder Überlegung, die sich auf das Gemeinsame richtet und zeigt, worin die Verglichenen inhaltlich identisch sind, und als Abstraktion oder Abziehung im engeren Sinne, die das beiseite setzt, was a n dem Verglichenen nicht identisch ist. Die Gesamtheit des Gemeinsamen, das zur Bildung des Begriffes dient, heißt dessen I n h a l t (complexus oder auch materia). Die zu sondernden Bestandteile des Inhaltes sind die Merkmale (notae). Die Zerlegung des Inhaltes in die Merkmale, die ihn bilden, ist die Partition des Begriffs. Es wird noch der Unterschied von Allgemein- und Einzelbegriff gemacht, obwohl jeder Begriff als solcher eine Allgemeinvorstellung sein soll. Allgemein soll dann der Begriff sein, der darstellt oder enthält, was mehreren oder vielen Dingen gemeinsam ist. Ein Einzelbegriff ist der, welcher die konstanten Merkmale desselben Dinges im
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Wechsel seiner Zustände angibt, er ist ein Allgemeinbegriff wenigstens mit R ü c k sicht auf die mannigfachen Zustände des Dinges. D a m i t geht die andere Unterscheid u n g z u s a m m e n , die an die aristotelische zwischen Begriffen von Eigenschaften u n d v o n Substanzen a n k n ü p f t , nämlich von „ a b s t r a k t e n " u n d „ k o n k r e t e n " Begriffen. Abstrakt ist der Begriff, sofern er etwas, das a n einem Ding v o r k o m m t , darstellt, losgelöst v o n d e m , woran es v o r k o m m t ; konkret, sofern er darstellt, was in sich vollständig u n d subsistierend gedacht wird. Insofern der Begriff aber das „ W e s e n " betrifft u n d in dem Gemeinsamen das An-sich erfaßt, das Bestand h a t u n d gibt, h e b t sich diese Unterscheidung zwischen „ a b s t r a k t " u n d „ k o n k r e t " wieder auf. Das Verhältnis des Begriffes zu all dem, dessen gemeinsame Eigenschaften den I n h a l t des Begriffes bilden, ist der Umfang. Der Begriff h a t Geltung, sofern sich etwas findet, was in seinen U m f a n g f ä l l t . I n d e m sich die in dem Begriff zusammengefaßten gemeinsamen Merkmale in dem unter den Begriff B e f a ß t e n m i t verschiedenen Merkmalen v e r b i n d e n , entstehen die Arten, deren G a t t u n g d a n n dieser Begriff ist. Die betreffenden verschiedenen Merkmale sind die Artunterschiede. Die Art ist das Besondere gegenüber dem Allgemeinen der G a t t u n g . E s ergibt sich das Verhältnis der Umf a n g s u b s u m t i o n . Der U m f a n g ist der Inbegriff des Subsumierten. Man unterscheidet noch den „logischen" U m f a n g , der aus den A r t e n besteht, v o n dem „empirischen", der die einzelnen Dinge u m f a ß t , zu denen die A r t e n selbst wieder Allgemeinbegriffe sind. Die Zerlegung des Umfanges in der Bildung der Arten ist die Division des Begriffs. D u r c h Aussonderung gemeinsamer Merkmale in verschiedenen A r t e n u n d Gatt u n g e n wird eine höhere G a t t u n g erfaßt, u n d so bildet sich eine Stufenfolge oder eine H i e r a r c h i e v o n G a t t u n g e n u n d Arten. Die höhere G a t t u n g (superior) h a t offenbar hiernach weniger Merkmale als die niedrigere {inferior). Die Anzahl der Merkmale ist die Größe des I n h a l t e s . Diese n i m m t also m i t der Höhe der Gattungsstufe a b . Andererseits h a t die höhere G a t t u n g mehr Umfang als jede niedrigere, sie ist weiter (latior), die andere ist enger (angustior). Der Umfang wächst m i t der H ö h e der Gattungsstufe, es besteht ein umgekehrtes Verhältnis v o n I n h a l t u n d U m f a n g u n t e r den Begriffen einer Subsumtionsreihe. Die Stufenfolge der Subsumtionsreihe gibt den Merkmalen eines Begriffs eine A r t Ordnung in der Subsumtion. Die bloße Summe, das vage Beieinander der Merkmale wird so gegliedert oder wenigstens a b g e s t u f t . Die Merkmale der höheren Gatt u n g gewinnen einen Vorrang vor denen, welche der niederen G a t t u n g angehören. Dag Aufsteigen zu der höheren G a t t u n g mit geringerem I n h a l t ist A b s t r a k t i o n , wie schon bei Aristoteles, die zusätzliche I n h a l t s b e s t i m m u n g in der Bildung der A r t e n ist Determination. Ein Begriff ist klar (notio clara), wenn er von j e d e m anderen sicher u n d eindeutig zu unterscheiden ist. D a s Gegenteil zu klar ist dunkel {obscura). Ein Begriff ist deutlich (distincta), w e n n seine Elemente, seine Merkmale klar sind, d. h. in i h m sicher u n d eindeutig unterschieden werden. D a s Gegenteil ist verworren (confusa). Die L e h r e v o m Begriff steht also auf d e m Umfangsverhältnis, d. h. auf der H y p o stasierung des Gemeinsamen zum An-sich. Die Geltung des Begriffs ist sein U m f a n g . Nach d e m , w a s über die E n t s t e h u n g dieses Gedankens a u s g e f ü h r t worden ist, b r a u c h t j e t z t zur Kennzeichnung u n d zur Erläuterung nichts mehr gesagt zu werden. Seit dem 18. J a h r h u n d e r t wird das Umfangsverhältnis durch Kreise veranschaulicht u n d d a r i n vollende formalistisch verstanden. D u r c h Umfangsbeziehungen werden auch die V e r h ä l t n i s s e d e r B e g r i f f e bes t i m m t . Als solche werden aufgezählt: I. I d e n t i t ä t oder Äquipollenz (Gleichgeltung). E s handelt sich dabei u m Begriffe von verschiedenem I n h a l t , aber identischem Umf a n g , eigentlich u m Hervorhebung verschiedener Momente a n demselben O b j e k t e (rechtwinkliger R h o m b u s u n d gleichseitiges Rechteck). Sofern solche Begriffe dasselbe u n t e r verschiedenen Gesichtspunkten oder v o n entgegengesetzter Seite darstellen, heißen sie reziprok (zusammengesetzt u n d teilbar). I I . Über- oder U n t e r o r d n u n g ,
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das S u b s u m t i o n s V e r h ä l t n i s selbst. Begriffe innerhalb derselben höheren G a t t u n g heißen homogen oder k o m p a r a t . I I I . Nebenordnung ( K o o r d i n a t i o n ) . J e d e Nebeno r d n u n g setzt eine gemeinsame U n t e r o r d n u n g voraus. 1. Disjunkte Begriffe, die derselben G a t t u n g angehören und keinen Teil ihres Umfanges gemeinsam haben, insofern sich ausschließen, unverträglich oder r e p u g n a n t sind, so die Arten innerhalb derselben G a t t u n g . 2. Korrelate Begriffe, die sich innerhalb einer Zuordnung wechselseitig fordern (Berg u n d Tal, Vater u n d Mutter). 3. K o n t r ä r e Begriffe, welche, ohne d a ß das P r o b l e m des Gegensatzes erörtert wird, n a c h einer Definition des Aristoteles diejenigen sein sollen, die innerhalb einer Gattung a m weitesten voneinander abstehen, d i a m e t r a l verschieden sind (schwarz und weiß). 4. K o n t i n g e n t e oder sich berührende Begriffe, die sich innerhalb der G a t t u n g a m nächsten stehen (rot u n d orange). IV. U n b e s t i m m t e Begriffsverhältnisse (Fehlen einer nächsthöheren G a t t u n g ) : 1. positiv-negat i v e Begriffe (A u n d non-Α), bei denen der eine Begriff die Verneinung des anderen als Ausdruck des u n b e s t i m m t e n Unterschiedes ist. Der negative Begriff wird daher auch d e r u n b e s t i m m t e genannt. E r ist nicht eigentlich ein Begriff, sondern die Aufgabe eines solchen. Dies Verhältnis wird kontradiktorisch bei P r ä d i k a t i o n von demselben Subjekte, u n d d a r u m heißt das Verhältnis auch das kontradiktorische. 2. Disp a r a t e Begriffe, d. h. solche, die keine höhere G a t t u n g i n sich haben oder unvergleichb a r sind, oder richtiger, da alles eine höchste G a t t u n g i n sich haben m u ß u n d nichts absolut unvergleichbar ist, Begriffe sind in dem Maße disparat, je allgemeiner i m Vergleich m i t ihnen der Begriff sein m u ß , der sie zusammenfassen k a n n . Disparate Begriffe sind vereinbar. W a s bloß disparat ist, widerstreitet nicht. 3. Interferierende oder sich kreuzende Begriffe (Grenzfall die Deckung oder Äquipollenz) sind solche, die einen Teil ihres Umfanges gemeinsam haben. Als P r ä d i k a t e gedacht sind sie komprädikabel, v e r e i n b a r (inter se convenientes seu congruentes). Beim U r t e i l wird n u n m e h r die „ M a t e r i e " , Subjekt u n d P r ä d i k a t , von der „ F o r m " , der Copula unterschieden. Subjekt u n d P r ä d i k a t sind die Elemente, die durch die F o r m zusammengebracht werden, sie heißen als solche auch der Satz. Der Satz ist die Materie zu einem Urteil. Die Beziehung der Elemente, die F o r m ist d a n n d a s Umfangeverhältnis, die Subsumtion. Darauf wird im Grunde alle Urteilsfunktion zur ü c k g e f ü h r t . D a s Urteil ist das Umfangsverhältnis zweier Begriffe. I n die F o r m der U m f a n g s s u b s u m t i o n werden die Urteile aller A r t gepreßt, auch solche m i t Eigenschafts- oder Tätigkeitsprädikaten, der rein p r ä d i k a t i v e n Aussage, die n u r ein Merkm a l h e r a u s h e b t . U n t e r Voraussetzung dieses Prinzipes der Umfangssubsumtion ist zunächst zu fragen, ob die Subsumtion s t a t t f i n d e t oder nicht, alsdann, ob sie vollständig oder unvollständig ist. Das erste ergibt den Unterschied des positiven u n d n e g a t i v e n Urteils (Qualität), das letztere den des allgemeinen, universalen u n d des besonderen, partikularen Urteils in der F o r m alle bzw. einige ( Q u a n t i t ä t ) . Die K o m b i n a t i o n dieser beiden Einteilungen ergibt die älteste U r t e i l s t a f e l der f o r m a l e n Logik von vier Urteilsarten. Sie werden seit alters nach den Vokalen i n affirma u n d nego durch die vier Buchstaben a = universal-positiv, i — partikularpositiv, e = universal-negativ, o = partikular-negativ bezeichnet. Die K o m b i n a t i o n der vier Urteile in einem Rechteck oder Q u a d r a t , wobei oben a u n d e, u n t e n bzw. i u n d o z u stehen k o m m e n , ergibt folgende Verhältnisse der Urteile: a u n d i, e u n d o h a b e n d a s Verhältnis der Subalternation, a u n d e sind subalternans, i u n d o subalternatum; a u n d o, e u n d i sind k o n t r a d i k t o r i s c h ; a u n d e sind k o n t r ä r ; i u n d o sind s u b k o n t r ä r . Zu diesem Schema werden folgende Regeln aufgestellt: 1. kontradiktorische Urteile k ö n n e n nicht beide wahr u n d nicht beide falsch sein. 2. K o n t r ä r e Urteile k ö n n e n nicht beide wahr, wohl aber beide falsch sein, i n d e m i oder o wahr ist. 3. S u b k o n t r ä r e Urteile k ö n n e n beide wahr, aber nur eines von ihnen k a n n falsch sein. 4. Bei subalternen Urteilen ist das subalternatum (i bzw. o) w a h r , wenn das subalternans w a h r ist, das subalternans falsch, wenn das subalternatum falsch ist, das subalternans w a h r oder falsch, w e n n das subalternatum wahr ist, das subalternatum wahr oder falsch, wenn d a s subalternans falsch ist.
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Diese ältere Urteiletafel wird durch Hinzunahme der aristotelischen Einteilung der Urteile in solche des Stattfindens, des möglicher- oder notwendigerweise Stattfindens mit der Verschiebung des Sinnes dieser Unterscheidung, die bei den Stoikern eintritt (Modalität), und der Unterscheidung der einfachen und zusammengesetzten Urteile, welche die peripatetische und stoische Logik vornimmt (Relation), ergänzt. Daraus ergibt sich die K a n t i s c h e U r t e i l s t a f e l , welche die Urteile nach Quantität, Qualität, Relation u n d Modalität einteilt, u n d unter jedem Titel drei Arten befaßt. Bei der Q u a n t i t ä t wird das singulare Urteil, das sich auch bei Aristoteles schon vorfindet, hinzugenommen, also singulares, partikulares und universales Urteil. Bei der Qualität wird zu dem positiven u n d negativen Urteil das limitative hinzugefügt, das seiner F o r m nach ein positives Urteil mit einem negativen Begriff als Prädikat ist, das unbestimmte Urteil. Als Unterschiede der Relation werden angegeben das kategorische, hypothetische, disjunktive Urteil (S ist P ; wenn S ist, ist P ; S ist P t oder P s ). Nach der Modalität gibt es die drei Urteilsarten assertorisch (S ist P), problematisch (S ist möglicherweise P, S kann Ρ sein) u n d apodiktisch (S ist notwendigerweise P , S m u ß Ρ sein). Anhangsweise werden dieser Urteiletafel noch einige abgeleitete Formen angefügt. Das kopulative Urteil ist die Zusammenfassung mehrerer Urteile mit verschiedenen Subjekten, aber gleichen Prädikaten (sowohl als auch). I s t es verneinend, so heißt es remotiv (weder noch). Das konjunktive Urteil ist eine Zusammenfassung mehrerer Urteile mit demselben Subjekt, aber verschiedenem Prädikat (S ist Ρ u n d P j und P 2 ). Das divisive Urteil ist die Zusammenfassung mehrerer partikularer Urteile m i t verschiedenen Prädikaten unter eine gemeinsame Gattung, von der die verschiedenen Prädikate in der F o r m teils teils ausgesagt werden. Der S c h l u ß ist die Begründung eines Urteils. Die Begründung geschieht durch Beziehung auf andere gültige Urteile. Es wird der unmittelbare Schluß oder die Folgerung, bei der ein Urteil aus e i n e m anderen Urteil durch dessen Umformung hergeleitet wird, unterschieden von dem mittelbaren oder eigentlichen Schluß, dem Syllogismus, der aus zwei anderen Urteilen auf Grund eines gemeinsamen Begriffs, des Mittelbegriffe herleitet. Die überlieferte Logik zählt sieben Arten der F o l g e r u n g d u r c h U m f o r m u n g auf unter Bezugnahme auf die Anordnung a — e — i — o. 1. Folgerung durch Ä q u i p o l l e n z : Sie schließt von einem Urteil auf das entsprechende verneinte, in welchem der Prädikatbegriff des ersten durch sein ausschließendes Gegenteil ersetzt ist, nach dem Satze von der doppelten Verneinung, ferner auch duTch Verwendung von äquipollenten Subjekts- und Prädikatsbegriffen, was oft nur ein Unterschied des sprachlichen Ausdrucks ist. 2. Folgerung durch S u b a l t e r n a t i o n : a) ad subahernatum, durch Unterordnung: aus der Gültigkeit von a u n d e auf die von i und bzw. o; aus der Ungültigkeit folgt nichts, b) ad subalternantem, durch Überordnung : aus der Gültigkeit von i und o folgt nichts; aus ihrer Ungültigkeit die von a bzw. e. F ü r den Schluß ad subalternatum gilt das dictum de omni et nullo: was von allen gilt, gilt auch von einigen und einem, was von keinem gilt, gilt auch nicht von einigen oder einem. Der Schluß ad subalternantem h a t den entsprechenden Grundsatz : was f ü r einige nicht gilt, gilt auch f ü r alle nicht. 3. Folgerung durch O p p o s i t i o n , Entgegensetzung, a) Kontradiktorische Opposition: aus der Gültigkeit von a und e folgt die Ungültigkeit von o bzw. i u n d umgekehrt; ebenso aus der Ungültigkeit bzw. die Gültigkeit, b) Konträre Opposition: Aus der Gültigkeit von a und e folgt die Ungültigkeit von e bzw. a ; aus der Ungültigkeit folgt nichts f ü r die Gültigkeit oder Ungültigkeit des konträren Urteils, c) Subkonträre Opposition: Aus der Ungültigkeit von i und o folgt die Gültigkeit von o bzw. i; aus der Gültigkeit von i und o ist hinsichtlich des subkonträren Urteils nichts zu folgern. Grundsatz f ü r die Folgerung durch Opposition ist in entsprechender Anwendung der Satz vom Widerspruch.
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4. Folgerung d u r c h Änderung der R e l a t i o n : U m w a n d l u n g des kategorischen Urteils in ein hypothetisches u n d u m g e k e h r t ; U m w a n d l u n g des disjunktiven Urteils i n ein hypothetisches u n d zweier oder mehrerer- kategorischer und hypothetischer Urteile in ein disjunktives. 5. Folgerung n a c h m o d a l e r Konsequenz: Aus der Notwendigkeit folgt die Wirklichkeit u n d Möglichkeit, aus der Wirklichkeit die Möglichkeit; aus der Verneinung der Möglichkeit die der Wirklichkeit u n d Notwendigkeit, aus der der Wirklichkeit die der Notwendigkeit. Umgekehrt ist nicht zu folgern. 6. Folgerung d u r c h K o n v e r s i o n , Umstellung von Subjekt u n d P r ä d i k a t . Die Konversion ist rein (simplex oder pura), wenn sie ohne Q u a n t i t ä t s ä n d e r a n g möglich ist, unrein (per accidens), wenn n u r m i t einer Q u a n t i t ä t s ä n d e r a n g . Aus a folgt i per accidens, aus i wieder i simpliciter, aus e wieder e simpliciter, aus o ist keine bestimmte U m k e h r u n g abzuleiten. Bei der U m k e h r u n g der Urteile hypothetischer F o r m t r i t t a n die Stelle der Q u a n t i t ä t s ä n d e r u n g eine solche der Modalität, a n die Stelle eines partikularen Urteils ein problematisches. 7. Folgerung durch K o n t r a p o s i t i o n . Das ist Konversion m i t gleichzeitiger Qualitätsänderung oder eine Äquipollenz mit Konversion: Das kontradiktorische Gegenteil des Prädikates wird S u b j e k t , das S u b j e k t P r ä d i k a t , die Q u a l i t ä t des Urteils i n das Gegenteil gewandelt. So ergibt a e, i nichts, e i, o i. Anzumerken ist als F o r m des u n m i t t e l b a r e n Schlusses noch die Bildung zusammengesetzter Urteile .kopulativer u n d k o n j u n k t i v e r A r t u n d die sogenannte gleichsinnige I n h a l t s ä n d e r u n g , d. h. die Hinzufügung derselben Bestimmung bei S u b j e k t u n d Prädikat. Die Begründung oder Ableitung eines Urteils aus zwei (oder mehreren, die aber stets zu j e zwei zusammengefaßt werden) anderen, die als gültige vorausgesetzt sind, ist der mittelbare oder eigentliche Schluß, der S y l l o g i s m u s . Eine eigentliche Theorie des Syllogismus wird auch j e t z t nicht gegeben. Wie bei Aristoteles wird sogleich u n t e r E r l ä u t e r u n g der Benennungen B a u u n d F o r m a b w a n d l u n g des Syllogismus angegeben. Der Schluß igt mittelbare Umfangsubsumtion im Sinne des dictum de omni et nullo. W i r d die Prädikatsaussage als Hervorhebung eines Merkmals geiaßt, so wird das Prinzip, wie schon bei Aristoteles angeführt wurde, folgendermaßen f o r m u l i e r t : nota notae est nota rei, répugnons notae répugnât rei. Über Figuren u n d Modi wird gelehrt, wie schon bei Aristoteles geschildert worden i s t . Hinzugefügt ist eine v i e r t e F i g u r , die sog. galenische, die aus fünf von Theophrast aufgestellten Modis der ersten Figur gebildet worden ist, nach der Anordnung Ρ—M, M—S, S—P. Die Modi bilden sich n a c h Q u a n t i t ä t und Q u a l i t ä t der Prämissen. Von d e n möglichen Kombinationen fallen nach den allgemeinen Schlußregeln u n d den besonderen Bedingungen jeder Figur eine große Anzahl als ungeeignet aus. Die e r s t e Figur ist auch Subsumtions- oder Subalternationsschluß zu nennen. Sie ist die mittelbare Subsumtion oder i n anderer W e n d u n g , die nie ganz ausgeschlossen wird, sie legt einem Subjekte ein P r ä d i k a t bei oder spricht es i h m ab, weil es einer G a t t u n g zu subsumieren ist, f ü r die das P r ä d i k a t allgemein oder notwendig gilt bzw. nicht gilt. Voraussetzung ist, 1. d a ß die Subsumtion gilt, d. h. der Untersatz positiv ist, sei es universal oder partikular, 2. daß der Obersatz universal ist, sei es positiv oder negativ. Die z w e i t e Figur ist auch Oppositions- oder Ausschließungsschluß zu nennen. Sie schließt das Subjekt des Untersatzes aus dem des Obersatzes aus, weil das eine oder andere i n den U m f a n g eines Begriffes einbezogen ist, von dem jedesmal das andere ausgeschlossen ist, oder wieder anders ausgedrückt, weil dasselbe P r ä d i k a t dem einen zu-, dem anderen abgesprochen wird. D a r u m ist erforderlich, 1. d a ß die Prämissen verschiedene Qualität h a b e n , 2. d a ß der Obersatz universal ist. Der Schlußsatz ist stets verneinend. Die d r i t t e Figur ist auch Komprädikabilitätsschluß zu nennen. Die Subsumtion desselben Subjektes u n t e r verschiedene Begriffe beweist, d a ß es sich u m interferierende Begriffe handelt, die einen Teil ihres Umfanges gemeinsam haben. Die Subsumtion desselben Subjektes u n t e r einen Begriff u n d die Verneinung
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der Subsumtion u n t e r einen andern beweist, d a ß diese Begriffe nicht interferierend sind. Oder das gemeinsame A u f t r e t e n zweier P r ä d i k a t e a n demselben Subjekt beweist ihre Vereinbarkeit, das Vorkommen des einen u n d das Fehlen des anderen ihre Trennbarkeit oder die Nichtsetzung eines notwendigen Zusammenhanges zwischen ihnen. D a z u ist erforderlich, 1. d a ß mindestens eine Prämisse universal ist, weil sonst nicht feststünde, ob das S u b j e k t dasselbe wäre, 2. daß der U n t e r s a t z positiv ist, weil sonst das Verhältnis von S zu Ρ nicht zu bestimmen wäre. Der Schlußsatz ist stets partikular. Die vierte Figur als eine bloße Verschränkung der ersten h a t keinen eigenen logischen Grundgedanken. Die Ergebnisse bezüglich der K o m b i n a t i o n e n sind in die allgemeinen syllogistisehen Regeln zusammenzufassen: 1. e mere negativis, e mere particularibus nihil sequitur, weil d a n n wegen des u n b e s t i m m t e n Verhältnisses der beiden zu verbindenden Begriffe z u m Mittelbegriff gar keine Verhältniebestimmung durch diesen geschehen k a n n . 2. conclusio sequitur partem debiliorem, d. h. der verneinten oder p a r t i k u l a r e n Prämisse. Aus einer negativen u n d einer partikularen Prämisse folgt nichts, wenn die letztere den Obersatz bildet. Nach der Überlieferung werden die anderen Figuren in ihrer Schlußkraft auf die erste Figur z u r ü c k g e f ü h r t , welche der eigentliche Syllogismus als mittelbare Umfangsubsumtion ist. Diese R e d u k t i o n , wie die Zahl u n d Art der Modi der einzelnen Figuren stellen die b e r ü h m t e n versus memoriales dar, die auf P e t r u s H i s p a n u s zurückgehen:
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Barbara Celarent primae Darii Ferioque. Cesare Camestres Festino Baroco secandae. Tertia grande sonans récitât: Darapti Felapton Disamis Datisi Bocardo Ferison. Quartae Sunt Bamalip Calemes Dimatis Fesapo Fresison. Die Folge der Vokale bezeichnet die Qualität u n d Q u a n t i t ä t von Ober-, Unteru n d Schlußsatz. Der K o n s o n a n t s besagt j e nach dem Vokal, auf welchen er folgt, d a ß zur Z u r ü c k f ü h r u n g auf die erste Figur eine conversio simplex des betreffenden Satzes erforderlich ist, der Konsonant ρ in gleicher Weise die Erforderlichkeit einer conversio per accidens. Der Buchstabe m deutet an, es müsse eine metathesis oder mutatio praemissarum stattfinden, eine Umstellung oder Vertauschung der Prämissen, aus der ein Schlußsatz von der F o r m P-S sich ergibt, der durch eine conversio (s oder ρ a m E n d e des Kennwortes) in die Form S - P zu verwandeln ist. D a s c besagt, d a ß der Modus indirekt d u r c h sog. conversio syllogismi abzuleiten ist, d. h . es wird die conclusio d u r c h i h r kontradiktorisches Gegenteil ersetzt u n d mit einer der f r ü h e r e n Prämissen zu einem Modus der ersten Figur zusammengefaßt, welcher eine conclusio ergibt, die der anderen Prämisse widerspricht. Die großen Anfangsbuchstaben lassen erkennen, auf welchen der vier Modi der ersten Figur jedesmal zu rekurrieren ist. K a n t sprach wegen dieser Reduktion von einer falschen Spitzfindigkeit der anderen Figuren. Die Spitzfindigkeit d ü r f t e aber vielmehr die R e d u k t i o n selbst sein, der bloße kombinatorische Umfangsschematismus, der dabei angewandt wird. Die anderen Figuren, wenigstens die zweite u n d dritte, haben, wie in ihrer vorhin angeführten Benennung u n d Charakteristik hervortritt, einen eigenen logischen Grundgedanken, dessen Verfolgung freilich über den Ansatz der bloßen mittelbaren Umfangssubsumtion hinausführt. Die E n t w i c k l u n g d e s S y l l o g i s m u s wird zunächst f ü r Prämissen, die kategorische u n d assertorische Urteile sind, durchgeführt. Die Aufstellungen sind aber auszudehnen auf die anderen A r t e n der Relation und Modalität. Die gleiche Modalität der Prämissen ü b e r t r ä g t sich auch auf den Schlußsatz. H a b e n die Prämissen verschiedene Modalität, so folgt der Schlußsatz der „schwächeren". Die Schlüsse aus einem k o n j u n k t i v e n oder divisiven Urteil h a b e n n u r die Besonderheit eines aufgelösten Mittelbegriffs.
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E i n z u s a m m e n g e s e t z t e ! Schloß e n t s t e h t , wenn die conclusio eines Syllogismus Prämisse f ü r einen weiteren Schluß wild. Das ergibt eine Schlußkette. Der Syllogismus, dessen conclusio das fragliche Urteil ist, heißt Prosyllogismus, der, dessen Prämisse es wird, Episyllogismus. Der F o r t g a n g von j e n e m zu diesem ist episyllogistisch oder progressiv, der umgekehrte prosyllogistisch oder regressiv. Ein unvollständiger Schluß e n t s t e h t , wenn eine Prämisse unausgesprochen bleiht, das Enthymen. Der Mittelbegriff wird d a n n Anzeichen (οημιϊον, indicium) f ü r das P r ä d i k a t , das der Obersatz aussagt. W e n n dieses Anzeichen oder Kennzeichen wesentlich oder eindeutig ist, weil es das bezeichnet, mit dem regelmäßig das, was i m unausgesprochenen Obersatz prädiziert wird, v e r b u n d e n ist oder das nach U m f a n g gedacht allgemein diesem P r ä d i k a t subsumiert ist, wird es zum Wahrzeichen (τεχμήριον) ( „ X h a t Fieber, also ist er k r a n k " ) . Wird s t a t t des Mittelbegriffs n u r ein Beispiel a n g e f ü h r t , so entsteht der unvollständige Schluß des Paradigma (Der Gerechte ist uneigennützig, ζ. B. Aristides). Die Verneinung der Zusammengehörigkeit durch ein Beispiel ist die Instanz (ίναταοις). Eine A r t des unvollständigen Schlusses ist auch der K e t t e n s c h l u ß (sorites), der aus der Schlußkette e n t s t e h t , wenn der Schlußsatz des Prosyllogismus u n d d a m i t die erste Prämisse des Episyllogismus u n t e r d r ü c k t wird. Es werden zwei Arten der sorites unterschieden: Der aristotelische schreitet i n der Ordnung der Prämissen v o n dem niedersten Begriff zum höchsten f o r t ; der goclenische beginnt m i t dem höchsten u n d geht zum niedersten hinunter. E i n unvollständiger Kettenschluß, der die Gestalt des einfachen Schlusses a n n i m m t , i n d e m die Prämissen Begründungen ihrer selbst enthalten, wird in Verwendung eines aristotelischen Terminus mit Sinnverschiebung Epicheirem genannt. Die unrichtigen Schlüsse (fattaciae), eingeteilt in Fehlschlüsse (Paralogismi, einfacher I r r t u m ) u n d Trugschlüsse (Sophismata, Absicht der Täuschung), werden in der Methodenlehre behandelt. Die sog. h y p o t h e t i s c h e n Schlüsse unterscheiden sich von dem eigentlichen, dem kategorischen Syllogismus (auch mit hypothetischen Prämissen) dadurch, d a ß sie kein neues Urteil ergeben, sondern im Schlußsatze n u r ein i m Obersatze als bedingt angenommenes Urteil schlechthin setzen, nachdem im Untersatze die Bedingung als zutreffend b e h a u p t e t ist (προσληψις) bzw. die Bedingung aufheben, wenn i m Untersatze die Folge als nicht zutreffend festgestellt wird. Das ergibt den modus ponens: wenn A ist, so ist Β ; A i s t ; also ist B , u n d den modus tollens: wenn A ist, so ist Β ; Β ist nicht ; also ist A nicht. Der hypothetische Schluß geht i n den eigentlichen Syllogismus über, wenn der hypothetische Obersatz nicht als A n n a h m e erscheint, sondern einen notwendigen Zusammenhang aussagt, d a n n ergibt der modus ponens (daher eigentlich richtiger figura zu nennen) die erste Figur, der modus tollens die zweite Figur. N a c h der ersten F i g u r : wenn etwas A ist, so ist es B ; C ist A ; also ist C B ; oder wenn etwas A ist, ist es nicht B ; C ist A ; also ist C nicht B. N a c h der zweiten F i g u r : wenn etwas Β ist, so ist es A ; C ist nicht A ; also ist C nicht B ; oder wenn etwas Β ist, so ist es nicht A ; C ist A ; also ist C nicht B. Die erste Figur schließt v o m Grund auf die Folge, die zweite Figur von der Nichtgeltung der Folge auf die des Grundes. W a s u n t e r der Bedingung einer Regel steht, fällt unter diese selbst. Wovon die Regel nicht gilt, das erfüllt nicht die Bedingung der Regel. Weil von der Nichtgeltung des Grundes nicht auf die Folge u n d aus dem Eintreffen der Folge nicht auf den Grund eindeutig geschlossen werden k a n n , ist ein Schluß nach der d r i t t e n Figur n u r problematisch. Der d i s j u n k t i v e Schluß ist n u r eine Auseinanderlegung des im disjunktiven Urteile gegebenen Verhältnisses. E r verfährt nach dem modus ponendo tollens: A ist entweder Β oder C (oder D usw.); A ist B ; also A ist nicht C (weder C noch D usw.). Oder nach dem modus tallendo ponens: A ist entweder Β oder C (oder D usw.); A i s t nicht B ; also A ist C (oder D usw.). Der disjunktive Obersatz k a n n auch hypothetisch gefaßt worden: Wenn Α Β ist, ist es nicht C (ponendo tollens). W e n n A nicht Β ist, so ist es C {tallendo ponens). H u d b . d. Phil. 1. A i
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Die M e t h o d e n l e h r e handelt von der Verwendung der logischen F o r m e n u n d F u n k tionen in der E r f ü l l u n g des Erkenntniszweckes zur E n t s t e h u n g der Wissenschaft. Die formale Logik steht in der Nachwirkung der Wissenschaftslehre des objektiven Idealismus m i t seinem Begriffssystem. Wie sie im Grunde alles auf den U m f a n g u n d das Umfangsverhältnis der Begriffe stellt, auf das xotvov, welches das χα&'αντό ist u n d darin U m f a n g h a t , u n d nur nebenher, neben dieser Umfangssubsumtion noch gelegentlich die Aussage des Merkmals (χατηγορονμενον) v o m Substrat (νποχείιιινον) festhält — Dingverhältnis in einem wie im andern —, so ist ihre Methodenlehre im wesentlichen Lehre von der Begriffsbildung u n d den Begriffsverhältnissen, auf die Urteil u n d Schluß zurückgeführt werden. Daher handelt die Methodenlehre v o n der Begriffsbildung in Definition u n d Einteilung u n d v o m Beweis als der Anordnung von Begriffen, v o n d e n Beweisarten, die sich rein kombinatorisch ergeben als der Schluß v o m Allgemeinen auf das Besondere, Demonstration oder Deduktion, umgekehrt v o m Besonderen aufs Allgemeine, die Induktion, u n d schließlich vom Besonderen auf das Besondere, die Analogie, wobei es f ü r I n d u k t i o n u n d Analogie nur Wahrscheinlichkeit gibt. E s geht u m die Methode der Ableitung u n d des Beweises, der Darstellung u n d der Anordnung, des Argumentierens u n d Widerlegens, nicht eigentlich des Untersuchens u n d des Forschene.
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D a s Ergebnis der Begriffsbildung durch Abstraktion wird in der D e f i n i t i o n festgestellt u n d zusammengefaßt. Die Definition erfolgt, das ist älteste Überlieferung, 20 durch Angabe des genus proximum und der differentia specifica, der nächsthöheren G a t t u n g u n d des artbildenden Unterschiedes. Wird die differentia specifica nicht getroffen oder ein wesentliches Merkmal dabei ausgelassen, so h a t die Definition den Fehler, zu weit zu sein. Wird ein Merkmal hinzugefügt, das nicht allem, was in den U m f a n g des zu definierenden Begriffes f ä l l t , z u k o m m t , so ist die Definition zu eng. Durch negative Begriffe ist wegen ihrer Unbestimmtheit nicht zu definieren. Andere Definitionsfehler s i n d : 1. die Tautologie (idem per idem), die darin besteht, d a ß im definiens das definiendum n u r wiederholt wird. 2. Der circulus oder die Diallele. Das ist die Definition durch eine Bestimmung, die zu ihrer eigenen Definition das zu Definierende voraussetzt. 3. Die Abundanz, die eintritt, wenn Bestimmungen hinzugefügt 30 werden, die in anderen bereits angegebenen mitgesetzt sind. Die sog. Nominaldefinition dient der sicheren Unterscheidung, welche sie a n eine Benennung a n k n ü p f t , durch die Angabe der Bedeutung dieser Bezeichnung in Aussagen, deren Sinn feststeht. Die „Realdefinition" will die Ordnung des Begriffsinhaltes aufzeigen. Sie geht v o n der bloß unterscheidenden Bezeichnung zur E r k l ä r u n g fort. Der Übergang v o n der Bezeichnung zur E r k l ä r u n g vollzieht sich durch Beschreibung (descriptio), bloße Aufzählung der Merkmale, durch Erörterung (expositio), in der die wechselseitige Beziehung der Merkmale gesucht wird, d u r c h Begriffsentwicklung (explicatio), die zu einer A n o r d n u n g des Inhaltes in der Subsumtionsfolge k o m m t , zur Ableitung. Eine Abart ist die genetische Definition, die E r k l ä r u n g als Ableitung aber auch als Be- AO Schreibung des Entstehungsvorganges der in Begriffe zu fassenden Sache sein k a n n . Die A b s t r a k t i o n , deren Ergebnis die Definition feststellt, setzt Analyse voraus. Man unterscheidet die isolierende Abstraktion, die bloß gemeinsame oder konstante I n h a l t e heraushebt, u n d die generalisierende, die in dem Gemeinsamen das Wesen, das χα&'αίτό u n d d a r u m ein χα&'ολον findet. Umgekehrt ist die Determination, die Bestimmung durch zusätzliche Unterschiede kolligierend oder spezifizierend. Die E i n t e i l u n g oder Klassifikation ist das Ergebnis der Determination. Die G a t t u n g s b e s t i m m u n g , innerhalb deren ein disjunktiver Unterschied s t a t t f i n d e t , der in der Einteilung herausgehoben wird, heißt der Einteilungsgrund ( f u n d a m e n t u m divisionis). J e n a c h der Zahl der Einteilungsglieder heißt die Einteilung Dichotomie, Trichotomie, Polytomie. Wie die Definition geht die Einteilung zunächst von der Aufgabe möglichst sicherer Unterscheidung und Einordnung nach „äußerlichen", leicht kenntlichen Merkmalen aus (künstliche, deskriptive Klassifikation, die nicht erkennen läßt, wie der übrige Begriffsinhalt m i t dem herausgehobenen Merkmal notwendig zusammen-
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D. BESTAND
D. ÜBERLIEFERUNG,
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hängt) u n d schreitet allmählich zu wirklich sachlich bedingter Gliederung f o r t (natürliche K l a s s i f i k a t i o n , d i e d e n i n n e r e n Z u s a m m e n h a n g u n d d i e O r d n u n g der M e r k m a l e aufzeigt). Typeneinteilungen bilden den Ü b e r g a n g . Einteilungsfehler liegen vor, wenn d i e E i n t e i l u n g s g l i e d e r , d i e A r t e n d e n U m f a n g d e s E i n g e t e i l t e n , der G a t t u n g n i c h t decken, der Einteilungsgrund also kein allgemeines M e r k m a l der G a t t u n g oder die D i s j u n k t i o n in i h m nicht vollständig i s t , wenn die Arten sich nicht rein ausschließen o d e r w e n n v e r s c h i e d e n e E i n t e i l u n g s g r ü n d e s i c h v e r m e n g e n . K r e u z e n d heißen E i n teilungen derselben G a t t u n g nach verschiedenen Einteilungsgründen. 10
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D e r B e w e i s ( d e m o n s t r a t i o ) i s t die B e g r ü n d u n g eines U r t e i l s d u r c h a n d e r e , a l s o e i n Schluß. E i n Urteil wird bewiesen, i n d e m andere gültige Urteile aufgezeigt werden, a u s d e n e n es n a c h d e n B e d i n g u n g e n u n d R e g e l n d e s S c h l i e ß e n s f o l g t . D i e A u f f i n d u n g d e s B e w e i s g r u n d e s i s t d i e B i l d u n g eines M i t t e l b e g r i f f e s i n e i n e m S c h l ü s s e . D e r B e w e i s s e t z t z u seiner B ü n d i g k e i t g ü l t i g e U r t e i l e v o r a u s , d i e i n i h r e m V e r h ä l t n i s s e z u e i n a n d e r d e n Schlußregeln genügen. D a n a c h b e s t i m m e n sich die möglichen Beweisfehler. Sie sind V e r s t ö ß e g e g e n die s y l l o g i s t i s c h e n R e g e l n o d e r i n d e n P r ä m i s s e n s e l b s t b e g r ü n d e t . πρώτον -ψεν&ος i s t ein I r r t u m i n d e n f ü r g ü l t i g a n g e n o m m e n e n U r t e i l e n . E i n w i c h t i g e r S i e b e s t e h t d a r i n , d a ß der a l s B e w e i s g r u n d B e w e i s f e h l e r i s t d i e quaternio terminorum. v e r w a n d t e Mittelbegriff in den beiden Urteilen, die P r ä m i s s e n sind, nicht identisch i s t , a l s o s t a t t dreier T e r m i n i i n W a h r h e i t v i e r v o r l i e g e n . D i e petitio principii i s t die A n n ä h m e einer u n b e w i e s e n e n P r ä m i s s e , i n d e r g e r a d e d a s u n t e r s t e l l t w i r d , w a s f ü r d e n z u f ü h r e n d e n B e w e i s e n t s c h e i d e n d i s t ( e x non concessis tamquam concessis). D e r circulas in demonstrando l i e g t d a v o r , w o i n d e n P r ä m i s s e n v o r a u s g e s e t z t w i r d , w a s e r s t bewiesen w e r d e n s o l l . E i n e b e s o n d e r e F o r m d e s Z i r k e l s i s t d a s varf oov πρότερον, d a s s i c h d a n n e r g i b t , w e n n ein U r t e i l P r ä m i s s e i s t , f ü r d a s d e r z u b e w e i s e n d e S c h l u ß s a t z erst d e r G r u n d i s t . E i n weiterer B e w e i s f e h l e r i s t d i e N i c h t ü b e r e i n s t i m m u n g d e s B e w i e s e n e n m i t d e m z u B e w e i s e n d e n ( έτεροζήτησις, ignoratio elenchi), sei e s d e m I n h a l t e n a c h (μετάβασις είς άλλο γένος), sei es d e m U m f a n g e n a c h , s o d a ß z u v i e l o d e r z u w e n i g bewiesen wird. E i n e Widerlegung ist der Beweis f ü r die Unrichtigkeit eines Urteils. Sie k a n n s i c h a u f d e n f ü r d a s U r t e i l v o r g e b r a c h t e n B e w e i s a l s solchen r i c h t e n , a l s o B e w e i s f e h l e r a u f z e i g e n o d e r d a s U r t e i l f ü r s i c h a n g r e i f e n , d . h . e s s e l b s t o d e r eine m i t i h m n o t w e n d i g g e g e b e n e F o l g e ( deductio ad absurdum) i n ein a u s s c h l i e ß e n d e s V e r h ä l t n i s z u einem gültigen Urteil bringen. Der Beweis f ü r d a s letztere Urteil ist ein Gegenbeweis. Indirekter oder apagogischer Beweis ist der Beweis durch Ausschließung. D e r Beweis eines U r t e i l s i s t d i e W i d e r l e g u n g d e s i m A u s s c h l i e ß u n g s v e r h ä l t n i s d a z u s t e h e n d e n u n d u m g e k e h r t d i e W i d e r l e g u n g eines U r t e i l s i s t d e r B e w e i s f ü r d a s W i d e r s p r e c h e n d e .
Bezüglich Induktion, Analogie und Wahrscheinlichkeit ist auf die entsprechende Darlegung bei der Behandlung der Umbildung der formallogischen Überlieferung zu verweisen.
D R I T T E R ABSCHNITT.
DIE KRITIK UND UMBILDUNG DER ÜBERLIEFERUNG. 1. D I E E R K E N N T N I S T H E O R E T I S C H E L O G I K , a) D i e E r k e n n t n i s b e w e g u n g d e r N e u z e i t . 40 Die große Erkenntnisbewegung, die aus der Auflösung der Scholastik und der Sprengung der mittelalterlichen Kultur- und Sozialverfassung hervorgeht, mit der die geistige Geschichte der Neuzeit anhebt, führt mit ihrer Abwendung von der Scholastik und ihrem Widerspruch gegen das scholastische Verfahren auch zur Kritik des logischen Formalismus Λ 4·
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LOGIK
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u n d der formalen Logik, die als das eigentliche Wahrzeichen der scholastischen Wissenschaftlichkeit erscheint. Die bloße Logik gilt als u n f r u c h t b a r . Sie ist kein „ O r g a n o n " für die Gewinnung von E r k e n n t n i s . Sie k a n n bestenfalls dazu dienen, einen gegebenen, überlieferten Wissensb e s t a n d darstellerisch zu gruppieren oder schulmäßig zu bearbeiten, sie m a g z u m Demonstrieren, Argumentieren u n d Diskutieren anleiten, aber nicht z u m Untersuchen u n d Forschen, worauf es doch eigentlich ank ä m e . Man d r ä n g t von bloß überlieferter Lehre zu eigenem Gewahrwerden der Wirklichkeit u n d von d e m Streit der Lehrmeinungen zu der Sache selbst u n d findet sich in dieser wissenschaftlichen B e m ü h u n g durch die formale Logik nicht unterwiesen u n d gefördert. An der Wirklichkeit des wissenschaftlichen Verfahrens in der Erforschung der Sachen, wie sie sich selbst darbieten, denkt u n d redet die formale Logik vorbei. H a t t e sich die Logik schon selbst aus der Wirklichkeit von Erkenntnis, aus der sie entstanden war, aus dem großen systematischen E n t w ü r f e des objektiven Idealismus zu einem selbstzwecklichen Schematismus gelöst, so m u ß sie vollends einer Wissenschaft leer u n d f r e m d erscheinen, die sich gegensätzlich von der Wirklichkeitserkenntnis des objektiven Idealismus abhebt. U n d wenn Logik immer in ihrem ursprünglichen Antriebe Selbstverständnis u n d Gültigkeitsbegründung einer wissenschaftlichen Gestaltung ist, dann m u ß diese Kritik auch zur Umbildung drängen, in welcher die Vorgänge des wissenschaftlichen Erkennens, so wie es nun geübt wird, nach ihrer Begründung verstanden u n d dargelegt werden. Logik wird darin Theorie des Erkennens, in der sich dieses v o n dem Wahrheitsanspruch her ausweist u n d begründet, aus dem es lebt und arbeitet. Die neue Wissenschaft verlangt eine neue Logik, in der sie verstanden u n d begründet wird, sie t r e i b t zu Kritik u n d Umbildung der logischen Überlieferung. So geht durch die J a h r h u n d e r t e hindurch mit aller Bewegung der wissenschaftlichen Wirklichkeitsforschung ein Bestreben auf Umgestalt u n g der Logik einher, so werden aus d e m Leben der Wissenschaft selbst neue Antriebe u n d Materialien herzugebracht, welche in der Umbildung der logischen Überlieferung verarbeitet werden, damit ein Selbstverständnis u n d Gültigkeitsausweis dieser Wissenschaft gewonnen werde. Man k a n n diese Bemühungen unter dem Titel einer erkenntnistheoretischen oder wissenschaftstheoretischen oder methodologischen Logik zusammenfassen. Weil u n d sofern aber die neue Wissenschaftlichkeit die ontologischen Voraussetzungen des Wirklichkeitsdenkens u n d des Erkenntnisbegriffes nicht kritisch untersucht u n d überwindet, die Voraussetzungen, aus denen die Logik u n d auch ihre Abwandlung zur formalen Logik entstanden war, wird die Kritik u n d Umbildung der Überlieferung keine wirkliche Neubegründung, kein Neubau, sondern n u r Zusatz u n d Ergänzung, Anreicherung u n d Ausgestaltung, U m b a u u n d A n b a u . W e n n m a n in dieser Umbildung nicht den Weg der Kritik der
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DIE ERKENNTNISTHEORETISCHE
LOGIK
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Vernunft zur Aufhebung der ontologischen Voraussetzung, zum „ U m denken", u n d zur Neubegründung der Logik geht, so gerät m a n in der Absicht einer Neukonstituierung auf die Nebenwege der psychologistischen, phänomenologischen und mathematischen Logik. Die Wendung zur Wirklichkeit unter Beiseitesetzung der Lehrüberlieferung ist Wiederherstellung des urtümlichen ontologisch-realistischen Wirklichkeitsverhältnisses, das durch den Substanzbegriff bestimmt ist. Die großen philosophischen metaphysischen Systeme der Neuzeit sind Gestaltungen dieses Prinzipes u n d darin unvermeidlich durch die Antike u n d auch viel mehr, als das Epochenressentiment der Zeit erkennt u n d anerkennt, durch die mittelalterliche Überlieferung b e s t i m m t ; durch die mittelalterliche besonders infolge der Berührung u n d Auseinandersetzung m i t der Glaubenslehre der christlichen Kirche. I n dem deus philosophorum, in der Gleichsetzung der metaphysischen Ursubstanz mit dem lebendigen Gott der biblischen Offenbarung, den die Kirche verkündet, in dem ens realissimum oder perfectissimum oder generalissimum, der pantheistischen oder deistischen Abwandlung des Gottesglaubens setzt sich die Verbindung der Metaphysik mit der Kirchenlehre fort. So ergeben sich die verschiedenen Formen der Metap h y s i k : Das Nebeneinander materieller u n d inmaterieller Substanzen (res extensae u n d res cogitantes) zusammengefaßt unter dem ens perfectissimum. Oder i m Sinne des f r ü h e n mittelalterlichen „ R e a l i s m u s " ein Substanzmonismus stoisch-neuplatonischer Art, bei dem die Substanz das m e i n e alleine Sein, oiaCa im eigentlichen Sinne ist, negative I d e n t i t ä t , auch wenn an ihr zwei A t t r i b u t e (extensio u n d cogitatici) erk e n n b a r u n d einander entsprechend h a f t e n . Bezeichnenderweise werden die Einzelsubstanzen aus res extensae u n d cogitantes folgerichtig modi extensionis u n d cogitationis. Das Individuelle ist d a n n wieder das Zufällige, Uneigentliche. Oder es werden viele Substanzen angenommen, aber n u r immaterieller A r t , bloße Selbste, Monaden, die „ohne Fens t e r " , also in abgesonderter I d e n t i t ä t , „spiegeln", also abbilden, wiedergeben. Oder die Substanzen sollen alle materiell sein, die E r n e u e r u n g der antiken Atomistik u n d des Materialismus. Die phänomenalistischen Folgerungen ergeben sich, sobald m a n den Erkenntnisbegriff nach dem realistischen Grundverhältnis zur Wirklichkeit d u r c h d e n k t . Auch die wissenschaftliche Gestaltung, welche das neue Wirklichkeitsdenken am schärfsten u n d strengsten ausprägt u n d mit ihrer eindringenden u n d erfolgreichen, sich ausbreitenden u n d ausweitenden Erkenntnisleistung das Leben u n d Denken der nächsten J a h r h u n d e r t e beherrscht, die mathematisch-mechanische Naturwissenschaft setzt den Grundgedanken der antiken Atomistik, die folgerichtige F o r m u n g des realistischen Substanzprinzipes fort und bedingt, auch wenn sie selbst sich zu einer materialistischen Metaphysik nicht ausweitet, mindestens eine starke eindeutige Neigung in dieser Richtung.
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Daß alles Geschehen, alle Veränderung Verbindung u n d Trennung unveränderlicher E l e m e n t e durch räumliche Bewegung sei, ist der Leitgedanke. Mechanische Erklärung ist eben die Z u r ü c k f ü h r u n g auf r ä u m liche Bewegung. Die Auflösung eines Gebildes oder Vorganges in Elemente oder Elementarvorgänge (die b e r ü h m t e resolutive Methode Galileis) u n d die E r k l ä r u n g als Herleitung aus Zusammensetzung (kompositive Methode) ist n u r die Anwendung des Gedankens von der Substanz als Element. Das Konkrete, Ganzheitliche ist eine verwickelte Zusammensetzung aus einfachen Teilen. Arten u n d Regeln der Zusammensetzung, der Verbindung u n d Ordnung ergeben die Gestalten u n d Beziehungen der Mathematik, der geometrischen K o n s t r u k t i o n u n d der arithmetischen Operation. Das Element ist Größe oder Q u a n t u m . Ableitung aus der mathematisch darstellbaren Zusammensetzung von E l e m e n t a r q u a n t e n ist Erkenntnis der Wirklichkeit. Darin ist auch die gegenständliche Beziehung gegeben. Denn das, was mathematisch f a ß b a r u n d darstellbar ist, k o m m t dem Gegenstand selbst zu, während alles andere als sekundäre Qualität für etwas im phänomenalistischen Sinne n u r Innersubjektives angesehen wird. Es ergibt sich der S a t z : Soviel Mathematik, soviel objektive Gegenstandserkenntnis. Wo die Herleitung eines Tatbestandes aus mathematisch-formulierbarer Anordnung von E l e m e n t a r q u a n t e n gelingt, da ist die Wirklichkeit e r k a n n t . Was berechnet werden k a n n , ist erkannt. Das k a n n vorausgesagt u n d sogar gemacht werden. I m Eintreffen der Voraussage, in Bestand u n d F u n k tionieren des Gemachten bewährt sich Erkenntnis. Darin erweist sie sich als Wirklichkeitsmacht, die beherrscht und gestaltet. Die Technik u n d ihr Erfolg bestätigt die Erkenntnis der N a t u r . Die I d e n t i t ä t der Substanz ist die Einfachheit u n d Unveränderlichkeit der Elemente. Sie wird ausgedrückt in den großen Erhaltungsprinzipien, E r h a l t u n g der Masse u n d der Energie, sie ist zu finden in der q u a n t i t a t i v e n Gleichheit von Ursache u n d Wirkung, ihrer Äquivalenz. Kausalität ist der höchst einfache Vorgang der Bewegungsübertragung. Immerhin bereiten sich innerhalb dieser mathematisch-mechanischen Naturwissenschaft Wandlungen gegenüber der antiken Atomistik vor, die von grundsätzlicher Bedeutung f ü r das Wirklichkeitsdenken sind. Die antiken Atome waren bloße träge Masse, die reine Widerständigkeit, beziehungsloser, bloß negativer Unterschied. Die R u h e war der Normalzustand der Materie. Die antike Mechanik w a r kinetisch. Die Atome der neuzeitlichen Naturerklärung sind von vornherein k r a f t b e g a b t , sie verwandeln sich geradezu in K r a f t p u n k t e oder Energiequanten. Die R u h e ist eine abgeleitete Erscheinung, das Ergebnis eines Gleichgewichts v o n K r ä f t e n . Die Mechanik ist, so oft auch von d e m allgemeinen Realism u s aus die Neigung zu rein kinetischer Auffassung, die folgerichtig wäre, sich geltend m a c h t , in ihrer Grundbestrebung dynamisch. K r a f t ist notwendige V e r k n ü p f u n g , ihr Ausdruck das Naturgesetz. Gegenüber
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der bloßen Widerständigkeit der antiken Mechanik ergibt sich der Gedanke des notwendigen Zusammenhanges, der Spannung, des polaren, gebundenen Unterschiedes, des positiv verstandenen Gegensatzes. Die Lehre von der allgemeinen Gravitation der Masse ist der Sache nach schärfster Widerspruch gegen den realistischen Dingbegriff. Anziehung ist K r a f t . W e n n die Masse, das Widerständige an sich Anziehung ist, so ist damit streng genommen das für den Realismus völlig Paradoxe ausgesagt, Zusammengehörigkeit durch den Unterschied, auch da, wo man v o n „ L a d u n g " spricht und sie als positiv-negativ bestimmt. Entsprechend erfaßt die neue Mathematik das Problem der kontinuierlichen, intensiven, infinitesimalen Größen, in denen zum Unterschied v o n der diskreten, extensiven, endlichen Größe sich das absolute identische Sein in Fluxion, Bewegung, Zusammenhang aufschließt. A u c h i m Verständnis v o n R a u m und Zeit bahnt sich eine A b w a n d l u n g an. W e n n man den R a u m nicht mehr als den K a s t e n gleichsam vorstellt, in dem die Dinge sind, der die Dinge umschließt, und die Zeit nicht mehr als die durchlaufene oder zu durchlaufende Strecke, dann erkennt m a n die Ursetzung im Verhältnis des absoluten R a u m e s zu den Raumgestalten und der reinen Zeit im Verhältnis zu den einzelnen Zeitabschnitten. Die neue B e w e r t u n g der Mathematik als des Organons o b j e k t i v gültiger Wirklichkeitserkenntnis h a t f ü r die philosophische Systembildung eine Erneuerung des demonstrativen Verfahrens zur Folge. Man sucht nach einem obersten Grundsatz, aus dessen Wahrheit und Gewißheit alle anderen Aussagen z u begründen wären. Die euklidische Geometrie erscheint als das Vorbild einer Wissenschaft überhaupt. Wissenschaft ist eine Folge v o n Sätzen, die aus Definitionen, A x i o m e n und Postulaten herzuleiten sind. Grund und A r t des Folgerns, der eigentlichen Evidenz der Mathematik wird nicht untersucht, sondern einfach als Vorbild genommen für ein System von Sätzen, das den Substanzgedanken entwickelt und durchführt. Schließlich k o m m t man z u einer schulmäßigen Demonstration, die der syllogistischen Begrifflichkeit und dem Formalismus der Scholastik ganz v e r w a n d t ist. F ü r die Naturwissenschaft selbst dagegen und ihr Drängen auf neues Gewahrwerden der Wirklichkeit und Gewinnung neuer Erkenntnisse wird die „ E r f a h r u n g " Prinzip, Beobacht u n g und E x p e r i m e n t , Beobachtung unter günstigen eindeutigen, variierbaren, wiederholbaren, nachprüfbaren Bedingungen, die das zu Beobachtende freilegen. Die E r f a h r u n g soll die Zusammensetzung der Elemente nachweisen in der Aufstellung v o n gesetzlichen Verknüpfungen. Die Induktion, die Erschließung solcher Zusammenhänge ist die A r t , wie neue Erkenntnis gewonnen wird. Eine umfassende und ausführliche Theorie des induktiven Verfahrens erscheint als die notwendige Ergänzung der aristotelischen Syllogistik. Sie wird die eigentliche A u f g a b e der L o g i k , in der die Umbildung der Überlieferung sich zusammenfaßt. Die Unterscheidung der vérités de raison und der vérités de fait (Leibniz)
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soll die Doppelheit aller Erkenntnis festhalten, der demonstrierbaren u n d der induktiven. Die u n a u f h e b b a r e Gegebenheit der gesicherten Beobachtungstatsache u n d die Evidenz des Folgerns, des Schließens sind wieder die Kriterien objektiver Gültigkeit, ganz ähnlich wie bei der Stoa. Die Tatsachenwahrheit mag im Zusammenhange des realistischontologischen Erkenntnisbegriffs und der phänomenalistischen Eindruckslehre zunächst unproblematisch scheinen. Wie aber steht es mit den vérités de raison ? Sind sie Ausdruck der vernünftigen Menschennatur, ideae innatae ? I s t das Teilhaben an der vernünftigen Weltsubstanz j e t z t in der Weise der Zuordnung und Entsprechung der A t t r i b u t e cogitatio u n d extensio in der einen Substanz zu fassen ? Sind sie „ideale Sachv e r h a l t e " i m Sinne der platonischen Ideen ? K e h r t in dieser Unterscheidung zweier Arten v o n Wahrheit schließlich n u r die alte metaphysische von νόηαις u n d αί'σ&ησις wieder ? Was ist es mit dem menschlichen Erkenntnisvermögen, dem menschlichen Verstand ? Sind die vérités de raison nicht n u r die aus letzten Gegebenheiten zu begründende Einrichtung des menschlichen Verstandes ? Damit ist die Fülle der Fragen bezeichnet, die zur Kritik der V e r n u n f t hinführen. Die psychologistische, phänomenologische u n d mathematische Logik setzen auch in diesen Fragen a n . Gegenüber den metaphysischen „rationalistischen" Systemen erneuert sich in Zusammenhang des ontologisch-realistischen Wirklichkeitsdenkens auch der Phänomenalismus in der F o r m des „ E m p i r i s m u s " u n d „Sensualismus" mit allen positivistischen, subjektiv-idealistischen u n d skeptischen Folgerungen. Man kritisiert den Substanzbegriff der Metaphysik, m a n beseitigt den ansichseienden Träger hinter den Eigenschaften, m a c h t aus d e m Dinge nur ein Beieinander seiner Eigenschaften, die collection of ideas. Aber man unterstellt völlig unbedenklich Dinge an sich, denen das Subjekt dinghaft gegenübersteht u n d die Einwirkungen, Impressionen auf das Subjekt ausüben. So selbstverständlich ist die realistische Voraussetzung, daß m a n gar nicht bemerkt, wie der kritisierte Substanzbegriff in ihr enthalten ist. Die Wunderlichkeit des subjektiven Idealismus ist schon gekennzeichnet worden. Die Kritik des Substanzbegriffes betrifft den Grundbegriff der Metaphysik und d a m i t diese selbst. Aber es wiederholt sich darin n u r die Verwandlung des Trägers, des Substrates in das Element. Zerfällt das Ding in seine Eigenschaften, so werden eben diese in ihrer Verselbständigung Elemente. Die phänomenalistische Substanzkritik verträgt sich vortrefflich mit der mechanisch-atomistischen Wirklichkeitsauffassung, die schließlich zu einer materialistischen Metaphysik f ü h r t . D a ß die Dinge an sich körperlich sind, daß ihnen die primären Eigenschaften Größe, Gestalt, Ausdehnung, Undurchdringlichkeit oder Widerständigkeit zukommen, gilt als selbstverständlich. Und wenn die Welt der Atome auch wieder n u r Erscheinung sein soll, d a n n steht dahinter noch das große Dunkel einer absoluten Realität, v o n der man nichts erkennen u n d nichts aussagen
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kann, das unknowable, wieder ein Dinghaftes, ein Absolutes, das nur in Verneinungen zu erreichen ist. Die Grundvoraussetzung der Ontologie und des Realismus bleibt unberührt auch in aller Substanzkritik bestehen. Auch der Empirismus und Positivismus sind eben nach Grund und Wesen Metaphysik. Die Abwandlung zum Phänomenalismus und Positivismus ist die Wendung zum Menschen, zur Anthropologie und Psychologie, die schon mit dem Humanismus in weitestem Sinne des Wortes einsetzt. Das Subjektding wird untersucht, der Mensch als ein Objektausschnitt seines eigenen Erkennens. Das Erkennen ist ein Vorgang innerhalb der naturhistorischen Gattung Mensch, deren Lebensbedingungen und Lebensart innerhalb der Gesamtheit der Objekte erforscht werden muß. Der Grundgedanke und das Verfahren der mathematisch-mechanischen Naturwissenschaft, der Naturerkenntnis überhaupt, wird auch auf dieses Naturgebilde übertragen. Die Grenzen des Anorganischen und Organischen sind gefallen. Auch das Lebendige soll kausal-mechanisch erklärt werden. Zweckgedanken können höchstens in der Weise erwogen werden, wie man sie bei einer Maschine anstellt, die sachgemäß konstruiert ist. Die Übertragung der Forschungsprinzipien und -methoden erstreckt sich weiter auf die Wirklichkeit des Menschen und seiner Lebensgestaltung. Die erste Form der metaphysischen Seelenlehre, welche die Seele zur immateriellen Substanz und zum Träger der seelischen Erscheinungen macht, die Vermögenspsychologie wird bald ersetzt durch die Assoziationspsychologie, welche die Auflösung der „Seele" in ihre Elemente bedeutet, bis zur Psychologie ohne Seele hin, für welche die Seele nur der leere Raum für die Bewegung ihrer Elemente ist. Die Vorstellungen lassen sich leicht zu dinghaften Elementen verselbständigen. Gefühl und Wille sollen nur die Begleiterscheinungen der Vorstellungsmechanik sein. Die Menschennatur wird so erforscht, in Gesetzlichkeit von Elementarvorgängen, auch die „vernünftige", die erkennende. Man sucht aus dieser Menschennatur die Wirklichkeit der Geschichte zu erklären und umzugestalten. Man redet wie die Antike von dem, was φύσει und was nur νόμω oder &£aei ist, von natürlicher Gestalt und Abirrung und Verunstaltung durch die im Leben der Menschen entstandenen Vorurteile. Man dringt auf ein natürliches Recht, einen diesem Rechte entsprechenden Staat, eine natürliche Moral, eine natürliche Religion, welches alles aus Grundantrieben der Menschennatur herzuleiten ist. So soll auch die Erkenntnistheorie untersuchen, wie und in welchen Vorgängen der Mensch nach der Einrichtung seiner Natur von der Welt, die als eine Vielheit von Dingen ihm gegenübersteht und in der er ein Ding unter Dingen ist, durch seine Vorstellungen Erkenntnis erwerben kann. Hiermit hebt sich von der erkenntnistheoretischen Logik die psychologistische ab. Die phänomenalistische Erkenntnistheorie führt von der Logik als erkenntnistheoretischer hinüber zur psychologistischen.
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Die aus den Grundantrieben der Menschennatur hervorgehenden Gestaltungen, die auch zur Verbindung der Menschen untereinander gemäß den in allen gleichen Elementarvorgängen führen, werden in weiterer Verfolgung dieser Erkenntnisprinzipien zu dem Gebiete der Gesellschaftslehre zusammengefaßt. Über dem Gebiet der Biologie und Psychologie erhebt sich das der Soziologie. Wie die Naturerscheinungen aus Verbindung und Trennung, Bewegungszuständen und Lagerungsformen der Atome abgeleitet werden sollen, so die gesellschaftlichen Bildungen aus Antrieben und entsprechenden Bewegungen der Individuen. Der Atomistik und der Naturerklärung entspricht eine individualistische Gesellschaftslehre. Ebenso wie in den Naturatomen die eine homogene Materie ist, so in den sozialen Atomen die eine gleiche Menschennatur, die Humanität, die aus gleichgeartetem und gleichgerichtetem Individualstreben auch zur Solidarität und gemäß der Gleichheit zu Kollektiverscheinungen führt. Wie die Atome starr, spröde, nur mit sich identisch und unveränderlich sind, wie sie sich auch verbinden und trennen mögen, so auch die Selbste der Individuen. Der absoluten Realität der Atome entspricht die Selbstherrlichkeit der Individuen. Sie erweist sich in der gewollten Beherrschung des eigenen Lebens und der Umwelt durch die aus der mathematisch-mechanischen Wirklichkeitserkenntnis hervorgehende Technik. Die vernünftige Menschennatur ist nun diese Selbstherrlichkeit des Individuums, die sich in erkennender Wirklichkeitsmacht betätigt. Logik ist die Anleitung zu dieser Betätigung der Selbstherrlichkeit, die naturalis ratio als das Erkenntnisvermögen, durch welches das Individuum zur Selbstherrlichkeit gelangt. So soll die Logik erneut Organon sein. Weil Wissenschaft auf Objektivität geht, .Objektivität aber nach der ontologisch-realistischen Voraussetzung Gegenständlichkeit, Dinghaftigkeit ist, muß alle wissenschaftliche Erkenntnis das, u m was sie sich bemüht, zum Gegenstande oder Dinge wandeln, sonst ist sie nicht objektiv. Alles Subjektive, Personhafte muß, u m wissenschaftlich erfaßt zu werden, auf Objektives, Dinghaftes zurückgeführt, in Gegenständlichkeit verwandelt werden. Aus falscher Objektivitätstheorie entsteht diese Vergewaltigung, Verfälschung und Verkehrung der Wirklichkeit durch wissenschaftliche Scheinnotwendigkeit. Gegen diese Ausbreitung der obendrein noch erkenntnistheoretisch mißverstandenen naturwissenschaftlichen Erkenntnisprinzipien erhebt sich aus der lebendigen Bewegung des Erkennens selber die neue Geschichte-, Geistes- oder Kulturwissenschaft, das geschichtliche, geisteswissenschaftliche Denken, das besonders seit Ausgang des 18. Jahrhunderts der naturwissenschaftlichen Erkenntnisleistung zur Seite tritt und in großen Schöpfungen des 19. Jahrhunderts auf allen Gebieten unanfechtbare Gestalt gewinnt. Sooft auch im Namen der Wissenschaftlichkeit der Versuch gemacht wird, auch diese Wirklichkeitserkenntnis mit ihren gewachsenen Formen der
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naturwissenschaftlichen Methodik zu unterwerfen, so unangefochten geht sie aus solchen Anwandlungen mit ihrer wirklichkeitsbeständigen Eigenart hervor. Zwar ergibt sich auf ihrem Gebiete von der Erkenntnistheorie her eine Abwandlung des Positivismus und Relativismus in Form des Historismus, der sich psychologisch einkleidet und soziologisch gibt. Aber in den großen Erkenntnisleistungen auf geisteswissenschaftlichem Gebiete findet das letztlich keinen Halt. Die problemgeschichtliche und geistesgeschichtliche Methode überwindet den Historismus. Auf die Kritik und Umgestaltung der logischen Überlieferung hat sich die Entwicklung in den Geschichte- und Geisteswissenschaften verhältnismäßig wenig ausgewirkt. Für sie wäre es nicht mit einer bloßen Umbildung getan, für sie tut die Neubegründung not, die aus der Kritik der Vernunft hervorgeht. Die große geschichts- und geisteswissenschaftliche Erkenntnisleistung geht j a auch mit der durch diese hervorgerufenen philosophischen Bewegung einher. Die erkenntnistheoretische oder methodologische Logik nimmt zwar auch auf die geschichts- und geisteswissenschaftlichen Methoden Bedacht. Doch erst um die Wende des 19. und 20. Jahrhunderts wird im Zusammenhang des Neukantianismus der Verdie Geistes-, such gemacht, die andere Hälfte des globus intellectualis, Geschichts- und Kulturwissenschaften gegen die Naturwissenschaften zu prinzipieller Selbständigkeit und Eigenart abzugrenzen. Die Logik der Geisteswissenschaften erscheint dabei als ein Sonderproblem. Die Rückwirkung auf die gesamte Logik, die aus der Neubegründung durch die Kritik der Vernunft hervorgehen muß, ist noch im Flusse. Wenn entsprechend eine Logik der Naturwissenschaften unternommen wird, die aus der wissenschaftlichen Forschung selbst hervorgeht, so wird sie gerade auf das sich richten, was in der neuzeitlichen mathematischmechanischen Naturerklärung über die realistischen Ansätze hinausführt. Die kantische Kritik der Vernunft hat j a auch gerade gegenüber der phänomenalistischen Skepsis die mathematische Naturwissenschaft in ihren Grundbegriffen rechtfertigen wollen. Damit ist dann freilich das Wirklichkeitsdenken, das sich naturwissenschaftlich gibt, aber ontologisch-realistische Metaphysik ist und als solche nach der Ausbreitung über alle Wirklichkeitserkenntnis strebt, abgewehrt. Die Grenzziehung, welche zum Schutze der Geisteswissenschaften in ihrer Eigenart vorgenommen wird, führt auch die Naturwissenschaften auf ihre eigentliche wissenschaftstheoretische Begründung, indem die ontologisch-realistische Erkenntnistheorie widerlegt wird, welche auch die moderne Naturwissenschaft in ihren Antrieben nicht zu fassen vermag. Wieder ist es eine Gruppe des Neukantianismus gewesen, welche diese Folgerung gezogen hat. b) Die U m b i l d u n g d e r l o g i s c h e n Ü b e r l i e f e r u n g . Die Kritik und Umbildung der logischen Überlieferung, die sich aus der wissenschaftlichen Bewegung der Neuzeit ergibt, weist in ihrem
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Grundzuge auf die Neubegründung der Logik in der kritischen Philosophie hin. Bei der Lehre v o m Begriffe richtet sich die K r i t i k auf das Verständnis des Begriffs als einer bloßen Summe von Merkmalen, als bloßer Aussonderung solcher Merkmale u n d gegen das Prinzip des umgekehrten Verhältnisses von I n h a l t u n d U m f a n g . J e weiter die Begriffsbildung fortschreitet, desto mehr e n t f e r n t sie sich von dem K o n k r e t e n , u m dessen Erklärung u n d Verständnis es doch geht, desto mehr k o m m t sie ins Leere. Die Ableitung, die Deduktion aus einem leeren höchsten Sein erscheint mit R e c h t als eine offenkundige Sinnlosigkeit u n d Unmöglichkeit. Wie soll m a n aus dem Leeren die Fülle des K o n k r e t e n „ h e r a u s k l a u b e n " ! Begriffe sind nicht die Herauehebung eines identischen, k o n s t a n t e n Teilinhaltes, sondern der Ausdruck der notwendigen Beziehung aller Inhalte in einem Ganzen. Die Feststellung der Abhängigkeitsverhältnisse des Gesamtinhaltes ist die Aufgabe der Begriffsbildung. Der Gattungsallgemeinheit wird i n diesem Sinne die Gesetzesallgemeinheit entgegengestellt. Nicht analysierende Abstraktion, sondern zusammenfassende I n d u k t i o n als Erschließung gesetzlicher Abhängigkeitsbeziehungen ist der Vorgang der Begriffsbildung. Nicht die abstrakte, auf einen besonderen I n h a l t beschränkte Vorstellung ist der Begriff, sondern die notwendige V e r k n ü p f u n g des besonderen Inhaltes zu einem Ganzen. Hier steht Verbundenheit gegen I d e n t i t ä t . Gesetzlich notwendige Verknüpfung t r i t t a n die Stelle des bloßen Umfangs-Inhaltsverhältnisses. Begriffe h a b e n Erklärungswert in der Erfassung des gesetzlichen Zusammenhanges, die sie enthalten u n d begründen. Diese notwendige Verknüpfung, die sie aussagen, ist ihre Gültigkeit. Das Allgemeine ist nicht das Gemeinsame, das zum Ansich hypostasiert wird, das Generelle, sondern das Universale, die Ausrichtung, Beziehung u n d Zusammenfassung des Besonderen zu notwendiger Einheit. Die analysierende Abstraktion würde folgerichtig auf lauter letzte I n h a l t e führen, deren Zuordnung u n d Verbindung erst gefunden werden m ü ß t e . Diese aber ist die eigentliche Aufgabe der Begriffsbildung. Unzweifelhaft bedient sich auch die analysierende Abstraktion der in der Anschauung gegebenen Zuordnung, die der „ T y p u s " ist. Das Typische ist die Übereinstimmung, die Notwendigkeit e n t h ä l t . Alle sog. Wesensschau lebt von der Wirklichkeit des Typischen. I m Typischen ist der eigentliche Begriff vorgebildet. Die Begriffsbildung zeigt Zusammengehörigkeit in dem Zusammensein auf. Die Arten u n d Formen notwendiger gesetzlicher V e r k n ü p f u n g ersetzen das Umfangsverhältnis, dem das Prinzip des Trägerdinges zugrunde liegt. Hier setzt die neue Bedeutung der Kategorien ein. Die Kategorien sind solche Arten der notwendigen Verknüpfung. Die οϋαία-Oing- und Substanzkategorie ist hier einzufügen. Subsumtion wird d a n n die Einbeziehung, Eingliederung eines Besonderen, Tatsächlichen in solche not-
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wendige Verknüpfung, in der sich ein Ganzes konstituiert, die Bildung eines gesetzlichen Zusammenhanges, in dem das zu Subsumierende ein erforderliches Bestandstück ist. Das Allgemeine u n d Besondere wird verstanden als Ganzes u n d Teil. Das Ganze ist mehr als die Teile u n d ihre Summe. Diese werden in ihr zusammengefaßt. Es ist nicht inhaltsärmer, sondern weil es alle Mannigfaltigkeit umgreift u n d enthält, reicher als jedes Besondere. Der Satz v o m umgekehrten Verhältnisse von I n h a l t u n d U m f a n g gilt demgemäß nicht mehr. Neben den echten Begriffen, welche Notwendigkeit enthalten u n d besagen, ist die Heraushebung von Merkmalen als Kenn- oder Wahrzeichen n u r Ansatz der Begriffsbildung. Solche Bezeichnung eines Gebildes ist ein Begriff als Aufgabe oder Problem. Die „Ähnlichkeit", die solche Aufgabe stellt, ist nicht mehr als partielle I d e n t i t ä t , teils gleich, teils nicht gleich zu fassen. Sie ist ein Urphänomen, das neue D e u t u n g erfordert. Ähnlichkeit ist der T a t bestand einer Zusammengehörigkeit, einer „ Ü b e r e i n s t i m m u n g " . W e n n der Begriff notwendige V e r k n ü p f u n g besagt u n d notwendige Verknüpf u n g die F u n k t i o n des Urteils ist, d a n n ergibt sich, d a ß das Urteil der eigentliche logische Vorgang ist u n d der Begriff das Ergebnis eines Urteils. Die Gültigkeit des Begriffes ist die notwendige V e r k n ü p f u n g u n d Einheit, die er aussagt, nicht mehr die Hypostasierung des Begriffsinhaltes. Das ist freilich erst in der neuen kritischen Objektivitätstheorie zu begründen. Die Umbildung der Lehre vom Begriff ist geradezu die Forderung einer solchen Objektivitätstheorie. Das Urteil war i m Sinne der formalen Logik Umfangseubsumtion. Die Umbildung der Lehre vom Urteil entspricht dem E r s a t z des Umfanges durch notwendige Verknüpfung. Die modernen Urteilstheorien streben diesem Ziele zu. Zunächst wird der Versuch gemacht, das Urteil auf Gleichheit oder I d e n t i t ä t zurückzuführen, wie es das ontologisch-realistische Prinzip der Dinghaftigkeit erfordert. Das ergibt die Lehre von der Q u a l i f i k a tion des Prädikates, d. h. es soll nicht n u r das S u b j e k t , sondern auch das P r ä d i k a t „ q u a n t i t a t i v " (einige, alle) bestimmt u n d d a m i t das Urteil auf Umfangsidentität begründet oder als Gleichung b e s t i m m t werden. Die Copula besagt die Feststellung solcher Gleichheit, ist eigentlich ein Gleichheitszeichen. Ferner wird der von der E n t s t e h u n g der Logik herkommende Gedanke aufgenommen, das Urteil sei Aussage inhaltlicher I d e n t i t ä t , Heraushebung eines Merkmals a n dem Subjekt, als eines Teilinhaltes des Subjektes. Das ergibt das Urteil als Merkmalsaussage, begründet auf inhaltliche I d e n t i t ä t , inhaltliches Gleichsein des Prädikates mit einem Teile des Subjektes. Alle Urteile sind in diesem Sinne identische oder nach K a n t s Sprachgebrauch analytische Urteile. D a n n ist freilich eine ursprüngliche Synthese i m Subjekte vorausgesetzt, ein Beieinander, das eben analysiert wird. Hiermit wird also das Urteil auf die Begriffs-
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bildung als Abstraktion zurückgeführt, s t a t t daß umgekehrt der Begriff auf das Urteil begründet wird. Nach dieser Theorie der inhaltlichen I d e n t i t ä t gibt es drei F o r m e n der Urteile: A ist A, A B ist A oder A B ist AC. Die Copula besagt hier inhaltliche I d e n t i t ä t . Als grammatisches P r ä d i k a t wird der Prädikatsinhalt bezeichnet, als logisches P r ä d i k a t die Copula als Identitätsaussage. Das „Logische" ist d a n n immer die Ident i t ä t . Prinzip der Logik ist der Satz der I d e n t i t ä t oder der des Widerspruchs in seiner zweiten Fassung. Es k a n n nicht v e r k a n n t werden, d a ß diese Urteilstheorie auf die ursprüngliche Synthese i m Subjekt zurückf ü h r t u n d d a m i t auf das entscheidende Problem, das m a n gleichsam n u r vor sich herschiebt. Ein neuer Weg, der sich schon bei den Stoikern zu eröffnen schien, wird mit der sog. Geltungstheorie beschritten. Das Urteil ist nicht n u r eine Beziehung inhaltlicher I d e n t i t ä t , sondern Setzung, Billigung (Bejahung) oder Verwerfung (Verneinung). Urteil ist Existenzaussage. Das Existentialurteil erscheint als die Urform. Alle Urteile sollen darauf zurückgeführt werden. Das verneinende Urteil A ist nicht Β besagt d a n n , ein A, das Β wäre, gibt es nicht. Diese Theorie wird weiter ausgebildet dergestalt, daß ein theoretisches u n d praktisches Moment an jedem Urteile unterschieden wird. Jenes e n t h ä l t die Inhaltsbeziehung, den Satz, dieses die Beurteilung auf Wahrheit, auch W e r t u n g genannt. D a ß das Urteil über die bloße Inhaltsbeziehung hinaus Setzung oder Geltung sei, ist das Recht dieser Theorie gegenüber der Z u r ü c k f ü h r u n g des Urteils auf bloße analytische Prädikation. Urteil ist die Bildung der Synthese, die nach der Prädikationstheorie als im Subjekt vollzogen vorausgesetzt wird. Prädikations- u n d Geltungstheorie gehen zusammen zu der Lehre v o m Urteil als notwendiger Synthese. Setzung u n d Billigung sind keine zusätzlichen Momente, sondern in der synthetischen Einheitsbeziehung selbst enthalten. Existenz ist synthetisch-notwendiger Zusammenhang. Existenzaussage ist die Herstellung solchen Zusammenhanges, f ü r den die Setzung dessen, wovon Existenz ausgesagt wird, ein notwendiges Erfordernis u n d Bestandstück ist. Die Z u r ü c k f ü h r u n g des Urteils auf das Existentialurteil h a t den berechtigten Sinn der Auffassung des Urteils als Aussage eines notwendigen Zusammenhanges, einer gesetzlichen V e r k n ü p f u n g . Die Umfangssubsumtion i m Urteil wird ersetzt durch die Arten u n d Formen der notwendigen Verknüpfung, die Kategorien. Die Copula hat hiernach so vielerlei Bedeutung, wie es Arten u n d F o r m e n der Verknüpfung, der Kategorien gibt. Die Copula drückt stets notwendigen Zusammenhang u n d darin Gültigkeit aus. Die Urteilslehre k o m m t so auf den Grundgedanken K a n t s von der Synthesis a priori hinaus. Das analytische Urteil setzt, wie dargelegt, ursprüngliche Synthese i m Subjekte voraus. Das sog. Urteil a posteriori ist kein eigentliches Urteil, sondern Materie zu einem Urteil, die Aufgabe eines Urteils,
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ein Satz. Der Satz wird zum Urteil, wenn der Grund seiner Wahrheit aufgezeigt, d. h. ein notwendiger Zusammenhang hergestellt wird. Der Schritt v o m Satz zum Urteil ist die Frage. Frage geht immer auf Vollständigkeit und Begründung, d. h. auf Bildung des Satzes und auf Verknüpfung der i m Satz aufgestellten Momente, Subjekt und Prädikat i n einem notwendigen Zusammenhang. Die Frage hat immer die F o r m : Was ist A ? oder: Ist Α Β, warum ist Α Β ? Das Urteil a posteriori ist Ansatz zu einem Urteil, Urteil in statu nascendi, in ihm steckt die Frage verborgen oder durchbrechend. 10
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Die Umbildung der Lehre von der E i n t e i l u n g u n d G l i e d e r u n g der U r t e i l e vollzieht eich n u r i n der F o r m kritischer Anmerkungen u n d Ergänzungen zu der überlieferten viergeteilten Urteilstafel. D a ß diese Tafel, die v o m Schema der U m fangssubsumtion bestimmt ist, nicht ausreicht u n d nicht geeignet ist, die Fülle u n d Mannigfaltigkeit der in der lebendigen Wissenschaft wirklich a u f t r e t e n d e n Urteile z u fassen u n d zu ordnen, scheint offenkundig. Der E n t w u r f aber einer neuen Urteilstafel würde eine größere Klarheit, B e s t i m m t h e i t und Eindeutigkeit im Verständnis des Urteils ü b e r h a u p t voraussetzen, als tatsächlich vorliegt, die Neubegründung der Logik, die von der K r i t i k der V e r n u n f t her möglich und notwendig wird. So bleibt es i m R a h m e n dieser erkenntnistheoretischen Logik bei Ansätzen u n d Unfertigkeiten. Hinsichtlich der Verneinung wird geltend gemacht, d a ß sie nicht eigentlich ein Urteil, sondern die Aufhebung eines Urteils sei. Das verneinende Urteil ist ein , F a c h urteil", setzt mindestens den Versuch eines positiven Urteils voraus, den es a b w e h r t . Das verneinende Urteil folgt daher dem positiven in allen seinen F o r m e n u n d h a t n u r da Sinn, wo eine Strebung zu einem positiven Urteil vorhanden ist oder entstehen, kann. Urteile, wie „der Ofen lacht n i c h t " oder „ d i e Tugend ist nicht sechseckig", wirken unsinnig oder komisch, weil ein positives Urteil dieser A r t ü b e r h a u p t u n d v o n vornherein nicht in B e t r a c h t kommen k a n n . Das verneinende Urteil ist d e m g e m ä ß insofern Urteil, als es ein unbestimmtes positives Urteil einschließt, welches dasjenige P r ä d i k a t enthalten würde, das die Aussage des Negierten unmöglich m a c h t . D a s ergibt die Berechtigung des alten limitierenden Urteils. Bei der „ Q u a n t i t ä t " wird auf die Zweideutigkeit in der Aussage des universalen Urteils hingewiesen: Besagt das „alle S sind P " die empirische Summe aller einzelnen S oder nicht vielmehr „jedes S ist P " als die Notwendigkeit der Zusammengehörigkeit. Das „ a l l e " ist der Ausdruck der Notwendigkeit in j e d e m Falle. F ü r die Syllogistik h a t diese Feststellung grundsätzliche Bedeutung. Außerdem f ü g t m a n unbestimmte Urteile hinzu, worunter m a n die Impersonalien oder subjektlosen Sätze versteht. Das unbes t i m m t e „es" gilt als allgemeines Existentialsubjekt. Solche Urteile entstehen, w e n n der P r ä d i k a t i n h a l t sich zuerst a u f d r ä n g t u n d d a n n die Beziehung auf ein bestimmtes Subjekt unterbleibt. Man unterscheidet noch echte (mich dürstet) u n d unechte (es
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regnet) Impersonalien. Diese lassen das Subjekt nur u n b e s t i m m t , jene schließen geradezu ein bestimmtes Subjekt aus. Zu der Einteilung der Urteile nach der Relation wird kritisch angemerkt, d a ß d a s hypothetische Urteil nicht bedingte, u n t e r einer bestimmten Annahme stattfindende Setzung aussage, sondern die Abhängigkeit schlechthin, den notwendigen Zusammenhang. D a s hypothetische Urteil gilt demgemäß als die strenge F o r m des kategorischen, sofern dieses nicht mehr Umfangssubsumtion sein soll. Die Arten u n d F o r m e n des notwendigen Zusammenhanges sind alle in dem hypothetischen Urteil beschlossen. Ihre E n t f a l t u n g ist die eigentliche Lehre von der Relation des Urteils. D a s disjunktive Urteil soll entsprechend ein korrelatives Verhältnis sich ausschließender Glieder aussagen.
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W e n n jedes Urteil Aussage notwendigen Zusammenhanges ist, d a n n scheint der Unterschied des assertorischen u n d apodiktischen Urteils hinfällig zu werden. D a s
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assertorische Urteil ist eigentlich kein Urteil, sondern n u r ein Satz. Richtiger d ü r f t e der Unterschied des assertorischen und apodiktischen Urteils darin gefunden werden, dal] jenes u n m i t t e l b a r e Notwendigkeit der Anschauung u n d der Gegebenheit, Wirklichkeit e n t h ä l t , dieses aber abgeleitete, erschlossene u n d daher als hinzutretende besonders betonte, die oft sogar eine gewisse E i n s c h r ä n k u n g u n d Abschwächung der Gültigkeit b e d e u t e n kann („es m u ß heute N a c h t geregnet h a b e n " ) . Das problematische Urteil wird dementsprechend als eine E n t h a l t u n g v o m Urteil bei nicht ausreichender oder eindeutiger Begründung verstanden, auch in dem positiven Sinne, d a ß wohl das Allgemeine, der Einteilnngs- oder Disjunktionsgrund, nicht aber eins der d a r u n t e r bef a ß t e n Glieder eindeutig b e h a u p t e t werden k a n n . Jedes dieser Glieder ist „möglich", weil der Einteilungsgrund positiv zutrifft. I m problematischen Urteil wird der angemessene A u s d r u c k dessen gefunden, was im p a r t i k u l a r e n Urteile gemeint ist. „Einige S sind P " soll d a n n strenger heißen: „ S k a n n Ρ sein". Das würde dem Verständnis des universalen Urteils „alle S sind P " i m Sinne des „ S ist notwendig P " entsprechen. Der vollständige E n t w u r f einer neuen Einteilung der Urteile liegt innerhalb der erkenntnistheoretischen Logik bei W u n d t vor. Die von i h m vorgeschlagene Einteilung n a c h Subjekts-, Prädikats-, Relations- u n d Gültigkeitsformen des Urteile ber ü h r t sich m i t der i n der Hegeischen Logik a u f t r e t e n d e n von Urteilen des Daseins, der Reflexion, der Notwendigkeit und des Begriffs. Unter den Subjektsformen wären etwa a n z u f ü h r e n : D a s singuläre oder Einzelurteil, das plurale Urteil in dreifacher Gestalt, des Urteils m i t mehreren Subjekten (copulativ-remotiv), mit einem Mehrheitssubjekt (einige, alle als empirische Summe) und des allgemeinen Urteils im strengen Sinne, u n d das u n b e s t i m m t e Urteil, die Impersonalien. Als Prädikateformen werden das erzählende, beschreibende und erklärende Urteil bezeichnet; als Relationsformen das I d e n t i t ä t s u r t e i l , das Subsumtionsurteil, das eigentliche Notwendigkeitsurteil. Die alte Modalität wird als Gültigkeitsform verstanden. Die Setzung im Subjekt u n d die Gültigkeit des Urteils treffen zusammen. Nähere Behandlung dieses Entwurfes u n t e r Heranziehung anderer ist hier u n d j e t z t nicht möglich.
Die Kritik an der S y l l o g i s t i k weist in dieselbe Richtung wie die Umbildung der Lehren von Begriff und Urteil. Gegenüber der formallogischen Abwandlung des Syllogismus zum bloßen Umfangsverhältnis dreier Begriffe und zur bloßen mittelbaren Subsumtion, zu der das Demonstrieren immer mehr wurde, wird wieder die eigentliche Begründungsfunktion herausgestellt, und zwar nun nicht in Gestalt des Mittelbegriffes, des substantialistischen Wesensbegriffes wie bei Aristoteles, sondern des Obersatzes, der Urteil im Sinne der Aussage gesetzlich notwendigen Zusammenhanges ist. Der Syllogismus begründet, indem er einen Tatbestand erklärend einem notwendigen Zusammenhange einordnet. Notwendige Verknüpfung nach allgemeiner Gesetzmäßigkeit erscheint als Aufgabe und Eigenart des Syllogismus. Die kantische Frage nach dem synthetischen Urteil a priori wird geradezu seine Lebensfrage. Bei Begründung auf die Theorie der Begriffsbildung als analysierender Abstraktion bleibt er letztlich ein leeres Gerede, ein bloßes Demonstrieren i m Sinne der Unernsthaftigkeit statt eines wirklichen Denkgeschehens. Das Denkgeschehen im Syllogismus ist die Durchführung der Erkenntnis gesetzlichen Zusammenhanges in allem Gegebenen, die in begründeten gültigen Urteilen hergestellt wird. Der Syllogismus ist die vollständige Urteilsfunktion, die Gültigkeitsform des Urteils, der Weg v o m Satz durch die Frage zum eigentlichen Urteil.
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W e n n m a n den Syllogismus n i c h t in diese Linie der u m g e b i l d e t e n Lehre v o n Begriff u n d Urteil stellt, d a n n fällt er der K r i t i k a n h e i m , die ζ. B . M i l l a n i h m g e ü b t h a t , übrigens d e m alten Sextue E m p i r i c u s folgend. W e n n der Begriff n u r Zeichen, k o n n o t a t i v e Vorstellung i s t , w o d u r c h eine Vielheit ähnlicher Dinge als Klasse in b e s t i m m t e r H i n sicht gekennzeichnet ist, u n d das U r t e i l bloße Merkmalsaussage oder E i n r e i h u n g i n eine solche Klasse als F o r m der S u b s u m t i o n , d a n n ist der O b e r s a t z n u r die Aussage empirischer S u m m e u n d d a n n gilt d a s A r g u m e n t , d a ß der Obersatz eigentlich den Schlußsatz voraussetze. D e n n d a ß alle Menschen sterblich sind, k a n n ich erst d a n n b e h a u p t e n , w e n n f e s t s t e h t , d a ß a u c h Cajus, der Mensch ist, sterblich ist. E s m a g sogar d a s A r g u m e n t gelten, das L o t z e h i n z u g e f ü g t h a t , nämlich d a ß a u c h d e r U n t e r s a t z d e n Schlußsatz voraussetze u n d v o n Cajus erst ausgesagt w e r d e n könne, d a ß er zur Klasse der Menschen gehöre, w e n n f e s t s t ü n d e , d a ß i h m d a s f ü r diese Klasse bezeichnende Merkmal s t e r b lich z u k o m m e . Man m u ß den Syllogismus zuvor so m i ß v e r s t e h e n , u m i h n kritisieren zu k ö n n e n . E r wird d a n n zu einem Schluß v o m Besonderen aufs Besondere, d. h . z u m Analogieschluß. Der U n t e r s a t z b e h a u p t e t die Ähnlichkeit eines n e u e n Falles mit einer größeren Z a h l v o n f r ü h e r h e r b e k a n n t e r Fälle. Der Obersatz b e h a u p t e t etwas, was in diesen Fällen a n z u t r e f f e n w a r . Der Schlußsatz besagt, d a ß dieses a u c h f ü r den n e u e n F a l l a n g e n o m m e n werden m u ß , weil er den anderen i m übrigen ähnlich ist. Die Ü b e r e i n s t i m m u n g in einem Teil der Merkmale l ä ß t auf Übereins t i m m u n g a u c h der übrigen schließen. W o h e r s t a m m t das sachliche R e c h t zu dieser V e r m u t u n g , also die S c h l u ß k r a f t ? Doch wieder n u r d a h e r , d a ß in der Wirklichkeit b e s t i m m t e O r d n u n g , gesetzliche V e r k n ü p f u n g bes t e h t . I n s g e h e i m wird daher a u c h diese Theorie auf den G r u n d g e d a n k e n des Syllogismus g e d r ä n g t . D a ß m a n v o n d e m P r i n z i p der Merkmalsgleichheit aus f ü r diese V e r k n ü p f u n g Gleichförmigkeit sagt u n d d a m i t der Folgerichtigkeit auszuweichen s u c h t , ä n d e r t nichts d a r a n , d a ß z u r E r k l ä r u n g dieser Gleichförmigkeit, d . h . des T a t b e s t a n d e s , d a ß , w e n n in einem Teil der Merkmale Ü b e r e i n s t i m m u n g gegeben ist, diese a u c h f ü r a n d e r e b e s t e h t , ein n o t w e n d i g e r Z u s a m m e n h a n g i n n e r h a l b d e r Merkmale u n t e r s t e l l t werden m u ß . D e r Schluß v o m Besonderen a u f s Besondere setzt i m Stillen eine Gesetzlichkeit i m Obersatz voraus oder erschleicht sie. Die aus M i ß v e r s t ä n d n i s e n t s t a n d e n e K r i t i k des Syllogismus f ü h r t also in der Folge auf seinen eigentlichen S i n n : Einglied e r u n g eines T a t b e s t a n d e s in gesetzlich n o t w e n d i g e V e r k n ü p f u n g . W e n n a u c h b e s t i m m t e Gesetze n u r aus b e o b a c h t e t e r Gleichförmigkeit herzuleiten sein mögen, so k a n n der G e d a n k e der gesetzlichen V e r k n ü p f u n g n i c h t a u f den der Gleichförmigkeit z u r ü c k g e f ü h r t , vielmehr m u ß dieser v o n der Gesetzlichkeit aus v e r s t a n d e n werden. Die L e h r e v o n der Q u a n t i i i k a t i o n des P r ä d i k a t e s u n d v o m U r t e i l als Gleichung f ü h r t a u f das Schlußprinzip der S u b s t i t u t i o n , e t w a n a c h Handb. d. Phil. I.
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der Regel: wenn zwei Größen derselben dritten Größe gleich sind, so sind sie untereinander gleich. Der Schluß ist n u r die Anwendung dieses Gleichheitsgrundsatzes. Die Prädikationstheorie des Urteils findet ihre A n k n ü p f u n g bei der überlieferten Fassung des Schlußprinzipes : nota notae est nota rei. Die Millsche Fassung des Syllogismus geht v o n der empiristischen Kritik des Substanzbegriffes u n d der Auflösung des Dinges i n seine Eigenschaften, die dann Elemente werden, aus. Die Z u r ü c k f ü h r u n g der zweiten u n d dritten Schlußfigur auf die Schlußkraft der ersten verkennt — das ist schon bei der Darstellung der formal-logischen Überlieferung hervorgehoben worden — den selbständigen logischen Grundgedanken dieser beiden Figuren, die als Ausschließungs- bzw. als Vereinbarkeits- oder Verbindungsschluß zu bezeichnen sind. Die zweite Figur zeigt, daß etwas, das in b e s t i m m t e m Zusammenhange steht, mit einem andern nicht zusammengehörig ist, von d e m dieser Zusammenhang verneint wird, u n d d a ß das eine u n d das andere sich ausschließen, weil von dem einen b e j a h t wird, was von dem anderen verneint wird. Die d r i t t e Figur zeigt das gemeinsame Auft r e t e n zweier Bestimmungen in demselben Zusammenhange auf oder dies, d a ß ein Bestimmtes nach der einen wie nach der anderen Seite seine Zusammengehörigkeit hat. E s entsteht die Frage, ob nicht dieses gemeinsame A u f t r e t e n oder diese Doppelzusammengehörigkeit darin ihren Grund h a t , d a ß die beiden Bestimmungen oder die beiden Zusammenhänge untereinander eine gesetzliche Zusammengehörigkeit h a b e n . Die partikularen Schlußsätze, die nach den alten syllogistischen Regeln in der dritten Figur nur möglich sind, verwandeln sich in problematische, eben in die Frage nach dem Grunde der Zusammengehörigkeit, ob das Miteinandergegebensein an demselben Subjekte n u r „zufällig" oder durch eigene Verbundenheit und Zusammengehörigkeit bedingt ist. Der Schluß nach der dritten Figur ist eigentlich die Problemstellung f ü r die Induktion, die Stellung der Induktionsaufgabe. Jeder partikulare oder richtiger problematische Satz, der sich in dieser Schlußfigur ergibt, ist solche Induktionsaufgabe. Das ist das eigene Recht der d r i t t e n Figur. Sie f ü h r t zu dem H a u p t p r o b l e m der erkenntnistheoretischen Logik, der I n d u k t i o n hinüber. Die negativen Modi der dritten Figur zeigen, d a ß eine Trennbarkeit der beiden Bestimmungen besteht, die erkennbar m a c h t , d a ß ein notwendiger Zusammenhang nicht anzun e h m e n ist, daß das Zusammentreffen also irgendwie „zufällig" ist. Sie bedeuten eine Instanz gegen eine versuchte Induktion, die Abwehr einer solchen, was mit dem Charakter des negativen Urteils als des „ N a c h urteiles" gut übereinkommt. Die I n d u k t i o n als Einfügung in einen notwendigen gesetzlichen Zus a m m e n h a n g wird das Grundproblem dieser Logik ü b e r h a u p t , die in dem Besonderen u n d Teilhaften angelegte, alles Gegebene umfassende Verbundenheit, in die m a n sich durch die Erkenntnis stellt, in die m a n
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durch die Erkenntnisbewegung eintritt. I m Begriff, im Urteil, i m Schluß handelt es sich u m die verschiedenen Momente u n d Stadien dieses Vorganges. Die I n d u k t i o n ist nicht mehr ein bloßes Behelfsmittel des Beweises, in der Aufzeigung der Vereinbarkeit oder Zusammengehörigkeit a n einem typischen Beispiel oder in der Umwandlung eines Schlusses der dritten Figur in einen nach der ersten durch die U m k e h r u n g des Untersatzes auf Grund der Umfangsgleichheit, sondern der eigentliche Erkenntnisvorgang selbst, d a ß sich in einem Teilhaften u n d Besonderen durch gesetzliche Beziehung ein Ganzes aus einer Anforderung konstituiert, der m a n i m Erkennen nachgeht oder nachlebt. Die Theorie der Induktion, die v o m Anbeginn des neuzeitlichen Denkens an gesucht wird, hebt sogleich hervor, daß die sog. unvollständige I n d u k t i o n der Sinn des ganzen Verfahrens ist. Die sog. vollständige I n duktion „per enumerationem simplicem, ubi non reperitur instantia contradictoria" gewinnt das allgemeine Urteil n u r mit Hilfe des Durchgehens der einzelnen Fälle, d. h. im Sinne der bloßen Summierung. E r s t wenn das allgemeine Urteil als Aussage notwendigen Zusammenhanges verstanden wird, k o m m t das heraus, u m was es sich in der I n d u k t i o n handelt. Auch bei empirischer Allheit ist die induktive Aussage ein prinzipieller Sprung. Die Absicht der I n d u k t i o n ist nicht die Feststellung eines Prädikates f ü r alle Fälle, sondern die Erkenntnis notwendiger Verk n ü p f u n g , die d a n n freilich auch für alle Fälle gilt. Die empirische Allheit ist das Kennzeichen dieser Notwendigkeit, die auch an einigen Fällen oder gar an einem einzigen erkannt werden kann. Die Fülle der Beobachtung und Untersuchung ist n u r ein Hilfsmittel f ü r diese Erkenntnis, das aber auch gelegentlich geradezu von ihr abzulenken vermag. Auch die vollständigste I n d u k t i o n erfordert diesen Sprung, der die echte I n d u k t i o n ausmacht. Die unvollständige I n d u k t i o n ist nicht ein Notbehelf da, wo die vollständige uns unmöglich ist, sondern sie vollzieht das, was auch die vollständigste I n d u k t i o n nicht ersetzen könnte. Wenn m a n nicht schon in der Lehre v o m Begriff, Urteil u n d Schluß zu dem Erkenntnisprinzip v o m notwendigen gesetzlichen Zusammenhange vordringt, d a n n wird I n d u k t i o n eigentlich zur Analogie, d. h. zu der A n n a h m e , d a ß das, was in einigen Fällen v o r k o m m t , auch in anderen Fällen vorkommen wird, die den ersten in bestimmter Hinsicht ähnlich sind. Man schließt so von einigen auf alle, wie es schon beim Syllogismus dargelegt worden ist, der nach dieser Theorie auch die Erw a r t u n g ausspricht, d a ß das, was in bisher beobachteten Fällen einget r e t e n ist, auch in einem Falle eintreten wird, der jenen ähnlich ist. Demgemäß ist das Prinzip der I n d u k t i o n einfach dies : eine Erscheinung, die bei einzelnen Gelegenheiten s t a t t g e f u n d e n h a t , wird bei allen Gelegenheiten anzutreffen sein, welche der vorhergehenden in bestimmter Hinsicht gleichen. Als Grund der I n d u k t i o n wird die Gleichförmigkeit der N a t u r angegeben, die aus vielen Beobachtungen von gleichartigem Ver-
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h a l t e n abgeleitet wird. Die A n n a h m e einer allgemeinen oder richtiger i m m e r u n d v o n v o r n h e r e i n zu e r w a r t e n d e n Gleichförmigkeit ist selbst I n d u k t i o n . D e r I n d u k t i o n liegen also zwei A n n a h m e n z u g r u n d e : erstens, d a ß Gleiches gegeben sein wird, zweitens, d a ß m i t diesem Gleichen das Gleiche wie bisher a u f t r e t e n wird, oder die gleichen U r s a c h e n w e r d e n gegeben sein u n d sie werden die gleichen W i r k u n g e n oder Begleiterscheinungen h a b e n . E s wird n o c h die verallgemeinernde u n d ergänzende I n d u k t i o n unterschieden. Die erste ist die A n n a h m e , d a ß das, was f ü r einige Fälle gilt, v o n allen gilt, die in b e s t i m m t e r H i n s i c h t m i t j e n e n ü b e r e i n s t i m m e n , die zweite ist die A n n a h m e , d a ß das, was in einem Teile seines I n h a l t e s ü b e r e i n s t i m m t , a u c h in d e m Rest oder in a n d e r e r I n h a l t l i c h k e i t , die m i t j e n e m Teil irgendwie zusammengehörig ist, übereins t i m m e n w i r d . Das zweite ist die eigentliche Analogie. E s s t e c k t in W a h r h e i t a u c h i n d e m ersten. D e n n die A n n a h m e , d a ß v o n d e m , was i n bes t i m m t e r H i n s i c h t m i t einem Gegebenen ü b e r e i n s t i m m t , a u c h das gelte, was v o n diesem gilt, der Schluß also v o n einigen auf alle ist n i c h t s anderes als die Aussage, d a ß Ü b e r e i n s t i m m u n g in einem Teilinhalt a u c h die i m ü b r i g e n e r w a r t e n lasse. Schließlich k o m m t aber doch alles auf e b e n den Z u s a m m e n h a n g d e r I n h a l t l i c h k e i t h i n a u s , auf die n o t w e n d i g e V e r k n ü p f u n g , die hier b e s t e h t . W e n n m a n n a c h d e m ontologisch-realistischen P r i n z i p der I d e n t i t ä t u n d Gleichheit n u r v o n Ä h n l i c h k e i t u n d Gleichförmigkeit r e d e t , so verdeckt m a n sich dieses U r p h ä n o m e n u n d erschleicht sich das R e c h t zu der I n d u k t i o n , i n d e m m a n etwas u n t e r stellt, was m a n als solches nicht a u s s p r i c h t u n d a n e r k e n n t . Die Analogie setzt, wie schon b e i m Syllogismus dargelegt worden ist, ein P r i n z i p der n o t w e n d i g e n V e r k n ü p f u n g v o r a u s , a u c h w e n n diese i m Falle der bloßen Analogie n o c h n i c h t in gesetzlicher B e s t i m m t h e i t e r f a ß t , s o n d e r n e b e n n u r g r u n d s ä t z l i c h unterstellt ist. A u c h die Theorie der I n d u k t i o n , welche v o n d e m Prinzip gesetzlich notwendiger V e r k n ü p f u n g a b z u s e h e n scheint, wird d u r c h ihre eigene Folgerichtigkeit auf diese V o r a u s s e t z u n g g e d r ä n g t , f ü h r t also zur E r k e n n t n i s dessen, u m was es sich in der I n d u k t i o n eigentlich h a n d e l t . Die V o r a u s s e t z u n g f ü r die logische Möglichkeit d e r I n d u k t i o n ist die in den B e d i n g u n g e n des E r k e n n e n s allgemeingültig b e g r ü n d e t e F o r d e r u n g eines durchgängigen gesetzlichen Z u s a m m e n h a n g e s aller Wirklichkeit, w o d u r c h sie Wirklichkeit ist. Diese prinzipielle V o r a u s s e t z u n g gibt n a c h M a ß g a b e der in i h r selbst b e g r ü n d e t e n K r i t e r i e n in j e d e m einzelnen Falle das R e c h t , einen gesetzlichen Zusammenhang anzunehmen. Solche Kriterien werden in I n d u k t i o n s r e g e l n zusammengefaßt, wie sie schon B a c o n in seinen tabulae praesentiae, absentiae et graduum zu geben versuchte und wie sie am bekanntesten in der Millschen Gestalt geworden sind. Die Methode oder Regel der Übereinstimmung : Wenn mehrere Fälle einer zu erforschenden Naturerscheinung nur einen einzigen Umstand miteinander gemeinsam haben, so ist nur der Umstand, in welchem alle Fälle übereinstimmen, Ursache oder Wirkung dieser Erscheinung. Die Differenzmethode: Wenn ein Fall, in welchem die zu erforschende Natur-
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erscheinung e i n t r i t t , u n d ein Fall, in dem sie nicht eintritt, alle Umstände mit Ausnahme eines gemein haben, der also n u r in dem einen Falle v o r k o m m t , so ist der U m s t a n d , durch welchen allein die Fälle sich unterscheiden, die Wirkung oder Ursache oder ein notwendiger Teil der Ursache dieser Naturerscheinung. Die erste Regel gründet sich d a r a u f , d a ß alles, was eliminiert werden k a n n , mit der Naturerscheinung durch kein Gesetz v e r k n ü p f t ist, die zweite d a r a u f , d a ß alles, was nicht eliminiert werden k a n n , d u r c h ein Gesetz mit der Naturerscheinung v e r b u n d e n ist. Die erste Regel ist die d e r Beobachtung, die zweite die des E x p e r i m e n t s . Die d r i t t e Regel ist als vereinigte Übereinstimmungs- u n d Differenzmethode oder als indirekte Differenzmethode zu bezeichnen: W e n n mehrere Fälle, i n welchen die Naturerscheinung s t a t t f i n d e t , n u r einen U m s t a n d gemeinsam haben, während mehrere, in welchen sie nicht s t a t t f i n d e t , nichts als die Abwesenheit dieses Umstandes gemeinsam h a b e n , so ist der U m s t a n d , in. welchem die zwei Reihen v o n Fällen allein differieren, die Wirkung oder Ursache oder ein notwendiger Teil der Ursache der Naturerscheinung. Die vierte Regel, als R ü c k s t a n d s - oder Restmethode zu kennzeichnen, besagt: Von irgendeiner N a t u r erscheinung ziehe m a n diejenigen Teile ab, die d u r c h f r ü h e r e I n d u k t i o n e n als die Wirk u n g gewisser Antezedentien b e k a n n t sind, der R ü c k s t a n d oder Rest ist die W i r k u n g der übrigen U m s t ä n d e . F a s t die wichtigste Regel ist die der begleitenden Veränder u n g e n : eine Naturerscheinung, die sich v e r ä n d e r t , wenn sich eine andere N a t u r erscheinung i n irgendeiner besonderen Weise v e r ä n d e r t , ist entweder eine Ursache oder eine W i r k u n g dieser Naturerscheinung oder d u r c h irgendeinen Kausalzusammenhang d a m i t v e r k n ü p f t . Diese Regel ist anzuwenden, wenn nicht zu eliminierende Momente gegeben sind u n d besonders da, wo es sich u m q u a n t i t a t i v meßbare Veränderungen handelt.
Was sich aus dem Verfahren nach so erläuterten Kriterien ergibt, sind empirische Regelmäßigkeiten. Erst durch ihre Einordnung in ein mögliches S y s t e m von Gesamtgesetzmäßigkeit der Wirklichkeit erhalten sie den Charakter eigentlicher Induktion. Zu aller Induktion gehören Grundsätze der Wirklichkeitserkenntnis, als deren Anwendung erst die empirischen Regelmäßigkeiten gesetzlichen Bestand gewinnen. In dem Maße, wie die erhobenen Regelmäßigkeiten zu einem Ganzen v o n Ger setzmäßigkeit zusammengehen, werden sie selbst begründet. Jede solche Gesetzlichkeit ist zu bewähren i m Zusammenhange der Wirklichkeit überhaupt. Sie heißt daher Hypothese, die als Obersatz in Schlüssen verwandt dadurch geprüft wird, daß die daraus abzuleitenden Schlußsätze gesicherten Tatbeständen nicht widersprechen. Bewährte Hypothesen sind wiederum Maßstab für neue induktive Gesetze, können sonach auch durch solche in der Folge bewährt werden. Alles Erkennen ist ein unablässiges Prüfen v o n Gesetzen aneinander zur Bildung eines gesetzlichen Gesamtzusammenhanges der Wirklichkeit. In dieser Weise greifen Induktion und Deduktion, syllogistisches Schließen ständig ineinander i m Erkenntnisvorgang. Das Verfahren, daß ein Induktionsergebnis versuchsweise zur Prüfung als Obersatz eines Schlusses verwandt wird, heißt Reduktion. In ihm vollzieht sich die Bewährung der Hypothese, wodurch ein induktives Gesetz zustande kommt. Erst darin ist die Induktion als solche abgeschlossen. Die induktiven Urteile haben zunächst problematischen Charakter. Dieser wandelt sich in die strenge Form der Wahrscheinlichkeit, j e mehr
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sie sich als Obersätze in systematischem Zusammenhange bewähren. Alles Wirklichkeitserkennen des Menschen als eines endlichen Subjektes, das vom Teile her, von einem bruchstückhaften Ausschnitt der Wirklichkeit her denkt, verläuft in Wahrscheinlichkeit. Eine Theorie der Wahrscheinlichkeit ergibt sich erst aus dem kritischen Wahrheitsbegriffe. Man unterscheidet philosophische und mathematische Wahrscheinlichkeit. Unter philosophischer Wahrscheinlichkeit versteht man dabei den problematischen Charakter der Induktionssätze. Von mathematischer Wahrscheinlichkeit wird da geredet, wo eine Disjunktion gleichgeordneter Glieder oder Möglichkeiten gegeben ist. Die Zahl dieser Glieder gibt die Möglichkeit mathematischer Behandlung. Die Wahrscheinlichkeit wird dann mathematisch als das Verhältnis der Zahl der Glieder zum Ganzen ausgedrückt: 1 /n. Je mehr Glieder oder Möglichkeiten ausgeschlossen werden können, desto mehr verringert sich die Zahl n, desto größer wird der Grad der Wahrscheinlichkeit. Reduktiv ist aus der Häufigkeitszahl gewisser in bestimmter Hinsicht differierender Fälle auf ein gewisses Disjunktionsverhältnis zu schließen. Diejenige Annahme ist dann die wahrscheinlichste, aus der das Gegebene mit der größten Wahrscheinlichkeit folgen müßte. Die Analogie, von der formalen Logik als Schluß vom Besonderen auf Besonderes bezeichnet, ist schon als ergänzende Induktion behandelt worden. Diese Analogie ist aber nur berechtigt, sofern sie durch einen allgemeinen Obersatz hindurchgeht, also eine notwendige Verknüpfung innerhalb der Teilinhalte voraussetzt, wie schon dargelegt wurde bei dem Versuch, die Induktion überhaupt als Analogie zu verstehen. Die Analogie ist also der Schluß von der Übereinstimmung gewisser Inhaltsmomente auf die anderer oder aller. Auch Analogie setzt zu ihrer Möglichkeit wie die Induktion Reduktion als Rückgang auf eine unterstellte notwendige Verknüpfung voraus. Die Induktion wird das Ausschließen des Zufalls genannt. Zufall liegt vor, wo zwei Bestimmungen zusammentreffen ohne untereinander gesetzlich verknüpft oder zusammengehörig zu sein. Immer wiederkehrendes Zusammentreffen kann nicht Zufall sein, muß einen Grund haben in einer Zusammengehörigkeit der gemeinsam auftretenden Bestimmungen selber. Die Induktion geht auf solch einen Grund und wenn sie ihn findet oder herleiten kann, dann ist der Zufall ausgeschlossen. Je häufiger und regelmäßiger das gemeinsame Auftreten zweier Bestimmungen ist, desto wahrscheinlicher wird die Annahme eines Grundes, einer Verknüpfung. Zusammensein auf Zusammengehörigkeit zurückzuführen, zu reduzieren und diese Annahme in Folgerungen zu bewähren, ist das induktive Verfahren. Die Induktion ist von dem Grundsatz geleitet, daß nichts isoliert für sich besteht, sondern alles in gesetzlicher Verknüpfung und Ordnung seine Stelle hat, Glied in dem Gesamtzusammenhange der Wirklichkeit ist. Die realistische Zersplitterung der Wirklichkeit in starre
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spröde absolute Elemente wäre die Verwandlung der Wirklichkeit in den schlechthinigen Zufall. Die Induktion fordert zu ihrer Möglichkeit eine Deutung der Wirklichkeit, welche diesen realistischen Ansatz aufhebt. Darin, daß die Induktion zu ihrer eigenen Möglichkeit solche Voraussetzung fordert, führt sie auf Grundsätze aller Wirklichkeitserkenntnis. £s kann sogar, wie bei Mill, die Meinung entstehen, diese Grundsätze seien selbst induziert, Ergebnis einer Induktion. Sie sind vielmehr Bedingungen der Möglichkeit der Induktion und in jeder Induktion schon vorausgesetzt. Aber die Induktion wird Anlaß sich auf sie zu besinnen und sie anzuerkennen. So findet die Lehre des Aristoteles von der Gewinnung der allgemeinen Sätze durch Induktion bestimmtere unmißverständliche Erklärung. Als Urform gesetzlich notwendiger Verknüpfung hebt sich das Kausalprinzip heraus. Wird es so formuliert, wie es in dem Verständnis der Induktion als Analogie geschehen ist: gleiche Ursachen werden gegeben sein, sie werden die gleichen Wirkungen oder Begleiterscheinungen haben, wird Kausalität als gleichförmige Folge verstanden, so scheint sich zu ergeben, daß nur das an den Erscheinungen und Gegebenheiten kausal bestimmt oder zu bestimmen wäre, was an ihnen mit anderen Erscheinungen übereinstimmt oder gleich ist. Es entsteht das Problem der individuellen Kausalität. Oder das Individuelle gilt wieder einmal als das unaufhebbar Zufällige, als der nicht einzuordnende Rest von Realität, der starr und spröde abgesondert bleibt. Insbesondere in der Geschichte entsteht das Problem der individuellen Kausalität. Die Hereinziehung der Geschichte- und Geisteswissenschaften in die erkenntnistheoretische Logik führt gerade an dieser Stelle eine entscheidende Wendung herbei, wenn eben nicht nur das Verfahren der Wissenschaften, wie es praktisch geübt wird, dargestellt, sondern eine prinzipielle Erfassung und Begründung für ihr Erkennen in einer Abgrenzung von den Naturwissenschaften versucht ist, in einer Abgrenzung, die nicht nur die materiale Mannigfaltigkeit der zu behandelnden Wirklichkeiten betrifft, sondern auf grundsätzliche methodische Erkenntnieformen hinausgeht. Es ist die berühmt gewordene Unterscheidung der Naturwissenschaften als nomothetischer und der Geschichtswissenschaften als idiographischer Erkenntnis ( W i n d e l b a n d - R i c k e r t ) . Ob ein Erkenntnisgebilde natur- oder geschichtswissenschaftlicher Art ist, darüber entscheidet diese methodische Zielsetzung. Wo es sich um die Gewinnung allgemein for mulierb ar er Gesetze handelt, in deren Zusammenhang die Wirklichkeit auswechselbar einzusetzen ist, da liegt naturwissenschaftliche Begriffsbildung oder Erkenntnis vor. Wo es um die Erfassung des Individuellen gerade in seiner unvertauschbaren Individualität und Einzigkeit geht, da bildet sich Geschichtserkenntnis. Die Erfassung und Hervorhebung des Individuellen erfolgt durch Wertbeziehung, in der dieses Individuelle als solches steht. Der Begriff des
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Wertes wird dem des Gesetzes gegenübergestellt als k o n s t i t u t i v f ü r die Geschichtswissenschaft. Werterfüllung u n d Wertgestaltung ist K u l t u r . Man redet daher auch von der kulturwissenschaftlichen Begriffsbildung i m Unterschied u n d Gegensatz zur naturwissenschaftlichen. Einerlei wie es sich mit der Zulänglichkeit u n d D u r c h f ü h r b a r k e i t dieser Theorie in Verfassung und Begründung der beiden Arten von Wissenschaftlichkeit verhalten mag, das Problem der Individualität ist neu u n d f r u c h t b a r gestellt u n d mit dem Begriff des Wertes wird ein neuer erkenntnistheoretischer Ansatz gewonnen. Wert t r i t t geradezu f ü r Idee ein und bedeutet die Befreiung der Idee von der Hypostasier u n g u n d Vergegenständlichung, erschließt die Wirklichkeit personhaften Lebens. Wert ist Anforderung, Norm. Person ist, was oder richtiger wer der Verantwortung vor einer Anforderung oder Norm fähig ist. Anforderungen, Normen entstehen in der Begegnung von Personen. Mit d e m Gedanken des Wertes vollzieht sich die Wendung zur Erfassung der Personwirklichkeit u n d d a m i t allererst des Geistes. Der theoretische W e r t , die Wahrheit, u n d das Kulturgebilde Wissenschaft, das aus der Erfüllung dieses Wertes hervorgeht, werden in ein Wertsystem eingeordnet, das neben dem theoretischen Wert noch andere, den ästhetischen, ethischen usf. u m f a ß t . Die Philosophie gewinnt eine eigene Aufgabe a n der Begründung und Durchgestaltung dieses Wertsysteme, in dem sich die Wissenschaft in sich u n d mit den anderen Werten zus a m m e n f a ß t . Die Gültigkeit der Werte in gegenwärtiger Anforderung wird ein eigenes Problem. Das E r k e n n e n wird eine W e r t f u n k t i o n der Personwirklichkeit. Der Mensch ist nicht mehr n u r ein Objektausschnitt seines eigenen Erkennens, sondern seine Erkenntnis ist ein Wahrzeichen seines Personlebens. Das Problem des Menschen als Subjektes ist neu gestellt. Die Wertphilosophie vermag den Sinn der kopernikanischen W e n d u n g K a n t e neu aufzuschließen. Hier m ü n d e t die erkenntnistheoretische Logik in die Neubegründung der Logik ü b e r h a u p t durch die Kritik der V e r n u n f t , fordert den Ersatz des objektiven Idealismus durch die idealistische Objektivitätstheorie. 2. D I E P S Y C H O L O G I S T I S C H E
LOGIK.
Die psychologistische Logik entsteht aus der folgerichtigen Anwend u n g der phänomenalietischen Erkenntnistheorie auf die Logik. Das „ D e n k e n " ist ein innersubjektiver, ein psychischer Vorgang. Seine F o r m e n u n d Regeln sind Gesetze psychischen Ablaufes. Die Logik ist eine psychologische Disziplin, so gewiß das E r k e n n e n immer u n d n u r in der Psyche v o r k o m m t u n d das Denken, das sich in i h m vollendet, ein psychisches Geschehen ist. Das logische U r p h ä n o m e n der Evidenz folgt als Wirkung auf bestimmte Antezedentien. Die Erforschung dieser Bedingungen, aus denen Evidenz entsteht, ist die Aufgabe der Logik.
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Sie ist Psychologie der Evidenz oder des richtigen Denkens. Richtig ist das Denken, das seinen Zweck erreicht, nämlich Erkenntnis gewinnt. Was man herkömmlich normativ nennt, das sind die bedingenden Mittel,, durch die allein der Zweck erreicht wird, deren kausale Folge das beabsichtigte Ergebnis ist. Wenn man diesen Zweck erreichen will, muß man die Bedingungen erfüllen, die den gewollten Tatbestand zur Wirkung haben. Gleichsam von rückwärts, vom Erfolge her betrachtet, den man vorwegnimmt, sind diese Ursachen Mittel, an die man gebunden ist, und das sind „Normen". Denkgesetze sind Kausalgesetze psychischen Geschehens, die das Zustandekommen des psychischen Vorganges Evidenz erklären und nach denen dieser herbeigeführt wird. Alle Erkenntnis entsteht aus den Eindrücken der Dinge, durch welche wir diese irgendwie wiedergeben, indem Rückschlüsse auf die Dinge durch die Art der Eindrücke möglich werden. Die phänomenalistische Erkenntnistheorie will j a zeigen, wie ein Subjekt so dinghaft in eine dinghafte Welt gestellt von ihr Erkenntnis erwerben kann, d. h. sie will zeigen, wie aus Impressionen in Empfindung und Wahrnehmung, Unterschiedsempfindlichkeit, Aufmerksamkeit, Gedächtnis usw. Allgemeinvorstellungen, die man Begriffe nennt, die an den Gegebenheiten Ähnlichkeiten hervorheben und bezeichnen, entstehen und aus Assoziationen nach ihren durch die Eindrücke bedingten Gesetzlichkeiten (Ähnlichkeit, Kontrast, raum-zeitliche Berührung) sich Urteile bilden und so fort. Das richtige Denken ist ebenso ein psychischer Vorgang wie das unrichtige oder falsche. Man will nicht etwa wahr und falsch vereinerleien, aber beides in gleicher Weise gesetzlich verständlich machen. Das eine ist der Erfolg, der aus. der Erfüllung bestimmter Bedingungen entsteht. Diese Bedingungen eben legt die Logik als eine psychologische Sonderdisziplin, die das richtige Denken zum Gegenstande hat, dar. Das andere ist das Ergebnis, das eintritt, wenn diese Bedingungen nicht erfüllt werden oder andere Vorgänge sich bedingend einschalten. Es handelt sich um Naturgesetze,, welche die Einrichtung und Beschaffenheit der naturhistorischen Gattung Mensch ausdrücken. Die vernünftige Menschennatur ist nun die psychologische Gesetzlichkeit der Vorstellungsbildung und des Vorstellungsablaufs beim Menschen. Das Erkennen ist ein Vorgang der Anpassung an die Lebensbedingungen zur Erhaltung der Gattung. Der Niederschlag der Gattungserfahrung, der sich in Vererbung und Unterweisung fortpflanzt, ist das, was man ehedem ideae innatae genannt hat. Die dabei auftretende Notwendigkeit ist die Selbstverständlichkeit ständiger Übung, Gewohnheit und der beobachtete Anpassungserfolg. Die logischen Grundgesetze sind letzte Abstraktionen und Verallgemeinerungen aus der Erfahrung, der Satz vom Widerspruch etwa aus· der Erfahrung, daß hell und dunkel und ähnliche Gegebenheiten realunverträglich sind, sich wechselseitig aufheben. Die Unvollziehbarkeit widersprechender Urteile ist eine psychische Nötigung aus Anpassung;
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an diese durch Impressionen vermittelten realen T a t b e s t ä n d e . Das Kausalgesetz ist Ausdruck oft beobachteter Gleichförmigkeit der N a t u r . D a ß die N a t u r sich wiederholt, ist die elementare Tatsache, die uns ü b e r h a u p t ermöglicht, Ähnlichkeit u n d partielle Gleichheit i m Mannigfaltigen zu finden u n d daran bestimmte Folgerungen und E r w a r t u n g e n zu k n ü p f e n . Das ist der Vorgang des Erkennens. Ob wir richtig gedacht haben, zeigt sich d a r a n , ob die erwartete Folge zu ihrer Zeit eintritt. Die Wissenschaft ist solche Vorwegnähme, welche die Wiederkehr des Gleichen in sog. allgemeinen Sätzen ausspricht. Das Logische ist die Sammlung solcher Gleichförmigkeiten. Alle positivistischen, relativistischen u n d agnostischen Folgerungen, die mit dem Phänomenalismus gegeben sind, t r e t e n j e nach U m s t ä n d e n mit mehr eder weniger Eindeutigkeit auf. Soweit die erkenntnistheoretische Logik im Bannkreis des Phänomenalismus steht, h a t sie auch ausgesprochene Neigung zum Psychologismus. Wo sie sich auf kritisch ergänzende Fortsetzung der formallogischen Überlieferung u n d Wiedergabe der Grundbegriffe u n d Methoden, die in den Wissenschaften ausgebildet u n d praktisch geübt werden, beschränkt, t r i t t diese Neigung zurück oder b e t ä t i g t sie sich nur i n psychologischen Anreicherungen der formalen Logik. Wo m a n aber den Versuch m a c h t , den logischen Lehrbestand gleichsam einzuschmelzen u n d in einem neuen G u ß zu formen, da t r i t t der Psychologismus offenkundig u n d bestimmend hervor. Die der neuzeitlichen Wissenschaft angemessene Neugestaltung der Logik, meint man, müsse psychologistisch verfahren, eben aus d e m Grunde, weil das Denken ein lebendiger psychischer Vorgang sei. E s ist unzweifelhaft ein Vorzug der psychologistischen Logik, d a ß sie in die Wirklichkeit des Denkgeschehens eindringt u n d das Denken als eine subjektive Lebendigkeit u n d lebendige Subjektivität fassen will. Aber sie verdirbt u n d verfälscht sich durch ihre realistischphänomenalistischen Voraussetzungen gerade diese Wirklichkeit u n d m a c h t das S u b j e k t zu einem Naturdinge, zum Objekte, aus falschverstandener „ O b j e k t i v i t ä t " . Die Assoziationspsychologie, die Psychologie ohne Seele, die E r k l ä r u n g des eeelischen Geschehens aus der Mechanik seiner Elemente ist j a auch psychologisch höchst unzulänglich u n d verfehlt. Die Wandlungen in der Psychologie selbst kehren sich gegen den Psychologismus. Der Psychologismus widerlegt sich selbst aus der Wirklichkeit des Seelischen. D a ß das Denken lebendige Subjektivität ist, ist schon richtig, aber es ist eine Verkehrtheit, im eigentlichsten Sinne des Wortes, das Logische zu psychologisieren. Vielmehr ist umgekehrt das Psychologische zu logisieren, d. h. die W ü r d e der Personhaftigkeit ist ihm zurückzugeben, u m der Art des Seelischen ü b e r h a u p t inne zu werden. Die W ü r d e der Person ist die V e r n u n f t als das Vernehmen unbedingter Anforderungen. Die Vernunft ist nicht der naturalistische Vorstellungsmechanismus, sondern das „Vermögen des U n b e d i n g t e n " . Der
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Psychologismus wird grundsätzlich n u r d u r c h A u f h e b u n g des ontologischrealistischen I r r t u m s u n d des d a r a u s abgeleiteten p h ä n o m e n a l i s t i s c h e n Ansatzes überwunden. 3. D I E P H Ä N O M E N O L O G I S C H E
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Die phänomenologische Logik f ü h r t sich mit einer g r u n d s ä t z l i c h e n K r i t i k des Psychologismus ein u n d ist ein wirkungsvoller V o r s t o ß a u f die „ V e r n u n f t " hin. D a sie a b e r die ontologische V o r a u s s e t z u n g n i c h t a u f g i b t , k o m m t sie zu einer Wiederherstellung des o b j e k t i v e n Idealismus, d r i n g t sie n i c h t zur kritischen O b j e k t i v i t ä t s t h e o r i e d u r c h . Sie d e n k t a n K a n t u m des p h ä n o m e n a l i s t i s c h e n H a l b d u n k e l s willen, in d e m seine geschichtliche Gestalt zu v e r s c h w i n d e n d r o h t , vorbei, wesentlich a u f Leibniz z u r ü c k g e h e n d u n d t r i t t wie ein n e u e r P l a t o n i s m u s d e m Psychologismus entgegen, in d e m sich die pseudosokratischen Schulen e r n e u e r t h a b e n . Leibniz h a t f ü r sie eine ähnliche B e d e u t u n g wie die E l e a t e n u n d P y t h a g o r ä e r f ü r P l a t o . D e m Z u s a m m e n h a n g m i t der Scholastik bei Leibniz e n t s p r i c h t die B e z u g n a h m e auf Bolzano u n d seine Wissenschaftslehre, die aus spätscholastischer T r a d i t i o n s t a m m t . Die phänomenologische Logik n i m m t i h r e n A u s g a n g v o n d e m U n t e r schied der vérités ¿le fait u n d der vérités de raison. Die scholastische v o m o b j e k t i v e n Idealismus h e r k o m m e n d e U n t e r s c h e i d u n g der existentia u n d essentia, des D a ß u n d W a s t r i f f t d a m i t z u s a m m e n . So w e r d e n die T a t s a c h e n u n d die W e s e n u n t e r s c h i e d e n . Dieser U n t e r s c h i e d ist der grundlegliche ü b e r h a u p t . E r wird als f ü r sich selbst einleuchtend u n t e r stellt. Die Phänomenologie h a t es m i t reinen Wesen zu t u n , sie ist n i c h t E r f a h r u n g s w i e s e n s c h a f t v o n T a t s a c h e n , s o n d e r n eidetische E r k e n n t n i s oder W e s e n s s c h a u u n g (Ideation). Wesen ist der strenge echte Sinn v o n I d e e , was gegenüber d e m S p r a c h g e b r a u c h idea = Vorstellung u s w . sicherzustellen ist. Von den T a t s a c h e n - oder E r f a h r u n g s w i s s e n s c h a f t e n sind also die Wesenswissenschaften zu u n t e r s c h e i d e n , die n i c h t s m i t T a t s a c h e n zu t u n h a b e n , also in keiner Weise a u c h m i t E r f a h r u n g . T a t s a c h e n sind individuelles Sein. Individuelles Sein ist „ z u f ä l l i g " . E s k a n n so oder so sein u n d k ö n n t e seinem W e s e n n a c h a u c h a n d e r s sein als es ist. Wesen ist d a s i m selbsteigenen Sein des I n d i v i d u e l l e n als sein „ W a s " Vorfindliche. J e d e s Zufällige h a t ein Wesen, eine G a t t u n g , e t w a s m i t a n d e r e m Gemeinsames. D a s G e m e i n s a m e ist eine Region oder K a t e gorie v o n Individuellem. A u c h W e s e n s s c h a u u n g ist A n s c h a u u n g wie die des I n d i v i d u e l l e n u n d T a t s ä c h l i c h e n u n d h a t einen G e g e n s t a n d , das είδος. W e s e n s s c h a u u n g ist reine A n s c h a u u n g , eidetische I n t u i t i o n . Auf originär gebende A n s c h a u u n g g r ü n d e t sich alle E r k e n n t n i s . A b e r m a n d a r f A n s c h a u u n g n i c h t m i t E r f a h r u n g gleich setzen. E r f a h r u n g ist die A n s c h a u u n g des T a t s ä c h l i c h e n . Die n a t ü r l i c h e Wirklichkeit oder die W e l t ist der Inbegriff der T a t sachen, zu d e m a u c h das einzelne S u b j e k t als eine individuelle T a t s a c h e
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gehört. Sieht man von dieser ganzen Welt der Tatsachen, von aller existentia ab, „klammert" man sie ein, dann bleibt das reine Wesen übrig, die idealen Gegenstände und ihr Sachgehalt, ihre Ordnung und Beziehung. Die Richtung auf diese Wesen, die Intention auf diese Gegenstände, die erst für diese Intention sich zeigen, originär gegeben werden, ist das reine Bewußtsein als das Grundfeld der wesenhaften Seinsschicht. Das reine Bewußtsein ist das Korrelat des idealen Gegenstandes in der Sphäre des absoluten Seins. Die Wesensanschauung geht von exemplarischer Einzelanschauung aus, ist uns nicht möglich ohne solch ein exemplarisches Individuelles, an dem die originär gebende Anschauung stattfindet, aber sie ist unabhängig von aller Erfahrenserkenntnis. Reine Wesenswahrheiten enthalten als solche nicht die mindeste Behauptung über Tatsachen. Die Wesenheiten dienen aber dazu, die sinnlich erfahrenen Dinge in strenger Theorie zu bestimmen. Tatsachen sind real, Wesen ideal. Die idealen Gegenstände sind absolut, eine absolute Realität wäre ein rundes Viereck. So scheidet sich von der Welt als dem Inbegriff der realen relativen und zufälligen Tatsachen der geschlossene Seinszusammenhang der idealen Gegenstände und des reinen Bewußtseins. Von den Tatsachen erhebt man sich intentional zur Wesenserschauung, von der reinen Wesenheit aus läßt sich die Tatsache zur Wesensnotwendigkeit bestimmen. Auf diese Unterscheidung von Tatsache und Wesen wird die Ablehnung und Widerlegung des Psychologismus gegründet. Sein Grundfehler ist, diesen Unterschied nicht anzuerkennen, nicht zu sehen und nicht zu beachten. Psychologie ist Erfahrungswissenschaft von Tatsachen, Logik ist reine Wesenswissenschaft. Es ist ein grundwesentlicher Unterschied zwischen kausaler und normierender Regelung, zwischen Gesetzmäßigkeit des Tatsachengeschehens und logischer Gesetzmäßigkeit des Wesensgrundes. Das reine Wesen ist die Ausschaltung aller empirischen Faktizität. Die Kausalgesetze eines Denkens, das den Normen entspricht, sind nicht identisch mit diesen Normen. Die logischen Gesetze sind unabhängig von aller Erfahrung einsichtig und gültig. Der Psychologismus ist Relativismus, d. h. er macht den Fehler, logische Gesetze aus Tatsachen ableiten zu wollen. Logische Unmöglichkeit des Wesens ist etwas ganz anderes als psychologische Unvollziehbarkeit. Man darf nicht das wahre Urteil, also den richtigen wahrheitsgemäßen Urteilsakt, mit der Wahrheit dieses Urteils und dem wahren Urteilsinhalt verwechseln. Das Urteil in logischer Beziehung ist der Satz, d. h. eine ideale Bedeutungseinheit, objektive und ideale Einheit des Erkenntnisinhaltes. Ein Urteil ist richtig, wenn sein Inhalt ein wahrer Satz ist. Der Zusammenhang der erkannten Sachen ist zu unterscheiden von dem psychologischen Zusammenhange der Erkenntniserlebnisse, welche sich intentional darauf beziehen und sie meinen. Die Bedingungen der Evidenz sind nicht kausalpsychologische, sondern ideale Wesenszusammenhänge. Evidenz
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ist das Erlebnis, in d e m irgendein Urteilender die Richtigkeit seines Urteils, d . i. dessen Angemessenheit a n die W a h r h e i t inne wird. J e d e W a h r h e i t r e p r ä s e n t i e r t eine ideale E i n h e i t zu einer Mannigfaltigkeit richtiger Aussagen, welche die E r f ü l l u n g der E v i d e n z b e d i n g u n g e n d a r stellen. Die logischen Gesetze sprechen die idealen Bedingungen d e r Möglichkeit der E v i d e n z aus. D e n E r k e n n t n i s z u s a m m e n h ä n g e n e n t sprechen idealiter Z u s a m m e n h ä n g e v o n W a h r h e i t e n . W a h r h e i t ist eine Idee, deren Einzelfall i m e v i d e n t e n U r t e i l aktuelles E r l e b n i s wird. Die E v i d e n z v e r h ä l t sich zur W a h r h e i t analog wie die a d ä q u a t e W a h r n e h m u n g z u m Sein eines Individuellen. Die I d e a l i t ä t der W a h r h e i t m a c h t i h r e O b j e k t i v i t ä t aus. Urquelle aller G e l t u n g ist die reine I n t u i t i o n des idealen Gegenstandes. Deskription in p u r e r I n t u i t i o n ist die A r t der P h ä n o m e n o l o g i e u n d der phänomenologischen Logik gegenüber allen E r f a h r u n g s w i s s e n s c h a f t e n . Logik ist Wesenswissenschaft u n d h a t d a h e r mit Psychologisch-Aktuellem ganz u n d gar nichts zu t u n , sondern n u r mit d e m Z u s a m m e n h a n g d e r sachlichen W a h r h e i t . Die logische Theorie ist Theorie d u r c h den idealen N o t w e n d i g k e i t s z u s a m m e n h a n g , der in i h r w a l t e t . D e r o b j e k t i v e Zus a m m e n h a n g , der das wissenschaftliche D e n k e n ideell d u r c h z i e h t , ist der Z u s a m m e n h a n g der Sachen, auf welche die Denkerlebnisse i n t e n t i o n a l bezogen sind, u n d der Z u s a m m e n h a n g der W a h r h e i t e n , in d e n e n die sachliche Einheit als das, was sie ist, zur Geltung k o m m t . Begriffe sind geltende D e n k e i n h e i t e n , die in ideierender A b s t r a k t i o n gewonnen w e r d e n . Ideierende A b s t r a k t i o n ist ein anderes W o r t f ü r Wesenss c h a u u n g , die alle empirische F a k t i z i t ä t u n d individuelle Vereinzelung a u s s c h a l t e t u n d den idealen G e g e n s t a n d oder S a c h v e r h a l t in seinem Ansich f e s t h ä l t . Die F ä h i g k e i t , ideierend im Einzelnen das Allgemeine, i n der empirischen Vorstellung den Begriff zu erfassen u n d u n s i m wiederh o l t e n Vorstellen der I d e n t i t ä t der begrifflichen I n t e n t i o n zu versichern, ist die V o r a u s s e t z u n g f ü r die Möglichkeit des E r k e n n e n s u n d D e n k e n s . Die reine Logik u m s p a n n t d e m g e m ä ß die idealen B e d i n g u n g e n d e r Möglichkeit v o n W i s s e n s c h a f t ü b e r h a u p t . Sie h a t die Wege zu d e n l e t z t e n Prinzipien zu erforschen, in r a d i k a l e r Selbstbesinnung der Wissens c h a f t aus Prinzipien. Sie geht den W i s s e n s c h a f t e n v o r a u s , s t a t t wie h e u t e den ohne sie ausgebildeten wissenschaftlichen M e t h o d e n n u r zu folgen. Die Logik e n t w i r f t die Idee e c h t e r W i s s e n s c h a f t , ist universale Wissenschaftslehre. Logik ist Ontologie, L e h r e v o n Gegenständlichk e i t e n , f o r m a l e Ontologie, soweit sie die B e s t i m m u n g e n der Gegens t ä n d l i c h k e i t ü b e r h a u p t , ihre O r d n u n g u n d Beziehung u n t e r s u c h t , m a t e riale Ontologie, soweit sie in ideierender A b s t r a k t i o n die reinen Spezies gewinnt, die Wesen, welche die F o r m u n d O r d n u n g der Gegenständlichkeit erfüllen. Die logische L e e r f o r m wird durch solche W a s h e i t e r f ü l l t . P h ä n o m e n o l o g i e ist Ontologie, weil sie rein d e s k r i p t i v auf ideale o b j e k t i v e Gegenständlichkeit g e h t .
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Die phänomenologische Logik bietet n a c h ihrem Selbstzeugnis das vollständige Bild des objektiven Idealismus. I h r grundlegender mit aller Selbstverständlichkeit eingeführter Gedanke der Trennung v o n Tatsachen u n d Wesen ist die Erneuerung der alten Unterscheidung von αί'αΰ-ησις u n d νόηβις, der Erscheinungs- u n d der Ideenwelt. W e n n der Terminus real auch auf die Tatsachen beschränkt bleiben soll u n d die idealen Gegenstände geradezu irreal genannt werden können, also nicht Yerdinglichung i m Sinne der empirischen Einzelheit bei ihnen vorliegt, so bleibt das Ganze doch Hypostasierung, Vergegenständlichung im Sinne des reinen f ü r sich bestehenden losgelösten Wesens u n d sind die idealen Gegenstände doch das eigentliche, absolute Sein. Wesen ist j a absolutes Sein. F ü r Einzeldinge h a t auch P l a t o die Ideen nicht ausgegeben u n d die durch die Materie bestimmte Seinsweise der Erscheinungswelt, körperliche Realität h a t er ihnen auch nicht beigelegt. I n „ O b j e k t " u n d „ G e g e n s t a n d " bleibt nicht n u r dem Worte, sondern dem so bezeichneten Grundgedanken nach gerade das erhalten, was das Ding zum Dinge m a c h t , die Widerständigkeit. Ideale Gegenständlichkeit ist eben auch ein rundes Viereck. Bezeichnenderweise soll sich j a auch die reine Anschauung zu ihrem Gegenstande ganz analog verhalten, wie die empirische Anschauung oder E r f a h r u n g zu den Tatsachen. Das Grundverhältnis, die Gegenüberstellung von Gegenstand u n d Subjekt bleibt. Der G r u n d i r r t u m des objektiven Idealismus, das Hereinnehmen des ontologischen Ansatzes in das Durchdenken der Ahnung u n d des Antriebes des Sokrates ist auch der entscheidende E i n w a n d gegen die Phänomenologie. Sie ist vorkritisch, vorkantisch trotz gewisser Übernahmen aus K a n t s Gedankengut. Die E i n f ü h r u n g der grundleglichen Unterscheidung von Tatsache u n d Wesen erfolgt in unkritischer Weise nach Art eines selbstverständlichen Postulates, in dem „ d o g m a t i s c h " vorweggenommen wird, was erst zu prüfen u n d zu rechtfertigen wäre. Die reine Anschauung wird durch den idealen Gegenstand, auf den sie sich richtet, von der Einzelanschauung unterschieden, und der ideale Gegenstand, das Wesen von der Tatsache durch die reine Anschauung, die ihn originär gibt. E s treten auch eben die platonischen, von Aristoteles hervorgehobenen Schwierigkeiten u n d Aporien auf mit der Art der Beziehung der grundleglich unterschiedenen T a t s a c h e n u n d Wesen. Das platonische Wort v o m naqáϋ-ειγμα kehrt wieder in der Feststellung der Erforderlichkeit einer exemplarischen Einzelanschauung für die reine Anschauung. I m Einzelnen ist ein selbsteigenes Wesen vorfindlich: Das reine Was des Individuellen. Das reine Wesen soll das kausale psychische Geschehen normieren u n d regulieren zur Wesensnotwendigkeit, welche die strenge Theorie herstellt. Es ist von aktuellen Erlebnissen die Rede, in denen die Evidenz a u f t r i t t , die teilhaben an der idealen Wahrheit. Das Subjekt ist dieser S c h n i t t p u n k t von Tatsächlichkeit u n d Wesenheit. Das reine Bewußt-
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sein, d a s in K o r r e l a t i o n zu den idealen G e g e n s t ä n d e n stellt, ist n i c h t n u r eine Anleihe bei K a n t , sondern a u c h die W i e d e r k e h r des vol)ς ποιητικός mit aller d a r i n gegebenen P r o b l e m a t i k . E s e n t s t e h t das P r o b l e m des S u b j e k t e s , letztlich der Person a u c h hier. Es ist n i c h t zufällig, d a ß die j ü n g e r e P h ä n o m e n o l o g i e gerade in dieser R i c h t u n g weitergegangen ist. D a ß 'wissenschaftliche S e l b s t v e r a n t w o r t u n g n i c h t zu t r e n n e n ist v o n d e m G a n z e n der V e r a n t w o r t u n g e n des Menschenlebens, h a t der U r h e b e r der P h ä n o m e n o l o g i e selbst bezeugt. Sobald m a n diesen Schritt t u t , ist die P e r s o n f r a g e gestellt. Person ist kein idealer G e g e n s t a n d . W a s a b e r ist sie sonst ? Diese F r a g e f ü h r t ü b e r den ontologischen A n s a t z h i n a u s u n d d u r c h b r i c h t die Phänomenologie. Der Psychologismus ist m i t den D i s t i n k t i o n e n der Phänomenologie n o c h n i c h t a b g e t a n . Sein eigentliches Anliegen b e s t e h t f o r t . D a r u m weil er, i n d e m er die Logik psychologisiert, den B e g r ü n d u n g s z u s a m m e n h a n g v e r k e h r t , ist dieser n o c h n i c h t aufgehoben. E r ist d u r c h Richtigstellung der V e r k e h r u n g allererst durchz u f ü h r e n . E s ist gewiß richtig, die W a h r h e i t h ö r t n i c h t a u f , w a h r zu sein, w e n n ich sie n i c h t denke, aber weil sie w a h r ist, m ü h e ich m i c h u m sie in m e i n e m D e n k e n . 4. D I E M A T H E M A T I S C H E
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P l a t o u n d der o b j e k t i v e Idealismus, der v o n i h m a u s g e h t u n d i m m e r auf i h n z u r ü c k g e h t , h a b e n v o n v o r n h e r e i n eine besondere N ä h e zur M a t h e m a t i k . Die geometrischen F i g u r e n bieten u n m i t t e l b a r e A n k n ü p f u n g f ü r die Ideenlehre, sie sind reine Gestalten, ideale G e g e n s t ä n d e , in exemplarischer E i n z e l a n s c h a u u n g der Zeichnung oder D a r s t e l l u n g oder n u r Vorstellung zur reinen E r f a s s u n g der Sache selbst aufzuweisen. A n den Zahlen u n d ihrer Bildung, i h r e n Verhältnissen soll die Beziehung der I d e e n u n t e r e i n a n d e r e r l ä u t e r t w e r d e n . An der geometrischen F i g u r bildet sich z u n ä c h s t der G e d a n k e der F o r m . E s ist dieselbe F i g u r des Kreises, der Kugel, i n welchem Material sie a u c h dargestellt wird. Der G e d a n k e der F o r m i m Sinne des F o r m a l i s m u s e n t s t e h t z u m U n t e r schied v o n der bildenden organischen F o r m , auf die Aristoteles h i n a u s wollte, der Gedanke der bloßen leeren F o r m , welche u m f a ß t u n d in sich a u f n i m m t . Die a r i t h m e t i s c h e n O p e r a t i o n e n sind das Vorbild f ü r das V e r f a h r e n des Verbindens u n d T r e n n e n s , der O r d n u n g u n d des Satzes (Gleichung). Das, was in die leere F o r m a u f g e n o m m e n wird, das E l e m e n t , mit d e m operiert wird, bleibt was es ist. Die F o r m u n d O p e r a t i o n ist so lösbar v o n dem, was sie u m f a ß t oder w o r a n sie vollzogen wird. Das begegnet sich m i t der Lehre v o m χωρισμός, u n d ergibt zugleich die Möglichkeit, Beziehung zwischen I d e e u n d E r s c h e i n u n g herzustellen, wie d a s M a t h e m a t i s c h e a u c h als ein Mittleres bezeichnet wird. Die M a t h e m a t i k ist rein f o r m a l e E r k e n n t n i s ü b u n g von eigentümlicher Strenge u n v e r w o r r e n d u r c h die P r o b l e m e der empirischen Wirklichkeitse r k e n n t n i s . E s liegt der G e d a n k e n a h e , diese Strenge u n d E i n d e u t i g k e i t
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als Anwendung u n d Folge des Identitätsprinzipes aufzufassen. Die F o r m ist dieselbe, wie auch der Inhalt sich wandelt, das Element bleibt dasselbe, in welche Operation es auch eintritt, das Gleiche wird gezählt, -der q u a n t i t a t i v e Unterschied löst sich in ein Vielfaches gleicher Teile auf, die Metrik in der Geometrie u n d die Gleichung in der A r i t h m e t i k -erweist diesen Gleichheitssinn. I d e n t i t ä t ist bei der Größe Gleichheit, bei der „ F o r m " Ähnlichkeit oder Kongruenz. I d e n t i t ä t des Inhaltes ist insbesondere Gleichheit, in bestimmter Hinsicht identisch sein ist Ähnlichkeit. Die eindeutige Strenge der Mathematik scheint sich aus der Anwendung des ontologisch-realistischen Grundsatzes zu erklären. Wo -eine B e h a u p t u n g als Anwendung dieses Grundsatzes nachzuweisen ist, -da e m p f ä n g t sie diesen Charakter, n i m m t Teil an der Evidenz des Identitätssatzes selber, der alles t r ä g t . W e n n die Mathematik als Organon gegenständlicher E r k e n n t n i s neu bewertet wird, d a n n k a n n sich der Gedanke aufdrängen, von der M a t h e m a t i k her den t o t und u n f r u c h t b a r erscheinenden Formalismus -der Logik zu beleben u n d f r u c h t b a r zu machen u n d in dem bloß Formalen der Logik geradezu ihren eigentlichen Sinn u n d ihre Aufgabe zu ü n d e n , die formale Logik also zu erneuern u n d allererst umfassend zu begründen, i n d e m m a n das Denken in Begriff, Urteil u n d Schluß zur Strenge des Mathematischen bringt. Der Grundgedanke der m a t h e m a tisch-mechanischen Naturwissenschaft, Verbindung u n d Trennung einf a c h e r Elemente, wird auch auf die Logik übertragen, wie er sich schon in der empiristischen Substanzkritik ausgewirkt h a t t e . Aus formallogi.schem E r b e , das m a n nicht beiseite schiebt, sondern neu a u f n i m m t , aus der mit der Naturwissenschaft gegebenen Bewertung der Mathematik, aus objektiv-idealistischer Überlieferung, in die m a n mit eigenem Ant r i e b e eintritt, u n d aus Übereinstimmung mit dem empiristischen Positivismus e n t s t e h t das Programm der Verbindung von Logik u n d Mathem a t i k , der mathematischen Logik. Aus der mathematisierten Logik wird -dann die Logisierung der Mathematik. Das ist der logische Grundgedanke von Leibniz. Leibniz billigt die scholastische Logik, will sie aber erweitern u n d vertiefen zu einer mathesis universalis, zu einer Wissenschaft, welche alle Wahrheiten aus gewissen einfachen zusammensetzt u n d die komplexen :in solche einfachen auflöst. Die Algebra h a t die Zahl durch Buchstabenzeichen ersetzt, welche Leerstellen f ü r einzusetzende Zahlenwerte sind, Leibniz sucht eine characteristica universalis, welche gewissermaßen eine logische Algebra ist, unmittelbar Dinge u n d Ideen darstellt, nicht erst Worte, ein Alphabet der Ideen, Zeichen f ü r alle einfachen Ideen. Mit •diesen einfachen Ideen, Formen oder Qualitäten soll operiert, gerechnet werden. Denken ist solches Rechnen. Das ist der Gedanke des calculus ratiocinator. Alle Wissenschaft ist eine Kombination einfacher Ideen. JDie ars combinatoria, von der Leibniz in frühester Jugend gehandelt
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hat, soll die Wissenschaften z u einer E n z y k l o p ä d i e in Stufenfolge und A b l e i t u n g aufrichten aus den einfachen Ideen der characteristica universalis. Leibniz entwirft das P r o g r a m m einer solchen E n z y k l o p ä d i e . Die Logik gibt dafür die universale Methode an, die a u f alle Wissenschaften anwendbar ist. Sie ist auch die ars inveniendi, die man fordert. Definition ist die Zerlegung des Zusammengesetzten in seine einfachen K o m p o nenten und A n g a b e der A r t ihrer K o m b i n a t i o n . W i e die Zahlen in F a k toren zerlegt und aus ihnen gebildet werden, so die Begriffe in ihre und aus ihren Elementen. E i n Begriff ist a d ä q u a t , wenn seine A n a l y s e vollständig durchgeführt ist. Demonstrieren heißt auf Identität zurückführen. W a s für einander gesetzt werden kann, ohne daß die K o m b i nation oder das Ergebnis sich ändert, ist gleich oder äquivalent. D a s Prinzip der Substitution ist das der Deduktion. Jedes Urteil besagt Identität. D a s Prädikat ist i m S u b j e k t eingeschlossen (inkludiert oder impliziert). D a s Urteil ist Subjektsanalyse. Das S u b j e k t ist wie die größere Zahl, welche die kleinere, das P r ä d i k a t , umschließt. Sowohl die vérités de raison wie die vérités de fait sind analytisch. Ihr Unterschied besteht darin, daß die vérités de fait höchst verwickelt sind. Sie sind nicht zu demonstrieren, weil dazu eine ins Unendliche gehende A n a l y s e nötig wäre. W e n n wir sie vollständig analysieren könnten, wären sie auch für uns vérités de raison. E s ist mit ihnen wie mit der unendlichen Reihe der Irrationalzahl oder den inkommensurablen Verhältnissen. Die unendliche Reihe k a n n freilich zu einer endlichen Summe integriert werden. Das ist für uns die Erfahrung. Weil wir die K o m b i n a t i o n aus einfachen Elementen nicht durchführen können, bleiben diese Wahrheiten zufällig. Die vérités de fait sind inadäquat, weil unvollständig analysiert. D a m i t verbindet sich aber ein Gedanke, der eine andere W e n d u n g bedeutet, die Lehre v o m Satz des Grundes. Alle Wahrheiten werden a u f einfache identische Elemente zurückgeführt, folgen also dem Satze der Identität. A b e r die K o m b i n a t i o n der Elemente l ä ß t verschiedene Möglichkeiten zu, zwischen denen zu wählen ist i m Sinne des meilleur, einer M a x i m u m a u f g a b e : Größte Summe v o n E x i s t e n z , v o n Kompossibilität bei geringstem A u f w a n d . E s wird diejenige K o m b i n a t i o n verwirklicht, welche diese Bedingung erfüllt, das ist der Z w e c k . Die Frage nach d e m Grunde geht auf die A r t der K o m b i n a t i o n . Die Erforschung der Ursache ist die logische A n a l y s e einer zufälligen Wahrheit. Die A u f l ö s u n g in einfache Elemente setzt eine ursprüngliche Synthese oder K o m b i n a tion voraus. Deren A r t ist nach dem Satz v o m Grunde zu erfassen. Die Naturgesetze als die A r t e n der K o m b i n a t i o n behalten also etwas „ Z u fälliges" der W a h l . N a t u r ist das Erzeugnis einer göttlichen Logik und K o m b i n a t o r i k , der wir in der fortschreitenden A n a l y s e nachdenken, in der mathesis universalis. Diese ist allgemeine K o m b i n a t o r i k einfacher Elemente. Die allgemeine K o m b i n a t o r i k h a t es mit Formen oder QualiHandb. d. Phil. I.
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t ä t e n zu t u n , die Mathematik als ein Teil der Kombinatorik m i t Größen u n d Zahlen. Die M a t h e m a t i k wird ein Teil der Logik, n a c h d e m diese von der in der M a t h e m a t i k geübten Kombinatorik her begründet wird. Die Logik ist rein formale Wissenschaft der Kombinationen oder Relationen. Sie k a n n selbst Algebra heißen, weil sie eben nur auf die formalen Relationen geht, in der die Zeichen Leerstellen bedeuten. Neben diesem Logikkalkfil sucht Leibniz noch eine characteristica geometrica u n d eine analysis situs. Doch ist es i h m nicht gelungen, die Geometrie über die Größenbetrachtung hinauszuführen, sein calculus geometricus kehrt zur bloßen analytischen Geometrie zurück, zu dem Ausdruck der Lage durch Größenverhältnisse. Die phänomenologische Logik k n ü p f t an diese Leibnizschen Gedanken an, wie ihr Urheber mit einer Philosophie der Arithmetik begonnen h a t . Die Phänomenologie wird als mathesis universalis bezeichnet. Die Charakteristik kehrt in der materialen Ontologie, die Kombinatorik in der formalen wieder. Das Ganze wird durch die objektiv idealistische Erkenntnislehre geformt. Seit der Mitte des 19. J a h r h u n d e r t s setzen Bestrebungen auf eine mathematische Logik hin ein, die von Mathematikern u n d positivistisch gerichteten Philosophen ausgehen. Vom Neukantianismus u n d von seinem Verständnis der Mathematik und von der Axiomenkrise der Mathematik her kommen etwas unklar idealistische, teils subjektiv-, teils objektividealistische Einschläge hinzu. Es ist eine weitschichtige Literatur entstanden, die alle auf diesem Felde sich bietenden Möglichkeiten mit systematischer Sorgfalt u n d Umständlichkeit bis ins Einzelne durchgeht. Zwei leitende Grundgedanken sind aufzuzeigen, die sich miteinander verbinden, der der Implikation u n d der der Relation. Implikation bezeichn e t sowohl die analytische Merkmalsaussage wie die Umfangssubsumtion. Implikation ersetzt das Umfangsverhältnis ü b e r h a u p t . Das Urteil ist Implikation. Der Begriff ist Zeichen, Merkmalsbestimmtheit einer Klasse, Gruppe oder Menge, Bestimmung einer Leerstelle, in welche das zu Subsumierende als „ W e r t " einzusetzen ist. Der Schluß ist eine Implikation von Urteilen, meist nach Substitution. S t a t t Relation wäre richtiger Kombination zu sagen. Die Arten und Regeln der Kombination sollen dargelegt werden f ü r Mengen u n d ihre Ordnung in Gruppen u n d Reihen, zusammengefaßt in einer allgemeinen Mannigfaltigkeitslehre. Die Leibnizsche analysis situs wird aufgenommen, indem m a n n u n mit P u n k t e n rechnet, den R a u m als P u n k t s y s t e m f a ß t (Ausdehnungsrechnung). Diese mathematische Logik oder logische Mathematik n e n n t sich symbolische Logik, weil sie nach Art der Algebra f ü r Operation u n d Kombination u n d die Elemente Zeichen oder Symbole verwendet, oder auch Logistik. Einzeldarstellung u n d Einzelkritik ist in diesem Zusammenhang nicht möglich u n d nicht notwendig. Die Beurteilung insgesamt m u ß auf
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den falschen Formbegriff zurückgehen, der zugrunde liegt und aus dem die Verbindung mit der formalen Logik überhaupt entsteht. Der Formgedanke ist von der Art entnommen, wie die Dinge, die Elemente im Raum enthalten sind, nach der Vorstellung des Raumes als Behälter. Auch die Operationsformeln mit ihren Leerstellen sind so gedacht. Die Kombination ist immer nur bloßes Beieinander, Nebeneinander, so mannigfach auch diese Zuordnung bestimmt werden kann. I m Begriff des Punktes wird der Raum, den man als Punktsystem ableiten will, schon vorausgesetzt. Es ist gewiß ein unbestreitbares Verdienst, daß die Regeln der Kombinatorik und die daraus abzuleitenden der Wahrscheinlichkeitsrechnung mit Strenge durchdacht und dargestellt werden. Aber man soll doch nicht vergessen, daß es sich dabei u m ein ganz beschränktes Aufgabengebiet handelt. Das Leben, das uns die logischen Probleme stellt, ist nicht nur ein Kombinationsspiel mit bunten Steinen und die Wirklichkeit keine Briefmarkensammlung im großen. Mit dem bloßen Beieinander von Elementen finden wir keine Antwort auf die Fragen, die uns mit uns selbst und unserer Weltverflochtenheit in Raum und Zeit aufgegeben sind. Auch die mathematische Logik fällt unter die Prüfung des ontologisch-realistischen Grundgedankens. Literatur. 1. Erkenntnistheoretische Logik. B r e n t a n o , Fr., Psychologie, 1874. — C a s s i r e r , E . , D a s Erkenntnisproblem, »1922/3. — C o h e n , H., Logik der reinen Erkenntnis, 3 1922. — H a m i l t o n , W., Lectures on Metaphysics a n d Logic, 1859/60. — J e v o n s , W . St., Principles of Science, a 1877. — L o t z e , H., Logik, »1881, Neudruck 1912. — M i l l , J . St., A System of Logic ratiocinative a n d inductive 10 1877, Volksausgabe 1884, (übersetzt von Schiel, 4 1877). — N a t o r p , P., Die logischen Grundlagen der exakten Wissenschaften, 1910. — R i c k e r t , H . , Die Grenzen der naturwissenschaftlichen Begriffsbildung, 3u. 11922. — S c h u p p e , W., Erkenntnistheoretische Logik, 1878; ders., GrundriO der Erkenntnistheorie u n d Logik, s 1910. — S i g w a r t , Chr., Logik, 6 1924. — W i n d e l b a n d , W., Präludien, 7 π · 8 1 9 2 1 . — W u n d t , W „ Logik, 4 u - 5 1 9 2 0 — 2 4 . 2. Psychologistische Logik. E r d m a n n , B., Logik, 3 1923. — H e y m a n s , G., Die Gesetze u n d Elemente des wissenschaftlichen Denkens, 2 1905. — H ö n i g s w a l d , R . , Grundlagen der Denkpsychologie, ®1925. — L i p p s , Th., Grundzüge der Logik, 1912. 3. Phänomenologische Logik. B o l z a n o , Β., Wissenschaftslehre, 1837, Neudruck 1929/31. — H u s s e r l , E., Logische Untersuchungen, Ί 9 2 8 ; ders., Ideen zu einer reinen Phänomenologie u n d phänomenologischen Philosophie, '1928; ders., Formale u n d transzendentale Logik, 1929. 4. Mathematische Logik. B o o l e , G., Laws of Thougt, 1854, Neudruck 1916. — B u r k a m p , W., Logik, 1932. — C a r n a p , R., Der logische A u f b a u der Welt, 1928. — C o u t u r a t , L., L a Logique de Leibniz, 1901; ders., Principes des Mathématiques, 1905. — F r e g e , G., Die Grundlagen der Arithmetik, 1884. — G r a s s m a n n , H., Ausdehnungslehre, 2 1862. A
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VIERTER ABSCHNITT,
DIE NEUBEGRÜNDUNG DER LOGIK: DIE TRANSZENDENTALE LOGIK. Die Kritik der V e r n u n f t geht aus der Selbstzersetzung des Realismus durch den Phänomenaliemus his zur Skepsis hin hervor. Sie ist die Gegenwehr gegen die skeptische Leugnung und Zerstörung aller Wahrheitserkenntnis. Nach den Bedingungen ihrer E n t s t e h u n g denkt u n d redet sie weithin in der Weise des Phänomenalismus, aus d e m sie sich herausarbeitet. I n der philosophischen Bewegung des deutschen Idealismus, die von der Kritik der Vernunft ausgeht, wirken sich die ontologischrealistischen R ü c k s t ä n d e i m Sinne des objektiven Idealismus aus. Die sokratische Situation k e h r t wieder, und auch die Problematik PlatoAristoteles erneuert sich. K a n t dringt kritisch unvergleichlich tiefer als Sokrates, H e g e l gelangt entsprechend weiter als Aristoteles. F ü r die wirksame Neubegründung der Logik k o m m t es auf die Ausscheidung oder Aufsaugung der ontologisch-realistischen Reste sowohl phänomenalistischer wie objektiv-idealistischer Art an. K a n t h a t eine Neugestaltung der überlieferten Logik selbst nicht beabsichtigt. Zeugnis d a f ü r ist sein viel angeführtes Wort aus der Vorrede zur zweiten Ausgabe der „ K r i t i k der reinen V e r n u n f t " , d a ß die Logik seit Aristoteles keinen Schritt r ü c k w ä r t s habe t u n dürfen, aber auch keinen Schritt vorwärts habe t u n können, daß sie allem Ansehen nach geschlossen u n d vollendet zu sein scheine. K a n t gründet diese Annahme auf den formalen Charakter der Logik. Aber wenn das ontologische Prinzip, auf dem die überlieferte Logik, auch die formale steht, kritisch überwunden wird, d a n n ergibt sich die Rückwirkung auf die Logik ganz unausweichlich. Gerade der Gedanke der leeren bloßen Form wird durch die Grundbegriffe K a n t s ausgeräumt. Der Schritt vorwärts wird eben durch die Kritik der Vernunft möglich u n d notwendig, er ist auch ein Schritt zurück zu der eigentlichen Bestrebung des Aristoteles, von der man in der formalen Logik abgekommen war. Die kritische Fragestellung i s t : Was heißt ü b e r h a u p t Beziehung auf einen Gegenstand ? Die skeptischen Folgerungen des Phänomenalismus sind gezogen, sie scheinen unvermeidlich. Wenn m a n sich gegen sie wehrt, so ist zu fragen, aus welcher Voraussetzung ergeben sich diese Folgerungen, ist auch diese Voraussetzung notwendig u n d unvermeid-
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lieh, wie kommt man zu ihr, besteht sie zu Recht ? Daß man sie nicht mehr selbstverständlich unterstellt, daß man sie mit solcher Frage als Voraussetzung gewahr wird, die man prüft, das macht das Kritische des Verfahrens aus. Der ontologisch-realistische Ansatz vom Gegenstande, der uns dinghaft gegenübersteht, ist schon eine Deutung und zwar eine irrtümliche Deutung unseres urtümlichen Inneseins von Wirklichkeit durch erfahrenen Widerstand. Erfahrener Widerstand bekundet vielmehr gesetzliche Ordnung, geregelte Verknüpfung, Zusammenhang in einem Ganzen, dem ich eingeordnet bin und in den ich mich einzufügen habe. Wie kommt es zu der irrtümlichen Deutung und worin besteht der Irrtum ? Weil ich selber Teil bin, spüre ich den Zusammenhang des Ganzen gleichsam nur im Druck der Nachbarteile und verkenne, daß darin der Zusammenhang des Ganzen wirksam ist, daß unaufhebbare Widerständigkeit Anzeichen von Notwendigkeit ist. Widerständigkeit wird auf absolute Realität, Substanz gedeutet. Diese Deutung drängt sich durch unsere eigenste Art auf, durch die Sünde. Sünde (Sondern) ist der Absolutheitswahn, ein Teilhaftes, Endliches, mein eigenes Selbst für ein Letztgültiges zu halten. Darum ist uns jene Deutung so selbstverständlich, das dinghafte Denken nach Identität und die daraus abgeleitete Zersplitterung der Wirklichkeit in absolute Dinge, aus denen sie zusammengesetzt wird. Die Erkenntnis, daß der ontologische Ansatz irrtümliche Deutung ist, ist jenes „Umdenken", von dem gesprochen wurde. Auf diese Erkenntnis stößt der Grundbegriff Kants von der Synthesis a priori vor. A priori heißt ursprünglich, vorausgegeben, nicht abgeleitet oder nachträglich (o posteriori). Synthetisch ist das Gegenteil zu analytisch. Vereinigung, sagt Kant, ist analytisch, wenn sie durch Identität geschieht, sie ist synthetisch, wenn durch Zusammensetzung und Hinzufügung verschiedener Vorstellungen zueinander. Synthesis a priori ist also ursprüngliche Einheit Verschiedener, Mannigfaltiger als solcher gerade in und durch ihren Unterschied, die konkrete (zusammengewachsene) Einheit, die Verbundenheit gegenüber der abstrakten, absoluten Identität, der abgesonderten, losgelösten, für sich bestehenden Selbigkeit, gemäß der man analytisch von letzten Teilen her denkt und daraus die Wirklichkeit zusammensetzen will. Der bloßen compositio wird der nexus entgegengestellt. In Synthesis a priori entsteht ein Ganzes, das mehr ist als die Summe der Teile, aus ursprünglicher Einheit oder Verbindlichkeit, in der die Teile stehen, weswegen sie nicht absolut sind. Solche Einheit heißt unbedingt, nicht dinghaft, nicht aus Dingen abgeleitet. Die abstrakte Identität oder abgesonderte Selbigkeit ist das Dinghafte, die konkrete Einheit das Unbedingte. Synthetisch a priori besagt in unbedingter Einheit bezogen sein. Dazu gehört der andere Grundbegriff Kants von der Apperzeption (Hinzudurchgreifen), mit dem die Eigenart der Bewußtheit und der Subjektivität bezeichnet wird.
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Apperzeption ist Einheitsbeziehung, Ganzheit am Teile, von der ergriffen und gestaltet zu sein, mein Bewußtsein, meine Ichheit ausmacht. Das Selbst ist partikularer, teilhafter besonderer Inhalt, Ichheit ist Tinbedingte Verbindlichkeit, die sich daran vollzieht. Vernunft ist das Vermögen des Unbedingten, richtiger noch aus dem Unbedingten. Wir werden Subjekt oder Person dadurch, daß wir von unbedingter Verbindlichkeit betroffen werden. Unbedingte Verbindlichkeit ist die ÜberSetzung von „kategorischer Imperativ". Der P r i m a t der praktischen Vern u n f t ist diese Konstituierung des Subjektes als Person aus unbedingter Verbindlichkeit. Erkennen ist Synthesis a priori in Apperzeption, d. h. nicht das Abbilden oder Wiedergeben einer ansichseienden absoluten Realität, sondern die Zusammenfassung der Wirklichkeit durch gesetzlich notwendige Verknüpfung der Teile zu einem lebendigen Ganzen in Personhaftigkeit aus dem Unbedingten, zu unbedingter Personhaftigkeit. Das Subjekt steht nicht mehr der Wirklichkeit, die als Realität verstanden wird, gegenüber, sondern mitten in ihr als einem Wirkungszusammenhang, an dem es beteiligt ist. In uns wird ein Stück Wirklichkeit zum Unbedingten zusammengefaßt. Diese Zusammenfassung vollzieht sich als organische Rildung, unsere leibhafte Lebendigkeit ist solche Zusammenfassung. Wahrheit ist Personwerdung aus unbedingter Verbindlichkeit, die sich in leibhafter Lebendigkeit vollzieht. Der Organismus ist das Urphänomen des Wirklichkeitsverständnisses. „Wahrn e h m u n g " ist der Vorgang der Konstituierung von Subjektivität in leibhafter Lebendigkeit. Der Organismus ist Wahrnehmung, Gewahrwerden der Wirklichkeit, in ihm kommt Wirklichkeit zu ihrer Wahrheit. In unserer Wahrnehmung erschließt sich Wirklichkeit zu ihrem Sinn wie die Pflanze in der Blüte. Sie bildet nicht ab durch Gleichheit, sondern faßt synthetisch zusammen zu ursprünglicher, konkreter Einheit. Widerständigkeit ist notwendiger Zusammenhang, heißt, gegenständliche Beziehung ist Synthesis a priori. Hierher gehören die kantischen Aussagen: Gegenstand ist das, worin die Erscheinungen notwendig zusammenhängen. Gegenstand ist nichts mehr als das Etwas, davon der Begriff die Notwendigkeit einer Synthesis ausdrückt. Gegenstand ist das, was dawider ist, daß die Vorstellungsinhalte aufs Geratewohl und willkürlich verbunden werden. Füllte unsere Seele ein regelloses Gewühle von Erscheinungen, so gäbe es keine gegenständliche Beziehung. Alsdann sagen wir, wir erkennen den Gegenstand, wenn wir in dem Mannigfaltigen der Anschauung synthetische Einheit bewirkt haben. Objekt ist das, in dessen Begriff das Mannigfaltige einer Anschauung vereinigt ist. Das endliche teilhafte Subjekt hat die anderen unübersehbaren Teile der Wirklichkeit neben und außer sich. Notwendige Verknüpfung stellt sich ihm als Gegenständlichkeit dar. Gegenständlichkeit steht f ü r Notwendigkeit. Gegenständlichkeit als Urphänomen unseres Inneseins von Wirklichkeit wird nicht bestritten, wohl aber der ontologische An-
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satz, der aus Gegenständlichkeit ein abgesondertes Ding, ein absolut Substantielles macht. F ü r gegenständliche Beziehung als Synthesis a priori sagt K a n t auch Erfahrung. E r f a h r u n g besteht in der synthetischen V e r k n ü p f u n g der Erscheinungen, sofern dieselbe notwendig ist. E r f a h r u n g ist das, was man v o n der F a h r t heimbringt. Darin liegt das Fortgehen zum andern als andern, die Erweiterung und die Zusammenfassung mit diesem anderen z u einem Bestände, der in sich t r a g k r ä f t i g ist. O b j e k t i v i t ä t ist mögliche Eingliederung in einen solchen Zusammenhang. K r i t e r i u m der Objektiv i t ä t ist für das endliche S u b j e k t unaufhebbare Gegenständlichkeit, Gegebenheit. Mögliche E r f a h r u n g heißt Erschließung v o n Notwendigkeit in u n d aus dieser Gegebenheit. Notwendige V e r k n ü p f u n g ist als Synthesis a priori diejenige, die in den Unterschieden selbst stattfindet. Nicht isolierte Unterschiede, starre, spröde Elemente, die nachträglich v o n außen, also durch eine F o r m als Behälter zusammengebracht werden, sind z u setzen, sondern ein Mannigfaches, das durch sich, an sich selbst in Einheit bezogen ist, gliedhafter, polarer, gespannter Unterschied. Unterschiede trennen und verbinden. Jene andere A n n a h m e ist ein W a h n , durch den das S u b j e k t sich selbst betrügt und v o n der W i r k lichkeit absperrt. D a s Ansich ist nicht das starre identische Ding, sondern diese in den Unterschieden selbst gesetzte Bezogenheit, die Urbezogenheit, die als solche nicht erst hinzugebracht wird, sondern i n dem Besonderen selbst gestiftet und angelegt ist, durch die es ist, w a s es ist. Isolierung ist Not, Notwendigkeit ist die W e n d u n g der N o t , die F ü g u n g zu t r a g k r ä f t i g e m Zusammenhang, in dem das Besondere B e s t a n d gewinnt. W a s so in notwendiger V e r k n ü p f u n g Bestand gewinnt, nennen wir Sache. O b j e k t i v i t ä t ist sachliche Notwendigkeit, die sich durch Synthesis a priori in Apperzeption herstellt. Nicht der Begriff wird z u m Gegenstand hypostasiert, sondern der gegebene Gegenstand wird i n sachlicher E r f a h r u n g zur S u b j e k t i v i t ä t apperzipiert aus unbedingter Verbindlichkeit, die sich darin konstituiert und erfüllt. D a s Gegenständliche ist „ s e i e n d " , die unbedingte Verbindlichkeit ist „ g ü l t i g " oder „ g e l t e n d " . I m Seienden wird durch Synthesis a priori Gültigkeit erschlossen, aus der es sich begründet. D a s ist idealistische Objektivitätstheorie a n Stelle des o b j e k t i v e n Idealismus, Transzendentalphilosophie an Stelle der Ontologie. Transzendental ist n a c h K a n t jede Untersuchung, welche a u f die Möglichkeit gegenständlicher Beziehung geht, also die Voraussetzung des Realismus, die zur Ontologie führt, selbst in Frage zieht. Transzendent wäre der Versuch über selbstverständlich unterstellte absolute Dinge an sich etwas aussagen z u wollen, d. h. im strengen Sinne des Wortes die Metaphysik. Transzendentale Einheit der Apperzeption ist die gegenständliche Beziehung als Synthesis a priori begründende E i n heit aus unbedingter Verbindlichkeit, in der z u stehen zum S u b j e k t ,
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zur Person bildet. Transzendentale Logik ist nach Kant diejenige, welche Erkenntnis vom Gegenstande a priori begründet und enthält. Wenn gegenständliche Beziehung Synthesis a priori ist, so heißt das, diese Logik hat es mit den Funktionen ursprünglicher synthetischer Einheit zu tun, mit bestimmender, bildender, nicht mit leerer bloßer Form wie die überlieferte Logik, welche Kant als allgemeine noch anerkennt. Funktionen der Synthesis sind die Kategorien. Transzendentale Logik ist also zunächst Kategorienlehre. Daß die Kategorien mit den Urteilsformen in Zusammenhang gebracht werden, ist gewiß richtig. Aber nicht die Kategorien sind aus der Urteilstafel der formalen Logik zu entnehmen, sondern umgekehrt die Urteilslehre ist auf das System der Kategorien zu begründen. Das Urteil ist Betätigung der synthetischen Funktion, d. h. der Kategorien. Die synthetische Verknüpfung als Beziehung der Teile untereinander setzt als apriorische eine ursprüngliche Einheit voraus, die Beziehung jedes Teiles in solcher Einheit, wodurch die Teile untereinander in Verbindung kommen. Ein Ganzes konstituiert sich aus ursprünglicher Einheit in wechselseitiger Beziehung der Teile. Die Kategorie als synthetische Verknüpfung setzt die systematische Einheit, wie Kant sagt, voraus, die Idee, die gleichsam perspektivische Ausrichtung, durch welche das Verhältnis der Teile untereinander bestimmt wird. Idee ist die unbedingte Verbindlichkeit, aus der sich das Ganze in wechselseitiger Verknüpfung der Teile konstituiert. Die Funktion der synthetischen Verknüpfung ist der Verstand, der exakt, diskursiv, durchgeführt, durchlaufend die Beziehungen der Teile untereinander verfolgt wie sie sich aus der Anordnung des Ganzen bestimmen. Die Funktion der systematischen Einheit ist die Vernunft als das Vermögen des Unbedingten. Die synthetische Verknüpfung ist das Erklären, die Begründung dieser Verknüpfung aus der Anordnung des Ganzen ist das Verstehen. Die Vernunft regelt den Verstandesgebrauch, daß er zum Verstehen führt. Alles Verstehen ergibt sich aus dem „Vernehmen". Wenn die Begründung von Urteilen als synthetischen Funktionen der Schluß ist, so stellt sich in diesem die systematische Einheit her. Evidenz ist das „Herausschauen", die Herstellung dieser Einheit in der Apperzeption, dies, daß sich das Mannigfache in Ordnung zum Ganzen fügt, worin sich die Einheit vollzieht, aus der das Subjekt Subjekt ist. Die Formen der Synthesis, die bildend und bestimmend, nicht leer sind, gehen auf mögliche Erfahrung, auf Anschauung. Der kantische Begriff der Anschauung enthält ein Doppeltes, das aber einheitlich zu verstehen ist. Anschauung ist einmal gegenüber dem Begriffe, der analysierende Abstraktion sein soll, das ursprünglich Synthetische, ein Gebilde, das analysiert wird. Sie ist zum andern gegenüber dem Begriff, der als synthetisch apperzipierende Funktion verstanden wird, das Mannigfaltige, das synthetisiert wird. Beides geht darin zusammen,
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daß das Anschauliche das synthetisch Mannigfaltige, das in sich bezogene Mannigfaltige ist. Anschauung ist sinnlich, sofern sie es mit Gegebenem zu t u n h a t , also rezeptiv ist. Weil wir als endliche teilhafte Subjekte den notwendigen Zusammenhang des Ganzen in Gegenständlichkeit spüren, ist unsere Anschauung sinnlich. Sinnliche Anschauung ist das Arteigene der endlichen Subjektivität. Die Rezeptivität ist aber nicht i m Sinne des bloßen Eindruckes zu verstehen, sondern weil in der Widerständigkeit der Zusammenhang des Ganzen wirksam ist, als Ganzheitsbestimmung, Ganzheitsbezogenheit, als dies, daß wir nicht absolut, sondern gesetzt gliedhaft sind. Die Rezeptivität besagt das Vernehmen, das unter unbedingter Verbindlichkeit steht. Sie ist darum nicht bloße Passivität, sondern Organwerden, worin zugleich E m p f a n g e n u n d Tätigwerden ist u n d zwar das eine immer durch das andere. Sinnliche Anschauung ist Anschauung in R a u m und Zeit. R a u m u n d Zeit sind die Formen sinnlicher Anschauung. Die Lehre von der Subj e k t i v i t ä t oder Idealität von R a u m und Zeit als solchen Formen ist aufs stärkste mit phänomenalistischem Mißverständnisse belastet, als ob R a u m u n d Zeit etwas Innersubjektives wären, die Beschaffenheit oder Einrichtung der naturhistorischen G a t t u n g Mensch. Die Idealität, die zur Vermeidung des Mißverständnisses das Beiwort transzendental erhält, will vielmehr besagen, d a ß in R a u m u n d Zeit ein Verhältnis stattfindet wie in der Subjektivität, wie in der Idee, ursprüngliche Einheitsbeziehung u n d von daher Zuordnung der Teile n a c h ihrer Stellung im Ganzen u n d zum Ganzen. Subjektivität u n d Idealität besagt, R a u m u n d Zeit sind nichts Dinghaftes, aus den einzelnen Räumen und Zeiten Zusammengesetztes, sondern eine ursprüngliche Einheitsbeziehung, ein Ganzes aus Ursetzung. An R a u m u n d Zeit ist K a n t überhaupt die A r t der Ganzheit aus Ursetzung aufgegangen. Das Beispiel der sphärischen Dreiecke oder Handschuhe, die in allen Stücken gleich sind, aber nicht zur Deckung gebracht werden können, weil sie verschiedenen Richtungssinn haben, eine verschiedene Beziehung zum u n d im U r r a u m , zeigt auf, wie der R a u m Ursetzung, ursprüngliche perspektivische Anordnung der Lage ist. R a u m ist S-éaiç, Lage. Die Zeit ist eindeutig gerichtet, ihre Teile sind unverschiebbar, sie ist unwiderbringlich. D a ß wir zeitlich sind, weist auf ursprüngliche Setzung. Wir u n d alles Gegebene sind j a nicht n u r in der Zeit, sondern zeitlich, d. h . wir sind in unserer Existenz stets über uns hinausgewiesen, was wir als Vergänglichkeit kennen. R a u m und Zeit sind die Idealität des Endlichen, d. h. seine Bezogenheit über es selbst hinaus in Setzung. Sie sind F o r m als A r t solcher Bestimmung u n d Setzung. Sie sind F o r m sinnlicher Anschauung, weil diese Ursetzung a m Endlichen selbst als Gegebenheit a u f t r i t t . Was in R a u m u n d Zeit gegeben ist, ist nicht ein Ding an sich, d. h. ein Absolutes, sondern E r scheinung, ein Gesetztes ^ein Relatives als durchgängig Bezogenes. Die angebliche, immer phänomenalistisch verstandene Beschränkung des
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Erkennens auf Erscheinungen ist vielmehr die positive Begründung des Erkennens als Synthesis a priori in Apperzeption. Erscheinung ist das gliedhafte, gesetzte Mannigfaltige zum Unterschied von der abstrakten absoluten Identität des Dinges an sich. Kategorien als Funktionen synthetischer Verknüpfung a priori gehen auf diese in dem Mannigfaltigen und Teilhaften als solchem selbst gesetzte Bezogenheit. Diese Bezogenheit ist zum Unterschied von der Verknüpfung zwischen den Teilen die symbolische zu nennen. Das Symbolische ist die Ganzheit am Teil aus ursprünglicher Einheit. Anschauung ist die symbolische, Verstand die synthetische, Vernunft die systematische Funktion. Wie alle Zuordnung und Verknüpfung der Teile untereinander sich in der Zugehörigkeit jedes Teiles aus ursprünglicher Einheit zum Ganzen begründet, so setzt die kategoriale Funktion in der raumzeitlichen symbolischen Bestimmtheit des Endlichen an. Das ist die Bedeutung der kantischen Begriffe Schema und Einbildungskraft. Die Gegenständlichkeit ist das „Schema" der Notwendigkeit, die Substanz das „Schema" der Bestandegewinnung in notwendiger Verknüpfung, die regelmäßige Folge in der Zeit das „Schema" der Kausalität usw. Aus den Kategorien werden Grundsätze der Erfahrung durch diesen Schematismus, durch diese Beziehung auf Anschauung und das in ihr Gegebene, Gesetzte. Gegebenheit und Setzung wird durch kategoriale Erschließung Notwendigkeit. Die Einbildungskraft, dieses nach Kant ebenso rätselhafte wie unentbehrliche Vermögen — rätselhaft vom ontologisch-realistischen Ansätze aus, unentbehrlich, weil das Eigentliche aller Erkenntnis ausmachend — besteht darin, daß alles Mannigfaltige und Besondere nicht isoliert, starr, spröde, abstrakt identisch ist, sondern an sich bezogen, gliedhaft, polar, verbunden, daß ihm solche Bezogenheit eingebildet ist. Die Einbildungskraft ist die Anschauung als symbolische Funktion. I n der Anschauung und ihrer Setzung diese Bezogenheit aufzuspüren und zu entbinden, ist der Vorgang des Erkennens. Die Ganzheitsbeziehung ist die Konstruktion. Konstruieren heißt zusammenrichten, auf Einheit richten. . Die Einbildungskraft ist die Konstruierbarkeit in der Anschauung. Das was mit der Einbildungskraft bezeichnet wird, ist auch der echte Sinn der Ähnlichkeit, auch dem Wortstamme nach, nicht partielle Gleichheit, sondern im Besonderen angelegte konkrete Einheitsbeziehung, die Über-ein-stimmung. Daß all unser Wirklichkeitserkennen als Erfahrung in Wahrscheinlichkeit verläuft, wird von dem dargelegten Wahrheits- und Erkenntnisbegriffe aus verständlich. Wahrscheinlichkeit ist das Scheinen der Wahrheit, Ganzheit am Teile. Wir erkennen vom Teile her (ix μέρους γιγνόίβχομεν, sagt der Apostel) durch die an diesem Teile gesetzte Ganzheitsbestimmung. Durch die Ganzheit am Teile begründet und erschließt sich die Verknüpfung zu anderen Teilen nach Wahrscheinlichkeit. Weil wir vom Teile her erkennen, bruchstückhaft buchstabierend, darum ist
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Wahrscheinlichkeit die Art unseres Erkennens. Die Ganzheit an unserem teilhaften Selbst ist die transzendentale Struktur der Bewußtheit, in der sich die Person konstituiert. Unser Erkennen spannt sich von der Gegebenheit der Anschauung und Wahrnehmung zur transzendentalen Einheit der Apperzeption, in Wahrscheinlichkeit zur Notwendigkeit. Die eigentümliche Strenge der Mathematik ist nicht daraus zu erklären, daß sie nach dem Satze der Identität verfährt, sondern daraus, daß sie es mit der Konstruierbarkeit der Anschauung, dem Symbolischen zu tun hat. Wo sie ins „Unanschauliche" übergeht, da handelt es sich um reine Konstruktion, die Form der Anschauung, aber nicht Gegenstand der Anschauung, also nicht selbst anschaulich ist, wie ja auch der Raum als solcher nicht anschaulich ist, sondern nur in einzelnen begrenzten Räumen oder Raumgestalten. I n dem „ P u n k t e " hat man das Urphänomen des Raumes als Setzung. Die Ideenlehre Kants bleibt in der Weise der transzendentalen Dialektik im Negativen stecken, in der Auflösung der metaphysischsubstantialistischen Psychologie, Kosmologie und Theologie, die obendrein noch phänomenalistisch-agnostisch mißverstanden werden kann. Die Seele ist nicht eine einfache immaterielle Substanz, die Welt nicht eine Anhäufung absoluter Realität, Gott nicht das ens realissimum. Die Seele ist Personwerdung durch Apperzeption in leibhafter Lebendigkeit aus unbedingter Verbindlichkeit. Die Welt ist ein Wirkungszusammenhang von Erscheinungen in formaler Zweckmäßigkeit. Formale oder innere Zweckmäßigkeit ist die Zuordnung der Teile aus Ganzheitsbezogenheit jeden Teiles in der systematischen Einheit, welche das regulative und heuristische Prinzip aller Erschließung synthetischer Verknüpfung aus symbolischer Setzung ist. Zweck und Zufall schließen sich aus, nicht aber Zweck und Kausalität. Diese fordern sich vielmehr gegenseitig, wie sich ein Ganzes in Wechselbeziehung der Teile konstituiert, wie systematische Einheit und synthetische Verknüpfung. Nicht nur das Ganze ist mehr als die Summe der Teile, wie es der Organismus bekundet, auch die Wirkung ist mehr als die Summe der Bedingungen. Wenn sie nicht mehr, nicht ein Neues wäre, so wäre sie überhaupt nicht. Die Bedingungen werden zur Totalität aus dem Unbedingten zusammen· gefaßt und darin entsteht die Wirkung. Es gibt Ganzes und Neues in der Wirklichkeit, d. h. Schöpferisches. Dieses Verständnis der Wirklichkeit ist die Frage nach der Schöpfung. Die bloßen Erhaltungsprinzipien würden gerade Veränderung nicht erklären. Veränderung ist „Neues" in diesem bestimmten Sinne. Von hier aus wird auch, was jetzt nicht zu verfolgen ist, die Freiheit zu verstehen sein. Gott ist nicht das Absolute, das absolute Sein oder die absolute Substanz, sondern die unbedingte Person. Wir haben nicht ein Absolutes als Gegenstand des Erkennens, den wir betrachten, sondern die unbedingte Verbindlichkeit, der wir gehorchen, als Voraussetzung, Ursprung,
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P r i n z i p u n d Grund der Möglichkeit des Erkennens, also umfassende "und durchdringende, tragende und fügende, begründende u n d richtende, .handelnde Gegenwart. Die Personwerdung aus unbedingter Verbindlichk e i t , i n unbedingter Ent-schiedenheit vollzieht sich i m Glauben, der Vernunftglaube ist, weil nicht Meinung oder Vermutung, unsicheres Wissen, sondern Vernehmen, Empfangen unbedingter Personhaftigkeit •als Gewissen. Metaphysik als Begründung der Wirklichkeit in absoluter Realität oder Substantialität wird durch die Transzendentalphilosophie ¿ras u n d z u m Glauben ersetzt, welche das E r k e n n e n zu seiner Begründ u n g in das Ganze unseres so konstituierten Lebens einordnet u n d es -darin mit der Lebendigkeit, der Schönheit u n d Sittlichkeit (Gerechtigkeit) verbindet, die reine Vernunft mit der Urteilskraft u n d der praktischen V e r n u n f t zu einem System der Ideen oder Werte. Die Kritik •der V e r n u n f t zerstört den Absolutheitswahn. Sie ist Gültigkeitsbegründung der W e r t e u n t e r Beseitigung der Vorherrschaft des Theoretischen, d. h. des Rationalismus oder richtiger Intellektualismus. Das Erkennen ist die exakte, diskursive Verfolgung der notwendigen V e r k n ü p f u n g der Teile untereinander aus der Ganzheit, deren wir inne sind in dem konstituierenden A k t der Person. Das ist der P r i m a t der praktischen Vern u n f t . Die „Kopernikanische W e n d u n g " k a n n n u n so dargestellt werden, d a ß wir nicht einen absoluten Gegenstand uns gegenüber haben, .sondern unter der unbedingten Person stehen,· als eine Drehung von der Senkrechten, die Subjekt u n d Objekt wie isolierte Dinge t r e n n t u n d das Subjekt von der Wirklichkeit absperrt, zur Wagerechten, welche das Be•dingte, Endliche v o m Unbedingten abgrenzt, zur Grenze zwischen K r e a t u r u n d Schöpfer. W o Endliches z u m Unbedingten zusammen.gefaßt wird, d a entsteht in aller Wirklichkeit Subjektivität u n d Personhaftigkeit aus dem Akzent unbedingter Verbindlichkeit, die uns trifft, uns ins Leben r u f t . Nicht absolute Realität, sondern unbedingte Personhaftigkeit ist das Prinzip des Wirklichkeitsdenkens. Das ist das Umdenken, das aus den skeptischen Folgerungen des ontologisch-realisti.schen Ansatzes zurechtbringt und die Verkehrung u n d Verkehrtheit des Denkens richtig stellt. Transzendentale Logik ist die Zurechtbringung d e r ontologischen, die Begründung gegenständlicher Beziehung als notwendige V e r k n ü p f u n g aus dem Logos, aus dem Vernehmen unbedingter Verbindlichkeit, durch das wir Person sind. Die durch die Kritik der Vernunft begründete transzendentale Logik i s t im ersten E n t w ü r f e von H e g e l als die Grundwissenschaft der Philosophie ü b e r h a u p t dargestellt worden. Vorausgeschickt h a t Hegel die „Phänomenologie des Geistes". I n dem Abriß seines Systems, in der „ E n z y k l o p ä d i e " t r i t t der Abschnitt über „die Stellungen des Geistes z u r O b j e k t i v i t ä t " an die Stelle der Phänomenologie. Die Phänomenologie soll den Weg v o m „erscheinenden Wissen", von d e m urtümlichen
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Wirklichkeitsverhältnisse, das auf den ontologisch-realistischen A n s a t z führt, z u m kritisch-idealistischen Erkenntnis- und Wahrheitsbegriff, z u m „reinen W i s s e n " aufzeigen durch alle Problematik des Menschendaseins hindurch, in der sich das S u b j e k t z u m Unbedingten bildet, dadurch d a ß es dialektisch v o n Frage z u Frage weiter getrieben wird. D a ß wir Person i m Wirklichkeitsganzen sind und was das heißt, ist, in unserer Sprache geredet, das eigentliche T h e m a der Phänomenologie, mit welcher als einer umfassenden Besinnung i m Streben n a c h Wahrheit, n a c h d e m Logos die Philosophie anhebt. Die Hegeische Logik ist das V e r n u n f t s y s t e m , die Gültigkeitsbegründung, in der sich schöpferischer Geist erschließt. Die geschichtliche Gestalt der Hegeischen L o g i k ist in objektiv-idealistischen R ü c k s t ä n d e n befangen. D a r a u s ergeben sich die Dunkelheiten und Schwierigkeiten sowohl im Ganzen wie bei den einzelnen Lehrstücken. Hegel teilt in o b j e k t i v e und subjektive Logik. Jene stellt die Kategorien dar, die gegenständlichen Beziehungen, die V e r k n ü p f u n g der Teile untereinander, was K a n t die synthetische Einheit nannte, diese die Ganzheitsbeziehungen, welche K a n t die systematische Einheit nannte, die Ideen. Die o b j e k t i v e L o g i k gliedert sich in Sein und Wesen. Jenes u m f a ß t Qualität, Quantität u n d Maß, die anschaulichen oder symbolischen Bestimmungen, v o n denen alle synthetische V e r k n ü p f u n g ausgeht, diese die der „ R e f l e x i o n " als die im engeren Sinne synthetischen. „ R e f l e x i o n " ist die mittelbare durch den Unterschied hindurchgehende Einheit. Hier werden die alten Denkgesetze als Setzen, Unterscheiden und Begründen, die A r t e n des Unterschiedes behandelt, dann Substantialität, K a u s a l i t ä t und die K o n stituierung eines Ganzen in wechselseitiger Beziehung v o n Teilen, Möglichkeit, Wirklichkeit und Notwendigkeit. Die subjektive L o g i k stellt in drei A b s c h n i t t e n die S u b j e k t i v i t ä t , die O b j e k t i v i t ä t u n d die Idee dar. Die „ S u b j e k t i v i t ä t " ist Begriff, Urteil und Schluß als Apperzeption, als die aus Gegebenheit in Notwendigkeit sich vollziehende, ganzheitsbegründende Einheit. W i r erkennen in Begriffen, weil wir selbst Begriff, Apperzeption sind. Der Begriff ist die S u b j e k t i v i t ä t selbst. Die Subj e k t i v i t ä t ist der Vollzug v o n Ganzheit aus symbolischer und synthetischer Beziehung. Begriff, Urteil und Schluß sind Lebendigkeit u n d A k t u a l i t ä t des Subjektes selbst. Der A b s c h n i t t über die O b j e k t i v i t ä t ist die Wissenschaftslehre, die A r t e n der O b j e k t i v i t ä t sind die Sachgebiete der Wissenschaften, die aus den Bedingungen der Wirklichkeitserkenntnis konstituiert werden, die Gliederung der Gesamtwissenschaft. Der dritte A b s c h n i t t über die Idee vollzieht die wirksame E i n gliederung des Erkennens in das System der Ideen, welches das Leben, das W a h r e und das G u t e u m f a ß t und durch das Gute zur „ a b s o l u t e n I d e e " , zur Wirklichkeit des Heiligen ausgerichtet wird. D a s Ästhetische wird an dieser Stelle nicht besonders hervorgehoben, sondern m i t d e m „ L e b e n " zusammengenommen. Die Logik ist das E i n m ü n d e n
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des Erkennens nach seiner Notwendigkeit in das Wertsystem, das sich durch diese Eingliederung des Erkennens in Gültigkeit kritisch durchgestaltet. In diesem Aufbau des Entwurfes einer transzendentalen Logik tritt der leitende Gedanke immerhin klar erkennbar heraus, wenn auch nicht zu bestreiten ist, daß der Entwurf in allen Stücken unfertig ist und gerade auch vom Leitgedanken aus unbefriedigend bleibt, daß die Ausführung überall von objektiv-idealistischer Denkweise noch durchwaltet ist. Was Hegel gewollt hat, muß vom Verständnis des kritischen Idealismus aus neu in Angriff genommen werden. Wieviel von den ausgeführten Lehrstücken fruchtbar zu solcher Neugestaltung anleitet, muß in Einzeluntersuchungen geklärt werden. Die Konzeption Hegels im Ganzen ist das Programm einer universalen Logik. Die dialektische Methode Hegels kann gewiß nicht ohne Grund so verstanden werden, als solle sie die seit langem gesuchte ars inveniendi, das geradezu automatisch wirksame Mittel der Herleitung von Erkenntnissen aus dem Ansätze des leeren reinen Seins sein, aus dem alles nach Thesis, Antithesis und Synthesis herausgeklaubt wird, das Vehikel einer emanatistischen Metaphysik, und entsprechend die Konstruktion a priori als bloße Deduktion unter Ausschluß der Erfahrung. Die Hegeische Dialektik muß jedoch allem objektiv-idealistischen Anschein zum Trotz nicht von diesem Vorbild vorkantischen Demonstrierens, sondern von der kantischen Synthesis a priori in Apperzeption her gedeutet werden. Die Hegeische Dialektik geht von dem Verständnis des Gegensatzes und Widerstreites aus, das durch den kantischen Begriff der Synthesis a priori erst recht möglich geworden ist, das sich in der Geschichte des menschlichen Denkens immer wieder angebahnt hat, auch wenn es dann meist in die coincidentia oppositorum, die bloße absolute Indifferenz und das indifferente Absolute verbildet worden ist. Gegensatz und Widerstreit sind die Synthesis a priori in actu. Unser Denken bewegt sich in Gegensatz und Antinomie, weil es Ganzheit am Teile, „induktiv" ist, weil die Einheit als Anspruch und Aufgabe in der Apperzeption uns konstituiert, der wir vom Teile aus nachleben. Gegensatz und Widerstreit ist Einheit im Entstehen oder Zerbrechen. Gegensatz ist der polare, gliedhafte, gebundene Unterschied. Nur durch Gegensatz entsteht Einsatz, in dem diese gliedhafte Bindung stattfindet, der den Gegensatz dann zu der Einheit führt, durch welche er überhaupt möglich ist, und ihn von dieser aus gestaltet. Alles Erkennen als Synthesis a priori in Apperzeption geht durch Gegensätzlichkeit hindurch und besteht in ihr. Darum ist Dialektik die Art und Form des Denkens überhaupt, unbedingte Verbindlichkeit in Gegensätzlichkeit. Die „Negativität" ist die Verneinung der Absolutheit, des Fürsichbestehens, ihre Aufhebung zur Verknüpfung. Alle kategoriale Funktion als synthetische Verknüpfung ist ein dialektisches Verhältnis. Die transzendental-logischen Bestim-
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m u n g e n sind die z u s a m m e n h ä n g e n d e B e t ä t i g u n g u n d G e s t a l t u n g d e r s y n t h e t i s c h e n F u n k t i o n u n d d a h e r dialektisch darzulegen. D a r i n liegt eine B e s t r e i t u n g des Satzes v o m W i d e r s p r u c h n u r insof e r n , als dieser A u s d r u c k realistischen Wirklichkeitsdenkens ist, also u n t e r s t e l l t , d a ß alles, was u n t e r s c h i e d e n ist, beziehungslos, absolut u n t e r s c h i e d e n sei u n d Beziehung n u r d u r c h I d e n t i t ä t s t a t t f i n d e n k ö n n e . Die Dialektik s t e h t auf der E r k e n n t n i s , d a ß das Besondere n i c h t absolut, sondern g l i e d h a f t , in U r b e z i e h u n g gesetzt sei. K o n s t r u k t i o n a priori ist die Z u s a m m e n r i c h t u n g zu ursprünglicher E i n h e i t . Sie ist die A b l e h n u n g der bloß n a c h t r ä g l i c h e n A b l e i t u n g aus absoluten E l e m e n t e n , also des realistischen Wirklichkeitsdenkens. D e r P h ä n o m e n a l i s m u s u n d Positivismus in der F o r m des E m p i r i s m u s wird a b g e l e h n t , aber n i c h t die E r f a h r u n g i m k a n t i s c h e n Sinne, die I n d u k t i o n als diskursive H e r a u s a r b e i t u n g ursprünglicher Ganzheit in der Wechselbeziehung der Teile v o n der Teilhaftigkeit aus, die wir selber sind u n d die u n s gegeben i s t . Hegel h a t i m m e r wieder d a s R e c h t u n d die N o t w e n d i g k e i t des Diskursiven, der Reflexion, der m i t t e l b a r e n E i n h e i t , der E i n h e i t d u r c h d e n Unterschied, das ist das dialektische Verhältnis, h e r v o r g e h o b e n , d. h . aber i n anderer Sprache die Beziehung a u f das Gegebene möglicher E r f a h r u n g gefordert. K o n s t r u k t i o n a priori ist der a b g e k ü r z t e A u s d r u c k f ü r den kritisch-idealistischen Wahrheitsbegriff u n d das d a r i n aufgestellte Erkenntnisziel, d e m m a n in der I n d u k t i o n z u s t r e b t . Nicht A b s e h e n v o n der E r f a h r u n g , aber B e g r ü n d u n g u n d Z u s a m m e n f a s s u n g der E r f a h r u n g ist das Ziel, wie j a alle I n d u k t i o n R e d u k t i o n ist. D a r u m k a n n a u c h die dialektische Methode n i c h t die m o n o t o n e Verfahrensweise aller Wissenschaftlichkeit sein, s o n d e r n n u r die G r u n d s t r u k t u r aller W a h r h e i t i m E r k e n n e n , die sich in der Mannigfaltigkeit kategorialer B e t ä t i g u n g n a c h d e n d u r c h die Gliederung der Wirklichkeit selbst a n die H a n d gegebenen M e t h o d e n vollzieht. D e r eigentliche Sinn der Dialektik a b e r f ü h r t auf den personalistisehen C h a r a k t e r des D e n k e n s , V e r a n t w o r t u n g i n p e r s o n h a f t e r E x i s t e n z u n d Begegnung. E r k e n n e n ist lebendige S u b j e k t i v i t ä t in A p p e r z e p t i o n . Dialektik t r i t t a n die Stelle der intellektuellen A n s c h a u u n g , der Wesenss c h a u der Ontologie, g e m ä ß j e n e r W e n d u n g v o n d e m Absoluten als Gegenstand des E r k e n n e n s , den wir b e t r a c h t e n , z u m U n b e d i n g t e n als U r s p r u n g des E r k e n n e n s , aus d e m wir g e h o r c h e n d , beteiligt, ergriffen, gefordert leben. D a s Logische ist n i c h t idealer G e g e n s t a n d , sondern d a s Personbildende der u n b e d i n g t e n Verbindlichkeit. Die „ I d e e " ist die Perspektive, die „ u n i v e r s a l e " Setzung, welche die Z u o r d n u n g der Teile b e g r ü n d e t , d e r D u r c h b l i c k d u r c h die O r d n u n g der Teile a u f diese u r sprüngliche E i n h e i t h i n , d . h . w e n n m a n das e n t s p r e c h e n d e W o r t f ü r Ap-per-zeption bilden will, die Zu-ver-sicht. Von d e m G r u n d g e d a n k e n der Hegeischen Logik aus k l ä r t sich a u c h das P r o b l e m des Individuellen. Das Allgemeine ist n i c h t m e h r die a n a -
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lytisch abzusondernde gleiche Inhaltlichkeit, sondern die verbindende synthetische Einheit, das Universale in dem strengen Sinne des Wortes der Richtung auf die Einheit, auf den Einen. Das Individuelle ist das durch diese Einheit erfaßte, zusammengefaßte und gestaltete Besondere, die an dem Besonderen, Teilhaften wirksame Ganzheit. Das Individuelle ist Ganzheit am Teil aus ursprünglicher Einheit und Setzung. Das Individuelle ist Unbedingtheitsbeziehung. Das Individuelle ist nicht das Zufällige, sondern Ort und Gestalt des Unbedingten. Das Allgemeine als konkrete unbedingte Beziehung ist schlechthin individuell und individualitätsbildend. Das Individuelle als solche am Teil wirksame Ganzheit ist allgemein, universal. Was Aristoteles suchte, ist hier auf Grund der Kantischen Begriffe von der Synthesis a priori und der Apperzeption gefunden. Das Individuelle ist analytisch nicht zu erfassen, weil es das ist, was aus aller analysierbaren Besonderheit eine Einheit, ein Ganzes bildet, das mehr ist als die Summe der Teile, also auch nicht aus ihnen abzuleiten ist. Die logische Erfassung des Individuellen ist das Verstehen. Wir können Individuelles erfassen in dem Maße, wie wir selbst ins Unbedingte wachsen. Wir nennen das Verstehen, weil es solchen eigenen Einsatz voraussetzt und nur in der existentiellen Personwerdung sich vollzieht, auch das Nacherleben. I m Allerindividuellsten, in der Ichheit sind wir im Unbedingten, nicht gleich, aber eins, einig. Verschieden sind wir der Besonderheit, der Inhaltlichkeit unserer Individualität nach als Selbste. Ichheit ist die an diesem Selbst sich vollziehende unbedingte Verbindlichkeit, in der wir Person werden. Die Ichheit wiederholt sich in uns allen, sie ist das Eigenste unseres Lebens und das, was jeder ist. Das Wiederholen ist das Zurücknehmen zu ursprünglicher Einheit, wir werden universal zurückgeholt zu dieser Einheit und sind darin eins, verbunden gerade durch unsere Mannigfaltigkeit, weil die Einheit konkret ist. Das Problem des Allgemeinen und Individuellen wird ganz einsichtig und eindeutig in der so verstandenen Ichheit. Durch die Ichheit stehen wir an und mit unserem Selbst in unbedingter Personhaftigkeit. Ichheit ist immer Persongemeinschaft. Dieses Personbildende ist der Logos. Geist ist die alle Wirklichkeit umfassende und durchdringende unbedingte Person, deren Gemeinschaft teilhaftig zu sein uns zum Geiste bildet. In der Gesamtwirklichkeit fassen wir das Individuelle als formale Zweckmäßigkeit, als die Totalität der Bedingungen, die sich zur Wirkung vereinigt, zur Wirkung, die darin Ereignis wird. „Individuelle Kausalität" ist diese als formale Zweckmäßigkeit zu fassende ereignishafte Totalität der Bedingungen. An dem Problem des geschichtlichen Verstehens, um das sich Hegel von früher Jugend an bemüht hat, mag ihm das Verhältnis von Allgemeinem und Individuellem aufgegangen sein. Der Gedanke des Aristoteles vom Aufbau der Wirklichkeit aus Entelechien findet seine Bestätigung vom Wahrheits- und Erkenntnisbegriff her.
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F Ü N F T E R ABSCHNITT.
DIE AUFGABE DER LOGIK: DIE UNIVERSALE LOGIK. A u s der N e u b e g r ü n d u n g der Logik in der K r i t i k der V e r n u n f t d u r c h den kritisch-idealistischen W a h r h e i t s - u n d E r k e n n t n i s b e g r i f f , also a u » der t r a n s z e n d e n t a l e n Logik e n t s t e h t folgerichtig die A u f g a b e der u n i v e r salen Logik. Das N e b e n e i n a n d e r u n d Miteinander der drei K r i t i k e n K a n t s , der P r i m a t der p r a k t i s c h e n V e r n u n f t , in d e m sie sich z u s a m m e n fassen, weist i n diese A u f g a b e der Logik als V e r n u n f t s y s t e m . D e r letzte A b s c h n i t t der Hegeischen Logik ü b e r die Idee zeigt das W e r t s y s t e m a u f . Die n e u k a n t i s c h e Wertphilosophie ( W i n d e l b a n d , Rickert) h a t e r n e u t die A u f g a b e gestellt. Die universale Logik ist die G ü l t i g k e i t s b e g r ü n d u n g der W e r t e in d e m k o n s t i t u t i v e n A k t der Personwirklichkeit, der sich a n u n s in v e r a n t w o r t l i c h e r E n t s c h e i d u n g vollzieht, i n d e m wir heraustreten. (Existenz) aus der Abgeschiedenheit u n d A b s o n d e r u n g d e m A u f r u f und. d e m A n s p r u c h folgend, der a n u n s ergeht. Die V e r b i n d u n g v o n persona u n d personare, a u c h w e n n sie sprachlich schwierig bleibt, h a t sachlichen G r u n d . Die V e r n u n f t ist das V e r n e h m e n der W e r t a n f o r d e r u n g , , aus d e r das Wirkliche ist, was es ist, aus der es echt ist. Die G ü l t i g k e i t des W e r t e s ist die E c h t h e i t der Wirklichkeit, in der diese ist, was eie nach, eingeborener ursprünglicher Notwendigkeit sein soll, die U r s t ä n d i g k e i t u n d τέλος ist u n d zur τελειό της, zur W e r t Wirklichkeit, zur V o l l e n d u n g b e s t i m m t . Logik geht auf die universale A u f g a b e , in der alle W i r k l i c h keit aus gültiger A n f o r d e r u n g auf i h r e n U r s p r u n g n a c h ihrer E c h t h e i t u n d Vollendlichkeit ausgerichtet u n d b e g r ü n d e t wird. Bei der E r k e n n t n i s sind zuerst Gültigkeitsfragen a u f g e t r e t e n . D a h e r e n t s t e h t die Logik a n d e m P r o b l e m der wissenschaftlichen O b j e k t i v i t ä t » W e n n das E r k e n n e n die Bedingungen seiner eigenen Möglichkeit u n d Gültigkeit p r ü f t , d r i n g t es in die G ü l t i g k e i t s b e g r ü n d u n g ü b e r h a u p t v o r u n d erweitert sich die Logik über das E r k e n n e n h i n a u s , i n d e m m a n n u n a u c h in aller Strenge die a n d e r e n Gültigkeitsprobleme g e w a h r w i r d . Gültigkeitsprobleme e n t s t e h e n j a a u c h u n d erst r e c h t in der p r a k t i s c h e n V e r n u n f t , i m E t h i s c h e n , in der Gerechtigkeit, ferner i m Ästhetischen, in der Schönheit, in der sich E c h t h e i t u n d Urständigkeit der Wirklichkeit erschließt, im „ L e b e n " , dessen u n a u f h e b b a r gültiger Z u s a m m e n h a n g ; v o n den Menschen seit j e mit d e m d u n k l e n W o r t e Schicksal bezeichnet wird. D a s S y s t e m der W e r t e aus L e b e n , Schönheit, W a h r h e i t u n d Gerechtigkeit ist das Ausgerichtetsein auf u n b e d i n g t e P e r s o n h a f t i g k e i t . Das L e b e n ist der u r t ü m l i c h e Wert,, es gliedert sich n a c h symbolischer u n d synthetischer Beziehung oder Dimension i n den ä s t h e t i s c h e n u n d theoretischen W e r t u n d k o n s t i t u i e r t sich aus u n b e d i n g t e r V e r b i n d l i c h keit, die sich in d e n U r p h ä n o m e n e n des ethischen Wertes Pflicht, G e wissen, Freiheit u n d G e m e i n s c h a f t darstellt. Die universale Logik h a t Handb.