Logik der Baukunst 9783035602043, 9783035600063


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German Pages [308] Year 1965

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Vorbemerkung
Inhaltsverzeichnis
I. Einführung
II. Voraussetzungen
III. Theorie
IV. Ausblick
Abbildungen
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Logik der Baukunst
 9783035602043, 9783035600063

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Bauwelt Fundamente 15

H e r a u s g e g e b e n von Ulrich Conrads u n t e r Mitarbeit von Gerd Albers, Adolf Arndt, Lucius B u r c k h a r d t , W e r n e r H e b e b r a n d , W e r n e r Kallmorgen, H e r m a n n Mattern, Julius Posener, Hans Scharoun, Hansjörg Schneider

Christian Norberg-Schulz

Logik der Baukunst

Ullstein Berlin Frankfurt/M Wien

Mit Genehmigung des Universitätsforlaget Oslo. Titel der 1963 im Universitätsforlaget, Oslo, erschienenen Originalausgabe: »Intentions in Architecture«. Übersetzt aus dem Englischen von Joachim Neugröschel.

VERLAG ULLSTEIN GMBH · BERLIN · FRANKFURT/M · W I E N Umschlagentwurf von Helmut Lortz © 1965 by Verlag Ullstein GmbH, F r a n k f u r t / M — Berlin Alle Rechte, auch das der photomechanischen Wiedergabe, vorbehalten Printed in Germany, Berlin-West 1965 · Gesamtherstellung Druckhaus Tempelhof

Vorbemerkung

Nicht allein als schaffender Architekt ist Christian Norberg-Schulz ein Vertreter jener Generation, die Siegfried Giedion die »dritte« nennt. Auch seine Beziehungen zum Werk der Pioniere sind die einer dritten Generation, der es obliegt, das Vermächtnis in der Weise weiterzuentwickeln, daß damit die Architektur in einen größeren Bezugskreis gestellt und in den Dimensionen der heutigen Wirklichkeit angesiedelt wird. Wir nennen die urbanistische Dimension: Die wenigen Werke der Pioniere sitzen in der bebauten Umwelt wie Kristalle im Gestein; geschlossenen Rodungen im Niemandsland gleichen auch die urbanistischen Entwürfe der frühen Moderne. Uns Heutigen geht es aber um die Gestalt der komplizierten und in ständiger Entwicklung befindlichen gesamten Umwelt - wenn wir im Bilde bleiben: des Muttergesteins selbst - ; es geht um das Problem der Addition mehrheitlich moderner Bauten. Als zweite folgt die soziologische Dimension: Die Bauten der Pioniere stellten keine nennenswerte statistische Realität dar. Der idealisierende Charakter der jeweils mitgelieferten soziologischen Kommentare blieb daher irrelevant. Heute aber ist die soziologische Kritik auch der modernen Architektur unerläßlich geworden, und zwar nicht mehr nur im Sinne einer »sozialen« Soziologie, sondern auch der Soziologie des Wohlstandes. Dabei muß beispielsweise der Sinn des Funktionalismus in einer wohlhabenden Welt neu gefaßt werden. Damit gelangen wir in die Nähe der dritten der neuen Dimensionen, die Norberg-Schulz besonders am Herzen liegt und die er weitgehend selber für uns erschloß. Es ist, psychologisch gesprochen, die Dimension der Perception (der platonische Idealismus der Pioniere hatte nie danach gefragt, ob das menschliche Auge die modularen Proportionen auch ablesen könne); soziologisch die Frage nach dem Nichtverstehen der modernen Formen durch das Publikum und ästhetisch die Frage nach der Bedeutung dieser Formen. Aus zwei Gründen können diese Fragen erst in unseren Tagen diskutiert werden: Einmal, weil zuerst die Spießer in die Minderheit versetzt werden mußten, 5

die glauben, mit einer solchen Diskussion werde die Frage nach der Berechtigung der Moderne überhaupt nochmals aufgerollt. Und zweitens steht erst heute das Wissen bereit, das diese Diskussion ermöglicht. Nach den Vorarbeiten von Reyner Banham und Gillo Dörfles wagt Christian Norberg-Schulz als erster in Europa den Versuch, unsere neuen Kenntnisse über Kommunikation und Information, Semantik und Perception auf die Architekturbeurteilung anzuwenden; in diesem Sinne ist auch er ein Pionier, dessen Werk Korrekturen erfahren wird, aber richtungweisend bleibt. Lucius Burckhardt

Inhaltsverzeichnis

I. Einführung Π. Voraussetzungen

g 23

1. W a h r n e h m u n g

23

2. Symbolisierung

50

ΠΙ. Theorie 1. W e g e zu einer integrierten Bautheorie

83 83

2. Die Bauaufgabe

109

3. Form

132

4. Technik

165

5. Semantik

172

6. Die architektonische Ganzheit

184

IV. Ausblick 1. Erlebnis

195 196

2. Produktion

202

3. Analyse

209

4. Ausbildung und Erziehung

216

Abbildungen

224

I. Einführung

Die gegenwärtige Situation der Architektur ist völlig verworren. Vom Bauherrn hören wir ständig Klagen über die Unfähigkeit des Architekten, ihn zufriedenzustellen, sowohl vom praktischen wie auch vom ästhetischen und wirtschaftlichen Standpunkt 1 . Die Behörden äußern Zweifel an der Fähigkeit der Architekten, die von der Gesellschaft aufgegebenen Probleme befriedigend zu lösen2. Und die Architekten selber sind sich sogar über fundamentale Fragen uneinig, so daß man ihre Diskussionen als Ausdruck einer tastenden Unsicherheit auslegen muß. Ihre Meinungsverschiedenheiten betreffen nicht nur sogenannte ästhetische Probleme, sondern auch die Grundfragen über das Wohnen und Arbeiten des Menschen in Häusern und Städten 3 . Charakteristisch ist auch, daß die Ausbildung des Architekten schon seit langem kritisch durchleuchtet wird. Man sucht neue Lehrmethoden, ohne sich über Ziele und Mittel einigen zu können 4 . All diese Symptome ergeben das Gesamtbild der Verwirrung unserer Umwelt, und über die Entwirrung sind wir uns nicht einig. Der einheitliche Charakter vergangener Städte und Bauwerke gerät immer mehr in Vergessenheit 5 [1]. Als Folge hiervon wird dem Architekten nicht dieselbe Anerkennung zuteil wie anderen Fachleuten mit einer vergleichbaren Ausbildung. Viele betrachten ihn s. die Einführung zu S. Giedion: A Decade of New Architecture i960. 1

1937—1947, Zürich

2 In Finnland jedoch ist die Situation sehr positiv zu bewerten; s. E. und C . N e u e n schwander: Finnische Bauten / Atelier Alvar Aalto iyso—iyji, Zürich 1954, S. 5 ff.

Die neuen Ideen der modernen Architekten haben heftige Kontroversen hervorgerufen. Zur wirkungsvolleren Verfechtung ihrer Standpunkte gründeten sie 1928 die Congrès Internationaux d'Architecture Moderne ( C I A M ) ; s. S. Giedion: Einführung zu J. L. Sert: Can Our Cities Survive?, Cambridge 1944. 3

4 Die Diskussion über die Architektenausbildung leitete Walter Gropius ein in Idee und Aufbau des Staatlichen Bauhauses Weimar, München 1923.

Das Chaos unserer modernen Umwelt ist treffend analysiert in Sert: a. a. O.; s. audi: L. Mumford: The Culture of Cities, N e w York 1938. B

9

als ein notwendiges Übelunpraktischhäßlich< und >teuer< auf. Die praktische oder funktionelle Kritik ergibt sich aus der fehlenden Entsprechung von Lebensart und >architektonischem Rahmen< unserer Zeit. Natürlich ließe sich dieser Mangel auf Unzulänglichkeiten jenes architektonischen Rahmens zurückführen, insofern er der Erfüllung gewisser Funktionen entgegensteht. Aber es geschieht auch oft, daß der Mensch einen >veralteten< Lebensstil bevorzugt, obgleich er dadurch mit der Umgebung in Konflikt gerät und neue Wertsetzungen verfehlt7. Uns ist bekannt, daß der Mensch oft, wegen gewisser gesellschaftlicher Rücksichten, äußerst >unpraktische< Lebensbedingungen in Kauf nimmt 8 . Das bedeutet, daß der Architekt die Wünsche des Bauherrn hinsichtlich Funktion und Umwelt nicht unbesehen erfüllen darf. Die ästhetische Kritik richtet sich ebenfalls gegen Abweichungen vom Gewohnten. Ohne jede Rechtfertigung werden die meisten neuen Lösungen abgelehnt β » . . . die Öffentlichkeit denkt noch immer im Rahmen eines konventionellen Erscheinungsbildes und auf der Grundlage einer unzulänglichen Ausbildung.« Le Corbusier: Towards a New Architecture, London 1927, S. 21. 7

Der Planer, der das Wohnen von Menschen, die in äußerst primitiven Verhältnissen aufgewachsen sind, verbessern will, sieht sich oft der Schwierigkeit gegenüber, daß solche Menschen keineswegs >besser< (anders) leben wollen, als sie es gewohnt sind. In Matera wohnten noch 1952 etwa 18 000 bis 30 000 Einwohner in Höhlen. Zur Verbesserung der Verhältnisse wurden in der Nähe fünf moderne Dörfer gebaut. Die Höhlenbewohner fühlten sich indes einsam und bedauerten in ihrer neuen Umgebung den Verlust ihrer Gesellschaftsbeziehungen. »Preferisco la mia grotta, il mio vicinato« war ihre ständige Rede; s. G. Piovene: Viaggio in Italia, Mailand 1957, S. 578. 8

In Norwegen war es in gewissen Gesellschaftsgruppen üblich, ein Zimmer als Wohnzimmer in Bereitschaft zu halten, selbst wenn dadurch Eltern und Kinder zusammen schlafen mußten; s. O. Brochmann: Mennesker og boliger, Oslo 1948.

10

und als Architektenlaunen abgestempelt. Oder aber die Kritiker verlegen sich ins andere E x t r e m u n d reden von >Farblosigkeit< u n d >Eintönigkeit^. So verlangt der L a i e eine Architektur, die zugleich als >normal< u n d >ungewöhnlich< erscheint. Jedenfalls stellt ihn das sogenannte >moderne Bauen< keineswegs zufrieden. A b e r zur gleichen Zeit bleibt es i m dunkeln, w a s ihn a n der geliebten Architektur der V e r g a n g e n h e i t anspricht 1 0 . Sein Standpunkt stimmt m i t dem des Kunsthistorikers k a u m überein, sondern gründet sich, n ä h e r betrachtet, auf einzelne Wesenszüge, m i t denen er spezielle Bedeutungen v e r b i n d e t 1 1 . D e m Architekten erscheinen diese B e d e u t u n g e n oberflächlich u n d primitiv, u n d tatsächlich lehnen sich Architekten u n d Künstler g e g e n den herrschenden Geschmack< a u f 1 2 . A b e r allein durch das A b t u n der ästhetischen Kritik des Bauherrn als Vorurteil wird das Problem nicht einfacher. Die wirtschaftliche Kritik h ä n g t m i t der Vorstellung z u s a m m e n : » W a s b e k o m m e ich f ü r mein G e l d ? « W i r zahlen gern mehr, w e n n unsere subjektiven Ansprüche befriedigt w e r d e n 1 3 . So sind die wirtschaftlichen Verhältnisse in gewissen Grenzen eher relativ als absolut, u n d nicht einmal das ökonomische k a n n uns eindeutige Hinweise f ü r das B a u e n geben. A u ß e r d e m h a t m a n in den meisten F ä l l e n die W a h l zwischen verschiedenen Lösungen, die das gleiche kosten. M a g die Kritik des Bauherrn an den Architekten und ihren Produkten auch u n g e n a u und subjektiv sein, so dürfen w i r sie nicht als belanglos bezeichnen. Sie entspringt konkreten Situationen u n d demonstriert besser als irgendein anderes Symptom, d a ß sich unsere zeitgenössische Architektur nicht in eine einheitliche u n d geordnete U m w e l t integrieren läßt. W i r d ü r f e n jedoch feststellen, daß die Kritik in den meisten F ä l l e n eine gewisse E n g e des Blickwinkels verrät. I m allgemeinen kritisiert der B a u h e r r mit dem Blick auf persönliche Bedürfnisse, ohne einzusehen, daß ein P r o j e k t auf viele Weise teilhat a n einem größeren Ganzen. D e s w e g e n ist er sich der neuen Möglichkeiten, die i h m der Architekt bieten kann, nicht b e w u ß t u n d f ü r sie schwer zugänglich - Möglichkeiten, die erst nach l a n g e r G e w ö h n u n g an das fertige Produkt deutlich werden. D e r Mensch Beide Kritiken sind oft berechtigt, aber die Ablehnung der Öffentlichkeit gilt häufig auch Lösungen, die der Architekt positiv beurteilt.

9

Der Autor hat einst einer Gruppe von Römern ein Dia des Klosters von S. Onofrio zu Rom vorgeführt. Obgleich alle bereits dort gewesen waren, konnten sie nicht sagen, was das Dia darstellte. Einer, der sehr klare Meinungen über Kunst und Architektur geäußert hatte, meinte, wir sähen ein Foto vom Kloster von San Paolo fuori le mura.

10

1 1 Normalerweise werden Kunstwerke nach ihrer Größe und der Kostbarkeit der verwendeten Materialien bewertet; s. E. Brunswik: Wahrnehmung und Gegenstandswelt, Wien 1934. 12

s. S. Giedion: »Über den herrschenden Geschmack«, in: Architektur

schaft, Hamburg 1956, S. 12 ff.

und

Gemein-

1 3 Der Erfolg spekulativer Siedlungen bei der Öffentlichkeit läßt sich gewiß nicht nur auf das wirtschaftliche Moment zurückführen, sondern auch darauf, daß die meisten Bauunternehmer die Befriedigung des herrschenden Geschmacks< erstreben.

11

ist von Natur konservativ 14 , und heutzutage erleben wir eine Kommunikationskluft zwischen dem Gros der Menschen und jenen Architekten, die - wenn auch nicht allzu weit - über die herkömmlichen Lösungen hinausgehen. Gleichzeitig steht fest, daß sich immer mehr Architekten gezwungen sehen, neue Lösungen aus Gründen der Technik und Wirtschaftlichkeit zu suchen 15 . Das Verhältnis zwischen dem Bauherrn und dem Architekten m u ß natürlich von Fall zu Fall ein anderes sein und hängt von der Rollenverteilung innerhalb der jeweiligen Gemeinschaft ab. Normalerweise jedoch dürfen wir voraussetzen, daß der Architekt nicht nur die Bedürfnisse berücksichtigen soll, die sich dem Bewußtsein des einzelnen Bauherrn präsentieren.

D I E GESELLSCHAFT

Die Kritik der Gesellschaft oder der Behörden unterscheidet sich von der des Bauherrn, obwohl auch sie von Einzelpersonen stammt. Die Behörden können sich bis zu einem gewissen Grad von rein persönlichen Interessen freihalten, hauptsächlich durch Hinweise auf die mangelnde Erfüllung von Gemeinschaftsaufgaben, zum Beispiel eine ungenügende Zahl von Wohnungen. Die Behörden können ihr Urteil über Lösungen fällen, die sie nicht aus eigener Erfahrung kennen, die sie aber auf Grund der Auskünfte von Fachexperten und Wirtschaftlern für unbrauchbar halten. Ihre Kritik weist daher größere Objektivität auf, da sie Momente berücksichtigt, die viele Einzelmenschen mit verschiedenen Einstellungen eingehen, und da sie auf übergeordnete Maßstäbe zielt. Wir dürfen indes nicht vergessen, daß diese Kritik zwangsläufig die herrschenden Theorien über Politik und Wirtschaft und damit auch besondere - bewußte oder unbewußte - Auffassungen darüber widerspiegelt, was der Gesellschaft am besten dient 1 6 . Möglicherweise werden durch die subjektiven Bedürfnisse der Menschen hinsichtlich ihrer Umwelt diese Theorien derart beeinflußt, daß sich Maßnahmen für die Gemeinschaft bei näherer Betrachtung als die Befriedigung altgewohnter Wünsche entpuppen 1 7 . So erkennen die Behörden selten, daß m a n die Bedürfnisse der Gemeinschaft häufig in unkonventioneller Weise befriedigen muß, um zu einer wirksamen Lösung zu kommen. 14

E r muß neue Erfahrungen stets in ein System früherer Erfahrungen einfügen. Das vollständig Neue bleibt unzugänglich. 15

Während der frühen Industrialisierung des 19. Jahrhunderts stellte man konventionelle Formen mit neuen technischen Mitteln her. Industrielle Ornamente wurden zu gewohnten Artikeln. Später trugen technische und ökonomische Faktoren zur Entwicklung von Formen bei, die zu den industrialisierten Produktionsmitteln besser passen; s. S. Giedion: Mechanization Takes Command, New York 1948. 16 1T

Vor allem wird erörtert, ob der freie Ausdruck des Einzelnen der Gemeinschaft hilft.

» M y home is my Castle« ist ein wichtiger traditioneller Leitgedanke in vielen Ländern. Großstädter ziehen deswegen gem in ausgedehnte Vorstädte mit relativ kleinen Häusern — trotz der dadurch entstehenden praktischen Schwierigkeiten.

12

Oft hören wir, die heutige Gesellschaft sei chaotisch, und das führe zu Richtungslosigkeit auch in der Architektur. Ein vordergründiges Argument! Jede Gesellschaft hat notwendigerweise eine besondere >Strukturwünschenswerten Lebensstil hat oder aber es nicht versteht, ihn architektonisch auszudrücken 20 . Wir wissen alle, daß Bauten und Entwürfe auf praktische Zwecke ausgerichtet sind, und, daß vieles schon getan worden ist, um diese >funktionellen< Forderungen in ihren unterschiedlichen Auslegungen zu erfüllen. Natürlich mußte dieser Aspekt unter dem Druck der heutigen Forderung nach größtmöglichem Nutzeffekt zunächst in den Vordergrund treten. Der Funktionalismus der zwanziger und dreißiger Jahre nahm es zum Ausgangspunkt seiner Bemühungen, die Bauaufgaben zu erforschen. Von der Voraussetzung ausgehend, daß Architektur vor allem Wirtschaftlichkeit und Leistungsfähigkeit bedeutet, zielten die Untersuchungen hauptsächlich auf die Ermittlung exakter Minimalgrößen 2 1 . Mit anderen Worten, es ist immer möglich, sozial bedingte Bauaufgaben, die in Baulösungen > umgesetzt werden sollen, zu definieren. 18

19

s. S. Giedion: »Die neue Monumentalität« in: Architektur

und Gemeinschaft,

S. 27 ff.

Die Industrialisierung und die durch die Französische Revolution zum Ausdruck gekommenen Gesellschaftsänderungen haben eine große Anzahl neuer Bauaufgaben geschaffen. Die Städte begannen mit einer nie gekannten Geschwindigkeit zu wachsen, und die demographischen Muster änderten sich. Die im Entwerfen von Kirchen und Palästen geschulten Architekten waren außerstande, für die Massen der Industriegesellschaft zu planen, und verloren so den Kontakt zu großen Bereichen des Bauwesens.

20

Es war »funktional·, eine Aufgabe wie Die Wohnung für das Existenzminimum zu lösen (Titel einer CIAM-Publikation, Stuttgart 1930). Neuferts Bauentwurfslehre ist ein charakteristisches Produkt dieser Zeit. 21

15

Im Lauf der Zeit jedoch erkannten viele Architekten, daß dem >klassischen< Funktionalismus eine zu begrenzte Definition der Bauaufgabe zugrunde lag und daß es nicht genügte, die wirtschaftlichste Lösung anzustreben. In letzter Zeit tritt ein weiteres Problem immer mehr in den Vordergrund. Es stellt sich zwar in verschiedener Art, aber generell dürfen wir behaupten, daß das Interesse an der TniZieuschaffenden Funktion der Architektur ständig zunimmt. Die Umwelt übt einen Einfluß auf den Menschen aus, und das bedeutet, daß die Aufgabe der Architektur über die im frühen Funktionalismus eingedeutete Definition hinausgeht 22 . Einstweilen wissen wir indes sehr wenig über diesen Einfluß, so daß sich bei der neuen Art der Betrachtung Mißverständnisse und Meinungsverschiedenheiten nicht vermeiden lassen 23 . Auch die Frage nach der Notwendigkeit einer neuen >Monumentalität< ist erörtert worden. Indem die Architektur den Grundideen einer Gemeinschaft oder der Gesellschaftsstruktur optischen Ausdruck verleiht, wird sie symbolisch oder >monumental