Liberalismus: Zur historischen Semantik eines europäischen Deutungsmusters 9783486707564, 9783486565331

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German Pages 800 Year 2001

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Liberalismus: Zur historischen Semantik eines europäischen Deutungsmusters
 9783486707564, 9783486565331

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Veröffentlichungen des Deutschen Historischen Instituts London

Publications of the German Historical Institute London

Veröffentlichungen des Deutschen Historischen Instituts London Herausgegeben von Peter Wende Band 50

Publications of the German Historical Institute London Edited by Peter Wende Volume 50

R. Oldenbourg Verlag München 2001

Jörn Leonhard

Liberalismus Zur historischen Semantik eines europäischen Deutungsmusters

R. Oldenbourg Verlag München 2001

Die Deutsche Bibliothek – CIP-Einheitsaufnahme Leonhard, Jörn: Liberalismus : Zur historischen Semantik eines europäischen Deutungsmusters / Jörn Leonhard. - München : Oldenbourg, 2001 (Veröffentlichungen des Deutschen Historischen Instituts London ; Bd. 50) Zugl.: Heidelberg, Univ., Dissertation, 1998 ISBN 3-486-56533-8

© 2001 Oldenbourg Wissenschaftsverlag GmbH, München Rosenheimer Straße 145, D - 81671 München Internet: http://www.oldenbourg-verlag.de Das Werk einschließlich aller Abbildungen ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Bearbeitung in elektronischen Systemen. Gedruckt auf säurefreiem, alterungsbeständigem Papier (chlorfrei gebleicht). Gesamtherstellung: R. Oldenbourg Graphische Betriebe Druckerei GmbH, München ISBN 3-486-56533-8

Mamas und Papas Buch

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Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Motto . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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I.

20

Einleitung: Gegenstand, Fragestellungen, Ziele und Methoden . . 1. Annäherungen: Problemaufriß, Erkenntnisinteressen und Zielhorizont . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ideen, Begriffe und Sprachverwirrung: Zur Transformationsgeschichte politisch-sozialer Sprache im 19. Jahrhundert b) Liberalismus und Liberalismen: Vom retrospektiven Ideensingular zur historisch-semantischen Pluralisierung . . . . . 2. Wissenschaftshistorische Verortung und forschungssystematische Bezüge. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Von einzelstaatlicher Liberalismusforschung zu komparativen Untersuchungsansätzen: Deutschland im europäischen Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vom historischen Schlagwort zum politisch-sozialen Grundbegriff: Begriffsgeschichte, sozialhistorische Semantik und Diskursanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Konkretisierung des Forschungsstandes: Zur komparativen Einordnung historisch-semantischer Deutungsmuster . . . 3. Methodische Grundlegung: Zur Konzeption einer komparativen historischen Semantik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Divergenz, Typologie und historische Argumentation: Methodische Perspektiven der komparativen Analyse . . . . . b) Konkretisierung des Untersuchungsprogramms: Vergleichsfälle, chronologischer Rahmen und Leitfragen. . . . . . . . c) Konzeption eines Modells historisch-politischer Semantogenese: Transformationsstufen, Untersuchungsfelder und Vergleichseinheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Quellengrundlage und Texterschließung. . . . . . . . . . . . . a) Empirisch-systematische Aufnahme . . . . . . . . . . . . . b) Semantisch-qualitative Kategorisierung der Quellen und interpretative Leitlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Semantischer Nominalismus und asymmetrische Übersetzung: Methodische Probleme und Perspektiven komparativer Semantik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

20 22 28 37

38

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81

8

Inhaltsverzeichnis

II.

Vorpolitische Dimensionen des Begriffsfeldes . . . . . . . . . . . 1. Liberalitas principis und caritas christiana: Antik-römische Prinzipatsideologie und semantische Christianisierung der liberalitas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vom monarchisch-ständischen Tugendbegriff der libéralité zur éducation libérale des Dritten Standes in Frankreich bis 1789 . 3. Liberalitas moralis als Liberalität der Denkungsart in Deutschland: Die langfristige Prägekraft von Aufklärungsbegriff und Gesinnungsetikett . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Römischer Wertbegriff und politische Gruppenbezeichnung in Italien: liberalità und libertini seit der frühen Neuzeit . . . . . 5. England. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Liberal education als sozialer Status- und Differenzbegriff des gentleman . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die christlich-karitative Konnotation von liberal man und liberality im 18. Jahrhundert . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Liberality of sentiment und liberal opinions am Ende des 18. Jahrhunderts: Die Spannung zwischen privater Tugend und politisch-gesellschaftlicher Implikation . . . . . . . . . 6. Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

III.

Politische Präfigurierung und semantische Fermentierung bis 1820: Zur Inkubationszeit des politisch-sozialen Deutungsmusters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die idées libérales als sprachliches Erbe der Französischen Revolution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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86 96

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119 124

127 127 127

Die Politisierung des Erfahrungskontextes: Die Überwindung der crimes révolutionnaires durch die opinions libérales (128) – Der etikettierte Staatsstreich: Die idées libérales als Programm des 18. Brumaire 1799 und die vermeintliche restauration générale der wahren Revolutionsziele (131) – Moraliser la révolution? Von der republikanischen Projektion zur napoleonisch-imperialen Selbstinterpretation der idées libérales (133)

b) Restaurations- oder Integrationsattribut? Libéral und libéralisme im politisch-gesellschaftlichen Spannungsfeld bis 1820 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Constitution libérale und royalisme constitutionnel: Von der antinapoleonischen Bestimmung zur bourbonischen Adaption von libéral 1814/1815 (141) – Die idées libérales als Orientierungsbegriff im Kontext des Wiener Kongresses: Antinapoleonische und pronapoleonische Berufung (148) – Tranquillité et stabilité: Die postrevolutionäre Projektion von politischem Ausgleich und gesellschaftlicher Versöhnung in den idées libérales und in libéralisme (157) – Die einseitige Polarisierung durch Legitimisten und Ultraroyalisten: Die negative Konnotation von libéralisme bis 1820 (173)

140

Inhaltsverzeichnis

2. Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Das liberale Regiment der Vernunft? Die Politisierung von liberal in der indirekten Erfahrung der Französischen Revolution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Von den idées libérales zu den liberalen Ideen: Übertragung, Adaption und Integration eines französischen Begriffsexports. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Liberalität bei der Regierung: Staatsorientierung und konstitutionelle Reformprojektion . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Italien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Rezeption des napoleonischen Begriffsexports: Principi liberali und costituzione liberale als politische Reform- und Oppositionsbegriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Veri und falsi liberali: Von der antinapoleonischen Semantik zum antihabsburgischen Oppositionsetikett . . . . . . . . . c) Idee liberali, Patria, Costituzione als nationale und konstitutionelle Konkretion: Der spirito pubblico liberale als italienischer Bedeutungshorizont um 1820 . . . . . . . . . . . 4. England. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Constitution und Liberty als Traditions- und Identifikationsbegriffe: Semantische Persistenz und Kontinuität von Whig im 19. Jahrhundert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Indirekte Rezeption und kontinentales Revolutionsstigma: Die externe Adaption von liberal im englischen Politikdiskurs bis 1819/20 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Bedeutungskongruenz oder antonymischer Gegenbegriff? Radical und radicalism zwischen plebejischer Tradition und Utilitarismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

9 185

185

191 203 208

208 213

218 225

225

232

239

Der programmatische Antagonismus von radical cure und moderate reform (240) – Radicalism not dangerous: Semantische Kongruenz statt Bedeutungsidentität (245)

IV.

5. Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

251

Phasenverschobene Ideologisierung und Polarisierung bis 1830: Von der societas civilis sive res publica zum Interessenantagonismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

258

1. Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Indikatorfunktion der lexikalischen Ebene: Vom Richtungsbegriff der idées libérales zum Bewegungsbegriff libéralisme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Persistenz negativer Bestimmungsmuster und neue Artikulationsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

258

259 262

10

Inhaltsverzeichnis

c) Der jargon libéral und die Mechanismen des Politikdiskurses: Begriffe als konkrete Handlungsfaktoren . . . . . . . . d) Die Instrumentalisierung des parti libéral durch capitalistes et commerçants . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Guerre à mort entre la monarchie et le libéralisme: Semantische Verdichtung und ideologischer Antagonismus vor 1830 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Von der Liberalität bei der Regierung zum umstürzenden Liberalismus: Die Herrschaft des Verdachts gegenüber dem Geheimrathsliberalismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Säcularisation der Gesinnungen: Der Ultraliberalismus als Objekt der restaurativen Kritik . . . . . . . . . . . . . . c) Zwischen Royalismus und Ultraismus: Semantische Projektion und Differenzbestimmung von Liberalismus . . . . . . d) Die geöffnete Pandorabüchse: Liberalismus und Antiliberalismus als Medien ideologischer Temporalisierung . . . . . . e) Die Zukunft der Geschichte: Liberalismus als Fortschrittsattentismus vor 1830 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Italien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Rapporti delle idee liberali colle opinioni Italiane: Die semantische Interdependenz von Freiheit und Nation in der Aufstandsbewegung von 1820/21 . . . . . . . . . . . . . . . b) Nemici della religione e del trono: Die Formierung der restaurativ-katholischen Fundamentalkritik bis 1830 . . . . England. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Liberal thinkers throughout Europe: Die schrittweise Adaption des Attributs aus oppositionell-außerparlamentarischer Perspektive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) An odious but intelligible phrase: Semantische Adaption und Integration von liberal als innerenglisches Reformattribut . c) A new casting of political sects: Der programmatische Rekurs der moderate Whigs und Edinburgh Reviewers auf liberal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

334 341

Die Gleichzeitigkeit des semantisch Ungleichzeitigen: Konturen und Transformationen des Begriffsfeldes bis 1835 . . . . . . . . .

349

2.

3.

4.

5.

V.

1. Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Julirevolution als Sieg des système libéral und die bannières du Libéralisme: Sécurité, Tolérance und Tranquillité .

271 276

279 282

282 286 295 300 307 310

310 313 321

321 327

349 349

Inhaltsverzeichnis

b) Zwischen utopistes, doctrinaires und légitimistes: Die Genese des antirevolutionären Ordnungsbegriffes libéralisme nach 1830 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) La source de cette confusion d’idées: Die semantische Desintegration von libéralisme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Eine politische und bürgerliche Religion: Der konstitutionelle und nationale Horizont von Liberalismus um 1830/32 b) Wahrer Liberalismus und Pseudoliberalismus: Die semantische Polarisierung des Deutungsmusters . . . . . . . . . . . c) Gesinnungsattribut oder Parteibegriff? . . . . . . . . . . . .

11

352 358 361 361 366 374

Realisierung der Rechtsidee und moralische Bildung des Volkes: Die Persistenz aufgeklärter Gesinnungsethik (375) – Die Genese der tripolaren Kontur von Liberalismus zwischen radicaler Kritik und conservativer Absetzung (377) – Parlamentarischer und außerparlamentarischer Diskurs: Polemische Funktion und soziale Bestimmung des Deutungsmusters (385)

3. Italien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der Antagonismus von liberalismo antisociale und liberalismo sociale in der Aufstandsbewegung von 1830/31 . . . . b) Der negativ bestimmte dizionario liberale: Die Persistenz der katholisch-restaurativen Bestimmungsmuster . . . . . . 4. England. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die semantische Bestimmung von whig und liberal in den Reformdebatten von 1830/32 . . . . . . . . . . . . . . . . . b) A Liberal and a radical are synonymous: Die antiaristokratische Projektion der Movement party bei den Westminster Radicals um John Stuart Mill . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI.

Neue Polaritäten und Differenzbestimmungen: Das Deutungsmuster bis zur Jahrhundertmitte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) L’abacadabra de notre politiquomancie: Die semantische Fragmentierung der Parteibezeichnungen . . . . . . . . . . b) Der libéralisme gouvernemental als libéralisme conservateur: Die Transformation vom progressiven Oppositionsetikett zum „konservativen“ Ordnungsbegriff . . . . . . . . . c) Intérêts bourgeois und idées libérales: Der libéralisme als Klassenideologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

388 388 392 400 400

406 412

418 418 418

422 428

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Inhaltsverzeichnis

2. Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der lebendige Ausdruck des Zeitgeistes: Liberalismus als evolutionär-integratives Deutungsmuster. . . . . . . . . . . b) Von der semantischen Diversifizierung zur verdeckten Desintegration: Die Liberalismen des Vormärz. . . . . . . . . . c) Die Semantik des politischen Massenmarktes . . . . . . . .

431 431 439 442

Die Auflösung des Liberalismus in Demokratismus: Die radikaldemokratische Transzendierung des Bewegungsbegriffes (445) – Die realen Interessen der Bourgeoisie: Von der frühsozialistischen Antonymie zur kommunistischen Ideologiekritik (453)

d) System der Revolution oder Geist der neueren Zeit? Die Verdichtung der vormärzlichen Spannungsmomente im Liberalismus-Begriff vor 1848 . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Die vollständige Scheidung von Liberalismus und Radicalismus: Die semantisch-ideologische Polarisierung in der Revolution 1848/49 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Italien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die semantische Differenzierung der Oppositionsbewegungen zwischen den liberali e cattolici und der Giovine Italia . b) Die neoguelfische Projektion: Pio nono als Principe liberale c) Die antirevolutionäre Semantik von liberalismo trasformatore und liberali moderati 1848/49 . . . . . . . . . . . . . . 4. England. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Periods when titles and watchwords become obsolete: Semantische Desintegration von whig und Genese von conservative . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Ökonomisierung des Begriffsfeldes: Das liberal system of government als Überwindung der old Whig party . . . . 5. Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Die zweite Jahrhunderthälfte im Ausblick . . . . . . . . . . . . . 1. Zwischen Empire libéral und libéralisme conservateur: Die Fortsetzung der semantischen Desintegration des Deutungsmusters in Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Realpolitik, Regierungsfähigkeit und Krisenerfahrung: Von der semantischen Deplazierung zur Diffamierung von Liberalismus in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Hypothek der Nationalstaatsbildung Italiens: Von der reaktionären Wendung Pius’ IX. zum Antagonismus zwischen Italia liberale und Italia cattolica . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Personalisierung und Traditionsstiftung in England: Von der Liberal party Gladstones zum New Liberalism . . . . . . . . . 5. Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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463 468 468 472 475 486

486 494 498 505

505

514

524 529 541

Inhaltsverzeichnis

VIII. Zusammenfassung und Ausblick: Zur historisch-semantischen Fassung eines aufgehobenen Begriffes. . . . . . . . . . . . . . . .

IX.

X.

13 544

1. Typologische Liberalismen und semantische Sattelzeiten: Inhaltliche Konvergenzen und Divergenzen . . . . . . . . . . . . 2. Historische Semantik als kulturelle Transfergeschichte: Übersetzung, Adaption und Integration politischer Grundbegriffe . 3. Vom historischen Grundbegriff zur politischen Kultur: Diskursive Funktionen politisch-sozialer Deutungsmuster . . . . 4. Die Aufhebung des politischen Deutungsmusters Liberalismus: Zur semantischen Überlagerung historischer Erfahrungsebenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

567

Anhang: Begriffskonjunkturen und publizistische Präsenz – Zur Frequenzanalyse der Quellenkorpora. . . . . . . . . . . . . . . .

570

546 559 564

1. Analytische Relevanz und Erklärungsreichweite . . . . . . . . 2. Frequenzanalyse für die einzelnen Vergleichsfälle nach Erscheinungsdaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Frankreich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Deutschland. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Italien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) England . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Frequenz- und Begriffsfeldanalyse nach semantischen Kriterien: Das Beispiel der Freiherr vom Stein-Werkausgabe . . . . a) Frequenzanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Quantifizierung nach semantischen Transformationsstufen. c) Begriffsfeldanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

580 581 582 584

Quellen- und Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . .

587

1. Bibliographische und nationalbibliographische Kataloge, Bücherverzeichnisse, Sachbibliographien sowie wichtige Indices . a) Frankreich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Deutschland. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Italien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) England . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Internet-Adressen: Nationalbibliotheken und Kataloge. . . 2. Französische Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Wörterbücher, Lexika, Enzyklopädien und politische Handbücher. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Monographien, Werkausgaben und Quellensammlungen . . c) Periodika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Wichtige Zeitungs- und Zeitschriftenartikel . . . . . . . . .

570 572 574 575 576 578 578

587 587 588 589 590 591 591 591 593 604 605

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Inhaltsverzeichnis

3. Deutsche Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Wörterbücher, Lexika, Enzyklopädien, politische Handbücher und wichtige Einzelartikel. . . . . . . . . . . . . . . b) Monographien, Werkausgaben und Quellensammlungen . . c) Periodika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Wichtige Zeitungs- und Zeitschriftenartikel . . . . . . . . . 4. Italienische Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Wörterbücher, Lexika, Enzyklopädien und politische Handbücher. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Monographien, Werkausgaben und Quellensammlungen . . c) Periodika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Wichtige Zeitungs- und Zeitschriftenartikel . . . . . . . . . 5. Englische Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Wörterbücher, Lexika, Enzyklopädien und politische Handbücher. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Monographien, Werkausgaben und Quellensammlungen . . c) Periodika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Wichtige Zeitungs- und Zeitschriftenartikel . . . . . . . . . 6. Sonstige Quellen und Quellensammlungen . . . . . . . . . . . a) Lateinische antike und mittelalterliche Quellen . . . . . . . b) Spanische und südamerikanische Quellen . . . . . . . . . . c) Allgemeine Quellensammlungen zum europäischen Liberalismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

606

Abbildungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

684

Abkürzungs- und Siglenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

685

Historische Begriffsregister . Französisches Register . . Deutsches Register . . . . Italienisches Register . . . Englisches Register . . . . Lateinisches Register . . .

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687 687 708 733 745 761

Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

763

Autoren- und Personenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

789

English Abstract . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

800

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606 608 623 624 627 627 627 635 636 638 638 640 651 652 654 654 655 655 656

Vorwort

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Vorwort Die vorliegende Studie untersucht die historisch-semantischen Ursprünge und Wandlungen des politischen Deutungsmusters Liberalismus in Frankreich, Deutschland, Italien und England vom ausgehenden 18. bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts. Mit dem Abschluß dieser Arbeit erfüllt mich ein Gefühl der Dankbarkeit gegenüber den vielen Menschen und Institutionen, ohne deren Hilfe dieses Projekt nicht hätte realisiert werden können. Die vergleichende Ausrichtung dieses Themas machte neben der Arbeit in Deutschland längere Aufenthalte in Paris, Rom, London und Oxford notwendig. Zu den prägenden Erfahrungen der letzten Jahre zählt daher vor allem die Gewißheit, daß historische Forschung im Ausland ein großes Privileg ist und daß erst aus einem Netz von Menschen und Institutionen die Umstände erwachsen, die eine Arbeit – bei aller Vorläufigkeit und Begrenztheit – glücken lassen. Mein Doktorvater, Professor Dr. Volker Sellin, hat das Thema dieser Dissertation nicht gestellt, aber mit großem Vertrauensvorschuß toleriert, die Umund Seitenwege seines Schülers aufmerksam und aufmunternd verfolgt sowie die Entwicklung der Arbeit in vielen Gesprächen mit Geduld, kritischer Nachfrage und in der Endphase auch mit wohlwollendem Druck begleitet. Mit zahlreichen Gutachten hat er maßgeblich zur praktischen Realisierung des Projekts beigetragen. Für die Übernahme des Zweitgutachtens danke ich Herrn Professor Dr. Clemens Zimmermann sehr herzlich. Professor Dr. Werner Giesselmann hat mit seinen Vorlesungen und Seminaren und als Betreuer meiner Magisterarbeit mein Interesse am 19. Jahrhundert geweckt. Seinen damaligen inhaltlichen und methodischen Anregungen verdankt noch diese Arbeit sehr viel. In ganz besonderer Weise fühle ich mich der Studienstiftung des deutschen Volkes verbunden, die mich seit meinem Abitur über Studium und Auslandsstudium bis zur Promotion großzügig, und nicht nur materiell, gefördert hat. Neben dem Studien- und Promotionsstipendium hat sie mir den Besuch mehrerer Sommerakademien und Auslandssprachkurse sowie insbesondere ein Auslandsstudium am University College in Oxford ermöglicht, ohne das ich rückblickend nicht in die Nähe meines Dissertationsthemas geraten wäre. Für den zuweilen heilsamen Zwang, über meine Semester in regelmäßigen Abständen Rechenschaft abzulegen, bin ich genauso dankbar, wie für die vielen Ratschläge und Gutachten meines Heidelberger Vertrauensdozenten Professor Dr. Jürgen Miethke. Auch die Bonner Referenten Hella Kohrs, Dr. Ulf Lange und Dr. Max Brocker haben mit ihrer jederzeit unbürokratischen Aufgeschlossenheit und Hilfsbereitschaft zum Gelingen dieses Projekts beigetragen. Für die langwierige Quellensuche im Ausland erhielt ich von den Deutschen Historischen Instituten in London und Rom großzügige Forschungsstipendien, ohne die sich der eurpäische Vergleich im Rahmen einer Vierländerstudie nicht hätte realisieren lassen. Den Direktoren beider Institute, Professor Dr. Peter Wende und Professor Dr. Arnold Esch, gilt dafür mein herzlicher Dank.

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Verbunden bin ich den vielen Mitarbeitern der von mir konsultierten Bibliotheken für ihre große Geduld, ihre Hilfsbereitschaft bei der Erschließung von Beständen und ihre Kooperation bei Anfragen und Bitten um Kopien: der Universitätsbibliothek Heidelberg und der unersetzbaren Frau Schmid für ihre Einweisung in die Geheimnisse der Realkataloge, der Staatsbibliothek-Preußischer Kulturbesitz zu Berlin, der British Library in London, der Bodleian Library in Oxford, der Bibliothèque Nationale de France in Paris, der Biblioteca di Storia Moderna e Contemporanea und ihrem Direktor Dr. Francesco Prinzi, der Biblioteca dell’Istituto per la Storia del Risorgimento, der Biblioteca Nazionale Centrale Vittorio Emanuele II, der Biblioteca della Camera dei Deputati, der Biblioteca del Senato della Repubblica, der Biblioteca Vaticana in Rom sowie schließlich Dr. Otmar Seemann in Wien für die Informationen zu europäischen Konversationslexika aus seiner umfangreichen Privatbibliothek sowie dem Harald Fischer Verlag (Erlangen) für die Hilfen bei der Benutzung des Archivs der europäischen Lexikographie. Von vielen Seiten habe ich von Anfang an wichtige Ratschläge, methodische Bedenken und Kritik, aber auch Ermutigung erfahren. Ohne diese Resonanz wären manche Durststrecken länger und viele Umwege noch weiter geworden. Professor Dr. Dieter Langewiesche (Tübingen) ermunterte mich zu Beginn der Arbeit, der vergleichenden Begriffsgeschichte von Liberalismus nachzugehen. Professor Dr. Reinhart Koselleck (Bielefeld), Professor Dr. Lucian Hölscher (Bochum) und Privatdozent Dr. Willibald Steinmetz (Bochum) gaben mir in der Endphase noch einmal wichtige methodische Hinweise. Die Wege in Paris, Rom, London und Oxford wären ohne das inhaltliche und methodische Interesse, die Geduld und praktische Hilfe von so vielen Seiten sehr viel längere geworden. Für die Arbeit im europäischen Ausland boten die Deutschen Historischen Institute in Paris, Rom und London nicht nur die erste Anlaufstelle, sondern immer wieder eine wertvolle Hilfe und ein unersetzbares Kontaktforum. Zu danken habe ich darüberhinaus namentlich Dr. Helmut Atsma (Paris), Dr. Reinhard Blänkner (Frankfurt/Oder), Dr. Jens Petersen (Rom), Dr. Gerhard Kuck (Rom), Professor Dr. Raffaele Romanelli (Florenz), Professor Dr. Marco Meriggi, (Mailand/Triest), Professor Dr. Pierangelo Schiera (Trento/Berlin), Professor Dr. Hartmut Ullrich (Kassel), Dr. Thomas Kroll (Düsseldorf), Denis Mack Smith (Oxford), Professor Dr. Michael F. John (Oxford/Norwich), Dr. Leslie G. Mitchell (Oxford), Dr. Angus Macintyre (†), Dr. William Thomas (Oxford), Dr. Miles Taylor (London), Professor Dr. Lothar Kettenacker (London), Professor Dr. Melvin Richter (New York) sowie Professor Dr. Hans Petersen (Kassel). Die zahlreichen Gelegenheiten, Ergebnisse meiner Untersuchung zur Diskussion zu stellen, halfen, der „Einsamkeit und Freiheit“ des Doktoranden fruchtbar entgegenzuwirken. Zu danken ist der Arbeitsstelle für vergleichende Gesellschaftsgeschichte der Freien Universität Berlin für den Sommerkurs 1995 unter Leitung von Professor Dr. Jürgen Kocka und Professor Dr. Hannes Siegrist; Professor Dr. Josef Ehmer und Mag. Peter Gutschner für die Einla-

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dung zu einem Vortrag an der Universität Salzburg; den Teilnehmern am Kolloquium des Deutschen Historischen Instituts London im April 1996; den Mitgliedern im Arbeitskreis Liberalismus-Forschung der Friedrich Naumann-Stiftung; dem Kolloquium von Professor Dr. Volker Sellin am Historischen Seminar der Universität Heidelberg; Professor Dr. Peter Clarke, Professor Derek Beales, Dr. Boyd Hilton und Dr. Jonathan Parry (alle Cambridge) für die Einladung in das Postgraduate Seminar in Modern British History in Cambridge und schließlich den Veranstaltern und Teilnehmern der von der Studienstiftung ermöglichten Forschungskolloquien „Das Eigene und das Fremde – Grenzziehungen in der deutschen Gesellschaft des Kaiserreichs“ in Würzburg und „Kulturtransfer im 19. Jahrhundert“ am Centre Marc Bloch in Berlin, namentlich Till van Rahden und Marc Schalenberg sowie den Kommentatoren Professor Dr. Ute Daniel (Braunschweig), Professor Dr. Reinhard Rürup (Berlin), Professor Dr. Etienne François (Berlin) und Professor Dr. Michael Werner (Paris). Die Arbeit wurde unter dem Titel „Sprachmengerei und Begriffsverwirrung“ – Komparative Studien zur historischen Semantik vom „Liberalismus“ im 19. Jahrhundert: Frankreich, Deutschland, Italien und England im Vergleich im Sommersemester 1998 von der Philosophisch-Historischen Fakultät der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg als Inaugural-Dissertation angenommen. Im November 1998 wurde sie mit dem Forschungspreis des Deutschen Historischen Instituts London und im Oktober 1999 mit dem Wolf-ErichKellner-Gedächtnispreis der Friedrich-Naumann-Stiftung ausgezeichnet. Den Mitgliedern der beiteiligten Preisgerichte danke ich für die Zuerkennung der Preise sehr herzlich. Dem Direktor des Deutschen Historischen Instituts London, Herrn Professor Dr. Peter Wende, bin ich darüber hinaus besonders für die mit dem Forschungspreis verbundene Aufnahme meiner Arbeit in die Reihe der Veröffentlichungen des Deutschen Historischen Instituts London verbunden. Durch sein großzügiges Entgegenkommen als Herausgeber der Reihe kann die Arbeit trotz ihres Umfanges weitestgehend ungekürzt erscheinen. Der Warden und die Fellows von Wadham College Oxford schließlich schufen eine ebenso entspannende wie stimulierende Atmosphäre in meinem ersten Jahr als Fellow in Oxford, die mir die abschließende Überarbeitung für den Druck leicht machte. Zu danken habe ich abschließend jenen Menschen, denen ich in den vergangenen Jahren das meiste schuldete. Das geht weit über dieses Buch hinaus, aber es ist auch ein Teil von ihm. Meine Auslandsaufenthalte wären einsamer und weniger fröhlich ohne diejenigen gewesen, die mir in je unverwechselbarer Weise im besten Sinne des Wortes Quartier gaben: Mme. Jacqueline Bosquillon de Jenlis im unvergessenen 16. Arrondissement in Paris, Valerio und Antonietta Signorelli in der römischen Via Arminjon, vor allem aber Gunda Cannon, zusammen mit Simon, Leo und Max für die schönste Zeit in Blackheath und London. Die Heidelberger Freunde Helke Rausch, Christof Strauß und Christoph Becker haben mit Geduld, Konzentration und Zähigkeit die Mühen des Kor-

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rekturlesens auf sich genommen. Ihrer unvoreingenommenen und kompetenten Kritik, ihrem Humor, vor allem aber ihrer Freundschaft verdanke ich viel. Falls der Autor nicht ganz unter das Verdikt Jean Pauls über Lavater fällt – „Sooft er sich nicht auszudrücken wußte, schuf er.“ – weiß er nun immerhin, wem dies zu verdanken ist. Christoph Peterhänsel sorgte dafür, daß meine Launen unserer Handschuhsheimer Wohngemeinschaft keinen nachhaltigen Schaden zufügten. Mehr als er ahnen kann und hören will, verdankt diese Arbeit Hendrik Hunsinger, dem großzügigen, präsenten und nahen Freund, der mir in den schwierigeren Zeiten die entscheidende Balance gab und die Freude in den guten verdoppelte. Seine und Johannas Gastfreundschaft gehören zu dieser Arbeit wie die Passagen „unseres Perlenfischers“ Keith Jarrett. Ich danke meiner Familie: meiner Schwester Iris für alle Überbrückungen, ihren Töchtern Sina und Ines für deren konstant-ausgleichendes Desinteresse an allen Fragen der historischen Semantik und des Liberalismus, meinen Eltern aber zuerst und zuletzt: für den unbezwingbaren Optimismus meiner Mutter und den unbegrenzten Vertrauensvorschuß meines Vaters – mehr als sich irgend sagen ließe, ist dies ihr Buch geworden. Wadham College Oxford, am 9. November 1999

J.L.

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But the most noble and profitable invention of all other, was that of SPEECH, consisting of Names or Appellations, and their Connexion; whereby men register their Thoughts; recall them when they are past; and also declare them one to another for mutual utility and conversation; without which, there had been amongst men, neither Commonwealth, nor Society, nor Contract, nor Peace, no more than amongst Lyons, Bears, and Wolves. THOMAS HOBBES, Leviathan (1651), hrsg. von C. B. MACPHERSON, London 1985, Teil I: Of Man, Kapitel 4: Of Speech, S. 100.

Words, in their primary and immediate signification, stand for nothing but the ideas in the mind of him that uses them, how imperfectly soever or carelessly those ideas are collected from the things which they are supposed to represent. When a man speaks to another, it is that he may be understood; and the end of speech is that those sounds, as marks, may make known his ideas to the hearer. JOHN LOCKE, An Essay Concerning Human Understanding (1706), hrsg. von JOHN W. YOLTON, London 1977, Buch III: Of Words, Kapitel 2: Of the signification of words, S. 208.

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I. Einleitung

I. Einleitung: Gegenstand, Fragestellungen, Ziele und Methoden 1. Annäherungen: Problemaufriß, Erkenntnisinteressen und Zielhorizont In seinen Weltgeschichtlichen Betrachtungen befand Jacob Burckhardt, daß die „Geschichte . . . ja überhaupt die unwissenschaftlichste aller Wissenschaften“ sei, „nur daß sie viel Wissenswürdiges überliefert.“ Symptomatisch für diese Beobachtung erschien ihm die Differenz zwischen philosophisch-logischer und historischer Begriffsbildung: „Scharfe Begriffsbestimmungen gehören in die Logik, aber nicht in die Geschichte, wo Alles schwebend und in beständigen Übergängen und Mischungen existirt.“ Philosophische Begriffe seien daher „so fest und geschlossen als möglich“ zu fassen, historische dagegen „so flüssig und offen als möglich . . . Beide sind wesentlich verschiedener Art und verschiedenen Ursprungs“.1 Burckhardts Diktum erscheint unlösbar mit einer anderen grundlegenden Zeiterfahrung verbunden: In kaum verhohlener Skepsis resümierte der Schweizer Historiker 1871, „daß eigentlich Alles bis auf unsere Tage lauter Revolutionzeitalter ist.“ Im „großen Drama“ der geschichtlichen Umwälzungen seit 1789 erkannte er nunmehr „Eine Bewegung . . ., die im Gegensatz zu aller bekannten Vergangenheit unseres Globus steht“.2 Bereits in seinen historischen Vorlesungen von 1829 hatte Barthold Georg Niebuhr bei der Suche nach einem „Wort für die Zeit im allgemeinen“ auf den Terminus der Revolution zurückgegriffen und dabei in der Französischen Revolution zwar noch den „Mittelpunct der letzten vierzig Jahre“ erkannt. Die Folgewirkungen reichten aber weit über den unmittelbaren Kontext von 1789 hinaus: Damals, so Niebuhr, seien „die comprimierten Mächte . . . freigelassen“ worden, seitdem aber sei „selbst das alte und älteste, das sich für unverändert ausgibt, . . . durch die große Epoche verändert worden oder in andere Verhältnisse gestellt“.3 Damit löste sich der Revolutionsbegriff aus dem spezifischen Kontext eines bestimmbaren historischen Ereignisses, indem er nunmehr als bereits den Zeitgenossen adäquat erscheinendes Epochenetikett firmierte. Der Begriff bezog seine Wirkungsmacht nicht länger aus einer bloß temporären Außerkraftsetzung politisch-gesellschaftli-

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JACOB BURCKHARDT, Über das Studium der Geschichte. Der Text der Weltgeschichtlichen Betrachtungen auf Grund der Vorarbeiten von ERNST ZIEGLER nach den Handschriften hrsg. von PETER GANZ, München 1982, S. 293. JACOB BURCKHARDT, Das Revolutionszeitalter, in: DERS., Historische Fragmente, hrsg. von EMIL DÜRR, Neudruck Stuttgart 1942, S. 194–240, hier S. 200. BARTHOLD GEORG NIEBUHR, Geschichte des Zeitalters der Revolution. Vorlesungen an der Universität zu Bonn im Sommer 1829, Bd. 1, Hamburg 1845, S. 41 f.

1. Annäherungen

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cher Ordnungsgefüge. Die Rückkehr zu einem status quo ante auf dem Wege einer vermeintlichen Restauration erwies sich damit als unmöglich. Erst vor diesem Hintergrund entfaltete sich eine neue semantische Verortung von Zeitbegriffen: Selbst wo sich Restauration als echte Rückkehr zum Ancien régime bald als Utopie erwies, galt der Begriff den fortschrittlichen Zeitgenossen „als die nach rückwärts gerichtete Reform der Reaktionäre“.4 Gegenüber dem belasteten Revolutionsbegriff und der als Reaktion verstandenen Restauration etablierte sich der Begriff der Reform als semantische Vermittlung zwischen gesellschaftlicher Dynamik und politisch-konstitutioneller Statik.5 Indem Revolution weit über die chronologischen und nationalen Grenzen der Französischen Revolution ausgriff, geriet sie zeitgenössischen Beobachtern zum Symbol für tiefgreifende Umbrüche. Dieses Symbol läßt sich analytisch als Deutungsmuster sozialen Wissens erfassen, also als übergreifendes sprachliches Paradigma der Wirklichkeitswahrnehmung und -interpretation. Es sei, so Alexander Hill Everett, amerikanischer Diplomat am niederländischen Hof, eben nicht nur Europa, sondern „der ganze Erdkreis . . . durch eine Art von Convulsion bis in das Innerste erschüttert“ worden. Alle Bemühungen um eine Rückführung der Verhältnisse nach 1815 schienen insofern vergeblich, als die Ursache der Veränderungen eben kein momentaner Umsturz war, sondern die ebenso tiefgreifende wie neuartige Entdeckung, „daß die Revolution . . . nach und nach durch die Veränderungen, welche in dem Zustande der Gesellschaft vorgegangen sind und die eine Wirkung . . . der Zivilisation waren, hervorgebracht ist. In dieser Veränderung des Zustandes der Gesellschaft besteht die wahre Revolution“.6 Mit der Entstehung des Deutungsmusters Revolution als Epochenbegriff verbanden die Zeitgenossen ihre eigene Gegenwart mit dem Einsetzen fundamentaler Umbrüche seit dem letzten Drittel des 18. Jahrhunderts, begriffen sich mithin als postrevolutionäre Gesellschaft, in der die Revolution allenfalls dialektisch, aber nicht mehr restaurativ aufgehoben werden konnte. Ein Ende der Revolution war in diesem Sinne nicht mehr absehbar und ließ die eigene Gegenwart als Periode des beschleunigten Übergangs, der dau-

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PANAJOTIS KONDYLIS, Reaktion, Restauration, in: OTTO BRUNNER, WERNER CONZE und REINHART KOSELLECK (Hrsg.), Geschichtliche Grundbegriffe. Historisches Lexikon zur politisch-sozialen Sprache in Deutschland, Bd. 5, Stuttgart 1984, S. 179–230, hier S. 197. Vgl. EIKE WOLGAST, Reform, Revolution, in: BRUNNER et al. (Hrsg.), Bd. 5, S. 313–60 sowie HANS-PETER ULLMANN und CLEMENS ZIMMERMANN, Einleitung, in: DIES. (Hrsg.), Restaurationssystem und Reformpolitik. Süddeutschland und Preußen im Vergleich, München 1996, S. 7–15, hier S. 7 f. [ALEXANDER HILL EVERETT] Europa oder Uebersicht der Lage der Europäischen Hauptmächte im Jahre 1821. Von einem amerikanischen Diplomaten (Mr. Alex. H. Everett, Chargé d’affaires der Vereinigten Staaten am Königl. Niederländischen Hofe). Aus dem Englischen mit (im Sinne der monarchischen Grundsätze) erläuternden und berichtigenden Anmerkungen des Uebersetzers, Erster Theil, Bamberg 1823, S. 29 und 7.

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I. Einleitung

ernden Bewegung oder permanenten Krise erscheinen. Alexis de Tocqueville resümierte 1850: Ce qui est clair pour moi, c’est qu’on s’est trompé depuis soixante ans en croyant voir le but de la révolution . . . Il est évident que le flot continue à marcher . . . que non-seulement nous n’avons pas vu la fin de l’immense révolution qui a commencé avant nous, mais que l’enfant qui naît aujourd’hui ne la verra vraisemblablement pas.

Es sei eben nicht mehr nur eine „modification“ sondern eine strukturelle „transformation du corps social“,7 die für diese langfristigen Wirkungen verantwortlich sei. Die von Thomas Carlyle in seinem 1829 veröffentlichten Essay über Signs of the Times konstatierte „grinding collision of the New with the Old“, als deren Symptom die Französische Revolution gelten konnte – „not the parent of this mighty movement, but its offspring“8 – war keine Beobachtung isolierter Umbruchserscheinungen, sie erfaßte gerade auch die politisch-soziale Sprache im komplexen Spannungsfeld von neuen Erfahrungen und Erwartungen.9 Erst dies ließ aus dem „Zeitalter der Revolutionen“10 zugleich „bei dem babylonischen Thurmbau einer neu zu schaffenden Ordnung der Dinge eine babylonische Sprachverwirrung“ entstehen.11 a) Ideen, Begriffe und Sprachverwirrung: Zur Transformationsgeschichte politisch-sozialer Sprache im 19. Jahrhundert Joseph von Görres entwarf 1804 ein symbolträchtiges Panorama des aufbrechenden neuen Verhältnisses von Ideen und Begriffen, als er deren Zusammentreffen in der eigenen Gegenwart beschrieb. Als „große Begebenheit der Zeit“ erkannte er die Herabkunft der Ideen, „die seit langem sich in sich selbst zurückgezogen hatten und nur von Zeit zu Zeit als Fremdlinge, von wenigen gesehen, auf die Erde herabgestiegen waren.“ Auf der Erde treffen die Ideen, die „in der Kunst, der Wissenschaft und überall ihr Erbe, die Herrschaft des Irdischen“ zurückfordern, auf die Begriffe, die dort „alles in Feldmarken eingeteilt und abgezäunt“ haben.12 Die bisher unangefochtene Herrschaft der über-

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Brief Tocquevilles an Eugène Stoffels vom 28. April 1850, in: ALEXIS DE TOCQUEVILLE, Œuvres et correspondance, hrsg. von GUSTAVE DE BEAUMONT, Bd. 1, Paris 1861, S. 460 f. [THOMAS CARLYLE] Signs of the Times, in: EDINBURGH REVIEW 49 (1829), S. 439–59, hier S. 458 f. Vgl. REINHART KOSELLECK, „Erfahrungsraum“ und „Erwartungshorizont“ – zwei historische Kategorien (1976), in: DERS., Vergangene Zukunft. Zur Semantik geschichtlicher Zeiten, Frankfurt a. M. 1989, S. 349–75. EVERETT, Erster Theil, S. 28. JOHANN IGNATZ WEITZEL, Hat Deutschland eine Revolution zu fürchten?, Wiesbaden 1819, S. 19 f. JOSEPH VON GÖRRES, Die Herabkunft der Ideen und das Zeitalter (1804/05), in: DERS., Ausgewählte Werke und Briefe, hrsg. von WILHELM SCHELLENBERG, Bd. 1,

1. Annäherungen

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kommenen Begriffe wird durch die „stolzen Fremdlinge“ schließlich abgelöst: „Und sie [die Begriffe] traten zusammen und wählten sich die Ideen zu ihren Heerführern und vertrauten ihnen die Lenkung des gemeinen Wesens und verpflichteten sich, ihnen zu glauben und zu folgen in allem.“ Aber die derart geschaffene Harmonie zwischen herrschenden Ideen und dienenden Begriffen gerät schon bald in Unordnung. Aus der Revolte der unterdrückten Begriffe erwächst die Revolution, da das Volk nicht mehr an die „Unsterblichkeit der Fremdlinge“ glaubt, nachdem es „nur einmal den ersten Kopf auf der Pike dahergetragen sah.“ Damit setzt der folgenschwere Kampf von Ideen und Begriffen ein, in dem die Volksmasse endlich neue „Geister“ beschwört, „um die Begriffe vollends zu verwirren und zu verhetzen und sie dann anzuführen im Kampf gegen die Ideen“.13 Görres griff bei seiner suggestiven Metapher für den Kampf zwischen tradierten und neuen Zeitkräften, der seit 1789 augenfällig geworden war, kaum zufällig auf Ideen, Begriffe und Geister als Akteure zurück. Das überkommene System begrifflicher Ordnung, die die Erde in Marken und Felder einteilte, geriet bei ihm mit dem Aufkommen neuer Ideen in Bewegung, die schließlich die Leitungsherrschaft gewannen und die doch schon bald im öffentlichen Räsonnement wieder in Frage gestellt wurden. Den für Görres entscheidenden Einschnitt markierte der Umschlag des zunächst berechtigten Widerstandes – denn „der Hochmut der Ideen ward drückend für die Begriffe“ – in die gewaltsame Revolution, in der die „Lügengeister“, von der Masse beschworen und herbeigerufen, zu Verkehrung und Verdammnis führen. In diesem „Kampf des Himmels mit der Hölle um das Irdische“ sah Görres das bestimmende Zeichen der Epoche. Die eigene Gegenwart erschien nicht allein vom Kampf der Ideen und Bewegungen geprägt, es ging eben auch um die Auseinandersetzungen auf sprachlich-kommunikativer Ebene, um Verwirrung der Begriffe durch falsche Geister, die als „gefallene, verstoßene Engel“ selbst Ergebnis der Revolution und zugleich Kampfmittel waren.14 Damit wurde das Zeitereignis Revolution in metaphorisch-suggestiver Verkleidung zur Ursache der von Görres erkannten Begriffsverwirrung. Aus dieser Perspektive erscheint die politisch-soziale Revolution auch als Umwälzung der politischen Sprache. Begreift man die Relation von Ideen, Begriffen und öffentlichem Diskurs als substanzielles Kennzeichen politischer Sprache, so wird hier deutlich, wie sich die überkommene statische Ordnung im Verhältnis von Ideen und Begriffen in der Wahrnehmung der Zeitgenossen verändert und welche aktive Eigenmacht dem Kampf zwischen Ideen und Lügengeistern um die Begriffe zukommt. Dieser Konflikt um Begriffe reflektiert zugleich den gewandelten Kontext des öffentlichen Raumes für den Diskurs

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Kempten 1911, S. 98, zitiert nach WALTHER KILLY (Hrsg.), Zeichen der Zeit. Ein deutsches Lesebuch in vier Bänden, Bd. 2: 1786–1832, Darmstadt 1981, S. 28–31, hier S. 28. Ebd. S. 29 f. Ebd., S. 30 f.

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I. Einleitung

und die potentielle Gefahr falscher Berufungen. Während Görres indes noch auf eine ideelle wie begriffliche Neuwerdung im Kampf gegen die Lügengeister hoffte, eine dialektische Katharsis moralischer Qualität, die aus der Dichotomie von positiven Ideen und negativen Geistern hervorgehen sollte,15 unterschied Adam Müller in seinen Vorlesungen über die Elemente der Staatskunst skeptisch zwischen dynamischen Ideen und statischen Begriffen. Während die Idee „das Leben allenthalben hin begleiten und auf dasselbe wirken“ könne, „weil sie selbst lebendig ist“, bleibe der Begriff immer zurück und komme stets zu spät. Die Erfahrung der Französischen Revolution bestand für ihn nicht zuletzt in einer neuen destruktiven Wirkungsmacht der Begriffe. Wiederum stand die spannungsreiche Beziehung zwischen Idee und Begriff im Zentrum einer neuen historischen Erfahrung, und wiederum war ein wesentliches neues Kennzeichen der Revolution in der Macht neuer Begriffe zu suchen. Der Begriff, so Müller, könne „nur zerstören und tödten . . . wie wir es in der Französischen Revolution gesehen haben, wo ihm ein Wirkungskreis eingeräumt wurde, der groß genug war“.16 Den revolutionären Wandel der Sprache neben den sichtbaren politischkonstitutionellen Veränderungen registrierten nachgerade französische Zeitgenossen: La langue éprouva le même bouleversement que les lois, le gouvernement et les institutions monarchiques. Les nouvelles idées amenèrent une foule de nouveaux mots. Les mots anciens perdirent leur acception, et furent conduits jusqu’à un sens tout-à-fait opposé. Il en résulta une langue qui étoit l’inverse du bon sens.17

Die sich dynamisch entfaltende Pluralität von Ideen und Interessen stellte nicht allein das überkommene Verständnis der societas civilis als Identität von Bürgern und Staat18 in Frage und markierte insofern den folgenreichen historischsemantischen Beginn der bürgerlichen Gesellschaft als Bezugspunkt der politischen, gesellschaftlichen und kulturellen Transformationen des 19. und 20. Jahrhunderts, sondern forderte im offenen Kampf um Begriffe zugleich alle tradierten Definitions- und Deutungsmonopole heraus. Die unmittelbarste Konsequenz solcher sprachlich-kommunikativer Mobilisierung war ein Ne15 16 17

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Vgl. ebd., S. 31. ADAM H. MÜLLER, Die Elemente der Staatskunst. Öffentliche Vorlesungen (1809), hrsg. von JAKOB BAXA, Jena 1922, S. 42. Du Langage révolutionnaire (1814/1815), in: Tableau politique et littéraire de la France en 1814 et 1815, extrait des meilleurs écrits de cette heureuse époque, Bd. 2, Paris 1820, S. 311–7, hier S. 311. Vgl. MANFRED RIEDEL, Gesellschaft, bürgerliche, in: BRUNNER et al. (Hrsg.), Bd. 2, S. 719–800, hier S. 737 ff. Zum unterschiedlichen Bedeutungswandel von der societas civilis zur bürgerlichen Gesellschaft in England gegenüber Frankreich und Deutschland vgl. WERNER CONZE, Staat und Gesellschaft in der frührevolutionären Epoche Deutschlands, in: HANNS HUBERT HOFMANN (Hrsg.), Die Entstehung des modernen souveränen Staates, Köln 1967, S. 297–320, hier S. 298 ff. sowie NIKLAS LUHMANN, Die Unterscheidung von Staat und Gesellschaft, in: DERS., Soziologische Aufklärung 4. Beiträge zur funktionalen Differenzierung der Gesellschaft, Opladen 1987, S. 67–73.

1. Annäherungen

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beneinander von wachsendem Bedürfnis nach begrifflicher Orientierung und semantischer Verbindlichkeit einerseits, um so Wegmarken in einer unübersichtlich gewordenen Umwelt zu gewinnen, und der Erfahrung einer wachsenden Verwirrung und Unklarheit der politisch-sozialen Sprache andererseits, einer zunehmenden Unschärfe und Unbestimmtheit, einer Inflation definitorischer Angebote, die die semantische Gültigkeit und den Wirkungskreis solcher Bestimmungsversuche immer mehr beschränkte. Sören Kierkegaard gab dieser Erfahrung pointierten Ausdruck, als er 1837 in seinem Tagebuch nicht in den politischen Umwälzungen Europas den „totalen Bankerott“ aufziehen sah, sondern das „scheinbar unentrinnbare Fallit in geistiger Hinsicht“ ins Zentrum stellte: eine Sprachverwirrung, weit gefährlicher als jene babylonische . . ., als jene auf den babylonischen Versuch des Mittelalters gefolgte National- und Dialektverwirrung – eine Verwirrung nämlich in den Sprachen selbst, ein Aufruhr, der gefährlichste von allen, der Worte nämlich, die, losgerissen von der Herrschaft der Menschen, verzweifelt gleichsam aufeinander losstürzen, und aus diesem Chaos greift der Mensch gleichsam wie aus einem Glückshafen das erste beste Wort, um seine vermeintlichen Gedanken auszudrücken . . . Vergebens suchen einzelne große Männer, neue Begriffe zu münzen und sie in Zirkulation zu setzen – das nützt nichts. Einen Augenblick nur und sie sind verbraucht, und das nicht einmal von vielen, und tragen so bloß dazu bei, die Verwirrung noch schlimmer zu machen; denn eine Idee scheint die fixe des Zeitalters geworden zu sein, es ist diese: über seinen Vorgänger hinausgekommen zu sein.19

George Cornwall Lewis begründete 1832 die Notwendigkeit der „explanations and distinctions“ von politischen Begriffen mit ihrer zunehmenden Ungenauigkeit, die durch den intensivierten öffentlichen Diskurs noch multipliziert werde. Ihm ging es dabei schon nicht mehr a priori um eine normativ-verbindliche Begriffsdefinition, sondern zunächst um den Erweis der semantischen Pluralisierung selbst: The following researches . . . relate, not to the truth of any particular propositions, but to the meaning of certain terms used in political reasoning; which being often employed with different senses in the premises and conclusion, have given rise to countless inconclusive arguments, and have thus caused fallacies of argument in the proper meaning of the word.20

Lewis’ Ziel lag damit nicht mehr in einer Homogenisierung der semantischen Reichweite politischer Begriffe, sondern in der Schärfung des sprachlichen Herrschaftswissens über die Vielzahl von Bedeutungen, in denen sich der Pluralismus der Meinungen niederschlug: „where all people talk on the same subject, they should be agreed about the vocabulary with which they discuss it: or, at any rate, they should be aware that they are not agreed“.21 In Deutschland konstatierte zur selben Zeit Carl von Rotteck im Staatslexikon „eine fast babylonische Sprachverwirrung, welche in Folge des blind leiden19 20 21

Eintragung vom 17. Januar 1837, in: SÖREN KIERKEGAARD, Die Tagebücher, hrsg. von THEODOR HAECKER, Bd. 1: 1834–1848, Innsbruck 1923, S. 58 f. GEORGE CORNWALL LEWIS, Remarks on the Use and Abuse of some political terms, London 1832, S. V, XX und VI. Ebd., S. XX.

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I. Einleitung

schaftlichen Parteienkampfs eintrat“,22 und Alfred Rutenberg beklagte 1842 die „Sprachmengerei und Begriffsverwirrung . . . in Deutschland . . . gerade auf dem Gebiete der Politik“.23 In diesen Beobachtungen schlug sich weniger das vordergründige Fehlen einer verbindlichen Nomenklatur nieder, mit der sich auf dem politischen Massenmarkt des Vormärz politische Gruppen oder bereits „Parteien“ hätten definieren lassen. Sprachmengerei und Begriffsverwirrung konturierten vielmehr die Erfahrung eines fundamental neuen Stellenwerts und einer veränderten Wirkungsmacht von politisch-sozialer Sprache, in deren neuen Leitbegriffen sich veränderte Wahrnehmungsweisen und Handlungsmuster abbildeten. Bereits die Zeitgenossen bemühten sich um eine Erklärung dieses Phänomens und erkannten den wesentlichen Grund für die Sprachverwirrung in ganz Europa in der Veränderung des Verhältnisses zwischen überkommenen Deutungsmustern und neuen Ideeninhalten und der daraus resultierenden Fermentierung von ambivalenten Begriffsgehalten, in denen sich Vergangenheit und Gegenwart gleichsam ineinander verschränkten: Or questa perniciosa confusione di lingue è quella, che da qualche tempo si è con sorpresa universale scoperta in quasi tutte le lingue dell’Europa. Egli è certo che le voci sono le medesime, ed è certo altresì che moltissime voci e vocaboli, e dei più importanti, non corrispondono più a quelle idee che esprimevano per lo passato; anzi un grandissimo numero spiegano ora idee contradditorie, incerte, confuse, e stravolte di ciò che facevano in passato.24

Signifikant aus der konservativen Perspektive, welche die italienischen Autoren des Nuovo Vocabolario einnahmen, war vor allem die enorme Wirkungsmacht der politischen Sprache: Die scheinbare begriffliche Verschleierung ideologischer Ziele diente längst als Instrumentalisierung und Mobilisierung der Öffentlichkeit und war damit zu einem Machtfaktor geworden, von dem eine Instabilisierung des gesellschaftlichen Systems auszugehen schien: Dietro a tal fatale confusione di voci e d’idee è venuto un universale sconvolgimento sociale. Molti popoli ingannati da falsi vocaboli, e mal intesi, hanno corso dietro a tutto ciò che in realtà detestavano, e trovarono Schiavitù, Oppressione, Angustie, e Miserie, dove credevano trovare il Porto della Libertà, del comando, e della Felicità.25

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CARL VON ROTTECK, Demokratisches Prinzip, in: DERS. und CARL THEODOR WELCKER (Hrsg.), Staats-Lexicon oder Encyclopädie der Staatswissenschaften, in Verbindung mit vielen der angesehensten Publicisten Deutschlands, Bd. 4, Altona 1837, S. 252–63, hier S. 252 f. ADOLF RUTENBERG, Radical, Radicalismus, in: ROTTECK und WELCKER (Hrsg.), Bd. 13, 1842, S. 408–20, hier S. 408. Nuovo Vocabolario Filosofico-Democratico indispensabile per chiunque brama intendere la nuova lingua rivoluzionaria. Terza edizione fatta su quella di Firenze del 1849. Riveduta e disposta per ordine alfabetico, Neapel 1850, S. 9. Die erste Ausgabe des Wörterbuchs erschien 1799 in zwei Bänden in Venedig und trug wesentlich zum Export des neuen politischen Wortschatzes der französischen Revolution in Italien bei. Eine zweite Ausgabe erschien 1849 in Florenz. Es ist signifikant, daß die konservativen Autoren das Wissen um die Begriffsdefinition des politischen Gegners als unerläßlich einschätzten, um ihm adäquat begegnen zu können. Ebd., S. 9f.

1. Annäherungen

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Indem Politik aufhörte, „eine Sache nur von Hof und Regierung, von ständischen und kirchlichen Institutionen zu sein, von denen die Bürger ausgeschlossen“26 waren, übertrug sich das politisch-gesellschaftliche Emanzipationsstreben auch auf Begriffe und Diskurse.27 Die Herausgeber eines zeitgenössischen italienischen Dizionario Politico begründeten die Notwendigkeit ihres Werkes mit dem gegenüber dem Absolutismus der Vergangenheit veränderten Anspruch auf politische Partizipation, neue Aktionsformen, Institutionen sowie freien öffentlichen Diskurs. Der Anspruch, die Politik als Wissenschaft zu fassen, firmierte zugleich als Motiv für eine überparteiliche Bestimmung ihrer Begriffe: La politica è la scienza di ben governare. Nelle monarchie assolute, egli basta che la conosca il principe e la conoscano i pochi ch’egli adopera a consigliarlo e a servirlo nelle cose di Stato . . . Ma nelle monarchie costituzionali e nelle repubbliche democratiche, le assemblee deliberanti, le elezioni e la libertà della stampa chiamano ogni individuo a prender parte od almeno interesse ed amore alle faccende dello Stato . . . Laonde la presente utilità ed opportunità di un Dizionario politico non richiede altre prove . . . Chi conosce il valore delle voci di una scienza, già possiede buona parte di essa. Avverta però bene il lettore che questo è un Dizionario, e non un’Enciclopedia, nè tanto meno un Catechismo ad uso di una fazione.28

Während Carl von Rotteck und Alfred Rutenberg mit dem publizistischen Großprojekt des Staatslexikons ein bildungsbürgerliches Forum fortschrittlicher Deutungsmuster anbieten konnten, von dessen verbindlicher Aktualisierung sie selbstbewußt die Antwort auf Sprachmengerei und Begriffsverwirrung erwarteten, blieb zumal nach der Erfahrung der Revolution 1848/49 dem skeptischen Publizisten Wilhelm Heinrich Riehl im Rückblick auf die vermeintliche Verbindlichkeit der Begriffe nurmehr die Feststellung, daß „hinter der Verwirrung der Begriffe und Standpunkte . . . eine tiefe Ironie“ lauere, die sich im Bekenntnis niederschlug, „daß eben jene hergebrachten Parteigruppen bloße Schatten, todte Formeln geworden sind, die keine Macht mehr haben angesichts der Ereignisse“.29 Vor diesem Hintergrund kam dem Verständnis für die Funktion politischsozialer Leitbegriffe und die verdichtete Repräsentation außersprachlicher Verschiebungen in den Veränderungen der Sprache selbst eine neue hermeneutische Dimension zu. Das „Auftauchen neuer Worte in der Sprache, ihr häufiger Gebrauch und die wechselnde Bedeutung, die ihnen durch den Stempel der 26 27

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THOMAS NIPPERDEY, Deutsche Geschichte 1800–1866. Bürgerwelt und starker Staat, 2. Aufl. München 1984, S. 286. Vgl. KARL GRIEWANK, Der neuzeitliche Revolutionsbegriff. Entstehung und Entwicklung. Aus dem Nachlaß hrsg. von INGEBORG HORN-STAIGER, Neudruck Frankfurt a. M. 1992 sowie REINHART KOSELLECK, Revolution, in: BRUNNER et al. (Hrsg.), Bd. 5, S. 653–788. Dizionario Politico nuovamente compilato. Ad uso della gioventù italiana, Turin 1849, o.S. WILHELM HEINRICH RIEHL, Die bürgerliche Gesellschaft, 3. Aufl. Stuttgart 1855, Neudruck Stuttgart 1861, S. 13.

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I. Einleitung

herrschenden Meinung aufgeprägt wird“, sei, so Wilhelm Schulz 1841, „ein nicht zu verachtender Zeiger an der Uhr der Zeit“.30 Sprache als Faktor und Indikator für außersprachliche Umbruchserfahrungen wurde also bereits von den Zeitgenossen wahrgenommen und thematisiert. Politisch-soziale Leitbegriffe waren selbst Bestandteil der Brüche und Transformationen, indem sie als kausale Faktoren wirkten, und sie fungierten zugleich als empfindliche seismographische Indikatoren dieser krisenhaften Veränderungen. Sie begleiteten in ihrer historischen Genese und langfristigen semantischen Transformation seit dem Ausgang des 18. Jahrhunderts auf sprachlich-kommunikativer Ebene den komplexen und spannungsreichen Übergang von der altständischen Lebenswelt zur modernen Gesellschaft.31 b) Liberalismus und Liberalismen: Vom retrospektiven Ideensingular zur historisch-semantischen Pluralisierung Innerhalb des Spannungsfeldes zwischen persistenten Strukturen der altständischen Gesellschaft und der seit dem letzten Drittel des 18. Jahrhunderts einsetzenden politisch-konstitutionellen wie sozial-ökonomischen „Doppelrevolution“32 kommt dem politisch-sozialen Grundbegriff Liberalismus eine zweifache historische Deutungsdimension zu, die zugleich auch Grundzüge der Erforschung des historischen Phänomens Liberalismus charakterisiert. Zunächst steht Liberalismus für „einen der wichtigsten Traditionszusammenhänge, aus denen die moderne westliche Demokratie entstanden ist“.33 Hier bezeichnet Liberalismus in klassisch-ideengeschichtlicher Perspektive eine fundamentale Traditionslinie Europas, ohne den die politisch-konstitutionelle Entstehungsgeschichte der Gegenwart nur unvollkommen verstanden werden kann.34 Dazu zählen sowohl die parlamentarische Demokratie als auch 30 31 32

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Zitiert nach REINHART KOSELLECK, ‚Neuzeit‘. Zur Semantik moderner Bewegungsbegriffe (1977), in: DERS., Vergangene Zukunft, S. 300–48, hier S. 300. Vgl. KLAUS EDER, Geschichte als Lernprozeß? Zur Pathogenese politischer Modernität in Deutschland, Frankfurt a. M. 1991, S. 123 ff. Vgl. ERIC J. HOBSBAWM, The Age of Revolution. Europe 1789–1848 (1962), London 1988, S. 11 sowie HANS-ULRICH WEHLER, Deutsche Gesellschaftsgeschichte, Bd. 2: Von der Reformära bis zur industriellen und politischen „Deutschen Doppelrevolution“ 1815–1845/49, 2. Aufl. München 1989, S. 3 f. VOLKER SELLIN, Liberalismus, in: Sowjetsystem und demokratische Gesellschaft, Bd. 4, Freiburg i.Br. 1971, Sp. 51–77, hier Sp. 51; vgl. ferner HEINRICH AUGUST WINKLER, Liberalismus: Zur historischen Bedeutung eines politischen Begriffs (1975), in: DERS., Liberalismus und Antiliberalismus. Studien zur politischen Sozialgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts, Göttingen 1979, S. 13–9. Vgl. GUIDO DE RUGGIERO, Storia del liberalismo europeo (1925), Rom 1984; DERS., Geschichte des Liberalismus in Europa, München 1930, Neudruck Aalen 1964; DERS., Liberalism, in: International Encyclopedia of the Social Sciences, Bd. 9, New York 1957, S. 435–42; H. LASKI, The Rise of European Liberalism, London 1936; ANTHONY ARBLASTER, The Rise and Decline of Western Liberalism, Oxford 1984 sowie die Quellensammlungen E. K. BRAMSTED und K. J. MELHUISH (Hrsg.), Western Libera-

1. Annäherungen

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der moderne gewaltenteilige Verfassungs- und Rechtsstaat westlichen Typs. Im Zentrum dieser ideengeschichtlichen Zielrichtung stehen langfristige Konzepte politischer Theoretiker wie Montesquieu, Locke und Rousseau sowie die mit den Daten 1776 und 1789 verbundene Umsetzung solcher Konzepte. Daraus ensteht in retrospektiver Sicht eine zugleich epochale wie universell bestimmbare Ideengröße, der sich ein scheinbar verbindlicher Kanon politischer, sozialer oder ökonomischer Wertvorstellungen zuordnen läßt. Daß dessen Beginn in jedem Falle vor die Epochenwende des Jahres 1789 fällt, läßt die Verwendung des Begriffes Liberalismus gerade aus historiographischer Sicht zum Teil ebenso unbegründet wie inflationär erscheinen.35 Vor dem Hintergrund einer solchen ideengeschichtlichen Kanonisierung werden dem Liberalismus grundlegende konstitutionelle und ökonomische Elemente der Modernisierung wie Parlament, Verfassung, Gewaltenteilung, Menschen- und Bürgerrechte, Gewerbefreiheit und Freihandel zugeordnet. Hier gerät die Geschichte des Liberalismus allzu leicht zu einer geradlinigen Vorgeschichte der Gegenwart, in der er als ideologischer Erfüllungsgehilfe der Moderne erscheint. Dies kann bis zu einer modellhaften Konstruktion einer ungebrochenen Erfolgsgeschichte des liberalen Ideenvorrats reichen, die zwar eindeutige Pioniere, Nachzügler und Verlierer produziert, aber angesichts der vermeintlich ungebrochenen positiven Kontinuitäten die bruchreiche Entwicklungsgeschichte politischer Emanzipation und Partizipation übersieht. Zumal angesichts der prägenden Erfahrungen totalitärer Diktaturen und des Ost-West-Konflikts ließen sich solche Wertvorstellungen aus amerikanischer Sicht zur konsensualen Gegenkultur einer Liberal Tradition der USA36 oder aus europäischer Perspektive zu einem modellhaft-verbindlichen „liberalen System“ verdichten, das Ernst Nolte programmatisch in Abgrenzung zu Bolschewismus und Faschismus und zugleich als historische und logische Voraussetzung des Totalitarismus bestimmt hat.37 Es ist kennzeichnend, daß diese Deu-

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lism. A History in Documents from Locke to Croce, London 1978; LOTHAR GALL und RAINER KOCH (Hrsg.), Der europäische Liberalismus im 19. Jahrhundert. Texte zu seiner Entwicklung, 4 Bde., Frankfurt a. M. 1981 sowie [PIERRE MANENT (Hrsg.)] Les libéraux. Textes choisis et présentés par PIERRE MANENT, 2 Bde., Paris 1986. Vgl. UWE WILHELM, Der deutsche Frühliberalismus. Von den Anfängen bis 1789, Frankfurt a. M. 1995 und zur Kritik die Rezension von REINHARD BLÄNKNER, in: JbLibF 8 (1996). S. 255–57, hier S. 256 f. Vgl. LOUIS HARTZ, The Liberal Tradition in America, San Diego 1955; RICHARD HOFSTADTER, The American Political Tradition and the Men Who Made it (1948), New York 1973; DERS., The Progressive Historians. Turner, Beard, Parrington, Chicago 1968; HANS VORLÄNDER, Hegemonialer Liberalismus: Politisches Denken und politische Kultur in den USA 1776–1920, Frankfurt a. M. 1997, S. 62 ff. sowie die Rezension von JÖRN LEONHARD in: JbLibF 10 (1998), S. 278–82; vgl. zur Frage des amerikanischen exceptionalism R. GREW, The comparative Weakness of American History, in: JIH 16 (1985/86), S. 87–101 sowie BRYON E. SHAFER (Hrsg.), Is America Different? A New Look at American Exceptionalism, Oxford 1991. Vgl. ERNST NOLTE, Die Krise des liberalen Systems und die faschistischen Bewegungen, München 1968, S. 13.

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I. Einleitung

tung methodisch die Form einer universalistischen „Ideologiegeschichte als historisch-philosophische Phänomenologie“ annahm, die der ideengeschichtlich grundierten „Hauptlinie des europäischen Geschichtsdenkens, von Montesquieu über Guizot und Tocqueville zu Max Weber“ folgte.38 In einer solchen Bestimmung hat das „liberale System“ nicht nur wesentlich zum Selbstverständnis der modernen westlichen Demokratien beigetragen, von ihm erwartete man nach den Umwälzungen von 1989/90 vielerorts auch eine Anziehungskraft als scheinbar universell übertragbares Modell. Die politisch-konstitutionelle „Heilsgeschichte“ des Liberalismus schien mit dem Zusammenbruch der Staaten des realexistierenden Sozialismus realpolitisch die „Richtigkeit“ seiner Prämissen erwiesen zu haben und sich dabei gleichsam totgesiegt zu haben.39 Neben diese klassisch ideengeschichtliche Sichtweise, die nicht von ihrer zuweilen zeitgebundenen, systemlegitimierenden Identitätsstiftung für die parlamentarische Demokratie zu trennen ist, tritt das ideologiekritische Verständnis von Liberalismus im Spannungsfeld von Programm und sozialer Praxis des europäischen Bürgertums. Dies lehnt sich an ideengeschichtliche Fragen an, transzendiert sie jedoch insofern, als einer nicht hinterfragten Erfolgsgeschichte von Aufklärung und Modernisierung der seit dem Ende des 18. Jahrhunderts aufbrechende gesellschaftliche Interessenpluralismus mit seinen inhärenten Konfliktpotentialen entgegengesetzt wird. Damit wird der Liberalismus aus der politiktheoretischen Schwebe oberhalb der gesellschaftlichen Ebene befreit und stärker aus seinen je spezifischen historischen Kontexten heraus verstanden. Diese Sichtweise leistet wesentliche Differenzierungen, indem sie zunächst ideologiekritisch nach den Wirkungsrichtungen von Ideen und Programmen einerseits und konkreten politisch-sozialen Interessenlagen andererseits fragt und darüber hinaus die universelle Ideengröße Liberalismus mit seiner realhistorischen Gestalt konfrontiert. In enger Anlehnung an diese Sichtweise läßt sich Liberalismus auf einer dritten Ebene schließlich „nicht nur als geistige, sondern auch als konkrete politisch-soziale Bewegung“ auffassen,40 38

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ERNST NOLTE, Über den historischen Begriff des „Liberalen Systems“, in: HannsMartin-Schleyer-Stiftung (Hrsg.), Hans-Martin-Schleyer-Preis 1984 und 1985, Veröffentlichungen, Bd. 19, Köln 1985, S. 59; vgl. dazu HORST MÖLLER, Ernst Nolte und das „Liberale System“, in: THOMAS NIPPERDEY, ANSELM DOERING-MANTEUFFEL und HANS-ULRICH THAMER (Hrsg.), Weltbürgerkrieg der Ideologien. Antworten an Ernst Nolte. Festschrift zum 70. Geburtstag, Frankfurt a. M. 1993, S. 57–72, hier S. 62 und 71. Vgl. HANS VORLÄNDER, What’s liberal? Der Liberalismus zwischen Triumph und Erschöpfung, in: APuZ 10 (3. März 1995), S. 29–38, hier S. 29; DERS., Hat sich der Liberalismus totgesiegt? Deutungen seines historischen Niedergangs, in: DERS. (Hrsg.), Verfall oder Renaissance des Liberalismus? Beiträge zum deutschen und internationalen Liberalismus, München 1987, S. 9–34 sowie DERS., Der ambivalente Liberalismus. Oder: Was hält die liberale Demokratie zusammen?, in: ZfP 42 (1995), S. 250–67. LOTHAR GALL, Einleitung, in: DERS. (Hrsg.), Liberalismus, 3. Aufl. Königstein/Taunus 1985, S. 9–19, hier S. 17.

1. Annäherungen

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als Verfassungs-, soziale Protest- oder allgemeine Oppositionsbewegung mit heterogenen Zielen, Strategien und Trägerschichten. Gemeinsam ist allen Sichtweisen die zumeist retrospektive Verwendung des Liberalismus-Begriffes und die damit einhergehende, häufig implizite oder explizit formulierte Unsicherheit bei der Verwendung des Etiketts, seine Vagheit und Schemenhaftigkeit, seine oszillierende Bedeutungsvielfalt und die aus ihr erwachsende Schwierigkeit, den Begriff historisch präzise einzusetzen. Der Grund für das Unbehagen vieler Historiker ist dabei nur zu offensichtlich: Die ex-post Perspektive, in der die heutige Definition dessen, was unter Liberalismus zu verstehen ist, dominiert – auch wenn gerade diese Definition bereits wiederum Ergebnis historischer Entwicklungen ist -, kollidiert in jeder historischen Interpretation mit der konkreten ex-eventu Perspektive der Zeitgenossen. Aus der Konfrontation zwischen vergangener Deutung und Bedeutung einerseits und gegenwärtiger Definition andererseits resultiert eine semantische Fermentierung, also eine Überlagerung von historischen und gegenwärtigen Bedeutungselementen, die den Begriff ebenso facettenreich wie unbestimmt und damit unbrauchbar zur trennscharfen historischen Analyse zu machen scheint. Zumal in den Diskussionen um den frühen Liberalismus in Deutschland fließt häufig die positive umgangssprachliche Konnotierung des heutigen Begriffes im Sinne von „tolerant“ und „freiheitlich“ oder gar verfälschend in Anlehnung an „demokratisch“ ein.41 Die Ausblendung der zeitgenössischen Begriffsgeschichte führt dabei zu zwangsläufigen Verzerrungen und Mißdeutungen und insbesondere zu einer Aushöhlung der methodischen Schärfe des Liberalismus-Begriffes.42 Auch die in der Forschung zu konstatierende funk41 42

Vgl. RUDOLF VIERHAUS, Liberalismus, in: BRUNNER et al. (Hrsg.), Bd. 3, S. 741–85, hier S. 741 f. und 785. Vgl. CHRISTINA VON HODENBERG, Die Partei der Unparteiischen. Der Liberalismus der preußischen Richterschaft 1815–1848/49, Göttingen 1996, S. 334–6 sowie die Rezension von JÖRN LEONHARD in: JbLibF 9 (1997), S. 254–7. Wolfgang Siemanns Einordnung der gemäßigten Konstitutionalisten von 1848 als „Konservative“ macht das Bekenntnis zu uneingeschränkten Menschenrechten sowie zur ungeteilten Volkssouveränität zum Maßstab für die Berechtigung des Liberalismus-Begriffes; vgl. WOLFRAM SIEMANN, Die Frankfurter Nationalversammlung 1848/49 zwischen demokratischem Liberalismus und konservativer Reform. Die Bedeutung der Juristendominanz in den Verfassungsverhandlungen des Paulskirchenparlaments, Frankfurt a. M. 1976, S. 282 ff. Diese nur von einer äußersten radikal-demokratischen Minderheit der Frankfurter Nationalversammlung vertretene Position zum Kriterium zu erheben, hieße aber, den vormärzlichen Liberalismus auf eine Marginalie zu reduzieren. Vgl. zur Minderheitenposition der radikal-demokratischen Linken und ihren begrenzten Handlungsspielräumen in der Frankfurter Nationalversammlung JÖRN LEONHARD, Christian Kapp, in: FRANK ENGEHAUSEN und ARMIN KOHNLE (Hrsg.), Gelehrte in der Revolution. Heidelberger Abgeordnete in der deutschen Nationalversammlung. Georg Gottfried Gervinus – Robert von Mohl – Gustav Höfken – Karl Mittermaier – Karl Theodor Welcker – Karl Hagen – Christian Kapp, Ubstadt-Weiher 1998, S. 183–207.

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I. Einleitung

tionale Unterscheidung einzelner Liberalismen wie Beamtenliberalismus, Adelsliberalismus, Gutsbesitzerliberalismus oder Gemeindeliberalismus führt zu Verzerrungen, vereinigt sie doch, ungeachtet des zeitgenössischen politischen Diskurses und seiner semantischen Bestimmungen, denkbar unterschiedliche und nicht selten auch entgegengesetzte politisch-gesellschaftliche Phänomene unter dem Dach eines vagen Begriffes, der sich dem Verdacht der Beliebigkeit aussetzt, wenn er für die reformkonservativen Gutsbesitzer genauso wie für Teile des Adels oder zur Charakterisierung einer letztlich traditional-modernisierungsfeindlichen, genuin gemeindebürgerlichen Identität reklamiert wird.43 Nur das Kriterium der Oppositionshaltung reicht zur trennscharfen Bestimmung nicht aus, denn in dieser Perspektive müssen dann die Grenzen zwischen liberal und demokratisch bzw. radikal endgültig verwischen.44 Der Vieldeutigkeit des historischen Phänomens Liberalismus in seinen zeitgenössischen historisch-semantischen Entwicklungen nachzugehen, heißt von daher auch, den Unterschied zwischen dem aktuellen Deutungsmuster und dem zeitgebundenen Politikdiskurs der Vergangenheit stärker herauszustellen und damit den Begriff näher an seine inhärente Zeitlichkeit zu führen. Aus der Differenz zwischen einer ex-eventu und einer ex-post Semantik von Liberalismus, läßt sich mithin eine weitere Dimension ableiten, die der historisch-semantischen Genese und Transformation von Liberalismus in seinen jeweils spezifischen, historisch faßbaren Kontexten. Sie liegt der vorliegenden Studie zugrunde und bedarf vor ihrer konkreten methodischen Konzeptionalisierung der Abgrenzung gegenüber den bisher vorgestellten Verständnisweisen von Liberalismus. Als zeitgenössisches Deutungsmuster fokussierte der Begriff Liberalismus jene grundlegenden Strukturwandlungen, Umbrüche und Krisenerfahrungen, die den Prozeß industriell-gewerblichen Wachstums, sozialen und kulturellen Wandels und politischer Partizipation kennzeichneten. Damit war der Liberalismus Teil des nuancenreichen Spannungsfeldes zwischen traditionaler Beharrung und langfristiger Transformation, das seit dem Ausgang der politischkonstitutionellen und sozioökonomischen Doppelrevolution im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts die widerstreitenden Zeitkräfte, Konfliktpotentiale und Deutungsschemata zwischen Ideenmacht und Interessenrealität kennzeich-

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Vgl. HODENBERG, Partei, S. 335 f.; HERBERT OBENAUS, Gutsbesitzerliberalismus. Zur regionalen Sonderentwicklung der liberalen Partei in Ost- und Westpreußen während des Vormärz, in: GG 14 (1988), S. 304–28, hier S. 328; CHRISTOF DIPPER, Adelsliberalismus in Deutschland, in: DIETER LANGEWIESCHE (Hrsg.), Liberalismus im 19. Jahrhundert. Deutschland im europäischen Vergleich, Göttingen 1988, S. 172–92, hier S. 185 ff. sowie PAUL NOLTE, Gemeindebürgertum und Liberalismus in Baden 1800–1850. Tradition – Radikalismus – Republik, Göttingen 1994, S. 16 und 428 f. sowie DERS., Gemeindeliberalismus. Zur lokalen Entstehung und sozialen Verankerung der liberalen Partei in Baden 1831–1855, in: HZ 252 (1991), S. 57–93. Vgl. NOLTE, Gemeindebürgertum, S. 424 f.

1. Annäherungen

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nete.45 Diese Sicht stellt die klassische ideengeschichtliche Perspektive des historischen Phänomens Liberalismus in Frage: Es geht nicht um den retrospektiven Erweis universeller Postulate und Institutionen, die scheinbar losgelöst vom konkreten politischen Diskurs der Vergangenheit existieren. Als postrevolutionäres Deutungsmuster von historischer Erfahrung und politisch-sozialer Zukunftserwartung markierte der Begriff Liberalismus den Schwellen- und Krisencharakter der Epoche. Dabei lieferte er keine ideengeschichtlich sanktionierte verbindliche Interpretation der Ereignisse und Ergebnisse von 1789, sondern stellte eine zumindest temporär formative semantische Reflexionsfläche dar, auf der sich Zeiterfahrungen und Zukunftserwartungen in ihren Ambivalenzen, Überlagerungen und Ungleichzeitigkeiten und damit moderne Ideologien als neue Faktoren der politischen Kultur abbildeten.46 Erst in der ex-post Perspektive und in historischer Kenntnis der Evolution einer politisch-sozialen Moderne ließ sich dann eine ideengeschichtliche Kontinuität des historischen Phänomens Liberalismus im Sinne einer Leitidee Europas im 19. Jahrhundert formulieren. Eine derart retrospektive Sicht vermittelte dem Begriff mehr Klarheit und Verbindlichkeit, als ihm zumal in seiner semantischen Inkubationszeit jemals zukommen konnte. Dies ebnete mithin die komplexe Genese von neuen zeitgenössischen Bedeutungsinhalten und ihre Fermentierung mit alten Elementen ein. Daraus ergibt sich die grundlegende Prämisse der vorliegenden Studie: Indem nicht von einer retrospektiven Dimension von Liberalismus ausgegangen wird, sondern von der historisch-semantischen Pluralisierung des Begriffes in zeitlich-diachroner und zugleich komparativer Hinsicht, wird dem historischen Deutungsmuster nicht a priori ein statischer Rahmen von Inhalten, Werten und Zielen unterlegt. Vielmehr geht es um die Frage, wie sich in Liberalismus als einem formativen semantischen Grund politische und soziale Brüche und Konflikte, sozioökonomische Krisen und der komplexe Prozeß von organisatorischer und programmatischer Verfestigung einer politischen Freiheitsund Emanzipationsbewegung abzeichneten und welche Rückschlüsse dies im weiteren Sinne auf den Stellenwert spezifischer Erfahrungshintergründe und Erwartungshorizonte in verschiedenen Kontexten zuläßt. Eine solche semantische Analyse „epochaler, zeitgebundener ‚Liberalismen‘“47 markiert den Spannungsbogen zwischen der ex-post Bedeutung des europäischen Liberalismus als ideengeschichtlicher Präfigurierung der Moderne und dem differenzierten 45

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Vgl. M. RAINER LEPSIUS, Soziologische Theoreme über die Sozialstruktur der „Moderne“ und die „Modernisierung“, in: REINHART KOSELLECK (Hrsg.), Studien zum Beginn der modernen Welt, Stuttgart 1977, S. 10–29, hier S. 10 sowie REINHARD BENDIX, Modernisierung in internationaler Perspektive, in: WOLFGANG ZAPF (Hrsg.), Theorien des sozialen Wandels, 4. Aufl. Königstein/Taunus 1979, S. 505–12. Vgl. CLIFFORD GEERTZ, Ideology as a Cultural System, in: DERS., The Interpretation of Cultures: Selected Essays, New York 1973, S. 193–233, hier S. 218 f. DIETER LANGEWIESCHE, Europa zwischen Restauration und Revolution 1815–1849, 2. Aufl. München 1989, S. 135.

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I. Einleitung

Spektrum je spezifischer Erscheinungsformen, der ex-eventu-Ebene vergangener Bedeutungsgehalte von Liberalismus. Clifford Geertz beschreibt Ideologien als „maps of problematic social reality and matrices for the creation of collective conscience“.48 Diese Metapher läßt sich im weiteren Sinne auch auf die historische Semantik anwenden und dabei noch weiter differenzieren: Ideologische historische Grundbegriffe bilden als Deutungsmuster eine historische Struktur je nach Standpunkt und Interesse jeweils verschieden ab. Solche Landkarten können politische und soziale Erfahrungen und Erwartungen von Vergangenheit immer nur abstrakt und unvollständig abbilden.49 Indem die Begriffe jeweils spezifische Bedeutungsaspekte fokussieren, beeinflussen sie zugleich die Wahrnehmung der Ideologie auf dem Wege der Perzeption der Landkarte durch ihre Benutzer. Sie prägen auf der hermeneutischen Ebene die Sicht auf vergangene Umwelt: „Moreover, formulation of ideologies, like the making of maps, presupposes a certain estrangement between people and their environment.“ Vor allem aber steht hinter dieser Perspektive die Erfahrung von historischem Wandel: „For the cartographer, this estrangement comes from movement, for the ideologist from change. One does not draw maps of one’s village or create an ideological picture of a static society. Maps imply travel, ideologies historical transformation.“50 Den Wandel historisch-semantischer Bedeutungsmuster läßt nur eine Aufeinanderfolge vieler Momentaufnahmen erkennbar werden. Die Vielgestaltigkeit der Begriffsgeschichten von Liberalismus, also die synchrone Betrachtung der semantischen „Landkarten“ unterschiedlicher politisch-sozialer „Landschaften“ einerseits und die längsschnitthafte Nachzeichnung der Veränderung von Bedeutungslinien andererseits, wird hier deutlich. Die Faszination einer historisch-semantischen „Landkarte“ erschließt sich vor diesem Hintergrund aus der Verdoppelung des Beobachtungspunktes, aus dem synchron-länderübergreifenden Vergleich politisch-sozialer Vokabulare und dem diachronen Längsschnitt. Der ideologische Charakter der zeitgenössischen „Ismen“ reflektierte zugleich ein grundlegend neues Verhältnis zur Geschichte. Die Auflösung der universellen Einheit in der alteuropäischen Staats- und Gesellschaftsverfassung, der civitas sive societas civilis, durch die europäische Aufklärung auf theoretischer und durch die Amerikanische und Französische Revolution auf der politisch-konstitutionellen Ebene und schließlich durch den evolutionären wirtschaftlichen und sozialen Übergang zum bürgerlich konnotierten „System der Bedürfnisse“ (Hegel) begründete eine neue Qualität in der kritischen Diskussion um die gewünschte neue Ordnung. Dies ließ die Zeitgenossen vor dem 48 49

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GEERTZ, S. 220. Vgl. zur Definition von Grundbegriff ROLF P. HORSTMANN, Kriterien für Grundbegriffe. Anmerkungen zu einer Diskussion, in: REINHART KOSELLECK (Hrsg.), Historische Semantik und Begriffsgeschichte, Stuttgart 1979, S. 37–42. JAMES J. SHEEHAN, German History 1770–1866, Oxford 1989, S. 589 f.

1. Annäherungen

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Hintergrund der Traditionsbrüche die erlebte Geschichte jenseits der hegelianischen Interpretation der Geschichte als „Fortschritt im Bewußtsein der Freiheit“ (Hegel) mit dem damit einhergehenden Vernunftsoptimismus und der Annahme eines aufgeklärten Entwicklungskontinuums als diskontinuierlichen Prozeß erfahren. Diese Deutung enthielt zugleich eine Historisierung des politischen Denkens, sei es durch Begründung einer organischen Tradition zur Rekonstruktion der historischen Kontinuität wie im Konservatismus, in der Zuordnung einer innerweltlichen Zukunftsprojektion für die eigene Gegenwart im Liberalismus, oder im Versuch des Nationalismus, beide Ebenen miteinander zu verbinden.51 Wohl kaum ein anderes politisches Etikett ist im Verlaufe seiner langen Wirkungsgeschichte mit so zahllosen Bestimmungsversuchen, Bilanzierungen und mehr oder weniger vorzeitigen Nachrufen versehen worden wie Liberalismus. Zumal im Rückblick auf die deutsche Entwicklung erscheint diese inflationäre Definitionsgeschichte an eine hermeneutische Barriere zu stoßen, die dem Historiker den analytischen Zugriff auf das historische Phänomen verweigert, mindestens aber erheblich erschwert.52 Die skeptischen Einschätzungen englischer Historiker weisen in dieselbe Richtung: Mit der Abwendung von der Whig interpretation of history, einer eindimensionalen politisch-konstitutionellen „Heilsgeschichte“ des vorgeblichen englischen Modells,53 und ihrer kritischen Historisierung als zeitgebundener Mythos setzt sich auch hier zunehmend die Erkenntnis von der Vielgestaltigkeit des liberal movement in Großbritannien durch. Die vermeintlich modellhafte Erfolgsgeschichte evolutionärer, gewaltfreier Reformierung innerhalb des bestehenden Systems und die Parallelisierung von ökonomischer und politisch-konstitutioneller Modernisierung als Grundlage für innenpolitische Stabilisierung und außenpolitische Expansion, für die die Etikettierung liberalism eine geradezu identifikatorische Funktion anzunehmen schien,54 gerät unter diesen Umständen in das Schuß-

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Vgl. KARL-GEORG FABER, Politisches Denken in der Restaurationszeit, in: HELMUT BERDING und HANS-PETER ULLMANN (Hrsg.), Deutschland zwischen Revolution und Restauration, Königstein/Taunus 1981, S. 258–78, hier S. 258 f. und WERNER CONZE, Das Spannungsfeld von Staat und Gesellschaft im deutschen Vormärz, in: DERS. (Hrsg.), Staat und Gesellschaft im deutschen Vormärz, 1815–1848, 3. Aufl. Stuttgart 1978, S. 207–69. WOLFGANG KASCHUBA, Zwischen Deutscher Nation und Deutscher Provinz. Politische Horizonte und soziale Milieus im frühen Liberalismus, in: LANGEWIESCHE (Hrsg.), S. 83–108, hier S. 83 Vgl. H. BUTTERFIELD, The Whig Interpretation of History (1931), Neudruck London 1965 sowie kritisch J. HART, Nineteenth-Century Social Reform: a Tory Interpretation of History, in: PP 31 (1965), S. 37–51, hier S. 39. Vgl. das klassische Beispiel J. SALWYN SCHAPIRO, Liberalism and the Challenge of Fascism. Social Forces in England and France (1815–1870), New York 1949, S. 1 und zur singulären Stellung Englands ebd., S. 21; vgl. ferner GEORGE L. CHERRY, Early English Liberalism. Its Emergence through Parliamentary Action 1660–1702, New York 1962, passim.

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I. Einleitung

feld der Kritik.55 Die Auflösung des historiographischen Deutungsmusters Whig interpretation zeitigt zugleich ähnliche Konturverwischungen des Phänomens liberalism wie in der deutschen Forschung.56 Die Abkehr von tradierten Deutungsschemata geht dabei einher mit einem wachsenden Unbehagen am Begriff und einem zunehmenden Mißtrauen gegenüber seiner analytischen Relevanz.57 Die historische Tiefenwirkung eines historischen Leitbegriffs beruht auf der komplexen Anreicherung von Neufassungen nach Brüchen und Krisen, auf der dialektischen Aufhebung und Fermentierung ganz ungleichzeitiger historischer Erfahrungs- und Erwartungskondensate in einem umstrittenen Deutungsmuster,58 für den ab einer bestimmten historisch-semantischen Schwelle seiner Wirkungsgeschichte Friedrich Nietzsches Fundamentalsatz gilt: „alle Begriffe, in denen sich ein ganzer Prozess semiotisch zusammenfasst, entziehen sich der Definition; definir [sic!] bar ist nur Das, was keine Geschichte hat“.59 Der Begriff Liberalismus reflektiert diese Notwendigkeit semantischer Neubestimmung besonders deutlich: Das enorme Reservoir an Bedeutungselementen und Interpretationen verweist auf einen weiten historischen Spannungsbogen. In der Auseinandersetzung mit dem Begriff steckt insofern direkt oder indirekt immer auch die Frage nach dem Umgang mit seiner historischen Tiefenwirkung und dessen Relevanz für die eigene Gegenwart. Dabei kann das Bedürfnis entstehen, sich von der historischen „Überladung“ eines Begriffes frei zu machen, wenn er für eine politisch-ideologische Aktualisierung unzeitgemäß erscheint. Zumal für den deutschen Liberalismus-Begriff schien dies nach 1945 zuzutreffen: Die Namenswahl „Freie Demokratische Partei“ drückte, so Theo55

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Vgl. PETER MANDLER, Aristocratic Government in the Age of Reform. Whigs and Liberals 1830–1852, Oxford 1990, S. 1; IAN D. C. NEWBOULD, Whiggery and Reform, 1830–1841. The Politics of Government, London 1990 sowie JOHN W. BURROW, Whigs and Liberals: Continuity and Change in English Political Thought, Oxford 1988, passim. Vgl. W. H. GREENLEAF, The British Political Tradition, Bd. 2: The Ideological Heritage, London 1983, S. 19 ff.; ALAN BULLOCK und MAURICE SHOCK, Englands liberale Tradition, in: GALL (Hrsg.), Liberalismus, S. 254–82; J. C. D. CLARK, English Society 1688–1832. Ideology, social structure and political practice during the ancien régime, Cambridge 1985, S. 348 sowie JOHN BREUILLY, Labour and Liberalism in NineteenthCentury Europe. Essays in Comparative History, Manchester 1992, S. 267 f. Vgl. RICHARD BELLAMY, Introduction, in: DERS. (Hrsg.), Victorian Liberalism: Nineteenth-Century Political Thought and Practice, London 1990, S. 1–14, hier S. 1. Vgl. für konservativ WALTER DIRKS, Konservativ und katholisch. Über den fahrlässigen Umgang mit Wörtern, in: Frankfurter Hefte 28 (1973), S. 120–3 sowie HERMANN VON DER DUNK, Zum Problem der Begriffe „konservativ“ und „progressiv“, in: RALPH MELVILLE, CLAUS SCHARF, MARTIN VOGT und ULRICH WENGENROTH (Hrsg.), Deutschland und Europa in der Neuzeit. Festschrift für Karl Otmar Freiherr von Aretin zum 65. Geburtstag, Bd. 1, Stuttgart 1988, S. 3–26. FRIEDRICH NIETZSCHE, Zur Genealogie der Moral, Zweite Abhandlung: „Schuld“, „schlechtes Gewissen“, Verwandtes, Kapitel 13, in: DERS., Sämtliche Werke. Kritische Studienausgabe in 15 Bdn., hier Bd. 5, hrsg. von GIORGIO COLLI und MAZZINO MONTINARI (1967), 3. Aufl. München 1993, S. 317.

2. Wissenschaftshistorische Verortung und forschungssystematische Bezüge

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dor Heuss in seiner programmatischen Rede auf dem Gründungstreffen der Liberalen im Dezember 1948, nicht zuletzt die Zweifel der Parteimitglieder aus, ob das Wort ‚Liberalismus‘, in dem ein Stück geschichtlichen Erlebens des 19. Jahrhunderts steckt, noch und wieder fruchtbar werden kann, oder ob es diese Gegenwart vielleicht belastet mit der Erinnerung an die Zeit, da ein Teil der ‚Liberalen‘ im Kampf gegen Kirchlichkeit sich übte, oder an die Epoche, da von dem ‚Manchestertum‘ kein Weg zu einer eigenmächtigen Sozialpolitik führte.60

Aus ganz anderer Perspektive hielt auch Thomas Mann 1950 die Selbstbezeichnung Liberaler im Angesicht der postfaschistischen Erfahrung für überholt. Worum es gehe, sei eine Neudefinition der demokratischen Postulate Freiheit und Gleichheit, die vor allem die Gleichheit als „die herrschende Idee der Epoche“ anzuerkennen habe. Der bürgerlich-liberalen Emanzipation des 19. Jahrhunderts müsse eine soziale jenseits des Totalitarismus folgen, auf die das überkommene Etikett liberal nicht mehr zu passen schien: Die bürgerliche Revolution muß sich ins Ökonomische fortentwickeln, die liberale Demokratie zur sozialen werden. Jeder weiß das im Grunde, und wenn Goethe gegen das Ende seines Lebens erklärte, jeder vernünftige Mensch sei doch ein gemäßigter Liberaler, so heißt das Wort heute: Jeder vernünftige Mensch ist ein gemäßigter Sozialist. Nun weiß ich wohl, daß gerade der ‚gemäßigte‘, der humanistisch gezügelte, der liberale Sozialismus, also die Sozialdemokratie, den totalitären Kommunismus am allerbittersten haßt. Das ist in Amerika nicht anders, als es in Deutschland war.61

2. Wissenschaftshistorische Verortung und forschungssystematische Bezüge Der methodische Ausgangspunkt dieser Studie ergibt sich aus der Kopplung von vergleichenden Ansätzen innerhalb der Bürgertums- und Liberalismusforschung mit solchen, die sich auf die in Deutschland früher und intensiver etablierte Begriffsgeschichte zurückführen lassen. Die Grundlinien dieser Forschungsrichtungen sollen im folgenden im Hinblick auf das Programm dieser Untersuchung skiziert werden.

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Rede auf dem Gründungstreffen der F.D.P. am 10./11. Dezember 1948, zitiert in Bundesvorstand der Freien Demokratischen Partei (Hrsg.), Zeugnisse liberaler Politik. 25 Jahre F.D.P., Bonn 1973, S. 13 ff.; vgl. HEINO KAACK, Zur Geschichte und Programmatik der Freien Demokratischen Partei. Grundriß und Materialien, 3. Aufl. Meisenheim/Glan 1979, S. 12. THOMAS MANN, Meine Zeit (1950), in: DERS., Gesammelte Werke in 13 Bdn., hier Bd. 11: Reden und Aufsätze, Teil 3, Frankfurt a. M. 1990, S. 302–24, hier S. 322 f.

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I. Einleitung

a) Von einzelstaatlicher Liberalismusforschung zu komparativen Untersuchungsansätzen: Deutschland im europäischen Vergleich Die oben beschriebenen Dimensionen des historischen Phänomens Liberalismus – von der ideengeschichtlichen über die ideologiekritisch-sozialhistorische bis zur vergleichenden Perspektive – charakterisieren zutreffend die Innovationen und methodischen Perspektivenwechsel in der Liberalismus-Forschung der vergangenen Jahrzehnte.62 Die frühe wissenschaftliche Auseinandersetzungen in Deutschland blieb zunächst noch einer primär ideengeschichtlichen Fragestellung verbunden, die jedoch zugleich von der Frage nach den Gründen für das vermeintliche Versagen und Scheitern wenn nicht gar die „Tragödie“ des deutschen Liberalismus angesichts des Nationalsozialismus bestimmt wurde und sich entsprechend früh auf spezifische „Strukturprobleme“ des Liberalismus in Deutschland konzentrierte.63 Etwa seit Mitte der 1970er Jahre wandelte sich dies unter dem Eindruck einer im weitesten Sinne ideologiekritischen Frage nach dem Charakter der frühen liberalen Bewegung im deutschen Vormärz. Der erstmals von Lothar Gall in dieser Zuspitzung thematisierte Zusammenhang von „Liberalismus und bürgerliche[r] Gesellschaft“64 in all seinen komplexen Schattierungen 62

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Vgl. die Gesamtdarstellungen DIETER LANGEWIESCHE, Liberalismus in Deutschland, Frankfurt a. M. 1988 sowie JAMES J. SHEEHAN, Der deutsche Liberalismus. Von den Anfängen im 18. Jahrhundert bis zum Ersten Weltkrieg 1770–1914 (englisch 1978), München 1983; vgl. zur Forschungsentwicklung zuletzt die Beiträge von ELISABETH FEHRENBACH, DIETER LANGEWIESCHE und HELMUT SEIER in: LOTHAR GALL (Hrsg.), Bürgertum und bürgerlich-liberale Bewegung in Mitteleuropa seit dem 18. Jahrhundert, München 1997. Vgl. zu älteren Liberalismus-Definitionen WOLFGANG J. MOMMSEN, Liberalismus und liberale Idee in Geschichte und Gegenwart, in: KURT SONTHEIMER (Hrsg.), Möglichkeiten und Grenzen liberaler Politik, Düsseldorf 1975, S. 11–45, hier S. 13; SELLIN, Liberalismus, Sp. 51; THEODOR SCHIEDER, Die Krise des bürgerlichen Liberalismus. Ein Beitrag zum Verhältnis von politischer und gesellschaftlicher Verfassung, in: DERS., Staat und Gesellschaft im Wandel unserer Zeit. Studien zur Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts, 3. Aufl. München 1976, S. 58–88, hier S. 59 sowie RALF DAHRENDORF, Die Chancen der Krise, Stuttgart 1983, S. 37; vgl. ferner zur älteren Literatur FRIEDRICH SELL, Die Tragödie des deutschen Liberalismus (1953), Neudruck 2. Aufl. Baden-Baden 1981; THEODOR SCHIEDER, Der Liberalismus und die Strukturwandlungen der modernen Gesellschaft vom 19. zum 20. Jahrhundert, in: Relazioni del X. Congresso Internazionale di Scienze Storiche V, Florenz 1955, S. 145–72; WALTER BUSSMANN, Zur Geschichte des deutschen Liberalismus im 19. Jahrhundert, in: HZ 186 (1958), S. 527–57; KARL-GEORG FABER, Strukturprobleme des deutschen Liberalismus im 19. Jahrhundert, in: Der Staat 14 (1975), S. 201–27; HEINRICH AUGUST WINKLER, Zum Dilemma des deutschen Liberalismus im 19. Jahrhundert, in: DERS., Liberalismus, S. 20–3 sowie JAMES J. SHEEHAN, Liberalism and Society in Germany, 1815–1848, in: JMH 45 (1973), S. 583–604. LOTHAR GALL, Liberalismus und „bürgerliche Gesellschaft“. Zu Charakter und Entwicklung der liberalen Bewegung in Deutschland, in: HZ 220 (1975), S. 324–56, wieder in DERS., Bürgertum, liberale Bewegung und Nation. Ausgewählte Aufsätze, hrsg.

2. Wissenschaftshistorische Verortung und forschungssystematische Bezüge

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ließ ein erheblich differenzierteres Bild entstehen als es die Beschränkung auf rein programmatische Positionen hatte hervorbringen können. Die kontroverse Diskussion um den Charakter des frühen Liberalismus, die sich an den beiden Polen „klassenübergreifend-traditional oder klassengebunden-modernisierend“ festmachen ließ,65 verwies vor allem auf die Notwendigkeit, die traditionelle Analyse politischer Theoriebildung des Liberalismus zugunsten einer sozialhistorischen Konturierung der liberalen Bewegung und überhaupt der Anfänge des Parteiwesens vor 1848 zu transzendieren.66 Die inzwischen breit entwickelte Forschung etwa zum vormärzlichen Vereinswesen hat zunächst den insgesamt sozial-integrierenden Charakter der frühliberalen Bewegung in Deutschland erwiesen und damit die einseitige Parallelisierung von frühem Liberalismus und staatsbürgerlicher Honoratiorengesellschaft erheblich relativiert, so sehr deren politische Ziele und kulturelle Werte auch weithin den Kanon liberaler Selbstvergewisserung dominierten. Verknüpft man diese Erkenntnisse mit den inzwischen herausgearbeiteten traditional-vorkapitalistischen Elementen des staatsbürgerlichen Mittelstandsideals, so läßt sich eine ideologisch keimfreie Verortung zumindest der frühen liberalen Bewegung als kapitalistische Bourgeoisie längst nicht mehr aufrechterhalten.67 Die aus der

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von DIETER HEIN, ANDREAS SCHULZ und ECKHARDT TREICHEL, München 1996, S. 99–125; vgl. dazu die Rezension von JÖRN LEONHARD in: JbLibF 11 (1999), S. 288–91. CORNELIA FOERSTER, Sozialstruktur und Organisationsformen des deutschen Preßund Vaterlandsvereins von 1832/33, in: WOLFGANG SCHIEDER (Hrsg.), Liberalismus in der Gesellschaft des deutschen Vormärz, Göttingen 1983, S. 147–66, hier S. 149; vgl. zur Kontroverse WOLFGANG J. MOMMSEN, Der deutsche Liberalismus zwischen „klassenloser Bürgergesellschaft“ und „organisiertem Kapitalismus“. Zu einigen neuen Liberalismusinterpretationen, in: GG 4 (1978), S. 77–90 sowie LOTHAR GALL, Der deutsche Liberalismus zwischen Revolution und Reichsgründung, in: HZ 228 (1979), S. 98–108. Vgl. GERHARD A. RITTER, Die deutschen Parteien 1830–1914, Göttingen 1985, S. 10–4; HANS FENSKE, Deutsche Parteiengeschichte. Von den Anfängen bis zur Gegenwart, Paderborn 1994, S. 20 ff. und 40 ff.; HARTWIG BRANDT, Frühkonstitutionalismus und Parteienbildung in Deutschland, in: ADOLF M. BIRKE und MAGNUS BRECHTKEN (Hrsg.), Politikverdrossenheit. Der Parteienstaat in der historischen und gegenwärtigen Diskussion. Ein deutsch-britischer Vergleich, München 1995, S. 29–40 sowie WOLFGANG SCHIEDER, Probleme einer Sozialgeschichte des frühen Liberalismus in Deutschland, in: DERS. (Hrsg.), S. 9–21, hier S. 12–7. Vgl. exemplarisch WOLFGANG SCHIEDER, Der rheinpfälzische Liberalismus von 1832 als politische Protestbewegung, in: HELMUT BERDING (Hrsg.), Vom Staat des Ancien régime zum modernen Parteistaat. Festschrift für Theodor Schieder, München 1978, S. 169–95; CORNELIA FOERSTER, Der Preß- und Vaterlandsverein von 1832/33. Sozialstruktur und Organisationsformen der bürgerlichen Bewegung in der Zeit des Hambacher Festes, Trier 1982; RAINER KOCH, „Industriesystem“ oder „bürgerliche Gesellschaft.“ Der frühe deutsche Liberalismus und das Laissez-faire-Prinzip, in: GWU 29 (1978), S. 605–28; HELMUT SEDATIS, Liberalismus und Handwerk in Südwestdeutschland. Wirtschafts- und Gesellschaftskonzeptionen des Liberalismus und die Krise des Handwerks im 19. Jahrhundert, Stuttgart 1979, S. 77; PAUL NOLTE, Der Südwestdeutsche Frühliberalismus in der Kontinuität der frühen Neuzeit, in: GWU

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I. Einleitung

differenzierten Sicht der liberalen Bewegung im deutschen Vormärz gewonnenen Erkenntnisse, die das weite Spektrum von Bewegungsprofilen, Aktionsräumen, Formationsfaktoren und liberalen Milieus etwa in der Bedeutung der süddeutschen Landtage, der staatlichen Bürokratien, in der Kryptopolitisierung der Öffentlichkeit wie auch im komplexen Verhältnis von Konfession und Liberalismus dokumentieren, haben zugleich weitere Forschungsfelder zukünftiger Liberalismus-Forschung umrissen. Die Ziellinie solcher Differenzbestimmungen markiert die Frage nach einer „Typologie von historischen Erscheinungsformen des Liberalismus“, die nur durch „epochenspezifische Liberalismusdefinitionen“ zu erarbeiten ist, „um die ‚chamäleonartigen Allgemeinvorstellungen‘ durch empirisch gesicherte, historisch abgrenzbare Bestimmungen zeittypischer ‚Liberalismen‘ zu ersetzen“.68 Unstrittig lassen sich auf mindestens drei unterschiedlichen Ebenen weiterführende Differenzbestimmungen des historischen Phänomens Liberalismus erkennen. Dies gilt im Kontext einer stärker kulturgeschichtlichen Öffnung etablierter sozialhistorischer Ansätze für bisher unterbewertete soziokulturelle Formationsfaktoren des liberalen Milieus wie die Rolle der Frau, die Bedeutung der Konfession sowie der liberalen Nationalidee und Nationalbewegung.69 Es gilt weiterhin auf einer zweiten Ebene für die von Dieter Langewiesche im selben Zusammenhang angemahnte „‚Regionalisierung‘ der Untersuchungsfelder“.70 Die Untersuchung des Liberalismus in unterschiedlichen Regionen und im lokalen Kontext hat das Wissen um die Handlungsspielräume der deutschen Liberalen unterhalb der nationalen Ebene erheblich erweitert und damit zumal dem historischen Gewicht partikularer und damit je spezifi-

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43 (1992), S. 743–56 sowie THOMAS ZUNHAMMER, Zwischen Adel und Pöbel. Bürgertum und Mittelstandsideal im Staatslexikon von Karl v. Rotteck und Karl Theodor Welcker. Ein Beitrag zur Theorie des Liberalismus im Vormärz, Baden-Baden 1995. DIETER LANGEWIESCHE, Gesellschafts- und verfassungspolitische Handlungsbedingungen und Zielvorstellungen europäischer Liberaler in der Revolution von 1848, in: W. SCHIEDER (Hrsg.), S. 341–62, hier S. 342 f.; vgl. ferner FABER, Strukturprobleme, S. 210 ff. sowie HANS ROSENBERG, Theologischer Rationalismus und vormärzlicher Vulgärliberalismus, in: DERS., Politische Denkströmungen im deutschen Vormärz, Göttingen 1972, S. 18–50, hier S. 29. Vgl. SYLVIA PALETSCHEK, Frauen und Dissens. Frauen im Deutschkatholizismus und in den freien Gemeinden 1841–1852, Göttingen 1990; ULRICH ENGELHARDT, „. . . geistig in Fesseln“? Zur normativen Plazierung der Frau als „Kulturträgerin“ in der bürgerlichen Gesellschaft während der Frühzeit der deutschen Frauenbewegung, in: M. RAINER LEPSIUS (Hrsg.), Bildungsbürgertum im 19. Jahrhundert. Teil 3: Lebensführung und ständische Vergesellschaftung, Stuttgart 1992, S. 113–75; DIETER LANGEWIESCHE, The Nature of German Liberalism, in: GORDON MARTELL (Hrsg.), Modern Germany Reconsidered, 1870–1945, London 1992, S. 96–116, hier S. 107 ff.; DERS., Die schwäbische Sängerbewegung in der Gesellschaft des 19. Jahrhunderts – ein Beitrag zur kulturellen Nationsbewegung, in: ZWLG 52 (1993), S. 257–301; MANFRED MEYER, Freiheit und Macht. Studien zum Nationalismus süddeutscher, insbesondere badischer Liberaler 1830–1848, Frankfurt a. M. 1994 sowie JÖRG ECHTERNKAMP, Der Aufstieg des deutschen Nationalismus 1770–1840, Frankfurt a. M. 1998. LANGEWIESCHE, Handlungsbedingungen und Zielvorstellungen, S. 343.

2. Wissenschaftshistorische Verortung und forschungssystematische Bezüge

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scher politischer und sozialer Kontexte in Deutschland Rechnung getragen, die mindestens bis 1871, aber auch darüber hinaus ein erhebliches Gewicht hatten. So grundlegend sich Region und vor allem Stadt als spezifische soziokulturelle Residuen der deutschen Liberalen, zumal auch nach dem relativen Niedergang auf der nationalen Ebene spätestens nach 1878, erwiesen haben, so erscheint doch das Ziel einer Typologie historischer Erscheinungsformen des Liberalismus noch nicht annähernd erreicht. Denn der komparativ-analytische Zugriff, also die Untersuchung verschiedener regionaler Liberalismen unter dem Gesichtspunkt gleicher Fragestellungen, bleibt bisher die Ausnahme. Die inzwischen zahlreichen Arbeiten zum Verhältnis von Programm und sozialer Praxis des deutschen Liberalismus auf regionaler bzw. kommunaler Ebene vermitteln noch häufig den Eindruck einer additiven Aneinanderreihung, bei der der komparativ-typologische Zugriff lediglich der Einleitung oder der Diskussion vorbehalten bleibt. Die bloße Addition von Fallbeispielen ersetzt indes nicht die komparative Analyse.71 Diese Beobachtung gilt noch stärker für den dritten Bereich, die Ebene des internationalen Vergleichs als Paradigma der Liberalismus-Forschung.72 Vor dem Hintergrund der kritischen Diskussion um das historiographische Deutungsmuster eines deutschen Sonderwegs, die maßgebliche Impulse von der angelsächsischen Forschung erhielt,73 bildete die von Jürgen Kocka programma71

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Vgl. RAINER KOCH, Staat oder Gemeinde? Zu einem politischen Zielkonflikt in der bürgerlichen Bewegung des 19. Jahrhunderts, in: HZ 236 (1983), S. 73–96; LOTHAR GALL (Hrsg.), Stadt und Bürgertum im 19. Jahrhundert, München 1990 sowie DERS. und DIETER LANGEWIESCHE (Hrsg.), Liberalismus und Region. Zur Geschichte des deutschen Liberalismus im 19. Jahrhundert, München 1995 sowie die Rezension dazu von CHRISTINA VON HODENBERG in: JbLibF 8 (1996), S. 265–7; vgl. ferner JAN PALMOWSKI, Urban Liberalism in Imperial Germany. Frankfurt a. M., 1866–1914, Oxford 1999 sowie die Rezension von JÖRN LEONHARD dazu in: JbLibF 12 (2000), S. 331–5. Vgl. GALL, Einleitung, S. 9f.; JAMES J. SHEEHAN, Some Reflections on Liberalism in Comparative Perspective, in: H. HÖHLER (Hrsg.), Deutschland und der Westen, Berlin 1984, S. 44–59 sowie die Beiträge in LANGEWIESCHE (Hrsg.), vor allem DERS., Deutscher Liberalismus im europäischen Vergleich. Konzeptionen und Ergebnisse, in: ebd., S. 11–9 sowie die Beiträge in JÜRGEN KOCKA (Hrsg.), Bürgertum im 19. Jahrhundert. Deutschland im europäischen Vergleich, 3 Bde., München 1988, vor allem DIETER LANGEWIESCHE, Liberalismus und Bürgertum in Europa, in: ebd, Bd. 3, S. 360–94; HARTMUT KAELBLE, Französisches und deutsches Bürgertum, 1870–1914, in: ebd., Bd. 1, S. 1–34; HEINZ-GERHARD HAUPT, Kleine und große Bürger in Deutschland und Frankreich am Ende des 19. Jahrhunderts, in: ebd., Bd. 2, S. 252–75 sowie MARCO MERIGGI, Italienisches und deutsches Bürgertum im Vergleich, in: ebd., Bd. 1, S. 141–59. Vgl. DAVID BLACKBOURN und GEOFF ELEY, Mythen deutscher Geschichtsschreibung. Die gescheiterte bürgerliche Revolution von 1848, Frankfurt a. M. 1980; eine erweiterte, die seinerzeitige Diskussion aufnehmende englische Ausgabe erschien 1984: DAVID BLACKBOURN und GEOFF ELEY, The Peculiarities of German History. Bourgeois Society and Politics in Nineteenth-Century Germany, Oxford 1984, insbes. S. 39 ff. und 62 ff.; vgl. ERNST FRAENKEL, Deutschland und die westlichen Demokratien (1964), hrsg. von ALEXANDER VON BRÜNNECK, Frankfurt a. M. 1991; HELGA GREBING, Der „deutsche Sonderweg“ in Europa 1806–1945. Eine Kritik, Stuttgart 1986;

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I. Einleitung

tisch gestellte Frage, inwiefern ein „besonderes Defizit an Bürgerlichkeit“ in Deutschland74 im internationalen Vergleich die Sonderwegsthese zur Einordnung der neueren deutschen Geschichte noch legitimiere, den Ausgangspunkt für eine komparative Interpretation von Bürgertum, Bürgerlichkeit und bürgerlicher Gesellschaft im Europa des 19. Jahrhunderts. Von diesem Sonderforschungsbereich sind über die konkreten thematischen Ergebnisse hinaus wesentliche Impulse für die vergleichende Geschichtswissenschaft in Deutschland ausgegangen, die seit den 1980er Jahren insgesamt einen deutlichen Aufschwung erfahren hat.75 Die im Rahmen dieses Forschungsprojekts zusammengetragenen komparativen Studien zum deutschen Liberalismus im internationalen Vergleich trugen zunächst der Tatsache Rechnung, daß der Liberalismus für das „Erklärungsmodell ‚deutscher Sonderweg‘ . . . stets als bedeutsames Kriterium herangezogen wurde“.76 Als „Pionier-Unternehmen auf ungesichertem Grund“77 und Ausgangsbasis für weitere international vergleichende Studien unterstreichen die unterschiedlichen Beiträge zwar die Vorzüge der komparativen Methode. Aber nicht zu übersehen ist in aufälliger Parallele zur Erforschung regionaler und lokaler Liberalismen die Neigung zur bloßen Reihung von Einzelbeiträgen, die den systematischen Vergleich anhand eines zuvor definierten Katalogs von Fragen und Kriterien zugunsten einer bloßen Beschreibung des jeweils anderen Liberalismus in den Hintergrund rückt. Hier schlägt sich die insgesamt

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WOLFRAM FISCHER, Wirtschafts- und sozialgeschichtliche Anmerkungen zum „deutschen Sonderweg“, in: Jahrbuch des Instituts für deutsche Geschichte Tel Aviv 16 (1987), S. 96–116; JÜRGEN KOCKA, German history before Hitler: the debate about the German „Sonderweg“, in: JCH 23 (1988), S. 3–16; DAVID BLACKBOURN, The German Bourgeoisie: An Introduction, in: DERS. und R. J. EVANS (Hrsg.), The German Bourgeoisie. Essays on the social history of the German middle class from the late eighteenth to the early twentieth century, London 1991, S. 1–45 sowie zuletzt HANSULRICH WEHLER, „Deutscher Sonderweg“ oder allgemeine Probleme des westlichen Kapitalismus?, in: DERS., Politik in der Geschichte. Essays, München 1998, S. 78–92. JÜRGEN KOCKA, Bürgertum und bürgerliche Gesellschaft im 19. Jahrhundert: Europäische Entwicklungen und deutsche Eigenarten, in: DERS. (Hrsg.), Bd. 1, S. 11–76, hier S. 11; vgl. zur amerikanisch-europäischen Vergleichsebene JAMES J. SHEEHAN, Vorbildliche Ausnahme: Liberalismus in Amerika und Europa, in: JÜRGEN KOCKA, HANS-JÜRGEN PUHLE und KLAUS TENFELDE (Hrsg.), Von der Arbeiterbewegung zum modernen Sozialstaat. Festschrift für Gerhard A. Ritter zum 65. Geburtstag, München 1994, S. 236–48. Vgl. HARTMUT KAELBLE, Vergleichende Sozialgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts: Forschungen europäischer Historiker, in: JbWG (1993), S. 173–200, wieder in HEINZ-GERHARD HAUPT und JÜRGEN KOCKA (Hrsg.), Geschichte und Vergleich. Ansätze und Ergebnisse international vergleichender Geschichtsschreibung, Frankfurt a. M. 1996, S. 91–130; vgl. zuletzt HARTMUT KAELBLE, Der historische Vergleich. Eine Einführung zum 19. und 20. Jahrhundert, Frankfurt a. M. 1999. LANGEWIESCHE, Handlungsbedingungen, S. 342. HELLMUT SEIER, Rezension zu DIETER LANGEWIESCHE (Hrsg.), Liberalismus im 19. Jahrhundert. Deutschland im europäischen Vergleich, Göttingen 1988, in: HZ 252 (1991), S. 720–2, hier S. 720.

2. Wissenschaftshistorische Verortung und forschungssystematische Bezüge

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noch unzureichende Basis an komparativen Liberalismus-Studien, insbesondere im Vergleich zwischen Deutschland und Frankreich oder Italien nieder.78 Für die deutsch-englische Vergleichsperspektive dagegen ermöglicht die seit Jahren etablierte kritische Auseinandersetzung mit einseitigen Interpretationsmustern in beiden Ländern eine systematischere Analyse. Die Aufgabe sowohl der Whig interpretation of history als auch des Paradigmas deutscher Sonderweg als äußerste, einander entsprechende Pole eines Geschichtsbildes, in dem die Rollen von vorbildlichem Pionier und stets gefährdetem Nachzügler schon immer feststanden und in dem die „Denkfigur von Großbritannien als Pioniernation“ nicht nur ökonomisch, sondern auch politisch-konstitutionell sowie kulturell-gesellschaftlich dominierte, eröffnete für komparative Studien eine offensichtlich vielversprechende Forschungsperspektive.79 Einer solchermaßen 78

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Vgl. die Beiträge des dritten Teils in LANGEWIESCHE (Hrsg.) zum Liberalismus in den romanischen Ländern, in denen bis auf wenige Ausnahmen das additive Verfahren dominiert, während die Beiträge für den deutsch-englischen Vergleich a priori komparativ angelegt sind; vgl. RUDOLF MUHS, Deutscher und britischer Liberalismus im Vergleich. Trägerschichten, Zielvorstellungen und Rahmenbedingungen, ca. 1830–1870, in: ebd., S. 223–59; GEOFF ELEY, Liberalismus 1860–1914. Deutschland und Großbritannien im Vergleich, in: ebd., S. 260–76; HEINZ-GERHARD HAUPT, Ein soziales Milieu des nachrevolutionären Liberalismus in der französischen Provinz: Die Landbesitzer, in: ebd., S. 282–95; HEINZ-GERHARD HAUPT und FRIEDRICH LENGER, Liberalismus und Handwerk in Frankreich und Deutschland um die Mitte des 19. Jahrhunderts, in: ebd., S. 305–31; RAINER HUDEMANN, Politische Reform und gesellschaftlicher Status quo. Thesen zum französischen Liberalismus im 19. Jahrhundert, in: ebd., S. 332–52; MARCO MERIGGI, Der Adelsliberalismus in der Lombardei und in Venetien (1815–1860), in: ebd., S. 367–77 sowie HARTMUT ULLRICH, Der italienische Liberalismus von der Nationalstaatsgründung bis zum Ersten Weltkrieg, in: ebd., S. 378–414; vgl. zum deutsch-englischen Vergleich ferner die Magisterarbeit des Verfassers: JÖRN LEONHARD, Liberale und Liberals. Komparative begriffs- und sozialgeschichtliche Studien zum deutschen und englischen Frühliberalismus bis 1848 (MS), Heidelberg 1994. HARTMUT BERGHOFF und DIETER ZIEGLER, Pionier oder Nachzügler. Kategorien für den deutsch-britischen Vergleich?, in: DIES. (Hrsg.), Pionier oder Nachzügler? Vergleichende Studien zur Geschichte Großbritanniens und Deutschlands im Zeitalter der Industrialisierung. Festschrift für Sidney Pollard zum 70. Geburtstag, Bochum 1995, S. 15–28, hier S. 17; vgl. WOLFGANG J. MOMMSEN, Britain and Germany 1800 to 1914. Two Developmental Paths towards Industrial Society, London 1986, S. 3; BENDIX, Modernisierung, S. 510 f. sowie als negatives Beispiel ALEXANDER GAULAND, Gemeine und Lords. Porträt einer politischen Klasse, Frankfurt a. M. 1989, S. 7; zur Genese des deutschen Englandbildes vgl. THEODOR WILHELM, Die englische Verfassung und der vormärzliche Liberalismus. Eine Darstellung und Kritik des Verfassungsbildes der liberalen Führer, Tübingen 1928; F. GUNTHER EYCK, English and french influences on german liberalism before 1848, in: JHI 18 (1957), S. 313–41; GÜNTER HOLLENBERG, Die britische Verfassung aus deutscher Sicht, in: NPL 17 (1972), S. 372–88; WERNER GEMBRUCH, Zum England-Bild des Freiherrn vom Stein, in: LOTHAR KETTENACKER, MANFRED SCHLENKE und HELLMUT SEIER (Hrsg.), Studien zur Geschichte Englands und der deutsch-britischen Beziehungen. Festschrift für Paul Kluke, München 1981, S. 27–47; ECKART PANKOKE, „Englische Freiheit.“ Klassische Deutungsmuster deutscher Englandbilder, in: KARL ROHE (Hrsg.), Engli-

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I. Einleitung

günstig entwickelten empirischen und methodisch sensibilisierten Infrastruktur für den deutsch-englischen Vergleich verdankt der gelungene analytische Zugriff auf die unterschiedlichen Liberalismen in beiden Ländern wesentliche Anregungen.80 Demgegenüber ist von der in jüngster Zeit forcierten deutsch-französischen Vergleichsperspektive erst noch zu hoffen, daß sie positiv auch auf vergleichende Liberalismus-Studien wirken wird.81 Gerade aus komparativer Per-

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scher Liberalismus im 19. und frühen 20. Jahrhundert, Bochum 1987, S. 33–65; MICHAEL EPKENHANS, Aspekte des deutschen Englandbildes 1800–1914: Vorbild und Rivale, in: Westfälische Forschungen 44 (1994), S. 329–42 sowie THOMAS KLEINKNECHT, England als Modell: Nachahmung – Kritik – Ablehnung, in: Westfälische Forschungen 44 (1994), S. 1–23. Vgl. SHULAMIT VOLKOV, Enactment and Repeal of Combination Acts, England and Prussia Compared, in: Jahrbuch des Instituts für deutsche Geschichte Tel Aviv 9 (1980), S. 309–38, hier S. 311; HANNA SCHISSLER, Die Junker. Zur Sozialgeschichte und historischen Bedeutung der agrarischen Elite in Preußen, in: HANS-JÜRGEN PUHLE und HANS-ULRICH WEHLER (Hrsg.), Preußen im Rückblick, Göttingen 1980, S. 89–122, hier S. 121; WOLFGANG J. MOMMSEN, Preußen/Deutschland im frühen 19. Jahrhundert und Großbritannien in der viktorianischen Epoche. Eine komparative Betrachtung, in: ADOLF M. BIRKE und KURT KLUXEN (Hrsg.), Viktorianisches England in deutscher Perspektive, München 1983, S. 31–48; ADOLF M. BIRKE und KURT KLUXEN (Hrsg.), Deutscher und britischer Parlamentarismus, München 1985; ECKHART HELLMUTH (Hrsg.), The Transformation of Political Culture. England and Germany in the Late Eighteenth Century, Oxford 1990; GEOFFREY CROSSICK, And what should they know of England? Die vergleichende Geschichtsschreibung im heutigen Großbritannien, in: HAUPT und KOCKA (Hrsg.), S. 61–75; zur vergleichenden Liberalismus-Betrachtung vgl. GUSTAV SCHMIDT, Politischer Liberalimus, „Landed Interests“ und Organisierte Arbeiterschaft, 1850–1880. Ein deutsch-englischer Vergleich, in: GALL (Hrsg.), Liberalismus, S. 232–53; JOHN BREUILLY, Liberalism in Mid-Nineteenth-century Britain and Germany, in: DERS., Labour and Liberalism, S. 228–72; DERS., Liberalism and Social Democracy: A Comparison of British and German Labour Politics, c. 1850–1875, in: EHQ 15 (1985), S. 3–42; STEFAN-GEORG SCHNORR, Liberalismus zwischen 19. und 20. Jahrhundert. Reformulierung liberaler politischer Theorie in Deutschland und England am Beispiel von Friedrich Naumann und Leonard T. Hobhouse, Baden-Baden 1990 sowie MUHS, Deutscher und britischer Liberalismus, S. 223 f.; vgl. ferner T. C. W. BLANNING und PETER WENDE (Hrsg.), Reform in Great Britain and Germany 1750–1850, Oxford 1999, sowie die Rezension dazu von JÖRN LEONHARD in: EHR 116 (2001), S. 147–9. Vgl. HARTMUT KAELBLE, Französisches und deutsches Bürgertum; HEINZ-GERHARD HAUPT, Kleine und große Bürger; HEINRICH BEST, Die Männer von Bildung und Besitz. Struktur und Handeln parlamentarischer Führungsgruppen in Deutschland und Frankreich 1848/49, Düsseldorf 1990; HARTMUT KAELBLE, Nachbarn am Rhein. Entfremdung und Annäherung der französischen und deutschen Gesellschaft, 1880–1980, München 1991; RUDOLF VON THADDEN, Aufbau nationaler Identität. Deutschland und Frankreich im Vergleich, in: BERNHARD GIESEN (Hrsg.), Nationale und kulturelle Identität. Studien zur Entwicklung des kollektiven Bewußtseins in der Neuzeit, Frankfurt a. M. 1991, S. 493–509 sowie zuletzt im Überblick ETIENNE FRANÇOIS, HANNES SIEGRIST und JAKOB VOGEL (Hrsg.), Nation und Emotion. Deutschland und Frankreich im Vergleich. 19. und 20. Jahrhundert, Göttingen 1995 und HEINZ-GER-

2. Wissenschaftshistorische Verortung und forschungssystematische Bezüge

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spektive besteht für Frankreich das Problem einer „mangelnden Präzision des Liberalismus-Begriffes“,82 die in der insgesamt schwächer ausgeprägten Forschung zum französischen Liberalismus zu einer ausgesprochenen Begriffsverwirrung führt:83 So wird der französische Liberalismus willkürlich und ohne nähere Begründung wahlweise mit einem klassisch ideengeschichtlichen Ensemble von Denkern um Constant und Tocqueville oder einem liberalen Republikanismus im 20. Jahrhundert identifiziert oder auch schlicht als Synonym für radicalisme benutzt, wobei der Begriff libéralisme schließlich wegfällt oder aber ohne Überprüfung zeitgenössischer Begriffsbestimmung auf denkbar unterschiedliche politische Gruppierungen angewandt wird, wodurch seine ideologische Bestimmung völlig ausgehöhlt wird.84 Auf der deutsch-italienischen Ebene bieten die zahlreichen Veröffentlichungen des Trentiner Istituto Storico Italiano-Germanico zu spezifischen Themen Ansätze, darunter auch zum Liberalismus in beiden Ländern in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts.85 Diese komparativ intendierten Analysen diffe-

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HARD HAUPT, Eine schwierige Öffnung nach außen: Die international vergleichende Geschichtswissenschaft in Frankreich, in: DERS. und KOCKA (Hrsg.), S. 77–90. GERD KRUMEICH, Der politische Liberalismus im parlamentarischen System Frankreichs vor dem Ersten Weltkrieg, in: LANGEWIESCHE (Hrsg.), S. 353–66, hier S. 353. Vgl. MARCEL GIRARD, Le Libéralisme en France de 1814 à 1848. Doctrine et mouvement, Paris 1970; JEAN-THOMAS NORDMANN, Histoire des Radicaux 1820–1973, Paris 1974; GEORGES BUREAU, Le libéralisme, Paris 1979; W. H. LOGUE, From Philosophy to Sociology. The evolution of French Liberalism 1870–1914, DeKalb/Ill. 1984; LOUIS GIRARD, Les libéraux français 1814–1875, Paris 1985; ANDRÉ JARDIN, Histoire du libéralisme politique de la crise de l’absolutisme à la constitution de 1875, Paris 1985; Libéralisme chrétien et catholicisme libéral en Espagne, France et Italie dans la prémière moitié du XIXe siècle. Colloque International, Novembre 1987, Aix-en-Provence 1989; PIERRE MANENT, Histoire intellectuelle du libéralisme. Dix leçons, Paris 1987. Zum Problem der Begriffsverwirrung vgl. KRUMEICH, S. 354; ROLAND HÖHNE und INGO KOLBOOM, Aufstieg, Niedergang und Renaissance des Liberalismus in Frankreich, in: VORLÄNDER (Hrsg.), S. 119–34, hier S. 119; JEAN FRANÇOIS REVEL, Frankreich und der Liberalismus. Brief aus Paris, in: MELVIN J. LASKY (Hrsg.), Wie tot ist der Liberalismus? Nachdenken über ein Grundprinzip. Der Monat, N. F. 286 (1983), Weinheim 1983, S. 79–82 sowie JÜRG ALTWEGG, In Frankreich wollen heute Linke wie Rechte liberal sein, in: FAZ, 12. Januar 1985. Vgl. JACQUES A. ZIGHERA, „Radicalisme“ in Frankreich, in: Liberal (1974), S. 547–9; BERNHARD SCHMIDT (Hrsg.), Frankreich-Lexikon. Schlüsselbegriffe zu Wirtschaft, Gesellschaft, Politik, Geschichte, Kultur, Presse- und Bildungswesen, Bd. 2, Berlin 1983, S. 152 ff.; W. H. LOGUE, Liberalism, in: Historical Dictionary of the Third French Republic, 1870–1940, New York 1986, S. 554–6; PATRICK J. HARRIGAN, Liberal Catholicism, in: Historical Dictionary of France from the 1815 Restoration to the Second Empire, Bd. 1, London 1987, S. 631–4 sowie WILLIAM E. ECHARD (Hrsg.), Historical Dictionary of the French Second Empire, 1852–1870, London 1985, S. 359. Vgl. ANGELO ARA, Le correnti conservatrici in Italia, in: UMBERTO CORSINI und RUDOLF LILL (Hrsg.), Istituzioni e ideologie in Italia e in Germania tra le rivolzioni, Bologna 1987, S. 95–125; SERGIO LA SALVIA, Il moderatismo in Italia, in: ebd., S. 169–310; ETTORE PASSERIN D’ENTRÈVES und KONRAD REPGEN (Hrsg.), Il Cattolicesimo politico e sociale in Italia e in Germania dal 1870 al 1914, Bologna 1977; MARCO MERIGGI und PIERANGELO SCHIERA (Hrsg.), Dalla città alla nazione. Borghesie ottocentesche in

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I. Einleitung

renzieren auch die tradierte italienische Liberalismus-Forschung. Aber auch hier erweist sich der programmatische Vergleichsansatz noch häufig als bloße Addition von Einzelstudien, die unter einem für beide Länder gültigen Sammelthema zusammengetragen werden. Zudem standen Studien zum italienischen Liberalismus allzu lange im Schatten der überkommenen RisorgimentoForschung.86 Während sich zu Beginn der 1970er Jahre ein gewisser Stillstand der traditionellen Risorgimento-Forschung mit ihrer dominierenden biographisch-philologischen Perspektive abzuzeichnen begann, konnten erst in jüngster Zeit stärker politik- und sozialgeschichtliche Fragestellungen für die Analyse des Königreichs einbezogen werden, die inzwischen auch auf die italienische Liberalismus-Forschung zurückwirken.87 Dennoch ist ein gewisser Nachholbedarf der italienischen Forschung nicht zu übersehen, die aber von der europäisch vergleichenden Bürgertumsforschung schon jetzt wichtige Anregungen erfahren hat.

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Italia e Germania, Bologna 1993 sowie RUDOLF LILL und NICOLA MATTEUCCI (Hrsg.), Il liberalismo in Italia e in Germania dalla rivoluzione del’48 alla prima guerra mondiale, Bologna 1980. Vgl. zur älteren Forschung: Bibliografia storica dell’età del Risorgimento. In onore di Alberto M. Ghisalberti, 4 Bde., Florenz 1971–1977; KENT ROBERTS GREENFIELD, Economia e liberalismo nel Risorgimento. Il movimento nazionale in Lombardia dal 1814 al 1848 (englisch 1934), Rom 1985; E. ROTA (Hrsg.), Questioni di storia del Risorgimento e dell’Unità d’Italia, Mailand 1951; FIORELLA BARTOCCINI, Il movimento liberale e nazionale romano dal 1849 al 1860, Rom 1961; L. BULFERETTI (Hrsg.), Nuove Questioni di storia del Risorgimento e dell’Unità d’Italia, Mailand 1961; WALTER MATURI, Partiti politici e correnti di pensiero nel Risorgimento, in: ebd., S. 39–129; ALBERTO M. GHISALBERTI, Il liberalismo moderato nel Risorgimento, in: Atti del XXXVII Congresso di Storia del Risorgimento Italiano, Bari, ottobre 1958, Rom 1961, S. 3–19; ALBERTO AQUARONE, Alla ricerca del’Italia liberale, in: DERS., Alla ricerca del’Italia liberale, Neapel 1972, S. 275–344; G. GALASSO, Potere e istituzioni in Italia. Dalla caduta dell’Impero romano a oggi, Turin 1974, S. 182 ff.; VALERIO ZANONE, Il Liberalismo Moderno, in: LUIGI FIRPO (Hrsg.), Storia delle Idee politiche, economiche e sociali, Bd. 6: Il secolo ventesimo, Turin 1972, S. 191–248 sowie MANLIO DI LALLA, Storia del Liberalismo Italiano dal risorgimento al fascismo, Bologna 1976. Vgl. GIUSEPPE BEDESCHI, Storia del pensiero liberale, Rom 1990; GINO CAPPONI, Storia e progresso nell’Italia dell’Ottocento, hrsg. von PAOLO BAGNOLI, Florenz 1994; ANTONIO DE FRANCESCO, Ideologie e movimenti politici, in: GIOVANNI SABBATUCCI und VITTORIO VIDOTTO (Hrsg.), Storia d’Italia, Bd. 1: Le premesse dell’unità dalla fine del settecento al 1861, Bari 1994, S. 229–336; RAFFAELE ROMANELLI, L’Italia Liberale 1861–1900. Storia d’Italia dall’Unità alla Repubblica, Bd. 2, Bologna 1990; DERS., Il commando impossibile. Stato e società nell’Italia liberale, Bologna 1995; PAOLO POMBENI, Introduzione alla storia dei partiti politici, Bologna 1985; DERS., Trasformismo e questione del partito. La politica italiana e il suo rapporto con la vicenda costituzionale europea, in: DERS. (Hrsg.), La trasformazione politica nell’Europa liberale 1870–1890, Bologna 1986, S. 215–54; DERS., Autorità sociale e potere sociale nell’Italia contemporanea, Venedig 1993; ANGELICA GERNERT, Liberalismus als Handlungskonzept. Studien zur Rolle der politischen Presse im italienischen Risorgimento vor 1848, Stuttgart 1990 sowie THOMAS KROLL, Die Revolte des Patriziats. Der toskanische Adelsliberalismus im Risorgimento, Tübingen 1999.

2. Wissenschaftshistorische Verortung und forschungssystematische Bezüge

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Vor dem Hintergrund der Forderung nach einer Typologie historischer Erscheinungsformen des Liberalismus muß eine Bilanz der bisherigen Liberalismus-Forschung mindestens ambivalent ausfallen: Die Forderung nach interregionalen Vergleichen unterhalb der nationalen Ebene und internationalen Vergleichen hat über additiv angelegte Sammelbände hinaus bisher kaum größer angelegte Studien hervorgebracht, die dem strengen Maßstab eines systematischen Vergleichs anhand eines scharf umrissenen Frage- und Kriterienkatalogs genügten.88 Zumal die Kluft zwischen international vergleichenden und kulturalistisch orientierten Bürgertumsstudien auf der einen und komparativen Liberalismus-Forschungen auf der anderen Seite ist bisher nicht überzeugend geschlossen worden.89 Hinsichtlich des konkreten Vergleichs europäischer Liberalismen fällt aber eine weitere spezifische Schwierigkeit besonders ins Gewicht. Die Frage, welche Phänomene unter den Begriff Liberalismus fallen, gewinnt bei Vergleichen eine besondere Dimension: Lassen sich die den Begriff konnotierenden Kategorien bei der Verwendung des Begriffes in einem Land ohne weiteres auf ein anderes Land übertragen? Die Klippe des semantischen Nominalismus, also die unreflektierte Übernahme eines Begriffes aus dem politisch-sozialen Vokabular eines Landes und seine semantische Gleichsetzung mit dem vermeintlichen Wortäquivalent aus dem politischen Diskurs eines anderen Landes, die die außerhalb der Übersetzung liegenden Bedeutungsdifferenzen unberücksichtigt läßt, trägt erheblich zur Kommunikationsbarriere bei, die zu den spezifischen Schwierigkeiten bei der Umsetzung des komparativen Ansatzes zählt. Das kommunikative Mißverständnis, die Begriffsverwirrung, setzt genau da an, wo die Übersetzung zur Verständigungsfalle und die historische Semantik zum Erkenntnisproblem wird. b) Vom historischen Schlagwort zum politisch-sozialen Grundbegriff: Begriffsgeschichte, sozialhistorische Semantik und Diskursanalyse In Deutschland hat sich die Begriffsgeschichte früher und intensiver als in anderen Ländern als Paradigma der historischen Semantik durchgesetzt.90 Ausge88

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Vgl. als positive Ausnahme ALAN S. KAHAN, Aristocratic Liberalism. The Social and Political Thought of Jacob Burckhardt, John Stuart Mill, and Alexis de Tocqueville, Oxford 1992, S. 135 ff. Vgl. LANGEWIESCHE, Frühliberalismus und Bürgertum, S. 75. Vgl. REINHART KOSELLECK, Einleitung, in: DERS. (Hrsg), Historische Semantik, S. 9–16; ERNST WOLFGANG ORTH, Theoretische Bedingungen und methodische Reichweite der Begriffsgeschichte, in: ebd., S. 136–53; HORST GÜNTHER, Auf der Suche nach einer Theorie der Begriffsgeschichte, in: ebd., S. 102–20; REINHART KOSELLECK, Sozialgeschichte und Begriffsgeschichte, in: WOLFGANG SCHIEDER und VOLKER SELLIN (Hrsg.), Sozialgeschichte in Deutschland. Entwicklungen und Perspektiven im internationalen Zusammenhang, Bd. 1: Die Sozialgeschichte innerhalb der Geschichtswissenschaft, Göttingen 1986, S. 89–109; REINHART KOSELLECK, Sprachwandel und Ereignisgeschichte, in: Merkur 43 (1989), S. 657–73; H. G. MEIER, Begriffsge-

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I. Einleitung

hend vom früh entwickelten Interesse von Historikern an Schlagworten und an der Funktion von Begriffen als „sozialpsycholgische und geistesgeschichtliche Erscheinung“ vollzog sich die moderne begriffsgeschichtliche Praxis zunächst in zwei fachwissenschaftlichen Richtungen, denen sich jeweils großangelegte Forschungsprojekte zuordnen lassen.91 Der philosophiegeschichtlichen Ausrichtung, aus der das Historische Wörterbuch der Philosophie hervorging, „geht es ‚diagnostisch‘ um die Genese terminologischer Verwirrung und ‚therapeutisch‘ um eine Präzisierung für neuerliche Verwendungen“.92 Auf der Ebene der Geschichtswissenschaft haben neben einzelnen monographischen Studien zwei wissenschaftliche Großprojekte die Begriffsgeschichte als eigenständige historiographische Methodik etabliert: die zwischen 1972 und 1997 erschienenen Geschichtlichen Grundbegriffe (GGB) sowie das seit 1985 erscheinende Handbuch politisch-sozialer Grundbegriffe in Frankreich (HPSG).93 Die Konzeption der GGB ging von einem grundlegenden semantischen Strukturwandel von vergangenen zu „modernen“ Begriffen in der Zeitphase von ca. 1750 bis 1850 aus, für die Reinhart Koselleck die Bezeichnung Sattelzeit prägte. Diese semantische Transformationsphase war von mehreren spezifischen Erscheinungen gekennzeichnet: der Kollektivierung von zunächst nur im Plural geläufigen Substantiven (Geschichten) zu Allgemeinbegriffen (Ge-

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schichte, in: JOACHIM RITTER und KARLFRIED GRÜNDER (Hrsg.), Historisches Wörterbuch der Philosophie, Bd. 1, Stuttgart 1971, S. 788–808; GERD VAN DEN HEUVEL, Begriffsgeschichte, Historische Semantik, in: K. BERGMANN et al. (Hrsg.), Handbuch der Geschichtsdidaktik, 3. Aufl. Düsseldorf 1985, S. 194–7; KARI PALONEN, Politics, rhethoric and conceptional history. Studies on modern languages of political theory, Jyväskylä 1994; RALF KONERSMANN, Der Schleier des Timanthes. Perspektiven der historischen Semantik, Frankfurt a. M. 1994, S. 42 ff. sowie LUCIAN HÖLSCHER, The theoretical Foundations of ‚Begriffsgeschichte‘ (History of Concepts), in: Cultura. Revista de História e Teoria das Ideias 8, 2.a Série, Lissabon 1995, S. 23–38, hier S. 26 ff.; vgl. ferner JÖRN LEONHARD: Vom Schlagwort zum Grundbegriff: Zur Genese der Methodendiskussion zwischen Begriffsgeschichte, sozialhistorischer Semantik und Diskursanalyse, in: AfB (erscheint voraussichtlich 2002). WILHELM BAUER, Das Schlagwort als sozialpsychologische und geistesgeschichtliche Erscheinung, in: HZ 122 (1920), S. 189–240. GEORG BOLLENBECK, Bildung und Kultur. Glanz und Elend eines deutschen Deutungsmusters, Frankfurt a. M. 1994, S. 313. ROLF REICHARDT und HANS-JÜRGEN LÜSEBRINK (Hrsg.), Handbuch politisch-sozialer Grundbegriffe in Frankreich 1680–1820, München 1985 ff.; vgl. als exemplarische Einzelstudien ferner JÜRGEN SCHLUMBOHM: Freiheit – Die Anfänge der bürgerlichen Emanzipationsbewegung in Deutschland im Spiegel ihres Leitwortes (ca. 1760 – ca. 1800), Düsseldorf 1975; KARI PALONEN, Politik als Handlungsbegriff. Horizontwandel des Politikbegriffs in Deutschland, 1890–1933, Helsinki 1985; ULRICH ENGELHARDT, Bildungsbürgertum. Begriffs- und Dogmengeschichte eines Etiketts, Stuttgart 1986; GERD VAN DEN HEUVEL, Der Freiheitsbegriff der Französischen Revolution. Studien zur Revolutionsideologie, Göttingen 1988 sowie HORST DREITZEL, Monarchiebegriffe in der Fürstengesellschaft. Semantik und Theorie der Einherrschaft in Deutschland von der Reformation bis zum Vormärz, 2 Bde., Köln 1991; vgl. ferner DIETER LANGEWIESCHE, Republik und Republikaner. Von der historischen Entwertung eines politischen Begriffs, Essen 1993.

2. Wissenschaftshistorische Verortung und forschungssystematische Bezüge

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schichte), der schichtenübergreifenden Rezeption von politisch-sozialen Leitbegriffen über den begrenzten Kreis der Gebildeten hinaus (Demokratisierung), dem zunehmenden Einsatz politisch-sozialer Grundbegriffe als polemischer Waffe mit der Folge größerer semantischer Breite (Ideologisierbarkeit), sowie von der Aufladung von Begriffen mit spezifischen Erwartungen und Zielen, die aus Schlagwörtern auf dem Wege der Verzeitlichung und Politisierung affektive, zukunftsweisende Bewegungsbegriffe machten.94 Über dieses Sattelzeit-Konzept hinaus hat Koselleck sich vor allem um eine Etablierung der Begriffsgeschichte in ihrer sozialhistorischen Funktion bemüht. Die Prämisse, daß die Begriffsgeschichte jene „sprachliche Eigenbewegung“ nachvollziehe, „in der sich geschichtliche Erfahrungen sammeln oder Hoffnungen formuliert sein wollen“, ließ sich programmatisch als sozialhistorische Leitlinie begriffsgeschichtlicher Forschung zuspitzen: „Die den handelnden Menschen übersteigende Begriffsgeschichte ist insofern eine Variante der Sozialgeschichte“.95 Gerade das für die deutsche Geschichte des 19. Jahrhunderts so häufig zitierte Interpretationsmuster der „Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen“ wird in den Begriffen anhand einander überlappender Bedeutungselemente in geradezu seismographischer Qualität erkennbar, indem die Begriffe gleichzeitig ungleichzeitige Erfahrungen und Erwartungen verdichten.96 Die Frage, inwiefern die GGB die Funktion der Begriffsgeschichte als eine „conditio sine qua non sozialgeschichtlicher Fragen“ hat einlösen können, ist bei aller auch internationalen Anerkennung des Projekts Gegenstand einer kritisch geführten Diskussion geworden.97 In vielen Artikeln, so die Kritik, habe 94

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Vgl. REINHART KOSELLECK, Richtlinien für das Lexikon politisch-sozialer Grundbegriffe der Neuzeit, in: AfB 11 (1967), S. 81–99; DERS., Einleitung, in: BRUNNER et al. (Hrsg.), Bd. 1, S. XIII–XXVII; DERS., Begriffsgeschichte und Sozialgeschichte (1972), in: DERS., Vergangene Zukunft, S. 107–29. REINHART KOSELLECK, Preußen zwischen Reform und Revolution. Allgemeines Landrecht, Verwaltung und soziale Bewegung von 1791 bis 1848 (1967), 3. Aufl. 1981, Neudruck München 1989, S. 17; vgl. ferner DERS., Begriffsgeschichte und Sozialgeschichte, S. 114–7. Vgl. WOLFGANG HARDTWIG, Der deutsche Weg in die Moderne. Die Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen als Grundproblem der deutschen Geschichte 1789–1871, in: DERS. und HARM-HINRICH BRANDT (Hrsg.), Deutschlands Weg in die Moderne. Politik, Gesellschaft und Kultur im 19. Jahrhundert, München 1993, S. 9–31; die Formel selbst geht zurück auf ERNST BLOCH, Ungleichzeitigkeit und Berauschung, in: DERS., Erbschaft dieser Zeit. Erweiterte Ausgabe. Gesamtausgabe Bd. 4, Frankfurt a. M. 1962, S. 45–164; vgl. zur didaktischen Integration begriffsgeschichtlicher Fragestellungen JÖRN LEONHARD, Zwischen Tradition und Moderne: Liberalismus in Deutschland im 19. Jahrhundert, in: RAAbits Geschichte. Impulse und Materialien für die kreative Unterrichtsgestaltung, 15. Ergänzungslieferung, Heidelberg 1996, S. 6 f.; vgl. KOSELLECK, Begriffsgeschichte und Sozialgeschichte, S. 128 Vgl. ebd., S. 125 und WERNER CONZE, Vom „Pöbel“ zum „Proletariat.“ Sozialgeschichtliche Voraussetzungen für den Sozialismus in Deutschland, in: HANS-ULRICH WEHLER (Hrsg.), Moderne deutsche Sozialgeschichte, Köln 1966, S. 111–36; vgl. zur Kritik IRMLINDE VEIT-BRAUSE, A Note on Begriffsgeschichte, in: History and Theory 20 (1981), S. 61–7; NIKLAS LUHMANN, Gesellschaftsstruktur und Semantik. Studien

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I. Einleitung

der zu weit gespannte Rahmen von der Antike bis zur Gegenwart und die fehlende Berücksichtigung der allen Autoren empfohlenen Quellengrundlage zu einer einseitigen Bevorzugung der klassischen ideengeschichtlichen Theoretiker und einer weitgehenden Ausklammerung der politischen Alltagssprache geführt.98 Das nach der Pionierleistung der GGB zweite begriffsgeschichtlichlexikalische Großunternehmen, das seit 1985 von Rolf Reichardt und HansJürgen Lüsebrink herausgegebene Handbuch politisch-sozialer Grundbegriffe in Frankreich, unternimmt den Versuch, das politisch-soziale Vokabular Frankreichs vom Ancien Régime bis zur Restauration zu erfassen. Die Übertragung der begriffsgeschichtlichen Methode auf ein anderes europäisches Land wird dabei programmatisch mit der Konzeption einer eigenen französischen Sattelzeit von ca. 1680 bis 1820 und vor allem einer methodischen Weiterentwicklung der Begriffsgeschichte zur sozialhistorischen Semantik verbunden.99 Dabei wird die Funktion der Sprache unterstrichen, „Sinn, Bedeutung, Meinung zu vermitteln, die nicht direkter Ausdruck des Subjektes, ‚hier und jetzt‘ sind.“ Dies erlaubt es dem Individuum, die alltäglichen Sinneseindrücke zu typisieren.100 Die wissenssoziologisch abgeleitete Position, daß und wie Sprache als integrales Segment des sozialen Wissens der Zeit und zugleich als handlungsleitender Faktor wirkt, unterstreicht die Konzeption der sozialhistorischen Semantik: Bei ihr, so die Konzeption der Herausgeber des HPSG, stehe nicht der philosophische Erstbeleg und die exakte Definition des Leitbegriffes im Vordergrund, sondern „die gesellschaftliche Verbreitung und dessen sozialspezifische Bedeutungen“, also eine sozialhistorische Konturierung der semantischen Bestimmungen.101

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zur Wissenssoziologie der modernen Gesellschaft, Bd. 1, Frankfurt a. M. 1980, S. 13–21; HEINER SCHULTZ, Begriffsgeschichte und Argumentationsgeschichte, in: KOSELLECK (Hrsg.), Historische Semantik, S. 43–74; J. MACEK, Pour une sémantique historique, in: Mélanges en l’honneur de Fernand Braudel, Toulouse 1973, S. 343–52; N. S. SRUEVER, The Study of Language and the Study of History, in: JIH 4 (1974), S. 401–15; R. SCHMIDT-WIEGAND, Neue Ansätze im Bereich ‚Wörter und Sachen‘, in: G. WIEGELMANN (Hrsg.), Geschichte der Alltagskultur, Münster 1980, S. 87–102 sowie M. GRIBAUDI, A proposito di linguistica e storia, in: Quaderni storici 46 (1981), S. 236–66. Vgl. HEINER SCHULTZ, Einige methodische Fragen der Begriffsgeschichte, in: AfB 17 (1973), S. 221–31; HELMUT BERDING, Begriffsgeschichte und Sozialgeschichte, in: HZ 233 (1976), S. 98–110 sowie JAMES J. SHEEHAN, ‚Begriffsgeschichte‘. Theory and Practice, in: JMH 50 (1978), S. 312–9. Vgl. ROLF REICHARDT, Pour une histoire des mots-thèmes socio-politiques en France (1680–1820), in: Mots 5 (1982), S. 189–202; DERS., Zur Geschichte politisch-sozialer Begriffe in Frankreich zwischen Absolutismus und Restauration. Vorstellung eines Forschungsvorhabens, in: Zeitschrift für Literaturwissenschaft und Linguistik 47 (1982), S. 49–72; DERS., Einleitung, in: DERS. und LÜSEBRINK (Hrsg.), Heft 1/2, München 1985, S. 39–148, hier S. 64 ff. P. L. BERGER und T. LUCKMANN, Die gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit (englisch 1966), 5. Aufl. Frankfurt a. M. 1980, S. 39; vgl. A. SCHÜTZ und T. LUCKMANN, Strukturen der Lebenswelt, Bd. 1, Frankfurt a. M. 1979, S. 224 ff. VAN DEN HEUVEL, Freiheitsbegriff, S. 22; vgl. HANS-ULRICH GUMBRECHT, Für eine

2. Wissenschaftshistorische Verortung und forschungssystematische Bezüge

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Im Kontext des sogenannten linguistic turn sind vor allem in der angelsächsischen Geschichtsschreibung Sprache, Rhetorik und Diskurs erneut in das Zentrum historischer Betrachtung getreten.102 Diese im weitesten Sinne kulturgeschichtliche Akzentverschiebung der Geschichtswissenschaft, ihre interdisziplinäre Öffnung gegenüber anthropologischen und kultursoziologischen Positionen und die jüngst geführte Debatte um eine Neubestimmung der Geschichte als Kulturgeschichte bzw. Historische Kulturwissenschaft103 hat auch das Interesse an Fragen der historischen Semantik vertieft. Während aber im Zusammenhang mit dem linguistic turn die sprachliche Artikulation häufig methodisch verabsolutiert und zum „Fundament jeder historischen Erkenntnis“ wird, verweisen begriffshistorische Ansätze darauf, daß die Analyse der vergangenen Wirklichkeit nie allein über Texte und Diskurse möglich ist.104 Die Semantik als Beziehung zwischen Zeichen und Bedeutung sowie die Pragmatik als Zusammenhang zwischen Zeichen und Benutzer sind aus dieser Perspektive untrennbar miteinander verbunden.105

phänomenologische Fundierung der sozialhistorischen Begriffsgeschichte, in: KOSEL(Hrsg.), Historische Semantik, S. 75–101. Vgl. R. RORTY (Hrsg.), The Linguistic Turn: Recent Essays in Philosophic Method, Chicago 1967; M. JAY, Should Intellectual History Take a Linguistic Turn? Reflections on the Habermas-Gadamer Debate, in: DOMINICK LACAPRA und STEVEN L. KAPLAN (Hrsg.), Modern European Intellectual History. Reappraisals and New Perspectives, Ithaca 1982, S. 86–110; J. E. TOEWS, Intellectual History after the Linguistic Turn: The Autonomy of Meaning and the Irreducibility of Experience, in: AHR 92 (1987), S. 879–907; vgl. zur Rezeption in Deutschland GEORGE G. IGGERS, Zur „Linguistischen Wende“ im Geschichtsdenken und in der Geschichtsschreibung, in: GG 21 (1995), S. 557–70; ERNST HANISCH, Die linguistische Wende. Geschichtswissenschaft und Literatur, in: WOLFGANG HARDTWIG und HANS-ULRICH WEHLER (Hrsg.), Kulturgeschichte Heute, Göttingen 1996, S. 212–30; JÜRGEN KOCKA, Annäherung und neue Distanz. Historiker und Sozialwissenschaftler seit den fünfziger Jahren, in: MANFRED HETTLING und PAUL NOLTE (Hrsg.), Nation und Gesellschaft in Deutschland. Historische Essays. Festschrift für Hans-Ulrich Wehler zum 65. Geburtstag, München 1996, S. 15–31, hier S. 25 f.; PETER SCHÖTTLER, Wer hat Angst vor dem „linguistic turn“?, in: GG 23 (1997), S. 134–51 sowie UTE DANIEL, Clio unter Kulturschock. Zu den aktuellen Debatten der Geschichtswissenschft, in: GWU 48 (1997), S. 195–218 und 259–78. Vgl. THOMAS MERGEL, Kulturgeschichte – die neue „große Erzählung“? Wissenssoziologische Bemerkungen zur Konzeptionalisierung sozialer Wirklichkeit in der Geschichtswissenschaft, in: HARDTWIG und WEHLER (Hrsg.), S. 41–77 sowie OTTO GERHARD OEXLE, Geschichte als Historische Kulturwissenschaft?, in: ebd., S. 14–40. WOLFGANG HARDTWIG und HANS-ULRICH WEHLER, Einleitung, in: DIES. (Hrsg.), S. 7–13, hier S. 10; vgl. CLEMENS KNOBLOCH, Überlegungen zur Theorie der Begriffsgeschichte aus sprach- und kommunikationswissenschaftlicher Sicht, in: AfB 35 (1992), S. 7–24. Vgl. UMBERTO ECO, Semiotik und Philosophie der Sprache, München 1985, S. 30 ff.; DERS., Die Grenzen der Interpretation, München 1995, S. 337 ff. und 350 ff. sowie BRIGITTE SCHLIEBEN-LANGE, Linguistische Pragmatik, 2. Aufl. Stuttgart 1979, S. 24 ff. und 43 ff. LECK

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I. Einleitung

Eng verknüpft mit dieser kulturgeschichtlichen Neuorientierung der Geschichtswissenschaft ist die diskursanalytische Position.106 Gegenüber dem philosophischen Diskursbegriff, der vor allem auf Jürgen Habermas’ Konzeption eines rationalen, herrschaftsfreien Gesprächs zwischen aufgeklärten und gleichberechtigten Subjekten zurückgeht und keine Beschreibung einer empirischen Wirklichkeit, sondern eine normative Idee formuliert,107 „an der sich konkrete empirische Diskurse orientieren sollen“,108 begriff Michel Foucault Diskurse als über die Ebene des rein hermeneutisch ergründbaren Textes hinausgehende institutionalisierte oder institutionalisierbare Redeweisen, deren Regeln und Mechanismen einer empirischen Analyse unterzogen werden können.109 Die Anhänger dieser Richtung haben der traditionellen Begriffsgeschichte eine grundlegende „sprachtheoretische Unsicherheit“ angelastet, weil sie den historischen Grundbegriffen vorschnell eine qualifizierte Form sprachlicher Zeichen zuspreche anstatt die „Analyse der Voraussetzungen kommunikativen Handelns zu betreiben“.110 In diesem Sinne erweise sich, so Peter Schöttler, die Diskursanalyse „breiter“ als die „punktuelle Begriffsgeschichte“.111 Die daraus ableitbaren Postulate, die in der Forderung nach einer sowohl diskursanalytischen als auch sozialhistorischen Erweiterung der Begriffsgeschichte münden, sind inzwischen in historisch-textpragmatischen Studien aufgenommen worden.112 106

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Vgl. SCHÖTTLER, Angst, S. 138 ff.; DERS., Sozialgeschichte, „Erfahrungsansatz“ und Sprachanalyse, in: Kulturrevolution. Zeitschrift für angewandte Diskurstheorie 11 (1986), S. 56–60; DERS., Sozialgeschichtliches Paradigma und historische Diskursanalyse, in: JÜRGEN FOHRMANN und HARRO MÜLLER (Hrsg.), Diskurstheorien und Literaturwissenschaft, Frankfurt a. M. 1988, S. 159–99; PETER SCHÖTTLER, Einleitung, in: GARETH STEDMAN JONES, Klassen, Politik und Sprache. Für eine theoriegeleitete Sozialgeschichte, hrsg. von PETER SCHÖTTLER, Münster 1988, S. 9–41 sowie DERS., Mentalitäten, Ideologien, Diskurse. Zur sozialgeschichtlichen Thematisierung der „dritten“ Ebene, in: ALF LÜDTKE (Hrsg.), Alltagsgeschichte. Zur Rekonstruktion historischer Erfahrungen und Lebensweisen, Frankfurt a. M. 1989, S. 85–136. Vgl. JÜRGEN HABERMAS und NIKLAS LUHMANN, Theorie der Gesellschaft oder Sozialtechnologie. Was leistet die Systemtheorie?, Frankfurt a. M. 1971, S. 114 ff. und 195 ff. sowie JÜRGEN HABERMAS, Der philosophische Diskurs der Moderne, Frankfurt a. M. 1985, S. 390 ff. SCHÖTTLER, Angst, S. 139. Vgl. MICHEL FOUCAULT, Interview mit J. J. Brochier (1969), in: DERS., Dits et Ecrits, Bd. 1, Paris 1994, S. 772; DERS., Archäologie des Wissens (1969), 5. Aufl. Frankfurt a. M. 1992, S. 169–71; DERS., Die Ordnung des Diskurses (1971), München 1974, passim sowie PHILIPPE SARASIN, Subjekte, Diskurse, Körper. Überlegungen zu einer diskursanalytischen Kulturgeschichte, in: HARDTWIG und WEHLER (Hrsg.), S. 131–64. DIETRICH BUSSE, Historische Semantik. Analyse eines Programms, Stuttgart 1987, S. 73; vgl. ferner DERS. (Hrsg.), Diachrone Semantik und Pragmatik. Untersuchungen zur Erklärung und Beschreibung des Sprachwandels, Tübingen 1991 sowie DERS., FRITZ HERMANNS und WOLFGANG TEUBERT (Hrsg.), Begriffsgeschichte und Diskursgeschichte. Methodenfragen und Forschungsergebnisse der historischen Semantik, Opladen 1994. SCHÖTTLER, Mentalitäten, S. 116; vgl. BOLLENBECK, S. 316. Vgl. HANS-ULRICH GUMBRECHT, Historische Textpragmatik als Grundlagenwissen-

2. Wissenschaftshistorische Verortung und forschungssystematische Bezüge

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Angesichts der vielversprechenden Anfänge im Kontext der Annales verwundert es, daß französische Arbeiten im Sinne historisch-semantischer Längsschnittanalysen eine Ausnahme geblieben sind.113 Signifikant für diesen Sachverhalt ist nicht zuletzt das von deutschen Historikern herausgegebene HPSG. Eine wichtige Ausnahme bilden indes die von Jacques Guilhaumou unternommenen Forschungen zur Bedeutung der Sprache der Französischen Revolution, die eine Vielzahl weiterer Arbeiten angeregt haben.114 Ausgehend von diesen Forschungen und den Vorarbeiten des HPSG werden auf deutscher Seite auf der Ebene des semantischen Kulturtransfers die spezifischen Rezpetionswege des französischen Revolutionsvokabulars in Deutschland analysiert.115 In der angelsächsischen Forschung kommt Fragen nach dem Verhältnis von Sprache und Geschichte in den letzten Jahren ein immer größer werdender

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schaft der Geschichtschreibung, in: Lendemains 6 (1977), S. 125–36; DERS., Fundierung, S. 75 ff.; zu empirischen Beipielen vgl. DERS., Funktionen parlamentarischer Rhetorik in der Französischen Revolution. Vorstudien zur Entwicklung einer historischen Textpragmatik, München 1978; G. KALIVODA, Parlamentarische Rhetorik und Argumentation. Untersuchungen zum Sprachgebrauch des Ersten Vereinigten Landtags in Berlin 1847, Berlin 1986; WERNER HOLLY, Zur Geschichte parlamentarischen Sprachhandelns in Deutschland. Eine historisch-pragmatische Skizze an Beispielen aus ersten Sitzungen von verfassungsgebenden Versammlungen, in: Zeitschrift für Literaturwissenschaft und Linguistik 47 (1982), S. 10–48 sowie T. CHILDERS, Languages of Liberalism. Liberal Political Discourse in the Weimar Republik, in: K. JARAUSCH und L. E. JONES (Hrsg.), In Search of a Liberal Germany, New York 1990, S. 323–59. Vgl. LUCIEN FEBVRE, Les mots et les choses en histoire économique, in: Annales d’histoire économique et sociale 2 (1930), S. 231–4, deutsch: Wörter und Dinge in der Wirtschaftsgeschichte, in: DERS., Das Gewissen des Historikers, hrsg. von ULRICH RAULFF, Berlin 1988, S. 23–6, hier S. 23 f.; LUCIEN FEBVRE, Zur Entwicklung des Wortes und der Vorstellung von „Civilisation“ (französisch 1930), in: ebd., S. 39–77; L. GIRARD, Histoire et lexicographie, in: Annales 18 (1963), S. 1128–32; ULRICH RAULFF, Ein Historiker im 20. Jahrhundert: Marc Bloch, Frankfurt a. M. 1995, S. 250 f. sowie SCHÖTTLER, Sozialgeschichtliches Paradigma, S. 159 ff. Vgl. JACQUES GUILHAUMOU, Langages et Idéologies. Le Discours comme Objet de l’Histoire, Paris 1974; DERS., Sprache und Politik in der Französischen Revolution, Frankfurt a. M. 1989 sowie M. TOURNIER, R. ARNAULT, L. CAVACIUTI, A. GEFFROY und F. THEURIOT, Le vocabulaire de la Révolution. Pour un inventaire systématique des textes, in: Annales historiques de la Révolution française 41 (1969), S. 104–24; Dictionnaire des usages socio-politiques (1770–1815), Bd. 1: Désignants socio-politiques, Bd. 2: Notions-concepts, Bd. 3: Dictionnaires, normes, usages, Bd. 4: Désignants socio-politiques, Bd. 5: Langue, occitan, usages, Paris 1985–1991. Vgl. ROLF REICHARDT, „Freymüthigkeit, doch kein Sans-Cülotismus . . .“ Transfer und Transformation der Französischen Revolution in Verdeutschungen französischer Revolutionsschriften 1789–1799, in: MICHEL ESPAGNE und MICHAEL WERNER (Hrsg.), Transferts. Les relations culturelles dans l’espace franco-allemand (XVIIIe– XIXe siècle), Paris 1988, S. 273–326; HANS-JÜRGEN LÜSEBRINK und ROLF REICHARDT, Histoire des concepts et transferts culturels, 1770–1815. Note sur une recherche, in: Genèses. Sciences sociales et histoire 14 (1994), S. 27–41; JÖRN LEONHARD, von den ‚idées libérales‘ zu den ‚liberalen Ideen‘: Historisch-semantischer Kulturtransfer zwischen Übersetzung, Adaption und Intergration, in: MARC SCHALENBERG (Hrsg.), Kulturtransfer im 19. Jahrhundert, Berlin 1998, S. 13–45.

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I. Einleitung

Stellenwert zu. Besondere Bedeutung für diese Entwicklung hat insbesondere die sogenannte history of ideas bzw. intellectual history.116 Darüber hinaus haben vor allem J. G. A. Pocock, Quentin Skinner und die ihnen zugeordneten Mitglieder der sogenannten Cambridge School mit ihren Arbeiten versucht, die hinter spezifischen Ideologien stehende language zu rekonstruieren. Exemplarisch hat J. G. A. Pocock bei politischen Denkern der englischen Revolution wie Harrington die Sprache des klassischen Republikanismus analysiert.117 Gegenüber solchen Methoden hat sich Skinner vor allem auf den Wandel von Bedeutungen konzentriert.118 Wichtig erscheint vor allem, daß sowohl Pocock als auch Skinner an einem grundsätzlich interpretativ-hermeneutischen Zugriff auf Texte festhalten. Daraus ergibt sich trotz zahlreicher Unterschiede auch eine Vielzahl von Berührungspunkten mit der deutschen begriffsgeschichtlichen Tradition. Ein Dialog zwischen den unterschiedlichen Konzepten, für den sich Melvin Richter in den USA und in Großbritannien intensiv einsetzt, steht erst am Anfang.119 J. G. A. Pocock hat in einem direkten Austausch mit Reinhart Kosel116

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Vgl. WILLIAM J. BA, Intellectual History in the 1980s: From History of Ideas to History of Meaning, in: JIH 12 (1981), S. 279–91; J. G. A. POCOCK und QUENTIN SKINNER, What is Intellectual History?, in: History Today 35 (1985), S. 46–54 sowie MICHAEL ERMATH, Mindful Matters, in: JMH 57 (1985), S. 506–27; für den amerikanischen Zweig vgl. ARTHUR O. LOVEJOY, The Great Chain of Being, Cambridge/Mass. 1948 sowie PHILIP WIENER (Hrsg.), Dictionary of the History of Ideas, 5 Bde., New York 1973. Vgl. J. G. A. POCOCK, Verbalizing a Political Act: Towards a Politics of Speech, in: MICHAEL J. SHAPIRO (Hrsg.), Language and Politics, Oxford 1984, S. 25–43; J. G. A. POCOCK, The Concept of a Language and the Métier d’historien: Some Considerations on Practice, in: ANTHONY PAGDEN (Hrsg.), The Languages of Political Theory in Early-Modern Europe, Cambridge 1987, S. 19–38; J. G. A. POCOCK, Machiavelli, Harrington and English Political Ideologies in the Eighteenth Century, in: DERS., Politics, Language and Time, London 1972, S. 104–47. Die wichtigsten Beiträge Pococks sind nunmehr zusammengefaßt in J. G. A. POCOCK, Virtue, Commerce, and History. Essays on Political Thought and History, chiefly in the Eighteenth Century, Cambridge 1995; vgl. auch IAIN HAMPSHER-MONK, Review Article: Political Languages in Time – The Work of J. G. A. Pocock, in: British Journal of Political Science 14 (1984), S. 89–116; TERENCE BALL und J. G. A. POCOCK (Hrsg.), Conceptional Change and the Constitution, Lawrence/Kansas 1988; TERENCE BALL, JAMES FARR und RUSSELL L. HANSON (Hrsg.), Political Innovation and Conceptional Change, Cambridge 1989 sowie TERENCE BALL, Transforming Political Discourse: Political Theory and Critical Conceptional History, Oxford 1988; vgl. ferner MONIKA WIENFORT, Monarchie in der bürgerlichen Gesellschaft. Deutschland und England von 1640 bis 1848, Göttingen 1994, S. 15. Vgl. QUENTIN SKINNER, Language and Social Change, in: L. MICHAELS und C. RICKS (Hrsg.), The State of the Language, Berkeley 1980, S. 562–78; QUENTIN SKINNER, Language and Political Change, in: BALL et al. (Hrsg.), Political Innovation, S. 6–23 sowie JAMES TULLY und QUENTIN SKINNER (Hrsg.), Meaning and Context: Quentin Skinner and His Critics, Princeton 1989. Vgl. MELVIN RICHTER, Zur Rekonstruktion der Geschichte der Politischen Sprachen: Pocock, Skinner und die Geschichtlichen Grundbegriffe, in: HANS ERICH BÖDEKER

2. Wissenschaftshistorische Verortung und forschungssystematische Bezüge

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leck zunächst die Diskursanalyse höher als die punktuelle Begriffsgeschichte eingeschätzt und dabei insbesondere den synchronen Aspekt des Untersuchungsansatzes hervorgehoben.120 Ein weiterer Kritikpunkt der Cambridge School wendet sich gegen das von Koselleck in den GGB vertretene Konzept der Sattelzeit geschichtlicher Grundbegriffe zwischen 1750 und 1850. Pococks Hinweis auf die ganz andere Sattelzeit des politisch-sozialen Vokabulars in England, für die eher die Phase zwischen 1500 und 1800 zu untersuchen wäre,121 führt direkt zur Notwendigkeit vergleichender Analysen, bei der zudem die Bedingungen des Diskurses berücksichtigt werden müssen: Nicht allein die Begriffsgeschichte, sondern auch die diesen Bedingungen nachgehenden methodischen Ansätze seien „historically, culturally, and nationally specific.“122 In der Bilanz seines Konzepts hat Reinhart Koselleck die methodische Funktion der Sattelzeit selbst durchaus kritisch beurteilt. Für begriffsgeschichtliche Analysen stellt sie jedenfalls keine conditio sine qua non dar, und zwar weder im Hinblick auf den deutschen Sprachraum noch für andere nationalsprachliche Diskurse. Eher scheint hier der Begriff der Schwellenzeit angezeigt.123 Beim Blick auf die zuletzt vorgestellten französischen und die angloamerikanischen Ansätze läßt sich konstatieren, daß sie zumeist synchron angelegt sind und vor dem Hintergrund der diskursanalytischen Ansätze mit einer Vielzahl von Begriffen operieren, wobei sie allerdings durch die Konzentration auf die „essentially contested concepts“ zu selten auf die Ebene der alltäglichen politischen Argumentation vorstoßen und zumeist bei den großen politischen Theoretikern stehenbleiben.124 Auch die fokussierende Wirkung einzelner Grundbegriffe für Erfahrungsräume und Erwartungshorizonte, ihr spezifischer Stellenwert im politisch-sozialen Vokabular sowie vor allem der Bedeutungswan-

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und ERNST HINRICHS (Hrsg.), Alteuropa oder frühe Neuzeit? Probleme und Methoden der Forschung, Stuttgart 1990, S. 134–74; MELVIN RICHTER, Begriffsgeschichte in Theory and Practice: Reconstructing the History of Political Concepts and Language, in: WILLEM MELCHING und WYGER VELEMA (Hrsg.), Main Trends in Cultural History, Amsterdam 1994; MELVIN RICHTER, The History of Political and Social Concepts. A Critical Introduction, New York 1995; vgl. zuletzt die Beiträge in HARTMUT LEHMANN und MELVIN RICHTER (Hrsg.), The Meaning of Historical Terms and Concepts. New Studies on Begriffsgeschichte, Washington 1996. Vgl. J. G. A. POCOCK, Concepts and Discourses: A Difference in Culture? Comment on a Paper by Melvin Richter, in: LEHMANN und RICHTER (Hrsg.), S. 47–51 und 58; REINHART KOSELLECK, A Response to Comments on the Geschichtliche Grundbegriffe, in: ebd., S. 59–70 sowie MELVIN RICHTER, Opening a Dialogue and Recognizing an Achievement. A Washington Conference on the Geschichtliche Grundbegriffe, in: AfB 39 (1996), S. 19–26. Vgl. J. G. A. POCOCK (Hrsg.), The Varieties of British Political Thought, 1500–1800, Cambridge 1994, passim. POCOCK, Concepts and Discourses, S. 58. Vgl. KOSELLECK, Response, S. 69. Vgl. WILLIBALD STEINMETZ, Das Sagbare und das Machbare. Zum Wandel politischer Handlungsspielräume, England 1780–1867, Stuttgart 1993, S. 32 f.

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I. Einleitung

del im diachronen Längsschnitt wird weitgehend ausgeblendet oder kommt zu kurz.125 Die dominierende synchrone Untersuchungsperspektive und die Rekonstruktion einer language auf dieser Basis verstellt den Blick auf die spezifische Interdependenz zwischen der Kontinuität überindividueller politisch-sozialer Grundbegriffe als unumgängliche Voraussetzungen für jeden Diskurs einerseits und der je spezifischen Konkretion durch Neubestimmung, Rezeption und Transfer in jeweils einmaligen historischen Situationen andererseits. c) Konkretisierung des Forschungsstandes: Zur komparativen Einordnung historisch-semantischer Deutungsmuster In der Liberalismus-Forschung hat sich wie in der Bürgertums-Forschung insgesamt der Vergleich als methodisches Paradigma zwar etablieren können; die meisten Studien leisten aber häufig noch keine echten komparativen Synthesen, sondern stellen mehr oder weniger additiv einzelne Vergleichsfälle nebeneinander. Dies gilt, ungeachtet aller Vorzüge der Einzelbeiträge, sowohl für den regionalen als auch für den internationalen Vergleich des deutschen Liberalismus. Es ist kein Zufall, daß bei diesen Ansätzen der Sammelband die dominierende Publikationsform darstellt. Dies hat nicht zuletzt auch mit den völlig unterschiedlichen Voraussetzungen der Liberalismus-Forschung in den verschiedenen Ländern zu tun, die wiederum auf einen ganz unterschiedlichen Stellenwert des Phänomens hinweisen. Während etwa der deutsche Liberalismus in seinen lokalen und regionalen Ausprägungen auch über 1850 hinaus seit Jahren ein attraktives Forschungsterrain darstellt, konnte Heinz-Gerhard Haupt noch 1989 feststellen, daß „in Frankreich eine der deutschen Liberalismus-Forschung an Qualität und Umfang ähnliche Diskussion“ fehle.126 Obgleich nicht zu übersehen ist, daß sich die Ausgangsbedingungen sowohl für den deutschenglischen, den deutsch-italienischen und jüngst verstärkt auch für den deutsch-französischen Vergleich erheblich verbessert haben, hat die Liberalismus-Forschung davon erst in Ansätzen profitiert. Das Dilemma zwischen dem theoretischen Vergleichspostulat und einem ausgesprochenen Manko an empirischen Studien gilt trotz einzelner Ausnahmen gerade auch für den Bereich des Kulturvergleichs. So sehr der linguistic turn der Geschichtswissenschaften in Europa und den USA das Interesse am Verhältnis von Sprache und Geschichte gefördert hat und so sehr Diskussionen um die theoretischen Prämissen und die sozialpsychologisch aufschließende Funktion von Begriffen und Diskursen zugenommen haben, so sehr fällt jenseits der lexikalischen Großunternehmen der eklatante Mangel an länderübergreifenden empirisch fundierten Einzelstudien auf. Gemessen am internationa125

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Vgl. REINHART KOSELLECK, Abstraktheit und Verzeitlichung in der Revolutionssprache, in: ROLF REICHHARDT und REINHART KOSELLECK (Hrsg.), Die Französische Revolution als Bruch des gesellschaftlichen Bewußtseins, München 1988, S. 224–6, hier S. 224. HAUPT, Soziales Milieu, S. 294, Anmerkung 3.

2. Wissenschaftshistorische Verortung und forschungssystematische Bezüge

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len Interesse an Fragen der historischen Semantik erscheint die Anzahl an Studien mit komparativen Fragestellungen weiterhin gering. Lediglich aus einigen über Deutschland hinausgehenden Arbeiten lassen sich verstreute Ansätze international vergleichender Untersuchungen ableiten.127 Aufgehellt wird dieses Bild allerdings durch einige neuere komparative Studien zum Bürgertums- und Mittelklasse-Begriff in seinen verschiedenen europäischen Kontexten128 sowie durch neuere Ansätze im Rahmen der politikwissenschaftlich-vergleichenden Analyse des Verhältnisses von politischer Sprache und politischer Kultur in Deutschland und Großbritannien.129 Für das konkrete Forschungsunternehmen einer komparativen historischen Semantik von Liberalismus ergeben sich entsprechend den ganz unterschiedli127

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Vgl. JENS A. CHRISTOPHERSEN, The Meaning of „Democracy“ as used in European ideologies from the French to the Russian Revolution. An Historical Study in Political Language, Oslo 1966; ARNOLD J. HEIDENHEIMER, Politics, Policy and Policey as Concepts in English and Continental Languages: An Attempt to Explain Divergences, in: RevPol 48 (1986), S. 3–30; KARI PALONEN, Politik als „chamäleonartiger“ Begriff: Reflexionen und Fallstudien zum Begriffswandel der Politik, Helsinki 1985; DERS., Die Thematisierung der Politik als Phänomen: Eine Interpretation der Geschichte der Politik im Frankreich des 20. Jahrhunderts, Helsinki 1989 sowie J. LEENHARDT und R. PICHT (Hrsg.), Esprit / Geist. 100 Schlüsselbegriffe für Deutsche und Franzosen, München 1989. Vgl. REINHART KOSELLECK, WILLIBALD STEINMETZ und ULRIKE SPREE, Drei bürgerliche Welten? Zur vergleichenden Semantik der bürgerlichen Gesellschaft in Deutschland, England und Frankreich, in: H.-J. PUHLE (Hrsg.), Bürger in der Gesellschaft der Neuzeit, Göttingen 1991, S. 15–58; WILLIBALD STEINMETZ, Gemeineuropäische Tradition und nationale Besonderheiten im Begriff der „Mittelklasse.“ Ein Vergleich zwischen Deutschland, Frankreich und England, in: REINHART KOSELLECK und KLAUS SCHREINER (Hrsg.), Bürgerschaft. Rezeption und Innovation der Begrifflichkeit vom Hohen Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert, Stuttgart 1994, S. 161–236; ULRIKE SPREE, Die verhinderte „Bürgerin“? Ein begriffsgeschichtlicher Vergleich zwischen Deutschland, Frankreich und Großbritannien, in: ebd., S. 274–306; ANDREAS WIRSCHING, Bürgertugend und Gemeininteresse. Zum Topos der „Mittelklassen“ in England im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert, in: AKG 72 (1990), S. 173–99 sowie zuletzt IAIN HAMPSHER-MONK, KARIN TILMANS und FRANK VAN VREE, History of Concepts: Comparative Perspectives, Amsterdam 1998. Vgl. ANDREAS DÖRNER und KARL ROHE, Politische Sprache und Politische Kultur. Diachron-kulturvergleichende Sprachanalysen am Beispiel von Großbritannien und Deutschland, in: MANFRED OPP DE HIPT und ERICH LATNIAK (Hrsg.), Sprache statt Politik? Politikwissenschaftliche Semantik- und Rhetorikforschung, Opladen 1991, S. 38–65; KARL ROHE, Zur Typologie politischer Kulturen in westlichen Demokratien. Überlegungen am Beispiel Großbritanniens und Deutschlands, in: HEINZ DOLLINGER, HORST GRÜNDER und ALWIN HANSCHMIDT (Hrsg.), Weltpolitik, Europagedanke, Regionalismus. Festschrift für Heinz Gollwitzer zum 65. Geburtstag, Münster 1982, S. 581 ff.; ANDREAS DÖRNER, Politische Lexik in deutschen und englischen Wörterbüchern. Metalexikographische Untersuchungen in kulturwissenschaftlicher Absicht, in: GREGOR MEDER und ANDREAS DÖRNER (Hrsg.), Worte, Wörter, Wörterbücher. Lexikographische Beiträge zum Essener Linguistischen Kolloquium 1983– 1989, Tübingen 1990, S. 123–45 sowie WOLFGANG SECK, Politische Kultur und politische Begrifflichkeit in Deutschland und Großbritannien, Essen 1990.

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I. Einleitung

chen Schwerpunkten in der Forschung der Vergleichsländer extrem heterogene Voraussetzungen.130 Für England, noch mehr für Frankreich und Italien lassen sich allenfalls verstreute Informationen konstatieren, obgleich zumal in der jüngsten englischen Forschung das Unbehagen an der nicht hinreichend geklärten historischen Dimension von liberal und conservative deutlich faßbar ist.131 Am günstigsten stellt sich die Situation für Deutschland dar, wo mit den einschlägigen Artikeln der GGB132 zumindest die erste Jahrhunderthälfte kein unerschlossenes Terrain mehr darstellt. Für die übrigen Vergleichsländer stellen die großen nationalsprachlichen Wörterbücher und Sprachgeschichten einen ersten Zugang dar.133 Für Frankreich ist neben verstreuten Hinweisen ein ent130

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Vgl. zunächst als Vorarbeiten: GUILLAUME DE BERTIER DE SAUVIGNY, Liberalism, Nationalism, Socialism: The Birth of Three Words, in: RevPol 32 (1970), S. 147–66 sowie MARCO FERRARI, Libéral da aggettivo a sostantivo (ed ‚ismo‘), in: Il Pensiero Politico. Rivista di Storia delle Idee Politiche e Sociali 23 (1990), S. 459–69. Vgl. JAMES J. SACK, From Jacobite to Conservative. Reaction and Orthodoxy in Britain, c. 1760–1832, Cambridge 1993, S. 1–7; JONATHAN PARRY, The Rise and Fall of Liberal Government in Victorian Britain, New Haven 1993, S. 1; keine verwertbaren Hinweise dagegen enthalten JOHN VINCENT, The Formation of the British Liberal Party, 1857–1868, London 1966 sowie ALAN SYKES, The Rise and Fall of British Liberalism, 1776–1888, London / New York 1997; vgl dazu die Rezension von JÖRN LEONHARD in: JbLibF 11 (1999), S. 276–9. Vgl. VIERHAUS, Liberalismus, S. 741 ff.; RUDOLF WALTHER, Wirtschaftlicher Liberalismus, in: BRUNNER et al. (Hrsg.), Bd. 3, S. 787–815; PETER WENDE, Radikalismus, in: ebd., Bd. 5, S. 113–33; RUDOLF VIERHAUS, Konservativ, Konservatismus, in: ebd., Bd. 3, S. 531–65; PANAJOTIS KONDYLIS, Konservatismus. Geschichtlicher Gehalt und Untergang, Stuttgart 1986, passim; U. DIERSE, H. DRÄGER und R. K. HOCEVAR, Liberalismus, in: RITTER und GRÜNDER (Hrsg.), Bd. 5, Sp. 255–72; HELMUT ASMUS, Liberalismus, Liberale, in: HELMUT REINALTER (Hrsg.), Lexikon zu Demokratie und Liberalismus 1750–1848/49, Frankfurt a. M. 1993, S. 200–8; KARL-GEORG FABER, „Konservatorischer Liberalismus“, „umstürzender Liberalismus“, „konservatorischer Obskurantismus.“ Aus dem Briefwechsel zwischen Marschall und Almendingen (1823), in: Nassauische Annalen 78 (1967), S. 177–208; vgl. für Belegstellen ferner HELENE GUYOT, Der Liberalismus in Pestalozzis Pädagogik, Göttingen 1935, S. 9f.; WOLF WÜLFING, Schlagworte des Jungen Deutschland. Mit einer Einführung in die Schlagwortforschung, Berlin 1982, passim; PETER VON POLENZ, Deutsche Sprachgeschichte vom Spätmittelalter bis zur Gegenwart, Bd. 2, Berlin 1994, S. 394 f.; KURT SONTHEIMER, Antidemokratisches Denken in der Weimarer Republik (1962), München 1992, S. 143 ff.; WOLFGANG SUCHAROWSKI, „Liberal“ im gegenwärtigen Sprachgebrauch. Linguistische, psycholinguistische und semantische Studien im Jahr 1971, München 1975 sowie CHRISTIAN SCHOTTMANN, Politische Schlagwörter in Deutschland zwischen 1929 und 1934, Stuttgart 1997, S. 273 ff. Vgl. für England: The Oxford English Dictionary. Prepared by J. A. SIMPSON and E. S. C. WEINER, Bd. 8, 2. Aufl. Oxford 1989, S. 881–3; für Frankreich: WALTHER VON WARTBURG, Französisches Etymologisches Wörterbuch. Eine darstellung des galloromanischen sprachschatzes [sic!], Bd. 5, Basel 1950, S. 298–300; PAUL ROBERT, Dictionnaire alphabétique et analogique de la Langue Française. Les mots et les associations d’idées, Bd. 4, Paris 1971, S. 88 f.; Trésor de la Langue Française. Dictionnaire de la langue du XIXe et du XXe siècle (1789–1960), hrsg. vom Centre National de la Recherche Scientifique / Institut National de la Langue Française Nancy, Bd. 7, Paris 1983, S. 1156–60; FERDINAND BRUNOT, Histoire de la Langue Francaise des origines à

2. Wissenschaftshistorische Verortung und forschungssystematische Bezüge

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sprechender Artikel zu libéral/libéralité im HPSG vorgesehen, der aber gemäß der zeitlichen Beschränkung des Projekts nicht über 1820 hinausgehen wird.134 Für England liegen neben Vorarbeiten zum deutsch-englischen Vergleich lediglich impressionistische Darstellungen und verstreute Hinweise vor,135 wobei hier die Einordnung von liberal und conservative gegenüber den tradierten politischen Etiketten whig und tory eine besondere Herausforderung darstellt.136

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nos jours, Bd. 3/1: La formation de langue classique, Paris 1966, S. 233; Bd. 6/1: Le XVIIIe siècle. Le mouvement des idées et des vocabulaires techniques, Paris 1966, S. 129 und 477; Bd. 6/2: La langue postclassique, Paris 1967, S. 1232 und 1255; Bd. 9/2: La Révolution et l’Empire. Les événements, les institutions et la langue, Paris 1967, S. 660 ff. und 913; Bd. 10/2: La langue classique dans la tourmente. Le retour à l’ordre et à la discipline, Paris 1968, S. 762 und 817 sowie für Italien: SALVATORE BATTAGLIA, Grande Dizionario della lingua italiana, Bd. 9, Turin 1975, S. 2–6. Vgl. JEAN DUBOIS, Le vocabulaire politique et social en France de 1869 à 1872. A travers les œuvres des écrivains, les revues et les journaux, Paris 1963, S. 76 und 331 ff.; GEORGES MATORÉ, Le Vocabulaire et la société sous Louis Philippe, Genf 1967, S. 36; THEODORE ZELDIN, France 1848–1945, Bd. 1: Ambition, Love and Politics, Oxford 1973, S. 506 f. sowie zuletzt JÖRN LEONHARD, „1789 fait la ligne de démarcation“: Von den napoleonischen ,idées libérales‘ zum ideologischen Richtungsbegriff ,libéralisme‘ in Frankreich bis 1850, in: JbLibF 11 (1999), S. 67–105. Vgl. JÖRN LEONHARD, „An odious but intelligible phrase. . .“ – ,Liberal‘ im politischen Diskurs Deutschlands und Englands bis 1830/32, in: JbLibF 8 (1996), S. 11–41; DERS., Gesinnungsetikett, Parteibegriff oder Weltanschauung? Zur semantisch-komparativen Einordnung von ,liberal‘ in Deutschland und England im 19. Jahrhundert, in: Comparativ. Leipziger Beiträge zur Universalgeschichte und vergleichenden Gesellschaftsforschung (erscheint 2001) und DERS., From a Whig Attribute to an Utilitarian Basic Concept: Towards a Comparative History of ‚liberal‘ in the English Political Transformation until 1832, in: JHI (erscheint voraussichtlich 2002); vgl. ferner HANS PETERSEN, Liberal im britischen Englisch. Eine Fallstudie zur historischen Semantik und Begriffsgeschichte, in: ROHE (Hrsg.), S. 101–32; ELIE HALÉVY, A History of the English People in the Nineteenth Century, Bd. 2: The Liberal Awakening 1815–1830, 2. Aufl. London 1949, S. 81 f.; THOMAS PATRICK NEILL, The Rise and Decline of Liberalism, Milwaukee 1953, S. 3ff.; ALAN BULLOCK und MAURICE SHOCK (Hrsg.), The Liberal Tradition, London 1956, S. LIII; I. JENNINGS, Party Politics, Bd. 2: The Growth of the Parties, Cambridge 1961, S. 76; IRENE COLLINS, Liberalism in Nineteenth-Century Europe, in: W. N. MEDLICOTT (Hrsg.), From Metternich to Hitler. Aspects of British and Foreign History 1814–1939, London 1963, S. 25–46, hier S. 25 f.; ASA BRIGGS, The Age of Improvement 1783–1867, London 1979, S. 218; IAN C. BRADLEY, The Optimists: Themes and Personalities in Victorian Liberalism, London 1980, S. 17 ff. sowie FREDERICK ROSEN, Bentham, Byron and Greece. Constitutionalism, Nationalism, and Early Liberal Political Thought, Oxford 1992, S. 292–4. Vgl. SACK, S. 4 f.; JOHANN BAPTIST MÜLLER, Liberaler und autoritärer Konservatismus, in: AfB 29 (1985), S. 125–37; ROBERT WILLMAN, The Origins of ‚whig‘ and ‚tory‘ in English Political Language, in: HJ 17 (1974), S. 247–64; JOHN BREWER, Party Ideology and Popular Politics at the Accession of George III., Cambridge 1976, S. 39–54; J. G. A. POCOCK, The Varieties of Whiggism, in: DERS., Virtue, S. 215–310 sowie JÖRN LEONHARD, „True English Guelphs and Ghibellines“: Zum historischen Bedeutungsund Funktionswandel von ,whig‘ und ,tory‘ im englischen Politikdiskurs seit dem 17. Jahrhundert, in: AKG (erscheint 2002); zur Besonderheit des historischen Parteiwesens in England vgl. KARL ROHE, Parteien und Parteiensystem, in: HANS KASTENDIEK, KARL ROHE und ANGELIKA VOLKE (Hrsg.), Länderbericht Großbritannien. Ge-

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I. Einleitung

Für Italien fehlen verwertbare Vorarbeiten weitgehend. Hier sind begriffsgeschichtliche Studien überhaupt erst in den letzten Jahren, angeregt durch die vergleichende Bürgertumsforschung, zunehmend stärker ins Blickfeld gelangt.137 Der spanische Kontext, in dem von der Selbstbezeichnung liberales für die Konstitutionalisten in den Cortes von Cádiz von 1812 für das moderne politische Adjektiv wesentliche Impulse ausgingen, kann in dieser Untersuchung allenfalls am Rande berücksichtigt werden.138 Für die europäisch-amerikanische Vergleichsebene liegen Studien vor, ohne daß diese Perspektive hier aber weiterverfolgt werden kann.139 Neben die dominierende einzelstaatliche Perspektive der entsprechenden Artikel in den GGB und im HPSG, die einen Vergleich nicht vorsieht und allenfalls zufällige semantische Berührungspunkte zwischen den politisch-sozialen Vokabularen erfaßt,140 tritt als Manko vor allem die zeitliche Beschränkung des Untersuchungszeitraums, die die Phase nach 1850 für Deutschland bzw. nach 1820 für Frankreich allenfalls peripher in den Blick nimmt und damit wesentliche semantische Formationsstufen von

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schichte – Politik – Wirtschaft – Gesellschaft, Bonn 1994, S. 213–29, hier S. 213 ff.; MARTIN PUGH, The Making of Modern British Politics 1867–1939, Oxford 1987; ALAN R. BALL, British Political Parties. The Emergence of a Modern Party System, 2. Aufl. London 1987 sowie HANS SETZER, Wahlsystem und Parteiensystem in England. Wege zur Demokratisierung der Institutionen 1832–1948, Frankfurt a. M. 1973. Vgl. GRIBAUDI, S. 236 ff.; BRUNO MIGLIORINI, Profili di Parole (1968), Neudruck Florenz 1970, S. 122–4; CHRISTOF DIPPER, Politischer Reformismus und begrifflicher Wandel. Eine Untersuchung des historisch-politischen Wortschatzes der Mailänder Aufklärung (1764–1796), Tübingen 1976; GERHARD KUCK, Italienische Wege des Sozialismus. Sozialismus- und Kommunismuskonzepte im Risorgimento (1765–1857), Frankfurt a. M. 1991; ERASMO LESO, Lingua e Rivoluzione. Ricerche sul Vocabolario Politico Italiano del Triennio Rivoluzionario 1796–1799, Venedig 1991; ANGELO D’ORSI, Guida alla Storia del Pensiero Politico, Florenz 1995, S. 53 ff.; MARCO MERIGGI, Italienisches und deutsches Bürgertum, S. 142 ff.; RAFFAELE ROMANELLI, Borghesia / Bürgertum / Bourgeoisie. Itinerari europei di un concetto, in: JÜRGEN KOCKA (Hrsg.), Borghesie europee dell’Ottocento. Edizione italiana hrsg. von ALBERTO MARIO BANTI, Venedig 1989, S. 69–94; RAFFAELLA GHERARDI und GUSTAVO GOZZI (Hrsg.), I concetti fondamentali delle scienze sociale e dello Stato in Italia e in Germania tra Otto e Novecento, Bologna 1992 sowie DIES. (Hrsg.), Saperi della borghesia e storia dei concetti fra Otto e Novecento, Bologna 1995; vgl. ferner JÖRN LEONHARD, ,Italia liberale‘ und ,Italia cattolica‘: Historisch-semantische Ursprünge eines ideologischen Antagonismus im frühen italienischen Risorgimento, in: QuFiAB 80 (2000) S. 495–542. Vgl. J. MARICHAL: España y las raíces semánticas del liberalismo, in: Cuadernos. Congresso per la libertad de la cultura (März/April 1955), S. 53–60 sowie L. DIEZ DEL CORRAL, El liberalismo doctrinario, 2. Aufl. Madrid 1956, S. 423. Vgl. RONALD D. ROTUNDA, The Politics of Language. Liberalism as Word and Symbol, Iowa City 1986; HANS PETERSEN, Liberal im Amerikanischen. Eine Studie zur historischen Semantik im gesellschaftlichen Kontext, Kassel 1992 sowie LORE BLANKE, Liberalismus in den USA 1776–1996. Ein Überblick im Spiegel der deutschen und amerikanischen Historiographie, in: JbLibF 8 (1996), S. 43–67, hier S. 44 f. Vgl. REINHART KOSELLECK, Vorwort, in: BRUNNER et al. (Hrsg.), Bd. 7, S. V–VIII, hier S. VIII.

3. Methodische Grundlegung

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Liberalismus ausklammert. Schließlich nötigt die Form des Lexikonartikels zu einer unumgänglich engen Begrenzung des Quellenkorpus, so daß sich die Frage nach der Repräsentativität der Aussagen stellt. Es steht zu erwarten, daß eine Ausweitung und Vertiefung des Quellenmaterials bei einer komparativen Fragestellung hier eine erhebliche Differenzierung zu leisten vermag.

3. Methodische Grundlegung: Zur Konzeption einer komparativen historischen Semantik Die vorliegende Studie ist als komparative Vierländerstudie angelegt, die die historisch-semantische Genese und langfristige Transformation des politischsozialen Deutungsmusters Liberalismus in Frankreich, Deutschland, Italien und England einer systematischen Analyse unterzieht. Sie geht im Gegensatz zu ideengeschichtlichen Ansätzen nicht von einem universalistisch-zeitlosen Liberalismus-Begriff aus, sondern sucht im zeitgenössisch-diachronen Längsschnitt die historische Semantik vergleichend zu analysieren. Wichtig für diese Methode ist die Prämisse von den „Deplazierungen und Transformationen der Begriffe“, die Michel Foucault in Anlehnung an Modellvorstellungen von Georges Canguilhem hervorgehobenen hat: sie zeigen, daß die Geschichte eines Begriffs nicht alles in allem die seiner fortschreitenden Verfeinerung, seiner ständig wachsenden Rationalität, seines Abstraktionsanstiegs ist, sondern die seiner verschiedenen Konstitutions- und Gültigkeitsfelder, die seiner aufeinander folgenden Gebrauchsregeln, der vielfältigen theoretischen Milieus, in denen sich seine Herausarbeitung vollzogen und vollendet hat.141

Auf das konkrete Untersuchungsprogramm angewandt heißt dies, den Liberalismus-Begriff nicht als normativ intendierte unumkehrbare Fortschrittsgeschichte hin zu mehr Freiheit und Demokratie, als unreflektiertes politischkonstitutionelles Abbild einer kontinuierlichen Durchsetzung der Aufklärungs- und Emanzipationsidee zu begreifen, sondern nach seiner je spezifischen Bestimmung im zeitgenössischen Bezugsrahmen politisch-sozialer Auseinandersetzungen, Krisen und Umbrüche zu fragen. Für den entwickelten Bewegungsbegriff Liberalismus gilt dabei das Diktum Carl Schmitts, wonach jeder „politische Begriff ein polemischer Begriff“ sei.142 Schmitts programmatische Aussage deutet auf eine zweite Grundannahme des Untersuchungsprogramms hin, nämlich die konkrete Funktion politisch-sozialer Deutungsmuster als Werkzeuge und Kampfmittel in politischen Auseinandersetzungen. Begriffe sind für Schmitt gerade keine „sinnlosen Abstraktionen“,143 die als zeit-

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FOUCAULT, Archäologie, S. 11. CARL SCHMITT, Hugo Preuß. Sein Staatsbegriff und seine Stellung in der deutschen Staatslehre, Tübingen 1930, S. 5. Vgl. SABINE MARQUARDT, Polis contra Polemos. Politik als Kampfbegriff der Weima-

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I. Einleitung

oder situationsunabhängig zu deuten wären, sondern sie sind eingebettet in die konkrete Sprechsituation und in die sprachliche Ordnung von Diskursen, von der keine historische Semantik abstrahieren kann, die über die Ebene einer lediglich semantisch aufgewerteten Ideengeschichte hinausgelangen will. Die Charakterisierung der in der begriffsgeschichtlichen Forschung und ihr verwandten Disziplinen bestehenden Positionen hat Defizite in den jeweiligen Methoden erkennen lassen, die durch eine Verknüpfung und Kombination bestimmter Ansätze ausgeglichen werden sollen. Der Ausgangspunkt ist zunächst historisch-semantisch bestimmt, indem in einem durch das Deutungsmuster Liberalismus begrenzten Fokus nach semantischen Bestimmungs- und Interpretationsmustern gefragt und zugleich die diachrone Perspektive verfolgt wird. Erst im diachronen Längsschnitt wird das Spannungsverhältnis zwischen der relativen Kontinuität eines für den politischen Diskurs unverzichtbaren Grundbegriffs des politisch-sozialen Vokabulars und der jeweiligen Einmaligkeit der Neubestimmung des Begriffsfeldes in der Auseinandersetzung mit tradierten Bedeutungselementen deutlich. Diesen Zusammenhang, der aus der paradox anmutenden Existenz eines historistischen und eines antihistoristischen Elements der Sprache entsteht, charakterisiert am ehesten das Bild vom historischen Grundbegriff als semantisch formativem Medium für sich verändernde Erfahrungen und Erwartungen. Daraus ergibt sich zugleich sein Charakter als umstrittener, umkämpfter und polemischer Begriff. Die sozialhistorische Dimension der Begriffsgeschichte resultiert aus der Konzeption von Sprache als Teil des sozialen Wissens, das sprachlich durch spezifische Bedeutungsträger bzw. Typen konstituiert wird. Liberalismus steht dabei für einen Typus, der durch seinen Abstraktionsgrad, sein semantisches Innovationspotential und die in ihm kondensierten und fermentierten Erfahrungen und Projektionen Rückschlüsse auf die Veränderungen des sozialen Wissens in unterschiedlichen Zeitschichten zuläßt. Genese und Transformation von Liberalismus läßt in diesem Sinne „eine von den historischen Akteuren nicht initiierte oder gesteuerte Transformation von Grundelementen des sozialen Wissens nachvollziehbar“ werden.144 Aus der diskursanalytischen Perspektive ergibt sich die Frage nach Mechanismen innerhalb des Kommunikationssystems, durch die semantische Argumente und Topoi eine spezifische Ausrichtung erhalten. In einem allgemeinen Sinne soll der Untersuchung zunächst ein Diskursbegriff zugrundegelegt werden, der in erster Linie den Kommunikationszusammenhang von Redner und Adressat und damit die konkreten gesellschaftlichen Bezüge jeder historischen Semantik betont. Im engeren Sinne läßt sich der Diskurs als spezifische Form einer in Quellen nachweisbaren Rede in einem begrenzbaren Zeitraum definieren, der durch einen abgrenzbaren Gegenstand bzw. ein spezifisches Thema ge-

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rer Republik, Weimar 1997, S. 14 ff. und 5; vgl. ferner CARL SCHMITT, Der Begriff des Politischen, Hamburg 1933, S. 13. GUMBRECHT, Fundierung, S. 86.

3. Methodische Grundlegung

63

kennzeichnet ist und von einer sozial bestimmbaren Trägergruppe oder einem Akteur praktiziert wird.145 Für das Funktionieren eines politischen Diskurses ist die Existenz von Grundbegriffen als Fokussierungsinstrumente dabei unverzichtbar. Zugleich werden die semantischen Transformationen von Grundbegriffen selbst erst in Diskursen realisiert, und zwar in der Auseinandersetzung mit überlieferten Begriffen und Bedeutungsinhalten. Politischer Diskurs und politisch-soziale Deutungsmuster stehen von daher in einem engen wechselseitigen Bedingungsverhältnis. Damit wird der Diskurs als die pragmatische Ebene der historisch-semantischen Konkretisierung in die Analyse integriert, als „der Ort der Ausdifferenzierung der Wörter, damit zugleich auch ihrer wechselseitigen Interpretation“.146 Schließlich treten in die Analyse der historischen Semantik im weitesten Sinne auch mentalitätsgeschichtliche Fragestellungen ein: Im konkreten langfristigen Bedeutungswandel, gesellschaftlichen Gebrauch, in der Verbreitung des Begriffes und in den zeitgenössichen Definitions- und Abgrenzungsversuchen werden exemplarisch mentale Dispositionen deutlich, in denen sich vergangenes Gegenwartsbewußtsein und Zukunftsprojektionen verdichten: Begriffsgeschichte als semantisch-analytisches Paradigma für die Verarbeitung des Wandels sozialer Wissensbestände vollzieht „die sprachliche Eigenbewegung nach, in der sich geschichtliche Erfahrungen sammeln oder Hoffnungen formuliert sein wollen“.147 Auf der Ebene der symbolischen Repräsentation von diachronem Bedeutungswandel fungiert die historische Semantik gleichsam als Modell der Mentalitätsgeschichte: Die Erlernung der Sprache ist das Muster für die gesellschaftliche Vermittlung von Bedeutungswissen. Indem wir unsere Muttersprache erlernen, übernehmen wir die Weltauslegung, die sie in sich trägt. Umgekehrt schlagen sich Wandlungen der Weltauslegung im Wandel der Sprache, der Begriffe, ihres Gebrauchs und ihrer Bedeutungen nieder. Die Begriffsgeschichte, oder allgemeiner, die historische Semantik, kann daher für die Mentalitätsgeschichte gewissermaßen als Modell dienen. Sie muß allerdings zu einer Art allgemeiner ‚Semantik‘ des kollektiven Verhaltens in der Geschichte erweitert werden. In Analogie zu den Lautzeichen lassen sich auch Verhaltensformen als Symbole verstehen, die noch etwas anderes bedeuten, als was sie selbst sind.148

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Vgl. LUCIAN HÖLSCHER, Zeit und Diskurs in der Lexikographie der frühen Neuzeit, in: KOSELLECK (Hrsg.), Historische Semantik, S. 327–42, hier S. 328. Vgl. KARLHEINZ STIERLE, Historische Semantik und die Geschichtlichkeit der Bedeutung, in: KOSELLECK (Hrsg.), Historische Semantik, S. 154–89, hier S. 176 sowie MARQUARDT, S. 22 f. KOSELLECK, Preußen, S. 17. VOLKER SELLIN, Mentalität und Mentalitätsgeschichte, in: HZ 241 (1985), S. 555–98, hier S. 576 f.

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I. Einleitung

a) Divergenz, Typologie und historische Argumentation: Methodische Perspektiven der komparativen Analyse Die komparative Methode hat sich in Deutschland innerhalb der bis in das zweite Drittel des 20. Jahrhunderts vom Historismus dominierten oder maßgeblich beeinflußten Geschichtswissenschaft relativ spät entwickelt.149 Es ist kein Zufall, daß es Außenseiter wie Otto Hintze oder historisch arbeitende Sozialwissenschaftler wie Max Weber waren, die sich intensiv mit der vergleichenden Methode auseinandersetzten, bevor im Kontext der „analytischen Wende in der Geschichtswissenschaft“ im Verlauf der 1960er und 1970er Jahre durch die Etablierung sozialwissenschaftlicher Analysemethoden auch der Vergleich als innovative Methode einen neuen Aufschwung erlebte.150 Die Rezeption Hintzes und Webers für die programmatische Neubestimmung der Geschichtswissenschaft als historische Sozialwissenschaft, das frühe Plädoyer Theodor Schieders von 1965/66151 und der Hinweis Hans-Ulrich Wehlers auf den Vergleich als „Königsweg“ der Geschichtswissenschaft, der es erlaube, „entweder sehr allgemeine oder sehr spezifische Hypothesen auf ihre Validität zu überprüfen“,152 spiegelten ein gesteigertes Interesse an komparativen Fragestellungen wider, das aber bis zu den 1980er Jahren ein weitgehend uneingelöstes Desiderat blieb. Obgleich Hans-Ulrich Wehler noch jüngst das „scharfe Säurebad des Vergleichs, dieses einzigen, unübertrefflichen Ersatzes für das naturwissenschaftliche Expriment“ hervorhob, stellen geschichtswissenschaftliche Vergleiche weiterhin die methodische Ausnahme dar.153 Hinsichtlich der generellen Zielrich149

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Vgl. JÜRGEN KOCKA, Historische Komparatistik in Deutschland, in: HAUPT und KOCKA (Hrsg.), S. 47–60 sowie F. JAEGER und JÖRN RÜSEN, Geschichte des Historismus. Eine Einführung, München 1992. KOCKA, Historische Komparatistik, S. 49; vgl. JÜRGEN KOCKA, Otto Hintze, in: HANS-ULRICH WEHLER (Hrsg.), Deutsche Historiker, Göttingen 1973, S. 275–98 sowie WOLFGANG J. MOMMSEN, Max Weber, in: ebd., S. 299–324. THEODOR SCHIEDER, Möglichkeiten und Grenzen vergleichender Methoden in der Geschichtswissenschaft, in: DERS., Geschichte als Wissenschaft. Eine Einführung, München 1965, S. 187–211; DERS., Typologie und Erscheinungsformen des Nationalstaats in Europa (1966), in: DERS., Nationalismus und Nationalstaat. Studien zum nationalen Problem im modernen Europa, hrsg. von OTTO DANN und HANS-ULRICH WEHLER, 2. Aufl. Göttingen 1992, S. 65–86. HANS-ULRICH WEHLER, Einleitung, in: DERS., Geschichte und Soziologie, Köln 1972, S. 11–31, hier S. 24. WEHLER, Deutscher Sonderweg, S. 91; vgl. REINHOLD BICHLER, Die theoretische Einschätzung des Vergleichens in der Geschichtswissenschaft, in: FRANZ HAMPL und INGOMAR WEILER (Hrsg.), Vergleichende Geschichtswissenschaft. Methode, Ertrag und ihr Beitrag zur Universalgeschichte, Darmstadt 1978, S. 1–71; INGOMAR WEILER, Der Vergleich und vergleichende Aspekte in der Wirtschafts- und Sozialgeschichte, in: ebd., S. 243–83; HANS-JÜRGEN PUHLE, Theorien in der Praxis des vergleichenden Historikers, in: JÜRGEN KOCKA und THOMAS NIPPERDEY (Hrsg.), Theorie und Erzählung in der Geschichte, München 1979, S. 119–36; JOHN BREUILLY, Introduction: Making Comparisons in History, in: DERS., Labour, S. 1–25; JÜRGEN KOCKA, Pro-

3. Methodische Grundlegung

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tung von Vergleichen läßt sich zwischen kontrastierenden und generalisierenden Analysen unterscheiden, bei denen entweder die Divergenzen oder die Konvergenzen zwischen den Vergleichsfällen untersucht werden.154 Beide Positionen gehören seit John Stuart Mills Unterscheidung einer method of difference und method of agreement bis hin zu Charles Tillys contrasting type und universalizing type zu den grundlegenden Kategorien komparativen Vorgehens.155 Auch Otto Hintze hat sie 1929 beschrieben: „Man kann vergleichen, um ein Allgemeines zu finden, das dem Verglichenen zugrunde liegt; man kann vergleichen, um den einen der möglichen Gegenstände in seiner Individualität schärfer zu erfassen und von dem anderen abzuheben.“156 Grundsätzlich fragt die vorliegende Arbeit zunächst und primär nach Unterschieden und individuellen Kennzeichen der historischen Semantik von Liberalismus in den verschiedenen Vergleichsländern. Dennoch läßt sich im Hinblick auf die wenn auch phasenverschobene Herausforderung der Moderne für alle vier Länder die Frage nach allgemeinen Kennzeichen der semantischen Genese und Transformation im Längsschnitt stellen. Dies steht hinter der Diskussion um die Berechtigung eines gemeineuropäischen Liberalismus-Begriffes und der Differenzierung je spezifischer Liberalismen auf der Grundlage einer historisch-semantischen Analyse. Vergleiche können mit dem Ziel angestellt werden, die spezifische Geschichte des eigenen Landes besser zu erfassen. Diese „Instrumentalisierung des Fremden“ zur geschärften Eigenerkenntnis, so wie Max Weber im Blick auf die asiatischen Hochkulturen die spezifischen Kennzeichen der okzidentalen Kultur in ihrer rational-modernen Ausprägung analysiert hat, folgt einem asymmetrischen Vergleichsverfahren, das mit Verzerrungen einhergeht.157 Letztlich folgt auch die Auseinandersetzung mit Sonderwegsthesen einem solchen asymmetrischen Verfahren, das selten eine ergebnisoffene Analyse leistet, sondern die Ergebnisse des Vergleichs gleichsam vorstrukturiert, indem häufig nur noch solche Aspekte selektiert werden, die die gewünschte Sonderentwick-

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bleme einer europäischen Geschichte in komparativer Absicht (1988), in: DERS., Geschichte und Aufklärung. Aufsätze, Göttingen 1989, S. 21–8; DERS., Comparative Historical Research: German Examples, in: International Review of Social History 38 (1993), S. 369–79; ERNST WILHELM MÜLLER, Plädoyer für die komparativen Geisteswissenschaften, in: Paideuma. Mitteilungen zur Kulturkunde 39 (1993), S. 7–23 sowie HEINZ-GERHARD HAUPT, GEOFFREY CROSSICK und JÜRGEN KOCKA, La storia comparata, in: Passato e Presente 28 (1993), S. 19–51. Vgl. HEINZ-GERHARD HAUPT und JÜRGEN KOCKA, Historischer Vergleich: Methoden, Aufgaben, Probleme. Eine Einleitung, in: DIES. (Hrsg.), S. 9–45, hier S. 11. Vgl. JOHN STUART MILL, Philosophy of Scientific Method, hrsg. von E. NAGEL, New York 1881, S. 211 ff. sowie CHARLES TILLY, Big Structures, Large Processes, Huge Comparisons, New York 1984, S. 80. OTTO HINTZE, Soziologische und geschichtliche Staatsauffassung (1929), in: DERS., Soziologie und Geschichte. Gesammelte Abhandlungen, hrsg. von GERHARD OESTREICH, Bd. 2, Göttingen 1964, S. 251. HAUPT und KOCKA, S. 15 f.; vgl. STEPHEN KALBERG, Max Weber’s ComparativeHistorical Sociology, Cambridge 1994.

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I. Einleitung

lung bestätigen. Obwohl die vorliegende Untersuchung in ihren Fragestellungen vom Gang der Diskussion um einen deutschen Sonderweg mitbeeinflußt ist, folgt ihr analytisches Programm dem Ziel eines ergebnisoffenen Vergleichs ohne Postulierung von Normal- und Sonderwegen. Erkenntnistheoretisch verfolgt die Untersuchung im weiteren Sinne das Ziel einer Typologie von historisch-semantischen Erscheinungsformen im innereuropäischen Vergleich, wobei zur Erstellung einer solchen Divergenz-Typologie ein stufentheoretisches Modell herangezogen werden soll, das das von Reinhart Koselleck entwickelte Sattelzeit-Konzept differenzieren soll. Die historischsemantische Typologie und das ihr zugeordnete Entwicklungsmodell weisen auf ein weiteres Kennzeichen der komparativen Methode hin: Ohne ein erhöhtes Maß an Abstraktion läßt sich der Vergleich im Hinblick auf grundlegendere Fragestellungen nicht durchführen. Daraus resultiert zugleich ein eher argumentativ-analytischer als narrativer Darstellungsstil.158 Die unterschiedlichen erkenntnistheoretischen Perspektiven des in dieser Studie angestrebten historisch-semantischen Vergleichs lassen sich in partieller Analogie zu den von Jürgen Kocka und Heinz-Gerhard Haupt beschriebenen allgemeinen Perspektiven der komparativen Methode charakterisieren:159 (1) Auf der deskriptiven Ebene dient der komparative Zugriff der deutlicheren Profilierung der einzelnen Vergleichsfälle. Die spezifischen Besonderheiten der historisch-semantischen Entwicklung des Begriffsfeldes werden deutlich und eröffnen auf der deskriptiven Grundlage weitergehende analytische Perspektiven zur Erklärung struktureller historischer Sachverhalte. (2) In heuristischer Hinsicht führt der Vergleich zu bisher nicht gestellten Fragen und zur Erkenntnis neuartiger Probleme. Wie bereits oben gezeigt, besteht zumal für die vergleichende Liberalismus-Forschung die Gefahr des semantischen Nominalismus, also der impliziten Gleichsetzung semantisch nicht äquivalenter Bedeutungsträger. Dieses Problem setzt den Vergleich voraus, es entsteht erst unter den Bedingungen der komparativen Betrachtung. Auch die historisch-semantischen Berührungspunkte zwischen den Vergleichsfällen, der kulturelle Transfer auf dem Weg der Begriffsübersetzung, Adaption und Integration, wird erst durch die komparative Methode sichtbar.160

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Vgl. KOCKA, Probleme, S. 27 sowie DERS., Zurück zur Erzählung? Plädoyer für historische Argumentation (1984), in: DERS., Geschichte und Aufklärung, S. 8–20. Vgl. HAUPT und KOCKA, S. 12 ff. Vgl. ebd., S. 10 und ferner MICHEL ESPAGNE, Sur les limites du comparatisme en histoire culturelle, in: Genèses. Sciences sociales et histoire 17 (1994), S. 112–21; MICHEL ESPAGNE und MICHAEL WERNER, Deutsch-französischer Kultur-Transfer im 18. und 19. Jahrhundert, in: Francia. Forschungen zur westeuropäischen Geschichte 14 (1985), S. 502–10; ESPAGNE und WERNER (Hrsg.), passim; BERND KORTLÄNDER und LOTHAR JORDAN (Hrsg.), Nationale Grenzen und internationaler Austausch. Studien zum Kultur- und Wissenschaftstransfer in Europa, Tübingen 1995; PETER SCHÖTTLER und MICHAEL WERNER, Transferts, voyages, transactions, in: Genèses. Sciences sociales et histoire 14 (1994), S. 2–82 sowie zuletzt JOHANNES PAULMANN, Internationaler Ver-

3. Methodische Grundlegung

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(3) Sobald der Vergleich über die rein deskriptive Gegenüberstellung von Unterschieden und Gemeinsamkeiten zwischen den ausgewählten Vergleichsfällen hinausgeht, vermag er zur Aufklärung grundlegender historischer Sachverhalte beizutragen. Die historisch-semantische Komparatistik fragt auf einer weitergehenden analytischen Ebene nach den sich in den unterschiedlichen Begriffsgeschichten niederschlagenden Erfahrungen und Erwartungen, nach Bewußtseinslagen und Wirklichkeitsstrukturen, Wahrnehmungs- und Deutungsmustern in den jeweiligen historischen Kontexten. Durch die diachrone Anlage des Vergleichs treten raum- und zeitspezifische Regelmäßigkeiten stärker als in anderen Analysen hervor. Dies führt zur Hinterfragung gängiger Hypothesen und zur Differenzierung von Argumenten. Unter dem Vorbehalt, daß der Historiker auch im Vergleich für die experimentelle Überprüfung einer Hypothese keine naturwissenschaftlichen Voraussetzungen finden kann, weil sie sich durch die komplexe Struktur historischer Ausgangsbedingungen niemals wie in einer Versuchsanordnung homogenisieren lassen, vermag die historisch-semantische Komparatistik doch zu erhellen, welche spezifischen Konstellationen in einem Vergleichsfall zu welchen semantischen Entwicklungen führen, wenn ähnliche Bedingungen in einem anderen Fall fehlen. (4) Für die analytische Funktion des historisch-semantischen Vergleichs hat die ideologiekritische Dimension eine besondere Bedeutung. In der Gegenüberstellung von Ideen und Interessen werden die in den Begriffen und ihrer zeitgenössischen kritischen Rezeption sich niederschlagenden spezifischen Diskrepanzen zwischen Programm und sozialer Praxis in den Blick genommen. (5) Die komparative Methode bewirkt aus der Perspektive des Historikers eine paradigmatische Verfremdung, verstärkt das „Möglichkeitsbewußtsein des Historikers“161 und beugt der Provinzialisierung von Forschungsperspektiven vor. Kulturelle Spezifik und Historik gewinnen in vergleichenden Arbeiten eine neue Dimension, indem sie zur Reflexion über den eigenen kulturellen Standort herausfordern: Der komparative Zugriff erweitert den Standpunkt des Historikers um die Multiperspektivität seiner Vergleichsfälle. b) Konkretisierung des Untersuchungsprogramms: Vergleichsfälle, chronologischer Rahmen und Leitfragen Der semantische Bezugspunkt der vorliegenden Untersuchung ist im engeren Sinne zunächst das politisch-soziale Deutungsmuster libéralisme / Liberalismus / liberalismo / liberalism, das sich aber in einer diachronen Untersuchung nicht ohne die Berücksichtigung der übrigen Teile des Begriffsfeldes analysieren läßt. Dazu gehören das Adjektiv libéral / liberal / liberale / liberal sowie die

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gleich und interkultureller Transfer. Zwei Forschungsansätze zur europäischen Geschichte des 18. und 19. Jahrhunderts, in: HZ 267 (1998), S. 649–85. HAUPT und KOCKA, S. 14.

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I. Einleitung

Substantive libéraux / Liberale / liberali / liberals und libéralité / Liberalität / liberalità / liberality. Diese Differenzierung führt zu spezifischen semantischen Definitionen, die auf unterschiedliche Bedeutungsorientierung hinweisen.162 Die hier aufgeführten vier Bedeutungsträger lassen sich vor diesem Hintergrund chronologisch anordnen und reflektieren verschiedene Entwicklungsstufen in der Genese des politischen Grundbegriffs Liberalismus. Am Beginn steht dabei das Adjektiv liberal, das eine attributive Funktion erfüllt, indem es spezifische Bedeutungsnuancen in ein Substantiv hineinlegt oder herausnimmt, ohne dabei selbst als Zentralbegriff mit bedeutungsorientierender Wirkung zu firmieren. Die aus dieser attributiven Stellung resultierende Flexibilität nötigt zu einer Bewertung des Kontexts und der Objekte, auf die sich das Adjektiv dabei bezieht. Entscheidend ist also die syntagmatische Einbindung des Adjektivs. Der Begriff Liberalität, der wie das Adjektiv auf römisch-antike Ursprünge zurückgeht und vor allem im römischen Wertbegriff der liberalitas eine eigene semantische Vorgeschichte besitzt, ist zunächst noch im vorpolitischen Bereich angesiedelt und impliziert eine sozialpsychologische Beschreibungskategorie von Dispositionen. Zu untersuchen ist, wie in Liberalität die vorpolitische und die politische Bedeutungsebene miteinander verknüpft wurden, wie auf dieser Wortebene neue Erfahrungen einflossen und diese weitertransportiert wurden. Liberale bezieht sich auf Handlungsgruppen, die in einem konkreten politischen Handlungsfeld stehen. Liberalismus schließlich steht in der semantischen Relevanz insofern am höchsten, weil sich hier die abstrakte Ebene der ideologisch-historischen Bewegung abbildet. Diese Abstraktion setzt eine semantische Verdichtung voraus, die auf den anderen Wortebenen angelegt ist, sie zugleich aber ab einem bestimmten Entwicklungsstadium transzendiert, so daß sich die neuen Bedeutungsaspekte weder allein durch das attributive liberal noch durch die Kategorie Liberalität ausdrücken lassen. Auch das nomen appellativum, der politische Gattungsbegriff Liberale, wird in dem neuen ideologischen nomen proprium Liberalismus aufgehoben. Für Liberalismus wird im folgenden die Bezeichnung Bewegungsbegriff verwandt; dieser als Ismus auftretende Ausdruck nimmt die semantischen Elemente des Adjektivs und der Bezeichnung der politischen Handlungsträger auf und verdichtet sie. Seine diskursive Funktion weist ihn überdies als ideologisches Schlagwort aus.163 Zugleich läßt der Bewegungsbegriff Raum für die Konturierung und Abstrahierung von Erfahrungen und Zukunftsprojektionen. Erst aus der Polarisierung zwischen diesen beiden Zeitschienen resultiert die inhärente Spannung von Liberalismus. Dessen semantische Relevanz, also seine politisch-soziale Deutungs- und Orientierungsmacht sowie seine Integrationskraft, sind abhängig vom labilen Gleichgewicht 162 163

Für die wertvollen methodischen Hinweise in diesem Zusammenhang danke ich Reinhart Koselleck. Vgl. UTE BURMESTER, Schlagworte der frühen deutschen Aufklärung. Exemplarische Textanalyse zu Gottfried Wilhelm Leibniz, Frankfurt a. M. 1992, S. 390.

3. Methodische Grundlegung

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zwischen Erfahrungsräumen und Erwartungshorizonten. Jede Veränderung dieses Gleichgewichts präjudiziert zugleich eine Verschiebung des Bedeutungsspektrums. Die inhärente Spannung zwischen den beiden Zeitpolen hinter dem Bewegungsbegriff läßt sich technisch gesprochen als Zentrum eines Seismographen beschreiben, der idealtypisch jede Erfahrungs- oder Projektionsverschiebung in einer semantischen Veränderung dokumentiert. Die für diese Studie ausgewählten Vergleichsfälle sollen für das Spektrum an Ausgangslagen, Herausforderungen, politisch-konstitutionellen und sozioökonomischen Strukturbedingungen, also hinsichtlich ihrer Erfahrungsgrundlagen und Erwartungshorizonte, möglichst repräsentativ die Pole für Handlungsbedingungen und Entwicklungspotentiale europäischer Liberalismen reflektieren. Die ganz unterschiedlichen Traditionen, Krisenerfahrungen und Handlungsbedingungen der vier Vergleichsfälle können hier allenfalls grob skizziert werden. England weist spezifische Kennzeichen auf, die in der jüngeren Forschung zu einer Diskussion um einen englischen Sonderweg geführt haben.164 Dazu zählen nicht allein die durch das im 17. Jahrhundert gescheiterte absolutistische Experiment früh etablierte konstitutionell-parlamentarische Tradition, sondern auch seine im Kontrast zu den kontinentaleuropäischen Staaten relativ schwach ausgeprägte anstaltliche Staatlichkeit, innerhalb der als Gegengewichte zum Parlament keine zentralstaatliche Bürokratie, sondern zunächst noch das königliche Patronagesystem und dann vor allem das Geflecht autonomer lokaler Verwaltungsträger fungierten.165 Die demographische und ökonomische Dynamik, also die strukturelle Seite der Doppelrevolution und die aus ihr resultierenden gesellschaftlichen Konfliktlagen, die die „Durchbruchskrise der industriellen Gesellschaft“ bis zur Jahrhundertmitte begleiteten, haben ihren Ursprung in England, so daß für die Reformen des 19. Jahrhunderts eine zumindest singuläre Ausgangslage und spezifische Rahmenbedingungen vorlagen.166 Daraus resultierte eine einzigartige Konstellation: Die im 17. Jahrhundert entstandenen und im 18. Jahrhundert etablierten Formen politischer Par164

165

166

Vgl. HANS-CHRISTOPH SCHRÖDER, Der englische „Sonderweg“ im 17. und 18. Jahrhundert, in: K. E. JEISMANN und H. SCHISSLER (Hrsg.), Englische und deutsche Geschichte in den Schülbüchern beider Länder, Braunschweig 1982, S. 27–44; HANSCHRISTOPH SCHRÖDER, Die Revolutionen Englands im 17. Jahrhundert, Frankfurt a. M. 1986, S. 8; BERND WEISBROD, Der englische „Sonderweg“ in der neueren Geschichte, in: GG 16 (1990), S. 233–52 sowie HERMANN WELLENREUTHER, England und Europa. Überlegungen zum Problem des englischen Sonderweges in der europäischen Geschichte, in: NORBERT FINZSCH und HERMANN WELLENREUTHER (Hrsg.), Liberalitas. Festschrift für Erich Angermann, Stuttgart 1992, S. 89–123. Vgl. EIKE WOLGAST, Absolutismus in England, in: HANS PATZE (Hrsg.), Aspekte des europäischen Liberalismus, Hildesheim 1983, S. 1–22, hier S. 4 sowie HANS-CHRISTOPH SCHRÖDER, Die neuere englische Geschichte im Lichte einiger Modernisierungstheoreme, in: KOSELLECK (Hrsg.), Studien, S. 30–65. MOMMSEN, Preußen/Deutschland, S. 37; vgl. GOTTFRIED NIEDHART (Hrsg.), Einführung in die englische Geschichte, München 1982, S. 155–7.

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I. Einleitung

tizipation, die in den historischen „Partei“-Namen der whigs und tories ihren Ausdruck fanden, trafen auf die Dynamik einer entstehenden Industriegesellschaft. Die damit verbundenen Herausforderungen konturierten zugleich die langfristige Transformation der überkommenen politischen Formationen in moderne Massenparteien im Kontext systemimmanenter Reformen. Frankreich stellt zunächst die politisch-konstitutionelle Seite der Doppelrevolution dar. Die von ihm ausgehenden Impulse prägten seit 1789 direkt oder indirekt alle europäischen Staaten: Es markiert mit dem Epochendatum 1789 nicht nur den Beginn des ideologisch bestimmten „langen“ 19. Jahrhunderts, sondern wurde nicht zuletzt auf der Ebene der politisch-sozialen Sprache zum europäischen Agens, ohne das das historisch-semantisch faßbare Spannungsfeld von Kräften „progressiver Bewegung und restaurativer Beharrung“ nicht denkbar wäre. Mit seiner 1789 einsetzenden Konjunktur revolutionärer Erschütterungen und Umbrüche firmierte es als europäisches Labor politisch-gesellschaftlicher Neuordnung. Nirgendwo stellte sich die Frage nach der Neubestimmung des politisch-sozialen Vokabulars drängender und häufiger, nirgendwo entstanden durch die Umbrüche, die durch die Daten 1815, 1830, 1848/49, 1851 und 1871 allenfalls angedeutet werden, mehr Zeitschichtungen. Die andauernde Frage nach Ende und Erbe der Revolution begleitete die politisch-soziale Instabilität einer bis zur Dritten Republik permanent postrevolutionären Gesellschaft, deren Zukunftsprojektionen von konstitutioneller und jakobinischer, napoleonischer und reaktionärer bis zu orleanistischer, republikanischer und schließlich bonapartistischer Neugestaltung reichten. Deutschland und Italien nehmen gegenüber diesen beiden Polen der Doppelrevolution eine Zwischenstellung ein. Gegenüber den etablierten Nationalstaaten Frankreich und England ist beiden Ländern die Erfahrung des territorialen Partikularismus und die daraus resultierende Herausforderung der nationalen Einigung und der Definition des Verhältnisses zwischen Staat und Nation gemeinsam, die sich zunächst mit dem Kampf um politische Partizipation und konstitutionelle Verfassung zu einer doppelten Ziellinie verband. Dabei differierten gleichwohl die Ausgangsbedingungen: In Italien gab es kein Gegenstück zum Heiligen Römischen Reich bzw. seit 1815 zum Deutschen Bund oder zum Deutschen Zollverein. Der Kampf um politische Freiheit und nationale Einheit gewann hier durch den unausweichlichen Konflikt mit Habsburg und dem politischen Primatanspruch des Kirchenstaates zusätzliche Brisanz.167 Aus Formen partikularer Staatlichkeit resultierte aber in beiden Fällen eine charakteristische Heterogenität von Erfahrungen und politischen Traditionen, die ein breites Spektrum unterschiedlicher politisch-konstitutioneller und sozioökonomischer Handlungsspielräume und Entwicklungspotentiale entstehen ließ. Zumal in Deutschland führte dies zu einer spezifischen Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen, etwa in der wirtschaftlich relativ fortschritt167

Vgl. GAETANO SALVEMINI, Germania e Italia dal 1814 al 1870, in: DERS., Scritti sul Risorgimento, hrsg. von PIERO PIERI und CARLO PISCHEDDA, Mailand 1961, S. 441–53.

3. Methodische Grundlegung

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lichen und zugleich politisch stagnierenden, abgebrochenen und blockierten Entwicklung in Preußen oder in der konstitutionellen Vorreiterrolle Badens, die im Gegensatz zu seiner relativen wirtschaftlichen Rückständigkeit stand.168 Die chronologische Eingrenzung des Untersuchungszeitraums orientiert sich am Ziel einer wirklichen Längsschnittanalyse, um über kurz- und mittelfristige Bedeutungsverschiebungen hinaus gerade die in synchron angelegten Studien ausgeblendeten langfristigen Verschiebungen aufzudecken. Dabei ist zu betonen, daß sich die komplexe Transformation von Grundbegriffen der politisch-sozialen Sprache einem statischen chronologischen Rahmen oder der Fixierung auf einzelne Daten entzieht, die allenfalls ein bestimmtes Ereignis oder einen Zustand erfassen, nicht aber die diachronen Strukturveränderungen, deren Ergebnisse sich häufig erst im Rückblick als epochal erweisen. Zudem haben solche chronologischen Grenzen nicht für alle vier Vergleichsfälle die gleiche verbindliche Bedeutung. Es läßt sich eben kein chronologisch eindeutig bestimmbarer Anfang des politischen Bewegungsbegriffs Liberalismus definieren. Vielmehr stellt sich dessen Genese als langfristiger Prozeß von semantischer Umbewertung, Aufwertung, Neubesetzung und Politisierung bereits bestehender Teile des Begriffsfeldes dar, dessen Ursprünge zeitlich weit vor dem modernen Begriff des 19. Jahrhunderts liegen. Nur unter diesen Vorbehalten ist der Untersuchungszeitraum neben der notwendigen Integration der vorpolitischen Bedeutungsursprünge zunächst grob vom letzten Drittel des 18. Jahrhunderts bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts mit einem Ausblick in die zweite Jahrhunderthälfte zu begrenzen. Damit ist jene begriffsgeschichtlich zentrale Phase erfaßt, die von der vorpolitischen Bedeutungsbestimmung von liberal vor 1789 über die Politisierung und semantische Ideologisierung, über die Entstehung und Ausbreitung liberaler Bewegungen bis zur Zäsur des gesamteuropäischen Revolutionsjahres 1848/49 reicht. Für England lassen sich solche Kriterien nicht überzeugend anwenden, da die Entwicklung hier von der allmählichen Reformierung des bestehenden politischen Systems und der Entstehung moderner Massenparteien bestimmt war.169 Der komparative Untersuchungsansatz kann nur dann überzeugen, wenn der Vergleich vorurteilsfrei erfolgt, also ohne die Projektion späterer Entwicklungen auf eine zur Vorgeschichte reduzierte Betrachtungsebene. Die Übertragung von historischen „Erfolgs-“ oder „Mißerfolgskategorien“ auf die Begriffsgeschichte von Liberalismus im Sinne vermeintlich gerader Entwicklungslinien fällt genau in jene pseudokausale Kategorie einer „Kontinuitätshistorie, die das Frühere vom Späteren her erklärt“.170 Vorteile für die Entwick168 169

170

Vgl. HARDTWIG, Weg in die Moderne, S. 9ff. Vgl. zum Problem der Epochenabgrenzung des Victorian liberalism JÖRN LEONHARD, Rezension zu JONATHAN PARRY, The Rise and Fall of Liberal Government in Victorian Britain, New Haven 1993, in: JbLibF 9 (1997), S. 276–9. THOMAS NIPPERDEY, 1933 und die Kontinuität der deutschen Geschichte (1978), in: DERS., Nachdenken über die deutsche Geschichte. Essays, München 1986, S. 186–205, hier S. 199.

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I. Einleitung

lung des Liberalismus in einem Land dürfen nicht gegen objektive Nachteile in einem anderen Land aufgerechnet werden:171 Verschiedenartigkeit der Voraussetzungen impliziert keine historische Über- oder Unterlegenheit, sondern liegt als fundamentale Voraussetzung für historisches Verstehen auch den folgenden Leitfragen zugrunde, die das Untersuchungsprogramm auf fünf Ebenen differenzieren: (1) Wie entstanden, entwickelten und veränderten sich Bedeutung, Gebrauch und Verständnis des Deutungsmusters liberal, Liberalität, Liberale und Liberalismus sowie der französichen, italienischen und englischen Heteronyme dieser Ausdrücke (libéral, libéralité, libéraux, libéralisme / liberale, liberalità, liberali, liberalismo / liberal, liberality, liberals, liberalism)172 im Untersuchungszeitraum? Welche Position nahmen diese Begriffe im zeitgenössischen politischen Vokabular im Vergleich zu anderen politischen Etiketten ein? (2) Welche Konjunkturen der Verwendung des Begriffsfeldes im politischsozialen Vokabular der vier Vergleichsfälle lassen sich aufgrund einer semantisch-quantifizierenden Analyse aufzeigen (vgl. Kapitel IX)? (3) Wo ergaben sich begriffsgeschichtliche Berührungspunkte zwischen den Ländern, wo reflektierte die historisch-semantische Transformation einen kulturellen Transfer auf dem Weg der Übersetzung und Integration eines fremdsprachlichen Begriffs in das eigene politisch-soziale Vokabular? (4) Welche begriffsgeschichtlichen Unterscheidungsmerkmale, also singulären Bedeutungsaspekte, Definitions-, Interpretations- und Rezeptionsmuster, sowie Gemeinsamkeiten ergeben sich aus der vergleichenden historischen Semantik von Liberalismus für die vier Vergleichsfälle? Welche Rückschlüsse erlaubt die komparative historische Semantik für eine Typologisierung „zeittypische[r] Liberalismen“173 im europäischen Kontext? (5) Wie bildeten sich in den untersuchten Ländern unterschiedliche geschichtliche Erfahrungshintergründe und Erwartungshorizonte in der das Reflexionsvermögen des handelnden Zeitgenossen übersteigenden historischen Semantik von Liberalismus ab? Vor allem die Fragenkomplexe (4) und (5), die die komparative Analyse in ihrer typologischen Funktion unterstreichen, verweisen auf die in der Forschung gestellte Frage nach einem möglichen „semantischen Sonderweg“ Deutschlands.174 Ein wichtiges Indiz für einen solchen Sonderweg ergäbe sich, wenn die komparative Analyse im diachronen Längsschnitt für den historischpolitischen Grundbegriff Liberalismus belegen könnte, daß „der politische

171 172

173 174

Vgl. REINHARD BENDIX, Kings or People. Power and the Mandate to Rule, Berkeley 1978, S. 598. Wo im folgenden nur der deutsche Begriff Liberalismus oder ein Bestandteil des Begriffsfeldes (liberal, Liberalität, Liberale) genannt ist, sind die genannten nationalsprachlichen Varianten auch ohne deren explizite Nennung mitberücksichtigt. LANGEWIESCHE, Handlungsbedingungen und Zielvorstellungen, S. 342 f. Vgl. BOLLENBECK, S. 20,

3. Methodische Grundlegung

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Versuch eines eigenen deutschen Weges im Gegensatz zu den ‚Idealen von 1789‘ von der Ausbildung einer eigenen Begriffssprache begleitet wurde.“175 c) Konzeption eines Modells historisch-politischer Semantogenese: Transformationsstufen, Untersuchungsfelder und Vergleichseinheiten Um der vergleichenden Analyse der vier Untersuchungsfälle ein gleiches Raster von Vergleichskriterien zugrundelegen zu können, soll über die oben formulierten Leitfragen hinaus von einem Modell der Semantogenese eines historisch-politischen Grundbegriffes ausgegangen werden. Damit soll auch das von Reinhart Koselleck entwickelte Sattelzeit-Konzept differenziert werden. Das Modell geht von vier Entwicklungsstufen aus, die ein politisch-soziales Deutungsmuster im Übergang vom vorpolitischen Bedeutungskontext zum politischen Grundbegriff als Bestandteil des Vokabulars moderner Ideologien durchläuft. Dabei dienen als Kriterien historisch-semantischer Veränderung zwei Parameter, die im folgenden idealtypisch definiert werden: (a) Die ideologische Relevanz des Begriffsfeldes bezeichnet den allgemeinen Stellenwert, der einem Begriff in einem politischen Vokabular und einem Diskurs zumal im Vergleich zu anderen Begriffen zukommt. Sie basiert zunächst auf genuin neuartigen politisch-sozialen Erfahrungen, die in einem Begriffsfeld repräsentiert werden. Sie setzt keinesfalls ideologische Eindeutigkeit voraus, sondern in erster Linie die Präsenz politisierter Begriffe in einem neuen Kontext. Um einen Maßstab für diese ideologische Relevanz zu gewinnen, kann zumal die quantifizierende Frequenzanalyse wertvolle Hinweise liefern, indem sich aus ihr spezifische Konjunkturen der Begriffsverwendung ableiten lassen. (b) Die semantische Ligatur eines Begriffes steht für seine Fähigkeit, über die Integration politisch-gesellschaftlicher Erfahrungen hinaus auf sprachlichdiskursiver Ebene einen Erwartungshorizont zu konturieren. Die semantische Ligatur bezeichnet zugleich den zielgerichteten Anspruch, die ideologische Anziehungskraft und soziale Reichweite des Deutungsmusters. Dies geht notwendig einher mit der Bemühung um größere Eindeutigkeit des Begriffes, die durch Definition, Abgrenzung und programmatische Aufladung erreicht werden soll. Auf der Grundlage dieser beiden Kriterien lassen sich idealtypisch vier Entwicklungsstufen charakterisieren: (1) Die Ausgangsstufe kennzeichnet die präpolitischen Bedeutungsdimensionen von bestimmten Bestandteilen des Begriffsfeldes, im vorliegenden Falle 175

WALTER DIECKMANN, Information oder Überredung, Marburg 1964, zitiert nach SYNNÖVE CARLSON, Von Schlagwörtern zu Schimpfwörtern. Die Abwertung des Liberalismus in der Ideologiesprache der ‚konservativen Revolution‘. Eine wortmonographische Studie zum Sprachgebrauch einer politischen Denktradition in Deutschland bis zum Jahre 1933, in: HELMUT MÜSSENER und HANS ROSSIPAL (Hrsg.), Impulse. Festschrift für Gustav Korlén zum 60. Geburtstag, Stockholm 1975, S. 339–76, hier S. 339.

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I. Einleitung

also die vorpolitischen Bedeutungselemente, die das Adjektiv liberal enthält sowie der ebenfalls auf antike Bedeutungsursprünge zurückreichende Begriff der liberalitas in seinen verschiedenen nationalsprachlichen Ausprägungen. Eine ideologische Relevanz oder Ligatur liegt nicht vor. (2) Auf der zweiten Stufe werden vor dem Hintergrund eines politisierten Kontextes neue politisch-gesellschaftliche Bedeutungselemente auf überkommene Ausdrücke übertragen. Diese Fermentierungsphase ist deshalb von wesentlicher Bedeutung, weil sich hier vorpolitische und politisierte Bedeutungselemente überlagern und vermischen. Dies schließt eine eindeutige Definitionsrichtung der Begriffe aus. Daraus folgt, daß sich zwar aufgrund spezifischer Erfahrungen eine ideologische Relevanz abzuzeichnen beginnt, die ideologische Ligatur dagegen noch schwach ausgeprägt ist: Von den Begriffen geht noch keine ideologische Orientierung aus. (3) Eine dritte Entwicklungsstufe bezeichnet die Politisierung des Begriffsfeldes, also die Zurückdrängung vorpolitischer Bedeutungselemente zugunsten politisierter Inhalte. Die ideologische Relevanz geht dabei zunehmend auch in eine semantische Ligatur des Begriffes über. Dabei ist aber das politisch-gesellschaftliche Ausdruckspotential noch keinesfalls ausgeschöpft und weist auch noch keine unumkehrbare ideologisch-programmatische Richtung auf. Zumal durch Einflüsse von außen, etwa durch den semantischen Kulturtransfer, den Begriffsimport, kann es auf dieser Stufe noch beeinflußt oder katalysiert werden. (4) Auf der vierten Entwicklungsstufe ist die ideologische Relevanz des Begriffsfeldes am intensivsten faßbar. Nunmehr dominiert eindeutig die semantische Ligatur: Die verdichtete Repräsentation von Erfahrungen und Projektionen geht in eine programmatische Orientierung und ideologische Ausrichtung über. Im Spannungsfeld konkurrierender Interessen führt dies zu einer zeitgleichen Ideologisierung und Polarisierung von Begriffen und Gegenbegriffen, die sich besonders trennscharf etwa in der Form von Parteibezeichnungen niederschlagen kann. Die Gliederung der Arbeit wird zum einen durch die diachrone Anlage der Analyse, zum anderen durch das Postulat bestimmt, einen systematischen Vergleich innerhalb abgrenzbarer unterschiedlicher Untersuchungsfelder zu leisten. Dies schließt eine additive Aneinanderreihung von vier national isolierten Begriffsgeschichten aus. Daher wird der Untersuchungszeitraum in einzelne Einheiten eingeteilt, in deren Bestimmung chronologische und thematische Kriterien eingehen. Innerhalb der vorgestellten analytischen Einheiten werden die historisch-semantischen Entwicklungen und Veränderungen für alle vier Fälle zunächst untersucht und in einem eigenen Vergleichskapitel dann jeweils einander gegenübergestellt. Diese Einheiten müssen noch allgemein genug sein, um für alle Vergleichsfälle Bedeutung zu haben und zugleich spezifisch genug, um den diachronen Untersuchungsrahmen überzeugend differenzieren zu können. Ergänzt wird diese Gliederung durch die quantifizierende Analyse für alle Untersuchungsfälle im Anhang, dessen Ergebnisse in die Vergleichskapitel am Ende der analytischen Einheiten miteinbezogen werden.

4. Quellengrundlage und Texterschließung

75

Bis zur Jahrhundertmitte lassen sich fünf Untersuchungseinheiten differenzieren: Ausgehend von der Gegenüberstellung vorpolitischer Bedeutungselemente bis zum letzten Drittel des 18. Jahrhunderts stellen die Zeiträume 1789 bis 1815/20, 1815/20 bis 1830, 1830 bis 1835, sowie 1835 bis 1848/50 die grundlegenden chronologischen Untersuchungseinheiten dar. Die Auswahl dieser chronologischen Grenzen orientiert sich an den historischen Umbrüchen, für die in der Analyse dann zu fragen ist, welche Auswirkungen von ihnen für die politisch-semantische Entwicklung ausgingen und ob für die vier Vergleichsfälle vor dem Hintergrund dieses chronologischen Rasters ähnliche oder unterschiedliche Sattelzeiten zu postulieren sind. Unter dem Vorbehalt dieser Frage sind die Untersuchungsfelder durch die fundamentalen politisch-gesellschaftlichen Zäsuren definiert, von denen Impulse und Wirkungen auf den Politikdiskurs zu erwarten sind: Dies gilt sowohl für die Phase der Französischen Revolution als auch für die anschließende Periode der politischen Neugestaltung, die sich nicht als Rückkehr in die Lebenswelt des Ancien régime kennzeichnen läßt, sondern in der Folge des Wiener Kongresses bis ca. 1820 und im weiteren Sinne bis 1830 eine von erheblichen Spannungen gekennzeichnete Periode darstellt. Gerade für die semantische Inkubationszeit, der Fermentierung und beginnenden Politisierung von Bedeutungen, spielt die Phase der französischen Julirevolution und ihrer Rezeption in den verschiedenen Ländern bzw. die erste Welle politisch-konstitutioneller Reformen in England eine wesentliche Rolle, so daß der Zeitraum von 1830 bis 1835 besondere Aufmerksamkeit verdient. Schließlich stellt die Welle der europäischen Revolutionen von 1848/49 eine Grenze dar, aus der sich der Untersuchungszeitraum seit Mitte der 1830er Jahre, also vom Auslaufen der 1830 aufgebrochenen Bewegungen, bis zum Ende der revolutionären Erhebungen 1848/50 ergibt. In einem Ausblick werden abschließend wesentliche Entwicklungen der zweiten Jahrhunderthälfte skizziert. Die Bestimmung dieser Untersuchungseinheiten kann indes nur relativ überzeugen, denn die angewandten Kriterien können nicht für alle Vergleichsfälle gleiche Bedeutung reklamieren. Für England etwa sind von bestimmten kontinentaleuropäischen Zäsuren wie 1848/49 keine bestimmenden Wirkungen ausgegangen. Daher sind diese Einheiten wiederum kein statisches Raster, denn die historisch-politische Semantik entzieht sich solchen punktuellen Definitionen. Nur unter diesem Vorbehalt dürfen sie im Sinne eines allgemeinen Rahmens verstanden werden.

4. Quellengrundlage und Texterschließung Die Quellenbasis muß einen möglichst hohen Repräsentationsgrad für das soziale Wissen der Zeit aufweisen. Nur dann kann es gelingen, im historischen Begriffsfeld liberal/Liberale/Liberalismus ein politisch-soziales Deutungsmuster für die vergangene Gegenwart zu rekonstruieren. Allein durch eine mög-

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I. Einleitung

lichst breit angelegte und zugleich dichte Quellengrundlage, die über bloße Zufallsfunde hinaus die langfristigen Veränderungen aufdecken kann, ist ein höherer Repräsentationsgrad in der Analyse erreichbar. Dazu gehört neben der texthermeneutischen Analyse auch die systematisch-quantifizierende Erschließung der Quellenkorpora im Hinblick auf die publizistische Präsenz des Begriffsfeldes. a) Empirisch-systematische Aufnahme Bei der Bestimmung des Quellenkorpus lassen sich vier Kategorien unterscheiden: (1) Lexikalisch-enzyklopädische Quellen: Als Ausgangspunkt der Analyse wurden an erster Stelle die allgemeinsprachlichen universell ausgerichteten Wörterbücher, Lexika und großen Enzyklopädien im Hinblick auf einzelne begriffsbestimmende Artikel ausgewertet. Hinzu kommen die philosophisch, historisch bzw. im weitesten Sinne staatswissenschaftlich orientierten Fachwörterbücher und Lexika, die aufkommenden politischen Wörterbücher und insbesondere in politisch-sozialen Krisenphasen die Pamphlet-Wörterbücher. Die ermittelten lexikalisch-enzyklopädischen Quellen repräsentieren paradigmatisch das sich differenzierende soziale Wissen der vergangenen Gegenwart, das Selbstverständnis und die Öffnung des politisch-sozialen Diskurses.176 Dabei sind allerdings für die zu untersuchenden Länder verschieden ausgeprägte lexikalisch-enzyklopädische Traditionen mit unterschiedlicher publizistischer Wirkungskraft und sozialer Reichweite zu beachten, die wiederum Kennzeichen einer je eigenen Diskurskultur sind. Erinnert sei in diesem Zusammenhang an Diderots und D’Alemberts Encyclopédie als „repräsentativer Wissensträger der gehobenen Bildungsschichten in der Aufklärungszeit“, die Dynamisierung der politischen Wörterbuchpublikation seit 1789 in Frankreich oder an die mit dem Staatslexikon von Rotteck und Welcker einsetzende Reihe großer politischer Lexika als wichtiges Medium der Fokussierung politischer Theorie im deutschen Sprachraum.177 Die zu erwartende Heterogenität dieser Quellen176 177

Vgl. KIRSTEN HJORT, Lexikon, Wörterbuch, Enzyklopädie, Konversationslexikon. Versuch einer Begriffsklärung, in: Muttersprache 77 (1967), S. 353–65. VAN DEN HEUVEL, Freiheitsbegriff, S. 24; vgl. ANNIE GEFFROY, Les dictionnares sociopolitiques 1770–1815: Une Bibliographie, in: Dictionnaire des usages socio-politique, Bd. 3, S. 7– 46; zum Staatslexikon vgl. T. S. HAMMEROW, Restoration, Revolution, Reaction. Economics and Politics in Germany 1815–1871, 2. Aufl. Princeton 1967, S. 63; SELL, S. 121; SHEEHAN, Der deutsche Liberalismus, S. 101; WEHLER, Deutsche Gesellschaftsgeschichte, Bd. 2, S. 360; HANS FENSKE, Der liberale Südwesten. Freiheitliche und demokratische Traditionen in Baden und Württemberg 1790–1933, Stuttgart 1981, S. 12; NIPPERDEY, Deutsche Geschichte 1800–1866, S. 299; LOTHAR GALL, Bürgertum in Deutschland, Berlin 1989, S. 255; ZUNHAMMER, S. 9f.; HANS PUCHTA, Die Entstehung politischer Ideologien im 19. Jahrhundert, dargestellt am Beispiel des Staatslexikons von Rotteck-Welcker und des Staats- und Gesellschaftslexikons von Herrmann Wagener, Nürnberg 1972; MONIKA HILDEGARD FASSBENDER-ILGE, Libe-

4. Quellengrundlage und Texterschließung

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kategorie im Hinblick auf die vier Vergleichsfälle schließt von daher eine Beschränkung auf lexikalisch-enzyklopädische Texte aus. Die diachrone Ausrichtung der komparativen Analyse über einen Zeitraum von sieben bis acht Jahrzehnten macht aber den Rekurs auf serielle Quellen unerläßlich, in denen das Begriffsfeld in gleichem oder ähnlichem Rahmen bestimmt und interpretiert wird. Als solche Serien bieten sich vor allem lexikalische Texte an, weil sie in fortlaufenden Auflagen den Untersuchungszeitraum ganz oder zumindest teilweise abdecken. Für die komparative Analyse ermöglichen sie eine erste Orientierung, indem sie eine historisch-semantische Schneise durch das unübersichtliche Feld von Einzelbelegen schlagen. (2) Monographische Quellen: Unter monographischen Quellen ist in der vorliegenden Untersuchung das begriffsgeschichtlich relevante politisch-soziale Schrifttum zu verstehen, das nicht in lexikalisch-enzyklopädischen Texten oder in Zeitungs- und Zeitschriftenartikeln, sondern in Form von Einzeldarstellungen vorliegt. Das umfaßt theoretisch alle Texte, die Belege enthalten, von denen auf zeitgenössische Bedeutungsbestimmungen, -reflexionen und -abgrenzungen geschlossen werden kann. Zunächst sind solche politisch-sozialen Monographien von besonderem Interesse, die sich thematisch zielgerichtet mit der Bestimmung oder Interpretation des Begriffsfeldes auseinandersetzen und deren thematische Beschäftigung mit dem Phänomen Liberalismus für die historisch-semantische Ebene relevante Aspekte liefert. Im weiteren Sinne zählen dazu auch Einzelschriften, die sich zunächst nicht ausdrücklich auf einen Bestandteil des Begriffsfeldes beziehen, aber durch ihre thematische Nähe zu politisch-gesellschaftlichen Bewegungen und Parteien oder zu politischen Positionen oder zum politischen Denken der Zeit aufschließende Funktion für die begriffsgeschichtliche Analyse haben können. Dazu gehören schließlich alle gedruckten Einzelschriften, also auch politische Traktate und Flugschriften. Im Hinblick auf den sozialen Wirkungsgrad der Begriffsbestimmungen wurden auch volksnahe Quellen wie politische Katechismen, Satiren und Lieder mitberücksichtigt. Für die zweite Jahrhunderthälfte werden Parteilehren und -programme sowie die entsprechenden Monographien aus dem Bereich der entstehenden Geschichts- bzw. Gesellschaftswissenschaft relevant. (3) Persönliche Quellen und Quellensammlungen: Hierunter fallen die edierten Quellen von Herrschern, führenden Ministern, Diplomaten und wichtigen Repräsentanten der einzelnen politischen Strömungen, soweit sie Bezug auf die Bestimmung, Rezeption und Interpretation des Begriffsfeldes nehmen. Dabei kommt insbesondere den kritisch edierten Quellenausgaben besondere Bedeutung zu, da hier Sachregister und Begriffskonkordanzen die systematische ralismus, Wissenschaft, Politik. Untersuchungen des Deutschen Staats-Wörterbuchs von Johann Caspar Bluntschli und Karl Brater als Beitrag zur Liberalismusgeschichte zwischen 48er Revolution und Reichsgründung, Frankfurt a. M. 1981 sowie CLAUDIA M. IGELMUND, Frankreich und das Staatslexikon von Rotteck und Welcker. Eine Studie zum Frankreichbild des süddeutschen Frühliberalismus, Frankfurt a. M. 1987.

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I. Einleitung

Erfassung von Belegen ermöglichen. Hinzu treten edierte Gesandtschaftsberichte und Parlamentsprotokolle sowie allgemeine Quellensammlungen zur Geschichte politischer Strömungen. Unter Vermeidung philosophischer Gipfelwanderungen werden die Ausgaben von publizistischen Meinungsführern wie Philosophen, Staatsrechtler, Historiker und Theologen für die Zusammenstellung von Belegreihen herangezogen. Schließlich sind literarische Quellenanthologien und kritisch edierte Werkausgaben miteinzubeziehen, zum Beispiel Briefe und Tagebücher mit expliziter Bezugnahme auf politische Ereignisse. (4) Periodische Quellen: Für alle vier Vergleichsländer wurden wichtige politische Zeitungen und Zeitschriften herangezogen und ausgewertet. Eine erschöpfende Auswertung verbot sich indes aufgrund der äußerst heterogenen systematischen Zugriffsmöglichkeiten und des überaus breit angelegten Quellenkorpus. Zeitschriften- und Zeitungsartikel stellen aber trotz dieser konkreten Schwierigkeiten eine unverzichtbare Quelle für die historisch-semantische Analyse dar, weil sie Einsichten in den aktuellen zeit- und situationsspezifischen Gebrauch des Begriffsfeldes erlauben. Nur partiell ließen vollständige Sachregister oder eine komplette Auflistung der Zeitschriftenartikel eine systematische Erfassung relevanter Artikel in den politischen Periodika zu.178 Während diese Quellen des 19. Jahrhunderts für England vorbildlich erschlossen sind, fehlen für Deutschland, Frankreich und Italien vergleichbare Instrumente. Für Deutschland und Italien stellt sich zudem das Problem der bis zur Nationalstaatsbildung regionalen Begrenzung der publizistischen Wirkung, so daß hier auf solche Organe zurückgegriffen wurde, deren Resonanz auch über den regionalen Kontext hinausreichte. Insbesondere für politische Umbruchsphasen (etwa 1815/20, 1830/35, 1848/50) wurde verstärkt auf diese Quellenkategorie zurückgegriffen. b) Semantisch-qualitative Kategorisierung der Quellen und interpretative Leitlinien Die Quellengrundlage darf sich nicht als impressionistisches Ergebnis von Zufallsfunden oder intuitiven Suchaktionen ergeben, sondern bedarf einer angemessenen Systematisierung anhand der begriffsgeschichtlich relevanten Eigenschaften des politisch-sozialen Vokabulars. In Fortführung von Ansätzen der Wortfeldforschung lassen sich idealtypisch vier kategoriale Ebenen unterscheiden, die zusammengenommen das Begriffsfeld konkretisieren.179 Diesen Kategorien lassen sich für das dargelegte Untersuchungsprogramm einzelne Quel178 179

Vgl. die unter X.1. komplett aufgeführten, für diese Studie systematisch ausgewerteten Indices. Vgl. REICHARDT, Einleitung, S. 84 f. sowie HANS-JÜRGEN LÜSEBRINK und ROLF REICHARDT, La ‚Bastille‘ dans l’imaginaire social de la France à la fin du XVIIIe siècle, 1774–1799, in: Revue d’histoire moderne et contemporaine 30 (1983), S. 196–234.

4. Quellengrundlage und Texterschließung

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lengattungen zuordnen, ohne daß diese Zuordnung aber statisch verstanden werden darf, da einzelne Gattungen immer mehrere begriffsgeschichtliche Eigenschaften aufweisen: (1) Paradigmatisch-normative Ebene: Hier wird der Begriff mit dem Anspruch möglichst hoher Verbindlichkeit und semantischer Präzision knapp und zumeist abstrakt definiert. Solche Definitionen leisten zunächst allgemeine und philosophisch-historisch orientierte Wörterbücher sowie vor allem die zahlreichen Konversationslexika der Zeit.180 In der Regel reflektieren diese Definitionen das soziale Wissen aber mit einer charakteristischen Zeitverzögerung als Folge der oft langen Redaktionsarbeit. Neben der Ausblendung neuer Bedeutungsaspekte und möglicher Neologismen bleibt die spezifische Gebrauchssituation zumeist unberücksichtigt oder unterbewertet, so daß „der Wortschatz eines Wörterbuchs . . . nur die Totenkammer der Sprache enthalten“ kann.181 (2) Syntagmatische Ebene: Nicht im Sinne einer kürzeren normativen Definition, sondern durch ausführlichere Erklärung und Ausdifferenzierung erfährt der Begriff hier eine inhaltlich-programmatische Bestimmung, die längere historische Exkurse, Reflexionen über gerechtfertigten und ungerechtfertigten Gebrauch des Begriffes in der Gegenwart, aber auch schon Abgrenzungen zu anderen Etiketten einschließt. Zu dieser Kategorie, die sich häufig als Reaktion auf bestimmte Ereignisse oder Kritik ergibt, zählen idealtypisch längere programmatische Lexikonartikel, Essays und Denkschriften. Der Vorteil dieser Kategorie besteht in begriffsgeschichtlicher Hinsicht im möglichen Rückschluß auf den zeit-, situations- und gruppenspezifischen Umgang mit dem Begriff, der anders als in Wörterbüchern und Konversationslexika keine oder eine erheblich geringere semantische Filterung erfährt. Die ausführlichere und häufig auch konkretere Auseinandersetzung mit dem Begriffsfeld läßt außerdem die Bedeutung von Komplementärbegriffen erkennbar werden. (3) Antonymische Ebene: Auf dieser Ebene geht es um die programmatische Bestimmung von Gegenbegriffen durch Kritik an und Abgrenzung von Liberalismus. Bestimmend hierfür sind Prozesse der Ausdifferenzierung des politischen Massenmarktes. Der Kampf der politischen Richtungen ist dabei ganz wesentlich ein Kampf um Begriffe, der sich in polemischer Auseinandersetzung, offensiver Infragestellung oder defensiver Reaktion niederschlägt. Diese Prozesse werden insbesondere von der unterschiedlichen Erfahrung in politischen und sozioökonomischen Krisenphasen geprägt. Beispiele für diese Kategorie sind alle Äußerungen radikaldemokratischer und konservativer Gruppen,

180

181

Vgl. UTZ HALTERN, Politische Bildung und bürgerlicher Liberalismus. Zur Rolle des Konversationslexikons in Deutschland, in: HZ 223 (1976), S. 61–97 sowie DIETER LANGEWIESCHE, Bürgerliche Adelskritik zwischen Aufklärung und Reichsgründung in Enzyklopädien und Lexika, in: ELISABETH FEHRENBACH (Hrsg.), Adel und Bürgertum in Deutschland 1770–1848, München 1994, S. 11–28. W. KRAUS, Macht und Ohnmacht der Wörterbücher, in: DERS., Studien und Aufsätze, Berlin 1959, S. 5–17, hier S. 12.

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I. Einleitung

wenn sie ihre programmatische Stoßkraft aus der Auseinandersetzung mit Liberalismus schöpfen. (4) Deskriptive Konkretisierung: Gegenüber den drei bisher vorgestellten Kategorien, in denen sich Zeitgenossen reflektierend mit dem Begriffsfeld auseinandersetzten, geht es auf dieser Ebene um den Gebrauch von Liberalismus ohne die Reflexion und Diskussion der semantischen Aktualisierung. Aber auch diese alltagssprachlichen, publizistischen oder literarischen Konkretisierungen reflektieren die Aufnahme neuer Aspekte und den Wandel von Bedeutungen. Dieser Kategorie kommt für die Frage nach dem sozialen Geltungsgrad wesentliche Bedeutung zu, denn hier läßt sich die Reichweite der Definitionen und Rezeption gerade unterhalb des bildungsbürgerlichen Begriffsdiskurses abschätzen. Beispiele hierfür bieten etwa Briefe und Tagebücher oder Zeitungsartikel, in denen der Rückgriff auf Bestandteile des Begriffsfeldes die Analyse bestimmter Rezeptionsmuster ermöglicht. Zunächst sind Quellenbelege nach ihrer jeweiligen Textsorte und deren spezifischen Kennzeichen zu differenzieren. Während zum Beispiel Artikel aus Wörterbüchern und Enzyklopädien durch ihre Fokussierung direkt verwendet werden können, spielt für die Konkretisierung von liberal und Liberalismus in Zeitungsartikeln oder Flugschriften der Textzusammenhang und die konkrete historische Situation eine wichtige Rolle. In persönlichen Quellen wie Briefen und Tagebüchern ist die persönliche Perspektive des Autors, in einer parlamentarischen Debatte die spezifische Diskurssituation zu beachten. Obgleich die Bedeutung des untersuchten Begriffsfeldes die konkrete historische Situation übersteigt, speist sie sich doch „aus dem gesprochenen Kontext, sie entspringt zugleich der Situation, auf die sie sich bezieht“.182 Daraus ergibt sich die Notwendigkeit einer historisch-kritischen Erschließung im weiteren Sinne, wobei es nicht um eine bloße ereignisgeschichtliche Kontextuierung geht, eine „ ,Scheibchenhistorie‘, in der zunächst einleitend die politischen oder sozialen oder ökonomischen ‚Rahmenbedingungen‘ umrissen und dann das damit mehr oder weniger verbundene ‚eigentliche‘ Thema behandelt“ wird, sondern um ein geschichtswissenschaftliches „,Picasso-Porträt‘“,183 das „gleichzeitig die Frontansicht und das Profil“184, also konkret das Deutungsmuster in seinen komplexen Bezügen aus unterschiedlichen Perspektiven (Person, Gruppe, Situation, politisch-konstitutionelle, sozioökonomische Bezüge) zeigt, ohne andererseits die Inhalte als simple Überbauphänomene zu einem bloßen Ausdruck der sozioökonomischen Basis zu reduzieren.

182 183 184

KOSELLECK, Einleitung, S. XX. DIETER LANGEWIESCHE, Sozialgeschichte und Politische Geschichte, in: SCHIEDER und SELLIN (Hrsg.), Bd. 1, S. 9–32, hier S. 26. ERIC J. HOBSBAWM, Von der Sozialgeschichte zur Geschichte der Gesellschaft, in: WEHLER (Hrsg.), Geschichte und Soziologie, S. 331–52, hier S. 341.

5. Semantischer Nominalismus und asymmetrische Übersetzung

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5. Semantischer Nominalismus und asymmetrische Übersetzung: Methodische Probleme und Perspektiven komparativer Semantik Das Untersuchungsprogramm und sein methodischer Zugriff kann andere Ansätze der vergleichenden Liberalismus-Forschung keinesfalls ersetzen: Die vergleichende historische Semantik des Begriffes Liberalismus stellt keinesfalls eine historiographische Synthese zur Geschichte des europäischen Liberalismus dar, aber sie will zur Substanz und zugleich zur Problematik einer solchen Synthese beitragen. Der historisch-semantische Vergleich europäischer Liberalismen macht sozialgeschichtliche oder noch stärker ideologiekritische Arbeiten zum Verhältnis von Programm und sozialer Praxis oder differenzierende Analysen zu den Zusammenhängen von Ideologie und kultureller Prägung keinesfalls überflüssig, und mit Recht hat Dieter Langewiesche darauf hingewiesen, daß Geschichte nicht allein darin aufgeht, „wie sie sprachlich erfaßt und verarbeitet wird“.185 Eine „vollständige“ Abbildung von komplexen politischen und sozialen Sachverhalten in der zeitgenössischen historischen Semantik von Liberalismus zu erwarten, überschätzte die Möglichkeiten dieses analytischen Zugriffs. Einen Anspruch auf ein semantisch vollständiges Quellenkorpus kann diese Studie nicht erheben. Weder geht es um den unbestrittenen exakten Erstbeleg noch um eine universelle lexikographische Zitatensammlung. Dies reduzierte die problemorientierte Analyse unweigerlich zum Zitatengrab. Auch wo durch die vorgestellte Quellenbasis das Ziel verfolgt wird, über signifikante Belegreihen hinaus zu abgesicherten Aussagen über die publizistische Präsenz des Begriffsfeldes zu gelangen, wäre die Annahme einer vollständigen Erfassung der semantischen Breite im Rahmen einer Mehrländerstudie illusorisch. Die oben vorgestellten praktischen Schwierigkeiten bei der Erfassung der für die vier Vergleichsländer heterogen entwickelten Quellenkategorien und das rein quantitative Ausmaß der empirisch-systematischen Aufnahme unterstreicht einen fundamentalen Sachverhalt jeder begriffsgeschichtlichen Analyse: Die Unmöglichkeit, zu einem vollständigen Quellenkorpus zu gelangen, macht eine genauere Verortung der Erklärungsreichweite und des analytischen Anspruchs der eigenen Untersuchung unumgänglich. Es ist durchaus möglich, mit wenigen besonders elaborierten Zitaten aus verschiedenen Perspektiven eine Begriffsgeschichte von Liberalismus im deutschen politischen Diskurs des 19. Jahrhunderts zu konstruieren. Die darin deutlich werdende lediglich punktuelle Fokussierung von Bedeutungsverschiebungen hat signifikanten Charakter, aber sie läßt ohne den empirisch sehr viel weitergehenden Vergleich und die Einordnung der Belege keine nachvollziehbaren Aussagen über die Repräsentativität des historisch-semantischen Prozesses zu. Die Grenzen zwischen einer solchen begriffsgeschichtlichen Rekonstruktion eines Bedeutungswandels und 185

LANGEWIESCHE, Europa, S. 130.

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I. Einleitung

dem dezisionistischen Konstrukt erscheinen mindestens fließend. Methodisch setzt dies im weiteren Sinne eine grundsätzliche Sensibilisierung des Historikers für die Gefahr der restrospektiven Teleologie seiner Interpretation voraus: Damit ist die einer implizit oder explizit vorgegebenen Ergebniskonstante entsprechende Interpretation gemeint, die mit der Konstruktion einer Bedeutungslinie einhergeht. Dieser Gefahr einer Gipfelwanderung über signifikante Belege mit dem Ziel einer vom Historiker entworfenen Teleologie der historischen Prozesse ist nur dann überzeugend zu begegnen, wenn durch die quantitativ-empirische Verortung der Bedeutungsvarianten abgesicherte und nachvollziehbare Aussagen nicht allein über deren Signifikanz, sondern über deren Repräsentativität gemacht werden können. Aber auch eine auf denkbar breiter Quellengrundlage basierende historisch-semantische Analyse erlaubt niemals eine Rekonstruktion vergangener semantischer Totalität. So bleibt auch sie von dem seit Chladenius nicht überschrittenen hermeneutischen Rahmen geprägt, als der die immer vorhandene Perspektivität der historischen Urteilsbildung begriffen werden kann: Denn es gibt einen Grund, warum wir die Sache so, und nicht anders erkennen: und dieses ist der SehePunckt von derselben Sache . . . Aus dem Begriff des Sehe-Puncts folget, daß Personen, die eine Sache aus verschiedenen Sehe-Puncten ansehen, auch verschiedene Vorstellungen von der Sache haben müssen . . .; quot capita, tot sensus.186

Das einseitige dezisionistische Konstrukt als Folge einer retrospektiven Teleologie der Interpretation ließe sich wiederum mit Chladenius als „parteiische Erzählung“ charakterisieren, die wider „Wissen und Gewissen“ die Ereignisse und Entwicklungen „vorsetzlich verdrehet oder verdunkelt.“ Demgegenüber könne aber eine unparteiische Erzählung . . . auch nicht so viel heißen, als eine Sache ohne alle Sehepunkte erzählen, denn das ist einmal nicht möglich: und parteiisch erzählen, kann also auch nicht so viel heißen, als eine Sache und Geschichte nach seinem Sehepunkte erzählen, denn sonst würden alle Erzählungen parteiisch sein.187

Entscheidend bleibt für den hier vorgestellten Anspruch auf relative Repräsentativität der Interpretation das Bewußtsein für die sich aus der Standortgebundenheit des Historikers notwendig ergebenden hermeneutischen Grenzen: Auch die vorliegende Untersuchung kann keine Rekonstruktion einer historisch-semantischen Totalität der Vergangenheit leisten. Ohne den Anspruch darauf verfolgt die Untersuchung aber das Ziel, zu typisierenden Erkenntnisaussagen beizutragen, die über die Signifikanz von Zufallsfunden hinausgeht. 186 JOHANN

187

MARTIN CHLADENIUS, Einleitung zur richtigen Auslegung vernünftiger Reden und Schriften, Leipzig 1742, Neudruck Düsseldorf 1969, S. 188 f.; vgl. REINHART KOSELLECK, Geschichte, in: BRUNNER et al. (Hrsg.), Bd. 2, S. 647–717, hier S. 696 f. JOHANN MARTIN CHLADENIUS, Allgemeine Geschichtswissenschaft, worinnen der Grund zu einer neuen Einsicht in allen Arten der Gelahrtheit geleget wird, Leipzig 1752, S. 151.

5. Semantischer Nominalismus und asymmetrische Übersetzung

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Der Vergleich kultureller Deutungsmuster bringt spezifische Probleme mit sich. Heinz-Gerhard Haupt und Jürgen Kocka weisen in diesem Zusammenhang auf das Ungleichgewicht zwischen Empathie beim „Zugang zum Außergewöhnlichen“ und analytisch ausgefeilten Konzepten hin. Zudem rückten die narrativen Verfahren, mit deren Hilfe die Analyse von kulturellen Deutungsmustern häufig erfolgt, zu sehr in den Mittelpunkt, so daß ein Spannungsverhältnis zur komparativen Geschichtswissenschaft mit analytischer Zielsetzung vorliege. Dennoch müsse der Vergleich ohne die Einbeziehung der unterschiedlichen Wirklichkeitserfahrungen zugunsten einer vergleichenden Strukturanalyse viel von seiner Überzeugungskraft verlieren. Dies gelte zumal für das Problem der semantischen Konstruktion von Wirklichkeit.188 Während sich bestimmte kulturelle Praktiken wie Alphabetisierung, religiöse Kulte, Protest oder Erinnerung189 noch relativ leicht unter vergleichenden Fragestellungen als soziale Prozesse untersuchen lassen und sich zumal ideologische Bewegungen wie Liberalismus, Nationalismus und Faschismus im Hinblick auf Programmatik und soziale Praxis für den Vergleich geradezu anbieten, ergeben sich aus dem Kulturvergleich auf der Ebene von Sprache und Diskurs erhebliche methodische Probleme, wenn man nicht bei einer bloß deskriptiven Bestandsaufnahme stehenbleiben will. Geht man von einem strengen methodischen Verständnis der komparativen historischen Semantik aus, dann stellt sich ein grundlegendes Übersetzungsproblem, das Reinhart Koselleck anläßlich eines semantischen Vergleichs von bürgerlicher Gesellschaft in Deutschland, England und Frankreich klarsichtig formuliert hat: Die Untersuchung aller gesellschaftlichen Zustände und ihrer Veränderungen bleibt auf die sprachlichen Quellen verwiesen, die davon zeugen können. Jeder Vergleich muß also doppelgleisig verfahren: Die Sprachzeugnisse müssen übersetzt werden, um semantisch vergleichbar zu werden. Aber ebenso müssen die daraus erschlossenen sozialen, ökonomischen und politischen Vorgänge ihrerseits vergleichbar gemacht werden – was ohne die sprachlichen Vorgaben und ihre Übersetzungen nicht möglich ist. Insofern hängt jeder Vergleich von der Übersetzbarkeit sprachlich je verschiedenartig gespeicherter Erfahrungen ab, die aber als Erfahrungen an die Einmaligkeit der jeweiligen Sprache zurückgebunden bleiben. Wir stehen also methodisch vor einer aporetischen Situation.

Jede komparative Semantik steht vor diesem Problem, das methodisch zugleich an den Ausgangspunkt dieser Untersuchung zurückführt: Der semantische Nominalismus, also die häufig unreflektierte Übersetzung unterschiedlicher 188 189

HAUPT und KOCKA, S. 34. Vgl. ETIENNE FRANÇOIS, Alphabetisierung und Lesefähigkeit in Frankreich und Deutschland, in: HELMUT BERDING, ETIENNE FRANÇOIS und HANS-PETER ULLMANN (Hrsg.), Deutschland und Frankreich im Zeitalter der Französischen Revolution, Frankfurt a. M. 1989, S. 407–25; DAVID BLACKBOURN, Marpingen. Apparitions of the Virgin Mary in Nineteenth-Century Germany, New York 1994; CHARLES TILLY, LOUISE TILLY und RICHARD TILLY, The Rebellious Century 1830–1930, Cambridge/ Mass. 1975 sowie CHARLOTTE TACKE, Denkmal im sozialen Raum. Nationale Symbole in Deutschland und Frankreich im 19. Jahrhundert, Göttingen 1993.

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I. Einleitung

historischer Erfahrungen und Erwartungen in einem scheinbaren Äquivalenzbegriff einer Sprache, ist seinerseits Kennzeichen des Vergleichs. Wird er als methodisches Problem reflektiert, verbirgt sich hinter ihm das von Koselleck angesprochene Problem der Übersetzung: Um die Untersuchungsfälle vergleichbar zu machen, müssen die Begriffe übersetzt werden, aber diese Übersetzung bedingt zugleich, die Einmaligkeit der Erfahrungsverdichtung in der jeweiligen Sprache zugunsten eines scheinbaren Äquivalents zu nivellieren. In dieser Differenz zwischen Übersetzungsdesiderat und semantischem Nominalismus besteht die aporetische Situation des konkreten Ansatzes. Sie ließe sich methodisch nur umgehen, wenn bei der Übersetzung „die sprachlich nicht einholbaren Differenzierungen mitreflektiert“ würden,190 was für den länderübergreifenden Vergleich eine Metasprache voraussetzte, so wie eine sozialhistorische Metatheorie die Grundlage für die Analyse von sozialhistorischen Unterschieden zwischen Vergleichsfällen zu bieten vermag. Diese semantische Metaebene existiert aber nicht. Es ist nicht zu übersehen, daß dem diskurstheoretisch bestimmten Vergleich hier „systematische Schranken“ gesetzt sind.191 Die vorliegende Untersuchung geht grundsätzlich vom Primat der Einmaligkeit in der sprachlichen Verdichtung von Erfahrungsräumen und Erwartungshorizonten aus. Eine Übersetzung der Sprachzeugnisse, aus denen sich die je unterschiedliche Konnotierung von Liberalismus ergibt, verbietet sich daher grundsätzlich. Die Textinterpretation muß insofern so weit wie möglich den Versuch unternehmen, den Erfahrungsgehalt der unterschiedlichen Begriffe in den jeweiligen nationalsprachlichen Varianten nachzuvollziehen. Eine idealtypische Trennung zwischen Pragmatik und Semantik ist dabei unmöglich, denn der Stellenwert des politisch-sozialen Deutungsmusters Liberalismus erschließt sich nicht ohne seine konkreten Anbindungen an andere Bereiche vergangener Wirklichkeit, die außersprachlicher Natur sind. Im Hinblick auf die je spezifische Dynamik der bedeutungsbestimmenden nationalsprachlichen Belege ist es unumgänglich, die Analyse sehr textnah auszurichten. Dies ermöglicht auch den Nachvollzug und die kritische Überprüfung jener interpretativen Übertragung von Sachverhalten aus dem Umfeld der Bedeutungsbestimmung, die methodisch die eigentliche Problemzone jeder komparativen historischen Semantik kennzeichnet. Wo die Unmöglichkeit einer politischsozialen Metasprache konsequenterweise in der methodischen Aporie münden würde, muß die analytische Umsetzung durch bewußt textnahe Interpretation und durch ausführlicheren Rückgriff auf die Quellen die Möglichkeit einräumen, den semantischen Vergleich nachzuvollziehen. Für den Vergleich der semantisch differenten Liberalismen gilt die gleiche methodische Prämisse, die Reinhart Koselleck auch für die Übersetzung der bürgerlichen Gesellschaft aufgestellt hat: Als historische Phänomene des Über-

190 191

KOSELLECK et al., Drei bürgerliche Welten, S. 21 f. HAUPT und KOCKA, S. 35.

5. Semantischer Nominalismus und asymmetrische Übersetzung

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gangs im 19. Jahrhundert sind sie analytisch nur „zwischensprachlich und diachron“ zu übersetzen.192 Dabei ist die Frage, ob man mit gegenwärtigen Begriffen Vergangenes aufzuschließen vermag, der Ausgangspunkt der Analyse. Sie fokussiert das hinter jeder historischen Semantik stehende Erkenntnisproblem und verweist zugleich bereits auf den diachronen Weg der Analyse. Zugänglich scheint jede Gesellschaft in ihrer je eigenen Gegenwart nur unter den Voraussetzungen einer in den Begriffen fermentierten Vergangenheit. Mit Niklas Luhmann ließe sich fragen, ob sich die Moderne nicht als eine Gesellschaft darstellt, der es nach wie vor an einer adäquaten Beschreibung fehlt und die sich daher an „intellektuelle Antiquitäten“ hält, mit der Folge von Vertauschung und Verwechslung von Vergangenheit und Gegenwart.193 Solchen Gefahren mag eine komparative historische Semantik partiell vorbeugen. Die Tauglichkeit des Überlieferten und die interpretative Relevanz des tradierten Begriffsvorrats für die Gegenwart zu hinterfragen, erscheint vor diesem Hintergrund als wünschenswerte Konsequenz. Mit der semantischen Differenzbestimmung europäischer Liberalismen hofft diese Untersuchung auch zur Erschließung der unterschiedlichen politisch-kulturellen Definitionen des Bürgertums als europäischer Sozialformation der Moderne beizutragen. Die pointierte Aussage bei Jürgen Kocka und Heinz-Gerhard Haupt versteht sich insofern als Anspruch und Meßlatte: „Vergleichen“ sei „die Sache expliziter, theoretisch orientierter, analytischer Geschichtswissenschaftler mit einer gewissen Distanz zur historistischen Tradition – und damit bisher die Sache einer Minderheit“.194

192 193 194

KOSELLECK et al., Drei bürgerliche Welten, S. 22. Vgl. JÜRGEN KAUBE, Der Spätauswickler. Antiantiquarisch denken: Niklas Luhmann zum Siebzigsten, in: FAZ, 8. Dezember 1997. HAUPT und KOCKA, S. 23.

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II. Vorpolitische Dimensionen des Begriffsfeldes

II. Vorpolitische Dimensionen des Begriffsfeldes Für jede historisch-semantische Analyse der vorpolitischen Bedeutungselemente eines später ideologisch geprägten Deutungsmusters stellt sich das Problem, an welchem Punkt sie anzusetzen hat, um die semantischen Wurzeln adäquat erfassen zu können. Damit verbindet sich zugleich die Frage, auf welche Bedeutungslinien sich die später nationalsprachlich differenzierten Bedeutungsdimensionen zurückverfolgen lassen. Eine einseitige Konzentration auf Entstehung und Wandlungen von libéralisme / Liberalismus / liberalismo / liberalism nur im 19. und 20. Jahrhundert verstellte den Blick auf jene Bedeutungselemente, an die seit dem späten 18. Jahrhundert unter veränderten politisch-gesellschaftlichen Erwartungen angeknüpft wurde. Demgegenüber soll die vergleichende Analyse der vorpolitischen, bis zum letzten Drittel des 18. Jahrhunderts reichenden Phase belegen, daß das Wortfeld einerseits auf dem antik-römischen Wertbegriff liberalitas fußt, der sich über die Wortetymologie hinaus als eine für alle vier Vergleichsfälle erste semantische Verortung darstellt, an die später immer wieder angeknüpft werden konnte. Zugleich sind von dieser antik-römischen Grundlage aus bereits in der Phase vor dem Epochendatum 1789 für die untersuchten vier Länder spezifische Rezeptionsprozesse mit teilweise semantisch divergenten Entwicklungen zu rekonstruieren. In der langfristig-diachronen Zielsetzung der Untersuchung läßt nur die bewußte Einbeziehung dieser vormodernen Begriffsentwicklung erkennen, welche semantischen Persistenzen sich langfristig zu Bedeutungskontinuitäten entfalten konnten und welche aus der semantischen Verortung ausgegliedert und damit zur historischen Reminiszenz wurden. In hermeneutischer Perspektive schließlich unterstreicht dies den Charakter der Begriffsgeschichte als permanente Umwertung von Bedeutungsgehalten auf der Basis bereits verfügbarer Begriffsbestandteile und deren eigener semantischer Tradition. Auch die prägenden ideologischen Bewegungsbegriffe des 19. Jahrhunderts stellen mithin keine Erfindungen dar, reflektieren also niemals nur den semantischen Zustand ihres unmittelbaren Verwendungskontextes, sondern basieren auf älteren Wort- und Bedeutungsebenen, die sie implizit immer mittransportieren.

1. Liberalitas principis und caritas christiana: Antik-römische Prinzipatsideologie und semantische Christianisierung der liberalitas Neben dem lateinischen Adjektiv liber, das zunächst die juristische Freiheit der Person dem Sklavenstatus gegenüberstellte, wobei das abgeleitete liberi entsprechend die freigeborenen Kinder im Gegensatz zur abhängigen Dienerschaft bezeichnete, standen liberalis und vor allem liberalitas in der römischen

1. Liberalitas principis und caritas christiana

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Republik und im Kaiserreich für einen ethischen und primär individuell bestimmten Wertbegriff. Als Teil der magnitudo animi nahm dieser aber im römischen Wertekanon zunächst keine zentrale Position ein.1 In der lateinischen Prosa bedeutete liberalitas eine besondere Form der Großzügigkeit, das freigebige Entgegenkommen, das sich in Geschenken und Spenden äußerte, sowie eine freie Denkungsart.2 Als ethische Grundidee bezog sich liberalitas auf die persönlich-privaten Handlungen eines Individuums.3 Cicero behandelte die liberalitas im Kontext der zweckfreien Tugenden: ius, omne honestum, aequitas, iustitia und liberalitas dürften keinen Zweck (merces, fructus, praemium, pretium) verfolgen, sie müßten per se geübt werden.4 Im Gegensatz zu dieser individuellen Haltung der interesselosen liberalitas konnte die Handlung eines Beamten niemals der liberalitas folgen, da es sich hier um unpersönliche und offizielle Akte im öffentlich-rechtlichen Interesse der res publica handelte. Die liberalitas magistratuum bezog sich folgerichtig nicht auf eine Handlung des Beamten, sondern allein auf dessen persönliche Freigebigkeit und Großzügigkeit als Privatmann.5 Wo es, wie bei den Spenden der römischen Magistrate, zu einer Überlappung von privat-ethischen und offiziellen Handlungen kam, wurde mit dem Begriff der largitio eine deutliche semantische Trennlinie markiert. Sie differenzierte zwischen der freiwilligen Großzügigkeit der liberalitas, die eine Gegenleistung der Öffentlichkeit geradezu ausschloß, um den Charakter der Uneigennützigkeit des Spenders zu dokumentieren, und der auf ein letztlich egoistisches Ziel hin ausgerichteten

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Vgl. die ältere Literatur zur liberalitas: H. BERVE, Liberalitas, in: Pauly’s Real-Encyclopädie der classischen Altertumswissenschaft. Neue Bearbeitung, begonnen von GEORG WISSOWA unter Mitwirkung zahlreicher Fachgenossen, hrsg. von WILHELM KROLL, Bd. 25, Stuttgart 1926, Sp. 82–93 sowie HELMUT GUGEL, Liberalitas, in: Der Kleine Pauly. Lexikon der Antike. Auf der Grundlage von Pauly’s Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft unter Mitwirkung zahlreicher Fachgelehrter bearb. und hrsg. von KONRAD ZIEGLER und WALTHER SONTHEIMER, Bd. 3, München 1979, Sp. 622; KARL HEINZ HEUER, Comitas, facilitas, liberalitas. Studien zur gesellschaftlichen Kultur der ciceronischen Zeit, Lengerich/Westfalen 1941; G. BARBIERI, Liberalitas, in: Dizionario Epigrafico di Antichità Romane, Bd. 4, Roma 1958, S. 838–77; J. HELLEGOUARCH, Le vocabulaire Latin des relations et des partis politiques sous la République, Paris 1963, S. 219–22; vgl. zur neueren Forschung HANS KLOFT, Liberalitas principis. Herkunft und Bedeutung. Studien zur Prinzipatsideologie, Köln 1970; A. U. STYLOW, Libertas und Liberalitas. Untersuchungen zur innenpolitischen Propaganda der Römer, München 1972 sowie C. E. MANNING, Liberalitas – The Decline and Rehabilitation of a Virtue, in: Greece & Rome 32 (1985), S. 73–83. Vgl. M. TULLIUS CICERO, De officiis, 2, 52 ff.; DERS., De provinciis consularibus, 42; DERS., Epistulae ad Atticum III, 22, 1; PUBLIUS TERENTIUS AFER, Adelphoe, 57 sowie M. TULLIUS CICERO, Pro P. Sulla, 73. Die Zitierweise der antiken Quellenbelege folgt Pauly’s Real-Encyclopädie und dem Kleinen Pauly. Vgl. SENECA, De beneficiis, II, 8, 1. Vgl. FRIEDRICH LOSSMANN, Verecundia (1962), in: HANS OPPERMANN (Hrsg.), Römische Wertbegriffe, 3. Aufl. Darmstadt 1983, S. 330–69, hier S. 347. M. TULLIUS CICERO, In Verrem actio, III, 189.

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II. Vorpolitische Dimensionen des Begriffsfeldes

Spende des römischen Beamten, der mit der largitio seine Beliebtheit und sein öffentliches Ansehen zu steigern suchte.6 Die ethische Trennlinie zwischen largitio und liberalitas wurde am Ende der republikanischen Periode noch verstärkt, als largitio immer mehr in die Nähe von Bestechung und ambitus geriet.7 Wenn Cicero unterstrich, daß die largi auch liberales sein könnten,8 verwies er damit immer auf uneigennützige Motive. Den Zeitgenossen war diese semantische Differenzierung bewußt: Spender vermieden den Begriff der largitio und griffen zumeist auf liberalitas zurück, um ihr eigenes Ansehen vom möglichen Vorwurf des Eigennutzes zu schützen. Bei seinen Klienten hob der Anwalt Cicero hervor, daß sich ihre largitiones nur aus ihrer liberalitas ergeben hätten. Er vergaß indes nicht, die eigene liberalitas in betonter Abgrenzung gegenüber den largitiones darzustellen. Dem Außenstehenden war kaum ersichtlich, ob die Spende aus einer echten liberalitas des Einzelnen entsprang oder ob ein interessegeleiteter Eigennutz vorlag, der auf eine vulgaris liberalitas hinwies, von der es bei Cicero hieß: nihilo minus ipsi lucet.9 So sehr sich Cicero bemühte, die liberalitas in Anlehnung an Aristoteles als universelles ethisches Ideal zu proklamieren, war doch bereits in die frühen griechischen Wertvorstellungen eine sozialspezifische Konnotierung eingegangen, die sich später auch in römischer Zeit fortsetzte: Sowohl die griechische λενερι της bei Kimon und Alkibiades als auch die römische liberalitas blieben als Tugenden der gesellschaftlichen Oberschicht zugeordnet. Denn als Haltung des freien Herrn war dessen Großzügigkeit und Freigebigkeit gegenüber dem Staat, den Freunden und der Bevölkerung stets abhängig von einer konkreten materiellen Besitzgrundlage. Diese aristokratische Konnotation verlor der Begriff niemals vollständig. Es waren nicht zufällig Adlige wie der ältere und der jüngere Scipio und schließlich Caesar, die besonders häufig auf den Begriff rekurrierten und damit ganz eindeutig die Absicht verfolgten, durch die eigene liberalitas die Beschenkten an sich zu binden und als soziale Klientel abhängig zu machen. Aus dem Kontrast zwischen dieser konkreten sozialen Verpflichtungsbeziehung und dem ethischen Tugendpostulat, das Cicero als virtus per se expetenda bezeichnete, erwuchs ein spezifisches semantisches Spannungsmoment.10 In der ethisch-normativen Sicht Ciceros mußte insbesondere die programmatische Wiederaufnahme der liberalitas durch Caesar in der Krise der Republik wie ein Mißbrauch des Wertbegriffes wirken. Es dürfte in diesem Kontext kein Zufall sein, daß Cicero die liberalitas, die von allen Tugenden im praktischen Leben die am häufigsten von persönlichen Interessen geleitete war, zumal vor 6 7 8 9 10

Vgl. M. TULLIUS CICERO, Epistulae ad Atticum, VI, 6, 2 sowie DERS., Pro Cn. Plancio, 45–7. Vgl. DERS., Pro L. Murena, 77 und DERS., De oratore, II, 105. DERS., De officiis, II, 55. Ebd., I, 52 und I, 44. Vgl. KLOFT, passim.

1. Liberalitas principis und caritas christiana

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dem Hintergrund seiner eigenen Erfahrungen im politischen Leben Roms und besonders mit Caesar in ihrer ethisch-moralischen Qualität hervorhob.11 Auf der anderen Seite proklamierte aber gerade Caesar wegen seines ausgeprägten Interesses an einer positiven Stilisierung seiner autokratischen Herrschaft bereits zu Beginn des Bürgerkrieges die liberalitas als Schlagwort seines politischen Programms: „haec nova sit ratio vincendi, ut misericordia et liberalitate nos muniamus“.12 Als Mittel ideologischer Kompensation der faktischen Autokratie Caesars wandelte sich allmählich die Bedeutungsrichtung der liberalitas, die nunmehr immer deutlicher die besondere, allein dem Herrscher zugeschriebene und von ihm monopolisierte Qualität der Großzügigkeit repräsentierte.13 Damit verband die liberalitas zugleich das neue Herrschaftssystem des Principats mit der Anschauung der römischen Nobilität. Das Bedeutungselement der Herrschergnade trat mit dem Tod Caesars zunächst zurück, um dann im 2. Jahrhundert wiederaufgenommen zu werden. Die besondere Nähe der liberalitas zum politischen Programm Caesars verhinderte zunächst ihre einfache Übernahme durch Augustus, in dessen Monumentum Ancyranum man den Begriff daher vergeblich sucht: Weder im Zusammenhang mit den ausführlich behandelten Spendenakten des Kaisers noch unter den auf dem Ehrenschild verzeichneten Tugenden trat liberalitas auf.14 Außerhalb dieser zentralen propagandistischen Selbstdarstellung läßt sich dagegen eine Bedeutungsrichtung des Begriffes als Herrschertugend der Großzügigkeit vor allem in den Provinzen nachweisen, wo das persönlich-monarchische Selbstverständnis des Augustus das transpersonal-abstrakte Selbstverständnis als Princeps wenigstens partiell zu überlagern vermochte. So umgab die lusitanische Stadt Ebora ihre Münzen mit der Umschrift „Permissu Caesaris Augusti Liberalitatis Iul. Ebor“.15 Plinius berichtete, Ebora habe sich sogar als Liberalitas Augusti bezeichnet.16 Dies deutete auf eine besondere Förderung der Stadt durch Augustus hin. Andererseits tauchte selbst bei ausdrücklichen Erwähnungen von privaten Spenden des Augustus die liberalitas zumindest bis zur Herrschaft des Claudius nicht auf, während im Sprachgebrauch des Volkes und bestimmter Schriftsteller durchaus auf liberalitas zurückgegriffen wurde, um die Großzügigkeit eines Herrschers zu betonen, so etwa bei Curtius 11 12

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Vgl. LOSSMANN, S. 347, Anmerkung 54. M. TULLIUS CICERO, Epistulae ad Atticum, IX, 761; vgl. MAX TREU, Zur clementia Caesars, in: Museum Helveticum. Schweizerische Zeitschrift für klassische Altertumswissenschaft 5 (1948), S. 197–217 sowie die bei GUGEL, Sp. 622, angegebene Literatur. Vgl. das Echo in Ciceros Reden: M. TULLIUS CICERO, Pro C. Rabirio Postumo, 41; DERS., Pro M. Marcello, 16, 19 sowie DERS., Epistulae ad familiares, I, 9, 12, 18; VII, 17, 2. Monumentum Ancyranum, VI, 19 f. H. COHEN, Description générale des monnaies frappées sous l’Empire Romain, communement appelées Medailles Impériales, 2. Aufl. Paris 1955, Nr. 583 f., zitiert nach BERVE, Sp. 84. PLINIUS MAIOR, Naturalis historia, IV, 117.

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II. Vorpolitische Dimensionen des Begriffsfeldes

Rufus im Hinblick auf die liberalitas Alexanders des Großen oder bei Velleius Paterculus, der die Hilfe des Tiberius für die von einem Brand betroffene Stadtbevölkerung hervorhob: „qua liberalitate . . . omnis ordinis hominum iacturae patrimonio succurrit suo“.17 Das Auftauchen des Ausdrucks ex liberalitate Augusti seit Claudius verwies zunächst auf Spenden aus dem kaiserlichen Privatvermögen, dem patrimonium, also nicht aus staatlichen Mitteln.18 Insofern blieb auch in dieser Bezeichnung der uneigennützige Charakter der liberalitas, der für den Princeps geradezu als selbstverständlich vorausgesetzt wurde, dominierend. Die erneute Wiederaufnahme der liberalitas als programmatischer Herrschaftsbegriff unter Claudius reflektierte eine stärkere Betonung des monarchischen Gedankens, wobei sich nunmehr die bereits früher angedeutete semantische Konnotierung als kaiserliche Spende aus dem Privatvermögen weitgehend durchsetzte, während amtliche Spenden an das Volk oder das Heer ausdrücklich als largitio bezeichnet wurden. Die Trennung des privaten und des öffentlich-rechtlichen Akts verwies noch einmal auf den semantischen Ursprung der liberalitas als eines persönlich-ethischen Tugendbegriffes. Hatte sich bereits Cicero intensiv bemüht, liberalitas als universellen Wert zu bestimmen, der seine ethische Dimension aus dem uneigennützigen Charakter des Gebenden bezog, setzten sowohl die Moralphilosophen als auch die Rhetoren der Kaiserzeit diese Tradition fort und bemühten sich um Präzisierung.19 Ein entscheidender Wandel des Sprachgebrauchs deutete sich in der Konkretisierung der liberalitas an, indem neben den Bedeutungsstrang der individuellen Haltung und Gesinnung nunmehr auch die konkrete Spendengabe trat, und zwar primär die Spende aus eigenem Besitz und nicht aus öffentlich-rechtlichem Gut.20 Die Pluralverwendung des Begriffes unterstrich diese Veränderung,21 indem als liberalitates fast ausschließlich die Spendenakte selbst bezeichnet wurden. Die Überlagerung von konkreter Spende und privatem Gesinnungsbegriff prägte fortan das Bedeutungspotential der liberalitas. Daraus ergab sich eine neue Nuancierung, indem die liberalitas des Kaisers zwar als besondere Großzügigkeit wie zu Caesars Zeit wieder Eingang in offizielle Verlautbarungen fand, aber zugleich mit der konkreten materiellen Umsetzung verknüpft wurde. Damit war jener Bedeutungszusammenhang charakterisiert, in dem liberalitas bei Hadrian und seinen Nachfolgern stand: Die Herrscher-

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Monumentum Ancyranum, III, 7 ff.; Q. CURTIUS RUFUS, Historiae Alexandri Magni, VI, 6, 1; VII, 11, 12; VIII, 8, 9, 12, 17; X, 5, 28 sowie VELLEIUS PATERCULUS, Historiae Romanae, II, 130, 2. Vgl. PLINIUS MINOR, Epistulae, VII, 31, 4 sowie TACITUS, Annales, II, 37. Vgl. M. TULLIUS CICERO, De officiis, II, 52 ff.; SENECA, De beneficiis, II, 8, 1 sowie M. FABIUS QUINTILIANUS, Institutio oratoria, VIII, 6, 33. Vgl. TACITUS, Historiae I, 20, 1; DERS., Annales, II, 37 sowie PLINIUS MINOR, Epist. ad Trai., 4, 2 sowie PLINIUS MINOR, Epistulae, I, 8, 9. C. SUETONIUS TRANQUILLUS, De Vita Caesarum, 29; CIL, XI, 6356.

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tugend der Uneigennützigkeit und Großzügigkeit äußerte sich in der konkreten Spende des Kaisers an einzelne Privatpersonen oder an das ganze Volk. Dabei ist die von der älteren Forschung unternommene Differenzbestimmung von liberalitas und congiarium nicht aufrechtzuerhalten: Folgte man dieser Unterscheidung, ließen sich nur persönliche Gaben des Kaisers an einzelne Privatpersonen als liberalitates bezeichnen, während Spenden an das Volk als ganzes nicht in diese Kategorie fielen. Gegenüber dem congiarium, das aus dem staatlichen Fiskus bestritten wurde und eine letztlich unpersönliche Amtsspende darstellte, erschiene die liberalitas dann als persönliche Spende aus dem kaiserlichen patrimonium und verwiese dabei indirekt auf den Bedeutungsursprung als ethischer Wertbegriff. Demgegenüber lassen sich in Anlehnung an die neuere Forschung mit liberalitas unter den Bedingungen der spezifischen Prinzipatsideologie die congiaria identifizieren, die ein weites Spektrum öffentlich-politischer Handlungen des Princeps umfaßten, die sich nicht allein an Privatpersonen richteten. Dazu zählten sowohl kaiserliche Geldspenden an das einfache römische Volk, Geldgeschenke an römische Soldaten, Ritter und Senatoren, als auch Leistungen für Waisen, Erlaß oder Stundung öffentlicher Steuern, Errichtung öffentlicher Bauten und die Ausrichtung von öffentlichen Spielen. Dabei stand liberalitas für eine gezielt propagierte Herrschertugend. Folgt man nicht der einfachen Gleichsetzung von congiaria und liberalitas, so erschienen in einer semantischen Qualifizierung verwandter Termini die Assignation von Land, das donativum und das congiarium als Auswirkungen der höhergestellten allgemeinen liberalitas, die auch in dieser Interpretation zumindest noch eine Restbedeutung als ethisches Ideal behielt.22 Der Weg von der universellen, ethisch bestimmten Tugend einer uneigennützigen soziokulturellen Haltung jedes einzelnen, die liberalitas bei Cicero noch umfaßt hatte, zum konkreten gemeinnützigen Spendenakt des Kaisers wies der liberalitas schließlich einen festen Platz in der römischen Prinzipatsideologie zu: Deren propagandistische Ausgestaltung ließ liberalitas als semantisches Konzentrat einer antiken Sozialpolitik erscheinen, die sich aus der herausragenden Tugend des Herrschers ergab. Eine soziale Egalisierung ließ diese monarchische Monopolisierung des Begriffes nicht mehr zu. Dem entsprachen die zahlreichen Belege in Inschriften, auf Münzlegenden und bei öffentlichen Panegyrikern, die sich stets auf die Person des Kaisers bezogen. So erhob Hadrian die bisher persönlichen Spenden der Kaiser durch die Zählung auf den Münzen in den Rang staatlich-offizieller Akte und stellte sie neben die Zählung der congiaria seit Nero. Als virtus, von der eine Vermehrung der commoda des anderen ausging, diente liberalitas nunmehr ausdrücklich dem Herrscherlob. Seit Hadrian ist der Brauch der konkreten liberalitas-Zählung auf kaiserlichen Münzen für mehr als 150 Jahre zu verfolgen; die Münzaufschrift liberalitas

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Vgl. PAUL L. STRACK, Untersuchungen zur römischen Reichsprägung des zweiten Jahrhunderts, Bd. 1: Die Reichsprägung zur Zeit des Trajan, o.O. 1931, S. 142 f.

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Augusti samt beigefügter Zahl ist fast für jeden Kaiser nachweisbar.23 Immer charakterisierte liberalitas den guten Herrscher, während avaritia den Tyrannen und Usurpator kennzeichnete. Nicht zufällig spielten die antonymischen Gegenbegriffe liberalitas und avaritia in den zahllosen Konflikten zwischen Thronprätendenten eine wichtige Rolle. Diese Bestimmung der liberalitas vollzog sich vor dem Hintergrund der Neuformulierung von Grundideen griechisch-römischer Politikvorstellung und der Wiederaufnahme der kultischen Symbolisierung solcher Wertideen. Die neuzeitliche Vorstellung des zugleich absoluten wie wohltätigen und milden Fürsten nahm von hier ihren Ausgang.24 Die Begriffe liberalitas und clementia und ihre Stilisierung als Herrschaftsattribute konturierten genau dieses Deutungsmuster: clementia, liberalitas, munificentia, largitio, philanthropia und beneficentia bildeten einen Kanon positiver Wertbegriffe, die allein den Herrscher auszeichneten. In der Prinzipatsideologie kamen die durch sie ausgedrückten Tugenden durch den Weltherrscher allen Menschen und nicht nur den abhängigen clientes oder Vollbürgern einer polis zugute, die sich politisch wiederum auf diese Prinzipien berufen konnten.25 Als Paneuergetes beschien der Imperator wie eine Sonne alle Lebewesen; nicht zufällig gehörte zu diesem Herrscherbild auch der Helios als Königs-, Zivilations- und Zentralisierungssymbol sowie der Heraklesmythos als Zeichen von Kraft und Philanthropie des Herrschers.26 Mit Carinus brach die lange Tradition der imperialen liberalitas-Münzen und damit der gewissermaßen technischen Bestimmung des Begriffes durch Zählung kaiserlicher liberalitas-Akte ab. Weder für Diokletian noch für seine Nachfolger lassen sich Münzprägungen mit der Zählung der liberalitas-Akte nachweisen. Dieser Vorgang ist nicht von einer generellen Veränderung im Herrschaftsverständnis zu trennen: Indem der absolute Herrscher jede Differenz zwischen dem Staat und der Person des Kaisers aufhob, verlor der liberalitas-Begriff seine Voraussetzung, denn alles, was der Herrscher tat, erschien nunmehr als Spende und Wohltat und bedurfte keiner besonderen Hervorhebung mehr. Im allgemeinen Sinne blieb liberalitas jedoch eine der zahlreichen kaiserlichen Tugenden: So trat sie zum Beispiel noch auf einer KonstantinMünze in der Aufschrift Liberalitas XI imp. IV auf.27 In der Lex metalli Vipa23 24

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Vgl. BERVE, Sp. 88. Vgl. MOHAMMED RASSEM, Wohlfahrt, Wohltat, Wohltätigkeit, Caritas, in: BRUNNER et al. (Hrsg.), Bd. 7, S. 595–636, hier: S. 600; vgl. auch BERNHARD KÖTTING, Euergetes, in: Reallexikon für Antike und Christentum, hrsg. von THEODOR KLAUSER, Bd. 6, Stuttgart 1966, Sp. 848 ff. sowie J. RUFUS FEARS, Gottesgnadentum, in: ebd., Bd. 11, Stuttgart 1981, Sp. 1103 ff. Vgl. KLOFT, S. 166 ff. sowie VIKTOR PÖSCHL, Grundwerte römischer Staatsgesinnung bei Sallust, Berlin 1940, S. 81 ff. Vgl. KLOFT, S. 173; HELMUT BÖHM, Gallica Gloria. Untersuchungen zum kulturellen Nationalgefühl in der älteren französischen Neuzeit, Freiburg i.Br. 1977, S. 183 ff. sowie RASSEM, S. 600 f. COHEN, VII2, 265, Nr. 316, zitiert nach BERVE, Sp. 92.

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censis erschien sie als obligate Herrschertugend, und als Folge des ständigen Gebrauchs konnte Papst Agapetus den Kaiser in einem Brief sogar mit „vester liberalitas“ ansprechen.28 Sowohl die kaiserliche Tugend als auch seine konkrete Gabe wurden im Laufe des 2. Jahrhunderts weiterhin als liberalitas bezeichnet, ohne daß noch zwischen patrimonium und fiscus unterschieden worden wäre. In Nachahmung der kaiserlichen Bestimmung von liberalitas trat der Begriff auch im lokalen Kontext außerhalb Roms auf, etwa wenn ein Munizipalbeamter seine gemeinnützigen Aufwendungen mit „sua liberalitate“ erklärte oder die Bevölkerung Magistrate „ex liberalitate sua“ ehrte.29 Das großzügige Auftreten von Munizipalbeamten bezeichnen die Quellen ebenfalls als liberalitas.30 Bis zum 4. nachchristlichen Jahrhundert bieten die Quellen ein sehr homogenes Bild, das erst durch die juristische und noch wirkungsmächtiger von der christlichen Konnotation verändert wird. Der spätantike Gebrauch des Begriffes zeigte zum einen die Bestimmung der liberalitas als Akt der privatrechtlichen Schenkung, also in direkter Verbindung zu donatio im Kontext der Rechtskodifizierung Justinians. Hier erschien auch das precarium als ein genus liberalitatis.31 Erheblich wichtiger war aber langfristig die Aufnahme des Begriffes in den Kanon christlicher Wertethik, die zugleich die Weiterwirkung der liberalitas in der mittelalterlichen Welt und ihren Transport in die Neuzeit garantierte. Das Überleben der liberalitas als semantische Tradition, an die in der Neuzeit dann mit neuen Bedeutungselementen je nationalsprachlich angeknüpft werden konnte, verdankte sich also der Christianisierung des antiken Begriffes. Gegenüber spätantiken Nebenkonnotationen wie Fülle oder Nachsicht stand insbesondere die liberalitas dei, gleichsam parallel zur liberalitas des antik-römischen Kaisers und ihr doch charakteristisch übergeordnet, für die Gnadenmacht des christlichen Gottes.32 Daneben bezeichnete die liberalitas des Einzelmenschen seine aus christlicher Haltung resultierende Gabe für die Armen. Hier verpflichtete die liberalitas den Reichen zur Konkretion seiner christlichen Nächstenliebe durch das Almosen.33 Der christliche Panegyriker Eusebius von Caesarea verband in seiner Vita Constantini die Wertewelt der

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Collectio Avellana im Corpus Scriptorum Ecclesiasticorum Latinorum XXXV (Papstbriefe), Nr. 88, S. 334, 22, zitiert nach BERVE, Sp. 92. CIL, VIII, 12376, 12378 f., 12421 f., 23749. Vgl. E. P. FORBIS, Liberalitas and Largitio: Terms for Private Munificence in Italian Honorary Inscriptions, in: Athenaeum. Studi di Letteratura e Storia dell’Antichità pubblicati sotto gli auspici dell’Università di Pavia 81 (1993), S. 483–98. CIC, Institutiones, I, 19, Institutiones, § 1 sowie Dig. 43, 26, zitiert nach BERVE, Sp. 92. Vgl. IULIUS FIRMICUS MATERNUS, De errore profanarum religionum, 2, 8; LUCIFER VON CALAIS, De non conviendo cum haereticis, 10; AMBROSIANUS, Exameron, 4, 2, 6, zitiert nach BERVE, Sp. 93. Vgl. Pseudo-Hilarius libellus, 10, zitiert nach ebd.

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römischen Prinzipatszeit mit der christlichen Ethik.34 Hier stand liberalitas nicht mehr für die Freigebigkeit des römischen Princeps, sondern stilisierte das kaiserliche Vorbild christlicher Nächstenliebe, die vor allem den Armen zugute kommen sollte. Erst diese semantische Kopplung von antiker liberalitas und christlicher caritas prädestinierte die mittelalterliche liberalitas zur Herrschertugend des christlichen Fürsten. Als literarischer Topos in den Arengen mittelalterlicher Urkunden, in Fürstenspiegeln und Herrscherviten, konnotierte sie entsprechend das christliche Herrscherideal des Mittelalters. Darüberhinaus ließ sich die liberalitas auch in der mittelalterlichen Diskussion um die Evangelica paupertas einsetzen.35 Während Thomas von Aquin im Rekurs auf Aristoteles den Reichtum gerechtfertigt hatte, indem man ihn liberaliter, also wohltätig im Hinblick auf andere einsetzen konnte, widersprach die franziskanische Armutsbewegung diesem Argument mit dem Verweis auf das christliche Ideal der paupertas, die auch von Dante und Boccaccio gepriesen wurde.36 Als sich dann im Verlauf des 15. Jahrhunderts die Rechtfertigung des Reichtums stärker durchsetzte, ging diese Argumentation mit dem Verweis einher, daß es nachgerade die divitiae seien, die beneficentia und liberalitas ermöglichten. Nicht zufällig adaptierten solche Texte Ciceros Schrift De officiis.37 Die Tugenden beneficentia und liberalitas antizipierten damit die Idee einer genuinen Gemeinwohlorientierung des Eigentumsbegriffes und repräsentierten zunehmend die sozial-karitative Nobilität der Kaufmannschaft. Die Kopplung von liberalitas und Wohlfahrt setzte sich in der Neuzeit fort. Der lateinische Begriff der liberalitas erschien nunmehr in stärkerer Entsprechung zum mittelhochdeutschen milte im semantischen Kontext von Wohltätigkeit, die auf die Wohlfahrt des einzelnen und der Gemeinschaft ausgerichtet war. Wohlfahrt wurde dabei von den Gelehrten des 18. Jahrhunderts ganz im Sinne der antik verwurzelten ethischen Bestimmung im Hinblick auf Gemeinwohl und gemeinen Nutzen bestimmt.38 Schließlich ist auf eine weitere antik begründete Wirkungslinie des Wortfeldes hinzuweisen, die sich bis in die Neuzeit fortgesetzt hat. Die artes liberales und die ihnen verwandten Ausdrücke liberales doctrinae, liberalis eruditio, liberalia studia und artes ingenuae fungierten als universelle Bildungsbegriffe.39 34 35 36

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KLOFT, passim; vgl. den Hinweis in der Rezension zu Klofts Studie in: AfB 16 (1972), S. 114–6, hier S. 116. Vgl. RASSEM, S. 606. ThOMAS VON AQUIN, Summa theologica, 2, 2, qu. 117; DANTE ALIGHIERI, Il convivio (1306/08), 4, 11 ff., hrsg. von MARIA SIMONELLI, Bologna 1966, S. 160 ff. sowie GIOVANNI BOCCACCIO, De casibus virorum illustrium (1350/60), 1, 16, in: DERS., Opere, hrsg. von VITTORE BRANCA, Bd. 9, Mailand 1983, S. 82 f. RASSEM, S. 606, verweist auf MATTEO PALMIERI, Della vita civile, 1430; vgl. ebenso GIOVANNI NESI, De moribus, 1483, sowie LEON BATTISTA ALBERTI, Della famiglia, 1437/41. Vgl. RASSEM, S. 595. Vgl. MICHAEL VON ALBRECHT, Artes liberales, in: Der Kleine Pauly, Bd. 1, Sp. 626 sowie G. BERNT, L. HÖDL und H. SCHIPPERGES, Artes liberales, in: Lexikon des Mittel-

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Sie bezeichneten einen im Hellenismus entstandenen Kanon von wissenschaftlichen Studien, mit denen man Bildung im Sinne der litterae erwarb. Diese Tätigkeit stand nur einem freien Mann zu, weil sie ausdrücklich keine schwere Handarbeit erforderte. Der Gegensatz zwischen den artes liberales und den artes mechanicae bzw. artes illiberales und sordidae ergab sich aus dieser Bestimmung.40 Die bei Boethius bestimmten sieben artes – Grammatik, Rhetorik, Dialektik, Arithmetik, Geometrie, Astronomie, Musiktheorie – prägten auf der Grundlage des im 5. Jahrhundert entstandenen enzyklopädischen Werkes des Martianus Capella die Ordnung der mittelalterlichen Lehrkanones.41 Seit Boethius bürgerte sich auch die Zweiteilung der artes in die rechnenden Künste, das quadrivium, und die drei redenden Künste ein, für die man seit der Karolingerzeit auch den Begriff trivium prägte. Das christliche Mittelalter löste die in der Antike begründete primär rechtliche Konnotation der artes liberales zugunsten einer Begriffsbestimmung ab, die die befreiende Wirkung der artes liberales für die menschliche Seele hervorhob.42 Diese nicht zuletzt soziale Universalisierung des Begriffes begünstigte noch seine Rezeption bei den Humanisten des 16. Jahrhunderts.43 Der Rekurs auf den antik-mittelalterlichen Bildungsbegriff der artes liberales fehlt in kaum einer vorpolitischen Verortung des Wortfeldes auf lexikalischer Ebene. Der semantische Impuls einer allgemein soziokulturellen Bestimmung, die auf der Reproduktion bestimmter Bildungsinhalte beruhte, ist in diesem Zusammenhang besonders hervorzuheben. Zumal an der Übertragung der liberalis eruditio in die liberal education im Englischen und die éducation libérale im Französischen ist zu zeigen, wie sich aus dem gemeinsamen Traditionszusammenhang des antik-mittelalterlichen Begriffes im Verlauf des 18. Jahrhunderts unterschiedliche Bestimmungsrichtungen ergaben.

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alters, Bd. 1, München 1980, Sp. 1058–63 sowie F. KRAFFT, Artes mechanicae, in: ebd., Bd. 1, Sp. 1063–5. Vgl. UTA LINDGREN, Die Artes liberales in Antike und Mittelalter. Bildungs- und wissenschaftsgeschichtliche Entwicklungslinien, München 1992, S. 5. Vgl. LAETITIA BOEHM, Artes mechanicae und artes liberales im Mittelalter. Die praktischen Künste zwischen illiterater Bildungstradition und schriftlicher Wissenskultur, in: KARL RUDOLF SCHNITH und ROLAND PAULER (Hrsg.), Festschrift für Eduard Hlawitschka zum 65. Geburtstag, Kallmünz/Oberpfalz 1993, S. 419–44. Vgl. zur Beziehung zwischen der Gottesmutter Maria und dem mittelalterlichen Lehrsystem MICHAEL STOLZ, Maria und die Artes liberales. Aspekte einer mittelalterlichen Zuordnung, in: CLAUDIA OPITZ, HEDWIG RÖCKELEIN et al. (Hrsg.), Maria in der Welt. Marienverehrung im Kontext der Sozialgeschichte, 10.–18. Jahrhundert, Zürich 1993, S. 95–120. Vgl. LINDGREN, S. 84 ff.

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2. Vom monarchisch-ständischen Tugendbegriff der libéralité zur éducation libérale des Dritten Standes in Frankreich bis 1789 Der Dictionnaire de l’Académie definierte das Adjektiv libéral 1694 mit „qui aime à donner, qui se plaist à donner“, eine Bestimmung, die sich in den französischen Wörterbüchern annähernd unverändert bis zum Ende des 18. Jahrhunderts erhielt. Diese Grundbedeutung läßt sich bis zu mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Belegen zurückverfolgen: „généreux, qui donne volontiers et à bon propos“ (ca. 1170), „qui ne se refuse rien à lui-même“ (14. Jahrhundert), „qui donne volontiers telle chose“ (1549).44 Deutlich abgegrenzt wurde libéral dabei von prodigue: Die Betonung des Unterschieds „entre un homme prodigue & un homme libéral“ unterstrich zugleich die besondere soziokulturelle Haltung dessen, der durch eine „main libéral“ ausgezeichnet war:45 Sein Handeln war nicht bestimmt von Eigennutz oder persönlicher Eitelkeit, sondern beruhte auf Großzügigkeit und materieller Unabhängigkeit. Diese Bestimmung war untrennbar mit dem lateinischen Wortursprung verbunden: Das von liber abgeleitete liberalis bezeichnete wie oben gezeigt die persönliche Qualität eines freien Mannes im Gegensatz zum Sklaven. Noch wichtiger war in diesem Zusammenhang der semantische Anknüpfungspunkt durch den antik-römischen Wertbegriff der liberalitas, aus dem sich die interessenlose Großzügigkeit als ethische Tugend ableiten ließ. Aus der diesen Begriffen zugrundeliegenden rechtlichen Freiheit der Person und ihrer ökonomischen Unabhängigkeit ergab sich erst die Fähigkeit, jenen geistigen Tätigkeiten nachzugehen, die in expliziter Abgrenzung zu solchen des reinen Gelderwerbs standen. In Fächer abgeteilt, stellten sie bei den Griechen seit dem 4. Jahrhundert v. Chr. und bei den Römern eine „propädeutik der philosophie”46 dar und bestimmten seit dem Beginn des Mittelalters den siebenteiligen Kanon überlieferter Bildung. Die von Seneca so bezeichneten artes liberales bzw. die studia liberalia gingen als universelle Bildungsbegriffe auch ins Französische ein, wo sich im Mittelalter arts libéraux und arts mécaniques gegenüberstanden. Die Veränderungen des Bildungswesens am Ende des Mittelalters und die Neuordnung der arts durch die Bezeichnung beaux arts, in denen Skulptur und Malerei aufgewertet wurden, ließen die alte Kontrastierung von arts libéraux und arts mécaniques zurücktreten; der Gebrauch von arts libéraux wurde zur historischen Reminiszenz. Wesentlicher für die langfristige Bedeutungsbestimmung wurde die im 17. und 18. Jahrhundert deutlich engere Anlehnung von libéral an die Grundbedeutung des lateinischen liber in der Bezeichnung libéral arbitre, die synonym zu libre ou franc arbitre gebraucht wurde: „Ce mot libéral, se trouve pour li44 45 46

Le Dictionnaire de l’Académie françoise, Dédié au Roi, Bd. 1, Paris 1694, S. 644; vgl. VON WARTBURG, S. 299. Nouvelle Dictionnaire de l’Académie françoise, Bd. 1, Paris 1717, S. 891. VON WARTBURG, S. 300.

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bre“.47 Zugleich blieb aber die individuelle Qualität von libéral dominierend. Diese verwies auf ihren antiken Ursprung und wurde bis zum Ende des 18. Jahrhunderts entsprechend von libéralité abgeleitet. In begrifflicher Kontinuität zur antik-römischen liberalitas existierte mit libéralité im Französischen ein spezifischer Tugendbegriff, der in den Wörterbüchern durchgehend als „vertu par laquelle on est porté à donner“ definiert wurde.48 In diesem Zusammenhang hoben die zeitgenössischen Dictionnaires zunächst die libéralité royale als genuin monarchische Herrschertugend in Anlehnung an die antike liberalitas als kaiserlich monopolisiertes Attribut des Princeps hervor. Die libéralité als Ausdruck einer zweckfreien Großzügigkeit hielt die Mitte „entre la prodigalité & l’avarice“, war indes zugleich – so bei Rabelais – „essentielle à la Noblesse, & que l’avarice est le propre des esclaves“.49 Dennoch erreichte die aristokratische Bestimmung der libéralité nie die Qualität des monarchischen Tugendetiketts. Diese monarchische bzw. adlige Konnotation, die mit einer sozialen Exklusion des Begriffes einherging, trat in der programmatischen Bestimmung der Encyclopédie von 1765 deutlich zurück. Hier manifestierte libéralité die ethische Haltung jedes einzelnen und repräsentierte von daher einen wiederum individuellen Tugendbegriff wie im antiken Ursprung der liberalitas bei Cicero. Für die Encyclopédie blieb die ethische Qualität der libéralité auf die höherwertige Gerechtigkeit hin geordnet: „elle doit, comme toutes les qualités qui ont leur source dans la bienveillance, la pitié, & le désir des louanges, &c. être subordonnée à la justice pour devenir une vertu“.50 Gegenüber der libéralité bestimmten die Autoren die générosité als primäre Tugend „parceque celle-ci ne se borne point aux objets pécuniaires, & qu’elle est en toutes choses une élévation de l’âme, dans le façon de penser & d’agir.“ Entscheidend für die Verortung der libéralité blieben die Unvoreingenommenheit und die Ausschaltung jedes handlungsleitenden Eigeninteresses zum persönlichen Vorteil des Gebenden, der ausschließlich aus seinem privaten Besitz spendete.51 Aus dieser Perspek47

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MÉNAGE, Dictionnaire etymologique de la langue françoise. Nouvelle Édition, Dans laquelle, outre les Origines & les Additions ci-dessus, qu’on a insérées à leur place, on trouvera encore les Etymologies de Messieurs Huet, le Duchat, de Vergy, & plusieurs autres, Bd. 2, Paris 1750, S. 116. Le Dictionnaire de l’Académie françoise, Bd. 1, Paris 1694, S. 644. Dictionnaire universel françois et latin, vulgairement appelé Dictionnaire de trévoux, contenant la Signification & la Définition des mots de l’une & de l’autre Langue. Avec des remarques d’érudition et de critique. Nouvelle Édition, corrigée et considérablement augmentée, Bd. 5, Paris 1771, S. 508 sowie MÉNAGE, S. 116. [DENIS DIDEROT und JEAN LE ROND D’ALEMBERT], Encyclopédie, ou Dictionnaire raisonné des sciences, des arts et de métiers, par une société de gens de lettres, Bd. 9, Neufchastel 1765, S. 460. Vgl. ebd.: „La libéralité ne peut être exercée que par des particuliers, parce qu’ils ont des biens qui leur sont propres; elle est injuste & dangereuse dans les souverains. Le roi de Prusse n’étant encore que prince royal, avoit récompensé libéralement une actrice célèbre; il la récompensa beaucoup moins lorsqu’il fut roi, & il dit à cette occasion ces paroles remarquables: ‚autrefois je donnois mon argent, & je donne aujourd’hui celui de mes sujets.‘“

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tive erschien die libéralité des Crassus lediglich in seinen libéralités: Der Plural stand für die materiellen Geschenke, die aber nicht aus uneigennütziger Großzügigkeit gemacht worden waren. Zur libéralité gehörte die „pureté des mœurs, & qui sont les suites & et les compagnes d’une vie vertueuse.“ Nur als selbstlose Freigebigkeit „sans interêt“ konnte sie auf überindividuell-gesellschaftliche Ziele hin orientiert bleiben: Cette vertu a pour principe la justice de l’action, & pour but la plus excellente fin: car, quoique les donations soient libres, elles doivent être faites de manière, que ce que l’on donne de son bien ou de sa peine, serve à maintenir les parties d’une grande fin; c’est-à-dire la sûreté, le bonheur, & l’avantage des sociétés.52

Gerade dem Fürsten galt die libéralité als Verpflichtung für das Gemeinwohl: „La libéralité bien appliquée, est absolument nécessaire aux princes pour l’avancement du bonheur public.“ Genügsamkeit und Voraussicht, „prévoyance & la frugalité“, fungierten als begleitende Attribute der libéralité, die von den Autoren der Encyclopédie zugleich an Grundprinzipien der Aufklärung gekoppelt wurde: „Ainsi la libéralité qui désigne principalement l’acte de donner & de dépenser comme il convient, renferme une volonté d’acquérir, & de conserver, selon les principes que dictent la raison & la vertu“.53 Die Bestimmung der libéralité als ethisch verpflichtende Haltung verlor in der Betonung individueller Qualität mindestens partiell ihre sozial exklusive Konnotierung und wurde damit auch für das Bürgertum ein Bezugspunkt. So sehr die libéralité royale in den Wörterbüchern des 18. Jahrhunderts noch hervorgehoben wurde,54 so wenig schien eine Bestimmung als lediglich adliger oder königlicher Tugendbegriff noch hinreichend. Vor diesem Hintergrund war es kein Zufall, daß im ersten Dictionnaire de l’Académie françoise nach Ausbruch der Revolution die libéralité royale nicht mehr erwähnt wurde.55 Gegenüber der sozial-exklusiven Sicht stand bei den Aufkärungsphilosophen der Encyclopédie die Verbindung zwischen individueller Tugend und den gesellschaftlichen Zielen von „sûreté, bonheur, & l’avancement des sociétés“ im Vordergrund. In seiner präpolitischen Bedeutungsvariante trat das Adjektiv libéral als Synonym für materielle Großzügigkeit, also parallel zu libéralité, bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts auf, ohne daß sich explizite politische Implikationen nachweisen lassen. Allerdings veränderte sich der Verwendungskontext seit dem letzten Drittel des 18. Jahrhunderts insofern, als die Sphäre des Privaten und Individuellen gegenüber dem öffentlichen Raum zurücktrat. Dem entsprach die Ver52

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Ebd., S. 461; vgl. auch Dictionnaire universel françois et latin, vulgairement appelé Dictionnaire de trévoux, Bd. 5, S. 507: „On n’est vraiment libéral que quand on donne sans intérêt.“ DIDEROT und D’ALEMBERT, Bd. 9, S. 461. Vgl. Nouvelle Dictionnaire de l’Académie françoise, Bd. 1, Paris 1717, S. 891; Dictionnaire de l’Académie françoise, Bd. 2, 3. Aufl. Paris 1740, S. 2 sowie Dictionnaire de l’Académie françoise, Bd. 2, 4. Aufl. Paris 1762, S. 32. Dictionnaire de l’Académie françoise, Bd. 2, 5. Aufl. Paris 1798, S. 24.

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wendung des Adjektivs in politisch-rechtlichen Ausdrücken: D’Argenson sprach 1750 in seinem Journal von den „lois . . . libérales“ Englands als Kennzeichen seiner spezifischen Freiheitstradition und seiner gemäßigten konstitutionellen Ordnung.56 Mirabeau unterstrich erstmals vor dem Hintergrund der englisch-französischen Handelsverträge von 1786 die principes libéraux für Wirtschaft und Handel zwischen den führenden europäischen Großmächten: en général, il porte sur ces principes libéraux qui conviennent aux grandes nations, et dont la France devait d’autant plus donner l’exemple, que c’est le pays de l’univers qui par ses avantages naturels gagnerait le plus à ce que de tels principes fussent universellement établis dans le monde commerçant.57

Den Übergang zu fundamental veränderten Rahmenbedingungen des politischen Diskurses markierten die Ansprüche des Dritten Standes am Vorabend der Französischen Revolution. Dieser neuartige Erwartungshorizont und die damit einhergehende intensivierte Diskussion schlugen sich in Emmanuel Sieyès’ berühmter Schrift Qu’est-ce que le tiers état? nieder. Gegenüber dem Vorwurf, die Mitglieder des Dritten Standes seien nicht „assez éclairés, assez courageux . . . pour le représenter, et qu’il fallait recourir aux lumières de la noblesse“ hob Sieyès die „classes disponibles du tiers état“ hervor: celles où une sorte d’aisance permet aux hommes de recevoir une éducation libérale, de cultiver leur raison, enfin de s’intéresser aux affaires publiques. Ces classes-là n’ont pas d’autre intérêt que celui du reste du peuple. Voyez si elles ne contiennent pas assez de citoyens instruits, honnêtes, dignes, à tous égards, d’être de bons représentants de la nation.58

Das Schlagwort der éducation libérale, das im Verlauf des 19. Jahrhunderts diese eminent politische zugunsten einer allgemein kulturellen und moralischen Konnotation einbüßte,59 stand hier für eine grundsätzlich aufgeklärte Disposition – „cultiver leur raison“ – als Grundlage für die Partizipation am politischen Leben. Bei Sieyès geriet die éducation libérale zum soziokulturellen Identifikationsbegriff des Dritten Standes, der unter den Bedingungen der Politisierung der Öffentlichkeit eine Orientierungs- und Abgrenzungsfunktion gegenüber den privilegierten Ständen erfüllte. Die éducation libérale befähigte die Vertreter des Dritten Standes zur Repräsentation der Nation, sie überwand

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[D’ARGENSON] Journal et mémoires du Marquis D’Argenson. Publié pour la première fois d’après les manuscrits autographes de la bibliothèque du Louvre pour la société de l’histoire de France par E. J. B. RATHERY, Bd. 6, Paris 1864, Eintragung vom 11. Februar 1750, S. 141. [MIRABEAU] Histoire secrète de la cour de Berlin, in: Œuvres de Mirabeau, précédées d’une notice sur sa vie et ses ouvrages par M. MÉRILHOU, Bd. 6, Paris 1825, Brief XLI vom 30. Oktober 1786, S. 211. EMMANUEL SIEYÈS, Qu’est-ce que le tiers état? (1789) Précédé de l’Essai sur les privilèges. Édition critique avec une introduction par EDME. CHAMPION, Paris 1888, S. 42. Vgl. VICTOR DE LAPRADE, L’education libérale. L’hygiene, la morale, les études, Paris 1873.

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II. Vorpolitische Dimensionen des Begriffsfeldes

programmatisch jene soziale Grenze, die durch libéralité um 1750 noch einseitig gegenüber dem Monarchen oder der noblesse definiert worden war.60

3. Liberalitas moralis als Liberalität der Denkungsart in Deutschland: Die langfristige Prägekraft von Aufklärungsbegriff und Gesinnungsetikett 1749 definierte Hübners Reales Staats-, Zeitungs- und Conversations-Lexicon das Adjektiv liberal mit „freygebig und gutthätig“ und bestimmte das Substantiv „Liberalität oder Liberté“ durch die Übersetzung „Freygebigkeit, Mildoder Gutthätigkeit“.61 In dieser philanthropischen Bestimmung dominierte die tradierte Bedeutung der antik-römischen liberalitas, ohne daß sich in den deutschen Quellen des 18. Jahrhunderts eine sozialspezifische Konnotierung nachweisen läßt, etwa im Sinne eines aristokratischen oder monarchischen Attributs wie in Frankreich. Die Persistenz der antik-römischen Semantik von liber/liberalis als Kategorie der juristisch definierten persönlichen Freiheit im Gegensatz zum Sklavenstatus unterstrich auch der Artikel zu Liberales Caussae in Zedlers Universallexion von 1738: Liberales Caussae wurden diejenigen Streitigkeiten und Processe genennet, welche man der Freyheit wegen anstellete. Z. B. wenn jemand zur Rede gestellet ward, ob er ein freygeborner, ein freygelassener oder ein Knecht sey, so konnte er seine Freyheit rechtlich defendiren, und dieses hieß liberalem Caussam dicere, seiner Freiheit wegen Prozeß führen.62

Diese prozeßformale Bestimmung rekurrierte auf bestimmte juristisch faßbare Abstufungen der persönlich definierten Freiheit im römischen Rechtsverständnis. Eine Konnotation im Sinne politischer Freiheitsrechte verband sich damit nicht. Neben dieser semantischen Traditionslinie existierte mit Libertät im Deutschen ein korporativ abgeleiteter und damit sozial exklusiver Freiheitsbegriff,63 für den es in den übrigen Vergleichsländern kein Äquivalent gab, weder als Wort- noch als Begriffsentsprechung. Im Kontext der individualrechtlichen 60

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Vgl. MÉNAGE, S. 116: „On dit dans Rabelais libéral savoir, pour la science des Arts libéraux; c’est-à-dire, dont la connoissance est du ressort des âmes libres & nobles. Ainsi quand Rabelais dit ailleurs proverbialement, qu’un noble Prince n’eut jamais un fou, il entend que la libéralité est essentielle à la Noblesse, & que l’avarice est le propre des esclaves.“ JOHANN HÜBNER, Neuvermehrtes Reales Staats-, Zeitungs- und Conversations-Lexicon, Regensburg 1749, S. 614. JOHANN HEINRICH ZEDLER, Grosses vollständiges Universal Lexikon Aller Wissenschaften und Künste, Welche bißhero durch menschlichen Verstand und Witz erfunden und verbessert worden, Bd. 17, Halle 1738, Neudruck Graz 1961, Sp. 780. Vgl. SCHLUMBOHM, S. 42 ff. und 67 ff.

3. Deutschland

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Bestimmung spezifischer Einzelfreiheiten wie etwa des Rechts auf Freizügigkeit und der Unverletzlichkeit der Person in den Herrschaftsverträgen zu Beginn des 17. Jahrhunderts stellte sich die Frage, inwieweit durch ein pactum zwischen dem Herrscher und den Landständen auch die Einzeluntertanen durch die Landstände repräsentiert waren.64 Im Gegensatz zur einzigartig frühen Durchsetzung des Repräsentationsgedankens in England, wo einerseits bereits die Magna Charta jedem liber homo einen überständischen und überregionalen Rechtsschutz bot und andererseits das Parlament der gesamtstaatlichen Einheit seit der Mitte des 14. Jahrhunderts Ausdruck verlieh,65 wurde die ständische Libertät in Deutschland zur Grundlage des landesherrlichen Absolutismus, flankierte mithin den frühneuzeitlichen Territorialisierungsprozeß. Die Sprache der frühneuzeitlichen Herrschaftsverträge kannte dabei noch keinen Grundrechtsbegriff, sondern stützte sich auf die überkommene Semantik von einzelnen Rechten und Freiheiten sowie den übergeordneten Begriff der Libertät. Libertät stellte dabei einen der in der frühneuzeitlichen Verfassungsterminologie gängigen Freiheitsbegriffe dar. Neben den iura et libertates, also den Einzelfreiheiten im Sinne von Einzelrechten, gab es insbesondere den Begriff der libertas als semantische Verdichtung aller Einzelfreiheiten, so etwa in der ungarischen Goldenen Bulle von 1222: libertas tam nobilium regni nostri quam etiam aliorum.66 Im 17. Jahrhundert wurde Libertät dann zu einem der zentralen Ausdrücke ständischer Freiheit im Heiligen Römischen Reich, so etwa in der Formel des Prager Friedensvertrages von 1635, in dem mit dem Friedensschluß das Ziel verbunden wurde, daß „die werte Teutsche Nation, zu voriger Integrität, Tranquillität, Libertät und Sicherheit reduziert“ werden sollte.67 Hier konturierte Libertät offensiv das im Territorialisierungsprozeß gewachsene ständische Selbstbewußtsein. Als selbstbewußter Landesherr erkannte Wallenstein 1632 zwar die Vorzüge einer Landesordnung als Integrationsinstrument, „wie denn

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Vgl. GERD KLEINHEYER, Grundrechte, in: BRUNNER et al. (Hrsg.), Bd. 5, S. 1047–82, hier S. 1052 f. Vgl. ebd., S. 1053: „Das kontinentaleuropäische und das amerikanische Grundrechtsverständnis setzt . . . ein Gegenüber von Staat und Individuum voraus, wie es spätmittelalterlich-ständestaatlichem Denken nicht entspricht.“; vgl. GEORG JELLINEK, Die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte, 4. Aufl. München 1927, S 35; vgl. J. C. HOLT, Magna Charta, Cambridge 1976, S. 184 sowie OTTO BRUNNER, Land und Herrschaft, Wien 1959, S. 422. Vgl. KLEINHEYER, S. 1053. Pragerischer Friedens-Schluß vom 30. Mai 1635, in: J. DU MONT, Corps universel diplomatique du droit des gens, Bd. 6/1, Amsterdam 1728, S. 88, zitiert nach ADAM WANDRUSZKA, Rechtspatriotismus und Reichspolitik zur Zeit des Prager Friedens von 1635, Graz 1955, S. 66; vgl. WERNER CONZE, Sicherheit, Schutz, in: BRUNNER et al. (Hrsg.), Bd. 5, S. 831–62, hier S. 841 und zur reichsrechtlichen Bestimmung der ständischen Libertät im Kontext der von den evangelischen Ständen der vier oberdeutschen Kreise 1633 beschlossenen Confoederation REINHART KOSELLECK, Bund, in: BRUNNER et al. (Hrsg.), Bd. 1, S. 582–671, hier S. 615.

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II. Vorpolitische Dimensionen des Begriffsfeldes

bei solchen Consultationen ein jeder Stand sein Collegial-Votum haben soll“.68 Aber er strebte keinesfalls eine Magna Charta der Stände an, wie sie die Prager Rebellion 1618 gefordert hatte. Als seine Adligen ihm eine offenbar zu weit gehende Supplik präsentierten, ließ er sie wissen, sein Herzogtum Friedland „gleichsam zu einer libera publica“ machen zu wollen, sei eine Unmöglichkeit. Sie hätten sich zukünftig eines ehrfürchtigeren Tones zu bedienen, sonst sei es um ihre „hoch gerühmte Libertät“ geschehen.69 Ständische Libertät geriet hier in die Gefahr, von starken Territorialfürsten mediatisiert zu werden. Als Verdichtung und Abstraktion der korporativ abgeleiteten Einzelfreiheiten, die als „relative, auf bestimmte Hoheitsbestätigungen bezogene Reservate“ zu verstehen waren,70 unterschied sich Libertät fundamental vom liberty-Begriff der Virginia Bill von 1776 oder der liberté der Menschen- und Bürgerrechtserklärung der Französischen Revolution, die jeweils auf ein naturrechtlich-anthropologisches Allgemeinprinzip menschlicher Freiheit und deren prinzipiell unbeschränkte gesellschaftliche Durchsetzung rekurrierten. Demgegenüber repräsentierte Libertät in Deutschland den Anspruch auf Garantie der Privilegierung von korporativ verfaßten Gesellschaftsgruppen durch den Landesherrn. Ständisch abgeleitet, verwies der Begriff also auf die „Mindestvoraussetzung“ von herrschaftlich gewährten oder garantierten Einzelfreiheiten für einen oder mehrere Stände, was mit der sozialen Exklusion der Unfreien einherging.71 Im Vergleich zu dem in liberty oder liberté fundierten naturrechtlichen Egalitätsgrundsatz diente Libertät nachgerade der Festschreibung einer sozialständischen Differenzierung. Gegenüber dem in der Sprache des Ancien régime im 18. Jahrhundert dominierenden Begriff Freiheit, der vor dem Hintergrund veränderter politisch-gesellschaftlicher Erwartungen ein erheblich breiteres semantisches Spektrum aufzuweisen hatte, konnte sich Libertät nicht durchsetzen.72 Die in Libertät dominierende sozialständische Exklusion ließ einen Transfer in die Deutungsdimension des Wortfeldes liberal/Liberalismus nicht zu: In keiner Bestimmung des 19. Jahrhunderts läßt sich ein Rekurs auf Libertät nachweisen.73 Hier wird deutlich, daß die vormoderne Persistenz ständischer Bedeutungsbestimmung offensichtlich zu stark war und daß Libertät in einem zu engen Bedeutungszusammenhang mit dem altständischen Wertekanon stand, um den Begriff als Medium eines neuen Bedeutungspotentials in Anlehnung an den naturrechtlich-egalitären Freiheitsbegriff der Aufklärung einzusetzen.

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Zitiert nach JULIUS MAX SCHOTTKY, Über Wallensteins Privatleben, München 1832. H. HALLWICH, Fünf Bücher Geschichte Wallensteins, Bd. 1, Leipzig 1910, S. 108; vgl. GOLO MANN, Wallenstein, Frankfurt a. M. 1971, S. 259 f. KLEINHEYER, S. 1053. Ebd. Vgl. KURT VON RAUMER, Absoluter Staat, korporative Liberalität, persönliche Freiheit, in: HZ 183 (1957), S. 55–96, hier S. 70 sowie SCHLUMBOHM, passim. Vgl. VIERHAUS, Liberalismus, S. 745.

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Während Libertät damit in langfristiger Perspektive als historische Reminiszenz aus dem Bedeutungspotential des Wortfeldes ausgesteuert wurde, sollte sich die semantische Richtungsqualität von Liberalität als ein spezifisch moralischer Ausweis des aufgeklärten Individuums als prägend auch für das später politisch konnotierte Adjektiv liberal erweisen. Dies ging weit über die Rezeption der antiken Bedeutungsaspekte hinaus, was sich idealtypisch in den Schriften Immanuel Kants nachweisen läßt. Als „Liberalität der Denkungsart“ bezeichnete er „die Unabhängigkeit des Wohlgefallens vom bloßen Sinnengenusse“.74 Hier wurde Liberalität also nicht mehr, wie in den Wörterbüchern des 18. Jahrhunderts, lediglich in Anlehnung an die antike liberalitas als individuelle Freigebigkeit und Großzügigkeit definiert, sondern als eine genuin moralische Disposition des einzelnen, welche die rein subjektive Erfahrungsebene transzendierte.75 Dahinter stand die Prämisse Kants, daß sich in der transzendentalen Analyse konstitutiver Handlungen des menschlichen Erkenntnisvermögens die anschaulich-rezeptive Seite der Anschauung und Sinnlichkeit von der gedanklichen Dimension in Denken und Verstand unterscheiden ließ. Die „Liberalität der Denkungsart“ ging über die sinnlich vermittelte Anschauung hinaus, die nach Kant noch keine wirkliche Erfahrung darstellte. Innerhalb der von ihm in seinen Überlegungen zur ästhetischen Urteilskraft entwickelten Kategorien des Vergnügens am Angenehmen, des ästhetischen Gefallens des Schönen, und des sittlich Guten und Erhabenen, das sich Achtung erwirbt und über das Wohlgefallen hinaus nicht als begrenzt angesehen wird, sondern in die Nähe des universell bestimmten Moralischen gelangt, läßt sich der von Kant bestimmte Begriff der Liberalität der Ebene des Erhabenen und Moralischen zuordnen; er transzendiert jedenfalls die Dimension des Angenehmen im Sinnengenuß. So wie die Kantische Lehre der ästhetischen Urteilskraft für das Bildungsideal der deutschen Klassik eine „Sanktionierung ihres erzieherischen Willens“ bedeutete,76 so wirkte die moralische Einordnung von Liberalität als Impuls für die Übertragung der Aufklärungethik auf das später politisierte 74

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IMMANUEL KANT, Kritik der Urtheilskraft. 1. Theil: Kritik der ästhetischen Urtheilskraft, in: Kant’s gesammelte Schriften, hrsg. von der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften, Bd. 5, Berlin 1913, S. 268. Kant unterschied noch eine weitere Form der allerdings primär subjektiv bestimmten Liberalität, die nicht die gleiche moralische Qualität wie die „Liberalität der Denkungsart“ beanspruchen kann: „Witzig (im Reden oder Schreiben) zu sein, kann durch den Mechanism der Schule und ihren Zwang nicht erlernt werden, sondern gehört, als ein besonderes Talent, zur Liberalität der Sinnesart in der wechselseitigen Gedankenmittheilung . . .; einer schwer zu erklärenden Eigenschaft des Verstandes überhaupt – gleichsam seiner Gefälligkeit -, die mit der Strenge der Urtheilskraft . . . in der Anwendung des Allgemeinen auf das Besondere (der Gattungsbegriffe auf die der Species) contrastirt, als welche das Assimilationsvermögen sowohl, als auch den Hang dazu einschränkt.“, IMMANUEL KANT, Anthropologie in pragmatischer Hinsicht. 1. Theil: Anthropologische Didaktik, in: Kant’s gesammelte Schriften, Bd. 7, Berlin 1917, S. 220. JOHANNES HIRSCHBERGER, Geschichte der Philosophie, Bd. 2: Neuzeit und Gegenwart, 13. Aufl. Freiburg 1976, S. 355.

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Wortfeld. Deutlich wurde dies auch in der von Kant vorgenommenen Unterscheidung zweier Kategorien der liberalitas: Die „Liberalität der Denkungsart“ stellte er gegenüber der reinen Freigebigkeit als höherwertige und universelle Qualität heraus, die in der weitestgehenden geistigen Unabhängigkeit und aufgeklärten Vorurteilslosigkeit der einzelnen Persönlichkeit gründete: Die Kargheit aber ist nicht blos mißverstandene Sparsamkeit, sondern sklavische Unterwerfung seiner selbst unter die Glücksgüter, ihrer nicht Herr zu sein, welches Verletzung gegen sich selbst ist. Sie ist der Liberalität (liberalitas moralis) der Denkungsart überhaupt (nicht der Freigebigkeit (liberalitas sumptuosa) welche nur eine Anwendung derselben auf einen besonderen Fall ist), d.i. dem Princip der Unabhängigkeit von allen anderen außer vor dem Gesetz, entgegengesetzt und Defraudation, die das Subject an sich selbst begeht.77

Die Gegenüberstellung von liberalitas moralis und liberalitas sumptuosa hob die ethische Qualität der „Liberalität der Denkungsart“ für das einzelne Individuum hervor, die allein in der überindividuellen Normenordnung der Gesetze, aber nicht im einzelnen Herrscherwillen ihre Grenze fand. Diese Bedeutungsbestimmung prägte auch die Wörterbuchebene, von der aus sie ihre Wirkung weiter entfalten konnte. Dies unterstrich das 1801 erschienene Enzyklopädische Wörterbuch der kritischen Philosophie von Georg Samuel Mellin. In eindeutiger Anlehnung an Kant wurde hier die liberalitas moralis definiert als das Princip der Unabhängigkeit von allen andern, ausser von dem Gesetz. Wer diesen Grundsatz nicht hat, d. h. nicht danach handelt, der hängt vom Sinnengenuss ab, folglich ist auch sein Wohlgefallen an Gegenständen der Sinne nicht frei, sondern abhängig von dem, was seinen Sinnen angenehm ist. Bei dieser Abhängigkeit aber ist keine unmittelbare Lust am Schönen der Natur möglich.78

Ganz im Sinne einer emanzipatorisch wirkenden Vorurteilsfreiheit wandte sich J. F. Fries 1805 gegen die „von der Tat abwendende, alle liberale Denkungsart erstickende“ Mystik79 und sprach Franz Samuel Karpe 1802 vom „liberalen Philosophiren“, ohne daß sich damit politische Implikationen verbunden hätten.80 77

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IMMANUEL KANT, Metaphysik der Sitten. Metaphysische Anfangsgründe der Tugendlehre. I: Ethische Elementarlehre, in: Kant’s gesammelte Schriften, Bd. 6, Berlin 1907, S. 434. GEORG SAMUEL ALBERT MELLIN, Enzyklopädisches Wörterbuch der kritischen Philosophie oder Versuch einer fasslichen und vollständigen Erklärung der in Kants kritischen und dogmatischen Schriften enthaltenen Begriffe und Sätze, Bd. 4, Jena 1801, Neudruck Aalen 1971, S. 1; vgl. ebd. zur liberalitas sumptuosa: „Diese Liberalität der Denkungsart kann nun auf besondere Fälle angewendet werden; so ist zum Beispiel die Anwendung derselben auf den Gebrauch der Glücksgüter zum Wohl Anderer, die Freigebigkeit (liberalitas sumptuosa). Wenn man nehmlich weder vom Genuss der Glücksgüter selbst, noch ihres Besitzes abhängt, sondern den Grundsatz hat, immer zu thun, was das Gesetz fordert, so wird man auch den Grundsatz haben und befolgen, seine Glücksgüter zum Wohl Anderer zu gebrauchen, und das heißt Freigebigkeit.“ J. F. FRIES, Wissen, Glaube und Ahndung, Jena 1805, Neudruck hrsg. von L. NELSON, 2. Aufl. Göttingen 1931, S. XIII. FRANZ SAMUEL KARPE, Darstellung der Philosophie ohne Beynamen in einem Lehr-

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Das Adjektiv liberal trat neben dieser Bedeutungsebene auch bereits bei Kant in der Gegenüberstellung zu despotisch auf, wenngleich noch nicht im Hinblick auf die politische Verfassung, sondern in der Unterscheidung zweier Formen kirchlicher Orthodoxie, „welche man wohl in despotische (brutale) und liberale Orthodoxie eintheilen könnte“.81 Die antonymische Funktion des Adjektivs und seine polarisierende Wirkung waren hier bereits sichtbar. Stärker an den antiken Bildungsbegriff der artes liberales angelehnt, erschien das Adjektiv im Sinne geistig-intellektueller und materieller Unabhängigkeit, wenn von „liberaler Erziehung“ oder den „liberalen Professionen“ die Rede war, mit denen Ch. J. Kraus die freiberuflichen Gruppen „der Ärzte, Sachwalter, Künstler“ bezeichnete.82 Gegenüber der Bedeutungsrichtung des Adjektivs ging die wesentliche semantische Prägung in der vorpolitischen Phase indes eindeutig vom soziokulturellen Haltungsbegriff Liberalität aus:83 Innerhalb des aufgeklärten Diskurses kam dem Ausweis von Liberalität eine regelrecht identifikatorische Funktion zu: Wem man eine solche soziokulturelle Gesinnung im gegenseitigen Umgang miteinander bescheinigte, der gehörte ohne Zweifel zum Zirkel der aufgeklärten Zeitgenossen. Ein Brief Schillers an F. H. Jacobi dokumentierte diese identifikatorische Vergewisserung besonders pointiert: „Die Liberalität mit der Sie über die Schonung menschlicher Vorstellungsarten sprechen, atmet den Geist der ächtesten und humansten Philosophie“.84 Dieser Bedeutungsaspekt entwickelte auch über die langfristige Politisierung und Ideologisierung des Wortfeldes hinaus eine für den deutschen Diskurs signifikante Persistenz und ging auch in der Bedeutung des politischen Etiketts niemals ganz verloren. Wie leicht sich die Bestimmung der liberalitas moralis auch ins Politische übertragen ließ, bewies Kant selbst, wenn er das Recht des „Staatsbürgers“ betonte,

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begriffe, als Leitfaden bey der Anleitung zum liberalen Philosophiren, 2 Theile, Wien 1802. IMMANUEL KANT, Die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft. Drittes Stück, in: Kant’s gesammelte Schriften, Bd. 6, Berlin 1907, S. 109. IMMANUEL KANT, Vermischte Schriften, hrsg. von KARL VORLÄNDER, Leipzig 1922, S. 293 sowie CH. J. KRAUS, Vermischte Schriften über staatswirtschaftliche, philosophische und andere wissenschaftliche Gegenstände, Teil II, hrsg. von H. VON AUERSWALD, Königsberg 1810, S. 73. Friedrich Gentz griff in seiner Übersetzung von Burkes Reflections on the Revolution in France für den englischen Ausdruck liberality auf das deutsche Wortäquivalent Liberalität zurück, das aber keine gleiche semantische Qualität aufweist; vgl. EDMUND BURKE und FRIEDRICH GENTZ, Über die Französische Revolution. Betrachtungen und Abhandlungen, hrsg. von HERMANN KLENNER, Berlin 1991, S. 227; zur Konnotation von liberality bei Burke vgl. ausführlich Kapitel II.5.c). Friedrich Schiller, Brief an F. H. Jacobi vom 9. Juli 1795, in: ERICH FUCHS (Hrsg.), J. G. Fichte im Gespräch. Berichte der Zeitgenossen, Bd. 6.1: Nachträge zu den Bänden 1–5, Teil 1: 1771–1799, Stuttgart 1992, S. 157.

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seine Meinung über das, was von den Verfügungen desselben [des Oberherrn] ihm ein Unrecht gegen das gemeine Wesen zu sein scheint, öffentlich bekannt zu machen . . . Also ist die Freiheit der Feder – in den Schranken der Hochachtung und Liebe für die Verfassung, worin man lebt, durch die liberale Denkungsart der Unterthanen, die jene noch dazu selbst einflößt, gehalten (und darin beschränken sich auch die Federn einander von selbst, damit sie nicht ihre Freiheit verlieren), – das einzige Palladium der Volksrechte.85

Hier erschien die „liberale Denkungsart“ der Untertanen, die für Kant von der bedingungslosen Unterordnung des einzelnen wie von unbeschränkter, gesetzloser und damit unkalkulierbarer Freiheit, „vom Sklavensinn und von Bandenlosigkeit“ gleich weit entfernt war,86 als notwendige Bedingung für eine ausgeglichene Form der Teilhabe am politischen Gemeinwesen durch das Recht auf Meinungsäußerung. Die besondere Bedeutungsdimension einer solchen Liberalität lag wiederum primär in ihrer moralisch-ethischen Qualität, die zunächst auf das Individuum beschränkt blieb, aber darüber hinaus auch in einem politisch-gesellschaftlichen Kontext aktualisiert werden konnte. Die Aufklärungstugend Liberalität, als solche nicht sozial restriktiv definiert, sondern theoretisch nur an die Kategorie der Bildung, damit zugleich aber auch an materielle Sicherheit als Ausdruck von Selbständigkeit und Unabhängigkeit gebunden, blieb potentiell offen für die Übertragung in die öffentlich-politische Sphäre. Zugleich behielt sie in betonter Distanz gegenüber engerer politischer Organisation den Charakter einer je individuellen Disposition, einer Gesinnung des „Aufklärers“, der sich primär der Liberalität Gleichgesinnter versicherte, ohne daß sich daraus eine kollektiv gerichtete Überzeugung im aktiv-politischen Sinne ergeben hätte.87 Wie sehr dieser semantische Aspekt der Unabhängigkeit des Individuums seine langfristige Prägekraft bei den Zeitgenossen entfaltete, wird besonders in den Texten Goethes faßbar. Der Rückgriff auf die Liberalität als Ausdruck für einen spezifischen „Freisinn in Religionssachen“ und eine allgemeine „Freiheit der Gesinnung gegen andere Glaubensgenossen“ im Westöstlichen Diwan verwies auf das Ideal einer umfassenden Vorurteilsfreiheit des gebildeten Aufklärers.88 Noch klarer wurde dies in seiner 85 86 87

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IMMANUEL KANT, Über den Gemeinspruch: Das mag in der Theorie richtig sein, in: Kant’s gesammelte Schriften, Bd. 8, Berlin 1923, S. 304. DERS., Das Ende aller Dinge, in: ebd, S. 338. Vgl. VIERHAUS, Liberalismus, S. 748; HANS H. GERTH, Bürgerliche Intelligenz um 1800. Zur Soziologie des deutschen Frühliberalismus, Göttingen 1976, S. 16 sowie ZWI BATSCHA, Einleitung, in: DERS., Studien zur politischen Theorie des deutschen Frühliberalismus, Frankfurt a. M. 1981, S. 7–42, hier S. 15: „Die Verbreitung von Ideen und die Suche nach Gleichgesinnten war für diese Philosophen wichtiger als der aktive Streit gegen andere politische Richtungen, und der Kampf um Gewissens- und Denkfreiheit zur Verbreitung des Gedankengutes der Aufklärung stand vor der Forderung nach Koalitionsrecht und der Formierung politischer Organisationen.“ JOHANN WOLFGANG GOETHE, Westöstlicher Diwan (1819), in: Hamburger Ausgabe, Bd. 2: Gedichte und Epen II, München 1988, S. 235 f.; vgl. zum Rückgriff auf den Begriff der Liberalität ebd., S. 234 und 236; vgl. auch DERS., Wilhelm Meisters Wanderjahre oder die Entsagenden. Drittes Buch (1829), in: ebd., Bd. 8: Romane und Novellen III, München 1988, S. 454; vgl. Goethes Beschreibung der nordamerikanischen

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Ablehnung des zeitgenössischen Begriffs der politisch intendierten „liberalen Ideen“, in denen er gegenüber dem Gesinnungsbegriff Liberalität lediglich ein leeres Schlagwort seiner Gegenwart sah: „eine Idee darf nicht liberal sein! Kräftig sei sie, tüchtig, in sich selbst geschlossen, damit sie den göttlichen Auftrag, produktiv zu sein, erfülle. Noch weniger darf der Begriff liberal sein; denn der hat einen ganz andern Auftrag.“ Dem Resultat von solchermaßen „leeren Wortschällen“ hielt er die individuelle Tugend der Liberalität entgegen, die man „in den Gesinnungen“ suchen müsse, „und diese sind das lebendige Gemüt.“ Gesinnungen aber gingen „unmittelbar aus der Person, ihren nächsten Beziehungen und Bedürfnissen“ hervor.89 In diesem Sinne entzog sich Liberalität jeder kollektiven Politisierung. Es gehört zu den fundamentalen historisch-semantischen Bestimmungsfaktoren, daß die bei Kant angelegte semantische Nuancierung von liberal und Liberalität aus der vorpolitischen Phase auch in der Periode der Politisierung und Ideologisierung des Wortfeldes niemals ganz verloren ging, sondern sich mit neuen Bedeutungselementen überlagerte. Im Ergebnis führte diese Fermentierung dazu, daß auch bei der Bestimmung des politisch-gesellschaftlichen Deutungsmusters der Rekurs auf den soziokulturellen Haltungsbegriff Liberalität möglich blieb. Die universalistische Kopplung von liberal und Liberalismus an das moralisch aufgewertete Paradigma der Aufklärung und das Ideal individueller Gesinnung prägten einen Bedeutungshorizont, vor dessen Hintergrund der ideologische Richtungsbegriff Liberalismus eine weitgehende geschichtsphilosophische Aufwertung erfahren und eine geradezu holistische Perspektive gewinnen sollte.

4. Römischer Wertbegriff und politische Gruppenbezeichnung in Italien: liberalità und libertini seit der frühen Neuzeit In seinem 1851 erschienenen Buch Del rinnovamento civile d’Italia ging Vincenzo Gioberti auf den Ursprung des Wortes liberale im Italienischen ein und stellte es in den Bedeutungszusammenhang der positiven moralischen Kraft der libertà, die in denjenigen Sprachen, welche aus dem Lateinischen entstanden seien, keine bloß angenommene Haltung, sondern eine tief verwurzelte grund-

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Religionstoleranz: „In Neuyork sind neunzig verschiedene christliche Konfessionen, von welchen jede auf ihre Art Gott und den Herrn bekennt, ohne weiter aneinander irrezuwerden. In der Naturforschung, ja in jeder Forschung müssen wir es so weit bringen; denn was will das heißen, daß jedermann von Liberalität spricht und den andern hindern will, nach seiner Weise zu denken und sich auszusprechen?“, JOHANN WOLFGANG GOETHE, Maximen und Reflexionen. Erkenntnis und Wissenschaft, in: Hamburger Ausgabe, Bd. 12: Schriften zur Kunst und Literatur. Maximen und Reflexionen, München 1988, S. 466. Ebd., S. 384.

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sätzliche Charaktereigenschaft darstelle. Gerade in diesem Sinne könne die italienische Nation eine besondere Stellung für sich beanspruchen. Von dem derart ethisch aufgewerteten Freiheitsbegriff der italienischen Nation leitete Gioberti auch liberalità und liberale ab: La libertà assoluta non può il male; e anco la limitata vi s’induce difficilmente quando non è guasta dalla cattiva disciplina. Perciò nelle lingue che traggono dal latino libertà non suona solo una facoltà mera, ma un abito; cioè il complesso delle morali e civili virtù; come il Giordani la definisce. E nel modo che la libertà è la potenza di fare il bene, similmente la liberalità è l’inclinazione a comunicarlo; onde viene il nome di liberale, comune a quelli che amano il vivere libero e a quelli che largheggiando, ne appianano agli altri il godimento. Che se in noi la libertà e la liberalità differiscono, la parentela delle due voci ne fa risalire alla fonte comune ed archetipa delle doti che rappresentano; cioè all’azione creatrice; la quale è libertà e liberalità infinita, modello e principio di ogni libertà e liberalità creata; atteso che creare è far liberamente e comunicare all’effetto una parte delle proprie perfezioni. Laonde negli uomini il poter di fare il male e l’abuso dell’arbitrio non si chiamano propriamente libertà, ma licenza, con antifrasi dedotta dall’abuso medesimo.90

Auch der für Gioberti bestimmende Bedeutungszusammenhang von liberale gründete auf einer aus der römische Antike begründeten semantischen Tradition. Ausgehend vom sozialen Qualifikationsmerkmal derer, die sich den arti e studi liberali widmen konnten, zog er eine Kontinuitätslinie von der Antike über das Mittelalter bis zur Verwendung von liberale bei Niccolò Machiavelli. Dabei hob er den Unterschied zwischen der Orientierung von liberale am ethisch-verpflichtenden libertà-Begriff im Gegensatz zu einer bloß materiellen Großzügigkeit im Sinne des danaro hervor. Machiavelli, so Gioberti, habe in seiner Verwendung von liberale eindeutig auf den höherwertigen libertà-Begriff rekurriert: La buona lingua italiana non ripudia, come alcuni stimano, la voce liberale eziandio nel primo dei sensi accennati. Le arti e gli studi liberali sono quelli che convengono agli uomini liberi . . . Quando il Machiavelli ‚sperava tempi più liberali e non tanto sospettosi . . .‘ e quando diceva che ‚le antiche cose accendono i liberali animi a sequitarle . . .‘ mirava alla libertà e non al danaro, e voleva parlar di tempi e di animi liberi e degni di essere.91

Gioberti reflektierte sehr genau, wie sich im Adjektiv liberale sowie im Tugendbegriff der liberalità zwei Bedeutungsebenen überlagerten, so daß für ihn eine semantisch eindeutige Verortung schwierig blieb: Sowohl die uneigennützige Großzügigkeit, die sich im konkreten Geschenk ausdrückte, als auch die Anbindung an die antike Freiheitsidee, die aber im Gegensatz zum juristischpersonalen Freiheitsbegriff des antiken Rom für Gioberti eindeutig von ihrer politischen Deutungsmacht bestimmt wurde, konnten mit liberale ausgedrückt 90 91

VINCENZO GIOBERTI, Del Rinnovamento civile d’Italia, Bd. 1, Paris 1851, S. 134 f. Ebd., S. 134, Anmerkung 2. Die Zitate Machiavellis sind nachgewiesen in: NICCOLÒ MACHIAVELLI, Opere, hrsg. von G. MAZZONI und M. CASELLA, Florenz 1929, S. 499: „Le antiche cose i liberali animi a seguitarle accendono“ sowie NICCOLÒ MACHIAVELLI, Lettere, hrsg. von FRANCO GAETA, Mailand 1961, S. 232: „Spero non incorrerà più, sì perché sarò più cauto, sì perché i tempi saranno più liberali e non tanto sospettosi.“

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werden. Für Gioberti überwog eindeutig die positive Konnotation von liberale, für die er implizit eine semantische Kontinuitätslinie von der Antike und Machiavelli bis in die eigene Gegenwart voraussetzte, nicht zuletzt auch, um die italienische Nation als Kristallisationspunkt dieser historischen Entwicklungslinie hervorzuheben: E allorchè la voce ‚liberale‘ suona benigno, amorevole, cortese . . . la parola non viene talmente da ‚liberalità‘ nel senso di larghezza, che non partecipi ancora per indiretto dell’altro significato. Per una simile analogia generoso si dice del pari di chi sia munifico e di chi sia ricco di spiriti liberi e magnanimi.92

Eine detaillierte Analyse der vorpolitischen Bedeutungsaspekte von liberale belegt neben dem direkten Rekurs auf die antik-römische liberalitas im Sinne von materieller Großzügigkeit und Freigebigkeit auch das stärker individuellcharakterisierende Etikett liberale in politisch-historischen Schriften, wo dessen Verwendung zumindest in einem präpolitisierten Zusammenhang stand.93 Bei Machiavelli und seinen Zeitgenossen lassen sich die verschiedenen Bestimmungsvarianten besonders gut aufzeigen. Einerseits überwog für den Gebrauch des Adjektivs zunächst die fortwirkende Tradition der am antiken Tugendbegriff orientierten liberalità, deren semantische Persistenz keine Bedeutungstransformation erfuhr. Die Prägekraft des römisch-antiken Begriffes erhielt sich in Italien mithin nahezu ungebrochen: „Dico come sarebbe bene esser tenuto liberale; non di manco, la liberalità, usata in modo che tu sia tenuto, ti offende; perché, se ella si usa virtuosamente e come le si debbe usare, la non fia conosciuta, e non ti cascherà la infamia del suo contrario.“ Machiavelli unterstrich den Widerspruch zwischen bloß materiell konkretisierter Pracht und der ethisch übergeordneten Qualität von liberale als Auszeichnung des persönlichen Charakters. Diese Antonymie folgte dem antiken Bestimmungsmuster in der Entgegensetzung von ethischer liberalitas und bloßer largitio und läßt sich von daher als fortwirkender semantischer Topos bezeichnen: A volersi mantenere infra li uomini el nome del liberale, è necessario non lasciare indietro alcuna qualità di suntuosità; talmente che, sempre, uno principe così fatto consumerà in simili opere tutte le sue facultà; e sarà necessitato alla fine, se si vorrà mantenere el nome del liberale, gravare e’ populi estraordinariamente.94

Primär im Sinne der uneigennützigen Freigebigkeit definierte auch Tasso die Eigenschaft des liberale: „Il liberale s’appaga nel donare“.95 Neben dieser in der Bedeutungstradition der liberalitas stehenden Orientierung konnte liberale aber auch eine allgemein positive Charaktereigenschaft bezeichnen, die auch einen im politisch-gesellschaftlichen Umfeld ansonsten eher unbedeutenden Bürger hervorhob. So beschrieb Francesco Guicciardini in seinen Storie fioren92 93 94 95

GIOBERTI, Rinnovamento, S. 134 f., Anmerkung 2. Vgl. die Belege in BATTAGLIA, Bd. 9, S. 2f. NICCOLÒ MACHIAVELLI, Il Principe e i Discorsi sopra la prima deca di Tito Livio (1532), hrsg. von S. BERTELLI, Mailand 1960, S. 66. TORQUATO TASSO, Dialoghi, hrsg. von E. RAIMONDI, Bd. 3, Florenz 1958, S. 978.

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II. Vorpolitische Dimensionen des Begriffsfeldes

tine einen florentinischen Bürger: „Cominciò [Cosimo] a dare credito a Luca Pitti, el quale non era valente uomo, ma vivo liberale animoso e più servente e per gli amici che alcuno altro che fussi a Firenze, e così uomo da fargli fare ogni cosa senza rispetto“.96 Die positive Kennzeichnung, für die liberale stand, ist insbesondere in Beschreibungen von führenden Politikern und Herrschern aus dem 16. Jahrhundert faßbar. Entscheidend war hier die Übertragung auf einen politischen Kontext: Das Adjektiv liberale stand nicht allein für die Persönlichkeit eines beliebigen Bürgers, sondern zeichnete den gerechten und fähigen politischen Führer oder Herrscher aus. Auch hier zeichnete sich in einer auffälligen Parallele zur antik-römischen Semantik der liberalitas die allmähliche Verengung des Geltungsanspruchs von liberale von einem allgemeinen Charakteristikum zu einem Attribut des guten und vorbildlichen Herrschers ab. Hatte Boccaccio im Decameron noch einen Genueser Bürger als „il più liberale e il più grazioso gentile uomo e quello che più e cittadini e forestieri onorò che altro che in Genova fosse a’ tempi suoi“ beschrieben,97 so läßt sich in zahlreichen Belegen des 16. und 17. Jahrhunderts die Monopolisierung von liberale als Attribut des politischen Führers nachweisen. So charakterisierte Guicciardini Cesare Borgia und dessen Vater Alexander VI. mit dem Ausdruck „liberali a perdonare le ingiurie“.98 Brusoni hob hervor, Philipp IV. „possedeva talenti e virtù proprie degne d’un gran monarca e d’un principe cristiano, pio, clemente, giusto, generoso, magnanimo e liberale“, und auch Giovanni Botero griff in seiner Kennzeichnung des Kardinals von Mendozza auf liberale zurück: „Il cardinal . . . di natura molto larga e liberale, ordinò al suo maggiordomo che dasse due mila scudi, o cosa tale, ad un gentiluomo che l’aveva richiesto di soccorso“.99 Keinesfalls stand das Substantiv liberali in der vorpolitischen Phase bereits für eine identifizierbare politische Gruppierung, die sich durch gemeinsame ideologische Prämissen von ihren Gegnern unterschied. Dennoch ist hervorzuheben, daß der politische Diskurs Italiens zumal seit der Renaissance die Differenzierung von politischen Parteien und Fraktionen kannte.100 Eine semantische Verbindung von liberale zu diesen Gruppen läßt sich aber nicht nachweisen: Die deutlich negative Konnotation von fazioni etwa bei Machiavelli hätte die durchgängig positive Verortung von liberale zumal als Attribut des gerechten und großzügigen politischen Führers, der gerade keiner fazione verpflichtet 96 97 98 99 100

FRANCESCO GUICCIARDINI, Storie fiorentine, 1509, hrsg. von R. PALMAROCCHI, Bari 1931, S. 5. GIOVANNI BOCCACCIO, Decameron (1348/53), hrsg. von N. SAPEGNO, Turin 1956, S. 8. FRANCESCO GUICCIARDINI, Storia d’Italia, hrsg. von COSTANTINO PANIGADA, Bd. 4: Libri XIII–XVI, Bari 1929, S. 292. Brusoni, zitiert nach BATTAGLIA, Bd. 9, S. 3 sowie GIOVANNI BOTERO, Detti memorabili di personaggi illustri, Neapel 1674, S. 228. Vgl. KLAUS VON BEYME, Partei, Faktion, in: BRUNNER et al. (Hrsg.), Bd. 4, S. 677–733, hier S. 682 f., dort auch die folgenden Belege.

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war, notwendig einschränken müssen.101 Als gängige Parteibezeichnungen fungierten neben dem mittelalterlichen Antagonismus zwischen der Parte di Guelfo und der Parte del Ghibellino bei Machiavelli und Guicciardini im Rekurs auf die römische Geschichte insbesondere la plebe e il senato oder i Nobili e la Plebe.102 Als Gruppenbezeichnung fungierte libertini als allgemeiner Begriff für die Parteigänger politischer Freiheit. In Machiavellis Briefwechsel erschien libertini als Bezeichnung der Sienesen um 1525.103 Guicciardini definierte die libertini zunächst allgemein im Hinblick auf libertà, aber auch dies reflektierte eine politische Organisation und Zielrichtung: „Per fare professione di desiderare la libertà, si chiamavano volgarmente i libertini“.104 Noch bei Carlo Botta ließ sich der Begriff in der Mitte des 19. Jahrhunderts als politische Gruppenbezeichnung nutzen, wobei er den antiken Ursprung hervorhob: „I libertini, che così chiameremo con vocabolo antico coloro che amano o fanno professione di amar la libertà, . . . fecero sì che l’Assemblea decretò che i dibattimenti fossero pubblici“.105 Die libertini als Kennzeichnung einer identifizierbaren politischen Handlungseinheit enthielt allerdings auch das Bedeutungselement einer potentiell politischen und sozialen Rebellion. Diese Nuancierung, die seit der italienischen Renaissance und dem in ihr aufbrechenden Antagonismus zwischen politischen Interessengruppen innerhalb der oberitalienischen Stadtrepubliken überwog, fehlte bei liberali völlig und machte diesen politisch mithin unbelasteten Begriff offen für neue semantische Bestimmungsimpulse.

5. England Als nationalsprachliches Derivat tauchte das Adjektiv liberal im englischen Sprachraum zunächst in der Kennzeichnung der liberal arts im Gegensatz zu servile oder mechanical arts auf. Belege für die häufig auch lateinisch belassenen Ausdrücke liberal arts und liberal sciences lassen sich bis ins 14. Jahrhundert 101 102

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NICCOLÒ MACHIAVELLI, Istorie Fiorentine, 1532, in: DERS., Opere, hrsg. von SERGIO BERTELLI und ITALO ZETTI, Bd. 3, Mailand 1968, S. 257. NICCOLÒ MACHIAVELLI, Discorsi, 1531, in: DERS., Opere, Bd. 1, Mailand 1968, S. 105 sowie FRANCESCO GUICCIARDINI, Considerazioni intorno ai discorsi del Machiavelli, in: DERS., Opere inedite, hrsg. von PIERO und LUIGI GUICCIARDINI, Bd. 1, Florenz 1857, S. 13; vgl. BEYME, S. 681–3. Vgl. BATTAGLIA, Bd. 9, S. 28 f. sowie Brief Francesco Vettoris an Niccolò Machiavelli vom 7. August 1526, in: MACHIAVELLI, Lettere, S. 479: „E’ Sanesi havevono mandato 500 fanti et 50 chavalli leggieri con artiglieria per pigliare Monte Rifre, forteza di Giovanni Martinozo. Il papa, inteso questo, gli pareva che, se si lasciava pigliare questa forteza, che e’ libertini havessino a pigliare troppo animo, et che havessino a cerchare poi infestare e’ confini nostri, et che noi fussimo necessitati spendere per difenderli.“ GUICCIARDINI, Storia d’Italia, Bd. 4, S. 282. CARLO BOTTA, Storia della guerra dell’indipendenza degli Stati Uniti d’America, Bd. 1, Florenz 1856, S. 117.

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II. Vorpolitische Dimensionen des Begriffsfeldes

zurückverfolgen und dokumentieren die ungebrochene und transnationale Kontinuität der artes liberales als Bildungsbegriff einer universellen Gelehrtensprache. Auch der Ausdruck liberal professions leitete sich aus dem Gegensatz von artes liberales und artes mechanicae ab.106 a) Liberal education als sozialer Status- und Differenzbegriff des gentleman Für die vorpolitische Bedeutungsdimension des Wortfeldes im Englischen ist weniger der aus der antiken Tradition stammende Bildungsbegriff der liberal arts, sondern der von ihm beeinflußte Statusbegriff liberal education wirksam geworden, die den gentleman gegenüber seiner sozialen Umwelt auszeichnete. Der Zusammenhang zwischen sozialem Status und dem individuellen Attribut liberal bezog sich zunächst auf die persönliche Qualität eines Adligen, der dem Ideal eines durch klassische Bildung kultivierten Lebensstils auf der Grundlage einer durch Landbesitz begründeten materiellen Unabhängigkeit folgte: „As you are a gentleman, be liberal“.107 Das Adjektiv liberal unterstrich dabei die spezifische Kultivierung der privaten Sphäre und die Ausbildung eines Umgangs unter sozial prinzipiell Gleichen. Innerhalb einer nicht durch formelle Standesschranken gekennzeichneten Gesellschaft kam der Ausbildung derartiger gesellschaftlich qualifizierender Etiketten erhebliche Bedeutung zu: „If you have not liberal and engaging manners . . . you will be nobody“.108 Edmund Burke stellte entsprechend den „low rank“ der erstrebenswerten „liberal condition“ gegenüber.109 Auch Henry Hallam unterstrich 1818 diese sozialqualifizierende Funktion, wenn er „persons of good birth“ am ehesten an ihren „liberal habits“ zu erkennen glaubte.110 Hier erfüllte das Adjektiv seine diskursive Funktion als soziales Statusetikett. Im Gegensatz zur formalen sozialen Abstufung innerhalb des kontinentaleuropäischen Adels verwiesen liberal education und liberal habits auf den soziokulturellen Status des gentleman, der nicht von

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Vgl. die für liberal unter 1 aufgeführten Belege im OED, Bd. 8, S. 881 sowie ADAM SMITH, An inquiry into the nature and causes of the wealth of nations (1776), hrsg. von J. E. T. ROGERS, Bd. 2, Oxford 1869, S. 478, der ingenious arts und liberal professions unterschied. Fletcher (1625), zitiert nach OED, Bd. 8, S. 882; vgl. SAMUEL JOHNSON, A Dictionary of the English Language: In which The Words are deduced from their Originals, and illustrated in their different significations by examples from the best writers. To which are prefixed, A History of the Language, and an English Grammar, London 1755, o.S.: „Liberal. adj. (liberalis, Latin; liberal, French.) 1. Not mean; not low in birth; not low in mind. 2. Becoming a gentleman. 3. Munificent; generous; bountiful; not parcimonious.“ [PHILIP DORMER STANHOPE] The Letters of Philip Dormer Stanhope, 4th Earl of Chesterfield (1749), hrsg. von BONAMY DOBRÉE, Bd. 2, London 1932, S. 272. EDMUND BURKE, An abridgement of English History (1757), in: DERS., Works, Bd. 2, London 1812, S. 256, zitiert nach OED, Bd. 8, S. 881. HENRY HALLAM, View of the state of Europe during the middle ages (1818), 3 Bde., 4. Aufl. London 1826, Neudruck hrsg. von A. MURRAY, Bd. 1, London 1872, S. 342.

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der englischen aristocracy monopolisiert werden, sondern auch von der gentry für sich reklamiert werden konnte. Für diese relative Homogenisierung von aristocracy und gentry kam dem Prinzip der Gleichheit aller gentlemen auf der Basis der besseren Bildung vor allem der Landedelleute die entscheidende Bedeutung zu.111 Die soziale Absetzung der adligen Führungsschichten Englands beruhte mithin auch auf kultureller Definition und weniger als auf dem Kontinent auf juristisch-formaler Standesbestimmung. Dies erklärt nicht allein die relative soziale Inklusionsfähigkeit, sondern auch die spezifische Bedeutung der liberal education als kulturellem Identifikationsbegriff jedes gentleman. Eine systematische Analyse der Belege seit dem 17. Jahrhundert zeigt eine charakteristische Fermentierung von verschiedenen Bedeutungsebenen. In semantischer Nähe zur Überlieferung der liberal arts stand insbesondere der Ausdruck liberal education, die vor allem für die politische Elite der Whigs als „geistig-moralische Durchbildung“ auf der Grundlage eines verbindlichen Kanons antiker Autoren durch Schule und Studium der Vorbereitung auf eine aristokratische Lebensform dienen sollte.112 Vicesimus Knox formulierte in seiner Liberal Education, die zwischen 1781 und 1790 in nicht weniger als zehn Auflagen erschien, das Ideal einer zunächst zweckfreien Charakterbildung des gentleman auf der Grundlage der Lektüre klassisch-antiker Autoren. Die kulturelle Distinktion bedingte dabei nicht allein die Qualität des gentleman, sondern auch die des patriot: True patriotism and true valour originate from that enlargement of mind, which the wellregulated study of philosophy, poetry, and history, tends to produce; and if we can recal the antient discipline, we may perhaps recal the generous spirit of antient virtue. He who is conversant with the best Greek and Roman writers, with a Plato, a Xenophon, and a Cicero, must imbibe, if he is not deficient in the powers of intellect, sentiments no less liberal and enlarged than elegant and ingenious . . . The possession of an elegant mind is greatly superiour to the possession of a fortune; and I do not consider his lot as unfortunate, who enjoys but a small income, but has received the benefits of a liberal and philosophical education. It will point out an instance taken from a department in life where instances abound.

Der „true gentleman“ blieb für Knox durch den Erweis eines „liberal and embellished mind“ ausgezeichnet.113 Seine Forderung nach Reformen im Schulsystem und eine Neubelebung klassisch-humanistischer Bildungsinhalte verstand er auch als adäquate Vorbereitung der commercial and professional classes auf ihre gesellschaftliche und politische Funktion.114 Die großzügig-unabhängige 111 112

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Vgl. CLARK, S. 103 sowie HANS-CHRISTOPH SCHRÖDER, Die Geschichte Englands. Ein Überblick, in: KASTENDIEK et al. (Hrsg.), S. 15–67, hier S. 30. PETERSEN, Englisch, S. 105; vgl. GEORGE TURNBULL, Observations upon liberal education in all its branches; containing the substance of what hath been said upon that important subject by the best writers ancient and modern, London 1742. VICESIMUS KNOX, Liberal Education: Or, a Practical Treatise on the methods of Acquiring useful and polite Learning, London 1781, S. 3–6. Vgl. PAUL LANGFORD, A Polite and Commercial People. England 1727–1783, Oxford 1992, S. 88.

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II. Vorpolitische Dimensionen des Begriffsfeldes

Haltung, die hinter dieser Bestimmung stand, ergab sich für Knox nicht primär aus dem materiellen Gelderwerb der commercial society,115 sondern aus einer Aristokratie des Stils und des Geschmacks, deren Idealisierung zugleich ein wirksames soziales Unterscheidungskriterium lieferte. Denn die literarischästhetische Kultivierung des gentleman durch antik-humanistische Bildung galt keinesfalls für den sozialen Einzugsbereich des subordinate trade. Die Mischung aus faktischer ökonomischer Unabhängigkeit des property owner und der soziokulturellen Segregation des gentleman spiegelte sich in der Kontrastierung von mechanical employment und liberality wieder. In dieser Sicht stabilisierte der Ausweis von liberality über die antike Bedeutungstradition der liberalitas hinaus einen Zustand von ungleich verteilter Bildung und sozialer Positionierung: There are cases in which classical learning may be properly dispensed with; such is that of a very dull intellect . . . and such is that of the boy who is to be trained to a subordinate trade, or to some low and mechanical employment, in which a refined taste and a comprehensive knowledge would divert his attention from his daily occupation. It is certain that money may be acquired, though not enjoyed with liberality, without either taste or literary knowledge. And indeed the good of the community requires, that there should be grosser understandings to fill the illiberal and servile stations in society.116

Der Begriff der liberal education schuf zugleich eine Brücke zwischen überlieferten Bildungsinhalten in der Tradition der artes liberales und einer gelehrten „Kultivierung des Privaten“,117 also zwischen Bildungstradition und sozial-distinkter Identifikation des gentleman als allgemeinem Ideal der adligen Führungsschicht. Eine liberal education sollte über reine Wissensvermittlung hinaus der Formung des Charakters dienen, wobei nicht ein konkreter Berufsstand, sondern ein soziokulturelles Identifikationsmuster im Vordergrund stand, der den gentleman zugleich als scholar auswies.118 Während der Kanon der traditionellen artes liberales aber feststand, bot die liberal education vor dem Hintergrund der Ausdifferenzierung von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft im Verlauf des 18. Jahrhunderts Anlaß zur Diskussion über die Lehrinhalte. Die Erwartungen einer commercial society an eine liberal education änderten sich. Joseph Priestley kritisierte 1765 in diesem Sinne das bestehende Erziehungssystem:

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In der zeitgenössischen Rezeption von Knox’ Buch wies man immer wieder auf den Wert literarischer Bildung im Rahmen der liberal education im Gegensatz zum reinen Erwerbsstreben der commercial society hin; vgl. JOSEPH CORNISH, An Attempt to display the Importance of Classical Learning, adressed to the parents and guardians of Youth; with some remarks on Mr. Knox’ Liberal Education, London 1783, S. 35. KNOX, S. 10 f. PETERSEN, Englisch, S. 108. Vgl. ALEXANDER CARLYLE, The Usefulness and Necessity of a Liberal Education for Clergymen, A Sermon from Matt. V. 14. Preached in the Tron Church of Edinburgh, Before the Society for the Benefit of the Sons of the Clergy, on the 28 of May, 1793, Edinburgh 1793, S. 12.

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It seems to be a defect in our present system of public education, that the proper course of studies is not provided for Gentlemen who are designed to fill the principal stations of active life, distinct from those which are adapted to the learned professions. We have hardly any medium between an education for the Counting-house, consisting of Writing, Arithmetic, and Merchant-Accounts, and a method of institution in the abstract sciences: so we have nothing liberal, that is worth the attention of gentlemen, whose views neither of these two opposite plans may suit.119

Priestley forderte neben der klassischen Bildung auf der Basis der Lektüre antiker Autoren auch die konsequente Einbeziehung der politisch-administrativen Sphäre. Eine derart erweiterte liberal education ließ sich über die Privatsphäre des gentleman hinaus als Vorbereitung auf eine öffentliche Funktion und politische Aktivität deuten,120 sie blieb aber in jedem Fall sozial exklusiv auf den gentleman bezogen und stellte den ungebrochenen Führungsanspruch der englischen Aristokratie nicht in Frage: The subjects I would recommend are civil history, and more especially, the important objects of civil policy; such as the theory of laws, government, manufactures, commerce, naval force &c. with whatever may be demonstrated from history to have contributed to the flourishing state of nations, to rendering a people happy and populous at home, and formidable abroad . . . My business is not to make you lawyers, but to add to the propper accomplishments of gentlemen and scholars. I do not propose to instruct you in the arts of a profession, but to discourse with you upon our laws and government, as such an important subject of science, and a branch of real and useful knowledge, without which I cannot help looking upon a liberal education as defective in a most essential part.121

Diese Konnotierung der liberal education blieb zwar auch noch im 19. Jahrhundert nachweisbar. Unübersehbar veränderte sich aber die Bedeutung des Bildungsideals für die ökonomisch prosperierenden middle classes: 1845 waren „men of liberal education and respectable rank“ nicht mehr automatisch mit den Repräsentanten der alten aristokratischen Familien gleichzusetzen.122 Vor dem Hintergrund der im 18. und frühen 19. Jahrhundert überwiegenden gesellschaftlichen Abgrenzung der aristokratischen Lebenswelt durch kulturelle Deutungsmuster rekurrierten insbesondere die Whigs auf das Adjektiv liberal und ließen es so langfristig zu einem Identifikationsattribut von bemerkenswerter Beharrungskraft werden. Zum einen verwiesen führende Whigs im 119 JOSEPH

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PRIESTLEY, An Essay on a Course of Liberal Education for a Civil and Active Life. With Plans of Lectures . . . to which are added Remarks on a Code of Education, Proposed by Dr. Brown, in a late Treatise, London [1765], S. 1f. Vgl. An Easy Introduction to General Knowledge and Liberal Education; By Mrs. Taylor: For the Use of the Young Ladies, at Strangeways Hall, Manchester, Warrington 1791; vgl. ferner THOMAS HODSON, The Accomplished Tutor; or, Complete System of Liberal Education: Containing the Most Improved Theory and Practice of the following Subjects, 2 Bde., London 1800. PRIESTLEY, S. 10 und 96; vgl. ferner THOMAS HOUGH, The Happiness and Advantages of a Liberal and Virtuous Education. A Sermon Preach’d in the Cathedral Church of St. Paul, on January the 25th, 1728. At the Anniversary Meeting of the Gentlemen Educated at St. Paul’s School, Cambridge 1728, S. 19. HENRY JOHN STEPHEN, New commentaries on the laws of England (1841–1845), Bd. 1, 7. Aufl. London 1874, zitiert nach OED, Bd. 8, S. 881.

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II. Vorpolitische Dimensionen des Begriffsfeldes

Verlauf des 18. Jahrhunderts immer wieder auf den Kanon der liberal education als Grundlage der gentleman-Bildung. Damit deutete sich noch auf der vorpolitischen Bedeutungsebene eine semantische Kopplung zwischen whig und liberal an, die die später einsetzende Adaption des politischen Etiketts liberal durch die Whigs bereits antizipierte. Noch in den 1830er Jahren bemühte sich Lord Holland um eine Erziehung der nachfolgenden Generationen gemäß „good liberal, nay I should say, Whig principles“.123 In dieser Monopolisierung des Bedeutungszusammenhangs von whig und liberal überlagerten sich die soziokulturelle und die politische Dimension des Attributs liberal. b) Die christlich-karitative Konnotation von liberal man und liberality im 18. Jahrhundert Neben die Bestimmung von liberal als distinktives Attribut des gentleman und seiner soziokulturellen Disposition als Ergebnis einer liberal education trat im 17. und 18. Jahrhundert die christlich-karitativ bestimmte Semantik von liberal. Sie schloß an die antike Bedeutungstradition der liberalitas und deren Umwertung als christliche Tugend an. Für zahllose Predigttexte des 17. und 18. Jahrhunderts firmierte der Gegensatz zwischen poor und liberal als Topos.124 Er wies dem liberal man die Pflicht zur Spende für die Armen zu und ging damit über die tradierte antike Bedeutungsebene bloßer Freigebigkeit hinaus. Reichtum ergab sich aus dieser Sicht erst aus der praktischen Umsetzung des Gebots christlicher Nächstenliebe: The original word which is render’d, liberal, in the text, is of large import, and is sometimes used to signify a person of great wealth; sometimes a man of dignity and honour; and at other times one of true piety, and religion. Thus as under the opposite character, that of a vile and sordid person, the prophet intends a covetous man . . . a truly bountiful man, in his account, is a man, in some good degree, possess’d of every other virtue. Or we may understand by it, that neither family nor fortune can, of themselves, set a person much above his fellow creatures; but that it is the generosity of the mind which truly elevates a man, and renders him worthy of honour . . . By a liberal man then, we are to understand a man of a kind, compassionate, benevolent disposition: one who observes, with admiration and delight, that profusion of bounty, with which the great creator of the world blesses the works of his hands; is truly thankful for the share he enjoys of it.125

In einer Predigt von 1734 hob der Autor hervor, daß der liberal man nicht wirklicher Eigentümer seines weltlichen Besitzes sein könne, sondern als stewart eine Form der treuhänderischen Verantwortung für die Gemeinschaft wahrnehme. Der Gedanke des trust ließ sich also auch als christliche Verpflich-

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Zitiert nach MANDLER, S. 63. Vgl. The Poor Man’s Mite Unto the more large Contributions of the Liberal, At this day freely added, in Testimony of that respect which is born unto the faithful and their interest, as it’s laid up and hid in Jesus, London 1659. JOSEPH STENNETT, The Nature, and Reward of true Liberality. A Sermon Occasioned by the Decease of Mr. Samuel Burch, London 1741, S. 11 f.

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tung deuten. Aus dem Ideal der charity ergab sich damit eine christlich verstandene Verpflichtung gegenüber der Gemeinschaft: First to set forth the Qualifications . . . which are necessarily requir’d to form the Character of the liberal Man . . . And the First Thing requir’d is certainly this, that he gives of his own; for what is not honestly gotten cannot be honestly given . . . Secondly, we must not only give out of our own, but we must give with a good Intention . . . Thirdly, the Charity of the liberal Man always bears a Proportion to the condition of his Estate; for as there is in him first a willing Mind, it will be sure to be enlarg’d with his Fortune, and his Desire to do good will increase with his Capacity of doing it . . . In every Circumstance of Life, He considers himself not as a Proprietor, but only as a Stewart of the Things of this World and that he must be accountable to God according to the Number of Talents intrusted to him . . . But then Fourthly and Lastly the liberal Man will use all reasonable Prudence and Discretion in the chusing out proper Objects of his Liberality.126

Auch im Bild der liberal hand setzte sich diese christlich-karitative Bestimmung fort.127 Sie übertrug dem Adjektiv liberal eine herausragende Qualität im Sinne sozialer Verantwortung jedes Christen, und nicht allein des gentleman. Dies transzendierte zugleich den privatethischen Bedeutungszusammenhang der liberal habits oder liberal manners. In christlicher Sicht ergab sich die Freiheit des liberal aus seinem Bewußtsein als Geschöpf Gottes und der daraus erwachsenden Verantwortung für das Gemeinwohl: the Liberal is one who says und does kind things with great Freedom and Pleasure. On this Account he is opposed to the Churl, who speaks and acts under continual Restraint . . . Such Maxims and Managements as these, the Liberal will bear his Testimony against. He knows that he is not made for himself, and that he is not raised or enriched for himself, but for the Honour of God, and the good of Society.128

Dieser semantischen Ausrichtung von liberal entsprechend folgte auch die Bestimmung von liberality der christlichen Neufassung der antiken liberalitas.129 Andererseits blieb auch die vorchristlich-antike Bedeutung von uneigennütziger Großzügigkeit ein möglicher Bestandteil der liberality. Parallel zur antik126 JOSEPH

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ROPER, The character of the Liberal Man, Set forth in a Sermon preach’d before the Right Honourable The Lord-Mayor, The Aldermen, and Governors of the serveral Hospitals of the City of London. At the Parish-Church of St. Bridget, on Wednesday in Easter-Week, April 17, 1734, London 1734, S. 4–12 (Auszüge). Vgl. H.W. GENT, The Rule of Charity: or, the Liberal Man’s Guide; Design’d, For the Use of all good Christians. Being the Pious Result of a Lay-Man’s Ordinary Meditation, London 1690, S. 4f. und 85. SAMUEL WRIGHT, Prosperity and Establishment promised to them that devise Liberal Things. A Sermon preach’d at the Old-Jury, March 2, 1736–7. To the Society for Relief of the Widows and Fatherless Children of Dissenting Ministers, London 1737, S. 11 f. Vgl. WILLIAM WYLD, An Essay on the Character of Manilius, in an Epistle to Juvenis. In which is attempted A Description of the Distressed, the Miser and the Liberal. With other Epistles on Several Subjects, in Blank Verse, London 1767, S. 8 f.: „And with a copious hand would all relieve, / But chiefly those, by assiduity, / Sobriety, and temp’rance distinguish’d: / For by each gen’rous and benignant act, / The foul’s exalted to a nobler pitch / Of liberality; which more and more / Gains of the will, and by a secret force / Excites the man his blessings to dispense, / On objects worthy his regard, and care /.“

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II. Vorpolitische Dimensionen des Begriffsfeldes

römischen Bedeutungsentwicklung stand liberality dabei einerseits für die persönliche Qualität der Freigebigkeit und andererseits für die Gabe und das Geschenk selbst.130 So sehr das christlich-anglikanische Verständnis von liberality in den Belegen des 17. und 18. Jahrhunderts vorherrschte, so eindeutig analysierte Thomas Hobbes in seinem Leviathan ideologiekritisch und in Anlehnung an die antike Diskussion über den ethischen Wert der liberalitas das mögliche Machtmotiv hinter der Großzügigkeit: „All Riches joyned with liberality, is Power; because it procureth friends, and servants: Without liberality, not so; because in that case they defend not; but expose men to Envy, as a Prey“.131 In christlicher Perspektive stand liberality zunächst für den Gnadenreichtum Gottes selbst und wurde dann im Sinne der Freigebigkeit als Ausdruck christlicher Nächstenliebe begriffen.132 Zugleich wurde aus der Perspektive der anglikanischen Kirche der Zusammenhang von liberality und protestantism. So hob eine Predigt von 1737 vor allem die „principles of liberty both in the civil and religious matters“ hervor und dokumentierte damit den für die anglikanische Kirche fundamentalen historischen Bedeutungszusammenhang von konstitutioneller und konfessioneller Freiheit im Sinne eines nationalen Sonderbewußtseins: In all these Instances, as we have Ability and Opportunity, we should be ready to shew our Liberality to those of our fellow Christians, and especially to those Ministers of Religion and their necessitous Families, who are distressed by the profanely Scornful and Vicious, or by churlish Bigots, and the evil Instruments of such throughout this Nation. You will give me leave to instance some things which I know you have at Heart. Stand up for the Principles of Liberty both in the civil and religious Matters; and particularly for the great Foundation of Protestantism, and of the Reformation from Popery, the Liberty of private Judgment in all things that relate to Conscience, and to our final Acceptance with God.‘ 133

Die zeitgenössische Bestimmung der Christianity als „easy and liberal System“ wurde entsprechend dem ausgeprägten Selbstverständnis der anglikanischen Kirche dem kontinentalen Katholizismus als Synonym für „Popery, absurd and burdensome“ entgegengesetzt.134 Für die semantische Konfiguration in der vorpolitischen Begriffsgeschichte von liberal zumal des 18. Jahrhunderts spielte die anglikanische Vereinnahmung des Adjektivs eine wichtige Rolle, wie die in zahlreichen Predigten immer wieder stilisierten Tugendbegriffe liberal 130

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Vgl. die Belege im OED, Bd. 8, S. 883: Johnson (1751): „Enriched by uncommon liberalities of nature“ sowie Goldsmith (1774): „He . . . found himself in a position to bestow great liberalities amongst the soldiers.“ HOBBES, Teil 1, Kapitel 10: Of Power, Worth, Dignity, Honour, and Worthinesse, S. 150. Vgl. den im OED, Bd. 8, S. 883, für 1566 aufgeführten Beleg aus den Prayers im Liturgical Service für Queen Elizabeth I.: „Good Lord, bless us and all thy gifts which we receive of thy large liberality.“ WRIGHT, Prosperity, S. 12 f. Vgl. HUGH WORTHINGTON, Christianity, an easy and liberal System; that of Popery, absurd and burdensome. A Sermon preached at Salters-Hall, November 5, 1778, London [1778], S. 22.

5. England

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charity oder liberal piety belegen.135 Die christlich bestimmte liberality faßte die Eigenschaften des liberal auf einer überindividuellen Ebene zusammen; ihr kam als einer christlichen Tugend die Verkörperung der Jesusnachfolge für die Gesellschaft der Gläubigen zu.136 Auffällig ist die relative Unverbundenheit der ermittelten vorpolitischen Bedeutungsebenen des Wortfeldes. Die zeitgenössischen Bestimmungen der liberal education und liberal habits des gentleman blieben von der christlich-karitativen Konnotation unberührt; sie mochten sich ergänzen, aber bildeten eigene Bedeutungsfelder, wobei die soziale Distinktion des gentleman der liberal education vorbehalten blieb. c) Liberality of sentiment und liberal opinions am Ende des 18. Jahrhunderts: Die Spannung zwischen privater Tugend und politisch-gesellschaftlicher Implikation Unter dem Eindruck der Französischen Revolution, die den englischen Politikdiskurs mit ihrem neuen Vokabular konfrontierte,137 gelangte auch ein grundsätzlich neues Verständnis von liberality in das politische Vokabular Englands. In der ideologischen Auseinandersetzung ging es dabei nicht mehr um eine christlich konnotierte liberality, sondern um den Konflikt zwischen zwei antagonistischen politisch-gesellschaftlichen Deutungsmustern: Das revolutionäre Verständnis von liberality, mit dem sich Edmund Burke 1790 in seinen Reflections on the Revolution in France auseinandersetzte, stand in diametralem Gegensatz zum whiggistischen Verständnis von liberty. Burke, der die Konfis-

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Vgl. ROBERT BALFOUR, Liberal Charity stated and recommended on the principles of the Gospel. A Sermon preached before the Society in Scottland for propagating Christian Knowledge; at their aniversary Meeting in the High Church of Edinburgh, On Friday June 5, 1789, Edinburgh 1789 sowie The Practice of liberal Piety Vindicated, Being a Reply to Observations by a Layman, (Under the Title of The Doctrines of Grace Vindicated) Upon an Assize Sermon, preached at Reading, March 6th, 1792, By the Rev. R. Valpy. By a Clergyman, Reading 1792. Vgl. ALEXANDER FRASER, The superior liberality of the scheme of redemption: A sermon, preached before the Northern Missionary Society, at their first meeting, in the Church of Tain, August 27, 1800, Edinburgh 1800, S. 13: „By ‚the liberal‘, the prophet means the faithful followers of the Messiah, as a collective body. They are liberal, because self-love is removed, and the love of God is implanted in their hearts, as the predominant principle. This enlarges the heart, and opens the hands. By ‚liberal things‘ he understands the scheme of redemption published by the gospel, the most liberal plan for promoting the happiness of mankind ever made known to the world.“ Vgl. anhand der Begriffe Aristocrat, Democrat und Jacobine: A Political Dictionary for the Guinea-Less Pigs, or A Glossary of Emphatical Words Made Use of by that Jewel of a Man, Deep Will. In his Administration, and his Plans for Yoking and putting Rings in the Snouts of those Grumbling Swine, who raise such Horrid Grunting, when Tyrannical Winds Blow High, London 1790, S. 3 und 7 sowie aus jakobinischer Perspektive CHARLES PIGOTT, A Political Dictionary: Explaining the true meanings of words. Illustrated and exemplified in the lives, morals, character and conduct of the following most illustrious personages, among many others, London 1795, S. 61.

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II. Vorpolitische Dimensionen des Begriffsfeldes

kation von Eigentum durch das französische Revolutionsregime kommentierte, lenkte den Blick auf ähnliche Maßnahmen unter Heinrich VIII. und übertrug in ironischer Absicht das französisches Verständnis auf das englische Wort liberality. Ihm stellte er einen neuen Begriff gegenüber, dessen negative Konnotation sich aus seinem französisch-revolutionären Bedeutungsursprung ergab, den Burke abwertend in den zeitgenössischen Schlagwörtern der Aufklärungspublizistik verortete: „Had fate reserved him [i.e. Heinrich VIII.] to our time, four technical terms would have done his business, and saved him all his trouble; he needed nothing more than one short form of incantation – ,Philosophy, Light, Liberality, the Rights of Men‘“.138 Als adliger Freiheitsbegriff und nicht als Konsequenz gesellschaftlicher Emanzipation beruhte liberty auf private property, weil erst Eigentum, also zumeist adliger Grundbesitz, die für jede politische Partizipation notwendige Unabhängigkeit sicherte. Nicht zufällig hatte John Locke die „natural rights . . . life, liberty, and estate“ unter der Rubrik „property“ zusammengefaßt.139 Im politischen Selbstverständnis der Whigs schuf erst das private property des gentleman die Voraussetzungen für liberty, die ex negativo als Abwesenheit von „inspection, scrutiny, and control“ verstanden wurde.140 Gesellschaftlich gewendet, bedeutete dies „[to] exert the influences of rank and property“, und die Umsetzung dieser aristokratischen Prinzipien „wisely, honestly and reasonably exerted“ garantierten im organischen Verständnis von liberty erst die soziale und politische Stabilität des Gemeinwesens.141 Der semantische Gegensatz zwischen diesem Verständnis von liberty und der revolutionären liberality konnte kaum größer sein: Der hinter liberality stehende radikal neue Freiheitsbegriff, der sich nicht länger historisch-organisch begründete, sondern vor dem Hintergrund der französischen principes der Aufklärung die Verwirklichung der unveräußerlichen Naturrechte aller Menschen forderte, barg für die überkommene politisch-gesellschaftliche Ordnung Englands eine enorme Bedrohung. Indem sich aus dem naturrechtlichen Verständnis von liberality alle tradierten Strukturen als ungerechte Privilegien und préjugés entlarven ließen, wurde die gegenwärtige Ordnung als historisch-gewachsene Einheit im Namen eines abstrakt-egalitären Prinzips in Frage gestellt. Dies berührte zumal das Selbstverständnis der Whigs als historische Garanten und Treuhänder der im 17. Jahrhundert errungenen liberties.

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EDMUND BURKE, Reflections on the Revolution in France and on the proceedings in certain societies in London relative to that event (1790), hrsg. von CONOR CRUISE O’BRIEN, London 1967, S. 218. Friedrich Gentz übersetzte die Stelle mit „Philosophie, Erleuchtung, Liberalität, Rechte des Menschen“; vgl. BURKE und GENTZ, S. 227. JOHN LOCKE, Two Treatises on Government (1689), hrsg. von PETER LASLETT, Cambridge 1966, S. 368; vgl. ABRAHAM KRIEGEL, Liberty and Whiggery in Early Nineteenth-Century England, in: JMH 52 (1980), S. 253–78, hier S. 256 f. Zitiert nach ROBERT STEWART, Party and Politics, 1830–1852, London 1989, S. 6. T. L. ERSKINE, The Defence of the Whigs, London 1819, S. 23.

5. England

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Damit setzte vor dem Hintergrund des politisch-ideologischen Aufbruchs von 1789 im Gegensatz zur positiven Ausrichtung von liberality im Englischen eine negative Verortung des im französischen Kontext politisierten Begriffs ein. Obgleich liberality im Diskurszusammenhang von Predigten und anglikanischer Erbauungsliteratur auch im 19. Jahrhundert ihre oben dargestellte christliche Bedeutungsbestimmung bewahren konnte, entstand durch die scharfe Abgrenzung gegenüber dem kontinentaleuropäisch-französischen Verständnis des politischen Begriffs eine semantische Trennlinie, die auch die Rezeption des politischen Adjektivs liberal in England maßgeblich prägen sollte. Bis zu Beginn der 1820er Jahre ließ sich aus der Sicht der Tories auf die mit liberal und liberality identifizierbare jakobinisch-revolutionäre Gefahr hinweisen. Sie ergab sich nicht aus einer endogen-englischen Bedeutungsänderung, sondern aus der bei Burke sichtbaren Reaktion gegenüber einem externen neuen Bedeutungsimpuls. Die sich hier ankündigende semantische Transformation des Wortfeldes beruhte auf der indirekten Politisierung von bereits existierenden Begriffen. Daneben trat eine semantische Ebene von liberal, die sich als prinzipiell offen für politische Implikationen erweisen sollte. Für das in der liberal education angelegte Ideal einer humanistisch-literarischen Kultivierung der privaten Lebenssphäre des gentleman war eine vorurteilslos-tolerante Haltung grundlegend, die nicht von der materiellen Unabhängigkeit des property owner gelöst werden konnte. Hier charakterisierte liberal eine spezifische Disposition des gentleman als Unabhängigkeit von öffentlichen Zwängen und freie Geisteshaltung, die sich insbesondere in freier Meinungsbildung, -äußerung und Urteilskraft äußerte. Signifikant für diese Konnotation sind zahlreiche, bereits für das 17. Jahrhundert nachweisbare Ausdrücke wie „liberal tongue“, „so liberal a judgement upon a person“ oder „liberal in his discourse“.142 James Mill überschrieb seine Betrachtung der hinduistischen Kultur mit liberal enquiries,143 um damit das Ziel einer unvoreingenommenen, wissenschaftlich-objektiven Untersuchung hervorzuheben. Vor diesem Hintergrund ließ sich das Adjektiv als Ausweis einer zunächst allgemeinen Aufgeschlossenheit, einer gewissen Weltoffenheit auf der Grundlage von Bildungswissen einsetzen. Indirekt wirkte auch hier das Ideal der liberal education weiter. Diese vorpolitische Prägung setzte sich im 18. und 19. Jahrhundert fort. So sprach Samuel Johnson 1756 von den booksellers als „generous Liberal-minded men“, und hinter Shelleys Frage von 1818 „Can he who the day before was a trampled slave suddenly

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Middleton (1608), zitiert nach OED, Bd. 8, S. 882; [CHARLES COTTON] The History of the life of the duke of Espernon [von Guillaume Girard], Englished by C. COTTON, o.O. 1670, S. 469 sowie Anthony Wood, Beleg vom 31. August 1689, zitiert nach OED, Bd. 8, S. 882. JAMES MILL, The History of British India (1817), hrsg. von H. H. WILSON, 9 Bde., 4. Aufl. London 1840–1848, hier Bd. 2, S. 684: „Liberal enquiries into the literature and institutions of the Hindus.“

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II. Vorpolitische Dimensionen des Begriffsfeldes

become liberal minded?“ stand die Skepsis gegenüber einer Emanzipation des Geistes ohne ausreichende Bildung.144 Seit dem letzten Drittel des 18. Jahrhunderts nahm die Frequenz von Ausdrücken mit liberal im Sinne einer vorurteilslosen und fortschrittlichen Haltung erheblich zu. So wies das Gentleman Magazine von 1783 auf „the liberalmindedness of the present age“ hin und unterstrich damit den Stellenwert des präpolitisch bestimmten Adjektivs im innerenglischen Diskurs.145 Gleiches galt für den Ausdruck „liberal employment“, der 1768 mit der Anwendung der menschlichen Vernunft als Grundlage der „laws of a free people“ verbunden wurde.146 Dies transportierte auch ein Element des zeitgemäßen politisch-gesellschaftlichen Fortschritts mit. Als antonymische Adjektive fungierten entsprechend „ill-timed, uncandid, illiberal“.147 Der Ausdruck liberal opinions dokumentierte diese Entwicklung besonders pointiert: Samuel Jackson Pratt stellte 1775 der „deplorable illiberality in the affections of the vulgar“, die er als „narrowly bigotted to one mean fet of notions“ beschrieb, die eigenen liberal opinions gegenüber „to give myself a free scope“.148 Im Diskurs wurde diejenige Person, die man an ihren liberal opinions erkannte, philanthropisch als „friend to human kind“ charakterisiert und in den universellen Zusammenhang der „cause of virtue“ gestellt.149 Aus diesen Verwendungskontexten ließ sich auch ein Bezug vom Tugendetikett liberal zu im weitesten Sinne bereits politischen Implikationen herstellen, so bei Edward Gibbon in seinem Werk Decline and Fall of the Roman Empire: „A Grecian philosopher, who visisted Constantinople soon after the death of Theodosius, published his liberal opinions concerning the duties of kings.“ Auch das 1792 von Alexander Hamilton konstatierte Ziel einer „liberal construction of the powers of the national government“ dokumentierte die mögliche politische Aufladung des Adjektivs.150 144

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Beleg von Samuel Johnson von 1756, in: JAMES BOSWELL, The life of Samuel Johnson LL.D., 2 Bde., London 1791, zitiert nach OED, Bd. 8, S. 882; Beleg von Shelley von 1818 ebd. THE GENTLEMAN’S MAGAZINE 53 (1783), S. 938. [WILLIAM JONES] The Constitutional Criterion: By a Member of the University of Cambridge, London 1768, S. 3f.: „The rights of the individual, of the church, of the crown may have their respective limitations, but against those of the Constitution ‚no time can run‘. A more liberal employment, cannot in any government be imagined, than the application of human reason to its noblest object, the laws of a free people.“ [JOHN LIND] A Letter to the Right Honourable Willoughby Bertie, by descent Earl of Abingdon, by descent Lord Norreys; High Stewart of Abingdon and Wallingford. In which His Lordship’s Candid and Liberal Treatment of the Now Earl of Mansfield Is fully vindicated, London 1788, S. 1. [SAMUEL JACKSON PRATT] Liberal Opinions, upon animals, man, and providence. In which are introduced, Anecdotes of a Gentleman. Adressed to the Right Hon. Lady Ch***th. By Courtney Melmouth, Bd. 1, London 1775, S. 1–3 (Auszüge). Euphrasia [pseud.], A letter to Courtney Melmouth, Esq. with some remarks on two books, called Liberal opinions, and The Pulpit of Pleasure, London 1777, S. 1. EDWARD GIBBON, The history of the decline and fall of the Roman Empire, Bd. 3, London 1781, S. 142 sowie ALEXANDER HAMILTON, Letter to E. Carrington, in:

5. England

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Noch deutlicher fokussierte das zeitgenössische Schlagwort der liberality of sentiment in den 1780er Jahren das enorm gestiegene Bedürfnis nach öffentlicher und ungehinderter Diskussion politisch-konstitutioneller Fragen. Vor dem Hintergrund der wachsenden außerparlamentarischen Reformbewegung konnte liberality damit bereits vor dem semantischen Impuls durch die Französische Revolution eine öffentlich-politische Dimension annehmen.151 In einer politischen Adresse zur Irlandfrage stand liberality 1784 im programmatischen Gegensatz zu den „gloomy clouds of Superstition and Bigotry“ für eine „candid discussion . . . in favour of the Rights of Mankind, and of Parliamentary Reform.“ Den Verwendungszusammenhang des Begriffes bildete nunmehr der öffentliche Diskurs um Menschenrechte und Parlamentsreform. Die liberality of sentiment stand mithin für die Politisierung des tradierten Begriffes und repräsentierte eine Vorbedingung in der öffentlichen Diskussion um politischkonstitutionelle Themen. Dazu zählten neben dem Zusammenhang von civil and religious liberty insbesondere die Reform der englischen Verfassung.152 Gegenüber dieser Kontextuierung mit politischen Aspekten blieb die semantische Ausrichtung von liberality aber weiterhin offen für tradierte Bedeutungsaspekte. Die für semantische Transformationen charakteristische Fermentierung setzte ein: Neben der religiösen und soziopolitischen Bedeutungsebene konnte liberality auch als Ausdruck aufgeklärter Wissenschaft und Fortschrittlichkeit verstanden werden,153 und auch die liberality of sentiment konnte weiterhin ohne politisch-gesellschaftliche Implikationen in Anlehnung an die christliche Tradition interpretiert werden: Candour and liberality are undoubtedly the most valuable blessings to society, the brightest ornaments of religion, and the most excellent and distinguishing characteristics of the disciples of Him who did no violence, and who went about doing good, teaching a religion founded in love . . . By liberality I mean generosity, which, strictly speaking, rather accompanies sentiment than goes into the nature and essence of it.154

Die christlich intendierte Ausrichtung auf ein public good reflektierte zunächst auch die Selbstbezeichnung liberal society, die ebenfalls verstärkt während der 1780er Jahre auftrat. Gegenüber der privaten Sphäre des gebildeten gentleman wurde damit der öffentliche Raum deutlicher miteinbezogen. Nicht im Sinne

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[DERS.] The Works of Alexander Hamilton, hrsg. von H. C. LODGE, 9 Bde., New York 1885–1886, hier Bd. 8, S. 264. Vgl. [CHRISTOPHER ANSTEY] Liberality; or, The decayed Macaroni. A sentimental piece, London [1788], S. 7f. sowie THE MONTHLY REVIEW 79 (1788), S. 157 f. Liberality of Sentiment! Bill of Rights Batalion, Bristol [1784], o.S. Vgl. I. PADMAN, A Layman’s Protest against the profane blasphemy, false charges, and illiberal invective of Thomas Paine, author of a book entitled The Age of Reason, part I and II, London 1797, S. 104 f.: „If the reformation of a religion from its abuses and corruptions had the effect of reviving dormant science and liberality, what is it but a natural conclusion, that the depression of science and liberality, which before existed, was chargeable not to that religion itself, but to its abuses and corruptions?“ ROBERT ROBINSON, On the Necessity of Inculcating Candour and Liberality of Sentiment [London 1800], S. 3f.

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II. Vorpolitische Dimensionen des Begriffsfeldes

einer außerparlamentarischen Reformdiskussion, sondern als Ausdruck einer philanthropisch-solidarischen Gesinnung repräsentierte die liberal society einen organisierten Verein, dessen in eigenen Statuten festgelegtes Ziel weniger in christlicher Mission, sondern in der Verbreitung und Umsetzung einer utilitaristischen Gemeinschaftsethik lag. Das Attribut liberal verband dabei mehrere Bedeutungsaspekte: Neben den traditionell christlichen Aspekt trat der Gesichtspunkt des zeitgemäß-fortschrittlichen Einsatzes für das gesellschaftliche Wohl, dem sich in der civil society ein Katalog von Tugendbegriffen zuordnen ließ. In den liberal principles überlagerten sich dabei auf besonders signifikante Weise vorpolitische und politische Aspekte, indem das Bekenntnis des gentleman zu ihnen auch die programmatische Identifizierung mit den überkommenen religious and civil rights einschloß: Some Gentlemen of liberal principles, and of known attachment to our religious and civil rights, have formed themselves into a Society, which from the liberality and impartiality of their sentiments, and of their views of promoting the Public Good . . . they presume to think may be honored with the appellation of the LIBERAL SOCIETY . . . Hierarchy, or Church Government, Forms and Ceremonies of Worship, and Doctrines or Tenets of Faith, shall be entirely avoided, and only such points of Social Duties, and of confessed utility, be treated and enforced, as have been equally admitted to be good and obligatory by just men of all religions . . . they have further determined, that all the Discourses or Lectures. . . shall be on the following most important subjects only, namely, Truth, Justice, Benevolence, Fortitude, Temperance, Industry, and Wisdom.155

6. Vergleich Das sich um das Adjektiv liberal entwickelnde Wortfeld hat seine wortetymologischen und semantischen Wurzeln in der römischen Antike. Zu diesen Ursprüngen zählen neben dem Adjektiv liberalis insbesondere der Wertbegriff liberalitas. Er fungierte für alle untersuchten Vergleichsfälle seit der frühen Neuzeit als erster semantischer Anknüpfungspunkt. Dessen eigene semantische Entwicklung in der Antike reichte von der universell-ethischen Konnotation als zweckfreie und interessenlose Großzügigkeit jedes einzelnen bei Cicero über die Monopolisierung des Begriffes als Ausdruck imperialer Herrschaftsauffassung, der Konkretisierung im Spendenakt des Princeps, bis zur Christianisierung der liberalitas in der Spätantike, die den christlichen Kaiser zur Nächstenliebe verpflichtete oder im Kontext von beneficentia zur Bestimmung der neuzeitlichen Wohlfahrt herangezogen wurde. Diese antik-römische Bedeutungsebene von liberalitas sowie der universelle Bildungsbegriff der artes liberales bildeten eigene semantische Traditionslinien, an die die Bestimmungen im 17. und 18. Jahrhundert anknüpfen konnten, um sie dann weiterzuentwik155

Plan for Sunday-Lectures, to be given before A New Society, &c., London 1785, S. 3–5; vgl. auch Articles, Rules and Regulations, for Forming a Society in Newcastle upon Tyne, to be called the Liberal Society of Tradesmen, Newcastle 1793, S. 4.

6. Vergleich

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keln. Die frühen Verortungen zumal des Adjektivs liberal auf lexikographischer Ebene reflektierten zwar noch die antiken Bedeutungszusammenhänge; die komparative Analyse zeigt aber bereits in der vorpolitischen Phase deutliche Differenzbestimmungen zwischen den einzelnen Vergleichsfällen. Während im Französischen libéralité in deutlicher Parallele zur antiken Begriffsbestimmung bis etwa in die Mitte des 18. Jahrhunderts als monarchischer, schwächer ausgeprägt auch als aristokratischer Tugendbegriff definiert wurde, verwies erstmals die Encyclopédie auf ein sozial nicht mehr exklusives Verständnis von libéralité. Bewegten sich diese Nuancierungen noch im Rahmen der bereits in der antiken Semantik nachweisbaren Spannung zwischen ethischem Universalbegriff und sozialem Unterscheidungskriterium, so deutete die politisch intendierte Vereinnahmung der éducation libérale als soziokulturelles Distinktionsmerkmal des Dritten Standes durch Sieyès 1789 eine neue Stufe der Politisierung des Verwendungskontextes an. Ein aus antiken Wurzeln erwachsener Ausdruck, der a priori keine ideologischen Motive mittransportierte, erhielt eine politisch-gesellschaftliche Wirkungsrichtung. Im Gegensatz dazu stand liberal education im Englischen für eine semantisch persistente soziokulturelle Distinktion des gentleman innerhalb einer nicht formal-ständisch gegliederten Gesellschaft. Mit bemerkenswerter Beharrungskraft hat sich dieses kulturelle Erziehungsideal bis weit ins 19. Jahrhundert erhalten. Deutlicher als in Frankreich und Italien, wo die aus der Antike stammenden semantischen Elemente der liberalitas für die vorpolitische Phase dominant blieben, läßt sich für England ein Nebeneinander spezifischer Bedeutungsebenen konstatieren. Neben den sozialen Statusbegriff gentleman trat die christliche Konnotation von liberal man, ohne daß sich beide semantischen Ebenen überlagert hätten. Zum Ende des 18. Jahrhunderts standen liberality of sentiment und liberal opinions für eine allgemein fortschrittliche und vorurteilsfreie Haltung. Daneben kündigte sich in Edmund Burkes Wendung gegen das französisch-revolutionäre Verständnis von liberality die fundamentale Bedeutungsdifferenz zwischen dem whiggistischen liberty-Begriff und der naturrechtlichen Prämisse der revolutionären liberté an. Dies antizipierte das für die weitere historisch-semantische Entwicklung wichtige Muster von externem Bedeutungsimpuls und spezifischer Rezeption. Im Italienischen erhielt sich die semantische Orientierung der liberalità an der antiken Bedeutungsbestimmung im Vergleich am deutlichsten. Die Tatsache, daß sich hier keine signifikant neuen Nuancierungen nachweisen lassen, dokumentiert die besondere Persistenz der römisch-antiken Semantik. Immerhin unterstreicht die Analyse für das positiv konnotierte Adjektiv liberale in der frühen Neuzeit eine Nähe zur politischen Sphäre als Verwendungskontext. Den libertini als Anhängern der Freiheit ließen sich in der Renaissance auch antik-republikanische Werte zuordnen. Eine Antizipation des politischen Attributs liberale ging davon aber nicht aus. In keinem der vier Vergleichsländer läßt sich die Kopplung des Wortfeldes mit dem ethischen Aufklärungsideal so klar und so früh nachweisen wie in

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II. Vorpolitische Dimensionen des Begriffsfeldes

Deutschland. Während der eindeutig ständisch konnotierte Begriff der Libertät als semantische Projektionsfläche neuer soziokultureller oder politischer Bedeutungsinhalte ausschied, wurde Liberalität zu einem wichtigen Attribut des aufgeklärten Diskurses im 18. Jahrhundert. Die von Kant ausgehende Bestimmung der Liberalität der Denkungsart schirmte diesen Gesinnungsbegriff deutlicher als in den anderen Vergleichsfällen von der späteren Ideologisierung ab, indem es ihn zunächst in die Erkenntnisdimension des Erhabenen und Moralischen erhob. Dies transzendierte zugleich deutlicher als in Frankreich und Italien die antik-semantische Traditionslinie der liberalitas. Die spätere Kopplung von liberal/Liberalismus an das Aufklärungsparadigma und die damit verbundene geschichtsphilosophisch-holistische Aufladung von Liberalismus, aber auch die spezifische Ausrichtung von liberal am selbständigen und selbstbewußten Individuum, das sich parteiischen Zwängen entzog und schließlich die soziale Exklusion von Liberalität durch das Kriterium der Bildung haben hier ihre Ursprünge. Auf gemeinsamer Bildung und dem ostentativen Bekenntnis zu Vernunft und historischer Fortschrittlichkeit beruhend, entwickelte der soziokulturelle Begriff Liberalität eine eigene identifikatorische Funktion. Das positive Selbstbekenntnis zur Liberalität diente der Temporalisierung der eigenen Gegenwart, indem der enge Zusammenhang von Liberalität und historischem Fortschritt hervorgehoben wurde. Wie liberal education in England den gentleman auswies, firmierte Liberalität als Gesinnungsausweis für den neuen Stand der Gebildeten. Die sozialexklusive Nuancierung, bereits in der antiken liberalitas faßbar und in den neuzeitlichen Bestimmungen zumal der französischen libéralité nachweisbar, verschob sich hier auf eine neue Ebene. Das Bildungskriterium, das der Liberalität der Denkungsart zugrundelag, resultierte nicht mehr aus einem tradierten sozialständischen Qualifikationsmerkmal, und es bot mindestens theoretisch die Möglichkeit des Zugangs für alle Gesellschaftsmitglieder, die die notwendige Bildung erwarben. Das sich noch vor der Erfahrung der Französischen Revolution entfaltende Deutungsmuster, das dem Kantischen Aufklärungsbegriff Liberalität zugrundelag, blieb ein semantisches Gehäuse, das sich für vielfältige politisch-gesellschaftliche Implikationen eignete. Nur aus der spezifischen Persistenz des gelehrten Gesinnungsbegriffes Liberalität weit über das 18. Jahrhundert hinaus kann die besondere Überlagerung politischer Bedeutungselemente und vormoderner Aspekte im Deutschen erklärt werden.

1. Frankreich

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III. Politische Präfigurierung und semantische Fermentierung bis 1820: Zur Inkubationszeit des politisch-sozialen Deutungsmusters 1. Frankreich a) Die idées libérales als sprachliches Erbe der Französischen Revolution Ohne die Französische Revolution und ihre langfristige Wirkungsmacht ist der für die historisch-semantische Genese des Deutungsmusters libéral/libéralisme fundamentale ideologische Richtungsimpuls nicht denkbar. Diese Wirkung betraf nicht allein den politisch-gesellschaftlichen Diskurs Frankreichs, sondern mittelbar oder unmittelbar alle hier untersuchten Vergleichsfälle. Der in Frankreich seit 1770 insgesamt dynamisierte Gebrauch des politischen Vokabulars ging zugleich mit einem veränderten Bewußtsein von Zeitlichkeit einher.1 Gerade den Zeitgenossen war im unmittelbaren Rückblick auf die Zeitspanne seit 1789 die tiefgreifende Zäsur bewußt, die den tradierten Diskurs und seine Bedeutungsbestimmungen von neuen politisierten Etiketten grundsätzlich unterschied. Dies äußerte sich zunächst in einer unüberschaubaren Vielfalt von Bedeutungsrichtungen. So konstatierte J. Fiévée 1816, daß „la langue de la politique actuelle n’est pas encore fixée et les mots ont autant d’acceptions que l’esprit de parti peut leur trouver de significations différentes“.2 Hinzu kam ein neues Bewußtsein für die besondere Zeitlichkeit von überlieferten Begriffen, die durch neue Erfahrungshintergründe überholt schienen. Die Fermentierung der Zeiterfahrungen ergab sich aus der Brückenfunktion tradierter Begriffe, die über neue Bedeutungskopplungen gewissermaßen in einen neuartigen Erfahrungsraum hineinwuchsen. Die inhaltliche Veränderung der Deutungsmuster implizierte eine ideologische Temporalisierung, ein Bewußtsein für den tiefgreifenden soziokulturellen Bruch und die neue Qualität der Gegenwart gegenüber der Vergangenheit. Auch vor diesem Hintergrund ergab sich den Zeitgenossen der Zäsurcharakter des Jahres 1789: Jadis les noms nouveaux devaient se retremper dans le passé, pour avoir de la valeur: maintenant la marche est inverse, les noms anciens doivent venir se retremper dans le présent. Les anciens noms ainsi retrempés par leurs alliance avec l’histoire moderne, ont une double signification, et par conséquent une double valeur. Les noms de l’ancienne histoire étran1

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Vgl. ROLF REICHARDT, Revolutionäre Mentalitäten und Netze politischer Grundbegriffe in Frankreich 1789–1795, in: DERS. und KOSELLECK (Hrsg.), S. 185–215 sowie ROLF REICHARDT, Thesen zur Konzeptionalisierung des revolutionären Bruchs, in: ebd., S. 662 f. J. FIÉVÉE, Histoire de la session de 1815, Paris 1816, S. 2.

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III. Politische Präfigurierung und semantische Fermentierung bis 1820

gers à la nouvelle, sont pour le peuple français comme s’ils n’existaient pas. Les Français connaissent beaucoup plus les noms de l’Assemblée constituante, et ceux des guerres d’Italie et d’Egypte, que tous ceux des époques de Philippe-Auguste et de saint Louis. Aujourd’hui, en France, les noms sont comme les langues, divisés en langues mortes et langues vivantes: 1789 fait la ligne de démarcation. La nouvelle France date de là: ce qui est au-delà est pour elle de l’histoire ancienne, qui n’inspire plus d’intérêt qu’aux savans et à quelques intéressés.3

Zum prägenden Kennzeichen der mit dem Epochendatum 1789 einsetzenden Phase wurde die Verdichtung von Zeiterfahrungen, die sich konkret in der historisch-semantischen Entwicklung von neuen ideologischen Zeitbegriffen niederschlugen. Dieser Prozeß ist paradigmatisch in der Genese der idées libérales und ihrer Transformation in den Bewegungsbegriff libéralisme dokumentierbar. Die Politisierung des Erfahrungskontextes: Die Überwindung der crimes révolutionnaires durch die opinions libérales Die Analyse der vorpolitischen Bedeutungsbestimmungen hat gezeigt, daß sich bis 1789 noch keine konkreten politischen Konnotationen des Wortfeldes entwickelt hatten. Mit libéralité lag allerdings, zumal seit der Mitte des 18. Jahrhunderts, ein Übergangsbegriff zwischen einem sozialexklusiven Verständnis monarchischer oder adliger Großzügigkeit und der Bestimmung aufgeklärter Unvoreingenommenheit vor. Die éducation libérale lieferte 1789 eine identifikatorische Selbstbezeichnung des politisch dynamischen tiers état. Dies unterstreicht, daß das Wortfeld libéral/libéralité im vorpolitischen Entwicklungsstadium bereits eine potentielle Aufladung mit politischen Inhalten zuließ und den privatethischen Rahmen überstieg. Erst die Dynamik der Ereignisse seit 1789 gab dieser Präpolitisierung eine neue Richtungsqualität, auch wenn sich bereits in der vorpolitischen Begrifflichkeit spezifische Spannungsmomente ausmachen ließen:4 Die Bestimmung der libéralité in Diderots und D’Alemberts Encyclopédie als vertu, die auf das bien commun hingeordnet blieb, konnte beim Versagen des Herrschers auch kritisch gegen ihn umgewertet werden. Noch wichtiger erscheint die semantische Distanzierung der éducation libérale von der aristokratischen Bestimmung und ihre ostentative Vereinnahmung durch den tiers état bei Sieyès: Bei ihm verband sich das tradierte Ideal von Unabhängigkeit und Freiheit, die erst den Genuß der éducation libérale ermöglichten, mit dem Anspruch auf Repräsentation der ganzen französischen Nation. Die éducation libérale diente dabei nicht mehr als soziales Abgrenzungskriterium des Adels, sondern begründete über die Forderung auf gerechte Teilhabe am öffentlichen Leben hinaus den politisch-gesellschaftlichen Führungsanspruch des tiers état zu Beginn der Französischen Revolution. 3 4

PRADT, Petit catéchisme à l’usage des Français, sur les affaires de leur pays, Paris 1820, S. 138 f. Vgl. REINHART KOSELLECK, Kritik und Krise. Eine Studie zur Pathogenese der bürgerlichen Welt (1959), Frankfurt a. M. 1989, S. 155 ff.

DE

1. Frankreich

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Die zunehmende Politisierung des Kontexts seit 1789 unterstrich der Ami des Patriotes, der 1791 betonte, die „déclaration des droits de l’homme & du citoyen est d’une évidence si frappante, & en même temps si consolante pour les âmes qui ont commencé une fois à se libéraliser, qu’elle est capable de convaincre ceux mêmes qui ont passé l’époque docile de l’enfance“.5 Damit war zumindest der allgemeine Verwendungszusammenhang skizziert. Zu keiner Zeit trat libéral in der Französischen Revolution aber bereits als ein spezifischer nom de parti auf; die verschiedenen Gruppen wurden anfänglich mit démocrates, aristocrates und monarchiens oder mit den bekannten Bezeichnungen girondins oder jacobins unterschieden.6 Eine besondere semantische Relevanz entfalteten auch die Begriffe modéré und modérantisme im Gegensatz zu jacobinisme seit 1793/94.7 Der Beginn der politischen Bedeutungsgeschichte von libéral im engeren Sinne fällt eindeutig in die Phase nach dem Ende der terreur. Begreift man den Sturz Robespierres und den Übergang in die thermidorianische Phase des Direktoriums als Beginn einer spannungreichen Suche nach politischer und gesellschaftlicher Stabilisierung, dann erscheint die programmatische Richtung der nun auftretenden idées libérales als diskursives Kennzeichen einer postrevolutionären Herausforderung. Der von den Anhängern der radikalen Revolution in der Tradition Robespierres nicht verwendete Begriff libéral eignete sich jetzt aus mindestens zwei Gründen, um von den auf kalkulierbare Zustände zielenden Teilen der politischen Öffentlichkeit aufgegriffen zu werden: libéral war zunächst ein ideologisch weitestgehend unbelasteter Begriff, und für die Zeitgenossen enthielt er jenseits aller Vereinnahmung durch gängige Parteinamen in sich selbst einen deutlichen Bezug zu den Idealen der Aufklärung und der gegen die ständischen und feudalen préjugés formulierten Freiheit. Gerade die fehlende konkrete Bestimmung vor dem Hintergrund der vorpolitischen Bedeutung von libéralité und générosité kennzeichnete das noch unausgeschöpfte semantische Potential, das neue Richtungsbestimmungen erlaubte. Dagegen waren spätestens nach dem Thermidor 1794 die überlieferten Parteinamen jacobin oder girondin keine sprachlichen Ansatzpunkte für die programmatische Neudefinition eines integrierenden Zukunftsprogramms mehr, sondern im Gegenteil Bestandteil der politisch-gesellschaftlichen Polarisierung und Fragmentierung. 5 6

7

L’AMI DES PATRIOTES OU LE DÉFENSEUR DE LA RÉVOLUTION, Bd. 3, Nr. XXXVIII vom 12. August 1791, S. 214. Vgl. HORST DIPPEL, Démocratie, Démocrates, in: REICHARDT und LÜSEBRINK (Hrsg.), Heft 6, S. 57–97, hier S. 82 ff. Ein Artikel zu Faction, parti (Girondins, Jacobins, usw.) ist für das HPSG geplant, war aber zum Zeitpunkt des Manuskriptabschlusses noch nicht erschienen; vgl. auch Avis à mes chers concitoyens, sur les querelles d’Allemand, ou dissertation sur les noms de parti qu’on se donne réciproquement, sans valoir s’entendre, [Paris] 1790, S. 18 f. Vgl. GEORGES BENREKASSA, Modération, Modéré, Modérantisme, in: REICHARDT und LÜSEBRINK (Hrsg.), Heft 16–18, S. 123–58, hier S. 142 ff.

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III. Politische Präfigurierung und semantische Fermentierung bis 1820

Demgegenüber schlugen die opinions libérales eine Brücke zum „legitimen“ Ausgangspunkt der Revolution und zum Ideenvorrat der Aufklärung. Sie standen damit im Schnittpunkt von revolutionären Erfahrungen und postrevolutionären Erwartungen.8 Die vorpolitische Bedeutungsrichtung, nach der die opinions libérales als Konsequenz von libéralité zu bestimmen waren, wurde dabei von neuen Erfahrungen transzendiert; soweit der tradierte Ausdruck in eine neue Erfahrungswelt eintauchte, nahm er auch neue Bedeutungsaspekte auf. So hob Benjamin Constant 1796 die opinions libérales von den erfahrenen Konsequenzen der terreur ab. Aber in der „lutte honorable contre les restes affreux du régime révolutionnaire“, für die die opinions libérales das programmatische Etikett einer gemäßigt-kalkulierbaren politischen Richtung lieferten, sah er eine erneute Gefährdung von der Unzufriedenheit der politischen Oppositionsgruppen ausgehen, die er gerade in den Nachfolgern der Aufklärungsphilosophen selbst – und damit den Begründern der opinions libérales – erkannte: „Ainsi les opinions libérales sont attaquées par des transfuges de la philosophie, par les disciples mêmes de ces génies immortels, qui ont osé rêver la régénération de l’espèce humaine“.9 Damit wies er indirekt auf einen wichtigen Aspekt der Wirkungsgeschichte der opinions libérales und der aus ihnen entwickelten idées libérales hin: Der Ausdruck verwies auf den Ausgangspunkt der revolutionären Entwicklungen und stellte mithin eine Rekursmöglichkeit dar, auf die im Sinne einer semantischen Restauration der „legitimen“ Ursprünge zurückgegriffen werden konnte. Es ist kein Zufall, daß sich diese Konnotation zu einem Zeitpunkt entfaltete, als die Diskussion um Überwindung und Aufhebung der Revolution akut wurde. Die zu definierenden „legitimen“ Ergebnisse der Revolution ließen sich vor dem Hintergrund der jakobinischen Entartung durch den Rückgriff auf die opinions libérales deutlicher abgrenzen. Damit war die Frage nach der sprachlich-dialektischen Aufhebung der Revolution gestellt. Das im 18. Brumaire gefundene Schlagwort der idées libérales gab auf diese Epochenfrage eine Antwort und markierte damit den Beginn der semantischen Interpretationsgeschichte der Französischen Revolution, die die Genese und Transformation des Wortfeldes um libéral so tiefgreifend prägen sollte. Für Frankreich stellte sich das Problem der Abgrenzung zwischen opinions libérales und crimes révolutionnaires besonders drängend, denn jeder neue Begriff stand zunächst unter Verdacht – ein Zeichen für die fortgeschrittene ideologische Fragmentierung und Polarisierung des Politikdiskurses: „Nous sommes tellement effrayés des

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Vgl. REINHART KOSELLECK, Zum Auseinandertreten von Erfahrungsraum und Erwartungshorizont im Zeitalter der Revolution, in: REICHARDT und KOSELLECK (Hrsg.), S. 657–9. BENJAMIN CONSTANT, Des réactions politiques, 1797, in: DERS., Cours de politique constitutionnelle. Nouvelle Edition, mise en ordre et précédée d’une introduction par M. J.-P. PAGÈS, Bd. 2, Paris 1836, S. 558–619, hier S. 572 und 578.

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révolutions, que tout ce qui est neuf nous paraît révolutionnaire, et presque tout ce qui n’est pas abusif est neuf“.10 Der etikettierte Staatsstreich: Die idées libérales als Programm des 18. Brumaire 1799 und die vermeintliche restauration générale der wahren Revolutionsziele Im Gegensatz zu den konkreten Parteinamen war für die Zeitgenossen mit libéral zunächst nur ein allgemeiner Bezug zu gemäßigter Freiheit in Abgrenzung zur jakobinisch-radikalen Phase bis zum Thermidor 1794 verbunden, die sich im Augenblick einer politischen Krise überparteilich aktualisieren ließ. Genau im Moment dieser Herausforderung, für die der 18./19. Brumaire 1799 stand, wurden die idées libérales zum Schlagwort des bonapartistischen Staatsstreichs, mit dem der erfolgreiche Revolutionsgeneral das schwankende Regime des Direktoriums stürzte. Vor dem Hintergrund einer fortdauernden Bedrohung von links und rechts, von der Verschwörung der Gleichen unter Babeuf 1796 bis zur gefürchteten Rechtsreaktion der Royalisten 1797, markierte das Adjektiv libéral den Gegensatz zur Ausartung der terroristischen Revolution. So betonte ein Mitglied des Conseil des cinq-cent im Juni 1799 die Position des Corps Législatif als Garant der wahren Freiheit: „Il ne s’agit pas de déchaîner les passions révolutionnaires, mais d’enflammer toutes les affections libérales et généreuses, et de faire que la liberté ne soit pas le patrimoine de quelques-uns, mais la domaine de tous les Français“.11 In der Abwendung von den Konsequenzen der radikalen Revolution, die als Ergebnis der „passions révolutionnaires“ begriffen wurde, sollte das Ideal der liberté weder im Sinne des überwundenen Ancien régime noch im Sinne der terreur verstanden werden. Die „affections libérales et généreuses“ konturierten als Schlagwort auch zur Zeit des Direktoriums das Ziel einer politischen und gesellschaftlichen Stabilisierung, eine Politik, die angesichts des Lavierens gegenüber royalistischen und radikal-republikanischen Bedrohungsszenarien in eine immer offensichtlichere Legitimationskrise geriet und schließlich den Weg für den Staatsstreich Bonapartes ebnete. Auffällig ist indes die Persistenz des vorpolitischen Bestimmungsmusters: Die Attribute libérale und généreuse verwiesen noch auf die Großzügigkeit und Interessenlosigkeit als Gesinnungskennzeichen, die im Gegensatz zu den erfahrenen Extremen stand. Der vorpolitische Topos verdankte seine Politisierung einem veränderten Kontext, in dem nicht mehr länger die privat-individuelle Sphäre, sondern der politisch-gesellschaftliche Raum dominierte. Dies ermöglichte auch die politische Instrumentalisierung eines tradierten Ausdrucks.

10 11

Ebd. Conseil des cinq-cent, Séance du 17 Prairial 1799, zitiert nach P. J. B. BUCHEZ und P. C. ROUX, Histoire parlementaire de la Révolution française ou journal des assemblées nationales depuis 1789 jusqu’en 1815, Bd. 38, Paris 1838, S. 52.

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III. Politische Präfigurierung und semantische Fermentierung bis 1820

In der konkreten Situation des Brumaire muß daher ideologiekritisch zwischen bonapartistischer Machtstrategie und ideologischer Etikettierung unterschieden werden. Bonaparte erfand die idées libérales nicht, aber er machte sie an zentraler Stelle, in seiner Proklamation vom 18. Brumaire, zu einem Kernbegriff seines politischen Programms. Sein Vorgehen gegen das Direktorium diente der vermeintlichen Aufhebung der Revolution, die zugleich als notwendige Rückkehr zu ihren „legitimen“ Ursprüngen gedeutet werden konnte: Den semantischen Anknüpfungspunkt für die idées libérales bildete das Motiv der vermeintlichen Restauration der wahren Revolutionsziele. Die Anhänger Bonapartes bekräftigten in ihren Toasts am Vorabend des 19. Brumaire sowohl die machtpolitischen Grundlagen als auch die ideologischen Motive ihres bevorstehenden Staatsstreiches, wenn sie „aux armées de la république“ und „aux idées généreuses et libérales qui fondèrent la révolution“ tranken.12 Bonaparte selbst führte in seiner Rede vor dem Conseil des anciens in Saint-Cloud zunächst aus, die Direktoren Barras und Moulin hätten vorgeschlagen „de me mettre à la tête d’un parti tendant à renverser tous les hommes qui ont des idées libérales.“ Mit dem ostentativen Bekenntnis zu den idées libérales verband sich für ihn eine überparteiliche Distanz zu den politischen Gruppen des alten Regimes. Dies prädestinierte ihn für die Rolle einer nationalen Integrationsfigur: „Les différentes factions sont venues sonner à ma porte; je ne les ai point écoutées, parce que je ne suis d’aucune coterie, parce que je ne suis que du grand parti du peuple français“.13 Diese Selbststilisierung als nationaler und überparteilicher Retter der gerechten Revolution, basierend auf seinem Ruf als überragender militärischer Führer, fand ihre Fortsetzung in der zentralen Proklamation Bonapartes vom Abend des 19. Brumaire. Für den unabhängigen Garanten der revolutionären Ideale, den „soldat de la liberté“ und „citoyen dévoué à la République“, stand die ideologische Rechtfertigung des Staatsstreiches ganz unter dem Primat einer notwendigen Rückkehr zu den ursprünglichen Zielen der Revolution. Die angekündigte „restauration générale“, in der die führenden Protagonisten als „défenseurs de la liberté, de l’égalité, de la propriété“ wirken sollten, ermöglichte es Bonaparte, sich selbst als lediglich militärischen Führer darzustellen, der den Conseil vor angeblichen Bedrohungen von der Straße schützen sollte. Die Verlegung des Corps Législatif nach Saint-Cloud sollte einem „examen calme, libre, exempt de toute influence et de toute crainte“ dienen und entsprach doch nur dem Muster gegenrevolutionärer Handlungsabläufe. Die idées libérales als Ausdruck des revolutionären Erbes und der Verpflichtung von 1789 erhielten in dieser dramatischen Situation einen defensiven Charakter. Bonaparte 12

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LE DIPLOMATE, Nr. XVIII, Quintidi 25 Brumaire, an VIII de la République française (15. November 1799), S. 2; vgl. auch ALPHONSE AULARD, Paris sous le consulat. Recueil de documents pour l’histoire de l’esprit public à Paris, Bd. 1: Du 18 Brumaire, an VIII au 30 Brumaire, an IX, Paris 1903, S. 7. Conseil des anciens, Séance du 19 Brumaire, an VIII, zitiert nach BUCHEZ und ROUX, Bd. 38, S. 190 und 192.

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sicherte sich ein semantisches Deutungsmonopol, indem er sich ihrer Wiedereinsetzung, ihrer Restauration und ihrem Schutz verschrieb. Aus ideologiekritischer Perspektive griff er dabei auf den klassischen Topos von der angeblich drohenden Gefährdung des Erreichten zurück, um den faktischen militärischen Staatsstreich als ostentativen Akt der Rettung der Revolution zu verschleiern: „Les idées conservatrices, tutélaires, libérales, sont rentrées dans leurs droits par la dispersion des factieux qui opprimaient les conseils, et qui, pour être devenus les plus odieux des hommes, n’ont pas cessé d’être les plus méprisables“.14 Dieses erste programmatische Auftreten der idées libérales ging also von einer restaurativen Konnotation aus, die aber nicht auf das Ancien régime, sondern auf die projizierten Ursprünge der Revolution zielte. Der militärische Coup d’état gab sich mit den idées libérales den Anschein, in bewußter Übereinstimmung mit den anerkannten Idealen von 1789 zu handeln und die Ergebnisse dieser legitimen Revolution zu sichern.15 Zugleich markierten die im Kontext der Proklamation komplementär eingesetzten Attribute conservatrice, tutélaire und libéral die äußerste Grenze der Revolution, lieferten dem Ziel einer Stabilisierung der revolutionären Werte zwischen jakobinischer Entartung und monarchischer Restauration das Schlagwort und verdeckten so zugleich die realen machtpolitischen Motive Bonapartes. Aus dem Nebeneinander von freiheitlichen und defensiven Werten erwuchs das Selbstverständnis des nationalen Retters Bonaparte und seine Abgrenzung gegenüber der radikalen Revolution in der Tradition Robespierres und Saint Justes: Den „idées libérales & conservatrices“ wurden die Jakobiner als „essentiellement destructeurs“ gegenübergestellt.16 Moraliser la révolution? Von der republikanischen Projektion zur napoleonisch-imperialen Selbstinterpretation der idées libérales Die schnelle Adaption der idées libérales nach dem 18. Brumaire – „devenue si à la mode depuis un mois“ berichtete der Diplomate bereits wenige Wochen später17 – unterstrich die weitgespannten Erwartungen, die sich mit Bonapartes Vorgehen verbanden.18 Auffällig ist vor allem die Aussteuerung der in der Pro14

15

16 17 18

Proclamation du général en chef Bonaparte. Le 19 Brumaire, 11 heures du soir, in: LE DIPLOMATE, Nr. XVI, Tridi 23 Brumaire, an VIII de la République française (13. November 1799); vgl. BUCHEZ und ROUX, Bd. 38, S. 255–7. Vgl. LE DIPLOMATE, Nr. XLV, Duodi 22 Frimaire, an VIII, S. 4: „il faut se reporter au commencement de la révolution, à l’époque de 89; à cette époque si remarquable par l’enthousiasme de tous les français, par l’essor de toutes les idées, de toutes les affections généreuses et libérales.“ [BARRUEL-BEAUVERT] Dialogue entre un monarchiste, un bourboniste et un jacobin, recueilli et publié par le COMTE DE BARRUEL-BEAUVERT, [Paris] 1804, S. 10. LE DIPLOMATE, Nr. XXXVI, Octidi 18 Frimaire, an VIII; vgl. AULARD, Bd. 1, S. 44. Vgl. L’AMI DES LOIS, Tridi 3 Nivôse, an VIII, S. 2; ebd., Quartidi 4 Nivôse, an VIII, S. 2 sowie LE DIPLOMATE, Nr. XXXVI, Tridi 13 Frimaire, an VIII, S. 2: „on a négligé les idées libérales et fécondes avec lesquelles la patrie ne seroit jamais en danger.“

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III. Politische Präfigurierung und semantische Fermentierung bis 1820

klamation noch enthaltenen anderen Attribute conservatrices und tutélaires; übrig blieb das Schlagwort, mit dem sich nunmehr die Anhänger Bonapartes identifizierten. Für die Befürworter des brumairianischen Staatsstreichs ging es um die Sicherung einer auf Mäßigung und Ausgleich ausgerichteten Stabilisierung der republikanischen Ordnung auf der Basis der neuen Konsulatsverfassung unter Bonapartes Regie. Der 18. Brumaire, so ein Abgeordneter des Conseil des cinq-cents, bedeutete die Rettung der Republik und des „corps social d’une dissolution prochaine et inévitable“, die aber nur dann langfristig erfolgreich sein könne, wenn es nicht beim Austausch von einigen politischen Funktionsträgern bliebe: si elle ne posait enfin la liberté sur des bases inébranlables en organisant son exercice, cette divinité des âmes libérales serait perdue à jamais pour la France, pour notre patrie, qui retomberait sous le joug honteux du despotisme sacerdotal et nobilitaire, après avoir momentanément passé sous celui d’une horrible et sanglante démagogie.

Die „espérances les plus libérales“ sah man seit dem Vorgehen des Direktoriums gegen die befürchtete Rechtsreaktion vom 18. Fructidor 1797 und gegen die Linke am 22. Floréal 1796 in der Garantie der Revolutionsprinzipien égalité, liberté, sûreté und propriété.19 Die Betonung von Sicherheit und Eigentum in diesem Kontext erscheint besonders signifikant: Sie reflektierte die Erwartung an die Brumairianer, die „République une et indivisible“ als Garantie einer durch die Revolution und den Verkauf der Nationalgüter neu begründeten besitzbürgerlichen Formation zu sichern. Ausführlich widmete sich der Ami des Lois der Bestimmung der idées libérales. Im Gegensatz zu den aristocrates, denen es um die Schwächung der republikanischen Werte gehe, ziele die bonapartistische Interpretation auf politische Stabilisierung und gesellschaftliche Versöhnung: Dans la bouche de Bonaparte les mots: idées libérales, ont une autre signification que dans la bouche des aristocrates, qui paraissent adopter, caresser cette locution, et s’en servir pour affaiblir les services républicains et pour usurper une considération qu’ils ne méritent pas. Bonaparte, par idées libérales entend tout ce qui peut embellir la République, la faire aimer; tout ce qui tend à moraliser la Révolution; à en réparer les fautes et les erreurs; il entend l’indulgence qui ne peut nuire à l’affermissement de la République; il entend le rappel des hommes égarés aux lois; il entend les institutions bienfaisantes, la tolérance politique et religieuse, la confiance au repentir; il entend enfin l’oubli des injures et toutes les conceptions d’une âme forte et généreuse.20

Das „moraliser la Révolution“ verband sich für den Ami des Lois mit dem Ideal des „parcere subjectis des Romains“, und in diesem Sinne könne die aristokratische Partei die idées libérales nicht für sich in Anspruch nehmen. Deren bona19

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Discours de Chabaud (du Gard), Conseil des Cinq Cents, Seconde séance du 19 Brumaire, an VIII, in: [LALLEMANT] Choix de rapports, opinions et discours prononcés à la Tribune Nationale depuis 1789 jusqu’à ce jour; recueillis dans un ordre chronologique et historique, Bd. 17: Ier volume de Consulat. De l’an 8 à l’an 10, 1799–1802, Paris 1821, S. 88. L’AMI DES LOIS, 16 Frimaire, an VIII, zitiert nach AULARD, Bd. 1, S. 42.

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partistische Nuancierung wurde hier in Abgrenzung zu aristokratischen Versuchen einer Rückkehr zur Monarchie als republikanisches Ideal beschworen, das die Ergebnisse der Revolution durch ein neues Wertesystem sichern und den einzelnen Bürger einbinden sollte; dabei bot sich zumal die vorpolitisch begründete, ethische Richtung des Wortfeldes an. Dem Gedanken der gesellschaftlichen Versöhnung, auf den die Attribute indulgence, tolérance und oubli des injures hinwiesen, kam eine fundamentale Bedeutung zu. Dies war für den Verfasser nur durch ein republikanisches Verständnis der idées libérales vorstellbar, die sich dadurch umso trennschärfer vom aristokratischen, sozial-exklusiven Verständnis der libéralité abgrenzen ließen: Dans l’hypothèse d’un retour à la royauté, les aristocrates, les exclusifs en habits de soie pourraient peut-être (si les émigrés leur en laissaient le moyen) avoir des idées libérales envers les républicains; mais, dans notre position actuelle, ils ont tout à recevoir et rien à donner. Leur libéralité est donc une chose ridicule, une générosité dérisoire, une usurpation qu’il faut signaler, afin que ces nouveaux charlatans ne trouvent pas de dupes.21

In der Kopplung von idées libérales und morale républicaine bildete sich im Übergang vom Direktorium zum Konsulat die Erwartung einer Garantie der positiven Revolutionsergebnisse und ihr Schutz im Rahmen einer gewissermaßen gereinigten republikanischen Ordnung ab.22 Dialektisch gewendet, umschrieb dies die Aufhebung der Revolution zur Sicherung ihrer Ergebnisse. Faktisch reflektierte das überschwengliche Bekenntnis zu den idées libérales das Dilemma einer innerlich zerrissenen postrevolutionären Gesellschaft, die sich nach den zahlreichen politisch-konstitutionellen Experimenten seit 1789 und der Enttäuschung über die Schwäche des Direktoriums mit Bonaparte eine Mischung aus militärischem Genius und nationalem Rettungsmythos auserwählt hatte. Die Republikaner, so das Journal des Hommes libres, hätten die Verwirklichung ihrer Ziele – „la liberté, l’égalite et le respect pour la souveraineté du peuple“ – den „sentiments généreux et libéraux d’un gouvernement plus fort, plus libre et moins entravé“ zu verdanken.23 Der vorpolitische Ausdruck eignete sich besonders gut zur Verschleierung der Machtinteressen der neuen Führung. Auf Bonaparte ließ sich vor diesem Hintergrund auch der Begriff der libéralité anwenden.24 Die Übertragung der positiven Qualität des Begriffes auf die Person Bonapartes förderte die Personifikation und Identifizierung der idées libérales mit der nationalen Retterfigur. 21 22

23 24

Ebd. Vgl. Compte général sur la situation morale, politique et civile du département de la Seine pendant le mois de Nivôse an VIII, présenté au ministre de la police de la république par le commissaire du gouvernement près l’administration centrale du dit département [datiert 20 Pluviôse, an VIII], zitiert nach AULARD, Bd. 1, S. 105–12, hier S. 107 f.: „les écoles primaires sont dans une situation déplorable. Il est pourtant vrai que les impressions primitives sont les plus durables. Il importerait donc que les idées libérales et la morale républicaine fussent présentées à la jeunesse dès les premiers rayons de son intelligence, dès qu’elle a le sentiment du bien et du mal.“ JOURNAL DES HOMMES LIBRES, 27 Frimaire, an VIII; vgl. AULARD, Bd. 1, S. 58. JOURNAL DES HOMMES LIBRES, 8 Nivôse, an VIII; vgl. AULARD, Bd. 1, S. 73 f.

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III. Politische Präfigurierung und semantische Fermentierung bis 1820

Die in ihrer politisch-gesellschaftlichen Konkretion offene Bedeutungsrichtung der idées libérales provozierte indes schon bald Skepsis. Ein Anhänger der „intrépides défenseurs du bonheur commun“ aus Toulouse setzte den idées libérales der Konsuln programmatisch die eigenen „principes libéraux“ entgegen und konnte seit dem 18. Brumaire keine über Paris hinausgehenden Veränderungen erkennen.25 Die ausgesprochene Vagheit der idées libérales stand für den Autor in signifikantem Gegensatz zum republikanischen Enthusiasmus des Ami des Lois. Die Tatsache, daß in der fehlenden inhaltlichen Konkretisierung auch eine nicht zu unterschätzende Gefahr der Instrumentalisierung gegen vermeintliche Gegner lag, betonte ein Artikel, der die „parasites politiques“ in Paris charakterisierte, die sich der idées libérales zur ideologischen Stigmatisierung ihrer Gegner bedienten. Dieser polemische Mechanismus setzte bereits eine publizistisch etablierte Identifikationsfunktion des Schlagworts voraus, was auf der programmatischen Selbstbezeichnung der neuen Führung durch die idées libérales beruhte, durch die sich die ideologische Trennungslinie gegenüber dem Gegner besonders klar markieren ließ: Ils veulent tout envahir, tout régler, tout diriger; ils font les lois, les défont; publient de la Constitution les lambeaux qu’ils ont escamotés, pour faire croire qu’elle est leur ouvrage. Si vous leur avez déplu, si vous avez alarmé une seule fois leur amour-propre, si vous avez fait quelque plaisanterie sur leurs paradoxes, ils vous proscrivent sourdement, assurent que vous n’avez pas ‚d’idées libérales‘ et que vous n’êtes propres à rien.26

Welche Politik sich mit den idées libérales in der Herrschaftskonzeption des Ersten Konsuls verband, zeigte sich bald. Die Hoffnungen auf eine langfristige Stabilisierung republikanischer Werte erfüllten sich jedenfalls nicht. Auf der Grundlage der Konsulatsverfassung wurde eine demokratisch verdeckte Militärdiktatur errichtet und Bonaparte durch Plebiszit zunächst für zehn Jahre, dann auf Lebenszeit zum Ersten Konsul gewählt. Die Entwicklung mündete 1804 im Kaiserreich und dem Versuch, sich mit einer eigenen napoleonischen Herrscherdynastie auch dem tradierten Prinzip dynastischer Legitimität wiederanzunähern. Den Weg vom republikanischen Hoffnungsattribut des 18. Brumaire zum spätestens seit der Kaiserkrönung von 1804 napoleonisch-imperial intendierten Ausdruck nahmen die idées libérales dabei mit erstaunlicher Leichtigkeit. Auch dies unterstrich, wie wenig konkret der Ausdruck idées libérales bestimmt und wie weit der Interpretationsspielraum war, der es Bonaparte ursprünglich erlaubt hatte, sich als Retter der Revolutionsprinzipien unter republikanischen Vorzeichen zu empfehlen, während Napoleon in ihnen die über die republikanische Ordnung hinausgehende Kontinuität des revolutionären Bekenntnisses im Rahmen eines selbstdefinierten Kaisertums zu wahren suchte. Die Ermahnung zu „fidélité à la dynastie Napoléonienne, conservatrice de l’unité de la France et de toutes les idées libérales proclamées par les constituti25 26

LE DIPLOMATE, Nr. XXXVI, Octidi 18 Frimaire, an VIII, S. 4. L’AMI DES LOIS, 23 Frimaire, an VIII, zitiert nach AULARD, Bd. 1, S. 52.

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ons“ bündelte sprachlich sehr genau die postrevolutionären Konturen des napoleonischen Herrschaftsverständnisses, das von einer signifikanten Mischung aus politischen Legitimationsquellen des Ancien régime und der Revolution bestimmt war.27 Dazu zählten neben der neodynastischen Legitimität vor allem die Sicherung der nationalen Einheit und das Bekenntnis zu den konstitutionell verankerten Ursprungsprinzipien der Revolution, die man in den idées libérales erkannte. Es ist kein Zufall, daß Napoleons imperiale Selbststilisierung gerade auf die idées libérales rekurrierte: Sein Minister Bourrienne unterstrich, welche Bedeutung für Napoleon der Titel eines „héros des idées libérales“ hatte.28 Signifikant erscheint auch das im Rückblick ostentative Bekenntnis Napoleons zu den idées libérales noch in der Verbannung aus St. Helena. So sei es zwar ein Fehler gewesen, während der Hundert Tage nicht diktatorisch regiert zu haben, aber die Erinnerungen seiner Jugend hätten ihn erschreckt: „Je ne vis de frein possible aux rancunes populaires que dans le règne des idées constitutionnelles et libérales.“ Spätestens seit er Benjamin Constant als Repräsentanten des système constitutionnel mit einer Verfassungreform beauftragt habe, sei er selbst ein überzeugter Verfechter der idées libérales geworden: „je partageai de fait la direction des affaires avec les hommes qui, comme lui, avaient fait des idées libérales l’étude ou le rêve de leur vie“.29 Unabhängig von der realen Machtpolitik Napoleons spiegelte der Rückgriff auf die idées libérales den ideologischen Ursprung aus den Umwälzungen der Revolution wieder, und dies bis zum Ende der napoleonischen Herrschaft 1814/1815. Damit löste sich das politische Schlagwort endgültig aus dem engeren Kontext des 18. Brumaire und wandelte sich zu einem politischen Zeitbegriff, der in seiner publizistischen Funktion bereits den ideologischen Richtungsbegriff libéralisme antizipierte. Die idées libérales standen für eine politische wie gesellschaftliche Amalgamierung von Revolutionsprinzipien und nationaler Versöhnungspolitik: Der Code Civil, die Existenz repräsentativer Körperschaften, Rechtsgleichheit sowie Chancen sozialen Aufstiegs jenseits ständischer Privilegien garantierten den Fortbestand der Ideale von 1789 und 1791. In 27 28

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Vgl. BRUNOT, Bd. 9, S. 661, Anmerkung 5. [BOURRIENNE] Mémoires de M. de Bourrienne, ministre d’état; sur Napoléon, le directoire, le consulat, l’empire et la restauration, Bd. 3, Paris 1829, S. 28: „Dans la crise, dans l’état de malaise où l’on se trouvait, le besoin d’une dictature momentanée et absolue, quelquefois nécessaire pour sauver un état, repoussait toute réflexion sur les suites d’un pareil pouvoir, et personne ne pensait que la gloire fût incompatible avec les libertés publiques. On jeta, sans arrière-pensée, les yeux sur le général que ses antécédens désignaient comme le plus capable de défendre la république au-dehors, et la liberté audedans; sur le général que ses adulateurs et quelques hommes de bonne foi appelaient le héros des idées libérales, titre auquel il aspirait“; vgl. auch PRINCE DE POLIGNAC, Études historiques, politiques et morales sur l’état de la societé européenne, vers le milieu du dix-neuvième siècle, Paris 1845, S. 150. NAPOLÉON BONAPARTE, Correspondance, 21. Februar 1816, Bd. 32, Paris 1867, S. 340 und Souvenirs de la France Napoléoniennes, Brüssel 1852, S. 10; vgl. VIERHAUS, Liberalismus, S. 750 f.

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III. Politische Präfigurierung und semantische Fermentierung bis 1820

den idées libérales als bonapartistisches Versprechen lag für die politisch-gesellschaftliche Elite Frankreichs nicht allein die Garantie gegen jeden Versuch einer echten Restauration von Ständegesellschaft und Feudalismus: Weit über die ideologisch geschickte Selbstbindung Napoleons an die idées libérales hinaus wurden sie zu einem verbreiteten publizistischen Schlagwort der politischen Öffentlichkeit, das das Journal des Hommes libres als „expression fort usitée“ beschreiben konnte.30 Andererseits ist nicht zu übersehen, daß der Gebrauch des Adjektivs libéral primär an die monopolisierte Interpretationsmacht Napoleons gebunden blieb. In den gut dokumentierten Vorarbeiten zum Code Civil von 1801 bis 180431 ging die Bestimmung dessen, was als libéral und illibéral zu gelten hat, eindeutig vom Gesetzgeber Napoleon aus.32 Dies bietet auch ein instruktives Beispiel dafür, wie offen die semantische Verortung des Wortfeldes noch immer war: Eine verbindliche Definition mit programmatischer Richtungsqualität blieb noch aus. Der Gebrauch des Wortfeldes im Kontext der Ausarbeitung des Code Civil an sich scheint bereits bedeutsam. Die Kodifikation ließ sich programmatisch als Verwirklichung der „vues profondes, libérales et vraiment politiques que le gouvernement se propose de réaliser“ verstehen. Auch die in der Proklamation vom 18. Brumaire erstmals benutzte Formel der idées conservatrices, tutélaires, libérales wirkte in den Formulierungen nach.33 Dennoch folgte die Konnotation des Wortfeldes noch keineswegs durchgängig dem Deutungsmuster einer individuell verstandenen liberté. Das Adjektiv libéral knüpfte auch an dem vorpolitischen libéralité-Begriff an: Die „main libéral“ verwies auf das Ideal der générosité, und „travail libéral“ rekurrierte auf das antike Ideal materieller Unabhängigkeit als Voraussetzung für die Wahrnehmung eines öffentlichen Amtes. Auch die an mehreren Stellen deutliche Parallelisierung von libéral und philantropique unterstrich die Persistenz vorpolitischer Bedeutungsaspekte.34 Entscheidend blieb für diese Phase die Fermentierung der tradierten Bedeu30 31

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JOURNAL DES HOMMES LIBRES, 12 Pluviôse, an IX; vgl. AULARD, Bd. 1, S. 131 f. P. A. FENET, Recueil complet des travaux préparatoires du Code Civil, comprenant sans morcellement; Io le texte des divers projets; 2o celui des observations du tribunal de cassation et de tribunaux d’appel; 3o toutes les discussions puisées littéralement tant dans les procès-verbaux du conseil d’état que dans ceux du tribunat, et 4o les exposés de motifs, rapports, opinions et discours tels qu’ils ont été prononcés au corps législatif et au tribunat, 15 Bde., Paris 1827, Neudruck Paris 1837. Vgl. XAVIER MARTIN, Libéral/Illibéral. Sur l’emploi de ces mots dans les Travaux préparatoires du Code Civil (1801–1804), in: Dictionnaire des Usages socio-politiques (1770–1815), Bd. 2: Notions-concepts, Paris 1987, S. 45–53. FENET, Bd. 10, S. 200; vgl. ebd., Bd. 3, S. 156: „Après avoir rendu cet hommage aussi vivement senti que justement mérité, aux idées libérales, aux maximes tutélaires, aux principes conservateurs que présente ce projet“; vgl. ebd., Bd. 14, S. 504: „idée grande et libérale, vraiment digne d’un gouvernement tutélaire, fort de sa propre prévoyance, et sûr du zèle des fonctionnaires qu’il appelle à la conservation des intérêts de la nation.“ Ebd., Bd. 11, S. 114 und Bd. 13, S. 782; vgl. ebd., Bd. 7, S. 492 sowie Bd. 10, S. 427.

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tungsgehalte mit neuen semantischen Bestimmungen, die aus neuen Erfahrungen und einem programmatischen Verwendungskontext erwuchsen. Die Anbindung an die Ergebnisse der Revolution und die Hervorhebung einer neuen historischen Zeit erwiesen sich dabei als besonders wichtig: „Indubitablement il y a dans l’ancien ordre de choses beaucoup à recueillir; mais aussi la révolution a produit des idées neuves, libérales, qu’il serait pénible de voir sacrifier à l’esprit de routine ou à la prévention.“ Als konkretes Ergebnis der Revolution wurde zum Beispiel die neue Bestimmung der Staatsbürgerschaft - „tout individu né en France est Français“ – als „une idée grande, libérale et politique“ bezeichnet. Der Code Civil wurde als Kodifikation eines allgemeinen „principe libéral“35 und zugleich als Garantie der revolutionär errungenen idées libérales gefeiert: „N’en doutons pas, si jamais, dans les révolutions des siècles, les idées libérales étaient attaquées, le Code civil serait une des plus fortes barrières qu’on pût opposer aux projets honteux et destructeurs“.36 Alle Bestimmungen des Code erschienen in dieser Sicht geradezu als Erfüllung einer historischen Mission im Dienst der französischen Nation. Das Etikett libéral repräsentierte dabei den Anspruch auf historischen Fortschritt der Nation, den das Konsulat und vor allem das génie Napoleons umsetzte. Diese Identifizierung des Gesetzeswerkes mit Napoleon selbst diente zugleich der ideologischen Herrschaftslegitimierung. Jedes hier kodifizierte Projekt verdiene comme tous les autres, de figurer dans cet immortel ouvrage, si long-temps attendu, si ardemment désiré, si vainement entrepris pendant des siècles, et pourtant si miraculeusement consommé de nos jours par l’infatigable activité du gouvernement consulaire, par le concours de toutes les lumières dont il s’est investi, surtout par les sublimes inspirations de ce génie qui peut tout ce qu’il veut, mais qui ne veut que ce qui est grand, utile, libéral et glorieux pour la nation qui lui a confié ses destinées.37

In der imperialen Selbstinterpretation nahmen die idées libérales entsprechend immer wieder eine zentrale Rolle ein, und zwar gerade vor dem Hintergrund der militärischen Hegemonialpolitik Frankreichs gegenüber seinen Nachbarn und dem damit verbundenen Export der Revolutionsprinzipien.38 So schrieb Napoleon im November 1807 an seinen Bruder Jerôme in einem Begleitschrei35

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Ebd., Bd. 5, S. 517, Bd. 7, S. 241 sowie ebd., Bd. 14, S. 459: „Nous n’avons pas dû par conséquent proposer de soustraire à la nécessité de l’inscription les hypothèques sur les biens des comptables. Le trésor public ne sera pas plus avantagé que les citoyens; le gouvernement s’honore d’avoir placé ce principe libéral dans le code de la nation; elle est soumise par le même motif aux délais ordinaires de la prescription. Quel citoyen pourrait regretter ensuite d’observer une loi dont le gouvernement lui-même n’est pas affranchi?“ Ebd., Bd. 14, S. 509. Ebd., Bd. 14, S. 547. Vgl. die Belege in DAMAS-HINARD, Napoléon. Ses opinions et jugemens sur les hommes et sur les choses. Recueillis par ordre alphabétique, avec une introduction et des notes, 2 Bde., Paris 1838, hier Quinzième bulletin du 22 octobre 1806, in: ebd., Bd. 1, S. 66; De l’Angleterre par rapport à la liberté européenne, in: ebd., Bd. 1, S. 73 sowie Mémorial, in: ebd., Bd. 2, S. 179 f.

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ben zur Modellverfassung des neugeschaffenen Königreichs Westfalen: „Il faut que vos peuples jouissent d’une liberté, d’une égalité, d’un bien-être inconnus aux peuples de la Germanie, et que ce gouvernement libéral produise .. . les changements les plus salutaires au système de la Confédération et à la puissance de votre monarchie.“ Die aus Frankreich übernommene „administration sage et libérale“ räumte den kontinentaleuropäischen Staaten gegenüber der absolutistischen Willkür die Möglichkeit ein, ohne eigene revolutionäre Erfahrung in den Genuß der positiven Ergebnisse von 1789 zu gelangen: „Les peuples d’Allemagne, ceux de France, d’Italie, d’Espagne désirent l’égalité et veulent des idées libérales“.39 Hier zeichnete sich der semantische Export des Deutungsmusters innerhalb des napoleonischen Herrschaftsbereichs an, der als Transferimpuls für die historische Semantik in den anderen Vergleichsländern erhebliche Bedeutung hatte. Vor diesem Hintergrund erscheint es naheliegend, daß die Verwendung von libéral in der offiziellen Publizistik des deutschen Rheinbundes „einer napoleonischen Sprachregelung“ folgte,40 denn auch hier stand nicht der hegemoniale Ausgriff Frankreichs und die damit verbundenen militärischen Konflikte, sondern allein die Rolle Napoleons als Verkörperung, Vermittler und Garant der idées libérales im publizistischen Mittelpunkt. Der von Peter Anton Winkopp herausgegebene Rheinische Bund zitierte Napoleon mit seinem Aufruf an die Spanier, sich eine „liberale Konstitution“ zu geben. Auch die Hervorhebung der erst nach französischem Vorbild geschaffenen „dem liberalen Genius der Zeit angemessenen Anstalten“ in Deutschland und Europa wies in dieselbe Richtung.41 b) Restaurations- oder Integrationsattribut? Libéral und libéralisme im politisch-gesellschaftlichen Spannungsfeld bis 1820 Mit dem Ende der napoleonischen Herrschaft stellte sich das Problem einer notwendigen Umbewertung der napoleonisch bestimmten idées libérales. Der politische Systemwechsel von 1814/15 fokussierte diesen für die historische Semantik grundlegenden Entwicklungsschritt, indem sich nun verschiedene politische Lager auf den Begriff bezogen und sein Wirken über das Ende Napoleons hinaus sicherten. Die politisch spannungsreiche Phase bis 1820 brachte für den französischen Politikdiskurs nach dem Höhepunkt der Diskussion um die Richtungsqualität der idées libérales um 1815 auch das erste Auftauchen des abstrakten Bewegungsbegriffes libéralisme. Die Semantik des Deutungsmusters 39 40 41

NAPOLÉON BONAPARTE, Correspondance Nr. 13361, 15. November 1807, Bd. 16, Paris 1864, S. 197. VIERHAUS, Liberalismus, S. 753. F. SCHUE, Ist der Wunsch zur Rückkehr der alten teutschen Verfassung mit haltbaren Gründen versehen?, in: ANTON PETER WINKOPP (Hrsg.), Der Rheinische Bund 11 (1809), S. 192 sowie F. EMMERMANN, Ueber die bürgerliche Verbesserung der Juden, in: ebd. 8 (1808). S. 261 f.

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mindestens bis 1820 läßt sich dabei als postrevolutionäre Interpretationsgeschichte der Französischen Revolution charakterisieren. Damit verband sich die Frage nach der Definition „gerechtfertigter“ und „verbindlicher“ Ursprünge der Revolution und nach dem Erbe der Revolution für die Gegenwart. Insofern setzte sich der mit dem 18. Brumaire 1799 begonnene Prozeß der ideologischen Deutungsgeschichte von 1789 auch über den Systemwechsel von 1814/15 fort. Constitution libérale und royalisme constitutionnel: Von der antinapoleonischen Bestimmung zur bourbonischen Adaption von libéral 1814/1815 Der Widerstand gegen die napoleonische Interpretation der idées libérales wurde bis zum Ende der Herrschaft Napoleons 1814/15 noch nicht in Form einer antonymischen Gegendefinition faßbar. Vielmehr blieb das Adjektiv libéral zunächst im allgemeinen Sinne mit politischer Freiheit konnotiert, wobei auf lexikalischer Ebene weiterhin die antik-römische Ursprungsbedeutung dominierte.42 In der Abgrenzung von den idées libérales als angeblich antifranzösischem Ausdruck wurde jedoch bereits eine indirekte Kritik deutlich: Chateaubriand bezeichnete sie 1802 schlicht als „Barbarisme que la philosophie a emprunté des Anglois“ und beklagte „que notre prodigieux amour de la patrie aille toujours chercher ses mots dans un dictionnaire étranger.“ Ihren Ursprung erkannte er in der Herrschaft Ludwigs XIV., aber gegenüber den idées libérales der eigenen Gegenwart hätten die „idées pilosophiques“ des 17. Jahrhunderts Pascal, Bossuet oder Fénelon empfindlicher gegenüber „le danger des innovations“ gemacht als die eigenen Zeitgenossen.43 Innerhalb des sich vor 1812 um Madame de Staël, Constant, Sismondi und Coppet bildenden oppositionellen Zirkels, der nach der Aussage des jungen Cavour „les hommes les plus distingués d’Europe“ umfaßte,44 scheint libéral dann mit einer deutlich antinapoleonischen Tendenz benutzt worden zu sein. Balzac verlegte rückblickend den Ursprung der opinions libérales überhaupt in

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43 44

Vgl. GERMAINE STAËL-HOLSTEIN, Corinne ou l’Italie (1807), Bd. 1, 5. Aufl. Paris 1812, S. 264: „Les Piémontais, qui formaient un petit corps de la nation, ont l’esprit plus militaires que le reste d’Italie; les Florentins, qui ont possédés ou la liberté, ou des princes d’un caractère libéral, sont éclairés et doux.“; vgl. ferner CL. M. GATTEL, Dictionnaire universel portatif de la langue française, avec la prononciation figurée. Seconde édition, revue, corrigée, et augmentée par l’auteur, Bd. 2, Lyon 1813, S. 92: „Libéral . . . Du latin ‚liberalis‘, employé dans la même acception, et qui signifie proprement qui est d’une condition ‚libre‘, d’une naissance honnête . . . On a dit depuis quelque temps, ‚éducation libérale, principes libéraux‘, dignes d’une personne libre et bien née. C’est un latinisme que l’usage n’a pas encore suffisamment autorisé.“ F. R. DE CHATEAUBRIAND, Génie du Christianisme (1802), in: [DERS.] Œuvres de M. le vicomte de Chateaubriand, Bd. 3, Paris 1833, S. 12. Eintragung vom 24. August 1833, in: CAMILLO CAVOUR, Diario inedito con note autobiografiche, hrsg. von D. BERTI, Rom 1888, S. 4.

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die Umgebung dieses Kreises.45 Am Ende der napoleonischen Herrschaft schloß sich zumindest ein Teil der oppositionellen Kritiker der in der zeitgenössischen Publizistik weitverbreiteten und häufig zitierten Äußerung des russischen Zaren Alexander I. an, der für Frankreich und auch für andere europäische Staaten in den „institutions fortes et libérales qui soient en rapport avec les lumières actuelles“ eine zeitgemäße Möglichkeit sah, um die napoleonische Militärdespotie zu überwinden und fortschrittliche Reformen umzusetzen.46 Darin trafen sich die Zielpunkte der inneren und äußeren Stabilisierung des postrevolutionären Europa. Zugleich ließ diese Begriffsverwendung ein Deutungsspektrum erkennen, das sowohl die von den Alliierten postulierte Legitimität der Erbmonarchie als auch die Anerkennung der seit der Revolution neu formulierten Ansprüche auf politische Partizipation und konstitutionelle Fortschritte bei bürgerlicher Rechtsgleichheit umfaßte.47 Dabei löste sich das Wortfeld einerseits von der engeren napoleonischen Bestimmung und wurde zu einem allgemeinen Deutungsmuster der Gegenwart, das auf semantischer Ebene eine Restauration der altständischen Welt vor 1789 ausschloß. Insofern markierten die institutions fortes et libérales einen historischen Wendepunkt, hinter den die Entwicklung nicht mehr zurückgehen konnte. Zumindest für Teile der antinapoleonischen Opposition dagegen war libéral um 1814 zu weitgehend mit der Selbstinterpretation des Kaisers verbunden, um noch zur Konturierung eines zukunftsweisenden Programms tauglich zu sein. Reflex dieser royalistischen Sicht, die 1814 gerade nicht von vornherein mit der Erwartung einer politisch-gesellschaftlichen Restauration einhergehen mußte, war bei allem Bekenntnis zum fortschrittlich-aufgeklärten Inhalt der Proklamation des russischen Zaren der Hinweis auf den genuin unfranzösischen Charakter von libéral, das aus dieser Perspektive vielmehr das Ausmaß der ideologischen Überfremdung durch ausländische Prinzipien unterstrich, den Frankreich seit der Revolution erfahren zu haben schien. Davon sah man nachgerade die Entwicklung der politischen Sprache betroffen:

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HONORÉ DE BALZAC, Les Rivalités. Première histoire: La Vieille Fille (1836), in: DERS., Scènes de la vie de province. La Comédie Humaine, Bd. 7, Paris 1844, S. 1–119, hier S. 95 f.: „Athanase était un fruit de l’éducation impériale. La fatalité, cette religion de l’empereur, descendit du trône jusque dans les derniers rangs de l’armée, jusque sur les bancs du collège. Athanase arrêta ses yeux sur le jeu de madame de Ronceret avec une stupeur qui pouvait si bien passer pour de l’indifférence, que madame Granson crut s’être trompée sur les sentiments de son fils. Cette apparence insouciante expliquait son refus de faire à ce marriage le sacrifice de ses opinions libérales, mot qui venait d’être créé pour l’empereur Alexandre, et qui procédait, je crois, de madame de Staël par Benjamin Constant“; vgl. FERRARI, Libéral, S. 464. Das Zitat Alexanders I. ist Teil der Antwort an den französischen Senat anläßlich der Audienz vom 2. April 1814, zitiert nach ARETIN, S. 174. Vgl. VOLKER SELLIN, „Heute ist die Revolution monarchisch.“ Legitimität und Legitimierungspolitik im Zeitalter des Wiener Kongresses, in: QuFiAB 76 (1996), S. 335–61, hier S. 360.

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les paroles de nos rois et de nos princes, comme celles de Votre Majesté; leurs écrits, comme ceux que dicte sans intermédiaire votre bouche, et qui ne subissent point de rédaction, n’expriment que des sentiments généreux, ne sont que des interprètes de pensées élévées. C’est assez; nous ne demandons pas qu’elles soient libérales. Ils vous ont aussi appris ce mot, Sire. Il n’est point français. Il n’est pas de la langue de Bossuet, de Fénelon, de Montesquieu; et, toutefois, ces écrivains grands hommes nous fourniraient, au besoin, des modèles d’institutions fortes; et les lumières actuelles, nous pouvons le dire, pâlissent toutes devant l’éclat de leurs vieux rayons. On a tout corrompu; on veut tout corrompre, nos institutions et notre langue.48

Der Versuch, die Fortschrittlichkeit politischer Einrichtungen von libéral zu trennen, das hier als Ausdruck sowohl der Revolutions- als auch der napoleonischen Periode erschien, blieb jedoch Episode: Das Ende der napoleonischen Herrschaft gab der Interpretation von libéral eine neue Richtung, ohne daß das Adjektiv aus der politischen Sprache zu verdrängen war. Denn obgleich von Bonaparte im Kontext des 18. Brumaire und dann von Napoleon programmatisch als imperiale Selbstbezeichnung stilisiert, bot sich den oppositionellen Kritikern mit den idées libérales um 1814/15 ein Kristallisationspunkt für die Abgrenzung gegenüber der Militärdespotie Napoleons, die sich von den Prinzipien der Revolution im Sinne ihrer vermeintlich positiven Ergebnisse bis 1791 weit entfernt hatte. Damit trat wiederum der semantische Restaurationsgedanke in den Vordergrund: So wie Bonaparte mit den idées libérales bereits die Rückkehr zu den als legitim erachteten Ursprüngen der Revolution propagiert hatte, so blieb dieser Gedanke einer Restauration des „wahren“ Erbes von 1789 auch um 1814/15 ein wesentliches Bestimmungsmuster von libéral. Während sich hier eine persistente Traditionslinie abzuzeichnen begann, blieb der Versuch Napoleons, die Selbstinterpretation als Erbe der Revolution und dann als empereur durch die identifikatorische Selbstbindung an die idées libérales ideologisch zu verankern, sie also zu personalisieren, ohne Erfolg. Die Diskreditierung Napoleons übertrug sich indes nicht auf die Relevanz des politischen Schlagwortes: Die idées libérales überlebten als transpersonales Attribut des Politikdiskurses den Untergang ihres ersten Protagonisten. Dies sollte sich als Grundbedingung der Langzeitwirkung des Wortfeldes auch in seiner europäischen Dimension erweisen: Der Export des Deutungsmusters und seine Integration und Adaption in andere Politikdiskurse gründete auf dieser Entpersonalisierung und ideologischen Abstraktion. Dies wurde 1814/15 zunächst vor dem Hintergrund des Wiener Kongresses und der ersten Rückkehr der Bourbonen nach Frankreich deutlich. Nicht nur im Sinne einer einfachen Wiederherstellung des Ancien régime, sondern angesichts der Erfahrung der Revolution reflektierte man in der Publizistik über eine politisch-konstitutionelle Neuordnung: „le besoin des institutions franches et libérales s’est fait sentir dans toutes les classes“.49 Geradezu als Schlüsselbe48 49

[MARIGNIÉ] Lettre à Sa Majesté l’empereur de Russie, sur le projet de nouvelle constitution [Paris 1814], S. 15 f. CROUSSE, Comment consolider la révolution?, Paris 1815, S. 10.

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griffe der Diskussion über die anzustrebende neue Ordnung Frankreichs fungierten das gouvernement libéral, die principes libéraux und insbesondere die Constitution libérale:50 Anlaß dazu bot zumal das Versprechen Ludwigs XVIII. in der Deklaration von Saint Ouen vom 2. Mai 1814 „de donner à la France une Constitution libérale“.51 Der Rückgriff auf libéral stand hier in einem konkreten Bedeutungskontext: Ludwig dürfte bewußt der bereits zitierten Aussage des russischen Zaren Alexander I. vom April 1814 gefolgt sein, der gegenüber dem französischen Senat die Richtung einer möglichen politischen Neuordnung Frankreichs nach der Niederringung Napoleons skizziert hatte. Dabei griff er auf die bereits unter Napoleon gängige Formel der institutions libérales zurück, übertrug aber nunmehr eine antinapoleonische Bedeutung auf den Ausdruck: „Il est juste, il est sage de donner au peuple français, dont je suis l’ami, des institutions fortes, libérales, et qui soient en rapport avec des lumières actuelles.“ Ludwig folgte dieser Formulierung, um seinen Willen zum politischen Neuanfang grundsätzlich zu dokumentieren.52 Die politische Konkretisierung dieser Aussage stellte die Charte Constitutionnelle dar: Als Umsetzung der versöhnenden idées libérales enthielt sie die Aussicht auf ein Ende der gesellschaftlichen Spannungen und politischen Konflikte und damit auf eine endgültige Überwindung der Revolution. Die sich an die Charte anlehnende Bezeichnung „royalistes constitutionnels“ sollte dabei die alten Parteinamen überwinden.53 Die durch eine geschriebene Verfassung garantierten Ergebnisse der Revolution schlossen eine einseitige Restauration der Privilegiengesellschaft vor 1789 aus: Mais rassurons-nous, le roi, les princes ont embrassé et solennellement professé cette doctrine: ils tiendront leurs promesses; nous aurons une constitution libérale, qui assurera la 50

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Vgl. [CORBET] Adresse à Sa Majesté Louis XVIII, in: LE CENSEUR, ou examen des actes et des ouvrages qui tendent à détruire ou à consolider la constitution de l’état, Bd. 2, Paris 1814, S. 39–57, hier S. 41 ff. Zitiert nach Mon dernier mot, ou lois, proclamations et déclarations suivant leur ordre chronologique, en réponse à plusieurs brochures qui ont paru depuis le 6 avril jusqu’à 20 mai, Paris 1814, S. 11. Die Äußerung Ludwigs wird in zahlreichen Schriften zitiert: vgl. Observations sur les propositions suivantes: Sera-t-il question de Privilèges personnels ou pécuniers pour les Membres du Sénat et du Corps-Législatif?, Paris 1814, S. 4; L’INDÉPENDANT, Chronique nationale, politique et littéraire vom 13. Mai 1815, S. 1 sowie das Zitat von Benjamin Constant in: Dictionnaire des Girouettes ou nos contemporains peints d’après eux-mêmes . . . par une société des girouettes, revue, corrigée, et considérablement augmentée, 2. Aufl. Paris 1815, S. 103: „Louis XVIII, par une confiance digne d’un roi de France envers les Français, loin de s’entourer de précautions ombrageuses, saisit le moment du danger pour rendre plus libérale encore la constitution qui nous régit.“; vgl. ferner MARQUISE DE MONTCALM, Mon Journal 1815–1818. Pendant le premier ministère de mon frère, hrsg. von SÉBASTIEN CHARLÉTY, Paris 1936, S. 16. Zitiert nach MARIGNIÉ, S. 9 und Mon dernier mot, S. 11; vgl. Des Bourbons et des puissances étrangères au 20 mars 1815, Paris 1815, S. 33 f., 42 und 54. Vgl. Des Elections nouvelles, in: LE CONCILIATEUR, ouvrage politique, philosophique et littéraire, Bd. 1, Paris 1815, S. 49–55, hier S. 53.

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liberté, le bonheur de la nation, en même temps qu’elle rendra au trône toute la force et tout l’éclat qu’il doit avoir pour le bien même du peuple: elle comblera les vœux de l’immense majorité des Français; elle mettra fin à cette indécente guerre de libelles qui devient fatigante, et réduira au silence cette faible minorité perturbatrice, dont les prétentions et les conseils nous replongeraient tôt ou tard dans de nouvelles calamités.54

In der Constitution libérale als Verkörperung der idées libérales sahen viele Publizisten die zeitgemäße und einzig mögliche Antwort auf die Frage einer Neuordnung nach dem Ende der napoleonischen Herrschaft, wobei aber die napoleonischen Errungenschaften wie der Code Civil ausdrücklich bewahrt werden sollten.55 Bei Boyer-Fronfrède zum Beispiel markierte die Constitution libérale zunächst das Bedürfnis nach Überwindung der politischen Spaltungen und nach Ausgleich zwischen monarchischem Legitimitätsdenken und dem gerechten Anspruch der Nation auf wirksame politische Partizipation: „Français, abandonnez l’esprit de parti; plus de fanatisme d’aucun genre, et que les principes immuables des droits des peuples et des rois, en se plaçant réciproquement dans un juste équilibre, viennent rendre le bonheur à la patrie épuisée“.56 Das Vorbild für die „institutions libérales“ erkannte er in England, das im 17. Jahrhundert seine revolutionären Erfahrungen gemacht habe und von dem Frankreich nunmehr lernen könne.57 Dahinter stand das Bedürfnis, die durch die Revolution entstandene Polarisierung in „partisans de la monarchie“ und „républicains“ zu überwinden.58 Genau dies sollte die Constitution libérale leisten. Mit der Rückkehr der Bourbonen verband sich zumindest für einen Teil der französischen Öffentlichkeit die Hoffnung auf gesamtgesellschaftliche Versöhnung, und die Proklamationen schienen dieser Erwartung zunächst auch Rechnung zu tragen. Auch in diesem Zusammenhang wurde immer wieder auf die Constitution libérale zurückgegriffen: „le Roi nous a procuré un Traité de Paix générale, qui concile tant d’intérêts opposés, et une Constitution si sage, si libérale qu’elle a eu l’unanimité des suffrages“.59 Auch wo es um den Erweis der durch die Revolution und Napoleon unterbrochenen Kontinuität der bourbonischen Monarchie ging, boten die idées libérales einen Orientierungspunkt. Dies geschah aber nicht als semantische Restauration des Ancien régime vor

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Encore un mot sur la Constitution. Par un membre du Corps Législatif, Paris 1814, S. 17 f. Vgl. PIERRE A. GARROS, De la sauvegarde des peuples contre les abus du pouvoir. Fondée sur les règles de la procuration, etablies dans le Code Civil des Français, applicables à la formation d’une Constitution stable et libérale, Paris 1815. [F. B. BOYER-FRONFRÈDE] Des avantages d’une Constitution libérale, Paris 1814, S. 12. Ebd., S. 84: „Si l’Angleterre doit toute sa force à ses institutions libérales, elle doit ces institutions aux progrès et à l’étendue des connaissances humaines. Pourquoi donc la France n’aurait-elle pas sa part de ce domaine, et ne pourrait-elle pas en faire la base de son existence politique?“; vgl. ferner De l’Angleterre, in: LE SPECTATEUR POLITIQUE ET LITTÉRAIRE 1 (1818), S. 93–5. BOYER-FRONFRÈDE, S. 40. La bonne cause et le bon parti, par un habitant de Brest, Brest [1814], S. 8.

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1789, sondern nachgerade in bewußter Anerkennung der Ergebnisse der Revolution bis 1791, mithin im Sinne einer konstitutionellen Monarchie, die auch für die Gegenwart das Vorbild abgab: Des idées vraiment libérales, semées dans les cercles, dans les groupes et dans les assemblées publiques, par les premiers apôtres de la Révolution, et que Louis XVI, Monarque essentiellement populaire, s’étoit empressé d’adopter, avoient séduit la majorité des plébéiens et même un assez grand nombre de patriciens. L’abolition des droits féodaux, la suppression des dîmes et des corvées, une égale répartition des impôts, l’admission de tous les citoyens aux emplois civils et militaires, ces bases principales de la Constitution de 1791, qui le sont encore de celle de 1814, avoient excité un enthousiasme que la raison la plus froide ne pouvoit condamner.60

So wie Napoleon in der Rolle des héros des idées libérales seine postrevolutionäre und imperiale Identität gefunden zu haben glaubte, erschien unter gänzlich veränderten Rahmenbedingungen nunmehr Ludwig XVIII. als Monarch der idées libérales, die somit gleichsam ein nationales Prinzip und ein Kontinuum politisch-gesellschaftlicher Fortschrittlichkeit ausdrückten. Diese idealisierende Rückprojektion des Begriffes reflektierte eindrücklich das Bedürfnis nach Orientierung und positiver historischer Sinnstiftung: Die idées libérales gerieten zum Integrationsbegriff, den man in die Kontinuität des französischen Königtums einzuordnen suchte. Als nationales Deutungsmuster ließ sich damit die ganze französische Geschichte als evolutionärer Prozeß wachsender politischer Freiheit, kulturellen Fortschritts und gesellschaftlicher Einheit unter monarchischen Vorzeichen deuten: On vient de voir quelle a été, depuis Hugues Capet jusqu’au dix-huitième siècle, la progression vers le bien commun, c’est-à-dire, vers l’unité du corps social; combien, sur tout, elle fût rapide sous les règnes si remarquables de Louis-le-Gros, de saint Louis, de Philippe-le-Bel, de Charles V, de Louis XI, de François Ier, de Henri IV, de Louis XIV, vrais génies nationaux qui tous favorisèrent de tout leur pouvoir la liberté publique, en augmentant les prérogatives royales aux dépens des droits seigneuriaux, en encourageant les lettres, les arts, et tout ce qui tendoit au perfectionnement de la civilisation: ils n’aimoient donc pas la féodalité . . . ils avoient donc des idées libérales, ces monarques qui ont doté la France de toutes sortes de bienfaits inappréciables, et l’avoient rendue le premier État de la chrétienté, sous quelque rapport que ce fût, long-temps avant qu’on s’avisât de nous qualifier du titre de grande nation!61

Das Motiv hinter solch mythischer Harmonisierung und Teleologisierung der französischen Nationalgeschichte war offensichtlich: Es ging um den Versuch, die postrevolutionäre Fragmentierung Frankreichs zu überwinden. Die idées libérales bündelten dabei gleich mehrere Aspekte: Absage an feudalständische Relikte, Garantie bürgerlicher Rechtsgleichheit und Anerkennung der dynasti60 61

Ebd., S. 1 f. PIERRE TOUSSAINT DE LABOULINIÈRE, Des factions et des conquêtes, ou précis des écarts politiques et militaires de la Révolution française; précedé d’une introduction sur les principes libéraux de nos rois, Paris 1815, S. 36 f., vgl. ebd., S. 163: „il eut été facile aux bons esprits de démontrer que le trône royal étoit le véritable appui des idées libérales et la seule garantie de l’indépendance comme du repos de la France.“

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schen Legitimität der Bourbonen. Nur durch die explizite Anerkennung der Constitution libérale als konkrete Umsetzung der idées libérales schien eine gesellschaftliche Versöhnung überhaupt vorstellbar.62 Die idées libérales lieferten eine „parallèle entre les actes du Gouvernement actuel et ceux du précédent.“ Das Bekenntnis des Königtums zu ihnen versprach ein neues „âge d’or“ für Frankreich.63 Diese euphorische Erwartung zeugte von der verbreiteten Projektion einer politisch-gesellschaftlichen Harmonie der Nation gleicher Bürger.64 Für die unmittelbare Gegenwart schien eine konstitutionelle Monarchie der Bourbonen aber nur dann Aussicht auf Erfolg zu haben, wenn es dem Monarchen gelang, die Mehrheit der Nation für sich zu gewinnen: Mieux que personne, Louis XVIII sent la nécessité de rallier autour de lui, du moins autant qu’il est possible, les nombreux partis qui divisent aujourd’hui la France. Sans doute, il ne pourra jamais réunir, quelque bien qu’il fasse, l’unanimité des suffrages; mais il en réunira la plus grande quantité possible, par la fermeté de son caractère et la modération de ses principes. Une Constitution libérale, telle que celle qu’il a promise à la France, lui assure la partie la plus saine, et, avec elle, l’immense majorité de la nation.65

Diese monarchische Adaption des Begriffes blieb bis 1820 in der politischen Publizistik virulent: Immer wieder wurden die royalistes mit dem gemäßigten Bewegungsbegriff libéralisme identifiziert, um den Gedanken einer gesellschaftlichen Versöhnung hervorzuheben.66 Dem entsprach auch die Übernahme des positiven Richtungsbegriffs der idées libérales durch diejenigen Teile 62

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Vgl. [TASCHEREAU DE FARGUES] De la nécessité d’un rapprochement sincère et réciproque entre les républicains et les royalistes; par un ami de la France et de la paix publique, Paris 1815, S. 8 f.: „La révolution française a jugé, définitivement, toutes les théories et toutes les pratiques; la révolution a démontré deux choses, qui sont comme deux grands résultats incontestables; 1o elle a prouvé aux royalistes, que le pouvoir absolu ne peut plus exister en France . . . 2o elle a prouvé aux républicains que le gouvernement monarchique était le meilleur, le plus désirable de tous, lorsqu’il était fondé sur des principes libéraux, et lorsqu’il garantissait d’une manière suffisante, positive, les droits du trône et ceux de la nation“; vgl. ebd. S. 62 f. zur Einschätzung Ludwigs XVIII: „De même aujourd’hui, en promulguant la charte constitutionnelle émanée de la sagesse et de ses lumières, Louis XVIII a embrassé les principes libéraux créés par les progrès de l’esprit humain; en sorte que les principes nationaux et les droits anciens se trouvent naturellement coalisés en faveur du trône et du peuple. Ainsi, la charte confirme, elle rend à jamais inviolables et sacrés les formes et l’hérédité monarchiques; et cet acte fondamental de nos droits proclame aussi de nouveau les principes politiques qui sont le résultat de vingt-cinq ans d’expérience.“ La bonne cause et le bon parti, S. 3 und 2. Vgl. Quelques idées politiques, Paris 1815, S. 4: „Je suis partisan des institutions libérales qui maintiennent les droits de la Nation parmi tous les citoyens, et qui offrent à quiconque est honnête et instruit, l’espoir de parvenir à un emploi public.“ [R. VAYSSE] Les cinq partis qui ont dominé successivement en France depuis 1789, Détruits tous, sans exception, par leur propres excès, Paris 1814, S. 8. Vgl. A. MARTAINVILLE, La Bombe Royaliste, Paris 1820, S. 55: „Ce sont eux que, suivant les dispositions connues ou présumées des électeurs, on présentera ici comme des royalistes prudens, là comme des hommes d’un ‚libéralisme honnête‘. [Text der angefügten Anmerkung:] Ce sont les propres termes d’un préfet, dans une allocution à ses administres.“

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des alten Adels, die sich zur konstitutionellen Ordnung bekannten. Für de Montlosier schien sich der esprit public der noblesse ancienne nachgerade in ihrer Öffnung gegenüber den idées libérales zu beweisen: „Quelles qu’aient été, dans la révolution, les préventions générales contre cette classe, quels que soient même souvent ses propres désaveux, c’est principalement dans la noblesse qu’il faut chercher le véritable foyer des sentiments généreux, et comme on le dit aujourd’hui, des idées libérales“.67 Die idées libérales als Orientierungsbegriff im Kontext des Wiener Kongresses: Antinapoleonische und pronapoleonische Berufung Das Wortfeld um libéral erlebte im Kontext des Zusammenbruchs der napoleonischen Herrschaft und der sich anschließenden Neuordnung Europas auf dem Wiener Kongreß einen spürbaren publizistischen Aufschwung, der sich auch quantitativ nachweisen läßt (vgl. Abbildungen 2 und 3). Sei es im Hinblick auf die politische Ordnung Frankreichs oder auf eine zu schaffende Verfassung für Deutschland: Die zeitgemäße Antwort erblickte nicht allein die russische Delegation im Grundsatz, „que les droits de tous soient déterminés et protegés par des institutions fortes, sages et libérales“,68 der die programmatische Formel des Zaren Alexander I. vom April 1814 zitierte. Von dieser allgemeinen Bedeutungsbestimmung, die die semantische Entkopplung der idées libérales von Napoleon voraussetzte, gingen wesentliche Impulse für die Rezeption und Integration des neuen politischen Adjektivs in die kontinentaleuropäischen Politikdiskurse aus. In Frankreich griffen die konstitutionellen Kritiker des napoleonischen Herrschaftssystems explizit auf die idées libérales zurück, um den Sturz des Kaisers zu erklären. So schrieb de Pradt dem französischen Kaiser in seinem Werk über den Wiener Kongreß die vermeintlich einsichtsvolle Reflexion über die Gründe für die eigene Niederlage zu: „Ce n’est pas la coalition qui m’a détrôné, ce sont les idées libérales“.69 Sowenig sich eine derartige Aussage Napo67 DE MONTLOSIER, De la monarchie française, depuis le retour de la maison de Bourbon,

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jusqu’au premier avril 1815. Considérations sur l’état de la France à cette époque; examen de la Charte constitutionnelle, de ses defectuosités, et des principes sur lesquels l’ordre social peut être recomposé, Paris 1817, S. 89. Le Comte de Nesselrode, Note confidentielle de la Russie à l’Autriche et à la Prusse (Wodurch der in vorstehenden 12 Artikeln enthaltene Bundesplan gebilligt und unterstützt wird) vom 11. November 1814, in: JOHANN LUDWIG KLÜBER (Hrsg.), Acten des Wiener Congresses, Bd. 1, Heft 1, Erlangen 1815, S. 61–3, hier S. 63. D. G. F. DE PRADT, Du Congrès de Vienne. Seconde édition, Bd. 1, Paris 1815, S. 37; vgl. die Kritik in: Du Congrès de Vienne, par l’auteur de L’Antidote au Congrès de Rastadt, de L’Histoire de l’Ambassade à Varsovie, etc. (M. de Pradt) (1815), in: Tableau politique et littéraire de la France en 1814 et 1815, extrait des meilleurs écrits de cette heureuse époque, Bd. 3, Paris 1820, S. 127–34, hier S. 127 f.: „M. l’abbé de Pradt, considéré comme écrivain politique, qu’il cherche encore son parti. Le voici maintenant aux idées libérales; et, comme il lui faut un text imposant pour menacer à la foi les Gouvernemens [sic] et les écrivains qui croient que le monde se mène par des idées politi-

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leons in den Quellen nachweisen läßt, so aussagekräftig erscheint sie im Hinblick auf die ihr zugrundeliegende Projektion: Es war nicht die militärische Niederlage, sondern der Verrat an den positiven Ursprungsprinzipien, von denen die Revolution ausgegangen war, der zwangsläufig zur Niederlage des Kaisers geführt hatte. Diese Bedeutungsbestimmung kehrte die napoleonische Selbstinterpretation um, konnotierte die idées libérales als transpersonalen Begriff und verwies die eigene Gegenwart von 1814/15 auf einen notwendigen Neuanfang, der eben nicht durch eine Restauration zu erreichen war, sondern mit den Begriffen raison und justice eine semantisch selektive Rückbindung an die Ursprünge von 1789 suchte. Diese Transpersonalisierung der idées libérales als legitimes historisches Prinzip dokumentierte insofern eine weitere Stufe der Interpretationsgeschichte der Französischen Revolution. Zugleich stand diese Bestimmung aber auch in der Tradition des Restaurationsgedankens: Es ging darum, die idées libérales zu ihren legitimen Ursprüngen zurückzuführen und den Begriff dadurch gleichsam von Fehlurteilen und Mißdeutungen zu reinigen: La défaveur dans laquelle les idées libérales sont tombées, ne nous a pas détourné de leur rendre hommage. Si l’on a beaucoup abusé de leur nom, en revanche, on a mis une grande sobriété dans leur application; car nous ne connoissons pas une idée libérale dont on ait fait une application véritable depuis vingt-cinq ans. La raison et la justice, ces deux sœurs inséparables, n’exigent-elles pas de ne point confondre les idées libérales avec la malfaçon de leurs metteurs en Œuvre? . . . Autre chose l’étoffe, autre chose l’ouvrier qui la travaille.70

Den Erwartungshorizont de Pradts kennzeichneten die Schlüsselbegriffe „stabilité et repos.“ Darin war kein Raum für restaurative Geltungsansprüche des Ancien régime. Die Auffassung, der Wiener Kongreß zeichne sich durch eine „généreuse libéralité“ aus, unterstrich vielmehr die Hoffnung auf politische und gesellschaftliche Versöhnung durch die allgemeine Anerkennung eines Mitbestimmungsrechts der Völker. Entsprechend erschien die Politik des Länderschachers und die dem Gleichgewichtsprinzip gehorchende, aber gewachsene Traditionen zerstörende neue Zuordnung von Souveränen und Untertanen auf dem Kongreß als Beispiel für die „dispositions illibérales“.71 Dies bedeutete zugleich eine Verpflichtung der neuen Regierung unter den zurückgekehrten Bourbonen: Als integraler Ausdruck für die Freiheit des einzelnen und

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ques, il prend son texte dans le grand Napoléon partant pour l’île d’Elba, et lui fait dire: ‚Ce n’est pas la Coalition qui m’a détrôné; ce sont les idées libérales. J’ai péché contre les idées libérales, et je meurs.‘ On pourrait demander à M. l’abbé de Pradt à qui Buonaparte a dit cela; et, si le dit étoit prouvé, il faudroit chercher dans quelle intention il a été avancé: car cet homme ne disoit rien sans intention, et s’il avoit cru que quelques paroles de lui pussent suffire pour jeter du trouble dans l’esprit des Gouvernemens [sic], il ne les seroit pas épargnées.“ DE PRADT, Congrès, Bd. 1, S. 65. Ebd., Bd. 1, S. 141 und 156 sowie Bd. 2, S. 115: „Pendant que ces dispositions illibérales étoient sognalées par l’esprit publique de l’Europe, des membres mêmes du Congrès, pour s’opposer à ces certains projets, faisoient sonner bien haut les droits des peuples, et marquoient d’un sceau de réprobation des réunions projetées.“

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dessen Schutz gegen Mißbrauch, der Verpflichtung gegenüber der Nation und des Fortschritts der öffentlichen Meinung – des „empire de l’opinion“ im Gegensatz zum letztlich militärisch begründeten Empire Napoleons – ließen sich die idées libérales als diejenigen Leitlinien der Regierungen definieren, qui doivent assurer la liberté individuelle; protéger le peuple contre l’oppression des grands; inspirer à tous l’attachement le plus dévoué à la patrie; fixer les sentimens les plus purs de l’honneur militaire parmi ses défenseurs; mériter enfin, par l’empire de l’opinion bien plus que par la force des armes, l’estime et le respect des autres peuples.

So ließen sich die idées libérales als Bestandteil einer umfassend verstandenen Aufklärung bruchlos in das „avancement des lumières“ einordnen,72 deren Prinzipien sich nach den Erfahrungen der vergangenen Jahrzehnte endgültig durchsetzen sollten. Das Ende der napoleonischen Herrschaft eröffnete hier eine neue Entwicklungsstufe in der Tradition der Aufklärung. Dies unterstrich auch das Bedürfnis nach historischer Orientierung in der Folge der Umbrüche seit 1789: Die idées libérales sollten diese Orientierung leisten, indem sie Bedeutungselemente der Aufklärung, der frühen monarchisch-konstitutionellen Phase der Revolution bis 1791 und der postrevolutionären Versöhnung der französischen Gesellschaft als Aufgabe der Gegenwart formulierten. Die hunderttägige Rückkehr Napoleons bot seinen Anhängern noch einmal die Möglichkeit, den Kaiser als Ursprung und Garanten der idées libérales darzustellen.73 Damit verband sich das Bekenntnis zu einer „constitution nationale, c’est-à-dire votée par le peuple ou ses représentants, et acceptée par le pouvoir exécutif“ als „base de notre ordre social, de notre union, de notre force, de notre bonheur, de notre stabilité enfin.“ Entgegen der Ankündigung Ludwigs XVIII. in seiner Deklaration von Saint Ouen, für Frankreich eine „constitution libérale et sagement combinée, qui établisse un gouvernement représentatif, divisé en deux chambres“ zu akzeptieren, habe die politische Praxis der Bourbonen bereits in kurzer Zeit das Gegenteil erwiesen: Die offene Verletzung der Charte, die weitgehende Toleranz gegenüber den revolutionsfeindlichen Priestern, ihre neuerlichen Angriffe auf die bestehenden Institutionen sowie die Bedrohung der anerkannten Errungenschaften der Revolution durch die mit den Bourbonen zurückkehrenden Emigranten erschienen als Bruch mit dem Erbe von 1789, als „déclaration de guerre à toutes les idées libérales.“ Andererseits wurde aber auch Napoleon ausdrücklich verpflichtet, sich an das Programm der idées libérales zu halten.74 72 73

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[A. JOUFFROY] Des idées libérales des français, en mai 1815. Dédié aux électeurs; par A. J., Paris 1815, S. 7. Vgl. C. M. ROUYER, Épître dédicatoire aux représentants de la nation; suivi D’un Projet de décret conforme aux promesses libérales, authentique et solennelles que Napoléon-le-Grand a faites au peuple français et à l’armée, le 1er mars 1815, et terminée par des brochures relatives à l’économie politique et aux événements actuels, Paris 1815. VARROT, De la nécessité où l’on est en France de suivre les principes libéraux. Par VARROT, Auteur des Nuits sentimentales d’un jeune solitaire, etc., Paris 1815, S. 7, 11 und 37; vgl. L’INDÉPENDANT, Chronique nationale, politique et littéraire, 16. Mai 1815,

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Die Frankreich vom Ausland aufgezwungenen Bourbonen, so der von Napoleon ernannte Innenminister Carnot in einem Schreiben an die Präfekten der Departements vom 22. März 1815, hätten ihre in Wirklichkeit restaurativen Ziele lediglich „sous le manteau de quelques idées libérales qui n’étaient que dans leur bouche“ verdeckt. Gegen die von außen oktroyierte Herrschaft der Bourbonen ließ sich Napoleon, ganz im Sinne des von ihm selbst begründeten Selbstverständnisses als héros des idées libérales, auch jetzt noch als Verkörperung und „garantie pour les idées libérales contre les infractions du despotisme et du fanatisme religieux“ stilisieren. Seine Rückkehr aus dem Exil erschien dann folgerichtig als „hommage éclatant aux principes libéraux, à ces principes qui firent toute notre force, et que ses vils flatteurs, sangues intéressées au désordre du despotisme, avaient tant défigurés à ses yeux“.75 Die Erwartung, die sich an die Wiederherstellung der „lois équitables, des institutions nationales, enfin le règne des principes libéraux“ durch Napoleon knüpfte, entsprach einer revitalisierten Symbiose aus den Idealen von 1789 und den Errungenschaften des Empire: Le retour de Napoléon nous assure désormais le triomphe des lois et des idées libérales; il nous rend nos droits, il nous rend nos libertés, il nous rend à nous-mêmes, et purge en même temps la patrie des traîtres qui se réjouissaient déjà par anticipation du plaisir barbare de la déchirer de leurs mains . . . A sa voix, on redevient citoyen, la gloire et la liberté nous sont restituées, nos droits nous sont rendus, les idées libérales triomphent, le règne des lois est assuré, les divisions sont éteintes, l’honneur national se relève avec splendeur et retrouve son énergie, l’abominable commerce des Nègres est proscrit, l’abolition de la noblesse et de la féodalité est reconnue être un besoin national, les lois de l’assemblée constituante à ce sujet sont remises en vigueur.76

Wichtiger noch als die Wiederaufnahme bereits bekannter Attribute der napoleonischen Herrschaftspropaganda war die Form der publizistischen Auseinandersetzung zwischen den Anhängern der Bourbonen und denen Napoleons: Beide Seiten rekurrierten auf die idées libérales, kämpften um die Anerkennung als deren legitime Verkörperung und operierten mit diesem publizistischen Schlagwort, um die Meinungsführerschaft und das politische Deutungsmonopol zu erlangen. Für beide Seiten stellte der Rückgriff auf die idées libérales ein eigenes Bekenntnis zu den Erfahrungen seit 1789 und eine programmatische Antwort auf die Herausforderungen der nachrevolutionären Gesellschaft dar. Schließlich firmierten die idées libérales für beide politischen Lager als ideologische Projektionsfläche und Deutungsmuster, an dessen Reichweite sich der Anspruch auf politische Meinungsführerschaft erwies. Zugleich zeigte sich hier, wie jenseits aller Versuche der Bestimmung eines integrativen Versöhnungsgehalts der idées libérales letztlich der Antagonismus zwischen ideologischen Lagern obsiegte.

75 76

S. 3: „Les amis des idées libérales ont dû donc redevenir Napoléonistes; mais toujours avec cette condition tacite qu’il tienne parole, et non sans quelque méfiance fondée sur l’expérience du passé.“; vgl. ebd., 25. Mai 1815, S. 3. VARROT, S. 69, 57 und 67. Ebd., S. 85 und 87 f.

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III. Politische Präfigurierung und semantische Fermentierung bis 1820

Die enorme publizistische Relevanz des neuen Adjektivs libéral und die politische Richtungswirkung der idées libérales um 1814/15 ergibt sich nicht allein aus der retrospektiven historisch-semantischen Analyse.77 So ist für das Jahr 1815 eine lateinisch verfaßte Dissertation an der Universität Paris nachweisbar, in der der Verfasser mit ausführlichen Belegen den antiken Ursprüngen von libéral nachspürte und auch auf zeitgenössische Verwendungen hinwies.78 1815 erschien im Nouvelliste Français in Pesth dann der erste ausführliche semantische Überblick unter dem Titel Les Idées libérales.79 Indem der Artikel den Transformationsprozeß von vorpolitischen zu politischen Bedeutungselementen reflektierte und eine erste Zwischenbilanz der eingetretenen semantischen Veränderungen zog, dokumentierte er zugleich das gestiegene Bewußtsein für die Veränderungen von politischer Sprache überhaupt. Es ist kein Zufall, daß dieser Artikel auf dem Weg der adaptierenden Übertragung, die eine Übersetzung ungleicher Erfahrungen ausschloß, gerade für Deutschland zu einem Markstein der Genese des Deutungsmusters in der Frühphase des 19. Jahrhunderts wurde.80 Der Versuch des Autors, die Bedeutungen der idées libérales zu bestimmen, ging von der polarisierten Diskussion um 1814/15 aus, in der sich Ablehnung der Revolution und Zustimmung zu dem in dem Schlagwort ausgedrückten vernünftigen Fortschritt überlagerten. Die Anhänger beriefen sich im Versuch, die revolutionäre Konnotation der idées libérales abzuschwächen, zunächst auf eine angeblich englische Prägung des Begriffs: Depuis quelques mois un nouveau cri de guerre ou de ralliement retentit à nos oreilles. Les ‚idées libérales:, disent les uns, sapent les trônes, renversent les autels et troublent le monde; le mot, comme le sens qu’on y attache, est révolutionnaire! Quel blasphême! disent les autres; le mot, à la vérité, a l’air d’un anglicisme comme le jury, le budget et les deux chambres; n’importe! ‚les idées libérales sont les idées raisonnables’; il nous a plu de leur donner

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78

79 80

Vgl. die kritischen Rekurse auf constitution libérale, lois libérales, gouvernement libéral und idées libérales: Apologie d’un chevalier de la Girouette, in: LE NAIN JAUNE, ou Journal des arts, des sciences et de la littérature, Nr. 363, 25. April 1815, S. 89; Ordre de l’éteignoir. Extrait des registres, in: ebd., Nr. 365, 5. Mai 1815, S. 125; Explication de la Caricature, in: ebd., Nr. 359 [sic! rectus: Nr. 367], 15. Mai 1815, S. 191; Tablettes historiques, in: ebd., Nr. 368, 20. Mai 1815, S. 194; Déclaration, in: ebd., Nr. 370, 30. Mai 1815, S. 254; Tablettes historiques, in: ebd., Nr. 374, 20. Juni 1815, S. 338 sowie Tablettes historiques, in: ebd., Nr. 376, 30. Juni 1815, S. 387. PETRUS-ALEXANDER JACQUET-LEMARE, Quid possint in sanitatem quidquid liberum vulgo dicitur et liberale, necnon libertatis, quaecumque ea sit, decens et facilis usus, Paris 1815, S. 5 ff und 10 ff.; vgl. ebd., S. 6 f.: „Faustum illud vocabulum sua multiplici plurimaque commendavit auctoritate, dum nobis liberalia [dazu Anmerkung, ebd.: ‚Constitution libérale‘] spopondit et dedit constituta, utpote quae sola, novo proclamante Alexandro, cum illustrato saeculo conveniant [dazu Anmerkung ebd.: ‚Il est sage de donner à la nation française des institutions fortes et libérales qui soient en rapport avec les lumières actuelles‘].“ Les Idées libérales, in: LE NOUVELLISTE FRANÇAIS ou Recueil Choisi de Mémoires, Nr. 12, Pesth 1815, S. 273–82. Vgl. Kapitel III.2.b).

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un nouveau nom, mais sous quel nom que ce soit, elles doivent guider les gouvernements et les peuples.81

Die herausragende Bedeutung dieses Textes liegt in seinem Charakter als erster nachweisbarer Versuch, den bedeutungsgeschichtlichen Wurzeln des neuen Adjektivs systematisch nachzugehen. Der Autor des Artikels wies zunächst den angeblich englischen Ursprung von libéral zurück und hob demgegenüber den latinisme und den bereits in der antiken Bedeutung nachweisbaren sozialexklusiven Aspekt82 sowie die vorpolitisch-soziokulturelle Richtung von liberalis als Ergebnis von Erziehung und materieller Unabhängigkeit hervor: L’orateur romain qualifie de ‚liberalis‘ plusieurs qualités ou manières d’être très-différentes, mais qui toutes se rattachent à l’idée d’une éducation soignée et d’une fortune indépendante. On est ‚libéral‘, selon lui, lorsqu’on s’habille avec une modeste élégance, lorsqu’on porte un visage gai et ouvert, lorsqu’on aime à faire du plaisir et à rendre des services; enfin, lorsqu’on est disposé à ne pas soupçonner le mal et à penser du bien de tout le monde.83

In diesem Zusammenhang verwies er auch auf die Kopplung des antiken Adjektivs an die soziokulturelle Bestimmung des gentleman in England – ein deutlicher Beleg dafür, wie sehr die englische Bedeutungsebene, für die es im Französischen kein Äquivalent gab, auch außerhalb des englischen Sprachraums wahrgenommen wurde.84 Wichtiger aber war die Orientierung von libéral am Allgemeinwohl – einem antiken Bedeutungstopos –, um die neue politische Konnotation gegenüber revolutionären Implikationen zu immunisieren. Um das Adjektiv zum gesellschaftlichen Versöhnungsattribut werden zu lassen, mußte die Herrschaft des Verdachts nach dem Auslaufen der revolutionären Epoche endgültig beendet werden: Rien n’était moins ‚libérale‘ que la loi sur les suspects et la proscription des nobles après le 18 fructidor. Une politique ‚libérale‘ ménage les amours-propres, concilie les intérêts et désarme souvent le bras qui déjà levait un fer parricide. Un esprit ‚libéral‘ n’accuse ni les amis de la liberté d’aimer les horreurs de l’anarchie, ni les amis de la religion d’approuver la Saint-Barthélemie . . . les âmes ‚libérales‘, sacrifiant au bien public jusqu’à leurs plus justes douleurs, voient un frère dans tout homme utile à la patrie.

Die Fermentierung von antiken und neuen Bedeutungsnuancen läßt sich hier 81 82

83 84

Les Idées Libérales, S. 273. Vgl. ebd., S. 274: „Dans les républiques anciennes, une immense distance séparait l’homme libre ou le citoyen des serfs, des esclaves. Le premier seul jouissait des avantages de l’éducation et de l’instruction; lui seul était compté pour quelque chose dans l’ordre moral et civil . . . Conformément au génie de la langue latine, le mot ‚liber‘, libre, donna naissance au mot ‚liberalis‘, digne d’un homme libre, d’un homme bien né, bien élevé.“ Ebd., S. 275. Vgl. ebd.: „Nous n’avons pas même l’équivalent précis de ces termes latins. Les Anglais les rendent parfaitement au moyen de leur fameux ‚gentleman‘ et ‚gentlewoman‘, dont le sens très-étendu ne peut être rendu en français que par des circonlocutions; car ‚a gentleman‘ n’est ni un gentilhomme, ni un homme gentil, mais homme dont les manières et la conduite annoncent la condition honnête. L’air d’un ‚gentleman (gentlemanly appearence)‘ répond à ‚liberalis species.‘“

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geradezu idealtypisch verfolgen. Der Autor hob zunächst die besondere Relevanz des antiken liberalis mit dessen Konnotation einer spezifischen adligen Großzügigkeit hervor, die sich in der modernen Verwendung im Französischen nicht erhalten habe: „quelque chose de plus noble, de plus élevé que le mot français ‚libéral‘, dans son acception commune.“ Auch der Rekurs auf die studia liberalia bot sich hierzu an, wobei die Politisierung dieses vorpolitischen Bildungsbegriffes besonders in der Verbindung der études libérales mit politischer Freiheit hervortrat: „Aussi les études ‚libérales‘ ne sauraient s’accorder intimement avec la tyrannie ni avec la superstition; elles ne fleurissent que chez des nations plus ou moins en possession de la liberté civile et politique“.85 Hier wird deutlich, wie die Veränderung von Erfahrungsräumen zur Neubestimmung und indirekten Politisierung tradierter Etiketten führte. Der Übergang vom vorpolitischen Bedeutungszusammenhang, den der Autor primär auf die antik begründeten Bildungsbegriffe artes liberales und studia liberalia bezog, in einen politischen wurde als Kennzeichen der eigenen Gegenwart wahrgenommen. Die politische idée libérale selbst definierte der Artikel zunächst noch in Anlehnung an die antik-ethische Erziehungs- und Bildungsidee. Aus der Erfahrung von Absolutismus und Revolution resultierte aber vor allem die Absage an jede Form von Unfreiheit, sei es als Folge tyrannischer Despotie oder Anarchie. Der idée libérale entsprach das Ideal eines citoyen, der gemäß des antiken Topos seine eigenen Interessen zurückstellte, um seine Handlungen allein am Allgemeinwohl auszurichten. Auch die ihm zugeordneten Attribute der „sentiments généreux, élévés, patriotiques“ verrieten noch deutlich die ethisch-individuellen Bedeutungsnuancen, die auf die antike liberalitas zurückwiesen: C’est des études et des arts que l’épithète de ‚libéral‘ a passée aux idées en général, et spécialement aux idées politiques . . . Une idée politique est ‚libérale‘ lorsqu’elle est conforme au but moral de l’existence de l’homme, lorsqu’elle se concilie avec le développement et le perfectionnement de nos facultés intellectuelles; lorsqu’elle tend à assurer la liberté publique, les droits de la société entière contre la puissance illégale des individus; soit anarchique, soit despotique; lorsqu’elle est dirigée vers l’avantage de tous, vers le bien public, et non pas vers le bien particulier d’un individu ou d’une classe; lorsqu’elle favorise les sentiments généreux, élevés, patriotiques, et non pas la vanité, la cupidité et la faiblesse; lorsqu’elle est, en un mot, digne non pas d’un courtisan adroit, d’un adulateur mercenaire ou d’un faible esclave, mais d’un citoyen de l’État, d’un membre indépendant et actif de la famille politique.

Der ostentativen Abgrenzung der idée libérale gegenüber jeder Form des Extremismus entsprach die Betonung von Gerechtigkeit und Vernunft als Prämissen einer gemäßigten Konzeption politischer Freiheit. Dies schloß auch die Ablehnung von Atheismus und Anarchismus ein: Toute idée ‚libérale‘ doit être juste et raisonnable; mais toutes les idées justes et raisonnables ne s’élèvent pas au rang de libérales. La raison est à l’esprit ‚libéral‘ ce que la syntaxe est à la rhétorique . . . il y a des idées hardies et libres, qui ne sont rien moins que ‚libérales‘; l’at85

Ebd., S. 275–7.

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hée, qui enlève à la vertu sa seule espérance; l’écolier de Voltaire, qui dégrade notre être moral par des plaisanteries licencieuses; l’anarchiste, qui prêchant le désordre pour arriver au pouvoir, méconnaît les principes conservateurs de la société; voilà des hommes qui tous prétendent avoir des idées ‚libérales‘, et qui souvent n’ont pas même une idée.86

Als Reflex auf die zeitgenössische Diskussion ging der Artikel vor allem auf die constitution libérale und das gouvernement libéral ein, in dessen „usage fréquent que le gouvernement a déjà fait du mot“ der Autor das Selbstverständnis der postnapoleonischen Regierung erkannte.87 Das Ausmaß der in der constitution libérale gewährten Freiheit für eine Gesellschaft sei nicht a priori zu bestimmen, sondern ergebe sich allein aus dem je spezifischen historischen Entwicklungsstand. Noch in dieser politisch-konstitutionellen Konkretion blieben die individuell-ethischen Normen der „sentiments nobles et généreux“ dominant. Das Ziel der constitution libérale bestand in der Verankerung von neuen, auch durch die Revolution begründeten, zeitgemäß-fortschrittlichen Prinzipien. Neben der Projektion eines harmonischen Verhältnisses von Staat und Gesellschaft stand die Überwindung der ständischen Privilegierung und die Abkehr von jeder napoleonischen Eroberungspolitik. Die derart bestimmte Semantik der constitution libérale zog insofern eine historische Bilanz und sollte einen versöhnenden Neuanfang markieren: Une constitution libérale non-seulement donne à une nation tous les genres de liberté que son état de civilisation admet, mais elle met encore la liberté sous la sauvegarde des sentiments nobles et généreux. La confiance mutuelle du gouvernement et du peuple, les égards dus au talent et à la vertu, la bienveillance envers les nations étrangères, font parties de toute constitution libérale.88

Zur weitestgehenden Konkretion gelangte der Artikel in der Verortung von gouvernement libéral und opposition libérale, die für den Autor ohne die Zulassung der freien politischen Meinungsäußerung undenkbar waren. Im Rahmen der Charte und des von ihr begründeten Parlaments bedingte dies die Zulassung einer politischen Opposition, deren Existenz nicht nur das Ausmaß der erreichten politischen Freiheit dokumentierte, sondern der auch die Interessenvermittlung zwischen Regierung und Volk sowie die Kontrolle der Regierung zukam: Un des premiers caractères d’un gouvernement ‚libéral‘, c’est de provoquer une discussion publique sur toutes les questions qui intéressent l’État et la nation. Mais admettre la discussion, c’est admettre la contradiction; or la contradiction habituelle, en fait de politique, est ce qu’on nomme ‚opposition‘. Tout gouvernement ‚libéral‘ admet donc une opposition; il y a plus, il la désire, d’abord parce que l’existence bien manifeste d’une opposition peut seule constater l’existence de la liberté politique, ensuite parce que les débats entre les ministres et l’opposition signalent les erreurs où les premiers ont pu tomber, éclairent le gouvernement sur la situation de l’esprit public, et fournissent l’occasion de diriger, d’exciter et de mettre

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Ebd., S. 277 f. Ebd., S. 282. Ebd., S. 278 f.

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en mouvement l’opinion, cette force morale incalculable dont le despotisme se prive luimême.89

Vor dem Erfahrungshintergrund der politischen Polarisierung der französischen Gesellschaft war sich der Autor der besonderen Spannung bewußt, die zwischen einer kritischen Opposition und dem Bedürfnis nach einer harmonischen Zusammenwirkung von Regierung und Opposition bestehen mußte. Die Attributierung beider Kräfte, der Regierung wie der Opposition, durch libéral unterstrich den Versuch, auf semantischer Ebene jene Integration zu leisten, die seit 1789 verloren gegangen zu sein schien. Dabei überwog die Hoffnung, nur eine opposition libérale, die sich zur konstitutionellen Monarchie und zu den legitimen Rechten des Staates bekenne, könne die politische Öffentlichkeit überzeugen. Eine solche opposition libérale stand über den negativ konnotierten Begriffen von parti und faction: Il est vrai que l’opposition est souvent mue par des vues très-basses ou très-odieuses; elle flatte les passions les plus viles, elle appelle sous ses drapeaux l’envie, la cupidité et la licence . . . Il n’y a qu’une opposition ‚libérale‘ qui puisse enlever les suffrages du public. Une opposition agit d’une manière ‚libérale‘ lorsqu’en défandant les libertés constitutionnelles, elle respecte en même temps les intérêts sacrés de l’État; lorsqu’en blâmant tout acte erroné ou coupable, en dénonçant même l’individu criminel ou imprudent, elle s’abstient de supposer à des classes d’individus des vues de parti, des desseins factieux, des sentiments déloyaux. La politesse dans les formes du discours et le sang-froid dans les argumentations ajoutent encore des grâces nouvelles aux principes et aux procédés d’une opposition ‚libérale‘.90

Mit dieser Bestimmung von libérale, das nunmehr als nationales Versöhnungsattribut auf alle zentralen politisch-konstitutionellen Institutionen angewandt werden konnte, zog der Autor die Bilanz aus den Erfahrungen seit 1789. Es war vor allem die aus der antiken Bedeutungstradition stammende Funktion der individuellen wie sozialen Mäßigung, an die angeknüpft wurde,91 um einer erneuten Entartung des politischen Gemeinwesens vorzubeugen: Il faut un noble essor de l’âme pour s’élever à des idées vraiment ‚libérales‘, à des idées justes et généreuses. Depuis vingt-cinq ans il y a eu chez les Français une malheureuse tendence à prendre la malignité pour de la franchise et l’impudence pour du courage, comme à prendre l’enflure de l’adulation pour de la grandeur, et la bassesse de la servitude pour du dévouement.

Die Revolution war aus dieser Perspektive zwar von den uneigennützigen idées libérales ausgegangen, hatte sich aber in ihrer republikanischen Wendung und der terreur am weitesten von ihnen entfernt. Die Gegenwart erschien in dieser historischen Rückprojektion als Phase einer konsequenten Restauration der idées vraiment libérales: 89 90 91

Ebd., S. 279 f. Ebd., S. 280. Vgl. zur Verwendung des Wortfeldes modérateur und modérantisme J. B. C. MANÉHAND, Le modérateur, ou considérations sur la situation actuelle de la France, Paris 1814 sowie A. H. EYDOUX, Du modérantisme mal interprété, et de ses funestes effets; variétés politiques, dédiées a la saine raison, Paris 1815.

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La révolution commença par la proclamation des idées les plus ‚libérales‘. Tous les ordres de l’État paraissaient avec sincérité désirer le bien public, même aux dépens de leur intérêt particulier. Mais ne donnons pas le nom d’esprit ‚libéral‘ à l’ambition, à la cupidité, à l’immoralité, coiffées du bonnet rouge . . . La révolution a échoué, parce que les idées ‚libérales’ qu’elle avait pour principes étaient peu senties et mal comprises par le peuple qui prétendait les mettre en pratique.92

Die idées libérales dokumentierten zugleich den historisch-politischen Fortschritt. Sie erschienen als Ausdruck einer naturrechtlich verankerten Freiheit, die sich in den sich fortentwickelnden Ideen der Gegenwart immer mehr entfaltete. Die Kopplung an eine universelle Fortschrittsidee bedingte zugleich eine konstante Wandlungsfähigkeit, die der Autor idealtypisch in der constitution mixte der eigenen Gegenwart verwirklicht sah. Die Dynamisierung der Zeiterfahrung seit 1789 ließ damit die politisch-konstitutionelle Vervollkommnungsfähigkeit, mithin zukünftigen Wandel, und damit auch eine stets neue semantische Verortung der Richtungsbegriffe des Politikdiskurses notwendig erscheinen. Die Dynamik der Erfahrungen übertrug sich indirekt auch auf die des Politikdiskurses: Comme les idées ‚libérales‘ sont innées à tous les bons esprits et à tous les cœurs droits, on peut dire . . . qu’elles sont les idées ‚naturelles‘ à la société politique, non pas à telle ou telle société en particulier, mais en général à la société politique saine et mûre . . . Les idées ne s’arrêtent point. Une constitution libre peut devenir oppressive avec le temps; une constitution ‚libérale‘ doit se plier à tous les besoins de notre être moral; elle doit être perfectible. Les constitutions mixtes ont un grand avantage à cet égard; les diverses branches de la législation, obligées de s’appuyer de l’opinion, sont naturellement portées à une conduite ‚libérale‘. La constitution actuelle de la France est mixte; il est seulement à désirer qu’un esprit national vraiment ‚libéral‘ communique à cette machine politique le mouvement et la vie.93

Tranquillité et stabilité: Die postrevolutionäre Projektion von politischem Ausgleich und gesellschaftlicher Versöhnung in den idées libérales und in libéralisme Auch auf lexikographischer Ebene läßt sich die Integration des Richtungsbegriffs der idées libérales nachweisen. Während in den ermittelten Wörterbucheinträgen von 1812 und 1813 noch eindeutig vorpolitische Bestimmungsmuster dominierten, die nur am Rande neue semantische Nuancen verzeichneten,94 92 93 94

Les Idées libérales, S. 281. Ebd., S. 282. Vgl. das zweisprachige Wörterbuch J. MOZIN, TH. BIBER und M. HÖLDER, Nouveau Dictionnaire complet à l’usage des allemands et des français. Partie française, Bd. 2, Stuttgart 1812, S. 22: „Libéral, e. (qui aime à donner) freigebig; ce prince est très – envers les gens de mérite; dieser Fürst ist sehr fr. gegen Leute von Verdienst; la nature lui a été libérale de ses dons, die Natur war fr. gegen ihn mit ihren Gaben od. Geschenken; avoir l’âme, l’humeur, l’inclination libérale, ein Gemüth haben, zur Freigebigkeit geneigt, von Natur fr. seyn; il a reçu des biens infinis de sa main libérale, de ses mains libérales, er hat unendlich viel Gutes von seiner -en Hand, aus seinen -en Händen empfangen; on ne peut pas dire que les prodigues soient véritablement libéraux, man kann

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III. Politische Präfigurierung und semantische Fermentierung bis 1820

ging mit der charakteristischen Verzögerung lexikalischer Begriffsbestimmung in den Artikel des Dictionnaire des gens du monde von 1818 die inzwischen entwickelte politische Konnotation von libéral ein, die sich aus dem Antagonismus der Revolutionsverlierer und -gewinner nach 1815 ergab: Idées libérales. Principes en vertu desquels l’homme devient égal à l’homme, les rois deviennent les magistrats de leurs pays et obéissant aux lois; la religion devient tolérante, et n’usurpe point le pouvoir temporel; doctrine combattue d’abord par certaines gens qui y perdent leurs privilèges, ensuite par d’autres qui voudraient bien être libéraux à leur seul profit; doctrine qui aura toujours un grand nombre de défenseurs de bonne foi, mais dont s’emparent souvent quelques charlatans politiques, qui, après avoir long-temps défendu et professé le despotisme, spéculent aujourd’hui sur la liberté.95

Mit dem publizistischen Stellenwert der idées libérales und der constitution libérale um 1814/15 setzte auch die Diskussion um die genauere Bestimmung und Abgrenzung dessen ein, was unter libéral zu verstehen sei.96 Diese Interpretation ging über das bloße Eindringen des Adjektivs in das politische Vokabular und seine schlagwortartige Adaption hinaus: Sie dokumentierte nunmehr dessen veränderte semantische Relevanz. Für zahlreiche zeitgenössische Beobachter schien der Blick in die Geschichte zu beweisen, daß es den Kampf um die constitutions libérales schon seit der Antike gegeben habe und damit zugleich das Dilemma zwischen Freiheitsstreben und notwendiger Stabilität der politischen Verfassung: comment se fait-il donc que toutes ces constitutions libérales, fondées sur les mêmes idées, proclamées dans les mêmes termes depuis Lycurgue jusqu’à nos jours, se soient successivement écroulées; que l’expérience, loin d’ajouter à leur force, ait toujours démonstré que les peuples les plus passionnés pour la liberté ont toujours été les plus turbulens, les plus injustes, et par conséquent les moins heureux?

Aus dieser skeptischen Beobachtung resultierte die Frage, ob sich gerade in Frankreich der Kampf um Freiheit und das allgemeine Bedürfnis nach einem

95 96

nicht sagen, daß Verschwender wahrhaft fr. seyen; les arts libéraux (où l’esprit a plus de part que la main), die schönen Künste. Libéralité. (vertu de celui qui est libéral . . .) Freigebigkeit“; vgl. ferner CL. M. GATTEL, Dictionnaire universel portatif de la langue française, avec la prononciation figurée. Seconde édition, revue, corrigée, et augmentée par l’auteur, Bd. 2, Lyon 1813, S. 92: „Libéral, ale, adj. Qui aime à donner; qui donne facilement et avec plaisir. (Du latin liberalis, employé dans la même acception, et qui signifie proprement qui est d’une condition libre, d’une naissance honnête.) – On a dit depuis quelque temps, éducation libérale, principes libéraux, dignes d’une personne libre et bien née. C’est un latinisme que l’usage n’a pas encore suffisamment autorisé. Art libéral, art honorable où l’esprit a plus de part que la main. Il se dit par oppositions à art méchanique. Libéralité, . . . Vertu par laquelle on est porté à donner; munificence. – Don d’une personne libérale. Il ne prend de pluriel qu’en ce sens. (Du latin liberalitas.) – Quelques néologues ont dit la libéralité des principes, des sentimens.“ [ALEXIS BAUDOIN] Dictionnaire des gens du monde. Ou petit cours de morale à l’usage de la cour et de la ville; par un jeune hermite, Paris 1818, S. 96 f. Vgl. [M. DUNOYER] De l’influence de l’opinion sur la stabilité des gouvernements, et de la discordance qui existe entre l’esprit des peuples de l’Europe et la politique de leurs chefs, in: LE CENSEUR, Bd. 6, Paris 1815, S. 141–60, hier S. 143.

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„marche paisible“ und der „stabilité d’un bon gouvernement“ gegenseitig ausschlössen. Es ging um die Verortung der idées libérales für die postrevolutionäre Gegenwart, die den Erwartungshorizont der Zeitgenossen um 1814/15 abbildete: Die idées libérales versprachen nur dann ein tragfähiges Programm für die Zukunft, wenn es gelang, sie gegenüber den Bedeutungselementen, die man mit der radikalen Revolution verband, deutlich abzugrenzen. Ihre semantische Bestimmung beruhte also auf der Selektion von Interpretationselementen. Dabei reichte das bloße Anknüpfen an den vorpolitischen Bedeutungsgehalt von libérale und généreuse nicht mehr aus: On dit que les idées libérales sont toujours généreuses: oui, mais non comme on l’entend communément, car les choses les plus opposées à la liberté sont l’arrogance qui outrage, la turbulence qui trouble l’ordre, et la violence qui opprime. Tout est calme, calme et majestueux dans les véritables idées libérales, parce qu’elles sont profondément réfléchies, et fondées surtout sur une parfaite équité. Qu’est-ce que l’amour de la liberté? C’est l’horreur du désordre, de la violence et de l’injustice.97

Libéral firmierte hier noch nicht als Bezeichnung für eine regierungskritische Opposition, sondern eher als Ausdruck der möglichen Versöhnung zwischen den entgegengesetzten Polen der historischen Erfahrung Frankreichs, als Attribut einer neuen Ordnung, die einerseits dem Freiheitskampf von 1789 verbunden blieb und andererseits dem Bedürfnis nach politischer Stabilität Rechnung tragen sollte. Die Gefahr der erneuten propagandistischen Vereinnahmung der idées libérales schien angesichts der zahlreichen Anhänger Napoleons virulent, zumal sich nach der zweiten Niederlage des Kaisers und der erneuten Rückkehr der Bourbonen die politische Polarisierung bis 1820 immer weiter vertiefte. Vor diesem Hintergrund schien es angebracht, die politisch kalkulierbare Mittelstellung der libéraux hervorzuheben. Als Bezeichnung für ein politisches Lager trat libéraux genau in dem Augenblick auf, als die antagonistischen Interessengruppen nach dem politisch-konstitutionellen Systemwechsel um die publizistische Meinungsführerschaft und die Durchsetzung ihrer Positionen kämpften. Ebenso signifikant für den Prozeß der semantischen Differenzierung politischer Gruppenbezeichnungen ist die Tatsache, daß libéraux seine ideologische Orientierungsfunktion im Zusammenhang mit anderen zeitgenössischen Bezeichnungen erhielt. Die Bedeutungsrichtung von libéraux erschloß sich auch durch eine ex-negativo Definition: Die negativen Bedeutungsaspekte, die man anderen Begriffen zuwies, dienten der möglichst trennscharfen semantischen Abgrenzung. Dennoch war es nicht möglich, libéraux im Sinne eines konkreten Parteinamens einer eindeutig definierten politischen Gruppierung zuzuordnen. Als Parteibegriffe im engeren Sinne traten eher constitutionnel, indépendant und doctrinaire auf.98 Gegenüber den auf eine grundlegende politisch-gesellschaftliche Restauration des Ancien régime sinnenden ultra auf der 97 98

Nouvelles idées libérales, Paris 1815, S. 3 f. Vgl. die Belege zu konkurrierenden Etiketten am Ende des Kapitels.

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einen Seite, die die Chambre Introuvable beherrschten und die Charte als Erbe der Revolution verwarfen, und den Napoléonistes auf der anderen Seite, die den bourbonischen Monarchen ablehnten, ließ sich lediglich die Mittelstellung der libéraux konstatieren. In ihrer Oppositionshaltung gegenüber der Regierung standen sie dabei in der Gefahr, zum Auffangbecken der enttäuschten Napoleon-Anhänger zu werden: Les libéraux, par la nature de leurs vœux, se trouvaient en position de blâmer fréquemment un Gouvernement qui, incertain dans sa marche, ne suivait pas exactement la ligne qu’il s’était tracée. Les napoléonistes, déterminés à tout décrier, ont cru ne pouvoir mieux faire que de s’unir à eux, afin de donner un libre cours à leur déclamations haineuses.

Eine solche Allianz zwischen den „partisans de la liberté et des partisans du despotisme“ mußte zwangsläufig zur Diskreditierung von libéral beitragen und jene überparteilich-integrative Konnotation in Frage stellen, die das Adjektiv vor dem Hintergrund der Auseinandersetzungen zwischen den ultra und den Verteidigern der durch die Revolution eingetretenen Veränderungen auszeichnen sollte: „il faut que les libéraux rompent le pacte tacite qu’ils ont contracté avec les factieux, ou qu’ils consentent à passer pour des factieux eux-mêmes. Le péril est pressant“.99 Diese zeitgenössische Bestimmung unterstreicht gegenüber der Diskussion um 1814/15 zunächst, daß sich libéral bis 1820 auf dem Weg zum Oppositionsetikett befand und von der verbindlichen Projektion politisch-gesellschaftlicher Integration und Versöhnung entfernte. Noch ließ sich dieser Sachverhalt auf wenige „libéraux imprudens“ beschränken, die, anstatt das „gouvernement constitutionnel représentatif contre les attaques de ceux qui voudraient le renverser“ zu unterstützen und sich dafür einzusetzen „d’obtenir le perfectionnement des loix existantes, et la création de celles que la nation a droit d’exiger conformément à la Charte“, auf einen radikalen Konfrontationskurs gegenüber der Regierung und den legitimen Grundlagen der Bourbonenmonarchie gegangen seien: „Au lieu de suivre cette marche, des libéraux imprudens se sont attachés à combattre toutes les prérogatives royales, et à faire pour ainsi dire la guerre à la monarchie.“ Im Gegensatz zu dieser scharfen Oppositionshaltung forderte man in der Publizistik bis 1820 immer häufiger die notwendige Mäßigung der libéraux im Sinne der politischen Stabilität: „Les libéraux, dans leur intérêt et par conséquent dans l’intérêt de la chose publique, doivent marcher avec prudence et même avec lenteur. Rien ne dure que ce qui se fait progressivement, et l’Œuvre d’un jour périt en un jour.“ Dies markierte eine kalkulierbare Reformstrategie, die die negativen Erfahrungen der Revolution aufnahm, um unter der legitimen Königsherrschaft der Bourbonen die nationale Aussöhnung zu erreichen. Kernbegriff dieser Erwartung war eine „réformation“ in Anerkennung der monarchischen Legitimität und im Rahmen der Charte:

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Avis aux libéraux, par un libéral, Paris 1818, S. 6, 8 f. und 10.

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Ce n’est point un plan de campagne que font les libéraux; c’est un plan de réformation, conçu pour le bonheur de la nation, rempli de concorde et de bénignité, et par lequel, rectifiant toutes les erreurs de la première révolution, ils veulent en amener une seconde qui n’arrache pas un cri, qui ne coûte pas une goutte de sang. Nous arriverons à ces heureuses modifications, par les lois, au nom de la Charte, sous la sanction royale, dans la pleine paix et la légitimité.100

Die zahlreichen Versuche, die libéraux bis 1820 gegen den Vorwurf in Schutz zu nehmen, in Wirklichkeit nur Erbe der revolutionären Exzesse zu sein, lassen eine Rekonstruktion des semantischen Spannungsfeldes zu, aus dem sich die Bedeutungsrichtung der Gruppenbezeichnung ergab. Die um 1814/15 dominierende Konnotation als postrevolutionäres Integrations- und Versöhnungsattribut und die damit einhergehende Zuversicht wurde immer mehr von einer Rechtfertigungsposition überschattet. Daneben standen zahlreiche Versuche, den neuen Parti Libéral – der wiederum nicht als festumrissene, parlamentarisch verankerte Partei identifiziert werden kann101 – mit der monarchischen Ordnung zu versöhnen, indem die Charte als Klammer wirken und die Rückkehr zur republikanischen Anarchie verhindern sollte:102 Le Parti Libéral abandonnera toutes celles de ses prétensions qui ne sont pas compatibles avec l’état monarchique tel qu’il est constitué; il trouvera la liberté moins dans l’étendue des droits que dans l’observation des devoirs; il épurera cette doctrine de la révolution, interprétée par l’extravagance, profanée par le crime, abhorrée par l’ami des privilèges, mais consacrée par la Charte.103

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Ebd., S. 11, 14 und 15 f.; der Autor zitierte hier einen Artikel aus dem Conservateur, dessen „prédictions ironiques“ (ebd., S. 15) gegenüber den libéraux in der positiven Wendung zum Programm werden. Zur veränderten Konnotation von parti nach 1815 und zu den Strukturbedingungen politischer „Parteien“ vgl. immer noch RUDOLF VON ALBERTINI, Parteiorganisation und Parteibegriff in Frankreich 1789–1940, in: HZ 193 (1961), S. 529–600, hier S. 547 ff. In diesem Sinne ließ sich die programmatische Position „les résultats de la révolution consacrés par la Charte“ als Grundposition der libéraux darstellen; vgl. Doctrines des libéraux, ou Extraits raisonnés des ouvrages politiques, opinions et discours de MM. Aignan, Arnault, Azaïs, Barbé-Marbois, Béranger (Prospectus) [Paris 1819], S. 2; vgl. zur Verdächtigung der libéraux [FIACRE LE VENTRU] Le credo des ministériels ou ventrus, soi-disant modérés, Poitiers 1819, S. 3 f: „Je crois que les libéraux sont des factieux, parce qu’ils ne veulent pas ajourner indéfiniment la jouissance de la Charte. Je crois qu’ils sont des républicains, parce qu’ils ne demandent autre chose que la Charte qui établit le gouvernement d’un Roi, et que le Roi lui-même l’a donnée. Je crois qu’ils sont anarchistes, parce qu’ayant beaucoup à perdre, ils ne veulent ni désordre ni anarchie, mais la Charte pure et sans lois d’exception. Je les crois ennemis du Roi, parce qu’ils désirent un gouvernement qui juge ou administre d’après la Charte et les lois, tandis que des ministres ne doivent connaître que leur volonté.“ L. HUBERT, Nécessité des partis politiques, sous un régime constitutionnel, Paris 1817, S. 35. Es ist nicht rekonstruierbar, ob der Autor mit dem Begriff Parti Libéral die 1817 von den Constitutionnels abgespaltenen Indépendants meinte. Da sich der Begriff als regelrechter Parteiname nicht hat durchsetzen können, scheint dies eher unwahrscheinlich. Auch andere Belege dafür konnten nicht ermittelt werden; vgl. VIERHAUS, Liberalismus, S. 751.

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Umgekehrt blieb in diesem Argumentationsmuster auch die Bourbonenherrschaft auf ein Bündnis mit dem libéralisme verwiesen, wenn sie sich als Garant der politisch-gesellschaftlichen Stabilität und des Fortschritts legitimieren wollte.104 Der hier auftauchende neue Bewegungsbegriff libéralisme wurde bis 1820 zunehmend synonym zu den idées libérales gebraucht. Zu den frühesten Belegen zählen Saint-Simons Berufung auf den libéralisme in der Ankündigung des dritten Bandes seiner Industrie vom Sommer 1817 und die Bemerkung August Comtes vom Frühjahr 1817, seine Korrespondenz werde wegen des Verdachts auf „philosophisme et libéralisme“ seiner Ansichten überwacht. In einem Brief bezog sich Comte auf Saint Simon „dont le libéralisme est si connu“.105 Ideologische Richtungsqualität und semantischer Abstraktionsgrad von libéralisme lagen höher als bei den idées libérales, wobei libéralisme bis 1820 besonders intensiv von den ultraroyalistischen Gegnern aufgenommen und polemisch kritisiert wurde. Zur neuen Gruppenbezeichnung libéraux gehörte nach 1815 auch die konsequente Distanzierung von der Herrschaft Bonapartes. Madame de Staëls publizistische Abrechnung mit dem napoleonischen Empire als Militärdespotie und die semantische Differenzierung zwischen bonapartistes und libéraux fand in der Publizistik ein vielstimmiges Echo:106 Les vrais principes de la révolution sont ceux de la monarchie constitutionnelle et de la Charte; les principes du régime impérial donc ceux du despotisme absolu et des ultra-royalistes. Donc, ceux-ci ont des droits beaucoup plus légitimes au titre de bonapartistes, ou de partisans du système suivi par Bonaparte, que les hommes appelés libéraux, ou partisans du gouvernement représentatif et de la liberté reglée par les lois.107

Auch Benjamin Constant identifizierte die libéraux im Gegensatz zu den Anhängern Napoleons und stellte dessen dictature die principes libéraux gegen-

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Vgl. DE KÉRATRY, Documents nécessaires pour l’intelligence de l’histoire de France en 1820, Paris 1820, S. 28: „Les mouvemens des provinces, ce qui se passe même et presque partout sous les drapeaux, prouve qu’il est urgent pour la monarchie de se rallier au libéralisme. Elle lui apportera beaucoup; mais elle ne gagnera pas moins. C’est par là seulement qu’en se rassurant elle-même, elle rassurera l’Europe sur les destinées. Pourquoi les Bourbons et la Liberté ne signeraient-ils pas un pacte indissoluble? Ils ne sont possibles qu’ensemble. Ce n’est à aucun d’eux de s’en plaindre“; vgl. dagegen Les arrièrepensées du parti libéral, ou réfutation à M. de Kératry, député breton, par un électeur picard, Paris 1820, S. 42. C.-H. DE SAINT-SIMON, Deuxième circulaire de l’Auteur de l’Industrie à toutes les personnes qui font profession de cultiver les sciences dont s’occupe la première classe de l’Institut, Paris 1817, S. 1 sowie Briefe Comtes vom 25. Februar 1817 und 17. April 1818, in: [AUGUSTE COMTE] Lettres d’Auguste Comte à M. Valat (1815–1844), Paris 1870, S. 28 und 36 f.; vgl. im folgenden FERRARI, Libéral, S. 467 f. GERMAINE DE STAËL-HOLSTEIN, Considérations sur les principaux événemens de la révolution française, Bd. 3, Paris 1818, S. 152 und 154. La Doctrine des ultra-royalistes réfutée par Mme. de Staël; ou nouvelle réponse à la note secrète exposant les prétextes et le but de la dernière conspiration, Paris 1818, S. 23 f.

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über.108 Dies entsprach seiner Analyse des napoleonischen Kaisertums als einer usurpierten Herrschaft und neoabsolutistischen Militärdiktatur, die ihren Fortbestand nur so lange hatte sichern können, solange sie außenpolitisch erfolgreich gewesen war.109 Dies ließ sich auch auf den Vorwurf übertragen, hinter den libéraux stünden die revolutionären Prinzipien der républicains. Einzig die monarchie constitutionnelle vermochte diese Vorwürfe wirksam zu entkräften: Qui n’a entendu parler d’ultra-royalistes, de royalistes modérés, de ministériels, de constitutionnels, de doctrinaires, de libéraux, d’ultra-libéraux, de jacobins, etc.? et qui ne croirait à cette énumération qu’un esprit de vertige a saisi la France? . . . [les libéraux] sont en général des hommes sur le compte desquels il n’existe que peu ou point de souvenirs révolutionnaires, et qui paraissent engagés surtout par leurs opinions, dans la cause de la liberté. Communément on leur impute deux choses. La première, c’est de penser que la dynastie des Bourbons ne se peut concilier avec la France nouvelle, de ne voir dans la restauration que la contre-révolution toujours menaçante, et d’être par conséquent ennemis de la légitimité. La seconde, c’est de rêver des théories impraticables, subversives de tout établissement monarchique, la république enfin, ou ce qui y conduit . . . Je cherche en vain dans les idées dites libérales, dans les sentimens qualifiés de républicains, quelque chose qui soit hostile et menaçant pour cette vraie monarchie constitutionnelle, la seule forme de gouvernement que désire et comporte la France.110

Die Legitimierung von libéral knüpfte zumeist an der grundsätzlichen Fort108

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BENJAMIN CONSTANT, Mémoires sur les cent jours, en forme de lettres. Première partie, Paris 1820, Deuxième et dernière partie, Paris 1822, hier Deuxième partie, S. 82 f.: „,Vous êtes appelé, disait à Napoléon le Conseil d’état, à garantir de nouveau par des institutions tous les principes libéraux; la liberté individuelle et l’égalité des droits; la liberté de la presse et l’abolition de la censure; le vote des contributions et des lois par les représentans de la nation légalement élus; les propriétés nationales de toute origine; l’indépendance et l’inamovibilité des tribunaux; la responsabilité des Ministres et de tous les agens du pouvoir . . .Vous allez, disait l’Institut, nous assurer l’égalité des droits des citoyens, l’honneur des braves, la sûreté de toutes les propriétés, la liberté de penser et d’écrire, enfin une constitution représentative.‘ Ainsi, tous les alentours de Bonaparte cherchaient à l’enchaîner, en supposant des promesses qu’il n’avait pas faites, en invoquant des engagemens qu’il n’avait point contractés, mais qu’on lui rendait impossible de désavouer. Chaque mot prononcé par eux était une protection contre la puissance qu’il avait jadis exercée, et cette protestation s’adressait à un homme encore investi de la dictature.“ Constant griff im übrigen nicht in besonders programmatischer Weise auf den Begriff zurück, vgl. BENJAMIN CONSTANT, Principes de politique, applicables à tous les gouvernemens représentatifs et particulièrement à la constitution actuelle de la France, Paris 1815, S. 273: „La tolérance n’est autre chose que la liberté de tous les cultes présens et futurs. L’empereur Joseph II voulut établir la tolérance, et libéral dans ses vues, il commença par faire dresser un vaste catalogue de toutes les opinions religieuses, professées par ses sujets.“; 1818 bemerkte er anläßlich der Wahlen: „Je le déclare: les ministres sont des libéraux, quand on les compare aux ministériels.“, BENJAMIN CONSTANT, Des élections de 1818, Paris 1818, S. 62. Vgl. DERS., De l’Esprit de conquête et de l’Usurpation dans leurs rapports avec la civilisation européenne, Hannover 1814, wieder in: DERS., Œuvres, hrsg. von A. ROULIN, Paris 1957, S. 985 ff.; vgl. LOTHAR GALL, Benjamin Constant. Seine politische Ideenwelt und der deutsche Vormärz, Wiesbaden 1963, S. 32 ff. De l’état actuel des partis en France. Extrait des Archives philosophiques, politiques et littéraires, o.O. [1820], S. 2, 7 f. und 10.

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schrittserwartung an und betonte den Einklang von langfristiger historischer Entwicklung einerseits und der aktuellen Position der libéraux als Vorreiter des politisch-gesellschaftlichen Fortschritts andererseits. Daraus resultierte das Selbstbewußtsein, dem Allgemeinwohl zu dienen und sich zugleich im Einklang zu finden „dans l’esprit civique, dans l’esprit libéral, dans l’esprit du siècle. Que les chaires de la religion, les corps politiques, les académies, les théâtres, les grandes écoles, toutes les cérémonies, respirent cet esprit: là, sous l’heureux empire des belles émotions, ils seront attirés à un bonheur commun“.111 Zur positiven Konnotation zählte auch das Bekenntnis zu tradierten soziokulturellen Wertbegriffen wie honneur und fidélité, wenn sich damit die Abgrenzung gegenüber scheinbaren Entartungen besonders herausheben ließ. Aufschlußreich für diese Position war ein fingierter Dialog von 1818 zwischen einem Engländer und einem Franzosen über die Bedeutung des Begriffes in beiden Ländern. Hier wurde die Differenz zwischen einem vorpolitisch konnotierten Idealbegriff und der vom Franzosen reflektierten Politisierung von libéral besonders deutlich; für den Franzosen blieb die Wiederherstellung der nationalen Ehre Frankreichs der dominante Bedeutungshorizont der idées vraiment libérales et nationales: Sir Charles. – ,Ce mot libéral a-t-il bien le même sens en français qu’en anglais? Nous ne le confondons pas avec libre. Une opinion peut être très-libre et en même temps fausse, immorale, ignoble même. Une idée libérale est une manière de penser digne d’un homme libre, raisonnable, indépendant et généreux. C’est le sens que la langue latine donne à ce mot que nous lui avons emprunté. Ainsi, l’honneur, la fidélité, la religion, l’ordre légitime dans le gouvernement sont des idées très libérales; et il n’y a rien de plus anti-libéral que l’anarchie, la trahison, l’immoralité et l’athéisme. Or, convenez-en; la plupart de vos écrivains libéraux paraissent les organes de l’esprit le plus immoral et le plus anarchique . . .‘ Le lieutenant-colonel. – ,Je sais que le beau titre de libéral est profané par une foule d’écrivailleurs, sans honneur, sans talens et sans instruction: je conviens que ces pamphlets anarchiques commencent à nuire sérieusement à la considération des hommes vraiment libéraux qui abhorrent les révolutions violentes et les mouvements populaires . . . Il est vrai que je voudrais aussi que le gouvernement avouât hautement et solennellement les idées vraiment libérales et nationales, les nobles pensées qui font tressaillir le cœur de la France: je voudrais qu’il renonçât à toute législation inconstitutionnelle, à toute loi oppressive, à toute administration arbitraire; je voudrais qu’en écartant entièrement la faible et odieuse faction des aristocrats; il s’alliât intimement avec toute l’énergie et tous les talents de la nation, avec toutes les lumières du siècle, pour organiser les moyens de prospérité et de force qui nous restent; pour relever et diriger vers un grand but l’esprit national, et pour replacer la France au rang d’une grande puissance indépendante et respectée‘.112

Auffällig war in der Publizistik nach 1815 auch der Versuch, den Vorwurf der Religionslosigkeit der libéraux zu entkräften, indem man sie als Werkzeug einer christlich bestimmten Fortschrittsidee beschrieb. 111 112

P. L. LACRETELLE, Des partis et des factions, et de la prétendue aristocratie d’aujourd’hui, Paris 1818, S. 37 f. MALTE-BRUN, Les partis, esquisse morale et politique, ou les aventures de Sir Charles Crédulous, à Paris, pendant l’hiver 1817, 1818; ouvrage extrait des papiers de M. Freelock, Paris 1818, S. 95–8.

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Les Libéraux doivent tous avoir un même but, afin d’avoir plus de force; et ce but ne peut être autre que de faire avancer le monde, chaque jour davantage vers le point de perfection qui lui a été assigné dès le commencement des siècles, par l’auteur admirable de l’univers. C’est en tendant à ce but, et uniquement à ce but, qu’ils parviendront à plaire à la Divinité, à élever ses créatures aussi haut qu’elle peut le juger convenable, et à les rendre aussi sages et aussi heureuses que possible . . . Les Libéraux, quelle que soit leur religion, car ils ne peuvent être athées, doivent en remplir scrupuleusement les devoirs, et donner ainsi aux Citoyens l’exemple de toutes les vertus religieuses.

Der Stilisierung der Prinzipien der libéraux als historisch verankerte und antirevolutionäre Grundsätze entsprach auch der Rekurs auf den neuen ideologischen Bewegungsbegriff libéralisme, der dann in den Rahmen einer zugleich christlichen und naturrechtlichen Ordnung eingeordnet wurde. Eine revolutionär-atheistische Bestimmung schloß dies aus: „Les Libéraux . . . doivent, dans leurs instructions religieuses, jeter quelques semences de Libéralisme, et faire voir que la religion s’allie parfaitement à la Libéralité, que le Libéralisme est selon les lois divines et naturelles, et qu’on doit le protéger.“ Die Liebe der libéraux zu „leur Patrie“ folgte wie der Respekt vor den „lois de leurs pays“ und dem „Souverain“ der grundsätzlichen Auffassung, daß nur in der Symbiose von alten und neuen Institutionen eine tragfähige politische Zukunft für Frankreich liegen könne: Les Libéraux, tout en s’occupant d’institutions nouvelles, doivent employer tous leurs moyens à faire respecter les anciennes par qui que ce soit, sans jamais y manquer eux mêmes, tant qu’il n’y a pas été légalement dérogé. Les Libéraux doivent prôner en tous lieux les institutions qu’ils ont en vue, surtout les faire valoir auprès du Souverain, des Conseillers d’État, des Ministres et des Législateurs; mais ne jamais se permettre d’éluder la moindre loi existante, parce que tant qu’il n’y a pas été légalement dérogé, elle doit être sacrée pour tout le monde.113

Gerade nicht im Sinne einer Nivellierung gesellschaftlicher Unterschiede in der Tradition der radikalen égalité, sondern in der Anerkennung zumal der überkommenen sozialen Hierarchien sollten die libéraux als stabilisierende Elemente der Gesellschaft wirken: Les Libéraux ne doivent d’hommages qu’à leurs supérieurs, selon l’hiérarchie des grades religieux, civils et militaires, aux personnes qu’ils connaissent pour être respectables en raison de leurs vertus religieuses, sociales ou patriotiques, aux femmes et indistinctement aux personnes plus agées qu’eux, à moins qu’elles n’en soient réputées indignes. Ils doivent, d’ailleurs, à tout le monde, hommage pour hommage.

Das Bekenntnis „aux institutions éminemment libérales“ verknüpfte sich hier durchgängig mit dem Respekt vor den Gesetzen, ihrer steten Verbesserung und der Anerkennung der „autorité souveraine.“ Dies implizierte eine Absage an die Prinzipien der erlebten gewaltsamen Revolution: „les Libéraux ne doivent jamais être du côté de l’insurrection.“ Dies blieb von dem Ziel bestimmt, die libéraux nicht als Fundamentalopposition gegenüber der Regierung, sondern 113

E. F. H. MONCEY, Profession de foi des libéraux, dédiée à tous les peuples et tous les citoyens de l’univers, Bar-le-Duc 1818, S. 5, 19, 5 f. und 9.

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als politische Gruppe an der Seite einer konstitutionell aufgewerteten Monarchie zu positionieren. Der Versuch, gouvernement und libéraux zu verbinden, um die Gegensätze zwischen den politischen Gruppierungen zu überwölben, sollte der Stabilisierung nach außen und innen dienen. Nur indem libéral seines oppositionellen Charakters entkleidet wurde, konnte es die legitimen Interessen der Nation verkörpern: Les Libéraux doivent toujours être prêts au premiers signal du Gouvernement, et munis de tout ce qu’il faut, soit pour marcher contre les ennemis extérieures de l’État, soit pour contraindre de rentrer dans le devoir, ceux qui oseraient tenter de troubler l’intérieur. En ce dernier cas, les Libéraux ne doivent jamais porter les premiers coups, mais ils doivent d’abord chercher à ramener, par la raison, les personnes égarées, et riposter ensuite vigoureusement, s’ils y sont contraints.

Auch hier blieb der Zielhorizont von libéraux eindeutig die politisch-soziale Versöhnung Frankreichs. Dies belegen nicht zuletzt auch die in diesem Zusammenhang benutzten Komplementärbegriffe, auf die der Autor die libéraux verpflichtete: „Les Libéraux doivent prêcher en tous lieux la paix, la concorde, la tolérance, la bienveillance, l’oubli des peines passées et celui des offenses, l’espoir d’un heureux avenir, la reconnaissances des services, l’amour de la vertu et la haine du vice“.114 Gegenüber einer solchen Projektion nationaler Versöhnung in einem überparteiischen Verständnis von libéraux stand der Begriff längst in der tagespolitischen Auseinandersetzung mit den royalistischen ultra.115 Diese Polarisierung läßt sich in den Bezeichnungen zeitgenössischer politischer Gruppierungen bis 1820 nachweisen. Dabei wurde zwischen der Partei „connu sous la dénomination d’ultra royaliste“ und dem „nom de libéraux“ unterschieden, der aber eher „un éloge plus qu’une qualification“ sei, „comme il peut se trouver de la libéralité sinon dans les doctrines.“ Daher griff der Autor hier auf démocratique zurück, um den ideologischen Unterschied zwischen beiden Parteien 114 115

Ebd., S. 10, 6, 14 und 11. Vgl. Des ultra en 1818, et de la note secrète; par le Chev. de N., Paris 1818, S. 17 und 30: „On y distinguait des républicains, des bonapartistes, des libéraux, et des royalistes constitutionnels. Aujourd’hui tout a changé de face; les républicains, les bonapartistes, les libéraux et les royalistes constitutionnels font cause commune; ils ont senti le besoin de se réunir, et cela est tout naturel . . . Parmi les ultra les uns ne voient dans la légitimité que l’appui de ce qu’ils appellent leurs légitimités; les autres ne veulent le trône que pour le soutien de la puissance ecclésiastique; quelques-uns naguères serviteurs d’un despote, jouissent des biens qu’ils amassèrent sous son règne“; Le libéral et l’ultra réconciliés, Paris 1819, S. 11, wo zwischen drei Gruppierungen unterschieden wurde: „1o Les ultras, qui leur sont toujours contraires et qui ne le seraient certainement pas en cette occasion, j’en suis sûr, si ce n’est que l’esprit de parti les portât jusqu’à vouloir M. Grégoire, par cela seul que les autres ne le voudraient pas. 2o Les ministériels, dont le nom seul désigne la qualité, courtisans empressés et faciles. 3o Les libéraux, en partie; ce seraient ceux qui occupent des places. Il est naturel, en effet, que si l’on n’ambitionne pas trop, on tienne à conserver ce que l’on a“; vgl. zur zeitgenössischen Unterscheidung von libéral und ultra auch [ALEXANDRE DE LA GARENCIÈRE] La libérale et l’ultra. Histoire véritable, publiée par M. René de G., Paris 1820.

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trennschärfer hervorzuheben. Signifikant war für diese Bestimmung zudem der Rekurs auf den neuen Bewegungsbegriff libéralisme: „j’aimerais mieux appeler démocratique, le parti dont les vues sont opposées à celles du premier; car du libéralisme, tel qu’on l’entend, au démocratisme, la pente est douce et la voie bien glissante“.116 In einem Vergleich der historischen Situationen von 1789 und 1819 kam ein Beobachter von 1819 zu dem Ergebnis, daß sich die ideologische Position der Parteien faktisch umgekehrt habe. Der zeitgenössische Bewußtseinsbruch wurde genau da reflektiert, wo die tradierte Bestimmung von détruire und conserver von 1789 sich jetzt auf die entgegengesetzten politischen Gruppen bezog. Die zerstörerische Kraft der Gegenwart ging nicht länger von der ehemaligen Revolutionspartei aus, sondern von den ultra: Le parti qui était sur la défensive, qui voulait conserver avant la révolution, veut maintenant recouvrer, acquérir, et par conséquent attaquer les droits existans. – Celui qui tendait autrefois à détruire veut maintenant conserver. Le premier est encore plus faible qu’il ne l’était en 1789, le second n’a rien perdu de sa force, il s’est fortifié non-seulement de sa fortune, mais de celle qu’il laisse espérer aux rangs inférieurs, d’une longue expérience des affaires, de la gloire de ses guerriers, et de la franchise de ses doctrines et de sa position.117

Die libéraux repräsentierten hier ein defensives Element in der politischen Landschaft. Ihre Position lief darauf hinaus, die Ergebnisse von 1815, also die in der Charte angelegte Entwicklung zur konstitutionellen Monarchie, gegen die restaurativen Angriffe der ultra zu schützen und damit den Anspruch auf zeitgemäße Umsetzung einer universell begriffenen Fortschrittsidee zu verkörpern. Indem dieser Fortschritt allen Mitgliedern der Gesellschaft zukommen sollte, unterschieden sich die libéraux von den reinen „aristocrates ou oligarques“ der ultra-Partei.118 In der Spannung zwischen diesen beiden ideologischen Lagern sah der Autor 1819 indes weit über die konkrete innenpolitische Situation Frankreichs hinaus die universalen Kräfte der Gegenwart gebündelt. Um sie zu charakterisieren, griff er auf die antonymischen Kategorien révolutionnaire im Sinne der ultra und libéral als Synonym zivilisatorischen Fortschritts zurück: „on sent qu’il y a maintenant, dans notre Europe, un intérêt qui domine tous les autres, dans l’esprit des rois et des grands; c’est ce qu’on appelle d’un côté, le cours des idées révolutionnaires, de l’autre, le progrès de la civilisation ou le développement des institutions libérales“.119

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De l’état des partis et des affaires, à l’ouverture de la session de 1819, Paris 1819, S. 2 f. Ebd., S. 33. Ebd., S. 2 f.; vgl. ebd., S. 7 f.: „Les libéraux ont en leur faveur tous les intérêts alarmés, les opinions inquiétées ou poursuivies; ils ont attiré dans leurs rangs les débris d’une armée dont la gloire occupera les siècles à venir, dont les trophées ne sont point souillés du sang français. Leur éloquence parle à tout les cœurs; ils s’adressent à des passions généreuses; ils flattent les ambitions; ils pénètrent tous les rangs; ils font incessamment des recrues; leur système s’appuie sur la base large et profonde de la société, mais ils ne savent pas attendre.“ Ebd., S. 78.

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III. Politische Präfigurierung und semantische Fermentierung bis 1820

In der ideologischen Kontrastierung des neuen Bewegungsbegriffes libéralisme mit aristocratie stand libéralisme positiv für „la France presque en entière, d’un côté“ während „la classe qui veut l’asservir“ die ultra charakterisierte. Aus dieser Perspektive schien die Alternative eindeutig: Der „parti aristocratique ou la noblesse“ repräsentierte die Erhaltung „de la monarchie, mais dégradée de tout élément démocratique“, während die libéraux für „la royauté héritaire [sic!], les Bourbons et la Charte“ einträten. Auch hier überwog die semantische Kopplung der libéraux an die Bourbonen als Garanten der 1815 geschaffenen Ordnung: Während der parti aristocratique die Bourbonen lediglich als „chefs de caste“ anerkannte, fühlten sich die libéraux ihnen verbunden „pour la France.“ Die Gleichsetzung mit der konstitutionellen Monarchie der Bourbonen ging so weit, daß der Autor libéraux und constitutionnels synonym gebrauchte. Wiederum lag der Bestimmung von libéralisme das Motiv der politischen Stabilisierung und gesellschaftlichen Versöhnung zugrunde: Si donc le libéralisme l’emporte, comme son triomphe est dans les vœux de la majorité, il n’en pourra résulter que tranquillité et stabilité: tranquillité, en ce que les libéraux, confians dans leurs forces, pourront d’autant plus d’abandonner à des sentimens de modération, que leurs antagonistes sont moins redoutables, et que ceux-ci, à leur tour, obligés d’abjurer des prétentions qu’ils n’auront plus l’espoir de réaliser, finiront par adopter franchement le gouvernement constitutionnel pour en partager aussi les avantages; stabilité, en ce que le gouvernement étant établi dans l’intérêt général, aucune nouvelle secousse ne sera désormais à redouter, et que la France, arrivée enfin au port vers lequel tendent toutes les nations, n’aura plus à gémir que sur le spectacle des tempêtes qu’elles auront à affronter à leur tour.120

Damit schien auch die Disqualifizierung von libéralisme durch das Attribut révolutionnaire obsolet geworden zu sein, das umgekehrt auf den Ursprung der politischen Destabilisierung seit der Chambre Introuvable von 1815 anwendbar wurde. Das Stigma der Revolution im Sinne einer retrospektiven Utopie paßte allein auf den parti aristocratique.121 Als nationales Integrationsattribut suchte auch J. F. Simonnot 1820 die libéraux zu bestimmen. Sein Argumentationsmuster basierte auf dem Beweis, daß es zwischen den libéraux und den wahren royalistes keine Interessenunterschiede gebe. Diese Projektion wurde 120 121

Un mot aux électeurs des départements du Nord et du Pas-de-Calais, sur la nécessité de porter à la députation des hommes libéraux, Lille 1820, S. 8–13. Vgl. ebd. S. 26 f.: „mais réunissez vos suffrages sur ces hommes éclairés et incorruptibles, modérés mais inébranlables, sagement mais énergiquement dévoués à la cause des droits et des intérêts reconnus par la charte, et à celle du Monarque dont cette charte est un bienfait; que la qualification de révolutionnaire si ridiculement prodiguée aux généreux défenseurs des principes constitutionnels, ne vous en impose pas: l’intention serait trop odieuse si l’on prétendait par-là les confondre avec les hommes sanguinaires qui ont couvert la France d’échafauds; mais si par cette dénomination, on veut désigner les perturbateurs de la tranquillité de l’état, les ennemis de l’ordre établi, je le dirai hautement, c’est dans le parti aristocratique que sont les véritables révolutionnaires, puisqu’on y veut, à tout prix, la destruction de ce qui est, de tout ce que nous défendons, pour y substituer un ordre de choses que la nation, comme la justice, a depuis longtemps réprouvé.“

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möglich durch das gemeinsame Bekenntnis zur liberté constitutionnelle und zur monarchie der Bourbonen. Auch der semantische Mechanismus, der dieser Projektion einer Interessenhomogenität zugrundelag, erscheint signifikant: Simonnot nahm Bezug auf den Artikel Ce que veulent les royalistes im Journal de Débats vom November 1820.122 Den Positionen der royalistes, die er aus dem Journal zitierte, stellte er die Bestimmung der libéraux gegenüber. Den politisch-konstitutionellen Ansatzpunkt für den nationalen Grundkonsens bildete dabei die Charte: [les royalistes] ‚veulent la Charte . . . car sans elle on verrait renaître de nouveaux troubles, et plus que d’autres ils en sont les ennemis, car plus que d’autres ils en ont été les victimes.‘ [Zitat aus dem Journal des Débats] Les libéraux veulent aussi la Charte; ils en désirent vivement la franche et entière exécution; ils sont également convaincus que sans elle on verrait de nouveaux troubles: c’est ce qu’ils ne cessent de dire et de répéter, sous toutes les formes, depuis six ans . . . ‚Ils veulent la constitution actuelle; car elle a été donnée par le Roi, jurée par les Princes de son sang: elle est désirée par toute la nation; et elle peut faire, si l’on est sage, sa force, sa gloire et son bonheur.‘ [Zitat aus dem Journal des Débats] Les Libéraux, de leur côté, ont pensé avec la même bonne-foi que, dans une circonstance aussi grave, et après un renversement aussi complet de toutes les anciennes institutions, la nation française avait le droit d’intervenir dans la formation de son nouveau gouvernement.123

Simonnot sah den Unterschied zwischen libéraux und royalistes in der Oppositionsrolle der libéraux gegenüber der Regierung. Seine Bestimmung blieb aber trotz dieser grundsätzlichen Differenz stark von der Idee einer nationalen Integration beeinflußt. Dies machte die Annäherung der Begriffe royalistes und libéraux geradezu notwendig: Ce fut alors que se forma, non-seulement dans les Chambres, mais encore au-dehors, et sur toute la surface de la France, cette opposition qui n’avait pas uniquement pour but, comme dans un état représentatif depuis long-temps constitué, de contrôler les opérations du Ministère . . . C’est à cette opposition qu’on a donné le nom de parti des Libéraux: aussi royalistes que ceux qui s’en attribuent le titre exclusif, il n’ont pas les mêmes intérêts, et cette différence est grande; mais la divergence de vues qui en résulte doit diminuer beaucoup, et même disparaître entièrement, puisque les volontés de leurs adversaires sont aujourd’hui dans une harmonie parfaite avec les vœux qu’ils expriment eux-mêmes.

Das Ziel einer Versöhnung der Gesellschaft durch Überbrückung der historischen Interessengegensätze bestimmte diese Begriffsrichtung. Dies ging soweit, die libéraux über jede Parteiensphäre zu erheben und sie zum Synonym für die auf eine liberté constitutionnelle eingeschworenen Nation zu machen: Ce que l’on nomme le parti des Libéraux se compose de tous les hommes éclairés, généreux, vraiment amis de la liberté constitutionnelle, que des intérêts de caste, ou de position particulière, n’ont pas jetés dans les rangs opposés. On a même grand tort de le nommer un parti, car c’est la nation toute entière, moins le petit nombre d’hommes qui se sont obstinés jusqu’ici à vouloir se considérer comme une classe à part.124

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Ce que veulent les royalistes, in: JOURNAL DES DÉBATS, 2. November 1820. J. F. SIMONNOT, Ce que désirent les libéraux, en réponse à ce que veulent des royalistes, Paris 1820, S. 10 f. und 15 f. Ebd., S. 58 f.

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Auch hier wurden den libéraux die nunmehr schon klassischen semantischen Topoi der vorpolitischen Phase zugeordnet: In den Attributen éclairé und généreux, zu denen als politische Konkretisierung die Charte trat, ließ sich der integrative und überparteiliche Anspruch von libéralisme am ehesten ausdrükken. So sehr indes diese Bedeutungsbestimmungen bis 1820 nachweisbar sind, so wenig entwickelte sich die Gruppenbezeichnung libéraux zu einem verbindlichen Parteinamen. Dagegen dominierten mindestens bis 1820 die idées libérales und zunehmend auch der Bewegungsbegriff libéralisme als semantische Orientierungspunkte.125 Das Wortfeld diente primär der Codierung von fortschrittlichen Institutionen und allgemeinen Prinzipien, nicht aber einer genau abgrenzbaren politisch-parlamentarischen Gruppe, wenn man von der kurzzeitigen Existenz des regelrechten Parteinamens Libéraux als Bezeichnung der nach den Wahlen 1817 von den Constitutionnels abgespaltenen Indépendants absieht.126 Während die von Constant geprägten Bezeichnungen indépendans und constitutionnels im Gegensatz zu den ultra und ministériels bestimmte Richtungen der parlamentarisch identifizierbaren gauche darstellten, die mit dem parti libéral assoziiert wurden, blieb libéraux ein Sammelbegriff für das breite Spektrum von Oppositionskräften, das von republikanischen, ex-jakobinischen, über konstitutionelle und wirtschaftsbürgerliche Kreise bis hin zu bonapartistischen und orleanistischen Gruppen reichte.127 Angesichts dieses eklektizistischen Charakters von libéraux bemühte sich Saint-Simon 1817 darum, dem Begriff eine verbindliche Zielsetzung zu geben – „donner une acception claire au mot ‚libéral‘“ – indem er die libéraux einlud, „gouvernements“ und „gouvernés“ zu versöhnen.128 Während um 1814/15 zunächst die Gruppenbezeichnungen royaliste und bonapartiste dominiert hatten, findet man in der politischen Publizistik nach 125

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Vgl. Les remonstrances de Jean-sans-terre, ou lettre d’un demi-électeur aux tiers et aux quarts, o.O. [1818], S. 5 f. sowie M. LE VICOMTE DE SAINT-CHAMANS, De la Loi des élections, Paris 1819, S. 13 f. Vgl. J. M. BERTON, Considérations sur les élections prochaines, Paris 1818, S. 1, 13 und 52 sowie PAUL-LOUIS COURIER, Lettres au rédacteur du Censeur. Lettre première, 10. Juli 1819, in: DERS., Pamphlets politiques et littéraires, Bd. 1, Paris 1831, S. 53–5, hier S. 54; vgl. VIERHAUS, Liberalismus, S. 751. Vgl. BENJAMIN CONSTANT, Des élections prochaines, Paris 1817, in: Collection complète des ouvrages publiés sur le Gouvernement représentatif et la Constitution actuelle de la France, formant une espèce de Cours de politique constitutionnelle, Bd. 3, Paris 1818, S. 31–5; zur Differenzierung der opinions politiques um 1818 vgl. État actuel de nos opinions politiques, et leurs causes, in: LE DOCTRINAIRE, recueil philosophique, politique et littéraire 1 (1818), S. 56–63; zur Kontinuität vom parti bonapartiste zum parti libéral vgl. L. VÉRON, Memoires d’un Bourgois de Paris, Bd. 2, Paris 1853, S. 76 f. C.-H. DE SAINT-SIMON, Correspondance politique et philosophique. Lettres de H. Saint-Simon à un Américain, in: L’Industrie ou Discussions politiques, morales et philosophiques dans l’intérêt de tous les hommes livrés à des travaux utiles et indépendants, Bd. 2, Paris 1817, wieder in: DERS., Œuvres, Bd. 1, Paris 1966, S. 169 und 175 ff.; vgl. FERRARI, Libéral, S. 464 f.

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1815 die Etiketten aristocrates, constitutionnels und parti révolutionnaire républicain, démocratique.129 Obwohl kein klar definierter Parteibegriff, gehörte das Wortfeld um libéral aber eindeutig in die sich differenzierende Landschaft politischer Interessen. Dies beweist nicht zuletzt die Aufnahme von libéral als programmatischer Titel von zwei französischsprachigen Zeitschriften in der Phase bis 1820, wobei die ideologische Zuordnung zur parlamentarischen Linken eindeutig ist.130 Auch die Bezeichnungen indépendant, doctrinaire und vor allem conservateur wurden durch entsprechende Zeitschriftentitel in der politischen Publizistik popularisiert.131 Dem politischen Adjektiv conservateur verdankte Chateaubriands Organ seine erste Richtungsbestimmung gegenüber den idées libérales, wobei hier gerade keine Rückkehr in das vorkonstitutionelle Ancien régime intendiert war. Aus der gleichen Phase datieren auch die ersten Nachweise des principe conservateur. Dabei handelte es sich auch hier zunächst noch nicht um eine Parteibezeichnung sui generis.132 129

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Vgl. BIGONNET, La restauration de la liberté, profession de foi d’un républicain, sur le retour de Napoléon, Paris 1815, S. 8 sowie AD. POULTIER, Sur les opinions qui divisent les Français, Paris 1815, S. 10 f. sowie Essai sur les partis et la patrie, Paris 1816, S. 4 ff. Vgl. LE LIBÉRAL. Journal philosophique, politique et littéraire, Bruxelles 1816–1817 sowie LE LIBÉRAL. Dédié à MM. les membres indépendants du côté gauche de la Chambre des députés, Paris 1819. Der Begriff doctrinaire erschien zum ersten Mal um 1817 im Umkreis der Abgeordneten Camille Jourdan, de Broglie und Royer-Collard. Danach wurde er zum Synonym der durch François Guizot verkörperten intellektuellen und politischen Bewegung. Vgl. zur Entstehungsgeschichte des Begriffs ERNEST DUVERGIER DE HAURANNE, Histoire du gouvernement parlementaire en France (1814–1848), Paris 1857–1871, Bd. 3, S. 534; E. DE MIRECOURT, Guizot, Paris 1854, S. 38–41 sowie [J. COHEN] Du système des doctrinaires, ou observations sur un écrit de M. Guizot: Du gouvernement de la France depuis la restauration, et du ministère actuel, Paris 1820; vgl. ferner L’INDÉPENDANT, Chronique nationale, politique et littéraire, Paris 1815; LE DOCTRINAIRE, Recueil philosophique, politique et littéraire, Paris 1818 sowie LE CONSERVATEUR, Paris 1818–1820. Vgl. F. AGIER, De la Charte, de la Légitimité, de la Justice, de l’Indépendance des magistrats, et de quelques moyens de l’assurer, in: LE CONSERVATEUR, Bd. 1, Paris 1818, S. 450–8, hier S. 450: „Ce seroit, avant tout, une question curieuse, et peut-être nécessaire à examiner, que celle de savoir si tous ceux qui parlent tant de Charte, de légitimité, veulent, et même peuvent vouloir sincèrement l’une et l’autre? . . . Si ceux qui entendent un grand capitaine élever, pour la première fois, une voix courageuse sous le despotisme, proposoient la fusillade comme premier moyen de répression, ont des idées libérales? Si ceux qui parlent toujours de leur conscience lorsqu’ils ne l’ont jamais suivie, qui prêchent la modération l’écume de la colère à la bouche, sont véritablement consciencieux et modérés?“; vgl. ferner Nouvelle Critique de l’Histoire, et dernier terme du Libéralisme, in: ebd. 6 (1820), S. 78–81; Dialogue entre un Abonné du Conservateur et un Libéral, in: LE DOCTRINAIRE 1 (1818), S. 84–9; Lettre de M. le vicomte de Chateaubriand, exposant les principes dans lesquels le Conservateur doit être rédigé, in: LE CONSERVATEUR 1 (1818), S. 5–45, hier S. 7; vgl. DERS., Politique, in: ebd. 4 (1819), S. 353–76 sowie MÉZARD, Du principe conservateur, ou de la liberté considerée sous le rapport de la justice et du jury, Paris 1820, S. 1: „Tous les êtres animés naissent avec l’instinct et le désir de leur propre conservation. Sans ce sentiment, que la Divinité a gravé dans le cœur de l’homme, l’ouvrage de la création n’aurait pu se perpétuer. Le

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III. Politische Präfigurierung und semantische Fermentierung bis 1820

Dennoch ist nicht zu übersehen, daß sich die erste Herausbildung des ideologischen Antagonismus zwischen libéraux und conservateurs in der Tagespresse der Jahre 1818/1820 abzeichnete. Die Aufnahme der Gruppenbezeichnung libéraux in den Zeitungen läßt sich am besten in der Minerve Française rekonstruieren.133 Hier überwog in zahlreichen Artikeln zunächst das Bewußtsein, welchen Anfeindungen der Begriff von der ultraroyalistischen Gegenseite ausgesetzt war. Wurde man um 1818 mit den liberaux in Verbindung gebracht, bedeutete dies, mit einem ideologischen Lager identifiziert zu werden: „il suffit d’être entaché de ce titre pour qu’on vous ferme toutes les portes.“ Entsprechend wurden „ceux qu’on est convenus de nommer ‚libéraux‘“ oder „ceux qu’on appelle ‚libéraux‘“ vor ultraroyalistischer Kritik in Schutz genommen.134 Zwischen Ende 1818 und Anfang 1819 stellte die Minerve den libéraux ostentativ die „conservateurs par excellence“ entgegen: Während erstere die konstitutionelle Monarchie unterstützten, gelte für letztere, daß sie „ne cherchent qu’à détruire.“ Den Prinzipien von 1789 verpflichtet, „les libéraux s’attachent à la charte et . . . sont prêts à seconder les intentions libérales du roi . . . que demandons-nous? . . . un ensemble des lois dont l’harmonie avec la charte établisse le règne de la vraie liberté“.135 Nahmen die Artikel Bezug auf Wahlkämpfe, so sprachen sie vom „parti libéral“,136 der all jene Anhänger der „idées, opinions, doctrines“ und „institutions libérales“ umfaßte, welche den ultraroyalistes und zumal den „écrivains antilibéraux“ des Conservateur entgegenstanden. Gegenüber dem Vorwurf, die „ultra-libéraux“ hätten die Auflösung der Chambre Introuvable erwartet „[pour] montrer le nez“, erklärte die Minerve, daß allein die libéraux die wahren Interessen der Nation repräsentierten: „les libéraux sont la nation, les ultra sont une faction, les ministériels sont une coterie et les doctrinaires ne sont rien“.137 Die bereits um 1819 deutlich hervortretende europäische Dimension von libéralisme unterstrich die Minerve, als sie angesichts der Anstrengungen in zahlreichen deutschen Einzelstaaten um die Einführung von Verfassungen den „ceinture de libéralisme“ um Frankreich herum konstatierte, dem man sich kaum mehr entziehen könne.138 Vor allem in den englischen Zeitungen wie der Times, der Sun, dem Morning Chronicle und dem British Monitor wurde mit

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besoin de se conserver, qu’éprouve chaque individu, la société l’éprouve en masse. C’est ce besoin que j’appelle principe conservateur.“ Vgl. E. HARPAZ, L’école libérale sous la Restauration. Le Mercure et la Minerve 1817–1820, Genf 1968, S. 225 ff. LA MINERVE FRANÇAISE, Bd. 1 (1818), S. 72, 184, 578, Bd. 2 (1818), S. 83, 87 f., 245, 325, Bd. 3 (1818), S. 19, 357, 421 sowie Bd. 4 (1818/1819), S. 239; vgl. im folgenden FERRARI, Libéral, S. 465. LA MINERVE FRANÇAISE, Bd. 5 (1819), S. 216 f. Ebd., Bd. 4 (1818), S. 14, 269 und Bd. 9 (1820), S. 5, S. 233. Ebd., Bd. 3 (1818), S. 7 sowie Bd. 7 (1819), S. 179 und 320. Ebd., Bd. 5 (1819), S. 58.

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Hinweis auf die Minerve das Wortfeld zur Kennzeichnung des politischen Spektrums Frankreichs verbreitet.139 Die einseitige Polarisierung durch Legitimisten und Ultraroyalisten: Die negative Konnotation von libéralisme bis 1820 Die positive Richtungsqualität des Wortfeldes und die ihm zugeordnete Semantik politischer Stabilität und gesellschaftlicher Versöhnung lief letztlich auf das Ideal einer allgemeinen Interessenhomogenität oder doch mindestens einer möglichst weitgehenden Integration auf der Basis der idées libérales hinaus. Deren Konkretion in der Charte galt als Verkörperung der vergangenen Erfahrungen und des politischen Neuanfangs. Der Versuch, die durch die Revolution und die napoleonische Herrschaft aufgerissenen Gräben der Gesellschaft zu überbrücken, äußerte sich semantisch in der Stilisierung des überparteilichen Orientierungsbegriffs der idées libérales, die auf der Basis der konstitutionellen Monarchie gemäßigte libéraux und royalistes einbinden sollten. Wie sehr sich diese Projektion nach 1815 als Chimäre erwies, wird durch die Analyse der kritischen Absetzung und Polemik gegenüber dem Wortfeld deutlich. Für die publizistische Durchsetzung von libéral und libéralisme hatte diese polemische Kritik fundamentale Bedeutung, denn die Zuspitzung der Positionen, die hinter den Begriffen stand, führte erst zur Bildung jener ideologischen Ismen, deren höherer Abstraktionsgrad sich für grundsätzliche Kritik und Polemik besonders gut eignete: Im negativ besetzten Bewegungsbegriff libéralisme ließen sich die Bedeutungsgehalte der idées libérales verdichten. Die Auseinandersetzung mit den idées libérales ging zunächst von der allgemeinen Beobachtung aus, wie sich in der konkreten Umbruchsphase um 1815 neue politische Begriffe durchsetzten. Der aufmerksame Beobachter sah darin lediglich ein Symptom für grundsätzliche Veränderungen der politischen Öffentlichkeit, ihrer Stimmungen und Erwartungen: Il y a de certains mots qui dans le monde ont fait une grande fortune, précisément comme ces hommes qui, se prêtant à tout, doivent leur existence à leur caractère lâche, faux et changeant. On se sert de ces mots parce qu’ils n’ont aucun sens bien conu, qu’ils ne représentent aucune idée bien fixe. Ayant quelque chose de mystérieux, de profond, qui en impose, ils entrent merveilleusement dans le langage de nos nouveaux inspirés.140

Die idées libérales schienen für diese skeptische Beobachtung das hervorragendste Beispiel zu liefern. Für die „nouveaux inspirés“ der Gegenwart seien sie zum gängigen Schlagwort geworden. Ihr wesentliches Kennzeichen lag für den Kritiker im revolutionären Zielhorizont, in der unbeschränkten Freiheit, die 139

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Vgl. C.-G. ETIENNE, Lettres sur Paris, ou Correspondance pour servir à l’histoire de l’établissement du gouvernement représentatif en France; suivies d’une table alphabétique et raisonnée des matières, 2 Bde., Paris 1820, hier Bd. 1, S. 170 f. und 186 f. sowie LA MINERVE FRANÇAISE, Bd. 2 (1818), S. 136. De l’abus des mots, de leur fausse interprétation et de leur influence sur la destinée des peuples. Par M. H. B., Paris 1815, S. 14 f.

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sich notwendig gegen Religion, Monarchie und jede überkommene soziale Bindung wandte. Genau darin gingen die politisch intendierten idées libérales weit über den Aufklärungsbegriff der idées philosophiques hinaus: Parmi ces mots, ils aiment surtout à employer ceux d’idées libérales. Si l’on peut en saisir le sens, ils veulent dire quelque chose de plus que ce que l’on entendait d’abord par les idées philosophiques. Les idées libérales sont toutes celles qui se rapportent à l’indépendance la plus absolue, à la liberté la plus déréglée. Secouer le joug de la religion et des rois, voilà des idées libérales. Ce n’est pas encore assez, elles veulent que tout lieu soit servitude, tout devoir esclavage. Les pères ne doivent plus reconnaître l’autorité paternelle. Les grands, les riches, sont enfin exemptés des soins, des peines, des charges du patronage; les faibles, les pauvres sont débarrassés du poids fatigant de la reconnaissance. Le vieillard ne doit plus d’égards à l’innocente candeur de la jeunesse; les jeunes gens ne doivent plus de respect à la vieillesse. On va loin avec des idées libérales. Quelle tranquille, quelle heureuse société sera celle où ces idées seront universellement adoptées! 141

Die idées libérales verlängerten in dieser Sicht die unterschwellig fortwirkende Revolution in die Gegenwart hinein und standen einer Wiederherstellung des Ancien régime im Wege.142 Damit boten die idées libérales als schlagwortartige, programmatische Verdichtung gerade den Kritikern eine willkommene Projektionsfläche.143 Um 1815 schien die semantische Prägung durch die Militärdiktatur Napoleons zu deutlich, als daß man den idées libérales ohne Skepsis hätte begegnen können. Sie blieben in den Augen kritischer Beobachter gerade in ihrer Unbestimmtheit ein gefährliches Erbe der Revolution: Le mot d’idées libérales interprété par les plus honteuses passions, était comme un talisman qui avoit la faculté d’égarer les esprits . . . Avec un pareil cortège Bonaparte nous avait fait passer de son despotisme au règne des idées libérales, sans qu’on put s’apperçevoir d’aucun changement, se qui prouve que les idées libérales expliquées par la mauvaise foi ne sont pas loin du despotisme et qu’elles doivent être regardées comme un instrument de la tyrannie. Les mots qu’on ne peut définir et qui n’ont point de signification précise, enflamment aisément l’esprit du peuple et sécondent merveilleusement le génie des révolutions.144

Gegenüber der bedrohten gesellschaftlichen Ordnung und Wertewelt, die das Bild des fehlenden Respekts der Jungen vor den Alten symbolisierte, stand der „royaliste“, der das Glück des eigenen Landes nicht in der „exagération des idées nouvelles et dans les institutions dont on ne connaîtra la bonté qu’après des essais dangereux et peut-être funestes“, also in der Erfahrung der Zeitgenossen seit 1789 sah, sondern in der „sage modification d’un ordre des choses depuis long-temps éprouvés“.145 Dieses Bekenntnis zum Ancien régime als Ordnungsmodell für die Herausforderung der Gegenwart schloß die idées libérales als Versöhnungsbegriff der postrevolutionären Gesellschaft a priori aus. Sie reprä141 142 143

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Ebd., S. 15. Vgl. Le vrai royaliste, ou l’homme digne de porter ce nom, Paris 1820, S. 4. Vgl. Credo bourboniste, Paris [1814], o.S.: „Je crois que tout individu qui manifeste des idées libérales doit être regardé comme Jacobin, Terroriste, Coupe-Tête, etc.“; vgl. ferner GAVOTY, Opinion sur les idées du jour, Paris 1814, S. 13. MICHAUD, Histoire des quinze semaines ou le dernier règne de Bonaparte, Paris 1815, S. 11. De l’abus des mots, S. 27.

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sentierten vielmehr die in die Gegenwart hineinreichende Revolution selbst, indem sie deren Inhalte für die Zeitgenossen aktualisierten.146 Diese Kritik dominierte die Phase bis 1820 und antizipierte zugleich die Grundlinien der zukünftigen Auseinandersetzung mit libéraux und libéralisme. Es ist für die historische Genese des Deutungsmusters von erheblicher Bedeutung, daß nach 1815 die publizistische Durchsetzung sowohl der Gruppenbezeichnung libéraux als auch des abstrakten Bewegungsbegriffes libéralisme eine Konsequenz der kritischen Absetzung und des polemischen Diskurses war. Denn gerade die Gegner trugen mit ihrer semantischen Disqualifizierung der Begriffe zu deren publizistischer Verbreitung bei. Dies resultierte aus der in Kritik und Polemik besonders deutlichen Verdichtung programmatischer Positionen in einprägsamen Schlagworten. Das Spektrum der semantischen Absetzung bis 1820 erwies sich dabei als breit und ließ sich keinesfalls nur auf die restaurative Position der ultra in der Chambre Introuvable reduzieren. Zwischen 1817 und 1819 erschienen drei Schriften, die die Bandbreite und den Differenzierungsgrad der Argumentationsmuster besonders eindrücklich dokumentieren. Das Pamphlet Les capucins, les libéraux, et les canards von 1817 benutzte das Substantiv bereits in negativer Konnotation, ohne jedoch eine weitergehende semantische Differenzierung zu leisten.147 Das Wissen um die negative Konnotation von libéraux setzte dieser Text bei den Lesern bereits voraus. Dagegen leistete das Examen du Libéralisme par un Libéral von 1819 auf nicht weniger als 62 Seiten eine ausführliche Bestimmung der ideologischen Richtungsqualität des neuen Begriffes. Die Tatsache, daß libéralisme als Bestandteil des Titels aufgegriffen wurde, unterstrich, daß das Publikum über das Schlagwort der idées libérales von 1814/15 hinaus nunmehr in libéralisme eine identifizierbare politische Bewegung erkannte. Im Text durchaus im Sinne einer Selbstkritik – der Autor bezeichnete sich selbst noch als libéral – wurde der Bewegungsbegriff mit großer Selbstverständlichkeit benutzt, die auf ein entsprechendes Wissen des Publikums um die Bedeutungsrichtung zu diesem Zeitpunkt schließen läßt; darin liegt in historisch-semantischer Hinsicht die besondere Relevanz dieses Textes. Inhaltlich betonte der Autor die Korrumpierung des libéralisme, dem ursprünglich „le pur et saint amour de la liberté“ zugrundeliegen sollte, der dann aber durch die Herrschaft Napoleons, die im Namen der liberté ganz Europa einer Militärdiktatur unterworfen habe, diskreditiert worden sei:

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Vgl. HENRI DE BONALD, Pensées sur divers sujets, et discours politiques, 2 Bde., Paris 1817, hier Bd. 1: Pensées divers, S. 103 und 212: „‚Combien d’opinions, dit Duclos, admises comme vraies par une génération, et dont la fausseté a été démontrée par la génération suivante?‘ Le discrédit où sont tombées parmi nous les idées philosophiques, fait trembler pour les idées libérales . . . Les idées libérales seront, pour les esprits, ce que les assignats ont été pour les fortunes; elles ont réussi aux premiers qui les ont employées, et elles ruineront les derniers possesseurs, qui ne sauront où les placer.“ [G.-L.-A. DUPETIT-THOUARS] Les capucins, les libéraux, et les canards [Paris 1817].

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attaquée dans sa naissance, et trop faible encore pour braver ou pour étouffer la guerre, la liberté fut contrainte de l’appeler à son secours. Il fut nécessaire de vaincre; il fut naturel de mêler les transports accoutumés de la victoire aux tressaillemens nouveaux du libéralisme . . . L’indépendance nationale, conquise par les armes, fit insensiblement renaître dans les esprits le goût de conquérir. Bref, ce fut au nom de la liberté que la France s’enhardit à l’asservissement de l’Europe; au nom de la liberté, qu’elle se fit le tyran des nations.148

Das Versagen der libéraux begründete der Autor in ihrer Bereitwilligkeit, dem bloßen militärischen Erfolg Napoleons gefolgt zu sein und dabei die Korrumpierung der Freiheitsidee zugelassen zu haben: Je le répète donc, les libéraux français ont montré peu de sagesse et de prudence, lorsqu’ils se sont livrés si étourdiment au plaisir des succès militaires: ils ont par-là corrompu eux-mêmes l’esprit de la liberté, et rendu facile une corruption plus mortelle encore, celle qui nous est venue de la dévorante ambition d’un chef. Génie audacieux et adroit . . . il saurait tourner bientôt contre le libéralisme les forces que le libéralisme avait produites, et que le libéralisme seul avait pu produire. Je le répète enfin, les libéraux français, après avoir montré peu de sagesse, ont montré peu d’énergie, puisque, voyant leur confiance trompée, et le despotisme d’un soldat s’élever, s’affermir sur les ruines de leurs espérances trahies, ils ont permis, ils ont secondé ses perfides projets.

Als „une mesure vraiment libérale, grande et magnamine“ bezeichnete er den notwendigen Erweis „que nous avons répudié et quitté sans retour notre vicille passion de conquérir et de dominer“, was eine politische Katharsis auch des libéralisme voraussetzte: „fermer pour jamais le retour à la tyrannie militaire“.149 Gegenüber dieser differenzierten Betrachtung der historischen Hypothek von libéralisme brandmarkte das ebenfalls 1819 erschienene Flugblatt mit dem beziehungsreichen Titel Diplôme de Libéralisme, d’Indépendance et de Philosophisme par les Révolutionnaires, Jacobins, Buonapartistes, illuminés de France, d’Italie, d’Allemagne et de l’Angleterre (Abbildung 1) in unversöhnlicher Polemik den libéralisme als Ausfluß der Exzesse der Französischen Revolution in der Gegenwart.150 148 149 150

Examen du libéralisme par un libéral, Paris 1819, S. 34 und 43 f. Ebd., S. 45 f. und 57; vgl. ferner zur „exaltation de libéralisme“ H. AZAIS, Adresse aux libéraux, Paris 1820, S. 11 ff. und 16. Diplôme de Libéralisme, d’Indépendance et de Philosophisme, délivré par les Révolutionnaires, Jacobins, Buonapartistes, illuminés de France, d’Italie, d’Allemagne et d’Angleterre [Paris 1819]; zur Auflösung der im Text genannten Pseudonyme vgl. Collection de Vinck. Inventaire analytique. Bd. V: La Restauration et les cent-jours, par ANNE-MARIE ROSSET, Paris 1938, S. 416, Nr. 10291; diese Angaben werden in der folgenden Transkription in [Klammern] angegeben: „Nous, par la grâce de la sublime Révolution, ayant été successivement rat-de-cave, dénonciateur, jacobin, banqueroutier pamphlétaire, représentant, chambellan, comte et marquis, mais toujours Indépendant et Libéral: en vertu des pouvoirs que nous avons exercés et exerçons, depuis 1789, dans nos comités insurrectionnels, Savoir Faisons à tous Chefs-Présidents des sociétés organisées pour le triomphe de la liberté et de l’égalité sur l’esclavage de la raison et du fanatisme, pour la chute des trônes et la destruction de l’arbre du clergé et de la noblesse, qu’il nous est revenu par nos agens, que le citoyen frère et ami réunit toutes les qualités requises pour être agrée au troisième grade de Franc=Libéral, en conséquence nous voulons bien le reconnoitre pour tel.

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Abbildung 1: Diplôme de Libéralisme, d’Indépendance, et de Philosophisme, delivré par les Revolutionnaires, Jacobins, Buonapartistes, illuminés de France, d’Italie, d’Allemagne et d’Angleterre [Paris 1819]. Exemplar der Bibliothèque Nationale de France Paris, Code Photothèque: 82 B 99680. Erstnachweis in: [J. A. TASCHEREAU, PAUL MARCHAL et al.] Catalogue de l’histoire de France, Bd. 1–16, Paris 1855–1895, hier Bd. 3, S. 394.

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Diese Quelle, die einen besonders frühen und herausragenden Beleg für die Semantik des Bewegungsbegriffes darstellt, bietet zudem die seltene Chance, die Bedeutungsgeschichte durch Einbeziehung politisch-ikonographischer Elemente zu ergänzen. Der Text, eine polemische Satire auf das Selbstverständnis der libéraux, ist auf dem Flugblatt von Symbolfiguren der Revolution umgeben. So sind auf der linken Bildsäule neben Marat und Robespierre ein abgeschlagener Frauenkopf auf einer Pike und auf der rechten Seite Sansculotten zu erkennen. Die Bildtexte unterstreichen diese Revolutionssymbole: Die linke Säule trägt als Überschrift „L’insurrection est le plus saint des devoirs.“ Für Marats öffentliches Wirken wird sein Ami du Peuple zitiert, während Robespierre eine Schriftrolle mit den Schlagworten „Terreur [,] vertu et Guillotine“ trägt. Die Revolution und ihre programmatischen Schlagwörter liberté, égalité, fraternité symbolisiert ein apokalyptisches Ungeheuer, das über dem Text thront. Die untere Bildreihe nimmt Bezug auf Exzesse der Revolutionäre gegen die Zivilbevölkerung. Die „baptêmes et mariages républicains remplaçant aux dogmatiques Chrétiens“ ersetzen als terroristische Nayaden die christliche Taufe, und unter dem Motto „Les idées libérales triomphent à Lyon“ werden vermeintliche Konterrevolutionäre niedergemetzelt. Die Fahnenaufschrift attributiert die Aktion zynisch als „Guerre à la négotiantisme.“ Das Vorgehen gegen die Priester illustriert das Bild unten rechts, das einen knieenden Priester vor einem Prison des Carnes zeigt, der von einer Gruppe bewaffneter Revolutionäre bedrängt wird. Dieser Bildrahmen bestimmte libéralisme als Richtungsbegriff in der Tradition der radikal-republikanischen Revolution. Er nahm Bezug auf die poleD’après les rapports irrécusables de patriotisme du récipiendaire, à nous transmis par les frères et amis B. Inconstant Cinq-ottober [Lafayette], Grégroire Hunt [Henry Hunt] & tous propagateurs de la masse des lumières, terreur des ultra, des modérés, des Vendéens, il est reconnu que le récipiendaire a signé l’acte additionnel, qu’il a sans cesse à la bouche les mots sacrés de dignité de l’homme asservissement des idées, de terreur de 1815; qu’il appelle la légitimité la légitimerie, la noblesse les féodaux, les prêtres des calotins, le régicide une erreur; qu’il lit exactement sa Minerve et son Constitutionnel; qu’enfin il réunit toutes les qualités exigées d’un vrai Sans-Culotte. D’après la décision suprème de l’assemblée réunie en Chapître. Nous l’instituons par ces présentes dans le susdit grade de Franc-Libéral, l’autorisons à en porter l’insigne consistant en un petit bonnet rouge à la boutonnière. Nous recommandons au néophite d’apporter tout son Zèle à proclamer les doctrines de la Nouvelle Nation. L’axiome est précis: Tout ce qui n’a point été pour la révolution a été contre la patrie. Il faut un nouveau culte, il faut de nouveaux fas [sic!, i.e. fois] Il faut un nouveau Dieu pour l’aveugle univers. Partout où il se trouvera à l’avenir, il doit marcher avec son siècle, traiter la religion d’institution gothique . . . le culte de la Raison, soigner les élections en exclure les royalistes répandre surtout qu’ils sont incapables, ignorans, . . . sous le moindre symptôme d’habileté pratique . . . Fait en notre palais de la Montagne . . . de la génération et du bonheur des peuples. 1819 [Signatur: J.] Delivré par nous, adorateur de la Raison, apôtre de la Minerve, directeur de l’opinion publique, ex-censeur impérial, ami de liberté. Signé: E. Conaxa [Etienne Conaxa]. Grand Maître Juilannais [Lanjuinais], représentant en 1815, Sottis [Tissot], secrétaire.“

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misch besonders wirkungsvollen Motive: Dazu zählten neben den herausragenden Persönlichkeiten der terreur-Phase vor allem die blutigen Exzesse gegen Zivilbevölkerung und Kirche im Namen revolutionärer Prinzipien. Die semantische Stigmatisierung von libéralisme im Text beruhte zunächst auf der Gleichsetzung von historisch divergenten Handlungsgruppen: „Révolutionnaires, Jacobins, Buonapartistes, illuminés“ bildeten eine negative Kontinuitätslinie, in deren Bedeutungstradition libéralisme stand. Sie reichte von der Aufklärung, über die Revolution von 1789 und ihre jakobinische Radikalisierung bis zu Bonaparte und in die unmittelbare Gegenwart. Zugleich betonten die unbekannten Autoren des Flugblatts bereits die über Frankreich hinausgehende gesamteuropäische Bedrohung, die von libéralisme ausging. Das Diplôme bezog sich ausdrücklich auf Frankreich, Italien, Deutschland und England. Der „triomphe de la liberté“ wurde mit dem Ende von Monarchie, Adel und Klerus gleichgesetzt. Dem Bekenntnis der führenden Vertreter des libéralisme der Gegenwart – Constant erschien im Text als Inconstant, dessen Anhänger mit den Zeitschriften Minerve und Constitutionnel identifiziert wurden – zu „dignité de l’homme“ und „asservissement des idées de terreur de 1815“ zum Trotz, blieb libéralisme ein Symbol für die modernen Sansculotten und den fortwirkenden bonnet rouge. Die proklamierte „Nouvelle Nation“ blieb an die Revolution als negativem historischen Erfahrungsraum gekoppelt: „L’axiome est précis: Tout ce qui n’a point été pour la révolution a été contre la patrie.“ Die Relevanz von libéralisme als zeitgenössisches Deutungsmuster wird zumal in dieser Polemik besonders sichtbar: Die semantische Kontinuitätslinie von Révolution, Nouvelle Nation und libéralisme bildete ein neues Identifikationsmuster, eine Sinnprojektion mit umfassendem Deutungsanspruch nach dem revolutionären Bruch mit den tradierten Autoritäten: „Il faut un nouveau culte . . . Il faut un nouveau Dieu pour l’aveugle univers.“ Festzuhalten bleibt, daß die Genese des Bewegungsbegriffes libéralisme bis 1820 vor allem in der kritischen Publizistik zu rekonstruieren ist, wo ein argumentationsstrategisches Interesse an der abstrakten Verdichtung und schlagwortartigen Reduzierung ideologischer Positionen bestand. Hier deutete sich der Übergang von der Politisierung zur ideologischen Polarisierung an.151 Die Mechanismen der semantischen Polarisierung stellten sich dabei je nach Textsorte und Diskurszusammenhang vielfältig und differenziert dar. Neben der simplen polemischen Verunglimpfung aus ultraroyalistischer Perspektive stand die differenzierte Auseinandersetzung, auch wenn diese bis 1820 immer mehr die Ausnahme darstellte.152 151

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Vgl. Lettre d’un Royaliste Vendéen, à un Royaliste Provençal, in: BIBLIOTHÈQUE HISTORIQUE, ou Recueil de matériaux pour servir à l’histoire du temps 3 (1818), S. 426–32, hier S. 426; HENRI DE BONALD, Sur les libéraux, in: LE DÉFENSEUR. Journal religieuse, politique et littéraire 1 (1820), S. 76–83 sowie La science des libéraux, in: ebd. 4 (1821), S. 174–8. Vgl. A. DE FRENILLY, Des idées libérales, in: LE DÉFENSEUR. Journal religieuse, politique et littéraire 1 (1820), S. 114–8.

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Als Beispiel für die differenzierte Reflexion kann Chateaubriand gelten, der 1816 die generelle Verschiebung von politischen Etiketten seit der Revolution bemerkte und damit indirekt auf die Dynamisierung des Politikdiskurses als Konsequenz veränderter Erfahrungsräume hinwies: Elle [la faction] a inventé un nouveau jargon pour arriver à son but. Comme elle disoit au commencement de la révolution les ‚aristocrates‘, elle dit aujourd’hui les ‚ultra-royalistes‘. Les journaux étrangers à sa solde ou dans ses intérêts, écrivent tout simplement les ‚ultra‘. Nous sommes donc les ultra, nous tristes héritiers de ces aristocrates dont les cendres reposent à Picpus et au cimetière de la Madeleine.153

Seine Kritik an der Parteibezeichnung constitutionnels basierte auf der Annahme, daß sich diese Gruppe sofort gegen die bestehende konstitutionelle Ordnung wende, sobald sie nicht ihren Zielen nutze. Chateaubriands kritische Bestimmung von libéralisme negierte dabei aber nicht die Charte und die neuen Errungenschaften der konstitutionellen Monarchie, sondern stigmatisierte im Gegenteil libéralisme als Synonym für politische Instabilität, weil die libéraux das allgemeine Wohl der Nation zugunsten ihrer eigenen Interessen opferten. Die semantische Trennungslinie war hier also keine Konsequenz einer auf bloße Restauration des Ancien régime zielenden Politik: Quelle pitié d’entendre aujourd’hui les ‚constitutionnels‘ nier l’existence des gouvernemens [sic!] représentatifs, soutenir qu’une chambre des députés doit se réduire à la passive obéissance, combattre la liberté de la presse, préconiser la police, enfin changer entièrement de rôle et de langage! Ils traitoient d’esprits bornés, d’esclaves, d’ennemis des lumières, ceux qui professoient les principes qu’ils adoptent aujourd’hui. Sont-ils concertis? Non, c’est toujours le même ‚libéralisme‘. Mais les doctrines constitutionnelles ont enfin amené la chambre actuelle des députés; mais cette chambre veut à la fois la liberté et la religion, la constitution et le roi légitime: furieux contre ce résultat de vingt-cinq ans de rébellion, ils ne veulent plus de la chambre. Alors il faut déclamer contre le gouvernement représentatif, parce qu’ils sont arrêtés par sa vigilance; contre la liberté de la presse, qui ne seroit plus à leur profit, quittes à reprendre les principes libéraux lorsque la dynastie sera changée, et qu’on n’aura plus à craindre le rétablissement des autels.154

Der polemische Stil der ultraroyalistischen Publizisten beruhte im Gegensatz zu diesem Bekenntnis Chateaubriands auf der einseitigen semantischen Identifizierung von libéral mit allen Negativattributen der Revolution, der Aufklärung als deren Vorläufer und dem gegenwärtigen „système ministériel“ als deren Nachfolger: „Ces deux mots, Ministère et Royalisme, impliquent contradiction et font craindre des révolutions futures . . . La morale de l’illuminé est celle du jacobin, du révolutionnaire, du libéral, du ministériel en un mot“.155 Dies 153 154 155

F. R. DE CHATEAUBRIAND, De la monarchie selon la Charte, Paris 1816, S. 217 f. Ebd., S. 235 f. Esprit de MM. de Chateaubriand, Bonald, La Mennais, Fiévée, Salaberry, La Bourdonnaye, Castelbajac, D’Herbouville, O’Mahoni, Martainville, Jouffroi, Sarran, etc., etc.; ou extrait de leurs ouvrages politiques et périodiques, depuis la restauration jusqu’à ce jour, Paris 1819, S. 38, 18 und 27, vgl. ebd. S. 223: „Le libéralisme, l’indépendance, les doctrines, tout cela n’est que la révolution sous des qualifications différentes. Or, comme il y a opposition diamétrale entre la révolution et la monarchie légitime, le rappel des régicides, l’exaltation des révolutionnaires, le déplacement des royalistes,

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schloß eine postrevolutionäre Interessenhomogenisierung aus, da bereits die konstitutionelle Monarchie als Anerkennung revolutionärer Prinzipien galt. In einem europäischen Bedeutungszusammenhang ließen sich Robespierre, Fouché und Napoleon genauso wie Karl Ludwig Sand, der Mörder Kotzebues in Deutschland, und die italienischen Carbonari mit libéral stigmatisieren: Robespierre était libéral; on sait quel torrent de sang il fit couler dans Paris. Fouché était libéral; il envoya par centaines les Lyonnais à la boucherie. Buonaparte était libéral; il fit étrangler Pichegru, fusiller le duc d’Enghien et tant d’autres. Nous venons de voir le jeune Sand, qui est libéral, assassiner Kotzebue, et les Carbonari, qui sont libéraux, comploter l’empoisonnement de l’empereur d’Autriche.156

Für die ultrakonservative Publizistik bildeten die libéraux entsprechend nur eine weitere Fortsetzung der politischen Gruppenbezeichnungen seit 1789. Die Erfahrungen der Revolution und des Empire bildeten eine semantische Folie für die jederzeit mögliche Aktualisierung eines Kataloges von Negativtopoi. In dieser Sicht ließen sich alle Wechsel der Bezeichnungen auf die Topoi nouveau Napoléon und terreur zurückführen: Ce sont encore les patriotes de 1789, les jacobins de 1793, les bonapartistes de 1814, qui, malgré leur apparente défaite, ralliés sous les bannières de l’illégitimité et de l’irréligion, réunis sous la nouvelle dénomination de libéraux, forment une troisième coalition non moins formidable que les précédentes. Cachés sous le masque hypocrite d’un royalisme de très fraîche date, couverts en quelque sorte par la protection d’un roi clément, ils ne daignent plus même agir dans l’ombre; ils ne dissimulent plus leurs projets; ils veulent encore le règne du bonnet rouge, le règne de l’athéisme, le règne des échafauds; arborer les trois couleurs, proscrire à jamais la maison de Bourbon, détruire la religion catholique, persécuter ses ministres, égorger les nobles; dépouiller les propriétaires, briser le sceptre de Saint-Louis, régner par le glaive d’un nouveau Napoléon, en un mot ramener les jours de la terreur: tel est leur plan bien connu.157

In der Publizistik konzentrierte sich die Auseinandersetzung auf die Einordnung der Charte und die Position des Königtums. Wo die ultra nicht generell jedes konstitutionelle Zugeständnis ablehnten, warfen gemäßigte Kritiker den Parteigängern der idées libérales die permanente Infragestellung der 1815 geschaffenen Neuordnung vor, um ihre eigenen Interessen durchzusetzen. Ihre Forderungen liefen, so die dynastisch orientierten Protagonisten, auf die Aushöhlung der überkommenen und 1815 restaurierten Legitimität der Bourbonen hinaus, in denen die Autoren gegenüber den Ansprüchen der libéraux das Gottesgnadentum der französischen Monarchie symbolisiert sahen: Les idées libérales nous verraient aussi leurs partisans, si leurs apôtres voulaient sincèrement l’inviolabilité de la charte, l’inviolabilité de la légitimité; si leur but ne tendait qu’au

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sont autant d’actes anti-monarchiques qui nous mènent directement vers la république ou vers l’usurpation.“ Ebd., S. 86. La Macédoine libérale, ou faits, événemens, récits, anecdotes, saillies, naïvetés, maximes, contes, fables, épigrammes, chansons, etc., etc., extraits des journaux, écrits semipériodiques, brochures et ouvrages publiés depuis six ans, Paris 1819, S. 165 f.; vgl. ferner J. DUSAULCHOY, Épître à un prétendu libéral, Paris 1820, S. 11 f.

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bien public; mais tous est perfidie dans leur système, tout est hypocrisie dans leurs principes. Leur morale est d’autant plus dangereuse, qu’ils nous la présentent sous les couleurs les plus ravissantes, le bonheur de la société, lorsqu’ils s’épuisent en efforts pour bouleverser l’ordre social, pour détruire la Charte, notre égide contre de nouvelles fureurs, et anéantir l’arbre sacré de la légitimité.158

Diese polarisierte Diskussion um die Interpretation der Charte und die Legitimationsquellen der neuen politischen Ordnung ließ eine gesamtgesellschaftliche Versöhnung kaum mehr zu. Die hier erkennbaren semantischen Trennungslinien waren bereits zu tief, als daß sie sich durch eine allgemeine Konnotation von libéral und libéralisme noch hätten überbrücken lassen. In der Sicht der Legitimisten gingen alle Glieder der Ereigniskette seit 1789, von der Hinrichtung Ludwigs XVI. über die Revolutionsverbrechen der terreur mit der Enteignung des Adels bis zur Herrschaft Napoleons auf die „hommes à idées libérales“ zurück: Par qui Louis XVI fut-il assassiné? Par les hommes à idées libérales. Par qui Marie-Antoinette fut-elle assassinée? Par les hommes à idées libérales . . . Par qui la désolation fut-elle répandue de Lisbonne à Moskou? Par les hommes à idées libérales. Par qui millions de français ont-ils péris? Par les hommes à idées libérales. Par qui l’usurpateur fut-il favorisé lorsqu’il est venu mettre le comble à nos maux? Par les hommes à idées libérales . . . Par qui tant de calamités ont-elles affligé l’Europe et la menacent encore? Par les hommes à idées libérales. Par qui, enfin, tant de Princes furent dépossédés, tant de trônes chancellans? Par les hommes à idées libérales. Souverains, voilà les leçons que vous ont données les idées libérales.159

Der Vorwurf gegenüber den „hommes à idées libérales“, dem eigenen Volk wieder eine despotische Ordnung aufzwingen zu wollen, ließ sich mit der Erinnerung an Napoleon als „grand protecteur“ der idées libérales verknüpfen. Damit unterstrich der Autor jene historische Kontinuitätslinie seit 1789, die als negatives historisches Gedächtnis jederzeit aktualisierbar war: votre grand Napoléon fesait peser son sceptre de fer sur le peuple français, qu’il l’accablait d’impôts, qu’il arrachait périodiquement les pères, les époux, les enfants à leur familles pour les faire égorger, les idées libérales applaudissaient à sa tyrannie, à ses forfaits: les idées libérales l’exaltaient comme le plus grand des héros, le plus grand des législateurs, le meilleur des souverains, le père des peuples.160

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V. DE MATTY, Les idées libérales expliquées, Marseille 1818, S. 17, Anmerkung. Ebd., S. 30. Ebd., S. 20 f.; den Anhängern der idées libérales ließen sich auch die desaströsen Folgen der zweiten Niederlage Napoleons zuschreiben; vgl. ebd., S. 34: „Après la défaite de Waterloo, que le tyran osa se montrer dans la capitale, les libéraux ne l’ont-ils pas encore reçu avec tristesse? Ne l’ont-ils pas consolé de ses revers dans l’espoir de l’avenir? N’ont-ils pas favorisé son évasion? N’ont-ils pas eu la perfidie de lui laisser emporter le peu d’or qui nous restait? Comparons la France à ce qu’elle serait si le tyran ne fut pas revenu, ou s’il eut été combattu en abordant sur nos rivages. Jamais elle n’eut été si florissante malgré ses longs déchiremens, et jamais elle n’a été plus malheureuse. A qui s’en prendre si l’infortune nous accable? Aux idées libérales qui le désiraient, qui l’attendaient pour achever de lui vendre le reste du sang des français.“

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Die Frage nach der Einordnung der Charte als bestimmendes Merkmal der postrevolutionären Ordnung von 1814/15 blieb virulent.161 Ob sie das Ende der Revolution oder ihre Fortsetzung auf anderer Ebene bedeutete, bestimmte in der Sicht der royalistischen Kritiker auch die Verortung des „parti prétendu libéral.“ Er sei aus der falschen Annahme entstanden, „que la révolution avait été ressuscité par la Charte.“ Das Ziel für die Royalisten war dem eindeutig entgegengesetzt: „Voilà donc ce que voulait la Charte: creuser un tombeau à la révolution, et non pas un lit . . . mettre dans l’ordre monarchique les intérêts nés des principes révolutionnaires“.162 Während die libéraux bürgerliche Rechtsgleichheit, Volkssouveränität und repräsentatives System in der Charte verwirklicht sahen und sich daher auf sie als Kernstück einer transformierten monarchischen Ordnung beriefen, bemühte sich der Kritiker um die Entlarvung dieser Ziele als bloße begriffliche Verschleierung der durch Revolution und napoleonische Despotie veränderten Machtverhältnisse, die den Gewinnern der Revolution, vor allem den propriétaires, ihre neue gesellschaftliche Position garantierte. Das Bekenntnis zu den „principes de la révolution“, das den idées libérales zugrundelag, markierte für diese Zeitgenossen insofern eine neue ungleiche Machtverteilung innerhalb der Gesellschaft. Ideologiekritisch stand hinter dieser Argumentation ein Autor, der sich kaum zu den Gewinnern der Revolution zählen konnte. Hinter der semantischen Aufladung der Begriffe zeichneten sich mithin konkrete soziale Interessenlagen ab: Mais les libéraux sont partis de l’assertion contraire. Ils ont dit: La Charte a consacré les principes de la révolution; elle a consacré l’égalité des droits en supprimant les anciens privilèges; elle a consacré la souveraineté du peuple, en instituant un gouvernement représentatif, en appelant l’opinion des électeurs pour un tiers dans la législation; donc, ajoutent-ils, la Charte est devenue elle-même la base de la monarchie ou le principe de la royauté qui l’a donnée . . . Est-ce consacrer le principe de l’égalité des droits, que de supprimer des priviléges anciens pour en établir de nouveaux, comme je l’ai prouvé plus haut? – Est-ce consacrer le principe de la souveraineté du peuple, que de donner, en vertu du droit divin, une part quelconque dans la législation, non pas même au peuple, mais aux propriétaires, en limitant l’exercice de cette part de législation dont on s’est encore réservé l’initiative et la sanction? 163

Die ideologische Basis von libéralisme lag, so der Autor, lediglich in der Fiktion einer permanenten Bedrohung der Ergebnisse von 1789 durch die Kräfte des Ancien régime. Indem man dieses Argumentationsmuster, die Rechtfertigung von Widerstand aus dem Gefühl der Bedrohung des Erreichten, als vorge-

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Bereits 1814 hatte Chateaubriand betont: „Selon les constitutionnels, la constitution n’est pas assez libérale. Selon les anciens royalistes, on se seroit bien passé d’une constitution“, F. R. DE CHATEAUBRIAND, Le mois d’octobre comparé au mois de mars de 1814 (1814), in: Tableau politique et littéraire de la France en 1814 et 1815, extrait des meilleurs écrits de cette heureuse époque, Bd. 1, Paris 1820, S. 164–78, hier S. 171. [DE LOURDOUEIX] Le fil d’Ariane offert à l’intérêt public et à l’histoire, pour sortir du labyrinthe libéral et doctrinaire, suivi De l’Examen des Opinions et des Griefs eposés dans la brochure de M. Kératry, Paris 1820, S. 5 und 11. Ebd., S. 13.

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täuschte Stilisierung zu entlarven suchte, sollte auch der libéralisme diskreditiert werden: On voit que toute la marche du libéralisme, depuis la révolution parlée jusqu’à la révolution faite, part de ce point unique: que les ennemis de la révolution veulent le privilège, les droits seigneuriaux, le régime féodal, la destruction du système représentatif, de la liberté, etc., etc. Otez au libéralisme ce prétendu argument, que lui restera-t-il? L’impuissance et la confusion. Toute la force du parti de la révolution a donc sa source dans une fiction, et non dans la nature des choses: cette force est donc artificielle et non pas réelle; le terme de la puissance de ce parti est donc borné à celui d’une erreur qu’on a travaillé pendant trop long-temps à faire naître et à propager, mais qui tend à s’évanouir depuis que la cause qui la soutenait lui a retiré son action. Ainsi le libéralisme ne peut se légitimer, ni par la Charte, ni par les conséquences de la Charte, ni par les lumières du siècle, ni par la tendance naturelle de l’opinion publique.164

Ein politischer Ausgleich zwischen dieser Position und dem ideologischen Bewegungsbegriff libéralisme als Ausdruck der in die Gegenwart hinein verlängerten Revolution schien unmöglich. Im politischen Tageskampf der Wahlen hob man auf die „existence anti-monarchique du libéralisme“ ab, „sa tendance révolutionnaire, l’impossibilité de le maîtriser, de le contenir dans les voies de la Charte, et de l’empêcher de produire ses propres conséquences, qui sont la destruction de la royauté, des inégalités sociales, de toute aristocratie.“ Auch hier blieb die Charte der konstitutionelle Orientierungspunkt, aber der Akzent lag nunmehr auf dem Erweis des grundsätzlich revolutionären Charakters von libéralisme, der den Rahmen der Verfassung transzendiere und damit die politische Instabilität fördere. Hinter dem Kampf der politischen Begriffe standen damit fünf Jahre nach dem Ende der napoleonischen Herrschaft unversönlich die antonymisch entgegengesetzten Deutungsmuster von aristokratischem Ancien régime und Revolution: nous avons dans notre pays un vaste dépôt d’idées religieuses, de sentimens nobles et généreux, de véritables lumières, de principes d’honneur et de justice. Ce dépôt est intact; la révolution, malgré ses torches et ses faux; le libéralisme, malgré ses paradoxes et calomnies, les factions, l’anarchie, le philosophisme n’ont pu réussir à l’entamer; c’est là qu’est la vie, le salut de la société, et peut-être de la civilisation européenne. Le Gouvernement sait où le prendre, et les libéraux savent où l’attaquer.165

Die semantische Verdichtung dieser Deutungsmuster von Ancien régime und Revolution schuf durch die positive Identifikation oder in der kritischen Absetzung von libéralisme ein Forum für ideologische Differenzbestimmungen. Dies markierte den spezifischen Entwicklungsstand der französischen Semantik.

164 165

Ebd., S. 28. Ebd., S. 30 und 52.

2. Deutschland

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2. Deutschland a) Das liberale Regiment der Vernunft? Die Politisierung von liberal in der indirekten Erfahrung der Französischen Revolution Auch für die begriffsgeschichtliche Entwicklung stellte die Französische Revolution einen tiefgreifenden Einschnitt dar, der in seiner Wirkungskraft weit über die Veränderung des politischen Vokabulars in Frankreich selbst hinausging. Die semantische Bestimmung von liberal in Deutschland erhielt von der indirekten Auseinandersetzung mit den Revolutionsprinzipien wichtige Impulse, sei es durch eigene Anschauung von deutschen Zeitgenossen in Frankreich oder durch Konfrontation mit den „exportierten“ Prinzipien während der Revolutionskriege und der napoleonischen Herrschaft. Für die veränderte Bestimmung von liberal war wie in Frankreich selbst eine Veränderung des Erfahrungskontextes entscheidend: Aus ihr resultierte zunächst eine allgemeine Politisierung des Adjektivs, ohne daß damit bereits die Konnotierung eines ideologischen Richtungsetiketts verbunden war. Treffender erscheint es, von politischen Präfigurierung und Kryptopolitisierung zu sprechen. In dieser Phase traten neben die vorpolitischen Bedeutungselemente von Liberalität neue Aspekte, die aus der direkten Anschauung oder indirekten Erfahrung mit den Revolutionsprinzipien, dem französischen Gebrauch von libéral sowie dem Export und Import von neuen Deutungsmustern stammten. All dies veränderte den Stellenwert von liberal im zeitgenössischen Politikdiskurs. Eine mögliche Form der Adaption neuer Bedeutungselemente bestand in der Übersetzung französischer Ausdrücke ins Deutsche. So findet man die éducation libérale des Dritten Standes, die von Sieyès am Vorabend der Revolution als Identifikationsbegriff gegen die Privilegien der ersten beiden Stände so vehement vertreten worden war, auch bei Konrad Engelbert Oelsner, als er mit Blick auf den 10. August 1792 davon sprach, die „liberal erzogene Bürgerklasse“ habe sich „halb aus Geschmack, halb aus Furcht dem Publikum entzogen“.166 Die liberale Erziehung als Ideal der „Mittelklasse“, die nun führerlos erschien und sich mit dem „großen Haufen“ unterworfen habe, hob auch Ernst Brandes hervor. Bei ihm richtete sich der Blick indes nicht auf Frankreich, sondern auf England, wo mit liberal education ein eigener sozialer Statusbegriff des gentleman existierte. Brandes bedauerte, daß es in der deutschen Staatenwelt keinen materiell unabhängigen, ausreichend „bemittelten dritten Stand“ gebe, „der als Repräsentant des Städters und Landmannes die Rolle eines britischen Unterhauses mit Würde spielen könnte.“ Die aus finanzieller Unabhängigkeit resultierende „liberale Bildung des Geistes“ fehle in Deutschland, weil 166

Brief vom 26. November 1792, in: KONRAD ENGELBERT OELSNER, Luzifer oder gereinigte Beiträge zur Geschichte der Französischen Revolution, Bd. 2, [Leipzig] 1799, Neudruck Kronberg/Taunus 1977, S. 295.

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III. Politische Präfigurierung und semantische Fermentierung bis 1820

die „wirklich sehr gebildeten Menschen vom dritten Stande .. . von landesherrlichen Besoldungen oder eigenem Erwerbe, nicht von ererbtem Vermögen leben“.167 Im Gegensatz zur liberal education des englischen gentleman, die auf die soziokulturell abgegrenzte Sphäre der adligen Führungsschichten verwies, stand in Deutschland die Abhängigkeit des aufgeklärten Bildungsbürgertums vom Staat. Das fehlende Äquivalent zur liberal education in Deutschland verwies auf unterschiedliche sozialhistorische Voraussetzungen. Oelsners „liberal erzogene Mittelklasse“ in Frankreich und Brandes’ „liberale Bildung des Geistes“ in England bezogen sich auf gänzlich andere Sozialformationen hinter den nationalsprachlichen Adaptionen des antiken Bildungsbegriffs: In Frankreich stand dahinter der bürgerlich dominierte Dritte Stand, in England die aristokratisch geprägte, auf private property basierende Wertewelt des gentleman. Die Anschauung der deutschen Zeitgenossen vor Ort, ihr Interesse an den Vorgängen in Paris, übertrug sich auf die Übersetzung der politischen Begriffe vom Französischen ins Deutsche. Dabei trat liberal im Deutschen entsprechend der französischen Entwicklung noch nicht als konkrete Parteibezeichnung auf. Christoph Martin Wieland reflektierte 1793 sehr genau die französischen Etiketten als er zwischen den „Aristokraten“ und der „Volkspartey“, den „so genannten Demokraten“ in Frankreich und Deutschland, eine Mittelpartei der „Moderierten“ erkannte, wobei die Wortnähe zum französischen modérés besonders hervortrat.168 Die opinions libérales und die aus ihnen erwachsenen idées libérales wurden vor dem Hintergrund der eigenen Anschauung deutscher Zeitgenossen ins Deutsche übersetzt. Dabei bildeten die Vorgänge in Frankreich den semantischen Bedeutungszusammenhang; eine adaptierende Übertragung auf deutsche Zustände läßt sich zu diesem Zeitpunkt noch nicht nachweisen. So übersetzte Oelsner die in der französischen Publizistik der Zeit häufig auftretende Bestimmung der principes libéraux, wenn er 1797 konstatierte: „Wer mittelst der Revolution zu Rang und Reichtum gelangt ist, sieht mit schnöder Verachtung auf Philosophie und liberale Grundsätze herab, als wenn die Revolution nicht von diesen ausgegangen wäre“.169 Diese Kopplung des Adjektivs an die berechtigten Ursprungsprinzipien von 1789 grenzte die radikale Phase der terreur aus. Damit ging auch das Motiv einer semantischen Restauration im Sinne einer Rückführung zu den Ursprungszielen der Revolution, die bereits ein wesentliches Kennzeichen der französischen Bedeutungsgenese der idées libérales gewesen war, in die Übersetzung mit ein.

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ERNST BRANDES, Ueber einige bisherige Folgen der Französischen Revolution in Rücksicht auf Deutschland, Hannover 1792, S. 134 f. CHRISTOPH MARTIN WIELAND, Betrachtungen über die gegenwärtige Lage des Vaterlandes (Januar 1793), in: DERS., Sämtliche Werke, Bd. 29: Vermischte Aufsätze, Leipzig 1797, Neudruck Hamburg 1984, S. 366–423, hier S. 377 f. Brief vom 10. Mai 1797, zitiert nach KLAUS DEINET, Konrad Engelbert Oelsner und die Französische Revolution. Geschichtserfahrung und Geschichtsdeutung eines deutschen Girondisten, München 1981, S. 285.

2. Deutschland

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Unter dem Eindruck der Ereignisse in Frankreich nahm die vorpolitische Bedeutung von liberal als Ausdruck einer individuellen und vorurteilsfreien Haltung eine veränderte Richtung. Der Impuls ging wie in Frankreich nicht vom Adjektiv aus, sondern von einer Politisierung des Kontextes. So sprach Friedrich Gentz 1793 von einem „anhaltenden liberalen, partheylosen, vielseitigen Nachdenken über das Wesen und die Fundamente der bürgerlichen Verbindung, über die Natur der Freiheit und der Regierung, über den Charakter und die Eigenschaften der Menschen in den verschiedenen Staatsgesellschaften“.170 Das Attribut liberal bezog sich hier auf die Freiheitskämpfe der Gegenwart, blieb dabei jedoch zunächst noch unterhalb der Bedeutungsschwelle eines politischen Adjektivs. Die „edle und liberale Denkungsart“ ließ vor allem weiterhin die Persistenz von Kants liberalitas moralis erkennen.171 Ausdrücke wie „liberale Grundsätze“ oder „liberaler Geist“ transportierten dieses aufklärerisch-ethische Bedeutungselement mit, standen aber in einem deutlich politischeren Zusammenhang.172 Bereits 1799 glaubte Ch. J. Kraus „liberale Maximen“ zu erkennen, „die in unserer Staatsverfassung mehr und mehr in Schwung kommen.“ Hier kündigte sich eine weitreichende politisch-konstitutionelle Reformerwartung an, sei es durch die Anschauung von in Frankreich auftretenden fortschrittlichen Prinzipien oder in Kontinuität zu Reformprojekten des aufgeklärten Absolutismus. Auffallend erschien insbesondere die Tatsache, daß gerade auch die reformbereiten Politiker auf das Etikett liberal zurückgreifen konnten, ohne sich damit sofort dem Verdacht der Revolutionsnähe auszusetzen. So empfahl der Freiherr vom Stein 1801 zur Beruhigung des „zu einem angemessenen Fortkommen“ besorgten Untertans die „Anwendung der . . . schonenden und liberalen Grundsätze“.173

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FRIEDRICH GENTZ, Ueber politische Freyheit und das Verhältniß derselben zur Regierung, in: EDMUND BURKE, Betrachtungen über die französische Revolution, deutsch von FRIEDRICH GENTZ, Teil II, Berlin 1793, Anhang, S. 132. [ADOLPH VON KNIGGE] Ueber die Ursachen, warum wir vorerst in Teutschland wohl keine gefährliche Haupt-Revolution zu erwarten haben, in: SCHLESWIGSCHES JOURNAL 2 (1793), S. 273–90, hier S. 277. Die liberale Denkungsart stand hier jedoch bereits deutlich im Kontext politischer Reformen und der Wendung gegen Feudalrelikte und Despotismus: „Die vornehm Gebohrnen überzeugten sich von der Nichtigkeit ererbter Vorzüge und beeiferten sich, ihren Geist zu bilden und sich durch eine edle und liberale Denkungsart auszuzeichnen; Man schüttelte das Joch eines lächerlichen Ceremoniels ab; die Stände näherten sich einander, verbanden sich zu geselligen und wohlthätigen Zwecken; die Großen bestrebten sich, durch Popularität sich Freunde zu erwerben und die Geringern, durch feinere Politur, dem innern Verdienste mehr Glanz zu geben.“ JOSEPH VON GÖRRES, Die Mitglieder der cisrhenanischen Föderation in Koblenz an ihre Mitbürger (1797), in: DERS., Gesammelte Schriften, Bd. 1, hrsg. von WILHELM SCHELLBERG, Köln 1926, S. 10 sowie Genius von Frankreich, in: DER GENIUS DER ZEIT 14 (1798), Neudruck 1972, S. 212; vgl. auch den Titel der 1801 in der Schweiz erschienenen Zeitung DER REPUBLIKANER NACH LIBERALEN GRUNDSÄTZEN. KARL FREIHERR VOM STEIN, Brief an Graf von Schulenburg vom 19. Oktober 1801, in:

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Noch deutlicher hatte Friedrich Schiller bereits 1793 genuin politische Forderungen in der Tradition der Aufklärung artikuliert, als er der Hoffnung, die für ihn „das liberale Regiment der Vernunft“ verkörperte, die Realität der Revolutionserfahrung gegenüberstellte: der Gebrauch, den sie mit diesem großen Geschenk des Zufalls macht und gemacht hat, beweist unwidersprechlich, daß das Menschengeschlecht der vormundschaftlichen Gewalt noch nicht entwachsen ist, daß das liberale Regiment der Vernunft da noch zu frühe kommt, wo man kaum damit fertig wird, sich der brutalen Gewalt der Tierheit zu erwehren, und daß derjenige noch nicht reif ist zur bürgerlichen Freiheit, dem noch so vieles zur menschlichen fehlt.174

Als Ziel galt die Umsetzung des Emanzipations- und Vernunftsideals der Aufklärung in der Sphäre politischer Freiheit. Dies war untrennbar an die Voraussetzung hinreichender Bildung als Vehikel der Befreiung aus Unmündigkeit und Unfreiheit verbunden. Das „liberale Regiment der Vernunft“ stand für die Rückkopplung bürgerlicher Freiheit an die Ideale der Aufklärung. Über die moralisch intendierte Liberalität der Denkungsart und damit über die gesinnungsethische Ableitung aufgeklärter Prinzipien in einem privat-individuellen Raum hinaus antizipierte Friedrich Schiller bei der Bestimmung der doppelten Frontstellung der „liberalen Regierung“ gegenüber absolutistischer Despotie und unbeschränkter Volksherrschaft bereits grundlegende Aspekte der späteren begriffsgeschichtlichen Entwicklung: Wenn ein monarchischer Staat auf eine solche Art verwaltet wird, daß, obgleich alles nach eines einzigen Willen geht, der einzelne Bürger sich doch überreden kann, daß er nach seinem eigenen Sinn lebe und bloß seiner Neigung gehorche, so nennt man dies eine liberale Regierung. Man würde aber großes Bedenken tragen, ihr diesen Namen zu geben, wenn entweder der Regent seinen Willen gegen die Neigung des Bürgers, oder der Bürger seine Neigung gegen den Willen des Regenten behaupte; denn in dem ersten Fall wäre die Regierung nicht liberal, in dem zweiten wäre sie gar nicht Regierung.175

Liberal attributierte hier nicht den Gegensatz zwischen Staat und Gesellschaft, sondern stand für ein harmonisches Gleichgewicht zwischen aufgeklärtem Souverän und Bürgerschaft. Das „liberale Regiment der Vernunft“, aus dem die „liberale Regierung“ erst hervorgehen konnte, garantierte die angemessene Berücksichtigung der bürgerlichen Interessen, so daß es gerade nicht wie in Frankreich zu einem systemsprengenden Gegensatz zwischen bürgerlichen Erwartungen und monarchischem Herrscherwillen kommen konnte. Die „liberale Regierung“ stellte nicht die Position des Souveräns an sich in Frage, sondern verpflichtete ihn im Hinblick auf die vernünftigen und damit legitimen In-

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GEORG H. PERTZ, Das Leben des Ministers Freiherrn vom Stein, Bd. 1: 1757 bis 1807, Berlin 1849, S. 238 f. FRIEDRICH SCHILLER, Brief an Herzog Friedrich Christian von Augustenburg vom 13. Juli 1793, in: FRIEDRICH SCHILLER, Briefe, Bd. 3, hrsg. von FRITZ JONAS, Stuttgart 1893, S. 333; vgl. A. STERN, Der Einfluß der Französischen Revolution auf das deutsche Geistesleben, Stuttgart 1928, S. 143 f. FRIEDRICH SCHILLER, Über Anmut und Würde (1793), in: DERS., Sämtliche Werke, Bd. 11, hrsg. von W. v. d. GELLEN, Stuttgart 1904, S. 211 ff.

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teressen der Bürger. Dieser Bedeutungshorizont blieb potentiell offen für den konkreten Gehalt einer konstitutionellen Monarchie mit institutionalisierten und verfassungsmäßig fixierten Partizipationsrechten, wie sie in der französischen Verfassung von 1791 verwirklicht worden waren. Auch die weitere Bedeutungsentwicklung von liberal und Liberalität stand unter dem Eindruck der Französischen Revolution. Dabei zeigte sich, wie der moralisch codierte Aufklärungsbegriff Liberalität, der bereits von Kant im Zusammenhang mit dem Recht des Untertanen auf Meinungsäußerung diskutiert worden war, zunehmend mit politischen Bedeutungsnuancen unterlegt wurde, was Kritik provozierte: Johann Gottlieb Fichte unterschied 1807 zwischen der notwendigen politischen Erneuerung durch die „Regierungskunst“ und der wortreich-harmoniesüchtigen Aufklärungsphilosophie, für die die Begriffe „Humanität, und Liberalität, und Popularität“ standen: Diese Zeit=Philosophie war in der letzten Hälfte des abgelaufenen Jahrhunderts gar flach, kränklich, und armselig geworden, darbietend als ihr höchstes Gut eine gewisse Humanität, und Liberalität, und Popularität, flehend, daß man nur gut seyn möge, und dann auch gut seyn lassen, überall empfehlend die goldne Mittelstraße d. h. die Verschmelzung aller Gegensätze zu einem dumpfen Chaos, Feind jedes Ernstes, jeder Konsequenz, jedes Enthusiasmus, jedes großen Gedankens und Entschlusses, und überhaupt jedweder Erscheinung, welche über die lange und breite Oberfläche um ein weniges hervorragte, ganz besonders aber verliebt in den ewigen Frieden.

Liberalität stand für Fichte auch in Deutschland im Kontext der durch die Französischen Revolution verstärkten Diskussion der „Lehren vom Menschenrechte und von der Freiheit und ursprünglichen Gleichheit aller“.176 Obwohl er sie grundsätzlich anerkannte, wandte er sich gegen die allzu optimistische Vorstellung, diese Ideen könnten ausreichten, um einen Staat zu errichten oder zu verwalten. Noch weiter ging Fichtes Kritik an diesen Begriffen in seinen Reden an die deutsche Nation, wo er sie als hochtönend-inhaltsleere und geradezu undeutsche Sprachelemente ausgrenzte. In ihnen sah er das hervorragende Beispiel für die Tatsache, daß eine solche im Grunde todte und unverständliche Sprache sich auch sehr leicht verdrehen, und zu allen Beschönigungen des menschlichen Verderbens mißbrauchen läßt, was in einer niemals erstorbenen nicht also möglich ist. Ich bediene mich als solchen Beispiels der drei berüchtigten Worte, Humanität, Popularität, Liberalität. Diese Worte, vor dem Deutschen, der keine andere Sprache gelernt hat, ausgesprochen, sind ihm ein völlig leerer Schall, der an nichts ihm schon bekanntes durch Verwandschaft des Lautes erinnert, und so aus dem Kreise seiner Anschauung, und aller möglichen Anschauung ihn vollkommen herausreißt. Reizt nun doch etwa das unbekannte Wort durch seinen fremden, vornehmen, und wohltönenden Klang seine Aufmerksamkeit, und denkt er, was so hoch töne, müsse auch etwas hohes bedeuten; so muß er sich diese Bedeutung ganz von vorn herein, und als etwas ihm ganz neues, erklären lassen, und kann dieser Erklärung eben nur blind glauben, 176 JOHANN GOTTLIEB FICHTE, Ueber Machiavell, als Schriftsteller, und Stellen aus seinen Schriften (1807), in: DERS., Werke 1806–1807, hrsg. von REINHARD LAUTH und HANS GLEIVITZKY, Bd. 9, Stuttgart 1995, S. 213–75, hier S. 245.

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und wird so stillschweigend gewöhnt, etwas für wirklich daseyend, und würdig anzuerkennen, das er, sich selbst überlassen, vielleicht niemals des Erwähnens werth gefunden hätte. Man glaube nicht, daß es sich mit den neulateinischen Völkern, welche jene Worte, vermeintlich als Worte ihrer Muttersprache aussprechen, viel anders verhalte.177

Weil Liberalität ein aus der Antike stammender, als Neulatinismus ins Deutsche eingegangener Begriff sei, den nur der Römer habe verstehen können, seien die ungebildeten Zeitgenossen leicht zu verführen. Fichte unterstrich hier polemische die Wirkung von verbreiteten Schlagwörtern, die unter dem Eindruck der Zeitereignisse politisch aufgeladen wurden. Von Liberalität ging nunmehr eine Eigendynamik aus, die sich von der antik-lateinischen Bedeutungsbestimmung als „Entfernung vom Sklavensinn“ distanziert hatte. Darin erkannte Fichte die Gefahr des Eindringens neuer Bedeutungsaspekte, denen allein mit der konsequenten Eindeutschung begegnet werden könne.178 Als eine Schweizer Zeitung im März 1808 bemerkte, die eidgenössische Regierung „sei als sehr liberal bekannt“ benutzte sie das Adjektiv im Sinne zeitgemäßer Reformbereitschaft in Anlehnung an den französischen Richtungsbegriff der idées libérales. Dem besorgten Zensor ging diese Formulierung bereits zu weit; er strich sie mit der signifikanten Begründung: „Das ehemals schöne Wort liberal ist durch skandalösen Mißbrauch so zweideutig geworden, daß es von keiner Regierung, keinem Publikum gebraucht werden darf, ohne sie zu beschimpfen“.179 Solche Einwände blieben einstweilen Episode: Die „Erfolgsgeschichte“ der im Sog der Französischen Revolution politisierten Begriffe liberal und Liberalität hatte erst begonnen, und eine Rückwendung zu ihrer vorpolitischen Bedeutungsbestimmung war ausgeschlossen. Wie die politische Restauration als Rückkehr zum Ancien régime sollte sich auch die semantische Restauration als unmöglich erweisen. 177 JOHANN

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GOTTLIEB FICHTE, Reden an die deutsche Nation, Berlin 1808, Vierte Rede: Hauptverschiedenheit zwischen den Deutschen und den übrigen Völkern Germanischer Abkunft, S. 113–44, hier S. 133 f. Ebd., S. 136; vgl. ebd., S. 137: „Was ferner das in jenen beiden Ausdrücken [i.e. Popularität und Liberalität] liegende Sinnbild eines geistigen betrift [sic!], so liegt in der Popularität schon ursprünglich eine Schlechtigkeit, die durch das Verderben der Nation und ihrer Verfassung in ihrem Munde zur Tugend verdreht wurde. Der Deutsche geht in diese Verdrehung, so wie sie ihm nur in seiner eignen Sprache dargeboten wird, nimmer ein. Zur Uebersetzung der Liberalität aber dadurch, daß ein Mensch keine Sklaven-Seele, oder, wenn es in die neue Sitte eingeführt wird, keine Lakayen-Denkart habe, antwortet er abermals, daß auch dies sehr wenig gesagt heiße.“; vgl. ebd., S. 138 f.: „Hätte man das, was jene drei ausländischen Worte eigentlich wollen müssen, wenn sie überhaupt etwas wollen, dem Deutschen in seinen Worten, und in seinem sinnbildlichen Kreise also ausgesprochen: Menschenfreundlichkeit, Leutseeligkeit, Edelmuth, so hätte er uns verstanden; die genannten Schlechtigkeiten aber hätten sich niemals in jene Bezeichnungen einschieben lassen. Im Umfange Deutscher Rede entsteht eine solche Einhüllung in Unverständlichkeit, und Dunkel, entweder aus Ungeschicktheit, oder aus böser Tücke, die ist zu vermeiden, und die Uebersetzung in rechtes wahres Deutsch liegt als stets fertiges Hülfmittel bereit.“ Zitiert nach MORGENBLATT FÜR GEBILDETE STÄNDE, Nr. 147, 20. Juni 1808, Tübingen 1808, S. 586.

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b) Von den idées libérales zu den liberalen Ideen: Übertragung, Adaption und Integration eines französischen Begriffsexports Der napoleonische Begriffsexport der idées libérales förderte die Verbreitung von liberal in der deutschen Publizistik bis 1814/15. Der Bedeutungsimport der idées libérales läßt sich dabei bereits seit Beginn des Jahrhunderts nachweisen. So klagte ein anonymer Verfasser 1805 über den Umschlag des durch die Französische Revolution ausgelösten Freiheitsenthusiasmus in Apathie und über den wachsenden Partikularismus in Deutschland, der im Gegensatz zu den „liberalen und erhabenen Ideen“ stehe. Die von der Entwicklung in Frankreich ausgehenden Hoffnungen schienen sich durch die Desavouierung der Revolution nach 1792 auch in Deutschland verflüchtigt zu haben: Alle Bande, die Teutschland zusammenhalten sollten, sind zersprengt, aller Gemeingeist ist vernichtet, alle liberale und großmüthige [sic!] Gesinnungen des Einen gegen den Andern sind in eine hartherzige, kalte Gleichgültigkeit verwandelt worden. Der Zeitgeist ist daher jetzo ein Geist der Egoisterei, der Gleichgültigkeit gegen fremdes Wohl, der Apathie gegen alle Verbesserungen und der Erlöschung aller großherzigen humanen Gesinnungen.180

Hinter der vermeintlich apolitischen Konnotation von liberal, großmüthig und human steckte die Erwartung politisch-konstitutionellen Fortschritts, was die Schaffung einer zeitgemäßen freiheitlich-gemäßigten Verfassung in Anlehnung an die französische Konstitution von 1791 und die Überwindung der territorialen Zersplitterung Deutschlands einschloß. Neben dieser politischen Aufladung des Adjektivs in der unmittelbaren Auseinandersetzung mit der Revolution blieben Wörterbucheinträge, in die Bedeutungsveränderungen immer mit einer charakteristischen Zeitverzögerung eindrangen, weiterhin von gesinnungsethischen Bestimmungen geprägt. So definierte Campes Wörterbuch liberal 1813: „1. freigebig, 2. billig, gütig, vorurteilsfrei oder unbefangen, mild und edel. Eins oder das Andere wird gemeint, wenn man von liberaler Behandlungsart usw. redet“.181 Diese Bestimmung von liberal ließ sich auch im Sinne einer gewissen gebildeten Weltläufigkeit als Gegensatz zu engem Provinzialismus deuten.182 Als 1814/15 mit der 180 181

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Über den Geist des Zeitalters, besonders in Deutschland, in: DER EUROPÄISCHE AUFSEHER, März 1805, S. 170 f. J. H. CAMPE, Wörterbuch zur Erklärung und Verdeutschung der unserer Sprache aufgedrungenen fremden Ausdrücke. Ein Ergänzungsband zu Adelungs und Campes Wörterbüchern. Neue Ausgabe, Braunschweig 1813, S. 397. So etwa bei Goethes Charakterisierung eines Zeitgenossen: „Alles jedoch zusammengenommen, muß man ihm den eigentlichsten Bürgersinn in jedem Betracht zugestehen; er ruht als Mensch auf sich selbst, verwaltet ein bedeutendes öffentliches Amt und beweist sich übrigens gegen Stadt und Provinz und Königreich als echten Liberalen. Alles Revolutionäre dagegen, das in seinen älteren Tagen hervortritt, ist ihm höchlich verhaßt, so wie alles, was früher Preußens großem Könige und seinem Reiche sich feindselig entgegenstellt.“, JOHANN WOLFGANG GOETHE, Tag- und Jahreshefte. Als Ergänzung meiner sonstigen Bekenntnisse [1805], in: Hamburger Ausgabe, Bd. 10: Autobiographische Schriften II, München 1988, S. 489. Über seinen Vater bemerkte

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Niederlage Napoleons die Frage einer konstitutionellen und territorialen Neuordnung Deutschlands virulent wurde, verstärkte sich der Rekurs auf liberal und Liberalität in der zeitgenössischen Publizistik, wobei vor allem die euphorische Erwartung von nationaler Einheit und Verfassungsgebung überwog. Insbesondere im Rückgriff auf Liberalität dominierten nunmehr über die private Aufklärungsgesinnung hinaus die politischen Implikationen. Der Weg der politischen Freiheit habe, so der Erlanger Philosophieprofessor Alexander Lips 1814, von Amerika über Frankreich nach Spanien geführt, „so wird sie auch nach Deutschland ihren Fuß setzen. Allenthalben freie Konstitutionen, überall Liberalität, Trennung der Gewalten, eine andere Zeit, eine andere Denkart in allen Dingen“.183 Lips begriff das Ende der napoleonischen Herrschaft als politischen Aufbruch und hatte im übrigen sehr konkrete Vorstellungen vom realpolitischen Inhalt der Liberalität. Dazu zählten die Abschaffung der stehenden Heere, ein deutscher Föderativstaat, Nationalbewaffnung, Steuerreform, Gewaltenteilung, Repräsentativverfassung mit freien Wahlen, Handels- und Gewerbefreiheit, kirchliche Einheit sowie Meinungs- und Pressefreiheit. Die zeitgenössischen Schlagworte „liberale Verfassung“ und „liberale, große, durchschneidende Maßregeln“ verrieten die französische Vorlage der constitution libérale und der principes libéraux,184 konturierten aber auch einen eigenen Erwartungshorizont für Deutschland: Die positiven Ergebnisse der Revolution, zumindest die Garantie individueller Freiheitsrechte in einer Verfassung und die Schaffung einer konstitutionellen Monarchie nach französischem Vorbild, sollten nun auch in Deutschland verwirklicht werden. Dabei wirkte das Deutungsmuster der idées libérales als Orientierungspunkt für die gesteigerten bürgerlichen Erwartungen nach dem Ende der Befreiungskriege fort. Wie in Frankreich zeichnete sich damit auch für Deutschland ab, daß das Wortfeld die Vereinnahmung durch die napoleonische Propaganda überleben sollte. Sowohl der Schwellencharakter der Jahre zwischen 1813 und 1816, als man in der politischen Publizistik intensiv die Berechtigung politischer Grundbe-

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Goethe, er „mochte sich auf Reisen und in der freien Welt, die er gesehen, von einer eleganteren und liberalern Lebensweise einen Begriff gemacht haben, als sie vielleicht unter seinen Mitbürgern gewöhnlich war.“, JOHANN WOLFGANG GOETHE, Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Erster Teil (1811), in: Hamburger Ausgabe, Bd. 9: Autobiographische Schriften I, München 1988, S. 74. ALEXANDER LIPS, Der Wiener Congreß oder was muß geschehen um Deutschland von seinem Untergang zu retten und das Interesse aller Fürsten und Nationen daselbst zu vereinen [Erlangen 1814], zitiert nach WOLFRAM SIEMANN, Die Französische Revolution in der Publizistik der süddeutschen Rheinbundstaaten, in: ROGER DUFRAISSE (Hrsg.), Revolution und Gegenrevolution 1789–1830. Zur geistigen Auseinandersetzung in Frankreich und Deutschland, München 1991, S. 121–42, hier S. 138. PAUL JOHANNES ANSELM FEUERBACH, Über teutsche Freiheit und Vertretung teutscher Völker durch Landstände: Teutschlands gerechten Fürsten gewidmet, Leipzig 1814, S. 29 sowie Was ist zu tun?, in: ALLEMANNIA 3 (1815), S. 50.

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griffe zu diskutieren begann,185 als auch die Bedeutung des politischen Diskurses in Frankreich für die semantische Transformation von liberal in Deutschland wurden in einem 1816 in der Neuen Allemannia erschienenen Artikel von Johann Christoph von Aretin gleichsam gebündelt. Seine Frage Was heißt Liberal? stellte den ersten längeren und systematischen Versuch dar, das Auftauchen des neuen Adjektivs liberal im deutschen Sprachraum zu erfassen und für die eigene Gegenwart eine zutreffende Deutung zu leisten. Dieser Quelle kommt eine für die Analyse zentrale Bedeutung zu, weil sie in einer spezifischen Übergangsphase paradigmatisch wichtige historisch-semantische Entwicklungsfäden miteinander verknüpfte. Ihr Verfasser ging zunächst von der Begriffsbestimmung in Frankreich aus und orientierte sich dabei an dem oben behandelten, im Nouvelliste Français von 1815 erschienenen Artikel Les Idées libérales sowie an weiteren zeitgenössischen französischen Vorlagen.186 Dies unterstrich zunächst, wie die in Frankreich besonders intensive Diskussion um die Bestimmung der idées libérales um 1814/15 auch in Deutschland rezipiert wurde. Die Entwicklung in Frankreich stellte eine Folie für die Formulierung deutscher Bedeutungsnuancen dar. Aus der Anschauung und Rezeption der französischen Entwicklungen ergab sich ein semantisches Forum für die Projektion von Erwartungen. In weiten Teilen seines Aufsatzes übernahm Aretin zunächst die französische Vorlage und übertrug sie ins Deutsche. An den zentralen Stellen waren ihm die französischen Texte offensichtlich so wichtig, daß er sie in längeren Passagen im Original als Anmerkung zitierte. Besonders signifikant ist aber seine Differenzierung der Bedeutungsstränge von liberal vor dem spezifisch deutschen Hintergrund. Dabei ging er über die reine Übersetzung von bedeutungsbestimmenden Passagen aus dem Französischen hinaus und nahm eine Verortung des neuen Adjektivs vor, indem er es scheinbar verwandten Ausdrücken im Deutschen gegenüberstellte. Damit markierte seine Begriffsbestimmung den für die historisch-semantische Transformation fundamentalen Übergang von der imitierenden zur adaptierenden Übersetzung, die einen entscheidenden Schritt bei der Integration des Adjektivs in den politischen Diskurs darstellte. Aretin konstatierte, daß „seit zwei Jahren ungefähr“ der Begriff der „liberalen Grundsätze“ als „neues Feldgeschrei oder Losungswort“ wahrnehmbar sei. In Anlehnung an die französische Vorlage im Nouvelliste français verteidigte er das Schlagwort gegen den verbreiteten Vorwurf des revolutionären Umsturzes – „Wort und Sinn soll [sic!] revoluzionär seyn.“ –, indem er es, wörtlich aus der französischen Vorlage übernommen, als Ausdruck des Aufklärungs- und Ver185

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Vgl. FRIEDRICH ANCILLON, Ueber Souveränität und Staats-Verfassungen. Ein Versuch zur Berichtigung einiger politischen [sic!] Grundbegriffe, 2. Aufl. Berlin 1816, S. III f.: „Mehrere, von den Philosophen des achtzehnten Jahrhunderts aufgestellte, politische Grundsätze und Begriffe, sind durch die Begebenheiten der letzten dreißig Jahre in die Capelle gebracht worden, und haben die Feuerprobe schlecht bestanden.“ Vgl. Kapitel III.1.b).

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nunftsprinzips bestimmte: „Die liberalen Grundsätze sind keine anderen als die vernünftigen“.187 Aretin ging für seine aktuelle Begriffsbestimmung intensiv auf den historischen Charakter des Adjektivs liberal ein und unterstrich, daß die wahrnehmbaren Bedeutungsverschiebungen immer auf frühere Bedeutungsvarianten oder auch semantische Traditionslinien zurückgreifen. Semantische Bestimmungen sind also niemals zeitlos, auch wenn deren Autoren die Innovationen noch so sehr hervorheben. Stets finden solche Bestimmungen in der expliziten oder impliziten Auseinandersetzung mit früheren Bedeutungsvarianten statt. Diese älteren semantischen Stufen bieten den für die konnotative Neuverortung entscheidenden Anknüpfungspunkt, um neue Bedeutungselemente zu erkennen und semantische Trennlinien schärfer zu markieren. Aus diesem Mechanismus der historischen Semantik resultiert auch die Notwendigkeit der langfristigen diachronen Analyse, weil nur sie die komplexen Fermentierungen und Selektionen von semantischen Elementen oder die Neukonzeption und Verschiebung von ganzen Bedeutungszusammenhängen offenlegen kann. Aretin war sich wie der Verfasser der französischen Vorlage dieser historischen Dimension von Bedeutungsveränderungen bewußt und betonte entsprechend in einer sprachetymologischen Betrachtung, daß „das Wort Liberal . . . weder der französischen noch der englischen, sondern der lateinischen Sprache abgeborgt“ sei. Der Rekurs auf den antik-römischen Ursprung, die „ungeheure Kluft zwischen dem freien Menschen und dem Sklaven“, bot die Möglichkeit einer ersten Begriffsbestimmung: „Das Wort Liberalis stammt offenbar von liber, frei, und bezeichnet alles, was auf Freiheit Bezug hat .. ., insbesondere aber das, was eines freien, wohlerzogenen Menschen würdig ist“.188 Dem antiken Bedeutungskontext, den Aretin durch eine wörtliche Übersetzung aus dem französischen Aufsatz übernahm, maß der Autor eine besondere Rolle zu, da er ihn durch zahlreiche, in der französischen Vorlage nicht zitierte Belegstellen aus den Werken römischer Klassiker wie Terenz, Caesar und insbesondere Cicero zu dokumentieren suchte. Vor diesem Hintergrund nahm der Autor im folgenden eine besondere, über die Übersetzung hinausweisende semantische Positionierung von liberal im Deutschen vor, wobei er von der Überlegung ausging, daß es im Deutschen kein semantisches Äquivalent für die sozial-exklusive Konnotation von liberal gab. Es war kein Zufall, daß er dabei, wiederum auf die französische Vorlage zurückgreifend, die Unterschiede zwischen dem deutschen und englischen Sprachgebrauch sehr genau registrierte: Wir haben nicht einmal ein teutsches Wort für liberalis – im Sinne der Römer. Die Engländer können es durch ihr gentlemanly schon besser ausdrücken. Gentlemanly appearence, oder the air of a Gentleman giebt ganz den Begriff von liberalis speci es, und enthält sogar den historischen Ursprung des lateinischen Ausdruckes in sich.

187 188

ARETIN, S. 163 f. Ebd., S. 164 ff.

2. Deutschland

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Durch eine Kontrastierung von Bedeutungsnuancen anderer semantisch verwandter Begriffe im Deutschen kam Aretin zu dem Ergebnis, daß innerhalb des deutschen Vokabulars kein eigener Begriff existierte, der den lateinischen Begriffen liberalis und liberalitas in der spezifischen Verknüpfung von allgemeinem Freiheitsattribut, sozialer Distinktion und soziokulturellem Habitus entsprach. Dies mache die Entlehnung unumgänglich: Edel sagt zuviel, nachsichtig, mild zu wenig, großmüthig, wenn man will, zu viel und zu wenig. Die Begriffe von Billigkeit, Menschenfreundlichkeit, Wohlwollen, Uneigennützigkeit, Großherzigkeit liegen alle in dem Worte: Liberalitas, jedes aber von jenen Worten einzeln genommen ist unzureichend. Freisinnig würde zu sehr auf den Freiheitssinn allein sich zu beziehen scheinen. Freimäßig wäre etwas besser, noch besser freiisch, aber Beides ist ungewöhnlich. So lang also nicht ein neues Wort angenommen wird, müssen wir leider die ausländischen Ausdrücke: Liberal, Liberalität, die Liberal en, beibehalten.189

Aretin bezog sich dabei bereits auf das ausdifferenzierte Wortfeld aus Adjektiv, Gruppenbezeichnung und dem Gesinnungsbegriff Liberalität, der bis zur Ausdifferenzierung des Bewegungsbegriffes Liberalismus die Funktion einer transpersonalen Abstraktion der Bedeutung wahrnahm, wobei es hier aufgrund der nicht reflektierten vorpolitischen Bedeutungsdimension von Liberalität zu einer Fermentierung von vorpolitischen und politisierten Bedeutungsschichten kam. Die für die semantische Transformation entscheidende Differenzierung einer politischen Bedeutungsebene sah er zunächst im Lateinischen und Französischen angelegt, wobei der Zusammenhang zwischen politischer Freiheit, sozialem Stand und den artes liberales konstitutiv wirkte: „Plinius bemerkt, daß mit der Freiheit auch die freiischen Studien sanken: Liberales dictae artes in contrarium cecidere. Sie standen also im Gegensatz sowohl mit der Sklaverei als mit dem Despotismus“.190 In einer signifikanten Mischung aus Übersetzung und semantischer Adaption vollzog Aretin den eigentlichen konzeptionellen Transfer des politischen Deutungsmusters, indem er das Vorhandensein „neuer“ Begriffe und veränderter Bedeutungszusammenhänge, die an überkommenen Begriffen hafteten, zum Anlaß für eine eigene Begriffsgeschichte machte. Diese Reflexion setzte ein erhebliches Ausmaß an bereits erfolgter semantischer Integration und eine gewisse publizistische Frequenz der Begriffe bereits voraus. Der reine Bildungsbegriff der artes liberales verlor dabei an Gewicht. Der semantischen Trennlinie zwischen vorpolitischen und politisierten Bedeutungszusammenhängen im Deutschen war sich Aretin also bewußt, wenn er konstatierte: „Im Teutschen aber nennen wir die artes liberales, und die principia liberalia nicht mit gleichem Namen. Nur bei den letztern ist der Ausdruck liberal angenommen, und auch dieses erst seit nicht langer Zeit“.191

189 190 191

Ebd., S. 167. Ebd., S. 168. Ebd., Anmerkung.

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III. Politische Präfigurierung und semantische Fermentierung bis 1820

Bei der Erfassung der politischen Bedeutungdimension des „für uns Teutsche neuen Wortes“ griff Aretin wieder intensiver auf die französische Vorlage zurück. Er blieb jedoch nicht bei einer bloßen Übersetzung, sondern berücksichtigte in seinen Versuch, die „wahre Bedeutung“ von liberal verbindlich zu bestimmen, auch Bedeutungsaspekte, die in der französischen Vorlage nicht vorkamen. Auf der allgemeinen politischen Ebene stand liberal für den aus dem geistigen Fortschritt von Aufklärung und Vernunft erwachsenen Anspruch des mündigen Staatsbürgers auf Sicherung gegen absolutistische Willkür in der politischen Gemeinschaft, die in dieser Perspektive weniger als überkommener Untertanenverband denn als Zusammenfassung prinzipiell gleichberechtigter Staatsbürger erschien:192 Ein politischer Grundsatz ist liberal, wenn er die freie Entwicklung der Geisteskräfte begünstigt, die öffentliche Freiheit sichert, die Rechte des Bürgers gegen gesetzwidrige Willkür in Schutz nimmt, das allgemeine Beste befördert, den edlen patriotischen Gesinnungen hold, den Ausbrüchen der Ehrfurcht, der Habgier und der Nullität abgünstig ist, mit einem Wort, wenn er den Wünschen nicht des Höflings, des Schmeichlers und des Sklaven, sondern des Staats-Bürgers, des unabhängigen und thätigen Mitglieds der großen politischen Familie entspricht.

Une idée politique est libérale lorsqu’elle est conforme au but moral de l’existence de l’homme, lorsqu’elle se concilie avec le développement et le perfectionnement de nos facultés intellectuelles; lorsqu’elle tend à assurer la liberté publique, les droits de la société entière contre la puissance illégale des individus; soit anarchique, soit despotique; lorsqu’elle est est dirigée vers l’avantage de tous, vers le bien public, et non pas vers le bien particulier d’un individu ou d’une classe; lorsqu’elle favorise les sentiments généreux, élévés, patriotiques, et non pas la vanité, la cupidité et la faiblesse; lorsqu’elle est, en un mot, digne non pas d’un courtisan adroit, d’un adulateur mercenaire ou d’un faible esclave, mais d’un citoyen de l’État, d’un membre indépendant et actif de la famille politique.

Im Hinblick auf die Religion – dieser Aspekt fehlte in der französischen Vorlage – bestimmte Aretin „diejenigen Grundsätze“ als liberal, „welche die Gewissensfreiheit sichern, und dem Fanatismus eben so abhold als dem Unglauben“ seien. Damit suchte er offensichtlich dem Vorwurf entgegenzutreten, liberal stehe in der Tradition einer gottlosen Revolution. Liberal sei es vielmehr, „dem Religionsspötter und Indifferentisten mit Kraft entgegenzuwirken, und überall die reine Gottes-Verehrung verbreiten helfen“.193 Die Legitimität von liberal für die Gegenwart ergab sich aus dessen Anbindung an die Postulate von Gerechtigkeit und aufgeklärter Vernunft, ohne daß eine simple Identität dieser Werte postuliert wurde. Vielmehr wurde das Erbe der Aufklärung als 192 193

Im folgenden ARETIN, S. 168 f. und Les Idées libérales, S. 277 f. ARETIN, S. 169.

197

2. Deutschland

unumgängliches Werkzeug für die Konkretion der liberalen Grundsätze verstanden:194 Jeder liberale Grundsatz ist auch gerecht und vernünftig, aber nicht allen gerechte und vernünftige [sic!] Grundsätze erheben sich zum Rang der liberalen. Die Vernunft ist für die liberalen Geister, was die Syntax für die Rhetorik. Viele Menschen (vielleicht auch manche Völker) wollen von liberalen Grundsätzen sprechen, ohne vorerst einmal vernünftige zu haben.

Toute idée libérale doit être juste et raisonnable; mais toutes les idées justes et raisonnables ne s’élèvent pas au rang de libérales. La raison est à l’esprit libéral ce que la syntaxe est à la rhétorique. Nous connaissons une grande nation qui devrait engager ses philosophes, ses écrivains, ses régénérateurs politiques, à tâcher d’avoir des idées raisonnables avant d’en avoir de libérales.

Der „Atheist, welcher der Tugend einen ihrer stärksten Trostgründe raubt, der Witzling, der unsre Moralität durch freche Spöttereien herabwürdigt, der Anarchist, der um zur Gewalt zu gelangen, Unruhe stiftet“ erschienen Aretin als Vertreter einer gefährlichen „Ultra-Liberalität“,195 die man der Nähe zur gewaltsamen Revolution bezichtigte. Den liberalen Grundsätzen entsprachen Verfassung und Regierung als politische Konkretion; hier wirkte der französische Kontext der 1814 gewährten Charte prägend. Zugleich konnte dieser Bedeutungszusammenhang auch auf die deutsche Situation nach der in der Deutschen Bundesakte angekündigten Gewährung landständischer Verfassungen übertragen werden. Aretins Beitrag fiel in die Phase der Hoffnung auf konstitutionelle Zugeständnisse der deutschen Einzelstaaten nach dem Ende des Wiener Kongresses. Dies verlieh der Übersetzung der französischen Vorlage eine eigene Dynamik: Es handelte sich insofern nicht um eine bloß imitierende Übersetzung ohne Anbindung an den deutschen Kontext, sondern um eine Anpassung und semantische Umarbeitung. Dabei offenbart die genaue Analyse von Vorlage und Übersetzung zusätzliche semantische Differenzen: Während im Nouvelliste Français von civilisation als Maßstab für die Gewährung von Freiheit die Rede war, griff Aretin auf das bereits in der Liberalität der Denkungsart enthaltene Qualifikationsmerkmal der Bildung zurück, und unterstrich die Nation als Horizont der liberalen Verfassung, die im französischen Kontext nicht eigens hervorgehoben werden mußte, weil die Konstitution mit der Charte bereits verwirklicht worden war. Im übrigen übernahm Aretin die programmatische Absage an ständische Privilegien und die explizite Anerkennung des individuellen Verdienstes als Maßstab gesellschaftlichen Aufstiegs196 Eine Verfassung ist liberal, wenn sie der Nation nicht nur alle Gattungen von Freiheit gewährt, deren ihr 194 195 196

Une constitution libérale non-seulement donne à une nation tous les genres de liberté que son état de ci-

Im folgenden ebd. und Les Idées libérales, S. 278. ARETIN, S. 169 f. Im folgenden ebd., S. 170 und Les Idées libérales, S. 278 f.

198

III. Politische Präfigurierung und semantische Fermentierung bis 1820

Bildungsstand fähig ist, sondern auch die Freiheit unter den Schutz der edlen und großmächtigen Gesinnungen stellt. Wesentliche Bestandtheile einer solchen Verfassung sind daher gegenseitiges Zutrauen der Regierung und der Regierten, ehrenvolle Auszeichnung des Verdienstes und des Talents, Wohlwollen gegen alle Menschen ohne Unterschied des Standes und des Bekenntnisses.

vilisation admet, mais elle met encore la liberté sous la sauvegarde des sentiments nobles et généreux. La confiance mutuelle du gouvernement et du peuple, les égards dus au talent et à la vertu, la bienveillance envers les nations étrangères, font parties de toute constitution libérale.

Die liberale Regierung charakterisierte nicht allein die Bereitschaft, öffentliche Kritik zuzulassen, sondern sich im Gegensatz zum monarchischen Verständnis des Gottesgnadentums der öffentlichen Meinung als neuer Quelle politischer Legitimität zu versichern. Während aber der Autor des französischen Aufsatzes die Existenz einer institutionalisierten öffentlichen Kritik an der Regierung durch eine parlamentarisch verankerte Opposition hervorhob, die genau den erreichten Entwicklungsstand der französischen Verfassung nach Einführung der Charte reflektierte, blieb Aretin bei der Betonung der öffentlichen Meinung, ohne ihr ein besonderes Gewicht als antagonistisches Element gegenüber der Regierung zuzuerkennen:197 Eins der ersten Kennzeichen einer liberalen Regierung ist, daß sie öffentliche Verhandlungen über die den Staat und das Volk zunächst angehenden Gegenstände gestattet. Mit der Verhandlung wird auch der Widerspruch zugelassen. Jede liberale Regierung erlaubt also die Kritik ihrer Verfügungen: ja sie wünscht sie sogar, einmahl weil die freie Discussion allein dem Volke seine politische Freiheit beweist, und dann, weil sie die Regierung von dem Zustand der Volksstimmung unterrichtet, und ihr Gelegenheit giebt, jene ungeheure moralische Kraft, genannt öffentliche Meinung, zu leiten und in Bewegung zu bringen; ein Vortheil, den der Despotismus gänzlich entbehrt.

197

Un des premiers caractères d’un gouvernement libéral, c’est de provoquer une discussion publique sur toutes les questions qui intéressent l’État et la nation. Mais admettre la discussion, c’est admettre la contradiction; or la contradiction habituelle, en fait de politique, est ce qu’on nomme opposition. Tout gouvernement libéral admet donc une opposition; il y a plus, il la désire, d’abord parce que l’existence bien manifeste d’une opposition peut seule constater l’existence de la liberté politique, ensuite parce que les débats entre les ministres et l’opposition signalent les erreurs où les premiers ont pu tomber, éclairent le gouvernement sur la situation de l’esprit public, et fournissent l’occasion de diriger, d’exciter et de mettre en mouvement l’opinion, cette force morale incalculable dont le despotisme se prive lui-même.

Im folgenden ARETIN, S. 171 und Les Idées libérales, S. 279 f.

2. Deutschland

199

Aretin registrierte die Gefahr, die mit dem neuen Adjektiv verbundene Freiheitsidee zu verkennen, und forderte ausdrücklich die Mäßigung der Öffentlichkeit gegenüber den als legitim erachteten Interessen des Staates.198 Einen Fundamentalkonflikt zwischen Staat und Gesellschaft galt es zu verhindern. Liberal konnotierte dabei eine mögliche konstitutionelle Integration, in der Staat und Gesellschaft aufeinander zugeordnet blieben und damit die Grundlage für politische und gesellschaftliche Stabilität schufen. Dies knüpfte an das tradierte Ideal einer Einheit beider Sphären in der civitas sive societas civilis an. Wiederum maß Aretin den Repräsentanten der Bildung und den Regierungen die entscheidende Rolle zu: Die liberalen Grundsätze allgemein zu machen, muß nun die Beschäftigung der Regierungen und der Nationalgelehrten seyn; nur Illiberalität setzt den Verfügungen einer das Gute wollenden Regierung Hindernisse entgegen. Wollten aber die Regierungen selbst ihr Interesse bis zu dem Grade verkennen, daß sie fähig wären, den liberalen Gesinnungen und Grundsätzen den Krieg zu erklären, so würden sie bald zu ihrem großen Nachtheil einsehen lernen, daß ihre Macht kleiner ist, als die Macht der Geister.199

Für diese Passage gab es in der französischen Vorlage keine Entsprechung. Aretin übernahm zwar die hier von Bonald zitierte Ansicht, „die liberalen Ideen“ seien „allen guten Köpfen und rechtschaffenen Gemüthern gleichsam angeboren“ und betonte im Sinne einer kontinuierlich wirkenden Fortschrittsidee, daß „jede Verfassung nur in so fern Kraft, und Dauerhaftigkeit“ habe, „als sie die liberalsten Grundsätze der Zeit . . . zu positiven Gesetzen“ mache,200 ließ aber die in der französischen Vorlage betonte Identität der geschaffenen constitution mixte mit dem semantischen Zielhorizont von libéral ausgeklammert, da diese Konkretisierung für Deutschland einstweilen eine Erwartung und noch keine Erfahrung darstellte. Auch der für den französischen Text charakteristisch ausführliche Hinweis auf den Bedeutungszusammenhang zwischen den idées libérales als programmatischem Anspruch am Beginn der Französischen Revolution und der notwendigen Distanzierung von libéral gegenüber der radikal-jakobinischen Phase - „ne donnons pas le nom d’esprit libéral à l’ambition, à la cupidité, à l’immoralité, coiffées du bonnet rouge“201 – wurde von Aretin nur verkürzt übertragen; für den deutschen Kontext von 1816 spielte der ausführliche Rekurs auf die Revolution eine eher sekundäre Rolle.202 Sehr viel wichtiger blieb für den 198

199 200 201 202

Vgl. ARETIN, S. 171 f.: „Die öffentliche Meinung läßt sich nur durch Gestattung der Preßfreiheit gewinnen, diese aber sich nur durch einen liberalen Gebrauch erhalten. Liberal ist aber der Gebrauch der Preßfreiheit, wenn die Schriftsteller bei der Vertheidigung verfassungsmäßiger Rechte die geheiligten Interessen des Staates zu ehren wissen, wenn sie bei der Rüge von Irrthümern oder Vergessen die Gränzen [sic!] der Mäßigung nicht überschreiten, wenn sie endlich auch in den Formen sich liberal beweisen.“; vgl. Les Idées libérales, S. 280. ARETIN, S. 173. Ebd. und Les Idées libérales, S. 282. Ebd., S. 281. Vgl. ARETIN, S. 172, wo sich ein Lebrun-Zitat findet, das in der französischen Vorlage

200

III. Politische Präfigurierung und semantische Fermentierung bis 1820

deutschen Autor die mit ausführlichen Zitaten belegte Aufnahme des neuen Adjektivs als Ausdruck fortschrittlicher politischer Prinzipien durch verschiedene politische Repräsentanten und in offiziellen Verlautbarungen, sei es durch den russischen Zaren, die russische oder hannoverische Gesandtschaft auf dem Wiener Kongreß oder im Kontext der Verfassungsankündigungen 1814/15.203 Diese Zitate dokumentierten für Aretin den legitimen Charakter der mit liberal verbundenen gemäßigten Forderungen, wenn sie nicht im Gegensatz zum Staat formuliert, sondern gerade von ihm aufgenommen wurden, um auf die Reformhoffnungen der Gegenwart zu reagieren. Eine Oppositionierung von Staat und Gesellschaft ließ sich daraus nicht ableiten. Auf lexikographischer Ebene faßte der Brockhaus die Bedeutungsveränderungen pointiert zusammen, als er 1817 konstatierte, daß in den „neuesten Zeiten . . . Liberalität auch auf das bürgerliche und kirchliche Leben bezogen worden sei.“ Aus dem moralisch qualifizierten Aufklärungsattribut der Liberalität der Denkungsart war durch die Überlagerung mit den idées libérales in der Tradition der Französischen Revolution und Napoleons eine neue Bedeutung entstanden, die die Erwartung der Zeitgenossen nach konkreter Umsetzung politischer Freiheit und allgemeiner Fortschrittlichkeit reflektierte. Während sich in Frankreich das Schlagwort der idées libérales nicht als individuelles Herrschaftsattribut Napoleons hatte durchsetzen können, war es in Deutschland nach 1815 möglich, die idées libérales im Hinblick auf die eigenen Verhältnisse für den politischen Diskurs zu vereinnahmen. Hinter der Übertragung der idées libérales in die liberalen Ideen stand dabei keine einfache Wortübersetzung, sondern die semantische Übertragung eines Richtungsbegriffes, in dem

203

fehlt: „Die französische Revolution fieng [sic!] mit der Proclamation der liberalsten Grundsätze an . . . Aber bald nahmen Ehrsucht, Habgier, Roheit, Unglauben und Grausamkeit die Maske der Liberalität vor, so daß der bekannte Lebrun ohne Übertreibung sagen durfte: Quel est donc ce mot: libéral / Que les gens d’un certain calibre / Placent par tout bien que mal? – / C’est le diminutif de libre.“ Vgl. ebd., S. 174, Anmerkung 1: Antwort des russischen Zaren an den französischen Senat vom 2. April 1814: „il est just, il est sage de donner à la France des institutions fortes et libérales, qui soient en rapport avec les lumières actuelles“; vgl. dazu Kapitel III.1.b); ARETIN, S. 174, Anmerkung 2: Note der russischen Gesandtschaft auf dem Wiener Kongreß vom 11. November 1814 zur Frage einer deutschen Verfassung: „et que les droits de tous soient determinés et protegés par des institutions fortes, sages et libérales“; ebd., Anmerkung 3: Note der königlich-hannoverischen Gesandtschaft auf dem Wiener Kongreß vom 21. Oktober 1814 zur gleichen Frage: „nur durch solche liberale Grundsätze können wir bei dem jetzigen Zeitgeist und bei den billigen Forderungen der teutschen Nation Ruhe und Zufriedenheit herzustellen hoffen“; ebd., Anmerkung 4: Preußische Verordnung vom 30. April 1815 zur Vorbereitung einer Verfassung: „Formen, welche Achtung für die Verfassung, Gleichförmigkeit des Verfahrens, Liberalität und Unpartheilichkeit sichern“; ebd., S. 174 f., Anmerkung 5: Nassauische Verordnung vom 12. September 1814 zur Einführung von Landständen im Herzogtum: „Es ist nur übrig, Allem, was für die Einführung einer liberalen, den Bedürfnissen unsrer Zeit und unsers Staats entsprechenden Verfassung entweder schon geschehen ist, oder noch erforderlich seyn wird, auch im Innern eine Gewährleistung zu geben.“

2. Deutschland

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sich die Botschaft von allgemeiner Fortschrittlichkeit mit den spezifischen Erwartungen der deutschen Zeitgenossen überlagerte. Diese Erwartung zielte auf den Staat als Reformmotor und Garantie gegenüber einer Revolution nach französischem Vorbild. Dabei ging die Deutungsmacht der liberalen Ideen so weit, daß sie bereits als Epochenbegriff fungieren konnten: „Die sogenannten liberalen Ideen sind daher keine anderen, als die Ideen von der politischen und religiösen Freiheit, nach deren Realisierung das gegenwärtige Zeitalter mit so großer Regsamkeit strebt; weshalb man auch dasselbe das Zeitalter der liberalen Ideen genannt hat.“ In konkreter Perspektive rekurrierte dies wiederum in Anlehnung an die in Frankreich diskutierte Charte als constitution libérale auf eine „liberale Constitution“ und eine konstitutionelle Monarchie, die die „politische und religiöse Freiheit der Bürger“ anerkenne und sichere. Zugleich trat hier die Kopplung der zeitgemäßen Forderungen an das Paradigma der Aufklärung erneut in den Mittelpunkt: Politisch-konstitutionelle Reformen wurden als Teil eines umfassenden Fortschrittsprozesses verstanden, der der Vernunft als regulativer Idee verpflichtet war. Entsprechend hieße „liberale Ideen“ zu bekämpfen „nichts anderes, als die Vernunft selbst bekämpfen, also unvernünftig handeln“.204 Die liberalen Ideen der Gegenwart symbolisierten damit nichts weniger als die Umsetzung des Vernunftspostulats der Aufklärung in die Sphäre der Politik. Dies schloß einen revolutionären Bruch aus und favorisierte eine evolutionärgemäßigte Reformstrategie. Entscheidend blieb hier die aus der vorpolitischen Bedeutungssphäre stammende ethische Grundierung, denn sie stattete das politische Deutungsmuster mit einem höheren Anspruch an geschichtlicher Vernunft, moralischer Richtigkeit und ungebrochenem Optimismus aus. Als Ausdruck des Aufklärungsprojekts war liberal insofern mehr als ein politisches Etikett unter anderen; es markierte für denjenigen, der sich mit ihm identifizierte, den eigenen Standort in einem universellen Prozeß fortschreitender Emanzipation, für die die vernunftgeleiteten Reformen der Gegenwart die realpolitische Entsprechung darstellten.205 Diese Erwartung konstitutioneller Fortschritte durch Verfassungsgewährung, Volksvertretung und fortschrittliche Institutionen motivierte den Gebrauch von liberal und Liberalität bis 1820. Johann Weitzel hob 1819 vor allem die positiven Konsequenzen einer Volksvertretung hervor: 204

205

[F. A. BROCKHAUS] Allgemeine deutsche Real-Encyclopädie für die gebildeten Stände. Conversations-Lexicon, Bd. 5, 4. Aufl. Leipzig 1817, S. 674; vgl. auch [F. A. BROCKHAUS] Deutsche Taschen-Encyclopädie oder Handbibliothek des Wissenwürdigsten in Hinsicht auf Natur und Kunst, Staat und Kirche, Wissenschaft und Sitte, Bd. 3, Leipzig 1818, S. 673–5. In den Lexika blieb diese Bestimmung von 1817 bis 1830 praktisch unverändert bestehen; vgl. [F. A. BROCKHAUS] Conversations-Lexicon oder encyclopädisches Handwörterbuch für gebildete Stände. Neue Ausgabe in 7 Bdn., hier Bd. 4, Stuttgart 1818, S. 278–80 sowie [F. A. BROCKHAUS] Allgemeine deutsche Real-Encyclopädie für die gebildeten Stände. Conversations-Lexicon, Bd. 5, 5. Aufl. Leipzig 1820, S. 745.

202

III. Politische Präfigurierung und semantische Fermentierung bis 1820

Es ist kaum nöthig, der übrigen Forderungen noch zu erwähnen, weil die Volksvertretung alle und jede, die gegründet sind, in sich schließt, und auch die einfachsten und leichtesten Mittel gibt, sie zu gewähren. Durch sie wird Ruhe und Ordnung befestigt, Vertrauen erworben und wiederhergestellt, Zufriedenheit gewonnen. Oeffentlichkeit, Gleichheit der Besteuerung, Gleichheit der Rechte und Pflichten für alle Staatsgenossen, Freiheit der Presse, des Gewissens und des Handels, liberale Gesetze und Geschworenengerichte . . . eine wahrhafte Volksrepräsentation wird die geben, weiß das Volk sie zu schätzen und zu benutzen.206

Weitzel identifizierte die bestimmenden Zeitkräfte seiner Gegenwart anhand der Begriffe „Illiberalität und Willkür“ auf der einen und den „Äußerungen von Liberalität und Freisinn“ auf der anderen Seite.207 Zugleich gab er der Enttäuschung vieler Reformhoffnungen nach 1815 Ausdruck, wenn er in dem „mächtigen Impuls zu rückgängiger Bewegung“ eine „Gefahr für liberale Ideen und Institutionen“ erkannte, zumal „die Illiberalität sich der Waffen der Lieberalität [sic!] zu bedienen“ wisse.208 Weitzel zählte 1819 zu den ersten Publizisten, die in Anlehnung an zeitgenössische französische Begriffsbestimmungen die politischen Lager mit unterschiedlichen Etiketten versahen, hinter denen sich distinkte programmatische Positionen abzeichneten.209 Das viergliedrige Spektrum von „Parteien“ in Deutschland umfaßte danach 1) die Konstitutionellen, Liberalen, welche gesetzmäßige Freiheit, zeitgemäße Institutionen, wie sie zur Bildung der Nation und ihrer Bedürfnisse fordern, kurz die eine konstitutionelle Monarchie, eine Nationalrepräsentation mit erblicher Fürstengewalt wollen; 2) die reinen Monarchisten mit der absoluten Herrschergewalt auf der einen, und dem passiven Gehorsam auf der andern Seite; 3) den Ultra-Adel, die weißen Jakobiner, die Verfechter der Feudalität, und 4) die Demagogen, rothen Jakobiner und reinen Volksthümler.210

Die Konnotation von Fortschritt und Reform, die liberal und Liberalität um 1815 bestimmt hatte, ging hier in eine Charakterisierung antagonistischer politischer Lager über, die bei aller Nähe der Bezeichnungen zum französischen Kontext, auch auf die Verhältnisse in Deutschland angewandt werden konnte. 206 207 208 209

210

WEITZEL, Revolution, S. 38 f. Ebd., S. 60 f.; vgl. OPPOSITIONS-BLATT ODER WEIMARISCHE ZEITUNG (1819), Sp. 2075. WEITZEL, Revolution, S. 75. Vgl. zur aus dem Französischen übernommenen Bezeichnung Ultraliberale OPPOSITIONS-BLATT ODER WEIMARISCHE ZEITUNG (1818), Sp. 817 f; zur Verbreitung der Begriffe ultraroyalistisch und ultraliberal trugen vor allem die Korrespondentenberichte aus Frankreich bei: vgl. ebd. (1819), Sp. 237 f. und 884 f. sowie Warum kämpfen eigentlich in Frankreich die Ultra’s und die Liberalen?, in: ebd., Nr. 80, 4. April 1820, Sp. 633–5; vgl. ferner JOSEPH VON GÖRRES, Teutschland und die Revolution (1819), in: DERS., Gesammelte Schriften, Bd. 13, S. 35 ff., hier: S. 79 f.: Während „die sogenannte Historische [Partei] erkannte, daß ehemals ein besserer Zustand Teutschlands in der Wirklichkeit bestanden“ habe, „urtheilte“ die „andere Parthey . . . aus anderem Gesichtspunkt: Was soll uns dies alte Teutschland, was sollen diese Lappen alter Herrlichkeit, die zu ihrer Zeit gut gewesen, weil sie auf ihre Zeit gegründet war, aber nun auf immer hingeschwunden“; vgl. zur Rezeption der zeitgenössischen französischen Parteinamen den aus dem MORNING CHRONICLE übersetzten Aufsatz zu Parteien in Frankreich, in: NEMESIS. Zeitschrift für Politik und Geschichte 8 (1816), S. 480–7. WEITZEL, Revolution, S. 92.

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203

Unübersehbar begannen sich bereits in der Phase zwischen 1815 und 1820 erste Spannungsmomente in der Semantik des Wortfeldes abzuzeichnen. Auf der einen Seite stand die über 1815 hinausreichende optimistische Erwartung der „liberalen Verfassungen“ als Konkretion der „liberalen Ideen“, in denen man das Signum der eigenen Epoche erkannte. Durch Bindung der Fürsten an den zeitgemäßen Fortschritt sollten Revolution und Despotie überwunden werden: Diese Zeit ist das Zeitalter der liberalen Ideen; vorüber sey die der revolutionären Umtriebe, sowohl solcher, welche den Thron umstürzen, als solcher, die dem Volke seine Rechte, dem Fürsten die Herzen seines Volkes zu entreißen drohen! Denn eben jetzt beweisen es die Fürsten durch die Einführung repräsentativer Verfassungen, daß sie wohl ins Herz gefaßt haben jenes alte Wort eines griechischen Dichters: Der Fürst bedenke die drei Lehren: Die eine: daß er über Menschen herrscht, die andere: daß er nach Gesetzen herrscht, die dritte: daß er nicht auf immer herrscht.211

Auf der anderen Seite setzte bis 1820 das Mißtrauen gegenüber den mit dem Wortfeld verbundenen neuen Inhalten ein.212 Carl Ludwig von Haller wies in seiner Schrift Ueber die Constitution der Spanischen Cortes von 1820 zunächst auf die Herkunft des neuen Parteinamens aus dem Kontext der spanischen Verfassungskämpfe hin, dokumentierte aber zugleich die Bedeutung der zeitgenössischen französischen Parteinamen, wenn er betonte, die „heutigen Worte liberal, freysinnig, indepedent, sind durchaus gleichbedeutend.“ Sein Ziel bestand in der Entlarvung der „Mysterien der ganzen liberalen Parthey“, die als gefährliche politische „Sekte . . . allen Staaten“ drohe. Haller stellte die „liberalen Cortes“ in den Bedeutungszusamenhang revolutionärer Prinzipien, die man nunmehr unter verschiedenen Bezeichnungen in allen europäischen Staaten antreffe: „Die Franzöischen Jakobiner, die Englischen Radikalen, die Germanischen Deutschthümler und die Italienischen Carbonari können sich mithin erfreuen von den liberalen Cortes Bürgerrechts-Diplome zu erhalten“.213 c) Liberalität bei der Regierung: Staatsorientierung und konstitutionelle Reformprojektion Ein für die semantische Transformation von liberal im politischen Diskurs Deutschlands wesentlicher Bedeutungszusammenhang ergab sich aus der Anbindung des Adjektivs an die Reformanstrengungen von Regierung und Bürokratie in den Rheinbundstaaten und in Preußen als Antwort auf die durch die 211

212 213

Vorwort zu [FRIEDRICH VON GENTZ] Seiner Königlichen Majestät Friedrich Wilhelm dem Dritten, bei der Thronbesteigung allerunterthänigst überreicht (Am 16. November 1797). Neuer wörtlicher Abdruck nebst einem Vorwort über das Damals und Jetzt von einem Dritten geschrieben am 16. November 1819, Brüssel 1820, S. XXXVIII und XXXX III f. Vgl. Sind die liberalen Ideen der Schriftsteller der Fürstenmacht gefährlich?, in: OPPOSITIONS-BLATT ODER WEIMARISCHE ZEITUNG, Nr. 206, 31. August 1819, Sp. 1641–3. [CARL LUDWIG VON HALLER] Ueber die Constitution der Spanischen Cortes, o.O. 1820, S. XIII f. und S. 10.

204

III. Politische Präfigurierung und semantische Fermentierung bis 1820

napoleonische Herrschaft ausgelöste territoriale Neuordnung und die Fundamentalkrise des preußischen Staates. „Liberalität bei der Regierung“ gab der verbreiteten Hoffnung auf Förderung bürgerlicher Wertvorstellungen durch Abschaffung ständisch-korporativer Entwicklungshemmnisse Ausdruck. Initiator, Träger und Garant dieser bürgerlich intendierten Reformanstrengungen sollte der Staat sein, dessen Liberalität in der Kontinuität zum aufgeklärten Absolutismus des 18. Jahrhunderts verstanden wurde: Eine Regierung . . ., welche das große Drei der bürgerlichen Wohlfahrt, Freiheit des Erwerbs, Freiheit der Person und Freiheit der Meinungen . . . durch positive Gesetze beschützt, welche im Innern durch aufmunternde Maßregeln den Wert und Wohlstand des Bürgers hebt, und den Umgriffen privilegierter Kasten Schranken setzt durch Gleichheit des Gerichtsstandes und der Besteuerung, welche durch ihre auswärtigen Verhandlungen dem Volke Selbständigkeit und Achtung erwirbt, und diese durch Erschaffung eines von Ehrgefühl und Vaterlandsliebe durchdrungenen Heeres sichert: eine solche Regierung ist liberal zu nennen.214

Dies offenbarte, wie weitgehend liberal auf alle politischen Handlungen aus der Perspektive von Regierung und Verwaltung angewandt werden konnte: Das Spektrum reichte von Wirtschaft, Gesellschaft und Rechtsordnung bis hin zur Außenpolitik, wo die Förderung patriotischer Gefühle im Sinne nationaler Einheit eine liberale Regierung auszeichnete. In der „über alles Lob erhabenen liberalen Gesinnung“ der Regierung erkannte man die beste Garantie gegen eine Revolution nach französischem Muster.215 Eine Bestimmung von liberal als Oppositionshaltung gegenüber der Regierung ließ diese Konnotation nicht zu, weil sie indirekt von der Bereitschaft des Staates ausging, diese Rolle als Reforminitiator auch zu übernehmen. Diese Erwartung setzte konkret bei der Bürokratie an, wenn hervorgehoben wurde, „daß die Liberalität der Regierung erst dann reife Früchte“ tragen werde, „wenn sie von der Humanität ihrer Diener unterstützt und begleitet ist“.216 Einen Antagonismus zwischen der staatlichen Sphäre und den gesellschaftlichen Interessen sollte dies verhindern. Dies kennzeichnete den Erwartungshorizont zu Beginn des 19. Jahrhunderts, als die Erfahrung der Französischen Revolution die deutschen Hoffnungen auf Maßnahmen des „Christlichen, liberalen Staates“ als Instrumente evolutionären Fortschritts prägte.217 Indem sich Liberalität gerade auch auf den Staat bezog, wirkte der Begriff im Sinne der Interessenhomogenität der civitas sive societas civilis integrierend auf den politisch-gesellschaftlichen Bereich. Friedrich An214 215

216 217

Über Völker-Bestimmung, in: ALLEMANNIA 7 (1816), S. 51 f. Die Uebergabe der Adresse der Stadt Coblenz und der Landschaft an Se. Majestät den König in öffentlicher Audienz bei Sr. Durchl. dem Fürsten Staatskanzler am 12. Januar 1818. Ein Bericht für die Theilnehmer, o.O. 1818, S. 19.; vgl. ferner Deutsches Wort aus Preußen an die Rheinländer. Als Antwort auf die Schrift: Uebergabe der Adresse der Stadt Coblenz, o.O. 1818, S. 70 und 74. Ebd., S. 52. JOHANN LUDWIG EWALD, Der Geist des Christenthums und des ächten deutschen Volksthums, dargestellt gegen die Feinde der Israeliten. Bemerkungen gegen eine Schrift des Hrn. Prof. Rühs in Berlin, Karlsruhe 1817, S. 26.

2. Deutschland

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cillon setzte dementsprechend auf den engen Verbund von Staat und Gesellschaft, um die Regierungen zu Garanten der Stabilität zu machen. Eine abwehrende Disposition, die durch diese Ausrichtung von liberal auf den monarchischen Staat entstand, war dabei nicht zu übersehen: Wenn die bei weitem größere Anzahl von Verständigen, Guten und Edeln, vermittelst liberaler, ächt monarchischer Institutionen, mit dem Staate immer inniger verbunden werden, so werden mit ihnen, unter dem heiligen Banner von Gott, König und Vaterland, die Regierungen kräftig und stark, unerschrocken, und sich selbst vertrauend auftreten, die unbefugten Eingriffe in den Gang der Gesellschaft abwehren, die eigennützigen, unter der heuchlerischen Maske des Gemeinsinns ihr Wesen treibenden Leidenschaften beschämen oder bekämpfen, die Excentricität der Handlungen in die Schranken der Gesetze, die der Meinungen in die Schranken der Erfahrung und der nüchternen Staatsklugheit zurückführen.218

Insbesondere vor dem Hintergrund der preußischen Reformphase läßt sich diese Konnotation des Wortfeldes nachweisen. Bei Johann Friedrich Zöllner, einem typischen Repräsentanten der reformorientierten hohen Beamtenschaft Preußens zu Beginn des 19. Jahrhunderts, diente liberal als Etikett für die fortwirkende Tradition der aufgeklärten Regierungspraxis seit dem 18. Jahrhundert: Preußen sei durch die „segnenden Folgen der liberalen Regierungsgrundsätze, der Toleranz, der Preßfreiheit und der ungehemmten Geistesentwicklung, ein belehrendes Beispiel für die meisten übrigen Staaten“ geworden.219 Wilhelm von Humboldt sah 1810 in der preußischen Universität den „liberaleren und vielseitigeren Geiste“ der Reformära verankert, und als Zeichen der gelungenen Synthese zwischen den sozialen Kriterien von Besitz und Bildung konstatierte Graf Dohna 1810 die „ächt liberale Gesinnung“ der ostelbischen Grundbesitzer und sah diese nach den preußischen Reformen nun mit dem Bürgertum, „mit allen gebildeten Klassen“, verbunden.220 Für ihn bezeichnete liberal weniger ein politische Grundhaltung, sondern jene dieser neuartigen sozialen Fusion zugrundeliegende Disposition, die er als Bereitschaft zu fortschrittlichen Reformen in der liberalen Gesinnung ausgedrückt fand. Diese Projektion gesellschaftlicher Stabilität sagte indes nichts über die reale Tragfähigkeit und Akzeptanz der Reformen aus. Dennoch überwog bis mindestens 1815 die positive Konnotation des Wortfeldes aus der Perspektive der Regierungen. Solange diese zur Kennzeichnung ihrer eigenen Maßnahmen immer wieder auf Liberalität zurückgriffen, konnte kein Revolutionsverdacht mit dem Begriff verbunden sein. Bereits 1809 schrieb 218 FRIEDRICH ANCILLON, Ueber die Staatswissenschaft, Berlin 1820, S. XXIV. 219 JOHANN FRIEDRICH ZÖLLNER, Ideen über National-Erziehung, besonders 220

in Rücksicht auf die Königlich Preußischen Staaten, Bd. 1, Berlin 1804, S. 378. WILHELM VON HUMBOLDT, Über die innere und äußere Organisation der höheren wissenschaftlichen Anstalten in Berlin (1810), in: [DERS.] Wilhelm von Humboldts Gesammelte Schriften, hrsg. von der Preußischen Akademie der Wissenschaften, Abt. 2: Politische Denkschriften, Bd. 10 (1802–1813), hrsg. von BRUNO GEBHARDT, Berlin 1903, Neudruck Berlin 1968, S. 257; Dohna zitiert nach KOSELLECK, Preußen, S. 107.

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Stein in einem Brief an Gneisenau: „die in Umlauf gebrachte[n] liberalere[n] Ideen über Verfassung und Verwaltung werden bleiben und sich entwikkeln“.221 Für Stein war es zwischen 1811 und 1815 zudem selbstverständlich, auch auf die französischen idées libérales und institutions libérales zurückzugreifen, um die Reformerwartungen in Deutschland hervorzuheben.222 Staatsminister Hardenberg charakterisierte 1815 die allgemeine Reformbereitschaft und Fortschrittlichkeit des preußischen Staates im Hinblick auf die Förderung der politischen Meinungsbildung durch Zeitungen und Zeitschriften: Von Seiten Preußens kann die Entstehung eines solchen würdigen Organs der öffentlichen Meinung im nördlichen Deutschland nicht anders als gerne gesehen werden, da jede Pflege liberaler Gesinnung und freien Geistesverkehrs demjenigen Staate, der den Geist der Liberalität unter seine ersten Grundrichtungen aufgenommen hat, nur heilsam und ersprießlich sein kann.223

Gegenüber den französischen idées libérales überwog im deutschen Politikdiskurs einstweilen noch die spezifisch deutsche Begriffsvariante Liberalität mit ihrer vorpolitischen Grundierung aufgeklärter Disposition und unvoreingenommen-unparteiischer Gesinnung.224 Im Verlauf der Diskussion um die Reform der preußischen Behörden argumentierte Johann Gottfried Hoffmann 1815 in der Verordnung zur Errichtung der Provinzialbehörden im Sinne eines ausgeprägten Beamtenethos, daß man „in dem Geschäftsbetrieb selbst, mit der kollegialischen Form, welche Achtung für die Verfassung, Gleichförmigkeit des Verfahrens, Liberalität und Unparteilichkeit sichert, alle Vorteile der freien Benutzung des persönlichen Talents und eines wirksamen Vertrauens“ verbinde.225 Liberalität stand für eine vorurteilsfreie Haltung, durch die die Beamten erst zu Garanten der Rechtsgleichheit wurden. Eine inhärente gesellschaftlich-politische Spannung des Begriffes erschließt sich indes, wenn man berücksichtigt, daß in die überkommene Behördenverfassung konstitutionelle Elemente integriert werden sollten, die sich im Sinne bürgerlicher Rechtsgleichheit dezidiert gegen die alten Stände und ihre Privilegien richteten. Mit dem sich 221

222

223

224 225

Brief Steins an Gneisenau vom 27. März 1809, in: KARL FREIHERR VOM STEIN, Briefwechsel, Denkschriften und Aufzeichnungen. Im Auftrag der Reichsregierung, der Preußischen Staatsregierung und des Deutschen und Preußischen Städtetages, bearb. von ERICH BOTZENHART, 7 Bde., Berlin 1931–1937, hier Bd. 3, S. 96. Vgl. Brief Steins an die Gräfin Brühl vom Juli 1811, in: DERS., Briefwechsel, Bd. 3, S. 446; Denkschrift Steins für Zar Alexander I., Ende August 1813, in: ebd., Bd. 4, S. 403; Denkschrift Steins für Zar Alexander I., November 1814, in: ebd., Bd. 5, S. 94 sowie Denkschrift Steins für das russische Cabinet vom 13. Januar 1815, in: ebd., Bd. 5, S. 115 und 117. Zitiert nach EDUARD HEYCK, Die Allgemeine Zeitung (1798–1898). Beiträge zur Geschichte der deutschen Presse, München 1898, S. 235; das Zitat ist auch nachgewiesen in ANDREA HOFMEISTER-HUNGER, Pressepolitik und Staatsreform. Die Institutionalisierung staatlicher Öffentlichkeit bei Karl August von Hardenberg (1792–1822), Göttingen 1994, S. 319. Vgl. L. NELLESSEN, Ein Beitrag zur Geschichte der Liberalität unserer Tage, oder meine abgenöthigte Vertheidigung, o.O. 1819, S. 2. Zitiert nach KOSELLECK, Preußen, S. 242.

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nach 1815 abzeichnenden Richtungswechsel der preußischen Innenpolitik wurde das Vertrauen in die Liberalität des Staates dann immer mehr in Frage gestellt. Der veränderte Kurs der preußischen Regierung äußerte sich zum Beispiel in restriktiveren Zensurmaßnahmen. Der ironisch-kritische Hinweis von 1820 auf die „große Liberalität der Preußischen Censur“ deutete die wachsende Skepsis gegenüber der liberalen Regierung bereits an.226 Die hier rekonstruierten semantischen Entwicklungslinien ergeben sich auch aus der Mikroanalyse aller entsprechenden Textstellen der Freiherr-vom-Stein Ausgabe.227 Die systematische Zuordnung aller Belege dieser Edition nach den Kategorien vorpolitische Prägung, Fermentierung, Politisierung und Polarisierung (Abbildungen 11 bis 13) zeigt zum einen, daß die positiven Konnotationen von liberaler Regierung, liberaler Verwaltung, liberalem Staat und liberaler Verfassung vor allem in der Phase von 1813 bis 1815 dominierten. Die eigentliche Politisierung von Liberalität durch die Vertreter des reformbereiten Staates fiel damit in den Kontext des Wiener Kongresses und der verstärkten Diskussion um konstitutionelle Fortschritte in Deutschland. Stein rekurrierte aber auch ausdrücklich auf die französischen idées libérales und die adaptierten liberalen Ideen. Auffallend war jedoch der semantische Umschwung um 1819/20: Nach diesem Einschnitt, den der Mord an Kotzebue und die Karlsbader Beschlüsse markierten, überwogen eindeutig negative Konnotationen und der Verdacht auf den revolutionären Gehalt des Wortfeldes, sei es im Bezug auf Preußen/Deutschland oder im Hinblick auf Frankreich und Belgien. 1819 erschienen Stein die deutschen „Liberalen“ als „elende Nachäffer der Franzosen“, und 1822 sprach er sich dezidiert gegen den „Liberalismus aus Schwäche“ und gegen die „liberalistische Richtung, diese unzeitige, ehebrecherische Geburt eines lasterhaften, egoistischen Zeit Geists“ aus.228 Mit Blick auf die innenpolitische Situation Frankreichs kurz vor Ausbruch der Julirevolution identifizierte er die Liberalen im April 1830 als heterogenes politisches Lager, dem sich zahlreiche negative Attribute zuordnen ließen: Den Franzosen fehlt Wahrheitsliebe, Entfernung von Selbstsucht und Eitelkeit, ruhige Besonnenheit, sie beherrscht Lüge. Es fehlt den Liberalen an bedeutenden durch Reinheit des Charakters und Grösse des Talents ausgezeichneten Männern, sie sind ein buntscheckiges Gemisch von Jacobinern, Napoleonisten, Doctrinairs und Gelehrten u.s.w.229

Die systematische Auswertung der Textstellen der Stein-Ausgabe nach inhaltlichen Kriterien und publizistischer Frequenz dokumentiert den zwischen 1810 und 1820 stattfindenden Übergang von der allgemeinen Politisierung des Wortfeldes im Kontext des Wiener Kongresses in einen ideologisch bestimm226 227 228 229

HEINRICH STEFFENS, Ueber Deutschlands protestantische Universitäten. Antwortschreiben an den Herrn Präsidenten von Lüttwitz, Breslau 1820, S. 6. Vgl. Kapitel IX.3. Brief Steins an Gagern vom 2. Juni 1819, in: STEIN, Briefwechsel, Bd. 5, S. 569 sowie Brief Steins an Gräfin Reden vom 20. Dezember 1822, in: ebd., Bd. 6, S. 144. Brief Steins an Gneisenau vom 2. April 1830, in: ebd., Bd. 7, S. 154.

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III. Politische Präfigurierung und semantische Fermentierung bis 1820

ten Antagonismus zwischen politisch distinkten Lagern mit identifizierbarer Programmatik. Die noch um 1815 dominierende Vorstellung von der Einheit zwischen politischer Öffentlichkeit und liberaler Regierung erwies sich dabei nach 1815 immer mehr als utopische Projektion. Damit ging in die historische Semantik von liberal ein spezisches Spannungsmoment ein, das sich in den 1820er Jahren verstärken sollte.

3. Italien a) Die Rezeption des napoleonischen Begriffsexports: Principi liberali und costituzione liberale als politische Reform- und Oppositionsbegriffe Wie für Deutschland kam auch für Italien dem semantischen Transferimpuls der Französischen Revolution und der napoleonischen Herrschaft grundlegende Bedeutung für die Übertragung der neuartigen politisch-konstitutionellen Richtung von libéral zu. Auch hier ließ sich die neue politische Bedeutung von liberale zuerst im Kontext der Französischen Revolution nachweisen. So griff man 1797 in Venedig in revolutionärem Tonfall auf den direkt aus dem Französischen übernommenen Ausdruck „governo liberale democratico“ zurück.230 Ugo Foscolo sprach die allgemeine Erwartung der durch die Ereignisse politisierten Teile der Öffentlichkeit an: „La popolarità vuol uomini capaci d’essere liberali“.231 Auch die Betonung der überpersönlichen „principi liberali e giusti“ wies auf eine gegenüber der vorpolitischen Phase grundsätzlich veränderte Semantik des Adjektivs hin.232 Dahinter stand eine in Anschauung der fortschrittlichen französischen Rechtsauffassungen und Institutionen politischer Partizipation entwickelte Erwartung. Für die Genese des politischen Wortfeldes in Italien ist im Vergleich gegenüber Deutschland und vor allem Frankreich die erst spät einsetzende lexikalische Bestimmung auffällig. Vor dem Hintergrund der politisch-territorialen Zersplitterung, der habsburgischen Fremdherrschaft und des beherrschenden kulturpolitischen Einflusses der katholischen Kirche entwickelte sich die lexikalisch-enzyklopädische Literatur insgesamt schwächer und deutlich später als in Frankreich oder Deutschland, obgleich deren grundsätzlicher Wert als „mezzo d’incivilmento“ in einer fortschrittlichen Zeitschrift wie der Antologia 1826 besonders hervorgehoben wurde.233 Bis weit in die 1830er Jahre wiederholten die meisten Artikel der 230 231 232 233

ANNIBALE ALBERTI und ROBERTO CESSI (Hrsg.), Verbali delle sedute della Municipalità provvisoria di Venezia 1797, Bd. 1, Teil 1, Bologna 1928, S. 420; vgl. LESO, S. 620. UGO FOSCOLO, Prose politiche e letterarie (1811–1816), hrsg. von L. FASSÒ, Florenz 1933, S. 46. PIETRO GIORDANI, Opere, 14 Bde., o.O. 1821, hier Bd. 12, S. 75. [GUIZOT] Delle Enciclopedie considerate qual mezzo d’incivilimento, articolo del sig. Guizot per servire di prodomo all’Enciclopedia progressiva, in: ANTOLOGIA 23

3. Italien

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Wörterbücher entweder die antik bestimmten Bedeutungsaspekte oder basierten auf französischen Vorlagen, ohne daß es dabei zu semantischen Differenzbestimmungen kam.234 Umso wichtiger wurden externe Bedeutungsimpulse, die jenseits der lexikographischen Ebene in die Genese von liberale/liberalismo eingingen. Die vorpolitische Semantik des 18. Jahrhunderts erstreckte sich im wesentlichen auf die Übertragung der antik-römischen liberalitas auf die liberalità im Sinne einer allgemeinen Tugend materieller Großzügigkeit, Unvoreingenommenheit, Toleranz und Gerechtigkeit. Dies verschob den Anwendungsbezug von liberale von einem privat-individuellen Rahmen auf den eines politischen Herrscherattributs. Daneben ließen sich die professioni liberali, professioni onorifiche und professioni civili, e forensi von den lavori meccanici unterscheiden.235 Diese Differenzierung folgte der durch den tradierten Kanon der artes liberales und artes mechanicae bestimmten Wertehierarchie menschlicher Tätigkeiten und unterstrich insofern auch noch für das 18. Jahrhundert die langfristige Persistenz der antik-mittelalterlichen Bedeutungstradition. Der universitäre Bildungsbegriff der artes liberales blieb auch in Italien von der Politisierung des Adjektivs unbeeinflußt.

234

235

(1826), S. 37–65; vgl. S. 45 f.: „I progressi dello spirito umano sarebbero vani se non vi corrispondessero quelli dell’umana specie. L’incivilmento progressivo, il miglioramento dello stato sociale, ecco lo scopo ultimo delle fatiche dell’uomo per ciò che riguarda la sua esistenza terrestre. Ora le enciclopedie sono fatte per agevolare il conseguimento di questo scopo, e qui comincia la loro ver utilità.“; vgl. auch ebd., S. 65, wo der enge Zusammenhang zwischen Unwissen und Unfreiheit hervorgehoben wurde: „I cangiamenti dello stato sociale . . . sono compiti e irrevocabili; il pubblico è in possesso della libertà, ed ora più non si tratta che di sapere se debba essere condannato all’ignoranza che conviene alla servitù. Un tale stato sicuramente sarebbe il peggiore di tutti, e nessuno può trovarvi il suo conto. La propagazione dei lumi d’ogni genere, e le enciclopedie, che fra altri mezzi vi contribuiscono sì efficamente, sono oggi adunque da annoverarsi fra quei bisogni pacifici e regolari, contro cui le dispute di partito riescono vane, e cui è egualmente assurdo che dannoso il non soddisfare.“ Vgl. [ANTONIO BAZZARINI] Dizionario enciclopedico delle scienze, lettere ed arti. Compilato per la prima volta da Antonio Bazzarini, Bd. 4, Venedig 1832, S. 214; [MARCO BOGNOLO] Panlessico Italiano ossia Dizionario Universale della lingua Italiana . . . corredato pure della correspondenza colle lingue Latina Greca Tedesca Francese ed Inglese non meno che delle etimologie, delle sinonimie, e delle differenze e gradazioni di significato tra i vocaboli che sembrano sinonimi. Lavoro diligentemente compilato da una società di filoglotti e diretto da MARCO BOGNOLO, Bd. 2, Venedig 1839, S. 540: „Liberale . . . Che usa liberalità, generoso . . . Amorevole, benigno . . . Licenzioso; dicesi di Parole o modi di dire, ma oggidì è passata d’uso . . . Degno d’uomo libero, conveniente ad uomo libero . . . Liberàli . . . In polit. Partigiani del governo detto costituzionale, in cui il sovrano regna secondo una costituzione o statuto fondamentale . . . Liberalismo . . . Oppinione, dottrina de’ liberali“; vgl. ferner NICCOLÒ TOMMASEO, Nuovo Dizionario dei sinonimi della lingua italiana, Neapel 1840, S. 390, 488 und 505 f. CARLO DENINA, Delle rivoluzioni d’Italia (1769/1770), in: FRANCO VENTURI (Hrsg.), Illuministi Italiani, Bd. 3: Riformatori Piemontesi e Toscani, Mailand 1958, S. 735 und 737.

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Die Integration des politisierten Adjektivs liberale ließ sich in Italien wie auch in Deutschland auf den Transferimpuls zurückführen, der von der Herrschaft Napoleons ausging. Vor dem Hintergrund des Exports französischer Revolutionsprinzipien durch den jungen Bonaparte betonte Carlo Gozzi im Hinblick auf die von Aufklärung und Revolution geprägte politische Publizistik in Venedig: „Il libro . . . risuscitato da non so quante liberali stamperie di Venezia in quest’anno 1797, contiene moltissime verità“.236 Die Wirkung des französischen Vorbildes bei der Integration von liberale kam in den zahlreichen Texten zum Ausdruck, in denen Frankreich als Ursprungsland der Freiheit gefeiert wurde, so zum Beispiel rückblickend bei Carlo Botta: „Gli spiriti generosi si rallegravano che la Francia si fosse fatta, come doveva, l’avvocata degli oppressi; gli uomini liberali applaudivano, perché diventata fosse la difenditrice della libertà“.237 In seiner Orazione a Bonaparte von 1802 gab Ugo Foscolo, der letzte große Vertreter des klassizistischen Italien, der zuvor noch die französischen Verdienste um Italien anerkannt hatte, seiner tiefen Enttäuschung über die Auswirkungen der französischen Herrschaft Ausdruck. Foscolo repräsentierte eine durch die französische Epoche geprägte Umbruchsgeneration, in der sich die hochgesteckten Erwartungen von nationalpolitischer Eigenständigkeit und konstitutionellen Fortschritten durch die Herrschaft Napoleons an der Realität abhängiger napoleonischer Satellitenstaaten mit enormem Steuerdruck, repressivem Polizeiregiment und wirtschaftlicher Auszehrung brachen. Foscolo erkannte in den französischen Soldaten nur noch mißbrauchte Werkzeuge eines Militärdespoten. Das Attribut liberali unterstrich dabei den Ausgangspunkt der Freiheitsidee und stand im Gegensatz zur Militärherrschaft Bonapartes: Voi soli vedemmo, o soldati francesi, voi di eroiche virtù liberali e di sangue, voi dalle ferite, dalla fame, dai lunghi viaggi, e da tutte le fiere necessità della guerra consunti, e molto più dalla ingordigia ed ingratitudine de’ condottieri, voi soli vedemmo piangere al nostro pinato, e chiamar Bonaparte, che tanti trofei aveva eretti in Italia per comperare la vostra miseria, la infamia della vostra nazione, e la ignominiosa servitù de’ vostri alleati.238

In der politischen Publizistik um 1815 erschien liberale dann als Ausdruck einer gegen ständisch-feudale und vor allem klerikale Privilegien gewandten fortschrittlichen Politik,239 die in der Tradition der durch die französische Herrschaft vermittelten Idee politischer Partizipation stand. In Verbindung mit illuminato stand liberale für eine zeitgemäße, der Aufklärung entsprechende konstitutionelle Reform, die sich sowohl gegen die altständischen Gewalten als 236 237 238

239

CARLO GOZZI, Opere, hrsg. von G. PETRONIO, Mailand 1962, S. 8. BOTTA, Bd. 2, S. 137. [UGO FOSCOLO] Orazione a Bonaparte pel Congresso di Lione (1802), in: Antologia Napoleonica ossiano prose e rime dettate in onore di Napoleone dai migliori ingegni dell’età nostra, o.O. o.J., S. 101–37, hier S. 111. Vgl. den Ausdruck „liberali speranze“ bei Lodovico da Brême in einem Brief an Federico Confalonieri vom 16. Mai 1814, in: FEDERICO CONFALONIERI, Memorie e lettere, hrsg. von GABRIO CASATI, Bd. 2: Lettere, Mailand 1890, S. 300.

3. Italien

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auch gegen revolutionäre Anarchie wandte. Gian Domenico Romagnosi nahm 1815 das Schlagwort der principi liberali zur Kennzeichnung einer konstitutionellen Monarchie auf, in der politische Stabilität durch eine rappresentanza legislativa gesichert werden sollte: Prescindendo dal discredito, nel quale cadrebbe la legislatura non illuminata da una classe d’uomini convenevolmente preparati, io debbo far avvertire ai gravi dispiaceri ed ai serj inconvenienti, a’ quali andrebbe incontro il più illuminato ed il più liberale dei principi, avendo a che fare con una massa d’uomini, che non sente che passioni volgari, pregiudizj feudali o clericali, o smanie licenziose e di anarchia. Augurando io alla mia Patria l’ottimo dei governi, con quell’immenso fervore da cui sono compreso, io riguarderei, come una vera calamità pubblica la subita attivazione della rappresentanza legislativa.240

Auch die costituzione liberale stand bei italienischen Autoren zunächst eindeutig im Kontext der 1814 gewährten französischen Charte Constitutionnelle.241 Wie sehr das politische Adjektiv liberale andererseits von ganz unterschiedlichen Akteuren zur Legitimierung der eigenen Politik eingesetzt werden konnte, wurde in der mit dem Niedergang der napoleonischen Herrschaft verbundenen Umbruchssituation seit 1812 klar. Auf Sizilien, wo die vom Festland vertriebenen Bourbonen unter englischem Schutz weiterregieren konnten, setzte sich der englische Oberkommandierende und Gesandte Lord Bentinck für die Gewährung einer Verfassung durch Ferdinand IV. ein. Auch wenn Ferdinand die Verfassung bereits vier Jahre später wiederrief, blieben die von Bentinck in seiner Proklamation von 1814 programmatisch hervorgehobenen principi liberali ein gegen die absolutistischen Bestrebungen der Bourbonen mobilisierbares Schlagwort, das für die sizilianische Oberschicht das eigene Autonomiestreben und die antineapolitanische Orientierung bündelte. Für Bentinck repräsentierten die principi liberali 1814 eine ideologische Frontlinie gegen die napoleonische Herrschaft, die auch von anderen europäischen Staaten mitgetragen wurde. Aus englischer Sicht stand gerade Spanien für den Weg aus der napoleonischen Fremdherrschaft. Es ist anzunehmen, daß in der englischen Sicht der principi liberali der Gebrauch des neuen Adjektivs im Kontext der spanischen Verfassung von 1812 eine wichtige Rolle spielte: Italiani! La Gran Bretagna ha sbarcato le sue truppe su i vostri lidi; essa vi porge la mano per liberarvi dal ferreo giogo di Buonaparte. Il Portogallo, la Spagna, la Sicilia, l’Olanda attestano i principî liberali e disinteressati che animano questa potenza. La Spagna, per la sua ferma risoluzione, per il suo valore e per gli sforzi della sua alleata, è riuscita nella più bella impresa. I francesi sono stati scacciati dal suo territorio, la sua indipendenza è assicurata, la sua civile libertà è stabilita.242

Obgleich das politische Attribut liberale auf dem Wege des semantischen Transfers aus Frankreich in den italienischen Sprachraum eingeführt wurde, 240 241 242

[GIAN DOMENICO ROMAGNOSI] Della Costituzione di una monarchia nazionale rappresentativa, Bd. 1, Filadelfia [i.e. Lugano] 1815, S. 166. Vgl. Proemio o Professione di Fede, in: Antologia Napoleonica, S. 421–4, hier S. 423. Proclama di Bentinck vom 14. März 1814, in: DENIS MACK SMITH (Hrsg.), Il Risorgimento Italiano. Storia e Testi, Rom 1987, S. 20.

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schien die Konnotation nicht statisch an diesem Ursprungskontext zu haften: Für Bentinck war es möglich, mit dem Begriff der principi liberali eine eindeutig gegen Napoleon gerichtete Politik zu legitimieren. Eine einseitige französische Konnotation im Sinne des mit der französischen Herrschaft verbundenen Exports von Revolutionsprinzipien hätte einen solchen Rekurs ausgeschlossen. Noch 1821 betonte man das „sistema liberale introdotto in quell’isola dalla Gran Bretagna“.243 Andererseits blieb auch die napoleonisch intendierte Bestimmung eines governo liberale nach dem Ende des Empire virulent. Das programmatische Schlagwort von fortschrittlichen Institutionen im Sinne bürgerlicher Rechtsgleichheit und politischer Partizipation im Rahmen eines Verfassungsstaates überlebte auch in Italien den Sturz des Kaisers. Sein Schwager Murat, der sich zunächst von seinem entmachteten Verwandten distanziert hatte und sich dadurch noch bis 1815 in Neapel hatte halten können, nahm im März 1815 wieder für Napoleon Partei, als dieser aus Elba zurückkehrte. In diesen Zusammenhang fiel Murats Versuch, ein gesamtitalienisches Königreich zu begründen. Nach seinem militärischen Einfall in die Marken erließ er im März 1815 sein Manifest von Rimini, in dem er das governo liberale als Symbol aller fortschrittlichen europäischen Nationen und das Ziel eines national geeinten Italien hervorhob. Auch wenn sich dieses Programm nach der Niederlage Murats gegen Habsburg und die Bourbonen als verfrüht erwies, so hatte der Hinweis auf eine zeitgemäße Verfassung und Regierung für die Projektion eines auf konstitutionellen Institutionen und nationaler Unabhängigkeit beruhenden Kurses grundlegende Bedeutung: La lotta sia decisiva, e vedremo assicurata lungamente la prosperità d’una patria sì bella, che lacera ancora ed insanguinata eccita tante gare straniere. Gli uomini illuminati d’ogni contrada, le nazioni intere degne d’un governo liberale, i sovrani che si distinguono per grandezza di carattere, goderanno della vostra intrapresa ed applaudiranno al vostro trionfo. Potrebb’ella non applaudirvi l’Inghilterra, quel modello di reggimento constituzionale, quel popolo libero che si reca a gloria di combattere e di profondere i suoi tesori per l’indipendenza delle nazioni? 244

Im Kontext der nach 1815 einsetzenden restaurativen Innenpolitik in den einzelnen italienischen Staaten entwickelte sich das Wortfeld dann sehr bald zum semantischen Kristallisationspunkt einer Oppositionsbewegung, die sich gegen die patriarchalisch und zentralistisch ausgerichtete habsburgische Bürokratie in Lombardo-Venezien und gegen die Rückkehr zur absolutistischen Politik in Piemont-Sardinien unter Viktor Emanuel I. richtete. Wo wie in Piemont-Sardinien zudem die bürgerlichen Erwartungen durch eine ausgesprochen adelsfreundliche Politik enttäuscht wurden, firmierten die idee liberali bald als 243

244

Squarcio della prima lettera del Cav. Francesco Romeo, suddito napoletano, a Lord Castlereagh segretario di Stato degli affari esteri in Londra, in: GIORNALE COSTITUZIONALE DI PALERMO, Nr. 49, 26. Februar 1821. Proclama di Rimini di G. Murat vom 30. März 1815, zitiert nach PIERO PIERI, Le società segrete ed i moti del 1820–21 e 1830, Mailand 1948, S. 33.

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Schlagwort der gemäßigten Opposition unter Santorre di Santarosa und Cesare Balbo. Selbst im Kirchenstaat griff man um 1815 auf das Attribut liberale zurück. Während die sogenannten zelanti unter dem greisen Kardinal Pacca jeglicher Neuerung feindlich gegenüberstanden und auf gewaltsame Zwangsmaßnahmen setzten, um die Restauration der weltlichen Belange im Kirchenstaat zu erreichen, wurden die politicanti um Consalvi in polemischer Weise als liberali bezeichnet, um ihre „Fortschrittlichkeit“, den Einsatz politischer Mittel zur Durchsetzung der erstrebten katholischen Restauration, als gefährliche Tendenz herauszustellen.245 b) Veri und falsi liberali: Von der antinapoleonischen Semantik zum antihabsburgischen Oppositionsetikett In einem Brief vom Juni 1818 beschrieb Silvio Pellico den über die Grenzen Frankreichs hinausreichenden Erfolg der soeben erschienenen Considérations sur les principaux événements de la Révolution française der Madame de Staël. Dabei wies er auf die doppelte Wirkung ihres Werkes hin, das die Notwendigkeit von Verfassungsstaat und politischer Partizipation für alle Staaten Europas herausstellte und die Herrschaftspraxis Napoleons als korrupte Militärdespotie entlarvte. Die noch zahlreichen Anhänger Napoleons, die sich als wahre Repräsentanten der idées libérales verstanden, demaskierte sie damit ideologiekritisch als rückwärtsgewandte Anhänger einer Militärdespotie. Pellico übernahm diese Einschätzung, als er die Anhänger Napoleons als falsi liberali bezeichnete, die wie die reaktionären ultra die Schrift vehement ablehnten. Die semantische Entkoppelung von den in der napoleonischen Herrschaftspropaganda so oft hervorgehobenen idées libérales und idées constitutionelles von ihrem Urheber, ihre Transpersonalisierung zugunsten allgemeiner politischer Prinzipien, war für Pellico folgerichtig der Ansatz zur Positionsbestimmung der veri liberali. Diese bekannten sich zu den idee costituzionali, ohne der Tyrannei und Korruption des napoleonischen Herrschaftssystems noch im nachhinein anheimzufallen. Ihnen, so Pellico, gehöre nach dem notwendigen Zusammenbruch der rückwärtsgewandten istituzioni barbare und der Überwindung des adligen und klerikalen Widerstands die Zukunft: L’opera di M.e di Stael . . . farà un gran bene in Europa per la riputazione europea che ha quella donna. Essa gioverà in due importantissime guise, pel trionfo delle idee costituzionali e per lo smascheramento del napoleonismo. Molte ingiurie erano già state dette al leone caduto; ma nessun libro conteneva ancora svelato maestrevolmente il carattere di quel sublime tiranno e del suo infame sistema di corruzione. I napoleonisti, cioè i falsi liberali, fremono quanto gli ultra delle Considérations. Ma i veri liberali dilucidano le loro idee e si rinforzano . . . Crederei piuttosto che per ignoranza dei parrucconi il buono non sia 245

Vgl. HUBERT JEDIN (Hrsg.), Handbuch der Kirchengeschichte, Bd. 6: Die Kirche in der Gegenwart, 1. Halbbd.: Die Kirche zwischen Revolution und Restauration, Freiburg i.Br. 1971, S. 112 f.

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cacciato via. Intanto questo non si semina invano; io credo fermamente ai frutti che deve produrre. Le istituzioni barbare sono le sole che più non generano. Quelle che rimangono crollano più o meno presto ma per sempre. Chi crede di sostenerle resta schiacciato sotto di esse.246

Zu einem auch über die regionalen Zentren hinausstrahlenden politischen Diskurs kam es vor allem in Piemont und in Mailand, wo sich mit der Biblioteca Italiana und dem Conciliatore publizistische Organe mit gesamtitalienischem Geltungsanspruch entwickelten. So sehr solche Zeitschriften von den durch die Zensur bedingten engen Handlungsspielräumen geprägt wurden, so sehr trugen sie doch zur Diffusion des neuen Begriffes bei. Wo Handlungsspielräume für politische Partizipation auf der Ebene repräsentativer Körperschaften kaum vorhanden waren und sich nach 1815 die Hoffnungen auf Kontinuität der fortschrittlichen französischen Institutionen zerschlugen, kam der politischen Publizistik eine umso größere Bedeutung zu. Im Mai 1819 charakterisierte der Conciliatore, dessen Wirkungskreis auch Leser außerhalb von Lombardo-Venezien einbezog und von daher eine wichtige Multiplikatorfunktion erfüllte, wichtige französische Zeitschriften und griff dabei für die Annali Politici, Letterarj e Morali auf den neuen Bewegungsbegriff liberalismo zurück: Gli Annali dapprima furono ministeriali, sempre però con pudore e buona fede, così che dopo le ultime elezioni cessarono d’esserlo. Il loro liberalismo è d’una data ancor più lontana. Gli annali sono compilati in coscienza, con esattezza ed imparzialità, sono sempre aperti ai reclami, e se non hanno ancora ottenuto tutto il successo che meritano, cred’io che ciò dipenda dal mancar essi dell’assistenza dell’intrigo.247

Bestimmend war zunächst der aus dem französischen Sprachgebrauch übernommene politisch-semantische Gegensatz zwischen ministeriale und liberale, der indes nicht ohne weiteres auf die innenpolitische Situation der italienischen Staaten angewandt werden konnte, da hier ein Gegensatz zwischen Regierung und parlamentarischer Opposition in dieser Form noch gar nicht existierte. Bei allen vorhandenen Unterschieden in der Praxis von Restauration und Repression unterstrich die Übernahme des Begriffspaares aus dem französischen Kontext aber den oppositionellen Charakter von liberale als Synonym für fortschrittliche politisch-konstitutionelle Prinzipien gegenüber einer als rückständig angesehenen Ordnung. Trotz der offenkundigen Politisierung des Wortfeldes vor dem Hintergrund der repressiven Wende in den Einzelstaaten nach 1815 erhielten sich auch vorpolitische Bedeutungselemente. Neben der Hervorhebung der „liberali governi“ der Gegenwart traten in zahlreichen Artikeln mit politischer Ausrichtung auch tradierte Ausdrücke wie das „studio liberale“, die „educazione liberale e completa“ oder der „spirito di liberale carità“ auf, denen eine eindeutig 246

247

Brief Silvio Pellicos an seinen Bruder Luigi vom 27. Juni 1818, in: SILVIO PELLICO, Lettere Milanesi (1815–’21), hrsg. von MARIO SCOTTI, zitiert nach Giornale storico della letteratura italiana, Supplemento No. 28, Turin 1963, S. 144. Notizia Storica e Bibliografica dei giornali e delle opere periodiche francesi, in: IL CONCILIATORE, Nr. 78, 30. Mai 1819, S. 316.

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politische Konnotation fehlte.248 Entsprechend der engen Spielräume, die die Zensur überhaupt zuließ, kam jedoch auch einem Ausdruck wie educazione liberale eine kryptopolitische Funktion zu, wenn im Bedeutungszusammenhang ausdrücklich auf patria und die aufklärerische Wirkung der Schule für die felicità universale der Menschheit hingewiesen wurde. Silvio Pellico, der als oppositioneller Schriftsteller in Piemont maßvolle Reformen angemahnt hatte, sich aber vor dem Hintergrund des repressiven Klimas gezwungen sah, nach Mailand zu emigrieren, rekurrierte bei der Beschreibung der educazione liberale ausdrücklich auf patria. Darin war 1819 in Mailand deutlich eine antihabsburgische Tendenz enthalten. Die implizite Politisierung erreichte hier auch den tradierten Ausdruck: Perspicaci sono le viste con cui spiega l’indole di ciascuna scuola. Ogni idea è improntata di generoso vigore. Si ravvisa l’uomo che sente vivamente il bisogno che hanno le nostre cattedre di essere rette non più dal pedantismo, ma dalla filosofia; l’uomo che pone nella educazione liberale della gioventù tutte le speranze della patria; l’uomo che concepisce tutta quant’è l’importanza della diffusione dei lumi per la felicità universale dell’umana famiglia.249

Wie die antonymische Gegenüberstellung von liberale und ministeriale, so folgte auch die von liberale und ultra den semantischen Trennungslinien zwischen ideologischen Lagern in Frankreich. Bezeichnete der Antagonismus liberale – ministeriale in Italien den Konflikt zwischen gesellschaftlichen Ansprüchen und dem von Metternich erzwungenen weitgehenden Repressionskurs der einzelstaatlichen Regierungen nach 1815, so repräsentierte der Gegensatz zwischen liberale und ultra einen stärker innergesellschaftlichen Konflikt. Während in Frankreich mit ultra bereits eine parlamentarisch verankerte Gruppe bezeichnet wurde, tauchte der Begriff in den konstitutionell-gemäßigten Zeitschriften Lombardo-Veneziens als Synonym für die rückständigen Prinzipien von Adel und Klerus auf. Dies unterstrich, wie die ideologischen Unterscheidungskategorien libéral und ultra auch über Frankreich hinaus angewandt werden konnten. Die Gegenüberstellung der hinter beiden Begriffen stehenden Prinzipien in einem Beitrag des Conciliatore vom September 1819 unterstrich die Relevanz der externen Impulse für die italienischen Verhältnisse. Aus der Orientierung an den mit Frankreich oder Österreich identifizierbaren divergierenden Positionen von konstitutioneller Partizipation und prinzipieller Rechtsgleichheit 248

249

[SILVIO PELLICO] Dell’indole delle istituzioni scientifiche del secolo decimonono. Discorso del professore Quirico Viviani, letto nell’I.R. Istituto di filosofia della città di Udine, Venedig 1819, in: IL CONCILIATORE, Nr. 98, 8. August 1819, S. 397; Storia critica della inquisizione di Spagna . . . per D. Giannantonio Llorente, Paris 1817–18, Articolo primo, in: ebd., Nr. 3, 10. September 1818, S. 10; Sopra gli stabilimenti del sig. Fellemberg a Hofwyl. Articolo comunicato dal cac. Luigi Serristori toscano, in: ebd., Nr. 45, 4. Februar 1819, S. 177 sowie De la domesticité chez les peuples anciens et modernes – par M. Grégoire, in: ebd., Nr. 73, 13. Mai 1819, S. 296. [PELLICO], Dell’indole, S. 398.

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einerseits oder konsequenter Unterdrückung der nationalitalienischen und politischen Oppositionsbewegung andererseits ergab sich die Bedeutungsrichtung von liberale: Während Silvio Pellico im Conciliatore einen cavaliere als liberale charakterisierte, der in der französischen Armee gedient hatte, mithin eine spezifische Nähe zu französisch-fortschrittlichen Prinzipien verriet, wurde ein canonico mit seinen klerikalen Interessen eindeutig mit Österreich identifiziert: „Quel canonico parlerebbe di capitoli o di prebende, ma tace perchè sa che taluni qui professano poco rispetto agli interessi ecclesiastici. Quel militare è liberale, quel vecchio è ultra. Quel cavaliere ha avuto la croce servendo i francesi, questo servendo gli austriaci“.250 Der deutliche Rekurs auf die überragende gesellschaftliche Rolle der katholischen Kirche reflektierte bereits den über die imitierende Übersetzung hinausgehenden Schritt der semantischen Adaption, also der Übertragung und Anpassung im Hinblick auf genuin italienische Verhältnisse. Bereits im Vorfeld der Erhebungen von 1820/21 ist in den publizistischen Quellen neben dem politisch konnotierten Adjektiv liberale auch die Gruppenbezeichnung liberali faßbar. Bei der Beschreibung der politischen Verhältnisse der venezianischen Republik am Ende des 18. Jahrhunderts griff Silvio Pellico im Conciliatore auf liberali zurück, um diejenigen reformorientierten Mitglieder des verarmten venezianischen Adels hervorzuheben, die mehr politische Teilnahme forderten und dabei die rückständige Ordnung Venedigs offenbarten: Infatti la debolezza del governo aveva dato animo a parecchi censori degli antichi pregiudizj. Molti onesti cittadini fremevano della decadenza della loro patria, e giustamente ne incolpavano la barbarie di alcune sue istituzioni. Tutti i corpi investiti del potere erano già da qualche tempo successivamente attaccati; i savj dal senato, il senato dalle quarantie, il consiglio dei dieci e gl’inquisitori di stato dal gran consiglio. E se i veri liberali erano pochi, molti erano fra la nobilità povera quelli che domandavano una riforma onde partecipare maggiormente alla sovranità.251

Auch in seinen Mailänder Briefen war Pellico das politische Wortfeld geläufig, sei es bei der Beschreibung von Gesinnungsgenossen durch die Adjektive liberale und liberalissime oder den überpersönlichen Ausdruck principi liberali, sei es in der Aufnahme von ultraliberali, was bereits auf unterschiedliche Gruppen innerhalb der bestehenden Opposition, auch zwischen adligen und bürgerlichen Zirkeln schließen ließ.252 Aufschlußreich ist vor allem die in Pellicos Brie-

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[SILVIO PELLICO] Breve soggiorno in Milano di Battistino Barometro, in: IL CONCILIATORE, Nr. 105, 2. September 1819, S. 426. [SILVIO PELLICO] Histoire de la république de Venise par Duru, Paris 1819, in: IL CONCILIATORE, Nr. 115 (undatiert, wahrscheinlich Oktober 1819), S. 465. Vgl. Brief Silvio Pellicos an seinen Bruder Luigi vom 3. September 1819, in: PELLICO, Lettere Milanesi, S. 179, wo er einen Besuch der Mitarbeiter des CONCILIATORE bei Thomas Charles Morgan und Lady Sidney Owenson erwähnte, die er als „persone egregie e liberalissime“ charakterisierte; Brief Silvio Pellicos an seinen Bruder Luigi vom 6. Februar 1819, in: ebd., S. 163 sowie Brief Silvio Pellicos an seinen Bruder Luigi

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fen faßbare Ablehnung der neuen politischen Bedeutung durch adlige Publizisten, die im Conciliatore das dominierende Sprachrohr einer gefährlichen Bewegung sahen.253 Auch die österreichische Regierung und ihr Gouverneur Graf Strassoldo erkannten in Pellicos Wirken und dem Conciliatore eindeutig umstürzlerische Absichten, die Pellico selbst einem „giusto e moderatamente liberale governo“ entgegenstellte: „Il Conte Strassoldo . . . si lagna altamente dell’audacia con cui . . . Silvio Pellico scrive nel Conciliatore. Questo scrittore tende a spargere i principj più sovvertitori d’ogni giusto e moderatamente liberale governo, e siccome v’è una Censura che lo frena“.254 Neben dieser Anwendung auf historische Ereignisse, die im allgemeinen Zusammenhang von politischer Partizipation standen, galt liberali auch als Synonym für „innovatori in letteratura“ und „novatori“ in Fragen des ästhetischen Stils.255 Daß hinter anscheinend unpolitischen Bezeichnungen literarischer Strömungen vor dem Hintergrund der für den Conciliatore wie für andere Organe geltenden scharfen Zensurbedingungen längst politische Botschaften standen, bewies eine aufschlußreiche Äußerung Pellicos in einem Brief vom August 1819: „Le persecuzioni da noi sofferte, i ritardi posti all’uscita del Conciliatore dalla doppia Censura, la voce continua che fossimo per essere soppressi, apersero gli occhi anche ai più ciechi e ‚romantico‘ fu riconosciuto per sinonimo di ‚liberale‘, né più osarono dirsi ‚classicisti‘, fuorché gli ‚ultra‘ e le spie“.256 Die Parallelisierung von politischer und literarisch-ästhetetischer Gruppenbezeichnung – Pellico sprach im selben Brief vom „crocchio scomunicato de’ liberali, de’ romantici“257 – kann als repräsentativ für die Verbindung von politisch-gesellschaftlichem Reformdenken und künsterischem Anspruch des Conciliatore gelten. Politisch überwog der bipolare semantische Gegensatz zwischen zwei ideologischen Lagern, wobei insbesondere die Identifizierung von ultra und spie in der antihabsburgischen Konnotation auffällt. Entsprechend häufig läßt sich auch der Gegensatz zwischen der Gruppenbezeichnung liberali und der Sacra alleanza nachweisen.258

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vom September 1818, in: ebd., S. 149: „Confalonieri e Porro come nobili erano senza contatto con certi ultraliberali.“ Vgl. Brief Silvio Pellicos an seinen Bruder Luigi vom 23. Dezember 1818, in: ebd., S. 157: „Varie lettere di Torino a Breme dicono che tutto ciò è mosso dal Conte Napione per vendicarsi delle beffe che ci siamo presi nel Conciliatore del suo discorso dove pretende che i Barbari del 5° secolo erano meno barbari dei liberali d’oggidì.“ Brief Silvio Pellicos an seinen Bruder Luigi vom 29. Oktober 1819, in: ebd., S. 185. Sulle innovazioni in letteratura, in: IL CONCILIATORE, Nr. 116 (undatiert, wahrscheinlich Oktober 1819), S. 469. Brief Silvio Pellicos an seinen Bruder Luigi vom Mai 1819, in: PELLICO, Lettere Milanesi, S. 171; die Wiedergabe des Zitats bei UGO D’ANDREA, Libertà di stampa nella rivoluzione liberale, in: PANFILO GENTILE (Hrsg.), Saggi storici sul liberalismo Italiano, Perugia 1953, S. 201–82, hier S. 222, ist gegenüber der Briefausgabe nicht nur falsch datiert, sondern auch nicht wörtlich. PELLICO, Lettere Milanese, S. 171. Vgl. Degli interessi attuali dell’Europa. Discorso di un milanese, che non ha trent’anni, Mailand 1819, in: IL CONCILIATORE, Nr. 118, 17. Oktober 1819, S. 478.

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c) Idee liberali, Patria, Costituzione als nationale und konstitutionelle Konkretion: Der spirito pubblico liberale als italienischer Bedeutungshorizont um 1820 Der innenpolitische Kurs in den Einzelstaaten folgte nach 1815 keiner einseitigen Restauration des Ancien régime. Dem Rat Metternichs folgend blieben in Neapel unter Ferdinand IV. und seinem Minister Luigi de’ Medici, in Rom unter Consalvi und in Florenz unter Fossombroni zahlreiche französische Neuerungen erhalten; allerdings wurden die bürokratischen Eliten ausgetauscht. Dieser restaurative Mittelweg wurde aber umso schwieriger, je deutlicher sich einerseits die Untergrundbewegung der Carboneria für eine konsequente Fortführung der französischen Ansätze zu einem echten Verfassungsstaat einsetzte und je stärker sich andererseits reaktionäre Adelszirkel herauskristallisierten, die wie der als Polizeiminister amtierende Fürst von Canosa eine bedingungslose Umkehr zur alten Ordnung forderten. Insbesondere in Neapel prallten der monarchische Zentralismus und die sizilianische Forderung nach stärkerer Autonomie aufeinander. Die allgemeine Unzufriedenheit wurde durch das 1818 abgeschlossene Konkordat verstärkt, da es in restaurativer Zielsetzung einen Bund von Thron und Altar zu begründen schien. In dieser Situation wirkte das Fanal der spanischen Revolution vom Januar 1820, die sich die Wiederherstellung der Verfassung von 1812 zum Ziel gesetzt hatte, als direkter Handlungsimpuls für die von hohen Offizieren unterstützten Anhänger der Carboneria. Ferdinand versprach eine Verfassung nach spanischem Muster und berief ein Ministerium aus Anhängern Murats. Dem Kampf um die Durchsetzung einer neuen Verfassungsordnung mit einer parlamentarischen Vertretung entsprach in der politischen Publizistik der Rekurs auf liberali als Bezeichnung der Anhänger konstitutioneller Fortschritte. Ein 1820 in Neapel gedrucktes Flugblatt wandte sich an die „veri liberali della capitale“ mit dem Aufruf, zu einer öffentlichen moralischen Kraft zu werden und so eine auf partielle Wiedereinführung einer absolutistischen Verwaltung und Gesetzgebung zielende Politik zu verhindern. Dies bedeutete zugleich eine deutliche Absage gegenüber gewaltsamem Aufruhr: uomini liberali, non vi sdegnate por mente alle mie fraterne insinuazioni: occupatevi ad illustrare il Parlamento, a far conoscere i difetti dell’antica amministrazione, e legislazione: ‚non vi dimenticate, che dalle deliberazioni di un primo Parlamento dipende la sorte di una nazione.‘ Non siate solo una forza materiale riunita da far momentanei spaventi al governo: no, voi essere potreste ben presto dispersi, se non formate una forza morale atta a conoscere, e ad opporsi a qualunque fraude, ed a sostenere i proprj diritti colla ragione e non co’tumulti.259

Die politische Bewegung der liberali stand in diesem Kontext nicht für eine gewaltsame Revolution. Vielmehr sei eine staatlich-gesellschaftliche unione undenkbar „senza una assoluta intelligenza nelle famiglie de’liberali.“ Dies verwies die Regierung Ferdinands auf die notwendige Kooperation im Sinne einer 259

Un’amatore della commune prosperità a’ veri liberali della capitale [Neapel 1820], o.S.

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konstitutionellen Fortentwicklung. Der Ausdruck „principj liberali e paterni“ umfaßte von daher die fortschrittlichen Prinzipien der napoleonischen Herrschaft bei gleichzeitiger Anlehnung an das Ideal einer aufgeklärten Monarchie, deren Konkretion in der verfassungsmäßigen Sicherung politischer Partizipation und bürgerlicher Rechtsnormen lag.260 Zugleich erschien es notwendig, die politische Gruppenbezeichnung gegen den Vorwurf in Schutz zu nehmen, der radikalen französischen Revolution anzuhängen. Gerade die moderni liberali unterschieden sich, so der L’Amico della Costituzione im September 1820, grundlegend von denen der Französischen Revolution. Es gehe eben nicht mehr um den Sturz der Monarchie, sondern um deren konstitutionelle Fortentwicklung im Rahmen eines Verfassungsstaats. Hinter den moderni liberali stand für die Autoren des L’Amico die Tradition unveräußerlicher Naturrechte und die Gemeinschaft der sie anerkennenden zivilisierten Völker.261 Durch den Antagonismus zwischen den Tugenden der Mäßigung und Achtung einerseits und der bewaffneten Drohung andererseits, die sich als restaurativ und absolutistisch gesinnte Macht zu erkennen gab, kehrte man den Vorwurf revolutionärer Gewalt gegenüber den liberali geradezu um und suchte sie stattdessen mit dem Signum politischen Fortschritts und gesellschaftlicher Stabilität zu versehen: si è dimostrato da noi, che i moderni liberali non sono simili affatto a quelli del 1790, 92, 93, e 99; che non hanno a’ loro cenni bande di cospiratori contro tutti i governi, e di assassini contro i Re. Che nessun brodo di Napoli si è manipolato contro una testa coronata, nessun pugnale, nessuna archibuggiata si è preparata contro alcun de’ monarchi . . . E qual lotta mai fu più ineguale di questa? Da una banda rispetto, moderazione, virtù, dall’altra insulti, minaccie, ed armati. Da una banda diritti incontestabili e legittimità ereditata dalla natura, e rispettata da tutte le genti civilizzate; dall’altra sola confidenza nelle sue forze, e solo diritto della spada, senza mostra di voler riconoscerne altro . . . Noi non offendiam chicchesia, noi non siam conquistatori, non perturbatori della casa del vicino, non violatori di alcun diritto sociale, non sediziosi, non insultatori della riputazione di nazione alcuna.262

In einem anderen Artikel erklärten die Autoren des L’Amico den „spirito pubblico“ zum „primario sostegno de’ Governi Liberali“ und dokumentierten damit den Begründungszusammenhang zwischen dem Selbstbewußtsein der po260

261

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Vgl. Pensieri sopra le modificazioni della Costituzione di Spagna per adattarla al Regno delle due Sicilie opuscolo, [Neapel] 1820, S. 2: „La ripartizione molteplice delle provincie derivò da principi liberali, e paterni. Si ebbero in considerazione il corso più celere di giustizia, la maggiore facilità della percezione, il servigio delle poste, e de’procacci meglio eseguito, i mezzi più combinati, e più numerosi della coltura scientifica, e morale, e la vigilanza più attiva ne’ rapporti di ordine politico, e civile.“; vgl. ferner PIETRO COLLETTA, Cenno storico sulla rivoluzione Napoletana del 1820, in: Miscellanea di Letteratura politica e morale, Bd. 2, Livorno 1848, S. 79–105, hier S. 94 f. und 100. Daraus erklärte sich auch die Kritik, daß man in Europa die Konstitutionalisierung Frankreichs und bestimmter deutscher Staaten gutheiße, während das gleiche Recht für Spanien und Neapel eine Gefährdung des europäischen Friedens darstelle; vgl. Della indipendenza delle due Sicilie, in: L’AMICO DELLA COSTITUZIONE, Nr. 61, 25. September 1820, S. 4. Ebd.

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litischen Öffentlichkeit und den idee liberali. Dabei verwiesen sie ausdrücklich auf die antiken Vorbilder, auf die sie die neuen Bezeichnungen anwandten. „Quegli antichi liberali non avevano lette opere declamatorie, nè intervenuti erano alla scuola de’Rousseau, de’Condorcet, de’Raynal, de’Montesquieu, ed erano così perfetti patrioti, e cittadini!“263 Auffällig erschien hier vor allem die Isotopiekette von liberali, patrioti und cittadini: Der semantische Kontext von politischer Fortschrittlichkeit, nationalem Bekenntnis und stadtbürgerlicher Gesinnung begründete ein neuartiges Bedeutungsfeld, das für den L’Amico bereits in der Antike angelegt war. Damit banden die Zeitgenossen von 1820 die eigene Gegenwart an die Geschichte, um die Legitimität der eigenen Forderungen durch das Argument ihrer historischen Gültigkeit zu verstärken. Dies geschah zunächst durch die idealtypische Stilisierung der antiken libertà und des spirito liberale im Gegensatz zur modernen Erfahrung von Unterdrückung und Unfreiheit, aber auch durch die semantisch bedeutsame Differenzierung der unterschiedlichen liberali in verschiedenen historischen Epochen: Perchè mai la libertà è tanto antica, la servitù degli spiriti tanto nuova, e moderna? Perchè i liberali di quell’età erano tanto diversi da quei, per esempio, dal 1793, 99, 1814, e 1815? Perchè nelle masse di alcune Nazioni si vedono oggi de’ pochi uomini liberi, e non è generalmente diffuso lo spirito liberale, come lo era ne’ popoli antichi?

Die Antwort erblickten die Autoren im Auseinandertreten von politischer Theorie und sozialer Praxis in der eigenen Gegenwart. In den antiken Bürgergemeinschaften sei libertà kein „punto di quistione [sic!] accademica“ gewesen, sondern eine gesinnungsethisch wirksame Überzeugung, „una potentissima causa di convinzione.“ Während die Antike jenen „linguaggio teoretico mendicato da’libri“ nicht gekannt habe, sei diese Form von Bildungswissen in der Gegenwart zu einer sozialen Barriere und zu einem Instrument gesellschaftlicher Diversifizierung geworden, die das antike politische Gemeinschaftsideal unerreichbar mache.264 Trotz dieser Skepsis überwog für die Gegenwart die optimistische Einschätzung, daß sich der „spirito pubblico liberale“ durchsetzen werde. In der Sicht des L’Amico schien diese Disposition nicht erst ein Ergebnis der Französischen Revolution, sondern eine universalhistorische Konsequenz, die in die eigene Gegenwart zurückzukehren schien. Als Anknüpfungspunkte dieses öffentlichen Diskurses erschienen die Aufklärung und das damit verbundene Vertrauen in den Wissens- und Bildungsfortschritt: „Noi dunque ci formiamo adesso ad uomini liberi, allora questi uomini nascevano. Ma pure, checchè ne sia degli attuali svantaggi delle moderne nazioni in confronto delle antiche, lo spirito pubblico liberale si vede reduce fra noi colla scorta de’lumi, e della 263 264

Lo spirito pubblico. Primario sostegno de’Governi Liberali, in: ebd., Nr. 63, 27. September 1820, S. 1. Vgl. ebd.: „Allora il colto, ed illuminato cittadino, anche illustre per qualsivoglia impiego luminoso, non era diviso da una eterna barriera dal cittadino di condizione inferiore, come accade a noi per difetto de’ nostri costumi tanto diversi da quell’ antica semplicità.“

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sapienza del secolo.“ Aus der Sicht der Autoren bestand aber ein Gegensatz zwischen der Ausbreitung dieser allgemeinen Fortschrittsidee und der überkommenen Macht der katholischen Kirche. Der Antagonismus zwischen der positiven Tradition von Wissenschaft und rationaler Fortschrittsidee bei Hugo Grotius und dem historischen Universalanspruch des mittelalterlichen Papsttums, dem politischer Despotismus und Feudalismus zugeordnet wurden, diente der historischen Grundierung des „spirito pubblico liberale“: le sue salutari teorie trionfatrici [i. e. des spirito pubblico liberale] nelle parti più belle delle Nazioni costituite, han dato il bando a’ vecchi, e logori principj della tirannide, come la gravità dell’aere bandì l’orrore del voto, e come gli assiomi di Grozio distrussero i sogni di Gregorio VII., e con loro la monarchia universale del triregno, il dispotismo sulle teste coronate, e lo scioglimento de’sudditi dal giuramento di fedeltà.

Die Sicherung der libertà durch eine Verfassungsurkunde, die wiederum aus dem spirito pubblico hervorgehen sollte, blieb konstitutiver Bestandteil des sich hier abzeichnenden Programms für die Gegenwart. Die idee liberali wurden in expliziter Parallelität zum patriottismo definiert, der als vaterländische Gesinnung ohne überkommene Standesschranken alle Bürger auszeichnete. Mit der Verbreitung des patriottismo erschien auch der Siegeszug der idee liberali absehbar: Per mantenersi la libertà deve esistere la Costituzione, e per esistere questa deve animarla lo spirito pubblico. Intendo per spirito pubblico un patriottismo diffuso universalmente in tutti i cittadini, senza distinzioni di rango, di carattere, di facoltà. Un patriottismo ristretto in limiti più angusti, è simile alla vita de’moribondi ridottasi tutta nel cuore, ultimo appoggio della naturale esistenza. Felicissimo fu lo slancio delle nostre idee liberali, rapida n’è stata la diffusione.265

Zugleich ließen die Autoren des L’Amico keinen Zweifel daran, daß ihre Position keinen Konflikt mit der katholischen Kirche provozieren sollte, sofern diese nicht den Universalansprüchen des mittelalterlichen Papsttums folgte. Vielmehr erkannten sie die Kirche als Ordnungsinstanz ausdrücklich an, indem sie sie in den Dienst der idee liberali stellten. Gegenüber dem Widerstand gegen Gott und die legitime staatliche Ordnung setzten sie den Dienst am Vaterland und seinem Souverän. Die Kirche blieb in diese Projektion politisch-gesellschaftlicher Harmonie integriert: Ein semantischer Gegensatz zwischen den „ministri della migliore delle religioni“ und den idee liberali ließ sich verhindern, wenn die Diener der Kirche zu deren konsequenter Verbreitung beitrugen. Gerade die Angehörigen des Klerus han dimostrato, che il Vangelo di pace, di benevolenza, e di amore universale, è il vero degno di fare alleanza colla libertà . . . Ma così degni cittadini, questi ministri della migliore delle religioni, possono sicuramente servire la Patria, e il Sovrano in tutte le parti del loro ministero, anche in quelle in cui l’occhio del pubblico li avverte, ma l’orecchio non giunge. Essi debbono diffondere col mezzo delle loro parole le idee liberali, i puri principj dell’amor di Patria, l’attaccamento alla Costituzione. Il pergamo, la sedia di penitenza, le parrocchie, le Chiese tutte debbono risuonare di queste grandi verità, simili finora ai pomi esperidi, 265

Ebd., S. 2.

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III. Politische Präfigurierung und semantische Fermentierung bis 1820

conosciute da tutti, ma vietate alla mano de’ popoli dall’idra triplicite della viltà, dell’interesse, e della ingiustizia.266

Dies reflektierte die dominante Position der Kirche in der Gesellschaft, in der sie einen enormen Einfluß auf die öffentliche Meinung ausüben konnte. Die Vorstellung, die idee liberali von den Kanzeln der katholischen Kirche verkünden zu lassen und damit den Wirkungszusammenhang von katholischer Glaubenslehre und fortschrittlichen Prinzipien zu unterstreichen, beruhte auf der Stilisierung der Wertbegriffe idee liberali, Patria und Costituzione zu „natürlichen“ Prinzipien, deren Umsetzung dem Volk nicht länger verwehrt werden dürften. Die idee liberali fungierten dabei als Synonym des politisch-gesellschaftlichen Allgemeinwohls, an dessen Konkretion die Kirche beteiligt sein sollte. In einem Artikel zur Geschichte der Geheimgesellschaften unterstrich der L’Amico della Costituzione sowohl den Bedeutungszusammenhang als auch den Unterschied zwischen liberali und giacobini. Für den Autor stellten die giacobini die „massoneria . . . convertita all’illuminismo“ dar. Der Bedeutungsunterschied gegenüber den vernünftigen liberali ergab sich aus der Distanzierung gegenüber dem tradierten Ideal des antik-republikanischen patriottismo: Die giacobini seien „cioè di quei vecchi, e sensati liberali, che rinunciando all’antico patriottismo.“ Die Französische Revolution brachte demnach nicht allein zum ersten Mal ein differenziertes Spektrum politischer Gruppierungen, „liberali, costituzionali, repubblicani, monarchisti, e Giacobini“, hervor, sondern dokumentierte im Wechselspiel von politisch-konstitutionellen Experimenten zugleich den allgemeinen Fortschritt der Freiheitsidee. Es ist signifikant für die Position des konstitutionell-gemäßigten L’Amico della Costituzione, daß man das persönliche Gottesgnadentum des absoluten Herrschers in der Umsetzung durch die französische Verfassung von 1791, die über die spanische Konstitution von 1812 auch für die eigene Gegenwart das Vorbild abgab, durch die antik bestimmte liberalità ersetzt sah: Ma la vertigine prestigiosa dell’uomo Re disparve, perchè dovea per forza sparire, e la nuda, ed antica liberalità le successe. Al suo ricomparire, la forma de’veri governi, de’governi che oggi fanno la delizia, o la invidia degli uomini, comparve dopo la caduta del potere arbitrario, come il bel sole di primavera dopo la oscurità, e la tempesta. La Costituzione Francese fu la foriera di quella di Cadice.

Im Kampf um die politische Ordnung Frankreichs, die für die eigene Gegenwart den historischen Bezugspunkt von Erfahrungen abgab, sah der Autor trotz aller Rückschläge durch das Terrorregime von 1793 am Ende doch den spirito liberale als Sieger. Den Übergang von der terreur zur Direktorialverfassung interpretierte er als Sieg der veri liberali. So unvollkommen diese neue Ordnung im Rückblick auch erschien, so dokumentierte sie doch für den Autor den unübersehbaren Fortschritt der politischen Freiheitsidee auf der Grundlage relativer Stabilität: 266

Primo mezzo per istabilire lo spirito pubblico. Politica Religiosa, in: ebd.

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In tal modo la resistenza indomabile de’ veri liberali delle società secrete di Francia, trionfò sulle traditrici trame degli adepti Illuminati, e spinse il carro della rivoluzione sulla via, che quantunque malagevole e disastrosa, potea nondimeno condurlo a migliori destini. Così nel 95 lo spirito liberale fè cangiar faccia al governo dei Francesi.

Die verschiedenen politisch-konstitutionellen Experimente, die Frankreich bis zur Herrschaft Napoleons durchlaufen hatte, erschienen in dieser Perspektive als weitere Entwicklungsstufen des spirito liberale, der damit auch die revolutionären Entartungen rechtfertigte, soweit sie den universellen Fortschritt letztlich nicht behinderten. Dahinter stand die Vorstellung von der unaufhaltsamen, vermeintlich naturgesetzlichen Genese politischer Freiheit. Sie ermöglichte es um 1820, die eigene Gegenwart als Zielpunkt einer universalhistorischen Entwicklung zu bestimmen. Dabei schien der spirito liberale alle historischen Zäsuren zu überspannen. Auch der erneute Regimewechsel, der über die Konsulatsverfassung in die bonapartistische Militärdespotie und schließlich in Napoleons Kaisertum mündete, führte trotz der ursprünglich vom spirito liberale motivierten Wendung gegen das Direktorium zu neuer Unfreiheit: Dunque il dispotismo consolare gravitava sulla Francia: e lo spirito liberale che la muoveva, cadde nell’assurdo di un dispotismo consolare protetto da una rivoluzione, tanto più terribile di un dispotismo Reale, frenato da 13 secoli di monarchia in modo che lo spirito del secolo non dovea in lui tutto distruggere per edificare di nuovo.267

Nach den Erfahrungen der gemäßigten und der radikalen Revolution schien sich die französische Gesellschaft nach jener politischen und gesellschaftlichen Stabilität zu sehnen, die Napoleon anfänglich versprochen hatte. Das berührte auch die Frage nach der generellen Entwicklungsrichtung des spirito liberale: Lo spirito liberale adunque delle società di quell’epoca, o era miseramente aberrato da suo scopo, o pure è da credersi, che gli spiriti stanchi alfine di tanti guai, e di tante vicende, chiedessero un posto qualunque nella forma di governo, che lor si proponesse la prima. Però sempre mirabile, e maraviglioso pe’ posteri sarà lo stabilimento di un Imperatore, e di una nuova dinastia.

Die mit der Französischen Revolution aufgeworfene Alternative bildete für den Autor des L’Amico della Costituzione auch das Leitmotiv für die Gegenwart. Zwischen republikanischem und monarchischem Prinzip erkannte er allein im Re Costituzionale den adäquaten Ausdruck des spirito liberale: „Fra il trono, e la repubblica una ed indivisibile eravi un abisso, e questo poteva superarsi col sostegno solo di una temperata Monarchia, o sia con un Re Costituzionale“.268 Unter dieser Prämisse erschien die Charte Constitutionnelle von 1814 als Erfüllung aller mit dem spirito liberale verknüpften Erwartungen und als Ausdruck der nach den vielfältigen Umbrüchen seit 1789 erreichten Stabilisierung durch die konstitutionelle Monarchie. Der französische Bedeutungszusammenhang bestimmte zugleich den Erwartungshorizont der italienischen 267 268

Seguono i pensieri sulle società segrete, in: ebd., Nr. 68, 3. Oktober 1820, S. 4. Ebd.

224

III. Politische Präfigurierung und semantische Fermentierung bis 1820

Leser: „Dopo tante peripezie politiche, essi colsero alfine il vero punto del riposo delle nazioni, la forma costituzionale della Monarchia, sola garante della più durevole pace de’popoli inciviliti. Lo scopo dunque delle società liberali in Francia è finalmente compiuto“.269 Der Blick auf Frankreich bestimmte um 1820 maßgeblich die Verwendung des politischen Adjektivs liberale. Die Reflexion über die politisch-konstitutionellen Umbrüche seit 1789, in deren Verlauf sich schließlich die universalhistorische Wirkungsmacht des spirito liberale durchzusetzen schien, gründete auf dem eigenen Erwartungshorizont. Indem die allmähliche Ausbreitung und Durchsetzung des spirito liberale eben nicht allein auf Frankreich begrenzt blieb, ließ sich die Konkretion der an das Fortschrittsattribut liberale geknüpften Hoffnungen auch für Italien geltend machen. Die realpolitische Interpretation des spirito liberale folgte dabei dem Ideal der konstitutionell eingebundenen Monarchie nach dem Vorbild der französischen Charte. Allerdings übersahen die italienischen Autoren auch nicht die in Frankreich auftretenden grundlegenden Interessengegensätze der nach der Niederlage Napoleons entstandenen ideologischen Lager. Sowohl in den Anhängern Napoleons, den Bonapartisti, als auch in den adligen und bürgerlichen realisti mit ihren ausgeprägten wirtschaftlichen Eigeninteressen erkannte der L’Amico della Costituzione eine Gefährdung des 1815 erreichten Zustandes. Für die Beobachter des „teatro politico di Europa“ hatte die Formierung der anti-liberali in Frankreich wesentliche Bedeutung, denn so sehr die Carta Costituzionale als Vorbild wirkte, so sehr verstärkte sich in der Beobachtung Frankreichs auch das Bewußtsein für die Labilität der postrevolutionären Ordnung: Adunque per gli anti-liberali soldati Bonapartisti, il nome di questo esule loro capo non è che spauracchio: qualunque altro ambizioso, che gli menasse alle conquiste, ed al campo, sarebbe il loro Bonaparte, e il lor Nume: per gli anti-liberali Realisti le voci ‚a basso la Carta‘ suonano ‚sorga una rivoluzione qualunque‘; poco importa loro la causa de’Borboni costituiti, o assoluti. Il loro idolo è il proprio interesse, il loro corpo la rivoluzione, una fortuna la loro speranza. Così questi impuri elementi, circolando neramente per le vene di quell’immenso corpo politico, gli vietano quella felice, e robusta florescenza, che la sua colossale grandezza dovea dimostrare sul teatro politico di Europa, sanando le piaghe della sua Carta Costituzionale.270

Diese Anschauung ging über eine bloße Beobachtung hinaus: In der Adaption und Integration der neuen politischen Begriffe aus Frankreich dokumentierte sich auch das Bewußtsein der Zeitgenossen, wie Ereignisse und Entwicklungen in Frankreich eine gesamteuropäische Wirkung entfalteten. So wenig sich politisch-semantische Diskurselemente nationalsprachlich begrenzen ließen, so sehr konnten national bestimmte Erfahrungsräume im politischen Diskurs transzendiert werden.

269 270

Seguono i pensieri sulle società segrete, in: ebd., Nr. 72, 7. Oktober 1820, S. 4. Varietà, in: ebd., Nr. 73, 9. Oktober 1820, S. 3.

4. England

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4. England a) Constitution und Liberty als Traditions- und Identifikationsbegriffe: Semantische Persistenz und Kontinuität von Whig im 19. Jahrhundert Der semantische Zusammenhang zwischen whig und liberal/liberalism wurde für den englischen Politikdiskurs im frühen 19. Jahrhundert besonders virulent. Dies macht eine Analyse der Bedeutungselemente von whig in dieser Phase unumgänglich, denn politische Parteibegriffe bildeten nur für England einen seit dem Ende des 17. Jahrhunderts fest etablierten Kanon. Die politischkonstitutionellen Fundamentalgegensätze der englischen Geschichte des 17. Jahrhunderts wurden in whig und tory antagonistisch fokussiert, und solange diese Bezeichnungen die politische Distinktion sicherstellten, konnten sich andere Parteibezeichnungen nicht entwickeln. Insofern reichte die historische Semantik von whig bis weit ins 19. Jahrhundert und gehört mithin untrennbar zur Genese des modernen Wortfeldes liberal/liberalism hinzu. Die Spezifik des englischen Politikdiskurses lag nicht allein in der Ausrichtung von whig und tory auf das Parlament als nationales Forum der politischen Auseinandersetzung – erst das Attribut radical stand am Ende des 18. Jahrhunderts für einen auch außerparlamentarisch verankerten Reformdiskurs – sondern darüber hinaus im früh etablierten Mechanismus bipolarer Etiketten, die ihre historisch-semantischen Ursprünge immer weitertransportieren konnten. Über alle Versuche einer Stilisierung des parteienenthobenen commonwealth durch Universalisierung des whig-Begriffes im 18. Jahrhundert hinaus stellte der Antagonismus whig vs. tory einen jederzeit revitalisierbaren Rahmen für die Formulierung ideologischer Gegensätze dar. Abgrenzung und Identifikation politischer Handlungsgruppen vollzogen sich spätestens seit den 1760er und 1770er Jahren erneut über distinkte Parteibegriffe. Mit jeder Veränderung des Verhältnisses zwischen historischer Erfahrung und politischer Erwartung ging dabei eine semantische Neubestimmung der Etiketten einher. Aristokratischer Charakter und parlamentarische Oppositionsrolle bildeten seit der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts die entscheidenden Kontinuitätselemente für das Selbstverständnis der Whigs.271 Selbst als die politische Öffentlichkeit längst von zentraler Bedeutung geworden war, wies Henry Brougham 1818 auf „the wholesome and natural influence of the aristocracy in a political party“ als Kennzeichen der Whigs hin.272 Die Oppositionsrolle, die mit einer Revitalisierung der überkommenen Topoi von constitution und liberty als Konstanten im Bedeutungsspektrum von whig und einer Reideologisierung 271

272

Vgl. ANDREAS WIRSCHING, Popularität als Raison d’être: Identitätskrise und Parteiideologie der Whigs in England im frühen 19. Jahrhundert, in: Francia 17/3 (1990), S. 1–14, hier S. 2 ff., aus dem auch Belege herangezogen wurden; vgl. ferner LEONHARD, Guelphs, passim.. [HENRY BROUGHAM], State of Parties, in: EDINBURGH REVIEW 30 (1818), S. 181–206, hier S. 192.

226

III. Politische Präfigurierung und semantische Fermentierung bis 1820

von tory als Ausdruck einer potentiell tyrannischen Krongewalt einherging, konfrontierte die Whigs zugleich mit der Notwendigkeit, das eigene Verhältnis zu politischer Öffentlichkeit und populärer Politik neu zu definieren, und zwar nicht mehr nur in den Bahnen der national-konstitutionellen Deutungsmuster des 17. Jahrhunderts, so sehr sich die Prinzipien von 1688 auch weiterhin als Rahmen für programmatische Erneuerungen eignen mochten. Als führender Vertreter der Rockingham Whigs erkannte Edmund Burke in der Verdrängung der tradierten Whig-Patronage durch die Regierung Georgs III. und in den Anstrengungen der neuen court party einen Angriff auf die überkommene Verfassungsbalance. Im Rekurs auf das Selbstbewußtsein der Whigs als historisch legitimierte Garanten der ancient constitution und Treuhänder der Rechte und Freiheiten der nation forderte er ihre organisatorische Zusammenfassung, um gegenüber dem politischen Gegner ein wirksames Gegengewicht zu bilden: „When bad men combine, the good must associate“.273 Wo sich die Whigs als Bewahrer der Verfassungsbalance in der parlamentarischen Minderheit befanden, wurde die Einbeziehung der außerparlamentarischen Öffentlichkeit als populäre Legitimationsbasis zum vordringlichen Ziel: „If we mean to get redress, we must strengthen the hands within Doors by the accession of the publick opinion“ bemerkte Burke scharfsichtig anläßlich der von Wilkes ausgelösten innenpolitischen Krise.274 Noch 1770 hatte Burke sich mit den Grundlagen eines dauerhaften Einflusses der Whigs auf die Politik beschäftigt und dabei einen Katalog von politischen, sozialen und soziokulturellen Identifikationsfaktoren zusammengestellt, der einerseits den aristokratischen Charakter, aber auch die grundlegende Vorstellung des trust, der verantwortlich-treuhänderische Vertretung der Rechte des Volkes durch die Whigs betonte. Die Eigenbezeichnung whig fungierte dabei als ostentatives Identitätssysmbol nach außen: „long possession of government; vast property, obligations of favour given and received; connections of office; ties of blood, of alliance, of friendship . . ., the name of Whig, dear to the majority of the people; the zeal early begun and steadily continued to the Royal Family“.275 Eine lediglich auf den trust-Begriff reduzierte Bestimmung der Regierung wurde aber mit der wachsenden außerparlamentarischen Öffentlichkeit und der Formierung einer eigenständigen politischen Reformbewegung immer fragwürdiger.276 Auch die erfolgreiche Integration der Philosophic Whigs im Umkreis der Edinburgh Review, die den Whigs seit dem frühen 273 274

275 276

EDMUND BURKE, Thoughts on the Cause of the Present Discontents (1770), in: DERS., Works, Bd. 1, London 1856, S. 372. Brief Burkes an Rockingham vom 22./23. August 1775, in: [EDMUND BURKE] The Correspondence of Edmund Burke, hrsg. von THOMAS W. COPELAND, Cambridge 1958–1978, hier Bd. 3, S. 196; vgl. WIRSCHING, Popularität, S. 4. BURKE, Thoughts, S. 318 f. Vgl. An Exposition of the Circumstances which gave Rise to the Election of Sir Francis Burdett, Bart, for the City of Westminster, London 1807, zitiert nach WIRSCHING, Popularität, S. 6.

4. England

227

19. Jahrhundert ein enormes Potential an programmatischer Fortschrittlichkeit zukommen ließ,277 konnte an diesem Dilemma zwischen aristokratischer Herkunft und parlamentarischer Verwurzelung einerseits und gleichzeitigem Anspruch auf nationale Meinungsführerschaft sowie Verteidigung der Verfassungsbalance im Kontext einer konkurrierenden außerparlamentarischen Reformbewegung andererseits nichts ändern. Von den bekannten Vertretern des radicalism außerhalb des Parlaments wie Francis Place, William Cobbett oder Henry Hunt ging eine Welle polemischer Kritik aus, die in whig nachgerade das Synonym für Unehrlichkeit und Korruption der herrschenden politischsozialen Ordnung sahen und damit die dem Begriff bisher eigene, gewissermaßen monopolisierte Tradition der positiv konnotierten Topoi von 1688 und deren soziale Überzeugungskraft in Frage stellten.278 Die derart defensive Position der Whigs wurde noch durch die Tatsache erschwert, daß die radical platform dem um constitution und liberty fixierten whig-Diskurs einen eigenen radical-Diskurs entgegensetzte.279 Unter den Bedingungen des durch die langjährigen Revolutionskriege gegen Frankreich erzwungenen innenpolitischen Burgfriedens waren die Whigs zudem mit der drohenden Verwischung der Unterschiede zwischen whig und tory konfrontiert. Insbesondere das allgemeine Bekenntnis zur protestant succession des Hauses Hannover ließ die Konfliktlinien, die noch am Ende des 277 278

279

Vgl. BIANCAMARIA FONTANA, Rethinking the Politics of Commercial Society. The Edinburgh Review 1802–1832, Cambridge 1985, S. 112 ff. Vgl. GÜNTHER LOTTES, Politische Aufklärung und plebejisches Publikum. Zur Theorie und Praxis des englischen Radikalismus im späten 18. Jahrhundert, München 1979, passim; WIRSCHING, Popularität, S. 6; SIMON MACCOBY, English Radicalism 1786–1832. From Paine to Cobbett, London 1955, S. 355; EDWARD P. THOMPSON, The Making of the English Working Class, 2. Aufl. Harmondsworth 1980, S. 507 ff. sowie JOHN C. BELCHEM, ‚Orator‘ Hunt. Henry Hunt and English Working-class Radicalism, Oxford 1985, S. 25; vgl. ferner [JOSEPH PEARSON] Pearson’s Political Dictionary; containing Remarks, Definitions, Explanations, and Customs, Political, and Parliamentary; but more particularly appertaining to the House of Commons, alphabetically arranged, London 1792, S. 44 f.: „Reform. – I’m told there are two kinds of Reformers. One set who will be content with restoring us triennial Parliaments, as was the case until the Duke of Devonshire, and the Old Whigs voted and made them septennial in the year fifteen! . . . There is another set of Reformers, who not only insist on triennial Parliaments being restored to us, but an equal representation of the people, by abolishing Peers, Commoners, Admiralty, and Treasury boroughs, which they call rotten ones; and giving those rights to the populous towns of Manchester, &c. who have no representatives at all.“ Vgl. als Beipiel für die polemische Kritik A New Whig-Catechism, To be learned by Heart before the 13th of the present January: When a Confirmation Will be held, In St. James’s Place, By the Patriarch of Whiggism, Who will examine such as may present themselves to be initiated into the Mysteries of the Coalition, London 1784, S. 1 f.; vgl. JOHN BELCHEM, Radical Language and Ideology in Early Nineteenth-Century England: The Challenge of the Platform, in: Albion 20 (1988), S. 247–59 sowie JAMES J. EPSTEIN, Radical Expression. Political Language, Ritual, and Symbol in England, 1790–1850, New York 1994.

228

III. Politische Präfigurierung und semantische Fermentierung bis 1820

18. Jahrhunderts zu einer Revitalisierung der ideologischen Antonymie whig/ tory geführt hatten, erneut zurücktreten. John Wilson Croker sprach den Parteinamen jede differenzierende Wirkung ab, wenn er behauptete „that Whigs in Power soon assimilate themselves to Tories, and that Tories in opposition would soon become Whigs“.280 1811 reduzierte ein regierungsfreundlicher Beobachter ganz im Sinne der von Lewis Namier postulierten Nichtexistenz von politischen Parteien die politischen Unterschiede lediglich auf funktionale Mechanismen auswechselbarer politischer Akteure, was die Etiketten whig/tory scheinbar überflüssig machte.281 Die spezifische Ambivalenz des whig-Begriffes resultierte aus einer neuartigen Spannung zwischen historischer Erfahrung sowie etablierten nationalen Stilisierungselementen einerseits und veränderten Erwartungen der außerhalb des Parlaments sich dynamisch formierenden Öffentlichkeit andererseits. Diese entzog sich zunehmend der Kanalisierung in den Bahnen einer bloß treuhänderischen Wahrnehmung ihrer liberties durch die aristokratische Elite der Whigs. Im Spannungsfeld zwischen aristocratic und popular interest kam der semantischen Neuverortung von whig eine fundamentale Bedeutung zu.282 Das überkommene Verständnis von whig, dem durch radical eine Konkurrenz erwachsen war, bedurfte einer Akzentuierung gegenüber der Regierung durch stärkere Berücksichtigung der außerparlamentarischen Erwartungen. Die Analyse der Entwicklung bis in die 1820er Jahre zeigt, daß es der Rekurs auf den stilisierten whig-Begriff als Synonym für die historisch legitimierten Garanten von constitution und liberty war, der die Bestimmungen für die ideologische Absetzung gegenüber tory und das positive Bekenntnis zu einer populären Politik lieferte. Dies beruhte auf einem identifikatorischen Bekenntnis zur ungebrochenen Kontinuität des Good old Cause, für die das 17. Jahrhundert als retrospektive Projektionsfläche diente. Bereits vor dem Hintergrund der durch die Exclusion Crisis von 1679/81 ausgelösten Konflikte zwischen whig und tory hatte Algernon Sydney 1683 liberty als „old cause“ bezeichnet.283 Die Whigs nahmen dieses Erbe der Freiheitskämpfe des 17. Jahrhunderts nun wiederum im Sinne eines legitimierenden historischen Arguments für sich in Anspruch und stilisierten sich als Begründer und Garanten der Glorious Revolution 1688/89 und der protestantischen Sukzession des Hauses Hanno280

281

282 283

[JOHN WILSON CROKER] The Croker Papers. The Diaries and Correspondence of the Late Right Honourable John Wilson Croker, hrsg. von C. J. JENNINGS, Bd. 1, London 1884, S. 401. Vgl. LEWIS B. NAMIER, The Structure of Politics at the Accession of George III (1929), 2. Aufl. London 1963; DERS., England in the Age of the American Revolution, London 1930; DERS., Monarchy and the Party System (1952), in: DERS., Personalities and Powers, London 1953, S. 13–38; WIRSCHING, Popularität, S. 8 sowie JOHN RANBY, An Inquiry into the Supposed Increase of the Influence of the Crown, the Present State of that Influence, and the Expediency of a Parliamentary Reform, London 1811, S. 38. Vgl. [JAMES MILL], Periodical literature: Edinburgh Review, in: WESTMINSTER REVIEW 1 (1824), S. 206–49, hier S. 218; vgl. WIRSCHING, Popularität, S. 7. Vgl. KRIEGEL, S. 255.

4. England

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ver. Der historische Grundkonflikt zwischen der Krone und den liberties of the people und der damit verbundene Anspruch des Parlaments auf Unabhängigkeit ließ sich durch Rückgriff auf das Identifikationsattribut whig anhand der nationalpolitisch verpflichtenden Topoi constitution und liberty immer wieder aktualisieren. Voraussetzung dieser eben nur scheinbaren semantischen Neubestimmung von whig, die in Wirklichkeit eine Wiederaufnahme und Anpassung der Topoi darstellte, blieb die Herstellung eines übergreifenden Bedeutungszusammenhangs zwischen der historischen Rolle der Whigs im späten 17. und frühen 18. Jahrhundert und der Gegenwart des frühen 19. Jahrhunderts. Daraus resultierte eine semantische Kontinuitätslinie mit enormer Prägekraft. Verstärkt seit dem Ende des 18. Jahrhunderts und im Kontext der stilisierten Märtyrerrolle der Anhänger von Charles James Fox wurden das ostentative Bekenntnis zu liberty und die historische Rolle der Whigs zu immer öfter wiederkehrenden Topoi für die Abgrenzung von whig gegenüber der Tory-Regierung.284 So betonte Charles James Fox ganz im Sinne historischer Identitätsstiftung die Rolle der Whigs bei der Sicherung der „liberties wrested by our ancestors from the Stuarts“.285 Dabei griffen führende Whigs aber gerade nicht auf den revolutionär neuen Freiheitsbegriff der Französischen Revolution zurück, der durch seine mögliche demokratisch-egalitäre Konnotation dem Prinzip der treuhänderischen Regierung für das Volk durch die Whigs fundamental widersprach. Zwischen den Extremen einer tyrannischen Hofpartei und einer populistischen Volksbewegung, die die Vorherrschaft der tradierten Parteien und des Parlaments insgesamt ablehnte, definierte Francis Jeffrey 1810 den Standort der Old Constitutional Whigs zwischen tories und democrats als den beiden „violent and pernicious factions – the courtiers, who are almost for arbitrary power – and the democrats, who are almost for revolution and republicanism.“ Zwischen beiden stünde „[the] most respectable band – the friends of liberty and of order – the Old Constitutional Whigs“.286

284

285 286

Vgl. Encyclopaedia Perthensis; or Universal Dictionary of Knowledge, collected from every source; and intended to supersede the use of all other English books of reference, Bd. 23, Perth [1806], S. 195: „Whigs, . . . the name of a respectable party of the friends of civil and religious liberty in Great Britain, who, after long struggling against the Tories and other supporters of the arbitrary power of the house of Stewart, at last prevailed, and established our present happy constitution in church and state, by the revolution of 1688, and the settlement of the succession in the house of Hanover . . . The Whigs now comprehend the great majority, if not the whole mass of the people of the British empire. Whiggery . . . the political system of the Whigs, or the constitutional freedom of the people of Great Britain, established by the revolution of 1688, under a limited Monarch, and two Houses of Parliament, Lords and Commons.“ Die Encyclopaedia Perthensis, Bd. 23, 2. Aufl. Perth 1816, enthielt den unveränderten Text. CHARLES JAMES FOX, A History of the Early Part of the Reign of James the Second, London 1808, S. 6. Zitiert nach JOSEPH HAMBURGER, The Whig Conscience, in: P. MARCH (Hrsg.), The Conscience of the Victorian State, London 1979, S. 19–38, hier S. 28.

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III. Politische Präfigurierung und semantische Fermentierung bis 1820

Dieses Bestimmungsmuster, in dessen Zentrum vor allem der liberty-Begriff stand, prägte auch die Phase bis in die 1820er Jahre und dokumentiert eindrücklich die Persistenz der tradierten semantischen Elemente auch unter veränderten politischen Bedingungen.287 Ganz besonders deutlich wird die identitätsstiftende Funktion durch das Attribut liberty bei der Charakterisierung führender Whigs. Für Mackintosh etwa hatte Charles James Fox „dedicated his life to the defense of liberty“.288 Lord Grey rettete, so Sydney Smith, „the almost extinguished liberties of England“.289 Über Francis Horner schließlich, der zu den Gründern der Edinburgh Review gehörte, die zum Sprachrohr der reformbereiten Whigs wurde und in der von Mackintosh über Brougham bis zu Macaulay alle führenden Liberalen ihre Essays veröffentlichten, schrieb Mackintosh, daß „few men ever lived who poured into the breasts of youth a more fervid and yet reasonable love of liberty“.290 Zur identifikatorischen Funktion gehörte nicht zuletzt die Stilisierung der Whigs als Vorkämpfer für die Ausbreitung von liberty außerhalb Englands. Die eigene nationale Freiheitstradition wurde dabei als überlegenes Modell interpretiert. Das führende Whig-Organ Morning Chronicle schrieb die allgemeine Durchsetzung politischer Freiheit seit 1815 selbstbewußt der Ausbreitung des englischen Vorbilds zu.291 1829 betonte Lord Grey, daß er stets „a friend, in the words of the old Whig toast, to ‚the cause of liberty all over the world‘“ gewesen sei.292 So sehr kritischen Zeitgenossen in diesen Äußerungen der toposhafte Rekurs auf liberty auffiel – insbesondere Tocqueville verwies auf die bloße politische Rhetorik293 – so fundamental blieb die Funktion dieser Topoi beim Versuch, die nationale Meinungsführerschaft im politischen Diskurs zu erlangen. In der dynamisch sich entwickelnden Reformdebatte nach 1815 beriefen sich die reformbereiten Whigs auf diese Tradition und legitimierten mit ihrer „hereditary love of freedom“ das eigene politische Handeln.294 Mit der Berufung auf das historische Erbe sollte whig als Synonym für historische Freiheitstraditionen auch den Anspruch auf politische Gestaltung der 287 288 289 290

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294

Vgl. Rose’s Observation on Fox’s History, in: QUARTERLY REVIEW 2 (1809), S. 243–55, hier S. 246 ff. Brief Mackintoshs an Lord Holland vom 15. August 1819, zitiert nach KRIEGEL, S. 254. Zitiert nach CHARLES GREY, Some Account of the Life and Opinions of Charles, Second Earl Grey, London 1861, S. 428. [FRANCIS HORNER] Memoirs and Correspondence of Francis Horner, M.P., hrsg. von LEONARD HORNER, Bd. 2, London 1843, S. 429; vgl. BIANCAMARIA FONTANA, Whigs and Liberals: the Edinburgh Review and the „liberal movement“ in nineteenth-century Britain, in: BELLAMY (Hrsg.), S. 42–57. Vgl. MORNING CHRONICLE, 23. August 1820. Grey in einem Brief an Russell vom 13. Dezember 1829, zitiert nach KRIEGEL, S. 255. Vgl. ALEXIS DE TOCQUEVILLE, Voyages en Angleterre et en Irlande de 1835, in: DERS., Œuvres Complètes, Bd. 5: Voyages en Angleterre, Irlande, Suisse et Algérie, hrsg. von J.-P. MAYER, Paris 1958, S. 39 ff. Zitiert nach ELLIS ARCHER WASSON, The Young Whigs: Lord Althorp, Milton and Travistock and the Whig Party 1809–1830, Ph.D. Cambridge University 1975 (MS), S. 32.

4. England

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Gegenwart geltend machen. Ein Spannungszustand mußte sich indes zwischen dem aus aristokratischem Selbstverständnis geprägten liberty-Begriff und der Notwendigkeit einer populären Politik mit Blick auf die außerparlamentarische Öffentlichkeit ergeben. Noch in den Debatten um die Reform Bill von 1832 dominierte das aristokratische Verständnis von liberty, das eine treuhänderische Regierung für das Volk durch die aristokratische Elite versah. Die historische Bedeutungsdimension von liberty schloß eine demokratisch-egalitäre Konnotierung für beide aristokratische Parteien aus und offenbarte die Relevanz historischer Bedeutungselemente für die politischen Auseinandersetzungen von 1832: Die Berufung auf liberty diente Whigs wie Tories als historische Legitimierung der eigenen Position, wobei der aristokratische Topos von liberty auch zur Begründung entgegengesetzter Ziele herangezogen wurde. Anhänger der Whig-Regierung erinnerten zögernde Peers daran, daß gerade „the nobility of England in former times have led their countrymen in the battles of liberty“.295 Dagegen hob der ultra-konservative Duke of Newcastle hervor, daß die Reform Bill das House of Lords so sehr schwächen würde, daß „its members would be so unlike the former Barons – the renowned ancestors and illustrious founders of their country’s liberty“.296 Im Kontext der nach dem Ende der Napoleonischen Kriege aufbrechenden innenpolitischen Spannungen kam der populären Ausrichtung von whig eine richtungweisende Bedeutung zu. Mit dem programmatischen Wiederanknüpfen an die scheinbar historisch begründete Verbindung zwischen dem Volk und den Whigs, die aber keinesfalls im Sinne einer demokratischen Regierung durch das Volk, sondern als trust, als verantwortliche Regierung für das Volk durch die dafür prädestinierten Whigs begriffen wurde, sollte diese Popularität der Whigs programmatisch unterstrichen werden. Henry Brougham definierte „Whiggism“ entsprechend als „the re-establishment of the ancient intercourse between the Whigs and the people“.297 In einem Nachruf auf den Duke of Devonshire wurde der Whig character im gleichen Sinne definiert: With all due respect for the Crown, he felt that the foundation of the Whig character is laid in a love for the liberties of the People. To support the Crown in its lawful authority, he considered at all times to be proper and decorous, but he felt that his more immediate duty was to defend the People, and the popular part of the Constitution.298

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298

Debatte vom 4. Juli 1831, in: [T. C. HANSARD] The Parliamentary Debates from the Year 1803 to the Present Time, published under the superintendence of T. C. HANSARD, Serie III (1830–1834), Bd. 4, Sp. 689. DUKE OF NEWCASTLE, An Address to All Classes of Englishmen (1832), in: DERS., Thoughts in Times Past, London 1837, S. 134. Zitiert nach ROLAND THORNE (Hrsg.), The House of Commons 1790–1820, Bd. 1, London 1986, S. 347 und WIRSCHING, Popularität, S. 9; vgl. LESLIE G. MITCHELL, Holland House, London 1980, S. 63 ff. R. ADAIR, Sketch of the Character of the Late Duke of Devonshire (1811), zitiert nach A. D. HARVEY, Britain in the Early Nineteenth Century, London 1978, S. 118 und WIRSCHING, Popularität, S. 9, Anmerkung 40.

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III. Politische Präfigurierung und semantische Fermentierung bis 1820

Auch für die Abgrenzung gegenüber tory lieferte der verklärte Whig-Mythos die semantische Projektionsfläche. So hob James Mackintosh 1815 hervor: „The precise difference between a moderate Tory and a moderate Whig, is, we conceive, this – That a Tory is more influenced by loyalty, and a Whig by the love of liberty – that a Tory considers liberty as the second interest of society, while a Whig regards it as the first.“ Dieses Bestimmungsmuster wurde vom politischen Gegner aufgenommen; ein Abgeordneter der Tories verwies 1819 auf die zwischen den Instanzen von crown und people verortete ideologische Konfliktlinie: „The Whig apprehended the more immediate danger from the undue influence of the Crown, whereas the Tory conceived that it was likely to arise from the encroaching and overbearing licence of the people“.299 Noch deutlicher nahm Henry Brougham 1824 die tradierten Topoi auf, um die Position der Whigs zu verdeutlichen. Dabei spiegelte sich die Verhärtung der innenpolitischen Konfliktlinien vor allem im programmatischen Fundamentalismus, mit dem er den high Toryism nunmehr nicht allein im Hinblick auf die innerenglische Diskussion disqualifizierte. Für Brougham stand fest, daß „[the] principles of high Toryism are working in favour of . . . the conspiracy . . . against the liberties of mankind“, als deren natürliche Verteidiger die Whigs erschienen. Den Tories warf er nicht allein „slavish principles“ vor, sondern rekurrierte auf den Topos von der Zerstörung der 1688 geschaffenenen Verfassungsbalance, wenn er ihnen das Ziel unterstellte „to destroy the fundamental principles of the English Constitution.“ Diese Abgrenzung erlaubte es den Whigs, sich als durch das historische Erbe prädestinierte Verfassungshüter zu empfehlen und sich zugleich der Idee von moderate reforms zu öffnen, da die Tories als „High Church party . . . always the most bitter enemies of liberty, and indeed of all improvement“ seien.300 b) Indirekte Rezeption und kontinentales Revolutionsstigma: Die externe Adaption von liberal im englischen Politikdiskurs bis 1819/20 Für die historische Semantik von liberal und liberalism im englischen Politikdiskurs ergab sich vor diesem Hintergrund eine besondere Ausgangssituation: Einerseits boten die überkommenen Parteinamen whig und tory auch unter den seit dem Ende des 18. Jahrhunderts veränderten politischen Bedingungen einen Rahmen für die Integration neuer Bedeutungsrichtungen, und sei es in Form der polemischen Kritik an beiden Begriffen.301 Neue ideologische In-

299

300 301

[JAMES MACKINTOSH] Godwin’s Lives of Milton’s Nephews, in: EDINBURGH REVIEW 25 (1815), S. 485–501, hier S. 500 sowie Hart Davis am 22. Dezember 1819, in: HANSARD, Serie I, Bd. 39, Sp. 594, zitiert nach WIRSCHING, Popularität, S. 2. [HENRY BROUGHAM] High Tory Principles, in: EDINBURGH REVIEW 41 (1824), S. 1–30, hier S. 30, 24 und 1 f. Vgl. WILLIAM HAZLITT, Political Essays, with Sketches of Public Characters, London 1819, S. XXVI zu tory und S. XXX zu whig sowie Advice to the Whigs; with Hints to

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halte trafen in England auf einen tradierten Politikdiskurs und ein eigenes politisches Vokabular. Andererseits wiesen sowohl das Adjektiv liberal als auch der soziokulturelle Begriff liberality bereits eine charakteristische semantische Struktur auf, sei es als sozialspezifisches Attribut des gentleman, als christlichanglikanischer Wertbegriff oder als Etikett einer am common good orientierten utilitaristischen Fortschrittsidee. Gerade die letztgenannte Konnotation blieb offen für die Impulse der seit dem letzten Drittel des 18. Jahrhunderts intensivierten Diskussion um eine Parlamentsreform. Die in England stark ausgeprägten vorpolitischen Aspekte des Wortfeldes, zumal seine religiösen Bedeutungselemente, gingen auch in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrunderts nicht völlig verloren.302 Auch wenn kein direkter Export der französischen idées libérales nach England wie in den von der napoleonischen Herrschaft und ihrer sprachlichen Umsetzung betroffenen kontinentaleuropäischen Ländern stattfand, bildete die ideologische Auseinandersetzung mit der Französischen Revolution und ihren Folgen langfristig den Auftakt für eine Transformation des ideologischen Vokabulars in England. Insofern wirkten die idées libérales auf dem Wege der indirekten Rezeption auch hier, wobei der kontinentaleuropäische Bedeutungszusammenhang lange entscheidend blieb. So sprach H. M. Williams 1801 im Hinblick auf die revolutionäre Republik in Frankreich von der „extinction of every vestige of freedom, and of every liberal idea with which they are associated“.303 Wo zu Beginn des 19. Jahrhunderts von einer „mean, illiberal party“ die Rede war, ging es aber keinesfalls bereits um politische Handlungsgruppen. Hier blieb die vorpolitische Konnotation von liberal genauso bestimmend wie in der zeitgenössischen Parallelisierung von liberal, enlightened und patriotic.304

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the Democrats; and cautions to the Edinburgh Reviewers. By an Englishman, London 1810, S. 6 f. Vgl. WALTER BIRCH, Christianity liberal, according to the full import of the term: a sermon, 2. Aufl. Oxford 1816; GEORGE PRESTON, The Principles of modern Liberality and Fanaticism inconsistent with the Simplicity of Gospel-Truth. A Sermon, preached in the Church of St. Peter, Colchester, at the Visitation of the Rev. Joseph Jefferson, Archdeacon of Colchester, on Tuesday, May 18, 1819, Colchester 1819 sowie GEORGE BUGG, Hard Measure; or, Cruel Laws in Liberal Times: Illustrated in an authentic narrative of the sufferings endured and the pecuniary loss sustained . . . in three dismissals from his curacies, under the influence of the „Curates Act“; without a fault alleged, London 1820, S. 45. H. M. WILLIAMS, Sketches of the French Republic, Bd. 1, London 1801, S. 113. ROBERT DAVISON, Ten Letters, principally upon the subject of the contested election at Nottingham, Nottingham 1808, S. 10; vgl. THOMAS ASHE, The Liberal Critic; or, Memoirs of Henry Percy. Conveying a correct estimate of the manners and principles of the Present Times, Bd. 3, London 1812, S. 318 und 331 f.; vgl. in stärker politisierter Konnotation [HENRY BROUGHAM] State of Parties, in: EDINBURGH REVIEW 30 (1818), S. 197: „It is certain, that at no period of the English History was there ever embodied so formidable an association on behalf of the principles of civil and religious liberty,

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III. Politische Präfigurierung und semantische Fermentierung bis 1820

Für England wurde bis in die 1820er Jahre die negative Rezeption des kontinentaleuropäisch bestimmten Adjektivs kennzeichnend.305 Vor dem Hintergrund der tradierten Etiketten bedurfte es zunächst keiner Integration zusätzlicher politischer Begriffe zur Artikulation neuartiger Erfahrungen. Für die historisch-semantische Entwicklung in England stellt sich damit die Frage, unter welchen Bedingungen und wann die überkommenen vormodernen Parteibezeichnungen whig und tory nicht mehr für die sich verändernden Inhalte und Formen des politischen Diskurses ausreichten und den Gebrauch neuer Attribute notwendig machten. Zunächst schirmten whig und tory das politische Vokabular Englands für vergleichsweise lange Zeit, nämlich bis zu Beginn der 1820er Jahre, gegenüber dem neuen politischen Adjektiv liberal ab. Auf die englische Innenpolitik wurde es erst spät angewandt, und englische Autoren hoben die fremdländische, unenglische Grundierung von liberal hervor. Dies unterstrich, daß die mit liberal verbundenen Bedeutungszusammenhänge nicht ohne weiteres auf England angewandt werden konnten, sondern zunächst in der Tradition der kontinentaleuropäischen Revolutionserfahrung standen. Mit der Semantik von liberal education oder liberality war dies nicht in Verbindung zu bringen, und eine Politisierung dieser vormodernen Begriffe blieb im Gegensatz zu den anderen Vergleichsfällen aus. In tradierten Ausdrücken wie „liberal opinions“, „liberal endeavours“ und „liberality of sentiment“ und neuen wie „liberal Administration“ und „liberal Government“ wurde in der Publizistik bis 1820 zumindest ein allgemein politischer Kontext faßbar.306 Englische Autoren rekurrierten spätestens nach 1810/12 nicht allein auf den französischen Bedeutungsursprung von liberal in den idées libérales, sondern insbesondere auf den spanischen Kontext, in dem liberal zum ersten Mal als Bezeichnung einer konkreten politischen Gruppierung eingesetzt wurde. Vor dem Hintergrund des 1808 ausgebrochenen Aufstandes gegen die französische Fremdherrschaft verabschiedeten die in Cádiz zusammengetretenen Stände, die Cortes, eine nationale Verfassung, die eine konstitutionelle Monarchie vorsah. Die legislative Gewalt lag danach allein bei den Cortes. Die Inquisition sollte als unzeitgemäßes Instrument despotisch-klerikaler Willkür abgeschafft, der Kirchenbesitz eingezogen werden. In den Cortes von Cádiz wählten die Anhänger der Verfassung, die eine der frühesten freiheitlichen Konstitutionen Europas darstellte, den Begriff liberales als programmatische Selbstbezeich-

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and, in general, of liberal, enlightened and patriotic policy, as the great body of the Whigs now are.“ Vgl. BRIGGS, S. 218. FRANCIS JEFFREY, United States of America, in: EDINBURGH REVIEW (Mai 1820), zitiert nach FRANCIS JEFFREY, Contributions to the Edinburgh Review. Complete in one volume, London 1853, S. 799–820, hier S. 803; On the causes of the present discontents, with strictures on the politics of the last number of the Edinburgh Review, Edinburgh 1820, S. 7, vgl. ebd. S. 30 sowie [NESTOR OLDCASTLE] The fourth of a series of letters from Nestor Oldcastle . . . in town to his Cousin Jonathan in the country, on public men and political questions, London 1812, S. 6, 16 f., 31 und 35.

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nung. Die politische Freiheitsidee wurde in der Gruppenbezeichnung liberales explizit und noch vor der französischen Charte von 1814 an die Konkretion von Verfassungsstaat und konstitutioneller Monarchie gekoppelt. Darin lag die besondere Bedeutung der spanischen Begriffsverwendung für den gesamteuropäischen Kontext: Neben den postrevolutionären Bedeutungsgehalt der französischen idées libérales trat die Gruppenbezeichnung liberales, und zwar nicht als negativ konnotierte Fremdbezeichnung, sondern als identifikatorische Selbstbezeichnung, die sich auf das Bekenntnis zu Verfassungsstaat und konstitutioneller Monarchie gründete. Die als serviles bezeichneten Mitglieder der spanischen Cortes standen demgegenüber für die absolutistische Ordnung des Ancien régime. Ihre Loyalität gegenüber König Ferdinand VII. wurde als Bekenntnis zur Despotie verstanden, und die Invektive serviles fungierte entsprechend als Synonym für gesellschaftliche Unterdrückung und Unfreiheit. Zum anderen ließen die Weigerung Ferdinands, der 1814 nach Spanien zurückgekehrt war, den Eid auf die Verfassung abzulegen und die Wiederaufnahme eines absolutistischen Kurses liberales zu einem Oppositionsetikett werden. Vor diesem Hintergrund sprach Lord Byron mit Blick auf die Truppenrevolte von Cádiz, mit der die konstitutionellen liberales 1820 in einem zweiten Anlauf bis zur französischen Intervention von 1823 die Verfassung von 1812 durchsetzten, vom „first year of freedom’s second dawn“.307 Der noch in der vorpolitischen Sphäre wurzelnde Gegensatz zwischen liberal und servil bildete nunmehr eine antonymische Folie für die Ausbildung ideologischer Lager. Die Politisierung eines vorpolitischen Begriffspaares und die ostentative Unterscheidung von Selbst- und Fremdbezeichnung stellte für die Ausbildung eines modernen ideologischen Vokabulars eine richtungweisende Innovation dar. Sie markierte den Ausgangspunkt eines komplexen semantischen Rezeptionsprozesses innerhalb Europas, aber auch über diese Grenzen hinausgehend. Von Spanien aus wurde die hier begründete Bedeutungsstruktur nach Südamerika, vor allem in die neuspanische Kolonie Mexiko exportiert. Als in Spanien 1820 erneut eine Revolution konstitutionelle und antiklerikale Kräfte an die Macht brachte und sich in Mexiko eine reaktionär-klerikale Gruppe gegen diese neue Ordnung im spanischen Mutterland zusammenfand, formierte sich in Mexiko eine Freiheits- und Unabhängigkeitsbewegung unter dem kreolischen Offizier de Itúrbide. Gestützt auf militärische Erfolge ließ er sich 1822 zum Kaiser ausrufen, mußte aber bereits 1824 dem republikanischen Druck weichen, als sich Mexiko seine erste republikanisch-bundesstaatliche Verfassung gab. Im Kontext dieses Unabhängigkeits- und Freiheitskampfes gelangten die Etiketten liberales und serviles von Spanien aus nach Mexiko, wo wiederum die Anhänger einer konstitutionellen Monarchie die Selbstbezeichnung liberales annahmen.308 Der Gegensatz von serviles und 307 308

Zitiert nach HALÉVY, History, Bd. 2, S. 81. Vgl. Animo á los Liberales, [Mejico] 1820; Censura de un Liberal, al papel titulado: El Amante de la Constitucion, 1820; El tercer Liberal á los bajos escritores, Mejico 1820;

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III. Politische Präfigurierung und semantische Fermentierung bis 1820

liberales bildete danach eine semantische Kontinuitätslinie, die sich in Südamerika wie auch in der spanischen Politik bis weit in das 19. Jahrhundert nachweisen läßt.309 Englische Politiker, die die kontinentaleuropäischen Freiheits- und nationalen Unabhängigkeitsbewegungen verfolgten, griffen zwar auf das neue Adjektiv zurück, setzten es aber mindestens bis zu Beginn der 1820er Jahre noch nicht zur Konturierung von Positionen der englischen Innenpolitik ein. Der kontinentaleuropäische Bezug dominierte. So nahm Lord Castlereagh in einer Unterhausdebatte von 1816 Bezug auf die spanischen liberales. Seine negative Begriffskonnotation resultierte aus der Ansicht, diese neuartige politische Gruppierung stünde in der Tradition des jakobinischen Terrors der französischen Revolution. Was die liberales in den Cortes auszeichnete und ihre programmatische Selbstbezeichnung begründete, nämlich das antiabsolutistische Bekenntnis zu verfassungsmäßig garantierter politischer Partizipation durch ein gewähltes Vertretungsorgan und damit die Absage an dynastische Legitimität und Gottesgnadentum, erschien Castlereagh als gefährliche Annäherung an das Prinzip unbeschränkter Volkssouveränität. Von einer derartigen Infragestellung monarchischer Prärogative befürchtete der englische Diplomat in erster Linie eine außenpolitische Destabilisierung der kontinentaleuropäischen Verhältnisse, an denen England nach der mühsamen Niederringung Napoleons und der Begründung einer balance of power durch die Neuordnung auf dem Wiener Kongreß kein Interesse hatte. Aus dieser primär außenpolitischen Perspektive resultierte für Castlereagh das Gefahrenpotential der liberales. Obgleich diese erst im Kampf gegen die napoleonische Besatzungsherrschaft in Spanien entstanden waren, erschien diese politische Gruppierung nunmehr als Bedrohung der von England gewünschten politischen Stabilität auf dem europäischen Kontinent: The ‚Liberales‘ though in a military point of view an anti-French party, were politically a French party of the very worst description. They had declared that they would not admit Ferdinand’s right to the throne, unless he put his seal to the principles which they laid down, and among the rest to that of the sovereignty being in the people. The ‚Liberales‘ were a perfectly Jacobinical party, in point of principle.310

Die Relevanz des spanischen Parteinamens für das englische Verständnis von liberal wird auch in einer zeitgenössischen englischen Beschreibung der Entste-

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Liberales, Alerta, México 1821; Á la augusta asamblea constituyente del impero mexicano. Incitativa de un liberal, 1822; Todavia arrastramos las cadenas del despotismo. Liberal y Abatido, México 1822; Consejo á los Liberales, Guadalajara 1834 sowie Los Liberales sostienen la religion verdadera, México 1834. Vgl. El Liberal en contra del servil F. R., Mejico 1820; Comparacion del liberal y el servil, México 1822 sowie Confrontación de los antiguos con los modernos Liberales; de los antiguos con los modernos serviles, sobre la extincion de los frayles, Mallorca 1872. Rede Castlereaghs vom 15. Februar 1816, in: HANSARD, First Series: 1803–1820, Bd. 37, Sp. 602.

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hung neuer politischer Gruppen in Frankreich faßbar. Dabei überwog die spanische Schreibweise und führte zu einer begriffsgeschichtlich einmaligen, paradox anmutenden Überlagerung: Das spanische Etikett wurde aus englischer Perspektive auf den französischen Kontext übertragen. Die französischen liberales erschienen nach dem Ende der napoleonischen Herrschaft als jene Anhänger konstitutioneller Freiheit, die sich trotz bestehender Vorbehalte für die Charte Constitutionnelle und die Bourbonenherrschaft einsetzten: Many of the most enlightened friends of rational liberty, and particularly those who were known in Paris at that time under the denomination of the Liberales, eagerly rallied round the king. Though they disapproved of some parts of the constitution established by Lewis [sic!], and seriously distrusted the spirit in which it was executed, and the maxims prevalent at court; – though they had been treated with undeserved insult by the crowd of emigrants, who filled every apartment of the palace, and prevented the best friends of the monarch from approaching his presence, they now ranged themselves on the side of loyalty and justice.311

Die in der Äußerung Castlereaghs faßbare Distanz führender englischer Politiker gegenüber dem durch kontinentaleuropäische Konflikte geprägten Begriff dominierte bis zu Beginn der 1820er Jahre. Zumeist erschien liberal in der französischen, spanischen oder italienischen Schreibweise, um so auf innenpolitische Konfliktlinien oder politische Gruppierungen der kontinentaleuropäischen, vor allem der südeuropäischen Länder hinzuweisen. So berichtete Francis Jeffrey im März 1817 aus Spanien: „The Liberales are habitually sneered at and the Constitutionalists made a name of mockery“.312 Henry Brougham charakterisierte seinen italienischen „travelling companion“ als „a distinguished Liberale, of a very high birth, who has just refused an archbishopric from principle“.313 Den deutlich antiklerikalen Beigeschmack der kontinentaleuropäischen Selbstbezeichnung dokumentierte auch die Beschreibung eines politischen Vereins im niederrheinischen Kleve am Ende des 18. Jahrhunderts: „There was a scheme for establishing a society of Liberals at Cleves, where .. . they were to employ themselves in the task of destroying Christianity by means of the press“.314 Für das Tory-Organ Quarterly Review stand hinter liberal eine politische Sekte, die eindeutig dem Vorbild der Französischen Revolution verbunden war. Auch wo die englischen Zeitschriften die bereits etablierten französischen Parteibezeichnungen aufnahmen, wenn sie wie die Edinburgh Review 1820 von den englischen Reisenden berichteten, die ihre Zuflucht in Paris nähmen 311

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EDMUND BOYCE, The Second Usurpation of Buonaparte; or a History of the causes, progress and termination of the revolution in France in 1815: Particularly comprising a minute and circumstantial account of the ever-memorable Victory at Waterloo, Bd. 1, London 1816, S. 116; vgl. ferner CONSTANT, Mémoires, S. 64 f. [FRANCIS JEFFREY] Wat Tyler and Mr. Southey, in: EDINBURGH REVIEW 28 (1817), S. 151–74, hier S. 168. [HENRY BROUGHAM] The Life and Times of Henry, Lord Brougham, Bd. 2, London 1871, S. 325. QUARTERLY REVIEW 28 (1823), S. 496.

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III. Politische Präfigurierung und semantische Fermentierung bis 1820

„and occasionally take part with Ultras or with Liberals“,315 blieb die kontinentale Fremdbezeichnung vorherrschend, auch wenn sie wie in diesem Fall bereits auf englische Oppositionelle angewandt wurde. Unübersehbar wirkten diese Kontakte als politisch-semantischer Transportweg, denn englische Politiker griffen, wenn auch in fortwährend negativer Konnotation, immer häufiger auf das neue politische Adjektiv zurück. Um den innenpolitischen Gegner, also vor allem die Kritiker der unausgewogenen parlamentarischen Repräsentation, als unenglische Ableger einer kontinentaleuropäischen Umsturzideologie zu stigmatisieren, griffen vor allem bekannte Tory-Politiker auf liberal zurück. So sprach Robert Southey in der Quarterly Review von 1816 erstmals von „the British Liberales“, und Walter Scott wies noch 1826 abschätzig auf „Canning, Huskisson, and a mitigated party of Libéraux“ hin.316 Es war der konservative Courier, der das Adjektiv im August 1819 in einem Kommentar zum blutigen Ende der Peterloo-Versammlung bei Manchester zur Disqualifizierung der außerparlamentarischen Protestbewegung aufgriff.317 Deren Initiatoren ließen sich durch die Bezeichnung liberals als Aktivisten einer außerhalb der englischen Gesellschaft stehenden sozialrevolutionären Gruppe darstellen. Demgegenüber erschienen die englischen Behörden als Garanten der politischen Stabilität. Dies verwies auf den Zusammenhang zwischen der nach dem Ende der außenpolitischen Daueranspannung 1815 erneut aufbrechenden Diskussion um reform und der pejorativen Konnotation der Gruppenbezeichnung liberals: As we predicted, the liberals are beginning to ring their doleful changes upon the transactions that occured at Manchester on Monday . . . The liberals of course attribute this peaceable and orderly conduct to the lamblike and gentle dispositions of the Reformers themselves . . . We have too high a respect for the noble qualities of British jurisprudence to imitate our Liberals.318

Trotz der sich hier abzeichnenden negativen Integration der englischen Form des Adjektivs in den politischen Diskurs blieb der Verwendungskontext noch häufig der kontinentaleuropäische Raum, insbesondere die nationalen Freiheits- und Unabhängigkeitsbewegungen in Italien, Spanien und Griechenland.319 Die Bedeutung der politisch-semantischen Transferimpulse von außen 315 316

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[LOUIS SIMOND] France, in: EDINBURGH REVIEW 34 (1820), S. 1–39, hier S. 3 (Hervorhebungen im Original). QUARTERLY REVIEW 15 (1816), S. 69 (Hervorhebung im Original) sowie J. G. LOCKHART, Memoirs of the Life of Sir Walter Scott, Bd. 4, Kapitel 11, zitiert nach HALÉVY, History, Bd. 2, S. 82. Vgl. GOTTFRIED NIEDHART, Geschichte Englands im 19. und 20. Jahrhundert, München 1987, S. 59 f. sowie PETER WENDE, Geschichte Englands, Stuttgart 1985, S. 219 und 228. Zitiert nach HALÉVY, History, Bd. 2, S. 82. Vgl. Brief F. Lambs an Lord Castlereagh vom 4. Januar 1820 aus München, in: [ROBERT STEWART CASTLEREAGH] Memoirs and Correspondence of Viscount Castlereagh, Bd. 12, hrsg. von C. VANE, London 1853, S. 169; vgl. ferner ANNUAL REGISTER (1819), S. 171 f., 178, ebd. (1820), S. 221, 239 sowie ebd. (1821), Preface.

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belegt auch die Tatsache, daß die Bezeichnung liberal party für England zunächst aus der Übersetzung des entsprechenden spanischen Ausdrucks erwuchs, den ein englischer Autor dann übernahm. In einem Brief an Lord Castlereagh vom September 1821 referierte E. Ward die herrschende Meinung der spanischen Cortes, wo die fortschrittlichen Oppositionskräfte in England, also die Gegner der Tory-Regierung, mit dem Etikett liberal zusammengefaßt wurden, während der politische Diskurs in England selbst noch weit von einem selbstverständlichen Gebrauch dieser politischen Bezeichnung entfernt war. Die liberal party erschien aus dieser Perspektive als konstitutioneller Gegenpol zu einer Regierung auf der Basis willkürlicher, monarchischer Legitimitätsvorstellungen: „The Cortes“, so Ward, „are . . . a little afraid of England, and of England only. But they think the Liberal party is so strong amongst us that the Ministry, however they may love despotism and legitimacy, cannot act against them“.320 c) Bedeutungskongruenz oder antonymischer Gegenbegriff? Radical und radicalism zwischen plebejischer Tradition und Utilitarismus Es ist für den englischen Frühliberalismus bis zur Jahrhundertmitte kennzeichnend, daß er von den programmatischen Positionen des radicalism wesentlich mitgeprägt wurde.321 In der Forschung wird diese politische Bewegung als Bestandteil des Liberalismus, als „one of the most important manifestations of 19th-century British Liberalism“ gewertet.322 Entsprechend sind auch in der Literatur die Grenzen zwischen den beiden politischen Bewegungsbegriffen liberalism und radicalism häufig fließend, und eine semantische Differenzierung fehlt vor allem für die erste Jahrhunderthälfte. Die gegenüber der WhigPosition weitergehenden Reformkonzeptionen der radicals bestanden vor allem in „manhood suffrage and annual parliaments“.323 Die selbstverständliche Vereinnahmung von radical und radicalism in die Ideentradition des englischen Liberalismus überdeckt dabei die zeitgenössischen semantischen Differenzen, die deutschen Beobachtern der 1820er Jahre durchaus bewußt waren, wenn sie wie Wilhelm Schulz von den englischen „Radicalreformers“ sprachen.324 Nur die Analyse der Semantik von radical und radicalism kann das 320 321 322

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CASTLEREAGH, Bd. 12, S. 438. Vgl. zur Geschichte der zweiten Jahrhunderthälfte MILES TAYLOR, The Decline of British Radicalism, 1847–1860, Oxford 1995, passim. GREGORY CLAEYS, Liberalism as Radicalism. The Problem of Class and the Limits of Collectivism in 19th-Century British Reform Movements, in: ROHE (Hrsg.), S. 67–100, hier S. 67; vgl. ferner J. W. DERRY, The Radical Tradition: From Paine to David Lloyd George, London 1967, passim. HALÉVY, History, Bd. 2, S. 67 f. WILHELM SCHULZ, Almanach für die Geschichte des Zeitgeistes, Bd. 1, Darmstadt 1829, S. 182; vgl. ferner FRIEDRICH ANCILLON, Ueber den Geist der Staatsverfassungen und dessen Einfluß auf die Gesetzgebung, Berlin 1825, S. 139 f.

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III. Politische Präfigurierung und semantische Fermentierung bis 1820

scheinbare Paradoxon erklären, daß Autoren wie Jeremy Bentham oder James und John Stuart Mill, die in der politischen Ideengeschichte als klassische Protagonisten des englischen und europäischen Liberalismus gelten, sich in erster Linie als radicals bezeichneten: „Radicalism played a greater role in England and was more relevant to her politics between 1780 and 1914 than in other European countries. Radicalism was dissent, dissent from those in authority. It felt superior to and challenged the Establishment“.325 Für die Wandlungen der politischen Begriffsgeschichte Englands im 19. Jahrhundert ist es daher unumgänglich, auch die semantische Tradition von radical und radicalism miteinzubeziehen. Als besonderes Kennzeichen des englischen Politikdiskurses ist die Persistenz tradierter oder konkurrierender Etiketten hervorzuheben, ohne die sich die vergleichsweise späte und zunächst zurückhaltende Integration von liberal und liberalism nicht erfassen läßt. Der programmatische Antagonismus von radical cure und moderate reform Auch für die politische Semantik von radical spielte die Phase nach 1815 eine entscheidende Rolle. Die Bedeutungsursprünge des Wortfeldes wiesen weiter zurück, und die politische Richtungsqualität ist nicht von der Entstehung einer außerparlamentarischen Oppositionsbewegung im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts zu trennen. Nach der Erfahrung der Französischen Revolution wurde vor allem das Schlagwort „radical reform“ in der englischen Publizistik kritisch mit der kontinentaleuropäischen Revolution in Verbindung gebracht.326 Im Kontext der sozialen Unruhen von 1818 und 1819 erhielt radical dann eine neue Qualität. In einem Brief an T. Northmore, der wohl auf 1818 zu datieren ist,327 schrieb Major Cartwright, Gründer des Hampden Club, der sich eine umfassende Reform des Parlaments zum Ziel gesetzt hatte: „The crisis, 325 326

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BRAMSTEDT und MELHUISH (Hrsg.), S. 48. Vgl. Faction, London 1809, S. 34: „Rites, such were those, the’ Illuminate performed, / When revolution Europe’s face deformed. / Hither convene her frequent sons; and here, / By day, by night, her votaries repair; / Their object, Ruin! cloaked beneath the form, / The pleasing title, Radical Reform.“ [im folgenden die Anmerkung zu „Radical Reform“, S. 34 f.] „the grand primary movers of sedition in France lived long enough to curse themselves for their folly. Revolution to the extent of its limits was rather further than they meant to push matters; they flattered themselves, as many doubtless nowa-days, that Reform would stop short at its proper point. However, as they found themselves mistaken, so doubtless will the English Reformists.“ Der Brief selbst ist auf den 18. August 1817 datiert. HALÉVY, History, Bd. 2, S. 68, vermutet mit Recht, daß der Brief falsch datiert ist. Für den Kontext im August 1817 ergibt der Inhalt keinen Sinn, da es zu dieser Zeit keine schweren Unruhen gab, auf die sich der Inhalt des Briefes hätte beziehen können. Versteht man die vom Autor des Briefes angesprochene crisis als konkrete politisch-soziale Krisensituation, dann drängt sich als Datierung eher der August 1818 oder, im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Peterloo-Massaker, 1819 auf. Denkbar ist aber auch, daß crisis für Cartwright der adäquate Ausdruck für die allgemeine Zeitstimmung nach 1815 war, die dem Zeitgenossen als längerfristige krisenhafte Instabilität der politischen und sozialen Verhältnisse in England erschien.

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in my judgment, is very favourable for effecting a union with the radicals of the better among the Whigs, and I am meditating on means to promote it“.328 Für Cartwright war radical die Bezeichnung für diejenigen entschiedenen Anhänger einer möglichst weitgehenden parliamentary reform, die darin die einzige Antwort auf die Krise der englischen Innenpolitik nach 1815 sahen. Dies schloß fortschrittliche Mitglieder der Whigs ausdrücklich ein. Auf die Gruppenbezeichnung radicals griff die konservative Times am 16. August 1819 zurück, also im unmittelbaren Kontext der Peterloo-Ereignisse. Hatte die Times mit Blick auf die politischen Forderungen einzelner bisher von reformers oder ultra-reformers gesprochen, rekurrierte sie nun auf den erheblich stärker polarisierenden Begriff radicals.329 Auch in anderen ToryOrganen tauchte radical zur Disqualifizierung scheinbar revolutionärer Forderungen auf. Der Morning Chronicle vom 27. September 1819 zitierte den konservativen British Monitor und den Courier, wo „the Whigs, the Radicals, and the Moderates“ als unterscheidbare politische Gruppierungen differenziert worden waren.330 Wie schon im Falle von liberal wurde radical von Tory-Publizisten und Politikern mit revolutionär-jakobinischen Prinzipien assoziiert. Dazu trug nicht zuletzt die Tradition von radical als Etikett der außerparlamentarischen Protestbewegung seit Ende des 18. Jahrhunderts bei.331 Geradezu personalisiert erschien das Programm in Thomas Paine und seinen Forderungen nach universal suffrage und annual Parliaments. In kritischer Perspektive firmierte radical als englisches Synonym für politische und gesellschaftliche Instabilität nach jakobinischem Muster: But not only in their general system of proceeding, but in almost every minute particular, the Radicals of 1819 are copyists of the Revolutionists of 1793. The same inflammatory language belongs to both. With both, kings are tyrants, religion a fable, its zealous friends hypocrites and knaves, the rich, plunderers of the poor, all employers oppressors, rebellion another name for patriotism, and the assassination of those whom they deem the enemies of their cause, the acme of public virtue. Even children are taught to lisp terms of sedition; and women are transformed into political furies, by the subtle poison of the radical tenets. As to the scheme of universal Suffrage and annual Parliaments, a notion borrowed from Paine, which is the watchword of this party, it is so triumphantly absurd as hardly to justify a serious refutation.332

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[JOHN CARTWRIGHT] The Life and Correspondence of Major Cartwright, Bd. 2, hrsg. von FRANCES D. CARTWRIGHT, London 1826, S. 137. Vgl. MEDUSA, 19. August 1819, zitiert nach JOHN S. HARFORD, Some Account of the Life, Death, and Principles of Thomas Paine, together with Remarks on his Writings, and on their intimate connection with the avowed objects of the revolutionists of 1793, and of the Radicals in 1819, Bristol 1819, S. 92. COURIER, 27. August 1819; vgl. HALÉVY, History, Bd. 2, S. 68. Vgl. ECKHART HELLMUTH, Kommunikation, Radikalismus, Loyalismus und ideologischer Pluralismus. „Popular Politics“ in England in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, in: Aufklärung 4, Heft 1 (1989), S. 79–103. HARFORD, S. 18 f.

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III. Politische Präfigurierung und semantische Fermentierung bis 1820

Die Ereignisse von 1819 katalysierten die Diffusion von radical als ideologischem Richtungsbegriff in der zeitgenössischen Publizistik. Positiv gewandt ließ sich der Erwartungshorizont hinter radical als „a thorough change in our whole political system – a complete renovation of our civil and ecclesiastical establishments“ bestimmen.333 Das bedeutete aber keinen revolutionären Umsturz kontinentaleuropäischer Prägung, sondern eine selbst noch in den Forderungen nach universal suffrage und annual Parliaments auf systemimmanente Reformierung hin orientierte Strategie. Zugleich orientierte sich auf der Gegenseite die polemische Kritik an radical reform.334 Als „offensive nickname“ der Tories für revolutionär-demokratische Strömungen im eigenen Land firmierte radical in einem Artikel im Republican vom April 1820.335 Hier sah man die Identifizierung anhand politischer nicknames mit Unverständnis, da durch die polemische Stigmatisierung auch eine an sich begründete Forderung öffentlich diskreditiert werde: I have often felt astonished at individuals even fond of, and partial to, nicknames, such as Ribandmen in Ireland and Radicals in Great Britain. I am certain that the adoption and support of such terms have a tendency to bring a good cause into disrepute, and to prevent more discret men from joining it.336 333

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Radical Reform, the only remedy for the disorders of our country; or, observations on the changes necessary both in Church and State. By Britannicus, London 1819, S. 4. Die Schrift setzte allerdings nicht auf freies Wahlrecht und jährliche Parlamente, sondern eine religiöse Rückbesinnung; vgl. S. 15 f.: „This is the true Radical Reform – a Reform of principles leading to an amendment of practice. This is a reform which will cut off oppression from rulers, corruption from the legislature, sedition and disaffection from the populace. Let us return to God whom we have forsaken – let us humble ourselves beneath his mighty hand – let us unfeignedly renounce those things which are displeasing in his sight – let us live as becomes a people favored with the light of his glorious gospel – and then we shall obtain his blessing and protection“; vgl. ferner Address and Petition of the City of London (28. April 1812), zitiert nach SIMON MACCOBY, The English Radical Tradition, 1763–1914, London 1952, S. 74–6. Vgl. Radical Reform. In five Dialogues, London 1819, S. 3 sowie HORACE HOMBERGH [i.e. WILLIAM ETTRICK], A Fragment of the History of John Bull; with the Birth, Parentage, Education, and Humours of Jack Radical: With incidental Remarks upon ancient and Modern Radicalism, Durham 1820, S. 56 f.: „Reform is an imposing name, and has deservedly a great share of our confidence . . . but now it has descended so low as the gypsey clan of Radicals, under the influence of a set of unprincipled itinerant leaders, whose wicked designs are manifest . . . Radicalism is a convenient cloak for every long premeditated villainy, and a fair cover for whatever secret wishes, revenge, perfidy, and cupidity, may harbour. And it enlists under its sable banners, all the outcasts of society.“; vgl. ferner Hints for Radical Reform, on Principles of Equity. By Amor Patriae, London 1821, S. 2; Phylax; or, An Appeal to the Legal Guardians of the Constitution, London 1821, S. 8; A Political View of the Times; or, a dispassionate Inquiry into the Measures and Conduct of the Ministry and Opposition, London 1821, S. 19 ff.; CHARLES DAUBENY, Anti-Radicalism; grounded on a Sermon of the very pious and learned Bishop Andrews; Modernized, and Adressed to the People, London 1821, S. V sowie The Confessions of a Radical: Addressed to Radical Reformers, o.O. [1825], S. 3. HALÉVY, History, Bd. 2, S. 68. THE REPUBLICAN, 21. April 1820.

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Den Ursprung von radical datierte man auf 1819, wobei Peterloo und die gewaltsamen Unruhen dieses Jahres im Vordergrund standen. Die Bildung politischer Gruppierungen, die ihren Reformforderungen bereits in der Selbstbezeichnung Ausdruck verleihen wollten, verfolgte man mit Mißtrauen. Daß man die Bezeichnung reformer von negativen Attributen, wie etwa Ultra-Radical, befreit hatte, begrüßte der Autor dagegen ausdrücklich. Umso weniger akzeptabel erschienen ihm aber die neuen Begriffe, die eine gewaltsame Strategie zur Durchsetzung eigener Ziele verrieten. Die Forderung nach partieller Reform auf der Basis der bestehenden Ordnung konnte dagegen gerechtfertigt sein. So konnotierte der Begriff reform für den Autor den überparteilichen Konsens der aristokratischen Führungsschicht, konnte also nicht Resultat aus politischen und sozialen Konflikten zwischen progressiven und restaurativen Kräften der englischen Gesellschaft sein. Er befürchtete eine sich vertiefende Polarisierung, die sich um 1819/20 in den neuen „Partei“-Namen niederschlug. Seine Äußerung verdeutlichte zugleich, welche dynamische Wirkung politische Begriffe wie radical entfalten konnten, wenn sie erst einmal existierten: The name of Radical sprung up last year, and I feel astonished to see men embrace it, and adopt it as an anonymous signature to their communications . . . The word Reformer stripped of its concomitants is all very well, but when we find the words Moderate, Thorough, and Radical applied to it, it becomes like a dead and useless weight on it, and creates opinions that would not have existed if those words had been kept out of sight and hearing.337

Die Datierung von radical auf das Unruhejahr 1819 darf indes nicht die erheblich längerfristige Traditionslinie dieses Wortfeldes überdecken, das im politischen Vokabular Englands längst für eine bestimmte Programmatik und Strategie stand, bevor liberal nach 1815 langsam Eingang in die politische Sprache fand. Eine genuin politische Bedeutung hatte radical in England bereits seit dem letzten Drittel des 18. Jahrhunderts im Kontext der einsetzenden Diskussion um die Reform des Parlaments vor allem innerhalb der plebejischen Protestbewegung. Als einer der führenden Kritiker der Privilegien der landed aristocracy und ihres beherrschenden Einflusses auf das Unterhaus vertrat Major Cartwright 1777 das Ziel einer „radical cure“ des politischen Systems: We must go to the bottom of the striking sore and cleanse it thoroughly: we must once more infuse into the constitution the vivyfying spirit of liberty and expel the very last dregs of this poison. Annual Parliamemts with an equal representation of the commons are the only specific in this case; and they would effect a radical cure. That a house of commons, formed as ours is, should maintain septennial elections, and laugh at every other idea is no wonder. The wonder is, that the British nation, which but the other day, was the greatest nation on earth, should be so easily laughed out of its liberties.338

Für Cartwright bedeutete „radical cure“ also nicht die revolutionäre Erlangung neuer Freiheiten, sondern die Restauration politischer Freiheiten, die dem eng337 Ebd. 338 JOHN

CARTWRIGHT, Legislative Rights of the Commonalty Vindicated (1777), zitiert nach MACCOBY, Radical Tradition, S. 32–4, hier S. 32.

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III. Politische Präfigurierung und semantische Fermentierung bis 1820

lischen Volk genommen worden seien. Dementsprechend sprach er von einem Versuch „to bring about a thorough and complete reformation“.339 In ihrer Kritik an der Korruption des bestehenden Parlaments zielten die radicals auf die Ursprünge politischer Macht, um von der „original fountain of power“ aus das politische System wieder in Einklang mit den als traditionell erachteten Freiheitsrechten, den liberties of all Englishmen, zu bringen.340 Wie bereits im liberty-Begriff und seiner identifikatorischen Instrumentalisierung durch die Whigs ging es auch hier um die Legitimation eigenen Handelns durch scheinbar historisch verankerte Freiheitsrechte. Durch dieses Argumentationsmuster ließ sich jede politische Aktion als Widerstand und Rückführung zu einem Idealzustand interpretieren. Diese restaurative Konnotation erweist sich mithin als Bestimmungstopos sowohl für whig als auch für radical. Aus der Perspektive der radicals erschienen die liberties durch die landed aristocracy in einem korrupten Parlament allen Englishmen entfremdet worden zu sein. Bereits während der 1780er Jahre zeigte sich, daß mit radical keine revolutionäre Umgestaltung, sondern eine renovation im gesetzlichen Rahmen verbunden war.341 So hieß es 1781 in einer Adresse des Committee of Association von York, deren Mitglieder sich programmatisch als radicals bezeichneten: „Far, therefore from wishing to promote confusion, or to promt their fellow-citizens to deeds of violence and desperation; they exhort them with conscientious sincerity to confine their efforts within the bounds of legality.“ Vor dem Hintergrund eines „more moderate plan for the Reformation of Parliament“ blieb radical reform ein jederzeit aktualisierbarer Begriff zur Artikulation von parlamentarischer Opposition sowie außerparlamentarischem Protest und ließ sich von ganz unterschiedlichen politischen Akteuren aufgreifen.342 1797 verständigten sich Charles James Fox und Horne Tooke auf eine solche Formel, und 1811 griff auch Major Cartwright auf sie zurück, wenn er dem „radical reformer who offers the nation the constitution itself“ den „moderate reformer“ gegenüberstellte, „who offers something of his own fabrication which (as he himself admits) is complex and very imperfect“.343 Auch hier dominierte der Topos der old constitution, der eine Projektion der eigenen sozialen und konstitutionellen Positionen und deren Begründung aus historischem Recht zuließ. In diesem Kontext vertiefte sich seit der Dynamisierung des englischen Politikdiskurses

339 340 341

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Zitiert nach BRAMSTED und MELHUISH (Hrsg.), S. 44. Vgl. die Rede von John Wilkes vor dem Unterhaus am 21. März 1776, zitiert nach JOHN WILKES, Speeches in Parliament, Bd. 1, London 1777, S. 85. Vgl. BRAMSTED und MELHUISH (Hrsg.), S. 44, die betonen, renovation habe in dieser Phase bei den radicals sogar den auf Bentham zurückgehenden Begriff innovation zunehmend verdrängt. A Second Address from the Committee of Association of the County of York to the Electors (1781), Auszug in MACCOBY, Radical Tradition, S. 39–42, hier S. 41 f. Zitiert nach ELIE HALÉVY, The Growth of Philosophic Radicalism, London 1952, S. 261; vgl. BRAMSTED und MELHUISH (Hrsg.), S. 44.

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nach dem Ende der außenpolitischen Daueranspannung 1815 auch der semantische Zusammenhang von reform und radical.344 Mindestens bis in die 1830er Jahre blieb die semantische Orientierungsfunktion von radical im politischen Vokabular Englands eindeutiger als die von liberal, dessen Bedeutungsspektrum sich erst während dieser Phase deutlicher abzeichnete. Radical, radicals und radicalism waren früher als eigenständige politische Deutungsmuster im Politikdiskurs etabliert als die von liberal und liberalism. Die spezifisch englische Konnotation von radical und radicalism ergab sich vor allem aus einer politisch-konstitutionellen Reformprojektion innerhalb des bestehenden Systems. Radical reform ließ neben entschiedener parlamentarischer Opposition der Gruppe um Charles James Fox eben auch die Artikulation außerparlamentarischen Protests zu. Der revolutionäre Bruch als abstrakte Ableitung aus einem naturrechtlichen Freiheitsbegriff blieb nur eine Extrembedeutung von radicalism, während der Topos der Wiederherstellung der old constitution und der liberties of all Englishmen dominierte. Nur vor diesem Hintergrund läßt sich das aus kontinentaleuropäischer Sicht auftretende Paradox erklären, daß radical nicht für revolutionäre, sondern für entschiedene evolutionäre Reformen unter Einschluß der im Parlament nicht repräsentierten Bevölkerungsgruppen stand. Im Gegensatz dazu stand die kritische Wahrnehmung von radical und radicalism, wo die Begriffe polemisch in die Nähe von „anarchy and revolution“ gerückt wurden.345 Radicalism not dangerous: Semantische Kongruenz statt Bedeutungsidentität Für die begriffsgeschichtliche Bestimmung von radical nach 1815 hatte Jeremy Benthams Plan of Parliamentary Reform von 1818 grundlegende Bedeutung. Programmatisch formulierte einer der wichtigsten Vertreter des englischen Utilitarismus in seiner „Introduction shewing [sic!] the necessity for Radical Reform and the inadequacy of Moderate Reform“ das eigene Programm in Abgrenzung gegenüber tory und whig. Bentham unterschied entsprechend ihrer Haltung zu einer entschiedenen Parlamentsreform drei politische Gruppierungen: All, in whom in all its several forms Parliamentary Reform finds opposers may be considered as belonging to the class of Tories. All by whom moderate reform is advocated or supported, to the exclusion of radical reform, may be considered as belonging to the class of Whigs. Those by whom the exigences and demands of the universal interest – of the inte-

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Vgl. die Berufung auf „glorious constitution“ in Sir Frantic, The Reformer; or, The Humours of the Crown and Anchor: A Poem, in Two Cantos, London 1809, S. 5 f.; vgl. ferner HALÉVY, History, Bd. 2, S. 261, der darauf hinweist, daß erst seit 1819 das Adjektiv radical auch in der substantivierten Form radicalism auftrat. Letters of Anti-Juniper to his Brother Radicals. Dedicated to George Edmonds, Esq., Birmingham 1820, S. 1.

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III. Politische Präfigurierung und semantische Fermentierung bis 1820

rests of the whole people, and those demands a Radical Reform – may, for distinction sake, be termed People’s men.346

In dieser Differenzierung des zeitgenössischen Spektrums politischer Gruppierungen spielte die Gruppenbezeichnung liberals noch keine Rolle. Für Bentham verlief die entscheidende Trennlinie zwischen der „uncorrupt portion of the people“ einerseits und den tories und whigs andererseits. Während die Tories ihre Parlamentssitze „partly to proprietorship, partly to terrorism (not to speak of bribery)“ verdankten, sah Bentham auch die Whigs dem „instrument of subjection, to the same extinguisher of freedom“ verpflichtet. Hier erkannte er die Strukturschwächen des unreformierten politischen Systems, dessen Regierungsform, eine nur scheinbar „mixed and limited monarchy“, durch Korruption längst unterhöhlt und zu einer absoluten geworden sei.347 Die Träger dieses korrupten Systems erkannte er in beiden Lagern: „In the first place, as to waste and corruption, corruption and waste. It ever has been, and ever will be, the interest of the Tories to keep that portion of the substance of the people which is expended in waste and corruption, as great as possible: so of the Whigs likewise.“ Entsprechend firmierte radical reform als positiver Komplementärbegriff zu people. Die „two contending parties“ sah Bentham durch eine „sort of tacit cooperation“ verbunden: „an alliance in form but defensive, but in effect too offensive, against the people and their interests.“ Gegen Korruption und Verschwendung half nach Bentham keine „moderate reform“ mehr. Die Zahl der durch Manipulation und Bestechung in das Unterhaus gewählten Personen könne allein durch eine tiefgreifende Reform wirksam reduziert werden: „Under non-reform, this quantity will be left untouched; under moderate reform the reduction in it, if any, would be little; under radical reform the reduction would be complete“.348 Benthams eigene Auffassung von radical reform hatte sich seit dem Ende des 18. Jahrhunderts erheblich verschärft. War er noch 1790 für eine „moderate reform“ des Parlaments eingetreten, so trat er in seiner Introduction in deutlich verschärftem Ton gegen das politische System an, das ihm nach 1815 als kaum mehr verdeckte Militärdespotie erschien.349 Die Introduction wurde dem Plan of Parliamentary Reform, den Bentham 1809 in erheblich milderem Ton abge346 JEREMY

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BENTHAM, Plan of Parliamentary Reform, in the Form of a Catechism, with Reasons for each Article. With an Introduction, shewing the Necessity of Radical, and the Inadequacy of Moderate Reform, London 1818, S. 113. Ebd. und S. 15: „Without any outward and visible change being made in the forms of the Constitution, but solely by the means of the ever increasing mass of corruptive influence in the hands of the crown, the two separate, partial, and sinister interests, viz. the monarchical and the aristocratical, have obtained over the democratical interest (which is no other than the universal interest) an ascendency so complete, that, under the outside show of a mixed and limited monarchy, a monarchy, virtually and substantially absolute is the result.“ Ebd., S. 113 f. Vgl. BRAMSTED und MELHUISH (Hrsg.), S. 45 sowie MARY PETER MACK, A Bentham Reader, New York 1969, S. 307.

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faßt hatte, erst 1819 beigefügt. Aber selbst in der aggressiven Kritik der Introduction, die das verschärfte innenpolitische Klima und den verstärkten Repressionskurs der Behörden gegenüber außerparlamentarischen Protesten seit 1815 wiederspiegelte, stand radical reform nicht für revolutionären Umsturz, Abschaffung der Monarchie oder jakobinische Konventsherrschaft, sondern für eine evolutionäre Veränderung der Repräsentationsprinzipien im Parlament, die Bentham als „Democratical Ascendency“ bezeichnete.350 Radical reform repräsentierte für Bentham konkret „virtually Universal Suffrage“ und „Annual Elections“, um ohne historischen Bruch eine „practical equality of representation“ zu erreichen.351 Daneben verband er mit dem Schlagwort eine stärkere administrative Zentralisierung und die Reduzierung des Einflusses der Peers gegenüber den Commons.352 Das Wortfeld um radical bündelte für Bentham und seine Anhänger um 1820 die offensive Kritik an den aus ihrer Sicht degenerierten Repräsentationsmechanismen und der korrupten Parlamentspraxis. Radical konnotierte zugleich aber auch das Vertrauen in die Reformierbarkeit der parlamentarischen Institutionen, so daß ein revolutionärer Bruch mit dem bestehenden System wie 1789 in Frankreich nicht im Zentrum der politischen Semantik stand. Hatte bereits Bentham hinsichtlich des „Democratical Ascendency“ von den „unalienable rights“ des Volkes gesprochen, so rekurrierte George Ensor in seiner ebenfalls 1819 erschienenen Schrift Radical Reform noch intensiver auf historisch verankerte Freiheitsrechte aller Engländer. Im Mittelpunkt stand auch hier eindeutig die Parlamentsreform.353 Der Untertitel seiner Schrift „Restoration of Usurped Rights“ kann als besonders signifikanter Ausdruck für das Bemühen um hitorische Legitimation verstanden werden. Die seit dem Mittelalter historisch verankerten und im 17. Jahrhundert erkämpften und verteidigten Freiheitsrechte konnten mit radical reform in einen Bedeutungszusammenhang gebracht werden, um die Forderungen für die Gegenwart zu begründen:354 „The friends of radical reform insisted . . . that by the ancient constitution of the 350

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Vgl. ebd.; CLAEYS, S. 67 sowie BENTHAM, Plan, S. 15: „The principle then of this remedy may be expressed in two words. Democratical Ascendency, or Ascendency of the people. Considering this then as the end to be attained – radical parliamentary Reform is the only means, by which either that immediate end, or political salvation, the ultimate end, can be accomplished.“ Ebd., S. 24, 104 und 25; vgl. MACK, S. 307: „he was at no time a revolutionary; at no time did he preach republicanism for England.“ Gleichwohl bewunderte Bentham stets die Vereinigten Staaten; vgl. BENTHAM, Plan, S. 14 sowie J. K. DINWIDDY, Bentham’s Transition to Political Radicalism, 1809–10, in: JHI 36 (1975), S. 683–700, hier S. 693. Vgl. BRAMSTED und MELHUISH (Hrsg.), S. 45. Vgl. GEORGE ENSOR, Radical Reform. Restoration of Usurped Rights, London 1819, S. 1. Dabei erwähnt Ensor in einem ausführlichen historischen Überblick etwa die Magna Charta, den Widerstand gegen Heinrich IV. und Richard II. sowie „the heroic resistance to Charles the First“, vgl. ebd., S. 2–9.

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III. Politische Präfigurierung und semantische Fermentierung bis 1820

country parliaments were annual“.355 Argumentativer Ansatzpunkt war für Ensor die nationale Freiheitstradition des englischen Volkes, mit der sich die radicals zu identifizieren suchten.356 Dieses historische Legitimationsmuster verband die Bestimmung von radical bei allen programmatischen oder strategischen Differenzen mit der bereits oben dargestellten von whig. Ohne den Rekurs auf constitution und liberties waren Grundbegriffe des englischen Politikdiskurses nicht überzeugend zu bestimmen. Wie bereits für Bentham, so ergab sich die Bedeutung von radical auch bei Ensor nur durch die bewußte Abgrenzung gegenüber den etablierten Etiketten tories und whigs. Dabei kritisierte Ensor explizit die Rolle der parties als bloße Werkzeuge des korrupten Parlaments mit seinem System der Sitzkäufe. Weil das Volk das Vertrauen in dieses System verloren habe, könne, so Ensor, allein eine radical reform mit allgemeinem Wahlrecht und jährlichen Wahlen eine angemessene Vertretung aller Interessen sicherstellen: „Nothing but the radical reform of parliament can possibly reach the disease. ‚Oh, reform it altogether‘ – ‚the people must have their voices.‘ They have effectually no voice: – while every faction, party, corporation, and sect, possess parliamentary friends, the people are at the mercy of all“.357 Entscheidend für die Semantik von radical blieb bei Ensor wie bereits bei Bentham die Betonung der Systemreform ohne revolutionären Umsturz. Die intendierte Korrektur von Fehlern im parlamentarischen Gefüge, die man selbst den fortschrittlichen Whigs nicht zutraute,358 erschien dabei wiederum als Wiederherstellung von historischen Freiheitsrechten: „This reformation I propose is radical. It does not affect innovation in any particular: on the contrary, it is studiously restricted to restoring those rights which I have proved to have originally belonged to all free Englishmen, and which are not less agreeable to reason than to ancient usage“.359 Eine von James Mill unter dem Einfluß Benthams unterstützte Resolution zur Reform des Wahlrechts wurde 1818 von Sir Francis Burdett im Unterhaus eingebracht. Die Gruppe, die sich um ihn und Mill formierte und die das bestehende Parlament als Zentrum aristokratischer Macht brandmarkte, wurde als Philosophic Radicals und Intellectuals in Politics zu einer programmatisch be355 356

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Ebd., S. 29. Vgl. ebd., S. 2: „A disposition of reform, excepting during temporary depressions, has always been evinced by a respectable portion of the British public; and to this party militant we must principally refer whatever opulence or freedom the nation enjoys.“ Ebd., S. 232; vgl. ebd., S. 199, 204 und 236 f. Vgl. Ensors Würdigung der Whigs, ebd., S. 203 f.: „What have the Whigs done for the people, who would appropriate them as their own? They freed the press from the imprimatur . . . The Whigs were also sincere against the slave-trade; sincere to suffering for Catholic emancipation . . . Yet a friend [i. e. of the Whigs] bishop Watson, said of them and their counterparts, ‚there was neither Whiggism nor Toryism left: excess of riches and excess of taxes, combined with excess of luxury, had introduced universal selfism.‘ . . . This seems to be the popular opinion respecting these two parties in Britain, in which they seem indirectly to acquiesce.“ Ebd., S. 236.

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stimmenden Kraft.360 Der Bewegungsbegriff radicalism fokussierte bei ihnen die Forderung nach einem allgemeinen Wahlrecht unter Einschluß der Frauen. In der Praxis waren allerdings auch die Philosophic Radicals dazu bereit, einen niedrigen Wahlzensus anzuerkennen.361 Obgleich die radicals das bestehende politische System, das sie mit den tradierten Etiketten tory und whig identifizierten, scharf kritisierten, bahnte sich am Ende der 1820er Jahre eine mögliche Kooperation zwischen radicalism und progressivem whiggism an.362 Bereits James Mill hatte erkannt, daß das einseitig negative Bild, das Jeremy Bentham von den Whigs gezeichnet hatte, deren progressivem Reformflügel nicht gerecht wurde. Dieser setze sich, so Macaulay, zumindest für eine „moderate reform“ ein „to admit the middle class to a large and direct share in the representation“ und um in durchaus konservativer Absicht eine Verbindung zwischen middle classes und labouring classes zu verhindern, von denen die das Parlament weiterhin dominierende aristokratische Führungsschicht eine revolutionäre Gefährdung befürchtete.363 Vorsichtige politische Konzessionen und die Integration der prosperierenden middle classes sollten zur Revolutionsprophylaxe und Systemstabilisierung beitragen. Als Brücke zwischen progressiven whigs und radicals fungierte hierbei zumindest temporär der Grundbegriff reform. Auf der Seite der radicals bemühte man sich entsprechend, radicalism gegen jeden revolutionären Verdacht zu immunisieren. Erst diese antirevolutionäre Begriffsbestimmung machte eine Kooperation mit den Whigs möglich. Ein Zeugnis für diese semantische Entwicklung, die sich aber erst am Ende der 1820er Jahre konkretisieren sollte, war Jeremy Benthams Pamphlet Radicalism not dangerous von 1820.364 Nach den Unruhen von 1819 betonte er, daß „radi360

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Vgl. WILLIAM THOMAS, The Philosophic Radicals. Nine Studies in Theory and Practice 1817–1841, Oxford 1979, passim sowie JOSEPH HAMBURGER, Intellectuals in Politics: J. S. Mill and the Philosophic Radicals, New Haven 1965, S. 1. Vgl. BRAMSTED und MELHUISH (Hrsg.), S. 45. Vgl. D. WINCH, The cause of good government: Philosophic Whigs versus Philosophic Radicals, in: J. BURROW, S. COLLINI und D. WINCH (Hrsg.), That Noble Science of Politics, Cambridge 1983, S. 91–126. [THOMAS B. MACAULAY] Speeches by Lord Macaulay, hrsg. von G. M. YOUNG, Oxford 1935, S. 3; der bereits klassische Beleg für diese Reformbereitschaft als Revolutionsprophylaxe ist Macaulays Rede im Unterhaus vom 2. März 1831: „I support this bill, because it will improve our institutions; but I support it also because it tends to preserve them . . . We say, and we say justly, that it is not by mere numbers, but by property and intelligence, that the nation ought to be governed. Yet, saying this, we exclude from all share in the government great masses of property and intelligence, great numbers of those who are most interested in preserving tranquility, and who know best how to preserve it. We do more. We drive them over to the tide of revolution those whom we shut out from power . . . All history is full of revolutions, produced by causes similar to those which are now operating in England“, [THOMAS B. MACAULAY] Miscellaneous Writings and Speeches of Lord Macaulay, London 1882, S. 484–92, hier S. 486 f. Vgl. zur publizistischen Auseinandersetzung um radical um 1819/1820 The Oppositionist; or, Reflections on the Present State of Parties; accompanied by a Proposal for a

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III. Politische Präfigurierung und semantische Fermentierung bis 1820

cal reform, if carried into effect, would not be productive of any preponderant evil, but on the contrary of preponderant good.“ Radicalism impliziere gerade keinen Umsturz der bestehenden Eigentumsverhältnisse: „subversion of the rights of property would not be among the effects of it“.365 Eine Infragestellung des tradierten property-Begriffes und seiner weitreichenden Bedeutung für die Schichtung der englischen Gesellschaft ging von radicalism nicht aus. Allerdings sollte das soziale Qualifikationsmerkmal private property nicht länger zur Beschränkung des Wahlrechts dienen. Obgleich sich große Teile der middle classes zu den Begriffen radical und radicalism bekannten, lehnten diese einen ultra-radicalism, wie sie ihn in Cobbetts Political Register, den Peterloo-Ausschreitungen oder der sich später formierenden Chartisten-Bewegung erkannten, eindeutig ab.366 Diese Abgrenzungslinie bestimmte auch die weitere semantische Entwicklung von radicalism in den 1830er Jahren, für die der in der Westminster Review im Januar 1830 erschienene Article on Radical Reform von T. P. Thompson repräsentativ ist. Für eine entschiedene Parlamentsreform durch Ausweitung der Repräsentation argumentierend, wandte er sich gegen die Position der Whigs, nach der allein property als entscheidende Voraussetzung für das Wahlrecht gelten sollte.367 Dabei ging es aber nicht um einen direkten Einfluß des Volkes, sondern „their influence may be distilled [sic!] and passed through the alembic of the rich.“ Dem Autor schien wichtig, mögliche Befürchtungen der middle classes zu entkräften, mit radicalism sei ein sozialrevolutionäres Gefahrenpotential verbunden. Dagegen betonte er: „The London Radical Reform Association is virtually an association for the defence of property.“ Gegenüber der Angst der middle classes vor der „apprehended violence and misdirection of those with whom they think they would have to join“, hob der Autor den „sound radicalism“ hervor, dem es um gewaltlose Reform und Erziehung ging: „Set up a sound and honest radicalism, against an unsound und dishonest one .. . Eschew violence; cultivate education, from A, B, C upwards . . . Go on quietly and perseveringly, and fear nothing. There will be no revolution, no disturbance, no violent changes.“ Die hinter diesem evolutionären Verständnis von radicalism stehende Projektion wurde von dem Selbstbewußtsein getragen, in Überein-

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new System of Reform; and interspersed with a few occasional Remarks on the Trial of the Queen, London 1820, S. 18, 26 und 33 sowie The Radical Triumvirate, or, Infidel Paine, Lord Byron, and Surgeon Lawrence, colleaguing with the Patriotic Radicals to emancipate Mankind from all Laws human and divine, with a Plate – engraved for their Instruction. A Letter to John Bull, from an Oxonian Resident in London, London 1820. JEREMY BENTHAM, Radicalism not dangerous (1820), in: [DERS.] The Works of Jeremy Bentham, Bd. 3, hrsg. von JOHN BROWNING, Edinburgh 1845, S. 604. Vgl. DERRY, S. 156 und 177 sowie MACCOBY, S. 20 f. Vgl. [T. P. THOMPSON] The Article on Radical Reform. From the WESTMINSTER REVIEW, No. XXIII, January 1830, in: BLO, G. Pamph. 1997 (6), S. 3 und 5: „The whiggisms that are abroad upon this question of representation, are, that the poor do not know how to take care of themselves and of the state, and that the rich do.“

5. Vergleich

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stimmung mit dem unaufhaltsamen politischen Fortschritt zu agieren: „hurry nothing,- it will all come in time, like the breaking up of a hard frost . . . Keep the stone rolling; and see if you do not end by proving to all ranks and orders, except the downright plunderers, that radical is ‚your only wear‘“.368 Ebenfalls unter dem Motto einer radical reform wandte sich James Mill, einer der führenden Vertreter der Westminster Radicals, 1830 gegen jede „moderate reform“, um durch eine „perfectly radical reform of parliament“ die politische Praxis wieder in Einklang mit dem Sinn der Verfassung, mit dem „government by consent of the governed“ zu bringen, dem auch die Monarchie verpflichtet sei. Auch Mill bemühte sich also, radical als Reformbegriff einzusetzen, von dem man die Resynchronisation des durch „expense of elections, and bribery in corrupt boroughs“ aus dem Gleichgewicht gebrachten parlamentarischen Systems erwartete. Das Schlagwort der radical reform konnte vor diesem Hintergrund auch im Kontext der innenpolitischen Krise von 1830/32 nicht revolutionär aufgeladen werden.369 John Stuart Mill konstatierte 1832 unter dem Eindruck der Reform des Parlaments, „that there is nothing definite and determinate in politics except radicalism“.370 Damit brachte er den programmatischen Geltungsanspruch der radicals als Vorreiter politischen Fortschritts offensiv zur Geltung: Radicalism als „liberalism of the Benthamite type“ war für ihn zur bestimmenden politischen Richtung seiner Gegenwart geworden.371

5. Vergleich Als Inkubationszeit des Deutungsmusters liberal/Liberalismus kann zunächst die Phase seit dem Ausbruch der Französischen Revolution gelten. Die vorpolitischen Bedeutungen wurden vor dem Hintergrund der Ereignisse in Frankreich in allen untersuchten Vergleichsländern zunehmend von neuen politi368 369

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Ebd., S. 5 und 10–12. [JAMES MILL] On the Ballot. From the WESTMINSTER REVIEW for July 1830, in: BLO.: G. Pamph. 1997 (8), S. 14; vgl. ebd., S. 13: „This moderate, very moderate reform, could obviously have none of those effects, which are commonly painted in tragic colours, to frighten weak, fearful people, from every thought of reform. It cannot possibly have any further effect, than that of bringing the practice of the English constitution into a conformity with its theory – that theory, which renders it ‚the envy of surrounding nations, and the admiration of the world.‘ That theory, undoubtedly, is, that the people choose. The practice is, that they do not choose. The ballot, and that alone, can enable them to choose, and render the British constitution in reality what it now is only in pretence. There is another important argument in favour of the ballot. Nothing else can render the constitution of England conformable to the conception and expectations of its kings. When they, upon some great emergency, have recourse to a new, as a fitter instrument than an old, parliament, they declare that they have recourse to the sense of their people; meaning of course, that the sense of their people is expressed in the choice of members of parliament.“ John Stuart Mill, zitiert nach BRAMSTED und MELHUISH (Hrsg.), S. 47. Zitiert nach ebd.

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III. Politische Präfigurierung und semantische Fermentierung bis 1820

schen Inhalten überlagert. Die Untersuchung der Phase bis 1820 zeigt, daß die entscheidenden Impulse für die politische Bedeutung von liberal von den Ereignissen in Frankreich ausgingen. Hinzu trat der seit 1812 aus Spanien übernommene Antagonismus zwischen liberales und serviles als Bezeichnung politischer Handlungsgruppen. Seine erste wirkungsmächtige Bestimmung erhielt das politische Attribut liberal in den idées libérales. Mit ihrer programmatischen Bestimmung im Kontext des 18. Brumaire 1799 setzte die langfristige Deutungsgeschichte der Revolution von 1789 ein, die die historische Semantik von liberal und Liberalismus weit über Frankreich hinaus prägen sollte. Dabei vermittelte das Deutungsmuster eine Antwort auf die Frage nach politischer und gesellschaftlicher Ordnung nach der Erfahrung der Revolution. Von Bonaparte als legitimer Ursprung der Revolution stilisiert, zu dem er die Entwicklung zurückzuführen vorgab, firmierten die idées libérales bald als sprachliches Instrument der napoleonischen Herrschaftspropaganda. Dem Versuch Napoleons, sie zu personalisieren und sich selbst dadurch als einzig legitimen Erbe der Revolution und Versöhner der französischen Gesellschaft darzustellen, entzogen sich die idées libérales jedoch. Indem sie zum allgemeinen Ausdruck fortschrittlicher Prinzipien wurden, deren Konkretion man ausgehend von den Ergebnissen der Revolution in bürgerlicher Rechtsgleichheit, Verfassungsstaat sowie geregelten und institutionalisierten Formen politischer Partizipation erkannte, überlebten sie auch den Sturz ihres ersten Protagonisten. Erst diese Transpersonalisierung, die Lösung der idées libérales vom Stigma der napoleonischen Militärdespotie um 1814/15, ermöglichte die Universalisierung des Wortfeldes im gesamteuropäischen Kontext. In Frankreich konnten sich sowohl die napoleonkritische Opposition als auch die Bourbonen auf libéral berufen, um ihre Vorstellungen von einer neuen politischen Ordnung zu konturieren. Die constitution libérale, die die Charte Constitutionnelle von 1814 konkretisierte, umgab libéral nachgerade mit dem Anspruch eines nationalen Versöhnungsprogramms, in dem die historischen Gegensätze zwischen royaliste und jacobin aufgehoben werden sollten. Auch wenn sich die semantische Kopplung der libéraux an die bonapartistes noch lange erhielt, stand libéral nach 1815 für das Programm einer die revolutionäre Vergangenheit dialektisch aufhebenden konstitutionellen Monarchie, schloß mithin auf semantischer Ebene eine regelrechte Restauration des Ancien régime aus. Die idées libérales fungierten somit als erstes politisches Richtungsattribut, dessen publizistische wie inhaltliche Relevanz höher lag als die des Adjektivs libéral und verwandter Ausdrücke wie opinions libérales, institutions libérales oder principes libéraux. Damit antizipierten die idées libérales auch den ideologischen Bewegungsbegriff libéralisme: Der in ihnen enthaltene Erwartungshorizont erschloß sich aus der Hoffnung auf eine Ordnung, die die revolutionäre Anarchie genauso ausschließen sollte wie eine Rückkehr zur napoleonischen Militärdiktatur oder eine Restauration des Ancien régime. Diese Projektion postrevolutionärer Versöhnung zwischen den Gewinnern und Verlierern der Revolution und ihrer Folgezeit, das Ziel politischer und ge-

5. Vergleich

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sellschaftlicher Stabilität auf der Basis eines Kompromisses zwischen dem Prinzip dynastischer Legitimität und den Errungenschaften in der Tradition von 1789, erwies sich jedoch als fragil. Die Genese der politischen Lagerbezeichnung libéraux wie die des Bewegungsbegriffes libéralisme bis 1820 ging im französischen Politikdiskurs mit einer tiefgreifenden ideologischen Polarisierung einher. Sie ließ das Programm einer politischen und gesellschaftlichen Integration auf dem Wege eines Versöhnungsetiketts bald Makulatur werden. Von der Politisierung der idées libérales im Kontext der Revolution und ihrer napoleonischen Vereinnahmung ging die Entwicklung über den enthusiastisch begrüßten Zeitbegriff um 1814/15 in eine radikale Polarisierung über, die im Antagonismus zwischen ultra und libéraux greifbar wurde. Dieser Gegensatz fokussierte gegenüber anderen zeitgenössischen Bezeichnungen eine fundamentale, historisch begründete Differenz ideologischer Positionen. Beide interdependent verwendeten Etiketten rekurrierten auf die Revolution als fundamentale Scheidelinie: Dem Vorwurf, hinter libéral und libéralisme stünde die Fortsetzung der revolutionären Anarchie und des Terrors unter veränderten Vorzeichen, entsprach auf der Gegenseite die Stigmatisierung der ultra, denen man den Verrat des Erbes von 1789 durch eine Restauration des Ancien régime unterstellte. Die Deutung des Revolutionserbes bot die entscheidende Projektionsfläche für die semantische Distinktion ideologischer Lager. Der postrevolutionäre französische Politikdiskurs entwickelte eine besondere Dynamik, in der sich das politische Vokabular früher und weitgehender differenzierte als in den anderen Vergleichsländern. Die intensiven Diskussionen und Konfliktlinien, die sich seit 1789 und erneut seit 1814/15 entfalteten, förderten die Bildung von Bewegungsbegriffen, eben den ideologischen Ismen, von denen libéralisme als einer der ersten anzusehen ist. In ihm ließen sich die Bedeutungsgehalte des politiserten Adjektivs libéral, der Gruppenbezeichnung libéraux und des Richtungsbegriffes der idées libérales verdichten und abstrahieren. Zu den spezifischen Mechanismen des polarisierten Meinungsstreites zählte, daß libéralisme insbesondere den ideologischen Gegnern eine willkommene Möglichkeit für die polemische Zuspitzung ihrer Kritik lieferte. Die französische Inkubationszeit des politischen Deutungsmusters libéral/libéralisme bis 1820 läßt sich auch aus frequenzanalytischer Perspektive belegen (Abbildung 3). Die semantische Vorreiterrolle Frankreichs mindestens bis 1820 wird also sowohl durch die semantisch-qualifizierende als auch die quantifizierende Untersuchung gestützt. Deutlich früher, nämlich seit 1815, und erheblich öfter als in allen anderen Vergleichsfällen wurde in der politischen Publizistik Frankreichs auf das Wortfeld libéral, libéraux und libéralisme zurückgegriffen. Diesem Befund entsprach inhaltlich die ideologische Polarisierung von Bedeutungsgehalten nach 1815, die über die Politisierung nach 1789 hinausging, sowie die Ausdifferenzierung des politischen Vokabulars insgesamt. Dabei entzog sich die Gruppenbezeichnung libéraux noch eindeutig einer „parteipolitischen“ Definition. So klar der parti libéral die parlamentarische Linke umfaßte, so deutlich bildeten sich unterhalb dieser ideologischen Lagerbezeichnung spe-

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III. Politische Präfigurierung und semantische Fermentierung bis 1820

zifischere Gruppenbegriffe heraus, die wie bonapartiste, républicain und constitutionnel historisch konnotiert waren oder wie indépendant und doctrinaire erst nach 1815 gebildet wurden. Diese Komplementärbegriffe, die bis 1820 in kritischer oder positiv-identifikatorischer Sicht auf libéral hingeordnet blieben, enthielten je eigene politische Nuancierungen, ließen sich aber noch im ideologischen Antagonismus zwischen libéraux und ultra integrieren. Diese Konstellation verdient besondere Aufmerksamkeit, denn als die Ergebnisse der Julirevolution von 1830 die Position der ultra endgültig marginalisierten, vertieften sich die bis dahin noch geringeren Bedeutungsunterschiede zwischen républicain und doctrinaire. Der Wegfall des ideologischen Gegenpols reduzierte die semantische Integrationskraft von libéral und libéralisme. Daraus erklärt sich der erstaunliche Befund – dies sei hier als These vorweggenommen –, daß libéralisme nach 1830, also nach der Erfüllung seiner politisch-konstitutionellen Ziele von 1815, für den Politikdiskurs Frankreichs zunehmend an Bedeutung verlor und inhaltlich wie quantitativ von neuen Etiketten verdrängt wurde. Während auf die Julirevolution noch das programmatische Schlagwort der révolution libérale angewandt werden konnte, provozierten libéral und libéralisme 1848 in Frankreich nur noch historische Reminiszenzen. Die Einbeziehung der anderen Vergleichsfälle läßt deutlich werden, wie weitgehend die Genese des politischen Adjektivs liberal von der Auseinandersetzung mit Frankreich geprägt wurde. Sowohl für Deutschland als auch für Italien spielten dabei die direkte Übersetzung und dann die Adaption von französischen Begriffen und Ausdrücken eine entscheidende Rolle, sei es in der direkten Anschauung der Revolution oder der Erfahrung der napoleonischen Herrschaft. Der semantische Richtungsimpuls aus Frankreich reicht aber nicht aus, um die Genese des Deutungsmusters in Deutschland und Italien adäquat zu erfassen. Insbesondere in Deutschland blieb die semantische Traditionslinie der Liberalität nachweisbar. Auch wenn der vorpolitisch geprägte Begriff im Gefolge der Französischen Revolution und besonders im Kontext der innenund außenpolitischen Neuordnung um 1813/15 politisiert wurde, blieb die moralische Aufladung und universalistische Grundierung von Liberalität erhalten. Beides verwies auf das Aufklärungsparadigma, sei es in der historischen Fortschrittsidee und dem Zukunftsoptimismus oder im Ideal des unabhängigen und vernünftigen Individuums, das seine Emanzipation einem sozialexklusiven Bildungsideal verdankte. In Deutschland wurde diese Fermentierung vorpolitischer und politischer Kategorien zu einem besonderen Kennzeichen der historischen Semantik. Die Übertragung der idées libérales in die liberalen Ideen war insofern keine bloße Übersetzung, die es erlaubte, von der Wort- auf eine Bedeutungsäquivalenz zu schließen, sondern eine semantische Adaption, in die bereits spezifische Bedeutungsnuancen aus dem deutschen Erfahrungsraum einflossen. Dazu zählte neben der politisch-konstitutionellen Konkretion, der Überwindung des Partikularismus in einem national geeinten Staat und der Gewährung politischer Repräsentationskörperschaften auf der Basis geschriebener Verfassun-

5. Vergleich

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gen sowie der Garantie bürgerlicher Rechtsgleichheit, vor allem die fundamentale Anbindung von liberalen Ideen und Liberalität an die Prämissen der Aufklärung. Dies schuf den Rahmen für eine holistische Bestimmung anhand gesinnungsethischer Kategorien: Die liberalen Ideen repräsentierten naturgesetzlichen Fortschritt, individuelle Emanzipation und aufgeklärte Vernunft, die eine Revolution nach französischem Muster in Deutschland überflüssig machen sollte. Ihre Verwirklichung setzte Bildung voraus und grundierte den Begriff von daher sozialexklusiv. Liberal und Liberalität erhielten im deutschen Politikdiskurs eine im Vergleich stärker gesinnungsethische Qualität, die die Begriffe tagespolitischen Auseinandersetzungen oder „parteipolitischen“ Vereinnahmungen zunächst zu entziehen schien. Dazu trug nicht zuletzt die Tatsache bei, daß die politische Öffentlichkeit Deutschlands noch kein nationales Forum für die Artikulation politischer Interessen besaß, mithin zumindest partiell auf die kompensatorische Funktion des öffentlichen Diskurses angewiesen blieb, der sich entsprechend intensiv auf begriffliche Projektionen stützte. Bis mindestens 1815 konnten alle Reformkräfte, seien sie Teil der Regierung oder des Bildungsbürgertums, auf das Wortfeld rekurrieren, um ihre grundsätzliche Bereitschaft zu politisch-konstitutionellen Fortschritten zu signalisieren. Eine grundlegende ideologische Polarisierung wie die zwischen libéraux und ultra in Frankreich zeichnete sich in Deutschland noch nicht ab. Nicht zu übersehen sind indes die spezifischen Spannungsmomente in der Semantik von liberal und Liberalität nach 1815, die zukünftige Bestimmungsmuster antizipierten. Einerseits regte sich zunehmend obrigkeitliches Mißtrauen gegenüber den liberalen Ideen, andererseits wurde durch die innenpolitische Richtungsänderung zahlreicher deutscher Staaten und das nicht eingehaltene Verfassungsversprechen der Deutschen Bundesakte das bis 1815 dominierende Vertrauen in die Liberalität der Regierung nachhaltig erschüttert. Dies verweist auf ein weiteres spezifisches Kennzeichen der deutschen Entwicklung: die Projektion des Staates als Garant von Liberalität und damit die Umgehung des revolutionären Bruchs zugunsten evolutionärer Reformierung. Sie wurde insbesondere im programmatischen Rekurs der profilierten Vertreter der preußischen Reformepoche auf Liberalität und liberale Ideen deutlich. Weder ging davon zumindest bis 1815 ein Revolutionsverdacht noch eine Identifizierung mit der napoleonischen Herrschaftsideologie aus. Auch dies belegt, daß die französisch inspirierten Begriffe bereits 1815 transpersonal eingesetzt werden konnten; die Entstehung des nationalsprachlich konnotierten Bewegungsbegriffes wäre bei einer einseitigen Bedeutungsbindung an die Herrschaft Napoleons undenkbar gewesen. Auch die semantische Genese in Italien stand wie in Deutschland zunächst unter dem direkten Einfluß des französische Begriffsexports. In den Einzelstaaten, vor allem in Neapel-Sizilien und Piemont, aber auch in den von Habsburg verwalteten Gebieten konturierte liberale die Hoffnung auf Durchsetzung einer konstitutionellen Monarchie im Rahmen eines Verfassungsstaates mit der Garantie bürgerlicher Rechtsgleichheit. Wie die liberalen Ideen in

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III. Politische Präfigurierung und semantische Fermentierung bis 1820

Deutschland lösten sich die idee liberali nach 1815 vom napoleonischen Bedeutungskontext und wurden als Synonym für allgemeine Fortschrittlichkeit in die politische Publizistik, vor allem in die konstitutionell orientierten Zeitschriften eingeführt, wobei die Distanzierung gegenüber revolutionären Implikationen des Begriffes dominierte. Zumal unter den Bedingungen der habsburgischen Fremdherrschaft gewann liberale aber nach 1815 eine deutlich oppositionelle Stoßrichtung, in der sich das nationale Programm eines geeinten Italien mit dem Ziel politischer Repräsentationsrechte verband. Zumindest bis 1820 lassen sich damit deutliche Analogien zwischen der deutschen und italienischen Begriffsentwicklung konstatieren. Allerdings fehlte für Italien die für den deutschen Fall so charakteristische Projektion des Staates als Garant der Liberalität. Auch für die besondere Fermentierung der aus dem Aufklärungsbegriff stammenden gesinnungsethischen Kategorien mit politischen Bedeutungsaspekten und die daraus resultierende holistische Aufladung des Deutungsmusters fehlte in Italien. Gegenüber diesen kontinentaleuropäischen Entwicklungen stellt die semantische Genese in England einen Sonderfall dar, der ohne die Persistenz der vormodernen Parteinamen whig und tory sowie die frühe Etablierung von radical/ radicalism als bedeutungskonkurrierendes Wortfeld nicht zu erklären ist. Diese überkommenen Etiketten schirmten den englischen Politikdiskurs länger als in den kontinentaleuropäischen Ländern von jenen semantischen Transferimpulsen ab, die von den französischen idées libérales und dem neuen spanischen Parteinamen liberales ausgingen. Zur Artikulation politischer Positionen innerhalb und außerhalb des Parlaments reichten zumindest bis zu Beginn der 1820er Jahre whig, tory und radical sowie die historisch verankerten Argumentationsmuster constitution und reform aus. Diese spezifisch englischen Grundbegriffe können letztlich als systemimmanent charakterisiert werden: Weder whig und tory noch radical konnotierten einen revolutionären Bruch nach dem Vorbild von 1789 oder einen restaurativen Anspruch im Sinne des französischen ultra. Auch das Schlagwort radical reform blieb im Rahmen der bereits für whig konstitutiven Bestimmungstopoi auf das Ideal der old constitution und der liberties of all Englishmen hin orientiert. Insofern operierten whig und radical mit historischen Legitimationselementen, die auf die mittelalterliche und frühneuzeitliche englische Freiheitstradition verwiesen. Vor diesem Hintergrund wird deutlich, warum das kontinentaleuropäisch konnotierte Adjektiv liberal bis 1820 zwar im englischen Politikdiskurs nachweisbar ist, aber noch nicht zur Kennzeichnung einer eigenen innerenglischen politischen Position eingesetzt wurde. Vielmehr dominierte bis in die Schreibweise hinein der „unenglische“ Charakter von liberal. Im Vergleich tritt damit nicht nur die kaum entwickelte Ausdifferenzierung des Wortfeldes durch Gruppenbezeichnung und Bewegungsbegriff hervor, sondern auch die insgesamt niedrigere publizistische Präsenz von liberal (vgl. Abbildung 9). Erst im Kontext der nach 1815 zunehmenden innenpolitischen Spannungen griffen führende Tory-Politiker und Publizisten verstärkt auf liberal zurück, um die außerparlamentari-

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sche Oppositionsbewegung als revolutionäre Bedrohung nach kontinentaleuropäischem Muster zu diskreditieren. Die Politisierung des Adjektivs ergab sich bis 1820 noch nicht vor dem Hintergrund innerenglischer Konfliktlinien, sondern im Blick auf die politischen Entwicklungen Frankreichs und Spaniens sowie die Freiheitsbewegungen in Italien und Griechenland. Insofern erfolgte die Politisierung im Gegensatz zu Deutschland und Italien aus indirekter Anschauung.

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IV. Phasenverschobene Ideologisierung und Polarisierung bis 1830

IV. Phasenverschobene Ideologisierung und Polarisierung bis 1830: Von der societas civilis sive res publica zum Interessenantagonismus 1. Frankreich Das Spektrum an Bedeutungsinhalten von libéral, libéraux und libéralisme hatte sich im französischen Politikdiskurs seit dem Ende der napoleonischen Herrschaft und der Einführung der konstitutionellen Monarchie bereits weitgehend differenziert. Die anschließende Phase von 1820 bis zum Ausbruch der Julirevolution 1830 verschärfte die bisherige Polarisierung von libéraux und royalistes, die in der Publizistik vor 1820 bis hin zur typologischen Unterscheidung einer eigenen physiognomie gereicht hatte.1 Zwar kamen, wie zu zeigen ist, neue semantische Elemente hinzu, aber charakteristisch blieb das im wesentlichen nach 1815 entstandene Bedeutungsmuster.2 Insofern ergibt sich eine besondere Diskrepanz zwischen der sich dynamisch entwickelnden publizistischen Frequenz des Wortfeldes während der 1820er Jahre (vgl. Abbildung 3) und der relativen Konstanz der semantischen Struktur. Zwischen 1820 und 1822 lagen die ermittelten Werte für die Frequenz von Druckschriften, die einen Bestandteil des Wortfeldes im Titel führten, besonders hoch. Dies stand im Zusammenhang mit den innenpolitischen Ereignissen, auf die die Texte Bezug nahmen, so vor allem auf die Ermordung des Duc de Berry, das zweite Kabinett unter Richelieu und den repressiven Kurswechsel hin zu einer royalistischen Reaktion, für die das neue Pressegesetz und das Loi de double vote standen. Auch die Aktionen der Oppositionsbewegungen in Saumur und Colmar trugen zu diesen Spannungen bei, die sich in einer deutlichen Polarisierung zwischen Anhängern und Gegnern der Regierung innerhalb der Publizistik widerspiegelten.3 Gegenüber dem Verweis auf libéralité und générosité als positivem Ursprungszusammenhang, von dem sich das moderne

1

2 3

Vgl. die Gegenüberstellung im NOUVEL HOMME GRIS, zitiert nach Revue des journaux et mélanges, in: BIBLIOTHÈQUE ROYALISTE, ou Recueil de matériaux pour servir à l’histoire de la restauration de la Maison de Bourbon en France 1 (1819), S. 289–98, hier S. 297 f.: „Physiognomie des Libéraux. ‚Pénétration, sagacité, franchise!! . . . douceur!! . . . persévérance, générosité, désintéressement!!‘ . . . patience, courage, raison, éloquence, et . . . fidélité!! . . . Physiognomie des Royalistes. ‚Vanité, superstition, orgueil, ambition, lâcheté, perfidie!! . . . cruauté!! sottise, avarice, opiniâtreté, révolte!‘ “ Vgl. ETIENNE, Bd. 2, S. 511. Vgl. ANDRÉ JARDIN und ANDRÉ-JEAN TUDESQ, Restoration and Reaction, 1815–1848, Cambridge 1988 (französisch 1973), S. 47 ff.

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politische Attribut libéral weitgehend entfernt habe,4 wurde nach 1820 vor allem das Bild der „caméléons politiques“ bestimmend. Deren Wandlungsfähigkeit und politischer Opportunismus schlugen sich insbesondere in den unterschiedlichen Bezeichnungen nieder, die aus der für Frankreich so signifikanten Abfolge politischer Brüche und Systemwechsel resultierten: „Monarchiques de 1814, ultra-royalistes, exclusifs, contre-révolutionnaires, jacobins blancs de 1815, constitutionnels de 1817, ministériels de 1821“.5 Daraus ergab sich ein besonders großes Reservoir an Etiketten, deren Bedeutungshorizont mit jedem neuen Wechsel wieder in Frage gestellt und einer semantischen Revision unterzogen wurde. a) Die Indikatorfunktion der lexikalischen Ebene: Vom Richtungsbegriff der idées libérales zum Bewegungsbegriff libéralisme An der Etablierung von libéral und libéralisme und ihrer Funktion als Orientierungs- und Artikulationselemente des Politikdiskurses konnte zu Beginn der 1820er Jahre kein Zweifel mehr bestehen. Dies wird besonders auf der lexikographischen Ebene faßbar, wo die positive Deutung der Begriffe anhand der 1814 etablierten royauté constitutionnelle dominierte: Libéraux. – Membres d’une nation éclairée qui réclament des institutions politiques dignes de la raison humaine. Qu’est-ce qu’un libéral? C’est un Français qui veut la royauté constitutionnelle; c’est-à-dire: La représentation nationale, La responsabilité des ministres, L’égalité devant la loi, L’égale répartition des charges publiques, L’égale admissibilité aux emplois civils et militaires, La liberté individuelle, La liberté des cultes, La liberté de la presse, L’inviolabilité de toutes les propriétés, L’oubli du passé, L’institution du jury, La garantie de la dette publique, Enfin tout ce qui est consacré par la Charte.

Einerseits konnten ganz im Sinne einer nationalen Versöhnung durch die erreichte Verfassungsordnung alle Teile der politischen Öffentlichkeit und der Staatsleitung als libéraux gelten, andererseits dokumentierte der Artikel unmißverständlich auch die verbreitete Kritik an den libéraux: Il suit de là que le Roi, les princes, les pairs, les députés, les élécteurs, les magistrats, les fonctionnaires de tout ordre sont libéraux, car tous ont juré fidélité à la Charte. Cependant 4

5

Vgl. Réflexions sur la libéralité des idées, in: ANNALES ENCYCLOPÉDIQUES 1 (1818), S. 310: „La libéralité dans la dépense est le noble emploi que l’on fait de sa fortune, et la libéralité des idées est le noble usage que l’on fait de son esprit. La fausse application du mot ne détruit pas cette interprétation: celui qui, prétendant être libéral, donne au delà de ses moyens pécuniaires est ridiculement prodigue; et celui qui, sous le prétexte de répandre des idées libérales, propage des doctrines contraires au véritable intérêt de l’Etat, est un fou dangereux.“; vgl. ferner J. J. L. GEOFFRENET DE S. A., Catéchisme des libéraux, Paris 1821, S. 26 f.; LOUIS AUGUSTIN F. CAUCHOIS-LEMAIRE, Aux libéraux, petites lettres apologétiques, à l’occasion d’une grande épître, Paris 1828, S. 54 sowie Un mot sur la liberté et les libéraux. Par M. D. D. C., Paris 1824, S. 5 und 8 ff. Opinion des libéraux auteurs de la brochure intitulé ‚Les élections commes elles devraient être‘, sur les rapsodies au prétendu élécteur D, d’Honoré Vingt-Cinq Francs, et autres champions de l’ultra-royalisme, Nantes 1821, S. 27.

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IV. Phasenverschobene Ideologisierung und Polarisierung bis 1830

pour beaucoup de gens un libéral est un factieux, un anarchiste, un conspirateur, et même un assassin! . . . Dans un certain monde, le titre de libéral en 1821 n’est guère moins que était, dans un autre, le nom d’aristocrate en 1793 . . . On n’attaque, il est vrai, ni la vie, ni la liberté des libéraux, parce que ce sont des intérêts matériels; mais on flétrit leurs intentions, leur loyauté, leur honneur, parce que ce sont des intérêts moraux.6

So sehr das Wortfeld einerseits Teil des politischen Diskurses geworden war, so umstritten waren andererseits seine politischen Konnotationen. Während die idées libérales allgemein als „conséquence du progrès de la civilisation“ gelten konnten, schienen die Motive, sich den libéraux oder den ultra anzuschließen, völlig unterschiedlich.7 Dabei galt libéral insbesondere als Etikett derjenigen, die nach dem Systemwechsel von 1815 eine Bedrohung ihres gesellschaftlichen Status zu befürchten hatten und der sozialen Deprivation ausgeliefert waren, also primär Gewinner der Revolutionsepoche und Anhänger Napoleons: Un père de famille occupait une place lucrative; en 1815 il a été destitué. Ses enfans souffrent de sa disgrâce: il s’est fait libéral. Un jeune homme épouse une demoiselle qui reçoit en dot une ferme nationale; la famille où il entre accueille, avec crédulité, les craintes semées par la malveillance; il aime trop sa femme pour ne pas redouter tout ce qui diminuerait ses moyens de bonheur: il devient libéral. Un officier . . . devait son élévation à Napoléon; il s’est présenté aux Tuileries dans les cent jours. Aujourd’hui on lui fait un crime de cette condescendance: il se range parmi les libéraux.8

Signifikant für den historisch-semantischen Entwicklungsstand war auch die weitgehende Ausdifferenzierung von politischen Gruppen- und Lagerbezeichnungen. Neben den Buonapartistes, dem Parti royaliste-constitutionnel und dem Parti constitutionnel-royaliste, die sich, wenn auch mit eigenen Nuancierungen, beide zum politisch-konstitutionellen Status quo bekannten, standen spezifische Gruppenbezeichnungen wie doctrinaires und républicains sowie die Charakterisierung der extremen Ränder des politischen Spektrums anhand der negativ konnotierten Begriffe ultra-libéralisme und ultra-royalisme. Der Gefahr des revolutionär intendierten ultra-libéralisme hielt der Autor dabei die Einsicht entgegen, daß allein die Charte eine stabile politische Zukunft biete.9 Auch hier blieb das Bestimmungsmuster der Phase nach 1815 prägend. 6 7 8

9

Guerre aux passions! ou dictionnaire du modéré, par M. D. . .y, royaliste constitutionnel, Paris 1821, S. 154–6. Ebd., S. 115. Ebd., S. 129 f.; vgl. dazu im Gegensatz die hinter ultra stehenden Motivationen, ebd., S. 130: „Un procureur du Roi a exécuté avec sollicitude les instructions qu’il a reçues dans un temps de sévérité; plus tard il a demandé de l’avancement. Des chefs animés d’un autre esprit le lui ont refusé . . .; il a entrevu que ses services le desservaient: il s’est fait ultra. Le fils d’un vieux chevalier de Saint-Louis, après de longs voyages, revient habiter avec son père. Il l’entend chaque jour souhaiter un système plus monarchique. ‚Je mourrais content, s’écrie souvent le veillard, si je voyais exterminer le reste de la révolution.‘ Son fils est ultra.“ Vgl. ebd., S. 22 ff., 30 ff.; vgl. zu doctrinaire ebd., S. 71 f. und ferner L’anti-doctrinaire et réponse à M. Guizot sur ses moyens de gouvernement. Précédé d’une discussion sur l’égalité et la souveraineté du peuple, Paris 1822, S. 31 ff.; vgl. zu républicains Guerre aux passions, S. 221 ff. und 257.

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Die 1820er Jahre erlebten einen enormen Aufschwung an polemisch gefärbten politischen Wörterbüchern und Katechismen, die wesentlich zur gesellschaftlichen Diffusion ideologischer Grundbegriffe beitrugen. Charakteristisch für die Ausdifferenzierung des je nach politischem Lager spezifisch konnotierten Vokabulars waren solche Wörterbücher, deren Titel bereits das Objekt der Kritik deutlich nannten, so im Petit dictionnaire ultra von 1823, der aus der Perspektive der Anhänger der konstitutionellen Monarchie die ultra scharf angriff, oder im Petit dictionnaire ministériel von 1826.10 Auch der Petit dictionnaire libéral von 1823 stand in diesem Zusammenhang. Hier wurde zunächst die politisch-semantische Ausdifferenzierung der Sprache seit der Französischen Revolution thematisiert, aus der sich geradezu die Notwendigkeit politischer Wörterbücher ergab: Un mot. Le temps et les révolutions apportent de grands changements dans la langue des peuples modernes, et leur impriment des variations sans nombre. Semblables à ces riches parvenus qui perdent chemin faisant le souvenir de leur origine, les mots perdent, en vieillissant, les traces de leur étymologie, et l’on courrait souvent le risque de ne plus être compris, si on les employait dans leur acception primitive.11

Der Eintrag zu libéral markierte gegenüber der positiven Konnotation der libéraux als Anhänger der konstitutionellen Monarchie eine deutliche Trennlinie. Sie folgte dem zwischen 1815 und 1820 entwickelten Bestimmungsmuster, nach dem eine gesamteuropäische Bedeutungskontinuität die révolutionnaires von 1789 mit den Untergrundbewegungen der Gegenwart verband. Demgegenüber schien das in libéral enthaltene Bekenntnis zur konstitutionellen Monarchie und die vorgetäuschte Distanzierung gegenüber den Protagonisten der Revolution die wirklichen Intentionen nur zu verschleiern: Libéral. – Peuple assez difficile à bien définir; il tient en apparence du royaliste constitutionnel de France; mais en l’approchant de plus près on s’aperçoit qu’il a beaucoup de ressemblance avec les Radicaux de Londres, les Carbonari de Naples, et les Descamisados de Madrid; ce qui pourrait faire craindre qu’il ne descendît en ligne indirecte des révolutionnaires de Paris . . . Un vrai libéral oublie les crimes de la révolution et se rappelle les fautes de la monarchie. Sa mémoire retient le nom de Louis XVI et ne se souvient pas de ceux de Marat, Robespierre, etc., et autres.12

In anderen Wörterbüchern überwog die spezifische Ambivalenz der idées libérales zwischen dem theoretischen Anspruch einer gemäßigten Freiheitsidee in der Tradition der Aufklärung auf der einen und der Vereinnahmung des Schlagworts durch die Apologeten der Revolution auf der anderen Seite. Aus der Dis10

11 12

Petit dictionnaire ultra, précédé d’un essai sur l’origine, la langue et les Œuvres des ultra; par un royaliste constitutionnel, Paris 1823, S. 96: „Les titres des royalistes constitutionnels ou libéraux sont l’amour et la défense de la patrie, la haine de l’étranger et le zèle pour maintenir les institutions d’une sage liberté; les titres des ultra sont les services dans les légions allemandes ou anglaises, et un grand fonds de haine pour la charte et la France.“; Petit Dictionnaire ministériel, Paris 1826. [MICHEL NICOLAS BALISSON DE ROUGEMONT] Petit dictionnaire libéral, Paris 1823, S. V. Ebd., S. 47 und 55.

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IV. Phasenverschobene Ideologisierung und Polarisierung bis 1830

krepanz solcher Deutungsrichtungen ergab sich auch der Rekurs auf das vorpolitische Ideal der libéralité, um die Entfernung der politischen idées libérales von ihren semantischen Ursprüngen hervorzuheben: (idées libérales), nobles et libres, qui ont pour principe les lumières, le patriotisme, la haine du despotisme, de la tyrannie, et non l’ignorance, l’égoïsme des corps, des partis . . . Ce mot libéral a des acceptions opposées; la première lui est donnée par le Ciel, la seconde, par l’Enfer. Certaines gens ont des convulsions au seul mot d’idées libérales, comme les hiboux au grand soleil . . . Les idées libérales de nos niveleurs nous auraient conduits à l’impossibilité de faire des libéralités. Les idées libérales exigent une conduite libérale.

Der neue Bewegungsbegriff libéralisme wurde in Anlehnung an die idées libérales als „système, ensemble, adoption des idées libérales; conduite après elles, tendance bienveillante au bonheur de toutes les classes de la société“ bestimmt.13 Auf lexikalischer Ebene stellte dies den Übergang vom politischen Richtungsbegriff zum ideologischen Bewegungsbegriff zu Beginn der 1820er Jahre dar, in dem die Bedeutungsinhalte weitergehend abstrahiert und verdichtet werden konnten – eine für die weitere semantische Entwicklung des 19. Jahrhunderts richtungweisende Entwicklung.14 b) Persistenz negativer Bestimmungsmuster und neue Artikulationsformen Auch unter den Bedingungen der Reaktion zu Beginn der 1820er Jahre blieb die Erwartung virulent, die Interessengegensätze zwischen libéraux und royalistes so weit wie möglich abzubauen und die Bedeutungsrichtung beider Begriffe auf das Projekt politisch-gesellschaftlicher Stabilität zu lenken. Dies

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PIERRE-CLAUDE-VICTOIRE BOISTE, Dictionnaire Universel de la langue française, avec le latin et les étymologies, extrait comparatif, concordance, critique et supplément de tous les dictionnaires; manuel enciclopédique et de grammaire, d’orthographie, de vieux langue, de néologie, 6. Aufl. Paris 1823, S. 397. Die nach 1823 erscheinenden Wörterbücher enthalten fast ausnahmslos Einträge zu libéralisme; vgl. Dictionnaire de l’Académie françoise. Supplément contenant environ 11 000 mots nouveaux, acceptions nouvelles, et termes techniques, que l’usage et la science ont introduits dans la langue usuelle depuis l’année 1794, et qui ne se trouvent pas dans le Dictionnaire de l’Académie. Rédigé par une société de grammairiens, Paris 1831, S. 3; NAPOLÉON LANDAIS, Dictionnaire général et grammatical des dictionnaires français, extrait et complément de tous les dictionnaires les plus célèbres, Bd. 2, Paris 1834, S. 318; Dictionnaire de la conversation et de la lecture, Bd. 35, Paris 1837, S. 169 ff.; J. CH. BAILLEUL, Dictionnaire critique du langage politique, gouvernemental, civil, administratif et judiciaire de notre époque, rédigé selon la lettre et l’esprit de la Charte constitutionnelle; ou mon dernier mot devant dieu et devant les hommes sur la révolution française, sur les résultats possibles et nécessaires, sur la situation de la France et de son gouvernement, Paris 1842, S. 415; [EUGÈNE] DUCLERC und [LAURENT] PAGNERRE, Dictionnaire politique. Encyclopédie du langage et de la science politiques. Rédigé par une réunion de deputés, de publicistes et de journalistes, avec une introduction par de GARNIER PAGÈS, Paris 1842, S. 533 sowie [LAURENT PAGNERRE] Dictionnaire politique. Encyclopédie du langage et de la science politiques, 2. Aufl. Paris 1848, S. 535 f.

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setzte zunächst die Distanzierung von den ideologischen Extrempositionen despotisme und république voraus: Ce n’est pas la royauté que repoussent les libéraux, c’est le despotisme où ils soupçonnent les royalistes de vouloir les conduire; ce n’est pas la liberté, que la plupart des royalistes redoutent, mais la république dont ils s’efforcent de prévenir le retour funeste: de telle façon, que, si, d’un côté, l’on jurait de ne point vouloir le despotisme, de l’autre, de ne point ressusciter la république, les royalistes seraient libéraux, et les libéraux royalistes. Ainsi la dissidence des opinions vient, j’ose le dire, presqu’uniquement, non pas de la différence des choses qu’on désire, mais des suspicions d’hypocrisie jetées sur les volontés.15

Andererseits zeichnete sich vor dem Hintergrund des innenpolitischen Kurswechsels nach dem Attentat auf den Duc de Berry und erneut nach dem Thronwechsel von 1824 eine Vertiefung des Antagonismus zwischen libéraux und royalistes ab. Zwischen den Anhängern einer „monarchie légitime et constitutionnelle“ und dem entgegengesetzten Lager „qui ne rêve que désordre et sédition, qui veut le règne de l’anarchie“ schienen libéral und libéralisme kaum mehr als semantische Integrationsklammern wirken zu können.16 Dennoch blieb diese Projektion selbst anläßlich der Thronbesteigung Karls X. greifbar. Aus konstitutionell-monarchischer Sicht war es auch jetzt noch möglich, eine eigene Deutung von libéralisme vorzunehmen: Im Gegensatz zu den „perturbateurs, conspirateurs et révolutionnaires“ sehe das Land, „la France libérale“, allein im Königtum und seiner Kontinuität seine konstitutionellen Erwartungen erfüllt. Anläßlich des Thronwechsels nach dem Tod Ludwigs XVIII. stellte man libéralisme sogar als Ergebnis der Restaurationsepoche seit 1815 dar, denn allein der König, „en harmonie avec l’esprit de la constitution“, garantiere politische Freiheit und gesellschaftliche Stabilität: Oui, tels sont les vœux de la France libérale, et ses détracteurs le savent bien; son roi peut les combler; elle croit que c’est aussi son désir, elle l’espère, elle l’attend; elle doit l’attendre d’un roi constitutionnel, de Charles le Bien-Aimé, du frère, du successeur d’un roi que nous pleurons encore, que nous regretterons à jamais, qu’immortalisa l’auguste promesse qu’il fit d’être toujours le protecteur des libertés publiques; car si le libéralisme n’était pas chez les Français le résultat nécessaire des progrès de leur civilisation et l’expansion d’un besoin dont ils ressentirent de tous temps les atteintes, il serait la conséquence naturelle et inévitable de la restauration.17

Währernd die idées libérales immer seltener in der programmatischen Funktion wie nach 1815 auftraten, entwickelten sich in der Kritik und Polemik gegenüber libéraux und libéralisme neue Artikulationsformen, die auch Rückschlüsse auf die gesellschaftliche Verbreitung der Begriffe zulassen. Zu den neuen publizistischen Textkategorien zählten vor allem die zahllosen Spottgedichte, Lieder und Satiren sowie zumeist dialogisch aufgebaute politische 15 16 17

Projet de conciliation entre les royalistes et les libéraux, par M. le marquis de B. S., Paris 1821, S. 3. Coup-d’œil sur la véritable position des partis en France, adressé aux électeurs de la Ire série, par un ami de la légitimité et de la Charte, Paris 1822, S. 4. De la France libérale. Par J. de M. . .y, Paris 1825, S. 11 und 14 f.

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IV. Phasenverschobene Ideologisierung und Polarisierung bis 1830

Katechismen, die sich an einen breiteren Adressatenkreis wandten.18 Die betont volksnahe Sprache und die schlagwortartige Verdichtung der Inhalte lassen auf eine gesellschaftliche Diffusion und Zirkulation der Begriffe über den engeren Kreis bildungs- und besitzbürgerlicher Gruppen hinaus schließen. Diesem Befund entspricht auch die nachweisbar höhere publizistische Frequenz des Wortfeldes in den 1820er Jahren (vgl. Abbildung 3). Die politische Öffentlichkeit, an die sich diese Texte wandten, blieb jedenfalls nicht auf die parlamentarische oder administrative Elite beschränkt. Ein besonders anschauliches Beispiel für die polemische Politsatire ist die Lieder- und Gedichtsammlung L’Anti-Libéral ou le chansonnier des honnêtes gens von 1822, wo vor allem politische Gruppenbezeichnungen wie patriote oder bonapartiste als Objekte der polemischen Kritik auftraten. Hier bot sich wiederum die semantische Kontinuitätslinie von der Revolution bis zur Gegenwart an, um alle gängigen Begriffe in einen negativ bestimmten Bedeutungszusammenhang zu stellen.19 Die libéraux kennzeichnete demnach nicht allein ihre beständige Kritik an der angeblichen Verletzung der Charte durch Monarchie und Regierung, sondern ihr revolutionärer Ursprung als Adepten Robespierres. Hinter deren Schlagwörtern liberté und égalité standen danach Unfreiheit und Anarchie: Ah! que la France est misérable! Nous allons bientôt tous périr; Les droits du peuple sont au diable, Ah! que de maux il va souffrir! On l’opprime, on le tyrannise, Nous sommes dans un vrai chaos, – Qui peut dire cette bêtise? – Les Libéraux, les Libéraux. ... C’était pour nous charger de chaînes, Qu’ils nous vantaient leur liberté, C’était pour piller nos domaines Qu’ils nous prêchaient l’égalité. 18

19

Vgl. J.-J.-L.-G. MONNIN, Épître aux libéraux, Paris 1821; EDMOND LOUIS BARBIER, Cantique d’un libéral, ou le bon temps de l’anarchie, Paris 1822; Le libéralisme dévoilé, chant anti-philosophique, Paris 1822; A. MONTANDON DE VALANGIN, Les libéraux aux enfers, poème venu de l’enfer . . . suivi d’une fable historique, Paris 1822; Pierre et Paul, ou le libéral et l’ultra converti. Par J. B., ancien barbiste, Paris 1822; Le triomphe du libéralisme. Strophes à nos frères les libéraux, o.O. 1822; L’agonie des libéraux. De V., électeur de la Seine [Paris 1824] sowie J. S. HAPPEY, Le troubadour en goguette ou l’anti-libéral-pique, Paris 1824; Catéchisme anti-révolutionnaire. Jésus, sauveur des hommes, ayez pitié de la France, Avignon 1829, S. 32 und 56; E. F. J. LESCOUF, Petit catéchisme historique du parti philosophe, mis à portée du peuple, Lille 1829, S. 43, 120 und 124 sowie Avis à tous les bons Français. Catéchisme anti-libéral. Projets impies, immoraux et anarchiques du libéralisme, Marseille [1830], S. If., 12, 23, 34 und 46 ff. L’Anti-Libéral ou le chansonnier des honnêtes gens, Paris 1822, S. 16 ff., S. 29 ff. und S. 39 ff.; vgl. Ce que c’est qu’un bonapartiste, in: ebd., S. 17.

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Au bon temps du bon Robespierre J’ai vu tous ces fameux héros Montrer tout ce que pouvaient faire Les Libéraux, les Libéraux.20

Zumal die Ermordung des bourbonischen Thronfolgers durch Louvel lieferte einen Anlaß, um das tradierte Bestimmungsmuster, die inhaltliche Gleichsetzung von libéral und revolutionärer Anarchie, einprägsam zu artikulieren: Tel fut Louvel, monstre infernal: V’là c’que c’est qu’un libéral. Fils du crime et de la terreur, Prôner un vil conspirateur, Ne revoir les Bourbons en France Qu’avec répugnance, Braver leur clémence; Équestre félon et déloyal, V’là c’que c’est qu’un libéral.21

Für die royalistischen Kritiker von libéraux und libéralisme blieb die Bedeutungskontinuität von der Revolution 1789 zur Gegenwart das gängige Argumentationsmuster. Seine Funktion bestand in der jederzeit möglichen Aktualisierung von historischen Erfahrungen in der eigenen Gegenwart und in der damit verbundenen Selbstvergewisserung durch eine eindeutige Zuordnung positiver und negativer Konnotationen. Dem entsprach die Attributierung von libéral mit révolutionnaire, jacobin und anarchiste.22 Für de Montlosier stellte die bloße Änderung von Parteinamen eine besonders subversive Strategie der Revolutionsanhänger dar. In libéral erkannte er die in die Gegenwart hineinreichende Revolution; das Adjektiv stand für ein permanentes Bedrohungsszenarium. Die Revolution erschien nicht mehr als temporär begrenzbarer Einschnitt, sondern setzte sich gerade auf der Ebene der Begriffe fort, indem politische Intentionen sprachlich getarnt wurden: Qui ne se souvient des beaux temps de la révolution? Nous régnions alors sur la France; elle était remplie de nos clubs et de notre domination. Aujourd’hui, on dirait qu’il n’y a plus un seul jacobin sur cette terre qui en était couverte: mais ce n’est que le nom qui a disparu. On a fait disparaître, de même, la dénomination de juif, qui était devenue odieuse. Nous avons pris le nom de libéral comme les juifs ont pris celui d’israélites, sans que pour cela rien soit 20 21 22

Les Libéraux, in: ebd., S. 33. V’là c’que c’est qu’un libéral, in: ebd., S. 175; vgl. ferner Les missionnaires libéraux or les sophistes révolutionnaires, in: ebd., S. 151–4. Vgl. Quelques vérités aux chefs des libéraux, par un ami du roi et de la charte, [Castelnaudary] 1821, S. 3; M. de Chateaubriand à M. de Marcellus (Paris, 10. März 1823), in: MARCELLUS, Politique de la restauration en 1822 et 1823, Paris 1853, S. 161–2, hier: S. 161; CHARLES DE SAINT-HILAIRE, Commentaire sur la charte constitutionnelle; pour répondre aux plaintes des libéraux sur sa prétendue violation, Paris 1823, S. 3; [LOYSSON DE GUINAUMONT] Quelques réflexions sur les doctrines du jour, par M. L. d. G., membre de la chambre des députés, Paris 1826, S. 10; A. R. DEDILLON, Coup d’œil sur les constitutions et les partis en France, Lyon 1827, S. 39 sowie [LANTHOIS] Quelques observations sur les doctrines du jour, Paris 1829, S. 81 f.

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changé. Aujourd’hui, comme au temps du grand Robespierre, notre doctrine peut se résumer dans les points suivans: la souveraineté du peuple, les droits de l’homme, l’égalité absolue; avant tout la haine des temps anciens . . .Comme jacobin, notre règne était passé; il commence à revenir, comme libéral. Sous ce titre, nous avons réformé déjà une partie du monde; nous soumettrons de même de nouveau et nous réformerons la France.23

Der parti libéral Frankreichs repräsentierte aus Montlosiers Sicht ein ideologisches Lager, dessen Programm und Selbstbewußtsein auf der Instrumentalisierung von révolution und contre-révolution basierte. Beide Begriffe fungierten als interdependente Deutungsmuster für die positive oder negative Sicht der Gegenwart, und erst durch sie konnten die ideologischen Grenzlinien zwischen libéraux und royalistes eindeutig definiert werden: C’est surtout sur le caractère de la révolution et de la contre-révolution que le parti libéral a le mieux étalé ses sophismes. En parlant de la révolution, il ne manque jamais de nous la signaler comme l’époque de l’établissement en France du gouvernement représentatif, de l’abolition des abus de l’ancien régime, et notamment du pouvoir absolu. En parlant de la contre-révolution, il ne manque pas, par la même raison, de la signaler comme le retour des abus de l’ancien régime, des privilèges pécuniaires et des lettres de cachet . . . Sur ces deux points [i.e. tuer la révolution, c’est-à-dire en complétant la contre-révolution] le parti libéral a introduit dans le langage de graves équivoques. D’un côté, comme nous l’avons vu, il ne cesse d’imputer au parti royaliste une espèce de contre-révolution que celui-ci ne veut pas et à laquelle il ne pense pas; que toute la France désire, et à laquelle il cherche à échapper. D’un autre côté, les libéraux cherchent à établir sous le nom de révolution un mouvement d’enthousiasme qui a éclaté au commencement de 1789, mouvement auquel on peut attribuer de bonnes intentions et de bons résultats, et qu’ils veulent faire confondre avec la véritable révolution abominable qu’ils chérissent et qu’ils veulent conserver.

Hinsichtlich der Zusammensetzung des parti libéral unterschied Montlosier drei Gruppen, die neben den historischen Gewinnern der Revolution vor allem auch Teile der classes moyennes und der Jugend umfaßten: „Un parti révolutionnaire illustré, enrichi par les événemens de la révolution, et toujours plein d’amour pour cette révolution; . . . un parti plébéien pris dans la classe moyenne avec toutes les vanités, toutes les jalousies propres à cette classe; .. . un parti de jeunes étudians appartenant à toutes les classes“.24 Die Charte von 1814 unterschied er grundsätzlich von den Ergebnissen der Revolution. Auf die in ihr enthaltenen Zugeständnisse wandte Montlosier zwar das Adjektiv libéral an, betonte aber hier die vorrevolutionäre Semantik des Begriffes. Darin kann man auch den Versuch erkennen, das Deutungsmonopol des politischen Gegners durch eine Gegendefinition aufzubrechen. Den für ihn maßgeblichen antirevolutionären Entwicklungspunkt der Verfassung, der über den Stand der angeblich reformbereiten Monarchie am Vorabend der Revolution nicht hinausging, definierte Montlosier sehr konkret: C’est que toutes les concessions qu’on peut justement appeller libérales dans la Charte n’ont aucun rapport aux temps révolutionnaires. Je veux dire qu’elles sont toutes consacrées, ou

23 DE MONTLOSIER, De la monarchie française au 1er janvier 1821, Paris 1821, S. 25 f. 24 DERS., De la monarchie française au 1er mars 1822, Paris 1822, S. 99 f., 220 f. und 158.

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par les ordonnances qui ont appelé les Etats-Généraux, ou par les demandes du clergé, des parlemens et de la noblesse, ou enfin par la déclaration du 23 juin 1789.25

Montlosier hob wie auch zahlreiche andere Autoren die gesamteuropäische Dimension der revolutionären Bedrohung hervor. Den Beweis für deren Existenz lieferte ihnen gerade die Vielzahl der Bezeichnungen:26 So sprach Montlosier von der „cohue de luddistes et de carbonaris, de libéraux et de radicaux“, und Clausel de Coussergues setzte den überkommenen geographischen Grenzen Europas gar eine neue ideologische Grundlinie entgegen, deren Wirkung semantisch längst alle Ländergrenzen überschritt.27 Den ereignisgeschichtlichen Rahmen für diese Einschätzung boten die zahlreichen Revolten, Attentate und die Formierung von Freiheits- und Unabhängigkeitsbewegungen um 1820, von der Ermordung des Duc de Berry in Frankreich und Kotzebues in Deutschland, über die Ereignisse in Peterloo im Kontext der außerparlamentarischen Protestbewegung in England bis hin zu den Aufständen in Italien und Spanien. Die all diesen Ereignissen zugrundeliegende Prämisse transzendierte die verschiedenen Gruppenbezeichnungen und ließ sich auf eine gemeinsame Konnotation zurückführen: Les habitans de l’Europe ne sont plus réunis ou divisés par les lignes géographiques, mais par la conformité ou l’opposition des principes. Les radicaux anglais, les teutoniens d’Allemagne, les carbonari italiens, les liberales espagnols, les libéraux français, ne forment qu’un même peuple: c’est ce qu’ils proclament dans tous leurs livres, c’est ce qu’annoncent leurs éclats de joie, lorsqu’ils espèrent le succès d’une révolte, soit à Spafield ou à Manchester, soit à Cádiz ou dans les Abruzzes, soit à Turin, à Grenoble, à Belford ou à Saumur; ils ont un conseil et des trésors communs, enfin ce qui constitue un peuple parfaitement uni et plus fortement organisé qui fut jamais.28

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Ebd., S. 112; vgl. DERS., De la monarchie française au 1er janvier 1824, Paris 1824, S. 163; zur zeitgenössischen Kritik an Montlosier vgl. GANILH, De la contre-révolution en France, ou de la restauration de l’ancienne noblesse et des anciennes supériorités sociales dans la France nouvelle, Paris 1823, S. 76 f. Vgl. Description d’une grande mascarade jacobino-libérale qui a eu lieu à Paris dans le carneval de l’année 1824, Paris 1824, S. 26; [JOUIN] Lettres bordelaises, ou lettres à un habitant de Bordeaux, concernant le parti libéral et ses doctrine. Par M. l’abbé Jouin. Première et deuxième lettres, 2. Aufl., Paris 1829, Deuxième lettre, S. 65–166, hier S. 124; [MAHUL] Des partis en France et dans la chambre des députés pendant la session de 1822, Paris 1822, S. 39; vgl. im Rekurs auf libéral auch die Hinweise auf die politischen Konflikte in Spanien und den Freiheitskampf der Griechen bei PAUL-LOUIS COURIER, Pièce diplomatique, extraite des journaux anglais (1823), in: DERS., Pamphlets politiques, Bd. 2, S. 144–51, hier S. 151 sowie BIGNON, Les cabinets et les peuples depuis 1815 jusqu’à la fin de 1822, 2. Aufl. Paris 1823, S. 180 und 349. MONTLOSIER, Monarchie, 1822, S. 207; vgl. zum europäischen Antagonismus zwischen den doctrines libérales und den doctrines de l’absolutisme, die man mit Canning auf der einen und Metternich auf der anderen Seite identifizierte, Des intérêts en politique. M. Canning et M. de Metternich, in: REVUE DES DEUX MONDES 1 (1829), S. 1–7, hier S. 4. JEAN CLAUDE CLAUSEL DE COUSSERGUES, Quelques considérations sur la marche du parti libéral dans les premiers mois de 1822 et sur certains discours de ses deputés; . . . précédées de son opinion sur la Pétition-Loveday, Paris 1822, S. 16.

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Die fundamentale Kritik aus monarchisch-katholischer Sicht bestimmte die ausführlichste Monographie der 1820er Jahre zu libéralisme. In Du libéralisme, ou la vérité vengée von 1822 hob M. Beauchamp, Priester aus der Diözese Soissons, einen doppelten Antagonismus zwischen libéralisme auf der einen und royalisme sowie religion auf der anderen Seite hervor.29 Der Begriff lag wiederum auf einer negativ konnotierten revolutionären Traditionslinie. Das libéralisme zugrundeliegende Prinzip firmierte zumal in Frankreich unter ganz verschiedenenen Bezeichnungen, aber immer blieb der revolutionäre Bruch von 1789 der semantische Fluchtpunkt: In libéralisme schienen alle Ziele und Gefahren der Revolution verdichtet. Der Begriff diente mithin der Aktualisierung vergangener Erfahrungen in der Gegenwart: pour le libéralisme, ennemi de tout ordre, nous l’avons vu se glorifier de tout ce qui devait lui être un sujet de honte et d’opprobre éternel, s’il pouvait jamais rougir. Il prenait exclusivement la qualification de patriote, qui, dans le sens qu’il l’entendait lui-même, était synonyme de révolutionnaire, d’ami de la liberté, de républicain, de sans-culotte, de clubiste, d’ennemi juré du Roi et de la royauté; et aujoud’hui son titre chéri est celui d’ami des idées libérales; titre qui réunit à lui seul toutes les qualités et les significations des précédentes dénominations.30

Mit der „autorité divine“ des Monarchen, dem Gottesgnadentum des Ancien régime, sei die Forderung nach der „souveraineté du peuple“ niemals zu vereinbaren. Signifikant erschien die Bestimmung von libéralisme gegenüber den zeitgenössischen politischen Kräften: Er umfasse all diejenigen, die gegen Königtum und christliche Religion eingestellt seien, auf der die Legitimität der Monarchie gründe: „Le Libéralisme est volontiers de tous les partis, pourvu qu’ils soient opposés à la Religion et à la Monarchie.“ Historisch seien, so Beauchamp, die Prinzipien von libéralisme, insbesondere dessen atheistischer Charakter, zum ersten Mal von Voltaire formuliert und dann von den Revolutionären 1789 aufgenommen worden.31 Die Verbrechen der Revolution seien Ergebnis des libéralisme, und die Deutung der Charte von 1814 als „consécration royale de la révolution“ schien für den Autor die Revolution endgültig in die Gegenwart hinein zu verlängern.32 Diesem Bestimmungsmuster entsprach schließlich auch die Einschätzung des Attentats auf den Duc de Berry und die Erklärung für die politische und gesellschaftliche Instabilität Frankreichs nach 1815. Dabei eignete sich libéralisme zur umfassenden Projektion aller Negativ29 30 31

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BEAUCHAMP, Du libéralisme, ou la vérité vengée, Paris 1822, S. 1 ff. und 63 ff. Ebd., S. 3. Ebd., S. 30 und S. 36 f.: „Ennemi de la Divinité dont la pensée le révolte, il [i.e. le libéralisme] ne rougit point de se montrer tantôt déiste, tantôt athée, tantôt matérialiste, et jamais religieux; haïssant la religion, parce qu’elle est opposée à sa perversité et à sa corruption, et qu’elle est le plus ferme appui des trônes, ne recommandant rien tant à ses enfans que l’esprit d’ordre et de subordination. Il est donc incontestable que le libéralisme est l’ennemie de tout bien, de tout ce qui est juste et bon . . . Mais enfin où a-t-il puisé ces principes? . . . C’est dans Voltaire: voilà la source infecte et impure où le libéralisme a puisé avec surabondance sa haine contre la religion et la royauté.“ Ebd., S. 73 ff. sowie das Zitat aus dem CONSTITUTIONNEL, zitiert in ebd., S. 69.

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erfahrungen: „Le Libéralisme auteur, provocateur et défenseur de toutes les trahisons, conspirations et émeutes populaires depuis le 20 mars 1815 jusqu’à ce jour.“ Dies galt wiederum nicht allein für Frankreich, sondern weit darüber hinaus für ganz Europa.33 Diese Funktion ideologischer Grundbegriffe innerhalb des Politikdiskurses, auf der Basis schlagwortartig verdichteter Inhalte durch positive Identifikation oder negative Abgrenzung zur politisch-ideologischen Selbstvergewisserung und Zukunftsdeutung beizutragen, bildete sich in Frankreich früher und intensiver aus als in den anderen Vergleichsfällen. Vor dem Hintergrund der unter Karl X. provozierenden Klerikalisierung der Politik, die über das traditionelle Bündnis von Thron und Altar hinausging und sich im Sakrileggesetz, der kirchlichen Schulaufsicht und der Rückkehr der Jesuiten niederschlug, vertiefte sich der semantische Antagonismus zwischen libéralisme und catholicisme.34 Dies verschärfte die ideologische Lagerbildung zwischen libéraux und royalistes auf weltanschaulicher Ebene. Die Kirchenund Religionsfeindlichkeit des libéralisme entwickelte sich insbesondere seit der Thronbesteigung Karls X. zu einem einprägsamen Bestimmungstopos innerhalb der monarchisch-restaurativen Kritik.35 So konstatierte Henri de Bonald 1828: „C’est . . . au parti libéral qu’on sacrifie la religion catholique.“ Besonders signifikant für diesen Gegensatz war die negativ konnotierte Trias „protestant, philosophe, libéral“, in der sich Konfession, Aufklärung und politische Programmatik als semantische Anknüpfungspunkte bündeln ließen.36 Die Distanzierung zwischen libéralisme und catholicisme provozierte aber in den 1820er Jahren auch Versuche einer Versöhnung beider Prinzipien. Eine Sonderrolle nahm dabei Lamennais ein.37 Unter dem Einfluß der kirchenfeind33

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Vgl. die Überschrift zu Kapitel XVIII, ebd., S. 87 sowie 102 ff. Beauchamp erwähnte in diesem Zusammenhang die spanischen Cortes, die Carbonari in Neapel und Piemont sowie die Radicaux in England. Vgl. JARDIN und TUDESQ, S. 62 ff.; DE MONTLOSIER, Mémoire à consulter sur un système religieux et politique, tendant à renverser la religion, la société et le trône, Paris 1826, S. 313 sowie aus monarchisch-restaurativer Perspektive COMTE DE SALABERRY, Doctrines. De l’esprit de doctrines et de l’esprit de révolution, in: LE CONSERVATEUR DE LA RESTAURATION. Dieu, les Bourbons et les Gens de Bien 1 (1828), S. 197–210, hier S. 201 ff. sowie BARON MENGIN DE FONTDRAGON, De l’hypocrisie des libéraux, in: ebd. 3 (1828), S. 131–4. Vgl. ANTOINE MADROLLE, Défence de l’ordre social, attaqué . . . au nom du libéralisme du XIXe siècle par M. de Montlosier, Paris 1826, S. 280 ff.; [LOUIS BASILE CARRÉ DE MONTGERON] Les convulsionnaires d’accord avec les libéraux, ou adresse au roi par un ancien conseiller au parlement, Paris 1827, S. 3 sowie Les soirées politiques, ou simples conversations sur les principes libéraux, Paris 1829, S. 33 f. HENRI DE BONALD, De l’esprit de corps et de l’esprit de parti. Suivi de quelques réflexions sur l’écrit de M. Cottu: Des moyens de mettre la charte en harmonie avec la royauté, Paris 1828, S. 27 sowie Mémorial catholique à l’usage des royalistes devenus ou reconnus libéraux, où l’opinion publique est mise à même de prononcer entre la religion de l’église universelle et la religion de M. de Montlosier, Paris 1826, S. 73. Vgl. KURT JÜRGENSEN, Lamennais und die Gestaltung des belgischen Staates. Der liberale Katholizismus in der Verfassungsgebung des 19. Jahrhunderts, Wiesbaden 1963, S. 23 ff.

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lichen Politik des Kabinetts Martignac nach der Neuwahl von 1827 und der Erfahrung der Freiheitskämpfe der irischen und vor allem der belgischen Katholiken unternahm er es, die beiden bislang antagonistischen Pole von catholicisme und libéralisme zu verbinden. Lamennais ging davon aus, daß die nach Freiheit strebenden Völker, die der Kirche verbunden waren, die wahre christliche Gesellschaft schaffen könnten. Die fortschreitende politisch-gesellschaftliche Bewegung seiner Gegenwart setzte er im Schlußkapitel seiner Schrift Des progrès mit der christlichen Religion gleich: Nous le disons sans détour, ce mouvement est trop général, trop constant, pour que l’erreur et les passions en soient l’unique principe. Degagé de ses fausses théories et de leurs conséquences, le libéralisme est le sentiment qui partout où règne la religion du Christ, soulève une partie du peuple au nom de la liberté.38

Der libéralisme in seiner ursprünglichen Bestimmung ließ sich danach als allen christlichen Nationen inhärente Sehnsucht nach Freiheit deuten. Als echtes geistiges Prinzip müsse sich der Wille zur Freiheit, wie sie im libéralisme der Gegenwart machtvoll zum Ausdruck komme, mit Notwendigkeit verwirklichen: „Le libéralisme, considéré dans ce qu’il offre d’universel et de permanent, n’est autre chose que le désir invincible de liberté inhérent aux nations chrétiennes.“ Überzeugt davon, daß dieser Siegeszug der politischen Freiheitsidee nicht aufzuhalten sei, gewann die Bestimmung der Freiheit als Verbindung zwischen Christentum und libéralisme konstitutive Bedeutung für Lamennais: „Que veulent les libéraux? La liberté; c’est-à-dire une autorité qui les préserve de l’oppression d’un pouvoir sans règle, en maintenant le règne de la justice qui n’est que le règne de Dieu“.39 Der Topos zahlreicher Publizisten, nach dem die Begriffe libéralisme und libéraux ausschließlich in der Bedeutungstradition der gottlosen und kirchenfeindlichen Revolution stünden, spielte für den Katholiken Lamennais keine Rolle. Sein Begriffsverständnis gründete dennoch im Gegensatz zu den Prinzipien von 1789; den emanzipatorisch konnotierten Souveränitätsanspruch in der Tradition der Aufklärung verwarf er. Dieser Widerspruch erklärt sich nur, wenn man Lamennais’ Versuch einer Neubestimmung von libéralisme gerade außerhalb der Bedeutungstradition von 1789 nachvollzieht. So sehr dies in den 1820er Jahren eine Außenseiterposition markierte, so wenig wäre die Tradition des liberalen Katholizismus ohne sie verständlich. Für Lamennais war eine Gesellschaft ohne die Anbindung an das göttliche Gesetz unvorstellbar. Die Kopplung von libéralisme und catholicisme, „de fait, la théorie libérale est identiquement la doctrine catholique sur la société“,40 gründete auf der Prämisse, daß die Suche der libéraux nach einer stabilisieren38 39 40

FÉLICITÉ ROBERT DE LAMENNAIS, Des progrès de la révolution et de la guerre contre l’Eglise. Brüssel 1829, in: DERS., Œuvres Complètes, Bd. 9, Paris 1837, S. 22. Ebd., S. 179 und 64. FÉLICITÉ ROBERT DE LAMENNAIS, Deux lettres à Monseigneur l’Archevêque de Paris, in: DERS., Œuvres Complètes, Bd. 9, S. 321 ff., Seconde lettre, S. 389.

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den Autorität und Herrschaft, die Gerechtigkeit und Freiheit sichere, notwendig auf den Katholizismus hinführe, denn nur hier sei die Synthese aus Macht und Freiheit möglich. Seine explizite Anlehnung an die doctrinaires erklärte sich aus der Tatsache, daß er hier das gleiche Bedürfnis nach Autorität und Freiheit zu erkennen glaubte, das auch den ursprünglichen catholicisme charakterisiert habe. Lamennais’ Semantik ging mithin von einer Entkopplung des libéralisme von der Revolution aus und machte die gottbestimmte Gesellschaft und ihr Fundament aus Freiheit und Autorität zum bedeutungsbestimmenden Faktor. Nur auf dieser Basis, die angesichts des aufgezeigten Spannungsfeldes in der politischen Publizistik zunächst isoliert blieb, konnte er in Anlehnung an den gemeinsamen Kampf von Liberalen und Katholiken in Belgien um 1830 auch für Frankreich eine Zusammenfassung beider Bewegungskräfte fordern, eine „union du catholicisme et du libéralisme comme moyen de rétablir la société sur ses bases véritables“.41 c) Der jargon libéral und die Mechanismen des Politikdiskurses: Begriffe als konkrete Handlungsfaktoren Die Erfahrung politischer Partizipation und Interessenartikulation in einem nationalen Parlament förderte auch die Unterscheidung ideologisch distinkter Gruppen, deren Bezeichnungsvielfalt wie ein Abbild der historischen Zäsuren seit 1789 wirkte. Dies hatte sich zwar bereits in der Phase nach 1815 angedeutet, wurde aber im Verlauf der 1820er Jahre immer bewußter wahrgenommen. Wohl kaum eine andere Quelle dokumentiert den Entwicklungsstand des politisch-ideologischen Vokabulars so ausführlich und reflektiert wie Carl Ludwig von Hallers 1822 erschienene Schrift De quelques dénominations de partis. Haller untersuchte hier zum ersten Mal systematisch alle zeitgenössischen Parteibezeichnungen im Hinblick auf ihren historischen und aktuellen Bedeutungsgehalt. Zugleich unterstrich er, wie weitgehend die in Frankreich gebildeten und bestimmten Begriffe nunmehr das politische Vokabular ganz Europas prägten. Die hier reflektierten Mechanismen politischer Sprache und die Wahrnehmung ideologischer Grundbegriffe als Handlungsfaktoren politischer Konflikte machen diesen Text zu einem Schlüsseldokument der 1820er Jahre. Nicht zufällig bildete seine Kritik am dominierenden „jargon libéral“ der zeitgenössischen Publizistik den Anknüpfungspunkt für seine Überlegungen. Die politische Begriffsverwirrung, in der zugleich ein Instrument für die ideologische Manipulation der Öffentlichkeit zu liegen schien, beruhte, so Haller, auf der Besetzung von Begriffen und Diskursen durch die libéraux: Deren Interpretationsmonopol garantierte erst ihre Meinungsführerschaft. Dem setzte Haller mit nachgerade aufklärerischem Impetus die systematische Entlarvung der Begriffsinhalte entgegen: 41

Brief Lamennais’ an den Baron de Vitrolles vom 18. Dezember 1829, zitiert nach JÜRGENSEN, S. 29.

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Nous avons souvent pensé qu’un des meilleurs présens à faire à la bonne littérature serait un petit ‚dictionnaire libéral‘ qu’il faudrait toujours porter en poche . . . Ce langage, ou plutôt ce jargon libéral est en effet tout particulier: il ressemble à des expressions ou à des locutions françaises; mais en les prenant dans leur sens ordinaire, on n’y comprend rien et quelquefois même on rit de ces absurdités apparentes . . . les libéraux ont pris assez de peine pour nous déchiffrer leur langage, et ce n’est pas leur faute si nous ne voulons pas le comprendre.42

Haller griff für die inhaltliche Bestimmung auf eine semantische Entwicklungslinie zurück, die mit den philosophes, encyclopédistes und illuminés des 18. Jahrhunderts einsetzte und sich über die spezifischen Partei- und Lagerbezeichnungen der Revolution sowie der napoleonischen Herrschaft bis in die Gegenwart fortsetzte.43 Den Urspung von libéraux erkannte er in den vor allem in Deutschland 1815 unternommenen Versuchen, unter dem Einfluß der Schlagworte constitution und union eine republikanisch-revolutionäre Ordnung zu errichten. Damit rekurrierte Haller auf die Anfänge der nationalen Einheitsbewegung in Deutschland seit der napoleonischen Fremdherrschaft; von dieser Oppositionsbewegung sah er eine revolutionäre Bedrohung ausgehen. Die Verbreitung der für Haller im spanischen Kontext geprägten Gruppenbezeichnung – er bezog sich also nicht auf den französischen Ursprung der idées libérales – setze sich in ganz Europa fort: La république libérale ayant manqué en France, elle devait s’établir en Allemagne, projet que l’on masqua sous le mot d’union ou d’unité; et les philosophes germains allaient se charger du rôle de la grande nation: on en nommait déjà les grands prêtres et les capitaines généraux. Dans ce tems-là, les chefs de la secte, c’est-à-dire les amis de la liberté et de l’égalité, ordonnèrent à leurs disciples de prendre le nom de ‚libéraux‘; et ce mot, qui d’abord n’avait été employé qu’en Espagne, retentit soudain d’un bout de l’Europe à l’autre.

Durch den Rekurs auf die antike Bedeutungstradition – „Jadis on appelait ‚libéral‘ un homme généreux qui faisait des libéralités de son propre bien“44 – suchte Haller die Degeneration der politischen Semantik zu veranschaulichen, die in der Adaption der Revolutionsschlagworte liberté und égalité mündete: on appelle ‚libéral‘ quiconque prend, ou même qui détruit le bien d’autrui; dont la générosité consiste à tuer la poule qui donne des œufs, ou à couper l’arbre qui porte des fruits . . . le titre de libéral ne pouvait être pris dans l’ancienne acception du mot, mais plutôt dans un

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CHARLES-LOUIS DE HALLER, De quelques dénominations de partis, pour servir à l’intelligence des journaux et de plusieurs autres écrits modernes, Genf 1822, S. 3f. Ebd., S. 11 f. und 14; vgl. zur Genese von populaires, patriotes und démocrates aus dem Geist der illuminés, zur Polarisierung von monarchie und démocratie von 1789 bis 1792 sowie zur Entstehung der divergierenden Gruppenbezeichnungen jacobins, feuillans, cordeliers, républicains, brissotins, girondins, maratistes, robespierristes, fédéralistes, ebd. S. 15 ff.; vgl. ebd., S. 20 f.: „Alors disparurent pour un moment toutes ces dénominations de partis. Il n’était plus question ni de raison ni d’humanité, ni de liberté et d’égalité, ni de philosophes, ni d’hommes éclairés, ni de jacobins ou de républicains même; on n’entendit parler que de bonapartistes ou d’anti-bonapartistes, de partisans ou d’ennemis d’un nouveau souverain, qui aspirait aussi à devenir universel.“ Ebd., S. 26.

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sens strict et littéral, qui signifie, ‚enclin à l’indépendance, partisan des idées de liberté et d’égalité‘.

Der besondere Stellenwert von Hallers Schrift für die komparativ-semantische Analyse ergibt sich vor allem aus seinem Versuch, die zeitgenössische Verbreitung des Wortfeldes in den anderen Ländern Europas zu rekonstruieren. Seine Absicht, die revolutionären Zielsetzungen der neuen politischen Sekten auf sprachlicher Ebene zu entlarven, zwang ihn zugleich, den semantischen Äquivalenten in den jeweiligen nationalsprachlichen Politikdiskursen nachzugehen. So reflektierte er für Deutschland indirekt die einzigartige Fermentierung vorpolitischer und politischer Inhalte, wenn er auf die Schwierigkeiten der Übersetzung hinwies. Die Ambivalenz von liberal zwischen der neuartigen, aus Frankreich stammenden, ideologischen Bedeutungsrichtung und einer nach wie vor vorhandenen vorpolitischen Nuancierung, die in der Kennzeichnung einer individuell-unabhängigen Disposition lag, wurde bereits im Bedeutungsunterschied zwischen freigebig und freisinnig sichtbar. Erst im Übersetzungsakt wurde die semantische Inkongruenz sichtbar – die Übertragung politisierter Etiketten von einem Land auf das andere geriet an eine Übersetzungsgrenze: „Le mot ‚freigebig‘ ne se prêtant pas chez eux à la même ambiguïté que celui de libéral, ils l’ont traduit par ‚freysinnig‘, et veut dire, ‚pensant librement, songeant à la liberté, ayant des sentimens libres‘“.45 Das ideologische Gegenstück zu den französischen libéraux erblickte Haller für England in den radicaux, was indirekt auch auf den ganz anderen Stellenwert von liberal im politischen Vokabular Englands hinwies. Während radikal im Deutschen noch kein politisiertes Adjektiv darstellte, wies radical im Englischen bereits eine genuin politische Dimension auf. Wortäquivalente ließen also keinesfalls auf Bedeutungsidentitäten schließen: Leurs frères et amis en Angleterre . . . ont pris avec une certaine bonne foi le titre de radicaux (ce que les Allemands désignent par ‚durchgreifend‘), comme pour annoncer au monde qu’ils ne se contentent pas de quelques petites concessions à l’esprit du siècle . . . mais qu’ils veulent établir une réforme radicale, c’est-à-dire le triomphe complet de la liberté, et l’égalité, de la souveraineté du peuple, ou plutôt de la leur propre, sur la plus large base.

Wichtig erschien Haller die Wandlungsfähigkeit der französischen libéraux, die sich in den verschiedenen Gruppenbezeichnungen ausdrückte. Hier wurde deutlich, daß libéraux keine konkrete „Partei“, sondern nur ein allgemeines ideologisches Lager kennzeichnete, innerhalb dessen sich wiederum verschiedene Richtungen unterscheiden ließen. Zu diesen semantischen Komplementärbezeichnungen, die auch ein Abbild des sich abzeichnenden inneroppositionellen Interessenantagonismus waren, zählte Haller constitutionnels, indépendans, doctrinaires und carbonari. Jede dieser Etiketten wies eine eigene Konnotation auf, ließ sich aber doch auf libéraux als übergeordnetes Bestimmungsmuster zurückführen:

45

Ebd., S. 27.

274

IV. Phasenverschobene Ideologisierung und Polarisierung bis 1830

Enfin comme il convient de changer souvent de mode, d’habit et de couleurs pour gagner ou éblouir la multitude, nous voyons encore les libéraux s’appeler tantôt des ‚constitutionnels‘, bien entendu que la Constitution ne soit faite que par eux et pour eux . . .; tantôt des ‚indépendans‘, mot emprunté des révolutionnaires anglais du XVII e siècle, et qui signifie non pas indépendant par sa fortune . . . mais ne reconnaissant aucune dépendance, aucune autorité supérieure à la leur; tantôt ‚doctrinaires‘ ou ‚principiers‘, c’est-à-dire les dépositaires de la doctrine du siècle . . . enfin, aussi des ‚carbonari‘ ou des ‚charbonniers‘.46

Für den von Haller erkannten jargon libéral war nicht allein die positive Stilisierung der Eigenbezeichnung, sondern vor allem die Stigmatisierung und polemische Diskreditierung des Gegners charakteristisch. Diesem Ziel diene ein ganzes Reservoir an Negativbegriffen: „que tous ceux qui restaient fidèles à leurs devoirs, qui reconnaissaient un Dieu dans le Ciel, un roi ou un maître quelconque sur la terre, ne pouvaient et ne devaient être que des gens à préjugés, des imbécilles, des sots, des superstitieux, des cagots, des fanatiques, des valets du despotisme“.47 Diese Polarisierung zwischen vermeintlichen Repräsentanten von Fortschritt, Aufklärung und Freiheit auf der einen und von Rückschritt, Aberglauben und Despotie auf der anderen Seite datierte für Haller seit der Epoche der Französischen Revolution, die mit dem Gegensatz von positiv konnotierten démocrates und dem Verdikt aristocrates begonnen habe. Im weiteren Verlauf der Revolution sei diese semantische Konfliktlinie von jener zwischen den republikanischen patriotes und den royalistes abgelöst worden. Die negative Bestimmung von royaliste durch die Anhänger der Revolution habe sich in der Stigmatisierung der Königstreuen als Vaterlandsverräter und Revolutionsfeinde fortgesetzt: „tout ennemi de la révolution, même dans une extrémité du royaume ou dans l’étranger étoit un Vendéen, un chouan, un fauteur de la guerre civile, un perturbateur du repos public“.48 Obgleich eindeutig vom Ziel einer Entlarvung der zeitgenössischen libéraux als Anhänger von Revolution und Anarchie geleitet, gelang Haller in seiner Schrift eine aufschlußreiche Betrachtung der Genese zeitgenössischer Parteinamen. Das breite Spektrum der „dénominations de partis“ erschien dabei als Spiegel der Umbrüche seit 1789. Jede politische Krise und Richtungsänderung sowie jeder konstitutionelle Wechsel fügten dem politischen Vokabular neue Bezeichnungen hinzu, deren Semantik die Bedeutungen früherer Begriffe überlagerte. Daraus resultierte zwangsläufig ein komplexes Neben- und Übereinander von politisch-ideologischen Etiketten, deren Gültigkeit stets unter dem Vorbehalt der nächsten Krise stand. Die Ablösung der ursprünglichen dénominations von 1789 setzte sich, so schien es 1822 im Rückblick, in immer kürzeren Abständen fort. So sei um 1797 „oligarque“ als neue Bezeichnung innenpolitischer Gegner aufgetaucht. Aber auch dessen Konjunktur erwies sich als kurzlebig, denn mit Bonapartes Herrschaft setzte sich wiederum ein neues Vokabular durch: „Enfin cette mode passa aussi: Bonaparte parut, et tout le lan46 47 48

Ebd., S. 30 f. Ebd., S. 33. Ebd., S. 37.

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gage changea; mais on fut embarassé d’en trouver un autre plus convenable aux circonstances.“ Trotz des Versuchs, sich von républicains und royalistes abzusetzen, hätten sich die Bezeichnungen bonapartiste und impérialiste in Frankreich nicht durchsetzen können: Le mot de bonapartiste n’indiquait que le culte servile d’un seul homme, et celui d’impérialiste ne sonnait pas trop bien aux oreilles françaises, tant il est vrai que ce régime étant contre nature, on ne savait pas même trouver un mot approprié à son essence dans une langue aussi riche et aussi féconde.

In diesen Zusammenhang ordnete Haller nun auch die Genese des politischen Adjektivs libéral ein, wobei er dessen Ursprung nicht in der oben dargestellten französischen Semantik der idées libérales erkannte, sondern in dem aus Spanien importierten Gegensatz zwischen liberales und serviles. Entscheidend blieb für ihn die Verschleierung der Revolutionsideologie durch einen neuen und damit noch unbelasteten Begriff: „le titre de libéral fut substitué à celui de révolutionnaire ou de républicain.“ Die Bezeichnung serviles für den Gegner griff Haller auf, um die eigene ideologische Position zu charakterisieren, indem er an die Ursprungsbedeutung erinnerte: „elle [i.e. la confrérie philosophique] appella ses antagonistes des serviles, mot excellent par sa merveilleuse ambiguïté, et qui désignait en sens littéral tous ceux qui servent ou obéissent là où le devoir le commande“.49 Den vorläufig letzten Einschnitt für die Ausdifferenzierung der politischen Bezeichnungen bildete die Wiederherstellung der Bourbonenmonarchie 1814/15. Haller analysierte scharfsinnig, daß die libéraux von 1815 sich bei dem Versuch, die Errungenschaften der Revolution im Rahmen einer Monarchie zu sichern, der Bedeutung von royalistes angenähert und sie zumindest nicht länger als Gegner begriffen hätten. Dies habe jedoch eine Disqualifizierung der bisherigen royalistes durch das Präfix ultra nach sich gezogen, denn nur so hätten sich die ideologischen Konfliktlinien auch unter veränderten Rahmenbedingungen weiterhin klar bezeichnen lassen. Dahinter stand der Übergang von der Politisierung zur ideologischen Polarisierung von libéral, die in Frankreich früher und intensiver als in den übrigen Vergleichsländern einsetzte: Enfin le Roi de France ayant été miraculeusement rétabli sur son trône, il eût été trop absurde ou trop maladroit de faire encore une injure du nom de royaliste. Les libéraux même vouloient passer pour tels, afin de mieux servir, non pas la royauté, mais le système ou l’esprit du siècle, c’est-à-dire de la révolution. En conséquence, pour rendre leurs ennemis odieux, ils inventèrent le mot d’ultra royaliste, ou tout simplement d’ultra, c’est-à-dire des gens qui allaient au-delà de la ligne tracée par la raison des philosophes . . . enfin, on les accusait d’être plus royalistes que le Roi.

Die europäische Verbreitung dieser ideologischen Begriffe und zumal die Disqualifizierung der Revolutionsgegner als ultra war für Haller ein Beweis für das Deutungsmonopol des politischen Gegners.50 Vor diesem Hintergrund for49 50

Ebd., S. 38 f. Ebd., S. 40; vgl. ebd., S. 41: „Quoi qu’il soit, ce mot d’ultra retentit tout-à-coup d’un

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derte er, der Meinungsführerschaft der révolutionnaires und ihrer Dominanz im Politikdiskurs entgegenzuwirken. Dazu gehörte nicht allein die restaurativ intendierte Gesinnungstreue gegenüber Gott und Monarch, sondern auch die Bereitschaft, dem politischen Gegner das Deutungsmonopol über seine Begriffe streitig zu machen und diese als sprachliche Werkzeuge der Revolution zu entlarven. Um dieses Ziel zu erreichen, entwickelte Haller ein eigenes Reservoir an antonymischen Gegenbegriffen: Soyons donc fidèles, non-seulement à Dieu et à notre Roi, mais encore à la vérité, et au langage qui en est l’expression. Ainsi, nous ne donnerons plus à nos adversaires les titres faux et usurpés de philosophes, d’hommes éclairés, de libéraux même, bien qu’on en connaisse aujourd’hui la valeur; nous les traiterons de sophistes, de faux sages, de prétendus philosophes, d’orgueilleux, d’imposteurs ou de menteurs même . . . nous les traiterons d’ignorans . . . d’impies . . . de rebelles . . . d’anti-sociaux . . . de révolutionnaires . . . d’anarchistes et de spoliateurs . . . de niveleurs . . . de jacobins.51

Der Theoretiker der Restauration erkannte damit implizit die revolutionäre Wirkung des öffentlichen Politikdiskurses an, ja er bediente sich seiner spezifischen Mechanismen, die selbst ein Ergebnis der Revolution waren, um den politischen Gegner zu bekämpfen: Politische Begriffe wurden zu aktiven Handlungsfaktoren innerhalb der ideologischen Auseinandersetzungen. Haller vertraute als Bilanz seiner Erfahrungen auf die Macht der politischen Sprache, wenn es gelang, die Deutungsmacht für die Durchsetzung der eigenen ideologischen Position zu erlangen: Quand le langage sera changé, les choses changeront. Soyez certain que nul ne voudra être sophiste, ignorant, impie, rebelle, révolutionnaire, jacobin ou spoliateur; chacun, au contraire, voudra passer pour royaliste, honnête homme, religieux ou chrétien, fidèle, ami de l’ordre et de la justice, et par-là même il le deviendra. Alors, plus de masques pour ces prétendus libéraux; des bataillons entiers d’auxiliaires déserteront leur cause, et nous ne verrons plus qu’un petit nombre de sectaires ridicules et isolés.52

Damit dokumentierte er, als theoretischer Vertreter der Gegenrevolution ein denkbar unbestechlicher Zeuge, die Veränderung der Mechanismen sowohl des Politikdiskurses als auch der ihn tragenden Begriffe als langfristiges und irreversibles Ergebnis der Revolution. d) Die Instrumentalisierung des parti libéral durch capitalistes et commerçants Ein im Vergleich zur Phase von 1815 bis 1820 neuartiges Bedeutungselement entwickelte sich in der genaueren Bestimmung der gesellschaftlichen Gruppen,

51 52

bout de l’Europe à l’autre; et de Pétersbourg à Lisbonne, de Berlin jusqu’à Naples, tout homme qui aimait l’ordre et la justice, qui respectait son Dieu et son Roi, qui croyait que le moment était arrivé de revenir de ses erreurs, et de défaire un peu l’Œuvre de la révolution, était un ultra“; vgl. in diesem Sinne bereits LE MODÉRATEUR 2 (1819), S. 43 f. HALLER, Dénominations, S. 42 f. Ebd., S. 47.

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die den parti libéral nicht im Sinne einer definierbaren parlamentarischen Fraktion oder einer organisierten Partei sondern eines politischen Lagers bildeten. Zur Erfassung der semantischen Transformation, die zwischen 1815 und den 1820er Jahren eintrat, bietet sich die Gegenüberstellung zweier Aussagen an. 1817 charakterisierte ein Beobachter der politischen Szene im Département de l’Eure die Zusammensetzung des parti libéral: Ce qu’on appelait le parti libéral se composait de bonapartistes, d’ancien membres des assemblées Constituante, Législative, de la Convention, des conseils sous le Directoire, des fonctionnaires de l’Empire irrités par la contre-révolution qu’ils confondaient avec la Restauration. Ils ne faisaient pas de différence entre Louis XVIII et le comte d’Artois, les ultras et les hommes qui servaient la royauté pour affermir le gouvernement représentatif. On avait des passions, pas de but, pas de plan; on ne recherchait que le renversement de ce qui existait sans être fixé sur ce qui pourrait le remplacer. Les moyens termes paraissaient de la lâcheté, les hommes modérés des ambitieux ou des traîtres.53

Danach dominierten vor allem diejenigen den parti libéral, die ihre Karriere und gesellschaftliche Stellung als Mitglieder der politischen und administrativen Elite einem der Revolutionsregimes oder der napoleonischen Herrschaftsphase verdankten. Sie waren mit der durch Ludwig XVIII. und die ultra symbolisierte Gefahr einer Restauration in eine defensive Position geraten und durch den Systemwechsel von gesellschaftlicher Deprivation bedroht. Insofern läßt diese Verortung des parti libéral eine defensive, ja „konservative“ Bedeutungsrichtung erkennen: Es ging um eine Sicherung oder Fortsetzung der mit der Revolution und Napoleon verbundenen individuellen Karrieren sowie des sozialen und finanziellen Status unter veränderten politischen Rahmenbedingungen. Hier wird eine Diskrepanz zwischen der in der politischen Semantik des Wortfeldes dominierenden offensiven Grundierung, sei es in der positiven Stilisierung der idées libérales oder der polemischen Stigmatisierung der revolutionären Qualität von libéralisme, und der defensiven Implikation von parti libéral hinsichtlich der sozialen Interessen der libéraux deutlich. Nur sechs Jahre später ging Isidore Gautier ebenfalls auf die Zusammensetzung des parti libéral ein. Dabei wies er zunächst auf die „faction révolutionnaire“ hin, die aber in der Führung des parti libéral nunmehr durch die neue Gruppe der capitalistes verdrängt werde. Daraus ergab sich eine soziale und programmatische Fermentierung des parti libéral, die nicht mehr allein auf die Formation derjenigen gesellschaftlichen Gruppen zurückzuführen war, die ihren Status einem der Revolutionsregimes oder dem napoleonischen Kaiserreich zu verdanken hatten: le noyau qui forma, à cette époque, la faction ennemie du trône, fut augmenté d’une partie des plus riches capitalistes de la France. Cette faction prit le nom de parti libéral; ce qui

53

Zitiert nach JEAN VIDALENC, Le Département de l’Eure sous la Monarchie Constitutionnelle 1814–1848, Paris 1952, S. 192

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flatta ses nouveaux alliés: car ce titre annonce une composition d’hommes animés des intentions les plus pures, et est revendiqué, à bon droit, par les amis de la légitimité.54

Die wirtschaftsbürgerlichen Gruppen aus der Finanzwelt und dem Handel schienen für Gautier die eigentlich bestimmende Kraft an der Spitze der libéraux. Der sich hier abzeichnende Wandel des Bestimmungsmusters von libéraux bestand in der Transformation von primär politischen zu primär sozioökonomischen Kriterien. Die Instrumentalisierung der prolétaires entsprach dabei den sozioökonomisch bestimmten Interessen der capitalistes: Quelle fut la classe rivale des deux anciens corps de l’état? . . . Les capitalistes et les commerçants. Ce sont encore des mêmes hommes qu’on trouve aujourd’hui à la tête des libéraux. C’est cette classe qui se dit la protectrice de l’industrie, le soutiens des libertés publiques; c’est avec ces deux titres pompeux qu’elle appelle à elle tous les prolétaires, pour nous replonger de nouveau dans le gouffre révolutionnaire.

Auch der vom Autor hervorgehobene Unterschied zwischen den libéraux und den Anhängern der Monarchie wurde nicht mehr wie bisher primär im Hinblick auf historische Positionen begründet. Als Unterscheidungsmerkmal firmierte vielmehr die Stellung gegenüber den agrarischen oder gewerblichen Interessen. Indem Gautier den libéraux die Bevorzugung industrie- und finanzbürgerlicher Interessen vorwarf, wurde auch hier der sozioökonomische Faktor bedeutungsbestimmend: Le grand système de la faction libérale est de diviser les intérêts réels, d’en forger d’imaginaires pour effrayer les deux qui existent véritablement: celui du sol et celui de l’industrie. Le système des vrais amis de la monarchie constitutionnelle, est de réunir ces deux intérêts . . . C’est à la tête de ce dernier système que marche le gouvernement.55

Die veränderte Rolle des finanzstarken Wirtschaftsbürgertums für die Bestimmung von libéral wurde hier semantisch faßbar. Die Vereinnahmung des bisher politisch definierten Oppositionsetiketts libéral durch eine gesellschaftliche Interessengruppe provozierte jedoch bald auch Kritik, die sich zum Beispiel an der Kluft zwischen politischem Bekenntnis und Lebensstil festmachte: „Les banquiers, s’ils sont libéraux dans les chambres, sont toujours royalistes à leur comptoir“.56 1826 konstatierte ein Autor vor dem Hintergrund der Ausrichtung der libéraux an den besitzbürgerlichen notabilités sogar die semantische Entwertung des historisch begründeten Attributs: „Le mot libéral n’a plus de sens aujourd’hui, et ne désigne plus un ami de la liberté et de l’égalité depuis que l’on a vu certaines libéraux courtiser avec empressement les grandes notabilités . . . et s’associer même à quelques-uns de leurs projets. Aucun parti ne réclame maintenant ce titre“.57 54 55 56 57

ISIDORE MARIE BRIGNOLLES GAUTIER, Des indépendans, des libéraux et des constitutionnels, ouvrage adressé aux électeurs français, Paris 1823, S. 12 f. Ebd., S. 30 und 32. M. de Marcellus à M. de Chateaubriand (London, 8. April 1823), in: MARCELLUS, Politique de la restauration en 1822 et 1823, Paris 1853, S. 192–4, hier S. 194. J.-B. LECLÈRE, Pensées politiques sur les partis en France et les événemens du jour, Paris 1826, S. 6.

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e) Guerre à mort entre la monarchie et le libéralisme: Semantische Verdichtung und ideologischer Antagonismus vor 1830 Am Ende der 1820er Jahre dominierte der Antagonismus zwischen dem parti libéral und dem parti royaliste das Bestimmungsmuster von libéral und libéralisme. In einem Überblick über den „état des partis dans les chambres“ von 1828 ging ein Beobachter zunächst vom semantischen Ursprung der idées libérales im vorpolitisch bestimmten Adjektiv généreux aus, um die Phase seit 1789 als immer größere Entfremdung von diesem positiven Ursprungsprinzip zu charakterisieren: Notre langue présentait autrefois le mot libéral comme à peu près synonyme de généreux; de manière que ceux qui se paient de mots ont vu dans les idées libérales les idées généreuses. Et quel jeune Français n’est pas disposé à adopter les idées généreuses! Quel noble cœur reste insensible à ces mots de liberté, d’indépendance, si célèbrés par les plus beaux génies de tous les siècles! Mais le rapport des mots s’étend-il jusqu’aux choses? Si ces idées libérales étaient en effet les idées généreuses, croit-on qu’elles fussent en France de si fraîche date, que l’expression n’était même pas connue à l’époque de la dernière édition du Dictionnaire de l’Académie? Qu’avons-nous trouvé jusqu’ici de commun entre les façons de penser généreuses et les actes comme les principes de ceux qui, de 1789 à 1820, ont porté ces mots d’idées libérales écrits sur leurs étendards? 58

Die Begeisterung der Jugend für die idées libérales übersehe vor allem die historischen Wurzeln, die weiter als 1789 zurückreichten. Daraus, so der Autor, verbiete sich der einseitige Rekurs auf die Aufklärung und die Revolutionsepoche als Kristallisationspunkte der nationalen Identität: Ces jeunes gens qui confendent dans une seule pensée les idées libérales, les idées généreuses, les idées nouvelles, croient-ils qu’il n’y avait rien de grand dans les idées anciennes, et que la France les ait attendus pour connaître les idées généreuses? La France est-elle un État neuf et demi-barbare, sortant aujourd’hui de son obscurité pour se produire tout à coup dans le monde, comme la Russie il y a un siècle?

Das Spektrum der Parteien Frankreichs offenbarte tiefreichende, durch die Stellung gegenüber Revolution und Monarchie begründete Konfliktlinien, die vor dem Hintergrund der Klerikalisierung der Politik zusätzlich vertieft wurden. Der politischen entsprach eine weltanschauliche Polarisierung. Mit den Schlagworten charte, roi, pape ließ sich diese Position deutlich markieren.59 Alle politischen Gruppenbezeichnungen ließen sich aus dieser Perspektive auf den bipolaren ideologischen Gegensatz zwischen libéraux und royalistes reduzieren, durch deren Nuancierungen ein insgesamt viergliedriges Spektrum entstand: Voilà les deux partis qui existent et qui existeront en France comme en Angleterre: le parti royaliste, qui soutient les idées monarchiques et les idées aristocratiques, qui en sont inséparables; le parti libéral, qui soutient les idées démocratiques . . . Nous avons compté quatre partis en France, ou plutôt dans les Chambres; les deux nuances libérales composées de par58 59

VICOMTE DE SAINT-CHAMANS, De l’état des partis dans les chambres, et des alliances possibles entre eux, Paris 1828, S. 5f. Ebd., S. 8f. und 27 f.

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tisans plus ou moins prononcés des idées démocratiques, et qu’on désigne sous le nom de gauche et de centre gauche; les deux nuances royalistes, composés de partisans plus ou moins prononcés des idées monarchiques et aristocratiques, c’est-à-dire la droite et le centre droite.60

Im Vorfeld der Wahlen von 1830 erschien unter dem Titel Le libéralisme en présence des élections eine Sammlung von Texten, aus denen sich das Bedeutungsspektrum von libéralisme rekonstruieren läßt.61 Eine Verbindung zwischen den Lagern der royalistes und libéraux schien dabei aus der Sicht der monarchisch orientierten Publizisten unmöglich, da der Bewegungsbegriff „également subversif de la royauté et de la Charte elle-même“ schien. Die Ablehnung der königlichen Ordonnanzen, die im Juli 1830 zum Umschlag der latenten Krise in die revolutionäre Aktion führte, sei ein Zeichen für die Infragestellung des Monarchen durch den libéralisme und damit ein Bruch der Verfassung. In dieser Kritik ging der oppositionelle Charakter des Bewegungsbegriffes in eine revolutionäre Qualität über: Ou le libéralisme refuse au Roi le pouvoir de faire les ordonnances pour la sûreté de l’État, et il renie ainsi le pacte fondamental qui le concède; ou bien refusant moins à la Charte le sens véritable de ses articles qu’au Roi la confiance publique, le libéralisme le renie-t-il ainsi comme chef d’État. Car en cette qualité, il aurait droit au moins qu’on attendît avec respect ses décisions constitutionnelles, pour les juger avec justice, avant de les prévenir par des interprétations perfides ou calomnieuses.62

Gegenüber dem heterogenen Lager der royalistes, in dem sich Anhänger einer intransingenten Rekonfessionalisierung von Politik und Gesellschaft, bourbonische Legitimisten und gemäßigte Monarchisten fanden, repräsentierten die libéraux als ideologisch-oppositionelle Sammelbezeichnung keine verbindliche programmatische Ausrichtung, aber eine erfolgversprechende Strategie: Le malheur du royalisme aujourd’hui est de se diviser en petites factions. Les uns veulent l’église; ils font d’ailleurs bon marché de la royauté, les autres veulent des Bourbons, prêts du reste à sacrifier la religion . . . Considérez les libéraux, ils n’ont pas de doctrines; mais ils suppléent à ce vide par une profonde hypocrisie, par une habile politique, et par une vigilance qui n’est jamais défaut. Capables de tout entreprendre, également actifs et infatigables, ils ne laissent rien à la fortune de ce qu’ils peuvent lui ôter par conseil et par prévoyance.63

Aufschlußreich war wiederum der Versuch, die gesellschaftlichen Segmente des libéralisme näher zu bestimmen. Aus der kritischen Sicht der Royalisten unterschied man die alten „républicains“ in der Tradition der radikalen Französischen Revolution, die „impérialistes“ als Anhänger Napoleons, die „protestans“ 60 61

62 63

Ebd., S. 27 und 173. Vgl. ferner CRESTIN, Discussion sur la prétendue faculté de refuser de budjet, pour faire suite à l’Essai sur le faux libéralisme, Besançon 1830, S. 14 sowie Les deux électeurs libéraux, Paris 1830, S. 12 f. Vte DE CALVIMONT SAINT-MARTIAL, Le Libéralisme en présence des élections, Paris 1830, S. 5 und 64. Ce qui manque aux royalistes. Par B. J., in: Vte DE CALVIMONT SAINT-MARTIAL, Le Libéralisme, S. 193–6, hier S. 195.

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in ihrem Gegensatz zur „religion catholique“ und zur „dynastie des Bourbons“ sowie schließlich „les libéraux de bonne foi, que nous nommerons les dupes, et les libéraux par poltronnerie et par intrigue.“ Daneben identifizierte der Autor auch die kleine Gruppe der Führer des Finanz- und Wirtschaftsbürgertums, die sich unter dem Deckmantel des libéralisme eine Förderung ihrer spezifischen Interessen erhofften: „qui se sont faits libéraux pour diriger le libéralisme et profiter de ses chances favorables“.64 Das Bestimmungsmuster von libéral und libéralisme dokumentierte vor Ausbruch der Julirevolution somit eine zutiefst polarisierte Semantik, die durch die Konnotation von libéralisme als politisch-gesellschaftliche Opposition gegenüber dem royalisme bestimmt wurde. Die von den Publizisten erkannte „guerre à mort entre la monarchie et le libéralisme“ ließ eine Integration beider Begriffe auf der Basis der konstitutionellen Monarchie, wie dies nach 1815 programmatisch geschehen war, nicht mehr zu.65 Der Konflikt zwischen den Lagern, denen sich 1830 schlagwortartig aufgeladene Wertbegriffe zuordnen ließen, stellte sich als Fundamentalkrise dar: „La religion, l’infortune et la fidélité firent le royalisme! . . . La gloire, le bonheur, les richesses établirent le libéralisme!“ 66 Über diese inhaltliche Transformation hinaus offenbart die Analyse der Begriffsentwicklung vor allem die spezifische Dynamik des französischen Politikdiskurses bis 1830. In der Folge der zahlreichen Regimewechsel seit 1789 wurde die Gültigkeit politischer Begriffsbestimmungen immer weiter verkürzt. Das Verhältnis von strukturellem Wandel und der ihn reflektierenden Sprache schien durch die Umwälzungen grundlegend verändert. Mit Skepsis verfolgten aufmerksame Zeitgenossen die Auflösung der traditionellen Verbindung zwischen Begriffen und Intentionen. Dieses Auseinandertreten von vermeintlicher und wirklicher Bedeutung – Voraussetzung für jede Begriffsverwirrung – war Folge der Verschleierung spezifischer Interessen durch politische Begriffe, die damit zu aktiven Handlungsinstrumenten in politischen Konflikten wurden. In ironischer Überzeichnung, aber mit bemerkenswerter analytischer Klarheit be64 65

66

R. CABUEIL, Coup d’œil sur le libéralisme du moment, in: ebd., S. 204–8, hier S. 206–8. ALPHONSE FRESSE-MONTVAL, De l’opposition en 1830, Paris 1830, S. 18; eine bemerkenswerte Ausnahme stellte die Bestimmung des principe conservateur der englischen Verfassung als Programm des parti libéral dar, vgl. Sur les partis et les factions. Extrait du Journal du Nord des 2 et 3 février 1830, Lille 1830, S. 8: „Le principe conservateur de la constitution anglaise, depuis plus d’un siècle, est le noble esprit de parti. Cet esprit est inhérent au gouvernement représentatif. Il est fondé sur les vertus, la franchise et la loyauté. Seul il peut résister à l’esprit de faction. Dans un pays libre, le gouvernement doit avoir un parti déclaré à marcher à sa tête, l’entraîner, le diriger. Par cette conduite, il ralliera insensiblement tous les esprits, ne verra plus de faction, mais seulement des partis formés par des nuances d’opinion. Alors ces partis, loin d’être nuisibles, fortifient le caractère national et donnent de la vigueur au gouvernement.“ MAURICE ONSLOW, Considérations sur les principes monarchiques, et les opinions libérales. Réflexions sur les élections du département de la Haute-Loire de l’année 1830, Le Puy [1830], S. 5.

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merkte H. Grégoire 1828: „Dans les crises politiques le langage subit des modifications adaptées à leur but . . . pour conserver une chose, on change les termes, et on conserve les mots pour déguiser le changement de la chose .. . autrefois à Gênes le mot ‚liberté‘ était inscrit sur les fers des galériens“.67

2. Deutschland a) Von der Liberalität bei der Regierung zum umstürzenden Liberalismus: Die Herrschaft des Verdachts gegenüber dem Geheimrathsliberalismus Die Verbindung des Begriffsgehalts von liberal mit dem Staat als Motor politisch-konstitutioneller Reformen, die Hoffnung auf Liberalität bei der Regierung, setzte sich auch nach 1815 zunächst fort. Das Bedürfnis nach einem überparteilichen Integrationsattribut für den Kurs des preußischen Staates schien groß: So bemühte sich Ernst-Gottfried Georg von Bülow-Cummerow 1821 um den Beweis, daß trotz der unterschiedlichen zeitgenössischen „Partei“-Namen liberal grundsätzlich auf alle staatstragenden Gruppen Preußens, vor allem den König selbst, Staatskanzler Hardenberg und den hohen Adel angewandt werden könne. Liberal stand hier für die Hoffnung auf eine Konstitutionalisierung auf der Basis der traditionellen „Repräsentanten des Grund und Bodens“, für die Bülow-Cummerow das Recht der Steuerbewilligung und Gesetzesberatung forderte, ohne indes die angestammte Position der Monarchie in Frage zu stellen. Den „unglücklichen Namen-Krieg“, der aus der polarisierenden Wirkung von liberal resultierte, lehnte Bülow-Cummerow ab, da doch „die Parteien unter sich gar nicht oder wenig verschieden sind“: Wenn Liberale so viel heißen soll, als Männer, die nicht mit Vorurteil an das Alte, als solches, kleben, die einsehen, daß alle Einrichtungen in der Zeit fortgehen müssen, wenn sie nicht veralten sollen, die eingestehen, daß das, was im 14. und 15. Jahrhundert gut war, jetzt veraltet sein kann, die wünschen, daß eine Verfassung bestehe, die alle Bürger, soviel es der Natur der Gesellschaft nach möglich ist, gleich macht vor dem Gesetz, die der Person und dem Eigentum Schutz gewährt, die den Ständen des Reichs, das heißt den Repräsentanten des Grund und Bodens, das Recht einräumt, die Steuern zu bewilligen und die Gesetze zu beraten, übrigens aber den Thron in Würden und Macht ungeschwächt erhält, so glaube ich, daß die Zahl der Liberalen sehr groß ist, und daß der König selbst, der Kanzler und der große Adel zu den Liberalen gehören.

Eindeutig wandte sich Bülow-Cummerow, jetzt um sehr genaue Abgrenzung bemüht, gegen jene „Liberalen“, die „im Grunde aber Revolution, das heißt: einen gesetzlosen Zustand wünschen, in dem alles Bestehende zugrunde gehe, damit sie allein als glänzende Sterne aus dem Chaos sich erheben können“.68

67

68

H. GRÉGOIRE, Histoire des sectes religieuses qui sont nées, se sont modifiées, se sont éteintes dans les différentes contrées du globe, depuis le commencement du siècle dernier jusqu’à l’époque actuelle, Bd. 1, Paris 1828, S. 175 f. ERNST GOTTFRIED GEORG VON BÜLOW-CUMMEROW, Ein Punkt auf’s I oder Beleh-

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Dieser Versuch, eine positive Wertung von liberal durch die Integration staatlicher und gesellschaftlicher Interessen zu erreichen, mithin einen Interessenantagonismus zwischen Staat und Gesellschaft zu verhindern, mochte die Position des wirtschaftsliberalen Teils des Adels noch zutreffend charakterisieren, verwischte indes die realen gesellschaftlichen Fronten mit den ihnen zugrundeliegenden Interessenkonflikten.69 Wie sehr dem Adjektiv die von Bülow-Cummerow erwünschte gesamtgesellschaftliche Deutungsmacht schon um 1820 fehlte, unterstrich Karl Varnhagen von Ense. Als publizistisches Sprachrohr der Hardenbergschen Reformpolitik meldete er schon jetzt große Zweifel an einer einheitlichen Zielsetzung aller Fürsprecher einer Verfassung insbesondere in Preußen an. Die Ambivalenz des Wortfeldes ergab sich dabei aus den unterschiedlichen Interessen politischer Akteure, die sich alle auf den Begriff beriefen, ohne daß sich mit der Gruppenbezeichnung noch eine einheitliche Richtung von Regierungsspitze, Bürokratie und bürgerlicher Sammlungsbewegung erfassen ließ. In der Allgemeinen Zeitung schrieb er im Mai 1820: „Unsere angeblichen Liberalen dürften oft von den echten Liberalen am wenigsten anerkannt werden, und sonach die Beurteilung der verschiedenen Oppositionen oder der sich so nennenden Bemühungen mit Behutsamkeit zu stellen sein“.70 Hinter diesen Oppositionen standen je heterogene Interessen, deren Gegensätze nicht mehr sprachlich zu überbrücken waren. Als Etikett für eine allgemein akzeptierte und verbindliche Reformstrategie unter staatlicher Führung taugte liberal daher immer weniger. Denn die Gegner dieses Kurses nahmen das Etikett in kritischer Absicht auf, um damit die preußischen Reformprotagonisten zu disqualifizieren. So charakterisierte Friedrich Ludwig von der Marwitz die Politik Hardenbergs als „liberal und ideologisch“ und beschuldigte ihn in diesem Zusammenhang der Demagogie, weil er zwar eine umfassende Reform versprochen, aber nichts wirklich verändert habe.71 Auch Ludwig Harscher von Almendingen sprach 1823 in kritischem Ton von Hardenbergs Politik als einem „umstürzenden Liberalismus“, der von einem „umstürzenden Obskurantismus“ verdrängt worden sei, den er wiederum im Gegensatz zu Metternichs „konservatorischem Liberalismus“ vor 1814 sah. Der Umschlag vom „umstürzenden Obskurantismus“ in einen „konservativen Obskurantismus“ bezeichnete nach der Reformphase und dem Ausscheiden Harden-

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rung über die Schrift: die Verwaltung des Staatskanzlers Fürsten von Hardenberg, Heft 1, Leipzig 1821, S. 14 f. Vgl. KOSELLECK, Preußen, S. 192. Zitiert nach BARBARA VOGEL, Beamtenliberalismus in der Napoleonischen Ära, in: LANGEWIESCHE (Hrsg.), S. 45–63, hier S. 47. [FRIEDRICH A. L. VON DER MARWITZ] Friedrich August Ludwig von der Marwitz, Bd. 1, hrsg. von FRIEDRICH MEUSEL, Berlin 1908, S. 129 f.; vgl. KOSELLECK, Preußen, S. 44.

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bergs schließlich den endgültigen Übergang zu Reformblockade und repressiver Innenpolitik zu Beginn der 1820er Jahre.72 Vor dem Hintergrund der 1822 verkündeten provinzialständischen Verfassung Preußens, die keineswegs liberal im Sinne bürgerlicher Repräsentationsvorstellungen war und weit hinter der etwa in Baden erreichten Konstitutionalisierung zurückblieb, bestand für viele Zeitgenossen an der Ausrichtung großer Teile der Ministerialbürokratie in Berlin jedoch kein Zweifel. Noch rückblickend konstatierte Rudolf von Delbrück, die Mehrheit der Regierung am Ende der Herrschaft Friedrich Wilhelms III. habe „aus Bürokraten von liberaler Färbung“ bestanden, die sich allerdings nur noch an Gesetze und ministerielle Anweisungen hielten.73 Liberal konnte hier nicht mehr mit einem reformorientierten „Impuls zu aktiven Handlungsvorschlägen“ assoziiert werden, denn falls eine Entscheidung falsch war, dann „trug eine politische Tendenz nicht die Schuld“.74 Hier entfernte sich liberal von den in der politischen Publizistik nach 1815 stark hervortretenden Erwartungen echter konstitutioneller Zugeständnisse des Staates im Sinne einer politischen Repräsentation. Damit ging eine kritische Einschätzung des neuen Bewegungsbegriffs Liberalismus zu Beginn der 1820er Jahre einher. Dessen Anwendung auf die preußische Bürokratie reflektierte überwiegend eine skeptische Beurteilung des Reformkurses. Für eine „wahrhaft ständische, auf historischen Bahnen begründete Verfassung“ jedenfalls, so Steins Briefpartner Schulz im Dezember 1822, gäbe es „im Hof- und Regierungs-Personale“ keinen Rückhalt: In den Ministerien herrscht der entschiedene Liberalismus, in dem angenommenen Sinne des Wortes vor. Die meisten dort angestellten Beamten sind entweder geschickte Geschäftsmänner, die in ihrem Kreise zum Theil von ausgezeichnetem Verdienste sind, deren Blick aber selten darüber hinaus, über das Ganze des Staats und in das Innere des Lebens und in die ganze innere Verbindung des Einzelnen mit dem Ganzen reicht, oder es sind Doctrinärs, die, im Kreise einer Theorie befangen, sich in diesem, wie in einem sich ewig in sich zurückkehrenden Zirkel, herumdrehen, oder es sind sogenannte Aristocraten, die gern den alten Sauerteig wieder haben, nicht aber den Geist des Alterthums wieder hervorrufen möchten.75

Liberalismus charakterisierte hier, im Gegensatz zur gerade von Stein positiv konnotierten Liberalität (vgl. Abbildungen 11 bis 13), den doktrinär-abstrakten Gegenpol zu einem ständisch-organischen Verfassungsideal. Theodor von Hippel tat sich rückblickend noch 1841 schwer, die politischen Strömungen innerhalb der preußischen Bürokratie eindeutig zu benennen: „Betrübt ist der Mißbrauch der Worte: Aristokratie (Herrschaft der Edelsten, Besten) und Liberalismus (Edel- oder Freisinnigkeit). Die gewöhnlich damit verbundenen Be72 73 74 75

Brief Ludwig Harscher von Almendingens vom 12. November 1823, zitiert nach FABER, Konservatorischer Obskurantismus, S. 203 f. RUDOLPH VON DELBRÜCK, Lebenserinnerungen, Bd. 1, Leipzig 1905, S. 105. Zitiert nach: KOSELLECK, Preußen, S. 667 sowie DELBRÜCK, Bd. 1, S. 105. Brief von Dr. Schulz an den Freiherrn vom Stein vom 9. Dezember 1822, in: STEIN, Briefwechsel, Bd. 6, S. 139.

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griffe werden sich am richtigsten durch Vorsetzung des ‚Ultra‘ bezeichnen lassen.“ In diesem Sinne sprach er von „Pseudo- oder Ultra-Liberalen“ außerhalb der Bürokratie zur Zeit der Demagogenverfolgungen. Die wahre Liberalität sah auch er noch immer am ehesten in der Beamtenschaft vertreten.76 Es war gerade Bismarck, der sehr genau zwischen der eigenen Liberalität als Gutsherr, mit der er aus altständischer Sicht die Kritik am bürokratischen Reformkurs verband, und der modernisierungsfreundlichen Haltung der Beamten unterschied. Liberal ließ sich sowohl altständisch als auch im Sinne einer von der reformorientierten Bürokratie angestrebten rechtsgleichen Staatsbürgergesellschaft bestimmen. Die hier sichtbar werdenden unterschiedlichen Gesellschaftskonzeptionen konnte das Ettikett liberal kaum überbrücken; diese semantische Differenz verwies vielmehr auf einen innergesellschaftlichen Interessenantagonismus: „Ich wurde zur Kritik geneigt, also liberal in dem Sinne, in welchem man das Wort damals in Kreisen von Gutsbesitzern anwandte zur Bezeichnung der Unzufriedenheit mit der Bürokratie, die ihrerseits in der Mehrzahl ihrer Glieder liberaler als ich war, aber in anderem Sinne“.77 Diese negative Einschätzung der reformorientierten Teile der preußischen Bürokratie prägte auch Bismarcks Verständnis des Geheimrathsliberalismus. 1849 führte er als Abgeordneter im preußischen Abgeordnetenhaus aus: Es ist das, was man den Geheimrathsliberalismus nennt, der manchem hohen Staatsbeamten früherer Zeit den Namen eines Königlich Preußischen Hofjacobiners zugezogen hat. Es liegt dies in der Neigung eines großen Theils der preußischen Bureaucratie für Nivellierung und Centralisierung.78

Gegenüber dem aus dem Plenum erhobenen Vorwurf, er habe mit seiner Kritik gerade auch den Freiherrn vom Stein gemeint, verwahrte er sich dagegen, daß ich den Herrn Minister v. Stein des sogenannten Geheimrathsliberalismus beschuldigt habe. In meiner Rede kommt dieser Ausdruck mit dem Minister v. Stein in keiner Weise in Beziehung, sondern bloß mit den Staatsministern, die dem Minister gefolgt sind, wobei mir aber die Alternative doch zu eng gezogen scheint, wenn der verehrte Redner nur die beiden letzten Minister vor der Revolution zulassen will.79

Bismarcks Konnotation folgte 1849 dem Muster der konservativen Kritik an Bürokratie und Regierung, wonach die angebliche Reformorientierung bestimmter Beamter maßgeblich zur Nivellierung der staatlichen Autoritäten beigetragen habe, was in Bismarcks Augen den Ausbruch der Revolution von

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THEODOR G. VON HIPPEL, Beiträge zur Charakteristik Friedrich Wilhelms III., Berlin 1841, S. 149; vgl. KOSELLECK, Preußen, S. 297. Zitiert nach ERICH MARCKS, Bismarck und die deutsche Revolution 1818–1851, hrsg. von WILLY ANDREAS, Stuttgart 1939, S. 179. Bismarck in der Sitzung vom 18. Oktober 1849, in: [OTTO VON BISMARCK] Die politischen Reden des Fürsten Bismarck. Historisch-kritische Gesamtausgabe besorgt von HORST KOHL, 14 Bde., Stuttgart 1892–1905, Neudruck Aalen 1969–1970, hier Bd. 1, S. 135. Bismarck in der Sitzung vom 18. Oktober 1849, in: ebd., Bd. 1, S. 136 f.

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1848 erheblich begünstigt hatte.80 Bismarck postulierte in seinem Rekurs auf den Geheimrathsliberalismus einen negativen Bedeutungszusammenhang zwischen dem Kurs Hardenbergs um 1820 und dem des preußischen Innen- und zeitweisen Staatsminsters Graf von Arnim-Boitzenburg, der den preußischen König Friedrich Wilhelm IV. 1848 zu Konzessionen in der preußischen Verfassungsfrage und in der Frage der nationalpolitischen Position Preußens gedrängt hatte.81 Im Gegensatz zu der in der neueren Forschung differenzierten Sicht auf die wirklich reformbereiten und modernisierungsfreundlichen Teile der Beamtenschaft hatte die zeitgenössische Begriffsverwendung bei Bismarck eindeutig polemischen Charakter.82 1849 markierte dies den Endpunkt einer Entwicklung, in deren Verlauf die von der preußischen Reformphase genährte Hoffnung auf die Liberalität bei der Regierung von einer wachsenden Skepsis, ja einem latenten Revolutionsverdacht gegenüber den reformorientierten Teilen der Bürokratie verdrängt worden war. b) Die Säcularisation der Gesinnungen: Der Ultraliberalismus als Objekt der restaurativen Kritik Die Ermordung Kotzebues lieferte für die einzelstaatlichen Regierungen des Deutschen Bundes 1819/1820 einen willkommenen Anlaß, um den Liberalen 80

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In der Sitzung vom 14. Februar 1851 ging Bismarck so weit, die preußische Bürokratie seiner Gegenwart als die „Trägerin des revolutiuonären Prinzips überhaupt“ zu bezeichnen; vgl. ebd., Bd. 1, S. 303. Vgl. VIERHAUS, Liberalismus, S. 773; BERND WUNDER, Bürokratie: Die Geschichte eines politischen Schlagwortes, in: ADRIENNE WINDHOFF-HÉRITIER (Hrsg.), Verwaltung und ihre Umwelt. Festschrift für Thomas Ellwein, Opladen 1987, S. 293 sowie ERNST-RUDOLF HUBER, Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789, 4 Bde., Stuttgart 1957–1960, hier Bd. 2, S. 480 und 576 ff. Vgl. FRANZ SCHNABEL, Deutsche Geschichte im neunzehnten Jahrhundert, Bd. 2: Monarchie und Volkssouveränität, Freiburg i.Br. 1933, Neudruck München 1987, S. 199 f.; CONZE, Spannungsfeld, S. 220; LOTHAR GALL, Der Liberalismus als regierende Partei. Das Großherzogtum Baden zwischen Restauration und Reichsgründung, Wiesbaden 1968, S. 22 ff.; DERS., Gründung und politische Entwicklung des Großherzogtums bis 1848, in: Badische Geschichte, hrsg. von der Landeszentrale für politische Bildung, Stuttgart 1979, S. 23; FABER, Strukturprobleme, S. 210 ff.; W. SCHIEDER, Probleme einer Sozialgeschichte, S. 15; ELISABETH FEHRENBACH, Verfassungsstaat und Nationsbildung 1815–1871, München 1992, S. 5 und 78 f.; BERND WUNDER, Die Reform der Beamten in den Rheinbundstaaten, in: EBERHARD WEIS (Hrsg.), Reformen im rheinbündischen Deutschland, München 1989, S. 181–92; BERND WUNDER, Adel und Bürokratie im Großherzogtum Baden (Diskussionsbeitrag), in: FEHRENBACH (Hrsg.), S. 67 f.; NOLTE, Gemeindebürgertum, S. 28 und 78; zur Interpretation des Phänomens im Kontext der neueren Liberalismus-Forschung vgl. RUDOLF VIERHAUS, Liberalismus, Beamtenstand und konstitutionelles System, in: W. SCHIEDER (Hrsg.), S. 39–54; VOGEL, Beamtenliberalismus, S. 45–63 sowie ELISABETH FEHRENBACH, Bürokratische Verfassungspolitik und gesellschaftliche Bewegung. Zur sozialen Basis des deutschen Frühkonstitutionalismus 1818/20, in: KARL DIETRICH BRACHER et al. (Hrsg.), Staat und Parteien. Festschrift für Rudolf Morsey zum 65. Geburtstag, Berlin 1992, S. 47–58.

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den Kampf anzusagen. Mit der innenpolitischen Repression setzte die Herrschaft des Verdachts gegenüber liberal ein, die sich gegen die Projektion konstitutioneller Reformen und nationalpolitischer Fortschritte wandte. Die Identifizierung der Begriffe mit einer radikalen und gewaltbereiten Oppositionsbewegung begann nicht als programmatisches Selbstbekenntnis z.B. der Studenten, sondern hatte ihren Ursprung zunächst in der Reaktion der Regierungen. Es war kein Zufall, daß die semantische Innovation, die Ausbildung des Bewegungsbegriffs Liberalismus, zunächst von der negativ konnotierten Bezeichnung ausging. Aus der Sicht der restaurativen Kritik ließen sich so die Inhalte und Ziele der Liberalen verdichten und als abstraktes Wertesystem darstellen. Wenn Metternich betonte, dem „Ultraliberalismus“ müsse als Ursprung der oppositionellen Bewegung Einhalt geboten werden,83 so reflektierte dies einerseits die über die politische Gruppenbezeichnung Liberale hinausgehende allgemeine Zeittendenz, die er im Bewegungsbegriff Liberalismus zu erfassen suchte, und andererseits die Stigmatisierung eines politischen Extremismus, für den das aus Frankreich stammende Präfix Ultra stand.84 Von diesem Ultraliberalismus ging für den österreichischen Staatskanzler eine grundlegende Gefährdung der seiner Meinung nach allein durch das System des Deutschen Bundes gewährleisteten innen- und außenpolitischen Stabilität aus. Dabei rekurrierte er auf gefährliche Impulse von außen, wenn er im Mai 1819 ausdrücklich auf den „Liberalismus des Kaisers Alexander“ hinwies, mit dem russische Agenten in Italien eine „Bewegung in den Gemütern“ zu entfachen suchten85 – noch 83

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Brief Metternichs an Gentz vom 23. April 1819, in: [CLEMENS FÜRST VON METTERNICH] Aus Metternich’s nachgelassenen Papieren, hrsg. von dem Sohne des Staatskanzlers FÜRSTEN RICHARD METTERNICH-WINNEBURG. Geordnet und zusammengestellt von ALFONS VON KLINKOWSTRÖM. Autorisierte deutsche Original-Ausgabe, 8 Bde., Wien 1880–1884, hier Bd. 3, Wien 1881, S. 235. Vgl. zur Konnotation von ultra auch die aufschlußreiche Bemerkung Goethes: „Ich kann nicht schließen, ohne jener überfüllten Musik nochmals zu gedenken; alles aber, mein Teuerster, ist jetzt ultra, alles transzendiert unaufhaltsam, im Denken wie im Tun. Niemand kennt sich mehr, worin er schwebt und wirkt, niemand den Stoff, den er berabeitet. Von reiner Einfalt kann die Rede nicht sein; einfältiges Zeug gibt es genug. Junge Leute werden viel zu früh aufgeregt und dann im Zeitstrudel fortgerissen; Reichtum und Schnelligkeit ist, was die Welt bewundert und wornach [sic!] jeder strebt; Eisenbahnen, Schnellposten, Dampfschiffe und alle möglichen Fazilitäten der Kommunikation sind es, worauf die gebildete Welt ausgeht, sich zu überbieten, zu überbilden und dadurch in der Mittelmäßigkeit zu verharren. Und das ist ja das Resultat der Allgemeinheit, daß eine mittlere Kultur allgemein werde; darin streben die Bibelgesellschaften, die Lancasterische Lehrmethode und was nicht alles. Eigentlich ist es das Jahrhundert für die fähigen Köpfe, für leichtfassende praktische Menschen, die, mit einer gewissen Gewandtheit ausgestattet, ihre Superiorität über die Menge fühlen, wenn die gleich selbst nicht zum Höchsten begabt sind. Laß uns soviel wie möglich an der Gesinnung halten, in der wir herankamen; wir werden, mit vielleicht noch wenigen, die Letzten sein einer Epoche, die sobald nicht wiederkehrt.“, Goethe an Zelter, Juni 1825, in: MAX HECKER (Hrsg.), Briefwechsel zwischen Goethe und Zelter 1799–1832, Bd. 2: 1819–1827, Frankfurt a. M.. 1987, S. 374 f. Brief Metternichs an Gentz vom 7. Mai 1819, in: FRIEDRICH VON GENTZ, Staatsschrif-

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einmal eine späte Reaktion auf die im Kontext des Wiener Kongresses von Zar Alexander I. programmatisch vertretenen idées libérales als Ordnungsmaxime nach dem Ende der Napoleonischen Herrschaft.86 Für Metternich symbolisierte der Bewegungsbegriff gerade keinen politischen Aufbruch, sondern bot die Chance, die Oppositionsbewegungen der Gegenwart zu diskreditieren. Die Auseinandersetzung Metternichs mit dem Wortfeld sei an dieser Stelle ausführlicher und auch im Vorgriff auf die Phase nach 1830 skizziert, da sie Grundlinien der restaurativen Bestimmungsmuster besonders deutlich werden läßt. Den Hintergrund für seine tiefgreifende Aversion gegenüber Liberalismus wie den anderen zeitgenössischen Ismen bildete seine Ansicht über den Charakter der Revolution als das „größte Unglück, welches ein Land treffen kann, denn es liegt in ihrer Natur, Alles zu zertrümmern“.87 Die zahlreichen Ismen der Gegenwart waren seiner Ansicht nach Ergebnisse der Revolution, zu deren Eigenschaft er gerade die Verwandlungsfähigkeit zählte.88 Als das „proteusartige Ungeheuer“ erschien die Revolution auf der religiösen, geistigen oder politischen Ebene als reiner Jakobinismus, weltbürgerlicher Philanthropismus oder gewaltbereiter Fanatismus.89 Sei es im aufkeimenden deutschen Nationalismus, den er seit 1808 von Preußen unterstützt sah, in der italienischen Carboneria oder in der Giovine Italia: Die Revolution setzte sich im Gewand ihrer zahllosen zeitgenössischen Ismen in der Gegenwart fort und stellte für ihn ein unmittelbares Gefahrenpotential dar. Die Entstehung zeitgenössischer Bewegungsbegriffe basierte in Metternichs Rückblick auf einer politischen Vereinnahmung und ideologischen Aufladung ursprünglich überparteilicher Attribute. Dies reflektierte die Veränderung in der semantischen Relevanz vorpolitischer Begriffe zu Beginn des 19. Jahrhunderts: Durch die Substantivierung enstanden neuartige Bedeutungszusammenhänge und neue Interpretationsspielräume, die unmittelbar auf die Formierung von Oppositionsbewegungen zurückwirkten. In den derart politisierten Begriffen erkannte er die größte Gefahr für das von ihm repräsentierte System: Allen Sprachen liegt Logik zu Grunde, welche denselben die benöthigte Hilfe zu ihrer Entwicklung bietet. Als ein Beleg zu dieser Wahrheit mag der veränderte Werth gelten, den der Beisatz der Sylben ‚ismus‘ irgend einem einen faßlichen Begriff bezeichnenden Hauptworte verleiht. So Theos – Theismus; Ratio – Rationalismus; Societas – Socialismus; Communitas – Communismus u.s.w. Dort, wo der Zusatz der zwei Sylben den Begriff des Hauptwortes nicht gerade zu verdrehen scheint, öffnet er demselben in seiner Anwendung einen gefahrvollen Spielraum, wie z. B. in den Begriffen, welche einschiebbar sind zwi-

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ten und Reden. Auswahl in 2 Bdn., hrsg. von HANS V. ECKHARDT, Bd. 2, München 1921, S. 146. Vgl. Kapitel III.1.b). METTERNICH, Bd. 8, S. 209. Vgl. ebd., Bd. 7, S. 225: „La Révolution est un protée qui sait habilement changer de forme suivant les circonstances.“; vgl. HEINRICH RITTER VON SRBIK, Metternich. Der Staatsmann und der Mensch, Bd. 1, München 1925, S. 386 f. FRIEDRICH VON GENTZ, Fragmente aus der Geschichte des politischen Gleichgewichts in Europa, Leipzig 1804, S. XXXIV.

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schen Rex und Royalismus, Patria und Patriotismus, Papa und Papismus, Libertas und Liberalismus, Natio und Nationalismus, Ego und Egoismus. Sachen, welche ihrer Natur gemäß über dem Parteigetriebe stehen, werden durch den Zusatz obiger zwei Sylben in dasselbe einbezogen.90

In der grundsätzlich dualistischen Sicht Metternichs existierte innerhalb der historisch-politischen Entwicklung nur die Alternative zwischen einer erhaltenden Politik mit der naturgemäßen Kontinuität evolutionärer Entwicklungsschritte und der zerstörerischen Kraft der Anarchie. Wo es nur die Wahl zwischen uneingeschränkter Monarchie oder unbeschränkter Volksherrschaft, zwischen ständisch-überkommener Differenzierung und gesellschaftlich-egalitäter Nivellierung zu geben schien, gelangte Metternich auch zu einem bipolaren Muster der politischen Bezeichnungen. Als die eigentlich konsequenten Gegner des eigenen Systems identifizierte er die demokratischen Radicalen in der Tradition des französischen Jakobinismus. Den scheinbaren Vermittlungskurs der Liberalen verachtete er dagegen; deren evolutionäre Reformvorstellungen machten eine eindeutige Identifizierung mit der Revolution schwierig. Die Position der Liberalen verkörperte politische Halbheit: Robespierre, so Metternich, habe er stets dem Abbé de Pradt vorgezogen, und 1824 bekannte er: „Die ehrlichsten Revolutionäre bleiben doch die Radicalen“.91 Den entscheidenden Unterschied zwischen Radicalen und Liberalen beschrieb der Fünfundachtzigjährige rückblickend in einem Vergleich mit dem Whistspiel, wo er es immer bevorzugt habe, mit dem Blinden zu spielen. Während die Radicalen noch „wissen, was sie wollen“, wüßten die Liberalen dies gerade „nicht und machen daher einen Fehler über den andern“.92 Den Liberalismus selbst identifizierte er zunächst mit dem in der zeitgenössischen Publizistik dominierenden Programm einer weltfremden Aufklärung, der reinen Berufung auf Theorie und Moral. Er sei nichts als ein „Ausbund von Phrasen“ und stütze sich auf Lügen.93 In den ehrlichen Anhängern der Bewegung sah er nur die Vorhut der jakobinischen Revolution: „diese Leute schießen nur die Bresche, über welche die Radicalen in die Festung eindringen“.94 Als 90 91 92 93

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METTERNICH, Bd. 7, S. 366. Zitiert nach A. SOREL, Essais d’histoire et de critique, Paris 1883, S. 19, Anmerkung 1 und METTERNICH, Bd. 4, S. 90. KARL FRIEDRICH GRAF VITZTHUM VON ECKSTÄDT, Berlin und Wien in den Jahren 1845–1852. Politische Privatbriefe, Stuttgart 1886, S. XVI. METTERNICH, Bd. 3, S. 432; vgl. Brief Metternichs vom 22. Mai 1823, in: ebd., Bd. 4, S. 10: „Was ist das nur für eine traurige Macht, deren Grundlage Irrthum ist, die sich nur auf die Lüge stützt und deren Kraft in nichts Anderem besteht als in der Schwäche ihrer Gegner. Dieses Bild ist das Conterfei des Liberalismus. Man prüfe nur einmal etwas näher seine Ansprüche und wird bald sehen, daß sie ohne Unterlage sind; man forsche nach den Mitteln [,] über die er verfügt [,] und wird finden, daß da nichts ist.“ Ebd., Bd. 7, S. 406. Besonders deutlich schien dies die französische Julimonarchie nach 1830 zu verifizieren. Metternich unterschied dabei die „oppositions libérale et radicale“ und konstatierte, ebd., Bd. 7, S. 235: „Les hommes qui forment ces partis sont, ou des idéologues, ou des hommes doués d’un esprit pratique. Les premiers se plaisent dans la région des chimères; les autres avancent vers la république, et ils regardent le sy-

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Programm der politischen Tat repräsentierte der Liberalismus für Metternich nur lächerliche „Phantasmagorie“ wie in der Revolution von Neapel oder den „esprit de subversion . . . enhardi à un degré menaçant pour l’existence même de la société civilisée“ wie in den Geheimbünden nach dem Vorbild der italienischen Carbonari.95 Entscheidend für dieses Bestimmungsmuster blieb die Kopplung des Bewegungsbegriffes an den Bedeutungszusammenhang der Revolution. Dabei erfüllte der Liberalismus nur die Funktion eines ideologischen Vorläufers, wie Metternich im April 1847 mit Blick auf die europäischen Staaten seit 1830 konstatierte: Einen neuen Ausgangspunkt für das Uebel hat die Julirevolution in Frankreich geboten. Unter den Bourbons hat sich der Liberalismus entwickelt und derselbe hat die Julirevolution herbeigeführt, unter der letzteren hat der Radicalismus den schalen Liberalismus verdrängt; heute stehen die Staaten, in einem verschiedenen örtlichen Ausmaße, im Kampfe mit der Wahrheit und dem Scheine; die Wahrheit ist der Radicalismus, der Schein ist der Liberalismus. Italien wird durch den Schein gedrängt, hinter ihm steht die Wahrheit! 96

Dieser theoretischen Prämisse blieb Metternich treu. Sie nahm für ihn die Bedeutung eines historischen Naturgesetzes an, durch das der Liberalismus in der Geschichte des 19. Jahrunderts als stufenweise Fortführung der Revolution unter verschiedenen politisch-semantischen Etiketten interpretiert werden konnte. Alle diese Verwandlungen ließen sich jedoch letztlich auf einen gleichen Inhalt zurückführen. Die „vernünftige monarchische Form von 1814“ sei durch den „schalen Liberalismus“ unter Ludwig XVIII. abgelöst worden, und im Jahre 1830 hat dieser Popanz seinen Triumph gefeiert, im Jahre 1848 ist der Radikalismus in sein logisches Erbrecht eingetreten, im Jahre 1850 steht er im Kampfe mit seinem nicht minder ab intestato berufenen Erben, mit dem Sozialismus, hinter dem Sozialismus steht die materielle Anarchie, welche das Chaos ist, d. h. das reine Nichts.97

Die negative Konnotation des Bewegungsbegriffes im Kontext der österreichischen Politik um 1820 unterstreicht auch die Einschätzung der öffiziösen Jahrbücher der Literatur durch zeitgenössische Publizisten. Indem die Jahrbücher „der Afteraufklärung dieser sinnverwirrenden Zeit“ entgegenarbeiteten und sich Österreich auf diesem Wege eine „geistige Präponderanz in Europa“ sichere, wurde die Ablehnung der neuen Deutungsmuster zum verpflichtenden Programm.98 Für Friedrich Perthes stellten die Jahrbücher einen unbedingt notwendigen Ruhepunkt im zeitgenössischen „Wust des allgemeinen Ge-

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stème des rêveurs comme un moyen d’arriver à leurs fins. Entre deux, les radicaux ont bien autrement raison que leurs ineptes complices; s’ils ont tort dans la choix de l’objet de leur convoitise, ils ont le mérite de l’habileté dans la choix de leurs moyens.“ Ebd., Bd. 3, S. 434 und Bd. 5, S. 159. Ebd., Bd. 7, S. 402. Zitiert nach [ANTON GRAF PROKESCH-OSTEN] Aus dem Nachlasse des Grafen Prokesch-Osten, k.k. österreichischer Botschafter und Feldzeugmeister. Briefwechsel mit Herrn von Gentz und Fürsten Metternich, 2 Bde., Wien 1881, hier Bd. 2, S. 371. Brief Nikolaus Müllers vom 14. August 1821, zitiert nach SILVESTER LECHNER, Gelehrte Kritik und Restauration. Metternichs Wissenschafts- und Pressepolitik und die Wiener Jahrbücher der Literatur (1818–1849), Tübingen 1977, S. 273.

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schreibsels“, jenseits „von Liberalismus und Nationalismus“ sowie „Monarchischem und Dogmatischem“ dar.99 Die konkreten Brennpunkte dieser augenscheinlichen Gefahr bildeten aus der Perspektive der einzelstaatlichen Regierungen vor allem Studenten und Universitäten. Sie seien, so der preußische Gesandte in München, der eigentliche Ort der „revolutionairen Ideen . . . indem diese die Brennpunkte wären, worin sich in so vielen jungen Männern diese sogen. liberalen Ideen entzündeten.“ Diese erstrebten nicht nur eine „Umformung des akademischen Lebens“, sondern huldigten der Hoffnung, „daß es ‚vielleicht zu höheren Zwecken führen soll‘“.100 Das regierungsamtliche Mißtrauen gegenüber den liberalen Ideen sah sich durch die öffentlichen Reaktionen auf spektakuläre Aktionen aus dem Umkreis der Universitäten bestätigt, wie sich vor allem während des Wartburgfestes von 1817 gezeigt hatte. Die intensivierte öffentliche Diskussion nach 1815, die mit der spezifischen Aufwertung politischer Schlagworte einherging, ließ Friedrich Gentz „jene allgemeine politische Sprachverwirrung“ beklagen, die Deutschland als Ergebnis seiner „Neigung zu unfruchtbaren und gefahrvollen Theorien“ ergriffen habe. Vor diesem Hintergrund formierte sich in der Abgrenzung gegenüber der augenscheinlichen Radikalisierung eines Teils der politischen Öffentlichkeit die Kritik. Bei den politischen Repräsentanten des Systems des Deutschen Bundes, Gentz und Metternich, wurde dies besonders früh deutlich, indem beide liberal als Synonym für abstrakt-revolutionäre und damit unhistorische Erwartungen begriffen. Das „eitle Verlangen, die Verfassungen fremder Länder, deren heutige politische Gestalt der von Deutschland eben so unähnlich ist, als ihre ganze frühere Geschichte der unsrigen, auf deutschen Boden zu verpflanzen“,101 äußerte sich für Gentz in der Orientierung der öffentlichen Meinung an Frankreich. In diesem Zusammenhang sprach er 1819 von der „sogenannten liberalen Partei in Frankreich“ und unterstrich damit, wie sehr liberal in Frankreich längst zu einem integralen Bestandteil des Politikdiskurses geworden war.102 Aber auch in Deutschland erkannte Gentz in den Meinungsführern der politischen Öffentlichkeit eine drohende Gefahr für jede auf innere Stabilisierung ausgerichtete Politik: Die „ganze liberale Zeitungsschreiberbande“ ziehe gegen den Bundestag in Frankfurt „mit Spott und Schimpf zu Felde“.103

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Brief Friedrich Perthes’ an Buchholtz vom 20. Mai 1821, zitiert nach ebd. Brief des preußischen Gesanden in München, von Zastrow, an Hardenberg vom 7. November 1817, in: Gesandtschaftsberichte aus München 1814–1848, bearb. von ANTON CHROUST. Abt. III: Die Berichte der preußischen Gesandten, Bd. 1: Vom Anfang des Jahres 1814 bis zum Oktober 1825, München 1949, S. 159. FRIEDRICH VON GENTZ, Eingang zu den Karlsbader Beschlüssen von 1819, in: DERS., Staatsschriften, Bd. 2, S. 49–67, hier S. 54. FRIEDRICH VON GENTZ, Französische Kritik der deutschen Bundes-Beschlüsse (1819), in: DERS., Staatsschriften, Bd. 2, S. 68–90, hier S. 68. Brief Gentz’ an Metternich vom 17. Juni 1819, in: GENTZ, Staatsschriften, Bd. 2, S. 175.

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Aus der Perspektive von Regierungen und regierungsnahen Autoren wurde die semantische Stigmatisierung der neuen Begriffe durch die Herstellung eines historischen Bedeutungszusammenhangs zwischen 1789 und der eigenen Gegenwart zu einem der am häufigsten wiederkehrenden Topoi. So konstatierte Gneisenau 1819 unter den „Partheien“ der Gegenwart: „Erstens die der heftigeren Liberalen, welchen auch die eigentlichen Jakobiner und Revolutionairs beizuzählen sind. Alles Maß und alle Achtung gegen die Regierung vergessend, haben sie solche verunglimpft, beschimpft und erniedrigt wo sie konnten“.104 Seine Aussage stand im Kontext der innenpolitischen Richtungsänderung, die im politischen Diskurs zu einem regelrechten Ideologisierungsschub führte: Konfrontiert mit der Enttäuschung eines Teils der kritischen Öffentlichkeit über die Blockade politischer Fortschritte und symbolkräftigen Aktionen einzelner spiegelte sich in der Identifizierung revolutionärer „Parteien“ die Angst vor einer möglichen Wiederholung der Französischen Revolution in Deutschland wider. Der toposhafte Revolutionsvorwurf wurde insbesondere für Repräsentanten der sich gerade in der Auseinandersetzung mit dem Deutungsmuster Liberalismus formierenden organisch-ständischen Theorie zu einem ideologischen Eckpfeiler. Dieser ließ jederzeit eine Aktualisierung des Stigmas von 1789 zu, um von dieser Negativfolie das retrospektive Ideal einer korporativen Gesellschaftsordnung abzuheben. Franz von Baader erkannte in diesem Sinne im Liberalismus schlicht den „Revolutionismus neuerer Zeiten“.105 Die Kontinuitätslinie zwischen den Revolutionären und der Selbstbezeichnung Liberale diente dabei der Entlarvung eines zerstörerischen Individualismus, der alle historisch-ständischen Institutionen infragestellte: Die cidevant Revolutionärs, dermalen soi-disant Liberalen, waren und sind nämlich alle Nominalisten . . ., indem sie . . . nur das Einzelne (das Individuum) in seiner Abstraktion für real achten, alle Verbindung, Assoziation, Innung, Genossenschaft oder Korporation dieser Individuen aber . . . für eine unwesentliche, somit der Willkür unterworfene Form halten.

Die Liberalen der Gegenwart kennzeichne eine „Begriffsroheit und Verkennung der Identität der organischen Form“, der „die Roheit der Handlungen dieser Liberalen“ entspreche: „nämlich ihre alles organisch Gewordene und Bestehende mißachtende, zerreißende, verrückende und verrenkende oder walzendmachende Praxis.“ Im Kern trete im Liberalismus der Gegenwart die „Säcularisation der Gesinnungen“, eine „Beförderung der Irreligiosität und Niederträchtigkeit der letzteren“ hervor, die für Baader die Grundlagen aller europäischen Staaten infragestellte.106 Gerade die Begriffskritik erlaubte es Baader, 104

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Brief Gneisenaus an die Fürstin Radziwill vom 22. Oktober 1819, in: GEORG H. PERTZ und HANS DELBRÜCK, Das Leben des Feldmarschalls Grafen Neithart von Gneisenau, Bd. 5, Berlin 1880, S. 379. FRANZ VON BAADER, Vorlesungen über speculative Dogmatik. XV. Vorlesung (1828), in: DERS., Gesammelte Werke, Bd. 8, hrsg. von F. HOFFMANN, Leipzig 1855, S. 134, Anmerkung. FRANZ VON BAADER, Aus meinem Tagebuche, um 1830, in: DERS., Gesammelte

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das eigene retrospektiv-utopische Wertsystem einer religiös legitimierten und ständisch fundierten Politik- und Gesellschaftsordnung zu konturieren. Dabei bedurfte es ganz offensichtlich der ideologischen Selbstvergewisserung mit Hilfe der durch Liberalismus verkörperten Negativfolie. Auch Hegel bestimmte in seinen Vorlesungen über die Philosophie der Geschichte den Liberalismus nach 1815 als gesellschaftlich atomisierende Kraft, die durch einen bloß formalen Freiheitsbegriff gekennzeichnet sei, nämlich die Zustimmung aller Subjekte als Ausdruck einer radikal verstandenen Volkssouveränität. Seine Hoffnung auf eine universelle Befriedung der Gegenwart nach den langen Revolutionskriegen war mindestens im Blick auf Frankreich nach 1815 und den hier deutlich werdenden „Bruch von seiten des katholischen Prinzips, andererseits der der subjektiven Willen“ getrübt. Wiederum bot Frankreich das dominierende Beispiel für die Mechanismen des Politikdiskurses, und zugleich stellte es eine Folie für Erfahrungen dar, die argumentativ für die Disqualifizierung von Liberalismus im eigenen Land eingesetzt werden konnte: Nicht zufrieden, daß vernünftige Rechte, Freiheit der Person und des Eigentums gelten, daß eine Organisation des Staates und in ihr Kreise des bürgerlichen Lebens sind, welche selbst Geschäfte auszuführen haben, daß die Verständigen Einfluß haben im Volke und Zutrauen in demselben herrscht, setzt der Liberalismus allem diesen das Prinzip der Atome, der Einzelwillen entgegen: alles soll durch ihre ausdrückliche Macht und ausdrückliche Einwilligung geschehen. Mit diesem Formellen der Freiheit, mit dieser Abstraktion lassen sie nichts Festes von Organisation aufkommen. Den besonderen Verfügungen der Regierung stellt sich sogleich die Freiheit entgegen, denn sie sind besonderer Wille, also Willkür. Der Wille der Vielen stürzt das Ministerium, und die bisherige Opposition tritt nunmehr ein; aber diese, insofern sie jetzt Regierung ist, hat wieder die Vielen gegen sich. So geht die Bewegung und Unruhe fort.107

Hegel sah die destruktive Macht des Liberalismus in dessen Abstraktion begründet, die für ihn aus der Französischen Revolution als einer welthistorischen Begebenheit herrührte. Als politisches Prinzip habe er zwar alle romanischen Länder erfaßt, aber hier seien die Prinzipien des Katholizismus letztlich zu stark ausgeprägt. Der Protestant Hegel vollzog die eigene Abgrenzung gegenüber dem Liberalismus durch den Hinweis auf den Zusammenhang zwischen politischer Revolution und konfessioneller Reformation, der in Frankreich gerade gefehlt habe:

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Werke, Bd. 5, Leipzig 1854, S. 267 f. und 294. Diesen Grundgedanken unterstrich Baader mit einem historischen Vergleich zur Antike: Die zeitgenössischen „liberalen Doktrinen“ seien dem „Epikureismus“ der römischen Antike vergleichbar, „der dem Römerstaate die Verwesung brachte, welcher Verwesung die christliche Religion Einhalt tut und hiemit die Sozietät neuerdings substantiierte, und daß folglich diese Liberalen auf gutem Wege sind, den europäischen Staaten denselben Verfall . . . zu bereiten.“, FRANZ VON BAADER, Rezension von A. DE BONALD, Recherches philosophiques sur les prémiers objects des connoissances morales (1825), in: BAADER, Gesammelte Werke, Bd. 5, Leipzig 1854, S. 119 f. GEORG WILHELM FRIEDRICH HEGEL, Vorlesungen über die Philosophie der Geschichte (1822/23 bis 1830/31 gehalten), in: DERS., Werke, Bd. 12, Frankfurt a. M. 1970, S. 534 f.

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IV. Phasenverschobene Ideologisierung und Polarisierung bis 1830

Wir haben jetzt die Französische Revolution als welthistorische zu betrachten, denn dem Gehalt nach ist diese Begebenheit welthistorisch . . . Was die äußere Ausbreitung betrifft, so sind fast alle modernen Staaten durch Eroberung demselben Prinzip geöffnet oder dieses ausdrücklich darin eingeführt worden; namentlich hat der Liberalismus alle romanischen Nationen, nämlich die römisch-katholische Welt, Frankreich, Italien, Spanien, beherrscht. Aber allenthalben hat er bankrott gemacht . . . Die Abstraktion des Liberalismus hat so von Frankreich aus die romanische Welt durchlaufen, aber diese blieb durch religiöse Knechtschaft an politische Unfreiheit angeschmiedet. Denn es ist ein falsches Prinzip, daß die Fessel des Rechts und der Freiheit ohne die Befreiung des Gewissens abgestreift werden, daß eine Revolution ohne Reformation sein könne.108

Die Ausdifferenzierung der ideologisch identifizierbaren Lager von libéraux und ultra in Frankreich lieferte auch für Adam Müller die semantische Folie, vor deren Hintergrund er die nach 1815 deutlich werdende Spaltung in „Liberale“ und „Ultras“ auch für Deutschland konstatieren zu können glaubte. Die Liberalen erschienen ihm dabei als „Vernunfts- und Kulturphilosophen, die nur von einem allgemeinen Fortschreiten der Menschheit gegen ein zukünftiges Ziel der Zivilisation wissen wollen und die in der ganzen Vergangenheit nichts als einen großen Mißbrauch sehen, ohne dessen Umsturz kein Heil kommen könne.“ Müller assoziierte mit ihnen aber nicht allein die revolutionäre Nichtachtung organisch gewachsener Institutionen, sondern auch eine Reduzierung auf rein ökonomische Ziele im Sinne der aus England rezipierten political economy und fügte damit dem Bedeutungsspektrum der ursprünglich primär politisch-konstitutionell konnotierten idées libérales ein neues Element hinzu: Die „liberalen Ideen“ und das Geld würden „den alten Ketten . . . neue schlimmere Ketten“ hinzufügen. Das „allgemeine angeblich liberale Fabriksystem, welches alle natürliche Ordnung der Dinge in Europa zu verschlingen droht“, stellte für Müller das eigentliche „Universalverderben“ der Gegenwart dar.109 Die kritische Absetzung gegenüber dem neuen Bewegungsbegriff formulierte schließlich auch Joseph von Görres, der nach seiner eigenen politischen Entwicklung vom deutschen Jakobiner zum katholischen Publizisten zu Beginn der 1820er Jahre den „schreienden Liberalismus“ hinsichtlich seiner Trägerschaft deutete, indem er ihn primär im „Geldhochmut“ der „Capitalisten“ und im „Verstandeshochmut der Gelehrten“ verwurzelt sah. In diesen Bestimmungen zeichnete sich ein neues sozialhistorisch faßbares Interpretationsmuster ab, das auf die besitz- und bildungsbürgerlichen Gruppen der Gesellschaft zielte.110

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Ebd., S. 535; vgl. zu beiden Textstellen HERMANN GLOCKNER, Hegel-Lexikon, in: GEORG WILHELM FRIEDRICH HEGEL, Sämtliche Werke. Jubiläums-Ausgabe in 20 Bdn., hier Bd. 26, 2. Aufl. Stuttgart 1957, S. 1385. ADAM MÜLLER, Von der Notwendigkeit einer theologischen Grundlage der gesamten Staatswissenschaften und der Staatswirtschaft insbesondere (1819), in: DERS., Schriften zur Staatsphilosophie, hrsg. von RUDOLF KOHLER, München 1923, S. 205 und 234. JOSEPH VON GÖRRES, Aphorismen (1822/23), in: DERS., Gesammelte Schriften. 1. Abt.: Politische Schriften, Bd. 5, hrsg. von MARIE GÖRRES, München 1859, S. 135 f.

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c) Zwischen Royalismus und Ultraismus: Semantische Projektion und Differenzbestimmung von Liberalismus Um 1819/20 wirkten die in Frankreich dominierenden ideologischen Bezeichnungen libéraux und ultra auch in Deutschland als Orientierungsmarken.111 Sei es in der Erwähnung von „deutschen Ultra“ oder in der euphorischen Rezeption der führenden Zeitungen der französischen Opposition: Georg Friedrich Kolbs Rückblick auf die 1820er Jahre enthielt nicht zufällig die Bemerkung, daß vor allem die „Worte des ‚Constitutionnel‘ . . . als Orakelsprüche für alle ‚Liberalen‘ in Mitteleuropa“ galten, „und fast jedermann wollte für liberal gelten“.112 Ludwig Börne reflektierte 1821 die verbreitete Ablehnung der regierungskonformen Publizistik durch die oppositionelle Öffentlichkeit. Dabei kam den aus Frankreich übernommenen Bezeichnungen eine wichtige ideologische Identifikationsfunktion zu. Von der programmatischen Eigenbezeichnung Liberale ging zu Beginn der 1820er Jahre ein regelrechter öffentlicher Erwartungsdruck aus. So schrieb Ludwig Börne an Jeanette Wohl: „Sie . . . haben keinen Begriff davon, wie man jetzt verachtet und verfogt wird, wenn man es nicht mit den Liberalen hält . . . Ich bin der einzige, der Nachsicht mit den Ultras hat; es ist mir kein weiterer begegnet, der so duldsam wäre“.113 Frankreich bot also auch nach der Adaption der idées libérales und ihrer Transformation in die liberalen Ideen eine wichtige Anschauungsfläche für deutsche Autoren. Die Erfahrungen, die man in Deutschland infolge des konstitutionellen Entwicklungsstandes noch nicht teilen konnte, vermochten auf der Ebene der Begriffe in den deutschen Kontext einzufließen. Anschauung und Begriffsimport übernahmen somit auch eine kompensatorische Funktion für den deutschen Politikdiskurs: Wo reale politische Partizipation einstweilen verweigert wurde, kam der abgeleiteten Erfahrung in Deutungsmustern eine umso größere Bedeutung zu. Dies hatte für die semantische Integration insbesondere von Liberalismus in Deutschland grundlegende Bedeutung. Vor dem Hintergrund der innenpolitischen Spannungen in Frankreich und der in Deutschland seit 1815 gestiegenen Erwartungen im Hinblick auf eine konstitutionelle Fortentwicklung der monarchischen Ordnung kam es in der deutschen Publizistik zu Versuchen, den Gegensatz zwischen Royalisten und Liberalen zu überbrücken.114 Dies stellte eine Parallele zur semantischen Ent111 112

113

114

Vgl. JOHANN IGNATZ WEITZEL, Europa in seinem gegenwärtigen Zustande, Wiesbaden 1824, S. 17, 49, 53 und 59. WEITZEL, Revolution, S. V und GEORG FRIEDRICH KOLB, Lebenserinnerungen eines liberalen Demokraten 1808–1884, hrsg. von LUDWIG MERCKLE, Freiburg i.Br. 1976, S. 45. Brief Börnes vom 24. Dezember 1821, zitiert nach LUDWIG BÖRNE, Sämtliche Schriften, hrsg. von INGE und PETER RIPPMANN, 5 Bde., Düsseldorf 1964–1968, hier Bd. 4, S. 511. Giebt es einen specifischen Unterschied zwischen Royalisten und Liberalen?, in: NEUE MONATSSCHRIFT FÜR DEUTSCHLAND, HISTORISCH-POLITISCHEN INHALTS 8 (1822), S. 367–79.

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wicklung in Frankreich nach 1815 dar, wo die idées libérales die durch die Revolution begründeten Konfliktlinien verdecken sollten.115 Um die Interessengegensätze zu überwinden, schien es auch in Deutschland wichtig, den Bedeutungsgehalt von Royalisten und Liberalen anzunähern. Dies machte zugleich eine Neubewertung der Monarchie als Rahmen einer konstitutionellen Ordnung notwendig, wenn sie als Garant für die Durchsetzung der durch Liberalismus vertretenen Werte wirken sollte: In Wahrheit, die einzige und nie versiegende Quelle des Liberalismus ist – die Monarchie. Man denke diese weg, und jener verliert sich ganz von selbst; denn, vollauf mit der eigenen Erhaltung beschäftigt, büßt man selbst die Fähigkeit, für Andere zu denken – eine Fähigkeit, die man als die Wurzel des Liberalismus betrachten kann – unwiderbringlich ein . . . Was in der Gesellschaft Sicherheit des Eigenthums und der Person gewährt, dasselbe gewährt auch Freiheit und Gemeingeist; und wer diese ohne die Monarchie hervorrufen will, wird sich ewig in den Mitteln vergreifen. Erst muß für eine große, alle gesellschaftliche Verhältnisse umfassende Autorität gesorgt seyn, ehe von Cultur, Aufklärung und allen den Vorzügen, welche die Zeit gewähret, die Rede seyn kann.

Als „Product des allgemeinen Naturgesetzes“ erschien die Monarchie über eine spezifische „Vervollkommnungsfähigkeit“ zu verfügen, um sich den Erfordernissen der Zeit anzupassen.116 Entsprechend könne der „wahre Royalist des neunzehnten Jahrhunderts . . . weder ein Obscurant noch ein Barbar seyn“, ihm werde daher „der Liberalismus wenigstens in dem Grade beiwohnen, daß er sich nicht zum Gegner desselben aufwirft“.117 Die angestrebte Harmonie zwischen zeitgemäßen Forderungen und monarchischer Ordnung entsprach der traditionellen Vorstellung einer societas civilis sive res publica, der Einheit von Staat und Gesellschaft. Die Anschauung der in Frankreich aufgebrochenen politisch-sozialen Konflikte in der Folge der Revolution unterstrich noch die Notwendigkeit, einen solchen Antagonismus von Staat und Gesellschaft in Deutschland unter allen Umständen zu verhindern. In der Euphorie, diese Einheit herstellen zu können, ließen sich die ideologisch konfligierenden Etiketten leicht ihrer „Magie“ berauben, durch die sie „die Begriffe verwandeln, das Edle gemein, das Gemeine edel machen, und so in den Köpfen die größte Verwirrung anrichten.“ Die Unterscheidung eines legitimen und eines „unechten Liberalismus“ bot dabei eine eigene Logik der Begründung: Indem der gerechtfertigte Liberalismus einen durch die Anerkennung monarchischer Kontinuität gemäßigten Fortschrittsbegriff aufnahm, der der Monarchie die primäre Rolle für eine Entwicklung der Freiheit in gesetzlichen Bahnen zuerkannte, löste sich der die Gegenwart prägende Antagonismus zwischen Royalismus und Liberalismus in eine brüderliche „Identität“ auf, von 115 116

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Vgl. Kapitel III.1.b). Giebt es einen specifischen Unterschied, S. 372; eine bloß rückwärtsgewandte Zielutopie als Wiederherstellung des Ancien régime lehnte der Autor ab, vgl. ebd., S. 374, wo er dieser „Klasse von Royalisten“ vorhielt: „Indem sie sich der Gegenwart zu bemächtigen strebt, beabsichtigt sie nichts Anderes, als Wiedereroberung der Vergangenheit; und gerade hierin zeigt sich ihr Unverstand am auffallendsten.“ Ebd., S. 375.

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der ein stabiles und vor allem konfliktfreies Zusammenwirken von Staat und Gesellschaft zu erwarten war: Unstreitig giebt es einen unechten Liberalismus, und dies würde unbedingt derjenige seyn, der Chimären nachhängt und etwas verwirklichen will, was eben so sehr der Natur der Dinge, so weit sie sich in der Gesellschaft offenbart, als den Erfahrungen aller Länder und Zeiten widerspricht; ein solcher kann nur verlacht werden . . . Wie haben es nur mit dem echten zu thun, d. h. mit demjenigen, der, eingedenk der Fortschritte, welche die europäische Welt seit etwa drei Jahrhunderten in der Aufklärung gemacht hat, nur das will, was diesen Fortschritten entspricht; der die Civilisation nicht bloß benutzen, sondern auch theilen will; der die Nothwendigkeit guter Gesetze anerkennt, weil die allgemeine Freiheit ohne solche unmöglich ist; der in dem Königthum, so wie es sich im Laufe der Jahrhunderte ausgebildet hat, die erste und letzte Bedingung aller gesetzlichen Freiheit erblickt und es eben deswegen über alles ehrt; der, endlich, zu der Anschauung gelangt ist, die Gesellschaft bedürfe für ihre Fortdauer eines Schwerpunktes, den sie nur im Königthum . . . finden könne.

Diese auf Interessenhomogenität zielende Bestimmung stellte zugleich eine historische Bedeutungskontinuität her: Der Liberalismus sei „seit dem achtzehnten Jahrhundert an der Tagesordnung“, und die aufgeklärten Fürsten seien „auf eine unverkennbare Weise Liberale“ gewesen. In der Auflösung der individuellen Privatinteressen zugunsten eines nicht näher konkretisierten gesellschaftlichen Allgemeinwohls bestand das Ziel dieser Entideologisierung der politischen Semantik von Liberalismus.118 Der Blick nach Frankreich bot dem politischen Beobachter in Deutschland insbesondere in den 1820er Jahren eine wichtige Projektionsfläche für eigene Erwartungen. Insofern setzte sich das bereits in der semantischen Rezeption der idées libérales deutlich gewordene Muster von Anschauung und Fermentierung eigener und fremder Erfahrungen auch nach 1820 fort. Der beherrschende Konflikt zwischen „Ultras und Liberalen“ verkörperte für viele deutsche Zeitgenossen die Auseinandersetzung zwischen neuartigen ideologischen Formationen. Dem „Partheigeiste“ begegnete man dabei mit unverhohlener Skepsis. Der Autor eines Artikels Ueber Ultraismus und Liberalismus von 1824 ging in seiner Betrachtung der Parteinamen, hinter denen er abstrakte Zeitkräfte und politische Prinzipien sah, von ihrer Entstehung im politisch-gesellschaftlichen Kontext der Charte von 1814 aus, die er für „eine dem Civilisations-Grade Frankreichs angemessene Regierungsform“ hielt. Die Charte bildete für den Autor auch den grundlegenden Orientierungspunkt für die Benennung der politischen Gruppierungen; daraus sollte sich die Berechtigung der Parteinamen gleichsam objektiv ableiten lassen. Die Ultras seien bereits „in die Schranken“ getreten, „ehe es eine Gegenparthei gab, die man Liberale nannte.“ Entschei118

Ebd. S. 367 und 375–7; vgl. ebd., S. 378: „der ganze Unterschied zwischen Liberalen und Royalisten ist durchaus nichtig, und er ist es aus keinem anderen Grunde, als weil das Königthum im neunzehnten Jahrhundert, seinem ganzen Wesen nach, wo nicht der Liberalismus selbst, so doch die Quelle aller Gesinnungen und Gedanken ist, vermöge deren jeder Privat-Vortheil auf Kosten der Gesellschaft zu einer Abgeschmacktheit wird, die nicht länger ertragen werden kann.“

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dend sei der logische Fehler bei der Benennung der Ultras, denn „anstatt darüber hinaus zu gehen, bleiben sie dahinter zurück; und gerade hierauf beruhete die Fehlerhaftigkeit ihrer Benennung. Anstatt sie nämlich Ultras zu nennen, hätte man sie Citras nennen und die Benennung Ultras für ihre Gegner aufsparen sollen.“ Während die sogenannten Ultras aufgrund ihrer feindseligen Haltung gegenüber der durch die Charte repräsentierten Ordnung und ihrer Versuche, an die Werte vor 1789 anzuknüpfen, unfähig schienen, die zeitgemäße Entwicklung anzuerkennen, provozierte auch die Bezeichnung Liberale falsche Schlüsse: Um nämlich den richtigen Gegensatz für das ultra zu finden, hätte man seine Zuflucht zu dem citra nehmen müssen; weil man aber fühlte, daß diese Benennung, als Bezeichnung der Gegner der einmal vorhandenen Parthei, abgeschmackt seyn würde: so griff man zu der Bezeichnung ‚Liberale‘. Von diesem Augenblick an stand die Sache so, daß der eigentliche Gegensatz in der Benennung wegfiel: weil die Citras zu Ultras gestempelt waren, so mußten die eigentlichen Ultras zu Liberalen gestempelt werden.119

Dies offenbarte eine Diskrepanz zwischen dem Bedürfnis des Betrachters nach semantischer Ausrichtung der Parteibezeichnungen am politisch-konstitutionellen Bezugspunkt der Charte und dem scheinbar fehlgeleiteten Bedeutungsgehalt der Begriffe. Dahinter stand indes eine spezifische Intention des deutschen Beobachters: Er suchte nach möglichst objektiven, bloß an der Sache orientierten Begriffen und umging dabei den grundsätzlich ideologischen Charakter der Attribute im Kampf zwischen den ideologisch distinkten Lagern Frankreichs, wo sie längst zu konkreten Handlungsinstrumenten geworden waren. In der Funktion, die libéraux und ultra in Frankreich erfüllten, ging es keineswegs um eine objektive Nomenklatur, sondern um die Diskreditierung und Stigmatisierung des politischen Gegners durch schlagwortartig reduzierte Kampfbegriffe. Die Bezeichnungen ermöglichten Selbstvergewisserung durch positive Identifikation oder negative Abgrenzung. Diesem Muster der durch ideologisch aufgeladene Etiketten ausgetragenen Konflikte entsprach die Gruppenbezeichnung Ultras als negative Fremd- und Liberale als positiv konnotierte Eigenbezeichnung. Die Tatsache, daß zumindest die Konnotation von libéral in Frankreich deutlich vor 1814/15 zurückreichte, unterstrich zudem, daß die Gruppenbezeichnung nicht allein an der Existenz der Charte festzumachen war. Für den deutschen Beobachter waren diese spezifischen Bedeutungsmerkmale nicht präsent oder nicht relevant. Seine Intention ging von ganz anderen Prämissen aus: Für ihn stellten Ultras wie Liberale politische Extreme dar, die beide über die berechtigten Forderungen der Gegenwart hinauswiesen.120 Ihm 119 120

Ueber Ultraismus und Liberalismus, in: NEUE MONATSSCHRIFT FÜR DEUTSCHLAND, HISTORISCH-POLITISCHEN INHALTS 15 (1824), S. 112–28, hier S. 112–4. Vgl. ebd., S. 116 f.: „Hiernach läßt sich genau feststellen, wer in der Zeit die besten Gesetzgeber, oder, wenn man will, die brauchbarsten Gehülfen bei dem Gesetzgebungsgeschäfte seyn werden. Dafür können . . . weder Diejenigen gelten, die weil sie hinter dem von der Gesellschaft erreichten Civilisations-Grade zurückgeblieben sind, aus

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ging es um den Erweis ihrer Unbrauchbarkeit im „Gesetzgebungsgeschäft.“ Bei diesem Versuch, der von einer grundsätzlichen Skepsis gegenüber politischen „Parteien“ gekennzeichnet war, entwickelte der Autor eine eigene semantische Temporalstruktur, um die Extrempositionen der Ultras und der Liberalen zu erfassen. So bestehe der Fehler der Ultras in ihrem Versuch, „einen gesellschaftlichen Zustand, der nur für einen bestimmten Zeitraum seine Gültigkeit haben konnte, zum bleibenden Typus für alle gesellschaftlichen Zustände, die es jemals geben kann“, zu machen. Die retrospektive, in die Ordnung des Ancien régime verlegte Zielutopie, schien für die Gegenwart aber gerade keine angemessene Antwort mehr darzustellen. Denn den Ultras fehle die entscheidende „Kenntniß der Uebergänge oder Zwischenzustände, durch welche die Gesellschaft auf denjenigen Punkt der Entwickelung gelangt ist, auf welchem sie sich jetzt befindet“, mithin die Erkenntnis vom Grundgesetz der historischen Fortentwicklung, die ein statisches Beharren ausschloß. Stattdessen postulierte der Autor eine der Zeit gemäße, evolutionäre Anpassung von politisch-gesellschaftlichen Strukturen. Die Stilisierung der Vergangenheit als Horizontlinie der Gegenwart, „die Gegenwart und die ganze Zukunft in die Vergangenheit zurückzustürzen“, reflektierte dagegen nur das Unvermögen der Ultras, die „Entwicklungsfähigkeit des Menschen und, in dieser, das nothwendige Fortschreiten in der Civilisation“ anzuerkennen.121 Den entgegengesetzten Pol dieser semantischen Temporalstruktur bildeten die Liberalen, die – obgleich sie sich als Verkörperung der fortschrittlichen Zeitkräfte begriffen – das historische Entwicklungsgesetz, nach dem die eigene Gegenwart nur als organisch gewachsenes Resultat der Vergangenheit zu verstehen sei, durch die einseitig abstrakte Ausrichtung auf die Zukunft zu ersetzen suchten: Um die Liberalen steht es nicht besser. Ohne mit ihrem Zeitalter zerfallen zu seyn, entziehen sie sich demselben dadurch, daß sie, voll thörigter [sic!] Wünsche in Beziehung auf die Zukunft, die Mühe verabscheuen, durch ein sorgfältiges Studium der Vergangenheit das wahre Bedürfniß der Gegenwart auszumitteln, um so die gesellschaftliche Ordnung sicher zu stellen. Durch allgemeine Ideen, von welchen sie keine Rechenschaft zu geben wissen, wollen sie diese Aufgabe lösen.

Diese Mißachtung des organisch begründeten Zusammenhangs zwischen Vergangenheit und Gegenwart lasse die Liberalen auch nicht erkennen, daß gemäß dem Naturgesetz „im Fortgange vom Kleinen zum Großen“ der der jeweiligen Gegenwart angemessene Fortschritt „sich ganz von selbst, auch ohne ihr Zutun einstellen“ müsse. In der Projektion dieses gleichsam politikfernen natur-

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Unmuth und Verdruß zu Anklägern derselben werden, und das, was ihnen hinderlich ist, vernichten möchten, um denjenigen Zustand hervorzubringen, worin sie sich wohlbefinden würden; noch auch Diejenigen, die, im Streben nach einer, der Wirklichkeit Hohn sprechenden und rein chimärischen Vollkommenheit, weit über den gegebenen Entwickelungsgrad hinausgehen und durch die bloße Idee etwas feststellen wollen, was durch nichts gestützt werden kann.“ Ebd., S. 121 und 118 f.

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gesetzlichen Fortschritts schienen die konfligierenden Begriffe Ultras und Liberale überflüssige und für die Gesetzgebung störende Elemente darzustellen: Vergleicht man die Ultras und Liberalen unter einander, so entdeckt man leicht, daß der Unterschied zwischen beiden nicht bedeutend ist. Beide haben keine deutliche Vorstellung von dem Gesetz, das der menschlichen Entwickelung zum Grunde liegt; und weil diese ihnen abgeht, so verkennen sie gleich sehr die Nothwendigkeit des in der Zeit erreichten Entwickelungsgrades, der ganz allein das Fundament bildet, auf welchem die gesellschaftliche Ordnung sich feststellen kann. Indem die Ultras nicht in der Vergangenheit überhaupt, sondern nur in einem abgesonderten Theile derselben leben . . . müssen sie als Gesetzgeber immer fehlgreifen; und indem die Liberalen, obgleich ihrem Zeitalter zugethan, den eigentlichen Charakter desselben verkennen und ihn deshalb an keine Wirklichkeit anzuknüpfen verstehen, sind sie für das Gesetzgebungsgeschäft wenigstens eben so unbrauchbar, wie ihre Gegner.122

d) Die geöffnete Pandorabüchse: Liberalismus und Antiliberalismus als Medien ideologischer Temporalisierung Für die historisch-semantische Entwicklung des Deutungsmusters wurden die 1820er Jahre zu einer eigenen Schwellenphase: Vor dem Hintergrund der konstitutionellen Stagnation sowie der einsetzenden Repression kam der Verdichtung politisch-konstitutioneller Erwartungen in Bewegungsbegriffen eine umso größere Bedeutung zu. Die sich an der Begriffsbestimmung entwickelnden Debatten boten der politischen Öffentlichkeit ein diskursives Forum. Insofern setzte sich die Politisierung auch im Kontext einer realpolitisch häufig blockierten Partizipation fort. Bildung, Deutung und Kritik der Begriffe erfüllten damit eine kompensatorische Funktion, wo etwa die parlamentarische Artikulationsebene fehlte. Die nach der Ermordung Kotzebues gefaßten Bundesbeschlüsse von 1819/20 markierten für die politische Öffentlichkeit Deutschlands eine tiefgreifende Zäsur. Dies schlug sich auch in den pointierten Deutungen von liberal nieder. Die bis zu diesem Zeitpunkt noch vorherrschende positive Konnotation wurde nunmehr von einer intensivierten Kritik einerseits und dem umso programmatischeren Bekenntnis andererseits verdrängt. Symptom dieser Polarisierung war vor allem das Bedürfnis nach abstrakter Begriffsfassung, nach Verdichtung der Inhalte in einem Ismus, der die Gruppenbezeichnung Liberale transzendierte und den Begriffsgehalt in einen universalhistorischen Zusammenhang einordnete. Genau diese Stufe der historisch-semantischen Transformation markierte das Auftreten des Bewegungsbegriffs Liberalismus im politischen Diskurs Deutschlands zu Beginn der 1820er Jahre. Es war kein Zufall, sondern bereits Ausdruck der Entstehung diskursiver Konfliktlinien, wenn sich die 1823 von dem Leipziger Kantianer Wilhelm Traugott Krug verfaßte Geschichtliche Darstellung des Liberalismus alter und neuer Zeit das Ziel setzte, durch eine systematische universalhistorische Einordnung eine ange122

Ebd., S. 120 f.

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messene und verbindliche Unterscheidung eines ursprünglichen und gerechtfertigten Liberalismus gegenüber seinen gefährlichen Entartungen zu leisten. Ansatzpunkt für Krug war ein anthropologisch begründeter Freiheitstrieb des Menschen, der im Liberalismus seinen Ausdruck gefunden habe. Aus dieser Prämisse, von Krug durch die Bildung als Motor der Freiheit flankiert, ergab sich die Legitimation des Liberalismus als naturrechtlicher Wertbegriff: Das Streben nach Freiheit ist an sich untadelhaft, weil es natürlich ist. Es ist dem Menschen von Gott selbst eingepflanzt; und je gebildeter der Mensch, desto lebendiger ist auch in ihm jener Freiheitstrieb. Der Liberalismus aber ist nichts anderes als eben dieser Trieb, inwiefern er sich in Gedanken, Worten und Werken äußert. Er ist also an sich ebenso untadelhaft als jener von Gott selbst aus weiser Absicht in die menschliche Natur gelegte Trieb.123

Das Ausmaß der erreichbaren Freiheit blieb für den Autor also grundsätzlich an Bildungswissen gekoppelt. Das hatte für die Konnotation von Liberalismus weitreichende Folgen, denn es präjudizierte eine bildungsbürgerlich bestimmte Bedeutungskomponente und damit eine indirekte soziale Exklusion der Ungebildeten. Das für Krug in Liberalismus fokussierte universalhistorische Entwicklungsmodell entsprach einer graduellen Ausbreitung des politischen und gesellschaftlichen Fortschritts im Sinne der Emanzipation des Individuums und der vernunftgeleiteten Prinzipien der Aufklärung. Nur dann schien ihm der Liberalismus gerechtfertigt, „wenn er (in Erwägung, daß alle menschlichen Einrichtungen unvollkommen sind und den Bedürfnissen der Zeit unangemessen werden können) fortschreitende Verbesserungen jener Einrichtungen fordert.“ Das aus dieser Prämisse abgeleitete Reformkonzept für die eigene Gegenwart charakterisierte Krug als „Perfektibilismus.“ Der Fortschritt des menschlichen Freiheitstriebes erschien aus dieser Perspektive nicht als Ergebnis revolutionärer Umstürze im Namen abstrakter Prinzipien, sondern als Resultat eines allmählichen, natürlichen Vernunftprozesses, der keine Brüche zuließ. Daraus ergab sich zugleich die Notwendigkeit, diesen positiven Liberalismus-Begriff von seinen vermeintlichen Entartungen abzugrenzen, die Krug mit zeitgenössisch negativ belegten Ismen zu erfassen suchte, durch die er jene zugleich in die Tradition der radikalen Französischen Revolution einordnete: Dagegen hat er [i.e. der Liberalismus] offenbahr Unrecht, wenn er gar nichts Positives anerkennen, mithin selbst alle Schranken der Willkür durchbrechen und alles plötzlich umgestalten will. Er wird dann allerdings revoluzionar und heißt mit Recht Ultraliberalismus, Jakobinismus, Sansculottismus, Radikalismus, Karbonarismus, oder wie man ihn sonst nach Zeit und Umständen nennen will.124

Diese Bestimmung ergab sich aus einer Bipolarität des Deutungsmusters zwischen revolutionärer Entartung einerseits und Blockade jener natürlichen Freiheitsentwicklung andererseits. Diese beiden Extreme stellten aber nichts ande123 124

WILHELM TRAUGOTT KRUG, Geschichtliche Darstellung des Liberalismus alter und neuer Zeit. Ein historischer Versuch, Leipzig 1823, S. 93 f. Ebd., S. 102.

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res als die Erfahrungspole der eigenen Gegenwart dar, indem die terreur der Französischen Revolution und der Umschlag der politisch-konstitutionellen Aufbruchsstimmung nach 1813 in die innenpolitische Repression und Stagnation als Zeitschienen zusammengefügt wurden. Krug unterstrich die Mittelstellung des Liberalismus zwischen extremen Erfahrungspolen, die er unter dem Oberbegriff des Ultraismus zusammenfaßte. Verteidige der Liberalismus lediglich das Bestehende, ergäbe sich ein neuer Ultraismus; dann werde er zum „Ultraroyalismus, Illiberalismus, Servilismus, Obskurantismus oder Imperfektibilismus.“ Das Bekenntnis zum „ruhigen und besonnenen . . . Liberalismus“ als Ausdruck gemäßigter Reform jenseits der revolutionären und restaurativstagnierenden Extreme diente Krug nicht zuletzt zur Abgrenzung der deutschen von der französischen Entwicklung:125 Im Gegensatz zu Frankreich, wo der Liberalismus „zum ausgelassensten Libertinismus, nicht nur in moralischreligiöser, sondern auch in politischer Hinsicht“, in der Revolution schließlich als Ausdruck falsch verstandener Gleichheit zum „Jakobinismus und Sansculottismus“ geworden sei, herrsche in Deutschland „die Freiheitsliebe von alters her“ und habe den „liberalen Ideen leichtern Eingang als anderswo“ verschafft.126 Obgleich Krug hier noch einmal die liberalen Ideen zitierte, reflektierte er nicht mehr ihren semantischen Ursprung aus der Französischen Revolution. Die Antonymie von deutschem Liberalismus und französischem Libertinismus firmierte vielmehr als Kriterium der Distanzierung gegenüber der revolutionären Tradition Frankreichs. Die konkrete Bestimmung des Liberalismus basierte bei Krug auf dem Bekenntnis zum gemäßigten Konstitutionalismus, in dem er die politische Partizipation, die auf „Gesetze“ baute, mit den notwendigen „Schranken der Freiheit“ verbunden sah.127 Das schloß eine direkte Volksherrschaft aus. Eine „repräsentative Konstituzion“ blieb für den Autor der adäquate Ausdruck des erreichten Entwicklungs- und Bildungsstandes in Deutschland. Eine unmittelbare Teilhabe des Volkes führte für ihn dagegen unweigerlich zur Herrschaft der Privatinteressen über das allgemeine Wohl: Der Liberalismus hat . . . Recht, wenn er dafür, daß sich die Herrschaft innerhalb solcher Schranken halte, mit welchem die äußere Freiheit der Beherrschten bestehen kann, Bürgschaft fordert und diese in einer Verfassung sucht, welche den Beherrschten die Befugnis ertheilt, über Angelegenheiten des Gemeinwesens mit zu rathen und zu stimmen, wenn auch nicht unmittelbar (was bei großer Menge nicht möglich) so doch mittelbar durch ge125 126

127

Ebd., S. 105 sowie Vorrede, S. IX. Vgl. ebd. S. 80: „Die Ideen der Freiheit und der Gleichheit wurden so falsch verstanden und so verkehrt angewandt, daß der Liberalismus zum Jakobinismus und Sansculottismus herabsank, daß nichts Bestehendes mehr geschont und selbst das Heilige mit Füßen getreten wurde.“ Mit Blick auf Napoleon konstatiert Krug, ebd., S. 80: „Diesen Sturm zu beschwören trat ein glücklicher Krieger auf, der selbst vorher dem ausgelassensten Liberalismus ergeben war, nachher aber sich auf die Seite des Antiliberalismus mit so weniger Mäßigung warf, daß er endlich in diesem Kampfe unterging.“, ebd., S. 83. Ebd., S. 96.

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wisse Stellvertreter oder Repräsentanten, folglich in einer stellvertretenden Verfassung oder repräsentativen Konstituzion; denn es wäre sonst leicht möglich (wie es denn auch oft wirklich gewesen), daß aus Mangel an Einsicht oder gar an gutem Willen schlechte Gesetze gegeben oder die guten schlecht gehandhabt und überhaupt die Privatinteressen dem allgemeinen Wohle vorgezogen würden.

Diese Verbindung von Liberalismus und Konstitutionalismus verkörperte für Krug das Ideal einer Staat und Gesellschaft verbindenden Orientierung aller politischen Repräsentanten am „allgemeinen Wohl.“ Diese Ausrichtung, die ohne adäquate Bildung nicht denkbar war, basierte auf einer soziopsychologischen Disposition, einer aufgeklärten Gesinnung, die hinter dem Bewegungsbegriff stand. Für Krug blieb Liberalismus daher untrennbar mit dem Anspruch auf freie Meinungsäußerung verbunden, weil dies genau der Hoffnung des Aufklärers auf diskursive Herausbildung von Vernunft und Wahrheit entsprach: Der Liberalismus dürfte nun wohl seinerseits recht haben, wenn er zuvörderst behauptet, . . . daß es . . . jedem erlaubt sein müsse, das, was er für wahr hält oder glaubt zu äußern, mithin durch Rede oder Schrift anderen mitzuteilen . . . und wenn die Mitteilung nur wirklich frei ist, so werden durch den beständigen Anreiz zum Denken die Gedanken sich schon nach und nach ausgleichen und das Wahre gefunden werden.128

Das Bekenntnis des wahren Liberalen zu evolutionären Fortschritten und die Distanzierung von jeder revolutionären Gewalt wurde in der politischen Publizistik der 1820er Jahre zu einem Topos der Begriffsdeutung.129 Die Ausrichtung an einer individuellen Gesinnung in Übereinstimmung mit den Prinzipien der Aufklärung schloß eine „parteipolitische“ Vereinnahmung a priori aus und wies liberal vielmehr die Deutungskategorie des aufgeklärten Menschen zu: „Liberal“ sei, so Krug 1827, „was eines freien und insofern auch vernünftigen Wesens würdig ist; denn Freiheit und Vernunft müssen immer zusammengedacht werden“.130 Die hier paradigmatisch hervortretende Kopplung von Liberalismus an Individualismus und individuelle Autonomie begründete eine für die deutsche Begriffsgeschichte des ganzen 19. Jahrhunderts fundamentale Bedeutungslinie.131 Krugs Interpretation blieb nicht ohne Widerspruch. Die kritische Erwide128 129

130 131

Ebd., S. 100–2. Für Goethe etwa suchte der „wahre Liberale . . . mit den Mitteln, die ihm zu Gebot stehen, soviel Gutes zu bewirken, als er nur immer kann . . . Er ist bemüht durch ein kluges Vorschreiten die öffentlichen Gebrechen nach und nach zu verdrängen, ohne durch gewaltsame Maßregeln zugleich oft ebenso viel Gutes zu verdrängen. Er begnügt sich in dieser stets unvollkommenen Welt so lange mit dem Guten, bis ihn, das Bessere zu erreichen, Zeit und Umstände begünstigen.“, JOHANN PETER ECKERMANN, Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens, hrsg. von FRITZ BERGEMANN, Wiesbaden 1955, S. 640. WILHELM TRAUGOTT KRUG, Allgemeines Handwörterbuch der philosophischen Wissenschaften, Bd. 2, Leipzig 1827, S. 628. Vgl. GANGOLF HÜBINGER, Liberalismus und Individualismus im deutschen Bürgertum, in: ZfP 40 (1993), S. 60–78.

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rung in der 1824 erschienenen Schrift Liberalismus – Antiliberalismus nahm seine Bemühungen um den Erweis von Liberalismus und Antiliberalismus als antagonistische Zeitkräfte der Geschichte zum Anlaß, eine kritische Bestimmung aller zeitgenössischen Ismen vorzunehmen. Im „Partheikampfe der Meinungen“ sah der Verfasser ein Symbol für die um sich greifende Zersplitterung der göttlich begründeten, politisch-gesellschaftlichen Wirkungseinheit der Menschheit: Das Grundprincip . . . der Krugschen Ansichten in diesem Buche . . . finden wir in der schroffen Gegenüberstellung der Liberalen und Antiliberalen, in der Behauptung, daß das ganze Menschengeschlecht sich in die beiden Geschlechter der Liberalen und Antiliberalen theile, und in der Meinung, daß dieser Gegensatz nicht nur nicht aufgehoben werden könne, sondern wirklich und zwar zum Vortheil des Liberalismus verewigt werden müsse . . . wir brauchen bloß diesen manichäischen Dualismus, aller Hülle baar [sic!], hinzustellen, um unsere Absicht so gut wie erreicht zu haben. Hätte sich doch unser philosophischer Historiker deutlich gemacht, wie er das, was Gott verbunden hat, so freventlich aus einander [sic!] reißt! 132

Diese Einheit aller Wirkungskräfte der Menschheit gelte es demgegenüber zu verteidigen: So wenig „das Heil der Menschheit in einer als bleibend gesetzten Entzweiung ihrer zur innigsten Einheit bestimmten Elemente gefunden werden“ könne, so deutlich bekannte sich der Verfasser zu einem natürlichen Urzustand der Menschheit, in der eine „Einheit des Realen und Idealen in den Bedürfnissen und Bestrebungen der Menschheit“ geherrscht habe, eine „Identität, . . . in welcher jene beiden Factoren [i.e. des Liberalen und Antiliberalen] bis zur völligen Indifferenz identifizirt und in ihrem Producte untergegangen erscheinen mußten.“ Diesen Idealzustand gelte es auch in der Gegenwart wiederherzustellen. Dem „Princip des Dualismus“ bei Krug setzte er das „der Identität, der möglichst vollendeten Indifferenz“ entgegen. Solange die Menschheit in ihren geschichtlichen Epochen „culminirte“, habe sie auch „das für sie in dieser Periode Höchste wirklich erreicht.“ Gegenüber dem graduellen Konzept des Perfektibilismus, der evolutionären Verbesserung gemäß dem Fortschritt der Geschichte, bekräftigte der Verfasser die jederzeit mögliche Einheit der historischen Entwicklungskräfte, die eine Aufspaltung in antagonistische Bewegungsbegriffe gerade nicht zuließ: Dieser Culminationspunkt aber ist, unserem Postulate zufolge, jedesmal durch jenen glücklichen, dem angenommenen primitiven analogen Zustand bezeichnet, in welchem Liberales und Antiliberales, Positives und Rationelles, Ideales und Reales, angemessen der Entwicklungsstufe der fraglichen Periode, so völlig eins waren, daß nur ihr Product zur Erscheinung kam, die das Product erzeugenden Factoren aber schlechthin verborgen (indifferent) blieben. Alle Kräfte und Elemente des Menschenlebens waren auf diesem Puncte unter sich in dem schönsten Einklange; mit Erreichung dieses Punktes war die jedesmalige Periode eigentlich erst erfüllt.133

132 133

Liberalismus-Antiliberalismus, oder ein Wort über das Princip der Schrift des Hrn. Prof. Krug in Leipzig, Neustadt a.d. Orla 1824, S. 3 und 22 f. Ebd., S. 28–32.

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Während Krug den Antiliberalismus aber in zwei Extrempolen, sowohl in der Entartung des Liberalismus nach französischem Vorbild als auch in der Blokkade jeglichen Fortschritts erkannt hatte, ging sein Kritiker vom Gegensatz zwischen dem Festhalten am Bestehenden und seiner Infragestellung aus.134 Diese Rezeption von Krugs Schrift lief mithin auf eine Vereinseitigung der Argumente hinaus. Entscheidend für die Reaktion auf die von Krug so formulierte semantische Antonymie war der Gegenentwurf, der sich als rückwärtsgewandte Utopie, als Projektion einer harmonisch gedachten Einheit präsentierte, in der eine Spaltung von politisch-gesellschaftlichen Wirkungskräften undenkbar schien. Dies lieferte zugleich das Argument für eine kritische Absetzung gegenüber Liberalismus als Ausdruck revolutionärer Entartung.135 Das Paradox, das sich aus der Stilisierung dieses anthropologischen Konvergenzzustandes ergab, eines in der Vergangenheit liegenden Zielhorizonts, stellte eine mögliche Reaktion auf das strukturelle Auseinandertreten von Staat und Gesellschaft und die Ausdifferenzierung von konfligierenden Interessen dar, die die Diskussion um Liberalismus und Antiliberalismus motivierte. Beide, Krug und sein unbekannter Kritiker, gingen zwar noch von einer wieder erreichbaren Einheit aus – sei es im Sieg des fortschrittlich-graduellen Liberalismus oder in der Rückkehr zu einer Einheit, die sich als Indifferenz der ideologischen Antagonismen äußerte – aber zusammengenommenen dokumentierten sie doch implizit den Übergang in eine Gesellschaft pluraler Interessen, die sich nicht mehr länger semantisch integrieren ließ. Während Krug den Liberalismus durch seine Bestimmung als positiven Zeitbegriff zur Konturierung des frühkonstitutionellen Erwartungshorizonts einsetzte, erkannte sein Kritiker in der Diversifizierung und Polarisierung der Deutungsmuster eine krisenhafte Zeitkrankheit. Nur durch Auflösung der sich in den Begriffen niederschlagenden Heterogenität von Interessen konnte es aus dieser Sicht noch zu einer Versöhnung der Gegenwart kommen: Ist das Leben der immer offenbare Conflict der beiden Factoren des L.[iberalismus] und A.[ntiliberalismus], so kann der gesunde Zustand dieses Lebens in nichts Anderem bestehen, als in einer absolut vollkommenen Thätigkeit jener Factoren, und dieser Zustand – welche andere Frucht kann er tragen, als den vollendetsten Tod, völlige Auflösung und gegenseitige Vernichtung? – Hätte unser Verfasser nicht bedenken sollen, daß das Hervortreten jener streitenden Elemente, jener feindlichen Brüder allemal Symptom eines kranken Zustandes der Menschheit, im glücklichsten Fall, einer Krisis ist, die aber nicht mit dem 134 135

Vgl. ebd., S. 7f. Vgl. ebd., S. 48: „Aber ist es etwas anderes als Inconsequenz, wenn sein [i.e. Krugs] natürliches, gesundes Gefühl vor den wilden Ausbrüchen des Liberalismus, dem Libertinismus, dem Jakobinismus etc., die noch in keiner Revolution gefehlt haben, zurückschaudert? – Warum bedachte er doch nicht, daß der wüthendste Terrorismus, als die unausbleibliche Frucht des Liberalismus, als die consequente Entwickelung seines Keims, als die Ausbildung des Funkens zur verheerenden Flamme, in jeder Revolution eben so gewiß am Ende sich einstellen werde, wie der Rationalismus, consequent durchgeführt, auf dem Gebiete des Glaubens und der Kirche zu einem ähnlichen Schreckenssystem werden kann und . . . werden muß?“

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Uebergewicht der einen Parthei über die andere, die mit dem völligen Verschwinden beider endigen muß, wenn das Heil der Welt wirklich gefördert . . . werden soll?

Diese Krise der Gegenwart beschrieb der Verfasser in einem besonders aufschlußreichen Bild, indem er die „geöffnete Pandorabüchse“ geißelte, die in dem „Verkennen des wahren Zustandes der Dinge“ und der „völligen Umkehrung der natürlichen Verhältnisse“ gründete und von der die semantischen Symptome der Interessenkonflikte zwischen Staat und Gesellschaft, eben die zeitgenössischen Ismen, auf politischer, konstitutioneller oder konfessioneller Ebene stammten: hierin erblicken wir die fruchtbare Mutter aller der wunderlichen Hirngespinste von Restauration der Staatsverfassungen, von absolutem Democratism und Monarchism, von Alterthümelei und Neuerungssucht, von neuem Jesuitismus und stereotypen [sic!] Protestantismus u.s.w. – Hirngespinste, an welchen unsere unglückliche Zeit so überschwenglich reich geworden ist.136

Kennzeichen des zu Beginn der 1820er Jahre deutlich dynamisierten politischen Diskurses war eine offenkundige Unübersichtlichkeit von neuen oder wie im Falle von Protestantismus neu politisierten Begriffen, von denen zunächst ein kaum stillbares Bedürfnis nach verbindlicher Bestimmung durch semantische Unterscheidung zwischen legitimen und ungerechtfertigten Konzepten, zwischen wahren und falschen Deutungsgehalten ausging.137 Andererseits rief dies generelle Kritik an der zerbrochenen Einheit der historischen Wirkungsmächte hervor. Projektionsfläche und Medium dieser Konflikte waren die zeitgenössischen Bewegungsbegriffe und Parteinamen geworden. Als politische Deutungsmuster konturierten sie den eigenen Standort in der Gegenwart und nahmen so eine Temporalisierungsfunktion wahr. Sei es durch die in der Tradition der aufgeklärten Fortschrittsidee stehende Konturierung von Liberalismus als gradueller Perfektibilismus oder in der retrospektiven Utopie einer wiedererreichbaren Einheit von Interessen und Instanzen, die in der vormodernen societas civilis sive res publica ihren Zielhorizont hatte:138 Die Auseinandersetzung mit der veränderten Gegenwart basierte auf der mit den neuen Ismen verbundenen Verzeitlichung von Erfahrungen und Erwartungen, auf der in jenen wirksamen Orientierung an der erdachten Zukunft oder der erlebten Vergangenheit. 136 137

138

Ebd., S. 24–6. Krugs Ansicht, nach der der Protestantismus durch seine Umwandlung in Rationalismus seine höchste Stufe erreicht habe, lehnte der Verfasser entschieden ab, vgl. ebd., S. 47: „Warum hat er [i.e. Krug] doch das Wesen des Rationalismus nicht schärfer ins Auge gefaßt, um zu erkennen, daß in der Ansicht jedes Unbefangenen derselbe eben so unverkennbar sich den Stab gebrochen hat, wie es bei dem hier und da in der katholischen Kirche als wahre Carricatur zum Vorschein kommenden Papismus und Jesuitismus der Fall ist? – Ist denn der gegenwärtige Rationalismus in der protestantischen Kirche etwas anderes als: Liberalismus, der noch dazu stark zum Libertinismus vergirt [sic!], auf Religion angewendet; und also in seiner Einseitigkeit doch nur Krankheit, die nicht zur Gesundheit potenzirt werden kann.“ Vgl. RIEDEL, S. 737 ff.

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e) Die Zukunft der Geschichte: Liberalismus als Fortschrittsattentismus vor 1830 Die zeitgenössische Diskussion um die Zielrichtung von Liberalismus um 1830 offenbarte eine ambivalente Bedeutungsstruktur: Dem Optimismus der Autoren, denen die Etiketten als programmatische Zeitbegriffe dienten, stand die Polemik derjenigen gegenüber, die darin parteiliche Vereinnahmung und Revolutionsneigung erkannten. Die Antwort auf diesen Vorwurf, der Liberale und Liberalismus in eine negative Traditionslinie seit 1789 stellte, bestand in der semantischen Differenzierung von wahrem und falschem, echtem und unechtem, ursprünglichem und Ultraliberalismus.139 Dieser Interpretationsmechanismus erlaubte die Selektion und Aussteuerung derjenigen Erfahrungselemente, die für die Gegenwart nicht aktualisiert werden sollten. Im Brockhaus von 1830 ging es denn auch um die Ablehnung des „unechten Liberalismus“, nach dem „Recht und Wahrheit . . . nur durch die Zerstörung derjenigen Verfassungsformen gedeihen können, welche die Geschichte und . . . Vorsehung den Völkern . . . vorgeschrieben hat.“ Damit wandte sich der Artikel gegen jede gewaltsame Umwälzung organisch gewachsener Verfassungsstrukturen und vor allem gegen das „Idol der falschen revolutionairen Freiheit“ in den deutschen Staaten und in ganz Europa, das mit der jakobinischen Entartung der legitimen Prinzipien von 1789 identifiziert wurde. Mit erheblichem Mißtrauen beobachtete der Brockhaus die politische Ausrichtung und Polarisierung von Positionen, die sich im Verlauf der 1820er Jahre herausgebildet hatten. Daraus entwickelte sich jene einseitige Zuordnung zu ideologischen Lagern, welche einen fundamentalen Antagonismus der Gegenwart widerspiegelte: „Alles wird nach und nach entweder in die Farben des Liberalismus oder die des unbedingten Gehorsams gekleidet.“ Der Liberalismus als überparteiliches, universell geltendes Prinzip schien aus dieser Perspektive in der Gefahr, zu einer bloßen Parteimeinung reduziert zu werden. Als Identifikationsmuster der aufgeklärten Bildungsbürger geriet der Bewegungsbegriff im Kontext der wachsenden Polarisierung zwischen bürgerlicher Sammlungsbewegung und Restaurationssystem in Gefahr, zum reinen Oppositionsattribut zu degenerieren. Daraus resultierte das Bemühen, der Konnotation als Oppositionsbegriff entgegenzuwirken und Liberalismus vor einer einseitigen Parteibestimmung zu schützen: Gerade der „Parteigeist, . . . [der] die Anhänger . . . über die Grenzen des Wahren und Guten hinausreißt“, also der liberalen Gesinnung entgegenstehe, sollte unterbunden werden.140 In der politisch-konstitutionellen Konkretion zielte Liberalismus auf das Ende absolutistischer Willkür und die Herrschaft vernünftiger Gesetze: Der „echte 139

140

Vgl. WILHELM TRAUGOTT KRUG, Worte der Beruhigung in unruhiger Zeit (1830), in: [DERS.] Krug’s gesammelte Schriften, Bd. 4: Politische und juridische Schriften, Braunschweig 1834, S. 483–503, hier S. 499. [F. A. BROCKHAUS] Allgemeine deutsche Real-Encyclopädie für die gebildeten Stände. Conversations-Lexicon, 7. Aufl. Leipzig 1830, Bd. 6, S. 575–7.

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Liberalismus“ fordere, „daß die launenhafte Herrschaft der Willkür zu einer kraftvollen Herrschaft weiser Gesetze erhoben sei.“ Dabei konzentrierte sich die Hoffnung nicht auf eine bürgerliche Bewegung gegen den Staat, sondern auf eine Kooperation mit einer „Regierung, [die] . . . den Grundsätzen echter Liberalität in Wort und Tat huldigt“ und vom „wohltätigen Geist der Reform“ getragen sei. Auf diesen „Liberalismus der Regierungen“, der als politisch-semantischer Topos, etwa in der Liberalität bei der Regierung,141 seit der Erfahrung der Revolution in Frankreich und der napoleonischen Herrschaft die deutsche Begriffsentwicklung gekennzeichnet hatte, komme es nunmehr wesentlich an. Wie Krug war der Verfasser der Ansicht, daß repräsentative Institutionen „das erste aller liberalen Bedürfnisse der heutigen Völker“ seien.142 Dies begründete keine ideologische Frontstellung von Staat und Gesellschaft, sondern bemühte sich um eine Verbindung beider Sphären, die im Begriff Liberalismus möglich schien. Zugleich setzte dies die Distanzierung von jeder revolutionären Intention im Namen abstrakter Prinzipien und die Abschirmung des Wortfeldes gegen den zeitgenössischen Parteigeist voraus. Nur dann ließ sich Liberalismus als historisch verankertes allgemeines Fortschrittsprinzip bewahren. Die politische Forderung nach Verfassung und Repräsentation im Rahmen gradueller Reformen und im Konsens mit der liberalen Regierung sowie die Verteidigung des Liberalismus als überparteiliche Gesinnung prägte die zeitgenössische Diskussion vor 1830. Für Carl von Rotteck waren allerdings die „Forderungen der Liberalität und der Legitimität . . . schlechthin unvereinbar“.143 Aus der ideologischen Polarisierung und Abgrenzung gegenüber ständisch-organischen Konzeptionen, die spätere parteipolitische Grenzlinien mindestens erahnen ließen, bezog Liberalismus seine eigentümliche Deutungsmacht als begrifflich verdichtete Fassung zukunftsverheißender Prinzipien. Diese Projektion vermochte zunächst noch eine scheinbare Interessenhomogenität herzustellen, die eine Diskussion um konkrete politische Strategien und Programmatik umging. Erst die in der Folge der französischen Julirevolution von 1830 in Deutschland vorhandenen temporären Entwicklungsimpulse schufen dann eine neue Erfahrungsgrundlage, von der aus sich eine neue Welle der Begriffsdeutung und Diskussion ergab. Vor dem Hintergrund der stagnierenden oder zurückgenommenen konstitutionellen Maßnahmen und nationalpolitischen Ansätze der einzelstaatlichen Regierungen ließ sich das Bemühen um eine Festschreibung eines gewissermaßen entpolitisierten Begriffes jedoch nicht aufrechterhalten. Denn wo jedes Bekenntnis zum politisch-gesellschaftlichen Fortschritt unter Revolutionsverdacht stand, ging der Bewegungs141 142 143

Ebd., S. 578 f.; vgl. Kapitel III.2.c). BROCKHAUS, 7. Aufl. 1830, Bd. 6, S. 579. CARL VON ROTTECK, Allgemeine Geschichte vom Anfang der historischen Kenntnis bis auf unsere Zeiten, Bd. 9, Freiburg i.Br. 1826, S. 21–30, hier zitiert nach WOLFGANG VON HIPPEL (Hrsg.), Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit. Die Französische Revolution im deutschen Urteil, München 1989, S. 101.

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zwangsläufig in einen Oppositionsbegriff über. Daraus ergab sich eine spezifische Spannung zwischen semantischem Anspruch, der Integration von Staat und Gesellschaft durch den überparteilichen Liberalismus, und der faktischen Existenz des Oppositionsbegriffs, der sich gegen die Reformblockade wandte. Am Ende der 1820er Jahre ließ sich das Bekenntnis zum Liberalismus als Projektion von Erwartungen und Wünschen an eine nahe Zukunft interpretieren, durch die sich die Enttäuschung über die Gegenwart subjektiv kompensieren ließ. Diese Projektion sagte indes noch nichts über die mögliche Heterogenität der Interessen aus, die die semantische Breite und die Vagheit seiner Bestimmung einstweilen noch verdeckte. Als einzig adäquaten Ausdruck der Gegenwart in ihrer Ausrichtung auf eine nahe Zukunft und den auf jeder historischen Entwicklung inhärenten Fortschritt deutete Theodor Mundt, eine der prominentesten Figuren des Jungen Deutschland, den Begriff 1834: „Der Liberalismus will nichts als die Zukunft der Geschichte.“ Nicht weniger emphatisch äußerte sich wenige Jahre später der Hallenser Student Rudolf Haym in einem Streit um den Liberalismus: „Wir eben sind die Zeit!“ 144 Das selbstbewußte Vertrauen, mit dem Zeitbegriff Liberalismus zugleich die Zukunft zu gewinnen, deutete an, wie politische Deutungsmuster der Verzeitlichung von Erfahrungen dienten: In einer seit 1789 von tiefgreifenden Umbrüchen gekennzeichneten Epoche gewährte Liberalismus eine zugleich politisch-konkrete wie universalhistorische Orientierung. Die Berufung auf ihn gab der eigenen Gegenwart einen Ort im historischen Fortschrittsprozeß und wies dieser Gegenwart zugleich eine positive Entwicklungsrichtung zu. Sie koppelte die Abgrenzung gegenüber rückschrittlicher Vergangenheit an die positive Identifizierung mit einer verheißungsvollen Zukunft. Dem lag eine zugleich provozierende wie polarisierende Wirkung von Liberalismus zugrunde. Allein aus der schlagwortartigen Kontrastierung von Rückschritt und Fortschritt ließ sich der eigene geschichtliche Standort ableiten: Die liberale Partei ist diejenige, die den politischen Charakter der neueren Zeit bestimmt, während die sogenannte servile Partei noch wesentlich im Charakter des Mittelalters handelt. Der Liberalismus schreitet daher in demselben Maße fort, wie die Zeit selbst, oder ist in dem Maße gehemmt, wie die Vergangenheit noch in die Gegenwart herüber dauert.145

144 145

THEODOR MUNDT, Moderne Lebenswirren, Leipzig 1834, S. 33 sowie RUDOLF HAYM, Aus meinem Leben, Berlin 1912, S. 110. WOLFGANG MENZEL, Die Deutsche Literatur. 2 Teile, Stuttgart 1828, zitiert nach HEINRICH HEINE, Sämtliche Schriften, Bd. 1: Schriften 1817–1840, hrsg. von KLAUS BRIEGLEB, Frankfurt a.M. 1981, S. 444–56, hier S. 450; vgl. zum Begriff der liberalen Partei auch den Brief Heinrich von Gagerns an Hans Christoph von Gagern vom 23. Februar 1827, in: [HEINRICH VON GAGERN] Deutscher Liberalismus im Vormärz. Heinrich von Gagern, Briefe und Reden 1815–1848, hrsg. von PAUL WENTZCKE und W. KLÖTZER, Göttingen 1959, S. 71.

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3. Italien a) Rapporti delle idee liberali colle opinioni Italiane: Die semantische Interdependenz von Freiheit und Nation in der Aufstandsbewegung von 1820/21 Die 1820/21 ausbrechenden Aufstände im Königreich Neapel und in Piemont zielten primär auf die Durchsetzung einer konstitutionellen Monarchie, die in der zeitgenössischen Publizistik mit dem Begriff spirito liberale identifiziert wurde. Die Oppositionsbewegung in Piemont verfolgte über eine konstitutionelle Neuordnung hinaus auch eine gegen Österreich gerichtete nationalpolitische Strategie, die in Überschätzung der eigenen Kräfte schließlich in eine Kriegserklärung mündete. Nach der Abdankung von König Viktor Emanuel und in Abwesenheit seines Bruders Karl Felix übernahm der nächste Thronanwärter Prinz Karl Albert vorläufig die Regentschaft in Piemont und verabschiedete, geprägt von seiner ausgesprochenen Sympathie für die Ziele der Carbonari, eine nach spanischem Vorbild ausgearbeitete Verfassung für das Königreich Piemont. Auch wenn der neue König nach seiner Rückkehr die Verfassung sogleich zurücknahm und die Österreicher zu Hilfe rief, die den Aufstand umgehend niederschlugen, dokumentierte die Phase von 1820/21 den doppelten Erwartungshorizont der politischen Öffentlichkeit, der sich aus dem Zusammenhang von nationaler Einheit und damit Unabhängigkeit gegenüber der ausländischen Besatzungsmacht Österreichs einerseits sowie konstitutioneller Fortentwicklung andererseits ergab. Diese Konstellation sowie die bürgerliche Prägung der Oppositionsbewegung reflektierte auch der Gouverneur Habsburgs in Oberitalien, Graf Strassoldo, als er im Juli 1820 an Metternich schrieb, Österreich besitze in den bürgerlichen Schichten der Lombardei keinerlei Rückhalt und müsse sich allein auf seine Macht verlassen: „Il terzo stato è generalmente troppo costituzionale e liberale per amare un governo che si limita ad essere giusto e paterno senza adottare le massime demagogiche del giorno“.146 Vor dem Hintergrund dieser temporären Aufbruchsituation, die die unteren Bevölkerungsschichten im wesentlichen unberührt ließ und sich vor allem auf das gehobene Bürgertum und zahlreiche Adlige stützte, wurde die allgemeine Reformerwartung von den gemäßigten piemontesischen Zirkeln um den Grafen Santorre di Santarosa maßgeblich durch die Verwendung des neuen Deutungsmusters geprägt. Den programmatischen Fluchtpunkt der Bewegung in Piemont bildete der Rückgriff auf „il bene di liberali istituzioni“ und „liberali leggi“,147 was an die fortschrittlichen Institutionen und Gesetze aus der napo-

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Brief des Grafen Strassoldo an Metternich vom 29. Juli 1820, zitiert nach SMITH (Hrsg.), S. 43. SANTORRE ANNIBALE DI SANTAROSA, Delle speranze degli Italiani (1820). Opera edita per la prima volta con prefazione e documenti inediti da ALFREDO COLOMBO, Mai-

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leonischen Phase anknüpfte. Zugleich markierte Santarosa unmißverständlich den Gegensatz zur Unterdrückung und Zersplitterung der italienischen Nation, die im Angesicht der anderen europäischen Staaten zu einem Volk von unterdrückten Sklaven, von „Iloti d’Europa“, geworden sei. Neben dem nationalpolitisch-antihabsburgischen Akzent grundierte vor allem der Rekurs auf das antik-republikanische Freiheitsideal und die Umkehrung der mittelalterlichen Fremdherrschaft über Italien den Bedeutungsgehalt von liberale: Noi Italiani con ben diversa fortuna, usciti i primi dai tristi ordini di signoria feudale, rivendicata colle armi dagl’Imperatori Tedeschi, se non tutta la libertà gran parte della libertà e tutto l’onore; primi a rinnovare la vita e la civile modestia delle antiche Repubbliche; primi ed eccellenti inventori e cultori di scienze e d’arti, il nostro brutto difetto di concordia ci fece ludibrio di forestieri . . . Ora nel solenne riordinamento dell’Europa incivilita gli Italiani furono cacciati in bocca di un altro imperatore tedesco, in cui sa il mondo se v’abbia grandezza di fatti o d’animo che scemi l’onta di servirgli: e siamo costituiti in faccia a tutti i popoli, Iloti d’Europa.148

Die Wendung gegen die österreichische Fremdherrschaft in Lombardo-Venezien und den Einfluß Metternichs in ganz Italien bestimmte Santarosas Verständnis der „causa liberale“, die er als gesamteuropäisches Phänomen deutete. Aus dieser Perspektive ergab sich zwangsläufig die Notwendigkeit, die Entwicklungen in anderen Staaten als mittelbare Erfahrungen auch auf die italienischen Verhältnisse zu beziehen. Für Santarosa hatte die absolute Monarchie weder in Frankreich noch in seiner Heimat eine Zukunft: Ora facendo gran divisione si vede la causa liberale esser quella degli uomini che non vogliono vivere ad arbitrio d’uomo. La causa si combatte in Francia ma non sul campo medio, sul terreno costituzionale; e la perdita è impossibile: e se si volesse tentare la vittoria per la monarchia assoluta si potrebbe perdere per la monarchia, o almeno per il casato dei Borboni.

Den negativen Orientierungspunkt stellte hierbei eindeutig Habsburg dar: „Austria, la grande nemica d’Italia è la grande nemica delle opinioni liberali“.149 Santarosas Äußerungen aus dem Kontext der Aufstandsbewegung von 1821 lassen den Zusammenhang zwischen konstitutioneller Fortentwicklung und nationaler Einheit Italiens für die Semantik der causa liberale konstitutiv erscheinen. Die von ihm hervorgehobenen „rapporti delle idee liberali colle opinioni Italiane“ richteten sich gegen die Unterdrückung der nationalen Freiheit des italienischen Volkes und die Fremdbestimmung durch Österreich, das auf diesem Weg eine doppelte Gegnerschaft symbolisierte. Das von Metternich repräsentierte System ließ in den Augen der kritischen Öffentlichkeit insofern nur die Alternative zwischen nationaler Unterdrückung auf der Basis einzelstaatlicher absoluter Regimes und einem nationalen Parlament zu: „o Napoli sarà oppressa dagli Austriaci, o avremo Parlamento. Dovrebbero anche inten-

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land 1920, S. 8 und 31; vgl. zum Gebrauch des Wortfeldes auch ebd., S. 58, 61, 83 ff., 87 ff. und 100. Ebd., S. 8f. Ebd., S. 84.

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dere o avremo Parlamento e saremo Principi indipendenti. O saremo assoluti in casa, ma vasalli dell’ Austria o odiosi ai sudditi, e gravitori di essi“.150 Santarosa wandte sich ausdrücklich an die Fürsten der italienischen Einzelstaaten, die er als Motor der nationalen Einigung ansah. Dabei verwies er auch auf die Rolle der in ganz Italien verbreiteten Geheimgesellschaften, die er zwar implizit von den gemäßigten liberali unterschied, denen er aber im Kampf um die causa liberale eine wichtige Rolle zuwies.151 Für den gemäßigt-konstitutionellen Reformer Santarosa bildete 1820/21 die nationale Einheit Italiens und die Führungsrolle Piemonts den Zielhorizont, so sehr er zugleich die Hypothek der territorialen Zersplitterung und vor allem die offenkundige Gefahr einer Spaltung der liberali in eine gemäßigte und eine radikale Gruppierung reflektierte: Ma temo la discordia, la funesta discordia. È da temersi quell’amore alla propria provincia, alla propria città. Quell’essere municipali nelle città grandi come se i municipi potessero aver dignità dove la patria è bassa! e la gelosia d’uomo ad uomo. E le assolute opinioni fra gli uomini liberali, e i savi scostarsi dai liberali accagionandoli di avventati e i liberali dai moderati gridandoli servili uomini.152

Die Frage einer militärischen Auseinandersetzung mit Österreich, bei der Piemont die nationalpolitische Führungsrolle innerhalb Italiens beanspruchte, führte zu Spaltungstendenzen innerhalb der Oppositionsbewegung der liberali, die sich direkt auf die semantische Struktur der Gruppenbezeichnung auswirkten. Santarosas Differenzierung der verschiedenen liberali unterstrich, daß die vermeintlich einheitliche Oppositionsbewegung bereits in verschiedene Fraktionen zerfiel. Neben den Teilen, die sich für einen militärischen Konflikt mit Habsburg aussprachen, um die Befreiung Oberitaliens von der österreichischen Fremdherrschaft zu erreichen, unterschied Santarosa zwei weitere Gruppen von liberali. Dabei wies er insbesondere auf die Spannung zwischen der Verpflichtung des cittadino, sich für Freiheit und Einheit einzusetzen, und der Eidverpflichtung des Soldaten hin. Vor falsch verstandener Loyalität warnte er genauso wie vor übertriebener Vorsicht der liberali: Eranvi tuttavia due sorte di liberali, i quali si astenevano dal prender parte alla federazione; e primi coloro che credevano nel giuramento del soldato un ostacolo al dovere imprescrittibile di cittadino, e chiudean gli occhi per non iscorgere che l’onore del principe, e la dignità di sua corona reclamavano dall’armata una straordinaria risoluzione . . . Un bivio stava dinanzi alla casa di Savoia: gloria immortale, ampliato dominio da una parte, l’indiretto servaggio dell’Austria, da cui non avrebbe più avuto mezzo di rilevarsi dall’altra . . . Gli altri liberali adducevano che se l’onore, e i doveri verso la patria autorizzavano l’impresa, la ragione sconsigliavala, perchè temeraria, e perchè non offriva speranza alcuna di successo.153 150 151 152 153

Ebd., S. 86 und 88. Vgl. ebd., S. 89. Ebd., S. 99 f. [SANTORRE ANNIBALE DI SANTAROSA] Della rivoluzione piemontese nel 1821 (1821). Versione eseguita sulla terza edizione francese, riveduta e corredata di annotazioni coll’Aggiunta della biografia del conte di Santarosa e di importanti documenti, Genf 1849, S. 56.

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Santarosa identifizierte die junge Generation als eigentliche Anhängerschaft der „liberali istituzioni.“ Um 1820/21 kam dem Revolutionsvorwurf gegenüber den liberali sowie dem schlagwortartigen Gegensatz zwischen „perturbazione e disordine“ auf der einen sowie „ordine e tranquillità“ auf der anderen Seite eine für die semantische Bestimmung grundlegende Funktion zu: Politisierung und Polarisierung des Adjektivs liberale gründeten auf der Existenz eines antagonistischen Bedeutungszusammenhangs. Santarosa griff auf die Konnotation der liberali durch die vorpolitisch bestimmten „generose passioni“ zurück, ohne die es nach seiner Ansicht auch keine politische libertà geben konnte. Dem Vorwurf der Gegner, die liberali seien nur die verspäteten Adepten der radikalen Französischen Revolution, hielt Santarosa entgegen, die Berufung der Gegner auf restaurative Ordnungsbegriffe diene nur der Verschleierung ihrer eigenen Interessen: In ogni parte d’Europa i nemici delle liberali istituzioni, non amano a sentir parlare della gioventù, e noi rimbrottano di eccitarne le passioni, e di educarla alla perturbazione, al disordine. Certamente, noi vogliamo risvegliare ne’ giovani cuori quelle generose passioni senza le quali non si acquista nè si difende libertà; quanto poi a farla strumento di perturbazione e disordine, non v’è alcun che non sappia cosa importino tali vocaboli nel nostro gergo: voi non iscorgete ordine e tranquillità se non dove regna assoluto vostro volere senz’incontrare un ostacolo . . . ove lo stato, l’onore, l’avvenire dei cittadini sono fatti sgabello a vostre mire, a’ vostri interessi.154

b) Nemici della religione e del trono: Die Formierung der restaurativ-katholischen Fundamentalkritik bis 1830 Mit der temporären politischen Aufbruchstimmung, die die Aufstandsbewegungen in Neapel und Piemont 1820/21 entfachten, intensivierte sich auch die publizistische Diffusion des neuen politischen Adjektivs, das nun im italienischen Politikdiskurs etabliert wurde. Dies war bereits in den konstitutionell orientierten Zeitungen zwischen 1815 und 1820 deutlich geworden. Die Integration beruhte auf der Verknüpfung der aus Frankreich übernommenen und zunächst im Hinblick auf Frankreich benutzten Begriffe mit spezifischen Erwartungen aus dem italienischen Kontext.155 Während dies im Königreich Neapel-Sizilien primär die semantische Kopplung der liberali istituzioni an eine konstitutionelle Monarchie nach spanischem Vorbild meinte, betonten piemontesische Autoren darüber hinaus den nationalen Bedeutungsgehalt der 154 155

Ebd., S. 143. Vgl. im Hinblick auf die Übernahme des Bewegungsbegriffes libéralisme ins Italienische die Übersetzung LUIGI BLANCH, Pensieri vari (1820–1830), in: DERS., Scritti storici, Bd. 2: Saggi di storia, hrsg. von BENEDETTO CROCE, Bari 1945, S. 365–84, hier: S. 367 und 376; vgl. auch die eindeutig von dem französischen Kontext bestimmte Verwendung des Wortfeldes bei FEDERICO CONFALONIERI, Carteggio del Conte Federico Confalonieri. Con altri documenti spettanti alla sua biografia pubblicato con annotazioni storiche, hrsg. von GIUSEPPE CALLAVERSI, Bd. 2, Mailand 1911, S. 86, 185, 256, 330 und 223, wo von „eguali filantropici e liberali sentimenti“ die Rede ist.

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principii liberali. Der Konflikt mit der habsburgischen Fremdherrschaft ließ sich in diesem Sinne als doppelter Kampf für nationale Selbstbestimmung und einen fortschrittlichen Verfassungsstaat, die costituzione liberale, stilisieren.156 Dies bot zugleich die Möglichkeit, über die einzelstaatlich beschränkte Zielsetzung konstitutioneller Reformen hinaus den gesamtitalienischen Geltungsanspruch der liberali istituzioni hervorzuheben und aus diesem Anspruch ein nationales Verständnis des Deutungsmusters zu entwickeln, das sich von der Vorgabe der französischen Bedeutung entfernte. Bei einer Auswertung der politischen Publizistik zu Beginn der 1820er Jahre ist die nun einsetzende Kritik am politischen Richtungsbegriff der idee liberali unübersehbar. Diese katholisch-restaurativ motivierte Position markierte nach dem vorläufigen Scheitern der konstitutionellen und nationalpolitischen Bewegungen 1820/21 und der repressiven Verschärfung der Innenpolitik die ideologischen Frontlinien bei der Bestimmung von liberale bis 1830. Aufschlußreich für diese Position ist Carlo Ilarione Petitti, der in kritischer Einschätzung der Ereignisse von 1820/21, für die er die liberali verantwortlich machte, deren Entstehung als politische Gruppierung auf die Zäsur von 1814/15 in Frankreich zurückführte. Wie in annähernd allen anderen Ländern sei diese Partei auch in Piemont aus der Gruppe derjenigen entstanden, die von der napoleonischen Herrschaft profitiert hätten und nach dem Verlust von Macht und Ansehen auf die Wiedererlangung alter Positionen drängten: „Dopo gli avvenimenti del 1814, che ricondussero il Piemonte sotto il dominio dell’augusta casa di Savoia, si formò anche in esso, come negli altri paesi, un partito che, disgustato dal cambiamento, pensò unicamente ai mezzi di riavere l’influenza che aveva perduta.“ Petitti hob hervor, daß die liberali als politische Handlungsgruppe vom allgemeinen Aufschwung, von der Präsenz der idee liberali profitierten. In deren diskursiver Wirkung erkannte er eine grundlegende Gefahr für die Gegenwart, indem dieser Begriff als Tarnung revolutionärer Ziele verwandt wurde. Diese Abgrenzung spiegelte zugleich den zeitgenössischen Erfahrungsund Erwartungshorizont der idee liberali wieder: Sowohl die zahlreichen Geheimgesellschaften und die Befreiung von der napoleonischen Fremdherrschaft in Deutschland als auch das Eintreten für den Verfassungsstaat mit repräsentativen Institutionen gehörten dazu: Questo partito, composto di tutti coloro che con tanto zelo servirono il sovrano il meno liberale che abbia esistito ma, si prevalse dello slancio imprudentissimamente dato alle idee liberali e, prendendole per maschera, approfittò delle società segrete istesse, organizzate per la liberazione della Germania dal dominio francese, e pose mente a propagare il pensiero della necessità di un governo rappresentativo in ogni contrada.

Den Ursprung der „moderni liberali“ sah Petitti in der Anhängerschaft Napoleons. Dies unterstrich zunächst den bereits für die Zeitgenossen deutlichen Zusammenhang zwischen den idee liberali und der Herrschaftsideologie Na156

[SANTORRE ANNIBALE DI SANTAROSA] Analisi della costituzione siciliana, in: DERS., Della Rivoluzione piemontese, S. 149–77, hier S. 177; vgl. ebd., S. 54.

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poleons, was zugleich eine semantische Brücke zur Französischen Revolution schlug. Petittis negative Einschätzung resultierte aus der Diskrepanz zwischen der gegenwärtigen grundsätzlichen Oppositionshaltung der liberali gegenüber Staat und Regierung auf der einen und ihrer unkritischen Verehrung des Militärdespoten Napoleon auf der anderen Seite. Für ihn erschienen sie daher keinesfalls als glaubwürdige Anwälte einer freiheitlichen politischen Verfassung. So sehr er ihnen eine Sympathie mit den Interessen des Volkes zugestand, so deutlich dominierte aus seiner Sicht ihr reines Machtkalkül und das Ziel einer Regierung nach eigenen Interessen, das Mißtrauen und Kritik hervorrief: Notisi che la più gran parte dei moderni liberali, tanto in Italia che in Francia, si trova essere composta dei più umili servi di Napoleone Bonaparte. L’attuale loro indipendenza da un governo legittimo male si confà però con questi ampollosi indirizzi, con cui, al tempo dell’impero francese, essi figuravano Bonaparte un uomo diverso quasi dagli altri, colle più vili adulazioni. Ma allora quell’uomo delegava loro parte del potere dispotico che aveva assunto, e siccome sempre sospirano pel medesimo, ecco perchè, mossi da un tenero interesse per i popoli, ardentemente bramano poterli di bel nuovo governare.157

Vor dem Hintergrund der politischen Entwicklungen in den italienischen Einzelstaaten war es kein Zufall, daß 1821 in Turin bereits die dritte Auflage einer systematischen Auseinandersetzung mit den idee liberali aus katholisch-restaurativer Perspektive erschien.158 Wie in Frankreich spielte auch in Italien die polemische Kritik und weltanschauliche Distanzierung eine für die Etablierung des Richtungsbegriffes fundamentale Rolle, denn erst der Schlagwortcharakter von liberale, die Verdichtung von komplexen Inhalten, lieferte für die restaurative Publizistik die Voraussetzung für die Strukturierung eigener Argumentationsmuster. Die von Paolo Vergani vorgelegte Monographie von annähernd 200 Seiten unterstrich implizit bereits die Präsenz und ideologische Relevanz des Begriffes, denn Verganis Schrift setzte einen Kreis von politisch informierten Adressaten voraus, für die die idee liberali jedenfalls kein Fremdwort mehr sein konnten. Bereits der programmatische Titel Le Idee Liberali. Ultimo rifugio dei nemici della religione e del trono verriet die grundsätzliche Ausrichtung der Kritik. Die idee liberali erschienen als semantischer Zufluchtsort aller Feinde der katholischen Religion und der traditionellen, dynastisch fundierten und göttlich legitimierten Monarchie. Verganis Ansatzpunkt bildete die Französische Revolution und die Herrschaft Napoleons, dessen endgültige Niederwerfung 1815 eine für die Zeitgenossen tiefgreifende Zäsur markierte.159 In einem weiteren Sinne begriff er die eigene Gegenwart insgesamt als Fortsetzung der 157

158 159

CARLO ILARIO PETITTI DI RORETO, Relazione storico-critica delle rivoluzione del Piemonte nel 1821 (1821/1822), in: DERS., Opere scelte, hrsg. von GIAN MARIO BRAVO, Bd. 1, Turin 1969, S. 9–40, hier S. 9f. PAOLO VERGANI, Le Idee Liberali. Ultimo rifugio dei nemici della religione e del trono. Terza edizione, Turin 1821. Vgl. DERS., Discorso storico-politico sull’autorità del romano pontefice, Genua [1815] sowie DERS., Analisi ragionata del Congresso di Vienna, Genua 1818.

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grundlegenden Auseinandersetzung mit der Revolution von 1789. Über die Wiedereinsetzung der „rispettivi antichi legittimi Sovrani“ hinaus wirkten deren Prinzipien in der Meinungsbildung vieler fort: Vergani hob hervor, daß die nach 1789 Geborenen durch die Idee von den natürlichen Rechten aller Menschen und der Volkssouveränität geprägt worden seien. Noch stärker schienen diejenigen auf diese Prinzipien eingeschworen, die von den Revolutionsregimes selbst und von der Herrschaft Napoleons profitiert hätten. Dies schloß ausdrücklich auch die jeder traditionellen Legitimitätsvorstellung widersprechende Neuverteilung von Territorien und Souveränen nach 1815 ein. Für diese Gruppen bündelten aus der Sicht Verganis die neuen Begriffe die Erwartungen an die eigene Gegenwart, indem sie sowohl den Ideenvorrat der Revolutionsepoche als auch die eigenen gesellschaftlichen Interessen verkörperten. Daher erkannte er in den durch den Einschnitt von 1815 Entmachteten oder Bedrohten die politischen und gesellschaftlichen Multiplikatoren der neuen Deutungsmuster. Signifikant für den Bedeutungsgehalt der neuen Begriffe war nicht zuletzt die Anbindung der „Idee ed Istituzioni liberali“ an die negativ konnotierten Ausdrücke libertini und increduli. Damit verband sich die Diskreditierung des neuen politischen Wortfeldes durch die Vorstellung zügelloser, moralisch zweifelhafter Freigeister und eines Atheismus, der a priori jede kirchlich-religiöse Einbindung verwarf: Queste due classi di persone, come altresì i libertini e gl’increduli, sono assai interessati a propagare le enunciate erronee massime, giacchè soltanto per mezzo della loro diffusione possono lusingarsi di vedere rinascere gli anzidetti governi rivoluzionarj, ai quali per avarizia, per ambizione, per immoralità erano essi cotanto attaccati: e una prova indubitabile di ciò, è il trasporto che oggi si mostra alle così dette Idee ed Istituzioni liberali.160

Die von Vergani herausgestellten Motive – avarizia, ambizione, immoralità – disqualifizierten die Anhänger der neuen Begriffe, indem sie sie als historische Verlierer kennzeichneten, deren Unzufriedenheit sich mit Eigeninteresse, purem Egoismus oder moralischer Verfehlung verband. Von diesem Bedeutungsgehalt unterschied Vergani die grundsätzliche semantische Vagheit: Gerade weil den idee ed istituzioni liberali eine genaue und konkrete Definition fehle, sei es den oben bezeichneten Gruppen gelungen, aus ihnen eine vielzitierte und in der Öffentlichkeit verbreitete ideologische Formel zu machen.161 Den Bedeutungsgehalt der Begriffe sah Vergani durch die Ideen der Französischen Revolution und die anschließende Phase der Revolutionskriege bestimmt. Eine Differenzierung zwischen der politischen Konkretion des gegenwärtigen Zielhorizonts und der revolutionären Vergangenheit unternahm Vergani dabei nicht; dies unterstrich, daß die Revolution von 1789 für die katholisch-restau-

160 161

DERS., Idee Liberali, S. 2f. Vgl. ebd., S. 3f.: „Questo vocabolo considerato in se stesso è affatto vuoto di senso, non presentando alcuna nozione determinata; ma ne ha uno grandissimo, e assai funesto nello spirito di quelli che l’usano con tanta frequenza ne’ ragionamenti, e nelle stampe.“

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rative Kritik auch in Italien ein jederzeit aktualisierbares Argumentationsmuster darstellte. Für Vergani repräsentierten die zeitgenössischen Ziele von Meinungs- und Pressefreiheit, Verfassungsstaat und umfassender Toleranz vor allem die Abkehr von den Prinzipien der katholisch-christlichen Tradition. Signifikant dafür war für ihn insbesondere das Recht zur Ehescheidung. Alle diese Forderungen ließen sich auf die Zäsur der Französische Revolution zurückführen: Sotto questa denominazione d’idee e d’istituzioni liberali, eglino intendono la maggior parte delle massime che diedero origine alla rivoluzione di Francia, e che per venti e più anni riempirono il mondo di orrori e di stragi; e principalmente poi sotto la denominazione medesima vengono caratterizzati i seguenti principj, cioè: il regime costituzionale, ossia la rappresentanza nazionale; i pretesi delitti di opinione; la tolleranza indefinita in materia di religione; la legge immorale del divorzio; la libertà indefinita della stampa.

Seine zeitgenössische Interpretation ging aber über die Bestimmung der politisch-semantischen Ursprünge der idee ed istituzioni liberali aus der Französischen Revolution hinaus. Für den italienischen Autor spielte vor allem der spanische Kontext eine erhebliche Rolle. So hob er hervor, „quanti fautori queste erronee massime ritrovarono in Ispagna.“ Mit Blick auf die dort geprägte Gruppenbezeichnung liberales konstatierte er, daß hier auch der eigentliche Ursprung der politischen Bezeichnung liberali liege: „Eglino erano in sì gran numero, che arrivarono a formare una specie di setta, che allora, e anche al presente è contraddistinta colla denominazione di liberali.“ Hervorgegangen aus dem Kampf gegen die französisch-napoleonische Fremdherrschaft seien sie in den Cortes für eine repräsentative Verfassung eingetreten.162 Vergani bemühte sich, die negativen Konsequenzen dieser Forderungen herauszuarbeiten, indem er die politische und gesellschaftliche Instabilität sowie die revolutionäre Infragestellung jeder überkommenen Ordnung, zumal der religiös-kirchlichen, als zwangsläufige Ergebnisse der Ideen von Volkssouveränität und konstitutioneller Ordnung darstellte. Diese Beobachtung galt nicht allein für das postrevolutionäre Frankreich, sondern auch für die anderen europäischen Länder. Allerdings war er sich bewußt, daß vor dem Hintergrund der gemeineuropäischen Wirkungsmacht der neuen Begriffe Unterschiede in der jeweils spezifischen Adaption auftraten. Der französische Bedeutungszusammenhang blieb zwar zunächst virulent, aber der Ausdruck der idee liberali als Vorstufe des Bewegungsbegriffes libéralisme schien als semantisch formatives Medium offen genug, um auch in anderen politischen Kontexten fortzuwirken. Mit Blick auf Spanien hob Vergani hervor: Anche in alcuni degli altri Stati, i quali con la caduta di Napoleone ebbero il bene di vedere ristabiliti i loro antichi legittimi governi, l’attaccamento alle pretese idee liberali si è egualmente manifestato, e in una maniera non equivoca. In uno di essi il trasporto per le suddette erronee massime, e soprattutto per la prima è stato sì grande, che i deputati della nazione nel portarsi a felicitare il novello ristabilito Sovrano, giunsero perfino a chiedergli lo

162

Ebd., S. 4f.

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stabilimento del regime costituzionale, ossia della rappresentanza nazionale, sebbene una siffatta specie di governo non avesse mai per l’addietro esistito.

An der Prägung der idee liberali durch Napoleon bestand für Vergani kein Zweifel. Allerdings ging er nicht auf die Wirkungsgeschichte der idées libérales seit dem 18. Brumaire des Jahres 1799 ein, sondern datierte deren Adaption auf den März 1815, als es dem Despoten um die Integration der politischen Fraktionen in Paris gegangen sei. Dabei habe er auf die idee liberali als bereits etabliertes und positiv konnotiertes Attribut politischer und gesellschaftlicher Fortschrittlichkeit zurückgegriffen, um die eigene despotische Herrschaft zu verschleiern: Un’altra prova dell’attuale grandissima diffusione degli erronei principj, che pretendonsi abbellire con questo specioso nome d’idee liberali, si è che Buonaparte ha invocato egli pure questo nome, allorchè nel mese di marzo dello scorso anno 1815 . . . Con siffatto corteggio egli vedea bene, che non poteva imporre alla parte sana della nazione; ma egli sapea che il nome d’idee liberali era allora generalmente accetto all’Europa; nell’atto stesso perciò, in cui era determinato, e per così dire astretto ad introdurre un dispotismo più pesante di quello a cui si era abbandonato prima della sua caduta, proclamò, che il suo nuovo governo sarebbe stato il regno delle idee liberali.163

Für den katholischen Kritiker Vergani stellte jenes „regno delle idee liberali“ lediglich eine geschickte sprachliche Tarnung dar, die auf der unbestimmten Definition und der gefährlichen Unverbindlichkeit des politischen Vokabulars beruhte und die politische Instrumentalisierung besonders erleichterte. Die enorme, geradezu unheimliche Wirkung auf die Öffentlichkeit, die Vergani hier ansprach, reflektierte vor allem eine veränderte Relevanz politischer Sprache als konkreter Handlungsfaktor. Dem ließ sich die Fortsetzung des Revolutionszeitalters in die eigene Gegenwart hinein zuordnen: „I vocaboli che defenir non si possono, e che non hanno un preciso significato, infiammano di leggieri l’animo del popolo, e secondano mirabilmente il genio delle rivoluzioni.“ Die diskursive Wirkungsmacht des Begriffs, des „insignificante, ma imponente nome d’idee e d’istituzioni liberali“, stellte für Vergani vor allem eine Herausforderung des tradierten Deutungsmonopols der katholischen Kirche dar. Die politische Sprache bezog ihre Wirkungsmacht in der postrevolutionären Phase gerade aus der in Frage gestellten Verbindlichkeit und Eindeutigkeit der Etiketten und Begriffe. Erst deren Ambivalenz eröffnete den Kampf um die Deutungsmacht. Auch das Ziel, das Vergani mit seiner Schrift verfolgte, ergab sich aus dieser Beobachtung: Es ging ihm um die Vergegenwärtigung der Revolutionsprinzipien, die hinter den idee ed istituzioni liberali standen. Daher begriff er seine systematische Zurückweisung der Prämissen der liberali als Revolutionsprophylaxe gegenüber den Massen: „di ricoprire agli occhi de’ semplici la naturale deformità delle massime che diedero luogo agli anzidetti mostruosi governi.“ Vergani differenzierte sehr genau zwischen den Vertretern der idee liberali und dem Begriff selbst. Während er letzterem eine spezifische semantische 163

Ebd., S. 6f.

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Unbestimmtheit beschied, aus der sich seine Vereinnahmung erst ergab, lag das eigentlich revolutionäre Gefahrenpotential in der negativen Motivation derjenigen, die von der Revolution selbst und von ihren Folgen profitiert hatten oder ihre Interessen in der postrevolutionären Ordnung nach 1815 nicht mehr erfolgreich vertreten konnten: „A tale effetto, come ad un ultimo rifugio, ricorrono alle idee liberali, cercando di riprodurre sotto questo nuovo nome quel medesimo sistema, che per le sue funeste conseguenze era agli uomini onesti divenuto cotanto odioso“.164 In seiner Schrift konzentrierte sich Vergani auf die systematische Darstellung und Widerlegung der Anschauungen der liberali, wobei er zunächst auf die Grundlagen des „moderno filosofismo“ einging.165 Die Gliederung seines Buches reflektierte dabei sehr genau den konkreten politisch-gesellschaftlichen Bedeutungungsgehalt aus der Sicht des Kritikers. Dies betraf zunächst das „governo costituzionale“ und die „rappresentanza nazionale“, die „pretesi delitti di opinione“ sowie die tolleranza vor allem im Hinblick auf die christliche Religion.166 Welche überragende Rolle dieser Aspekt für Vergani spielte, unterstreicht nicht zuletzt die Tatsache, daß der Autor dem divorzio, das er als Programm der atheistischen liberali verstand, ein eigenes Kapitel widmete. Mit dem Blick auf die „libertà della stampa“ rundete er den Katalog der Erwartungen ab.167 Der Bezug auf 1789 blieb in Verganis Schrift das dominierende Bestimmungsmuster. Die Vergangenheit der Revolutionserfahrung und die Präsenz der idee liberali fielen gleichsam zusammen: Le massime che da qualche anno cotanto si esaltano sotto lo specioso nome d’idee e d’istituzioni liberali sono quelle stesse, che e nell’ordine morale, e nell’ordine politico produssero tutti i mali che dopo il 1789 hanno nel mondo il più inaudito si crudelmente afflitta e desolata la Francia. Io mi lusingo di averlo evidentemente provato nel corso di quest’opera: ma nel tempo stesso analizzando sotto tutti i loro punti di vista le massime medesime, io ho fatto vedere pure all’ultima evidenza, che elleno non potrebbero generalizzarsi in qualunque altro Stato, senza che avessero luogo le stesse terribili conseguenze.168

Für die Übertragung der aus dem französischen Kontext stammenden Interpretationsmuster auf die publizistische Kritik an den liberali in Italien waren in den 1820er Jahren nicht zuletzt zahlreiche direkte Übersetzungen aus dem Französischen verantwortlich.169 In einem Vorwort zu einer solchen Übersetzung, die den revolutionären Charakter der liberali in ganz Europa zu erweisen suchte, wies der italienische Autor auf die für ihn offenkundige Differenz zwi164 165 166 167 168 169

Ebd., S. 7f. Vgl. ebd., Kapitel I, S. 11 ff. Vgl. ebd., Kapitel II, S. 22 ff., Kapitel III, S. 59 ff. und Kapitel IV, S. 67 ff. Vgl. ebd., Kapitel V, S. 120 ff. sowie Kapitel VI, S. 140 ff. Ebd., S. 170. Vgl. Sulla situazione politica dell’Italia. Articolo tratto dalla rivista francese n.o XII (novembre 1829) e tradotto in Italiano da P. Mirri, Antico Capo Battaglione, Brüssel 1830.

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schen dem vorpolitischen Attribut liberale, der liberalità und den „veri liberali“ in dieser Tradition auf der einen und den „liberali moderni“ gerade in ihrer semantischen Wandlungsfähigkeit und ihrem revolutionären Programm auf der anderen Seite hin: Tanto per la liberalità del loro animo, quanto per il genio, ed attaccamento alle scienze, alle arti liberali, aritmetica, disegno, pittura, musica ec., si fanno esse gloria, e sono universalmente riputate rinomate per veri liberali nel proprio rigoroso senso. Ma che? ricomparve una setta d’uomini che da tanti anni formano l’obbrobrio della civile società, che a somiglianza dei serpenti, quali cambiano pelle ogni anno, rivestono varie forme, e figure, si studiano tutt’ora mascherarsi sotto diversi aspetti per sedurre, ed ingannare: questa setta, per guadagnarsi loro favore, protezione, e confidenza, si appropria il loro titolo di liberale . . . La mia dedica è un invito a leggere l’opuscolo parigino, quale smaschera l’iniquo progetto, e porta a distinguere tra liberali, e liberali, ed è capace di rendere le Signorie loro convinte, che i liberali moderni, anzi che essere tali, sono micidiali, sono carbonari, carboni d’inferno, cose troppo aborrite dalla loro onoratezza, e religione.170

Auch die italienische Übersetzung der in Frankreich erschienenen Schrift Carl Ludwig von Hallers über die Dénominations de partis dokumentierte das erheblich gestiegene Interesse an Aufklärung über die neuen politischen Begriffe in Italien.171 Gerade weil Haller deren weit über Frankreich hinausgehende Relevanz und die Differenzierungen des politischen Vokabulars behandelt hatte, stieß seine Schrift auch hier, zumal bei katholischen Kritikern, auf erhebliches Interesse. Auch in Italien läßt sich vor diesem Hintergrund eine erhebliche Verbreitung des Deutungsmusters bis 1830 konstatieren, wozu primär die katholische und restaurative Publizistik beitrug. Die aus der Aufklärung stammende Religionskritik und Gottlosigkeit der „Filosofia liberale“, der „moralisti liberali“ und des „sistema liberale“ entwickelte sich zum vorherrschenden Bestimmungstopos, in den schließlich noch der „tifo costituzionale“ einging.172 Der politische Freiheitskampf war im italienischen Kontext insofern enger als in den anderen Vergleichsländern mit dem Kampf gegen den tradierten römischen Katholizismus in seinem weltlichen und geistlichen Führungsanspruch verbunden. Daraus resultierte eine besondere weltanschauliche Aufladung des „sistema liberale“ und der aus ihr hervorgegangenen „filosofia costituzionale“: Potrebbero dire, che lasciando star com’ell’è la cultura dell’uomo nelle nostre città, la filosofia liberale non intende che riformarle dalla tirannia degl’imperanti e delle leggi ripressive, e specialmente da quella di una religione piena di vincoli, e di annegazione di sè medesimo, in che appunto essi filosofano che consista nostra miseria, quando noi pretendiamo 170 171

172

[ANTONIO CAPECE MINUTOLO DI CANOSA] Piano dei Liberali, tradotto dal francese, dedicato alle gentil.me dame e signore di tutta Italia, Turin 1821, S. 4. CARLO LUIGI DE HALLER, Di alcune Denominazioni di Partito. Memoria del Signor Carlo Luigi Haller per servire all’interpretazione de’ giornali e di altri scritti moderni, Mailand 1822. Auch eine weitere Ausgabe konnte ermittelt werden, die in 1823 in Rom verlegt wurde, vgl. zur Interpretation Kapitel IV.1.c). Del tifo costituzionale ovvero d’inquietudine politica che attaccò le Cosmopoli sulla fine del secolo XVIII e de’ suoi rimedi su l’esperienza clinica del secolo decimonono. Riflessioni dell’A. d. A., Imola 1823, S. 47 und 74 f.

4. England

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che non resti altra via per aspirare a qualunque felicità . . . Lasciamo dunque un momento, che il sistema liberale si consideri in quest’altro aspetto, non di un taglio alla radice delle città, ma di un innesto, che i nostri riformatori vogliano farvi con ridurle ad altre forme, a nuove costituzioni, a costumi differenti, a combinare in somma il gran problema dell’uomo libero, e consociato. Questo è certamente, e in sostanza tutto il succo della moderna predica filosofia costituzionale.

Auch die Differenzierung zwischen den „liberali irreligiosi“ und den „moderati liberali“ orientierte sich primär an der Haltung gegenüber Religion und Kirche; die „piu moderati“ seien diejenigen, „che propenderebbero a un liberalismo, che non intaccasse la religione“.173

4. England a) Liberal thinkers throughout Europe: Die schrittweise Adaption des Attributs aus oppositionellaußerparlamentarischer Perspektive Die semantischen Transferwege und die damit verbundenen Bedeutungsimpulse von außen spielten für die englische Begriffsgeschichte wie schon zu Beginn des 19. Jahrhunderts so auch im Verlauf der 1820er Jahre eine erhebliche Rolle. Dabei kam insbesondere den in London ansässigen Vereinen zur Unterstützung der südeuropäischen nationalen Unabhängigkeitsbewegungen eine große Bedeutung zu. Vor allem die einsetzende Griechenbegeisterung fand ihren Niederschlag in einer organisierten Philhellenenbewegung, für die sich auch der einflußreiche literarische Zirkel um Lord Byron und Leigh Hunt einsetzte.174 Hunt gründete 1822 ein literarisches Journal mit dem programmatischen Titel The Liberal, or Verse and Prose from the South, das nicht zuletzt durch die von ihm ausgehende Provokation in der Öffentlichkeit für die publizistische Verbreitung des neuen Etiketts sorgte. Im Vorwort betonte Hunt zunächst den engen Zusammenhang zwischen Literatur und Politik, der die Gegenwart auszeichne: „The object of our work is not political, except inasmuch as all writing now-a days must involve something to that effect, the connexion between politics and all other subjects of interest to mankind having been discovered, never again to be done away.“ Ziel des Journals sei „to contribute our liberalities in the shape of Poetry, Essays, Tales, Translations“, wobei Hunt die eminent politische Bedeutung der Literatur für die Regierungen hervorhob.175 Der Wirkung des programmatischen Titels war sich Hunt durchaus bewußt. Mit liberal verband er zunächst eine allgemeine Fortschrittsidee, zu der ein ge173 174 175

Ebd., S. 75, 56 und 96. Vgl. ROSEN, passim. [LEIGH HUNT (Hrsg.)] The Liberal. Verse and Prose from the South, Bd. 1, London 1822, Preface, S. VII. Eine zweite Ausgabe konnte Hunt 1823 noch veröffentlichen, danach mußte er die Publikation auf Druck der Behörden hin einstellen.

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wandeltes Selbstbewußsein der Autoren als politisch-gesellschaftliche Avantgarde trat, in der sich literarische Ansprüche und politische Oppositionshaltung überschnitten. Zugleich grenzte Hunt diese Selbstbezeichnung vom sozialexklusiven Ideal des educated gentleman ab, der nur noch als „pretended liberal“ erschien. Indirekt stellte er die neue progressive Semantik einer „liberal knowledge“ damit der vorpolitischen liberal education gegenüber, die dem gentleman-Ideal des 17. und 18. Jahrhunderts zugrundegelegen hatte:176 We wish the title of our work to be taken in its largest acceptation, old as well as new, – but always in the same spirit of admiring and assisting, rather than of professing. We just as much disclaim any assumption in it before the wise, as we disclaim any false modesty before all classes. All that we mean is, that we are advocates of every species of liberal knowledge, and that, by a natural consequence in these times, we go the full length in matters of opinion with large bodies of men who are called LIBERALS. At the same time, when we say the full length, we mean something very different from what certain pretended Liberals, and all the Illiberals, will take it to be . . . – ‚Ay, ay,‘ interrupts some old club-house Gentleman, in a buff waistcoat and red face.177

Der Gentleman bekannte sich im Verlauf des Textes selbst als liberal und forderte die Herausgeber des Liberal zu Mäßigung und Loyalität gegenüber „King and the Ministers . . ., particularly Lord Castlereagh and the Duke of Wellington“ auf. Dies nahm Hunt zum Anlaß, um den politischen Gehalt des Wortfeldes zu unterstreichen, denn der „club-house Gentleman“ – so Hunt – „misinterprets our notions of liberality.“ Er griff hier nicht auf den kontinentaleuropäischen Bewegungsbegriff liberalism, sondern auf liberality zurück, die er noch mit den traditionellen Attributen large und generous grundierte. Dann aber unterschied er liberality umso pointierter von der repressiven Politik Castlereaghs gegenüber der politischen Öffentlichkeit: As to Lord Castlereagh, he was one of the most illiberal and vindictive of statesmen, if we must use that word for every petty retainer, whom a bad system swells for a time into a part of its unnatural greatness. Look at his famous Six Acts! Look at his treatment of Bonaparte . . ., his fondness for imprisoning, and for what his weak obstinacy calls his other strong measures. But he is dead, and people are now called upon to be liberal! Let us be so . . . in the general sense we have of the infirmities of human nature.

Als „new demanders of liberality“ erschienen alle Opfer der repressiven Innenpolitik Castlereaghs, so vor allem die durch die englische Regierung unterdrückte irische Bevölkerung. Liberality fokussierte hier über die vorpolitischen Bedeutungsaspekte hinausgehend eine politisch-gesellschaftliche Oppositionshaltung. Als „specimen of the liberality“ galt Hunt zum Beispiel Percy B. Shelley „who had more religion in his very differences with religion, than thousands of your church-and-state men.“ Entscheidend an Hunts programmatischer Selbstbezeichnung war gegenüber der Phase bis 1820 der positive Bezug auf politische Freiheits- und nationale Unabhängigkeitsbewegungen Kontinentaleuropas und die semantische Anbindung an die außerparlamentarische Oppo176 177

Vgl. Kapitel II.5.a). HUNT, The Liberal, Bd. 1, S. VIII f.

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sitionsszene. So wichtig die kontinentaleuropäischen Bezüge weiterhin blieben, so deutlich bemühte sich Hunt, sein Journal auch zum Sprachrohr einer genuin englischen Oppositionsbewegung zu machen. Dabei beanspruchte er gegenüber den „semi-liberalized“ aus Frankreich und Deutschland einen eigenen Standpunkt. Aus englischer Perspektive reflektierte dies in ironischer Überzeichnung bereits das ganz unterschiedliche Selbstverständnis von französischen und deutschen liberals: that although we condemn by wholesale certain existing demands upon our submission and credulity, we are not going to discover every imaginative thing even in a religion to be nonsense, like a semi-liberalized Frenchman; nor, on the other hand, to denounce all levity and wit to be nonsense and want of feeling, like a semi-liberalized German. If we are great admirers of Voltaire, we are great admirers also of Goethe and Schiller.

Der romantisch grundierte Eklektizismus Hunts stand neben einer universellen Emanzipationsidee und der Absage an die tradierten politisch-gesellschaftlichen Herrschaftsformen. Den „obscene worships“ stellte Hunt das Ideal der „liberal worship“ entgegen, das seine Oppositionshaltung aus dem Bewußtsein schöpfte, Fortschritt, Emanzipation und Individualismus zu verkörpern. Daraus glaubte Hunt auch das natürliche Recht ableiten zu können, die überkommenen Vorstellungen von legitimer Herrschaft und jede weltanschauliche Bevormundung infragezustellen: Wherever . . . we see the mind of man exhibiting powers of its own, and at the same time helping to carry on the best interests of human nature . . . there we recognise the demigods of liberal worship; – there we bow down, and own our lords and masters; – there we hope for the final passing away of all obscene worships, however formalized, – of all monstrous sacrifices of the many to the few, however ‚legitimized‘ and besotted.178

Die bald einsetzenden Reaktionen auf die Veröffentlichung von Hunts Journal reflektierten neben der konkreten Kritik an den literarischen Texten vor allem eine überwiegend negative Haltung gegenüber dem programmatischen Titel, die aber die Popularisierung des Begriffes in der Öffentlichkeit nur noch verstärkte. Als ironisch-satirischer Gegenentwurf zur romantisch verklärten und ästhetisierten Freiheitssehnsucht des Zirkels um Leigh Hunt und Lord Byron verstand sich insbesondere die von William Gifford verfaßte Zeitschrift The Illiberal! Verse and Prose from the North!! 179 Eine weitere ausführliche Kritik, die noch im gleichen Jahr erschien, prangerte den blasphemisch-aufrührerischen Ton des Liberal an, dessen Anhänger als liberals in die Nähe des verhaßten Despoten Bonaparte gerückt wurden. Besonders aufschlußreich für die semantische Integration des neuen Begriffes ist, ähnlich der allerdings früheren Entwicklung in Frankreich nach 1815, die in der Kritik nachweisbare Verdichtung aller negativ bewerteten Inhalte von liberal: 178 179

Ebd., S. IX und XI f. [WILLIAM GIFFORD] The Illiberal! Verse and Prose from the North!! Dedicated to My Lord Byron in the South!! To be continued occasionally!! As a Supplement to each number of The Liberal, London [1822].

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Dies gipfelte in der Kritik am neuen Bewegungsbegriff liberalism, der hier für den englischen Kontext zum ersten Mal ausführlicher bestimmt wurde. Von Byron hieß es, daß „scepticism and Liberalism obscured the bright star of his genius“.180 Den scheinbaren Widerspruch zwischen seiner aristokratischen Herkunft und seinem Engagement für ausländische Freiheitsbewegungen, der aber für zahlreiche Whigs seiner Zeit kennzeichnend war, reflektierte auch William Hazlitt, der „Lord Byron’s preposterous liberalism“ hervorhob.181 Während Hunt als Selbstbezeichnung fast ausschließlich auf liberal und liberality zurückgriff und dabei auch noch auf die vorpolitische Bedeutungebene rekurrierte, setzte die Kritik am abstrakten Bewegungsbegriff liberalism an, der mit den Negativattributen blasphemy und abuse belegt werden konnte. Dem politischen Oppositionsbegriff liberalism, dem man zugleich die Infragestellung christlicher Wertnormen anlasten konnte, hielt man die tradierten politischen Wertbegriffe „loyalty and patriotism“ entgegen und griff auf die traditionellen Nuancierungen von liberality zurück, wobei man „candour and moderation“ auch auf liberalism anzuwenden suchte. Der sich hier abzeichnenden Integration von liberalism lag geradezu paradigmatisch die fortwirkende Auseinandersetzung mit den älteren Bedeutungselementen zugrunde; eine Amalgamierung von vorpolitischen und politisierten Gehalten zeichnete sich ab: Waving the blasphemy, it contains nothing but abuse. The author has melted a pearl in the cup of intemperance, and then thrown it on a dunghill . . . Instead of politics we find railing . . . And this they call Liberalism, the essential of which are candour and moderation! if Liberalism sears the heart to every tender sensation of loyalty and patriotism – if it teaches us to despise that great captain who has been Heaven’s instrument to save Europe from the grasp of a despot – if it would lead us to spurn at the memory of the venerable George III. and above all if it would teach us to think prayer and praise God a superfluous trouble – to make morality a toy . . . We are sorry to say of men, whose talents pointed to better things, that this book deeply implicates their characters as gentlemen, in whom their language is inadmissible.182

Im Kontext der seit Beginn der 1820er Jahre verschärften „attacks on virtue and religion“ trafen vorpolitische und politisierte Bedeutungskomponenten aufeinander. In der Bestimmung von liberality zeigte sich, wie weit Autoren eine Aufladung mit politisch-gesellschaftlichen Inhalten, die sich bereits in der Forderung nach liberality of sentiment am Ende des 18. Jahrhunderts angedeutet hatte und nun in die Erwartung eines „progress of philosophy and liberal opinion“ mündete, zuzulassen bereit waren oder ob sie zugunsten einer vorpoli-

180 181

182

A Critique on ‚The Liberal‘; Or Verse and Prose from the South, to be continued occasionally. Printed by and for John Hunt, London 1822, S. 8f. WILLIAM HAZLITT, The Spirit of the Age; or, Contemporary Portraits, Bd. 1, Paris 1825, S. 23; vgl. ebd., S. 6 und 94 (zu Southey) sowie Bd. 2, S. 131 (zu Jeffrey und dem Umfeld der Edinburgh Review und Quaterly Review); vgl. MALCOLM KELSALL, Byron’s Politics, Brighton 1987, S. 195. A Critique on ‚The Liberal‘, S. 14 f.

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tisch konnotierten Haltung eine solche Politisierung nicht mitvollzogen.183 Während die Politisierung auf den abstrahierenden und ideologisch fokussierenden Bewegungsbegriff liberalism hinauslief, von dem eine negative oder positive Orientierungsmacht im politischen Diskurs ausging, stand auf der anderen Seite die bloße Reformulierung einer soziopsychologischen Kategorie, nämlich der kultivierten Disposition des gentleman. Die sich hier abzeichnende Gabelung des historisch-semantischen Entwicklungsweges stellte sich als Alternative zwischen liberalism als Ausdruck politischer Erwartungen und liberality als Synonym für das prä- und transpolitische gentleman-Ideal dar, das über den politisch-sozialen Interessengegensätzen zu schweben schien. In letzterem Sinne erschien liberality als Toleranz noch gegenüber den ideologisch scheinbar verirrten Adepten der naturrechtlichen Freiheitsidee: We too, as well as our adversaries, profess liberality; and it is not that liberality that can see nothing right except upon its own side, and is incapable of appreciating the talents, or recognising the private virtues, of its opponents. We are not, we hope, blind to the merit of a political, or even of a religious, antagonist; we respect genius, even in its aberrations from truth, and honour integrity of purpose, even in the wildest errors . . . On the speculative errors of such men as Hume and Franklin we look with a sort of respectful sorrow; our indignation at the pernicious tendency of their opinions, is more than half disarmed by our veneration for their individual virtues, and the purity of their intentions.184

Das in der politischen Öffentlichkeit herrschende große Interesse an den nationalen Freiheits- und Unabhängigkeitsbewegungen vor allem Griechenlands, aber auch Spaniens und Italiens in den 1820er Jahren setzte sich organisatorisch zum Beispiel im London Greek Committee fort, das eine eigene Anleihe zur Unterstützung der griechischen Freiheitskämpfer organisierte.185 Die demonstrative Teilnahme führender Repräsentanten der außerparlamentarischen Reformbewegung wie Jeremy Bentham verband sich hier mit dem Bekenntnis zu politisch-konstitutionellen Fortschritten, das im Kontrast zu der von Castlereagh bestimmten Politik gegenüber der Heiligen Allianz auf dem europäischen Kontinent stand.186 Bentham widmete seinen unvollendeten Constitutional Code von 1822 auch Griechenland „for the use of All Nations and all Governments professing Liberal Opinions“.187 Seine liberal opinions umschrieben ein 183

184 185 186 187

Vgl. Kapitel II.5.c); zur Persistenz des liberality-Begriffes aus theologischer Perspektive vgl. EDWARD COPLESTON, False liberality, and The power of the keys. Two sermons. With a pastoral address, on Roman Catholic errors, London 1841 sowie F. W. NEWMAN, On the illiberality of sentiment and practice apprehended from a separating of church and state, London 1846, S. 3ff. The London Liberal; an Antidote to Verse and Prose from the South, Bd. 1, London 1823, S. 24 und VI. Vgl. ROSEN, S. 229 ff. Vgl. GÜNTHER HEYDEMANN, Konstitution gegen Revolution. Die britische Deutschland- und Italienpolitik 1815–1848, Göttingen 1994, passim. JEREMY BENTHAM, Constitutional Code (1822), Bd. 1, hrsg. von F. ROSEN und J. H. BURNS, Oxford 1983, S. 1; vgl. dagegen das vorpolitische Verständnis von liberality in JEREMY BENTHAM, The Book of Fallacies: From Unfinished Papers. By a Friend, London 1824, S. 216.

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Reformprogramm, das auf „universal suffrage, representative democracy, freedom of speech“ beruhte.188 Im Umkreis des englischen Philhellenismus verkörperte liberal zu Beginn der 1820er Jahre eine politische Freiheitsidee, die nicht mehr allein im Hinblick auf die kontinentaleuropäischen Bewegungen, sondern zunehmend auch mit Bezug auf die englische Innenpolitik verstanden wurde. Dies verlieh liberal angesichts der politischen Situation nicht nur eine romantische Grundierung, sondern unweigerlich einen oppositionellen Zug. Zunächst wurde dies vom kontinentaleuropäischen Kontext oder von den Entwicklungen in Griechenland dominiert, für das der Morning Chronicle jene „liberal laws“ forderte, die als Ausdruck des Fortschritts für „industry and peace of the world“ den semantischen Gegenpol zu „ambition and pride of Continental Kings“ und „the oppressive and degrading Government of the Asiatic barbarians“ bildeten.189 Darüber hinaus war aber auch die Übertragung auf innerenglische Zustände möglich, wie gerade Hunts Liberal bewiesen hatte. Edward Blaquiere, ein führender Repräsentant der Londoner Philhellenenbewegung und enger Freund Benthams, kannte aufgrund seiner Auslandsreisen die „Spanish Liberals“ und forderte 1820 bereits im Sinne einer übergreifendeuropäischen Bewegung „to promote a closer union and clearer understanding between the liberal thinkers throughout Europe“.190 Eine Garantie für den Erfolg des griechischen Freiheitskampfes gegen das Osmanische Reich erkannte er nicht zuletzt in den politischen Führern der Griechen, die „for the most part received a liberal education in the west of Europe“ – ein signifikanter Rückgriff auf den vorpolitischen Ausdruck in einem nunmehr politisierten Kontext.191 Die Übertragung des politischen Attributs auf die englische Innenpolitik resultierte aus dem engen Zusammenhang zwischen außenpolitischem Engagement und intensivierten Reformdebatten. So erschien Blaquiere schließlich selbst als „gentleman whose liberal opinions are a matter of publicity“.192 Auch bei Leicester Stanhope läßt sich der semantische Transfer vom Objekt auf den Sprecher in ähnlicher Weise rekonstruieren. Stanhope, der vom „liberal course in politics“ bei den politischen Führern der nationalgriechischen Unabhängigkeitsbewegung überzeugt war, galt selbst bald als „champion of liberal opinions“ und bekannte 1857 im Rückblick auf sein politisches Engagement für die Philhellenenbewegung, „that I have been a liberal in politics all my life“.193 Aus 188 189 190

191 192 193

ROSEN, S. 299. MORNING CHRONICLE, 12. Januar 1824. EDWARD BLAQUIERE, Letters from Greece; with Remarks on the Treaty of Intervention, London 1828, S. XX sowie Brief Blaquieres an Dumont vom November 1820, in: [JEREMY BENTHAM] The Iberian Correspondence of Jeremy Bentham, Bd. 1, hrsg. von P. SCHWARTZ, London 1979, S. 358. EDWARD BLAQUIERE, The Greek Revolution, London 1824, S. 177 f. THOMAS GORDON, History of the Greek Revolution, Bd. 2, Edinburgh 1832, S. 78. LEICESTER STANHOPE, Greece, in 1823 and 1824; being a Series of Letters, and Other Documents, on the Greek Revolution, Written during a Visit to that country, London

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dem Interesse am und der öffentlichen Unterstützung für den Philhellenismus war eine neue programmatische Selbstbezeichnung erwachsen. b) An odious but intelligible phrase: Semantische Adaption und Integration von liberal als innerenglisches Reformattribut Das Ende der außenpolitische Daueranspannung nach 1815 und die damit verbundene Abschwächung der unmittelbaren ideologischen Konfrontation mit der Französischen Revolution und ihren Folgen ließ die seit dem letzten Drittel des 18. Jahrhunderts entstandenen innerenglischen Konflikte verstärkt hervortreten. Innerhalb des politischen Diskurses dominierten einerseits die traditionellen Bezeichnungen whig und tory, die vor allem auf die aristokratischen Führungseliten im Parlament zielten. Das Schlagwort der radical reform erfaßte dagegen auch eine außerparlamentarische Öffentlichkeit, die eine konsequente Umgestaltung der parlamentarischen Repräsentation forderte.194 Das Klima von wachsendem Erwartungsdruck, faktischer Reformblockade und repressiver Unterdrückungsstrategie der Regierung trug nach 1820 entscheidend zur Integration des politischen Adjektivs liberal bei. Wie oben gezeigt, führte der Weg zu dieser Integration zunächst über den semantischen Import einer von den Tories bewußt eingesetzten Invektive gegenüber politischen Gegnern, denen man das kontinentaleuropäische Revolutionsstigma anheftete. Die mit liberal verbundenen konstitutionellen oder nationalen Projektionen in Frankreich oder Spanien ließen sich dabei jedoch nicht auf den englischen Kontext übertragen. Die positive Besetzung des Adjektivs ging demgegenüber zunächst aus dem großen Interesse und Engagement bestimmter Teile der politischen und literarischen Öffentlichkeit an den kontinentaleuropäischen Freiheits- und nationalen Unabhängigkeitsbewegungen hervor. Auf einer zweiten Stufe wurde diese positive Konnotation von liberal als Kennzeichen fortschrittlicher politischer Prinzipien dann auch als ostentative Selbstbezeichnung etwa des Zirkels um Lord Byron und Leigh Hunt oder der Londoner Philhellenenbewegung aufgegriffen. Nicht zu übersehen ist jedoch, daß der soziale Verwendungskontext von liberal zu Beginn der 1820er Jahre noch keinesfalls die etablierten politischen Foren oder den parlamentarischen Diskurs und die auf ihn ausgerichteten politischen Einflußkanäle erfaßte. Die Analyse des semantischen Imports und der komplexen Rezeptionsvorgänge darf daher keinesfalls

194

1825, S. 134; WILLIAM PARRY, The Last Days of Lord Byron, London 1825, S. 84 sowie LEICESTER STANHOPE, The Earl of Harrington on the Maine-Law; on the Law of Libel, as Opposed to the Declaration of Truth and the Defence of Character; and Other Subjects, Derby 1858, S. 22. Vgl. Kapitel III.4.c) sowie A Political Dictionary; or, Pocket Companion: chiefly designed for the use of members of Parliament . . . Being an illustration and commentary on all words, phrases, and proper names in the Vocabulary of Corruption . . . By the Editor of the Black Book, London 1821, S. 87–9.

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zu einer Überschätzung des konkreten Wirkungskreises von liberal führen. Denn bei aller publizistischen Wirkung und Resonanz von Leigh Hunts Liberal blieben diese Avantgardisten mit ihrer Mischung aus elitärem Selbstverständnis, ästhetisiert-romantisiertem Freiheitsideal und politischem Engagement im Bewußtsein der Öffentlichkeit ausgesprochene Außenseiter, deren Teilnahme an den zahlreichen kontinentaleuropäischen Freiheitskämpfen zwar heroisch, aber auch politisch naiv wirkte. Damit drängt sich die Frage auf, ob diese Außenseiterstellung, so bedeutsam sie für die Rezeption des politischen Imports liberal im Rückblick auch erscheint, sich im zeitgenössischen Kontext auch auf das so programmatisch favorisierte Etikett übertrug und dessen sozialen Verwendungszusammenhang von vornherein beschränkte. Entgegen dieser Annahme fand liberal seinen Weg sehr bald auch in den etablierten Diskurs der politisch-gesellschaftlichen Eliten, wenn auch nicht geradlinig. Ein einzigartiges Zeugnis für den Übergang vom Importbegriff, dem noch immer ein ambivalenter, kontinentaleuropäischer Bedeutungsrest anzuhaften schien, zum politisch-sozialen Deutungsmuster ist ein Brief des späteren Tory-Premiers Robert Peel an John Wilson Croker vom März 1820. Er kennzeichnet den für die semantische Transformation so wichtigen Nährboden einer politisch-gesellschaftlichen Entwicklungsdynamik, die nach neuen Begriffen strebte, ohne daß sich damit bereits ein verbindlich definierter Inhalt verband. Der allgemeinen Politisierung entsprach noch keine unumkehrbare ideologische Polarisierung. Hier wurde das Attribut liberal vielmehr zum geeigneten Medium für die sprachliche Verdichtung einer gesamtgesellschaftlichen Reformerwartung. Diese war nicht von den spezifischen Artikulationsformen der politischen Öffentlichkeit nach 1815 zu trennen und erreichte nun auch den Diskurs der politischen Eliten und ihrer führenden Repräsentanten: Do not you think that the tone of England – of that great compound of folly, weakness, prejudice, wrong feeling, right feeling, obstinacy, and newspaper paragraphs, which is called public opinion – is more liberal – to use an odious but intelligible phrase, than the policy of the Government? Do not you think that there is a feeling, becoming daily more general and more confined – that is independent of the pressure of taxation, or any immediate cause – in favour of some undefined change in the mode of governing the country?195

Diese Kennzeichnung von liberal als „odious but intelligible phrase“ verwies zum einen auf den ambivalenten Ursprungskontext eines nichtenglischen Ausdruckes in seinen semantischen Bezügen zu den Prinzipien von 1789. Zum anderen mußte auch Peel offensichtlich widerstrebend erkennen, daß hinter diesem Begriff eine spezifische Öffentlichkeit stand, die „public opinion“ mit ihrem nunmehr unübersehbaren Reformanspruch und eigenen Artikulationsfor-

195

Brief Robert Peels an John Wilson Croker vom 23. März 1820, in: [JOHN WILSON CROKER] The Correspondence and Diaries of the Late Right Honourable John Wilson Croker, Bd. 1, hrsg. von LEWIS J. JENNINGS, New York 1884, S. 155 f.

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men, die nicht mehr von konkreten Maßnahmen der Regierung, sondern von einem strukturellen Wandel der Erwartungen zeugten, die sich im liberal tone gleichsam verdichteten. Damit erkannte Peel implizit die meinungs- und erwartungsfokussierende Funktion von liberal an. Hier zeichnete sich die Entstehung eines neuen Deutungsmusters ab, indem von ihm eine politische Orientierungswirkung ausging, die der public opinion die Artikulation und Projektion von zeitgemäßen und fortschrittlichen Erwartungen erlaubte. Die Transzendierung der vorpolitischen Bedeutungsebene von liberal ging mit einer grundlegenden diskursiven Funktionalisierung einher: Ob im programmatischen Bekenntnis zum liberal tone der politischen Öffentlichkeit oder in der kritischen Distanzierung davon – der Rückgriff auf das Attribut bewirkte von nun an eine Grenze zwischen ideologisch begründeten Positionen gegenüber Vergangenheit und Zukunft, die in die Polarisierung von Fortschrittlichkeit oder Rückschrittlichkeit mündete. Das Bekenntnis zu „some undefined change in the mode of governing the country“, das der Semantik von liberal zugrundelag und ein durch die einstweilen noch fehlende politisch-soziale Reformkonkretion weites Spektrum von heterogenen Erwartungen zuließ, enthielt eine wesentliche prozessuale Komponente, indem die Veränderung jedenfalls im Sinne einer zukunftsorientierten Idee und nicht einer rückwärtsgewandten Tradition ins Zentrum rückte. Dieser Adaption von liberal im innerenglischen Kontext zu Beginn der 1820er Jahre stand die wiederum überwiegend negative Rezeption des kontinentaleuropäischen Bewegungsbegriffes liberalism gegenüber. So beschrieb Blackwood’s Magazine 1824 George Cannings Politik mit dem Stigma liberalism.196 Die erste nachweisbare englische Monographie, die den Bewegungsbegriff programmatisch im Titel führte, André Vissieux’ Essay on Liberalism von 1823, bezog sich ausschließlich auf die politischen Bewegungen in Kontinentaleuropa. Die negative Konnotation des Begriffes markierte zugleich die Gegenposition zu den oben dargestellten positiven Deutungen innerhalb der Londoner Philhellenenbewegung. Die Freiheits- und Unabhängigkeitsbewegungen in Spanien und Griechenland sowie die politischen „Parteien“ Frankreichs und Deutschlands boten dem Autor den Anlaß für eine umfassende Zurückweisung von liberalism. Seine Schrift verstand er als Versuch einer regelrechten Immunisierung Englands gegenüber dem kontinentaleuropäischen Begriff. Daraus sprach auch ein Bewußtsein für den besonderen Charakter des politisch-konstitutionellen Systems Englands: The subject of this work is wholly continental, and the writer utterly disclaims any intention to confound the political parties in England with those he describes as existing on the continent. He does not presume to give his opinion upon a country so different from every other as England is, where ideas, feelings, and motives, assume a superior tone, and where

196

Vgl. [DAVID ROBINSON] The late Session of Parliament, in: BLACKWOOD’S EDINBURGH MAGAZINE 16 (1824), S. 74–85, hier S. 77.

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even prejudices and delusions often proceed from a generous and disinterested spirit. This is no vain compliment, but the result of conviction founded upon experience.197

Vissieux erkannte in seiner Gegenwart zwei gegensätzliche Zeitkräfte: „These two parties may be denominated, one the friends of stability, the other the partisans of innovation. The latter have for some years past assumed the name of Liberals, under which they are now generally known.“ Während er die Anhänger von stability mit Monarchie und Aristokratie identifizierte, verkörperten liberals und liberalism die Bereitschaft zur Zerstörung jeder überkommenen Ordnung. Die vorpolitische Konnotation von liberal als Ausdruck einer großzügig-interesselosen Haltung wurde vom Parteienetikett verdrängt, das eine Opposition gegenüber der bestehenden politischen Ordnung ausdrückte : The supporters of stability wish to leave things to their natural course, they do not come forward with any new doctrine, they want nothing but what is already, they stand purely on the defensive. Not so the Liberals; they wish to alter, or destroy the old machinery of the different governments . . . We will therefore turn our attention to the nature of Liberalism, which is the system of the party that is loudly calling for change and innovation in almost every kingdom in Europe. The name of Liberal does not imply at present a man of generous sentiments, of enlarged expansive mind; such individuals may certainly be found among the Liberals as well as among any other large aggregate of persons; but the general appellation is [sic!] now become a party word without reference to character, meaning solely a person having, or professing to have, political principles averse to most of the existing governments of Europe, under the pretence that they are not sufficiently popular.198

Entscheidend war die europäische Dimension des Phänomens. Obgleich heterogenen Charakters – „it is not a sect, it is not a faction, but an association of many sects and factions“ – ließ sich liberalism auf den Bedeutungszusammenhang der republikanisch intendierten Französischen Revolution zurückführen: „Their leading men appear . . . in general strongly inclined towards republican principles, and Liberalism may be fairly stated to be the offspring of the French revolution, and a continuation of the same.“ Vissieux reflektierte sehr genau, wie sich die idées libérales von Frankreich aus verbreitet und auch die Niederlage Napoleons überstanden hatten: In the countries bordering on France, and which were united to it previous to the peace, such as the Netherlands, the Rhenish provinces, and some parts of Switzerland, Liberalism is entirely of a French origin. It is in France and Italy that we saw the liberal ideas fully developed and their consequences ascertained under the shade of the tree of liberty; having been subsequently checked and their object diverted by Bonaparte, they, after his fall, regained strength.199

Besonders aufschlußreich war Vissieux’ Blick auf Deutschland. Hier wurde deutlich, daß der wortidentische Ausdruck bereits für Zeitgenossen unter197

198 199

[ANDRÉ VISSIEUX] Essay on Liberalism; being an examination of the nature and tendency of the liberal opinions: with a view of the state of parties on the Continent of Europe. By the author of Italy and the Italians in the nineteenth century, London 1823, S. IX. Ebd., S. 4 f. Ebd., S. 5 f.

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schiedliche Bedeutungen aufwies. Liberalism in Deutschland erschien in der Wahrnehmung des Autors im Gegensatz zu anderen Ländern Europas von philosophischen Prämissen und nationalpolitischen Zielen gekennzeichnet. Vissieux reflektierte also bereits als Zeitgenosse der 1820er Jahre die holistischweltanschauliche Dimension des Begriffes in seinem deutschen Wirkungszusammenhang: The Liberalism of Germany is of a somewhat different origin, it is of a more metaphysical cast, and as yet more theoretical than practical, but it tends evidently to the same result – a complete change in the present system of government. At the epoch of the French revolution, German philosophers and illuminati fraternized with the French republicans . . . but being more sincere in their sentiments and Teutonic in their hearts, they, after a time, felt disgusted at the duplicity of their pretended brethren, and resumed their national character, still professing the same general principles. German Liberalism partakes of the moral features of the nation; it is slow but persevering, it has more enthusiasm than passion, more the spirit of a religious sect than of a political faction, and although unaffected, not therefore the less dangerous.200

Neben diese Abgrenzung gegenüber dem kontinentaleuropäischen Deutungsmuster trat in England während der 1820er Jahre auch eine ökonomisch bestimmte Bedeutung. Das „liberal system“ bezeichnete nicht mehr nur das politisch-konstitutionell grundierte „System of Liberality“, das im Blackwood’s Magazine von 1824 polemisch als „monstrous bladder“ erschien, sondern auch den Grundsatz des unbehinderten Handelsverkehrs zwischen allen Ländern.201 In diesem Sinne unterschied man „the Liberal and Restrictive Systems of Political Economy“.202 Die eher allgemeine Parallelisierung von liberal und enlightened ging am Ende der 1820er Jahre in einen deutlich konkreteren Bedeutungskontext über, als die von der Tory-Regierung durchgesetzte Katholikenemanzipation als Ergebnis der „liberal nature of . . . principles“ charakterisiert und dem „enlightened spirit of the age“ zugeordnet wurde.203 Dies führte zu einer intensiven 200 201

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Ebd., S. 7. [DAVID ROBINSON] The Liberal System, in: BLACKWOOD’S EDINBURGH MAGAZINE 16 (1824), S. 442–55, hier S. 455; vgl. vor allem die Identifizierung des Begriffes mit den Londoner Committees, ebd., S. 442: „A set of people, whom, from the want of a better name, we shall call the Statesmen of Cockaigne, and who consist of the gentlemen of the press, the Greek, Spanish, and other committees, the loan-mongers and stockjobbers . . . have had the chief share in fabricating the ‚Liberal System‘, in reducing it to practice, in cramming it down the throats of the good-natured part of the community, in smuggling it into Parliament, and even in forcing it to a certain extent upon the government.“; vgl. [DERS.] The Roman Catholic Church of Ireland, in: ebd. 17 (1825), S. 255–78, hier S. 259; [WILLIAM MAGINN] The Illiberal, in: ebd. 17 (1825), S. 340–4 sowie [WILLIAM JOHNSTONE] The Rise and Fall of the Liberals, in: ebd. 24 (1828), S. 96–101. Cursory Views of the Liberal and Restrictive Systems of Political Economy; and Of their effects in Great-Britain, France, Russia, Prussia, Holland, and the United States, with an Examination of Mr. Huskisson’s System of Duties and Imports. By a Citizen of Philadelphia, greatly enlarged and improved, 4. Aufl. Philadelphia 1826, S. 3 HENRY PHILLPOTTS, A Short Letter to the Right Honourable George Canning, on the

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publizistischen Auseinandersetzung, in deren Verlauf die Emanzipation der Katholiken einerseits enthusiastisch als „liberal measure“, als Ausdruck des „Progress of Liberality and Light, towards the diffusion of Equity, Truth, and Benevolence“ eingeschätzt wurde.204 Andererseits rief dies erbitterte Kritik hervor, die sich nun auch auf die Begriffe übertrug. So identifizierte Abraham Bagnell liberality mit Blick auf die Reformgesetze der Tory-Regierung als Gefahr für die gesellschaftliche Ordnung. Seine Konnotation reflektierte wiederum den kontinentaleuropäischen Kontext,205 von dem er den Topos der „English Liberty“ abzuheben suchte: Has revolutionary France so soon faded from men’s recollections, that her modern philosophical ‚liberality‘ should be preferred to solid English Liberty. The very word ,liberality‘ according to the present acception of it, would destroy the foundation of society. Did not this modern liberal France dare to deliberate on the very existence of the Deity? . . . How has Germany prostituted the words ‚liberality of sentiment‘? A metaphysical mode of freethinking, has opened fountains of infedelity, which have overflowed that land almost to a deluge. French fraternity, German infidelity, and modern liberality, have spread like a torrent, through the world. The devastating principles they have produced, require the construction of resisting dams, to break their force; and reason has shown this means of resistance, by a restriction of genuine freedom to its legitimate, and natural boundaries. The destructive torrent has been stopped, but some little leakages of these bad, and bitter waters, are still oozing out, and are recommended by sophists, as fructifying irrigations, fit for every soil, under the deceitful titles of ‚modern liberality‘ and ‚march of intellect‘.206

Die Gegner der Katholikenemanzipation interpretierten liberalism als revolutionary und setzten den Begriff mit einem Anschlag auf die überlieferte Verfassungsordnung Englands gleich.207 Auch dies entsprach einem verbreiteten Bestimmungsmuster: So hatte Blackwood’s Magazine schon 1824 in liberalism und republicanism eine Gefährdung der überlieferten Verfassung Englands er-

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present position of the Roman Catholic Question, London 1827, S. 32; vgl. Remarks on Dr. Southey’s ‚Vindiciae Ecclesiae Anglicanae‘. Adressed to all liberal-minded Englishmen, and lovers of truth, London 1826, S. 13. HENRY GALLY KNIGHT, Foreign and Domestic View of the Catholic Question, 2. Aufl. London 1828, S. 6, 8, 12 und 25 sowie The Progress of Liberality, to the Promotion of Equity, Benevolence & Truth; being a selection of speeches delivered in Parliament, On the Memorable Catholic Emancipation Question. With the glorious results expected therefrom, including Observations from the Times, Chronicle and World, &c. By a Protestant, Maidstone [1829], S. 7. Vgl. auch die Einschätzung der liberal opinions bei ROBERT SOUTHEY, Sir Thomas More: or, Colloquies on the Progress and Prospects of Society, Bd. 1, London 1829, S. 35. ABRAHAM BAGNELL, Antiquated scrupulosity contrasted with modern liberality, occasioned by H. G. Knight’s Foreign and domestic view of the Catholic question, London 1829, S. 42; vgl. ferner A Treatise of Conscience, or the Wisdom of former Years; wherein the enlightened and learned Liberals of 1829, may take an accuarate admeasurement of their „March of Intellect!“ How it hath gone from the narrow and confined path, Which even at this day, so many among us, (not an eldon excepted,) Are still pertinaciously and anxiously endeavouring to keep, London 1830, S. IV. Vgl. ROBERT BAXTER, Liberalism Revolutionary, Emancipation an apostacy, leading to Britain’s awful visitation, London 1829.

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kannt; wiederum bot constitution einen semantischen Kristallisationspunkt und eine historische Legitimationsbasis für die ideologische Abgrenzung: If our constitution stand upon Liberalism and Republicanism, we do well to range ourselves with the Liberals and Republicans; but if not, we are digging away the foundations of this constitution. We hear, in truth, abundance of general cant about this constitution being the best in the world; but where can we find the man among either Whigs or Tories, who will defend its component parts . . . Our raving in favour of the Liberals and Republicans is in fact teaching liberalism and republicanism to the nation at large; and if this produce its natural fruits, it will in the end destroy our constitution, and, deny it who will, our liberties.208

Vor dem Hintergrund der Katholikenemanzipation schien diese Gefahr nun unmittelbar virulent: Liberalism wirkte wie die Verkörperung der von Thomas Paine aufgestellten Forderung nach „equality of civil rights“, die nun unter dem Tory Robert Peel durchgesetzt werden sollten: How must every true liberal patriot burn with ardour at the prospect of this much-wishedfor consummation! How must his heart overflow with gratitude to the Right Honorable Secretary, for his liberal and all-pervading philanthropy! This feeling will, indeed, be chastened by the rememberance of the exceptions which the Right Honorable Secretary, in defence to the prejudices of the bigots, has still left upon the measure! It is needless to point out to liberal observation the absurdity, in the face of ‚the great principle of equality of civil rights‘, of treating the abused Catholics, now only restored to their just place, as suspected men! Reader, pardon the seeming levity of this irony. It is not the opinion of a light-hearted infidel; but the painful language of one, who with more of sorrow than of anger, paints in its true colours the progress of liberalism, and the consequences of Paine’s developed and Peel’s adopted principle of equality of rights; – a principle which levels every noble principle of the soul; and when politically wrought out, will level every noble institution in the state, and present the equality of a trackless desert, scorning every effort towards amelioration. Let us now for a moment examine the principle of our venerable constitution, Protestantism the strength of the State.209

Liberal und liberality schienen zwangsläufig auf eine „destruction to the Protestant Church and to Protestant liberty“ hinauszulaufen.210 Die in liberality ausgedrückte politische Richtungsänderung erschien fatal und erregte Mißtrauen. Dies unterstrich die nun auch in England deutliche Politisierung traditioneller Begriffe und ihre polarisierende Wirkung im Politikdiskurs: Another argument, or shadow of argument, is summed up in the word ‚liberality‘. The Revolution of France was effected by the influence of a perpetual succession of unmeaning 208 209

210

ROBINSON, Liberal System, S. 453 f. BAXTER, Liberalism, S. 10–2; vgl. ferner HARRY TOWNSEND POWELL, Liberalism Unveiled; or, strictures on Dr. Arnold’s sermons, London 1830, S. 29 sowie WILLIAM THORP, England’s Liberties Defended. The Substance of a second speech after an interval of sixteen years, intended to have been delivered at a meeting convened in Queen-Square, in the City of Bristol, For the Purpose of taking into Consideration the Expediency of presenting a petition to parliament against The Claims of the Roman Catholics, Bristol 1829, S. IV. GEORGE TOWNSEND, Obedience to the laws of the Church of Rome, incompatible with the power of legislating for protestants: Being the Substance of a Speech delivered at a public meeting at Northallerton, London 1829, S. 31.

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phrases. We may learn from that example the value of words, before we permit them to influence our decisions. The argument from liberality, is unworthy of a moment’s notice.211

c) A new casting of political sects: Der programmatische Rekurs der moderate Whigs und Edinburgh Reviewers auf liberal Der vorpolitische Gehalt von liberal als soziokulturell-distinktives Kennzeichen des gentleman und der historische Bestimmungstopos von liberty als Grundlage einer spezifischen whig-Identität sind von herausragender Bedeutung, weil ohne diese Elemente unverständlich bliebe, wie das seit Beginn des 19. Jahrhunderts neu auftretende Adjektiv liberal bis zu den 1830er Jahren von den Whigs als Kennzeichnung ihrer eigenen Reformprinzipien adaptiert wurde. Unter veränderten Bedingungen konnten die fortschrittlichen Whigs jetzt an die ältere Bedeutung von liberal und den liberty-Topos anknüpfen und damit ihre eigene Position rechtfertigen. Dies überlagerte dann auch die Vorurteile gegenüber den kontinentaleuropäischen Wurzeln von liberal, wie sie etwa hinsichtlich der spanischen Bezeichnung liberales bis 1820 dominierten und von konservativen Kritikern als Invektive gegen radikale Reformer verwandt wurden. In den weiteren Kontext der seit dem Ende des 18. Jahrhunderts nachweisbaren Revitalisierung der semantischen Polarisierung zwischen whig und tory fiel im Verlauf der 1820er Jahre die Integration von liberal als Ausweis der populär-fortschrittlichen Position der modern whigs.212 Ohne die spezifisch früh ausdifferenzierten Mechnismen von positiver Selbst- und negativer Fremdbezeichnung und vor allem ohne die jederzeit aktualisierbaren whig-Topoi in ihrem historischen Bedeutungskontext und ihrer politischen Legitimationsfunktion wäre diese Konstellation der 1820er Jahre nicht zu erklären.213 Darüber hinaus ist nicht zu übersehen, daß die traditionellen Bezeichnungen in den 1820er Jahren insgesamt kritischer interpretiert wurden.214 Auch dies gehörte 211

212 213

214

Ebd., S. 43; vgl. ferner WILLIAM SHARPE, Considerations on modern liberality, and on civil obedience, two assize sermons, preached at The Assizes Holden for the County of Somerset, in the year 1830, London 1830, S. 2 und 25. Vgl. Kapitel III.4.a). Vgl. zur zeitgenössischen Bestimmung der Ursprünge von whig und tory HENRY HALLAM, The Constitutional History of England from the Accession of Henry VII. to the Death of George II., 2 Bde., London 1827, hier Bd. 2, S. 550 ff.; vgl. zur kritischen Sicht des modern whig ferner Confessions of a Whig. Intercepted letter . . . to the Right Honourable Lord Cochrane, in vindication of the Whigs, London 1828, S. 7f. Auf der lexikalischen Ebene ließen sich keine neuen Bedeutungskomponenten ausmachen; hier dominierten die Bestimmungsmuster des 17. und 18. Jahrhunderts, vgl. The Oxford Encyclopaedia; or, Dictionary of Arts, Sciences, and General Literature, Bd. 4, Oxford 1828, S. 870 und 940; Encyclopaedia Londinensis; or Universal Dictionary of Arts, Sciences, and Literature. Projected and arranged by JOHN WILKES, Bd. 24, London 1829, S. 631. Vgl. zur Relevanz der antagonistischen Parteibezeichnungen WILLIAM HAZLITT, On

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in den Zusammenhang der semantischen Transformation des überkommenen Vokabulars. 1824 charakterisierte Henry Brougham, führender Repräsentant der reformbereiten Whigs im Umkreis der Edinburgh Review, Lord Clarendon als „the most liberal and the least enemy of freedom“ und bemerkte zur Vorbildfunktion Lafayettes für die eigene Gegenwart: „no friend of liberal principles can feel any thing but sympathy and pride in following the progress of this great patriot through the Unites States“.215 Bereits 1818 hatte Lord Grey die für die semantische Integration des Adjektivs liberal in den Whig-Diskurs fundamentale Verbindung zwischen den „liberal men“ der eigenen Gegenwart und der historisch begründeten Rolle der Whigs als Partei der Glorious Revolution von 1688 hervorgehoben. Dabei konnotierte liberal jedoch noch keine verbindliche Programmatik der Whigs, sondern repräsentierte jene reformbereiten Teile der Öffentlichkeit, deren Interessenvertretung die Whigs ganz im Sinne ihrer Orientierung an der Popularität als Legitimationselement beanspruchten. Zugleich bekannte sich Grey zu den parties als Motoren der genuinen Freiheitstradition Englands und Garanten zur Bewahrung der tradierten Verfassungsbalance: All that distinguishes us from other nations, all our honour and all our liberty . . . is to be paid to the exertions of Parties. The Revolution itself was the work of a Party, more powerful in honesty and talents than in numbers – and if ever the time should come . . . when Party shall become a term of reproach, that may detain liberal men from engaging in it, from that moment the system of the Court will be triumphant. There will be a regular army opposed only by the desultory efforts of guerillas; for on the side of the government there always is a regular, systematic and well organized Party.216

Auch die außerparlamentarischen radicals griffen in ihrer Charakterisierung von whig nun auf liberal zurück, um das grundlegende Dilemma von whig zwischen den überkommenen politisch-gesellschaftlichen Ordnungsinstanzen und der Notwendigkeit durchgreifender Reformen zu erfassen. So hieß es 1823 in einer Schrift, die whigs seien „in fact too good for the system, but not good enough for public confidence; they are too tolerant for the church, too liberal for

215 216

Nicknames, in: Essays by William Hazlitt. Being a Collection of Twenty Essays, hrsg. von G. E. HOLLINGWORTH, London 1926, S. 96–105, hier S. 97 ff.: „The jest of all this is, that a party nickname is always a relative term, and has its counter-sign, which has just the same force and meaning, so that both must be perfectly ridiculous and insignificant. A Whig implies a Tory; there must be ‚Malcontents‘ as well as ‚Malignants‘; Jacobins and Anti-Jacobins; French and English. These sort of noms de guerre derive all their force from their contraries. Take away the meaning of one, and you take the sting out of the other. They could not exist but upon the strength of mutual and irreconcilable antipathies“; vgl. auch WILLIAM HAZLITT, The Englishman, in: Notes of a Journey through France and Italy (1826), in: DERS., Selected Essays of William Hazlitt 1778–1830, hrsg. von GEOFFREY KEYNES, London 1930, S. 800–7, hier S. 806. BROUGHAM, High Tory Principles, S. 20 f. und 25. Brief Greys an Robert Wilson vom 20. Juli 1818, zitiert nach WIRSCHING, Popularität, S. 9.

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the Tories, and yet too corrupt for the People. We wish they were either better or worse; as it is, they are neither flesh nor fish“.217 Hier wird ein für die historische Semantik von liberal grundlegender Aspekt sichtbar: Vor dem Hintergrund der intensivierten ideologischen Polarisierung zwischen whig und tory im Kontext der Spannungen seit 1815 griffen führende Whig-Politiker auf liberal zurück, um die Popularität und Fortschrittlichkeit ihrer Politik auf der Grundlage des historisch verpflichtenden Erbes zu konturieren.218 Für Henry Brougham stellte liberal kein negativ besetztes, kontinentaleuropäisches Revolutionsetikett mehr da, das in der Bedeutungstradition von 1789 stand. Vielmehr ließ sich auf liberal rekurrieren, um die überkommenen Topoi constitution und liberty im politischen Konflikt mit der Tory-Regierung zu aktualisieren und damit der historischen Whig-Identität überzeugenden Ausdruck in einer veränderten Gegenwart zu verleihen. 1826 betonte die Edinburgh Review, die allmähliche Durchsetzung der „Whig principles . . . will effect almost all that sober lovers of their country can expect, for the security of her liberties, and the final extinction of all extreme parties in the liberal moderation of Whiggism“.219 Im Spannungsfeld von historischem Erfahrungsraum und aktuellem Erwartungshorizont erhellte diese semantische Verbindung zwischen liberal und whig das Phänomen, wie innerhalb der aristokratischen Vorherrschaft im Rahmen der englischen Verfassungswirklichkeit zu Beginn des 19. Jahrhunderts die Integration neuartiger, parlamentarisch noch nicht repräsentierter Interessen möglich war. Der Anspruch, diese Interessenartikulation zu übernehmen, entsprach dem historischen Selbstverständnis der Whigs als trustees. Die Adaption von liberal gehörte in diesen größeren Zusammenhang, der das erhebliche Ausmaß an praktischer Flexibilität innerhalb des politischen Systems Englands bereits vor den Parlamentsreformen unterstrich. Diese beruhte auf einem komplexen Geflecht formeller und informeller Einflußkanäle zwischen politisch-parlamentarischer Elite und politisch-außerparlamentarischer Öffentlichkeit.220 Bereits vor den Reformen von 1830/32 ver217 218 219

220

The Black Book. Supplement to the Black Book; or Corruption Unmasked!!, Bd. 2, London 1823, S. 197, zitiert nach WIRSCHING, Popularität, S. 6f. Vgl. die Konnotation von whig, whiggism und radicalism aus Sicht der Tories in The Opposition, in: QUARTERLY REVIEW 28 (1823), S. 197–219, hier S. 209 f. und 218 f. [FRANCIS JEFFREY] Moore’s Life of Sheridan, in: EDINBURGH REVIEW 45 (1826), S. 1–48, hier S. 41; vgl. zum Selbstverständnis von whig gegenüber radical und tory ebd., S. 35: „If there was no natural war between Democracy and Monarchy, no true ground of discord between Tories and Radical Reformers – we admit there would be no vocation for Whigs. The true definition of that party, as matters now in England, is, that it is a middle party, between the two extremes of high monarchical principles on the one hand, and extremely popular principles on the other. It holds no particular opinion, that we are aware of, on any other points of policy, – and no man of common sense can doubt, and no man of common candour deny, that it differs of each of the other parties on the very grounds on which they differ from each other, – the only distinction being that it does not differ so widely.“ Vgl. ANDREAS WIRSCHING, Parlament und Volkes Stimme. Unterhaus und Öffentlichkeit im England des frühen 19. Jahrhunderts, Göttingen 1990, passim.

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hinderte diese Struktur die Abschottung des parlamentarischen vom außerparlamentarischen Politikdiskurs. Insbesondere im Vorfeld der Reform Bill von 1832 bedurfte das Selbstverständnis der whigs als „the people’s ancient friends“ der permanenten Wiederholung, um den Gegensatz zum tory-government zu unterstreichen:221 Im Herbst 1830 hob die Edinburgh Review die Whigparty hervor, die für die mit liberty verbundenen Prinzipien „willingly and habitually sacrifice place and power to maintain them.“ Dagegen repräsentiere die Toryparty eine lediglich von Machtinteressen beeinflußte, prinzipienlose Clique.222 Die geschickte Unterordnung der Whigparty unter den historischen Wertbegriff liberty evozierte eine scheinbare politische Selbstlosigkeit der Whigs, gegenüber der die Toryparty als historisch überholt erschien.223 Dem entsprach bereits 1821 die Kennzeichnung von toryism als „type and symbol of whatever is most illiberal in principle, and intolerant in practice“.224 Auch dies dokumentierte noch einmal die Persistenz der traditionellen, im 17. Jahrhundert enstandenen und im 18. Jahrhundert fest etablierten Bestimmungsmuster von whig und tory. Die Übernahme des Etiketts liberal als Selbstbezeichnung einer politischen Gruppe hatte sich bereits mit der signifikanten Häufung von politisch konnotierten Ausdrücken wie „liberal principles“ und „liberal administration“ in der Edinburgh Review, dem publizistischen Sprachrohr der reformbereiten Whigs, im Verlaufe der 1820er Jahre angekündigt.225 1827 konstatierte Henry Brougham in einer ausführlichen Bestandsaufnahme des State of Parties die Veränderungen, die seit Beginn der 1820er Jahre die Bestimmung von whig und tory innerhalb der politischen Landschaft Englands geprägt hatten. An zentralen Stellen seiner Ausführungen griff er nunmehr auf liberal zurück, ohne daß dabei noch negative Implikationen des Attributs wirksam wurden. Dagegen schien der bei Brougham zunächst besonders hervorgehobene außenpolitische Verwendungskontext signifikant, indem er die wesentliche Rolle externer semantischer Transferimpulse unterstrich. Der „progress of liberal opinions“ erschien 221 222 223

224

225

Zitiert nach NEWBOULD, S. 2. Vgl. [FRANCIS JEFFREY] Brodie’s Constitutional History and Corrections of Mr. Hume, in: EDINBURGH REVIEW 40 (1824), S. 92–146, hier S. 93. [HENRY BROUGHAM] The General Election and the Ministry, in: EDINBURGH REVIEW 52 (1830), S. 261–79, hier S. 277. Noch ein halbes Jahrhundert später schrieb Earl Russell rückblickend: „According to my view, the Tory party cared little for the cause of civil and religious liberty, and the Radical party were not solicitous to preserve those parts of the Constitution which did not suit their speculation and theoretical opinions.“ Dagegen sei es der schwierige Kurs der Whigs gewesen, „to hold a middle way, to observe the precept of Daedalus and to avoid the fate of Icarus.“, EARL RUSSELL, Recollections and Suggestions 1813–1873, 3. Aufl. London 1875, S. 213. ROBERT HALL, An Apology for the Freedom of the Press, and for General Liberty: to which are prefixed Remarks on Bishop Horsley’s Sermon, Preached on the 30th of January, 1793, 6. Aufl. London 1821, S. IV. Vgl. [HENRY BROUGHAM] State of Parties, in: EDINBURGH REVIEW 47 (1828), S. 251–9, hier S. 252 sowie [THOMAS B. MACAULAY] The Present Administration, in: EDINBURGH REVIEW 46 (1827), S. 245–67, hier S. 264.

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ihm insbesondere in der Sphäre der Außenpolitik virulent, wo mit dem Ende der Ära Castlereagh der Gegensatz zu den restaurativen Prinzipien der Heiligen Allianz umso stärker hervortrat. Entsprechend schien nunmehr die von Leigh Hunt bereits in The Liberal vertretene Solidarität mit den Freiheits- und Unabhängigkeitsbewegungen in anderen Ländern und den konstitutionellen Fortschritten insbesondere Spaniens, die um 1822 noch verbreitete Kritik hervorgerufen hatte, zum Synonym für die „liberal opinions“ der Gegenwart geworden zu sein: The progress of liberal opinions was immediately and rapidly accelerated by the conduct, and still more by the language of the Government in 1823 and the subsequent years. In a few months the disgraceful connexion with the Holy Alliance was at an end . . . The recognition of the new commonwealths in South America, and the establishment of political as well as mercantile relations with them, very soon followed . . . and the most decisive steps were taken to defend Portugal, harassed by the intrigues, and menaced by the arms of Spain, for the crime of having accepted a Constitutional Government.226

Brougham unterstrich damit die semantische Transformation liberal: Die Lösung des Etiketts von seinem pejorativ gedeuteten kontinentaleuropäischen Ursprung und seinen revolutionären Implikationen ermöglichte die Integration in das politische Vokabular der reformbereiten Whigs, denen liberal nun als Orientierungspunkt und Projektionsfläche der eigenen Fortschrittlichkeit diente. Damit verband sich noch nicht die deckungsgleiche Selbstbezeichnung der whigs als liberals. Vielmehr stand die Liberal Party zunächst ober- und außerhalb des tradierten politischen Parteienschemas. Hinsichtlich wichtiger innen- und außenpolitischer Orientierungen betonte Brougham gerade die Übereinstimmungen mit der amtierenden Tory-Regierung: „At home, the policy so long recommended by the Liberal Party both in and out of doors, was as steadily . . . pursued, as that which they had maintained to be the sound, and British, and statesman-like view of Foreign Affairs“.227 Der Bezeichnung Liberal Party, die ausdrücklich auch den außerparlamentarischen Bereich der politischen Öffentlichkeit miteinbezog, lag also noch keine ideologische Frontstellung im Sinne einer bipolaren Nomenklatur zugrunde, zumal diese in den tradierten Etiketten whig und tory jederzeit aktualisierbar war.228 Brougham 226 227

228

[HENRY BROUGHAM] State of Parties, in: EDINBURGH REVIEW 46 (1827), S. 415–32, hier S. 418. Ebd.; als Beispiele führt er an, ebd., S. 418 f.: „Oppressive and impolitic taxes were repealed, among others the duties on law proceedings; the principles of Free Trade were adopted in many important cases, and the way was paved for extending them to all the parts of our mercantile system; some of the reforms in the Criminal Law . . . were, on the principles of those enlightened individuals, taken up by their former antagonists, and received the sanction of the Legislature.“ Vgl. aber [JOHN MILLER] Internal Policy, in: QUARTERLY REVIEW 41 (1830), S. 228–77, hier S. 276 f., wo eine programmatische Neubezeichnung von tory in conservative party angeregt wurde. Es liegt nahe, darin eine Reaktion auf die Adaption von liberal party durch die Edinburgh Whigs zu sehen: „We despise and abominate the details of partizan warfare, but we now are, as we always have been, decidedly and conscienti-

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erkannte entsprechend nicht nur in den eigenen Reihen sondern auch in der amtierenden Regierung einen „Liberal part“: Es galt, „the Liberal Parties on both sides of the House“ zu unterstützen. Für die langfristige Amalgamierung des historischen Parteinamens whig mit dem Reformetikett liberal wurde das Ideal einer fortschrittlichen Politik „for the good of the country“ bestimmend. Diese Formel nahm zugleich den Topos der tradierten Whig-Ideologie, das Selbstverständnis als friends of the people, auf und verknüpfte ihn mit liberal. Der „Liberal part of the government“ firmierte als verpflichtender Fluchtpunkt für die Opposition. Eine klare ideologische Trennlinie zwischen whig und tory ließ diese Deutung nicht zu: it was to the ‚Liberal part of the Government‘ that they [i.e. die Opposition der Whigs] lent their aid; it was to them they looked for the reform of abuses; it was in their sound principles that they reposed confidence for the future. To give them encouragement in their wise and honourable course, became an object of importance for the good of the country; and aware how their opponents in the Cabinet endeavoured to hinder their progress, the Opposition employed all means for comforting and strengthening their hands, and enabling them to overcome the common enemy.229

Es zählt zu den Indikatorfunktionen begriffsgeschichtlicher Transformationen, daß diese im politischen Diskurs Richtungsänderungen und Umbrüche schon antizipieren, auch wenn diese ihre Wirkungsmacht realpolitisch erst später entfalten. Brougham kam zu dem Schluß, daß liberal bereits um 1827 das zukunftsweisende politische Deutungsmuster darstellte. Die politisch-gesellschaftlichen Interessen der Gegenwart ließen sich nicht mehr durch die semantischen Antonymien des 17. oder 18. Jahrhunderts artikulieren. Die traditionellen Bezeichnungen politischer und sozialer Gegensätze, die entweder aus der Zeit des Civil War (Court vs. Country), der Glorious Revolution (Whig vs. Tory) oder des 18. Jahrhunderts (Loyalist vs. Jacobin) stammten, sah Brougham zunehmend von dem neuen bipolaren Deutungsmuster Liberal/Illiberal transzendiert. Aus dieser Perspektive ergab sich auch die Unmöglichkeit für ihn, die Opposition der whigs mit der Liberal party zu identifizieren. Denn von der politischen Gruppenbezeichnung Liberal party erwartete Brougham erst die grundlegende Neustrukturierung des politischen Vokabulars. Die von ihm dabei aufgeführten Antonymien unterstrichen zugleich eine fundamentale Grundbedingung für die politisch historische Semantik von liberal in England: Als postrevolutionäres Etikett im politischen Diskurs bezog es sich auf eine

229

ously attached to what is called the Tory, and which might with more propriety be called the Conservative, party; a party which we believe to compose of the largest, wealthiest, and most intelligent and respectable portion of the population of this country, and without whose support any administration that can be formed will be found deficient both in character and stability. Some of this party, we know, object to all change . . . these are neither considerable in numbers, in rank, or in influence. We have no hesitation in stating it to be our conviction, that an immense majority of the tories are as anxious to promote any prudent and practicable amelioration of the state, as any of their fellow subjects.“ BROUGHAM, State of Parties, S. 421.

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erheblich weiter zurückreichende Sattelzeit als in allen anderen Vergleichsländern. Den Ursprung dieser spezifischen Sattelzeit des englischen Politikdiskurses bestimmten vor allem die englischen Revolutionen des 17. Jahrhunderts: A new casting also of political sects has taken place; the distinctions, and almost the names, of Loyalist and Jacobin, Whig and Tory, Court and Country Faction, are fast wearing away. Two great divisions of the community will, in all likelihood, soon be far more generally known; the Liberal and the Illiberal, who will devide, but we may be sure most unequally, the suffrages of the Nation.230

Diese Transformation der überkommenen Begriffsstruktur reflektierte auch Lord Holland, der sich der Wertewelt des whiggism des 18. Jahrhunderts verbunden fühlte, den zuletzt noch einmal Charles James Fox verkörpert hatte. Auch Holland sah die tradierten Bezeichnungen whig und tory zunehmend von neuartigen, primär ökonomisch bedingten oder neu aktualisierten nationalen und konfessionellen Trennlinien überlagert. 1826 schrieb er enttäuscht an Lord Grey: „Political parties are no more. Whig and Tory, Foxite and Pittite, Ministers and Opposition have ceased to be distinctions, but the divisions of classes and great interests are arrayed against each other – grower and consumer, lands and funds, Irish and English, Catholic and Protestant“.231 Hinter solcher kritisch reflektierter Verdrängung überkommener Etiketten stand die Dynamisierung und Pluralisierung neuartiger gesellschaftlicher Interessen, deren Vertreter nach entsprechenden Artikulationswegen und semantischen Orientierungspunkten suchten.232 In den traditionellen parlamentarischen Diskurs traten damit neue ökonomisch, gesellschaftlich, national oder konfessionell bestimmte Konfliktmuster, die in die bisherigen Bezeichnungen whig und tory nicht mehr ohne weiteres zu integrieren waren. In der semantischen Transformation schlug sich eine dynamische und konfliktreiche Ausdifferenzierung innergesellschaftlicher Interessen nieder. Gegenüber dieser zeitgenössischen Einsicht gewann die Suche nach integrierenden Etiketten eine völlig neue Dimension: Hinter der Liberal party erkannte Henry Brougham nicht nur eine Koalition der Reformer im Parlament, sondern die reformorientierte politische Öffentlichkeit, die sich gerade dort durch Einigkeit auszeichnete, wo Tories oder Whigs bisher zerstritten waren. Hinter der Liberal party standen nicht länger die tradierten Formen parlamentarischer Auseinandersetzungen, sondern eine konsequente Zusammenfassung aller nationalen Reformkräfte. Dabei folgte Brougham dem Whig-Ideal einer populären Politik, die sich der treuhänderischen Vertretung des people’s inte-

230 231 232

Ebd., S. 431. Brief Lord Hollands an Lord Grey vom 21. Dezember 1826, zitiert nach KEITH GRAHAM FEILING, The Second Tory Party 1714–1832, London 1938, S. 401 f. Vgl. die Sicht Heinrich Heines auf die Änderung der Parteibezeichnungen in England, HEINRICH HEINE, Reisebilder. Vierter Teil, in: DERS., Sämtliche Schriften, Bd. 2, Frankfurt a.M. 1981, S. 531–605, hier S. 574 f.

5. Vergleich

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rest verpflichtet sah und damit zugleich ihren Führungsanspruch legitimierte. Die potentielle Heterogenität dieser Interessen verdeckte die Bezeichnung Liberal party zunächst: Nor is it the name only that this arrangement will be new; the people will be differently distributed; the coalition, which has been gradually forming among the public men whose personal respect and mutual confidence has brought about so fortunate a union, extends to the community at large. Some of the older questions, by which Whig and Tory were wont to be divided, retain all their importance; but, upon these, the Liberal party, of whatever denomination, are well agreed.

Die Liberal party stand als Plattform theoretisch allen Kräften offen, solange sie sich zu einer graduellen, antirevolutionären Strategie bekannten und damit indirekt die revitalisierte Führungsrolle der Whigs als friends of reform and liberty anerkannten. Insofern folgte die Adaption der Liberal party durch die moderate whigs einer bewußten Funktionalisierung des Begriffes im politischen Diskurs, als dessen Meinungsführer sich die Repräsentanten der Edinburgh Review verstanden: Extremes will be avoided; alterations in our system will be gradual; and the only risk which the existence, or the measures of a Liberal Government could run, will be avoided, – that of a reaction against them, – when it is distinctly perceived by all men, that we are governed by individuals, whose great parts are under the control of sound discretion, and whose conduct is, in all things, tempered with the moderation of practical wisdom.233

5. Vergleich Der Zeitraum bis zum Ende der 1820er Jahre stellt für die historisch-semantische Entwicklung des Wortfeldes in allen vier untersuchten Vergleichsländern eine Schwellenphase dar. Quantitativ belegt die Analyse zunächst die signifikant hohe Frequenz des Wortfeldes um libéraux und libéralisme in Frankreich, insbesondere zu Beginn der 1820er Jahre. Damit korrespondierte die inhaltliche Verdichtung und Vertiefung des Gegensatzes zwischen libéraux und royalistes und vor allem der auf der lexikalischen Ebene besonders deutlich nachweisbare Übergang vom politischen Richtungsbegriff der idées libérales in den ideologischen Bewegungsbegriff libéralisme. Die quantitative Analyse dokumentiert eine deutliche Intensivierung der publizistischen Präsenz (vgl. Abbildung 3), der qualitativ die Ausdifferenzierung des politischen Vokabulars und das veränderte Bewußtsein für die neuen Mechanismen des Politikdiskurses entsprachen. Zu diesen spezifischen Mechanismen zählte die schlagwortartige Verdichtung ideologischer Positionen in den zahlreichen Ismen, deren polemischer Charakter den Antagonismus von negativer Fremdbezeichnung und positiver Identifizierung erst möglich machte. Insbesondere die neuen Medien der Auseinandersetzung, die zahlreichen Satiren, Lieder, Katechismen und nicht 233

BROUGHAM, State of Parties, S. 431 f.

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zuletzt die polemisch-kritischen Wörterbücher, unterstreichen die weitreichende gesellschaftliche Relevanz des Kampfes um Begriffe und deren Deutungen. Der Argumentationsstil in diesen Textgattungen weist deutlich darauf hin, daß ihr Adressatenkreis aus einer über die politisch-parlamentarische Elite hinausreichenden politischen Öffentlichkeit stammte. Zu betonen ist, daß diese neuen Medien sich bereits in der Folge der Revolution von 1789 herausgebildet hatten, insofern keine Erfindungen der frühen 1820er Jahre waren. Die Innovation bestand jedoch darin, daß sie nun erheblich zur gesellschaftlichen Diffusion des Bewegungsbegriffes libéralisme beitrugen. Hier zeichnete sich als Folge des in Frankreich seit 1789 dynamisierten Politikdiskurses die konkrete Handlungsfunktion politischer Sprache geradezu paradigmatisch ab. Die ideologischen Konflikte um das Erbe der Französischen Revolution, die die Semantik von libéralisme weiterhin dominierten, wurden auf der Grundlage von politischen Deutungsmustern und ihrer Diffusion in ideologisch geprägten Diskursen geführt, die sich distinkten politischen Lagern zuordnen ließen. Die zeitgenössische Diskussion um einen jargon libéral unterstrich, wie weitgehend die Prägung des politischen Vokabulars durch libéraux und libéralisme bereits vorangeschritten war. Dies transzendierte auch die Bestimmung isolierter Begriffe, und die Publikation eigener dictionnaires für spezifische Diskurse wies in dieselbe Richtung. Zugleich warf dies die Frage nach der Besetzung von Begriffen und der hinter ihnen stehenden Deutungsmacht auf. Die ausführliche Analyse Carl Ludwig von Hallers von 1822, die das Ziel verfolgte, das politisch-diskursive Deutungsmonopol der libéraux zu durchbrechen, dokumentierte diesen Entwicklungssprung besonders eindrücklich, verwies aber auch auf den für die 1820er Jahre besonders signifikanten europäischen Rahmen der Begriffsentwicklung. Das Erbe der Revolution schien sich unter verschiedenen Bezeichnungen in nahezu allen Ländern Europas zu verbreiten. Damit stellte sich auf semantischer Ebene das Problem der Übersetzung wortähnlicher Ausdrücke in verschiedene Nationalsprachen. Auffällig ist vor diesem Hintergrund das sehr genaue Bewußtsein von Zeitgenossen wie Haller für so unterschiedliche Begriffe wie der italienischen carbonari oder der englischen radicals. Dennoch ließen sich die verschiedenen Etiketten auf den stets neu aktualisierbaren ideologischen Antagonismus von Anhängern und Gegnern der Französischen Revolution zurückführen. Von dem historischen Deutungsmuster der Revolution ging insofern auch aus der Perspektive der restaurativen Publizisten eine fundamentale Orientierungswirkung aus, die eine Standortbestimmung der eigenen Gegenwart ermöglichte. Indem die Revolution den semantischen Bezugspunkt einer negativen Kontinuitätslinie markierte, an deren Ende libéraux und libéralisme standen, ließ sich der vergangene Erfahrungsraum in die Gegenwart hinein verlängern. Diese Aspekte liefern zudem deutliche Hinweise auf die in Frankreich vergleichsweise frühe Diffusion der Begriffe und der zeitgenössischen Auseinandersetzungen über den Kreis der politischen Eliten der Regierungen und des Parlaments hinaus. Die politische Öffentlichkeit, die sich libéraux und libéralisme in

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positiver Identifizierung oder negativer Abgrenzung bediente, erschien zumindest in dieser Phase weiter definiert als der noch primär bildungsbürgerliche Adressatenkreis in Deutschland. Es liegt nahe, die erhöhte publizistische Frequenz des Wortfeldes insbesondere zu Beginn der 1820er Jahre mit der erheblichen Verschärfung der innenpolitischen Spannungen in Verbindung zu bringen, die sich in der Folge der Ermordung des Duc de Berry und des restaurativen Kurswechsels der Regierung entwickelten. Gestützt wird dies auch durch das Bestimmungsmuster der Kritik an libéraux und libéralisme. Die Klerikalisierung der Politik nach dem Thronwechsel von 1824 schlug sich einerseits in der Verschärfung des Antagonismus zwischen libéralisme und catholicisme nieder, provozierte aber wie bei Lamennais auch erste Ansätze zu einer Überwindung dieses Gegensatzes. Die nach 1815 zunächst dominierenden Versuche, das in der Charte aufgehobene konstitutionelle Erbe der Revolution in den idées libérales als politisch-gesellschaftliches Versöhnungsattribut zu konturieren, ließen sich auch noch für die Phase bis 1830 nachweisen, verloren aber angesichts der sich vertiefenden ideologischen Polarisierung immer mehr an Überzeugungskraft. Der guerre à mort entre la monarchie et le libéralisme verkörperte am Ende der 1820er Jahre einen Konflikt, der semantisch nicht mehr zu überbrücken war. Libéralisme fokussierte dabei eine offensiv agierende Opposition gegen die restaurativen Ansprüche der Bourbonen und der katholischen Kirche, welche den 1815 noch für möglich gehaltenen Konsens auf der Basis der constitution libérale immer deutlicher in Frage stellten. Die Untersuchung der Phase bis 1830 zeigt, daß die Politisierung des Deutungsmusters in der Folge der Französischen Revolution und der napoleonischen Herrschaft über die Ideologisierung von libéraux und ultra nach 1815 in den 1820er Jahren in eine noch schärfere Polarisierung ideologisch distinkter Lager überging. Darüber hinaus zeichnete sich bis 1830 auch die sozialhistorisch besonders relevante Differenzierung der libéraux ab. So wenig der parti libéral eine fest organisierte „Partei“, sondern eine allgemeine Oppositionsbewegung bezeichnete, die sich hinsichtlich ihrer programmatischen Ausrichtung primär durch das Bekenntnis zur konstitutionellen Monarchie und zur antirevolutionären Sicherung der 1814/15 in der Charte formulierten Prinzipien charakterisieren ließ, so deutlich zeichnete sich bis 1830 die tragende Rolle des Finanz- und Handelsbürgertums ab. Gegenüber den historischen Trägern der libéraux von 1815, also den politischen Anhängern oder ökonomischen Nutznießern eines der Revolutionsregimes und des Empire, die von der Restauration der Bourbonenmonarchie eine Bedrohung ihres gesellschaftlichen Status befürchteten, repräsentierten die capitalistes et commerçants eine primär sozioökonomisch bestimmte Schicht. Die Heterogenität von politisch-konstitutionellen und ökonomischen Interessen hinter dem parti libéral wurde zwar bis 1830 noch durch die Integrationswirkung des gemeinsamen Gegners, symbolisiert in monarchiste, ultra oder royaliste, verdeckt, sollte sich aber langfristig desintegrierend auf die Semantik von libéralisme auswirken.

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Die Ausdifferenzierung des politischen Vokabulars spiegelte letztlich distinkte gesellschaftliche Interessen wider. Deren Fragmentierung anhand tradierter politischer und neuartiger ökonomischer Kriterien verlieh dem französischen Politikdiskurs zwar eine besondere Dynamik, führte aber auch zur immer schnelleren semantischen Überholung und Entwertung von Etiketten. Hier setzte die in der Publizistik weit verbreitete Klage über den abus des mots an: Von den tradierten Bedeutungsgehalten der Wörter ließ sich nicht mehr ohne weiteres auf die hinter ihnen stehenden Interessen schließen. Das lieferte zugleich den Anlaß für Versuche, mit vielfältigen Nomenklaturen und regelrechten Bestimmungskatalogen in den états des partis und den dictionnaires jenes Maß an Verbindlichkeit zu schaffen, das durch die nächste Definition schon wieder in Frage gestellt werden konnte. Dynamisierung und partielle semantische Entwertung neuer Begriffe waren im französischen Politikdiskurs nach 1820 kaum mehr zu trennen. Wiederum liefert die quantitative Analyse der publizistischen Frequenz des Deutungsmusters erste wichtige Hinweise für den Vergleich. Gegenüber den hohen Werten in Frankreich dokumentieren die deutlich niedrigeren Werte für Deutschland, Italien und England (vgl. Abbildungen 2, 3, 5, 7 und 9) den im Vergleich zu Frankreich niedrigeren quantitativen Stellenwert der Gruppenbezeichnung und des Bewegungsbegriffes. Diese These wird von der inhaltlichen Analyse gestützt, allerdings mit signifikanten Unterschieden für die drei anderen Vergleichsfälle; eine rein quantifizierende Untersuchung ließe diese Differenzbestimmungen nicht zu. In Deutschland wurde die Hoffnung auf die Liberalität bei der Regierung als staatliche Garantie eines evolutionären Reformprozesses von der Wendung der Regierungen gegen den umstürzenden Liberalismus verdrängt. Dem entsprach die sich nach 1819/20 formierende restaurative und altständische Kritik an Liberalen und Liberalismus. Damit setzte die Konturierung von Liberalismus als Oppositionsbegriff ein. Im ausgesprochenen Gegensatz zur Wahrnehmung durch die einzelstaatlichen Regierungen standen die Versuche, Liberalismus als überpolitisches und universalhistorisches Deutungsmuster für Fortschritt und Aufklärung zu etablieren, durch das ein solcher Antagonismus zwischen Staat und Gesellschaft ausgeschlossen werden sollte. Das bildungsbürgerliche Selbstverständnis von Liberalismus, dem das aus der Aufklärung abgeleitete Ideal des emanzipierten Individuums zugrundelag, und die Disqualifizierung des Begriffes als Synonym für eine Fortsetzung der gewaltsamen Revolution aus der Perspektive der Regierungen standen dabei nebeneinander. Für Deutschland blieb diese Überlagerung widersprüchlicher Bedeutungsnuancen von Liberalismus kennzeichnend. Darüber hinaus dokumentierte die historische Semantik der 1820er Jahre die weltanschauliche und gesinnungsethische Aufladung von Liberalismus als Synonym für Aufklärung und Vernunft und damit als Mittel der ideologischen Temporalisierung von rückschrittlicher Vergangenheit und fortschrittlicher Zukunft. Dieses Bestimmungsmuster, das weit über die politisch-konstitutionelle Ebene hinauswies, fand weder in Frankreich und Italien noch in England eine Entsprechung.

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So sehr auch weiterhin das ausdifferenzierte Spektrum von Ismen aus dem französischen Kontext als semantischer Erfahrungshintergrund diente, so deutlich manifestierte die publizistische Diskussion der 1820er Jahre spezifische Kennzeichen des deutschen Politikdiskurses. Adaption und Integration von Liberalismus blieben in Deutschland von der Erwartung bestimmt, daß die in dem Begriff verdichteten Vorstellungen von Fortschritt und Aufklärung keiner revolutionären Durchsetzung bedürften, sondern sich naturgesetzlich und in Kooperation mit dem Staat erfüllen ließen. Wo sich die Diskussion um Liberalismus von den in Frankreich vorherrschenden antagonistischen Bedeutungsstrukturen abhob, dominierte in Deutschland die Projektion einer Einheit der societas civilis sive res publica, einer interessenlosen Identität von Staat und Gesellschaft auf der Basis des in Liberalismus verkörperten vernünftigen Fortschritts. Insofern blieb die für Frankreich so charakteristische Reflexion gegensätzlicher Interessen in der Ausdifferenzierung des politisch-gesellschaftlichen Vokabulars einstweilen noch aus. Dazu paßte auch die Persistenz des aus Liberalität auf Liberalismus übergegangenen vorpolitischen Ideals des unabhängigen Individuums, das sich Parteizwängen entzog. Der Gehalt des soziokulturellen Haltungsbegriffs ging bei der Integration von Liberalismus nicht verloren, sondern blieb als semantisches Amalgam vorhanden. Die Überlagerung vorpolitischer und politischer Bedeutungselemente bildete fortan die Grundlage für eine gesinnungsethische Konnotation von Liberalismus. Auch eine andere Funktion des politischen Grundbegriffes wurde in Deutschland bis 1830 offenkundig: Mit dem Bekenntnis zu Liberalismus verband sich eine Standortbestimmung der eigenen Gegenwart gegenüber Vergangenheit und Zukunft, indem der Gehalt des Deutungsmusters die Kategorien historischer Rückständigkeit und Fortschrittlichkeit eindeutig zu definieren schien. Diese ideologische Temporalisierung, die mit dem Epochendatum von 1789 eingesetzt hatte, setzte sich in der Identifikation mit oder in der Abgrenzung zu Liberalismus fort. Der vorherrschende Optimismus, den die Projektion aller politisch-konstitutionellen und universalhistorischen Erwartungen in Liberalismus um 1830 hervorrief, verlieh ihm eine Integrationskraft, die inneroppositionelle Interessengegensätze einstweilen noch verdeckte. Im italienischen Kontext griffen die Anhänger der Aufstandsbewegungen von 1820/21 auf die Bezeichnung liberali zurück. Die Oppositionsrichtung der idee liberali hatte dabei eine doppelte Zielsetzung: Das Schlagwort konturierte das Programm konstitutioneller Fortschritte in Fortführung französischer Institutionen und gewann in der Einheit Italiens zugleich einen nationalen Horizont. Die idee liberali wandten sich dabei gegen die habsburgische Fremdherrschaft in Oberitalien und gegen die weltliche Herrschaft des Papstes im Kirchenstaat. Nach der Niederschlagung der Aufstände von 1820/21 setzte dann die katholisch-restaurative Fundamentalkritik ein, die die Semantik von liberalismo in Italien bis zum Ende des Untersuchungszeitraums prägen sollte. Die idee liberali erschienen als Fortsetzung einer gottlosen Revolution und Verkörperung der atheistischen Prämissen der Aufklärung. Die weltanschauliche Auf-

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ladung des Wortfeldes erfolgte hier im Gegensatz zu Deutschland gewissermaßen ex negativo. Auch blieb die begriffsgeschichtliche Entwicklung des Wortfeldes bis 1830 insgesamt schwächer ausgeprägt als in den anderen Vergleichsländern. Dies wird an dem kaum nachweisbaren Eindringen neuer politischer Bedeutungen in die Lexika und Wörterbücher deutlich, die erst in den 1840er und 1850er Jahren die politische Dimension der Begriffe reflektierten. Auch der Übergang von den idee liberali zum Bewegungsbegriff liberalismo läßt sich bis 1830 erst in Ansätzen nachweisen. Im Gegensatz zu Frankreich fehlte die Differenzierung der Bezeichnungen, und im Unterschied zu Deutschland fanden sich in der Publizistik keine vergleichbar ausführlichen Rekurse auf die Begriffsbestimmung zeitgenössischer Ismen. Hier müssen zur Erklärung zumindest die strukturellen Rahmenbedingungen der politischen Öffentlichkeit und des Politikdiskurses berücksichtigt werden. Zu den spezifischen Kennzeichen zählten nicht allein die territoriale Zersplitterung, die die Ausbildung eines gesamtitalienischen Diskurszusammenhangs erheblich erschwerte, sondern auch die im Kirchenstaat und im Rahmen der habsburgischen Überwachung besonders stark wirkenden Zensurbedingungen. Für eine über die dünne bildungsbürgerliche Schicht vor allem Oberitaliens hinausreichende Wirkung des Deutungsmusters fanden sich keine Hinweise. Zur Artikulation von innergesellschaftlichen Interessengegensätzen wie in Frankreich wurden liberali und idee liberali noch nicht herangezogen. Wenngleich an ihrer Politisierung und dem ihnen zugrundliegenden konstitutionellen und nationalpolitischen Erwartungshorizont seit 1815 nicht zu zweifeln war, blieb die ideologische Polarisierung primär auf den Antagonismus zwischen liberalismo und cattolicismo beschränkt. Diese Konfliktlinie allerdings erreichte in Italien eine Tiefe und Persistenz, die im Vergleich ohne Beispiel blieb. Die englische historische Semantik bis 1830 stand im Gegensatz zu diesen kontinentaleuropäischen Entwicklungslinien. Hier setzte nach 1820 eine komplexe Adaption und Integration von liberal ein. Programmatisch beriefen sich zunächst die in London ansässigen committees zur Unterstützung der kontinentaleuropäischen Freiheits- und Unabhängigkeitsbewegungen auf liberal. Der Bedeutungszusammenhang blieb also der europäische Kontinent, vor allem der Freiheitskampf der Griechen. Damit verband sich wie in Leigh Hunts The Liberal aber bald pointierte Kritik an der eigenen Regierung und insbesondere am außenpolitischen Kurs Castlereaghs. Flankiert durch die langsame Adaption von liberal in der Anwendung auf die englische Politik, konnte das Etikett im Verlauf der 1820er Jahre immer deutlicher zur Artikulation des Reformwillens gegenüber der Tory-Regierung herangezogen werden. Zumal die von den Tories unter Canning einsetzenden Maßnahmen, vor allem die Emanzipation der Katholiken und der Dissenter, wurden dem liberalism zugeschrieben. Umgekehrt übertrug sich die Kritik an der Katholikenemanzipation am Ende der 1820er Jahre auf liberalism und liberality, als man durch sie die national aufgeladenen Wertbegriffe constitution und protestantism in Frage gestellt sah. Die Politisierung des Wortfeldes war in England eindeutig aus der An-

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schauung der kontinentaleuropäischen Revolutionen und Krisen und der sie begründenden politischen Bewegungen erwachsen. Die Übertragung auf innerenglische Konfliktlinien zeichnete sich erst im Verlauf der 1820er Jahre ab. Dennoch blieb der Bewegungsbegriff liberalism mit dem Stigma des kontinentaleuropäischen Revolutionsmusters behaftet, von dem man die nationalen Topoi der English liberties und der constitution umso wirkungsvoller abheben konnte. Die fundamentale Richtungsänderung des Adjektivs liberal vom französisch und spanisch konnotierten Revolutionsetikett zu einem integralen Bestandteil des englischen Politikdiskurses beruhte auf dessen Adaption durch die reformbereiten progressive whigs, die in der Edinburgh Review ihr publizistisches Sprachrohr fanden. Hier reflektierte man aufmerksam und scharfsinnig die semantischen Veränderungen seit dem Ausgang des 18. Jahrhunderts, vor allem seit 1820. Auch die langfristige Überwindung von whig und tory durch neue Bestimmungsmuster wurde bereits antizipiert. In der Adaption von liberal und im positiven Rekurs auf liberal party durch die progressive whigs setzte sich zunächst die langfristige Revitalisierung der semantischen Gegensätze von whig und tory seit dem Ende des 18. Jahrhunderts und dann seit 1815 durch. Mit dem Etikett liberal vermochten die progressive whigs mindestens vorläufig ihre historische Rolle als Treuhänder von liberty und constitution zu aktualisieren. Dabei diente liberal der programmatischen Kennzeichnung einer populären Politik, die beanspruchte, auch die Interessen der noch nicht im Parlament repräsentierten Bevölkerungsgruppen zu vertreten. Erleichtert wurde diese Entwicklung durch die im 18. Jahrhundert ausdifferenzierte soziokulturelle Distinktion des gentleman anhand seiner liberal education, zu der sich gerade die hocharistokratischen Whigs bekannten. Auch der vorpolitische Gehalt von liberality ließ sich auf das Ideal einer aristokratisch-populären Politik for the good of the people applizieren. Erst langfristig sollte sich diese semantische Adaption als neue Bezeichnung der Whig party durchsetzen, und bis weit über 1830 hinaus blieben die tradierten Bezeichnungen whig und tory sowie radical dominierend. Ihre Persistenz beruhte auf den ihnen zugrundeliegenden historischen Bestimmungstopoi wie constitution, liberty oder people, die universell genug waren, um auch unter veränderten Rahmenbedingungen immer wieder zur politischen Standortbestimmung herangezogen zu werden. Sie erfüllten mithin genau jene diskursiven Funktionen von Artikulation und Identifikation, die im kontinenaleuropäischen Kontext den neuen Ismen zukam. Dennoch markieren die 1820er Jahre jene Phase, in der die Immunisierungswirkung der tradierten Bezeichnungen whig und tory gegenüber semantischen Transferimpulsen aus Kontinentaleuropa allmählich nachließ. So griffen Anhänger einer Parlamentsreform vermehrt auf liberal zurück, um ihre Distanz zu den parlamentarischen Parteien hervorzuheben. Gerade dies dürfte die Edinburgh Whigs in ihrem Bemühen bestärkt haben, das neue Etikett als Ausweis der eigenen Fortschrittlichkeit und Popularität einzusetzen. Sieht man von den Londoner committees ab, in

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denen neben zahlreichen Adligen auch Vertreter der freiberuflichen Intelligenz saßen, blieb sozialhistorisch die aristokratische Konnotation durch die Whigs zunächst bestimmend. Erst nach 1830 ließ sich liberal als middle-class Attribut offensiv gegen die Vorherrschaft aller aristokratischen Führungseliten einsetzen. Die historische Semantik Englands stellte sich vor diesem Hintergrund als eigene Sattelzeit dar, deren Beginn die am Ende des 17. Jahrhunderts geprägten nationalen Deutungsmuster markierten. Dazu zählte die Persistenz vormoderner „Partei“-Bezeichnungen im 18. und frühen 19. Jahrhundert, die auf ein etabliertes System der Interessenrepräsentation verwiesen, das sich auch in der Phase vor den Wahlrechtsreformen 1830/32 als sehr flexibel erwies. Die historische Semantik von liberal und liberalism in England muß insofern als langfristiger Prozeß der Integration eines neuen Deutungsmusters in ein bestehendes politisches Vokabular verstanden werden, in dem die überkommenen Begriffe nicht ersetzt wurden, sondern eine semantische Neuausrichtung oder eine Amalgamierung mit neuen Bedeutungsgehalten erfuhren. Dem entsprach geradezu paradigmatisch die Verbindung von liberal und whig.

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V. Die Gleichzeitigkeit des semantisch Ungleichzeitigen: Konturen und Transformationen des Begriffsfeldes bis 1835 1. Frankreich a) Die Julirevolution als Sieg des système libéral und die bannières du Libéralisme: Sécurité, Tolérance und Tranquillité Die 1831 erschienene Histoire de la Restauration warf die Frage nach den Gründen für den Fall der Bourbonenherrschaft auf und kam dabei zu dem Ergebnis, daß der Handlungsspielraum der Monarchie zwischen den „ultra-royalistes“ der Minsterien Villèle und Polignac und der „opposition libérale“ am Ende der 1820er Jahre immer enger geworden sei. Die ideologische Polarisierung der Lager spiegelte sich dabei in der unüberbrückbaren Differenz der Begriffe: Im Kampf „avec le parti de la cour et de l’émigration, avec les fautes et les exigences du libéralisme“ sei die Bourbonenmonarchie schließlich gescheitert.1 Die zunehmenden innenpolitischen Spannungen hatten die Behörden schon im Februar 1830 auf die dominierende „opinion libérale, constitutionnelle“ zurückgeführt,2 die aber im Selbstverständnis der libéraux selbst keinesfalls mit einer republikanischen Ordnung gleichgesetzt wurde. So betonte der National im April 1830: si la chose changeait par les mots et devenait une république, nous n’en voudrions pas, parce que nous sommes libéraux, très-libéraux, et non républicains . . . Quand donc nous voulons l’unité, l’hérédité, l’inviolabilité dans le dépositaire de l’autorité exécutive, quand nous voulons réunir dans cette même autorité l’initiative, le droit de paix et de guerre, l’administration, la sanction, la dissolution, nous ne sommes point des républicains.3

1

2 3

[CAPEFIGUE] Histoire de la restauration et des causes qui ont amené la chute de la branche aînée des Bourbons. Par un homme d’état, Bd. 1, Paris 1831, S. 10 f.; vgl. dagegen Polignacs nachträglichen Versuch, die Ordonnanzen vom Juli 1830 noch mit den „intensions larges, libérales“ der Krone in Verbindung zu bringen, DE POLIGNAC, Considérations politiques sur l’époque actuelle, adressées à l’auteur anonyme de l’ouvrage intitulée Histoire de la Restauration, par un homme d’état, Paris 1832, S. 87 f. Rapport de gendarmerie im Februar 1830, zitiert nach VIDALENC, S. 262. Nouvelle réponse à un grand argument, in: LE NATIONAL, 21. April 1830, zitiert nach Lettre à Monsieur le Directeur du National ou examen des doctrines politiques du National, du Globe, de la Gazette de France et du Journal des Débats, Paris 1830, S. 23–31, hier S. 27 und 30 f.

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Die Julirevolution erschien diesen Anhängern des parti libéral als Erfüllung ihrer politisch-konstitutionellen Vorstellungen.4 Enthusiastisch bezog Adolphe Thiers den politischen Aufbruch ganz Europas auf den erneut von Frankreich ausgehenden Siegeszug des système libéral, dessen semantische Integrationskraft sich gleichsam auf einer gesamteuropäischen Ebene zu entfalten schien: Comparons l’Europe de 1829 à celle de 1831. A la première époque, le système de la sainte alliance dominait partout; La France y était soumise par la dynastie du droit divin et par l’émigration; L’Angleterre par l’administration du général de la sainte alliance, qui refusait la réforme; Le Piemont, le royaume de Naples, l’Espagne et le Portugal l’avaient subi par suite de l’occupation autrichienne en 1821, de l’invasion française en 1823, de l’usurpation de Don Miguel en 1827; La confédération germanique y était entrée par le congrès de Carlsbad et la commission extraordinaire de Mayence . . . Aujourd’hui le système libéral est établi dans une partie de l’Europe; et il reste, du grand mouvement de juillet: Le gouvernement de la France . . . Le ministère whig, en Angleterre, et l’entreprise de la réforme . . . L’introduction ou l’extension du régime représentatif dans la plupart des états de l’Allemagne.5

Für die Bestimmung der politischen Kräfte in Frankreich stellte sich nach der Julirevolution das Problem der Aussonderung überholter Begriffe. Die während der Bourbonenherrschaft dominierende Polarisierung zwischen libéraux und royalistes oder ultra bedurfte einer Revision. Für Thiers stellten die Bezeichnungen bonapartistes und carlistes nur noch Reminiszenzen ohne aktuelle politische Relevanz dar. Der „parti bonapartiste“ bestand danach nur noch aus „quelques vieilles femmes, quelques jeunes gens aimant les chimères, et aussi quelques vieux personnages mécontens d’un régime sévère, fondé sur l’économie, la publicité, une discussion perpétuelle des actes des fonctionnaires publics.“ Auch die carlistes als Anhänger des letzten Bourbonenherrschers seien nur noch „un certain nombre d’individus qui avait surtout cherché dans la légitimité les faveurs qu’elle répandait sur eux.“ Demgegenüber identifizierte Thiers die Julimonarchie mit dem parti libéral: Die Prinzipien der Charte, die für den parti libéral den programmatischen Mittelpunkt während der Bourbonenherrschaft dargestellt hatten, schienen durch das orleanistische Bürgerkönigtum garantiert. Zugleich grenzte Thiers den parti libéral von der permanenten opposition und den anarchistes ab. Gegenüber der Konnotation als Oppositionsbegriff bis 1830 wandelte sich parti libéral nach der Julirevolution schon bald zum Leitbegriff eines politischen Systems, das sich von neuen Oppositionskräften herausgefordert sah. Dabei überwog 1832 Thiers’ Vertrauen in die gesellschaftliche Integrationskraft der Julimonarchie und ihrer Regierung: 4

5

In die lexikalischen Bestimmungen gingen die durch die Zäsur von 1830 entstandenen neuen Bedeutungselemente zunächst noch nicht ein, vgl. Dictionnaire de l’Académie françoise. Supplément, Paris 1831, S. 3; Dictionnaire de l’Académie française, Bd. 2, 6. Aufl. Paris 1835, 112 f.; Dictionnaire de l’Académie française, Bd. 2, 6. Aufl. Brüssel 1835 sowie DÉSIRÉ CHÉSUROLLES, Nouveau Dictionnaire classique et complet de la langue française, d’après la dernière édition de l’Académie, et les ouvrages des lexicographes les plus estimés, Bd. 2, Paris 1841, S. 177. A. THIERS, La Monarchie de 1830, Berlin 1832, S. 77.

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Quant au parti libéral enfin, le gouvernement actuel, qui est ce parti même, arrivé au pouvoir, l’a rallié tout entier et vit par lui et sur lui. Il n’est resté en dehors que des hommes pour qui l’habitude de l’opposition est une habitude de la vie à laquelle on ne renonce pas à leur âge; des jeunes gens impatiens, inexpérimentés . . . enfin, au dehors, au delà de ces jeunes gens, la classe des anarchistes qui est de tous les temps . . . classe redoutable, que le calme dissout, mais que l’agitation grossit et réveille . . . Le gouvernement a donc rallié la masse sensée et nombreuse de chaque parti, pour laisser en dehors la portion extrême, c’est-à-dire la moins considérable; il a rallié les majorités et laissé en dehors les minorités.6

Diese mit dem parti libéral verbundene Integrationserwartung zog sich wie ein roter Faden durch die Publizistik nach 1830. In einem Überblick zur Entwicklung der politischen Parteien in Frankreich seit 1814 unterschied A. Randouin von den royalistes, absolutistes und bonapartistes, die ihm nun als historisch überholte Etiketten erschienen, vor allem den „parti républicain“ und die „constitutionnels ou libéraux.“ Jener bestünde aus den „hommes qui rêvaient la république en haine du despotisme.“ Diese seien aber keine „théoriciens entêtés“, sondern diejenigen, qui, dédaigneux des principes et de leur application, s’attachent à un nom comme à une chimère; là où ces hommes consciencieux et sans arrière-pensée rencontreront les garanties de la liberté civile et religieuse, de fortes barrières édifiées contre les envahissemens du pouvoir, quel qu’il soit, l’absurde doctrine du droit divin solennellement répudiée, le dogme sacré de la souveraineté du peuple solennellement reconnu, ils trouveront leur utopie réalisée. Ce parti est personnifié dans le général Lafayette.7

Die einzig zukunftsweisende politische Bewegung verkörperte für den Autor aber die „immense aggrégation des constitutionnels ou libéraux qu’hier encore on appelait une faction et qui, du jour où les bateleurs ont disparu, où le fantôme à fait place à la réalité, se sont trouvés être la nation tout entière.“ Die Oppositionsbezeichnung libéral verwandelte sich hier in einen nationalen Identifikationsbegriff, mit dem man den Sieg vom Juli 1830 assoziierte und von dem man die Integration aller gesellschaftlichen Kräfte erwartete: C’est ce parti auquel s’étaient réunis tous les autres, moins les jésuites, qui a opéré le prodige de trois grandes journées; c’est lui qui a prodigué son sang en holocauste à la liberté, c’est lui qui a opposé aux bayonettes suisses le meilleur des boucliers, une poitrine découverte, lui, qui sous la puissante égide des Gérard, des Laffitte, des Constant, des Schonen et des Périer, a renversé le roi très-chrétien et très-parjure, et porté Philippe sur le pavois.8

Das Examen politique des quatre partis qui divisent la France, das Achille François ebenfalls unter dem Eindruck der Julirevolution 1830 verfaßte, unterschied neben dem carlisme drei oppositionell konnotierte Bewegungsbegriffe. Neben bonapartisme und républicanisme stand libéralisme für eine „puissance 6 7 8

Ebd., S. 94–6. A. RANDOUIN, De l’état des partis en France, et de la marche à suivre par le gouvernement, Paris 1830, S. 4, 6 und 8. Ebd. S. 9; vgl. zur Kennzeichnung der Regierung Louis Philippes ferner [P. L. ROEDERER] Adresse d’un constitutionnel aux constitutionnels, Paris 1835, S. 37: „Louis-Philippe a pour tâche de donner de la stabilité à la monarchie constitutionnelle; sa marche est tracée par les circonstances sur une ligne étroite entre le carlisme et la démocratie.“

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nouvelle“ innerhalb der Entwicklung der Zivilisation. Dabei betonte der Autor einerseits das Erbe der Aufklärung, andererseits das Ziel politisch-gesellschaftlicher Stabilität, die den Gehalt des „libéralisme pur [et] . . . sage“ im Gegensatz zum „libéralisme turbulent, inquiet, ardent à détruire“ auszeichneten. Im Gegensatz zu 1789 konnten sich nun auch Adel und Kirche, so die Meinung des Autors, auf die Ausrichtung des libéralisme an den sozialen Versöhnungsattributen sécurité, tolérance sowie tranquillité, ordre und paix verlassen: Né de la civilisation, le Libéralisme vient de briser le sceptre du despotisme, et d’élever un trône où il a placé un citoyen. L’Europe a tremblé, parce que l’Europe croyait déjà voir sortir de nos foyers des légions de héros; mais le Libéralisme portait sur ses étendards: Paix au monde. L’Aristocratie n’a plus songé à Coblentz, parce qu’elle avait lu sur les bannières du Libéralisme: Sécurité. La religion ne s’est point couverte de deuil, elle n’a point fermé ses temples, parce qu’elle a entendu le Libéralisme prononcer le mot sacré de Tolérance. Les provinces ne se sont point vu arracher leurs enfans, parce que le Libéralisme a crié: Tranquillité. Tels sont les prestiges, tels sont les enchantemens à l’aide desquels règne le Libéralisme, né d’un jour. Ami de l’ordre et de la paix, il guérira nos plaies, cicatrisera nos blessures, fera taire les orages, calmera les tempêtes: apôtre de la tolérance, il prouvera que religion est autre chose que fanatisme; père des idées généreuses, il agrandira nos esprits, élevera nos intelligences, ennoblira nos destins.9

Die Parallele zwischen der Bestimmung der idées libérales nach 1815 und der von libéralisme nach 1830 ist nicht zu übersehen: In beiden postrevolutionären Situationen ging es um die Projektion politischer Stabilität und gesellschaftlicher Versöhnung vor dem Hintergrund einer tiefgreifenden Zäsur. Signifikant für diese Bedeutungsrichtung war, so paradox es anmutet, gerade die Distanzierung von der revolutionären Tradition, denn nur wenn diese überparteiliche Ausrichtung von libéralisme gelang, ließ sich ein gesamtgesellschaftlicher Anspruch untermauern. Schon vor dem Juli 1830 hatten zahlreiche Publizisten libéraux und libéralisme gegenüber dem Vorwurf der anarchisch oder republikanisch intendierten Revolution in der Tradition von 1789 in Schutz genommen.10 b) Zwischen utopistes, doctrinaires und légitimistes: Die Genese des antirevolutionären Ordnungsbegriffes libéralisme nach 1830 Die Julirevolution fügte dem durch die politischen Zäsuren Frankreichs seit 1789 bereits besonders differenzierten Vokabular politischer Gruppenbezeichnungen und Bewegungsbegriffe neue Elemente hinzu. Das Spektrum umfaßte zunächst neben den dynastisch konnotierten Bezeichnungen carlistes und légitimistes auch das allgemeiner bestimmte Etikett royalistes. Darüber hinaus unterschied man die bonapartistes als alte Anhänger Napoleons und die répu9 10

ACHILLE FRANÇOIS, Examen politique des quatre partis qui divisent la France, ou le carlisme, le bonapartisme, le républicanisme et le libéralisme, Soissons 1830, S. 12 f. Vgl. D’OLLÉ DE MANTET, Dialogue historique entre un royaliste et un libéral, Paris 1830, S. 6 f. und 9 f. sowie im Kontext der Wahlen von 1830 N. ROSSET, Aux Royalistes, sur les calomnies qu’ils se permettent à l’égard des libéraux, in: Vte DE CALVIMONT SAINT-MARTIAL, Le Libéralisme en présence des élections, S. 197–204, hier S. 198 ff.

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blicains oder patriotes, die im Juli 1830 die Basis des revolutionären Umsturzes gebildet hatten und danach zur dominierenden Oppositionskraft gegenüber der neuen Ordnung geworden waren. Die Anhänger der Julimonarchie selbst wurden als actualistes, constitutionnels oder juste-milieu identifiziert.11 Im letzten Begriff trat neben die tradierten politischen Gruppenbezeichnungen die sozioökonomisch bestimmte Kategorie des Besitzbürgertums, die den semantischen Differenzierungsgrad politischer Begriffe insgesamt veränderte. J. N. Poubelle unterschied als wichtigste Gruppierungen des Juli 1830 patriotes, libéraux und doctrinaires. Seine Begriffsbestimmung ordnete die libéraux als überzeugte Anhänger der konstitutionellen Monarchie zwischen den revolutionär gesinnten patriotes und den nur von eigenen Machtinteressen geleiteten doctrinaires ein. Als Opposition gegen die Bourbonen hätten die libéraux auf eine evolutionäre Reformierung der Monarchie ohne revolutionären Umsturz gehofft. Nun repräsentierten sie ein eher defensives Bekenntnis zur Freiheit, das immer mehr von der Furcht vor den Massen überschattet schien: Ils faisaient de l’opposition contre les ministres, en s’inclinant devant la majesté royale; ils croyaient à la possibilité d’améliorer, de modifier le gouvernement des Bourbons, et non à la nécessité de le renverser; ils n’auraient éprouvé aucune répugnance à devenir les ministres de la légitimité . . . Les libéraux ne manquaient jamais de présenter dans leurs discours le roi avec la Charte, et la Charte avec le roi, comme bases indestructibles du bonheur de la France . . . En résumé les libéraux dépensaient toutes leurs ressources en discours de tribune, dans lesquels ils n’invoquaient la liberté qu’avec une timide circonspection. N’osant adresser directement leurs hommages à cette fière déesse, ils la transformèrent en petites divinités, qu’ils appelaient les libertés, et qui convenaient à la faiblesse de leur caractère; mais ce culte bâtard et sans dignité était plutôt fait pour amortir que pour exciter l’énergie des masses populaires . . .Les doctrinaires faisaient . . . l’opposition par calcul et non par conviction: leur but était d’arriver au pouvoir, et non de conquérir la liberté qu’ils n’ont jamais aimée. Quand les ordonnances de juillet paruent, ces trois factions obéirent à leurs antécédens. Les patriotes coururent aux armes, les libéraux hésitèrent, et les doctrinaires se mirent à trembler de tous leurs membres.12

Die Bezeichnung libéraux nahm somit eine Mittelstellung zwischen revolutionär-republikanischen Kräften und den doctrinaires ein. Die Differenzen zwischen den verschiedenen Kräften, die im Juli 1830 primär von der gemeinsamen Wendung gegen die verhaßte Bourbonenmonarchie geeint worden waren, tra11

Vgl. Coup d’œil sur les opinions politiques en France; par Al. C., Paris 1831, S. 5; [DEOpinion de M. Delorme, sur les divers partis qui se disputent le pouvoir, Bourges [1831], S. 1 und 3; FRÉDÉRIC MALET, Liberté, ordre public. La nation, la loi, le roi. Vivre libre ou mourir. Chants libéraux, dédiés aux soutiens de la patrie [Nancy 1831], S. 2; [JACQUES FRANÇOIS DE SADE] Royalistes. Ultras. Parti des Ultras (Extraits du Lexicon politique, ouvrage inédit du chevalier de Sade), Paris [1831], S. 1 f.; ÉMILE DOSQUET, Le juste-milieu dévoilé, ou la France en 1832, Metz 1832, S. 18 und 29; De la foi politique et des partis en 1832, Paris [1832], S. 17, 23, 31 und 33; Il y a des libéraux, dit le Globe, qui sont surpris de l’assurance des légitimistes, Paris [1832]; ALPHONSE PEPIN, De l’opposition en 1831, Paris 1832, S. 71 sowie [GAILLARD] Quelques mots sur le tiers-parti, Bordeaux 1835. J. N. POUBELLE, Des patriotes, des libéraux et des doctrinaires. Pour servir à l’Histoire de la Révolution de Juillet, Paris 1832, S. 11 f. und 18 f. LORME]

12

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ten jetzt offen hervor. Die libéraux als Synonym für die siegreiche Oppositionsbewegung von 1830 spalteten sich nach der Julirevolution in mindestens zwei neue Richtungen auf: Neben einer Ordnungspartei, die die revolutionäre Entwicklung keinesfalls weitertreiben wollte und die sich den doctrinaires zuordnen ließ, erkannte der Autor vor allem einen republikanisch orientierten „parti ultra-libéral“: Le parti ultra-libéral qui, s’attribuant follement le monopole du patriotisme et les intérêts soi-disant populaires, s’était intitulé le parti du mouvement, du progrès; le parti patriote, puisqu’il faut l’appeler par son nom, trouva ses adhérens dans un grand nombre de journalistes trop préoccupés des anciens souvenirs de la révolution, pour sentir que le libéralisme doit avoir un point d’arrêt qu’indique assez la nature de ses principes.13

Die Differenzierung der Gruppenbegriffe, die 1789 eingesetzt hatte, schien sich vor dem Hintergrund der neuerlichen Zäsur von 1830 und der aus ihr resultierenden Spaltung der „opinions constitutionnelles“ in realpolitisch-pragmatische doctrinaires und utopistes, gleichsam einem historischen Grundgesetz entsprechend, fortzusetzen: Nous avons vu, depuis le 29 juillet, les opinions constitutionnelles se modifier et former plusieurs nuances qui, avec le temps, se sont de plus en plus prononcées. Cet effet naturel du choc des partis a toujours lieu après la victoire. Sans aller chercher des exemples hors de nos dissensions politiques, nous pouvons nous rappeler que dans la première révolution des démocrates se sont divisés en girondins, en montagnards, en jacobins; sous la restauration, les royalistes deviennent ultra-montains, monarchistes ou olygarques. Ainsi, suivant toujours la loi de la nature, de nos modernes constitutionnels, les uns sont impatients, les autres sont stationnaires; ceux-ci sont des utopistes, ceux-là sont des doctrinaires; quelques-uns veulent une république absolue, quelques autres un dictateur.14

Damit geriet die Fragmentierung der Lagerbezeichnungen zum beherrschenden Kennzeichen der französischen Begriffsgeschichte, und zuweilen mündete diese Ausdifferenzierung in eine regelrechte Kakophonie: Nous la divisons [i. e. la société française], en indifférents, anarchistes, républicains purs, républicains-américains, républicains avec un roi-président, progressifs-imaginatifs, dynastiques, légitimistes à droit divin, politiques-doctrinaires, enfin, constitutionnels voulant le gouvernement des trois pouvoirs démocratique, aristocratique, royal, avec la plénitude des attributions qui appartiennent à chacun de ces pouvoirs.15

Unübersehbar schälte sich aus diesem komplexen Nebeneinander aber mit doctrinaire ein Deutungsmuster heraus, das, um 1817 entstanden, seit den 1820er Jahren als Bezeichnung der Fraktion um François Guizot nachweisbar gewesen war, aber nach 1830 ein erheblich größeres Gewicht in der politischen Publizistik gewann.16 In der Konnotation von doctrinaire spiegelte sich die Differenzierung der Oppositionsbewegungen vom Juli 1830 wider. Dabei erschienen 13 14 15 16

H. CAVEL, Épitaphe des partis; celui dit du juste-milieu, son avenir, Paris 1833, S. 2 sowie A. FREY, Les ultra-libéraux factieux, Paris 1831, S. 5f. De l’influence des partis sur les affaires publiques, depuis la révolution de juillet. Par un ami de la liberté, Paris 1831, S. 10 f. PEPIN, S. 4. Vgl. Kapitel III.1.b).

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die doctrinaires weniger als überzeugte Freiheitskämpfer denn als eine machtorientierte Ordnungspartei, die auch vor dem Bündnis mit den légitimistes nicht zurückschreckte und die Charte nur als „médiation entre le pouvoir et la liberté“ betrachtete.17 Die Nichterfüllung aller mit der Revolution verbundenen Hoffnungen ließ sich vor diesem Hintergrund der „conspiration de l’oligarchie doctrinaire et libérale contre les justes conséquences de la révolution de juillet“ anlasten.18 Aus legitimistischer Sicht formulierte man nach der Erfahrung der Julirevolution die Hoffnung auf eine Allianz mit den libéraux, was ein betont antirevolutionäres Verständnis von libéraux voraussetzte. Es ist signifikant für die Semantik nach 1830, daß dieser antirevolutionäre Charakter von libéraux und libéralisme immer pointierter hervorgehoben wurde. So definierte Auguste Séguin die libéraux als „hommes du mouvement . . . On entend ici par Libéraux, ceux qui, voulant des institutions libérales, repoussent néanmoins un système de terreur.“ Dies stellte gegenüber dem nach 1815 noch eindeutig dominierenden Revolutionsvorwurf eine wichtige Richtungsänderung dar. Sie setzte sich in der Projektion eines Zusammenwirkens von libéraux und royalistes fort, die auf der Ablehnung der negativen Folgen der Julirevolution beruhen sollte. Darin spiegelte sich zugleich die Unzufriedenheit mit den doctrinaires und den dahinterstehenden Interessen des juste-milieu wider. Eine echte Stabilisierung bot aus dieser Perspektive nur die konsequente Absage an republikanische Ziele und die erneute Restauration der legitimen Dynastie. Nach 1830 war eine solche legitimistische Deutung aber nur noch in einer Anlehnung der Monarchie an das „large système de liberté“ zu vermitteln, was eine einseitige Rückkehr zum anachronistischen Gottesgnadentum der Bourbonenherrschaft unter Karl X. ausschloß: Les libéraux ont avoué qu’ils ont été la dupe des doctrinaires et du juste-milieu, et que la souveraineté du peuple, tant vantée, a été escamotée. Les libéraux ont convenu que la révolution de juillet, semblable à une épidémie, tend visiblement à un relâchement total, et que la masse du peuple, inhabile de longue durée, s’est détachée la première de cette révolution . . . Les libéraux ont reconnu que la révolution de juillet est en état d’hostilité et de conjuration permanente contre l’Europe entière; et par conséquent, en guerre avec elle sous ce double rapport. Ils sont convenus qu’ils ont eu tort de rêver la république, incompatible avec le caractère français. Ils ont reconnue franchement que du rétablissement de la roy17

18

[F. MALEBOUCHE] Du système des doctrinaires, Paris 1831, S. 13 und 54; vgl. in kritischer Bestimmung der doctrinaires auch MICHEL PALMIERI DE MICCICHÉ, À chacun selon sa capacité, à chaque capacité selon ses œuvres, ou le faux-doctrinaire et le libéral, Paris 1831; MERCIER-DESPONTEILLES, M. Guizot en présence de l’opposition constitutionnelle, ou réponse au manifeste du parti doctrinaire contre les libertés françaises, Paris 1834, S. 3; LERMINIER, Lettres philosophiques adressées à un Berlinois. IV: De l’école apelée doctrinaire. – M. Guizot, in: REVUE DES DEUX MONDES 2 (1832), S. 183–99 sowie Lettres sur les hommes d’état de la France. Lettre deuxième, in: ebd. 1 (1833), S. 225–63, hier S. 262. [COLNET] Variétés. Conspirations de l’oligarchie doctrinaire, libérale et féodale, contre les justes conséquences de la révolution de juillet. Par M., du département de la Manche, [Bordeaux] 1831, S. 3 und 7.

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auté légitime en France, dépendent la paix du monde, la stabilité des empires, la sûreté des individus, et le maintien de toutes les propriétés . . . Les libéraux ont donc reconnu que l’ordre de succession établi en France depuis quatorze siècles, est le seul qui puisse faire le bonheur des français; mais ils ont déclaré que la loi qui règle la succession à la monarchie n’est nullement une loi de droit divin, mais une loi politique établie pour l’intérêt de ceux qui sont gouvernés, et non pour ceux qui les gouvernent. En conséquence, ils accepteront la royauté légitime fondée sur un large système de liberté.19

Diese Projektion einer möglichen Allianz zwischen libéraux und royalistes dokumentierte auch die zunehmende semantische Desintegration von libéraux und libéralisme: Die noch 1830 und 1831 dominierende Identifikation des Deutungsmusters mit der Julirevolution trat zurück. Symptomatisch für diese Entwicklung waren die nach 1830 ganz unterschiedlichen Möglichkeiten, sich auf die Begriffe zu berufen. Dahinter stand nunmehr keine integrative Oppositionshaltung mehr wie noch vor 1830, sondern ein weites Spektrum verschiedener, auch widersprechender Motive, die eine auch nur annähernd verbindliche Definitionsrichtung ausschlossen. Mit der Aufhebung des durch die Julirevolution aufgehobenen Antagonismus zwischen libéraux und royalistes oder ultra nahm die semantische Integrationskraft von libéralisme ab. Einerseits ließ sich zwar noch der Gegensatz zwischen den ideologischen Lagern von 1830, die „incompatibilité du principe libéral et du principe légitimiste“, hervorheben.20 Andererseits konnte man auf eine Allianz zwischen royalistes und libéraux gegen die Ergebnisse der Julirevolution hoffen. Diesem Konzept diente die Abschwächung des nach 1815 dominierenden Revolutionsvorwurfs und des Oppositionsgehalts von libéralisme nach 1830. Gerade von den neuen révolutionnaires, die man in den républicains als Gegner der orleanistischen Julimonarchie erkannte, mußten sich die libéraux nach dem Umsturz von 1830 distanzierten. A. de Marguerye konstatierte 1832 entsprechend: Je fais ici une différence entre les libéraux et les révolutionnaires. Les libéraux sont des hommes à théorie qui aspirent au pouvoir et à réaliser leurs vœux par des moyens législatifs; les révolutionnaires n’ont qu’un but, la destruction de tout ce qui existe par la force brutale, et la spoliation de la propriété d’autrui à leur profit. Les libéraux ont été forcés, pour réussir à renverser la vieille monarchie, de s’allier avec les révolutionnaires; mais cette alliance ne peut durer, car de tels associés sont trop dangereux pour qu’on ne les congédie pas le plus tôt possible.21

Daneben blieben auch die vor 1830 entwickelten negativen Bestimmungsmuster gegenüber libéralisme virulent, so etwa die polemische Verbindung von libéralisme und protestantisme aus katholischer Sicht, auch wenn dies nicht 19 20

21

[AUGUSTE SÉGUIN] Traité de paix et d’alliance entre les libéraux et les royalistes, Montpellier 1832, S. 6 und 13–15. M. A. DE BRIQUEVILLE, Lettre à Monsieur de Châteaubriand en réponse à sa brochure intitulé De la nouvelle proposition relative au bannissement de Charles X et de sa famille, etc., Paris 1831, S. 8. A. DE MARGUERYE, Essai sur la Monarchie héréditaire et fédérative, Paris 1832, S. 40, Anmerkung; vgl. DERS., Fais ce que dois, advienne que pourra. Le royaliste et le libéral. Dialogue sur la souveraineté, Paris 1832.

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mehr die gleiche Intensität wie nach 1820 erreichte.22 Differenziert wurde dies nach 1830 durch die stärker sozioökonomische Identifizierung des libéralisme als Interessenbegriff des bürgerlichen juste-milieu.23 Wo nach den Gewinnern und Verlierern der Julirevolution gefragt wurde, trat zunehmend die Kritik an den libéraux als negatives Synonym für die durch die Revolution nicht erfüllten Hoffnungen der kleinbürgerlichen Schichten hervor: Que sont devenues toutes ces espérances, ces promesses, ces nouvelles organisations, ces vastes projets tant prônés par les soi-disant libéraux? . . . Comment veut-on que le peuple soit tranquille? depuis la révolution de juillet l’ouvrier ne fait rien, et la plupart des chefs des ateliers ont fait des pertes irréparables.24

Ein weiteres Bestimmungsmuster knüpfte an die Überlegungen Lamennais’ von einer Verbindung zwischen catholicisme und libéralisme an, die zwar weiterhin erbitterte Kritik hervorrufen konnte, aber das Bild eines unabänderlichen Antagonismus zwischen beiden Deutungsmustern doch relativierte.25 22

23

24

25

Vgl. HONORÉ DE BALZAC, Le curé de village (1845), in: DERS., Scènes de la vie militaire et scènes de la vie de campagne. La Comédie Humaine, Bd. 13, Paris 1845, S. 510–728, hier S. 568; vgl. F. R. DE CHATEAUBRIAND, De la restauration et de la monarchie élective; ou réponse à l’interpellation de quelques journaux sur mon refus de servir le nouveau gouvernement, Paris 1831, S. 13; Portrait de Napoléon et des libéraux par M. de Châteaubriand. Mot d’un militaire et de deux hommes du peuple, sur la brochure De la monarchie élective du même écrivain. Publié par la Contemporaine, Paris 1831, S. 27; CEL. ESPANET, Appel du catholicisme à toutes les opinions politiques, ou entretiens d’un catholique avec un royaliste et un libéral. Première partie, Paris 1831; LEBRUN DE CHARMETTE, Épîtres politiques sur nos extravagances, Paris 1831; DERS., Épître au comte Edmond de V. sur le libéralisme, in: ebd., S. 3–47, hier S. 33 sowie DERS., Épître aux libéraux, in: ebd., S. 50–82. Vgl. Vte DE CALVIMONT SAINT-MARTIAL, Le royalisme en présence des élections, Paris 1834, S. 43 sowie Qu’est-ce qu’un homme du juste milieu?, Rouen [1831], S. 2: „Un homme du juste milieu est celui qui croit que la révolution de 1830 s’étant faite aux cris de vive la Charte, il y a eu folie ou mauvaise foi de la part des hommes qui, après la victoire, ont voulu autre chose que la Charte.“; vgl. ferner Le juste milieu en toutes choses et surtout en politiques, Paris [1832], S. 3 ff. J.-A. DUMAS, Le trône renversé, ou la dernière semaine de juillet 1830; poème burlesco-historico-tragique, en sept journées, mis à la portée des vainqueurs du Louvre et des Tuileries, avec des notes sur les discours et les actions des soi-disant libéraux, Paris 1831, S. 62. Vgl. aus belgischer Perspektive THÉODULE NORMAND, Du Catholicisme et du Libéralisme, Eghien 1841, S. 84 f.: „Nous avons prouvé . . . que le Libéralisme est une grande négation, une chimère, une utopie fatale, une théorie d’incessantes révolutions politiques, une vraie recrudescence du protestantisme, une hâche qui démolit la philosophie comme la religion . . . Beaucoup de libéraux . . . diront que tel n’est pas leur système, et que telles ne sont pas les conclusions de leur doctrine: – qu’ils veulent simplement la liberté garantie par la constitution. C’est possible pour les libéraux qui n’ont pas l’esprit assez philosophique pour étudier la nature intime du Libéralisme, ou qui veulent s’arrêter au milieu du chemin tracé par les doctrines libérales; c’est possible aussi pour ceux que se nomment libéraux au lieu de s’appeller Constitutionnels; mais en attendant ces messieurs grossissent le nombre des libéraux dogmatiques, de ceux qui agissent avec connaissance des principes et des résultats, de ceux qui veulent tout ce que nous avons déduit de la définition du Libéralisme.“

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Gerade die Julirevolution bot dafür ein wichtiges Argument, indem sich gezeigt habe, daß weder der tradierte royalisme in seiner einseitigen Orientierung an der Vergangenheit noch der republikanisch ausgerichtete libéralisme in der Lage seien, eine langfristige Stabilisierung der Gesellschaft zu erreichen: les écrivains catholiques comprirent que ni le royalisme, ni le libéralisme ne sauraient réaliser aucun ordre social stable: le premier, parce que soumettant les peuples à la volonté arbitraire d’un homme qu’il déclarait affranchi de toute loi spirituelle extérieurement obligatoire, il consacrait et la tyrannie et la servitude; le second, parce que niant qu’un pouvoir humain pût être investi d’un droit dérivé de Dieu même, et forcé de ne reconnaître d’autre souveraineté que la souveraineté individuelle, il créait autant de souverainetés qu’il y a d’individus, et par cela même consacrait l’anarchie.

Aus dieser Perspektive schien es geradezu zwangsläufig, daß libéralisme sich zu einem konservativen Ordnungsbegriff – „qu’il renferme de sociable et de compatible avec l’ordre“ – wandeln müsse, um alle revolutionär-anarchischen Konnotationen abzustreifen. Dies wiederum prädestinierte eine Annäherung von libéralisme und catholicisme: „Chaque jour plus épuré, le libéralisme en proclamant la vraie liberté, gravite par cela même vers l’ordre, c’est-à-dire, vers le catholicisme, d’où tout ordre dérive naturellement.“ Hinter dem programmatischen Motto „Dieu et Liberté“ stand das Urteil über die zeitgemäße Relevanz konkurrierender Bewegungsbegriffe: „Il s’ensuit que le libéralisme est, dans ce moment-ci, bien plus que le royalisme, en rapport avec le grand besoin de la société, qui est la liberté“.26 c) La source de cette confusion d’idées: Die semantische Desintegration von libéralisme Die Abfolge der zahlreichen politischen Gruppenbezeichnungen und ihre komplexen Bedeutungsgehalte führten in der Publizistik nach 1830 zu einer verbreiteten Klage über den „abus des mots . . . la fausse application des mots, la difficulté de nous entendre sur leur sens . . . la source de cette confusion d’idées“.27 Die Fragmentierung der Nomenklaturen ließ eine Verständigung über die ihnen zugrundeliegenden Bedeutungen immer schwieriger erscheinen. Der Vielfalt politischer Kräfte und sozialer Interessen entsprach eine wachsende Begriffsverwirrung. Vor diesem Hintergrund zeichnete sich bereits um 1835 eine zunehmende semantische Desintegration des Deutungsmusters ab. Sie ging zunächst von der Erfüllung der wesentlichen konstitutionellen Postu26 27

De la position des partis telle que l’a faite la révolution de 1830, Nantes 1831, S. 11 f., 26 f. und 36. PIERRE-VICTOR, À la Chambre des Députés. De l’égarement de l’opinion publique en France sur la révolution de la Belgique, et de la nécessité d’une alliance entre la France et la Hollande, pour résoudre la question belge, Paris 1831, S. 3; vgl. HONORÉ DE BALZAC, Les Rivalités. Deuxième histoire: Le Cabinet des antiques (1837), in: DERS., Scènes de la vie de province. La Comédie Humaine, Bd. 7, Paris 1844, S. 120–244, hier S. 128 und 132.

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late in der Julirevolution aus. Die Überwindung des Antagonismus libéraux – ultra durch den vermeintlichen Sieg des système libéral reduzierte die Integrationswirkung des Wortfeldes. Dazu korrespondierte eine inhaltliche Transformation, die man als Historisierung von libéral und libéralisme bezeichnen kann. In einem Rückblick auf Ursprünge und Entwicklungen des parti libéral unterstrich der Autor der Histoire de la Restauration 1835, daß der Bewegungsbegriff libéralisme gerade keiner homogenen politischen Partei im engeren Sinne, sondern einer allgemeinen Haltung entsprochen habe, die sich auf die Charte als Bedingung für eine konstitutionelle Monarchie gegründet habe. Die Ursprünge lagen demnach in denjenigen gesellschaftlichen Gruppen, deren Erfahrungshintergrund durch die Revolutionsepoche und die napoleonische Herrschaft geprägt worden sei. Entscheidend blieb die Herausbildung des oppositionellen Charakters von libéral unter der Bourbonenmonarchie. Nach 1818 schienen die Integrationswirkung des Begriffes und seine gesamtgesellschaftliche Resonanz am größten gewesen zu sein: Le Parti libéral . . . qui sous la Restauration prit le nom de libéral, n’avait aucune homogénité. Sa dénomination en effet était vague; le libéralisme est un sentiment; il ne peut être la cohésion d’un parti . . . L’origine du parti libéral était bourbonienne; c’étaient quelques débris de l’ancien parti constitutionnel des assemblées, quelques unes des victimes du 18 fructidor, des mécontents de l’Empire . . . ils avaient présidé à la charte de 1814; ils voulaient en suivre les développemens. A mesure que ce parti s’avançait et que la Restauration ne suivait pas les voies d’une large constitutionnalité, quelques uns des noms qui à l’origine avaient servi à la consolider, se jetèrent dans l’opposition. Elle fut alors calme et sage, cette opposition, et toutes les bouderies se rangèrent autour d’elle . . . de vieux républicains se postèrent monarchistes libéraux; des impérialistes se transformèrent également, et ce camp à nuances si diverses vécut de doctrines constitutionnelles, et se recruta successivement de toutes les inquiétudes publiques . . . Aussi le parti libéral grandit-il démesurément depuis 1818 jusqu’au ministère de M. de Martignac, où il fit invasion dans le gouvernement même. Alors il n’y avait plus moyen de l’arrêter, car il s’infiltrait partout; il était dans les mœurs, dans les institutions; la puissance lui appartenait, parce qu’il était la majorité dans le pays.

Nicht die Revolution sei der prägende Erwartungshorizont des parti libéral gewesen, sondern die evolutionäre Entfaltung der politischen Freiheitsrechte im Rahmen der Charte. Das nicht erkannt zu haben, sei ein fundamentales Versagen der Bourbonen gewesen: Il y eut des libéraux qui voulurent sincèrement le progrès; il y en eut d’autres antipathiques aux Bourbons, qui visèrent au renversement; quelque concession qu’on pût faire, ces derniers ne cessaient d’être mécontens, car ils voulaient un autre résultat que le paisible développement des libertés du pays. La faute du gouvernement d’alors fut de ne pas les séparer les uns des autres; il était si facile de détacher de la révolte les libéraux sincères! . . . mais la masse du parti libéral avait accepté les Bourbons; une révolution lui faisait peur.28

Für den Autor bestand die historische Leistung des parti libéral in der Durchsetzung einer konstitutionellen Monarchie, die nach 1815 einen Entwicklungspunkt markierte, der eine einseitige Restauration des Ancien régime endgültig 28

[CAPEFIGUE] Le gouvernement de juillet, les partis et les hommes politiques. 1830 à 1835. Par l’auteur de L’Histoire de la restauration, Bd. 1, Paris 1835, S. 36–9.

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ausschloß. Hinsichtlich seiner sozialen Verankerung blieb die Kopplung des parti libéral an die bourgeoisie bestimmend. Der libéralisme rationnel verkörperte danach die erfolgreiche Strategie der classe moyenne, die eigenen Interessen nach der Julirevolution durchzusetzen und dieses Ergebnis gegen die Volksmassen abzusichern. Der sozialexklusive Charakter des parti libéral trat nach dem Sieg im Juli 1830 immer deutlicher hervor: depuis 1815 il habitua le peuple à l’étude du gouvernement représentatif; il rendit la société plus paisible, en rattachant tous les intérêts à une représentation rationnelle, en appelant des réformes légales. Son opposition ne fut pas toujours éclairée, il eut souvent même un peu de niaisierie dans sa polémique, mais il agit admirablement pour se rattacher la classe moyenne; il domina l’intelligence du paysan, de cette bourgeoisie, jalouse des classes supérieures, inquiètes du bas peuple. Tout cela produisit ses fruits après Juillet; le libéralisme rationnel a voulu arracher la victoire des mains de la portion active et armée de la révolution.

Entscheidend für das Verständnis des parti libéral blieb sein zwischen 1815 und 1830 dominierender Oppositionscharakter. Hier konnte der Begriff seine maximale Integrationskraft entfalten. Mit der Durchsetzung der orleanistischen Lösung verschwand auch die Kohäsionswirkung, die von royaliste, monarchiste und ultra ausgegangen war. Die Aufhebung dieses semantischen Antagonismus und der ihn flankierenden Polemik der Schlagworte bedingte eine Richtungsänderung von libéral vom Oppositionsetikett zum konservativen Regierungsattribut. Die Erwartung politischer Stabilität und gesellschaftlicher Versöhnung – Grundthema der politischen Publizistik seit dem Ausgang der Französischen Revolution und Ursprung der Bestimmung der idées libérales – schien der Begriff auch nach 1830 nicht erfüllen zu können: „Le parti libéral était plutôt une opposition qu’un gouvernement; admirable pour détruire, son œuvre la plus difficile eût été de reconstituer les formes de l’administration régulière; quand il l’a entrepris, il n’a pu produire qu’un mobile échafaudage, bouleversé chaque vingt-quatre heures“.29 Ein solcher Wandel ließ sich als Übergang von einer offensiven zu einer defensiven Konnotation deuten. Dem gab ein Artikel in der Revue des deux Mondes von 1835 besonders pointierten Ausdruck: Das verbindende Element zwischen bourgeoisie, industrie und démocratie als gesellschaftliche und ideologische Kräfte bildete danach die „opinion libérale.“ Die offensive und integrative Wirkung von libéral und libéralisme zwischen 1815 und 1830 wich im Verlauf der 1830er Jahre immer deutlicher einer nur noch fragilen „opinion libérale“, einer heterogen zusammengesetzten, defensiven Interessenkoalition, die ihre Position gegenüber den Massen abzusichern suchte: Ce qu’il y avait, dans cet ordre de conceptions, d’antipathique au génie de la civilisation moderne, groupait alors l’opinion libérale, et lui imprimait un ensemble qui . . . tenait moins à la cohésion de ses élémens qu’à une résistance commune. La bourgoisie, qui comprenait l’impossibilité de s’asseoir au gouvernement de la société, tant que le droit historique y conserverait la prépondérance; l’industrie, dont l’importance et les développemens ne pouvaient se concilier avec l’ascendant de la propriété immobilière; la démocratie, qui, 29

Ebd., S. 42 f. und 70.

2. Deutschland

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dans ses sympathies patriotiques et ses tendances rationalistes, était sans cesse blessée par des idées et des affections qu’elle ne comprenait pas; toutes ces forces, aujourd’hui séparées, marchaient alors de front contre un pouvoir que son origine enchaînait fatalement aux destinées d’une école dont il avait plutôt la volonté que la puissance de se séparer. Si le parti libéral ne formait pas une école dans le sens propre de ce mot, c’était moins une irrésistible coalition; s’il n’était pas uni dans ses principes, il l’était dans sa résistance.30

2. Deutschland a) Eine politische und bürgerliche Religion: Der konstitutionelle und nationale Horizont von Liberalismus um 1830/32 Die politische Aufbruchstimmung der Jahre 1830/1832 ergab sich in den deutschen Staaten aus den aufgestauten Erwartungen einer Öffentlichkeit, die durch den externen Impuls der französischen Julirevolution von 1830 und die von ihr ausgehende Welle konstitutioneller Offensiven und sozialer Protestbewegungen wenigstens temporär zu größeren Handlungsspielräumen führte. Diese Erfahrung katalysierte und dynamisierte eine Fundamentalpolitisierung und konfrontierte die oppositionellen Kräfte zugleich mit der Frage nach der weiteren programmatischen und strategischen Orientierung. Neben die bestehenden oder neu eingerichteten einzelstaatlichen Parlamente traten mit dem politischen Vereinswesen und dem von ihm organisierten Massenprotest, wie er insbesondere im Hambacher Fest von 1832 deutlich wurde, dezidiert außerparlamentarische Aktionsräume und Aktionsformen.31 Obgleich der Impuls der französischen Julirevolution 1830 und die Welle politischer und sozialer Unruhen in den deutschen Staaten, die einen zweiten Konstitutionalisierungsschub auslösten, für die parlamentarische und außerparlamentarische Opposition die strukturelle Reformblockade längerfristig nicht aufzuheben vermochten, erwies sich die Erfahrung von 1830/32 schon bald als tiefgreifende Zäsur: Die beginnenden 1830er Jahre konfrontierten den Gehalt von liberal und Liberalismus mit neuen politischen Erfahrungen und Bedingungen. Die weitreichenden, aber heterogenen Erwartungen hinter dem Deutungsmuster antizipierten zugleich das semantische Spannungsfeld bis zur Jahrhundertmitte. Zunächst überwog jedoch das Bewußtsein der Zeitgenossen für den politisch-gesellschaftlichen Scharniereffekt der Ereignisse. Ihnen war die mit den Umbrüchen von 1830 verbundene Epochenwirkung gegenwärtig, und für den neuen „Geist der Zeit“ bediente man sich erwartungsfroh des oppositionellen Zauberworts Liberalismus:

30 31

LOUIS DE CARNÉ, Des partis et des écoles depuis 1830, in: REVUE DES DEUX MONDES 3 (1835), S. 203–28, hier S. 211. Vgl. W. SCHIEDER, Der rheinpfälzische Liberalismus, S. 169 ff. und FOERSTER, Sozialstruktur, S. 147 ff.

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V. Die Gleichzeitigkeit des semantisch Ungleichzeitigen

Jahrhunderte haben in den politischen Verhältnissen Europa’s nicht die Veränderung hervorgebracht, die das einzige Jahr 1830 bewirkt hat. Der Geist der Zeit ist, gleich einem wilden Strome, aus seinen Ufern gebrochen . . . Liberalismus und Royalismus sind die zwei Zauberwörter, welche die europäische Menschheit in zwei Heerhaufen theilte . . . Und diese Spaltung theilt nicht bloss den Staat, sie theilt auch das bürgerliche Leben, die Gesellschaft, Literatur und Wissenschaft.32

Vor dem Hintergrund der antagonistischen Deutungsmuster Liberalismus und Royalismus schien der euphorisch begrüßte Aufbruch die Fortschrittserwartung der 1820er Jahre, die universalhistorische und zivilisatorische Sendung des Liberalismus, zu bestätigen. Im Bekenntnis zu dem Begriff ließ sich der eigene historische Standort bestimmen: Ob man noch der Vergangenheit angehörte oder die Zukunft auf seiner Seite wußte, symbolisierten die Zeitbegriffe in ihrer Wirkung als Zauberwörter – im Rückgriff auf diese Ismen vollzog sich mithin eine ideologische Temporalisierung.33 Entsprechend bestimmten die meisten der zahlreichen Monographien, die zu Beginn der 1830er Jahre publiziert wurden, das Wortfeld als Synonym für Fortschrittlichkeit und Vernunft. Liberalismus erschien als gleichsam zivilisatorische Notwendigkeit. Ernst Ludwig Brauns identifizierte das „liberale System“ mit der „höchsten Entfaltung“ des freien Bürgertums, das, von der Schweiz und Holland ausgegangen, über England nach Amerika gelangt sei. Dabei unterstrich er insbesondere den antifeudalen Gehalt des Begriffes.34 Joseph Gambihler erkannte im Liberalismus eine natürliche geistige Anlage des Menschen, eine Gesinnung, und ein philosophisches System, dem sich Ideale der Aufklärung wie Wahrheit, Humanität, vernünftiger Staat und politische Freiheit zuordnen ließen: Liberalismus ist in unsern Tagen der Mittelpunkt der Gedanken aller Menschen geworden, die an den Ereignissen unsrer Zeit, vor allem aber der jüngsten, im Geiste oder in Thaten Antheil genommen haben; von den Guten wird er gehegt und geliebt, von den Bösen verstoßen . . . Liberalismus haftet im Geiste; er hat seinen Sitz im Mittelpunkte des Heiligthumes der unsrer Erfahrung zugänglichen Vortrefflichkeit erwählt . . . Wenn aber Liberalismus einmal in seiner Art der Verkünder der Energie des menschlichen Geistes ist, so muß 32

33

34

ERNST FREYMUND [i.e. AUGUST FRIEDRICH GFRÖRER], Die Geschichte unserer Tage oder getreue Erzählung aller merkwürdigen Ereignisse der neuesten Zeit, 8 Bde., 2 Supplement-Hefte und 2 außerordentliche Hefte, Stuttgart 1831–1833, hier Einleitung, in: Bd. 1, Stuttgart 1831, S. 5–7. Dieses politisch-semantische Kennzeichen korrespondiert mit der in der jüngeren Forschung hervorgehobenen allgemeinen Zäsur des Jahres 1830, vgl. RAINER PAETAU, 1830 als Zäsur in der europäischen und deutschen Geschichte des 19. Jahrhunderts. Zum Wandel einer ideologischen Geschichtslehre, in: HZ 256 (1993), S. 323–52, hier S. 351 sowie HARTWIG BRANDT, Die Julirevolution (1830) und die Rezeption der „principes de 1789“ in Deutschland, in: ROGER DUFRAISSE (Hrsg.), Revolution und Gegenrevolution 1789–1830. Zur geistigen Auseinandersetzung in Frankreich und Deutschland, München 1991, S. 225–35. ERNST LUDWIG BRAUNS, Das liberale System, oder das freie Bürgertum in seiner höchsten Entfaltung; in einem Gemälde des Bundesstaats von Nordamerika praktisch dargestellt. Erster Theil, Potsdam 1831, Zweiter Theil, Potsdam 1833, vgl. vor allem Bd. 1, S. 8ff. und 17 ff.

2. Deutschland

363

er von allen jenen Äußerungen nun, welche ihn in allen wesentlichen Kräften beurkunden, von Verstand, Einsicht, Vernunft, die alle drei in der Natur ihrer Existenz in eine Wesenheit zusammenfallen, dann von Gemüth und Willen, der Zeuge seyn.35

Für C. H. Nebbien verkörperte der „radikale christliche Liberalismus“ den höchsten „Freiheitssinn“ und damit den „Zeitgeist“,36 der von einem „schwankenden, faulen und selbstsüchtigen, jesuitisch-täuschenden, und anarchistischumstürzenden Liberalismus“ zu unterscheiden war. Als grundlegende Voraussetzung des Liberalismus definierte er wie zahlreiche andere Autoren Bildung. Zusammen markierten beide Begriffe ein bildungsbürgerliches Deutungsmuster, und die Kontur des Liberalismus als politische Bildungsreligion begann sich abzuzeichnen: Der Liberalismus ist . . . die Folge der Bildung. Je größer diese in einem Menschen oder in einem Volke wird, je größer und edler ist der Liberalismus desselben. Ein Staat, der seinen Liberalismus will, muß seine Bildung wollen; denn je größer diese wird, je mächtiger wird jener. Und so geschieht es heute.37

Paul Achatius Pfizer verband in seiner Schrift Ziel und Aufgabe des Deutschen Liberalismus geradezu idealtypisch den konstitutionellen und den nationalen Erwartungshorizont um 1830/32 miteinander, wenn er konstatierte: „Auf das Zeitalter der Dynastien ist im liberalen Europa jetzt das der Nationen gefolgt.“ Bei der Verwirklichung des konstitutionellen Repräsentativsystems und der nationalen Einheit kam für Pfizer den frühkonstitutionalisierten Staaten Südwestdeutschlands eine Vorbildfunktion zu: Im Sinn und Geiste des Jahrhunderts kann aber dasjenige, was Deutschland organisch vereint und den Bund seiner Fürsten in einen Bund der Völker, das diplomatische Staatenbündnis in einen nationalen Bundesstaat verwandelt, nichts anderes, als eine deutsche Nationalvertretung seyn, und hiezu muß die Anregung und der Hauptanstoß durch den Liberalismus gegeben werden. Mit der den Deutschen natürlichen Begeisterung ist seitdem auch diese Idee ergriffen worden. Vom südwestlichen Deutschland, als die Wiege und Heimath, dem Herd und Mittelpunkte des deutschen Liberalismus, soll nun die Wiedergeburt Deutschlands zur Freiheit und zur Einigkeit ausgehen.38

Pfizers Forderung lief zunächst auf eine Einlösung des Verfassungsversprechens der Deutschen Bundesakte von 1813 hinaus. Dabei reflektierte er klar35

36 37

38

JOSEPH GAMBIHLER, Philosophie und Politik des Liberalismus. Ein Beitrag zur wissenschaftlichen Begründung der höchsten Interessen der Menschheit und freimüthigen Würdigung der neuesten Zeitereignisse, Nürnberg 1831, S. 9–11, vgl. ebd., S. 37 ff., 45 ff., 56 ff. und 107 ff. Vgl. WÜLFING, S. 138. C. H. NEBBIEN, Radikaler Liberalismus, Volksnoth, und Verwandlung derselben in Volkswohlstand. Oder: Wie kann Stadt- und Landmann von heute an, alljährig wohlhabender werden und es auch bleiben? Ein Fingerzeig für jedermann . . . Als Beischrift zum ersten Quartalheft der allgemeinen Gutsherrenzeitung, Königsberg 1831–1832, S. Vf. und 2. PAUL ACHATIUS PFIZER, Gedanken über das Ziel und die Aufgabe des Deutschen Liberalismus, Tübingen 1832, neu hrsg. u. bearb. von GEORG KÜNTZEL, Berlin 1911, S. 362 und 344.

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V. Die Gleichzeitigkeit des semantisch Ungleichzeitigen

sichtig bereits 1832 das Grundproblem, das sich aus der Diskrepanz zwischen dem vernünftigen Recht und der realen Machtkonstellation für den Liberalismus ergab: Die Liberalen Deutschlands verlangen im Namen der deutschen Nation die von ihren Fürsten zugesicherte nationale Bundesverfassung, und national kann diese Bundesverfassung niemals werden, wenn sie nicht auf eine zeitgemäße Nationalvertretung des gesammten deutschen Volkes gegründet ist . . . Freilich haben die Deutschen das Recht, eine solche [i. e. gemeinschaftliche Volksvertreung] für die ganze Nation zu verlangen . . . Allein bei aller Evidenz des Rechts, das ihm zur Seite steht, bei aller Trefflichkeit der Gesinnung, welche für seine Sache kämpft, bei aller Zaubergewalt, welche die Ideen der Freiheit und der Gleichheit über die Gemüther der Menschen ausüben, ist doch gar sehr zu bezweifeln, ob der deutsche Liberalismus sein Ziel vollständig und gleichsam im ersten Anlauf schon erreichen wird, . . . weil Recht und Macht verschiedene Dinge sind, und weil auf Erden stets die Macht dem Rechte . . . ergänzend sich verbünden muß.

Dies verwies den Liberalismus, wollte er nicht Theorie bleiben, auf die Kooperation mit den einzelstaatlichen Regierungen, wobei Pfizer die „Aufgabe des deutschen Liberalismus“ in der Transzendierung des Bundes als Raum lediglich partikularer Territorien von den konstitutionellen Einzelstaaten aus bestimmte. Recht und Vernunft firmierten dabei als Fluchtpunkte der bestehenden Landtage: Somit bleibt den Freisinnigen in den konstitutionellen deutschen Ländern, wo der Liberalismus seinen Hauptsitz und Brennpunkt hat, vor der Hand nichts übrig, als dahin zu wirken, daß die konstitutionellen Staaten zu einem engern Bund im Bunde sich vereinigen . . . Denn der Bund allein, und nicht das lächerliche Puissanciren einer bairischen oder badischen Nation ist es, was ihre schwache Kraft stärken . . . kann. Daß aber diese vernünftige und rechtliche Politik von den deutschen Kabinetten angenommen werde, dafür sind den deutschen Völkern hauptsächlich ihre Landesversammlungen verantwortlich . . . Die Stände sind es, welche den Beruf haben, das Recht gegen die Gewalt, das Gesetz gegen die Willkür, die Freiheit gegen die Unterdrückung zu vertreten . . . Dies ist die Aufgabe des deutschen Liberalismus.39

Die weitgespannten Erwartungen, die die politische Öffentlichkeit mit Liberalismus verband, schlugen sich auch in einer Flut von programmatischen Artikeln der Tagespresse nieder, die durch die zumindest temporäre Lockerung der Pressegesetze gegenüber den 1820er Jahren einen größeren Spielraum hatte. Hier dominierte bis etwa 1832 eindeutig ein ungebrochener Fortschrittsoptimismus. In Liberalismus schienen die Schlagworte Vaterland und Recht gleichsam verdichtet aufgehoben. Eine ethische Aufladung des Begriffes ging dabei mit dessen mobilisierender Wirkung als Synonym für einen politischen und nationalen Aufbruch einher: Der Liberalismus, dem die Wahrheit Muth, die Sitte Kraft verleiht, der Vaterland und Recht im Herzen trägt, der allein ist der wahre. Er baut lieber, als er zerstört, aber er schreitet vorwärts, wie ein gewaltiger Strom – er breitet sich aus wie das Licht, schnell und mächtig. Er ist neu aufgewacht bei uns. Er wird siegen, wie auch Befangenheit, Knechtsinn und Eigennutz ihn verdächtigen. Und sollte er untergehen, so ist es besser für ihn, das

39

Ebd., S. 345–7 und 352–4.

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Martyrthum erduldet zu haben, als dahin leben ohne Wahrheit, ohne Recht, ohne wahre Sitte.40

Der Liberalismus sei eine „Überzeugung, eine politische und bürgerliche Religion, eine Grundfarbe des Charakters.“ Dies grenze ihn von einer reinen „Opposition“ und ebenso von der „Revolution“ ab und verweise damit auf die evolutionäre Entfaltung des Rechtszustandes. Als universelles und integratives Deutungsmuster ließ Liberalismus die Revolution nur als äußerstes Instrument des Widerstandes zu: Fortschreiten im Rechte, in der Wahrheit, in der Freiheit will und muß der ächte Liberalismus . . . Sein eigentlicher Weg ist, wo er das Gute noch nicht findet, die Reform, die allmähliche Herstellung eines vernünftigen Rechtszustandes, das Herbeiführen des Ersprießlichen im Gesetz, durch das Gesetz. Die Revolution ist ihm eine Nothwehr, ein Zustand, wo kein anderes Mittel übrig bleibt, das Recht der Vernunft und ihre Anforderungen geltend zu machen.41

Einen deutlicheren Oppositionsgehalt erhielt das Wortfeld im Umkreis der Gruppe um Johann Georg August Wirth in München, der in den Augen der gemäßigten Kräfte zusammen mit Jacob Siebenpfeiffer die „äußersten Endpunkte des Liberalismus“ markierte.42 Für Wirth schienen die „liberalen Ideen“ dabei „nichts anderes als die wörtliche Bezeichnung der Bedürfnisse der heutigen Staaten“.43 Hier konnte der Begriff instrumentalisiert werden, um die konstitutionelle Reformblockade in bestimmten deutschen Staaten zu brandmarken. So kritisierte die von Wirth herausgegebene Zeitung Das liberale Deutschland das Fehlen „eigentlich liberaler Institutionen“ in Preußen, wo man das „Wesentliche, die Spitze, die Bürgschaft der liberalen Institutionen, eine bei Erlassung der Gesetze und bei Deckung der Staatsbedürfnisse notwendig mit dem Fürsten konkurrierende Volksvertretung und wirksame Verantwortlichkeit der Minister“ vergeblich suche.44 Auch Pfizer hob vor dem Hintergrund des „Liberalismus im Süden“ den „Absolutismus im Norden“ und vor allem „das despotische, illiberale“ und daher „undeutsche Preußen“ hervor.45

40 41 42 43

44

45

Liberalismus, in: DER BEOBACHTER. Ein Volksblatt (Pforzheim), Nr. 12, 7. April 1832, S. 92; vgl. ferner Aristokraten und Servile, in: ebd., Nr. 7, 21. März 1832. Liberalismus und Opposition, in: ebd., Nr. 29, 6. Juni 1832, S. 225; vgl. ferner Liberalismus und Revolution, in: ebd., Nr. 35, 27. Juni 1832, S. 274. WILHELM SCHULZ, Über literarischen und sozialen Republikanismus, zitiert nach HEINE, Schriften, Bd. 4, S. 667. Die liberalen Ideen, in: DEUTSCHE TRIBÜNE. Ein constitutionelles Tagblatt, Nr. 29, 31. Juli 1831; vgl. ferner Die Reaction und die Liberalen, in: ebd., Nr. 132, 11. November 1831. Beleuchtung eines Correspondenzartikels über Preußens Politik [i.e. Berliner Flugschrift mit dem Titel Wo ist man liberal, in Frankreich oder Preußen?], in: DAS LIBERALE DEUTSCHLAND. Eine censurfreie Zeitschrift, hrsg. von JOHANN GEORG AUGUST WIRTH, Nr. 1, 3. August 1831, S. 28; vgl. ferner Liberalismus in Preußen, in: ebd., Nr. 2, 10. August 1832, S. 40 und Nr. 3., 23. August 1832, S. 54. [PAUL ACHATIUS PFIZER] Briefwechsel zweier Deutschen, 2. Aufl. Stuttgart 1832, neu hrsg. und bearb. von GEORG KÜNTZEL, Berlin 1911, S. 223, 217 und 273.

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V. Die Gleichzeitigkeit des semantisch Ungleichzeitigen

b) Wahrer Liberalismus und Pseudoliberalismus: Die semantische Polarisierung des Deutungsmusters Die 1830/32 eingetretene Situation konfrontierte die politische Öffentlichkeit mit der doppelten Herausforderung, die sich bereits in der semantischen Transformation der 1820er Jahre angekündigt hatte, nun aber unter dem Eindruck der Krisen- und Umbruchsphase konkretisiert wurde und von der aus die Bedeutungskohärenz und gesellschaftliche Verbindlichkeit von Liberalismus zunehmend in Frage gestellt wurde: Einerseits ging es um die notwendige Abwehr der Kritik, die von Seiten der regierungsamtlichen und der sich formierenden konservativen Publizistik formuliert wurde, andererseits aber traten in der semantisch faßbaren Auseinandersetzung zwischen wahrem und falschem Liberalismus die Differenzbestimmungen der verschiedenen gesellschaftlichen Interessen und damit auch die inneroppositionellen Gegensätze in ein neues Entwicklungsstadium. Wilhelm Schulz konstatierte 1832 entsprechend: „Ueberall treten hier die Parteien schroffer sich gegenüber, und die eine stößt die andere immer weiter von sich ab.“ Ein bedeutendes Zeichen der Gegenwart sei die Polarisierung der Meinungen geworden, die Tatsache „daß unsere Zeit keine Halbheit duldet, daß selbst der Schein der Schwäche und Unentschiedenheit vor der öffentlichen Meinung als Verbrechen gilt“.46 Eine verbindliche Deutung dessen, wofür liberal und Liberalismus stehen sollten, schien einerseits notwendiger denn je; andererseits relativierte die nun einsetzende Flut der Bestimmungsversuche zugleich jeden Anspruch auf definitorische Eindeutigkeit. Die Dynamisierung des Politikdiskurses zu Beginn der 1830er Jahre spiegelte sich nicht zuletzt in der verbreiteten Klage über die Vieldeutigkeit des Attributs liberal wider. Friedrich von Raumer bekannte 1831: Müßte ich . . . ein politisches Glaubensbekenntnis ablegen, so würde ich rundheraus sagen: ich sey wesentlich liberal gesinnt. Dies Wort ist indessen so vieldeutig, daß ich mich mit verschiedener Auslegung desselben immer noch in jede Ansicht und jedes System hineinlügen könnte, darum behaupte ich, belehrt durch Vergangenheit und Gegenwart: das hitzige Fieber politischen Wahnsinns, wie er aus übertriebener und mißverstandener Freiheitslust ensteht, ist ein schneller vorübergehendes, minder verderbliches Übel, als das schleichende Gift, der Knochenfraß und Krebsschaden langer, angewöhnter Sklaverei.47

Eine verbindliche Deutung mußte umso schwieriger sein, als die bereits früh erkennbare semantische Breite von Liberalismus als Folge einer je individuellen fortschrittlichen Gesinnung jenseits von Parteizwängen gerade jede Eindeutigkeit politischer Programmatik von vornherein ausschloß. Erst daraus ergab sich die Situation, daß der Begriff von den Rednern des Hambacher Fests genauso für sich reklamiert werden konnte wie von den süddeutschen Kammerabgeordneten, obgleich dahinter unterschiedliche Forderungen und Strategien 46 47

WILHELM SCHULZ, Deutschlands Einheit durch Nationalrepräsentation, Stuttgart 1832, S. 175 f. FRIEDRICH VON RAUMER, Briefe aus Paris und Frankreich im Jahre 1830, Erster Theil, Leipzig 1831, S. 116.

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standen, die nunmehr offen zutage traten und die Integrationskraft des Begriffes in Frage stellten. So wandte sich ein Redner auf dem Hambacher Fest vehement gegen ein passives Verständnis von Liberalismus, das mit dem bloßen Pathos des Bekenntnisses keine Antwort auf die drängenden Fragen der Gegenwart bieten könne. Wiederum eröffnete die Unterscheidung zwischen dem Bedeutungsursprung und der vermeintlichen Degeneration eine willkommene Möglichkeit der programmatischen Abgrenzung. Der falsche Liberalismus verkörperte in den Augen vieler Mitglieder der außerparlamentarischen Protestbewegung von 1830/32 einen bloßen Gradualismus konstitutioneller Refomkonzepte und das ängstliche Festhalten der Kammeropposition am erreichten status quo, das die Chance eines politischen Entwicklungssprungs ungenutzt lasse: solange jener falsche Liberalismus uns blendet, der sich nur kund gibt durch schöne Phrasen und rhetorische Figuren und in Wirklichkeit nur strebt nach nichtigem Glanze und nach Beförderung persönlicher Interessen . . . wird Deutschlands Freiheit, Deutschlands Einheit, Deutschlands Wiedergeburt nicht erblühen.48

Diese inneroppositionelle Diversifizierung prägte die Semantik, wobei neben den Liberalismus erstmals vermehrt neue Bewegungsbegriffe traten: Johann Bertram Stüve hob die „Nationalität“ als „Kern alles politischen Lebens“ gegenüber dem Liberalismus hervor, der ihm nur wie eine „ewige grenzenlose Auflösung alles Lebendigen in schale, unwahre Abstraktion“ erschien: „das ist nun und nimmermehr eine Basis“.49 Kritiker unterstellten den Liberalen, alle bestehenden Institutionen im Namen des Volkes ohne Unterschied anzugreifen. Der Mangel an „innerer Liberalität der Gesinnung“, ein signifikanter Rückgriff auf das fortwirkende Ideal einer individualistischen Privatethik, die jetzt der Abgrenzung gegenüber einer scheinbar ausufernden kollektiven Gewaltideologie bedurfte, kennzeichne die „sogenannten Liberalen“: Sie greifen alles an, was, sei es notwendig, gut, durch die Rücksicht auf die Erhaltung der öffentlichen Freiheiten bedingt, doch nicht den äußeren Anstrich einer liberalen Maßregel trägt, . . . doch sie verdammen die Regierungen a priori und glauben, daß alles, was von dem Volke geschieht, auch für das Volk und zum Nutzen des Volkes getan sei.50 48 49

50

Zitiert nach ASMUS, S. 203. Brief Stüves an seinen Bruder vom 6. September 1831, in: JOHANN CARL BERTRAM STÜVE, Briefe, Bd. 1: 1817–1848, hrsg. von WALTER VOGEL, Göttingen 1959, S. 224. Die allzu abstrakt-rationale Orientierung des süddeutschen Liberalismus beklagte Stüve bereits in einem Brief vom 27. Februar 1829, ebd., S. 144 f., wo er insbesondere die Überbewertung der Bildung kritisierte: „Wir Deutsche sind einmal durch die gelehrte Richtung, die wir im Mangel des Politischen genommen haben, sehr dazu geneigt; und der heutige Liberalismus möchte gern alles Heil im Unterricht finden und zieht in dieser Rücksicht die tollsten Folgen.“ FRIEDRICH BÜLAU, Die Liberalen (1831), in: DERS., Zeitfragen aus dem Gebiete der Politik und Volkswirthschaft, Leipzig 1846, S. 304 f.; DERS., Parteinamen und Parteigeist (1831), in: ebd., S. 303 f. sowie DERS., Kritik des Staats-Lexikons, in: [Berliner] JAHRBÜCHER FÜR WISSENSCHAFTLICHE KRITIK (1838), wieder in: DERS., Zeitfragen, S. 107–29.

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Die realhistorische Erfahrung mit der politischen Aufbruchsituation von 1830/32, von der wesentliche Impulse für die vormärzliche Oppositionslandschaft ausgingen, reichte bei inneroppositionellen Gegnern der außerparlamentarischen Protestbewegung von der abwehrenden Reaktion auf das „alberne Spielen mit Parteinamen von Liberal und Juste Milieu“ bis hin zur vehementen Verteidigung des anvisierten maßvollen Reformkurses gegenüber allen revolutionären Implikationen, die die bestehende Ordnung und damit zugleich das erreichte Ausmaß an Konstitutionalisierung zu gefährden drohten.51 Aufschlußreich für den historisch-semantischen Niederschlag dieser inneroppositionellen Differenzierung und Polarisierung und die damit verbundene semantische Ambivalenz des Begriffes in der politisch-gesellschaftlichen Situation um 1830 ist die durch die Ereignisse von 1830 bis 1832 veranlaßte Schrift des Leipziger Kantianers Wilhelm Traugott Krug, dessen Geschichtliche Darstellung des Liberalismus bereits 1823 seine Bemühungen um eine verbindliche und umfassende Deutung des Bewegungsbegriffes dokumentiert hatte.52 Krugs damalige Befürchtungen hinsichtlich der dem Liberalismus inhärenten Gefährdungen und möglichen Entartungen sah er durch die Gegenwart nunmehr bestätigt. Seine 1832 erschienene Schrift Der Falsche Liberalismus unserer Zeit bietet für eine Analyse des semantischen Wandels von Liberalismus in Deutschland die Möglichkeit, die Veränderung der Erfahrungsräume zwischen 1823 und dem Beginn der 1830er Jahre in ihren Auswirkungen auf die politische Semantik zu rekonstruieren, weil Krugs Schrift explizit eine Bilanz der von ihm in seiner Geschichtlichen Darstellung des Liberalismus alter und neuer Zeit von 1823 vorgenommenen Interpretation zog.53 Sein Anfang der 1820er Jahre dominierender Optimismus hinsichtlich der politischen Selbstreinigung des Liberalismus von extremen Kräften wich vor dem Hintergrund der Zersplitterung der politischen Meinungen zwischen den Extremen der „Konservativen“ und der „Destruktiven“,54 vor allem aber im Hinblick auf die außerparlamentarische Protestbewegung von 1830/32, einer nunmehr skeptischeren Einschätzung: ich schrieb eben jene geschichtliche Darstellung in der Absicht zu bewirken, daß der Liberalismus sich seiner Verirrungen und Ausschweifungen entledigen möchte. Allein die Geschichte hat leider vergeblich gesprochen! Viele von denen, welche sich Liberale nennen, 51 52 53

54

Brief Stüves an Pertz vom 8. April 1832, in: STÜVE, Bd. 1, S. 253. Vgl. Kapitel IV.2.d). WILHELM TRAUGOTT KRUG, Der falsche Liberalismus unserer Zeit. Ein Beitrag zur Geschichte des Liberalismus und eine Mahnung für künftige Volksvertreter, Leipzig 1832; zur zeitgenössischen Kritik vgl. FRIEDRICH FUNK, Der bodenlose Krug. Nachweisung der Ungereimtheiten in der von Krug herausgegebenen Schrift Der falsche Liberalismus unserer Zeit, Würzburg 1832 sowie Das Glaubensbekenntnis des Professor und Ritter Krug, oder die Männer der gerechten Mitte, Altenburg 1832. WILHELM TRAUGOTT KRUG, Der Kampf zwischen Konservativen und Destruktiven und das europäische Ober=Studien=Direktorium. Auch ein Versuch, das Politisch=Böse unserer Zeit auszurotten (1835), in: [DERS.] Krug’s gesammelte Schriften, Bd. 5: Politische und juridische Schriften, Braunschweig 1835, S. 193–230.

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haben sich immer mehr nach dem Extreme bewegt; und es ist daraus ein so falscher Liberalismus hervorgegangen, daß die Besonneneren und Gemäßigteren unter den Liberalen sich dieses Namens fast zu schämen anfangen.

In der Rückkehr zu einem verschärften Repressionskurs durch die Bundesbeschlüsse vom Juni 1832, die als Reaktion auf die um sich greifenden Oppositionsbewegungen und das Hambacher Fest vom Mai 1832 erfolgt waren, erkannte er eine Konsequenz, eine „bittere Frucht jenes falschen Liberalismus“.55 Unter dem Eindruck des in kurzer Zeit deutlich gewordenen außerparlamentarischen Protestpotentials orientierte sich Krugs Begriffsbestimmung eindeutig an einem gemäßigt-konstitutionellen Reformkurs, der für ihn nach dem zweiten Konstitutionalisierungsschub, so auch in Krugs Heimat Sachsen, am ehesten neue Entwicklungschancen zu versprechen schien.56 Dementsprechend stellte der falsche Liberalismus der Gegenwart eine erhebliche Gefährdung für das bereits erreichte Ausmaß an konstitutionellen Zugeständnissen der Regierungen dar, die es gerade zu sichern galt, indem man den antirevolutionären Gehalt des wahren Liberalismus betonte. Entsprechend wollte Krug „diejenigen, die etwa zu künftigen Volksvertretern in und außer Sachsen berufen werden möchten, vor einem so verderblichen Irrsale warnen“.57 Ob es um Rechtsprechung, Krieg und Frieden, um Fürsten und Völker, Opposition und Pressefreiheit ging – anhand der in der Öffentlichkeit intensiv diskutierten Themen stellte Krug den „falschen“ oder „Pseudo-Liberalismus“ dem „echten Liberalismus“ gegenüber, um durch diese semantische Abgrenzung eine „Rückkehr vom falschen zum echten Liberalismus“ zu erreichen und damit konkret auf eine Aufhebung der verschärften Bundesbeschlüsse hinzuwirken. Der bereits zu Beginn der 1820er Jahre auftretende dualistische Topos von falschem und richtigem Liberalismus bot eine Möglichkeit, die eigene Position von den scheinbaren Entartungen des historisch legitimen Fortschrittsbegriffs Liberalismus abzuschirmen. Der Topos verwies noch auf den grundsätzlichen Bedeutungszusammenhang dieser Liberalismen, aber die semantische Untergliederung dokumentierte bereits die Ausweitung des Interpretationsrahmens, innerhalb dessen verschiedene Begriffsbestimmungen um eine verbindliche Definition des zeitgemäßen Fortschritts konkurrieren konnten. Daraus ergab sich das Paradoxon, daß die Bemühungen um eine verbindliche Charakterisierung von Liberalismus ungewollt in eine Inflation von Definitionsangeboten mündeten. In Krugs Begriffsbestimmung schlug sich eine Gegenwartsanalyse nieder, in der die Selbstbindung des legitimen Liberalismus an das staatlich vertretene und vernünftige Recht auf die falsch verstandene rechtlose Freiheit traf, die unter demselben Begriff operierte und ihn damit in den Augen der vernünftigen Öffentlichkeit zu diskreditieren drohte. Während der „echte Liberalis55 56 57

KRUG, Der falsche Liberalismus, Vorrede, S. IIIf. Vgl. RUDOLF MUHS, Zwischen Staatsreform und politischem Protest. Liberalismus in Sachsen zur Zeit des Hambacher Fests, in: W. SCHIEDER (Hrsg.), S. 194–238. KRUG, Der falsche Liberalismus, Vorrede, S. IV.

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mus“ vom „Prinzipe des Rechtes“ ausgehe, mache der „falsche“ gerade „die Willkür zu seinem Prinzipe und verletzt daher das Recht unbedenklich, sobald es seinen Absichten im Wege steht“.58 Dies entsprach der Einordnung des falschen Liberalismus in die Tradition der durch die radikale Französische Revolution verkörperten anarchischen Despotie, die im Namen eines abstrakten Prinzips zu einer tyrannischen Ordnung degeneriert schien. Wiederum boten die Ereignisse in Frankreich eine Anschauungsfläche für Erfahrungen, die auf die Begriffsbestimmung in Deutschland zurückwirkten:59 Denn wie den „Pseudo-Liberalen“ Frankreichs, die Krug mit der Zeitung National und den führenden politischen Repräsentanten der Julirevolution, Lafayette und Barrot, identifizierte, so warf er auch ihren deutschen Sympathisanten „reine Willkür“ vor: „So haben auch unsre Pseudo-Liberalen zweierlei Maß und Gewicht, ein andres Recht für die, welche sie hassen, und wieder ein andres für die, welche sie lieben. So sind sie bald illiberal, bald ultraliberal nach bloßer Antipathie und Sympathie“.60 Symptomatisch für diese Degeneration der legitimen Ursprungsbedeutung von Liberalismus, der Grundlage des vernünftigen Rechts, erschienen Krug insbesondere die Revolten in zahlreichen deutschen Staaten in der Folge der Pariser Julirevolution als „abermalige Störung der gesetzlichen Ordnung“, wie insbesondere das Hambacher Fest gezeigt habe.61 Vor dem Hintergrund dieser neuen Artikulationsformen einer politisierten Öffentlichkeit amalgamierte Krug Liberalismus mit betont antirevolutionären Werten, baue doch der „echte Liberale“ auf „Recht und gesetzliche Ordnung und Mäßigung in allen Dingen“.62 Den „Pseudo-Liberalismus“ dagegen identifizierte er nunmehr sehr konkret mit einem republikanischen Zielhorizont. Dies reflektierte nicht zuletzt das öffentliche Echo auf bestimmte, im Kontext des Hambacher Fests laut gewordene Forderungen extremer Gruppen. Nicht ohne Genugtuung konstatierte er mit Blick auf die rheinpfälzische Protestbewegung: So waren denn alle die schönen Hoffnungen vernichtet, welche das berühmte Hambacher Volksfest im deutschen Volke hatte erwecken sollen. Ohnehin waren auf demselben die beiden Hauptredner, Wirth und Siebenpfeiffer, die Heroen des deutschen Pseudo-Liberalismus, in argen Widerspruch gerathen.

„Was von solchen Helden zu erwarten“ sei, war für den Autor gleichbedeutend mit der gewaltsamen Durchsetzung des republikanischen Prinzips.63 Obgleich 58 59

60 61 62

63

Ebd., S. 2, Vorrede, S. VI und 3. Vgl. RAUMER, Zweiter Theil, S. 6f. und 41 f. sowie Über Liberalismus und Servilismus in den strenge so genannten konstitutionellen Monarchien, in: NEUE MONATSSCHRIFT FÜR DEUTSCHLAND, HISTORISCH-POLITISCHEN INHALTS 41 (1833), S. 336–54. KRUG, Der falsche Liberalismus, S. 10 f. Ebd., S. 15. DERS., Allgemeines Handwörterbuch der philosophischen Wissenschaften nebst ihrer Literatur und Geschichte. Nach dem heutigen Standpuncte der Wissenschaft bearbeitet, Bd. 2, 2. Aufl. Leipzig 1833, S. 725. DERS., Der falsche Liberalismus, S. 17 f.

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der republikanische Zielhorizont nach der Durchsetzung der Julimonarchie selbst in Frankreich zur Oppositionsideologie geworden war und auch bei den außerparlamentarischen Gruppen in Deutschland keinesfalls dominierte, stellte die Republik von nun an eine besonders wirkungsmächtige Negativprojektion im politischen Diskurs dar. Die hier deutlich werdende Diskrepanz zwischen der realen Situation, in der eine republikanische Revolution in Deutschland eine Utopie darstellte, und der subjektiv empfundenen oder stilisierten Bedrohung reflektierte nicht allein die politische Sensibilisierung zu Beginn der 1830er Jahre, sondern vor allem die langfristige und tiefgreifende semantische Wirkungskraft des Schlagworts Republik als gleichsam natürliche Konsequenz jeder revolutionären Umwälzung. Für die Bestimmung von Liberalismus hatte das zeitgenössische Schreckbild der Republik weitreichende Folgen, denn es katalysierte die Ausbildung ideologischer Konfliktlinien zwischen verschiedenen Oppositionsgruppen und -strategien und setzte dem Integrationsanspruch von Liberalismus eine deutliche Grenze. Hatte Krug den Liberalismus 1823 als primär universalhistorisches Deutungsmuster eines naturgesetzlichen Fortschritts charakterisiert, verwies er 1832 sehr viel deutlicher auf die Alternative zwischen fundamentaler Opposition und einem auf Konsens mit der Regierung ausgerichteten Kurs. Die unversöhnliche Blockadehaltung des „falschen Liberalismus“, der „gegen alles“ opponiere, „was seinen egoistischen Absichten widerstreitet“, lehnte Krug ebenso ab wie einen reinen Dualismus von Regierung und Parlament, in dem die Opposition nur die „Regierung in Verlegenheit setzen, ihre Kraft lähmen“ würde.64 Für ihn sollten die Volksvertreter vielmehr „mit der Regierung im Namen des Volks verhandeln und, wenn die Regierung etwas Unrechtes gethan hat, der Regierung darüber Vorstellung machen.“ Diese Position reduzierte die Rolle des Parlaments auf die eines Verhandlungspartners, dessen konkrete Sanktionsgewalt im unklaren blieb. Die nur angedeutete Kontroll- und Vermittlungsfunktion des Parlaments charakterisierte mithin einen defensiven Konstitutionalismus, dessen Ziel primär in der Übereinkunft mit der Regierung unter Umgehung einer Blockade zwischen opponierendem Parlament und staatlicher Machtsphäre bestand. Die extreme Opposition der „Pseudo-Liberalen“ und ihre Unfähigkeit zur Kooperation kennzeichne die „allerschlechteste Sorte von Liberalismus“.65 Dieser Position, die den Konflikt gleichsam 64

65

Ebd., S. 32 f.; vgl. zur Bestimmung des Begriffes der Oppositionspartei auch WILHELM TRAUGOTT KRUG, Ueber Oppositions=Parteien in und außer Deutschland und ihr Verhältniß zu den Regierungen. Nebst einem Nachwort über eine merkwürdige politische Prophezeihung (1835), in: [DERS.] Gesammelte Schriften, Bd. 5, S. 155–92. DERS., Der falsche Liberalismus, S. 36 f. und weiter ebd.: „Aber das Davonlaufen, was weder Muth noch Geschicklichkeit verräth und noch überdieß der übernommenen Verbindlichkeit gegen die Kommittenten sowohl als gegen die Regierung widerstreitet, ist, wenn es etwa doch als eine Art von Opposizion gelten sollte, weit mehr einem kindischen Trotze als einem männlichen Widerstande zu vergleichen. Und doch werden diese Deputirten von unsern Pseudo-Liberalen beinahe als Helden gepriesen.“

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zum Programm erhob, ordnete Krug auch die „unbedingte“ Pressefreiheit zu, die unweigerlich in „Pressefrechheit“ münde und die notwendige gesetzliche Ordnung offen in Frage stelle. Seine Kritik faßte er in dem Gegensatz zusammen, der zwischen Reform in den Bahnen des Rechts als Erwartungshorizont des echten Liberalismus einerseits und der Revolution und dem Anspruch auf Durchsetzung aller Forderungen als Kennzeichen des falschen Liberalismus andererseits herrsche. Diesen über Deutschland hinausgehenden Bedeutungszusammenhang reflektierte Krug, indem er als Beispiel gelungener politischer Mäßigung und zeitgemäßer Reform die englische Reform Bill von 1832 anführte.66 Die Radicals verkörperten dabei für ihn die englische Spielart der „Pseudo-Liberalen“, denen wie in Frankreich oder Deutschland die Geduld für eine langfristige Reformstrategie fehle:67 Aber daran fehlt’s eben jenen Liberalen. Sie möchten lieber an einem Tage säen und ernten. Wie mit einem Zauberschlage möchten sie gern alle Verbesserungen, die sie im Kopfe haben . . . auf einmal durchsetzen. Ein solcher Zauberschlag aber ist keine Reform, bei welcher die gesetzliche Ordnung nicht unterbrochen wird, vielmehr alles sich, dem stetigen Gange der Natur gemäß, allmählich entwickelt, sondern eine Revoluzion, eine plötzliche Umkehrung aller gesellschaftlichen Verhältnisse, wobei es ohne Bürgerkrieg, ohne Blutgerüste und Plünderungen, schwerlich abgeht.

Dieser europäische Erfahrungshintergrund bestimmte für Krug auch die Deutung des echten Liberalismus: Dieser mußte dem Programm eines evolutionären Reformkurses folgen, um eine Revolution nach französischem Muster in Deutschland zu verhindern. Indem sich der falsche Liberalismus „auf das Aeußerste“ werfe und zum „Ultraismus“ werde,68 war für Krug zugleich auch die mit ihm verbundene „Bewegung“ diskreditiert, der die außerparlamentarische politische und soziale Protestformation in den Jahren nach 1830 kennzeichnete.69 Krug sah dadurch das „Gewisse, das wir schon besitzen“, also die bisher gewährten Verfassungen und vorhandenen parlamentarischen Institutionen, durch das utopische Ziel einer Republik gefährdet, ein „Ungewisses, das wir erst mit großen Opfern an Gut und Blut erkaufen sollen.“ Den wahren Liberalismus koppelte er daher an den politisch-konstitutionellen status quo, das 66 67 68

69

Ebd., S. 38; vgl. ebd., S. 45. Vgl. WOLFGANG MENZEL, Europa im Jahr 1840, Stuttgart 1839, S. 17, wo Menzel den Begriff Radikalismus auf England anwendet. KRUG, Der falsche Liberalismus, S. 45–8; symptomatisch für diese Auffassung ist auch das von Krug häufig zitierte Wortspiel „Der Servile will sehr viel, der Liberale aber lieber alles“, was er allerdings nur auf die „Pseudo- oder Ultraliberalen“ angewandt wissen wollte, vgl. ebd., S. 2 und DERS., Handwörterbuch, S. 725; zur Verwendung von servil vgl. Ist der ‚Freisinnige‘ wirklich ein Serviler, in: DER FREISINNIGE. Freiburger politische Blätter, Nr. 76, 16. Mai 1832. Vgl. KRUG, Der falsche Liberalismus, S. 49: „Ihr nennt euch Männer der Bewegung. Seltsamer Name, wenn ihr damit andeuten wollt, daß ihr immerfort nach dem Bessern strebt. Denn das thun alle vernünftige Leute. Zum Streben nach dem Bessern gehört aber nicht bloß Bewegung. Denn ihr könntet euch ebensowohl rückwärts als vorwärts bewegen.“

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„Bestehende, die monarchische Staatsform“ und verpflichtete die künftigen Volksvertreter auf diesen evolutionären Konstitutionalismus. Dies enthielt zugleich eine sozial exklusive Konnotation, da Krug den falschen Liberalismus vor allem mit der Revolutionsneigung der unteren Gesellschaftsschichten identifizierte: Diese [i. e. die Volksvertreter der landständischen Versammlungen der deutschen Staaten] müssen vor allen Dingen jenem falschen Liberalismus entsagen, der bisher das Werk der Freiheit in Deutschland so gehemmt hat und uns sogar wieder um das schon Erworbne zu bringen droht. Aber auch ganz und von Herzen müssen sie ihm entsagen, nicht bloß mit ihm unterhandeln, sondern unwiderruflich mit ihm brechen, damit er sein Ansehn und seinen Einfluß auf die so leicht und darum auch so leicht irre zu führende Menge verliere.

Diese Position wandte sich gegen jede direkt verstandene Volkssouveränität, die Krug im „Pseudo-Liberalismus“ verkörpert sah. Eine Bindung des einzelnen Abgeordneten widersprach dem Ideal weitestgehender Unabhängigkeit und Gewissensfreiheit des individuellen Parlamentariers, dem er riet, falls „in den Wahlversammlungen pseudo-liberale Wähler . . . den Wählbaren vorschreiben . . ., wie sie stimmen sollten“, besser „auf die Ehre der Wahl [zu] verzichten . . . als sich durch Fesselung ihres Gewissens zu Stimm-Maschinen herabwürdigen zu lassen“.70 Der von seinen Extremen befreite wahre Liberalismus blieb für Krug das Synonym für eine individuelle und damit dem Zwang einer Partei enthobene Gesinnung. Dies rekurrierte auf eine dem gebildeten Staatsbürger eigene Disposition, die über dem politischen Tageskampf stand und die ihn aufgrund seiner vernünftigen Bildung zur Verantwortung für Staat und Gesellschaft prädestinierte, ohne ihn zum bloßen Mandatsträger zu reduzieren. Genau diesem Ideal entsprach auch die semantische Qualität des Adjektivs „freisinnig“, auf das Krug 1833 zur Definition von liberal zurückgriff.71 So oft dieses Adjektiv bereits in früheren lexikalischen Definitionen aufgetreten war, so deutlich schälte sich in den 1830er Jahren der veränderte Bedeutungszusammenhang heraus. Es lehnte sich noch deutlich an die vorpolitische Bedeutungsdimension von liberal an, verwies aber unter den veränderten Handlungsbedingungen und Erfahrungen auf den Gegensatz zwischen individueller Gesinnung einerseits und einem Konformitätszwang andererseits, der die negative Bewertung des zeitgenössischen Parteibegriffs dominierte.72 Krugs semantische Differenzbestimmung von wahrem und falschem Liberalismus sollte bei aller Kontrastierung jedoch nicht zum Fehlschluß eines vorzeitigen und irreversiblen ideologischen Antagonismus zwischen den Begriffen führen: Indirekt blieb der Zusammenhang zwischen beiden Liberalismen nämlich zunächst noch deutlich faßbar. Die Unterschiede schienen primär die politische Strategie zu betreffen, während der gemeinsame Ursprung im legitimen 70 71 72

Ebd., S. 51 und 54 f. Vgl. KRUG, Handwörterbuch, S. 723; zum Begriff des Freisinnigen vgl. WILHELM SAUERWEIN, ABC=Buch der Freiheit für Landeskinder, Hanau 1832, S. 18–21. Vgl. THEODOR SCHIEDER, Die Theorie der Partei im älteren deutschen Liberalismus, in: DERS., Staat, S. 110–32.

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Anspruch auf eine Synchronisierung von zivilisatorischer Fortschrittsidee und konkreter politisch-gesellschaftlicher Wirklichkeit lag. Während der wahre Liberalismus eine systemimmanente Reform anstrebte, transzendierte der Gehalt des falschen die Bahnen des von Krug intendierten evolutionären Konstitutionalismus. Signifikant für diese Differenzierung, die noch keine endgültige ideologisch-inneroppositionelle Trennung markierte, war wiederum die semantische Bezeichnung selbst: Noch war es nämlich möglich, die Unterschiede auf der Basis von wahrem und falschem Liberalismus zu konturieren oder die Bestandteile des Wortfeldes mit dem Präfix Ultra zu versehen. Die negative Bestimmung einer konkurrierenden Nomenklatur etwa im Begriff des Radicalismus, der den falschen Liberalismus als entgegengesetzte Ideologie ausgegrenzt hätte, suchte man bei Krug vergebens. Darin manifestierte sich noch immer die Erwartung einer gesamtgesellschaftlichen Integration aller vernünftigen Interessen in Liberalismus. c) Gesinnungsattribut oder Parteibegriff? Die bisher vorgestellten semantischen Bestimmungsmuster unterstreichen den Schwellencharakter der Jahre 1830–1832: Hier begann sich vor dem spannungsreichen Hintergrund von politischer Aufbruchstimmung und repressiver Blockade jene Entwicklung abzuzeichnen, die schließlich zur semantischen Spaltung der Oppositionsbewegung in einen demokratischen Radicalismus und einen konstitutionell-gemäßigten Liberalismus führen sollte. Hinter diesen distinkten Ismen standen immer deutlicher inneroppositionelle Interessengegensätze. Die begriffsgeschichtliche Analyse zeigt, wie früh die vielfältigen Bemühungen um Definition eines noch gerechtfertigten und damit verbindlichen Liberalismus einsetzten. Sie erfolgte seit 1830 immer stärker durch die defensive Abgrenzung der Entartungen der „Ultraliberalen“ gegenüber den gemäßigten und vernünftigen Prinzipien der Aufklärung.73 Hinter der Diskussion um wahren und falschen Liberalismus stand insofern nichts weniger als die Vorwegnahme einer fundamentalen Richtungsentscheidung innerhalb der vormärzlichen Oppositionslandschaft: Bereits um 1832 antizipierte die semantische Differenzierung die realhistorische Entkopplung verschiedener Proteststrategien und gleichzeitig die Kategorisierung ihrer Träger in unterschiedliche ideologische Lager mit distinkten Eitketten, so etwa durch die Verwendung des Präfix Ultra. Es zählt indes zu den spezifischen Kennzeichen des Deutungsmusters Liberalismus in Deutschland, daß über der konfliktreichen Auseinandersetzung um 73

Vgl. Brief Stüves an Frommann vom 3.–5. April 1832, in: STÜVE, Bd. 1, S. 252: „Unsere Ultraliberalen schimpfen jetzt auf Goethe, ärgern sich, daß man auf den Aristokraten noch etwas gibt, und nennen ihn einen Philister. Es ist bald eine Ehre, von dem Pack angefeindet zu werden.“; vgl. [JOSEPH FRHR. VON HORMAYER ZU HORTENBURG] Anemonen aus dem Tagebuch eines alten Pilgersmannes, Bd. 1, Jena 1845, S. 53.

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Strategien und Ziele einer politischen Bewegung, die sich nun nicht mehr nur von ihren ideologischen Gegnern, sondern auch von den inneroppositionellen Konkurrenten zur dauernden Selbstbestimmung herausgefordert sah, das Vertrauen in die Integrationskraft des echten Liberalismus als einer gemeinwohlorientierten Gesinnungsethik ungebrochen blieb. Die diesem zugrundeliegenden vernünftigen Prinzipien würden, so die Erwartung, früher oder später von allen, auch den Anhängern des extremen Liberalismus, erkannt und müßten sich daher naturgesetzlich durchsetzen. In dieser Integrationserwartung lag die Zukunftsverheißung des Begriffes begründet. Das ungebrochene Festhalten am Gesinnungsbegriff Liberalismus, das dem Individuum in der Freiheit von Partei- und Fraktionszwängen die Unabhängigkeit der eigenen Meinung beließ, den Bildungsbürger an die Ideale der Aufklärung band und den Staatsbürger auf systemimmanent-antirevolutionären Reformismus verwies, reflektierte das Bedürfnis nach einem harmonisierenden Ideal, das die auseinanderdriftenden Interessen einer in Bewegung geratenen Gesellschaft wie ein Zauberwort wieder zusammenführen sollte. Andererseits entstand aus diesem Nebeneinander von Bedeutungsdimensionen eine semantische Spannung, die auf die Frage hinauslief, ob Liberalismus ein Gesinnungsattribut in der Tradition der Aufklärung oder ein politisches Parteienetikett darstellte. Beide Deutungspole lassen sich auf unterschiedlichen Diskursebenen nachweisen. Realisierung der Rechtsidee und moralische Bildung des Volkes: Die Persistenz aufgeklärter Gesinnungsethik In primär gesinnungsethischer Deutung näherten sich die enzyklopädischen Artikel dem Begriff nach 1830.74 Der Brockhaus von 1833 skizzierte das Ideal einer umfassenden Emanzipation, indem er den Liberalismus bewußt nicht auf die politische Sphäre reduzierte. „Grundton des Liberalismus“ seien Freiheit, Unabhängigkeit, Selbständigkeit . . ., aber nicht die bürgerliche und politische Freiheit allein, sondern die Befreiung von jeder naturwidrigen Schranke, welche dem menschlichen Geiste entweder von außen her gesetzt werden soll, oder in welcher er durch eigne Untätigkeit gefangen gehalten wird.75

Hinter dieser Charakterisierung stand gerade die für die lexikalische Definition verpflichtende Tradition der Aufklärung: Liberalismus wurde hier zum Synonym für einen bildungsbürgerlich intendierten Emanzipationsbegriff, sei es in zivilisatorischer, individueller oder politischer Perspektive.76 Diese Verbindung stattete den Bewegungsbegriff gleichsam mit einer ethischen Legitimation und universellen Gültigkeit aus, die ihn von jeder bloß politischen Bewegung unterschied. Diesem Bekenntnis zur Aufklärung entsprach die Betonung des 74 75 76

Vgl. VIERHAUS, Liberalismus, S. 765. [F. A. BROCKHAUS] Conversations-Lexicon der neusten Zeit und Literatur, Bd. 2, Leipzig 1833, S. 877. Vgl. Neuestes Conversationslexikon für alle Stände. Von einer Gesellschaft deutscher Gelehrten bearbeitet, Bd. 4, Leipzig 1835, S. 420 f.

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selbständigen Individuums im „Ringen nach den höhern Gütern der Menschheit, nach einer Freiheit, die ihre Quelle wie ihren Kampfplatz vorzüglich im eignen Herzen und Geiste hat, nach einer Selbständigkeit, welche über jeden Zwang von außen erhaben ist.“ In politischer Hinsicht sei der Liberalismus an keine Staatsform gebunden und müsse „keine Partei, sondern eine Gesinnung“ sein. Dies knüpfte an die ursprünglich vorpolitische Bedeutung der Liberalität der Denkungsart an, und es unterstrich vor dem Hintergrund der Differenzierung des politischen Spektrums die integrative Funktion, den überparteilichen Charakter des wahren Liberalismus. Jedes „gewaltsame, ungesetzliche Eingreifen in die bestehenden Verhältnisse“ widerspräche seinem Charakter. Seine Anhänger seien gerade keine Revolutionäre, sondern akzeptierten, „daß sie dem Bestehenden Treue schuldig sind, daß aber diese Treue hauptsächlich darin besteht, die naturgemäße Fortbildung zu größerer Vollkommenheit fördern zu helfen.“ Diese allmähliche Verbesserung schien naturgesetzlich prädestiniert; sie durch vorsichtige Reformen zu unterstützen, war die berechtigte Aufgabe der Liberalen, sie hingegen gewaltsam zu erzwingen, ohne die bestehenden Institutionen zu achten, mußte den Begriff in der politischen Öffentlichkeit zwangsläufig diskreditieren. Die genuin politischen Forderungen des Liberalismus, der seit einem halben Jahrhundert „seine Richtung vorzugsweise auf das Staatsleben genommen“ habe, faßte der Autor als „Realisierung der Rechtsidee“ zusammen: „Öffentlichkeit der Staatsverwaltung, Preßfreiheit, Verantwortlichkeit der Beamten für alle Regierungshandlungen, Land- und Reichsstände mit ihren Attributen, Gleichheit vor dem Gesetz, vorzüglich in Ansehung der gleichen Fähigkeit zu Staatsämtern“.77 Die Bedeutung, die der Autor der Gefährdung des Liberalismus beimaß, stellte eine deutliche Reaktion auf die zeitgenössische Diskussion von 1830/32 dar. Sie dokumentierte die veränderte semantische Richtung von Liberalismus, die wachsende politisch-gesellschaftliche Polarisierung nach 1830 und das weite Spektrum an Strategien zur Reform von Staat und Gesellschaft. Gerade die Trennung eines „echten“, „eigentlichen“, „ursprünglichen“ oder wahren Liberalismus von scheinbaren Verirrungen, die überwiegend „links“, also im Lager vermeintlich republikanisch gesinnter Umstürzler und Revolutionäre nach französischem Muster angesiedelt schienen, verwies auf die konnotative Flexibilität eines politischen Begriffs, den um 1830 noch immer verschiedene Gruppierungen als identifikatorisches Etikett für sich in Anspruch nehmen konnten. Vor dem Hintergrund einer dynamischen Politisierung reagierten die Autoren auf die damit verbundene definitorische Unübersichtlichkeit, in der liberal zum vermeintlich bedeutungslosen, lediglich tagespolitischen Schlagwort zu degenerieren drohte, mit einem programmatischen Rückgriff auf die vorpolitische Bedeutungsdimension. Diese gesinnungsethische Aufladung von Liberalismus sollte den Revolutionsvorwurf entkräften und entsprach zugleich dem Individuum als semantischem Fluchtpunkt für jeden vernünftigen Fortschritt: 77

BROCKHAUS, 1833, S. 878–81.

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Liberalismus als aufgeklärte Gesinnung blieb mit der Idee von Partei als einer von außen aufgezwungenen Institution unvereinbar. Wo der Begriff „liberale Partei“ in der Publizistik auftrat, verkörperte er keinesfalls eine feste Organisation, sondern eine allgemeine politische Orientierung.78 Die deutlich negative Konnotation von Partei resultierte aus der Vorstellung einer ungerechtfertigten Beschleunigung des natürlichen Fortschritts: So viel aber ist gewiß, daß es eine Verwirrung des Liberalismus ist, wenn er seine eigentümliche Bahn des individuellen redlichen Wirkens für Wahrheit und Recht verläßt, um durch Verbindung zu einer Partei . . . dasjenige von außen her zu erreichen, was nur von innen heraus durch Lehre und Beispiel gefördert werden kann.79

Warnend wandte sich der Brockhaus von 1835 gegen ein zu enges Verständnis von Liberalismus, das sich lediglich an äußeren politischen Erfolgen orientierte – eine kritische Reaktion auf die Forderungskataloge oppositioneller Parlamentarier und des politischen Vereinswesens. Demgegenüber müsse sich jede Verbesserung organisch aus der inneren, „moralischen Bildung des Volkes“ ergeben und dürfe nicht „von außen herein aufgedrungen werden“: Man ist . . . noch nicht wahrhaft liberal, wenn man als Kämpfer für Preßfreiheit, öffentliche Rechtspflege, Geschworene, landständische Verfassung auftritt . . . Der echte Liberalismus ist nichts als die Liebe der Wahrheit und der Gerechtigkeit, welche in sich selbst ihre Stärke findet und von äußern Umständen unabhängig ist; der falsche hingegen sucht eine äußere Macht; er erhebt das Banner einer Partei, und daher gibt es bei ihm so viele Abtrünnige.80

Diese weit über die politisch-konstitutionelle Sphäre hinausweisende Deutung ließ einen Interessenantagonismus, sei es zwischen Staat und Gesellschaft oder zwischen sozialen Gruppen, nicht zu. Sie suchte Liberalismus durch eine gesinnungsethisch-universelle Projektion gleichsam jeder politischen Konfliktkonstellation zu entheben. Die Genese der tripolaren Kontur von Liberalismus zwischen radicaler Kritik und conservativer Absetzung Die Erfahrung der frühen 1830er Jahre bewirkte neben der allgemeinen Dynamisierung des politischen Diskurses und der publizistischen Verbreitung von liberal/Liberalismus auch eine zunehmend kritische Reflexion über den Bedeutungsgehalt des Begriffs. Darin spiegelte sich eine Ausdifferenzierung von unterschiedlichen Interessen innerhalb der Oppositionsbewegung. So wandte sich David Hansemann gegen die allzu idealistisch-weltfremde Tendenz der deutschen gegenüber den französischen Liberalen mit deren dezidiert politi78

79 80

Vgl. [REINHARD] Ueber jetzige Zeit und Deutschlands zeitgemäße Politik. Vom Staatsrath Reinhard in Karlsruhe, Karlsruhe 1831, S. 9 sowie FRIEDRICH GENTZ, Betrachtungen über die politische Lage Europas (1831), in: DERS., Staatsschriften, Bd. 2, S. 101–10, hier S. 103. BROCKHAUS, 1833, S. 881. [F. A. BROCKHAUS] Allgemeine deutsche Real-Encyclopädie für die gebildeten Stände. Conversations-Lexicon, Bd. 6, 8. Aufl. Leipzig 1835, S. 631 f.

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scher Programmatik, wenn er den Liberalen in Deutschland bescheinigte, sie seien „häufig mehr philanthropisch als national der Freiheit ergeben.“ Kritisch schätzte er im Gegensatz zu Pfizer auch die „Konstitutions-Sucht . . . bei manchen Liberalen in den kleinen deutschen Staaten“ ein.81 Gegenüber solcher Kritik, in denen implizit die Bedenken des erstarkenden rheinischen Wirtschaftsbürgertums deutlich wurden, das die Vertretung seiner spezifischen Interessen einforderte, betonte Heinrich von Gagern, es sei gerade „die Partei der Bewegung, die liberale Meinung“ gewesen, die nach der belgischen Revolution die Unverletzlichkeit der deutschen Territorien verteidigt, also politisch stabilisierend für Deutschland als Ganzes gehandelt habe.82 Eine Richtungsänderung in der semantischen Bestimmung ließ sich aber auch bei tendenziellen Anhängern ausmachen. Varnhagen von Ense, der die gemäßigte Bewegung des Jahres 1830 durchaus noch begrüßt hatte, konstatierte mit Blick auf Frankreich, daß mit dem Saint-Simonismus „der Liberalismus seine heilsamste Umwandlung“ erfahre. Die „Liberalen“ forderten „für die Massen metaphysische Rechte, allgemeines Stimmrecht und dergleichen“ , wo in Wirklichkeit „moralische, intellektuelle und physische Verbesserungen“ notwendig seien.83 Theodor Mundt kritisierte die mit der Selbstbezeichnung liberal verbundenen überspannten Erwartungen: Es sei offenkundig, daß jene Liberalen, die, von der Aufregung der letzten Weltereignisse ergriffen, in dem Wahn einer maßlosen Perfectibilität der Völkerzustände umherschwärmen, daß jene Liberalen in Deutschland es sind, die an der Verwirrung und Überreizung der Zeit fast planmäßig arbeiten, indem sie sich gewisse politische Abstractionen ausgedacht haben, die sie unter der beliebten Fahne des Zeitgemäßen und Zeitbedürfnisses ausflattern lassen.84

Als Folge der Ereignisse zu Beginn der 1830er Jahre geriet Liberalismus verstärkt in die Schußlinie konservativer Autoren, die wie Joseph Maria von Radowitz in ihm eine gefährliche „politische Irrlehre“ erkannten.85 Die restaurative Kritik der 1820er Jahre gewann jetzt deutlichere Konturen, nicht zuletzt 81

82 83

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[DAVID HANSEMANN] Preußen und Frankreich. Staatswirthschaftlich und politisch unter vorzüglicher Berücksichtigung der Rheinprovinz. Von einem Rheinpreußen, Leipzig 1833, S. 309 und 208. HEINRICH VON GAGERN, Rede vom 9. Mai 1834, in: DERS., S. 137. KARL AUGUST VARNHAGEN VON ENSE, Politische Stimmen in Frankreich, in: AUGSBURGER ALLGEMEINE ZEITUNG, Nr. 145, 17. April 1832; vgl. WERNER GREILING, Varnhagen von Ense. Lebensweg eines Liberalen. Politisches Wirken zwichen Diplomatie und Revolution, Köln 1993, S. 88. THEODOR MUNDT, Die Einheit Deutschlands in politischer und ideeller Entwickelung, Leipzig 1832, S. 9; vgl. ferner Die liberal gewordenen Jahres Zeiten. Von einem Beobachter der Zeitsymptome des 18ten und 19ten Jahrhunderts, Rottenburg 1834 sowie CHRISTIAN SCHWARZ, Der Liberalismus unserer Tage. Rede zu der Feier des Geburtsfestes Sr. Majestät des Königs Wilhelm am 27. September vorgetragen im K. Gymnasium zu Ulm, Ulm 1839. [JOSEPH MARIA VON RADOWITZ] Die Varietäten des Liberalismus, in: BERLINER POLITISCHES WOCHENBLATT 31 (1832), S. 200; vgl. Radowitz’ Anmerkungen zu Radikalismus in DERS., Gesammelte Schriften, Bd. 4: Fragmente. Erster Theil, Berlin 1853, S. 23 f., 60 f. und 190.

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durch die Formierung eines eigenen politischen und publizistischen Forums, wie es vor allem das Berliner Politische Wochenblatt und der Zirkel um Radowitz und Carl Ernst Jarcke verkörperten.86 Mit der Wendung gegen das neue politische Deutungsmuster Liberalismus ging eine genauere Bestimmung der eigenen Richtungsposition einher. Radowitz identifizierte die Liberalen mit „den mittleren Classen der Gesellschaft, in deren Hände die Umwälzungen der letzten 40 Jahre einen unverhältnismäßigen Einfluß gelegt“ hätten.87 Das Berliner Politische Wochenblatt sah die eigentliche Gefahr des „doktrinären Liberalismus“, der eine „Mitte . . . zwischen Despotismus und Revolution“ darstelle, in der Verschleierung einer im Grundsatz revolutionären Ideologie: [Der] doktrinäre Liberalismus ist seinen Prinzipien nach nichts weniger als eine Ausschließung jener beiden Kalamitäten, er ist eine Mischung aus beiden, und Revolution und Despotismus haben sich freundbrüderlich in ihn geteilt, dergestalt, daß die liberale Doktrin der Monarchie gegenüber, also nach oben hin, nichts weiter als eine, vielleicht nur hinter milden gemäßigten Reden versteckte, durch scheinbare Gelehrsamkeit und eine gewisse Bildung verschleierte, aber eben deshalb viel gefährlichere Revolutionstheorie [ist].88

Für Jarcke sollte der dem „Jacobinismus“ ähnliche, aber „in seinen Formen aber viel gefälligere, und deshalb tausendmal gefährlichere, doctrinelle Liberalismus“ durch das Berliner Politische Wochenblattes bekämpft werden. Der „moderne, liberale Constitutionalismus“ sei von der „absoluten Beamtenherrschaft“ zu unterscheiden, indem jener keine „Repräsentation des Volks oder aller Individuen“ fordere, „sondern die Vertretung der herrschenden Zeitmeinungen und Ansichten“.89 Dies führe notwendig zu einer Vernichtung des Rechtsbegriffes, indem der liberale Constitutionalismus . . . wenn man in die Grundtiefe seiner Metaphysik eingeht, den herrschenden Zeitmeinungen und Ansichten, so wie deren (ideellen) Interessen, oder mit einem Worte dem Zeitgeiste ausschließlich das Recht beilegt, zu bestimmen, was Recht sey und unbeschränkt über alle Privatfreiheit und jedes Privatrecht zu gebieten.90

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Vgl. WOLFGANG SCHEEL, Das Berliner Politische Wochenblatt und die politische und soziale Revolution in Frankreich und England. Ein Beitrag zur konservativen Zeitkritik in Deutschland, Göttingen 1964, S. 89 ff.; vgl. die entsprechenden wichtigen Artikel des BERLINER POLITISCHEN WOCHENBLATTS: Die politischen Partheien, in: ebd., Nr. 35 (1832); Zeitgeschichte. Frankreich bei Eröffnung der Session von 1833. Der konstitutionelle Liberalismus, in: ebd., Nr. 8 (1833); Die Kraft und die Schwäche des Liberalismus, in: ebd., Nr. 42 (1833); Geständnisse des reuigen Liberalismus, in: ebd., Nr. 1 (1836); Endziel des constitutionellen Liberalismus, in: ebd., Nr. 2 (1836); Der Liberalismus als Glaube, in: ebd., Nr. 2 (1837) sowie Constitutionelles, in: ebd., Nr. 9 (1839). RADOWITZ, Varietäten, S. 200. [DERS.] Der doctrinaire Liberalismus, in: BERLINER POLITISCHES WOCHENBLATT 12 (1832), S. 77–80, hier S. 77–9. CARL ERNST JARCKE, Die öffentliche Meinung (November 1831), in: DERS., Vermischte Schriften, Bd. 1, München 1839, S. 31–46, hier S. 40 sowie DERS., Stiftung, Zweck und Tendenz des Berliner Politischen Wochenblattes (Oktober 1831), in: ebd., Bd. 1, S. 1–30, hier S. 27. DERS., Der Absolutismus (Sommer 1832), in: DERS., Schriften, Bd. 1, S. 132–65, hier

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Noch deutlicher äußerte sich 1834 die Frankfurter Ober-Post-Amts-Zeitung, wenn sie den Liberalismus der Gegenwart mit dem demokratischen „Radikalismus“ identifizierte und darin eine Degeneration seiner ursprünglichen Bedeutung erkannte. Der Liberalismus der Gegenwart wurde hier im Gegensatz zu Krugs Interpretation mit der Gefährdung jeder stabilen politischen Ordnung gleichgesetzt: Wie hat dies ursprünglich Reines und Edles bezeichnende Wort seinen Sinn verloren! Es ist nicht mehr, was es war. Die Faction des Umsturzes hat seinen Gehalt umgegossen, und doch den alten Namen darauf geprägt. Deshalb wird man es auch keinem Freunde der Ordnung verargen, wenn er – die sich in Gesinnungen und Handlungen beurkundende ächte Liberalität hoch ehrend – doch den Namen eines Liberalen endlich von sich stößt. Der Liberalismus ist zum Radikalismus geworden.91

Hinter dieser Äußerung wird der begriffsgeschichtliche Mechanismus deutlich, der das Verhältnis des Liberalismus zu seinen Kritikern in den 1830er Jahren bestimmte: Das breite Spektrum von oppositionellen Gruppen, die den Begriff für sich in Anspruch nahmen und die damit verbundene semantische Erweiterung hatten zu einer konnotativen Umprägung des ursprünglichen Bedeutungsgehalts geführt. Von diesem konnten sich konservative Autoren distanzierten, indem sie den Verfall der ursprünglichen Bedeutung betonten, während radikal-demokratische Kritiker gerade das Beharren der Liberalen auf scheinbar anachronistischen Prinzipien angriffen. Hier zeichnete sich ein langfristig folgenreicher Gegensatz zwischen der dem Begriff zugesprochenen Integration aller vernünftigen Zeitkräfte auf der einen und der sich faktisch entfaltenden Tripolarität des politischen Kräftespektrums auf der anderen Seite ab, in dem der Liberalismus zwischen radicaler und conservativer Kritik stand. Entsprechend trennte der Autor der Ober-Post-Amts-Zeitung eine vorpolitische Gesinnung, die „ächte Liberalität“, von einem neuen politisierten Liberalismus, den man mit den umstürzlerischen Umtrieben politischer Radikaler identifizierte. Darin spiegelte sich die politische Konfliktphase der beginnenden 1830er Jahre, die, wie im Frankfurter Wachensturm und in den oberhessischen Oppositionszirkeln um Georg Büchner und Friedrich Ludwig Weidig, auch Versuche revolutionärer Aufstände einschloß. Dem derart erneuerten Revolutionsverdacht wuchs bei der Diskreditierung der Liberalen eine zentrale argumentative Funktion zu: Furcht vor der Revolution erweckte Abscheu vor allem, was etwas anderes wollte und dachte, als was bestand, weil die Revolutionäre sich für Männer des Fortschrittes ausgege-

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S. 162; vgl. zur kritischen Wendung gegen den Begriff DERS., Revolution und Absolutismus (Februar 1833), in: ebd., S. 166–203, hier S. 183; DERS., Absolutismus, Gerechtigkeit und Gemeinwohl (September 1834), in: ebd., S. 63–81, hier S. 72; DERS., Ueber die Wirksamkeit der loyalen Presse (Dezember 1835), in: ebd., S. 52–62, hier S. 62; DERS., Ist die Theorie der Volkssouveränität in unsern modernen Staaten praktisch realisierbar? (Dezember 1837), in: ebd., S. 204–7, hier S. 204. Aus dem Großherzogthum Hessen, in: FRANKFURTER OBER-POST-AMTS-ZEITUNG, Nr. 144, 5. Juni 1834.

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ben hatten, so wurden die Männer des Fortschrittes nun für Revolutionäre gehalten. Wenn man früher stolz auf die Bezeichnung liberal gewesen war, so wurde dieses Epitheton jetzt zum Schimpfwort und zur Anklage, und hieß soviel als unruhig, intrigant, subversiv, gefährlich.92

Auch Friedrich Julius Stahl grenzte, von einem christlich-organischen Staatsverständnis ausgehend, den Liberalismus als naturrechtliche Ableitung und revolutionäre Ideologie aus: „Ist diese Darstellung von dem Wesen des Staates richtig, so folgt daraus von selbst die Nichtigkeit jener Lehre, welche den Staat als eine Gesellschaft der Menschen zum gegenseitigen Schutz ihrer Freiheit betrachtet: der Lehre des Naturrechts, des Liberalismus, der Revolution“.93 Stahls Prämisse gründete auf der Zurückweisung des Rationalismus, der die ethischen und rechtlichen Beziehungen aus naturrechtlich verankerten Vernunftprinzipien bestimmte. Der politische Liberalismus verkörperte für ihn genau diese abstrakte Ableitung, die in der Revolution ihre Fortsetzung fand. Von daher unterschieden sich für ihn Revolution und Liberalismus lediglich wie Praxis und Theorie: Der Liberalismus oder die Revolution in diesem Sinne ist die Wirkung eben der Prinzipien, auf welchen das ‚Naturrecht‘ beruht. Sie erscheinen hier in ihrer letzten folgerichtigen Durchbildung wie dort in ihrer untersten Grundlegung, hier von ihrer praktischen wie dort von ihrer theoretischen Seite. Das Naturrecht sucht apriorische Erklärung und Rechtfertigung des Staates, die Revolution dagegen apriorische Errichtung und Gestaltung des Staates. Das heißt: jenes macht den Versuch, den Staat in Gedanken abzutun und rein aus der Vernunft zu deduzieren, diese macht den Versuch, ihn in der Wirklichkeit abzutun und rein aus der Vernunft einen neuen zu gründen. Nach beiden aber wird der Vernunftstaat bloß auf dem Gedanken der Freiheit oder des Willens des Menschen aufgeführt.94

Die Identifizierung des Liberalismus mit dem modernen „Repräsentatifsystem“ forderte die neoständische Kritik heraus, wenn auf die notwendige Verteidigung „des germanisch-historischen concret-natürlichen Stände-Systems mit, neben und unter dem Schutze einer freien historischen Autorität“ verwiesen wurde.95 Den Optimismus, mit dem Wilhelm Traugott Krug die geschichtliche

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Ueber das Ständewesen in Preußen, in: DEUTSCHE VIERTELJAHRSSCHRIFT Heft 3 (1842), S. 208 f. FRIEDRICH JULIUS STAHL, Die Philosophie des Rechts nach geschichtlicher Ansicht, Bd. 2/2: Christliche Rechts- und Staatslehre, Heidelberg 1837, S. 17; vgl. ebd., S. 18: „Der Staat ist nicht ein Zusammentritt, eine Gesellschaft von Menschen, sondern eine Anstalt, ein organisches Ganzes über ihnen, dem sie als dienende Glieder angehören, ein jegliches zu seiner bestimmten Stelle und Verrichtung. Und zwar ist er die Anstalt Gottes. Von Gott hat er seine Vollmacht und sein Ansehen. Deshalb ist er Träger der Majestät, die nicht von Menschen, sondern allein von Gott ausgehen kann.“ Ebd., Bd. 1: Geschichte der Rechtsphilosophie, zitiert nach HANS-JOACHIM LIEBER (Hrsg.), Politische Theorien von der Antike bis zur Gegenwart, Bonn 1991, S. 347. KARL VOLLGRAF, Die Täuschungen des Repräsentativsystems, oder Beweis, dass dieses System nicht das geeignete, rechte und zeitgemäße Mittel ist, den Bedürfnissen unserer Zeit zu begegnen; mit Andeutung der geeigneten, rechten und zeitgemäßen Reformen, Marburg 1832, S. 94; vgl. ferner [LUDWIG FÜRST ZU SOLMS-LICH UND HOHENSOLMS] Deutschland und die Repräsentativverfassungen, Gießen 1838, S. 54 f.

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Entfaltung des Liberalismus noch 1823 nachgezeichnet und im Begriff des Perfectibilismus projektiert hatte, kehrte L. Peters 1831 um, indem er die „irregeleitete Religion“ als Stütze des Liberalismus und das „strenge Recht“ als seinen „natürlichen Feind“ identifizierte.96 Hier kündigte sich die katholische Kritik des Deutungsmusters an. Auf der anderen Seite wurde das politische Reformkonzept von Liberalen und Liberalismus gerade nach 1830 auch von den radikaler orientierten Oppositionellen kritisiert, ein Vorgang, der sich gerade im politischen Diskurs niederschlug. Der Differenzierungsprozeß innerhalb der Oppositionsbewegung wurde vor allem in den Attacken der Intellektuellen innerhalb der literarischen Bewegung des Jungen Deutschland gegen den überkommenen „nüchternen und hausbackenen Liberalismus“ greifbar, „der sich zwischen der Monarchie und Republik seine gemütliche konstitutionelle Pfeife stopft“ sowie gegen „alle bloß Konstitutionellen . . . alle mit den Sätzen des Contrat social oder mit den Resultaten des kantischen Kritizismus sich ohne weiteres begnügenden Politiker“.97 In den Auseinandersetzungen mit den literarischen Vertretern des Jungen Deutschland spielte der Rekurs auf liberal und Liberalismus immer wieder eine zentrale Rolle.98 Noch die Auseinandersetzungen zwischen Heinrich 96

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L. PETERS, Der Liberalismus in seiner weltgeschichtlichen Entwickelung, Leipzig 1831, S. 55; vgl. dagegen den positiven Rekurs auf liberal in der Wendung gegen den Papst bei LUDWIG SNELL, Die Bedeutung des Kampfes der liberalen katholischen Schweiz mit der römischen Kurie, betrachtet aus einer Gesammt-Uebersicht der Tendenzen des restaurirten Papstthums, Solothurn 1839. KARL GUTZKOW, Erklärung gegen Dr. Menzel in Stuttgart, in: AUGSBURGER ALLGEMEINE ZEITUNG, Nr. 262, 19. Oktober 1835, Außerordentliche Beilage 374/375, S. 1497–9, zitiert nach ALFRED ESTERMNN (Hrsg.), Politische Avantgarde 1830–1840. Eine Dokumentation zum Jungen Deutschland, Bd. 1, Frankfurt a.M. 1972, S. 67–70, hier S. 68 sowie [GUSTAV SCHLESIER] Spekulativer Radikalismus, in: Blicke auf deutsche Geisteswelt, in: AUGSBURGER ALLGEMEINE ZEITUNG, 11./12. November 1835, Außerordentliche Beilage 454/455/456, S. 1813 f. und 1821 f., zitiert nach ESTERMANN (Hrsg.), Bd. 2, S. 368–73; vgl. ferner WERNER FUNK, Die Verfassungsfrage im Spiegel der Augsburger Allgemeinen Zeitung von 1818 – 1848, Berlin 1977, S. 97. Vgl. als wichtigste Beiträge VICTOR AIMÉ HUBER, Das junge Teutschland und das alte Mecklenburg, in: MECKLENBURGISCHE BLÄTTER, Nr. 2–3 (1834), S. 1–32, zitiert nach ESTERMANN (Hrsg.), Bd. 1, S. 23–41, hier S. 39; KARL GUTZKOW, Appellation an den gesunden Menschenverstand. Letztes Wort in einer literarischen Streitfrage, Frankfurt a. M. 1835, zitiert nach ebd., Bd. 1, S. 93–101, hier S. 99; [ERNST WILHELM HENGSTENBERG] Über die Rehabilitation des Fleisches, in: EVANGELISCHE KIRCHENZEITUNG (1835), zitiert nach ebd. (Hrsg.), Bd. 1, S. 195–235, hier S. 210; WOLFGANG MENZEL, Unmoralische Literatur, in: LITERATUR-BLATT (zum MORGENBLATT FÜR GEBILDETE STÄNDE) 109, 23. Oktober 1835, S. 435 f., ebd. 110, 26. Oktober 1835, S. 437–40, zitiert nach ESTERMANN (Hrsg.), Bd. 1, S. 56–64, hier S. 63; [SAMUEL GOTTLIEB LIESCHING] Die Jeune Allemagne in Deutschland, Stuttgart 1836, zitiert nach ebd., Bd. 1, S. 159–64, hier S. 160; [GUSTAV PFIZER] Votum über das Junge Deutschland, Stuttgart 1836, zitiert nach ebd., Bd. 1, S. 149–59, hier S. 155; BERTHOLD AUERBACH, Das Judenthum und die neueste Literatur. Ein kritischer Versuch, Stuttgart 1836, zitiert nach ebd., Bd. 1, S. 305–29, hier S. 313 ff.; KARL BIEDERMANN, Die junge Literatur und ihr Princip in der Reform des Geschlechtsverhältnisses, in: HALLISCHE JAHRBÜCHER FÜR

2. Deutschland

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Heine und Ludwig Börne zeugten hiervon.99 Während Börne in Heine allenfalls ironisch den „Regimentstambour des Liberalismus“ zu erkennen glaubte, polemisierte Eduard Beurmann, der „Liberalismus“ sei Heine „nur ein Relief für sein Talent, er kokettierte mit ihm wie mit Napoleon“.100 Die hier thematisierte Polarisierung zwischen konstitutionell-gemäßigtem und radikal-demokratischem Lager ließ in Umrissen bereits die doppelte Frontstellung von liberal zwischen den Polen der altständisch-conservativen Kritik und der demokratischen Absetzung des Radicalismus erkennen. Für den letzteren betonte Theodor Schuster Mitte der 1830er Jahre den fundamentalen Zusammenhang zwischen sozialer und politischer Reform, den gerade jene Liberalen übersähen, die die gesellschaftlichen Interessen der Unterschichten nicht berücksichtigten: Was jetzt noch den Einwand jener Liberalen betrifft, welche eine politische Reform für den allein erlaubten Zweck einer Umwälzung halten, so könnte man ihnen nur mit ihren eigenen Gründen antworten. Auch sie wollen Reform, und zwar politische Reform: ist nun aber wohl einzusehen, inwiefern eine politische Reform mehr erlaubt sein kann als eine soziale?

Schuster war sich des ideologischen Unterschieds zwischen Liberalismus und Radikalismus bewußt und gelangte in der Auseinandersetzung mit den sich nur in konstitutionellen Bahnen bewegenden Liberalen zur Selbstbestimmung der eigenen sozial-emanzipatorischen Position: Der Liberalismus jener will den Mißbrauch beschränken, unser Radikalismus will ihn vernichten, und nur darin besteht der Unterschied zwischen jenen und uns, daß jene mit ihrer Reform auf der Oberfläche des Erdkreises bleiben, während wir in dessen Tiefe graben, . . . daß bei jenen der Streit sich zwischen Personen verhandelt, bei uns aber, ohne persönliche Rücksicht, zwischen Einrichtungen und Sachen . . . es ist nicht unsere Absicht, uns mit einer jener jämmerlichen Theaterpossen von Regierungs- und Verfassungswechseln zu begnügen, welche, auf Unkosten des Volkes, in der neueren Geschichte so oft ihr Glück gemacht haben: unser Zweck geht weiter . . . Er heißt: radikale soziale und politische Emanzipation der arbeitenden Klassen.101

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DEUTSCHE LITERATUR UND KUNST 176–178, und 181 f., Juli 1838, zitiert nach ebd., Bd. 1, S. 282–94, hier S. 285; sowie [EDUARD BEURMANN] Mundt, Gutzkow, Wienbarg, in: DERS., Vertraute Briefe über Preußens Hauptstadt. Theil 2, Stuttgart 1838, zitiert nach ESTERMANN (Hrsg.), Bd. 2, S. 505–18, hier S. 505 f. und 514. [LUDWIG BÖRNE und HEINRICH HEINE] Ludwig Börne und Heinrich Heine. Ein deutsches Zerwürfnis, bearb. von HANS MAGNUS ENZENSBERGER, Leipzig 1991, S. 35, 38, 49, 67, 74, 92, 107, 309 und 329; vgl. LUDWIG BÖRNE, Menzel der Franzosenfresser (1836), hrsg. von RUDOLF WOLFF, Berlin 1987, S. 11, 17, 18 f., 118 und 122 sowie LUDWIG BÖRNE, Briefe aus Paris (1832–1834), Wiesbaden 1986, S. 18, 70, 206 und 588 f. DERS., Über Deutschland von Heinrich Heine (Mai 1835), zitiert nach BÖRNE und HEINE, S. 67 sowie EDUARD BEURMANN, Spitzelbericht an die österreichische Regierung (1836), zitiert nach BÖRNE und HEINE, S. 92. [THEODOR SCHUSTER] Freiheit, in: DER GEÄCHTETE. Zeitschrift in Verbindung mit mehreren deutschen Volksfreunden, hrsg. von JACOB VENEDEY, Bd. 2, Paris 1835, S. 220 f.; vgl. ferner Deutschland und Frankreich. An den Herausgeber des Geächteten. Von S., in: DER GEÄCHTETE, Bd. 1, Paris 1834, S. 61–8.

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V. Die Gleichzeitigkeit des semantisch Ungleichzeitigen

Eine überaus kritische Bilanz nach den Erfahrungen von Aufbruch und Enttäuschung zog auch Johann Bertram Stüve am Ende der 1830er Jahre. In skeptischem Pragmatismus resümierte er für den Liberalismus der süddeutschen Kammern, den er nach den vergeblichen Anläufen von 1830 bis 1832 jetzt überall im Rückzug begriffen sah, daß die Liberalen sich dort für „unentbehrlich“ hielten, „worin sie sich häßlich täuschen können.“ Man könne glauben, „es sei ihnen nur um den Zank und zwar um jeden Preis zu tun.“ Sich wie zu Beginn der 1830er Jahre „nur durch Hoffnung zum Handeln bewegen zu lassen und, sobald sich diese Hoffnung oder besser unbestimmte Aufregung sich verliert, das Schlachtfeld [zu] räumen mit allerlei Grimassen, die doch nur die Mutlosigkeit bemänteln“, sei als „Schwäche vor allem dem neumodischen Liberalismus eigen, und je grimmiger dieser 1831 den Anlauf nahm, desto jämmerlicher zieht er jetzt überall zurück“.102 1839 setzte sich Stüve kritisch mit Niebuhrs Haltung gegenüber dem Liberalismus auseinander. Bei diesem sei der „Liberalismus bald die Unredlichkeit der Mittel, deren sich jeweilige Häupter bedienen, bald ist es die Gleichmacherei, im allgemeinen möchte ich sagen, das schrankenlos Auflösende.“ Obwohl er ihm in diesem Punkt zustimmte, wandte er sich gegen die bloße „Opposition gegen das Liberale“, da „der Opponent nicht sagt, was er will!“ 103 Für die Zeit nach 1832 beklagte er, daß „bei vielen Leuten von wahrer Einsicht das Schimpfen auf diese Ideen, auf den Liberalismus, Mode geworden“ sei. Niebuhr selbst predige einen innovationslosen „Stabilism oder leidenden Gehorsam.“ Die zahlreichen „Invektiven auf die Liberalen“ könnten noch keine eigenen „philosophisch historischen Systeme“ ersetzen.104 Stüve selbst identifizierte sich mit einem maßvollen Reformkurs auf der Basis historischer Ideen, wie er sie etwa in der norddeutschen Tradition kommunaler Korporationen erkannte. Hierbei unterschied er sehr deutlich zwischen organischnorddeutschen und rational-süddeutschen „Freiheitsideen“:105 Mir ist der Liberalismus auch ekelhaft, insofern er eben die stumpfe Gleichmacherei und mouvement ist. Aber wer will es leugnen, daß mit Maß behandelt die liberalen Ideen und Maßregeln allein Heil versprechen? Es kommt darauf an, ob man sie bildend machen kann, der Stabilismus kann das nicht sein. Die historischen Ideen allerdings, aber in Wahrheit nur in dieser Richtung.106

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Brief Stüves vom 28./30. November 1838, in: STÜVE, Bd. 1, S. 466 f. Brief Stüves vom 15./17./24./25. November 1839, in: ebd., S. 490. Brief Stüves vom 4./7./8./14. Dezember 1839, in: ebd., S. 490 f. So schrieb Stüve in seinem Brief vom 15./17./24./25. November 1839, ebd., S. 490: „Das ist wohl schon ganz Deutschland klar geworden, daß in den Städten die vis politica steckt und daß man das Korporationswesen vor allem in Ehren halten und nicht verwässern soll. Diese große Lehre wäre allerdings schon ein ziemliches Lehrgeld wert, und an ihr könnten sich sie süddeutschen und norddeutschen Freiheitsideen einmal scheiden.“ Brief Stüves vom 4./7./8./14. Dezember 1839, in: ebd., S. 491.

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Parlamentarischer und außerparlamentarischer Diskurs: Polemische Funktion und soziale Bestimmung des Deutungsmusters Die neue semantische Richtungsqualität der frühen 1830er Jahre wird insbesondere an der Ausdifferenzierung politischer Gruppenbezeichnungen erkennbar. Es ist kein Zufall, daß sich dies am deutlichsten in den konstitutionalisierten Bundesstaaten mit repräsentativen Körperschaften zeigte. Das parlamentarische Sprachhandeln stellte dabei ein wichtiges Indiz für den semantischen Wandel dar, zumal sich hier gegenüber den lexikalischen und syntagmatischen Bestimmungsmustern der spezifische Charakter des parlamentarischen Diskurses nachweisen läßt: Während auf der lexikalischen Bestimmungsebene die individuelle Gesinnungsqualität von liberal und Liberalismus betont wurde, ließen sich in den Landtagen aufgrund unterschiedlicher Positionen und Strategien bereits distinkte Handlungsgruppen unterscheiden. In Kurhessen differenzierte man vor dem Hintergrund der konfliktreichen Kammerdebatten verschiedene Gruppen, die für oder gegen den kurfürstlichen Hof eingestellt waren.107 Zumeist überwog bei diesen Nomenklaturen ein bipolares Bestimmungsmuster zwischen der liberalen „Partei der Bewegung“ und der „Widerstands- oder Stillstandspartei“.108 Das orientierte sich zwar an der französischen Parteienlandschaft während der Julimonarchie, übertrug diese Etiketten nun aber auf die deutschen Verhältnisse.109 Zum Teil gelangte man zu noch differenzierteren Bestimmungen, etwa nach unterschiedlichen Fraktionen. Der kurhessische Generalstabschef von Cochenhausen identifizierte insgesamt fünf politische Gruppierungen: 1. die Ultraliberalen an deren Spitze Jordan, beabsichtigte Reformen für ganz Teutschland, schreckte aber durch ihr schreckliches Geschrei, welches sie bei jeder Gelegenheit, häufig ganz ohne Ursache, erhob, alle Vernünftigen ab, sich mit ihr zu vereinigen, 2. die Parthei der Reformatoren, welche besonders aus den angestellten Civilisten, meist Juristen bestand und hauptsächlich Reformen für Hessen bezweckte . . . 3. die gemäßigte Constit[utionelle] Parthei . . . 4. die Adelspartei mit den Landgrafen . . . 5. die Hofparthei.

Ein anonymer Artikel zum kurhessischen Landtag von 1833 unterschied sieben Richtungen, wobei das Etikett liberal die Linke kennzeichnete: „entschieden li107

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Vgl. EWALD GROTHE, Verfassungsgebung und Verfassungskonflikt. Das Kurfürstentum Hessen in der ersten Ära Hassenpflug 1830–1837, Berlin 1996, S. 397 ff., von dem auch die folgenden Zitate übernommen worden sind. Dem Verfasser danke ich darüber hinaus für den Hinweis auf weitere Quellenbelege. Wer sind die Feinde der bestehenden gesetzlichen Regierungen und der gesetzlichen Ordnung im Staate?, in: SCHAUMBURGER VOLKSBLATT, Nr. 4, 3. April 1832, S. 13 ff.; Bewegungs-Partei und Widerstands- oder Stillstands-Partei, in: DER BEOBACHTER, Nr. 120, 14. Oktober 1836, S. 477 ff.; ebd., Nr. 121, 16. Oktober 1836, S. 481 ff., zitiert nach GROTHE, S. 399, Anmerkung, dort auch weitere Quellenbelege; vgl. ferner WÜLFING, S 204 f. und 214. Vgl. CARL VON ROTTECK, Bewegungs-Parthei und Widerstands- oder Stillstands-Partei, in: DERS. und WELCKER (Hrsg.), Bd. 2, 1835, S. 558–65 sowie CARL THEODOR WELCKER, Centrum der Deputirten-Kammern, insbesondere der französischen, in: ebd., Bd. 3, 1836, S. 389–92.

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V. Die Gleichzeitigkeit des semantisch Ungleichzeitigen

beral“, „gemäßigt liberal“, „Juste-Milieu“, „volksthümlich gesinnt“, „zuverlässig auf der Seite der Regierung“, „für die Standesherrn.“ Der Rekurs auf solche kategorisierenden Bezeichnungen diente den politischen Akteuren vor allem der Diskreditierung des politischen Gegners und bewirkte von daher eine nicht zu unterschätzende Polarisierung durch ideologisch aufgeladene Etiketten. So sprach Sylvester Jordan von einer „Parthei . . ., welche auf den Umsturz der gesetzlichen Ordnung hinarbeite [und] . . . das Mittelalter wieder heraufbeschwören möchte.“ Auch die polemische Qualität in Bezeichnungen wie „jesuitischmystische Parthei“, „Servile“, „Ministerielle“ und „reactionäre Parthei“ wiesen in diese Richtung.110 Gegenüber der lexikalischen und der syntagmatischen Deutungsebene zeigte sich im parlamentarischen Diskurs eine spezifische Affektfunktion der Begriffe. Sie dienten hier weniger der Projektion universalhistorischer Erwartungen oder der Bestimmung letztlich philosophischer Prämissen, sondern der sprachlichen Konfliktaustragung, hinter der distinkte politisch-soziale Interessen standen, die sich semantisch nicht mehr durch einen Begriff integrieren ließen. Im Hinblick auf die sozialhistorische Einordnung des Deutungsmusters liberal/Liberalismus, seiner gesellschaftlichen Relevanz, bietet der zu Beginn der 1830er Jahre enstandene oberhessische Oppositionszirkel um Georg Büchner und Friedrich Ludwig Weidig einen besonders aussagefähigen Ansatzpunkt. Denn über lexikalische, syntagmatische und parlamentarische Bestimmungsmuster hinaus lassen sich hier aus den noch immer weitestgehend nicht edierten, offiziellen Verhörprotokollen semantische Trennlinien rekonstruieren, die sich nicht in den bildungsbürgerlich grundierten Interpretationen der zeitgenössischen Wörterbücher und Monographien ableiten lassen.111 Georg Büchner markierte seine sozialrevolutionäre Position und die damit verbundene Distanz gegenüber den konstitutionellen Liberalen bereits 1833. In einem Brief an August Stöber bekannte er im Dezember 1833: „Die politischen Verhältnisse könnten mich rasend machen. Das arme Volk schleppt geduldig den Karren, worauf die Fürsten und Liberalen ihre Affenkomödie spielen. Ich bete jeden Abend zum Hanf und zu den Laternen“.112 Gegenüber dem tradierten Antagonismus zwischen Liberalismus und Absolutismus hob er eine neue ge110

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Zitiert nach GROTHE, S. 400–2; vgl. [THEODOR SCHACHT] Der Liberalismus auf dem merkwürdigen Landtage zu Darmstadt 1833. Freimüthig geschildert für Alle, denen es um Wahrheit und Kenntniß des jetzigen deutschen Ständewesens zu thun ist, Gießen 1834, S. 23–68. Die im folgenden zitierten archivalischen Quellen wurden mir in der Form privater Exzerpte von Ewald Grothe freundlicherweise zur Verfügung gestellt. Sie stammen aus den umfangreichen Quellensammlungen, die von der Marburger Georg BüchnerForschungsstelle unter der Leitung von Burghard Dedner zusammengetragenen worden sind. Bei der Zitation wurde auf die Angaben von Ewald Grothe zurückgegriffen, dem ich an dieser Stelle ausdrücklich danke. Brief Büchners an August Stöber vom 9. Dezember 1833, in: GEORG BÜCHNER, Werke und Briefe. Nach der historisch-kritischen Ausgabe von R. LEHMANN, 3. Aufl. Darmstadt 1984, S. 253.

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sellschaftliche Trennlinie zwischen arm und reich hervor: „Die ganze Revolution“ habe sich „in Liberale und Absolutisten geteilt“ und müsse „von der ungebildeten und armen Klasse aufgefressen werden; das Verhältnis zwischen Armen und Reichen ist das einzige revolutionäre Element in der Welt“.113 In dieselbe Richtung wies die Ansicht Weidigs, die sozialrevolutionäre Agitation des Hessischen Landboten gebe Anlaß, „daß die konstitutionellen Revolutionärs sich von uns trennen würden, wenn sie die heftigen Invektiven gegen die Reichen läsen“.114 Diese inneroppositionelle Differenzierung dominierte auch die Rekurse auf liberal und Liberale in den zeitgenössischen Verhörprotokollen, die zumindest partiell auch die Sichtweise der klein- und unterbürgerlichen Mitglieder der oberhessischen Oppositionszirkel widerspiegelten, zumal deren Deutung außerhalb solcher Quellen sonst kaum rekonstruierbar ist. Die Gießener Burschenschaft habe, so die Aussageprotokolle, keine „practisch revolutionäre Tendenz“ gehabt, sondern eine „volksthümliche, liberale, politische Ausbildung und Vorbereitung der Mitglieder für’s politische Lebens durch Lectüre, Reden und Debatten in den Versammlungen“ angestrebt.115 Demgegenüber verfolgte die von Büchner und Weidig vertretene Gruppe eine offensive Strategie gegen die „liberale Parthei“, ja man vertrat sogar die Ansicht, es sei „rühmlicher, in den gegenwärtigen Verhältnissen fortzuleben, als eine Parthei zu unterstützen, die bei ihren liberalen Bemühungen nur ihre eignen egoistischen Zwecke im Auge habe und dazu nicht einmal Verstand genug, sie durchzusetzen“.116 Die sozialkritische Abgrenzung gegenüber liberal wurde auch bei Gustav Klemm deutlich, der die „Klubbs solcher jungen Bürgersleute, die den s.g. Liberalismus repräsentirten, deren Theilnehmer sich Liberale nannten“, charakterisierte und die „liberale Parthei“ mit den „Leuten aus der gebildeten Klasse“ assoziierte.117 Dagegen sei Büchner „bei weitem nicht so betrübt, daß dieser oder jener Liberale seine Gedanken nicht drucken lassen dürfe, als daß viele tausend Familien nicht im Stand wären, ihre Kartoffeln zu schmelzen“.118 Noch im Nekrolog auf Büchner betonte Wilhelm Schulz, dieser habe den „thatenlosen Liberalismus“ 113 114

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Brief Büchners an Gutzkow vom Sommer 1835 (undatiert), in: ebd., S. 269. Zitiert nach ebd., S. 445; vgl. ferner FRIEDRICH NOELLNER, Die Kritik des gerichtlichen Verfahrens gegen Pfarrer Weidig. Ein Beitrag zur Charakteristik der politischen Parteien und der Rechtszustände Deutschlands nebst actenmäßigen Belegen, Braunschweig 1845, S. 60, Anmerkung. Verhörprotokoll Gustav Klemm, Friedberg, 2. Juni 1835, in: StA Frankfurt a.M., Acta Criminalia 1834, Nr. 119, Prozeß 7, 174. Martin Schäffer, Untersuchungsbericht, 1839. Die Überlieferung folgt FRIEDRICH NOELLNER, Actenmäßige Darlegung des wegen Hochverraths eingeleiteten gerichtlichen Verfahrens gegen Pfarrer D. Friedrich Weidig, Darmstadt 1844, S. 98–100. Verhörprotokolle Gustav Klemm, Darmstadt, 21. Januar 1836 und 9. Oktober 1835, in: StA Ludwigsburg, E 319, Bü. 46 sowie StA Marburg 270 e, Obergericht Marburg, Acc. 1871/35, Nr. 20, Bd. 5, fol. 11–14. Verhörprotokoll August Becker, 1. September 1837, Überlieferung nach NOELLNER, Darlegung, S. 420–3.

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V. Die Gleichzeitigkeit des semantisch Ungleichzeitigen

gehaßt, „der sich mit seinem Gewissen und seinem Volke durch leere Phrasen abzufinden sieht“.119 Die Protokolle markierten damit jenen Bereich, in dem die gesellschaftliche Wirkungsgrenze der neuen politischen Begriffe verlief. August Becker hob hervor, daß gerade die Bauern „gleichgültig“ gegenüber „Ehre und Freiheit ihrer Nation“ seien und „keinen Begriff von den Rechten des Menschen“ hätten, „und in dieser Gleichgültigkeit allein beruht ihre angebliche Treue gegen die Fürsten und ihre Theilnahmslosigkeit an dem liberalen Treiben der Zeit“.120 Die in den zeitgenössischen Lexika dominierende bildungsbürgerliche Konnotation erreichte diese Schichten nicht oder nur abgeschwächt. Zugleich dokumentieren die zuletzt vorgestellten Quellen die Abgrenzung einer sozialen Protestgruppierung gegenüber einem primär politisch-konstitutionellen Deutungsmuster und seinen bürgerlichen Trägern.

3. Italien a) Der Antagonismus von liberalismo antisociale und liberalismo sociale in der Aufstandsbewegung von 1830/31 In Italien unterstrichen die Reaktionen auf die französische Julirevolution das Fortwirken der von den einzelstaatlichen Regierungen und der katholischen Kirche überwunden geglaubten Oppositionsbewegungen. Hier wurden der Kirchenstaat sowie die Herzogtümer Modena und Parma von Aufständen erschüttert, während andere Staaten wie Neapel im Gegensatz zu 1820/21 zumeist nicht berührt wurden. Wie in Bologna konstituierten sich in zahlreichen mittelitalienischen Städten neue Regierungen, wobei der nationalen Zielsetzung der Bewegungen ein besonderes Gewicht zukam. Die österreichische Intervention, scheinbar legitimiert durch ein Hilfsersuchen des neuen Papstes Gregor XVI. an Metternich, beendete die Aufstandswelle und leitete in eine erneute Repressionsphase über, die in Modena von zahlreichen Todesurteilen begleitet wurde. Im Kirchenstaat zeichnete sich unter dem Eindruck der Ereignisse eine „Tendenz zur autoritären Defensive“ ab, die in der ersten großen Enzyklika Mirari Vos des neuen Papstes und der Blockade weitergehender Reformen ihren Niederschlag fand. In seiner Enzyklika verurteilte Gregor XVI. Rationalismus und religiösen Indifferentismus, aber auch explizit die Forderungen der Aufstandsbewegung, wie vor allem die Gewissens- und Meinungsfreiheit sowie die Auflehnung gegen jede Autorität.121

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Wilhelm Schulz, Nekrolog, Zürich, 28. Februar 1837, in: SCHWEIZERISCHER REPUBLI71 f. sowie in: LITERARISCHE UND KRITISCHE Mai 1837, S. 493 f. Verhörprotokoll August Becker, 1. September 1837. RUDOLF LILL, Geschichte Italiens in der Neuzeit, 4. Aufl. Darmstadt 1988, S. 110.

KANER, Nr. 17, 28. Februar 1837, S. BLÄTTER DER BÖRSENHALLE, Nr. 160, 120 121

3. Italien

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Auf diesen Kontext ist insofern hinzuweisen, als er für das Verständnis der spezifischen Polarisierung von liberali/liberalismo in Italien nach 1830 grundlegend wurde. Die Teilnehmer an den primär bürgerlich geprägten Bewegungen von 1830/31 bekannten sich als liberali und „generosi spiriti“ zum Widerstand gegen die päpstliche Herrschaft, in der man das Symbol für Rückschrittlichkeit und ein entscheidendes Hindernis für nationalpolitische Fortschritte sah. Das Vorwort der 1831 veröffentlichten Collezione completa degli opuscoli liberali pubblicati nelle legazioni pontificie wandte sich an die „liberali . . . a voi magnanimi che versaste con serena fronte il sangue vostro sotto la scure Sacerdotale fra le esecrande mura dell’avara Babilonia per la santissima causa della libertà“.122 Mit dem angestrebten Ende der weltlichen Herrschaft des Papstes im Kirchenstaat verbanden die liberali zugleich einen nationalpolitischen Fortschritt für ganz Italien, einen „momento sospirato della rigenerazione Italiana“.123 Insofern gingen die mit den „istituzioni giuste, e liberali“ verbundenen konstitutionellen Forderungen, die man zunächst in den Stadtregierungen umzusetzen suchte, mit nationalpolitischen Zielen eine enge Verbindung ein.124 Der Widerstand der römischen Kurie, „l’odio implacabile che la Romana Corte ha giurato ad ogni idea liberale“, resultierte insofern aus einem grundsätzlichen weltanschaulichen Antagonismus und aus dem weltlichen Herrschaftsanspruch des Papsttums, der der staatlichen Einigung der Nation zuwiderlief.125 Dieser Zusammenhang wurde für die Bestimmung von liberalismo im italienischen Risorgimento grundlegend. Die „riforma con basi liberali“ verkörperte den Anspruch auf politische Partizipation, die die Kurie niemals gewähren 122

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Dedica del raccogliatore ai liberali, in: Collezione completa degli opuscoli liberali pubblicati nelle legazioni pontificie dall’epoca dell’invasione austriaca accaduta nel marzo 1831, 3 Bde., Genf 1831, hier Bd. 1, S. I–III, hier S. I. Ai Romani appello dei Romagnuoli a Macon (1831), in: ebd., Bd. 1, S. 37–47, hier S. 46. Alcune verità al signor conte Camillo Grassi, Prolegato di Bologna, riferibili anche ai prolegati delle Romagne (1831), in: ebd., Bd. 1, S. 73–98, hier S. 85; vgl. zur Abgrenzung gegenüber den liberali in den in der Collezione completa zusammengetragenen Texten ferner Alcune parole di un Ferrarese (1831), in: ebd., Bd. 2, S. 3–12, hier S. 6; Lettera estratta da un Foglio Francese al redattore (1831), in: ebd., Bd. 2, S. 126–8, hier S. 127 f.; [G. SERCOGNANI und C. BORGIA] Memorie sulle ultime commozioni politiche dell’Italia centrale de’ signori G. Sercognani, e C. Borgia al signor Presidente del Consiglio de’ Ministri (1831), in: ebd., Bd. 2, S. 151–72, hier S. 160 f.; [GIUSEPPE GHERARDI] Note storico-politiche generali, e più in particolare intorno alla rivoluzione di alcune provincie centrali d’Italia, accaduta al mese di febbraio del 1831, in: ebd., Bd. 2, S. 173–204, hier S. 189; Memoriale indirizzato a Sua Santità Papa Gregorio XVI. da Mons. Asquini pro-legato di Ferrara, dall’ex direttore di polizia Arzé, dal cavaliere Baratelli, dal colonnello Bentivoglio, e da altri credibili devoti della lodata Sua Santità (1831), in: ebd., Bd. 3, S. 32–8, hier S. 33 ff. sowie Alle incivilite nazioni europee gl’infelici sudditi del Ducato di Modena (1831), in: ebd., Bd. 3, S. 106–28, hier S. 128. Pro-Memoria dichiarante le giuste querele delle provincie insorte contro il governo papale. I loro voti e le loro domande umiliate ai ministri delle cinque grandi potenze (1831), in: ebd., Bd. 1, S. 117–46, hier S. 139.

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V. Die Gleichzeitigkeit des semantisch Ungleichzeitigen

würde: „La natura della Corte di Roma, e la volontà generale del popolo sono due principii eterogenei, e diametrale opposti“.126 Die Bestimmung des liberale folgte der Vorstellung eines selbstverantwortlichen Bürgers einer politischen Gemeinschaft, dem Ideal einer aufgeklärten, interessenlosen Grundhaltung und der Bindung des einzelnen an die Nation. Hier verknüpften sich vorpolitische Nuancen der liberalità mit neuen politischen Gehalten. Die dem liberale zugewiesenen Wertbegriffe reflektierten aber auch die gerade in Italien besonders starke kommunale Perspektive politischer Freiheit und Autonomie, die in der historischen Tradition der Stadtrepubliken wurzelte: La prima virtù cittadina che distingue il vero liberale si è quella, che rende l’uomo non ambizioso di onori . . . ma che lo rende contento della propria coscienza, e dell’onore del bene operato. Essa sublima l’uomo fino a soffrire le ingiustizie dei proprii concittadini senza cessare di amare la patria. Gli uomini che vengono destinati agli uffizi civili debbono avere molta sapienza, molta prudenza, e soprattutto onestà e disinteresse.127

Wie nach 1815 und um 1820/21 bildete die „costituzione saggiamente liberale“ den konkreten Zielhorizont für die Sicherung politischer Partizipation auf der Basis repräsentativer Volksvertretungen.128 Der Blick auf England oder Frankreich schien dieser Erwartung um 1830/31 besonderen Auftrieb zu verleihen. Die costituzione liberale bot den italienischen Fürsten danach die Möglichkeit, das Vertrauen des Volkes zu erlangen und damit die eigene Herrschaft auf eine stabilere Grundlage zu stellen: „Noi facciamo fervidi voti, affinchè i Principi d’Italia rendino felici e contenti i loro sudditi: al che non potranno riescire senza una Costituzione saggia e liberale; dalla quale unicamente otterranno l’amore de’ cuori del popolo, e renderanno ferma e stabile la loro ormai vacillante Sovranità“.129 Die politische Relevanz von liberale trat unter dem Eindruck der Aufstandsbewegungen zu Beginn der 1830er Jahre deutlicher hervor. Dazu zählte die optimistische Hoffnung auf Durchsetzung der „liberali istituzioni“ gegenüber „tutte le tirannidi“ sowie die ideologische Temporalisierung der eigenen Gegenwart zwischen dem „sistema progressivo“ und dem „sistema retrogrado“, das man im Kirchenstaat verkörpert sah.130 Wie in Deutschland ließen sich Fortschritt und Zukunft semantisch durch liberale besetzen, was die ideologische Abgrenzung gegenüber Rückschritt und Vergangenheit ermöglichte. Ge126 127 128

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Pronostico per l’anno bisestile 1832. Tratto dal lunario, intitolato Il Ciabattino astronomo e politico (1831), in: ebd., Bd. 1, S. 231–9, hier S. 233; vgl. auch S. 237 und 233. Ebd., S. 238. [DOMENICO BENTIVOGLIO] Indirizzo del colonnello Domenico Bentivoglio ai popoli ed ai principi d’Italia (1831), in: ebd., Bd. 3, S. 129–49, hier S. 137 f.; vgl. die Stigmatisierung der „idee costituzionali“ in Lettera sul vantaggio della Monarchia assoluta sopra qualunque altro governo a procurare la felicità dei popoli, Modena 1832, S. 32. BENTIVOGLIO, S. 149. LA SENTINELLA DELLA LIBERTÀ, Nr. 1, 24. Februar 1831, S. 8; vgl. ebd., Nr. 2, 3. März 1831.

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genüber den 1820er Jahren veränderte sich aber vor allem der semantische Differenzierungsgrad der Begriffe. So unterschied die in Bologna erscheinende Pallade Italiana im Februar 1831 den „liberal volgare“ vom „liberale d’un ordine più elevato.“ Den „liberal volgare“ charakterisierte man als Gegner jeder gesellschaftlichen Bindung, was sich mit sozialer Anarchie identifizieren ließ, die zumal bei fehlender Bildung des liberal volgare drohte: Il liberal volgare è un uomo che sente molestia pei vincoli di società, che ne soffre impazientemente i legami, che di mal animo sacrifica alcune sue convenienze particolari a convenienze più generali, e che aspira con ogni suo voto all’indipendenza assoluta della sua volontà. Di costui non ne facciamo ancora un Selvaggio; la sua ragione può ancora insegnargli di credere alla necessità; può essere un onest’uomo; ma non ostante per non dir di più, lo chiamiamo Liberal volgare. Con minor coltura, con un educazione più difettosa può egli diventare all’occasione un artigiano d’Anarchia; giacchè per lui la società non è che un mal necessario.

Der positiv konnotierte „liberale d’un ordine più elevato“ dagegen verband libertà und ordine miteinander. Dies schloß jede gewaltsame Strategie und revolutionäre Spannung zwischen Gesellschaft und Staat aus und zielte auf eine universelle politisch-gesellschaftliche Harmonie: Il liberale d’un ordine più elevato è un uomo a cui la libertà apparisce come lo scopo, come l’ordine, come lo stato normale dell’umanità, e come eminentemente sociale egli vuole la libertà nell’interesse medesimo della società. Egli è appunto per nobilitare la società che accorda la maggiore possibile parte all’individualità. Egli è per l’interesse della società che ributta l’intervento d’ogni inutile violenza, vessatoria, o sacrilega, che corromperebbe l’associazione togliendole la sua bellezza. Esso vuole la società, l’unione, l’armonia, e per ciò solamente vuole la libertà. In una parola la libertà si mostra come una legge eterna della natura umana, come un mezzo potente di perfezionamento.

Entsprechend diesen Kategorien unterschied der Autor einen „liberalismo antisociale“ von einem „liberalismo sociale per eccellenza“, der aber in der eigenen Gegenwart eher die Ausnahme darstelle. Seine Entfaltung hänge von der Verbreitung der moralischen und religiösen Grundlagen ab: „a nostro avviso quest’ultimo liberalismo è ancor raro purtroppo. Egli non sarà comune, e generale, che allorquando la coltura, non già intellettuale soltanto ma soprattutto morale, e religiosa sarà essa stessa divenuta comune, e generale“.131 Wie in Deutschland die Unterscheidung von wahrem und falschem Liberalismus eine inneroppositionelle Differenzierung abbildete oder mindestens antizipierte, so reflektierten liberalismo sociale und liberalismo antisociale auch in Italien eine neue Stufe der ideologischen Differenzierung. Die neuen Herausforderungen für die liberali spiegelten sich auch in den Schriften des Historikers und Nationalökonomen Sismondi wider, der sich zu Beginn der 1830er Jahre mit den politischen Perspektiven seiner Gegenwart auseinandersetzte. Sismondi ging vom allgemeinen „progresso nelle istituzioni“ der Gegenwart aus und reflektierte die erneute Infragestellung der tradierten monarchischen Herrschaftslegitimation um 1830. In diesem Zusammenhang 131

La Libertà, in: SUPPLEMENTO ALLA PALLADE ITALIANA, Nr. 2, 20. Februar 1831, S. 9.

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standen die liberali, für deren Positionsbestimmung um 1830/32 die Unterscheidung zwischen der allgemeinen Programmatik der liberali und den Versuchen, die Prinzipien der Volkssouveränität gewaltsam durchzusetzen, entscheidend war: La preponderanza un tempo apparteneva alla volontà regia, ora è passata alla popolare; le limitazioni che i liberali si erano forzati di opporre all’autorità, intendevano a frenare i capricci dei rei, ed oggigiorno mirano a comprimere quelli deli popolo; e desse sono sempre utili; ma i loro istitutori, e custodi non devrebbero più essere gli uomini medesimi, ed i tentativi che due anni sono si continuavano in favore della sovranità popolare, ora produrrebbero un effetto a lei dannoso.132

Sismondi griff zur Kennzeichnung der oppositionellen Zirkel in Italien auch auf andere Etiketten zurück, so vor allem auf patriotti, um den nationalpolitischen Horizont der Bewegung von 1830/31 hervorzuheben, wobei eine republikanische Konnotation wie in Frankreich fehlte. Die in diesem Kontext ebenfalls auftretende Gruppenbezeichnung moderati wies bereits darauf hin, daß sich innerhalb der liberali verschiedene Richtungen abzuzeichnen begannen, von denen die moderati eine gewaltsame Duchsetzung des konstitutionellen Programms ablehnten und eher die Kooperation mit den Regierungen suchten.133 Die Existenz einer solchen konkurrierenden Bezeichnung dokumentierte auch, daß man eine deutliche Trennlinie gegenüber den negativen Implikationen eines liberalismo antisociale zu ziehen bemüht war. Vor allem im Kirchenstaat prägten die moderati die neoguelfische Bewegung der 1840er Jahre, die alle Hoffnungen auf den zum Reformpapst stilisierten Pius IX. setzte. b) Der negativ bestimmte dizionario liberale: Die Persistenz der katholisch-restaurativen Bestimmungsmuster Auf der Gegenseite intensivierte die katholisch-restaurative Publizistik unter dem Eindruck der Aufstände im Kirchenstaat ihre Polemik gegen die liberali.134 Dieser semantische Antagonismus bildete für die Phase des gesamten italienischen Risorgimento auch über die Jahrhundertmitte hinaus eine dominante Kontinuitätslinie. In deutlicher Parallele zu Frankreich, wenngleich in charakteristischer Phasenverschiebung, setzte sich der Bewegungsbegriff liberalismo zunächst in der polemischen Kritik durch, da er hier die Möglichkeit bot, alle negativen Konnotationen schlagwortartig zu verdichten. Damit setzte sich eine Entwicklung fort, die sich bereits während der 1820er Jahre abgezeichnet hatte. Im Anschluß an die relative Zurückhaltung der Regierungen nach 1815 hatte nach 1821 die restaurativ-katholische Auseinandersetzung mit den idee liberali umso intensiver eingesetzt.135 Eine besondere Rolle spielten 132 133 134 135

J. C. L. DE SISMONDI, Le Speranze e le realtà, Genf 1831, S. 6f. DERS., Delle speranze e dei bisogni dell’Italia, Lugano 1832, S. 9; vgl. ebd., S. 12 f. Vgl. Un’Oretta di conversazione tra sei illustri matrone della buona antichità, o.O. 1832, S. 32 f. Vgl. LILL, S. 104 f.

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dabei wie gezeigt auch immer wieder Übersetzungen ausländischer Autoren, so in Carl Ludwig von Hallers Schrift über die denominazioni di partiti.136 Die auch für Italien nachweisbare relative Dynamisierung des politischen Diskurses äußerte sich in der verstärkten publizistischen Präsenz des Wortfeldes bis etwa 1835 (vgl. Abbildung 7) und vor allem in der Verschärfung der bereits angelegten bipolaren Semantik von liberale und cattolico. Der Zusammenhang von positiver Identifikation und negativer Abgrenzung blieb auch hier virulent: Der Berufung auf liberali und liberalismo folgten Stigmatisierung und Diffamierung der Begriffe in einer unabsehbaren Flut von Traktaten der katholisch-restaurativen Publizistik. Eine herausragende Stellung in der Ausprägung dieses semantischen Antagonismus nahm Antonio Capece Minutolo di Canosa ein. Als herausragender Repräsentant der Gegenrevolution und Restauration profilierte er sich bereits um 1815, als er die konstitutionellen Konzessionen der Bourbonen scharf verurteilte. In Neapel amtierte er 1816 kurze Zeit als Polizeiminister und wurde zum Sprachrohr reaktionärer Adelskreise. Sein Übereifer veranlaßte schließlich selbst die Österreicher, auf seine Abberufung zu drängen. Wichtig wurde vor allem seine Förderung der katholisch-restaurativen Publizistik in Neapel.137 Insbesondere das Schlagwort der costituzione liberale symbolisierte für Canosa und seine reaktionären Gesinnungsgenossen Graf Monaldo Leopardi und Cosimo Andrea Sanminiatelli bereits eine gefährliche Konzession gegenüber den Prinzipien der Revolution, die es für Italien unter allen Umständen zu verhindern gelte. Sie formulierten das Ideal einer statischen Gesellschaft, die in hierarchischen Ständen organisiert und auf den Souverän hingeordnet sein sollte. Canosa wandte sich vor allem gegen eine unvollkommene Restauration, die die gefährliche Wurzel der Französischen Revolution nicht gänzlich beseitige und polemisierte gegen das abstrakte Ideal der neuen politischen libertà in der Tradition von 1789.138 Den Erfahrungsraum dieser restaurativen Theorien bildete die überschaubare norditalienische Stadtkommune. So kritisierte vor allem Monaldo Leopardi die staatliche Zentralisierung nach napoleonischem Vorbild, die einem despotischen Herrscher besonders entgegenkomme, weil die lokale Autonomie durch sie untergraben werde. Leopardi verwies damit auf die in Ober- und Mittelitalien besonders ausgeprägte Tradition kommunaler Unabhängigkeit. Aus dieser Perspektive bot der kommunale Partikularismus eine Garantie gegen despotische Willkür.139 136 137 138

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Vgl. Kapitel IV.3.b). Vgl. WALTER MATURI, Il principe di Canosa, Florenz 1944 sowie SABBATUCCI und VIDOTTO (Hrsg.), Bd. 1, S. 266 ff. Vgl. [ANTONIO CAPECE MINUTOLO DI CANOSA] I piffari de montagna. Ossia cenno estemporaneo di un cittadino imparziale sulla congiura del principe di Canosa e sopra i carbonari, Dublin 1820, zitiert nach N. DEL CORNO, Gli scritti sani. Dottrina e propaganda della reazione italiana dalla Restaurazione all’Unità, Mailand 1992, S. 64. Vgl. MONALDO LEOPARDI, Sulle riforme del Papa. Una parola ai sudditi del Papa, o.O. 1832, o.S., zitiert nach DEL CORNO, S. 163.

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V. Die Gleichzeitigkeit des semantisch Ungleichzeitigen

Der Rückgriff auf Canosa, Leopardi und Sanminiatelli erscheint gerechtfertigt, weil sie mit ihren Polemiken nach 1830 einen der profiliertesten Gegenpole zu liberali und liberalismo bildeten. Darüber hinaus standen sie hinter den beiden Organen, die in zahllosen Artikeln zu Beginn der 1830er Jahre die Auseinandersetzung mit liberalismo in der politischen Presse prägten. Die Voce della Ragione und die Voce della Verità trugen auf diesem Weg maßgeblich zur Diffusion des neuen Bewegungsbegriffes bei. Ihre Artikel folgten dabei einem durchgängigen Bestimmungsmuster:140 Programmatisch setzte man den gottlosen und revolutionären Liberali die Gesuiti als Verkörperung des wahren Katholizismus entgegen.141 Interessant erscheint die Bestimmung des Ursprungs von liberali. Für den italienischen Autor ersetzte liberale das Attribut giacobino,142 ohne daß die semantischen Ursprünge der französischen idées libérales dabei berücksichtigt wurden. Die Revolutionäre der Gegenwart schienen ihre Intentionen mit einem neuen Etikett lediglich zu tarnen: Liberali. Il nome. Questo nome non è punto francese, perchè nel dizionario dell’Academia non ha il nuovo significato che si vuole attribuirgli, è questo un barbarismo non intelligibile, che è stato sostituito al terribile nome di giacobino, il quale non verrebbe più tanto bene applicato, ora che i rivolutionarii sono divenuti persone di buona compagnia dopo essere stati purificati affatto gratuitamente dalla nuova liberalità di cui avevano tanto bisogno.

Diesem Bedeutungszusammenhang folgte auch die Charakterisierung der operazioni der liberali. Der Zusammenhang von katholischer Religion, Kirche, Obrigkeit und Monarchie firmierte als Legitimationsrahmen für den Erhalt des politischen und gesellschaftlichen status quo: Ho detto che al vocabolo giacobino si è sostituito quello di liberale; ed è questa, io credo, la miglior maniera di definire la parola liberale attesa l’oscurità del barbarismo. Dalle operazioni dei liberali non si può fare a meno di non conoscere l’identità, perchè che cosa fanno essi? Tutto quello che hanno fatto i giacobini . . . I liberali mentiscono, calunniano, fanno degl’intrighi, ingannano, provocano petizioni scandalose, con i loro giornali ed i loro libriccini nei quali la religione è continuamente attaccata, i sacerdoti vilipesi, le autorità disprezzate, ed i re insultati.143

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Vgl. die Sammlung von Briefen und Dokumenten in La Gazzetta La Voce della Verità condannata a morte ignominiosa senza appello con sentenza proferita a Parigi nell’aprile 1835 da Ser Cotale Niccolò Tommaseo e compagni per strage commessa dell’Antologia e per attentati contro la liberalesca settaria sovrana canaglia, Filadelfia 1835, S. 17, 38 f., 62 f., 105 und 170; vgl. MONITORE BOLOGNESE, Nr. 10, 12. März 1831 sowie ebd., Nr. 12, 18. März 1831. Gesuiti – Liberali, in: LA VOCE DELLA RAGIONE 1 (1832), S. 178–87. Vgl. Cenni al popolo intorno alla religione ed umanità del liberalismo nelle nostre provincie. Catechismo e dialogo fra padre e figlio, o.O. 1833, S. 19 ff. Gesuiti – Liberali, S. 179 und 181; vgl. ferner Dissertazione medico-filosofica sul liberalismo, in: LA VOCE DELLA RAGIONE 1 (1832), S. 105–11; La credulità de’ Liberali, in: ebd. 1 (1832), S. 244–51; I Liberali. Traduzione dall’originale francese, in: ebd. 1 (1832), S. 287–94; I Liberali. Sonetto, in: ebd. 1 (1832), S. 346; Sulla libertà dei filosofi, in: ebd. 4 (1833), S. 14–7; Dove condurrebbero l’Italia i progetti dei liberali?, in: ebd. 5 (1833), S. 3–11; Esame della filosofia del liberalismo, in: ebd. 8 (1834), S. 302–11; Le

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Durch die Aufnahme der negativen Begriffe eguaglianza und repubblicanismo ließen sich die liberali jederzeit als rivoluzionarii in der Tradition der Französischen Revolution diskreditieren.144 Auch die im französischen Politikdiskurs so häufig anzutreffende Kritik an der Wandlungsfähigkeit der Bezeichnungen ließ sich in der italienischen Publizistik nachweisen: „Passerà agevolmente il liberale da costituzionale a repubblicano, da questo ad anarchico ec., ma realista, sinceramente realista, non diventerà giammai“.145 Die Voce della Verità widmete dem neuen Deutungsmuster sogar eine eigene Rubrik mit der Überschrift „dizionario liberale“, in der wichtige Schlagworte der liberali mit programmatischen Gegendefinitionen versehen werden sollten: „abbiamo deliberato di stendere quì mano a mano un Saggio di Dizionario, onde quelli che non sono bene al fatto delle idee correnti possano imparare il vero significato dei termini del senso liberale; e con ciò crederemo di aver fatta opera di somma utilità.“ Zu den behandelten Schlagworten zählten u. a. gesuiti, tolleranza, secolo illuminato, tiranno, patriotta sowie filantropia ed umanità.146 Diese Strategie wies eine deutliche Parallele zu Carl Ludwig von Hallers Versuch einer systematischen Entlarvung des jargon libéral auf, der seinerseits dem Vorbild des französischen Dictionnaire libéral von 1823 gefolgt war.147 Mit der Gegendefinition sollte auch im italienischen Kontext die diskursive Deutungsmacht der liberali gebrochen werden:148 Dies reflektierte die auch für Italien

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Idee Liberali, in: ebd. 10 (1834), S. 317; Il liberalismo vaneggia, in: ebd. 11 (1834), S. 53–5 sowie Una speranza fallita per i dilettanti del liberalismo. Circolare del Regio governo di Napoli, in: ebd. 11 (1824), S. 190–2. [MARIO FELICE PERALDI] Pensieri sulla disuguaglianza sociale di Monsignor Mario Felice Peraldi, 2. Aufl. Rom 1836, S. 25, 28 und 35 sowie Catechismo sulle rivoluzioni, o.O. 1832, S. 28. Lettera da Faenza a Perugia per conoscere i liberali della Romagna, o.O. 1831, S. 39; vgl. Lettera da Lugo per conoscere i liberali della Romagna, o.O. 1831, S. 8f.; Lettera da Castelfranco per conoscere i liberali della Romagna, o.O. 1831, S. 2 sowie Lettera da Ravenna e da Perugia per conoscere i liberali della Romagna, o.O. 1831, S. 2 und 9. Saggio di un dizionario liberale, in: LA VOCE DELLA VERITÀ, Nr. 2, 8. Juli 1831 sowie Nr. 4, 15. Juli 1831; SUPPLEMENTO ALLA GAZZETTA LA VOCE DELLA VERITÀ, Nr. 9, 2. August 1831; Nr. 10, 5. August 1831; Nr. 13, 16. August 1831; Nr. 21, 13. September 1831; Nr. 22, 16. September 1831 sowie Nr. 40, 8. November 1831. Vgl. Kapitel IV.1.c). Vgl. Sogni Pseudo-Profetici del Liberalismo, in: VOCE DELLA VERITÀ, Nr. 17, 30. August 1831; Ai Panegiristi delle virtù liberali, in: SUPPLEMENTO, Nr. 19, 6. September 1831; Confessioni del Liberalismo, in: ebd., Nr. 47, 24. November 1831; Del Liberalismo e della Libertà civile, in: ebd., Nr. 68, 12. Januar 1832; Catechismo liberale del giusto-mezzo, in: SUPPLEMENTO, Nr. 85, 21. Februar 1832; Dell’indole del moderno barbarismo volgarmente Liberalismo, in: ebd., Nr. 90, 3. März 1832; Il Liberalismo al tribunale dell’esperienza, in: ebd., Nr. 120, 12. Mai 1832; L’impostura del liberalismo smascherata, in: ebd., Nr. 141, 30. Juni 1832; Due parole ai Liberali Toscani, in: ebd., Nr. 143, 5. Juli 1832; Delle metamorfosi liberalesche, in: ebd., Nr. 170, 6. September 1832; Del patriottismo Liberale, in: ebd., Nr. 227, 17. Januar 1833; Liberalismo dei bonapartisti, in: ebd., Nr. 233, 30. Januar 1833; Umile proposizione ai principi sulla estirpazione dei liberali, in: ebd., Nr. 258, 30. März 1833 sowie Ai Liberali Italiani, in: ebd., Nr. 270, 27. April 1833.

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grundsätzlich veränderte Relevanz des Wortfeldes; allerdings setzte jene spezifische Form der Auseinandersetzung mit einer charakteristischen Verzögerung von rund zehn Jahren gegenüber der begriffsgeschichtlichen Entwicklung in Frankreich ein. Dabei erscheint es signifikant für den relativ schwächer entwikkelten italienischen Politikdiskurs, daß auch weiterhin zahlreiche Artikel aus dem Französischen wörtlich ins Italienische übersetzt wurden, ohne daß es zu neuen eigenständigen semantischen Bestimmungen kam.149 Für Canosa verkörperten die Schlagworte „bugiardo liberalismo“, „settarioliberali“ und „canaglia liberale“ die Fortsetzung der gottlosen Französischen Revolution,150 die er in eine negative Kontinuitätslinie zur Englischen Revolution und zur Abwendung Heinrichs VIII. von Rom stellte: E siccome le rivoluzioni settario-democratiche sono sempre le stesse, e la filantropia liberale ha sempre prodotti i medesimi spaventevoli risultamenti, così quanto avvenne nell’anarchica rivoluzione di Francia non era che una copia di quello che era successo in Inghilterra, in seguito dell’apostasia di Enrico VIII.

Auch hier zeigte sich, daß hinsichtlich der italienischen Begriffsbestimmung stärker als in den übrigen Vergleichsländern die historische Stellung zu Katholizismus und Papsttum richtungweisend war. Für die negative Konnotation von liberale übernahmen cattolicismo und papa die Funktion historisch verankerter und weltanschaulich legitimierter Deutungsmuster, an die jederzeit angeknüpft werden konnte, so wie im englischen Politikdiskurs unter ganz anderen Vorzeichen an die Begriffe liberty und constitution. Canosa reflektierte in Anlehnung an den in der Voce della Verità zusammengestellten dizionario liberale die Verschiebung von Begriffsinhalten seit der Französischen Revolution, ja die regelrechte Umkehrung von Bedeutungsgehalten als besonders subversives Mittel der politischen Auseinandersetzung. Dies erkannte er zumal in der verbreiteten Wertschätzung der filosofi der Aufklärung als spiriti forti: Quelli che gli stolti del secolo chiamano filosofi; gli Atei in particolare, i materialisti, e coloro tutti che dopo questa momentanea vita terrena, altra non ne ammettono eterna, sono quelli precisamente assai più attaccati dalla Paura morale; abbenchè con impudente jattanza vengono nominati Spiriti Forti da quel Dizionario liberale, che per sistema adatta ai vocaboli un’idea tutta opposta a quella che loro regolarmente competerebbe per convenzione avutane tra tutti gli abitatori dell’universo, fin dalla prima creazione del Mondo.151 149

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Vgl. Confutazione del principio che la sovranità risiede nel popolo e delle conseguenze che se ne ritraggono. Prima traduzione italiana dal francese di Emmanuele Marini Romano, Rom 1835, S. 7f. [ANTONIO CAPECE MINUTOLO DI CANOSA] I miracoli della paura. Ragionamento di Antonio Capece Minutolo principe di Canosa, dedicato ai suoi amici, Modena 1831, S. 5f., 9 und 11; vgl. DERS., Epistola ad un Carciere [Rom 1834], S. 2, 10 f., 13 und 15. DERS., Miracoli, S. 36 und 39; vgl. [DERS.] Sulla Corruzione del secolo circa la mutazione dei vocaboli e delle idee. Lettera ad un amico, Italia [o.O.] 1833, S. 9: „Nulla di più facile per i nostri rivoluzionarj. Essi avendo accoppiato le stranissime idee della ribellione col diritto (il quale non può collegarsi che colla sola legittimità), e le qualità contradittorie della superbia colla debolezza, si sono fortificati colla mutazione degli antichi vocaboli, e coll’altri inventarne tutti nuovi di conio. Col cangiamento de’ voca-

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Den konstitutionellen Erwartungshorizont des liberalismo in der costituzione liberale deutete Canosa als Einfallstor für die über die Anarchie noch hinausgehende neue Despotie im Namen eines abstrakten Freiheitsideals. Es sei unübersehbar, „che il liberalismo moderno, sotto l’ipocrita moderata richiesta della costituzione, vuole la licenza; che non contento della Democrazia anela l’Anarchia, per cui unico rimedio è quello di un giusto ma ferreo dispotismo.“ Dieser Prämisse entsprach auch seine konsequente Ablehnung auch des geringsten konstitutionellen Zugeständnisses nach 1815.152 Die aus Canosas Perspektive entscheidende semantische Trennlinie markierte die Haltung der liberali zu Religion und Kirche. Dieses Kriterium erlaubte es ihm wie den meisten Vertretern der katholisch-restaurativen Publizistik, liberali und liberalismo ohne weitergehende Differenzierung dem feindlichen Lager von Freimaurern, Kirchenkritikern, Protestanten und oppositionellen Untergrundzirkeln zuzuordnen. Zwischen diesen gänzlich heterogenen konfessionellen und politischen Gruppen, zu denen der Autor insbesondere auch die Giovine Italia Giuseppe Mazzinis zählte, machte Canosa keine Unterschiede: „i Massoni, i Liberali, i Carbonari con tutta la settaria canaglia odiano i Gesuiti, tutti gli zelanti Sacerdoti regolari, ed odiano specialmente le Missioni“.153 Dem gleichen Bestimmungsmuster folgten zu Beginn der 1830er Jahre auch Monaldo Leopardi und Andrea Sanminiatelli in zahlreichen Schriften.154 Sanminiatelli erkannte in liberalismo und radicalismo ein Gefahrenpotential in ganz Europa, sei es in der französischen Julimonarchie, der englischen Reform Bill oder den „riforme liberali“ in Spanien.155 Insbesondere die Zurückweisung

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boli intanto, presso la sempre stolta moltitudine, sono essi arrivati ad alterare il principio e le massime fondamentali della pubblica credenza, della Morale, non che i principj di Politica, d’Etica, e Giustizia universale.“ CANOSA, Miracoli, S. 48; vgl. die paradigmatische Formulierung einer echten Restauration in ebd., Anmerkung: „,Se noi non salveremo il Re, ritarderemo almeno la perdita del suo Trono, dando a’ liberali la Costituzione che ardentemente desiderano, e che alla scoperta chiedono.‘ Così nell’anno 1817 mi dicea un soggetto, che il volgo diplomatico caratterizzava come un Uomo di Stato. ‚Precisamente l’opposto, io replicava. Un sistema giusto, fermo, severo, vigilante contro le Società segrete; un’aristocrazia potente ed influente; impiegati di non dubbia fede; istruzione vera, educazione perfetta, missioni continue, Gesuiti e tutto il rimanente detestato dal liberalismo fisserà il vero ristabilmento della Monarchia e farà svaporare lo spirito rivoluzionario. Data la Costituzione sia qualunque, il Re va inevitabilmente perduto.‘“ ANTONIO CAPACE MINUTOLO DI CANOSA, Introduzione, in: Discorso sull’albero della libertà francese. Tradotto dal tedesco da L.P., o.O. [1833/34?], S. 1–9, hier S. 3 und 8. Vgl. [MONALDO LEOPARDI] Dialoghetti sulle materie correnti nell’anno 1831, o.O. 1831, S. 7, 24, 54, 60 und 71; DERS., Prediche recitate al popolo liberale da Don Muso Duro curato nel paese della verità e nella contrada della póca pazienza, o.O. 1832, S. 19, 21, 28, 37 und 47; DERS., Sulle riforme del governo. Una parola ai sudditi del Papa, o.O. 1832, S. 8 f., 56 und 71 f. sowie DERS., La città della filosofia [Pesaro 1833], S. 10 f., 14, 23 und 26 f. [COSIMO ANDREA SANMINIATELLI] Brevi considerazioni sulla politica europea al prin-

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der aufklärerischen „filosofia liberale“ als atheistisch-freimaurerische Verschwörung wurde zu einem Topos in der polemischen Auseinandersetzung. Der von den „filosofi liberali“ vertretene Grundsatz der gesellschaftlichen uguaglianza schien das aus restaurativ-katholischer Sicht besonders betonte ständisch-hierarchische Gesellschaftsideal in Frage zu stellen „per adulare e suscitare le passioni del popolo“.156 Besonders aufschlußreich für die Begriffsbestimmung zu Beginn der 1830er Jahre ist eine 1833 von Leopardi verfaßte Schrift, in der er die Forderungen der „liberali illusi“ zunächst charakterisierte, um sie dann systematisch zu widerlegen. Die „rigenerazione o restaurazione filosofica“ entsprach dabei den Idealen der Aufklärung. Ihnen ließen sich sowohl die Forderung nach „libertà della stampa“ als auch nach „libertà del culto“ sowie der „patto sociale“ zuordnen. Zu diesen Aspekten traten im italienischen Kontext vor allem die „indipendenza italiana“ und die „rivoluzione negli Stati pontificii“ als Fluchtpunkte der liberali hinzu.157 Dieser nationale Anspruch, für dessen Realisierung den liberali aber, so Leopardi, alle Machtmittel fehlten, bedrohte die weltliche Herrschaft des Papstes. Bei der Zurückweisung der Forderungen rekurrierte Leopardi auf das tradierte Argumentationsmuster, das von der göttlichen Einsetzung jeder legitimen Herrschaft ausging und mit dem sich der geistliche und weltliche Herrschaftsanspruch des römischen Papsttums verteidigen ließ: Un governo nuovo se vuole stabilirsi sodamente, bisogna che abbia forza, tempo, e bravi governanti . . . ora tutte e tre queste cose importanti e necessarie mi pare che manchino totalmente ai liberali per questa italiana indipendenza. Manca la forza, e tanto la fisica, quanto la morale. È vero che nella massa dei liberali vi sono delle ricche borse, ma ci vuol altro per mettere in piedi un esercito da poter far fronte ai nemici interni ed esterni . . . Gl’italiani sono tutti cristiani cattolici . . . la massa totale è cattolica, e riconosce, e professa il Vangelo. Ora il cattolico sa . . . che il potere legittimo vien da Dio, e non dal popolo ribellato, e molto meno dai liberali . . . Per provare che i liberali non sono cristiani cattolici basterebbe questo solo sillogismo: chi prediga una dottrina contraria a quella della chiesa cattolica, non è cristiano cattolico; ma i liberali predicando lecita la rivoluzione; e come di diritto dell’uomo, predicano una dottrina condannata dalle antiche scritture, dal Vangelo, dai PP. della Chiesa . . ., dunque essi non sono cristiani catolici; dunque non devono essere ascoltati.158

Das hier formulierte negative Bestimmungsmuster entwickelte eine im Vergleich zu Frankreich, Deutschland und England einzigartige Persistenz. In der Zurückweisung der politischen und nationalen Ansprüche der liberali wurde der päpstliche Anspruch auf das geistliche und weltliche Deutungsmonopol verteidigt. Hinter diesem Konflikt verbargen sich letztlich zwei antagonistische

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cipio dell’anno 1833, o.O. [1833], S. 14 ff.; vgl. DERS., La Costituzione e la politica nel secolo dei lumi e del progresso, o.O. 1835, S. 7, 10 f. und 17. [MONALDO LEOPARDI] Catechismo filosofico per uso delle scuole inferiori proposto dai redattori della Voce della Ragione, Pesaro 1832, S. 23; vgl. ebd., S. 7 ff. Vgl. DERS., Otto Giorni dedicati ai liberali illusi, o.O. 1833, S. 45 ff., S. 7 ff., 15 ff., 55, 35 f., 67 und 80 ff. Ebd., S. 35 f. und 67.

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Legitimationskategorien politischer Gewalt: Die säkulare Staatsidee der liberali stand der päpstlichen Interpretation des Gottesgnadentums gegenüber, und die Existenz des Kirchenstaates machte diesen Konflikt für den italienischen Bedeutungszusammenhang unausweichlich.159 Der Bewegungsbegriff liberalismo wurde nicht zufällig besonders häufig in die semantische Kontinuität der Aufklärungsbegriffe „spiriti forti“ und den „illuminati del secolo“ gestellt, denn die Französische Revolution war in katholisch-restaurativer Sicht primär das Ergebnis der atheistischen Gedankenwelt der Aufklärer gewesen. Die italienische Semantik blieb bis zur Jahrhundertmitte und darüber hinaus von diesem Antagonismus zwischen cattolici, preti und Chiesa auf der einen und liberali sowie liberalismo auf der anderen Seite bestimmt. Ihn charakterisierte P. da Pancaldo 1832 pointiert: Componete ora insieme questo impasto di contraddizioni. Il Curato è un mestiere che muove le risa del liberale, anzi l’astio: il Sacerdote desta nel liberale l’idea più barbara e più antisociale: l’abito del clerico genera acrimonia e suscita le imprecazioni: l’aver amicizia co’ preti è pei liberali un marchio di fanatismo, di stolidità, d’ipocrisia, di congiurato . . . I Cattolici che serbano ancor buon seme della pietà di Dio giudicheranno di quest’arbore dai frutti che noi loro abbiamo raccolti, e riconosceranno quandunque e dovunque che son liberali i nemici de’ Cattolici, liberali i calunniatori dei Preti, liberali i violatori dei diritti della Chiesa, liberali finalmente ove commettesi una profanazione, ove proferiscesi una bestemmia. Non si perda dunque tempo e pazienza ad aspettare dal liberalismo Francese e da ogni altro che ne è figlio o fratello la prosperità delle genti, la dolce libertà pel Vangelo. È impossibile che i governi senza Religione, senza Dio, sieno tolleranti della Religione Cattolica, la quale è così fatta che bisogna odiarla qual madre tiranna d’errore, quando non si ama siccome prima verità Sovrana.160

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Vgl. [DOMENICO ALPI] Risposta di un amico ad un altro con quali diritti tenghi il Papa gli stati temporali coll’aggiunta di un dialoghetto. Dedicata al Sig. tenente colonello Stanislao Freddi, Pesaro 1832, S. 86; Ricorrendo in Bologna le solenni funzioni del Corpus Domini l’anno MDCCCXXXIII. Commento di un sonetto liberalesco sortito in simile occasione l’anno precedente, o.O. 1833, S. 7–15 und 30 sowie LUIGI UGOLINI, Lettera pastorale di Monsignor Luigi Ugolini, vescovo di Fossombrone contro il preteso diritto pubblico filosofico ovvero sistema rivoluzionario moderno, Pesaro 1833, S. 7, 10, 13, 16 und 29. P. DA PANCALDO, Delle discordanze del liberalismo overo dell’ esclusione de’ clerici dal potere civile, Modena 1832, S. 42 f. und 128 f.

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V. Die Gleichzeitigkeit des semantisch Ungleichzeitigen

4. England a) Die semantische Bestimmung von whig und liberal in den Reformdebatten von 1830/32 Die in den 1820er Jahren vollzogene Adaption von liberal als Etikett der reformorientierten progressive whigs, wie sie von den Edinburgh Reviewers um Henry Brougham und Francis Jeffrey verkörpert wurden, führte auch zu Beginn der 1830er Jahre noch nicht zur Verdrängung der tradierten Etiketten whig und tory.161 Das englische Parteiensystem und die Persistenz seiner Bezeichnungen begründete im Vergleich mit der fragmentierten politischen Parteienlandschaft Frankreichs gerade nach 1830 ein spezifisches Sonderbewußtsein englischer Autoren.162 Andererseits stellte sich der langfristige Übergang von der whig party zur liberal party und von tory zu conservative bis zur Jahrhundertmitte als außerordentlich komplexer semantischer Prozeß dar, in dessen Verlauf alte und neue Begriffe nebeneinander standen oder eine Amalgamierung erfuhren, während bestimmte Bedeutungsaspekte von whig zunehmend als unzeitgemäß gedeutet und ausgesondert wurden. Die Ambivalenz der Phase bis 1850 besteht mithin aus einer Überlagerung tradierter oder neukonnotierter Begriffe, in der sich aber genau jener semantische Wandel widerspiegelte, der das Ende der langfristigen Sattelzeit des englischen Politikdiskurses seit dem 17. Jahrhundert in den 1830er Jahren bedeutete. Auch während der 1830er Jahre blieb das überlieferte Spektrum der Gruppenbezeichnungen von tories, whigs und radicals virulent.163 Vor dem Hintergrund der parlamentarischen und außerparlamentarischen Reformdiskussionen seit Ende der 1820er Jahre verstärkte sich zudem die publizistische Auseinandersetzung um den Begriff reformer, der von radicals und whigs mit verschiedenen Konnotationen für sich reklamiert wurde: Die „Whig-Reformers“ verfolgten eine begrenzte Ausweitung politischer Partizipation unter der Prämisse, daß diese Reform die überkommene Stellung der aristokratischen

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Vgl. zur zeitgenössischen Bestimmung von toryism im Gegensatz zu liberal und liberalism [WILLIAM MAGINN] The state and prospectus of toryism, in: FRASER’S MAGAZINE FOR TOWN AND COUNTRY 9 (1834), S. 1–25; [DERS.] The state and prospectus of toryism, in: ebd. 11 (1835), S. 610–6, hier S. 610 und 613; vgl. ferner die Bestimmung von whiggism und radical in [DERS.] The state and prospectus of whiggism, in: ebd. 14 (1836), S. 515–30; The Radicals, the Dissenters, and the Papists, in: ebd. 14 (1836), S. 681–94 sowie Toryism versus English liberty – An Argument from History, in: THE ECLECTIC REVIEW, New Series 9 (1841), S. 578–603. Vgl. State and Prospects of Parties in France, in: BRITISH AND FOREIGN REVIEW 3 (1836), S. 167–201, hier S. 167 f. Vgl. PETER NEMO, Political Pledges, or Garbage to catch Gudgeons, and a tub to the whale; being a Tug for the Tories! Wipping of the Whigs!! And Rooting out of the Radicals!!! A New Song, written for the occasion at the Conservative Banquet, On 13th June 1834, London 1834.

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Politikeliten nicht in Frage stellte.164 Dagegen setzten die außerparlamentarischen radicals den Begriff als Identifikationsattribut gegen die etablierten Parteien ein. So betonte der Reformer’s Catechism von 1832: The Reformers have no confidence in either [i. e. whigs oder tories] as a political party; though in both parties there are many individuals estimable for integrity, intelligence, and private worth. Why have the Reformers no confidence in either of these parties? Because, as between Whigs and Tories, the struggle has been, either to maintain or to acquire place. When in place, to strengthen their own position by the aid of patronage; when out of place, to annoy and weaken their opponents, without much scruple as to the means employed: and either party, when in power, have used their political ascendancy for promoting or preserving exclusive or partial interests.165

Auffällig blieb im Gegensatz zu der in der politischen Publizistik nachweisbaren Politisierung von liberal die eher stagnierende Begriffsdeutung auf lexikalischer Ebene. Nur vereinzelt traten neben die tradierten Definitionen von whig und tory überhaupt politische Inhalte von liberal.166 Dagegen assoziierte man 164 165 166

[HENRY RICH] Whig Government, or two years retrospect, 2. Aufl., London 1832, S. 31. The Reformer’s Catechism: Intended for reformers of all classes, and adapted to the plainest capacities, London 1832, S. 5. Vgl. [Webster’s Dictionary] A Dictionary of the English Language and a concise Grammar, philosophical and practical, of the English Language. By NOAH WEBSTER, New York 1828, reprinted by E. H. Barker, Norfolk, Bd. 2, London 1832, o.S. sowie CHARLES RICHARDSON, A New Dictionary of the English Language, Bd 2, London 1837, S. 1211 f.; zur politischen Definition von liberal vgl. Encyclopaedia Americana. A Popular Dictionary of Arts, Sciences, Literature, History, Politics and Biography, brought to the present time; including a copious collection of original articles in American Biography; on the basis of the seventh edition of the German Conversations-Lexicon. Edited by FRANCIS LIEBER, assisted by E. WIGGLESWORTH and T. G. BRADFORD, Bd. 23, Philadelphia 1833, S. 151 ff. sowie The Penny Cyclopaedia of The Society for the Diffusion of useful knowledge, Bd. 27, London 1843, S. 322 f.; vgl. zur dominierenden Sicht auf die kontinentaleuropäischen Staaten Encyclopaedia Americana, Bd. 7, Philadelphia 1831, S. 533; The Popular Encyclopedia; or, „Conversations Lexicon:“ Being a General Dictionary of Arts, Sciences, Literature, Biography, History, Ethics, and Political Economy, Bd. 4, Glasgow 1841, S. 457; vgl. W. T. BRANDE (Hrsg.), A Dictionary of Science, Literature, & Art: Comprising the History, Description, and scientific Principles of every branch of Human Knowledge; with the derivation and definition of all the terms in general use. Edited by W. T. BRANDE. Assisted by JOSEPH CAUVIN, London 1842, S. 659; Encyclopaedia Metropolitana; or, Universal Dictionary of Knowledge, On an Original Plan: Comprising the twofold advantage of a philosophical and an alphabetical arrangement, with appropriate engravings, Bd. 21, London 1845, S. 415. Der Bewegungsbegriff liberalism ist auf lexikalischer Ebene überhaupt erst für die 1840er Jahre nachweisbar; vgl. JOHN BOAG (Hrsg.), A Popular and Complete English Dictionary; exhibiting the pronunciation, etymology, and explanation of every word usually employed in Science, Literature, & Art, Bd. 2, London 1848, S. 785; [Webster’s Dictionary] A Dictionary of the English Language; containing the whole vocabulary of the first edition in two volumes quarto; the entire corrections and improvements of the second edition in two volumes royal octavo. By NOAH WEBSTER. Revised and enlarged by CHAUNCEY A. GOODRICH, London 1848, S. 661 sowie [Webster’s Dictionary] A Dictionary of the English Language; exhibiting

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in der politischen Publizistik der frühen 1830er Jahre liberal und liberals nunmehr eindeutig mit den großen Reformprojekten. Der „Liberal supporter of Roman Catholic Emancipation and Parliamentary Reform“ nahm im tradierten whig-Diskurs eine immer größere Bedeutung ein.167 Dabei konnotierte man liberal nicht mehr wie noch bis 1820 im Blick auf die um 1830 erneut sichtbar werdenden revolutionären Krisen auf dem europäischen Kontinent, sondern unterstrich mit diesem Attribut einen evolutionären Reformprozeß in England „to combine liberal institutions with order, stability, and a necessary strength in the executive“.168 Dies eröffnete auch eine Verbindung zu den liberal tories in der Tradition George Cannings. Dieser hatte im Kontext wachsender sozialer Unruhen Ende der 1820er Jahre betont, daß sich das Land „on the brink of a great struggle between property and population“ befinde und daß dieser Kampf nur „by the mildest and most liberal legislation“ verhindert werden könne.169 Zu dieser „liberal legislation“ zählten vor allem die Emanzipation der Katholiken und Dissenter 1828/29.170 Daneben verband man im Gegensatz zu den restaurativen Maßnahmen Metternichs auch die Außenpolitik Cannings, die die Freiheits- und Unabhängigkeitsbewegungen in Griechenland und Südamerika unterstützt hatte, mit „liberal principles.“ Selbst George IV. mußte sie als „wise and comprehensive principles“ anerkennen, „by which the peace and general interest of Europe were bound together.“ Henry Brougham lobte im Hinblick auf Canning „those sound, enlightened, liberal, and truly English principles – principles worthy of our best times and of our most distinguished statesman – which now govern this country in her foreign policy“.171 Mit der Regierungsübernahme durch Earl Grey 1830 wurde liberal noch deutlicher mit den whigs und ihren Reformzielen identifiziert. Francis Baring setzte whigs und liberals gleich, indem er letztere ganz im Sinne der whig-Topoi des 17. und 18. Jahrhunderts als „a body of men connected with high rank

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the Origin, Orthography, Pronunciation, & Definition of Words. By NOAH WEBSTER. Revised and Enlarged by CHAUNCEY A. GOODRICH, London 1852, S. 594. Vgl. THE LIBERAL, CHATHAM, ROCHESTER, STROOD & BROMPTON REPOSITORY, Nr. 1, 1. August 1835, S. 11 f. sowie Letters to a Friend, by a Liberal Supporter of Roman Catholic Emancipation and Parliamentary Reform, on the Irish Reform Bill, [London] 1831. Vgl. zur Rezeption von ultra-liberal [GEORGE MOIR] The German Ultra-Liberal Press. Börne and Heine, in: THE FOREIGN QUATERLY REVIEW 10 (1832), S. 150–62 sowie JOHN WALSH, Popular Opinions on Parliamentary Reform, considered by Sir John Walsh, London 1831, S. 92. [GEORGE CANNING] Some Official Correspondence of George Canning, Bd. 2, hrsg. von E. J. STAPLETON, London 1887, S. 321. Vgl. die Charakterisierung von Canning bei FRIEDRICH LIST, Schriften, Reden, Briefe. Im Auftrag der Friedrich-List-Gesellschaft e.V. mit Unterstützung der Deutschen Akademie und der Notgemeinschaft der deutschen Wissenschaft, hrsg. von ERWIN VON BECKERATH et al., 10 Bde., Berlin 1927–1935, hier Bd. 2, S. 142 ff., Bd. 4, S. 454 f. und 510 sowie Bd. 6, S. 376. Zitiert nach A. G. STAPLETON, George Canning and His Times, London 1958, S. 411 und 219.

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and property“ definierte, „bound together by hereditary feeling and party ties, as well as higher motives, who in bad times keep alive the sacred flames of freedom, and when the people are roused, stand between the constitution and revolution, and go with the people, but not to extremities“.172 Die Edinburgh Review wandte liberal seit Ende der 1820er Jahre nicht nur zur Bezeichnung des Reformkurses der moderate Whigs an, sondern kennzeichnete 1830 auch den Tory Robert Peel als liberal, weil er seit seinem Eintreten für die Emanzipation der Katholiken und seinem Einsatz für Aufhebung der corn laws als überzeugter reformer galt: He has become a distinguished and most valuable votary of liberal principles. He had taken . . . to reform the criminal law; he has heartily supported the reformers of our civil jurisprudence. He is the friend of a liberal policy in commercial matters; and, probably, no adherent to the false views of arbitrary power, cherished by the Wellingtons and the Aberdeens in respect to foreign affairs . . . That such conduct has justly recommended him to the chiefs of the liberal party, is as certain as that it has destroyed his whole personal weight in the country.173

Die Tatsache, daß liberal im Sprachgebrauch der Edinburgh Reviewers auch die fortschrittlichen Mitglieder der tories umfaßte, bestätigte eine weitere Äußerung Henry Broughams von 1834. Während die tories nicht leugnen könnten, „that the public voice is with their liberal adversaries“, nahm er die „liberal Tories“ hiervon ausdrücklich aus: „When we speak of Tories, – we use the name for shortness, and to express the ultra principles of that party .. . We are far, indeed, from holding that the liberal Tories and their views are in the same disrepute among us“.174 Dies zeigte, daß liberal noch keinesfalls eine eindeutige ideologische Trennlinie zwischen whig und tory markierte, sondern ausdrücklich auch die reformorientierten tories wie Canning oder Peel einschloß. Die Ausbildung des „parteipolitischen“ Antagonismus liberal/conservative verfestigte sich erst in den 1850er und 1860er Jahren. Spätestens mit der Regierungsübernahme durch Earl Grey und der First Reform Bill 1832 wurde liberal im politischen Sprachgebrauch zu einem fest etablierten Begriff der Whig-Reformer.175 Zeitgenossen sprachen nun immer 172 173 174 175

THOMAS GEORGE, Earl of Northbrook, A Memoir, hrsg. von BERNARD MALLET, London 1908, S. 32 f. [HENRY BROUGHAM] The Ministry, and the State of Parties, in: EDINBURGH REVIEW 51 (1830), S. 564–82, hier S. 576. [HENRY BROUGHAM] The Last Session of Parliament, in: EDINBURGH REVIEW 60 (1834), S. 230–54, hier S. 252. Vgl. [HENRY RICH] Tory and Reform Associations, in: EDINBURGH REVIEW 62 (1835), S. 167–84, hier S. 171: „the first Reform Parliament, which met in February 1832, was essentially liberal.“, vgl. ebd., S. 180: „It is therefore against the House of Commons, against its liberal cast, that all their efforts [i. e. der Tories] and intrigues, all their speeches and measures, whether in or out of power, are ultimately directed.“ Der Autor sprach im Zusammenhang mit der Gründung eigener Reform Associations als Antwort auf die sich organisierenden conservatives vom „Liberal cause“ und den „Liberal voters“ als Anhängern der Reform; vgl. ebd., S. 183.

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häufiger von „liberal views“, „Liberal Ministry“, „liberal policy“, „liberal principles“, „liberal opinions“, „liberal colours“ und von einer parlamentarischen „Liberal party“, mit der sie das Lager der reformers bezeichneten.176 Eine Infragestellung der aristokratischen Dominanz im Parlament und damit des politischen Einflusses der adligen Eliten verband sich mit liberal dagegen nicht. In einem fiktiven Dialog mit einem liberal von 1832 antwortete dieser auf die Frage nach der Stellung der „aristocracy in our constitution“ in denkbar whiggistischer Tradition: „I consider it conservative of the just balance of the State. I hope that its just influence may never be weakened. I respect hereditary virtue and talents; cherish the memory of those nobles, who, in former times, have won and secured their country’s liberties.“ Die positive Selbstbezeichnung liberal wies nun auf eine veränderte Rolle der politischen Öffentlichkeit auf der Grundlage des reformed parliament hin: Der Erwartungshorizont des liberal lag im „change from a government by Influence, to government by Public Opinion . . . Such a government, supported by a Reformed Parliament, and dependant on the real representatives of the people, would not again plunge us into an expensive and ruinous war, to support the despots of Europe“.177 Die Führer der whig party wurden nach 1830 in durchaus programmatischer Absicht als „liberal talents of the Empire“ bezeichnet; eine revolutionäre Implikation schloß diese Charakterisierung aus. Vielmehr wirkte auch hier das soziokulturelle gentleman-Ideal nach, wenn Earl Grey und Lord Althorpe als „names synonymous with every thing noble, liberal and free“ bezeichnet wurden.178 Als „merely nominal liberals“ oder „pretended liberals“ erschienen dagegen die bloßen Mitläufer der Reform Bill im Parlament, die nicht zu den überzeugten reformers gezählt wurden.179 Auch auf der politischen Gegenseite setzte sich nach 1830 neben der Polemik gegenüber radicals und radicalism die politische Gruppenbezeichnung liberals für die Anhänger der parliamentary reform durch.180 Die Bezeichnungen „liberal government“ und „liberal institu176

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BROUGHAM, Last Session of Parliament, S. 230–2, ebd., S. 248: „Earl Grey . . . and the principles of liberal and reforming policy“ sowie [DERS.] Last Session of Parliament – House of Lords, in: EDINBURGH REVIEW 62 (1835), S. 185–204, hier S. 196: „One thing is clear – that men of liberal opinions are as much divided to the full as the Antireformers.“, vgl. ebd., S. 185–7. A Few Questions concerning Oligarchy & Tithes, proposed to a Liberal, Bristol [1832], S. 7f. Hints to all Parties, by a man of no party, London 1834, S. 90. PETER JENKINS, A Letter to Isaac Tomkins, Gent. author of the Thoughts upon the Aristocracy, 11. Aufl. London 1835, S. 6 und 9; vgl. zur Verwendung von liberals und liberal im Bezug auf Earl Greys Kabinett EDWARD LYTTON BULWER, The Present Crisis. A Letter to a Late Cabinet Minister, 19. Aufl. London 1834, S. 3 und 15. Vgl. T. W. DYKE, A Poetical Satire, adressed to the British Radicals, and Pretending Reformers. Dedicated to the real, sincere, and substantial Reformers of England, London 1831, S. 27; Subordination the True Safeguard against Despotism. Adressed to Infidels, Radicals, Jesuits and Christians. By a Freeborn Briton, London 1831, S. 11; THOMAS BROTHERS, The United States of North America as they are; not as they are generally described: Being a cure for Radicalism, London 1840, S. III; THE LIVERPOOL

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tions“ wurden in positiver Wendung konkret auf das Reformministerium Earl Greys bezogen.181 Andererseits blieb eine verbindliche Identifizierung aller whigs als liberals unmöglich, denn unter dem Etikett whig firmierten verschiedene Gruppen, die keinesfalls eine homogene Reformbewegung bildeten. So unterschied man 1835 in einer „classification of the degrees and denominations of Whiggism . . . three distinct classes, the doubtful, the aristocratic, and the liberal Whigs.“ Vor dem Hintergrund der Wahlrechtsreformen hob man hervor, „that the Whiggism of the present day is, and must necessarily be, of another spirit than the Whiggism of 1688.“ Hier kündigte sich die Transzendierung des traditionellen Verständnisses von whig bereits an. Den „modern liberal Whig“, der von den traditionellen „aristocratic Whigs“ deutlich unterschieden wurde, kennzeichne seine Bereitschaft, auch zusammen mit den radical reformers die Reformprojekte gegen den Widerstand des politischen Gegners durchzusetzen. In diesem Sinne fungierte reform als semantisches Bindeglied zwischen whigs und liberal party. Die spezifische Anpassung an veränderte Erwartungen der Gegenwart bestätige, so der Autor, erneut die historische Rolle der whigs. Es sei unbestreitbar, „that the Whigs, without the slightest dereliction, but rather in vindication of their principles, might identify themselves with the liberal party, the thorough uncompromising Reformers“.182 Auch in der semantischen Amalgamierung von whig und liberal blieb insofern das historische Bedeutungsmuster von whig, die Aktualisierung einer historisch begründeten Rolle als friends of the people und Verteidiger der constitution, dominant. Auch wenn eine Kooperation mit den radical refomers zumindest temporär notwendig erschien, ergab sich daraus keine Identifizierung von whig und radical. Die besondere Ambivalenz von whig zu Beginn der 1830er Jahre resultierte auf der einen Seite aus dem Bekenntnis zu reform und der begrenzten Kooperation mit den radicals und auf der anderen Seite aus dem Versuch, die spezifische whig-Identität zu bewahren. Vor diesem Hintergrund wird verständlich, warum sich gerade um 1830/32 auffällig viele Bestimmungen von whig finden, die im Gegensatz zu den Prinzipien der radicals das traditionelle Bekenntnis zu liberty, constitution und zu der auf diese nationalen Wertbegriffe hingeordneten aristokratischen Identität herausstellten. In der Auseinandersetzung um die 1832 von John Walsh verfaßte Schrift On the Present Balance of Parties in the State griff ein Kritiker bewußt auf den Topos der „popular Constitution“ zurück und formulierte ganz im Sinne der im 17. und

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EXAMINER. A Monthly Magazine, Nr. 1, 2. Dezember 1832, S. 1; Plain Words addressed to the electors of The United Kingdom. By a Reformer, London 1834, S. 8 sowie Who shall be our Leaders? Adressed to the People of England, London 1835, S. 14. [CHARLES GREY] Four Years of a Liberal Government, London 1834, S. 14 f. CAPEL LOFFT, The Whigs, their Prospects and Policy, London 1835, S. 14 und 18–21.

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18. Jahrhundert entwickelten Argumentationsmuster noch einmal ein geradezu idealtypisches Selbstverständnis von whig. Walsh hatte die whigs dahingehend definiert, „that their political principle was a peculiar regard for the popular parts of the English Constitution“.183 Dem entgegegnete Montague Gore: but this position rests on the assumption which we have already seen to be fallacious, that the Whigs regarded the popular parts of the Constitution, to the exclusion of other parts; and thence Sir John comes to the conclusion, that whenever they appeared to favour the Aristocracy or the Monarchy, they must have been actuated not by principle, but by interest. But the great principles of what Sir John denominates the Whig party, have been, regard not for this, or that particular part of, but for the whole Constitution; for the whole Constitution, because the whole is a popular Constitution; because the whole is designed to answer the ends and purposes of good government. Our Monarchy is a limited Monarchy; our Aristocracy have [sic!] no power as an Aristocracy; but only as a part of the legislature. And if the Whigs have appeared at times to be favourable to the Monarchy and Aristocracy, did it never occur to Sir John Walsh, that their motive might have been, not predilection for Monarchy, or Aristocracy, but regard for the free Constitution of England, of which Monarchy and Aristocracy are component and essential parts.184

b) A Liberal and a radical are synonymous: Die antiaristokratische Projektion der Movement party bei den Westminster Radicals um John Stuart Mill Die Bestimmung von liberal als Etikett der moderate whigs im Umkreis der Edinburgh Review blieb nicht unumstritten. So wurde es als Ausdruck weitergehender Reformen im Laufe der 1830er Jahre gerade von den Philosophic Radicals um James und John Stuart Mill reklamiert. Diese kleine Gruppe von Abgeordneten, zu denen neben John Stuart und James Mill so bedeutende politische Theoretiker wie John Arthur Roebuck, Joseph Parkes und George Grote gehörten, ließ sich bei aller programmatischen Nähe zu Jeremy Bentham, der zumal James Mill und seinen Sohn tiefgreifend geprägt hatte, nicht auf das Programm eines lediglich theoretischen Utilitarismus reduzieren.185 Diese Gruppe, die ihr publizistisches Sprachrohr in der Westminster Review besaß und die Regierung Grey bei der parlamentarischen Durchsetzung der Reform Bill unterstützt hatte, wurde in der zeitgenössischen Terminologie häufig der reform party zugerechnet, obgleich sich allein aus der nichtaristokratischen Herkunft ihrer Mitglieder Spannungen mit den hocharistokratischen Repräsentanten der whig party ergaben. Nach 1832 setzten sich die parliamentary radicals für die konsequente Ausweitung des Wahlrechts zugunsten derjenigen sozialen Schichten ein, die auch nach der Reform Bill noch nicht zu Wahlen zu183 JOHN 184 185

WALSH, On the present Balance of Parties in the State, 2. Aufl. London 1832, S. 36. MONTAGUE GORE, Reply to Sir Walsh’s Pamphlet, entitled The Present Balance of Parties, London 1832, S. 11 f. Vgl. THOMAS, S. 95 ff. und 147 ff.

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gelassen waren. Ihre wachsende Enttäuschung über die erlahmenden Reforminitiativen der Regierung schlug sich in einer Distanzierung gegenüber whig und whiggism nieder. Dabei kam der eigenständigen Bestimmung von liberal und liberalism eine besondere Bedeutung zu: Bei der Abgrenzung der eigenen Position bediente man sich des neuen programmatischen Bewegungsbegriffes, der noch immer außerhalb der tradierten Parteibezeichnungen lag und sich daher als semantische Folie zur Formulierung des eigenen Selbstverständnisses anbot. So stellte John Stuart Mill bereits 1831 toryism und liberalism einander gegenüber. Toryism meine die Überzeugung, „that it is good for man to be ruled; to submit both his body & mind to the guidance of a higher intelligence & virtue.“ Demgegenüber stehe hinter liberalism das selbstverantwortliche Individuum mit seinem Anspruch auf Emanzipation und konsequente Selbstbestimmung: It [i. e. toryism] is therefore the direct antithesis of liberalism, which is for making every man his own guide & sovereign master, & letting him think for himself & do exactly as he judges best for himself, giving other men leave to persuade him if they can by evidence, but forbidding him to give way to authority; and still less allowing them to constrain him more than the existence & tolerable security of every man’s person and property renders indispensably necessary.186

Gegenüber den eher pragmatischen Deutungen der Edinburgh Reviewers dominierte in Mills Definition von liberalism eine anthropologische Dimension, die in der politischen Semantik von liberal in England bisher nicht thematisiert worden war. Mill sah das eigenverantwortliche Individuum im Gegensatz zu autoritärer Fremdbestimmung als Ursprung des politischen Emanzipationsbegriffes liberalism. In den Mittelpunkt trat bei ihm die Forderung nach dem weitestgehenden Freiraum für den einzelnen, der nur durch die Rechte von jedermann auf Sicherheit und Eigentum begrenzt werden dürfe. Der anthropologisch bestimmte Ansatzpunkt der Philosophic Radicals widersprach damit dem historisch-organischen Verständnis von liberty gemäß der traditionellen WhigInterpretation und ließ sich eher dem vernunftrechtlichen Emanzipationsgedanken der Aufklärungsphilosophie zuordnen.187 Sowenig die Bezeichnung whig im Verlauf der 1830er Jahre völlig verdrängt wurde, so sehr änderte sich in dieser Phase doch die semantische Richtungsqualität des Begriffes, der immer häufiger zur Charakterisierung einer zunehmend anachronistischen Haltung herangezogen wurde. Dennoch blieben verbindliche Abgrenzungen zwischen den politischen Gruppen schwierig, und semantische Trennlinien ließen sich auch weiterhin nicht in parteipolitischer Ein-

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Brief John Stuart Mills an John Sterling vom 20./22. Oktober 1831, in: [JOHN STUART MILL] Collected Works of John Stuart Mill, Bd. 12: The Earlier Letters of John Stuart Mill 1812–1848, hrsg. von FRANCIS E. MINEKA, Toronto 1963, S. 84. Vgl. WINCH, S. 109 f. sowie JACK LIVELY und JOHN REES (Hrsg.), Utilitarian Logic and Politics. James Mill’s Essay on government, Macaulay’s critique and the ensuing debate, Oxford 1984.

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deutigkeit formulieren.188 Insofern kam der Kritik der radicals an dem überlieferten whig-Begriff besondere Bedeutung zu, denn sie markierte den Beginn der langfristigen Transformation von whig im veränderten Kontext seit der Reformgesetzgebung von 1831/32. Für Mill erschienen die whigs bereits 1836 längst als „a coterie, not a party; a set, confined to London and Edinburgh, who commanded a certain number of seats in Parliament, and a certain portion of the press, and were accepted by the Reformers as leaders, because they offered themselves, and because there was nobody else.“ Aus Mills Sicht stellten die whigs eine prinzipienlose politische Clique dar, deren Strategie darin bestand, die öffentliche Meinung zu instrumentalisieren und aus lediglich historischen Versatzstücken den Anspruch auf treuhänderische Vertretung der liberties und Schutz der ancient constitution abzuleiten, um ihre eigenen aristokratischen Interessen umso wirkungsvoller durchzusetzen. Die vermeintliche Popularität ihrer Politik sei in Wirklichkeit ein lediglich rhetorisches Bekenntnis zu „liberal opinions“ in der politischen Öffentlichkeit. Dies reflektierte einerseits den Wert dieses Ausdrucks als Synonym für politische Fortschrittlichkeit, verwies aber zugleich auf dessen Funktion, eine aristokratische Interessenpolitik wirkungsvoll zu verschleiern. Die Durchsetzung von Positionen beruhte mithin auf der positiven Besetzung meinungsfokussierender Grundbegriffe: By this means they [i. e. the whigs] always kept themselves apparently at the head of all that part of the public who professed liberal opinions. But their leadership was ostensible only. Since the questions arising out of the Hanoverian succession had been set at rest, the term Whig had never been the symbol of any principles.

Hatte Henry Brougham in den 1820er Jahren die neue ideologische Richtungsqualität von liberal antizipiert, als er die überkommenen Antonyme loyalist/jacobin, whig/tory und court/country vom neuen Antagonismus liberal/illiberal transzendiert sah, so unterschied man bei den Westminster Reviewers die Liberals von der bloßen Zweckkoalition zwischen Whigs und Radicals. Jene seien einer „thorough reform“ verpflichtet und entschlossen, die Wahlrechtsreform so weit voranzutreiben, wie es das „public good“ verlange. Sie allein könnten dem Ideal eines good government folgen, nicht den interests oder prejudices einer privileged class. Insbesondere zeichneten sich die Liberals durch ihre Vorurteilsfreiheit gegenüber weiteren einschneidenden Veränderungen aus, deren Umsetzung von den Whigs nicht mehr zu erwarten waren. Daraus ergab sich als neue Antonymie für Mill der Gegensatz zwischen Liberal/Reformer und Whig: This position [i. e. der Whigs] the Liberals of the empire have never chosen to participate. They did not repudiate the Whigs; but as little did they repudiate what the Whigs repudiated. They were neither Whigs nor Radicals; they were Reformers. They had not predetermined how far parliamentary reform should go; but they were disposed to carry it as far as, on trial, should be found necessary for obtaining good government. They were not for the 188

Vgl. HALÉVY, History, Bd. 3, S. 180: „Each group was divided from its neighbour by indefinable shades of opinion.“

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ballot, or annual parliaments, because the opinion did not generally prevail among them that nothing less would suffice; but they had no prejudice against either, if an extension of the suffrage, with septennial or triennial parliaments, should fail to give them a government of which the pervading spirit should be a regard to the public good.189

Für Mill bot die Gruppenbezeichnung liberals die Möglichkeit für eine Reformprojektion außerhalb der bestehenden politischen Nomenklaturen. Mit liberals identifizierte Mill eine neue Movement Party mit dezidiert antiaristokratischer Ausrichtung unter programmatischer Führung der Westminster Radicals. Dies schloß ein Bekenntnis zu weitergehenden Reforminitiativen im Sinne der utilitaristischen Idee gesellschaftlicher Fortentwicklung ein, die zwangsläufig mit dem organisch-pragmatischen Reformverständnis der moderate whigs kollidieren mußte: „We will not say that we shall stop, for it would be absurd to set limits to improvement.“ Die konkreten inhaltlichen Forderungen, die von Mill mit liberal überschrieben wurden, reflektierten die Schwerpunkte in der innenpolitischen Diskussion nach der Verabschiedung der Reform Bill und reichten von einer Reform des Justizwesens, über die Abschaffung der Kornzölle und die staatliche Zurückhaltung in Wirtschaftsfragen bis hin zu einer grundlegenden Änderung der Irland-Politik.190 Die Movement Party unterschied sich grundlegend von der traditionellen Whig Party, indem sie im Gegensatz zu einer aristokratischen Interessenvertretung als Repräsentantin der politischen Partizipationswünsche der middle classes auftreten sollte.191 Damit antizipierte die semantische Scheidelinie zwischen whig und liberal bei John Stuart Mill zugleich die zweite grundlegende Transformation von liberal im englischen politischen Diskurs der 1830er Jahre, nämlich die Wandlung vom whiggistischen Reformetikett zum politischen middle class-Attribut und damit den komplexen Übergang von der Whig zur Liberal Party. Auch hier wird eine sozialhistorische Indikatorfunktion der historischen Semantik deutlich: Hinter den veränderten Begriffsbestimmungen standen die unterschiedlichen gesellschaftlichen Interessen von politisch-parlamentarischer aristocracy und den erstarkenden middle classes. Mill griff im Verlauf der 1830er Jahre in seinen politischen Beiträgen immer wieder auf die Selbstbezeichnung liberal zurück, um der von ihm angestrebten Reform Party ein programmatisches Etikett außerhalb der traditionellen Bezeichnungen zu geben. Nach der Adaption von liberal durch die Edinburgh Reviewers in den 1820er Jahren ging diese zweite politisch-semantische Transformation mit einer Reduzierung des semantischen Potentials und der politisch-sozialen Reichweite von whig einher. Als übergeordnetes Deutungsmuster des politischen Diskurses fungierte whig in den späten 1830er Jahren nicht mehr. Der langfristige Übergang von whig/tory zu liberal/conservative unter189 190 191

[JOHN STUART MILL] Tories, Whigs, and Radicals, in: WESTMINSTER REVIEW 25 (1836), S. 281–300, hier S. 293. Ebd., S. 299. Vgl. ebd., S. 298.

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V. Die Gleichzeitigkeit des semantisch Ungleichzeitigen

strich, daß die im 17. und 18. Jahrhundert geprägten Begriffe in den 1830er Jahren ihre bis dahin dominierende Wirkung zugunsten neuer Etiketten einbüßten. Darin deutete sich das Ende der vormodernen Sattelzeit des englischen Politikdiskurses an. Im Umkreis der parliamentary radicals wurde diese neue Entwicklungsstufe besonders deutlich. Hier fand seit der Mitte der 1830er Jahre entsprechend der semantischen Distanzierung gegenüber whig eine Amalgamierung der Bezeichnungen radical und liberal statt. Dieser Vorgang führte zwangsläufig zu einer ideologischen Neuausrichtung von liberal/liberalism und stellte von daher den diskursiven Führungsanspruch der whigs in Frage. Nach den Wahlen von 1837 konstatierte Mill, England sei „moderate-Radical“, und unter den „Liberal members“ im Parlament bildeten die „moderate Radicals . . . a large proportion“ bildeten.192 Die eigenen radicals identifizierte er selbstbewußt als „professing liberals.“ Mit dem Rekurs auf Liberal Party, liberalism und „progress of liberal opinions“, die für Mill selbstverständliche Bestimmungskategorien der eigenen Position geworden waren, verfestigte sich eine antiaristokratische Konnotation des Wortfeldes.193 Welche Perspektive sich mit dieser neuen Deutung verband, wurde in einem 1839 erschienenen Aufsatz Mills zur Reorganization of the Reform Party sichtbar. Mill erkannte, daß durch die Reform Bill von 1832 eine neue Ausgangssituation entstanden war, in der gegenüber dem traditionellen Netzwerk aus aristokratischen Verbindungen und Loyalitätsverpflichtungen nun verstärkt neue Repräsentanten der middle classes auftraten. Deren Anspruch auf politische Partizipation lasse sich nicht mehr durch die von den whigs bemühten Topoi wie friends of the people oder das Ideal des common good befriedigen. Mill forderte daher die Gründung einer neuen Reform Party, die, basierend auf der bestehenden parlamentarischen Gruppierung der radicals, eine möglichst breite gesellschaftliche Unterstützung anstreben und damit die traditionellen, aristokratisch dominierten Gruppierungen zugunsten einer fest organisierten Partei überwinden sollte. Der Verbindung von liberal und radical entsprach dabei auch eine Distanzierung gegenüber einer zu engen Definition von radical: the moderate Radicals are in possession of a part of the ground on which it is necessary that the combination should be built . . . But we well know that the Reform party . . . cannot be Radical in any narrow or sectarian sense. There may be many coteries in a country, but there can be only two parties.194 192

193

194

[JOHN STUART MILL] Parties and Ministry, in: WESTMINSTER REVIEW 28 (1837), S. 1–26, zitiert nach [DERS.] Collected Works of John Stuart Mill, Bd. 6: Essays on England, Ireland, and the Empire, hrsg. von JOHN M. ROBSON, Toronto 1982, S. 383–404, hier S. 389. Brief John Stuart Mills an John Robertson vom November 1838, in: MILL, Collected Works, Bd. 13, S. 391, Brief Mills an Sir William Molesworth vom 14. November 1838, in: ebd., S. 391, Brief Mills an Robert Barclay vom 24. Juli 1841, in: ebd., S. 480 sowie Brief Mills an Macvey Napier vom 30. Juli 1841, in ebd., S. 483. [JOHN STUART MILL] The Reorganization of the Reform Party, in: WESTMINSTER REVIEW 32 (1839), S. 475–508, zitiert nach [DERS.] Collected Works, Bd. 6, S. 467–95, hier S. 467; vgl. zur progressiven gesellschaftlichen Konnotation von radicalism ge-

4. England

411

Auch Mill sah die politische Struktur Englands begrifflich nicht mehr durch den Gegensatz whig/tory bestimmt, sondern durch die neuen semantischen Gruppenbezeichnungen conservative/liberal, wobei er die liberals nicht als beschränkte politische Gruppierung verstand, sondern als Massenpartei mit breiter sozialer Basis. Genau hier verweist die begriffliche Transformation innerhalb des politischen Diskurses auf strukturelle Veränderungen im englischen Parteiensystem der 1830er Jahre: Weder in den traditionellen Cliquen und Zirkeln, in denen sich whigs und tories bisher zusammengefunden hatten, noch als parlamentarische Splittergruppe ohne breite Basis wie die radicals, sondern nur im Rahmen einer organisierten Massenpartei war nach Mills Ansicht eine konsequente Fortsetzung des Reformkurses möglich. Die Liberal party firmierte dabei als Integrationsbegriff für das heterogene Spektrum der reformers. Der alte Antagonismus whig/tory wurde von der neuen Bipolarität liberal/conservative transzendiert; damit ging eine Neustrukturierung der politischen und gesellschaftlichen Kräfte einher: What we must have to oppose the great Conservative party is the whole Liberal party, not some mere section of it, – a combination which shall exclude no shade of opinion in which one sober or practicable man can be found, – one man capable of adapting rational means to honest ends; a phalanx, stretching from the Whig-Radicals at one extremity (if we may term those among the persons calling themselves Whigs who are real Liberals) to the Ultra-Radicals and the Working Classes on the other.195

Die von Mill angestrebte Integration der politisch-gesellschaftlichen Reformkräfte von den progressiven whigs bis zur entstehenden Industriearbeiterschaft im Begriff der Liberal party muß im Kontext des Tamworth Manifesto von 1834 gesehen werden, mit dem Robert Peel gegenüber dem tradierten tory-Begriff eine politische Neubestimmung unternahm, die mit Conservative Party und conservatism symbolisert werden sollte.196 Vor dem Hintergrund der von Peel vorangetriebenen Umwandlung der tories in conservatives wurde die semantische Bestimmung der Liberal party umso drängender. Die Konnotation von Liberal party folgte der grundsätzlichen Polarität zweier politisch und gesellschaftlich distinkter Lager. Die soziale Basis der conservatives erkannte Mill im Landbesitz, beim prohibitiv geschützten Handel sowie in den „professions which partake of aristocracy, – the army, the navy, the bar“ sowie in der „benefited clergy of the Church of England.“ Demgegenüber sollte die neue „Liberal party“ alle diejenigen verbinden, „[who] feel that they do not have justice done

195 196

genüber aristokratischen Prinzipien ebd.: „The men of active and aspiring talent in all classes except the highest, are Radicals everywhere, for what is Radicalism, but the claim of pre-eminence for personal qualities above conventional or accidental advantages? And what more certain than that a man of talent, compelled to serve men of no talent . . . will be, by a natural tendency, something of a leveller?“ Ebd., S. 467. Vgl. NORMAN GASH, Aristocracy and People. Britain 1815–1865, London 1979, S. 182 f.

412

V. Die Gleichzeitigkeit des semantisch Ungleichzeitigen

to them by existing institutions“.197 Dies umfaßte sozialhistorisch die religiösen Nonkonformisten, Kleinbesitzer und „skilled employments, those which require talent and education but confer no rank, – what may be called the nonaristocratic professions“, also die freien akademischen Berufe wie Ärzte, Ingenieure, Lehrer und Journalisten, aber auch „the whole effective political strength of the working classes“.198 Die Adaption von liberal als sozial-integratives Etikett einer neuen Reform Party war für Mill andererseits nur in deutlicher Abgrenzung gegenüber weitergehenden egalitär-demokratischen Forderungen denkbar, wie er sie etwa bei den Chartisten zu erkennen glaubte.199 Damit zeichnete sich auch die semantische Grenze gegenüber potentiell systemsprengenden Kräften ab. Für John Stuart Mill wie für die Gruppe der parliamentary radicals überhaupt verwischten sich in dieser Bestimmung die semantischen Differenzen zwischen radical und liberal.200 Im Verständnis Mills hatte sich die ursprüngliche Bedeutung von radical der von liberal so weit angenähert, daß er 1839 für die regionalen Hochburgen der Liberal party konstatierte: „Wherever the electors are in a position to declare their real sentiments we find them Liberals . . . a Liberal and a Radical are synonymous“.201

5. Vergleich Der Zeitraum von 1830 bis 1835 markierte vor dem Hintergrund der französischen Julirevolution, der von ihr angeregten Revolten und Protestbewegungen in Deutschland und Italien sowie der englischen Reform Bill einen fundamentalen Einschnitt in der Geschichte des 19. Jahrhunderts. In diesen Ereignissen 197 198

199 200 201

MILL, Reorganization, S. 474 f. Ebd., S. 476–8. Mills Optimismus wird indes durch zeitgenössische Äußerungen relativiert, die die middle classes bei aller Neigung zu liberal principles eher politisch indifferent einschätzten, vgl. Shall we overturn the coach? Or, What ought the Radicals to do? Discussed in a letter to George Grote, Esq., M.P. From a Radical Member of the House of Commons, 2. Aufl. London 1839, S. 31 f.: „I have alluted to circumstances other than those immediately connected with the present state of political affairs, which would in a general election be injurious to the prospects of the Liberal party. I had reference to the sentiments of the middle classes. I believe, not only that those important and influential classes would not join the masses in agitating for any large extension of the suffrage, but that their attachment to liberal principles is much less ardent than it was some few years back. I do not mean that they have adopted Tory principles. I believe the instances to be extremely rare, of men of calm and sober judgment having joined the Conservatives; but I believe those classes, speaking of them generally, to have subsided into a state of considerable indifference of political matters, and to feeling nothing like their recent zeal for furthering the progress of Reform.“; vgl. zur Kopplung von liberal und nonconformist ferner Liberals and Nonconformists, in: BRITISH QUARTERLY REVIEW 2 (1845), S. 104–29. Vgl. MILL, Reorganization, S. 485–9. Vgl. THE RADICAL REGISTER AND LIBERAL GAZETTE, Nr. 1, 20. Februar 1835, S. 4. MILL, Reorganization, S. 472.

5. Vergleich

413

schlugen sich Erwartungen nieder, die für jedes der vier Vergleichsländer unterschiedlich charakterisiert waren, deren Blockade durch die Regierungen jedoch in allen Fällen zu tiefgreifenden Krisen geführt hatte. Die quantitativen Analysen zur publizistischen Präsenz des Wortfeldes zeigen, daß in Frankreich die ermittelten Frequenzwerte in den Jahren 1830/31 extrem hoch lagen, danach aber signifikant abnahmen. Bis in die späten 1850er Jahre ist das Wortfeld in den Titeln der systematisch ausgewerteten Druckschriften kaum mehr nachweisbar (vgl. Abbildungen 3 und 4). Diese Entwicklung tritt im Vergleich mit den anderen Ländern noch deutlicher hervor. Während die publizistische Präsenz des Wortfeldes in Frankreich mit der Julirevolution einen letzten Höhepunkt erlebte, setzte für Deutschland und Italien in dieser Phase überhaupt erst eine deutlich nachweisbare Konjunktur ein. Für diese Länder liegen die Frequenzwerte bis etwa 1834/35 signifikant höher als in der Phase davor oder danach (vgl. Abbildungen 5 und 6 für Deutschland sowie Abbildungen 7 und 8 für Italien). Aus komparativer Perspektive ist aufgrund dieser charakteristischen Konjunkturlinien (vgl. auch Abbildung 2) für Frankreich, Deutschland und Italien von einer Umbruchsphase auszugehen, in der indes hinter der Gleichzeitigkeit der allgemeinen Krise eine tiefgreifende Ungleichzeitigkeit semantischer Entwicklungen stand. Demgegenüber dokumentieren die ermittelten Werte für England eine nur relativ erhöhte publizistische Präsenz des Wortfeldes zwischen 1829 und 1834 (vgl. Abbildung 9). Vor dem Hintergrund der inhaltlichen Analyse lassen sich die aus der Quantifizierung gewonnenen Hinweise vor allem für Frankreich, Deutschland und Italien bestätigen und differenzieren. Die französische Julirevolution bedeutete für die Zeitgenossen zunächst die Erfüllung der mit dem Bewegungsbegriff libéralisme assoziierten politisch-konstitutionellen Erwartungen gegenüber den restaurativen Tendenzen des letzten Bourbonenherrschers. Dem entsprach die enthusiastisch-positive Identifizierung mit dem Deutungsmuster. In signifikanter Parallele zu den Bestimmungstopoi der idées libérales nach 1815 sollte libéralisme nach dem Sturz der Bourbonendynastie eine neue Basis für politische Stabilität und gesellschaftliche Versöhnung symbolisieren. Schon bald wurde aber erkennbar, daß mit der neuerlichen politischen Zäsur die inneroppositionellen Interessengegensätze, die sich in den 1820er Jahren noch durch den Antagonismus zwischen libéralisme und royalisme hatten überdecken lassen, nunmehr offen ausbrachen. Die semantische Integrationskraft des Oppositionsetiketts libéralisme hatte, so zeigte sich nach 1830, im wesentlichen auf der Existenz eines gemeinsamen Gegners beruht, den man der offenen Verletzung der in der Charte garantierten politisch-sozialen Ordnung bezichtigen konnte. Mit der politischen Entmachtung dieses Gegners ging zugleich die integrierende Wirkung des Gegensatzes ultra/libéral verloren. Damit setzte in Frankreich eine langfristige semantische Desintegration des Wortfeldes ein, die den programmatischen Rekurs auf libéral und libéralisme für ganz unterschiedliche politische Kräfte von den légitimistes bis zu den républicains möglich machte, auch wenn die Interessen hinter diesen Rekursen gänzlich unter-

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V. Die Gleichzeitigkeit des semantisch Ungleichzeitigen

schiedlich waren. Weil libéralisme nach 1830 keine reine Oppositions-, sondern primär eine Regierungshaltung konnotierte, verschob sich das Bestimmungsmuster grundlegend. Bereits im Verlauf der frühen 1830er Jahre zeichnete sich die konservativ-defensive Richtungsänderung ab, aus der libéral und libéralisme als regierungskonforme Ordnungsbegriffe hervorgingen. In der unter François Guizot in den 1840er Jahren erfolgten programmatischen Amalgamierung von libéral und conservateur in libéralisme conservateur fand diese Entwicklung ihre Fortsetzung. Im Kontext der frühen 1830er Jahre war diese Neubestimmung nur möglich, weil der Begriff mit dem vermeintlichen Sieg der ihm zugeordneten Prinzipien in der Julirevolution ein erhebliches Maß seiner semantischen Innovationskraft eingebüßt hatte. Gemessen an der Valenz des Gegensatzes ultra/libéral wurde libéral/libéralisme damit gewissermaßen dialektisch aufgehoben, was das Deutungsmuster zugleich seiner polarisierenden Wirkung beraubte. Für den französischen Politikdiskurs ist die Dynamisierungswirkung der aufeinanderfolgenden politisch-konstitutionellen Zäsuren seit 1789 besonders hervorzuheben. Dies verkürzte die Geltungsdauer von Begriffsbestimmungen, indem jede Definition unter dem impliziten Vorbehalt der nächsten Krise stand. Dies hatte 1789 eingesetzt, sich 1815 fortgesetzt und galt in verstärktem Maße auch nach 1830. Die politischen Wechsel gingen mit einem erhöhten Verbrauch an Etiketten und gleichzeitig einer Anhäufung von überkommenen und aktuellen Attributen einher, deren Bedeutungsbereiche sich partiell überlagern konnten. Die Folge war eine bereits von den Zeitgenossen sehr genau reflektierte confusion des idées. Während zum Beispiel ultra nach 1815 einer der am häufigsten benutzten Attribute des Politikdiskurses gewesen war, spielte es nach 1830 eine allenfalls untergeordnete Rolle. Andere Begriffe wie légitimiste bedurften der Anpassung an die veränderten Rahmenbedingungen: Wo die Legitimitätskonzeption auf eine neue Dynastie übergegangen war, änderte sich entsprechend auch das Objekt der légitimistes. Sie konnten Anhänger der alten Bourbonen oder des neuen Bürgerkönigs sein. Ohne entsprechende Kontextuierung verlor der Begriff an direkter Bestimmungskraft. Im deutschen Politikdiskurs läßt sich um 1830 zunächst eine allgemein verbreitete Aufbruchseuphorie konstatieren, für die das Zauberwort Liberalismus zum sprachlichen Symbol geriet. Der weitgespannte Erwartungshorizont, der sich in einer Flut enthusiastischer Bestimmungen in der Tagespresse, aber auch in zahlreichen ausführlichen Monographien niederschlug, bezog sich dabei sowohl auf politisch-konstitutionelle Reformen, also konkret auf die Konstitutionalisierung derjenigen Einzelstaaten des Deutschen Bundes, die bis 1830 ohne Verfassungen und repräsentative Vertretungsorgane geblieben waren, als auch auf nationalpolitische Fortschritte. Das Programm von 1813/15 verdichtete sich nunmehr in der Berufung auf liberal und Liberalismus. Als Deutungsmuster enthielten sie insofern eine universalhistorische Legitimierung der Forderungen, als sie als Verkörperung eines vernünftigen Fortschritts in gesetzlichen Bahnen verstanden wurden. Wo über eine gemäßigt konstitutionelle Stra-

5. Vergleich

415

tegie, die im wesentlichen auf die Fortentwicklung der einzelstaatlichen Verfassungen und Parlamente setzte, hinausgegangen wurde, so vor allem im Umkreis der außerparlamentarischen Protestbewegungen, die sich zunächst noch weitgehend mit liberal und Liberalismus identifizierten, erkannte man eine scheinbare Degeneration der Liberalismus zugeordneten Gehalte und eine Entfernung vom legitimen Ursprung des Begriffes. Die Wahrnehmung gesellschaftlicher Interessen, die sich nicht mehr allein auf einen Gegensatz zwischen Staat und Gesellschaft zurückführen ließen, sondern die ein komplexes Spannungsfeld vieler gesellschaftlicher und staatlicher Interessen bedingten, bildete sich auch in Deutschland in einer Ausdifferenzierung der politischen Gruppenbezeichnungen ab. Im signifikanten Gegensatz zu den anderen Vergleichsfällen blieb aber das im weitesten Sinne ethische Bestimmungsmuster von Liberalismus über die faktische Politisierung des Bewegungsbegriffes und selbst noch über die beginnende Ideologisierung hinaus erhalten. Daraus resultierte die charakteristische Bandbreite von semantischen Dimensionen auf unterschiedlichen gesellschaftlichen Diskursebenen. Diese Perspektive verdient besondere Aufmerksamkeit, weil sie zumindest in Ansätzen auch eine sozialhistorische Einschätzung der Begriffsbestimmungen zuläßt. Denn neben der mit stark normativem Anspruch ausgestatteten lexikalischen Ebene, auf der neben den bildungsbürgerlichen Deutungsmustern von Aufklärung, Vernunft und Fortschritt vor allem die Wertbegriffe von individueller Gesinnung und emanzipatorischer Bildung dominierten, entwickelten sich im parlamentarischen und außerparlamentarischen Diskurs distinkte Bedeutungsrichtungen. Während in den lexikalischen Bestimmungen eine universalistische, zuweilen holistische Grundierung anhand philosophischer Prämissen dominierte, die eine Reduzierung von Liberalismus auf einen tagespolitischen Grundbegriff oder gar eine Parteirichtung a priori ausschloß, fungierte das Wortfeld neben anderen Etiketten im parlamentarischen Diskurs längst als polemische Waffe in politischen Auseinandersetzungen. Dem entsprach die ideologische Aufladung von liberal und Liberalismus, die auf der Gegenseite die entsprechende Kritik und Polemik provozierten. Über Grundbegriffe und ihren Einsatz als semantische Orientierungsmarken im zeitgenössischen Spektrum politischer Kräfte etablierten sich mithin auch Mechanismen der politischen Konfliktaustragung. Die Spannung zwischen Gesinnungsetikett und Parteibegriff sollte die Semantik von liberal und Liberalismus in Deutschland auch weiterhin begleiten. Bereits zu Beginn der 1830er Jahre und unter dem Eindruck der aufbrechenden Kluft zwischen konstitutionellen Positionen auf der einen und sozialer Protestbewegung auf der anderen Seite zeichnete sich zudem eine inneroppositionelle Differenzbestimmung ab. Vor diesem Hintergrund begann sich die soziale Kritik an bürgerlichen Liberalen in radical und Radicalismus zu verdichten. Die Projektion einer Interessenhomogenität von Staat und Gesellschaft in Liberalismus wurde von daher mit der faktischen Desintegration der politischen und zumal der sozialen Interessen einer in Bewegung geratenen Gesellschaft konfrontiert. Da-

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V. Die Gleichzeitigkeit des semantisch Ungleichzeitigen

mit trat die semantische Entwicklung in das Stadium der Ideologisierung ein, die in Deutschland gegenüber Frankreich spezifisch phasenverschoben einsetzte. Durch die conservative Fundamentalkritik ergab sich eine tripolare Ausrichtung des Spektrums politischer Etiketten mit Liberalismus als Mittelbegriff. Auch in Italien konzentrierte sich die Euphorie des Jahres 1830 auf liberali und liberalismo, und wie in Deutschland führte die Erfahrung der Aufstandsbewegungen zur Unterscheidung eines scheinbar noch gerechtfertigten liberalismo sociale von einem revolutionären liberalismo antisociale – eine signifikante Parallele zu den bipolaren Bestimmungsmustern wie wahrer Liberalismus und Pseudoliberalismus in Deutschland während der frühen 1820er Jahre. Im Unterschied zu den anderen Vergleichsfällen dominierte aber nach der Niederschlagung der Aufstandsbewegungen, die sich vor allem auf den Kirchenstaat beschränkt hatten, die katholisch-restaurative Fundamentalkritik an liberali und liberalismo. Dieser besonders tiefgehende Antagonismus, in dem die geistliche Stellung und die weltliche Macht des Papstes den konstitutionellen und nationalpolitischen Forderungen des liberalismo gegenüberstanden, absorbierte zumindest zunächst die inneroppositionelle Differenzierung. Sie läßt sich im Vergleich zu Deutschland semantisch phasenverschoben erst in den späten 1830er Jahren nachweisen. Gegenüber der kontinentaleuropäischen Semantik setzte sich die bereits für die 1820er Jahre deutlich erkennbare Sonderentwicklung des englischen Politikdiskurses auch nach 1830 fort. Sie bestand zum einen in der Verknüpfung von whig und liberal und zum andern in der Identifizierung der politischen Initiativen mit dem Schlagwort reform, sei es in der noch unter Canning durchgesetzten Katholikenemanzipation oder der Reform Bill. Die Politisierung des Wortfeldes fand dabei nun ohne Rekurse auf seinen kontinentaleuropäischen Ursprung statt. Aber im deutlichen Unterschied zu den anderen Vergleichsländern blieb eine eindeutig ideologisch polarisierende Wirkung des Etiketts einstweilen noch aus, so daß liberal ausdrücklich auf alle fortschrittlichen Maßnahmen angewandt werden konnte, was die Initiativen Peels und Cannings ausdrücklich einschloß. Zunächst übernahmen die tradierten Parteinamen whig und tory noch die Funktion der Polarisierung. Die entscheidende zweite semantische Transformation von liberal nach der Übernahme durch die progressive whigs in den 1820er Jahren bestand während der frühen 1830er Jahre in der programmatischen Adaption des Attributs durch die Westminster Radicals unter John Stuart Mill. Dabei kam es zu einer Umdeutung der aristokratisch konnotierten Verbindung zwischen whig und liberal aus dezidiert antiaristokratischer Perspektive, indem nun liberal und radical amalgamiert wurden. In der Transformation von liberal vom whig-Etikett zum middle class-Attribut wurde die Überwindung der alten Parteinamen whig/tory durch liberal/conservative gleichsam antizipiert, denn Mill stellte das tradierte whiggistische Selbstverständnis und die ihm zugrundeliegenden historischen Identifikationsmuster grundsätzlich in Frage. Dies reflektierte indirekt auch den langfristigen,

5. Vergleich

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sozialhistorisch wichtigen Wandel des aristokratischen Partei-Begriffs des 18. Jahrhunderts. Hierbei ist jedoch die Persistenz der alten Etiketten hervorzuheben, die bis weit in die 1830er und 1840er Jahre gebräuchlich blieben. Ihr relatives Zurücktreten gegenüber dem neuen bipolaren Antagonismus liberal/ conservative dokumentierte die abnehmende Relevanz der im 17. und 18. Jahrhundert geprägten Bestimmungsmuster und damit das Auslaufen der vormodernen Sattelzeit des englischen Politikdiskurses.

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VI. Neue Polaritäten und Differenzbestimmungen

VI. Neue Polaritäten und Differenzbestimmungen: Das Deutungsmuster bis zur Jahrhundertmitte 1. Frankreich a) L’abacadabra de notre politiquomancie: Die semantische Fragmentierung der Parteibezeichnungen Bis zur Jahrhundertmitte setzte sich die Fragmentierung der französischen Parteibezeichnungen, die bereits nach 1830 deutlich hervorgetreten war, weiter fort. Über die historischen Etiketten aus der Zeit der Revolution und des Kaiserreichs hinaus entstanden je nach Einstellung gegenüber den Zäsuren von 1815 und 1830 zahlreiche neue Begriffe. Neben carliste, henriquiste, philippiste, anti-philippiste und progressiste diente vor allem der Antagonismus von résistance et mouvement als Muster zur Bestimmung der politisch-gesellschaftlichen Kräfte.1 Mit Blick auf diese fragmentierte Nomenklatur sprach Honoré de Balzac daher nicht zu Unrecht von einem regelrechten „abacadabra de notre politiquomancie“.2 Der ideologische Gegensatz zwischen dem système légitimiste und dem „système libéral“, der aus der Phase der Bourbonenherrschaft stammte, firmierte dabei nicht länger als dominantes Bestimmungsmuster.3 Vielmehr läßt sich eine ausgesprochene Atomisierung von über- und untergeordneten Parteibegriffen konstatieren, als deren Folge die Relevanz einzelner Etiketten immer mehr abnahm. Im Nebeneinander zahlreicher Konkurrenzund Kongruenzbegriffe konnte sich ein einzelnes Attribut mit übergeordneter Bedeutungsreichweite nicht mehr entwickeln. Diese Rahmenbedingung des französischen Politikdiskurses blieb nicht ohne Folge für libéraux und libéralisme: Die publizistische Frequenz nahm in der Phase bis zur Jahrhundertmitte im Vergleich zur Phase bis etwa 1832 quantitativ deutlich ab (vgl. Abbildungen 3 und 4). In zahlreichen Übersichten zum Spektrum der Parteien Frankreichs der 1840er Jahre traten die Begriffe überhaupt nicht mehr auf.4 Auf lexikalischer Ebene dagegen fehlte die Begriffsbestimmung in keiner wichtigen Neuerscheinung, wobei die Definitionen eindeutig die spezifische Verspätung widerspiegelten, mit denen semantische Veränderungen in den Wörterbüchern und Enzyklopädien Eingang fanden. Die Artikel der späten 1830er und 1840er Jahre bildeten von daher eher den allgemeinen Bedeutungshorizont der 1820er

1 2 3 4

Zitiert nach MATORÉ, S. 36. HONORÉ DE BALZAC, Lettres sur Paris, zitiert nach ebd. A. SIGUIER, Les légitimistes et les orléanistes, Paris 1837, S. 140. Vgl. [EUGÈNE HUMBERD] Les monarchistes, les républicains et les constitutionnels. Par un écolier, Paris 1843.

1. Frankreich

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Jahre ab, der im Augenblick der Veröffentlichung bereits überholt sein konnte, oder trugen zur Historisierung des Begriffes bei.5 In der politischen Tagespublizistik war der relative Bedeutungsverlust von libéralisme unübersehbar, und auf der lexikalischen Ebene beklagte man die Schwierigkeit, überhaupt noch zu einer minimalen Definition von libéralisme als doctrine politique zu gelangen: Il y a peu de mots plus difficiles à définir que celui-là. Le Libéralisme est-il une doctrine? Demandez à la très grande majorité des libéraux sur quoi repose ce qu’ils appellent leur opinion ils seront bien empêchés de vous satisfaire. Rien n’est plus vague dans leur esprit: beaucoup de préjugés et une défiance d’ailleurs très légitime à l’égard d’un pouvoir quelconque, voilà tout leur fond. Cependant, il a été écrit quelques livres pour défendre les idées dites libérales: Le Libéralisme prétend donc être considéré comme une doctrine.

Dieser Entwicklung entsprach die semantische Ausdifferenzierung anderer Begriffe.6 So wurden die doctrinaires nach einem „élément aristocratique“ und einem „élément populaire“ unterschieden.7 Der parti conservateur, der seit dem Ende der 1830er Jahre in der Publizistik vermehrt auftrat, ließ sich in die herrschenden orléanistes und die légitimistes unterteilen. Nach dem Sturz der Julimonarchie 1848 schließlich mußte die Zusammensetzung des parti conservateur entsprechend der letzten zwei Regimes gedeutet werden, „qui divisaient le parti conservateur en royalistes et en libéraux sous Charles X, et en légitimistes et en orléanistes sous Louis-Philippe“.8 5

6 7 8

Vgl. Dictionnaire de la conversation et de la lecture, Bd. 35, Paris 1837, S. 169 ff.; JACQUES FRANÇOIS DE SADE, Lexicon politique, ou définition des mots techniques de la science de la politique. Ouvrage posthume, Bd. 1, Paris 1837, S. 237 ff. und Bd. 4, S. 231 f.; BAILLEUL, S. 415; DUCLERC und PAGNERRE, S. 533 f.; Encyclopédie des gens du monde. Répertoire universel des sciences, des lettres et des arts. Par une société de savants, de littérateurs et d’artistes, français et étrangers, Bd. 7, Paris 1842, S. 499–501; MOZIN und A. PESCHIER, Dictionnaire complet des langues française et allemande, composé d’après les meilleurs ouvrages anciens et nouveaux sur les sciences, les lettres et les arts, Bd. 2, 3. Aufl. Stuttgart 1842, S. 199 sowie Dictionnaire de la conversation et de la lecture, Bd. 35, S. 170 f.: „On ne parle plus d’arts libéraux, non plus que d’humanités (humaniores litterae): ces expressions scolastiques sont presque entièrement tombées en désuétude. On voit qu’elles préparaient le passage du mot libéral du dictionnaire de la morale dans celui de la politique . . . La prudence conseillait donc aux constituants de prolonger leurs sessions pendant quelques années, les plus chers intérêts de la patrie leur en imposaient le devoir; s’ils ne l’avaient point méconnu, la France entière serait devenue libérale dans le sens et suivant l’esprit de la constitution qu’ils avaient établie. Malheureusement la voix de Robespierre fut plus puissante que celles de la patrie et de la raison. En peu de temps, le sens du mot libéral fut altéré, et ceux qui osaient lui conserver sa première signification ne furent pas mieux traités que les aristocrates. Sous l’empire, les libéraux de toutes les nuances ne formèrent plus qu’une secte timide et silencieuse, le culte de la liberté fut confiné dans le secret de la pensée et dans les épanchements d’une confiance mutuelle.“ DUCLERC und PAGNERRE, S. 533; vgl. zu bonapartisme, conservateurs, doctrinaires und radicalisme ebd. S. 160 f., 269, 330 f. und 798 f. SIGUIER, S. 74. GUSTAVE DE ROMAND, De l’état des partis en France. Dédié à la chambre des pairs, Pa-

420

VI. Neue Polaritäten und Differenzbestimmungen

Die Komplexität dieser politischen Semantik ergab sich aus der nach jeder Zäsur notwendigen Neudefinition oder Neuverortung von Begriffen in einem Politikdiskurs, in dem die Geltung der Etiketten unter dem latenten Vorbehalt der nächsten Krise stand. So verkürzte die Abfolge der Regimewechsel seit 1789 die semantische Halbwertszeit der Begriffe – ein im Vergleich zu den anderen untersuchten Ländern einmaliger Vorgang. Er dokumentierte einerseits die spezifische Dynamik des französischen Politikdiskurses und bedingte andererseits die vergleichsweise schnelle Entwertung ideologischer Deutungsmuster, deren Urspungskonnotation durch den nächsten Wechsel überholt wurde. Die Julirevolution von 1830 hatte dem politischen Vokabular neue oder neu konnotierte Elemente hinzugefügt, marginalisierte aber zugleich überkommene Begriffe. Daneben blieb der historische Rekurs auf die Französische Revolution als Erklärungsmuster für die Gegenwart jederzeit möglich. Der parti républicain als Ausdruck der „génération libérale de 1789“ erhielt nach 1830 eine noch eindeutiger oppositionelle und revolutionäre Bestimmung und erschien daher als natürlicher Gegner der Julimonarchie. Er stand aber vor allem in der semantischen Kontinuität zur radikalen Jakobinerherrschaft: „Le parti républicain de nos jours est l’héritier des doctrines de la Montagne.“ Gegenüber dieser möglichen semantischen Revitalisierung erschien der parti légitimiste im bourbonischen Verständnis mit der Etablierung des orleanistischen Bürgerkönigs zu einer historisch aufgehobenen Bezeichnung geworden zu sein: „Le parti légitimiste est mort pour toujours comme pouvoir politique“.9 Auffällig war die weiterhin nachweisbare Persistenz der Bezeichnungen bonapartiste und bonapartisme nach 1830, als die Begriffe nicht zuletzt vor dem Hintergrund des gerade von der Julimonarchie geförderten Napoleon-Mythos und des politischen Auftritts Louis Napoleons eine regelrechte Renaissance erlebten: Le buonapartisme en reparaissant sur l’horizon politique ne se montre plus comme dans la première moitié de la restauration, où même en 1830, avex un caractère de fidélité et de dévouement dynastique; ce caractère a disparu depuis le mort de Napoléon et du duc de Reichstadt; Il a reparu comme parti intermédiaire entre les partis issus de la révolution de juillet, et comme point de ralliement à toutes les illusions déçues et à tous les mécontentemens . . . Les Buonapartes se regardent . . . comme les continuateurs de cette politique d’envahissement et de conquête, et ils flattent de gagner les sympathies de l’armée et celles du parti révolutionnaire.10

Im Kontext der Revolution von 1848/49 setzte sich die Berufung auf Napoleon in einer Revitalisierung der propagandistisch aufgewerteten „Idée Napoléonienne“ fort, die für die Legitimation der Herrschaft Louis Napoleons grundlegende Bedeutung annehmen sollte.11

9 10 11

ris 1839, S. 27 sowie DERS., Un mot sur les anciens partis monarchiques, Aachen 1848, S. 13 f. P. SCUDO, Les partis politiques en province, Paris 1838, S. 109, 116 und 178 ROMAND, État des partis, S 24 f. Vgl. MICHEL MORIN, Catéchisme Napoléonien, contenant les principes professés en

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Am Ende der 1840er Jahre und vor allem unter dem Eindruck der Februarrevolution wurde dieses bereits fragmentierte Spektrum schließlich noch durch das neue Element der „démagogues, mieux connus aujourd’hui sous le pseudonyme de Socialiste“ erweitert.12 Nun schien eine generelle Neustrukturierung der ideologischen Lager unvermeidlich. Théodore Muret unterschied 1849 nur noch drei Bewegungsbegriffe: Neben den überwundenen Kräften von Impérialisme und Orléanisme verkörperte für ihn allein der Socialisme die Zukunft.13 Libéralisme stellte aus dieser Perspektive keinen zukunftsverheißenden Bewegungsbegriff mehr dar. In den ausgewerteten Quellen aus der Revolution von 1848 spielte das Wortfeld denn auch nur noch eine untergeordnete Rolle (vgl. Abbildung 4). Seine semantische Desintegration zeigte sich symptomatisch im Rekurs auf libéral von völlig entgegengesetzten politischen Positionen aus. Neben die Kopplung von conservateur und libéral trat, wenn auch deutlich schwächer, die Amalgamierung von républicain und libéral.14 Dieses Nebeneinander ließ eine verbindliche Richtungsqualität nicht mehr zu. Auch die Ordnungsmuster für die Erfassung des Parteienspektrums waren am Ende der 1840er Jahre grundlegend verändert. Neben das Kriterium der politisch-konstitutionellen Programmatik trat vor allem die neue Kategorie der Gesellschaftskonzeption. Daraus ergab sich ein Nebeneinander von politischer und sozialer Ausrichtung der Parteibegriffe, in denen man einen Hinweis auf libéraux oder parti libéral vergeblich sucht. Stattdessen trat die Verbindung des Bedeutungsgehalts von Parti Républicain und Parti Socialiste in den Vordergrund. Hier trafen sich die tradierte Konnotation von républicain und die neue Gesellschaftskonzeption von socialiste: Considérés sous le rapport du gouvernement qu’ils désirent, les partis sont au nombre de quatre, savoir: le Parti Légitimiste, qui désire la Restauration de la branche aînée des Bourbons; le Parti Orléaniste, que l’on appelle aussi le Parti Conservateur, qui désire le ré-

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politique et en religion par Louis-Napoléon Bonaparte, Président de la République, et résumé de l’ancienne organisation de la France sous l’Empire, Paris 1849, S. 67: „Idée Napoléonienne. – L’idée napoléonienne n’est point une idée de guerre, mais une idée sociale, industrielle, commerciale, humanitaire; si, pour quelques hommes, elle apparaît toujours entourée de la foudre des combats, c’est quelle fut en effet trop longtemps enveloppée par la fumée du canon et la poussière des batailles. Mais aujourd’hui, les nuages se sont dissipés, et on entrevoit à travers la gloire des armes, une gloire civile plus grande et plus durable, et l’écho de Longwood répète sur le cercueil du grand homme: ‚Les peuples libres travaillent partout à refaire ton ouvrage.‘“; vgl. ferner ALFRED D’ALEMBERT, Dictionnaire Politique Napoléonien. Opinions, Pensées, Maximes. Extraites des ouvrages de Louis-Napoléon Bonaparte. Président de la République, Paris 1849, S. 124 f. MARCHAL, État des partis. Discours prononcé à la société démocratique de Nancy, dans la séance du vendredi, 7 juillet 1848, Nancy 1848, S. 8. THÉODORE MURET, Casse-cou! Socialisme, impérialisme, orléanisme, Paris 1849, S. 22 und 31. THÉOPHILE GRATIOT-LUZAREY, Chateaubriand et la pensée moderne, ou le socialisme, Paris 1849, S. 154; vgl. ferner den Begriff der république libérale bei [EDMOND DE FLORIAC] Avenir et fusion des partis, Paris 1848, S. 21 sowie M.-A. GUYNEMER, Dictionnaire du bon républicain, Paris 1849, S. 15 f.

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tablissement de la famille d’Orléans; le Parti Impérialiste ou Bonapartiste, qui désire le rétablissement de l’empire; enfin le Parti Républicain qui désire que la France reste en République. J’appellerai ces quatre partis: Partis de Gouvernement. Considérés sous le rapport de l’organisation de la société et de la civilisation, on ne peut distinguer que deux partis qui sont: le Parti Socialiste, qui veut changer les bases actuelles de la société, et le Parti de l’Ordre qui veut conserver ces bases. J’appellerais ces deux partis: Partis d’Ordre social. Des quatre partis de gouvernment, trois, qui sont: le Parti Légitimiste, le Parti Orléaniste et le Parti Impérialiste, sont dans le Parti de l’Ordre et de la Conservation des bases actuelles de la société: un seul, le Parti Républicain, compose le Parti Socialiste.15

b) Der libéralisme gouvernemental als libéralisme conservateur: Die Transformation vom progressiven Oppositionsetikett zum „konservativen“ Ordnungsbegriff Eine neue semantische Entwicklungsstufe von libéral und libéralisme, die sich bis zum Ende der 1840er Jahre abzeichnete, bestand in der Wandlung des progressiven Oppositionsbegriffes, der nach 1815 noch durchgängig in den weiteren Bedeutungszusammenhang der Revolution von 1789 gestellt worden war, zu einem „konservativen“ Ordnungsbegriff der Julimonarchie. Hatten die Herausgeber des Libéral von 1819 ihre Zeitung noch programmatisch den „membres indépendants du côté gauche de la Chambre des députés“ gewidmet, erschien 1849 in Paris zwar wiederum ein Organ, das die Bezeichnung Libéral trug, aber in seinem Titel vor allem den Begriff ordre herausstellte.16 Geradezu paradigmatisch wurde die Neuausrichtung seit den 1830er Jahren bei François Guizot deutlich, für den conservateur und libéral keine semantischen Differenzen mehr aufwiesen. Diese Entwicklung wird nur durch die oben dargestellte Desintegration der Bestimmungsmuster erklärbar; weil libéralisme nach 1830 seinen semantischen Bezugspunkt verloren hatte, vervielfältigten sich die Rekursmöglichkeiten. Dies wurde bereits in der semantischen Kopplung zwischen légitimiste und libéral deutlich. Bezog man nach 1830 légitimiste nicht mehr auf die entmachtete Bourbonendynastie, sondern auf die orleanistische Lösung, dann ergab sich auch eine Verbindung zu libéral.17 1836 resümierte ein Autor zunächst die allgemeine Veränderung des Bedeutungsgehalts von libéral und légitimiste seit der Julirevolution: Il n’y a pas encore tout-à-fait cinq ans, le libéral qui se disait tel, était assimilé à un jacobin, dans la langue des passions; aujourd’hui, 1835, le légitimiste, le partisan de l’hérédité nationale, c’est-à-dire . . . le partisan de ce qui est juste, équitable, fondé en raison . . . le légitimiste, lui même, est considéré comme le partisan de l’injustice; c’est un factieux. 15 16

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LECERF, Des partis politiques. De ce qu’ils veulent. De ce qu’ils font. Des suites de leur conduite, Caen 1850, S. 10 f. Vgl. LE LIBÉRAL. Dédié à MM. les membres indépendants du côté gauche de la Chambre des députés, Paris 1819 sowie LE LIBÉRAL. Ordre, démocratie. Ni monarchie, ni despotisme, Paris 1849. Vgl. dagegen das konsequente Festhalten an der ideologischen Trennung der Begriffe bei ALEXANDRE D’ADHÉMAR, Du parti légitimiste en France et de sa crise actuelle, Paris 1843, S. 14 ff.

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Demgegenüber bestimmte er die „vrais libéraux“ als jene, „qu’ils étaient alors, parti-sans d’une liberté juste, intimement liée à la loi, en un seul mot, légitimistes.“ Diese Konnotation als Ordnungsbegriff band die libéraux an die Monarchie als Garantie jeder politischen und gesellschaftlichen Stabilität. Auf die Frage Qu’est-ce qu’un libéral? lieferte die Antwort zugleich die Schlagworte dieser defensiv-antirevolutionären Ausrichtung: Un homme juste et sage, Dans l’ordre et le repos sont les vœux les plus chers . . . Ami de la justice, il punit qui l’outrage; Et le trône et la liberté, La patrie et la vérité.

Die Annäherung des Grundprinzips der légitimité an den Grundbegriff libéralisme begründete der Autor mit einem ausführlichen historischen Rückblick. Dabei wurden gloire nationale, libéralisme und liberté als Ergebnis einer langfristigen historischen Entwicklung dargestellt, deren Prämisse im Beweis der unité-légitime als Grundprinzip der nationalen Geschichte Frankreichs bestand. Die Erbmonarchie als Garantie der nationalen Einheit erschien zugleich als Verkörperung einer allgemeinen Fortschrittsidee: „Oui, le vrai libéralisme, n’est que dans l’unité-légitime; l’esprit de la vrai monarchie, c’est le progrès“.18 In dieser Neufassung der légitimité wurde deutlich, daß die Julirevolution eine Aktualisierung des Bedeutungsgehalts auch tradierter Etiketten erzwang: Légitimiste und légitimité verkörperten nach 1830 nicht mehr nur die rückwärtsgewandten Anhänger der untergegangenen Bourbonendynastie, sondern eben auch das Lager derjenigen, die in der orleanistischen Lösung eine Fortsetzung des Gedankens der monarchie légitime erblickten. Im Verlauf der 1840er Jahre schlug sich dieser Wandel des Oppositions- zum systemimmanenten Ordnungsbegriff in der Annäherung von conservateur und libéral nieder. Im aufschlußreichen Blick auf Deutschland ließ sich die französische „opposition ultralibérale“ dem deutschen „libéralisme honnête, consciencieux et timide“ entgegenstellen.19 Im französischen Kontext bemühte man sich um den Erweis, daß der parti conservateur wie der parti libéral angesichts der Bedrohung durch die Extreme von démocratie und absolutisme eine Interessengemeinschaft bilden müßten. Die ursprüngliche Deutung von libéral als Ausdruck einer antirestaurativen und konstitutionellen Oppositionsbewegung bis 1830 spielte nun keine Rolle mehr. Die Attribute conservateur und libéral verkörperten das Ideal innerer Stabilität und außenpolitischer Stärke Frankreichs und markierten zugleich den äußersten Entwicklungspunkt der nationalen Geschichte: Weiter als man 1830 mit der vermeintlichen Sicherung des ré18

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FOUQUÉ D’ARLES, Esprit de la monarchie française ou Le Vrai Libéralisme. Démontré par le progrès des franchises et prospérités nationales, depuis 987 jusqu’à nos jours, Bd. 1, Paris 1836, S. 7–9 und 12 f. Zu dieser aufschlußreichen Rezeption des deutschen libéralisme aus französischer Sicht vgl. [FAILLY] De la Prusse et sa domination sous les rapports politiques et religieux spécialement dans les nouvelles provinces. Par un inconnu, Paris 1842, S. 49 f.

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gime représentatif gekommen war, wollte man aus dieser Perspektive keinesfalls gehen: Mais au-dessus de ces agitations passagères doit régner le sentiment et la conviction d’une identité originelle. Loin donc ces dédains des conservateurs envers les libéraux, et les violences de ceux-ci envers un parti qui s’obstinerait follement à retenir le monopole du pouvoir! Libéraux et conservateurs, que tous soient amis dévoués en face d’une démocratie extrême qui gronde sans cesse, ou d’un absolutisme, qui, à la vérité, n’est pas à craindre. Instruisons-nous, pénétrons-nous intimement des vérités et de l’excellence du régime représentatif, et qu’enfin le pays jouisse du calme intérieur et de la concorde, afin que toutes nos forces et toute notre énergie soient réservées au maintien de notre dignité et de notre grandeur vis-à-vis de l’étranger.20

Einer solchen Projektion entsprach auch die Bestimmung des parti conservateur, die sich im Laufe der 1840er Jahre gegenüber der publizistischen Relevanz des parti libéral vor 1830 immer mehr als Bezeichnung des Regierungssystems Guizots durchsetzte.21 Die Abgrenzung zu royaliste und légitimiste im Sinne der Bourbonenherrschaft der 1820er Jahre bestand vor allem im Bekenntnis zur monarchie représentative als Garantie für paix und prospérité du pays. Der Dictionnaire de la Conversation von 1845 definierte Conservateurs entsprechend als le nom donné aujourd’hui aux hommes politiques ou même aux simples citoyens qui se sont imposés le devoir de maintenir notre ordre social, fondé sur l’équilibre des trois pouvoirs constitutionnels, tel qu’il a été établi la Charte de 1830, avec la transmission héréditaire de la royauté dans la maison d’Orléans.22

Für Guizot selbst bestand zwischen dem Gehalt des système conservateur und der Richtung von libéral keine semantische Differenz mehr. Beide Bezeichnungen ließen sich zusammen verwenden, um der sozialen und politischen Orientierung und dem Bekenntnis zur 1830 etablierten Monarchie Ausdruck zu verleihen. Dazu gehörte die programmatische Distanzierung von jeder revolutionären Implikation. Die „politique libérale et civilatrice, qui est celle des Conservateurs“ definierte der Historiker Guizot als Verwirklichung der 1789 aufgestellten Forderungen nach einem „gouvernement libre“ und einem „développement pacifique de la civilisation“.23 Der zeitgemäße Ausdruck dieser Prinzipien liege nicht mehr in der fortdauernden Revolution, sondern in „paix et liberté.“ Insofern blieb Guizots Selbstverständnis eingebettet in die langfristige Deutungsgeschichte von 1789, wenn er seine Regierung als wahre Erbin der Revolution von 1789 pries. Wie 1815 bestimmte die postrevolutionäre Projektion 20 21 22 23

De la situation politique de la France, de ses partis et de ses alliances naturelles. Par É. C., Paris 1841, S. 101 f. Vgl. La politique des conservateurs et les élections de 1842, Paris 1842, S. 167, 191 und 210. DE KÉRATRY, Conservateurs. Article extrait de la 114e livraison du Dictionnaire de la conversation, 10e du supplément, Paris [1845], S. 1. Rede Guizots in der Chambre des Pairs vom 18. November 1840, zitiert nach Du système conservateur. Examen de la politique de M. Guizot et du ministère du 29 octobre 1840. Par un homme d’état, Paris 1843, S. 6 und 102.

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das Argumentationsmuster, das der Bestimmung des eigenen historischen Standortes zugrundelag: Par une bonne fortune rare, nous sommes appelés à grandir, à influer en Europe par les voies régulières et morales, par le respect du droit, par l’ordre, par la paix; . . . C’est précisément à la politique tranquille et régulière, c’est précisément au maintien de tous les intérêts réguliers et pacifiques, que la grandeur et l’influence sont attachées, aussi bien que la prospérité intérieure des nations . . . Je dirais plus: c’est méconnaître également la grande pensée, la pensée nationale de la France de 1789. Ce que voulait cette pensée, c’était, d’une part, le gouvernement libre; et, de l’autre, le développement pacifique de la civilisation générale. Voilà quel était l’instinct national de la France en 89. Le régime révolutionnaire, le régime impérial, les égarements de la propagande et de la conquête ont été des déviations naturelles, inévitables, mais des déviations réelles de cette pensée primitive et féconde. Eh! Messieurs, nous y ramenons la France . . . Oui . . . nous entendons mieux que vous [i.e. gegenüber der parlamentarischen Linken] le véritable vœu de nos pères, nous sommes plus fidèles que vous à leur intime pensée politique; paix et liberté! C’était leur vœu, c’était le fond de leurs croyances, souvent aveugles, inexpérimentées, mais sincères et bienveillantes pour l’humanité toute entière.24

Der Absage an den französischen „libéralisme menteur qui affecte de ne voir la liberté que dans la guerre“ entsprach bei Guizot die besondere Wertschätzung des englischen „caractère de libéralisme et de philanthropie“.25 Sein Ziel war es, in Frankreich ein „mouvement libéral et régénérateur“ durchzusetzen. Zur Basis des système conservateur gehörte dabei die Verbindung zwischen den „intérêts politiques“ und den „intérêts matériels“ als Ausdruck der „tendance industrielle et libérale“, die er zum Beispiel in der Eisenbahngesetzgebung von 1842 konkretisiert sah.26 An der scheinbar selbstverständlichen Verbindung von libéral und conservateur entzündete sich zeitgenössische Kritik, die auf eine stärkere Betonung des „vrai libéralisme“ als Verkörperung der freiheitlichen Verfassungsprinzipien abhob und die zu enge Anlehnung des Begriffes an die doctrinaires ablehnte: On est dévot alors, on est conservateur, peut-on bien en même temps se dire libéral? Si, animé sincèrement de quelque esprit de générosité et d’émancipation, on était fort du droit et de la justice, ce pourrait avoir un sens. Mais dévot veut dire libre, conservateur, dans la doctrine des intérêts régnants, veut dire, selon le sens commun, non arrêté sans doute, mais borné et se posant comme un obstacle. Alors ils ne connaissent pas la grammaire, et ils se parent de la peau du lion. Le vrai libéralisme en effet, c’est-à-dire la libéralité, ne va bien qu’à la force; et la force pour nous, qui sommes citoyens, ce ne peut être un homme, un système ou une coterie, congrégation, c’est l’ensemble des lois, c’est la constitution.27 24 25

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Rede Guizots in der Chambre des députés vom 19. Januar 1842, zitiert nach ebd., S. 102 f. Lamartine in einer Rede in der Chambre des députés vom 27. Januar 1843, zitiert nach Du système conservateur, S. 105; Guizot zitiert nach ebd., S. 170; vgl. zum Vorbildcharakter Englands CHARLES FARCY, Études politiques. De l’aristocratie anglaise, de la démocratie américaine et de la libéralité des institutions françaises, Paris 1842, S. 24 sowie CH. DE VALORI, La fusion et les partis, Paris 1849, S. 27 f. Du système conservateur, S. 301 und 388 f. CHARLES MAÎTRE, L’esprit français constitutionnel assiégé par les jésuites et les doctrinaires; suivi de l’enseignement, l’Eglise et l’Université, Paris 1846, S. 50, vgl. zur Be-

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Auch die Unterscheidung zwischen dem „esprit libéral“ und dem „esprit gouvernemental“ zielte in diese Richtung, wenn mit diesem Antagonismus das von Guizot favorisierte englische Zweiparteiensystem als Modell für jedes „régime constitutionnel“ charakterisiert wurde.28 Dies widersprach der bei Guizot dominierenden Gleichsetzung von libéral und conservateur. Die fundamentale semantische Verschiebung des Deutungsmusters nach „rechts“ hatte weitreichende Folgen: Einerseits büßte libéralisme seine progressiv-innovatorische Konnotation ein und konnte zum Synonym für eine besitzstandswahrende Interessenideologie und eine regierungskonforme Blockadestrategie werden, die sich gegenüber den gesellschaftlichen Unterschichten abzuschotten suchte. Andererseits existierten auf der „rechten“ Seite mit den Etiketten conservateur und doctrinaire bereits Attribute, die sich trennschärfer zur Formulierung programmatischer Positionen eigneten, so daß libéral und libéralisme hier partiell überflüssig erschienen. Die Verschiebung der Bedeutungsgehalte, in der sich bereits eine neue revolutionäre Spannung zwischen Staat und Gesellschaft ankündigte, reflektierte 1848 Bénédicte Noldran, als er den Weg des „parti réformateur“ seit der Restauration beschrieb: „Sous la Restauration, les ultra-conservateurs de notre régime étaient les réformistes“.29 Für ihn spielten libéral und libéralisme in diesem Zusammenhang bereits keine Rolle mehr; zur Charakterisierung der politischen Zeitkräfte seiner Gegenwart griff er nur noch auf die Attribute Conservateur und Réformateur zurück.30 Für die langfristige Deutung von libéralisme wurde seit dem Erfolg der Julirevolution von 1830 die semantische Dichotomie zwischen den systemkritischen Kräften auf der einen und den systemstützenden doctrinaires im Sinne Guizots auf der anderen Seite bestimmend.31 Der semantische Zusammenhang von doctrinaire und libéral verdient von daher noch einmal besondere Auf-

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stimmung von libéral ferner ebd., S. 25 f.: „Le mot libéral a deux sens, et c’est là le malheur de nos langues modernes, et des peuples aussi qui se prennent aux mots, se paient de phrases, et se laissent conduire par ce qu’on appelle l’éloquence, qui n’est souvent qu’illusion et fantasmagorie. – La théorie de libertés sans garantie, sans Législation, prennent l’un, celle au contraire de Liberté publique et générale résultant de la Législation et de la Constitution doit prendre l’autre et s’y attacher.“ H. CARNOT, Les radicaux et la charte, Paris 1847, S. 24; vgl. die Aussage Guizots, zitiert nach Du système conservateur, ebd., S. 24: „Le vrai régime constitutionnel, c’est la présence de deux partis, un parti de gouvernement, un parti d’opposition, ayant leurs principes, leurs drapeaux, leurs chefs, discutant tous les jours l’un contre l’autre les intérêts et les affaires du pays; opposant idée à idée, jugement à jugement, système à système.“; vgl. zum bipolaren Parteienbild FRANÇOIS GUIZOT, De la démocratie en France (Janvier 1849), Paris 1849, S. 91. BÉNÉDICTE NOLDRAN, Les conservateurs et les réformistes, essai sur la doctrine politique que réclame le régime de liberté, Paris 1848, S. 65; vgl. ebd., S. 60, 74 und 105 ff. Vgl. ÉMILE JAY, Aux conservateurs, Grenoble [1848], o.S. sowie LOUIS COUTURE, Du gouvernement héréditaire en France et des trois partis qui s’y rattachent. Napoléon II. Un D’Orléans. Henri V, Paris 1850, S. 10 und 15. Vgl. Des doctrinaires, et l’article de M. Guizot sur la démocratie dans les sociétés modernes, inséré dans la Revue française. Par Benjam., Paris 1838.

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merksamkeit. Das Prinzip des doctrinairisme ließ sich dem „libéralisme constitutionnel“ zuordnen oder als „souveraineté de la raison“ gegenüber der „souveraineté du peuple“ bestimmen.32 Während doctrinaire und andere Bezeichnungen wie indépendant oder républicain bis 1820 noch bestimmte Nuancierungen innerhalb des Lagers des parti libéral beschrieben hatten, erwuchsen daraus nunmehr antagonistische Lager. Der „Sieg“ der nur in ihrer antirestaurativen Richtung übereinstimmenden Oppositionsbegriffe mündete nach 1830 mithin in eine neue Polarisierung. Pierre Rosanvallon hat für beide Richtungen in Anlehnung an eine Formulierung Victor Hugos in Les Misérables die Bezeichnungen „libéralisme démolisseur“ und „libéralisme conservateur“ geprägt.33 Systemerhaltende und potentiell systemsprengende Kräfte konnten sich auf das Deutungsmuster berufen, mußten aber zur Richtungsbestimmung auf ein zusätzliches Attribut zurückgreifen, so vor allem die Anhänger Guizots auf conservateur. Das Oppositions- und Fortschrittsverständnis, das libéraux und libéralisme bis 1830 noch dominiert, ja nach 1814/15 sogar noch explizit revolutionäre Implikationen enthalten hatte, wich einer zunehmenden Desintegration der Begriffe: Von libéralisme allein ging in den 1840er Jahren keine verbindliche Richtungsbestimmung mehr aus; erst vor diesem Hintergrund war eine konservative Konnotation möglich. Der am Ende der 1840er Jahre in Guizot verkörperte libéralisme stand für Blockade, Abschottung und eine defensive Interessenpolitik der bourgeoisie. Ließ sich die frühe Phase unter den Bourbonen rückblickend als „l’ère héroïque et nationale du libéralisme“ bestimmen, so erschien die Entwicklung eines „libéralisme gouvernemental“ der doctrinaires auf der Basis einer Allianz zwischen den wirtschaftsbürgerlichen classes moyennes und der 1830 eingerichteten orleanistischen Erbmonarchie eher als Degeneration mit der Folge einer erneuten politisch-gesellschaftlichen Fundamentalkrise.34 Guizot selbst resümierte in seinen Mémoires diese Entwicklung dagegen als notwendige Aufhebung der gesellschaftlichen Konfrontation innerhalb jener Generation, die von ihren spezifischen Erfahrungen der Revolution und des napoleonischen Kaiserreichs geprägt worden war. Die doctrinaires standen danach für die Überwindung der durch die Revolution verursachten politisch-sozialen Konflikte und vor allem des innergesellschaftlichen Mißtrauens, indem sie eine wirkliche 32

33 34

TH. FABAS, Du caractère et de la tendence des hommes et des partis parlementaires. Extrait de la Revue indépendante, Paris [1842], S. 5 und C. A. R. DUCAUROY, De la souveraineté du peuple sainement entendue, loi fondamentale de la France, et de la souveraineté de la raison, principe politique des doctrinaires, Paris 1843, S. 17; vgl. ferner À Messieurs les députés. Quelques réflexions sur M. Guizot, le tiers parti et l’opposition. Par L. de B., Paris [1844]. Vgl. PIERRE ROSANVALLON, Le Moment Guizot, Paris 1985, S. 26 f. sowie FERRARI, Libéral, S. 466 f. R.-P. MARCEL, Essai politique sur Alexis de Tocqueville, Paris 1910, S. 4 sowie CH. DE RÉMUSAT, Mémoires de ma vie. Enfance et jeunesse: La Restauration libérale (1797–1820), hrsg. von CH. POUTHAS, Bd. 1, Paris 1958, S. 324.

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Synthese aus Vergangenheit und Gegenwart erstrebten. Sie verkörperten keine abstrakte Theorie, sondern einen pragmatischen Politikentwurf. Damit wies Guizot den doctrinaires die Aufgabe politischer Stabilisierung und gesellschaftlicher Integration zu, eine Projektion, die bereits nach 1815 die semantische Deutung von libéral und libéralisme bestimmt hatte: La philosophie s’était vantée qu’elle réglerait la politique, et que les institutions, les lois, les pouvoirs publics ne seraient que les créations et les serviteurs de la raison savante. Orgueil insensé . . . Les revers et les mécomptes ne tardèrent pas à donner à la Révolution leurs rudes leçons; mais jusqu’en 1815 elle n’avait guère rencontré, pour commentateurs de sa mauvaise fortune, que des ennemis implacables ou des complices désabusés, avides les uns de vengeance, les autres de repos, et qui ne savaient opposer aux principes révolutionnaires, les uns qu’une réaction rétrograde, les autres que le scepticisme de la fatigue . . . Les doctrinaires repoussèrent l’une et l’autre de ces assertions; ils se défendirent à la fois et du retour aux maximes de l’Ancien Régime, et de l’adhésion, même spéculative, aux principes révolutionnaires.

Für Guizot verbanden sich in doctrinaire die Kategorien von raison und expérience. Dem entsprach die Deutung des Begriffes als philosophische Schule und politisches Programm, in dem die Mittelstellung zwischen den Extremen von restaurativer Rückwendung und revolutionärem Chaos fokussiert wurde: En acceptant franchement la nouvelle société française telle que tout notre histoire, et non pas seulement 1789, l’a faite, ils entreprirent de fonder son gouvernement sur des bases rationnelles et pourtant tout autres que les théories au nom desquelles on avait détruit l’ancienne société, ou les maximes incohérentes qu’on essayait d’évoquer pour la reconstruire . . . Ce fut à ce mélange d’élévation philosophique et de modération politique, à ce respect rationnel des droits et des faits divers, à ces doctrines à la fois nouvelles et conservatrices, antirévolutionnaires sans être rétrogrades, et modestes au fond quoique souvent hautaines dans leur langage, que les doctrinaires durent leur importance comme leur nom . . . Les doctrinaires répondaient à un besoin réel et profond, quoique obscurément senti, des esprits en France; ils avaient à cœur l’honneur intellectuel comme le bon ordre de la société; leurs idées se présentaient comme propres à régénérer en même temps qu’à clore la Révolution.35

c) Intérêts bourgeois und idées libérales: Der libéralisme als Klassenideologie Neben die „konservative“ Konnotation von libéralisme trat in den 1840er Jahren vor allem die sozioökonomische Bestimmungskategorie, die sich bereits in den 1820er Jahren in der Kritik an der Instrumentalisierung des parti libéral durch capitalistes und commerçants angekündigt hatte.36 Die politisch-konstitutionellen Konfliktlinien von 1815 waren aus dieser Perspektive einer neuen sozioökonomischen Trennlinie zwischen traditionellem Landbesitz und dem neuen Handels-, Finanz- und Industriebürgertum gewichen. Bereits 1819 hatte Saint-Simon mit seinem Ausruf „quel libéralisme, grand Dieu!“ ideologiekritisch zwischen der Idee von libéralisme und den hinter ihm stehenden sozialen 35 36

FRANÇOIS GUIZOT, Mémoires pour servir à l’histoire de mon temps, 8 Bde., Paris 1858–1867, hier Bd. 1, S. 157–9 Vgl. Kapitel IV.1.d).

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Interessen des aufstrebenden Finanz- und Handelsbürgertums unterschieden.37 1824 ging er einen entscheidenden Schritt weiter und forderte die industriels in seiner Schrift Deuxième appendice sur le libéralisme et sur l’industrialisme auf, die Begriffe libéral und libéralisme überhaupt nicht länger für sich zu reklamieren.38 Die Vereinnahmung des „libéralisme gouvernemental“ durch die besitzbürgerlichen Schichten hatte in den 1840er Jahren für Louis Blanc die ursprüngliche Bedeutung der antagonistischen Bezeichnungen royalistes und libéraux als Ausdruck der historischen Umbrüche von 1789 bis 1815 ausgehöhlt.39 In seiner Histoire de dix ans konstatierte er: „Sous ces dénominations de ‚royalistes‘ et de ‚libéraux‘ se cachaient des intérêts qui n’étaient en réalité ni ceux de la liberté ni ceux de la monarchie“.40 Für Blanc bestand an der Funktion des libéralisme als Ausdruck der sozioökonomisch determinierten bourgeoisie kein Zweifel. Dem entsprach bei ihm die Charakterisierung der Restaurationsepoche und der Julimonarchie als Herrschaftsformen, die von der bourgeoisie im Sinne der eigenen primär sozioökonomischen Ziele instrumentalisiert worden seien: La Restauration fut par essence un fait bourgeois: elle répondait, je le répète, aux plus chers intérêts, aux plus sérieux instincts de la bourgeoisie. Aussi en proclama-t-elle sur-le-champ les principes. Le libéralisme n’est-il pas monté sur le trône avec Louis XVIII? N’est-ce pas le chef de cette dynastie restaurée qui, en créant la charte, a organisé la puissance politique de la bourgeoisie? . . . Aussi, de 1815 à 1830, la bourgeoisie ne s’occupa que de compléter sa domination. Faire tourner à son profit le système électif, s’emparer de la force parlementaire, la rendre souveraine après l’avoir conquise, telle fut, pendant quinze ans, l’œuvre du libéralisme, œuvre qui se résume en ces mots: asservir la royauté sans la détruire.41

Nach 1830 sei der parti libéral immer deutlicher durch die doctrinaires dominiert worden. Die Konsequenz dieser ungleichen Verbindung erblickte Blanc in der konservativen Position der libéraux, in ihrer Berufung auf den Ordnungsbegriff légalité und der wachsenden gesellschaftlichen Opposition dagegen. Aus dem Verrat an den Prinzipien des libéralisme, der seine progressiv-innovative Qualität zugunsten einer rein defensiven Interessenstrategie eingebüßt habe, sah Blanc eine erneute revolutionäre Spannung erwachsen:

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39 40 41

[C.-H. DE SAINT-SIMON] Suite du premier article sur la politique générale, in: LE POLITIQUE (1819), S. 78. [DERS.] Deuxième appendice sur le libéralisme et l’industrialisme (1824), in: Catéchisme des Industriels, in: DERS., Œuvres, Bd. 4, S. 178–203; vgl. FERRARI, Libéral, S. 469. RÉMUSAT, Mémoires, Bd. 1, S. 324. LOUIS BLANC, Révolution française. Histoire de dix ans 1830–1840, Bd. 1, 2. Aufl. Paris 1842, Introduction, S. 1–145, hier S. 74. Ebd., S. 37, 54 f., vgl. zur Rolle Fouchés ebd., S. 40 f.: „Fouché fréquentait ces artisans de petits complots, non pour les seconder, comme on l’a cru, mais pour mieux les trahir. Son égoïsme ne l’avait pas trompé: il sentait que la force était du côté des intérêts bourgeois et des idées libérales. Introduire au pouvoir ces intérêts et ces idées, après s’en être constitué le représentant; offrir, en cette qualité, ses services à la Restauration, et la dominer en la servant, tel était son but.“

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VI. Neue Polaritäten und Differenzbestimmungen

Augmenter la masse des biens sans tenir compte de leur répartition, tel fut le résumé des doctrines économiques adoptées par le libéralisme . . . Le parti libéral qui n’avait obéi d’abord qu’à d’aveugles instincts, avait fini par se discipliner sous la direction de quelques hommes studieux appelés doctrinaires; et les résultats de ce concert dans la négation et la haine prouvèrent, du moins, ce qu’on pourrait attendre d’un accord fondé sur les idées de fraternité et de dévouement. Disons tout: le libéralisme, par l’abus même de son principe, prépara une réaction qui contenait en germe le Saint-Simonisme et d’où sortirent les différentes écoles sociales dont nous aurons à suivre la marche . . . les libéraux se réfugièrent dans le privilège électoral dont ils jouissaient, ils s’armèrent de la légalité, ils invoquèrent la Charte, ils déployèrent, en un mot, cette violence fébrile qui naît des grandes frayeurs.42

Dieses sozioökonomische Bestimmungmuster prägte seit dem Ende der 1830er Jahre die frühsozialistische Kritik an libéraux und libéralisme. Für die travailleurs, so ein oft wiederkehrendes Motiv der politischen Publizistik, erschienen die doctrines libérales nur noch als Mittel der bourgeoisie, um ihnen jede politische Mitwirkung zu versagen.43 Insbesondere der Rekurs auf den sozialen Wertbegriff égalité im Gegensatz zu légalité diente der ideologischen Unterscheidung zwischen libéral und socialiste.44 Mit dem Auftreten der neuen oppositionellen Bewegungsbegriffe socialisme, radicalisme und communisme intensivierte sich diese Polarisierung noch.45 In der Identifizierung von libéralisme als Ideologie der bourgeoisie und als Ordnungsbegriff des système conservateur Guizots bildete sich am Ende der 1840er Jahre noch einmal der tiefgreifende semantische Wandel des Deutungsmusters seit 1815 ab.

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45

Ebd., S. 139, 143 und 164 f. Vgl. GUSTAVE BIARD, De la réforme électorale selon les libéraux et selon des travailleurs, Paris 1839, S. 29: „Et aux Travailleurs; les doctrines libérales ne recèlent que du vent. La clé du suffrage et de l’éligibilité universel est dans vos mains. Cette clé c’est l’organisation lente et graduelle du travail en association.“; vgl. DERS., Bible des idées nouvelles, Paris 1850, S. 99: „M’adressant en dernier ressort aux travailleurs, après leur avoir démontré tout le vide de la logomachie libérale, trop imitée, hélas!“ Vgl. PIERRE BERNARD, L’avenir au coin du feu. Causeries libérales, socialistes et humanitaires, Paris 1849, S. 159 f.: „Le libéral: Quant à l’égalité, mes idées sont fixées depuis longtemps. Il n’y a d’égalité vraie que devant la mort . . . Le socialiste: Le libéralisme ne peut pas s’expliquer en toute franchise sur ce terme d’égalité. Il ne peut que le prononcer sans y croire; et s’en moquer tout bas en le prononçant bien haut. J’ose dire, moi, que la fraternité contredit l’égalité, car elle suppose un plus jeune frère qu’on protège, que l’on conseille; un plus âgé que l’on respecte, que l’on consulte.“ Vgl. LUC LEBREUIL, De la marche des idées depuis la révolution française, Paris 1841, S. 35; GUSTAVE CHAUDEY, De la formation d’une véritable oppositon constitutionnelle, Paris 1848, S. 31 ff. sowie L’individualisme et le communisme. Par les citoyens Lefuel, Lamennais, Duval, Lamartine et Cabet, Paris 1848, S. 6.

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2. Deutschland a) Der lebendige Ausdruck des Zeitgeistes: Liberalismus als evolutionär-integratives Deutungsmuster Die bereits in den 1830er Jahren deutlich polarisierte Debatte um Standort und Strategien der Liberalen bildete den Hintergrund für eine der wichtigsten Bestimmungen von Liberalismus. Mit seinem Liberalismus-Artikel im Staatslexikon, der wohl bedeutendsten Quelle des politisch-sozialen Denkens im Vormärz weit über den südwestdeutschen Kontext hinaus, legte Paul Achatius Pfizer 1840 eine Interpretation vor, die tradierte Bedeutungselemente und neue Aspekte zusammenfügte und verdichtete. Damit beabsichtigte er vor allem, den nach seiner Ansicht zunehmenden Fehldeutungen des Begriffes verbindlich entgegenzuwirken, da der Liberalismus zum „Gegenstand der leidenschaftlichsten Anfeindung und der gehässigsten Vorwürfe“ geworden sei. Allein der Umfang von Pfizers Artikel, aber auch seine Differenzierungsschärfe und sein programmatischer Duktus machen diesen Text zu einer der bedeutendsten Quellen für die historische Semantik von Liberalismus im deutschen Politikdiskurs des 19. Jahrhunderts. Pfizers Prämisse bestand in der Deutung des Liberalismus als Ausdruck einer vernünftigen und daher verpflichtenden Rechtsidee, in der die individuelle Freiheit aller nur durch die Freiheit der anderen Mitglieder einer Staatsbürgergesellschaft begrenzt werden durfte: „Das wahre Recht ist nichts Anderes, als die ausgedehnteste und gleichste Freiheit Aller, die sich mit friedlicher Koexistenz verträgt.“ Der naturrechtlichen Freiheitsidee wurde das vernünftige Recht und der Liberalismus als dessen Verkörperung zugeordnet: Im Grundsatz sei der Liberalismus nur „der Inbegriff der auf Herstellung eines vernünftigen Rechts gerichteten Bestrebungen“ und ziele auf „die möglichste, mit der sichern und vollständigen Erreichung der vernünftigen Staatszwecke vereinbare gleiche Freiheit“.46 Die semantische Anbindung des Begriffes an das vernünftige Recht sowie die vernünftigen Staatszwecke dokumentierte noch einmal die Persistenz des Aufklärungsparadigmas und damit zugleich die gesinnungsethisch-weltanschauliche Aufladung von Liberalismus. Gegenüber dieser Deutung von Liberalismus als Umsetzung einer aufgeklärten Rechts- und Staatskonzeption wandte sich Pfizer dezidiert gegen jedes gesellschaftlich nivellierende Gleichheitsprinzip. Dabei differenzierte er zwischen dem legitimen Anspruch auf Rechtsgleichheit und der ungerechtfertigten Forderung nach sozial-ökonomischer Gleichheit: Für die „ächten Liberalen“ bedeute „Rechtsgleichheit“ gerade nicht „äußerliche Gleichheit von Besitz und Macht.“ Damit begegnete er dem in der zeitgenössischen Publizistik erhobenen Vorwurf, der Liberalismus verkörpere hinter der Fassade politische Mäßigung egalitär-de46

PAUL ACHATIUS PFIZER, Liberal, Liberalismus, in: ROTTECK und WELCKER (Hrsg.), Bd. 9, 1840, S. 713–30, hier S. 714 f.

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VI. Neue Polaritäten und Differenzbestimmungen

mokratische Ziele in der Tradition der jakobinischen Revolution. Die gleiche Tendenz wurde auch deutlich, wenn sich Pfizer gegen den Vorwurf des „politischen Materialismus und der angeblich destruktiven und anarchisch-despotischen Tendenz der Liberalen“ wandte: Dem wahren Wesen der Freiheit sind gewaltsame Zerstörungen und despotisches Nivellieren fremd. Auch sind die heutigen Liberalen wohl der großen Mehrzahl nach darüber einig, nicht unmittelbare Volksherrschaft, sondern einen solchen Zustand zu erstreben, in welchem eine dem entschiedenen Volkswillen und Volksinteresse beharrlich widerstrebende Regierung nicht mehr möglich ist.47

Liberalismus verkörperte hier die Mitte zwischen dem Streben nach politischer Partizipation in den „Staatsangelegenheiten“, deren allgemeine Zielsetzung indirekt auf eine parlamentarisch gestützte Regierung hinausfief, und der Ablehnung jedes revolutionären Bruchs. Der konstitutionelle Erwartungshorizont bestand angesichts der Erfahrungen der süddeutschen Verfassungsstaaten mit ihren Landtagen in der Kompetenzausweitung der repräsentativen Vertretungsorgane. Das Prinzip einer unmittelbar umgesetzten Volkssouveränität etwa durch konsequente Anwendung eines direkten Mehrheitsentscheids lehnte Pfizer dagegen ab. Damit wurde auch die Frage der sozialen Trennlinie des auf Liberalismus fokussierten Programms gegenüber den klein- und unterbürgerlichen Gesellschaftsschichten berührt. Pfizer grenzte den Liberalismus gegen die „willkürliche Herrschaft der Majorität“ und jede „tödtende, mechanische Gleichförmigkeit“ ab.48 Von daher erklärte sich auch seine Ablehnung des allgemeinen Wahlrechts, durch das er den erreichten Entwicklungsstand der Staatsbürgergesellschaft in Gefahr sah: Dagegen aber verlangt der vernünftige Liberale doch keineswegs, daß die Staatsangelegenheiten unmittelbar durch allgemeine Stimmgebung entschieden werden. Ein solches Begehren wäre allerdings destructiv; es würde beständig in den Urzustand der bürgerlichen Gesellschaft zurückführen und den staatsgesellschaftlichen Organismus in lauter Atome zersplittern.

Als Qualifikationsmerkmale für aktive politische Partizipation firmierten bei Pfizer die sozialen Wertbegriffe Bildung und Selbständigkeit, in denen sich die Sozialisation und Identifikation der Liberalen widerspiegelten, die nur so viel Freiheit verlangten, „als nach Maßgabe ihrer Bildungsstufe, ihrer politischen Reife und Selbständigkeit“ und mit der „friedliche Koexistenz“ im Staat vereinbar sei. Die äußerste Grenze dieser Projektion bestand in der Umsetzung der allgemeinen Rechtsidee und im Charakter des vernünftigen Staatszwecks. Als evolutionär-systemimmanente Zukunftsverheißung schloß dies einen revolutionären Spannungs- und Krisenzustand a priori aus: Denn der Forderung des Rechts ist genug getan, wenn ein Volk so viel Freiheit und Gleichheit besitzt oder auf friedlichem, gesetzlichem Wege sich verschaffen kann, als es selbst ha-

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Ebd., S. 715–9. Ebd., S. 719, 716 und 727.

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ben will, und als mit der gesicherten Erreichung aller vernünftigen, vom Volke selbst gewollten Staatszwecke vereinbar ist. Und mehr darf der Liberalismus nicht begehren.49

Diese Konzeption umging sowohl mögliche innergesellschaftliche Interessenkonflikte als auch den Antagonismus zwischen Staat und Gesellschaft durch das ungebrochene Vertrauen auf die Integrationskraft der vernünftigen Rechtsidee, der Regierung und Volk gemeinsam verpflichtet blieben. Indirekt wirkte hier noch einmal das Ideal der societas civilis sive res publica nach, was Pfizers Deutung ungeachtet aller progressiven und selbstbewußten Richtungsqualität einen traditionellen Grundzug verlieh. Dem entsprach auch die Idee der Liberalismus zugeordneten Staatsbürgergesellschaft, deren Ideal in einer durch den Erwerb bildungsbürgerlicher Qualifikationsmerkmale gesicherten Rechtsgleichheit „mittlerer Existenzen“ bestand und von daher die altständisch-korporative Gesellschaftsformation ablösen sollte.50 Sie blieb den zunehmend vom Pauperismus betroffenen klein- und unterbürgerlichen Gesellschaftsgruppen, die man ohne die notwendige Bildung der Gefahr politischer Extreme ausgeliefert sah, zunächst verschlossen, auch wenn diese in langfristiger Perspektive in diese Staatsbürgergesellschaft hineinwachsen sollten. Die dem Liberalismus hier implizit unterlegte gesamtgesellschaftliche Integrationskraft beruhte mithin auf einer Deutung, die den besitz- und bildungsqualifizierten Staatsbürgern die politische Partizipation sicherte, während sie den Rest der Gesellschaft auf eine langfristige Emanzipation durch den Erwerb eben jener soziokulturellen Qualifikationsmerkmale verwies. Vor dem Hintergrund der verbreiteten Kritik an der angeblich reinen Oppositionshaltung der Liberalen wandte sich Pfizer dagegen, daß „jeder Widerstand . . . gegen Maßregeln, die dem liberalen Prinzip zuwiderlaufen als systematische Opposition verschrien“ und das Eintreten für die „Interessen der Gesamtheit . . . und das unveräußerliche Recht des Fortschrittes“ als bloßes Streben nach „Umsturz des Bestehenden, Anarchie und Pöbelherrschaft“ kritisiert wurde. Daraus sprach das ungebrochene Selbstbewußtsein, wonach Liberalismus das eigentlich fortschrittliche Element der Geschichte verkörperte, und dies gerade gegenüber allen zeitgenössischen Kritikern. Eines grundlegend veränderten Bedeutungsrahmens war sich Pfizer durchaus bewußt, wenn er die Meinungstendenzen seiner Gegenwart charakterisierte, wo man durch die „Ausschweifungen . . . [der] radikalen Partei, Unduldsamkeit und Particularismus [der] constitutionellen Opposition“ dahin gekommen sei, daß der Name eines Liberalen, sonst ein Ehrenname, auf den selbst Regierungen stolz waren, jetzt allen Ernstes von solchen, welche nicht als Feind der Regierungen angesehen werden wollen, verbeten wird; mag man es in Deutschland erlebt haben, daß ganze Corporationen gegen den Verdacht des Liberalismus als eine Ehrenkränkung sich verwahrten.

Wo liberal und Liberalismus derart zu Objekten des tagespolitischen Kampfes geworden zu sein schienen, vertraute Pfizer ganz auf die geschichtsnotwendige 49 50

Ebd., S. 719–21. Vgl. GALL, Liberalismus und „bürgerliche Gesellschaft“, S. 122.

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VI. Neue Polaritäten und Differenzbestimmungen

Entfaltung und Durchsetzung der Freiheitsidee und des mit ihr verbundenen Vernunftspostulats: Die Sache der Freiheit werde „darum so wenig untergehen, als die Vernunft selbst untergehen“ könne. Die „Ausschweifungen eines unächten oder mißverstandenen Liberalismus“ seien eben „Verirrungen . . . verschuldet durch die Mißhandlung des ächten“, die aber dem eigentlichen „Werth des letzteren keinen Eintrag thun“ könnten.51 Pfizer ordnete auch den mißverstandenen Liberalismus, also den Radicalismus seiner Gegenwart, noch in den semantischen Zusammenhang des ursprünglichen Deutungsmusters ein. Den ächten Liberalismus interpretierte Pfizer als überparteiliche Verkörperung universellen Fortschritts in der Tradition der Aufklärung – ein Bestimmungmuster, das in einer Linie mit den lexikalischen Begriffsdefinitionen seit den 1820er Jahren stand und den bildungsbürgerlichen Erwartungshorizont widerspiegelte.52 Indem die emanzipatorische Fortschrittserwartung der Aufklärung semantisch mit dem Liberalismus verknüpft wurde, ergab sich für Pfizer eine besondere Legitimierung der mit dem Begriff verbundenen Forderungen: Den zeitgenössischen Kritikern konnte er entgegenhalten, daß die geschichtliche Entwicklung des Fortschritts im Liberalismus der Gegenwart als „natürliche Reaction des politischen Lebens gegen despotische und hierarchische Lebensunterdrückung“ sichtbar würde. Liberalismus markiere einen naturnotwendig erreichten Entwicklungspunkt der Geschichte; dies zu negieren, hieße aber, sich gegen die Geschichte und ihr inhärentes Fortschrittsprinzip zu wenden. Das verlieh dem Begriff eine kaum zu überbietende Deutungsmacht, die sich bei Pfizer in einer ungebrochenen Integrationserwartung hinsichtlich aller zeitgenössischen Bewegungskräfte niederschlug. Pfizer bezog Liberalismus ausdrücklich daher auch auf die extremen Oppositionsbewegungen: Sogar in seinen Ausschweifungen ist . . . der Liberalismus das Ergebnis natürlicher Gesetze des Geisteslebens, und welch’ einen beschränkten Begriff vom Leben der Natur und der Geschichte müssen daher diejenigen haben, welche beständig von natürlicher und geschichtlicher Entwicklung reden und doch den Liberalismus als eine natürliche Entwicklung des geschichtlichen Lebens nicht begreifen wollen!

Die Zukunftsverheißung durch Liberalismus bestand in der durch ihn fokussierten Synchronisierung von Fortschritt und Vernunft in einem universell begriffenen Emanzipationsprozeß. Auf politisch-konstitutioneller Ebene sei der Liberalismus daher „nichts anderes . . ., als der auf einer gewissen Stufe mensch51 52

PFIZER, Liberalismus, S. 723, 726 f. und 721. Vgl. Kapitel III.2.b) und V.2.c); auf dieses bildungsbürgerliche Muster rekurrierte auch die zeitgenössische Pädagogik, vgl. JOHANN WILHELM LUDWIG DÖDERLEIN, Rede über liberale Erziehung, in: DERS., Reden und Aufsätze. Ein Beitrag zur Gymnasialpädagogik und Philologie, Bd. 2, Erlangen 1847, S. 35: „Die wahre Liberalität beginnt erst, wenn der Lehrer dem nämlichen Zögling, den er als einen unreifen, unmündigen Menschen belehren, erziehen, auch, wenn es Noth thut, zwingen soll, von vornherein als einem freien Menschen mit Achtung und Liebe entgegenkommt.“; vgl. ferner A. DIESTERWEG, Über liberalen Unterricht, liberale Schul-Erziehung, in: RHEINISCHE BLÄTTER FÜR ERZIEHUNG UND UNTERRICHT 14 (1836), S. 271 ff.; vgl. GUYOT, S. 10.

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licher Entwicklung notwendige Übergang des Naturstaats in den Rechtsstaat.“ So mündete die Fortschrittserwartung der Aufklärung, die Züge einer säkularisierten Heilsgeschichte trug, im Liberalismus-Begriff Pfizers in einen regelrechten Attentismus, der ganz in der Tradition Hegels auf die naturgesetzliche Entfaltung der Freiheit baute. Es ist unverkennbar, daß diese weltanschauliche Aufladung den Bewegungsbegriff Liberalismus zu einem weit über konkrete politische Forderungen hinausgehenden zivilisatorischen Deutungsmuster machte, das Pfizer für unzerstörbar hielt: Eben weil die freisinnigen Ideen kein todtes Erbstück aus versunkenen Jahrhunderten, sondern der lebendige Ausdruck des Zeitgeistes sind, und weil die herrschenden Gedanken jedes Zeitalters dessen geschichtlicher Lebensentwicklung ihre Richtung geben, ist der Liberalismus unzerstörbar. Er ist die Rückkehr zu den Grundsätzen des vernünftigen Rechts, die denkende, bewußte Freiheitsliebe, die mit dem Heranreifen der Völker zur Mündigkeit, zum Selbstdenken und Selbsthandeln, sich entwickelt, und mit Naturgewalt verlebte Formen und verjährte Fesseln bricht . . . die Freiheit ist jetzt eine Nothwendigkeit geworden, und keine menschliche Gewalt darf hoffen, jene weltbewegenden Ideen zu ersticken, die ihren Weg durch alle Hemmnisse und Schranken finden werden, bis ihre Bahn, die eine höhere Hand gezeichnet hat, durchlaufen ist.53

Damit lassen sich in Pfizers Deutung drei semantische Dimensionen von Liberalismus unterscheiden: Das ungebrochene Bewußtsein, den universellen Fortschritt der Geschichte zu verkörpern, stand neben der Erwartung, alle Bewegungskräfte der Gegenwart integrieren zu können, sobald sie dem evolutionären Ideal des vernünftigen Rechts folgten. Eine Anerkennung sich real differenzierender gesellschaftlicher Interessen ließ diese Projektion nicht zu. Vor dem Hintergrund der faktischen Absetzung politischer Lager und der ideologischen Polarisierung distinkter Bewegungsbegriffe ließe sich – zugespitzt formuliert – von einer defensiven Utopie sprechen, die allerdings von der ungebrochenen Erwartung naturgesetzlichen Fortschritts noch weithin überdeckt wurde. Die konkrete Umsetzung des politisch-sozialen Gehalts von Liberalismus entsprach dabei einer Staatsbürgergesellschaft, deren Wertbegriffe dem bildungsbürgerlichen Diskurs entstammten, und das klein- und unterbürgerliche Gesellschaftssegment auf eine lediglich angekündigte Emanzipation durch Bildungsqualifikation und ökonomische Selbständigkeit verwies. Die soziale Distinktionswirkung von Liberalismus, noch vertieft durch die weltanschauliche Kategorie, wurde hier unübersehbar und forderte bereits die Zeitgenossen zur semantischen Ideologiekritik heraus. Eine in Pfizers Liberalismus-Deutung implizit enthaltene semantische Kategorie, die für den Vormärz und die langfristige kritische Auseinandersetzung mit Liberalismus fundamentale Bedeutung haben sollte, stellte Carl von Rottecks vernunftrechtliche Argumentation dar. Rotteck hatte bereits im Staatslexikon von 1834 „zwei Systeme oder Richtungen“ für ganz Europa erkannt, die er in die „Liberalen“, „Constitutionellgesinnten“ und „Anhänger der Revolution“, die „Bewegungsparthei“, „Juliusmänner“ und insbesondere die „An53

PFIZER, Liberalismus, S. 729 f.

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VI. Neue Polaritäten und Differenzbestimmungen

hänger des natürlichen Rechts“ auf der einen und in die „Absolutisten“, „Servilen“, „Anhänger der Reaktion“, „Widerstands- oder Stillstandspartei“, in „Konservative“, „Antiliberale oder Stabile“, „Legitimisten“ und „Anhänger des historischen Rechts“ auf der anderen Seite einordnete.54 Die ideologischen Identifikationspunkte der Mitte innerhalb der „unendlichen Mehrzahl der Liberalen“ stellten für Rotteck die naturrechtlich abgeleiteten „Menschenrechte“ sowie der vernunftrechtlich begründete „Rechtsstaat“ dar.55 Nur dieser Position gestand er das Attribut liberal zu, während die „falsche Mitte“ der Bewegungspartei mit dem Argument Widerstand leiste, den „gegebenen historischen Boden“ nicht verlassen zu wollen.56 In dieser Bestimmung zeichnete sich eine Distanzierung gegenüber der historischen Rechtsschule ab, ohne die sich die vor 1848 einsetzende Diversifizierung distinkter Liberalismen und die Kritik an der Semantik des Staatslexikons nicht erfassen läßt. Rotteck unterschied eine „rechtsphilosophische oder vernunftrechtliche“ und eine „rechtshistorische“ Schule. Diese Differenzbestimmung schien ihm für die Gegenwart angemessener zu sein als die tradierten ideologischen Etiketten Revolution und Reaction. Statt der Revolution, die „den Nebenbegriff des Gewaltsamen und Plötzlichen“ mit sich führe, schlug Rotteck den Begriff Radicalismus vor, der „nur das Ziel des Strebens, welches wohl auch friedlich zu erreichen ist, ankündet.“ Gegenüber der Reaction plädierte er für Conservatismus, der „seiner Natur nach mehr [der Revolution] zuvorzukommen, als erst sie wieder zu bändigen strebt.“ Der ideologische Antagonismus zwischen vernunftrechtlicher und rechtshistorischer Argumentation verwies bereits auf die bipolare Struktur von Radicalismus und Conservatismus: Nach Rotteck drückten „Radicalismus und Conservatismus die Gegensätze der beiden in Frage stehenden Parteien richtiger und verständlicher aus, als Revolution und Reaction“.57 Das politische Deutungsmuster liberal/Liberalismus verband er dabei in letzter Konsequenz mit dem in Radicalismus verdichteten Programm des Rechtsstaates und der Menschenrechte.58 Diese semantische Entwicklung antizipierte die bis in die Frankfurter Nationalversammlung reichende Kluft zwischen vernunftrechtlicher und historisch-organischer Deutung von Liberalismus. Auf lexikalischer Ebene bedienten sich neben dem Staatslexikon auch andere Konversationslexika der primär gesinnungsethischen Bestimmungsmuster. Bis in einzelne Formulierungen hinein läßt sich dabei die Nachwirkung von Pfizers Artikel nachweisen, was den erheblichen Einfluß des Staatslexikons im 54

55 56 57 58

CARL VON ROTTECK, Vorwort zur ersten Auflage, in: DERS. und WELCKER (Hrsg.), Bd. 1, 1834, S. III–XXXIV, hier S. XVII; ROTTECK, Bewegungspartei, S. 558 ff.; DERS., Vorwort, S. XVII.; vgl. SIEMANN, Nationalversammlung, S. 275–9. ROTTECK, Vorwort, S. XXII, XVIII und IX. DERS., Bewegungspartei, S. 563. DERS., Historisches Recht, in: DERS. und WELCKER (Hrsg.), Bd. 8, S. 2–22, hier S. 10 und 12. Dem entsprach Rottecks positive Konnotation von radical im STL, Bd. 8, S. 13, als „eine Fahne, zu welcher jeder Ehrenmann sich bekennen darf.“

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bürgerlichen Politikdiskurs unterstreicht.59 Zahlreiche Autoren der 1840er Jahre übernahmen das in den Enzyklopädien und in Pfizers Staatslexikon-Artikel geprägte Bestimmungsmuster von Liberalismus als Umsetzung des Aufklärungsparadigmas in der Gegenwart. So konstatierte Carl Witt 1843: „Der Liberalismus ist nichts anderes, als die Vernunfterkenntnis angewandt auf unsere bestehenden Verhältnisse“.60 Hinzu trat auf lexikalischer Ebene ebenfalls die Unterscheidung eines gerechtfertigten, „ursprünglichen“ Liberalismus von seinen scheinbaren extremen Entwicklungssträngen. Diesem Kontext entsprach nicht zuletzt auch die erheblich intensivierte Diskussion darüber, ob ein festerer organisatorischer Zusammenschluß der Liberalen zu einer Partei notwendig sei.61 Dabei dominierte in den lexikalischen Artikeln die Ansicht, der Liberalismus sei als universeller Ausdruck der Freiheit nicht von einer bestimmten „Verbindung“ abhängig: „Wahrheit, Tugend und Recht sind der Zweck des ächten Liberalismus, der darum weder Meinung noch Rang noch Leidenschaft achtet. So wie die Freiheit den Menschen angeboren ist, so bedarf es auch eigentlich zum Liberalismus keiner Verbindung.“ Aus dieser Perspektive verkörperte Liberalismus gerade kein tagespolitisches Schlagwort, sondern eine ethisch bestimmte, je individuelle Disposition, die sich einerseits nicht auf eine fester organisierte Partei verengen ließ, und sich andererseits in einen universalhistorischen Bedeutungs- und Argumentationszusammenhang einordnete. Die politische Konkretisierung im Sinne einer Parteibezeichnung schloß der Begriff mithin durch seine geschichtsphilosophische Universalisierung und gesinnungsethische Individualisierung aus. Dies unterschied ihn auch vom Revolutionismus und dem ihm zugeordneten Ultraliberalismus: Der Liberalismus prüft ruhig, die Revolution fordert stürmisch. Aber beide wollen Emancipation der Menschheit, was jeder ächt göttliche Mann, wie Sokrates, Plato, Jesus, Luther, 59

60 61

Vgl. Rheinisches Conversations-Lexicon oder encyclopädisches Handbuch für gebildete Stände, hrsg. von einer Gesellschaft rheinländischer Gelehrten, Bd. 8, 4. Aufl. Köln 1841, S. 117–9 sowie Allgemeines Deutsches Conversations-Lexicon für die Gebildeten eines jeden Standes, hrsg. von einem Vereine Gelehrter. Encyclopädische Darstellung des letzten Jahrzehnts in seinen welt- und culturgeschichtlichen Hauptmomenten. Ein selbständiges Werk und zugleich eine Ergänzung zu jedem Conversations-Lexicon, Bd. 2, Leipzig 1844, S. 351–6 und ebd., S. 352, wo der Conservative zum ersten Mal als ideologischer Gegner genannt wurde; vgl. ferner H. A. PIERER (Hrsg.), Universal-Lexikon der Gegenwart und Vergangenheit oder neuestes encyclopädisches Wörterbuch der Wissenschaften, Künste und Gewerbe, Bd. 17, 2. Aufl. Altenburg 1843, S. 402 sowie WILHELM BINDER (Hrsg.), Allgemeine Realencyclopädie oder Conversationslexikon für das katholische Deutschland, Bd. 6, Regensburg o.J. [1846?], S. 742. [CARL WITT] Preußen seit der Einsetzung Arndts bis zur Absetzung Bauers, in: GEORG HERWEGH (Hrsg.), Einundzwanzig Bogen aus der Schweiz, Zürich 1843, S. 12 f. Vgl. LOTHAR GALL, Das Problem der parlamentarischen Opposition im deutschen Frühliberalismus, in: KURT KLUXEN und WOLFGANG J. MOMMSEN (Hrsg.), Politische Ideologien und nationalstaatliche Ordnung. Festschrift für Theodor Schieder, München 1968, S. 153–170, wieder in GALL, Bürgertum, liberale Bewegung und Nation, S. 126–43.

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Tzschirner, Canning, – Namen und Vaterland thun nichts zur Sache, da jeder Einzelne als Glied dem großen Ganzen sich anschließt – durch Wort und That gewollt haben. Darum kann der wahre Liberalismus auch nicht gelehrt, nur gefühlt werden! Denn liberale Ideen sind die Ideen der ächten politischen und religiösen Freiheit und darum ist deren Kraft eine innere, die wie ein Band durch alle höheren Geister sich schlingt. Darum finden wir die Epoche des Liberalismus zu allen Zeiten und bei allen Völkern. Auf der Stufe, wo diese heutzutage stehen, gehören Repräsentativverfassung, Preßfreiheit, Verantwortlichkeit der Regierungsbeamten (unter denen der Regent als der erste genannt werden muß) und öffentliche Rechtspflege zu den vorzüglichsten Bestrebungen des Liberalismus. Ultraliberalismus ist ein Extrem, das im Wesentlichen an den Revolutionismus grenzt.

Die Abgrenzung des Liberalismus von der Revolution schien seit Beginn der 1840er Jahre für die Begriffsbestimmung erheblich an Bedeutung zu gewinnen und reflektierte sowohl eine intensivierte politische Strategiediskussion als auch die Existenz konkurrierender Etiketten wie radical und conservativ. Viele Autoren sahen den Liberalismus in der Gefahr, sich bei der Wahl der Mittel zu sehr der revolutionairen Partei anzupassen. Dies machte die Differenzierung anhand bipolarer Wertbegriffe umso notwendiger: Zwar hat man, wenn man von der liberalen Partei gesprochen hat, sie mit der revolutionairen in eine Kategorie bringen wollen und, wenn man nur auf Erreichung des Zwecks beider sieht, nicht ganz falsch geurtheilt; allein beide Parteien sind wie Vernunft und Unvernunft, Verstand und Leidenschaft, Freiheit und Zwang, adelige Gesinnung und andere Güter voneinander verschieden.62

Die Persistenz dieser Bestimmungsmuster wurde noch in dem von Robert Blum begründeten Volksthümlichen Handbuch der Staatswissenschaften und Politik sichtbar, das 1851 in Leipzig erschien. W. Pretzsch unterschied in seinem Artikel dabei drei Formen des Liberalismus: Einmal offenbart er sich in dem schönen und großen Streben staatlicher Einrichtungen: die Rechte der Menschen anzuerkennen und diese selbst zum klaren Bewußtsein ihrer Menschenwürde zu erheben. Hier ist er Staats-Liberalismus, dessen Zweck darin besteht, jene wohlthätige Herrschaft des Gesetzes zu begründen, welche mit der des Geistes und der Sitte sich vereinigt, um Menschenglück und Bürgertugend zu einem Gemeingut zu machen. Diesem Liberalismus zur Seite steht jener der Gesinnung des Einzelnen, welcher Wahrheit und Recht höher achtet, als Erdengüter und stets bereit ist, dem Recht und der Freiheit jedes Opfer zu bringen . . . Aber wie selbst die Sonne ihre Flecken und der köstlichste Fruchtbaum seine Schmarotzerpflanzen hat, – so giebt es auch noch einen After-Liberalismus, der sich nie höher als bis zum ‚guten Willen‘ zu erheben vermag und der erschrocken mit der Hand zum Geldsack fährt, wenn irgendeinmal von etwas mehr die Rede ist.

Diese Deutung erfaßte klarsichtig die semantische Spannung zwischen der Projektion des Staates als Garant des politischen Fortschritts, der individuellen Gesinnung und dem wirtschaftsbürgerlichen Interesse. Dennoch überwogen auch hier das bildungsbürgerlich grundierte Paradigma zivilisatorischen Fort-

62

Allgemeines deutsches Conversations-Lexicon für die Gebildeten eines jeden Standes, hrsg. von einem Vereine Gelehrter. Zweiter Abdruck der ersten Original-Auflage, Bd. 6, Leipzig 1840, S. 542.

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schritts und der Zielhorizont einer evolutionär-konstitutionellen Zukunftsverheißung: Sein Glaube an eine Zukunft voll Freiheit und Fortschritt steht so fest, daß ihn nichts darin zu erschüttern vermag. So ist der Liberalismus ein Erbtheil aller der Menschen und Völker, deren Dasein an innerm Zusammenhange gewonnen und die alle Culturzustände bis zur Gebirgshöhe der Freiheit glücklich durchgekämpft haben. Wie der Grundton seines innersten Wesens vollkommene Freiheit und Gleichheit des Denkens und Wollens ist, – so übersieht er ohne blinde Leidenschaftlichkeit und träge Gleichgiltigkeit bei Prüfung der Staatsformen keine der Institutionen, welche in weiter Stufenfolge mitten inne zwischen Alleinherrschaft und demokratischer Selbstregierung liegen, und wählt frei diejenigen, welche zu Förderung des Fortschritts am geeignetsten und für den politischen Bildungsgrad des Volkes am angemessensten ihm scheinen.63

b) Von der semantischen Diversifizierung zur verdeckten Desintegration: Die Liberalismen des Vormärz In der politischen Publizistik der 1840er Jahre wurde Liberalismus eines der „meistgebrauchten politischen Schlagwörter“.64 Zumindest tendenziell läßt sich dies auch frequenzanalytisch, vor allem für die Phase ab etwa 1844, bestätigen (vgl. Abbildungen 5 und 6). Hinsichtlich des semantischen Wandels schlug sich der besondere Charakter der 1840er Jahre zunächst in einer kaum mehr absehbaren Zahl von Bestimmungsversuchen nieder, in die auch neue Bedeutungsaspekte eingingen, so etwa der häufige Blick auf den Charakter anderer europäischer Liberalismen oder die Amalgamierung konfessioneller Attribute mit liberal.65 Nicht zu übersehen ist aber vor allem die weitgehende Diversifizierung von Liberalismen anhand zahlreicher bipolarer Bestimmungsmuster wie aristokratisch/demokratisch, gelehrt/populär, vornehm/bürgerlichvolkstümlich, hinter denen sich jene politisch-sozialen Interessengegensätze abzeichneten, die die Integrationskraft des Deutungsmusters bereits vor 1848 tendenziell in Frage stellten.66 Die vielfältigen Rekurse auf liberal/Liberalismus ließen eine verbindliche Bedeutungsrichtung dabei immer schwieriger werden.

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W. PRETZSCH, Liberalismus, in: ROBERT BLUM (Hrsg.), Volksthümliches Handbuch der Staatswissenschaften und Politik. Ein Staatslexicon für das Volk, Bd. 2, Leipzig 1851, S. 37. VIERHAUS, Liberalismus, S. 772. Vgl. Der Liberalismus der Irländer, in: HISTORISCH-POLITISCHE BLÄTTER FÜR DAS KATHOLISCHE DEUTSCHLAND 5 (1840), S. 52–60 sowie Englischer und französischer Liberalismus, in: NEUE JAHRBÜCHER DER GESCHICHTE UND POLITIK 1 (1844), S. 458–63; vgl. THEODOR MUNDT, Der heilige Geist und der Zeitgeist. Zwölf Capitel, den Reformfreunden auf katholischem, protestantischem und jüdischem Gebiet gewidmet, Berlin 1845, S. 3; DAVID FRIEDRICH STRAUSS, Der politische und der theologische Liberalismus, Halle 1848 sowie PETER J. SCHMITZ, Religion, Kirche, Staat, Liberalismus und Revolution in ihren Beziehungen zueinander, Stadtamdorf 1849. Vgl. H. VON OPPEL, Der Liberalismus der Gegenwart. Ein Zeitthema, vom volksthümlichen Standpunkte aus betrachtet, Grimma [1845], S. 1.

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VI. Neue Polaritäten und Differenzbestimmungen

Gerade die intensiven Begriffsdebatten dokumentierten diesen Sachverhalt. Dabei verkürzte, ähnlich dem französischen Politikdiskurs nach 1815, jeder neue Bestimmungsversuch die semantische Halbwertszeit der nächsten Begriffsdeutung und setzte so die Dynamik immer neuer Bestimmungen fort. Diese tendenzielle Desintegration vollzog sich aber unter der Oberfläche eines weithin ungebrochenen Selbstbewußtseins. Karl Hagen faßte den Wandel des Liberalismus seit 1830 zusammen und verband dies mit einer optimistischen Zukunftsprognose, die „Epochen des Absolutismus“ bald zu überwinden: Eine Zeit lang glaubte man, daß der Liberalismus das entschiedene Uebergewicht über die Tendenzen des unumschränkten Fürstenthums gewonnen habe. Aber es dauerte nicht lange, so trat wieder eine Reaction ein . . . Indessen ist ebenso wenig zu läugnen: die Ideen der politischen Freiheit sind nicht verschwunden; sie haben weder qualitativ noch quantitativ verloren. Sie haben sich in den letzten Zeiten geklärt, sind reifer geworden, und der Liberalismus, dem man noch vor einigen Jahrzehnten nicht mit Unrecht oft den Vorwurf der Flachheit und Seichtigkeit machen konnte, hat an Tiefe und Fülle gewonnen. So dürfen wir wohl behaupten, daß der Kampf noch nicht vorüber ist, wenn nämlich der Absolutismus die ernstlichen Versuche nicht aufgibt, wieder zur alten Herrschaft zu gelangen.67

Gegenüber einer solchen Einschätzung deutete sich aber auch die semantische Trennung von liberal und radical und die tendenziell „konservative“ Wendung des Deutungsmusters an. So hieß es in der Augsburger Allgemeinen Zeitung im November 1841: „Der Liberalismus von heute ist diszipliniert: er hat seine Lebensschule durchgemacht . . . die Leidenschaft der Neuerung ist im Kampf mit der Macht beharrlicher Verhältnisse abgekühlt, auch mit einem kleinen Vorteil, einem Schritt vorwärts, ist er befriedigt.“ Die Frage nach der Strategie politischer Reform schlug sich in einem „liberalen Konservatismus oder konservativen Liberalismus“ nieder, der „stets mit der Zeit vorwärtsschreitet, ohne das Alte wegzustoßen, als bis der Stein fertiggehauen ist, der an dessen Stelle zu kommen hat.“ Während sich die Anhänger dieser Richtung als Repräsentanten der „großen Mehrheit der Nation“ empfanden, ließ sich dieser Wandel von einem progressiven Oppositionsattribut zu einem fortschrittlichen Ordnungsbegriff aus der Perspektive der Jungdeutschen kritisch deuten als Abspaltung eines „Liberalismus, der zu regieren versteht“ von einem, „der zu opponieren berufen ist“.68 Das Begriffsverständnis wurde im Verlauf der 1840 Jahre schließlich auch durch die Existenz distinkter regionaler Liberalismen differenziert, hinter denen verschiedene politisch-soziale Erfahrungsräume standen. Signifikant war dabei insbesondere die verschärfte Kritik am süddeutschen Liberalismus. Die Absetzung vom „Parteiliberalismus“ des Staatslexikons hatte bereits mit dessen

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KARL HAGEN, Epochen des Absolutismus im neueren Europa, in: DERS., Fragen der Zeit, vom historischen Standpunkte betrachtet, Bd. 1, Stuttgart 1843, S. 195–276, hier S. 263. AUGSBURGER ALLGEMEINE ZEITUNG, Nr. 318, 14. November 1841, Nr. 160, 9. Juni 1842 sowie Nr. 342, 8. Dezember 1847; vgl. FUNK, S. 117 und 125.

2. Deutschland

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Erscheinen eingesetzt.69 Die Kritik an einem „falschen Liberalismus, dessen Verfassungsideal“, so Droysen, „das organisierte Mißtrauen“ sei, verstärkte sich bis zur Jahrhundertmitte immer mehr.70 Gegenüber dem primär konstitutionellen Erwartungshorizont vieler Publizisten im Umkreis des Staatslexikons zeichneten sich neue Bedeutungsaspekte ab, in denen sich die Interessen des rheinpreußischen Finanz- und Industriebürgertums widerspiegelten. Dies schloß an die frühe Kritik David Hansemanns an der seiner Ansicht nach zu einseitigen Konzentration der süddeutschen Liberalen auf die Verfassungsund Parlamentssphäre an.71 Vor dem Hintergrund der industriellen Entwicklung des Rheinlandes und des wachsenden Einflusses des rheinpreußischen Großbürgertums bestimmte Moritz Fleischer in der Rheinischen Zeitung 1842 den eigenen Liberalismus nicht als universalhistorisches oder gesinnungsethisches Deutungsmuster, sondern als pragmatischen Ausdruck der eigenen wirtschaftlichen Interessen: Immer aber wird sich unser Liberalismus in den Kreisen des praktischen Lebens bewegen und erhalten, wir sind liberal, soweit es unser gesunder Sinn und soweit es die Beziehungen und Verhältnisse unseres Lebens, unserer kommerziellen und industriellen sowie gewerblichen Tätigkeit mit sich bringen.72

Dies markierte eine offensichtliche Wirkungsgrenze der völlig anders ausgerichteten Interpretationen Pfizers oder Rottecks. Eine verbindliche Bestimmung von Liberalismus schien bei allem programmatischen Anspruch gerade in den Artikeln des Staatslexikons im Verlauf der 1840er Jahre kaum mehr möglich. In einem Beitrag der Rheinischen Zeitung vom April 1842 unterschied Friedrich Engels dezidiert einen norddeutschen von einem süddeutschen Liberalismus. Während der norddeutsche von „Durchbildung und Allseitigkeit“ gekennzeichnet sei und eine „festere historische wie nationale Basis“ aufweise, wurden dem süddeutschen die Negativattribute „Abstraktion und Halbheit“ zugeschrieben. Bedeutsam war hier vor allem der Reflex auf die semantische Spannung zwischen liberal und national: Daher kommt es, daß der norddeutsche Liberale eine entschiedene Konsequenz, eine Bestimmtheit in seinen Forderungen, ein festes Verhältnis von Mittel und Zweck hat, das der Süddeutsche bisher immer vergebens anstrebte. Daher kommt es, daß seine Gesinnung als ein notwendiges Produkt der nationalen Bestrebungen und darum selbst als national erscheint, daß er Deutschland nach innen und außen gleich würdig gestellt sehen will und nicht in das komische Dilemma kommen kann, ob man erst liberal und dann deutsch oder erst deutsch und dann liberal sein solle.73 69

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Vgl. FRIEDRICH BÜLAU, Kritik des Staats-Lexikons, in: WISSENSCHAFTLICHE KRITIK (1838), wieder in: DERS.,

[Berliner] JAHRBÜCHER FÜR Zeitfragen, S. 107–29, hier

S. 127. JOHANN GUSTAV DROYSEN, Vorlesungen über Freiheitskriege, Teil 2, Kiel 1846, S. 426. Vgl. Kapitel V.2.c). Zitiert nach ASMUS, S. 204. [FRIEDRICH ENGELS] Nord- und süddeutscher Liberalismus, in: RHEINISCHE ZEITUNG, Nr. 102, 12. April 1842, wieder in: KARL MARX und FRIEDRICH ENGELS, Werke [MEW], hrsg. vom Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED, 39 Bde.,

442

VI. Neue Polaritäten und Differenzbestimmungen

c) Die Semantik des politischen Massenmarktes Auf dem sich seit Beginn der 1840er Jahre ausdifferenzierenden politischen Massenmarkt (H. Rosenberg) wurde der gesinnungsethische und überparteiliche Gehalt von Liberalismus von den politischen Gegnern immer deutlicher in Frage gestellt. Damit vertiefte sich die bereits bis zur Mitte der 1830er Jahre ausgebildete tripolare semantische Kontur des Deutungsmusters zwischen radicaler Absetzung und conservativer Kritik. Die umfassende Integrationserwartung, der wahre oder echte Liberalismus könne alle vernünftigen politischen Kräfte im Sinne eines bildungsbürgerlichen Wertehorizonts zusammenfassen und damit potentielle Interessengegensätze überbrücken, wurde immer mehr mit der Realität einer konfliktreichen Strategiedebatte konfrontiert. Die Tatsache, daß Liberalismus in den 1840er Jahren zu einem zentralen Schlagwort der politischen Publizistik wurde, ist daher nicht von der Ausbildung antonymischer semantischer Strukturen zu trennen. Dies wurde zunächst an den zeitgenössischen Beschreibungen des Spektrums politischer Gruppierungen deutlich, das sich seit den 1840er Jahren, in den süddeutschen Verfassungsstaaten bereits seit der Mitte der 1830er Jahre, entfaltete.74 Die Relevanz distinkter Parteibegriffe war aufmerksamen Zeitgenossen unmittelbar bewußt: Sie markierten keine persönlichen oder ständisch-korporativen Standpunkte mehr, sondern allgemeine gesellschaftliche Positionen. Die ideologische Formation verlangte nach universalisierbaren Etiketten, die politische Artikulation und Mobilisierung ermöglichten. Pointiert faßte Karl Rosenkranz diesen Wandel 1843 zusammen: Erst mit einem solchen Bewußtsein verschwindet die Abhängigkeit der Einzelnen von dem Nepotismus der Familienpartei, von dem Egoismus der Zunft, der Corporation, des Standes. Die Bezeichnungen der Parteien selbst werden verallgemeinert. Statt des zufälligen Namens der Parteistifter treten Benennungen hervor, welche selbst einen Begriff ausdrücken. Man spricht von Demokraten und Oligarchen, von Republicanern und Royalisten, von Liberalen und Servilen, von Radicalen und Conservativen.75

Das bipolare Muster, nach dem „in Deutschland eine sogenannte historische Schule der philosophischen, eine der Souverainität und Orthodoxie huldigende Parthei der liberalen und nationalen gegenüber“ trete, wurde durch die tripo-

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Ergänzungsbd. Teil 1–2, Berlin (Ost) 1956–1968, 13. Aufl. 1981, hier Ergänzungsbd.: FRIEDRICH ENGELS, Schriften 1839–1844, Berlin 1967, S. 247 f. Vgl. Kapitel V.2.c) sowie ROTTECK und WELCKER (Hrsg.), Bd. 2, S. 127; ALEXANDER VON SOIRON, Überblick des badischen Verfassungslebens mit besonderer Rücksicht auf die Richtung und Tätigkeit der Parteien in der Zweiten Kammer, in: VATERLÄNDISCHE HEFTE ÜBER INNERE ANGELEGENHEITEN FÜR DAS VOLK 1 (1843), S. 338 sowie KARL ZITTEL, Die politischen Partheiungen in Baden, in: JAHRBÜCHER DER GEGENWART (1847), hrsg. von A. SCHWEGLER, S. 347–78. KARL ROSENKRANZ, Über den Begriff der politischen Partei. Rede zum 18. Januar 1843, dem Krönungsfeste Preußens. Gehalten in der Königl. Deutschen Gesellschaft, Königsberg 1843, S. 18.

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lare Struktur radical-liberal-conservativ verdrängt.76 Dies nahm auf semantischer Ebene die Entfaltung eines ideologisch distinkten Parteien-Spektrums vorweg, das in den lexikalischen Bestimmungen der zweiten Jahrhunderthälfte rückblickend zum vorherrschenden Kennzeichen des vormärzlichen Liberalismus avancierte, wobei nach der Erfahrung der Revolution von 1848 der Gegensatz zwischen liberal und radical im Vordergrund stand: In den letzten Jahren vor 1848 schied sich vieler Orten aus der liberalen Partei eine sog. radicale aus, welche in ihren politischen Forderungen weiter ging als jene, zum Theil auch nur in der Form der Opposition. Nach dem Ausbruch der Bewegung von 1848 trat dieser Gegensatz schärfer hervor. Die Liberalen standen zwar, weil sie dem Volke als Vorkämpfer seiner Rechte bekannt waren, anfangs mit in erster Linie, kamen sogar in den meisten deutschen Staaten für einige Zeit ans Ruder der Regierung, wurden aber, da sie sich den weitergehenden Tendenzen der mit mehr oder weniger Recht als Demokraten bezeichneten Parteien widersetzten, von diesen als Zurückgebliebene angefeindet und mit dem Namen Altliberale bezeichnet.77

In der politischen Praxis der 1840er Jahre mußten die einzelstaatlichen Regierungen den wachsenden Einfluß von Liberalen und Liberalismus feststellen, der weit über die bestehenden Landtage hinausreichte. Dies galt insbesondere für die süddeutschen Verfassungsstaaten und hier vor allem für Baden, für das der großherzogliche Minister Friedrich Karl von Blittersdorff 1842 die neue Qualität des Liberalismus seit 1830 hervorhob: Es ergab sich, daß im Verlauf der letzten zwölf Jahre der Liberalismus in dem Großherzogtum eine weite Verbreitung erhalten hatte und daß die in der II. Kammer so oft und eindringlich vorgetragenen ultra-liberalen Lehren auf einen nur zu fruchtbaren Boden gefallen waren. Die Regierung gewann die Überzeugung, daß dieses Übel noch eine größere Bedeutung habe als das Übergewicht der Beamten-Aristokratie in der Kammer. Die neuen Wahlen zur Ständeversammlung fielen zugunsten der radikalen Partei aus.78

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Genesis der Juli-Revolution oder die Staatsidee in Frankreich in ihrer notwendigen Entwicklung von Ludwig XIV. bis auf Ludwig Philipp, mit Rückblick auf Deutschland, Siegen 1841, S. XXXV. [F. A. BROCKHAUS] Allgemeine deutsche Real-Encyclopädie für die gebildeten Stände. Conversations-Lexicon, Bd. 9, 11. Aufl. Leipzig 1866, S. 438. FRIEDRICH CARL FREIHERR VON BLITTERSDORFF, Über die politischen Verhältnisse in Baden. Schreiben an den Präsidial-Gesandten am Bundestag, den Grafen Münch-Bellinghausen, vom 25. Juni 1842, in: [DERS.] Einiges aus der Mappe des Freiherrn von Blittersdorff, vormaligen Ghzgl. Badischen Staatsministers und Bundestags-Gesandten, Mainz 1849, S. 30; vgl. bereits seine aufschlußreiche Schilderung der liberalen Partei und der Liberalen der Karlsruher Ständekammer in der MANNHEIMER ZEITUNG, Nr. 224/25 (1831): Sie wünschten sich einen Fürsten „in dessen Abglanz sie sich spiegeln, in dessen Namen sie regieren wollen.“ Von den reinen „Demokraten“ unterschieden sie sich „wesentlich durch ihren Eigennutz, täuschen diese aber durch ihre Ergebenheit für das System, ihren Eifer für jede Neuerung und finden sich, wenn es nötig ist, ebenso gut mit dem Despotismus ab, als mit dem höchsten Gut der Freiheit, da sie äusserst biegsam und geschmeidig sind. Man sieht sie vom Despoten ausgezeichnet und geehrt, dann, sowie das Blatt sich wendet, für des Volkes Rechte eifern; man sieht sie die freisinnigsten Reden verfechten und dem Feind der Freiheit dienen. Sie sind populär zugleich und Fürstenlieblinge, tragen Ordensbänder und eifern gegen Fürsten-

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VI. Neue Polaritäten und Differenzbestimmungen

Dem dominanten Antagonismus zwischen liberal und radical entsprachen auf der ideologischen Gegenseite die Attribute conservativ und Conservatismus.79 Dabei zeichnete sich ab, daß die Begriffe keinesfalls im Sinne einer echten Restauration konnotiert wurden. Eher ging es um ein vorsichtiges Abwägen, das partielle Fortschritte nicht a priori ausschloß und sich insbesondere an den Adel wandte: Die Bedeutung des Wortes ‚conservativ‘ ist es nun, welche bis jetzt vom Adel nicht richtig aufgefaßt ist, und worin die Ursache liegt, daß er den Augenblick versäumt hat, wo er sich einflußreich und nützlich beweisen könnte. Das Wort ‚conservativ‘, erhaltend, wird oft mit ‚festhaltend‘ verwechselt; ein nicht haltbares Verhältniß festhalten zu wollen, ist nichts weniger als conservativ. Nur das Werthvolle, dem Zweck Entsprechende erhalten zu wollen, verdient diesen Namen.80

Dem entsprach auch die Bestimmung einer „konservativen Parthei in Deutschland“ durch Victor Aimé Huber. Angesichts der politischen Kräfte der Gegenwart gelte es, jenen zerstörenden, auflösenden Thätigkeiten gegenüber conservative Grundsätze und Interessen geltend zu machen. Daß aber Conservation im höheren und eigentlichen Sinne grade das Gegentheil von Erstarrung und Stagnation – daß es Entwicklung und Fortbildung Alles dessen ist, was die höchsten Zwecke, Rechte, Pflichten fördern und bedingen mag, in der Weise und auf den Wegen, wie Zeit, Ort, Volk und Sache es fordert oder gestattet – das versteht sich von selbst, für jeden, der in der Natur wie in der Geschichte die Gesetze und Bedingungen lebendiger Conservation nur irgend beobachtet und beherzigt hat.81

Die Abgrenzung gegenüber Liberalismus erschien aus dieser Perspektive besonders signifikant.82 Der konstitutionelle Liberalismus der Gegenwart mache einerseits „der Monarchie, der Nationalität, den materiellen Interessen .. . bedeutende Concessionen“ und weise „jede Gemeinschaft mit den republikanischen und radikalen Richtungen zurück“, begünstige andererseits aber die „junghegelianische Faktion“, die die Republik anstrebe.83 Huber ging es vor allem um eine Absetzung gegenüber dem süddeutschen „Oppositionsliberalismus“, dem er einen „afterphilosophischen Jargon“ vorwarf, einen „Aufguß des allertrivialsten französischen Restaurationsliberalismus als ‚Kern des philoso-

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knechte, vertreten das Volk und poussieren sich im Staatsdienst, schmeicheln den Demokraten und bücken sich vor Ministern.“ Vgl. VIERHAUS, Konservatismus, S. 531 ff.; KONDYLIS, Konservativismus, passim, sowie MARTIN GREIFFENHAGEN, Das Dilemma des Konservatismus in Deutschland (1971), Frankfurt a.M. 1986, S. 28 ff. ERNST GOTTFRIED GEORG VON BÜLOW-CUMMEROW, Die europäischen Staaten nach ihren innern und äußern politischen Verhältnissen, Altona 1845, S. 215 f.; vgl. ferner Inländische Zustände. Der Königsberger Zeitung mit Genehmigung des Verlegers derselben entnommen. Zweites Heft, Königsberg 1842, S. 10 f. VICTOR AIMÉ HUBER, Ueber die Elemente, die Möglichkeit oder Notwendigkeit einer konservativen Parthei in Deutschland, Marburg 1841, S. 12. Vgl. FRIEDRICH BÜLAU, Conservative und Liberale, in: NEUE JAHRBÜCHER DER GESCHICHTE UND POLITIK 2 (1847), S. 448–58. HUBER, Elemente, S. 16.

2. Deutschland

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phischen Pudels‘.“ Die programmatische Trennlinie markierte für ihn in erster Linie die Verfassungsfrage. Huber erkannte nicht in der Constitution, sondern allein in der Person des christlichen Monarchen die Garantie für die Erfüllung der Bedürfnisse seiner Zeit: Wenn wir nun: ‚keine Constitution‘ als die entscheidende Losung hervorheben, welche die conservative Parthei in Preußen der destruktiven entgegenzustellen hat, so übersehen wir keineswegs, daß man uns den scheinbar blos negativen Charakter dieser Devise spottend oder sorgend vorwerfen wird . . . Daß der Liberalismus in manchen seiner Elemente und Bestrebungen aus wirklichen Bedürfnissen der Zeit hervorgegangen und wirklich deren Befriedigung beabsichtige und sogar zu gewähren vermöge, können wir immerhin voraussetzen und in gewissem Sinne zugeben; . . . Alles das will, vermag der christlich-monarchische Staat wie ihn der Liberalismus, die Opposition nicht will, noch viel besser.84

Die besondere Relevanz dieses Argumentationsmusters lag in der impliziten Übernahme des semantischen Paradigmas von Liberalismus. Die Orientierungsfunktion des politischen Grundbegriffes gerade für seine antonymischen Konkurrenzattribute zeichnete sich hier deutlich ab. Zugespitzt läßt sich die These aufstellen, daß das besondere Spannungsmoment in der vormärzlichen Semantik von Liberalismus in der Kluft zwischen der subjektiven Selbstgewißheit der Liberalen sowie ihrer progressiven Besetzung fortschrittlicher Deutungsmuster wie Vernunft und Fortschritt auf der einen und der Interessenpluralisierung innerhalb einer in Bewegung geratenen Gesellschaft auf der anderen Seite bestand. Diese Interessenkonflikte führten zur Transformation des politisch-sozialen Vokabulars und ließen sich auch semantisch nicht mehr durch einen übergeordneten Bewegungsbegriff auf eine Einheit im Sinne der societas civilis sive res publica zurückführen. Damit zeichnete sich eine semantische Desintegration von Liberalismus ab, die im Gegensatz zum ungebrochenen Optimismus derjenigen stand, die sich weiterhin mit dem Fortschrittsattribut identifizierten. Obgleich sich eine solche Differenzierung von Interessen und Erwartungen in je verschiedener Weise auf die politische Semantik aller vier untersuchten Länder auswirkte, mußte dies in Deutschland, wo die gesinnungsethische Aufladung des Deutungsmusters besonders tiefgreifend nachwirkte, eine spezifische semantische Spannung provozieren. Die Auflösung des Liberalismus in Demokratismus: Die radikal-demokratische Transzendierung des Bewegungsbegriffes Die semantische Trennung inneroppositioneller Gegensätze zwischen Liberalen und Radicalen stellte einen komplexen Prozeß dar, weil die ideologischen Etiketten weder eindeutige noch irreversible Bestimmungsmuster innerhab eines dynamischen Politikdiskurses darstellten. Das besondere Kennzeichen die84

DERS., Die Opposition. Ein Nachtrag zu der conservativen Parthei, Halle 1842, S. 14 f. und 61 sowie [DERS.] Die Machtfülle des altpreußischen Königthums und die conservative Partei, Bremen 1862; vgl. ferner G. R. SCHNEIDER, Preußen und die Constitutionsfrage, Danzig 1842, S. 67 und 77 f.

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VI. Neue Polaritäten und Differenzbestimmungen

ser Transformation war gerade in den 1840er Jahren die häufige Überlappung und Amalgamierung semantischer Elemente. Die Deutung von liberal ließ zumindest in der Theorie noch die Integration aller Oppositionskräfte zu, solange man auch den Radicalen die Rückkehr zum wahren Liberalismus zubilligte. Auch dies kann als Konsequenz des spezifisch gesinnungsethischen Verständnisses von Liberalismus gedeutet werden. Darin fand auch die Hoffnung Ausdruck, der Liberalismus werde als überparteiliches Deutungsmuster mit der Zeit über alle tagespolitischen Richtungskämpfe obsiegen und auch die scheinbar verirrten Strömungen wieder zusammenfügen. Erst der Verlauf der Revolution von 1848/49 markierte schließlich einen Entwicklungspunkt, der den utopischen Charakter dieser Erwartung evident werden ließ. Die Diskrepanz zwischen Integrationserwartung und inneroppositionellem Interessenantagonismus ließ sich nur durch das enorme Selbstbewußtsein der Liberalen überbrücken, die eigentlich fortschrittlichen Elemente der Gegenwart zu verkörpern. Von dieser Position ging eine so weitgehende Deutungsmacht und Selbstvergewisserung aus, daß sich das faktische Auseinanderdriften gesellschaftlicher Interessen scheinbar semantisch kompensieren ließ. Fortschritt ohne Liberalismus erschien dabei ebenso undenkbar wie die Einordnung des Liberalismus in ein konkurrierendes Parteiengefüge. Die tripolare Kontur des ideologischen Kräftespektrums, die sich bereits um 1835 abgezeichnet hatte,85 entwickelte sich wesentlich in der Auseinandersetzung mit liberal und Liberalismus. Hier markierte das Deutungsmuster nicht mehr eine überparteiliche Gesinnung, sondern verkörperte lediglich eine „Partei“ unter anderen. 1841 wies Johann Georg August Wirth, der sich um 1830/32 als einer der führenden Repräsentanten des Hambacher Festes noch programmatisch als liberal bezeichnet hatte, auf den fundamentalen Unterschied zwischen der radicalen Opposition und dem lediglich constitutionellen Liberalismus hin. Dabei griff er zur Bestimmung der radicalen Reformer noch immer auf bekannte Muster zurück, von denen sich aber keinesfalls eine revolutionäre Projektion ableiten ließ: Der Zwiespalt der radicalen Opposition mit den sogenannten gemäßigten Reformern vermehrte die Anklagen gegen die erstere. Der constitutionelle Liberalismus wollte zwar auch Reformen, aber nur auf dem Wege halber Maßregeln, und weil diese in der Lage, in welcher Deutschland sich befindet, die übelsten von allen gewesen wären, so widersetzten sich die entschiedenen Reformer . . . jenen halben Maßregeln, und das war die Ursache, daß ihre Grundsätze auch von den Constitutionellen als Uebertreibung, Thorheit und Unsinn verschrieen wurden. Aber sie waren es nicht. Durchgreifend und tiefgehend sollte die Reform . . . allerdings sein und mußte es sein. Allein von Utopien, Fanatismus und unpractischen Ideen war keine Rede. Die radicalen Reformer strebten nach Weisheit, Ruhe, Klarheit und Lebenstact. Tief überzeugt, daß jede Übertreibung das Grab der radicalen Reform und ausschweifende Theorien das absolute Hinderniß des wirklichen Fortschrittes sind, forderten sie charaktervolle Selbstbeherrschung und freiwillige Mäßigung der Kraft, verbunden mit hellem Blick und practischem Tact. Auf die tieferen Gesetze des Bildungs-

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Vgl. Kapitel V.2.c).

2. Deutschland

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ganges, auf die Eigenthümlichkeit des Einzelnen und der Nationen sollte die dauernde Reform gegründet werden.86

Die Bewegungspartei der 1840er Jahre zerfiel bereits für die Zeitgenossen immer deutlicher in Liberale und Radikale, wobei die programmatische Monopolisierung des Fortschrittsbegriffs durch die Liberalen offensiv in Frage gestellt wurde.87 Dies kopierte die Bestimmungsmuster von Liberalismus um 1830, aber die Fortschrittlichkeit der Radicalen schien sich dabei in der argumentativen Konzentration auf die soziale Frage der Gegenwart zu erweisen: Die Radicalen . . . bilden die eigentliche Partei der Bewegung, streben rastlos einem raschen, dem Fluge der Zeit folgenden Fortschritt entgegen . . . Durch die Radicalen und ihr eifriges Forschen auf dem Gebiete der Politik und Wissenschaft sind unter Anderem auch die socialen Fragen zur Geltung gelangt, zu einer Geltung, welche die ganze Gestalt der Verhältnisse bis auf den Grund zu erschüttern und zu vernichten droht.88

Diesen Bedeutungsveränderungen im Politikdiskurs der späten 1840er Jahre entsprach eine organische Parteienlehre, die das noch um 1830 beherrschende Deutungsmonopol des Liberalismus für die Zukunft der Geschichte negierte: „Nach einer gewöhnlichen . . . Ansicht repräsentirt der Radicalismus das Jünglings-, der Liberalismus das angehende Mannes-, der Conservatismus das höhere Mannes- und der Absolutismus das Greisenalter.“ Diese Metapher fand auch in den Parteilehren nach 1850 Eingang.89 Die semantische Genese von radical/Radicalismus in Deutschland bietet sich für einen direkten Vergleich mit der englischen Semantik von radical geradezu an:90 Wo es in Deutschland im Verlauf der 1840er Jahre begrifflich zur Trennung von liberal und radical kam und Radicalismus eindeutig mit Demokratie,

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JOHANN GEORG AUGUST WIRTH, Die politisch-reformatorische Richtung der Deutschen im XVI. und XIX. Jahrhundert. Ein Beitrag zur Zeitgeschichte, Belle-Vue/ Thurgau 1841, S. 132 f. EMIL WELLER, Die Freiheitsbestrebungen der Deutschen im 18. und 19. Jahrhundert, dargestellt in Zeugnissen ihrer Literatur, Leipzig 1847, Neudruck Kronberg/Taunus 1975, S. 220. BRUNO THEOBALD BUCHNER (Hrsg.), Jetzt! Historisch=politisches Taschenbuch für Liberale und Servile auf das Jahr 1846, Grimma 1846, Einleitung, S. 6. Ebd., S. 7; vgl. auch die differenzierten Übersichten zeitgenössischer Parteinamen in Frankreich, Spanien, England, Italien und Deutschland in ebd., S. 11 ff., 39 ff., 66 ff., 82 ff. und 91 ff. Für Deutschland überwog dabei eindeutig der Antagonismus von liberal und radical, vgl. ebd., S. 105 und 112. Zur Sicht des italienischen neoguelfismo mit dem „Erscheinen eines weißen Raben, eines liberalen Papstes“ vgl. BRUNO THEOBALD BUCHNER (Hrsg.), Jetzt! Historisch=politisches Taschenbuch für Liberale und Servile auf das Jahr 1847, Grimma 1847, S. 178; vgl. ferner JOHANN CASPAR BLUNTSCHLI, Parteien, politische, in: DERS. und CARL BRATER (Hrsg.), Deutsches Staatswörterbuch, Bd. 7, Stuttgart 1862, S. 717–47 sowie JOHANN CASPAR BLUNTSCHLI, Charakter und Geist der politischen Parteien, Nördlingen 1869, S. 109 ff. und 119 ff. Vgl. RUTENBERG, S. 408 ff.; Rheinisches Conversationslexikon, Bd. 10, S. 267 f. sowie BLUM, Handbuch, Bd. 2, S. 170; vgl. MICHAEL NEUMÜLLER, Liberalismus und Revolution. Das Problem der Revolution in der deutschen liberalen Geschichtsschreibung des 19. Jahrhunderts, Düsseldorf 1973, S. 136 ff.; vgl. Kapitel III.4.c) sowie V.4.b).

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VI. Neue Polaritäten und Differenzbestimmungen

Republik, Revolution und sozialer Gleichheit assoziiert wurde, entwickelten sich die begrifflichen Grenzen zwischen radical und liberal in England nach 1830 tendenziell fließend.91 Aber mit dem Auftreten der Philosophic Radicals verschob sich der plebejische Ursprung von radical immer mehr zugunsten eines auch im Parlament vertretenen utilitaristischen Reformprogramms, das 1830/32 eine Allianz mit den reformbereiten Whigs zuließ. Selbst diese konnten als radicals bezeichnet werden; ein Revolutionsverdacht ergab sich daraus nicht. Nach 1830 waren die Begriffe radical und liberal immer weniger eindeutig voneinander zu trennen: Zwar drückte die Bezeichnung radical eine besonders progressive Einstellung aus, mit der sich die Forderung nach Ausweitung des Wahlrechts verband, aber für John Stuart Mill waren die Bezeichnungen bereits annähernd synonym. Im Kontrast zu Deutschland aber verbanden sich mit radical und radicalism in England weder Republik noch Revolution, also keine Überwindung des Systems, sondern seine immanente Reformierung auf der Grundlage parlamentarischer Interessenrepräsentation. Eine grundsätzliche inneroppositionelle Trennung wie in Deutschland läßt sich anhand der begrifflichen Konturen für England in dieser Form nicht nachweisen. Die Deutsche Zeitung von 1847 bestätigte dies, wenn sie von den englischen radicals berichtete, „welche, wie der Sun sagt, ‚bis aufs Rückenmark‘ liberal sind“.92 In Deutschland betonten Autoren wie Adolf Rutenberg zwar, „Liberalismus und Radicalismus“ seien „nur quantitativ, nicht qualitativ“ zu unterscheiden und führten auf zwei getrennten Wegen zum selben Ziel, aber hinter der unterschiedlichen Strategie zeichneten sich bereits unterschiedliche Programme ab. Dies mußte auch Rutenberg zugestehen: Für zwei Arten des Kampfes hat man die Mittelwörter ‚Reformation und Revolution‘ zum technischen Verkehr gestempelt, und mit dem letzteren, gleichsam wie zu einem korinthischen Erze, den Radicalismus gepaart, der keine anderen Waffen lieber gebrauche, als die seiner Wiegenschwester, der Revolution. Die Anhänger der ersten Kampfart, auf dem Wege der Reformen, entläßt man wohl bisweilen noch mit dem Namen Liberale; für die Revolution aber müssen die Radicalen einstehen.93

Friedrich Rohmer erklärte 1844, daß der Radikalismus in Deutschland eine eigenständige politische Richtung sei; nur „äußerlich verwandt, aber innerlich ferne ist der Liberalismus dem Radikalismus.“ Für ihn bestand kein Zweifel, „daß der Radikalismus und der Liberalismus auf zwei grundverschiedenen Prinzipien beruhen, daß der letztere den ersteren bekämpft und daß er, sollte das radikale Prinzip tatsächlich überfluten, keinen Moment anstehen würde, mit ungeteilter Energie den Thronen beizustehen“.94 Mit Blick auf 1848 schrieb 91 92 93 94

Vgl. PETER WENDE, Radikalismus im Vormärz. Untersuchungen zur politischen Theorie der frühen deutschen Demokratie, Wiesbaden 1975, S. 14 ff. DEUTSCHE ZEITUNG, 7. August 1847; vgl. WENDE, Radikalismus, GGB, S. 116–25. RUTENBERG, S. 409. FRIEDRICH ROHMER, Lehre von den politischen Parteien (1844), in: DERS., Lehre von den politischen Parteien und ausgewählte kleine politische Schriften, hrsg. von HEINRICH SCHULTHESS, Nördlingen 1885, S. 69 und 387.

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Heinrich Laube: „Schon wenigstens seit einem Jahre waren die Liberalen Deutschlands, die Liberalen der Bildung und Vaterlandsliebe innerlich nicht nur, sondern auch äußerlich geschieden von den Radicalen, denen .. . ein abstrakter Begriff, Demokratie, Republik und sonstwie geheißen, Hauptsache war“.95 Die Unterscheidung distinkter politischer Strategien aus demokratisch-radikaler Perspektive wurde in den 1840er Jahren zu einem dominierenden Topos innerhalb der publizistischen Auseinandersetzungen um Liberalismus. Edgar Bauer kritisierte 1843 die fehlende Konfliktbereitschaft der ostpreußischen Liberalen um Johann Jacoby, denen er vorwarf, mit ihrer Vermittlungsstrategie gegenüber dem Staat die „klaren Konsequenzen liberaler Ideen . . . [durch] reformistisches Betragen . . . haltlos und unklar“ gemacht zu haben. Zugleich sah er durchaus noch die Möglichkeit des Zusammenwirkens, wenn die „sogenannten Liberalen Deutschlands“ endlich erkannten, daß es im politischen Streit nicht darum gehe, Gegensätze zwischen Staat und Gesellschaft zu nivellieren, sondern sie im Gegenteil deutlich hervorzuheben. Er kritisiere den Kreis um Jacoby gerade „nicht in feindseliger Absicht, sondern damit er sich mit uns vereinige“.96 Die semantische Differenzbestimmung regionaler Liberalismen war auch bei ihm offenkundig: Vom parlamentarischen Kurs der süddeutschen Liberalen, dem „Genre des sogenannten Liberalismus, welches in constitutioneller Verfassung das höchste Heil findet“, grenzte er sich ostentativ ab. Dessen „starre Verblendung gegen die Theorie“ müsse zugunsten einer stärker außerparlamentarisch agierenden Bewegung überwunden werden. Bauers Kritik an der im Staatslexikon Rottecks und Welckers vertretenen Programmatik und Strategie des Constitutionalismus wies in dieselbe Richtung.97 Von dieser Position aus blieb liberal für Bauer dennoch ein mögliches Identifikationsattribut, an den sich implizit noch die Hoffnung auf Zusammenwirken aller oppositionellen Kräfte knüpfte. Arnold Ruges 1843 erschienene Selbstkritik des Liberalismus kann als weiteres Schlüsseldokument der vormärzlichen Semantik betrachtet werden. Indem 95 96

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HEINRICH LAUBE, Das erste deutsche Parlament, Bd. 1, Leipzig 1849, S. 118. EDGAR BAUER, Die liberalen Bestrebungen in Deutschland. Heft 1: Die ostpreußische Opposition, Zürich 1843, Vorwort, S. 29 und 26 f.; vgl. ferner BRUNO BAUER, Vollständige Geschichte der Partheikämpfe in Deutschland während der Jahre 1842–1846, Bd. 1, Charlottenburg 1847, Neudruck Aalen 1964, S. 239; die Invektive Bauers bezog sich auf die Schrift von JOHANN JACOBY, Vier Fragen beantwortet von einem Ostpreußen, Mannheim 1841; vgl. VIERHAUS, Liberalismus, S. 770. EDGAR BAUER, Die liberalen Bestrebungen in Deutschland. Heft 2: Die badische Opposition, Zürich 1843, S. 9 und 3; vgl. DERS., Kritik der Verhandlungen der Badischen Abgeordnetenkammer vom 23. Mai bis 9. September 1842, o.O. 1842, S. 2f., 25, 39, 48, 127 und 135 f. sowie DERS., Geschichte der constitutionellen und revolutionären Bewegungen im südlichen Deutschland in den Jahren 1831–1834, 2 Bde., Charlottenburg 1845, hier Bd. 1, S. 290 sowie Bd. 2, S. 101 ff. und 278; vgl. [BRUNO BAUER und EDGAR BAUER] Briefwechsel zwischen Bruno Bauer und Edgar Bauer während der Jahre 1839–1842 aus Bonn und Berlin, Charlottenburg 1844, S. 173 f.

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sie von einer systematischen Kritik ausgehend die Integrationserwartung des gesinnungsethisch aufgeladenen Deutungsmusters Liberalismus in Frage stellte, markierte sie gewissermaßen den programmatischen Gegenpol zu Pfizers Staatslexikon-Artikel.98 Ruge begann mit einer kritischen Diagnose und beklagte zunächst die Tatenlosigkeit und „Zerfahrenheit des Liberalismus.“ Dabei unterstrich er den historischen Bedeutungszusammenhang von Liberalismus und Demokratie, wenn er im Liberalismus zunächst den „theoretische[n] Sohn der früh verstorbenen demokratischen Partei“ erkannte.99 Mit der Festschreibung des Partikularismus Deutschlands im Deutschen Bund sei die Umsetzung dieser demokratischen Freiheitsidee als konsequente Umsetzung des Erbes von 1789 verhindert worden. In dieser Situation sei der Liberalismus entstanden, „d. h. auf Deutsch die gute Meinung, die frommen Wünsche für die Freiheit, die ‚Freisinnigkeit‘ oder die Sympathien mit der Demokratie – ,in der Gesinnung‘“.100 Im Gegensatz zu einer handlungsorientierten politischen Bewegung habe diese soziokulturelle Haltung eben „keine Partei“, sondern „ein unpolitisches, nämlich ein rein theoretisches und passives Verhalten in der Politik“ beinhaltet. In der Gesinnung, in der die Amalgamierung einer vorpolitischen aufgeklärten Disposition mit neuen politischen Erwartungen geradezu idealtypisch hervortrat, schienen für Ruge alle Schwächen der deutschen Liberalen vereinigt.101 Es handele sich dabei nur um einen Reflex auf jene „Eigenthümlichkeit der Deutschen . . . daß sie keine politischen Parteien haben.“ Die im Vergleich zu anderen Ländern besonders hervortretende ethisch-holistische Aufladung von Liberalismus erschien dabei fast wie eine Kompensation der verhinderten politischen Machtteilhabe. Wo bei Pfizer noch das Ideal einer 98

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Vgl. bereits Brief Arnold Ruges an Ludwig Ruge vom 26. Februar 1842, in: [ARNOLD RUGE] Arnold Ruges Briefwechsel und Tagebuchblätter aus den Jahren 1825–1880, hrsg. von PAUL NERRLICH, Bd. 1: 1825–1847, Berlin 1886, S. 263. ARNOLD RUGE, Selbstkritik des Liberalismus (1843), in: DEUTSCHE JAHRBÜCHER FÜR WISSENSCHAFT UND KUNST (1843), hrsg. von ARNOLD RUGE und E. TH. ECHTERMEYER, S. 1–12, zitiert nach ARNOLD RUGE, Sämtliche Werke, 2. Aufl. Bd. 4, Mannheim 1847, S. 76–116, hier S. 80 und 83. Für Ruge war der Kampf gegen die napoleonische Besatzungsherrschaft die eigentliche Geburtsstunde der demokratischen Partei, vgl. ebd., S. 81: „In den Freiheitskriegen war ein Keim zu dem neuen Deutschland vorhanden, die radicalen Demokraten, deren großartige Wirksamkeit in der Regeneration Preußens und der ganzen Volkserhebung gegen Napoleon vorliegt.“ Ebd., S. 84; vgl. zur liberalen Gesinnung ferner M. H. GELDERN [i.e. MORITZ HARTMANN], Die Lampe, ein uraltes Märchen, in: DIE GRENZBOTEN. Zeitschrift für Politik und Literatur, Nr. 4 (1845), I. Semester, Bd. 1, S. 53–62. RUGE, Selbstkritik, S. 87; vgl. KARL NAUWERCK, Innere Zustände Preußens nebst einer Analyse der Vier Fragen eines Ostpreußen und kurzer Kritik vier seiner Gegner, in: ARNOLD RUGE (Hrsg.), Anekdota zur neuesten deutschen Philosophie und Publicistik, Bd. 1, Zürich 1843, S. 212–27, hier S. 219; ROBERT BLUM und FRIEDRICH STEGER (Hrsg.), Vorwärts! Volks-Taschenbuch für das Jahr 1843. Unter Mitwirkung mehrerer freisinnigen [sic!] Schriftsteller Deutschlands. Fünfter Jahrgang, Leipzig 1843, Einleitung, S. VI f.; zum Begriff der Gesinnung vgl. ferner CARL GRÜN, Gesinnung. Aus dem Tagebuch einer Reise an die Nordsee 1843, in: BLUM und STEGER (Hrsg.), 1844, S. 174–81.

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interessenlosen societas civilis sive res publica spürbar gewesen war, gelangte Ruge zu einer grundsätzlichen Kritik: Die politische „Gegensatzlosigkeit“, der Glaube an die Überwindung von Konflikten durch den gesinnungsethischen Rekurs auf die bildungsbürgerlichen Identifikationsbegriffe Vernunft und Fortschritt, war für Ruge lediglich der Ausdruck des Liberalismus für „das alte Spießbürgerbewußtsein.“ Wo es Pfizer um die Verteidigung des Liberalismus als überparteilichem und universalhistorischem Deutungsmuster gegangen war, kritisierte Ruge: Ja es ist wahr, diese ‚gute Gesinnung‘ hat eine solche Unbestimmtheit und Weite, daß alles Mögliche hineingeht, jeder Gott und jeder Staat . . . Die liberale Partei kann aber bei uns in der That nirgends zur reellen Existenz kommen, weil sie nirgends weiß was sie will, und was sie weiß nicht selber will, sondern nur andre Leute will wollen lassen.102

Ruge identifizierte den Liberalismus mit seinem lediglich gesinnungsmäßigen „guten Willen zur Freiheit“, aber ohne den politisch wirksamen, „den wirklichen Willen der Freiheit“, als Produkt und Ausdruck des deutschen Partikularismus. Dessen Überwindung in einem Nationalstaat könne aber letztlich nicht durch den Liberalismus, sondern allein durch die Demokratie erreicht werden: Diese kleinstaatliche Freiheit und die Freiheit der Untertanen, wie wir Deutsche sie jetzt genießen, konnte nun freilich keinen anderen Geist als den des Liberalismus hervorbringen . . . Die Untertanen gehorchen vielleicht nur ihren Gesetzen, aber diese sind ihnen geschenkt, sie sind nicht wirklich autonom, sie haben keinen Begriff davon, daß die Gesetze freier Wesen ihr eignes Produkt sein müssen.103

Eben weil die Freiheit gerade auch in den konstitutionalisierten deutschen Einzelstaaten nur „eine geschenkte“ sei,104 ohne daß die Volkssouveränität als legitimierendes Prinzip anerkannt werde, bleibe die Freiheitsliebe der Liberalen eine in der politischen Realität der Gegenwart handlungshemmende Illusion.105 Genau dem entspreche der Rückzug auf die bloße Disposition, die „gute Meinung“, im Gegensatz zur politisch konsequenten Aktion – eine Mitte 102 103 104

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RUGE, Selbstkritik, S. 90 und 84 f. Ebd., S. 89. Ebd., S. 87 f., vgl. ebd. S. 88 f., wo Ruge die Grenzen des rein konstitutionellen Liberalismus klar erkannte: „man täuscht sich über diese Freiheit, sie ist eine geschenkte und wurde gar bald eine nur geduldete . . . Die geschenkte kleinstaatliche Freiheit ist eine Selbstbeschränkung des Souveräns, die sich von der Freiheit der Unterthanen in den absoluten Monarchien nur dadurch unterscheidet, daß ihre Gesetze die politische Sphäre betreffen, während auf dem Boden der Civil-, Criminal-, Polizei und MilitärGesetzgebung jedes Gesetz des persönlichen Souveräns ebenfalls eine Selbstbeschränkung ist.“ Die Angst der deutschen Liberalen vor allen Errungenschaften der Französischen Revolution und ihre Anhänglichkeit gegenüber dem alten Reich und seinen Institutionen hob Ruge immer wieder kritisch hervor, vgl. ebd., S. 91: „Und vollends die Ideen der Volkssouveränität, auf die es vor allem ankäme, die ist nun gar französisch. Aber es wäre oberflächlich, wenn man die ganze Schiefheit unseres politischen Bewußtseins von dem Gespenst des alten deutschen Reichs ableiten wollte; im Gegenteil, dies Gespenst ist aus unsrer schiefen, tiefen und unsäglich confusen Deutschheit abzuleiten, aus der Deutschheit, die Alles anders haben wollte, als die ‚Franzen‘.“

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VI. Neue Polaritäten und Differenzbestimmungen

der 1840er Jahre zunehmend verbreitete Ansicht, wie das 1845 erschienene populäre Gedicht Pereant die Liberalen von Robert Prutz unterstrich: Pereant die Liberalen, Die nur reden, die nur prahlen, Nur mit Worten stets bezahlen, Aber arm an Thaten sind: Die bald hier-, bald dorthin sehen, Bald nach rechts, nach links sich drehen, Wie die Fahne vor dem Wind: Pereant die Liberalen! 106

Für Ruge verkörperte Liberalismus nichts anderes als „die Freiheit eines Volkes, welches in der Theorie stecken geblieben.“ Mit bloß rhetorischem Habitus kompensiere man eine verkehrte Deutung politischer Freiheit und weiche vor den notwendigen Konsequenzen aus: Aber diese Liebe [i.e. der Liberalen] zur Freiheit täuscht sich vollständig über den Begriff der Freiheit, und indem sie seine ganze Sphäre, nämlich die wahre Autonomie und Souveränität des Staats (nach innen und nach außen) verfehlt, sucht sie diesen Fehler durch gute Gesinnung und durch sogenannte freimütige Reden wieder gut zu machen.

Der konstitutionell-evolutionären Strategie der Liberalen, von „der Reform der politischen Formen das Heil der Welt zu erwarten“, stellte Ruge die „Reform des Bewußtseins“ entgegen.107 Der Liberalismus gehe aber „nie auf die Wurzel des Bewußtseins los“, weil er immer voraussetze, „daß alle die Welt so sehen müssen, wie er.“ Dies wandte sich ausdrücklich gegen das Deutungsmonopol der Liberalen und den geschichtsphilosophischen Rigorismus, mit dem sich der Bewegungsbegriff einsetzen ließ. Das Ziel, „die Entzündung der Religion der Freiheit“, konnte für Ruge daher nur erreicht werden, wenn die Überwindung des politischen Liberalismus gelang. Die ursprüngliche Qualität der 106

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ROBERT PRUTZ, Pereant die Liberalen, in: BLUM und STEGER (Hrsg.), 1845, S. 87; vgl. RUGE, Selbstkritik, S. 87: „Die gute Meinung des Liberalismus läßt fünf gerade sein, um nur die Phantasie der Freiheit für eine wirkliche nehmen zu können. Unsre Freiheit ist darum eine Freiheit in der Phantasie.“ Ebd., S. 90 f. und 109 f.; Ruge scheint hier nicht nur von Feuerbach, Strauß und Bauer beeinflußt worden zu sein, auf die er ebd., S. 109, explizit Bezug nimmt, sondern vor allem von Marx, der 1843 Ruge gegenüber ausführte: „Die Reform des Bewußtseins besteht nur darin, daß man die Welt ihr Bewußtsein innewerden läßt, daß man sie aus dem Traum über sich selbst aufweckt, daß man ihre eignen Aktionen ihr erklärt . . . Unser Wahlspruch muß also sein: Reform des Bewußtseins nicht durch Dogmen, sondern durch Analysierung des mystischen, sich selbst unklaren Bewußtseins, trete es nun religiös oder politisch auf.“, Brief Karl Marx’ an Arnold Ruge, September 1843, in: MEW, Bd. 1, S. 346; vgl. das Vorwort Ruges und Echtermeyers, in: HALLISCHE JAHRBÜCHER FÜR WISSENSCHAFT UND KUNST, Nr. 1, 1. Januar 184, S. 3: „Alle Staaten des civilisirten Europa sind mehr oder minder von ihm [i.e. dem freien Geist] durchdrungen, von der Lebendigkeit politischer Gegensätze bewegt und frisch erhalten, oder mindestens mit dem Geiste des Liberalismus und seiner Fortbildung theoretisch erfüllt. Die Theorie aber hat ihre Harmlosigkeit abgelegt: Wissenschaft ohne politische Freiheit ist ein Unding.“

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Freiheitsidee bestehe in ihrer Autonomie; sie könne daher nicht als Fürstengnade vermittelt oder geschenkt werden: Wo also die abstrakte Theorie verlassen und zu einer Reform des Bewußtseins übergegangen wurde . . ., da fühlte sich sogleich der Liberalismus selbst überschritten, denn . . . er will die Menschen denken lassen, was sie wollen, aber außerdem sollen sie frei werden . . . Die Reform des Bewußtseins . . . ist also in der Tat die Auflösung des Liberalismus und die Eroberung einer neuen, der wirklichen Freiheit. Ihr wesentlicher Unterschied von der geschenkten Freiheit des Liberalismus ist der, daß sie ihr eigenes Produkt und erkämpfter neuer Geisteszustand, ein vollkommen in sich selbst ruhendes, ohne alle Garantien von außen gesichertes Besitztum ist.

Das reflektierte auch den von Pfizer so konsequent umgangenen kritischen Spannungszustand zwischen Staat und Gesellschaft. Sowohl die vorsichtige Bereitschaft zur Kooperation mit den Regierungen als auch den bildungsbürgerlichen Rückzug in philosophische Deutungen lehnte Ruge als weltfremde Honoratioren-Gesinnung ab und forderte deren konsequente Überwindung: Die Überschreitung des Liberalismus ist also nur durch die Auflösung der alten Vornehmheit und machtlosen Zurückgezogenheit der Philosophie möglich, indem alle Köpfe von Talent und Feuer auf den Einen, großen, unendlich dankbaren Zweck gerichtet werden, den Durchbruch des stumpfsinnigen Spießbürger-Bewußtseins und die Erzeugung eines lebendigen feinfühlenden politischen Geistes zu bewirken.108

Eine Zukunft könne der Liberalismus nur dann haben, wenn er „den freien Menschen zum Prinzip und das Volk zum Zweck erhebt.“ Das aber war gleichbedeutend mit der Abwendung vom Glauben an die friedliche Koexistenz mit dem bestehenden politischen System auf der einen und mit der Anerkennung der konsequenten Volkssouveränität auf der anderen Seite. Die ungebrochene Integrationserwartung hinter Pfizers Liberalismus-Deutung mündete bei Ruge in eine semantische Transzendierung des überkommenen durch einen neuen Bewegungsbegriff, „mit einem Wort die Auflösung des Liberalismus in Demokratismus“.109 Die realen Interessen der Bourgeoisie: Von der frühsozialistischen Antonymie zur kommunistischen Ideologiekritik Gegenüber dem noch in den 1830er Jahren vorherrschenden politischen Argumentationsmuster und dem konstitutionellen Erwartungshorizont von liberal und Liberalismus intensivierte sich seit den 1840er Jahren eine neue Bedeutungskomponente. Sie ging von veränderten sozio-ökonomischen Interessen und vom sozialen Status derjenigen aus, die sich mit der bildungsbürgerlichen Zukunftsverheißung nicht mehr zufrieden gaben. So bekannte sich Moses Hess 1843 zu möglichst tiefgreifenden sozialen Veränderungen, ohne die es keine geistige Freiheit geben könne.110 Die eigene Position kennzeichnete er durch 108 109 110

RUGE, Selbstkritik, S. 98 und 109–12. Ebd., S. 116. Vgl. zur Bestimmung von Liberalismus bei MOSES HESS, Die Koryphäen des Fort-

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kritische Abgrenzung von den Liberalen und vor dem Hintergrund des Pauperismus der 1840er Jahre, der die Frage der sozialen Freiheit aufgeworfen hatte. Damit traten geistige und soziale Freiheit in ein neuartiges Bedingungsverhältnis, dessen Wahrnehmung man in den Deutungen der meisten Konversationslexika vergeblich sucht.111 Die Distanzierung von den „sogenannten Liberalen“ orientierte sich hier an einer sozio-ökonomisch begründeten Trennlinie gegenüber wirtschaftsbürgerlichen Interessen: So wie wir der Überzeugung leben, man könne dem Übel [i.e. der geistigen und materiellen Knechtschaft] nicht früh genug vorbeugen, so schienen jene sogenannten Liberalen der Ansicht zu huldigen, man könne ihm nicht spät genug steuern . . . Wir unsererseits glauben dagegen, daß eine Wahrheit zeitgemäß ist, sobald sie erkannt wird – und wir wollen nicht warten, bis eine Hierarchie und die rohe Gewalt der Industrieritter das Volk geistig und leiblich knechtet, um erst dann . . . gegen die mittelalterlichen Institutionen, gegen Staat und Kirche zu Felde zu ziehen. Wir wollen die innere Lüge aller Religion und Politik so wie den innigen Zusammenhang der geistigen und sozialen Freiheit aufdecken.112

Noch pointierter formulierte Hess den Gegensatz zwischen Liberalen und Demokraten 1844 anhand der Bestimmungsmuster von politischer Freiheit und sozialer Gleichheit. In diesem Zielkonflikt und nicht mehr allein in strategischen Differenzen unterschieden sich beide ideologischen Lager nunmehr grundlegend voneinander: „Unter Liberalen begreifen wir alle, die nur Refor-

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schritts, in: Die europäische Triarchie, Leipzig 1841, S. 85–8, zitiert nach JOST HERMAND (Hrsg.), Der deutsche Vormärz. Texte und Dokumente, Stuttgart 1967, S. 27–30, hier S. 29; vgl. ferner Emancipation. Betrachtungen über die sozialen Verhältnisse. Von dem Verfasser des Freiherrn v. Eulen-Spiegel, Breslau 1848, S. 96; zur Kritik am bürgerlichen Freiheitsbegriff vgl. Die Kommunion und die Kommunisten, in: DER HÜLFERUF DER DEUTSCHEN JUGEND, Lieferung 3, S. 33–9, zitiert nach WERNER KOWALSKI (Hrsg.), Vom kleinbürgerlichen Demokratismus zum Kommunismus. Zeitschriften aus der Frühzeit der deutschen Arbeiterbewegung (1834–1847), Berlin (Ost) 1967, S. 146–51; [H. CHRISTLIEB] Korrespondenzen und Nachrichten, in: BLÄTTER DER GEGENWART FÜR SOCIALES LEBEN 2 (Januar 1845), S. 15 f., zitiert nach KOWALSKI (Hrsg.), S. 344 f.; Das Volk und die Preßfreiheit, in: BLÄTTER DER GEGENWART FÜR SOCIALES LEBEN 1, S. 3–7, zitiert nach ebd., S. 318 ff. Eine bemerkenswerte Ausnahme findet sich im Revolutionsjahr 1848 im Allgemeinen Volks-Conversations-Lexikon und Fremdwörterbuch, Bd. 6, Hamburg 1848, S. 63 f., hier S. 64: „Der Liberalismus ist . . . die politische Farbe, so zu sagen, der politische Rock der Besitzenden, der Bourgeoisie, der bei drohender Gefahr leicht zu wechseln, aber in Zeiten schöner Ruhe äußerst bequem ist. Nicht die socialen Mißzustände, nicht die gesellschaftlichen Wirrnisse, die trübe Noth der Armen, die Ungerechtigkeit der großen Fabrikanten und Capitalisten und nicht der Wandel solcher Verhältnisse ist es, was den Liberalismus kümmert; aber er will die Vertretung des Volks, wie er den Mittelstand nennt, er will Garantie für die Rechte, welche ihm ein Wachsthum seines Wohlstandes verheißen, er will Verbriefung, Privilegien und Monopole, und Aufrechterhaltung derselben, insofern sie ‚wohlhergebracht‘ sind.“ MOSES HESS, Die Eine und ganze Freiheit!, in: GEORG HERWEGH (Hrsg.), Einundzwanzig Bogen aus der Schweiz, Zürich 1843, S. 92–7, zitiert nach MOSES HESS, Philosophische und sozialistische Schriften 1837–1850, hrsg. von AUGUSTE CORNU und WOLFGANG MÖNKE, Berlin 1961, S. 229 f.; vgl. ferner MOSES HESS, Die politischen Parteien in Deutschland (1842), in: ebd., S. 190–4.

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men zugunsten der politischen Freiheit wollen, ob in konservativer, friedlicher oder in radikaler, revolutionärer Weise. Demokraten hingegen nennen wir jetzt diejenigen, die nur oder doch vorherrschend die soziale Gleichheit anstreben“.113 Den mit Liberalismus verbundenen Anspruch auf gesamtgesellschaftliche Zusammenfassung aller fortschrittlichen Kräfte wies diese Definition implizit zurück. Damit zeichnete sich, in einer signifikanten Phasenverschiebung von zwei Jahrzehnten gegenüber Frankreich, die ideologische Polarisierung in semantisch distinkten Attributen auch im deutschen Politikdiskurs ab. Max Stirner, der philosophisch-anarchische Vertreter der vormärzlichen Publizistik im weiteren Umkreis der Linkshegelianer, identifizierte den Liberalismus mit der „Zeit der Bourgeoisie.“ Seine Deutung ging wie bei Ruge von den bildungsbürgerlichen Identifikationsattributen der Liberalen aus: „Man will überall das ‚Vernünftige‘, das ‚Zeitgemäße‘ usw. hergestellt sehen.“ Das Ziel des Liberalismus sei „eine ‚vernünftige Ordnung‘, ein ‚sittliches Verhalten‘, eine ‚beschränkte Freiheit‘“ und könne deshalb niemals „die Anarchie, die Gesetzlosigkeit, die Eigenheit“ sein. Genau hier sah Stirner das Individuum der höheren Gewalt des Vernunftprinzips geopfert, hinter dem die bürgerlichen Klasseninteressen stünden: „Herrscht aber die Vernunft, so unterliegt die Person.“ Die Liberalen verkörperten genau jene „Vernunftherrschaft“, die jede „freie Bewegung und Geltung der Person“ unterdrücke. Für den Berliner Kritiker schlug diese Tendenz schließlich in eine antiaufklärerische Bevormundung um, die die Autonomie des Individuums immer mehr einschränke: „Die Liberalen sind Eiferer, nicht gerade für den Glauben, für Gott usw., wohl aber für die Vernunft, ihre Herrin. Sie vertragen keine Ungezogenheit und darum keine Selbstentwicklung und Selbstbestimmung: sie bevormunden trotz den absolutesten Herrschern [sic!]“.114 Mit der in den 1840er Jahren intensivierten frühsozialistischen LiberalismusKritik setzte sich diese semantische Abgrenzung fort.115 Die Autoren sahen keinen positiven Bedeutungszusammenhang zwischen ihrer eigenen Programmatik und den Erwartungen und Strategien des Liberalismus mehr, wie er bei Bauer und Ruge zumindest noch anklang. Die zumal im rheinischen Wirtschaftsbürgertum hervortretende interessengeleitete Deutung von Liberalismus forderte die ideologiekritische Entgegnung heraus: So konstatierte Ernst Dronke 1846, der Liberalismus sei nichts anderes als „die Vertretung des Besitzes in der Herrschaft; das Recht, welches er verlangt, ist die Herrschaft des Gel-

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Moses Hess zitiert nach REINHARD RÜRUP, Deutschland im 19. Jahrhundert 1815–1871, Göttingen 1984, S. 156 f. MAX STIRNER [i.e. JOHANN CASPAR SCHMIDT], Der Einzige und sein Eigentum, Leipzig 1845, Neudruck Stuttgart 1981, S. 115 f. Vgl. OTTO LÜNING, Politik und Sozialismus, in: DERS. (Hrsg.), Das Buch gehört dem Volke. Zweiter Jahrgang, Bielefeld 1845, S. 1–31, hier S. 7 ff. sowie DERS., Politisches Rundgemälde. Oktober 1844 bis Oktober 1845, in: ebd., S. 154–237, hier S. 190 und 224ff.

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des“.116 Auch Lorenz von Stein hatte bereits 1842 hervorgehoben, daß der „heutige Liberalismus“ nicht wirklich an das „ganze Volk“ denke und die Aufgabe der „Erhebung der niederen Classen zu einer sittlich und materiell verbesserten Lage“ nicht erkenne, vielmehr die „schon hoch Stehenden noch höher hinauf zu stellen“ trachte. Damit drohe der deutsche Liberalismus die Fehler des französischen zu wiederholen: „Ist unser gegenwärtiger Liberalismus wirklich verschieden von dem, der in Frankreich seinem Ende entgegengeht?“ Er enthalte „dieselbe Unvollendung, und würde, zur Entscheidung kommend, notwendig dieselben Schritte wieder zurück machen, die in Frankreich geschehen sind und geschehen“.117 Mit der Entdeckung des „Proletariats“ habe der Liberalismus, so Friedrich Schmidt 1845, seine Berechtigung verloren und sei vom „Feind . . . der Regierungen“ zu ihrem „letzten und einzigen Zufluchtsmittel“ geworden.118 Die entschiedenste Position bezogen schließlich Marx und Engels in ihrer systematischen Deutung des Liberalismus als bürgerliche Klassenideologie. Ihre Begriffsbestimmung folgte dem Muster einer ideologiekritischen Analyse sozioökonomischer Interessen der liberalen Bourgeoisie, die sich am Beispiel Frankreichs historisch besonders eindrucksvoll nachweisen ließ: Was am 18. Brumaire die Beute Napoelons wurde, war nicht, wie die Kritik einem Herrn von Rotteck und Welcker getreulichst glaubt, die revolutionäre Bewegung überhaupt, es war die liberale Bourgeoisie . . . Wenn er [i.e. Napoleon] den Liberalismus der bürgerlichen Gesellschaft – den politischen Idealismus ihrer alltäglichen Praxis – despotisch unterdrückte, so schonte er nicht mehr ihre wesentlichsten materiellen Interessen, Handel und Industrie, sooft sie mit seinen politischen Interessen in Konflikt gerieten. Seine Verachtung der industriellen hommes d’affaires war die Ergänzung zu seiner Verachtung der Ideologen. Auch nach innen hin bekämpfte er in der bürgerlichen Gesellschaft den Gegner des in ihm noch als absoluter Selbstzweck geltenden Staats . . . Wie der liberalen Bourgeoisie in Napoleon noch einmal der revolutionäre Terrorismus gegenübertrat, so trat ihr in der Restauration, in den Bourbonen, noch einmal die Konterrevolution gegenüber.119

Die „liberalen Redensarten“ und die Vorstellung, „Liberalismus sei die Vernunfterkenntnis angewandt auf unsre bestehenden Verhältnisse“, tarnten danach lediglich die „realen Interessen der Bourgeoisie“ durch eine idealistische Sprache. Das deutsche Bürgertum habe sich seit 1840 auf die „Sicherstellung“ seiner sozioökonomischen Interessen konzentriert; diesem Ziel ließen sich 116 117

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ERNST DRONKE, Berlin, Frankfurt a.M. 1846, Neudruck hrsg. von RAINER NITSCHE, Darmstadt 1974, S. 212, vgl. ebd., S. 210–22, 246 ff. und 272 ff. LORENZ VON STEIN, Der Socialismus und Communismus des heutigen Frankreichs, Leipzig 1842, S. 445 f.; vgl. DERS., Der Socialismus in Deutschland, in: Die Gegenwart. Eine encyklopädische Darstellung der neuesten Zeitgeschichte für alle Stände, Bd. 7, Leipzig 1852, S. 517–63, hier 526 ff.; vgl. DIRK BLASIUS, Lorenz von Stein. Grundlagen und Struktur seiner politischen Ideenwelt, Köln 1970, S. 119 ff. FRIEDRICH SCHMIDT, Deutscher Liberalismus, in: RHEINISCHE JAHRBÜCHER ZUR GESELLSCHAFTLICHEN REFORM 1 (1845), hrsg. von HERMANN PÜTTMANN, S. 145–54, hier S. 146 f. KARL MARX und FRIEDRICH ENGELS, Die heilige Familie oder Kritik der kritischen Kritik. Gegen Bruno Bauer und Konsorten (1845), in: MEW, Bd. 2, S. 126 und 129 f.

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auch die Attribute national und liberal zuordnen: „sie wurden national und liberal und verlangten Schutzzölle und Konstitutionen“.120 Aus der Perspektive eines ideologiekritischen Argumentationsmusters unterschieden Marx und Engels zwischen den „wirklichen Interessen“ der Liberalen, also der Durchsetzung der bürgerlichen Klasse als herrschende Klasse, und den „deutschbürgerlichen Illusionen über den Liberalismus“, der in „seiner populären Form Schwärmerei, Ideologie über den wirklichen Liberalismus“ sei.121 d) System der Revolution oder Geist der neueren Zeit? Die Verdichtung der vormärzlichen Spannungsmomente im Liberalismus-Begriff vor 1848 Wie weitgehend liberal und Liberalismus am Ende der 1840er Jahre zu Objekten publizistischer Kritik von „links“ und „rechts“ geworden waren, unterstrich die Aussage der Grenzboten von 1847, die zunächst den „Gegensatz zwischen Radicalismus und Liberalismus“ konstatierten. Die „prinzipielle Seite“ des Konflikts habe sich noch erheblich verstärkt, „seitdem die Schule der Sozialisten . . . Fuß gefaßt hat.“ Den Liberalismus gegen solche und „ultra-conservative“ Beschuldigung in Schutz nehmend, betonte der Verfasser, daß der Liberalismus gerade auf dem Preußischen Landtag als Garant wachsender Freiheit aufgetreten sei.122 Am Vorabend des Revolutionsjahres verdichtete sich sowohl die radical-demokratische und frühsozialistische als auch die conservative Kritik noch einmal spürbar; sie konturierte eine doppelte semantische Polarisierung von Liberalismus.123 Zumal der selbstbewußte Ton der Conservativen antizipierte bereits die Bildung eines eigenständigen politischen Lagers, etwa in der einflußreichen Kamarilla am Hof Friedrich Wilhelms IV. in Berlin oder in der 1848 gegründeten Kreuzzeitung. Die Kritik am Liberalismus diente dabei wie im linken Lager der eigenen Positionsbestimmung, mithin der ideologi120

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KARL MARX und FRIEDRICH ENGELS, Die deutsche Ideologie (1845/46), in: MEW, Bd. 3, S. 178 und S. 180; vgl. zur Bedeutung des Nationalismus der 1840er Jahre KARL WEIL, Deutsche Verhältnisse, in: KONSTITUTIONELLE JAHRBÜCHER 1 (1843), hrsg. von KARL WEIL, S. 1–62, hier S. 16 ff. sowie EMIL ANHALT, Die deutsche Einheit und die religiösen Bewegungen der Gegenwart, in: BLUM und STEGER (Hrsg.), 1846, S. 99–108, hier S. 102: „Der weitergebildete Liberalismus erkannte allerdings die Nothwendigkeit, auf die Volksthümlichkeit einzugehen, da er den freien Staat als die Selbstbestimmung des Volkes faßte. Da aber die Regierungen sich zu gemeinsamer Reaction gegen die Ideen und Resultate der Revolution verbanden, so fand der Liberalismus seinerseits ein ‚Bündnis der Völker‘ in der Ordnung und verschmähte nichts, eine Umgestaltung der deutschen Zustände und durch äußere Anstöße und Einwirkungen zu hoffen. Seit 1840 hat der Nationalismus seine Einheit mit dem Liberalismus wiedergefunden und das Volk hat den Muth gewonnen, seine Einheit und Freiheit durch sich selbst zu erringen.“ MARX und ENGELS, Deutsche Ideologie, S. 180. Politische Schlagwörter, in: DIE GRENZBOTEN 6/3, 33 (1847), S. 276–79, hier S. 277 f. Vgl. KARL NAUWERCK, Konservatismus und Radikalismus (1842), in: HERMAND (Hrsg.), S. 59–67.

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schen Identifikation und Selbstvergewisserung durch polemische Absetzung. Moritz von Lavergne-Peguilhen erklärte „Liberalismus und zeitgemäßen Fortschritt“ für unvereinbar. Einen Angehörigen der Liberalen könne man ebensogut einen „Radikalen“ nennen.124 Leopold von Gerlach, einer der Führer der Berliner Hofpartei, unterschied zwischen „Liberalen“ und „Gutgesinnten“, und Friedrich Julius Stahl identifizierte Liberalismus schlicht mit der Revolution, wobei die im abstrakten Bewegungsbegriff verdichtete ideologische Programmatik noch einmal von vorpolitisch konnotierten Ausdrücken wie der liberalen Denkart differenziert werden konnte: „das, was man Liberalismus nennt, im technischen, geschichtlich festgestellten Sinn des Worts“ sei „zu unterscheiden von dem, was man nach bloß sprachlichem Sinn unter liberaler Denkart und liberalen Einrichtungen verstehen müßte . . . nichts anderes als dieses System der Revolution“.125 1847 definierte Julius Fröbel die Parteien der Gegenwart hinsichtlich ihrer Ausrichtung auf ein sittliches Endziel. Der positiven Konnotation von Partei stand dabei die negative Deutung von Sekte gegenüber, die der Fortschrittlichkeit nicht diente: Die Kraft der Partei beruht in ihren Tugenden, in Verstand, Begeisterung und Freundschaft, die Kraft der Sekte in ihren Fehlern, in Fanatismus, Grausamkeit und oft in Wollust. Unsere Demokraten sind eine Partei, unsere Kommunisten eine Sekte. Eine Partei, wenn auch zuweilen eine armselige, sind unsere neuen Liberalen, eine Sekte war die deutsche Burschenschaft . . . Eine Partei ist es, welche in Preußen eine Verfassung will, eine Sekte, welche gegenwärtig in Berlin die Gewalt in den Händen hat.126

Aus Fröbels Sicht blieb in letzter Konsequenz allein die radikaldemokratische Bewegung als sittlich legitimierte Partei übrig. Gegenüber dieser Position am Vorabend der Revolution dokumentierte Fröbels 1861 erschienene Theorie der Politik als Ergebnis einer erneuten Prüfung demokratischer Lehrmeinungen eine radikale Richtungsänderung, die sich auch in der semantischen Fassung von Liberalismus niederschlug. Hier galt nunmehr eindeutig der Primat staatlicher Macht. Die „Parteiherrschaft“ in den Parlamenten schließe die Mehrheit der Bevölkerung aus, und für Fröbel erschien dies gerechtfertigt, weil der Staat als realer sittlicher Organismus nur von oben und nicht durch die Individuen von unten regiert werden könne. Einheit und Souveränität des Staates, „hohe Politik oder eigentliche Regierung“, sollten in den Händen von Fürst, Staatsrat und Ministerium liegen. Das Volk erschien nur noch als schwacher Gegenpol 124

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MORITZ VON LAVERGNE-PEGUILHEN, Der Liberalismus und die Freiheit, Königsberg 1847, S. XIV f.; vgl. hierzu Der Liberalismus und Herr v. Lavergne-Peguilhen, Königsberg 1846 sowie ALEXANDER KÜNTZEL, Was wollen die Liberalen in Preußen und Was will Herr von Lavergne-Peguilhen?, Leipzig 1847. Notiz vom 12. April 1847, in: [LEOPOLD VON GERLACH] Denkwürdigkeiten aus dem Leben Leopolds von Gerlach, nach seinen Aufzeichnungen, hrsg. von U. A. VON GERLACH, Bd. 1, Berlin 1891, S. 116 sowie STAHL, Philosophie des Rechts, Bd. 1, S. 284. JULIUS FRÖBEL, System der sozialen Politik. Zweite Auflage der Neuen Politik. Zweiter Theil, Mannheim 1847, S. 278.

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zur Monarchie, indem es sich auf lokaler Ebene selbst verwalten und sich im übrigen im Privatleben bewegen sollte. Dieses Politikmodell lag 1861 auch Fröbels Liberalismus-Bestimmung zugrunde. Gehe er über die Grenzen dieses Modells hinaus, vertrete er kein „System der Volksfreiheit“ mehr, sondern nur noch die Interessen des „handeltreibenden und industriellen Mittelstandes“.127 Kaum ein anderer politischer Theoretiker vollzog in der Phase vom Vormärz bis zur zweiten Jahrhunderthälfte eine derartig radikale politische Richtungsänderung wie Julius Fröbel. Das neue Deutungsmuster radical/Radicalismus bot die Möglichkeit einer noch weitergehenden semantischen Polarisierung in der politischen Publizistik.128 Die hinter dem Einsatz solcher Eigen- und Fremdbezeichnungen stehenden Motive beschrieb Karl Heinzen 1846 und unterstrich damit die polemische Wirkung von ideologisch aufgeladenen Kampfbegriffen, deren stigmatisierende Funktion längst zu einem probaten Mittel der politischen Auseinandersetzung geworden war. Man wolle offenkundig die Zahl der Reaktionäre vergrößern und den „Kampf gegen die Feinde“ vereinfachen, indem man Jene unter den Kollektivnamen des Konservativismus (oder auch des LiberalKonservativismus) und diese unter den Namen des Radikalismus zusammenfaßt. Alles, was man sonst oppositionell . . . nannte, will man jetzt radikal nennen. Hofft man etwa die ‚Radikalen‘ durch diese Zusammenfassung mit den ‚Liberalen‘ gegen die Letzteren zu hetzen und diese dadurch zu den ‚Liberal-Konservativen‘ herüberzutreiben? Oder hofft man die ‚Liberalen‘ zu erschrecken, wenn man ihnen den polizeiwidrigen Namen ‚Radikale‘ beilegt? 129

Heinzen selbst gelangte am Vorabend der Revolution zu einer eigenen Bestimmung von liberal, die zwar noch vom Ideal der aufgeklärten Gesinnung ausging, aber in ihrer politischen Konkretion eindeutig einen radikaldemokratischen Zielhorizont markierte. Heinzen hielt an der politischen Richtungsqualität von liberal fest, kehrte dessen Semantik aber gegenüber dem vorherrschenden konstitutionellen Bestimmungsmuster um, indem er mit liberal ein dezidiert republikanisches Programm verband. Sein neuer „Katechismus des Libe127 JULIUS

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FRÖBEL, Theorie der Politik, als Ergebnis einer erneuerten Prüfung demokratischer Lehrmeinungen, Bd. 1: Die Forderungen der Gerechtigkeit und Freiheit im State [sic!], Wien 1861, Neudruck Aalen 1975, S. 100 ff., 201 f. und 258; vgl. LIEBER (Hrsg.), S. 433. Vgl. Aphorismen zur Signatur des Radicalismus oder falschen Liberalismus, in: HISTORISCH-POLITISCHE BLÄTTER FÜR DAS KATHOLISCHE DEUTSCHLAND 13 (1844), S. 131–5; ROBERT BLUM, Lebensbeschreibung freisinniger Männer. Michael Wilhelm Schaffrath, Einleitung: Was ist radical?, in: DERS. und STEGER (Hrsg.), 1847, S. 208–40; vgl. zur Fassung der Begriffe bei Franz Grillparzer OTTO ROMMEL (Hrsg.), Der österreichische Vormärz 1816–1847, Leipzig 1931, S. 246 f. sowie [JOSEF TUVORA] Briefe aus Wien. Von einem Eingeborenen, Bd. 2, Hamburg 1844, S. 265–71, zitiert nach MADELEINE RIETRA (Hrsg.), Jung Österreich. Dokumente und Materialien zur liberalen österreichischen Opposition 1835–1848, Amsterdam 1980, S. 407–10. KARL HEINZEN, Einiges über die teutsche Tagespresse, in: DERS. (Hrsg.), Die Opposition, Mannheim 1846, S. 267–89, hier 282 f.; vgl. ferner H. B. OPPENHEIM, P. J. Proudhon’s Philosophie der Gesellschaft, in: ebd., S. 148–79, hier S. 154.

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ralismus“ dokumentierte von daher die latente Desintegration des Bedeutungsrahmens von Liberalismus, die am Vorabend der Revolution vielfältige Rekurse zuließ. Die republikanische Konnotation stellte auf der Seite der „linken“ Publizisten dabei eine bemerkenswerte Ausnahme dar. Die Regel bildete hier eher die Kritik an liberal und der Rückgriff auf radical. Bedeutsam war insbesondere die gesinnungsethische Verbindung von liberal mit der Sphäre von Sitte und Religion, während radical der Politik vorbehalten blieb und das übergeordnete Ziel einer sozial-egalitären Republik charakterisierte: Nur der Aufgeklärte ist liberal . . . Dem Wort ‚Aufgeklärt‘, unter welches wir im religiösen Gebiet die Möglichkeit des Liberalismus gestellt haben, lassen wir . . . im politischen das vielgebrauchte Wort ‚Radikal‘ entsprechen . . . Nur der Radikale ist liberal. Indem der Radikale die freie Selbstbestimmung des Menschen und somit des Volks voranstellt, verbindet er damit ein Prinzip der Gleichheit . . . Das Ziel ist überall dasselbe und es kann, wenn das Resultat der bisherigen Entwickelung in zwei gebräuchliche Entwickelungs-Bezeichnungen gefaßt werden soll, überall kein anderes sein, als: ‚soziale‘ Republik . . . Nur der Republikaner ist liberal. Wer weniger ist, als Republikaner, kann unmöglich liberal sein, weil er das Grundgesetz aller Freiheit, nämlich das Recht der Selbstbestimmung und die Gleichheit nicht anerkennt und gegen alle hierauf gerichteten Bestrebungen nothwendig von vornherein und ‚von Gottes Gnaden‘ illiberal sein muß.130

Ganz anders definierte das bürgerliche Ergänzungs-Conversationslexikon von 1847 Liberalismus in Abgrenzung zu Radikalismus. Indirekt bewies dies die reduzierte Integrationswirkung von Liberalismus in der Konfrontation mit anderen politischen Gruppierungen, da doch der Begriff gerade „mit Parteibestrebungen nicht vereinbar“ und „die Unterordnung des Individuums und selbst der Überzeugung, welche die Partei verlangt, . . . als unfrei und unsittlich dem Liberalismus zuwider“ sei. Es erschien offensichtlich, daß ein großer Teil derjenigen Partei, die man gewöhnlich unter dem Namen der liberalen zu begreifen pflegt, . . . im vollen Vorrücken nach dem Extrem begriffen ist; . . . es ist ebenso augenscheinlich, daß die entgegengesetzte Partei sich anschickt, von den politischen Fehlern ihrer Gegner den größtmöglichen Vorteil zu ziehen.131

Zugleich blieben Selbstbewußtsein und Optimismus der Liberalen angesichts der faktischen Ausbildung gemeinsamer Kommunikationsräume noch weitgehend ungebrochen. So formierte sich in Preußen die bürgerliche Opposition auf überregionaler Ebene durch immer engere Kontakte zwischen den ostpreu-

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131

KARL HEINZEN, Was und wer ist liberal?, in: DERS., Deutsche Revolution. Gesammelte Flugschriften, Berlin 1847, S. 492–513, hier S. 499–503; als weitere Attribute für die Bestimmung von liberal firmierten der Humane, der Entschiedene, der Konsequente sowie der Charaktermann, vgl. ebd. S. 505–8. Zur zeitgenössischen Kritik der Position Heinzens vgl. WILHELM MARR, Der Mensch und die Ehe vor dem Richterstuhle der Sittlichkeit. Nebst einem Anhange: Zur Charakteristik des deutschen Liberalismus, Leipzig 1848, S. 261 ff. Ergänzungs-Conversationslexikon. Ergänzungsblätter zu allen Conversationslexiken [sic!], Bd. 2, Heft 3, hrsg. von FRIEDRICH STEGER, Leipzig 1847, Nr. 85, S. 524 und 513.

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ßischen, schlesischen und rheinländischen Zentren.132 Eben diese überregionale Opposition meinte Karl Biedermann, wenn er vor dem Hintergrund des Vereinigten Landtags von 1847 konstatierte, daß „anfangs die liberalen Elemente, wie die entgegengesetzten, sich nur provinzweise zusammengruppierten und erst nach und nach die gleichartigen mehr aneinanderrückten und zu Parteien verschmolzen.“ Liberal war für Biedermann damit nicht mehr nur ein allgemeines Oppositionsattribut, sondern ein Parteienetikett, von dem eine identifikatorische Wirkung ausging.133 Arnold Ruge blieb dagegen angesichts der Oppositionsbewegung in Preußen bei seiner Unterscheidung verschiedener regionaler Liberalismen, in denen sich ganz unterschiedliche Erfahrungsräume und soziale Trägergruppen widerspiegelten: Es sind in dieser Provinz [i.e. im Rheinland] die Städte und Landgemeinden die Vorkämpfer des Liberalismus. Der Bürgerstand ist seiner ganzen Stellung nach praktisch; der rein politisch-theoretische Idealismus wird mehr in solchen Lebenskreisen zu finden sein, die dem unmittelbaren Bedürfnis entweder enthoben sind, oder die es noch nicht so weit gebracht haben, an die Befriedigung desselben denken zu können.134

Der distinkte Charakter des rheinländischen Liberalismus in seiner kommunalen und besitzbürgerlichen Prägung ließ die Trennlinie zwischen „politischen Radicalen“ und der „constitutionellen Bourgeoisie“ umso deutlicher hervortreten. Demgegenüber empfand Ruge, daß sich der Liberalismus in Ostpreußen in eine „aristokratische und eine demokratische Opposition“ aufteile.135 Am Ende der 1840er Jahre war eine semantische Desintegration des Deutungsmusters trotz der optimistischen, ja zuweilen euphorischen Zukunftsprognose von Liberalismus, nicht mehr zu übersehen. Der Parteiname liberal schien bereits keine ausreichende programmatische Unterscheidung mehr zu gewährleisten. Viele Liberale griffen im unmittelbaren Vorfeld von 1848 daher auf die Gruppenbezeichnung Constitutionelle zurück:136 Das Etikett liberal umfaßte offenkundig auch Positionen, mit denen man nicht länger identifiziert werden wollte. Joseph Maria von Radowitz verwies 1848 auf diese Entwick132 133

134 135 136

Vgl. Das enthüllte Preußen. Vom Verfasser der Schrift Württemberg im Jahre 1844, Winterthur 1845, S. 155. KARL BIEDERMANN, Geschichte des ersten preußischen Reichstages, Leipzig 1847, S. 489; vgl. ferner die Beiträge in FRANZ JULIUS ANDERS (Hrsg.), Die liberale Partei in Sachsen, Leipzig 1846, hier S. 34 ff. ARNOLD RUGE, Die Staatsveränderung in Preußen, in: DERS., Politische Bilder aus der Zeit, Leipzig 1848, S. 49–215, hier S. 88. HEINRICH VON SYBEL, Die politischen Parteien der Rheinprovinz, in ihrem Verhältnis zur preußischenVerfassung geschildert, Düsseldorf 1847, S. 82, 209 und 211 f. Vgl. WEIL, S. 55: „Wir nennen uns die konstitutionelle Partei, weil wir die gemischte Regierungsform, das durch Volksvertretung gemäßigte Königthum, für die Verhältnisse Deutschlands am geeignetsten halten. Aber mehr noch als die Form ist uns das Wesen, der leitende Gedanke des Staats und seiner Regierung. Was wir vor allen Dingen erstreben wollen, ist die Umwandlung des Polizeistaats in einen freien, organisch gegliederten Rechtsstaat.“; vgl. ferner Absolut und Konstitutionell, in: DER LIBERALE. Politisches Tageblatt, Nr. 5, 12. Juli 1848, S. 18 f.

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lung, als er konstatierte, bislang habe es in Deutschland „drei große Parteien“ gegeben: „die absolut-monarchische, die konstitutionelle und die radikal-republikanische“.137 Dabei umging er das Adjektiv liberal durch die Verwendung von konstitutionell und verdeutlichte, wie weitgehend sich die konkrete Erwartung des Liberalismus, die Schaffung eines parlamentarischen Verfassungsstaates, bereits zur Identifikation jener politischen Position eignete, die liberal allein nicht mehr leisten konnte. Auch im Programm der von Georg Gottfried Gervinus mitherausgegebenen Deutschen Zeitung wurde der Parteibegriff Konstitutionelle favorisiert, da das konkrete Projekt des nationalen Verfassungs- und Rechtsstaats damit besonders hervorgehoben werden konnte. Die anstehende Verfassungsgebung auf der Basis eines nationalen Parlaments schien die Überwindung der nun bereits tradierten Bewegungsbegriffe zugunsten eindeutigerer Nomenklaturen unumgänglich zu machen: Die Interdependenz zwischen realer politisch-parlamentarischer Partizipation und Funktionalisierung der Parteibezeichnungen wurde offenkundig: Mit den üblichen Worten von Position und Opposition, von Liberalismus und Konservatismus, von Fortschritt und Reaktion [werden] so viele verschiedene Begriffe verbunden, daß es auf alle Weise ratsam erscheint, lieber gleich das bestimmte Ziel zu nennen, nach dem man geht, als die Truppe, mit der man geht.138

Für die Herausgeber der Deutschen Zeitung verkörperte Liberalismus jedoch auch noch immer die integrative Idee einer Staatsbürgergesellschaft, in der die altständisch-korporativen Sozialrelikte unter Umgehung jeder sozialen Revolution überwunden werden sollten. Dies schloß noch einmal an die Liberalismus-Deutung Pfizers im Staatslexikon an. Die Kritik an dieser Projektion einer „Gleichstellung der Stände“ war den Heidelberger Herausgebern unbegreiflich. Dennoch blieben aus ihrer Perspektive auch noch die extremen Kritiker als „äußerste Seite des Liberalismus“ ein semantischer Bestandteil von Liberalismus. In dieser Deutung fanden insofern die in Liberalismus enthaltene Zukunftsverheißung, die Selbstvergewisserung, 1848 durch den „Geist der neueren Zeit“ legitimiert zu sein, und die scheinbar ungebrochene Integrationserwartung gleichermaßen Ausdruck: Der Gedanke des einfachen Staatsbürgertums, in dem die früher geschiedenen Stände gleichberechtigt aufgehen, ist der eigentliche Sieger über die mittelaltrigen Ordnungen und der Begründer der neueren Zeit. Die Kämpfe der Gegenwart stehen dahin, die völlige Anerkennung dieses neuen Verhältnisses durchzusetzen, obgleich sich die Reste des Feudalwesens begreiflicherweise dagegen wehren, und unbegreiflicherweise auch die äußerste Seite des Liberalismus selbst sich neuerdings in jenen abenteuerlichen Lehren dagegen auflehnt, die, während man um den Grundsatz der Gleichstellung der Stände noch kämpft, schon das revolutionäre Gelüste verraten, einen untersten Stand gegen und über alle anderen zu stellen. Wir werden das Saatkorn von Wahrheit und Möglichkeit, das in den so-

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138

MARIA VON RADOWITZ, Die Provisorien und die Allianzen (1848), in: DERS., Gesammelte Schriften, Bd. 2, hrsg. von WILHELM CORVINUS, 4. Aufl. Regensburg 1852, S. 336. Zitiert nach ASMUS, S. 206.

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zialistischen Lehren der Zeit liegt, auch in den widrigsten Gestaltungen dieser wunderlichsten aller politischen Doktrinen aufzusuchen nicht verschmähen.139

e) Die vollständige Scheidung von Liberalismus und Radicalismus: Die semantisch-ideologische Polarisierung in der Revolution 1848/49 Der Verlauf der Revolution dynamisierte nicht allein den Gebrauch der Parteinamen, sondern intensivierte vor allem den semantischen Antagonismus zwischen liberal und radical sowie zwischen constitutionell und anarchisch.140 Die Polarisierung der Positionen trat nun offen hervor: Während man das „liberale Prinzip“ in den neuen „liberalen Regierungen“, ja sogar im „liberalen“ Friedrich Wilhelm IV. erkannte,141 vestärkte sich die Abwertung des Radicalismus als Synonym für eine republikanische Ordnung. So konstatierte Karl Rosenkranz bereits im Mai 1848 nicht allein im Hinblick auf Frankreich: Die Revolution hat diesmal in ihrer ursprünglichen Geburt die Form der Republik angenommen. Es ist daher begreiflich, daß alle diejenigen, welche in Europa schon vor dem Februar dem politischen Radikalismus huldigten, nunmehr als Republikaner mehr oder weniger offen hervortreten. Es ist begreiflich, daß bei uns alle polemischen Geister, welche die Opposition um der Opposition willen lieben, die konstitutionelle Monarchie, die noch im Januar d.J. für sie das Höchste gewesen wäre, nunmehr bereits als eine untergeordnete Gestalt des Staates behandeln.142

Gerade für den dynamisierten Politikdiskurs von 1848/49 ist zwischen der ideologischen Fremdbezeichnung aus kritischer oder polemischer Motivation und der Semantik der Eigenbezeichnung zu differenzieren. Die Wendung der radikal-republikanischen Gruppe um Gustav Struve und Friedrich Hecker gegen den konstitutionellen Kurs der gemäßigten Mehrheit der Heidelberger 139

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DEUTSCHE ZEITUNG. Ankündigungsblatt, Heidelberg, 8. Mai 1847; vgl. LEONHARD MÜLLER, Die Politische Sturm- und Drangperiode Badens 1840 bis 1850, Bd. 1, Mannheim 1905, S. 179 f. sowie ULRIKE VON HIRSCHHAUSEN, Liberalismus und Nation. Die Deutsche Zeitung 1847–1850, Düsseldorf 1998, passim.. Vgl. Europäische Umschau. Blicke auf die politischen Parteien Europa’s und Nordamerika’s mit kurzen Charakteristiken ihrer vornehmsten Führer und Organe im Jahre 1847, Grimma 1848; F. LASKER und FRIEDRICH GERHARD, Des deutschen Volkes Erhebung im Jahre 1848, sein Kampf um freie Institutionen und sein Siegesjubel. Ein Volks- und Erinnerungsbuch für die Mit- und Nachwelt, Danzig 1848, Kapitel X: Liberalismus und Radicalismus, S. 146–56; DER WÄCHTER AN DER OSTSEE. Demokratisches Organ, hrsg. von W. LÜDERS, Stettin, 1. Juli 1848, o.S. sowie [ADOLF WIDMANN] Die Constitutionellen und die Anarchisten vor dem Richterstuhl des democratischen Princips. Von einem Farblosen, Jena 1848. DER VOLKSFREUND, Nr. 9/10, Leipzig 1848, S. 58; DER VOLKSFREUND, hrsg. von einer Anzahl Volksfreunde, redigirt von GUSTAV ADOLPH SCHLOESSEL, Nr. 3, 12. April [1848], S. 12; DEUTSCHE LONDONER ZEITUNG. Blätter für Politik, Literatur und Kunst, Nr. 158, 7. April 1848, S. 1297 sowie NORBERT SPRINGER, Die Preußische Regierung vor der März-Revolution. Nebst einem Nachworte: Was bleibt uns, wenn unsere Errungenschaften wieder entrungen werden?, Berlin [1849], S. 13. Brief vom 22. Mai 1848, in: KARL ROSENKRANZ, Politische Briefe und Aufsätze 1848–1856, hrsg. von PAUL HERRE, Leipzig 1919, S. 105.

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Versammlung, des Vorparlaments und der Frankfurter Nationalversammlung wurde von einer Flut polemischer Schlagworte begleitet: Bemerkenswerther war die Polemik Struve’s, der die Agitation gegen die ‚Halben‘ mit der größten Leidenschaft betrieb. Von ihm rührten die Bezeichnungen her, die jetzt bald die Schlagwörter der Partei wurden. ‚Kammermandarinen‘, ‚Maulliberalen‘, ‚Paradehelden‘, ‚Schwätzer‘, das waren die Ehrentitel, womit ein Neuling in der Politik die vieljährigen und erprobten Kämpfer der constitutionellen Sache belegte.

Die Agitation Struves ging von einer „vollständigen Scheidung zwischen Liberalismus und Radicalismus“ aus, die sich bereits in den Versammlungen von Offenburg und Heppenheim als faktische organisatorische Trennung angekündigt hatte. Radicalismus und Liberalismus traten als distinkte ideologische Richtungsbegriffe auseinander, die einerseits mit der sozialen Republik und andererseits mit dem parlamentarischen Verfassungsstaat identifiziert werden konnten. Diese Polarisierung folgte dem Bedürfnis nach schlagwortartiger Verdichtung von Strategien und Programmen: Die Radicalen, die dort [i.e. Offenburg] zusammentraten, kündigten sich noch als ‚entschiedene Verfassungsfreunde‘ an; von einem Aufgeben der monarchischen Form war noch keine Rede. Allerdings ging durch die Reden Hecker’s und Struve’s ein stürmischer und revolutionairer Geist; allein man wird dies bei einer Versammlung deren Zweck war, gegen den conservativer werdenden Liberalismus zu agitiren, ganz begreiflich finden.143

Aus der Perspektive der demokratischen und republikanischen Radicalen stellte sich der konstitutionell-parlamentarische Gehalt von Liberalismus und liberaler Partei noch stärker als im Vormärz als bürgerliche Interessenpolitik dar. Der Verlauf der Revolution ließ die gesellschaftliche Prägung der Begriffe noch deutlicher hervortreten, als die konstitutionellen Ziele des bildungs- und besitzbürgerlichen Mittelstandes auf die sozialen Forderungen der klein- und unterbürgerlichen Gesellschaftsgruppen trafen. Der um 1840 noch dominierende gesamtgesellschaftliche Integrationsanspruch von Liberalismus wurde hier von einer ideologiekritischen Bestimmung regiert, die die soziale Abschottung der Liberalen nach unten thematisierte: Die liberale Partei glaubt fast allgemein in der Erlangung constitutioneller Volks-Vertretung den Endzweck ihres Strebens zu finden. Allein wer sind die Leute, die das Recht des Volkes in den Kammern zu vertreten meinen? Kennen sie auch die Verhältnisse, Bedürfnisse und Rechte des eigentlich der Vertretung bedürftigen Volkes, der unteren und letzten Stände? Nein, daran zu denken haben die Liberalen keine Zeit . . . Aus dem wohlhabenden Mittelstande entsprossen, hat der Liberalismus auch nur stets diesen im Auge, wenn er das Wort ‚Volk‘ in den Mund nimmt; sein Streben beschränkt sich auch nur darauf, den reich gewordenen Bürgerstand, die Geld-Aristokratie, geltend zu machen, und nicht allein nach oben, sondern vorzüglich nach unten hin: gegenüber den ‚überhandnehmenden Anmaßungen des Pöbels‘, der aus seiner gedrückten Lage hervortretend gleiche Berechtigung mit dem Bürgerstande beansprucht. Das arme besitz- und rechtlose Volk weiß aber nicht, daß der Liberale stets nur pro domo kämpft, gerade wenn er in seiner Schönrednerei mit den Worten: Volksfreiheit, Preßfreiheit, Oeffentlichkeit und Gesetzmäßigkeit, am wü143

Die Gegenwart. Eine encyklopädische Darstellung der neuesten Zeitgeschichte für alle Stände, Bd. 2, Leipzig 1849, S. 352 und 356 sowie Bd. 3, 1849, S. 447.

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thendsten um sich wirft. So wenig wie constitutionelle Verfassungen dem eigentlichen Volke irgend einen materiellen Nutzen gebracht haben, ebenso wenig ist noch jemals in den deutschen Ständekammern, die sich selbstgefällig den Namen Volkskammern beilegen, von einer Vertretung jenes Volkes die Rede gewesen, das, in den niedern und niedrigsten Ständen bestehend, mindestens neun Zehntheile der allgemeinen Bevölkerung ausmacht. Wer hat je auf den Tribünen der Deputirten eine Organisirung der Arbeit, eine Gleichstellung vor dem Gesetz, eine Abhülfe der Arbeiternoth zur Sprache gebracht? Sind das nicht Begriffe, vor denen der Liberale zurückschaudert, und deren Realisation er sich lieber mit der ganzen Stärke seiner Partei entgegenstellt? 144

Auf der ideologischen Gegenseite betonte Friedrich Julius Stahl die unüberbrückbare Kluft zwischen Constitutionalismus und Radikalismus, wobei er bereits eine signifikante Verbindung der Conservativen mit dem ächten Constitutionalismus vornahm, mithin die etwa bei Victor Aimé Huber noch vorherrschende Ablehnung jeder Konstitutionalisierung überwand: Soll nämlich . . . der ächte Constitutionalismus, zu dem wir uns bekennen, nichts anderes sein, als ‚das Gegentheil des Radikalismus einerseits und des Absolutismus andererseits‘, also gar nichts Eigenthümliches, sondern nur Rechtsordnung überhaupt, wonach denn auch die ständische Verfassung, wie der große Kurfürst sie vorfand, constitutionell gewesen wäre? . . . Sondern das ist die Bedeutung des Constitutionalismus, des ächten so gut als des unächten, der trefflichen englischen Verfassung so gut als der verfehlten französischen und spanischen Constitutionen, daß das Volk, als Ganzes, an der Herrschaft im obersten Kreise selbst Theil hat, mit Träger der Einen öffentlichen Gewalt im Staate ist, und daß seine Repräsentation nicht blos eine Vertretung der selbständigen Kreise, der Stände, sondern zugleich auch der Menschen, der Persönlichkeiten in diesen Ständen ist, daher . . . aus Wahl hervorgeht.145

Stahl unterschied den Constitutionalismus je nach dem Gewicht der Prinzipien von Monarchie und Volkssouveränität nach einer liberalen und einer radikalen Ausrichtung. Auch im liberalen Constitutionalismus, den Stahl mit der parlamentarischen Regierung identifizierte, sah er die Stellung der Monarchie indes als zu schwach verankert: Besteht denn das Wahre der constitutionellen Monarchie wirklich darin, worin es der liberale Constitutionalismus setzt, daß das Recht der Gewalt beim König, dagegen die ganze Ausübung derselben von seinem Willen gelöst und mittelst der verantwortlichen Minister ausschließlich in den Willen der Kammer gestellt ist? Daß also dem Namen nach der König, der Sache nach die Kammermajorität die oberste, ja alleinige Gewalt besitzt? . . . Ich läugne das! . . . Das Wesen der constitutionellen Monarchie . . . besteht wie das Wort selbst ankündigt, in der gesetzlichen und einheitlichen Ordnung des gesammten öffentlichen Zustandes.146

Gegenüber diesen Fremdbezeichnungen bildeten sich in der Semantik der Eigenbezeichnungen von 1848/49 jene Konfliktlinien ab, die sich bereits im Vor144 145

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THEODOR LÖSCHER, Ueber Partei, Leipzig [1849], S. 37–9; vgl. ferner Demokratisches Taschenbuch, Leipzig [1849], S. 243. FRIEDRICH JULIUS STAHL, Das Banner der Conservativen, in: DERS., Die Revolution und die constitutionelle Monarchie, eine Reihe ineinandergreifender Abhandlungen, 2. Aufl. Berlin 1849, S. 28–33, hier S. 29 f. DERS., Was ist ein constitutioneller König?, in: DERS., Revolution, S. 76–113, hier S. 78 ff., 83 ff. und 92 f.

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märz abgezeichnet hatten. Für den Sprachgebrauch der Frankfurter Nationalversammlung konnte Wolfram Siemann überzeugend nachweisen, daß die Vertreter der Casino-Fraktion gerade nicht auf das Attribut liberal, sondern auf conservativ zurückgriffen, um die Position derjenigen Abgeordneten zu markieren, die auch in der Konfrontation mit dem „linken Zentrum“ ihren Positionen treu blieben: Zu diesen rechnen wir die Männer des conservativen Centrums. Conservativ, nicht weil es alte Einrichtungen, sondern weil es Überzeugungen bewahrt, weil es politische Wahrheiten, die das Volk durch seine ganze Geschichte, der Einzelne durch sein Studium und seine Erfahrungen erlangt hat, nicht in voreiliger Angst als einen schweren Ballast über Bord werfen . . .will.147

Nicht im Sinne einer reaktionären Rückwendung, sondern als Ausdruck eines historisch-organischen Fortschritts, der sich aber explizit von natur- und vernunftrechtlichen Implikationen von Liberalismus in der Tradition Rottecks zu distanzieren suchte, definierte Max Duncker das eigene Identifikationsattribut conservativ: Conservativ sein heißt nicht im Momente des Stoßes so weit nachgeben als möglich, um nachher desto weiter zurückzugehen; conservativ sein heißt nicht dem Volk so wenig als möglich und der Regierung so ausgedehnte Machtbefugnisse als möglich zu gewähren . . . Conservativ sein heißt vielmehr dem normalen Proceß der Geschichte mit Bewußtsein, mit Klarheit und Entschiedenheit folgen; conservativ sein heißt die gesunden Kräfte des Volkes an sich heranziehen, um mit ihnen das Gebäude des Staats dauernd zu begründen.148

Der Stellenwert der im Vormärz entwickelten ideologischen Attribute radical und conservativ für die Frankfurter Parlamentsparteien wird auch in der Übersicht des Oldenburger Juristen Georg Friedrich Mölling deutlich. Dies relativiert das in der Forschung oft vorherrschende Bild der apolitischen Gruppenbezeichnungen wie Milani oder Casino erheblich. Der ideologischen Bestimmungsrichtung von radical und conservativ war man sich in der Nationalversammlung sehr wohl bewußt. Ohne die semantischen Differenzbestimmungen vor 1848 wäre auch dieses Element der Politisierung in der Frankfurter Paulskirche nicht zu erfassen. Der Deutsche – so Mölling – sehe aus dem allgemeinen Wahlrecht eine Versammlung von Verderbern und Radicalen hervorgehen. Sie wissen, was die Besorgten und Ängstlichen, die Conservativen und Reactionäre unter Radicalen verstehen, sie mengen alles durcheinander, den Communisten, den Socialisten, den gemäßigten, den Ultra-Republikaner, den Wühler und Anarchisten, aus diesen stellen sie den Radicalen zusammen. Lassen sie aber uns eine solche Versammlung mit dem unbefangenen Auge ruhiger Betrachtung ansehen, von Hundert sind vielleicht zwei bis drei Communisten, vielleicht zehn Socialisten, zwanzig, welche die Republik sofort einführen wollen, vielleicht 147

148

Flugblätter aus der Deutschen Nationalversammlung, hrsg. von K. BERNHARDI, K. JÜRGENS und FRIEDRICH LÖWE, Nr. 1, 14. Juni 1848, Frankfurt a.M. 1848, S. 1; vgl. SIEMANN, Nationalversammlung, S. 270–86. MAX DUNCKER, Zur Geschichte der deutschen Reichsversammlung in Frankfurt, Berlin 1849, S. VIIIf.

2. Deutschland

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dreißig und vierzig, welche einsehen, daß ihre sofortige Einführung eine Unmöglichkeit sei . . . der Rest Monarchisten, aber solche, welche die Monarchie wollen nicht nach der alten constitutionellen Doktrin, sondern eine wahre demokratische. Sie sehen, auch der Radicalismus hat seine Abstufungen . . . Stellen sie dieser eine Versammlung gegenüber, die aus einem Wahlcensus hervorgegangen ist, eine Versammlung von Conservativen. Wo ist zwischen beiden der Unterschied? – Jene, die Radicalen, wollen den Geist der Zeit durch das lebendige Recht der Gegenwart verkörpern. Sie wollen die lebendige Gegenwart selbst im Fluß erhalten. Die Conservativen wollen ihn kleiden in das Gewand des historischen Rechts, sie wollen ihn bannen und festhalten durch die bestehenden Einrichtungen.149

Hier wurde offenkundig, wie die Erfahrung der Revolution und der in der Nationalversammlung ausgetragenen Konflikte den sich bereits im Vormärz abzeichnenden Antagonismus zweier ideologischer Lager vertiefte. Das Etikett liberal tauchte bei Möllings Übersicht dabei nicht mehr auf. Die bipolare Struktur einer vernunftrechtlichen und einer historisch-organischen Argumentation stand – wie in Rottecks Deutung von 1834, aber nun in negativer Wendung gegen radical – hinter den Attributen radical und conservativ und setzte von daher die im Vormärz geprägten Bestimmungsmuster fort. Demgegenüber schien liberal seine Richtungsqualität aufgrund einer längerfristigen semantischen Desintegration bis 1848 so weit eingebüßt zu haben, daß es sich zur Kennzeichnung der eigenen Position nicht mehr eignete. Dem entsprach auch die Distanzierung der Mitglieder der Casino-Fraktion von einer mit dem süddeutschen Staatslexikon verbundenen Tradition eines „gemeinen“ oder vernunftrechtlichen „französischen Liberalismus“.150 Dahlmann vermied den Bewegungsbegriff Liberalismus, um nicht mit einer solchen Position Rotteckscher Prägung identifiziert zu werden. Georg Beseler bekannte sich zusammen mit Dahlmann im Verfassungsausschuß der Paulskirche dazu, daß gerade der „tiefe conservative Sinn, der in unserem Volke durchaus maaßgebend und vorherrschend“ sei und durch den sich „der tiefe germanische Zug der Genossenschaft“ bewahrt habe, genau vor jenen Schäden geschützt werden müsse, die „der eben so zersetzende [Eifer] des falschen Liberalismus, namentlich seit der Aufklärungszeit in der Rheinbundepoche über Deutschland“ gebracht habe.151 Dies nahm die oben dargestellte Kritik am vernunftrechtlichen Bestimmungsmuster der Staatslexikon-Autoren während der 1840er Jahre wieder auf:152 In der Eigenbezeichnung des rechten Zentrums der Nationalversammlung spiegelte sich somit noch einmal die Diversifizierung der vormärzlichen Liberalismen.

149

150 151 152

Stenographischer Bericht über die Verhandlungen der deutschen constituirenden Nationalversammlung zu Frankfurt am Main, hrsg. von F. WIGARD, 9 Bde., Frankfurt a. M. 1848–1849, hier Bd. 7, S. 5288. Zitiert nach SIEMANN, Nationalversammlung, S. 279, vgl. ebd., S. 92. JOHANN GUSTAV DROYSEN, Die Verhandlungen des Verfassungs-Ausschusses der deutschen Nationalversammlung. Erster Theil, Leipzig 1849, S. 24. Vgl. Kapitel VI.2.a) und VI.2.c).

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VI. Neue Polaritäten und Differenzbestimmungen

3. Italien a) Die semantische Differenzierung der Oppositionsbewegungen zwischen den liberali e cattolici und der Giovine Italia Gegenüber der Disqualifizierung des Bewegungsbegriffes liberalismo durch die katholisch-restaurative Publizistik nach 1830 blieben die programmatischen Rekurse bei Vertretern der Oppositionszirkel auf liberalismo zunächst eher verhalten. Dies muß auch vor dem Hintergrund der Zensurbedingungen gesehen werden, die vor allem im Kirchenstaat und in Lombardo-Venezien eine Verbreitung des Deutungsmusters erheblich erschwerten und als Folge der Aufstandsbewegungen zu Beginn der 1830er Jahre unter maßgeblicher Mitwirkung Metternichs noch einmal erheblich verschärft wurden. Ein offenes Bekenntnis zu den im weitesten Sinne konstitutionell oder national und damit oppositionell konnotierten Begriffen war in der Presse unter diesen Bedingungen kaum möglich: Nella stampa di que’ tempi era rigorosamente inibito non che parlar di politica, nemmeno usarne il vocabolo, ed ogni volta che mi occorse parlare di ‚interessi politici‘, mi fu forza, tramutando la frase, parlar degli ‚interessi civili‘, in luogo d’Italia, di Patria, di Nazione, imposto il vocabolo di ‚paese‘; la parola ‚costituzione‘ vietata anche parlandosi dei governi di Francia ed Inghilterra, e surrogandovisi le frasi: ‚leggi‘ o ‚istituzioni‘; le voci ‚libertà‘, ‚liberale‘, ‚liberalismo‘, permesse in niun senso; a ‚rivoluzione‘ surrogato sempre ‚sconvolgimento‘ o ‚anarchia‘ o ‚governo della violenza‘.153

Der beherrschende kulturpolitische Einfluß der katholischen Kirche in der Publizistik ließ eine programmatische Identifikation mit liberale und liberalismo gerade bei denjenigen nicht zu, die wie Niccolò Tommaseo oder Raffaello Lambruschini eine Mittelposition zwischen den Anhängern Giuseppe Mazzinis und den reaktionär-militanten Katholiken einnahmen. Tommaseo galt zwar als Vertreter der bereits von Zeitgenossen so bezeichneten „liberali e cattolici“, mied selbst jedoch den positiven Rekurs auf liberalismo.154 Er unterschied vielmehr zwischen den „retrogradi“ einerseits, die er in Canosa, Leopardi, Samminiatelli und in der Voce della Verità erkannte, und den „liberatori“ andererseits. Die von Tommaseo angestrebte Position sollte Freiheit und Ordnung miteinander verbinden, ohne einem der extremen Pole der zeitgenössischen Kräfte anheimzufallen. An den liberatori kritisierte er, „che dell’amor patrio vorrebbero fare un privilegio, all’Italia interdire il diritto di procurar ne’ modi che più

153 154

FRANCESCO PREDARI, I primi vagiti della libertà italiana in Piemonte, Mailand 1861, S. 65 f. Zitiert nach JEDIN, Bd. 6/1, S. 389. Der Einfluß dieser Gruppe darf indes nicht überschätzt werden, vgl. GIUSEPPE MONTANELLI, Memorie sull’Italia e specialmente sulla Toscana dal 1814 al 1850, Bd. 1, Turin 1853, S. 43: „Lo spiritualismo cattolico di Manzoni, di Tommaseo, di Rosmini non faceva effetto sulla gioventù delle nostre università, comechè nell’opinione liberale cattolicismo suonasse inquisizione.“

3. Italien

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convenienti le sembrino libertà“.155 Sein Bemühen, von keinem der beiden Lager vereinnahmt zu werden, schlug sich in einer regelrechten Abstinenz nieder, die Begriffe liberale und liberalismo zu verwenden. Eine durchaus prekäre Position wurde auch bei Raffaello Lambruschini erkennbar, der um 1830 gerade seine Unparteilichkeit und Unabhängigkeit gegenüber den Etiketten liberale und cattolico herausstellte: Io dispiacerò a molti; sembrerò forse un fanatico a chi mi credeva liberale, e un eretico a chi mí teneva per un cattolico fervente. Ma io mi sottoporrò volentieri a perdere la buona opinione de’ miei medesimi amici per beneficare gli uomini, e per manifestare verità ch’io credo uscite dalla bocca di Dio.156

Als identifikatorisches Attribut fungierte liberale von daher weder für Tommaseo noch für Lambruschini. Es wurde ihnen wie auch der ganzen Gruppe der liberali e cattolici eher von außen zugeordnet. So sprach man im Umkreis von Bettino Ricasoli 1840 von den „veri liberali“, zu denen dieser auch den von ihm besonders verehrten Lambruschini zählte.157 Von diesen wurde zu Beginn der 1840er Jahre dagegen ausdrücklich eine radikalere Bewegung unterschieden, „questi liberali moderni che parlano di libertà e vorrebbero vincolar tutto“.158 Rekurrierte man in den Zirkeln der liberali e cattolici auf den Bewegungsbegriff, dann blieb eine vorpolitische Konnotation erkennbar. So berichtete Cesare Cantù in seiner Autobiographie von einem Priester, der im „leggendario dei Santi“ einen „vecchio liberalismo“ erfahren habe, „di cui oggi si ride, che consiste nel resistere ad ogni attentato contro l’indipendenza dello spirito e della coscienza“.159 Zumindest eine Grenze der Politisierung des Begriffes zeigte sich hier deutlich. Die prägende semantische Antonymie von liberali und cattolici und die negative Bestimmung der liberali durch die katholische Kirche darf indes nicht die sich bereits zu Beginn der 1830er Jahre abzeichnende inneroppositionelle Differenzierung anhand ideologischer Etiketten verdecken.160 Giuseppe Mazzini griff zur Kennzeichnung seiner Giovine Italia gerade nicht auf liberale und liberalismo zurück, sondern auf die Attribute repubblicana und unitaria, um die Ziele der bedingungslosen Volkssouveränität und der nationalen Einheit zu 155 156 157

158 159 160

Vgl. [NICCOLÒ TOMMASEO] Dell’Italia. Libri Cinque, Bd. 1, [Paris] 1835, S. 40, 147 und 149. RAFFAELLO LAMBRUSCHINI, Dell’autorità e delle libertà. Pensieri di un solitario, hrsg. von ANGIOLO GAMBARO, Florenz 1932, S. 16, vgl. ebd., S. 14. Brief von G. P. Vieusseux an Bettino Ricasoli vom 27. April 1840, in: [BETTINO RICASOLI] Carteggi di Bettino Ricasoli, hrsg. von MARIO NOBILI und SERGIO CAMERANI, Bd. 1: Dezember 1827 – Dezember 1844, Bologna 1939, S. 175. Brief Lapo Riccis an Bettino Ricasoli vom 14. Juni 1841, in: ebd., Bd. 1, S. 239. CESARE CANTÙ, Romanzo autobiografico, hrsg. von ADRIANO BOZZOLI, Mailand 1969, S. 336. Vgl. zur Stigmatisierung der liberali aus katholischer Perspektive Dizionario di erudizione storico-ecclesiatica da S. Pietro sino ai nostri giorni. Compilazione del Cavaliere GAETANO MORONI ROMANI primo aiutante di camera di Sua Santità Gregorio XVI., Bd. 27, Venedig 1844, S. 143.

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VI. Neue Polaritäten und Differenzbestimmungen

beschreiben. Beide Schlagworte konturierten bei Mazzini eine unitarisch-zentralistische Ordnung, die eine Kooperation mit den einzelnen italienischen Regierungen a priori ausschloß: La Giovine Italia è repubblicana e unitaria. Repubblicana: – perché, teoricamente, tutti gli uomini d’una Nazione sono chiamati, per la legge di Dio e dell’umanità, ad esser liberi, eguali, e fratelli; e l’istituzione repubblicana è la sola che assicuri questo avvenire, – perché la sovranità risiede essenzialmente nella nazione, sola interprete progressiva e continua della legge morale suprema, – perché, dovunque il privilegio è costituito a sommo dell’edificio sociale, vizia l’eguaglianza dei cittadini, tende a diramarsi per le membra, e minaccia la libertà del paese . . . Repubblicana – perché, praticamente, l’Italia non ha elementi di monarchia: non aristocrazia venerata e potente che possa piantarsi fra il trono e la nazione: non dinastia di principi italiani che comandi per lunghe glorie e importanti servizi resi allo sviluppo della nazione, gli affetti o le simpatie di tutti gli Stati che la compongono . . . La Giovine Italia è Unitaria – perché, senza Unità non v’è forza, e l’Italia, circondata da nazioni unitarie, potenti, e gelose, ha bisogno anzi tutto d’essere forte – perché il Federalismo, condannandola all’impotenza della Svizzera, la porrebbe sotto tutela al comitato governativo una reggenza a nome del Papa.161

Dem Bekenntnis zur revolutionären Aktion entsprach bei Mazzini die ostentative Distanzierung von den moderati: „come se vi fosse moderazione possibile prima della vittoria – come se vi fosse altro giuramento in rivoluzione da quello in fuori d’essere, e farsi forti!“ Auf den Bewegungsbegriff griff er 1834 zurück, als er die Angriffe Canosas gegen die „sospetti di liberalismo“ in Rom schilderte.162 Das vorherrschende Merkmal blieb die Distanz Mazzinis gegenüber dem Begriff: Sie wurde insbesondere in seiner Wahrnehmung der englischen whigs und der französischen doctrinaires deutlich, die er 1837 hinsichtlich ihrer Strategie verglich, nur auf ökonomische Fortschritte zu bauen, aber möglichst wenig politische Konzessionen zuzulassen und jegliche Anerkennung der von Mazzini für alle Völker geforderten unumschränkten Volkssouveränität zu umgehen. Diesem liberalismo lag danach lediglich das Interesse der besitz- und bildungsbürgerlichen Mittelklassen zugrunde: gli whigs sono a un dipresso, quanto al sistema, come i dottrinarii di Francia: concedere il meno possibile: giovare qualche volta al ben essere materiale, ma senza ammettere o dichiarare il diritto ch’è nel popolo: e simili norme: questo è loro commune. Il loro liberalismo consiste in fondo nel lottare contro le pretese dell’alto clero, della potestà spirituale: e nello stabilire, invece d’un’ aristocrazia che data dalla Conquista, quella dei tories, un’altra più numerosa, intermedia, più vicina d’un grado al popolo, non dipendente dall’eredità, ma da una posizione sociale che dà il danaro, e qualche volta anche l’intelligenza.163

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163

GIUSEPPE MAZZINI, Istruzione Generale per gli affratellati nella Giovine Italia (1831), in: [DERS.] Scritti editi ed inediti di Giuseppe Mazzini, Bd. 2, Politica, Bd. 1, Imola 1907, S. 45–56, hier S. 47 f., 49 f. DERS., D’alcune cause che impedirono finora lo sviluppo della libertà in Italia (1832), in: ebd., S. 147–221, hier S. 170 sowie Brief Mazzinis vom 20. August 1834, in: ebd., Bd. 10, Epistolario, Bd. 3, Imola 1911, S. 29. Brief Mazzinis vom 6. März 1837, in: ebd., Bd. 12, Epistolario, Bd. 5, Imola 1912, S. 342 f.

3. Italien

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Seit dem Ende der 1830er Jahre kam es in Italien zu einer genaueren Bestimmung der verschiedenen politischen Kräfte anhand unterschiedlicher Etiketten. So konstatierte Silvio Pellico in einem Brief an Federico Confalonieri vom Oktober 1837 den antireligiösen und jakobinischen Charakter des neuen „partito liberale.“ Gegenüber Pellicos eigener Berufung auf die idee liberali nach 1815 verkörperte der partito liberale der 1830er Jahre eine extremere politische Bewegung der Pellico nachfolgenden Generation: Il così detto partito liberale in Italia è sempre molto contaminato d’esagerazioni puerili e peggio che puerili in gran numero di teste, piene di pregiudizi giacobineschi e irreligiosi: effetto d’ignoranza e d’esasperazioni, le quali purtroppo si sono accresciute. Non vogliono capire che per onorare davvero la patria, convien essere sensato e virtuoso. Il tempo solo può disingannare questi guastamenti. Sono giovani e li compatisco, perchè mi sovviene che fui giovane anch’io, quantunque non esagerato come loro.164

Im Gegensatz zu diesem partito liberale hob Pellico die Gruppe der moderati hervor, die konstitutionelle und nationalpolitische Fortschritte nicht durch einen gewaltsamen, revolutionären Bruch, sondern im Sinne des „essere sensato e virtuoso“ verfolgten. Die antirevolutionäre Gesinnung der moderati sollte keinesfalls mit den überspannten Erwartungen der giovani assoziiert werden. Der Unterschied zwischen Pellicos offensiver Oppositionshaltung nach 1815 und seiner evolutionären Reformstrategie nach 1830 wird mithin in der semantischen Bestimmung von liberale und moderato greifbar: Sie reflektierte nicht zuletzt auch einen Generationswechsel innerhalb der Opposition. Rückblickend konstatierte Federico Confalonieri die ganze Bandbreite der Bezeichnungen, die dem Attribut liberale aus katholischer Sicht zugeordnet wurden. Diese Kongruenzbegriffe markierten das Spektrum an neuen kulturellen, politischen und sozialen Bewegungen von der Aufklärung über die Französische Revolution und die konstitutionelle Opposition bis hin zu den Untergrundbewegungen der 1820er und 1830er Jahre. Aus katholisch-restaurativer Perspektive stand hinter diesem Vokabular eine permanente Bedrohung der tradierten Legitimitätsvorstellungen, nach denen Thron und Altar aufeinander hingeordnet bleiben sollten. Die Vielfalt der den liberali zugerechneten Etiketten ließ sich dabei auf einen negativen Bedeutungsursprung, auf eine semantische Identität zurückführen: Liberali: vedi Costituzionali, Rigeneratori, Filantropi, Amici del popolo, della propagazione de’ lumi, della civilizzazione, del perfezionamento universale, Riformatori, Carbonari, Radicali, Demagoghi, Anarchici, Terroristi, Giacobini, Irreligiosi, Empi, Deisti, Naturalisti, Materialisti, Atei, ecc. Tutti sinonimi non formanti che una medesima specie sotto diverse denominazioni, ed una sola ed una unica setta, diretta da una medesima e costante massima, la distruzione di tutti i troni e di ogni religione.165

164 165

Brief Silvio Pellicos an Federico Confalonieri vom 11. Oktober 1837, in: SILVIO PELLICO, Epistolario, hrsg. von GUGLIELMO STEFANI, Florenz 1856, S. 156. CONFALONIERI, Memorie, Bd. 1, S. 178.

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VI. Neue Polaritäten und Differenzbestimmungen

b) Die neoguelfische Projektion: Pio nono als Principe liberale Als katholischer Zweig der Oppositionsbewegung, der sich in den 1830er Jahren mit den Namen Manzoni, Rosmini-Serbati, Tommaseo und Lambruschini verband, verfolgten die liberali e cattolici ganz im Sinne Lamennais’ einen Ausgleich zwischen den Prinzipien von Autorität und Freiheit. Religiöse und politische Reform sollten miteinander verbunden werden, was die Polarisierung zwischen dem militant-restaurativen Teil der römischen Kurie und den liberali e cattolici vertiefte. Während die Position von Lamennais im französischen Politikdiskurs zunächst eher eine Minderheitenposition verkörperte, wurde der katholisch geprägte Teil der Oppositionsbewegung in Italien zu einer zumindest zeitweise bedeutenden Kraft. Dies erklärt sich auch aus der besonders engen Verflechtung zwischen der nationalen Frage Italiens und der Stellung des Papstes, der zugleich geistliches Oberhaupt der Kirche und weltlicher Souverän des Kirchenstaates war. Im Gegensatz zur katholisch-restaurativen Publizistik der frühen 1830er Jahre betonten die liberali cattolici die politischen Leistungen des Papsttums und die herausragende Stellung der römischen Kirche für das historische und politische Selbstverständnis der italienischen Nation seit dem Mittelalter. Die Identifikation mit einem reformbereiten Papsttum sollte nun die Grundlage für die staatliche Einigung der italienischen Nation bilden. In diesem Kontext wirkten insbesondere die Schriften des katholischen Geistlichen Vincenzo Gioberti, dessen Programm – nach der propäpstlichen Haltung im hohen und späten Mittelalter als neoguelfismo bezeichnet – in den 1840er Jahren eine Annäherung von liberale und cattolico anstrebte. Gioberti ging davon aus, daß allein die katholische Kirche als universale Institution die gesellschaftliche Ordnung und einen maßvollen politischen Fortschritt garantiere. Die Mission der italienischen Nation, hierin dem säkularisierten Programm der Giovine Italia Mazzinis durchaus ähnlich, bestand für Gioberti in der Versöhnung von Kirche und Fortschritt.166 Die politischen Ziele - „La sicurezza e la prosperità d’Italia“ – sollten in einer „alleanza italica“ verwirklicht werden, die für Gioberti ohne den „primato civile del Papa in Italia“ undenkbar war. Konkret bedeutete dies eine Föderation der mittelitalienischen Staaten unter dem Vorsitz des Papstes bei gleichzeitiger Anerkennung der Vorreiterrolle Piemonts. Der Stärkung des päpstlichen Primats ordnete er auch die Zielsetzung der „uomini moderati“ unter, die Gioberti in erster Linie im bürgerlichen Mittelstand erkannte.167 Der „partito moderato“, den er von den democratici abgrenzte, fungierte für Giobertis neoguelfismo als Ausweis der Verbindung zwischen den Kräften der päpstlichen Tradition und einer allgemeinen Fortschrittsidee.168 Die konkrete Forderung einer Verfassung mit parlamentarischer Repräsentation verband sich dagegen für ihn nicht mit den Zielen der 166 167 168

Vgl. SABBATUCCI und VIDOTTO (Hrsg.), Bd. 1, S. 294 ff. sowie LILL, S. 118 ff. VINCENZO GIOBERTI, Del primato morale e civile degli italiani (1843). Introduzione e note di GUSTAVO BALSAMO-CRIVELLI, Bd. 1, Turin 1925, S. 110 f.; vgl. LILL, S. 122. GIOBERTI, Primato, Bd. 1, S. 257 und 259.

3. Italien

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moderati. Hierin unterschied sich Giobertis Konnotation deutlich von der Cesare Balbos oder Massimo D’Azeglios, aber auch von der anderer Vertreter der liberali e cattolici.169 Von der Allianz zwischen römischer Kirche und der gemäßigten Freiheitsbewegung erwartete Gioberti auch die Überwindung der restaurativen europäischen Mächte: „se la religione cattolica et la libertà moderata trionfassero, la Russia non protrebbe mantenere la sua grandezza“.170 Der Pontifikatswechsel von 1846 eröffnete dem neoguelfismo mit dem neuen Papst Pius IX. die Aussicht auf Durchsetzung seiner Ziele, da der neue Papst mit seinen ersten Regierungsmaßnahmen Hoffnungen auf Reformen im Kirchenstaat weckte. Gleichzeitig verwarf er jedoch in seiner ersten Enzyklika Qui pluribus ausdrücklich razionalismo und liberalismo sowie den in diesem kirchlichen Dokument ebenfalls erwähnten communismo.171 Vor dem Hintergrund der aufgestauten und durch Giobertis neoguelfismo noch verstärkten Erwartungen unterschätzte man diese Widersprüche – eine Konstellation, die deutliche Parallelen zur Stilisierung und zum Mißverständnis Friedrich Wilhelms IV. von Preußen durch zahlreiche deutsche Liberale aufweist. In Mittelund Oberitalien konturierten die Schlagworte Pio nono und unità d’Italia den nationalpolitischen Erwartungshorizont der moderati um Gioberti, der, Balbo und D’Azeglio ähnlich, zugleich auf die Kooperation mit den italienischen Fürsten setzte, vor allem mit dem Haus Savoyen. So betonte er im Februar 1848, daß „ora i principi italiani sono costituzionali“.172 Aus Sicht französischer Beobachter schien dieser Charakter des italienischen libéralisme zu gemäßigt, um die Bahnen einer lediglich aufgeklärt-absolutistischen Entwicklung zu überwinden. In einem Artikel der Revue Indépendante vom Januar 1848 hieß es, selbst die Sprache der französischen légitimistes sei inzwischen „plus libre que celui du libéralisme italien. Les réformistes d’Italie travaillent pour le despotisme éclairé, ici les réformistes travaillent pour élargir les bases de la constitution“.173 Die neoguelfische Hoffnung auf Pio nono wurde seit 1846 ein wesentlicher Bestandteil des Bestimmungsmusters von liberale und liberali. Besonders anschaulich wurde dies in einem Flugblatt, das im Oktober 1847 in Pistoia erschien. Seine Autoren nahmen die Bezeichnung liberali vor allem gegen den Vorwurf in Schutz, eine religionsfeindliche Sekte zu bezeichnen. Diese antirevolutionäre Deutung wurde durch die Konzentration aller Reformhoffnungen auf den neuen Papst flankiert. Pio nono selbst erschien als „Principe liberale“ 169 170 171 172 173

Vgl. LILL, S. 120 ff. GIOBERTI, Primato, Bd. 1, S. 115. Vgl. SABBATUCCI und VIDOTTO (Hrsg.), Bd. 1, S. 316 ff. und LILL, S. 125. [VINCENZO GIOBERTI] Lettera di Vincenzo Gioberti sui fatti di Francia [26. Februar 1848], Paris 1848, S. 3. J. FERRARI, La Révolution et les Reformes en Italie. Extrait de la Revue Indépendante. Livraison du 10 janvier 1848, Paris 1848, S. 35 f.; vgl. ferner [F. SEISMIT-DODA] Italia e Francia. La Democrazia e la Reazione. Frammenti del giornale di un emigrato, Venedig 1849.

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VI. Neue Polaritäten und Differenzbestimmungen

und damit als nationalitalienische Integrationsfigur. Die Tatsache, daß der neue Papst einige liberali in seine neue Regierung berufen habe, nährte die Hoffnung, den Antagonismus zwischen cattolico und liberale überwinden zu können, obgleich das Flugblatt indirekt auch Widerstände gegen den neuen Kurs reflektierte: I liberali non sono una setta; non hanno smania di commandare; non tirano ad in-grassare a spese degli altri; son buoni cristiani come voi; amano la religione ed i buoni preti; e sono affezionati al Governo . . . Il Papa, Pio IX . . . ha fatte in poco tempo molte riforme a vantaggio de’ sudditi, che sotto Gregorio XVI se la passavano molto male. – Però, Pio IX, è, e si vanta di essere un Principe liberale, ed ha chiamati i liberali agl’impieghi ed alle prime cariche dello Stato, per consigliarsi con loro; giacchè si è accorto che amano il popolo e gli fanno del bene, mentre quelli che dicono male dei liberali, cercano di opprimerlo, e lasciarlo nell’ignoranza e nella miseria. Ora, pensando a Pio IX, vi persuaderete che i liberali non possono esser nemici della religione e dei preti, perche se fossero tali il Papa non li proteggerebbe, non gli sarebbe amico, e non li terrebbe intorno.

Hinzu trat die nationale Zielsetzung der liberali, die sich aus neoguelfischer Sicht primär gegen die habsburgische Fremdherrschaft wandte: „I liberali poi amano moltissimo la nostra patria, cioè l’Italia; e la nostra terra nativa cioè la Toscana; e però come vi ho detto desiderano che nelle cose d’Italia, ed in quelle che fa e vuol fare in Toscana il nostro Sovrano, non si mescolino gli Austriaci“.174 Als Gegner empfanden die Autoren des Flugblatts ganz im Sinne von Giobertis Il Gesuita Moderno die Jesuiten als Verkörperung des reaktionär-militanten Flügels der Kurie, da sie im Verbund mit den Österreichern die nationale Einigung Italiens verhinderten: „I liberali finalmente non voglion saper nulla de’ Gesuiti, perchè i Gesuiti sono amici degli Austriaci, e quando sono entrati in un paese lo hanno messo sempre a soqquadro.“ Eine revolutionäre Implikation ging von dieser Bestimmung der liberali nicht aus.175 Vielmehr hoffte man ausdrücklich auf die Zusammenarbeit mit den Souveränen, mit „Pio IX, quest’Angelo mandato da Dio“ und aus toskanischer Perspektive mit Leopold II. Unruhen und sozialrevolutionäre Agitationen galt es zu verhindern, um keinen Anlaß zu repressiven Maßnahmen zu liefern. Als Komplementärbegriffe zu liberali firmierten dementsprechend ordine und tranquillità: Pensate che nel torbido non possono far buona pesca che i vostri nemici, che sono anche i nemici dei liberali, e d’Italia. – Però ordine e tranquillità: amore ai ricchi ed ai poveri; fratellanza con TUTTI. Lasciate sfiatare i detrattori de’ liberali, e i profeti di sventure, e rigettate il danaro che sarebbe maledetto come quello di Giuda.176

Die populären Hoffnungen auf Pio nono als Verkörperung einer staatlichen Einheit der italienischen Nation und politisch-administrativer Reformen im 174

175 176

I Liberali; schiarimenti e consigli al popolo, Pistoia 1847, o.S. [recto]. Für die freundliche Bereitstellung einer Fotographie des Flugblatts danke ich dem Direktor der Biblioteca di Storia moderna e contemporanea in Rom, Dott. Francesco Prinzi. Ebd., o.S. [verso]; vgl. ferner L’episcopato in Francia e il regio diritto in Toscana, Pisa 1847, S. 2 ff. sowie Della Politica di Pio IX, o.O. 1847, S. 4 und 7. I Liberali; schiarimenti e consigli, o.S. [verso].

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Kirchenstaat, die der Papst mit scheinbaren Zugeständnissen im Frühjahr 1848 und Äußerungen hinsichtlich der Berechtigung des lombardo-venezianischen Aufstandes und des Krieges Piemonts gegen Habsburg zunächst nährte, ließen selbst Metternich die „apparizione d’un Papa liberalizzante“ kritisieren. Auch in zahllosen anderen Schriften wurde bis in den Sommer 1848 die Erwartung auf Durchsetzung der „liberali principii“ an der Seite des Papstes formuliert.177 Das neoguelfische Programm geriet jedoch bald in eine Krise, als Pius IX. Ende April 1848 einen förmlichen italienischen Nationalkrieg ablehnte und damit die nationalen Erwartungen enttäuschte. Vor dem Hintergrund der Radikalisierung der Revolution, die in Rom und Venedig zur Bildung kurzlebiger Republiken führte, entwickelte sich eine unüberbrückbare Kluft zwischen der dynamisierten Bewegung und dem in seiner Rolle als Principe liberale letztlich fehlgedeuteten Papst. Aus Sicht der moderati ließ sich zwar noch auf die Durchsetzung der „istituzioni liberali“ an der Seite Pius’ IX. hoffen, aber zugleich markierte die republikanische Radikalisierung eine Grenze für die Umsetzung des neoguelfischen Programms; genau dies stand hinter der 1848 ängstlich gestellten Frage: „Il Sommo Pontefice, il quale siede moderatore ed iniziatore presente delle libertà e dell’indipendenza d’Italia, può egli essere fautore delle nuove repubbliche?“ 178 c) Die antirevolutionäre Semantik von liberalismo trasformatore und liberali moderati 1848/49 Der Rückgriff auf semantische Bestimmungen der politisch-gesellschaftlichen Kräfte und Bewegungen hatte sich seit der Mitte der 1840er Jahre erheblich intensiviert. Im gesteigerten Bedürfnis nach begrifflicher Orientierung innerhalb des zeitgenössischen Meinungsspektrums wurden Erwartungen verdichtet, die sich angesichts der weitgehenden Blockade konstitutioneller Reformen und nationalpolitischer Fortschritte immer mehr aufgestaut hatten. Dies wirkte wie ein Katalysator für die Identifizierung mit positiv besetzten und die Abgrenzung gegenüber negativ konnotierten Schlagworten, von denen zugleich eine ideologische Temporalisierung rückschrittlicher Vergangenheit und fortschrittlicher Zukunft ausging: Diesem semantischen Mechanismus entsprach zunächst der ideologische Antagonismus zwischen „progressivi“ und „oscurantisti“ sowie zwischen „progressisti“ und „assolutisti“, denen immer öfter die 177

178

Zitiert nach Documenti infami o carteggio segreto de’ nemici d’Italia . . . con note, Bologna 1848, S. 6; vgl. RAFFAELE MARCHETTI, Catechismo Costituzionale ad uso dei popoli pontificj, 2. Aufl. Rom 1848, S. 4 und 26 f. sowie PIER ANGELO FIORENTINO, Commento all’ultima allocuzione di Pio IX. detta nel consistorio segreto de’ 29 aprile 1848, Rom 1848, S. 5. [G. NAGALLI DE’ GRIGIONI] Sulle attuali politiche condizioni dell’Italia e sul modo di provvedere al governo futuro della Lombardia, della Venezia e dei Ducati di Parma, Piacenza e Modena. Lettera del consigliere G. Nagalli de’ Grigioni ad un membro del governo provvisorio di Milano, Mailand 1848, S. 11 und 13.

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VI. Neue Polaritäten und Differenzbestimmungen

neuen politischen Attribute liberali und conservatori zugeordnet wurden.179 Offenkundig reichte dieses bipolare Muster aber in den 1840er Jahren nicht mehr zur Erfassung aller Bewegungen aus, so daß es zu weitergehenden Differenzbestimmungen kam. Die Stellung zu Religion und katholischer Kirche grundierte die Bezeichnungen „Oscuristi, Quietisti, Razionalisti e Rivoluzionisti“, mit denen Giacomo Durando 1846 die politischen Kräfte in Piemont zu erfassen suchte. Von einem „partito liberale“ ließen sich die „radicali“ anhand der Etiketten „entusiasti, esaltati“ unterscheiden.180 Ein 1847 anonym erschienener Rückblick auf die Entwicklung der politischen Meinungen im Großherzogtum Toskana behandelte die verschiedenen Fraktionen und Strategien hinter liberalismo, aber auch die bereits von Zeitgenossen reflektierte Bedeutungsverschiebung des Bewegungsbegriffes. Während die „Leopoldini“ Anhänger der fortschrittlichen Institutionen in der französischen Tradition waren, die primär eine konstitutionelle Fortentwicklung der Monarchie, die Reform des Gerichtswesens und verbesserte Volkserziehung unter Umgehung jeder revolutionären Gewalt und auch ohne nationalen Erwartungshorizont verfolgten, identifizierte man die „Settarj Italiani“ mit den Carbonari von 1821 und der Giovine Italia Mazzinis der 1830er Jahre. Ihr Ziel bestehe vor allem in der nationalen Einheit Italiens, und ihre Strategie gehe vom gewaltsamen Umsturz aller bestehenden Regierungen aus. In diesen Bezeichnungen standen sich mithin systemimmanente Reform und revolutionärer Bruch gegenüber: Fino a pochi anni fa il liberalismo in Toscana era rappresentato da due classi di uomini molto differenti fra loro; dai Leopoldini, e dai Settarj Italiani. I primi vedevano il non plus-ultra della civiltà Toscana nel pieno svolgimento delle istituzioni fondate da Leopoldo I, e nell’accettazione di alcune altre che avevano portate i Francesi, e che nel 1814 furono abbandonate. Nemici nelle cose economiche d’ogni inceppamento della proprietà fondiaria, e del commercio, gelosi nelle cose ecclesiastiche dell’indipendenza del potere regio, promotori della pubblicità dei giudizj e della istruzione del popolo, non alieni da istituzioni politiche che moderassero la monarchia purchè venissero dal beneplacito del Monarca, consideravano come follia ogni tentativo di rivoluzione armata, e le idee di Unione, e d’Indipendenza Italiana stimavano sogni. Questi sogni al contrario costituivano la dottrina poli179

180

LEOPOLDO GALEOTTI, Commentario. Poche parole sulla circolare pubblicata in Roma il 24 agosto 1846, in: Roma nel giorno 8 settembre 1846. Lettera di un curato di Campagna al proprio vescovo; con note e documenti diversi, Livorno 1846, S. III-XI, hier S. IV f.; G. AMARI, Del sentimento nazionale in Italia (1846), in: Miscellanea di Letteratura, Bd. 2, S. 143–99, hier S. 159; Lettera del colonnello Armandi ai suoi concittadini. Dalle falde del San Gottardo, o.O. 1846, S. 45; MASSIMO D’AZEGLIO, Lettera al professore Francesco Orioli di Massimo D’Azeglio, Bologna 1847, S. 16; TERENZIO MAMIANI, Parole dette in Perugia nelle stanze de’ Filedoni, li 18 di ottobre del 1847, in: [DERS.] Scritti politici di Terenzio Mamiani. Edizione ordinata dall’autore, Florenz 1853, S. 63–7, hier S. 66; DERS., Il Municipo di Pesaro al suo Deputato appresso il Pontifice. – Allocuzione (1847), in: ebd., S. 77–100, hier 83 sowie GIOACCHINO VENTURA, Sopra una Camera di Pari nello Stato Pontificio, Rom [1848], S. 22. GIACOMO DURANDO, Della nazionalità italiana. Saggio politico-militare, Lausanne 1846, S. 385, vgl. ebd., S. 394 f. sowie Alla Gioventù Italiana. Discorso, Italia [o.O.] 1847, S. 105 f.

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tica dei Settarj, i quali convinti che nessun cangiamento potesse tornar proficuo all’Italia se non consistesse nella distruzione dei governi esistenti o spendevano la loro attività in cospirazioni tramate per rovesciarli, o sbaragliati dalle polizie, si limitavano a sterili querimonie, e a speranze smodate.181

Weder von den Leopoldini, die sich einem bürokratischen Reformismus zuordnen ließen, noch von den Settarj sei eine echte „opposizione al Governo“ ausgegangen: e neppure era temibile che l’opposizione venisse dai liberali della seconda classe, Carbonari nel 1821, e membri dopo il 31 della Giovine Italia, riguardando essi . . . coll’idea, che il Governo medesimo dovesse da un giorno all’altro radicalmente sparire; anzi ogni sbaglio amministrativo era per loro piuttosto cosa da rallegrarsene che da farne lamento come quello che irritando il popolo avrebbe accelerata la rovina del Principato.

Wesentlich erschien dem Autor der seit den 1840er Jahren eingetretene Wandel der „idea liberale.“ Jede politische Veränderung könne, so die neue Prämisse, nur von der politischen Öffentlichkeit ausgehen, und die italienischen Regierungen würden sich langfristig den von der „opinione pubblica“ vertretenen vernünftigen Grundsätzen nicht mehr entziehen können: „La vera rivoluzione Italiana doversi compiere nell’opinione pubblica, la quale una volta guadagnata ai sanj principj forzerebbe irresistibilmente i governi nazionali ad applicarli“.182 Zum Schlagwort der neu entstandenen Oppositionsbewegung sei die „resistenza morale“ geworden, die eine antirevolutionäre Reform auf der Grundlage der Kooperation mit den Regierungen suche. Die „opinione liberale“ der Gegenwart sei durch dieses neue Programm geprägt und umfasse vor dem Hintergrund der neoguelfischen Bewegung Vincenzo Giobertis nun auch weite Teile des Klerus, die sich mit der doppelten Zielsetzung von konstitutioneller riforma und nationaler indipendenza identifizieren könnten: L’opinione liberale acquistava un carattere autorevole in questa trasformazione, accostandosi a lei anche il Clero, molti membri del quale divenuti seguaci delle dottrine Giobertiane sentivano di dover concorrere, in vantaggio della Religione stessa, alla riforma delle istituzioni del proprio paese, e all’indipendenza d’Italia.

Aus der Perspektive des Jahres 1847 schienen sich in der opinione liberale alle politischen und nationalen Erwartungen einer kritischen Öffentlichkeit zu treffen. Dies reichte von der Solidarität mit der polnischen Freiheitsbewegung über die Rezeption der Ereignisse in Frankreich und den piemontesichen Widerstand gegen Habsburg bis hin zu den politischen Hoffnungen, die sich mit Pius IX. verbanden: l’opinione liberale Toscana era scossa ora dall’insurrezione Polacca, ora dal libro di d’Azeglio sui fatti della Romagna, ora da articoli di giornali francesi, ora dalla dignitosa resistenza del Piemonte alle soverchierie doganali dell’Austria, ora dall’entusiasmo che suscitava il nuovo Pontificato di Pio IX.183 181 182 183

Sulle cose presenti d’Italia. Articoli del Giornale dei Débats commentati da un italiano, Paris 1847. Ebd., S. 11 f. Ebd., S. 12 f. Ebd., S. 14 und 16.

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VI. Neue Polaritäten und Differenzbestimmungen

Der Stellenwert der nationalen Frage im italienischen Politikdiskurs am Vorabend des Revolutionsjahres 1848 kann kaum überschätzt werden. Die „idea nazionale“ als zukunftsweisende Projektion dominierte nach Meinung des Autors die politische Öffentlichkeit so weitgehend, daß es ihm angemessen schien, bereits von einem gesamtitalienischen „partito nazionale“ zu sprechen: „Possiamo adunque affermare senza timore d’inganno che nell’idea nazionale sono uniti quanti amano la loro patria dalle Alpi fino all’Etna; quindi il PARTITO NAZIONALE assorbisce tutti gli altri, e chiude in se stesso i germi dell’avvenire italiano“.184 Dennoch schien sich bereits eine Spaltung dieses partito nazionale in moderati und esaltati anzukündigen. Von den „due specie di liberali“ verkörperten die „moderati“ die „resistenza morale“ während die „esaltati“ als revolutionäre „operatori di commozioni violente“ galten. Aus der nationalen Frage Italiens resultierte denn auch die wichtigste Herausforderung des liberalismo im Hinblick auf das Verhalten gegenüber den Regierungen der Einzelstaaten. Die Alternative bestand zwischen der Konfrontation mit den italienischen Fürsten einerseits, die diese wie zuletzt 1830 im Falle des Kirchenstaates erst an die Seite der ausländischen Mächte gezwungen hatte, und der Kooperation mit den Souveränen andererseits: Al risorgimento italiano, nell’opinione di tutti o più presto o più tardi il conflitto armato è inevitabile. La discrepanza delle opinioni nasce solamente intorno all’attitudine da prendersi quanto ai governi nazionali. Il problema liberale nelle sue attinenze con questi governi può essere così formulato. – Per giungere più facilmente a cacciare lo straniero d’Italia, è meglio avvicinarsi ai governi nazionali per trarli con noi, o costringerli a collegarsi sempre più collo straniero, insorgendo contro loro?

Während der „vecchio liberalismo rivoluzionario“ jede Zusammenarbeit mit den Regierungen der Einzelstaaten ablehne und auf den Strategien der politischen Untergrundbewegungen verharre, vertraute man auf der Gegenseite der evolutionären Überzeugungskraft der freien Meinung: Dunque invece di nascondersi nelle segrete conventicole, i liberali devono mostrarsi; invece di dissimulare i loro lamenti, i loro desiderj, e le loro speranze devono farne aperta professione; invece di aspettare il cambiamento da un fatto esteriore, devono operarlo gravitando incessantemente sulla pubblica opinione. Questa seconda soluzione del problema, ha dato origine a quella nuova forma di liberalismo che ora comparisce sulla scena in Italia.185

Diese Strategien, die sich beide noch dem Bewegungsbegriff liberalismo zuordnen ließen, faßte der Autor in einem neuen semantischen Antagonismus zusammen, der die inneroppositionelle Differenzbestimmung hervorhob: Gegenüber den traditionellen „rivoluzionari“ waren es die „trasformatori“, die die Durchsetzung der nationalen Einheit Italiens von einer Kooperation mit den einzelnen Regierungen erwarteten. Die Orientierung vieler Ministerialbeamter schien diese Hoffnung noch zu bestätigen: „Il liberalismo trasformatore signoreggia l’azione governativa; gli uomini che occupano le cariche dello Stato 184 185

Ebd., S. 31. Ebd., S. 32–4.

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vanno a scuola dai Liberali, e o più presto o più tardi il loro ingresso nel governo officiale è inevitabile“.186 Repräsentativ für die semantische Bestimmung von liberale aus der Sicht der oberitalienischen Oppositionsbewegung war vor allem Cesare Balbo. Bereits in seiner Schrift Le speranze d’Italia von 1843 hatte er „i nomi progressista, liberale, rivoluzionario e repubblicano“ vom Lager der „conservatori“ unterschieden.187 Für ihn stellten insbesondere moderato und moderazione entscheidende Orientierungspunkte dar, indem sie eine Mittelposition zwischen den „conservatori puri onesti“ und den „liberali o progressisti puri“ einnahmen.188 Den Bewegungsbegriff liberalismo deutete Balbo primär als soziokulturelle Haltung, die weit über eine bloße politische Konnotation im Sinne eines partito politico hinausging. Für ihn war es unverzichtbar, „che sono una stessa e sola cosa il vero onore ed il vero liberalismo“.189 Die semantische Verknüpfung von moderato und liberale unterstrich eine doppelte Distanzierung sowohl gegenüber gewaltsamen oder republikanischen Zielsetzungen, wie sie die Giovine Italia Mazzinis verkörpert hatte, als auch gegenüber der restaurativ-reaktionären Blockade jedes konstitutionellen und nationalpolitischen Fortschritts. Dies bestimmte den Gehalt der „liberali moderati“ als identifikatorische Selbstbezeichnung.190 Im Juni 1847 faßte Balbo die Bedeutung „dell’uso delle parole moderazione, opinione moderata e parte moderata“ zusammen und demonstrierte damit, wie weitgehend moderato zu einem integralen Bestandteil des Politikdiskurses, zum Synonym für eine positive virtù politica geworden war.191 Die Notwendigkeit einer differenzierenden Begriffsbestimmung ergab sich für Balbo aus der Tatsache, daß der Rekurs auf moderato zum Allgemeingut geworden zu sein schien. Die verbreitete Distanzierung von den politischen Extremen durch die Universalisierung von moderato verwischte dabei die Unterschiede zwischen den politischen Intentionen:

186 187 188 189 190

191

Ebd., S. 37 f. und 41. CESARE BALBO, Le Speranze d’Italia (1843). Introduzione e note di ACHILLE CORBELLI, Turin 1925, S. 15 und 124, vgl. auch ebd., S. 29, Anmerkung. CESARE BALBO, Pagine scelte precedute da un saggio di NINO VALERI, Mailand 1960, S. 43. Zitiert nach MICHELANGELO CASTELLI, Saggi sull’opinione politica moderata in Italia, Italia [o.O.] 1847, S. 16. CESARE BALBO, Del coraggio civile (1847), in: DERS., Pagine scelte, S. 88–95, hier 89; vgl. zur Unterscheidung zwischen repubblicani und liberali im Kontext der Revolution GINO CAPPONI, Settanta giorni di Ministero, in: [DERS.] Scritti editi ed inediti, hrsg. von MARCO TABARRINI, Bd. 2, Florenz 1877, S. 62–200, hier S. 99. CESARE BALBO, Dell’uso delle parole moderazione, opinione moderata e parte moderata (1847), in: DERS., Pagine scelte, S. 96–103; vgl. zu moderato Nuova Enciclopedia Popolare ovvero Dizionario Generale di scienze, lettere, arti, storia, geographia, ecc. ecc. Opera compilata sulle migliori in tal genere, inglesi, tedesche e francesi coll’assistenza e col consiglio di scienziati e letterati italiani, corredata di molte incisioni in legno inserite nel testo e di tavole in rame, Bd. 9, Turin 1847, S. 549 f.

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Che la parola moderazione sia buona e necessaria ad usare in politica, io credo niuno ne possa dubitare. È nome di una delle più importanti, forse della più importante fra le virtù politiche; e se è importante la virtù, certo è importante nomarla ed usarne il nome. L’usano, del resto, non solamente coloro che amano ed esercitano la virtù, ma fra coloro che l’amano e non l’usano, e coloro stessi che non l’amano e non l’usano; quelli per pretendervi, questi per combatterla; quelli sempre e per ogni dove più numerosi, questi ormai pochissimi. In tutte le parti esagerate, i più de’ più esagerati pretendono essi pure seguir moderazione, pretendono essere moderati, ne prendon nome; appena due o tre, in punta d’ogni ala, d’estrema destra o d’estrema sinistra, hanno audacia bastante a dirsi non moderati; fuor di questi, l’immensa pluralità degli uomini politici, scrittori e uomini di Stato, rendono questo magnifico omaggio alla moderazione, di pretender seguirla, come duce, come stendarlo, come virtù loro, e di negarla agli avversari.192

Gegenüber solch nivellierender Verwendung setzte sich Balbo für klar identifizierbare politische Parteien als Repräsentanten der unterschiedlichen Meinungen ein. Insofern schienen die parti für Balbo notwendig und unvermeidlich: „Le parti non sono solamente una necessità, ma sono una necessità non infelice . . . Le parti non sono altro che l’espressione delle opinioni; il solo mezzo di fare che non esistan parti, è non lasciar esprimere le opinioni.“ Vor diesem Hintergrund gelangte Balbo zur Charakterisierung des italienischen Parteienspektrums. Dabei unterschied er drei Lager: Die Anhänger des status quo ließen sich zunächst je nach bloß konservativer oder restaurativer Ausrichtung als „stazionari . . . conservatori puri o neri“ oder „retrogradi“ bezeichnen. Als entgegengesetzten Pol identifizierte er die „liberali o progressisti puri“ mit einer revolutionären Bewegung, die auch die Bereitschaft zu ungesetzlichen und gewaltsamen Aktionen auszeichne. Dabei bemühte sich Balbo um eine unvoreingenommene Haltung im Unterschied zur polemischen Aufladung der Negativattribute rivolutionari, radicali und esaltati: la parte di coloro che amano, che esprimono, che propugnano una mutazione universale o molte mutazioni. E questi, audaci nello scopo, sono sovente audaci nei mezzi, accettan quelli legali e non legali, le riforme e le rivoluzioni, e chiamano talora se stessi o non chiamati variamente rivoluzionari, liberali radicali, progressisti esaltati; ma chi non voglia dar loro niun nome ingiurioso, nè pregiudicare le intenzioni nè i mezzi, li può nomare liberali o progressisti puri.

Die dritte Partei stellten für ihn schließlich die „liberali moderati“ dar, die nach Balbos eigenem Selbstverständnis einen zeitgemäßen evolutionären Kompromiß auf dem Wege von Reformen und in Kooperation mit den bestehenden Regierungen suchten. Siginifikant war für Balbo insbesondere die von allen politischen Akteuren anerkannte Bezeichnung der moderati als Reaktion auf die Polarisierung der Extreme: la parte de’ progressisti o liberali meno estremi, meno puri, che nominano se stessi liberali di mezzo, o liberali moderati, e che così sono pur nominati da tutti, perchè questa denominazione è necessaria, è inevitabile, perchè sola esprime il fatto relativo dello star questi in mezzo all’altre due parti, di non voler nè l’una nè l’altra purità.

192

BALBO, Dell’uso, S. 96 f.

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Für den Autor verkörperten die „liberali moderati“ alle positiven politischen Tugenden der Gegenwart. Die von ihm herausgehobene „virtù moderatrice“ avancierte zum identifikatorischen Attribut, das seinem Verständnis von liberale zugrundelag. Über die Konflikte der politischen Meinungen der Gegenwart machte er sich keine Illusionen, aber eine Aufhebung aller Meinungsunterschiede in einer ganz Italien umfassenden concordia hielt er immerhin noch für ein Ziel der parte moderata: Ma, quando fosse, sarebb’egli questo umanità, concordia intiera, consenso universale italiano? La moderazione di Roma à ella quella di Toscana o Piemonte? . . . No, no, non è finita, non è a metà, non è se non incominciata e felicemente instaurata l’opera della moderazione, la carriera della parte moderata in Italia.193

Diese Binnendifferenzierung des oppositionellen Lagers intensivierte sich im weiteren Verlauf der Revolution 1848/49, so etwa anhand der programmatischen Bestimmung eines „partito moderato“ im Gegensatz zu den Extremen des „partito aristocratico“, der restaurativen „ultra“ und des „partito democratico“.194 Balbo selbst entwarf auf der Grundlage des durch das Statuto Albertino begründeten piemontesischen Verfassungsstaates bereits 1850 das idealtypische Schema einer modernen Parteienlehre, indem er neben die „due parti della civiltà presente: la conservativa e la progressiva“ die „due parti di tutti i governi rappresentativi: la ministeriale e dell’opposizione“ stellte.195 Die konkrete politische Erwartung der parte moderata im Sinne Balbos bestand am Vorabend der Revolution in der staatlichen Einigung der italienischen Nation unter piemontesischer Führung und in der Ausarbeitung einer parlamentarischen Verfassungsordnung. Der Verfassungsstaat und das Ende der habsburgischen Fremdherrschaft in Oberitalien sollten dabei ausdrücklich zusammen mit dem neuen Papst Pius IX. und denjenigen Fürsten erreicht werden, denen man eine fortschrittliche Politik am ehesten zutraute, also dem Großherzog der Toskana, Leopold II., sowie insbesondere Karl Albert von Piemont. Im November 1847 verknüpfte Balbo das Bekenntnis „siamo liberali davvero, liberali compiuti“ mit der Hoffnung auf die „opere unitrici di generosità, di liberalità, di carità e civiltà cristiana di Pio IX, di Leopoldo e Carlo Alberto“.196 Für Massimo D’Azeglio bewies die Haltung Pius’ IX., daß dem Vorwurf, hinter dem Bekenntnis zu liberale stehe der revolutionäre Umsturz, nunmehr jede Begründung fehle: A quegli illusi (e quanti ve ne sono di buona fede!) che ai soli nomi di libertà, liberale, ec. rabbrividivano tenendoli per sinonimi d’empietà, rivoluzione armata, sconvolgimento, egli [i.e. Pius IX.] ha mostrato il loro errore, come ha mostrato a coloro i quali tenevano i nomi di principe e papa sinonimi di tiranno, d’ipocrita e d’oppressore, che può un papa ed 193 194 195 196

Ebd., S. 100–103. Fisiologia dei partiti e dei giornali politici per Krrr, Turin 1849, S. 9 ff., 28 ff. und 63 ff. CESARE BALBO, Delle parti parlamentari. Estratto dalla Rivista Italiana, Nuova Serie, ottobre 1850, o.O. 1850, S. 3ff. und 11ff. [DERS.] Alcune prime parole sulla situazione nuova dei popoli Liguri e Piemontesi di Cesare Balbo, 2. Aufl. Turin 1847, S. 30 f.

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un principe essere non il flagello di Dio, ma l’istrumento invece della sua clemenza, del suo perdono.197

Die Amalgamierung der Schlagworte „opinione progressiva, liberalismo moderato, e governo italiano“ dokumentierte den antirevolutionären Erwartungshorizont der moderati, indem sich hier konstitutionelle und nationale Ziele sowie deren Projektion auf die nationalen Integrationsfiguren Pius IX. und Karl Albert von Piemont verbanden.198 Den ausdrücklich antirevolutionären Gehalt von liberale in der Revolution reflektierte nicht zuletzt die Charakterisierung Karl Alberts als „Re liberale“ und die Erwartung einer „lega nella quale si unissero tutti i Sovrani liberali d’Italia“.199 Dies bedingte zugleich eine semantische Trennlinie zwischen dem „partito liberale-costituzionale“ und dem „partitio repubblicano.“ Konstitutionell-gemäßigtes und demokratisch-republikanisches Lager trennten sich vor dem Hintergrund des Revolutionsverlaufs damit auch begrifflich voneinander. Während der „partito costituzionale“ auf ein Bündnis mit dem Haus Savoyen setzte – „la sola casa reale italiana che adesso essista in Italia; ad essa tocca di organizzare l’unità dell’Italia“200 – erblickten dessen Anhänger in der republikanischen Radikalisierung der Revolution eine Gefährdung der erreichbaren konstitutionellen und nationalpolitischen Fortschritte. Dies katalysierte die semantische Differenzierung des oppositionellen Lagers und ging über den allgemeinen ideologischen Gegensatz im „lotta del liberalismo coll’ assolutismo“ hinaus, mit dem man den europäischen Rahmen der Ereignisse von 1848/49 noch zusammenzufassen suchte.201 Geprägt durch den Gegensatz zu den moderati um Cesare Balbo definierte Giuseppe Mazzini seine Position. Seine bereits in den 1830er Jahren deutliche Abgrenzung von diesem Attribut verstärkte sich seit der Mitte der 1840er Jahre zunehmend.202 Die Hoffnung des „partito moderato“ – „credente in buona fede alla liberazione d’Italia per mezzo del Papa e di Carlo Alberto“ – verwarf er genauso wie den „sedicente liberalismo di Carlo Alberto e le ispirazioni di Pio

197

198 199

200 201 202

Brief Massimo D’Azeglios an Marco Minghetti vom 2. Oktober 1846, in: MASSIMO D’AZEGLIO, Scritti e discorsi politici. Per MARCUS DE RUBRIS, Bd. 1: 1846–1848, Florenz [1931], S. 95–122, hier S. 109 f. CASTELLI, S. 168. EUGENIO BALBIANO, Le utopie dei liberali. Dialogo fra un progressista e un ultraconservatore di Eugenio Balbiano, Turin 1848, S. 5 sowie L’Avvenire in Italia, Pisa 1847, S. 7. La Lega Italiana ovvero il partito liberale-costituzionale e il partito repubblicano. Parole di un anonimo, Florenz 1848, S. 34 und 39. M. D. BRESCIANICCI, Estrema lotta del liberalismo coll’assolutismo, ossia necessità della guerra europea, o.O. 1849, S. 38 und 53. Vgl. Brief Mazzinis vom 20. Oktober 1846, in: [DERS.] Scritti editi ed inediti, Bd. 30, Epistolario, Bd. 16, S. 237; vgl. ferner Brief Mazzinis vom 4. Dezember 1850, in: ebd., Bd. 45, Epistolario, Bd. 24, S. 31 f. sowie zur Begriffsbestimmung nach 1850 DERS., Il moto italiano e i moderati (1859), in: ebd., Bd. 64, Politica, Bd. 22, S. 107–19 und DERS., I monarchici e noi (1863), in: ebd., Bd. 75, Politica, Bd. 25, S. 137–47.

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IX.“ Dagegen setzte er auf den „partito nazionale“,203 den er als republikanische Bewegung und Fortführung der Giovine Italia im Gegensatz zu den moderati als Motor der italienischen Einigung anvisierte: Quello che noi chiamiano in Italia il partito nazionale è composto in gran parte, confessiamolo francamente, di repubblicani: di uomini che hanno conservate intatte le tradizioni e le aspirazioni della Giovine Italia. E questa nuova denominazione non è . . . il risultato di una specie di gesuitismo politico che cerca di conseguire il suo fine senza suscitare alcun sospetto . . . quel nome è l’espressione della posizione assunta dai repubblicani sin da quando i moderati vennero ad impedire e a intralciare il progresso logico e naturale della rivoluzione italiana.204

Besonders signifikant erschien der Rekurs auf den partito nazionale, auf den, wie bereits gezeigt, auch die moderati zurückgriffen. Unverkennbar ist allerdings auch die Überschätzung der Stärke der repubblicani durch Mazzini. Hier deuteten sich die gegensätzlichen Strategien des nation-building an, die das italienische Risorgimento in der zweiten Jahrhunderthälfte begleiten sollten. Die Positionen Cavours und Garibaldis, der gemäßigt-bürgerlichen und der nationalrevolutionären Strategie, wurden in den semantischen Bestimmungen des partito nazionale um 1848/49 bereits antizipiert. Geradezu idealtypisch läßt sich das Spektrum der semantischen Bestimmungen während der Revolution in der dynamischen Presselandschaft Roms mit ihren zahllosen, meist kurzlebigen Zeitungen rekonstruieren, die hier zwischen 1847 und 1849 entstanden. Der römische Kontext ist auch deshalb besonders aussagekräftig, da der Umschlag von der zunächst neoguelfisch grundierten Begeisterung für Pius IX. in die von Mazzini und Garibaldi begründete Republik hier einen besonderen Nährboden für politisch-semantische Deutungen und Abgrenzungen schuf. In kaum einem anderen politischen Raum Italiens konzentrierten sich 1848/49 Erwartungen, Enttäuschungen und die Radikalisierung der Revolutionsbewegung so sehr wie in Rom, was sich direkt in der politischen Tagespresse niederschlug.205 Die historisch-semantische Analyse der römischen Zeitungen läßt dabei zwei verschiedene Phasen deutlich hervortreten. Die zunächst dominierende Erwartung konstitutioneller und nationalpolitischer Initiativen durch Pius IX. trat ab Sommer 1848 immer deutlicher zurück und wich im Spätjahr 1848 einer offenen Konfrontation zwischen liberali und

203

204 205

Brief Mazzinis vom 20. Oktober 1846, in: ebd., Bd. 30, Epistolario, Bd. 16, S. 239; DERS., Partiti e affari in Italia. Il Partito Moderato (1848/49), in: ebd., Bd. 39, Politica, Bd. 14, S. 3–70, hier S. 20, vgl. ebd. S. 6ff., 14 f. und 21 f. sowie DERS., Il Partito Nazionale (1850), in: ebd., Bd. 46, Politica, Bd. 17, S. 3–12. MAZZINI, Partiti e affari, S. 50 f. Zu dieser Analyse wurden im folgenden die angegebenen politischen Tageszeitungen Roms aus den Jahren 1847 bis 1849 systematisch ausgewertet. Für die Hilfen bei der aufwendigen Suche und der Dokumentation begriffsgeschichtlich relevanter Artikel gilt mein besonderer Dank den Mitarbeitern der Biblioteca di storia moderna e contemporanea in Rom.

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VI. Neue Polaritäten und Differenzbestimmungen

Pio Nono.206 In den zahlreichen Versuchen, das zeitgenössische Spektrum der politischen Kräfte zu charakterisieren, überwogen im wesentlichen die Bestimmungsmuster der 1840er Jahre. Neben den restaurativen oscurantisti, retrogradi und stazionarii blieb der Antagonismus zwischen estremisti, fanatici, ultra-liberali, utopisti, anarchici, esaltati und moderati bestimmend. Hinzutrat die Identifizierung eines eigenen „partito cattolico“ und in Anlehnung an das Programm Giobertis die Unterscheidung von guelfi und ghibellini.207 Insbesondere die antirevolutionäre Bedeutungsrichtung des governo moderato und des partito moderato, die sich wesentlich an den Argumentationsmustern Cesare Balbos orientierte, entsprach den zunächst vielversprechenden Maßnahmen und Initiativen des neuen Papstes Pius IX. Dabei wurde liberale implizit oder explizit mit moderato und moderazione verbunden, so bei Balbo selbst, der von einem „partito liberale moderato“ sprach.208 Der Bewegungsbegriff liberalismo verkörperte im März 1848 die Hoffnung auf eine costituzione im Kirchenstaat, mit deren Gewährung Pius IX. seine Rolle als Motor von Fortschritt und nationaler Einheit unter Beweis stellen sollte.209 Dies unterstrich auch die direkte Verknüpfung von liberale und cattolico, die im Ausruf gipfelte: „il liberalismo italiano è eminentemente cattolico“.210 Der antirevolutionäre und im Laufe des Jahres 1848 immer stärker hervortretende antirepublikanische Gehalt von liberale resultierte zunächst aus dem Optimismus, daß der Siegeszug der „opinione liberale“ keine Gewalt brauche, nachdem ihre freie Verbreitung nicht mehr behindert werde. Man setzte mithin auf die diskursive Durchsetzung des eigenen Programms: „L’opinione liberale divenuta ormai gigante in Italia non abbisogna di violenza, di guerra perchè sia in aperto proclamata“.211 Die zweite Phase ab Herbst 1848 brachte dann Krise und Niedergang der neoguelfischen Projektion von Pius IX. als Principe liberale und die beginnende Radikalisierung der Revolution durch die Etablierung eines republikani206

Vgl. AMICA VERITAS, Nr. 12, April 1848 sowie LA CONVERSAZIONE DI ALCUNI GIONr. 1, 6. November 1848, S. 3. Vgl. Della elezione alla Camera dei Deputati, in: UN BAJOCCO, Nr. 33, 8. Juni 1848; I retrogradi, in: ebd., Nr. 40, 16. Juni 1848; L’EPOCA. Giornale quotidiano, Nr. 12, 16. März 1848; I moderati e gli esaltati, in: IL FANFULLA. Giornale letterario scientifico artistico, Nr. 16, 10. Juni 1847; La Moderazione, in: LA BILANCIA, Nr. 29, 13. August 1847; IL LABARO, Nr. 32, 12. Mai 1848; Esaltati e moderati, in: LA DONNA ITALIANA, Nr. 23, 7. Oktober 1848; Del partito così detto cattolico, in: IL CONTEMPORANEO, Nr. 39, 25. September 1847 sowie Nè guelfi nè ghibellini, in: LA BILANCIA, Nr. 61, 3. Dezember 1847. La Governo Moderato e il Partito Moderato, in: ebd., Nr. 31, 20. August 1847 sowie CESARE BALBO, Longanimità e Moderazione, in: IL CONTEMPORANEO, Nr. 10, 6. März 1847. Benefizii delle Riforme, in: IL LABARO, Nr. 9, 1. März 1848; vgl. L’EPOCA. Giornale Quotidiano, Nr. 49, 12. Mai 1848. IL LABARO, Nr. 79, 12. September 1848. VITTORIO PASCOLI, L’Italia Liberale, in: IL CONTEMPORANEO, Nr. 5, 8. Januar 1848; vgl. Dello Statuto Fondamentale Romano, in: ebd., Nr. 53, 18. März 1848. VANI,

207

208

209 210 211

3. Italien

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schen Regimes nach der Flucht des Papstes im September 1848. Diese Entwicklung wirkte sich unmittelbar auf die Bestimmung des Deutungsmusters aus: Ab Spätsommer 1848 überwogen die Warnungen „non si esca mai dalle vie legali“.212 Die Frage „Chi deturpa il liberalismo“ reflektierte bereits die Polarisierung zwischen moderati und costituzionali auf der einen und den repubblicani und radicali auf der anderen Seite und die damit verbundene Angst vor einer sozialen Revolution der Straße.213 Unter dem Eindruck der Ereignisse in Frankreich und der sozialrevolutionären Anklänge der Republiken in Venedig und Rom verschob sich die Konnotation von moderazione immer deutlicher auf die konservative Seite. Ein Artikel des Giornale Romano sah die erreichten Ergebnisse, die man der moderazione zu verdanken habe, von der aus Frankreich ausgehenden sozialen Bewegung des socialismo in Frage gestellt. Die zunehmende politische Polarisierung mündete aus dieser Perspektive in die notwendige Verteidigung des Bestehenden durch die conservatori: „Quest’ articolo ha per iscopo il dimostrare che l’esagerazione dei principi dell’89 diedero origine in Francia al socialismo, che minaccia oggidì i nostri beni più preziosi: quella libertà, quella dignità dell’uomo, della quale i veri conservatori, amici della moderazione, furono sempre i primi defensori“.214 Auf der anderen Seite verstärkte sich im Kontext der nach der Flucht des Papstes durch Mazzini und Garibaldi etablierten Republik in Rom die Polemik gegen die moderati. Mit Blick auf Frankreich assoziierte der Don Pirleone im Juni 1849 die moderati mit den Interessen des Besitzbürgertums und drohte in unverhohlen sozialrevolutionärem Tonfall: Oggi chiunque repubblicano ha un cento mila scudi ed anche assai meno, è Moderato. A questa classe di moderati, peste dell’umana famiglia dobbiamo annoverarci tutti gli uomini della borsa d’Italia, i quali servono ai gesuiti ed a cardinali . . . Ma se ritornerà il popolo ad aver la rivalsa, non dubitino questi grassi, che i rasoj di Robespierre torneranno in opera, senza commiserazione d’un solo. – Addio moderati. A rivederci al giorno del sindacato, che non è tanto lontano.215

Der katholischen Gegenseite schien die römische Republik unter Garibaldi dagegen den Beweis für die konkreten Folgen der neuen sozialrevolutionären Bewegungen zu liefern, die man in radicalismo, socialismo und communismo erblickte.216 Diese neuen Begriffe setzten sich durch die republikanischen Regimes in Venedig und Rom als neue Elemente des Politikdiskurses durch. Die erhebliche Dynamisierungswirkung der Revolution für die Verankerung neuer 212 213 214 215 216

Consiglio ai liberali, in: ebd., Nr. 152, 19. September 1848. Chi deturpa il liberalismo?, in: CASSANDRINO, Nr. 29, 7. September 1848; vgl. GIORNALE DEL POPOLO POLITICO-ECONOMICO, Nr. 3, 4. Oktober 1848. La moderazione, in: GIORNALE ROMANO, Nr. 39, 5. Oktober 1848. I moderati e loro origine, in: IL DON PIRLEONE, Nr. 225, 19. Juni 1849. Vgl. Il radicalismo politico necessariamente nemico della religione, in: IL COSTITUZIONALE ROMANO, Nr. 52, 9. Juli 1849; vgl. als frühes Beispiel der Begriffsverwendung ferner Il Comunismo e il Radicalismo, in: L’EDUCATORE. Foglio Settimanale, Nr. 48, 27. November 1847.

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VI. Neue Polaritäten und Differenzbestimmungen

politischer Begriffe wird nicht allein in der Tagespresse, sondern vor allem in den zahlreichen Begriffsbestimmungen der politischen Wörterbücher und Lexika greifbar.217 Dies ist für Italien umso mehr hervorzuheben, als hier bis zum Ende der 1840er Jahre die Politisierung und Polarisierung der politischen Begriffe auf lexikalischer Ebene noch kaum nachweisbar ist. In diesen Kontext fällt auch die erste ausführliche Bestimmung von liberale/liberalismo in einem piemontesischen Konversationslexikon, die sowohl den französischen Bedeutungsursprung als auch die Politisierung in Italien seit den 1840er Jahren reflektierte.218

4. England a) Periods when titles and watchwords become obsolete: Semantische Desintegration von whig und Genese von conservative Im weiteren Verlauf der 1830er Jahre trat neben die bisher vorherrschende, politisch-konstitutionelle Bestimmung der ideologischen Lager Englands eine neue sozioökonomische Kategorie. In ihr manifestierte sich auch das Problem der auch nach den Wahlrechtsreformen parlamentarisch nicht repräsentierten Industriearbeiterschaft: Hinter tory, whig und radical erblickte man aus dieser Perspektive jetzt distinkte Gesellschaftsgruppen und sozioökonomische Interessen, die sich den politischen Bezeichnungen zuordnen ließen: Der „Tory opinion“ entsprachen die „interests of Landlords“, den whigs die „interests of Capitalists“, den radicals die „interests of Labourers“.219 Das traditionelle Muster historischer Bezugspunkte schien hier durch die gesellschaftliche Differenzierung in Frage gestellt. Seit Mitte der 1830er Jahre verstärkte sich in der politischen Publizistik die Kritik an whig und whiggism aus dieser working-class Sicht, aber erst die Existenz neuer Parteinamen machte den Rekurs auf whig als Ausdruck einer antiquierten aristokratischen Position möglich.220 Der Einsatz der whigs für die Wahlrechtsreform und das temporäre Bündnis mit den parliamentary radicals, so eine verbreitete Kritik, sei ein Beweis für ihre Prinzipienlosigkeit, die im Ziel des Machterhalts gründe. Die von den „liberal hypocrites“ 217

218 219

220

Vgl. Dizionario Politico nuovamente compilato. Ad uso della gioventù italiana, Turin 1849, S. 191, 200, 414, 560, 444 und 663 zu communismo, conservatori, liberalismo, moderati, radicali und socialismo; Nuova Enciclopedia Popolare ovvero Dizionario Generale di scienze, lettere, arti, storia, geographia, Bd. 11, Turin 1849, S. 25 f. zu radicale, radicalismo, sowie Dizionario politico populare appositamente compilato, Turin 1851, S. 61, 148 ff., 158 f. und 198 zu conservatori, mazzinianismo, moderatismo und radicali. Supplemento alla Nuova Enciclopedia Popolare con appendice. Volume Unico, Turin 1851, S. 279 f. zu liberalità, liberalismo, idee liberali und partito liberale. [A. C. G. JOBERT] The Emancipation, Nr. 2 & 3, Bd. 1: The three opinions, Tory – Whig – Radical, considered as the political expression of the social interests of the three great classes, Landlords – Capitalists – Labourers, o.O. 1837, S. 76 ff. Vgl. [WILLIAM LOVETT] Manifesto of the General Convention of the Industrious Classes, London [1842/43?], S. 3.

4. England

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adaptierten Begriffe liberality und liberty dienten entsprechend nur der Tarnung dieser aristokratischen Interessen: So disgusted have I become at the hyprocrisy and perfidy of these Whigs, that I should now consider it a gross insult to be called a Whig, or to be thought to have any feeling in common with so base and villanous a crew. Call me knave, call me liar, call me thief, or call me what you will, but do not call me a Whig. Give me the straight-forward, upright, honesthearted, and gentlemanly Conservative, ten thousand times over, before you even mention the name of a Whig. The word Whig will be considered by our children as a term of reproach and infamy, and will mean in their estimation nothing but an unprincipled scoundrel. They have but one ruling motive in the world, and that is, a love of place and pay. Every measure they have brought forward has sprung from this motive; selfishness is at the bottom of every one of their tricks, and they accomplish them by falsehood, and delusion, and imposture.221

Die Spezifik dieser Auseinandersetzung lag in dem Argument, whig und whiggism seien unter den veränderten politischen und sozialen Bedingungen der Gegenwart historisch überholte Deutungsmuster. Den semantischen Hintergrund für diese Sicht bildete die langfristige Ersetzung des auch in der Publizistik mehr und mehr historisierten Gegensatzes von whig/tory durch den Antagonismus von liberal/conservative.222 Dieser grundlegende semantische Wandel, der die Genese fest organisierter Parteien und damit eine neue Entwicklungsstufe des englischen Parteiensystems begleitete, charakterisierte die Entwicklung bis zur Jahrhundertmitte, hatte sich aber bereits in den frühen 1830er Jahren angekündigt.223 So stellte Matthew Bridges 1832 die Position der conservatives, und nicht mehr die der tories, dem „liberal principle“ entgegen. Die Hinwendung zu einer partiellen Anerkennung der Reformpolitik durch zahlreiche conservatives sei aber nur eine „lately acquired liberality“, demgegenüber allein das „liberal principle“ die zeitgemäße Verwirklichung von reform verkörpere. Wichtig erschien in diesem Zusammenhang die Verknüpfung von liberal und preservative, weil dadurch implizit die Reform der parlamentarischen Repräsentation als Bewahrung eines historischen Verfassungsideals ge221

222

223

An Earnest Adress to the Working Classes of Old England on the Aims and Objects of the Religious and Political Parties of the Day. By a Poor Man, 2. Aufl. London 1836, S. 114 und 161 f. Vgl. zur Historisierung von whig/tory [PHILIPP HENRY STANHOPE] History of England from the Peace of Utrecht to the Peace of Aix-la-Chapelle. By Lord Mahon, Bd. 1, London 1836, S. 6ff.; Whigs and tories of old times, in: FRASER’S MAGAZINE FOR TOWN AND COUNTRY 15 (1837), S. 304–15; Whigs and Tories, in: ebd. 16 (1837), S. 51–66; Whigs and Tories, in: ebd. 18 (1838), S. 298–316 sowie Whigs and Tories, in: ebd. 20 (1839), S. 64–76. Vgl. The Destructives, in: TAIT’S MAGAZINE, Bd. 2, Nr. 11 (1833), S. 575–7, hier S. 575 sowie [HENRY BROUGHAM] Tory Views and Machinations, in: EDINBURGH REVIEW 58 (1834), S. 457–68, hier S. 457; vgl. GASH, S. 164, der diese neuen Parteinamen als Anzeichen für einen Entwicklungsprozeß sieht, an dessen Ende ein qualitativ neues Zweiparteiensystem stand: „The rapid growth of a two-party system inevitably affected the character of the parties themselves . . . The shift in nomenclature reflected the fact that the parties themselves had become larger and more comprehensive – and more diluted – in both outlook and membership.“

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VI. Neue Polaritäten und Differenzbestimmungen

deutet wurde, also keinesfalls im Sinne eines revolutionären Bruchs, aber eben auch nicht als Stagnation und Blockade, die man den conservatives anlastete. Dieser Prämisse evolutionärer Anpassung entsprach auch die Zuordnung der übrigen Reformerwartungen: The liberal, or rather, as I would term it, the Preservative principle, in contradistinction to the Conservative one, wears no disguise. It asked for a Reform in Parliament; it meant a Reform; and it has obtained it. And such is its conduct, such its profession, and such shall be its success, with regard to the ballot, the repeal of the septennial act, modifications of the establishment, our colonial and commercial policy, our corn laws and currency, our game and poor laws, a better adjustment of taxation, the abolition of monopolies, sinecures, and all the useless or oppressive legislation. The liberal principle would keep open the safety valve of the State, and so, preserve it; but Conservatives wish to shut down that valve, and for the sake of keeping things as they are, blow our whole social machinery to atoms. Neither is the Preservative principle one of mere selfishness.224

Der aus dem 17. Jahrhundert stammende und im 18. Jahrhundert fest etablierte whig-tory Gegensatz wurde hier zugunsten eines neuen ideologischen Antagonismus transzendiert. Die aristokratischen Parteinamen schienen vor dem Hintergrund der politischen Partizipationserwartungen der aufstrebenden middle classes keine semantisch hinreichende Orientierung mehr vermitteln zu können. Sowohl die aristokratischen Ideale von whiggism als auch eine Rückkehr zum „old Tory-system of Government“ bezeichneten von daher anachronistische Positionen, die es durch die neuen Etiketten zu überwinden galt. Die „liberal views“ standen nicht mehr für ein aristokratisches whig-Verständnis von liberties und constitution, sondern für die spezifischen Interessen der middle classes. Damit wurde auch die Deutung der „liberal views“ durch das Ideal des Freihandels Teil des Bestimmungsmusters: As democratic principles of government have been gaining ground in this country over monarchical, as the money-owning, commercial, and shop-keeping classes have been gradually acquiring an ascendancy over the old territorial aristocracy, this principle has been regularly receding before, what are called, liberal views, until it has been abandoned altogether, and an opposite one has been established, declaring that it is right for every body to be allowed to purchase in the cheapest market, whether foreign or not, and that low prices, by whatever means obtained, are a national good.225

In polemischer Absicht ließ sich die Überwindung der alten whig/tory-Nomenklatur nutzen, um einen neuen ideologischen Antagonismus zwischen Conservatives und Revolutionists umso deutlicher hervorzuheben. Während allein die Conservatives als „friends of the King“ gelten konnten, ließen sich 224 225

MATTHEW BRIDGES, The Conservative; his origin and objects, London 1832, S. 12, 6 und 12 f. JAMES B. BERNARD, Appeal to the Conservatives, on the imminent danger to which the nation is exposed from the Democratic Propensities of the House of Commons; shewing the false position which they at present occupy, and pointing out the true ground for them to take in defence of the monarchy and the institutions of the country from revolutionary innovations; in a Letter adressed to the Duke of Wellington, London 1835, S. 1 und 10.

4. England

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„Liberals, Reformers, Radicals, or Repealers“ als „disturbers of the public sphere“ diskreditieren.226 Dies verriet zwar noch eine Grundierung mit alten Bestimmungstopoi – die tories hatten im 17. und 18. Jahrhundert traditionell als friends of the King gegolten –, integrierte aber auch neue Kategorien, wenn neben die politisch konnotierten Bezeichnungen nun auch der repealer als Verfechter des Freihandels trat. Die Ideologisierung mit Hilfe neuer Etiketten verkörperte auf der politischen Gegenseite Benjamin Disraeli, der 1836 gegen die heterogene Koalition aus whigs, radicals und repealers polemisierte, denen gegenüber die conservatives als stabile Alternative erschienen: The oligarchical Whigs, the English Radicals, the Irish Repealers – the patrons of rich livings, the enemies of Church and State – hereditary magistrates, professors of county reform – the sons of the nobles, the enemies of the peerage – the landed proprietors, the advocates of free corn – can only be united in a perverted sense. Their union, then, is this: to a certain point they all wish to destroy; but the Whigs only wish to destroy the Tories, the Radicals the constitution, and the Repealers the empire.227

In seinem Essay The Spirit of Whiggism charakterisierte Disraeli die Ursprünge und Prinzipien der historischen whig party des 17. und 18 Jahrhunderts. Seine Kritik zielte auf die positive oder negative Besetzung von Wertbegriffen, eben den historischen Identifikationsmustern des 17. und 18. Jahrhunderts, durch die whigs, hinter deren rhetorischen Bekenntnissen aber stets nur das Ziel einer Oligarchie stehe: The Whig party have [sic!] always adopted popular cries. In one age it is Liberty, in another Reform; at one period they sound the tocsin against Popery, in another they ally themselves with Papists. They have many cries, and various modes of conduct; but they have only one object – the establishment of an oligarchy in this free and equal land. I do not want to see this country to be governed by a small knot of great families and therefore I oppose the Whigs.228

Die Adaption von liberalism und liberal principles durch die whigs vor 1830 folge diesem Muster, positiv oder negativ konnotierte Begriffe zu monopolisieren und damit die Meinungsführerschaft in der politischen Öffentlichkeit zu erlangen.229 Liberalism und liberal principles hätten, so Disraeli, die Abwendung der whigs von jakobinisch-revolutionären Zielsetzungen und die gleichzeitige Revitalisierung ihres historischen Selbstverständnisses flankiert: From the period until 1830 the tactics of the Whigs consisted in gently and gradually extricating themselves from their false position as the disciples of Jacobinism, and assuming their ancient post as hereditary guardians of an hereditary monarchy. To make the transition less 226

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A calm consideration of the present state of public affairs; adressed to The Loyal & Unprejudiced of all; with remarks on E. L. Bulwer’s Letter. By a Liberal Conservative, London 1835, S. 6, 33 und 40. Brief an Sir Robert Peel vom 26. Januar 1836, in: BENJAMIN DISRAELI, The Letters of Runnymede, London 1836, S. 42. [DERS.] The Spirit of Whiggism, in: ebd., S. 177–234, hier S. 181 f. und 187. Vgl. [J. W. CROKER] Revolutions of 1688 and 1831, in: QUARTERLY REVIEW 51 (1834), S. 493–535, hier S. 494.

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VI. Neue Polaritäten und Differenzbestimmungen

difficult than it threatened, they invented Liberalism, a bridge by which they were to regain the lost mainland, and daintily recross on tiptoe the chasm over which they had originally sprung with so much precipitation. A dozen years of ,liberal principles‘ broke up the national party of England, cemented by half a century of prosperity and glory, compared with which all the annals of the realm are dim and lacklustre.230

Disraeli erblickte in den whigs eine zutiefst „anti-national party“, weil sie wegen ihrer oligarchischen Ziele unfähig seien, die nationalen Institutionen Englands anzuerkennen. In dieser Polemik griff er auch auf den Topos der republic zurück, um die letztlich antimonarchische Einstellung der whigs zu demonstrieren: The Whig party has ever been odious to the English people . . . The reason of this is, that the Whigs are an anti-national party. In order to accomplish their object of establishing an oligarchical republic, and of concentrating the government of the state in the hands of a few great families, the Whigs are compelled to declare war against all those great national institutions, the power and influence of which, present obstacles to the fulfilment of their purpose. It is these institutions which make us a nation. Without our Crown, our Church, our Universities, our great municipal and commercial Corporations, our Magistracy, and its dependent scheme of provincial polity, the inhabitants of England, instead of being a nation, would present only a mass of individuals governed by a metropolis, whence an arbitrary senate would issue the stern decrees of its harsh and heartless despotism.

Disraelis politische Semantik stand im Kontext einer Reideologisierung der Unterschiede zwischen den politischen Lagern seit Beginn der 1830er Jahre. Dieser Konflikt wurde zwar einerseits noch mit historisch verankerten Argumenten geführt, war aber andererseits untrennbar mit der Suche nach neuen Etiketten verbunden. Disraeli erkannte dabei scharfsinnig die polemische Wirkung solcher semantischer Neustrukturierungen : There are periods when the titles and watchwords of political parties become obsolete; and when, by adhering to an ancient and accustomed cry, a party often appears to profess opinions less popular than it really practises, and yields a proportionate advantage to its more dexterous competitor. In times of great political change, and rapid political transition, it will generally be observed that political parties find it convenient to re-baptize themselves. Thus, in the present day, Whigs have become Reformers, and Tories Conservatives.231

Als neue politische Integrationsbegriffe für tory setzten sich conservative und conservatism eindeutig früher und weitgehender durch als liberal und liberalism für whig, wobei der Bewegungsbegriff zunächst meist von der politischen Gegenseite als Objekt der Kritik eingesetzt wurde. Vor allem im Hinblick auf das heterogene Lager derjenigen, die liberal auf sich bezogen, fehlten positive Rekurse auf liberalism noch weitgehend.232 Die semantischen Grenzen zwischen radical, reformer und liberal blieben je nach individueller Ausrichtung 230 231 232

DISRAELI, Spirit, S. 190. [DERS.] Vindication of the English Constitution in a Letter to a noble and learned Lord. By Disraeli the Younger, London 1835, S. 181 f. und 185. Vgl. A hundred months of liberalism, in: FRASER’S MAGAZINE FOR TOWN AND COUNTRY 17 (1838), S. 393–403 sowie THE REFORMER, Nr. 1, Liverpool, 6. August 1836, S. 2.

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fließend; eine verbindliche Definition von liberal/liberalism war durch das Nebeneinander und die Überlagerung der Begriffsgehalte unmöglich. Während der Bewegungsbegriff liberalism im englischen Politikdiskurs noch immer relativ selten blieb, lassen sich seit der Mitte der 1830er Jahre zahlreiche Neudefinitionen von conservatism und conservative party nachweisen.233 Dabei dominierte das Bestimmungsmuster, die politischen und kirchlichen Einrichtungen als spezifisch nationale Kennzeichen Englands gegenüber demokratisch-egalitären Forderungen zu verteidigen. Gegenüber der aristokratischen Konnotation von tory verkörperte die Conservative party von ihrem Anspruch her eine sozial-integrative Massenpartei entsprechend der Zielsetzung des Tamworth Manifesto von 1834. Conservatism unterstrich damit ein nationales Sonderbewußtsein: In der Identifizierung mit den nationalen Wertbegriffen Constitution, Church und mixed institutions erschien der Conservative der Gegenwart geradezu als Erbe des „Whig of the old school“: A Conservative is a man attached upon principle to the English Constitution, to the Established Church, to our mixed institutions. Well, but so is, or at least so was, a Whig of the old school. There is another characteristic – a Conservative is one who, having this loyalty to the Constitution, believes it is threatened with subversion by the encroachments of democracy, and is prepared to defend it against that danger. The Conservative party, therefore, includes all those shades and degrees of political opinion, from the disciple of moderate Whig principles to the most devoted champion of ancient usages, who agree in these two points – attachment to King, Lords, Commons, Church, and State, and a belief that there is a pressing danger of these institutions being overborne by the weight of the Democracy . . . Conservatism is, in fact, the embodied resistance of the most strongly constituted, of the most firmly compacted, social and political system that ever existed upon earth, to the action of the most powerful agent of decomposition that can be applied to human institutions.234

Auch die zeitgenössische Reflexion über „ancient whigs and modern tories“ unterstrich die Verschiebung der traditionellen Bedeutungsgehalte. Besonders kritisch setzte sich auf der Gegenseite die Edinburgh Review von conservatism ab.235 233

234 235

Vgl. Why am I a Conservative? Addressed to the Electors of the United Kingdom, by an Elector, London 1837, S. 5; A Glance of State Affairs; with a few Suggestions to the Conservatives of Great Britain. By the author of Thoughts on the State and Prospects of Conservatism, London 1837, S. 16; HENRY MATTHEW HUTCHINSON, Reasons for Conservatism, as exhibited in a brief Statement of the Character of the Civil Constitution, and Church of England, London 1840, S. 4 und 174; ROBERT THORP, Practical Conservatism: Its Nature and Uses. With an Appendix on Conservative Statesmen in Parliament, London 1840, S. 8, 26 und 40; CHARLES WYKEHAM MARTIN, Thoughts on the Reform Bill; its Causes and Consequences, London 1837; The Ballot and the Constituency. By a Conservative, London 1838, S. 6; The Claims of the People. A Letter to the Aristocracy and the Priesthood, London 1840, S. 6 sowie JOHN WADE, Glances at the Times, and Reform Government, 5. Aufl. London 1840, S. 5. JOHN WALSH, Chapters of contemporary history, London 1836, S. 77 f. und 81. Vgl. Ancient whigs and modern tories, in: DUBLIN UNIVERSITY MAGAZINE 1 (1833), S. 503–15 sowie zum Bedeutungswandel von whig und tory aus Sicht der QUARTERLY REVIEW, zitiert bei GEORGE WINGROVE COOKE, The History of Party; from the Rise

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VI. Neue Polaritäten und Differenzbestimmungen

Gegenüber der programmatischen Neuformierung von conservatism und conservatives zeichnete sich am Ende der 1830er Jahre die Desintegration des whig-Begriffes ab.236 Dieser entsprach eine semantische Unterscheidung zwischen der anachronistisch konnotierten Position der aristokratischen whigs in der Tradition des 18. Jahrhunderts und der progressiven Stellung der whig radicals. Der Liverpool Politician reflektierte den Bedeutungswandel des Begriffes, wenn er 1838 die Überwindung einer rein aristokratischen Politik durch eine weitgefaßte politische Partizipation, den „support of the people“, forderte: But the Whigs of our day are not the mere Whigs of a by-gone period. They are the creatures of circumstances – the Whigs of an altered and improved – and of an improving condition of our social and political organization. To their continuance in office the support of the people is essential. To their enjoyment of that support it is requisite that they should slacken the exclusiveness of their Whiggism – that they should not legislate solely for aristocratic purposes – that they should regard the interests of the mass and respect their rights – that they should promote intelligence among the millions and govern those millions according to that approved intelligence.

Dieser Erwartung entsprach am ehesten der von den conservatives kritisierte Typus des „Whig-Radical“, der mit dem liberal gleichgesetzt werden konnte. Die semantische Amalgamierung von whig, radical und liberal veränderte die Bedeutungsrichtung von whig, wobei die systemimmanent-evolutionäre Reformstrategie davon unberührt blieb. Bedeutsam erscheint in diesem Zusammenhang vor allem die Distanz der Selbstbezeichnung liberal gegenüber dem Verständnis von party, weil sich hier zeigte, daß liberal sich im Gegensatz zu conservative sehr viel weniger an eine bestimmte Partei koppeln ließ, sondern eher eine allgemeine Identifizierung mit politischen Reformen in der Tradition der Reform Bill ausdrückte: The term Whig-Radical is a nickname, invented by the Tories and applied by them, in the way of derision, to the Liberals who, not being Whigs, lack courage to avow themselves

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of the Whig and Tory Factions, in the Reign of Charles II., to the passing of the Reform Bill, Bd. 1, London 1836, S. VI: „In a recent number of the ‚Quarterly Review‘ (vol. LIV, p. 370) it is said, ‚We talk now as we did then‘ (in the reigns of Anne and George I.) ‚of Whig and Tory, but the tenets of the two parties have been so completely counterchanged (as the heralds express it) that a Whig of that day very much resembled a Tory of ours, and vice versa‘.“; vgl. ferner Political Dictionary: forming a work of universal reference, both constitutional and legal; and embracing the terms of civil administration, of political economy and social relations, and of the more important statistical departments of finance and commerce, Bd. 2, London 1846, S. 902 f.; [WILLIAM EMPSON] Sir John Walsh’s Contemporary History, in: EDINBURGH REVIEW 63 (1836), S. 239–70, hier S. 258 sowie [DERS.] Life and Correspondence of Dr. Arnold, in: ebd. 81 (1845), S. 190–234, hier S. 209 f. Vgl. What is a Radical?, in: DUBLIN UNIVERSITY MAGAZINE 8 (1836), S. 285–97, hier S. 297.

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Radicals. Ask one whom the Tories call a Whig-Radical to what political party he belongs and he will reply ‚I am of no party – I am a Liberal‘.237

Das Bild vom Ende der old whig party fungierte in der politischen Publizistik immer häufiger als eigener Topos, der aber keinesfalls die semantische Persistenz der mit whig verbundenen historischen Argumentationsmuster verdekken sollte, so wie whig und tory auch weiterhin als Bezeichnungen auftraten.238 Der spezifische Charakter des englischen Politikdiskurses in den 1830er und 1840er Jahren bestand einerseits in der Transzendierung von whig/tory in liberal/conservative, so wenig sich mit diesen neuen Bezeichnungen bereits programmatisch homogene Parteien identifizieren ließen. Anderseits bestand zumal der whig-Begriff als Ausweis einer besonderen politisch-konstitutionellen Identität fort, allerdings nur noch für eine kleiner werdende Gruppe der politischen Öffentlichkeit. Ein für die politische Ideengeschichte klassischer Liberaler wie Thomas B. Macaulay griff zwar auf die Bezeichnung „Liberal Government“ zurück, definierte sein eigenes politisches Selbstverständnis aber geradezu idealtypisch auf der Grundlage der historischen Rolle der whigs und der überzeitlichen Wirkung ihrer Prinzipien. Hier wurde exemplarisch noch einmal der semantische Rahmen deutlich, innerhalb dessen whig nicht nur als im engeren Sinne politischer, sondern vor allem als soziokultureller und nationaler Identifikationsbegriff fungierte. Für Macaulay blieb whig der einzig mögliche Bezugspunkt seines politischen Selbstverständnisses. In ihm kamen das stilisierte historische Erbe der englischen Geschichte als kontinuierliche Entfaltung politischer Freiheit und die jederzeit gültige Aktualisierung dieser Prinzipien zusammen. In dieser Projektion des whig-Begriffes, in der Historisierung und Aktualisierung zusammenwirkten, wurde die teleologische Perspektive der whig interpretation of history exemplarisch erkennbar: I entered public life a Whig; and a Whig I am determined to remain. I use that word, and I wish you to understand that I use it, in no narrow sense. I mean by Whig, not one who subscribes implicitly to the contents of any book, though that book may have been written by Locke; not one who approves the whole conduct of any statesman, though that statesman may have been Fox . . . But it seems to me that, when I look back on our history, I can discern a great party which has, through many generations, preserved its identity; a party often depressed, never extinguished; a party which, though often tained with the faults of the age, has always been in advance of the age; a party which, though guilty of many errors and some crimes, has the glory of having established our civil and religious liberties on a firm foundation . . . To the Whigs of the seventeenth century we owe it that we have a 237 238

[JAMES ACLAND] The Liverpool Politician. A local commentary – by James Acland, Nr. 1, 14. Juli 1838, S. 1f. Vgl. A Letter to the Queen on the State of the Nation. By a Member of Parliament, London 1839, S. 10; Prospects of Session, State of Parties, in: THE NORTH BRITISH REVIEW 10 (1848/49), S. 501–36, hier S. 504; The Tory Baronet; or, Tories, Whigs, and Radicals. By one who knows them, 3 Bde., London 1841; zum Gegensatz liberal/tory vgl. What’s what; a Dialogue, London 1841, S. 5ff.; [WILLIAM EMPSON] State of Parties, in: EDINBURGH REVIEW 65 (1837), S. 265–82, hier S. 267; What is to be done?, in: THE MONTHLY REVIEW 1 (1844), S. 248–64 sowie Whigs and Tories, in: ebd. 2 (1841), S. 341–51.

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VI. Neue Polaritäten und Differenzbestimmungen

House of Commons. To the Whigs of the nineteenth century we owe it that the House of Commons has been purified . . . I look with pride on all that the Whigs have done for the cause of human freedom and of human happiness . . . We may be defeated: but our principles will only gather fresh strength from defeats . . . The good old cause, as Sidney called it on the scaffold, vanquished or victorious, insulted or triumphant, the good old cause is still the good old cause with me. Whether in or out of Parliament, whether speaking with that authority which must always belong to the representative of this great and enlightened community, or expressing the humble sentiments of a private citizen, I will to the last maintain . . . my fidelity to principles which . . . are . . . strong with the strength and immortal with the immortality of truth.239

Daraus ergab sich bei Macaulay auch eine natürliche Distanz gegenüber der Selbstbezeichnung liberal, die für ihn letztlich keinen Identifikationsbegriff darstellte. Am Ende der 1840er Jahre resumierte er ironisch: You call me a Liberal . . . but I don’t know that in these days I deserve the name. I am opposed to the abolition of standing armies. I am opposed to the abrogation of capital punishment. I am opposed to the destruction of the National Church. In short, I am in favour of war, hanging, and Church Establishments.240

b) Die Ökonomisierung des Begriffsfeldes: Das liberal system of government als Überwindung der old Whig party Die 1840er Jahre, die von der Debatte um die Aufhebung der corn laws und den außerparlamentarischen Aktionen der Anti Corn Law League bestimmt waren, wurden bereits wesentlich von den neuen Parteinamen bestimmt. Seit 1841 veröffentlichten die führenden Zeitungen die Wahlergebnisse für Liberals und Conservatives, und 1846, im Kontext der Krise um die corn laws, griff auch die Times auf den Begriff Liberals zurück.241 Für die allmähliche Durchsetzung der Gruppenbezeichnung Liberals gegenüber whig oder reformer stellt auch der offizielle parlamentarische Sprachgebrauch in den zeitgenössischen Parlamentsführern einen wichtigen Indikator dar: Während Dod’s Parliamentary Companion für 1845 nur 75 Mitglieder des House of Commons als Liberals aufführte, waren es für das neue Parlament 1847 bereits 163 Abgeordnete. Nur wenige von ihnen griffen jetzt noch auf whig, tory oder reformer zurück. 1857 traten diese Begriffe in Dod’s Parliamentary Copanion überhaupt nicht mehr auf.242 Die whigs schienen von den meinungsführenden Repräsentanten der Anti Corn Law League, der „Manchester flood“, regelrecht weggespült worden zu 239

240 241 242

THOMAS B. MACAULAY, A Speech delivered at Edinburgh on the 29th of May, 1839, in: [DERS.] The Complete Works of Lord Macaulay, Bd. 11, London 1898, S. 587–609, hier S. 607–9. [THOMAS B. MACAULAY] The Life and Letters of Lord Macaulay. By his Nephew GEORGE OTTO TREVELYAN, Bd. 2, London 1876, S. 201. Vgl. GASH, S. 163. Dod’s Parliamentary Companion, London 1845; Dod’s Parliamentary Companion, London 1847 sowie Dod’s Parliamentary Companion, London 1857; vgl. T. A. JENKINS, Gladstone, Whiggery and the Liberal Party 1874–1886, Oxford 1988, S. 3, Anmerkung.

4. England

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sein.243 Diese Entwicklung hatte Lord Holland aus der Perspektive der old whigs bereits 1838 mit unverhohlener Skepsis betrachtet, als er von der neuen Bewegung der Wirtschaftsliberalen, die sich selbst als liberal bezeichneten, die alte verpflichtende liberty-Gesinnung der whigs unterschied. Diese sah er aber zunehmend von jenen middle-class Radicals verdrängt, die nicht mehr in die Tradition der whig-Topoi zu passen schienen und denen das historisch-organische Verständnis von liberty fremd blieb: Humites, Benthamites, Utilitarians and Political Oeconomists call themselves liberal and are often on measures of policy and police as well as commerce in the right but on the great principles of liberty they are always as cold and insensible and often as narrow and tyrannical as the worshippers of authority or lovers of power themselves – and whether Locke, Franklin or Lafayette’s old theory of the rights of man be a fiction or a truth, you may be sure it is one which will vibrate most distinctly on the feelings of young men and enthusiastic lovers of freedom.244

Die Entscheidung Robert Peels von 1846, die corn laws abzuschaffen und damit das Freihandelsprinzip durchzusetzen, isolierte den wirtschaftsliberalen Flügel vom Rest der Conservative Party und nährte zugleich bei den Führern der Manchester Liberals Richard Cobden und John Bright die Hoffnung, Peel werde selbst die Führung der Liberals übernehmen. Bereits 1842 hatte die Edinburgh Review das Fortschreiten von „Liberal opinions“ mit Peels Regierung und ihrer wirtschaftsliberalen Orientierung in Verbindung gebracht.245 Cobden hatte im gleichen Jahr betont: „I believe the right hon. Baronet [i.e. Peel] to be as liberal as the noble Lord [i.e. Russell].“ Vier Jahre später betonte er in einem Brief an Peel, den dieser wenige Tage nach seinem Rücktritt als Führer der Conservatives erhalten hatte, daß „there are no substantial lines of demarcation betwixt the Peelites and the so-called Whig or Liberal party.“ Damit verlieh er seiner Hoffnung Ausdruck, daß Peel sich an die Spitze der middle classes setzen werde, die sich nun als führende politische Klasse durchgesetzt habe.246 Dies dokumentierte, daß nunmehr für die Bestimmung von liberal primär die Identifikation mit den Prinzipien des Freihandels ausschlaggebend war, und von daher konnten gerade auch die wirtschaftsliberalen Teile der Conservatives, die Peelites, als liberals gelten.247 Die Liberal party verkörperte durch 243

244 245 246 247

Vgl. GEORGE MEREDITH, Beauchamp’s Career, Bd. 1, London 1910, S. 139, wo er von der „Man-chester flood“ sprach, „since when they [i.e. the whigs] have walked like spectral antediluvians, or floated as dead, canine bodies that are sucked away on the ebb tides.“ Brief Lord Hollands an Lord Granville vom 9. Februar 1838, zitiert nach MANDLER, S. 27. [THOMAS SPRING-RICE] The Late Session, in: EDINBURGH REVIEW 76 (1842), S. 241–74, hier S. 242, vgl. auch ebd., S. 256. Zitiert nach J. MORLEY, The Life of Richard Cobden, Bd. 10, London 1882, S. 34 und Bd. 1, S. 392. Vgl. Lord Cockburns Äußerung von 1847: „I have scarcely been able to detect any Candidate’s address which, if professing Conservatism, does not explain that this means ‚Liberal Conservatism‘“, zitiert nach OED, Bd. 6, S. 238.

496

VI. Neue Polaritäten und Differenzbestimmungen

die große Resonanz der Diskussion um die corn laws und die professionelle Agitation der Anti Corn Law League nicht länger ein whiggistisches und damit sozial exklusives Reformkonzept wie in den 1820er und beginnenden 1830er Jahren, sondern wurde von Cobden und Bright jetzt eindeutig als Synonym für die Freihandelsbewegung eingesetzt. Noch bis in die beginnenden 1850er Jahre war liberal aber keineswegs die einzige Parteibezeichnung gegenüber den Conservatives: Radical, reformer und repealer bildeten Kongruenzbegriffe, mit denen sich semantische Nuancen innerhalb der politischen Landschaft ausdrükken ließen. So wandte sich Bright im November 1853 an Cobden und kritisierte den Mangel an fortschrittlicher Politik, wobei er von der „Radical Party“ sprach, die er von den whigs, aber auch von der wirtschaftsliberalen „Manchester School“ abgrenzte, zu der er sich selbst zählte: „In calling for Reform of Parliament, the Radical Party have [sic!] no policy to offer as the promised fruits of another Reform Bill . . . now the Radicals (I speak of those who are anything better than Whigs, and yet not of the Manchester School) have contrived to identify themselves with an absurd policy“.248 Weil sich whig, Radical Party und Manchester School mit liberal semantisch verknüpfen ließen, blieb eine „parteipolitisch“ verbindliche Abgrenzung von liberal zunächst noch aus. Erst die Personalisierung der Liberal party durch Palmerston und dann vor allem durch Gladstone führte in den 1850 und 1860er Jahren zu einer gewissen Homogenisierung der Begriffsinhalte. Die von Cobden erwähnten Bezeichnungen konturieren rückblickend jene drei semantischen Entwicklungsstadien, die das politische Deutungsmuster liberal seit den 1820er Jahren durchlaufen hatte: Whig stand dabei für die Adaption von liberal während der 1820er Jahre bis etwa 1832, wie dies in der Edinburgh Review faßbar geworden war, radical für die in der Westminster Review zuerst dokumentierte Abgrenzung eines spezifischen middle-class liberalism vom aristokratisch konnotierten whiggism. Die freihändlerische Manchester School verkörperte schließlich die wirtschaftsliberale Orientierung der 1840er Jahre, die ihrerseits das traditionelle whig-Verständnis von liberal verdrängte.249 Wie weit dieser begriffliche Wandel bis 1848 gediehen war, zeigt ein Artikel von C. G. Lewis in der Edinburgh Review, „the house organ of moderate liberalism“ und während der 1820er und 1830er Jahre das Sprachrohr der moderate Whigs.250 Lewis brachte zum Ausdruck, daß das „liberal system of government“ der Gegenwart zwar noch auf den Grundlagen der „old Whig party“, der treibenden Reformkraft von 1832, aufbaue, aber daß sich damit nun eine neue, vor allem ökono248 249

250

Zitiert nach MORLEY, Life, Bd. 2, S. 146. Vgl. Lord Clarendons Äußerung von 1846 in einem Rundschreiben an die Mitglieder von Russells Kabinetts: „For years past, [i.e. Whiggery’s] vitality and vigour have been failing . . . It is considered to be aristocratical in its opinions, exclusive in its personnel, and guided by past historical reminiscences rather than by present public opinion.“, zitiert nach MICHAEL BENTLEY, Politics Without Democracy 1815–1914. Perception and Preoccupation in British Government, London 1984, S. 130. MANDLER, S. 119.

4. England

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mische Programmatik verband, die eher die aufstrebenden, wirtschaftlich prosperierenden middle classes als die aristokratischen Whigs kennzeichnete.251 Damit dokumentierte die Edinburgh Review selbst den Wandel von liberal als Attribut der reformorientierten progressive whigs der 1820er Jahre zum Etikett der durch die Industrialisierung entstandenen und nun selbstbewußt auftretenden middle classes der 1840er Jahre, auch wenn der Autor in liberal noch keineswegs einen präzisen Begriff für diese Veränderung der Erwartungen erblickte: When we speak of a liberal system of government – a phrase, we confess, which is not very precise – we mean such a system of government as is indicated by the opinions of the old Whig party of England, improved and enlarged by modern speculation, particularly in questions of public economy and jurisprudence.

Noch deutlicher äußerte sich Lewis über die Grenzen einer Regierung, die nach den traditionellen Regeln der Whigs von einem Netz persönlicher Beziehungen geprägt wurde. Dieser Form aristokratischer Patronage erteilte Lewis eine deutliche Absage; die „liberal principles“ sah er gerade außerhalb des Parlaments verankert und von großen Teilen der political nation, den parlamentarisch repräsentierten middle classes, getragen: Considered as a mere party combination, as resting merely on the ancient Whig connexion and the support of a few prominent and historical families, the present government stands on too narrow a basis to be able to survive the first parliamentary storm. But if we consider its position in the country, and the principles which it represents, and if we estimate the comparative value of the forces now opposed to it, the elements of its strength will be seen to be numerous and important.

Liberal verkörperte für Lewis keine Weltanschauung oder eine bildungsbürgerlich konnotierte Gesinnung, sondern einen pragmatischen Politikansatz, „a fair consideration“ neuer politischer Konzepte, nicht im Sinne politischer Unfehlbarkeit, sondern einzig als „a rational standard of judgement in questions of practical government and legislation.“ Dieses pragmatische Verständnis von liberal schloß eine universalhistorische Aufladung des Deutungsmusters aus. Nicht im Ausschluß jeglicher Kritik, sondern in der freien Diskussion und in der Bereitschaft zu dauernder Anpassung gegenüber einer sich verändernden Umwelt sah Lewis den „enlightened state of society“ am besten aufgehoben: At present if any established institution or law is impugned, if any change is proposed, the proposition may be expected to receive a fair consideration from a liberal government; and although the members of a liberal party may differ on its merits, or condemn it altogether, yet they will not shut the doors against discussion . . . Nobody but a zealot supposes that a li251

[G. C. LEWIS] State of the Nation: The Ministry and the New Parliament, in: EDINBURGH REVIEW 87 (1848), S. 138–69, hier S. 152; zur Verwendung der Bezeichnungen liberal government und liberal principles um 1847/48 vgl. ferner Industry, education, and public virtue, or Measures for a new Parliament to complete under a liberal and enlightened Government; suggested by Amor Patriae, in three letters to Lord John Russell, Prime Minister of England, London [1847], S. 7 sowie A Letter to His Grace The Duke of Bedford. By a Liberal Constitutionalist, London 1848, S. 6ff.

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VI. Neue Polaritäten und Differenzbestimmungen

beral party will always be in the right. Its characteristic is, not to be infallible in its opinions, but to admit a rational standard of judgement in questions of practical government and legislation. There is, unfortunately, no infallible standard of rectitude in political, more than in theological, matters. Neither the wisest statesmen, nor the most carefully selected popular bodies, are exempt from liability to error. But all progressive amelioration is impossible, if existing institutions are to be considered as possessing some attribute of mysterious sanctity, which is to protect them from profane criticism.252

Diesem Politikverständnis, in dem sich ein evolutionärer Reformismus in Anerkennung der ungeschriebenen Regeln der englischen Verfassung ausdrückte, sollte die Liberal party verpflichtet sein: The Liberal party in parliament . . . agrees in this, that its views are generally moderate and practical, and that it aims at no objects which, by any license of language, can be called revolutionary; it neither meditates any attacks on the vested rights of property, nor does it seek after extensive organic changes of the constitution.253

Vor dem Hintergrund des kontinentaleuropäischen Revolutionsjahres hob sich dieses Bekenntnis zu graduellen Reformen ohne revolutionäre Brüche umso deutlicher ab. Als politisches Deutungsmuster fokussierte liberal/liberalism keinen revolutionären Gegensatz zwischen Staat und Gesellschaft: Diese Bestimmungskategorie blieb dem englischen Politikdiskurs zumindest in dieser Phase fremd.254

5. Vergleich Bereits die frequenzanalytische Quantifizierung weist auf Unterschiede in der publizistischen Präsenz des Deutungsmuster in den vier untersuchten Ländern bis zur Jahrhundertmitte hin: Dabei setzte sich der in Frankreich schon für die Phase bis 1835 nachweisbare Trend auch in den 1840er Jahren fort: Libéral, libéraux und libéralisme verloren nach der Julirevolution an inhaltlicher Rele252 253

254

LEWIS, State, S. 152 f. Ebd., S. 153, vgl. zum Verfassungsbild ebd., S. 169: „While society is changing its aspect around us, the principles by which society is governed must be renovated by assiduous inspection . . . The fanaticism about political forms and the tendency to expect that good laws will be produced mechanically by a good constitution of the legislature, is greatly diminished. People have begun to see, that though some governments are nearly always bad, none are always good. There is neither a royal nor a democratic road to perpetual good government. This, however, only renders it the more necessary to use all practicable means for insuring a progressive improvement of our laws and institutions.“ Vgl. im Hinblick auf die Revolutionen des europäischen Kontinents die negative Deutung von liberalism bei GABRIEL GOODFELLOW [pseud.], The Book of Liberals: A Book for Liberals and Antiliberals; being a looking glass for the former, and an eyeglass (or spy-glass) for the latter. For private distribution only, London 1849, S. 120 ff. sowie WILLIAM BERNARD MACCABE, A true account of the Hungarian revolution; its purposes and pretences, by an American democrat. With preliminary observations, respecting the liberals abroad and the Liberal party at home, especially intended for the perusal of Roman Catholics, London 1851.

5. Vergleich

499

vanz für die politische Öffentlichkeit, eine Entwicklung, die sich auch in der Februarrevolution 1848 beobachten ließ. Dieser Befund läßt sich sowohl quantitativ (vgl. Abbildungen 3 und 4) als auch qualitativ belegen. Einerseits setzte sich die Fragmentierung der Parteibezeichnung durch die Ausbildung neuer innenpolitischer Konfliktlinien während der Julimonarchie fort. Dabei büßten libéral und libéralisme ihre noch um 1830 hohe semantische Integrationskraft zunehmend ein. Als das politische Deutungsmuster mit der Durchsetzung seiner primär konstitutionellen Forderungen in der Julirevolution seine oppositionelle Bedeutungsrichtung verlor, verstärkte sich die konservative Wendung zum regierungskonformen Ordnungsbegriff. Vor diesem Hintergrund wird die semantische Verknüpfung von libéralisme und conservateur bei François Guizot erklärbar. In dieser begrifflichen Fokussierung bildete sich das zunehmend defensive Programm der doctrinaires ab, die nach der Selbsteinschätzung Guizots für sich in Anspruch nahmen, das revolutionäre Erbe von 1789 mit Ordnung und Vernunft zu verbinden, um politische Stabilität nach innen und außen sowie wirtschaftliche Prosperität zu gewährleisten. Diese Projektion entsprach dem für Frankreich so charakteristischen Topos postrevolutionärer Erwartungen, die mit dem 18. Brumaire 1799 eingesetzt und sich 1815 und 1830 fortgesetzt hatten. In dieser Perspektive stand noch die Amalgamierung von libéral und conservateur oder doctrinaire in den 1840er Jahren in der Kontinuität der Deutungsgeschichte von 1789. Das historische Interpretationsmuster, das hinter den immer neuen Diskussionen um das „wahre“ Erbe der Revolution stand, bot den politischen Akteuren eine stets aktualisierbare Legitimationsbasis. Deren Deutungsmöglichkeiten umfaßten von den systemtranszendierenden républicains bis zu den systemdefensiven doctriniares ein denkbar weites Spektrum. Hatten libéral und libéralisme die Deutungsgeschichte der Revolution mit den offensiven und progressiven Oppositionsattributen idées libérales nach 1799 und libéralisme nach 1815 dominiert, indem diese Grundbegriffe das gesellschaftliche und konstitutionelle Erbe der Revolution in den Errungenschaften Napoleons und vor allem in der Charte symbolisierten, schwächte sich diese diskursive Funktion nach 1830 sukzessiv ab. In der Konkurrenz zu anderen Etiketten konnte sich ein umfassender programmatischer Anspruch nicht mehr entwickeln. Auf der anderen Seite verstärkte sich in den 1840er Jahren jedoch die frühsozialistische Kritik an libéralisme als bürgerliche Klassenideologie. Damit trat neben die politisch-konstitutionell geprägte positive Identifikation die polemisch-kritische Absetzung auf der Grundlage der Analyse sozialökonomischer Faktoren. Die Genese von idées libérales und libéralisme folgte aus dieser Perspektive einzig besitzbürgerlichen Interessen. Aus ihnen ergab sich auch der defensive, in der Adaption Guizots konservativ-regierungskonforme Charakter von libéralisme in den 1840er Jahren. Eine krisenhafte Verdichtung von politischen Erwartungen wie 1830 ging von libéralisme 1848 wenn überhaupt nur noch ex negativo aus, nämlich als Objekt des oppositionellen Diskurses.

500

VI. Neue Polaritäten und Differenzbestimmungen

Für Deutschland stellte die Phase von der Mitte der 1830er Jahre bis zur Revolution 1848/49 die für die historische Semantik von Liberalismus wohl wichtigste Entwicklungsphase innerhalb des Untersuchungszeitraums dar. Dabei läßt erst der Vergleich die Rekonstruktion jeweils distinkter Sattelzeiten des Deutungsmusters zu: Während libéral und libéralisme im französischen Politikdiskurs in den 1840er Jahren zumindest relativ an politisch-ideologischer Relevanz einbüßten, markierte dieser Zeitraum für Deutschland und Italien zusammen mit den frühen 1830er Jahren die eigentlich ideologische Prägephase der politischen Semantik mit neuen signifikanten Polaritäten und Differenzbestimmungen: Mit einer gegenüber Frankreich charakteristischen Phasenverschiebung von etwa zwei Jahrzehnten ging die allgemeine Politisierung der Begriffe nun in eine Ideologisierung und gesellschaftliche Polarisierung über. Partiell liefert auch die Frequenzanalyse Hinweise für die Rekonstruktion dieser Entwicklung: Insbesondere ab der Mitte der 1840er Jahre verstärkte sich die publizistische Präsenz des Deutungsmusters sowohl in Deutschland als auch in Italien (vgl. Abbildungen 5 und 6 sowie 7 und 8). Diesen Entwicklungen stehen für England weitgehend homogene Frequenzwerte in den 1830er und 1840er Jahren gegenüber, die keine Rückschlüsse auf spezifische Begriffskonjunkturen erkennen lassen (vgl. Abbildungen 9 und 10). In Deutschland reflektierten die distinkten Liberalismen des Vormärz den sich dynamisch entfaltenden politischen Meinungsmarkt. Hinter der hier zugespitzt formulierten Pluralisierung des Liberalismus-Begriffes stand die Differenzbestimmung inhaltlich und regional distinkter Deutungsmuster. Dies ist umso mehr hervorzuheben, da sich unter der Oberfläche einer seit den 1820er Jahren und insbesondere seit den Bewegungen von 1830/32 noch weithin ungebrochenen Fortschrittserwartung, die sich mit liberal und Liberalismus verband, eine latente Desintegration der semantischen Struktur abzuzeichnen begann. Die Bandbreite distinkter Liberalismen reichte dabei von der universalhistorischen und gesinnungsethischen Deutung sowie der vernunft- und naturrechtlichen Projektion im Rotteck-Welckerschen Staatslexikon bis zu stärker historisch-organischen Bestimmungsmustern und hin zu pragmatisch-interessegeleiteten Definitionen aus der Perspektive des Besitzbürgertums. Der programmatische Liberalismus-Artikel Paul Pfizers von 1840 fokussierte die bereits früher nachweisbaren Bedeutungselemente in singulärer Weise: Als Realisierung der vernünftigen Rechtsidee symbolisierte Liberalismus hier einen gewaltfrei-evolutionären Fortschritt in dezidierter Absetzung gegenüber dem Postulat sozialer Gleichheit. Dieses Programm einer rechtsgleichen Staatsbürgergesellschaft blieb aber eindeutig von den tradierten, primär bildungsbürgerlichen Wertbegriffen Bildung, Fortschritt und Vernunft bestimmt, während neue Bedeutungsaspekte wie der sozialeWandel des Vormärz weitestgehend ausgespart blieben. Die konstitutionellen Erwartungen liefen auf einen evolutionären Ausbau der parlamentarischen Partizipation hinaus, wobei die friedliche Koexistenz und Kooperation mit den Regierungen im Vordergrund stand. Der besondere Charakter dieses in den lexikalischen Quellen

5. Vergleich

501

weithin dominierenden Bestimmungsmusters lag im Nebeneinander von unterschiedlichen Bedeutungsebenen: Einerseits dominierte die Integrationserwartung, mit dem universalhistorisch legitimierten und durch das Aufklärungsparadigma weltanschaulich aufgeladenen Liberalismus alle fortschrittlichen Kräfte der Gegenwart zu verkörpern und letztlich auch die extremen Strömungen auf den Kurs des vernünftigen Fortschritts zurückzuführen. Damit korrespondierte die gesinnungsethische Dimension, in der noch einmal die vorpolitischen Konnotationen der Liberalität wirksam wurden. Im Gegensatz zu den übrigen Vergleichsfällen trat dieses Nebeneinander von geschichtsphilosophischer Universalisierung und gesinnungsethischer Individualisierung besonders deutlich hervor. Auf dem politischen Massenmarkt des Vormärz generierte dies ein spezifisches Spannungsfeld politischer Begriffsdeutung. Bei aller progressiven Forderung nach abgesicherter Partizipation in den Staatsangelegenheiten umging die im Staatslexikon faßbare Deutung von Liberalismus letztlich die Anerkennung faktischer politisch-sozialer Antagonismen, sei es zwischen Staat und Gesellschaft oder innerhalb der Opposition. Liberalismus als philosophisch aufgeladener Identifikationsbegriff verkörperte in dieser Hinsicht gerade nicht die sich abzeichnende Interessenheterogenität einer sich wandelnden Gesellschaft: Das implizit fortwirkende Ideal einer konfliktfreien societas civilis sive res publica und die Projektion der rechtsgleichen Staatsbürgergesellschaft mittlerer Existenzen trug unter der Oberfläche eines progressiv vorgetragenen Fortschrittsattentismus deutlich traditionelle Züge. Für die klein- und unterbürgerlichen Schichten der Gesellschaft ließ diese Bestimmung von Liberalismus nur die langfristige Emanzipation durch Bildungsqualifikation und Nachweis ökonomischer Unabhängigkeit zu. Die Absetzung von dieser Liberalismus-Deutung führte zu einer Pluralisierung der Definitionen, deren semantische Halbwertszeit durch den jeweils nächsten Bestimmungsversuch immer mehr verkürzt wurde. Dies zeichnete die Dynamik des vormärzlichen Politikdiskurses aus: Die von den Zeitgenossen sehr bewußt reflektierten Kontroversen um die Ismen der Gegenwart wirkten – pointiert formuliert – vor dem Hintergrund politisch blockierter Machtteilhabe kompensatorisch. Unübersehbar war aber, daß auch von diesen Formen des öffentlichen Diskurses eine Fundamentalpolitisierung ausging, ohne die die 1848/49 in so kurzer Zeit hervortretenden „modernen“ Kennzeichen der politischen Konfliktaustragung kaum zu erklären sind. Dazu zählte gerade die Differenzbestimmung ideologischer Lager anhand distinkter Parteibegriffe, die sich bereits im Vormärz abzeichnete. Denn die umfassende Integrationserwartung, die eine „parteipolitische“ Verengung von liberal und Liberalismus ausschloß, wurde in den 1840er Jahren mit der Formierung verschiedener ideologischer Lager konfrontiert, die sich, anders als noch um 1830, nicht mehr in die Kategorien von wahrem und falschem Liberalismus einordnen ließen. Die tripolare Kontur von radical-liberal-conservativ antizipierte dabei ein Spektrum ideologischer Kräfte, welches das Deutungsmonopol von liberal und Liberalismus immer mehr infragestellte. Nirgendwo wurde dies deutlicher als

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VI. Neue Polaritäten und Differenzbestimmungen

im semantischen Antagonismus und der schließlichen Trennung zwischen liberal und radical. Radicalismus verkörperte – im auffälligen Gegensatz zu radical in England – immer deutlicher einen demokratisch-egalitären Erwartungshorizont, der sich am Vorabend der Revolution im Schlagwort der sozialen Republik verdichtete, mithin eine systemtranszendierende Richtung nahm. Während Carl von Rotteck 1834 in klassisch vernunftrechtlicher Argumentation liberal und radical noch verbunden hatte, verfestigte sich bis 1848 der Gegensatz zwischen dem primär konstitutionell bestimmten Liberalismus und dem gesellschaftlichen Erwartungshorizont von Radicalismus. Die in der Revolution von 1848/49 schließlich evident werdende Scheidung beider Lager bliebe ohne diese Entwicklung im Vormärz nicht erfaßbar. Hinzu kam die latente semantische Desintegration der Semantik von liberal/Liberalismus, die sich nicht allein in der Genese der konkurrierenden Gruppenbezeichnung Constitutionelle manifestierte, sondern insbesondere auch in der Distanzierung des historisch-organisch orientierten rechten Zentrums der Frankfurter Nationalversammlung von der natur- und vernunftrechtlichen Deutung von Liberalismus in der Tradition des Staatslexikons. Die semantisch distinkten Liberalismen des Vormärz bildeten den Hintergrund für diese inhaltliche Fragmentierung und Desintegration. Wie in Frankreich zeichnete sich auch in Deutschland in den 1840er Jahren in der frühsozialistischen und kommunistischen Analyse von sozioökonomisch bedingten Interessen eine ideologiekritische Interpretation von Liberalen und Liberalismus ab. Dies ging weiter als die von Arnold Ruge intendierte Überwindung des Liberalismus in Demokratismus, die noch von einem gemeinsamen Bedeutungsursprung der Bewegungsbegriffe ausgegangen war. Bei Karl Marx und Friedrich Engels fand die Klassenanalyse ihren prägnantesten und zugleich transnationalen Ausdruck: Liberalismus verdeckte danach in seinen idealistischen Konnotationen die Klasseninteressen der bürgerlichen Gesellschaft. Aus dieser Perspektive reduzierte sich der Deutungsanspruch aller europäischen Liberalismen auf ein sozioökonomisches Interesse. Auch in Italien bildeten die 1840er Jahre eine Schwellenphase für die historische Semantik von liberalismo. Die um 1830 noch dominierende Spannung zwischen liberale und cattolico enthielt vor dem Hintergrund der Herrschaft des Papstes im Kirchenstaat neben der weltanschaulichen Konnotation zugleich eine konstitutionelle und vor allem nationalpolitische Dimension. Nur aus dieser Perspektive wird die für die 1840er Jahre so wichtige neoguelfische Projektion verständlich, die im Papsttum den Nukleus und Motor einer staatlichen Einigung der italienischen Nation erkannte und zugleich eine Versöhnung zwischen Fortschrittsidee und römisch-katholischer Tradition anstrebte. Die Differenzierung der politischen Kräfte hatte sich bereits mit den liberali cattolici seit den 1830er Jahren angekündigt. Die Stilisierung des neuen Papstes Pius IX. als principe liberale entsprach den weitgehenden konstitutionellen und nationalpolitischen Erwartungen der politischen Öffentlichkeit im Kirchenstaat und in Oberitalien. Diese verkannte indes die weiterhin bestehende Kluft

5. Vergleich

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zwischen liberalismo und cattolicismo, die nach der reaktionären Wende des Papstes 1848/49 in einen Fundamentalkonflikt zwischen der Italia liberale und der Italia cattolica mündete, der den italienischen Risorgimento nach 1850 langfristig prägen sollte. Entscheidend für die Semantik der 1840er Jahre wurde die dezidiert antirevolutionäre Semantik des liberalismo trasformatore und dessen Identifizierung mit moderato vor allem bei Cesare Balbo. Dies implizierte noch stärker als in Deutschland den nationalpolitischen Erwartungshorizont in der Wendung gegen Habsburg und die Hoffnung auf Kooperation mit und Führung durch die principi liberali, für die das Haus Savoyen und Pio nono standen. Damit ging die Absetzung vom vecchio liberalismo rivoluzionario einher, der – so das Argumentationsmuster – die Regierungen bisher förmlich an die Seite der reaktionären Macht Habsburgs getrieben habe. Die Kooperation mit den einzelstaatlichen Regierungen und, zumal bei den piemontesischen Autoren, der parlamentarische Verfassungsstaat standen hinter dem Programm der liberali moderati. Von diesen grenzten sich auf der anderen Seite die radikaldemokratischen Gruppen in der Tradition der Giovine Italia Mazzinis und dann die republikanischen Bewegungen ab, exemplarisch nachvollziehbar in der kurzlebigen römischen Republik von 1849. Die semantische Sonderentwicklung Englands gegenüber den drei kontinentaleuropäischen Vergleichsfällen setzte sich auch in den 1840er Jahren fort. Gegenüber den fragmentierten Polaritätsmustern in Frankreich und der tripolaren Struktur radical-liberal-conservativ in Deutschland und esaltati-liberali-moderati in Italien hob sich die persistente Bipolarität des englischen Politikdiskurses umso deutlicher ab. Auch wenn das historisch begründete whig/tory-Muster zumindest partiell durch radical/radicalism erweitert worden war, dominierte letztlich weiterhin ein Antagonismus von zwei Parlamentsparteien. Die entscheidende semantische Transformation der 1830er und 1840er Jahre bestand vor diesem Hintergrund in der Verdrängung von whig/tory durch liberal/conservative. Dahinter stand nicht allein ein politischer Etikettenwechsel, sondern eine strukturelle Veränderung des Parteiencharakters selbst. Die aristokratischen Konnotationen von whig und tory traten gegenüber einer middle-class Perspektive zurück, die liberals und conservatives auf den Weg moderner Massenparteien verwies. Dennoch setzten sich die neuen Attribute erst mit der nach 1850 einsetzenden Personalisierung politischer Programme durch Palmerston und dann vor allem durch Gladstone und Disraeli durch. Insofern ist der langfristige Charakter dieser Entwicklung unbedingt hervorzuheben; im Gegensatz zum dynamischen Wechsel politischer Etiketten in Frankreich blieb im englischen Politikdiskurs das Nebeneinander von whig und liberal zumindest bis zur Jahrhundertwende kennzeichnend. Gerade vor dem Hintergrund der relativen Persistenz historischer Bestimmungsmuster und der damit verbundenen spezifischen Sattelzeit des englischen Politikdiskurses fällt die Veränderung der Bedeutungsrichtung von liberal in den 1840er Jahren umso mehr ins Gewicht. Denn im Gegensatz zu den

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VI. Neue Polaritäten und Differenzbestimmungen

Konnotationen der übrigen Vergleichsländer läßt sich allein für England in der inhaltlichen Verbindung von Freihandelsidee und liberal/liberalism ein dezidiert wirtschaftspolitischer Bedeutungsaspekt nachweisen. Die Amalgamierung von repealer und liberal im Kontext der anti corn law-Bewegung der 1840er Jahre ließ die whiggistischen Bestimmungsmuster von liberal immer mehr als anachronistische Position erscheinen. Das liberal system of government, das die Edinburgh Review 1848 hervorhob, bekräftigte zwar das Erbe der whigs, historisierte aber zugleich die Rolle der old whig party. Der Bedeutungszusammenhang von whig und liberal bildete zwar kein zukunftsweisendes Programm mehr wie noch in den 1820er Jahren, aber wurde umso mehr zum Bestandteil der whig interpretation of history. In ihr zeichnete sich eine eigene semantische invention of tradition (Hobsbawm/Ranger) ab, denn in der historisierenden Vereinnahmung von liberalism als nationale Tradition Englands verdichtete sich eine primär stilisierte, eben erfundene Kontinuität: Die komparative historische Semantik zeigt, daß liberal/liberalism in England im Gegensatz zu den kontinentaleuropäischen Vergleichsfällen besonders spät und nur unter spezifischen Bedingungen Eingang in den Politikdiskurs fand, wobei zumal dem Bewegungsbegriff für lange Zeit das Stigma des kontinentaleuropäischen Revolutionsetiketts anhing. Die semantische Traditionsstiftung beruhte demgegenüber auf der Kopplung des neuen Attributs liberalism an das historische Selbstverständnis der whigs. Daher relativiert sich die Betonung von liberalism als historisch begründeter nationaler Identifikationsbegriff nach 1850: Aus der Perspektive der historischen Semantik stellte liberalism vor dem Hintergrund der bis in das 17. Jahrhundert zurückreichenden Sattelzeit Englands eine begrifflich eher junge Traditionsstiftung dar. In keinem der vier untersuchten Länder – zumindest hier ist vor dem Hintergrund des europäischen Revolutionsjahres 1848/49 eine spezifische Konvergenz erkennbar – konnotierte Liberalismus ein revolutionär-systemtranszendierendes Konzept. Sein Gehalt lief auf dem Kontinent primär auf konstitutionell-evolutionäre und nationalpolitische Erwartungen oder eine ausgesprochen systemdefensive, ja „konservative“ Semantik hinaus. Ein progressiver Bedeutungsaspekt manifestierte sich noch am ehesten in England im Hinblick auf die Transzendierung der old whig party im liberal system of government, zumal dies auch dezidiert wirtschaftspolitische Aspekte umfaßte.

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VII. Die zweite Jahrhunderthälfte im Ausblick Im Sinne einer diachronen Längsschnittanalyse soll abschließend auch die historische Semantik des Deutungsmusters liberal/Liberalismus in der zweiten Jahrhunderthälfte zumindest in einigen zentralen Entwicklungen skizziert werden. Diese Thematik, die allein schon aufgrund der für die Phase nach 1850 ermittelten begriffsgeschichtlich relevanten Quellen für alle vier Vergleichsfälle eine eigene ausführliche Untersuchung verdiente, läßt sich hier aber nur noch kursorisch und in Konzentration auf einzelne Aspekte andeuten. Jeder Versuch, eine statische Begrenzung der Bedeutungsgeschichte von liberal/Liberalismus im europäischen Kontext zu postulieren, würde den eingangs dargelegten methodischen und hermeneutischen Prämissen dieser Arbeit zuwiderlaufen. Die folgenden Untersuchungen sollen vor diesem Hintergrund aber mindestens der kritischen Überprüfung des eingangs referierten, ursprünglich von Reinhart Koselleck für die Geschichtlichen Grundbegriffe entwickelten Sattelzeit-Konzepts dienen, das grob den Zeitraum 1750 bis 1850 umfaßt.1

1. Zwischen Empire libéral und libéralisme conservateur: Die Fortsetzung der semantischen Desintegration des Deutungsmusters in Frankreich Nach der Jahrhundertmitte erlebten libéral/libéralisme, deren publizistische Frequenz und semantische Relevanz im französischen Politikdiskurs der 1840er Jahre deutlich reduziert worden war, zumindest eine partielle Revitalisierung in den 1860er Jahren (vgl. Abbildung 4).2 Sie vollzog sich vor dem Hin-

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Vgl. Kapitel I.2.b) und I.3.c). Vgl. die wichtigen lexikalischen Bestimmungen: MAURICE LA CHATRE, Le dictionnaire universel. Panthéon historique, littéraire, et encyclopédique illustrée, Bd. 2, Paris 1854, S. 320; [WILLIAM DUCKETT] Dictionnaire de la conversation et de la lecture. Inventaire raisonné des notions générales les plus indispensables à tous. Par une société de savants et des gens de lettres sous la direction de M. W. Duckett, Bd. 12, 2. Aufl. Paris 1856, S. 296; DE POTTER, Dictionnaire rationnel des mots les plus usités en sciences, en philosophie, en politique, en morale et en religion avec leur signification déterminée et leur rapport aux questions d’ordre social, Brüssel 1859, S. 181; die ausführlichste Bestimmung findet sich bei [MAURICE BLOCK] Dictionnaire général de la politique par M. Block avec la collaboration d’hommes d’état, de publicistes et d’écrivains de tous les pays, Bd. 2, Paris 1867, S. 185–9; vgl. ferner É. LITTRÉ, Dictionnaire de la Langue Française, Bd. 2/1, Paris 1869, S. 293; [MARCELIN BARDONNAUT] Petit dictionnaire politique et social des mots les plus usités dans la littérature religieuse, morale et politique, Bd. 1, Paris 1872, S. 336 ff.; PIERRE LAROUSSE, Dictionnaire universel du XIXe siècle, Bd. 10, Paris 1873, S. 465 f.; MARCELIN BERTHELOT, La grande encyclopédie. Inventaire raisonné des sciences, des lettres et des arts. Par une société de savants et de gens de let-

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VII. Die zweite Jahrhunderthälfte im Ausblick

tergrund der konstitutionellen Transformation des politischen Systems Napoleons III. und enthielt im Sinne einer diskursiven Herrschaftspropaganda zahlreiche Rekurse auf die idées libérales Napoleons I. Diese Entwicklung verdichtete sich am Ende der 1860er Jahre und vor allem nach dem Ausgang der Wahlen von 1869 im Schlagwort des Empire libéral.3 Damit verband sich primär eine konstitutionelle Fortentwicklung des bonapartistischen Kaiserreichs mit seinen pseudoplebiszitären Elementen zu einem parlamentarischen Verfassungsstaat. Nach dem Wahlausgang von 1869 hob Napoleon III. in seiner Thronansprache vom November 1869 den konstitutionellen Wandel des politischen Systems hervor: „plus nous élargissons les voies libérales, plus nous sommes résolus à maintenir intacts, au-dessus de toutes les violences, les intérêts de la sociétés et les principes de la Constitution“.4 In der Diskussion um das Empire libéral hielt es É. de Maupas für „logique pour ceux qui y ont participé [i. e. am 2. Dezember 1852], que de demander aujourd’hui au pouvoir de suivre le pays dans ses aspirations libérales, mais à la condition de ne point oublier le passé“.5 Vor diesem Hintergrund wurden die Attribute constitutionnel und parlementaire dem Empire libéral zugeordnet, um es damit zum Symbol zeitgemäßer politischer Prinzipien zu stilisieren. Insbesondere für Émile Ollivier trug libéral zur Bestimmung der eigenen Position bei.6 Die konstitutionelle Entwicklungsfähigkeit des Empire libéral war dabei nur ein anderer Ausdruck für die vermeintliche Identität von allgemeiner Fortschrittsidee und monarchi-

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tres, Bd. 22, Paris [1885], S. 172 f. sowie ferner J. H. SERMENT, Le Libéralisme, ses principes, son but, Paris 1860. Vgl. LOUIS COUTURE, Du bonapartisme dans l’histoire de France, ou des conditions nouvelles de l’autorité politique. Première partie, Paris 1852 sowie EDW.-M. WARMINGTON, Qu’est-ce que le bonapartisme? Le salut de la France, Paris 1852; vgl. im folgenden DUBOIS, S. 76 und 331–3 sowie ALAIN PLESSIS, The Rise & Fall of the Second Empire 1852–1871 (französisch 1979), Cambridge 1987, S. 165 ff. Discours du trône, November 1869, in: Annales parlementaires. Annales du Sénat et du Corps législatif, suivies d’une table alphabétique et analytique, Bd. 5, Paris 1869, S. 3; vgl. C. DE SENNEVAL, Napoléon III et la France libérale, 2. Aufl. Paris 1861 sowie Napoléon III et la Liberté, Paris 1863; vgl. ferner [V. VIDAL] L’Opposition libérale en 1863, Paris 1863; ERNEST DUVERGIER DE HAURANNE, La coalition libérale, Paris 1869; HENRI GALOS, Le gouvernement libéral en France. Extrait de la Revue des Deux Mondes, livraison du 1er septembre 1869, Paris 1869; FRÉDÉRIC HERRENSCHNEIDER, Les principes, les partis, les Napoléons. Ouvrage dédié au Sénat et au corps législatif, Paris 1868; LOUIS DE LAVALETTE, Programme libéral, Paris 1869; THIBAULT-LEFEBVRE, Adhésion à l’empire libéral, Paris 1870 sowie [MICHAUD] Les élections libérales et le triomphe simulé des journaux officieux, Chambéry [1869]. Rede É. de Maupas’, 5. Februar 1869, in: Annales parlementaires. Annales du Sénat, Bd. 1, S. 46. Vgl. Rede Émile Olliviers, 4. April 1870, in: Annales parlementaires. Annales du Corps législatif, Bd. 3, S. 309: „Qui donc s’élèvera contre ce gouvernement démocratique, libéral, progressif?“ sowie Rede am 20. April 1870, in: Annales parlementaires. Annales du Sénat, Bd. 3, S. 186: „après la victoire, le Gouvernement de l’Empereur restera ce qu’il avait été avant, libéral, progressif, accessible“; vgl. ferner ÉMILE OLLIVIER, Démocratie et liberté (1861–1867), Paris 1867.

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scher Tradition: „L’Empire, avant même d’être parlementaire et libéral, était progressif“.7 Auch dies entsprach noch einmal der für den französischen Politikdiskurs so charakteristischen postrevolutionären Projektion von Stabilität und Fortschritt, wie dies zuletzt in der semantischen Kopplung von libéral und conservateur bei François Guizot in den 1840er Jahren deutlich geworden war. Die konservativ-defensive Bedeutungsrichtung von libéral und libéralisme, die auch im konstitutionell-progressiven Erwartungshorizont des Empire libéral enthalten war, setzte sich hier fort. Die Zeitgenossen deuteten das Empire libéral entsprechend im Sinne einer konstitutionellen Prophylaxe gegen die Bedrohungen einer politischen oder gesellschaftlichen Revolution, als „Empire libéral, constitutionnel, parlementaire, que la France veut conserver parce que . . . elle le considère comme un rempart, comme une muraille infranchissable contre l’inconnu qui porte dans ses flancs la révolution“.8 Für de Maupas markierte das Empire libéral den positiven Gegenpol zum Empire autoritaire, als er im Januar 1870 im Senat ausführte: „Le jour, en effet, où nous aurons définitivement arrêté la formule complète de l’Empire libéral, aussi fermement que nous avions, en 1852, arrêté la formule de l’Empire autoritaire“. Seine Hoffnungen beruhten auf der Einsicht Napoleons III., die in den Wahlen zum Ausdruck gekommenen Forderungen des Volkes anzuerkennen, mit den „institutions libérales“ einen parlamentarischen Verfassungsstaat zu schaffen, der insbesondere Wahlmanipulationen im System der candidatures officielles ausschließen sollte: „le pouvoir a compris que l’aspiration vraie du pays c’étaient les institutions libérales“.9 Die Einschätzungen des mit dem Empire libéral verbundenen evolutionären Systemwechsels blieben indes ambivalent: Befürworter wie Kritiker konnten sich bei der Bestimmung ihrer entgegengesetzten Positionen auf libéral beziehen. Für E. Larabit stand fest, daß „Le gouvernement, tel qu’il est organisé par notre Constitution, déclarée d’ailleurs perfectible, est assurément très libéral“, während A. Arnould im Dezember 1869 gegenüber dem Optimismus der Verfechter des Empire libéral hervorhob, daß Frankreich längst erkenne, „que cette fameuse transformation de l’empire autoritaire en gouvernement libéral, n’est qu’une intrigue“.10 Gerade aus dem Rekurs auf libéralisme bei den Kritikern Napoleons III. sprach häufig das Mißtrauen gegenüber den 1869 angekündigten Reformen: „L’Empereur, dans son ultra-libéralisme, ouvre l’ère des libertés

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Rede A. de La Guéronnières, 18. April 1870, in: Annales parlementaires. Annales du Sénat, Bd. 3, S. 128. Rede Zorn de Burlachs, 22. Juni 1870, in: Annales parlementaires. Annales du Sénat, Bd. 5, S. 83. Rede É. de Maupas’, 15. Januar 1870, in: Annales parlementaires. Annales du Sénat, Bd. 1, S. 239 f. Rede E. Larabits, 5. Februar 1869, in: Annales parlementaires. Annales du Sénat, Bd. 1, S. 54 sowie ARTHUR ARNOULD, Une campagne à La Marseillaise. Préface de H. ROCHEFORT, Paris 1870, S. 20.

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VII. Die zweite Jahrhunderthälfte im Ausblick

que personne, parmi ses amis, ne lui demandait, auxquelles personne ne pensait“.11 Diese ganz gegensätzlichen Rekurse dokumentieren eine weitere semantische Desintegration des Deutungsmusters, die in langfristiger Perspektive bereits in der 1830er Jahren eingesetzt hatte.12 Annähernd alle politischen Gruppierungen verstanden sich im allgemeinen Sinne als libéraux, was die Gruppenbezeichnung jeder spezifischen Richtungs- und Orientierungsfunktion beraubte: So wie die républicains sich weiterhin als eigentliche Verfechter der liberté begriffen, nahmen auch die Monarchisten von 1869 und die modérés von 1871 für sich in Anspruch, die einzig berufenen Verteidiger und Repräsentanten des nationalen Identifikationsbegriffes liberté zu sein.13 Eine verbindliche, klar abgrenzende ideologische Trennlinie war von der allgemeinen politischen Bezeichnung libéraux nicht mehr zu erwarten. Eine konkretere Bedeutungsrichtung entwickelte sich indes mit der Diskussion um das Empire libéral, indem der parti libéral als parlamentarische Gruppenbezeichnung um 1869 alle Anhänger der konsequenten Reform des Kaiserreichs zusammenfaßte, was sowohl monarchistes als auch républicains einschloß.14 Ihr programmatisches Ziel charakterisierten die Anhänger zumal durch den Rückgriff auf die „institutions libérales“, die eine gerechte politische Partizipation ohne Wahlmanipulationen garantieren sollten. Ganz in der Tradition des libéralisme conservateur Guizots ließen sich die Gemeinsamkeiten von parti libéral und parti conservateur hervorheben: „Le jour où nous aurons créé ce terrain ferme et solide . . . soyez convaincus que nous aurons reformé dans ce pays ce faisceau précieux entre le grand parti conservateur et le grand parti sagement libéral“.15 1870 unterstützte dieser „parti libéral“ entsprechend das „ministère libéral“ Émile Olliviers. Auch die Gründung der Union libérale als organisatorische Basis zur Mobilisierung von Anhängern der eigenen Reformpolitik fiel in diesen Kontext.16 Für die überzeugten républicains stellte die 11 12 13

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ÉVARISTE BAVOUX, Du principe d’autorité et du parlementarisme, Paris 1869, S. 3. Vgl. Kapitel V.1.c). Vgl. DUBOIS, S. 76. Eine Äußerung von Adolphe Thiers vom September 1871 dokumentiert, wie selbstverständlich gerade die parlamentarische Linke die Verteidigung der cause libérale für sich in Anspruch nahm: „Beaucoup de mes collègues de la gauche étaient convaincus qu’on n’obtiendrait rien de sérieux, et se refusaient à tout rapprochement qui, suivant eux, les compromettrait sans servir la cause libérale.“, Rede Adolphe Thiers’, 17. September 1871, in: Annales parlementaires. Enquête sur les actes du gouvernement de la Défense nationale. Rapports de la commission, Bd. 25, Paris 1871, S. 6. Vgl. zum Begriff des parti libéral EDOUARD LABOULAYE, Le Parti libéral, son programme et son avenir, Paris 1863; [AUGUSTE POUGNET] Le Parti Libéral en 1870, Paris 1870 sowie MAURICE DE FOBLANT, L’union libérale. Extrait du Correspondant, 10 févr. 1869, Nancy 1869, S. 6: „Monarchiste ou républicain, on est du parti libéral si on veut ‚d’abord‘ la liberté; on n’en est point sans cela.“ Vgl. Rede É. de Maupas’, 15. Januar 1870, in: Annales parlementaires. Annales du Sénat, Bd. 1, S. 238 f. Vgl. Mon Programme. Par un électeur nantais démocrate, anticommuniste, antisocia-

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Union libérale indes nur eine geschickte Verschleierung der wahren Interessen des Besitzbürgertums dar; entsprechend disqualifizierten sie deren Anhänger als „libérâtres“ und „libéroufles“.17 Mit dem Ende des Kaiserreichs büßte das Deutungsmuster libéral/libéralisme zunächst seinen unmittelbaren politischen Erwartungshorizont ein, denn der republikanische Systemwechsel machte eine Konstitutionalisierung des Empire libéral überflüssig. Diese neuerliche Zäsur beschleunigte die semantische Desintegration von libéral. Die Zeitschrift L’Horizon identifizierte das Attribut mit „monarchiste“, während E. Caro es in die Nähe von „révolutionnaire“ einordnete.18 Als antonymische Gegenbegriffe fungierten „absolu“, „absolutiste“, „conservateur“ oder „réaction“, als verwandte Attribute „démocrate“ oder „progressif“.19 Die ideologische Aushöhlung der politischen Semantik ergab sich nicht zuletzt aus der Tatsache, daß libéral auch in ideologisch

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liste, antiautoritaire, Nantes [1869], S. 20: „Le parti libéral se renferme un peu trop dans l’étude de la politique pure, pendant que le parti démocratique se confine dans l’étude d’une fausse économie sociale.“; vgl. ferner HENRY DE VALORI, L’Union libérale quand même, Paris 1868. THÉODORE BUDAILLE, La Révolution. Les réactionnaires et l’inconnu, Paris 1869, S. 8: „Au silence donc, libéraux et libérâtres, ne cherchez plus à nous ‚anglomaniser‘“; vgl. kritisch J. BUZON, Abstention ou vote par bulletin blanc. Féderaux et socialistes, Bordeaux 1869, S. 11: „interpellé sur notre chemin par un libérâtre décoré de l’empire, de plus magistrat consulaire, de plus opposant des circonscriptions électorales, sur notre ligne politique, nous répondons: Abstention.“; vgl. ferner A.-S. MORIN, Les Hébertistes modernes, Paris 1870, S. 27, der den Begriff der katholischen Kritik zuschreibt: „Quelques tribuns nous appliquent l’épithête de ‚libérâtres‘. Ce mot fait partie du vocabulaire de M. Veuillot. Il a été inventé par ce pamphlétaire catholique pour désigner les faux libéraux qui parlent sans cesse de liberté, mais qui veulent l’accaparer pour euxmêmes.“ sowie LA LIBRE PENSÉE, 2. Juni 1870, S. 3: „Grand émoi dans le Landernau libéroufle.“ Vgl. L’HORIZON, 8. Februar 1871, S. 4: „c’est sous Charles X que ce mot [i. e. libéral] pouvait encore servir à déshonorer le parti avancé – non conservateur. Républicain libéral ressemble à républicain monarchique, et là j’avoue que je ne vois point clair.“; E. CARO, La République et les républicains, in: REVUE DES DEUX MONDES 93, 1. Juni 1871, S. 516–47, hier 522: „L’autre partie de la nation, plus révolutionnaire que vraiment libérale, bien qu’elle prenne souvent ce nom.“ Vgl. GUSTAVE LEFRANÇAIS, Étude sur le mouvement communaliste, à Paris, en 1871, Neufchâtel 1871, S. 39: „Qu’ils se disent monarchistes ou républicains, qu’ils soient absolus ou libéraux“; JULES AMIGUES, La politique d’un honnête homme, Paris 1869, S. 133: „Il y a des républicains libéraux, des républicains absolutistes“; Rede É. de Maupas’, 5. Februar 1869, in: Annales parlementaires. Annales du Sénat, Bd. 1, S. 45: „Ici, messieurs, deux voies sont évidemment ouvertes. Sera-ce, il faut dire le mot, sera-ce dans la réaction? Sera-ce, au contraire, dans une diversion d’un ordre libéral qu’on devra s’engager?“; Rede E. Pinards, 21. Februar 1870, in: Annales parlementaires. Annales du Sénat, Bd. 2, S. 355: „il y a des démocrates qui sont très autoritaires, il y a aussi des libéraux qui ne sont nullement égalitaires“ sowie Rede A. Quentin-Baucharts, 1. September 1869, in: ebd., Bd. 4, S. 34: „c’est pour cela seulement que le sénatus-consulte a été créé; tous les esprits sages, progressifs, vraiment libéraux, devraient y trouver la satisfaction à laquelle ils s’attendaient.“; vgl. ferner Gambettas Rede, 29. März 1870, in: Annales parlementaires. Annales du Corps législatif, Bd. 3, S. 225.

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entgegengesetzten Komposita eingesetzt werden konnte. So hatte E. Pinard 1870 das „élément conservateur“ noch dem „élément libéral“ entgegenstellen können und für die eigene Gegenwart zwei Parteien unterschieden: „Deux partis existeront toujours: le parti conservateur et le parti libéral; ils sont dans la nature des choses, parce qu’ils sont dans la nature humaine“.20 Aber nach 1871 tauchten in der politischen Publizistik auch die Parteinamen „conservateurs libéraux“ und „parti conservateur libéral“ auf, und der eindeutig monarchisch konnotierte Begriff „parti libéral dynastique“ stand neben Adolphe Thiers’ programmatischem Bekenntnis zu den „libéraux constitutionnels“, mit denen er auch nach dem Sturz Napoleons III. das Ziel einer konstitutionell reformierten Monarchie avisierte.21 Auf der anderen Seite identifizierte Zola den „esprit libéral“ 1871 eindeutig mit republikanischen Werten.22 Zum Bedeutungsverlust trug schließlich auch das kritische Bestimmungsmuster bei: Während in der politischen Publizistik um 1869 die Unterscheidung zwischen libéral und ultra-libéral gängig war,23 nahmen nach 1871 die kritischen und polemischen Absetzungen gegenüber libéral deutlich zu. E. de Goncourts Äußerung vom Mai 1871 belegt vor diesem Hintergrund die weitverbreitete Abwendung von libéral, hinter der primär die Abgrenzung gegenüber einer konservativ-defensiven Bestimmung stand : „Du groupe se détachent trois marins dont l’un dit à ses camarades: Merde pour les discours ‚libéraliques‘!“24 Die Widersprüchlichkeit der hier aufgezeigten Rekursmöglichkeiten ließe sich fortsetzen; eine auch nur annähernd verbindliche Richtungsfunktion konnte das Etikett libéral nicht mehr erfüllen. Charakteristisch erschien eher eine Bedeutungsfragmentierung, 20

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Rede E. Pinards, 21. Februar 1870, in: Annales parlementaires. Annales du Corps législatif, Bd. 2, S. 355: „l’élément conservateur qui accepte la liberté et la régularise; l’élément libéral qui prend sans cesse l’initiative.“, vgl. ebd., S. 357. Vgl. CARO, S. 517: „celui des conservateurs libéraux qui reléguait au second plan la question de la forme du gouvernement“ sowie Léon Gambettas Rede auf dem Banquet de Saint-Quentin, 16. November 1871, in: LÉON GAMBETTA, Discours et plaidoyers politiques, hrsg. von J. REINACH, Bd. 2: 19. Februar 1871 – 24. Juli 1872, Paris 1885, S. 187: „Quant à ceux qui se disent des conservateurs libéraux, ceux-là n’ont pas d’idéal, ni en avant, ni en arrière.“; Les conservateurs libéraux. Extrait du Correspondant du 25 mai, Paris 1872 sowie Quatre lettres d’un conservateur libéral à un républicain libéral et conservateur aussi, Paris 1873; LE TOCSIN. Journal hebdomadaire, Nr. 2, 15. Mai 1869, S. 2, wo dieser Begriff im Gegensatz zum manipulativen Wahlsystem des Kaiserreichs gebraucht wurde: „[Le Constitutionnel] se déclarant désormais l’organe de je ne sais quel parti libéral dynastique qui semble vouloir se distinguer des autres par sa ferme résolution de combattre les candidatures officielles.“ sowie Annales parlementaires. Annales de l’Assemblée nationale. Annexes: Enquête sur les actes du gouvernement de la Défense nationale. Dépositions des témoins, Bd. 25, Paris 1871, S. 5: „[des] libéraux constitutionnels, partisans d’une monarchie fortement libérale.“ ÉMILE ZOLA, Les Rougon Macquart. La Fortune des Rougon, Paris 1871, S. 120. Vgl. JULES SIMON, La Politique radicale. Préface, Paris 1868, S. 1: „les ultra-libéraux qui mettent la liberté au-dessus de tout, prennent également, et avec une égale raison, le titre de radicaux.“ EDMOND und JULES DE GONCOURT, Journal. Mémoires de la vie littéraire (1871). Texte intégral établi et annoté par R. RICATTE, Bd. 9, Monaco 1956, S. 226.

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so daß annähernd alle politischen Gruppierungen den Begriff für sich vereinnahmen konnten, um der Eigenbezeichnung eine positiv klingende Nuance hinzuzufügen. Dennoch ist im Überblick über die semantische Struktur des Deutungsmusters die systemdefensive und regierungskonforme Bestimmung von libéralisme, die sich im Verlauf der 1840er Jahre in der programmatischen Verbindung von libéral, conservateur und doctrinaire bei Guizot entwickelt hatte, gegenüber oppositionellen oder systemtranszendierenden Deutungen zu betonen.25 Diese konservative Konnotation überlebte langfristig auch den Sturz des Empire: Aus der Perspektive der Anhänger der Union libérale von E. Wiart fokussierte dieser Begriff 1870 alle konstitutionellen Reformziele, durch die man ein Empire libéral zu verwirklichen hoffte: „Un grand effort se fait en ce moment pour réunir une majorité consistante dans une œuvre de progrès pacifique, de libéralisme conservateur“.26 Aus der Perspektive der Reformpolitiker um Ollivier und Wiart verkörperte der libéralisme conservateur die evolutionäre und graduelle Transformation des Kaiserreichs in einen parlamentarischen Verfassungsstaat. Empire libéral und libéralisme conservateur verbanden dabei den konstitutionellen Reformgehalt mit der nationalen Kontinuität: Der senatus consultum vom 20. April 1870, der den Übergang zu einem parlamentarischen System markierte, sprach ausdrücklich vom Bekenntnis zu den Prinzipien von 1789, ließ aber in Artikel 13 auch den plebiszitären Appell des Kaisers an die Nation zu.27 Mit dem Untergang des Kaiserreichs und dem Systemwechsel fiel diese konkrete Projektion zunächst fort. Dennoch blieb die Formel vom libéralisme conservateur auch unter den völlig veränderten Bedingungen von 1871 erhalten. Es war nunmehr Adolphe Thiers, der sich in einer Rede vom September 1871 in der Nationalversammlung auf diesen Begriff berief: „Mais nous voulons être représentés par quelqu’un de notre nuance, par quelqu’un qui appartienne au libéralisme conservateur“.28 Vor dem Hintergrund der Niederschlagung des Kommune-Aufstandes und der semaine sanglante vom Mai 1871 gewann Thiers’ Rekurs auf den Begriff über die regierungskonforme und systemstabilisierende eine regelrecht repressive Deutungsrichtung. Mit der schrittweisen Aushöhlung der politisch-semantischen Valenz des Deutungsmusters gingen sowohl die katholische Kritik als auch die antiklerikale Konnotation von libéral und libéralisme einher, die sich im Gegensatz zur Dissoziation der im engeren Sinne politischen Semantik weiterhin erhielten. Im Roman Madame Gervaisais von Edmond de Goncourt trat diese Bedeutung in der Charakterisierung eines der Protagonisten besonders klar hervor: „Ce mé25 26 27

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Vgl. Kapitel VI.1.b). E. WIART, L’Union libérale et les partis, Paris 1870, S. 11. Vgl. LÉON DE PONCINS, Les cahiers de 89, ou les vrais principes liberaux, Paris 1866 sowie CH. DE RÉMUSAT, Politique Libérale, ou fragments pour servir à la défence de la Révolution Française, Paris 1860; vgl. ferner PLESSIS, S. 166. Rede Adolphe Thiers’, 17. September 1871, in: Annales parlementaires. Annexes, Enquête, Bd. 25, S. 6.

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decin était le fameux docteur des étrangers . . ., le libéral, le député révolutionnaire de 48“.29 Diese Charakterisierung enthielt neben der antiklerikalen und skeptischen Einschätzung der Religion auch deutliche Bezüge zur politischen Sozialisation, die ohne die Erfahrung von 1848 undenkbar war. Die Verbreitung genuin antiklerikaler Tendenzen und der Stellenwert antiklerikaler Polemik in der Publizistik seit etwa 1869 verlieh dieser Konnotation ein umso größeres Gewicht. Deutlich wurde dies in der semantischen Verbindung zwischen libéral und libre pensée oder libre penseur.30 Auch in der Semantik des Bewegungsbegriffes libéralisme trat eine Desintegration ein, die die Vereinnahmung und Universalisierung des Begriffs ermöglichte, aus der die zunehmende Unschärfe seines politischen Gehalts resultierte. Im Hinblick auf die politische Programmatik variierten die Bestimmungsversuche entsprechend dem breiten Spektrum der Verwendungen: Für den Abgeordneten Pelletier stellte libéralisme primär den historischen Gegensatz zu despotisme dar, wenn er von Österreich als „cette nation“ sprach, „attardée sur le chemin du libéralisme, attardée jusqu’à la défaite de Solférino, qui l’a émancipée du despostisme“.31 Für J. Vallès markierte der Begriff nach dem Sturz des Empire deutlich konkreter die politische Position der gemäßigten républicains und der Anhänger der Union libérale: „M. Thiers le sait bien, lui, qui dut s’enfuir devant le Peuple, dans la nuit de février – il venait sur l’âne blanc du libéralisme“.32 Diese republikanische Deutung von libéralisme im Gegensatz zum Empire dominierte auch die Bedeutungsbestimmung, nach der das System Napoleons „écrase le libéralisme et la République sous le vote des paysans“.33 Aber das semantische Spektrum des Bewegungsbegriffes war erheblich breiter, als es diese republikanischen Interpretationen andeuteten. Bereits 1869 hatte E. Fournier auf die schlagwortartige Verbreitung politischer Begriffe hingewiesen, die durch diese Universalisierung aber zugleich an konkreter Aussagekraft verloren. Wo libéralisme nur noch ein jederzeit verwendbares allgemeines Attribut war, reduzierte sich seine ideologische Relevanz auf unverbindliche Konnotationen von Fortschritt und Freiheit, die konservativ oder progressiv zu deuten waren. Im konkreten Verwendungskontext verbargen sich hinter der Universalisierung solcher Wertbegriffe mithin ganz heterogene Positionen: „Qui n’a à la bouche aujourd’hui les mots de ‚liberté, indépendance, libéralisme, 29

30 31 32 33

EDMOND DE GONCOURT, Madame Gervaisais (1869), Paris 1949, S. 64; vgl. MARQUIS DE JOUFFROY, Dictionnaire des erreurs sociales, ou recueil de tous les systèmes qui ont troublé la société depuis l’etablissement du christianisme jusqu’à nos jours. Nouvelle Encyclopédie théologique, ou nouvelle série de dictionnaires sur toutes les parties de la science religieuse. Publiée par M. l’abbé MIGNE, Bd. 19, Paris 1852, S. 1148 f. und in langfristiger Perspektive CAULY, Libéralisme et modernisme, Paris 1911. Vgl. DUBOIS, S. 76. Rede E. Pelletiers, 6. April 1870, in: Annales parlementaires. Annales du Corps législatif, Bd. 3, S. 330. LE CRI DU PEUPLE, 24. Februar 1871, S. 40. CHARLES VIRMAITRE, La Commune à Paris en 1871, Paris 1871, S. 239.

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progrès‘?“34 Der negative historische Topos von libéralisme als Ausdruck einer revolutionären Gefährdung blieb dabei virulent. Zumal nach dem Systemwechsel fand die Angst vor einer drohenden sozialen Revolution, konkretisiert im Pariser Kommuneaufstand vom März 1871, im Rekurs auf libéralisme ihren Ausdruck: „La jeunesse des écoles affichera des marques de libéralisme, ce nouveau Protée qui prend le masque du patriotisme pour nous conduire à une désorganisation sociale“.35 Aus dem Gegensatz zwischen freihändlerischen und protektionistischen Positionen zwischen 1869 und 1870 ergab sich eine neue Bedeutung: Wie in Deutschland und im Vergleich zu England erheblich später wurden erst jetzt wirtschaftspolitische Fragestellungen für die Semantik von libéralisme stärker wirksam. So sprach der Abgeordnete Mettetal im Parlament vom „soi-disant libéralisme industriel et économique qui devait détacher la masse populaire des agitateurs politiques“.36 Aber auch für die Stigmatisierung der langfristigen Folgen der Revolution von 1848 ließ sich der Bewegungsbegriff vereinnahmen. Zur Kennzeichnung eines politisch-gesellschaftlichen Erwartungshorizonts mit anarchisch-utopischen Zügen diente in diesem Sinne der „libéralisme progressiste“, der für einen kritischen Publizisten nichts anderes als die Fortsetzung der radikalen sozialen Revolution von 1848 darstellte: „48 a passé sur la France comme un ouragan; il devait nous gratifier d’une charte empreinte d’un libéralisme progressiste: communauté de femmes, partage des biens, nivellement de toutes les classes“.37 Aus der Sicht des Kritikers beinhaltete der „libéralisme progressiste“ die letzte Übersteigerung einer egalitären Gesellschaftsutopie, die noch in der Tradition von 1848 stand. Nicht zu übersehen ist in den letzten Beispielen die Stellung des Bewegungsbegriffes libéralisme in zusammengesetzten Formulierungen. Dies dokumentierte, daß von libéralisme allein keine ausreichende programmatisch Orientierung mehr ausging. Nur durch die Erweiterung der Ausdrücke um Adjektive wie industriel oder progressiste, von denen in den aufgezeigten Fällen die eigentliche semantische Bestimmung ausging, ließ sich innerhalb des politischen Diskurses noch eine Richtung angeben. Der Bewegungsbegriff wurde innerhalb des politischen Diskurses damit zu einem Bedeutungsträger, dessen ideologisch auch entgegengesetzte Inhalte jedenfalls einer zusätzlichen Nuancierung durch ein Adjektiv bedurften. Hier wurde insofern deutlich, wie weit der semantische Entideologisierungsprozeß des Deutungsmusters nach 1850 vorangeschritten war. Dies ging mit einer Universalisierung der Rekursmöglichkeiten einher, nachdem das Bedeutungsspektrum von libéralisme so breit und zugleich unbestimmt geworden war. Die semantische Halbwertszeit des Bewe34 35 36 37

ERNEST FOURNIER, Les réformes nécessaires, Paris 1869, S. 85. LA PATRIE EN DEUIL, Nr. 2, März 1871, S. 2. Rede F. Mettetals, in: Annales parlementaires. Annales de l’Assemblée nationale, Bd. 9, S. 497. La Politique du bon sens, Tours 1871, S. 24.

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gungsbegriffes hatte sich so weitgehend verkürzt, daß die konkrete Bedeutung kaum mehr über den aktuellen Textzusammenhang hinausreichte: Bereits die nächste Konkretisierung konnte mit völlig entgegengesetzten Bedeutungsaspekten operieren.

2. Realpolitik, Regierungsfähigkeit und Krisenerfahrung: Von der semantischen Deplazierung zur Diffamierung von Liberalismus in Deutschland Die Erfahrung der Revolution von 1848/49 zwang die deutschen Liberalen des Nachmärz zu Bilanzierung und Neuorientierung, in denen sich die ungelösten Probleme und Herausforderungen als Erbe der Revolution niederschlugen. Ein politisch-semantisches Zeichen für diesen Umbruch wurde die Bezeichnung Altliberale, mit der Anhänger des konstitutionellen Regierungssystems wie Robert von Mohl ihre eigene Position nach 1849 kennzeichneten.38 Der noch in den 1840er Jahren so programmatisch vertretene Integrationsanspruch von Liberalismus wich zumal in den Parteienlehren nach 1850 immer stärker einer Einordnung des Deutungsmusters in das Spektrum der zumal in der Revolution hervorgetretenen ideologischen Lager.39 Nichts dokumentierte diesen Sachverhalt so eindrücklich wie die dritte Auflage des Staatslexikons von 1864,

38

39

ROBERT VON MOHL, Das Repräsentativsystem, seine Mängel und die Heilmittel. Politische Briefe eines Altliberalen, in: DEUTSCHE VIERTELJAHRSCHRIFT (1852), S. 145–235; vgl. ferner J. B. BEKK, Die Bewegung in Baden vom Ende des Februar 1848 bis zur Mitte des Mai 1849, Mannheim 1850, S. 107 ff.; FRIEDRICH HEINRICH THEODOR ALLIHN, Die restaurative Politik und der Satz des Widerspruchs. Ein fliegendes Blatt. Zweiter Abdruck, Halle 1850, S. 1–3; zahlreiche Belege zu nachmärzlichen Parteibezeichnungen wie Gothaer finden sich bei WOLFRAM SIEMANN (Hrsg.), Der „Polizeiverein“ deutscher Staaten. Eine Dokumentation zur Überwachung der Öffentlichkeit nach der Revolution von 1848/49, Tübingen 1983, passim. Vgl. W. WACHSMUTH, Geschichte der politischen Parteiungen alter und neuer Zeit, Bd. 3: Geschichte der Parteiungen der neuen Zeit. Zweite Abtheilung: Von der Mitte des siebzehnten Jahrhunderts bis auf unsere Zeit, Braunschweig 1856; ROBERT VON MOHL, Die Parteien im Staate, in: DERS., Encyklopädie der Staatswissenschaften, Tübingen 1859, S. 150–7; FRIEDRICH JULIUS STAHL, Die gegenwärtigen Parteien in Staat und Kirche. Neunundzwanzig akademische Vorlesungen, 2. Aufl. Berlin 1868; BLUNTSCHLI, Parteien sowie DERS., Charakter; vgl. ferner CONSTANTIN FRANTZ, Kritik aller Parteien, Berlin 1862; DERS., Der Untergang der alten Parteien und die Parteien der Zukunft, Berlin 1878; CONSTANTIN RÖSSLER, System der Staatslehre. A. Allgemeine Staatslehre, Leipzig 1857; [DERS.] Die liberalen Parteien. Angesichts der Zukunft Preußens, Berlin 1862; KARL WALCKER, Kritik der Parteien in Deutschland vom Standpunkte des Gneist’schen Englischen Verfassungs- und Verwaltungsrechts, Berlin 1865; DERS., Kritik der deutschen Parteien. Ein volkswirthschaftlicher und politischer Essay, Leipzig 1887 sowie DERS., Der Liberalismus, sein Wesen und seine Machtmittel, Sonderhausen 1903.

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in dem der Liberalismus nicht mehr in einem eigenen Artikel, sondern unter dem Stichwort Parteien behandelt wurde.40 In seinen Grundsätzen der Realpolitik griff Ludwig August von Rochau 1853 nicht mehr auf den Begriff Liberalismus zurück, der durch die Inflation der vormärzlichen Definitionen unscharf geworden zu sein schien, sondern sprach von Constitutionalismus, um die Schaffung einer freiheitlichen Verfassung für Deutschland als das Hauptanliegen der Liberalen konkreter zu formulieren.41 Die Deutung dieses Begriffes ging dabei von der Erfahrung aus, daß Revolution und Constitutionalismus einen grundsätzlichen Widerspruch darstellten. Das prekäre Spannungsverhältnis zwischen Staat und Liberalismus, prinzipiell bereits im Vormärz angelegt, stellte als Erfahrung der gescheiterten Revolution nunmehr den dominierenden Bezugspunkt dar: Als reiner Oppositionsbegriff gegenüber dem Staat schien Liberalismus keine Zukunft mehr zu haben. Entsprechend überwog in Rochaus Interpretation von Constitutionalismus der antirevolutionäre Gehalt und die semantische Kopplung an die monarchische Regierungsform als Grundbedingung jeder zukünftigen Entwicklung: Der Constitutionalismus besitzt die Kraft, sich einen ernstlichen Antheil an der Staatsgewalt zu erkämpfen schon deshalb nicht, weil der Erfolg eines zu diesem Zwecke unternommenen Kampfes die vorgängige Vernichtung der historischen Souveränität voraussetzt, die der Constitutionalismus als solcher nicht will und nicht wollen kann. Nicht wollen kann, weil mit der historischen Soveränität der Constitutionalismus selbst vernichtet werden würde. Denn die Revolution . . . würde . . . in Deutschland . . . die Monarchie selbst, also die eigentliche Basis des Constitutionalismus, mit sich fortreißen. Ein solches Ergebnis kann . . . der Constitutionalismus . . . nicht wollen, und diese logische Unmöglichkeit, indem sie ihn mit sich selbst in Widerspruch setzt, ist die Quelle einer unheilbaren Schwäche.42

Auch die in die preußischen Verfassungskrise von 1862 fallende berühmte Bemerkung Bismarcks gehörte in diesen Zusammenhang. Mit kritischem Blick auf die Neue Ära suchte Bismarck die Abgeordneten davon zu überzeugen, daß die überkommenen ideologischen Gegensätze längst die Gemeinsamkeiten in den sehr viel drängenderen nationalpolitischen Fragen zu überdecken drohten: Nicht auf Preußens Liberalismus sieht Deutschland, sondern auf seine Macht; Bayern, Württemberg, Baden mögen den Liberalismus indulgieren, darum wird ihnen doch keiner Preußens Rolle anweisen; Preußen muß seine Kraft zusammenfassen und zusammenhalten auf den günstigen Augenblick, der schon einige Male verpaßt ist; Preußens Grenzen sind zu einem gesunden Staatsleben nicht günstig; nicht durch Reden und Majoritätsbe-

40

41 42

Parteien, in: ROTTECK und WELCKER (Hrsg.), Bd. 11, 3. Aufl. 1864, S. 311–27; vgl. als programmatische Gegendefinition HERRMANN WAGENER (Hrsg.), Neues Conversations-Lexicon. Staats- und Gesellschafts-Lexikon. In Verbindung mit deutschen Gelehrten und Staatsmännern, Bd. 12, Berlin 1863, S. 279 f. Vgl. ferner [CONSTANTIN FRANTZ] Die Constitutionellen, Berlin 1851. LUDWIG AUGUST VON ROCHAU, Grundsätze der Realpolitik, angewendet auf die staatlichen Zustände Deutschlands, Stuttgart 1859, S. 139.

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schlüsse werden die großen Fragen der Zeit entschieden – das ist der große Fehler von 1848 und 1849 gewesen –, sondern durch Eisen und Blut.43

Darin steckte nicht allein die Formulierung einer radikalen Lehre aus der Revolution von 1848/49, sondern auch ein neuartiger, ja revolutionärer Naturalismus preußischer Interessenpolitik, der mit dem Muster ideologischer Überzeugung und Gesinnung explizit abrechnete. Die Sprengkraft für die Position und das Verständnis von Liberalismus, die in dieser Neuausrichtung am Maßstab des machtpolitischen Erfolges stecken mußte, wenn sie sich mit nationalpolitischen Siegen verbinden würde, ließ sich 1862 allenfalls erahnen. Eine mögliche Konsequenz aus der erwiesenen Machtlosigkeit war die Aufgabe der Oppositionshaltung des Liberalismus zugunsten einer Kooperation mit der kleindeutschen Führungsmacht Preußen unter Anerkennung ihrer nationalpolitischen Erfolge. Dies stand auch hinter Heinrich von Sybels Differenzbestimmung zwischen einem „anarchischen und revolutionären“ und einem „positiven und staatsbildenden Liberalismus“.44 Hermann Baumgartens Selbstkritik des deutschen Liberalismus von 1864 dokumentierte den Versuch, die Konnotation von Liberalismus als Oppositionsetikett vor dem Hintergrund des von Preußen eingeschlagenen machtstaatlich-militärischen Weges zum kleindeutschen Nationalstaat zu überwinden. Die realpolitische Orientierung, mit der Baumgarten die Gründung der Nationalliberalen Partei gleichsam antizipierte, spiegelte sich in der Attributierung von Liberalismus mit regierungsfähig wider: Ich bin der festen Überzeugung, daß eine befriedigende Lösung unserer politischen Aufgaben nur dann gelingen wird, wenn der Liberalismus aufhört, vorwiegend Opposition zu sein, wenn er dazu gelangt, gewisse unendlich wichtige Anliegen der Nation, für die nur er ein volles und aufrichtiges Verständnis hat, in eigener gouvernementaler Thätigkeit zu befriedigen, wenn wir einen wohlthätigen erfrischenden Wechsel liberaler und conservativer Regierungen bekommen. Der Liberalismus muss regierungsfähig werden. Wer darin eine Verkümmerung der liberalen Größe findet, daß er, statt als Opposition ein Unbegrenztes zu fordern, als Regierung ein Geringes thun soll, dem kann ich freilich nicht helfen. Aber einen Abfall vom Liberalismus wird doch wohl Niemand die Forderung zu nennen wagen, daß der Liberalismus endlich eine seine Gedanken selbst realisirende Macht werde.45

In einem kursorischen Ausblick läßt sich die langfristige semantische Prägung von Liberalismus seit dem Ende der 1860er Jahre unter dem Gesichtspunkt der Abgrenzung zwischen Eigenem und Fremdem, Inklusion und Exklusion untersuchen. Dabei lassen sich wichtige Bedeutungsentwicklungen auf mindestens drei Ebenen differenzieren: In den Auseinandersetzungen zwischen Libe43 44

45

BERLINER ALLGEMEINE ZEITUNG, 2. Oktober 1861; BISMARCK, Reden, Bd. 2, S. 30; vgl. LOTHAR GALL, Bismarck. Der Weiße Revolutionär, Frankfurt a.M. 1980, S. 256 f. HEINRICH VON SYBEL, Vorträge und Aufsätze, Berlin 1874, S. 297; vgl. HELLMUT SEIER, Sybels Vorlesung über Politik und die Kontinuität des „staatsbildenden“ Liberalismus, in: HZ 187 (1959), S. 90–112. HERMANN BAUMGARTEN, Der deutsche Liberalismus. Eine Selbstkritik, in: PREUSSISCHE JAHRBÜCHER 18 (1866), S. 627; vgl. auch DERS., Partei oder Vaterland? Ein Wort an die norddeutschen Liberalen, Frankfurt a. M. 1866.

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ralismus und Katholizismus, in der Frage der Öffnung des Liberalismus gegenüber der Sozialdemokratie und schließlich in der Ausgrenzung von Liberalismus als vermeintlich undeutscher und jüdisch überfremdeter Begriff bildeten sich gleichsam seismographisch fundamentale innergesellschaftliche Spannungen und Integrationsdefizite ab. Den entscheidenden Unterschied in der historisch-semantischen Entwicklung des Deutungsmusters in Deutschland gegenüber Frankreich und England nach 1870 stellte dabei zunächst der fundamentale Antagonismus zwischen Liberalismus und Katholizismus im Kontext des Kulturkampfes dar, ein Konflikt, der die Begriffsprägung von Liberalismus in den 1870er und 1880er Jahren dominierte und für den es allenfalls in der Spezifik der italienischen Semantik Parallelen gibt.46 Liberalismus und Katholizismus standen dabei nur stellvertretend für den Kampf zwischen universellen Deutungsmustern innerhalb der tiefgreifenden politisch-gesellschaftlichen Umbrüche des 19. Jahrhunderts. Darin kündigte sich die grundsätzliche Auseinandersetzung um die Einschätzung der Moderne an. Der Bedeutungsgehalt von liberal/Liberalismus wurde seit den beginnenden 1870er Jahren wesentlich von Aus- und Abgrenzungen bestimmt, die bis zur Exklusion des Fremden reichten, als die jene Teile der Gesellschaft erscheinen konnten, die dem neuen Nationalstaat kritisch gegenüberstanden oder sich der nationalen Integrationsideologie widersetzten. Andererseits konnte auch das Deutungsmuster Liberalismus selbst Opfer ideologischer und soziokultureller Ausgrenzungsbewegungen werden. Ersteres galt insbesondere aus der Perspektive der Nationalliberalen, die sich als die eigentlich parteipolitische Kraft der Reichseinigung betrachteten.47 Der Kulturkampf gegen die Ultramontanen wurde vor diesem Hintergrund für den politischen Liberalismus zum Glaubenskrieg des Fortschritts gegen zivilisatorische Rückschrittlichkeit und fehlende nationale Gesinnung. Noch das Politische Handbuch der Nationalliberalen Partei von 1907 definierte liberal in der expliziten Abgrenzung gegenüber dem politischen Katholizismus, der die „freie Persönlichkeit“ ablehne. Der 46

47

Vgl. FLORIAN RIESS, Die moderne Irrlehre oder der Liberalismus und seine Verzweigungen im Lichte der Offenbarung, Freiburg i. Br. 1866; AUGUST REICHENSPERGER, Phrasen und Schlagwörter. Ein Noth- und Hülfsbüchlein für Zeitungsleser (1862), 3. Aufl. Paderborn 1872; PHILIPP LAICUS [i.e. PHILIPP WASSERBURG], Liberale Phrasen, Mainz 1871; DERS., Das Evangelium der liberalen Toleranz. Unter kritischer Sonde, Mainz 1873; Krieg dem Liberalismus! Ein Büchlein für das christliche Volk, Amberg 1872; Zur Kritik des Liberalismus. Fünfzehn Artikel der Süddeutschen Reichs-Post, Frankfurt a.M. 1874; Die wichtigsten Fragen der Gegenwart in Staat und Kirche . . . Zur Würdigung des wahren und falschen Liberalismus in Staat und Kirche. Offenes Sendschreiben an den deutschen Reichstag von einem Theologen, 2. Aufl. Altona 1874 sowie OTTO GLAGAU, Liberale „Freiheiten.“ Des Reiches Noth und der neue Culturkampf, 2. Aufl. Osnabrück 1879. Vgl. ERNST RETHWISCH, Sünden und Zukunft der Nationalliberalen Partei, Berlin 1884; [RICHARD REUTER] Nationalliberale Partei, nationalliberale Presse und höheres Gentlemanthum. Von einem Nichtreichsfeinde, Berlin 1876 sowie rückblickend GUSTAV STRESEMANN, Liberalismus und Reichsgründung, Berlin 1917.

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Liberalismus schien demgegenüber als Verkörperung und Garant der politischsozialen Fortschrittsidee, die im notwendigen Kulturkampf gegen die Macht der Vergangenheit verteidigt werden müsse: „Der Liberalismus kämpft für die Selbständigkeit der modernen Gesellschaft und ihrer Kultur, auch für die der katholischen Laien gegen alle einseitig klerikalen Gelüste nach Beherrschung der Welt durch die Kirche, nach indirekter Abhängigkeit des Staates von der Kirche“.48 Demgegenüber hob die Kritik am Liberalismus aus katholischer Perspektive bereits vor 1870/71 auf dessen etatistischen Charakter in der Tradition des Absolutismus ab, der die Freiheit des Individuums zugunsten des modernen Interventionsstaates immer mehr einschränke. So resumierte Wilhelm Emmanuel von Ketteler: Der moderne Liberalismus steht seiner innerlichsten Natur nach ganz auf der Seite der Allregiererei und ist durchaus Geisteskind und Erbe der absolutistischen Monarchie und Büreaukratie der verflossenen Jahrhunderte. Er unterscheidet sich von diesen nur durch die äußere Gestalt, nur durch Worte, die das Gegentheil anzudeuten scheinen, nur durch Organe, die die Gewalt handhaben, während sein eigentliches Wesen, das immer wieder durch diesen Schein durchbricht, intolerante, rücksichtslose Centralisation, Allgewalt des Staates auf Kosten der individuellen und corporativen Freiheit ist.49

Zum bestimmenden Kennzeichen des Liberalismus war für Ketteler mithin die Vergötzung des Staates geworden, der zugleich die Freiheit der Kirche bekämpfe: Fassen wir . . . das Wesen dieses Systems des jetzigen Liberalismus kurz zusammen, so können wir es in folgenden drei Sätzen formuliren: Der Staat ohne Gott. Der Staat selbst Gott. Kampf gegen den wahren Gott durch den Staat . . . Daneben hat natürlich die Kirche und das Christenthum keinen Platz mehr. Wenn der Staat der präsente Gott ist, so ist nur noch eine Kirche denkbar, die Staatsanstalt ist . . . Das ist unsere eigentliche Lage: der wirkliche, präsente Gott auf Erden ist der vom Liberalismus geleitete Staat, und alle Menschen und alle Christen sollen von Staatswegen gezwungen werden, im Namen der Cultur, der Aufklärung und der Humanität dieses thönerne Götzenbild anzubeten.50

Auf einer ganz anderen Ebene zeichnete sich seit den 1880er Jahren eine intensivierte Diskussion um Selbstkritik und Öffnung von Liberalismus ab: Mit den Konsequenzen der Industrialisierung und der in Deutschland besonders früh entstandenen politischen Arbeiterbewegung konfrontiert, suchte Friedrich Naumann als prominentester Vertreter des Nationalsozialen Vereins um die Jahrhundertwende nach einer programmatischen Neufassung von Liberalis48 49

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Politisches Handbuch der Nationalliberalen Partei, hrsg. vom Centralbüro der Nationalliberalen Partei Deutschlands, Berlin 1907, S. 705 und 561. WILHELM EMMANUEL FREIHERR VON KETTELER, Der Moderne Liberalismus. Absolutismus unter dem Scheine der Vernunft, in: DERS., Freiheit, Autorität und Kirche (1862), zitiert nach DERS., Werke. Schriften, Aufsätze und Reden 1848–1866, Bd. 1/1, bearb. von ERWIN ISERLOH et al., Mainz 1977, S. 280. WILHELM EMMANUEL FREIHERR VON KETTELER, Liberalismus, Socialismus und Christentum (1871), in: DERS., Werke. Schriften, Aufsätze und Reden 1871–1877, Bd. 1/4, bearb. von ERWIN ISERLOH et al., Mainz 1977, S. 21–34, hier S. 26 f.

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mus als politisch-soziales Deutungsmuster.51 In der Abschottung gegenüber der aufstrebenden Sozialdemokratie erkannte er kein zukunftsträchtiges Programm mehr. Dagegen kritisierte er, daß die Liberalen gerade die mit der industriegesellschaftlichen Entwicklung verbundenen Konsequenzen nicht wahrgenommen hätten und dadurch in eine fundamentale Legitimationskrise geraten seien. Für eine zeitgemäße Bestimmung von Fortschrittlichkeit reiche der Rückgriff auf die politisch-konstitutionellen Ideengehalte des bürgerlichen Liberalismus jedenfalls nicht mehr aus: Die Weltanschauung des Liberalismus fußte auf der älteren deutschen idealistischen Philosophie, nach der es die Ideen und Gedanken sind, die die Welt regieren. Aber wie kommt es, daß . . . die eine mehr im vierten Stockwerk, die andere in den Beletagen vorhanden ist? . . . Dem Liberalismus fehlt ein einheitliches Bild von der Tendenz der volkswirtschaftlichen Bewegung . . . Der bürgerliche Liberalismus marschiert heute nicht mehr mit der Idee des technischen Fortschrittes. Er klebt noch eigentlich an der alten kleinbürgerlichen Demokratie und beißt weiter an der Brotrinde wie anno dazumal . . . Deshalb hat der Liberalismus als Gesamterscheinung nach allen Seiten verloren: den Großindustriellen, den Arbeiter, den Bauer.

Naumanns Versuch einer programmatischen Neufassung basierte auf der Kritik des älteren bildungs- und wirtschaftsbürgerlich überprägten LiberalismusBegriffes, der zu Beginn des 20. Jahrhunderts kein innovatives Potential mehr aufzuweisen schien, weil er die Bedeutung der Arbeiterbewegung ausblendete: In der Theorie stand dieser Liberalismus auf dem Boden, daß die Staatsbürger gleich seien, aber moralisch stand er nicht auf diesem Boden, in sich selbst trug er die Ansicht: wir sind doch etwas viel Exquisiteres als die anderen! . . . Die Leute, die in ihrer eigenen Sphäre es so meisterlich verstehen, das Geschäft von der Leidenschaftlichkeit zu entkleiden, hatten durchaus keinen Takt dafür, die großen Geschäftsfragen zwischen Arbeiterschaft und Unternehmertum mit derselben Humanität und Liberalität zu behandeln, mit der sie selbst ihre Käufe und Verkäufe regeln. Liberal in ihren eigenen Kreisen, waren sie Herrenmenschen nach unten, . . . und der Liberalismus war für viele von ihnen nur eine Tünche und eine Phrase. Sie hatten keinen Sinn für die Arbeiterbewegung und konnten ihn umso weniger gewinnen, als sie kein wirtschaftliches Programm als Ganzes hatten.52 51

52

Vgl. LUJO BRENTANO, Die liberale Partei und die Arbeiter, in: PREUSSISCHE JAHRBÜCHER 40 (1877), S. 112–23; IGNAZ JASTROW, „Sozialliberal.“ Die Aufgaben des Liberalismus in Preußen, 2. Aufl. Berlin 1894; THEODOR BARTH, Neue Aufgaben des Liberalismus. Nach einer in München am 28. Januar 1904 gehaltenen Rede über Liberalen Revisionismus, Berlin 1904; DERS., Was ist Liberalismus? Eine Gegenwartsfrage!, Berlin 1905; LUDWIG HAAS, Die Einigung des Liberalismus und der Demokratie, Frankfurt a.M. 1905; Der Liberalismus und die Arbeiter. Seinen Arbeitskollegen gewidmet von einem Arbeiter, Berlin 1906; FRIEDRICH NAUMANN, Gegenwart und Zukunft des Liberalismus, München 1911 sowie THEODOR CURTI, Die Reaktion und der Liberalismus. Rede, gehalten in der polizeilich aufgelösten Sitzung des Frankfurter Demokratischen Vereins vom 1. Juli 1878, München 1912. FRIEDRICH NAUMANN, Der Niedergang des Liberalismus. Vortrag auf der 6. Vertretertagung des Nationalsozialen Vereins zu Frankfurt am Main 1901, in: DERS., Politische Schriften, hrsg. von THEODOR SCHIEDER, Bd. 4: Schriften zum Parteiwesen und zum Mitteleuropaproblem, bearb. von THOMAS NIPPERDEY und THEODOR SCHIEDER, Köln 1964, S. 215–36 (Auszüge), zitiert nach GALL und KOCH (Hrsg.), Bd. 4, S. 254–76, hier S. 258–60.

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Die „Neuwerdung des Liberalismus“ sei unter diesen Umständen „auf der Grundlage des allgemeinen Wahlrechts nur möglich, wenn ihre parteipolitische Hauptführung bei der heutigen Sozialdemokratie“ liege. Naumann avisierte eine Transformation des bürgerlich-konstitutionellen in ein politisch-soziales Deutungsmuster durch Öffnung des Liberalismus nach links. Die „Kernfrage der Bildung eines neudeutschen Liberalismus“ sei, wie „die Sozialdemokratie zu einer nationalen, praktisch-politischen Partei“ werden könne.53 Die bei Naumann und seinen Anhängern vertretene Semantik von Liberalismus läßt sich als bewußte Überschreitung der Grenze zwischen Bürgertum und Industriearbeiterschaft im Sinne einer gesellschaftspolitischen Integration interpretieren. Die Neubestimmung von Liberalismus als sozialer Liberalismus stellte noch einmal einen Versuch dar, das Deutungsmuster mit einem potentiell gesamtgesellschaftlichen Anspruch zu versehen. Während für den älteren Liberalismus der Sozialismus letztlich eine revolutionäre Ideologie gewesen war, die einen Fremdkörper und eine dauernde Gefährdung für den Nationalstaat von 1871 bedeutet hatte, ging Naumanns Liberalismus-Deutung von der Anerkennung der Sozialdemokratie als wichtigste politisch und sozial progressive Kraft aus. Dieser Versuch einer Sozialdemokratisierung des Liberalismus-Begriffs blieb indes politisch zumindest bis zum Ersten Weltkrieg weitgehend ohne Resonanz. Auf einer dritten Ebene ließ sich schließlich die nationale Aufladung von Liberalismus einerseits und die negative Ausgrenzung der überkommenen Bedeutungsgehalte andererseits verfolgen. Rückblickend stellte W. H. Riehl 1871 fest, der vormärzliche Liberalismus sei antinational und französisch überprägt gewesen: „ ,National‘ und ‚liberal‘ waren Gegensätze geworden! Denn der deutsche Liberalismus war im Kerne französisch, obgleich er sich ‚jungdeutsch‘ nannte, und die national Gesinnten größtentheils conservativ, Männer der historischen Schule, wohl gar Romantiker“.54 Dagegen schien der Nationalliberalismus seiner Gegenwart nunmehr die beiden Pole national und liberal zu überbrücken. Daraus ergab sich das Selbstverständnis der Nationalliberalen als eigentliche politische Kraft des neuen Nationalstaates. Riehls Äußerung dokumentierte jedoch vor allem die nach 1870 entwickelte Neigung, jede nicht ausdrücklich national bestimmte Definition von liberal/Liberalismus auszugrenzen und einem nicht genuin deutschen, sondern westlichen Entwicklungsmuster zuzuordnen, dem Deutschland nicht folgen dürfe. Mit der Erfahrung der inhärenten Krisen des neuen Nationalstaates setzte vor diesem Hintergrund im Laufe der 1870er Jahre eine zunehmend aggressive Kritik an liberal/Liberalismus ein. Insbesondere die wirtschaftliche Depression seit der Mitte der 1870er Jahre schuf ein Klima sozialpsychologischer Unsicherheit, die auf die Denunziation von Liberalismus abgeleitet werden konnte. 53 54

Ebd., S. 262. W. H. RIEHL, Deutsche und französische Freiheit (Januar 1871), in: DERS., Freie Vorträge. Erste Sammlung, Bd. 1, Stuttgart 1873, S. 263–95, hier S. 279.

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Das Unbehagen an den Konsequenzen des gesellschaftlichen und ökonomischen Wandels mündete zunehmend in eine polemische Auseinandersetzung mit liberal/Liberalismus, dessen ideologisches Kapital, nämlich die Verkörperung und sinnhafte Deutung des politisch-konstitutionellen und ökonomischen Fortschritts, zunehmend in Frage gestellt wurde. Die vermeintliche Beschränkung auf wirtschaftliche Fragen gegenüber der Durchsetzung politischer Forderungen im neuen Reich schien dabei zur schleichenden Entpolitisierung beizutragen, die den Liberalismus für viele Zeitgenossen in einen reinen Pseudoliberalismus verwandelte: Diese Folgen liegen offen in dem Umstande vor, daß dem Liberalismus – als politischem System, die Schuld an allen Schäden, daran unser wirtschaftliches Leben krankt, aufgebürdet wird, daß alles, was auf wirthschaftlichem Gebiete faul und krank ist, auf den liberalen Sündenbock losschlägt. – Die jetzt allgemein verbreitete grobsinnliche Anschauung, in der Politik nichts als ein Conglomerat von wirthschaftlichen Fragen, im Volksleben nichts als mechanisch neben und durcheinander geschobene Interessengruppen zu sehen, ist nicht zum geringsten Theil durch unseren Pseudoliberalismus verschuldet, der, da er sein wahres politisches Ziel aus den Augen verlor, die allgemeine Aufmerksamkeit auf das wirthschaftliche Gebiet lenkte, darauf er seine schönsten Ruhmestitel suchte.55

Noch weiter als diese Kritik ging die Ausgrenzung des Liberalismus als vermeintlich undeutsches Phänomen. In der negativen Konnotierung wurde dabei bereits früh auf antisemitische Bedeutungselemente zurückgegriffen, wenn Liberalismus für den Beginn eines „Verjudungsprozesses“, einer Entfremdung der Gesellschaft und der politischen Ordnung von ihren germanischen Ursprüngen stand: In der Politik haben die Juden erst seit der Judenemancipation, welche sich nirgends vor Anbruch des neunzehnten Jahrhunderts vollzogen hat, einen Einfluß gewinnen können und wie groß dieser Einfluß heute auch sein mag, so datirt er doch notorisch erst seit 1848, im engern Sinne und speciell in Deutschland erst seit einem Decennium. Ich nenne die politische Richtung, welche sich unter der Wirkung dieses Einflusses entwickelt hat, den jüdischen Liberalismus; der deutsche Sprachgebrauch nennt ihn leider – ,Nationalliberalismus‘ . . . vorläufig habe ich nur zu konstatiren, dass das, was Sie ‚die gesetzliche Weihe des socialpolitischen Einbruches des Judenthums in die germanische Gesellschaft‘, also gewissermaßen den letzten Akt des Verjudungsprozesses nennen, in Wirklichkeit nur der Anfang desselben ist.56

Der Begriff des „Judenliberalen“ als Synonym für eine ungehemmte, undurchschaubare, prinzipiell korrupte, unchristlich-entseelte Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung spielte in der antisemitischen Publizistik eine signifikante Rolle. Die Unsicherheit, innerhalb einer in krisenhafter Veränderung begriffenen Gesellschaft den eigenen Standort zu finden und die Konfrontation mit dem Verlust traditioneller Wertmuster und Sinnvermittlung bestärkte die semantische Verbindung von Liberalismus und Judentum. Offen antisemitisch 55 56

MARCO BROCINER, Die Zukunft des deutschen Liberalismus, Berlin 1879, S. 8f. MORITZ VON REYMOND, Wo steckt der Mauschel? oder Jüdischer Liberalismus und wissenschaftlicher Pessimismus. Ein offener Brief an W. Marr, 2. Aufl. Bern 1880, S. 16 f.

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motivierter Rassismus und Chauvinismus prägten auf diesem Wege die negative Semantik von Liberalismus: Diese erhabenen Ziele sind jene der Hellenen und der christlichen Kirche [i.e. Charakterbildung, Schaffung von Ebenbildern Gottes] . . . Diesen schnurstracks entgegenstehen die modernen manchester- und judenliberalen Literatur- und Schacherzettelungen, das Rebbach und Prostitutions-Ziel, welches die Menschheit mit Inbegriff vieler Juden nicht nur im Vermögen, sondern, was weit ärger, im Marke treffend entnervt, des Menschen Dasein zu einem gespensterhaft trostlosen macht und die Schönheit des physischen Menschen zerstört, dessen Charakter verdunkelt . . . Die Manchester- und Judenliberalen stellen als Ziel hin die Gütererzeugung und Anhäufung derselben in den Händen einiger Juden und gleichbeseelter Judenschleppträger, Manchesterapostel unter werkthätiger Mitwirkung elender asiatischer Culi’s, der Chinesen Neger, der Händler in schwarzer und weißer Menschenware und der Maschinen.57

Für diese Bedeutungsrichtung gab es bei allen auch in Frankreich, Italien und England bestehenden kritischen Bestimmungsmustern am Ende des 19. Jahrhunderts keine Entsprechung. Eine Sonderentwicklung des deutschen Begriffes besteht im Vergleich mithin eindeutig in der frühen und besonders pointierten semantischen Verbindung von Liberalismus mit antisemitischen Attributen.58 In diesem von völkisch-nationalistischen Motiven durchsetzten Bestimmungsmuster dominierte die Ablehnung einer westlichen, vernunftrechtlichen, parlamentarischen und damit scheinbar undeutschen Tradition.59 Hier stand Liberalismus für alle Kennzeichen einer entseelten Moderne, einer undurchschaubaren Rationalität, für deren Krisen zunehmend die Judenliberalen verantwortlich gemacht wurden. Damit setzte eine folgenschwere Diffamierung von liberal/Liberalismus ein, die in der Weimarer Republik ihren Höhepunkt erreichte.60 Zahlreiche Motive der gesteigerten völkisch-konservativen Denunzation gingen jedoch auf Bestimmungsmuster zurück, die sich bereits im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts ausgebildet hatten. Am Ende dieser Entwicklungslinie stand die semantische Entwertung des Liberalismus als bloßes Verfallsprodukt in der völkisch-nationalsozialistischen Publizistik.61 Moeller van 57

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JOSEPH COPERTIN SCHELL, Essay mit Gegenüberstellung der Auctorität, Solidarität und des Antisemitismus gegen das Reform- und Pluto-Judenthum, den Individualismus, den Manchester-Liberalismus, das Anti-Christenthum, die Juden- und Zola-Literatur, Zeitungs-Wucherungen und deren wurmstichigstes, kernfaulstes Kind, die Prostitution und Menschenelend, Wien 1888, S. 3f. Zahlreiche Belege finden sich bei PAUL DE LAGARDE, Ueber die gegenwärtige lage des deutschen reichs. ein bericht, erstattet von Paul de Lagarde [sic!], Göttingen 1876; DERS., Schriften für das deutsche Volk, 2 Bde., München 1924 sowie [GEORG SCHÖNERER] Georg Schönerer, hrsg. mit Unterstützung des Reichsinstituts für Geschichte des neuen Deutschlands von EDUARD PICHL, 6 Bde., Oldenburg [1938]. Vgl. die Motive der Liberalismus-Kritik bei OTHMAR SPANN, Der wahre Staat. Vorlesungen über Abbruch und Neubau der Gesellschaft, 2. Aufl. Leipzig 1923; vgl. ferner ARMIN MOHLER, Die Konservative Revolution in Deutschland 1918–1932. Ein Handbuch, 4. Aufl. Darmstadt 1994, S. 113 ff. Vgl. LANGEWIESCHE, Liberalismus in Deutschland, S. 281 ff.; SONTHEIMER, S. 143 ff. sowie SCHOTTMANN, S. 273 ff. Vgl. RUDOLF KAULLA, Der Liberalismus und die deutschen Juden. Das Judentum als

2. Deutschland

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den Bruck repräsentierte eine Ideologie, für die das Weimarer System vom jüdisch unterwanderten Liberalismus und Marxismus charakterisiert war. Liberal verkörperte danach gesellschaftlichen Verfall, politischen Untergang und Auflösung jeder nationalen Gemeinschaft: Der liberale Mensch drückt keine gegliederte Gesellschaft aus, sondern eine aufgelöste Gesellschaft. Schon deshalb kann er keine Werte hevorbringen, die dem Volke und der Gesellschaft gemeinsam wären. Der liberale Mensch hat nur Werte verfälscht, ist mit ihnen nach seinen Launen umgesprungen oder hat sie sich als eine besondere ‚Bildung‘ vorbehalten . . . Der Liberalismus ist die Partei der Emporkömmlinge . . . Die Angehörigen dieser Zwischenschicht haben das Wachstum der Nation übersprungen oder sich als Fremdkörper in sie eingedrängt. Sie fühlen sich als Einzelwesen, die Niemandem verpflichtet sind, und am wenigsten dem Volke. An seiner Geschichte sind sie völlig unbeteiligt. Sie teilen nicht seine Überlieferung. Sie haben kein Miterlebnis seiner Vergangenheit. Sie haben auch nicht den Ehrgeiz seiner Zukunft. Sie suchen nur die Vorteile ihrer eigenen Gegenwart. Ihr letzter Gedanke ist auf die große Internationale gerichtet, in der die Unterschiede der Völker und Sprachen, Rassen und Kulturen aufgehoben, ausgemerzt und gänzlich verwischt sind.62

Die ideologische Feindbildfunktion des Begriffsfeldes für den Nationalsozialismus symbolisierte jene semantische Sonderentwicklung, die für Deutschland in langfristiger Perspektive im Vergleich der europäischen Bedeutungsgeschichten von liberal/Liberalismus zu konstatieren ist. 1939 faßten die SSDienststellen des Drittes Reiches in ihren geheimen Berichten über die Stimmung der deutschen Bevölkerung alle Gegner des Regimes unter den Stichworten Liberalismus und liberalistisch zusammen: Die liberalistischen Begriffe Freiheit, Toleranz, Fortschritt, Friede und Zusammenarbeit der Völker bildeten nunmehr für alle Gegner vom Kommunismus bis zur Reaktion die Kampfparolen gegen den Nationalsozialismus . . . Als Träger und Förderer des Liberalismus schälen sich in der Berichtszeit immer mehr die weltanschaulichen Gegner, Freimaurer, politische Kirchen und Judentum, heraus. Enge Verbindung besteht zur gesamten Emigration. Mit allen Mitteln wird eine große Propaganda aufgezogen, um mit den in Deutschland verbleibenden Gegnern Verbindung aufzunehmen und auch in Deutschland selbst eine liberalistische Front zu schaffen.63

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konservatives Element, München 1928; LUDWIG PRAGER, Nationalsozialismus gegen Liberalismus. Nationalsozialistische Bibliothek, Heft 49, München 1933; Liberal oder völkisch? Die Schuld des Liberalismus, 2. Aufl. Karlsbad 1935; ROLAND FREISLER, Rationale Staatsverfassung des Liberalismus, völkische Lebensordnung des Nationalsozialismus, in: Festschrift für Heinrich Lehmann zum 60. Geburtstag, Berlin 1937, S. 43–53 sowie ERICH LOHL, Das pädagogische Erbe des Liberalismus und das völkische Weltbild, Düsseldorf 1937. ARTHUR MOELLER VAN DEN BRUCK, Das dritte Reich, bearb. von HANS SCHWARZ, 3. Aufl. Hamburg 1931, S. 79 f. und 96–8. H. BOBERACH (Hrsg.), Meldungen aus dem Reich, Bd. 2 (1939), Neudruck Berlin 1984, S. 64 f.; vgl. LANGEWIESCHE, Liberalismus in Deutschland, S. 282.

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VII. Die zweite Jahrhunderthälfte im Ausblick

3. Die Hypothek der Nationalstaatsbildung Italiens: Von der reaktionären Wendung Pius’ IX. zum Antagonismus zwischen Italia liberale und Italia cattolica Als es im Spätjahr 1848 in Rom zu Aufständen kam und der im September von Pius IX. mit der Regierung beauftragte Graf Pellegrino Rossi ermordet wurde, flüchtete der Papst ins Exil nach Gaeta. Hier vollzog er unter dem Eindruck der radikalisierten Revolution und der republikanischen Bewegung in Rom eine reaktionär-restaurative Wendung. Die Verbindungen zu den liberali cattolici um Rosmini Serbati und Gioberti wurden abgebrochen, ihre Schriften indiziert. Von nun an bildete die Abwehr des liberalismo das vornehmliche Ziel der römischen Kurie und der von ihr beherrschten Publizistik. Der spätere Syllabus errorum von 1864, das Verzeichnis der modernen „Irrtümer“, führte ausdrücklich die doktrinären Exzesse des liberalismo auf, indem er einen negativen Bedeutungszusammenhang zwischen allen modernen Ismen postulierte, was den panteismo, razionalismo und socialismo bis hin zum comunismo einschloß.64 Diese Wendung, die die Ausbildung des semantischen Antagonismus zwischen liberali und cattolici nach 1830 nun gleichsam ideologisch fortsetzte, dominierte seit 1849 die katholisch-restaurative Publizistik. Antonio Rosmini Serbati, der in den 1830er und 1840er Jahren zu den liberali cattolici gezählt hatte, unterschied 1849 noch zwischen den Ursprüngen der von politischen Zielsetzungen ausgegangenen liberali und der primär sozialen Interessen verpflichteten Bewegung der comunisti: Quel liberalismo . . . è un sistema di diritto e insieme di politica, il quale assicura a tutti il prezioso di loro giuridiche libertà. Ora dobbiamo dimandare: sono liberali quegli utopisti, che non contenti di politiche riforme, mirano di più a riforme sociali, consigliano di rimutare, di capovolgere le basi su cui le società umane si ressero dal principio del mondo al presente, o si chiamino socialisti, o comunisti, o Sansimoniani, o Fourieristi, o con altro nome, qual meglio si voglia? 65

Gegenüber den „mostruose utopie“ der comunisti hielt er an einer politischen Definition von liberalismo fest, aus der sich auch die Lösung der sozialen Frage der Gegenwart ergebe: che il problema sociale . . . si debba risolvere ‚in un’armoniosa conciliazione fra le libertà private e l’autorità si conservi a ciascuno l’esercizio della maggior possibile libertà giuridica‘. Tale è il vero e sano liberalismo: tale quel liberalismo che gli utopisti si travagliano di sovvertire dalle fondamenta.66

Auch Carlo Maria Curci gelangte in seinem Versuch von 1849, die politisch-gesellschaftlichen Kräfte Italiens zu charakterisieren, zu einer semantischen Differenzbestimmung. Neben den demagoghi, die er mit den „anarchisti, che sono tra noi quello che in Francia sono i rouges o i socialisti“ gleichsetzte, definierte er 64 65 66

Vgl. LILL, S. 137 sowie JEDIN, Bd. 6/1, S. 750 ff. ANTONIO ROSMINI SERBATI, Il comunismo ed il socialismo, Florenz 1849, S. 13 f. Ebd., S. 59 und 27.

3. Italien

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die liberali als „adoratori della libertà e della patria, che vogliono ordine, legalità, come nell’antica Roma o nella moderna Inghilterra, ma non credono aver bisogno di Chiesa o di sagrestia: e senza professarsene avversi, sono equivoci o indifferenti nel fatto della religione.“ Allein die cattolici seien aber in der Lage, libertà und patria mit dem Bekenntnis zu katholischer Religion und römischer Kirche zu verbinden, „col raffermare, mantenere e promuovere vivo ed operoso il principio religioso“.67 Gegenüber diesen Bestimmungen faßte Francesco Bruni ganz unter dem Eindruck der republikanischen Bewegungen in Rom und Venedig und vor dem Hintergrund der Exilierung des Papstes die „eccessi del liberalismo moderno“ zusammen, wobei er ausdrücklich keine Differenzierung des heterogenen Lagers der Opposition mehr vornahm: Che poi anche ne’ governi liberali, Costituzionali o Repubblicani si vada oggetto ad abusi che aggravano i popoli, lo provano tutto giorno gli avvenimenti che si vanno succedendo nei diversi stati. È vero che simili abusi procedono da quegli uomini che non sanno o non vogliono metter freno alle loro smodate passioni, ma poichè sotto qualsiasi forma deve il Governo trovarsi nelle mani degli uomini, e questi più o meno sentono l’influenza delle loro passioni, non può darsi forma alcuna di governo in cui più o meno non succedano gravi inconvenienti.

Den Ideen der natürlichen Freiheit, der Volkssouveränität und des modernen Gesellschaftsvertrages als Prämissen des liberalismo stand das Dogma der göttlichen Einsetzung jeder legitimen Macht entgegen, ohne daß eine Vermittlung zwischen diesen weltanschaulich aufgeladenen Positionen denkbar schien: In effetto le massime fondamentali dell’odierno liberalismo sono due: ch’esiste una libertà naturale precedente ad ogni governo e ad ogni società, per la quale l’uomo non ha obbligazione di esser soggetto a chicchessia; e che il potere nella società viene dal popolo, il quale lo delega ai governanti per un accordo, o un contratto sociale. Queste massime sono diametralmente opposte a quell’in-segnate dall’Apostolo S. Paolo, il quale, come già abbiamo detto, sostiene essere Dio solo l’autore del potere, e che l’uomo, come qualunque altra creatura ragionevole riceve l’essere con la condizione di vivere sottoposto ad un’autorità superiore.68

Eine Unterscheidung der politischen Lager nach konstitutionellen Formen ließ Bruni nicht zu. Zwar war er sich der Unterscheidung von „liberali progressisti“ und „liberali moderati“ bewußt,69 aber ausschlaggebend für die semantische 67

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[CARLO MARIA CURCI] La Demagogia Italiana ed il Papa Re. Pensieri di un retrogrado sulla novissima condizione d’Italia (Mai 1849), Lugano 1849, S. XLV f.; vgl. [DERS.] Il Moderno Dissidio tra la Chiesa e l’Italia (1878), in: Classici del liberalismo e del socialismo, Bd. 2: I liberali italiani dopo il 1860, hrsg. von FRANCESCO PICCOLO, Florenz 1934, S. 105–14 sowie La Nuova Italia ed i vecchi zelanti del sacerdote Carlo Maria Curci. Articoli dell’Osservatore Romano, Rom 1881. FRANCESCO BRUNI, Gli eccessi del liberalismo moderno, Neapel 1849, S. 7 und 31. Vgl. ebd., S. 41: „Noi intanto possiamo dividere i liberali moderni in due classi: una che dicesi de’ moderati, i quali vogliono una forma liberale sia Costituzionale sia repubblicana, ma stabile e sottoposta all’impero delle Leggi; e l’altra ch’è dei così detti progressisti. Questi sostengono che per rendere felice uno stato conviene progredire con allargare sempre più la forma liberale di governo; passando dalla Monarchia pura alla Mon-

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Konnotation von liberali blieb aus katholischer Perspektive das Urteil, „Che i liberali siano progressisti siano moderati non possono dare ai popoli quella felicità che promettono . . . Che non vi ha altro mezzo per megliorare la nostra sorte, se non quello di frenare le passioni sotto l’impero della ragione e della legge“. Bruni postulierte eine negative semantische Kontinuitätslinie von liberalismo zu comunismo. Die verschiedenen Grade von liberalismo mündeten danach gleichsam naturgesetzlich in der sozialen Anarchie: La società umana tantopiù acquista di perfezione quantopiù si rassomiglia all’unione delle bestie; e l’ultimo grado di perfezione socievole cui il progresso spinge l’uomo consiste nell’assomigliarsi perfettamente alle bestie più selvagge. – Vedete che ignominia che infamia per la natura umana! . . . E pure questa è la somma della civilizzazione, questa è la perfezione del progresso che s’insegna e si promette da’ moderni liberali.70

Solch polemische Kritik lief auf die Reduktion aller Konfliktlinien auf einen bipolaren Antagonismus hinaus, der aus der Sicht der Kurie weit über rein politische Konflikte hinausging. Die weltanschauliche Aufladung des Gegensatzes zwischen cattolicismo und liberalismo begründete zugleich seine enorme Wirksamkeit und Prägekraft weit über die Jahrhunderthälfte hinaus. Die bereits seit 1815 entwickelten negativen Topoi, die im Kontext der neoguelfischen Bewegung zumindest temporär zurückgetreten waren, verstärkten sich nach 1849 erneut.71 Dazu zählten die Polemik gegen den „catechismo perverso dei Liberali“ und die Gleichsetzung der liberali mit den „giacobini“, mit „Repubblicani e Framassoni“,72 die Diffamierung der Identifikationsattribute der Aufklärung mit den Elementen „illuminato, progressista, liberale, umanitario“ sowie schließlich die Propagierung einer negativen antikatholischen Kontinuität „del Luteranismo nel secolo XVI., del Giansenismo nel secolo XVII., del Filosofismo,

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archia costituzionale, da questa alla Repubblica, nella quale si distinguono i gradi di repubblica moderata, di repubblica esaltata, e comunista. Quest’ultima secondo essi è l’apice della perfezione cui possa giungere la società ed a cui si deve incessantemente tendere.“ Ebd., S. 40 und 43. Vgl. [FRANCESCO CAPECE MINUTOLO] Lettera del duca Sanvalentino Francesco Capece Minutolo ad un suo amico in Napoli, Neapel 1850, S. 10, 12, 21 f. und 46 sowie LEONARDO ANTONIO FORLEO, Catechismo politico-morale, Neapel 1850, S. 13 f. Dialoghi. Dialogho I0. Tra curato di campagna e Jacone suo parocchiano. Dialogo 20: Fra un liberale e un prete. Dialogo 30: Fra un ciabattino ed un vecchio [Rom 1849], S. 4. Die Dialoge rekurrierten aus der Sicht der römischen Republikaner um Garibaldi auf die Negativtopoi der Kurie und des reaktionären Klerus gegenüber dem Begriffsfeld; dem hielt man die Kennzeichnung retrogradi, oscurantisti und neri entgegen, vgl. ebd. S. 5; vgl. ferner Quesiti Politico-Morali. Chi sono i veri Filantropi? Chi sono i veri Patriotti? Chi sono i veri Progressisti? E chi gli Oscurantisti e Retrogradi del secolo XIX? Con una appendicetta nel fine, Palermo 1850, S. 60 f.: „Un linguaggio turpissimo è divenuto in taluni paesi familiare più che mai, e delle frasi impudiche al segno da non potersi soffrire odonsi tuttodì, da più anni in quà, nella bocca dei due sessi della plebe, ed anche in quella di piccolissimi ragazzi.“; vgl. ferner die Gleichsetzung von liberali mit giacobini etc. bei GIONATA VECCONCINI-SPARTADA [i.e. GIOVANNI TECCA DA CAPISTRANO], Abbici pe’ Liberali di buona fide dell’anno 1848 esposto in tre dialoghi, Rom 1849, S. 6 und 75 sowie Dialoghi, Dialogho Io, S. 9.

3. Italien

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e Liberalismo nel secolo XVIII., i quali cospirarono insieme ad invilire, e ad inceppare la giurisdizione pontificia“.73 Charakteristisch für die semantische Stigmatisierung des Deutungsmusters war die Zusammenfassung aller politischen Ismen aus der Sicht der restaurativen Publizisten. Dazu zählten um 1848/49 vor allem radicalismo, socialismo und comunismo.74 Die neuen sozial-egalitär konnotierten Ismen stellte Pius IX. in seiner Enzyklika von 1849 ausdrücklich heraus.75 Der negative Bedeutungszusammenhang dieser modernen Bewegungsbegriffe verstärkte eine grundlegende weltanschauliche Dichotomie, nach der sich alle politischen und gesellschaftlichen Kräfte nur mehr dem Lager der cattolici oder ihrer versammelten Gegner zuordnen ließen.76 Eine Überbrückung dieses Gegensatzes schien nicht mehr möglich. Die neoguelfische Position, die sich im zeitgenössisch verbreiteten Motto „Pio è liberale per cuore, ed italiano per istinto“ einen politischfortschrittlichen und nationalen Fluchtpunkt geschaffen hatte, mündete nach der Revolution so in einen vertieften Antagonismus zwischen liberalismo und cattolicismo.77

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D. AGOSTINO CECCARELLI, La Demagogia confutata in ordine alla sovranità temporale della Santa Sede, Rimini 1850, S. 81 und 170; vgl. auch Quesiti Politico-Morali, S. 51 ff. Vgl. [CARLO MARIA CURCI] Sette Libere Parole di un Italiano sulla Italia (März 1849), 3. Aufl. Bologna 1849, S. VI und 15 sowie [ANTONIO ROSMINI SERBATI] La costituzione secondo la giustizia sociale. Con un’appendice sull’unità d’Italia, Mailand 1848, S. 60. Enciclica di Sua Santità il Sommo Pontefice Pio IX. agli arcivescovi e vescovi d’Italia, Ravenna [1849], S. 7 und 13. Vgl. MONALDO LEOPARDI, Il popolo liberale e progressista istruito sulla verità de’ novissimi da D. Muso Duro curato del paese della libertà evangelica, o.O. 1849, S. 29; Dialoghi politico-morali tra due amici riguardanti alcune errori invalsi nel tempo della prevalenza della demagogia nello stato Pontificio, Rom 1850, S. 27 sowie Dizionario di erudizione storico-ecclesiatica da S. Pietro sino ai nostri giorni. Compilazione del Cavaliere GAETANO MORONI ROMANI primo aiutante di camera di Sua Santità Pio IX., Bd. 59, Venedig 1852, S. 69 f. und Bd. 67, Venedig 1854, S. 135 ff. Zitiert nach VECCONCINI-SPARTADA, S. 89; vgl. für die zweite Jahrhunderthälfte DONOSO CORTES, Saggio sul cattolicismo, socialismo e liberalismo, Florenz 1851; L. PINCELLI, La Verità Cattolica e il Cattolicismo liberale. I Fondamenti e Pericoli delle fede ai nostri tempi aggiuntovi un trattato sul Cattolicismo liberale coi relativi documenti della S. Sede, Modena 1877; EMILIO VERACI, Il Liberalismo ed i suoi errori considerato sotto il triplice aspetto dommatico, politico e morale. Saggio di un Cattolico contemporaneo. Fasc. 1, Venedig 1879; SACUNTALA [pseud.], I liberali: in risposta all’enciclica del sig’ Pecci contro i massoni, Genua 1884; [PIETRO ROTA] Errori che si riferiscono al liberalismo. Proposizioni LXXVII, LXXVIII, LXXIX, LXXX del Sillabo di Pio IX. Commentato da Mons. Pietro Rota, Mailand 1885; FELICE SARDÀ Y SALVANY, Il liberalismo è peccato. Questioni che scottano, 2. Aufl. Prato 1888; TOBIA LOTESORIERE, L’attuale posizione dello Stato relativamente alla Chiesa è l’opera del liberalismo massonico. Trattazione scientifica, Turin 1898 sowie [MARIO MINEO JANNY] Il Liberalismo. Principii, conseguenze, rimedii. Conferenze recitate a Comitati e Circoli Cattolici da Mons. Mario Mineo Janny (1887), 4. Aufl. Palermo 1909.

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VII. Die zweite Jahrhunderthälfte im Ausblick

Der intransingente Katholizismus verstärkte seine Kritik in der Publizistik bereits 1849 durch die programmatische Gründung der Civiltà Cattolica, die eine vollständige Restauration christlicher Grundsätze in der Familie wie in der Gesellschaft anstrebte. Die Auseinandersetzung mit liberalismo wurde für die Civiltà cattolica dabei zu einem ideologischen Orientierungspunkt.78 Für den Prozeß der italienischen Nationalstaatsbildung entwickelte sich der Gegensatz zwischen der Italia liberale und der Italia cattolica zu einer spezifischen Hypothek, die die Ausbildung distinkter soziokultureller Milieus noch intensivierte.79 Denn im Gegensatz zur Stigmatisierung von liberali und liberalismo durch die römische Kurie entwickelte sich auf der Basis des in Piemont durch das Statuto Albertino begründeten parlamentarischen Verfassungsstaates nicht allein eine distinkte Semantik politischer Parteien, sondern vor allem eine identifikatorische Richtungsfunktion von liberale und liberalismo für die führenden Vertreter der bürgerlich-nationalen Sammlungsbewegung.80 Dabei fällt im 78

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Vgl. Un liberale Cattolico?, in: CIVILTÀ CATTOLICA, Serie prima 1 (1850), S. 537– 43; Proposita intorno all’uso delle voci liberale e liberalismo, in: ebd., Serie prima 11 (1852), S. 277–85; I liberali e le loro promesse, in: ebd., Serie quinta 10 (1864), S. 37– 47; I liberali e la loro tolleranza, in: ebd., Serie quinta 10 (1864), S. 290–302; I cattolici liberali in Italia, in: ebd., Serie sesta 6 (1866), S. 24–37; Il liberalismo ed il concilio ecumenico, in: ebd., Serie settima 3 (1868), S. 549–57 sowie Segue l’autobiografia del liberalismo italiano, in: ebd., Serie settima 7 (1869), S. 513–26. Vgl. [P. LUIGI PROTA] Lo Scisma ed il clero liberale in Italia pel P. Luigi Prota, Domenicano, Presidente della Società nazionale emancipatrice del sacerdozio italiano (Estratto dall’Emancipatore Cattolico), Neapel 1863; TERENZIO MAMIANI, Teorica della religione e dello stato e sue speciali attinenze con Roma e le nazioni cattoliche, Florenz 1868; LODOVICO DI CASTELPLANIO, Il concilio ecumenico vaticano ed i cattolici liberali, Turin 1870; Il Liberalismo cattolico. Pensieri di un solitario, Turin 1877; DAVIDE ALBERTARIO, Dei cattolici e del Liberalismo: Discorso, Mailand 1877; G. M. GRASSI, Clericali liberali conservatori nazionali; studi e dichiarazioni, Florenz 1879; GIANNI LUCINIGO, Della monarchia e del papato in Italia; ovvero dei conservatori e liberali italiani, Mailand 1884; LEOPOLDO QUARTINI, Liberalismo, clericalismo e democrazia, Florenz 1886; ILARIO [pseud.], Come possa correggersi la condotta del Clero Italiano verso le istituzioni liberali della nazione, Pisa 1888 sowie Il Liberalismo moderno di fronte alla Chiesa e alla civile società. Per un Romagnolo, Bologna 1897. Vgl. zu den positiven zeitgenössischen Rekursen auf liberale GIORGIO FALCO (Hrsg.), Lo Statuto Albertino e la sua preparazione, Rom 1945, S. 90, 269 f., 280 und 297; La Destra e la Sinistra Parlamentare, Florenz [1868]; STEFANO JACINI, I conservatori e l’evoluzione naturale dei partiti politici in Italia, Mailand 1879; A. JEHAN DE JOHANNIS, Sul programma di un nuovo partito liberale che si intitola da Camillo Cavour. Lettere aperte al Senatore Carlo Alfieri di Sostegno, Turin 1889 sowie G. B. CUNIGLIO, Della monarchia e dei partiti politici in Italia, Turin 1889; vgl. als wichtige Zeitschriftenartikel PIETRO MAESTRI, I partiti in Francia, in: IL POLITECNICO 9 (1860), S. 69–85; A. SCIALOJA, Della mancanza dei veri partiti politici in Italia, in: NUOVA ANTOLOGIA 13 (1870), S. 54–88; LUIGI PALMA, I partiti politici in Italia, in: ebd. 65 (1882), S. 131–59; R. DE ZERBI, I partiti politici, in: ebd. 102 (1888), S. 443–558; La trasformazione dei partiti, in: RASSEGNA SETTIMANALE DI POLITICA, SCIENZE, LETTERE ED ARTI, Nr. 5, 6. Juni 1880, S. 381 f.; vgl. ferner CESARE BALBO, Della monarchia rappresentativa in Italia, saggi politici di Cesare Balbo. Della politica nella presente civiltà, abbozzi, del medesimo autore, Florenz 1857; I Partiti al Parlamento 1859–1860, seguito

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deutsch-italienischen Vergleich, der im Hinblick auf die vergleichsweise späte Nationsbildung und die Staatsnationen Piemont und Preußen eine besondere Relevanz hat, ein entscheidender Unterschied auf: Während bei Bismarck die Abgrenzung und Polemik gegenüber Liberalismus überwog, repräsentierte liberalismo für Cavour ein zukunftsweisendes politisches Identifikationsattribut, das das Programm des parlamentarischen Verfassungs- und Nationalstaates konturierte.81 Davon ging in der zweiten Jahrhunderthälfte eine eigene Traditionsbildung der Italia liberale aus, an die im 20. Jahrhundert auch Benedetto Croce mit seinen programmatischen Deutungen von liberalismo anknüpfen konnte.82

4. Personalisierung und Traditionsstiftung in England: Von der Liberal party Gladstones zum New Liberalism Die im Dezember 1852 aus Anhängern Robert Peels und whig-Reformern gebildete Koalitionsregierung unter dem Earl of Aberdeen markierte bereits für Zeitgenossen jene Zäsur, „after which point reformers less frequently called themselves Whigs, and the terms ‚Liberal‘ or (for ex-Peelites) ‚Liberal Conservative‘ came into currency“.83 Schon 1850 hatte Leigh Hunt bemerkt, daß die „newer and more thorough-going Whigs were first known by the name of Radicals, and have since been called . . . Liberals“.84 Dabei überdeckte die politische Gruppenbezeichnung liberals weiterhin die erheblichen Differenzen zwischen radicals wie Hume und Roebuck und den Mitgliedern der entschieden freihändlerisch orientierten Manchester School. Während erstere die aggressivinterventionistische Außenpolitik Palmerstons in den 1850er Jahren als Unter-

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della Sinistra Parlamentare, Turin 1860; CARLO ALFIERI, Le idee liberali nel Parlamento Italiano, Florenz 1868 sowie DERS., L’Italia liberale: Ricordi, considerazioni, avvedimenti di politica e di morale, Florenz 1872. Dies kann hier nur angedeutet werden; vgl. CAMILLO BENSO DI CAVOUR, Sulla questione di Roma (1861), in: Classici del liberalismo, Bd. 2, S. 3–16 sowie CAMILLO BENSO DI CAVOUR, Discorsi parlamentari, Bd. 1: 1848–1850, hrsg. von ADOLFO OMODEO, Florenz 1932, Rede vom 24. Januar 1850, S. 389; CAMILLO BENSO DI CAVOUR, Discorsi parlamentari, Bd. 2: 1850–1851, hrsg. von ADOLFO OMODEO, Florenz 1932, Rede vom 7. März 1850, S. 75 ff.; vgl. zu Bismarck Kapitel IV.2.a) und VII.2. Vgl. P. PIERINI, La Genesi del Liberalismo. Testimonianze storiche, Prato 1889; DOMENICO ZANICHELLI, Il partito liberale storico in Italia (1887), Bologna 1893; G. B. CUNIGLIO, L’Italia liberale in fin di secolo. Trattato politico di un liberale-conservatore (1895), 2. Aufl. Turin 1896; BENEDETTO CROCE, Liberismo e Liberalismo. Nota letta all’Academia di Scienze morali e politiche della Società Reale di Napoli dal Socio Benedetto Croce, Neapel 1927; DERS., Il presupposto filosofico della concezione liberale. Nota letta all’Academia di Scienze morali e politiche della Società Reale di Napoli dal socio Benedetto Croce, Neapel 1927 sowie DERS., Parole di Benedetto Croce sul Liberalismo, Florenz 1944. MANDLER, S. 119. LEIGH HUNT, Autobiography, Bd. 2, London 1850, S. 77.

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VII. Die zweite Jahrhunderthälfte im Ausblick

stützung freiheitlicher Bewegungen im Ausland begrüßten, lehnten Cobden und Bright sie ab, weil sie den Prinzipien von Frieden und Nichteinmischung widerspreche. Die Überbrückung solcher Differenzen im Victorian Liberalism gelang erst unter dem Einfluß Gladstones anhand der Integrationsbegriffe peace, retrenchment and reform und vor dem Hintergrund der ungebrochen bipolaren Semantik von liberal/ conservative, die sich in einem komplexen Prozeß seit den 1830er Jahren aus whig/tory entwickelt hatte.85 Mit der middle-class Akzentuierung von liberalism setzte sich zugleich die Kritik an whig und whiggism als Synonyme für eine aristokratisch-rückständige Clique, als „exclusive and aristocratic faction“ fort, die sich bereits im Verlauf der 1830er Jahre abgezeichnet hatte.86 Ihnen warf man im Rückblick auch nach der Jahrhundertmitte vor, mit dem unverdächtigen Etikett liberal lediglich ihre eigene aristokratische Interessenpolitik zu verschleiern: The Whigs employ the phrases of liberality upon compulsion. They are liberal, because they need some means of exciting the nation. When out of office they are demagogues; in power they become exclusive oligarchs. In the one case and in the other, they pursue without scruple what they believe to be their party interest.87

Entscheidend für die historische Semantik von liberal/liberalism nach 1850 wurde neben dem allmählichen Zurücktreten der älteren Parteibezeichnungen vor allem die noch immer weitgehende Austauschbarkeit der neuen Etiketten liberal und conservative. Dies zeigte, wie wenig sich im House of Commons eindeutige parteipolitische Grenzen etwa im Sinne einer durchgreifenden Fraktionsdisziplin entwickelt hatten und wie weit die Begriffe insbesondere von einer weltanschaulichen Tiefenwirkung wie in Deutschland – zumal im Kontext des Antagonismus liberal-katholisch während des Kulturkampfs – entfernt waren. Distinkte soziokulturelle Milieus ließen sich mit den Etiketten nicht klar 85

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Vgl. BRADLEY, S. 27 f. und Conservatives and Liberals, in: THE MONTH 20 (1874), S. 451–8; EDWARD W. COX, Conservative principles and conservative policy: A Letter to the electors of Tewkesbury, London 1852; The Claims of Conservatism versus Liberal Liberality. A New Remark on the pamphlet entitled Support the Government. By a Conservative Non-Elector, London 1865; JOHN HENRY MURCHISON, The Conservatives and „Liberals“, their principles and policy, London 1866; DERS., The Conservatives and „Liberals“, their principles and policy, with an Introduction on the Reform Question, 2. Aufl. London 1866; R. DUDLEY BAXTER, English Parties and Conservatism, London 1870; WILLIAM DYSON WOOD, The present condition of political liberalism in England, London 1872; DERS., The Philosophy of Conservatism, London 1872; [BENJAMIN DISRAELI] Lord Beaconsfield interviewed. Remarkable Statements of his Lordship. By A. C. Y. and A. G. S., London [1879]; RICHARD THOMPSON, The Tories: Their Principles and Practices, Liverpool [1880]; DERS., The Liberals: Their creed, character, and career, 6. Aufl. Liverpool [1885]; W. PRATT, Conservatism. A Lecture delivered at the Miles Platting Conservative Club, Manchester May 5th, 1892, Manchester 1892 sowie Liberalism and Toryism: A three years’ contrast. Lantern Lecture, Guildford 1898. Vgl. Kapitel V.4.b) und VI.4.a). ARTHUR ROEBUCK, History of the Whig Ministry of 1830, to the passing of the Reform Bill, Bd. 2, London 1852, S. 405 f.

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bestimmen. Die Reforminitiativen ließen sich gerade nicht einseitig den liberals zuschreiben: Even in our own day we have heard the head of a coalition declare that the terms Liberal and Conservative implied a distinction without a difference; as no person could be so Liberal as not to wish to conserve what was good, and no person so Conservative as not to wish to abandon what was essentially mischievous. The House of Commons has virtually recognised this doctrine by voting irrespective of party ties.88

Die zweite Wahlrechtsreform von 1867, die die konservative Regierung unter Benjamin Disraeli durchgesetzt hatte, führte zu einer erheblichen Ausweitung der Wahlberechtigten. Dies kam primär den liberals zugute, denn die nunmehr wahlberechtigten Geschäftsinhaber, Kaufleute und Handwerker bildeten fortan Stammwähler der Liberal party.89 Die Wahlen von 1868 markieren insofern ein fundamentales Datum, weil die liberals jetzt zum ersten Mal seit 1831 wieder über eine klare parlamentarische Mehrheit verfügten. Während aber zu Beginn der 1830er Jahre noch die semantische Präponderanz von whig gegenüber liberal deutlich gewesen war, hatte sich liberal/liberalism nunmehr als eigenständiges politisches Deutungsmuster durchgesetzt, während whig nur noch für die Meinung einer aristokratische Minderheit stand.90 Die für diese semantische Entwicklung grundlegende Vorbedingung bestand in der Personalisierung von liberal/liberalism durch die Figur Gladstones, von dem nicht allein eine besondere Moralisierung des Deutungsmusters ausging, sondern der mit seinen neuartigen Mobilisierungskampagnen in den Wahlkämpfen maßgeblich die Identifikation breiter Bevölkerungsschichten mit liberalism als Ausdruck einer nationalen Haltung und einer historischen Tradition erreichte.91 Von der persönlichen Stilisierung politischer Programmatik durch 88 89 90

91

A letter to a Noble Lord on the nature and prospects of political party. By a Commoner, London 1858, S. 41 f. Vgl. BRADLEY, S. 38 f. Vgl. The New Conservatism. A short Essay with Notes and References. By a Whig. Adressed especially to the Whig Electors, London 1885; MONTAGUE COOKSON, Whig and Tory: The two Root-Ideals, in: CONTEMPORARY REVIEW 22 (1873), S. 831–45; GOLDWIN SMITH, Whigs and Liberals, in: FORTNIGHTLY REVIEW 29 (1878), S. 404–16; GEORGE C. BRODRICK, Liberals and Whigs, in: ebd., S. 729–40 sowie ERNEST MYERS, Whigs and Liberals, in: FRASER’S MAGAZINE FOR TOWN AND COUNTRY 105 (1882), S. 779–88. Vgl. BRADLEY, S. 12, der hier in seinem Urteil auf Guido de Ruggiero zurückgreift: „The thoughts and actions of Gladstone must inevitably dominate any book about Victorian Liberalism. As the great Italian historian, Guido de Ruggiero, noted in his History of European Liberalism (1927), from the 1860s the word ‚Liberal‘ took on a precise and specialized meaning in Britain very different from its more general application on the Continent: ‚It came to mean purely and simply a member of Mr. Gladstone’s party.‘ The subject of this book is really Gladstonianism, that distinct and dominant set of beliefs and values which effectively was Liberalism for most Victorians, whether they subscribed to it or not.“; vgl. [WILLIAM EWART GLADSTONE] Mr. Gladstone’s Midlothian Speeches. Reprinted from the Daily Telegraph, London 1885 sowie kritisch A Diary of the Gladstone Government, Edinburgh 1886, S. 3: „Liberalism is a policy of noble sentiments, of superfine professions, of exalted motives, of plausible pla-

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Gladstone ging damit eine wesentliche Integrationswirkung aus, die die offenkundigen Interessengegensätze innerhalb der Liberal party überbrückte und ihr den Charakter einer klassenübergreifenden Volkspartei verlieh.92 Dennoch blieb die Heterogenität Bestandteil der Semantik von liberal. So urteilte William Harcourt, daß „like the Kingdom of Heaven, the Liberal Party is a house of many mansions“.93 Queen Victoria stützte ihre Hoffnungen auf ein baldiges Zerbrechen der Liberal party auf ihre Beobachtung, die Liberal party sei nichts als eine „shamefully heterogenous union“, und in Merediths Beauchamp’s Career erschien sie als Sammlung von „stranded Whigs; crotchety manufacturers; dissentient religionists; the half-minded and the hare-hearted“.94 Die kritische Würdigung des idealtypischen liberal in Matthew Arnolds Friendship’s Garland von 1870 unterstrich nicht allein die dem Begriff zugrundeliegende charakteristische Mischung aus progressiver Selbstgewißheit und dem Selbstverständnis als bedingungsloser reformer, sondern darüber hinaus einen besonderen kulturellen Habitus, der sich aus religiösem dissent und sozialem Eigeninteresse speiste. Arnolds liberal entsprach der Figur eines „selfmade middle-class man“, der „with a sturdy self-reliance thoroughly English, left his mind wholly to itself, his daily newspaper and his Particular Baptist wife.“ Hinter der Identifikation mit Manchester School, Daily Telegraph und Liberal party stand ein ungebrochenes Bekenntnis zum Fortschritt: He is one of the earliest free traders; he has always gone as straight as an arrow about Reform; he is an ardent voluntary in every possible line . . . and he paid the whole expenses of a most important church rate contest out of his own pocket. And, finally, he looks forward to marrying his deceased wife’s sister. Table the whole Liberal creed, and in not a single point of it will you find Bottles tripping.95

Außerhalb des Parlaments wurde der Gegensatz zwischen Liberal movement und Liberal party und vor allem der Niedergang des whiggism intensiv reflektiert. Die Abwendung vom Ideal der aristokratischen whigs markierte geradezu exemplarisch die Äußerung Gladstones: „a man not born a Liberal may become a Liberal, but to be a Whig he must be a born Whig“.96 Dahinter stand die Auffassung, daß hinter liberals nicht länger die dem whig-Begriff eigene Be-

92

93 94 95 96

titudes. It appeals to the ear alone; it professes to believe that the world is better than it is, and that we are better than the world.“ Vgl. MAGNUS C. RENDALL, Gladstone and Disraeli, and the Whig and Tory Parties. A Lecture delivered in the assembly rooms, Leith, on the 18th November, 1867. Reprinted from the Leiths Burghs Pilot, o.O. 1867; A. W. C. LINDSAY, Conservatism; its principle, policy, and practice. A reply to Mr. Gladstone’s speech at Wigan, 23rd October 1868, London 1868 sowie GEORGE BROOKS, Gladstonian Liberalism: in idea and in fact, London [1885]. Zitiert nach D. A. HAMER, Liberal Politics in the Age of Gladstone and Rosebery, Oxford 1972, S. 165. MEREDITH, Bd. 1, S. 294. Zitiert nach [MATTHEW ARNOLD] The Complete Works of Matthew Arnold, hrsg. von R. H. SUPER, Bd. 5, Ann Arbor/Michigan 1965, S. 69. Zitiert nach G. W. E. RUSSELL, Social Silhouettes, London 1906, S. 151.

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deutung aristokratisch-familiärer Netzwerke stand. Genau in diesem Sinne betonte Anthony Trollope in seinem Roman Phineas Redux, die liberals seien keine „uncles, brothers-in-law, or cousins to each other“ so wie „in former days, when they were Whigs instead of Liberals.“ Dies unterstrich die veränderte gesellschaftliche Einschätzung des Begriffsfeldes und das Gewicht der middleclass Konnotation, die sich bereits bei John Stuart Mill in den 1830er Jahren angekündigt hatte.97 Genau diese Bedeutungsrichtung wurde auf der anderen Seite zum Ansatzpunkt für die Kritiker des Victorian Liberalism, die wie Matthew Arnold alle programmatischen Werte der englischen liberals ironisch mit dem Attribut middle-class versahen. Bei Arnold erschien der Idealtypus der englischen liberal idea als „the legislation of middle-class parliaments . . . the local self-government of middle-class vestries . . . the unrestricted competition of middle-class industrialists . . . the dissidence of middle-class Dissent and the Protestantism of middle-class Protestant religion“.98 Noch weiter als Arnold ging 1885 der sozialistische Künstler und Schriftsteller William Morris in seiner Rede über The Signs of Change, in der er die bürgerliche Klassenbasis der Liberal party hervorhob und diese in den Kontext eines kontinuierlichen Niedergangs stellte, für die das Schicksal des Chartism und das völlige Zurücktreten revolutionärer Strategien unter der Industriearbeiterschaft während der ökonomisch prosperierenden 1850er und 1860er Jahre bezeichnend gewesen sei. Im Gegensatz zu den kontinentaleuropäischen Vergleichsfällen entwickelte sich in England die ideologiekritische Deutung der liberals aus der Perspektive der Industriearbeiterschaft erst spät. Dies verwies auf die im Gegensatz zu Deutschland charakteristische Integrationswirkung von liberal/liberalism auch im Hinblick auf die labouring classes.99 Für Morris indes war aus der potentiellen Reformbewegung der liberals eine prinzipien97 98

99

ANTHONY TROLLOPE, Phineas Redux, zitiert nach BRADLEY, S. 40; vgl. Kapitel V.4.b). MATTHEW ARNOLD, Culture and Anarchy (1869), hrsg. von J. DOVER WILSON, Cambridge 1971, S. 63; vgl. ferner MATTHEW ARNOLD, Irish Catholicism and British Liberalism, in: FORTNIGHTLY REVIEW 30 (1878), S. 26–45; DERS., The Future of Liberalism, in: NINETEENTH CENTURY 8 (1880), S. 1–18 und DERS., The Nadir of Liberalism, in: ebd. 19 (1886), S. 645–63. Vgl. Letters to Working Men, Nr. 2: Radical, Liberal, or Conservative? By an old Liberal, London [1879]; Why I vote for the Liberals. A Dialogue between Two Working-Men (London and Counties Liberal Union), London 1885; GEORGE POTTER, The Conservative working man and the Liberal working man. A Contrast (Political tracts for new electors), London 1885; DERS., Liberalism versus Toryism; or, how working men should vote (Political tracts for new electors), London 1885; ANDREW DRYBURGH PROVAND, Why working-men should vote for Liberals, an adress, Manchester 1885; [JOHN MORLEY] Liberalism and Social Reforms. Speech by the Right Hon. John Morley. On Tuesday, November 19th, 1889, London 1890; HERBERT GLADSTONE, The Liberal party and the Labour question, London 1892; WILLIAM HILL, Labour and Liberalism. A note of warning and a plea for Common Sense, London [1894]; [WINSTON LEONARD SPENCER CHURCHILL] For Liberalism and Free Trade. Principal Speeches of the Right Hon. Winston S. Churchill, Dundee [1908] sowie DERS., Liberalism and the social problem, 2. Aufl. London 1909.

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lose Partei geworden, die die Arbeiterschaft noch einzubinden versuchte, obgleich deren Interessen zwangsläufig mit denen der ökonomisch profitierenden middle classes kollidieren mußten. Der Klassencharakter der Liberal party konterkarierte damit den Anspruch auf politisch-gesellschaftliche Fortschrittlichkeit. Die langfristige Desintegration von liberalism und Liberal party aus dieser sozialkritischen Perspektive wurde hier zumindest in Umrissen erkennbar: the Liberal Party, a non-descript and flaccid creation of bourgeois supremacy, a party without principles or definition, but a thoroughly adequate expression of English middle-class hypocrisy, cowardice, and short-sightedness, engrossed the whole of the politically progressive movement in England, and dragged the working classes along with it, blind as they were to their own interests and the solidarity of labour.100

Dennoch stellte der Versuch einer solchen primär klassenideologischen Bestimmung des politischen Parteienbegriffs nur ein semantisches Muster unter anderen für die Bestimmung von liberalism dar. Gegenüber dem Primat einer klassengebundenen Konnotation hob etwa Lord Acton in klassischem Rekurs auf die historische Macht der Ideen hervor, daß „the Whig governed by compromise; the Liberal begins the reign of ideas“.101 Während der 1850er Jahre verdichtete sich im englischen Politikdiskurs darüber hinaus eine bemerkenswerte Traditionsstiftung, in der das Deutungsmuster liberal/liberalism als Ausdruck der besonderen politischen und nationalen Identität Englands erschien, obgleich es im Gegensatz zu den kontinentaleuropäischen Vergleichsfällen spät und überhaupt erst durch eine komplexe Adaption durch die whigs Eingang in das politische Vokabular Englands gefunden hatte. Hier zeichnete sich eine semantische invention of tradition ab, die sich nahtlos in die whig interpretation of history einfügen ließ.102 So konstatierte Robert Lowe in der Edinburgh Review 1857 rückblickend den großen Erfolg und die allgemeine Durchsetzung der „Liberal principles.“ Diese seien nun „uncontested“. Programmatisch fügte er hinzu: „Liberalism is the dominant

100 101 102

Zitiert nach [WILLIAM MORRIS] The Collected Works of William Morris, hrsg. von M. MORRIS, Bd. 23, London 1915, S. 71 f. Zitiert nach G. WATSON, The English Ideology, London 1973, S. 16. Vgl. zu diesem Deutungskonzept für die neuere englische Geschichte die Beiträge in ERIC HOBSBAWM und TERENCE RANGER (Hrsg.), The invention of tradition (1983), Cambridge 1992, passim; vgl. in langfristiger Perspektive WILLIAM T. HAINES, Liberalism in England, London 1881; [JOHN BRIGHT] The Work of the Liberal Party during the last fifty years. A Letter from the Right Hon. John Bright, London 1885; GEORGE OTTO TREVELYAN, The Liberal Party. Speech on May 16th, 1887, London 1888; The work of Liberalism since the Great Reform Act. A summary of political history, 1832–1899, London 1899; WALTER LYON BLEASE, A short history of English Liberalism, London 1913; vgl. auch die Aufnahme der Begriffe bei GEORGE CORNEWALL LEWIS, Remarks on the Use and Abuse of some Political Terms. A New Edition, with Notes and Appendix by SIR ROLAND KNYVET WILSON, Oxford 1877 und GEORGE CORNEWALL LEWIS, Remarks on the Use and Abuse of some Political Terms. A New Edition, with Notes and Introduction by THOMAS RALEIGH, Oxford 1898.

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creed“.103 Die Verbindung von liberal mit Parliamentary Reform hatte seit den beginnenden 1830er Jahren als grundlegend für jeden liberal gegolten und schien sich jetzt in eine eigene geradezu nationale Tradition verwandelt zu haben: From the political associations of half a century, the notion of Parliamentary Reform has become indissolubly connected with the idea of a liberal and progressive policy; it forms part of the standing official creed of all Whig and Radical candidates . . . A candidate would scarcely be received as a Liberal who did not volonteer it . . . This profession of faith still constitutes the tacitly admitted test of the Liberal grandchildren, as it did of the Liberal grandfathers . . . It will doubtless continue to be so long after everything has been done which all wise and sober Liberals deem desirable. We are an ‚ancestral‘ people; we cling to ancestral abodes, whether architectural or mental.104

Kennzeichen dieser nationalen Traditionsstiftung der zweiten Jahrhunderthälfte war die Aufladung des Begriffsfeldes mit den zivilisatorischen und aufklärerischen Wertbegriffen emancipation, progress und indivuality. Nach der Adaption von liberal durch die whigs in den 1820er und 1830er Jahren zeichnete sich damit für England eine semantische Entwicklung ab, die zumindest tendenziell an die in Deutschland so charakteristische gesinnungsethische und geschichtsphilosophische Prägung von liberal und Liberalismus erinnerte. Vor diesem Hintergrund stand das Deutungsmuster auch in England zumindest in bestimmten Bereichen für eine soziokulturelle Haltung, die über die semantische Kategorie eines bloßen Parteienetiketts hinauswies. Im Gegensatz zu den conservatives, denen das Attribut der stupid party anhing, und auch gegenüber dem aristokratisch-exklusiven Unterton von whig/whiggism erschien liberalism als Identifikationsattribut einer progressiven intellektuellen Avantgarde. In den 1860er Jahren hob James Fitzjames Stephen diese Bedeutung hervor: „to be a Conservative meant to be opposed to pretty well all the main intellectual movements of the time“.105 Die Anziehungskraft von liberalism auf Intellektuelle und Schriftsteller reflektierte auch die Bemerkung, daß „in those days literary men were mostly Liberals“.106 Unter den liberalism zugewiesenen Attributen dominierte nach 1850 emancipation. Für die semantische Bestimmung des Begriffsfeldes hatte dies grundlegende Bedeutung. Im Kontext der zweiten Wahlrechtsreform von 1867 hob 103 104 105

106

[ROBERT LOWE] The Past Session and the New Parliament, in: EDINBURGH REVIEW 105 (1857), S. 552–78, hier S. 557. [W. G. GREG] Representative Reform, in: EDINBURGH REVIEW 106 (1857), S. 254–86, hier S. 256. Zitiert nach J. ROACH, Liberalism and the Victorian Intelligentsia, in: HJ 13 (1957), S. 58. Auch die Erinnerung von Henry Lunn unterstrich dieses negative Image des tory. Als junger Mann habe er sich daran gewöhnt, „to calculate the number of Liberals present at a political meeting by looking at the hats on the pegs outside. The big hats belonged to Liberals, because Liberals had big brains; the small hats to the unintelligent Tories“, zitiert nach A. LUNN, Come What May, London 1940, S. 11; vgl. ferner FITZJAMES STEPHENS, Liberalism, in: CORNHILL MAGAZINE 5 (1862), S. 70–83. JAMES BRYCE, Studies in Contemporary Biography, London 1903, S. 120.

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John Morley in einem Artikel der Fortnightly Review hervor, die neue Liberal party sei „likely to have on its side a great portion of the most highly cultivated intellect in the nation, and the contest will be between brains and numbers on the one side, and wealth, rank, vested interest, possession in short, on the other“.107 Damit suchten sich zumal die Autoren der Fortnightly Review vom moralischen Rigorismus der viktorianischen Gesellschaft abzugrenzen. Zugleich unterstrich dies die semantisch-strukturierende Wirkung des bestehenden Zweiparteiensystems, das es erlaubte, die eigene Position zugleich immer im Hinblick auf den politischen Gegner zu markieren. Dieser Antagonismus blieb für die politische Semantik der Bewegungsbegriffe in England auch in der zweiten Jahrhunderthälfte kennzeichnend. In The Prime Minister ließ Anthony Trollope den Duke of Omnium zu Phineas Finn sagen: „You are a Liberal because you know that it is not as it ought to be, and because you would still march on some nearer approach to equality“.108 Der Nimbus des liberal beruhte dabei auf seiner historisierbaren Rolle als Motor von Chancengleichheit und zivilisatorischem Fortschritt. Im Sinne dieser Fortschrittsideologie hoben zahlreiche Autoren zumal in der Phase nach 1860 die Symbiose von liberalism und progress hervor – ein Argumentationsmuster, das sich in Gladstone geradezu personifizieren ließ. Zuweilen nahm dieses Selbstverständnis auch die Form einer zivilisatorischen Mission an: Samuel Morley definierte die liberals als „a party of progress, a party whose desire it is to keep pace with the times and with the requirements of the nation – not seeking change for the sake of change, but for improvement“.109 In der Antwort auf die Frage, warum er ein liberal sei, unterstrich Joseph Chamberlain die universalhistorische Relevanz des Fortschrittsgedankens und die diskursive Funktion von liberalism, diese Grundidee des 19. Jahrhunderts im politisch-konstitutionellen Rahmen zu artikulieren: „progress is the law of the world; and Liberalism is the expression of this law in politics“.110 Auch ein so aufmerksamer Kritiker von liberalism in den 1860er Jahren wie Matthew Arnold, der nicht müde wurde, zu betonen, daß die spezisch englische Auffassung von Fortschritt in Wirklichkeit „like our reliance on freedom, on muscular Christianity, on population, on coal, on wealth“ lediglich ein „mere belief in machinery“ und damit „unfruitful“ sei, kam nicht umhin, die Verbreitung dieses Fortschrittsideals 107

108 109 110

FORTNIGHTLY REVIEW, N. S. 1 (1867), S. 491 f.; vgl. ferner JOHN MORLEY, The Liberal Programme, in: FORTNIGHTLY REVIEW 8 (1867), S. 359–69; JOSEPH CHAMBERLAIN, The next page of the Liberal Programme, in: ebd. 22 (1874), S. 405–29; GEORGE C. BRODRICK, What are liberal principles?, in: ebd. 25 (1876), S. 174–93; W. S. LILLY, Liberty and Liberalism, in: ebd. 45 (1886), S. 660–79; The Future of Liberalism, in: ebd. N.S. 63 (1898), S. 1–21 und EDWARD DICEY, The Downfall of Liberalism, in: ebd. N.S. 68 (1900), S. 803–14. ANTHONY TROLLOPE, The Prime Minister (1876), Bd. 2, Oxford 1952, S. 265. E. HODDER, The Life of Samuel Morley, London 1887, S. 446. Zitiert nach ANDREW REID (Hrsg.), Why I am a Liberal, definitions by the best minds of the Liberal party, London [1885], S. 15; vgl. auch DERS. (Hrsg.), The new Liberal programme, by representatives of the Liberal party, London 1886.

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und dessen semantische Verbindung mit dem Attribut liberal in der Öffentlichkeit anzuerkennen: „the country is profoundly Liberal; that is, it is profoundly convinced that a great course of growth and transformation lies before it“.111 Neben der Konnotation des Begriffsfeldes mit emancipation und progress stellte individuality seine dritte bestimmende semantische Kategorie dar. Bereits der Fortschrittsglaube beruhte im wesentlichen auf dem Optimismus, die individuelle Fähigkeit zu gesellschaftlicher und politischer Verbesserung sei der entscheidende Antrieb für jede historische Entwicklung. Die Bestimmung von liberalism zielte primär auf diese individualistische Kategorie, dergegenüber eine kollektive Handlungsdimension eher zurücktrat. So hob James Stansfield hervor: „Liberalism believes in individuality, in the capacity for liberty and progress of the individual man. There is no Liberalism without this as the basis of its faith“.112 Aus dieser Bedeutungsbestimmung resultierte auch die zeitgenössische Stilisierung von idealtypischen liberals in der Literatur, so etwa Colonel Thomas Newcome in Thackerays The Newcomers, Harold Transome in George Eliots Felix Holt the Radical, Plantagenet Palliser in Trollopes Palliser Novels oder Nevil Beauchamp in Merediths Beauchamp’s Career.113 Solche literarischen Personifizierungen von liberalism zeichnete zunächst die Tradition der reformer und ihr programmatisches Bekenntnis zu improvement und progress in politischer und zivilisatorischer Hinsicht aus. Andrew Reid, der in den 1880er Jahren zahlreiche Selbstaussagen führender liberals sammelte und sie 1885 zu dem Bestseller Why I am a Liberal zusammenfaßte, verlieh dem liberal in seiner idealtypischen Charakterisierung regelrecht heroische Züge, indem er das zeitgenössische Selbstverständnis des unerschrockenen und bedingungslosen Vorkämpfers für progress mit einer universalhistorischen Menschheitsmission identifizierte: He is a man of indestructible, illimitable, and indomitable faith . . . He has no idea of finality. He refuses to listen to the voice of darkness – ‚Thus far shalt thou come and no further.‘ To the challenge of the sentinel of the night ‚Who goes there?‘, he gives the password ‚Light!‘ . . . Over impassable mountains and through adamantine frontiers, into dark countries and black forests he plunges; and while the Tory-hearted, ancient-minded, and feeblekneed are crying out ‚Impossible!‘, ‚Dreadful!‘, he emerges on the other side, amid the ringing cheers of the people, with his hands full of glorious discoveries.

Dieser zeitgenössische Optimismus sprach auch aus der anthropologischen Metapher, mit der James Stansfield liberalism als „robust and hopeful“ bestimmte: „It represents the natural mental attitude and condition of many educated intelligence in youth and manhood“.114 John Stuart Mills schlagwort111 112 113 114

ARNOLD, Culture, S. 59 und DERS., Schools and Universities on the Continent, in: [DERS.] The Collected Works of Matthew Arnold, Bd. 12, London 1903, S. 129. Zitiert in REID, Liberal, S. 93. Vgl. BRADLEY, S. 47. REID, Liberal, S. 119–23 und S. 93; vgl. ferner Liberalism and Liberalism, in: THE MONTH 36 (1879), S. 157–67; ROBERT WALLACE, The Philosophy of Liberalism, in: NINETEENTH CENTURY 9 (1881), S. 302–23; DANIEL GRANT, On the Policy of Libera-

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artige Gegenüberstellung von 1865 „A Liberal is he who looks forward for his principles of government, a Tory looks backward“ dokumentierte nicht allein die antagonistische Struktur der politischen Semantik von liberal und tory/conservative, die der diskursiven Auseinandersetzung eine besonders polemische Dynamik verlieh, sondern ist auch deshalb signifikant, weil sie semantisch nahezu identisch mit der Selbstbeschreibung der whigs seit dem Ende des 18. Jahrhunderts war. Auch sie hatten die ideologische Trennungslinie gegenüber den tories anhand der Orientierung gegenüber der Geschichte markiert.115 Hier wurde deutlich, wie über die politisch-semantische Transformation von whig durch liberal hinaus wesentliche Bestimmungsmuster weitertransportiert werden konnten, ohne daß sich für die Zeitgenossen daraus ein Widerspruch ergab. Es war wiederum Matthew Arnold, der 1869 in Culture and Anarchy die Aufbruchstimmung und den Optimismus ironisch reflektierte, der den middleclass Liberalism der 1860er Jahre grundierte und der in der Person Gladstones seine Verkörperung gefunden zu haben schien: „The heroes of middle-class Liberalism speak with a kind of prophetic anticipation of the great destiny which awaits them, and as if the future was clearly theirs“.116 Vor allem dieses Bewußtsein, aus der Zukunftsverheißung Wertmuster, Sinn und eigene Identität in der Gegenwart ableiten zu können, schien sich seit den 1860er Jahren in liberalism zu verdichten – eine signifikante Parallele zu deutschen Bestimmungsmustern um 1830. George Meredith definierte liberalism entsprechend als „the thing of the present and its urgencies“, und R. W. Dale, ein Anhänger Joseph Chamberlains aus Birmingham, stilisierte den Begriff im Sinne einer expandierenden säkularen Zivilisationsreligion: „the very function of Liberalism is to discover and settle new political territory. We are always on the frontiers“.117

115 116 117

lism, [London] 1875; WILLIS NEVINS, Why Englishmen should join the Liberal Party, London [1878]; ELI HAMSHIRE, Monopolization and Bondage; to which is added thirty-six reasons why I am a Liberal, and reasons why I am a Dissenter. By a carrier’s boy, [Ewhurst] 1885; ARTHUR BRUCE SMITH, Liberty and liberalism, London 1887; Liberalism and Liberty: A Political Catechism for Electors. By a Nonconformist, London 1891; Essays in liberalism. By six Oxford men, London 1897 sowie JOHN MACKINNON ROBERTSON, The future of Liberalism, Bradford [1895] und DERS., The meaning of Liberalism, London 1912. MORNING STAR, 6. Juli 1865. ARNOLD, Culture, S. 87. MEREDITH, S. 136 f. sowie R. W. DALE, Liberalism: An Adress delivered October 22, 1878 to the members of the Birmingham Junior Liberal Association, Birmingham 1878, S. 6; vgl. auch die ironische Charakterisierung der liberals in Disraelis Roman Sybil von 1845, zitiert nach G. W. E. RUSSELL, Collections and Recollections, London 1898, S. 457; voller Ironie läßt der Autor Lady St. Julians fragen: „Men who breakfast out are generally Liberals. Have you not observed that? I wonder why?“ Die prompte Antwort von Lady Firebrace besteht aus dem Hinweis auf die Abhängigkeit der liberals von der täglich wechselnden öffentlichen Meinung: „It shows a restless, revolutionary mind that can settle to nothing, but must be running after gossip the moment they are awake.“

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Die tiefgreifende semantische Transformation von liberal ausgehend von einer ursprünglichen Tory-Invektive gegen jakobinisch-revolutionäre Außenseiter um 1820, über die Selbstbezeichnung der whiggistischen Reformer zu einem schließlich fest verankerten politischen Grundbegriff und historischen Identifikationsmuster, das nun auch diese politisch sinnstiftende Funktion von whig übernommen hatte, faßte Benjamin Jowett, Vize-Kanzler der Universität Oxford, am Ende des 19. Jahrhunderts zusammen, als er, Gladstones Rolle in der Home-Rule Debate im Unterhaus hervorhebend, erklärte: Liberals have, to a great extent, removed the impression they had created in England that they were the friends of disorder. Do you know, I cannot help feeling that I have more of the Liberal element in me than of the Conservative? This rivalry between the parties, each surprising the other by their liberality, has done a great deal of good to the people of England.118

In kritischer Perspektive beschrieb Matthew Arnold 1869 als „liberal critic of Liberalism“ jene Bereiche, die sich für die politische Öffentlichkeit seit den 1830er Jahren untrennbar mit liberalism assoziieren ließen.119 Dabei überlagerten sich aus der Perspektive der middle classes die politisch-konstitutionelle, sozial-ökonomische und konfessionelle Ebene: Liberalism prevailed; it was the appointed force to do the work of the hour; it was necessary, it was inevitable that it should prevail . . . But what was it, this Liberalism . . .? It was the great middle-class Liberalism, which had for the cardinal points of its belief the Reform Bill of 1832, and local self-government, in politics; in the social sphere, free-trade, unrestricted competition, and the making of large industrial fortunes; in the religious sphere, the Dissidence of Dissent and the Protestantism of the Protestant religion.120

Vor dem Hintergrund der angedeuteten intensivierten Traditionsstiftung anhand von liberal/liberalism und angesichts neuer Herausforderungen am Ende des 19. Jahrhunderts, die aus dem industriegesellschaftlichen Wandel und dem imperialen Ausgriff Großbritanniens resultierten, bemühte sich Lord Rosebery, Nachfolger Gladstones als Vorsitzender der Liberal party, um eine Bestimmung von liberalism in Anlehnung an das Selbstverständnis der liberals als reformer. Einem pragmatisch verstandenen Individualismus, der keine gesinnungsethische Aufladung wie in Deutschland erfuhr, entsprach seine Konzeption eines „common sense liberalism“, eine Bezeichnung, die deutlich die Erwartung einer gesamtgesellschaftlichen Integration aller nationalen Kräfte enthielt.121 Noch wichtiger erschien die Bestimmung von liberalism und empire 118 119 120 121

Zitiert nach MARGOT ASQUITH, Autobiography, London 1936, S 110 f. Vgl. DAVID THOMSON, England in the Nineteenth Century 1815–1914, London 1978, S. 112. ARNOLD, Culture, S. 62. Vgl. HELMUT REIFELD, Zwischen Traditionsverbundenheit und Modernisierungsdruck: Lord Roseberys Beitrag zu einer Neuformulierung des politischen Liberalismus in Großbritannien, in: ROHE (Hrsg.), S. 197–222, hier S. 202 f.; vgl. auch [LORD ROSEBERY] Lord Rosebery on political and social questions of the day. Being extracts from Speeches delivered between 1885 and 1893, London 1894 sowie WALTER SHIRLEY, Common sense liberalism, a paper, [London] 1882.

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VII. Die zweite Jahrhunderthälfte im Ausblick

als nationale Wertbegriffe, als Ausdruck der spezifischen Leistungskraft, des Sendungsbewußtseins und der vitalen Bedürfnisse der britischen Nation. So definierte Rosebery liberalism 1885 vor dem Oberhaus als Bewegung „with and in front of national movements“. Die Selbstbezeichnung liberal bedeutete „that I wish to move in company with the great mass of the nation – rather in front of them than behind them“.122 Die Anglo-Saxon race und nicht etwa die Regierung war für Rosebery der eigentliche Repräsentant des liberalism. Im Sinne eines Liberal Imperialism schien liberal am Ende des Jahrhunderts eine geradezu notwendige Qualifikation im Wettbewerb der Nationen um Fortschrittlichkeit auszudrücken:123 I believe the Liberal spirit to be as powerful in the country as it ever was before . . . In fact, the nation is always essentially but moderately Liberal. The nation does not sympathise with extremes . . . and, therefore, as it does not wish to be left behind in the race with other nations, as it does not wish to be unprogressive, or in any degree outside the van of development, it is always mainly Liberal.124

Einen entscheidenden neuen Bedeutungsimpuls erhielt liberalism schließlich durch die seit Anfang der 1890er Jahre einsetzenden Bemühungen um eine Neuinterpretation des englischen liberalism durch die New Liberals um Hobson und Hobhouse, die sich vor dem Hintergrund einer wachsenden Kritik an liberal und liberalism abzeichnete.125 Die New Liberals sahen sich selbst zwar noch in der Kontinuität zu den Old Liberals um Gladstone, der sich selbst 1861 als integrative Kraft „both at the Conservative and at the Radical ends of the Cabinet“ gesehen hatte, betonten aber entgegen einer individualistischen und traditionell antietatistischen Sicht nunmehr Deutungsmuster wie state, citizenship, evolution und collectivism.126 Gegenüber den Auswüchsen einer unge122

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Rosebery am 10. Juli 1885, in: HANSARD, Serie III, Bd. 299, Sp. 269 sowie Rosebery in einer Rede in Edinburgh am 29. Juni 1885, in: DERS., Speeches, Bd. 2, Edinburgh o.J., S. 13. Vgl. The New Liberal Catechism; or Patriotism made easy. By Jingo, Birmingham [1885]; JOHN MORLEY, Liberal principles and imperialism, a speech, Manchester [1900] sowie Commonwealth displaces Liberal Imperialism. By ‚Ubique‘, Liverpool 1901. Rosebery in einer Rede vor dem City Liberal Club am 5. Mai 1899, zitiert nach T. F. G. COATES, Lord Rosebery. His Life and Speeches, Bd. 2, o.O. 1900, S. 961. Vgl. J. A. LANGFORD, The Old Liberals and the New. A Tract for the Times, Birmingham [1886]; The demoralizing effects of modern liberalism!, London 1881; W. V. K. YOUNG, Liberalism in England, and its demoralizing effects on our rational religion and liberties, London 1881 sowie S. D. SHALLARD, Has Liberalism a future?, London [1910]. Zitiert nach D. STEELE, Gladstone and Palmerston, 1855–1865, in: P. J. JAGGER (Hrsg.), Gladstone, Politics, and Religion. A collection of Founder’s Day lectures delivered at St. Deiniol’s Library, Hawarden, 1867–1883, London 1985, S. 117–47, hier S. 117 f.; vgl. The New Liberalism, in: FORTNIGHTLY REVIEW N.S. 69 (1901), S. 634–42; L. A. ATHERLEY-JONES, The New Liberalism, in: NINETEENTH CENTURY 26 (1889), S. 186–93 sowie GEORGE W. E. RUSSELL, The New Liberalism: A Response, in: NINETEENTH CENTURY 26 (1889), S. 492–9.

5. Vergleich

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hemmten wirtschaftlichen Entwicklung sollte der Staat als Garant der persönlichen Freiheit und Chancengleichheit wirken. Liberalism wurde von Hobhouse in Bezug auf eine true community definiert, in der zwischen Individuum und Gesellschaft letztlich immer eine Vermittlung möglich war. Das Vertrauen in Fortschritt und Solidarität bestimmte diese Deutung von liberalism als sozialer Integrationsbegriff, als „the belief that society can safely be found on this selfdirection power of personality, that is only on this foundation that a true community can be built, and that so established its foundations are so deep and so wide that there is no limit that we can place to the extent of the building“.127 Dies war zugleich eine Neubestimmung gegenüber der Manchester School sowie dem Sozialdarwinismus und schloß soziale Reformen wie zum Beispiel die Einführung einer Arbeitslosenversicherung ausdrücklich ein. New Liberalism als Schlagwort um die Jahrhundertwende beinhaltete eine programmatische Öffnung nach links, die weit über die semantische Neubestimmung von liberalism hinaus realpolitisch eine zumindest temporäre Wiederbelebung der Liberal Party vor 1914 zeitigte.128

5. Vergleich Die komparative historische Semantik des Deutungsmusters in der zweiten Jahrhunderthälfte konnte sich im Rahmen dieser Untersuchung allenfalls auf symptomatische Entwicklungen konzentrieren. Aber auch unter diesem Vorbehalt ergeben sich deutliche Divergenzen zwischen den vier Vergleichsfällen. Wiederum lassen die frequenzanalytischen Werte erste Rückschlüsse auf Begriffskonjunkturen zu. Für Frankreich wie für Deutschland zeigt die Phase ab der Mitte der 1860er Jahre (vgl. Abbildungen 4 und 6) erhöhte Werte, während die Auswertung für Italien und England kaum signifikante Konjunkturlinien ergibt (vgl. Abbildungen 8 und 10). In Frankreich erlebte libéral/libéralisme in den 1860er Jahren noch einmal eine semantische Revitalisierung, die mit der Hoffnung auf einen konstitutionellen Übergang des Kaiserreichs in ein Empire libéral einherging. Wesentli127 128

LEONARD T. HOBHOUSE, Liberalism, London 1911, S. 66. Vgl. zur Begriffsbestimmung bis 1914 JOACHIM KASPARY, The Programme of Liberal Progressionists, 2. Aufl. London 1882; HERBERT HENRY ASQUITH, The mission of Liberalism, a speech delivered by the Right Hon. H. H. Asquith, at the Hotel Cecil. On July 19th, 1901, London 1901; HERBERT LOUIS SAMUEL, Liberalism, an attempt to state the principles and proposals of contemporary liberalism in England, London 1902; [HENRY CAMPELL-BANNERMANN] Liberal Policy. A Speech delivered by the Right Hon. Sir H. Campbell-Bannermann at Leeds on March 19th 1903, London 1903; [R. B. HALDANE] Constructive Liberalism. Report of speeches delivered by The Right Hon. R. B. Haldane, Dr. H. Jackson, Mr. M. F. J. M’Donnell, Mr. Herbert Paul at the University Arms Hotel Cambridge on May 12th 1904 [London 1904]; R. B. HALDANE, The Liberal Party and its Prospects, in: CONTEMPORARY REVIEW 53 (1888), S. 145–60 sowie THOMAS WHITTAKER, The liberal State: a speculation, London 1907.

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VII. Die zweite Jahrhunderthälfte im Ausblick

cher als dieses Kennzeichen erscheint aber die Fortsetzung einer langfristigen semantischen Desintegration, die bereits in den 1830er und 1840er Jahren eingesetzt hatte und sich über den Untergang des Kaiserreichs fortsetzte. Vom Bewegungsbegriff libéralisme ging nun keine eigenständige politisch-ideologische Richtungswirkung mehr aus. Er bedurfte vielmehr zusätzlicher Attributierungen, wobei die systemdefensiv-regierungskonforme Konnotation als liberalisme conservateur, etwa bei Adolphe Thiers 1871, noch am deutlichsten hervortrat. Für Italien bedeutete die reaktionäre Wendung Pius’ IX. im Verlauf der Revolution von 1848/49 die Entzauberung des neogeulfischen Mythos. Die programmatische Wendung des Papstes gegen liberalismo und die übrigen politisch-weltanschaulichen Ismen bestimmten fortan bis hin zum Syllabus errorum von 1864 die negativen Bestimmungsmuster. Auf der anderen Seite bot das Statuto Albertino einen positiven konstitutionellen Anknüpfungspunkt für den konkreten Horizont von liberalismo. Aus dieser Konstellation ging langfristig der auch soziokulturelle Antagonismus zwischen der Italia liberale und der Italia cattolica hervor, der für das italienische nation-building eine spezifische Hypothek bedeutete. Eine besondere Perspektive hinsichtlich der historischen Semantik ergibt sich aus dem Vergleich zwischen Deutschland und England. Die Überwindung des vormärzlichen Oppositionsbegriffes zugunsten eines regierungsfähigen und staatsbildenden Liberalismus an der Seite der kleindeutschen Führungsmacht Preußen nach 1850 verstärkte in Deutschland die Kopplung von national und liberal, die im Nationalliberalismus ihre organisatorische Umsetzung fand. Er verstand sich als Motor und Garant der 1871 erfolgten Reichseinigung. Liberal und Liberalismus in Deutschland standen aber über die Funktion eines Parteienbegriffs hinaus auch weiterhin für individuelle Gesinnung und überpolitische Weltanschauung: Daher ließ sich Liberalismus nach 1871 als Symbolbegriff der nationalen Integration und des zivilisatorischen Fortschritts gegenüber Katholizismus einsetzen. Wie begrenzt andererseits die integrative Kraft dieser Konnotation schon bald geworden war, belegte die gleichzeitige Distanzierung und Diffamierung zumal in der antisemitischen Publizistik, die in liberal und Liberalismus nur noch den Ausdruck einer zerstörerischen Wirtschaftsordnung und einer drohenden „Verjudung“ von Staat und Gesellschaft sah. Der Versuch einer Sozialdemokratisierung des Begriffes, einer Öffnung nach links, wie sie der Kreis um Friedrich Naumann anstrebte, blieb dagegen zumindest bis 1914 ein programmatischer Versuch ohne realpolitische Resonanz. Der Vergleich der historisch-semantischen Liberalismen zeigt für Deutschland eine zunehmende Deplazierung des politischen Deutungsmusters, die gleichwohl mit dem subjektiven Selbstverständnis der Liberalen kontrastierte, die wahre Fortschrittsidee gegenüber allen inneren Reichsfeinden zu verkörpern. Diese Grenzziehungen im politischen Vokabular rissen tiefe weltanschauliche Gräben auf, die in der englischen politischen Publizistik fehlten.

5. Vergleich

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Das hier im parlamentarischen Diskurs entwickelte pragmatische Politikverständnis und die letztlich nicht in Frage gestellte, partiell konstruierte Traditionsbasis von liberal/liberalism ließen in England weder die Deutung als ausschließliche Weltanschauung mit dem Anspruch auf absolute Gültigkeit noch die Ausgrenzung des Begriffes zu. Dies beruhte auf einer gleichsam semantischen invention of tradition, indem liberalism zu einem natürlichen Ausdruck englischer Freiheitstradition und damit zu einem nationalen Wertbegriff stilisiert wurde. In der Personalisierung von liberalism durch die Figur Gladstones wurde dies besonders deutlich, wobei zivilisationsphilosophische, moralische und nationale Projektionen miteinander verschmolzen. Die langfristige ideologische Aufladung von Liberalismus in Deutschland mit politisch-konstitutionellen und nationalen Erwartungen mündete dagegen in eine folgenreiche Polarisierung von Gesinnungen, die weit über eine bloß parteipolitische Konkurrenz hinausreichte. Liberal zu sein bedeutete, einer spezifischen Weltanschauung anzugehören, die gegen andere konkurrierende weltanschauliche Begriffe wie Katholizismus oder Sozialismus permanent aktualisiert werden mußte, um ihre Gültigkeit zu beweisen. Einen bemerkenswerten Aspekt der historischen Semantik stellt schließlich der in beiden Ländern am Ende des Jahrhunderts unternommene Versuch einer programmatischen Neuformulierung durch den New Liberalism bei Leonard Hobhouse und den Sozialen Liberalismus bei Friedrich Naumann dar. Hier deutete sich bei aller Unterschiedlichkeit auch an, welchen neuen gesellschaftlichen Herausforderungen das Deutungsmuster am Ende des 19. Jahrhunderts begegnete. Während New Liberalism in England um die Jahrhundertwende für ein integratives sozialpolitisches Potential stand, aus dem bis 1914 auch Ansätze wohlfahrtsstaatlicher Politik hervorgingen, blieb die deutsche Parallelentwicklung einer Sozialdemokratisierung von Liberalismus einstweilen programmatische Episode. Die schleichende Desintegration des Liberalismus-Begriffes in Deutschland reflektierte auch die ambivalenten Erfahrungen mit den Konsequenzen der entwickelten Industriegesellschaft und zugleich die daraus erwachsenden Integrationsdefizite im Nationalstaat von 1871. In der aggressiven, völkisch grundierten Polemik gegen die vermeintlich „westlichen“ Bedeutungskomponenten von liberal/Liberalismus deutete sich auch ein Unbehagen an der Moderne an, deren negative Konsequenzen man dem Begriff anlastete. Diese spezifische semantische Dimension des deutschen Politikdiskurses blieb in ihrer Schärfe und Verbreitung im europäischen Vergleich singulär.

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VIII. Zusammenfassung und Ausblick

VIII. Zusammenfassung und Ausblick: Zur historisch-semantischen Fassung eines aufgehobenen Begriffes Am Anfang dieser Untersuchung stand die 1804 von Joseph von Görres entworfene suggestive Metapher von Ideen und Begriffen, in der sich ein fundamental veränderter Stellenwert politischer Sprache widerspiegelte. Görres sah Ideen und Begriffe in einem regelrechten Kampf miteinander verstrickt und machte sich über die Konsequenzen der Begriffsverwirrung keine Illusionen: Die seit 1789 entfesselte Volksmasse sei bereit, neue „Geister“ zu beschwören, „um die Begriffe vollends zu verwirren und zu verhetzen und sie dann anzuführen im Kampf gegen die Ideen“.1 Die Eindeutigkeit in der Zuordnung von Ideen und Begriffen schien zerbrochen, und die Begriffe waren zu einem probaten Instrument der politisch-ideologischen Konfliktaustragung geworden. Die semantische Genese und Transformation des politischen Deutungsmusters liberal/Liberalismus im europäischen Kontext läßt sich im Rückblick auch als begriffsgeschichtliche Konkretisierung dieser Metapher lesen. Denn ungeachtet aller spezifischen Entwicklungslinien unterstreicht die komplexe historische Semantik des Grundbegriffes zunächst die fundamentale Neubestimmung des Verhältnisses von Ideen und Begriffen, die den langfristigen Übergang von der altständischen Lebenswelt in die Moderne auf sprachlichdiskursiver Ebene flankierte. Neben die Ideen und Begriffe traten als dritter Faktor die vielfach antagonistischen Interessen einer sich ausdifferenzierenden Gesellschaft. In den politisch-sozialen Bewegungsbegriffen des langen 19. Jahrhunderts vom letzten Drittel des 18. Jahrhunderts bis zum Ersten Weltkrieg verdichtete sich gleichsam das Problem, mit den Mittel der Sprache eine veränderte und sich dynamisch verändernde politisch-soziale Welt zu erfassen und sinnhaft zu deuten. Der Gehalt der Ismen ergab sich aus dem je veränderbaren, höchst labilen Spannungsfeld von Erfahrungsräumen, Interessenlagen und Erwartungshorizonten. Deren permanenter Wandel übertrug sich auf die Begriffe und negierte damit jeden Anspruch auf einen sprachlich fixierbaren, überzeitlichen oder statischen Ideengehalt. Erst vor diesem Hintergrund erklärt sich die zeitgenössische Klage über Sprachmengerei und Begriffsverwirrung: Hier setzte das Bewußtsein der Zeitgenossen für die Veränderung der politischen Sprache als Indikator für tiefgreifende, strukturelle Veränderungen der vergangenen Gegenwart ein. Die in den Begriffen kondensierten Erfahrungen, Interessen und Erwartungen bildeten eigene semantische Zeitschichten: So konnten die Begriffe selbst zu Trägern einer Historisierung von vergangenen Deutungsmustern und Verstehensweisen wer1

GÖRRES, Herabkunft, S. 30; vgl. Kapitel I.1.a).

VIII. Zusammenfassung und Ausblick

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den. Eine Rückkehr zu reinen Ideengehalten durch Reinigung der Begriffe, wie Gottlob Frege sie paradigmatisch formulierte, war damit ausgeschlossen. Frege sah in der Begriffsgeschichte wohl entweder eine Geschichte unserer Erkenntnis der Begriffe oder der Bedeutungen der Wörter. Durch grosse geistige Arbeit, die Jahrhunderte hindurch andauern kann, gelingt es oft erst, einen Begriff in seiner Reinheit zu erkennen, ihn aus den fremden Umhüllungen herauszuschälen, die ihn dem geistigen Auge verbargen.2

Solche platonisch-cartesianisch grundierte Hoffnung auf terminologische Rationalität kehrt sich aus der Perspektive der historischen Semantik förmlich um.3 Denn hier werden das Deutungsmuster und die ihm zugrundeliegenden Verstehensweisen selbst historisiert und jede Hoffnung auf eine wieder freizulegende Reinheit des Begriffs, auf verbindliche Klarheit der Bestimmung, bewußt aufgegeben zugunsten einer Analyse der diachronen Anreicherung von historischen Gehalten, die jede verbindliche Definition a priori ausschließt: „definirbar ist nur Das, was keine Geschichte hat“.4 Die eigentliche Komplexität jeder historischen Semantik stellt sich mithin als diachrone Pluralität und Widersprüchlichkeit von Begriffsgehalten dar. Nimmt man diese Prämisse ernst, dann verweist jede historische Semantik auf mindestens zwei grundlegende Erkenntnisprobleme: Wie lassen sich vergangene Begriffe und Diskurse zur Erkenntnis vergangener Wirklichkeit nutzen, wenn die Semantik unabgeschlossen ist, der Begriff also auch noch in der Gegenwart des Historikers kontrovers diskutiert wird? Wie lassen sich offenkundig transnationale Grundbegriffe erfassen, ohne durch eine Übersetzung die semantischen Differenzbestimmungen zu verdecken? Beide Fragen sind auf Liberalismus geradezu idealtypisch anwendbar. Der ersten Frage entspricht die genaue Unterscheidung zwischen der quellennahen Rekonstruktion von Bedeutungsgeschichten und jeder aktuellen Projektion eines scheinbar überzeitlichen Ideenvorrats in Liberalismus. Methodisch schlägt sich dies in der Trennung zwischen historischer Semantik und klassischer Ideengeschichte nieder. Die zweite Frage führt zum Konzept einer komparativen Untersuchung, die die historisch-semantischen Differenzen gerade nicht als Verständigungsfalle, sondern als Chance für einen historischen Vergleich begreift, bei dem sich vergangene Wahrnehmungen und Deutungen historischen Wandels in politisch-sozialen Zentralbegriffen nachweisen lassen.

2 3 4

GOTTLOB FREGE, Die Grundlagen der Arithmetik. Eine logisch-mathematische Untersuchung über den Begriff der Zahl (1893–1903), Darmstadt 1961, S. XIX. Vgl. KONERSMANN, S. 275 f. NIETZSCHE, S. 317; vgl. Kapitel I.1.b).

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VIII. Zusammenfassung und Ausblick

1. Typologische Liberalismen und semantische Sattelzeiten: Inhaltliche Konvergenzen und Divergenzen Vor dem Hintergrund der komparativen Analyse den Versuch der semantischinhaltlichen Typisierung unter bewußter Zuspitzung einzelner Thesen vorzunehmen, vermag einer europäisch vergleichenden Liberalismus-Forschung wichtige Impulse zu geben, die jedoch nicht isoliert betrachtet werden dürfen. Wo die Problemgeschichte der wichtigsten politisch-konstitutionellen Bewegung des 19. Jahrhunderts nach der Französischen Revolution nicht allein in ihrer sprachlich-diskursiven Verarbeitung aufgeht, sind vielmehr weitergehende Analysen zum Verhältnis von theoretischen Postulaten und politischer sowie sozialer Praxis des Liberalismus in unterschiedlichen Kommunikationsräumen und auf verschiedenen Handlungsebenen notwendig, um die Frage nach Konvergenzen und Divergenzen weiter zu verfolgen. Damit soll nicht der grundsätzliche Anspruch dieser Untersuchung revidiert, sondern eine angemessene Einordnung ihrer Erklärungsreichweite vorgenommen werden. Zu den Desideraten zukünftiger Forschung sollte daher vor allem die Frage zählen, wie die hier erzielten Ergebnisse der historisch-semantischen Analyse im Lichte der durch andere Methoden erzielten Strukturkennzeichen europäischer Liberalismen zu bewerten sind. (1) Die komparative historische Semantik von Liberalismus in den vier untersuchten Ländern erlaubt keine idealtypische Charakterisierung eines gesamteuropäischen Grundbegriffes. Trotz bestimmter inhaltlicher Konvergenzen überwiegt der Eindruck divergenter semantischer Strukturen, in denen sich distinkte Erfahrungsräume und Erwartungshorizonte abbildeten. Insofern läßt die historische Semantik die Konstituierung eines Europäismus, eines überzeitlichen und von seinen konkreten Erfahrungsräumen abstrahierenden theoretischen Ideenvorrats hinter Liberalismus nicht zu. Angemessener erscheint demgegenüber die analytische Fassung distinkter semantischer Liberalismen. (2) Sowenig diese Liberalismen identische Erfahrungen und Erwartungen widerspiegelten, umso deutlicher dokumentierten ihre je spezifischen Ursprünge und Wandlungen auf der funktionalen Ebene des politischen Diskurses, daß eine Restauration der altständischen Vorstellung einer konfliktfreien und interessenhomogenen societas civilis sive res publica nach 1789 nicht mehr möglich war. Die Faszination der vergleichenden historischen Semantik liegt im Nachvollzug, wie diese allgemeine Erfahrung der sich langfristig differenzierenden politischen und sozialen Interessen durch das doppelte Auseinandertreten von Staat und Gesellschaft und von Positionen innerhalb der Gesellschaft durch ideologische Deutungsmuster verarbeitet wurde. (3) Dem französischen Politikdiskurs kommt im Rückblick auf die semantische Genese und Transformation des Begriffsfeldes, aber auch hinsichtlich der Vorreiterfunktion für die Politisierung und Ideologisierung des politischen Vokabulars überhaupt zentrale Bedeutung zu. Die Revolution von 1789 markierte weit über die politisch-konstitutionelle und gesellschaftliche Kategorie von

1. Typologische Liberalismen und semantische Sattelzeiten

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Krise und Umbruch hinaus eine neue Entwicklungsstufe des politischen Diskurses, in dem die semantischen Grundlagen für Politisierung und ideologische Polarisierung mit Hilfe neuer Etiketten gelegt wurde. Von Frankreich aus wurde der Politikdiskurs aller untersuchten Länder auf dem Wege des direkten Begriffsexports oder des indirekten Bedeutungstransports erheblich dynamisiert und erhielt dadurch neue Impulse. Dieser Aspekt, der für die Frühphase der semantischen Genese des Deutungsmusters bis etwa 1820 fundamentale Bedeutung hatte, verleiht der komparativen historischen Semantik eine beziehungsgeschichtliche und kulturtransferanalytische Dimension, die in einer Betrachtung im folgenden Kapitel herausgestellt werden soll. In keinem anderen Vergleichsfall ist eine derartige Dynamisierung des Politikdiskurses insgesamt und der semantischen Bestimmungsmuster im besonderen erkennbar wie in Frankreich. Dies entsprach der Abfolge der politischkonstitutionellen Krisen und Umbrüche, die immer wieder – 1789, 1799, 1814/15, 1830, 1848/51 und 1870/71 – zu einer Synchronisierung des politischen Vokabulars entsprechend der jeweis veränderten politisch-sozialen Rahmenbedingungen zwang. In keinem anderen untersuchten Fall läßt sich daher die Verarbeitung von Erfahrungen und die Projektion von Erwartungen derart verdichtet nachvollziehen wie in Frankreich. Die semantischen Entwicklungsstufen der Politisierung, Ideologisierung und Polarisierung von libéral und libéralisme hatten in Frankreich ihren chronologischen und funktionalen Ursprung und entsprachen bis in die 1840er Jahre gleichsam immer neuen Kapiteln der langfristigen Interpretationsgeschichte der Französischen Revolution. Dies bildete den historischen Bedeutungszusammenhang für die Genese der idées libérales, aus denen der moderne Bewegungsbegriff libéralisme nach 1815 hervorging. Anders als in den übrigen Vergleichsfällen hatten libéral/libéralisme hier bereits um 1820 die Stufen der Politisierung und Ideologisierung durchlaufen. Langfristig persistente Fermentierungen von vorpolitischen und politischen Bedeutungselementen wie in Deutschland fehlten; stattdessen setzte die gesellschaftliche Polarisierung besonders früh mit dem dominanten Antagonismus libéral-ultra und libéral-royaliste bereits nach 1815 ein und verschärfte sich bis 1830 immer mehr. Den politisch-gesellschaftlichen Interessenantagonismen entsprachen distinkte ideologische Attribute, die nach jedem Umbruch anhand der neu ausgebildeten politisch-sozialen Konfliktlinien einer semantischen Aktualisierung bedurften. Libéral/libéralisme stellten ein postrevolutionäres Deutungsmuster dar: Bereits die idées libérales waren aus dem bonapartistischen Versuch einer positiven Stilisierung des faktischen Staatsstreichs vom 18. Brumaire 1799 zur Rettung des vermeintlich legitimen, faktisch jedoch von Bonaparte bestimmten Erbes der Revolution entstanden. Ihrer Vereinnahmung als napoleonische Herrschaftspropaganda entzogen sie sich indes, als sie um 1813/15 zum semantischen Fluchtpunkt der antinapoleonischen Opposition und darüber hinaus vieler europäischer Regierungen auf dem Wiener Kongreß wurden. Dabei fokussierten sie die heterogenen Erwartungen auf eine Überwindung der Revo-

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VIII. Zusammenfassung und Ausblick

lutionsepoche unter gleichzeitigem Ausschluß einer semantischen Restauration des Ancien régime. In Frankreich selbst konnotierte das Deutungsmuster nach 1815 die Hoffnung auf primäre Sicherung bürgerlicher Rechtsgleichheit und konstitutionell garantierter politischer Partizipation in der Charte Constitutionnelle. Die idées libérales standen dabei gleichermaßen für die Projektion politischer Stabilität und gesellschaftlicher Versöhnung. Die einsetzende, bis 1830 sich intensivierende ideologische Polarisierung zwischen libéral und ultra sowie zwischen libéralisme und royalisme erwies diese postrevolutionäre Projektion indes bereits bald als Utopie und verstärkte den Oppositionscharakter von libéralisme, dessen politisch-publizistische Integrationswirkung um 1830 am höchsten war. Im Kontext einer zunehmenden Fragmentierung, ja Atomisierung der politisch-ideologischen Gruppenbezeichnungen, die sich seit 1789 kontinuierlich fortsetzte, stand hinter dem Begriffsfeld weniger eine konkrete „Partei“ als vielmehr ein politisches Lager, das sich in antirevolutionärer Zielsetzung primär an der Charte orientierte. Nach dem Sieg der Julirevolution gegen die Restaurationsversuche des letzten Bourbonenherrschers hatten sich die in libéralisme verdichteten Erwartungen erfüllt. Nach der Überwindung der akuten Gefahr einer politisch-konstitutionellen und sozialen Restauration aber setzte zugleich die langfristige Desintegration von libéral/libéralisme ein. Vom Oppositionsetikett zum systemimmanenten Attribut der Julimonarchie geworden, veränderte sich sein Bedeutungsgehalt grundlegend: Libéral und libéralisme büßten bis 1848 immer deutlicher an semantischer Richtungsqualität ein, was den Rekurs auf die Begriffe von verschiedensten Richtungen aus zuließ. Dabei dominierte zunehmend die konservative Konnotation als regierungskonformer Ordnungsbegriff, am pointiertesten greifbar in der semantischen Amalgamierung von conservateur, doctrinaire und libéral bei François Guizot. Anders als in den übrigen Vergleichsfällen ließ die besonders frühe und weitgehende Ausdifferenzierung des politischen Vokabulars eine spezifische Sonderstellung des Deutungsmusters und insbesondere eine weltanschaulich-gesinnungsethische Aufladung wie in Deutschland nicht zu. Die politisch-semantische Wirkungskraft von libéral/libéralisme fiel mithin der spezifischen Dynamik des französischen Politikdiskurses, der dauernd verkürzten semantischen Halbwertszeit politischer Grundbegriffe, zum Opfer: Während in Deutschland und Italien das Begriffsfeld seine publizistische Breitenwirkung qualitativ und quantitativ erst in den 1830er und 1840er Jahre entfalten konnte, setzte in Frankreich nach 1830 bereits dessen semantische Stagnation und Desintegration ein, die sich auch über die temporäre Revitalisierung im Kontext der Diskussionen um das Empire libéral um 1869/70 langfristig fortsetzte. (4) In Deutschland trat zunächst die bedeutungshafte Bindung des Begriffsfeldes an das Paradigma der Aufklärung stärker als in allen anderen Vergleichsfällen hervor. Charakteristisch dafür waren die korrespondierenden gesinnungsethischen und geschichtsphilosophischen Deutungsmuster von Vernunft, Individuum und Fortschritt. Sie ließen sich im bürgerlichen Qualifikati-

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onsmerkmal aufgeklärter Bildung und in der soziokulturellen Disposition je individueller Gesinnung zu gesellschaftlich exklusiven Kennzeichen von liberal, Liberalität und Liberalismus verdichten. Daraus resultierte eine in den zahlreichen Konversationslexika als Medien des bildungsbürgerlichen Diskurses besonders dominante Deutung von Liberalismus als Verkörperung universeller und zivilisatorischer Prinzipien, die weit über die eigene Gegenwart hinausreichten. Liberalismus repräsentierte den Fortschritt der Geschichte und die Entfaltung der Vernunftidee auf evolutionärem Weg. Da dem historischen Entwicklungsverlauf eine naturnotwendige Konsequenz unterlegt wurde, schien die Durchsetzung der mit Liberalismus verbundenen Erwartungen zwangsläufig und bedurfte keines revolutionären Bruchs wie in Frankreich. Der zuweilen weltanschaulich-ethische Holismus, der dem Bestimmungsmuster von Liberalismus dabei zuweilen Züge einer säkularisierten Heilsgeschichte, eines quasireligiösen Vernunfts- und Fortschrittsattentismus verlieh, ging mit der Persistenz genuin vorpolitischer Bedeutungselemente einher. Dies wurde vor allem in der individuellen Bestimmung liberaler Gesinnung deutlich, die sich gleichermaßen tagespolitischen Konflikten und parteipolitischen Zwängen entzog. Im Vergleich erscheint diese eigentümliche Spannung zwischen individueller Begrenzung einer letztlich soziokulturell verankerten, aufgeklärt-gebildet intendierten Gesinnung auf der einen und holistischer Entgrenzung des universalhistorischen Deutungsmusters auf der anderen Seite das vorherrschende Merkmal der historischen Semantik von liberal/Liberalismus im deutschen Politikdiskurs des frühen 19. Jahrhunderts. Die weltanschaulich-gesinnungsethische Aufladung ging mit der Projektion einer Staatsbürgergesellschaft einher, die auf evolutionärem Wege die vernünftige Rechtsidee zur Geltung bringen sollte. Dies basierte auf dem Vertrauen in den Staat als zentralen Initiator und Garanten konstitutioneller Fortschrittlichkeit. Selbst als aus der Perspektive von Regierungen und Bürokratien nicht mehr die positive Liberalität bei der Regierung, sondern der umstürzende Liberalismus als politischer Gegner angesehen wurde, blieb dieser Erwartungshorizont virulent. Er stand zugleich für ein Gesellschaftsideal, nach dem Interessenkonflikte oder eine spezifische Spannung zwischen Staat und Gesellschaft überhaupt negiert oder aber überbrückt werden sollten. Das progressive Selbstverständnis von Liberalismus entsprach dabei häufig der traditionellen Vorstellung einer harmonischen societas civilis sive res publica. Dies wurde indes von den besitzbürgerlichen Deutungen bereits entschieden relativiert, indem sie der zivilisatorischen, moralischen oder naturrechtlichen Bestimmungskategorie eine pragmatische, der Ideologie gleichsam den Naturalismus von Interessen entgegenstellten. Die dominierende Staatsorientierung von Liberalismus und die in dem Begriff mittransportierte Projektion, Regierung und Bürokratie könnten wie zur Zeit der Preußischen Reformen eine Fundamentalkrise französischen Musters verhindern, tritt im Vergleich zu den anderen untersuchten Ländern besonders hervor. Hinzu kam die gleichzeitige Distanz gegenüber der politisch-ideologi-

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VIII. Zusammenfassung und Ausblick

schen Interessenpluralisierung in Form distinkter „Parteien.“ In Frankreich dominierte der aus der Revolution historisch jeweils neu zu begründende Gegensatz zwischen libéralisme und royalisme, während sich in England eine der kontinentaleuropäischen Spannung zwischen Staat und Gesellschaft vergleichbare Konstellation schon deshalb nicht ergeben konnte, weil die aus den Spielarten des kontinentalen Absolutismus erwachsene anstaltsstaatliche und staatsbürokratische Tendenz fehlte. Dem standen hier die Traditionen des parlamentarischen Widerstandes sowie der lokalen Selbstverwaltung gegenüber. Allenfalls in Italien läßt sich von einer vergleichbaren Anlehnung des Deutungsmusters an die Staatssphäre sprechen. Hier gewann die Personalisierung der principi liberali, vor allem im Hinblick auf die konstitutionelle und nationale Führungsrolle des Hauses Savoyen und Pius’ IX. in den 1840er Jahren besondere Bedeutung. Eine regelrechte Inflation semantischer Bestimmungen und Abgrenzungen von liberal/Liberalismus setzte in Deutschland um 1820 ein und steigerte sich bis zum Vorabend der Revolution 1848, dynamisiert durch die temporäre Aufbruchstimmung von 1830/32. Auch nachdem liberal und Liberalismus aus der Sicht der Regierungen seit 1819/20 gefährliche Oppositionsattribute darstellten und die positive Identifizierung staatlicher Beamter mit Liberalität der repressiven Herrschaft des Verdachts gewichen war, blieb das ostentativ antirevolutionäre und staatsnahe Selbstverständnis bis zur Revolution nachweisbar. Es dominierte vor allem dort, wo bereits einzelstaatliche Landtage bestanden und die evolutionäre Strategie besonderen Erfolg versprach. Auf der anderen Seite zeichnete sich in der Ausbildung konkurrierender Etiketten die generelle Differenzierung der politischer Lager und vor allem eine tiefgreifende inneroppositionelle Differenzbestimmung ab. Sowohl in der Genese von conservativ, aber weitaus stärker in der Absetzung von radical/Radicalismus wurden die Grenzen der semantischen Integrationskraft von liberal/ Liberalismus deutlich. Sobald die Begriffsdiskussion mit konkreten politischen Auseinandersetzungen und Konflikten konfrontiert wurde, intensivierte sich die Unterscheidung von wahrem, echtem, ursprünglichem und falschem, extremem oder Ultra-Liberalismus. Diese Kategorien spiegelten zumal zu Beginn der 1830er Jahre noch deutlich das Vertrauen wider, Liberalismus verkörpere den einzig legitimen Fortschritt, während die scheinbaren Extrementwicklungen durch Vernunft und Bildung wieder auf diesen Kurs zurückgebracht werden könnten. Die dezidierte Anerkennung distinkter Strategien und Programme hinter liberal und radical sucht man in den semantischen Bestimmungsmustern der Liberalen in den 1830er und 1840er Jahren vergebens. Damit verband sich zugleich eine weitgehend einseitige Konzentration auf einen politisch-konstitutionellen Zielhorizont, der soziale oder wirtschaftliche Aspekte weitgehend ausschloß. Diese Aspekte spielten für die positiv-identifikatorische Deutung von Liberalismus im Vormärz eine relativ unterentwickelte Rolle. Sie begründeten aber gerade umgekehrt die Bestimmungsmuster von Radicalismus: In der

1. Typologische Liberalismen und semantische Sattelzeiten

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ideologiekritischen Auseinandersetzung mit Liberalen und Liberalismus dominierte geradezu das Argumentationsmuster anhand distinkter gesellschaftlicher und ökonomischer Interessen. Die weltanschaulich-gesinnungsethische Aufladung des Begriffsfeldes, in der vorpolitische und politische Aspekte amalgamiert wurden, begünstigte die relative Abschottung des politisch-konstitutionellen Deutungsmusters gegenüber neuartigen semantischen Impulsen, so vor allem im Hinblick auf soziale Konflikte und wirtschaftliche Fragestellungen. Angesichts des spezifischen Charakters der deutschen Begriffsdiskussionen nach 1830 drängt sich die Frage auf, inwiefern ein wesentliches Kennzeichen der deutschen Entwicklung nicht in der Konzentration auf den theoretischen Politikdiskurs lag, um die blokkierte politische Partizipation zu kompensieren. Dies förderte die Politisierung der öffentlichen Meinung, entkoppelte sie aber mindestens partiell von den wichtigen Erfahrungen konkreter politischer Verantwortung. Diese relative Erfahrungslücke trug zumal im Kontext bildungsbürgerlicher Identifikationsmuster zur Kompensation verhinderter Machtteilhabe auf dem Wege der theoretischen Diskussion bei. Zugespitzt formuliert verweist die historische Semantik von liberal/Liberalismus auf eine im Vergleich in Deutschland besonders hervortretende diskursive Politisierung bis zur Jahrhundertmitte, in der sich im engeren Sinne ideologische Gehalte und moralische Bedeutungskategorien miteinander verbanden. Ohne einen selbst schon wieder ideologisch konnotierten semantischen Sonderweg Deutschlands für das 19. und 20. Jahrhundert postulieren zu wollen, läßt der Vergleich doch spezifische Kennzeichen der deutschen Entwicklung erkennen.5 Das Nebeneinander von geschichtsphilosophischer Universalisie-

5

Zu programmatischen Deutungen eines spezifischen Sonderbewußtseins der deutschen Entwicklung kam es vor allem im Kontext des Ersten Weltkrieges; vgl. BOLLENBECK, 381 f.; vgl. ERNST TROELTSCH, Die deutsche Idee von der Freiheit, in: DERS., Deutsche Zukunft, Berlin 1916, S. 17 f.: „In der Tat, die Anklagen haben recht: Wir sind anders als die andern. Freilich hat nun das Anderssein auf diesem Gebiete einen mehrfachen Sinn und verschiedenartige praktische Folgen . . . Denn ernstlich bedeutet dieses Anderssein in der Tat eine Zurückgebliebenheit unserer politischen Entwickelung und Erziehung hinter der des Westens . . . Hier müssen wir allerdings zu einer größeren Ausgleichung und Einheitlichkeit, zu einer breiteren Durchführung der im Westen längst selbstverständlichen Errungenschaften kommen. Zweitens bedeutet unser Anderssein eine mit unserer Geschichte und geographischen Lage gesetzte Notwendigkeit, die Folgerungen der westlichen Freiheitsideen einzuschränken durch die Aufrechterhaltung einer starken zentralen Autorität . . . Drittens aber und vor allem liegt in dem deutschen Geist und Wesen der Trieb, die moderne Freiheitsidee . . . anders zu empfinden und zu fühlen, sie in der Wurzel anders zu begründen und in ihrem Wachstum anders auszurichten, als das im Westen geschehen ist.“; vgl. ferner HERMANN ONCKEN, Die Deutschen auf dem Wege zur einigen und freien Nation (1915), in: KLAUS BÖHME (Hrsg.), Aufrufe und Reden deutscher Professoren im Ersten Weltkrieg, Stuttgart 1975, S. 108: „Heute stehen wir in einem Machtringen der nationalen Kulturen, in dem eine jede alle von ihr hervorgebrachten Werte zu einer großen Kraft zusammengeballt hat; und un-

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VIII. Zusammenfassung und Ausblick

rung und zugleich gesinnungsethischer Individualisierung von Liberalismus, die spezifische Fermentierung vorpolitischer, aufgeklärt-gebildeter Dispositionen und genuin ideologischer Bedeutungsgehalte, fand in keinem anderen untersuchten Fall eine auch nur annähernde Entsprechung. Die gleichzeitige Überlagerung ungleichzeitiger Bedeutungsebenen bedingte eine verschärfte Desintegration der Semantik von liberal/Liberalismus, die indes lange Zeit von einem Vernunft- und Fortschrittsattentismus überdeckt werden konnte, sich aber während und nach der Revolution von 1848 immer deutlicher abzuzeichnen begann. Langfristig konnten sich vor diesem Hintergrund gerade Repräsentanten einer dezidiert unpolitisch apostrophierten Bürgerlichkeit auf den nationalen Gesinnungsbegriff der Liberalität beziehen. Ihn hob Thomas Mann in seinen Betrachtungen eines Unpolitischen von 1918 geradezu idealtypisch vom ideologischen Deutungsmuster Liberalismus ab und suchte damit die Semantik von liberal auf den unpolitisch-kulturmorphologischen Gesinnungscharakter eines rückwärts gewandten Ideals zurückzuführen, ein für die nationale wie politische Identität des deutschen Bildungsbürgertums höchst signifikanter Befund: Bin ich liberal, so bin ich es im Sinne der Liberalität und nicht des Liberalismus. Denn ich bin unpolitisch, national, aber unpolitisch gesinnt, wie der Deutsche der bürgerlichen Kultur und wie der der Romantik, die keine andere politische Forderung kannte, als die hochnationale nach Kaiser und Reich.6

Die im Vergleich besonders hervortretende weltanschauliche Aufladung in Deutschland, die in der Flut von Definitionen, Abgrenzungen und Polemiken zuweilen alle Zeichen einer politischen Konfession, ja einer zivilisatorischen Heilsgeschichte trug, markierte zugleich eine Affektivität, die immer über den Bereich des rein Politischen hinauswies. Nur so lassen sich letztlich auch der für die zweite Jahrhunderthälfte so charakteristische soziokulturelle Antagonismus zwischen Liberalismus und Katholizismus oder die besondere Spannung zwischen liberal und sozial erfassen. Nur vor diesem Hintergrund wird auch die am Ende des 19. Jahrhunderts einsetzende völkisch und schließlich rassistisch konnotierte Fundamentalkritik an Liberalismus als vermeintlich undeutschem Begriff erklärbar. Sie bildete seit den 1870er Jahren eine in dieser Form singuläre semantische Kontinuitätslinie im deutschen Politikdiskurs. Die inhärenten Krisenmomente der deutschen Gesellschaft im Nationalstaat nach 1871 und das politische, soziale oder kulturelle Unbehagen an einer komplexen Moderne schlugen sich in einer zunehmenden Diffamierung des Begriffes nieder. An diese negativen Bestimmungsmuster konnten sowohl der Diskurs der konservativen Revolution in der Weimarer Republik als auch die nationalsozialistische Diffamierung von Liberalismus anknüpfen.

6

sere Überlegenheit besteht darin, daß wir die lebensvollste Kombination aller Arten von Kulturwerten, der ideellen, der ethischen und der organisatorischen verkörpern.“ THOMAS MANN, Betrachtungen eines Unpolitischen (1918), Frankfurt a. M. 1956, S. 108.

1. Typologische Liberalismen und semantische Sattelzeiten

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(5) Wie für Deutschland hatte auch für die historische Semantik des Begriffsfeldes in Italien zunächst der französische Begriffsexport während der Revolution und der anschließenden napoleonischen Herrschaft fundamentale Bedeutung. Im Unterschied zu Deutschland enthielten die Erwartungen auf eine costituzione liberale und bürgerliche Rechtsgleichheit in der Tradition der napoleonischen Institutionen zugleich eine nationalpolitische Stoßrichtung gegen die habsburgische Fremdherrschaft in Oberitalien. Für diese Projektion gab es in Italien anders als im Deutschen Bund keinen überkommenen Rahmen, den man weiterentwickeln konnte. Hinzu kam die besondere Stellung des Kirchenstaates. Vor diesem Hintergrund entwickelte das Oppositionsattribut liberale in den einzelnen italienischen Staaten spezifische Bedeutungsrichtungen: Im Königreich Neapel überwog zumal nach 1815 eine konstitutionelle Erwartungshaltung. In Piemont wurden die idee liberali um 1820 zum Identifikationsattribut einer nationalpatriotischen Bewegung um den Grafen Santarosa, die sich für einen piemontesisch geführten Nationalkrieg gegen Habsburg einsetzte. Mit der Niederschlagung der Aufstände zu Beginn der 1820er Jahre trat einerseits der Oppositionscharakter von liberale/liberalismo noch deutlicher hervor. Eine Projektion von konstitutionellen und nationalen Erwartungen an der Seite der Regierungen wie sie für Deutschland kennzeichnend blieb, unterblieb in Italien dagegen bis in die 1840er Jahre. Nach 1820 formierte sich im Gegensatz zu den idee liberali die katholisch-restaurative Publizistik, die in liberali und liberalismo die sprachlich geronnene Fassung von gottloser Revolution, sozialer Anarchie und, in der Reaktion auf den nationalen Horizont der liberali, die Infragestellung der weltlichen Herrschaft des Papstes erkannte. Im Gegensatz zu den anderen europäischen Vergleichsfällen entwickelte der Antagonismus liberalismo – cattolicismo in Italien eine zugleich weltanschauliche und konkret politische Dimension, weil die römische Kurie in der Zurückweisung der neuen Begriffe nicht allein ihr geistliches Deutungsmonopol für die politische und soziale Ordnung im allgemeinen, sondern vor allem den konkreten Herrschaftsraum des Kirchenstaates verteidigte. Nur vor diesem Hintergrund kann die enorme Spannung und Schärfe verstanden werden, mit der sich in der katholisch-restaurativen Publizistik nach den Aufstandsbewegungen von 1830/31 die Polemik gegen liberali und liberalismo entfaltete. Die weltanschauliche Aufladung und ideologische Polarisierung vollzog sich Italien also zunächst im wesentlichen ex negativo, durch die Stigmatisierung des Begriffsfeldes in der katholischen Publizistik. Die für Deutschland kompensatorische Wirkung, die sich hier angesichts verhinderter Machtteilhabe als diskursive Politisierung auf der Grundlage vielfältiger Begriffsinterpretationen und -abgrenzungen vollzog, ist für Italien in dieser Form nicht nachweisbar. Dieser Befund dürfte wesentlich aus den schwierigen Rahmenbedingungen des Politikdiskurses resultieren, zu denen nicht allein die besonders strengen Zensurbedingungen im Kirchenstaat, sondern auch der ausgeprägte territoriale Partikularismus und Lokalismus Italiens gehörten, die für einen überregionalen Politikdiskurs kaum geeignete Foren und Medien boten.

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VIII. Zusammenfassung und Ausblick

Wie in Deutschland setzte mit den frühen 1830er und dann vor allem mit den 1840er Jahren nach der allgemeinen Politisierung des Begriffsfeldes unter dem Einfluß der französischen Semantik die ideologische Schwellenphase von liberali und liberalismo ein. Damit ging zunächst eine Differenzbestimmung der einzelnen Oppositionsbewegungen einher: Den traditionellen Revolutionsverdacht suchten die moderati in der Abwendung vom vecchio liberalismo rivoluzionario durch einen liberalismo trasformatore zu überwinden, was auf eine Kooperation mit den zu principi liberali stilisierten Fürsten des Hauses Savoyen hinauslief. Cesare Balbos programmatisches Bekenntnis zu moderato am Vorabend der Revolution von 1848 unterstrich diese antirevolutionäre Bedeutungsrichtung noch, von der sich auf der Gegenseite die repubblicani in der Tradition von Giuseppe Mazzinis Giovine Italia scharf abgrenzten. Im Verlauf der 1840er Jahre kam vor allem der neoguelfischen Projektion des neuen Papstes Pius IX. als Verkörperung der principi liberali besonderes Gewicht zu, weil man in ihm einen reformorientierten Förderer der nationalitalienischen Idee zu erkennen glaubte. Die reaktionäre Wendung Pius’ IX., in der das von überspannten Erwartungen geprägte Mißverständnis des Papstes als principe liberale offenkundig wurde, ließ den für den italienischen Risorgimento so charakteristischen Antagonismus zwischen der Italia liberale und der Italia cattolica offen hervortreten. Während das positive und programmatische Bekenntnis zu liberalismo bei Cesare Balbo und vor allem Camillo Cavour nach 1849 das Programm des piemontesischen Verfassungsstaates mit parlamentarischer Regierungsweise und die nationalpolitische Führungsrolle Piemonts herausstellte, verfestigte sich die negative Haltung der römischen Kurie gegenüber liberalismo und kulminierte schließlich in der demonstrativen Verurteilung aller zeitgenössischen Ideologismen im Syllabus errorum von 1864. Für den italienischen Politikdiskurs, in dem im Gegensatz zu Frankreich und Deutschland insbesondere die enzyklopädisch-lexikalische Begriffsbestimmung bis zur Jahrhundertmitte verhältnismäßig schwach ausgeprägt war, blieb die für Deutschland so signifikante tripolare Kontur des Deutungsmusters allenfalls indirekt faßbar. Denn die liberali moderati setzten auf die Zusammenarbeit mit den fortschrittlich gesinnten Fürsten und zunächst auch mit dem Papst. Eine klare ideologische Trennlinie verlief dagegen zwischen moderati und repubblicani. Erst das offenkundige Scheitern des neoguelfismo und der neue Rahmen des piemontesischen Verfassungsstaates nach der Jahrhundertwende ließen den konkurrierenden Gegenbegriff conservatori deutlicher hervortreten. Die ideologische Polarisierung zeichnete sich im Vergleich zu Deutschland und Frankreich in Italien deutlich später ab. (6) Im Vergleich zur historischen Semantik des Deutungsmusters in Frankreich, Deutschland und Italien ist für England eine spezifische Sonderentwicklung zu konstatieren, die untrennbar mit der Ausbildung einer eigenen Sattelzeit des englischen Politikdiskurses verbunden ist. Die vormodernen Bezeichnungen whig und tory fungierten seit ihrer Entstehung am Ende des 17. Jahr-

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hunderts als Kristallisationspunkte für eigene politische Wertmuster, die eine bis weit ins 19. Jahrhundert hineinreichende semantische Persistenz entfalteten. Diese im Vergleich singuläre Rahmenbedingung für die historische Semantik von liberal/liberalism machte den Rückgriff auf whig und tory in der Untersuchung auch deshalb unumgänglich, weil die Spezifik der englischen Entwicklung sich erst aus der Amalgamierung von whig und liberal und der Transformation des tradierten Antagonismus whig/tory in liberal/conservative ergab. Gegenüber dem historischen Selbstverständnis der whigs, das sich in den Identifikationsattributen liberty und constitution kristallisierte, haftete dem kontinentaleuropäischen Begriffsfeld um liberal bis in die 1820er Jahre das Stigma eines vermeintlich unenglischen Revolutionsmusters an. Die ideologische Auseinandersetzung mit 1789 und die Ausgrenzung des außerparlamentarischen radicalism seit dem Ende des 18. Jahrhunderts führt zu einer im Vergleich zeitlich verschobenen Adaption von liberal im englischen Politikdiskurs. Die Persistenz der überkommenen Bezeichnungen whig und tory, die durch die eigene semantische Tradition von radical/radicalism seit dem letzten Drittel des 18. Jahrhunderts noch erweitert wurde, schirmte das Vokabular zunächst bis in die 1820er Jahre gegen semantische Transferimpulse von außen ab. Erst die Adaption von liberal durch die außerparlamentarischen Londoner Committees, die sich mit den kontinental-, vor allem den südeuropäischen Freiheits- und Unabhängigkeitsbewegungen solidarisierten, ebnete den Weg für die Verwendung von liberal im Hinblick auf die innerenglische Politik. Dem folgte in den 1820er Jahren dann die richtungweisende Aufnahme von liberal durch die reformbereiten whigs im Umkreis der Edinburgh Review. Dominierte um 1830 das Begriffsfeld als Synonym für die in der Katholikenemanzipation und der Reform Bill konkretisierte Reformpolitik von whigs und tories, deren progressive Teile man als Liberal party zu bezeichnen begann, wurde das letztlich aristokratische Bestimmungsmuster von whig/liberal durch die Westminster Radicals um John Stuart Mill nach 1830 fundamental in Frage gestellt. Hier kam eine distinkte middle class-Perspektive zum Tragen, die das whiggistische Muster populärer Politik negierte, mit der Adaption des fortschrittlichen Etiketts liberal die eigene Position als friends of the people erneut zu aktualisieren. Mills dezidiert antiaristokratische Deutung der Liberal party basierte auf einer semantischen Amalgamierung von radical und liberal und antizipierte zugleich den Übergang von der old whig party zur Liberal party. Dieser langfristige und überaus komplexe Übergang kann jedoch nicht von der spezifischen Persistenz des alten whig-Attributs getrennt werden, das bis weit in die zweite Jahrhunderthälfte im Politikdiskurs virulent blieb. In den 1830er und vor allem 1840er Jahren zeichneten sich aber deutlich neue Bedeutungselemente ab, die in dem primär historischen Bedeutungsgehalt von whiggism nicht mehr zu integrieren waren. Dazu zählten im Gegensatz zu den kontinentaleuropäischen Bestimmungsmustern nun auch die dezidiert wirtschaftspolitischen Aspekte des free trade.

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VIII. Zusammenfassung und Ausblick

Erst die Personalisierung der bipolaren Kontur von liberalism und conservatism durch Palmerston und vor allem durch Gladstone und Disraeli ließ aus liberal und conservative allgemein verbreitete Parteinamen werden. Aber selbst in der zweiten Jahrhunderthälfte blieb whig noch ein identifikatorischer Bezugspunkt für das Selbstverständnis von liberal und liberalism: Denn die whig interpretation of history setzte die Verbindung von whiggism und liberalism zu nationalen Identifikationsbegriffen fort, indem sie eine scheinbar ungebrochenen Traditionslinie von liberty und reform seit dem 17. Jahrhundert postulierte. Dahinter verbarg sich eine semantische invention of tradition, denn die historische Semantik von liberal in England setzte im Vergleich nicht nur später ein als auf dem Kontinent, sondern erreichte auch nicht die weltanschauliche Tiefenwirkung wie in Deutschland oder die frühe ideologische Polarisierung wie in Frankreich. Zumal die 1820er und die 1830er Jahre blieben durch die ideologische Richtungswirkung der Etiketten whig, tory und radical für kontinentale Begriffsdiskussionen gleichsam abgeschirmt. Es gehört daher zu den spezifischen Kennzeichen der englischen politischen Kultur, daß die vermeintlich jahrhundertealte Tradition des englischen liberalism aus historisch-semantischer Perspektive in erster Linie das Ergebnis einer erst ab den 1820er Jahren langsam vollzogenen Adaption von whig und liberal und der im Vergleich phasenverschobenen Integration dieses Begriffsfeldes in den englischen Politikdiskurs war. Es handelte sich mithin um eine semantisch neue, partiell erfundene und konstruierte Traditionslinie, die aber eine bis in die jüngste Forschung hineinreichende Wirkung entfaltet und in der Stilisierung von liberalism als nationalem Wertbegriff maßgeblich zum Mythos einer vermeintlich bruchlosen und damit erfolgreichen Modernisierung Großbritanniens beigetragen hat. An kaum einem Phänomen läßt sich die differenzbestimmende Funktion der komparativen historischen Semantik so eindrucksvoll nachvollziehen wie in der Analyse des Verhältnisses von liberal und whig. Vor diesem Hintergrund heben sich die spezifischen Kennzeichen der Semantik von liberal und liberalism in England umso stärker ab. Im Gegensatz zu Frankreich fehlte die Fragmentierung der politischen Bezeichnungen; dem für Frankreich so signifikant dynamisierten Verbrauch politischer Etiketten nach jedem neuen revolutionären Bruch seit 1789 stand in England die relative semantische Kontinuität historischer Deutungsmuster gegenüber, die auf die Revolutionen des 17. Jahrhunderts zurückgingen und auch im 19. Jahrhundert den Bedeutungshorizont neuer politischer Grundbegriffe bestimmten. Im Kontrast zu Deutschland fehlte die weltanschaulich-gesinnungsethische Aufladung des Begriffsfeldes. Adaption und Integration von liberal in den bestehenden whig-Diskurs und die Einbeziehung auch fortschrittlicher tory-reformer wie Canning oder Peel verhinderte hier die ideologische Polarisierung durch distinkte politische Bewegungsbegriffe bis in die 1830er und 1840er Jahre. Die eigene Tradition parlamentarischer Interessenrepräsentation ließ in England die charakteristischen Interessenantagonismen des Kontinents, die sich im Kampf der Ismen niederschlugen, nicht entstehen. Dazu gehörte auch die feh-

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lende Relevanz des Staates als positivem oder negativem Orientierungspunkt von liberal/liberalism. Hinzu kam die letztlich dominierende Bipolarität der Begriffstruktur, sei es in Form des Antagonismus whig/tory oder liberal/conservative. Ein der deutschen Semantik von radical/Radicalismus vergleichbarer, potentiell systemtranszendierender Bedeutungsgehalt läßt sich für radical/ radicalism in England hingegen nicht konstatieren: Eine revolutionäre oder republikanische Konnotation fehlte hier. Stattdessen überwog auch bei den radicals eine entschiedene, aber letztlich systemimmanente und auf das Parlament hin orientierte Reformstrategie. (7) Hinsichtlich der im weitesten Sinne sozialhistorischen Bestimmung der historischen Semantik läßt der Vergleich zumindest partielle Rückschlüsse zu, auch wenn eine genaue Differenzierung zu den Aufgaben zukünftiger Forschungen zählt. Dabei müßten systematische Analysen das sozialhistorische Profil von bedeutungsbestimmenden und rezipierenden Gesellschaftsgruppen stärker herausarbeiten. Die folgenden Ergebnisse können vor diesem Hintergrund allenfalls als symptomatische Skizze und Anregung künftiger Untersuchungen dienen. Zu den sozialhistorisch relevanten Kennzeichen der Semantik von libéral/libéralisme zählte in Frankreich die bereits nach 1815 einsetzende Identifizierung mit denjenigen Gesellschaftsgruppen, die in besonderer Weise von der Revolutionsepoche oder dem Napoleonischen Kaiserreich profitiert hatten. Damit verband sich seit den 1820er Jahren ein spezifisch besitzbürgerliches Element von libéralisme aus der Sicht der commerçants und capitalistes, das bereits früh ideologiekritische Reaktionen hervorrief und in den 1830er Jahren in die Gleichsetzung des Deutungsmusters mit den Interessen der bourgeoisie mündete. Dagegen überwog in Deutschland bis weit in die 1830er Jahre ein dominant bildungsbürgerliches Bestimmungsmuster, das sich an den Wertbegriffen der Aufklärung und insbesondere am soziokulturellen Ideal einer auf Bildungswissen beruhenden, vernünftigen Gesinnung orientierte und sich am auffälligsten in den zeitgenössischen Konversationslexika niederschlug. Hinzu kam zumindest bis 1820 die ausdrückliche Identifikation der reformorientierten Staatsbeamten mit der Liberalität des Staates. Erst die Ideologisierung des Begriffsfeldes und sein Oppositionscharakter ließen diesen Rekurs zurücktreten. Der umfassende Integrationsanspruch von Liberalismus aus bildungsbürgerlicher Perspektive geriet aber, das wurde am Beispiel der distinkten Oppositionsstrategien um 1830 deutlich, unterhalb der bildungsbürgerlichen Diskursmedien an eine gesellschaftliche Wirkungsgrenze. Denn der Konzentration auf ein primär politisch-konstitutionelles Ziel von Liberalismus entstand seit den 1840er Jahren mit radical/Radicalismus ein ideologischer Konkurrent, der die gesellschaftlichen Problemlagen aus klein- und unterbürgerlicher Perspektive fokussierte und das Deutungs- und Sinnstiftungsmonopol von Liberalismus gleichsam inneroppositionell in Frage stellte. Die Liberalismen des Vormärz reflektierten unterschiedliche gesellschaftliche Formationen mit distinkten Handlungsbedingungen und Interessenhori-

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VIII. Zusammenfassung und Ausblick

zonten, so etwa in den eher bildungsbürgerlichen Bestimmungsmustern aus dem deutschen Südwesten oder in der stärker besitzbürgerlichen Interessenartikulation in Rheinpreußen. Bereits diese hier nur skizzierten Differenzierungen verbieten eine Gleichsetzung von Liberalismus mit sozioökonomisch trennscharf bestimmten bürgerlichen Klasseninteressen, von der die semantische Ideologiekritik bei Marx und Engels ausging. Für Italien schien sich vor dem Hintergrund der Aufstandsbewegungen von 1820/21 und 1830/31 in der Bestimmung des liberalismo trasformatore und der liberali moderati eine tendenziell eher bildungsbürgerliche Konnotation anzudeuten, der sich aber auch zahlreiche reformorientierte und konstitutionell gesinnte Aristokraten anschlossen. Im katholischen Klerus blieb dagegen die Position der liberali cattolici weitgehend eine Minderheitenposition. Ideologiekritische Bedeutungselemente sind erst auffallend spät in der Polemik der repubblicani gegen die moderati während der Revolution von 1848 nachweisbar. Für den englischen Politiksdiskurs ist zunächst die gesellschaftliche Distinktionsfunktion der liberal education als soziokulturelles Kennzeichen des gentleman hervorzuheben. Dieser dezidiert vorpolitische Bedeutungsaspekt wirkte über die Adaption von liberal durch die whigs auch noch in der aristokratischen Konnotation von liberal fort. Die Westminster Radicals um John Stuart Mill hoben demgegenüber stärker auf die Liberal party als Interessenvertretung der middle classes ab, was das historische Identitätsmuster der whigs als Treuhänder von tradierten Freiheitsrechten durch die Projektion einer integrativen Massenpartei grundsätzlich in Frage stellte. Der semantische Wandel von whig/tory in liberal/conservative markierte insofern nicht allein das Ende der spezifischen Sattelzeit des englischen Politikdiskurses, sondern auch das allmähliche Auslaufen aristokratisch dominierter Parlamentsparteien zugunsten tendenziell integrativer Massenparteien. Diese Entwicklung deutete sich vor allem in den 1840er Jahren mit der wirtschaftspolitischen Konnotation von free trade in liberal/liberalism an. Dennoch kann die semantische Persistenz des aristokratischen Deutungsmusters whig/whiggism für das 19. Jahrhundert kaum hoch genug eingeschätzt werden. Es büßte seine Dominanz erst im Verlauf eines langfristigen Prozesses ein, der mit der gesellschaftlichen Popularisierung und moralischen Aufladung von liberalism durch Gladstone verbunden war. Eine über den engeren parlamentarischen Diskurs hinausreichende gesellschaftliche Universalisierung zeichnete sich im Victorian Liberalism ab, dessen Integrationskraft auch gegenüber den labouring classes im Vergleich zu Deutschland erst spät in Frage gestellt wurde. In England wie in Deutschland verwiesen am Ende des 19. Jahrhunderts der New Liberalism von Leonard Hobhouse wie der Soziale Liberalismus Friedrich Naumanns auf das grundlegende Problem, welche positiven sozialen Projektionen sich mit dem Begriffsfeld angesichts der gesellschaftlichen Spannungen und Konflikte innerhalb entwickelter Industriegesellschaften noch verbinden ließen.

2. Historische Semantik als kulturelle Transfergeschichte

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(8) Die Ergebnisse der semantisch-qualifizierenden sowie der frequenzanalytisch-quantifizierenden Untersuchungen lassen Rückschlüsse auf distinkte Sattelzeiten des Deutungsmusters in den vier untersuchten Ländern zu. Während libéral und libéralisme die semantischen Entwicklungsstufen der Politisierung und polarisierenden Ideologisierung in Frankreich mit der Julirevolution bereits durchlaufen hatten, setzte vor allem die ideologische Prägung und gesellschaftliche Diffusion der Begriffe in Deutschland und abgeschwächter auch in Italien erst seit 1830 ein. Für England ist im Gegensatz zu den eben auch semantischen Umbruchsphasen, die sich in den kontinentaleuropäischen Vergleichsländern mit den Daten 1789, 1814/15 und vor allem 1830 verbanden, von einer distinkten Sattelzeit auszugehen, die über die traditionellen Parteibezeichnungen whig und tory bis in das 17. Jahrhundert zurückreichte. Das semantische Ancien régime des englischen Politikdiskurses lief erst mit den 1830er Jahren aus. In der whig interpretation of history erfuhr es gleichsam Aufhebung und Historisierung zugleich. Dabei firmierte die nationale Stilisierung des ehemals fremdartigen kontinentaleuropäischen Bewegungsbegriffes liberalism als Beispiel für eine semantische invention of tradition. Ob sich diese für liberal/Liberalismus herausgearbeiteten unterschiedlichen europäischen Sattelzeiten auch auf andere politisch-soziale Deutungsmuster anwenden lassen, muß hier offen bleiben. Die Frage nach spezifischen Konjunkturen von Grundbegriffen und Diskursen im europäischen Vergleich markiert aber ein wichtiges Desiderat zukünftiger Forschungen.

2. Historische Semantik als kulturelle Transfergeschichte: Übersetzung, Adaption und Integration politischer Grundbegriffe Gegenüber der in komparativen Untersuchungen zumeist dominierenden additiv-deskriptiven Methode und der Analyse statischer Zustände oder Strukturen von Vergleichseinheiten bietet sich vor dem Hintergrund des historisch-semantischen Vergleichs eine andere Perspektive an. Während eine komparative Untersuchung von Zuständen häufig den Eindruck einer homogenen oder quasi-symmetrischen empirischen Grundlage als Ausgangspunkt für die Frage nach Ähnlichkeiten und Unterschieden erweckt, beraubt dies den Vergleich einer grundlegenden hermeneutischen Dimension: Der historische Prozeß, das Element der diachronen Veränderung bleibt zumeist ausgeklammert. Hier vermag die dezidiert asymmetrische Perspektive einer semantischen Transfer- und Rezeptionsanalyse genau jene prozeßhafte Dynamik zu thematisieren, die die Interaktionen und Berührungszonen zwischen der Semantik der einzelnen Vergleichsländer auszeichnet.7 7

Vgl. Kapitel I.2.b) und I.3.a).

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VIII. Zusammenfassung und Ausblick

Innerhalb des eingangs entwickelten vierstufigen Modells der Semantogenese eines historisch-politischen Grundbegriffs, das von einer vorpolitischen Bedeutungsdimension ausgehend eine Fermentierungs, Politisierungs- und Ideologisierungs- und Polarisierungsphase unterscheidet,8 kommt vor allem dem Übergang von der Fermentierungs- zur Politisierungsphase für den historisch-semantischen Kulturtransfer eine hervorragende Bedeutung zu, weil die Begriffe während dieser Transition für Bedeutungsimpulse von außen offen sind. Für den historisch-semantischen Kulturtransfer auf dem Wege des Begriffsund Bedeutungsexports ist idealtypisch zunächst zwischen einer direkten und einer indirekten Rezeption zu unterscheiden. Während im ersten Fall von einem direkten Kontakt oder einer unmittelbaren publizistischen Einwirkung etwa im Kontext von Okkupation und offizieller Regierungspropaganda durch das napoleonische Frankreich auszugehen ist, verweist die indirekte Rezeption auf das Fehlen derartiger direkter Berührungszonen. Für die direkte Rezeption lassen sich drei Stufen unterscheiden: (1) Die imitierende Übersetzung von charakteristischen französischen Ausdrücken (principes libéraux, maximes libérales, opinions libérales) oder Textteilen, insbesondere von wichtigen Zeitungs- oder Wörterbuchartikeln ohne weitergehende reflektierende Kommentare aus der direkten Anschauung zum Beispiel der deutschen Revolutionsbeobachter in Paris bezeichnet die erste Stufe. (2) Die zweite Stufe läßt sich als Adaption auf der Grundlage von Übersetzungen charakterisieren. Hier kommt es zur signifikanten Umarbeitung der französischen Vorlagen durch Hinzufügung oder Weglassung bedeutungsrelevanter Elemente. Auch bei weiterhin nachweisbarer bedeutungsrichtender Valenz der Vorlage erfahren die übersetzten Begriffe im Hinblick auf den eigenen Kontext eine semantische Neubestimmung, die zwar noch das französische Vorbild erkennen läßt, in ihrer Ausrichtung jedoch nicht länger durch den französischen Entstehungskontext dominiert wird. (3) Auf der dritten Stufe wird der Begriff als eigenständiger Bestandteil in das politisch-soziale Vokabular aufgenommen. Mit dieser Integration geht eine ideologische Ausrichtung einher, die sich nunmehr weitgehend an eigenen Erfahrungsräumen und Erwartungshorizonten orientiert, während der französische Bedeutungsursprung in den Hintergrund tritt. Der konkrete Rückgriff auf die französischen idées libérales reflektierte zunächst die Unmöglichkeit einer umfassenden Restauration im Sinne einer Rückkehr zum Ancien régime. Vor dem Hintergrund der konstitutionellen und nationalpolitischen Erwartungen in Deutschland und Italien fokussierten Übersetzung und Adaption der idées libérales in liberale Ideen und idee liberali nunmehr einerseits die Befreiung von französischer Fremdherrschaft und andererseits die Übernahme der fortschrittlichen politisch-konstitutionellen und gesellschaftlichen Prinzipien vom französischen Vorbild. Diese Rezeption ging mit der Loslösung vom Ursprungskontext der idées libérales einher und schuf 8

Vgl. Kapitel I.3.c).

2. Historische Semantik als kulturelle Transfergeschichte

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ein semantisch formatives Medium für die Konturierung eigener Erwartungen und Projektionen. Zu diesen zählten in Deutschland die Gewährung landständischer Verfassungen, die Überwindung der territorialen Fragmentierung sowie die Beseitigung der feudalen Relikte des Ständestaates. Vor dem Hintergrund der Stagnation des innenpolitischen Kurses wandelte sich das Schlagwort der liberalen Ideen zum Oppositionsetikett, in dessen Zielhorizont sich die Idee einer Staatsbürgergesellschaft mit der aufgeklärt-bildungsbürgerlichen Konnotation liberaler Gesinnung und individueller Liberalität verbanden. Diese Erwartungen verdichteten sich innerhalb des politischen Vokabulars der 1820er Jahre im ideologischen Richtungsbegriff Liberalismus. In Italien, vor allem in Piemont und im Königreich Neapel, ging die Berufung auf die idee liberali mit dem publizistischen Kampf für konstitutionelle Fortschritte gegen die habsburgische und bourbonische Fremdherrschaft einher. Allerdings dominierten hier länger als in Deutschland die imitierenden Übersetzungen französischer Begriffsbestimmungen. Entsprechend phasenverschoben setzte sich der Bewegungsbegriff liberalismo breitenwirksam erst nach 1830 durch. Für die katholische Kirche stellten die idee liberali demgegenüber eine fundamentale Gefährdung der überkommenen politisch-sozialen Ordnung dar. Der das ganze 19. Jahrhundert dominierende Antagonismus zwischen cattolicismo und liberalismo wurde in der Frontstellung gegen die idee liberali bereits antizipiert. Im Gegensatz zur unmittelbaren Rezeption der idées libérales in Deutschland und Italien, die aus dem direkten Export des Schlagworts in der napoleonisch-imperialen Herrschaftspropaganda und ihrer phasenverschobenen Übersetzung und Adaption resultierte, stand die indirekte Rezeption in England. Hier dominierte bis in die 1820er Jahre der spanische und französische Bezug des Adjektivs liberal, das nicht allein für die Tories einen fremdländischen Beiklang enthielt und als revolutionär-jakobinisches Verdikt zur Denunziation der reformorientierten Kräfte der politischen Opposition eingesetzt werden konnte. Die Verwendung von Teilen des Begriffsfeldes in der ausländischen Schreibweise unterstrich den „unenglischen“ Charakter von liberal. Erst mit der allmählichen Übernahme von liberal durch die reformbereiten Whigs der Edinburgh Review löste sich das Revolutionsattribut aus seinem negativen kontinentalen Ursprungszusammenhang und konnte nunmehr auch für die Kennzeichnung innerenglischer Reformansätze und -strategien herangezogen werden. Die für England spezifisch verschobene Adaption und Integration von liberal, die deutlich zurückhaltender als in den kontinentaleuropäischen Diskursen erfolgte, reflektierte zugleich die Existenz eines von den tradierten politischen Etiketten whig, tory und radical geprägten Vokabulars. Deren semantische Persistenz schirmte den politischen Diskurs länger als in Deutschland und Italien vom Transferimpuls der französischen Begriffsbildung ab. Diese Aspekte einer komparativ angelegten Transferanalyse auf der Ebene der historischen Semantik verweisen über den engeren thematischen Horizont hinaus auf analytische und methodische Fragestellungen, deren Relevanz für

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VIII. Zusammenfassung und Ausblick

andere Bereiche der Kulturtransfer- und Rezeptionsforschung hier zumindest skizziert werden soll. (1) Hermeneutisch ist zunächst nach dem Charakter kultureller Aneignungsprozesse zu fragen, wozu zunächst die genaue Identifizierung des Objekts und dann die Analyse der spezifischen Mechanismen von Transfer und Rezeption gehören. In der vorliegenden Untersuchung ging es um den Export und die unterschiedlichen Rezeptionsstufen eines politisch-gesellschaftlichen Deutungsmusters mit einer seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts wachsenden und seit 1810/12 dann noch einmal spezifisch intensivierten publizistischen Wirkungskraft. Als Konkretisierung von Kultur wird dabei zum einen das politisch-gesellschaftlich relevante Deutungsmuster innerhalb des sozialen Wissens der Zeit verstanden, als das das Begriffsfeld um libéral fungierte. Darüber hinaus repräsentiert Kultur auch den durch die politische Publizistik faßbaren Kommunikationsraum, in dem die Teilnehmer am politischen Diskurs auf neue Begriffe und neue Bedeutungen tradierter Begriffe rekurrierten. (2) Zumal in der Phase noch relativ unspezifischer Bedeutungsrichtungen neuer Begriffe kam dem externen semantischen Impuls eine wirkungsmächtige Orientierungsfunktion zu, sei es im Sinne der semantisch-diskursiven Inklusion oder der Exklusion: Während die direkte Rezeption der idées libérales in Deutschland und Italien tendenziell eher einer Inklusion entsprach, die durch die Emanzipation der idées libérales von der napoleonischen Herrschaftspropaganda möglich wurde, blieb für England zunächst die semantisch-diskursive Exklusion bestimmend. Erst im Verlauf der 1820er Jahre entwickelte sich hier eine positive Adaption von liberal im Sinne eines innerenglischen Reformattributs. (3) Der Blick auf die transversale Diffusion von Bedeutungswissen, der methodisch die asymmetrische gegenüber der symmetrischen Perspektive komparativer Analyse entspricht, darf nicht zur Annahme einer geradlinigen Wirkungsgeschichte im Sinne einer voraussehbaren Relation von Impuls und Rezeption führen. Gerade in der Semantik von liberal tritt die Diskrepanz zwischen ursprünglicher Intention und dem je spezifischen Ergebnis der Rezeption und Diffusion besonders deutlich hervor: Die Transformation der französischen idées libérales in die liberalen Ideen und die idee liberali war eben kein einfacher Übersetzungsakt im Sinne einer durch wortetymologische Ähnlichkeiten naheliegenden Bedeutungsidentität, sondern setzte gerade die interpretative Distanzierung von der exportierten napoleonischen Herrschaftspropaganda voraus. Obwohl ein semantisches Produkt der Revolution und in den politischen Diskurs der Nachbarländer maßgeblich erst durch die napoleonische Herrschaft eingeführt, wurden die idées libérales zu einem allgemein anerkannten Orientierungsbegriff in der Zeit des Wiener Kongresses. Sie lösten sich damit aus der personal bestimmten Herrschaftsideologie Napoleons und überlebten als abstrakt-transpersonales Attribut die Niederlage ihres Erfinders. Erst dieser historisch-semantische Entwicklungsschritt machte eine eigene Bedeutungsbestimmung von liberalen Ideen und idee liberali möglich.

2. Historische Semantik als kulturelle Transfergeschichte

563

(4) Kulturtransfer und -rezeption finden nicht zufällig statt, sondern setzen einen spezifischen Kontext sowie Bedingungen voraus, aus denen sich wiederum bereits Charakteristika des Transfer- und Rezeptionsprozesses ableiten lassen. Insbesondere der Transfer von politisch-gesellschaftlichem Bedeutungswissen läßt sich nur in einem Spannungsfeld verorten, das von Erfahrungsräumen vergangener Vergangenheit und Erwartungshorizonten vergangener Zukunft gebildet wird. Zur Erfahrungsebene zählten bei der historischen Semantik von liberal die Französische Revolution und die sich anschließende napoleonische Herrschaft, zumal der Export der idées libérales nicht von den auch publizistisch wirksamen Machtverhältnissen während der Phase der napoleonischen Fremdherrschaft in Deutschland und Italien zu trennen ist. Zur Erwartungsebene gehörten in Deutschland und Italien die Hoffnung auf konstitutionelle Sicherung politischer Partizipation und bürgerlicher Rechtsgleichheit, die Beseitigung feudaler Relikte, die freie Entfaltung der politischen Öffentlichkeit sowie nationalpolitische Fortschritte. Der Transferimpuls der idées libérales traf mindestens in Deutschland und Italien auf einen spezifischen Innovationsdruck, ein in der politischen Öffentlichkeit vorhandenes Modernisierungs- und Reformbedürfnis, das nach semantisch-diskursiver Fokussierung drängte. Die hier untersuchte Phase von 1810 bis 1820 repräsentierte eine Umbruchs- und Krisensituation: Das 1814/15 faßbare Ende der durch Napoleon mittelbar verlängerten Revolutionsepoche markierte den Beginn einer postrevolutionären Periode, die mit einem veränderten Rahmen von Erfahrungen und Erwartungen und einem daraus resultierenden gestiegenen Bedürfnis nach politisch-gesellschaftlicher Selbstvergewisserung einherging. (5) Nur vor diesem Hintergrund erklärt sich, warum im politischen Diskurs ein Schlagwort wie die idées libérales die Funktionen ideologischer Identifizierung und Temporalisierung übernehmen konnte: Anhängerschaft oder Gegnerschaft zu den idées libérales ließen sich je nach ideologischer Position in die Antonymien fortschrittlich/rückschrittlich oder revolutionär/antirevolutionär transformieren. Für den Prozeß der politisch-gesellschaftlichen Interessenartikulation, in dem die mittelalterlich gedachte Einheit der societas civilis sive res publica in einen Pluralismus antagonistischer Interessen überging, hatte diese Entwicklung fundamentale Bedeutung. Deren Spezifika in den verschiedenen untersuchten Ländern lassen sich analytisch überzeugend erfassen, wenn man den Rezeptionsvorgang nach einem Stufenmodell differenziert. Zu fragen ist dabei, ob die historisch-semantisch begründete Unterscheidung zwischen imitierender Übersetzung, Adaption und Integration sowie begrifflich verdichtetem Bedeutungswissen auch auf andere Formen von Kulturtransfer übertragbar ist. (6) Aus historisch-semantischer Perspektive stellt sich der Kulturtransfer als interpretative Selektion und Reduktion von exportiertem Bedeutungswissen dar. Die napoleonisch konnotierten idées libérales bedeuteten keine erschöpfend-verbindliche Definition, sondern konnten in der Folgezeit vor dem Hintergrund je spezifischer Erfahrungen und Erwartungen in Deutschland und

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VIII. Zusammenfassung und Ausblick

Italien semantisch neu bestimmt werden. So offenkundig liberale Ideen und idee liberali noch zu Beginn der 1820er Jahre ihren Ursprung von den idées libérales durch ihre Wortnähe verrieten, sowenig ließen sie sich noch im Sinne einer identifikatorischen Übersetzung auf einen verbindlichen Bedeutungskanon festlegen. Ihre Adaption und Integration in den je spezifischen Politikdiskurs war Ergebnis eines semantischen Kulturtransfers, in dessen Verlauf sich die Bedeutungskontur des Transferobjekts selbst verändert hatte.

3. Vom historischen Grundbegriff zur politischen Kultur: Diskursive Funktionen politisch-sozialer Deutungsmuster Von besonderer Relevanz für die vier untersuchten Vergleichsfälle erweisen sich aus historisch-semantischer Perspektive die spezifischen Polaritätsmuster politischer Gruppenbezeichnungen. Die entsprechende Verwendung von liberal/Liberalismus ist zunächst ein wichtiger Indikator für die semantische Entwicklungsstufe der Ideologisierung. Auf der vorpolitischen Stufe dominierte in allen Vergleichsfällen eine nichtpolare Verwendung von liberal. Hinsichtlich der politisch-ideologischen Polaritätsmuster lassen sich bipolare, tripolare und multipolare Kategorien unterscheiden. Von der sich in diesen Polaritätsmustern niederschlagenden Fragmentierung politischer Gruppenbezeichnung kann auf je spezifische Formen der Artikulation politisch-ideologischer Konfliktlinien geschlossen werden, die wiederum als ein Kennzeichen der politischen Kultur eines Landes interpretiert werden können. Zu fragen ist mithin nach den möglichen Verbindungen zwischen den Ergebnissen einer komparativen Semantik und der politischen Kulturforschung.9 (1) Der französische Politikdiskurs war in dieser Hinsicht besonders früh von semantisch multipolaren Bestimmungsmustern gekennzeichnet, die die Abfolge der zahlreichen politischen Krisen und Brüche seit 1789 reflektierten. Dies führte langfristig zur charakteristischen Anhäufung zahlreicher Etiketten, die sich selten eindeutig, also in einem bipolaren Antagonismus voneinander abgrenzen ließen, sondern sich vielmehr konnotativ überlappten, was erheblich zur Desintegration des Begriffsfeldes libéral/libéralisme beitrug. Der Antagonismus libéral-ultra und libéral-royaliste dominierte bis 1830 und verlieh dem Wortfeld eine enorme oppositionelle Integrationskraft. Diese um 1830 am stärksten hervortretende semantische Integrationswirkung wurde aber von einer Vielzahl weiterer Polaritäten relativiert und abgeschwächt. Dazu zählten die aus der Revolution stammenden Bezeichnungen patriote und républicain, das auf die napoleonische Herrschaftsphase verweisende Attribut bonapartiste sowie nach 1830 die Attribute orléaniste und légitimiste. Hinzu kamen in den 9

Vgl. KARL ROHE, Politische Kultur und ihre Analyse. Probleme und Perspektiven der politischen Kulturforschung, in: HZ 250 (1990), S. 321–46, hier S. 343 f. sowie VORLÄNDER, Hegemonialer Liberalismus, S. 67.

3. Vom historischen Grundbegriff zur politischen Kultur

565

1840er Jahren die antonymischen Begriffe radical und socialiste. Als stärker „partei“-politische Kongruenzbegriffe fungierten bereits nach 1815 zudem indépendant und constitutionnel. Von besonderer Relevanz wurden nach 1830 die Deutungsmuster doctrinaire und conservateur, da deren Kopplung mit libéral und libéralisme wesentlich zur Transformation des Oppositionsattributs libéralisme in einen regierungskonformen Ordnungsbegriff beitrug. (2) In Deutschland dominierte bis in die 1830er Jahre die bipolare Struktur in liberal-illiberal und liberal-servil, die sich weniger auf distinkte politische Gruppen bezog, sondern vor allem weltanschauliche Bedeutungskomponenten mittransportierte. Seit der Mitte der 1830er Jahre wurde dieses bipolare zu einem tripolaren Paradigma anhand der Bezeichnungen radical-liberal-conservativ, das sich bis zur Jahrhundertmitte verfestigte und deutliche ideologische Grenzlinien des politischen Massenmarktes markierte. In der zweiten Jahrhunderthälfte kamen weitere Abgrenzungen und Antagonismen hinzu, die aber stets mehr waren als bloße politische Parteibegriffe. In den soziokulturell geprägten und häufig quasi religiös aufgeladenen Antagonismen zwischen liberal und katholisch und in der spezifischen Spannung zwischen liberal und sozial wurde dies bis zum Ende des 19. Jahrhunderts besonders deutlich. (3) Für Italien wurde trotz der vielfältigen Versuche zur Überbrückung der Antagonismus liberale-cattolico für den gesamten Untersuchungszeitraum kennzeichnend. Er dominierte die negativen Bestimmungsmuster aus Sicht der katholisch-restaurativen Publizistik und vereinigte weltanschauliche und nationalpolitische Bedeutungsgehalte. Hinzu kam die semantische Relevanz der bipolaren Struktur von liberale/moderato auf der einen und liberale/repubblicano auf der anderen Seite. Zur Entfaltung einer tripolaren Struktur radical-liberal-conservativ wie in Deutschland gab es seit den 1840er Jahren einzelne Ansätze, doch blieben diese gegenüber dem Antagonismus liberale-cattolico noch sekundär. Dessen Prägekraft wurde nach 1850 vor allem in den distinkten soziokulturellen Milieus der Italia liberale und der Italia cattolica virulent. (4) Gegenüber dem multipolaren sowie dem tripolaren Bestimmungsmuster in Frankreich und Deutschland entwickelte die aus dem vormodernen Politikdiskurs stammende Bipolarität von whig-tory in England eine einzigartige semantische Persistenz, die zwar durch radical differenziert, aber letztlich nicht in Frage gestellt wurde. Sie setzte sich langfristig im Antagonismus von liberalconservative fort. Auch im Vergleich der Polaritätsmuster überwiegt mithin die spezifische Entwicklung Englands. Versucht man diese Ergebnisse im weitesten Sinne auf Fragestellungen der politischen Kulturforschung anzuwenden, läßt sich England nicht allein als relativ staatsferne Zivilkultur kennzeichnen, sondern zugespitzt als Traditions- und Kontinuitätskultur, in der sich Traditionsstiftung und Kontinuitätsmuster häufig aber als konstruierte, rückwärtige Projektionen herausstellten und in der auch neue politische Grundbegriffe in den Bedeutungsrahmen historischer Deutungsmuster integriert werden mußten. Hinsichtlich der historischen Semantik entwickelten sich in England signifikante Mechanismen der

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VIII. Zusammenfassung und Ausblick

Traditionsbildung, die auch solche Begriffe vereinnahmten, die wie liberal/liberalism im Unterschied zu den kontinentaleuropäischen Vergleichsfällen erst spät und nur langsam, gegenüber Frankreich in einer Phasenverschiebung von fast zwei Jahrzehnten, in den englischen Politikdiskurs integriert wurden. Das Gegenstück zu dieser Traditionskultur mit ihren eigenen Erfindungen von Traditionslinien und mit der ausgeprägten Fähigkeit zur Integration neuer Gehalte in überkommene Bedeutungsmuster und Wahrnehmungsweisen – paradigmatisch in der Adaption von liberal durch die whigs – stellt die französische Fragmentierungskultur dar, die sich aus einer Vielzahl von Krisen und Umbrüchen ergab. In dieser Sicht erscheint das 19. Jahrhundert als postrevolutionäre Fortsetzung, als Deutungsgeschichte eines Zeitalters der Revolutionen, das 1789 eingesetzt hatte. Sie reicherte den Politikdiskurs mit einer Vielzahl von Begriffen an, deren Deutungsreichweite sich permanent veränderte und unter dem latenten Vorbehalt der nächsten Krise stand. Eine Kontinuität historischer Rollen- und Bestimmungsmuster wie bei whig und tory konnte sich hier nicht entfalten. Der Aspekt der postrevolutionären Diskontinuität darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, daß sich auch für Frankreich mit der Revolution von 1789 ein universeller historischer Bezugspunkt ergab, an dem jede Bedeutungsbestimmung eines wichtigen politischen Grundbegriffes im 19. Jahrhundert direkt oder indirekt anknüpfte, sei es in positiver Identifizierung oder negativer Polemik. Über diese Unterscheidung hinaus läßt die Untersuchung auch Rückschlüsse auf die Funktionen politisch-sozialer Deutungsmuster für den je spezifischen Politikdiskurs zu. Der Politikdiskurs selbst aber kann als ein grundlegendes Element einer politischen Kultur gewertet werden. Der Vergleich europäischer Liberalismen läßt, pointiert formuliert, mindestens sechs Funktionen erkennen: (1) Politisch-soziale Grundbegriffe dienten der Wahrnehmung, Formulierung, sinnhaften Deutung und Verarbeitung von Erfahrungen sowie der Projektion von Erwartungen. Das im 19. Jahrhundert fundamental neubestimmte Verhältnis zwischen Erfahrungen, Interessen und Erwartungen verdichtete sich in den zahlreichen neuen Ideologismen. (2) Als politisch-soziale Deutungsmuster ermöglichten Grundbegriffe wie Liberalismus auf politisch-ideologischer Ebene Identifikation und Orientierung. Die in den Begriffen kondensierten Inhalte dienten als Wegmarken für Selbstvergewisserung und Selbstbestätigung, sei es durch positives Bekenntnis oder negative Abgrenzung. (3) Erst durch die inhaltliche Verdichtung und Fokussierung von Bedeutungswissen in Richtungs- und schließlich Bewegungsbegriffen, wie idées libérales und libéralisme, waren die für jeden Politikdiskurs so grundlegenden Voraussetzungen von polemischer Aufladung, Affektgebundenheit und möglicher Polarisierung gegeben. (4) Politische Grundbegriffe bildeten nicht allein ein vergangenes Bedeutungswissen ab. Weit über diese Ausdrucksfunktion der Begriffe hinaus wurde

4. Die Aufhebung des politischen Deutungsmusters Liberalismus

567

Sprache innerhalb des Untersuchungszeitraums zu einem konkreten Handlungsfaktor, der auch von den Zeitgenossen bereits bewußt wahrgenommen wurde. (5) Im Sinne interessengebundener Standortbestimmung ging von politischen Grundbegriffen wie Liberalismus eine ideologische Temporalisierung aus. Sie markierten eine hermeneutische Grenze zwischen Rückschritt und Fortschritt und trugen damit zu einem neuen, ideologisierten Bewußtsein für Vergangenheit und Gegenwart bei. (6) Schließlich fungierten politische Grundbegriffe als Ausgangspunkte für die Konstruktion positiver oder negativer semantischer Kontinuitätslinien, aus denen sich wie in Frankreich im Hinblick auf 1789 oder in England auf 1688 eine kollektive Deutungsgeschichte, wenn auch vielfach gebrochen und konstruiert, ergab. In den Auseinandersetzungen um Begriffe zerbrach nicht allein die mittelalterlich gedachte Einheit der societas civilis sive res publica. In ihnen spiegelte sich auch der Konflikt um Interpretationsmonopole und Deutungshoheit, für den die Vereinnahmung der Vergangenheit sowie die Politisierung und Ideologisierung der Geschichte immer mehr eine Bedingung zur Durchsetzung von Interessen wurde.

4. Die Aufhebung des politischen Deutungsmusters Liberalismus: Zur semantischen Überlagerung historischer Erfahrungsebenen Mit Recht läßt sich argumentieren, daß die historischen Forderungen, die die Semantik von Liberalismus im 19. Jahrhundert bestimmten, in den parlamentarischen Demokratien am Ende des 20. Jahrhunderts weitgehend erfüllt worden sind. Die klassischen politisch-konstitutionellen Gehalte, die man Liberalismus zuweist, also die Stellung des Individuums und die evolutionäre Entfaltung der Staatsbürgergesellschaft im Rahmen des parlamentarischen Verfassungs- und Rechtsstaats, bilden keine Erwartungshorizonte mehr, sondern markieren bereits historisierbare Erfahrungshintergründe, so sehr deren konkrete Aktualisierung jederzeit neue Konflikte provozieren kann. Für die Fortentwicklung der Bürgergesellschaft jedoch kann der Begriff heute kein Deutungsmonopol mehr beanspruchen; daß er in kaum einer Diskussion darüber fehlt, unterstreicht primär das reiche Erbe von Liberalismus und seine Funktion als gewissermaßen historisches Gehäuse, ohne die die Genese der freiheitlichen Gesellschaft nicht zu erfassen ist. Insofern wirkt Liberalismus heute aus dem eigentümlichen Nebeneinander von historischer Bedeutungsspur und der Vagheit jeder neuen Projektion, die sich in diesem Begriff unweigerlich mit historischen Bedeutungsgehalten aufläd: Ein geschichtsloser Liberalismus-Begriff ist undenkbar. Das schließt indes zugleich jeden Anspruch auf Verbindlichkeit semantischer Definition aus.

568

VIII. Zusammenfassung und Ausblick

Nichts dokumentiert die dialektische Aufhebung des Begriffes besser als die paradox anmutende Parallelität vom „Siegeszug liberaler Prinzipien“ bei gleichzeitigem „Bedeutungsverlust liberaler Parteien“.10 Diese suchen den Ausweis ihrer programmatischen Identität nicht länger im Etikett liberal: Seit den 1930er Jahren nennen sich die Parteien, die sich dem Liberalismus verbunden fühlen, nicht mehr zwangsläufig liberal. Das deutet auf eine Popularisierung, Universalisierung und Historisierung des Attributs hin, dem man eine richtungsweisende semantische Orientierung offenkundig nicht mehr zuzutrauen bereit ist. Die derart aufgehobene Geschichte des historischen Deutungsmusters Liberalismus diskreditiert keinesfalls die grundsätzliche Berechtigung einer immer wieder neu zu aktualisierenden Emanzipations- und Partizipationsidee, etwa in der Neufassung von politischer, sozialer und kultureller Selbststeuerung in einer zersplitterten Lebenswelt, deren Unübersichtlichkeit sich aus dem Nebeneinander von lokalen Lebenswelten, multikulturellen Strukturen und globaler Dynamik ergibt.11 Aber Liberalismus gegen seine vielfach gebrochene und heute weitgehend aufgehobene Bedeutungsgeschichte zu kehren, heißt, ihm noch eine semantische Integrationskraft zuzuweisen, die er längst nicht mehr besitzt, die er vielmehr in vielen europäischen Kontexten relativ früh eingebüßt hat. Liberal zu sein, läßt sich heute von fast allen Mitgliedern der so definierten civil society reklamieren. Diese letzte Universalisierung, die jeden ideologischen Antagonismus aufhebt, ist gleichbedeutend mit dem Ende des wirklich politischen Grundbegriffs in seiner polemischen Qualität. Denn wo dem Rekurs auf liberal und Liberalismus die Polarität fehlt, können die für den Politikdiskurs des 19. Jahrhunderts so bestimmenden Funktionen des Begriffes, von der Erfahrungsdeutung, Sinnstiftung und Zukunftsprojektion bis zur positiven und negativen Identifizierung sowie ideologischen Temporalisierung, nicht mehr erfüllt werden. Die Spezifik der historisch-semantischen Entwicklungslinien verweist auf eine faszinierende hermeneutische Funktion, wenn Begriffe als historische Spuren, Indikatoren, ja Seismographen für historisch-strukturelle Erscheinungen firmieren. Dabei liefern vergangene Erfahrungen Hintergründe, aber neue Erwartungen tragen auch zu neuen Begriffen. Dieser Übergang vollzieht sich immer dann, wenn überkommene Deutungsmuster die Aufnahme und Projektion neuer Erfahrungen und Erwartungen nicht mehr zulassen, weil sich in tradierten Begriffen zuviele historische Bedeutungsschichten überlagern. Liberalismus mag ein Beipiel dafür sein. Wenigstens ein Teil des verbreiteten Unbehagens gegenüber dem Begriff, die wohlfeile Kritik an Vagheit und Ambivalenz, 10 11

DIETER LANGEWIESCHE, Der kommunale Kraftquell ist versiegt, in: FAZ, 16. Dezember 1994. Vgl. RICHARD MÜNCH, Globale Dynamik, lokale Lebenswelten. Der schwierige Weg in die Weltgesellschaft, Frankfurt a.M. 1998.

4. Die Aufhebung des politischen Deutungsmusters Liberalismus

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erklärt sich aus dieser vorhandenen Strahlungskraft historischer Bedeutungslinien, der semantischen Historizität. Deren Tiefendimension begrenzt schließlich die Integration neuer Bedeutungshorizonte. Ob neue Begriffe wie zum Beispiel Kommunitarismus zur Projektion und diskursiven Durchsetzung politisch-gesellschaftlicher Inhalte eher geeignet sind, ist bei aller Relevanz der Fragestellung nicht mehr die Aufgabe des Historikers. Aber die Entstehung jedes neuen politisch-sozialen Grundbegriffs wird auf Mechanismen und Funktionen der historischen Semantik zurückverweisen, die Thema dieser Untersuchung waren. Ob in der semantisch faßbaren Überlagerung von Zeitlinien in historischen Deutungsmustern oder in der Vorläufigkeit neuer Etiketten: Immer verweist die aufgehobene Vergangenheit oder die gedachte Zukunft in Begriffen auf die permanente Veränderung von Erwartungshorizonten. Deren Unvollendbarkeit aber ist nur eine Chiffre für die Offenheit von Geschichte.

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IX. Anhang

IX. Anhang: Begriffskonjunkturen und publizistische Präsenz – Zur Frequenzanalyse der Quellenkorpora 1. Analytische Relevanz und Erklärungsreichweite Die quantifizierende Analyse der Quellenkorpora für alle vier Vergleichsfälle beruht auf der systematischen Auswertung aller vorhandenen Nationalbibliographien sowie weiterer themenrelevanter Kataloge und spezieller Indices, die im Quellen- und Literaturverzeichnis unter X.1. komplett aufgeführt sind. Wo immer möglich, wurde dabei auf vorhandene EDV-erfaßte Datensammlungen zurückgegriffen, um eine komplette Erfassung der in Frage kommenden Titel zu gewährleisten. Für die Frequenzanalyse wurden ausschließlich monographische Titel berücksichtigt, Zeitschriften- und Zeitungsartikel sowie Einzelartikel in enzyklopädischen Quellen wurden in die Quantifizierung nicht miteinbezogen, da sie in aller Regel auch nicht in nationalbibliographischen Katalogen verzeichnet wurden. Als Kriterium für die Aufnahme in das empirische Sample galt das Auftreten eines Teils des Begriffsfeldes liberal, Liberale, Liberalität, Liberalismus in den jeweiligen nationalsprachlichen Varianten im Ober- oder Untertitel der in einem Katalog oder Index ermittelbaren Druckschrift. Diesem Kriterium lag die Überlegung zugrunde, daß die Präsenz eines Bestandteils des Begriffsfeldes im Titel oder Untertitel einer Monographie einen wichtigen Indikator für die publizistische Verbreitung und zumal im Falle des herausgehobenen Bewegungsbegriffes Liberalismus für dessen publizistische Relevanz darstellt. Durch die Verteilung der systematisch nach diesem Kriterium ermittelten Textquellen nach Erscheinungsjahren lassen sich Frequenzlinien und Konjunkturen des Begriffsfeldes in der zeitgenössischen politischen Publizistik rekonstruieren. Die empirischen Voraussetzungen für diese Quantifizierungen sind von verläßlichen nationalbibliographischen Indices für den Untersuchungszeitraum 1800 bis 1880 und dem systematischen Zugriff auf sie abhängig, das heißt der empirischen Aufnahme von Titeln, bei denen von einem Suchwort ausgegangen wird. Die computergestützte Suche auf der Grundlage von Kompletterfassungen nationalbibliographischer Kataloge stellte dabei den optimalen Fall dar, wobei sich für die vier Vergleichsfälle wesentliche Unterschiede ergaben. Zum Zeitpunkt der quantifizierenden Analyse war lediglich für England der Gesamtkatalog der British Library vollständig EDV-erfaßt. Der besondere Vorteil liegt darin, daß der British Library Catalogue als verläßliche Nationalbibliographie fungiert, da das copyright die Aufnahme aller in Großbritannien verlegten Druckschriften in die British Library sicherstellt. Zusätzlich wurden die Angaben aus dem British Library Catalogue mit dem Bodleian Library Cata-

1. Analytische Relevanz und Erklärungsreichweite

571

logue abgeglichen, da die Bodleian Library in Oxford die älteste britische copyright Library darstellt. Auch für Frankreich liegt eine verläßliche nach Autoren geordnete nationalbibliographische Erschließung des Schrifttums im Untersuchungszeitraum vor, dessen politische Teile in einem Spezialkatalog nach dem chronologischen Eingang in die Bibliothèque nationale aufgeführt sind. Da diese Indices jedoch bisher nur in Bandform vorliegen und keinen Sachindex enthalten, war eine zeitaufwendige Durchsicht der entsprechenden Bände des Catalogue de l’histoire de France für den Untersuchungszeitraum unumgänglich. Für Deutschland wurde auf das Gesamtverzeichnis des deutschen Schrifttums und auf den Alphabetischen Katalog der Bayerischen Staatsbibliothek in München bis 1840 zurückgegriffen, dessen jüngst abgeschlossene CD-ROMVersion auch gezielte Suchwortrecherchen ermöglichte. Das gleiche galt für den nunmehr über Internet zugänglichen Verbundkatalog des Deutschen Bibliotheksinstituts, der den Zugriff auf alle wichtigen Bestände der deutschen Hochschulbibliotheken unter Einschluß zumal der ostdeutschen Bibliotheken erlaubt. Die Ergebnisse wurden zudem mit älteren bibliographischen Katalogen abgeglichen, bei denen allerdings in den meisten Fällen keine Sach- und Begriffsregister vorliegen. Zusätzlich wurden die Samples durch die systematische Durchsicht der entsprechenden Teile der Realkataloge der Universitätsbibliotheken Heidelberg, Tübingen, Göttingen sowie der Staatsbibliothek Berlin ergänzt. Für die Zusammenstellung des deutschen Quellensamples wurden alle deutschsprachigen Titel erfaßt, die das vorgestellte Kriterium erfüllen, das heißt ohne Rücksicht auf den Publikationsort. Für Italien liegen zeitgenössische und inzwischen auch verläßliche neuere nationalbibliographische Kataloge vor, die die aufwendige Suche in einzelstaatlichen Bibliographien (bis 1859/71) erleichtern, auch wenn die fehlende systematische EDV-Erfassung dieser Kataloge die Erfassung der Titel nach Suchbegriffen erheblich erschwert. Vor diesem Hintergrund wurde deshalb neben neueren Fachbibliographien zusätzlich auf die ausführlichen Sachkataloge der in Frage kommenden großen Bibliotheken in Rom zurückgegriffen, die systematisch ausgewertet wurden. Trotz dieser Bemühungen ist im Vergleich zu den Recherchemöglichkeiten für die anderen Vergleichsfälle zu konstatieren, daß die Datenerfassung für Italien nicht mit gleicher Systematik betrieben werden konnte, was vor allem auf fehlende computergestützte Katalogsysteme zurückzuführen ist. Obgleich in die einzelnen Quellensamples nur Titel von Texten aufgenommen wurden, in denen das Begriffsfeld in seiner explizit politischen Bedeutung auftritt – dies gilt vor allem im Hinblick auf das Adjektiv liberal, wo nichtpolitische Bedeutungen nach 1800 zum Ausschluß aus dem Sample führten – kann die quantifizierende Gegenüberstellung von Begriffsfeldfrequenzen zunächst nur eine Tendenzaussage über die publizistische Relevanz des untersuchten Begriffsfeldes vermitteln. Aus den oben skizzierten Unterschieden in der systematischen Erfaßbarkeit der Titel muß zumindest für Italien betont werden, daß

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IX. Anhang

hier im Gegensatz zu den französischen, deutschen und englischen Quellenkorpora eine vollständige Erfassung der in Frage kommenden Titel nicht möglich war. Ein weiteres Manko der hier vorgenommenen quantifizierenden Analyse liegt in der nicht möglichen Korrelation der ermittelten Frequenzwerte im Untersuchungszeitraum mit genauen Zahlen über die detaillierte Entwicklung der Buchproduktion in den Vergleichsländern. Erst diese Korrelation würde eine relative Einschätzung der absoluten Zahlen für die einzelnen Fälle ermöglichen. Ungeachtet der vielfältigen praktischen Probleme, die eine solche Korrelation zwischen den hier ermittelten Werten und der je spezifischen Buchproduktion in den untersuchten Ländern darstellte – zu denken ist etwa an den partikularstaatlich entwickelten Buchmarkt in Deutschland und Italien, der die Ermittlung verläßlicher Zahlen auf nationaler Ebene mindestens für die erste Jahrhunderthälfte erheblich erschwert – geht es in der vorgestellten quantifizierenden Untersuchung primär um eine Ergänzung der inhaltlich-qualifizierenden Analyse. Die Frequenzanalyse bietet mithin ein quantifizierendes Kriterium für die Rekonstruktion von Begriffskonjunkturen ohne Rücksicht auf die genauere semantische Bestimmung der Bedeutungsträger im konkreten Quellenkontext. Entscheidend ist die Frage nach analytischen Zusammenhängen zwischen beiden Untersuchungsebenen, ein Problem, auf das in den einzelnen Vergleichskapiteln unter Berücksichtigung der Ergebnisse dieser Frequenzanaylse eingegangen wird: In welchem Verhältnis stehen die Ergebnisse der semantischqualifizierenden Analyse zu denen der Frequenzanalyse, und wo lassen sich Konjunkturen in der quantifizierbaren Präsenz des Begriffsfeldes mit historisch-semantischen Transformationserscheinungen in Verbindung bringen?

2. Frequenzanalyse für die einzelnen Vergleichsfälle nach Erscheinungsdaten Abbildung 2 stellt die Quantifizierung aller ermittelten Quellensamples im Überblick dar. Dabei wird die Größe der Quellensamples in absoluten Zahlen für alle Vergleichsfälle jeweils für ein Jahrzehnt einander gegenübergestellt. Dies läßt zunächst einen ersten Blick auf die länderspezifische Präsenz und Konjunktur des Begriffsfeldes zu. Daneben vermittelt diese Übersicht ein Bild von der Größe der Quellensamples: Sie lag für Frankreich mit 118 Texten am höchsten, das deutsche Sample enthielt 106, das englische 52, das italienische Sample 50 Titel. Bereits diese Quantifizierungsstufe läßt erste Rückschlüsse auf signifikante Unterschiede zwischen den Vergleichsfällen zu. Für den Zeitraum bis 1830 war die Frequenz des Begriffsfeldes insgesamt wie auch des Bewegungsbegriffes libéralisme für Frankreich überdurchschnittlich hoch und lag deutlich über den Werten für die anderen Vergleichsfälle. Gegenüber dieser si-

2. Frequenzanalyse für die einzelnen Vergleichsfälle

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Abbildung 2: Verteilung aller Quellensamples mit liberal, Liberale, Liberalismus, Liberalität 1801–1880 im Vergleich

gnifikant hohen Präsenz des Begriffsfeldes in der französischen Publizistik im Zeitraum von 1811 bis 1830 fallen die nach 1830 deutlich geringeren, in den 1840er Jahren besonders niedrigen Werte auf. Diese Beobachtung trifft wiederum sowohl für die Frequenz des Begriffsfeldes insgesamt als auch für den Bewegungsbegriff im besonderen zu. Erst im Zeitraum von 1861 bis 1870 nahmen die Werte für Frankreich wieder deutlich zu. Tendenziell läßt dies aus quantitativer Perspektive den Schluß zu, daß die Julirevolution für Frankreich eine spezifische Scheidelinie in der Konjunktur des Begriffsfeldes darstellte. Für England lagen die Werte insgesamt niedriger. Insbesondere der Bewegungsbegriff trat erst spät und im Vergleich seltener in der Publizistik auf. Der erste Höhepunkt der Entwicklung lag hier eindeutig im Zeitraum bis 1830, dann erneut nach 1850 und schließlich im letzten Jahrzehnt des Untersuchungszeitraums. Insgesamt zeigt sich, daß die Frequenzwerte für England bis auf den Zeitraum 1851 bis 1860 immer unter dem Durchschnitt des jeweiligen Zeitraums lagen. Dies spricht für eine im Vergleich geringere Präsenz des Begriffsfeldes und – mit Ausnahme der Jahre 1871 bis 1880 – auch des Bewegungsbegriffes liberalism in der englischen Publizistik. Die Entwicklung in Deutschland zeigt gegenüber Frankreich eine erst für die 1830er und 1840er Jahre besonders hohe Frequenz, die nach 1850 deutlich abund erst nach 1860 wieder zunahm. Wiederum läßt sich diese Aussage nicht nur im Hinblick auf das gesamte Quellensample, sondern auch für die publizistische Präsenz des Bewegungsbegriffes Liberalismus verifizieren. Eine gewisse Parallele ergibt sich im Vergleich zwischen Deutschland und Italien, auch wenn die Werte für Italien insgesamt niedriger lagen. Für Deutschland wie für Italien waren die Frequenzwerte für den Zeitraum 1830 bis 1850 besonders hoch und

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IX. Anhang

lagen damit gegenüber der Entwicklung in Frankreich phasenverschoben später. Der durch die direkte Gegenüberstellung gewonnene Überblick soll im folgenden für jeden Vergleichsfall anhand der einzelnen Erscheinungsjahre differenziert werden. a) Frankreich Die Frequenzanalyse für Frankreich führt zur Rekonstruktion einer überaus charakteristischen Konjunktur des Begriffsfeldes. Zunächst fällt in absoluten Zahlen die Größe des Gesamtquellensamples gegenüber den übrigen Vergleichsfällen auf, was zumindest tendenziell als erster Hinweis auf die publizistische Bedeutung des Begriffsfeldes in Frankreich zu werten ist. Die Abbildungen 3 und 4 zeigen, daß die publizistische Frequenz auffällig stark variierte: In den Jahrzehnten 1811 bis 1830 lagen die Werte am höchsten und nahmen dann signifikant ab. In der Phase 1840 bis 1860 war das Begriffsfeld in den erfaßten Texttiteln kaum nachzuweisen, während das Jahrzehnt 1861 bis 1870 erneut besonders hohe Werte zeigte. Die publizistische Präsenz war besonders hoch um 1815, 1820 bis 1822 und erneut um 1830 bis 1833. Danach spielte das Begriffsfeld quantitativ kaum mehr eine Rolle, weder für die 1840er Jahre noch für die Revolution 1848/49 und den Beginn der Herrschaft Louis Bonapartes. Faßbar wurde das Begriffsfeld dann erneut in der zweiten Hälfte der Regierungszeit Napoleons III. ab 1860 mit einem signifikanten Höhepunkt um 1869. Früher als in allen anderen Vergleichsfällen war das Begriffsfeld quantitativ faßbar. Im Kontext des Regimewechsels und der politisch-konstitutionellen Neuordnung um 1814/15, dann vor dem Hintergrund der durch das Berry-Attentat zu Beginn der 1820er Jahre ausgelösten

Abbildung 3: Verteilung der französischen Quellen nach Erscheinungsjahren 1811–1845

2. Frequenzanalyse für die einzelnen Vergleichsfälle

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Abbildung 4: Verteilung der französischen Quellen nach Erscheinungsjahren 1846–1880

politisch-gesellschaftlichen Polarisierung und wieder im Kontext der Julirevolution und den unmittelbaren Folgejahren lagen die Frequenzwerte signifikant hoch. b) Deutschland Abbildung 5 dokumentiert zunächst für Deutschland die Bedeutung der 1830er und 1840er Jahre als Phasen erhöhter Frequenz. Dabei fällt die Phase zu Beginn der 1830er Jahre auf, wo die Werte bis 1833 signifikant hoch lagen. Auch in den 1840er Jahren läßt sich eine relativ konstante Präsenz des Begriffsfeldes erkennen, wobei die Werte in den Jahren der Revolution 1848/49 nur unwesentlich höher lagen als im Vormärz. Nach 1849 war das Begriffsfeld als Titelbestandteil zunächst nicht mehr nachweisbar. Erst zu Beginn der 1860er Jahre und dann besonders um 1866, um 1872 und erneut um 1876 lassen sich deutlich höhere Werte nachweisen. Dies weist auf Phasen der intensivierten publizistischen Diskussion hin, in denen auf das Begriffsfeld zurückgegriffen wurde, ohne daß sich damit bereits Aussagen zu inhaltlich-semantischen Transformationen verbinden ließen. Die quantitative Auswertung der deutschen Quellen weist zunächst auf einen grundlegenden Zusammenhang zwischen politischen Umbruchsphasen und der publizistischen Präsenz des untersuchten Begriffsfeldes hin. Dabei kam ganz besonders der politisch-konstitutionellen Umbruchsphase in der Folge der französischen Julirevolution, weiterhin den späten 1840er Jahren und schließlich dem Zeitraum des nation-building ab 1866 sowie den 1870 Jahren eine hervorgehobene Bedeutung zu. Diese Phasen lassen sich vor dem Hintergrund der Datenanalyse als semantische Konjunkturhöhepunkte bezeichnen.

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IX. Anhang

Abbildung 5: Verteilung der deutschen Quellen nach Erscheinungsjahren 1811–1845

Abbildung 6: Verteilung der deutschen Quellen nach Erscheinungsjahren 1846–1880

c) Italien Gegenüber den anderen Vergleichsfällen stellte die systematische Erfassung von italienischen Quellen im Untersuchungszeitraum wie oben dargestellt ein erhebliches Problem dar. Der notwendige Rückgriff auf die erwähnten Realkataloge ausgewählter Bibliotheken und auf andere bibliographische Kataloge mit Sachindex erbrachte ein Quellensample von 49 Texten, das damit aber deutlich unter der Samplegröße der übrigen Vergleichsfälle liegt. Die Verteilung des ermittelten italienischen Samples zeigt in Abbildung 7 für die Phase von 1810 bis 1830 eine sehr niedrige Frequenz, während die 1830er und 1840er Jahre

2. Frequenzanalyse für die einzelnen Vergleichsfälle

577

deutlich höhere Werte aufwiesen. Nach der Jahrhundertmitte verstärkte sich die publizistische Präsenz in absoluten Zahlen erneut. Die Aufschlüsselung der Daten nach einzelnen Erscheinungsjahren der Quellen läßt auch für Italien die Rekonstruktion einer signifikanten Konjunktur des Begriffsfeldes erkennen. Die ersten Titelnachweise lagen wie in Deutschland zu Beginn der 1820er Jahre. Entscheidend war die Frequenzerhöhung zu Beginn der 1830er Jahre, also wiederum im Kontext der französischen Julirevolution und ihrer Folgen in Italien. Der für Italien insgesamt hohe Frequenzwert für die 1830er Jahre ergab sich aus einer Konzentration aller entsprechenden Titel in der Phase von 1831 bis 1835. Bis zur Revolution von

Abbildung 7: Verteilung der italienischen Quellen nach Erscheinungsjahren 1811–1845

Abbildung 8: Verteilung der italienischen Quellen nach Erscheinungsjahren 1846–1880

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IX. Anhang

1848/49, in deren Umfeld die Werte erneut deutlich zunahmen, war das Begriffsfeld als Titelbestandteil dann nicht mehr nachweisbar. Nach dem Durchbruch im italienischen nation-building 1859 fällt die homogene Verteilung der Titel auf, die aber auf signifikant niedrigem Niveau verharrte. Lediglich nach dem Abschluß der Nationalstaatsbildung 1870 lassen sich für 1872, und dann nach dem Ende der destra storica für 1877 und 1879 erhöhte Werte ermitteln. Deren Aussagekraft sollte indes vor dem Hintergrund des sich nach 1860 insgesamt ausweitenden Buchmarktes und des vergleichsweise kleinen Samples nicht überschätzt werden. d) England Die Verteilung der englischen Titel nach einzelnen Erscheinungsjahren in den Abbildungen 9 und 10 zeigt eine relativ homogene Verteilung auf quantitativ vergleichsweise niedrigem Niveau ohne herausragende Frequenzhöhepunkte. Als Phasen erhöhter publizistischer Präsenz auf niedrigem Niveau hoben sich lediglich die Phasen von 1829 bis 1832 und von 1865 bis 1867 ab. Im Kontext der beiden wichtigsten politisch-konstitutionellen Reformen des Wahlrechts 1832 und 1867 und der damit verbundenen Reformdebatten kam dem Begriffsfeld eine relativ erhöhte publizistische Präsenz zu. e) Vergleich Der Vergleich der ermittelten Frequenzwerte läßt auch bei der notwendigen Berücksichtigung unterschiedlicher empirischer Zugriffsmöglichkeiten auf das

Abbildung 9: Verteilung der englischen Quellen nach Erscheinungsjahren 1811–1845

2. Frequenzanalyse für die einzelnen Vergleichsfälle

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Abbildung 10: Verteilung der englischen Quellen nach Erscheinungsjahren 1846–1880

Quellenmaterial Aussagen über die verschieden ausgeprägte publizistische Präsenz und die sich aus ihr ergebenden Konjunkturlinien zu. Die unterschiedliche Größe der ermittelten Quellensamples verweist dabei bereits auf den besonderen Stellenwert der französischen Begriffsentwicklung. Die Zahl der für Frankreich im Untersuchungszeitraum ermittelten 118 Quellen lag mehr als doppelt so hoch wie die entsprechenden Zahlen für England (52 Titel) und Italien (50 Titel) und etwas höher als die Quellenanzahl für Deutschland (106 Titel). Daraus allein läßt sich keinesfalls bereits auf die semantisch-inhaltliche Relevanz des Begriffsfeldes schließen. Nicht zu übersehen ist jedoch, daß sich sowohl das Begriffsfeld, als auch die semantisch besonders relevanten Bestandteile, die Bezeichnung der politischen Handlungsgruppe libéraux und der Bewegungsbegriff libéralisme, in Frankreich früher als in allen anderen Vergleichsfällen etablierten. Quantitativ lag der Schwerpunkt dabei eindeutig in der Phase bis zur Julirevolution 1830 mit besonderen Konjunkturhöhepunkten um 1814/15, 1820/21 und 1830/32. Diese Jahre bezeichneten insofern Krisen- und Umbruchsphasen als in ihnen um die politisch-konstitutionelle Neuordnung gerungen wurde. In diesen Phasen der besonders intensiven innenpolitischen Auseinandersetzungen spielte das Begriffsfeld für die inhaltlich-ideologische Ausrichtung der Konflikte eine offensichtlich herausgehobene Rolle. Auf der Grundlage der Frequenzanalyse läßt sich für Frankreich die Hypothese einer im Vergleich zu Deutschland und Italien besonders früh einsetzenden Sattelzeit des Begriffes formulieren, die bis zur Julirevolution weitgehend abgeschlossen war und in der späten Wiederaufnahme des Begriffes während des Kaiserreichs Napoleons III. eine lediglich temporäre Neubelebung erfuhr. Demgegenüber läßt sich die begriffsbildende Sattelzeit für Deutschland und Italien als charakteristisch phasenverschoben bezeichnen. Faßbar waren die

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IX. Anhang

Begriffe als Titelbestandteile in beiden Ländern erst zu Beginn der 1820er Jahre auf niedrigem Frequenzniveau. Für den deutschen und den italienischen Vergleichsfall spielten die Folgewirkungen der Julirevolution von 1830 bis 1835 sowie der Zeitraum der Revolution von 1848/49 eine wesentliche Rolle für die publizistische Präsenz des Begriffsfeldes, wobei der Impuls um 1830 deutlich stärker war als der um 1848/49. Vor diesem Hintergrund lassen sich daher für Deutschland und Italien frequenzanalytisch eher die 1830er und 1840er Jahre als Hochphasen der publizistischen Diffusion des Begriffes bezeichnen. Für Deutschland und abgeschwächt auch für Italien läßt sich in der zweiten Jahrhunderthälfte ein Zusammenhang zwischen der Frequenz des Begriffsfeldes und den Prozessen von nation- und state-building konstatieren, wobei für Deutschland die Werte für 1866, das Jahr des preußischen Sieges über Österreich, und für die Phase nach Gründung des Nationalstaates bis zum Ende des Untersuchungszeitraumes besonders hoch lagen. Für Italien läßt sich eine publizistische Frequenz überhaupt erst wieder seit 1859 nachweisen. Allerdings ist das Sample zu klein, um über eine allgemeine Tendenzaussage hinaus spezifische Konjunkturen für die zweite Jahrhunderthälfte zu rekonstruieren. Gegenüber den übrigen Vergleichsfällen war die Verteilung der erfaßten Titel für England im Untersuchungszeitraum 1811 bis 1880 erheblich homogener. Deutliche Konjunkturlinien wie für Frankreich, Deutschland und Italien insbesondere für den Zeitraum bis zur Jahrhundertmitte lassen sich für England nicht konstatieren. Relativ erhöhte Frequenzwerte ergaben sich für 1829/30 sowie für 1866, also im Kontext besonders intensiver Reformdiskussionen. Hier läßt die Frequenzanalyse keine Hypothese für eine eigene Sattelzeit des Begriffsfeldes zu, auch wenn die 1820er Jahre besondere Aufmerksamkeit verdienen.

3. Frequenz- und Begriffsfeldanalyse nach semantischen Kriterien: Das Beispiel der Freiherr vom Stein-Werkausgabe Gegenüber den oben dargestellten Frequenzanalysen erlauben Quantifizierungen auf der Grundlage eines genau abgegrenzten Quellenkorpus auch die Berücksichtigung inhaltlich-semantischer Aspekte. Dabei müssen alle Belegstellen eines ausgewählten Textkorpus zunächst erfaßt und dann systematisch gemäß ihres Kontextes und der jeweiligen bedeutungsbestimmenden Konnotation in spezifische Kategorien eingeteilt werden. Bei diesen Kategorien wird im folgenden auf die in Kapitel I entwickelten Transformationsstufen zurückgegriffen. Optimal für solche Analysen sind historisch-kritische Werkausgaben von politischen Meinungsführern, die für den publizistischen Diskurs ihrer Zeit repräsentativ sind und die zugleich einen möglichst großen Zeitraum umfassen. Zudem muß die Ausgabe einen verläßlichen Sach- und Begriffsindex enthalten, so daß die komplette Erfassung der entsprechenden Belegstellen gewährleistet

3. Frequenz- und Begriffsfeldanalyse nach semantischen Kriterien

581

ist. Während die vorgestellten Kriterien für englische, französische oder italienische Werkausgaben meist nicht erfüllt werden, weil ein systematisches Sachund Begriffsregister fehlt, bieten sich für Deutschland entweder die Ausgaben von literarischen Klassikern, etwa die Hamburger Goethe-Ausgabe mit ihrem ausführlichen Begriffsregister, oder aber die vorbildlich edierte Ausgabe der Schriften des Freiherrn vom Stein an.1 Sie bietet mit den über das ausführliche Begriffsregister erschließbaren insgesamt 132 Belegen im Zeitraum 1800 bis 1831 ein vergleichsweise großes Sample. Zudem repräsentierte Stein für die Frühphase der Begriffsentwicklung eine meinungsführende politische Persönlichkeit mit überregionaler Ausstrahlungskraft. Dies bietet die Chance, die Phase bis 1830 weitergehend zu differenzieren. Alle über die Begriffsregister ermittelten Belegstellen wurden einer dreifachen Analyse unterzogen. Der reinen Frequenzanalyse folgte eine Zuordnung aller Belege in eine der oben entwickelten vier semantischen Transformationsstufen (präpolitische Bedeutung, Fermentierung, Politisierung, Ideologisierung/Polarisierung) und die Verteilung dieser Kategorien im Untersuchungszeitraum. Auf einer dritten Ebene wurden alle Belege insgesamt acht Begriffsfeldern oder bestimmten Kontextkategorien zugeordnet und das quantitative Gewicht dieser Begriffsfeldkategorien in der zeitlichen Verteilung der Belege ermittelt. a) Frequenzanalyse Abbildung 11 dokumentiert die Verteilung aller ermittelten Belege im Zeitraum 1800 bis 1831 ohne Differenzierung nach semantischen Transformationsstufen oder Begriffsfeldkategorien. Nachweisbar war bei Stein der Rückgriff auf das Begriffsfeld bereits seit Beginn des 19. Jahrhunderts. Diese Quantifizierung erlaubt vor allem erste Rückschlüsse auf solche Phasen, in denen Stein besonders intensiv auf das Begriffsfeld zurückgriff. Als solche Zeiträume erweisen sich aufgrund der Frequenzanalyse die Jahre 1811 bis 1816 mit insgesamt 43 Belegen. Insbesondere für die Jahre 1814/15, also die Phase nach dem Ende der napoleonischen Herrschaft in Deutschland, die von den Bemühungen um eine neue Staatenordnung und der intensivierten Diskussion um nationalpolitische Fortschritte sowie konstitutionelle Reformen in Deutschland charakterisiert war, lag der Frequenzwert mit 21 Belegen wiederum signifikant hoch. Interessant ist, daß die Register der benutzten Stein-Ausgaben keinerlei Belege zu den Begriffsfeldern conservativ/Conserva-

1

Zugrundegelegt wurden KARL FREIHERR VOM STEIN, Briefwechsel, Denkschriften und Aufzeichnungen. Im Auftrag der Reichsregierung, der Preußischen Staatsregierung und des Deutschen und Preußischen Städtetages, bearb. von ERICH BOTZENHART, 7 Bde., Berlin 1931–1937 sowie KARL FREIHERR VOM STEIN, Briefe und amtliche Schriften, bearb. von ERICH BOTZENHART, neu hrsg. von WALTHER HUBATSCH, 10 Bde., Stuttgart 1957–1974.

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IX. Anhang

Abbildung 11: Verteilung der Belege der Frhr. vom Stein-Ausgabe 1800–1831 (132 Belege)

tismus und radical/Radicalismus enthalten, was die herausragende Bedeutung von liberal/Liberalismus als ideologische Richtungsbegriffe in dieser Phase besonders unterstreicht. Die Verteilung der Belegstellen zeigt daneben im Jahr der französischen und belgischen Revolutionen 1830 einen extrem hohen Wert, wobei die Einbeziehung des Kontextes eindeutig belegt, daß die Begriffe praktisch ausschließlich mit Bezug auf die Ereignisse in Frankreich und Belgien benutzt wurden. Dieser Befund unterstützt von daher auch die Ergebnisse der übrigen Frequenzanalysen: Für die semantische Sattelzeit des politischen Begriffsfeldes und seine publizistische Diffusion kam dem Jahr 1830 und seinen Folgewirkungen in Deutschland eine zentrale Bedeutung zu. b) Quantifizierung nach semantischen Transformationsstufen In Anlehnung an das oben entwickelte Modell historisch-politischer Semantogenese mit seinen vier Transformationsstufen wurden in einem zweiten Untersuchungsschritt alle ermittelten Belege auf der Grundlage ihres spezifischen Textzusammenhangs und ihrer ideologischen Ausrichtung entsprechend den aufgestellten Kriterien einer der vier Kategorien zugeordnet und dann wiederum einer Frequenzanalyse unterzogen. Die Kombination aus Frequenzanalyse und semantisch-inhaltlichen Kriterien dokumentiert Abbildung 12. Die Verteilung unterstreicht, daß die rein vorpolitische Bedeutungsdimension des Begriffsfeldes bereits vor 1810 immer mehr von politischen Konnotationen durchsetzt wurde. Dabei ist es eine im Hinblick auf die quantifizierbare Aussage eher sekundäre Interpretationsfrage, ob in einem konkreten Textzu-

3. Frequenz- und Begriffsfeldanalyse nach semantischen Kriterien

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Abbildung 12: Verteilung der Belege der Frhr. vom Stein-Ausgabe 1800–1831 nach semantischen Transformationsstufen

sammenhang die fermentierte, oder bereits eindeutig politisierte Transformationsstufe vorliegt. Entscheidend ist die Tendenz, daß politische Konnotationen bereits eindeutig vor 1810 die Begriffsverwendung charakterisierten. Die Übergangsphase von fermentierten Begriffsbedeutungen reichte bis etwa 1814/15. Ab diesem Zeitpunkt überwog die politische Ausrichtung der Begriffe, also die Anreicherung mit politischen Inhalten, die dann ab 1819/20 von einer stärkeren ideologischen Frontstellung überlagert wurden. Wichtig erscheinen vor dem Hintergrund dieser Analyse die Übergänge von 1814/15 und 1819/20: Um 1814/15 wurde die Politisierung der Begriffe faßbar, während die vorpolitische Bedeutungsebene immer mehr an Prägekraft verlor. 1819/20 ging diese Konnotation der Begriffe mit politischen Programmpunkten dann in eine langfristige Polarisierung ideologischer Positionen über, wobei die Begriffsfeldanalyse belegt, daß dieser Übergang zumindest für Stein von einer zunehmend negativen Bedeutungsbestimmung des Begriffsfeldes begleitet wurde, die die 1820er Jahre bis zum Ende des Untersuchungszeitraums prägte. Die positiv besetzten Begriffsfeldkategorien der Politisierungsphase, insbesondere um 1814/15, traten gegenüber dem negativ bewerteten politischen Parteienetikett deutlich zurück. Während für die 1820er Jahre noch die deutsche oder preußische Entwicklung den Kontext lieferte, richtete sich Steins Blick 1830 praktisch ausschließlich nach Frankreich und Belgien.

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IX. Anhang

c) Begriffsfeldanalyse Auf einer dritten Untersuchungsebene wurden schließlich alle erfaßten Belege insgesamt sechs Begriffsfeld- und zwei Kontextkategorien zugeordnet. Die Kontextkategorien beziehen sich dabei auf die negative Konnotation der Begriffe im Hinblick auf Preußen/Deutschland während der 1820er Jahre oder auf Frankreich/Belgien um 1830. Begriffsfeld 1: wohlwollend, einsichtsvoll, offen, gebildet, liberale Denkungsart, liberaler Geist, liberale Gesinnung, liberale Erziehung (19 Belege) Begriffsfeld 2: liberale Grundsätze, liberale Prinzipien, liberale Maximen, liberale Interessen (11 Belege) Begriffsfeld 3: Liberalität (18 Belege) Begriffsfeld 4: liberale Ideen, idées libérales (12 Belege) Begriffsfeld 5: liberale Regierung, liberale Verwaltung, liberaler Staat, liberale Politik, liberale Verfassung (10 Belege) Begriffsfeld 6: liberales System, système libéral, institutions libérales (7 Belege) Kategorie 7: negative Konnotation in Bezug auf Preußen und/oder Deutschland (15 Belege) Kategorie 8: negative Konnotation in Bezug auf Frankreich und/oder Belgien (40 Belege)

Die einzelnen Begriffsfelder und Kategorien wurden in Abbildung 13 nach ihrer Verteilung im Untersuchungszeitraum quantifiziert, wobei die Kategorie 8, also die das Jahr 1830 dominierende negative Bedeutungsbestimmung im Hinblick auf die Ereignisse in Frankreich und Belgien, ausgeklammert wurde, da der hohe Frequenzwert mit 40 Belegen zu einer verzerrten Darstellung der Entwicklung bis 1830 führen würde. Abbildung 13 belegt zunächst in Ergänzung zur allgemeinen Quantifizierung im Untersuchungszeitraum und zur Differenzierung nach semantischen

Abbildung 13: Verteilung der Anteile der Begriffsfelder und der Kontextkategorie der Frhr. vom Stein-Belege im Untersuchungszeitraum 1801–1831 (92 Belege)

3. Frequenz- und Begriffsfeldanalyse nach semantischen Kriterien

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Transformationsstufen die herausragende Bedeutung des Zeitraums 1811 bis 1815, wo die Werte für alle Begriffsfelder signifikant höher lagen als in den Phasen zuvor: Zwischen 1811 und 1815 entfielen auf alle Begriffsfelder 38 Belege gegenüber 14 für die Phase 1801 bis 1805, 12 für die Jahre 1806 bis 1810 und 15 für den Zeitraum 1816–1820. Verknüpft man diese Ergebnisse mit der Differenzierung nach semantischen Entwicklungsstufen, so wird deutlich, daß zwischen 1811 und 1815 die entscheidende Politisierung aller Begriffsfeldebenen stattfand, wobei insbesondere zunächst rein vorpolitisch konnotierte Begriffsfelder (Begriffsfelder 1 und 2) nunmehr eine politische Ausrichtung erfuhren. Diese Entwicklung ist nur kontextbezogen zu erfassen, da von den Bedeutungsträgern selbst noch keine politische Richtung ausging. Dies galt in ganz besonderer Weise für den Begriff Liberalität (Begriffsfeld 3), der zwar eine vorpolitische Kategorie als sozialständische Haltung behielt, aber nunmehr eindeutig im Kontext politischer Reformerwartungen eingesetzt wurde und einen bemerkenswert hohen Frequenzwert für die Phase 1811–1815 erreichte. Solange der Bewegungsbegriff Liberalismus noch nicht entwickelt und etabliert war, eignete sich Liberalität nachgerade in der Fermentierungs- und Politisierungsphase zur Konturierung politischer Reformerwartungen. Besondere Aufmerksamkeit verdienen die Begriffsfelder 4, 5 und 6, da es sich hier um neue Begriffsbildungen handelte, die für sich bereits eine klarere politische Richtungsbestimmung enthielten, indem das Adjektiv liberal nunmehr an politisch-konstitutionelle Substantive gekoppelt wurde (Regierung, Verwaltung, Staat, Politik, Verfassung, System, institutions). Vor der Phase 1811 bis 1815 lagen die Frequenzwerte für diese Begriffsfeldkategorien deutlich niedriger als nach 1811. Einen Sonderfall stellten die Begriffsbildungen idées libérales und liberale Ideen als französischer Import oder als Übersetzung dar. Sie waren seit 1804 nachweisbar, ihre Frequnez nahm aber in der Phase 1811 bis 1815 deutlich zu. Als programmatische Fokussierung politischer Reformhoffnungen in der Folge der napoleonischen Herrschaft stellten sie den politisch-semantischen Vorläufer des ideologischen Richtungsbegriffes Liberalismus dar. Dabei markierten sie genau die Transformationsstufe der Politisierung des Begriffsfeldes: Die idées libérales und liberalen Ideen als ursprünglich sprachliches Erbe der Revolution und der napoleonischen Fremdherrschaft ließen im Kontext des Wiener Kongresses im Gegensatz zu Bestandteilen der Begriffsfeldkategorien 1, 2 und 3 keine vorpolitischen Konnotationen mehr zu. Einen zweiten Einschnitt für die semantische Entwicklung stellten die Jahre 1819/20 dar. Bereits die Quantifizierung nach semantischen Entwicklungsstufen ergab, daß in dieser Phase die Politisierung als Anreicherung der Bedeutungsträger mit positiv konnotierten politisch-konstitutionellen Reforminhalten von einer zunehmend polarisierten Ideologisierung des Begriffsfeldes abgelöst wurde. Dabei traten die überkommenen Begriffsfelder zwar weiterhin auf, nun aber in negativer Konnotierung in Bezug auf Preußen und Deutschland und dann im Revolutionsjahr 1830 im Hinblick auf die Ereignisse in Frankreich und Belgien. Bei Stein stellte sich die ideologische Polarisierung also ein-

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IX. Anhang

deutig als Übergang zu einer negativ-polemischen Haltung gegenüber dem Begriffsfeld ein. Zur Konturierung positiver politischer Vorstellungen wurden dessen Bestandteile von ihm nach 1820 nicht mehr herangezogen.

1. Bibliographische und nationalbibliographische Kataloge

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X. Quellen- und Literaturverzeichnis Hinweise (1) Die chronologische Grenze zwischen Quellen und Forschungsliteratur bildet in der Regel das Jahr 1945. (2) Das Quellenverzeichnis, das neben sämtlichen im Anmerkungsapparat genannten auch alle in Kapitel IX. quantifizierten Quellen enthält, gliedert sich für alle vier Vergleichsländer in vier Abschnitte. Sämtliche im Rahmen dieser Untersuchung ausgewerteten Texte wurden einer (a) lexikalischen und (b) monographischen Kategorie sowie (c) den Periodika zugeordnet. Wichtige Einzelartikel aus Zeitungen und Zeitschriften sind zusätzlich genannt (d). Unter lexikalische Quellen fallen Lexika selbst, Wörterbücher, Enzyklopädien und politische Handbücher; für Deutschland wurden wichtige Lexikonartikel zusätzlich einzeln aufgeführt. Monographische Quellen umfassen im weitesten Sinne alle Einzeldarstellungen einschließlich einzelner Traktate und Flugblätter sowie alle herangezogenen Werkausgaben, Anthologien und sonstige Quellensammlungen. (3) Als französische, deutsche, italienische und englische Quellen sind jeweils französischsprachige, deutschsprachige, italienischsprachige und englischsprachige Texte bezeichnet, das heißt auch Übersetzungen in die jeweilige Nationalsprache. (4) Bei zahlreichen Quellen konnten nur die Nachnamen der Autoren ermittelt werden. Anonyme Quellen sind im Hinblick auf das erste Substantiv des Obertitels alphabetisch eingeordnet. Bei identischen Substantiven der Obertitel und bei mehreren Titeln eines Autors werden die Quellen in chronologischer Reihenfolge aufgeführt. (5) Die Autoren von Artikeln der wichtigsten englischen Zeitschriften des 19. Jahrhunderts wurden auf der Basis von WALTER HOUGHTON (Hrsg.), The Wellesly Index to Victorian Periodicals 1824–1900. Tables of contents and identification of contributors with bibliographies of their articles and stories, 5 Bde., Toronto 1966–1989 ermittelt.

1. Bibliographische und nationalbibliographische Kataloge, Bücherverzeichnisse, Sachbibliographien sowie wichtige Indices BESTERMANN, THEODORE, A World Bibliography of Bibliographies and of Bibliographical Catalogues, Calendars, Abstracts, Digests, Indexes, and the like, 5 Bde., 4. Aufl. Lausanne 1965–1966. ZISCHKA, GERT A., Index Lexicorum. Bibliographie der lexikalischen Nachschlagewerke, Wien 1959.

a) Frankreich [Bibliothèque Nationale de France, Paris] Catalogue des anonymes (avant 1960) [fichiers]. [Bibliothèque Nationale de France, Paris] Catalogue collectif des périodiques de début du XVIIème siècle à 1939 conservé dans les Bibliothèques de Paris et dans les Bibliothèques des Départements, Bde. 1–5, Paris 1977–1981. [Bibliothèque Nationale de France, Paris] Catalogue général des livres imprimés de la Bibliothèque nationale: Auteurs, Bde. 1–231, Paris 1899–1981.

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X. Quellen- und Literaturverzeichnis

Collection de Vinck. Inventaire analytique. Bd. V: La Restauration et les cent-jours, par ANNE-MARIE ROSSET, Paris 1938. [TASCHEREAU, J. A. und PAUL MARCHAL et al.] Catalogue de l’histoire de France. Bibliothèque impériale [Nationale], Département des imprimés, Bd. 1–16, Paris 1855–1895, Neudruck Paris 1968–1969; [Supplément] Histoire constitutionnelle, Paris 1895. Bd. 3: Lb44: Empire Lb45: Première restauration, 1814–1815 Lb46: Cent jours 1815 Lb47: Cent jours, Napoléon II, 1815 Lb48: Seconde restauration, Louis XVIII, 1815–1824 Lb49: Charles X, 1824–1830 Lb50: Gouvernement de juillet, 1830 Lb51: Louis-Philippe I, 1830–1848 Bd. 4: Lb52: Seconde république, 1848 Lb53: Gouvernement exécutive, 1848 Lb54: Commission exécutive, 1848 Lb55: Présidence de Louis Napoléon, 1849–1852 Bd. 4, Bd. 11: Lb56: Napoléon III, 1852–1870 Bd. 11: Lb57: Troisième république – Gouvernement de défense nationale – Présidence de M. Thiers – Présidence du Maréchal de MacMahon, 1870–1875 Lb44: Empire – supplément Lb45: Première restauration, 1814–1815 – supplément Lb46: Cent jours 1815 – supplément Lb47: Cent jours, Napoléon II, 1815 – supplément Lb48: Seconde restauration, Louis XVIII, 1815–1824 – supplément Lb49: Charles X, 1824–1830 – supplément Lb50: Gouvernement de juillet, 1830 – supplément Lb51: Louis-Philippe I, 1830–1848 – supplément Lb52: Seconde république, 1848 – supplément Lb53: Gouvernement exécutive, 1848 – supplément Lb54: Commission exécutive, 1848 – supplément Lb55: Présidence de Louis Napoléon, 1849–1852 – supplément Bd. 4: Lc2: Journaux et publications périodiques ou semi-périodiques

b) Deutschland [Bayerische Staatsbibliothek, München] Alphabetischer Katalog 1501–1840. Voraus-Ausgabe, 60 Bde., München 1987–1990 [CD-ROM Version 1997]. BOBERACH, HEINZ und HORST ZIMMERMANN (Bearb.), Publizistische Quellen zur Geschichte der Revolution von 1848 und ihrer Folgen. Inventar der Bestände in der Stadtund Universitätsbibliothek, im Stadtarchiv und im Bundesarchiv, Frankfurt a. M., Bundesarchiv, Koblenz 1996. Gesamtverzeichnis des deutschsprachigen Schrifttums 1700–1910. Bearb. unter der Leitung von PETER GEILS und WILLI GORZNY, 160 Bde. und ein Nachtragsbd., München 1979–1987. HEINSIUS, WILHELM, Allgemeines Bücher-Lexikon, 19 Bde., Leipzig 1812–1894, Neudruck Graz 1962–1963 [Berichtszeitraum: 1700–1892]. KAISER, CHRISTIAN GOTTLOB, Vollständiges Bücher-Lexikon, 36 Bde., Leipzig 1834–1911 [Berichtszeitraum: 1750–1910]. KIRCHHOFF, ALBRECHT, Bücher-Katalog. Verzeichnis der in der zweiten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts im deutschen Buchhandel erschienenen Bücher und Landkarten.

1. Bibliographische und nationalbibliographische Kataloge

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[Ab 1866 unter dem Titel:] Hinrich’s Bücher Katalog. Verzeichnis der in der zweiten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts im deutschen Buchhandel erschienenen Bücher und Landkarten, 22 Bde., Leipzig 1856–1913 [Berichtszeitraum: 1851–1912]. KIRCHNER, JOACHIM (Hrsg.), Bibliographie der Zeitschriften des deutschen Sprachgebietes von den Anfängen bis 1830, Stuttgart 1969. KIRCHNER, JOACHIM (Hrsg.), Bibliographie der Zeitschriften des deutschen Sprachgebietes von 1831 bis 1870, Stuttgart 1977. OBENAUS, SIBYLLE, Literarische und politische Zeitschriften 1830–1848, Stuttgart 1986. OBENAUS, SIBYLLE, Literarische und politische Zeitschriften 1848–1880, Stuttgart 1987. Repertorium über die nach den halbjährlichen Verzeichnissen der J. C. Hinrichs’schen Buchhandlung in Leipzig erschienenen Bücher, Landkarten, 4 Bde., Nordhausen 1863–1886 [Berichtszeitraum: 1857–1886]. SIEMANN, WOLFRAM (Bearb.), Restauration, Liberalismus und nationale Bewegung (1815–1870). Akten, Urkunden und persönliche Quellen. Quellenkunde zur deutschen Geschichte der Neuzeit von 1500 bis zur Gegenwart, hrsg. von WINFRIED BAUMGART, Bd. 4, Darmstadt 1982. WENTZKE, PAUL, Kritische Bibliographie der Flugschriften zur deutschen Verfassungsfrage 1848–1851, Halle 1911.

c) Italien BARBANO, FILIPO und GIORGIO SOLA, Sociologia e scienze sociali in Italia 1861–1890. Introduzioni critiche e repertorio bibliografico, Mailand 1985. Bibliografia italiana, ossia Elenco Generale delle opere d’ogni specie e d’ogni lingua stampate in Italia e delle italiane pubblicate all’estero. Anno I – anno X, 10 Bde., Mailand 1835–1844, Nuova serie. Anno I, Mailand 1845. Bibliografia dell’età del Risorgimento. In onore di Alberto M. Ghisalberti, 4 Bde., Florenz 1971–1977. [Biblioteca della Camera dei Deputati, Rom] Catalogo dei oggetti. [Biblioteca del Senato della Repubblica, Rom] Catalogo dei oggetti. [Biblioteca di Storia Moderna e Contemporanea, Rom] Catalogo dei soggetti. Clio. Catalogo dei libri italiani dell’Ottocento (1801–1900), 19 Bde., Mailand 1990 ff. Grande Dizionario della Lingua Italiana di Salvatore Battaglia. Indice degli autori citati nei volumi I–IX, Turin 1975. Indice Generale alfabetico delle materie contenute nell’Antologia, giornale fiorentino diretto da GIO. PIETRO VIEUSSEUX 1821–1832, Florenz 1863. Indice generale della Civiltà Cattolica (aprile 1850-dicembre 1903). Compilato da GIUSEPPE DEL CHIARO, Rom 1904. Indice delle materie contenute nel dodici volumi che formano la decima serie della Civiltà Cattolica, Florenz 1880. Indici per autori e per materie della Nuova Antologia dal 1866 al 1930, hrsg. von LODOVICO BARBIERI, Rom 1934. Indici dei periodici napolitani del Risorgimento. Prefazione di EUGENIO GARIN, Neapel 1987. MAJOLO MOLINARI, OLGA, La stampa periodica romana dell’Ottocento, Bd. 1, Rom 1963. MELZI, GAETANO, Dizionario di opere anonime e pseudonime di scrittori italiani o come che sia aventi relazioni all’Italia, 3 Bde., Mailand 1848–1849. MIRA, GIUSEPPE M., Bibliografia siciliana, ovvero Gran dizionario bibliografico, 2 Bde., Palermo 1875–1881. PAGLIAINI, ATTILIO, Catalogo Generale della Libreria Italiana. Dall’anno 1847 a tutto il 1899. Indice per materie, Bd. 2, Mailand 1915.

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X. Quellen- und Literaturverzeichnis

PAGLIAINI, ARRIGO PLINIO, Catalogo Generale della Libreria Italiana. Dall’anno 1900 a tutto il 1920. Indice per materie, Bd. 2, Mailand 1936.

d) England [Bodleian Library, Oxford] Pre-1920 Catalogue [CD-ROM Version]. [British Library, London] The British Library General Catalogue of Printed Books to 1975, 360 Bde. und 6 Ergänzungsbde., London 1979–1988. [British Library, London] British Library Retrospective Catalogue of Printed Books to 1975 [CD-ROM Version]. FORTESCUE, G. K. (Hrsg.), Subject Index of the modern works added to the Library of the British Museum in the years 1881–1900, 3 Bde., London 1902–1903. The General Index to Blackwood’s Edinburgh Magazine. Bde. 1–50, Edinburgh 1855. General Index to the Edinburgh Review, from its commencement in October 1802, to the end of the twentieth volume, published in November 1812, Edinburgh 1812. General Index to the Edinburgh Review, from the twenty-first to the fiftieth volumes inclusive (April 1813–January 1830), Edinburgh 1832. General Index to the Edinburgh Review, from the fifty-first to the eightieth volumes, inclusive (April 1830–October 1844), London 1850. General Index to the Edinburgh Review, from the eighty-first to the hundred-and-tenth volumes, inclusive (January 1845–October 1859), London 1862. General Index to the Edinburgh Review, from the hundred-and-eleventh to the hundred-and-fortieth volumes inclusive (January 1860–October 1874), London 1880. The Edinburgh Review, or Critical Journal. General Index from Vol. CXLI to CLXX (January 1875–October 1889), Part I and II, London 1891. HOUGHTON, WALTER E. et al. (Hrsg.), The Wellesly Index to Victorian Periodicals 1824–1900. Tables of contents and identification of contributors with bibliographies of their articles and stories, 5 Bde., Toronto 1966–1989. MACCRILLIS, WILLIAM, A General Index to the Contemporary Review, the Fortnightly Review, and the Nineteenth Century, London 1882. Nineteenth Century Short Title Catalogue. Series I. Phase I: 1801–1815, 6 Bde., Cambridge 1984–1986; Series II. Phase II: 1816–1870, [bisher] 53 Bde., Cambridge 1986 ff. PEDDIE, R. A., Subject Index of Books published before 1880, London 1933; Subject Index of Books published up to and including 1880, New Series, London 1948; Second Series, London 1935; Third Series, London 1939. POOLE, W. F., An Index to Periodical Literature, Boston 1883; The First Supplement, London 1888 [Berichtszeitraum: Januar 1882–Januar 1887]; The Second Supplement, London 1893 [Berichtszeitraum: Januar 1887–Januar 1892]; The Third Supplement, London 1897 [Berichtszeitraum: Januar 1892–Dezember 1896]; The Fourth Supplement, London 1903 [Berichtszeitraum: Januar 1897–Januar 1902]. The Quarterly Review, Bd. 20: General Index to the first nineteen volumes, London 1820. The Quarterly Review, Bd. 40: General Index to volumes XXI to XXXIX, London 1831. The Quarterly Review, Bd. 60: General Index to volumes XLI to LIX, London 1839. The Quarterly Review, Bd. 80: General Index to volumes LXI to LXXIX, London 1850. The Quarterly Review, Bd. 100: General Index to volumes from LXXI to XCIX inclusive, London 1858. The Quarterly Review, Bd. 121: General Index. Volumes from CI to CXX inclusive, London 1867. The Quarterly Review, Bd. 140: General Index. Volumes from CXXII to CXXXIX inclusive, London 1876. The Quarterly Review, Bd. 160: General Index. Volumes from CXLI to CLIX inclusive, London 1885.

2. Französische Quellen

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e) Internet-Adressen: Nationalbibliotheken und Kataloge Bibliothèque Nationale de France, Paris: http: // www.bnf.fr Deutsches Bibliotheksinstitut, Berlin: http: // www.dbi-berlin.de Katalog des Südwestdeutschen Bibliotheksverbunds: http: // www.swbv.uni-konstanz.de Bayerischer Bibliotheksverbund: http: // www.bib-bvb.de Bayerische Staatsbibliothek, München: http: // www.bsb.badw-muenchen.de British Library, London: http: // www.bl.uk Bodleian Library, Oxford: http: // www.bodley.ox.ac.uk

2. Französische Quellen a) Wörterbücher, Lexika, Enzyklopädien und politische Handbücher BAILLEUL, J. CH., Dictionnaire critique du langage politique, gouvernemental, civil, administratif et judiciaire de notre époque, rédigé selon la lettre et l’esprit de la Charte constitutionnelle; ou mon dernier mot devant dieu et devant les hommes sur la révolution française, sur les résultats possibles et nécessaires, sur la situation de la France et de son gouvernement, Paris 1842. [BALISSON DE ROUGEMONT und MICHEL NICHOLAS] Le petit dictionnaire libéral, Paris 1823. [BARDONNAUT, MARCELIN] Petit dictionnaire politique et social des mots les plus usités dans la littérature religieuse, morale et politique, Bd. 1, Paris 1872. [BAUDOIN, ALEXIS] Dictionnaire des gens du monde. Ou petit cours de morale à l’usage de la cour et de la ville; par un jeune hermite, Paris 1818. BERTHELOT, MARCELIN, La grande encyclopédie. Inventaire raisonné des sciences, des lettres et des arts. Par une société de savants et de gens de lettres, Bd. 22, Paris [1885]. [BLOCK, MAURICE] Dictionnaire général de la politique par M. Block avec la collaboration d’hommes d’état, de publicistes et d’écrivains de tous les pays, 2 Bde., Paris 1867. BOISTE, PIERRE-CLAUDE-VICTOIRE, Dictionnaire universel de la langue française, avec le latin et les étymologies, extrait comparatif, concordance, critique et supplément de tous les dictionnaires; manuel enciclopédique et de grammaire, d’orthographie, de vieux langue, de néologie . . . Sixième édition, revue, corrigée et augmentée par l’auteur, Paris 1823. CHATRE, MAURICE LA, Le dictionnaire universel. Panthéon historique, littéraire, et encyclopédique illustrée, Bd. 2, Paris 1854. CHÉSUROLLES, DÉSIRÉ, Nouveau Dictionnaire classique et complet de la langue française, d’après la dernière édition de l’Académie, et les ouvrages des lexicographes les plus estimés, Bd. 2, Paris 1841. D’ALEMBERT, ALFRED, Dictionnaire Politique Napoléonien. Opinions, Pensées, Maximes. Extraites des ouvrages de Louis-Napoléon Bonaparte. Président de la République, Paris 1849. Le Dictionnaire de l’Académie françoise. Dédié au Roi, Bd. 1, Paris 1694. Nouvelle Dictionnaire de l’Académie françoise, Bd. 1, Paris 1717. Dictionnaire de l’Académie françoise, Bd. 2, 3. Aufl. Paris 1740. Dictionnaire de l’Académie françoise, Bd. 2, 4. Aufl. Paris 1762. Dictionnaire universel françois et latin, vulgairement appelé Dictionnaire de trévoux, contenant la Signification & la Définition des mots de l’une & de l’autre Langue. Avec des remarques d’érudition et de critique. Nouvelle Édition, corrigée et considérablement augmentée, Bd. 5, Paris 1771. Dictionnaire de l’Académie françoise, Bd. 2, 5. Aufl. Paris 1798.

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X. Quellen- und Literaturverzeichnis

Dictionnaire des Girouettes ou nos contemporains peints d’après eux-mêmes . . . par une société des girouettes, revue, corrigée, et considérablement augmentée, 2. Aufl. Paris 1815. Petit dictionnaire ultra, précédé d’un essai sur l’origine, la langue et les œuvres des ultra; par un royaliste constitutionnel, Paris 1823. Petit Dictionnaire ministériel, Paris 1826. Dictionnaire de l’Académie françoise. Supplément contenant environ 11.000 mots nouveaux, acceptions nouvelles, et termes techniques, que l’usage et la science ont introduits dans la langue usuelle depuis l’année 1794, et qui ne se trouvent pas dans le Dictionnaire de l’Académie. Rédigé par une société de grammairiens, Paris 1831. Dictionnaire de l’Académie française, Bd. 2, 6. Aufl. Paris 1835. Dictionnaire de l’Académie française, Bd. 2, 6. Aufl. Brüssel 1835. Dictionnaire de la conversation et de la lecture, Bd. 35, Paris 1837. Dictionnaire de l’Académie. Wörterbuch der Französischen Academie mit deutscher Uebersetzung. Nach der neuesten Original-Ausgabe bearbeitet, Bd. 2, Grimma 1840. Dictionnaire de l’Académie française, Bd. 2, 7. Aufl. Paris 1878. [DIDEROT DENIS, und JEAN LE ROND D’ALEMBERT] Encyclopédie ou Dictionnaire raisonné des sciences, des arts et des métiers, par une société de gens de lettres. Mis en ordre et publié par M. Diderot, et, quant à la partie mathématique, par M. d’Alembert, Paris 1753 ff. [DUCKETT, WILLIAM] Dictionnaire de la conversation et de la lecture. Inventaire raisonné des notions générales les plus indispensables à tous. Par une société de savants et des gens de lettres sous la direction de M. W. Duckett, Bd. 12, 2. Aufl., Paris 1856. DUCLERC [EUGÈNE] und [LAURENT] PAGNERRE, Dictionnaire politique. Encyclopédie du langage et de la science politiques. Rédigé par une réunion de députés, de publicistes et de journalistes, avec une introduction par de GARNIER PAGÈS, Paris 1842. Encyclopédie des gens du monde. Répertoire universel des sciences, des lettres et des arts. Par une société de savants, de littérateurs et d’artistes, français et étrangers, Bd. 7, Paris 1842. GATTEL, CL. M., Dictionnaire universel portatif de la langue française, avec la prononciation figurée. Seconde édition, revue, corrigée, et augmentée par l’auteur, Bd. 2, Lyon 1813. Guerre aux passions! ou dictionnaire du modéré, par M. D. . .y, royaliste constitutionnel, Paris 1821. GUYNEMER, M.-A., Dictionnaire du bon républicain, Paris 1849. JOUFFROY, MARQUIS DE, Dictionnaire des erreurs sociales, ou recueil de tous les systèmes qui ont troublé la société depuis l’etablissement du christianisme jusqu’à nos jours. Nouvelle Encyclopédie théologique, ou nouvelle série de dictionnaires sur toutes les parties de la science religieuse. Publiée par M. l’abbé MIGNE, Bd. 19, Paris 1852. LANDAIS, NAPOLÉON, Dictionnaire général et grammatical des dictionnaires français, extrait et complément de tous les dictionnaires les plus célèbres, Bd. 2, Paris 1834. LAROUSSE, PIERRE, Dictionnaire universel du XIXe siècle, Bd. 10, Paris 1873. LITTRÉ, É., Dictionnaire de la Langue Française, Bd. 2/1, Paris 1869. MÉNAGE, Dictionnaire etymologique de la langue françoise . . . Nouvelle Édition, Dans laquelle, outre les Origines & les Additions ci-dessus, qu’on a insérées à leur place, on trouvera encore les Etymologies de Messieurs Huet, le Duchat, de Vergy, & plusieurs autres, Bd. 2, Paris 1750. MOZIN, J., TH. BIBER und M. HÖLDER, Nouveau Dictionnaire complet à l’usage des allemands et des français. Partie française, Bd. 2, Stuttgart 1812. MOZIN, A. PESCHIER, Dictionnaire complet des langues française et allemande, composé d’après les meilleurs ouvrages anciens et nouveaux sur les sciences, les lettres et les arts. Troisième édition, revue et augmentée, Bd. 2, Stuttgart 1842.

2. Französische Quellen

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[PAGNERRE, LAURENT] Dictionnaire politique. Encyclopédie du langage et de la science politiques, 2. Aufl. Paris 1848. DE POTTER, Dictionnaire rationnel des mots les plus usités en sciences, en philosophie, en politique, en morale et en religion avec leur signification déterminée et leur rapport aux questions d’ordre social, Brüssel 1859. [SADE, JACQUES FRANÇOIS DE] Royalistes. Ultras. Parti des Ultras (Extraits du Lexicon politique, ouvrage inédit du chevalier de Sade), Paris [1831]. SADE, JACQUES FRANÇOIS DE, Lexicon politique, ou définition des mots techniques de la science de la politique. Ouvrage posthume, 4 Bde., Paris 1837–1838.

b) Monographien, Werkausgaben und Quellensammlungen De l’abus des mots, de leur fausse interprétation et de leur influence sur la destinée des peuples. Par M. H. B, Paris 1815. L’agonie des libéraux. De V., électeur de la Seine [Paris 1824]. AMIGUES, JULES, La politique d’un honnête homme, Paris 1869. Annales parlementaires. Annales du Sénat et du Corps législatif, suivies d’une table alphabétique et analytique, 5 Bde., Paris 1869; 7 Bde., Paris 1870. Annales parlementaires. Annales de l’Assemblée nationale. Journal Officiel, 6 Bde., Paris 1871. Annales parlementaires. Annexes. Enquête sur les actes du gouvernement de la Défense nationale. Rapports de la commission, Bde. 20–22; Dépositions des témoins, Bde. 23–25, Paris 1872. L’Anti-doctrinaire et réponse à M. Guizot sur ses moyens de gouvernement. Précédé d’une discussion sur l’égalité et la souveraineté du peuple, Paris 1822. L’Anti-Libéral, ou le chansonnier des honnêtes gens, Paris 1822. ARNOULD, ARTHUR, Une campagne à La Marseillaise. Préface de H. ROCHEFORT, Paris 1870. Les arrière-pensées du parti libéral, ou réfutation à M. de Kératry, député breton, par un électeur picard, Paris 1820. AULARD, ALPHONE, Paris sous le consulat. Recueil de documents pour l’histoire de l’esprit public à Paris, Bd. 1: Du 18 Brumaire an VIII au 30 Brumaire an IX, Paris 1903. Avis à mes chers concitoyens, sur les querelles d’Allemand, ou dissertation sur les noms de parti qu’on se donne réciproquement, sans valoir s’entendre, [Paris] 1790. Avis aux libéraux, par un libéral, Paris 1818. Avis à tous les bons Français. Catéchisme anti-libéral. Projets impies, immoraux et anarchiques du libéralisme, Marseille [1830]. AZAIS, H., Adresse aux libéraux, Paris 1820. BALZAC, HONORÉ DE, Les Rivalités. Première histoire, La Vieille Fille (1836), in: DERS., Scènes de la vie de province. La Comédie Humaine, Bd. 7, Paris 1844, S. 1–119. BALZAC, HONORÉ DE, Les Rivalités. Deuxième histoire, Le Cabinet des antiques (1837), in: DERS., Scènes de la vie de province. La Comédie Humaine, Bd. 7, Paris 1844, S. 120–244. BALZAC, HONORÉ DE, Le curé de village (1845), in: DERS., Scènes de la vie militaire et scènes de la vie de campagne. La Comédie Humaine, Bd. 13, Paris 1845, S. 510–728. BARBIER, EDMOND LOUIS, Cantique d’un libéral, ou le bon temps de l’anarchie, Paris 1822. [BARRUEL-BEAUVERT] Dialogue entre un monarchiste, un bourboniste et un jacobin, recueilli et publié par le Comte de Barruel-Beauvert, [Paris] 1804. BAVOUX, ÉVARISTE, Du principe d’autorité et du parlementarisme, Paris 1869. BEAUCHAMP, Du libéralisme, ou la vérité vengée, Paris 1822.

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2. Französische Quellen

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X. Quellen- und Literaturverzeichnis

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c) Periodika L’Ami des Lois, ou mémorial politique et littéraire par une société de gens de lettres. L’Ami des Patriotes ou le défenseur de la révolution. Annales Encyclopédiques, 1817–1818. Bibliothèque historique, ou Recueil de matériaux pour servir à l’histoire du temps, 1817–1820. Bibliothèque Royaliste, ou Recueil de matériaux pour servir à l’histoire de la restauration de la Maison de Bourbon en France, en 1814, 1815, etc., 1819–1835. Le Censeur, ou examen des actes et des ouvrages qui tendent à détruire ou à consolider la constitution de l’état, 1814–1815. Le Conciliateur, ouvrage politique, philosophique et littéraire, 1815. Le Conservateur, 1818–1820. Le Conservateur de la Restauration. Dieu, les Bourbons et les Gens de Bien, 1828–1830. Le Constitutionnel. Le Cri du peuple. Le Défenseur. Journal religieuse, politique et littéraire, 1820–1821. Le Diplomate. Le Doctrinaire, Recueil philosophique, politique et littéraire, 1818. L’Horizon. L’Indépendant, Chronique nationale, politique et littéraire, 1815. Journal des Débats. Journal des Hommes libres [vgl. auch unter Le Républicain]. Le Libéral. Journal philosophique, politique et littéraire, Brüssel 1816–1817. Le Libéral. Dédié à MM. les membres indépendants du côté gauche de la Chambre des députés, 1819. Le Libéral. Ordre, démocratie. Ni monarchie, ni despotisme, 1849. La Libre Pensée. La Minerve Française, 1818–1820. Le Modérateur, 1818–1819. Le Nain Jaune, ou Journal des arts, des sciences et de la littérature, 1814–1815. Le National. Feuille politique et littéraire, 1830–1851. Nouvel Homme Gris. Le Nouvelliste Français ou Recueil Choisi de Mémoires, Itinéraires, Réflexions morales et critiques, Pesth 1815. La Patrie en Deuil. Le Politique, 1819.

2. Französische Quellen

605

Le Républicain. Journal des hommes libres de tous les pays, 1792–1800. Revue des Deux Mondes, 1829 ff. Le Spectateur politique et littéraire, 1818. Le Tocsin. Journal hebdomadaire. L’Ultra, 1819.

d) Wichtige Zeitungs- und Zeitschriftenartikel AGIER, F., De la Charte, de la Légitimité, de la Justice, de l’Indépendance des magistrats, et de quelques moyens de l’assurer, in: LE CONSERVATEUR 1 (1818), S. 450–8. De l’Angleterre, in: LE SPECTATEUR POLITIQUE ET LITTÉRAIRE 1 (1818), S. 93–5. Apologie d’un chevalier de la Girouette, in: LE NAIN JAUNE, ou Journal des arts, des sciences et de la littérature, Nr. 363, 25. April 1815, S. 86–90. BONALD, HENRI DE, Sur les libéraux, in: LE DÉFENSEUR. Journal religieuse, politique et littéraire 1 (1820), S. 76–83. CARNÉ, LOUIS DE, Des partis et des écoles depuis 1830, in: REVUE DES DEUX MONDES 3 (1835), S. 203–28. CARO, E., La République et les républicains, in: REVUE DES DEUX MONDES 93 (1871), S. 516–47. [CHATEAUBRIAND, F. R. DE] Lettre de M. le vicomte de Chateaubriand, exposant les principes dans lesquels le Conservateur doit être rédigé, in: LE CONSERVATEUR 1 (1818), S. 5–45. [CHATEAUBRIAND, F. R. DE] Politique, in: LE CONSERVATEUR 4 (1819), S. 353–76. [CORBET] Adresse à Sa Majesté Louis XVIII, in: LE CENSEUR, ou examen des actes et des ouvrages qui tendent à détruire ou à consolider la constitution de l’état, Bd. 2, Paris 1814, S. 39–57. Nouvelle Critique de l’Histoire, et dernier terme du Libéralisme, in: LE CONSERVATEUR 6 (1820), S. 78–81. Déclaration, in: LE NAIN JAUNE, ou Journal des arts, des sciences et de la littérature, Nr. 370, 30. Mai 1815, S. 253–7. Dialogue entre un Abonné du Conservateur et un Libéral, in: LE DOCTRINAIRE 1 (1818), S. 84–9. [DUNOYER] De l’influence de l’opinion sur la stabilité des gouvernements, et de la discordance qui existe entre l’esprit des peuples de l’Europe et la politique de leurs chefs, in: LE CENSEUR 6 (1815), S. 141–60. Des Elections nouvelles, in: LE CONCILIATEUR, ouvrage politique, philosophique et littéraire 1 (1815), S. 49–55. État actuel de nos opinions politiques, et leurs causes, in: LE DOCTRINAIRE, Recueil philosophique, politique et littéraire 1 (1818), S. 56–63. Explication de la Caricature, in: LE NAIN JAUNE, ou Journal des arts, des sciences et de la littérature, Nr. 359 [sic! rectus, Nr. 367], 15. Mai 1815, S. 191–2. FRENILLY, A. DE, Des idées libérales, in: LE DÉFENSEUR. Journal religieuse, politique et littéraire 1 (1820), S. 114–8. Les Idées libérales, in: LE NOUVELLISTE FRANÇAIS ou Recueil Choisi de Mémoires 12 (1815), S. 273–82. Des intérêts en politique. M. Canning et M. de Metternich, in: REVUE DES DEUX MONDES 1 (1829), S. 1–7. LERMINIER, Lettres philosophiques adressées à un Berlinois. IV. De l’école appelée doctrinaire. – M. Guizot, in: REVUE DES DEUX MONDES 2 (1832), S. 183–99. Lettre d’un Royaliste Vendéen, à un Royaliste Provençal, in: BIBLIOTHÈQUE HISTORIQUE, ou Recueil de matériaux pour servir à l’histoire du temps 3 (1818), S. 426–32.

606

X. Quellen- und Literaturverzeichnis

Lettres sur les hommes d’état de la France. Lettre deuxième, in: REVUE DES DEUX MONDES 1 (1833), S. 225–63. MENGIN DE FONTDRAGON, De l’hypocrisie des libéraux, in: LE CONSERVATEUR de la Restauration. Dieu, les Bourbons et les Gens de Bien 3 (1828), S. 131–4. Ordre de l’éteignoir. Extrait des registres, in: LE NAIN JAUNE, ou Journal des arts, des sciences et de la littérature, Nr. 365, 5. Mai 1815, S. 124–6. Réflexions sur la libéralité des idées, in: ANNALES ENCYCLOPÉDIQUES 1 (1818), S. 309–11. Revue des journaux et mélanges, in: BIBLIOTHÈQUE ROYALISTE, ou Recueil de matériaux pour servir à l’histoire de la restauration de la Maison de Bourbon en France 1 (1819), S. 289–98. Ce que veulent les royalistes, in: JOURNAL DES DÉBATS, 2. November 1820. [SAINT-SIMON, C.-H. DE] Suite du premier article sur la politique générale, in: LE POLITIQUE (1819). SALABERRY, COMTE DE, Doctrines. De l’esprit de doctrines et de l’esprit de révolution, in: LE CONSERVATEUR DE LA RESTAURATION. Dieu, les Bourbons et les Gens de Bien 1 (1828), S. 197–210. La science des libéraux, in: LE DÉFENSEUR. Journal religieuse, politique et littéraire 4 (1821), S. 174–8. Tablettes historiques, in: LE NAIN JAUNE, ou Journal des arts, des sciences et de la littérature, Nr. 368, 20. Mai 1815, S. 193–5. Tablettes historiques, in: LE NAIN JAUNE, ou Journal des arts, des sciences et de la littérature, Nr. 374, 20. Juni 1815, S. 337–8. Tablettes historiques, in: LE NAIN JAUNE, ou Journal des arts, des scienes et de la littérature, Nr. 376, 30. Juni 1815, S. 387.

3. Deutsche Quellen a) Wörterbücher, Lexika, Enzyklopädien, politische Handbücher und wichtige Einzelartikel BINDER, WILHELM (Hrsg.), Allgemeine Realencyclopädie oder Conversationslexikon für das katholische Deutschland, Bd. 6, Regensburg o.J. [1846?]. BLUM, ROBERT (Hrsg.), Volksthümliches Handbuch der Staatswissenschaften und Politik. Ein Staatslexicon für das Volk, 2 Bde., Leipzig 1848/1851. BLUNTSCHLI, JOHANN CASPAR und CARL BRATER (Hrsg.), Deutsches Staatswörterbuch, 11 Bde., Stuttgart 1857–1870. BLUNTSCHLI, JOHANN CASPAR, Parteien, politische, in: DERS. und BRATER (Hrsg.), Bd. 7, 1862, S. 717–47. [BROCKHAUS, F. A.] Allgemeine deutsche Real-Encyclopädie für die gebildeten Stände. Conversations-Lexicon, Bd. 5, 4. Aufl. Leipzig 1817. [BROCKHAUS, F. A.] Conversations-Lexicon oder encyclopädisches Handwörterbuch für gebildete Stände. Neue Ausgabe in 7 Bdn., Bd. 4, Stuttgart 1818. [BROCKHAUS, F. A.] Deutsche Taschen-Encyclopädie oder Handbibliothek des Wissenwürdigsten in Hinsicht auf Natur und Kunst, Staat und Kirche, Wissenschaft und Sitte, Bd. 3, Leipzig 1818. [BROCKHAUS, F. A.] Allgemeine deutsche Real-Encyclopädie für die gebildeten Stände. Conversations-Lexicon, Bd. 5, 5. Aufl. Leipzig 1820. [BROCKHAUS, F. A.] Allgemeine deutsche Real-Encyclopädie für die gebildeten Stände. Conversations-Lexicon. In 12 Bdn., Bd. 6, 7. Aufl. Leipzig 1830.

3. Deutsche Quellen

607

[BROCKHAUS, F. A.] Conversations-Lexicon der neusten Zeit und Literatur. In 4 Bdn., Bd. 2, Leipzig 1833. [BROCKHAUS, F. A.] Allgemeine deutsche Real-Encyclopädie für die gebildeten Stände. Conversations-Lexicon, Bd. 6, 8. Aufl. Leipzig 1835. [BROCKHAUS, F. A.] Allgemeine deutsche Real-Encyclopädie für die gebildeten Stände. Conversations-Lexicon, 11. Aufl. Leipzig 1866. CAMPE, J. H., Wörterbuch zur Erklärung und Verdeutschung der unserer Sprache aufgedrungenen fremden Ausdrücke. Ein Ergänzungsband zu Adelungs und Campes Wörterbüchern. Neue Ausgabe, Braunschweig 1813. Neuestes Conversationslexikon für alle Stände. Von einer Gesellschaft deutscher Gelehrten bearbeitet, Bd. 4, Leipzig 1835. Allgemeines Deutsches Conversations-Lexicon für die Gebildeten eines jeden Standes, hrsg. von einem Vereine Gelehrter. Zweiter Abdruck der ersten Original-Auflage, Bd. 6, Leipzig 1840. Rheinisches Conversations-Lexicon oder encyclopädisches Handbuch für gebildete Stände, hrsg. von einer Gesellschaft rheinländischer Gelehrten, Bd. 8, 4. Aufl. Köln 1841. Allgemeines Deutsches Conversations-Lexicon für die Gebildeten eines jeden Standes, hrsg. von einem Vereine Gelehrter. Encyclopädische Darstellung des letzten Jahrzehnts in seinen welt- und culturgeschichtlichen Hauptmomenten. Ein selbständiges Werk und zugleich eine Ergänzung zu jedem Conversations-Lexicon, Bd. 2, Leipzig 1844. Politisches Handbuch der Nationalliberalen Partei, hrsg. vom Centralbüro der Nationalliberalen Partei Deutschlands, Berlin 1907. HÜBNER, JOHANN, Neuvermehrtes Reales Staats-, Zeitungs- und Conversationslexikon, Regensburg 1745–1752. KRUG, WILHELM TRAUGOTT, Allgemeines Handwörterbuch der philosophischen Wissenschaften, Leipzig 1827. KRUG, WILHELM TRAUGOTT, Allgemeines Handwörterbuch der philosophischen Wissenschaften nebst ihrer Literatur und Geschichte. Nach dem heutigen Standpuncte der Wissenschaft bearbeitet, 2. Aufl. Leipzig 1833. LADENDORF, OTTO, Historisches Schlagwörterbuch. Ein Versuch, Straßburg 1906. MELLIN, GEORG SAMUEL ALBERT, Enzyklopädisches Wörterbuch der kritischen Philosophie oder Versuch einer fasslichen und vollständigen Erklärung der in Kants kritischen und dogmatischen Schriften enthaltenen Begriffe und Sätze, 6 Bde., Jena 1801. Parteien, in: ROTTECK und WELCKER (Hrsg.), Bd. 11, 3. Aufl. 1864, S. 311–27. PFIZER, PAUL ACHATIUS, Liberal, Liberalismus, in: ROTTECK und WELCKER (Hrsg.), Bd. 9, 1840, S. 713–30. PIERER, H. A. (Hrsg.), Universal-Lexikon der Gegenwart und Vergangenheit oder neuestes encyclopädisches Wörterbuch der Wissenschaften, Künste und Gewerbe, Bd. 17, 2. Aufl. Altenburg 1843. PRETZSCH, W., Liberalismus, in: BLUM, Volksthümliches Handbuch, Bd. 2, 1851, S. 37–8. ROTTECK, CARL VON, Vorwort zur ersten Auflage, in: DERS. und WELCKER (Hrsg.), Bd. 1, 1834, S. III–XXXIV. ROTTECK, CARL VON, Bewegungs-Partei und Widerstands- oder Stillstands-Partei, in: DERS. und WELCKER (Hrsg.), Bd. 2, 1835, S. 558–65. ROTTECK, CARL VON, Demokratisches Prinzip, in: DERS. und WELCKER (Hrsg.), Bd. 4, 1837, S. 252–63. ROTTECK, CARL VON, Historisches Recht, in: DERS. und WELCKER (Hrsg.), Bd. 8, 1839, S. 2–22. ROTTECK, CARL VON und CARL THEODOR WELCKER (Hrsg.), Staats-Lexicon oder Encyclopädie der Staatswissenschaften, in Verbindung mit vielen der angesehensten Publici-

608

X. Quellen- und Literaturverzeichnis

sten Deutschlands, 15 Bde., Altona 1834–1843, 4 Ergänzungsbde., Altona 1846–1848; 12 Bde., 2. Aufl. Altona 1845–1848; 14 Bde., 3. Aufl. Leipzig 1856–1866. RUTENBERG, ADOLF, Radical, Radicalismus, in: ROTTECK und WELCKER (Hrsg.), Bd. 13, 1842, S. 408–20. STEGER, FRIEDRICH (Hrsg.), Ergänzungs-Conversationslexikon. Ergänzungsblätter zu allen Conversationslexiken [sic!], Bd. 2, Heft 3, Leipzig 1847. Allgemeines Volks-Conversations-Lexikon und Fremdwörterbuch, Bd. 6, Hamburg 1848. WAGENER, HERRMANN (Hrsg.), Neues Conversations-Lexicon. Staats- und Gesellschafts-Lexikon. In Verbindung mit deutschen Gelehrten und Staatsmännern, Bd. 12, Berlin 1863. WELCKER, CARL THEODOR, Centrum der Deputierten-Kammern, insbesondere der französischen, in: ROTTECK und WELCKER (Hrsg.), Bd. 3, 1836, S. 389–92. ZEDLER, JOHANN HEINRICH (Hrsg.), Großes vollständiges Universallexicon Aller Wissenschaften und Künste, Leipzig 1732 ff.

b) Monographien, Werkausgaben und Quellensammlungen ABT, GOTTFRIED CHRISTIAN, Die Principien des modernen Liberalismus in den Händen der Advokaten. Ein Kleinstaatsbild aus Nassau, Frankfurt a.M. 1865. ALLIHN, FRIEDRICH HEINRICH THEODOR, Die restaurative Politik und der Satz des Widerspruchs. Ein fliegendes Blatt. Zweiter Abdruck, Halle 1850. ANCILLON, FRIEDRICH, Ueber Souveränität und Staats-Verfassungen. Ein Versuch zur Berichtigung einiger politischer Grundbegriffe, 2. Aufl. Berlin 1816. ANCILLON, FRIEDRICH, Ueber die Staatswissenschaft, Berlin 1820. ANCILLON, FRIEDRICH, Ueber den Geist der Staatsverfassungen und dessen Einfluß auf die Gesetzgebung, Berlin 1825. ANDERS, FRANZ JULIUS (Hrsg.), Die liberale Partei in Sachsen, Leipzig 1846. ANHALT, EMIL, Die deutsche Einheit und die religiösen Bewegungen der Gegenwart, in: BLUM und STEGER (Hrsg.), 1846, S. 99–108. AUERBACH, BERTHOLD, Das Judenthum und die neueste Literatur. Ein kritischer Versuch, Stuttgart 1836, zitiert nach ESTERMANN (Hrsg.), Bd. 1, S. 305–29. BAADER, FRANZ VON, Gesammtliche Werke, hrsg. von F. HOFFMANN, 16 Bde., Leipzig 1850–1860. [BACHEM, JULIUS] Die Sünden des Liberalismus im ersten Jahre des Neuen Deutschen Reichs. Von einem rheinpreußischen Juristen, 2. Aufl. Leipzig 1872. BARTH, THEODOR, Neue Aufgaben des Liberalismus. Nach einer in München am 28. Januar 1904 gehaltenen Rede über Liberalen Revisionismus, Berlin-Schöneberg 1904. BARTH, THEODOR, Was ist Liberalismus? Eine Gegenwartsfrage!, Berlin-Schöneberg 1905. BAUER, BRUNO, Vollständige Geschichte der Partheikämpfe in Deutschland während der Jahre 1842–1846, 3 Bde., Charlottenburg 1847, Neudruck Aalen 1964. [BAUER, BRUNO und EDGAR BAUER] Briefwechsel zwischen Bruno Bauer und Edgar Bauer während der Jahre 1839–1842 aus Bonn und Berlin, Charlottenburg 1844. BAUER, EDGAR, Kritik der Verhandlungen der Badischen Abgeordnetenkammer vom 23. Mai bis 9. September 1842, o.O. 1842. BAUER, EDGAR, Die liberalen Bestrebungen in Deutschland, Heft 1: Die ostpreußische Opposition, Zürich 1843; Heft 2: Die badische Opposition, Zürich 1843. BAUER, EDGAR, Geschichte der constitutionellen und revolutionären Bewegungen im südlichen Deutschland in den Jahren 1831–1834, 2 Bde., Charlottenburg 1845.

3. Deutsche Quellen

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610

X. Quellen- und Literaturverzeichnis

sten Entfaltung; in einem Gemälde des Bundesstaats von Nordamerika praktisch dargestellt. Erster Theil, Potsdam 1831, Zweiter Theil, Potsdam 1833. BROCINER, MARCO, Die Zukunft des deutschen Liberalismus, Berlin 1879. BUCHNER, BRUNO THEOBALD (Hrsg.), Jetzt! Historisch=politisches Taschenbuch für Liberale und Servile auf das Jahr 1846, Grimma 1846. BUCHNER, BRUNO THEOBALD (Hrsg.), Jetzt! Historisch=politisches Taschenbuch für Liberale und Servile auf das Jahr 1847, Grimma 1847. BÜCHNER, GEORG, Werke und Briefe. Nach der historisch-kritischen Ausgabe von R. LEHMANN, 3. Aufl. Darmstadt 1984. BÜLAU, FRIEDRICH, Zeitfragen aus dem Gebiete der Politik und Volkswirthschaft, Leipzig 1846. BÜLOW-CUBÜLAU, FRIEDRICH, Die Liberalen, in: DAS VATERLAND (1831), wieder in DERS., Zeitfragen, S. 304–6. BÜLAU, FRIEDRICH, Parteinamen und Parteigeist, in: DAS VATERLAND (1831), wieder in DERS., Zeitfragen, S. 303–4. BÜLAU, FRIEDRICH, Kritik des Staats-Lexikons, in: [Berliner] JAHRBÜCHER FÜR WISSENSCHAFTLICHE KRITIK (1838), wieder in DERS., Zeitfragen, S. 107–29. MMEROW, ERNST GOTTFRIED GEORG VON, Ein Punkt auf’s I oder Belehrung über die Schrift, die Verwaltung des Staatskanzlers Fürsten von Hardenberg. Heft I, Leipzig 1821. BÜLOW-CUMMEROW, ERNST GOTTFRIED GEORG VON, Die europäischen Staaten nach ihren innern und äußern politischen Verhältnissen, Altona 1845. BURCKHARDT, JACOB, Das Revolutionszeitalter, in: DERS., Historische Fragmente, hrsg. von EMIL DÜRR, Neudruck Stuttgart 1942, S. 194–240. BURCKHARDT, JACOB, Über das Studium der Geschichte. Der Text der Weltgeschichtlichen Betrachtungen auf Grund der Vorarbeiten von ERNST ZIEGLER nach den Handschriften hrsg. von PETER GANZ, München 1982. Der Bureaukratismus und der Liberalismus im Verhältnis zu einer dem deutschen Volksgeist angemessenen organischen Bildung des Staates, Leipzig 1843. BURKE, EDMUND und FRIEDRICH GENTZ, Über die Französische Revolution. Betrachtungen und Abhandlungen, hrsg. von HERMANN KLENNER, Berlin 1991. George Canning und die Liberalen. Ein Gegenstück zu Villèle und der Despotismus. Geheime Chronik der europäischen Höfe und Staaten, Stuttgart 1828. Catechismus der deutschen Liberalen. Wohlfeiler Nachdruck, o.O. 1833. CHLADENIUS, JOHANN MARTIN, Einleitung zur richtigen Auslegung vernünftiger Reden und Schriften, Leipzig 1742, Neudruck Düsseldorf 1969. CHLADENIUS, JOHANN MARTIN, Allgemeine Geschichtswissenschaft, worinnen der Grund zu einer neuen Einsicht in allen Arten der Gelahrtheit geleget wird, Leipzig 1752. CHORINSKY, CARL, Der Wucher und der Liberalismus, Graz 1879. CRAMER, S., Das liberale Christenthum. Vertheidigungsrede gegen die Schrift des Herrn Pastor Frerichs, Unsere Stellung zum Protestantenverein, Emden 1872. CURTI, THEODOR, Die Reaktion und der Liberalismus. Rede, gehalten in der polizeilich aufgelösten Sitzung des Frankfurter Demokratischen Vereins vom 1. Juli 1878, München 1912. DECHAMPS, VICTOR-AUGUSTE, Der Liberalismus. Brief an einen katholischen Publicisten, Mainz 1878. DELBRÜCK, RUDOLPH VON, Lebenserinnerungen. 1817–1867, Bd. 1, Leipzig 1905. Das Denunziations-Sistem des sächsischen Liberalismus und das kritisch-nihilistische Sistem H. Jellineks, Leipzig 1847. DÖDERLEIN, JOHANN WILHELM LUDWIG, Rede über liberale Erziehung, in: DERS., Reden

3. Deutsche Quellen

611

und Aufsätze. Ein Beitrag zur Gymnasialpädagogik und Philologie, Bd. 2, Erlangen 1847. DRONKE, ERNST, Berlin, Frankfurt a. M. 1846, Neudruck, hrsg. von RAINER NITSCHE, Darmstadt 1974. DROYSEN, JOHANN GUSTAV, Vorlesungen über Freiheitskriege. 2 Teile, Kiel 1846. DROYSEN, JOHANN GUSTAV, Die Verhandlungen des Verfassungs-Ausschusses der deutschen Nationalversammlung. Erster Theil, Leipzig 1849. DUNCKER, MAX, Zur Geschichte der deutschen Reichsversammlung in Frankfurt, Berlin 1849. ECKERMANN, JOHANN PETER, Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens, hrsg. von FRITZ BERGEMANN, Wiesbaden 1955. ECKERT, EDUARD EMIL, Dritte Fackel gegen Lüge und Unverstand. Beleuchtungsgegenstand, Die demokratische Lüge „eine gesunde Politik verweise Österreich zum Anschluß an die Westmächte und an die europäisch, sogenannte liberale Partei!“, Wien 1864. Emancipation. Betrachtungen über die sozialen Verhältnisse. Von dem Verfasser des Freiherrn v. Eulen-Spiegel, Breslau 1848. ENGELMANN, A., Die Liberalen. Was sie sind und was sie wollen. Rede gehalten bei der ersten öffentlichen Generalversammlung des protestantischen liberalen Vereins am 19. November 1876, Straßburg 1876. Der Entwurf der Verfassung des Norddeutschen Bundes beleuchtet vom nationalen und liberalen Standpunkte nebst einem Abdruck des Entwurfs und der Grundzüge vom 10. Juni 1866, Heidelberg 1867. ESTERMANN, ALFRED (Hrsg.), Politische Avantgarde 1830–1840. Eine Dokumentation zum Jungen Deutschland, 2 Bde., Frankfurt a.M. 1972. [EVERETT, ALEXANDER HILL] Europa oder Uebersicht der Lage der Europäischen Hauptmächte im Jahre 1821. Von einem amerikanischen Diplomaten (Mr. Alex. H. Everett, Chargé d’affaires der Vereinigten Staaten am Königl. Niederländischen Hofe). Aus dem Englischen mit (im Sinne der monarchischen Grundsätze) erläuternden und berichtigenden Anmerkungen des Uebersetzers. Erster Theil, Bamberg 1823. EWALD, JOHANN LUDWIG, Der Geist des Christenthums und des ächten deutschen Volksthums, dargestellt gegen die Feinde der Israeliten. Bemerkungen gegen eine Schrift des Hrn. Rühs in Berlin, Karlsruhe 1817. FEUERBACH, PAUL JOHANNES ANSELM, Über teutsche Freiheit und Vertretung teutscher Völker durch Landstände, Teutschlands gerechten Fürsten gewidmet, Leipzig 1814. FICHTE, JOHANN GOTTLIEB, Ueber Machiavell, als Schriftsteller, und Stellen aus seinen Schriften (1807), in: DERS., Werke 1806–1807, hrsg. von REINHARD LAUTH und HANS GLEIVITZKY, Bd. 9, Stuttgart 1995, S. 213–75. FICHTE, JOHANN GOTTLIEB, Reden an die deutsche Nation, Berlin 1808. [FICK, JOSEPH] Liberal, Regensburg 1869. Flugblätter aus der Deutschen Nationalversammlung, hrsg. von K. BERNHARDI, K. JÜRGENS und FRIEDRICH LÖWE, Nr. 1, 14. Juni 1848, Frankfurt a. M. 1848. Die Fortschrittspartei in Erlangen in den Jahren 1864–1866, ihre Konsequenz und Überzeugungstreue. Ein Beitrag zur Kenntnis der national-liberalen Partei in Deutschland überhaupt, Nürnberg 1869. Die wichtigsten Fragen der Gegenwart in Staat und Kirche . . . Zur Würdigung des wahren und falschen Liberalismus in Staat und Kirche. Offenes Sendschreiben an den deutschen Reichstag von einem Theologen, 2. Aufl. Altona 1874. [FRANTZ, CONSTANTIN] Die Constitutionellen, Berlin 1851. FRANTZ, CONSTANTIN, Kritik aller Parteien, Berlin 1862.

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X. Quellen- und Literaturverzeichnis

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3. Deutsche Quellen

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X. Quellen- und Literaturverzeichnis

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3. Deutsche Quellen

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b) Monographien, Werkausgaben und Quellensammlungen ALBERTARIO, DAVIDE, Dei cattolici e del Liberalismo, Discorso, Mailand 1877. ALBERTI, ANNIBALE und ROBERTO CESSI (Hrsg.), Verbali delle sedute della Municipalità provvisoria di Venezia 1797, Bd. 1, Teil 1, Bologna 1928. ALBERTI, LEON BATTISTA, Della famiglia, 1437/41. ALFIERI, CARLO, Della Dottrina liberale nella questione ammistrativa, Florenz 1867. ALFIERI, CARLO, Le idee liberali nel Parlamento Italiano, Florenz 1868. ALFIERI, CARLO, L’Italia liberale, Ricordi, considerazioni, avvedimenti di politica e di morale, Florenz 1872. [ALPI, DOMENICO] Risposta di un amico ad un altro con quali diritti tenghi il Papa gli stati

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X. Quellen- und Literaturverzeichnis

[PROTA, P. LUIGI] Lo Scisma ed il clero liberale in Italia per P. Luigi Prota, Domenicano, Presidente della Società nazionale emancipatrice del sacerdozio italiano (Estratto dall’Emancipatore Cattolico), Neapel 1863. Quadro delle dottrine liberali, da un prete delle religione cattolica apostolica romana scritto in francese, e recato in toscano favella da un pubblico professore delle medesima comunione, Pesaro 1835. QUARTINI, LEOPOLDO, Liberalismo, clericalismo e democrazia, Florenz 1886. Quesiti Politico-Morali. Chi sono i veri Filantropi? Chi sono i veri Patriotti? Chi sono i veri Progressisti? E chi gli Oscurantisti Retrogradi del secolo XIX? Con una appendicetta nel fine, Palermo 1850. [RICASOLI, BETTINO] Carteggi di Bettino Ricasoli, hrsg. von MARIO NOBILI und SERGIO CAMERANI, Bd. 1: Dezember 1827 – Dezember 1844, Bd. 2: Januar 1845 – Dezember 1847, Bologna 1939–1940. RICCARDI, ANTONIO, I gemiti della chiesa di Spagna. Ovvero conversazioni interessanti sulle cose ecclesiastiche dei nostri tempi tra il liberale D. Diego e il frate Zamora, Lugano 1845. Ricorrendo in Bologna le solenni funzioni del Corpus Domini l’anno MDCCCXXXIII. Commento di un sonetto liberalesco sortito in simile occasione l’anno precedente, o.O. [1833]. ROMAGNOSI, GIAN DOMENICO, Della costituzione di una monarchia nazionale rappresentativa, Bd. 1 [mehr nicht erschienen], Filadelfia [i.e. Lugano] 1815. Ai Romani appello dei Romagnuoli a Macon (1831), in: Collezione completa, Bd. 1, S. 37–47. [ROSMINI SERBATI, ANTONIO] La costituzione secondo la giustizia sociale. Con un’appendice sull’unità d’Italia, Mailand 1848. ROSMINI SERBATI, ANTONIO, Il comunismo ed il socialismo, Florenz 1849. [ROTA, PIETRO] Errori che si riferiscono al liberalismo. Proposizioni LXXVII, LXXVIII, LXXIX, LXXX del Sillabo di Pio IX. Commentato da Mons. Pietro Rota, Mailand 1885. SACUNTALA [pseud.], I liberali, in risposta all’enciclica del sig’ Pecci contro i massoni, Genua 1884. [SANMINIATELLI, COSIMO ANDREA] Brevi considerazioni sulla politica europea al principio dell’anno 1833, o.O. [1833]. SANMINIATELLI, COSIMO ANDREA, La Costituzione e la politica nel secolo dei lumi e del progresso, o.O. 1835. SANTAROSA, SANTORRE ANNIBALE DI, Delle speranze degli Italiani (1820). Opera edita per la prima volta con prefazione e documenti inediti da ALFREDO COLOMBO, Mailand 1920. [SANTAROSA, SANTORRE ANNIBALE DI] Della rivoluzione piemontese nel 1821 (1821). Versione eseguita sulla terza edizione francese, riveduta e corredata di annotazioni coll’Aggiunta della biografia del conte di Santarosa e di importanti documenti, Genua 1849. [SANTAROSA, SANTORRE ANNIBALE DI] Analisi della costituzione siciliana, in: DERS., Della Rivoluzione piemontese nel 1821, S. 149–77. SARDÀ Y SALVANY, FELICE, Il liberalismo è peccato. Questioni che scottano, 2. Aufl. Prato 1888. SCOTTON, ANDREA, È troppo! Dialogo fra un codino e un liberale sopra un opuscolo, [A. Marini] La legge sulle guarentigie al Pontifice, Verona 1872. [SEISMIT-DODA, F.] Italia e Francia. La Democrazia e la Reazione. Frammenti del giornale di un emigrato, Venedig 1849.

4. Italienische Quellen

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[SERCOGNANI, G. und C. BORGIA] Memorie sulle ultime commozioni politiche dell’Italia centrale de’ signori G. Sercognani, e C. Borgia al signor Presidente del Consiglio de’ Ministri (1831), in: Collezione completa, Bd. 2, S. 151–72. SISMONDI, J. C. L. DE, Le Speranze e le realtà, Genf 1831. SISMONDI, J. C. L. DE, Delle speranze e dei bisogni dell’Italia, Lugano 1832. Sulla situazione politica dell’Italia. Articolo tratto dalla rivista francese n.o XII (novembre 1829) e tradotto in Italiano da P. Mirri, Antico Capo Battaglione, Brüssel 1830. SMITH, DENIS MACK (Hrsg.), Il Risorgimento Italiano. Storia e Testi, Rom 1987. TACCONE-GALLUCCI, NICOLA, Il dissidio tra il liberalismo ed il cattolicismo in ordine alla libertà, Turin 1879. TASSO, TORQUATO, Dialoghi, hrsg. von E. RAIMONDI, Bd. 3, Florenz 1958. Del tifo costituzionale ovvero d’inquietudine politica che attaccò le Cosmopoli sulla fine del secolo XVIII e de’ suoi rimedi su l’esperienza clinica del secolo decimonono. Riflessioni dell’A. d. A., Imola 1823. [TOMMASEO, NICCOLÒ] Dell’Italia. Libri Cinque, 2 Bde., [Paris] 1835. UGOLINI, LUIGI, Lettera pastorale di Monsignor Luigi Ugolini, vescovo di Fossombrone contro il preteso diritto pubblico filosofico ovvero sistema rivoluzionario moderno, Pesaro 1833. VECCONCINI-SPARTADA, GIONATA [i.e. GIOVANNI TECCA DA CAPISTRANO], Abbici pe’ Liberali di buona fide dell’anno 1848 esposto in tre dialoghi, Rom 1849. VENTURA, GIOACCHINO, Sopra una Camera di Pari nello Stato Pontificio, Rom [1848]. VERACI, EMILIO, Il Liberalismo ed i suoi errori considerato sotto il triplice aspetto dommatico, politico e morale. Saggio di un Cattolico contemporaneo. Fasc. 1, Venedig 1879. VERGANI, PAOLO, Discorso storico-politico sull’autorità del romano pontefice, Genua [1815]. VERGANI, PAOLO, Le idee liberali. Ultimo refugio dei nemici della religione e del trono, Genua 1816, 2. Aufl. Florenz 1817, 3. Aufl. Turin 1821, Neuauflage Neapel 1850. VERGANI, PAOLO, Analisi ragionata del Congresso di Vienna, Genua 1818. Alcune verità al signor conte Camillo Grassi, Prolegato di Bologna, riferibili anche ai prolegati delle Romagne (1831), in: Collezione completa, Bd. 1, S. 73–98. ZANETTI, GIUSEPPE, Il Liberalismo italiano, l’aristocrazia austro-gesuitica e Napoleone III. Cenni storico-politici dal 1814 al 1859 fino alla pace di Villafranca con rapida narrazione delle ultime battaglie per la libertà d’Italia, Mailand 1860. ZANICHELLI, DOMENICO, Il partito liberale storico in Italia (1887), Bologna 1893.

c) Periodika Amica Veritas, Rom 1848. L’Amico della Costituzione, Neapel 1820–1821. Antologia, Florenz 1821–1833. Un Bajocco, Rom 1848. La Bilancia, Rom 1847–1848. Il Cassandrino, Rom 1848–1849. La Civiltà Cattolica, Neapel, dann Rom 1850 ff. Il Conciliatore. Foglio scientifico-letterario, Mailand 1818–1819. Il Contemporaneo, Rom 1846–1849. La Conversazione di alcuni giovani, Rom 1848.

636

X. Quellen- und Literaturverzeichnis

Il Costituzionale Romano, Rom 1848–1849. Il Don Pirleone. Giornale di caricature politiche, Rom 1848–1849. La Donna Italiana. Giornale politico-letterario, Rom 1848. L’Educatore. Foglio Settimanale, Rom 1847. L’Epoca. Giornale quotidiano, Rom 1848–1849. Il Fanfulla. Giornale letterario, scientifico, artistico, Rom 1846–1847. Giornale Costituzionale di Palermo, Palermo 1820–1821. Giornale del Popolo politico-economico, Rom 1848. Giornale Romano, Rom 1848. Il Labaro. Giornale religioso-politico, Rom 1848. Monitore Bolognese, Bologna 1831. Nuova Antologia di scienze, lettere ed arti, Florenz 1866 ff. La Pallade Italiana, Bologna 1831. Il Politecnico. Repertorio di studi applicati alla prosperità e coltura sociale, Mailand 1839–1844, 1860–1868. Rassegna settimanale di politica, scienze, lettere ed arti, Florenz. La Sentinella della Libertà, Bologna 1831. La Voce della Ragione. Giornale filosofico, teologico, politico, istorico, letterario, Pesaro 1832–1835. La Voce della Verità. Gazzetta dell’Italia Centrale, Modena 1831–1841.

d) Wichtige Zeitungs- und Zeitschriftenartikel Segue l’autobiografia del liberalismo italiano, in: CIVILTÀ CATTOLICA, Serie settima 7 (1869), S. 513–26. BALBO, CESARE, Longanimità e Moderazione, in: IL CONTEMPORANEO, Nr. 10, 6. März 1847. Benefizii delle Riforme, in: IL LABARO, Nr. 9, 1. März 1848. Catechismo liberale del giusto-mezzo, in: SUPPLEMENTO DELLA VOCE DELLA VERITÀ, Nr. 85, 21. Februar 1832. I cattolici liberali in Italia, in: CIVILTÀ CATTOLICA, Serie sesta 6 (1866), S. 24–37. Il Comunismo e il Radicalismo, in: L’EDUCATORE. Foglio Settimanale, Nr. 48, 27. November 1847. Confessioni del Liberalismo, in: LA VOCE DELLA VERITÀ, Nr. 47, 24. November 1831. Consiglio ai liberali, in: IL CONTEMPORANEO, Nr. 152 , 19. September 1848. La credulità de’ Liberali, in: LA VOCE DELLA RAGIONE 1 (1832), S. 244–51. Dissertazione medico-filosofica sul liberalismo, in: LA VOCE DELLA RAGIONE 1 (1832), S. 105–11. De la domesticité chez les peuples anciens et modernes – par M. Grégoire, in: IL CONCILIATORE, Nr. 73, 13. Mai 1819. Della elezione alla Camera dei Deputati, in: UN BAJOCCO, Nr. 33, 8. Juni 1848. Esaltati e moderati, in: LA DONNA ITALIANA, Nr. 23, 7. Oktober 1848. Esame della filosofia del liberalismo, in: LA VOCE DELLA RAGIONE 8 (1834), S. 302–11. Gesuiti – Liberali, in: LA VOCE DELLA RAGIONE 1 (1832), S. 178–87. La Governo Moderato e il Partito Moderato, in: LA BILANCIA, Nr. 31, 20. August 1847. Nè guelfi nè ghibellini, in: LA BILANCIA, Nr. 61, 3. Dezember 1847. [GUIZOT] Delle Enciclopedie considerate qual mezzo d’incivilimento, articolo del sig. Guizot per servire di prodomo all’Enciclopedia progressiva, in: ANTOLOGIA 23 (1826), S. 37–65. Le Idee Liberali, in: LA VOCE DELLA RAGIONE 10 (1834), S. 317. L’impostura del liberalismo smascherata, in: LA VOCE DELLA VERITÀ, Nr. 141, 30. Juni 1832.

4. Italienische Quellen

637

Della indipendenza delle due Sicilie, in: L’AMICO DELLA COSTITUZIONE, Nr. 61, 25. September 1820. Dell’indole del moderno barbarismo volgarmente Liberalismo, in: LA VOCE DELLA VERITÀ, Nr. 90, 3. März 1832. Sulle innovazioni in letteratura, in: IL CONCILIATORE Nr. 116 [Oktober 1819?]. Degli interessi attuali dell’Europa. Discorso di un milanese, che non ha trent’anni, Mailand 1819, in: IL CONCILIATORE, Nr. 118, 17. Oktober 1819. Dove condurrebbero l’Italia i progetti dei liberali?, in: LA VOCE DELLA RAGIONE 5 (1833), S. 3–11. Un liberale Cattolico?, in: CIVILTÀ CATTOLICA, Serie prima 1 (1850), S. 537–43. I Liberali. Traduzione dall’originale francese, in: LA VOCE DELLA RAGIONE 1 (1832), S. 287–94. I Liberali. Sonetto, in: LA VOCE DELLA RAGIONE 1 (1832), S. 346. Ai Liberali Italiani, in: LA VOCE DELLA VERITÀ, Nr. 270, 27. April 1833. I liberali e le loro promesse, in: CIVILTÀ CATTOLICA, Serie quinta 10 (1864), S. 37–47. I liberali e la loro tolleranza, in: CIVILTÀ CATTOLICA, Serie quinta 10 (1864), S. 290–302. Del Liberalismo e della Libertà civile, in: LA VOCE DELLA VERITÀ, Nr. 68, 12. Januar 1832. Il Liberalismo al tribunale dell’esperienza, in: LA VOCE DELLA VERITÀ, Nr. 120, 12. Mai 1832. Liberalismo dei bonapartisti, in: LA VOCE DELLA VERITÀ, Nr. 233, 30. Januar 1833. Il liberalismo vaneggia, in: LA VOCE DELLA RAGIONE 11 (1834), S. 53–5. Chi deturpa il liberalismo?, in: CASSANDRINO, Nr. 29, 7. September 1848. Il liberalismo ed il concilio ecumenico, in: CIVILTÀ CATTOLICA, Serie settima 3 (1868), S. 549–57. La Libertà, in: SUPPLEMENTO ALLA PALLADE ITALIANA, Nr. 2, 20. Februar 1831. Sulla libertà dei filosofi, in: LA VOCE DELLA RAGIONE 4 (1833), S. 14–7. MAESTRI, PIETRO, I partiti in Francia, in: IL POLITECNICO 9 (1860), S. 69–85. Delle metamorfosi liberalesche, in: LA VOCE DELLA VERITÀ, Nr. 170, 6. September 1832. Primo mezzo per istabilire lo spirito pubblico, Politica Religiosa, in: L’AMICO DELLA COSTITUZIONE, Nr. 63, 27. September 1820. I moderati e gli esaltati, in: IL FANFULLA. Giornale letterario scientifico artistico, Nr. 16, 10. Juni 1847. I moderati e loro origine, in: IL DON PIRLEONE, Nr. 225, 19. Juni 1849. La Moderazione, in: LA BILANCIA, Nr. 29, 13. August 1847. La moderazione, in: GIORNALE ROMANO, Nr. 39, 5. Oktober 1848. Notizia Storica e Bibliografica dei giornali e delle opere periodiche francesi, in: IL CONCILIATORE, Nr. 78, 30. Mai 1819. PALMA, LUIGI, I partiti politici in Italia, in: NUOVA ANTOLOGIA 65 (1882), S. 131–59. Ai Panegiristi delle virtù liberali, in: SUPPLEMENTO DELLA VOCE DELLA VERITÀ, Nr. 19, 6. September 1831. Due parole ai Liberali Toscani, in: LA VOCE DELLA VERITÀ, Nr. 143, 5. Juli 1832. Del partito così detto cattolico, in: IL CONTEMPORANEO, Nr. 39, 25. September 1847. PASCOLI, VITTORIO, L’Italia Liberale, in: IL CONTEMPORANEO, Nr. 5, 8. Januar 1848. Del patriottismo Liberale, in: LA VOCE DELLA VERITÀ, Nr. 227, 17. Januar 1833. [PELLICO, SILVIO] Dell’indole delle istituzioni scientifiche del secolo decimonono. Discorso del professore Quirico Viviani, letto nell’I.R. Istituto di filosofia della città di Udine, Venedig 1819, in: IL CONCILIATORE, Nr. 98, 8. August 1819. [PELLICO, SILVIO] Breve soggiorno in Milano di Battistino Barometro, in: IL CONCILIATORE Nr. 105, 2. September 1819. [PELLICO, SILVIO] Histoire de la république de Venise par Duru. Paris 1819, in: IL CONCILIATORE, Nr. 115 [Oktober 1819]. Seguono i pensieri sulle società segrete, in: L’AMICO DELLA COSTITUZIONE, Nr. 68, 3. Oktober 1820.

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X. Quellen- und Literaturverzeichnis

Seguono i pensieri sulle società segrete, in: L’AMICO DELLA COSTITUZIONE, Nr. 72, 7. Oktober 1820. Proposita intorno all’uso delle voci liberale e liberalismo, in: CIVILTÀ CATTOLICA, Serie prima 11 (1852), S. 277–85. Umile proposizione ai principi sulla estirpazione dei liberali, in: LA VOCE DELLA VERITÀ, Nr. 258, 30. März 1833. Il radicalismo politico necessariamente nemico della religione, in: IL COSTITUZIONALE ROMANO, Nr. 52, 9. Juli 1849. I retrogradi, in: UN BAJOCCO, Nr. 40, 16. Juni 1848. Saggio di un dizionario liberale, in: LA VOCE DELLA VERITÀ, Nr. 2, 8. Juli 1831. SCIALOJA, A., Della mancanza dei veri partiti politici in Italia, in: NUOVA ANTOLOGIA 13 (1870), S. 54–88. Sogni Pseudo-Profetici del Liberalismo, in: LA VOCE DELLA VERITÀ, Nr. 17, 30. August 1831. Una speranza fallita per i dilettanti del liberalismo. Circolare del Regio governo di Napoli, in: LA VOCE DELLA RAGIONE 11 (1824), S. 190–2. Lo spirito pubblico. Primario sostegno de’Governi Liberali, in: L’AMICO DELLA COSTITUZIONE, Nr. 63, 27. September 1820. Squarcio della prima lettera del Cav. Francesco Romeo, suddito napoletano, a Lord Castlereagh segretario di Stato degli affari esteri in Londra, in: GIORNALE COSTITUZIONALE DI PALERMO, Nr. 49, 26. Februar 1821. Sopra gli stabilimenti del sig. Fellemberg a Hofwyl. Articolo comunicato dal cac. Luigi Serristori toscano, in: IL CONCILIATORE, Nr. 45, 4. Februar 1819. Dello Statuto Fondamentale Romano, in: IL CONTEMPORANEO, Nr. 53, 18. März 1848. Storia critica della inquisizione di Spagna . . . per D. Giannantonio Llorente, Paris 1817–18. Articolo primo, in: IL CONCILIATORE, Nr. 3, 10. September 1818. La trasformazione dei partiti, in: RASSEGNA SETTIMANALE DI POLITICA, SCIENZE, LETTERE ED ARTI, Nr. 5, 6. Juni 1880, S. 381–2. Varietà, in: L’AMICO DELLA COSTITUZIONE, Nr. 73, 9. Oktober 1820. ZERBI, R. DE, I partiti politici, in: NUOVA ANTOLOGIA 102 (1888), S. 443–558.

5. Englische Quellen a) Wörterbücher, Lexika, Enzyklopädien und politische Handbücher BOAG, JOHN (Hrsg.), A Popular and Complete English Dictionary; exhibiting the pronunciation, etymology, and explanation of every word usually employed in Science, Literature, & Art, Bd. 2, London 1848. BRANDE, W. T. (Hrsg.), A Dictionary of Science, Literature, & Art, Comprising the History, Description, and scientific Principles of every branch of Human Knowledge; with the derivation and definition of all the terms in general use, hrsg. von W. T. BRANDE, London 1842. The Penny Cyclopaedia of The Society for the Diffusion of useful knowledge, Bd. 27, London 1843. A Political Dictionary: for the Guinea-Less Pigs, or A Glossary of Emphatical Words Made Use of by that Jewel of a Man, Deep Will. In his Administration, and his Plans for Yoking and putting Rings in the Snouts of those Grumbling Swine, who raise such Horrid Grunting, when Tyrannical Winds Blow High, London 1790.

5. Englische Quellen

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A Political Dictionary; or, Pocket Companion, chiefly designed for the use of members of Parliament . . . Being an illustration and commentary on all words, phrases, and proper names in the Vocabulary of Corruption. By the Editor of the Black Book, London 1821. Political Dictionary: forming a work of universal reference, both constitutional and legal; and embracing the terms of civil administration, of political economy and social relations, and of the more important statistical departments of finance and commerce, Bd. 2, London 1846. Encyclopaedia Perthensis; or Universal Dictionary of Knowledge, collected from every source; and intended to supersede the use of all other English books of reference, Bd. 23, Perth [1806]. Encyclopaedia Perthensis, Bd. 23, 2. Aufl. Perth 1816. The Oxford Encyclopaedia; or, Dictionary of Arts, Sciences, and General Literature, Oxford 1828–1831. Encyclopaedia Londinensis; or Universal Dictionary of Arts, Sciences, and Literature. Projected and arranged by JOHN WILKES, Bd. 24, London 1829. Encyclopaedia Americana. A Popular Dictionary of Arts, Sciences, Literature, History, Politics and Biography, brought to the present time; including a copious collection of original articles in American Biography; on the basis of the seventh edition of the German Conversations-Lexicon, hrsg. von FRANCIS LIEBER in Verbindung mit E. WIGGLESWORTH und T. G. BRADFORD, Bd. 7, Philadelphia 1831; Bd. 23, Philadelphia 1833. The Popular Encyclopedia; or, „Conversations Lexicon,“ Being a General Dictionary of Arts, Sciences, Literature, Biography, History, Ethics, and Political Economy, Glasgow 1841. Encyclopaedia Metropolitana; or, Universal Dictionary of Knowledge, On an Original Plan, Comprising the twofold advantage of a philosophical and an alphabetical arrangement, with appropriate engravings, Bd. 21, London 1845. JOHNSON, SAMUEL, A Dictionary of the English Language, In which The Words are deduced from their Originals, and illustrated in their different significations by examples from the best writers. To which are prefixed, A History of the Language, and an English Grammar, London 1755. [PEARSON, JOSEPH] Pearson’s Political Dictionary; containing Remarks, Definitions, Explanations, and Customs, Political, and Parliamentary; but more particularly appertaining to the House of Commons, alphabetically arranged, London 1792. PIGOTT, CHARLES, A Political Dictionary, Explaining the true meanings of words. Illustrated and exemplified in the lives, morals, character and conduct of the following most illustrious personages, among many others, London 1795. RICHARDSON, CHARLES, A New Dictionary of the English Language, Bd. 2, London 1837. [Webster’s Dictionary] A Dictionary of the English Language and a concise Grammar, philosophical and practical, of the English Language. By NOAH WEBSTER, New York 1828, Neudruck von E. H. BARKER, Norfolk, 2 Bde., London 1832. [Webster’s Dictionary] A Dictionary of the English Language; containing the whole vocabulary of the first edition in two volumes quarto; the entire corrections and improvements of the second edition in two volumes royal octavo . . . By NOAH WEBSTER. Revised and enlarged by CHAUNCEY A. GOODRICH, London 1848. [Webster’s Dictionary] A Dictionary of the English Language; exhibiting the Origin, Orthography, Pronunciation, & Definition of Words. By NOAH WEBSTER. Revised and Enlarged by CHAUNCEY A. GOODRICH, London 1852.

640

X. Quellen- und Literaturverzeichnis

b) Monographien, Werkausgaben und Quellensammlungen [ACLAND, JAMES] The Liverpool Politician. A local commentary – by James Acland. Nr. 1, 14. Juli 1838. A Second Address from the Committee of Association of the County of York to the Electors (1781), zitiert nach MACCOBY, Radical Tradition, S. 39–42. Address and Petition of the City of London (28. April 1812), zitiert nach MACCOBY, Radical Tradition, S. 74–6. An Earnest Address to the Working Classes of Old England on the Aims and Objects of the Religious and Political Parties of the Day. By a Poor Man, 2. Aufl. London 1836. Advice to the Whigs; with Hints to the Democrats; and cautions to the Edinburgh Reviewers. By an Englishman, London 1810. [ANSTEY, CHRISTOPHER] Liberality; or, The decayed Macaroni. A sentimental piece, London [1788]. An Appeal to the Good Sense and Justice of the British Nation, in behalf of the Spanish Moderate Liberals. By a Spaniard, London [1843]. ARNOLD, MATTHEW, Culture and Anarchy (1869), hrsg. von J. DOVER WILSON, Cambridge 1971. ARNOLD, MATTHEW, Schools and Universities on the Continent, in: [DERS.] The Collected Works of Matthew Arnold, Bd. 12, London 1903. [ARNOLD, MATTHEW] The Complete Works of Matthew Arnold, hrsg. von R. H. SUPER, Bd. 5, Ann Arbor/Michigan 1965. Articles, Rules and Regulations, for Forming a Society in Newcastle upon Tyne, to be called the Liberal Society of Tradesmen, Newcastle 1793. ASHE, THOMAS, The Liberal Critic; or, Memoirs of Henry Percy. Conveying a correct estimate of the manners and principles of the Present Times, Bd. 3, London 1812. ASQUITH, HERBERT HENRY, The mission of Liberalism, a speech delivered by the Right Hon. H. H. Asquith, at the Hotel Cecil. On July 19th, 1901, London 1901. ASQUITH, MARGOT, Autobiography, London 1936. BAGNELL, ABRAHAM, Antiquated scrupulosity contrasted with modern liberality, occasioned by H. G. Knight’s Foreign and domestic view of the Catholic question, London 1829. BAILLIE-COCHRANE, ALEXANDER, Who are the Liberals?, London 1852. BALFOUR, ROBERT, Liberal Charity stated and recommended on the principles of the Gospel. A Sermon preached before the Society in Scottland for propagating Christian Knowledge; at their anniversary Meeting in the High Church of Edinburgh, On Friday June 5, 1789, Edinburgh 1789. The Ballot and the Constituency. By a Conservative, London 1838. BAXTER, ROBERT, Liberalism Revolutionary, Emancipation an apostacy, leading to Britain’s awful visitation, London 1829. BAXTER, R. DUDLEY, English Parties and Conservatism, London 1870. BENTHAM, JEREMY, Plan of Parliamentary Reform, in the Form of a Catechism, with Reasons for each Article. With an Introduction, shewing the Necessity of Radical, and the Inadequacy of Moderate Reform, London 1818. BENTHAM, JEREMY, Radicalism not dangerous (1820), in: [DERS.] The Works of Jeremy Bentham, Bd. 3, hrsg. von JOHN BROWNING, Edinburgh 1845. BENTHAM, JEREMY, Constitutional Code (1822), Bd. 1, hrsg. von F. ROSEN und J. H. BURNS, Oxford 1983. BENTHAM, JEREMY, The Book of Fallacies, From Unfinished Papers. By a Friend, London 1824. [BENTHAM, JEREMY] The Iberian Correspondance of Jeremy Bentham, Bd. 1, hrsg. von P. SCHWARTZ, London 1979.

5. Englische Quellen

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X. Quellen- und Literaturverzeichnis

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5. Englische Quellen

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c) Periodika Annual Register. Blackwood’s Edinburgh Magazine. British and Foreign Review. British Quarterly Review. The Contemporary Review. Cornhill Magazine. Courier. Dublin University Magazine. Eclectic Review. Edinburgh Review. Foreign Quarterly Review. Fortnightly Review. Fraser’s Magazine for Town and Country. The Gentleman’s Magazine. The Liberal, Chatham, Rochester, Strood & Brompton Repository. The Liberal. Verse and Prose from the South, hrsg. von LEIGH HUNT. Liverpool Examiner. A monthly magazine. The London Liberal; an Antidote to Verse and Prose from the South. Medusa. The Month. The Monthly Review. Morning Chronicle. Morning Star. Nineteenth Century. North British Review. Quarterly Review. The Radical Register and Liberal Gazette.

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X. Quellen- und Literaturverzeichnis

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d) Wichtige Zeitungs- und Zeitschriftenartikel ARNOLD, MATTHEW, Irish Catholicism and British Liberalism, in: FORTNIGHTLY REVIEW 30 (1878), S. 26–45. ARNOLD, MATTHEW, The Future of Liberalism, in: NINETEENTH CENTURY 8 (1880), S. 1–18. ARNOLD, MATTHEW, The Nadir of Liberalism, in: NINETEENTH CENTURY 19 (1886), S. 645–63. ATHERLEY-JONES, L. A., The New Liberalism, in: NINETEENTH CENTURY 26 (1889), S. 186–93. BRODRICK, GEORGE C., What are liberal principles?, in: FORTNIGHTLY REVIEW 25 (1876), S. 174–93. BRODRICK, GEORGE C., Liberals and Whigs, in: FORTNIGHTLY REVIEW 29 (1878), S. 729–40. [BROUGHAM, HENRY] State of Parties, in: EDINBURGH REVIEW 30 (1818), S. 181–206. [BROUGHAM, HENRY] High Tory Principles, in: EDINBURGH REVIEW 41 (1824), S. 1–30. [BROUGHAM, HENRY] State of Parties, in: EDINBURGH REVIEW 46 (1827), S. 415–32. [BROUGHAM, HENRY] State of Parties, in: EDINBURGH REVIEW 47 (1828), S. 251–9. [BROUGHAM, HENRY] The Ministry, and the State of Parties, in: EDINBURGH REVIEW 51 (1830), S. 564–82. [BROUGHAM, HENRY] The General Election and the Ministry, in: EDINBURGH REVIEW 52 (1830), S. 261–79. [BROUGHAM, HENRY] Tory Views and Machinations, in: EDINBURGH REVIEW 58 (1834), S. 457–68. [BROUGHAM, HENRY] The Last Session of Parliament, in: EDINBURGH REVIEW 60 (1834), S. 230–54. [BROUGHAM, HENRY] Last Session of Parliament – House of Lords, in: EDINBURGH REVIEW 62 (1835), S. 185–204. [CARLYLE, THOMAS] Signs of the Times, in: EDINBURGH REVIEW 49 (1829), S. 439–59. CHAMBERLAIN, JOSEPH, The next page of the Liberal Programme, in: FORTNIGHTLY REVIEW 22 (1874), S. 405–29. Conservatives and Liberals, in: THE MONTH 20 (1874), S. 451–8. COOKSON, MONTAGUE, Whig and Tory, The two Root-Ideals, in: CONTEMPORARY REVIEW 22 (1873), S. 831–45. [CROKER, J. W.] Revolutions of 1688 and 1831, in: QUARTERLY REVIEW 51 (1834), S. 493–535. The Destructives, in: TAIT’S MAGAZINE 2, Nr. 11 (1833), S. 575–7. DICEY, EDWARD, The Downfall of Liberalism, in: FORTNIGHTLY REVIEW, N. S. 68 (1900), S. 803–14. [EMPSON, WILLIAM] Sir John Walsh’s Contemporary History, in: EDINBURGH REVIEW 63 (1836), S. 239–70. [EMPSON, WILLIAM] State of Parties, in: EDINBURGH REVIEW 65 (1837), S. 265–82. [EMPSON, WILLIAM] Life and Correspondence of Dr. Arnold, in: EDINBURGH REVIEW 81 (1845), S. 190–234. The Future of Liberalism, in: FORTNIGHTLY REVIEW, N. S. 63 (1898), S. 1–21. [GREG, W. G.] Representative Reform, in: EDINBURGH REVIEW 106 (1857), S. 254–86.

5. Englische Quellen

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X. Quellen- und Literaturverzeichnis

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6. Sonstige Quellen und Quellensammlungen a) Lateinische antike und mittelalterliche Quellen AMBROSIANUS, Exameron. M. TULLIUS CICERO, Pro C. Rabirio Postumo. M. TULLIUS CICERO, Pro Cn. Plancio. M. TULLIUS CICERO, Epistulae ad Atticum. M. TULLIUS CICERO, Epistulae ad familiares. M. TULLIUS CICERO, Pro L. Murena. M. TULLIUS CICERO, Pro M. Marcello. M. TULLIUS CICERO, De officiis. M. TULLIUS CICERO, De oratore. M. TULLIUS CICERO, Pro P. Sulla. M. TULLIUS CICERO, De provinciis consularibus. M. TULLIUS CICERO, In Verrem actio. Collectio Avellana im Corpus Scriptorum Ecclesiaticorum Latinorum [Papstbriefe]. Corpus Inscriptionum Latinarum [CIL]. Corpus Iuris Civilis, Institutiones [CIC].

6. Sonstige Quellen und Quellensammlungen

655

LUCIFER VON CALAIS, De non conviendo cum haereticis. IULIUS FIRMICUS MATERNUS, De errore profanarum religionum. Monumentum Ancyranum. NESI, GIOVANNI, De moribus, 1483. PLINIUS MAIOR, Naturalis historia. PLINIUS MINOR, Epistulae. Pseudo-Hilarius libellus. M. FABIUS QUINTILIANUS, Institutio oratoria. Q. CURTIUS RUFUS, Historiae Alexandri Magni. SENECA, De beneficiis. C. SUETONIUS TRANQUILLUS, De Vita Caesarum. TACITUS, Annales. TACITUS, Historiae. PUBLIUS TERENTIUS AFER, Adelphoe. THOMAS VON AQUIN, Summa theologica. VELLEIUS PATERCULUS, Historiae Romanae.

b) Spanische und südamerikanische Quellen Á la augusta asamblea constituyente del impero mexicano. Incitativa de un liberal, o.O. 1822. Animo á los Liberales, [Mejico] 1820. Censura de un Liberal, al papel titulado, El Amante de la Constitución, o.O. 1820. Comparacion del liberal y el servil, México 1822. Confrontación de los antiguos con los modernos Liberales; de los antiguos con los modernos serviles, sobre la extincion de los frayles, Mallorca 1872. Consejo á los Liberales, Guadalajara 1834. El Liberal en contra del servil F. R., Mejico 1820. El tercer Liberal á los bajos escritores, Mejico 1820. Liberales, Alerta, México 1821. Los Liberales sostienen la religion verdadera, México 1834. Todavia arrastramos las cadenas del despotismo. Liberal y Abatido, México 1822.

c) Allgemeine Quellensammlungen zum europäischen Liberalismus BRAMSTED, E. K. und K. J. MELHUISH (Hrsg.), Western Liberalism. A History in Documents from Locke to Croce, London 1978. GALL, LOTHAR und RAINER KOCH (Hrsg.), Der europäische Liberalismus im 19. Jahrhundert. Texte zu seiner Entwicklung, 4 Bde., Frankfurt a.M. 1981. [MANENT, PIERRE (Hrsg.)] Les libéraux. Textes choisis et présentés par PIERRE MANENT, 2 Bde., Paris 1986.

656

X. Quellen- und Literaturverzeichnis

7. Literatur ALBERTINI, RUDOLF VON, Parteiorganisation und Parteibegriff in Frankreich 1789–1940, in: HZ 193 (1961), S. 529–600. ALBRECHT, MICHAEL VON, Artes liberales, in: Der Kleine Pauly, Bd. 1, Sp. 626. ALTWEGG, JÜRG, In Frankreich wollen heute Linke wie Rechte liberal sein, in: FAZ, 12. Januar 1985, Beilage Bilder und Zeiten, Nr. 10. AQUARONE, ALBERTO, Alla ricerca del’Italia liberale, in: DERS., Alla ricerca del’Italia liberale, Neapel 1972, S. 275–344. ARA, ANGELO, Le correnti conservatrici in Italia, in: CORSINI und LILL (Hrsg.), S. 95– 125. ARBLASTER, ANTHONY, The Rise and Decline of Western Liberalism, Oxford 1984. ASMUS, HELMUT, Liberalismus, Liberale, in: REINALTER (Hrsg.), S. 200–8. BALL, ALAN R., British Political Parties. The Emergence of a Modern Party System, 2. Aufl. London 1987. BALL, TERENCE und J. G. A. POCOCK (Hrsg.), Conceptional Change and the Constitution, Lawrence/Kansas 1988. BALL, TERENCE, Transforming Political Discourse. Political Theory and Critical Conceptional History, Oxford 1988. BALL, TERENCE, JAMES FARR und RUSSELL L. HANSON (Hrsg.), Political Innovation and Conceptional Change, Cambridge 1989. BARBIERI, G., Liberalitas, in: Dizionario Epigrafico di Antichità Romane, Bd. 4, Rom 1958, S. 838–77. BARTOCCINI, FIORELLA, Il movimento liberale e nazionale romano dal 1849 al 1860, Rom 1961. BATSCHA, ZWI, Einleitung, in: DERS., Studien zur politischen Theorie des deutschen Frühliberalismus, Frankfurt a.M. 1981, S. 7–42. BATTAGLIA, SALVATORE, Grande Dizionario della lingua italiana, Bd. 9, Turin 1975. BAUER, WILHELM, Das Schlagwort als sozialpsychologische und geistesgeschichtliche Erscheinung, in: HZ 122 (1920), S. 189–240. BEDESCHI, GIUSEPPE, Storia del pensiero liberale, Rom 1990. BELCHEM, JOHN C., ‚Orator‘ Hunt. Henry Hunt and English Working-class Radicalism, Oxford 1985. BELCHEM, JOHN, Radical Language and Ideology in Early Nineteenth-Century England: The Challenge of the Platform, in: Albion 20 (1988), S. 247–59. BELLAMY, RICHARD (Hrsg.), Victorian Liberalism, Nineteenth-Century Political Thought and Practice, London 1990. BELLAMY, RICHARD, Introduction, in: DERS. (Hrsg.), S. 1–14. BENDIX, REINHARD, Modernisierung in internationaler Perspektive, in: WOLFGANG ZAPF (Hrsg.), Theorien des sozialen Wandels (1969), 4. Aufl. Königstein/Taunus 1979, S. 505–12. BENDIX, REINHARD, Kings or People. Power and the Mandate to Rule, Berkeley 1978. BENREKASSA, GEORGES, Modération, Modéré, Modérantisme, in: REICHARDT und LÜSEBRINK (Hrsg.), Heft 16–18, S. 123–58. BENTLEY, MICHAEL, Politics without Democracy 1815–1914. Perception and Preoccupation in British Government, London 1984. BERDING, HELMUT, Begriffsgeschichte und Sozialgeschichte, in: HZ 233 (1976), S. 98–110. BERDING, HELMUT (Hrsg.), Vom Staat des Ancien régime zum modernen Parteistaat. Festschrift für Theodor Schieder, München 1978. BERDING, HELMUT und HANS-PETER ULLMANN (Hrsg.), Deutschland zwischen Revolution und Restauration, Königstein/Taunus 1981.

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X. Quellen- und Literaturverzeichnis

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7. Literatur

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X. Quellen- und Literaturverzeichnis

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X. Quellen- und Literaturverzeichnis

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7. Literatur

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WUNDER, BERND, Die Reform der Beamten in den Rheinbundstaaten, in: EBERHARD WEIS (Hrsg.), Reformen im rheinbündischen Deutschland, München 1989, S. 181–92. WUNDER, BERND, Adel und Bürokratie im Großherzogtum Baden (Diskussionsbeitrag), in: FEHRENBACH (Hrsg.), S. 67–8. ZANONE, VALERIO, Il Liberalismo Moderno, in: LUIGI FIRPO (Hrsg.), Storia delle Idee politiche, economiche e sociali, Bd. 6: Il secolo ventesimo, Turin 1972, S. 191–248. ZELDIN, THEODORE, France 1848–1945, Bd. 1: Ambition, Love and Politics, Oxford 1973. ZIGHERA, JACQUES A., ‚Radicalisme‘ in Frankreich, in: Liberal (1974), S. 547–9. ZUNHAMMER, THOMAS, Zwischen Adel und Pöbel. Bürgertum und Mittelstandsideal im Staatslexikon von Karl v. Rotteck und Karl Theodor Welcker. Ein Beitrag zur Theorie des Liberalismus im Vormärz, Baden-Baden 1995.

684

Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Diplôme de Libéralisme, d’Indépendance, et de Philosophisme, delivré par les Revolutionnaires, Jacobins, Buonapartistes, illuminés de France, d’Italie, d’Allemagne et d’Angleterre [Paris 1819] .

177

Abbildung 2: Verteilung aller Quellensamples mit liberal, Liberale, Liberalismus, Liberalität 1801–1880 im Vergleich . . . . . . . . . . . . . .

573

Abbildung 3: Verteilung der französischen Quellen nach Erscheinungsjahren 1811–1845 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

574

Abbildung 4: Verteilung der französischen Quellen nach Erscheinungsjahren 1846–1880 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

575

Abbildung 5: Verteilung der deutschen Quellen nach Erscheinungsjahren 1811–1845 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

576

Abbildung 6: Verteilung der deutschen Quellen nach Erscheinungsjahren 1846–1880 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

576

Abbildung 7: Verteilung der italienischen Quellen nach Erscheinungsjahren 1811–1845 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

577

Abbildung 8: Verteilung der italienischen Quellen nach Erscheinungsjahren 1846–1880 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

577

Abbildung 9: Verteilung der englischen Quellen nach Erscheinungsjahren 1811–1845 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

578

Abbildung 10: Verteilung der englischen Quellen nach Erscheinungsjahren 1846–1880 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

579

Abbildung 11: Verteilung der Belege der Frhr. vom Stein-Ausgabe 1800–1831 (132 Belege) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

582

Abbildung 12: Verteilung der Belege der Frhr. vom Stein-Ausgabe 1800–1831 nach semantischen Transformationsstufen . . . . . . . . . . . . . .

583

Abbildung 13: Verteilung der Anteile der Begriffsfelder und der Kontextkategorie der Frhr. vom Stein-Belege im Untersuchungszeitraum 1801–1831 (92 Belege) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

584

Abkürzungs- und Siglenverzeichnis

685

Abkürzungs- und Siglenverzeichnis AfB AHR AKG APuZ Bd. / Bde. BLO CIC CIL DERS. DIES. Ebd. EHQ EHR et al. f. / ff. FAZ GG GGB GWU HJ HPSG HZ i.e. JbWG JCH JHI JIH JbLibF JMH MEW MS N.F. NPL N.S. OED o.J. o.O. o.S.

Archiv für Begriffsgeschichte American Historical Review Archiv für Kulturgeschichte Aus Politik und Zeitgeschichte Band / Bände Bodleian Library Oxford Corpus Iuris Civilis Corpus Inscriptionum Latinarum Derselbe Dieselbe(n) Ebenda European History Quarterly English Historical Review und andere folgende Frankfurter Allgemeine Zeitung Geschichte und Gesellschaft Geschichtliche Grundbegriffe, hrsg. von OTTO BRUNNER, WERNER CONZE und REINHART KOSELLECK Geschichte in Wissenschaft und Unterricht The Historical Journal Handbuch politisch-sozialer Grundbegriffe in Frankreich, hrsg. von ROLF REICHARDT und HANS-JÜRGEN LÜSEBRINK Historische Zeitschrift id est Jahrbuch für Wirtschaftsgeschichte Journal of Contemporary History Journal of the History of Ideas Journal of Interdisciplinary History Jahrbuch zur Liberalismus-Forschung The Journal of Modern History Marx-Engels-Werke Unveröffentlichtes Manuskript bzw. Typoskript Neue Folge Neue Politische Literatur New Series Oxford English Dictionary ohne Jahr ohne Ort ohne Seite

686 PP QuFiAB RevPol sic! StA STL ZfP ZWLG

Abkürzungs- und Siglenverzeichnis

Past and Present Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken Review of Politics so! Staatsarchiv Staatslexikon, hrsg. von CARL vON ROTTECK und CARL THEODOR WELCKER Zeitschrift für Politik Zeitschrift für Württembergische Landesgeschichte

Hinweise (1) Alle Quellenzitate sind im Text durchgängig kursiv und in doppelten „Anführungszeichen“ gesetzt, Literaturzitate erscheinen lediglich in doppelten „Anführungszeichen“. (2) Kursiv gesetzt sind weiterhin wichtige Termini, fremdsprachliche Ausdrücke sowie Titelangaben von Büchern oder Aufsätzen im Haupttext. (3) Die kursive Schreibweise von Liberalismus und anderen Begriffen verweist grundsätzlich auf den historisch-politischen Grundbegriff in seiner diachronen semantischen Veränderung und ist von daher von seiner Bedeutung als politisch-soziale Bewegung, allgemeines Ideenensemble oder als Objekt der Forschung oder der Publizistik zu unterscheiden. (4) Die Quellenzitate geben grundsätzlich die französische, deutsche, italienische oder englische Orginalschreibweise wieder. Nur in Ausnahmen wird mit [sic!] auf Abweichungen von der modernen Orthographie oder offensichtliche zeitgenössische Druckfehler verwiesen.

Französisches Register

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Hinweise (1) Der gesamte Text einschließlich aller Quellenzitate und Anmerkungen wird durch drei Register erschlossen. Die Historischen Begriffsregister in Französisch, Deutsch, Italienisch, Englisch und Lateinisch erfassen die historischen Begriffe und Ausdrücke der Quellen. Das Sachregister enthält demgegenüber analytische Sachbegriffe, die keine im engeren Sinne historischen Quellenbegriffe sind, Orte sowie im Haupttext zitierte Titel, die nach dem ersten Titelstichwort eingeordnet sind. Das Personenregister erfaßt alle wichtigen Autoren und andere im Text genannte historische Persönlichkeiten. (2) In wenigen Zweifelsfällen wurden Begriffe sowohl in die Historischen Begriffsregister als auch in das Sachregister aufgenommen. Die Schreibweise der Quellenbegriffe in den Historischen Begriffsregistern wurde teilweise der modernen Orthographie angepaßt, um das leichtere Auffinden eines Eintrags zu ermöglichen. Daraus können sich geringe Abweichungen der Schreibweise zwischen Register und Text ergeben. Die Einträge in den Historischen Begriffsregistern verzeichnen in der Regel keine Pluralformen. Für den Eintrag zu liberal, Liberaler, Liberalismus bzw. zu den entsprechenden nationalsprachlichen Wortäquivalenten wurden alle mit diesen Begriffen zusammengesetzten Ausdrücke aufgenommen.

Historische Begriffsregister Französisches Register * verweist auf den Text einer Fußnote abacadabra de notre politiquomancie 418 abolition – abolition de la censure 163* – abolition de la noblesse 151 absolu 509 absolutisme 423 f. – doctrines de l’absolutisme 267* absolutiste 351, 509 abstention 509* absurdités apparentes 272 abus – abus de l’ancien régime 266 – abus des mots 344, 358 – abus de principe 430 abuser de nom 149

académies 164 acception – ancienne acception du mot 272 – acception commune 154 – acceptions opposés 262 – acception primitive 261 acte 279 – actes anti-monarchiques 181* – acte de donner 98 – actes du Gouvernement 147 actualistes 353 adhérens 354 administration 349 – administration arbitraire 164 – administration regulière 360

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Historische Begriffsregister

admissibilité, égale 259 adulateur mercenaire 154 adulation 156, 196 âge d’or 147 agitation 351, 424 Allemagne 272, 350 Allemands 273 alliance 356 ambiguïté 273, 275 ambition 157, 167*, 176, 199, 258* âme 157* – âme forte et généreuse 134 – ressort des âmes libres & nobles 100 ami – ami de la justice 423 – amis de la légitimité 278 – ami de liberté 178*, 268 – amis de la liberté 153, 169 – amis de la liberté et de l’égalité 272, 278 – ami de l’ordre et de la justice 276 – ami de l’ordre et de la paix 352 – ami des privilèges 161 – amis de la religion 153 amour – amour de la liberté 159, 175 – amour de la patrie 141 – amour et défense de la patrie 261* – amour-propre 136, 153 – amour de la vertu 166 anarchie 161*, 164, 184, 358 – règne de l’anarchie 263 anarchique 154, 196 anarchiste 155, 161*, 260, 265, 276, 350, 354 ancien ordre des choses 139 ancien régime 266 anciennes, les 165 anglicisme 152 Anglais 153* Angleterre 145*, 273, 279, 350 Anglois 141 anglomaniser 509* antagonistes 168 – antagonistes des serviles 275 antécédens 353 apôtre 178*, 181 – apôtres de la révolution 146 – apôtre de la tolérance 352 application 149 – fausse application du mot 259* – fausse application des mots 358 argent 97* argument 184

aristocrate 129, 134 f., 171, 180, 274, 419* – aristocrate en 1793 260 – aristocrates ou oligarques 167 aristocratie 184, 352 aristocratique, élément 419 armée 142* – débris d’une armée 167* – armées de la république 132 arrogance 159 artisans de petits complots 429* arts – beaux arts 96 – arts méchaniques 96, 158* aspiration vraie du pays 507 assassin 260 assemblée – assemblée constituante 128, 151, 277 – assemblées publiques 146 asservissement – asservissement de l’Europe 176 – asservissement des idées de terreur de 1815 179 assignats 175* athée 154 f., 165, 268* athéisme 164, 181 autoritaires 509* autorité 270 – dépositaire de l’autorité exécutive 349 – autorité divine 268 – autorité paternelle 174 – autorité souveraine 165 – autorité supérieure 274 avancement 260* – avancement du bonheur public 98 – avancement des lumières 150 avantage – avantages naturels 99 – avantage des sociétés 98 – avantage de tous 154, 196 avarice 97, 100, 258* avenir, heureux 166 axiome 178*, 179 banqueroutier 176* banquiers 278 barbarisme 141 barrières 351 bases rationnelles 428 bayonettes suisses 351 bénignité 161 bésoin – besoins de notre être moral 157 – besoin national 151

Französisches Register – besoin réel et profond 428 – grand besoin de la société 358 bêtise 264 bien – bien commun 128 – progression vers le bien commun 146 – bien-être 140 – bien particulier 154 – bien du peuple 145 – bien public 153 f., 157, 182, 196 bienfaits 146 bienveillance 97, 166 – bienveillance envers les nations étrangères 155 blasphême 152 blessures 352 bonapartes 420 bonapartisme 351, 419*, 420 bonapartiste 162, 166*, 181, 252, 254, 264, 272*, 275, 277, 350 ff., 420, 564 – anti-bonapartistes 272* – buonapartiste 179, 260 bonheur 98, 150, 169, 281 – bonheur commun 136, 164 – bonheur des français 356 – bases indestructibles du bonheur de la France 353 – bonheur de la nation 145, 161 – bonheur à la patrie épuisée 145 – bonheur des peuples 178* – bonheur de la société 182 – bonheur de toutes les classes de la société 262 bonnet rouge 157, 178*, 179, 199 bonté 174 bouche 512 – bouche de Bonaparte 134 bouleversement 24 Bourbons 162*, 163, 168, 188, 265, 280, 359 – antipathiques aux Bourbons 359 – dynastie des Bourbons 281 bourgeois 429 – intérêts bourgeois 429* bourgeoisie 360, 427, 429 f., 557 – puissance politique de la bourgeoisie 429 brissotins 272* budget 152 but – but moral 196 – but moral de l’existence de l’homme 154

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cagots 274 calamité 182 – calamités nouvelles 145 calme 351 – calme intérieur 424 calomnies 184 calotins 178* caméléons politiques 259 camp 359 candidatures officielles, résolution de combattre les 510* capitale 182 capitalistes 277 f., 343, 428, 557 caractère – caractère français 355 – caractère lâche, faux at changeant 173 – caractère national 281* – caractère de la révolution 266 carbonari 267, 269*, 273 f., 290 – carbonari italiens 267 – carbonari de Naples 261 carlisme 351 carliste 350, 352, 418 catholicisme 269 ff., 343, 357 f. catholique, doctrine, sur la société 270 cause des droits 168* centre – centre droite 280 – centre gauche 280 cérémonies 164 chaînes 264 chambellan 176* chambre 169, 180, 279 – deux chambres 150, 152 – Chambre Introuvable 160 changement – changement de la chose 282 – changements les plus salutaires 140 chansonnier 264 charbonniers 274 charges – charges du patronage 174 – égale répartition des charges publiques 259 charlatans – nouveaux charlatans 135 – charlatans politiques 158 charte 160 ff., 168 f., 171*, 182 ff., 197, 259, 266, 268, 279 f., 297 f., 343, 353, 355, 357*, 359, 413, 429 f., 499, 548 – charte de 1830 – Charte Constitutionnelle 144, 147*, 223, 237, 252, 548

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Historische Begriffsregister

– fidélité à la charte 259 – haine pour la charte 261* – harmonie avec la charte 172 – jouissance de la charte 161* chef 426*, 429 – chefs des ateliers 357 – chefs de caste 168 – chef d’état 280 – chefs-présidents 176* – chefs de la secte 272 chevalier, vieux 260* chimère 350 f., 357* chose 276 – chose publique 160 chouan 274 chrétien 276 ciel 262 circonlocutions 153* circonscriptions électorales 509* circonspection, timide 353 citoyen 139*, 147*, 151, 153*, 165, 176*, 352, 424 f. – citoyen de l’État 154, 196 – citoyens instruits, honnêtes, dignes 99 – citoyen dévoué à la République 132 civilisation 146, 155, 197 f., 352 – état de civilisation 197 f. – civilisation européenne 184 classe 143, 154, 168 f., 266 – classe des anarchistes 351 – classe d’individus 156 – classe moyenne 266, 360, 427 – classe rivale 278 – classes supérieueres 360 clé 430* clémence 265 clergé, demandes du 267 clubiste 268 clubs 265 coalition 148 f. cœr, noble 279 cohésion des élémens 360 colère à la bouche 171* collège 142* comités insurrectionnels 176* commerce des Nègres 151 commerçants 278, 343, 428, 557 commission extraordinaire de Mayence 350 communauté de femmes 513 communisme 430 complices 428 compte 176*

comptoir 278 concession 266, 273, 359 concorde 161, 166, 424 condition – condition honnête 153* – condition libre 158* confédération – confédération germanique 350 – système de la confédération 140 confiance 176 – confiance mutuelle du gouvernement et du peuple 155, 198 – confiance publique 280 – confiance au repentir 134 conformité ou l’opposition des principes 267 confusion 184 congrégation 425 congrés 149* – congrès de Carlsbad 350 conseil 133, 280 – conseil d’état 163* conseillers d’état 165 conservateur 171 f., 414, 419*, 421–27, 499, 507, 509, 511, 548, 565 – élément conservateur 510 – conservateurs par excellence 172 conservation 171* – conservation des bases actuelles de la société 422 – conservation des intérêts de la nation 138* conservatrices, doctrines à la fois nouvelles et, antirévolutionnaires 428 conserver 172*, 282, 507 conspirateur 260, 263, 265 conspiration 269, 355 constitution 136 f., 144*, 180, 183*, 272, 274, 357*, 425, 426*, 507 – constitution de 1791 146 – constitution de 1814 146 – constitution actuelle 169 – constitution anglaise 281* – bases de la constitution 473 – constitution libre 157 – constitutions mixtes 157 – constitution nationale 150 – constitution perfectible 157 – principes de la constitution 506 – constitution représentative 163* constitutionnalité, large 359 constitutionnel 159, 161*, 163, 170 f., 180, 183*, 254, 273 f., 353, 354, 357*, 565

Französisches Register – constitutionnels de 1817 259 – décisions constutionnelles 280 – doctrines constitutionnelles 180, 359 – modernes constitutionnels 354 continuateurs 420 contradiction 155, 198 – contradiction habituelle 155, 198 Contrat social 382 convention 277 conviction 353 convoitise 290* convulsions 262 cordeliers 272* corps – ancien corps de l’état 278 – corps politique 164 – corps social 134 corruption 176, 268* corvées 146 côté gauche de la chambre des députés 422 coterie 132, 172, 425 coupe-tête 174* courage 156, 258* courtisan adroit 154, 196 crainte 132 cri, nouveau, de guerre 152 crime 161 – crimes révolutionnaires 130 – crimes de la révolution 261 crise 137* – crises politiques 282 cruauté 258* culte 163* – culte bâtard 353 – nouveau culte 178*, 179 – culte de la raison 178* – culte servile 275 cupidité 154, 156 f., 196, 199 débats entre les minstres et l’opposition 155, 198 déchirement 182* déclamations haineuses 160 déclaration – déclaration des droits de l’homme & du citoyen 129 – déclaration de guerre 150 défaite de Solférino 512 défenseurs – défenseurs de bonne foi 158 – défenseurs de la liberté, de l’égalité, de la propriété 132

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défensive 167 déiste 268* démagogie, horrible et sanglante 134 démagogues 421 démocrate 129, 272*, 274, 509 démocratie 272*, 351*, 360, 423 – démocratie extrême 424 démocratique 166 f. – élément démocratique 168 démocratisme 167 dénomination 168*, 268, 359 – dénomination de juif 265 – nouvelle dénomination 181 denonciateur 176* dépendance 274 député révolutionnaire de 48 512 descamisados de Madrid 261 désinteréssement 258* désir des louanges 97 désordre 161*, 263 désorganisation sociale 513 despote 166* despotique 154, 196 despotisme 156, 158, 171*, 174, 176, 198, 263, 512 – despotisme absolu 162 – désordre du despotisme 151 – despotisme éclairé 473 – infractions du despotisme 151 – despotisme sacerdotal et nobilitaire 134 – sceptre du despotisme 352 – valets du despostisme 274 desseins factieux 156 destins 352 destructeurs 133 destruction 168* – destruction de l’arbre du clergé et de la noblesse 176* – destruction de la royauté 184 – destruction du système représentatif 184 – destruction de tout 356 désuétude 419* dette publique 259 développement – développement pacifique de la civilisation 424 f. – développement et perfectionnement de nos facultés intellectuelles 154, 196 déviations naturelles, inévitables 425 devoir 165, 274 f.

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Historische Begriffsregister

dévouement 156 – dévouement dynastique 420 dictateur 354 dictature 163* – dictature momentanée et absolue 137* dictionnaire 342, 344, 424 – dictionnaire de l’Académie 279 – dictionnaire étranger 141 – dictionnaire de la morale 419* – dictionnaire de la politique 419* dieu 274, 276 – dieu et liberté 358 – nouveau dieu 178*, 179 difficulté de nous entendre 358 dignité de l’homme 179 dîmes 146 directoire 277 discours – formes du discours 156 – discours de tribune 353 discussion – discussion perpétuelle 350 – discussion publique 155, 198 disgrâce 260 dispersion des factieux 133 dissensions politiques 354 dissidence des opinions 263 dissolution 349 – dissolution prochaine et inévitable 134 divergence de vues 169 divinité 165, 171*, 268* – petites divinités 353 divisions 151 docteur, fameux, des étrangers 512 doctrinaire 159, 163, 171 f., 207, 254, 260, 271, 273 f., 353 ff., 419, 425–29, 470, 499, 511, 548, 565 – dupe des doctrinaires 355 – hommes studieux appelés doctrinaires 430 doctrinairisme 427 doctrine 144, 158, 166 f., 172, 180*, 266, 280, 419 – conclusions de doctrine 357* – doctrine politique 419 – doctrine de la révolution 161 – doctrine du siècle 274 donations 98 douceur 258* drapeaux 426* droit 147*, 151, 280, 425 – droits anciens 147* – droit dérivé de Dieu 358

– absurde doctrine du droit divin 351 – dynastie du droit divin 350 – droits existans 167 – droits féodaux 146 – droit historique 360 – droits de l’homme 266 – droits beaucoup plus légitimes 162 – droits de la nation 147* – droit de paix et de guerre 349 – droits du peuple 264 – droits des peuples 149* – droits des peuples et des rois 145 – droits seigneuriaux 146, 184 – droits de la société entière 154, 196 – droits de tous 148 – droits du trône 147* dupes 281 dynastie 180 – fidélité à la dynastie Napoléonienne 136 – dynastie restaurée 429 dynastiques 354 échafaud 168*, 181 – mobile échafaudage 360 éclairé 99, 141*, 170 école 361 – grandes écoles 164 – jeunesse des écoles 513 – écoles primaires 135 – écoles sociales 430 économie 350 – fausse économie sociale 509* écrivain – écrivains catholiques 358 – écrivain politique 148* éducation 153* – éducation impériale 142* – éducation soignée 153 égalitaires 509* égal, égalité 134, 140, 158, 176*, 178, 264, 272*, 273, 430 – égalité absolu 266 – égalité des droits 163*, 183 – égalité devant la loi 259 égide 351 église 280 égoïsme 429 – égoïsme des corps, des partis 262 élégance, modeste 153 élévation – élévation de l’âme 97 – élévation philosophique 428

Französisches Register éligibilité 430* éloge 166 éloquence 167*, 258*, 426* émeutes populaires 269 emigrés 135 empereur 142*, 507 – empereur d’Autriche 181 empire 419*, 507, 511 – empire autoritaire 507 – formule complète de l’empire autoritaire 507 – heureux empire des belles émotions 164 – empire de l’opinion 150 emploi – emplois civils et militaires 146, 259 – emploi publique 147* enchantemens 352 encyclopédistes 272 énergie 176 enfer 262 ennemi 428 – ennemis extérieures de l’état 166 – ennemis de l’ordre établi 168* – ennemis de la révolution 184, 274 – ennemis du roi 161* – ennemi juré du roi 268 enthousiasme 133*, 146 envie 156 épanchement d’une confiance mutuelle 419* épidémie 355 époque 350 – époque de ’89 133* – époque docile 129 équilibre – juste équilibre 145 – équilibre des trois pouvoirs constitutionnels 424 équité, parfaite 159 équivoques, graves 266 erreur 270, 276 esclavage 174 – esclavage de la raison 176* esclaves 97, 100*, 153*, 154, 196 Espagne 272, 350 espérances 176, 357 espoir de l’avenir 182* esprit 175*, 176, 281*, 352 – bons esprits 157 – esprits bornés 180 – esprit civique 164 – esprit de la constitution 263, 419*

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– esprit de faction 281* – esprits en France 428 – esprit de générosité et d’émancipation 425 – esprit gouvernemental 426 – esprit des gouvernements 149* – esprit le plus immoral et le plus anarchique 164 – esprit de la liberté 176 – esprit militaire 141* – esprit de la vrai monarchie 423 – esprit national 164 – esprit d’ordre et de subordination 268* – esprit de parti 127, 145, 166*, 281* – esprit du peuple 174 – esprit pratique 289* – esprit publique 155, 198 – esprit publique de l’Europe 149* – esprit des rois et des grands 167 – esprit de routine 139 – esprit du siècle 164, 273, 275 – esprit de subversion 290 essor, noble 156 estime et respect des autres peuples 150 établissement monarchique 163 état 155 – premier état de la chrétienté 146 – état de malaise 137* – état monarchique 161 – état et nation 198 – état neuf et demi-barbare 279 – état des partis 279, 344 – état représentatif 169 États-Généraux 267 étendue – étendue des connaissances humaines 145* – étendue des droits 161 être moral 155 étymologie 261 Europe 162*, 167, 182, 272, 276, 350, 352, 425 – habitans de l’Europe 267 – hostilité et conjuration contre l’Europe 355 examen – examen calme, libre 132 – examen politique 351 exclusifs 259 existence – existence de l’homme 196 – existence politique 145* expérience 147*, 158, 428

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Historische Begriffsregister

– expérience des affaires 167 – expérience du passé 151* expression 272 – expression fort usitée 138 – expressions scolastiques 419* extravagance 161 façon de penser & d’agir 97 factieux 160, 161*, 260, 422 faction 129*, 132, 156, 172, 184, 280, 281*, 351, 353 – faction des aristocrats 164 – faction ennemie du trône 277 – faction révolutionnaire 277 faculté – faculté d’égarer les esprits 174 – facultés intellectuelles 154 faiblesse 154, 196 – faiblesse de leur caractère 353 faisceau précieux 508 famille politique 154, 196 fanatiques 274 fanatisme 145, 176*, 352 – fanatisme religieux 151 fantasmagorie 426* fantôme 351 fatalité 142* fausseté 175* fauteur 274 fédéralistes 272* femmes 165 – vielles femmes 350 féodalité 146, 151 féodaux 178* fer – fer parricide 153 – fers des galériens 282 fermeté de caractère 147 feuillans 272* février, nuit de 512 fiction 184 fidélité 164, 258*, 281 – caractère de fidélité 420 flatteurs 151 Florentins 141* foi, mauvaise 357* folie 357* fonctionnaires 259 – fonctionnaires de l’Empire 277 – fonctionnaires publics 350 force 150, 169, 361, 425 – force brutale 356 – force morale incalculable 156, 198

– force parlementaire 429 fortune 175*, 274, 280 – bonne fortune rare 425 – fortune indépendante 153 – mauvaise fortune 428 fou dangereux 259* foudre des combats 421* foule d’écrivailleurs 164 Français 139, 143, 144* – sang des français 182* France 99, 139, 164, 168, 176, 182, 264 ff., 272, 279, 350 f., 356, 419*, 422, 507, 513 – cœur de la France 164 – France nouvelle 163 – nouvelle France 128 – surface de la France 169 franchise 156, 258*, 281* fraternité 178, 430* frayeurs, grandes 430 frugalité 98 fureurs, nouvelles 182 fusillade 171* gauche 170, 280 – collègues de la gauche 508* génération 175* généreux 96, 170, 279 générosité 129, 258, 272 – générosité dérisoire 135 génie 139, 279 – génie audacieux et adroit 176 – génie de la civilisation moderne 360 – génies immortels 130 – génies nationaux 146 – génie des révolutions 174 gentilhomme 153* girondins 129, 272*, 354 gloire 137*, 151, 167, 169, 281 – gloire des armes 421* – gloire civile 421* – gloire nationale 423 gouffre révolutionnaire 278 goutte de sang 161 gouvernement 24, 135, 138, 160, 161*, 166, 170, 184, 278, 360, 421, 428, 507 – gouvernement actuel 351 – gouvernement des Bourbons 353 – gouvernement constitutionnel 168 – gouvernement constitutionnel représentatif 160 – gouvernement consulaire 139 – gouvernement de l’empereur 506*

Französisches Register – formation de son nouveau governement 169 – forme du gouvernement 510* – guider les gouvernements et les peuples 153 – gouvernement libre 424 f. – gouvernement monarchique 147 – gouvernement des trois pouvoirs démocratique, aristocratique, royal 354 – gouvernement représentatif 150, 162, 180, 183, 266, 277, 281*, 360 – gouvernement d’un roi 161* – gouvernement tutélaire 138* gouvernés 170 goût de conquérir 176 grâce 176* grammaire 425 grandeur 156, 424 f. grands, les 174 groupe 510 guerre 176, 425 – guerre civile 274 – idée de guerre 421* – guerres d’Italie et d’Egypte 128 – guerre de libelles 145 – guerre à mort 281, 343 guillotine 178 habitude – habitude de la vie 351 haine 430 – haine du despotisme 262, 351 – haine de l’étranger 261* – haine contre la religion et la royauté 268* – haine des temps anciens 266 – haine du vice 166 harmonie – harmonie parfaite 169 henriquiste 418 hérédité 349 – hérédité monarchique 147* – hérédité nationale 422 héros 265 hiérarchie des grades religieux, civils et militaires 165 histoire 428 – alliance avec l’histoire moderne 127 – histoire ancienne 128 hommage 151, 165, 353 homme 425 – hommes d’affaires 456 – homme bien né, bien élevé 153*

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hommes distingués 141 hommes éclairés 272*, 276 hommes éclairés, généreux 169 hommes égarés aux lois 134 homme généreux 272 homme gentil 153* honnête homme 276 homme juste et sage 423 homme libre 153* homme libre, raisonnable, indépendant, généreux 164 – hommes du mouvement 355 – hommes politiques 424 – hommes sanguinaires 168 – hommes à théorie 356 homogénité 359 honnêtes gens 264 honneur 164, 260 – honneur des braves 163* – honneur intellectuel 428 – honneur militaire 150 – honneur national 151 honte 268 horizon politique 420 horreur – horreurs de l’anarchie 153 – horreur du désordre, de la violence et de l’injustice 159 humanité 272*, 425, 419* humeur 157* hypocrisie 182, 280 idéal 510* idée 155, 157, 172, 426*, 428, 429*, 430* – idées anciennes 279 – idées aristocratiques 279 – confusion des idées 414 – source de cette confusion d’idées 358 – idées constitutionnelles 213 – idées démocratiques 279 f. – idée bien fixe 173 – idées de fraternité et de dévouement 430 – idées généreuses 279 – idées hardies et libres 154 – idées justes et généreuses 156 – idées justes et raisonables 154, 197 – idées de liberté et d’égalité 273 – idées monarchiques 279 – idées monarchiques et aristocratiques 280

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Historische Begriffsregister

idée napoléonienne 420 f. idées naturelles 157 idées nouvelles 24, 279 exagération des idées nouvelles 174 idées philosophiques 141, 174, 175* idée politique, idées politiques 148*, 154, 196 – idées raisonnables 152, 197 – dépôt d’idées religieuses 184 – cours des idées révolutionnaires 167 – idée sociale, industrielle, commerciale, humanitaire 421* identité originelle, sentiment et conviction d’une 424 idéologues 289* ignorance 262 ignorans 276 illégitimité 181 illuminé 179, 272 illusion 420, 426* imbécilles 274 immoralité 157, 164, 199 impatiens 354 impérialisme 421 impérialiste 275, 280, 359 impies 276 imposteurs 276 impôts 146, 182 impudence 156 impuissance 184 incompatibilité 356 indépendance 146*, 174, 176, 180*, 273, 279 – indépendance et inamovibilité des tribunaux 163* indépendant 159, 161*, 170 f., 176*, 254, 273 f., 427, 565 indifférents 354 individus 358 – individus criminel 156 indulgence 134 f. industrialisme 429 industrie 278, 360 – protectrice de l’industrie 278 industriel 513 inégalités sociales 184 influence 132, 425 infortune 281 initiative 349, 510* innovations, danger des 141 inquiétudes publiques 359 instinct – aveugles instincts 430

– instinct national de la France en 89 425 – sérieux instincts 429 institution 143, 165, 359, 428, 585 – institutions anciennes 165, 169 – institutions bienfaisantes 134 – institution gothique 178* – institutions d’une sage liberté 261* – modèles d’institutions fortes 143 – institutions monarchiques 24 – institutions nationales 151 – institutions nouvelles 165 – institutions politiques 259 instruction 153* – instructions religieuses 165 insurrection 165, 178 intelligence – intelligences 352 – intelligence du paysan 360 intentions, bonnes 266 intérêt 98*, 153, 160, 167, 169, 356, 360, 429 – intérêts et affaires du pays 426* – intérêts alarmés 167* – intérêts de caste 169 – intérêt de l’état 259* – intérêt général 168 – intérêts matériels 260, 425 – intérêts moraux 260 – intérêts opposés 145 – intérêt particulier 157 – intérêts de la patrie 419* – intérêts politiques 425 – intérêts soi-disant populaires 354 – intérêts reconnus par la charte 168* – intérêts réels 278 – intérêts régnants 425 – intérêts réguliers et pacifiques 425 – intérêts sacrés de l’État 156 – intérêts de la sociétés 506 interprétations perfides ou calomnieuses 280 intrigue 281, 507 invasion – invasion française 350 – invasion dans le gouvernement 359 inviolabilité 349 – inviolabilité de la charte 181 – inviolabilité de la légitimité 181 – inviolabilité de toutes les propriétés 259 irréligion 181 israélites 265

Französisches Register jacobinisme 129 jacobin 129,163,174*,176*,179 f.,252,265 f., 272*, 276, 354, 422 – jacobins de 1793 181 – jacobins blancs de 1815 259 jalousies 266 jargon, nouveau 180 jésuites 351 jeunes gens 279, 350 f. jeunesse 174 joug de la religion et des rois 174 journalistes 354 journaux étrangers 180 jugement 426* juif 265 jury 152, 259 juste milieu 353, 355, 357, 368, 386 – homme du juste milieu 357* justice 97 f., 149, 168*, 276, 280, 425 lâcheté 258*, 277 langage 180, 266, 272, 274 ff., 282, 428 – déchiffrer leur langage 272 – langage de nos nouveaux inspirés 173 langue 24, 128, 143, 279 – changements dans la langue des peuples modernes 261 – malheur de nos langues modernes 426* – langues mortes et langues vivantes 128 – langue des passions 422 – langue de la politique actuelle 127 latin, langue latin 141*, 153*, 164 latinisme 141*, 153, 158* légalité 429 f. légions – légions allemandes ou anglaises 261* – légions de héros 352 législateurs 165, 182 législation 183, 426* – branches de la législation 157 – législation inconstitutionnelle 164 législative 277 légitimerie 178* légitimiste 355, 413 f., 419, 422 ff., 473, 564 – légitimistes à droit divin 354 légitimité 161, 163, 166*, 171*, 178*, 350, 423 – arbre sacré de la légitimité 182 légitimités 166*, 352 lenteur 160 lettres de cachet 266 libéral (Adjektiv)

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– administration sage et libérale 140 – affections libérales et généreuses 131, 133* – âmes libérales 134, 153 – anti-libéral 264 – libéral arbitre 96 – arts libéraux 96, 158*, 419* – science des arts libéraux 100* – aspirations libérales 506 – caractère libéral 141* – cause libérale 508 – conduite libérale 157, 262 – constitution libérale 144 f., 147, 150, 152*, 155, 158, 192, 197, 201, 252, 343 – dictionnaire libéral 272, 395 – dispositions illibérales 149 – diversion d’un ordre libéral 509* – doctrines libérales 267*, 357*, 430 – écrivains libéraux 164 – écrivains antilibéraux 172 – éducation libérale 95, 99, 125, 128, 141*, 158*, 185 – élément libéral 510 – empire libéral 506–9, 511, 541, 548 – formule complète de l’empire libéral 507 – empire libéral, constitutionnel, parlementaire 507 – empire parlementaire et libéral, progressif 507 – épithète de libéral 154 – espérances les plus libérales 134 – esprit libéral 153, 157, 164, 197, 199, 426, 510 – esprit national vraiment libéral 157 – esprits sages, progressifs, vraiment libéraux 509* – études libérales 154 – système de la faction libérale 278 – faits libéraux 281 – Franc-Libéral 176*, 178* – France libérale 263 – génération libérale de 1789 420 – gouvernement libéral 140, 144, 152*, 155, 198 – gouvernement démocratique, libéral, progressif 506* – transformation de l’empire autoritaire en gouvernement libéral 507 – hommes libéraux 164 – idées libérales 128 ff., 132–37, 138*, 140 f., 146, 148–152, 154 f., 157 ff., 162 ff., 171*, 173 ff., 178, 181 f., 186, 190–193,

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Historische Begriffsregister

197, 199 f., 206 f., 213, 233 ff., 252 ff., 256, 259*, 262, 275, 277, 279, 288, 294 ff., 297, 318, 330, 341, 343, 352, 360, 394, 413, 429*, 499, 506, 547 f., 560–64, 566, 584 ff. idées dites libérales 419 idées libérales & conservatrices 133 idées conservatrices, tutélaires, libérales 133 idées constitutionnelles et libérales 137 idées libérales et fécondes 133* idées généreuses et libérales 132 idée grande et libérale 138* idée grande, libérale et politique 139 idées libérales at nationales 164 idées neuves et libérales 139 ami des idées libérales 268 héros des idées libérales 137 hommes à idées libérales 182 système, ensemble, adoption des idées libérales 262 inclination libérale 157* institutions libérales 145, 147*, 165, 167, 172, 206, 252, 355, 507 f., 584 institutions fortes et libérales 142, 144, 152*, 200* institutions fortes, sages et libérales 148, 200* institutions franches et libérales 143 intentions larges, libérales 349* intentions libérales du roi 172 jargon libéral 271 f., 342, 395 logomachie libérale 430* lois libérales 99, 152* main libéral 96, 157* maniére libérale 156 maximes libérales 560 mesure vraiment libérale, grande et magnamine 176 ministère libéral 508 monarchie fortement libérale 510* monarchistes libéraux 359 mot libéral 164, 278 f., 426*, 509* mouvement libéral et régénérateur 425 nom de libéral 265, 359 nom de libéraux 166, 272 nuances libérales 279 oligarchie doctrinaire et libérale 355 opinion libérale 130, 142*, 186, 252, 360, 560 opinion libérale, constitutionnelle 349 opposition libérale 156, 349 opposition ultralibérale 423

– oppositions libérale et radicale 289* – passage du mot libéral 419* – parti libéral 161, 169, 170, 172, 253, 266, 269, 277, 279, 281*, 343, 350 f., 359 ff., 421, 423 f., 427–30, 508, 509*, 510 – parti conservateur libéral 510 – grand parti sagement libéral 508 – parti libéral dynastique 510 – organe de parti libéral dynastique 510* – origine du parti libéral 359 – parti prétendu libéral 183 – parti ultra-libéral 354 – autre partie de la nation, plus révolutionnaire que vraiment libérale 509* – personne libérale 158 – politique libérale et civilatrice 424 – principe libéral, principes libéraux 99, 136, 139*, 141*, 144, 147, 151, 158*, 163*, 180, 186, 192, 252, 356, 560 – libéral, progressif, accessible 506* – républicain libéral 509* – république libérale 272, 421* – révolution libérale 254 – libéral savoir 100* – sens du mot libéral 419* – sentiments généreux et libéraux 135, 143 – système libéral 350, 359, 418, 584 – tendance industrielle et libérale 425 – théorie libérale 270 – titre de libéral 260, 272, 275 – beau titre de libéral 164 – travail libéral 138 – ultra-libéral 163, 172, 510 – union libérale 508, 511 f. – vues profondes, libérales, politiques 138 – voies libérales 506 liberales espagnols 267 libéraliques, discours 510 libéraliser 129 libéralité, libéralités 97 f., 100, 125, 128, 130, 135, 158*, 165 f., 258, 259*, 262, 272, 425 – généreuse libéralité 149 – libéralité des idées 259* – libéralité des principes, des sentiments 158* – libéralité royale 97 f. libéralisme – âne blanc du libéralisme 512 – bannières du libéralisme 352 – ceinture de libéralisme 172

Französisches Register – charte empreinte d’un libéralisme progressiste 513 – chemin du libéralisme 512 – libéralisme conservateur 414, 427, 508, 511, 542 – libéralisme constitutionnel 427 – définition du libéralisme 357* – libéralisme démolisseur 427 – doctrines économiques adoptées par le libéralisme 430 – écraser le libéralisme et la république sous le vote des paysans 512 – ère heroïque et nationale du libéralisme 427 – existence anti-monarchique du libéralisme 184 – fautes et exigences du libéralisme 349 – libéralisme gouvernemental 427, 429 – libéralisme honnête 147* – libéralisme honnête, consciencieux et timide 423 – libéralisme italien 473 – marche du libéralisme 184 – marques de libéralisme 513 – libéralisme menteur 425 – mots de liberté, indépendance, libéralisme, progrès 512 f. – nature intime du libéralisme 357* – œuvre du libéralisme 429 – libéralisme et philanthropie 425 – philosophisme et libéralisme 162 – libéralisme progressiste 513 – libéralisme pur [et] sage 352 – libéralisme rationnel 360 – semences de libéralisme 165 – soi-disant libéralisme industriel et économique 513 – tressaillemens nouveaux du libéralisme 176 – libéralisme turbulent 352 – ultra-libéralisme 260, 507 – union du catholicisme et du libéralisme 271 – vrai libéralisme 423, 425 libérâtres 509 – libérâtre décoré de l’empire 509* – épithête de libérâtres 509* libéraux (Substantiv) – absolus ou libéraux 509* – aggrégation des constitutionnels ou libéraux 351 – conservateurs libéraux 510

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– constitutionnels ou libéraux 351 – libéraux constitutionnels 510 – dénominations de royalistes et de libéraux 429 – différence entre les libéraux et les révolutionnaires 356 – libéraux dogmatiques 357* – faux libéraux 509* – libéraux de bonne foi 281 – libéraux français 176, 267 – libéraux imprudens 160 – libéraux et libérâtres 509* – majorités des libéraux 419 – libéraux de toutes les nuances 419* – party of libéraux 238 – prétendus libéraux 276 – libéraux par poltronnerie et par intrigue 281 – libéraux sincères 359 – soi-disant libéraux 357 – ultra-libéraux 510* – vrais libéral 261, 423 libéroufle 509 liberté, libertés 100, 102, 125, 131, 134, 140, 141*, 145, 151, 155, 158 f., 161, 162*, 163, 176, 178, 180, 263 f., 270, 272*, 273, 279, 282, 353, 357*, 423, 425, 429, 508, 509*, 510* – liberté civile et politique 154 – libertés constitutionnelles 156 – culte de la liberté 419* – liberté des cultes 259 – liberté déréglée 174 – désir invincible de liberté 270 – paisible développement des libertés 359 – ère des libertés 507 – garanties de la liberté civile et religieuse 351 – libertés sans garantie 426* – genres de libertés 155, 197 – holocauste de la liberté 351 – liberté individuelle 150, 163*, 259 – liberté juste, intimement liée à la loi 423 – liberté de penser et d’écrire 163* – liberté politique 155, 198 – liberté de la presse 163*, 180, 259 – liberté publique 137*, 146, 154, 196 – liberté publique et générale 426* – liberté reglée par les lois 162 – règne de la vraie liberté 172 – soldat de la liberté 132 – soutiens des libertés publiques 278

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Historische Begriffsregister

– triomphe de la liberté 179, 273 – vraie liberté 358 libre 141*, 153*, 164 – libre pensée 512 – libre penseur 512 licence 156 ligne – ligne de démarcation 128 – ligne étroite 351* – lignes géographiques 267 – ligne politique 509* locutions françaises 272 loi 24, 161, 428 – lois divines et naturelles 165 – loi de droit divin 356 – ensemble des lois 172, 425 – lois équitables 151 – loi de la nature 354 – loi oppressive 164 – lois de leurs pays 165 – loi politique 356 – loi spirituelle 358 – loi sur les suspects 153 longue durée 355 loyauté 260, 281* luddistes 267 lumières 139, 147*, 178*, 262 – lumières actuelles 142 ff., 152*, 200* – lumières de la noblesse 99 – lumières du siècle 164, 184 – véritables lumières 184 machine politique 157 magistrat – magistrat consulaire 509* – magistrats de pays 158 maintenir notre ordre social 424 maintien – maintien de notre dignité 424 – maintien de toutes les propriétés 356 maison – maison de Bourbon 181 – maison d’Orléans 424 maître 274 majesté royale 353 majorité 351 – majorité consistante 511 – majorité de la nation 147 malignité 156 manière de penser 164 maratistes 272* marins 510 marquis 176*

masques 276 masse 351 – masse des biens 430 – masse du peuple 355 – masse populaire des agitateurs politiques 513 – énergie des masses populaires 353 matérialiste 268* maximes – maximes incohérentes 428 – maximes tutélaires 138* mécontentemens 420 mécontents de l’Empire 359 médecin 511 f. médiation entre le pouvoir et la liberté 355 mérite de l’habileté 290* ministère 180 – opérations du ministère 169 – ministère whig 350 ministériel 163, 166*, 170, 172, 180 – ministériels de 1821 259 ministres 163*, 165, 181 – ministres de la légitimité 353 minorité 351 – minorité perturbatrice 145 modérantisme 129, 156* modérateur 156* modération 147, 168, 171* – modération politique 428 modéré 129, 171*, 186, 508 – hommes modérés 277 modification 22, 161, 282 – modification d’un ordre des choses 174 mœrs 359 monarchie 140, 162*, 168, 268, 272, 281, 343, 356, 429 – base de la monarchie 183 – monarchie constitutionnelle 162 f., 278, 351* – fautes de la monarchie 261 – guerre à la monarchie 160 – monarchie légitime 180*, 423 – monarchie légitime et constitutionnelle 263 – monarchie représentative 424 – vieille monarchie 356 monarchiens 129 monarchiques de 1814 259 monarchiste 343, 354, 360, 508 f. – monarchiste ou républicain 508* monarque 168* – monarque populaire 146

Französisches Register monde commerçant 99 monopole du pouvoir 424 Montagnards 354 Montagne 178* – héritier des doctrines de la Montagne 420 monteurs 276 morale 182 – morale de l’illuminé 180 mot 24, 173 f., 261, 282, 349, 509* – mots anciens 24 – mots plus difficiles à définir 419 – foule de nouveaux mots 24 – rapport des mots 279 – mot révolutionnaire 152 – mot sacré de tolérance 352 – mots sacrés de dignité de l’homme 178* mouvement 157, 162*, 270, 384 – mouvement de l’enthousiasme 266 – grand mouvement de juillet 350 – mouvements populaires 164 moyens législatifs 356 multitude 274 munificence 158* muraille infranchissable contre l’inconnus 507 naissance honnête 141*, 158* Napoléon, nouveau 181 Napoléonistes 151*, 160 nation 139, 155, 160, 168 f., 172, 351, 512 – nations chrétiennes 270 – code de la nation 139* – petit corps de la nation 141* – doctrine de la nouvelle nation 178* – nation éclairée 259 – nation française 152* – grande nation 99, 146, 272 – nouvelle nation 179 nature – nature des choses 184, 510 – nature humaine 510 – nature des principes 354 – nature de leurs vœux 160 négation 430 – grande négation 357* négotiantisme 178 néologues 158 niaisierie 360 niveleurs 262, 276 nivellement de toutes les classes 513

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noble 154, 181 noblesse 97, 100, 148, 178*, 267 nom 128, 351, 354, 424, 428, 509* – noms anciens 127 – noms de guerre 335* – noms de l’ancienne histoire étrangers 127 f. – nouveau nom 153 – noms nouveaux 127 nombre d’individus 350 notabilités, grandes 278 nuance 354, 511 obéissance, passive 180 objets pécuniaires 97 obscurité 279 observation des devoirs 161 occupation autrichienne 350 offences 166 officier 260 oligarque 274, 354 opiniâtreté 258* opinion 156 f., 163, 172, 175, 198, 419 – opinions constitutionnelles 354 – opinion des electeurs 183 – opinions inquiétées ou poursuivies 167* – opinions politiques 170* – opinion publique 178*, 184 – opinions religieuses 163* opposition 155 f., 169, 198, 350, 359 f. – opposition par calcul 353 – habitude de l’opposition 351 – opposition contre les ministres 353 oppression 270 – oppression des grands 150 opprobre éternel 268 orages 352 orateur romain 153 ordonnances 267, 280 – ordonnances de juillet 353 ordre 159, 276, 358, 422 f., 425 – ordre de conceptions 360 – ordres de l’État 157 – ordre légitime 164 – ordre monarchique 183 – ordre moral et civil 153* – ordre social 150, 182 – ordre social stable 358 – bon ordre de la société 428 – ordre de succession 356 organisation – nouvelles organisations 357

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Historische Begriffsregister

– organisation de la société et de la civilisation 422 – organisation lente et graduelle du tavail en association 430* orgueil 258* orgueilleux 276 orléanisme 421 orléaniste 419, 564 oubli – oubli des injures 134 f. – oubli du passé 259 – oubli des peines passées, des offenses 166 ouragan 513 ouvrage de la création 171* ouvrier 357 pacte – pacte fondamental 280 – pacte indissoluble 162 – pacte tacite 160 pairs 259 paix 161, 166, 424 f. – paix et liberté 424 f. – paix au monde 352 – paix du monde 356 pamphlets anarchiques 164 pamphlétaire 176* – pamphlétaire catholique 509* pape 279 paradoxes 184 parasites politiques 136 parcere subjectis des Romains 134 parlements 267 paroles de nos rois 143 partage des biens 513 parti 129*, 147, 148*, 156, 161*, 167, 169, 268, 279, 281*, 289*, 351, 421, 424 – ancien parti constitutionnel des assemblées 359 – parti aristocratique ou la noblesse 168 – parti avancé 509* – parti bonapartiste 170*, 350 – choc des partis 354 – cohésion d’un parti 359 – parti conservateur 419, 421, 423 f., 508, 510 – grand parti conservateur 508 – parti constitutionnelle-royaliste 260 – parti de la cour 349 – parti démocratique 509* – dénominations de partis 271, 272*, 274, 320

– – – – – – – – – – – –

deux partis 510 présence de deux partis 426* parti de l’émigration 349 parti de gouvernement 422, 426* parti impérialiste 422 parti impérialiste ou bonapartiste 421 parti intermédiaire 420 parti de jeunes étudians 266 parti légitimiste 420 ff. parti du mouvement, du progrès 354 nom de parti 169 partis formés par des nuances d’opinion 281* – parti de l’ordre 422 – partis d’ordre social 422 – parti d’opposition 426* – parti orléaniste 421 f. – parti patriote 354 – grand parti du peuple français 132 – parti plébéien 266 – parti réformateur 426 – parti républicain 351, 420 ff. – parti de la révolution 184 – partis issus de la révolution de juillet 420 – parti révolutionnaire 266, 420 – parti révolutionnaire républicain, démocratique 171 – parti royaliste 266, 279 – parti royaliste-constitutionnelle 260 – parti socialiste 421 f. – tête d’un parti 132 partisan 181, 422 – partisans du despotisme 160 – partisan de l’injustice 422 – partisans de la liberté 160 – partisans de la monarchie 145 parvenus, riches 261 passé 127 – condition de ne point oublier le passé 506 passion 270, 277 – passion de conquérir et de dominer 176 – passions généreuses 167* – honteuses passions 174 – passions révolutionnaires 131 – passions les plus viles 156 patience 258* patriciens 146 patrie 133*, 150 f., 153, 165, 178*, 179, 419*, 423 patrimoine 131

Französisches Register patriote 264, 268, 272*, 274, 353, 564 – patriotes de 1789 181 patriotisme 178*, 262 – masque du patriotisme 513 – monopole du patriotisme 354 pays 506 peau du lion 425 pénétration 258* pensée – grande pensée 425 – pensée nationale de la France de 1789 425 – nobles pensées 164 père – père de famille 260 – père des idées généreuses 352 – père des peuples 182 perfectible 507 perfection 165 perfectionnement des lois existantes 160 perfidie 182, 258* péril 160 persévérance 258* personne libre et bien née 141*, 158* perturbateur 263 – perturbateur du repos public 274 – perturbateurs de la tranquillité de l’état 168* perversité 268* peuple 99, 147*, 150, 267, 270, 357 f., 426*, 512 – bas peuple 360 – peuple français 144, 182 – peuples de la Germanie, d’Allemagne 140 – peuples libres 421* philantropique 138 philippiste, anti-philippiste 418 philosophe 269, 272, 276 – philosophes germains 272 – prétendus philosophes 276 philosophie 141, 357*, 428 philosophisme 184 phrases 426* physiognomie 258 Piemont 350 Piémontais 141* pitié 97 plaisanteries licentieuses 155 plaisir barbare 151 plan de campagne 161 plébeiens 146 plénitude des attributions 354

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point d’arrêt 354 polémique 360 police 180 politesse 156 politique 428 – politiques-doctrinaires 354 – politique d’envahissement et de conquête 420 – étude de la politique pure 509* – politique tranquille et regulière 425 poltronnerie 281 populaire, élément 419 populaires 272* portion extrême 351 Portugal 350 position particulière 169 possibilité d’améliorer 353 poussière des batailles 421* pouvoir 351, 353 f., 361, 419, 506 f. – pouvoir absolu 147*, 266 – envahissemens du pouvoir 351 – pouvoir exécutif 150 – pouvoir humain 358 – pouvoir politique 420 – pouvoirs publics 428 – pouvoir temporel 158 pratiques 147 prédictions ironiques 161* préjugés 120, 129, 274, 419 préfet 147* prérogatives royales 146, 160 présent 127 prestiges 352 prétensions 161 prévention 139 – péventions générales 148 prévoyance 98, 280 prince 98, 100*, 144, 169, 182, 259 – prince royal 97* principe 120, 279, 351, 361, 426*, 429 – principe conservateur 138*, 155, 171, 172*, 281* – défenseurs des principes constitutionnels 168* – principes d’honneur et de justice 184 – principe légitimiste 356 – principes nationaux 147* – principes politiques 147* – principes de la révolution 162, 183 – principes révolutionnaires 183, 428 – adhésion aux principes révolutionnaires 428 – principe de la royauté 183

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Historische Begriffsregister

principiers 274 prison des carnes 178 privilège 158, 183 f. – privilège électoral 430 – privilèges pécuniaires 266 procureur du roi 260* prodigalité 97 prodigue 96, 158* progrès 145*, 359, 423 – progrès de la civilisation 167, 260, 263 – progrès de l’esprit humain 147* – progrès pacifique 511 progressif 509 progressiste 418, 513 progressives-imaginatifs 354 projet – projets honteux et destructeurs 139 – perfides projets 176 prolétaires 278 promesses 163*, 357 propagande, égarement de la 425 propriétaire 181, 183 propriété 134 – ascendant de la propriété immobilière 360 – propriétés nationales 163* proscription des nobles 153 prospérité 164 – prospérité intérieure des nations 425 – prospérité du pays 424 protecteur – grand protecteur 182 – protecteur des libertés publiques 263 protection contre la puissance 163* protée 288* – nouveau protée 513 protestant 269, 280 protestantisme 356 – recrudescence du protestantisme 357* protestation 163* provocateur 269 prudence 160, 176, 419* publicité 350 publiques, affaires 99 puissance 359 – puissance ecclésiastique 166* – grande puissance indépendante et respectée 164 – puissance illégale des individus 154 – puissance nouvelle 351 f. pureté des mœrs 98 qualification 166

radical 565 radicalisme 45, 419*, 430 radicaux 267, 269*, 273, 290* – radicaux anglais 267 – radicaux de Londres 261 – titre de radicaux 273, 510* raison 98 f., 146, 149, 154, 166, 197, 258*, 419*, 422, 428 – adorateur de la raison 178* – cultiver leur raison 99 – égale raison 510* – raison humaine 259 – raison des philosophes 275 – raison savante 428 ralliement, point de 420 rancunes populaires 137 rangs – rangs inférieurs 167 – rangs opposés 169 rapprochement 508 rat-de-cave 176* réaction 430, 509 – réaction rétrograde 428 réalité 351 rebelles 276 rébellion 180 reconnaissances des services 166 rédaction 143 réformateur 426 réformation 160 f. réforme 350 – entreprise de la réforme 350 – réforme radicale 273 – réformes légales 360 réformistes 426 – réformistes d’Italie 473 régénérateur politique 197 régénération de l’espèce humaine 130 régicide 178*, 180* régime – régime constitutionnel 426 – vrai régime constitutionnel 426* – régime féodal 184 – régime impérial 162, 425 – régime représentatif 423 f. – introduction ou extension du régime représentatif 350 – régime révolutionnaire 130, 425 – régime sévère 350 région des chimères 289* règne – règne du bonnet rouge 181 – règne de Dieu 270

Französisches Register – règne de la justice 270 – règne des lois 151 relâchement total 355 religion 158, 164 f., 178*, 180, 268, 280 f., 352, 357* – religion catholique 181, 269, 281 – religion du Christ 270 rempart 507 renversement 277 – renversement complet 169 répartition 430 repos 149, 423, 428 – repos de la France 146* représentant 176*, 429* – représentants de la nation 99, 163* représentation – représentation nationale 259 – représentation rationelle 360 répression 171 républicain 135, 145, 147, 161*, 163, 166*, 254, 260, 268, 272*, 275, 280, 349, 352 f., 356, 413, 421, 427, 499, 508, 509*, 512, 564 – baptêmes et marriages républicains 178 – républicains absolutistes 509* – républicains-américains 354 – républicain monarchique 509* – républicains purs 354 – républicains avec un roi-président 354 – services républicains 134 – vieux républicains 359 républicanisme 351 république 163, 181*, 263, 289*, 349, 351, 355, 422 – république absolue 354 – affermissement de la République 134 – républiques anciennes 153* – défendre la république 137* – embellir la république 134 – morale républicaine 135 – république une et indivisible 134 répugnance 265 résistance 361 – résistance commune 360 – résistance et mouvement 418 respect 174 – respect du droit 425 – respect rationnel des droits et des faits 428 responsabilité des ministres 163*, 259 restauration 163, 263, 277, 349, 354, 359, 420, 426, 429

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– restauration de la branche aînée des Bourbons 421 – restauration générale 132 – services à la restauration 429* résultat – bons résultats 266 – résultats de la révolution consacrés par la Charte 161* rétablissement 180 – rétablissement de l’empire 421 f. – rétablissement de la famille d’Orléans 421 – rétablissement de la royauté légitime 355 f. retour – retour aux maximes de l’Ancien Régime 428 – retour de Napoléon 151 – retour à la royauté 135 rétrogrades 428 révolte 258*, 359 révolution 22, 131 f., 139, 148, 157, 167, 178*, 179, 180*, 183 f., 261, 265 f., 275 f., 288*, 359, 428, 507 – révolution de 1830 357* – but de la révolution 22 – commencement de la révolution 133* – consécration royale de la révolution 268 – conséquences de la révolution de juillet 355 – contre-révolution 163, 266, 277 – révolution faite 184 – révolution française 147* – révolutions futures 180 – révolution de juillet 355, 357 – moraliser la révolution 134 – révolution parlée 184 – portion active et armée de la révolution 360 – première révolution 161 – première révolution des démocrates 354 – reste de la révolution 260* – révolutions des siècles 139 – sublime révolution 176* – tombeau à la révolution 183 – révolutions violentes 164 révolutionnaire 168*, 179 f., 263, 265, 268, 275 f., 356, 509 – contre-révolutionnaires 259 – révolutionnaires anglais 274 – révolutionnaires de Paris 261

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Historische Begriffsregister

– temps révolutionnaires 266 – tendance révolutionnaire 184 rhétorique 154, 197 richesses 281 robespierristes 272* roi 144, 158, 161*, 169, 259, 263, 274, 276, 279 f., 353 – roi très-chrétien et très-pajure 351 – roi clément 181 – roi constitutionnel 263 – roi de France 144*, 275 – roi légitime 180 – roi de Prusse 97* rouges 524 royalisme 180 f., 268, 280 f., 358, 413, 548, 550 royaliste 147*, 169, 170, 174, 178, 180*, 252, 258, 262 f., 266, 269, 274 ff., 278 ff., 341, 343, 350 ff., 354 ff., 360, 419, 424, 429, 547, 564 – anciens royalistes 183* – royalistes constitutionnels 144, 166*, 261 – royalistes modérés 163 – nom de royaliste 275 – nuances royalistes 280 – royalistes prudens 147* royaume 274 – royaume de Naples 350 royauté 263, 275, 280, 429 – royauté constitutionnelle 259 – royauté héréditaire 168 – royauté légitime 356 – bon marché de la royauté 280 Russie 279 sagacité 258* sages, faux 276 sagesse 147*, 176 Sainte Alliance – général de la Sainte Alliance 350 – système de la Sainte Alliance 350 Saint-Barthélemie 153 Saint-Simonisme 430 salut de la société 184 sanction 183, 349 – sanction royale 161 sang-froid 156 sansculotte 178*, 268 satisfaction 509* sauvegarde des sentiments nobles et généreux 155, 198 scepticisme de la fatigue 428

sceptre de fer 182 secret de la pensée 419* secte timide et silencieuse 419* secteurs ridicules et isolés 276 sécurité 352 sédition 263 semaine sanglante 511 sénatus-consulte 509* sens 24, 173, 419* – sens commun 425 – sens ordinaire 272 – sens littéral 275 – sens strict et littéral 273 sentiment 359 – sentiment du bien et du mal 135* – sentiments déloyaux 156 – sentiments généreux 148 – sentiments généreux, élévés, patriotiques 154, 196 – sentiments libres 273 – sentiments nobles et généreux serfs 153* servitude 174, 358 – bassesse de la servitude 156 siècles, commencement des 165 signification – autre signification 134 – significations différentes 127 – double signification 127 – signification précise 174 – première signification 419* sobriété 149 socialisme 421, 430 socialiste 421, 430, 565 – pseudonyme de socialiste 421 anti-sociaux 276 société 167*, 172*, 271, 360 – ancienne société 428 – bases actuelles de la société 422 – société civilisée 290 – nouvelle société française 428 – société politique saine et mûre 157 sol 278 sophismes 266 sophistes 276 sots 274 sottise 258* souvenirs – anciens souvenirs de la révolution 354 – souvenirs révolutionnaires 163 souverain 97*, 182 165 – nouveau souverain 272*

Französisches Register souveraineté – souveraineté individuelle 358 – souveraineté du peuple 135, 183, 266, 268, 273, 355, 427 – dogme sacré de la souveraineté du peuple 351 – souveraineté de la raison 427 spoliateurs 276 spoliation de la propriété 356 stabilité 149 f., 168, 351* – stabilité des empires 356 – stabilité d’un bon gouvernement 159 stationnaires 354 succès – succès militaires 176 – succès d’une révolte 267 suffrage 168*, 430* – suffrages du public 156 sujets 97* superstitieux 274 superstition 154, 258* sûreté 98, 134 – sûreté de l’état 280 – sûreté des individus 356 – sûreté de toutes les propriétés 163* suspicions d’hypocrisie 263 sympathies – symapthies de l’armée 420 – sympathies patriotiques 361 synonyme 268, 279 syntaxe 2154, 197 système 167*, 275, 357*, 425, 426* – système conservateur 424 f., 430 – système constitutionnel 137 – système électif 429 – système légitimiste 418 – large système de liberté 355 f. – système ministériel 180 – système plus monarchique 260* – système des rêveurs 289 f.* – système de terreur 355 talent 155 – talents de la nation 164 talisman 174 tempêtes 168, 352 tendance – tendance bienveillante 262 – tendances rationalistes 361 termes 282 terrain ferme et solide 508 terreur 131, 178, 181, 222, 302 – terreur de 1815 178*

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– fils du crime et de la terreur 265 – terreur des ultra, des modérés, des Vendéens 178* terroriste 174* teutoniens d’Allemagne 267 théâtres 164 théoriciens entêtés 351 théorie 147*, 428 – théories fausses 270 – théories impraticables, subversives 163 – théorie d’incessantes révolutions politiques 357* tiers état 99, 128 titre 172, 266, 278 – titre exclusif 169 – titres faux et usurpés 276 tolérance 135, 163*, 166 – tolérance politique et religieuse 134 trahison 164, 269 tranquillité 168, 352 transformation du corps social 22 transfuges de la philosophie 130 transmission héréditaire de la royauté 424 traité de paix générale 145 travailleurs 430 trésor – trésor publique 139* – trésors communs 267 tristesse 182* trois grandes journées 351 trône 147*, 152, 166*, 182, 268*, 275, 352, 423, 429 – chute des trônes 176* – trône royal 146* troubles, nouveaux 169 Tuileries 260 turbulence 159 tyran 182* – tyran des nations 176 tyrannie 154, 182, 262, 358 – instrument de la tyrannie 174 – tyrannie militaire 176 ultra 159 f., 166*, 167, 170, 172, 180, 215, 253 f., 260*, 261, 275 ff., 295, 298, 343, 350, 356, 359 f., 413 f., 547 f., 564 – ultra-conservateurs 426 – ultra-montains 354 – ultra-royalisme 260 – ultra-royaliste 162 f., 166, 172, 180, 259, 275, 349 unanimité des suffrages 145, 147 union 150, 272, 349

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Historische Begriffsregister

unité 272 – unité du corps social 146 – unité de la France 136 – unité-légitime 423 univers, aveugle 178*, 179 usurpation 135, 181*, 350 utopie – utopie fatale 357* – utopie réalisée 351 utopistes 354 valeur, double 127 vanité 154, 196, 258*, 266 Vendéen 274 vengeance 428 vérité 276, 423 vertige 163 vertu 97 f., 128, 155, 157*, 158, 178, 281* – vertu du droit divin 183 – vertus religieuses 165 – vertus religieuses, sociales, patriotiques 165

victimes du 18 fructidor 359 vie vertueuse 98 vieillard 174 vigilance 280 vigueur 281* violence 159, 506 – violence fébrile 430 visage gai et ouvert 153 vocabulaire 509* vœu – vœux de la majorité 168 – véritable vœu de nos pères 425 voies 509* – voies de la Charte 184 – voies régulières et morales 425 volonté 263 – volonté d’acquérir, & de conserver 98 – volonté arbitraire 358 vote des contributions et des lois 163* zèle des fonctionnaires 138*

Deutsches Register * verweist auf den Text einer Fußnote Abgeschmacktheit 297* Abhängigkeit der Einzelnen 442 Abscheu 380 Absolutismus 386, 440, 447 – Epochen des Absolutismus 440 – Absolutismus im Norden 365 Absolutisten 436 Abstraktion 293 – Abstraktion und Halbheit 441 – politische Abstraktionen 378 – schale, unwahre Abstraktion 367 Abstufungen 467 Achtung 204 – Achtung und Liebe 434* – Achtung für die Verfassung 200* Adel 444 – großer Adel 282 Affenkomödie 386 Afteraufklärung 290 Agitation gegen die Halben 464

Aktionen 452* Alleinherrschaft 439 Allregiererei 518 Alter – Greisenalter 447 – Jünglingsalter 447 – angehendes Mannesalter 447 – höheres Mannesalter 447 Altertümelei 306 Amerika 37 Amt, öffentliches 191* Analysierung 452 Anarchie 433, 455 – materielle Anarchie 290 anarchisch 463 Anarchist 197, 466 Anderssein 551* Angenehme, das 103 Anklage 381, 551* Anreiz, beständiger, zum Denken 303

Deutsches Register Anschauung – grobsinnliche Anschauung 521 – Kreise der Anschauung 189 Antipathie 370 Apathie gegen alle Verbesserungen 191 Arbeit – grosse, geistige Arbeit 545 – Organisierung der Arbeit 465 Arbeiter 519 Arbeiterbewegung 519 Arbeiternoth, Abhülfe der 465 Arbeiterschaft 519 Aristokraten 186, 284, 374* Aristokratie 284 – Geld-Aristokratie 464 aristokratisch 439 Arme – trübe Not der Armen 454* – Verhältnis zwischen Armen und Reichen 387 Ärzte 105 Assoziation 292 Atheist 197 Atome 432 Augenblick, günstiger 515 aufgeklärt 460 Aufgeklärte 460 Aufklärung 296 f., 518 Aufklärungszeit 467 Auflösende, das schrankenlos 384 Auflösung – grenzenlose Auflösung alles Lebendigen 367 – völlige Auflösung 305 – Auflösung der alten Vornehmheit 453 Aufmerksamkeit, allgemeine 521 Aufregung der letzten Weltereignisse 378 Aufruhr 25 Ausdruck – ausländische Ausdrücke 195 – lateinischer Ausdruck 194 Äußerste, das 372 ausgemerzt und gänzlich verwischt 523 Ausgleichung und Einheitlichkeit 551* Auslegung, verschiedene 366 Ausschweifungen 434 Auszeichnung des Verdienstes und des Talents 198 autonom 451 Autorität 296 – Aufrechterhaltung einer starken zentralen Autorität 551*

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– Schutze einer freien historischen Autorität 381 babylonischer Turmbau 22 Baden 515 Bahn 435 – historische Bahnen 284 Ballast, schwerer 466 Bandenlosigkeit 106 Bankerott 25 Banner, heiliges, von Gott, König und Vaterland 205 Barbar 296 Bauer 519 Bayern 515 Beamte 284 Beamtenaristokratie in der Kammer 443 Beamtenherrschaft, absolute 379 Bedeutung 189 – wahre Bedeutung 196 – wechselnde Bedeutung 27 Bedürfnisse 304 – Bedürfnisse der heutigen Staaten 365 – Bedürfnisse der Zeit 301 Befangenheit 364 Beförderung persönlicher Interessen 367 Befreiung – Befreiung des Gewissens 294 – Befreiung von jeder naturwidrigen Schranke 375 Begebenheit, große, der Zeit 22 Begeisterung 458 – die den Deutschen natürliche Begeisterung 363 Begriff 24, 107, 284 f., 288, 296, 442, 462, 544 – abstrakter Begriff 449 – Geschichte unserer Erkenntnis der Begriffe oder der Bedeutungen der Wörter 545 – Begriff des Hauptwortes 288 – historische und philosophische Begriffe 20 – Nebenbegriff des Gewaltsamen und Plötzlichen 436 – Begriff in seiner Reinheit 545 – [Begriff] aus den fremden Umhüllungen herauszuschälen, die ihn dem geistigen Auge verbargen 545 – Begriffe verwirren und verhetzen 544 Begriffsbestimmungen 20 Begriffsroheit 292 Begriffsverwirrung 544

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Historische Begriffsregister

Beherrschung der Welt durch die Kirche, einseitig klerikale Gelüste nach 518 Beisatz der Sylben ’ismus’ 288 Bekenntnis 198 Beletagen 519 Benennung 298, 442 – Fehlerhaftigkeit der Benennung 298 – Gegensatz in der Benennung 298 Beschönigung des menschlichen Verderbens 189 Besitzende 454* Besitzes, Vertretung des 455 Besitztum, von außen gesichertes 453 Besoldungen, landesherrliche 186 Besonnenheit 207 Besorgte und Ängstliche 466 Bestehende, das 282, 373, 376 Bestrebungen der Menschheit 304 Bevölkerung, allgemeine 465 Bewegung 20, 372 – Bewegung von 1848 443 – Bewegung in den Gemütern 287 – Männer der Bewegung 372* – revolutionäre Bewegung 456 – rückgängige Bewegung 202 – Bewegung und Unruhe 293 Bewußtsein 442 – mystisches, sich selbst unklares Bewußtsein 452* – Wurzel des Bewußtseins 452 Bezeichnung 464 – Bezeichnung der Gegner 298 – wörtliche Bezeichnung 365 Bibelgesellschaften 287* Bildung 363, 415, 433, 500, 523, 549 f. – gewisse Bildung 379 – Bildung der Nation 202 – moralische Bildung des Volkes 377 Bildungsganges, tiefere Gesetze des 446 f. Bildungsgrad, politischer, des Volkes 439 Bildungsstand 198 Bildungsstufe 432 Billigkeit 195 Blick, heller 446 Blutgerüste 372 Boden, gegebener historischer 436 Bourbonen, Bourbons 290, 456 Bourgeoisie 454* – constitutionelle Bourgeoisie 461 – reale Interessen der Bourgeoisie 456 – Zeit der Bourgeoisie 455 Bösen, die 362 Brennpunkte 291

Brotrinde 519 Brüder, feindliche 305 Brumaire 456 Bund – engerer Bund im Bund 364 – Bund der Fürsten 363 – Bund der Völker 363 Bundesstaat, nationaler 363 Bundesverfassung, nationale 364 Bündnis der Völker 457* Bürger 188, 282 – Mitbürger 182* – Neigung des Bürgers 188 – Wert und Wohlstand des Bürgers 204 Bürgerkrieg 372 bürgerlich – bürgerliche Gesellschaft 456 – Urzustand der bürgerlichen Gesellschaft 432 – bürgerliche Kultur 552 – bürgerliches Leben 362 – bürgerliches und kirchliches Leben 200 – Kreis des bürgerlichen Lebens 293 – bürgerliche Revolution 37 – bürgerliche Verbindung 187 – bürgerlich-volkstümlich 439 Bürgerrechts-Diplom 203 Bürgersinn, eigentlichster 191* Bürgersleute, junge 387 Bürgerstand 461, 464 – reich gewordener Bürgerstand 464 Bürgertugend 438 Bürgertum 57 Bürgschaft 302 Bürokratie – preußische Bürokratie 285 – Unzufriedenheit mit der Bürokratie 285 Burschenschaft, deutsche 458 (vgl. auch unter K) Capitalisten 294 Carbonari, italienische 203 Carboneria 288 Carricatur, wahre 306* Casino 466 f. Centralisation, intolerante, rücksichtslose 518 Chaos 25, 189, 282, 290 Charakter 522 – Reinheit des Charakters 207 Charaktermann 460* Chimären 297

Deutsches Register

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Chinesen Neger 522 Christen 518 Christentum 518 christlich – christliche Konfessionen 107* – christliche Religion 293* Citras 298 Civilisten, angestellte 385 Collegial-Votum 102 Conflict der beiden Factoren 305 Consultationen 102 Contrat social, Sätze des 382 Convulsion 21 Corporationen 433 Culis, elende asiatische 522 Culminationspunkt 304 Cultur 296, 518 Culturzustände 439

– – – – – –

Dampfschiffe 287* Debatten 387 definirbar 545 Definition 36 Defraudation 104 Demagogen 202 Demokraten 186, 442 f., 444*, 454 f., 458 – radikale Demokraten 450* Demokratie 37, 449 f., 451 – alte kleinbürgerliche Demokratie 519 – Sympathien mit der Demokratie 450 demokratisch 32, 439 – Prüfung demokratischer Lehrmeinungen 458 – wahre demokratische Doktrin 467 Demokratism, absoluter 306 Demokratismus 453, 502 Denkart, andere, in allen Dingen 192 Deputierte 371* – Tribünen der Deputirten 465 Despoten 443* despotisch 105 Despotismus 195, 198, 379, 443* destruktiv 432 Destruktive 368 deutsch 441 – deutscher Geist und Wesen 551* Deutscher 189, 190*, 367*, 451 – Eigentümlichkeit der Deutschen 450 – Deutscher der bürgerlichen Kultur und wie der der Romantik 552 Deutschheit, konfuse 451* Deutschland, Teutschland 191, 202*, 363, 384*, 441 f., 446, 467, 515, 521, 523

edel 191, 195 Edelmut 190* Edel- und Freisinnigkeit 284 Edle, das 296 Egoismus 289 – Egoismus der Zunft, der Corporation, des Standes 442 egoistisch – egoistische Absichten 371 – egoistische Zwecke 387 Ehrenkränkung 433 Ehrenmann 436* Ehrentitel 464 Ehrfurcht 196 Ehrgefühl 204 Ehrsucht 200* Eifer für jede Neuerung 443* Eiferer 455 Eigenheit 455 Eigennutz 364, 443* Eigentum 282, 293 Eigentümlichkeit des Einzelnen 447 Einfalt, reine 287* Einfluß 521 Eingreifen, ungesetzliches, in die bestehenden Verhältnisse 376 Einheit – Einheit und Freiheit 457* – Einheit des Realen und des Idealen 304 Einhüllung 190* Einrichtungen – alte Einrichtungen 466 – bestehende Einrichtungen 467

Deutschlands Einheit 367 Deutschlands Freiheit 367 neues Deutschland 450* südwestliches Deutschland 363 Deutschlands Wiedergeburt 367 Wiedergeburt Deutschlands zur Freiheit und Einigkeit 363 Deutschtümler, germanische 203 Devise, negativer Charakter der 445 Dilemma, komisches 441 Diskussion 198 Doctrinärs, Doctrinairs 207, 284 Dogmen 452* Doktrinen, politische 463 Dualismus, manichäischer 304 Durchbildung, folgerichtige 381 – Durchbildung und Allseitigkeit 441 durchgreifend 273

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Historische Begriffsregister

– menschliche Einrichtungen 301 – Einrichtungen in der Zeit 282 Einseitigkeit 306* Einsicht 363 einsichtsvoll 584 Einzelne, das, in seiner Abstraktion 292 Einzelner, als Glied des großen Ganzen 438 Einzelwesen 523 Einzelwillen 293 Eisen und Blut 516 Eisenbahnen 287* Eitelkeit 207 Elemente – entgegengesetzte Elemente 461 – streitende Elemente 305 Emanzipation – Emanzipation der Menschheit 437 – radikale soziale und politische Emanzipation 383 Emigration 523 Entfaltung, höchste 362 Engel, gefallene, verstoßene 23 Enthusiasmus 189 Entschiedene 460* Entwicklung, Entwickelung 299, 460 – Entwickelungs-Bezeichnungen 460 – freie Entwicklung 196 – Entwicklung und Fortbildung 444 – menschliche Entwicklung 300 – gewisse Stufe menschlicher Entwicklung 434 f. Entwicklungsfähigkeit des Menschen 299 Entwicklungsgrad 299*, 300 Entwicklungsstufe der fraglichen Periode 304 Entzweiung der zur innigsten Einheit bestimmten Elemente 304 Epikureismus 293* Epitheton 381 Epoche 20 Erbrecht, logisches 290 Erbstück, todtes 435 Erdengüter 438 Erdkreis 21 Erfahrungen 466 – Erfahrungen aller Länder und Zeiten 297 Erfolg 515 erhaltend 444 Erleuchtung 120* Erhabene, das 103, 126 Erstarrung und Stagnation 444

Erzählung, parteiische und unparteiische 82 Europa 294, 463 – Staaten des civilisirten Europa 452* – politische Verhältnisse Europas 362 – europäische Welt 297 Excentrizität der Handlungen 205 Existenz, reelle 451 Extrem 369, 438 – Vorrücken nach dem Extrem 460 Fabrikanten und Capitalisten, Ungerechtigkeit der großen 454* Faction – junghegelianische Faktion 444 – Faction des Umsturzes 380 Fähigkeit, gleiche, zu Staatsämtern 376 Fahne 436* – Fahne vor dem Wind 452 – Fahne des Zeitgemäßen 378 Faktoren 304 Fallit 25 Familie, große politische 196 Fanatismus 196, 288, 446, 458 faul und krank 521 Fazilitäten der Kommunikation 287* Fehler, großer, von 1848 516 Feind, natürlicher 382 Feldgeschrei, neues 193 Feldmarken 22 Fessel des Rechts und der Freiheit 294 Fesselung des Gewissens 373 festhaltend 444 Feudalität 202 Feudalwesens, Reste des 462 Feuerprobe 193* Fieber politischen Wahnsinns 366 Form 379 – verlebte Formen und verjährte Fesseln 435 – vernünftige monarchische Form von 1814 290 Fortbildung 452* – naturgemäße Fortbildung zu größerer Vollkommenheit 376 Fortgang vom Kleinen zum Großen 299 Fortkommen, angemessenes 187 Fortschreiten – notwendiges Fortschreiten in der Civilisation 299 – Fortschreiten der Menschheit 294 – Fortschreiten im Rechte, in der Wahrheit, in der Freiheit 365

Deutsches Register Fortschritt 297, 445 f., 451, 548 – Fortschritt im Bewußtsein der Freiheit 35 – dem Flug der Zeit folgender Fortschritt 447 – Förderung des Fortschritts 439 – absolutes Hindernis des wirklichen Fortschrittes 446 – Idee des technischen Fortschrittes 519 – Männer des Fortschrittes 380 – Fortschritt und Reaktion 462 – unveräußerliches Recht des Fortschrittes 433 – vernünftiger Fortschritt 501 fortschrittlich 563 Frankreich 294, 456 Franzen 451* Franzosen 207 französisch 451* frei 194 freigebig 157*, 191, 273 – freigebig und gutthätig 100 Freigebigkeit 100, 104, 157*, 158* Freigeborener 100 Freigelassener 100 Freiheit 35, 100, 102, 106, 189, 194 f., 293, 296, 303, 375 f., 381, 432, 435, 437 f., 451* – allgemeine Freiheit 297 – äußere Freiheit der Beherrschten 302 – ausgedehnteste und gleichste Freiheit Aller 431 – Begriff der Freiheit 452 – beschränkte Freiheit 455 – bürgerliche Freiheit 188 – bürgerliche und politische Freiheit 375 – Entzündung der Religion der Freiheit 452 – Eroberung einer neuen, der wirklichen Freiheit 453 – Freiheit des Erwerbs 204 – Freiheit der Feder 106 – Feind der Freiheit 443* – das Formelle der Freiheit 293 – Gattungen von Freiheit 197 – Gebirgshöhe der Freiheit 439 – geduldete Freiheit 451* – geistige Freiheit 453 f. – geschenkte Freiheit 451 – geschenkte kleinstaatliche Freiheit 451* – gesetzliche Freiheit 297 – gesetzmäßige Freiheit 202

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– Freiheit der Gesinnung gegen andere Glaubensgenossen 106 – gleiche Freiheit 431 – Grundgesetz aller Freiheit 460 – Gut der Freiheit 443* – Idol der falschen und revolutionairen Freiheit 307 – kleinstaatliche Freiheit 451 – Freiheit der Meinungen 204 – öffentliche Freiheit 196 – öffentliche Freiheiten 367 – Freiheit der Person 204, 293 – Phantasie der Freiheit 452* – Freiheit in der Phantasie 452* – politische Freiheit 198, 452* – politische und religiöse Freiheit der Bürger 201 – Freiheit der Presse, des Gewissens und des Handels 202 – gegenseitiger Schutz ihrer Freiheit 381 – soziale Freiheit 454 – System der Volksfreiheit 459 – Freiheit gegen die Unterdrückung 364 – Freiheit der Untertanen 451 – Freiheit der Untertanen in den absoluten Monarchien 451* – Freiheit eines Volkes, welches in der Theorie stecken geblieben 452 – vollkommene Freiheit und Gleichheit des Denkens und Wollens 439 – Werk der Freiheit in Deutschland 373 – wahres Wesen der Freiheit 432 – guter Wille zur Freiheit 451 – wirklicher Wille der Freiheit 451 – fromme Wünsche für die Freiheit 450 – inniger Zusammenhang der geistigen und sozialen Freiheit 454 Freiheitsidee 384 – moderne Freiheitsidee 551* – süddeutsche und norddeutsche Freiheitsideen 384* – Notwendigkeit, die Folgerungen der westlichen Freiheitsideen einzuschränken 551* Freiheitskriege 450* Freiheitsliebe 302 Freiheitslust, mißverstandene 366 Freiheitssinn 195, 363 Freiheitstrieb 301 freiisch 195 freimäßig 195 Freimaurer 523 freimütige Reden 452

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Historische Begriffsregister

Freisinn 202 – Freisinn in Religionssachen 106 freisinnig 195, 203, 273, 373 – freisinnige Ideen 435 – freisinnigste Reden 443* Freisinnige 364 Freisinnigkeit 450 Fremdkörper 523 Freundschaft 458 Frieden, ewiger 189 friedlicher, gesetzlicher Weg 432 Fruchtbaum, köstlichster 438 Fürst 203 Fürstengewalt, erbliche 202 Fürstenknechte 443* Fürstenlieblinge 443 f.* Fürstentum, unumschränktes 440 Garantien 453 – Garantie für die Rechte 454* gebildet 584 – gebildeter Mensch 186, 301 – gebildete Welt 287* Gebrechen, öffentliche 303* Gedanke, letzter 523 Gegensätze, Lebendigkeit politischer 452* Gegensatzlosigkeit 451 Gegenteil 518 Gegenwart 296*, 299, 309, 366 – wahres Bedürfnis der Gegenwart 299 – Kämpfe der Gegenwart 462 – lebendige Gegenwart 467 – lebendiges Recht der Gegenwart 467 – Vorteile ihrer eigenen Gegenwart 523 Gegner 523 – weltanschauliche Gegner 523 Gehalt 380 Gehorsam – passiver Gehorsam 202 – unbedingter Gehorsam 307 Geist 23, 362, 376, 438, 544 – Geist des Alterthums 284 – Geist der Egoisterei 191 – höhere Geister 438 – menschlicher Geist 375 – Geist der ächtesten und humansten Philosophie 105 – polemische Geister 463 – Geist der Reform 308 – stürmischer und revolutionärer Geist 464 Geistesentwicklung, ungehemmte 205

Geisteskräfte 196 Geistesverkehr, freier 206 Geisteszustand 453 Geldhochmut 294 Geldsack 438 Gelehrsamkeit, scheinbare 379 gelehrt 439 – gelehrte Richtung 367* Gelehrte 207 gemein – gemeiner Nutzen 94 – gemeines Wesen 23 Gemeine, das 296 Gemeingeist 191, 296 Gemeingut 438 Gemeinwesens, Angelegenheiten des 302 Gemeinwohl 94 Gemüt 157*, 363 – lebendiges Gemüt 107 – rechtschaffene Gemüter 199 Genossenschaft 292 – tiefer germanischer Zug der Genossenschaft 467 geographische Lage 551* germanisch 521 Geschäftsfragen, große 519 Geschäftsmänner 284 Geschichte 20, 36, 307, 309, 368, 444, 466, 523, 545, 551* – geschichtliches Erleben des 19. Jahrhunderts 37 – neuere Geschichte 383 – normaler Proceß der Geschichte 466 Geschworene 377 Geschworenengerichte 202 Gesellschaft 21, 297, 299, 362, 523 – aufgelöste Gesellschaft 523 – Gang der Gesellschaft 205 – gegliederte Gesellschaft 523 – Gesellschaft der Menschen 381 – Natur der Gesellschaft 282 – Selbständigkeit der modernen Gesellschaft und ihrer Kultur 518 Gesetz 104, 203, 282, 365, 451 – wohlthätige Herrschaft des Gesetzes 438 – positive Gesetze 199, 204 – schlechte Gesetze 303 – Gesetz des persönlichen Souveräns 451* – Gesetze freier Wesen 451 – Gesetz gegen die Willkür 364

Deutsches Register Gesetzgeber 298* Gesetzgebung, Civil-, Criminal-, Polizeiund Militär- 451* Gesetzgebungsgeschäft 298*, 299 f. gesetzloser Zustand 282 Gesetzlosigkeit 455 Gesetzmäßigkeit 464 Gesinnung 107, 287*, 376, 380, 415, 441, 446, 450, 543, 549, 557 – adlige Gesinnung 438 – edle und großmächtige Gesinnungen 198 – edle, patriotische Gesinnungen 196 – Gesinnung des Einzelnen 438 – großherzige, humane Gesinnungen 191 – gute Gesinnung 451 f. – Säcularisation der Gesinnungen 292 – Trefflichkeit der Gesinnung 364 Gespenst des alten deutschen Reichs 451* Gestalt – äußere Gestalt 518 – Gestalt der Verhältnisse 447 Gesundheit 306* Gewandheit 287* Gewalt 197 – menschliche Gewalt 435 – Recht der Gewalt 465 – brutale Gewalt der Tierheit 188 – vormundschaftliche Gewalt 188 Gewisse, das 372 Gewissen 387 Gewissensfreiheit 196 Gift 366 Glanz, nichtiger 367 Glaube 455 – Gebiet des Glaubens 305* – Glaube an eine Zukunft voll Freiheit und Fortschritt 439 Glaubensbekenntnis, politisches 366 Gleichförmigkeit des Verfahrens 200*, 206 Gleichgültigkeit 191, 388 – tödtende, mechanische Gleichgültigkeit 432 – träge Gleichgiltigkeit 439 – Gleichgültigkeit gegen fremdes Wohl 191 Gleichheit 432, 460 – äußerliche Gleichheit von Besitz und Macht 431 – Gleichheit der Besteuerung 202

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– Gleichheit des Gerichtsstandes und der Besteuerung 204 – Gleichheit vor dem Gesetz 376 – Gleichheit der Presse 202 – Gleichheit der Rechte und Pflichten 202 – soziale Gleichheit 455 – ursprüngliche Gleichheit 189 Gleichmacherei 384 – stumpfe Gleichmacherei und mouvement 384 Gleichstellung vor dem Gesetz 465 Glücksgüter 104 Glückshafen 25 Gothaer 514* Gott 304, 455, 518 – Kampf gegen den wahren Gott durch den Staat 518 – präsenter Gott auf Erden 518 Gottes Gnade 460 Gottes-Verehrung, reine 196 göttlicher Auftrag 107 Götzenbild, tönernes 518 gouvernementale Tätigkeit 516 Grausamkeit 200*, 458 Grenzen – Grenzen der Mäßigung 199* – Grenzen des Wahren und Guten 307 große Männer 25 Großherzigkeit 195 Großindustrielle 519 großmüthig 195 Grundfarbe des Charakters 365 Grundsatz 515 – politischer Grundsatz 196 – politische Grundsätze und Begriffe 193* Grundton des innersten Wesens 439 Gute, das 103, 303* Guten, die 362 Gutgesinnte 458 Gutsbesitzer 285 Gutthätigkeit 100 Habgier 196, 200* Halbheit 366 Hambacher Volksfest 370 Handbuch 517 Handel 456 Händler in schwarzer und weißer Menschenware 522 Hanf 386 Harmlosigkeit 452*

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Historische Begriffsregister

Haufen, großer 185 Hauptredner 370 Hauptworte 288 Heer 204 Heil – Heil der Menschheit 304 – Heil im Unterricht 367* – Heil der Welt 306, 452 Heilige, das 302* Heiligtum der unserer Erfahrung zugänglichen Vortrefflichkeit 362 Helden 370 Hellenen 522 Heranreifen der Völker zur Mündigkeit 435 Herrenmenschen nach unten 519 Herrschaft 302 – Herrschaft der Edelsten, Besten 284 – Herrschaft des Geldes 455 f. – Herrschaft des Irdischen 22 – kraftvolle Herrschaft weiser Gesetze 308 – Herrschaft im obersten Kreise 465 – launenhafte Herrschaft der Willkür 308 – willkürliche Herrschaft der Majorität 432 Herrscher, absoluteste 455 Herrschergewalt, absolute 202 Herz 376 Hierarchie 454 Hirngespinste 306 Historiker, philosophischer 304 historisch – festere historische wie nationale Basis 441 – historische Schule 442 – Männer der historischen Schule 520 Hoffnung 370 – Hoffnung zum Handeln 384 Hofjacobiner, Königlich Preußischer 285 Hof- und Regierungs-Personal 284 Höfling 196 höhere Hand 435 Humane 460* Humanismus 204 Humanität 189, 518 Ideales 304 Idealismus – politischer Idealismus ihrer alltäglichen Praxis 456

– rein politisch-theoretischer Idealismus 461 Idee 23 f., 107, 544 – allgemeine Ideen 299 – bloße Idee 299* – Idee der Epoche 37 – Ideen der Freiheit und der Gleichheit 302*, 364 – Ideen der ächten, politischen und religiösen Freiheit 438 – Ideen der politischen Freiheit 440 – Ideen von der politischen und religiösen Freiheit 201 – Ideen und Gedanken 519 – historische Ideen 384 – Hochmut der Ideen 23 – Kampf gegen die Ideen 23, 544 – revolutionäre Ideen 291 – unpractische Ideen 446 – weltbewegende Ideen 435 – Idee des Zeitalters 25 Identität 296, 304 – Identität der organischen Form 292 Ideologen, Verachtung der 456 ideologisch 283 Imperfektibilismus 302 independent 203 Indifferentisten 196 Indifferenz 304 Individuum 292, 548 Industrie 456 industrielle hommes d’affaires 456 Industrieritter, rohe Gewalt der 454 Innere, das, des Lebens 284 Innung 292 Institutionen, zeitgemäße 202 Integrität 101 Interessen 544 – geheiligte Interessen des Staates 199* – Interessen der Gesamtheit 433 – ideelle Interessen 379 – materielle Interessen 444, 456 – politische Interessen 456 – wirkliche Interessen 457 Interessengruppen, mechanisch neben und durcheinander geschobene 521 Internationale, große 523 intrigant 381 Ironie 27 Irreligiosität 292 Irrlehre, politische 378 Irrsal, verderblicher 369

Deutsches Register Irrtum 289* Italien 290, 294 Jahrhunderte 362 – versunkene Jahrhunderte 435 Jakobiner 207 – französische Jakobiner 203 – Jakobiner und Revolutionairs 292 – rote Jakobiner 202 – weiße Jakobiner 202 Jakobinismus 288, 301 f., 305*, 379 Jargon, afterphilosophischer 444 Jesuitismus 306* – neuer Jesuitismus 306 Joch eines lächerlichen Ceremoniels 187* Juden 521 f. – Gütererzeuung und Anhäufung in den Händen einiger Juden 522 Judenemancipation 521 Judenschleppträger 522 Judentum 523 – gesetzliche Weihe des socialpolitischen Einbruches des Judenthums in die germanische Gesellschaft 521 Juliusmänner 435 jungdeutsch 520 Juristen 385 Juste Milieu 368, 386 (vgl. auch unter C) Kaiser 552 Kalamitäten 379 Kammer 443, 464 – Willen der Kammer 465 Kammermajorität 465 Kammermandarine 464 Kampf 440, 515 Kampfart 448 Kanzler 282 Karbonarismus 301 Kargheit 104 katholisch 530, 565 – katholische Laien 518 Katholizismus 517, 542 f., 552 Käufe und Verkäufe 519 Kern des philosophischen Pudels 444 f. Ketten – alte Ketten 294 – neue schlimmere Ketten 294 Kirche 305*, 454, 518 – christliche Kirche 522 – katholische Kirche 306* – politische Kirchen 523

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Kirchlichkeit, Kampf gegen 37 Klang, fremder, vornehmer und wohltönender 189 Klarheit 446 Klasse – arbeitende Klassen 383 – Erhebung der niederen Klassen 456 – gebildete Klasse 205 – Leute aus der gebildeten Klasse 387 – mittlere Classen der Gesellschaft 379 – ungebildete und arme Klasse 387 Klub 387 Kluft zwischen dem freien Menschen und dem Sklaven 194 Knecht 100 Knechtschaft 294 Knechtsinn 364 Knochenfraß und Krebsschaden 366 Koexistenz 500 – friedliche Koexistenz 431 f. kollegialische Form 206 Kommunismus 37, 288, 523 Kommunisten 458, 466 König 465 Königreich 191* Königtum 297 – durch Volksvertretung gemäßigtes Königtum 461* Konsequente 460* Konservation 444 – Gesetze und Bedingungen lebendiger Conservation 444 konservativ 438, 442 ff., 455, 466 f., 501, 503, 520, 550, 565, 581 – conservatives Centrum 466 – conservative Grundsätze und Interessen 444 – tiefer conservativer Sinn 467 – ultra-conservativ 457 Konservative 368, 436, 442, 457, 465 ff. – Versammlung von Conservativen 467 Konservatismus 436, 444, 447, 581 f. – Kollektivnamen des Konservativismus [sic!] 459 Konstitution 445, 457 – französische Constitution 465 – freie Konstitutionen 192 – repräsentative Konstituzion 302 f. – spanische Constitution 465 – Konstitutions-Sucht 378 Konstitutionalismus 449, 465, 515 – ächter Constitutionalismus 465 – Basis des Constitutionalismus 515

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Historische Begriffsregister

– Bedeutung des Constitutionalismus 465 – als Gegentheil des Radikalismus und des Absolutismus 465 konstitutionell 462 f., 465 – alte constitutionelle Doktrin 467 – gemütliche konstitutionelle Pfeife 382 – Kämpfer der constitutionellen Sache 464 Konstitutionelle 202, 446, 461 f., 502 – bloß Konstitutionelle 382 – Constitutionellgesinnte 435 Konzessionen 444 Korporation 292 Korporationswesen 384* Kraft 364 – innere Kraft 438 – Kräfte und Elemente des Menschenlebens 304 Krankheit 306* Kreise des praktischen Lebens 441 Krieger, glücklicher 302* Krisis 305 Kritik 198, 285 Kritizismus, kantischer 382 Kulturkampf 517 f. Kulturwerte, lebensvollste Kombination aller Arten von, der ideellen, der ethischen und der organischen 552* Kunst 22 – schöne Künste 158* Künstler 105 Kurfürst 465 Lakaien-Denkart 190* Lancasterische Lehrmethode 287* Landesversammlungen 364 Landmann 185 Lappen alter Herrlichkeit 202* Laternen 386 Leben der Natur und der Geschichte, beschränkter Begriff vom 434 Lebensentwicklung, geschichtliche 435 Lebenskreise 461 Lebensschule 440 Lebenstact 446 Lebensunterdrückung, despotische und hierarchische 434 Legitimisten 436 Legitimität 308 Lehre und Beispiel 377 Lehrer 434* Leidenschaft 205, 437 f.

– Leidenschaft der Neuerung 440 Leidenschaftlichkeit 519 – blinde Leidenschaftlichkeit 439 Lektüre 387 Leute – Leute von wahrer Einsicht 384 – Leute von Verdienst 157* Leutseligkeit 190* liberal – Antiliberales 304 – liberale, volkstümliche, politische Ausbildung 387 – Ausdruck liberal 195 – liberale Bedürfnisse der heutigen Völker 308 – liberale Behandlungsart 191 – liberale Bemühungen 387 – Bezeichnung liberal 381 – liberale Bildung des Geistes 185 f. – liberale Bourgeoisie 456 – liberal erzogene Bürgerklasse 185 – Bürokraten von liberaler Färbung 284 – liberaler Constitutionalismus 379, 465 – moderner liberaler Constitutionalismus 379 – liberale Cortes 203 – liberale Denkart 458 – liberale Denkungsart 104, 584 – liberale Denkungsart des Unterthanen 106 – edle und liberale Denkungsart 187 – liberale Doktrin 293*, 379 – liberale Einrichtungen 458 – liberale Elemente 461 – entschieden liberal 385 f. – liberale Erziehung 105, 185, 584 – liberales Europa 363 – liberales Fabriksystem 294 – liberaler Gebrauch 199* – liberaler Geist 187, 197, 584 – liberalerer und vielseitigerer Geist 205 – gemäßigt liberal 386 – liberaler Genius der Zeit 140 – dem liberales Genius der Zeit angemessene Anstalten 140 – liberale Gesetze 202 – liberale Gesinnung 199, 204 ff., 450*, 549, 561, 584 – liberale und großmüthige Gesinnungen 191 – Verkümmerung der liberalen Größe 516

Deutsches Register – liberale Grundsätze 186 f., 193 f., 197, 199, 200*, 584 – liberalste Grundsätze 199, 200* – schonende und liberale Grundsätze 187 – liberale Idee, liberale Ideen 107, 199, 201, 203, 206 f., 254 f., 291, 294 f., 302, 365, 384, 438, 449, 560–64, 584 ff. – liberale und erhabene Ideen 191 – liberale Ideen und Institutionen 202 – Zeitalter der liberalen Ideen 201, 203 – illiberal 370, 460, 565 – das despotische, illiberale, undeutsche Preußen 365 – Bürgschaft der liberalen Institutionen 365 – eigentlich liberale Institutionen 365 – liberale, ächt monarchische Institutionen 205 – liberale Interessen 584 – Liberal-Konservativismus 459 – liberaler Konservatismus 440 – liberale Konstitution 140, 201 – liberal in ihren eigenen Kreisen 519 – liberal im Sinne der Liberalität und nicht des Liberalismus 552 – liberale Maßregel 367 – liberale, große, durchschneidende Maßregeln 192 – liberale Maximen 187, 584 – liberale Meinung 378 – liberaler Mensch 523 – liberal erzogene Mittelklasse 186 – liberales, partheyloses, vielseitiges Nachdenken 187 – national und liberal 457, 520 – Nationalliberale Partei 516 – Opposition gegen das Liberale 384 – liberale Orthodoxie 105 – liberaler Papst 447* – liberale Partei 203, 309, 377, 387, 438, 443, 451, 460, 464 – sogenannte liberale Partei in Frankreich 291 – liberales Philosophiren 104 – liberale Politik 584 – liberales Prinzip 433, 463, 584 – liberale Professionen 105 – liberale Redensarten 456 – liberale Regierung 188, 198, 207, 463, 584 – wohltätiger erfrischender Wechsel liberaler und conservativer Regierungen 516

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liberale Regierungsgrundsätze 205 liberales Regiment der Vernunft 188 bis aufs Rückenmark liberal 448 moderne manchester- und judenliberale Literatur- und Schacherzettelungen 522 – liberale und nationale Schule 442 – liberaler Staat 204, 207, 584 – liberaler Sündenbock 521 – liberales System 362, 584 – liberales Treiben der Zeit 388 – ultraliberal 202*, 370 – ultra-liberale Lehren 443 – liberale Verfassung 192, 197, 200*, 203, 207, 584 – liberale Verwaltung 207, 584 – pseudo-liberale Wähler 373 – das Wort Liberal 194 – liberale Zeitungsschreiberbande 291 Liberaler – Liberale und Absolutisten 387 – Altliberale 443, 514 – angebliche Liberale 283 – Antiliberale 304 – Gegenüberstellung der Liberalen und Antiliberalen 304 – Antiliberale oder Stabile 436 – Besonnenere und Gemäßigtere unter den Liberalen 369 – Bezeichnung Liberale 298 – Liberale der Bildung und Vaterlandsliebe 449 – Liberale Deutschlands 449 – echte Liberale 283, 370, 431 – gemäßigter Liberaler 37 – heftigere Liberale 292 – Invektiven auf die Liberalen 384 – Judenliberaler 521 f. – Liberal-Konservative 459 – Manchester- und Judenliberale 522 – Maulliberale 464 – unendliche Mehrzahl der Liberalen 436 – Name eines Liberalen 380, 433 – Nationalliberale 517 – neue Liberale 458 – norddeutscher Liberaler 441 – Pereant die Liberalen 452 – Pseudo-Liberale 370 ff. – Pseudo- oder Ultraliberale 285, 372* – Liberale und Radikale 447 – Roheit der Handlungen dieser Liberalen 292

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Historische Begriffsregister

– Royalisten und Liberale 295 – sogenannte Liberale 367, 454 – sogenannte Liberale Deutschlands 449 – soi-disant Liberale 292 – süddeutscher Liberaler 441 – destruktive und anarchisch-despotische Tendenz der Liberalen 432 – Ultraliberale 202*, 374, 385 – Ultras und Liberale 297 – vernünftiger Liberaler 432 – als Vorkämpfer der Rechte [des Volkes] 443 – wahrer Liberaler 303* – Zusammenfassung mit den Liberalen 459 Liberalismus – Abfall vom Liberalismus 516 – Abstraktion des Liberalismus 294 – After-Liberalismus 438 – anarchischer und revolutionärer Liberalismus 516 – Antiliberalismus 302*, 303 ff. – Aufgabe des deutschen Liberalismus 364 – Auflösung des Liberalismus in Demokratismus 453 – wilde Ausbrüche des Liberalismus 305* – ausgelassenster Liberalismus 302* – Ausschweifungen eines unächten oder mißverstandenen Liberalismus 434 – äußerste Seite des Liberalismus 462 – Bestrebungen des Liberalismus 438 – bürgerlicher Liberalismus 519 – Liberalismus der bürgerlichen Gesellschaft 456 – Conterfei des Liberalismus 289* – deutscher Liberalismus 363 f., – deutscher Liberalismus im Kern französisch 520 – deutschbürgerliche Illusionen über den Liberalismus 457 – doktrinärer Liberalismus 379 – doktrineller Liberalismus 379 – echter Liberalismus 307 f., 365, 369 f., 372, 375, 377, 434, 442, 550 – Einheit mit dem Liberalismus 457* – äußerste Endpunkte des Liberalismus 365 – entschiedener Liberalismus 284 – als natürliche Entwicklung des geschichtlichen Lebens 434

– Epoche des Liberalismus 438 – als Erbtheil aller Menschen und Völker 439 – als Ergebis natürlicher Gesetze des Geisterlebens 434 – extremer Liberalismus 550 – falscher Liberalismus 367 ff., 371–74, 394, 441, 501, 550 – zersetzender Eifer des falschen Liberalismus 467 – bittere Frucht jenes falschen Liberalismus 369 – Farben des Liberalismus 307 – Liberalismus und zeitgemäßer Fortschritt 458 – französischer Liberalismus 456, 467 – Freiheit des Liberalismus 453 – als denkende, bewußte Freiheitsliebe 435 – Fürsten und Liberale 386 – Gegensatz zwischen Radicalismus und Liberalismus 457 – als Gegenstand der leidenschaftlichsten Anfeindung und der gehässigsten Vorwürfe 431 – gegenwärtiger Liberalismus 456 – Geheimrathsliberalismus 285 f. – Geist des Liberalismus 452* – als Geisteskind und Erbe der absolutistischen Monarchie und Büreaukratie der verflossenenen Jahrhunderte 518 – gemeiner Liberalismus 467 – Genre des sogenannten Liberalismus 449 – Liberalismus als Gesamterscheinung 519 – Liberalismus im Großherzogtum [Baden] 443 – Grundton des Liberalismus 375 – Herd und Mittelpunkte des deutschen Liberalismus 363 – heutiger Liberalismus 456 – Illiberalismus 302 – als Inbegriff der auf Herstellung eines vernünftigen Rechts gerichteten Bestrebungen 431 – den Liberalismus indulgieren 515 – jüdischer Liberalismus 521 – Katechismus des Liberalismus 459 f. – Liberalismus und Konservatismus 462 – konservativer Liberalismus 440

Deutsches Register – konservativer werdender Liberalismus 464 – konservatorischer Liberalismus 283 – konstitutioneller Liberalismus 444, 446 – als eine seine Gedanken selbst realisirende Macht 516 – gute Meinung des Liberalismus 452* – Mißhandlung des ächten [Liberalismus] 434 – mißverstandener Liberalismus 434 – moderner Liberalismus 518 – Möglichkeit des Liberalismus 460 – Nationalliberalismus 520 f., 542 – neudeutscher Liberalismus 520 – neumodischer Liberalismus 384 – Neuwerdung des Liberalismus 520 – norddeutscher Liberalismus 441 – nüchterner und hausbackener Liberalismus 382 – Liberalismus, der zu opponieren berufen ist 440 – Oppositionsliberalismus 444 – Parteiliberalismus 440 – Liberalismus als Partei der Emporkömmlinge 523 – positiver und staatsbildender Liberalismus 516 – Preußens Liberalismus 515 – Pseudo-Liberalismus 369 f., 373, 416, 521 – nie versiegende Quelle des Liberalismus 296 – radikaler christlicher Liberalismus 363 – Liberalismus und Radicalismus 448 – Liberalismus, der zu regieren versteht 440 – Liberalismus der Regierung 308 – regierungsfähiger Liberalismus 542 – Regimentstambour des Liberalismus 383 – allertrivialster französischer Restaurationsliberalismus 444 – Liberalismus und Royalismus 362 – Rückkehr vom falschen zum echten Liberalismus 369 – als Rückkehr zu den Grundsätzen des vernünftigen Rechts 435 – ruhiger und besonnener Liberalismus 302 – schaler Liberalismus 290 – Scheidung zwischen Liberalismus und Radicalismus 464 – schreiender Liberalismus 294

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– Liberalismus aus Schwäche 207 – schwankender, fauler und selbstsüchtiger, jesuitisch täuschender, anarchistisch-umstürzender Liberalismus 363 – Schwärmerei, Ideologie über den wirklichen Liberalismus 457 – als theoretischer Sohn der früh verstorbenen demokratischen Partei 450 – allerschlechteste Sorte von Liberalismus 371 – sozialer Liberalismus 520, 543, 558 – Staats-Liberalismus 438 – vom Liberalismus geleiteter Staat 518 – staatsbildender Liberalismus 542 – Liberalismus im Süden 365 – süddeutscher Liberalismus 441 – Liberalismus als politisches System 521 – tatenloser Liberalismus 387 f. – Tiefe und Fülle [des Liberalismus] 440 – Träger und Förderer des Liberalismus 523 – Überschreitung des Liberalismus 453 – Ultra-Liberalismus 287, 301, 307, 437 f., 550 – umstürzender Liberalismus 283, 344, 549 – heilsamste Umwandlung [des Liberalismus] 378 – unechter Liberalismus 296 f., 307 – ursprünglicher Liberalismus 550 – Verdacht des Liberalismus 433 – als Vernunfterkenntnis angewandt auf unsre bestehenden Verhältnisse 456 – Verwirrung des Liberalismus 377 – Vorwurf der Flachheit und Seichtigkeit [des Liberalismus] 440 – wahrer Liberalismus 373 f., 376, 391, 416, 438, 442, 446, 501, 550 – weitergebildeter Liberalismus 457* – Weltanschauung des Liberalismus 519 – Wert des [echten Liberalismus] 434 – Wesen dieses Systems des jetzigen Liberalismus 518 – Wurzel des Liberalismus 296 – Zauberwort Liberalismus 361, 414 – Zerfahrenheit des Liberalismus 450 – Zweck des ächten Liberalismus 437 liberalistisch 523 – liberalistische Begriffe Freiheit, Toleranz, Fortschritt, Friede und Zusammenarbeit der Völker 523 – liberalistische Front 523 – liberalistische Richtung 207

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Historische Begriffsregister

Liberalität 68, 100, 103–07, 126, 185, 189 f., 192, 195, 200–04, 206 f., 254 ff., 284 f., 308, 345, 549, 501, 550, 552, 557, 561, 584 f. – Liberalität der Denkungsart 103 f., 126, 188, 197, 200, 376 – echte Liberalität 380 – Geist der Liberalität 206 – Humanität und Liberalität 519 – Illiberalität 199, 202 – innere Liberalität der Gesinnung 367 – Maske der Liberalität 200* – Liberalität der Preußischen Zensur 207 – Liberalität bei der Regierung 204, 282, 308, 344, 549 – Liberalität der Regierung 204, 255 – Uebersetzung der Liberalität 190* – Ultra-Liberalität 197 – wahre Liberalität 434* Libertät 100–03, 126 Libertinismus 305*, 306* – ausgelassenster Libertinismus 302 Liebe der Wahrheit und der Gerechtigkeit 377 linkes Zentrum 466 Literatur 362 Logik 20, 288 Losung 445 Lösung, befriedigende, unserer politischen Aufgaben 516 Losungswort 193 Lüge 207, 289* Lügengeister 23 Lust am Schönen der Natur 104 Macht 199, 515 – äußere Macht 377 – comprimierte Mächte 20 – Macht der Geister 199 – Macht beharrlicher Verhältnisse 440 Machtbefugnisse, ausgedehnte 466 Magie 296 Majoritätsbeschlüsse 515 f. Manchesterapostel 522 Manchestertum 37 Mangel – Mangel an Einsicht 303 – Mangel des Politischen 367* Mann, echt göttlicher 437 Martyrthum 365 Marxismus 523 Maschinen 522 Maske des Gemeinsinns 205

Maß 384 – Maß und alle Achtung gegen die Regierung 292 – Maß und Gewicht 370 Massen 378 Mäßigung 302* – Mäßigung in allen Dingen 370 – freiwillige Mäßigung 446 Maßregeln 384 – gewaltsame Maßregeln 303* – halbe Maßregeln 446 Materialismus, politischer 432 Meinung 437 – gute Meinung 450 f. – öffentliche Meinung 198, 199*, 206, 366 – Stempel der herrschenden Meinung 27 f. Menge, leicht irre zu führende 373 Mensch 518 – freier Mensch 434*, 453 – freier, wohlerzogener Mensch 194 – Schönheit des physischen Menschen 522 – unreifer, unmündiger Mensch 434* Menschen Dasein 522 Menschenfreundlichkeit 190*, 195 Menschengeschlecht 188 Menschenglück 438 Menschenrechte 436 – Lehre vom Menschenrechte 189 Menschenwürde, Bewußtsein der 438 Menschheit – europäische Menschheit 362 – höhere Güter der Menschheit 376 Metaphysik, Grundtiefe der 379 Milani 466 mild 191, 195 – milde gemäßigte Reden 379 Mildthätigkeit 100 milte (mittelhochdeutsch) 94 Minister 444* – verantwortliche Minister 465 Ministerielle 386 Mißbrauch – skandalöser Mißbrauch 190 – Mißbrauch der Worte 284 Mißtrauen, organisiertes 441 Mitte – Mitte zwischen Despotismus und Revolution 379 – falsche Mitte 436 Mittel und Zweck 441

Deutsches Register Mittelalter 25, 386 – Charakter des Mittelalters 309 mittelalterliche Institutionen 454 Mitteleuropa 295 Mittelklasse 57, 185 Mittelmäßigkeit 287* Mittelpunkt der Gedanken 362 Mittelstand 454*, 464 – handeltreibender und industrieller Mittelstand 459 – wohlhabender Mittelstand 464 Mittelstraße, goldne 189 mittlere Kultur 287* Moderierte 186 Monarchie 296, 379, 382, 444, 467, 515 – konstitutionelle Monarchie 202, 463, 465 monarchischen Form, Aufgeben der 464 Monarchisches und Dogmatisches 291 Monarchism 306 Monarchisten 467 – reine Monarchisten 202 Monopole 454* moralisch 519 Moralische, das 126 Moralität 197 Mündigkeit 435 Musik, überfüllte 287* Mut 364 Mutlosigkeit 384 Muttersprache 190 Mysterien 203 Nachäffer der Franzosen 207 nachsichtig 195 Name 369, 438 – alter Name 380 – Ehrenname 433 – Kollektivnamen 459 – Namen-Krieg 282 – polizeiwidriger Name 459 – seltsamer Name 372* Napoleonisten 207 Nation 364, 447 – gewisse unendlich wichtige Anliegen der Nation 516 – bayerische oder badische Nation 364 – Ehre und Freiheit der Nation 388 – billige Forderungen der teutschen Nation 200* – große Mehrheit der Nation 440 – romanische Nationen 294

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– Verderben der Nation und ihrer Verfassung 190* – Wachstum der Nation 523 – werte Teutsche Nation 101 – Zeitalter der Nationen 363 national 378, 441, 457, 542, 552 – Produkt der nationalen Bestrebungen 441 – hochnationale Forderungen nach Kaiser und Reich 552 – national Gesinnte 520 – Machtringen der nationalen Kulturen 551* Nationalgelehrte 199 Nationalismus 288, 289, 291, 457* Nationalität 444 – Nationalität, als Kern alles politischen Lebens 367 Nationalrepräsentation 202 Nationalsozialer Verein 518 Nationalsozialismus, Kampfparolen gegen den 523 Nationalvertretung – deutsche Nationalvertretung 363 – zeitgemäße Nationalvertretung 364 National- und Dialektverwirrung 25 Natur 444 – Natur der Freiheit und der Regierung 187 – stetiger Gang der Natur 372 – menschliche Natur 301 Naturforschung 107* Naturgewalt 435 Naturrecht 381 – Lehre des Naturrechts 381 Nepotismus der Familienpartei 442 Neuerungssucht 306 Nichts, reines 290 Niederträchtigkeit 292 Nivellieren, despotisches 432 Nivellierung und Centralisierung 285 Nominalisten 292 Notwehr 365 Notwendigkeit 435 – Notwendigkeit guter Gesetze 297 Nullität 196 Nutzen, materieller 465 Obskurant 296 Obskurantismus 302 – konservatorischer Obskurantismus 283 – umstürzender Obskurantismus 283

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offen 584 öffentlich – Träger der Einen öffentlichen Gewalt im Staate 465 – öffentliche Rechtspflege 377, 438 – öffentliche Verhandlungen 198 – gesetzliche und einheitliche Ordnung des gesamten öffentlichen Zustandes 465 Öffentlichkeit 202, 464 – Öffentlichkeit der Staatsverwaltung 376 Oligarchen 442 Opfer an Gut und Blut 372 Opponent 384 Opposition 293, 365, 371*, 445, 463, 516 – aristokratische Opposition 461 – constitutionelle Opposition 433 – demokratische Opposition 461 – Form der Opposition 443 – Position und Opposition 462 – radicale Opposition 446 – Zwiespalt der radicalen Opposition 446 – systematische Opposition 433 – verschiedene Oppositionen 283 oppositionell 459 Orakelsprüche 295 Ordensbänder 443* Ordnung 202 – natürliche Ordnung der Dinge 294 – Freunde der Ordnung 380 – gesellschaftliche Ordnung 299 f. – gesetzliche Ordnung 372 – Störung der gesetzlichen Ordnung 370 – mittelaltrige Ordnungen 462 – vernünftige Ordnung 455 Organisation des Staates 293 organisch Gewordene und Bestehende, das 292 Organismus, staatsgesellschaftlicher 432 Orthodoxie 442 Pack 374* Pandorabüchse, geöffnete 306 Papismus 289, 306* Paradehelden 464 Partei 202*, 282, 292, 366, 376 f., 386 f., 437, 450, 458, 460 f., 515 – absolut-monarchische Partei 462 – Adelspartei mit dem Landgrafen 385

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Banner einer Partei 377 Bewegungspartei 435 f., 447 Partei der Bewegung 378, 385 eigentliche Partei der Bewegung 447 Bezeichnungen der Parteien 442 gemäßigte constitutionelle Partei 385 demokratische Partei 450 destruktive Partei 445 drei große Parteien 462 Gegenpartei 297 Gegensätze der Parteien 436 historische Partei 202* Hofpartei 385 jesuitisch-mystische Partei 386 konservative Partei in Deutschland 444 – konservative Partei in Preußen 445 – konstitutionelle Partei 461*, 462 – Kraft der Partei 458 – nationale, praktisch-politische Partei 520 – politische Parteien 450 – radikale Partei 443 – Ausschweifungen der radikalen Partei 433 – radikal-republikanische Partei 462 – reactionäre Partei 386 – Partei der Reformatoren 385 – revolutionaire Partei 438 – Schlagwörter der Partei 464 – Uebergewicht der einen Parthei über die andere 306 – Verschwinden [der Parteien] 306 – Volkspartey 186 – Widerstands- oder Stillstandspartei 385, 436 Parteibestrebungen 460 Parteienkampf 26 Parteigeist 297, 307 Parteigetriebe 289 Parteigruppen 27 Parteiherrschaft 458 Parteikampfe der Meinungen 304 Parteinamen, albernes Spielen mit 368 parteipolitische Hauptführung 520 Parteistifter, zufälliger Namen der 442 Partikularismus 433 Patriotismus 289 Perfektibilismus 301, 304, 306, 382 Perfektibilität, maßlose, der Völkerzustände 378 Periode 304 Person 282, 455

Deutsches Register – freie Bewegung und Geltung der Person 455 Persönlichkeit, freie 517 Pflichten 444 Phantasmagorie 290 philanthropisch 378 Philanthropismus 288 Philister 374* Philosophen des achtzehnten Jahrhunderts 193* Philosophie 120*, 186 – ältere deutsche idealistische Philosophie 519 – machtlose Zurückgezogenheit der Philosophie 453 philosophische Schule 442 Phrasen – Ausbund von Phrasen 289 – leere Phrasen 388 – schöne Phrasen 367 – Tünche und Phrase 519 Pike 23 Plünderungen 372 Pöbels, überhandnehmende Anmaßungen des 464 Pöbelherrschaft 433 Polemik 464 Politik 26, 521, 585 – hohe Politik oder eigentliche Regierung 458 – innere Lüge aller Religion und Politik 454 – Neuling in der Politik 464 – Theorie der Politik 458 – rein theoretisches und passives Verhalten in der Politik 450 – Politik und Wissenschaft 447 Politiker 382 politisch – Schiefheit unseres politischen Bewußtseins 451* – politische Farbe 454* – politischer Geist, lebendiger, feinfühlender 453 – politisches Leben 387 – politische Reife 432 – politischer Rock 454 – politische Verhältnisse 386 – wahres politisches Ziel 521 Politur 187* Popanz 290 populär 439, 443* Popularität 187*, 189, 190*

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Positives 301, 304 praktische und theoretische Seite 381 Präponderanz, geistige, in Europa 290 Pressefrechheit 372 Preßfreiheit 199*, 205, 376 f., 438, 464 Preußen 206, 458 – Preußens Grenzen 515 – Preußens Kraft 515 – Regeneration Preußens 450* – Preußens Rolle 515 Prinzip 294 – Prinzip der Atome 293 – Prinzip des Dualismus 304 – Prinzip der Gleichheit 460 – grundverschiedene Prinzipien 448 – katholisches Prinzip 293 – radikales Prinzip 448 – Prinzip des Rechts 370 Privatfreiheit 379 Privatinteressen 303 Privatrecht 379 Privat-Vorteil 297* Privilegien 454* Produkt – Produkt erzeugende Faktoren 304 – Produkt des allgemeinen Naturgesetzes 296 Proletariat 456 Propaganda, große 523 Prostitutions-Ziel 522 Protestantismus 306* – stereotyper Protestantismus 306 Provinz 191*, 461 Prozeß 36, 100 Publikum 190 qualitativ 448 quantitativ 448 Quelle – Quelle aller Gesinnungen und Gedanken 297* – Quelle einer unheilbaren Schwäche 515 Rabe, weißer 447* radical, radikal 32, 273, 415, 438, 440, 442 ff., 447 f., 455, 459 f., 463, 466 f., 501 ff., 550, 557, 565, 582 Radicaler, Radikaler 289, 380, 442, 445–49, 458 f., 464, 466 f. – englische Radikale 203 – polizeiwidriger Name Radikale 459 – politische Radicale 461

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Historische Begriffsregister

– Versammlung von Verderbern und Radicalen 466 Radicalismus, Radikalismus 290, 301, 372*, 374, 380, 383, 415, 434, 436, 447 f., 457, 459 f., 463, 465, 467, 502, 550, 557, 582 – Radicalismus und Conservatismus 436 – Namen des Radikalismus 459 – politischer Radikalismus 463 Radicalreformers 239 Radicals 372 Rang 437 – Rang und Reichtum 186 Rassen 523 Rationalismus 288, 305*, 306* – Rationalismus in der protestantischen Kirche 306* Rationelles 304 Reaktion 21, 436, 440, 523 – Anhänger der Reaktion 436 – Reaction gegen die Ideen und Resultate der Revolution 457* – natürliche Reaktion des politischen Lebens 434 Reaktionäre 459, 466 Reales 304 Realisation 465 Realpolitik 515 Rebbach 522 Recht 203, 364 f., 370, 379, 437 f., 444, 455 – Anhänger des historischen Rechts 436 – Anhänger des natürlichen Rechts 435 f. – Rechte des Bürgers 196 – Evidenz des Rechts 364 – Forderung des Rechts 432 – Recht gegen die Gewalt 364 – Gewand des historischen Rechts 467 – Recht und Macht 364 – Rechte der Menschen 120*, 388, 438 – metaphysische Rechte 378 – Recht und gesetzliche Ordnung 370 – strenges Recht 382 – verfassungsmäßige Rechte 199* – Recht der Vernunft 365 – vernünftiges Recht 293, 431, 435 – wahres Recht 431 – Recht und Wahrheit 307 Rechtsgleichheit 431 rechtshistorische Schule 436 Rechtsidee – Realisierung der Rechtsidee 376 – vernünftige Rechtsidee 433, 500, 549 Rechtsordnung 465

rechtsphilosophische oder vernunftrechtliche Schule 436 Rechtszustandes, allmähliche Herstellung eines vernünftigen 365 Rede 387, 515 – deutsche Rede 190* Reform 21, 365, 372, 446, 448 – Reform des Bewußtseins 452 f. – dauernde Reform 447 – Reformen für ganz Deutschland 385 – Reform der politischen Formen 452 – Reformen zugunsten der politischen Freiheit 454 f. – Grab der radicalen Reform 446 – Reformen für Hessen 385 – Reform auf der Oberfläche des Erdkreises 383 – politische Reform 383 – soziale Reform 383 Reformation 294 – Reformation und Revolution 448 Reformer – entschiedene Reformer 446 – gemäßigte Reformer 446 – radicale Reformer 446 reformistisches Betragen 449 Regent 188, 438 Regierung 188, 190, 199, 308, 367, 371, 432 f., 443, 457*, 466, 585 – Feind der Regierungen 433, 456 – Ruder der Regierung 443 – zuverlässig auf der Seite der Regierung 386 – Verfügungen der Regierung 293 – Zutrauen der Regierung und der Regierten 198 regierungsfähig 516 Regierungsform – angemessene Regierungsform 297 – gemischte Regierungsform 461* Regierungshandlungen 376 Regierungskunst 189 Regierungs- und Verfassungswechseln, jämmerliche Theaterpossen von 383 Reich 552 Reichen, Invektiven gegen die 387 Reichsfeinde 542 Reichtum 287* Relief 383 Religion 306* – irregeleitete Religion 382 – politische und bürgerliche Religion 365

Deutsches Register Religionsspötter 196 Repräsentanten 303 – Repräsentanten des Grund und Bodens 282 Repräsentation 465 – Repräsentation des Volkes oder aller Individuen 379 Repräsentativsystem 381 Repräsentativverfassung 438 Republik 371, 382, 449, 463, 466 – Gemeinschaft mit den republikanischen und radikalen Richtungen 444 – soziale Republik 460, 502 Republikaner 442, 460, 463 – gemäßigte Republikaner 466 – Ultra-Republikaner 466 Restauration 21, 456 – Restauration der Staatsverfassungen 306 Revolution 20, 21, 186, 282, 285, 294, 305*, 365, 372, 379, 380, 387, 436 f., 448, 458, 463, 515 – Anhänger der Revolution 435 – französische Revolution 24, 200* – französische Revolution als welthistorische 294 – Furcht vor der Revolution 380 – Julirevolution in Frankreich 290 – konservative Revolution 552 – Konterrevolution 456 – Revolution und Reaktion 436 – System der Revolution 458 – Zeitalter der Revolutionen 22 revolutionär 455, 563 – antirevolutionär 563 – einziges revolutionäres Element in der Welt – revolutionäre Gelüste 462 – praktisch revolutionäre Tendenz 387 – Trägerin des revolutionären Prinzips 286* Revolutionäre 191*, 381 – cidevant Revolutionärs 292 – ehrlichste Revolutionäre 289 – konstitutionelle Revolutionärs 387 Revolutionismus 437 f. – Revolutionismus neuerer Zeiten 292 Revolutionstheorie 379 Revolutionszeitalter 20 revoluzionar, revoluzionär 193*, 301 Rheinbundepoche 467 Rhetorik 197 rhetorische Figuren 367

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Rohheit 200* Romantiker 520 römisch-katholische Welt 294 Royalismus 289 Royalist 296, 297*, 442 – Klasse von Royalisten 296* rückschrittlich 563 Ruhe 202, 446 Ruhmestitel, schönster 521 Saatkorn von Wahrheit und Möglichkeit 462 Sachsen 369 Sachwalter 105 Sansculottismus 301 f. Sauerteig, alter 284 Schall, leerer 189 Schein 290, 518 – Schein der Schwäche und Unentschiedenheit 366 Schimpfwort 381 Schlechtigkeit 190 Schmarotzerpflanzen 438 Schmeichler 196 Schnelligkeit 287* Schnellposten 287* Schöne, das 103 Schönrednerei 464 Schonung menschlicher Vorstellungsarten 105 Schranken – Schranken der Erfahrung 205 – Schranken der Freiheit 302 – Schranken der Gesetze 205 – Schranken der Willkür 301 Schreckenssystem 305* Schutzzölle 457 Schwätzer 464 Schwerpunkt 297 Sehe-Punckt 82 Sekte 203, 458 Selbständigkeit 204, 375 f., 432 Selbstbeherrschung, charaktervolle 446 Selbstbeschränkung des Souveräns 451* Selbstbestimmung 455 – freie Selbstbestimmung des Menschen 460 – Recht der Selbstbestimmung 460 Selbstdenken 435 Selbstentwicklung 455 Selbsthandeln 435 Selbstkritik 449, 516 Selbstregierung, demokratische 439

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Historische Begriffsregister

Selbstsucht 207 servil 372*, 565 Serviler 372*, 386, 436, 442 Servilismus 302 Sicherheit 101 – Sicherheit des Eigentums und der Person 296 Sinn – angenommener Sinn des Wortes 284 – Sinn und Geist des Jahrhunderts 363 – bloß sprachlicher Sinn 458 – technischer, geschichtlich festgestellter Sinn des Wortes 458 Sinnbild eines geistigen 190* Sinnengenuß, bloßer 103 f. Sitte 364 f., 438 sittlich – sittlich und materiell verbesserte Lage 456 – sittliches Verhalten 455 Sklave 196 Sklaven-Seele 190* Sklavensinn 106, 190 Sklaverei 195 – angewöhnte Sklaverei 366 Sonne 438 Souveränität 442 – Vernichtung der historischen Souveränität 515 sozial, social 552, 565 – soziale Demokratie 37 – soziale Fragen 447 – soziale Mißzustände 454* Sozialdemokratie 37, 520 Sozialismus 37, 288, 290, 520, 543 Sozialist 37, 466 – Schule der Sozialisten 457 sozialistische Lehren der Zeit 462 f. Sozialpolitik 37 Sozietät 293* Spaltung 362 Spanien 294 Sparsamkeit, mißverstandene 104 Sphäre, eigene 519 Spielraum, gefahrvoller 288 Spießbürgerbewußtsein – altes Spießbürgerbewußtsein 451 – Durchbruch des stumpfsinnigen Spießbürger-Bewußtseins 453 Spöttereien, freche 197 Sprache 189, 288 – französische, englische und lateinische Sprache 194

– tote und unverständliche Sprache 189 – Unterschiede der Völker und Sprachen, Rassen und Kulturen 523 – Auftauchen neuer Worte in der Sprache 27 Sprachgebrauch, deutscher 521 Sprachmengerei und Begriffsverwirrung 26 f., 544 Sprachverwirrung – babylonische Sprachverwirrung 22, 25 – politische Sprachverwirrung 291 Staat 362 f., 381, 454, 518, 585 – indirekte Abhängigkeit des Staates von der Kirche 518 – Allgewalt des Staates auf Kosten der individuellen und corporativen Freiheit 518 – als Anstalt und organisches Ganzes 381* – als Anstalt Gottes 381* – wahre Autonomie und Souveränität des Staates 452 – christlich-monarchischer Staat 445 – apriorische Erklärung und Rechtfertigung des Staates 381 – apriorische Errichtung und Gestaltung des Staates 381 – freier Staat als die Selbstbestimmung des Volkes 457* – das Ganze des Staats 284 – Gebäude des Staats 466 – leitender Gedanke des Staats und seiner Regierung 461* – als Gesellschaft von Menschen 381* – untergeordnete Gestalt des Staates 463 – Staat ohne Gott 518 – Staat als präsenter Gott 518 – kleine deutsche Staaten 378 – konstitutionelle Staaten 364 – moderne Staaten 294 – monarchischer Staat 188 – Übergang des Naturstaats in den Rechtsstaat 435 – Umwandlung des Polizeistaats 461* – Rechtsstaat 436 – freier, organisch-gegliederter Rechtsstaat 461* – Römerstaat 293* – als absoluter Selbstzweck geltender Staat 456 – als Täger der Majestät 381* – Staat und Volk 198 – Wesen des Staates 381

Deutsches Register Staatenbündnis, diplomatisches 363 staatlicher Einrichtungen, schönes und großes Streben 438 Staatsangelegenheiten 432, 501 Staatsanstalt 518 Staatsbeamte 285 Staatsbedürfnisse, Deckung der 365 Staatsbürger 105, 196, 519 Staatsbürgergesellschaft 501 Staatsbürgertums, Gedanke des einfachen 462 Staatsdienst 444* Staatsform – monarchische Staatsform 373 – Prüfung der Staatsformen 439 Staatsgesellschaften 187 Staatsgewalt, ernstlicher Anteil an der 515 Staatsklugheit, nüchterne 205 Staatsleben 376 – gesundes Staatsleben 515 Staatsminister 285 Staatsverfassung 187 Staatszwecke – vernünftige Staatszwecke 431 – venünftige, vom Volk selbst gewollte Staatszwecke 433 Stabilism oder leidender Gehorsam 384 Stabilismus 384 Stadt 191*, 384* Städte- und Landgemeinden 461 Städter 185 Stand 102, 187*, 198, 364 – dritter Stand 185 f. – früher geschiedene Stände 462 – Gleichstellung der Stände 462 – Land- und Reichsstände 376 – niedere und niedrigste Stände 465 – Stände des Reichs 282 – germanisch-historisches concretnatürliches Stände-System 381 – untere und letzte Stände 464 – unterster Stand 462 Ständekammern, deutsche 465 Standesherrn 386 Ständeversammlung 443 Stellvertreter 303 Steuern 282 Stimmgebung, allgemeine 432 Stimm-Maschinen 373 Stimmrecht, allgemeines 378 Stockwerk, viertes 519 Streben

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– Streben nach dem Besseren 372* – Streben nach Freiheit 301 Streitigkeiten und Processe 100 Strom 362, 364 Studien, freiische 195 Studium 466 Stufenfolge 439 Subject 104 subversiv 381 Superiorität über die Menge 287* Sylben 288 Sympathie 370 Symptom eines kranken Zustandes der Menschheit 305 Syntax 197 System 366, 585 – System der Bedürfnisse 34 – Ergebenheit für das System 443* – philosophisch historische Systeme 384 – Systeme oder Richtungen 435 Tagesordnung 297 Takt 519 – practischer Tact 446 Talent 383 – Grösse des Talents 207 – persönliches Talent 206 Taten 452 Tätigkeit – kommerzielle und industrieelle sowie gewerbliche Tätigkeit 441 – zerstörende, auflösende Tätigkeiten 444 Teilnahmslosigkeit 388 Tendenz, politische 284 Terrorismus – revolutionärer Terrorismus 456 – wütendster Terrorismus 305* Theismus 288 Theorie 284, 452, 519 – abstrakte Theorie 453 – ausschweifende Theorien 446 – unfruchtbare und gefahrvolle Theorien 291 – Verblendung gegen die Theorie 449 Thron 282, 448 Tod, vollendetster 305 Toleranz 205 Torheit und Unsinn 446 Tranquillität 101 Trennung der Gewalten 192 Treue 376 – angebliche Treue gegen die Fürsten 388

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Historische Begriffsregister

Trieb 301, 551* Tücke 190* Tugend 190*, 197, 437, 458 Typus, bleibender, für alle gesellschaftlichen Zustände 299 Übel 290, 366 Übergänge 20, 299 Überlegenheit 551 f.* Überlieferung 523 Uebersetzung in rechtes wahres Deutsch 190* Übertreibung 446 Überzeugung 365, 466 ultra 287*, 298, 374 Ultra 285, 287, 294, 297–300, 374 – deutsche Ultra 295 Ultra-Adel 202 Ultraismus 297, 302, 372 Ultramontane 517 Ultraroyalismus 302 ultraroyalistisch 202* Umformung des akademischen Lebens 291 Umgestaltung der deutschen Zustände 457* Umkehrung – plötzliche Umkehrung aller gesellschaftlichen Verhältnisse 372 – Umkehrung der natürlichen Verhältnisse 306 Umstände, äußere 377 Umsturz – Umsturz des Bestehenden 433 – Umsturz der gesetzlichen Ordnung 386 Umtriebe, revolutionäre 203 Umwälzungen 379 – Zweck einer Umwälzung 383 Unabhängigkeit 104, 375 – Unabhängigkeit des Wohlgefallens 103 unbefangen 191 Unbegrenztes 516 Unbestimmtheit und Weite 451 Unduldsamkeit 433 Uneigennützigkeit 195 unfrei und unsittlich 460 Unfreiheit, politische 294 Ungeheuer, proteusartige 288 Ungewisse, das 372 Ungezogenheit 455 Unglauben 196, 200* Unglück 288

Universalverderben 294 Unmöglichkeit, logische 515 Unpartheilichkeit 200*, 206 unpolitisch 450, 552 – unpolitisch gesinnt 552 Unpolitischer 552 Unrecht gegen das gemeine Wesen 106 Unredlichkeit der Mittel 384 unruhig 381 Untätigkeit 375 Unterhaus, britisches 185 Unternehmertum 519 Unterordnung des Individuums und selbst der Überzeugung 460 Untertan 451 Unterwerfung, sklavische 104 Unvernunft 438 Unverständlichkeit 190* Unvollendung 456 Utopien 446 Vaterland 364, 438 Vaterlandsliebe 204 Veränderung 362 – Veränderung des Zustandes der Gesellschaft 21 Verantwortlichkeit – Verantwortlichkeit der Beamten 376 – Verantwortlichkeit der Minister 365 – Verantwortlichkeit des Regierungsbeamten 438 Verbesserungen 372 – fortschreitende Verbesserungen 301 – moralische, intellektuelle und physische Verbesserungen 378 Verbindlichkeit gegen die Kommittenten 371* Verbindung 292, 437 – Verbindung des Einzelnen mit dem Ganzen 284 Verbriefung 454* Verfall 293* Verfassung 206, 282, 302, 458, 585 – constitutionelle Verfassung 449, 465 – englische Verfassung 465 – Hochachtung und Liebe für die Verfassung 106 – Verfassungen fremder Länder 291 – landständische Verfassung 377 – repräsentative Verfassung 203 – ständische Verfassung 284, 465 – stellvertretende Verfassung 303 Verfassungsfreunde, entschiedene 464

Deutsches Register Verfassungsideal 441 Vergangenheit 20, 294, 299 f., 309, 366 – Miterlebnis seiner Vergangenheit [des Volkes] 523 – sorgfältiges Studium der Vergangenheit 299 Verhältnis, nicht haltbares 444 Verirrungen und Ausschweifungen 368 Verjudungsprozeß 521 – letzter Akt des Verjudungsprozesses 521 Verkennung 292 Verkünder der Energie des menschlichen Geistes 362 Vermögen 522 Vernichtung, gegenseitige 305 Vernunft 197, 201, 303, 363 f., 381, 434, 438, 445, 451, 455, 500, 548 ff. Vernunfterkenntnis angewandt auf unsere bestehenden Verhältnisse 437 Vernunftherrschaft 455 Vernünftige 385 Vernünftiges 455 Vernunfts- und Kulturphilosophen 294 Vernunftstaat 381 Versammlungen 387 Verschmelzung aller Gegensätze 189 Verstand 363, 438, 458 Verstandeshochmut der Gelehrten 294 Verständige, Gute und Edle 205 Vertrauen 202, 206 Vertretung – Vertretung der selbständigen Kreise, der Stände 465 – Vertretung des Volks 454* Vervollkommnungsfähigkeit 296 Verwaltung 585 Verwandschaft des Lautes 189 Verwesung 293* Verwirrung 25 – Verwirrung der Begriffe und Standpunkte 27 – größte Verwirrung 296 – Verwirrung und Überreizung der Zeit 378 Volk 203, 367, 388, 432, 443, 444*, 453 f., 465 f., 523 – armes Volk 386 – armes und besitzloses Volk 464 – deutsches Volk 364, 370 – deutsche Völker 364 – gesunde Kräfte des Volkes 466 – Namen des Volks 371

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– – – – –

neulateinische Völker 190 Nutzen des Volkes 367 Recht des Volkes 464 Unkosten des Volkes 383 Verhältnisse, Bedürfnisse und Rechte des eigentlich der Vertretung bedürftigen Volkes 464 – Vertretung jenes Volkes 465 Volkserhebung 450* Volksfreiheit 464 Volksherrschaft, unmittelbare 432 Volksinteresse 432 Volkskammern 465 Volksleben 521 Volksrechte, Palladium der 106 Volksrepräsentation, wahrhafte 202 Volkssouveränität, Ideen der 451* Volksstimmung 198 Volksthümler, reine 202 volkstümlich gesinnt 386 Volksthümlichkeit 457* Volksvertreter 369 Volksvertretung 202, 365 – constitutionelle Volks-Vertretung 464 Volkswille, entschiedener 432 volkswirtschaftlichen Bewegung, einheitliches Bild von der Tendenz der 519 Vollkommenheit, rein chimärische 299* Vorgänger 25 vornehm 439 – vornehm Geborene 187* Vorsehung 307 Vorstellung – Vorstellung von dem Gesetz 300 – Vorstellungen von der Sache 82 Vorteil, kleiner 440 Vorurteil an das Alte 282 vorurteilsfrei 191 Wachstum 551* – Wachstum des Wohlstandes 454* Wahl 465 – Ehre der Wahl 373 Wahlcensus 467 Wahlrechts, Grundlage des allgemeinen 520 Wahlspruch 452* Wahlversammlungen 373 Wahre, das 303 Wahrheit 290, 364 f., 437 – Wahrheit und Recht 438

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Historische Begriffsregister

– zeitgemäße Wahrheit 454 Wahrheitsliebe 207 Wandel der Verhältnisse 454* Weg durch alle Hemmnisse und Schranken 435 Weisheit 446 Werte 523, 551* Wertvolle, das 444 Wesen – eigentliches Wesen 518 – freies und insofern vernünftiges Wesen 303 Wesenheit 363 Westen 551* – Durchführung der im Westen längst selbstverständlichen Errungenschaften 551* Widerspruch 198, 370, 515 Widerstand – männlicher Widerstand 371* – Widerstand gegen Maßregeln 433 Wiedereroberung der Vergangenheit 296* Wiegenschwester 448 Wille 363 – guter Wille 303, 438 – Willen des Menschen 381 – Willen des Regenten 188 – subjektiver Willen 293 – Wille der Vielen 293 Willkür 196, 202, 293, 370 Wirken, individuelles redliches, für Wahrheit und Recht 377 Wirklichkeit 300, 381 Wirkungskreis 24 Wirrnisse, gesellschaftliche 454* wirtschaftlich – Conglomerat von wirtschaftlichen Fragen 521 – wirtschaftliches Gebiet 521 – wirtschaftliches Leben 521 – wirtschaftliches Programm als Ganzes 519 Wissenschaft 20, 22, 362, 452* Wissenswürdiges 20 Wohl – allgemeines Wohl 303 – Wohl Anderer 104* Wohlfahrt 94, 124 – das große Drei der bürgerlichen Wohlfahrt 204 Wohlgefallen an Gegenständen der Sinne 104

wohlhergebracht 454* Wohltätigkeit 94 Wohlwollen 195, 198 wohlwollend 584 Wollust 458 Wort 190, 366, 380, 452, 518 – ausländische Worte 190* – Worte des Constitutionnel 295 – Mittelwörter 448 – neues Wort 196 – Wort und Sinn 193 – Wort und Tat 438 – unbekanntes Wort 189 Wortschälle, leere 107 Wühler 466 Wünsche, törigte 299 Württemberg 515 Wurzel 551* Wust des allgemeinen Geschreibsels 290 f. (vgl. auch unter C) Zank 384 Zaubergewalt 364 Zauberschlag 372 Zauberwörter 362 Zeiger an der Uhr der Zeit 28 Zeit 20, 203, 309, 366, 440 – andere Zeit 192 – wirkliche Bedürfnisse der Zeit 445 – Begründer der neueren Zeit 462 – politischer Charakter der neueren Zeit 309 – große Fragen der Zeit 516 – Geist der Zeit 361 f., 467 – Geist der neueren Zeit 462 – sinnverwirrende Zeit 290 – Zeit und Umstände 303* – unsere unglückliche Zeit 306 Zeitalter 201, 299 f. – Zeitalter der Dynastien 363 – herrschende Gedanken jedes Zeitalters 435 Zeitbedürfnis 378 Zeitgeist 191, 200*, 207, 363, 379 – lebendiger Ausdruck des Zeitgeistes 435 Zeitgemäßes 455 Zeitmeinungen, Vertretung der herrschenden, und Ansichten 379 Zeit = Philosophie 189 Zeitstrudel 287* Zerstörung – gewaltsame Zerstörungen 432

Italienisches Register – Zerstörung von Verfassungsformen 307 Ziel – erhabene Ziele 522 – Ziel des Strebens 436 Zirkel, sich ewig in sich zurückkehrender 284 Zirkulation 25 Zivilisation 21, 294 – Civilisationsgrad 297, 298* Zögling 434* Zufalls, Geschenk des 188 Zufluchtsmittel, letztes und einziges 456 Zufriedenheit 202 – Ruhe und Zufriedenheit 200* Zukunft 299 – Ehrgeiz seiner Zukunft [des Volkes] 523 – Zukunft der Geschichte 309 Zurückgebliebene 443

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Zurückgebliebenheit unserer politischen Entwickelung und Erziehung hinter der des Westens 551* Zusammenhang, innerer 439 Zustand – gesellschaftlicher Zustand 299 – gesunder Zustand dieses Lebens 305 – wahrer Zustand der Dinge 306 Zwang 438 – Zwang von außen 376 Zweck 515 – Erreichung des Zwecks 438 – gesellige und wohlthätige Zwecke 187* – großer, unendlich dankbarer Zweck 453 – höchste Zwecke 444 Zwischenschicht 523 Zwischenzustände 299

Italienisches Register * verweist auf den Text einer Fußnote abitatori dell’universo 396 abito 108 abuso 525 – abuso dell’arbitrio 108 accettazione 476 accordo 525 acrimonia 399 adepti illuminati 223 alleanza italica 472 ambizione 316 amici – amici degli Austriaci 474 – amici del popolo 471 amore – amore de’ cuori del popolo 390 – amore alla propria provincia 312 – amore ai ricchi ed ai poveri 474 – amore universale 221 analogia 109 anarchia 211, 397, 468 – artigiano d’anarchia 391 anarchico 395, 471, 484 anarchisti 524 angelo mandato da Dio 474 angustie 26

annegazione 320 antica amministrazione, difetti dell’ 218 antiche cose 108 apostasia 396 arbitrio d’uomo 311 aristocrazia 470 – aristocrazia potente ed influente 397* aritmetica 320 armonia 391 articoli di giornali francesi 477 assassini contro i re 219 assemblea 111 – assemblee deliberanti 27 associazione 391 assolutisti 475 atei 396, 471 attaccamento alle scienze 320 audaci – audaci nei mezzi 480 – audaci nello scopo 480 audacia 480 Austria 311 f. – vasalli dell’ Austria 312 Austriaci 216, 311, 474 autorità 392, 394

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Historische Begriffsregister

– condizione di vivere sottoposto ad un’autorità superiore 525 avarizia 316 avvenimenti 525 – avvenimenti del 1814 314 avvenire – avvenire dei cittadini 313 – germi dell’avvenire italiano 478 avvocata degli oppressi 210 azione governativa 478 Babilonia, avara 389 barbari 217* barbarie 216 barbarismo – barbarismo non intelligibile 394 – oscurità del barbarismo 394 basi 524 benevolenza 221 beni più preziosi 485 bestemmia 399 bestie, unione delle 526 bocca di Dio 469 Bonapartisti 224 Borboni costituiti o assoluti 224 borsa d’Italia, uomini della 485 borse, ricche 398 calamità pubblica 211 calunniatori dei preti 399 cambiamento 314, 478 campo medio 311 canaglia, settaria 397 cangiamento 477 – cangiamenti dello stato sociale 209* canonico 216 capricci dei rei 392 carattere 221 – carattere autorevole 477 carbonari 181, 320, 342, 397, 471, 476 carboni d’inferno 320 cardinali 485 carità 481 carta 224 – Carta Costituzionale 224 casa – casa reale italiana 482 – casa di Savoia 312 casato dei Borboni 311 catechismo 27 cattolicismo 346, 396, 468*, 503, 526 f., 553, 561

cattolico 393, 398 f., 469, 472, 474, 484, 502, 524 f., 527, 565 – cattolico fervente 469 causa di convinzione 220 cavaliere 216 censura 217 chiesa 221, 399, 525 – chiesa cattolica 398 città 312 cittadino 110, 216, 220 f., 312 – cittadino di condizione inferiore 220* – illuminato cittadino 220* civilizzazione 471 – somma della civilizzazione 526 civiltà – civiltà cristiana 481 – due parti della civiltà presente 481 – civiltà Toscana 476 classi, due 525* classicisti 217 clemenza, instrumento della, del perdono 482 clero 477 coltura 391 – coltura scientifica e morale 219* comitato governativo 470 commercio 476 comunismo 473, 485, 486*, 524, 526 f. comunisti 524 concordia – difetto di concordia 311 – concordia intiera 481 confidenza 219, 320 confini 111* conflitto armato 478 confusione – confusione di lingue 26 – confusione di voci 26 congiurato 399 conquista 470 conquistatori 219 conseguenze – funeste conseguenze 319 – terribili conseguenze 319 consenso universale italiano 481 conservativa 481 conservatori 476, 479, 485, 486*, 554 – conservatori puri o neri 480 – conservatori puri onesti 479 – veri conservatori 485 consiglio dei dieci 216 contrada 314 contraddizioni, impasto di 399

Italienisches Register contratto sociale 525 convenienze – convenienze più generali 391 – convenienze particolari 391 convenzione 396 corpo politico 224 corte – corte di Roma 390 – Romana corte 389 coscienza, propria 390 cose – cose ecclesiastiche 476 – cose economiche 476 cospiratori contro tutti i governi 219 cospirazioni 477 costituzionale 222, 395, 471, 473, 485 – tifo costituzionale 320 costituzione 209*, 221 f., 397 – costituzione francese 222 – nuove costituzioni 321 – la parola costituzione 468 costumi differenti 321 creatura ragionevole 525 creazione del mondo 396 cristiani – buoni cristiani 474 – cristiani cattolici 398 cultura dell’uomo 320 curato 399 custodi 392 danaro 108 debolezza 396* – debolezza del governo 216 decadenza 216 defensori 485 deformità, naturale, delle massime 318 deisti 471 deliberazioni 218 delizia 222 demagoghi 471, 524 democratici 472 democrazia 397 denominazione 317, 480 – diverse denominazioni 471 – nuova denominazione 483 deputati della nazione 317 desideri 478 destra – estrema destra 480 – destra storica 578 dibattimenti pubblici 111 diffusione 316

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– diffusione dei lumi 215 – diffusione degli erronei principi 318 dignità 312 – dignità di corona 312 – dignità dell’uomo 485 dinastia – nuova dinastia 223 – dinastia di principi italiani 470 dio 398 – dio solo l’autore del potere 525 diplomatico, volgo 397* dipresso 470 diritto 396* – diritti incontestabili 219 – diritto sociale 219 – diritto dell’uomo 398 discordia 312 discorso 217* disegno 320 disordine 313 dispotismo 221, 223, 318 – dispotismo consolare 223 – ferreo dispotismo 397 – dispotismo reale 223 distinzioni di rango 221 distruzione – distruzione dei governi esistenti 477 – distruzione di tutti i troni e di ogni religione 471 divisione 311 divorzio 319 dizionario 27 – dizionario dell’Academia 394 – utilità ed opportunità di un Dizionario politico 27 dominio – dominio dell’ augusta casa di Savoia 314 – dominio francese 314 dottrina 209* – dottrina condannata dalle antiche scritture 398 – dottrine Giobertiane 477 – dottrina politica dei settari 476 f. dottrinarii di Francia 470 edificio sociale 470 educazione – educazione più difettosa 391 – educazione perfetta 397* eguaglianza 395 – eguaglianza dei cittadini 470 eguali 470

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elezioni 27, 214 empi 471 empietà 481 enciclopedia 27, 209* entusiasmo 477 entusiasti 476 eredità 470 eretico 469 esagerazioni puerili 471 esaltati 476, 478, 484, 503 esasperazioni 471 esattezza 214 esistenza, naturale 221 estremisti 484 etica 397* Europa 318 – riputazione europea 213 – teatro politico di Europa 224 evidenza, ultima 319 facoltà 108 f., 221 famiglia, umana 215 fanatico 469, 484 fanatismo 399 fatti della Romagna 477 fautori 317 favore 320 fazione 27, 110 f. fede, buona 481 federalismo 470 federazione 312 felicità 26, 321, 526 – felicità universale 215 figura 320 filantropi 471 filantropia ed umanità 395 filosofi 396 filosofia 215 – filosofia costituzionale 320 – moderna predica filosofia costituzionale 321 filosofismo 526 – moderno filosofismo 319 fisica 398 flagello di dio 482 follia 476 fondamenta 524 forestieri 110 forma 320 forza 398 – forza materiale 218 – forza morale 218 Fourieristi 524

framassoni 526 francesi 216, 476 Francia 210, 223, 311, 315, 319, 485, 524 frase 468 – frasi impudiche 526* fratellanza con tutti 474 fratelli 470 gelosia 312 generosità 481 generoso 109, 209* genio 320 genti civilizzate 219 gentiluomo 110 gesuita moderno 474 gesuiti 394 f., 397, 474, 485 gesuitismo politico, una specie di 483 ghibellini 484 giacobino 222, 394, 471, 526 – terribile nome di giacobino 394 – vocabolo giacobino 394 giansenismo nel secolo XVII 526 giogo, ferreo 211 giornali 394 giovani 471 gioventù 215, 313 – gioventù delle nostre università 468* Giovine Italia 288, 397, 469 f., 476 f., 479, 483, 503, 554 – tradizioni e aspirazioni della Giovine Italia 483 giuramento 470 – giuramento di fedeltà 221 – giuramento del soldato 312 giurisdizione pontificia 527 giustizia 219* – giustizia universale 397* gloria 320 – gloria immortale 312 godimento 108 governanti, bravi 398 governo 310 – affezionati al governo 474 – antichi legittimi governi 317 – governo costituzionale 319 – governo detto costituzionale 209* – forma di governo 223 – forma alcuna di governo 525 – forma de’veri governi 222 – governo dei Francesi 223 – governi di Francia ed Inghilterra 468 – ingresso nel governo officiale 479 – governo italiano 482

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governo legittimo 315 governo moderato 484 mostruosi governi 318 governi nazionali 477 f. nuovo governo 318, 398 due parti di tutti i governi rappresentativi 481 – governi senza religione, senza dio 399 – governi rivoluzionari 316 – governo della violenza 468 Gran Bretagna 211 f. grandezza 224, 473 – grandezza di carattere 212 – grandezza di fatti o d’animo 311 guastamenti 471 guelfi 484 guerra 484 idea 215, 396, 477 – idea più barbara e più antisociale 399 – idee contradditorie 26 – idee correnti 395 – idee costituzionali 213 – trionfo delle idee costituzionali 213 – idee d’indipendenza italiana 476 – idea nazionale 478 – idee di unione 476 identità 394 idra triplicite della viltà, dell’interesse e della ingiustizia 222 ignominia 526 ignoranza 209*, 471, 474 illuminato 210, 331, 526 – illuminati del secolo 399 illuminismo 222 illusi 481 iloti d’Europa 311 immoralità 316 imparzialità 214 imperatori Tedeschi 311 impero francese 315 impiegati 397* impotenza della Svizzera 470 impresi 312 inceppamento della proprietà fondiaria 476 incivilmento progressivo 209* inconvenienti, gravi 525 increduli 316 indipendenza 211, 315, 477 – indipendenza assoluta della volontà 391 – indipendenza d’Italia 477

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indipendenza italiana 398 indipendenza delle nazioni 212 indipendenza del potere regio 476 indipendenza dello spirito e della coscienza 469 individualità 391 infamia 109, 210 influenza 314 Inghilterra 212, 396 – moderna Inghilterra 525 ingiurie 110 ingiustizie dei proprii concittadini 390 ingordigia ed ingratitudine de’ condottieri 210 innovatori in letteratura 217 inquisitori di stato 216 inquisizione 468* insinuazioni, fraterne 218 insultatori 219 insulti 219 insurrezione Polacca 477 intellettuale 391 intelligenza 470 – assoluta intelligenza 218 intenzioni 480 interesse 224, 313, 315 – interessi civili 468 – interessi ecclesiastici 216 – interessi politici 468 – interesse della società 391 interprete progressiva 470 intrigo 214, 394 inventori e cultori di scienze e d’arti 311 invidia 222 ipocrisia 399 ipocrita 481 – ipocrita moderata 397 irreligiosi 471 iscopo 485 Ispagna 317 ispirazioni di Pio IX. 482 f. istitutori 392 istituzione 468 – istituzioni barbare 213 f. – istituzioni politiche 476 – istituzione repubblicana 470 istruzione – istruzione del popolo 476 – istruzione vera 397* Italia 315, 468, 470, 474, 477, 484 – Italia cattolica 503, 528, 542, 554, 565 – cose d’Italia 474 – indipendenza d’Italia 475

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– Italia circondata da nazioni unitarie 470 – grande nemica d’Italia 311 Italiani 311, 398 lamento 477 f. larghezza 109 latino 108 lavori meccanici 209 lega 482 legali 480 legalità 525 legazioni pontificie 389 legge 468 – legge di Dio 470 – legge immorale del divorzio 317 – impero delle leggi 525* – legge morale suprema 470 – legge eterna della natura umana 391 – leggi ripressive 320 – legge dell’umanità 470 leggendario dei Santi 469 legislatura 211 legislazione 218 legittimità 396* – legittimità ereditata 219 leone caduto 213 Leopoldini 476 f. liberale (Adjektiv) – liberali animi 108 – arti liberali 320 – arti e studi liberali 108 – canaglia liberale 396 – causa liberale 311 – costituzionale e liberale 310 – costituzione liberale 211, 314, 393, 397, 553 – costituzione saggia e liberale 390 – costituzione saggiamento liberale 390 – dizionario liberale 395 f. – educazione liberale 215 – educazione liberale e completa 214 – filantropia liberale 396 – filosofi liberali 398 – filosofia liberale 320, 398 – una forma liberale sia costituzionale sia repubblicana 525* – forma liberale di governo 525* – governo liberale 212, 214 – primario sostegno de’ governi liberali, 219 – governi liberali, costituzionali o repubblicani 525

– governo liberale democratico 208 – governo, giusto e moderatamente liberale 217 – idea liberale 212, 220 ff., 256, 311, 314 f., 317 ff., 345 f., 389, 392, 471, 477, 486*, 553, 560–64 – specioso nome d’idee liberali 318 – regno delle idee liberali 318 – idee ed istituzioni liberali 316 ff., 319 – liberali istituzioni 313 f., 390, 475 – bene di liberali istituzioni 310 – istituzioni giuste, e liberali 389 – Italia liberale 503, 528 f., 542, 554, 565 – liberali leggi 310 – moderati liberali 321 – moralisti liberali 320 – natura molto larga e liberale 110 – nome del liberale 109 – nome di liberale 108 – nome di libertà, liberale 481 – opinione liberale 311, 468*, 477, 484 – opinione liberale Toscana 477 – grande nemica delle opinioni liberali 311 – definire la parola liberale 394 – partito liberale 471, 476, 486* – così detto partito liberale 471 – partito liberale-costituzionale 482 – partito liberale moderato 484 – persone egregie e liberalissime 216* – principe liberale 473 ff., 484, 502 f., 550, 554 – principe cristiano, pio, clemente, giusto, generoso, magnanimo e liberale 110 – il più illuminato ed il più liberale dei principi 211 – principii liberali 211 f., 216, 314, 475 – principii liberali e giusti 208 – principii liberali e paterni 219 – problema liberale 478 – professioni liberali 209 – re liberale 482 – riforme liberali 398 – riforma con basi liberali 389 – eguali filantropici e liberali sentimenti 313 – vero significato dei termini del senso liberale 395 – sistema liberale 212, 320 f. – società liberali 224 – sovrani liberali d’Italia 482 – liberali speranze 210* – spirito liberale 220, 222 f., 310

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spirito di liberale carità 214 spirito pubblico liberale 220 f. liberali stamperie 210 studio liberale 214 tempi liberali e non tanto sospettosi 108 – titolo di liberale 320 – uomini liberali 108, 210, 218, 312 liberale (Substantiv) – anti-liberali 224 – antichi liberali 220 – catechismo perverso dei liberali 526 – liberali cattolici 502, 524, 558 – liberali e cattolici 468 f., 472 f. – liberali della seconda classe 477 – liberali compiuti 481 – liberale per cuore ed italiano per istinto 527 – denominazione di liberali 317 – detrattori de’ liberali 474 – falsi liberali 213 – famiglie de’ liberali 218 – liberali illusi 398 – liberali irreligiosi 321 – massa dei liberali 398 – liberali di mezzo 480 – liberali moderati 479 f., 503, 525, 554, 558 – moderni liberali 219, 314 f., 320, 469, 525 f. – nemici dei liberali, e d’Italia 474 – operazioni dei liberali 394 – liberale d’un ordine più elevato 391 – liberali progressisti 525 – liberali o progressisti puri 479 f. – progressisti o liberali meno estremi, meno puri 480 – liberali radicali 480 – risa del liberale 399 – settario-liberali 396 – due sorte di liberali 312 – due specie di liberali 478 – ultraliberali 216 f., 484 – vecchi e sensati liberali 222 – vero liberale 213, 216, 218, 222 f., 320, 390, 469 – liberal[e] volgare 390 liberalismo – liberalismo antisociale 391 f., 416 – bugiardo liberalismo 396 – eccessi del liberalismo moderno 525 – nuova forma di liberalismo 478 – liberalismo francese 399

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– liberalismo italiano 484 – lotta del liberalismo coll’assolutismo 482 – massime fondamentali dell’odierno liberalismo 525 – liberalismo moderato 482 – liberalismo moderno 397 – liberalismo nel secolo XVIII 527 – sedicente liberalismo di Carlo Alberto 482 – come sistema di diritto e insieme di politica 524 – liberalismo sociale 416 – liberalismo sociale per eccellenza 391 – sospetti di liberalismo 470 – liberalismo in Toscana 476 – liberalismo trasformatore 478, 503, 554, 558 – ultimo liberalismo 391 – vecchio liberalismo 469 – vecchio liberalismo rivoluzionario 478, 503, 554 – vero liberalismo 479 – vero e sano liberalismo 524 liberalità 108 f., 209, 222, 320, 390, 481, 486* – antica liberalità 222 – liberalità creata 108 – liberalità infinita 108 – nuova liberalità 394 liberatori 468 liberazione – liberazione della Germania 314 – liberazione d’Italia per mezzo del Papa e del Carlo Alberto 482 liberi 470 libertà 107 f., 111, 209*, 220 f., 311, 313, 391, 393, 468 f., 485, 525 – adoratori della libertà e della patria 525 – libertà antica 220 – libertà assoluta 108 – santissima causa della libertà 389 – armoniosa conciliazione fra le libertà private e l’autorità 524 – libertà del culto 398 – difenditrice della libertà 210 – esercizio della maggior possibile libertà giuridica 524 – giuridiche libertà 524 – libertà moderata 473 – moderatore ed iniziatore presente delle libertà e dell’indipendenza d’Italia 475

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– libertà naturale precedente ad ogni governo e ad ogni società 525 – libertà de paese 470 – porto della libertà 26 – libertà della stampa 27, 319, 398 – libertà indefinita della stampa 317 – dolce libertà pel Vangelo 399 libertini 111, 125, 316 libriccini 394 licenza 108, 397 licenzioso 209* lingua – lingua italiana 108 – lingue dell’Europa 26 linguaggio – linguaggio teoretico 220 – linguaggio turpissimo 526* ludibrio di forestieri 311 lumi 220 – propagazione dei lumi 209*, 471 luteranismo nel secolo XVI 526 madre tiranna d’errore 399 maschera 314 massima 317, 319, 471 – massime demagogiche del giorno 310 – erronee massime 316 f. – massime fondamentali della pubblica credenza 397* massoneria 222 massoni 397 materiale 470 materialisti 396, 471 mazzinianismo 486* mezzo 480 – mezzo d’incivilmento 208 – mezzo potente di perfezionamento 391 micidiali 320 miglioramento dello stato sociale 209* militare 216 minaccie 219 ministeriale 214 f., 481 ministri delle migliore delle religioni 221 miseria 26, 320, 474 missioni 397 – missioni continue 397* moderatismo 486* moderato 312, 392, 470 f., 473, 475, 478 ff., 482-86, 503, 525*, 526, 554, 558, 565 – carriera della parte moderata in Italia 481 – classe di moderati 485

– opinione moderata 479 – parte moderata 479, 481 – partito moderato 472, 481 f., 484 – piu moderati 321 – uomini moderati 472 moderazione 219, 470, 479 f., 484 f. – amici della moderazione 485 – omaggio alla moderazione 480 – opera della moderazione 481 – la parola moderazione 480 – moderazione di Roma, di Toscana o Piemonte 481 modestia, civile 311 molestia pei vincoli di società 391 moltitudine, stolta 397* monarca 110 – beneplacito del monarca 476 monarchia 223, 311, 476 – monarchie assolute 27 – vittoria per la monarchia assoluta 311 – monarchia costituzionale 27, 525 f.* – elementi di monarchia 470 – forma costituzionale della monarchia 224 – monarchia pura 525* – ristabilmento della monarchia 397* – temperata monarchia 223 – monarchia universale 221 monarchisti 222 morale 391, 397 f. municipali 312 munifico 109 musica 320 mutazione universale 480 napoleonismo, smascheramento del 213 napoleonisti 213 Napoli 311 natura 526 – natura umana 526 naturalisti 471 nazione 221, 468, 470 – moderne nazioni 220 – parte sana della nazione 318 – riposo delle nazioni 224 – riputazione di nazione 219 – sviluppo della nazione 470 necessità 480 – necessità di un governo rappresentativo 314 nemici 474 – nemici de’ Cattolici 399 – nemici interni ed esterni 398

Italienisches Register – nemici della religione e dei preti 474 – nemici della religione e del trono 315 neoguelfismo 447*, 472 f., 554 neri 526* nobili 111 nobilità povera 216 nobilitare la società 391 nome 479 ff., 524 – nome francese 394 – nome ingiurioso 480 – nuovo nome 319 non plus-ultra 476 norme, simili 470 novatori 217 nozione determinata 316* obbrobrio della civile società 320 obligazione di esser soggetto a chicchessia 525 odio 389 onestà e disinteresse 390 onoratezza 320 onore 311 ff. – onore del bene operato 390 – onore del principe 312 – vero onore 479 operatori di commozioni violente 478 opinione 478 – assolute opinioni 312 – buona opinione 469 – pretesi delitti di opinione 317, 319 – discrepanza delle opinioni 478 – espressione delle opinioni 480 – esprimere le opinioni 480 – opinioni Italiane 311 – opinione progressiva 482 – opinione pubblica 477 f. opposizione 481 – opposizione al governo 477 oppressione 26 oppressore 481 ordine 391, 474, 525 – ordine morale 319 – ordine politico 319 – ordine politico e civile 21* ordini, tristi, di signoria feudale 311 orrore del voto 221 orrori 317 oscurantisti 475, 484, 526* oscuristi 476 oscurità 222 ostacolo 313

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panteismo 524 papa 111*, 396, 474, 481 – papa liberalizzante 475 – reggenza a nome del papa 470 parlamento 218, 311 parola 468 – uso delle parole 479 parrochie 221 parte 480 – parti esagerate 480 – Parte del Ghibellino 111 – Parte di Guelfo 111 partito – partito aristocratico 481 – partito cattolico 484 – partito costituzionale 482 – partito democratico 481 – denominazioni di partiti 392 – partito nazionale 478, 483 – partito repubblicano 482 passato 26 passioni 313 – frenare le passioni sotto l’impero della ragione e della legge 526 – generose passioni 313 – influenza delle loro passioni 525 – passioni del popolo 398 – smodate passioni 525 – passioni volgari 211 patria 211, 215 f., 221 f., 312, 390, 468, 471, 474, 525 – patria dalle alpi fino all’Etna 478 – amor di patria 221 – amor patrio 468 – doveri verso la patria 312 – speranze della patria 215 patriota 395 patrioti 392 – perfetti patrioti 220 patriottismo 221 – antico patriottismo 222 patto sociale 398 paura morale 396 pedantismo 215 perfezionamento universale 471 perfezione 526 – apice della perfezione 526* – ultimo grado di perfezione socievole 526 peripezie politiche 224 persecuzioni 217 persone, due classi di 316 perturbatori 219

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Historische Begriffsregister

perturbazione 313 peste dell’umana famiglia 485 petizioni scandalose 394 pietà di dio 399 Pio nono 473 pittura 320 plebe 111 – bocca dei due sessi della plebe 526* pluralità, immensa, degli uomini politici, scrittori e uomini di stato 480 politica 27, 397*, 468, 480 politicanti 213 polizie 477 pontefice, sommo 475 pontificato, nuovo, di Pio IX 477 popolarità 208 popolo 315, 474, 477, 485, 525 f. – animo del popolo 318 – popoli antichi 220 – popoli inciviliti 224 – popolo libero 212 – popolo ribellato 398 posizione sociale 470 potenza di far il bene 108 potere – potere arbitrario 222 – potere dispotico 315 – poter[e] di fare il male 108 – potere legittimo 398 – potere nella società 525 potestà spirituale 470 pregiudizi – antichi pregiudizi 216 – pregiudizi feudali o clericali 211 – pregiudizi giacobineschi e irreligiosi 471 pretese dell’altro clero 470 preti 399 – buoni preti 474 primato civile del Papa in Italia 472 principe 109, 317, 481 f. – principi indipendenti 312 – principi d’Italia 390 – principi italiani 473 – sani principi 477 principio 397* – esagerazione dei principii dell’89 485 – principii eterogenei, e diametrale opposti 390 – principio del mondo 524 – principio religioso 525 privilegio 468, 470 problema sociale 524

profanazione 399 professioni – professioni civili e forensi 209 – professioni onorifiche 209 profeti di sventure 474 progressista 475, 479, 525*, 526 – progressisti esaltati 480 progressiva 475, 481 progresso 526 – progresso nelle istituzioni 391 – perfezione del progresso 526 – progressi dello spirito umano 209* promotori 476 prosperità – prosperità delle genti 399 – prosperità d’una patria 212 protezione 320 prova 318 prudenza 390 pubblicità dei giudizi 476 pubblico 209* purità 480 qualità contradittorie 396* querimonie 477 quietisti 475 quistione academica 220 radicale 471, 476, 485, 486* radicalismo 397, 485, 486*, 527 radice 321 ragazzi, piccolissimi 526* ragionamenti 216* ragione 218, 391 – ragione sconsigliavala 312 rappresentanza – rappresentanza legislativa 211 – rappresentanza nazionale 317 ff. rasoi di Robespierre 485 razionalismo 473, 524 razionalisti 476 re 222, 394, 397* – re costituzionale 223 realista 224, 395 reggimento costituzionale 212 regime costituzionale 317 religione 320 f., 394, 474 – religione cattolica 399, 473 – equivoci o indifferenti nel fatto della religione 525 – ministri della migliore delle religioni 221 – vantaggio della religione 477

Italienisches Register – religione piena di vincoli 320 repubblica 223, 526* – antiche repubbliche 311 – repubblica comunista 526* – repubbliche democratiche 27 – repubblica esaltata 526* – fautore delle nuove repubbliche 475 – repubblica moderata 526* repubblicanismo 395 repubblicano 222, 395, 469 f., 479, 483, 485, 526, 554, 558, 565 – espressione della posizione assunta dai repubblicani 483 resistenza 223 – dignitosa resistenza del Piemonte 477 – resistenza morale 477 f. retrogradi 468, 480, 484, 526* ribellione 396* riforma 216, 477, 480 – riforma delle istituzioni del proprio paese 477 – riforme sociali 524 – riforme a vantaggio de’ sudditi 474 riformatori 471 – nostri riformatori 321 rifugio, ultimo 315, 319 rigeneratori 471 rigenerazione – momento sospirato della rigenerazione Italiana 389 – rigenerazione o restaurazione filosofica 398 riordinamento dell’Europa incivilita 311 risorgimento italiano 478 rispetto 216, 219 risultamenti, spaventevoli 396 rivoluzionari 394 f., 396*, 478, 480 rivoluzionario 479 rivoluzione 223 f., 398, 468, 470, 480 – rivoluzione armata 481 – tentativo di rivoluzione armata 476 – carro della rivoluzione 223 – rivoluzione di Francia 317 – anarchica rivoluzione di Francia 396 – genio delle rivoluzioni 318 – progresso logico e naturale della rivoluzione italiana 483 – rivoluzioni settario-democratiche 396 – rivoluzione negli Stati pontificii 398 – vera rivoluzione italiana 477 rivoluzionisti 476 Roma, antica 525 romantico 217

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rovina del principato 477 Russia 473 sacerdote 394, 399 Sacra Alleanza 217 sacrilega 391 saggio di dizionario 395 sagrestia 525 Sanesi 111* Sansimoniani 524 sapienza 390 – sapienza del secolo 221 schiavitù 26 scienza – scienza di ben governare 27 – valore delle voci di una scienza 27 scioglimento de’ sudditi 221 sconvolgimento 468, 481 – universale sconvolgimento sociale 26 scuola 479 scure Sacerdotale 389 secolo illuminato 395 sedia di penitenza 221 sediziosi 219 selvaggio 391 semplici, occhi de’ 318 semplicità, antica 220* senato 111, 216 sensato e virtuoso 471 senso, proprio rigoroso 320 servi, umili 315 servitù 209*, 210 – servitù nuova e moderna 220 setta 317, 320, 474 – una sola ed una unica setta 471 settari 477 – settari italiani 476 siccurezza e prosperità d’Italia 472 significato – nuovo significato 394 – precioso significato 318 sillogismo 398 simpatie 470 sindacato, giorno del 485 sinistra, estrema 480 sinonimo 217, 471, 481 sistema 319, 470 – sistema di corruzione 213 – sistema giusto, fermo, severo, vigilante 397* – sistema progressivo 3909 – sistema retrogrado 390

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Historische Begriffsregister

smania – smania di commandare 474 – smanie licenziose 211 socialismo 485, 486*, 524, 527 socialisti 524 – i rouges o i socialisti 524 società 391, 526* – società secrete 223, 314, 397* – società umana 524, 526 soldati francesi 210 soluzione del problema 478 sorte – altro mezzo per megliorare la nostra sorte 526 – sorte di una nazione 218 soverchierie doganali dell’Austria 477 sovrano 212, 221, 314, 474 – antichi legittimi sovrani 316 – novello ristabilito sovrano 317 sovranità 216, 390, 470 – sovranità popolare 392 spaglio amministrativo 477 specie, siffatta, di governo 318 speranza 224, 477 f. – speranze d’Italia 479 – speranza di successo 312 spie 217 spirito 316* – spiriti forti 396, 399 – generosi spiriti 210, 389 – spiriti liberi e magnanimi 109 – spirito pubblico 219, 221 – spirito rivoluzionario 397* – spirito del secolo 223 spiritualismo cattolico 468* stabilimento – stabilimento di un imperatore 223 – stabilimento del regime costituzionale 318 stampa 316*, 468 stato 313, 317, 319, 525* – cariche dello stato 478 – code di stato 27 – faccende dello stato 27 – impieghi e prime cariche dello stato 474 – uomo di stato 397* statuto – statuto fondamentale 209* stazionarii 480, 484 stolidità 399 stolti del secolo 396 stragi 317

straniero 478 sudditi 312, 390 suntuosità 109 superbia 396* svolgimento, pieno 476 tempesta 222 teorie, salutari 221 terra nativa 474 terreno costituzionale 311 terroristi 471 terzo stato 310 testa coronata 219 tirannia degl’imperanti 320 tirannide 221, 390 tiranno 213, 395, 481 tolleranza 319, 395 – tolleranza indefinita in materia di religione 317 torbido 474 Toscana 474 tranquillità 313, 474 trasformatori 478 trasformazione 477 trono 223, 397*, 470 tumulti 218 uffizi civili 390 uguaglianza 398 ultra 215 ff., 481 umanità 481 – stato normale dell’umanità 391 umanitario 526 unione 391 unità 470 – unità d’Italia 473 – organizzare l’unità dell’Italia 482 unitaria 469 f. uomo – due classi di uomini 476 – grazioso gentile uomo 110 – uomini illuminati 212 – uomo libero 209*, 220, 321 – uomini onesti 319 – servili uomini 312 – valente uomo 110 utopie, mostruose 524 utopisti 484, 524 Vangelo 221, 398 vecchio 216 verità 221, 399, 469 vertigine prestigiosa 222

Englisches Register vessatoria 391 vie legali 485 violatori 219 – violatori dei diritti della chiesa 399 violenza 484 – inutile violenza 391 virtù 110, 210, 219, 480 – virtù cittadina 390 – complesso delle morali a civili virtù 108 – virtù moderatrice 481 – virtù politica 479 f. vita 311 vivere libero 108 vocabolo 26, 313, 316*, 318, 396, 468

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– antichi vocaboli 396* – vocaboli antico coloro 111 – cangiamento de’vocaboli 396 f.* – falsi vocaboli 26 – vocabolo di paese 468 – vocabolo, vuoto di senso 316* voci 26 volontà – volontà generale del popolo 390 – volontà regia 392 zelanti 213 – zelanti sacerdoti regolari 397

Englisches Register * verweist auf den Text einer Fußnote aberrations from truth 325 ability 118 abstract sciences 115 absurdity 333 abuse 123*, 324 – abuses and corruptions 123* acceptation, largest 322 acception, present 332 administration 339* admiralty 227* advantage 490 – conventional or accidental advantages 411* advocates of free corn 489 affections of the vulgar 122 age – advance of the age 493 – faults of the age 493 alliance 226 – defensive alliance 246 – offensive alliance 246 alterations in our system 341 ambition and pride 326 amelioration 333 – progressive amelioration 498 – prudent and practicable amelioration of the state 339* amendment of practice 242* anarchy 538

– anarchy and revolution 245 ancestors, renowned 231 ancestral abodes, whether architectural or mental 535 annals of the realm 490 antagonist, merit of a political or religious 325 antediluvians, spectral 495* anticipation, prophetic, of the great destiny 538 antipathies, mutual and irreconcileable 335* appellation, general 330 archbishopric 237 argument, shadow of 333 aristocracy 113, 225, 406, 409, 411 – ascendancy over the old territorial aristocracy 488 – aristocracy in our constitution 404 aristocrat 119* aristocratic purposes 492 aristocratical in its opinions 496* arithmetic 115 arms of Spain 338 army 411 – abolition of standing armies 494 – regular army 335 arts, mechanical and servile 111 assiduity 117*

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Historische Begriffsregister

association 233* – political associations of half a century 535 – association of many sects and factions 330 atoms 488 attachment to kings, lords, commons, church, and state 491 authority 407, 494 – lawful authority 231 – worshippers of authority 495 backward 538 balance – balance of parties in the state 405 – balance of power 236 – just balance of the state 404 ballot 251*, 409, 488 band, most respectable 229 baptist wife, particular 532 bar 411 barbarians, asiatic 326 barons 231 belief, cardinal points of its 539 benevolence 124 Benthamites 495 bigotry 123 bigots 118 bladder, monstrous 331 blasphemy 324 body – dead, canine bodies 495* – body of men 402 – body & mind 407 booksellers 121 borough 227* – rotton boroughs 227* – corrupt boroughs 251 bottom of the striking sore 243 boundaries, legitimate and natural 332 bountiful 112* bounty 116 bourgeois supremacy, faccid creation of 534 breakfast out 538* bribery 246, 251 brothers in law 533 budget 152 candour 123, 324 – common candour 336* cant, abundance of general 333 Catholic 340

– Catholic emancipation 248*, 402 Catholics, abused 333 cause – good cause 242 – good old cause 228, 494 – old cause 228 champion of ancient usages 491 change 246*, 339*, 497 – complete change in the present system of government 331 – doleful changes 238 – change and innovation 330 – change for the sake of change 536 – signs of change 533 – thorough change 242 – times of great political change 490 – undefined change 328 f. – violent changes 250 character – reference to character 330 – character and stability 339* charity 117 chasm 490 christianity 237 – muscular christianity 536 Christians 118 church 122*, 335, 490 f. – destruction of the national church 494 – established church 491 – church establishments 494 – church government 124 – church rate contest 532 – church-and-state men 322 churl 117 citizen 244 – humble sentiments of a private citizen 494 citizenship 540 civil – civil history 115 – civil policy 115 class 322 – distinct classes 405 – divisions of classes and great interests 340 – labouring classes 533, 558 – men of active and aspiring talent in all classes 411* – money-owing, commercial, and shopkeeping classes 488 – privileged class 408 – working classes 411, 534

Englisches Register – political strength of the working classes 412 classical learning 114 classification 405 clergy of the church of England 411 coal 536 coalition 341 – head of a coalition 531 collectivism 540 collision of the New with the Old 22 colonial and commercial policy 488 commerce 115, 495 commercial – commercial and professional classes 113 – commercial society 114 committees 346, 348, 555 – committees, Greek, Spanish and other 331* common enemy 339 common good 233 common sense 336* Commoners 227* commonwealth 19, 225 – new commonwealths in South America 338 communications 243 community 341 – two great divisions of the community 340 – good-natured part of the community 331* – representative of this great and enlightened community 494 – true community 541 competition – unrestricted competition 539 – unrestricted competition of middleclass industrialists 533 competitor, dexterous 490 compound 328 compromise 534 conduct 341 – peaceful and orderly conduct 238 confidence, mutual 341 confusion 244 connection of office 226 connexion 19 – connexion between politics and all other subjects of interest 321 conscience 118 conservatism 411, 490 ff., 495*, 556 – as embodied resistance of the most strongly constituted, of the most firmly

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compacted social and political system 491 conservative 58 f., 400, 404, 409, 411, 412*, 416 f., 488–96, 503, 530, 535, 538, 555–58, 565 – conservative element 539 – conservative and radical ends of the cabinet 540 – conservative party 338*, 339*, 491, 495 – great conservative party 411 – straight-forward, upright, honest-hearted, and gentlemanly conservative 487 conserve 531 consideration, fair 497 conspiracy 232 constitution 122*, 225, 227 ff., 237, 243 f., 246*, 248, 256, 333, 336, 346 f., 396, 403, 405, 488 f., 491, 555 – ancient constitution 226, 247, 408 – extensive organic changes of the constitution 498 – constitution in church and state 229* – English constitution 232, 491 – glorious constitution 245* – loyalty to the constitution 491 – old constitution 244, 256 – popular constitution 405 f. – popular part of the constitution 231, 406 – popular part of the English constitution 406 – practice of the English constitution 251* – regard for the free constitution of England 406 – whole constitution 406 constitutionalists 237 consumer 340 consummation 333 contents of any book 493 contest between brains and numbers and wealth, rank, vested interest, possession 536 continental 329 – continental kings 326 continuance in office 492 contract 19 contradistinction 488 control 120 conversation 19 conviction founded upon experience 330 cooperation, tacit 246 corn laws 403, 488, 494 ff.

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Historische Begriffsregister

– anti corn law 504 – Anti Corn Law League 494, 496 corporation 248 – great municipal and commercial corporations 490 corruption 123*, 242*, 246 Cortes 239 coterie 408, 410 counter-sign 335* country 339, 408, 497, 537, 540 – dark countries 537 – country faction 340 – sober lovers of their country 336 courage 492 court 339 f., 408 – court party 226 courtiers 229 cousins to each other 533 crimes 493 crisis 240 criticism, profane 498 crown 122*, 231, 246*, 490 cry, ancient and accustomed 490 culture 538 cupidity 242* currency 488 dams, resisting 332 darkness, voice of 537 days, former 533 decomposition 491 definition, true 336* deity, existence of the 32 deluge 332 delusion 330, 487 demagogues 530 demarcation, substantial lines of 495 democracy – encroachments of democracy 491 – representative democracy 326 – natural war between democracy and monarchy 336* – weight of the democracy 491 democrat 119*, 229 democratic, democratical – democratical ascendency 247 – democratical interest 246* – democratic principles of government 488 denomination 341 depression of science 123* derision 492 designs, wicked 242*

desire 117 desperation 244 despot 324 – despots of Europe 404 despotism 239 – harsh and heartless despotism 490 development, outside the van of 540 diffusion of equity, truth and benevolence 332 dignity 116 disaffection 242* discoveries, glorious 537 discretion 117, 341 discussion 497 – candid discussion 123 disease 248 disorder, friends of 539 disposition, kind, compassionate, benevolent 116 disrepute 242 dissent 532, 539 – dissidence of dissent 539 – dissidence of middle-class dissent 533 distinction 25, 336*, 340 – distinction without a difference 531 disturbance 250 disturbers of the public sphere 489 doctrine 531 – new doctrine 330 duplicity 331 duties, social 124 ebb tides 495* economy, public 497 Edinburgh Reviewers 400, 407, 409 education 250, 412 – education for the Counting-house 115 elections 251 – annual elections 247 – septennial elections 243 electors 412 elegant mind 113 emancipation 535, 537 emergency 251* emigrants 237 empire 489, 539 – British empire 229* employment – low and mechanical employment 114 – skilled employments 412 enemies of church and state 489 England 239, 329, 539 – inhabitants of England 490

Englisches Register – people of England 539 – tone of England 328 English 340 Englishmen 244 – free Englishmen 248 enlarged 113 enlargement of mind 113 enlightened 233, 331 enthusiasm 331 envy 118 epoch of the French revolution 331 equality – nearer approach to equality 536 – equality of civil rights 333 – great principle of equality of civil rights 333 – equality of a trackless desert 333 error 325, 493, 498 – speculative errors 325 essays 321 establishments, civil and ecclesiastical 242 estate 117, 120 Europe 324 – Europe’s face 240* – west of Europe 326 evidence 407 evil 250 evolution 540 excess of luxury, of riches, of taxes 248* exclusive in its personnel 496* executive, necessary strength in the 402 expectation of kings 251* explanations 25 extremes 336*, 341, 540 extremity 403, 411 fable 241 faction 229, 248, 330 – exclusive and aristocratic faction 530 – political faction 331 faith 124 – basis of faith 537 – profession of faith 535 fallacies of argument 25 falsehood 487 families – great families 490 – small knot of great families 489 – support of a few prominent and historical families 497 fanaticism about political forms 498* fate of Icarus 337* feeling 329

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– right feeling 328 – wrong feeling 328 – feelings of young men 495 fiction 495 fidelity to principles 494 finality, idea of 537 folly 328 force and meaning 335* foreign – foreign affairs 338, 403 – foreign policy 402 forests, black 537 fortitude 124 fortune 113, 116 f. – making of large industrial fortunes 539 foul 117* foundation 541 founders, illustrious 231 fountains of infedelity 332 Foxite 340 France 240*, 330 fraternity, French 332 free – free and equal land 489 – free scope 122 freedom 117, 248* – constitutional freedom 229* – freedom’s second dawn 235 – extinguisher of freedom 246 – sacred flames of freedom 403 – human freedom 494 – hereditary love of freedom 230 – enthusiastic lovers of freedom 495 – reliance on freedom 536 – restriction of genuine freedom 332 – freedom of speech 326 – vestige of freedom 233 friend to human kind 122 friends 118 – friends of the king 488 f. – parliamentary friends 248 – friends of the people 339, 405, 410, 555 – friends of stability 330 friendship 226 frontiers 538 – adamantine frontiers 537 frost, hard, breaking up of 251 fulfilment of purpose 490 funds 340 furies, political 241 future 538 generations 493

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Historische Begriffsregister

generosity 123, 116 generous 112*, 322 genius 324 f. gentleman 112–17,119 ff.,123 ff.,153,185 f., 233, 325 f., 334, 347, 404, 558 – accomplishments of gentlemen and scholars 115 – air of a gentleman 194 – character as gentlemen 324 – old club-house gentleman 322 – educated gentleman 322 – gentlemen of the press 331* gentlemanly 194 – gentlemanly appearence 153*, 194 gentlewoman 153* gentry 113 German – German infidelity 332 – German philosophers 331 Germany 332 gifts 118* glory 490 god 324 good 250 – good of the community 114 – good of the country 339 – great deal of good 539 – good intention 117 – good of the people 347 – good of society 117 gossip 538* government 115, 226, 331*, 498 – government by consent of the governed 251 – constitutional government 338 – existing governments of Europe 330 – good government 406, 408 – government by influence 404 – local self-government 539 – local self-government of middle-class vestries 533 – old machinery of the different governments 330 – oppressive and degrading government 326 – power of national government 122 – present government 497 – principles of government 538 – government by public opinion 404 – neither a royal nor a democratic road to perpetual good government 498* – government of the state 490 – system of government 497

greatness, unnatural 322 Greek and Roman writers 113 grower 340 guerillas 335 guidance of a higher intelligence & virtue 407 guide & sovereign master 407 half-minded 532 Hanoverian succession 408 happiness – human happiness 494 – happiness of mankind 119* hare-hearted 532 heaven’s instrument 324 heralds 492* hereditary – hereditary feeling 403 – hereditary guardians of an hereditary monarchy 489 hierarchy 124 high birth 237 history 249*, 493 – English history 233* Holy Alliance, connexion with the 338 home-rule debate 539 honesty 335 honour 116, 335 – honour of God 117 house of Commons 243, 403*, 494, 530 f. house of Lords 231 houses of parliament 229* Humites 495 hypocrites 241 idea 19, 329 – reign of ideas 534 identity 493 illuminati 331 impartiality of sentiments 124* imposture 487 impression 539 improvement 232, 536 f. – progressive improvement of our laws and institutions 498* incantation 120 indifference of political matters 412* indignation 325 individuality 535, 537 individuals 341, 401 – enlightened individuals 338* – mass of individuals 490 industry 124

Englisches Register – industry and peace of the world 326 infallible 498 infirmities of human nature 322 influence 225, 250, 339*, 490 – corruptive influence 246* – undue influence of the crown 232 ingenious 113 – ingenious arts 112* innovation 244*, 248 inspection 120 – assiduous inspection 498* institution 249* – established institution or law 497 – existing institutions 412, 498 – human institutions 491 – mixed institutions 491 – noble institution in the state 333 integrity 401 – integrity of purpose 325 intellect 113 f. – march of intellect 332 – most highly cultivated intellect in the nation 536 intelligence 249*, 401, 492 intemperance 324 interest 246, 406, 408, 534 – aristocratic interest 228, 246* – best interest of human nature 323 – interests of capitalists 486 – exclusive or partial interests 401 – interests of labourers 486 – interests of landlords 486 – interests of the mass 492 – monarchical interest 246* – popular interest 228 – universal interest 245 intolerant in practice 337 Irish 340 irony 333 Italy 330 jacobin 335*, 339 f., 408 – anti-jacobins 335* jacobine 119* jacobinism, disciples of 489 jurisprudence 497 – British jurisprudence 238 jury 152 justice 124, 237 king 241 – duties of kings 122 – king and ministers 322

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kingdom of heaven 532 knave 487 knowledge 114 labour, solidarity of 534 lands 340 language 324 – language of the government in 1823 338 – inflammatory language 241 – license of language 498 – painful language 333 law – criminal law 403 – game and poor laws 488 – good laws 498* – laws and government 115 – laws of a free people 122 – law proceedings 338* – theory of laws 115 leadership 408 leading men 330 leakages 332 legality, bounds of 244 legislation – legislation of middle-class parliaments 533 – useless or oppressive legislation 488 legislature 406 – good constitution of the legislature 498 legitimacy 239 leveller 411* liability 498 liar 487 liberal (Adjektiv) – liberal administration 234, 337 – liberal adversaries 403 – liberal arts 111 ff. – liberal cast 403* – liberal cause 403* – liberal charity 118 f. – liberal colours 404 – liberal condition 112 – liberal conservatism 495* – liberal construction 122 – liberal course in politics 326 – liberal creed 532 – liberal discourse 121 – liberal education 95, 112–16, 119, 121, 125 f., 185 f., 234, 322, 326, 347, 558 – liberal element 539 – liberal employment 122 – liberal endeavours 234

752 – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –

Historische Begriffsregister

liberal and least enemy of freedom 335 liberal enquiries 121 modern liberal France 332 liberal government 234, 341, 404, 493, 497 fair consideration from a liberal government 497 tacitly admitted test of the liberal grandchildren 535 liberal grandfathers 535 liberal habits 112, 117, 119 liberal hand 117 liberal hypocrites 486 liberal idea 233, 330, 533 idea of a liberal and progressive policy 535 illiberal 323, 339 f., 408 illiberal in principle 337 illiberal and invictive of statesmen 322 illiberal and servile stations in society 114 liberal imperialism 540 liberal institutions 402, 404 f. liberal judgement 121 liberal knowledge 322 liberal laws 326 mildest and most liberal legislation 402 mainly liberal 540 liberal man 116 f., 125, 335 man not born a liberal 532 liberal manners 117 liberal and engaging manners 112 liberal measure 332 liberal members 410 liberal minded 121 f. liberal and embellished mind 113 liberal ministry 404 moderately liberal 540 liberal moderation of whiggism 336 liberal movement 532 liberal nature of principles 331 liberal observation 333 liberal opinions 122, 125, 234, 324 ff., 332*, 338, 404, 408, 495 champion of liberal opinions 326 men of liberal opinions 404* progress of liberal opinions 337, 410 liberal part 339 liberal part of the government 339 liberal party 239, 338–41, 347, 400, 404 f., 409 ff., 412*, 495 f., 497 f., 531–34, 536, 539 f., 555, 558 chiefs of the liberal party 403

– liberal party as house of many mansions 532 – mean, illiberal party 233 – members of a liberal party 497 – mitigated party of libéraux 238 – liberal party in parliament 498 – liberal parties on both sides of the House 339 – liberal party as shamefully heterogenous union 532 – so-called whig or liberal party 495 – whole liberal party 411 – true liberal patriot 333 – liberal piety 119 – liberal plan 119* – liberal policy 404 – liberal policy in commercial matters 403 – liberal, enlightened and patriotic policy 234* – principles of liberal and reforming policy 404* – liberal in politics 326 – liberal principle 124, 335, 337, 402, 404, 412*, 487–90, 497, 534 – liberal, sound, enlightened and truly English principles 402 – votary of liberal principles 403 – liberal professions 112 – liberal sciences 111 – liberal society 124 – liberal spirit 540 – liberal supporter 402 – liberal system 331 – christianity, easy and liberal system 118 – liberal system of government 496 f., 504 – liberal and restrictive system 331 – liberal talents of the Empire 404 – terms liberal and conservative 531 – liberal things 119* – thing noble liberal and free 404 – liberal thinkers throughout Europe 326 – liberal tone 329 – liberal tongue 121 – liberal tories 402 f. – ultra-liberal 402* – liberal views 404, 488 – liberal voters 403* – liberal whigs 405 – modern liberal whig 405 – liberal worship 323

Englisches Register – demigods of liberal worship 323 liberal (Substantiv) – liberals of the empire 408 – illiberals 322 – as man of indestructible, illimitable, and indomitable faith 537 – Manchester liberals 495 – merely nominal liberals 404 – name of liberal 330 – new liberals 540 – number of liberals at a political meeting 535* – old liberals 540 – pretended liberal 322, 404 – professing liberals 410 – liberal and radical 412 – real liberals 411 – society of liberals 237 – Spanish liberals 326 – whigs instead of liberals 533 – wise and sober liberals 535 liberales 236 f. – British liberales 238 liberalism – direct antithesis of liberalism 407 – as natural mental attitude and condition of many educated intelligence in youth and manhood 537 – as belief that society can safely be found on this selfdirection power of personality 541 – common sense liberalism 539 – as the dominant creed 534 f. – as expression of this law in politics 536 – as appointed force to do the work of the hour 539 – very function of liberalism 538 – German liberalism 331 – liberalism of Germany 331 – middle-class liberalism 496, 538 f. – heroes of middle-class liberalism 538 – nature of liberalism 330 – new liberalism 540, 543, 558 – as policy of noble sentiments, of superfine professions, of exalted motives, of plausible platitudes 531 f.* – preposterous liberalism 324 – progress of liberalism 333 – liberalism and republicanism 333 – as robust and hopeful 537 – scepticism and liberalism 324 – as the thing of the present and its urgencies 538

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– Victorian liberalism 530, 533, 558 liberalities 118*, 321 – liberalities of nature 118* liberality 105, 114, 117–20, 123 f., 233 f., 324 f., 332 ff., 346 f., 487, 539 – new demanders of liberality 322 – illiberality 122 – lately acquired liberality 487 – modern liberality 332 – modern philosophical liberality 332 – notions of liberality 322 – phrases of liberality 530 – progress of liberality and light 332 – liberality of sentiment 123, 125, 234, 324, 332 – specimen of liberality 322 – system of liberality 331 semi-liberalized German, Frenchman 323 liberty 102, 119 f., 125, 225, 227–30, 232, 244, 334–37, 347, 396, 405, 407, 487, 489, 495, 555 f. – liberties 120, 228, 243, 248, 333, 408, 488 – liberties wrested by our ancestors 229 – battles of liberty 231 – capacity for liberty and progress of the individual man 537 – cause of liberty all over the world 230 – civil and religious liberty 123 – cause of civil and religious liberty 337* – friends of civil and religious liberty 229* – principles of civil and religious liberty 233* – liberty both in the civil and religious matters 118 – country’s liberties 404 – defence of liberty 230 – liberties of England 230 – English liberty 332 – English liberties 347 – liberties of all Englishmen 244 f., 256 – enemies of liberty 232 – friend of liberty and order 229 – enlightened friends of rational liberty 237 – glory of having established our civil and religious liberties on a firm foundation 493 – liberty of private judgment 118 – love of liberty 230 – liberties of mankind 232 – liberties of the people 229, 231

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Historische Begriffsregister

– principles of liberty 118 – great principles of liberty 495 – protestant liberty 333 – vivyfying spirit of liberty 243 – tree of liberty 330 life 120 light 120, 537 limit – limit that we can place to the extent of the building 541 – limits to improvement 409 literary – literary knowledge 114 – literary men 535 literature and institutions of the Hindus 121 loan mongers 331* lords and masters 323 love of God 119* low – low in birth 112* – low in mind 112* loyalist 339 f., 408 loyalty 232, 237, 324 machinery 536 magistracy 490 magistrates, hereditary 489 mainland, lost 490 malcontents 335* malignants 335* man – bad men and good 226 – men of calm and sober judgment 412* – man of generous sentiments 330 – man of talent 411* Manchester flood 494 Manchester school 496, 529, 532, 541 manufacturers 532 manufactures 115 market, cheapest 488 masses 412* maxims and managements 117 meaning – meaning of terms 25 – meaning of the word 25 mechanical employment 114 memory 404 merchant-accounts 115 merits 497 Messiah 119* metaphysical – metaphysical cast 331

– metaphysical mode of free-thinking 332 method of institution 115 metropolis 490 middle class 115, 249 f., 348, 409 f., 412*, 416, 488, 495, 497, 503, 530, 533 f., 539, 555, 558 – thoroughly adequate expression of English middle-class hypocrisy, cowardice, and short-sightedness 534 – self-made middle-class man 532 – sentiments of the middle classes 412* middle way 337* mind 532 – enlarged expansive mind 330 – mind of man 323 – restless and revolutionary mind 538* – willing mind 117 ministers 340 – ministers of religion 118 ministry 239 mischievous 531 mode of governing the country 328 f. moderate 243 – moderate plan 244 – moderate and practical 498 moderates 241 moderation 324 – moderation of practical wisdom 341 modes of conduct 489 modesty, false 322 modification of the establishment 488 monarch, limited 229* monarchical principle of government 488 monarchy 406 – absolute monarchy 246* – limited monarchy 406 – mixed and limited monarchy 246* money 114 monopolies, abolition of 488 morality 324 motives 329 – higher motives 403 – ruling motive 487 mountains, impassable 537 movement 22 – intellectual movements of the time 535 – movement party 409 – politically progressive movement in England 534 munificent 112

Englisches Register name 19 341, 404, 494 – better name 331* – name of mockery 237 nation 118, 226, 333, 335, 490, 540 – British nation as greatest nation on earth 243 – in company with the great mass of the nation 540 – moral features of the nation 331 – means of exciting the nation 530 – political nation 497 – race with other nations 540 – requirements of the nation 536 – use of all nations and governments 325 national – national character 331 – national good 488 – national institutions 490 – war against all those great national institutions 490 – national movements 540 natural – natural course 330 – natural rights 120 naval force 115 navy 411 Netherlands 330 newspaper – daily newspaper 532 – newspaper paragraphs 328 nickname 492 – offensive nickname 242 nobility of England 231 nobles 404 nonconformist 412* number 335 – number of seats in parliament 408 – number of talents 117 obligations of favour 226 obstacles 490 obstinacy 328 – weak obstinacy 322 occupation, daily 114 oeconomists, political 495 office, out of 530 oligarchs, exclusive 530 oligarchy, establishment of an 489 opinion 243, 329, 490 – matters of opinion 322 – popular opinion 248* – present public opinion 496* – shade of opinion 411

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– shades and degrees of political opinion 491 – theoretical opinions 337* opponents 401 – opponents in the cabinet 339 opportunity 118 opposition 339 f. oppressors 241 opulence 248* order 402 orders 251 outcasts of society 242* papists 489 parcimonious 112* parliament 251*, 331*, 494 – annual parliaments 241, 243, 409 – reformed parliament 404 – septennial parliaments 409 – triennial parliaments 227*, 409 parliamentary – parliamentary companion 494 – first parliamentary storm 497 partisans of innovation 330 party 229, 241, 248, 330, 335, 408, 410, 490, 492 – mere party combination 497 – contending parties 246 – exertions of parties 335 – extinction of all extreme parties 336 – French party 236 – anti-French party 236 – great party 493 – High Church Party 232 – party interest 530 – Jacobinical party 236 – middle party 336* – party militant 248* – anti-national party 490 – national party of England 490 – party nickname 335* – political party 225, 401, 490, 493 – political parties in England 329 – party without principles or definition 534 – party of progress 536 – regular, systematic and well organized party 335 – rivalry between the parties 539 – state of parties 337 – stupid party 535 – tenets of the two parties 492* – party ties 403, 531

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Historische Begriffsregister

– titles and watchwords of political parties 490 – party word 330 passion 331 password 537 patriot 335 patriotic 233 patriotism 113, 241, 324 patronage, aid of 401 patrons of rich livings 489 peace 19, 530 – peace and general interest of Europe 402 Peelites 495 Peers 227* people 226, 231, 248, 251*, 336, 347, 403 – ancestral people 535 – ascendency of the people 247* – ringing cheers of the people 537 – English people 490 – people’s ancient friends 337 – happy and populous people 115 – people’s interest 340 – licence of the people 232 – people’s men 246 – uncorrupt portion of the people 246 – set of people 331* – support of the people 492 perfidy 242* periods 490 persons of good birth 112 phalanx 411 philanthropy, all-pervading 333 philosophy 120, 324 phrase 497 – odious but intelligible phrase 328 – perpetual succession of unmeaning phrases 333 f. piety 116 Pittite 340 place – love of place and pay 487 – place and power 337 pleasure 117 plunderers 251 – plunderers of the poor 241 poetry 321 policy 496 – absurd policy 496 – policy of the government 328 – measures of policy and police 495 political – present state of political affairs 412*

– – – –

political ascendancy 401 political economy 294, 331 political reasoning 25 discover and settle new political territory 538 politics 324, 539 polity, provincial 490 poor 116 popery – popery, absurd and burdensome 118 – tocsin against popery 489 popular 330 – popular bodies 498 – popular cries 489 population 536 – respectable portion of population 339* Portugal 338 position, false 489 post, ancient 489 power 118, 490, 530 – arbitrary power 229, 403 – original fountain of power 244 – lovers of power 495 prayers 118* precept of Daedalus 337* pre-eminence for personal qualities 411* prejudice 328, 330, 408 f. – prejudices of the bigots 333 preservative 487 press 237, 248*, 408 pressure of taxation 328 prices, low 488 pride 335 principle 406, 494, 497, 498* – devastating principles 332 – high monarchical principles 336* – noble principle of the soul 333 – political principles 330, 406 – popular principles 336* – preservative principle 488 – republican principles 330 – slavish principles 232 – sound principles 339 – ultra principles 403 – vindication of principles 405 – wise and comprehensive principles 402 private worth 401 profession 488 – non-aristocratic professions 412 progress 324, 335, 339, 535 ff. – progress as law of the world 536 property 226, 249*, 250, 403

Englisches Register – attacks on the vested rights of property 498 – defence of property 250 – property owner 114, 121 – private property 120, 186 proprietor 117 proprietorship 246 prosperity 490 protestant 340 – protestant church 333 – protestant succession 227 protestantism 333, 346 – great foundation of protestantism 118 – protestantism of protestant religion 539 – protestantism of middle-class protestant religion 533 prudence 117 public 408 – British public 248* – public confidence 335 – public good 123 f., 408 f. – public life 493 – public opinion 226, 328 f. publicity 326 punishment, abrogation of capital 494 purity of their intentions 325 race, Anglo-Saxon 540 radical 241 ff., 245, 256, 273, 335, 336*, 342, 347, 372, 400 f., 404 f., 408, 410 f., 412, 416, 448, 486, 489 f., 492 f., 496, 503, 529, 555 ff., 561, 565 – radicals of 1819 241 – radical cure 243 – English radicals 489 – radicals in Great Britain 242 – gypsy clan of radicals 242* – middle-class radicals 495 – moderate radical 410 – name of radicals 529 – parliamentary radicals 406, 410, 412, 486 – radical party 337*, 496 – Philosophic Radicals 406 f., 448 – radical platform 227 – ultra-radical 243 – ultra radicals 411 – Westminster Radicals 409, 416, 555, 558 radicalism 227, 239, 242*, 249, 251, 256, 336*, 404, 410*, 411*, 448, 503, 555, 557 – sound radicalism 250

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– sound and honest radicalism 250 – unsound and dishonest radicalism 250 railing 324 rank 120, 251, 339*, 412 – high rank 402 – respectable rank 115 rational – rational means to honest ends 411 – rational standard of judgement in questions of practical government and legislation 497 f. reaction 341 reason 248, 332 – human reason 122* rebellion 241 redemption 119* re-establishment 231 reform 227*, 238, 240*, 242*, 256, 405, 410, 416, 487, 489, 530, 532, 556 – reform of abuses 339 – reform associations 403 – Reform Bill 403, 406, 409, 412, 416, 492, 539, 555 – promised fruits of another Reform Bill 496 – reforms in the criminal law 338* – friends of reform and liberty 341 – moderate reform 232, 245 f., 249, 251 – non-reform 246 – reform parliament 403* – reform in parliament 488 – reform of parliament 496 – parliamentary reform 123, 241, 402, 404, 408, 535 – radical reform 240, 245 ff., 249 f., 327 – friends of radical reform 247 – radical reform of parliament 248, 251 – radical parliamentary reform 247* – thorough reform 408 – true radical reform 242* – reform party 406, 409 f., 412 – reorganization of the reform party 410 – reform of principles 242* – professors of county reform 489 – progress of reform 412* reformation 118, 248 – reformation of parliament 244 – reformation of religion 123* – thorough and complete reformation 244 reformer 238, 241, 243, 400 f., 404, 408, 411, 489 f., 494, 496, 532, 537, 539 – anti-reformers 404*

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Historische Begriffsregister

– reformer’s catechism 401 – reformers of our civil jurisprudence 403 – two kinds of reformers 227* – moderate reformer 244 – radical reformer 244, 405 – Radicalreformers 239 – ultra-reformers 241 – uncompromising reformers 405 – word reformer 243 reformists, English 240* relations, mercantile 338 religion 116, 123, 241, 322 f. – religion founded in love 123 religionists, dissentient 532 religious sphere 539 reminiscences, past historical 496* renovation 242, 244 repealers 489, 496, 504 – Irish repealers 489 representation – equal representation of the commons 243 – equal representation of the people 227* – practical equality of representation 247 – question of representation 250* – direct share in the representation 249 representatives 227* – real representatives of the people 404 republic 490 – oligarchical republic 490 republicanism 229, 332 republicans 333 – French republicans 331 resistance, heroic, to Charles the First 247* respect, personal 341 restoration 247 restraint 117 retrenchment 530 revenge 242* revolution 229, 240*, 249*, 250, 335, 403 – revolution of 1688 229* – revolution of France 333 – French revolution 330 – tide of revolution 249* revolutionary 498 – revolutionary France 332 revolutionists 488 – revolutionists of 1793 241 Rhenish provinces 330 ribandmen in Ireland 242 riches 118

right 248, 492 – rights of the individual 122* – rights of man 120, 495 – rights of mankind 123 – religious and civil rights 124 – unalienable rights 247 – usurped rights 247 royal family 226 sacrifices, monstrous, of the many to the few 323 sake of keeping things as they are 488 salvation, political 247* sanction of the legislature 338* sanctity, attribute of mysterious 498 scaffold 494 scholar 114 scoundrel, unprincipled 487 scruple 401, 530 scrutiny 120 sect 248, 330 – new casting of political sects 340 section 411 security – security of liberties 336 – security of every man’s person and property 407 sedition 240*, 242* selfishness 487 f. selfism, universal 248* self-love 119* self-reliance, sturdy, thoroughly English 532 senate, arbitrary 490 sense 25 – general sense 322 – narrow sense 493 – narrow or sectarian sense 410 – perverted sense 489 sentiments 113 sentinel of the night 537 Septennial Act, repeal of the 488 servant 118 signature, anonymous 243 signification 19 sincerity, conscientious 244 sinecures 488 Six Acts 322 slave 121 – slave-trade 248* sobriety 117* social – social machinery 488

Englisches Register – social sphere 539 society 19, 232, 498* – foundation of society 332 – enlightened state of society 497 sophists 332 sorrow, respectful 325 sovereignty being in the people 236 speculation 337* – modern speculation 497 speech 19 spirit – spirit of admiring and assisting 322 – spirit of antient [sic!] virtue 113 – enlightened spirit of the age 331 – generous and disinterested spirit 330 – pervading spirit 409 – spirit of a religious sect 331 stability 402 – supporters of stability 330 standard, infallible, of rectitude in political, more than in theological, matters 498 state 333, 540 – safety valve of the state 488 statesman – statesmen of Cockaigne 331* – conduct of any statesman 493 – distinguished statesmen 402 – wisest statesmen 498 stewart 116 f. stockjobbers 331* strength 494, 497 struggle between property and population 402 Stuarts, House of Stewart 229 study of philosophy, poetry, and history 113 subjection, instrument of 246 submission and credulity 323 subversion of the rights of property 250 succession in the house of Hanover 229* suffrage – extension of the suffrage 409 – large extension of the suffrage 412* – suffrages of the nation 340 – universal suffrage 241, 247, 326 superstition 123 Switzerland 330 symbol of any principles 408 system 335 – bad system 322 – system of the court 335 – system of public education 115

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– mercantile system 338* – political system 242 talent 324 f., 335, 412 tales 321 taste 114 taxation, adjustment of 488 taxes, oppressive and impolitic 338* temperance 117*, 124 tendency, pernicious, of their opinions 325 term – relative term 335* – term of reproach 335 – term of reproach and infamy 487 terrorism 246 testimony 117 Teutonic 331 thief 487 things of the world 117 thorough 243 thoughts 19 ties of blood 226 times, to keep pace with the 536 titles, deceitful 332 tone – superior tone 329 torrent 332 tory 59, 225, 228, 232, 245 f., 256, 327, 333 f., 336, 339 ff., 347, 400 f., 403, 408 f., 411, 416, 470, 486–89, 491*, 492 ff., 503, 530, 538, 554–59, 561, 565 f. – discord between tories and radical reformers 336* – tory-hearted, ancient-minded, and feeble-kneed 537 – moderate tory 232 – modern tories 491 – tory opinion 486 – tories in opposition 228 – tory party 337 – tory principles 412* – tory-reformer 556 – old tory-system of government 488 – unintelligent tories 535* toryism 248*, 400*, 407 – high toryism 232 towns, populous, of Manchester 227* trade – free trade 338*, 539, 555, 558 – earliest free traders 532 – subordinate trade 114 tranquility 249*

760

Historische Begriffsregister

transformation, great course of growth and 537 transition 489 – rapid political transition 490 translations 321 treasury 227* tricks 487 trust 116 f., 226 trustees 336 truth 124, 495 – immortality of truth 494 type and symbol 337 tyrannical 495 tyrants 241 ultras 238 uncles 533 unfruitful 536 union 241, 326, 341, 489 United States 335 universities 490 unprogressive 540 usage, ancient 248 Utilitarians 495 utility 19, 124 valour 113 value, comparative, of the forces 497 villainy 242* view, sound, and British, and statesmanlike 338 violence 244, 250 virtue 116, 122 – acme of public virtue 241 – attacks on virtue and religion 324 – hereditary virtue and talents 404 – individual virtues 325 – private virtues 325 vocabulary 25 voluntary, ardent 532 war 494 warfare, partisan 338* waste 246 watchword 241 weakness 328 wealth 116, 536 Westminster Reviewers 408 whig 59, 116, 225 f., 229, 241, 245 f., 248*, 256, 327, 333–41, 347 f., 350, 400–03, 405–11, 416, 470, 486–96, 503 f., 529 ff., 534 f., 538 f., 554–59, 561, 565 f. – ancient whigs 491

– – – – – – –

aristocratic whigs 405 great body of whigs 234* born whig 532 whig character 231 ancient whig connexion 497 as creatures of circumstances 492 standing official creed of all whig and radical candidates 535 – as base and villanous a crew 487 – whigs of our day 492 – doubtful whigs 405 – Edinburgh whigs 347 – hypocrisy and perfidy of these whigs 487 – ancient intercourse between the Whigs and the people 231 – moderate whig 232, 337, 341, 403, 409, 496 – modern whigs 334, 406 – name of a whig 487 – whigs of the nineteenth century 494 – old whigs 227*, 495 – old constitutional whigs 229 – oligarchical whigs 489 – whigs of an improving condition of our social and political organization 492 – whig party 337, 400, 404, 406, 409, 489 f. – old whig party 493, 496, 504, 555 – opinions of the old whig party in England 497 – whigs of a by-gone period 492 – Philosophic Whigs 226 – whigs in power 228 – whig principles 116, 336 – disciple of moderate whig principles 491 – progressive whigs 347, 400, 416, 497 – whig radicals 411, 492 f. – whig reformers 400 – Rockingham Whigs 226 – whig of the old school 491 – whigs of the seventeenth century 493 – stranded whigs 532 – political system of the whigs 229* – tactics of the whigs 489 – term whig-radical 492 – thorough-going whigs 529 – whig toast 230 – word whig 487 whiggery 229* – whiggery’s vitality and vigour 496*

Lateinisches Register whiggism 231, 248*, 249, 250*, 336*, 340, 400*, 407, 486 ff., 496, 530, 532, 535, 555 f., 558 – whiggism of 1688 405 – whiggism of the present day 405 – denominations of whiggism 405 – exclusiveness of their whiggism 492 – spirit of whiggism 489 wisdom 124

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word 19, 243, 493 – value of words 334 world 532* worship 124 – obscene worships 323 writing 115 zealot 497

Lateinisches Register * verweist auf den Text einer Fußnote aequitas 87 ambitus 88 artes 95 – artes illiberales 95 – artes ingenuae 84 – artes liberales 94 ff., 105, 112, 124, 154, 195, 209 – artes mechanicae 95, 112, 209 avaritia 92 beneficentia 92, 94, 124 caritas 94 civitas sive societas civilis 34, 199, 204 clementia 92 clientes 92 commoda 91 communitas 288 congiarium 91 divitiae 94 donatio 93 donativum 91 ego 289 fiscus 93 fructus 87 honestum 87 iura et libertates 101 ius 87 iustitia 87

largitio 87 f., 90, 92, 109 liber 86, 96, 100, 153*, 194 – liber homo 101 – libera publica 102 liberalis 86, 96, 100, 124, 141*, 153 f., 158*, 194 f. – liberales dictae artes 195 – liberales caussae 100 – liberalem caussam dicere 100 – liberales doctrinae 94 – liberalis eruditio 94 f. – largi liberales 88 – principia liberalia 195 – liberalis species 153*, 194 – studia liberalia 94, 96, 154 liberalitas 68, 74, 86–97, 100, 104, 109 f., 114, 116 ff., 124 ff., 154, 158*, 195, 209 – liberalitates 91 – liberalitas Augusti 89, 91 f. – liberalitas dei 93 – genus liberalitatis 93 – liberalitas magistratuum 87 – liberalitas moralis 104 f., 187 – sua liberalitate 93 – liberalitas sumptuosa 104 – vester liberalitas 93 – vulgaris liberalitas 88 liberaliter 94 libertas 101, 289 litterae 95 – humaniores litterae 419* magnitudo animi 87 merces 87

762 misericordia 89 munificentia 92

Historische Begriffsregister ratio 288 res publica 87 rex 289

natio 289 pactum 101 papa 289 parcere subjectis 134 patria 289 patrimonium 90 f., 93 paupertas 94 – Evangelica paupertas 94 philanthropia 92 praemium 87 precarium 93 pretium 87 princeps 89 ff., 94, 97, 124 quadrivium 95

senatus consultum 511 societas 288 – societas civilis 24 – societas civilis sive res publica 296, 306, 345, 433, 445, 451, 501, 546, 549, 563, 567 theos 288 trivium 95 virtus 91 – virtus per se expetenda 88 vis politica 384*

Sachregister

763

Sachregister Begriffe (außer historischen Begriffen und reinen Quellenbegriffen), Orte (auch aus Quellen), Sachen und Titel * verweist auf den Text einer Fußnote

Aberglauben 274 Abgrenzung 73, 99, 232, 282, 309, 387, 393, 407, 482, 516, 529, 565 Abruzzen 267 Abschottung 427 Absolutismus 69, 92, 140, 154, 211 f., 218, 235, 307, 518, 550 – aufgeklärter Absolutismus 187, 204 f., 219, 473 – landesherrlicher Absolutismus 101 f. Abstraktion 61 f., 68, 143, 195, 245, 284, 291, 293, 300, 308, 367*, 370, 381, 397, 428, 458, 562 Adel, Aristokratie 32, 88, 97, 112 f., 134, 148, 179, 182, 215 f., 218, 282 f., 310, 330, 352, 393, 405, 409, 444, 558 – soziales Abgrenzungskriterium des Adels 128 – Adelsliberalismus 32 – adliger Grundbesitz 120, 411 Adjektiv 68 Affektivität, Affektgebundenheit 49, 552, 566 Agitation 496 Ägypten 128 Aktion 451 – Aktionsraum 361 Almosen 93 Alpen 478 Alphabetisierung 83 Ambivalenz 400, 568 Amerika – Südamerika 235 f., 338, 402 – Vereinigte Staaten 29, 37, 54, 60, 101*, 106*, 192, 335, 362 Ami des Lois 134, 136 Ami des Patriotes 129 Ami du Peuple 178 L’Amico della Costituzione 219–23 Amt, öffentliches 138 Anachronismus 407, 488, 492, 504

Anarchie 154, 161, 211, 252 f., 264 f., 274, 289, 352, 358, 370, 391, 397, 455, 513, 526, 553 Ancien régime 21, 50, 75, 102, 131, 133, 137, 143, 149, 159, 171, 174, 180, 183 f., 190, 218, 235, 252 f., 268, 296*, 299, 359, 548, 559 f. Angelsachsen 540 Anglikanismus, anglikanische Kirche 118, 121, 233, 491 Annales 53 Annali Politici, Letterarj e Morali 214 Anpassung an veränderte Umwelt 497 Anschauung 103 Ansehen, öffentliches 88 Antagonismus 111, 158, 198, 202, 215, 219, 252, 263, 269, 296, 304, 307, 313, 343, 346, 356 f., 359 f., 362, 386, 389, 392 f., 398, 403, 408, 411, 416 ff., 426 f., 429, 444, 463, 467, 474 f., 478, 484, 487, 501, 503, 517, 524, 526 f., 536, 538, 542, 547, 552 f., 555, 557, 561, 564 f., 568 Anthropologie 51, 301, 407, 537 Anti Corn Law League 494, 496 L’Anti-Libéral ou le chansonnier des honnêtes gens 264 Antike 68, 86–94, 96, 108 ff., 112 ff., 116 ff., 124 f., 141, 152 ff., 156, 158, 190, 194, 209, 220, 222, 293* – Spätantike 124 Antiquitäten, intellektuelle 85 Antisemitismus 521 f., 542 Antologia 208 Antonymie 92, 105, 109, 122, 167, 184, 302, 305, 339, 408, 442, 445, 469, 509, 563, 565 Anwalt 88 Arbeitslosenversicherung 541 Argument, Argumentation 55, 183, 445, 453, 484, 493, 536 – historische Argumente 490

764

Sachregister

Arithmetik 95 Armutsbewegung, franziskanische 94 Article on Radical Reform 250 Artikulation 347 Ärzte 412 Assignation von Land 91 Ästhetik 103, 114, 217 Astronomie 95 Atheismus, Gottlosigkeit 154, 165, 196, 268, 316, 319 f., 345, 394, 396, 398 f., 553 Ätna 478 Attentat 267 f. Attentismus 435, 549, 552 attributive Funktion 68 Aufgeschlossenheit 121 Aufklärung, Aufklärer 30, 34, 61, 76, 98, 102 f., 105 f., 120, 123, 125 f., 129 f., 150, 174, 179 f., 187 ff., 192 ff., 196, 200 f., 206, 210, 215, 220, 254 f., 261, 269 f., 274, 279, 289, 297, 301, 303, 320, 344 f., 352, 362, 374 f., 396, 398 f., 407, 415, 431, 434 f., 459, 471, 501, 526, 535, 548 f., 552, 557, 561 Auflösung 523 Aufstieg, sozialer 137 Augsburger Allgemeine Zeitung 283, 440 Ausgrenzung 517, 520, 543 Außenpolitik 35, 204, 245, 337 f., 402, 423, 529 Ausstrahlungskraft, überregionale 581 Autobiographie 469 Autokratie Caesars 89 Autonomie 218, 303, 390, 453, 455 – kommunale Autonomie 393 f. Autorität 271, 388 – Autorität und Freiheit 472 Avantgarde 322, 328, 535 Babylon 389 Baden 71, 284, 364, 443, 515 Bauern 388 Bayern 364, 515 Beamte 87 f., 93, 285, 478, 550, 557 – Beamtenliberalismus 32 Beauchamp’s Career 532, 537 Begriff (vgl. auch unter Semantik) – Adaption 66, 116, 133, 143, 147, 152, 158, 186, 195, 254, 317 f., 329, 345 ff., 400, 409, 487, 489, 534, 555 f., 558, 560–64, 566 – Affektfunktion 386 – Äquivalenzbegriff 84 – Ausdrucksfunktion 566

– Aussonderung historisch überholter Begriffe 350 f. – Austauschbarkeit 530 – Begriffe und Intentionen 281 – philosophisch-logische und historische Begriffsbildung 20 – Begriffsfeld 67, 71, 76 ff., 581 – Begriffsintegration 66, 72, 148, 157, 234, 238, 313, 327, 338, 345 f., 348, 556, 560, 563 f., 566 – Begriffskonkordanz 77 – Begriffssprache 73 – Begriffsverwirrung 23, 45, 47 f., 281 – Begriffsvorrat 85 – Bewegungsbegriff 49, 68, 86, 128, 140, 147, 162, 165, 167 f., 170, 173, 175, 178, 184, 195, 239, 249, 252 f., 256, 262, 280, 284, 287, 294, 300, 304, 306, 308, 313*, 322, 324 f., 329, 341, 346, 351 f., 358, 367 f., 375, 392, 399, 407, 415, 421, 430, 435, 445, 452 f., 458, 462, 467, 469 f., 476, 478 f., 484, 490 f., 504, 512 ff., 527, 536, 542, 544, 547, 561, 566, 570, 572 f., 579, 585 – zeit- und situationsspezifischer Gebrauch 78 – Gebrauchsregeln 61 – Gegenbegriffe 74, 276 – Grundbegriff 34, 52, 55 f., 63, 71 – Grundbegriff als semantisch-formatives Medium 33, 62, 561 – als Handlungsfaktoren 271, 276, 281, 298, 318, 342, 567 – ideologische Relevanz 73 f. – Kampf um Begriffe 79 – Komplementärbegriff 79, 166, 246, 254, 273, 474 – Konkurrenz- und Kongruenzbegriff 418, 445, 471, 496, 502, 550, 565 – Konstitutions- und Gültigkeitsfelder 61 – Leitbegriff 26 f., 49 – nationales Deutungsmuster 146 – transnationale Grundbegriffe 545 – nationalsprachliche Variante 72*, 84 – begriffliche Ordnung 23 – Orientierungsfunktion 99, 150, 159, 173, 325, 342, 445, 475, 488, 508, 562, 566, 568 – Persistenz von Begriffen 240, 337, 400, 417, 420, 555, 561, 565 – Rationalität 61 – Reinigung 545

Sachregister – Verbrauch ideologischer Etiketten 556 – Verbreitung 273, 313, 342, 377 – Vorläufigkeit neuer Etiketten 569 – Zeitbegriff 21, 128, 253, 307, 309, 362 Belford 267 Belgien 207, 270 f., 582, 583 f., 585 Berlin 276*, 284, 571 Berliner Hofpartei 458 Berliner Politisches Wochenblatt 379 Berührungszonen 559 Besitz, privater 90, 94, 97, 116, 205 Bestechung 88 Betrachtungen eines Unpolitischen 552 Bevormundung 455 Bewegung 22, 30, 68, 77, 175, 450, 471, 475 f., 485 – Bewegungskräfte 434 f. Bewußtsein 152, 567 – Bewußtseinsbruch 167 Beziehungen, persönliche 497 Biblioteca Italiana 214 Bibliothèque nationale 571 Bildung 94 ff., 105 f., 112 f., 122, 124, 126, 154, 186, 188, 195, 197, 199, 205, 209, 220, 254 f., 302, 363, 367*, 373, 391, 415, 432, 549, 552 – Bildungsqualifikation 435, 501 – politische Bildungsreligion 363 – Bildungswissen 121, 220, 301, 557 – Gebildete 49, 76, 126 Birmingham 538 Blackwood’s Magazine 329, 331 f. Blasphemie 323 Blockadehaltung 371 Bodleian Library 571 Bologna 388, 391 Bolschewismus 29 Bourbonen 147, 150 f., 160, 162 f., 168 f., 181, 211, 224, 237, 265, 280 f., 290, 311, 343, 350, 353, 355, 359, 393, 413 f., 418, 420–24, 427, 456, 548, 561 – Ende der Bourbonenherrschaft 349 – Kontinuität der bourbonischen Monarchie 145 f. – dynastische Legitimität der Bourbonen 146 f. – Rückkehr der Bourbonen 143, 145, 149, 275, 343 British Library 570 British Monitor 172, 241 Brockhaus 200, 307, 375, 377 18. Brumaire 1799 130–34, 131 ff., 136 ff., 141, 143, 252, 318, 456, 499, 547

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Buchmarkt, Buchproduktion 572, 578 Bundesbeschlüsse von 1819/20 und 1832 300, 369 Bundestag 291 Bürger, Bürgertum, bürgerliche Gesellschaft 24, 24, 27, 29 f., 38, 42, 84, 98, 109 f., 189, 192, 204, 212, 216, 221, 308, 362, 388 ff., 406, 415, 456, 460, 464, 472, 483, 519 f., 528, 549 – antike Bürgergemeinschaften 220 – Besitz-, Wirtschafts- und Finanzbürgertum 134, 170, 264, 278, 281, 294, 343, 353, 357, 378, 427 ff., 438, 441, 454 ff., 461, 464, 470, 485, 499 f., 509, 519, 548, 557 f. – Bildungsbürgertum 27, 80, 186, 255, 264, 294, 301, 307, 343 f., 346, 363, 373, 375, 386, 388, 412, 415, 433 ff., 438, 442, 451, 453, 455, 470, 497, 500, 519, 549, 552, 557 f., 561 – Bourgeoisie 39 – Bürgergesellschaft 567 – bürgerliches Klasseninteresse 39, 455 ff., 499, 502, 533, 558 – bürgerliche Oppositions- und Sammlungsbewegung 283, 307, 310 – Bürgertumsforschung 37 ff., 46 f., 56 – civil society 124, 568 – Defizit an Bürgerlichkeit 42 – Kleinbürgertum 357, 387, 432 f., 435, 464, 501, 557 – Staatsbürgergesellschaft 39, 139, 196, 285, 373, 375, 431 ff., 435, 462, 500 f., 549, 561, 567 – Stadtbürgertum 220 – unpolitische Bürgerlichkeit 552 – unterbürgerliche Schichten, Unterschichten 373, 383, 387, 426, 432 f., 435, 464, 501, 557 Bürokratie 40, 69, 203 f., 212, 218, 283 ff., 477 f., 549 f. Burschenschaft 387 Cádiz 60, 267 Cambridge School 54 candidatures officielles 507 Les capucins, les libéraux, et les canards 175 Carbonari, Carboneria 181, 203, 218, 261, 267, 269*, 273 f., 288, 290, 301, 310, 320, 342, 397, 471, 476 Casino-Fraktion 466 f. Chambre Introuvable 160, 168, 172, 175

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Sachregister

Chancengleichheit 536, 541 Charte Constitutionnelle 144, 147*, 150, 155, 160 f., 167, 169 f., 173, 181–84, 197 f., 201, 211, 223 f., 235, 237, 252, 260, 264, 266, 268, 297 f., 343, 350, 359, 413, 499, 548 Chartismus, Chartisten 250, 412, 533 Chauvinismus 522 Christentum, christliche Religion 93 f., 116–19, 123 f., 178, 268, 270, 319, 324, 528 Chronologie 71, 75 Civiltà Cattolica 528 Clique 337, 408, 411, 530 Code Civil 137 ff., 145 Collezione completa degli opuscoli liberali pubblicati nelle legazioni pontificie 389 Colmar 258 commercial society 114 Committee of Association 244 Conciliatore 214–17 Conseil des anciens 132 Conseil des cinq-cent 131, 134 Conservateur 161*, 172 Considérations sur les principaux événements de la Révolution française 213 Ueber die Constitution der Spanischen Cortes 203 Constitutional Code 325 Constitutionnel 178*, 179, 295 Copyright Library 571 corps législatif 131 f. Cortes 60, 203, 269*, 234 ff., 239, 317 – Cortes von Cádiz 234 Courier 238, 241 Culture and Anarchy 538 Daily Telegraph 532 Darstellungsstil, argumentativ-analytisch und narrativ 66, 83 Decameron 110 Decline and Fall of the Roman Empire 122 Defensive 132, 167, 227, 360, 371, 499, 507, 510 f., 542 – autoritäre Defensive 388 Definition, Neudefinition 31, 50, 73 f., 138, 356, 410, 418 f., 491, 545, 567 – Definitionsgeschichte 35 – Gegendefinition 141, 266, 395 – Pluralisierung 501 Demagogenverfolgung 285 Demagogie 283

Demokratie, demokratisch 27, 30 f., 37, 49, 61, 229, 289, 374, 380, 383, 412, 431 f., 447 f., 450, 464, 482, 491, 502, 567 – demokratischer Radikalismus 79, 242, 449, 457 ff., 469, 503 De quelques dénominations de partis 271, 320 Denunziation 520, 561 Département de l’Eure 277 Depression, wirtschaftliche 520 Deprivation, soziale 260, 277 Despotie, Despotismus 154, 187*, 188, 203, 221, 235, 274, 318, 370, 393 Deutscher Bund 70, 286 f., 291, 350, 450, 553 Deutsche Bundesakte 197, 255, 363 Deutsche Zeitung 448, 462 Deutscher Zollverein 70 Deutschland 70 f., 140, 152, 179, 185, 193, 199 ff., 254, 261*, 267, 272 f., 294, 311, 314, 323, 329–32, 350, 391, 398, 413 f., 423, 447*, 513, 529 f., 547, 553 f., 556 ff., 560 f., 563, 584 f. – Aufbruchstimmung und Bewegung von 1830/32 361, 374, 378, 384, 412, 414, 550 – außerparlamentarische Protestbewegungen 361, 367 ff., 371 f., 374, 388, 412, 415, 449 – Befreiungskriege 192 – Einzelstaaten 172, 185, 291, 307, 344, 361, 364 f., 414 f., 443, 451 – Föderativstaat 192 – frühkonstitutionalisiertes Südwestdeutschland 363, 431 f., 442 f., 449, 558 – Gesellschaft nach 1870 552 – innenpolitische Richtungsänderung nach 1815 und 1819 255, 284, 287, 292, 300, 302, 583, 585 – Kammeropposition 367, 385 – konstitutionelle Forderungen und Fortschritte 192, 197, 207, 219*, 287, 295, 300, 308, 361, 363, 369, 385, 414 f., 560, 563, 581 – Lehre aus der Revolution von 1848 516 – napoleonische Herrschaft 254, 272, 450*, 560, 562 f., 581, 585 – Nationalbewegung, nationale Einheit, Nationalstaat 70, 192, 272, 287, 308, 331, 363, 414, 515 ff., 520, 542 f., 560, 563, 580 f. – Neuordnung 1815 254, 582 f.

Sachregister – nord- und süddeutsche politische Traditionen 384, 441 – oberhessische Oppositionszirkel nach 1830 380, 386 f. – Partikularismus, Regionalismus 40 f., 70, 191, 254, 364, 440, 449 ff., 460 f., 500, 561, 572 – Revolutionsbeobachter in Frankreich 185, 560 – rheinpfälzische Protestbewegung 370 – Süddeutschland 440 f., 444, 449, 467 – süddeutsche Kammern 361, 364, 366, 384, 432, 441 – vormärzliche Oppositionslandschaft 368, 374, 449 – Unverletzlichkeit deutscher Territorien 378 – Zäsur des Jahres 1830 362* Das liberale Deutschland 365 Deutung – kollektive Deutungsgeschichte 567 – Deutungsmacht 276, 342, 395, 434 – Deutungsmonopol 24, 151, 266, 275, 318, 342, 447, 557, 567 – geistliches und weltliches Deutungsmonopol 399, 553 – Fehldeutung 431 Deuxième appendice sur le libéralisme et sur l’industrialisme 429 Dezessionismus 82 Diachronie 34, 56, 61 f., 67, 71, 74, 77, 85 f., 194, 505, 545, 559 Diagnose 450 Dialektik, dialektische Aufhebung 24, 36, 95, 130, 132, 252, 414, 559, 568 Dichotomie 24, 426, 527 Dictionnaire de l’Académie françoise 96 Dictionnaire de la Conversation 424 Dictionnaire des gens du monde 158 Petit dictionnaire libéral 261 Petit dictionnaire ministériel 261 Petit dictionnaire ultra 261 Diener, abhängige 86 Diffamierung 393, 522, 526, 552 Diplomate 133 Diplôme de Libéralisme 176 Direktorium 129, 131 f., 134 f., 222 f. – thermidorianische Phase 129 Diskurs 23, 25, 27, 51 f., 55, 62 f., 76, 80, 484, 499, 546 – Diskursanalyse 52, 55, 62 – Diskursebenen 375, 415 – diskursive Durchsetzung 569

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– Dynamisierung des Politikdiskurses 127, 180, 244 f., 253, 281, 306, 344, 366, 377, 393, 414, 420, 440, 445, 463, 501, 547 f. – diskursiver Führungsanspruch 410 – diskursive Funktion 112, 347, 536, 568 – kompensatorische Funktion 255, 550, 553 – parlamentarischer und außerparlamentarischer Diskurs 327, 337, 340, 386, 415, 543, 558 – philosophischer Diskursbegriff 52 – Polarisierung und Fragmentierung des Politikdiskurses 129 f. – diskursive Politisierung 551, 553 – politisch-sozialer Diskurs 32, 62 f., 76, 224, 260, 276, 293, 341, 344, 346, 395 f., 414, 418, 440, 447, 507, 513, 550, 553, 564, 566, 568, 580 – Sattelzeit des englischen Politikdiskurses 240, 340, 348, 400, 410, 416 f., 503 f., 554, 558 f., 566, 580 – Teilnehmer 63, 562 – Vorreiterfunktion des französischen Politikdiskurses 253, 269, 546, 579 Diskussion 497 Disposition, individuelle 106, 437, 451 Dissertation 152 Distanz, Distanzierung 470, 492, 494 Distinktion, soziale und soziokulturelle 95 f., 105, 107 f., 112 ff., 119, 125, 164, 185, 195, 226, 233, 255, 334, 345, 347, 404, 415, 433, 435, 450, 453, 464, 479, 493, 532, 535, 542, 549, 552, 557 f., 585 Dizionario Politico 27 Dod’s Parliamentary Companion 494 Don Pirleone 485 Dualismus 289, 369 Dynamik, Dynamisierung 21, 190, 243, 344, 485 Dynastie 352, 355, 414 Ebora 89 Edinburgh 347, 408 Edinburgh Review 226, 230, 237, 324*, 335 ff., 341, 347, 400, 403, 406 f., 409, 491, 495 ff., 504, 534, 555, 561 Ehescheidung 317 Ehrenschild, antikes 89 Eidverpflichtung des Soldaten 312 Eigennutz 88, 96 Eigentum 94, 116, 120, 134, 250, 407 – Konfiskation von Eigentum 119 f.

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Sachregister

Einheit 34, 146, 305, 312 – Einheit historischer Wirkungsmächte 306 Eitelkeit 96 Eklektizismus 323 Elba 149*, 212 Elemente der Staatskunst 24 Eliten 328, 336 Emanzipation 27, 33, 37, 61, 122, 188, 201, 254 f., 301, 323, 375, 383, 407, 433, 501, 568 Encyclopédie 76, 97 f., 125, 128 England 55, 69 ff., 75, 99, 101, 145, 153, 172, 179, 185 f., 194, 203, 211 f., 256, 261*, 267, 273 f., 279, 294, 350, 362, 372, 390, 396, 398, 413, 416, 425, 447 f., 465, 468, 470, 513, 517, 522, 525, 550 – Aristokratie 114 f., 120, 226 f., 231, 243, 249, 324, 327, 336, 347 f., 400 f., 404 f., 406, 408 ff., 411*, 416, 486 f., 488, 491 f., 497, 503, 530–33, 535, 555, 558 – antiaristokratische Opposition 409 f., 416 – Dialog zwischen einem Engländer und einem Franzosen 164 – Emanzipation der Dissenter 346, 402 – englisches Modell, Sonderweg, Sonderbewußtsein 35, 43, 69, 118, 230, 329, 400, 491, 503, 565 – Exclusion Crisis 1679/81 228 – Freiheit, Freiheitstradition 99, 118, 230, 247 f., 256, 541, 543, 556, 558 – Freiheitskämpfe und Revolutionen des 17. Jahrhunderts 69, 120, 145, 225–28, 247, 256, 334*, 339 f., 402, 405 f., 410, 488 f., 504, 550, 554 ff., 559, 567 – gentleman-Ideal des 17. und 18. Jahrhunderts 322 – historische Bezugspunkte und Legitimationsbasis 333, 335, 347, 405, 416, 486 f., 489, 493, 531, 539, 565 – Innenpolitik nach 1815 232, 234, 236, 238, 241, 256, 322, 326 f., 336 – Krise von 1830/32 251, 402 – lokale Selbstverwaltung 550 – nationale Werte, Institutionen, Topoi 228, 229 f., 256, 346, 405, 490 f., 493, 504, 531, 534 f., 540, 543, 556, 558 – Nonkonformisten 412 – Oberhaus, House of Lords 231, 540 – außerparlamentarische Öffentlichkeit 226, 231, 322, 327, 336 ff., 340

– Parlament 69, 225, 227, 229, 245 f., 248 f., 327, 347, 404, 410, 448, 497, 550, 556 – Parlamentsreform 123, 233, 240, 243, 245–48, 251, 336, 347 – Peers und Commons 227*, 247 – protestantische Sukzession 228 – Reformen, Reformbewegung 69 f., 75, 113 f., 123 f., 230, 326, 332, 334 f., 340, 400, 403, 405, 408 f., 411, 487, 492, 498, 555, 578 – außerparlamentarische Reform- und Protestbewegung 225, 227, 238, 240 f., 243 ff., 247, 256 f., 267, 322 f., 325, 400, 494, 555 – Reform Bill 1832 231, 336 f., 372, 397, 403 f., 406, 409 f., 412, 416, 492, 496, 539, 555 – Revolutionskriege gegen Frankreich 227 – Schulsystem 113 – Staatlichkeit 69 – als Traditions- und Kontinuitätskultur 565 f. – Unruhen von 1818/1819 240 – Unruhen am Ende der 1820er Jahre 402 – Unterhaus, House of Commons 185, 243, 246, 248, 403*, 494, 530 f., 539 – Verfassung 226 f., 329, 332, 335 f., 487, 498 – Viktorianische Gesellschaft 536 – Wahlen von 1837 410 – Wahlen von 1868 531 – Wahlrechtsreformen 248 ff., 348, 405–08, 448, 486, 531, 535, 578 – als staatsferne Zivilkultur 565 – Zweiparteiensystem 400, 426, 503, 536 Entartung 156, 164, 305 Entfremdung 521 Entlehnung 195 Enttäuschung 483 Entwicklung 223, 298 f., 423, 434, 537 – Entwicklungskontinuum 35 – Entwicklungspotential 70 Enzyklika 388, 473, 524, 527 Enzyklopädie 76, 80, 95, 418, 437, 554, 570 Enzyklopädisches Wörterbuch der kritischen Philosophie 104 Epoche, Epochenbegriff 20 f., 29, 201, 220, 304, 361 Ereignis, historisches 20

Sachregister Erfahrung, Erfahrungsraum 22, 24, 33, 36, 49, 55, 62, 67 ff., 72, 84, 127, 130, 154, 157, 179 f., 185, 224 f., 265, 268, 293, 302, 306–09, 314, 336, 342, 359, 361, 368, 370, 393, 440, 461, 512, 544, 546 f., 560, 563, 566 ff. – Erfahrungsdeutung 568 – Erfahrungslücke 551 – Erfahrungsverdichtung 84 Ergänzungs-Conversationslexikon 460 Erinnerung 83 Erkenntnisproblem 47, 545 Erklärungsreichweite 81, 546 Erlangen 192 Erwartung, Erwartungshorizont 22, 33, 36, 49, 55, 62, 67, 69, 72, 99, 159, 225, 242, 252, 291, 295, 300, 306, 314, 329, 336, 346, 361, 364, 378, 404 f., 413 f., 445, 453, 455, 475, 483, 497, 502 f., 509, 513, 544, 546 ff., 560 f., 563, 566–69 Erwerbsstreben 114* Erziehung 112 ff., 125, 153 f., 250, 476 Essay on Liberalism 329 Etatismus, Antietatismus 518, 540 Ethik, ethisches Ideal 68, 86–91, 94, 109, 117, 124, 154, 188, 201, 364, 367, 375, 377, 450, 549 Europa, europäische Staaten 28, 140, 142, 172, 175, 179, 212 f., 224, 233, 237, 245, 267, 271, 275, 290, 292, 307, 311, 317, 319, 326, 330 f., 342, 350, 372, 397, 435, 439, 482, 498*, 505, 523 – Kontinentaleuropa 113, 140, 234, 238, 240, 242, 256, 322, 325–28, 332, 334, 336, 338, 346 f., 402, 416, 533 f., 550, 555, 559, 561 – Neuverteilung von Territorien 1815 316 – Südeuropa 237, 321 Europäismus 546 Evolution, evolutionäre Strategie, Gradualismus 34 f., 146, 201, 204, 247, 250, 255, 289, 299, 303 ff., 341, 344, 353, 359, 365, 367, 372, 374, 402, 435, 439, 452, 471, 478, 480, 488, 492, 498, 500, 504, 507, 511, 549 f. Examen du Libéralisme par un Libéral 175 Examen politique des quatre partis qui divisent la France 351 ex-eventu Perspektive 31 f., 34 ex-negativo Definition 159 ex-post Bedeutung 31 ff.

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exceptionalism, amerikanischer 29* Exil 524 f. Exklusion und Inklusion 516 f., 562 – Exklusion des Fremden 517 – soziale Inklusion und Exklusion 98, 100, 113, 125 f., 128, 135, 153, 194, 301, 322, 360, 373, 496, 535 Extreme, Extremismus 154, 263, 287, 298 f., 305, 368, 373, 423, 428, 433, 437, 462, 468, 471, 479 ff., 501, 550 Exzesse, doktrinäre 524 Fachbibliographien 571 Der Falsche Liberalismus unserer Zeit 368 Familie 528, 533 Faschismus 29, 83 Feindbilder 523 Felix Holt the Radical 537 Feudalismus, Antifeudalismus 138, 146, 187*, 221, 362, 561, 563 Floréal 1796 134 Florenz 26*, 110, 141*, 218 Flugblatt 176, 218, 473 f. Fortnightly Review 536 Fortschritt, Fortschrittlichkeit 122 f., 126, 142 f., 146, 157, 162 ff., 167, 191, 196, 199, 201 ff., 213, 219 ff., 222, 233, 251 f., 254 ff., 274, 296, 299, 301, 303 ff., 308 f., 318, 321, 323, 325 f., 329, 336, 338 f., 344 f., 347, 362, 364, 369, 374, 390, 408, 415, 423, 427, 433 ff., 438 f., 444–47, 455, 458, 470, 472, 484, 496, 500, 502, 506 f., 512, 517 ff., 521, 527, 532 f., 534, 536 f., 540 ff., 549 f., 567 – Fortschrittsattentismus 501, 549, 552 – Fortschrittsgeschichte 61 – historisch-organischer Fortschritt 139, 466 – natürlicher, naturgesetzlicher Fortschritt 299 f., 371, 377 – vernünftiger Fortschritt 152, 345, 376, 414 Fraktion 110, 277, 318, 354, 476 – Fraktionsdisziplin 530 Frankfurt am Main 291 Frankfurter Ober-Post-Amts-Zeitung 380 Frankfurter Nationalversammlung, Paulskirche 436, 464, 466 f., 502 – Parlamentsparteien 466 – Verfassungsausschuß 467 Frankfurter Vorparlament 464 Frankfurter Wachensturm 380

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Sachregister

Frankreich 50, 56, 70, 179, 185–88, 192 ff., 200, 202, 207, 210 f., 214 f., 219*, 222 ff., 237, 240, 247, 251 f., 257, 267, 273, 275, 291, 293–98, 302, 311, 314 f., 317, 319 f., 323, 327, 329–32, 370, 372, 377, 385, 390, 392, 394 ff., 398 f., 413 f., 440, 447*, 455 f., 463, 468, 470, 472 f., 477, 485 f., 517, 520, 522, 524, 549 f., 554, 556, 561, 582 ff., 585 – Bonapartismus, Bonapartisten 70, 170 – Brüche, Systemwechsel, Zäsuren 70, 127, 140, 150, 167, 259, 274, 281, 352, 354, 413 f., 418, 420, 429, 509, 511, 547, 549, 556, 559, 564, 566, 574, 579 – Dritte Republik 70, 509 – Eisenbahngesetzgebung von 1842 425 – als Fragmentierungskultur 566 – Hegemonialpolitik 139, 155 – innenpolitischer Kurswechsel nach 1819 258, 263, 267 f., 575 – innenpolitische Spannungen vor 1830 349 – Institutionen und Rechtsprinzipien 208, 560 – Julimonarchie, Orleanismus 70, 170, 280, 289*, 349 f., 351*, 353, 356, 360, 371, 385, 397, 414, 419–24, 427, 429, 499, 548, 564 – Kaiserreich Napoleons I. 136 ff., 142 f., 150 f., 162 f., 173–76, 181, 183, 185, 204, 208, 210 f., 213, 223, 234, 246, 252, 272, 277, 308, 315 f., 343, 359, 393, 418, 427, 557, 560, 562 ff. – napoleonische Herrschaftsideologie, -propaganda 137, 139 f., 143, 149, 151, 200, 213, 252, 255, 314 f., 420, 547, 560 ff. – Opposition gegen Napoleon 141 f., 148, 252, 547 – Ende napoleonischer Herrschaft 137, 140, 142 f., 148 f., 159, 184, 192, 212, 224, 231, 236 f., 258, 288, 314 f., 330 – Neuordnung nach dem Ende Napoleons 144, 155, 260, 295 – Zweites Kaiserreich Napoleons III. 506–09, 510*, 541, 574, 579 – Kommune-Aufstand 1871 511, 513 – Nation, Nationalgeschichte, nationale Einheit 128, 135, 137, 139, 146, 164, 423, 508, 511, 566 – Nationalversammlung 511 – französischer Senat 144, 200*, 507 – Terrorregime 1793 222 – Thronwechsel 1824 263, 343

– Verfassung von 1791 189, 191, 222 – Versöhnung der französischen Gesellschaft 134 f., 145, 147, 150–53, 155, 159, 166, 360 – Wahlen von 1869 506 Frau 40 Freie Demokratische Partei 36 f. Freigebigkeit 88, 98, 103 f., 109, 116, 118 Freihandel 29, 488 f., 495 f., 504, 513 Freiheit 31, 61, 100, 106, 108, 111, 118, 128 f., 131, 141, 146, 149, 154 f., 158, 173, 187 f., 191 f., 195, 199, 210, 222 f., 229 f., 235, 237, 243 f., 247, 261, 263, 270 f., 274, 293, 296, 301, 312, 320, 325, 328, 359, 362, 390, 397, 431 ff., 435 f., 451 f., 457, 493, 512, 525, 541 – adliger Freiheitsbegriff 120 – antik-republikanisches Freiheitsideal 311 – defensives Bekenntnis zur Freiheit 353 – Freiheits- und Unabhängigkeitsbewegungen 33, 235 f., 238, 257, 267, 270, 321 f., 324–29, 338, 346, 402, 473, 477, 530, 555 – Freiheit und Demokratie 61 – Einzelfreiheiten 101 f., 243 – Freiheit und Gleichheit 37 – historisch-organisches Verständnis 407, 436, 467, 495, 500, 502 – Korrumpierung der Freiheitsidee 176 – Freiheit und Macht 271 – naturrechtlich verankerte Freiheit 157, 245, 431 – Freiheit der Person 86, 96, 100, 108 – rechtlose Freiheit 369 – soziale Freiheit 454 Freiherr-vom-Stein Ausgabe 207, 581–86 Freimaurer 397 f. Freizügigkeit 101 Fremdbestimmung, autoritäre 407 Frequenzanalyse, publizistische Präsenz 73, 76, 81, 122, 148, 195, 207, 253, 256, 258, 264, 341, 343 f., 393, 413, 418, 424, 439, 498, 500, 505, 541, 559, 570–86 Frieden 530 Friedland, Herzogtum 102 Friendship’s Garland 532 Fructidor 1797 134, 359 Führer, politischer, militärischer 110, 132 Fülle 93 Funktionalisierung 462 Fürst 92, 94, 98, 203, 297, 369, 443*, 458 – Fürstengnade 453

Sachregister Gaeta 524 Gedächtnis, historisches 182 Gedanken über das Ziel und die Aufgabe des Deutschen Liberalismus 363 Gegenwart 21, 26, 28 f., 127, 174, 299, 306, 309, 315, 342, 345, 369, 420, 567 – Gegenwartsbewußtsein 63 Geheimberichte 523 Geheimbünde 290, 312, 314 Geld, Gelderwerb 96, 294 Gemeindeliberalismus 32 Gemeinschaftsverpflichtung 117 Gemeinwohl 94, 98, 117, 124, 153 f., 164, 222, 297, 302, 375 Generation, Generationswechsel 116, 174, 427, 471 Gentleman Magazine 122 Genua 110 Genügsamkeit 98 Geometrie 95 Georg Büchner Forschungsstelle 386* Gerechtigkeit 97, 154, 196, 209, 271 Gericht, Gerichtswesen 476 Gesandtschaft 200 Geschichte 34 f., 48, 158, 220, 304, 433 f., 538, 549, 567 – aufgehobene Geschichte 568 – Beziehungsgeschichte 547 – naturnotwendiger Entwicklungspunkt 434 – europäisches Geschichtsdenken 30 – Geschichten 48 – Geschichtsphilosophie 437, 452, 501, 535, 548, 551 – historisches Grundgesetz 354 – Kontinuitätshistorie 71 – Offenheit von Geschichte 569 – Politisierung und Ideologisierung 567 – historischer Rückblick 423 – Scheibchenhistorie 80 – Sprache und Geschichte 53, 81 – geschichtlicher Standort 309, 362, 425 – universalhistorische Orientierung 300 f., 309, 362, 371, 414, 437, 441, 451, 497, 500 f., 536 f., 549, 551 f. – Zukunft der Geschichte 447 Geschichtswissenschaft 77 – analytische Wende 64 – Geschichtswissenschaft als historische Sozialwissenschaft 64 – Perspektivität 82 Geschichtliche Darstellung des Liberalismus alter und neuer Zeit 300, 368

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Geschichtliche Grundbegriffe 48 ff., 58, 60, 505 Gesellschaft 204, 472, 521, 528, 541, 558 – alteuropäische Gesellschaftsverfassung 34 – gesamtgesellschaftlicher Anspruch 520 – soziale Bindung 174 – freiheitliche Gesellschaft 567 – Gesellschaftskonzeptionen 421 – Gesellschaftsvertrag 382, 525 – Gesellschaftswissenschaft 77 – Herausforderungen am Ende des 19. Jahrhunderts 543 – Anerkennung überkommener sozialer Hierarchien 165 – statische Gesellschaft als Ideal 393 – Gesellschaft pluraler Interessen 215, 305, 486, 544, 546, 557 – Nivellierung gesellschaftlicher Unterschiede 165 – gesellschaftliche Trennlinie 387 – Verfall 522 f. Gesetz, Gesetzgebung, Gesetzmäßigkeit 104, 165, 282, 300, 307, 372, 414 Gesinnung 90, 107, 126, 131, 188, 191, 195, 206, 255, 303, 308, 344 f., 362, 366, 373, 375 ff., 380, 385, 415, 431, 436 ff., 441 f., 445 f., 450 f., 459 f., 500 f., 516 f., 535, 539, 542, 548 f., 551 f., 556 Gewalt 218, 243, 307, 367, 376, 391 f., 399, 476, 479 f., 484, 500 – Gewaltenteilung 29, 192 Gewerbefreiheit 29, 192 Gewissensfreiheit 106*, 373, 388 Ghibellinen 111 Gießen 387 Giornale Romano 485 Giovine Italia 288, 397, 469 f., 472, 476 f., 479, 483, 503, 554 Gleichgewichtsprinzip 149 Gleichheit, Egalität 91, 102, 113, 229, 412, 431, 491, 502, 513, 527 – Rechtsgleichheit 137, 142, 146, 183, 206, 212, 215, 219, 252, 255, 431, 433, 500 f., 548, 553, 563 – soziale, ökonomische Gleichheit 431, 448, 454, 460, 500 Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen 49, 70 f., 552 Globalisierung 568 Gnade, christliche 93, 118 Goldene Bulle (1222) 101

772

Sachregister

Gottesgnadentum 181, 198, 222, 236, 268, 271, 276, 355, 525 – päpstliche Interpretation 399 Göttingen 571 Grammatik 95 Grenoble 267 Grenzboten 457 Griechen, Griechenland 96, 113, 238, 257, 325 f., 329, 331*, 346, 402 – London Greek Committees 325, 331*, 346, 347, 555 – Philhellenismus, Philhellenenbewegung 321, 326 f., 329 Großzügigkeit 87–91, 96, 98, 103, 108 f., 113, 117, 124, 128, 131, 154, 209, 330 Grundsätze der Realpolitik 515 Guelfen 111 Gutsbesitzer, Grundbesitzer 32, 205, 285 – Gutsbesitzerliberalismus 32 Habsburg, Österreich 70, 181, 212, 215 ff., 255, 290, 310 ff., 350, 393, 474 f., 477, 503, 512, 580 – antihabsburgische Tendenz 215, 217 Halle 309 Hambacher Fest 1832 361, 366 f., 369 f., 446 Hamburger Goethe-Ausgabe 581 Hampden Club 240 Handarbeit 95 Handbuch politisch-sozialer Grundbegriffe in Frankreich 48, 50, 53, 59 f. Handel 99, 278, 331, 411 – Handelsfreiheit 192 – englisch-französischer Handelsvertrag 1786 99 Handlungsbedingungen 69, 557 Handlungsgruppe 68 Handlungsmuster 26 Handlungsspielraum 40, 70, 349, 361 Hannover 200*, 227 f., 229*, 408 Heere, stehende 192 Heidelberg 462, 571 Heidelberger Versammlung 463 f. Heilige Allianz 217, 325, 338, 350 Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation 70, 101, 451* Heilsgeschichte 30, 35, 552 – säkularisierte Heilsgeschichte 435, 549 Helios 92 Hellenismus 95 Heppenheim 464 Heraklesmythos 92

Hermeneutik 27, 34 f., 54, 82, 86, 559, 562, 567 Heroismus 537 Herrschaft 271, 390 – imperiale Herrschaftsauffassung 124 – Herrschaftsattribute 92, 209 – Herrschaftsbegriff 90 – Herrschaftsformen29 – Herrschaftslegitimierung 139, 391, 398, 420 – Herrschaftspropaganda 506, 560 – antikes Herrschaftsverständnis 92 – frühneuzeitliche Herrschaftsverträge 101 – Herrschaftswissen 25 Herrscher 92, 110 – Herrschergnade 89 – Herrscherlob 91 – Herrschertugend 89–94, 97 – Herrscherwillen 104 Hessen 385 Hessischer Landbote 387 Heterogenität 532 Heteronyme 72 Hindus 121 Histoire de dix ans 429 Histoire de la Restauration 349, 359 Historiker 78, 391, 424 Historisches Wörterbuch der Philosophie 48 Historisierung, Historismus 35, 64, 85, 359, 493, 544 Hochkulturen 65 Holismus 107, 126, 255 f., 331, 415, 450, 549 Honoratioren 39, 453 L’Horizon 509 Hübners Reales Staats-, Zeitungs- und Conversations-Lexicon 100 Humanisten des 16. Jahrhunderts 95 Humanität 362 Ideal, Idealismus 377, 502, 552 Idealtypus 533 Idealzustand 304 Le Idee Liberali 315 Les Idées libérales 193 Idee 23 f., 29 f., 189, 384, 428, 519, 544 ff. – Ideen und Begriffe 22 f., 544 f. – Ideengeschichte 28 ff., 33, 38, 45, 50, 61 f., 239 f., 493, 545 – history of ideas 54 – Ideen und Interessen 67

Sachregister – Ideenmacht 32, 534 – intellectual history 54 Identifikation 99, 113 f., 125, 143, 184, 347, 393, 432, 455, 457 f., 466, 468, 492, 526, 529, 531 f., 535, 555 f., 563, 566, 568 Identität, Identitätsstiftung 30, 229, 405, 493, 534, 538, 552, 566, 568 Ideologie 34, 73, 516, 521, 523, 549, 551 f., 554, 566 – ideologischer Antagonismus 151, 172, 225, 228, 254, 342, 373, 403, 436, 488, 490, 508, 515, 523, 538, 554, 565, 568 – ideologische Diversifizierung und Polarisierung 145, 156, 179, 184, 243, 253, 255, 279, 295, 298, 307, 309, 336, 343, 346, 349, 383, 386, 418, 427, 430, 435, 455, 463, 467, 472, 480, 485, 500, 548, 553 f., 556, 582 f. – Entideologisierung 297, 513 – ideologischer Gegner 437*, 444, 465 – Ideologiegeschichte 30 – Ideologiekritik 38, 67, 81, 118, 132 f., 183, 213, 428, 435, 455 ff., 464, 502, 533, 551, 557 f. – Ideologisierung 49, 71, 105, 288 – ideologische Lager, Differenzierung und Konflikte 119, 151, 172, 207 f., 224, 246, 253, 266, 269, 294, 298, 307, 339, 356, 371, 375, 391, 411, 421, 430, 435, 446, 454, 457, 467, 469, 480, 482, 484, 486, 501 f., 514, 525, 527, 548, 550, 564, 579 – Neuausrichtung 410 – ideologischer Orientierungspunkt 479, 528, 556 – ideologische Prägephase 500 – Ideologie und kulturelle Prägung 81 – verdichtete Programmatik 458 – ideologische Richtungsqualität 162, 421, 459, 548 – ideologische Überfremdung 142 Ikonographie, politische 178 The Illiberal! Verse and Prose from the North 323 Illusion 451 Imperialismus 539 Indifferentismus, religiöser 388 Individuum, Individualismus, Individualisierung 87, 97 f., 101*, 103, 106, 126, 197, 254, 292, 301, 303, 323, 344 f., 375 f., 407, 437, 455, 458, 501, 518, 537, 539 ff., 552, 567 Industrialisierung 497, 518

773

Industrie 162 Industriearbeiter, Arbeiterbewegung 411, 486, 518 ff., 533 f. industrielle Gesellschaft 69 f., 519, 539, 543, 558 Ingenieure 412 Innovationsdruck 563 Inquisition 234 Inschrift 91 Institutionen – bestehende Institutionen 367, 376 – fortschrittliche Institutionen 170, 214, 310, 476 – Symbiose von alten und neuen Institutionen 165 Instrumentalisierung 26, 428 Integration, politisch-gesellschaftliche 39, 129, 151, 156, 160 f., 173, 253, 309, 318, 343, 350 f., 374, 412, 428, 433 f., 446, 462, 464, 501, 517, 520, 532 f., 539 ff., 548, 557 f. – Integrationsdefizite 543 – konstitutionelle Integration 101, 199 – nationale Integration 132, 168 f., 474, 482, 517 Intellektuelle 248, 382, 535 Intelligenz, freiberufliche 348 Interaktion 559 Interessen 24, 32, 88, 97, 171, 180 f., 183, 188 f., 248, 271, 281, 302, 316, 335 f., 340, 344, 347 f., 355, 357 f., 360, 374, 383, 408 f., 413, 415, 426, 445, 453, 455 f., 459, 488, 500, 530, 532, 544, 557 f., 563, 566 f. – defensive Interessenpolitik 427, 429 – Interessengruppen, Interessenkoalition 159, 360, 423 – Interessenharmonie, Interessenhomogenität, 23, 169, 173, 181, 204, 221, 296 f., 308, 391, 415, 546, 549, 563, 567 – Interessenlosigkeit 87, 131, 390 – Naturalismus von Interessen 516, 549 – Interessenpluralismus, Interessenantagonismus, Interessenkonflikte 30, 111, 168, 262, 273, 283, 285, 305 f., 309, 325, 340 f., 345 f., 366, 374 f., 377, 386, 413, 415 f., 418, 433, 435, 439, 442, 445 f., 501, 512, 532, 547, 549 f., 556, 563 – sozioökonomische Interessen 80, 224, 278, 357, 360, 378, 428 f., 441, 454, 456, 486, 497, 499, 502, 504, 524, 532, 534, 551 – Verschleierung von Interessen 313, 509

774

Sachregister

Interpretation, Interpretationsmonopol 138, 159, 271, 567 Irland, Iren 123, 242, 270, 322, 340, 409, 489 Ironie 120, 323, 538* Irrtümer 524 Ismus, Ismen 34, 68, 173, 253, 288, 300 f., 304, 306, 341, 345 ff., 362, 374, 439, 501, 524, 527, 542, 544, 556 Isotopiekette 220 Istituto Storico Italiano-Germanico 45 Italien 70, 128, 179, 224, 237 f., 254 f., 257, 267, 287, 290, 294, 325, 330, 413, 416, 447*, 473, 517, 522, 560 f., 564 – Aufstandsbewegung von 1820/21 216, 311, 313 f., 345, 471, 553, 558 – Bewegung von 1830/31 389 f., 392, 412, 416, 468, 553, 558 – Einzelstaaten 312, 315, 388, 390, 470, 472 ff., 477 f., 503, 553 f. – französische Herrschaft 210 ff., 216, 219, 310 f., 314, 345, 393, 476, 553, 560, 563 – habsburgische Fremdherrschaft 208, 256, 311, 314, 338, 342, 346, 393, 474, 481, 553, 561 – klassizistisches Italien 210 – kommunale Tradition 390, 393 – konstitutionelle Forderungen und Fortschritte 210, 214, 218 f., 310, 314 f., 345 f., 389, 392, 397, 416, 468, 471, 475 ff., 479, 481 ff., 502, 550, 553, 560 – mittelalterliche Fremdherrschaft 311 – Mittelitalien 388, 393, 473 – Nation, nationale Einheit, Nationalbewegung 70, 108 f., 210, 212, 216, 310–13, 345 f., 388 ff., 398, 416, 468 f., 471–79, 481–84, 502 f., 527 f., 528, 550, 553 f., 560, 565 – Nationalkrieg 475, 553 – norditalienische Städte 111, 393 – Oberitalien 208, 310, 312, 342, 346, 393, 473, 479, 481, 502, 553 – Partikularismus und Lokalismus 70, 393, 553, 572 – Pontifikatswechsel von 1846 473 – Repressionen nach 1815 212, 214 f., 218, 314 – Repressionen nach 1830/31 388 – Stadtregierungen 389 f. Jahrbücher der Literatur 290 19. Jahrhundert, langes 544

Jakobiner, Jakobinismus 121, 130 f., 133, 170, 241, 247, 289, 294, 471, 489, 539, 561 Jesuiten 269, 474 Jesusnachfolge 119 Journal de Débats 169 Journal des Hommes libres 135, 138 Journalisten 412 Judentum 517, 521, 542 Jugend 266, 279, 313 Junges Deutschland 309, 382, 440 Justizwesen 409 Kaiser, christlicher 124 Kakophonie 354 Kanon 29 Karlsbader Beschlüsse 207, 350 Katalysator 475 Katharsis 24, 176 Katholizismus, katholische Kirche 118, 208, 216, 221 f., 270, 293 f., 315, 317 f., 320, 343, 356, 382, 388, 394, 396 f., 416, 468 f., 471 ff., 476, 485, 502, 509*, 511, 517 f., 525 f., 528, 558, 561 – antikatholische Kontinuität 526 – Katholikenemanzipation in England 248*, 331 ff., 346, 402 f., 416, 555 – liberaler Katholizismus 270, 472, 502 – politischer Katholizismus 517 – Klerus 215, 221, 477 – römische Kurie 389, 472, 474, 524, 526, 528, 553 f. – katholische Restauration 314–17, 320, 345, 392, 393, 397 ff., 416, 468, 471 f., 474, 524, 553, 565 Kirche 216, 221, 316, 321, 352 – Antiklerikalismus 237, 269, 397, 471, 511 f. – kirchliche Einheit 192 – Kirche und Fortschritt 472 – Freiheit der Kirche 518 – kirchliche Schulaufsicht 269 Kirchenstaat 70, 213, 345 f., 388 ff., 392, 399, 416, 468, 472, 478, 484, 502, 553 – Reformen 473 ff. Klasse, Klassengesellschaft 39, 456 f., 495, 499, 502, 534 Klassik, deutsche 103 Kleinbesitzer 412 Kleve 237 Klientel, antike 88 Koalitionsrecht 106* Koblenz 352

Sachregister Koexistenz 453 Kollektiv 537 Kollektivierung von Substantiven 48 Kommune 461 Kommunikationsbarriere 47 Kommunikationsraum 460, 546, 562 Kommunikationszusammenhang 62 kommunikatives Handeln 52 Kommunismus 502 Kommunitarismus 569 Konfession 40, 269, 306, 340, 439, 539 – Rekonfessionalisierung 280 Konflikt, Konfrontation 30, 33, 61, 144, 227, 243, 257, 275, 340, 347, 371, 377, 427 f., 451, 465, 467, 478, 483, 499, 501, 503, 517, 524, 526, 544, 547, 550, 557 f., 567 – Konfliktbereitschaft 449 – Konfliktfreiheit 501, 546 – sprachliche Konfliktaustragung 386, 415 Konformitätszwang 373 Konservative, Konservatismus 26*, 31*, 35, 79, 181, 231, 249, 366, 378, 380, 414, 427 ff., 440, 457, 480, 485, 499, 504, 507, 510, 531, 548 Konstantinopel 122 Konstitutionalismus, Konstitutionelle, konstitutionelle Ordnung 28, 31*, 99, 137, 142, 148, 150, 155 f., 180, 184, 201, 206, 212, 219, 254, 263, 284, 287, 294, 296, 298, 302 f., 305 f., 317, 325, 338, 358 f., 361, 363, 367 ff., 371, 373 f., 383, 413–16, 421, 423, 432, 439, 441, 451 ff., 459, 463 ff., 482, 499 f., 502, 504, 506, 509, 511, 514, 519 f., 525, 536, 539, 542 f., 548, 550, 553, 557, 567, 585 Konsulat, Konsuln 134 ff., 139, 223 Kontextualisierung 80, 414, 572, 580, 582, 585 Kontinuität 29, 33, 35, 56, 62, 97, 108, 112, 182, 187, 225, 228, 289, 296, 566 – Diskontinuität 35, 566 – erfundene Kontinuität 504, 565 Kornzölle 409 Korporationen, kommunale 384 Korrelation 572 Korruption 175, 213, 227, 244, 246, 248 Kreuzzeitung 457 Krieg und Frieden 369 Krise 22, 32 f., 36, 69 f., 79, 131, 240*, 274, 280 f., 305 f., 366, 413 f., 420, 427, 432, 484, 499, 521, 547, 549, 552, 563, 566

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Kritik 141, 173, 175, 198, 264, 269, 357, 366, 380, 425, 436, 440, 450 f., 457, 462, 486, 490, 497, 499, 510, 519 f., 533, 539 f., 552, 568 Kult 83, 92 Kultur 562 – Gegenkultur 29 – Kulturgeschichte 40, 51 – Kulturmorphologie 552 – Kultursoziologie 51 – Kulturtransfer 53, 56, 72, 74, 547, 559 f., 562 ff. – Kulturvergleich 83 Kulturkampf 517, 530 Künste, rechnende und redende 95 Kurhessen 385 Landbesitz 112, 411, 428 Länderschacher 149 Landesherr 101 Landesordnung 101 Landkarten 34 Landtage 40, 364, 385, 443, 550 Längsschnitt 34, 71 language 54, 56 Lateinisch 107, 141*, 153*, 164, 190, 194 Lautzeichen 63 Lebenswelten 568 Legitimation 334 f., 394, 499 – Legitimation politischer Gewalt 399 – Legitimationskrise 131, 519 – Legitimationsquellen 137, 256 Legitimisten 182, 280, 355 Legitimität, dynastische und monarchische 136, 142, 145, 160, 236, 239, 253, 268, 316, 414, 471, 525 Lehrer 412 Lehrinhalte 114 Lehrkanon, mittelalterlicher 95 Leipzig 368, 438 Leviathan 19, 118 Lex metalli Vipacensis 92 f. Lexikon, lexikalische Ebene 61, 76 f., 79, 95, 158, 200, 208, 259, 262, 334*, 341, 346, 373, 375, 385 f., 388, 401, 415, 418 f., 436 f., 443, 486, 500, 505*, 554 – Konversationslexikon 79, 436, 454, 486, 549, 557 Le Libéral (1819) 422 Le Libéral. Ordre, démocratie. Ni monarchie, ni despotisme (1849) 422 The Liberal, or Verse and Prose from the South 321

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Sachregister

Liberal Education 113 Liberal Tradition 29 liberales (spanische Bezeichnung) 60, 234–38, 252, 256, 267, 275, 317, 334 liberales System 29 f. Du Libéralisme, ou la vérité vengée 268 Liberalismen 32 f., 40, 69, 72, 81, 84, 461, 467, 500, 502, 546, 557, 566 Liberalismus-Antiliberalismus 304 Liberalismus-Forschung 37 ff., 56, 81, 546 linguistic turn 51, 56 Linke, links 134, 376, 457, 460, 520, 541 f. – parlamentarische Linke 171, 253, 385, 425, 508* – radikal demokratische Linke 31, 380, 382 f. Linkshegelianer 455 Lissabon 182, 276* Literatur 321, 323, 535, 537 Liturgical Service 118* Liverpool Politician 492 Logik 298 Loi de double vote 258 Lokalismus 459 Lombardei, Lombardo-Venezien 212, 214 f., 310 f., 468, 475 London 261, 321, 326 f., 329, 346, 347, 408, 555 London Radical Reform Association 250 Loyalität 410 Lügen 289 Lyon 178 Macht 118, 183, 244, 337, 525 – Machterhalt 486 – Machtkalkül 315 – Kompensation verhinderter Machtteilhabe 300, 450, 501, 551, 553 – Machtkonstellation 364, 563 – Machtpolitik 137, 516 – Primat staatlicher Macht 458 – Machtstaat 516 – Machtstrategie 132 – Verschleierung von Machtinteressen 133, 135, 353 Madame Gervaisais 511 Madeleine 180 Madrid 261 Magna Charta Libertatum 101 f., 247* Mailand 214 ff. Mainz 350

Manchester 37, 227*, 238, 267, 494 ff., 522, 529, 532, 541 Manifest von Rimini 212 Marburg 386* Marken 212 Massen 353, 360, 544 Mäßigung 156, 160, 199, 219, 431 Mehrheitsentscheid, direkter 432 Meinung 50, 476, 433, 480 – Meinungsfreiheit 106, 121, 155, 189, 192, 303, 317, 388, 478 – Meinungsführerschaft 78, 151, 159, 227, 230, 271, 276, 291, 341, 489, 580 – Meinungspluralismus 25, 475, 481, 500 – Polarisierung 253, 366, 368, 543 – Unabhängigkeit 113 f., 375 Mémoires (François Guizots) 427 Menschen- und Bürgerrechte 29, 31*, 102, 123, 316, 436 Menschheit 304, 537 Mentalitätsgeschichte 63 Metapher 23, 34, 537, 544 Mexiko 235 f. Milani-Fraktion 466 Milieu, soziokulturelles 528, 530, 565 – liberales Milieu 40 Minerve Française 172 f., 178*, 179 Ministerium 458, 478 Mirari Vos 388 Les Misérables 427 Mißtrauen 427, 507 Mitbestimmungsrecht der Völker 149 Mitte, Mittelstellung 159 f., 302, 353, 428, 436, 468, 479 Mittelalter 93 f., 96, 108, 111, 209, 221 f., 247, 472, 563, 567 Mittelklasse 249 f., 409, 470, 488, 495 ff., 530, 533, 555, 558 – mittlere Existenzen 433, 501 Mittelstand 39, 464, 472 Mobilisierung 24, 26, 442, 531 Modell 61, 63, 66, 73 ff., 563, 581, 582 Modena 388 Moderne, Modernisierung 28 ff., 33, 35, 48, 65, 85, 286, 517, 522, 543 f., 552, 563 – Mythos der bruchlosen Modernisierung 556 Monarch, Monarchie, Monarchisten 89–92, 100, 135, 147, 161, 174, 179, 181, 183, 188, 198, 205, 223, 226, 251, 263 f., 266, 268, 275, 279, 280, 282, 289, 295 f., 311, 315, 330, 349, 355, 391, 393 f., 423 f., 445, 459, 465, 490, 506 ff., 510, 515

Sachregister – Bündnis von Thron und Altar 218, 269, 471 – konstitutionelle Monarchie 146 f., 150, 156, 166 ff., 172 f., 180, 189, 192, 201, 211, 223 f., 234 f., 252, 255, 258, 261, 263, 281, 310, 313, 343, 353, 359, 476, 510 – Zusammenarbeit mit den Souveränen 474, 478 Monumentum Ancyranum 89 Moral, Moralisierung 103, 289, 316, 391, 531, 536, 543, 549, 551, 558 Morning Chronicle 172, 230, 241, 326 Moskau 182 Multikulturalismus 568 München 291, 365 Münzen, antike 89, 91 f. Musiktheorie 95 Mystik 104 Nachsicht 93 Nächstenliebe, christliche 93 f., 116, 118 Nassau 200* Nation 40, 99, 150, 166, 172, 180, 197, 220 f., 279, 340, 390, 462, 520, 523, 540, 543 – Nationalbewaffnung 192 – Nationalbewegung 40 – nation-building, Nationsbildung 78, 483, 529, 575, 578, 580 – nationale Einheit und Unabängigkeit 192, 204, 212, 254, 504 – Nationalgüter 134 – Harmonie der Nation gleicher Bürger 147 – Nationalismus 35, 83, 522 – Nationalkrieg 475 – Leistungskraft und Sendungsbewußtsein 540 – Nationalökonom 391 – Nationalstaat 70, 451, 517, 520, 529 – Staatsnation 529 National 349, 370 Nationalbibliographien, Kataloge, Indices 570 f., 576 – Alphabetischer Katalog der Bayerischen Staatsbibliothek München 571 – Bodleian Library Catalogue 570 f. – British Library Catalogue 570 – Catalogue de l’histoire de France 571 – Gesamtverzeichnis des deutschen Schrifttums 571 – Verbundkatalog des Deutschen Bibliotheksinstituts 571

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Nationalsozialer Verein 518 Nationalsozialismus, Drittes Reich 38, 522 f., 552 Naturgesetz 290, 435, 526 Naturrecht 102, 120, 125, 219, 301, 325, 381, 436, 466, 500, 549 Nayaden 178 Neapel, Neapel-Sizilien 212, 218, 219, 255, 261, 276*, 290, 310 f., 313, 350, 388, 393, 553, 561 – antineapolitanische Orientierung 211 Negativfolie 292 f. Nekrolog 387 Neoguelfismus 392, 473 ff., 477, 483 f., 502, 526 f., 542, 554 Neologismus 79 Neue Allemannia 193 Neuzeit, Frühe Neuzeit 93, 124 The Newcomers 537 New York 107* Nichteinmischung 530 Niedergang 533 Niederlande, Holland 211, 330, 362 Nivellierung 285, 289 Nobilität, römische und sozial-karitative 89, 94 nomen appellativum 68 nomen proprium 68 Nomenklatur 26, 298, 338, 344, 374, 385, 409, 418, 462, 488 – Fragmentierung 358, 418, 499 Nouvelliste Français 152, 193, 197 Nuovo Vocabolario 26 Oberschicht 88 Obrigkeit 394 Offenburg 464 Öffentlichkeit, politische Öffentlichkeit 23, 26, 40, 87, 98, 99, 123, 129, 150, 156, 173, 208, 220, 225 f., 228, 255, 259, 291 f., 295, 198, 222, 300, 310, 318, 328 f., 335, 342, 346, 361, 364, 366, 369 f., 376, 404, 408, 477 f., 489, 493, 499, 502, 537, 539, 563 De officiis 94 Okkupation 560 okzidentale Kultur 65 Oldenburg 466 Oligarchie 489 f. Opportunismus, politischer 259 Opposition, Oppositionelle 31 f., 155, 159 f., 165 f., 170, 198, 204, 212 ff., 216, 225, 238 f., 244 f., 256, 258, 281, 283,

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Sachregister

287 f., 310, 312, 315, 322 f., 326, 339, 343, 350, 353 f., 356, 359 f., 365, 369, 371, 377, 382, 388, 392, 397, 414, 420, 423, 427, 429, 433 f., 446, 449, 460 f., 468, 471, 477, 479, 499, 511, 515 f., 542, 548, 557, 564 – inneroppositionelle Differenzierung und Konflikte 216, 312, 366 ff., 374 f., 380, 382, 387, 391, 413, 415 f., 445 f., 448, 469, 478, 481 f., 501, 525, 532, 550, 554, 557 – Oppositionsetikett 160, 235, 278, 307 ff., 324, 344, 350 f., 360, 422, 427, 430, 440, 461, 548, 550, 553, 561, 565 Optimismus 203, 307, 345, 364, 368, 381, 412*, 445, 461, 484, 507, 537 f. Orazione a Bonaparte 210 Ordnung 21, 23, 368, 468 – Ordnungsbegriff 358, 414, 422 f., 429 f., 440, 499, 548, 565 – christliche und naturrechtliche Ordnung 165 – politische Ordnung 380, 521 Orthodoxie, kirchliche 105 Osmanisches Reich 326 Ost-West-Konflikt 29 Oxford 539, 571 Pädagogik 434* Pallade Italiana 391 Palliser Novels 537 Paneuergertes 92 Panegyriker, antike 91, 93 Papst, Papsttum 93, 221, 345, 382*, 388, 396, 398 f., 416, 472, 474 f., 482, 484 f., 502, 524 f., 542, 554 – weltliche Herrschaft 389, 398, 416, 472, 553 – Primatsanspruch 472 – Reformpapst 392, 472 ff., 502, 554 Paradoxon 237, 245 Paris 136, 152, 186, 237, 261, 318, 560 Parlament, Parlamentarier, Parlamentarismus 28 f., 101, 155, 218, 300, 311, 342, 371 f., 377, 415, 441, 458, 462, 464, 494, 497, 500, 511, 522, 531, 554, 557, 567 – Dualismus von Regierung und Parlament 371 Parma 388 Parteien, politische Gruppen 26, 77, 110, 161, 166 f., 169, 202, 228, 253, 277, 279, 299, 329, 338 f., 343, 347, 351, 353, 373, 377, 385, 403 f., 407, 410, 415, 437, 446,

450*, 458, 471, 480, 487, 492 f., 496, 503, 510, 528, 530, 534, 543, 548, 550, 565 – aristokratische Partei 231, 400 f., 416 f., 558 f. – Massenpartei 70 f., 411, 491, 503, 558 – Mittelpartei 186 – Ordnungspartei 354 f. – Parlamentspartei 411, 466, 558 – Partei-, Gruppen, Lagerbezeichnungen 74, 111, 129, 144, 159, 159, 161 f., 166, 170 ff., 175, 181, 186, 202 f., 217, 219, 222, 225, 228, 232, 234, 236 f., 243, 246, 253, 256, 260, 265, 267, 272 ff., 279, 282, 287, 297 f., 306 f., 312, 317, 334*, 339, 344, 346, 348, 352 ff., 358, 373–76, 385 f., 392, 407, 409, 411, 415 f., 418, 421, 437 f., 442, 447*, 461 ff., 466, 469 ff., 486, 487*, 488, 494, 496, 501 ff., 508, 510, 514*, 529 f., 534 f., 542, 547 f., 556, 559, 564 f., 583 – Parteienlehre 77, 447, 481, 514 – Parteienspektrum, Parteiensystem 352, 400, 418, 421, 442 f., 480, 487 – parteipolitische Eindeutigkeit 407 f. – parteipolitische Vereinnahmung 255, 501 – Parteiprogramm 77 – Partei- und Fraktionszwang 375, 549 – revolutionäre Partei 292 – soziale Basis 411 f. – Über-, Unparteilichkeit 173, 288, 442, 451, 469 – Volkspartei 532 – Zweiparteiensystem 487* Partizipation, politische 27, 32, 69 f., 99, 106, 120, 142, 145, 189, 210, 212–15, 219, 236, 252, 271, 295, 300, 302, 389 f., 400, 410, 432, 462, 488, 492, 500 f., 508, 548, 568 Patriotismus 204 Pauperismus 433, 454 Pereant die Liberalen 452 Personalisierung, Entpersonalisierung 143, 252, 496, 503, 531, 543, 549, 556 Pesth 152 Peterloo 238, 240*, 241, 243, 250, 267 Phänomenologie, historisch-philosophische 30 Phasenverschiebung 392, 396, 416, 455, 500, 555 f., 561, 566, 574, 579 Philanthropie 92, 100, 122, 124 Philosophic Radicals 248 f., 406 f., 448

Sachregister Philosophie, Philosophen 78, 96, 331, 362, 386, 428, 453 Philosophie der Geschichte, Vorlesungen über die 293 Phineas Redux 533 Picasso-Porträt 80 Picpus 180 Piemont, Piemont-Sardinien 141*, 212, 214 f., 255, 310, 312 ff., 350, 472, 475 ff., 481, 486, 503, 528 f., 553 f., 561 Pistoia 473 Plan of Parliamentary Reform 245 f. Plebiszit 136, 506, 511 Polarität von Bezeichnungen 411, 500, 503, 564, 568 – Bipolarität 217, 225, 289, 301, 338 f., 385, 393, 411, 416 f., 436, 438 f., 442, 467, 476, 503, 526, 530, 557, 564 f. – Multipolariät 564 – Tripolarität 380, 416, 442 f., 446, 501, 503, 554, 564 f. Polemik 49, 61 f., 136, 175, 180, 232, 242, 245, 253, 261, 263, 274, 277, 341, 386, 392, 394, 398, 415, 458 f., 463, 485, 488, 490, 510, 512, 521, 526, 529, 538, 552 f., 558, 566, 568, 586 Polen 477 Polis 92 Political Register 250 Politik 27, 375, 460 – griechisch-römische Politikvorstellung 92 – Klerikalisierung der Politik 269, 279, 343 – politische Kultur 33, 57, 556, 564 f. – politischer Massenmarkt 79, 442, 501, 565 – Politisierung, Entpolitisierung 40, 49, 71, 74, 99, 105, 125, 128 f., 185, 300, 361, 376, 466, 501, 521, 551 – pragmatischer Politikentwurf 384, 428, 497, 500, 543, 549 – tagespolitische Auseinandersetzungen 166, 184, 433, 446, 549 – politische Tat 290 – politische Verantwortung 551 – Politik als Wissenschaft 27 Politisches Handbuch der Nationalliberalen Partei 517 Polizeiminister 393 Popularisierung 558, 568 Portugal 211, 338, 350 Pracht 109

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Präfekte 151 Präfix 275, 287, 374 Prager Friedensvertrag (1635) 101 Prager Rebellion (1618) 102 Pragmatik 51, 84 Prärogative 236 Praxis 220, 381, 546 Predigt 116, 118 On the Present Balance of Parties in the State 405 Presse 364, 414, 468, 483, 486 – Pressefreiheit 192, 317, 369, 372 – Pressegesetz 258, 364 Preußen 71, 97*, 191*, 203, 206 f., 282, 285, 288, 291, 365, 445, 450, 458, 460 f., 473, 515 f., 529, 542, 583 ff. – Abgeordnetenhaus 285 – Adel 282 – Beamte, Bürokratie 205 f., 283–86 – Behördenverfassung 206 – Fundamentalkrise 204 – Interessenpolitik 516 – Kamarilla 457 – als kleindeutsche Führungsmacht 516, 542 – Konstitutionalisierung 282 f., 286 – Landtag 457 – nationalpolitische Position 286, 515 f. – Neue Ära 515 – Ostpreußen 449, 460 f. – Preußische Reformen 205 f., 255, 283 ff., 549 – provinzialständische Verfassung 284 – Rheinpreußen 441, 461, 558 – Richtungswechsel preußischer Innenpolitik nach 1815 207, 284 – Sieg über Österreich 1866 580 – Universitäten 205 – Vereinigter Landtag 461 – Verfassungskrise 1862 515 Priester 150, 178, 268 The Prime Minister 536 Principat 89, 91 f., 94 Prinzip 222 – Prinzipienlosigkeit 486, 533 f. – Ursprungsprinzip 279 – Verrat 429 – zeitgemäße politische Prinzipien 506 Privatsphäre 87, 98, 112, 114 f., 121, 367, 459 Des progrès 270 Projektion 149, 151, 168, 250, 297, 299,

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Sachregister

305, 308, 424, 432, 478, 500, 558, 561, 565, 569 – Rückprojektion 156 Proklamation des russischen Zaren 142 Prosperität 499, 533 Protektionismus 513 Protest, Protestbewegung 31 83, 361, 374, 415 Protestantismus, Protestanten 293, 306, 397 Prozeß 100, 329, 559 Publizistik 271, 295, 393, 402, 419, 430 Quaterly Review 237 f., 324*, 492* Quellen 50, 61, 75–80, 580 – Belegreihe 78 – Brief 80 – Denkschrift 79 – Essay 79 – Flugschrift 77, 80 – Gesandtschaftsbericht 78 – Katechismus 77, 261, 264, 341 – Korrespondentenberichte 202* – lexikalisch-enzyklopädische Quellen 76 f. – Lied 77, 263, 341 – Monographie 77 f., 362, 386, 570 – Pamphlet 175 – Parlamentsprotokolle 78 – periodische Quellen 78 – persönliche Quellen 77 f. – Quellensammlungen 77 f. – Quellensample 572 ff., 576, 578 – Satire, Spottgedicht 77, 178, 263 f., 323, 341 – serielle Quellen 77 – Tagebuch 25, 78, 80 – Traktat 77, 393 – Verhörprotokolle 386 ff. – Vollständigkeit 81 Qu’est-ce que le tiers état 99 Qui pluribus 473 Radical Reform 247 Radicalism nor dangerous 249 Radikalisierung 291, 475, 482 ff., 524 Räsonnement 23 Rassismus 522, 552 Rationalismus, Rationalität 65, 221, 367*, 381, 384, 388, 522 – terminologische Rationalität 545 Reaktion, Reaktionäre 21, 287, 393, 466, 503, 524, 542, 554

Realpolitik 515 f., 542 Rebellion 111 Recht, Rechtsordnung, Rechtszustand 204, 365, 369, 372, 431 f. – Einzelrechte 101 – Grundrecht 101 – historisches Recht 244, 436 – individualrechtliche Bestimmung 100 f. – Kodifizierung Justinians 93 – Reservat 102 – Römisches Recht 100 – Vernichtung des Rechtsbegriffes 379 Rechte, politisch-konservative 426, 457 – rechtes Zentrum 467, 502 Redaktionsarbeit 79 Reden an die deutsche Nation 189 Redeweise 52 Reduktion 563 Reflections on the Revolution in France 119 Reform, Reformer, Reformismus 21, 35, 142, 160, 187*, 201 f., 215, 217, 226, 239, 242 f., 245 ff., 248, 250 f., 282 f., 286, 302, 310, 326, 328, 332, 334, 368 f., 372, 374 ff., 382 ff., 402 f., 405, 409, 411, 440, 448, 472, 476 f., 480, 488, 492, 496 ff., 507 f., 511, 531, 539, 541, 557, 561 ff., 585 – Reformblockade 284, 292, 361, 365, 374, 413, 427, 475, 479, 488 – Reformerwartung 187, 585 – organische Verbesserung 377, 384, 409, 500 Reformer’s Catechism 401 Reformation 293 Regierung 199, 203, 214, 226, 231, 255, 283, 285, 291 f., 342, 360, 414, 432 f., 540, 549 – Blockadestrategie 426 – Grenzen einer Regierung 497 – Interessenvermittlung zwischen Regierung und Volk 155 – Koalitionsregierung 529 – Konsens und Kooperation mit Regierungen 308, 371, 392, 453, 473, 477, 480, 500, 503, 554 – Kontrolle der Regierung 155 f. – Regierung und Opposition 156, 371 – regierungskonformes Verhalten 499, 511, 542 Regimegegner 523 Regionalisierung von Untersuchungsfeldern 40

Sachregister Rekursmöglichkeit 130, 422 Religion 174, 196, 233, 321, 391, 397, 460, 476, 565 – Religionskritik 320, 473 – nordamerikanische Religionstoleranz 106*f. Renaissance 110 f., 125 Reorganization of the Reform Party 410 Repräsentation, parlamentarische 99, 137, 183, 214, 247, 250, 254, 284, 308, 314, 327, 363, 385, 390, 414, 432, 448, 486 f., 556 Repräsentativität 61, 75 f., 82 Repression 210, 214 f., 247, 287, 300, 369, 474, 511 Republican 242 Republik, Republikanismus, Republikaner 45, 54, 70, 134 ff., 170, 216, 223, 272, 349, 353 ff., 358, 370 ff., 376, 392, 444, 448, 459 f., 463 f., 475, 479, 482–85, 503, 509 f., 512, 524 f., 557 – römische Republik 86 ff. Restauration, restaurative Kritik 21, 50, 130, 132 f., 138, 142 ff., 145, 149, 151, 156, 159, 167, 175, 180, 190, 213 f., 218, 243 f., 252 f., 256, 263, 269, 276 f., 287 f., 307, 313, 338, 343 f., 355, 359, 378, 392 f., 398, 402, 413, 423, 426, 428 f., 444, 473, 480 f., 484, 524, 527 f., 546, 548, 560 Retrospektive 31, 33, 168, 293 Revision 350 Revolte 370, 412 Revolution 20, 23, 132, 137, 139 f., 145, 152 ff., 156, 158, 163, 165, 168, 173 ff., 183 f., 187 f., 196 f., 199, 201, 203, 205, 210, 235, 238, 240 ff., 244, 247, 249, 253, 255, 261, 265, 270, 272, 275 ff., 279, 288, 290 f., 293, 301 f., 307 f., 313, 316, 319, 327, 336, 338, 342, 344 f., 347, 352, 355 f., 365, 371 f., 376, 379, 381, 393 f., 402, 404, 416, 418, 420, 427 ff., 446, 448, 463, 470 f., 474, 476, 480–85, 488, 498, 504, 507, 513, 515, 520, 524, 533, 539, 549, 553 ff., 557, 561, 585 – Amerikanische Revolution 29, 34 – antirevolutionäre Haltung, Konterrevolution 132, 150, 165, 178, 180, 249, 274, 352, 355, 369, 375, 393, 423 f., 432, 471, 482, 484, 503, 515, 548, 550, 554 – Belgische Revolution 378 – Doppelrevolution 28, 32, 69 f. – Englische Revolutionen des 17. Jahrhunderts 54, 69, 228, 396

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– Glorious Revolution 1688/89 228, 231, 335, 339, 567 – Französische Revolution 1789 20, 22, 24, 29, 33 f., 70, 75, 86, 98 f., 102, 119 ff., 123, 125 ff., 128, 140, 143, 146, 156, 173, 178 f., 183, 185, 189 ff., 199 f., 204, 208, 219 f., 222 f., 229, 233, 237, 240, 251, 261, 268, 274, 279, 292 ff., 296, 302, 308, 315 ff., 319, 327, 330, 332 f., 342 f., 352, 359 f., 372, 376, 393, 395 f., 399, 420, 422, 424, 427, 450, 451*, 471, 546, 550, 555, 557, 562 ff., 566 f., 586 – Ursprünge der Französischen Revolution 130, 132 f., 141, 143, 149, 186, 252 – Prinzipien von 1789 73, 133 f., 136 f., 151, 172, 270, 318, 328, 424, 511 – Export von Revolutionsprinzipien 139, 210, 212 – radikal-republikanische Französische Revolution 131, 133, 159, 176, 178 f., 186, 199, 219, 223, 233, 236, 280, 289, 301, 313, 330, 352, 370, 420, 432, 489 – Erbe der Französischen Revolution 132, 141, 143, 150, 174, 253, 342 f., 499, 547 – Bedeutungskontinuität und Traditionslinie der Revolution von 1789 136, 265, 268, 292, 307, 315, 318, 336, 342, 499 – postrevolutionäre Interpretationsgeschichte der Französischen Revolution 130, 141, 149, 252 f., 424, 499, 547, 566 – Sprache der Französischen Revolution 53 – Französische Julirevolution 1830 75, 207, 254, 258, 280 f., 290, 308, 349–52, 354–58, 360 f., 370, 388, 412 ff., 420, 422 f., 426, 498, 548, 559, 573 ff., 577, 579 f., 582 ff., 585 – Französische Februarrevolution 1848 419, 421, 499, 512 f. – Revolution von 1848/49 27, 70 f., 75, 285 f., 443, 446, 454*, 457 f., 464, 467, 475, 478, 481, 483, 498, 500, 502, 504, 513 f., 524, 527, 542, 550, 552, 554, 558, 574 f., 577 f., 580 – Revolutionsepoche 153, 547 f, 563 – Revolutionskriege 185, 293, 316 – Revolutionsprophylaxe 249, 318, 507 – Revolutionsverlierer und -gewinner 158, 260, 266, 343, 357 – soziale Revolution 238, 250, 386 f., 462, 474, 485, 513 – postrevolutionäre Gesellschaft 21, 33,

782

Sachregister

70, 129 f., 135, 146, 151, 159, 174, 224, 235, 252, 318 f., 339, 352, 424 f., 499, 507, 547 f., 563, 566 Revue des Deux Mondes 360 Revue Indépendante 473 Rezeption 49, 53, 56, 148, 193, 297, 305, 423*, 560–63 Rheinbund 140, 203, 467 Der Rheinische Bund 140 Rheinische Zeitung 441 Rheinland 330, 378, 441, 455, 461 Rhetorik 51, 95, 230, 408, 452, 489 Del rinnovamento civile d’Italia 107 Risorgimento 389, 392, 483, 503, 542, 554 – Risorgimento-Forschung 46 Rom 89, 108, 218, 389 f., 475, 481, 483, 485, 503, 524 f., 571 – Römer 96, 113, 134, 190 – römischer Bürgerkrieg 89 – römische Geschichte 111 – römisches Kaiserreich 87, 90, 93 – römische Magistrate 87, 93 – römische Ritter 91 – römische Senatoren 91 – römische Soldaten 91 – römischer Wertekanon, 87 Romagna 477 Romantik 323, 326, 328 Rubrik 395 Rückschrittlichkeit, Rückständigkeit 214, 274, 309, 329, 345, 389 f., 517, 530, 567 Rußland, Russen 142, 148, 200, 279, 473 Sachsen 35, 369 Saint-Cloud 132 Saint Ouen, Deklaration von 144, 150 Saint Simonismus 378, 430 Sakrileggesetz 269 Sankt Helena 137 Sankt Petersburg 276* Sansculotten 178 f. Sattelzeit 48 ff., 55 , 73, 340, 348, 500, 505, 559, 579 f., 582 Saumur 258, 267 Savoyen 312, 314, 473, 482, 503, 550, 554 Schenkung 93 Schlagwort 48 f., 68, 89, 99, 107, 120, 123, 131, 133, 136, 152, 158, 173 ff., 178 f., 190, 200, 261, 264, 272, 291, 313, 315, 341, 360, 364, 376, 395 f., 423, 437, 439,

442, 464, 470, 473, 475, 477, 482, 502, 506, 541, 561, 563 Schlesien 461 Schweiz 190, 330, 362, 470 Schwellencharakter, Schwellenphase 33, 55, 300, 341, 374, 502, 554 Seismograph 49, 69, 517, 568 Sekte 473 Selbständigkeit 106, 432, 435 Selbstaussage 537 Selbstbestimmung 383, 407 Selbstbestätigung 566 Selbstbewußtsein 164, 219, 250, 266, 309, 322, 433, 435, 440, 445 f., 457, 460, 532 Selbst-, Eigen- und Fremdbezeichnung 37, 128, 136, 143, 225, 234 f., 237 f., 243, 298, 322, 324, 327, 334, 337, 341, 404, 409, 459, 463, 465, 467, 479, 492, 494, 538 ff. Selbstkritik 175, 518 Selbstkritik des Liberalismus 449 Selbstkritik des deutschen Liberalismus 516 Selbstreinigung, politische 368 Selbststeuerung, politische, soziale und kulturelle 568 Selbstvergewisserung 39, 269, 293, 298, 446, 462, 563, 566 Selbstverständnis 151, 178, 407, 424, 493, 520, 542, 549, 556 Selektion 563 Semantik (vgl. auch unter Begriff) – Abstraktion 61, 162 – Aktualisierung 547 – Amalgamierung von Bedeutungen 137, 324, 339, 345, 348, 400, 405, 410, 414, 421, 439, 446, 450, 482, 492, 499, 504, 548, 555 – Aporie der vergleichenden Semantik 83 f. – Degeneration 272, 367, 370, 380, 415, 427 – Deplazierung, Desintegration, Fragmentierung von Begriffen und Bedeutungen 61, 356, 358, 368, 374, 413, 418, 421 f., 427, 440, 445, 460 f., 467, 492, 500, 502 f., 508 ff., 534, 542 f., 548, 552, 556, 564 – Deutungsmonopol 116 133 – Differenzierung von Begriffen und Bedeutungen 25, 47, 82, 162, 175, 195, 239, 261, 307, 349, 353, 369, 391, 397, 409, 419, 422, 424, 431, 476, 524, 545

Sachregister – Disqualifizierung, Stigmatisierung von Begriffen und Bedeutungen 175, 179, 242, 274, 277, 287, 298, 393, 420, 459, 468, 527 f., 553 – Eindeutigkeit, Verbindlichkeit 25, 31, 73, 366, 544 f., 567 – Fermentierung, Überlagerung von Bedeutungen 26, 31, 33, 36, 74 f., 107, 123, 126, 138 f., 153, 256, 273, 297, 344, 400, 446, 491, 547, 552, 560, 564, 581, 583 – Halbwertszeit von Bedeutungen 420, 440, 501, 513, 548 – historische Semantik als Disziplin 47 ff. – Historisierung 419, 559, 568 – semantische Historizität 36, 569 – Homogenisierung von Bedeutungen 496 – Identität von Bedeutungen 273, 471, 562 – Ideologisierung von Begriffen und Bedeutungen 36, 74, 107, 126, 343, 415 f., 489, 500, 546 f., 557, 559 f., 564, 581, 583, 586 – Indikatorfunktion der historischen Semantik 339, 409, 544, 564, 568 – Inflation von Definitionen und Deutungen 25, 35, 369, 515, 552 – semantische Inkubationszeit 33, 75, 251, 253 – semantische Innovation 62, 287, 414, 519 – Integration von Begriffen und Bedeutungen 68, 143, 146, 195, 254, 263, 281 f., 295, 305, 323, 340, 350, 356, 359 f., 365, 367, 371, 375 f., 380, 386, 411, 413, 433, 439, 442, 450, 453, 460, 490, 499, 514, 530, 533, 550, 564, 568 f. – Kanon von Bedeutungen 564 – Kohärenz von Bedeutungen 366 – konnotative Flexibilität 320, 376, 395 – Konstruktion von Wirklichkeit 83 – Kontinuität von Bedeutungen 86, 109, 179, 194, 229, 236, 243, 254, 261, 264 f., 272, 297, 392, 396, 399, 420, 499, 526, 552, 556, 567 – semantische Kopplung 116, 127, 168, 252, 313, 421 f., 507, 515 – semantische Ligatur 73 f. – Mechanismen und Funktionen der historischen Semantik 194, 569 – semantischer Nominalismus 47, 66, 83 – Persistenz von Begriffen und Bedeutungen 102, 105, 109, 125 f., 138, 210, 337,





– – – – – – – – –

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783 398, 431, 438, 503, 549, 555, 558, 561, 565 Polarisierung von Begriffen und Bedeutungen 74, 105, 166, 179, 275, 282, 313, 328, 333 f., 350, 376, 389, 416, 427, 430, 485, 486, 500, 547, 559 f., 581, 583, 585 Politisierung von Begriffen und Bedeutungen 74 f., 107, 121, 123, 131, 154, 164, 179, 185, 207, 210, 215, 234 f., 257, 275, 313, 324 f., 328, 333, 343, 346, 401, 415 f., 469, 486, 500, 546 f., 554, 559 f., 581, 583–85 semantische Präzision 79 Rekonstruktion von Bedeutungsgeschichten 523, 545 semantische Relevanz 68, 158, 288, 396, 505, 511, 560 semantische Revitalisierung 420, 541, 548 Rezeption 125, 233, 235, 327, 329, 559 Richtungsqualität 407, 421, 433, 459, 508, 510, 528, 548 Bedeutungsschichten 125, 568 Semantogenese eines historisch-politischen Grundbegriffs 73, 560, 582 soziale Reichweite von Begriffen und Bedeutungen 50, 73, 76 f., 80, 263 f., 328, 360, 366, 386, 388, 409, 415, 432, 441, 557, 559, 566 sozialhistorische Semantik 50, 62, 415, 417, 464, 557 sozioökonomische Bedeutung 50, 112, 278, 294, 428 ff., 504, 513, 520, 539, 550, 558 Spannung zwischen Bedeutungen 208, 361, 375 Transfer und Export von Deutungsmustern 74, 111, 121, 125, 140, 143, 191, 195, 208 f., 233, 238, 255 f., 295, 321, 327 f., 337, 347, 547, 551, 553, 555, 561–64, 585 semantische Transformationsstufen 60 f., 580–85 Übersetzung, Übersetzbarkeit, Übersetzungsproblem 47, 66, 72, 83 f., 152, 185 f., 193, 195 f., 200, 216, 254, 273, 319, 342, 393, 396, 545, 560–64, 585 Universalisierung 95, 225, 252, 365, 479, 512 f., 568 Ursprung von Bedeutungen 262, 275, 279, 302, 328, 367, 370, 380, 415, 420, 437, 452 f., 502, 521

784

Sachregister

– Vagheit, Ungenauigkeit von Bedeutungen 25, 136, 309, 318, 567 f. – semantische Verdichtung 68, 341, 566 – Semantik des kollektiven Verhaltens 63 – Bedeutungsverlust 419 – Bedeutungswissen 63, 562 f., 566 – Wort- und Bedeutungsäquivalenz 254, 273 – Bedeutungszusammenhang 450, 455, 524 senatus consultum 511 Septennial Act 488 serviles (spanische Bezeichnung) 235, 252, 275 Sicherheit 134, 407 Siena 111 Signifikanz 82 Signs of Change 533 Signs of the Times 22 Sinn 50, 538 – Sinnstiftung, Sinnvermittlung 146, 179, 521, 557, 568 Sinnengenuß 103 Sinnlichkeit 103 Sitte 458, 460 Six Acts 322 Sizilien 211, 218, 255 Skepsis 299, 495 Sklavenstatus 86, 96, 100 Soissons 268 Solferino 512 Solidarität 477, 541 Sonderforschungsbereich 42 Sonderweg, Sonderentwicklung 65 f. – deutscher Sonderweg 41, 43, 65 f., 551 – semantische Sonderentwicklung Deutschlands 72 f., 520, 522 f., 543, 551 f. Souveränität 270 Sozialdarwinismus 541 Sozialdemokratie 517, 519 f., 542 f. soziale Frage, sozialer Wandel 428, 430, 447, 486, 453, 500, 521, 524, 539, 551 Sozialgeschichte 39, 46, 49, 81, 409, 415, 557 Sozialisation 432, 512 Sozialismus 30, 533 – Frühsozialismus 430, 455, 457, 499, 502 Sozialpolitik 91, 543 Sozialwissenschaft 64 soziopsychische Kategorie 325, 520 Spafield 267 Spanien, Spanier 36, 60, 140, 192, 203,

211, 218, 219*, 234–39, 252, 256 f., 267, 272, 275, 310, 313, 317, 325 ff., 329, 331*, 334, 338, 347, 350, 397, 447*, 561 – napoleonische Besatzung 236, 317 – Revolution von 1820 218 – Truppenrevolte von Cádiz 235 – Verfassung von 1812 211, 222, 235 – Verfassungskämpfe 203, 317 Spannung, Spannungsfeld 144, 426, 441, 445, 501 f., 515, 552, 565 Spende, Spender 87–92, 97, 116, 124 Le speranze d’Italia 479 Spiele, öffentliche 91 Spirit of Whiggism 489 Sprache 50 f., 281, 546 – Alltagssprache 50, 80 – sprachliche Eigenbewegung 49, 63 – Gelehrtensprache 112 – idealistische Sprache 456 – Metasprache 84 – Muttersprache 63 – Nationalsprache 342 – parlamentarischer Sprachgebrauch 385, 466, 494 – politische Sprache 26, 57, 142, 544 – Sprachetymologie 194 – Sprachfunktionen 50 – Sprachgeschichte 58 SS-Dienststellen 523 Staat 24, 186, 189, 199, 201, 204, 207, 255 f., 345, 431 f., 515, 541, 549, 557 – Anstaltsstaat 550 – state-building 580 – christlich-organisches Staatsverständnis 381 – Einheit und Souveränität des Staates 458 – Staat als Garant des politischen Fortschritts 438, 549 – Staat und Gesellschaft 155, 188, 199 f., 204 f., 283, 296 f., 303, 305 f., 308 f., 344 f., 373, 376 f., 391, 415, 426, 433, 445, 449, 453, 498, 501, 542, 546, 549 f. – Staat und Individuum 101* – Interventionsstaat 518 – Kooperation mit dem Staat 364, 432, 449, 453 – Staat als realer sittlicher Organismus 458 – Rechtsstaat 29, 436, 462, 567 – Staat als Reformmotor 282 f. – Staatsform 376 – säkulare Staatsidee 399

Sachregister – Staatsorientierung 549 f. – Vergötzung des Staates 518 – vernünftiger Staat 362, 432 – Wohlfahrtsstaat 543 Staatsbibliothek Berlin 571 Staatslexikon 25, 27, 76, 431, 435 ff., 440 f., 449 f., 462, 467, 500 ff., 514 Staatsrat 458 Staatsrechtler 78 Stabilität, Stabilisierung 35, 120, 129, 131, 134, 142, 158 f., 160, 162, 165 f., 168, 173, 199, 205, 211, 219, 222, 236, 238, 249, 253, 262 f., 287, 291, 319, 352, 355, 358, 360, 380, 413, 423, 428, 499, 507, 511, 548 – Instabilität, Destabilisierung 26, 180, 184, 236, 240*, 241, 268, 317 Stadt 41 Stagnation 488, 561 Stand, Stände, Ständegesellschaft 27 f., 99, 101 f., 112 f., 125, 138, 155, 195, 200*, 204, 206, 221, 285, 289, 292 f., 308, 344, 393, 398, 433, 442, 462, 544, 546, 561, 585 – Dritter Stand 99, 125, 185 f. – alt- und neoständische Kritik 381, 383 – Mediatisierung 102 – Landstände 101, 373 – (land-)ständische Verfassungen 197, 184, 561 – ständische Privilegien 102, 120, 155, 197, 206, 210 Statik 21, 559 status quo 367, 372, 394, 480 status quo ante 21 Statuto Albertino 481, 528, 542 Steuer 192, 210, 282 Stil 114 Stilisierung 184 Storie fiorentine 109 f. Strategie 438, 440, 442, 454 f., 464, 470, 476, 478, 550 Strukturanalyse, Strukturprobleme 38, 69, 83 Stuarts 229 Studenten 287, 291 Substantivierung 288 Subversion 396 Sun 172, 448 Syllabus errorum 524, 542, 554 Symbol 63, 178 Synchronie, Synchronisierung 34, 55 f., 251, 374, 434, 547

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Synonym 479 Systemimmanenz 375, 492, 548, 557 Systemtranszendierung, Systemwechsel 140, 159, 427, 502, 504, 507, 511, 513, 557 Tamworth Manifesto 411, 491 Tatenlosigkeit 450 Teleologie 82, 493 Temporalisierung 126 f., 299, 306, 344 f., 362, 390, 475, 563, 567 f. terreur 129, 131, 179, 182, 186, 302 Territorialisierung, frühneuzeitliche 101 Terror 253 Textpragmatik, historische 52 Textsorte 80 Theologie, Theologen 78, 325* Theorie 220, 289, 364, 381, 428, 446, 546 – Metatheorie 84 Theorie der Politik als Ergebnis einer erneuten Prüfung demokratischer Lehrmeinungen 458 Thermidor 1794 129, 131 Thronansprache 506 Thronprätendent 92 Times 172, 241, 494 Toleranz 31, 209, 317, 325 Topos 109, 131, 153, 170, 181, 232, 244, 256, 292, 303, 308, 339, 493, 495, 513, 526 Tories 121, 231 f., 237 ff., 241 f., 246, 256, 327 f., 331 f., 336, 338, 340, 346, 403, 561 Toskana 474, 476 f., 481 Totalitarismus 29, 37 Toulouse 136 Tradition, Traditionsstiftung 149, 504, 529, 534 f., 539, 543, 556, 566 – invention of tradition 504, 534, 543, 556, 559 Tragödie des deutschen Liberalismus 38 Transpersonalisierung 89, 143, 149, 195, 213, 252, 255, 562 Treuhänderschaft 116 f. Tübingen 571 Tugend 87 f., 91 f., 96 ff., 107 ff., 118 f., 122, 124 f., 481 Tuileries 260 Turin 267, 315 Typologie 40 f., 47, 66, 72, 82 Tyrann, Tyrannei 92, 370 Überbrückung von Gegensätzen 527, 565 Übergang, beschleunigter 21, 84 f.

786

Sachregister

Ueber Ultraismus und Liberalismus 297 Umbruch, Umbruchsphase 21, 28, 413, 459, 547 Unabhängigkeit 106, 120 f., 128, 153, 469 – geistige Unabhängigkeit 104, 113 f. – materielle Unabhängigkeit 96, 112, 114, 138, 185, 501 Uneigennützigkeit 87, 90 f. Unfehlbarkeit 497 Ungeheuer, apokalyptisches 178 Ungleichzeitigkeit 33 – Ungleichzeitigkeit semantischer Entwicklungen 413 Unitarismus 470 Universalismus 415, 517 Universität 152, 291, 539 – Universitätsbibliotheken 571 Unmündigkeit 188 Untergrundzirkel 397, 471, 478 Untersuchungsebenen und -felder 72–75 Untersuchungszeitraum 60, 71, 74 Unverletzlichkeit der Person 101 Unvoreingenommenheit 97, 128, 209 Urteilskraft 121 Usurpator 92 Utilitarismus 124, 233, 245, 406, 409, 448, 495 Utopie 21, 168, 208, 293, 296, 299, 305 f., 371, 446, 513 – defensive Utopie 435 Vendée 178*, 274 Venedig 26*, 208, 210, 216, 475, 485, 525 Verdacht 153, 162 Verein, Vereinswesen 39, 124, 237, 321, 361, 377 Verfassung 29, 31, 105, 137, 144, 172, 192, 200*, 201, 211, 213, 221, 234, 251, 254 f., 259, 266, 283, 307 f., 310, 317, 372, 414 f., 425, 441, 444, 515 – alteuropäische Staatsverfassung 34 – frühneuzeitliche Verfassungsterminologie 101 – Modellverfassung 140 – parlamentarischer Verfassungsstaat 29, 218 f., 235, 252, 255, 314, 317, 462, 464, 472, 481, 503, 506 f., 511, 528 f., 554, 567 – Repräsentativverfassung 192 – Verfassungsbruch 280 – Verfassungsversprechen 363 Vergangenheit 26, 34, 127, 299, 306, 309, 329, 344 f., 358, 362, 390, 475, 518, 563, 567

– aufgehobene Vergangenheit 569 – Synthese aus Vergangenheit und Gegenwart 428 – Verwechslung von Vergangenheit und Gegenwart 85 Vergleich – Abstraktion 66 – additiv-deskriptive Methode 41, 559 – contrasting type 65 – deutsch-englischer Vergleich 43 f., 56 – deutsch-französischer Vergleich 44 f., 56 – deutsch-italienischer Vergleich 45 f., 56 – Divergenz und Konvergenz 65, 546 – ergebnisoffener Vergleich 65 f. – Ersatz für naturwissenschaftliches Experiment 64 – generalisierender Vergleich 65 – heuristische Perspektive 66 – Hypothesenbildung und -verifizierung 67 – Individualität 65 – Instrumentalisierung des Fremden 65 – internationaler Vergleich 41 f., 47, 56, 64 ff. – interregionaler Vergleich 47 – Königsweg der Geschichtswissenschaft 64 – method of agreement and difference 65 – Möglichkeitsbewußtsein des Historikers 67 – Multiperspektivität 67 – Profilierung von Vergleichsfällen 66 – Regelmäßigkeit 67 – Säurebad des Vergleichs 64 – symmetrischer und asymmetrischer Vergleich 65, 562 – universalizing type 65 Verhaltensformen 63 Verordnung zur Errichtung der Provinzialbehörden 206 Vernunft 122, 126, 154, 188, 193 f., 196, 201, 255, 301, 303, 362, 381, 415, 434, 455, 477, 549, 552 – Vernunftsoptimismus 35 – vernunftrechtliche Argumentation 364, 370, 407, 431, 435 f., 466 f., 500, 502, 522 Verschwörung 131, 398 Versöhnung, gesellschaftliche 147, 151, 160 f., 168 f., 173 f., 182, 259, 305, 352, 413, 548 Verstand 103

Sachregister Verständigungsfalle 47, 545 Verteidigung des Bestehenden 485 Virginia Bill 1776 102 Vita Constantini 93 Voce della Ragione 394 Voce della Verità 394 ff., 468 Vokabular, politisch-soziales 34, 70, 78, 234, 271, 445, 560 – antonymische Ebene 79 f. – Ausdifferenzierung 253, 341, 344 f., 352, 420, 542, 548 – deskriptive Konkretisierung 80 – paradigmatisch-normative Ebene 79 – syntagmatische Ebene 79, 385 f. Volk 231, 250, 367, 369, 390, 433, 458, 470 – Forderungen 507 – Rechte 226, 443 – Volksherrschaft 188, 289, 302 – Volkssouveränität 31, 183, 236, 293, 302, 316 f., 373, 392, 432, 451, 453, 465, 469 f., 525 – Volksvertreter, Volksvertretung 201, 371, 373 völkische Ideologie 522, 543, 552 Volksthümliches Handbuch der Staatswissenschaften und Politik 438 Voraussicht 98 Vormärz, Nachmärz 26, 38 ff., 361, 377, 431, 435, 449, 455, 459, 464–67, 500 f., 514 f., 520, 542, 550, 557, 575 Vorurteilslosigkeit 104, 106, 121 f., 187, 206, 408 Wachstum 32 Wahlen 184, 192, 248, 280, 406, 494, 531 – allgemeines Wahlrecht 248 ff., 432, 466 – Wahlkämpfe 172, 531 – Wahlmanipulationen 507 f., 510* – Wahlzensus 249 Wahrheit 303, 362 Wahrnehmung 26, 67 Waise 91 Wandel, Transformation 24, 28, 32, 34, 62, 157, 281, 545 f., 559 Wartburgfest 291 Was heißt Liberal? 193 Waterloo 182* Weimarer Republik 522 f., 552 Weltanschauung 320, 331, 344 ff., 396, 431, 435, 497, 502, 525 ff., 530, 542 f., 548 f., 551 ff., 556, 565 Weltauslegung 63

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Weltfremdheit 377 Weltgeschichtliche Betrachtungen 20 Weltherrscher 92 Weltkrieg, Erster 520, 544, 551* Weltläufigkeit 191 Weltoffenheit 121 Werkausgaben, historisch-kritische 580 Wertmuster, Wertvorstellungen 29, 521, 538 Westfalen, Königreich 140 Westminster Radicals 251, 409, 416, 555, 558 Westminster Review 250, 406, 408, 496 Westöstlicher Diwan 106 Whigs 113, 115 f., 119 f., 125, 225–32, 239, 241, 244, 246, 248 ff., 324, 334–41, 347, 402 ff., 405 ff., 410, 416, 448, 495 ff., 504, 532, 539, 555, 561 – historisches Erbe und Selbstverständnis 226, 229 f., 335, 405, 489, 493, 504, 555, 558 – Patronage 69, 226, 497, 533 – populäre Politik 226, 228, 231, 335 f., 340, 347 f., 408, 555 – Rolle als Treuhänder 120, 226, 228 f., 340, 347, 408, 558 Whig interpretation of history 35 f., 43, 407, 493, 504, 534, 556, 559 Whistspiel 289 Why I am a Liberal 537 Widerstand 183, 244, 365, 436, 474 Wiener Kongreß 75, 143, 148 f., 197, 200, 207, 236, 288, 547, 562, 585 Willkür, despotisch-klerikale 234 Wirklichkeit, politisch-gesellschaftliche 83, 374, 545 Wirkungsgeschichte 35 Wirtschaft 70 f., 99, 204, 210, 294, 340, 409, 470, 496 f., 521, 541 f., 550, 555 – Wirtschaftsliberalismus 495 f. Wissen, soziales 21, 62 f., 75 f., 79, 562 Wissenschaft 123, 221 Wissenssoziologie 50 Wohlgefallen 103 Wohltat 92 Wort 344 – Wortäquivalent 47, 105*, 273 – Wortetymologie 86, 562 – Wortnähe 564 Wörterbuch 58, 76, 79 f., 96 ff., 103 f., 157, 191, 209, 261, 342, 346, 386, 418, 486, 560 – Campes Wörterbuch 191

788

Sachregister

– Fachwörterbuch 76 – Pamphletwörterbuch 76 – politisches Wörterbuch 76 Wortfeldforschung 78 Württemberg 515 York 244 Zar, russischer 142, 200 Zäsur, Umbruch 28, 32 f., 35 f., 61, 75, 78, 127, 142, 223 f., 352, 361, 412 f., 420, 529, 559, 575 Zedlers Universallexikon 100 Zeichen 51 Zeit, Zeitlichkeit 32, 49, 127 – Dynamisierung von Zeiterfahrung 157 – Fermentierung und Verdichtung von Zeiterfahrungen 127 f., 569 – Zeitkräfte 23, 202, 297, 330, 380 – Zeitkrankheit 305 – Zeitpole 69 – Zeitschienen 68, 302 Zeitschrift, Journal 77, 171, 206, 215, 256, 321, 323, 364, 570

Zeitung 77, 80, 172, 206, 295, 313, 483, 494, 560, 570 Zensur, Zensor 190, 207, 214 f., 217, 321*, 346, 468, 524, 553 Zentralisierung, Zentralismus 92, 218, 247, 393, 470 Zentraluntersuchungskommission Mainz 350 Zielkonflikt 454 Zivilisation 92, 352, 362, 373, 435, 438, 535 ff., 542 f., 549 – säkulare Zivilisationsreligion 538 Zukunft 299, 306, 309, 329, 344 f., 362, 390, 421, 453, 475 – gedachte Zukunft 569 – vergangene Zukunft 563 – Zukunftsprognose 269, 440, 461 – Zukunftsprojektion 35, 63, 68, 70, 254, 568 – Zukunftsverheißung 308, 375, 432, 434, 439, 453, 462 Zweckfreiheit 87 Zweckkoalition 408

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Autoren- und Personenregister * verweist auf den Text einer Fußnote

Aberdeen, Duke of 403 Aberdeen, Earl of 529 Acland, James 493* Acton, John Edward, Lord 534 Adelung, Johann Christoph 191* Agapetus (röm. Papst) 93 Albertario, Davide 528* Alberti, Leon Battista 94* Alexander I. (russ. Zar) 142 ff., 148, 152*, 200*, 206*, 287 f. Alexander VI. (röm. Papst) 110 Alexander der Große 90 Alfieri, Carlo 528*, 529* Alkibiades 88 Allihn, Friedrich Heinrich Theodor 514* Almendingen, Ludwig Harscher von 283 f. Alpi, Domenico 399* Althorpe, Lord 404 Ambrosianus 93* Amigues, Jules 509* Ancillon, Friedrich 193*, 204 f., 239* Anders, Franz Julius 461* Anhalt, Emil 457* Anna I. (engl. Königin) 492* Anstey, Christopher 123* Aretin, Johann Christoph von 142*, 193–99 Aristoteles 94 Arnim-Boitzenburg, Graf von 286 Arnold, Matthew 492*, 532 f., 536–39 Arnould, Arthur 507 Ashe, Thomas 233* Asquith, Herbert Henry 541* Asquith, Margot 539* Auerbach, Berthold 382* Augustus (röm. Kaiser) 89 Baader, Franz von 292 Babeuf, Gracchus 131 Bagnell, Abraham 332 Bailleul, J. Ch. 262*, 419* Balbiano, Eugenio 482*

Balbo, Cesare 213, 473, 479–82, 503, 528*, 554 Balfour, Robert 119* Balzac, Honoré 141 f., 357*, 358*, 418 Barbier, Edmond Louis 264* Barclay, Robert 410* Bardonnaut, Marcelin 505* Baring, Francis 402 Barometro, Battistino 216* Barras, François Jean Nicholas 132 Barrot, Camille H. Odilon 370 Barruel-Beauvert, Graf von 133* Barth, Theodor 519* Battaglia, Salvatore 59*, 109*, 110*, 111* Baudoin, Alexis 18* Bauer, Bruno 449*, 456* Bauer, Edgar 449, 452*, 455 Baumgarten, Hermann 516 Bavoux, Évariste 508* Baxter, R. Dudley 530* Baxter, Robert 332*, 333* Bazzarini, Antonio 209* Beauchamp, M. 268 Becker, August 387*, 388 Bedford, Duke of 497* Bekk, Johann Baptist 514* Bendix, Reinhard 33*, 72* Bentham, Jeremy 240, 245–49, 250*, 251, 325 f., 406, 495 Bentinck, William George Frederick, Lord 211 f. Bentivoglio, Domenico 390* Berger, P. L. 50* Bernard, James B. 488* Bernard, Pierre 430* Berthelot, Marcelin 505* Berry, Charles Ferdinand de Bourbon, Duc de 258, 263, 267 f., 343, 574 Beseler, Georg 467 Beurmann, Eduard 383 Biard, Gustave 430* Biedermann, Karl 382*, 461 Binder, Wilhelm 437* Birch, Walter 233*

790

Autoren- und Personenregister

Bismarck, Otto von 285 f., 515 f., 529 Blackbourn, David 41* Blanc, Louis 313*, 429 Blaquiere, Edward 326 Blease, Walter Lyon 534* Blittersdorff, Friedrich Karl von 443 Bloch, Ernst 49* Block, Maurice 505* Blum, Robert 438 f., 447*, 450*, 452*, 457*, 459* Bluntschli, Johann Caspar 447*, 514* Boag, John 401* Boccaccio, Giovanni 94, 110 Boethius 95 Bognolo, Marco 209* Boiste, Pierre-Claude-Victoire 262* Bollenbeck, Georg 48*, 72*, 551* Bonald, Henri de 175*, 179*, 180*, 199, 269, 293* Bonaparte (vgl. auch unter auch Napoleon I.) 131–36, 143, 162, 163*, 174, 179, 181, 210 f., 224, 237*, 252, 274, 315, 318, 323, 330, 547 Borgia, Cesare 110 Börne, Ludwig 295, 383, 402* Bossuet, Jacques Bénigne 141, 143 Boswell, James 122* Botero, Giovanni 110 Botta, Carlo 111, 210 Bourienne, Louis Antoine Faurelet de 137 Boyce, Edmund 237* Boyer-Fronfrède, F. B. 145 Brande, W. T. 401* Brandes, Ernst 185 f. Brater, Carl 447* Brauns, Ernst Ludwig 362 da Brême, Lodovico 210*, 217* Brentano, Lujo 519* Bridges, Matthew 487 f. Bright, John 495 f., 530, 534* Briqueville, M. A. de 356* Brociner, Marco 521* Brodrick, George C. 531*, 536* Broglie, Victor de 171* Brooks, George 532* Brothers, Thomas 404* Brougham, Henry 225, 230 ff., 233, 237, 335–41, 400, 402 f., 404*, 408, 487* Brunner, Otto 21*, 24*, 27*, 49*, 60*, 82*, 92*, 101*, 110* Bruni, Francesco 525 f. Brunot, Ferdinand 58*, 137*

Brusoni 110 Bryce, James 535* Buchner, Bruno Theobald 447* Büchner, Georg 380, 386 f. Budaille, Théodore 509* Bugg, George 233* Bülau, Friedrich 367*, 441*, 444* Bülow-Cummerow, Ernst-Gottfried Georg von 282 f., 444* Bulwer, Edward Lytton 404*, 489* Burckhardt, Jacob 20 Burdett, Francis 226*, 248 Burke, Edmund 105*, 112, 119 ff., 125, 187*, 226 Burlach, Zorn de 507* Butterfield, H. 35* Byron, Lord 235, 250*, 321, 323, 324, 327 Cabet, Étienne 430* Caesar 88 ff., 194 Campe, Johann Heinrich 191 Campell-Bannermann, Henry 541* Canguilhem, Georges 61 Canning, George 238, 267*, 329, 331*, 346, 402 f., 416, 438, 556 Canosa, Antonio Capece Minutolo, Fürst von 218, 320*, 393 f., 396 f., 468, 470 Cantù, Cesare 469 Capece Minutolo, Graf Francesco Sanvalentino 526* Capefigue 349*, 359* Capella, Martianus 95 Capponi, Gino 479* Carinus 92 Carlye, Alexander 114* Carlyle, Thomas 22 Carné, Louis de 361* Carnot, Lazare Nicolas Marguerite de 151 Carnot, Hippolyte 426 Caro, E. 509 f. Carré de Montgeron, Louis Basile 269* Cartwright, Major John 240 f., 243 f. Castelbajac 180* Castelli, Michelangelo 479*, 482* Castelplanio, Lodovico di 528* Castlereagh, Robert Stewart Lord 212*, 236 f., 238*, 239, 322, 325, 338, 346 Cauchois-Lemaire, Louis Augustin F. 259* Cavour, Camillo 141, 483, 528*, 529, 554 Ceccarelli, D. Agostino 527* Chamberlain, Joseph 536, 538 Charmette, Lebrun de 357*

Autoren- und Personenregister Chateaubriand, François René de 141, 171, 180, 183*, 265*, 278*, 356*, 357*, 421* Chatre, Maurice la 505* Chaudey, Gustave 430* Chésurolles, Désiré 350* Chladenius, Johann Martin 82 Churchill, Winston Leonard Spencer 533* Cicero 87–91, 94, 97, 113, 124, 194 Clarendon, Edward Hyde, Earl of 335 Clarendon, George William Frederick Villiers, Earl of 496 Claudius (röm. Kaiser) 89 f. Clausel de Coussergues, Jean Claude 267 Cobbett, William 227, 250 Cobden, Richard 495 f., 530 Cochenhausen, von 385 Cockburn, Lord 495* Colletta, Pietro 219* Condorcet, Marie Jean Antoine Nicholas Caritat de 220 Comte, Auguste 162 Conaxa, Etienne 178* Confalonieri, Federico 210*, 217*, 313*, 471 Consalvi, Ercole Marchese (röm. Kardinal) 213, 218 Constant, Benjamin 45, 130, 137, 141 f., 144*, 162, 163*, 170, 179, 237*, 351 Conze, Werner 21*, 22*, 35*, 49*, 101*, 286* Cooke, George Wingrove 491* Cookson, Montague 531* Copleston, Edward 325* Coppet 141 Cornish, Joseph 114* Cortes, Juan, Marques de Valdegamas, Donoso 527* Cotton, Charles 121* Courier, Paul-Louis 170*, 267* Couture, Louis 426*, 506* Cox, Edward W. 530* Crassus 98 Croce, Benedetto 313*, 529 Croker, John Wilson 228, 328, 489* Cuniglio, G. B. 528*, 529* Curci, Carlo Maria 524 f., 527* Curti, Theodor 519* Curtius Rufus 89 f., 90* D’Adhémar, Alexandre 422* Daedalus 337*

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Dahlmann, Friedrich Christoph 467 Dahrendorf, Ralf 38* Dale, R. W. 538 D’Alembert, Jean le Rond 76, 97*, 98*, 128 D’Almbert, Alfred 421* Dante Alighieri 94 D’Argenson, René Louis de Voyer 97*, 99 Daubeny, Charles 242* Davis, Hart 232* Davison, Robert 233* D’Azeglio, Massimo 473, 476*, 477, 481 f. De’ Grigioni, G. Nagalli 475* Delbrück, Rudolf von 284 Denina, Carlo 209* De Ruggiero, Guido 28*, 531* Descartes, René 545 Devonshire, Duke of 231 D’Herbouville 180* Dicey, Edward 536* Diderot, Denis 76, 97*, 98*, 128 Diesterweg, Alfred 434* Diokletian (röm. Kaiser) 92 Disraeli, Benjamin 489 f., 503, 530*, 531, 532*, 556 Döderlein, Johann Wilhelm Ludwig 434* Dohna, Alexander Graf zu 205 Don Miguel 350 Dosquet, Émile 353* Dronke, Ernst 455 f. Droysen, Johann Gustav 441, 467* Duckett, William 505* Duclerc, Eugène 262*, 419* Duclos, Charles 175* Duncker, Max 466 Dupetit-Thouars, G.-L.-A. 175* Durando, Giacomo 476 Duval 430* Echtermeyer, Ernst Theodor 450*, 452* Eckermann, Johann Peter 303* Eckstädt, Karl Friedrich Graf Vitzthum von 289* Eco, Umberto 51* Eley, Geoff 41* Eliot, George 537 Elisabeth I. (engl. Königin) 118* Empson, William 492*, 493* Engels, Friedrich 441, 456 f., 502, 558 Enghien, Louis Antoine Henri de Bourbon, Duc de 181 Ense, Karl Varnhagen von 283, 378

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Autoren- und Personenregister

Ensor, George 247 f. Erskine, T. L. 120* Espagne, Michel 53*, 66* Espanet, Cel. 357* Etienne, Charles-Guillaume 173* Eusebius von Caesarea 93 Everett, Alexander Hill 21 Ewald, Johann Ludwig 204* Fabas, Th. 427* Farcy, Charles 425* Febvre, Lucien 53* Fénelon, François de Salignac de la Mothe 141, 143 Fenet, P. A. 138* Ferdinand IV. (König von Neapel-Sizilien) 211, 218 Ferdinand VII. (span. König) 235 Feuerbach, Ludwig 452* Feuerbach, Paul Johannes Anselm 192* Fichte, Johann Gottlieb 189 f. Fiévée, J. 127, 180* Fiorentini, Pier Angelo 475* Fleischer, Moritz 441 Floriac, Edmond de 421* Foblant, Maurice de 508* Forleo, Leonardo Antonio 526* Foscolo, Ugo 208, 210 Fossombroni, Vittorio Graf 218 Foucault, Michel 52, 61 Fouché, Joseph 181, 429* Fouqué d’Arles 423* Fourier, Charles 524 Fournier, E. 512 Fox, Charles James 229 f., 244 f., 340, 493 Fraenkel, Ernst 41* François, Achille 351, 352* Franklin, Benjamin 325, 495 Frantz, Constantin 514*, 515* Franz I. (franz. König) 146 Fraser, Alexander 119* Frege, Gottlob 545 Freisler, Roland 523* Frenilly, A. de 179* Fresse-Montval, Alphonse 281* Freymund, Ernst (i.e. August Friedrich Gfrörer) 362* Friedrich Christian, Herzog von Augustenburg 188* Friedrich Wilhelm III. (preuß. König) 203*, 204*, 282, 284 Friedrich Wilhem IV. (preuß. König) 256, 457, 463, 473

Fries, Jakob Friedrich 104 Fröbel, Julius 458 f. Funk, Friedrich 368* Gagern, Hans Christoph von 309* Gagern, Heinrich von 207*, 309*, 378 Galeotti, Leopoldo 476* Gall, Lothar 30*, 38, 41*, 286*, 433*, 437*, 516* Galos, Henri 506* Gambetta, Léon 509*, 510* Gambihler, Joseph 362 f. Garencière, Alexandre de la 166* Garibaldi, Giuseppe 483, 485, 526* Garros, Pierre A. 145* Gattel, Cl. M. 141*, 158* Gautier, Isidore Marie Brignolles 277 f. Geertz, Clifford 33*, 34 Gentz, Friedrich 105*, 120*, 187, 203*, 287*, 288*, 290*, 291, 377* George I. (engl. König) 492* George III. (engl. König) 226, 234 George IV. (engl. König) 402 George, Thomas 403* Gérard, François Pascal Simon 351 Gerhard, Friedrich 463* Gerlach, Leopold von 458 Gervinus, Georg Gottfried 462 Gherardi, Giuseppe 389* Gibbon, Edward 122 Gifford, William 323 Gioberti, Vincenzo 107 ff., 472 ff., 477, 524 Giordani, Pietro 108, 208* Girard, Guillaume 121* Giuda (i.e. Judas) 474 Gladstone, Herbert 533* Gladstone, William Ewart 496, 503, 529–32, 536, 538 ff., 543, 556, 558 Glagau, Otto 517* Gneisenau, Neithart von 206, 207*, 292 Gneist, Rudolf von 514* Goncourd, Edmond de 510 ff. Goncourd, Jules de 510* Gordon, Thomas 326* Gore, Montague 406 Görres, Joseph von, 22, 23 f., 187*, 202*, 294, 544 Goethe, Johann Wolfgang 37, 106 f., 191*, 192*, 287*, 303*, 323, 374*, 581 Gozzi, Carlo 210 Grant, Daniel 537* Granville, Lord 495*

Autoren- und Personenregister Grassi, Camillo 389* Gratiot-Luzarey, Théophile 421* Greg, W. G. 535* Grégoire, H. 282 Gregor VII. (röm. Papst) 221 Gregor XVI. (röm. Papst) 388, 389*, 469*, 474 Grey, Charles Earl 230, 335, 340, 402–06 Griewank, Karl 27* Grillparzer, Franz 459* Grote, George 406, 412* Grotius, Hugo 221 Grün, Karl 450* Guicciardini, Francesco 109 ff. Guilhaumou, Jacques 53 Guinaumont, Loysson de 265* Guizot, François 30, 171, 208*, 260*, 354, 355*, 414, 422, 424–28, 430, 499, 507 f., 511, 548 Gutzkow, Karl 382*, 383*, 387* Haas, Ludwig 519* Habermas, Jürgen 52 Hadrian 90 f. Hagen, Karl 440 Haines, William T. 534* Haldane, R. B. 541* Halévy, Elie 59*, 408* Hall, Robert 337* Hallam, Henry 112, 334* Haller, Carl Ludwig von 203, 271–76, 320, 342, 393, 395 Hamilton, Alexander 122 Hamshire, Eli 538* Hansemann, David 377, 378*, 441 Harcourt, William 532 Hardenberg, Karl August Fürst von 204*, 206, 282 ff., 286, 291* Harford, John S. 241* Harrington, James 54 Hartmann, Moritz 450* Hartz, Louis 29* Haupt, Heinz-Gerhard 42*, 56, 65*, 66 f., 83 ff. Hauranne, Ernest Duvergier de 171*, 506* Haym, Rudolf 309 Hazlitt, William 232, 324, 334*, 335* Hecker, Friedrich 463 f. Hegel, Georg Wilhelm Friedrich 34, 35, 293 f., 435 Heine, Heinrich 340*, 382 f., 402* Heinrich IV. (engl. König) 247*

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Heinrich IV. (franz. König) 146 Heinrich VIII. (engl. König) 120, 396 Heinzen, Karl 459 f. Hengstenberg, Ernst Wilhelm 382 Herrenschneider, Frédéric 506* Herwegh, Georg 437*, 454* Hess, Moses 453 ff. Heuss, Theodor 36 f. Hill, William 533* Hintze, Otto 64 f. Hippel, Theodor von 284 f. Hobbes, Thomas 19*, 118 Hobhouse, Leonard T. 540 f., 543, 558 Hobsbawm, Eric J. 28*, 80*, 504, 534* Hobson, John Atkinson 540 Hodson, Thomas 115* Hoffmann, Johann Gottfried 206 Hofstadter, Richard 29* Holland, Lord 116, 230*, 340, 495 Hombergh, Horace (i.e. William Ettrick) 242* Horner, Francis 230 Hortenburg, Joseph von Hormayer zu 374* Hough, Thomas 115* Huber, Victor Aimé 382*, 444 f., 465 Hübner, Johann 100 Hugo Capet (franz. König) 146 Hugo, Victor 427 Humbert, Eugène 418* Humboldt, Wilhelm von 205 Hume, David 325, 495 Hume, Joseph 529 Hunsinger, Hendrik 112 Hunt, Henry 178*, 227 Hunt, Leigh 321–24, 326 ff., 338, 346, 529 Huskisson, William 238 Hutchinson, Henry Matthew 491* Icarus 337* Itúrbide, Agustín de 235 Jacini, Stefano 528* Jacobi, F. H. 105 Jacoby, Johann 449 Jacquet-Lemare, Petrus-Alexander 152* James II. (engl. König) 229* Jarcke, Carl Ernst 379 f. Jastrow, Ignaz 8519* Jay, Émile 426* Jefferson, Joseph 233* Jeffrey, Francis 229, 234*, 237, 324*, 336*, 337*, 400

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Autoren- und Personenregister

Jehan de Johannis, A. 528* Jellinek, Georg 101* Jenkins, Peter 404* Jerôme Bonaparte 139 Jesus Christus 437 Johnson, Samuel 112*, 118*, 121, 122* Johnstone, William 331* Jones, William 122* Jordan, Sylvester 385 f. Joseph II. (röm. Kaiser) 163* Jouffroi 180* Jouffroy, Marquis de 512* Jourdan, Camille 171* Jowett, Benjamin 539 Judas (Giuda) 474 Justinian (byzantin. Kaiser) 93 Kant, Immanuel 103–07, 126, 187, 189, 300, 368 Karl I. (engl. König) 247* Karl II. (engl. König) 492* Karl V. (franz. König) 146 Karl X. (franz. König) 263, 269, 355, 356*, 419, 509* Karl Albert (König von Piemont) 310, 481 f. Karl Felix (König von Piemont) 310 Karpe, Franz Samuel 104 Kaspary, Joachim 541* Kaulla, Rudolf 522* Kératry, M. de 162*, 183*, 424* Ketteler, Wilhelm Emmanuel von 518 Kierkegaard, Sören 25 Kimon 88 Klemm, Gustav 387 Knigge, Adolph von 187* Knight, Henry Gally 332* Knox, Vicesimus 113 f. Kocka, Jürgen 41 f., 51*, 60*, 64*, 65*, 66 f., 83 ff. Kolb, Georg Friedrich 295 Kondylis, Panajotis 58*, 444* Konstantin (röm. Kaiser) 92 f. Koselleck, Reinhart 21*, 22*, 27*, 28*, 33*, 34*, 47*, 48, 49*, 54 f., 56*, 57*, 60*, 63*, 66, 68*, 69*, 73, 80*, 82*, 83 ff., 101*, 127*, 128*, 130*, 283*, 284*, 285*, 505 Kotzebue, August von 181, 207, 267, 286, 300 Kraus, Ch. J. 105, 187 Krug, Wilhelm Traugott 300–05, 306*, 307*, 308, 368–74, 381

Küntzel, Alexander 458* Laboulaye, Edouard 508* La Bourdonnaye 180* Lacretelle, P. L. 164* Lafayette, Marie Joseph du Motier de 178*, 335, 351, 370, 495 Laffitte, Jacques 351 Lagarde, Paul de 522* La Guéronnières, A. de 507* Laicus, Philipp (i.e. Philipp Wasserburg) 517* Lamartine, Alphonse de 425*, 430* Lambruschini, Raffaello 468 f., 472 Lamennais, Félicité Robert de 180*, 269 ff., 357, 430*, 472 Landais, Napoléon 262* Langewiesche, Dieter 32*, 33*, 38*, 40*, 41*, 42*, 43*, 47*, 48*, 72*, 79*, 80*, 81, 568* Lanjuinais, Jean Denis Comte 178* Laprade, Victor de 99* Larabit, E. 507 Larousse, Pierre 505* Lasker, F. 463* Laski, H. 28* Laube, Heinrich 449 Lavalette, Louis de 506* Lavergne-Peguilhen, Moritz von 458 Lebreuil, Luc 430* Lebrun, Charles François 199* Lefrançais, Gustave 509* Lefuel 430* Lehmann, Heinrich 523* Leopardi, Monaldo Graf 393 f., 397 f., 468, 527* Leopold I. (Großherzog der Toskana) 476 Leopold II. (Großherzog der Toskana) 474, 481 Lepsius, Rainer M. 33*, 40* Lewis, C. G. 496 ff. Lewis, George Cornwall 25, 534* Lieber, Francis 401* Liesching, Samuel Gottlieb 382* Lind, John 122* Lips, Alexander 192 List, Friedrich 402* Littré, Émile 505* Llorente, D. Giannantonio 215* Locke, John 19*, 29, 120, 493, 495 Loft, Capel 405* Lohl, Erich 523*

Autoren- und Personenregister Löscher, Theodor 465* Lotesoriere, Tobia 527* Louis-Napoleon Bonaparte (vgl. auch unter Napoleon III.) 420, 421* Louis-Philippe (franz. König) 351, 418 ff., 443* Louvel, Louis 265 Lovejoy, Arthur O. 54* Lovett, William 486* Löwe, Friedrich 466* Lowe, Robert 534 f. Lucifer von Calais 93* Lucinigo, Gianni 528* Luckmann, T. 50* Ludwig IX., der Heilige (franz. König) 128, 146, 181, 260 Ludwig XI. (franz. König) 146 Ludwig XIV. (franz. König) 141, 146, 443* Ludwig XVI. (franz. König) 146, 182, 261 Ludwig XVIII. (franz. König) 144, 146 ff., 237, 263, 277, 290, 429 Luhmann, Niklas 24*, 49*, 52*, 85 Lüning, Otto 455* Lunn, Henry 535* Lüsebrink, Hans-Jürgen 48*, 50, 53*, 78*, 129* Luther, Martin 437, 526 Lykurg 158 Macaulay, Thomas B. 230, 249, 337*, 493 f. MacCabe, William Bernard 498* Machiavelli, Niccolò 108 ff. Mackintosh, James 230, 232 Madrolle, Antoine 269* Maestri, Pietro 528* Maginn, William 331*, 400* Maître, Charles 425* Malebouche, F. 355* Malet, Frédéric 353* Mamiani, Terenzio 476*, 528* Mann, Golo 102* Mann, Thomas 37, 552 Manzoni, Alessandro 468*, 472 Marat, Jean Paul 178, 261, 272* Marchetti, Raffaele 475* Marie-Antoinette (franz. Königin) 182 Marguerye, A. de 356 Marr, Wilhelm 460*, 521* Martainville 180* Martignac, Jean-Baptiste Gay de 270, 359 Martin, Charles Wykeham 491*

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Martinozo, Giovanni 111* Marwitz, Friedrich Ludwig von der 283 Marx, Karl 441*, 452*, 456 f., 502, 558 Maternus, Iulius Firmicus 93* Maupas, É. de 506 f., 508*, 509* Mazzini, Giuseppe 397, 468 ff., 472, 476, 479, 482 f., 485 f., 503, 554 Medici, Cosimo, der Alte 110 Medici, Luigi de’ (neapolitanischer Minister) 218 Mellin, Georg Samuel 104 Melmouth, Courtney 122* Ménage, Gilles 97*, 100* Mendozza, Kardinal von 110 Mengin de Fontdragon, Baron 269* Menzel, Wolfgang 309*, 372*, 382* Meredith, George 495*, 532, 537 f. Metternich, Clemens Fürst von 215, 218, 267*, 283, 287–91, 310 f., 388, 402, 468, 475 Mettetal, F. 513 Mill, James 121, 228*, 240, 248 f., 251, 406, 407* Mill, John Stuart 65, 240, 251, 406–12, 416, 448, 533, 555, 558 Miller, John 338* Mineo Janny, Mario 527* Minghetti, Marco 482* Mirabeau, Honoré Gabriel du Riqueti, Comte de 99 Mirecourt, E. de 171* Moeller van den Bruck, Arthur 522 f. Mohl, Robert von 514 Mohler, Armin 522* Molesworth, William 410* Mölling, Georg Friedrich 466 f. Moncey, E. F. H. 165* Montanelli, Giuseppe 468* Montcalm, Marquise de 144* Montesquieu, Charles de Secondat, Baron de La Brède et de 29, 30, 143, 220 Montlosier, François Dominique de 148, 265 ff., 269* Morgan, Thomas Charles 216* Morin, Michel 420* Morley, John 495*, 496*, 533*, 536, 540* Morley, Samuel 536 Morris, William 533 f. Moulin 132 Müller, Adam 24, 294 Müller, Nikolaus 290* Münch, Richard 568* Münch-Bellinghausen, Graf 443*

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Autoren- und Personenregister

Mundt, Theodor 309, 378, 383*, 439* Murat, Joachim 212, 218 Murchison, John Henry 530* Muret, Théodore 421 Myers, Ernest 531* Namier, Lewis 228 Napier, Macvey 410* Napoleon I. (vgl. auch unter Bonaparte) 136–46, 148–51, 159 f., 162, 163*, 175 f., 181 f., 192, 200, 207, 210, 212 f., 223 f., 236, 252, 255, 260, 277, 280, 302*, 314–18, 330, 352, 357*, 383, 420 f., 450*, 456, 499, 506, 547, 553, 560–63, 581, 585 f. Napoleon II. 426 Napoleon III. (vgl. auch unter Louis-Napoleon Bonaparte) 506 f., 510, 512, 574, 580 Naumann, Friedrich 518 ff., 542 f., 558 Nauwerck, Karl 450*, 457* Nebbien, C. H. 363 Nemo, Peter 400* Nero (röm. Kaiser) 91 Nesi, Giovanni 94*8 Nesselrode, Graf von 148* Nevins, Willis 538 Newcastle, Duke of 231 Newman, F. W. 325* Niebuhr, Barthold Georg 20, 384 Nietzsche, Friedrich 36, 545 Nipperdey, Thomas 27*, 71* Noellner, Friedrich 387* Noldran, Bénédicte 426 Nolte, Ernst 29 f. Normand, Théodule 357* Oelsner, Konrad Engelbert 185 f. Oldcastle, Nestor 234* Ollivier, Émile 506, 508, 511 O’Mahoni 180* Oncken, Hermann 551* Onslow, Maurice 281* Oppel, H. von 439* Oppenheim, H. B. 459* Orioli, Francesco 476* Owenson, Lady Sidney 216* Pacca, Bartolomeo (röm. Kardinal) 213 Pagden, Anthony 54* Pagnerre, Laurent 262*, 419* Paine, Thomas 241, 250*, 333 Palma, Luigi 528*

Palmerston, Henry John Temple, Viscount 496, 529, 556 Palmieri, Matteo 94* Palmieri de Micciché, Michel 355* Pancaldo, P. da 399 Parkes, Joseph 406 Parry, William 327* Pascal, Blaise 141 Pascoli, Vittorio 484* Paulus (Apostel) 525 Pearson, Joseph 227* Peel, Robert 328 f., 333, 403, 411, 416, 489*, 495, 529, 556 Pelletier, E. 512 Pellico, Luigi 214*, 215*, 216*, 217* Pellico, Silvio 213, 214*, 215 ff., 471 Pepin, Alphonse 353*, 354* Peraldi, Mario Felice 395* Périer, Casimir 351 Perthes, Friedrich 290, 291* Pertz, Georg H. 188*, 368* Peters, L. 382 Petitti, Carlo Ilarione 314 f. Pfizer, Gustav 382* Pfizer, Paul Achatius 363 ff., 378, 431–37, 441, 450 f., 453, 462, 500 Philipp II. August (franz. König) 128 Philipp IV., der Schöne (franz. König) 146 Philipp IV. (span. König) 110 Philpotts, Henry 331* Picasso, Pablo 80 Pichegru, Charles 181 Pierer, Heinrich A. 437* Pigott, Charles 119* Pinard, E. 509*, 510 Pitt, William, der Jüngere 340 Pius IX. (röm. Papst) 392, 473 ff., 477, 481–85, 502 f., 524, 527, 542, 550, 554 Place, Francis 227 Platon 113, 437, 545 Plinius Maior 89, 195 Plinius Minor 90* Pocock, J. G. A. 54 f., 59* Polignac, Jules Armand de 137*, 349 Poncins, Léon de 511* Potter, George 533* Poubelle, J. N. 353 Pougnet, Auguste 508* Poultier, Ad. 171* Powell, Harry Townsend 333* Pradt, Abbé de 128*, 148 f., 289 Prager, Ludwig 523*

Autoren- und Personenregister Pratt, Samuel Jackson 122 Pratt, W. 530* Predari, Francesco 468* Preston, George 233* Pretzsch, W. 438 f. Priestley, Joseph 114 f. Prokesch-Osten, Anton Graf von 290* Prota, P. Luigi 528* Proudhon, P. J. 459* Provand, Andrew Dryburgh 533* Prutz, Robert 452 Püttmann, Hermann 456* Quartini, Leopoldo 528* Quentin-Bauchart, A. 509* Quintilianus, M. Fabius 90* Rabelais, François 97 Radowitz, Joseph Maria von 378 f., 461 f. Randouin, A. 351 Ranger, Terence 504, 534* Raumer, Friedrich von 366, 370* Raynal, Guillaume Thomas 220 Reichardt, Rolf 48*, 50, 53*, 56*, 78*, 127*, 129* Reichensperger, August 517* Reichstadt, Graf von 420 Reid, Andrew 536*, 537 Rémusat, Ch. de 427*, 429*, 511* Rendall, Magnus C. 532* Rethwisch, Ernst 517* Reuter, Richard 517* Reymond, Moritz von 521* Ricasoli, Bettino 469 Ricci, Lapo 469* Rich, Henry 401*, 403* Richard II. (engl. König) 247* Richardson, Charles 401* Richelieu, Armand Jean du Plessis de 258 Richter, Melvin 54 f. Riehl, Wilhelm Heinrich 27, 520 Riess, Florian 517* Robertson, John 410* Robertson, John Mackinnon 538* Robespierre, Maximilien 129, 133, 178, 181, 261, 264 ff., 272*, 289, 419, 485 Robinson, David 329*, 331*, 333* Robinson, Robert 123* Rochau, Ludwig August von 515 Rockingham, Marquis of 226 Roebuck, John Arthur 406, 529, 530* Roederer, P. L. 351* Rohe, Karl 43*, 57*, 564*

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Rohmer, Friedrich 448 Romagnosi, Gian Domenico 211 Romand, Gustave de 419*, 420* Romani, Gaetano Moroni 469*, 527* Roper, Joseph 117* Rorty, R. 51* Rosanvallon, Pierre 427 Rosebery, Archibald Philip Primrose Lord 539 f. Rosenberg, Hans 40*, 442 Rosenkranz, Karl 442, 463 Rosmini-Serbati, Antonio Graf 468*, 472, 524, 527* Rosser, Cecilia 165 Rossi, Graf Pellegrino 524 Rössler, Constantin 514* Rota, Pietro 527* Rotteck, Carl von 25–27, 76, 308, 385*, 431*, 435 f., 441, 442*, 449, 456, 466 f., 500, 502, 515* Rougemont, Michel Nicolas Balisson de 261* Rousseau, Jean-Jacques 29, 220 Royer-Collard, Pierre-Paul 171* Ruge, Arnold 449–53, 455, 461, 502 Ruge, Ludwig 450* Russell, John Earl 230*, 337*, 495, 496*, 497* Russell, George W. E. 532*, 538*, 540* Rutenberg, Alfred 26, 27, 447*, 448 Sade, Jacques François de 353*, 419* Saint-Chamans, Vicomte de 170*, 279* Saint-Hilaire, Charles de 265* Saint Juste, Louis Antoine Léon 133 Saint-Martial, Vicomte Calvimont 280*, 352*, 357* Saint-Simon, C.-H. de 162, 170, 378, 428 f. Salaberry, Comte de 180*, 269* Salvemini, Gaetano 70* Samuel, Herbert Louis 541* Sand, Karl Ludwig 181 Sanminiatelli, Cosimo Andrea 393 f., 397, 398*, 468 Santarosa, Santorre Annibale di 213, 310–13, 314*, 553 Sardà y Salvany, Felice 527* Sauerwein, Wilhelm 373* Schacht, Theodor 386 Schäffer, Martin 387* Schaffrath, Michael Wilhelm 459* Schapiro, J. Salwyn 35*

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Autoren- und Personenregister

Schell, Joseph Copertin 522* Schieder, Theodor 38*, 64*, 373* Schiller, Friedrich 105, 188, 323 Schlesier, Gustav 382* Schlössel, Gustav Adolph 463* Schmidt, Friedrich 456 Schmitt, Carl 61 f. Schmitz, Peter J. 439* Schnabel, Franz 286* Schonen 351 Schönerer, Georg 522* Schöttler, Peter 52 Schulthess, Heinrich 448* Schulz, Wilhelm 28, 239, 365*, 366, 387, 388* Schuster, Theodor 383 Schwarz, Christian 378 Schwegler, A. 442* Scipio der Ältere 88 Scipio der Jüngere 88 Scott, Walter 238 Séguin, Auguste 355, 356* Sell, Friedrich 38* Seneca 87*, 90*, 96 Serment, J. H. 506* Sharpe, William 334* Sheehan, James J. 34*, 38*, 42*, 50* Shelley, Percy 121, 122*, 322 Shirley, Walter 539* Sidney, Algernon 494 Siebenpfeiffer, Jacob 365, 370 Siemann, Wolfram 31*, 436*, 466, 514* Sieyès, Emmanuel 99, 125, 128, 185 Simon, Jules 510* Simond, Louis 238* Simonnot, J. F. 168 f. Sismondi, Jean Charles Léonard Simonde de 141, 391 f. Skinner, Quentin 54 Smith, Adam 112* Smith, Arthur Bruce 538* Smith, Goldwin 531* Smith, Sydney 230 Snell, Ludwig 382* Soiron, Alexander von 442* Sokrates 437 Solms-Lich und Hohensolms, Ludwig Fürst zu 381* Sorel, A. 289* Southey, Robert 238, 332* Spann, Othmar 522* Spring-Rice, Thomas 495* Springer, Norbert 463*

Staël, Germaine de 141 f., 162, 213 Stahl, Friedrich Julius 381, 458, 465, 514* Stanhope, Leicester 326 f. Stanhope, Philip Dormer, Earl of Chesterfield 112* Stanhope, Philip Henry 487* Stansfield, James 537 Steffens, Heinrich 207* Steger, Friedrich 450*, 452*, 457*, 459*, 460* Stein, Karl Freiherr vom 187, 206 f., 284 f., 581–86 Stein, Lorenz von 456 Stennet, Joseph 116* Stephen, Henry John 115* Stephen, James Fitzjames 535 Sterling, John 407* Stirner, Max (i.e. Johann Caspar Schmidt) 455 Stöber, August 386 Stoffels, Eugène 22* Strassoldo, Giulio Giuseppe Graf 217, 310 Strauß, David Friedrich 439*, 452* Stresemann, Gustav 517* Struve, Gustav 463 f. Stüve, Johann Carl Bertram 367, 374*, 384 Sueton 90* Sybel, Heinrich von 461*, 516 Sydney, Algernon 228 Tacitus 90* Terenz 87*, 194 Thackeray, William Makepeace 537 Theodosius 122 Thiers, Adolphe 350, 508*, 510 ff., 542 Thomas von Aquin 94 Thompson, Richard 530* Thompson, T. P. 250 Thorp, Robert 491* Thorp, William 333* Tiberius (röm. Kaier) 90 Tilly, Charles 65 Tissot 178* Tocqueville, Alexis de 22, 30, 45, 230, 427* Tomkins, Issac 404* Tommaseo, Niccolò 209*, 394*, 468 f., 472 Tooke, Horne 244 Torquato, Tasso 109 Townsend, George 333*

Autoren- und Personenregister Trevelyan, George Otto 534* Troeltsch, Ernst 551* Trollope, Anthony 533, 536 f. Turnbull, George 113* Tuvora, Josef 459* Tzschirner, Heinrich Gottlieb 438 Ugolini, Luigi 399* Valangin, A. Montandon de 564* Valès, J. 512 Valori, Ch. de 425* Valori, Henry de 509* Vecconcini-Spartada, Gionata [i.e. Giovanni Tecca da Capistrano] 526* Velleius Paterculus 90 Venedey, Jacob 383* Ventru, Fiacre de 161* Ventura, Gioacchino 476* Veraci, Emilio 527* Vergani, Paolo 315–19 Véron, L. 170* Vettori, Francesco 111* Vidal, V. 506* Vierhaus, Rudolf 31*, 58*, 102*, 106*, 137*, 161*, 170*, 286*, 375*, 439*, 444*, 449* Viktor Emmanuel I. (König von Piemont) 212, 310 Viktoria I. (engl. Königin) 532 Villèle, Joseph de 349 Virmaitre, Charles 512* Vissieux, André 329 ff. Vitrolles, Baron de 271* Viviani, Quirico 215* Vollgraf, Karl 381* Voltaire, François Marie Arouet 155, 268, 323 Wachsmuth, W. 514* Wade, John 491* Wagener, Herrmann 515* Walcker, Karl 514* Wallace, Robert 537* Wallenstein, Albrecht von 101 f. Walsh, John 402*, 405 f., 491*, 492* Ward, E. 239

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Warmington, Edward-M. 506* Wartburg, Walther von 58*, 96* Weber, Max 30, 64 f. Webster, Noah 401*, 402* Wehler, Hans-Ulrich 28*, 41*, 64 Weidig, Friedrich Ludwig 380, 386 f. Weil, Karl 457*, 461* Weitzel, Johann Ignatz 22*, 201 f., 295* Welcker, Carl Theodor 26*, 76, 385*, 431*, 436*, 442*, 449, 456, 500, 515* Weller, Emil 447* Wellington, Arthur Wellesley, Duke of 322, 403, 488* Werner, Michael 53*, 66* Whittaker, Thomas 541* Wiart, A. 511 Widmann, Adolf 463* Wieland, Christoph Martin 185 Wienbarg, Ludolf 383* Wiener, Philip 54* Wigand, F. 467* Wilkes, John 244*, 334* Williams, H. M. 233 Wilson, Robert 335* Winkopp, Peter Anton 140 Wirth, Johann Georg August 365, 370, 446 f. Witt, Carl 437 Wohl, Jeanette 295 Wood, Anthony 121* Wood, William Dyson 530* Worthington, Hugh 118* Wright, Samuel 117*, 118* Wyld, William 117* Xenophon 113 Zanichelli, Domenico 529* Zastrow, Friedrich Wilhelm Christian von 291* Zedler, Johann Heinrich 100 Zelter, Karl Friedrich 287* Zittel, Karl 442* Zola, Émile 510, 522* Zöllner, Johann Friedrich 205

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English Abstract This study examines the origins and transformations of the political concept liberalism in four different European contexts. By comparing the histories of libéralisme, Liberalismus, liberalismo and liberalism in contemporary political discourses in France, Germany, Italy and Britain between the late 18th century and the second half of the 19th century, the semantic analysis is designed to contribute to a comparative understanding of European liberalisms. Within the mainstream analyses of the European variations of bourgeois society, approaches developed by social historians have dominated the field of research. Yet in recent years one can observe a shift towards the cultural aspects of bourgeois societies in 19th-century Europe, part of which is the analysis of ideological language and political discourse. A comparative history of concepts examines the transformations, value and validity, coherence and connections of basic concepts in order to reconstruct the long-term transition of the old European social order into modern bourgeois societies on the level of political language. The comparative analysis aims at defining similarities, distinctions, ambiguities and turning-points within this European transformation by contrasting the different histories of liberalism in different historical contexts. The premise of this approach results from the idea of specific historical experiences and expectations which determined the semantic structure of any socio-political concept. The study’s methodological paradigm is based on the coupling of conceptional history with a comparative analysis of European liberalism. Retrospective categories of models and pecularities, still often dominating comparative historiography, rarely take into consideration the different contemporary meanings of such basic concepts as liberalism in their historical contexts. This often results in a trap of semantic nominalism, an unconsidered transfer of a concept from the contemporary political language of one society to the political discourse of another. The implicit equating of contemporary meanings in different contexts conceals an important focus of particular experiences and expectations in each individual case, in other words the possibility of replacing the paradigm of a universal idea of European liberalism by a spectrum of contemporary meanings of liberalism and its change over time.